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Full text of "Allgemeine deutsche biographie ... Auf veranlassung .."

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XjS  ANGELES,  <•* 


5tU(jeraeinc 


Jpeuf  fdje  ^iogtapfjie. 


Auf  $£rcmla|Jtmg 
Seiner  Jtajeltat  ks  fiönigs  oon  Bauern 

herausgegeben 
bei  bet 

ßömgl  Äkabenrie  öer  DtffenfdjaftetL 


Seidig, 

Verlag   oon  S)uncfex  &   -^umbtot. 
1887. 


62356 


9lße  föecbte,  füt  bn§  fönnje  lote  für  bie  Steile,  »orbetjaltcn. 

2  tc  SetlagS'banblung. 


Referenc« 


_  O    6  fOt     .1 

DtJdtg:  Sluna  £). ,  f.  £ol)er,  5t.  ®.  S3.  XIII,  216. 

DöeitS:  Jürgen  £).,  aud)  (Seoxg,  Suxiaen  unb  Dan  C  t>en§  genannt, 
ftommt  au§  bcr  Keinen,  erft  1590  gegrünbeten  ©tabt  Sönning  an  ber  (£iber 
in  früher  rjerzoglid)  gottorpifdjen  Sanben,  Wo  fein  33ater  Croe  SBroberS  gtatfc 
mann  war.  ®ie  btärjer  gebxäud)lid)e  fjotlänbifdje  fjorm  feineä  StornamenS  et« 
fdjeint  nux  auf  einzelnen  feiner  (Semätbe;  er  felbft  nennt  fid)  in  einer  Steige 
öon  Dutttungen,  bie  er  ber  ©ottorper  Kammer  ausftettt,  ftetjenb  Jürgen  unb 
wirb  aud)  in  allen  amttidjen  Slctenftüden  jener  Seit  nie  anber§  genannt.  Sie 
ftamilienübexliefexung  läfet  tbn  im  3at)xe  1623  geboren  werben,  bod)  ergeben 
mancherlei  t)iftoxtfd)e  Erwägungen,  ba£  fein  ©ebuxtsjatjx  etmaä  fxübex,  nod)  in 
ba§  zweite  3at)xzet)nt  falten  büxite.  lieber  feine  Sugenb*  unb  Seigre  ift_bi§ 
jefet  nidjt§  ©idjexes  befannt ;  wir  wiffen  nur  mit  einiger  SBeftimmtljett,  bafc  er 
um  1642  feine  ^eimatt)  bexliefj,  um  fid)  in  Jpoltanb  in  ber  ©dmte  9tembranbt'§ 
a(3  «Dtaler  au§zubilben.  Sie  feinem  SJaterlanb  bxotjenben  ßrieg§ftfirme  jener 
3eit  werben  ebenfofetjr  wie  bie  (SinWanberung  unb  Üiüdwanberung  t)otlänbifd)er 
Dtemonfiranten  nad)  bem  benachbarten  neugegrünbeten  fyriebridjftabt  neben  ber 
Solonifirung  «RorbftranbS,  moburd)  eine  enge  Serbinbung  unb  ein  reger  23er= 
feijr  mit  £o!ianb  tjerborgerufen  War,  auf  feinen  @ntfcr)fofe  öon  SinfluB  gewefen 
fein.  21m  ßnbe  be§  breifjigjäfjxigen  $xiege§  war  er  nod)  in^otlanb;  fuxz  nad) 
bemfelben  fällt  anfdjeinenb  fein  zeitweiliger  2lufenü)att  am  fönigl.  polnifdjen 
#of,  bann  feine  £eiratf)  mit  Ataxie  9Jlaxten§  ban  «öleljring.  @rft  mit  bem  3ln» 
fange  ber  pmzigexjaf)ie,  a(3  ber  Herzog  ^rtebrid)  III.  fein  ©c&Iofj  ©ottoxp  jum 
©ammelplafc  bon  ©eletjxten  unb  Äünftlern  zu  ergeben  begann,  £)leaxiu§  bie 
berühmte  ©ottoxpex  93ibliot$cf  unb  ein  ettjnograpbifdjes  IHufeum  grünbete  (1651) 
unb  eine  Reifte  aftronomifcfjer  unb  matl)ematifd]ex  .ftunftwexfe  fd)uf  (1652),  laffen 
fid)  bie  elften  SBezietmngen  beö  3?ünfttex§  ju  bem  ©ottoxpex  ipofe  nadjweifen. 
£).  extjielt  bamatä  ben  Auftrag,  ba§  Portrait  be§  ^erjogü  Stjxiftian  bon  $Rerflen= 
bürg  au  malen,  bex  mit  bei  zweiten  £od)ter  be§  £exzog§  Sriebxid),  ^ebrotg 
Eleonore,  bexlobt  wax.  (S5aS  «Portrait  in  ganzer  ^igur  bon  Sbeobox  5Jtatr)am 
geftoeben.)  2>arau§  ertlärt  fid)  benn  aud)  tjinlängttd)  fein  zeitweiliger  Slufentbalt 
in  9Jceälenbuxg.  S)ie  Sluftjebung  ber  Verlobung  unb  bie  23erbinbung  mit  bem 
fd)Webifd)en  $önigSt)aufe  führte  £).  in  befonberem  auftrage  nad)  ©tocffiolm.  Ex 
begleitete  bie  «ßtinjejfin  <!pebwig  Eleonoxe  im  September  1654  nad)  ©djmeben, 
natjm  an  bex  5Bermar)lung  bexfelben  mit  Äarl  X.  ©ufiat>  tt)eit  (24.  Octobex)  unb 
malte  pm  ©ebädjtnifj  bex  gtänzenben  geiexlidjfeiten  in  bex  SBeife  Otembxanbt's 
ein  gxo^e§  ©emälbe  mit  ^ad)tbeleud)tung  unb  gtänzenbem  Effect  (geflogen 
üon  Soxn.  Öifdjex).     Untex  ben  jarjlreicrjen  giguxen  erfdjeint  aud)  ba§  Portrait 

Stagem.  beutjc&e  $8iograt>f)te.    XXV.  ! 


2  Dtoen§. 

beä  $ünftter§.  lieber  eine  Slnjal)!  anberer  SßortraitS  unb  ©emälbe,  bie  er  nad) 
guter  Ueberliefcrung  bamal§  in  ©todtjolm  gesoffen,  ift  un§  nid)t§  ©idjeres 
befannt.  2U§  er  im  3.  1656  ober  erft  im  Anfang  1657  in  feine  -gjeimatb,  ju= 
rüdfetjrte,  moditen  itjm  bie  friegerifdjen  Unternehmungen  $arl  ©uftabä  gegen 
2)änemarf  unb  bie  bamit  brotjenbe  Ueberfctjmemmung  ber  (Sottorper  ßanbe  für 
fünftlerifdje  Slrbeiten  am  tjeraoglidjen  .£>ofe  menig  günftig  erfdjeinen.  O.  öerttefe 
tool  t)auptfäd)lid)  au§  biegen  ©rünben  am  25.  Sluguft  1657  fein  $atertanb,  ging 
nad)  Slmfterbam  ntrüd  unb  meilte  tner  fo  lange,  bi§  in  ber  -gjeimatb,  mieber  bolle 
ütutje  eingefetjrt  mar.  3n  oie  geit  feine§  jmeitcn  9Iufentr)alte§  in  «gjollanb  fällt 
u.  a.  bie  SDarfteEung  ber  „Serfdjmörung  be§  Slaubiu§  GibiliS  bei  einer  Mbenb» 
maljljeit  im  SBalbe  ju  ©djladerbofd)",  metd)e§  S3ilb  früljer  im  föatfjljaufe  gu  2lmfter= 
bam  aufbemarjrt  mar.  kleinere  arbeiten  finben  ftd)  nod)  im  ^arlemer  unb 
9totterbamer  sJftufeum.  6tn§  feiner  lejjten  SSerfe  in  £>ottanb  fdjeint  ba§  Portrait 
be§  9ltd)t)miften  33orro  (1676  bon  ^eter  b.  ©djuppen  geftodjen)  getoefen  3U  fein, 
ba  e§  fidler  nid)t  bor  1661,  roaf)ifd)etntid)  erft  1662  entftanben  ift.  —  %n  ben= 
felben  $at)ren  begann  ber  iper^og  ßfjriftian  2l£bredjt  in  bie  gufjftapfen  feines 
funfttiebenben  S3ater§  p  treten,  ber  mitten  im  Kriege  am  14.  September  1658 
in  feiner  ^eftung  Üönning  geftorben  mar;  bie  folgenbe  grieben^eit  bi§  pm 
3at)re  1675  machte  e§  ü)m  möglidj,  att  feinen  fünftterifdjen  unb  roiffenfd)aftlid)en 
Steigungen  nad)pgef)en.  sRad)  feiner  .£)eimfcf)r  naljm  D.  (i.  3-  1663)  mit  feinet 
gamitie  in  ^ebrictjftabt  feine  SSotmung,  tt>oi)in  itjn  bermanbtfd)aftlidje  33e= 
jietjungen  feiner  $rau  unb  bie  t>ottänbifd)e  Umgebung  jie^en  mochten.  33on  jetßt 
an  beginnt  feine  reidje  fünftlerifdje  ü£l)ätigfcit ;  eine  erftaunlidje  SJlenge  öon 
2Berfen  bezeugt  ebenfofetjr  fein  unermüblid)e§  ©djaffen  mie  bie  reiche  Unterftüimng 
feine§  rjerpgtidjen  ©önnerö  auf  ©ottorp.  5Dod)  ift  er  niemali  eigentlicher  ^por= 
maier  gemefen,  benn  mäljrenb  1664 — 75  nimmt  biefe  (Stellung  ein  ^orjantt 
sjJtüßer  ein;  aud)  bepg  er  fein  beftimmte§  (Betjatt  au§  ber  rjerpglidjen  Kammer, 
nod)  erhielt  feine  äöittme  fpäter,  toie  baä  bei  Hofmalern  immer  ber  $att  mar, 
eine  5{knfion.  @r  nennt  fiel)  felbft  immer  ßontrefaiter  in  3rriebrid)§ftabt  unb  roirb 
öon  ben  tjer^oglic^en  Beamten  aud)  nur  fo  benannt,  ©eine  «Stellung  mar  burd) 
ein  Privilegium  exemtionis  (1.  9tob.  1652  unb  10.  $uli  1653)  beftimmt.  @r  befam 
für  bie  3lu§füt)rung  jebe§  einzelnen  9luftrage§  befonberä  beprjlt.  5Da§  erfte  bi§  jetjt 
befannte  ©emätbe  au§  biefer  ^eriobe  be§  Äünftterö  ift  ber  fog.  „flehte  biliar",  1664 
bon  bem  ^an^ler  $ietmann§egge  bem  S)ome  ju  ©cl)le§mig  gefetjenft;  e§  trägt 
fein  IDconogramm,  enthält  eine  altegorifcr)e  S)arftcllung  be§  ©ieg§  be§  6rjrifteu= 
tljum§  über  bie  ©ünbe  unb  ift  ba§  ©emälbe,  p  bem  ber  Änabe  ^afob  Sarften« 
betenb  tunauiferjaute  unb  ba%  er  fpäter  im  Siebe  befang  (@act),  2t§mu§  ^afob 
Sarften§'  ^ugenb=  unb  ßefjrjarjre,  ©.  45).  S)a^  er  aud)  fdjon  bamal§  für  ben 
^erjog  gearbeitet,  bezeugt  eine  bon  itjm  eigenfjänbig  am  25.  ^oüember  1664 
au§gefteEte  Quittung  über  100  9ttf)lr.  Sei  ©etegenl)eit  ber  ©rünbung  ber  Bieter 
Uniberfität  (1665)  lieferte  er  ein  ^orträt  be§  ßanäler§  $ietmann§egge ;  aud) 
fdjeint  er  bei  ben  3etd)nungen  ju  ben  ^upfertafeln  be§  goliomerfe§  betljeiligt, 
in  bem  SorquatuS  grangipani  1666  bie  SinmeiljungSfeierlidjfeiten  betrieb; 
jebenfaE§  liegt  bem  Titelblatt  baju,  morauf  bie  Inauguration  bargefteEt  ift, 
eine  SHabirung  bon  feiner  ^>anb  ju  ©runbe.  5Rit  bem  3atjre  1664  erljielt  £). 
burd)  ben  ^eraog  ben  Stuftrag,  einen  ©aal  feinet  ©d)loffe§  mit  SBanbgemälben 
aul  ber  ©efdjicljte  be§  ©ottorper  ^aufe§  unb  ©d)lc§wig=§olftein§  au  fctjmüden ; 
er  begann  bamit  jene  9  großen  eompofitionen,  bie  feinen  9hu)m  im  17.  Sa^v= 
rjunbert  begrünbeten  unb  als  feine  jpaubttoerfe  betrachtet  merben  muffen,  ©ie 
mürben  nad)  Vertreibung  ber  (Sottorper  in  bem  Slubienäjimmer  ber  Königin 
auiberoarjrt,  mo  fic  aud)  SarftenS  fat)  (©ad),  6arften§;  Sugfnb=  unb  ßerjrjafjre, 
©.  139).     Wati)  bem  ^nbentar  be§  ©d)to|e§  bom  Qa^re  1827  unb  bem  S3erid;te 


Dben§. 


üon  Garfteni'  SSctter  Sürgenfen  roaren  fie  nur  trjeilweife  mit  bem  Sonogramm 
be%  ßünftlerS  oerferjen,  aber  alle  mit  3nfd)riften  bei  Oteariui  gegiert.  Unter 
benfelben  wirb  bai  ätoeite  in  ber  IRet^e,  bie  2krmät)lung  Gtjriftiani  I.  mit  ber 
SBittroe  bei  ßönigi  (Stjrtftoplj  (1448),  als  gana  im  Stile  Oiembranbt'i  aui= 
geführt,  befonberi  gerühmt.  Sie  ^nfcfjriften  bei  Oleariui  ergeben  übrigen», 
bajj  alle  mit  bem  Seigre  1671  boEenbet  gewefen  fein  muffen.  3Son  anberen 
Söerfen,  bie  biefer  £eit  angehören,  ftnb  bemerfeniwertt)  eine  erft  1877  in  einem 
(Stifte  ju  SBrcbftebt  entbeefte  9Jtabonna  mit  Sonogramm,  aber  otme  3arjreiaaf)l, 
unb  bie  „^eilige  gamilte"  im  2>ome  au  Schleswig,  bie  nad)  ber  ^nfdjrift  1670 
gefdjenft  roarb;  inbefc  madjt  bai  gelten  einei  ÜJtonogrammS  feine  Ur^eberfd^ait 
ätoeiTel^aft  (öergl.  Sadi,  SarftenS,  S.  49).  Sie  »eitere  £t)ätigfeit  bei  Mnftleri 
am  ©ottorper  &ofe  Bejie^t  fidj  auf  bie  Stuifdjmücr'ung  bei  fogenannten  ßuft= 
Kaufes  Slmalienburg,  bai  ber  ^erjog  1670  feiner  ©ematjlin  ju  (Sljren  in  bem 
fogenannten  Dleumerf  errieten  lieg,  Sie  SOßänbe  bei  großen  öierecEigen  £mupt= 
faale§  Würben  mit  ptjantaftifd)en  ©emätben,  oft  laicitier  2lrt,  bie  ad)t  gelber 
ber  2)eäe  mit  mrjtljotogifdjen  SarfteEungen  in  ben  Sauren  1672  bii  1674  ge= 
atert  (ßarfteni'  3ugenb=  unb  2er}riat)re,  S.  147  ff.),  ftaä)  bem  SBerfalt  unb 
bem  2Ibbrud)  bei  ©eöäubei  (1822)  mürben  bie  ©ctnälbe,  45  an  ber  3a$I,  im 
Schlöffe  jum  £t)eil  in  fer)r  üUtm  ßuftanbe  aufbewahrt.  2)ai  ^nbentar  Dom 
Satire  1827,  bai  barüber  Sluifunft  gibt,  füt)it  aufeerbem  nod)  in  einjelnen 
3immern  üerfdjiebene  SBerfe  bon  £).  auf,  5.  SS.  eine  „Sfuftttia",  einen  „«Hierfür", 
einen  „jungen  ^rinjen  bor  einem  ©itter  mit  2Beinlaub",  bon  benen  le^terei  in 
Spribatoefifc  übergegangen  ift.  gwei  Heinere  SarfteEungen  maren  fdjon  früher 
nad)  Äopentjagen  gebraut  unb  bem  bortigen  «ötufeum  einberleibt  (Spengler, 
Katalog,  p.  506).  Uebrigeni  erfterjt  man  aui  einer  Steige  borliegenber  9tcd)- 
nungen,  bafj  D.  für  feine  arbeiten  im  3-  1670  unb  71  pnäd)ft  2170  £t)aler. 
bann  185  £t)ater  unb  1673  nod)  1390  Später  aui  ber  t)eraoglid)en  Kammer 
auibeaarjlt  erhielt,  gemifj  bebeutenbe  Summen,  wenn  man  ben  bamati  weit 
t)ör)eren  SBertt)  bei  ©elbei  in  2tnfd)lag  bringt. 

Sie  arbeiten  bei  ÄünftlerS  auf  ©ottorp  bauerten  bii  aum  3ar)r  1675,  mo 
fie  burd)  ben  neu  auibredjenben  £rieg  awifdjen  bem  $erjog  ßbnfiian  SHfiredjt 
unb  bem  Könige  Gtjriftian  V.  öon  Sänemarf  für  immer  unterbrochen  mürben. 
£ura  bor  23eginn  bei  Äriegei  unb  wäb,renb  ber  rjerrättjcrifct)en  (Gefangennahme 
bei  £eraogi  a°8  O-  fi<$  WH  nad)  ftricbrid)ftabt  au  feiner  gamüie  3urüd  unb 
matte  tjier  bie  fdjöne  ©rabtege  für  bie  tutt)erifd)e  ßirdje  (1675).  äöenn  ber 
Äünftler  nun  aud)  nad)  ber  ftreitaffung  bei  £eraogi  nad)  1676  nad)trägltd)  für 
gelieferte  „Sdjilbereien  unb  Porträte"  1180  Spater  auibeaa^tt  errjielt,  fo  ift  er 
bod)  nid)t  nad)  (Sottorü  aurüdgetel)rt,  um  feine  arbeiten  wieber  aufauneljmen. 
Sie  fttud)t  bei  ^jeraogS  nad)  Hamburg  (Sluguft  1676)  ^at  er  nod)  erlebt.  2tl§ 
bcifetbe  bann  1679  autüdfeb.rte,  mar  D.  fd)on  am  9.  ©ecemoer  1678  in  gfrieb« 
rid)ftabt  geftorben;  „dies  fuit  V  ante  idus  Decembres  anni  vergentis  MDCLXXIIX. 
quum  linea  illa  suprema  scripta  fuit",  roie  e§  auf  einem  langen  fdjmülftigeu 
(Spigrapt)  ^iefe,  bai  i^m  früher  im  Sd)le§miger  S)om  errietet  mar.  (Sad),  ©e= 
fd)id)te  ber  Stabt  Sd)teimig,  S.  188.)  @r  mürbe  in  einem  gamiüenbegräbniB 
in  ber  tutf)erifd)en  Äir^e  au  Sü^en  feiner  ©rabtege  beigefe^t  unb  unterlief', 
feiner  SÖittroe  unb  feinen  8  $inbem  ein  aiemlid)  bebeutenbei  Vermögen  in  ©runb= 
befiti  unb  baarem  (Selbe.  Kaü)  bem  2obe  ber  Butter  in  2:önning  (1690)  cx-- 
rid)teten  bie  ßtnber  ib,ren  eitern  in  ber  bortigen  Äirdje  ein  epitapb,,  metd)cs 
betber  Porträte  3eigt.  Sie  nad)  einer  auberläffigen  Eingabe  1781  nod)  in 
Stönning  im  gßrioatbefik  borf)anbenen  ©emätbe  bei  ÄünftlerS  Werben  aui  bem 
9cadjlafj  ber  gamitie  flammen. 


4  Oöerabt. 

£).  mar  ofjnegxage  einer  ber  tjerborragenbften  ©djülex  föembxanbt'S;  mantfje 
feiner  2Bexfe  gingen  trüget  felbft  unter  bem  Flamen  feines  2et)xex§.  SBenn  ex 
in  ber  $unftgefd)id)te  biSrjex  feinen  befonbexen  tarnen  erlangt  Tfjat,  fo  begreift 
fid)  bieg  auS  ben  ©djidfalen  feiner  bebeutenbften  2öexfe.  9tux  fein  gxofjeS  ©tod= 
rjolmex  (Scmälbe  unb  einige  *ßoxtxät3  finb  buxd)  übxigcnS  fe^r  fettene  ©tidje  be= 
tannter  getooxben;  jein  ©emätbe  int  ®om  p  ©djleSmig  foroie  feine  ©xabtege 
in  grtebridjftabt  rjaben  allein  in  feiner  £)eimatt)  feinen  tarnen  bewahrt.  $\n° 
tänglid)  geroüxbigt  fann  er  erft  roexben,  feitbem  feine  «gmuptmexfe,  bie  gxofjen 
(Sottoxpex  ©emälbe,  ber  j?unftgefd)id)te  roiebex  augängiid)  gemacht  moxben  finb. 
i8i§  jum  ^at}xt  1851  auf  ©ottoxp  aufberoatjxt,  finb  fie  bamatS  mit  einer  größerer; 
3ar)l  anberer  (Skmälbe  nad)  .ftopentjagen  gefdjafft.  Sex  größte  £t)eit  ber  ©e= 
mälbe  au§  ber  Slmalienbuxg  mürbe  bagegen  mit  ben  fonft  im  ©d)loffe  boxtjanbenen 
Äunftfdjätsen  am  1.  9tobembex  1853  auf  öffentlicher  9(uction  bexfauft  unb  ift 
feitbem  böttig  bexfdjotten.  %n  Äopentjagen  toagte  man  tnot  au§  poiitifdjeu 
®xünben  nicfjt,  bie  SDaxfteßungen  auS  ber  fcrjte§mig=b,otfteinifd)en  (Sefdjictjte  öffent= 
lief)  au^uftetten;  fic  maren  fo  böttig  bexgeffen,  bafj  felbft  ber  neuefte  Äunft= 
fjiftoxifer  SDänemaxfs  (SBeilbad))  fie  in  feinem  Sejifon  (1878)  mit  feinem  Söexfe 
berührt.  9lad)bem  ber  Skxfaffex  biefeS  meljxfad),  nod)  aulctjt  in  Sarficnö'  $ugenb= 
unb  £et)xjat)xe,  p.  138  mit  9cad)bxud  auf  biefe  unexfläxlidje  £t)atfad)e  tjingemiefen, 
finb  fie  enblid)  bor  etroa  jroei  $arjxen  roiebex  pm  33oxfd)ein  gefommen  unb, 
menn  mir  redit  beridjtet  finb,  fünf  an  ber  3^1  in  Äopentjagen  öffentlid)  au§* 
geftettt. 

SDuxcrj   eine   9teif)e  uxfunbtidjex  Cuelten   finb   bie    furzen    biograpfnfdjen 

5flotijen  in  <Bad):  teuere  ©efd)id)te   be£  ©djloffeS  (Sottoxp,  ©djteSroig  1866, 

p.  21,  berichtigt.     Ueber  DbcnS'  (giiiftufe  auf  (£axften§,  über  bie  ©emälbe  im 

SDom   p  ©djleäroig,    in   ©ottoxp   unb    ber   Slmalienburg   ift    auSfürjxltd)  ge= 

tjanbelt  in  (Bad) ,    6arften6J   3ugenb=   unb  Secjxiarjxe,  p.  45  ff.    unb    138  ff. 

SBergl.   aud):  teuere  ©efdjidjte   be§  ©djloffeS   ©ottorp ,  p.  17  unb  20.     Ur= 

funblidje   9Zad)xid)ten   in  <&a<$),  ©efd)id)te  ber  ©tabt  ©djlcSroig.     <8d)leSroig, 

1875  p.  188  ff.,  322  ff.     SBcitbad) ,   SanSf  Äonftnerleitton,  1878,  p.  527. 

Sinige  ^cotijen  in  ^offett,  2)ie  fixd)lid)e  ßunft  in  ©d)teSroig=|)olftein.     #eit= 

fdjxift  ber  ©efellfdjaft   für  fd)lesro.  =  l)otft.  =  lauenbuxgifcf)e  ©efd)id)tc,   33b.  11. 

ßiel  1886,  p.  301.  —  Weue  goxfcfmngen  über  $.  ObenS  bon  %.  Siexnatjfi  in 

ber  Bieter  Rettung  b.  3-  1885,  ftx.  10  763,  10  775,  11015.  —  ©ottoxpfd)e 

|)ofgerid)t§acten  im  ©taatSaxdjib  ju  ©djleSroig.  ©adj. 

Oöcrabt:  ^eter  D.,  Äupferftic^berteger  unb  93ud)brucfer  au  Äöfn,  bieüeicb,t 

aud)  felbft  ßupferftedjer,  mar  in  ben  elften  S)ecennien  be§  17.  Sab.rfjunbeitg  in 

Srjätigteit.     Sluf  fef)r  bieten  blättern  ber  bamatigen  Äötner  6ted)er,  eine§  33ern. 

öartfelbt,  ^et.  Sffelburg,  9la^.  be  2Retjf  Slegib.  sJtobet[anu§,  «Dtat^.  ban  ©omev, 

©.  6.  ©tid)  u.  a.  ift  er  alg  SBerteger  genannt.     Vlad)  ^ar^eim   (Bibl.  Colon. 

p.  48)  finb   bie  Tupfer  ju  bem  1624  (aud)  1627)    in  $aberborn   erfdjienenen 

y3udje    „©eiftlicfjer  «g)er^en§=©piegel",    beffen    ungenannter  SBcxf affer  ber  ^efuit 

ßafpar  58ranbi§  ift,  bon  irjm  geftoetjen.     5Dag  frütjefte  mit   feinem  Flamen  ber= 

fej^ene  SStatt  ift  ba§  feltene  SSilbni^  be§  jungen  3:fjoma§  3amoi§£i,  ©otjne§  be§ 

©ro^fanaterS   bon  $olen,    bei    beffen  SDebication   er   fid)   „civis  ac  typographus 

Coloniensis  an.  1606"    nennt,     ginige    boxtxefflidje   Kopien  nad)    3ll6r.  2)ürer, 

in§befonbere  jmei  5Jtabonnenbilber,  tragen  feine  Stbreffe  unb  merben  beStjatb  bie 

Oberabt1cb,en    genannt,    finb    aber    mol    fid)er   non    anberer  «Ipanb    ausgeführt. 

©einem  tarnen  gab  er  eine  fefjr   abmeidjenbe  Orthographie  unb  bielaxtige  33er= 

fürjungen.     9iacf)  feinem  Sobe  tjaben   bie  (Sxben  ba§  ©efdjäft  nod)   lange  fort= 

gefegt.     (Sin  Süctjtein  bon  1657  fjat  bie  2lbreffe  „SBerj  ben  (Srben  «ßittcr  Dber= 

rabt";  fpäter  tritt  ein  Martin  fjti^  als  9ta<i)folger  auf.  ^erlo. 


öberbecf.  5 

Dücrbetf:  Gtrjriftian  SIbolf  £).,  einer  au§  bem  ßüneburgifctjen  ftammen= 
ben  gamilie  entfproffen,  roarb  ju  ßüBec!  am  21.  Sluguft  1755  al§  Sotjn  be§ 
Sftedjticoniutenten  ©eorg  Grjrifiian  Dberberf  geboren,  ©eine  Sraietjung  erhielt 
er  auf  bem  ©rjmnafium  feiner  Sßaterftabt,  beffen  Seitung  bamal§  feineg  5ßaterl 
SSruber,  ber  9tector  Sofjann  Daniel  Cberbed  (geb.  23.  3uni  1715,  f  3.  2Iug. 
1802)  rjatte  unb  neben  roelcfjem  namentlich  ber  Gonrector  (Befjner  auf  beS 
Änaben  23itbung  einrohfte.  Srotjbem  fidj  bei  £).  fdjon  frütje  eine  befonbere 
Neigung  jur  Stjeologie,  ßttteratur,  9ftuftf  unb  «ßoefte  bemerfbar  macfjte,  roäb,lte 
er  bod),  toorjt  auf  2Bunfd)  be§  $ater§,  al§  Serufsftubium  bie  9tedjt§ttjiffenfdjaft 
unb  bejog  1773  bie  llniberfität  ©öttingen.  kleben  ben  jurtfiifcrjen  SSorlefungen 
ffiörjmer'ä,  *pütter'3,  9Jtetfter'3  u.  a.  cjörte  er  auefj  ^rjilofoprjie,  <Sefd)icf)te,  Oiatur* 
tniffenf chatten  bei  fyeber,  6crjlöjer  unb  93tumenbad),  bor  allem  aber  roirb  ber 
ßinflufj  ^jerjne'i  unb  feiner  epocfjemadjenben  Serjanblung  ber  clafftfdjen  ^5£)ito= 
togie  at§  ein  tiergefjenber  gefdjitbert.  Sßielteicrjt  tjtng  e§  mit  ber  Sebor^ugung 
biefer  Stubien  jufammen,  bafc  €>.  nad)  feiner  Sftüdtefjr  bon  ber  llniberfität  ju* 
nädjft  nad)  SSremen  ging,  um  bort  bie  Seitung  einer  ©rjierjungganftatt  ju  über- 
nehmen, bod)  fetjrte  er  batb  in  feine  Söaterftabt  unb  jur  Surisprubena  jurücf, 
übernahm  1779  eine  £>bergerid)t§procuratur,  erwarb  1788  bie  juriftifdje  2)octor= 
würbe,  warb  1792  jum  <§t)nbicu§  be§  ßübeefer  2)omcapitel§  erwärjlt  unb  1798 
Gonfutent  be§  fogenannten  <5djütting§,  ber  ©cr)onenfarjrer=Gompagme.  gmei 
$ar)re  fpäter  ift  er  in  ben  Senat  ber  £>anfeftabt  berufen  Worben.  S)en  pf)i(an= 
tfjvopifdjen  ^been  ber  Qext  rjatte  fidj  D.  mit  boller  (Smpfängticrjfeit  Eingegeben, 
war  'Fcitbegrünber  ber  ©efeüfdjaft  für  gemeinnützige  Xtjätigfeit  in  Sübed  unb 
mehrere  ^a§re  fjinburd)  ir)r  Sßorfitjenber,  at§  «Ucitgtieb  be§  (Senats  narjm  er  tjer= 
borragenben  3lntt)eit  an  ber  Hebung  bee  ßircrjen=  unb  Sd)utwefen§  unb  an  ber 
Sfteorganifation  ber  Slrmenanftalt.  9tament(id)  aber  mufj  fid)  in  £).  ein  be= 
fonberes  ©efdjirf  jur  güljrung  btplomatifcrjer  Untertjanbtung  funb  gettjan  rjaben, 
benn  ba^u  ift  er  feit  feinem  Eintritt  in  ben  Senat  in  beinahe  anbertljalb  2)e= 
cennien  faft  ununterbrodjen  unb  unter  ben  fd)Wterigften  llmftänben  berwanbt 
Worben.  ©0  ging  er,  nadjbem  in  $olge  ber  norbiferjen  Gonbention  bom 
16.  ^uli  1800  Sübed  bon  bänifc^en  Gruppen  befetjt  War,  in's  Hauptquartier 
ber  ^rinjen  Äart  unb  griebrid)  bon  -öeffen,  1804  nacr)  bem  9teid)3beputation§= 
^auptfd)lu^  (23.  gebr.  1803)  jum  ßsaren  Slteranber  nad§  «Petersburg,  ftatf) 
ber  ©djtadjt  bei  SübecE  (6.  9tob.  1806)  unb  ber  Sapitutation  SSIüd&exä  bei 
üiatefau  gehörte  D.  ber  Deputation  an  bie  franjöfifdjen  «331arfd)ätle  Sernabotte, 
93turat  unb  Soult  unb  ebenfo  ber  gleicr)  folgenben  an  Napoleon  fetbft  nad) 
Serlin  an,  meiere,  fretüd)  bergebtid),  eine  (Srmäfjigung  ber  Sontribution  erttirfen 
fottte.  Siner  erften  iitiffion  nad)  ^)ati§  uod)  im  Sa^e  1807,  folgte  eine  aroeite 
ebenba^in  1808 — 9,  unb  nod)  im  teueren  ^ab,re  roieber  eine  britte  ^ur  33cr= 
matjtung  «Jiapoteon§  mit  9Jtarie  Souife.  £).  roob,nte  bem  berrjängnifjbotten 
gefte  bei  bem  dürften  Sdjroar^enberg  bei  unb  fetjrte  erft  1810  nad)  £>aufe 
^urüd,  nur  um  ba%  ^ac)r  barauf  nadj  ber  Sereinigung  9torbtr>eftbeutfd)(anb§  unb 
ber  ^»anfeftäbte  mit  bem  franjöfifdjen  ^aiferreidj  jutn  bterten  5Rate  nad)  SpariS 
entfanbt  3U  werben.  2ll§  im  SJtärä  1813  bie  erfte  Sejreiung  2ühed%  burd) 
2cttenbom'§  ^ofafen  erfolgt  mar,  warb  er  ^ur  SSegrüßung  ber  berbünbeten  9Jto= 
nard)en  nad)  SreSben  unb  ^Breslau  gefdjidt,  unb  ba  injmifdjen  bie  gran^ofen 
ßübed  bon  neuem  befetjt  rjatten,  gelang  bie  9tüd£er)r  nur  auf  llmmegen  unb 
unter  befonberen  6d)Wierigfeiten.  dlafa  ber  jtoeiten  ^Befreiung  ber  ©tabt  im 
üDecember  1813,  warb  O.  ben  2.  5Rärj  1814  jum  SBürgermeifter  erhoben  unb 
^at  a(§  folcrjer  an  ber  nad)  ber  granäofen^eit  nottjtoenbigen  Umgeftaltung  bee 
ganjen  Sübifdjen  ®taatömefen§  einen  leitenben  Stnt^eit  gehabt.  Oleben  ben 
^erui§gefd)äften  aber  blieben  feine  Neigungen  fortbauernb  ber  9Jtufif  unb  ^oefie 


6  Döerktf. 

äugeroanbt.  ©djon  at§  Jüngling  ^atte  er  fid)  in  ßompofitionen  öon  Älopftorf'ß 
geiftlicrjen  Siebern  unb  bcn  Siebein  au§  ber  $ermannäfd)tad)t  üex^urf)!,  fpätet 
erfdjienen  öon  ifjm  ÄtabierauSjüge  öon  ^crgolefe'S  Salve  regina  unb  Stabat 
mater,  1781  aud)  eine  (Sammlung  eigener  ßompofitionen.  ©eine  elften  littera» 
rifdjen  Seiftungen  maren  lleberfetmngen  englifdjer  fteifemerfe  unb  einzelner  ©e- 
bidjte  33irgil'§  unb  £t)eocrit'S,  bie  Anregung  ju  eigenen  ^robuctionen  ertoudjS- 
au§  bem  (Sinfluffe  JHoöftoä'ä,  £art  gr.  Gramer'S,  Mitter'ä  unb  ©öridmann'e, 
auj  ber  llnibeifität  ©öttingen  aber  —  ber  ^ainbunb  mar,  als  £).  fie  be^og, 
jebod)  fdjon  jerftreut  —  öor  allem  au§  bem  öon  ©tolberg,  33ürger,  £öltl) 
unb  $ofj.  3ln  be§  Settern  Mufenalmanad)  natjm  £>.  feit  1776  regen  2lntf)eil 
unb  ebenfo  an  anbern  periobifcrjen  23lättern  ber  3eit,  mie  am  £>eibelberger 
Xafdjenbud),  bem  norbifdjen  Sllmanad)  Sßinftieb  unb  bem  <£)anfeatifdjen  Magazin. 
23on  ba  finb  Sieber  öon  itjm  in  anbere  äfmlidje  3ettfdC)rtften  unb  (Sammlungen 
übergegangen  unb  gefonbert  ift  eine  foldje  gegen  fein  2Biffen  unb  roiber  feinen 
Söitten  „gefammelt  öon  einem  33eref)rer  be§  33erfaffer§  in  ber  ©djroei,}",  1786 
ju  Sinbau  herausgegeben.  Selber  öeröffentlid)te  er  1781  eine  Sluämab/l  feiner 
Äinbertieber  unter  bem  2itet:  „ga-ifcdjenS  Sieber",  he  jetjn  ^atjre  nadj 
feinem  £obe  1831  nochmals  aufgelegt  ift.  „3n  biefeu  Vif  bem  fjab'  id)  öerfud)en 
motten,  mie  meit  icb/S  etma  im  Äinberton  treffen  fönnte."  „$ier  förid)t,  menn  icb/ä 
gut  gemadjt  Ijabe,  rohflidj  ein  Äinb",  fagt  er  in  ber  Söorrebe.  1794  folgte 
eine  «Sammlung  „2Jermifd)te  ©ebidjte"  unb  1800  Ueberfetjungen  au§  Sluafreon 
unb  ©abbtjo.  tlnüeröffentlidjt  geblieben  finb  Ueberhagungen  fraujöfifd^er  üDramen, 
9tacine'§  23rittaunicu§  unb  SBajajet,  GorneiüYS  Ginna,  bie  auf  bie  23ütmc  ju 
bringen  er  öergeblid)  mit  ©djiöber  in  23riefmed)fel  trat. 

®a§  ©ebiet  öon  Oüerbed'ä  Srjrif  ift  ein  Heine*,  eng  umgrenztes.  2Bie  fie 
bem  ©efdjmacf  jener  geit  „ber  jungen  emöfinbfamen  -Sperren"  entfprad),  entfpridjt 
fie  bem  unfern  nidjt  mefjr.  2lud)  maä  fid)  nod)  im  33olf3gefang  unb  ben  ©djul= 
tieberbüdjern  errjalten  rjat,  toie:  „SDaS  maren  mir  fetige  Sage",  „ßomm'  lieber 
Mai",  „231ürje  liebeS  5)eild)en",  „2öarum  finb  ber  Sfjränen"  bürfte  merjt  burd) 
bie  Metobie,  als  ben  ütejt  lebenbig  geblieben  fein.  £>.  lct)nt  fid)  in  feinen  Ueber= 
fe^ungcn  am  beutlid)ften  an  23ofj  an,  nimmt  in  feinen  geiftlidjcn  unb  moralifdjen 
©ebidjten  fjie  unb  ba  einen  3ug  öon  (JtaubiuS  auf,  ift  aber  in  ber  Günge  feines 
bidjterijdjen  ©efid)t§freife§,  in  ber  ftreube  einer  Keinen  9taturbetrad)tung  unb 
feiner  fbielenben  Träumerei,  mie  in  ber  ©angbarfeit  feiner  Seife  am  nädj= 
ften  mit  $öltt)  berroanbt.  31  n  Mufif  gefegt  finb  einäelne  feiner  Sieber  öon 
Jpimmel,  ^>urfa,  Slnbrö,  SReidjarbt  unb  Mozart,  bie  meiften  öon  93ofs'  gl"funb, 
9lbrar)am  ©djulj  unb  biefe  entföredjen  ber  Oöerbed'fdjen  9ltt  entfd^ieben  am 
meiften.  SllS  S)id)ter  fd^ä^te  £).  feinen  fo  fjo<J)  al§  S3ofe,  itjtn  ift  er  ein  ftetS 
bereiter  Mitarbeiter  unb  burd)§  Seben  ein  treuer  ^reunb  geblieben,  alleibingä 
ift  ba§  SSerljältnife,  mie  S3o^  SMograöb,  mit  9ted)t  Ijeröortjebt,  erft  nad)bem  biefer 
ßutin  öerlaffen  fjatte,  ein  öertrautereg  gtmorben,  unb  bie  35erfd)iebenl)eit  ber 
ßliaraftere,  in  D.  bei  aller  gefdjäftlidjen  Slüdjtigtcit  eine  unöerfennbare  2öeidjl)eit  unb 
Milbe,  bei  33ofj  jene  IjcrauSforbernbe  Unbulbfamfeit  unb  9ted)tf)aberei,  bie  nur 
in  ber  eigenen  (Subjectiöität  bie  «Rotm  fudjt  unb  finbet,  tritt  tlar  ju  Sage.  2llS 
biefer  feine  Singriffe  gegen  Stolberg  in  bie  2Belt  fdjleuberte  unb  D.  jur  <5tellung= 
naljme  brängte,  mu|te  ber  le|tere  mit  geinljeit  unb  SCßürbe  feinen  eigenen  ab= 
roeid)enben  ©tanböunft  ^u  rualjren  unb  bocb,  ben  SStu^i  mit  bem  langjährigen 
greunbe  ju  öermeiben.  £).  ftarb  am  9.  Mära  1821.  ©ein  jüngfter  ©oljn  mar 
ber  Maler  ftmbrid)  £)t>erbed. 

©oebefe,  ©runbtife  jur  ©efdjicb.te  beutfctjer  2)id)tung,  23b.  II,  ©.  707. 
—  3ur  Erinnerung  an  6b,riftian  Slbolf  ööerbed  (ö.  6.  ©.  Cöerbecf  bem 
©oljn).     Sübed  1830.  £a§fe. 


Düer6ecf.  7 

£üerk(f:  griebrid)  £>.,  $iftorienmatev,  9eo-  3"  Sübecf  am  8.  3nlt 
1789,  f  au  gtom  am  12.  9tor>.  1869.  Unter  ben  Männern,  bie  e§  311  Anfang 
unfereg  3ar)rr)unberi§  unternahmen,  ber  in  leeren  gormaüemuS  berfunfenen, 
Döttig  inrjaltloS  geworbenen  beutfcrjen  ßunfi  mieber  neue§  Seben  einäuflöfjen, 
rjat  man  ficr)  gemöfmt,  £).  junädjft  neben  Gorneliu§  ju  nennen,  meit  er  röte 
biefer  bon  ber  romantifcrjen  2lnfd)auung  beseelt  mar  unb  bann  in  lebenslange  näfjere 
©emeinfdjaft  mit  itnn  geriet!).  Snbefj  finb  bie  33orau§fetmngen,  Don  benen  ber 
Stifter  ber  najarenifcrjen  sJticr)tung  ausging,  mie  bie  2lrt  ber  fcrjöpferifcfjen  RxaH, 
bie  er  an  bie  2)urd)füt)rung  feiner  ^kincipien  ju  menben  rjatte,  fet)r  berfd)ieben 
öon  benen  feine§  großen  ©enoffen.  ^ft  bod)  bie  j?unft  be§  teijteren  eine  burd)* 
au§  bramatifd)e,  mär)renb  bie  Dbexbetf §  bon  allem  Slnfang  an  Irjrifd)  toar,  au§ 
ber  üTiefe  be§  ©emütf)§  ftammte  unb  allem  heftigen  ober  2eibenfd)aftlid)en 
3eitleben§  auä  bem  SBege  ging.  9coct)  oiet  öerf ergebener  aber  mar  beiber 
Meifter  Gfjaiafter,  mie  man  au§  ber  näheren  SDarfteüung  if)re§  SebenSlaufei 
balb  ferjen  mirb. 

£)berbed'§  SSater  mar  erft  Senator,  bann  23ürgermeifter  ber  ©tabt  £übec£ 
unb  ein  rjodjgebilbeter,  bejonbers  bie  Äunft  unb  fcfjöne  Sitteratur  tiebenber 
Mann,  ber  fetjon  GarftenS,  bei  beffen  Sübeder  5tufentt)alt,  in  jeber  äöeife  geiörbert 
unb  öiel  bei  ficr)  gefet)en  t)atte.  So  empfing  benn  fein  eigener,  burd)  frühen 
ilambi  unb  9cotI)  niemals  mie  Goineliu§  geftäfjlter,  fonbern  ber  beften  Grjiefjung 
unb  be§  liebeoollften  gamilienleben§  gentefjenber  ©ofjn,  ein  fdjöner,  ftiller  Änabe, 
fd)on  ftür)  nur  fünfileriferje  unb  titteraxifcfje  Ginbrüde  im  Glternfjaufe,  meldje 
burd)  bie  rjerrtierje  alte  ©tabt  unb  itjren  3teid)tr)um  an  föftlicrjen  Saumerfen 
nod)  mächtig  berftärft  merben  mußten.  Gin  tief  letigiöfeä  unb  fcr)märmerifd)e§ 
©emütrj  marb  baburd)  notfjmenbig  al§balb  auf  ba§  beutfdje  Mittelalter  ^urücf» 
gemiefen,  mie  er  benn  aud)  am  liebfteu  in  ber  fatr)olifcr)en  $apelit  ber  ©tabt 
öor  einem  altbeutfdjen  Marienbilbe  öermeitte.  ^xül)  bie  Neigung  <}ur  Äunft 
für}lenb  erhielt  er  ben  elften  3eicfjnung§unterrid)t  bon  einem  alten  .Kanonier, 
Tiamen§  Mau.  ©toäter,  bei  ber  immer  entfdjiebener  rjeroortretenben  Neigung 
be§  ©ofme§  pr  Malerei,  tiefj  itjm  ber  Sßater  burd)  ben  Mengfianer  ^ßeroux 
Unterridjt  geben.  Sine  fxiir)e  53efanntfd)aft  mit  Sluguft  Äeftner  au§  -gmnnoöer, 
nachmaligem  ©efanbten  in  9tom,  ber  1805  nadj  Sübecf  fam  unb,  felber  leiben= 
fdmftlidjer  Äunftjreunb,  biete  3eid)nungen  nadj  ben  alten  Italienern  befafj,  be= 
ftärfte  ben  jungen  £).  in  feiner  Neigung  pr  $unft,  mie  jur  Üiomantif 
überrjaubt,  unb  fo  fetjte  er  e§  benn  aud)  burd),  bafj  er  im  fiebaerjnten 
3ar)re  bie  äBiener  Slfabemie ,  bamal§  ämeifeIlo§  bie  befte  in  Seutfdjtanb,  be= 
fucfjen  burrte. 

G§  mar  im  $.  1806,  alfo  bem  unglüdlidjften,  ba§  S)eutfct)lanb  je  ge= 
feb^en,  mo  ba§  alte  9reid)  gan^  aufammenbrad)  unb  fetbft  bie  jpanfeftäbte  balb 
ben  fytud)  ber  gtembljerrfdiait  fennen  lernen  foHten.  3)a§  mu^te  freilief)  ein 
baffibe§  unb  äugleid;  fdjmärmerifd)e§  ©emütrj  nod)  mer)r  auf  ficr)  felbft  unb  ben 
eigenen  9teidjtr)um  5'urüdmeifen.  £as  SBiener  hebert  aber  mit  feiner  bamat§ 
befonbers  leicrjtfinnigen  griüolität  unb  unfäglidjen  f^^iil^eit  mufste  biefe  Neigung 
nod)  berftärfen,  ba  e§  einen  tjodjgefinnten  unb  in  ftrenger  norbbeutfcb)er  3"cr)1 
unb  Gtjrbarfeit  auigemad)fenen  Jüngling  nur  anmibetn  tonnte.  Sie  unter  be§ 
tatentöollen  3Jlengefd)üler§  {yüger  ßeitung  ftcr)enbe  Slfabemie  aber  mar  eine  ebenfo 
feelenlofe  Slbricfjtungeanftalt  al§  atte  übrigen,  mo  ber  Scfjüler  mit  ber  größten 
5|3ebanterie  bon  einem  Gurfuä  jum  anbern  burdjgctrieben  mürbe  unb  man  bei 
biefer  fdjablonenmäfcigen  S)reffur  auf  feine  ^nbiüibualität  nid)t  bie  geringfte 
9tüdfid)t  nab)m.  5lod)  biet  meniger  fümmerte  man  fid)  bei  ber  burd)  9Jceng§ 
l)errfd)enb  gemorbenen  Vergötterung  ber  Stntife  um  bie  eigene  f)od)ad)tunggmert|e 
alte  nationale  ßunft.   —   Slaburd)   fam   nun  £).  balb  in  ben  tiefften  ©egenfat; 


g  DbetBcrf. 

3U  biefer  leblo§  antififirenben  9tid)tung.  3mmerr)in  enthielt  bie  Stnftatt  ober 
bocf)  ein  fet)r  refpectable§  9Jcaß  tecl)nifd)en  (ScfdjicfeS  aU  foftbare  (5rbfd)aft  ber 
9Jceng§'fd)en  ©d>ule,  beffen  Aneignung  für  ben  jungen  ßünftter  gana  ätr-crfmäßig 
fein  mußte,  unb  mo  er  aud)  in  ber  £f)at  meljr  lernte,  ali  er  bamalä  glauben 
mochte,  mie  er  im  Sltter  felber  anerfannte.  2>er  Ürieb  ^ur  Slbfonberung,  bie 
Neigung  311  ben  „StuSertuätjlten"  ju  gehören,  machte  fid)  inbeß  bei  it)m  fetjr 
frülj  gettenb,  mie  bei  fo  öielen  frommen,  ©o  bitbete  er  bei  feinem  rafd)  t)er= 
öortretenben  gtän^enben  latent  batb  mit  einigen  gteidjgefinnten  einen  2htnb 
auf  ,,©t.  8uca§"  ßingefdjroorner,  bem  außer  itjm  Sßfotr,  SBintergerft,  ©utter, 
bann  bie  fdtjtoetjer  .gmttiuger  unb  6.  33ogel  angehörten.  SDerfelbe  warb  neben 
ben  Slltbeutfdjen  befonbcr§  öon  bem  gerabe  in  Söien  beftnbtidjcn  (Sbertjarb 
2Bäd)ter  beeinflußt,  ber  eben  öotl  SSegeifterung  für  GarftenS  unb  bie  alten 
Italiener  au§  9tom  jurücfgefornmcn  mar.  —  Sinbeß  eignete  ftdj  £).  auf  ber 
fo  tief  öeradjteten  Slfabemie  bod)  atte§  ba§  an,  mag  er  an  tedjnifdjem  können, 
an  ßenntniß  ber  menfdjtidjen  ©eftalt,  iljrer  33erfür3ungen  u.  f.  m.  fpäter  öor 
feinen  meiften  ©enoffen  öorauä  rjatte.  Süädjter  aber  madjte  fie,  bie  fid)  alä 
bie  gebilbetften  unb  taleutöollften  ber  9lfabemie  orjneljin  fdjon  fetjr  füfjtten, 
öottenb§  rebetlifd)  gegen  ben  afabemifdjen  3mang.  ©°  ^am  e§»  ^aB  fte  bei  ber 
Üteorgamfation  ber  3tfabemie  nad)  bem  $af)re  1809  nidjt  miebcr  aufgenommen, 
fonbem  au§gefd)loffen  mürben.  SDiefer  lütißgriff  ift  ein  IjalbeS  Saljrljunbert  fpäter 
ber  3öiener  Slfabemie  genau  fo  aud)  mit  £)öerbed'§  Slntipoben  -!pan§  sXUafart 
begegnet  unb  mirb  bei  ben  meiften  Slnftatten  biefer  2lrt  immer  roieber  öorfommen. 
3nbeß  Ijat  £>.  bocf)  bereits  einige  feiner  beften  ü"ompofitionen,  mo  er  fdjon  gan,^ 
felbftänbig  erfdjcint  unb  fid)  an  bie  Slltbeutfdjen  ftatt  an  bie  9lntife  anlehnt, 
in  Söien  gemacbt,  fo  ben  „6in3ug  ßrjrifii  in  äerufalem".  3u  biefer  9lnlel)nung 
trugen  „SBadcnrober'ä  ^jerjenöergteßungen  eine§  funfttiebenben  iUofterbruberS", 
unb  „©ternbalb'S  SBanberungen"  öon  8.  ütietf,  bie  £>.  ftüt)  mit  33egeifterung 
la§,  nidjt  menig  bei,  mie  er  benn  fpäter  oft  erjätjlt  rjat,  ba§  fie  fo  großen  @in= 
fluß  auf  feine  .ttunftanfdjauung  ausgeübt. 

9Jtit  SBemitligung  feinet  $ater§  ging  O.  nun  im  grüljjatjr  1810,  begleitet 
öon  feinen  meiften  ©enoffen,  nad)  9tom,  um  feine  2lu§bilbung  3U  öeröollftän= 
bigen.  @r  fam  ba  am  20.  $uni  an,  füllte  fid)  aber  öon  ber  nod)  tjcrrfdjenben 
antififirenben  Otidjtung  ber  2l)ormalbfen,  Sd^id,  Äodg,  beä  iCeufelämüllerö  unb 
ber  beiben  ütiepentjaufen  ebenfo  menig  angezogen,  al§  üortjer  in  SSien,  menn 
er  aud)  entjüdt  öon  ben  AJnnftfdgä^en  ber  ©tabt  mar.  S5e§l)alb,  unb  mol  aud) 
au§  ©parfamfeit,  30g  er  nad)  einiger  ^eit  au§  ber  SBitta  'JJcalta,  mo  fie  erft 
gemorjnt,  au§  unb  mietete  fid)  mit  feinen  ©enoffen  in  bem  öerlaffenen  ^flofter 
©an  Sfiboro  ein,  mo  fie  jeber  eine  ^elle  beraol)nten,  fid)  felber  fod)ten  unb, 
fid)  ganj  abfdgließenb,  eine  ©ccte  bitbeten,  bie  nun  atSbatb  ben  ©pitmamen  ber 
„^lofterbrüber"  erhielt  unb  ifm  fpäter  mit  bem  bejeidjnenberen  ber  „sJta3arener" 
öertaufc^en  mußte,  ber  i^nen  bi§  t)eute  geblieben  ift.  ©ie  mo^nten  ba  jmei 
Mre,  tt)eoretifirten  ungtaublid)  öiel  über  Äunft,  arbeiteten  aber  umfo 
meniger,  genau  mie  bie  meiften  anberen  Slnrümmtinge  in  9tom.  5tic^t§befto= 
toeniger  begrünbete  £).,  aU  ber  einige  öon  tf)nen,  ber  ein  gefunbe§  Talent  be» 
faß,  feinen  9tuf  boög  atlmäpdj  erft  burc§  eine  Anbetung  ber  ^t.  brei  Könige 
unb  eine  9Jtabonna,  bann  befonberS  burd)  ben  fcr)on  ermähnten  ßarton  bon 
„Sfvrifti  (Sinpg  in  ^erufalem",  ben  er  erft  biet  fpäter  in  Del  gemalt  f)at.  2)a§ 
SSilb  l)ängt  je^t  in  ber  Sübeder  ^Rarienfirdjc  unb  gibt  un§  bei  ber  3^rftreuung 
ber  meiften  übrigen  arbeiten  ben  fidjerften  ÜJlaßftab  für  feine  bamalige  9tic§tung, 
mie  fein  können.  —  2>ie  (Sompofition  3eigt  eine  eigcnt^ümtidje  9}ermifGgung  öon 
altbeutfdjen  unb  altitalienifdjen  ©inpffen,  unb  in  ifjren  bieten  Porträten  öon 
Sefannten  unb  SBermanbten    fogar  meit   mef)r   gefunbe§  ^laturftubium,    at§  bie 


Ooetfcedf.  9 

füäteren  Slrbeiten.  dagegen  ift  fte  toetttoett  entfernt  bon  allem,  mal  bamats 
in  2Sien  ober  9tom  gemalt  marb;  man  fann  ftdj  in  ber  £f)at  feinen  botlftän= 
bigeren  Sruct)  mit  ber  tjerrfcfjenben  ,£unftridj)tung  benfen.  2)ie  naef)  2lrt  ber 
^Jcemling'fdjien  jer)r  figurenreietje  ©cene  ift  bor  bem  ütfjore  be§  im  ^intergrunb 
befinblictjen  3erufatem§  gebaut,  ber  einreitenbe  6fjtiftu§  fo  ebel,  bafj  er  bie  33e= 
geifterung  ber  fjaufenmeife  Unfö  am  2Bege  aufgehellten  nnb  nidjt  otjne  Üteij 
erfunbenen  fyrauen  root  begreiftief)  maetjt,  mie  bie  ber  fjinten  an  einem  9tain 
rechts  gelagerten  Sotflmaffen.  Sludj)  bie  bem  Ferren  folgenben  Stpoftel  fjaben 
gute  ßöfcfe,  ba§  ©an^e  aber  erinnert  auffatlenb  an  äfjnticfje  ©cenen  $intur= 
rtdjio's,  ber  ben  9)temling  rool  auf  bem  Silbe  noef)  tnefjr  at§  auf  bem  Garton 
»erbrängt  fjaben  toirb.  ®a§  ©anje  ift  überaus  liebensroürbig,  fjat  aber  bei 
roeit  größerer  fünftterifcfjer  Sotlenbung  bod)  biet  meniger  f^eeififd^  eigen= 
tfjtimltdjeS,  bem  9Jtater  felbft  gefjörenbes,  al§  bes  Cornelius  gleichzeitige  2lr= 
beiten.  ^patte  bod}  £>.  gerabe  aus  ber  9iadjaf)mung  ober  Ürabttion,  roie  er 
es  nannte,  bereits  eine  förmliche  ©octrin  gemalt.  S)as  fjat  er  inbefj  mit 
Gornetius  burdjjaus  gemein,  bafj  feine,  toenn  auefj  fjarmonifdjete  Malerei  bodj 
in  it)rex  ^einlictjfeit  niemals  ber  get^nung  an  Steij  etmas  tjtnaufügt,  biefelbe 
im  ©egentfjeit  umfo  öfter  fjöljern  unb  leblos  erfdjeinen  läft.  Sefonbers, 
weit  er  bie  Gfjarafteriftif  bes  ©tofflidjen  gän^lid)  bernadjläfftgt,  f^teifd^,  ©e= 
toänber,  öaare  gteidj)  befjanbelt,  roas  immer  an  bie  SBirfung  bematter  £>ol3= 
figuren  erinnert. 

2lts  nun  Cornelius,  bem  Sfofj.  Seit  unb  2Bintergerft  borausgegangen  roaren, 
im  §erbft  1811  audj)  nadj  9tom  fam,  fo  fdjloffen  fief)  bie  beiben  großen  Äünftler 
nadj  unb  nadj  aufs  ^nnigfte  an  einanber  an,  unb  ber  männlidjere  unb  t(jat= 
tranigere  Gornelius  übte  balb  einen  fefjr  bortfjeilfjaften  ginflufj  auf  ben  jüngeren 
©enoffen,  ber  nun  enbtidj)  umjo  et)er  fleißig  ju  arbeiten  anfing,  als  bie  Ser= 
tjältniffe  in  2ü6etf  fo  traurig  mürben,  bat)  ifjn  fein  Sater  ntdjjt  mefjr  unter* 
ftü^en  tonnte.  —  3ft  es  in  ber  öon  9)cargaretfj  |)omitt  neutidj  fjerausgegebenen, 
Taft  ganä  aus  Driginalbriefen  bes  .ßünftlers  unb  feiner  ^reunbe  befterjenben 
Siograpfjie  rüfjrenb  au  fefjen,  tote  D.  jtdj  für  feine  gfreunbe  bon  ber  „2ucas= 
üruöerfdjaft"  aufopfert,  fo  fann  man  bodj  nidjt  umfjtn  ju  fmben,  bafj  manche 
berfelben  offenbar  bas  latent  unb  nodj  mefjr  bas  müfjfelige  ©tubium  ber  Statur 
unb  ber  Sedjntf  burefj  ben  ©tauben  erfetjen  3U  fönnen  tjofften,  ber  tjier  bie 
3fcoKe  be§  ^eiligen  ©eifte§  an  ^pfingften  bei  itjnen  t)ättc  übernehmen  fotten.  Se= 
fonberS  at§  ber  berrücfte  Qafyantö  SBerner  al§  tjat6er  «Harr  unb  rjatber  ^eut^ter 
Infant  unb  bie  iungen  ^Dlaler  bolienbä  toll  machte.  2luc£)  £).  toarb  immer 
fanatifc^er  unb  ga6  ertblicf),  1813  gar  jum  ßatrjotici§mu§  übergetjenb,  bamit 
ba§  ©ignat  ju  jener  miberroärtigen  ßonbertirunglmanie,  bie  bon  ber  tömiftfjen 
ßterifei  auf  jebe  äöeife  geförbert,  batb  ju  einem  magren  ©canbal  ausartete. 
2tn  Dberbecf'S  Stufricgtigfeit  unb  lauterer  Ueberjeugungitreue  ift  babet  freiti^ 
nietjt  im  minbeften  ju  jtoeifeln,  ba%  er  aber  bamit  ben  nationalen  Soben  merjr 
unb  met^r  unter  ben  ^üfjen  oertor,  ift  fetbftoerftänbtict).  3"  foldjer  ginfeitigfeit 
toar  nun  Sorneliuö'  freie,  ed^t  beutfct}e  Statur  nietjt  angelegt,  unb  jo  trennten 
ftdj)  benn  batb  it)te  3öege,  trot}  ungetrübter  perföntidjer  fyreunbfctjaft.  S)a  £). 
aber  banf  feinem  großen  Talent  unb  ber  immer  reactionärer  toerbenben  ütict)tung 
ber  mobifci)en  9tomantif  eine  überaus  grofje  3tadt)fotge  fanb,  fo  erlebte  man 
bae  unermartete  ©cfmufüiel,  bafe  ein  fd^öner  3tnfa^  jur  Sitbung  einer  nationalen 
ßunftridjtung  burdj)  bie  Soölöfung  bom  b,eimifd)en  Soben  unb  ben  madjfenben 
römifd^en  Qinftufj  gar  oft  inö  birectefte  ©egentfjeit  berfe!§rt  mürbe.  2Benn  ba% 
einen  ©oett)e  unb  Oliebufjr  mit  gleidj  großem  llnmitlen  erfüllte,  fo  mar  eg  boctj 
bei  ber  ^Jteru-jatjt  gut  gemeint,  mätjrenb  e§  bei  Stnberen  freilief)  in  bie  abge= 
feimtefte  §euci)elei  unb  ©peculation  ausartete.  —  ©elbft  bei  C,  bem  eljtftdjften 


10  Oüerbecf. 

unb  lautctften  üon  allen,  fann  man  faum  jagen,  bafj  ifjn  bei*  (Staube  geförbert 
tjabe  in  jeiner  Jhinft.  2Bett  etjer  märe  baS  ©egentfjeil  ridjtig,  ba  er  itjm  bie 
unbefangene  $l*eube  an. ber  sJtatur  üerfümmerte,  mit  bei;  ßiebe  jum  Satertanb. 
2)em  entging  fetbft  GorneliuS  nidjt,  ber  fid)  bod)  üon  biefem  fanatifdjen  treiben 
meljr  unb  mer)r  entfernte.  —  S)ie  fixesten  in  ber  (iafa  Söartt)otbt>  unb  bann 
in  ber  Sitla  9Jtaffimi  führten  inbef}  £).  unb  (SorneliuS  jetjt  nod)  einmal  au= 
fammen.  2) er  Gsrftere  übernahm  ba  ben  „Sertauf  ^jofef'ö  burdj  bie  Srüber" 
unb  bie  „fieben  mageren  %al)xz".  SSeibe  finb  üorhefflid)  ausgefallen;  bie  fieben 
mageren  Satjre  aeigen  umfo  granbioferen  ©ruft,  als  £>.  nod)  eben  fotctje  Scencn 
beS  @lenbS  im  römifdjen  ©ebirge  gefefjen,  roo  ImngerSnou)  t)errfd)te.  9Iud) 
ber  Serfauf  tft  !aum  meniger  gelungen;  bcjonberS  ber  $o]e]  felber  ift  eine 
ljöd)[t  liebenSraürbig  erfunbenc  unb  aud)  öortrefflid)  mobettirte  Srigur.  äöteberum 
an  5J3inturrid)io  am  meiftcn  erinnernb,  finb  bod)  aud)  nod)  öiele  2ln!länge  an 
bie  germanifdje  21rt  ba,  baS  ©anae  aber  mutljet  unftreitig  roie  baS  (Sqeugnifj 
einer  neuen  sJienaiffance  an,  rjat  bie  ganje  feufdje  unb  fdjüdjterne  ©djöntjeit 
einer  fotdjen.  2)aS  juDiet  ber  sJiad)af)mung  ^eigt  fid)  nur  barin,  bafj  eS  nad) 
2lrt  ber  Slltbeutfdjen  fromme  (Salbung  fogar  hä  ben  ©djuften  jeigt,  bie  ben 
eigenen  S3ruber  üerfaufen.  Ratten  fid)  bod)  biefe  „ßucaSbrübcr"  ober  „lUaaa= 
rener"  fogar  im  2tben  baSfelbe  gehaltene  unb  getaffene,  fromm  bie  klugen 
nieberfdjtagenbe  ober  einen  nur  üon  unten  fjerauf  anblirfenbe  SBefen,  biefetbe 
ftolje  üDemutf)  angemahnt,  roie  man  fie  an  ^efuitcn  unb  s$ieti|"ten  gana  gteid)= 
mäfig  beobachten  fann,  ja  bei  allen  benen,  bie  tjeimlid)  2Bein  trinten  unb 
öffentlid)  SBaffer  prebigen.  —  £).  unterfd)ieb  fid)  üon  fotdjen  inbefj  baburd), 
bafj  eS  ifjm  tjeiliger  (Srnft  mar  mit  ber  Verleugnung  ber  fünbigen  SBeltluft,  ja 
bafj  er  in  feiner  arglofen  Uneigeunüüigfeit  beftäubig  ausgebeutet  mürbe.  2118 
fein  roadjfenber  9tuf  im  Satertanbe  if)m  allmärjlid)  immer  meljr  Stellungen 
üexfdjaffte,  gefdjat)  baS  nur  nod)  tjäufiger.  %n  biefer  $tit  Don  1813—16  ent= 
ftanben  aud)  bie  fdjöneu  (Sompofitionen  ber  „©rablegung"  unb  „Äreu^tragung" 
(Efyrtfti,  mo  er  bidjt  an  Üßerugino  unb  SRafael  Ijinftrtift.  (Sbenfo  nod)  eine 
ganae  3lnaar)t  fleinerer  gejeid)neter  (Sompofitionen.  —  2118  inbefj  Napoleon, 
1815,  aurüdfet)rte ,  fo  regte  fid)  bod)  bie  SaterlanbSliebe  mieber  fo  ftarf 
in  ifjm,  bafj  er  aurüd  nad)  ßüfceä  unb  im  rjanfeatifctjen  Kontingent  ben  $ampf 
mitmachen  rootfte,  aud)  nur  mit  9}cüt}e  baüon  ah*  unb  „au  d)riftlid)cr  Ergebung" 
äurürfgebradjt  roarb,  mäl)renb  tyt).  Seit,  ©djaboro  unb  öiele  anbere  rokflidj  au 
t)en  äüaffen  griffen  ober  fdjon  früher  gegriffen  l)atten.  —  greitid)  nafjm  bie  „ro= 
manifirenbe"  Xenbena  nacrjtjer  fetjr  balb  mieber  übertjanb. 

SDei  roofjtüerbiente  Seifall,  ben  bie  ftreSfen  ber  (Safa  58artl)olbt)  fanben, 
ermunterte  jettf  £>.,  fid)  aud)  bei  ben  töeütidjen  Aufgaben  ju  betfjeiligen,  bie 
ben  jungen,  1818  burdj  Suüu8  ©djnorr  öerftärlten  Malern  in  ben  Silbern 
ju  £affo  in  ber  33iEa  sDiaffimi  geftcllt  mürben.  Ueberbiefj  l)aite  fid)  ber  bereits 
29  jährige  WlaUx  jum  erften  sDtale  öerliebt  —  in  bie  fd)öne  2Bienertn  ^lina 
|>artl,  bie  ju  33efud)  nad)  9iom  gefommen  roar,  unb  bie  er  bann  im  ^erbft 
1818  Ijeimfüljrte.  2)ie  @f)e  mar  eine  glüdlidje,  obmot  burdj  beftänbige  Äran£= 
f)eit  ber  g-rau,  mie  ber  friirj  geftorbenen  5Jiäbd)en  unb  be»  einaigen  ©öljnleins, 
bann  buvd)  öiclfad)e  9Zotr)  nidjt  ungetrübte. 

2öafjrfd)einlid)  öerbanft  man  e8  biefer  9tüdfel)r  öon  ber  SlScefe  aur  3flatur, 
bafe  biefe  öon  ifjm  je^t  in  93illa  53caffimt  ausgeführten  Silber  einen  fold)  felte= 
nen  Üteia  erhielten,  ©o  ber  $amöf  ©ilbippenS  mit  Ergont,  Ui  roetdjem  gana 
roelttidjen  Sormurf  er  aufs  überrafd)enbfte  aus  ber  gtoEe  beS  21ugennieber= 
fd)tagenS  fällt  unb  bie  fbrüljenbfte  ßebenbigfeit  mit  einer  feufdjen  ©raaie  öer= 
binbet,  bie  gana  unb  gar  an  bie  ttalienifdje  grüfjr enaiff au ce  erinnert.  @benfo 
reiaenb,    mit   faft  jungfräulicher  3artr)eit  finb    „©ofronia  unb  Olintt)"  auf  bem 


Cberbecf.  11 

©Weiterlaufen  toon  Sfjtorinbe  gerettet.  3U  biefen  SSanbbilbern  matte  D.  bann 
nocfj  an  ber  Sede  bie  Saufe  ber  Sfjtorinbe  burdj  Sancreb,  ba§  befreite  3erufa= 
lern,  Dxinatbo  unb  Slrmiba,  (Jrminia'3  Stnfunft  bei  ben  Wirten  u.  %.  m.,  immer 
mit  bemfelben  jugenblicfj  feufcfjen  9Jeij,  ber  jo  anjiefjenb  roirft.  Äein  Steifet, 
bafj  D.  auf  biefem  $fabe  romantifcfjer  SBett  tief)  feit  fortgefjenb  ber  ßunft  öietleicfjt 
nocfj  mcfjr  geteiftet  fjätte,  ati  Bei  feiner  späteren  23efdjräniung  auf  ausfcfjüeBlicfj 
retigiöfe  (Segen ftänbe.  ©cfjon  barum,  meü  er  fjier  frei  ^u  f cfjaffen  genötfjigt  mar, 
ftgtt  bort  beftänbig  $afaet  nacfjiuafjmen. 

Sajroifcfjen  fjinein  entftanben  bann  immer  nocfj  eine  9Jtenge  bibtifcfjer  6om= 
pofitionen  unb  3e^nun9en<  tt"3  °^e  x*m  ibrjtlifdjen  immer  am  beften  gerieten. 
60  33ooä,  ber  bie  ^Rutt)  erblidt,  roo  teuere  bie  3ÜQe  ber  Sraut  jeigt  unb  aucfj 
bie  ber  Sampagna  entnommene  Sanbfctjaft  fefjr  fcfjön  ift,  mie  faft  immer  bei 
•Dberbecf.  (Sbenfo  eine  s;Rufje  auf  ber  fttucfjt  nacfj  Ggrjpten,  bie  3(uferroetfung 
beö  2ajaru§,  %atoh  unb  ütafjet  u.  51.  m.  9cad)  bem  fcfjon  ermähnten  Güinjug 
(Stjxifti  aber  entftanb  1826  bie  grofje  ßompofition  bes  „ßaffet  bie  steinen  ju 
mir  fomraen".  Sefcfjitfter  angeorbnet  at£  ber  (Jinpg  ftefjt  fie  an  ^aturgefütjt 
boctj  hinter  biefem  jurüd,  bie  fromme  ©atbung  mufj  eä  bereits  3U  oft  erfetjen. 
ßbenfo  bei  einem  in  ber  Söüftc  prebigenben  2jofjanne§. 

©djou  1821  blatte  6ornetiu3  feinen  greunb  öergeblidj  nadj  Süffeiborf  gu 
bringen  gefudjt,  1826  berfucfjte  er  e§  mit  lUtündjen,  bodj  abermals  umfonft. 
Senn  roäfjrenb  £).,  ber  bi§  jetjt  öom  5ßapfttfjume  nicfjt  bie  minbefte  görberung 
erhalten  fjatte,  geneigt  mar,  ju  gefjen  unb  fcfjon  jugefagt  t)atte.  fetzte  ficfj  bie 
fränfticrje  grau  entfcfjieben  bagegen  unb  ifjren  SBitlen  umfo  etjer  burcfj,  al§  fie 
in  aÜen  nicfjt  fünfiterifcfjen  Singen  tängft  ba§  ©cepter  füfjrte.  (B  ift  biejj 
umfo  mefjr  jju  bebauem,  al§  D.,  bem  SSaterlanbe  miebeigeroonnen ,  ofjne 
^roeifet  eine  gefunbere  Stiftung  genommen  rjätte.  —  Sagegen  fammette  ficfj 
jetjt  in  9tom  nacfj  unb  nacfj  eine  grofje  ©cfjule  um  ifjn,  unter  ber  Steinte  be= 
fonberS  ficfj  feine  2lrt  üoüftänbig  aneignete,  öon  ber  aber  aucfj  SSictor  Drfel, 
,§ipolrjt  ^flanbrin  in  gfranfreid),  früfjricfj,  Seger,  ßuppelttriefer  in  Seutfdjtanb , 
bie  Italiener  Golombo  unb  Gafotani,  Gorbella,  bann  öubmig  ©eitj  unb  9tof)ben 
in  9rom,  ja  faft  aüe  cfjrifttid)  romantifdjen  ^Dealer  unterer  geit  mefjr  ober 
toeniger  berürjit  ftnb,  rote  benn  fein  ©trjt  gerabeju  ttjüifd)  für  biefe  »Jieufattjotüen 
gemorben  ift. 

©tatt  nadj  9Jcündjen  30g  er  nun  in  ben  nädjfien  S<i^en  im  ©ommer 
nad)  Perugia,  ma§  ju  einer  feiner  tieften  Strbeiten  fürjrte.  @r  matte  nämlidj 
at§  SJotiobitb  in  ber  SBottjalle  üon  ©anta  3Raria  begti  Stngeti  bei  Stffifi  baö 
ütofenrounber  be§  Zeitigen  gran,y§fu§.  Saöfetbe  ift  fein  gröfjtei  öreefobilb 
geroorben,  unb  fierjertidj  eine  ßompofition  fo  öolt  Dteinrjeit  unb  Sieben»» 
mürbigfeit,  bafs  fie  an  bie  beften  ^rärafaetiten  rjinfttciTt,  ja  felbft  giefote  ge= 
tjören  fönnte ,  toenn  auef)  ba§  feine  5laturftubium  ferjtt ,  roetdjeä  tein  ba= 
matiger  Italiener,  fetbft  ber  fromme  5Jtöncfj  bon  ©an  'iücarco  nidjt,  öernadi= 
täffigte.  ©an(3  djarafteriftifd)  für  ba§  SBertjatten  ber  Italiener  au  bem 
beutfcfjen  Waln  ift ,  ba§  iljm  bie  9Jlöncr}e  be§  ßtofterä  nacfj  ber  SSoItenbung 
bee  gefdjentteu  3BUbe§  nod)  eine  lange  9led)nung  mr  gerjabte  Slustagen  prä= 
fentirten. 

SOßie  fid)  D.  ju  feinem  23orbitb  9lafaet  üertjätt,  fierjt  man  am  beften  an 
ber  furj  öorfjer,  1825  gematten,  jefet  in  ber  9Mncrjener  bleuen  5)}inafotb,ef 
befinbtidjen  fjeüigen  gamitie,  bie  attetbing§  fefjr  an  beffen  ÜJlab.  danigiani 
erinnert,  aber  freilief)  nicfjt  entfernt  an  bereu  geiftreicfje  fyrei^eit  unb  ifjr  s3catur= 
gefüfjt  fjinreicfjt.  33alb  barauf  roarb  bie  eben  bafetbft  31t  fefjenbe  „^tatia  unb 
©ermania"  oollenbet,  bie  inbefj  beibe  be§  93eit  prädjtiger  ßompofition  nidjt 
gleidjfommen.    —    Sann    warb    ifjm     1830    bie    grofje    ^immetfafjrt    5Jcariä 


12  Dbetbetf. 

für  bcn  Kölner  SDom  BefteUt ,  tote  er  benn  fein  tebentang  bon  ben  33cftel* 
hingen  <jet)rte,  toel^e  itjm  bas  Vatertanb  gab,  ba  fid)  stalten  gar  nidjt  um 
iljn  flimmerte,  fo  roenig  als  bas  $abfttf)um,  bas  bie  beutfdjen  ©djroärmer  lebig* 
tief)  benütjte.  — 

SDurd)  ßornetius  beroogen  befugte  ber  5)tetfter  1830  jum  erftenmal,  in 
©efettfdjaft  bes  batnn  ^urüdfetjrenben,  toieber  ®eutfd)tanb.  Ueberatt  bon  ben 
Äünftlertt  fjodjgefeiert,  gefiel  es  if)tn  bod)  nidjt  fetjr,  ja  er  mochte  nidjt  einmal 
bie  eigene  Jpeimatf)  nad)  beut  £obe  ber  ßrltern  meljr  befudjen.  2)er  Äampf  ber 
Parteien  im  3)aterlanb  [tiefe  ben  an  füllen  ^rieben  ©eroörjnten  ab.  S)enn  roenn 
berfelbe  in  Italien  aud)  biet  ärger  tobte,  fo  brauchte  er  als  gfrembling,  tuetdjer 
er  äeitlebens  blieb,  fid)  nid)t  baran  ju  beteiligen.  Sagegen  erhielt  er  jetjt  in 
granffurt  für  bas  ©täbel'fdje  Snftitut  jenes  grofje  SBilb  beftellt,  roeldjes  itjn 
fortan  neun  3at)re  befdjäftigen  follte:  bcn  ,,£riumbf)  ber  Religion  in  ben  fünften". 
3n  ber  \!lnorbnung  eine  auffallenbe  sJtad)nf)tnung  ber  2)isbuta  sjtafaet%  ift  es 
bod)  feine  bebetttenbfte  ßeiflung  in  ber  Delmalerei  unb  bei  alter  ©infeitigfeit 
feiner  Stuffaffung  ein  fjodjactjtbares  Alunftroerf  geworben.  2Bie  bie  5)isbuta  in 
eine  obere,  ben  offenen  Jpimmel  ^eigenbe,  unb  eine  untere,  fjier  bie  d)riftlid)en 
Äünftter  unb  ifjre  Protektoren  cntfyattenbe  £)älfte  serfatlenb,  tjat  bie  letztere 
atlerbings  aud)  bie  JMlte  fotdjer  altegorifirenben  (Sompofttionen,  roo  fein  9Jienfd) 
etroas  tüirf(id)  tfmt,  fonbern  alte  nur  fid)  unb  Rubere  frjmbolifdj  langweilen. 
9-ftufj  man  fid)  bafjcr  tjier  an  einzelnen  prächtig  erfunbenen  ©eftalten  erfreuen, 
fo  ift  bod)  weit  roerttjbotter  bie  obere  £ätfte  bes  Sßilbes,  mit  ber  £)immets= 
fönigin  in  ber  9Jtttte,  bie  fetjr  befdjäftigt,  aufjer  bem  galten  bes  $inbes,  aud) 
nod)  ben  Ferren  unten  ben  Dtarianifdjen  ßobgefang  aus  einem  U3ud)e  borjulefen 
tjat.  —  9tid)tsbeftoweniger  ift  bod)  ber  ©eift,  ber  uns  aus  bem  ©anjen  entgegen 
wefjt,  ein  fo  ernfter  unb  ebter,  bafj  sJlicntanb  bies  2Berf  ofyne  ^podjactjtung  be= 
tradjten  wirb,  wie  biele  9tätt)fcl  es  if)tn  aud)  aufgebe.  Söejeidjnenb  ift,  ba&  £). 
ein  fteines  33udj  fdjreiben  mufete,  um  ber  SBett  ju  erflären,  was  feine  5'9uren 
altes  ttjun  ober  beabfidjtigen,  unb  fomifdjerweife  babet  bemfelben  Diafael,  ben 
er  bod)  fo  fetjr  berebrte  unb  ftubirte,  bittere  Vorwürfe  über  feinen  bermeint= 
lictjen  fbäteren  Hbfatt  mad)te.  —  Offenbar,  roeit  biefer  fid)  im  täglidjen  Um= 
gang  mit  ber  l)of)en  römifdjen  Glerifei  attmäfjlid)  eine  greiljeit  bes  ©eiftes 
aneignete,  bie  alterbtngs  fetjr  nad)  Äetjeret  fdjmedt  unb  bon  ber  D.  fidjer  roeit 
entfernt  blieb,  ber  bem  s}}ab[ttt)um  gegenüber  bas  ©acrificio  bett1  3(ntettetto  unbe= 
bingt  bradjte. 

s3lod)  roätjrenb  er  au  bem  grofjen  93ilb  be)ct)äftigt  roar,  matte  er  aud)  eine 
$ermät)tung  sJftariä  für  ben  ©rafen  9taqr;nsfi  unb  einen  23efud)  ber  s3Jtaria 
bei  dütifabetf).  «^aum  tjatte  er  biefe  ©emätbe  öottenbet,  fo  öerlor  er  ben  ein= 
^igen  t) off nungsb ollen  <Sofjn,  unb  nur  bie  eifrigfte  9lrbeit  Dermod)te  it)n  ju  trüften. 
©o  entftunben  jet}t  fed)jet)n  (Sartons  Don  ^tpofteln  unb  ßöangeliften  für  eine 
Gaöette  bes  dürften  2orlonia,  eine  grofje  ^tn^atjt  bon  ßotnpofitionen  für  ®(as= 
matereien,  bann  eine  ^affionsgefd)id)te  für  ben  ©tid).  (Sbenfo  ein  grofjes  Dctbitb 
bei  ungläubigen  Stjomas.  Snblid)  befd)äftigte  ifjn  bon  1843 — 55  jene  9teit)e 
bon  40  Zeichnungen  ^u  ben  (Söangelien,  bie  im  33efi^  bes  S5aron  So^bed  in 
Söet^ern,  fpäter  teiber  berbrannt  finb.  ^ur  9}erbielfättigung  burd)  ben  Äubferftid) 
beftimmt  unb  bon  Heller  unb  feiner  ©d)ule  bortrefflid)  geftodjen,  b,aben  fie  eine 
unermeßliche  Verbreitung  erlangt  unb  aud)  berbient,  ba  fid)  t)ier  fein  ©tut  bott= 
fommen  abgeftärt  t)at  unb  jroifc^en  ^iefote  unb  9tafaet  etroa  bie  3Jlitte  t)altenb 
jeigt.  lleberbiefj  ftört  einem  bei  bem  fleinen  Format  bie  Seere  nid)t,  bie  bei 
feinen  grofjen  Figuren  ber  ^langet  an  9iaturftubium  nottjtbenbig  nad)  fid)  30g. 
—  Sagegen  ift  fo  biet  Mtjrenbes,  tief  unb  roatjr  ©mpfunbenes  in  biefen  mit 
betounbrungsroürbigem  ©tbtgefütjl   unb  rt)t)tt)mifd)em  ©inn  gewidmeten  6ompo= 


■Doecbccf.  13 

fttionen,  bafj  fie  einem  bie  rjöcfifte  Sichtung  einflößen,  p  ben  reinften  perlen 
beutfctjer  #unfi  gerechnet  roerben  muffen,  ©elbft  roenn  man  nicf)t  Perfennt,  baß 
ba  aucf)  ©emadjteS  mit  nnterläuft,  ftcfjerlidj  niäjt  auS  frommer  Heudjetei,  bte 
ber  edjten  Oieligiofttät  £>üerbecf'S  üötlig  ferne  tag,  fonbern  roeil  er,  roie  bie 
gan^e  ©djute,  bem  9it)rjtf)muS  ber  fctjönen  Sinie  bie  SBatjrfjeit  unb  Unmittelbar^ 
feit  beS  2tuSbrucfS  häufiger  opfert,  als  bieS  feine  clafftfctjen  Vorbilber  jemals 
ttjaten.  ^nbefj  ift  ber  GpcluS  feineStnegS  arm  an  birect  bem  römifcfjen  2)olfS= 
leben  abgelaufenen  Sügen  unb  aucf)  barum  jebenfatlS  eines  ber  fctjönften  S)enf= 
male  biefer  Äunfirtcfjtung,  roie  man  benn  überhaupt  bie  grofje  23ebeutung  beS 
ÄünftterS  burdjauS  in  feinen  3e^nungen,  nidjt  in  feinen  ©emälben  ju  fudjen 
tjat.  5DieS  jjeigte  ftcf)  aucf)  an  bem  eitrigen  Vitb,  baS  er  für  ben  5ßapft  jemals 
3U  malen  befam,  einem  ftcf)  feinen  Verfolgern  entjiefjenben  (ifjriftuS,  baS  eine 
£)ecfe  im  Duirinat  fcfimücfenb,  jeijt  mit  einer  Sapete  überbecft  fein  fott.  S)ann 
öotlenbete  er  auctj  enblidj  bie  grofje  Himmelfahrt  *Dcariä  für  ben  Gölner  üDom, 
ein  überaus  figurenreicfjeS  Vilb.  25iefe  gren^enlofe  £f)ätigfeit  ift  umfo  Per= 
btenftltcfjer,  als  ifm  in  biefer  3e^t  aucf)  nocf)  ber  SSerluft  feiner  it)m  breiig 
$af)re  fo  treu  jur  «Seite  geftanbenen  ©attin,  bann  ein  fangroierigeS  2lugen= 
übet  traf.  93cacf)te  er  bocf)  Pon  ba  an  ben  (Sinbrucf  eines  fjatb  ber  (Jrbe 
entrücften ,  nur  Pom  mächtigen  ©eift  unb  äßitlen  nocf)  aufrectjt  erhaltenen 
93canneS.  , 

6r  roäre  nun  gan<j  Perlaffen  geroefen,  roenn  ifjn  nidjt  ein  beutfdjer  GonPertit, 
ber  Vilbfjauer  H°fn,ann  unb  feine  grau  in  tt)re  Familie  aufgenommen,  letztere 
ftcf)  ifjm  ganj  geroibmet  unb  fo  bem  ©infamen  eine  anregenbe  ^>äu§ücf)feit  be= 
reitet  fjätte,  in  ber  er  nact)  langen  traurigen  Safjren  förmlicf)  roieber  auflebte. 
Verjüngt  baburdj,  befudjte  er  1855  fogar  2)eutfcf)tanb  jum  aroeitenmal,  um 
fein  großes  23itb  für  ben  S)om  nact)  Söln  $u  bringen,  Ueberatl  fjocf)  gefeiert, 
gefiel  eS  ifjm  nunmehr  fogar  Piet  beffer  als  baS  erfte  53cal;  er  blieb  monatelang 
an  oerfdjiebenen  Orten  unb  fpracfj  ftcf),  jurücfgefefjrt,  fefjr  befriebigt  über 
feinen  Vefucf)  auS,  roie  er  benn  roeit  entfernt  roar,  fictj  jemals  fo  p  Pertoälfcfjen, 
al§,  djarafterloS  genug,  fo  Diele  S)eutfcfje  eS  in  $ariS  unb  Sonbon  tfjun.  @r 
erfjiett  im  (Segentfyeit  ben  3ufaromentjang  roit  bem  Vatertanb  immer  nact)  Gräften 
aufrectjt  unb  füfjlte  ficf)  burdjauS  als  SDeutfdjer,  rote  benn  aucf)  faft  alle  feine 
Sirbetten  nact)  SDeutfcf)lanb  gingen.  6s  roaren  beren  gerabe  in  biefer  legten 
^eriobe  fefjr  oiele,  alterbingS  meift  3eidjnungen,  btStoeilen  leicht  unb  geiftPotl 
cotorirt,  bie  inbefj  mertroürbigertoeife  burdjauS  feine  2ltterSfdjroädje  geigen,  ©o 
14  Vlätter  jur  4>affionSgefcf)tdjte,  in  benen  bie  Sluffaffung  Gfjtifti  an  liefe 
unb  ©djönfjeit  atleS  Pon  ifjm  früfjer  geleiftete  übertrifft,  allerbingS  aucf)  roieberum 
9iafaet'S  Spafimo  entlehnt  erfcfjeint.  S)ann  (SartonS  ju  ben  „fteben  <5acra= 
menten"  bie  nact)  2lrt  ber  9cafaet'fctjen  jur  Anfertigung  Pon  ©obelinS  beftimmt, 
leiber  nicf)t  pr  Ausführung  famen,  roie  ifjm  benn  niemals  mefjr  eine  größere 
Slrbeit  öon  ber  römifctjen  ßterifei  befteltt  roarb,  roäfjrenb  ber  $apft  im  Vatican 
bie  größten  2Banbfläct)en  öon  Italienern  mit  unglaublict)  leerem  3eu9  öebecfen 
tie|.  2)aS  ift  nun  umfomerjr  ju  bebauem,  als  gerabe  biefe  ßartonS,  roo  aEe= 
mal  bie  .!pauptfcene  Pon  einer  Üieitje  fleinerer  eingerahmt  roirb,  bie  rei^enbften 
ßompoftttonen  enthalten,  eine  toal)re  ©ctjatjfammer  föftticljer  ßrfinbungen  finb, 
roeld)e  jetjt  bie  ^cationalgalerie  unb  bte  9c.  5pinafotr)ef  fcfjmücfen.  Von  Oel= 
bilbern  entftunben  in  biefer  3eit  no<^  e^  SoljanneS,  ber  ftd)  an  (Stjrtfti  Vruft 
geworfen,  ferner  eine  Krönung  5[Rariä  für  ben  ßatfet  Tlai  Pon  '»Dlejico,  u.  21.  m. 
©eine  letjte  gro^e  Arbeit  roaren  eine  Slnjaljt  (SartonS  für  bie  $att)cbrale  Pon 
S)iafoPar,  bie  fein  ©djüter  Subroig  ©ei^  bann  gematt  tjat,  unb  an  benen  ar= 
beitenb  er  feinen  ßebenSabenb  äubracl)te.     9Hcf)t   ofjne  nocr)  einen  britten  Vefucfi 


14  Cöetberg. 

in  5)eutfdjtanb  ju  madjen,  jebodj  aud)  biegmal  Sübed  Permeibenb,  bon  bem  iljn 
offenbar  bic  2tu§fidjt  a6fd£)retfte,  bort  nur  ©räber  ,$u  treffen. 

®renaenlo§  uneigennützig,  ift  £).  arm  geblieben  unb  mußte  bi§  juletjt  bucf|= 
ftäbtidj  fein  tägtid)  Sorot  bcrbienen,  trotj  feiner  großartigen  ^proöuctitjität,  ba 
ba§  *ßapfttt)um,  3U  beffen  Sßefefttgung  er  merjr  al§  irgenb  ein  anberer  beige= 
tragen,  fid)  bamit  begnügte,  itjm  bafür  feinen  ©egen  ju  geben.  —  ©o  lebte 
er,  unaufljörltd)  fdjaffenb,  bt§  er  rutjig  unb  fampflo§,  ein  ©ebet  auf  ben 
ßippen,  in  bcr  9tad)t  Pom  12.  junt  13.  9tobember  1869  Perfdjieb,  nadjbcm  er 
nod)  eben  an  einem  „jüngftcn  ©eridjt"  gearbeitet.  Söenn  irgenb  ein  sDcann, 
fo  rjätte  biefer  ebte  Sfjarafter  ben  9Infprudj,  ein  ^eiliger  $u  tjeißen,  ob  ber 
ßauterfeit  feine§  2öefen§,  ber  Oteinljeit  feineä  SBittenä,  ber  iülafellofigleit  feines 
8eben§!   — 

9Jcißt  mau  D.  nad)  ber  Sßirtung,  bte  er  auf  bie  gläubigen  3eitgcnoffeu 
gehabt,  fo  muß  man  fie  alterbing§  nod)  roeit  großer  nennen,  al£  bie  be§  (£or= 
nelius,  roa§  eincrfcit§  mit  ber  innerlid)  abgefdjloffenen,  bie  reinfte,  ebelfte  @m= 
pftnbung  atrjmcnbeu  Slrt  feiner  ©djöpfungen  jufammenrjängt,  anbererfcitS  aber 
audj  mit  ber  größeren  $ormenfd)önt)eit,  bie  fie  au§<jeid)uet.  Unftreitig  finb  benn 
aud)  feine  SBerfe  ber  Pollenbetfte  fünftlertfdje  2lu§brud  ber  großen  fatfjolifdjen 
Üteaction  feit  Anfang  biefe§  3farjrr)unbert§,  l)aben  berfelben  einen  fo  unermeß* 
lidjen  SiJorfdjub  geteiftet,  roie  bie  feine§  ^roeiten  Äünftlerö,  ba  bie  ganje  neu= 
fatrjotifdje  Äunft  auf  iljnen  fußt.  S}ltterbing§  tjaben  fie  fo  wenig  rote  biefe 
Sfteaction  fetber  roirftid)  neue  Seiten  ju  entroidetn  Permodjt,  fie  befitjen,  roie 
tjodjadjtbar  audj  immer,  burdjauS  ben  ßfjarafter  be§  6pigonenttjum§.  9lber 
nad)  bcr  Perbuljlten  unb  feelenlofen,  grünblidj  berlogenen  djrtftltd)en  .ftunft  beö 
Porigen  3?aljrr)unbert§  roaren  fie  jebenfalt§  ein  ungeheurer  gfortfdjritt ,  ben  biefe 
$unft  gans  atiein  öem  beutfdjen  ©eiftc  berbantt.    —  Sßedjt. 

Cöerberg:  Sßeruarb  ^jeinricr)  £).,  fatfjolifdjer  ^äbagoge,  geb.  am 
1.  (nid)t  5.)  ÜJiai  1754  in  ber  S8auerfd)aft  £>ötfel,  Äitdjfpiel  SBolttage,  im 
£)§nabrüdifd)en,  f  am  9.  sJlo0ember  1826  ju  fünfter.  Sie  Altern  Dtierberg'ö 
roaren  arm :  ber  Söater  mar  -gmufirer  (er  ftarb  roätjrenb  fetner  ©tubienjatree),  bic 
«öcutter  tpelt  einen  f (einen  ihamlaben ;  bafyer  t)ieß  £).  at3  Änabe  „Ärämerö 
23ernb".  ^n  feinen  $inberjaf)ren  mar  er  fetjr  fdjraäd)lidj ,  Perriett)  and)  roenig 
latent.  s)lad)bem  er  bei  einem  ©eiftlicfjen  in  Sßottlage  ben  erften  Unterridjt 
im  Sateinifdjm  ermatten,  fam  er  im  «£>erbft  1770,  fdjon  fed)§(ierjn  $at)re  alt,  in 
bie  atoeite  ßlaffe  be§  bon  ben  5l'anci§canern  ju  9rt)eine  geleiteten  (Sl)mnafium§. 
Sic  beiben  testen  fog.  p^Uofopt)ifcb;en  Stoffen  be§  fötjmnafium»  abfotPirte  er 
1774—76  ju  fünfter,  too  er  ,<pau3lerjrer  bei  bem  ^ofratt)  b.  9Mnftermanu 
roar.  3m  ^erbft  1776  begann  er  bort  bie  ttjeologifdjen  ©tubien.  81  m  20.  %t- 
cember  1779  mürbe  er  Pon  bem  ^cünfter'fdjen  3Beif)bifdb>f  bJ2llb;au§  ju  9tb;eine 
3um  «priefter  geroeib,t.  6r  blieb  nun  nod)  einige  Monate  im  ^riefterfeminar. 
9tu§  Slnlaß  ber  äßab^l  be§  dr^eraogS  ^Jcajimitian  ^ranä  jum  Goabjutor 
be§  ^urfürften  «ülajimilian  gfricbttd|  für  Äötn  unb  fünfter  (16.  SHuguft 
1780)  berfaßte  O.  unter  ber  Seitung  be§  «profeffor§  ber  $ird)engefd)id)te, 
be§  erjefuiten  6lcmenS  Sßerfer,  eine  tird)enred)ttid)e  SJiffertation  über  bie 
Goabjutorroaf)ien ,  bte  er  unter  SßcdEer'g  ^räftbium  oertt)eibigte  („Disser- 
tatio  canonica  de  electionibus  coadjutorum  episcopalium .  publice  pro- 
pugnata  praeside  Cl.  Becker  et  defendente  B.  Overberg").  ©inen  afa= 
bemifdjen  ©rab  bat  £).  toeber  bomatö  nod)  fpäter  erhalten,  ©er  faiferlid)e 
SBatjtcommiffar  ©raf  9Jietternid) ,  bem  er  ein  ßj:emplar  ber  ©iffertation  über-- 
reidjte,  ferjenfte  \%m  17  SouiSb'or  unb  erbot  fid},  i^n  bem  6oabjutor  für  eine 
geiftlid)e  ^frünbe  ju  empfehlen.     D.  erttärte   aber,    er   roünfd)e   junädjft  ^)ilf8= 


Ctoetberg.  15 

gcifttictjer,  fpäter  Pfarrer  auf  bem  Sanbe  ju  roerben.  ^m  £erbft  1780  tcurbe 
er  Kaplan  ju  dmerSroinfel  bei  fünfter  mit  freier  (Station  hei  bem  -})farrer 
unb  einem  baaren  ©etjalte  bon  30  Sfjalern.  2er  fctjon  bejahrte  Pfarrer  über* 
ließ  irjm  ben  ganzen  OWigionSunterridjt  unb  Oberberg'S  tjerborragenbe  33e= 
fäftigung  jum  Unterrichten  mürbe  nun  balb  in  toeiteren  Greifen  begannt.  S5er 
©eneratbicar  (frühere  ÜJliniftcx)  ^ranj  bon  gürftenberg  (f.  2t.  3).  33.  VIII,  240) 
molmte  im  $uni  1782  au.  einem  Sonntag  ungefetjen  ber  Äatectjefe  Gberberg'S 
bei  unb  bot  irjm  bann  fogteicr)  bie  Leitung  ber  bon  itjm  geplanten  Dcormatfctjule 
an.  £)■  letjnte  anfangs  ah,  mittigte  aber,  ba  gürften&evg  feinen  21ntrag  brin= 
genber  miebertjotte,  im  9ftai  1783  ein;  feinem  SBunfcrje  entfbrectjenb  mürbe  ifjm 
ein  ©etjalt  bon  200  üttjatern  bei  freier  (Station  im  bifdjöfticrjen  Seminar  ju= 
gefiebert.  S)ie  drnennungSurrunbe  mürbe  bon  bem  $urfürften  am  2.  2tuguft 
unterjeicrjnet  unb  in  bemfetben  Monate  begann  D.  feine  Stjätigfeit.  S)ie 
Diormalfctmte  mar  ein  SetjrcurfuS,  ber  attjärjrticb,  im  Seminargebäube  roätjienb 
ber  bom  21.  2luguft  bis  Anfang  Cctober  bauernben  Jperbftferien  bon  je  20  bis 
30  angefjenben  ober  bereits  angefteEten  2et)rern  unb  Seherinnen ,  bon  ben 
meiften  mehrere  %ah,xe  nact)  einanber,  befuerjt  mürbe.  23ormittagS  mürbe  brei 
Stunben  in  ber  Religion  unb  ^äbagogif,  Uladi)mittagS  brei  «Stunben  in  bib= 
tiferjer  ©eftfjicrjte,  Sefen,  Schreiben,  Dtecrmen  u.  f.  m.  unterricrjtet.  2lnfangS  er= 
ttjeitte  C  ben  ganzen  Unterrtctjt;  fpäter  übernahm  ein  ^>ilf©tet)ter,  ber  ©eiftlicrje 
2Inton  SBiggermann,  bie  sftadjmittagSftunben.  2t  m  Gmbe  beS  ßurfuS  fanb  eine 
Prüfung  ftatt,  bon  beren  Sluefatt  bie  2lnftettung  bejm.  bie  ^pör)e  ber  ©etjattS= 
jutage  für  bie  Serjrer  abging.  £).  rjielt  biefen  ßurfuS,  ber  ein  an  ftdj  fer)r  un= 
.bottfommeneS,  aber  unter  einer  Seitung  mie  bie  feinige  fetjr  roertrjbotleS  Surrogat 
für  ein  Setjrerfeminar  mar,  bis  ju  feinem  ülobe  43  $af)re  lang  leben  £>erbft, 
aucrj  in  ben  JhiegSjarjren  im  anfange  beS  ^atjrrjunbertS.  —  3m  3-  1785 
mürbe  D.  33eictjtbater  ber  fog.  tottjaringiferjen  Älofterjungfern  unb  33icar  an  tljrer 
Äircrje.  ^n  ber  bon  itmen  geleiteten  greifetjute  unb  in  ifjrem  ^ttäberjenbenftonate 
einteilte  er  27  Sarjre  lang  regelmäßig  Unterricht ,  in  erfterer  namentlich)  in  ber 
biblifdjen  ©efcrjictjte  unb  im  Ütectmen.  Sonntags  rjielt  er  in  irjrer  «^iretje 
^ateetjefen,  bie  aueb,  bon  drroacrjfenen  auS  allen  Stänben  fleißig  befugt  mürben. 
1786  mürbe  er  auf  bie  bringenbe  6mpfer)lung  gürftenbcrgS  jum  Snnobat= 
eyaminator  ernannt. 

23on  1789  an  molmte  £).  faft  äroanjig  ^atjre  in  bem  ^paufe  ber  fyürftin 
©atti^n  (f.  21.  2).  33.  Till,  338),  bie  ü)n  ju  ijrem  23ei<$tbater  unb  ©emiffene= 
ratb,e  geroärjlt  t)atte.  1791  begleitete  er  fie  auf  itjrer  Steife  nacrj  Hamburg  unb 
SßanbSbecf.  5E)urc£)  bie  gürftin  mürbe  er  mit  ben  ^arjlreidjen  tjerborragenben 
Männern  befannt,  bie  mit  itjr  berfetjrten.  @r  gemann  bie  |>ocrjacb,tung  alter; 
fel6ft  SoB  bejeic^nete  ib,n  als  ein  „23ilb  altbeutfä)er  gteblic^feit".  21m  1.  3uni 
1800  legten  ^rtebxict)  Seopolb  Stolberg  unb  feine  ©emarjtin  in  ber  ^auScapeüe 
ber  gürftin  bor  £).  baS  fatrjolifdje  (SlaubenSbefenntnifj  ab. 

S)ie  (Schriften,  melcrje  £).  jur  §ebung  beS  33otlSfci)ulmefenS  bon  1788  an 
beröffentticrjte,  finb  folgenbe:  „$eue§  21=93=6,  33uctjftar;ii-=  unb  Sefebuä)  für  bie 
Spulen  ÜJtünfterlanbS",  1788;  „2lnmeifung  jum  ameef mäßigen  <SdmIunterri<f)t 
für  bie  (Scrjullefirer  im  ^octjftift  (in  ben  fpäteren  Auflagen:  im  gürftentfjum) 
fünfter",  1793  (3.  2Iufl.  1798,  mit  einer  „2lbb,anblung  bom  23efof)nen  unb 
©trafen";  4.  2Iufl.  1804,  mit  amei  Bugaben;  9.  2IufI.  1861);  „23iblifd)c 
©efcb.ictjte  beS  2IIten  unb  bleuen  SeftamentS",  jmei  Streite  1799;  „^atecfjiSmuS 
ber  d)riftfatl)olifc^en  Serjre  gum  ©ebrauc^e  ber  Heineren  (Schüler",  unb  „Äated)i§= 
muS  .  .  .  ber  größeren  <Scf)üler" ,  1804;  „GrjriftfatrjoIifctjeS  gteligion§b,anbbuc^", 
,^mei  2b,eile,  1804  (7.  Stuft.  1854).  ©efammtauSgaben  ber  Schriften  für 
Sdjmten   erfd)icnen   in    fecf)S   Reiten  1807  unb  1825.     33on  ber  „2tnmeifung" 


16  Döerbetg. 

würben  1793  auf  Soften  be§  2anbe§  500  ©jemplare,  öon  bem  „9tetigions= 
tjanbbudj"  auf  Soften  ber  preufjifdjen  Regierung  eine  2ln<jaf)t  öon  Güjemplaren 
an  ßeljrer  unb  Seherinnen  öcrttjettt.  SDie  gibet  unb  bie  SSiblifcEje  ©efdjidjte 
würben  burd)  bie  gürfienberg'fcfje  „©djulüerorbnung"  öom  $.  1801  (f.  31. SD.  33- 
VIII,  241)  jum  au§fd)lie§lidjen  (Sebraud)  öorgefd)rieben;  aud)  bie  $atedji§men 
würben  in  ben  9ttünfter'fdjen  ©ctjulen  eingeführt.  33on  biefen  unb  ber  gi&el 
ift  eine  Steitje  öon  3luflagen  erfdjienen;  fpäter  Würben  üe  ftereottjpirt.  $n  ben 
legten  ^aljr^eljnten  Würben  in  fünfter  Neubearbeitungen  ber  Äatedjiämen  unb 
ber  33iblifd)en  ©efdjidjte  (biefe  öon  SBilt).  (Srbmann,  juerft  1873)  gebrudt.  SDie 
©djulbüdjer  öon  O.  würben  audj  in  ben  fatl)olifd)en  ©dmlen  in  anberen 
(Segenben  öon  SDeutfd)lanb,  in  lleberfetmng  aud)  tri  #ottanb  gebraucht.  3Jon 
ber  „Vlnweifnng"  erfd)ien  in  ßütticr)  eine  franjöfifdje  Ueberfetuwg  in  jwei  3luf= 
lagen,  ©ie  fanb  aud)  bei  pioteftantifdjen  ^äbagogen  Slncrfcnnuug ;  bie  Jenaer 
tfitteraturjeitung  empfahl  fie  1793  fogar  jur  Verbreitung  in  proteftantifetjen 
(Siegenben.  SDa§  „föeligionsfjanbbud)"  würbe  18<>5  in  ben  ©öttinger  ©elet)rten 
3Inieigen  fetjr  aneifennenb  befprodjen,  bagegen  in  9cicolai;3  SDeutfdjer  33ibliotb,ef 
fdiarf  angegriffen  (93.  SRenfing,  Slpologie  ber  ©djriften  be§  ^)erm  33.  Oöerberg 
wiber  bie  Dtecenftonen  berfelben  in  bem  1.  ©tüd  be§  100.  33anbe§  ber  bleuen 
aUg.  beutfdjen  93ibliott)ef,  1808).  —  3lujjer  ben  genannten  ©djriften  öeröffent= 
lid)te  £).  nur  nod)  „kleiner  £)au§fegen  ober  gemeinfdjaftlidje  |)au§anbad)t", 
„lieber  bie  5Jloben.  ©efprädje  einer  Seherin  mit  üjren  ^knfionären",  beibe 
1807,  unb  einige  3luifäi3e  in  3eitfd)riften. 

3tn  ber  erwähnten  „93erorbnung  für  bie  beutfdjen  unb  £riöialfd)ulcn  be§ 
£od)ftiftS  «fünfter  öom  2.  ©eptember  1801"  tjatte  D.  in  ben  Sauren  1799 
bis  1801  mitgearbeitet;  er  würbe  aud)  9Jtitgtteb  ber  burd)  fie  errichteten  „2anb= 
unb  £ribiatfd)uten  =  (Sommiffton".  —  sJtad)  bem  £obe  ber  gürftin  ©aüilun 
(23.  3Jpril  1806)  behielt  £).  nod)  einige  ^afjre  feine  2Botjnung  in  itjrcm  .gmufe 
bei  itjrer  £odjter  Marianne  (9Rtmt).  Sfau  $.  1809  Würbe  er  jum  9tegen§  be§ 
$rtefterfeminar§,  gleidjjeitig  jum  SDedjanten  in  Ueberwaffer,  ernannt.  6r  wirfte 
nun  nod)  17  3at)re  ebenfo  fegen§reid)  für  bie  33itbung  ber  Ganbibaten  be§ 
geifttidjen  ©tanbe§  wie  für  ba§  ©d)utwefen.  91I§  im  $.  1816  bie  ©d)ul= 
commiffion  ju  einer  3lbtt)eitung  ber  foniglid)  preufcifdjen  Regierung  umgeftaltet 
würbe,  würbe  £).  jutn  (Sonftftorialratt)  unb  9Jcttgtieb  ber  Üiegieruug  für  ©djul= 
angelegentjeiten  ernannt.  3m  $.  1818  öerliet)  if)m  ber  ßönig  ben  rotten 
Slbterorben  3.  (ülaffe;  im  $.  1826  einannte  er  ifm  311m  Dberconfiftorialratb, 
unb  ©tjrenmitglteb  be§  $]3roöincial=©d)ukonegium§.  33ci  ber  @rrid)tung  be§ 
neuen  SDomcapitel§  im  3-  1823  würbe  ü)tn  ba§  jweite  (Sanonicat  angeboten; 
er  lehnte  e§  ab ,  weil  9lüer  unb  fdjwadje  ©efunbl)eit  itjn  t)inberten,  bte  bamit 
öerbunbenen  93erpftid)tungen  ju  erfüllen;  bie  gciftlicfje  Obrigfeit,  fügte  er  bei, 
würbe  il)n  jWar  öon  bem  (Jljorbefudje  biSpenfiren  tonnen,  er  wolle  aber  nid)t 
3lnla^  ba^u  geben ,  ba^  bie  neue  Orbnung  mit  Si^penfationen  beginne.  6r 
würbe  barauf  jum  @t)renbomb,errn  ernannt.  —  3m  3-  1825  würbe  ba§  erfie 
fiet)rfeminar  für  Sjßeftfalen  in  33üren  errid)tet.  C  erftärte:  fd)on  länger  at§ 
ein  33iertetjat)it)unbert  b,abe  er  banad)  gefeuf^t,  befonber§  am  @nbe  jebeg  9ior= 
malcurfug,  Weit  il)m  bann  bie  llnäulönglid)feit  biefeö  3nterim§beb,ctfe§  am  teb= 
rjafteften  aufgefallen  fei.  %m  ^)erbft  1826  t)ielt  er  ben  legten  9tormalcurfu§; 
er  fd)to§  itjn  am  7.  9cobember,  ^wei  2age  öor  feinem  £obe.  3nt  3-  1828 
Würbe  itjm  in  einem  ^>ofe  be§  ^riefterfeminar§  ein  befdjeibeneS  S)enfmal  gefetjt; 
in  ben  3nfä)riften  Wirb  mit  9ted)t  gefagt:  „ßetjrer  ber  fieljrer  wäb^renb  43  ^obyien. 
©o  Warb  il)m  öergönnt ,  ber  3£ob,ltljäter  be§  ganzen  5Jtünfterlanbe§  ju  Werben, 
©ein   IjeilbringenbeS  SSirten    ^emmte    be§   2anbe§   ©renje   nid)t.      ©in   grofjer 


Dbetcamp.  17 

gljeil  öon  2)eutfd)tanb§  $ugenb  wirb  fort  unb  fort  nad)  feinem  Setjrblan  unter= 
Tieftet.  @r  förberte  ba§  fteid)  @otte§  burd)  SBort  unb  2t)at.  £roft,  9tat£) 
unb  -£>ilfe  fjat  er  Unjärjtigen  gefbenbet.  9tid)t  ©inen  fdjlofj  er  je  öon  feiner 
Siebe  au§". 

yiaü)  £>öerbeig'§  £obe  erfctjienen  uod):  „33oHenbung  be§  Saufe§  ber  ge= 
liebten  9lmatia  gürftin  öon  ©atti^in",  in  ber  äöürjburger  Qeitfdjrift  2ltr)anafia. 
91.  $.  X  (1839),  ©.  216  —  249.  ,,©ed)§  Sucher  öon  bem  ^riefterftanbe. 
23etrad)tungenf  gehalten  in  bem  bifdjöflidjen  ©eminar  ju  fünfter,  nad)  einer 
öon  bem  fet.  Sßerfaffer  nadjgelaffenen  £anbfd)rift  IjerauSgegeben",  1858. 

33.  ©berberg,  in  feinem  Seben  unb  SBirfen  bargeftetlt  öon  einem  feiner 
Slngetjörigen  ($.  9teincrmann) ,  1830.  —  S.  Jhabbe,  Seben  33.  DüerbergS, 
1831  (3.  Sluft.  1864,  in§  ftranjöfifctje  unb  jWeimat  in§  (£ngüfd)e  überfefet).  — 
£.  ©Hubert,  Erinnerungen  an  33.  Oberberg  unb  ©.  9tt.  Sßtttmann,  1835.  — 
(5.  gtafemann,  ftadjridjten  öon  fünfter!.  ©d)riftft.,  1866,  ©.  248;  91.  g. 
©.  262.  —  £.  Rödler  in  ber  Üteal=@ncrjf(opäbie  für  brot.  Sl^eol.,  2.  3lufL, 
XI,  148.  —  2)ie  ©Triften  über  gürfienberg  unb  bie  ^fürftin  ©atlitjin  (f. 
31.  2>.  33.  VIII,  244.  345),  befonber§  3.  ©allanb,  £)ie  ftürftin  9lmalie  öon 
©atli|in  unb  itjre  ftreunbe,  1880,  unb  (beffelben)  2tuffä£e  in  ben  l)ift.--pot. 
SBlattern,    83.  33anb  (1879),   ©.  405.  561.  641. 

Teufel). 

Döercam}):  SEimotJjeuS  ßljriftian  äöiltjelm  £).,  aU  ^oltjljifior  unb 
Uniberfität§let)rer  ausgezeichnet,  roarb  ju  ©reifiwalb  am  25.  Januar  1743 
geboren  unb  ftarb  ebenbafelbft  am  1.  9Jtäi'ä  1828.  ©ein  33ater  mar  ber  mit 
.gjebwig  Utrüa ,  einer  £od)ter  beg  ©uöerintenbenten  Dr.  ßütdemann  3U  ©reif§= 
walb ,  bermätjlte  $rofeffor  ber  orientalifdjen  ©pradjen  ju  ©reifgwalb,  ©eorg 
SBilljelm  £).,  geb.  9.  Januar  1707  gu  ©tratfunb,  f  am  27.  3uli  1790  ju 
©reifgwalb.  ©eibiger  war  bortjer  2lbjunct  ber  bcjitofobtjifcrjen  gacuttät  in  3ena, 
at§  foldjer  burd)  wiffenfdjaftlicl)e  2lbl)anblungen  befannt  geworben,  unb  fobann, 
nad)  (Sreiföwalb  berufen,  im  $.  1739  jum  orbentlid)en  ^rofeffor  ernannt  roorben. 
©djriftftellerifd)  ttjat  er  fid)  burd)  33eröffentlid)ung  öon  S)iffertationen  (f.  £)äb,« 
nert'S  Kataloge  £t).  II,  pag.  248)  tjerbor,  unb  ftiftete  nidjt  nur  ein  Uniüerfttät3= 
ftipenbium,  fonbern  öon  warmem  ^ntereffe  für  bie  ärmeren  3JolfSclaffen  befeelt, 
aud)  eine  ©djute,  bereu  Dotation  nod)  aEjäfjrtid)  bem  bezeichneten  fttoed  <ju 
©ute  fommt,  weätjatb  it)tn  auf  bem  griebtjofe  jju  9leuen!ird)en  bei  ©reif§walb, 
wofelbft  er  begraben  liegt,  ein  am  27.  $uli  1886  entrjüllteä  SDentmat,  be= 
ftetjenb  in  einem  fd)Warjen  ©ranitobettsfen  mit  entfpreetjenber  Sßibmung,  gefegt 
würbe.  9tad)bem  2imotl)eu§  £).  feine  33orbilbung  in  claffifdien  unb  morgen» 
länbifdjen  ©prad)en  unb  ber  barauf  begrünbeten  tjumaniftifdjen  ^enntni^  burd) 
feinen  93ater  unb  ben  Slbjuncten  ber  bt)ilofobr)ifd)eu  gacultät,  M.  3forban ,  er= 
langt  tjatte,  ftubirte  er  feit  1753  in  ®reij§watb  unb  öert^eibigte  fdjon  1754 
unter  feinem  33ater  in  ©egenwart  ber  föniglidjen  afabemifetjen  23ifitation  eine 
örjilofopb.ifdj^ejegetifcrje  Siffertation  ju  allgemeinem  93eifaE.  ^n  ber  5pb,ilofoör)ie 
unb  Sogmatif  waren  ^ßeter  s)ll)lWarbt,  in  ber  5)iat^ematif,  ber  tb,eorettfd)en  unb 
ßjöerimentatöcjtjfif  unb  Slftronomie  2lnbrea§  9Jlarjer  unb  9löl)t,  in  ber  ßitterär= 
gefd)id)te  unb  ßitteratur  fowie  in  allen  b,tftorif<f)en  unb  ftatiftifdjen  2ßiffen= 
fdjaften  S)äl)nert,  in  ber  9ied)t§gefd)id)te  unb  in  ben  ^nftitutionen  ber  Slbjunct 
Dr.  33ranbanu§  @ngetbred)t  feine  ßetjrer.  2lucl)  bie  5laturwiffenfd)aft  in  allen 
it)ren  33er^Weigungen  30g  er  in  ben  i?rei§  feiner  ©tubien  unb  trieb  unter 
M.  3Jßil!en§'  Anleitung  9taturgefd)id)te ,  SSotani!  unb  Mineralogie,  nad) 
©djefferg  UnterWeifung  tljeoretifd)  =  praf tifd)e  6r)emie,    ja  er  mad)te    fogar  ben 

SlEgent.  beutle  Siogra^te.    XXV.  2 


18  Dtiercamp. 

normalen  mebicinifdjen  (SurfuS  öraftifd)  tote  tf)eoretifdj  unter  ©Reffet,  SSödEmann 
unb  äöeftbtjal  burctj,  fo  bafe  er  e§  in  feinen  afabemifctjen  ©tubien  auf  ben 
3ßoÜ}t)iftor  in  ber  toeiteften  SSebeutung  be§  Söorteä  angelegt  p  fjaben  fdjeint. 
*Rod)  toätjrenb  fetncS  £riennium§  Ijtett  er  bei  feierlichen  Gelegenheiten  9tamenö 
ber  Unioerfität  mehrere  lateinifdje  Sieben,  3.  35.  1758  3ur  öffentlidjen  33egec)ung 
ber  Jubelfeier  ber  bor  300  3af)ren  geftifteten  jenatfdjen  Unioerfität ,  toelcrje 
«Rebe  auf  bortigeä  Verlangen  baf)in  gefanbt  unb  ben  gebrutften  3fubetacten  ein= 
berteibt  toarb,  ferner  1760  auf  ba§  ®eburt§feft  Äönig  Slbolf  griebrid?3,  als 
bantaligen  ßanbe§t)etrn.  3m  $.  1758  erhielt  er  öon  ber  bt)itofopljifcl)en 
gacultät  bie  ©rlaubnifc,  über  5ßt)ilofobt)ie,  $ftatt)ematif  unb  claffifdje  -£>umanitätä= 
ftubien  Vorlefungen  ju  galten,  unb  fetjte  biefe  Sttjätigfeit  bi§  1763  fort.  3fa 
bemfelben  $at)re  bromobirte  er  unb  tjabilitirte  fiel)  barauf  burd)  eine  £t)tlo= 
foprjifcrje  3)rudfd)rift  p^fifatifetjen  3mtwlt§,  bie  auä)  au§toärtig  mit  23eifall 
aufgenommen  toarb.  Gürft  jetjt  befugte  er  frembe  Uniüerfttäten  unb  toanbte  fid) 
3unäd)ft  nadj  <£)alle,  roofetbft  er  ju  Fleier,  einem  3ögtinge  2llej.  SaumgartenS, 
mit  meinem  Sedieren  er  fdjon  öon  (Sreifätoatb  au§  einen  miffenfcrjafttidjen ,  für 
ifin  feljr  betetjrenben  lateintfdjen  53rieftoed)fel  gefütjrt  fjatte,  in  einen  ebenfo 
lehrreichen  toie  freunbfdjaftlictjen  Umgang  trat;  audj  tjörte  er  ©tiebritj  unb 
graute,  in  ber  tjötjeren  9JtatIjetnatif  unb  5lftronomie  ©egner,  in  beffen  Jpaufe 
er  tjeimifdj  marb,  in  ber  ^tjtjfit  (Sbertjarb ,  in  ber  orientalifc^en  Sitteratur  ben 
greunb  feine§  33ater§  9Jtid)aeli§  unb  audj  Dr.  ©imoni§,  in  ber  s^äbagogi! 
5JlüHer,  in  ber  (Etjemie  unb  Mineralogie  9Jtabai,  in  ber  ©efdjidjte  unb  beren 
^pitfgroiffenfdjaften  ^oadjimi,  in  ber  Mebicin  Sommer  unb  2Bot)lfal)rt ,  aud) 
benufete  er  Sänget  tnftructibeä  Mineratiencabinet.  ©obann  befugte  er  in 
Seidig  3ugleicrj  mit  feinem  greunbe  (Jrnft  5ßlatner  bie  Vortefungcn  bou  ßrufiuä, 
in  ber  neuteftamentlidjen  ©jegefe  unb  2lltertr)um3funbe  maren  (Jrnefti,  in  ber 
clafftfdjen  Ätiologie  3Borm§,  im  (Sriedjifcrjen  unb  2lrabifd)en  9tei§Ee,  in  ber 
®efd)id)te  33öf)me,  in  ber  9taturgefd)id}te  ©djreber,  ferner  Gbert  unb  ber  $ßribat= 
bocent  ßubolpt)  feine  £ef)rer.  Slucr)  tjörtr  er  ©ellert'ä  moralifdje  unb  äftrjetifdje 
Vorlefungen ,  bi§putirte  toie  in  £atte  öffentlich)  unb  mar  Mitarbeiter  an  ben 
„commentarii  de  rebus  in  scientia  naturali  et  mediana  gestis".  S5on  Ijier  nad) 
SÖerlin  überfiebelnb,  trieb  er  ^fjrjftologie  unter  Wertet,  Anatomie  unter  äßalter'S 
Einleitung,  ijörte  audj  ©örögel,  genof  ben  lerjrreidjen  Umgang  ©uljer'S,  ßam= 
bert'S,  ^Jterian'S,  ©üfjmildi'g  unb  beä  itjm  Oermanbten  ©balbing  unb  lehrte 
bann  IDttdjaette  1765  nad)  ©reifätoalb  3urüä*,  too  er  atä  SDocent  bei  ber  öf)i= 
lofob^ifc^en  gacultät  aarjlreid)  befugte  Sßortefungen  über  b^ilofob^ifdje ,  matb> 
matifdge  unb  p^itologifcge  SGßiffenf haften  Ijiett.  ^nt  %.  1766  aum  S)octor  ber 
5Jlebicin  promoOirt,  fünbigte  er  nacb]  Veröffentlichung  eine§  lateinifdjen  *pto= 
gramm§  mebicinifc^e  Vorträge  an.  6fc>enbolte  Berufungen  nac^  ©öttingen 
burd)  b.  §aEer,  nac^  |)etmftäbt  burd)  Flügel  unb  anberen  Uniüerfitäten  leimte 
er  ab  unb  30g  e§  üor,  ber  rjeimattjtidjen  §ocl)fc^ule  feine  Gräfte  bauernb  ju 
ermatten,  marb  aud)  amei  Satire  barauf  bei  ber  mebicinifdjen  gacultät  l)abilitirt, 
1771  jebod)  aum  orbentlidjen  Slbjuncten  ber  bt)itojoöf)ifd)en  gacultät  berufen, 
unb  im  3.  1806  orbenttidjer  «ßrofeffor  ber  tljeoretifdjen  unb  Orattifc^en  «ß^ilo- 
fobtjie.  ©eine  ©Triften,  bie  iljrer  9Jteb>3al)t  nac^  jur  ©djule  ber  SBotfffdjen 
5pt)ilofo|)b;ie  gehören,  ftnben  fidj  M  33ieberftebt  aufgeäät)lt. 

SSieberftebt ,  giadjric^ten  u.  f.  to.,  ©tralfunb  1822,  ©.  91—97.  — 
Äofegarten,  05efd)id)te  ber  Uniöerfität  ©reif§malb ,  1857,  ©.  304.  — 
©.  SQ5.  SöotneltoS,  9tad)rid)t  üon  ber  Obercamb'fdjen  greifdjute,  @reif8- 
malb  1795.  .giädermann. 


Dbertjage  —  Düertoeg.  19 

Cuerljage:  |>einricrj  £). ,  fattjotifctjer  SotfSfdjriftftetter ,  geB.  im  3- 
1806  au  91fjten  in  äöeftfalen,  9tegBa.  fünfter,  t  au  SBerne  im  gleiten  9tegBa. 
am  23.  9tooemBer  1873.  @r  mibmete  ficfcj  bem  ^riefterftanbe,  erhielt  bie  SüBeitjen 
im  3>-  1831  unb  toitfte  bann  Oon  1833  an  otjne  Unterbrechung  in  Söerne  au= 
erfi  als  Saplan,  feit  1848  als  ^farrbectjant,  fpäter  auct)  als  tönigt.  ©cfjut= 
infpector  unb  Sanbbedjant.  3m  3-  1871  mürbe  er  burct)  bie  SSürbe  eines 
(Jtjrenbomcjerren  auSgeaeidjnet.  ©eine  fd)riftftctlerifcr)e  Jtjätigteit  Bemegte  fid) 
nur  auf  bem  ©ebiete  ber  fatrjotifctjen  SöolfStttteratur  burct)  miebertjotte  Umar= 
Beitungen  Oon  Slnneganr'S  ©eograpfjie  unb  großer  unb  tteiner  äBettgefcijicfjte 
unb  burd)  aatjlreiclje  (Jraärjtungen ,  bie  ^ixerft  in  Perfctjiebenen  3eitfd)riften  unb 
bann  gefammelt  in  10  23änbcr)en  als  „Äattjolifdje  6raä()tungen"  bei  ;£r)eiffing 
in  fünfter  Pon  1853  bis  1868  erfcrjienen,  auS  benen  bie  SSertagStjanblung 
aud)  einen  9tuSaug  in  3  SSänbdjen  unter  bem  £itel:  „ fünfter tänbifcfcje  i?irä)= 
fpielS=  unb  S>orfgefcr)td)ten"  üeranftaltete. 

.gmnbroeifer  aunäd)ft    füt    baS    fatf)otifcf)e    2>eutfct){anb.     S^rg.    1874, 
ftr.  149,  ©.  81.  P.  21  nt.  SB  eis. 

£öcrü)eg:  Sttbolf  D.,  2(frifareifenber,  geb.  am  24.  $u(i  1822  au  Hamburg, 
t  am  27.  ©eptember  1852  au  9Jtabuari  bei  $ufa  am  ifabfee  im  Sanbe  S3ornu. 
D.  mad)te,  nactjbem  er  baS  ^orjanneum  in  Hamburg  befuctjt,  feine  ©tubien  in 
Sonn  unb  Serlin,  toibmete  fid)  fjauptfäcrjticr)  ber  ©eotogie  unb  promobirte  1847 
au  33onn  mit  einer  ©crjrift  über  ben  geotogifctjen  SSau  ber  llmgegenb  bon 
©iegen.  Sarauf  fetjte  er  unter  ^ßrofeffor  ($•  s)tofe'S  Seitung  feine  ©tubien  fort 
unb  Perbanfte  in  erfter  Sinie  ber  ßmpferjlung  biefeS  ©etetjrten  feine  2tnfteEung 
als  ^Begleiter  ber  %.  9tict)arbfon'fcr)en  ©ubanejpebition,  meldje  im  Secember 
1849  über  9Jtarfeitte  unb  SSona  nad)  üEuniS  ging,  um  Pon  t)ier  bie  Sanbreife 
nactj  Tripolis  au  machen,  ebenfo  mie  bie  erfte  Unterftüfeung  feitenS  ber  berliner 
©efetlfctmft  für  ©rbfunbe  in  ber  £>öt)e  Pon  1000  itmlern.  2)ie  Spolera,  um 
berenttoegen  bie  Snfel  2)fct)erba  abgefperrt  mar,  Pertjinberte  bie  2luSfüc)rung 
biefeS  planes  unb  D.  tarn  mit  Sartt),  ber  nur  infolge  ber  2!ufnaf)me  Doerroeg'S 
in  bie  ßjrpebition  fid)  ebenfalls  angefctjtoffen,  am  18.  Januar  au  2ripotis  an. 
2US  9iid)arbfon  tjier  einige  Sage  fpäter  eintraf,  aeigte  eS  fiel),  bafj  bie  33or= 
Bereitungen  aur  Steife  in  ben  ©uban  nod)  äöocfjen  in  2lnfprud)  netjmen  mürben 
unb  bie  beiben  üDeutfdjen  ergriffen  bie  ©etegentjeit,  baS  ©ariängebirge  in  einer 
22tägigen  Steife  au  erforfdjen.  üDiefer  IßorbereitungSauSftug  mürbe  au  einer 
CmtbedungSreife ,  ba  meber  über  bie  2opograpf)ie  unb  (Geologie  nod)  über  Die 
tjiftorifcrje  ©eograptjie  biefeS  ©ebieteS  aud)  nur  ©enügenbeS  Portjer  befannt  ge= 
mefen.  5Jian  mufj  bebenfen,  bafj  in  biefer  geit  bie  Sluffaffung  ber  ©atjara  al§ 
eines  großen  SieftanbeS,  menn  nietjt  einer  auf  meiten  ©trecten  unter  bem  >]Jleerei= 
fpieget  tiegenben  ©enfe  noer)  nietjt  übermunben  mar,  um  au  Perfterjen ,  ba^  bie 
Sßeftimmung  biefeS  53ergauge§  al%  beS  errjobenen  9tanbe§  ber  norbafritanifct)en 
SOÖüften^octjebene  allein  fct)on  eine  Sntbectung  Pon  ©emietjt  unb  oon  bebeuten= 
ben  Gonfequenaen  für  bie  ©eograpb^ie  mar.  33on  C.  ftammt  ber  feitbem  übtic6,e 
9lame  ©ariän=§ocr)fIäctje.  D.  arbeitete  aüerbingS  mit  unautängüetjen  ^nftru= 
menten.  S)ie  ^Ineroibe,  meiere  9tictjarbfon  mitgebracht,  erroiefen  ficr)  al»  un= 
Braud)&ar  unb  bie  ©ctjroierigfeiten  ber  Sfteffung  mit  bem  Äoctjtrjermometer,  auf 
metcfje  D.  angemiefen  mar,  finb  befannt.  ^mmerrjin  gemann  er  Dtefuttate,  bie 
meit  über  ben  biSfjerigen  ftanben.  SBictjtig  mar  aber  üor  allem  bie  geologifctje 
SBafiS,  meiere  er  t>tn  topograpr)ifcr)en  6rtjebungen  au  geben  öermoctjte.  SQJenn 
D.  felbft  nur  £h-'a9mente  feiner  ©tubien  beröffentltctjt  fjat,  fo  erfennen  mir  bodf) 
au§  SSarttj'S  Briefen,  mie  O.  beffen  topograptjifc^e  Sluffaffung  Beftimmt.  „5Jlir 
treten    nur   bie    93erfc£)iebenr)eiten   ber  ©eftattung   unb   bie   Perfctjiebenen   DBer= 


20  Dbettoeg. 

ffädjen  pm  SSetoufjtfein",  jagt  jener  in  einem  SBriefe,  ben  er  nadj  ber  Steife  in 
bie  (Sariänberge  Briefe.  Sluf  bem  bon  ber  getoö^ntidEjen  Stoute  abtoeidjenben 
Söege  über  ©arija  unb  äöabi  el  ^>ejfi,  ben  bie  gjpebition  naljm,  nadj  9Jiurfuf 
ging  £).  atoei  SDxitttjeile  p  Sujj,  fammette  aatjlreidje  geologifdje  ^anbftücfe  nnb 
betätigte  bie  erft  nur  geahnte  $ortfetmng  ber  ©ariänl)od)fläd)e  in  ba§  bon 
SBabiä  an  toenigen  Stellen  tiefer  eingefdjnittene  unb  bon  einigen  Tafelbergen 
überragte  SBüftenblateau.  2)er  ©ebirggpg  beg  tüeftticfjen  <£mrubfd),  ben  nod) 
Kiepert  furj  bortjer  einge^eidjnet,  berfd)wanb  bor  feiner  genauen  93eobad)tung 
rbenfo  toie  bie  „23afaltfegel"  £bon§',  2)enr)am'$,  Stid)arbfon'§,  toelctje  ftdj  alä 
gefdjtoäräter  Sanbftein  erliefen,  (Sbenfo  toie  bie  ^Briefe  23artb7§,  erfüllt  aud) 
bie  Obertoeg'ä  in  biefem  erften  Steile  ber  Steife  ber  Sluäbrud  forfd)ung§freubiger 
tfuberfictjt.  2)er  3Beg  nad)  33otnu  liegt  offen ,  aber  bie  Steifenben  finb  ent= 
fcljloffen,  „nidjt  biefen  2Beg  prüdptel)ren,  fonbern  über  üDarfur  ober  Slbbjfinien 
ober  aber,  bie  gan^e  Jpötjenfette  (Sentralafrifaä  burct)fct)neibenb,  am  inbifdjen 
Weere  toieber  aufptaud^en"  (33artry§  SSrief  batirt  SJiurfuf  20.  9Jtai).  £). 
jctjrieb  an  6.  Ritter:  „^efet  tjabe  ictj  toieber  mit  frohem  ^Jtut^e  ben  2öanber= 
ftab  unb  ben  Jammer  ergriffen"  (batirt  ütarjretin  14.  $uni  1850).  @§  ift 
bejeidmenb,  bafj,  toätjrenb  fie  itjren  2Beg  nad)  SBeftcn  natjmen,  fie  borfid)t§b,alber 
einen  SDarfurncger  al3  Wiener  mieteten,  um  auf  feine  Spractjfenntniffe  beim 
Stüätoeg  über  ba§  obere  Stilgebiet  fid)  ftütjen  p  fönnen.  3n  biefer  Stimmung, 
toeldje  förberlidje  ??friftf)e  borauSfeijt,  fd)ieben  bie  Steifenben  öon  SJturfuf,  too 
btSlj«  alle  eurobäijd)en  Steifenben  fernere  .fhanftjeiten  burdjpmadjen  Ratten. 
SDer  SBcg  über  Wix  nad)  Sßornu  ftettte  £).  bie  toidjtigfte  Aufgabe,  bie  bem 
6ntbcdung§reifenben  pfatlen  fann,  Orte  unb  ©ebiete  bon  bisher  unbefannter 
ober  bertoonener  Sage  burd)  SBeftimmung  itjrer  geograbl)ifcb)en  Sänge  unb  breite 
äu  fijiren.  2>ie  harten  biefer  Legion  geigten  „unenbltd)  fatfdje"  fünfte,  toie 
fSüxtt}  fpeciell  üon  fiebert'?  3e^nun9  bon  STir  fagt  unb  erfragte  2Begberäeid)= 
niffe,  toie  fie  3.  23.  Stictjarbfon  geboten  tjatte,  mufjten  al§  unbrauchbar  bei  Seite 
gelegt  toerben.  £).  lieferte  bie  erfte  aftronomifdje  23efiimmung  bon  2l'ir,  toätjrenb 
33artl)  biefe  2anbfd)aft,  barin  9tid)arbfon  folgenb,  aber  mit  befferen  ©rünben, 
mit  bem  fdjon  länger  befannten  9l§ben  ibentificirte.  S)ie  erft  burd)  biefe  53aitl)= 
•DbertDeg'fcrje  Steife  pm  Stang  einer  toiffenfci)aftlid)en  Srfenntnifj  erhobene  2ln= 
fdjauung  ber  2Beft*  unb  (Sentralfarjara  als  eineä  bortoiegenb  gebirgigen  fianbeä 
berbanft  toefentlidj  £).  it)re  gcologifcb^e  unb  tobograb^ifd)e  Segrünbung.  ßeiber 
^atte  itjm  bie  33efcl)(eunigung  ber  Steife  bon  9Jturfu!  bi§  ©Ijat,  too  fie  am 
17.  2Suli  anfamen,  toenig  3e^t  3u  einget)enberen  Stubien  gelaffen.  2lucf)  bie 
erften  14  Sage  nad)  bem  Skrtaffen  ©l)at§  toar  bie  Steife  eine  rafetje,  bod)  ge= 
langen  £).  mandje  an^ielienbe  23eobad)tungen,  borjüglid)  naefe  bem  llebergang 
au§  bem  ©ebiet  be§  Sanbfteine§  in  ba§  be§  ©neife§  unb  ©raniteö,  ber  bei 
ßgeri  gefdjal).  Söätjrenb  23artb,  immer  nur  mit  tjalbem  ^erjen  biefen  Söeg 
nact)  SBeften  pg,  ber  irjm  eine  Slblenfung  bon  ber  ^aubtaufgabe,  ber  ßnttjüllung 
ber  Söafferftjfteme  6entralafrifa8,  p  fein  fcljien,  fanb  £).  fic^  in  ber  „toatjrtjaft 
impofanten,  burdjauä  gebirgigen,  bon  rjöljeren  unb  nieberen  5el§--(©ranit=)pgen 
burd)fd)nittenen  Sanbfdjaft",  rafd)  Ijeimifcb,.  6r  atljmete  auf  al$  er  am 
28.  Sluguft  bon  Selufiet,  3  Sagereifen  bon  Sintelluft,  an  6.  Stitter  fdjrieb: 
„So  Ratten  toir  benn  bie  grofje  SOßüfte  hinter  un§  unb  ftänben  an  bem  2f)ore 
Subanä.  3Bir  finb  in  eine  neue  3Mt  gelangt".  2lm  4.  ober  5.  September 
traf  bie  $aratoane  ber  Steifenben  nad)  gefär)rtid)en  Singriffen,  bie  fie  feiten§  ber 
$elui  erfahren,  in  Sintelluft,  einem  biätjer  felbft  bem  sJtamen  nad;  unbetannten 
Dxte,  ein,  too  fie,  fd)led)t  gefd)ü^t  burcr)  bie  fdjtoac^en  Autoritäten,  nur  pfäUig 
einem  neuen  Ueberfatt  entging.    Sin  ber  gtüdlic^  ausgeführten  unb  ergebni^= 


©fcettoeg.  21 

teilen  tReife  nad)  2tgl)äbe3,  toetcrje  SBartb,  in  bet  3«t  be§  SBartenS  in  2tntet= 
luft  ausführte,  beteiligte  ficr)  Weber  D.  nod)  Slicrjarbfon,  fonbern  bieje  traten 
furj  bor  ber  'Mcffefyr  23artr);£  bic  Steife  über  ©amergu  naä)  SBornu  an,  waren 
aber  fammt  biefem,  Welcher  ferjon  nad)  wenigen  Sagereijen  fie  einholte,  gezwungen, 
noct)  Söodjen  im  ©ebiet  bon  Slir  p  berweilen  unb  erft  am  12.  S)ecember  brauen 
fie  bon  Sinteggäna  auf,  bereinigten  ftd)  jmet  Sage  barauf  mit  ber  (Salatarawane 
bon  Silma,  Übertritten  gerabe  am  1.  Januar  1851  ben  öbeften  Stjeil  bes 
^tateauS,  melcfjeS  fie  bom  tiefer  liegenben  ©uban  trennte,  erreichten  für,}  barau* 
bie  ©ren^e  be§  23ornuanifcf)en  SributftaateS  S)amergu  unb  lagerten  bom  7.  Januar 
an  einige  Sage  an  einer  ßagune  beim  2)orfe  Sabfcrjetat.  lim  einen  möglicfjft 
Weiten  Staunt  fovftfjenb  ju  umfaffen ,  trennten  fic£)  l)ier  bie  üietfenben  am 
11.  Januar,  inbem  nur  9ticr)arbfon  gerabeauS  nacr)  Jhrfa  ging,  mäljrenb  53artr) 
ßnbe  Januar  1851  in  $ano  auf  am  unb  fidj  erft  bon  ba  über  ©ummel  nacr) 
£ufa  manbte.  £).  aber  ging  bon  ginber  weftwärti  nad)  9Jtariabi  unb  ©ober, 
tarn  am  1.  Slpril  nacr)  3inber  ijurücf  unb  traf  erft  am  6.  ober  7.  5Jiai  1851 
in  $ufa  ein,  bon  wo  33artb,  ifjm  entgegenritt,  um  ir)m  ben  Scb  9ticfjarbfon'§ 
(t  3-/4.  9Jiär5  1851)  unb  gleicr)§eitig  aber  ben  ermutf)igenben  Empfang  p 
metben,  ben  er  felbft  bei  bem  ©cfjeicr)  bon  SSornu  gefunben  unb  ber  nun  auefj 
£).  erwartete.  Söätjrenb  Sartb,  ficr)  jur  föeife  nad)  Slbamaua  rüftete,  plante 
£).  ein  Vorbringen  nacr)  Bagfjirmi,  ba  ba§  früher  in§  2luge  gefaxte  ßanem 
Wegen  ber  f^einbfd^aft  ^toiferjen  SBornu  unb  Söabai  unb  ben  gerabe  baumle 
beginnenben  (Unfällen  ber  Uteb  (Sliman  als  fein  günftiger  2lngriffSpunft  erfcr)ien. 
2US  23artt)  am  29.  5Rai  1851  bon  Äufa  naef)  Slbamaua  aufgebrochen  mar, 
begann  £>.  alSbalb  baS  mit  5ftüfje  fotoeit  gebrachte  Soot,  auf  welcfiem  ber  Sfabfee 
unterfucfjt  werben  follte,  mit  <£)ülfe  arabifd)er  3immevleute  in  ©tanb  ju  fetjen, 
unb  ba  ber  ©cfjeicr)  feinem  $lane,  bie  ^nfetbölfer  ju  befinden,  ficr)  günftig  3eigte, 
ifjm  ju  biefem  gmeefe  ben  Häuptling  eines  mit  ben  unabhängigen  ©eebewormem, 
ben  SBubbuma,  befreunbeten  £anembu*£)rteS  ^umieS  unb  ©efcfjenfe  jum  £aufcf)= 
Raubet  freigebig  jur  Serfügung  fteHte,  tonnte  £).  am  28.  $uni  in  Begleitung 
zweier  Subbumaböte  feine  5a^'t  antreten.  SDiefetbe  ging  bon  33rifj,  bem  ein* 
jtgen  Orte  am  ©ee,  wo  bamalS  Sornuaner  unb  Subbuma  friebttcr)  berfefjrten, 
nad)  ben  unfein  ber  SSubbuma,  bon  benen  er  freunbticr)  aufgenommen  warb 
(30.  3uni).  (£r  lanbete  auf  mehreren  $nfeln,  befucrjte  bie  Dörfer  ber  33ubbuma 
unb  erreichte  bie  ^täfje  ber  noer)  nie  bon  einem  ßurobäer  befucfjten  Dftfüfte  in 
einer  boppelt  fo  furjen  Entfernung  al§  fie  bon  S)enf>am  angegeben  unb  ben 
bisherigen  fartograpljifcljen  S)arftellungen  be§  ©ee§  $u  ©runbe  gelegt  toorben 
toar.  @r  fanb  bie  Siefe  ju  10 — 15  Reiben  unb  ba§  SBaffer  frifd)  unb  ftar. 
SDurcr)  bie  f5einbfc£)aft  äroifdtjen  ben  55emofjnern  ber  Oftfüfte  unb  ben  Subbuma 
an  eingeljenber  Unterfucljung  ber  öfttierjen  Steile  be§  ©ee§  ber^inbert,  fefjrte  D. 
am  8.  ober  9.  Sluguft  naä)  5Itabuari  aurücf.  lieber  ba§  le^te  SebenSjaljr 
Obermeg'S  tjat  Sartlj,  ber  am  22.  3fuli  naclj  ^ufa  äurüdfgefe^rt  mar,  im 
3.  SSanbe  feine§  großen  9leifemerfe§  au^füfjrltcb,  bericfjtet.  £).  ^atte  im  Sluguft 
1851  (^etermann  gab  im  Athenaeum  bom  15.  5tobember  1851  ben  8.  Sluguft 
an)  bie  SBefafjrung  be§  Sfabfee  abgefct^loffen ,  bie  itm  nidt)t  nur  bie  bl)t)fitaltfcrje 
©eograpfjie  biefe§  merfmürbigen  feictjten  33edEen§,  fonbern  auc^  auf  aarjlreicijen 
^nfeln,  bie  er  befucljte,  eine  eigenttjümlidje,  unabhängige  Sebötterung  tennen 
letjrte,  roeldje  bie  9lefte  eines  einft  am  feften  Sanbe  biel  weiter  berbreiteten 
S5olfe§  barfteüt.  ©ie  (h-pebition  Ijatte  au§  ©ngtanb  eigens  ju  biefer  llnter= 
neljmung  ein  33oot  mitgebracljt  unb  Dbermeg'S  Slufnaljmen  bermittelft  beffelben 
fctjienen  einen  Soljn  ber  ferneren  2lrbeit  ju  berljet^en,  toelcrje  SranSport  unb 
3ufammenfe|ung   beffelben  berurfacrjten.     ©efünber   als   er  bon  $u!a   abgereift 


22  ©üertoeg. 

war,   fam   er   am   genannten  Sage  nad)  9ftabuari  jurüd   unb  fein  3ßlan  mar, 
gemeinfam   mit  Sartf)    eine  Steife  nadj   bem  Storbofien   in   bie   2anbfd)aft  bon 
Sorgu  unb  Söabjanga  ju  madjen.     ^olitifdje  Söerljältniffe  liefjen  benfelben  nidjt 
jut  Oteife   fommen,   morauf  23artl)   am  11.  ©eptember  feine  Steife  nad)  ßanem 
antrat.     $ura   nad)   ber  Stüdfeljr  S8artf)'§   au8  Äanem   berliefjen  beibe  Steifcnbe 
neuerbingi  (21.  9tobember  1851)  ßufa,  um  fidj  einem  ^fclbjuge  nad)  *Dtänbara 
anjufdjliefjen ,    ber   im   fpätcren  Verlaufe  bie   bis   bat)in   bon   (Europäern   nidjt 
Befudjte  Sanbfdjaft   bon  9Jtufgu  erreichte  unb    an  ben  Ufern  be§  ©etbenel  .g>alt 
madjte.     2)ie  ©trapaaen  biefe8  3u9e§   griffen  beibe   Steif  enbe   fjart   an,   liefen 
aber   £>.   nodj   $raft,   S)inge  ju  boUbringen,   bie  ber  fonft  energifdje  unb  ^ä^e 
Sarttj  nidjt  metjr  leiften  fonnte,  mie  3.  93.  bie  SSefteigung  ber  -Jpötjen  bon  Sßafa. 
dagegen   blieb  £).   jurüd,    al8  SSattt)  mit  einem   Slrupp   ber  Slrmee   ben  ^ug 
nad)  bem  füblidjften  fünfte  28ulta  mitmadjte.    $n  «ÜMa  entwarf  bann  £).  ben 
s$lan  in  ©efettfdjaft  be8  if)tn   befreunbeten  Jhifdjelte   Äötolo   bon  9igornu  ben 
Sfabfee   neuerbing§  ju  bereifen,  mäfjrenb  33artf)  feine  Steife  nad)  SSagljhmi  an= 
trat   (4.  «ölära  1852),   mobei   £).  itm   bi8   ftgornu   begleitete.     9118  SBarty  am 
20.   ?luguft   au8  ^Dtafena  jurüdfe^rte,   ritt  if)tn  D.  bi8  Stgornu  entgegen.     £). 
mar   ätuei   9Jtonate   früher  bon  feiner   intereffanten    Steife    in    bie  fübmefttidjen 
(55ebirg3gegenben    3Boinu8   jurütfgefetjrt ,    meldje   bom  24.   Slpril  bi8  22.    sDtai 
bauerte,   unb  tjatte  feitbem  in  Sluta.  fränfelnb  bermeilen  muffen,   mo  unterbeffen 
am  24.  $uni  bie  lange  ermattete  europäifdje  $oft  mit  neuen  ©elbmitteln  unb 
äBaaren,  bie  ©nglanb  fanbte,  angefommen  mar.    £).  Ijatte  bie  freubige  ?tad)rtd)t 
bicfer  Stjatfadje,  bie  bie  bi8ljer  beengte  Sage  ber  Steifenben  mcfentlid)  berbefferte, 
burd)   einen  Courier   an  23artf)   gelangen   laffen.     Sattf)   fanb  feinen  ©efät)rten 
„fdjroädjer  unb  erfdjöpfter  auäfefjenb"  at§  jemals  borfjer,  bodj  mar  ba8  2öieber= 
fehlen  ber   Steifenben,   bie   beibe   in   ben   testen   Monaten  23ebeutenbe3    geleiftet 
battcn,  nid)t8beftomeniger  ein  freubig  gehobenes.     Unb  umfomeljr,  als  fie  burd) 
biefe   enblid)   eingetroffenen  ©enbungen   au8   ©uropa  fid)   neue  Rittet  jur  23er= 
fügung  gefteHt  unb  au8  ber  tjemmenben  unb  befdjäinenben  ^ürftigfeit  fid)  befreit 
fat)en,  meldje  fie  gelungen  Ijatte,  bon  bem  äögernb  gemährten  Grebit  bornuanifdjer 
^apitaliftcn  ©ebraudj  ju  madjen:  „SBÖir  fjätten  nunmehr,  fd)ieibt  SSartlj,  menn 
audj   nur  mit  mäßigen  Mitteln,   red)t  33ebeutenbe8  leiften  tonnen,  märe  e8  un8 
befdjiebm  gemefen,  beifammen  ju  bleiben ;  aber  mätjrenb  im  Anfang  alte  unfere 
9lnftrengungen  burd)  bie  ©eringfügigfeit  unferer  Mittel,  meldje  feine  umfaffenberen 
Unternehmungen   geftatteten ,    gelätjmt  toorben  maren ,   mottte  e8  nun  unfer  ®e= 
fd)irf,  ba|,   al8  enblid)  tjinlängtidje  Glittet  eingetroffen  maren,   (Siner  bon   un8 
Seiben  erliegen   füllte".     D.   feinte  fidj   nad)    Suftberänberung.     6r  fam   mit 
SSartf)  überein,  feine  £fabftubien    burd)  @rforfd)ung   be§  Äomabugu   ju  berboH= 
ftänbigen   unb   reifte    am    29.  Sluguft  nadj  2lbjiri  a^).    %n  feinem  gefdjmädjten 
guftanb  madjte    er  nur   menige   5Beobadjtungen ,    ju   benen  aber  bie  mertljbolte 
Srfenntni^  be8  beriobifd)en  <5teigen§  unb  9lu§treten8  biefe§  §luffe8  gehört.    9lm 
13.  ©eptember  nad)  $ufa  jurüdgefe^rt,   erfranfte  er  ernftlid)  nad)  einer  5Durdj= 
näffung   auf  ber  3agb,   mürbe  auf    feinen  SBunfdj   bon  35artt)   nad)  5Jtabuari 
gebracht,  mo  er  nad)  heftigem  gieber  (35artl)  nennt  e8  in  bem  Briefe  an  $eter= 
mann,  ber  bie  2obe§nadjridjt  mittt)eilt:    „ein    fed)8tägige§  @rfd)laffung§fieber") 
am  (Sonntag,  ben  27.  September,  9)lorgen8  4  Utjr  berfd)ieb.     @r  ruljt  an  fetbft= 
gemäljlter  ©teöe  am  Ufer  be8  5£fabfee8,    too  Sßartf)   il)m   nod)  am  9tadjmittage 
be§  2obe§tage§  felbft  ba§  ©rab  im  (Sdjatten  einer  ,<pabfd)ibifd)   bereitete. 

O.  befa|  bie  förperlidje  unb  geiftige  ütüftigfeit,  metdje  ein  gotfd)ung§reifenber 
in  biefen  fdf)mierigften  feilen  3lfrifa8  in  erfter  ßinie  nötljig  t)at.  33i8  ^u  feiner 
SEobeäfrant^eit  l)atte  er  fieberfrei  bie  gefäljrlidjften  äöege  äurücfgelegt.     @r  fjatte 


Cbertoeg.  23 

fiel)  nur  aubiel  augemutfjet  unb  30g  eS  3.  23.  bor,  aucfj  too  eS  nictjt  geboten 
mar,  ju  $uß  au  gefjen.  ©djon  in  ©f)at  fcfjrieb  Sticfjarbfon  in  fein  ^agebuctj, 
baß  £).  infolgebeffen  an  9Jtattigfeit  leibe.  2lber  aucfj  in  ben  legten  ^Zad^ric^tett 
Dbertoeg'S  (fein  fester  23rief  ift  bom  14.  Sluguft  1852  batirt)  fanb  ficfj  nie 
eine  ^inbeutung  auf  förderliches  Uebelbefinben.  Um  fo  fcfjmerälicfjer  rourbe  jein 
2ob  embfunben,  beffen  Dtacfjricfjt  in  bent  Slugenblicfe  in  £onbon  eintraf ,  am 
20.  gebruar  1853,  als  (Sbuarb  53oget  im  33egriffe  ftanb,  ftcE>  in  ©outfjambton 
nact)  2tfrifa  einäufctjiffen.  ©eine  23ericf)te,  beren  geringe  gafjl  unb  .fiürje  bon 
ber  ^ülle  ber  9tact)ricfjten ,  roelctje  23artfj  naefj  Europa  gelangen  ließ,  gewaltig 
abfiiefjt,  jeigen  ifjn  als  fcfjarfen  unb  bielfeitigen  23eobacfjter.  6r  roar  gefcfjutt 
für  feine  Aufgabe.  Leiermann  nennt  ifjn  ben  beften  5lftronomen  unb  ©eologen, 
ber  jemals  Gentralairifa  erreicht  fjabe.  (Sr  fdjeint  rafcfj  bie  .gmuffafpractje  gelernt 
unb  aucfj  an  ben  ©eftaben  bee  StfabfeeS  ficf)  balb  mit  ben  ßinfjeimifcfjen  bertraut 
gemacht  5U  fjaben.  ©eine  SluSflüge  na  et)  ©ober  unb  ju  ben  gefürctjteten  93ub= 
buma  tiefen  außerorbentlicfj  glatt  ab.  SBartfj  toirft  ifjm  aber  bor,  bafj  er,  an 
bie  2Jcöglict)feit  eines  frühen  2obeS  nictjt  benf enb ,  feine  Zotigen ,  für  Slnbere 
unteferlictj,  auf  fleine  ^apierfctjnitjel  unb  mit  23teiftift  gefcfjrieben  fjabe,  unb  baß 
er  jubiel  Seit  mit  ben  SDienften  bergeubet  fjabe,  roetetje  er  Slnberen,  tt)ie  3.  33. 
bem  ©cfjeicfj  bon  23ornu  teiftete.  „3Bären  alle  oon  ifjm  naefj  unb  nact)  gefam= 
melten  9tacfjricfjten  unb  gewonnenen  2tnfcfjauungen  ju  ben  meinigen  t)inju= 
gefommen,  fo  würben  biefe  £änber  jefet  biet  beffer  befannt  fein,  all  eS  ber  ftall 
ift."  6S  toiberfprictjt  biefer  Älage  einigermaßen,  baß  33artfj,  als  er  in  Äufa 
ben  9tacfjfaß  £>berroeg'S  ausgeliefert  erfjiett,  bie  Xagebücfjer  „gleicfjfam  im  93or= 
gefüfjl,  baß  er  bie  .§>eimatfj  nictjt  toieberfefjen  follte ,  mit  großer  Sorgfalt  ge= 
fjalten"  fanb.  2>ocfj  erftärt  fictj  biefer  Sötberfpructj  wofjl  barauS,  baß,  nact) 
^ßetermann'S  eingaben ,  bem  bitter  oon  33unfen  ben  9tact)laß  Oberweg'S  3ur 
Drbnung  übergeben  fjatte,  toofjlgeorbnete  mit  £mte  gefctjriebene  ütagebücfjer  über 
große  2lbfcfjnitte  ber  Steife  com  Dctober  1849  bis  (Jnbe  $uni  1852  fictj  in 
bemfelben  borfanben,  roäfjrenb  über  anbere,  ebenfalls  beträctjtlictje  Slbfcfjnitte, 
unb  befonberS  über  bie  Steifen  beS  letjten  ^afjreS  nur  SSleiftiftnoti^en  borlagen, 
bie  meiftentfjeitS  unlef erlief)  roaren.  UebrigenS  muß  man,  um  gereetjt  3U  fein, 
ertoägen,  baß  immer  ber  SSeobacfjter  ber  23ölfer  auf  Steifen  einen  leicfjteren 
©tanb  fjat,  als  ber  £opograpfj  ober  ©eotog.  @r  fann  fctjäfjbare  Slufnatjmen 
im  ^lug  maetjen,  er  ftnbet  fictj  in  Slufjeicfjnungen  unb  Srabitionen  borgearbeitet 
unb  enblict)  taffen  fictj  etfjnograbtjifcfje  unb  öölfergefcfjictjtlicfje  33eobactjtungen 
biel  leicfjter  aucfj  als  5tagmente  in  anneljmbare  {yorm  bringen.  S)afür  finb  tjäufig 
bie  ßrgebniffe  beS  Sedieren ,  roenn  minber  gtänjenb ,  öon  um  fo  bauernberem 
äßerttje.  Unb  eS  ift  feine  grage,  baß  jur  toiffenfctjaftticfjen  Säuterung  beS 
großen  unb  »irren  33egriffeS  ©afjara  gerabe  £).  am  meiften  beigetragen  fjat.  S)ie 
^enntniß  ber  ©atjara  naefj  StictjarbfonS  geograptjifct)  unbebeutenber  ^?ub(ication 
bertjalt  ficf)  roie  eine  Sebreffion  3U  ber  buret)  £).  unb  SBartt)  erftiegenen  ^pöfje. 
Sticfjarbfon'S  Slngaben  tjatten  t^aubtfäcfjlictj  nur  negatiben  Söertfj,  inbem  fie 
bobbett  fetjarfe  Äritif  unb  bamit  ^Beobachtung  tjerauSforberten.  %n  23riefen  auS 
3Jhttfuf  giebt  33arttj  ergöt^lictje  23eifpiele  bon  ber  SJerroirrung ,  in  roelctje  bie 
berfetjrten  Angaben,  befonberS  Stictjarbf on'S ,  bie  eurobäifcfjen  ©eograbtjen  unb 
^artograbfjen  berfe^t  tjatten.  Söenn  er  aber  bort  fagt:  „2öir  tjoffen,  aucfj  fjier 
ben  ©etetjrten  ©urobaS  eine  flare  Slnfcfjauung  beS  SanbeS  ju  berfebaffen",  fo 
fjaben  otjne  3tte^et  oie  DrtS=  unb  ^)öt)enbeftimmungen  Gbertoeg'S  ^ur  Erfüllung 
biefeS  33eftrebenS  am  meiften  beigetragen.  93artfj  fcfjrieb  noefj  auS  Äufa  mit 
ben  SluSbrücfen  ber  fjöctjften  ©rroartung  bon  ben  arbeiten  Cbertoeg'S  in  5Rariabi 
unb  ©ober  unb  fjat  fictj  erft  buretj  ben  freilief)  nictjt  3U  berfcfjmeraenben  3}erluft 


24  0e^e- 

ber  9lotiaen  Onerroeg'ä  über  feine  Sirbetten  im  ütfabfeegebiet  unb  burcr)  bie 
@röfje  feiner  eigenen  Sluigaben  unb  Seiftungen,  abB  er  einfam  auf  bem  ©chau= 
plafee  ber  gemeinfamen  33eftrebungen  jurücf geblieben  mar,  in  ber  ©cbätmng  ber 
Sfjätigfeit  feineä  ®efät)rten  Ijerabftintmen  laffen.  ®ic  urfprünglicfi  bcabfichtigte 
Teilung  ber  Arbeit  atoifthen  beiben  gorfthern  erftärt  e§  auch,  bafj  £).  bie  ©orge 
für  ba§  ^iftorifcb.e  unb  (Stfmograpbifche  feinem  ©efäljrten  53artt)  überlief ,  unb 
bie§  mag  eine  gemiffe  llnbefümmertheit  um  bie  Ütechtfdjreibung  ber  Ortsnamen 
entfchulbigen ,  roelcfjer  ja  gerabe  Scfeterer  fo  grofje  Slufmerffamfeit  fchenfte.  £). 
fchrieb,  tt)ie  er  tjörte,  unb  feine  geograplnfcrje  Orthographie  ift  bab,er  nicht  immer 
confequent.  ^ebenfaü^  fann  au§  bem ,  toaä  £).,  „ber  fenntnifjreicfte  unb  öer= 
ftänbni^öotte  9teifenbe",  mie  fein  Nachfolger  in  ber  (Srforfchung  be§  ütfabfee§, 
9tadjtigat,  itjn  nennt,  in  gefunben  Sagen  geleiftet  Ijat,  ber  ©chlufs  gebogen 
toerben,  bafj  bie  Srgebniffe,  bie  er  ber  miffenfcbaftlicrjen  2Belt  geboten  rjaben 
mürbe,  roenn  e§  itjm  vergönnt  geroefen  märe,  ebenfo  tjeit  mie  SBarth  nach.  @uropa 
3urücEjufet)ren ,  eine  nicht  diel  Heinere  Summe  Don  neuen  Gnttbeäungen  auf 
phtjfifaltfcf)  =  geograpf)ifcrjem  ©ebiete  bargeftetlt  rjaben  toürbe,  al§  öartb,  im 
^iftorifi^  etr)nograpbtfcben  $elbe  3U  bieten  r)atte.  €).  mar  ein  ebler  Grjarafter, 
doÜ  ©etbftoertäuguung  unb  reiner  Eingebung  an  feine  3tt>ecfe.  $n  allen  feinen 
SBeridjten  tritt  fein  3ch  in  ben  «guntergrunb ,  au8  alten  teuftet  Weiterer  9Jhttt), 
ber  überaß,  felbft  tief  im  inneren  2lfrifa§,  irjm  rricle  ^eunbe  macf)te-  @ein 
Körper  mar  burcr)  turnen  unb  gufjrcifen  geftätjlt.  Gritt  Silbnifj  Dbertoeg^ 
brachte  bie  Sfßuftrhte  3eiiun9  1853. 

Ueber   Dr.  £.  Sartt)   unb   Dr.  £)üerroeg'§  ^Begleitung    ber   $.  9ticr)arb= 

fönten   9teifeejpebition    junt   3:fdtjabfee  unb   in   ba3   innere   Slfrifa.      3^" 

©onberabbrücfe  ber  ^Briefe  an  bie  ©ef.  f.  (Srbfunbc  ju  Serltn  unb  irjte  9JUt= 

gtieber.    $on  G.  bitter  unb  2.  @.  ©umprecht.  1850  unb  1852.  —  £.  Sarth'g 

(JntbecfungSreifen  in  «Horb-  unb  Gentratafrifa.  5  23be.  1857  58.  —  51.  $eter= 

mann,   5£>ie  testen  Sage  Dr.  2lbolf  Döerroeg'S.     3-  f-  a%-  ©rbfunbe.  I.  — 

Narrative  of  a  Mission  to  Central  Africa,  performed  in  the  years  1850 — 51 

by  the   late  James  Richardson.    1853.  —  $.  Streng,    S)ie  6ntbedung§reifen 

in  9torb=  unb  sJJtittel  =  Slfrifa   Pon  Üticbarbfon ,    £>Permeg,   Sartc)  unb  3)ogel. 

1857.  ftriebrict)  ftafeel. 

Dcr(c:  ^obann  ©eorgDe.,  bairifeber  (Staatsmann,  geb.  1605  al§  <5or)n 

be§  $ot)ann  Äonrab  De.,  33ürgermeifter§  3U  (Göppingen,  trat  1630  in  bairifchen 

©taatSbienft  unb  mürbe  3um  ütegierunggratb,  in  Slmberg   ernannt;    al§    foldjer 

fürjrte  er  auf  bem  in  9tegen§burg   öerfammelten   futfürfttierjen   Gollegialtag   ba§ 

^rotofotl.     3fm  nädjftcn  Sabre  roohnte  er  als  9ftitglieb   be§  bairifchen  ipofratbg 

ber  ßonferenj  faiferlidjer   unb   bairifefier  ©eneräte   unb  Diplomaten  ju  S)onau= 

mörtb  hei;    barauf    mürbe   er    Pon  ^urfürft   9ftaj  I.    „ju  münblicber  Stelation 

obne  ©cbriftticbeS"  nacb  2öien   an  ben  güvften   ©ggenberg   gefenbet.     2luf   bem 

Gottegiattag  ju  Nürnberg  1640  unb  bem  9teicr)§tag  ju  9iegen§burg  1641  teufte 

er  noeb  als  bairifeber  5Jlanbatar,  bann  trat  er  aber,    um  rafcher   ju  Slmt   unb 

SBürben  31t  gelangen,    in  ben  SDienft  be§  (5rjbifcl)of§  Pon  «Salzburg.     „5flicbt  fo 

faft  icr)",  entfebutbigte  er  fpäter  biefen  Uebertritt,  „ali  serpens,  qui  deeepit  me, 

in  causa  et  culpa  est."     9lacrj  Pierjerjn  ^Jlonaten,  „postquam   mihi  aperti  sunt 

oculi".  bemarb  er  fieb  um  2ßieberanftettung  in  Saiern,  unb  ba  ber  Äanjler  be§ 

geheimen  9tatt)§,    33artl)olomäu§  Giebel,    it)m  ba§  3eugni^  aufteilte,    ba^  er 

„arbeitfam,  eines  gueten  iudicii,  gar  ftütt  unb  Perfcbmiegen",  mürbe  er  al§  ^of= 

ratb,  mit  einem  3ab,re§folb    bon  800  ©ulben  angeftettt   unb    mit  ftüfirung  be§ 

geheimen  <Secretariat§  betraut.     2118  bairifeber  SßePoEmäcbtigter  erfebien   er    auf 

bem  Kreistag  3U  Ulm  1643  unb   bem  ßorrefponbenstage  ber  fübbeutfcb.en  Greife 


Derle. 


25 


3U  S)onautoörtf)  1644.     ©eine  Ctoncepte  jeidjnen  fidj  burd)  ftare,  bünbige,  nid^t 
fetten  braftifcfje  9tusbruditoeife  bot  ärmlichen  arbeiten  ber  Gollegen  au§;  häufig 
flicht  er,  gleidjfam  um  ber  föebe  meb,r  $raft  ju  öerleitjen,  tateinifdje  ©prüd)tein 
unb  Gitate  ein.     S§  fehlte  itjm  aber  aucr)  nidfjt  an  ©etbftbctoufitfein.    $n  einer 
SBorficttung  öom  27.  3uli  1646,  tootin  er  ftd)  über  Vernacfjtäffigung  gegenüber 
anberen  Beamten  beflagt,  fjebt  er  feine  2eiftung§fäc)igfeit  unb  Slrbettfamfeit  auf 
gar  rutjmrebige    äöeife   fjerbot.     6r   fei    rjintangefc^t    „ad    1.  foroofjl  toae   ben 
Oculjen  anlanget  afö   2.  bie   (Sljt   unb   bertjoffenbe   toeitere   33eiörberung  unb   3. 
bie  @ommobität  unb  (Gelegenheit,  toefdje  baZ  britte  ©tud  ift,    barnad)  bie  ^>of* 
biener  tradjten" ;  ba§  ganje  3ab,r,  äöerftag  unb  geiertag,  bie  3eit  fei  jo  fjeitig, 
a(3  ba  xoiü,  bon  Borgens  7  ober  8  Urjr  bi§  toieber  9cad)t§  um  8  llfjr,    fei  er 
continuirlid)  in  ber  $anälei  berbtieben  unb  tjabe   in    einem   tractu   unauigefefet 
fdjtoere  unb  mistige  ßoncept  üerfafjt.    Ütotjbem  b,abe  er,  fo  lange  er  in  SSaierrt, 
im  ©anjen  er[t  8500  ©ulben  Sefolbung  belogen,    „trofe   ber   rjotjen  Stuegaben, 
fotoofjt  auf  bem  atf)icftgen,  Fjatfen  *pflafter,  at§  tempore  nostri  quasi  exilii  in  ber 
grembbe."     2iud)  SÖeförberung  bürfe   er  ftd)  nid)t  berfpred)en ,    benn   er  fei  toot 
jum  geheimen  ©ecretariat  „tamquam  ad  perpetuos  carceres  conbamniret".     ©ein 
College  Dr.  $reb§  toerbe  itjm  attertoege  borgejogen.    „5Den  t)at  bie  fran3öfifd)c  ©prad) 
abanjiret,  fünften  rjetl  id)   feine  Gommiffion   in   einer   anbern   reblidjen   ©prad) 
bieUeicrjt  fo  tool  al§  er  Dementen  ftjünben,  man  icr)  nur  aud)  einen  fotd)en  guten 
conduiseur,  toie  ber  Jperr  bon  -gmstang  ift,  an  ber  £)anbt  gerjabt  unb  man  mir 
2ltte§,    toa§  5u  nego^im ,    bergefiatt   inmaffen  burd)    bie  tood)entüd)e  auSfterüdje 
bebetd)   unb   instruetiones   gejdjitft,    alfo    tootjl    firgemarjtt    unb   g(eid)famb   in 
^ftunbt  gegeben  rjette."     $toei  ^ab^re  fpäter  befd)toerte   er  ftdj  auf§  9leue ,    ba£ 
man  nietjt  it)n ,    fonbern  $reb§   unb  (jrnft  <jum  grieben§congrefj   nacrj  fünfter 
gefdjicft  fyabe,  obtool  er  bi§f)er  auf  ben  fd)toäbifd)en  Kreistagen,  „bei  toetd)en  in 
SBatjrrjeit  fd)toer  ju  negoairn  ift,    bie  itjm  aufgegebenen  Commissiones  p  %z)xrc 
(Stjurfürfttictjen  3)urd)Iaud)t  intento  unb  contento  berridjt",    obtoot  er  jüngft  bei 
bem  granffurter  SJeputationstag   im  gürftenratl)   bag   SBotum    au   führen  tjatte, 
obtoot     alte    nad)    granffurt,     fünfter    unb    DSnabrüd    gefd)idten    33efet)te, 
Instruetiones,  Verträge  u.  f.  to.  in  ber   geheimen  ©jpebition   burd)   feine   -£anb 
p  gebjen  pflegten.     (Snbücf)  tourbe   feinen  klagen    unb  ^roteften  ©etjöt  gegeben 
unb  itjm  1649  unter  dntrjebung  bom  ©ecretariatsbienfte  in  2luäfid)t  gefteEt,  er 
toerbe   fortan   nur  „ju   allerlei  üorfaüenben  9teid)iconöenten   unb    Scrjidungen" 
gebrauerjt  toerben.     Jpodjerfreut  öerfprad)  er,  fidj  ganj  in  Saiern  niebertaffen  unb 
fein  unb  feiner  Srjefrau  Vermögen  au§  ©djtoaben  unb  Söürttemberg  in  bie  neue 
Jpeimatf)  übertragen  ju  tooüen,    toa§    jebod)   nidjt   jur  5lu§füb,rung   fam.     S)ie 
nädjften  Starre  brachten  nun  üerfd)iebenartige  bip(omatifd)e  ^tiffionen.    3lli  fein 
„eigenfteS,    fürnembfteä  S)erbienft"    nabjm   er  in  ^tnfprueb,,    bafj   er   burcrj  feine 
Vertretung  in   Nürnberg  ba§   punctum   religionis   in  ber   oberen  Sßfolj  gerettet 
rjabe.     21I§  ScöoIImädjtigter  bei  bem  jfteierjetag  in  9tegen§burg  erftattete  er  am 
9.  üDecember    1653    an    ben    Oberftrjofmeifter    Örafen    ^JlajimiUan    öon    Äurj 
überaus  freimütige  SBeridjte,  toie  man  in  gteid^^tagSfreifen   ben   ©eij   unb   bie 
b.ocb.gefpannte  (Sranbcj.ja  ber  Dtegentin  öon  Saiern,    ber  ^urfürftin  -  Söitttoe,  bie 
öerfeb.rte  @raieb,ung   be§   jungen   Äurfürften  burd)  ^errn  ö.  ^letternidj  u.  f.  to. 
beurteile.     @r  tourbe  ^toar  balb  barauf  jum  geheimen  ^tatb,  ernannt,    aber  fo 
berb  offenrjerjige  9Ieufierungen  laffen  begreiftid)  erfdjeinen ,    ba|  er,    toie  er  fid) 
rühmte,  in  9Mncb,en  „fo  öiel  geinb',  at§  2ag  im  3{arjr  unb  nod)  mer)r''  rjatte. 
S)ie  toictjtigfte  biptomatifdje  Slufgabe  tourbe  itjm  1657  ju  tcjeit,    al§   er  an  bie 
.£)öfe  ber  rb.einifcb.en  Äurfürften  unb  fpäter  pm  granffurter  Söatjltag  abgeorbnet 
tourbe,    um  toegen  ber  Tteutoarjl,    eöentueü  toegen  llebertragung  ber  ßrone  an 


26  Dei'Ie- 

baä  <£>au§  SBaiern  bie  Unterljanbtungen  ju  führen,  ^n  feinen  SBeridjten  an 
®raf  $urä  tritt  öon  Dorne  herein  Parteinahme  für  bie  Ganbibatur  be§  Äönigg 
öon  Ungarn  3U  £age,  menn  aud)  bie  in  ©rammontä  ^Jlemoiren  mitgeteilte, 
öon  Cejte  angeblid)  „gegen  Seben,  ber  e§  tjören  roottte",  gemachte  Steuerung, 
er  mürbe,  aud)  menn  alle  Äurfürften  einmütig  feinem  -£)errn  bie  Ärone  auf= 
festen,  benfelben  i°  lange  fdjütteln,  bi§  fie  itjtn  roieber  herunterfiele ,  in  ben 
SBereid)  ber  (Srftnbungen  $u  gehören  fdjeint.  3>enn  menn  roirflid)  aud)  Äurfürft 
^erbinanb  2Karia ,  mie  ©tammont  öerfidjert,  jene§  brafttfdje  SBort  feines  ©e= 
fanbten  öernommen  rjätte  unb  barüber  in  jo  tjeftigen  gotn  geraden  märe, 
müjjte  man  boct),  mie  in  .£>eibe'§  Slbljanblung  über  bie  äöatjl  2eopolb§  I.  richtig 
öemerft  roirb,  öon  einer  Abberufung  ober  bod)  öon  einer  Otüge  etroa§  üernetjmen ; 
bie  äiemtid)  combtet  öortjanbenen  bieten  enthalten  aber  nidjtä  berartigeö.  $a,  ber 
Äurfürft  natmt  jogar  feinen  Wiener,  ber  öon  ^ur  =  ßöln  bejidjtigt  morben  mar, 
über  bie  geheime  Dieife  be§  (Srafen  2Bilf)etm  öon  ftürftenberg  nad)  SBerfaitleä 
geötaubert  ^u  f)aben,  energifd)  in  ©ct)ufe  (6.  9coöember  1658):  „3dj  mujj  ber 
SQßa^r^eit  311  ftetjer  ©ie  öerfidjern,  bafj  irjme  jo  unrecht  tjierin  befdjidjt,  atä  er 
ju  loben,  bajj  er  in  occasione  ber  jüngft  öorgegangenen  (St)urbfäl3ifct)en  Impertinenz 
faft  allein  gettjan,  roa§  ein  getreuer  Wiener  feiueä  £>crrn  fdmlbig."  @§  toirb 
f)ier  angefbielt  auf  bie  befannte  ©cene,  metetje  fid)  in  ber  ©itjung  beä  f5ranf= 
furter  2ßa^colleginm§  am  16.  9flai  1658  abhielte.  2)er  ^fät^er  Äutfilift 
$arl  Submtg,  öott  3orne§  über  bie  tjartnädige  Döpofition  £>erte'3  in  ©adjen 
be§  5ßicariat3ftreitä,  fdjleuberte  ba§  öotte  £intenfafj  nad)  bem  Jperrn  ©etjeimratl), 
ot)ne  ifjn  jebod)  p  treffen.  ,,©ott  t)at  mid)  fonberbar  behütet",  berichtete  De. 
über  ben  Sßorfatl  an  ®raf  $ur$,  „bafj,  obmol  bie  furpjäfäifctje  gurie  auf  midj 
allein  angefetjen  gemefen,  anbere  benachbarte  33eifaffen  faft  metjrereS  gelitten 
tjaben,  benn  idj,  meil  bie  Färberei  blofe  übet  meine  -gmnbböjetn ,  angetjabten 
fc^marjen  9to<f  unb  Dor  mir  gelegenen  ©djriftereien  abgelaufen.  §ätt'  er  mid) 
an  bie  ©djläf'  getroffen,  mär'  id)  mat)rltd)  be§  ülobe§  gemefen."  Obmol 
ber  Äurfürft  aud)  an  ben  SDegen  griff  unb  in  brotjenber  Haltung  auf  £)e. 
äufdjritt ,  mar  biefer  nid^t  ju  bemegen ,  im  ©ertefen  feiner  $proteftfdjrift  inne= 
äu^alten.  ,,^d)  tjätte  öom  ßefen  nidjt  abgelaffen,  menn  aud)  ber  ^urfürft  auf 
mid)  genauen  unb  geftoc^en  tjätte."  gerbinanb  5Raria  belohnte  ben  ©efanbten 
burdj  (5rl)ör)ung  be§  ®eöutat§  unb  Ernennung  ^um  SSicefanjler  beg  geheimen 
9tatl)§;  aufjerbem  erhielt  £)e.  burt^  einen  ©nabenbrief  be§  Äurfürften 
(1.  luguft  1659)  ein  ©efdjenf  öon  6000  ©ulben,  unb  1664  mürbe  i^m  „umb 
feiner  ju  unfeim  gnebigften  contento  öerridjten  unberfdjieblicljen  ßommiffionen 
millen"  bie  Pflege  5tei8bac^  übertragen.  2ro^bem  mar  ber  ebenfo  etugei^tge 
mie  bienfteifiige  SSeamte  nietjt  aufrieben  gefteEt ;  in  feinen  ^ßerfonalacten  befinben 
ficrj  überaus  ja^lreidie  ©upplicationen  unb  SBefdjmerbebtieie  au§  alten  3>al)ren. 
®em  neugeroätjlten  Äaifer  mar  e§  nidjt  unbefannt  geblieben,  meld)'  gute  üDienfte 
ber  Vertreter  SSaiern§  ermiefen  t)atte ;  er  berfidjerte  burd)  ein  eigene^  „§anb= 
briefel"  nod)  am  £age  ber  33ßat)l  (18.  ^uli  1658),  er  motte  bie  Familie  beä 
patriotifdjen  £)e.  „megen  ber  iljm  unb  bem  ßr^auS  in  mannigfaltigen  äöegen, 
infonberljeit  bei  je^igem  2öat)Iroerf  öor  anbern  ermiefenen  nu^=  unb  t)od}erfbriefj= 
lid)en  ©ienfte"  in  ben  ritterlichen  3lbelftanb  ertjeben.  S)a  bie  2lu§fertigung  bc§ 
2lbet§biötom§  nid)t  erfolgte,  richtete  £)e.  mieber^olt  5Jial)nbriefe  an  ben  $aifer 
unb  erreichte  enblidj ,  ba|  ib^m  fogar  bie  @rt)ebung  in  ben  9teid)§frei^errnftanb 
öemiKigt  mürbe  (6.  €ctober  1666).  Sn^ifctjen  mar  aber  Oe.  bei  feinem 
eigenen  ©ebieter  in  llngnabe  gefallen,  meil  baä  5)ci^trauen  rege  gerootben  mar, 
bafy  ber  in  alle  fecreten  |>änbel  gingemeiljte  feine  Äenntniffe  unb  feinen  ©influ^ 
att^u  gefügig  bem  faiferlidjen  ^ntereffe  bienftbar  madje.    %n  einer  „be=  unb  roet)= 


Dejle.  27 

müßigen"  «Subbtication  (jftegcnSburg,  13.  2)ecember  1666)  ftagt  £)e.  über 
„toibermertig ,  ex  injusta  vindicta.  aemulatione  et  invidia  ^ergefloffene,  unbe* 
grünbte  Relationes  unbt  Delationes"  unb  bittet  ben  Äurfürften,  er  möge  feinen 
(Setreuen  burcrj  ungerechte  Verfolgung  nid)t  gar  über  ben  Raufen  roerfen  laffen. 
3Salb  barauf  tourbe  er  aber  unter  bem  Vormanb,  ber  Äurfürft  motte  öor  feiner 
9teife  nacf)  Italien  nochmals  mit  it)m  über  Dteictjeangetegenfjeiten  lÄücffprac^e 
nehmen,  öon  ütegenSburg  abberufen,  nacr)  ber  2lnfunft  in  5Jcünct)en  feines 
ßommifforiumS  entfjoben  unb  „feinem  eigenen  Slnfucfjen  entförectjenb"  au§  bem 
©taatsbienft  enttaffen  (13.  2lprit  1667).  £itet  unb  Vefolbung  fottten  t$m 
bleiben,  bocf)  mufcte  er  fidt)  burct)  einen  3fteöer§  öeröftictjten,  feinen  anfceren  SDienft 
anjunefjmen  unb  bis  in  ben  2ob  aHeö  p  öerfcrjtoeigen,  maS  er,  fo  lange  er  in 
batrifctjen  SÜenften,  gehört  unb  getefen  rjabe.  3fn  einem  2lbfcrjiebSbrief  an  ben 
Äurfürfien  öerfidtjerte  Oe.,  eS  fei  nur  Verleumbung,  roenn  man  it)n  befdt)ulbigt 
fjabe ,  bafj  er  gegen  furfürftlicfje  Intention  mit  gurüdfetmng  beS  33ifct)ofS  öon 
^xeifing  für  (Srtjebung  beS  ©rafen  2örring  jum  33ifcf)of  öon  ütegenSburg  agitirt 
ober  bei  ben  Sranbenburg  =  ,vMmbacf/fc£)en  5£ractaten  ber  fatfmtifdtjen  Religion 
in  ber  oberen  $falä  ju  öiel  öergeben  t)abe;  übrigens  fei  irjm  nict)t  unbefannt, 
bafj  ber  30tn  feiner  geinbe  bis  ^ur  legten  Äaifermatjl  jurüdreidtje ,  bafj  £ur= 
Äöln  bamalS  Dtacrje  gefcrjtooren  unb  jetjt  inS  SBerf  gefegt  f)abe,  unb  ebenfo  gut 
fenne  er  feinen  fctjlimmften  geinb  am  2Jtünct)ener  §ofe,  ben  in  fran^öfiicrjem 
©otb  ftetjenben  Vicefanjler  Äaspar  (scrjmib :  „Isti  inimici  mei  adhuc  vivunt 
et  confirmati  sunt  super  me."  ©ern  mödjte  man  foldtjer  Verfictjerung  ©tauben 
fcrjenfen  unb  bie  Urfadtjen  beS  ©tui-jeS  auf  9leib  unb  9Jcifjgunft  ber  ©egner 
jurüdfütjren,  aber  Derk'S  5um  9Jcinbeften  ^roeibeutig  ]u  nennenbes  23enet)men 
in  ber  nädjften  $eit  öerbietet  folcrje  Slnnarjme.  ^m  Dctober  1667  begab  er  ficf) 
nact)  Söien;  balb  lief  in  9Mncfjen  eine  S)enunciation  ein,  bafj  De.  miebertjolt 
in  fjöcf)ftem  ©eljeimnifj  jur  Slubienj  in  bie  ^»ofburg  gerufen  morben  fei  unb  mit 
£)itfe  einc§  uon  Saiern  mitgebracrjten  <5cr)reiberS  eifrig  bamit  beferjäftigt  fei, 
3lctenau§3üge  unb  anbere  ©laborate  ju  fertigen.  91un  mürbe  ber  Schreiber  bei 
£an;jlerS,  Sofjann  Ototfjfäööl,  ju  amttidjer  (hftärung  aufgeforbert,  unb  mirflid) 
beponirte  biefer,  er  fjabe  für  feinen  §errn  fcfjon  öor  längerer  3eit  auS  bem 
Söalbturnifcrjen  2lct  unb  ben  gollreceptirungSacten  SluS^üge  mad)en  muffen;  bie 
©jtracte,  fomie  autt)  2öa|tacten  feien  mit  -Ipilfe  ber  ÜtegenSburger  ^efuiten  an 
ben  33eid)tüater  be§  $aifer§  gefenbet  toorben.  S)e§gteicf)en  fei  irjm  befannt,  ba§ 
Oe.  in  feiner  Slbreife  nactj  2Bien  eine  grofje  Srufje  öoH  SIcten  mit  ficrj  genommen 
unb  roätjrenb  be§  bortigen  2tufentt)att§  inSgetjeim  mit  bem  ßaifer  unb  mit  bem 
^Dtinifter  dürften  Sobfomi^  üert)anbett  tjabe.  ^Jcun  erging  öon  (Seite  ber  fur= 
fürftlicfjen  Regierung  an  £)e.  bie  Söeifung  5ur  9tücffer)r,  unb  at§  er  fidt)  toeigerte, 
rourbe  ber  gortbejug  feine!  ©etjalteS  intjibirt.  ^tn  nackten  ^al)re  begab  fid) 
aber  £)e.  nad)  (Straubing  unb  richtete  an  ben  Äurfürften  mieber  eine  „be=  unb 
toetjmüttjige  ©upötifation"  (24.  5lpril  1669);  er  fei  nur  beSfjatb  ungeb^orfam  ge* 
toefen,  »eit  ifm  ber  i?aifer  unb  ber  $arbinal  öon  2c)un  öor  Ütücfferjr  nadt)  Saiern 
warnten,  ba  irjm  feine  geinbe  nact)  bem  ßeben  trachteten.  %u\  23efet)t  be§ 
■ffurfütften  rourbe  irjm  nun  toieber  fein  Solb  angemiefen.  S)effen  ungeacrjtet 
geriete)  er  aHmäfjlicrj  in  ^öd§ft  bebrängte  Sage.  SBie  e§  fdtjeint,  30g  er  au§  ben 
©ütern  in  (Sdtjmaben,  bie  er  ntcfjt  fjatte  öerfaufen  fönnen  ober  motten,  nidt)t 
blofj  feinen  ©etoinn,  fonbern  mu^te  um  ifjretmiUen  noef)  gro^e  peeuniäre  Cpfer 
bringen,  fo  ba^  eine  Ueberfctmlbung  eintrat,  auS  metdt)er  er  fidt)  nid)t  metjr  be= 
freien  fonnte.  6in  furfürftlidjeS  beeret  öom  1.  2>ecember  1673  mie§  ben  banaler 
ber  9tegierung  ju  SanbS^ut  an,  nicfjt  länger  ben  Sfanbal  $u  bulben,  ba^  ber 
getoefene  ©efjeimratr)    De.   nietjt  einmal   mtf>x  ben   Slienfiboten   itjren   Siebtotjn 


28  Dijaxt  —  Ce^ntjoufen. 

auSjaljte;  De.  möge  ftd)  bei  ben  SDominifanem  in  SanbSrjut  in  $oft  unb  .§erberg 
geben,  mibrigenfatlS  ber  Sauf  ber  unparteüfdjen  3»uftiä  nidjt  gehemmt  merben 
fönnte.  üDiefe  Söeifung  fdjeint  mieber  ^urücEgenommen  morben  ju  fein,  aber  ein 
23erid)t  ber  „berorbneten  Derüfctjen  Curatores"  an  ben  jffurfürften  bom 
12.  9Jtärj  1674  läfjt  erfefjen,  meld)'  trauriger  ßebcnSabenb  bem  früher  fo  ange= 
fet)enen  (Staatsmann  belieben  mar.  ©ie  jeigten  an,  bafj  De.  in  ber  berfloffenen 
iftactjt  bon  einer  «ScfjtüadEjtjeit  bergeftatt  überfallen  morben  fei,  bafj  er  mol  in 
^ur^em  fein  ßeben  befdjlicfjen  merbe,  unb  fragten,  mie  e§  benn  mit  bem  S3e= 
gräbnifj  getjaltm  merben  foü,  ba  ja  bocr)  £)e.  „in  publicis  ein  bcriembter  unb 
ttttC  tange  Sab.r  gebrauchter  sIRann  gcmefen",  unb  ba  anbererfeitS  feine  $inber, 
auS  $urd)t,  e£  möchten  itjncn  bie  Segräbnifjfoften  aufgetjalft  merben ,  fid)  um 
ben  Söater  burdjauS  nidit  annehmen  moHten.  ©er  .fturfürft  mieS  baraut  bie 
Regierung  an,  bafür  ©orge  ju  tragen,  bafj  De.  et)rlid)  ^ur  (hbe  beftattet  merbe. 
Slber  erft  am  27.  5)tai  1675  ftarb  De.,  nad)  Sinnige  ber  Kuratoren,  „ber= 
mitel§  etneä  orjnfürt)ergef ebenen  ©d)lag§".  üDer  ^iadjlafj  mürbe  fofort  berfiegelt 
unb  genau  inbentarifirt ,  roeit  bie  93ermutrjung  nidjt  auSgefdjtoffen  mar,  bafj 
nod)  amtlid)e  ©d)riftftüde  borfmnben  fein  möchten;  bie  furfürftlidjen  Beamten 
fanben  jebodj  ju  itjrem  (Siftaunen  nidjtS  als  „abgefdjabene,  jerrtffene  unb 
^iemblict)  alte  stöbet,  abgefdjmotjte  .ftleiber  unb  unberfauflidje  Utenfilien".  S)er 
SBeridjt  ber  ßanbStjuter  Regierung  (31.  Sttuguft  1675)  conftatirt,  bafj  ber  3)er= 
ftorbene  „feinen  eigenen  Söffel,  aud)  fonft  fo  roenig  an  9ttobilien  bertaffen, 
bafj  fid)  billig  ^u  bermunbern ,  ba  er  bod)  irüfjer  eine  fdjöne  ^aarfetjaft, 
Strgenteretj  unb  Malerei)  gehabt" ;  eS  fei  ju  bermuttjen ,  er  fyahe  alles  feinen 
Äinbern  tjinauSgeben  muffen.  —  S5te  fyamilie  De.  mürbe  fpäter  in  ben  9ieid)S= 
grajenftanb  erhoben  unb  mit  bem  erblichen  9teid)Spoftmeifteramt  in  furbairifdjen 
ßanben  belehnt,  fdjeint  aber  ]u  Anfang  unfereS  3Jar)rt)unbertS  erlofdjen  ^u  fein. 
$erfonalacten  unb  anbere  2Ird)ibalien  im  f.  gel).  ©taatSard)ib  unb  im 
f.  ^rei§aYt^iü  ju  9Mncr)cn.  geiget. 

£l)Qrt:  ^otjann  D.  bon  6  öl In,  aud)  nur  D.  bon  Göttn  genannt,  unb 
mie  mir  nad)  ben  neueften  gorfctjuugen  tjinjufügen  muffen:  „ber  keltere", 
ein  *ftieberlänber  (nad)  @.  *PaSque'S  33iograpt)ie  in  ber  9tieberrf).  9Jiuftfytg.  1865 
9tr.  4),  ber  in  Eorgau  an  ber  furfüxftl.  ßapette  im  $.  1526  ben  Drganiften= 
poften  auf  SebenSjeit  ertjiett.  2IIS  im  3f.  1547  ber  .fiurfürft  ^ob/mn  fjriebrid) 
gefangen  genommen  mürbe,  mar  D.  einer  ber  SBenigeu,  bie  itjrem  Jperru  treu 
blieben,  unb  ber  ^urfürft  berorbnetc,  bafj  er  mit  feinem  ©otjne  nad)  SBeimar 
äietjen  fotle  unb  bort  feine  SBefolbung  itjm  ausgefegt  merbe.  S)ie  bon  *JkSque 
beröffenttidjten  SlctenftücEe  eräätjten  un§  nun  bie  alte  ©ejd)id)te,  ba^  bie  S5e= 
fotbung  auf  bem  Rapiere  fet)r  gut  au§fatj,  aber  in  äöirtlidjfeit  nidjt  auSge^atjtt 
murbc  unb  atte  Eingaben  be§  fd)on  alternben  sJJleifter§  nidjtS  tjalfen,  bi§  itjn 
1550  ber  ütob  bon  alten  ©orgen  erlöfte.  —  ©ein  ©ofm,.  Sot)ann  Dt)art 
ber  jüngere,  erhielt  nad)  be§  S5ater§  Xobe  beffen  Soften  unb  mürbe  im  $. 
1555  bom  ^erjog  Sodann  ^rtebrid)  bem  'Dlittleren  bon  2öeimar,  auf  ein  ^atyc 
in  bie  SDreäbener  ßapelle  jur  meiteren  3lu§bilbung  gefdjidt.  ^)lad)bem  er  bann 
bi§  1566  feinem  ^perrn  gebient  rjatte,  erhielt  er  ben  2lbfd)ieb.  ©eine  ferneren 
©djidfale  finb  unbefannt.  (©ietje  obige  SSiograptjie  unb  ^onatät).  für  ^JJlufifg. 
III,  5.)  gtob.   (gitner. 

DeOH^aufCH:  fjexb tnanb  ßubmig  ©raf  Ov  fjäufig  ,,©d)ulenburg= 
Dermtjaufen",  ober  aud)  nur  ,,©d)ulenburg"  genannt,  öfterreidjtfcrjer  ©enerat= 
gelbäeugmeifter,  mürbe  1699  als  ber  ©ot)n  be§  tjannoberfdjen  DberjägermeifterS 
©raf   D.   geboren.     SDurd)   feinen   mütterlidien   Dtjeim,    ben    ©rafen   Sob.ann 


Oeönfjaujen.  29 

«fltattjias  bon  ber  ©crjutenburg,  tarn  er  ganj  jung  in  benetianifdje  25ienfte;  er 
naljm  unter  biefem  1716  an  ber  Sßertrjeibigung  üon  Gorm  gegen  bie  dürfen 
tfjeil  unb  mürbe  burcf)  ifm  bem  5hin;}en  6ugen  Don  ©aborjen  empfohlen,  roelcfjer 
•D.  ein  Dfficierspatent  im  Infanterieregimente  ©raf  Üraun  berfctjaffte;  in  biefem 
machte  er  ben  gelb^ug  bes  Safyt'^  1719  in  ©icilien  gegen  bie  ©panier  mit. 
©djulenburg  jotnot  mie  £raun  liebten  unb  fdjäkten  £).,  einen  gemanbten  unb 
unterrichteten  jungen  9Jcann,  fetjr;  elfterer  geftattete  irjm  ben  Flamen  ©crjulen= 
bürg  bem  eigenen  fnn^ujuiügen,  ein  Vorgang,  über  meldjen  amttict)  ntctjts  be^ 
lannt  ift,  unb  bebaute  itjn  in  feinem  Seftamente  mit  einer  jätjrlictjen  Diente 
bon  3500  ©utben  (Sonbentiongmünje.  Sei  fotcrjen  ©önnern  tonnte  rafcfje  föe-- 
förberung  nidjt  ausbleiben.  bereits  1733  commanbirte  D.  als  C&erft  bas  9te= 
giment  £raun.  9Jtit  biefem  30g  er  in  ben  polnifctjen  ßrbiotgefrieg,  meldjer  jjum 
tfjeil  auf  italienifdjem  23oben  auägefodjten  mürbe.  3n  btr  ©cfjfactjt  bei  93i= 
tonto  am  25.  $ftai  1734  mürbe  er  gefangen  genommen,  mufj  aber  feljr  balb 
ausgemecfjiett  morben  fein,  benn  fdjon  am  29.  Sunt  beffelben  Safjrcs  naf)m  er  an  ber 
©djtacfyt  bei  ^arma  ST^eit,  mürbe  1735  ©eneralroaetjtmeifter  unb  erhielt  ein 
eigenes  Infanterieregiment.  %n  bem  unglüctttdjen  Sürfenfriege  ber  ^a^re  1737 
— 39  fod)t  er  an  ber  ©pitje  einer  93rigube,  mürbe  getbmarfcrjall=Sieutenant,  ging 
bann  nacb,  SBien  unb  berrjeiratfjete  fidj  mit  einer  geborenen  ©räfin  Äottulinsft), 
Söittme  be§  dürften  3ofef  Sofjann  Slbam  bon  Siedjtenftein,  mifefiel  baburctj  ben 
beiberfeitigen  Sßermanbten,  namentüct)  feinem  alten  (Bonner  ©djulenburg,  unb 
fefjrte  batjer  nact)  Stauen  jurüd  3>m  öfierreictjifcrjen  ©rbfolgetriege  machten  es 
bie  Serrjältniffe  9Jtaria  Sfjerefia  fetjr  münfcfjensmertt),  ben  $önig  bon  ©arbinien 
als  QSunbeSgenoffen  3U  geminnen.  ©ie  betraute  £).  mit  biefer  Stufgabe,  inbem 
fie  it)n  als"  itjren  Otepräfentanten  nact)  £urin  fanbte.  @r  brachte  ben  fogenannten 
$robifionat=£ractat  3U  ©taube,  metcfjen  er  mit  bem  farbinifcfjen  IDtinifter,  bem 
lllarquis  b'Drmea,  am  1.  fyebruar  1742  unterzeichnete;  berfelbe  fteltte  borläufig 
bie  beiberfeitigen  müitäriid)en  Seiftungen  feft;  ©arbinien  erklärte  infolge  beffen 
an  ©panien  ben  ßrieg.  $n  bem  batb  barauf  eröffneten  yelb^uge  ftanb  C-,  „ju 
beffen  £üct)tigfeit  man  befonberes  Vertrauen  tjatte",  juerft  unter  Sraun  im 
lütobenefifdjen,  am  8.  fjebruar  1743  befestigte  er  in  bem  fiegreidjen  treffen  bei 
ßampo  ©anto  gegen  ben  9Jtarquis  be  ©ages  ben  redjten  fjtügel.  ^m  ©ct)lacr)t= 
berichte  mirb  fein  9tame  mit  Stusjeictjnung  genannt.  2lts  2raun  bann  nad) 
2)eutfcf)lanb  berufen  marb,  30g  £).  mit  biefem  über  bie  Sltpen,  juerft  nact)  bem 
6tfaB  gegen  bie  granjofen,  im  -iperbfi  aber  nact)  Sötjmen  gegen  bie  ^reufcen. 
S)iefe  traten  jefct  ben  Dtücfjug  an;  tjinter  ber  @tbe  machten  fie  -palt.  £.  ertjielt 
ben  Stuftrag,  ben  liebergang  über  biefetbe  3U  eröffnen;  bie  fämmtlidjen  Örenabiere 
(17  Kompagnien),  2000  güfiliere  unb  800  Leiter  mürben  it)m  unterftellt.  S)er 
erfte  SJerfuct),  metcfjen  er  am  15.  ^tobember  bei  ^raetantfcb  mactjte,  fct)lug  fetjt; 
am  19.  aber  getang  berfelbe  bei  £eltfcf)it$  tro|  äöebeEä,  „be§  preufsifcrjen  ßeo= 
nibas",  tjelbenmüttjigen  SBiberftanbes.  2Die  ütäumung  33örjmen§  mar  bie  ft°l8e- 
3tm  ^.  1745  mar  er  mieber  in  Italien  unb  übernahm  l)ier  an  bes  abberufenen 
dürften  ßobfomi^  ©teEe  borläufig  bas  ßommanbo  ber  öfterreictjifctjen  Gruppen, 
melctje,  mit  ben  farbinifctjen  unter  ßönig  ^arl  ßmanuel  III.  bereint,  gegen  bie 
©panier,  5lan3ofen  unb  balb  aucfj  ©enuefen  im  gelbe  ftanben.  ©eine  Ärieg- 
füi)rung  mar  aber  nidjt  glücflic6,er  al§  bie  feines  Vorgängers.  D.  unb  ber  Äönig 
mürben  ©ctjritt  für  ©ct)ritt  aurüctgebrängt  unb  auf  ben  SSefüj  bon  £t)eilen  Sßte= 
montl  unb  ber  ßombarbei  befc^ränft.  %m  ©eptember  trennte  fiel)  £).  bom 
Könige,  um  bie  le^tere  gu  becten;  ber  £önig  tjatte  es  itjm  unter  ber  Sebingung 
^ugeftanben,  bafe  er  mieber  ju  i^m  fliege,  fobalb  er  feiner  bebürfte.  S)iefe 
Trennung  mar  es,  morauf  it)re  ©egner   gemartet  Ratten,     ©obalb   fie   gefctjerjen 


30  ntiüii'en. 

mar,  griffen  fte  ben  ßönig  an  unb  fcblugeu  ihn  am  27.  September  bei  Baffi» 
gnano,  C.  tan  311  feinem  SBetftanbe  311  fpiit.  "Utttte  Dctooet  übernahm  ivürft 
SEBen^e!  vheduenftein  baS  Oommanbo.  D.  gelang  eB,  fid)  in  SBten  ju  redbtfer» 
tigeu  unb  im  folgcnbcu  3a$te,  1746,  erhielt  et  pon  neuem  ein  Uommanbo  in 
Italien,  £«5  banbelte  üdi  barum,  Senna  miebe^ugetriinuen,  Don  roo  bie  (Jtn= 
l  ."": erreich er  unter  SBotta  Pertrieben  hatten.  Stet  9Ronate  üerfirtdjen 
unter  ben  Vorbereitungen.  Sil*  D.  eublid)  mit  24,000  Statut  Don  'JcoPi  auf* 
brach,  hatte  ein  .öaubftreich  ihn  möglicbermeife  nod)  in  ben  8Befl|  fefeen  Eönnett, 
aber  eine  fold\  . jtung  lag  nicht  im  (Reifte  ber  ofit.     D,  fdjritt  3u  einer 

::rung.  \n  meldier  ihm  bie  lUittel  fehlten,  jumal  ba  bie  eugüfebe  flotte 
bie  Verbinbung  mit  bei  Stobt  Don  ber  Seefette  nicht  geuügeub  abfperrte.  2afc 
■0.  auf  ben  SW  i$tn  einen    gefährlichen  Sturi  mit  ben  Sßfetbe   that,  be» 

emträchtigte  aufjerbem  feine  SBirffanEett     Tie  Sennefeit,  burd)  be8  §etftog9  Pon 

flet*  SRtttc  3Rai  er'otgte  Xntttttft  noch  mehr  ermuthigt,  lehnten  alle  Einträge 
auf  llnterroerfuug,  3u  melcber  man  öfterreidüfeberfeit*  gern  bie  jpanb  geboten 
hatte,  ab.  0.  mufete,  roobl  ober  übel,  gut  Belagerung  fdireiten.  Kn  21.  ;\uni 
mar  et  eublid)  bauet,  Stnß  \n  machen,  atfi  bie  9ta<$ttt$t  tarn,  bajj  bie  t^rattgofen, 
nadjbem  bie  f^riebcneuntcrhanblungett  in  SBxeba  fehlgefchlagen  Daten,  burd)  bie 
Stittteta,  mo  bie  «Sarben  ftanben,  Porbröngen.  O.  brad)  nun  eilfertig  bie  SSe* 
lageruug  ab.  Sin  Äriegaratb.  ben  er  überhaupt  gern  berief,  hatte  3ugeftimmt. 
S)te  ^inteenbungen  bei  ftötttgfl  Peranlafjten  ihn  funlich  gleich,  batOttf,  ben  not* 
eiligen  Schritt  tbeilrreüe  nnf  gängig  311  machen  :  als  biefer  bann  aber  feine  Gruppen 
ihn  ganj  au-5.  5«  ber  Otadit  gun  19.  3nli  }eg  et  nad) 
'}copi  ah.  SBiebetUU  irarb  er  nad)  bem  Stiftungen  biefes  Unternehmen*  ab- 
berufen unb  roieberum  ging  er  nad)  Sßten,  um  fiel)  311  rechtfertigen.  £r  roarb 
nun  aber  nicht  mehr  im  gelbe  permenbet,  |og  üch  nach  8taj  iurüd  unb  ftarb 
am  16.  jvebruar  17ö4  ui  SBten  infolge  jene*  Stnqel  mit  beut  Sßferbe.  c^in 
,v  por  feinem  lobe  mar  er  3ur  römifdVfatbolifchen  Kirche  übergetreten. 

Beben  befi  Srafen  3-  8R.  Pon  ber  Sdmtenburg,  Beiftig  1834.  —  öuaf 
rheim,  75elbmarfd)all  ®taj  ?lbenoberg=Iraun,  Ü'ien  1S77.  —  p.  Slrnetb,, 
"ütar  jta'fi  erfte  ftegierungsiahre.  11.  111,  2£ien  ISlU,  1865. 

8.  $oten. 

CcDiibaiifcii:    Seotg    Bubtoig   Staf,    furütftlidj    brauufcb>eig  =  lüne= 

burgifd)er  (Snmerallieuteuant,  am  10,  SDfari  1784    all   ber  Sohn  bei  überiäget* 

tS  Staj  f^riebrieb  lUriri'  cett,  trat  17-iS  aU  Jvähnrid)  in  bie  t)anno= 

. ■■:  T^uBgarbe,  erhielt  in  ber  unglüdlichen  Sdjladjt  bei  ^aftenbeef  am  2d.  3uli 

17ö7  bie  Jveuertau?e ,    toatb    halb    uaAher   aU  t^apitanlieutenant  ^ur  ^eibgarbe 

fa  "l^erb  oer'et3t    unb  nahm  in   betriebenen  Stellungen,   theil*   in   ber  Thront, 

-ibiutantur,    am    fiebenidhrigen  Stiege  ttjeil.    ^n  ber  Schlacht  bei 

iltinben   am  1.  Oluguft  1759    mar  er  Crbonnanjofftcier   bei    Cberbefehl5habers 

ng  r^erbinanb  Pon  Stanuj chmeig ,   fpäter  beffen   persönlicher  Sbjntani     3n 

ben  v<?rieg  gegen  f^ranfreich  in  ben  Kiebettanben,  3U  roelcijem  bafi  ^urürftenthum 

feit  beut  -[yrühiahre  1798  ein  .  Sluriliarcc-.:  -.teralmajot 

mit    bem  Ceibgarberegiment  ::   fpäter   eine    (laPaüeriebrigabe  unb  fodjt 

bei   tvam.v.:-      _  unb   -i>onbfd)oote   (6—8     Septenl  Den   fvelbjug 

pon  1794  ber   neue    fra^öfifdje  £berbe;ebUbaber  -^id)egru  mit  einem 

angrifflroeifen  1    atr    ber   ganzen  !3inie;    am    26.  "Jlpril  nahm  ©enerat 

-.nnoperfd  -lung  unter  (Senerat  Pon  Üöangenheim 

rreflung    bf  :.rliegenbe    roid)tige   (Jourtratj 

beefte.     Xn  27.  01ad)mittagl  erhielt   C     :       oefehl,    an   be#   fdjmer  erhantten 


Detjnfyaufen.  31 

2-ßangenfjeim  ©tettc  baö  Gommanbo  Pon  beffen  Gruppen  ju  übernehmen  unb 
jene  Stellung  „e§  fofte  ma§  e§  wolle"  jurücfyuevobern.  @#  war  eine  fctjwierige 
Aufgabe.  D.  bemerke  in  feinem  bem  ^felbjeugmetfter  ©raf  (Jterfait  erftatteten 
Scricrjte,  bajj  nur  feine  3ufi(i)erungl  bie  ^tügel  ber  angreifenben  Gruppen  becfen 
ju  motten,  „ifyn  roegen  eine§  fotcfjen  gewagten  Unternehmend  bormurfsTrei  madjen 
fönne".  (5r  rjatte  nur  3600  9Jtann,  wetctje  burd)  Darangegangene  kämpfe  arg 
mitgenommen  waren,  3U  jetner  Verfügung.  216er  fie  löftett  bie  itmeu  geftetttc 
2Iufgabe  glänjenb;  in  ber  ^xül)t  be§  28.  aufgebrochen,  befanb  fidj  £).  gegen 
Mittag  im  Sefitj  ber  ©tettung;  nidjt  lange  nacfjrjer  traf  Sterfait  mit  23erftar= 
fungen  ein,  beren  e§  beburfte,  um  biefetbe  jju  galten;  am  folgenben  £age  ging 
fie  freilief)  wieber  öertoren.  Später  warb  £).  mit  einer  ©enbung  nactj  (Jngtanb 
beauftragt.  Ütact)  ber  im  ©ommer  1803,  infolge  ber  Sefitmafjme  be§  SaubeS 
buret)  bie  granjofen  erfolgten  2luf{öfuug  ber  2lrmee,  Welcher  er  auletjt  al£ 
©enerattieutenant  unb  ßtjef  be§  7.  (£abatterieregiment§,  S)ragoner,  mit  ber  ©ar= 
nifon  ju  Nienburg  an  ber  Söefer  angehört  fjatte,  ä°S  er  H<$  auT  fe*n  ®ut 
Sterbe  bei  Söalirobe  im  Süneburgifcfjen  jjurücf,  wo  er  am  11.  IDtärj  1811  ge= 
ftorben  ift. 

9Jtittrjeitungen  ber  fjamitic.  —  2.  P.  ©idjart,    ©efcrjicfjte  ber  Äönigiicrj= 
•Öannoöerfcfjen  2Irmee,    4.  xtjeil ,    ^annoüer  1870. 

33.  «Poten. 
JDcijnI)flll|cn :  $arl  b.  £).,  fönigt.  preufjifdjer  23ergr)auptmann,  auägejeid}= 
neter  ^Bergmann  unb  berühmter  ©eologe,  war  at§  jüngerer  3trritting§bruber  öe§ 
gteid£)falt§  im  33ergfacrje  ttjätigen  unb  burd)  eine  geotogifdje  Slrbeit  betannten 
griebndj  ü.  £).  auf  bem  üätertierjen  ©ute  ©repenburg  bei  ©teinrjeim  im  bama= 
(igen  33i§tr)um  s$aberborn  am  4.  gebruar  1795  geboren  unb  erhielt  im  eüer= 
tieften  -£)aufe  eine  fetjr  forgfättige  (Sxjierjung.  ©d)on  frütjäeitig  erwadjte  in 
beiben  33rübern  auf  2lusftügen  ju  25erwanbten  naef)  (SiSteben,  an  ben  §ar^  unb 
in§  53tangfelbifctje,  wo  fie  burcr)  bie  bortigen  93ergwerfe  mächtig  angeregt  wur= 
ben,  bie  Steigung,  fid)  bem  23ergfad)e  ^u  wibmtn.  'Jlacr)  einem  fpäterett  33efud)e 
be§  SpceumS  in  9ftannt)eim ,  bann  be§  ©pmnafiumS  in  Stuttgart ,  wo  ifjr 
früherer  JpauStefjrer  at§  ^rofeffor  tetjrte,  gingen  bie  23rüber  1811  nad)  ßisteben, 
um  mäfjrenb  be§  fog.  praftiferjen  ^afjreS  bie  bergmänniferjen  arbeiten  fennen  ju 
(erneu,  ©ie  beftanben  bann  1812  itjr  (Sjamen  at§  23ergeteben  unb  bejogen 
1813  bie  Untüerfität  ©öttingen,  wo  fie  namentlid)  unter  ^>au§mann,  23tumen= 
bacr),  ©tromeier  unb  ©aufj  fid)  ben  naturwiffenfcf)aftlid)=matr)ematifcf)en  ©tubien 
wibmeten.  9cad)  furjer  Unterbrechung  burcr)  militärifdje  Sienftleiftungen  bott= 
enbeten  fie  itjre  begonnenen  ©tubien  in  ©öttingen.  Äart  ö.  D.  würbe  fobann 
1816  bem  fct)teftfcr)en  Dberbergamte  ju  93rieg  jur  weiteren  Stusbitbung  juge= 
wiefen  unb  1817  jum  93ergreferenbariu§  ernannt.  6r  mactjte  fictj  rjier  in 
größtem  @tfer  mit  bem  ©teinfofjtenbergbau  öon  SBatbenburg  unb  bem  3*n^ 
bergbau  öon  Sarnowib  fet)r  genau  be!annt,  befudjte  bie  benachbarten  poInifcr)en 
©teinfof)tenwerfe  unb  ba§  berühmte  ©al^werf  SBtelicjf a ,  befcfjäftigte  fidj  aber 
überbies  auetj  ferjr  fleißig  mit  geologifcljen  2Iufnafjmen  unb  Unterfudjungeu  in 
Oberfcrjteften.  ©eine  erfte  ^ubücation  war  eine  tectjnifcrje  2lbf)anblung  über  ben 
Effect  ber  äöagen  auf  ©crjienenwegen  (Äarften'^  2Xrcr).  IV,  1.  Sotge).  ^iactjbem 
£).  1820  ba§  SSergaffefforejamen  motjtbeftanben  fjatte,  erfjiett  er  eine  2}erWen= 
bung  in  33oct)um ,  wo  er  ftcf)  ganj  befonber§  eingefjenb  mit  bem  23ergbau  unb 
mit  ber  2tbminiftration  beferjäftigte.  ^efjrere  2Xuffä^e  bergtecfjnifcfjett  ^ufjalti 
wie  „Ueber  i>a*>  bei  bem  9Mrfifcrjen  ©teinfofjtenbergbau  gebräucf)ticije  ©ejäfjn", 
„Ueber  bie  SBeftimmung  be§  6apitalwertf)e§  üon  ©teinfofjlenjecfjeit",  „Ueber 
gförbermetfjoben   auf   ben  ©teinfofjtengruben   im   5Rärfifcr)en"  fanben  2lufnar)me 


32  Gelaufen. 

in  Äarjien'S  2Ird)ib  für  33erg=  unb  £üttenroefen  (33b.  VII).  2tud)  Befolgte  £>. 
bie  2lu3arbeitung  ber  früher  in  Sdjlefien  gemachten  geognoftifdjen  33eobac^= 
tungen,  metdje  er  unter  bem  ütitet:  „SBerfud^  einer  geognoftifdjen  93efd)reibung 
bon  ©berfdjlcfien"  nebft  $arte  1822  eifdjeinen  tiefe.  2)ie  93efd)äftigung  mit 
bem  Steinfotjlenbergbau  an  ber  9tut)r  rjatte  in  £).  ben  SBunfd)  erzeugt,  be§ 
23ergleid)e§  megen  aud)  bie  großartigen  23eranftaltungen  ber  Steinfoljlen* 
bergroerfe  bei  2lad)en  unb  in  33elgicn  fennen  ^u  lernen.  2)iefer  Sßunfd)  mürbe 
1822  burd)  bie  bienftlidje  Ermächtigung  ju  einer  SnftructtonSreife  erfüllt.  £). 
ioar  auf  biefen  Steifen  bon  bem  bamaligen  23evgeteben  .£>.  b.  2)edien,  bem  gegen* 
toärtigen  Steftor  bcutfdjer  ©eologen,  begleitet  unb  blieb  fortan  mit  biefem  burd) 
gemeinfdjaftlidje  arbeiten  unb  2Jetmanbtfdjaftsberl)ättmffe  in  inuigfter  greunbfcrjaft 
berbunben.  2luf  biefer  Steife  mürben  3unäd)ft  bie  (Sifel,  bann  bie  $of)lenberg= 
baue  ^i  2lad)en,  in  Belgien  unb  in  Utorbfranfreid)  unb  aud)  ^ari§  befudjt,  um 
l)ier  für  ben  ^weiten  £ljeil  ber  Steife  nad)  ben  ©alinenbe^irfen  öon  Öottjvtngen, 
Württemberg  unb  93abcn  fid)  öorjubereiten ,  roobci  ber  bamat§  in  $ari3  fid) 
auftjaltenbe  21.  b.  -£mmbolbt  bie  Steifenben  burd)  6  mbf  et)  tungen  förberlidjft 
unterftütjte.  ^n  Saarbrüden  gefeilte  fid)  ber  Steferenbariuä  b.  Stod)e  all  dritter 
(}u  ben  Beiben  ^orfdjern,  metdje  nun  ber  Steige  nad)  bie  Salinen  in  Sotfjringen 
befud)ten  unb,  um  fid)  über  bie  £agerung§bert)ättniffe  be3  ©teinfat^borfommenS 
,\u  orientiren,  auggebetjnte  geologifdje  Unterfudjungen  am  ^ujje  ber  93ogefeu  bi§ 
*8afet  aufteilten,  Sobann  tourben  bie  Stubien  auf  ben  redjtärtjeinifdjen  Salinen, 
namentlid)  in  SDüirtjeim  unb  Sötmöfen ,  fortgefefet  unb  bk  geologifdjen  Unter= 
fudjungen  big  in  ben  £t)üringer  2öalb  au§gebet)nt.  sJlad)  Berlin  äurüdgefetjrt, 
erftattete  £>.  1823  einen  eingetjenben  Steif  eberidjt,  mit  93orfd)tägen  beljufg  93or= 
nannte  bon  S£iefbot)rungen  auf  Steinfala  in  Storbbeutfd)lanb.  @in  £t)eit  biefeä 
23erid)te§  gelangte  in  Jlarften'ä  2trd)ib  (VIII,  52)  pr  *publication.  2lujjeibem 
erfdjienen  nad)  unb  nad)  metjrfadje  9Jtittt)eitungen  über  bie  (Srgebniffe  biefer 
Steife,  toie:  „23arometrifd)e§  9tibeltement  mätjrenb  meiner  geognoftifdjen  Steife 
burd)  Sottjringen,  (Slfafj,  Saben  unb  SBürttemberg  im  i^aljre  1823"  («Iperttja 
I,  1825)  unb  gemeinfdjafttidj  mit  b.  3)ed)en  unb  b.  Stod)e  „©eognoftifdje  Unt» 
rtffe  ber  Sttjeinlanbe  jttnfdjen  23afet  unb  9Jtain<5  mit  geognoftifdjer  $arte  ber  3ttjein= 
lanbe"  (1825),  auf  meldjer  bie  auerft  bon  S.  b.  23ud)  als  $euber  bezeichnete 
obere  2lbtb/cilung  ber  ü£rta3  jur  S)arfteöung  gebracht  tourbe.  9Jteift  in  ^arften'ö 
2lrd)ib  abgebrudt  finben  fid)  meiter:  „23enütmng  ber  ^pod)ofengid)tflantme  pm 
^alfbrennen" ,  „SDer  23teiglan3bergbau  bon  Sommern",  „S5er  Steinfoljten&ergbau 
in  Belgien  unb  s)torbfranfreidj",  „2)ie  ©acrjfdjiefeibrüdje  bon  gumat)  unb 
Gt)äteau  Salm",  „Sie  ©etoinnung  be§  2llaun§  bei  Süttid)",  „%\t  ©teinbrüdje 
bei  galfenberg  unb  Maftridjt",  „®ie  9Jtarmorbrüd)e  in  SSetgien",  „Sie  ^euer= 
fteinbrüdje  ju  StoubeEe".  S)aau  tommen  in  sJtöggeratl)'ä  St§eintanb=2ßeftb^alen : 
„2lHgem.  SBemerfungen  über  ©almei=,  @ifenftein=  unb  SBleieraformation  in  ber 
©egenb  bon  2lad)en"  unb  in  Jpertf)a  (23b.  II— XIII):  „©eognoftifdje  23eobad)= 
tungen  über  ba§  Sd)iefergebtrge  in  ben  Stieberlanben  unb  am  Stiebetrtjein"  mit 
geognoftifd)er  Äarte.  Seit  1824  3um  Oberbergamtaffeffor  beförbert,  mürbe  £). 
nunmeljr  beauftragt,  um  bie  für  eine  SSoljrung  nad)  Steinfalj  günftigfte  Stelle 
ju  ermitteln,  erft  in  ber  2Befergegenb  Unterfudjungen  anaufteEen ,  bann  5)3om= 
mern  (1826)  geognoftifdj  ju  unterfudjen,  toorüber  eine  93efd)reibung  (Äatften'S 
2lrd)ib  XIV)  erfd)ienen  ift.  3ur  näheren  Belehrung  befud)te  D.  1826  in  23egleitung 
feines  §reunbe§  b.  S)ed)en  nunmehr  aud)  @nglanb  unb  Sd)otttanb  unb  madjte  b,ier 
einge^enbe  bergted)nifd)e  unb  geognoftifdje  Stubien.  2Iud)  über  biefe  Steife  erftattete 
£>.  me^rfad)e  beröffentlidjte  23erid)te,  roie:  „Effect  ber  S)ampfmafd)inen  jur 
Sßafferljaltung  auf  ben  Tupfer*  unb  ginngruben  SorntoaE",   ^SJorfommen  unb 


Oljta.  •-;;; 

(Seroinnung    Don    <Stetn=    unb    $od)fal3    in    Gngtanb",    „lieber    ©djienenrocge" 

(Äarften'S  Strcrjiü  XIX),  „Ser  2atnnel  unter  ber  Sttjemfe  in  Bonbon"  i&errjanbl. 

b.  ©eroerbeuereinä  VII),   „Sie  Ä'ettenbrütfe  Don  9Jienaiftreet",     „Sie   gufjeiferne 

Srerjbrüde  öon  ÜBanarie"  (baf.  VII — IX").   Sine  befonberä  roidjtige  2lbt)anblung, 

„S£er  Steinfofjtenbergbau  in  dnglanb"  (Äarfien'3  2lrd)iu  V,  VI  neue  tfofge)  unb 

„©eognofttfdje  ^Beobachtungen   über   mehrere   englifdjc  (Sebiete"  (baf.  I  unb  II), 

flammen    gteid)faE§    au2   biefer  $e'ti.      1828    jur  Sienftleifiung    erft   auf   fnrje 

geit   nad)   Bonn   unb    bann    nad)   £orimunb    berufen ,    tourbe  Q.  1827    ,jum 

£>berbcrgratfj  ernannt  unb  1830    nad)  <g>aEe   beorbert.     %n  biefer  3"1  &efc|äf= 

tigte   irjn  insbcfonbere    ber   unter  feiner   Leitung    1830   begonnene  Borjröerfud) 

auf  ©teinfalj  bei  Ütetjme,    aud)  nactjbem    er  1831    micber   nad)  Bonn    üerfetjt 

roorben  mar.  Bei  biefer  Bofjrarbeit  führte  D.  mefjrfadje  roefentiierje  Ber6efferungen 

ber  BoljrapUarate  ein  (Äatften'S  Slrdjiü  XXI)  unb  erreichte  auf  biefe  SBeife  eine 

Borjrlodjttefe  üon  2220  gfufj,  ofjne  aber,  roie  gehofft  würbe,  ©teinfatj  ,ju  finben. 

Safür  entfdjäbigte  aber  eine  erboljrte  warme  Salzquelle,    rueldje  ^ur  (midjtung 

eines  Babes  benutjt  rourbe.     2iefe§  Bob  ertjielt  £).  <ju  (Srjren  ben  tarnen  ^ßab 

Derjnrjaufen.     Bon   Bonn    aus   begann   £).    eine    genaue   geognofiifdje   2urd)= 

forfefjung  ber  Umgegenb  bee  ßaadjex  Seeä   unb    lieferte   fuäter  eine  geognoftifdje 

$arte  biefer  ©egenb  in  8  blättern,   nactjbem  er  bereite  feit  1841  at£  geheimer 

Bergratt)  jur  Sienftleifiung   in§  'JJciniftcrium  nad)  Berlin   berufen  roorben  roar. 

<!pter  rüdte  er  1815  jum  getjeimen  Oberbergratb,  unb  1847  jutn  Bergtiauutmann 

bor  unb  rourbe  als  foldjer  jur  SDirection  bes  fdjtcfifdjen  Dberbergamteil  in  Brieg 

(feit  1850  nad)  Breslau  verlegt)  berufen,    %n  biefer  Stellung  toibmete  er  feine 

Srjätigfeit   befonbers   ber  görberung   be»   fd)lefifd)en   Stetnfot)len=   unb    ©almei= 

bergbauä  unb  narjm  oielfad)  an  tegislatorifdjen    arbeiten  Jrjeil.     Bereits  1855 

lehrte    £).    als    Borftanb    be£    Dberbergamts   roieber   nad)    Sortmunb    in    bie 

^tätje  feiner   £eimat§   prüd,    roo   er   fid)   namentlich   bes  ©teinfofjlenbergbaui 

lebhaft  annahm.     (gd)on  feit  1852    fränfelnb ,    liefe  er  fid)  1864  in  ben  3tur)e= 

ftanb  üerfetjen  unb  jog  fid)  auf  bas  gamiliengut  Üneüenburg  jurüd.    Bei  feiner 

Slußerbienftftetlung   rourbe   er   in  SInerfennung  feiner   grofjen  Berbienfte  mit  ber 

Berleitjung   bes  <Stern§   3um  Stottjen  Slblerorben  II.  (5(.  mit  (Sidjenlaub  geehrt. 

9tur  wenige  Neonate  roar  jebod)  bem  allgemein  geachteten  Iftanne  gegönnt,    fid) 

fetner  ^Dtufee  .}u    erfreuen,    inbem  er  am  1.  g^ua1"  1865  einem    afttjmatifcrjett 

Seiben  erlag.     £>.  zeichnete  fid)  al§  Beamter   burd)    feine   tiefe,    atlfeitige  gad)= 

fenntnifj  unb  ein  felteneS  ©efdjidf,    fie    aud)  praftifd)  ju  öeiroertb,en,    burd)  un= 

ermüblid)e    2;f)ätigfeit    unb    ftrenge   5]3flid)terfüllung ,    alz   Selektier   burd)  feine 

fdjarfe  Beobachtungsgabe  unb  rafdje  Orientirung  auf  bem  ©ebiete  ber  ©eologie 

in    gleicher    äöeife    au§.      Seine    äatjlreidjen    bergted)nifd)en    unb    geologtfd)en 

üßublicationen  liefern  nur    einen  fd)mad)en  3?eroeis  üon  bem  umfaffenben  SBiffen 

unb  können  biefes  Cannes. 

3ur  Erinnerung  an  6.  ö.  Cerjntjaufen,  offen.  _,  „     .    „ 

D.  ©umbel. 

£)^ta:  ^einrid)  ü.  £).  f.  ^cilirid)  oon  Crjta,  St.  2).  8.  XI,  641. 

2Bir  benutjen  ben  Slnlafe  biefer  ^erroeifung,  um  ben  älteren  3lrtifet  nodj 
burd)  folgenbe  ißemetfungen  ju  ergänjen. 

«Sein  im  Olbenburgifdjen  gelegener  ©ebnrteort  fjeifet  je^t  grie§ot)tr)e.  — 
(5r  roar  neben  feiner  fd)on  früher  (a.  a.  C)  ertoäf)nten  (gdjrift  „De  contractibus", 
ber  einigen  au§  feinen  äat)lreid)en  fd)riftfteEerifd)en  arbeiten,  roeld)e  jum  Srud 
gelangte  (nur  tu  ber  Äölner  Ausgabe  ber  Söerfe  ©erfon's  com  S-  1-183  f. 
33b.  IV,  S.  224  ff.  ,  aud)  auf  ben  ©ebieten  ber  Srjeologie  unb  ber  ^>t)tlofopt)ie 
ttjätig.     311^  Strjeologe  gehörte  er  ebenjo  tute  fein  Sfteunb  |)einrid)  ü.  Sangenftetn 

3ülfiem.  beutf^e  »iogra^öie.    XXV.  3 


34  Dl>ta- 

(f.  31.  ©.  93.  XVII,  672)  31t  denjenigen,  toelc^e  eine  Reform  ber  $irdje 
burdj  ein  allgemeine^  (Sonett  erwarteten,  unb  rourbe  batjer  bon  feinen  ©egnern 
berfetjert.  2>ie  „Conclusiones",  Wegen  beren  er  auf  93eranlaffung  beä  Gilbert 
bon  93ötmten  nadj  9tom  citirt  mürbe,  finb  r)anbfcr)rijtlid)  in  9Jtüncr)en  unb  in 
äöien  toort)anben;  botf)  führte  barau§  ftlaciuS  ^ttöricuä  (f.  31.  ©.  93.  VII,  94  f.) 
in  feinem  Catalogus  testium  veritatis  (3Iu§gabe  bon  1666 ,  ©.  775)  einige 
©teilen  an,  weldje  er  in  feinem  Kampfe  gegen  bie  5papiften  berwertljen  tonnte. 
2Iuct)  bie  übrigen  ttjeologifdjen  ©djriften  Dtjta'S,  namentlidj  ber  Kommentar  3U 
$etru§  Sombarbug,  fomie  Contra  Judaeos,  De  quatuor  notabilibus  (b.  t).  jur 
£ugenblet)re)  unb  feine  biet  gerühmten  ^rebigten  ftnb  noct)  ungebructt  (|>anb= 
fünften  in  'DJtüncrjen  unb  äßien).  $n  ber  bljitofop'tiifcrjen  ßitteratur  gehörte  er 
ju  ben  fog.  5ftobernen,  b.  t).  jur  nominaliftifdjen  9tid)tung,  Wie  biefetbe  in  9ßien 
fürs  bor  itjm  burct)  Gilbert  öon  ©a^fen  (f.  31.  SD.  93.  I,  182)  beitreten 
roorben  war.  ©eine  Sommentare  ju  mehreren  9ßerfen  be§  3lriftotele§  finben 
ftct)  tjanbfdjriftlict)  in  ber  Seipjiger  llntberfität§bibliott)ef,  @inige§  audj  in  9Jtündjen 
unb  in  SSien.  $rantl. 


% 


^aflljOÜJ:  ßfjriftian  Submig  $.,  iuriftif(i)er  <5d£)itftfteüer.  33on  Jemen 
Seben§berf)ältniffen  ift  nur  menig  ^ur  allgemeinen  $unbe  gelangt.  1753  au 
Dfterburg  in  bet  2lttmarf  geboren,  ftubirte  er  ju  ^>alle  bie  ütedjtSttnffenfdjaft, 
mürbe  1787  ßriminatratf)  bei  bem  furtnärfifdjen  ßammergericfjte  in  33erlin, 
1798  $rieg§=  unb  Somänenratf),  fobann  ^roeiter  ^uftitiar  unb  Äammerftgfat  ^u 
9ftarienroerber  unb  ftarb  (mutl)mafjticr)  bortfetbft)  am  20.  9Jtai  1824.  —  *ß.  ent= 
faltete  fd)on  frürjjeitig  fcfjriftftellerifcrje  SJjattgf eit ;  feine  erfien  93erfudje  toaren 
feine  fetbftänbigen  arbeiten,  Jonbern  Ueberfetumgen  ober  ^»eiftettung  bon  Samtnet* 
merfen;  Später  trat  er  jebocrj  fetSftfd^affenb  auf,  unb  berbrcitete  fidj  über  bie 
mannigfacrjften  Stoffe,  roie  au§  bem  bon  9Jtabai  Bei  @rfdj  unb  ©ruber  (III.  Sect. 
8.  £1)1.  ©.  8)  mitgeteilten  Scr)riftenber,$eici)niffe  tjeröorgecjt,  roeldjeä  SJerjet^ni^ 
etroa§   gefurzt   fict)   aud)   in   ^ierer§   Uniüerfal^Öerjcon  ftnbet.   — 

5PaaIäom'§  erftc§  fedt)stt)eiltgeä  2Berf  erfdjien  ju  Berlin  1777—81  unter  bem 
£itel:  „SBerütjmte  sJtedt)t§I)änbel  bei  berf  ergebenen  Parlamenten  in  granfreictj; 
au*  bem  5TaT13öf.  :c.  ic."  liefern  folgte:  „ßinguets'  intereffantefte  9tect)t§= 
rjänbel"  (1778),  melctje  Ueberfetumg  bon  ber  aügera.  beutfcfjen  33ibliotl).  (Söanb 
38  ®.  431)  als  eine  bem  Sinne  unb  (Seifte  be§  Originals  angepaßte  gelobt 
toirb.  —  ferner  finb  ju  ertoärjnen:  „'ipotitifcrje  unb  gelehrte  9tnefboten  unferer 
3eit",  4  SSbe.  (1780— 83),  JJtagajin  ber  ©efe^gebung",  2  $ö.  (1780),  „9Jcerf= 
roürbige  9tetf)t§fälle"  (1789),  „Sie  3uben"  (1799),  ,,©efcf)tcE)te  ber  religiöfen 
©raufamfeit"  (1800),  „^Dtagasin  ber  ftedjtggelerjrfamfett",  7  33.  (1801),  „$anb* 
bud)  für  praftifcrje  9tetf)tägelet)rte'',  2  SSbe.  (1802.  2.  2Iuft.  1810),  „Gommcntar 
über  bie  Griminal=£)rbnung  für  bie  breufjifcrjen  Staaten",  2  Stjeile.  (1807), 
„ÄtiegS-  unb  gfriebenSred&te  ber  granaofen"  (1815.  2.  Slufl.  1821),  „SBe= 
ricrjügungen"  Ijieju  (1816.  2.  Slufl.  1821).  $.  befct)tofj  feine  reiche  litterarifäje 
SBirfjamfeit  1822  mit  einer  Arbeit  „lieber  teutfdtje  ©efe£büd)er  unb  ben  3fnqui= 
fition§brocef$,  ingleicfjen  über  baS  öffentliche  gerid)tlict)e  S3erfal)ten ,  ^otemi!  bc» 
16.  3af)rl)unbert§." 

(Srfdj   unb    ©ruber    a.    a.   D.  —  Dcttinger,  Mouiteur  des  dates,  s.    v. 
«Paataoto.  @if  entjart. 

^OQl^OUJ:  Henriette  $.  mürbe  als  baä  jüngfte  bon  brci  ilinbern  be§ 
$rieg§vatt)5   Sßacf)    gegen    @nbe   be§    bongen    3af)Tf)unbcit3   (1788)   311   Berlin 


36  54JoaljohJ. 

geboren.  2)er  ©ater  mar  ein  tüdjtiger  ©efdjäftSmann,  bem  bie  ©Übung  feiner 
3ett  nidjt  Teilte,  ber  aber  bennoer)  an  mandjen  ©orurtljeilen  eigenfinnig  feftljielt 
unb  ber  ©ilbung  unb  (hjietjung  feiner  üinber  ftrenge  ©renjen  30g.  ©o  tjielt 
er  für  feine  beiben  £öd)ter  bie  Untertoeifung  im  ßefen  unb  (Schreiben  unb  in 
^en  toeiblidjen  |>anbarbeiten  für  bötlig  auSreidjenb  unb  toie§  jebe  ©el)nfud)t 
berfetben,  biefe  eng  gezogenen  ©renken  ju  burdjbredjen,  mit  aller  ®ntfd)iebent)eit 
gurüd.  9tur  mit  bem  ©orjne,  bem  fpäter  berühmt  geworbenen  9Jcaler  Söilrjetm 
2ßad)  tourbe  batb  eine  Sluänarjme  gemadjt  uub  befonberS  fein  aufiaUenbe§  geierjen* 
talent  frülje  fdjon  burd)  entfprecfjenben  llntexrid£)t  unterftütjt.  S)iefer  toar  e§  benn 
aud)  allein,  ber  burd)  ^tttttjeitungen  au§  feinem  Söcrfetjr  mit  ber  äöelt  unb  au8 
ben  eifrig  gefammetten  ©eifteefetjäken  ben  ©efid)t§frei§  ber  ©djtoeftern  erweiterte, 
©o  toud)§  Henriette,  ein  mit  natürlichen  Anlagen  unb  einer  reichen  ^tjantafie 
begabtes  ßinb,  eigentlich  in  ifjr  toiberftvebenben  ©ertjättniffen  auf,  obwohl  fie 
fid)  biefe§  9)Uf}betrjältniffe§  erft  fpät,  unb  orjne  baburd)  in  ber  ßiebe  ^u  iljren 
Gritern  beirrt  ju  toerben,  inne  toarb;  unb  tebiglidj  auö  ber  eigenen  ©djöbferlraft 
einer  glütfüdjen  9iatur  bilbetc  fid)  im  ©egenfatj  &u  jenen  S3ert)ältniffen  bie 
fdjtoärmerifd)  betoegte  ©eele  eine  2Belt,  in  toeldjer  fie  balb  tjeimifdjer  würbe,  al§ 
in  ber  itjr  äufjertid)  gegebenen,  unb  in  biefer  üxidjtung  toarb  fie,  ba  bie  ältere 
©djtoefter  fid)  fiüt)  üevrjeirattjet  tjatte,  bon  bem  ©ruber  unterftütjt.  ©eibe  gaben 
fid)  in  ber  botten  Äraft  ber  ^ugenb  einem  ibealen  ßeben  t)in,  roeldjeS  fie  für 
immer  bon  ber  guten  alten  $eit  emaneipirte.  ©ine  befonbere  Quelle  be§  ©lüd§ 
entfprang  für  Henriette  au§  bem  llmftanbe,  bafj  ifjr  ©ruber  burd)  immer  be= 
beutenbere  !ünftterifd)e  ßeiftungen  fid)  auSaeidjnenb,  fid)  bamalä  im  -gmufe  be3 
©ater§  ein  Sltelier  grünbete,  ©aburdj  ertjielt  fie  Gelegenheit,  itjre  ßiebe  jur 
Äunft  ju  bitben  unb  ju  befeftigen,  fo  bafj  biefelbe  al§  ein  nidjt  meljr  31t  @nt= 
beljrenbe§  in  iljr  ©eroujjtfein  überging.  $mmer  metjr  bilbete  fid)  aud)  au§  iljr 
fclbft  ein  entfd)iebene§  llrttjeit  rjerau$,  unb  it)re  bon  einem  auffallenben  ©djarf= 
blid  unterftütjte  feine  SombinationSgabe  lernte  balb  ba§  ©ute  bom  9)cittel= 
mäßigen  unb  ©djtedjten  mit  großer  ©idjertjeit  abfonbern-  Um  biefe  ^eit  lernte 
bie  ^rinjeffin  Söilljelm  (bie  ältere)  bon  ^reufjen  unfere  Henriette  im  Sltetter 
iljreä  ©rubcr§  rennen  unb  tourbe  fo  untoiberftet)lid)  bon  ber  (Srfdjeinung  beg 
jungen  2Jcäbd)en§  angezogen,  bafj  fie  bei  jebe§maltgem  ©efudj  um  bie  ©egentoart 
be§felben  bat.  2)ie  Sftüdwirfung  blieb  utefet  au§.  ©egeiftert  für  alles  ©djjöne 
unb  <!pot)e,  nährte  Henrietten^  ©eele  eine  glütjenbe  ßiebe  ^u  biefer  eblen  ^au  — 
«nb  nad)  unb  nadj  befeftigte  fid)  in  beiber.  eine  Zuneigung  unb  roa^re  $reunb= 
fdiaft,  bie  fürl  ßeben  bauerte,  unb  bie  auf  Henriette  einen  nadjjumeifenben  (§in= 
flu§  bi§  ju  ifjrem  %obt  übte.  ®a§  3at)r  1813  fprengte  ben  greunbe§frei§  unfe= 
rer  S)id)terin.  ?iid)t  bem  ©ruber  allein  brüdte  fie  mit  ©egeifterung  bie  Söaffen 
in  bie  |)anb,  ber  i^rieg  roarf  aud)  bie  erften  frifdjen  ^eime  äufünftigen  ©lüdt§ 
bem  jungen  5)Mbd)en  jerfnidt  in  ben  <Sd)ofj  unb  begrub  bie  Hoffnungen  unb 
Sträume  einer  fetigen  ^ugcnbjeit.  2)amalö  griff  «Henriette  oft  jur  3feber,  um 
i^ren  (Bebauten  Sorm  unb  5lu§brud  p  geben.  Slber  nid)t§  genügte  it)r  barin, 
unb  mag  entftanb,  tourbe  toieber  bertoorfen.  5Jlit  toa^rer  ßeibenfd)aft  bagegen 
erfaßte  fie  bie  5Rufif  unb,  toeil  ib,r  ba  ein  guter  ßetjrer  ju  ^)ilfe  tarn,  nament= 
lid)  ba§  ©tubium  be§  ©eneralbaffei.  ©ie  madjte  gortfdjritte,  componirte  itjre 
ßieblinggtteber  gan^  meifter^aft  unb  bitbete  iljre  fd)öne,  umfangreiche  ©timme 
3U  größter  ©olltommenljeit  au§.  Sfn  itjrem  28.  %at)xt  tjeiratlete  Henriette  auf 
SBunfd)  it)rer  Familie  ben  $ftajor  ^aaljoto.  Jpatte  fie  e§  aufgegeben,  felbft 
glüdlid)  3u  fein,  fo  tjielt  fie  e§  in  ber  ©elbfttäufdmng  it)reö  eblen  .^er^enS  tool 
für  möglid),  anbere  nod)  glüdlid)  ^u  madjen.  3?nbe|  ertoieg  fid)  biefer  ©djritt 
nur  ju  balb  als  beifet)tt,  unb  nacljbem  fie  mit  itjrem  ©atten  fünf  Satjre  ber= 
bunben   getoefen   toar  unb   toäljrenb  biefer  3e^  in   Söeftfaten   unb    am   ^b^ein 


^aaljohj.  37 

gelebt  tjatte,  löfte  fie  bas  33anb  ber  (Jfje  unb  fehlte  ju  itjrer  9)lutter  nact)  Scrltn 
äurücf.  ftact)  bem  £obe  ber  te^teren  bejog  fie  mit  ifjrem,  bamals  aus  Italien 
3urücfgefet)rtm  23ruber  2Bilt)elm  ein  |mus,  unb  ben  (Sefct)tt>iftern  mürbe  jo  ein 
Straum  it)rer  erften  Sfaflenb  erfüllt:  fie  fonnten  ein  gemeinfames  ßeben  beginnen 
unb  genießen.  Sie  berroanbte  9ftict)tung  itjres  ©eiftes  unb  ©efctjmacfs  gab  bem= 
felben  balb  einen  jfteictjttjum,  über  meldten  bie  2Öünfct)e  biefer  beiben  $ünftler= 
feelen  nicf)t  tjinausgtngen.  ©elbftänbig  unb  frei,  mürbe  auct)  iljr  äußeres  Seben 
immer  met)r  ein  Slbbrucf  itjres  ©eiftes.  Sorjugsmeife  mit  ernfteren  Stubien 
befctjaftigt,  fuctjte  Henriette  auct)  in  itjren  gefetligen  33erfet)r  bie  Vertreter  bon 
$un|t  unb  Söiffenfdjaft  tjineinjujie^en,  unb  befonbers  ber  freunbfct)aftltctje  Umgang 
mit  äßürjelm  b.  ^umbotbt  unb  feiner  ^amiüe  tourbe  bon  beiben  ©efctjunftern 
mit  großer  Siebe  cultibirt.  9tidjt  alfo  in  ^arnpf  unb  @ntbetjrung  fonbern  in 
tjarmonifctjer  9tut)e  mürbe  öenriettens  2)ict)tertalent  geboren;  benn  um  biefe  ^eit 
begann  fie,  einem  inneren  orange  folgenb,  <ju  fctjreiben,  unb  ber  ©enuß  biefes 
getjeimen  ©ctjaffens  bilbete  met)r  unb  met)r  ben  i?ern  il)re§  bamaligen  Sebens. 
@s  entftanb,  bon  niemanb  gemußt  unb  geahnt,  iljr  erfter  Dtoman  „(Sobmie  Saftle. 
2lus  ben  papieren  ber  ^erjogin  bon  ftottingtjam",  mit  bem  fie  äugleict)  it)re 
fct)riftftetlrafct)e  Stjätigfeit  abjuf&jließen  gebactjte.  Sine  bebenflictje  Äranftjeit, 
bie  im  fyrütjjatjr  1835  eine  fctjtnerjtjafte  Operation  nöttjig  mactjte,  berfcrjob  bie 
Veröffentlichung  bei  Romans  bis  ins  Satjr  1836.  3ur  Sluftjilfe  itjrer  ©efunb* 
t)eit  ging  bie  SB  er  f.  im  $erbft  1836  nact)  ßöln  am  Ifttjetn,  mo  fie  faft  ein  3at)r 
roeüte.  £)ier  berfuctjte  fie  fict)  auct)  in  einem  3)rama  „9Jtaria  9tabafti",  bas  fie 
nur  als  eine  5probe  anfatj,  bie  fie  itjren  gätjigfeiten  ftellte  unb  batjer  auct)  nie 
für  bie  Oeffentlicrjfeit  beftimmte.  Sßiber  itjren  SBiUen  erfctjien  es  1845  in  Robert 
Retters  Safctjenbuct)  „perlen"  abgebrucft.  9tact)  it)rer  ^eimfefjr  geftaltete  fiel) 
iljr  äußeres  ßeben  auf  bas  glücflictjfte.  Sie  Salons  ber  bornetjmen  ©efellfctjaft 
toaren  itjr  geöffnet,  unb  autoeilen  fatj  fie  auct)  größere  gefeitige  Greife  bei  fiel), 
bie  fictj  aus  ben  t)erborragenbften  ^ünftlern,  S)ict)tern  unb  ©eletjrten  SBerlins 
äufammenfetjten.  2)ies  ganje,  unenblictj  anregenbe  Seben  eröffnete  iljr  toieber 
eine  neue  äöett,  unb  fie  fütjlte,  baß  iljr  Talent  mit  ifjrem  erften  äöerfe  boct) 
nietjt  begraben  fei.  SBalb  tjatte  fie  neuen  ©toffen  neue!  Seben  gegeben,  unb  fo 
erfdjienen  1839  iljr  Vornan  ,,©ainte=9fioct)e"  unb  @nbe  1842  ber  Vornan 
„Sfjomas  Jfjrjrnau".  9cactj  SÖeenbigung  bes  letzteren  bergingen  ^fa^re,  in  benen 
bie  SSerf.  fo  franf  toar,  baß  jeber  ©ommer  einen  langen  SSabeaurenttjalt  notfj-- 
toenbig  mactjte,  unb  fie  nur  toenig  ober  gar  nietjt  jum  ©cfjreiben  tarn.  2)octj 
erfctjien  ätoifctjeuburct)  (Jnbe  1844  ber  Sftoman  „$afob  ban  ber  ftees".  5Der 
plö^lictje  2ob  trjres  ^rubers  9Bilt)elm  im  tg)erbfte  1845  beugte  fie  auf  bas  tieffte, 
unb  fie  fütjlte  baburd)  itjr  Seben  berartig  jerriffen,  ba^  fte  meinte,  ber  <5ct)merä 
muffe  fie  bernidjten.  S)ennoct)  fämbfte  i|r  ©eift  nocl)  ätoei  ^a^xe  gegen  bie 
äunetjmenbe  Äränftictjleit  bes  Scibes,  bis  fie  enbtictj  am  30.  Dctober  1847  im  60. 
ßebenljatjre  bon  biefer  (Srbe  fctjieb.  —  «Henriette  ^3aaljoto's  sJtomane  t)aben  eine 
fet)r  berfc^iebene,  oft  einanber  gerabe  toiberfprectjenbe  33eurtt)eilung  erfat)ren,  rooraus 
|)einricl)  Äurj  fetjr  rictjtig  ben  (Sctjtu^  jictjt,  ba^  bie  ©ctjriftftetterin  roeber  über= 
mäßiges  Sob,  noct)  übermäßigen  £abet  berbiene.  ©ie  mar  meber  fo  genial,  mie 
fie  ben  ©inen  erfctjien,  noct)  fo  talenttos,  mie  bie  Slnbern  behaupteten,  diejenigen, 
roetetje  itjre  üromane  für  tjiftorifctje  t)atten,  tjaben  ja  reetjt  mit  itjrem  3)orrourf, 
baß  bie  SicDterin  ba§  gefct)ict)tlict)e  Material,  bas  ben  Romanen  3u  ©runbe 
liegt,  auct)  nietjt  annä^ernb  bemättigt  t)abe;  aber  bie  ütomane  ber  ?$.  ftnb  eben  feine 
tjiftorifdjcn,  fonbern  nur  gamilienromane,  ba  bie  in  it)nen  eine  ^olte  fpietenben 
tjiftorifctjen  3ßerfönlictjfeiten  nur  in  SBe^ietjung  ju  ^3ribatbertjättniffen  etfct)einen. 
ferner  t)at  bie  Stjatfactje,  baß  bie  Romane  ber  ty.  eine  befonbers  beborjugte 
Seetüre   am  preußifct)en   Äönigsfjofe   bilbeten,  manetjen  ^ritifer  ju  bem  llrtljetle 

q  r  i» 


38  $aa*  —  ?obfi. 

33erantaffung  gegeben,  bafj  bie  SDidjterin  nur  für  ^oc£)atiftofratifc^e  Greife 
gefdjrieben  labe,  bafc  fie  in  biefen  Greifen  allein  eine  freie  unb  tebenbige  ©nt= 
toictelung  be§  rein  9Jtenfct)licrjen  finbe,  unb  bafj  fie  nur  auf  ber  £)örje  ber  ©efett= 
fctjaft  eine  fjfreitjeit  b°n  Q^er  3ftot)eit  unb  altem  nieberen  treiben  erblicte.  9116er 
nicrjb  tag  ber  SHctjterin  ferner.  SBenn  fie  aU  bürgerliche  ftrau  auS  bürgcrticrjer 
^familie  in  itjren  9tomanen  bie  dtifette  unb  (Sonbenienä  bi§  in§  fleinfie  beachtete, 
fo  tag  bie§  in  irjrer  ganzen  Güräierjuug  unb  Grjarafterbitbung;  fie  fjatte  eben  bon 
^ugenb  auf  nictjti»  anbereä  gefeb/n  a(§  bie  ftrengfte  ^Beobachtung  ber  ebetften 
formen,  unb  fie  tjat  fictj,  toie  fie  fetbft  befennt,  in  ben  teueren  betoegt,  „otme 
je  ;ju  glauben,  bafj  eine  gefettfcrjaftlid)  tjörjer  ftecjenbe  klaffe  bie§  atte§  für  fict> 
attein  beanfprudje".  Uebrigenä  täfjt  fie  ja  fetbft  in  manchen  bornetjmen  ^cr= 
fönen  itjrer  Romane  bie  gerneinfte  ©efinnung  in  (h-fcrjeinung  treten,  toie  3.  35. 
im  Stoman  ,,©ainte=9tocf)e",  ber  gan^  befonber§  ben  $ambf  jroifctien  bem  rein 
menfdjtictjen  ßeben  unb  feiner  Korruption  in  ben  tjörjeren  Greifen  jum  ®egen= 
ftanbe  rjat.  2>er  ©rfotg  ber  Spaaljotofcrjen  Romane  tag  in  erfter  Siinie  in  ber 
toürbigen  Gattung  unb  ber  fittlictjen  ©röfje  unb  Steife,  toelctje  bie  ©crjriftfteltertn 
in  ieber  3e^e  offenbart.  3tufjerbem  befitjt  fie  bie  ©abe  bfr;ct)ologifct)er  @nt= 
toictelung,  befonberä  toeibticrjer  ©emüttjer;  itjre  ©djilberung  ber  (Stjarattere  ift 
faft  immer  eine  gelungene;  ba§  ariftofvatifcrje  fieben  in  ßngtanb  jur  $eit  oe1-* 
©tuart§  (in  „©obtoie  ßaftte"),  bie  franjöftfi^e  bornetmte  (Sefeflfctjaft  in  f5franf= 
reiä)  pr  geit  ßubtoigä  XIV.  (im  „©ainte=9toct)e"),  bie  guftänbe  in  23öt)men 
feit  bem  30järjrigen  Kriege  (im  „£t)oma§  ütt)t)rnau")  finb  mit  großer  Söat)rt)eit 
aufgefaßt  unb  bargeftettt;  bie  33erfct)tingung  ber  ^Begebenheiten  ift  fpannenb, 
fo  bafj  ba§  Sntereffe  bon  einer  Situation  sur  anbern  fteigt;  bie  33efctjreibung 
ber  Steufjertidjteiten,  toie  ber  ßoftüme,  ber  Toiletten,  ber  ßanbfdjaften  unb  be= 
fonberä  aucfj  ber  Strcrjitecturen  ift  forgfältig,  toenngleidj  tjier  oft  eine  <ju  grofje 
SSreite  ben  (Sfinbrucf  fcrjmätert:  alle  biefe  23or<}üge  berbeäen  manctje  fteinen 
^Ränget  unb  erklären  ba§  lange  anbauernbe  ^ntereffe,  ba§  bom  publicum  ben 
^Paaljjotofcrjen  Romanen  gefctjenft  tourbe. 

©in  ©djriftftetlerleben.     33riefe  ber  33erfafferin  bon  „©obtoie   Saftte"  an 
itjren  Verleger.     33reslau  1855.  33  rü  mm  er. 

S-Paar:  $or)annGrjriftobb,  3freitjerrb.Sp.toar  ber  brüte  @ob,n  be§  grei= 
tjerrn  ^ofjann  33abtift  b.  $aar  unb  beffen  ©ematjlin  3Ifra  ©ibonie,  'Qxdxn  b.  ^>aim. 
infolge  ber  bieten  treuen  S)ienfte,  toelcfje  er  Äaifer  <$etbinanb  IL  geteiftet  rjatte, 
tourbe  er  beffen  geheimer  Statt).  Slacrjbcm  er  im  $.  1622  bon  $orjanu  3gC0& 
ÜJtagno  ba§  oberfte  9ieicf)§boftamt  getauft  t)atte,  erhielt  er  1623  bie  33eftätigung 
aöer  mit  bemfetben  berbunbenen  S)3ribilegien.  S)a§  3at)r  barauf  tourbe  er  mit 
bem  oberften  ^ofpoftmeifieramte  für  Ungarn,  für  33öfjmen  unb  Rubren,  fotoie 
für  ba§  ßrjtjer^ogtrjum  Defterreicr),  aber  nicrjt  auc^  für  (&ct}lefien  belehnt.  SDie 
33eftätigung  biefe§  Öetjeni  erfolgte  1630  mit  ber  33eftimmung,  bafe  immer  ber 
ättefte  be§  ©efcf)Iect)te§  fict)  obrifter  ©rbboftmeifter,  bie  jüngeren  hingegen  nur 
(Srbboftmeifter  nennen  fottten.  3m  $.  1629  t)attc  Sp.  auct)  ba§  inneröfter= 
letcfjifctje  S|3oftamt,  toelcrjes  fcb,on  burct)  fecrjS  S)ecennien  bei  feiner  Familie 
getoefen  toar,  ba^u  befommen.  1636  erhielt  er  auf  bem  9teict)§tage  ju  9tegen§= 
bürg  bie  ©rafentoürbe;  ba§  ©iptom  fetbft  aber  tourbe  erft  am  21.  October  1652 
au§gefteltt,  fo  bafj  er  fict)  itjrer,  ba  er  fctjon  1636  ftarb,  nid)t  met)r  bebiente. 
Qrx  mar  mit  Gattjarina  fjreiin  b.  ^erbersborf  bermätjlt  unb  tjintertiefj  au§  biefer 
(Sb.e  einen  ©otm,  SJlameng  Äart.  ©et)  litt  er. 

s£auft:  ^  einriß  Söit^etm  $.,  I.  f.  «minifteriatratb,,  geb.  1798  ju  9)kar 
bei  ßauterbadj  im  ©ro^b,er3ogtb,um  Reffen,  f  am  10.  ^uti  1868  ^u  Jpüttetborf 
bei  2Bien.     ^n  frütjer  ^ugenb  tarn  er  auf  bie  ®üter  beS  greitfeun  b.  9iiebefet, 


Sßabft.  39 

unter  beffen  Seitung  et  fictj  jutn  Sanbmirtrj  auäbilbete.  ©föter  berroaltete  er 
mehrere  ©üter  beffelben.  1821  fcemog  itjn  ber  S)rang  nact)  roeiterer  2lu§bitbung, 
feinen  eiterigen  28irfung§frei§  au  bertaffen;  er  machte  Reifen  burd)  £)eutfcfjtanb 
unb  Belgien,  gurücfgei'erjrt,  befud£|te  er  ba§  bamal§  erft  fur^e  gut  beftetjenbe 
tanbmirtfjfä)aftlicf)e  ^nftttut  ,!pot)ent)etm.  ©Camera  lernte  iljn  balb  fcfjäijen  unb 
gab  irjm  ©elegenrjeit,  ficr)  als  Sedier  ^u  berfudjen.  1823  narjm  er  bie  ©teile 
al§  SBucrjrjalter  unb  ßerjrer  an  ber  gebadjten  Slnftatt  unb  balb  audj  bie  ßeitung 
ber  jtDciten  (Staffe  ber  rjorjenrjeimer  Stclerbaufcfjute  an.  1824  mürbe  er  bon  bem 
Äönig  bon  SBürtemberg  jum  ©efonomieratrj  ernannt.  9tacf)  ©djmera'ä  Abgang 
bon  ^)0^ent)eim  1829  fiel  $p.  ber  größte  £t)eit  ber  SanbtDixt^jrfjaftgterjie  ju,  ba 
ber  nacrjfolgenbe  SHrector  b.  (Htrtdjärjaufen  nidjt  felbft  bocirte.  (£ine  unange= 
nerjme  ©tellung  ^u  ßetjterem  beftiminte  5p.  1831  ben  9tuj  at§  Defonomieratt)  in 
grofjt).  rjeffifetje  SDienfte  anjuneljmen  unb  ba§  beftänbige  ©ecretariat  be§  tanbro. 
Söerein§  ju  übernehmen.  9toctj  in  bemfelben  $ar)re  eröffnete  er  in  2)armftabt 
eine  lanbm.  ßerjranftalt.  1839  ertjielt  er  bon  ber  preu^ifdjen  Regierung  einen 
9tuf  al§  *ftadjfolger  ©djuläe'S  <jur  S)irection  ber  lanbro.  Stfabemie  (Slbena.  2lu8 
biejer  ©tellung  trat  er  al§  gel),  gfinanäratt)  unb  Referent  für  2anbe§cuttuv= 
angelegenrjeiten  in  ba§  preufjifctje  ^ftinifterium,  gab  aber  biefe  ©tellung  1846 
roieber  auf,  um  bem  9tuf  at§  ©irector  ber  rjorjenrjeimer  Slfabemie  <m  folgen. 
1850  ging  er  nadj  Ungarifct)=2tltenburg,  um  bie  Seitung  ber  bortigen  tanbro. 
ßerjranftalt  au  übernehmen.  2lu§  biefer  ©tellung  fctjieb  er  1860  roieber,  um 
al§  9Jtinifterialratrj  unb  Referent  für  tanbro.  Slngelegenrjeiten  in  ba%  9JHniftetium 
für  2anbe§cutturangelegenrjeiten  in  3Bien  einzutreten.  1867  tiefe  er  ftcrj  pen= 
fioniren.  ty.  mar  einer  ber  ©rünber  ber  SSerfammtung  beutfdtjer  2anb=  unb 
fjforftroirtrje.  @r  madjte  mancherlei  ©rfinbungen  unb  Sßerbefferungen  in  lanbro. 
©erättjen,  ma§  namentlich  ben  flanbrifcrjcn  ^flug  unb  ben  (jjftirpator  anlangt. 
9tädjfibem  tjatte  er  roefentlicrje  Söerbienfte  um  bie  Hebung  ber  ütinbbierjjutfjt. 
S)er  1868  in  Söien  tagenben  Sßerfammlung  beutfetjer  2anb=  unb  Qforfimirtfje 
füllte  er  alg  erfter  ^räfibent  borftetjen,  boerj  ereilte  itm  ber  £ob  für,}  bor  $u= 
fammentritt  biefer  53erfammlung.  2ll§  ©crjriftftelter  roar  ty.  fetjr  fructjtbar. 
©djon  1823  trat  er  mit  ber  ©ctjrift  „lieber  bk  SSetbefferung  ber  8anbroirt£)fcrjaft 
im  ©rofjtjeraogtrjum  Reffen"  tjerbor.  gerner  fdjrieb  er  „Seiträge  jux  rjöljeren 
©crjafaudjt",  1826;  „allgemeine  ©runbfäfce  be§  2icterbau$",  1832;  „2anbroirtt)= 
fäaftlid&e  33etrieb§tet)re" ,  1834,  2.  Sluft.  1842;  „Anleitung  äur  JHtnbbic^u^t", 
1829,  3.  2lufl.  1859;  „Anleitung  jur  ^artoffelcultur",  1846;  „Se^rbud§  ber 
Sanbroirttjfcrjait'',  bon  bem  fedt)§  Sluf lagen  erfctjienen  finb ;  „2anbroirt^ict)aftlicr)e 
©rfaljrungen  bon  -gjotjenrjeim",  1849;  „Anleitung  jur  ärocclmäfeigften  dultur  unb 
23enu£ung  be§  StadcjfeS",  1848;  „ßanbroirt^aftlic^e  £ajation§letrre",  1853; 
„8anbmirtt)fcl)aftlic^e  gortbilbungsfc^uten  unb  SBanberletjrer",  1867;  gab  l)erau§ 
„3eitfc£)riit  für  bie  tanbro.  Vereine  im  ©rojjrjerjogttntm  Reffen",  1831 — 39; 
„allgemeine  aBo^enfd^rift  für  2anb=  unb  ^auSroirt^fc^aft",  1831  u.  f.;  „Seric^t 
über  bie  93errjanbtungen  be§  baltifctjen  lanbm.  33erein§",  1841;  „5lmtlic§er  93e= 
rtdjt  über  bie  S5erfammlung  beutfdtjer  ßanbroirttje  in  Sregben",  1838. 

Söbe. 
^Qbft:  ^ermann  ty.  mürbe  am  4.  Januar  1842  in  SSurg  (^robtnj 
©ac^fen)  geboren,  mo  fein  35atet  9tector  ber  Sürgerfctjute  mar,  feiner  Familie 
aber  burd)  frütjjeitigen  £ob  entriffen  mürbe.  Üladtj  erfter  SJorbilbung  auf  ber 
©cf)ule  feiner  S5aterftabt  empfing  er  feine  meitere  3luebitbung  in  ©ctjulpforte, 
bon  melctjer  3lnftalt  er  im  ^)erbfte  1859  mit  bem  3eugnifj  ber  Steife  enttaffen 
mürbe,  ^unäcrjft  mibmete  er  fiel)  in  33onn  pb,itotogifct)en  ©tubien,  namentlich 
jog  ib,n  9titfcf)l  an,  boct)  tjat  er  auet)  S)arjtmann  nod)  gehört,  fomie  ancr)  bie 
liebungen  be§  p^ilologifc^en  ©eminarä  mitgemacht.     3m  -£>erbft  1860  fiebette  er 


40  5ßobft. 

nad)  ©öttingen  über,  mo  SBaife  ibn  ganz  für  baS  ©efdjicrjtSftubium  gemann, 
iijm  aud)  roätjrenb  biet  ^abren  bie  £tjeitnabme  an  feinen  biftorifcrjen  Uebungen 
geftattete.  3>n  btefen  legte  er  fdjon  im  erften  ©emefter  eine  Slbbanblung  über 
bie  principes  ber  ©ermanen  öor,  bie  mandje  cigentbümlidje,  öon  ber  tjerrfctjenben 
Setjre  abroetdjenbe  2lnfid)t  enthielt,  aber  ungebrudt  geblieben  ift.  $.  manbte  fid), 
bon  Sßaitj  öeranlafjt,  fofott  einer  größeren  Aufgabe  ju,  bie  er  in  berr)ältnijj= 
mäfjtg  furzer  ^eit  beenbete,  ber  „©efcrjidjte  beS  langobarbijd)en  <£)erzogtrjumS", 
bie  im  jroeiten  33anbe  ber  ^orfdjungen  ä^r  beutfcben  ©efd)id)te  (1862)  gebrudt 
mürbe,  unb  ein  glänzenbeS  ,$eugnif}  für  bie  fritifdje  Begabung  beS  jungen 
$orfd)erS  ablegte.  25urd)  2Bai^  mürbe  $.  meiter  beranlafjt,  nadjbem  Ufinger 
bon  ber  Herausgabe  ber  bon  ©iegfrieb  Hirfctj  unbottenbet  tjinterlaffenen  „^aljr* 
büdjer  beS  bmtfd)en  föeidjS  unter  Rehmer)  II."  zurücf  getreten  mar,  ben  ^meiten 
33anb  biefeS  SöerfS  (Berlin  1864  erfebtenen)  herauszugeben.  @S  mar  babei  noer) 
biel  eigene  Slrbeit  ju  leiften.  9tid)t  blofj  bafj  ber  uteri  rebibirt  merben  mufjtc, 
gan^e  Partien  febtten  nodj  in  ir)m  unb  mürben  erft  bon  *p.  hinzugefügt  (£>ber=  unb 
9Jtittetitalien  bon  1004—1012  unb  HcinridjS  Sftömerzug),  bie  Stnmerfungen 
mußten  richtig  geftetlt  unb  bermet)rt,  (Jjcurfe  rjinzugettjan  merben.  9Jtit  bem 
Sfatjre  1864  mar  *ß.  als  Hilfsarbeiter  bei  ben  Monumenta  Germaniae  eingetreten. 
Sn  23erlin  promobirte  $.  am  6.  ftebruar  1864  mit  feiner  9Ibt)anblung  „De  Ari- 
berto  II.  Mediolanensi  primisque  medii  aevi  motibus  popularibus".  33eacf)ten§= 
werft)  in  biefer  Arbeit  ift  namentlicrj  baS  erftc  Gapitct,  baS  bie  Quellen  bet)anbelt, 
unb  ben  33eroeiS  bon  ber  etjemaligen  ©riftenz  größerer  tjitbeSbcimer  Slnnalen 
erbrachte.  $erfe,  ber  Seiter  ber  Monumenta  Germaniae,  beitraute  ty.  balb  bie 
Ausgabe  be§  Liber  pontificalis  an.  (Sine  9tett)e  ber  miebtigften  Hanbfdjriften 
lonnten  bon  ty.  in  Berlin  felbft,  mobin  fie  gefanbt  mürben,  bergticfjen  merben. 
Swifdjenarbeiten  maren  bie  SluSgabe  ber  Diurnali  di  Messer  Mattheo  di  Giovenazzo, 
bie  bereits  im  9tobember  1864  beenbet  mürbe  (Mon.  Germaniae,  Scriptores, 
33b.  19),  unb  ber  Fundatio  Monasterii  Gratiae  Dei  (ebenba  S5b.  20).  5p.  fjatte 
bie  unangenebme  ©rfabiung  zu  madjen,  bafj  ba§  erftgenannte,  bon  it)m  für  edjt 
gehaltene  2Berf,  im  $.  1868  bon  SBerntjarbi  als  eine  mobeine  gätfdjung  nacfj= 
gemiefen  mürbe,  aber  feinen  Slugcnblid  fd)manfte  er,  nadjbem  er  fid)  öon  ber 
9tictjtigfeit  biefer  Darlegung  überzeugt  Ijatte,  auet)  öffentltct)  in  ben  ©öttinger 
©elebrten  anzeigen  feinen  ^rrtl)um  einzugeftetjen. 

33om  1.  2lprit  1865  an  genügte  »4$.  feiner  9Mitärpflid)t  als  @injäbrig= 
greimiHiger  im  ©arbe=gfüfelier=3ftegiment.  @r  batte  anfänglich  gebofft,  nidjt  für 
tauglidj  zum  sJJHlitärbtenft  befunben  zu  merben,  mar  bod)  feiner  ©röfje  nur  ein 
menig  mebr  als  baS  9Jlititärmafj  öorfdjrieb,  unb  mar  er  bod)  im  fjöcrjften  ©rabe 
Jurzfidjtig.  Sinmal  aber  eingefteüt,  mürbe  er  mit  ßeib  unb  Seele  ©olbat.  S)en 
gelbzug  bon  1866  machte  er,  anfänglich)  als  Unterofficier,  bann  als  Sßicefelbmebel 
im  12.  ©renabierregiment  mit,  unberfetjrt  blieb  er  in  aEen  ©efedjten  unb 
©tfjlacfjten,  an  roelctjen  biefeS  tapfere  Regiment  bettjeitigt  mar.  3luf  bem  ^eimmarfd), 
nocl)   auf   bfteireictjifcfjem  23oben,  erfolgte   feine  SBeförbetung  zum  9ieferbeoffkier. 

5tacf)  feiner  Ütürffetjr  mürben  bie  für  ben  Liber  pontificalis  begonnenen 
SIrbeiten  rüftig  meiter  geförbert-  Slber  aud)  bie  «Habilitation  an  ber  berliner 
Uniöerfität  nabm  $.  in  Angriff,  unb  berfertigte  zu  biefem  33etjuf  bie  längere 
2lbbanblung  über  bie  SSrauroeiler  ©efctjicrjtSquetlen,  bie  im  12.  33anbe  beS  9Xrd)iö§ 
für  ältere  beutfebe  ©efcb.icrjtStunbe  gebrurft  morben  ift,  unb  bie  fiel)  baburd)  auS= 
Zeictjnet,  tafe  bie  zätjlreidjen  Urfunbenfälfdjungen  für  biefeS  Jtlofter  in  baS  redjte 
ßiebt  gefegt,  auS  itjuen  bann  3Iufflärungen  in  93ezug  auf  bie  d)ronicaIifd)e 
2;bätigfeit  ber  SSraumeiter  Wönfyt  gemonnen  mürben.  (Sd)on  tjatte  ?ß.  biefe 
Slrbeit  ber  übitofoprjifdjen  gacultät  eingereidjt,  als  er  bon  $ertj  im  beginn  beS 
SabreS  1869  ben    Auftrag   erhielt,  bie   itatienifeben  33ibliott)e!en  für  ben  Liber 


«Pabft.  41 

pontificalis  auSjunütjen,  jugteicf)  in  ben  berfdjiebenen  2lrdjiben  Staüens  Tür  bte 
(Sammlung  Don  Äaiferurfunben  3U  arbeiten.  ©in  lang  genährter  ^erjenerounfd) 
ging  bamit  für  >ß.  in  Erfüllung,  ^n  Dtom,  roo  er  junadjft  längeren  2Iufent(ja(t 
naljm,  füljtte  er  fid)  balb  fjeimifdj,  bot!  unb  gauj  tiefj  er  bie  f^iitCe  ber  neuen 
Slnfdjauungen  auf  fid)  roirfen.  Sllte  feine  Briefe  an  bie  Butter,  an  ^ertj  unb 
bie  $l'eunbe  fpradjen  bon  bem  ©lud,  ba§  irjm  befdjieben.  Söätvrenb  ber  Som-- 
mermonate  1869  bereifte  ^3.  bie  yirdjibe  ^talienä,  unb  t)at  er  namentlich,  in 
©iena  reiche  ausbeute  gefunben.  3fm  hinter  1869  feierte  er  roieber  nad)  iftom 
äuvücf,  ganj  mit  ber  23erg(cidmng  ber  -gmnbfdjriften  für  bie  $apftteben  befdjäftigt. 
33t£  jum  ©ommer  betjnte  fid)  bie  2Irbeit  au§,  faft  mar  fie  bollenbet,  al§  ber 
ausbredjenbe  ,ttrieg  it)n  eitigft  in  bie  £)eimatf)  unb  p  feinem  Regiment  jurüdrief. 
9Jcit  biefem  rüdte  er  au§,  um  nierjt  roieber  tjeimäuferjren !  Sei  bem  Sturm  auf 
bie  ©pic^erer  £>öf)en  mar  er  unbertetjt  babongefommen,  freubig  fdjrieb  er  ben 
2ag  barauf  an  ^ßerfc,  bafj  er  jum  Sataiiton§=2lbjutant  ernannt  fei.  2lm  16.  2Iu= 
guft,  bei  bem  rjeifjen  Dringen  ber  branbenburgifdjen  Dregimenter  in  ber  mörberifdjen 
©cfjladjt  bon  ^Dcare  la  Xour§,  traf  ir)n  eine  $uget  in  ben  Äopf.  ®r  toar  fofort 
tobt.  2Bot  burfte  fein  Sedier  3£ai|  (gorfdjungen  3.  beutfdjen  ©efdj.  10,  668) 
bezeugen:  „3n  iljm  berliert  bie  SBiffenfdjaft  einen  ber  talentbollften,  b/offnung§= 
reichten  unter  ben  jüngeren  |)iftorifern!"  2öilf).  5lrnbt. 

^abft:  Sot).  £)einrid)  $.,  geb.  am  25.  Januar  1785  3U  Sinbau  bei 
Jpilbe§§eim,  f  am  28.  3fuli  1838  in  SJöbling  bei  Söien,  ©ob,n  eineä  Sanb= 
mannet,  befugte  bie  ©djulen  in  S)uberftabt  unb  ^eiligen  fiabt,  tooraui  er  bie 
Unioerfität  ©öttingen  bejog,  roo  er  9Jlebicin  ftubirte  unb  an  bem  ^tjitotogen 
^ebne  einen  fjelfenben  ©önner  fanb.  9cad)bem  er  bort  1807  promobirt  tjatte, 
begab  er  fid)  im  -gjerbft  1808  nad)  SBien,  roo  er  junädjft  bie  ©teile  eine» 
6r5ief)er§  bei  bem  ^reitjerrn  b.  5Jlofer  übernahm;  im  grütjjarjr  1809  fam  er  al£ 
33ataitton§ar3t  nad)  ^inj,  bann  nad)  ^eft  unb  6rlau,  toofelbft  er  burd)  £rant= 
Ijett  genötfjigt  roar,  feinen  2lbfd)ieb  3U  nehmen,  roorauf  er  (1810)  roieber  nad) 
SOßien  in  ba§  5)cofet'fd)c  £>au§  jurüdfet)rte.  IJtadjbem  er  burd)  eine  £$fted)ten= 
franft)eit  ein  2Iuge  berloren  Ijatte  unb  Ijieburdj  (1815)  fein  $tan,  ©eifttidjer 
3u  roerben,  gefdjeiiert  roar,  lebte  er  in  ftitter  3ni'ücfgejogenr)eit;  entfd)eibenb  aber 
für  feine  fd)riftfteüerifd)e  xfjätigfeit  mar,  bafj  er  im  3Binter  1824/25  3lnt.  ©untrer 
fennen  (ernte,  beffen  eigenttvümtidje  Sluffaffung  ber  *pt)i£ofopt)te  it)n  mädjtig 
anregte,  fomie  er  feinerfeit§  roieber  auf  ©ünttjer  3'urüdroirfte.  Setjterer  nämtid) 
r)atte  bereits  feit  1818  in  ben  äöiener  ^abjbüdjem  ber  ßitteratur  einige  ©prüf)= 
f unten  bon  fid)  ausgeben  laffen,  foroie  $■  fd)on  früher  in  ©artori'ä  „föatezl&a* 
bifdjen  Stottern"  (1809  —  14)  in  fatrjotifd)er  ©djulptjttofoprjie  mit  einer  ipiu= 
neigung  ju  ©djeüing  fid)  al%  SJitettant  tjatte  bernerjmen  laffen.  9tun  aber  ergab 
fid)  eine  5]3erfonaIunion  ber  beiben  Genfer,  roobei  ®üntr)er  burd)  feine  eigenartige 
fbecutatibe  S^eotogie  mitroirtte,  roäl)renb  ty.  cinigermaBen  ßenntniffe  in  ben 
^ftaturroiffenfdjaiten  beifteuerte,  foroie  ber  S5eterinärar3t  ^of).  ^mman.  3}eitt)  at§ 
britter  im  33unbe  beitrat.  @§  rjanbette  fid)  um  ben  $(an,  im  ©egenfatje  gegen  ben 
v4>ant()fi§mu§  jeber  5lrt,  befonbere  gegen  ben  Jpeget'fdjen,  ber  ^itofobljie  böttig 
neue  SBege  ju  bahnen,  auf  toeld)en  ba§  SBiffen  unb  ber  ©taube,  b.  t).  aber  nur 
ber  fatb,otifd)e  ©taube,  ju  einer  tjö^eren  (£int)eit  berein;gt  roerben  fottten.  ©0 
tauen  in  'bit  nämlidjen  ^ar)re,  in  toeldjen  ©üntb)er'§  ^aupttoerfe  erfd)ienen 
(f.  9t.  S.  33.  X,  153),  aud)  bie  ©d)riften  «PaBft'S,  unb  toärjrenb  burd)  ©untrer'« 
bajaj^oartige  ©d)reibroeife  ^tandje  (jurüdgefdjredt  rourben,  toirfte  %  in  ber  irjat 
förbemb  für  Verbreitung  ber  ©üntb,er'fd)en  5pb,itofobr)ie.  ^n  ber  ©djrift  „S)er 
5)cenfd)  unb  feine  ©efdjidjte,  ein  Seitrag  jur  ^tjitofopljie  bcS  ß^riftentb.umä" 
(1830,  2.  Slufl.  1847)  öerftet)t  $.  unter  ®cfd)id)te  grunbfä^tid)  nur  ben  tt)eo= 
togifdjen   Segriff   ber   Srtöfung   unb    entmidett   tb,eofobr)ifd)e  Erörterungen   über 


42  s4tocaffi. 

SLrinität  unb  äßettfcböpfung,  beten  ©cbtufj  bet  5Jienf(^  at§  bollenbete  Db|ecti= 
üirung  ©otteä  fei,  woran  ficb  entfpred^enbe  £ebtmeinungen  tnüpfen  über  ein 
immertt>äbtenbe§  9Jtenfcbenfein  be£  ^>eitanbc§,  fotoie  übet  bie  jtoei  Statuten  in 
6t)tiftu§  unb  übet  einen  sJ>arattelifmu£  annfcfien  ©ünbenfall  unb  33crfucbung  $efu. 
«hierauf  folgte  „(Sibt  e§  eine  *ßbitofopbie  be§  pofitiüen  SbriftentfmmS?"  (1832 
in  bet  Sonnet  geitfctjr.  jf.  fyfyl.  u.  tatf).  Sfjeol.),  morin  untet  f)eftiget  5ßolemif 
gegen  Äant  unb  gegen  einen  fantianifcben  Stecenfenteu  bet  botgenannten  ©djtift 
bet  gleiche  ©tanbpunft  nneberfoolt  unb  eine  auf  ®e§carte§  bcrufjenbe  9luffaffung 
bet  mcnfcblicben  dürfenntnifj  entroicfctt  toitb.  3Sm  $.  1833  erfdj)ienen  bie  öon  ty. 
gemeinfcrjaftticb  mit  ©üntfiet  üetfafften  „^anuäföpjc  für  $l)itofop&ie  u.  üH)eo= 
logie".  giätjer  an  fatbolifcbe  ^tjftif  ftreift  „(£tn  SBott  übet  bie  @fftafe"  (1834); 
ein  toiel  gelefene§  93udj  abet  mar  feinet  3e^  „5lbam  unb  @brifiu§.  3ut 
Sbeorie  bet  @be"  (1835),  mofelbft  5p.  abermals  feine  tfjeofopbifcbe  ßbrifto* 
logie  barlcgt,  betfelben  abet  bie  Söenbung  gibt,  bajj  @t)rifiu§  „ba§  ©actament 
im  ©efcfilecbte"  fei,  rootauf  et  eine  (Erörterung  über  bie  einzelnen  ©acramente 
unb  fcrjliefjlicb  über  bie  6fte  fotgen  läfct,  beren  monogamifdjc  gorm  al§ 
(Etfcbeinung  bet  ^mmanenj  unb  ^bentität  ben  ©cgenfatj  bilbe  gegen  9Jtan= 
nigfattigfeit  unb  2Bed)fel  beö  natürlicbeu  ©efd)tecbtäleben3;  am  ©djtuffe  aber 
roirb  bot  Goclibat  alö  „Affirmation  be§  jtDctten  geiftigen  2lbam§,  b.  Jj.  (Sijtifti", 
confttuirt.  S)a§  tetjte,  ma§  $ß.  fcbrieb,  roaren  jmei  Sluffäfje  im  3at)rg.  1838 
ber  genannten  3citfdjtift,  beten  einet  toicber  ^bilofopbte  bet  ©efcfiidjte  betrifft, 
toäbrcnb  ber  anbete  über  ©oetbe  tjanbctt.  $m  felben  ^fa^re  fiebelte  et  bon 
2Bien  nacrj  35öbling  übet,  roofelbft  et  einem  mehrjährigen  Diierenleiben  erlag. 
Weuer  Weftolog  b.  Seutfctjen,  3af)tg.  1838,  33b.  II,  ©.  250  ff. 

$tantl. 
sJtocafft:  ^obann  Saptift  b.  $.,  2Itcbiteft  unb  Slfttonom,  geb.  1758 
in  @5xa,  t  am  8.  ^uni  1818  in  2Bien.  9118  ©ofm  jene§  «!pofard§tteften  o.  $., 
roeldjer  ficE)  burcb  bie  Gnnfübtung  bet  ©teinforjlen  in  bie  öfterreicbifcben  ©taaten 
um  biefe  ein  grofje§  Serbienft  ctmotben  batte,  ttmtbe  bet  junge  b.  5ß.  einet  fetjt 
fotgfaltigen  (Sraiet)ung  tbeilbaftig.  6r  befugte  ^uetft  ba%  Sömcnbutgfcbe  ^nftitut 
in  äöien,  fobann  bie  bottige  „faüotyifcbe"  Stfabemie  unb  bettieb  auf  biefet  eifrig 
baä  matbematifcbe  ©tubium  unter  ber  ßeitung  beä  bamal§  febr  geachteten  s$ro= 
fcfforS  ©cbetffet.  3u"äcbft  menbete  et  ficr)  bet  jutiftifd)=btplomatifcf)en  £aufbabn 
ju,  arbeitete  Ui  öetfcfjiebenen  "©efanbtfdjaften  unb  bet'tjättgtc  fiel)  aucJ)  fct)tift= 
fteßetifd)  —  feine  be^üglictjen  Slbtjanblungcn  etftijienen  ju  äßien  in  ben  $at)ten 
1775,  1777,  1780,  1786  —  bei  bet  53et)anblung  bon  fragen  beg  öffentlichen 
9lectjte§.  Ütadjbem  et  ieboctj  1797  jum  aBaffetbauinfpectot  etnannt  mat,  menbete 
er  fict)  böüig  biefem  feinem  neuen  Berufe  ju;  1811  marb  et  SDirector  be§ 
t  t.  äöafferbauamtg  in  äßien  unb  leitete  at£  fotdjer  bie  |)erfteEung  ber  5ranaen§= 
brücfe  unb  ber  S)onaucanat=Duai§.  (Sr  ftarb  nad)  furzet  ^ranf^eit  in  bem 
tjotjen  Stange  eine§  ^ofbaubirectorä.  —  ©eine  IDcufjeftunben  mibmete  b.  $.  bet 
Malerei,  in  melier  er  e§  ju  großer  S3oüfommen^eit  btadjte,  metjr  abet  noeb^  ben 
matrjematifdjen  unb  afttonomifdjen  ©tubien.  sMt  @utet,  Ääftncr  unb  ßambett 
trat  et  in  SBrieftüedEjfei,  aueb^  routbe  et  TOglieb  ber  berliner  Slfabemie.  «Biedrere 
2öer!e  be§  (Stftgenannten  übetfefete  et  in§  ®eutfct)e,  fo  namenttief)  bie  berühmte 
„Theoria  motuum  planetarum  et  cometarum"  (1782).  ©eine  felbftänbigen 
Sltbeiten  erfctjienen  gtöfetentbeil§  in  ben  Nova  Acta  bet  ©t.=5petet§butget  5l!abemie, 
in  35obe§  aftronomifebem  ^ab^rbud)  unb  in  ben  äöiener  5ßbbfif.  2lrb.  einträchtiger 
greunbe;  ßrtoäbnung  üetbienen  batuntet  bet  füt  bie  Sßotgefdjicrjte  bet  etliptifcben 
Functionen  niebt  unmiefetige  3Iuffa^  „liebet  bie  9tectification  ettiptifebet  Sogen 
unb  übet  bie  Quabratur  fpbätoibifcber  S)teietfe",  eine  85 jung  be§  ^epletfcben 
iproblcmS,  ein   an   ba§  Olbet§'}c&e  etinnetnbe§,  baffelbe  an   ©ctjätfe  unb  Äürje 


«Pad&el  -  <Pacf)e[bU®ef)ag.  43 

jebocb,  ni<f)t  erreidjenbes  Verfahren  jur  SBeftimmung  einer  Äometenbarjn  unb 
enbtid)  bet  Vorfdjlag,  aus  bier  gegebenen  Dppofitionen  bie  Vatjn  eines  Planeten 
3U  berechnen,  b.  s£.  narjm  aucfj  tljeU  an  ber  Verausgabe  ber  ^eüfc^en  „ßpfje* 
meciben",  eines  in  jener  S^  °ie*  tierbreiteten  aftronomifetjen  ßalenbers. 

Defterreidjifdjes  «panttjeon,  4.  SBanb.  —  De  Cadelli,  Scriptores  Friulani- 
Austriaci,  ©.  173  ff.  —  b.  2Bur $aä),  23iograpt)ifcrjes  ßejifon  bes  £aifertb,ums 
Oefterreict),  21.  S3b.  —  9Mbler,  ©efcf)itf)te  ber  #tmmelifunbe,  2.  2Bb.  ©.  535. 

©ünttjer. 

$adjel:  ßeonrjarb  *p.,  einer  ber  jatjlreicrjen  beutfcfjen  Vucrjbrucfer,  toelcEje 
balb  nadj  Srfmbung  ber  Siutfetfunft  in  Italien  fief)  nieberliefjen  unb  über  beren 
Bebens»  unb  ©efcfjäTtsbertjältniffe  mir  bertjältnifsmäüig  roenig  erTarjren.  ©erfelbe 
ftammte  aus  ^ngotftabt  unb  trat  um  1478  ju  5Jtnitanb  in  Verbinbung  mit  Utricf) 
ScingenseEer  auf.  ©egen  ßnbe  bes  3at)rf)unberts  oerfc&minbet  ©cinaenjeller, 
unb  mir  finben  ^.  mit  einem  SRagifter  Joannes  be  Öignano  berbunben,  mit 
bem  er  eine  Tita  St.  Nicolai  Tolentinatis  in  italienifdjer  Spraye  brueft.  %m 
^nfjre  1511  gibt  er  allein  eine  Rhetorica  bes  ßicero  tjeraus,  bann  t)ört  man 
nichts  mefjr  bon  itjm.  2lus  berfcfjiebenen  ©cfjtufefcfjriften  feiner  ©ruefe  fönnen 
mir  ferjüe^en,  bafj  er  nietjt  bermögenb  gemefen  ift  unb  oft  nur  mit  -Ipitfe  ebel= 
benfenber  »Utänner,  meiere  bie  Soften  bes  ©ruefes  beftritten,  feine  Verlagsmerfe 
herausgeben  tonnte.  $.  manbte  meiftens  gotfjifdje  Settern  an,  ein  Umftanb,  ber 
trotj  fetner  aaljireicrjen  Verlagsmerfe,  itjm  nur  ©traben  bringen  mufjte,  bn  p 
jener  $eit  fiefc)  bie  Italiener  fdjon  metjt  ber  Slntiquajdjtiit  äugemanbt  Ratten, 
©em  geteerten  ©tanbe  angerjörenb,  er  nannte  ftdj  'iDcagifter,  rotrb  er  fiel)  fdjmer 
bon  ben  geroorjnten  rjeimifcfjen  ©djriTtjeidjen  tjaben  trennen  tonnen,  ©ein  ©ignet, 
bas  fiel)  nur  auf  menigen  feiner  SDrucfe  finbet,  ift  ein  Äreu.j  mit  ©oppelbalfen, 
bon  melden  ber  obere  gröfjer  als  ber  untere  ift,  ber  tarnen  trägt  unten  jtoei 
juriiefgebogene  Verlängerungen,  ju  beiben  ©eiten  befinben  fictj  bie  Vucfjftaben  L.  P. 
Argelatus.  Philippus,  bibliotheca  scriptorum  Mediolanensium  etc.,  2  voll. 
Mediolani  1745.  $  altmann. 

^ad)ClbI=Ü5eÖ08  :#eintidj(Lcjriftiangfviebrtd)b.  [P-*©.  roarb  als  ©orjn 
bes.  piatj^meibrücfener  ©efanbten  unb  beboltmäcfjtigten  «KiniftcrS  3U  «Paris,  ©eorg 
äöitrjelm  b.  $.=©.,  am  27.  3uni  1763  in  ^roeibrücfm  geboren  unb  ftnrb  am 
19.  Februar  1838  in  Verlin.  Sie  gamitie  ^adjetbl  flammt  aus  Vöfjmen  unb 
ift  ein  altes  egerfetjes  «patriciergefcfjledjt,  meines  in  ben  £mffiteniriegen  nad) 
SBunftebel  ausmanberte ;  einem  TOgliebe  berfelben,  SBoligang  $p.  öertier)  ßatl  V. 
1528  ben  Slbel  unb  als  2tneriennung  feiner  ©ienfttreue  einen  golbenen  «pelifan 
im  blauen  gelbe  pm  äöappen,  berfelbe  roarb  1530  Vürgermeifter  ju  SBunfiebel, 
besgleic^en  fein  ©ol)n  SÖolf  Sllejanber  öon  1561  an.  33on  feinen  äarjlrcictjen 
fiinbern  50g  2öolfgang  nac^  langen  Reifen  als  ©efanbter  bes  ftaijetS  1584  nadj 
6ger,  ber  alten  |)eimatl)  bes  ©efd)lecrjts  jurütf  unb  ertearb  aufjer  länblic^en 
iBefi^ungen  ein  |)aus  auf  bem  Üting.  ©ein  Sruber  9t(eranber,  geb.  1548,  ^atte 
bereits  bas  ©ut  ©e^ag  ertoorben  unb  beibe  SBrüber,  bie  eifrige  Sutljcraner  maren, 
erhielten  bom  ^aifer  9iubolf  IL,  batirt  «präg  am  19.  3uni  1610,  ein  ©iplom, 
morii4  bas  bortge  confirmirt  unb  fie  unb  itjre  @rben  mit  ber  greirjeit,  jic^ 
b.  ©erjag  nennen  ju  bürfen,  begnabigt  würben.  3fn  einem  ätoeiten,  1619  erfnuften 
|>nufe  am  fting  marb  3Baüenftein  fpnter  ermorbet.  äBolfgang  ftnrb  1620  mit 
^interlaffung  eines  ©orjnes  3Bolf  5lbnm,  ber  1620  feinem  Vater  als  S3ürger= 
metfter  in  (Sger  folgte,  aber,  ba  er  bie  errungene  Vefeljrung  ßgers  jum  ^a= 
tljolicismui  als  eifriger  »4>tote[tant  nidtjt  bulben  toottte,  bom  Änifer  ^erbinanb 
1629  abgefegt  unb  mit  ©equeftruung  bei  Vermögens  berbannt  mürbe,  fortan 
lebte  er  5U  ©eljag  unb  Söunfiebct,  toofelbft  er  1649  als  branbenburgifc^er  tRatl) 


44  s4$adjelbcl. 

unb  23ice=£)aubtmann  ftarb.  ©ein  borgenannter  Dnfel  Sttejanber  rourbe  23ürger= 
meifter  p  SBunficbet  unb  ftarb  bafelbft  1629  finberloS.  (Hner  feiner  ©ötme, 
SBolf  ©abriet,  war  ©etjeimer  ütatf)  am  marfgräflid)en  |)ofe  ju  Slnfbad)  unb 
ift  als  fdjarf  finniger  (Selefjrter  befannt.  tiefer  gmeig  fiai;&  *n  oer  männlichen 
fimie  1747  auS.  gortgepftanat  mürbe  baS  ©efcfjledjt  burd)  ßfuiftobf),  ben 
ätteften  ©otm  beS  oben  genannten  2Bolf  9ltejanber.  Unter  jeinen  s)tad)fommen, 
bie  ftdj  meift  bem  geiftticfjen  ©tanbe  mibmeten,  tritt  3fof)ann  $.,  1653  in 
«Nürnberg  geboren,  als  berühmter  Orgelfbielcr  unb  (Sombonift  auf.  Sin  anberer 
mar  ©eorg  SBilrjelm,  bfat^meibrüdener  ©efanbter  unb  beboümädjtigter  «fltinifter 
in  «(JartS;  ifjm  mürbe  auf  SJeranlaffung  beS  «Pfaljgrafen  Cnjriftian  IV.  1759  ber 
urftorünglidje  s#bct  reftituirt.  Neffen  ©otm  mar  ber  im  Eingang  erwähnte 
^peinrid)  ßrjrifiian  griebridj.  6r  befudjte  üom  9.  bis  15.  3af)r  baS  ©bmnaftum 
in  groeibrütfen,  fobann  jWei  3faljre  baS  afabemifcfje  ßrjieljungSinftitut  ju  (Solmar 
im  Dber=®lfafe  unb  ftubirte  bou  Oftern  1781  bis  1784  auf  ben  Uniberfitäten 
ßnefcen  unb  ©öttingen.  2tm  23.  2lbrit  1785  mürbe  er  ^Iffeffor  bei  ber  ljcraog« 
lictjen  Regierung  $u  ^fatä=3tt>eibrüdfen,  augteid)  aud)  Äammerjunfer  unb  2lttactje 
beim  ^Departement  ber  auswärtigen  ©efetjäfte.  %m  ©ebtember  1788  folgte  er 
einem  Stufe  ber  föniglid)  fcfjmebifctjen  $rone,  trat  als  «Jtefcrenbar  ju  ©tralfunb 
ein  unb  mürbe  am  21.  «ftobember  1789  gtegierungSratr).  ^m  $.  1810  marb 
er  jum  Äanjler  ernannt  unb  für  feine  ausgezeichneten  SDienfte  in  ber  Verwaltung 
beS  {jobben  «JJoftenS  am  26.  «JZobember  1810  mit  bem  sJtorbftern=£)rben  unb  im 
sDcär,$  1813  mit  bem  ©rojjfreua  beffelben  belotjnt.  jtacrj  bem  Uebergang  beS 
SanbeS  an  Üßreu^cn  machte  if)n  ^riebrid)  2öiu)elm  III.  am  17.  Januar  1816 
3um  Ütitter  beS  sJtotb>n  2Iblcr--£)rbenS  jmeiter  (Stoffe  unb  ernannte  ifjn  am 
23.  Dctober  1817  jutn  (Sfjefbräfibenten  ber  neu  ovganifirten  Regierung  in 
©tralfunb.  9lm  3.  «IJtai  1825  trat  er  in  ben  «Jtufjeftanb  unb  lebte  fortan  mit 
litterarifcb/n  arbeiten  befdjäftigt  in  23etlin.  ©eine  frütjeften  fd)riftftet(erifd)en 
Stiftungen,  meiere  23teberftebt  aufjäf)lt,  betreffen  2)ermaltung  unb  23erfaffung 
©d)mebifd)=«pommernS,  baS  Verfahren  beS  «Ucarfdjatt  ©Qöoujt  gegen  ifm  Imt  er 
felber  in  $üf)S  unb  ©biederS  3eitfdjrift  für  bie  neuefte  <5tefd)id)te,  23b.  4,  ©tue! 
4,  ©.  32—38  bargeftettt;  foftter  überfefete  er  b.  ßunbbtab'S  ®efd)id)te  ßarl  X 
bon  ©djweben. 

23ieberftebt,  «Rad)rid)ten  u.  f.  m.  1822  ©.  98/99.  —  ^ribatmittfieitungen 
beS  6nfetS,  £>errn  $ammerb,erm  unb  «major  a.  5D.  b.  «ß.=®. 

^>äcf  ermann. 
WjcIM:  ^orjann  $.,  geb.  am  1.  September  1653,  f  am  3.  «Mära 
1706  in  Nürnberg.  SDie  «JteidjSftäbte  5Deutfd)lanbS  maren  eS,  meldje  neben  ben 
fürfttidjen  .£>öfen  borjugSweife  bie  fünfte,  inSbefonbere  bie  £ontunft  förberten 
unb  unterftü^ten  unb  fo  begegnen  mir  benn  in  ber  beutfcfyen  9Jtufifgefct)icr)te 
bieten  tarnen,  bereu  Präger  itjnen  entflammten  ober  bod)  einen  fegenSreictjen 
SBirfungSfreiS  in  Urnen  fanben.  2Bie  in  früherer  3e^  Augsburg  unb  Nürnberg 
burdj  itjren  Äunftfinn  b^erborragten,  fo  bis  in  unfere  Sage  granffurt  a.  5Jt., 
Hamburg,  23remen.  9tun  maren  eS  jmar  nietjt  immer  bie  gtänjenbften  6rfd;ein= 
ungen  ib^rer  $tit,  bie  Ijier  eine  befd>eibene,  ttjätige,  im  Verfeb^r  mit  -gjanbmerfern 
einfad)  bürgerlictje  @i-iften3  frifteten,  mol  aber  maren  eS  ferjr  tjäufig  fotdjj;,  bie 
rafttoS  lehrten,  fammelten,  fidjteten  unb  baburd}  nid)t  feiten  ju  ben  nadjtjaltigften 
unb  frud}tbringenbften  ütefultaten  unb  ju  einem  meittjinauS  beften  .fi'lang  beb^aub= 
tenben  Flamen  gelangten.  SDer  größte  biefer  in  ftäbüfdjen  S)ienften  fteb.enben 
^Jtufifer  mar  ©eb.  23ad);  il)m  aber  reirjen  fid)  biele  an,  bie  burd§  tt)re  2öer!e 
unb  ib^re  ^unftübung  Imd>berüf)mt  unb  feb^r  einflußreich  mürben.  Unter  ben 
letzteren  nimmt  ty.,  ber  angefetjene  unb  „beftberbiente"  Drganift  bei  ©t.  ©ebalb 
in  Nürnberg,  ein  ftreunb  3).  Sujtel)ubeS  in  ßübeef  (f.  31.  ©.  23.  III,  667)  unb  mit 


5ßarf)eibel.  45 

it)m  einer  ber  T6earf)ten§ioevtt)cften  Vorgänger  beS  unerreichten  leipziger  £f)oma3= 
cantorS,  eine  erjrenöolle  unb  tjerporragcnbe  ©teile  ein.  Gr  ertjielt  eine  grünblidje 
roiffenfdjaftticrje  Ghzierjung,  machte  ba§  ßaurenzer  ©rjmnafium  burd),  unb  rourbe, 
ba  er  grofje  Suft  zur  9!Jtuftf  Perfpüren  liejj,  toon  bem  bamaligen  ©t.  ©ebatbex 
©djulcollegen,  $.  ©djroemmex  (1621—96),  einem  ©djüter  %.  SraSmuS  $inber= 
mannS,  Drganift  au  ©t.  Siegibt  (f.  31.  ©.  SS.  XV,  762),  auf  »ergebenen  3nftru= 
menten,  namentlich)  bem  Glaüier  unterrichtet,  ©djroemmer  zählte  zu  ben  geachteten 
SEonfetjern  beS  17.  ^atvrfmnbertS  unb  mar  befonberS  als  Serjxex  ausgezeichnet, 
benu  auftex  «p.  roaren  N.  ©eint,  %.  Krieger,  3.  ©abr.  ©ctjürj,  War.  3eibler 
u.  a.,  atte  bebeutenbe  Nürnberger  Iftufifbirectoren,  Organiften,  Gomponiften  unb 
^nftrumentiften  [eine  ©djolaren.  3lud)  baS  ift  bezeidjnenb  füt  bieS  reidjSftäbtifdie 
9Nufifleben,  bafj  man  bei  ben  Slnftellungen  jaft  immer  bie  ©tabtünber  beborzugte, 
fo  bafj  in  geroiffen  Familien  bie  9Jtuftfübung  fid)  fortpflanzen  unb  man  roirflid) 
bon  Sonfctmlen  mit  beftimmt  ausgeprägtem  Gtjaxaftex  fpredjen  fonnte.  Nament= 
lidj  tagen  nact)  btefer  Nidjtung  in  Nürnberg  bie  SSertjältniffe  günftiger  als  irgenb 
fonft  reo.  5Die  altberüfjmte,  roeitauSgebetjnte  NeidjSftabt  zäfjtte  biete  Äirdjen  unb 
ta  in  allen  proteftantifdjer  ©otteSbienft  ftattfanb,  fo  mar  für  jebe  berfelben  ein 
befouberer  Drganift  unb  ein  ßantor,  für  bie  gröfjem  aud)  ein  ^Jcufifbirectox 
nöttjig.  2)ie  Karriere  für  bie  beftqualtficixten  ^Dlufifer  begann  in  ber  Neget  in 
ber  SöalbuxgS*,  ©pitatS=,  %  ©eiftS=,  Jacobs*,  ^ftouenfirerje;  angefetjenere' ©tel= 
lungen  boten  bie  2legibien=  unb  Sorenzerfirdje ;  bie  einftufjreicrjfte  bie  ©ebalber= 
firdje.  Nun  roaren  ^roar  bie  meiften  biefer  Seamtungen  nur  fet)r  gering  bejatjtt, 
ja  oft  roaren  eS  erjrfame  |)anbrDerfer,  roeldje  fie  berfatjen,  roaS  übrigens  in  einer 
©tabt,  in  ber  bie  «Uteifierfingex  fo  lange  fid)  in  9lnfer)en  erhielten,  nidjt  über= 
xafdjen  barf.  SIber  eine  geroiffe  ©idjerung  ber  (Sxjftenj  unb  bie  mit  allen  biefen 
Stellungen  berbunbenen  freien  SlmtSroorjnungen  feffelten  immer  tüdjtige  Gräfte, 
benen  jubem  mit  ben  Saljren  ein  23orrüden  in  SluSfidjt  ftanb,  an  bie  Jpeimat. 
23iS  ju  ben  üEagen  ^ßadjelbelS  fönnen  mir  eine  ftattlici)e  Neitje  tjodjangeferjener 
Namen,  allen  boran  bie  bxet  ©ötme  beS  auS  23öt)men  eingeroanberten  $nftru= 
mentiften  3faac  £aSler,  £an8  fieo  (1564  —  1612),  ^acob  unb  GaSpar  (t  1618) 
anführen.  Nur  ber  letztere  berfelben  blieb  in  Nürnberg  unb  pflanzte  ba  fein 
©efd)led)t  fort.  —  Nad)  ber  Qnnfütjrung  ber  Neformation  tritt  unS  junädjft 
©eb.  £>et)ben  (1493 — 1561),  Nectox  bei  ©t.  ©ebalb,  entgegen.  SDann  ber  als 
Gapellmeifiex  in  granffutt  a.  2Jt.  beworbene  3.  21.  #erbft  (1588—1660). 
©ein  3enÖenoile  toar  3-  ©taben  (1579 — 1634),  anfangs  fürfttid)  branbenbur= 
gifd)er  £)oforganift  in  23ab,reutt),  feit  1620  Organift  bei  ©t.  ©ebalb.  ©ein  ©ofjn 
©iegm.  ©ottl.  (£l)eopt)iluS)  ©taben  (1607—55),  ber  Gomponift  beS  erften 
beutfetjen  ©ingfpielS  „©eeleroig",  rourbe  fein  9lmt§nad)fotger.  ©effen  Soüegen 
an  ben  übrigen  ^ird)en  roaren  S5at.  S)re^el,  6a§p.  Neumeier,  Nie.  SDeinl,  5Daöib 
©djäblidi  unb  3-  93en.  <^a§ler.  @§  folgen  nun  $.  6ra§.  ßinbermann,  Jp.  ©d)roem= 
mex,  «p. '  ^cinlein  (1620—86),  ®.  6a§p.  SBeber  (1632—95),  91  Ib.  3Jtatt. 
ßun^enbörfer,  ^.  Söhnet  (1645—1705),  %  «Dlart.  Nubert  (geb.  1615,  ftarb 
als  Organift  in  ©tralfunb  1676)  u.  a. 

Nac^bem  $.,  beöox  ex  Nüxnbexg  füx  lange  3«U  pexlie^,  noct)  bie  33orlefungen 
im  Auditorio  Aegidiano  fleißig  befudjt  Ijatte,  be^og  ex  bie  Uniüerfität  3U  2llt= 
borf,  al§  angeljenber  ©tubio  bereits  zugteid)  ben  Drganiftenbienft  bafetbft  öer= 
fetjenb.  ©eine  finanziellen  Mittel  fdjeinen  jebodt)  nicfjt  auSreidjenb  geroefen  zu 
fein,  it)m  längeren  9lufentt)alt  tjiex  zu  ermöglichen,  roeStjalb  er  fd)on  nad)  neun 
Monaten  nad)  NegeuSburg  überfiebelte,  roo  man  itm  in  2lnfel)ung  feiner  t)er= 
Porragenben  dapacitäten,  als  überzähligen  3llumnuS  gerne  in  baS  bortige 
Gymnasium  poeticum  aufnahm.  SDxei  ^at)re  toeilte  ex  l)ier,  neben  toiffenfct)aft= 
liefen  ©tubien   eifrigft    bie  Unterroeifung   beS   angefetjenen,   fid§  momentan  t)ier 


46  üßacfjelbel. 

aufrjaltenben  Gontrapunctifien  *Prentj  benutjenb.  3fn  jeber  Jg>infi(^t  Wot)l  borbe= 
rettet  ergriff  er  etne§  S£ageS  eine  fiel)  itjm  btetenbc  ©etegencjeit,  auf  ber  üDonau 
nacr)  SBten  rjinabjufarjreii.  Salb  warb  it)m  tjier  bie  IJluSjeicrjnung,  als  beS 
berühmten  §oforganiften  $.  ßeopolbS  L,  3.  ßaSpar  ÄerH  (21.  ©.  SS.  XV,  628, 
Scrjüter  23atentim'S  in  SBien  unb  ßariffimi'S  unb  greScobalbi'S  in  9tom)  ©etjilfe 
unb  ©teilt) ertreter  bei  St.  Steptjan  angefteltt  ju  werben.  S£)er  Umgang  mit 
biefem  größten  beutfdjen  9ftufifer  bot  it)m  aufs  neue  befte  ©elegentjeit,  fiel)  als 
Drgetfpieter  wie  als  Xonfe^er  ju  berbotltommnen.  ^m  $.  1675  ertjielt  er 
unter  fefjr  annehmbaren  Sebingungcn  einen  9tuf  als  Drganift  beS  ^erjogS 
3or).  (Seorg  bon  Sadjfen  naä)  (Jifenaät).  5Doä)  ferjeinen  fiel)  im  Verlaufe  ber 
näctjften  3faf)",  inSbefonbere  nacr)  bem  -gunferjeiben  beS  ^>erj.  Serntjarb  bon 
$ena,  bie  mufitatifetjen  33ert}ältniffe  nid)t  wünfctjenSWertt)  geftaltet  ^u  fabelt, 
weStjalb  $.  nact)  brei  Satjren  biefe  Stellung  mit  einer  ärjnlidjett  an  ber  ^ßrebiger= 
firerje  in  (Sirfurt,  in  welcher  Stabt  er  nun  jWölf  Satire  „ju  jebermannS  Vergnügen 
töbtict)  Wattete",  bertaufdjte.  ^ier  berrjeirattjete  er  fid)  mit  ber  Zodjttx  beS 
StabtmajorS  ©abier;  bann  als  er  feine  ^a'ciu  unb  feinen  einzigen  Sotm  burd) 
ben  ü£ob  berloren  tjatte,  mit  ber  SLocijter  beS  ÄupferfctjmiebS  £rummert,  bie  it)m 
fieben  Äinber  (fünf  Sötme  unb  jmei  ütödjter)  gebar,  wclcfje  alle  ben  SSater 
überlebten.  Sößie  in  Sifenad)  entließ  man  tt)n  auet)  in  Gsrfurt  nur  fetjr  ungern, 
als  er  1690  einem  $ufe  ber  berwitweten  ^er^ogin  9Jcagbalena  Srjbitta  bon 
Söürtemberg,  in  beren  1)ienften  einft  auä)  ber  beiürjmte  groberger  geftanben 
t)atte,  als  ^ofmufifer  unb  Drganift  nacr)  Stuttgart  folgte.  5)can  rühmte  bon 
(Srfurt  auS  nicfjt  nur  fein  mufifalifcrjeS  (Sefdjicf,  fonbern  aud)  fein  „treu=auf= 
ricrjtigeS  ©emüte  unb  feine  burcr)  Seben  unb  SBanbet  betätigte  ©otteSfurcrjt, 
Qfyx=  unb  9teblid)feit".  Seibct  mar  feines  SBtcibenS  in  Stuttgart  nicfjt  lange. 
Sct)on  einmal,  im  $•  1688,  Waren  bie  $ranjofen  unter  bem  'üJtorbbrenner 
^Jtelac  in  Söürtemberg  eingefallen  unb  rjatten  unter  ^erjffonnet  Stuttgart  geftürmt 
unb  brei  ütage  lang  geplünbert.  1692  fetjrten  fie  jurücf.  2öaS  fliegen  tonnte, 
flot).  SBicle  ber  aurüctgebliebenen  Semotjner  mürben  bon  ben  übermütigen 
Siegern  beqagt,  unter  itjnen  aud)  ^3.,  ber  nun  mit  grau  unb  Äinbern  unb  ofme 
^ilfe  unb  llnterftüiuing  in  bem  bom  Kriege  fcrjWertjeimgefucrjten  Sanbe  Wodjen* 
lang  umherirrte.  ,,S)ocr)  tjalf  it)m  (Bott  balb  toieber."  S)ie  ^eqogin,  feine 
guten  Qualitäten  taut  anerfennenb,  cjatte  it)n  auf  feine  Sitten  am  1.  Dctcber 
1692  aus  itjrem  SDienfte  enttaffen.  sHim  8.  5cobember  fetjon  mürbe  er  jum 
Drganiften  in  ©ottja  ernannt.  Unmittelbar  barauf,  am  2.  2)ecember  erhielt  er 
auet)  einen  9luf  nacr)  Djforb,  bec  fpäter  mieberljolt  mürbe;  aber  ^J.  lehnte 
beibemate,  fetner  jatjtreicfjen  Familie  megen,  ab,  il)m  ^u  folgen.  (Jbenforoenig 
war  er  31t  bewegen,  wieber  nacr)  Stuttgart,  bon  wo  bringenbe  ©inlabungen  ^ur 
3rüclfel)r  eintrafen,  jurücljufeljren.  311S  in  Nürnberg  1695  ber  Drganift  bei 
St.  Sebalb,  ©.  ©afp.  Söecfer,  ftarb  unb  man  itjm,  ber  fict)  einen  etjrenbotten 
Äünftterruf  in  feinen  bisherigen  Sebienftungen  gegrünbet  rjatte,  biefe  Stelle  anbot, 
übernahm  er  fie  freubig,  nur  um  in  feiner  lieben  Saterftabt  wieber  leben  unb  Wirten 
3U  fönnen.  „W\t  weterjem  9Utt)mc  er  biefem  9lmte  borftanb,  ift  faft  Wettfunbig. 
dr  äuerft  fjat  in  S)eutfd)tanb  bie  Duberturenart  auf  bem  Gttabier  eingeführt  unb 
bie  Äircrjenmufif:  boUlominener  gemaetjt." 

Sdjon  im  16.  ^at)rt)unbert  begegnen  wir  einer  grofjen  Qctfjl  tüchtiger 
Drganiften,  nicfjt  nur  in  5Deutfcr)lanb,  aucl)  in  Italien,  ben  sJtteberlanben  unb  in 
granfreief).  ®ie  Drget  War  baS  ßoncertinftrument  biefer  3eit;  boer)  t)at  man 
fid)  bie  Drganiften,  bie  im  ©egenfatj  3U  anbern  Smftrumentiften,  ben  Spielern 
bon  Saiten=  unb  23la§inftrumenten,  fo  genannt  würben,  attet)  immer  als  trefflicfje 
Stabierfpieler  jju  benlen.  6iner  ber  auSgejeicljnetften  Drganiften,  ein  Sctjüler 
ber  Senetianer  ®iof.  3artino  unb  5lnbr.  ©abrieli,  3.  $.  Sweelind  (1560—1621) 


tnirfte  in  Slmfterbam;  in  9tom  genofj  ber  Dvganift  an  ber  ^eteräfirche,  ©irot. 
gre§cobalbi  (1587—1640),  ein  ©chüter  gr.  9Jtttteöitte8,  eines  meitberbreiteten 
Ütufe§.  ©ein  bebeutenbfter  ©chüter  mar  ber  berühmte  $•  3.  groberger  (ftarb 
1667).  9lu§  ©meelincfä  ©chule  ftammte,  aufjer  bieten  anbern  angelesenen 
Mnfttern,  ber  Sßatet  be§  beutfcrjen  broteftantifdjen  DrgelfbielS,  ©am.  ©cheibt 
in  .gmüe  (1587 — 1654).  auf  beffen  ©chuttern  lieber  SBujtebube  unb  %  unb 
bie  meiften  ber  aa^treictjen  Drganiften  be§  17.  $at)rl)unbrrt§  fielen.  5]3.  mar 
einer  ber  erfien  Gomboniften,  toelc^e  bie  ©ctjranfen  ber  alten  2onlet)re,  bie  fo 
lange  baä  ©chaffen  Trüberer  9Jteifier  beengt  Ratten,  burctjbracfjen.  6r  bebiente 
fidj  faft  au*nabm§lo§  ber  mobemen  2)ur=  nnb  93tollgefdjtecbte.  ©eine  SrjätigEett 
unb  fein  33orgeben  eifdjeinen  ferner  be§megen  fo  roicbttg,  toeil  er  bie  muftfaltfdjen 
formen  erweiterte,  bebeutfamere,  burch  innere  ©efcbtoffentjeit  unb  dmrafterifiifctje 
Färbung  fich  au§jeicl)nenbe  £r)emen  erfanb,  beren  £>urd)fürjrung  er  berftänbig  unb 
blanmäfjig  ju  grupbiren,  ju  gltebern  unb  ,ju  entroicfetn  ttmfjte  unb  meit  er  nament= 
lief)  feinen  (Eboralborfbieten  eine  ibeettere  23ebeutung,  al§  man  biäber  gemobnt  mar, 
3u  geben  bermocrjte.  ©eine  (Stjorcombofittonen  finb  bei  aller  grifetje  unb  £ieb= 
licbjeit  boeb,  roürbtg  unb  nicht  feiten  bon  großer  unb  glänjenber  SBirfung,  babei 
immer  metobifdj  unb  fangbar.  1Da§  ©rtjabene  unb  kräftige  gelingt  tbm  ebenfo, 
toie  ba§  Qaxk  unb  «^eitere.  2)urcb  alle  feine  ©efänge  roetjt  ein  (Seift  be§  Söotil« 
tooHen§,  ein  Stebreiche§;  jubem  erfüllt  fie  bie  anmutfjenbfie  ^annigfaltigfeit.  £)a§ 
©efangmäfjige  offenbart  ftch  felbft  in  feinen  Orgelftücfen,  bie  nicht  mie  bei  anbern 
Sonfefeern,  bamalä  bom  Örgetmäfjigen ,  beute  bom  Glabiermä&igen  beeinflußt 
mürben  unb  finb.  5ß.  berfctjieb  11  $ab,re  nacb  feinem  testen  2lmt§antritte 
unter  bem  leifen  ©ingen  feines  SiebtingStiebeS :  „<£)err  3efu  ßrjrift,  mein§  £eben§ 
ßidjt".  Unter  feinen  $inbem  tt)at  fiel)  feine  ättefte  Socfjter  „eine  fonberbar= 
fünftlidje  Jungfer,  auf  meldje  er  ein  9lnfebnlicf)c§  mit  aller  ßuft  gewanbt  unb 
bie  ibn  mit  iljren  fettenen  äßiffenfcfjaften  felrc  ergötjte",  tjerbor;  ebenfo  ^eidmete 
fich  fein  ältefter  ©obn,  bon  bem  nadjber  noct)  bie  9tebe  fein  mirb,  aU  tüchtiger 
©rgetfbieler  auS.  —  ^n  neuefter  $eit  mürben  biete  bon  ^aerjetbetä  bisher  uu= 
gebrueft  unb  unbefannt  gebliebenen  £)rgel=  unb  ©efangeombofitionen  in  berfcbje* 
benen  ©ammelmerfen  (fiebe  £b.  33u§bö,  2lEg.  ©efebiebte  ber  Wtufif,  S.  1821; 
gr.  Sommer,  Musica  sacra,  33b.  I  unb  III,  23erl.;  $.  gifchboj,  Gtaff.  ©tubien 
für  *ßianoforte,  Sßien;  ©.  20.  Körner,  ber  OtgetbirtuoS,  (Srfurt;  g-  Siegel, 
Praxis  Organoedi  in  Ecclesia,  23rijen ;  ©chtefinger,  Anthologie  classique ;  £raut= 
mein,  Collection  de  morceaux  classiques  et  modernes;  (L  bon  SöinterfelD,  ber 
ebangetifebe  Ätrchengefang,  23b.  II,  8.  1845  u.  f.  m.)  beröffentüctjt.  3«  feinen 
ßebjeiten  erfebienen :  1)  in  ben  Sagen,  ba  in  (Erfurt  eine  anftedenbe  ©euebe 
biele  3Jtenfcben  binraffte  (barunter  auch  üßachelbels  grau  unb  ©ot)n):  ,,^ufi= 
fatifebe  ©terben§=©ebanfen"  au§  4  bariirten  6borälen  beftebenb,  für  Glabier, 
Erfurt  1683;  2)  „^Jiufifalifche  ©rgefeung",  au§  6  berftimmten  Partien  bon 
2  33iolinen  unb  ©.=33.  (©eneralbafi),  9atürnb.  1691;  3)  „ßboräle  jum  $räambu= 
liren",  acht  an  ber  3a^-  s^ürnb.  1693;  4)  Hexachordum  Apollinis  sex  arias 
exhihens  organo  pneumatico,  vel  clavato  cymbalo,  modulandas,  quarum  singulis 
suae  sunt  subjeetae  variationes,  philomusorum  in  gratiam  adornatum.  Studio 
ac  industria:  Ioannis  Pachelbel  Xurembergensis,  in  aede  patriae  Sebaldina 
organoedi.  1699  (ba§  Titelblatt  ift  bon  6orn.  9tic.  ©ebur^  geftoeben.  S)a3 
44  ©.  umfaffenbe  SBerfchen  ift  „benen  3Bol  ßblen,  unb  b  ortreff  lieben  Ferren, 
^>r.  gerb.  £ob.  Siebter,  ^brer  Ä.  ^.  5Rajeft.  beft=meritirtem  ^of=  unb  6ammer= 
Organiften.  Unb  |).  S)ietr.  SSui'tebube,  ber  ,g)aubt=$irche  ju  ©t.  lilarien,  in 
Sübecl,  beft=meritirtem  Drganiften  unb  Directori  Musices.  33eiben  2Beltberübm= 
ten  Musicis,  feinen  <£oc£ge(5:brteften  ^erren  unb  ^ochmertbeften  ©önnern"  bebicht). 
günf  4  ober  Stactige  Strien  merben  bier  je  6  mal  bariirt.     91ur  bie  lebte  Aria 


48  $ad)ctbel. 

Sebaldina  tjat  12  ladt  unb  8  33artationen.  2Iuö  bem  für  geübte  ©pieler 
beftimmten,  im  galanten  ©tue  gefdjriebenen  unb  mit  üppigem  ^tguvenroeif, 
roie  er  eS  liebte,  auSgeftatteten  <£efte  fann  man  ben  ©tanb  ber  gteidjjeitigen 
(Slabiertedmif  über^eugenb  erfennen.  $rgenbtoelcrjen  mufitalifdjen  SSertrj  ober 
tieferen  ©efjatt  tjaben  bie  tjter  gebotenen  ütonfätje  jebod)  nierjt.  —  @in  beacrjtcus* 
mertfjeS  l)anbfd)rifttid)eS  2öerf  *pad)etbelS  befi^t  bie  grofjrj.  33ibliotf)ef  in 
Sßeimar :  „^abntatuibud)  geiftlidjer  ©efänge  D.  Martini  Lutheri,  unb  anberer 
gottfeliger  s}Mnner,  fambt  beigefügten  ßfjoralfugeu,  burdjS  gan|e  3iarjr.  bitten 
Siebrjabern  beS  (SlabiereS  componiert."  1704.  33on  ben  274  ^Jlelobien  biefeS 
9ttanufcripteS  finb  jebod)  nur  160  bon  ty.  felbft  bearbeitet.  (Sine  2luSgabe 
feiner  fämmtlicrjen  Drgelcompofitionen  rjat  f.  3-  ©•  20-  Äörner  in  ©rfurt  be- 
gonnen. (5S  mujj  tjier  nod)  bemerft  werben,  bafj  $.  ber  muttjmafjlidjc  ©änger 
ber  beliebten  (vrjoralmetobien  :  „2öaS  ©ott  trjut,  baS  ift  tnolgettjan",  unb  „2Bo 
foll  id)  flietjen  tjin"  fein  bürfte.  —  2Bitr)e(m  £ieront)muS  ty.,  ältefter 
©otjn  beS  ^oljann  $.,  geb.  um  1685  in  Erfurt,  f  als  SlmtSnacrjfoIger  feines 
s-8aterS  (?)  in  Nürnberg,  mar  aud)  beffen  Gompo[itionS=  unb  ßtabierfdjüler. 
@r  erhielt  perft  bie  Drganiftenftette  in  ber  Diürnbergfdjen  33orftabt  2öörjrb  unb, 
jur  großen  3h-'eu°c  oc§  [terbenben  SJaterS,  einen  £ag  bor  beffen  £obe,  bie  bei 
6t.  $acob  in  Nürnberg.  93on  feinen  Sompofitionen  ecfdjienen:  „lühififatifdjeS 
iöerguügen"  befterjenb  in  einem  Praeludio,  Fuga  unb  Fantasia  (in  C)  forool  auf 
bie  Orgel  als  aud)  auf  baS  (Stabter,  ben  ßiebtjabem  ber  9Jtufif  borgefteüt  unb 
componirt."  sJlürnb.  1725.  Unb  „Fuga  in  F  dur  fürS  ßlabter."  ©benba. 
9llte  feine  übrigen  Stonfätje  fd)einen  9ftanufcript  geblieben  ju  fein,  bis  auf  einige 
£)rgelftüde,  3.  33.  eine  $uge  in  h,  roeld)e  in  ben  legten  ^aljr^etjnten  ©.  20. 
Körner  in  (Erfurt  beröffentlicfjt  t)at.  ©d)letterer. 

^Odjdbel:  Söolf  3lbam  $.  b.  ©erjag,  geb.  1599,  f  1649.  —  ©er 
©otm  eineä  ber  reidjften  unb  angefet)enftcn  s43atriciergefdjled)ter  ber  bormalS 
beutfdjen  9teid)Sftabt  @ger,  erfdjien  SBolf  Slbam  $.  fd)ou  bon  ©eburt  berufen, 
in  ber  bebeutfamften  @pod)e  ber  fo  roedjfeltootten  ©efd)id)te  feiner  SJaterftabt  unb 
ÜjreS  au§gebetjnten  ©tabtgebieteS  eine  tjerborragenbe  Stolle  31t  fpielen.  ©ie  beften 
Slaturanlagen,  gemedt  unb  geförbert  bon  einer  trefflidjen  (Sraietjung ;  eine  glür)cnbe, 
merfttjätige  Üieloe  jur  Heimat  unb  ^ur  ftrcirjeit,  roie  pm  ebangelifctjen  ©tauben: 
bie  fd)önften  33ürgertugenben  einer  angeblid)  „guten  alten"  ^eit  üermodjteu 
gtcidjroob.l  nid)t  bie  ©turmftutt)  aufhalten ,  unter  beren  melterfd)ütternber 
93ranbung  bie  potitifcr)e,  nationale  unb  confeffionette  ©elbftänbigfeit  einer  großen 
beutferjen  ©emeinbe  ju  ©runbe  ging  unb  itjre  ^ütjrer  aEe  nadj  tjartem,  ber= 
3tt)eifeltem  Söiberftanbe  mit  fieft  begrub. 

9113  ©tammbater  be§  ©efdjlcd)te§  5]3.  (eigentlicr)  „53ad)elbel")  gilt  ein 
freier  beutfdjer  Sauer  biefeS  'iJlamenS  im  2)orfe  Ofd^roiü  bei  3Xr3berg=©d)irnbing  im 
©gerer  2Beid)bilb.  ®r  wirb  urfunbtid)  jum  erften  W.aU  im  ^atjre  1390  ge= 
nannt.  S)er  33ad),  an  bem  baS  @cr)öftc  beS  jungen  „ßlbel"  (munbartlid)  für 
„9llbred)t")  gelegen  toar,  gab  ot)ne  gtoeifel  bem  93efi^er  unb  feiner  Familie  bie 
tegeUedtjte  2aufe,  bie  freilid)  nid^t  üerfjüten  tonnte,  ba^  bie  urfprünglidje  unb 
aud)  fpäter  nod)  fer)r  tjäufige  gorm  „^öactjelbel"  nad)  unb  nad)  bleibenb  in 
„^adjetbel"  umgcmanbelt  tourbe.  (Sic  formen  „$actjf)ätbel  u.  bergt,  finb  nad)= 
roeiSbar  uncorrect.)  6in  ^>an§  ty.  lebte  bor  1440  bereits  in  (Sger  unb  erroarb 
liegenben  ©runb  bafelbft.  Ulrid),  fein  ©oljn,  rourbe  in  ben^a^'en  1473—1516 
roteberrjolt  in  ben  „äußeren  9tatt)"  ber  ©tabt  geroätjlt,  jebodj  mttllntcrbredjungen, 
ba  er  roärjrenb  biefer  ^cit  öfter  im  benachbarten  SBunfiebel  üerroeitte,  mofclbft 
er  ftdj  aud)  mit  gattjarina  grie^ner  bermätjlte.  ©er  ältefte  ©ol)n  biefer  (iürje, 
äßolfgang,  blieb  in  SBunftebel  unb  mürbe  bort  23ürgermeifter.  SDrei  jüngere 
©öt)ne,  ^JliflaS,    ©eorg   unb  ^ofjann,   berroatteten   baS  bäterlicrje  ©ut  in  @ger; 


^adjclbcl.  49 

bereit  23rüber  Stnbreas  unb  Stomas  wanbteu  ficf)  bem  geiftlicf)en  ©tanbe  311 
unb  gingen  nadj  dtom,  mäfvrenb  (£rasmu§  als  „9Jlagifter"  in  Seip^ig  lebte. 
33on  Ulridjs  aafjlreidjer  sJ{ad)fommenfcr)ait  rjintextiefe  nux  äöolfgang  einen  männ= 
lidjen  färben,  2llej:anber,  ber  aber  feinen  äöofmfiij  nicfjt  in  Gger  nat)m,  wie  benn 
nacfj  (Seorg's  £obe  im  %at)xe  1530  bie  gamilie  $.  für  einen  Zeitraum  Don 
fünfzig  $afjren  gän^lid)  aus  (£ger  üerfcrjmunben  31t  fein  fdjien.  35is  baljin  fjatte 
aud)  fdjon  ein  faifertidjies  5Diplom,  d.  d.  ©perjer,  23.  %uü  1528,  ber  gamilie 
5ß.  einen  SBappcnbrief  berlierjen,  at§  beffen  „JHeinob"  in  blauem  ober  la^ur= 
farbenem  ©ctjtlbe  „ein  gelb=  ober  golbfaibener  ^}cLifan  mit  aufgetfjanen  ö^ügen" 
figurirte,  „metcrjer  mit  bem  ©djnabel  bie  23ruft  eröffnet;  auf  bem  ©d)ilb  ein 
©tecrjrjelm,  beiberfeit§  mit  gelber  ober  blauer  £)elmbetfen,  barauf  abermals  ein 
gelber  5petifan,  toie  im  ©djilb." 

Sxft  $Ile;canber's  ältefter  ©otm,  Sßolf  gang  IL,  fe'fjrte  nad)  Dielen  großen 
Steifen  unb  manigfactjen  (Srlebniffen  in  SEienften  Gürarjerjog  Äarl's  Don  ©tetei« 
mar!  unb  ber  Äaifer  9Jtarjmilian  unb  Dtubolf  IL  nadj  @ger  aurüd.  6r  felbft 
bertdjtet,  bafj  er  feine  ^ugenb  „in  ^ifpania,  ^tatia,  ©aHia,  dngetanb,  9iteber= 
lanb  unb  anberen  metjr  fremben  Nationen  um  Erlernung  ber  Sprachen,  freien 
fünfte  unb  ehrbaren  löblichen  2ugenben  jugebradjt"  unb  alebann  an  ©rä^er^og 
StaxVZ  £>of  gebogen,  ber  itjn  „in  bero  ©efdjäften  nadj  granheidj  berfdjidt",  too= 
felbft  er  bie  itjm  aufgetragenen  SBeferjte  „^u  ^tjrer  ^ürftt..  5Durdjlaudjt  gnä= 
bigftem  Gontento  üerudjtet."  hierauf,  erjärjlt  Söolfgang  meiter,  fei  er  mit 
i?aifer  33lajimilian'§  IL  ©efanbten,  £>ane  Äotoenal,  Otitter  bes  5Deutfdjen  Drbens 
unb  (Sr^eräog  $arl's  (5>ef)etmem  dtatt)e,  nadj  tyoUn  unb  enblitt)  mit  bem  faifer= 
lidjen  Örator  griebrid)  Don  33reuner  nadj  JYonftantinopel  gegangen ,  wo  er 
„üor  einen  etlidjer  ©pradjen  funbigen  Agenten  im  ©^reiben,  ßoneipiren  unb 
SEransferiren  Dieter  geheimen  ©adjen  gebraucht"  mürbe.  „2lls  aber  gemelbier 
^perr  Drator  SSreuner  ju  $onftantinopet  üEobes  berfcrjieben,  ljabe  id}  midj  gen 
$erufalem  begeben  unb  nad)  foldjer  meiner  gtüdlicfjen  SBieberfunft  in  2)eutfdj= 
lanb  in  $tjrer  faiferl.  9-ftajefiät  ©tabt  @ger  niebergetaffen."  6s  mar  im 
Sfafjw  1584. 

©tabt  unb  Jheis  (Jger  ober  „ba§  ©geilanb" ,  Dormats  im  S3efi^e  ber 
33abenberger=2lmerbater,  bann  ber  SJorjburger,  feit  1149  ein  <£ausgut  beripo§en= 
ftaufen,  mar  unter  ben  legten  ßaifern  biefes  Kaufes  unmittelbares  Oteidjslanb 
gemorben.  9loct)  bei  Sebjeiten  Äonrabin's  im  Safjre  1266  burdj  Ottofar  IL  üon 
23öfjmen  in  SBefitj  genommen,  feboerj  im  Kriege  mit  9iubolf  üon  ^abeburg  an 
bas  Üteid)  jurüdgegeben,  mar  es  üon  1279—1291  unb  üon  1301 — 1315  mieber 
unmittelbares  üieicfjslanb,  bi§  e§  im  ^a^re  1315  ßubmig  Don  Saiem  an  ben 
j?önig  Don  5Bö^men  üerpfänbete.  ©eitbem  mar  bas  Gügerlanb  mit  23öb,men,  „je= 
bod)  nid)t  mit  bem  ©taate ,  fonbern  mit  ber  Ärone  Don  23öl)men",  Derbunben 
gemefen ,  „mit  aEen  ^erritorialredjten  unb  bem  Sßorbetjalt  ber  Üteicrjs^o^eit", 
gleidjmie  bie  ©raffdjaft  ©la^  unb  anbere  ßänbergebiete.  W\t  ängftlidjer  ©org= 
falt  tjatten  bie  SBürger  üon  @ger  irjre  ^rei^eiten  feberjeit  gema^rt  unb  fo  aud) 
„alle  Könige  unb  Äaifer  bas  gefd^toffene  Territorium  bes  ©gerlanbes,  feine 
ftaatsied)tlid)e  ©teüung,  foroie  bie  befonberen  9ved)te  ber  ©tabt  unb  bes  Sanbes 
üon  Sger  in  s]ftajeftät§briefen  anertannt."  Dtidjtsbeftomeniger  mar  bie  2tusfidjt 
auf  eine  Sßiebereinlöfung  @ger'3  jum  9teid)e  immer  meljr  gefdjmunben ,  jumat 
feitbem  bie  beutfdjen  Äaifer  jugleid)  Könige  üon  33öt)men  waren.  @§  fehlte 
barum  nidjt  an  mand)erlei  SSerfucrjen,  ©ger  in  ein  engere§  33er^ältni|  ^u  Sötjmen 
ju  bringen  unb  Don  ben  böfjmifdjen  Sanbtagsfdjlüffen  abhängig  ^u  maerjen  als 
ein  ber  ^rone  ^ßötjmen  „auf  emig  Derfe^tes  ^jinb."  2) er  ©emeinbe  ben  alten 
reidjsftäbtifdjen  (Srjarafter  ju  matjren,  galt   bemgemä^    al§  bie  üoräügtid)e  2luf= 

SUtgem.  beutfd&e  Sötograttiie.   XXV.  4 


50  Sßadjelbel. 

gäbe  ber  (Sgerer  ©tabtbertretung,  in  roelctje  Söolfgang  ty.  atSbatb  berufen  tourbe, 
um  fd)on  im  3a£)te  1600  junt  Sürgermeifter  getoäfjtt  3U  roerben,  nad)bem  er 
jujei  ^atjre  3Ubor  burd)  bie  -gieiratf)  mit  Urfula,  ber  ü£od)ter  be§  SSürgermeifter§ 
%xan]  Runder  bon  Oberfuureut,  3U  ben  bornerjmften  Familien  ber  ©tabt  unb 
be§  £anbe§  (Sger  in  bie  engfien  SBeaierjungen  getreten  mar. 

■Kod)  mar  bie  gemiffentjafte  SSatjrung  be§  ftäbtifd)en  ^ntereffeg  atterbingS 
botlfommen  bereinbar  mit  bem  fd)utbigen  ©etjorfam  gegen  hm  8anbe§f)errn, 
roenn  btefer,  mie  $aifer  gtubotf  II.,  bie  berbrieften  Sfcedjte  ber  ©tabt  unb  Sanb* 
f c^af t  unangetaftet  lief}.  @§  tonnte  unb  burfte  barjer  Söotfgang  $.  in  einer 
Eingabe  bom  $at)re  1610  an  biefen  sDtonard)en  mit  ©enugrtjuung  betonen: 
„2ttiba  (ju  (£ger)  bin  icfj  in  ben  9tatt)§ftut)I  gebogen  unb  bor  aetjn  ^afjren  jum 
SBürgermeifteramt  beförbert  toorben,  barin  id)  bi§  bato  berfjarre  unb  mid)  in  ge= 
meiner  ©tabt  unb  Äreifeä  (Sger  fürgefaltenen  angelegenen  ©adjen  ftet§  unber- 
broffen,  müfjfamltd)  in  biet  äöege  gebrauchen  laffen,  fürnerjmlid)  aber  (Surer 
93tajeftät  primati  ^ntereffe  unb  bie  attetgnäbigft  begehrte  Kontribution  treutid) 
unb  fleifjig  beförbert  unb  atfo  (Surer  ^Jtajeftät  unb  bem  I)od)löbtid)en  £>aufe 
öefterreid)  über  bierjig  ^fatjre  alle  treue,  emfige  unb  unberbroffene  SDienfte  ge= 
leiftet."  (Sr  fjätte  mit  gutem  ©runb  nod)  cjinjufügen  tonnen,  bajj,  at§  bor 
lutjjer  3eit  (im  ^rütjiafrc  1608)  bie  börjmifdjen  ©tänbe  jum  ©cfjutje  icjteä 
^önig§  gegen  (Stjrjerjog  s3Jlattt)ia§  rüfteten,  aud)  bie  (Sgerer  fofort  babei  maren, 
bem  bebrängten  SanbeSrjerm  Ärieg§t)itfe  ju  teiften,  nic|t  otjne  eifriges  3utfjun 
ttjreä  23ürgermeifter§  2öolfgang  *ß.  (Sin  faiferlidjer  ©nabenbrief  d.  d.  -präg, 
19.  Sfuni  1610,  ertfjeüte  ifjm  unb  bem  ©orjnc  feinet  bereits  beworbenen  23ru= 
ber§  <£>an§,  namens  SUcjanber,  baä  9led)t,  fid)  „bon  ©erjag"  (einem  2)orf  unb 
gtttterfitj  bei  (Sger,  al§  (Sigentrjum  ber  gamitie  $.)  3U  nennen  unb  3U  fdjreiben, 
unb  „berbefferte"  3ugleid)  bereu  ©efd)led)t§mappen  in  ber  SBeife,  bafj  ber  ©ted)= 
tjetm  über  bem  Söappenfdjitbe  „in  einen  freien  abetigen  gefrönten  2mtnitrjelm 
beränbert,  gejiett"  u.  f.  to.  mürbe. 

2)iefe§  SDiptom  empfing  SBolfgang  $.  perfönlid)  in  ^rag,  toofetbft  er  at§ 
3lbgefanbter  be§  Greifes  (Sget  in  einer  für  bie  bamalS  ftteng  lutrjettfdje  9titter= 
fdjaft  unb  ©tabtgemeinbe  biefe§  Greifes  rjocfjroidjtigen  9Jtiffion  betmeitte.  (S§ 
galt,  bei  bem  $aifet  unb  ben  bö^mifctjen  ©tänben,  benen  ber  betannte  9Jtaieftät§= 
brief  bom  9.  ^uti  1609  botte  9Migion§freirjeit  getoätjrt  t)atte ,  aucr)  für  ba§ 
©gertanb  bie  gteiclje  SBürgfctmft  ju  erlangen.  S)ie  böljmifcrjen  ©tänbe  aber 
backten,  bie  ©elegenljeit  3U  nü^en,  um  @ger  jum  böttigen  ?lnfct)lu|  an  S55t)rnen 
ju  nöttjtgen.  Saju  berftanb  fiel)  ber  beutfetje  SSürger  unter  feiner  Sebingung. 
Unb  fo  blieb  feine  ©efanbtfcfjaft  ofjne  ben  getoünfe^ten  Srfolg,  obmotjl  er  im 
näcrjften  ^aljre  mieber  nact)  ^rag  fam  unb  ba§  Stilliegen  ber  ©einen  ben  2öort= 
füfjrern  ber  ©täube  einbringlictj  au§einanberfe|te  unb  einer  berfelben,  ber  greife 
äBubotoefe  bon  SSuboma,  gegen  ben  (SJrafen  ^einrict)  Wl.  Xljurn  erflärte :  „mir 
müßten  ©ct)elme  unb  tofe  S3öfemictjter  fein ,  menn  mir  itjnen  folctje  crjriftlicrje 
SSitte  berfagen  foulten."  —  ©ie  mürbe  berfagt;  bie  ©gerer  betjarrten  auf  ifjrer 
potitiferjen  ©teüung,  ber  feften  Ueber^eugung:  ein§  mit  bem  „9teict)e"  jebtoeber 
©efaljr,  aud)  für  ben  ebangetifdjen  ©tauben,  gemact)fen  3u  fein.  3)arum  begnügte 
man  fidj  nid)t,  al§  s)Jtattljia§  ^önig  bon  Söfjmen  gemorben  mar,  mit  ber  33e= 
ftätigung  ber  alten  (Sgerlänber  ^ribttegien  feitenS  ber  bötjmtfcfien  ^»offan^lei, 
fonbern  fucrjte  unb  ermirfte  benn  aud)  bie  gleidje  Konfirmation  bei  ber  9teid)§= 
rjoffauälei,  benn  5)3ribilegien  beö  „9teid)e§"  fonnte  ein  böt)mifd)er  .^önig  füglidj 
nid)t  red)t§fräftig  beftätigen.  S)ie  ©efafjren  aber  mud)fen  bon  3arjr  3U  Saljr 
für  ©tabt  unb  ßanb. '  S)er  ^rager  ^enfterftura  gab  ba§  3e^en  3U  attgemeiner 
Gürrjebung  in  33öb^men.  @ger  mar  flug  genug,  lange  3eit  eine  ref erbitte  Haltung 
ehiäunefjmen,  moäu  gemi^  bet  alternbe,   bebäcljtige  äBolfgang  5ß.   mefentlid)  T6ci= 


^aüjelbä.  51 

trug.  Sßerfjeifjungen  unb  Störungen,  mit  roetdjien  bie  fraget  ©tänbe  nidjt 
fparten,  betmodjten  irjn  nicfjt  3U  einem  übereilten  Scfjritt  au  btängen.  2>od) 
fonnte  et  nicfjt  fjiubern,  bajj,  aU  ?}riebricfj  öon  ber  %^al],  ber  ©cgenfönig,  am 
feinem  Grinjuge  in  SBöfjtnen  bm  Söeg  nadj  Gger  nafjm,  eine  ftäbtifcrje  £epu= 
tation  benfetben  ieietlid)  einholte.  Gin  falbes  %afyx  fpäter  teiftete  Crger  ju  5ßrag 
bie  begehrte  ^ulbigung  —  otjne  3ul^mTnun9  SöotTgang'g,  ber  für}  3Uöor,  am 
3.  2Ipril  1620,  im  Sitter  öon  75  ^afjrcn  geftorben  mar.  ©einer  glürftidjen 
@f)e  mit  llrfuta  bon  Runder  entftammten  bie  Söfme  SBoIf  2Ibam  unb  9tteranber, 
benen  er  aufeer  einem  motjnticfjen  ^atricierrjaujc  (9hc.  3),  neben  bem  Stamnt= 
fjaufe  ber  Runder  am  obeien  „Ring"  ber  ©tabt  gelegen,  bie  Rittergüter  ©erjag 
unb  |)arlef$,  bor  Slflem  aber  ben  fjodjgeefjrten  Ramen  eine§  ötetberbienten 
Patrioten  fjinterüefj. 

Sßolf  Slbam  ^.,  ber  am  28.  Iftai  1599  bie  Saufe  erhalten  fjatte,  mar, 
mie  bemetft,  im  öäterlidjen  -gmufe  unb  in  ber  grembe  einer  au§ge3eidjneten  Gr* 
äiefmng  tcjeittjait  gemorben.  Sdjon  1619,  am  5.  9)iai,  nafjm  er  —  nodj 
..legum  studiosus"  —  bie  erjrbare  unb  tugenbfame  Sungrrau  Barbara ,  einjige 
Jocfjter  roeitanb  be§  „efjrenfeften  unb  Türnefjtnen  öerrn"  #ran3  üieni},  3um 
SBeibe,  bie  ir)m  al§  |>eirattj§gut  ha*  bamats  einem  öottftänbtgcn  Neubau  unter* 
3cgene  ftattticfje  Jpau§  Rr.  192  am  unteren  „Ring"  jubradjte:  ba3  nadjmal» 
befanntefie,  benfroürbigfte  ©ebäube  Grger'i  —  SBattenftein'S  SobestjauS.  @§  tag 
fein  8egen  auf  ben  flauem,  bie  5ß.  nur  futje  3e^  beroofjnte,  beim  fcfjon  im 
3at)re  1620,  balb  nadj  be§  35ater§  ßeimgang,  öerlor  2Botf  2tbam  audj  bie 
jugenbtidje  ©attin  burdj  ben  2ob,  roa§  itjn  beftimmte,  beren  (Srbe  feinem  Setter, 
(bem  im  Siptom  Dom  %al)xt  1610  genannten)  SIteranber  fäufücfj  3u  übertaffen 
unb  bas  öäterüdje  §au§  ju  bejieljen.  Safjin  führte  er  1621,  im  gebruar,  be§ 
älteften  Sürgetmeiftetä  Sebaftian  RöBter  in  2Bunfiebel  Sodjter,  Slnna,  at§  ©e= 
mafjlin  fjeim,  töäfjrenb  ber  Setter  SUeranber  pr  felben  ^eit  fidj  mit  feiner  Safe 
^Ragbatene ,  ber  iodjter  bc§  (Sgerer  Sürgermeifter§  3tbam  ^uncfer  öon  £)ber= 
funreut,  öermäfjtte.  äBolf  SIbam  jeugte  in  jtoeiter  @fje,  fo  öiel  befannt,  bicr 
,ftinber,  beren  itjn  aber  feine§  überleben  follte. 

2öie  im  fjäu§ticfjen  Greife  tjatten  inbcffeu  audj  in  ber  Ceff entlief eit  bie 
2)errjältniffe  bie  benfbar  größten  Söectjfelfälle  erlitten ,  unb  äöolf  SIbam ,  fctjon 
1620,  faum  einunbattanäigjäfjrig ,  in  bie  ©emeinbeüertretung  feiner  SJaterftabt 
berufen,  fonnte  fidj  ifjnen  nicfjt  entjietjen,  aud)  toenn  er  bie»  getooEt  fjätte,  ma§ 
feine§meg§  ber  galt  mar.  5Die  (Sdjtactjt  auf  bem  Söeifjen  Serge  t^atte  ju 
©unften  ^e^infli^'^  H-.  unb  ber  fatfjotifcrjen  Söaffen  entfctjieben ,  unb  toie  an 
bie  böfjmifcfjen  Stänbe  trat  an  bie  (Jgerer  bie  #xa§e  ber  Ümfefjr  mit  bitterem 
ßrnft  tjeran.  ©in  Refcript  be§  mit  faiferlicfjer  Gommiffion  betrauten  ^uriürften 
öon  ©adjfen  forberte  6ger  jur  llntertoerfung  unb  SInerfennung  be§  ßaifer§  ali 
„be§  einjig  recf)tmä^ig  fuccebirenben ,  gefrönten  unb  gefalbten  «ffönig»  öon 
23öfjmen"  auf.  (Sine  Söerfammlung  ber  Ritterfdjaft  unb  ber  ©emeinbe  am 
22.  Secembcr  1620  foüte  bie  Stntroort  geben.  Sei  ber  Stbftimmung  aber  mürbe 
eine  abfotute  gjcetjifjeit  nidjt  erhielt,  ©eorg  G^rtftopf)  öon  2rauttenberg  auf 
SBitbftein,  bas  £aupt  ber  Ritterfdjaft,  unb  2BoIf  Stbam  $.  aus  ber  „gefct)mo-- 
renen  ©emeinbe"  öotirten  bafür,  „at§  efjrbave  aufrichtige  2eutfc£)e  bei  Wönig 
griebrict),  bem  5ßfat3grafen,  bem  man  einmal  bie  ^ftidjt  geteiftet,  ftanbfjaft  311 
öerfjatren",  mit  ber  Srftärung,  roie  immer,  fo  auetj  fjier  „ben  fdjiidjtefien  2öeg 
gefjen"  3U  rooHen.  Sie  Sotanten  fjatten  bamit  ifjr  Soos  gemorfen.  —  51ur 
aÜ3u  balb  mürbe  aud)  bem  5ßertrauen§fetigften  öotlfommen  ffar,  ba^  bie  (Sadje 
be§  „3Binterfönig§"  unrettbar  öertoren  mar.  £a§  5lcu|erfte  ab3umenben,  mu^te 
fidj  @ger  bequemen.  A}nr=5adifen   um  Sdnitj    anauntTen ,  bem  fiegieictjen  ^aifer 

4- 


52  Sßadjelbel. 

ober  bie  Unterwerfung  anlöteten.  2Md);  günfiige  (Gelegenheit  füt  bie  böf)tnifd)e 
£>off:analei,  iljren  langgehegten  $tan  au  berroirflidjen  unb  @ger  cnblid)  in  ein 
engeS  ^brjängigfeitäberfjältnifj  ju  aBötjmen  au  bringen!  SDie  ©efatjr  flieg 
auf's  £)öd)fte.  s))tit  Eingebung  unb  9luSbauer  fanb  fid)  SBolf  Slbam  ty.  immer 
unter  ben  Gsrften  in  ber  SBefämpfung  beS  brotjenben  UnrjetlS.  3a^toje  (5jc= 
fanbtfdjaften  mürben  abgeorbnet,  bei  metdjen  er  niemals  fetjlte.  ©o  finben  mir 
iljn  im  3ar)re  1623  mieberrjolt  in  5ßrag  unb  SflegenSburg,  immer  unb  überall 
bie  auS  ber  (Stellung  (Sger'S  „als  einer  SPfanbfdjaft  ber  ihone  äSöcjmen  bom 
^eiligen  römifdjen  9teid)"  nottjtoenbig  refultirenben  Oiedjte  gegen  jeben  2öiber= 
jadjer  fd)tagfertig  unb  rebegemanbt  bertretenb.  9lm  23.  Wai  1623  erflofj  ein 
JaiferlidjeS  3nbulgena=$atent,  mit  meldjem  ben  ^Bürgern  unb  ber  Sanbfdjaft 
(jger  in  5lufet)ung  beffen ,  bajj  fie  „an  bem  böfjmifdjen  fürgangenen  Untnefen 
feinen  ©efatlen  getragen",  baSjenige,  „roorin  fie  in  Seit  gemät)rter  Ütebettion  ber 
©adjen  ju  biet  gettjan  ober  ju  meit  gegangen  fein  mödjten",  bergen  unb  „au 
©nabcn  gemenbet"  rourbe.  s3lm  17.  Sult  1625  erfolgte  bie  fatferlidje  93eftäti= 
gung  ber  ©tabtpribilegien.  ©djon  im  SBoriatjve  t)atte  SSolf  91bam  als  einer  ber 
Sürgermeifter  bie  unmittelbare  ßeitung  ber  ftäbtifdjen  ?lngetegenf)eiten  über- 
nommen, um  biefe  äßürbe  fünf  Satjre  au  betreiben.  2lttjäf)rlid)  roärjtte  bamalS 
unb  in  ber  ftolgeaeit  bie  ©tabt  bier  Sürgermeifter,  bereit  jeber  burd)  ein  „Quartal" 
als  ,,s«!lmtS"r  ober  £)ber=23ürgermeifter  fungirte. 

®ie  Sage  ber  Prüfung  maren  für  6ger  nad)  ßonfirmation  ber  ©tabtpribi= 
legten  burd)  ben  Äaifer  nid)t  borüber  —  im  ©egenttjeil.  9Jtod)te  man  bod)  in 
ber  nädjften  3utunft  bermeinen ,  eS  märe  @ger  einer  ber  auSermäfjlten  fünfte, 
um  bie  fid)  bon  3eit  ju  3eit  bie  2öeltgefd)id)te  au  beroegen  fdjeint.  Der  Präger 
biefer  ©efd)id)te  ber  3al)re  1625—34  mar  SSaltenftein.  fünfmal  in  bem 
bertjättnifjmä&ig  furaen  3ettraum  faunt  eines  2)ecenniumS  bot  (Sger  bem  gc= 
toaltigen  grteblanb,  aud)  au  längerem  Slufentfjalt,  ein  gafttidjeS  ßbbad).  @S 
fat)  bett  Aufgang,  roie  ben  3enitl)  unb  ben  ftiebergang  ber  fo  rätfjfelrjaften  2)oppeI= 
laufbaljn  feinet  blenbenben  ©eftirneS. 

3um  erften  9Jtale  am  31.  $uli  1625  begrüßten  ben  ©eneraliffimuS  bor 
ben  Sljoren  bon  (Sger  bie  33üigermcifter  9lbam  Runder  bon  Oberfunreut,  3ln= 
breaS  ßramer,  ©eorg  grie^el  unb  2Botf  3lbam  $p.,  meld)'  ße^terer  eben  fura 
aubor  bem  Grftgenannten  baS  ,,2lmt"  übergeben  tjatte,  ,,fold)eS  fünftig  Quartal 
Trinitatis  au  berfetjen."  ©eine  Verberge  nafjnt  ber  gelbtjerr  aunädjft  im  £aufe 
^adjelbel'S  (»Jtx.  3  beS  oberen  9hngeS),  um  jebod)  atsbalb  ^oftager  unb  |muüt= 
quartier  im  nal)en  ©d)loffe  ©rof^ßelinftein,  einer  33efi|ung  be§  ßgerer  33ürgeiä 
©eorg  6rl)arb  SBernbl  bon  2)öti£,  aufaufd)lagen.  Jpier  blieb  er  bis  aum 
3.  ©eptentber.  2)em  fl©d)öbfer  !üt)ner  ^eere"  f)atte  ein  9Jtonat  genügt,  bem 
^aifer  eine  2lrmee  auf  bie  Seine  au  fteÜen.  (5S  braud)t  ntdjt  au§brücflid)  ge= 
fagt  au  roerben,  ba^  ©tabt  unb  Öanb  @ger  aU  allgemeiner  'lütufterplaü  biefer 
silrmee,  hob  aller  '»JJlannöaudjt,  bie  geübt  mürbe ,  gana  auBerorbentlidje  ßaften 
getragen  Ratten.  SBieber  unb  mteber  roar  2öolf  3lbam  %  genötfjigt  gemefen, 
ber  bebrängten  ©emeinbe  namhafte  ©elbobfer  au  bringen.  —  S)a§  ungleid) 
größere  Uebel  aber,  ja  ba§  Sßerberben  felbft,  fam  erft  nad)  bem  2l&aug  ber  gfrieb« 
länber  Slrmaba  in  ©eftalt  einer  fReitje  faifertidjer  9ieformation§patente.  S3er= 
gebend  roeigerte  ber  ©tabtratf)  bie  ^ublicirung  biefer  an  bie  föniglid)  böfjtnifdjen 
©täbte  abrejfirten,  bafjer  für  (£ger  nidjt  redjtSberbinblidjen  patente;  ebenjo  ber= 
geblid)  miberftrebte  er  ber  lu§folgung  beS  in  ftäbtifd)4utt)ertfd)e  .gmnbe  über- 
gegangenen beutfdjen  OvbentjaufeS  in  @ger:  ein  fat|erlid)er  gommiffär  erlegte 
ben  Kaufpreis,  ben  bie  ©tabt  bor  Seiten  bafür  beaaprjatte;  anftatt  eines  neuen 
töeformationSpatenteS  aber  erfd)ien  im9Jiatl628  eine  eigene  gteformation§=(Eom* 
mijfion,  bie  int  Slugttft  iljre  Sttjätigfeit  begann  unb  inftructionSgemä^  fofort  bie 


s4>adjelbel.  53 

2lbfdjaffung  ber  etiangelifc^en  9ßräbicanten  berfügte.  2lbermat§  gingen  3)eputa= 
tionen  an  ben  .ßaifer,  würben  jebodj  nicrjt  borgelaffen.  2öof)l  aber  fam  itjnen 
ber  Söefd^ctb,  bafj  e§  „wirrer  9Jtajeftät  enblidjer  SBiU  unb  Meinung,  alte  itrrc 
getreuen  Untertanen  ^u  ber  Oleligton,  in  meldjer  Sie  gebähten  feiig  ju  roerben, 
ju  bringen,  unb  roeil  nun  bie  fatrjolifctje  bie  atteinfeligmadjenbe  märe,  tjätte 
3>r)re  9Jcajeftät  fidj  refolbirt,  einen  (Stjrbaren  9tatt)  fammt  ber  ©tabt  @ger  aucrj 
ba^u  flu  leiten."  (Sin  bertraulidje  ©timme  fügte  bei,  bafj  fein  2lusroeg  bleibe, 
al§  fatrjolifdj  <}u  roerben,  ,,benn  biefer  Äaifer  unb  beffen  Sftätrje  biefe  9Jcarimam 
tjätten,  mer  nid)t  fattjolifdj  roäre,  fönnte  auetj  nidjt  getreu  fein."  ÜZid^t  genug 
bamit.  9lud)  in  potitifdjen  Singen  follte  eine  grünbtierje  2lenberung  borgenommen 
roerben.  SBet  alter  formellen  5lnerfennung  ber  priüilegirten  Stellung  ber  ©tabt 
mürbe  biefetbe  bon  ber  faifertidjen  Regierung  ttjatfäcrjlid)  roie  eine  ber  föniglidj 
börjtnifdjcn  ©täbte  befjanbelt  unb  junädjft  insbefonbere  ju  alten  ©teuer= 
leiftungen  biefer  ©table  rjerangejogen.  Site  Aufregung  mar  eine  ungeheure. 
9iacrj  bieten  münblid)en  unb  fdjriftlidjen  ^roteften  ging  2Bolf  Ibam  $.  roieber 
nadj  Söien  —  aber  aucrj  er  fonnte  niäjt  bi§  jum  .fiaijer  gelangen,  trotj  größter 
9lnftrengung;  im  SBorjimmer  roarb  er  öon  einem  ber  'Ulinifier  mit  ben  Sßorten 
abgefpeift:  ,,$rjr  rootlt  eine  Steicfjeftabt  fein,  ba  3>r)r  bod)  eine  $ßfanbfdjaft  feib. 
3f)i-  müfjt  ^tjrer  ^ftajeftät  folgen  unb,  roaS  fie  begerjret,  leiften;  ©ie  fein  roaf)r= 
licr)  mit  6ud)  nit  jufrieben."  —  Sern  Slbgeorbneten  rourbe  roie  jum  -!pot)n 
ein  (Sremplar  ber  eben  botlenbeten  „ fernem erten  £anbe§=Drbnung  be§  $önig= 
reict)e§  SSötjmcn"  ^ur  ^ßublicirung  übergeben,  roelcrje  gumuttjung  jeboef)  mit  ber 
bünbigeu  ßrtlärung  erroibert  rourbe:  Gger  unb  (Sgertanb  tiermögen  eine  bötjmifdje 
£anbe§=£)rbnung  nid)t  anjuerfennen,  ,,bieroeit  fie  an  ben  bötjmifcfjen  ütcdjten  nierjt 
partieipiren,  roeber  in  privatis  nodj  publicis."  S)arauf  gab  roieber  ein  faifex= 
lidjei  ütefeript  an  bie  börjmifcfje  (Statthaltern  bie  un^roeibeutige  Antwort 
(1629),  e§  fei  befcrjtoffene  ©aeije,  „ba§  ßgerlanb  mit  33öf)tnen  bauernb  ju  ber= 
einigen,  jjutior  aber  bie  fatrjolifctje  Serjre  als  bie  allein  rjerrfdjenbe  bafelbft  ein* 
fürjren." 

9Jlan  mar  nidjt  roätjterifdj  in  2lnroenbung  ber  9Jtittet,  um  ben  nädjften 
^toeef  5u  erreichen:  bie  rotjefte  ©eroalt  mar  2ltte£,  roa§  man  nötfvtg  rjatte.  ©e* 
brauste  man  aber  iljre  ganje  sparte  gegen  bie  proteftantifdjen  <£>äupter,  fo  mar 
bamit  augteidj  in  politifdjer  9tidjtung  ba%  ©piel  fo  biel  mie  geroonnen.  S)ie 
iRecfjnung  fonnte  taum  einfaetjer  tauten.  33eroeglicr)e  ^nterceffionen  be§  .ßut= 
fürften  bon  ©ad)fen  für  feine  ,,9tetigion§Derroanbten"  in  dger  fanben  leine  23e= 
acrjtung.  ^n  bem  Seiter  ber  (Sgerer  9ieformation§=6ommiffion,  33artl)et  iörunner 
bon  äBilbenau,  einem  gebürtigen  ßgerer,  mar  ba§  richtige  Söerf^eug  jur  £>urcf)= 
fütjrung  ber  gehegten  2lbfic^t  gefunben;  er  lie^  an  ütücfficrjtelofigfeit  nicljt  ba§ 
©eringfte  p  münfcljen  übrig.  ©ein  grimmigfter  ^>a^  manbte  ficr)  gegen  bie 
,,miberfpänftigen"  Sürgermeifter  2lbam  Runder,  2Bolf  Slbam  ty.  unb  9Jcattl)eä 
S)ietl.  @r  ermirtte  ein  faiferücrje§  ©biet  öom  3.  Slprit  1629,  mit  metdjem 
befohlen  mürbe,  bie  (benannten,  ba  fie  ,,im  9teformationsmerf  attertjanb  ^>inber= 
niffe  ttjun  unb  itjrer  ©djulbigfeit  nic^t  nadjfommen  molten",  orjne  Serjug  ifjrer 
SUenftc  nicfcjt  nur  äu  entfe^en,  fonbern  aud)  irjre  9taitung  ju  legen  anjurjalten, 
nad)  3uiü^taffung  be§  Quotienten  au§  ber  ©tabt  ju  roeifen,  bagegen  aber  bie 
Erneuerung  be§  9tatr)e§  öor^unerjmen."  S)er  Ouotient,  ju  beffen  Erlegung  bie 
(Sjilirten  üertjalten  mürben,  beftanb  in  bem  fünften  Steile  ir)re3  S3ermögen§;  er 
betrug,  fomeit  ei  fidj  um  ftäbtifdjen  Örunb  unb  23oben  Ijanbelte,  bei  ty.  8600, 
bei  3lbam  Runder  fogar  20  000  ©utben.  ©djon  am  4.  9ftai  1629  üottjog 
23artf)el  Srunner  bie  angeorbnete  ,,5ßeränberung  be§  Otatfjei" ;  ty.  mar  feiner 
23ürgermeifiertoürbe  entfleibet.  S5a  er  fidj  meigerte,  ba§  ,,2lbjug§gelb"  gutmiüig 
ju  entrichten,  mu^te  er  in  ben  Werfer   manbern.     ©ein   ftäbtifdjeg  |>au§  mürbe 


54  ^adjelbet. 

fequeftrirt  unb  ber  Quotient  auf  folctje  SBeife  fictjergeftellt ;  bann  burfte  et  bic 
©tabt  bertaffen.  6r  ging  nactj  ©erjag.  2)octj  follte  er  auctj  bort  nictjt  bleiben. 
S)ie  9JeformationS=(5ommiffion  beftanb  auf  ber  Sßeräufjerung  feiner  ©üter  inner* 
unb  aufjertjalb  ber  ©tabt,  fctjon  wegen  be§  günftelabjugS,  unb  gebot  mit  beeret 
bom  5.  ftobembei  1629,  „bafj  er  tjieborigen  2>ecrett8  fctjutbtge  $olge  leifte  unb 
aroifetjen  bato  unb  bem  Slctjten  biefeä"  —  alfo  längftenS  innerhalb  breier  Sage 
—  ,,fictj  aus  ber  ©tabt  unb  bem  greife  Eger  begeben,  borget  aber,  feines  fer= 
neren  nichtigen  GsinroanbernS  ungeachtet,  roegen  beä  fünften  StjeitS  in  ber  ßofung 
gebütjrenbe  Ütidjtigfeit  maetjen  fotte,  mit  ber  23ermarnung,  ba  er  fotdjem  roie 
biStjero  nictjt  nactjfäme  unb  itjm  ein  SBibrigeS,  als  er  fid)  einbilbet,  begegnete, 
bajj  er  9ttemanbem  als  fid^  felbften  merbe  bie  ©ctjutb  äujumeffen  tjaben."  — 
Unb  fo  mufjte  benn  ty.  abermals  jum  ©tabe  greifen;  man  meifj  nidjt,  motjin  er 
fictj  roanbte.  ©emifj  ift  nur  bic  traurige  Stjatfactje,  bafj  itjm  balb  nactjtjcr  bie 
ganje  ^familie  tjinroegftarb :  bie  alte  9Jtutter,  ber  33ruber,  bie  ©atttn  unb  fammt= 
lid)e  Äinber.  —  2luctj  Slbam  Runder  unb  Sllejanber  ^actjetbel  unb  biete  an= 
bere  bornetjme  unb  angefetjene  SSürger  roanberten  auä.  Unter  ben  menigeu 
tjötjergeftellten  ^erfönltctjfeiten,  bie  fid)  „befetjrten",  befanb  fictj  auctj  ©eorg  @r= 
f)arb  SBernbl  auf  Mit;  unb  ®rofj=  unb  $tein=ßetjnftein ,  ber  fictj  balb  barauf 
äum  23ürgermeifter  unb  gar  jum  sJJUtglieb  ber  9teformationS=(Eommiffion  ernennen 
tiefe,  ©elbftberftänblictj  tag  bon  nun  an  baS  ©tabtregiment  auSfctjliefjlictj  in 
fattjolifctjen  Rauben;  bie  ipfarrfiretje  mürbe  ben  ^efuiteu  übergeben. 

3n  biefe  3eit  fallen  rafdj  nactj  einanber  Sßaltcnftein'S  ^weiter  unb  britter 
9lufenttjalt  in  Güger.  Er  fam  bon  ÄartS&ab  l)er,  um  über  9tegenSburg  fid)  jur 
Slrmee  nactj  9Jtemmingen  ju  begeben.  ©edjS  dürften  unb  tjunbertfünfäig  (5bel= 
leute  mit  fiebentjunbert  $ferben,  feetj^ig  ^ßadroagen  unb  metjr  als  üier^ig  $ut= 
fetjen  unb  ©taatSfaroffen  roaren  aufjer  einer  ftatfen  berittenen  ßeibgarbe  fein 
glänjenbeS  ©eleite,  mit  bem  er  am  28.  SSlai  1630  ben  Einzug  in  6ger  tjielt. 
Söieber  toar  *Pactjelbet'S  £>auS  am  oberen  Üting,  baS  nun  teer  ftanb,  fein  Quar= 
tier,  bon  bem  er  fctjon  am  näctjften  Sage  roieber  auSjog.  ^Rad)  SiegenSburg  aber 
mar  ein  großer  gfürftentag  berufen;  unb  9liemanb  mufjte  beffer  als  äöaüenftein, 
maS  bort  berattjen  unb  befctjtoffen  merben  follte.  S)ie  Goncentrirung  feiner 
|)eere  in  nictjt  gar  ju  großer  Entfernung  bon  9tegen§burg  mar  feine  zufällige. 
2öol  nur  ein  Söinl  Ijätte  genügt,  ben  bortigen  ^ürftentag  bem  ^aifer  gefügig 
3u  madjen  —  borau§gefe^t ,  bajj  biefer  Äaifer  überljau^t  toottte.  @r  30g  e§ 
bor,  fidj  bem  äöilten  ber  ßurfürften  ju  beugen.  SBaüenftein  mürbe  geftürjt, 
unb  miberftanb§lo§  30g  fieb^  ber  ?lbgeban!te  in  baS  $ribatteben  jurüd.  Ueber 
©uljbad),  mo  er  wodjenlang  Iran!  barniebergelegen  tjatte,  traf  er  am  30.  £)c= 
tober  1630  mieber  in  (Sger  ein,  aud)  bie§mal  nidjt  orjne  grofeeS  unb  reid)e§  ©e= 
folge,  ba§  fic§,  3lHe§  in  sMem  mit  metjt  als  ad)tt)unbert  s$ferben,  in  ber  ganzen 
©tabt  berttjeilte,  roärjrenb  er  ttieberum  in  bem  itjm  toob^tbefannten  §aufe  tyaü)= 
elber§,  be§  ejilirten  33ürgermeifters  —  nun  fetbft  eine  gefallene  ©röfee  —  bie 
Dladjtrjerberge  natjm.     Ort  unb  3eit  waren  geeignet,  9teftcj;ionen  an^uftellen. 

SDem  ©eneralifftmuS  mürbe  eine  ©enugtljuung  <}u  5Lt)etl,  mie  er  faum  gc= 
tjofft  b^aben  mocrjte.  S)oc^  aucr)  für  $. ,  ben  armen  Emigranten,  fottten  noer) 
Sage  fommen,  bie  eine  gewiffe  Vergeltung  brachten,  ©eit  äöattenfteinS  Abgang 
mar  bon  ben  ligifiifcrj=raiferlidjen  Waffen  aEe§  ©lud  geroietjen;  bei  Sreitenfelb 
erlitten  fte  eine  entfcrjeibenbe  ^Hieberlage.  ßurfactjfen,  ba§  mit  ©djmeben  ge= 
meinfame  ©adje  gemaetjt,  marfdjirte  in  33örjmen  ein.  ^rag  mürbe  genommen, 
unb  iljtn  folgte  eine  ©tabt  nactj  ber  anberen  im  5lorbmeften  beS  ßanbeS.  2lm 
13.  S)ecember  1631  fiel  auet)  6ger  buretj  Ueberrumbelung  unb  ertjiett  eine  fäd)= 
fifetje  SBefa^ung.  9Jlan  fagt,  ber  Jpanbftreid)  märe  bon  ©gerer  (Mutanten  gc= 
plant  gemefen,  unb  nennt  babei  in  erfter  Sleitje  Söolf  2lbam  5p.     53emeife  finb 


s4k$elbel.  55 

für  biefe  Setjauptung  nidjt  ju  erbringen.  2öor)l  aber  feierte  5ß.  mit  bieten  an» 
beren  emigritten  'üUtbürgern  nodj  im  2)ecember  1631  nadj  @ger  ^urücf  unb  ge= 
roifj  in  ber  Hoffnung,  5U  bleiben.  @r  fam  jur  redeten  Sät,  bie  ©tabt  Dor 
fdjmeren  SSerlufien  ju  bematjren.  SDie  allgemeine  ^ßlünberung,  bie  itjr  breite, 
nmrbe  nur  buret)  feine  33emÜtjung  abgemenbet.  Üebrigen§  fiel  faft  bie  ganje 
©tabt  mieber  bem  5ßroteftanti§mu§  ju.  9Jtan  enttiefe  bie  $efuiten  unb  gemährte 
ben  Äattjotifen  nur  eine  Äanjel  unb  einen  2Ittar  in  ber  ^farrfiretje.  3ur  @rl)at= 
tung  ber  ©arnifon  mufjte  eine  ©teuer  auggefdjrieben  merben,  ju  beren  3tuf= 
bringung  ber  (Sommanbant  eine  Gommiffion  für  ©tabt  unb  Äreiä  einfetjte. 
2öolf  Slbam  5ß.,  tjie^u  berufen,  meigerte  fid),  bie  ©teile  anauneljmen,  bi£  ber 
©tabtxatt)  feine  gufünimung  gegeben  t)abe.  „Söcil  man  aber  gefetjen",  berict)= 
teten  fpäter  entfdjulbigenb  bie  fattjolifdjen  SSürgermeifter  ber  Regierung,  „bafj 
e§  bamatS  nit  anber§  t)at  fein  tonnen,  tjaben  mir  lieber  einen  Patrioten,  beffeti 
ü£reue  un§  befannt,  al§  einen  fremben  hungrigen  SSruber  annehmen  motten,  mie 
iljm  benn  bie  ganje  ©tabt  ba§  3euSni£  gi&t,  *>af>  er  bie  ©renken  ber  6om= 
miffion  getreulich  obfeiDirt  unb  bie  ©tabt  Dor  einer  ©eneralplünberung  abge= 
tjalten  l)at.  lieber  fein  23ert)atten",  fügten  fie  rjinäu,  „tjaben  mir  un§  nit  ju 
betlagen;  tjätten  Dielmetjr  gemünfct)t,  bafj  er  bie  fattjolifcrje  Religion  angenommen; 
märe  gemeiner  ©tabt  nit  übel  geftanben,  inbem  er  ein  gelehrter  unb  glimpflicher 
5ftann  gemefen."  —  SBa^rtict)  ein  etjrenöolter  sJtacrjruf. 

£)ie  §errfct)aft  ber  ©act)fen  in  aSötjmen  unb  bamit  bie  neue  Orbnung  ber 
S)inge  in  (Sger  mährte  nidjt  lange.  Üülit  neuen,  faft  unbefdjränften  33otlmact)ten 
übernahm  Söatlenftein  abermals  ba%  (Eommanbo  über  bie  faiferticr)en  Gruppen. 
$n  menigen  Söodjen  mar  SBötjmen  Dom  O^inbe  gefäubert.  2lm  Slbenb  be£ 
16.  3imi  1632  erfdjien  ©encralttadjtmeifter  &einrid)  &otf  (31.  ©.  23.  XII, 
735  ff.)  mit  bebeutenben  ©treitfräften  unb  tnäbefonbere  mit  einer  großen  2tn= 
,}at)t  fernerer  ©efetjütje  Dor  ben  SBätten  Don  Grger,  beren  Sefatmng  er,  natfjbem 
bie  Slufforberung  jur  Uebergabe  abfctjlägig  bef djieben  morben  mar,  ,,burdj  ©pie= 
tung  ber  ©tücfe  unb  SBerfung  (Sranaten  unb  ^euerfugetn"  bermafjen  in  Slngft 
unb  ©djreden  fefete,  bafs  Dberft  SDietrid)  Don  ©tarfctjebel,  ber  33efct)l§t)aber,  fdjon 
am  2lbenb  be§  19.  $uni  fiel)  mit  3tccorb  ergab  unb  £ag§  barauf  bie  ©tabt 
ben  ßaiferlidjen  räumte.  ©edj§  Sage  fpäter  —  am  26.  Sinti  1632  —  mar» 
Jdjirte  SBaltenftein  an  ber  ©pitje  einer  Slrmee  Don  40  000  SJcann  mieber  in 
@ger  ein,  um  Don  tner  au§  bem  Äurfürften  Don  S3aiern  unb  beffen  gefdjlagenem 
£eere  bie  £)anb  ju  reichen,  bem  fiegreidjen  ©djmebenfönig  aber  Dor  Nürnberg 
ein  bonnernbeS  $ali  ju  gebieten.  äBaltenftein  ftanb  auf  ber  §öt)e  feineS  9tutjme§ 
unb  ©lücfe§.  ©ein  tjeftigfter  unb  gefät)rtid)fter  ©egner,  3Dcaj;imilian  Don  SSaiern, 
bie  ©eele  be§  9tegen§burger  gürftentage§,  ber  il)n  geftür^t  Ijatte,  fam  itjm  ge= 
bemüt!§igt,  ein  $üict)tling,  ^ilfefudjenb  entgegen,  ^n  6ger  fanb  bie  Begegnung 
ftatt.  Seibe  durften  fliegen  Don  ben  $f erben,  fidj  3U  umarmen;  53eibe  ,,Der= 
tetjrten  il)re  passiones  in  ^reunblidjfeit."  2)ennoct)  motlten  etliche  ,,curiosi'  babei 
Dermerfen,  ,,bafe  ^t)ro  furfürfttierje  2)urcr}taucl)t  bie  j?unft  ju  biffimutiren  beffer 
al§  ber  <&eräog  gelernet."  2lm  29.  ^uni  ging  ber  3UÖ  oer  toteber  Dereinigten 
ligiftifdj=taiferlicrjen  ^eereSmadjt  über  ^Jtittcrteicr),  Üteuftabt  unb  ^Ü'eimbt  gegen 
Nürnberg. 

^n  6ger  tjielt  neuerbing§  bie  fattjotifclje  Gegenreformation  triumptjirenb 
itjren  Sinjug.  Söer  Don  s$roteftanten  nidjt  bereits  geflotjen  mar,  beeilte  fidj, 
t>en  faiferlictjen  unb  firdjtidjen  (Strafgerichten  ,ju  entrinnen.  S^m  ^meiten  Malt 
mufete  SBolf  Ibam  $.  tn'S  (Sjil;  fein  ^aB  unb  ©ut  in  @ger  mürbe  conftdeirt. 
3fünft)unbert  ©lauben§genoffen  au§  ©tabt  unb  ßanb  ttjeitten  fein  ©cfjidfal.  @r 
ging  nadj  Söunfiebel,  mo  aud)  fein  fetter  9llei-anber  lebte  unb  eben  bamal§  93ür= 
germeifter  mürbe,   ,811m  ©DnbicuS  ber  ©tabt  ernannt,  entfdjlofj  fid)  SGßolf  3lbam 


56  5ßndjelbel. 

nodjmal§  <$ur  @t)e  unb  narjm  bie  Söttme  2lnna  Iftarta  Rotj  bon  ^ttetjentjofen 
^um  SGßetbe.  triebe  unb  9tut)e  fanb  er  beSljalb  nidjt.  2lud)  nad)  bem  füllen 
SOÖunfiebet  brang  ber  fortbancrnbe  Rriegslärm.  ©djroeben  unb  Ratierliche  fud)ten 
e§  mit  fdjmeren  plagen  Ijeim.  Slteranber  $.,  ber  Sürgermetfter,  rourbe  bei 
einem  llebeifatt  feitenS  ber  Raiferlidjen  im  %at)xt  1633  mit  nod)  anberen  33ür= 
gern  aU  ©eifet  fortgeführt  unb  nad)  ©ger  gefdjlepbt ,  mo  er  aroötf  Söodjen  ge= 
fangen  gehalten  rourbe,  bi§  ein  ßöfegelb  bon  4000  SLIjatern  ge^afjlt  mar.  (5r 
ftarb  nod)  in  bemfelben  ^at)re.  ©eine  äöitroe  9Jtagbalene,  geb.  Runder,  blieb 
im  33efit$  be§  .grnufeS  9tr.  492  am  unteren  Ring  ju  @ger,  ba§  jebotf)  nad) 
roie  bor  roegen  ber  (JmigrationSgebüljr  burdj  bie  ©tabtberroaltung  fequeftrirt 
rourbe. 

$n  biefem  «gmufe  mar  e$,  roo  SBattenftein  am  24.  gebruar  1634  fein  — 
letjteä  —  9tad)ttager  auffdjlug.  ©orbon  unb  £e§Iie,  bie  9Jteudjetmörber,  t)atten 
e§  fo  beftimmt,  unb  2Baltt)er  23utler,  ber  iljn  geleitete,  mar  ei  pfrieben;  alle 
©etegcnrjeit  bei  Otaumes  mar  ben  Sßerfdjroorenen  günftig.  ©djroer  Iran!  an 
Seib  unb  ©eele,  bod)  nid)t  gebrochen,  mot)l  aber  geljafjt  unb  gefürchtet  mie  nur 
Sßenige,  fetjrte  ber  nun  ,,gemefte"  faiferlictje  oberfte  gelbrjaubtmann  mit  meuigen 
©etreuen  baljin  <jurüd ,  mo  er  jum  anbern  ^ale  bor  nidjt  jmei  3at)ren  — 
„nädjft  ©ott  unb  feiner  gebenebeiten  Butter  9Jtaria"  bie  gan^e  Hoffnung  feineg 
RaiferS  —  mit  bieten  Saufenben  ausgesogen  mar.  2)er  itjn  jetjt  als  23ürger= 
meifter  bei  ©tabt  empfing,  mar  nidjt  (mie  ©dn'ller  bietet)  ber  erjlirte  Sttolf 
3lbam  ty.  $n  ber  testen  ,,$8erneuerunq  beS  9tatt)eS"  maren  bie  gut  fatfiolifdjen 
9Mnner  2lbam  ©d)miebct,  tyaul  Runder,  grnnS  ©eorg  9Jteinbt  unb  ©eorg  dr= 
fjarb  SBernbl  als  Sürgermeifter  beftettt  morben.  S)er  ßetjtgenannte  tjatte  am 
16.  S)ecember  1633  bon  feinem  Vorgänger  bie  ©efdjäfte  eines  9lmt§=  ober 
£)ber=99ürgermeifterS  übernommen  unb  führte  biefelben  bis  jur  nädjften  ,,33er= 
neuerung"  am  folgcnben  8.  *ütdrj,  hei  ber  er  abermals  beftätigt  mürbe. 
Söallenftein'S  äöirttj  im  tarnen  ber  ©tabt  mar  alfo  bieSmal  berfelbe  ©eorg  (£r= 
tjarb  SBernbl  auf  SDölitj,  ber  iljn  im  ©ommer  1625  auf  ©ctjlofj  Setjnftein  bc« 
toirtt)et  tjatte.  2)er  ©aft  lag  in  ber  ^Jcadjt  beS  25.  ftebruarS  1634  ermorbet 
bon  ben  Offizieren ,  benen  er  am  meiftcn  bertraut  tjatte.  S)rei  ^ai)xe  fpäter 
enbete  ©eorg  (Srtjarb  SBernbl,  ber  Sonbertit,  burd)  ©elbftmorb.  SBattenftein'S 
SobeSfjauS  fam  1642  burcr)  Rauf  in  bie  .'pänbe  ber  $efuiten,  um  nad)  bem 
S5au  eine§  neuen  SefuitencoHegiumS  in  @ger  an  bie  ©tabtgemeinbe  über= 
Wljen. 

2Bolf  sÄbam  5ß.  fanb  c§  geratt)en,  im  ^ab,re  1635  feine  ©üter  ©et)ag  unb 
^>arle^  im  ßgertanb  ju  beräu^ern ,  unb  taufte  bafür  ba§  ©ut  Semftein  bei 
Söunfiebel,  mot)in  er  fidj  ^urücfäujieitjen  bactjte,  gab  aber  biefen  ©ebanfen  mieber 
auf,  al§  'DJtarfgraf  g^riftian  bon  Saireutt)  il)n  (1640)  in  feine  3)ienfte  natjm 
unb  mit  bem  £itel  eineä  „rjodjfürfttidjen  gtatrjeä  unb  50litbeamten  ber  fedjä 
2lemter  ©lüffting"  jum  23ice=,^)auptmann  in  SBunfiebel  ernannte.  3luccj  auf  biefem 
Soften  ermarb  er  fid)  buret)  feine  aufeerorbenttietjen  Renntniffe  unb  Erfahrungen, 
fomie  burd)  feltenen  ßifer  unb  g^ifj  ba%  größte  Sob  unb  mürbe  ganj  befonberS 
bon  itjm  gerütjmt,  „er  tjabe  gegen  alte  SBectjfeljätte  ieberjeit  trefflidje  9tatl)fd)täge 
3ur  <£>anb"  (ut  in  manu  semper  prompta  adversus  quoslibet  casus  haberet  con- 
silia.  Pertsch,  origg.  Voitlandiae  [1677],  p.  173).  2ll§  im  3l|)rit  be§  Sa^veS 
1641  3fot)ann  93ancr  nad)  einem  bergeb ticken  guge  in  bie  Dberbfalj  unb  an 
bie  SJonau  unter  bielen  Sermüftungen  fiel)  gegen  ü£f)üringen  manbte  unb  in 
£)berfranfen  ben  ©eneral  Slbam  $fuel  mit  ettidjen  Regimentern  prüdlie^,  be= 
gab  fid)  SBolf  2lbam  ty.  ju  biefem  nad)  ^>of  unö  beftimmte  itm,  nidjt,  mie  er 
badjte,  in  SBunftebel,  fonbern  füblid)  babon  in  9tebmi§  eine  fefte  ©teUung  ju  ne^ 
men.      ©eit  bem  S3erfauf   feines  bäterlidjen  @rbe§   im  ©gerlanb   blatte  er  aber 


5kd)e(be[.  57 

feineStoegS  auct)  fct)on  jeben  (SJebanfen  an  bie  3£ücfEef)r  in  bie  alte  •pamat  auf= 
gegeben.  @r  ftanb  erroiefenermafien  ununterbrochen  in  brieflichem  35etfetjr  mit 
fetjr  bieten  Sgerc-r  ßrutanten ,  bie  fict)  alle  unabtäffig  mit  biejem  ©ebanfen 
trugen  unb  nictjtS  berfäumten,  itjn  3U  üertoirfltctjen.  %m  'IRonat  sDtai  1636 
betoogen  fie  noct)  einmal  ben  Äurfürften  öon  Sacrjfen,  fict)  Tür  fie  beim  ^atfer 
5U  öerroenben  unb  benfetben  nactjbrücflict)  ju  bitten,  „fict)  gefallen  ju  laffen,  bafj 
bie  Gügerifctjen  Emigranten  baS  bertorene  exercitium  Stugsburgtjctjer  donfeifion  .  . 
toieberum  überfommen,  ber  Dtegreft  ju  itjren  ©ütem  itjnen  toieberum  üergonnet 
unb  fie  babei  faifertict)  get)anbt)abt  roerben  mögen."  3)erg*ebenS.  25ie  feit  bem 
3>at)re  1643  eröffneten  ftriebenSöertjanMungen  p  fünfter  unb  Dsnabrüct  roecften 
neue  Grtoartungen  unb  tieften  fogar  tjoffen,  bie  feit  £urct)füt)rung  ber  ®egen= 
reformation  in  @ger  fiillfctjtoeigenb  faffirte  9teid)Sunmittelbarfeit  ber  Stabt 
bennoer)  roieberjugeroinnen.  %m  3.  'Dtobember  1645  tourbe  ber  9teict)Sbeputation 
ju  ©snabrücf  eine  33efct)toerbefct)rift  überreicht,  bie  nact)  präeifer,  ftarer  Sar= 
legung  beS  iraglictjen  9tect)t6ftanbpunfte§  ber  ber  .#rone  23öl)men  „cum  jure  relui- 
tionis  et  aliis  reservatis  pfanbtoeife  eingeräumten"  Stabt  @ger,  „öon  beren  ber 
©geriferje,  auf  beS  ^eiligen  9tömifct)en  9teict)eS  ofjnmittetbarem  @runb  unb  53oben, 
auTjer  beS  Königreiches  33öt)men  S5e,jirte  gelegene  ÄreiS  ben  9camen  t)at",  mit 
bem  Petitum  fctjlofj,  „biefe  ber  betrübten  (Sgerifcfjen  Emigranten  Sactje  gnäbig 
in  foterje  Gonjiberation  ju  faffen,  bamit  fie  toieber  ju  itjrem  2Bürger=,  @rjren= 
uub  ^nroorjnerftanb  neben  SBeib  unb  ßinbem  gelangen,  it)r  -öab  unb  ®ut  in 
Ongenttjum  unb  ©enieß,  roie  borbeffen,  annehmen,  beS  itjnen  otjne  fjfug  &ei  bem 
gelungenen  Exilio  abgebrungenen  fünften  Xr)ei(S  itjreS  Vermögens  otjne  ^Xö^ug 
ober  Sntgelt  toieber  tjabfjaft  gemacejt  unb  fo  fürberS  in  bem  ungehemmten  ©e= 
Brauet)  bei  Exercitii  ber  eöangelifdjen  ^Religion  2lugSburgifct)er  ßonfeffion,  roie 
fie  fotetjen  bort)ero  getjabt  unb  ber  it)nen  in  Äraft  faiferlictjer  (Xommijfion  in 
annis  1620  unb  1621  ttjeuer  unb  mit  tjot)er  3ufage  berfproefjen  roorben,  refti= 
tuirt  unb  babei  für  unb  für  unbeeinträchtigt  gelaffen  toerben  mögen."  —  $er= 
f affer  biefer  unb  aller  fpäteren  Eingaben,  bie  noct)  öon  ben  ,,Ggerifct)en  @mi= 
granten"  ausgingen,  mar  tjöct)ftroat)rfct)etnlict)  2Botf  2lbam  ^>. ;  getoif}  ftanb  er 
itjnen,  roie  ben  furfürfttietjen  ^nterceffionen,  fetjr  nat)e.  Sie  gefteüte  Bitte  ?anb 
auf  Seite  ber  proteftantifetjen  9teict)Sftänbe  unb  ber  Sctjtoeben  bie  gebüt)renbe 
5Rüctfict)t ;  fie  bitbete  im  Saufe  ber  griebenSöerrjanblungen  eine  immer  roieber  be= 
rattjene  ftänbige  firage.  9toct)  im  ftoöember  1645  erfudjten  jene  ©tänbe  in 
einem  „Sutactjten"  ben  Äaifer,  bie  Srulanten  jurücffetjren  „unb  fonberlictj  bie 
©tabt  Sger  in  ecclesiasticis  et  politicis  in  Dorigen  Stanb  ööltig  roieberum 
reftituiren  ^u  laffen."  @S  folgte  ein  überaus  um ftänb lieber,  langwieriger 
Sctjriftentoectjfet. 

Sin  wictjtigeS  KriegSereignifj  fdjien  ptötjlict)  eine  günftige  SBenbung  t)erbei= 
äufütjren.  21m  17.  ^uti  1647  fiel  6ger  nact)  längerer,  tjartcr  Belagerung  buret)  J?arl 
©uftaö  Sörangct  in  fd)roebifct)e  öänbe.  ,,^ct)  mu|  betonen",  berichtet  ber  Gr= 
oberer  an  ben  OteidjSmarfdjatt  Drenftjerna,  „baft  ber  betreffenbe  Gommanbant 
mir  einen  fotct)en  2Biber|"tanb  gemacht  tjat,  roie  ict)  it)n  lange  <$nt  öort)er  üor 
mir  nict)t  gefunben  t)a6e."  2Jtan  fctjrieb  fatt)olifct)erfeitS  biefeS  Ungtücf  bem  9las 
fluten  ber  Sgerer  Gjutanten  ju,  üorjügtict)  roieber  bem  rütjrigcn  2öolf  2tbam  *>#. 
2luct)  biefe  3}erbäct)tigung  tonnte  niemals  erroiefen  roerben.  SSeftimmt  üerfpractjen 
fict)  jene  ßrutanten  non  bem  eben  eingetretenen  Umftanb  einen  erfreulichen  ntüct= 
fctjtag  auf  bie  ju  CSnabrücf  in  Sertjanblung  ftetjenbe  fjfrage,  beren  23eantroor= 
tung  über  itjr  unb  itjrer  gamilien  33ot)l  unb  2öct)e  für  aüe  3"1  entfcfjeiben 
foltte.  @r  bract)te  auet)  ben  S3ortt)eil,  ba|  fict)  bie  ©rulanten  toieber  batjeim  ju= 
fammenfanben,  um  bie  toeiter  einjuleitenben  ©ctjritte  gemeinsam  ju  berattjen. 
Stilen  boran,  ertoieS  fiel)  noct)  einmal  3Bolf  2Ibam  ty.   als   ttjätiger,   getoanbter 


58  SßadbelM. 

unb  unerfcfirocfener  SSerfecrjter  be§  guten  alten  9tecfjte§  feiner  geliebten  2)ater= 
ftabt;  bcreitmitlig  erfannte  bie  neue,  ob  aud)  Etetne ,  bod)  nicfit  bebeutungStofe 
eöangelifcije  ©emeinbe  feine  güf)retjcf)aft.  6ine§  laut  ben  faiferlitfjen  6om= 
miffären  in  DSnabrütf  febr  ju  ftatten,  bafj  fie  mit  ©runb  fidj  auf  bie  Sbatfacfje 
berufen  burften,  bafj  bie  (Stobt  6ger  felbft ,  bie  tängft  fatbotifirte ,  gar  nicht 
barnadj  ©erlangen  trage,  mofür  fid)  bie  menigen  ^roteftanten  bafelbft  unb  itjre 
greunbe  unter  ben  proteftantifcrjen  9leid)§ftänben  unb  ben  Schweben  fo  eifrig 
oermenbcten.  ©o  tarn  c§,  bafj  nact)  Oielfältigen  Stipulationen  unb  ©Treibereien 
hei  bem  griebenSfchtuffe  bie  6gerer  2lngetegent)eit  nebft  anberen  offen  gebliebenen 
fragen  ben  grieben§e2;ecutionä=23ert)anblungen  überliefen  mürbe,  roeld^e  „bem= 
näd)ft"  3U  Nürnberg  jju  eröffnen  mären;  „bis  batjin  aber  fotte  ©tabt  unb  JhetS 
6ger  fomotjt  in  ecclesiasticis  als  politicis  in  ben  ©tanb  beS  3ab,reS  1624  ge* 
fefet  merben."  —  SBolf  Slbam  ty.  fab,  barin,  tt)ie  auch,  bie  Öo^  lehrte,  einen 
gän^lictjen  SJtifjerfotg ;  er  fjatte  ben  ©tauben  an  bie  3uftntft  beffen,  roofür  er 
äeitlebenS  geftritten  unb  gelitten,  für  immer  öerloren;  fein  ©eift  mar  umnadjtet. 
yiad)  2Bunfiebel  jurücfgefebrt,  tjatte  er  nur  ben  einen  äöunfdj,  ju  fterben.  6r 
führte  fiel)  auS  bem  genfter  fetneS  .gmufeS,  fanb  aber  nidjt  ben  5Eob;  bie  ge= 
brodjenen  ©lieber  mürben  geseilt.  2lm  17.  ^funi  1649  fanb  man  ben  6ntfeelten 
im  SBalbe  oon  äBunfiebet.  SDie  einfüge  sJteid)Sftabt  6ger  mar  ju  politifdjer, 
nationaler  unb  religiöfer  Unfreiheit  ücrurtt)eilt.  —  SBotf  Slbam  *p.  tjinterliefj 
brei  ©ötme:  Julius  ^einrieb,  geb.  1639;  $ot)ann  6t)riftopf),  geb.  1642,  unb 
3ßolf  ©abriet,  geb.  1649,  laut  ber  9ftatrit:  nact)  bem  „(eibigen"  ütobeSfatt  feinet 
SB  aterS.     %\)x  ©efctjledjt  blütjt  nodj  in  mehreren  fiinien. 

sJtad)  Urfunben  ber  faiferl.  Slrdjiöe  j)U  SBien,  beS  ©tabtarctjibS  in  6g er 
unb  im  *jkibatbefife  (3.  21).  toon  #errn  ©tabtpfarrer  gfr.  ^achelbet  0.  ©etjag 
in  £inbau  unb  <£>ei-rn  2lrd)ibar  #•  ©rabl  in  6ger  gef.  jur  Verfügung  gefteEt). 
—  25ergl.  3?.  ©.  0.  Meiern,  Acta  pacis  Westphalicae  publ.  (1734—36).  — 
SS.  «ßrött,  6ger  unb  baS  6gerlanb  (1845;  2.  Stuft.  1877).  —  ftr.  Äürfd&ner, 
6gcr  unb  Söbmen  (1870).  —  5lbam  2Bolf,  ©efchichtt.  Silber  auS  £)efter= 
reich,  (1878).  —  &.  ©rabl,  bie  gftronifen  ber  ©tabt  6ger  (1884). 

|>altmidj. 
^adjclbl:  Söolfgang  ©abriet  $.  0.  ©ehag,  geb.  am  10.  ^uni  1649 
äu  SBunfiebet,  f  am  26.  ftoüember  1728  ju  Dnotjbad),  ©obn  äßolfgang 
2lbamS  (f.  0.),  erhielt  bie  SBorbilbung  in  23aircutt),  legte  bie  juriftifdien  ©tubien 
in  3cna  unb  Seip^ig  jurüd,  ermarb  an  legerer  Uniberfität  1678  bie  jimftifdje 
SDoctormürbe,  trat  im  folgenben  ^ahre  als  3tnleiter  (3lböocat)  beim  ßanbgeridjt 
in  3ln§bad)  ein,  mürbe  äugleicl)  marfgräftid)er  9tat^  in  Dnot^badj,  nad)  fur^er 
Seit  Seifiger,  im  %.  1703  erfter,  1705  branbenburgifd)=culmbad)ifd)er  ©eb,eim= 
ratl).  6r  mar  ein  angefefyener  9Jlann  unb  ftanb  mit  tierfdn'ebenen  bebeutenben 
^eitgenoffen,  barunter  Scibniij  unb  -gjert,  im  SSriefmedjfel.  ©eine  litterarifdje 
3:b,ätigfeit  umfaßt  üoraugämeife  ba§  ©taat§red)t  unb  bie  ©taatäbermaltnng, 
baneben  befonbere  branbenburgifdje  5lngetegent)eiten,  audj  einzelne  f»tftorifd£je 
S)inge,  barunter  alä  abfonberlidj  bie  „diss.  historico-juridica  de  originibus 
electorum,  deque  etiam  Christi  nativitate  non  junioribus  cet."  Hai.  Magd. 
1705.  4°,  morin  bie  Äurfürftcn  in  bie  öltefte  ^eit  üerfe^t  merben  unb  ba§ 
23urggraientbum  Nürnberg  bereits  im  9.  ^abrbunbert  als  Äurfürftentbum 
erfdjeint.  ^ugter  aäljlt  41  ©cfiriften  auf,  mäbrenb  Rulofer  unb  Mütter  in  i^ren 
ftaat§rec&tticf)=litterarifcben  ©Triften  feine  angeben,  ©eine  S)octorbiffertation  „de 
prohibitione  nuptiarum  in  gradu  seeundo  lineae  inaequalis",  Lips.  1728  ift  bie 
einzige  au§  bem  ^irdjenreebte. 

Sugter,  Seiträge,  V,  295.  —  ftifenfeber,  ©el.  SSaireut,  VII,  4. 

ö.  ©d)utte. 


s.ßad)mann.  59 

^adjnumtl:  Sfjeobor  fRitter  b.  $.,  geb.  am  9.  ftobember  1801  als 
©otjn  bei  gräfticr)  Äototorat'fdjen  Stmtmanni  Sodann  2lnton  %  ^u  ^>orati^  in 
Söötjmen,  t  P  Söten  am  11.  fyebruar  1881.  Waä)  erlangter  Sßorbilbung  in 
bem  ©eburtiorte  öefudjte  er  bai  ©tjmnafium  ju  Äomotau  in  SBötjmen,  bon 
-£>erbft  1821  an  bie  Uniberfität  ju  $rag,  auf  ber  er  fotool  bie  pfiitofopfjifdjen,  als 
juriftifdjen  ©tubien  bii  jum  «g>erBft  1825  ^urücffegte.  hierauf  arbeitete  er  in 
einer  9Ibbocatenfan<jlei  unb  befestigte  ficr)  mit  ^rtbatunterridjt.  Dtactjbem  er 
in  $rag  am  16.  ^uli  1828  pm  Dr.  jur.  utr.  promobirt  toorben  toar,  erhielt 
er  infolge  ber  23etoerbung  bie  ©teile  als  „fupptirenber"  3ßrofeffor  bei  römifcfjen 
unb  fanonifdjen  ütecrjti  in  SBien,  nadj  fur^er  geit  bei  orbentlictjen  in  Dtmütj, 
im  3>.  l850  in  SGßien.  ^n  biefer  Stellung  blieb  er  bis  ju  feiner  auf  ©runb  be§  ®e= 
feijei,  bai  nadj  Sßoltenbung  bei  fiebjigften  SebenijatjreS  bie  gefetjtidje  ^enfionirung 
ber  5ßrofefforen  auifpridjt,  biefe  aber  fdjon  mit  65  geftattet,  im  3-  1870  au§ge= 
fproctjenen  ^nfionirung.  33om  gürfteräbifdjof  bon  Olmü^  tjatte  er  ben  Xitd 
Gonfiftorialratf)  erhalten,  in  Söien  ben  eines  9tegierung§ratt)i;  er  gehörte  ju  ben 
5ßerfonen,  toetcfjen  ber  «Saifer  SJtaiimilian  bon  sHcerico  fofort  feinen  neuen  Drben 
bertiet)  (Sommanbeurfveuj  bei  ®uabe(upe=£).) ;  hti  feiner  ^ßenfionirung  tourbe  er 
in  ben  eiblidjen  9tttterftanb  erhoben,  ©eine  litterarifcfje  itrjätigfett  mar  anfängt 
licfc)  bem  öfterretd)ifd)en  Gibitredjte  jugetoanbt,  fpäter  audj  bem  fanonifdjen  unb 
römifdjen.  SJafnn  getjören  2lbtjanblungen  „über  bie  33erjätjrung  in  Oefterr.", 
über  öftere.  (Stjeredjt,  SDienftbarfeiten,  5)3fficf)ttf)eil,  SSermädjtniffe,  ^nterufurium 
u.  f.  W-,  bie  in  ber  öfterr.  jurift.=potit.  3eitfd6>riyt  bon  Söagner  unb  ©ofliner,  fpäter 
aud)  in  bem  lütagajin  unb  Slrcfjib  bon  ^aimerl  gebrudt  finb.  S)em  römifdjen 
9ted)te  ift  eine  „93orfd)ule  bei  röm.  9t."  getoibmet.  Sern  $irdjenred)te  gehören 
aufjer  bem  £)anbbudje  an  einzelne  Sluffätje  in  ber  ttjeol.  3eitf$r-  fon  ^le^, 
eine  SBrofdjüre  über  bie  bogmatifdje  grage  bon  ber  päpftl.  Unietjlbarfeit  unb 
insbefonbere  über  bie  ©rünbe  bagegen.  ©er  ©djtoerpunft  feiner  litterarifctjen 
£rjätigfeit  liegt  im  „ßeljrbud)  bei  ßirdjenredjti  mit  33erücffid)tigung  ber  auf  bie 
firdjtidjen  üßettjältniffe  be<uigner)menben  öfterreidjifdjen  ©efetje  unb  SJerorbnungen." 
1849—1853,  3  33be.  3.  Stuft.  1863-1866.  äßäfjrenb  in  ber  erften  Slmtage 
faft  nur  bie  ftaatlidjen  33erorbnungen,  ober  bod)  fo  toefentlidj  ben  ©toff  fjergaben, 
bafj  bai  fanonifdje  SRecfjt  feine  Ototle  fpielte,  aeigen  bie  folgenben,  namentlich,  bie 
letzte,  mit  ber  feit  1851  unb  befonberi  bem  Soncorbate  eingetretenen  Slenberung 
eine  eigentrjümticrje  ÜZBanbetung.  5ß.  mar  feiner  Einlage  unb  33ilbung  nadj  $ofe= 
finer,  freilief)  nidjt  fo  ausgebilbet  toie  9ted)berger,  baneben  ©toeföfterreierjer,  bem 
eigentlich  jeber  nierjt  öfterreicf)ifcf)e  ßinflu^  ein  SDorn  im  3luge  ift  unb  roenn  er 
auef)  bom  Sßabfte  fommt.  S)er  ßinfluB  'öelfert'i,  fircfjlidje  Sefcf)äftigung  unb 
bie  ßntmiefetung  feit  1848  madjten  it)n  ju  einem  teifen  Slnfjänger  ber  ^ircfjen= 
freit)eit.  5Diefer  3bJtefbalt  jeigt  fict)  in  feinem  SBuctje,  bai  bümeilen  rein  jofefU 
nifei),  biitteiten  curialtftifcf)  atfunet.  %n  feiner  9Kett)obe  unb  im  ©toffe  ift  er 
bai  5ftufter  bei  bormär^licrjen  öfteireicf)ifcf)en  ©elel)rten,  ber  biete  pofitibe  ßennt= 
niffe  Ijat,  bor  allem  im  öfterreid)ifcf)en  9ftecf)te,  aber  ber  fbftematifcfjen,  bor  allem 
Ijifiorifcrjen  Sluibilbung  entbehrt.  Sie  9lrt  toie  bie  Quellen  unb  ©efducfjte 
berjanbelt  toirb,  ift  l)ieraui  erflärtict}.  ©aju  gefeiten  fiel)  eine  ©pradje,  bie  oft 
merjr  ati  barof  ift,  btelTacf)  eine  sÄrt  ber  SBegrünbung,  toetcfje  faum  faßbar  ift, 
enblict)  ber  ^Hanget  aüfeitig  quellenmäßiger  ©tubien.  Söiffenfcrjaftttcf)  ift  ha^> 
fietjrbucf)  unbebeutenb  unb  Ijat  mit  bem  gortfatt  t)^  alten  ©toffei  ber  ©iaati= 
gefe^e  aud)  feine  praftifdje  58raud)barfeit  bertoren.  3luf  bie  (jnttoicfelung  in 
Cefterreid)  ift  aber  ty.  feit  1850  nid)t  otjne  allen  ©inftuf;  getoefen.  Stti  Setjrer 
toar  er  toegen  feiner  berben  ©pracfje  unb  ber  nidjt  fparfamen  Singriffe  auf  (Sol= 
legen  bei  ben  ©tubenten  fef)r  beliebt;  ber  feine  ifm  in  jeber  ^>infid)t  riefig  über= 
xagenbe  ^fjittipi  tjatte  alimä^lid)  im  £ird)enred)te  biet  toeniger  3ut)örer.    SSirfte 


60  s4Jad)niai)t  —  $ncf'. 

er  al§  Set;rer  nidjt  gcrabeju  ultramontan,  fo  Bereitete  er  aber  bod)  ben  Boben 
für  bie  Aufnahme  fircrjltdjer  2Infprüd>e,  bor  allem  mar  er  ein  <£>erolb  bafür, 
bafj  ba§,  ma§  ba§  ©taatSgefet;  tt)ut,  im  ganjen  morjtgetljan  ift,  befähigte  atfo 
bie  Sugenb  in  bem  galten  ju  bem  tjerrfctjenben  ©rjfiem  mit  einer  fteinen  Neigung 
nad)  ber  ^ird)e.  <£)ierfür  roirfte  er  nod)  mein:  in  geitfdiriften,  befonber§  bem 
„BolfSfreunb"  in  2Öien.  9ll§  löinfter  fei  ber  ©eparatabbrud  „^reimüt^ige 
2öorte  gegen  bie  Soncorbat§=Be*läfierung"  SSien  1867  angeführt.  2ll§  llftenfd) 
mar  $.  nad)  jeber  9tid)tung  t)od£jad)tbar.  —  SDie  biograptjifcrjen  9Jtittt)eitungen 
rurjen  auf  eigeuljänbiger  Stufaeidjuung  ^acrjmann'S.  b.  Schulte. 

$ad)Iltal)r:  Marianus  ^.,  Benebictiner,  geb.  am  22.  Dctober  1728  ju 
ßematen  in  Oberöfterreidj,  f  17.  3uni  1805  ^u  äöfifcfirdjen  beiäßelg.  9flaria= 
nu§  ift  fein  ©rben§name,  fein  ü£aufname  mar  3fof)ann  ©eorg.  (Jr  ftubirte  am 
©tjmnafium  unb  Stjceum  ju  $rem§münfter,  trat  bort  in  ben  Drben  ein,  legte 
13.  9tobember  17 48  bie  ©elübbe  ab,  *\etyte  feine  ©tubien  in  $rem§münfter  unb 
in  ©atjburg  fort  unb  mürbe  1.  sDiai  1754  jum  ^rieftet  geroeirjt.  (Sr  letjrte 
1754—61  in  feiner  2l6tci  $f)ilofopl)ie,  Mattjematif  unb  $fmfif,  feit  1757  aud) 
©efctjidjte  unb  mirfte  bann  an  öetf ergebenen  Orten,  jute^t  in  SBei&fircrjen  als 
©eelforger.  ©ebrudt  ift  bon  itjm  „Historico-chronologica  series  abbatum  et 
religiosorum  monasterii  Cremifanensis",  ©terjr  1777 — 82,  toier  Srjeile  in  $olio, 
nidjt  gebtudt  ein  Chronicon  celebris  asceterii  Cremifanensis.  Gür  Ijat  aud)  ©ta  = 
tuten  einer  projeetirten  „Slfabemie  ber  gleifjigen"  tjintertaffen. 

Scriptores  ordinis  S.  Bened.  qui   1750 — 1880  fnerunt  in  Imp.  Austr.- 
Ung.,  1881,  p.  329.  —  SBurjbad)  21,  168.  fteufd). 

tyüd:  Otto  b.  $.  mutbe  als  ©profi  cincS  alten  Meifinifdjen  9lbelSgefc£)led)tS 
um  1480  geboren  unb  be^og  1499  bie.Uniberfität  £cip,jig,  um,  unterftükt  bon 
einem  (mot)t  älteren)  Bruber,  bie  9ted)te  ju  ftubiten.  Gr  ermarb  ben  furiftiferjen 
£)octortitet  unb  trat  —  mir  miffen  nid)t  mann  —  in  ben  üDienft  beS  .Sper^ogS 
(Seorg  bon  ©ad)fen  ein,  beffen  befonbereS  Vertrauen  er  ermarb;  feit  1519  finben 
mir  ifjn  bon  ©eorg  ju  ben  roidjtigften  ©cfdjäften  betmanbt.  9luf  toter  9ieid)§= 
tagen  mätjrenb  ber  $aljre  1522 — 1526  bertrat  er  feinen  £)erm,  in  beffen  9luf= 
trag  er  aufjerbem  in  ben  firdjlidjen  unb  bolitifdjcn  ^>änbeln  ber  3ett  3ab,treicr)e 
9Jlifftonen  übernahm.  Slfletn  ^ad  täufdjte  baS  Bertrauen  beS  .fterjogS ,  inbem 
er,  um  fid)  (Selb  ju  berfdj  äffen,  mannigfache  Betrügereien  unb  fetmöbe  ^ätfdmngen 
ausführte.  II.  a.  gab  er  bor,  bem  .^erjog  ad)ttaufenb  ©ulben  jur  ßinlöfung 
beS  an  baS  ©tift  5Jierfeburg  berpfänbeten  5lmtS  äöeifeenfee  borftreden  3u  foüen, 
mofür  ib,m  bann  (Seorg  ba%  9lmt  al§  Unterbfanb  eingeben  merbe;  ba§  mufete  er 
buretj  gefälfc^te^  ^Briefe  mit  be§  ^er^ogg  9iamen  unb  unter  beffen  ©iegel  (ju  mel= 
d>em  er  al§  ^anäteibermefer  in  3lbmefenl)eit  be§  eigentlid)en  ^anäler§  3'u^tt 
r)atte)  um  fo  glaublicher  ju  madjen  unb  erfdjminbette  auf  biefem  Söege  bon 
5|3ribaten  mie  bon  ©tabtgemeinben  größere  unb  fleinere  ©ummen.  ^aft  nod) 
ärger  mar,  bafj  er  im  $ar)re  1527  ben  Beitrag  be§  SSifcrjof^  bon  ^Jlerfeburg 
3U  ben  9teid)§auflagen ,  ber  ib,m  jut  Ablieferung  übergeben  mar,  unterfc^lug. 
3lugenfdjeinlid)  mar  ber  äußere  3lnla^  ju  allen  biefen  Manipulationen  bie  ©elb= 
berlegentjeit  ^>ad'§,  ber  morjl  bon  .gmufe  au§  mittellos  mar  unb  mit  feinem  35e= 
amteneinlommen  nidjt  ^>au§  ju  Ijalten  berfianb;  ba^u  fam  aber  aud)  eine  9tei= 
gung  jur  ^ntrigue,  meiere  beinahe  etma§  ^ranft)afte§  b,at  (aud)  förpertidj  fdjeint 
5^ad  öfter  leibenb  gemefen  3U  fein,  mie  bei  ber  Seip^iger  S)igputation  1519  unb 
auf  bem  ©peirer  9ieid)Stage  1526);  offenbar  Ijatte  er  feine  ^reube  baran,  auf 
frummen,  für  ir)n  leben§gefär)rlid)en  2Begen  au  manbeln;  aueb,  mufjte  er  mit 
unglaubtid)er  ©emanbtb^eit  ^atjrelang  ber  ßntbedung  feiner  Betrügereien  boräu= 
beugen.     2lber  mie  foHte  bie  ©acb,e  fd)tie|lid)   auslaufen?     3Jlu^te   nidjt  bodj 


$arf.  61 

eine!  Sage!  alle!  an!  Sid)t  fommen?  £ie!  mar  bie  Sage  Otto'!  0.  *$.,  al! 
er  jene  £)änbel  anbettelte,  bie  feinen  ^tarnen  auf  bie  9cacfjroelt  gebracht  unb 
SDeutfcrjlanb  i.  %.  1528  bidjt  an  ben  Sürgerfrieg  tjerangefürjrt  tjaben.  5ß.  näm= 
lidj  fudjte  Anfang  1528  mit  bem  jungen,  tjeißblütigen  Sanbgrafen  5pfjilipp  öon 
Reffen,  bem  Sorfämpfer  ber  ßoangelifdjen,  Serbinbung  unb  mußte  bemfelbeu 
einjureben ,  baß  $önig  5etoinanb ,  J?urfütft  3oad)im  öon  Sranbenburg  unb 
.perjog  ©eorg  Don  Saufen,  roeldje  im  9Jcai  1527  in  Stellau  bei  cinanber  ge= 
mefen  maren,  bort  mit  anbeten  fatrjolifcrjen  ©tänben  ein  Sünbniß  3ur  33efiie  = 
gung  unb  Au!tottung  bet  (Söangelifdjen  gefcrjtoffen  tjätten.  <&tet)t  e!  bleute  mot)l 
bei  allen  gotfcfjetn  —  au!  äußeren  unb  inneten  ©tünben  —  fefi,  baß  ein  fot» 
d)e!  Sünbniß  nid^t  eriftirt  r)at,  fo  mar  bod)  bie  ©acfjlage  im  JReidje  banadj  an= 
getrau,  bem  frecfjen  Settüger,  ber  übrigen!  audj  bie  bett.  Sünbnißurfunbe  für 
10,000  (Bulben  im  Original  p  liefern  öerfpracf),  ©lauben  p  fdjenfen.  ^Jfjitipp 
fam  felbft  nacf)  Sre!ben,  mo  ifjn  5ß.  jtoar  nidjt  ba!  Original,  aber  eine  an= 
geblidj  beglaubigte  Abfdjtirt  feljen  ließ,  bie  ben  Sanbgrafen  pnädjft  ööllig  öon 
ber  Grrjftettjj  be!  Sünbniffe!  überzeugte.  6r  eilte  nacrj  Söeimar,  mo  er  ftdj  mit 
bem  Äurfürften  öon  Saufen  öerfiänbigie;  bann  rüftete  er,  um  bem  brotjenben 
Singriff  juborjufommen,  unb  fiel,  faum  baß  feine  Lüftungen  ooUenbet  maren, 
ben  Sifcrjöfen  öon  SBürjburg  unb  Bamberg,  melcfje  ebenfalls  Xfjeilnerjmer  be! 
Sünbniffe!  fein  foEten,  in!  Sanb,  inbem  er  jugletdj  bie  angebliche  Sünbniß* 
urfunbe  nad)  ber  öon  5J}.'  gelieferten  Abfdjriit  öeröffenttidjte  (sJJlai  1528).  ^n= 
5toif ctjeti  blatte  er  5ß.,  ber  fidj  mieber  3U  ifjm  begeben  ,  auf  beffen  Sitte  nad) 
Ungarn  ju  Sodann  3aMöa>  oem  ©egner  £önig  gerbinanb'!,  entfanbt;  ^>. 
blatte  berfprodjen,  bei  biefer  (Gelegenheit  aucr)  ©adjfen  ju  berühren,  um  bau 
Original  ju  tjolen.  Allein  er  magte  e!  nidjt,  ftd)  bort  bilden  p  laffen;  öer  = 
muttjlicb,  fjoffte  er,  junäcrjft  öon  bem  Sanbgrafen  bie  it)m  öorläufig  öerfprodjenen 
4000  ©utben  entgegen .junetjmen  unb  öerließ  fictj  für  ba!  weitere  auf  feinen  er= 
finberifdjen  ©eift,  ber  irjn  bisher  nie  im  Stiel)  gelaffen  tjatte.  Allein  ^t)ilipp"5 
fdmelle!  Sosfdjlagen  machte  einen  ©trieb,  burd)  feine  Otedjnung.  3)ie  ber  £beil= 
nafjme  am  Sünbniß  berichtigten  dürften,  befonbet!  aud)  -£>et3og  ©eorg,  öer= 
fieberten  unter  entrüftetem  ^toteft  itjte  Unfcbulb  unb  bie  gälfcfmng  ber  Urfunbe; 
ber  Sanbgraf  mußte  feinen  ©emärjt-Smann  nennen ,  3ur  größten  Ueberrafdjung 
be!  2>re!bner  £ofe8.  %e%t  Treilid)  tarnen  allbalb  aud)  bie  früfjeren  Settüge* 
reien  unb  gäljdjungen  5pad'!  an  bau  £age!tid)t.  ®ringenb  ötrlangte  $ergog 
©eorg  bie  Auslieferung  be!  ungetreuen  Beamten;  aber  ^Ijilibö  öermeigerte  bie= 
felbe;  er  fürcfjtete  mob.1,  ftdj  übereilt  ju  rjaben,  aber  er  mar  bodj  nod)  feineö= 
megß  überzeugt,  baß  $acf§  Angaben  ööllig  erbidjtet  feien.  2lud)  blatte  er 
biefen  früher  feine!  (adju^e!  öerftdjert.  ©o  ließ  er  nur  3u,  bci%  mit  5p.,  ben  er 
alletbing!  feftäunerjmen  ©otge  getragen  t)atte,  in  ©egenmart  fädjfifdjer  23eöott= 
mäd)tigter  in  Raffet  ein  Setfjör  angeftellt  mutbe  (^uli  1528),  bei  roeldjem  ber 
Angefdmlbigte  feine  Angaben  über  ba!  SSünbniß  aufrectjterrjielt.  ©djtießtid) 
mutbe  5p.  öom  Sanbgrafen  feine!  ©eroatjrfam!  entlaffen  (3uni  1529),  freilid) 
nur,  um  öon  nun  an  ba!  elenbe  Seben  eine!  öogelfteien  gerje^ten  glüdjtling! 
ju  fügten,  i>a  ©eorg  aEe!  aufroanbte,  um  iljn  in  feine  ^pänbe  ju  befommen. 
2Bir  finben  5j}.  in  äöittenberg,  «DtagbcBurg,  Sübed;  nirgenb!  mochte  er  raften; 
überatlrjin  folgten  if)m  bie  33rieie  be!  fcfjmer  bcleibigten  ©ebieter!;  enbtid),  1536, 
mürbe  ty.  in  ben  Dciebertanben  in  Segleitung  engliferjer  ©efanbten  aufgegriffen. 
Auf  Setreiben  .perjog  ©eorg"!  mac|te  man  iljm  megen  be!  Setruge!  öon  1528 
ben  5ßroceß;  auf  bie  ftolter  gefpannt,  befannte  5p.  je^t,  jene  Sünbnißurfunbe 
gefälfdjt  p  bjaben;  er  fud)te  ^mar  bie  <&ad)t  fo  barpftellen,  al!  fyaht  ber  Sanb= 
graf  iljn  b.albmeg!  ju  ber  gälfdjung  gelungen,  aber  ba!  fonnte  fein  ©erjidfat 
nid)t  roenben.     $.    mürbe   burd)  Uttf)eit    ber   nieberlänbifd)en   Ütegierung   öom 


62  5ßabel  —  ^agcnftedtjer. 

8.  gebruar   1537  megen   23erratt)S   unb  Slnftiftung  bon  Empörung   bem   £obe 
burdj  baS  Seil  beftimmt  unb  nod)    an  bem  nämlichen  Sage  Eingerichtet. 

Materialien  jur  ©efdjidjte  $acf'S  unb  ber  „5$ad'fd)en  |)änbet"  in  ben 
SIrdjiben  bon  ©rcSben ,  SGßeimar ,  Harburg  (Ergänzungen  aud)  im  t)eff. 
©ammtard)ib  ju  Harburg).  SDie  $affeler  üßertjörSaften  gebr.  3.  30.  £>off= 
mann,  (Samml.  rarer  unb  ungebr.  .  .  .  Wactjridjten  I.  1736,  ©.  69  ff.  — 
©ie  golterauSfagen  ©ubenuS,    Cod.  dipl.  Mogunt.  IV,  ©.  636  ff.  — 

Sitteratur:  20.  ©djomburgf,  SDie  ^ad'fdjen  ^änbel.  ©in  Beitrag  juv 
©efd).  ^erj.  ©eorg'S  bon  Saufen.  (fciftor.  £afd)enbud)  1881,  ©.  175  ff.)  — 
,£>.  ©djroarj,  Sanbgraf  s$t)ilipp  öon  Reffen  unb  bie  s$aä'fdj)en  £)änbet  (£)iftor. 
©tubien  XIII,  1884);  baS  SBerf  rietet  ftd)  gegen  ben  mit  9ted)t  einfttmmig 
berurtfjeilten  unb  abgeroiefenen  Serfud)  bon  ©t.  Et)feS,  ©efctj.  ber  ^acTfd^en 
<£)änbet,  1881,  ben  ßanbgrajen  $l)ilipp  als  Seranlaffer  ber  g-ä'lfdjung  ju  er= 
toeifen ;  nod)  flägtidjer  bie  neuefte  Seiftung  bon  Et)feS:  Sanbgraf  *J)r)ilipp  bon 
Reffen  unb  Otto  bon  *ßad.     Eine  Entgegnung.     1886. 

griebenSburg. 
^abd:  Surgen  $.,  geb.  am  23.  2lpril  1505  ju  Üliga,  t  am  5.  Dctober  1571 
eben  bort.  $.  mar  ber  ©oljn  eines  morjlrjabenben  9tigaer  Kaufmanns,  ftubirte  feit 
1526  in  aSittenberg,  ferjrte  barauf  in  feine  Söaterfiabt  jurüd,  too  er  1536  jum 
9tatf)Sl)errn,  1547  jum  Bürgerin eifter  unb  1551  juin  mortfüfprenben  SBürger* 
meifter  geroäl)lt  mürbe,  ein  9lmt,  baS  er  bis  ju  feinem  üLobe  befleibete.  3Ibge= 
fefjen  bon  feiner  SBerroattungStrjätigfeit  fommt  ir)m  SBebeutung  &u  als  SSerfaffer 
eines  SLagebudjeS,  baS  im  5luSjuge  erhalten  ift  unb  bon  EaSpar  -ip.  (ber  bielleidjt 
fein  ©orjn  roar)  fortgefeijt  roorben  ift.  ^urgen'S  Sagebud)  reicht  in  ber  unS  err)al= 
tenen  ©eftalt  bon  1539  bis  in  baS  Enbe  ber  60er  Sfaljre  unb  ge^t  bann  unmerflidj 
in  baS  Stagebud)  Eafpar  ü}3abef  S  über,  mit  meldjem  eS  in  ber  Slbfdjrtft,  ebentuelt 
im  SluS^uge  ober  in  ber  Verarbeitung  beS  föigaer  SBürgermeifterS  EaSpar  bom  £)offe 
berbunben  ift.  ©ie  letzte  Eintragung  ift  bom  4.  ©ecember  1593.  ©er  äfiertl) 
biefer  SUifjetcrjnuttgen,  auf  melcrje  ber  um  bie  übt.  ©efdjidjte  t)od)bcrbiente  ber= 
ftorbene  ©tabtbibliotfjefar  ©.  SBetl^otj  (y  1886)  als  erfter  bie  2lufmerffamfeit 
lenfte,  liegt  in  ber  crjronologifcfjen  ©enauigfeit  unb  fadjlidjen  ^ubertäfftgfeit  ber= 
felben.  Sie  finb  eine  unentbehrliche  Quelle  für  bie  ©efcrjictjte  ber  jroei  Menfd)en= 
alter,  bie  fie  belmnbeln.  ©ine  forgfättige  SluSgabe  beS  üLejteS  nebft  Einleitung 
finbet  man  in  ben  Mitteilungen  auS  ber  libl.  ©efdjidjte,  23b.  XIII,  ©.  291 
bis  434  auS  ber  fjfeber  £>.  3.  33ött)fürjr'S.  ©djiemann. 

s$agamt3:  $eter  $. ,  mit  feinem  eigentlidjen  gamitiennamen  ©orfljeilge, 
geb.  au  SBanfrieb  in  Reffen  am  30.  Mära  1532.  ©tubierte  in  Marburg,  mo  er 
1550  Magifter  rourbe;  ging  bann  nad)  £)otlanb  unb  über  Italien  nac|  2öien, 
roo  er  -mm  poeta  laureatus  gefrönt  mürbe;  1561  würbe  er  ^rofeffor  ber  £)id)t= 
fünft  unb  ©efd)icf)te  in  Marburg,  l)ier  nameutlidj  fein  latent  ju  ©elegenrjeitS= 
gebtct)tenentfaltenbunb  latetnifcrjeEarminabibaftifdj^pljitofopljifclien  unb  Ijiftortfdjen 
El)arafteiS  fdjmiebenb.  ©ein  bebeutcnbfteS  SBerf  bürfte  fein  bie  erft  lange  nadj 
feinem  Sobe  (f  am  29.  Mai  1576  ju  äöaufrieb)  Veröffentlichte  „Praxis  metrica 
h.  e.  phrases,  elegantiae  et  vocabulorum  authoritates  et  inventiones  poeticae,  ex 
praecipuis  Poetarum  coripbaeis  congestae".     granff.  1609. 

g.  20.   ©trieber,  ©runbt.   ^u   einer  |>eff.    (gelehrten»   unb    ©cr)riftfteEer= 
gefdj.  S3b.  IX.  ^oadjim. 

$agcnfted)er:  5lrnolb  Sllcjanber  s^.  Sie  Sßagenfted&er  finb  ein  an= 
gelegenes  ©efd)ted)t  aus  bem  Münfterlanbe ;  ber  früfjefte  urfunblid)  nadjmeisbare 
Slljnljerr  mar  ^oacrjim  (^ocfjem),  ber  um  1360  als  ^atricier  unb  S3ürger= 
meifter  ju  äBarenborf,  einem  ©täbtdjen  SBeftfatenS  lebte,  mo  fidj  mehrere  feiner 
91ad)fommen  nieberlie^en.  ©er  Sater  Slrnolb  SllejanberS  mar  Sllejanber  ©iSbert  % 


^ßagenftedjer.  63 

D.  U.  J.,  meldjer  fürs  nad)  feine§  SJaterS,  Sodann  %  2ob  1651  beffen  2Imt 
al§  $anjler  3U  SBentljeim  erhielt,  bafjetbe  jebocf)  naci)  bem  Uebertritte  be§ 
©rafen  b.  SBentrjeim  3um  $atrjolici§mu§  (1668)  nieberlegte,  unb  furbranben= 
burgifdjer  Oreftbent  am  bfa^rteuburgifdjen  |)ofe  $u  üDüffelborf,  bann  Kurator  ber 
Uniüerfität  ®ui§bnrg  mürbe,  mo  er  am  28.  Sunt  1688  im  73.  Sebengjafjre  ba§ 
geittictje  fegnete.  SDeffen  mit  33arbara  (naci)  Dan  ber  91a  2lnna  9Jtaria)  b. 
9tobenoerg  ämeitetjelicr)  erzeugter  ©oljn  Slrnolb  Sllejanber  erblicfte  am 
27.  Februar  1659  ju  39entt)eim  btö  ßicrjt  ber  SGßelt ;  begann  feine  ©tubien  in 
Köln,  fe^te  fie  in  ©röningen  unb  Serjben  unter  SBöcfelmann  fort,  befudjte  tjierauf 
bie  llmberfitäten  bon  -£>elmftäbt,  Sena,  ßeiöjig  unb  ^ßrag,  öromoöirte  1680  -ju 
Utrecijt  mit  ber  £)iffertation  „de  jure  virginum"  al§  ®octor  beiber  9ted)te,  practi= 
cirte  äu  Siebe  al§  Slnroalt,  mürbe  1681  am  Slrnolbinum  ju  ©teinfurt  ^rofcfjor 
ber  ütedjte  unb  griedjifcrjen  ©btadje  unb  fam  nacfj  fed)§iärjriger  auSgejetdmeter 
Sienftteiftung  al§  5ßrofeffor  ber  (Sttjif  unb  ^otitir  (1686  ober  1687)  nad) 
Duisburg,  mo  er  fpäter  aU  aufjerorbenttictjer  ^rofeffor  aud)  iuriftifdje  2}or= 
tefungen  Ijielt.  SSon  bort  mürbe  er  ^temticrj  gleichseitig  nad)  granefer,  9ftar= 
bürg,  .Ipeibelberg,  f5töntfurt  a.  £>.  unb  ©röningen  gerufen;  er  entfcrjieb  ftdj  für 
©röningen,  mo  er  am  26.  ^uni  1696  (nad)  9totermunb  1694)  mie  in  S)ui3= 
bürg  mit  einem  feierlichen  fRebeacte  bon  feinem  2er)rftut)te  33efii3  natjm.  —  3n 
©röningen  führte  er  fünfmal  (1697,  1705,  1709,  1712,  1715)  bas  Otectorat, 
unb  ging  nad)  langjähriger,  fructjtbarer  Serjrtrjätigfeit  am  27.  Dctobcr  1716 
mit  %ob  ab.  S5on  ben  3e^r9enofjen  al§  Qkxbz  ber  Uniberfität  gebriefen,  mar 
Slrnolb  Sltejanber  ein  9ftann  bon  Ijerborragenber  Begabung  unb  bielfeitigem 
Söiffen,  ber  fid)  mit  ©efcrjidE  in  beutfctjen,  rjollänbifdjen,  italienifctjen,  lateintfdjen, 
aud)  griecrjifdjen  ©ebidjten  berfudjte,  unb  bermöge  feines  gefeierten  9iamen§  audj 
aufjertmlb  be§  ^eimatljgaue§  tjot)e§  3lnfet)en  genofj.  58on  feinen  sarjtreidjen  bei 
9totermunb  33b.  V.  ©.  1389,  ©trieber  X.  230  unb  ban  ber  %a,  £rj.  15, 
©.  25  aufgeführten  ©djriften  t)aben  einige  mehrerer  Auflagen  erlebt;  fo:  „Aplio- 
rismi  ad  Instit."  (Duisb.  1690  12°.  ed.  5  Franeker  1705  12°,  ed.  6  Harderov. 
1748,  8).  —  „Sicilimenta  ad  Comp.  jur.  Schützio-Lauterb. "  (Colon.  1694  ed.  3 
ib.  1699).  —  „Admonit.  ad  Pand."  (Colon.  1706  ed.  4  Grön.  1715.  —  ed.  5 
Harderov.  174).  „Manualium  ad  instit.  etc.  repetita  praelectio"  (Grön.  1710 
12°  Frankf.  1724,  12°).  —  Qu  feinen  erften  arbeiten  äätjlt  ber  „Irnerius  in- 
juria vapulans  s.  Comment.  ad  Autbent."  etc.  (Duisb.  1691  4° ;  3.  f.  berat. 
3lufl.  ©rön.  1702  4°).  SDem  ©treite,  in  ben  er  t)ieburcr)  mit  bem  ^ollänber 
(Sornel  S5rjn!er§tjoeI  über  ben  33erfaffer  ber  Authentica  geriete),  t)at  er  ju  banfen, 
bafj  er  frütjseitig  ber  gelehrten  SBelt  genannt  unb  befannt  mürbe;  bod)  tjaben 
in  biefem  ©treite  beibe  Steile  bie  ©renjen  ber  sJJlä§igung  unb  be§  9lnftanbe§ 
böüig  au§  bem  2luge  berloren.  S5ie  Stje  2llei-anber§  mit  ber  9ticr)ter§toct)ter 
ßattjarina  ©ct)lüter  au§  ©ronau  mar  mit  ^mötf  ßinbern  gefegnet,  öon  benen 
brei  ©öb^ne  beg  ^Bater§  ßaufbat)n  betraten  (fielje  unten).  S>ie  (im  Srudfe  er= 
fd)ienene)  Seictjenrebe  auf  leiteten  Ijiett  1716  ber  ©röninger  ^rofeffor  Sfing!; 
in  biefer  fo  mie  in  ber  bon  Strnolb  Sllejanber  $.  1694  öerfafjten  9ftebe  „Memoria 
Böckelmani"  finben  fid)  mandjertei  2tuffd)lüffe  über  5)}agenftecr)er^  8eben§umftänbe; 
beffen  Sruftbitb  fd)mü(ft  al§  2itelfubfer  ben  30.  %%  ber  ©eleljrten  gama. 

9ceben  ?lrnolb  3ltej;anber  i[t  aud)  beffen  jüngfter  Svuber  2Berner  Suftin  $. 
gn  ermäljnen.  Um  1670  geboren  unb  auf  mehreren  ^od)fd)ulen  gebilbet,  mürbe 
er  nad)  größeren  Reifen  1695  ^ßrofeffor  ber  9red)te  gu  5Duiiburg.  bann  ©et)eim= 
xatt),  aud)  ßecjenprobfl  bafelbft  unb  cjäufig  gu  biblomatifd)en  ©enbungen  ber= 
menbet.  1727  gum  Sßicefanäler  in  Harburg  ernannt,  refignirte  er  1736  unb 
ftarb    1742.     91ad)   bem  ©djriftenüeräeidjnit   bei  3totermunb  (III  1397)  fdjrieb 


64  ^agenftectjer. 

er:   „Principia  Justin,   nova  juxta  seriem  Instit."   1698  12°  unb  einige  römifdj= 
redjttidje  9lbr)anblungen.  — 

23on  ben  brei  ©öfjneu  2lrnolb  2Ilq:anber§,  roelctje  ben  juriftiferjen  2ef)rftuf)t 
Betraten,  ift  ber  bebeutenbfte  ber  ältefie  berfetben,  3ot)ann  $ rieb  rief)  3B 1 1  = 
Jjelm  5ß.  3U  «Steinfurt  am  25.  i^uli  (nadj  öan  ber  9la  am  23.  ^uli  in  2>ui£= 
bürg)  1686  geboren,  begann  er  feine  ©tuöicn  in  Bremen,  fjörte  als  Jüngling 
oon  15  ^arjren  (1701)  ju  ©röningen  ttjeotogtfdje,  bann  unter  Anleitung  feines 
SSaterS  unb  3finfS,  juriftifdje  Sorlefungen,  erroarb  bafelbft  1705  bic  äßürbe 
etneS  2)octor§  beiber  Otedjte,  rourbe  fd)on  1707  im  9llter  bon  20  Salden  aufjer= 
otbentlid)er  ^rofeffor  ber  9tecf)te  in  Harburg,  unb  ging  im  näcfjften  3fatjre  alä 
orbenttidjer  Sßrofeffor  unb  ©et)eimficretär  nad)  ©teinfurt,  roo  er  aud)  bie  ^3ro= 
feffur  für  (Sefcfjictjte  unb  2lttertl)ümer  ertjielt,  unb  1720  jum  9tegierung§ratf) 
unb  (nad)  üDunfcl,  tjiftor.  9cncf)r.)  ^um  ©ogiafen  beförbert  rourbe.  2lm  13.  Sunt 
1721  betrat  er  in  Solge  eines  1720  an  it)n  ergangenen  9tufe§  ben  Setvrfiutjl 
<ju  £mrberror)tf  mit  einer  Slnfpradje,  metdje  roie  bie  meiften  feiner  3ftebeu,  an  feine 
früheren  ttjeulogifdjen  ©tubien  erinnerte.  $n  ^arberrotjcE  tjiett  ty.  nad)  bem 
Süeggange  bon  DhmgiuS  unb  Sieben  neben  juriftifdjen  SJorlefungen  folcfje  über 
Sitteratur  unb  ferjöne  äBiffenfcfjaften,  befteibete  biermal  baS  Utectorat  (1723, 
1728,  1735,  1741)  unb  fd)lofe  bort  jeine  aroeite  <Jb>  mit  ber  $rofeffor§tod)ter 
Slmalie  3ßafor.  $p.  ftarb  am  3.  9tobember  1746  (nact)  ban  ber  8t a  2.  sJ£o= 
üember  1744)  unb  rourbe  at§  einer  ber  bebeutenbften  ßetjrer  ber  ,g>od)fcf)ule  öon 
feinen  3ut)örern  aufrictjtig  betrauert,  beren  ^Jce^rjatjt  it)n  zeitlebens  al§  itjren 
ahmten  3}ater  nererjrt  tjatte.  ©einen  $inbern  t)interlief$  er  jroar  einen  gefeierten 
Diamen,  aber  feine  irbifetjen  ©üter.  SDie  übtidje  ßeidjenrebe  tjiett  am  19.  9to= 
bember  5profeffor  ©erfjarb  ©djröber. 

Sorjann  g-rtebrid)  SöiltjetmS  fdjriftlid)e  Slrbettcn  umfaßten  aud)  bie  fcfjönen 
3öiffenfd)aften ;  fo  fdyrieb  er:  „de  Mercurio  Trysmegisto"  (1708  4°)  „Oratio  de 
pyxide  Pandorae"  (1708)  unb  fein  1703  12°  ju  Duisburg  DertegteS  „Libellus 
de  barba"  rourbe  ^u  Vertigo  1715  unb  1746  aufs  neue  IjerauSgegeben.  ,£)aupt= 
fäcf)tid)  aber  befetjäftigte  er  fidj  mit  juriftifdjen  2)iffertationen,  unb  beröffentticfjte 
eine  ©ammtung  berfetben  in  tiier  Sßänben  unter  ben  Sitein:  „Jurisprudentia 
polemica"  (1724  4°,  1730  4U)  unb  „Selectae  juris  quaestiones"  (III  Partes 
1730,  1736  unb  1743).  gerner  „Enchiridion  politices"  (1743)  unb  „Tabula 
juridica  exhibens  differentias  in  spinosa  materia"  (1741,  4°).  SDie  in  2)unfel§ 
t)ift.=crit.  ytad)x.  II  829  über  biefen  ©etetjrten  enthaltenen  Angaben  bebürfen 
mancher  93erid)tigung. 

2)er  jroeite  ©ofjn  3lrnolb  SllejanberS,  £)  ein  rief)  Scjeobor  5p. ,  geb.  ju 
©röningen  am  7.  December  169(5,  ftarb  ju  Duisburg  am  8.  ^uni  1752; 
ftubierte  tjauptfäcrjltd)  bei  feinem  i^ater  bie  9ted)te,  erroarb  1715  ben  3)octort)ut, 
rourbe  nad)  beS  Setjteren  £ob  (1716)  Lector  Juris,  1719  orbentlicfjer  Sßrofeffot  ber 
©efd)id)te  unb  öerebtfamfeit,  aud)  au£erorbentlid)er  ^rofeffor  ber  sJted)te  am 
afabemifd)cn  ©rjmnafium  ju  Singen,  1721  orbenttid)er  ^rofeffor  ber  9ted)te  unb 
^olitit  in  ^)amm,  unb  überfiebelte  1728  in  gleicljer  @igenfd)aft  nad)  Duisburg, 
©inem  nad)  bem  Höbe  feines  SSruberS  ^ol)ann  giiebrid)  2Bitt)elm  1747  er= 
gangenen  9tufe  ber  t)of)en  ©d)ute  ju  ^arberrorjt  leiftete  er  feine  {falge,  mutt)= 
mafjtid)  weil  it)m  bie  erbetene  (üntlaffung  nerroeigert  rourbe.  (5r  entfaltete  eine 
rege  titterarifcfje  2l)ätigfeit  unb  befafjte  fiel)  eingetjenb  mit  ben  ©ctjriften  be§ 
römifd)en  ^uriften  Sextus  Pomponius.  ^)ierf)er  getjören:  „Comnient.  in  Sexti 
Pomponii  ICti,  quae  in  Paudectis  Justiniani  reliqua  sunt  P.  I",  1723,  auetior 
1725,  P.  IL  1725  —  P.  III.  1723.  P.  IV.  1733  unb  1735.  gerner  gab  er 
unter  bem  Xitel:  „Jus  Pegasianum"  etc.  (1741  4°)  bie  in  ben  *JJanbecten  ent= 
Ijialtenen  ©entenjen  beS  ^ßegafuS  t)erau§;  enblid)  beranftattete  er  eine  ©ammlung 


s.ßagenfted)er.  65 

Derfdjiebenartiger  SDiffertattonen ,  bie  et:  „Dissertationum  varii  argumenti 
E^NEstZu  (1746)  beäeidmete. 

2ludj  bie  Betben  ©ötme  ,g)einridj  Xfyeobor'S  —  3°fJann  Süejanber 
äöinanb  unb  2lnbrea§  2Bitfjetm,  —  Weldje  au§  beffen  1721  mit  einer 
Jodetet  be§  preufjifctjen  9tefibenten  r>.  ©djerpenseet  in  2lmfterbam  gefdjtoffenen 
©{je  tjeröorgingen ,  wählten  bie  afabemifdje  ßaufbaljn.  SDer  ältere  (^otjann 
2llejanber2öinanb),  1722  in  |)atnm  geboren,  ftnbierte  in  Duisburg,  .promo* 
üirte  1748  in  ben  sÄed)ten  unb  war  bortfelbft  al§  orbentlidjer  s#rofeffor  längere 
£eit  2lmt§genoffe  feines  33ater§.  äöärjrenb  be§  fiebenjäljrigen  Jhiegeä  ging  er 
nadj  SBageningen  a.  3rt)ein,  bon  bort  Würbe  er  im  Dctober  1757  al§  9te<Jt3= 
leerer  nadj  ■gmrberwrjcf  gerufen  unb  tjielt  bajetbft  am  14.  Januar  1758  feine 
2tnhitt8rebe  übet  bie  9terf)tSgelel)rtrjeit  be§  Xertullian  (Harderov.  1768).  2118 
ein  bebeutenber  ßefjrer  ber  <£)od}fd)ule  empfing  er  burd)  bereu  Kuratoren  bon 
£eit  au  3eit  SSeweife  ber  Slnerfennung ;  f o  rourbe  irjm  ber  Xitel  eineS  professor 
Primarius  öerlierjen,  unb  1765  erhielt  er  ben  Auftrag  über  ßerjenredjt  unb 
9ted)t8pfjilofopl)ie  Vorträge  ju  galten,  ^n  golge  i)or)en  2llter8  legte  er  am 
11.  3uni  1794  mit  bem  Xitel  eineS  prof.  honorarius  fein  2lmt  nieber  unb  ftarb 
im  74.  2eben8jat)re  am  23.  (nad)  öan  ber  3t  a  am  25.)  Stuguft  1796.  «p.  be= 
nütjte  bisweilen  Promotionen  fjerüorragenber  ©tubierenber  ober  ätjntidje  Slntäffe, 
um  über  wichtige  2lngetegenf)eiten  öffentlich  ju  fpredjen,  unb  finb  bei  ban  ber  2la 
(©.  31)  bie  Xitel  fed)8  berartiger  üteben  unfer8  ©eletjtten  aufgeführt;  ber  fdjrift= 
lid)e  9tad)lafj  befteljt  auS  mehreren  £)iffertattonen. 

SDeffen  älteften  ©ofjn  au8  ber  @t)e  mit  «JJtatia  Gslifabet  Dan  ©roin, 
Xtjeobor  Sodann,  alfo  einen  Ur=Urenfel  beS  eingangSbefprocfjenen  Sltejanber 
©iSbert  $. ,  treffen  mir  ebenfalls  in  ben  9teirjen  ber  gelehrten  ^uriften.  <£r 
ftubierte  1768  ju  ©röningen,  promotiirte  bafelbft  am  17.  9Jtai  1776  als  SDoctor 
beiber  SHed)te,  unb  roar  wiebertjolt  für  ben  juriftifd)en  Set)rftut)t  in  Siebenter  in 
2luSfid)t  genommen,  ©päter  rourbe  er  mit  einem  tjörjeren  9lid)teramte  betraut, 
bem  er,  wegen  feiner  ^enntniffe  unb  Urtpatteilid)!ett  attgemein  öerefjrt,  bis  ju 
feinem  Xobe  öorftanb. 

XrjeoborS  jüngerer  Onfel,  ber  üorgenannte  2lnbreaS  äötlljetm  $.,  ift 
um  1724  au  ^pamm  geboren;  narjm  1745  in  Duisburg  ben  ©octorgrab,  ging 
1748  als  aufjerorbenttidjer  ^rofeffor  nad)  Harburg,  rourbe  1750  9tegietungS=  unb 
ßonfiftoriatratrj,  wo  er  laum  28  ^arjr  alt,  1752  unöerrjeirattjet  baS  3eitlid)e 
fegnete.  6r  fd)rieb,  wie  alle  Socenten  jener  3eit,  einige  £>iffertationen  unb 
Programme,  beren  Sßeraeidmifj  bei  ©trieber  31t  finben,  33b.  8,  ©.  246—247. 

Um  bie  gtänsenbe  Steige  tjeröorragenber  9ted)t8gelef)rter  auS  ber  Familie  5ß. 
3U  erfdjöpfen,  übrigt  nod)  ben  brüten  unb  jüngften  ©oljn  beS  obenerwähnten 
SUejanber  taolb,  (Stnft  Sllejanber  Otto  SomeliuS  (auf  ben  Xiteln 
feiner  ©d&rtften  meift  nur  (Stnft  9lle$anber  genannt)  3u  befpredjen.  2lm 
7.  £)ecember  1697  in  ©röningen  geboren,  befudjte  er  al8  ©djüler  feine§  StotetS 
bie  bortige  llnitietfität,  würbe' 1716  bafelbft  ®octor  beiber  9ted)te,  bann  Doctor 
juris,  unb  1721  Ütad)foIger  feineä  Sßruber§  ^einrictj  X^eobor  auf  bem  ©rjmnafium 
ju  Singen,  ©ort  lehrte  er  al8  orb  entließ  er  ^rofeffor  @efd)id)te  unb  Serebt= 
fam!eit,  al8  aufjerorbenttierjer  bie  9decl)t§wif]enfd)aft.  ^ad)  wenigen  Sarjren  berief 
i^n  Surft  Söil^elm  öon  9iaffau  in  gleicher  @igenfd)aft  nad)  ^erborn,  Wo  er 
aud)  bie  <Sünbirat§gefd)äfte  befolgte;  1733  würbe  er  öom  dürften  6b;riftian  3"^ 
Üiatfj  ernannt,  in  welker  Stellung  er  feine  beiben  öorgenannten  SBrüber  über= 
lebte.  @rnft  2llejanber  ftarb  am  3.  Sluguft  1753.  —  ®a§  unter  bem 
Xitel:  „Juris  traetatuum  sparsim  hueusque  editorum,  nonnulli  sequentes"  1734 
unb  1735  erfctjienene  ©ammetWerf  enthält  im  erften  Sanbe  ad)t,  im  sweiten 
fecl)S  Slb^anblungen,  —  Wot)t  bie  meiften  unb  gebiegenften  be§  35erfaffer8. 

'Jtngem.  bcuHt^e  SMografe^te.    XXV.  5 


66  ^agenftedjer. 

(lieber  bie  ftamiUe   ^agenftetfjer:)    ©trieber,    fjeff.   @el.=@efd).    33b.  10, 

©.  221—25.    (lieber  31rnolb  (Stöbert,  —  äöerner  Suftin  —  31nbreaä  äöilb/lm) 

©trieber  a.  a.  £).  228.  221.  245.  —  (Ueber  3ltejanber  Slrnotb  —  Sodann  $rie= 

brid)  2Bitb,elm  —  |)einrid)  SLtjeobor  —  Soljann  3IIej:anber  3Binanb)  ©trieber 

a.  a.  £).  ©.  230.  232.  233.  245,  namentlid)  aber  $•  31.  öan  ber  31a,  biogr. 

Woordenboek    15.  23b.,   ©.  24.  29.  27.  31    unb    bie   bort  fet)r    erfd)öpfenb 

mitgeteilte  biograpt)ifdje  Sitteratur.    —    (lieber  £ljeobor  Sofyann  unb  Srnft 

31tejanber)     »an  ber  3la    a.  a.  C.  ©.  31  u.  28.     lieber  tetjtern  unb  anbere 

©lieber  ber  gamilie  aud)  «Dleujel,  Sej.  X,  266—271.  <5ifen§art. 

^agcilftcdjcr :    3ialob  griebrid)  sJJtori§  ty. ,   gfotftmann,   geboren  am 

3.  Wärj  1793  ju  Menburg    (bamalä   naffauifd)) ,    f   am   8.  «ötftrj  1864  au 

äBieibaben.     6r  erhielt  feine  ©djutbilbung  im  elterlichen  Jpaufe  (fein  33ater  mar 

Äammeraffeffor,    fpäter  (Sei).  Regierungäratf))    unb    ftubirte    toom  17.  %aX)x   ab 

5orfttt>iffenfd)aft  aunädjft  auf  ber  3lfabemie  |>erborn  —  fpäter  mit  einigen  Unter= 

bred)ungen  btö  jum  grübjaljr  1813  auf  ber  Uniberfität  ©iefjen.     Rocb,  in  bem* 

felben  Saläre  mürbe  er  jum  $orftget)ülfen  bei  bem  gorftinfpectionSbureau  ®itten= 

bürg   unb   äugleidj  Repierförfter   be§  bafigen  ReüicrS  ernannt.    S5ie  friegerifdjen 

Gsreigniffe   beä    üertjängniftbotlen   3EaIjre§   öereitelten    jebodj  bie   mirflidje  lieber* 

ualjme  biefer  ©teEung  unb  beraulafeten  ty.  aU  greiroitliger  unter  ba§  3fägercorp§ 

einzutreten,  bei  welchem  er  ben  gelb§ug  1813/14  at§  Oberjäger  mitmadjte.    33iS 

1818  öerbtieb  er  —  feit  27.  3luguft  1814  jum  ©econbelieutenant  beförbert  — 

im  9Jtititävbienfte.    3U  3lnfang  1818  mürbe  er  jum  gorftaffiftenten  in  £>ad)en 

bürg  ernannt,  1826  in  gleicher  ©igenfdjaft  nad)  3Bie3baben  üerfe^t  unb  toenige 

Monate  fpäter  jum  33ermalter  beä  Sangenljainer  Rebierä   beförbert.     1835  fam 

er  al§  Oberförfter  nad)  ©pringen  mit  bem  SBofjnfiije  in  ©djmalbad);  1840  erhielt 

er,  at§  erfter  ^otftabfdjä^ungöcommiffär  für  ben  Dberforft  S)iüenburg,  bie  2Balb= 

fteuerregutirung§arbeiten  übertragen;  1844  mürbe  er  burd)  ba§  ftorftmeifterpatent 

auägejeidjnet  unb  1845  jum  Dberfoiftbeamten  für  ben  ^nfpectionäbejirf  $bftein 

ernannt,     ©en  ©d)luf$ftein   feiner  forftlidjen  Saufbatjn   bilbet   enblid)   feine  6r= 

nennung   ^um  Referenten  be§  naffauijdjen  f5rorftrDefen§  bei  ber  ^erjogl.  2anbe§= 

regierung  mit  bem  £itel:  £)berforftratf)  (burd)  beeret  öom  30.  October  1859), 

in  meld)er  Güigenfd)aft  er  jugteid)  SJorfitjenbcr  ber  forftltdjen  ^rüfung§commtffton 

mürbe,  metdjer  er  fd)on  feit  1846  angehörte. 

3ß.  nimmt  unter  ben  naffauifdjen  gorftroirtt)en  eine  fjerborragenbe  ©teile 
ein.  3113  2SiTtIjfd)aft3beamter  führte  er  in  Raffau  juerft  bie  33aumrobung  ein 
(in  Sangentjain)  unb  forftete  (im  ©pringer  Rebier)  au§gebelmte  ^läctjen  mittelft 
2Balbfelbbaubetrieb§  erfolgreich  auf.  3113  Sajator  üerfiel  er  auf  bie  Ijödjft  glüd= 
tidje  3bee,  burd)  3er^Qung  be§  ©efammtetatg  in  einen  «g>o!ä=  unb  ßaubetat, 
ber  innigen  Söedjfelmirfung  ^tuifcljen  ©treunuüung  unb  -gml^umadjä  einen  praf> 
tifdjen  3lu§brud  ju  berfdjaffen.  @rl)öljte  X?aubftreuanfprüd)e  ber  33ebölferung 
mürben  nämlid)  burd)  eine  £>erabminberung  be§  ^oljetatS  au§geglid)en.  #öäf)renb 
feiner  3Bir!famfeit  at§  Oberforftbeamter  grünbete  er  einen  ft-orftlefe=  unb  f5orfi= 
öerein,  meldjer  nod)  bleute  befielt.  31l§  Dirigent  ber  gorftPermaltung  natjm  er 
ben  b^auptfäd^lidiften  31nt^eil  an  einer  9teif)e  fegen§reid)er  9ieformen  ber  f?rorft= 
tierraaltung,  3.  33.  an  ber  Gümanirung  eines  neuen  gorftftrafgefefeeä,  bem  (5rla| 
pon  ^nftruetionen  für  ©emeinbebeljörben  unb  f^örftex,  ber  Regelung  ber  S)ienft= 
Seit  be§  ^frp^fortatS  uno  bergl.  me^r-  SDie  Rotfjmenbigfeit  ber  ftänbigen  iVür= 
forge  be§  gorftmannS  für  ben  3Balb  nad)  allen  Richtungen  b,in  unb  ben  ßrfolg 
eines  berartigen  intenftPen  33emirtt)fd)aftung§ft)ftemS  pflegte  $.  bureb,  ben  ©prudj 
auSjubrüden:  „3Sol)in  ein  gorftmann  fiefjt,  ba  mäd)ft  ein33aum!"  Sfm  ©anjen 
^at  ^J.  bem  ©taate  über  50  ^aljre  lang  treue  2)ienfte  geleiftet,  aHevmärt§  an= 
regenb,  mit  ber  glüdtidjen  ©abe  au§geftattet,  fid)  rafd)  in  bie  gegebenen  23erl)ätt= 


ipagenftedjer.  67 

niffe  ju  finben ,   getjter   ber    3Birtf)fc^a|t  leicht   ju   entbeden  unb   bie  geeigneten 
(Segenmittel  auäfinbig  au  madjen. 

^allgemeine  gfoift-  unb  ^agbaeitung,  1860,  ©.  97  unb  1864,  ©.  317.  - 
ftorftlidje  ^Beilage  bei  2Bod)enblatt§  beä  Vereins  naffauifd^er  2anb=  unb  Sfotft* 
wirtfje  9lr.  19  öon  1864  (ad  äöodjenblatt  9ir.  29  öom  16.  3uti  beffetben 
3af)reä).  —  ftr.  b.  Söffelrjola-Golberg,  Sfjreftomatrjie.  II.  ©.  402,  9tr.  714a, 
33emerfung  325  (ütobegjatjr  unnötig).  —  Spriüatmittrjeilungen.  91.  «g>  c  fe- 
'ipagenftcdjer:  fjfriebxidj  Hermann  Sllejanber  $p.  tourbe  am  21.  Slprit 
1828  auäöallau  geboren,  toofelbft  fein  Sater  ftriebrid)  $.  (f.  o.)  bamate  als  06er* 
förfier  angeftcttt  mar.  %  erhielt  feinen  erften  Unterridjt  in  bem  2et)enbecfer'fd)en 
Snftitute  ju  SBieäbaben,  befudjte  fpäter  ba§  ©pmnafium  au  äöeilbuxg,  too  er 
1846  ba§  IDtaturitäteexamen  abfolöirte.  (£r  toibmete  fidj  barauf  bem  ©tubium 
ber  SUtebicin  auf  ben  llniberfitäten  ©ießen,  ^eibelberg  unb  SBiirjBurg  unb  tourbe 
1849  aum  ffioctor  promoöirt.  3m  äöinter  1849  50  beftanb  *ß.  fein  erfteä 
©taateejamen  in  SÖieäbaben;  1851  ging  er  nacr)  sparte,  um  fidj  bort  mit  be= 
fonberem  Sifer  bem  ©tubium  ber  2lugent)eilfunbe  unter  ben  bamaligen  Äort)= 
ptjäen  SemarreS  unb  ©idjel  ju  toibmen.  1852  tourbe  er  als  2lccefftft  im  ßiötl* 
Ijogpital  ju  2Bie§baben  angefteltt  unb  ertoarb  fidj  fealb  eine  auigebe^nte  5Ptajt3, 
befonberä  in  ber  Slugenrjeitfunbe.  1853  grünbetc  er  bie  9lugent)eitanftalt  au 
äöiegbaben,  ein  äöot)tttjätigfeitginftitut,  ba§  öorauggraeife  burd)  freitoittigc  ^Beiträge 
unterhalten  toirb.  Slnfänglid)  nur  in  befdjeibenex  äöeife  unb  mit  geringen 
SDtitteln  gegrünbet,  toudjs  e§  unter  Spagenftedjer'ä  Seitung  au  einem  großartigen 
.gtofpitale  tjeran,  ba§  bei  feinem  Stöbe  über  75  Seiten  für  2Iugenfranfe  üer= 
fügte.  4?ier  betoieä  fidj  Sp.  nidjt  nur  ate  ein  eminent  Ijerborragenber  Opera* 
teur  unb  öoxaüglidjex  üDjerapeut,  fonbern  er  üerfianb  e§  audj,  feine  reidjen  @r= 
fatjrungen  unb  Seobadjtungen  in  aatjtreidjen  toiffenfdjaftlidjen  $Rittt)eilungen 
nieber^ulegen.  $m  herein  mit  mehreren  SKffiftenten  gab  er  feine  „Älinifdjen 
^Beobachtungen  auö  ber  Slugentjeilanftalt  au  Söieäbaben"  t)erau§.  SDie  öon  iijm 
angegebene  unb  mit  großem  ©lud  ausgeführte  Operation  be§  grauen  ©taar§  in 
gefdjloffener  Zapfet  wirb  nodj  tjcute  al§  bie  ibealfie  aller  SDMrjoben  anerfannt. 
©eine  in  bie  9lugenljeitfunbe  eingeführte  unb  nadj  if)m  benannte  gelbe  ipräci* 
pitatfalbe  ift  jux  3eit  in  allen  2lugenflinifen  bex  äßelt  im  ©ebraud).  ©ein  ^paupt= 
öerbienft  gipfelt  jebodj  in  feiner  praftifdjen  £t)ätigteit,  burd)  bie  er  fiel)  fdjon 
nad)  furjer  3eit  einen  äöeltruf  ertoarb,  fobaß  2lugenfranfe  au§  alten  Sänbern 
bei  il)m  Teilung  fudjten  unb  fanben.  $.  ftarb  am  31.  S)ecember  1879  im  beften 
Sölanne§alter.  ©uxdj  einen  unglüdlid^en  3ufatt  auf  ber  ^agb  traf  i^n  bie  $uget 
be§  eignen  ©etoet)re§  unb  betoirfte  eine  töbtlidje  ^opfüerlefeung ,  ber  er  am 
3toeiten  2age  unterlag.  ^ermann  Spagenftedjer. 

^ogcnftcd)Cr :  |)einridj  Äarl  Sltejanber  Sp.,  «ttrjt,  Slbgeoibneter  jum 
beutfdjen  Parlament  unb  jur  jtoeiten  babifdjen  Kammer,  geb.  11.  ^uli  1799 
au  |)erborn,  f  au  &eibelberg  am  20.  3Jlära  1869,  einjigeg  Äinb  öon  6rnft 
©erwarb  $.  (©trieber,  ©xunbl.  3.  e.  b,effifd)en  ©clc^rtcn*  unb  ©d)riftfteaer» 
©efdjidjte  X,  p.  235),  toetdjer,  ate  legier,  eine  Sprofeffur  an  ber  2lfabemie  |>er= 
born  ertjalten,  fidj  mit  Henriette  S)orot^ea,  iüngfter  lodjter  be§  ©uperintenbenten 
Otterbein  in  SSurbadj  öermäf)lt  t)atte  unb  am  2  3uni  1818  at§  Sibtiottjefar  in 
äöieäbaben  ftarb.  —  S3ei  UnboUfommenb.eit  ber  ©cfjute  öerbanfte  Sp.,  toai  an 
aSitbung  er  fpöter  Ijerborragenb  befaß,  im  Meinte  bem  Söater,  in  bex  2tu§füf)rung 
feinem  eignen  regen  ©inne,  ber  Pietät  gegen  Silbung  jeber  2lvt,  bem,  baß  in 
feinem  5llter  er  üerfäumte,  au§  Arbeit  unb  öenuß  aurüdaufeb.ren  au  emfiger 
gorfdjung.  —  9Jlit  16  Mrcn  in  ^eibelberg  ©tubent  ber  Sfltebicin,  erhielt  er  für 
bie  ©djrift  „de  metastasi"  bie  golbene  «Dtebaitie  unb  promooirte  am  2.  Dctober 
1819.   3ufättigfeiten  führten  i^n  unter  bie  Teutonen  ober  ©djtoarjen.    ßrfjabene 


68  5ßagenfied)er. 

$been,  lautere  Sitten  feffelten  ihn,  mecjr  einzelne  überlegene  Männer,  befonberä 
$.  Rotten;  altei  praftifdj  bemagogifdje  ftiefe  ifjn  ab.  2)ajj  er  ©anb'ä 
SBvtcf  an  feine  Butter  einer  S^ung  in  ©peper  übergab,  unb  Briefe  an  23urfd)en= 
fctjaftler  in  ftreiburg  brachten  itjn  in  Unterfudjungsrjaft.  $u  feinen  bieten  fagte 
©oet^e :  „biefe  jungen  ßeute  finb  einzeln  ganj  braö  unb  gut;  itjr  3ufammen= 
tjang,  itjre  ftreunbfctjaft  ift  e3  hie  fte  ruinirt."  —  S)em  jungen  Soctor  förberte 
s^ari§  bie  mebicinifdje  GHnfidjt  burdj  Setter,  meldje  it)r  ftad)  or)ne  geteerte  S3er= 
tiefung  energifdj  tjanbrjabten ;  statten  ertjob  itjm  über  ba§  ®eroöt)nlidje  bie 
äftb,etifd)e  2lu§bilbung.  @r  beftanb  1820  ba§  naffauifdje  ©taat§ej;amen,  in  ber 
alten  ©eletjrtenfamitie  ber  erfte  Slrjt,  fam  1821  als  9Jtebicinataffiftent  nadj  bem 
©täbtdjen  sJtaffau  unb  Permärjlte  ftdj  am  27.  Februar  1823  mit  $ulie 
3ung  au§  (Stberfetb.  S)a§  anerbieten  eine§  Ser)rftutjli  in  SDorpat,  ätoar  ab= 
gelernt,  entfdjieb  ;jur  Ueberfiebelung  in  einen  größeren  SöiriungSfreiS,  nad) 
(Jtberfetb,  mo^u  ty.  1824  baä  preufeifdje  ©taatäeramen  ablegte.  —  @r  mufete 
feine  Sjiften^  neu  aufbauen.  Viele  Sarjre  nährte,  trotj  Ueberanftrengung  unb 
ber  ©attin  entfagenber  ©orge,  bie  Arbeit  nicf)t  bie  gamilie.  $Hjer  0ie  J^ätigfeit 
in  alten  ©d)idi)ten  be§  Volte  tiefe  itjn  mit  ßtberfelb  üermadjfen,  bie  9Jtufee  ge= 
ftattete  itjm  Vertiefung  ber  ©tubten  unb  fdjriftftetterifdje  arbeiten.  @r  warb 
enblid)  ber  angefetjenfte  Str^t  be§  SöuppertrjalS.  1842  grünbete  er  ben  äratlidjen 
Verein  be§  ^Regierungsbezirk  2)üffetborf,  1847  bie  äöittmenfaffe.  2)iefe  Güpodje 
frönten  ba§  2)octorjubi(äum,  bie  (Sinfürjrung  ber  alleren  ©örjne  in  bie  s$rari§, 
bie  füberne  .£)od)<jeit,  meldje  ein  fyeft  ber  ©tabt  mar.  —  91  m  felben  £age  brachte 
bie  sJtad)ricf)t  Pon  ber  9tet)o(ution  in  *ßari§  neue,  politifdje  Aufgaben,  benen  fein 
patriotifd)e§  ^perj  fid)  nidjt  entjierjen  mottle.  @r  leitete  einige  Verfammlungen 
unb  al§  ber  jum  Vorparlament  abgeorbnete  21.  b.  b.  .'pepbt  »erlangte,  bafe  ty. 
ü)m  mitgegeben  merbe,  natjm  er  ba§  an.  3?m  ^ünfäigerauSfctjufe,  ber  2lbtt)eitung 
für  ba§  2lu£märtige  präfibirenb,  Perlebte  er  r)offnung§reid)e  2Bod)en.  $um 
Parlamente  mürbe  er  für  Slberfelb  unb  Carmen  einftimmig  gemätjlt  auf  baä 
Programm  ber  (5int)eit  2)eutfd)lanb§  unter  $reufeen§  ^ütjrung.  @r  gehörte  in 
granffurt  jur  ßafinopartei  unb  fafe  im  öolf§mirtt)fd)aftlictjen  Sluöfd^u^.  Un= 
fdjöpferifdje  Unflartjeit  einerfeitS,  SonPenttünfte  im  Vunbe  mit  morbluftigem 
työhel  ber  ©alterte  unb  ber  ©äffe  anbrerfeitS  lähmten  bie  Arbeit  tjingebenber 
VatertanbSfreunbe.  93ei  ber  Unmöglicrjfeit,  bie  preufeifdje  ©ptfee  ju  erreichen, 
braute  $.  mit  Sette  ben  Eintrag  auf  eine  probiforifd)e  £ria3  ein,  melclje  ebenfo 
Pom  Sluäfdjufee  buref)  jDarjtmann  empfotjlen  mürbe.  ©agernS  lürjner  ©riff,  bafe 
ba§  Parlament  bie  Sjecutiöe  fetbft  fetjaffen  muffe,  ein  nidjt  gut  ju  maetjenber 
^etiler,  3toang,  fid£)  aur  2öal)l  beä  @r^eräog§  ^ol)ann  ju  bequemen,  mit  roeldjer 
eigentticl)  niemanb  aufrieben  mar,  nirfjt  einmal  bie  Defterreidjer,  roeil  fie  nur 
ein  ^roöiforium  mar.  3umal  bei  ber  Sßerfjanblung  über  ben  äßaffenftiEftanb 
Don  ^Jtalmoe  fab,  $.,  bafe  e§  fid)  nid^t  mel)r  um  23erfaffung  unb  (Sinrjeit,  fonbem 
barum  b^anble,  ob  ftürftengemalt  ober  Umftur^  fiegen  meibe.  Um  nidjt  ber 
©efab^r  p  meinen,  öerliefe  er  ^'antfurt  erft  am  2.  ^oüember.  (Slberielb  empfing 
itjn  feftlicb,;  feine  9iebe  3är)mte  auet)  bie  ^»eräen  ber  Arbeiter.  üDoct)  mar  feine 
3eit  oorbei.  5Jlit  ben  politifd)en  greunben  blieb  er  Perbunben,  letjnle  aber  aht 
nad)  ©ottja  au  geb^en.  —  diejenigen,  metcl)e  bie  9teid)8Perfaffung  auf§  Sleufeerfte 
befämpft  Ratten,  fdjrieben  fie  nad)  ber  35ermerfung  in  Sertin  auf  bie  ga^ne. 
S)ie§  Permorrene  Skrlmttnifj  fdjuf,  ungefc^idte  ^Jlaferegetn  entmidelten  ben  @lber= 
fetber  Slufftanb  Dom  SÖlax  1849.  Q}or  Saufenben  Pon  3uaüglern  flüchteten  bie 
(Sinmoliner.  2luf  Sitten  ftd)  ermannenber  Sürgermeb.rleute  unb  ber  reuigen 
Sanbmerjr  ermirfte  $.  in  Berlin,  bafe  man  ber  ©tabt  3eit  liefe.  @r  ftedte 
einigen  gfürjrern  ^eifegetb  äu,  bie  ©djaaren  Perliefen  fic^.  —  ?loc^  einmal  flieg 
^.   in   ber   Grjoleraepibemie  öon   1849—50  in   bie   Bütten  ber  2lrmutb„  oline 


W-  69 

Sagen  unb  drrmüben,  bi8  ibn  felbft  unb  bie  ©einen  bie  (geuctje  ergriff.  23e= 
beutenbe  Glittet  brachte  er  1850  für  ©d)le8tDig»#olftein  äufammen.  —  2118  burcb 
ben  2:ob  beS  ausgejeicrjneten  Sctjmiegernaters  1852  iljm  jufallenbeS  Vermögen  es 
geftattete,  fcijuf  er  fid)  einen  ibrjUifcben  Ütubefitj  in  |jeibetberg,  roo  er,  trotj 
fdjmerfter  ©djidfalSfcfiläge,  in  anfprud)8tofem  23erfef)re  mit  ausgezeichneten  O^eunben 
jcböne  Jabre  tierlebte.  Sßiberftrebenb,  mürbe  er  noctj  einmal  }u  politifcrjer 
Stjätigfett  berangejogen,  ^uerft  als  33orfit$enber  ber  3)urlad)er  Gonferenjen,  im 
erfolgreichen  Kampfe  gegen  bie  befcbloffene  $ircbenorbnung  unb  baS  Goncorbat, 
bann  1863  als  2lbgeorbneter  jur  ^meiten  Kammer  für  2jßeinbeim=2abenburg. 
S)ie  Ütegierung  mar  ibm  ftympatbifd),  bie  Kammern  gaben  ibm  ^freunbe  unb 
Anregung.  2lber  einen  Srfaij  Tür  bie  ^poffnungslofigfeit  ber  beutfcben 
Suftänbe  gab  ibm  biefe  £bätigfeit  ebenfo  tnenig  als  2lemter  in  ©emeinbe 
unb  ÄreiS,  roelcbe  man  bem  beliebten  sIftanne  übertrug.  —  SDer  2lbgeorbneten= 
tag  unb  ber  ^roteftantentag  in  granffurt,  unter  feiner  £b,eilnabme,  bie 
Jubelfeier  ber  Scbtadjt  bei  Seidig,  bei  metcfjer  it)m  bie  ^feftrebe  übertragen 
mar,  bie  neuen  ©cbleSmig=.£)olfteincomiteS  nacb  bem  2obe  beS  Königs  bon  2)äne= 
mar!  be^eictineten  ein  (Srmacben  beS  23olfSgeifteS ,  auS  melcbem  $.  ben  erften 
JmputS  jur  9Zeugeftaltung  ®eutfcblanbS  ju  boffen  nidjt  aufhörte.  2118  ^reufjen 
fid)  jur  2lbi'ecbnung  mit  Defterreid)  bereit  ftellte,  nad)  forgfättiger  Vorbereitung 
ber  -JDlittet,  al8  5ß.  einfaf),  mie  nun  nidjt  miberfptucbiPolle  Stimmungen,  fonbern 
bie  Jbaten  entfdjeiben  mürben,  nidjt  einen  2lugenbticf  smeifelnb,  mobin  SSerftanb 
unb  i>er^  riefen,  ba  mar  in  anberen  baS  nocb  nidjt  gereift  unb  er  fab,  mie 
SBIuntjdjli  unb  Jottt)  in  ber  erften,  fo  fiel)  in  ber  jmeiten  Kammer  mit  ,!poffnugen 
unb  Srjmpatbie  öereinfamt.  3>r  furzen  9tad)t  folgte  ber  £ag  ber  ßntf Reibung. 
2)ie  ^ammerfituing,  meldje  bem  5Jcinifterium  5Jcatbt)=3oIlrj  bie  ©runblagen  ber 
neuen  ^flititäröerfaffung  gemährte,  mar  bie  letzte,  an  melier  5ß.  Xbeil  naljm. 
6r  meinte,  bat}  man  bie  23otlenbung  be8  norbbeutfdjen  23unbeS  jur  beutfdjen 
(Sinbeit  mit  ©ebulb  ermarten  muffe,  fat)  mit  23efümmernif3  ben  Liberalismus  auf 
abfetjüffige  23abnen  geratben ,  erlebte  nicljt  met)r,  bafj  neue,  größere,  größte 
$riegStbaten  *ßreujjenS  unb  2)eutfcbtanbS  aud)  biefe  potittfdje  (Jpocrje  ju  böd)fter 
23efriebigung  unb  bödjftem  3tubme  febtoffen.  »ßagenftedjer'S  miebtigfte  mebicinifebe 
2lrbeiten  finb :  „23eiträge  jur  näheren  Ghforfdmng  be8  Asthma  thymicum  (23e^ 
banblung  mit  Zincum  hydrocyanicum).u  ^eibelberger  2lnnalen  7.  23b.  2.  £>. 
<S.  256—294.  1831.  *„2)ie 'aftatifebe  ßbolera  in  glberfelb  Pom  $erbft  1849 
bis  3um  ftrüb,ling  1850."     glberfelb  1851. 

-Ipeinr.  2lteranber  $  agenftedjer. 
$atyl:  Johann  ©ottfrieb  ö.  %  mürbe  geboren  am  12.  Juni  1768 
in  2laten,  einer  ber  fteinften  fcbroäbifctjen  Dteicbsftäbte,  a!8  <&obn  eine§  Sebfücbnere 
unb  Kaufmanns.  2lm  ©eburtSort  fetbft  nur  notljbürftig  für  bie  ^odjfdjule 
vorbereitet  ging  er  nach  2lltborf,  um  bort  proteftantifct)e  Geologie  ju  ftubiren, 
allein  baS  23erpegeu  feiner  23Iittel  jmang  ibn  bor  ber  3^it  bie  ^)örfäte  ju  öer» 
laffen  unb  auf  ^farröicariaten  ein  fbärlictjeS  2lusfommen  ju  fudjen,  bie  Lüden 
feiner  Äenntniffe  aber  bureb  ^rioatfIeit3  auszufüllen.  S)ie  retigiöfen  Stnfrfjauungen 
ber  2lufftärung83eit  unb  bie  potitifeben  Jbeen,  mit  melcben  bie  franjöfifcfee  9le= 
üotution  bie  2Jßelt  erfüllte,  fagten  feinem  bellen  $oüfe  ju  unb  gaben  ben  (Srunbton 
ah  für  feine  erften  litterarifcl)en  ^erborbringungen.  2lngeregt  burclj  feinen  Jugenb= 
freunb,  ben  ^ßtjitofobben  %atob  (Salat  unb  ben  9teftor  ©röter  in  Jpall  entfcfjtoti 
er  fid)  nämlict)  früt;  3U  fcbriftftellerifcber  2bätigfeit.  23on  feiner  abgelegenen 
S)orfpfarrei  ^Jceubronn  ($4&  öon  2lalen)  au8  fdjleuberte  er  bie  Pfeile  feiner 
©attjre  einerfeit8  gegen  bie  unnatürtiefien  23orrect)te  be8  2lbels  unb  bie  beillofe 
^aitreffenmirtl)fcl)aft  im  benaebbarten  Jper^ogtbum  2Jßürttemberg ,  anbererfeitS 
griff  er  bureb  ba8  23uä)  „Leben  unb  Ib^aten  be§  ^ater§  <5impertu8"  (1799)  bie 


70  W. 

Dbfcuranten  an,  roie  fie  bamalS  in  ben  <!poct)ftiften  Ellmangcn  unb  StugSburg 
ficf)  breit  madjten;  benn  aud)  im  fatf)olifcrjen  ßager  Ijatte  ty.  petfönlit^e  93er= 
binbungen  mit  freier  benfenben  Männern  mie  ©aiter,  2öeber,  3irowcr  in  üDitltngen 
angefnüpft  unb  itjre  SSebrüder  maren  audj  bie  3'elftf)eibe  feinet  ©efcrjoffe.  2)aS 
hereinbrechen  ber  fransöfifcrjen  Speere  unter  9Jtoreau  (1796),  melcrjeS  über  feinen 
Sffiotmfit}  unb  über  beffen  Umgegenb  ferneres  Ungemactj  brachte,  gab  itjm  35er= 
anlaffung,  in  ben  „Materialien  ^ur  ©efdjicfjte  beS  Kriegs  in  ©cfjroaben"  SllleS 
^u  fammeln,  roaS  er  in  feinem  Greife  erlebte  unb  in  Erfahrung  bringen  tonnte. 
SDieje  als  Vorarbeit  für  einen  ©efcfjic^tfcijreiber  ber  föebolutionSfriege  fctjätjbare 
©tofffammtung  fetjte  *ß.  fpäter,  als  roieber  $vanaofen  mit  ben  Oeftetretcfjern 
fämpfenb  ben  fdjroäbifcrjen  33oben  betraten,  in  feinen  „Senfmürbigfeiten  3ur  ©e= 
fcfjidt)te  bon  ©djroaben  mätjrenb  ber  beiben  f^etb^üge  bon  1799  unb  1800"  fort. 
®a  er  aber  bie  Kriege  biefer  i^arjre  überhaupt  in  itjrem  ganzen  Verlauf  aud) 
aufjerrjalb  ©djroabenS  mit  Stufmerffamfeit  berfotgte,  ftellte  er  fict)  aufeerbem  bie 
Aufgabe,  ein  größeres  ©efcfjidjtSbitb  bon  benfelben  nad)  2lrt  ber  ^offelt'fdjen 
Slnnalen  ju  entroerfen  („©efctjidjte  beS  franjöfifctjen  9iebolutionStriegS",  3  33be., 
1799—1801).  ©o  tourbe  immer  mefjr  bie  3«tgefcf)i($te  baS  ftetb  feiner  fd)rift= 
ftetterifetjen  2t)ätigfeit.  9lebent)er  gingen  jeboef)  publiciftifetje  arbeiten,  roie  ber 
„s$atriotifct)e  2lppel",  ju  roeldjem  üß.  burdj  ben  gfriebenScongrefj  bon  Sunebitte 
unb  bie  it)tn  folgenben  9tegenSburger  Söertjanblungen  angeregt  mürbe.  3§m, 
bem  Pfarrer  unb  2imtmann  eines  ritterfdjaftticfjen  2)orfeS,  eingeteilt  aroiferjen 
anbeten  reidjSunmittetbaren  «^errfdjaf ten ,  teidt)Sftäbtifct)en  ©ebieten,  geifttidtjen 
gürftenttjümern  mufjte  bie  gmiffenfjeit  beS  beutfdjen  OteidjS  in  irjrer  ganzen 
£ragifomif  tägtid)  borS  2luge  treten,  ©o  galt  benn  jener  Slufruf  ber  9teuorgani= 
fation  beS  9fteid)S,  um  ju  retten,  roaS  nodj  ju  retten  mar,  bie  ©lieber  beS 
$eid)StörperS  fefter  an  einanber  ju  fdjtiefeen  unb  feine  Gräfte  ju  concentriren. 
$n  bemfetben  äarjr  (1801),  in  roelcfjem  biefer  bietbcacfjtete  üieidjSberfaffungS* 
entmurf  eifcfjien,  grünbete  $.  eine  SOßocfjenaeitung,  in  roeldjer  er  bie  Gegebenheiten 
ber  geit  in  fifierfidjtlidjer  S)arftettung  aufammenaufaffen  unb  buret)  potitifdje  unb 
ftaatSredjtlicfje  Erörterungen,  fiatiftiferje  3ufammenftetlungen  unb  t)iftorifct)e 
9türfblicle  ju  erläutern  fuä)te,  —  bie  „ttationaldjronif  (fbäter  bloS  (£t)ronif)  ber 
2eutfct)en".  SDa  abgeferjen  bon  bem  belerjrenben  Sntjalt  ein  aufgegärter  ©eift, 
ein  gemäfjigMiberaler  ©tanbpunlt  unb  beutfctVnationale  ©efinnung  in  bem 
Statte  matteten,  fammette  fict)  um  baffelbe  balb  ein  ÄreiS  gebilbetcr  Sefer  bor» 
äüglidj  im  füblidjen  2)eutfct)tanb,  auf  bem  linfen  föfyeinufer  unb  in  ber  ©djroeij. 
2)aS  Statt  tjattc  roät)renb  ber  menigen  ^arjre  feines  93eftet)enS  ßreigniffe  äu  be= 
fbrec^en  mie  ben  ^nfammenbruet)  be§  beutfien  9ieict)§,  bie  ©rünbung  be§  3ft^ein= 
bunbeS,  bie  ^licbertagen  $reufjen§  —  lauter  ©toffe  bon  rjöcfjftem  pubticiftifcfjem 
^ntereffe;  ba§  moralifct)e  llrttjeit  über  bie  ©emattrjaber  burfte  freilief)  nur  mit 
äufeerfter  S5orfidt)t  gefafjt,  ba§  geft^alten  an  ber  gtnf>eit  ber  Nation  nur  fct)üdt)tern 
als  3beal  ^ingeftettt  merben,  menn  ber  Herausgeber  fein  Statt  nidt)t  ber  fetjätfften 
6enfur,  ja  fiel)  fetbft  perfönlidjer  Verfolgung  anlieimfallen  laffen  mottte.  ^.  lannte 
baS  aus  @tfat)rung.  ^atte  ib^n  frütjer  fein  (Sifer  gegen  bie  „Obfcuranten  unb 
©tabititätSritter"  auf  bie  ^rofcriptionSlifte  ber  öfterreict)ifct)en  ^oliaei  gebraut, 
fo  geriet^  er  je^t  bei  ber  naboteonifct)en  burcr)  böStoiltige  Denunciation  in  ben 
Sßerbadjt,  SSerfaffer  beS  SSuctjS  „2eutfd)tanb  in  feiner  tiefen  grniebrigung"  ju 
fein  unb  ertjielt  bie  Einquartierung  eineS  franjöfifcljen  DfftäierS,  ber  fein  treiben 
beobacfjtete  unb  bie  ^ationatctironif  eifrig  burcrjforfcrjte,  aber  fct)tteBlict)  nict)tS 
bon  einem  Slufrürjrer  an  $.  entbeefen  fonnte.  2)ie  Sage  berfcglimmerte  fieg  nodj 
baburc^),  ba^  ber  SerlagSort  ber  g^roni!  ©münb  unb  ber  2öofmft|  ^ßa^t'S 
fetbft  aum  mürtembergifc|en  (Sebiet  gefcbOlagen  mürbe,  beffen  £errfd)er  ebenfo 
bienftbefliffen  gegen  Napoleon  als  beSpotifct)  gegen  feine  Untertt)anen  mar.    3u= 


3Ms.  71 

fe^enbö  mehrten  fidj  nun  bie  Genfurftridje  in  bei-  Gfjionif  unb  als  ty.  e'ne^ 
XageS  2lngefid)tS  eines  Kriegs  aroifdjen  Napoleon  unb  Cefterreid)  te^teteS  als 
eine  feineSroegS  gering  au  fdjäfcenbe  JhiegSmacfjt  fctjüberte,  oerfdjlofj  ftönig 
griebrid)  bem  „im  gad)  ber  *ßoliti£  fjerumirrenben  SSorfpfarter"  ben  'ifltunb, 
inbem  er  baS  roeitere  (Srfdjeinen  ber  ßfjronif  berbot  (^an.  1809).  ©o  roieber 
auf  baS  93üd)erfd)reiben  Perroiefen  fanb  ty.  für  gut  ein  Sßerf  über  ben  „ftrieg 
in  S)eutfd)tanb  im  3al)re  1809"  unter  beut  ^feubonöm  SttetrjtnoS  in  9Jtündjen 
erfdjeinen  p  taffen,  roanbte  aber  bann  mehrere  ^arjre  rjinburcb,  ber  3eitgefd)id)te 
ben  Rüden,  um  in  ber  „£>erba"  (4  33be.  1811—1815)  Silber  auS  ber  beutfdjen 
SSergangenijeit  $a  entwerfen.  2ltS  Napoleon  gefctjlagen  mar  unb  bie  äbredjnung 
mit  £$franfreid)  tjeranfam,  ert)ob  audj  $.  feine  Stimme  für  bie  3ut'üdforberung 
beS  (JlfafjeS  (in  Rotteds  beutfdjen  blättern).  Söie  biefe  fo  mürben  aud)  anbere 
Hoffnungen  ber  Patrioten  nacrj  ben  ^Befreiungskriegen  nic^t  erfüllt,  üß.  besagte 
bieg,  aber  er  fab,  toenigftenS  bie  roefentlidjften  SSotfSrecrjte  geroär)rleiftet  (Seitens 
ber  fübbeutfdjen  (Staaten,  beren  Regierungen  RcpräfentatiöPerfaffungen  eingeführt 
tjatten  unb  auf  bem  conftitutioneÜen  Söeg  erjrtid)  fortjumanbetn  fd)ienen.  lim 
für  feinen  gemäßigten  SiberaliSmuS  ein  Crgan  ju  fdjaffen,  gab  $.  in  ben 
^arjren  1820  —  24  bie  „Reue  Rationaldjronif  ber  £eutfd)en"  b,erauS,  meldte 
übrigen^  ber  alten  toeber  in  ber  Sebeutung  beS  ©toffS  nocb,  in  ber  Äraft  ber 
Sprache  gleidjtam.  drft  im  tjötjeren  3llter  erhielt  $.  ©etegentjeit  feinen  ©tanb* 
punft  aucr)  in  partamentarifd)er  Stjätigfeit  3U  erproben,  inbem  bie  Ernennung 
jum  ©enetalfuperintenbenten  beS  ^ajtfreifeS  ifjm  im  $.  1832  ©i^  unb  ©timme 
in  ber  ätöeiten  Kammer  beS  roürtembergifdjen  SanbtagS  Perfcrjaffte,  in  melctjer 
er  als  Slltliberaler  eine  9Jtittelftettung  annfdjen  ben  Parteien  einnahm,  ©einer 
ttjeologifcrjen  Richtung  nadj  mar  er  Rationalift,  jebod)  bulbfam  gegen  2lnberS= 
benfenbe  unb  nur  benen,  meiere  bie  SßolfSaufflärung  gefliffentlictj  rjtnbern  mottten, 
mutrjig  entgegentretenb  (öergt.  fein  23udj  „über  ben  ObfcurantiSmuS,  melier  baS 
teutfdje  $atertanb  bebvof)t"  1826).  3Jom  xationatiftifdjen  ©eficfttSpunfte  auS 
betjanbelte  ty.  aueb,  baS  Äirrrjenredjt,  als  baS  Slufrüden  au  tjöfjeren  Äircfjenämtem 
in  itjtn  baS  33ebürfnifj  meefte,  fiel}  auf  biefem  ©ebiet  tjeimifdj  ju  madjen  unb 
im  3ufammentjang  bamit  in  einem  SBudie  „baS  öffenttid)e  Redjt  ber  e0angetifdj= 
lutrjerifdjen  ^ircfje  in  £eutfd)(anb"  fritifd)  barauftellen.  ty.  ftarb  au  Stuttgart 
ben  18.  SIprif  1839.  @S  mar  itjm  nodj  öergönnt  gemefen,  bor  Eintritt  beS 
©reifenalterS  bie  leiste  £>anb  an  feine  „©efdjicfyte  Pon  SBürttembevg"  (6  SSbe. 
1827 — 31)  3U  legen,  meldje  burdj  ib,re  lidjtöotte  unb  gemanbte  S)arfteHung  in 
Pielen  Familien  fictj  einbürgerte,  oljne  jebodj  auf  tieferem  Quettenftubium  ^u  rutjen. 
dagegen  l)intertie|  er  als  unfertiges  TOanufcript  bie  „S)entroürbigfeiten  auS 
meinem  geben  unb  meiner  3eit",  meldje  üon  feinem  ©ob,n  äöiltjelm,  9fcector  beS 
StjeeumS  in  Tübingen,  herausgegeben  mürben  (1840).  ©ie  fetjitberten  immerhin 
bie  an  Srlebniffen  unb  JBejiefmngen  reichere  ^älfte  feines  ßebenS  (bis  1814) 
unb  mürben  als  mcrtrjoou'er  guraacrjS  ^u  ^ex  beutfdjen  ^Dtemoirenliteratur  miH= 
fommen  geheißen,  ©ein  33ilb  ftad)  3}oderobt  nad)  einer  3e^nunS  Don  5if<^er- 
3luBer  ben  foeben  ermähnten  S)enfmürbigfeiten  bergt,  bie  SebenSabriffe 
im  ©cb,mäb.  hierfür  öom  3—5.  3uni  1839  unb  im  fteuen  9tefrolog  ber 
Seutfcb.en.  Mrg.  17.,  (1839)  £f)t.  1,  ©.  383—391.  —  @uft.  «aperer, 
©aton  beutfdjer  ^ettgenoffen,  Zty.  1,  1838  ©.  93—314.  —  SeSfelben 
©teEungen  unb  33ert)ältniffe,  S3b.  1,  ©.  XL VIII— LXIV  (mo  fieb,  «riefe 
sMt'S  an  ©alat  finben).  ^et)b. 

$at|:  Safob  % ,  geb.  um  1550  in  StugSburg,  t  als  Organicus  et 
Symphonetes  beS  ^fatagrafen  ^ilipp  Submig  in  Sauingen,  auS  ber  bamatS 
tuttjerifdien  Sinie  $fala=3meibrütfen.  2ltte  3eitgenoffen  f preisen  mit  2luSbrüden 
b,o|er   Sichtung  Pon  *$.,  ben    fie    als    einen    üoraüglic^en   iltufifer    unb    großen 


72  $«£. 

Äünftter  auf  ber  Orgel  rüfjmen.  6ot)u  be§  2lugäburger  Organiften  bei  St.  s#nna, 
«Peter  $ai|,  ber  22.  gebr.  1557  „in  (Sott  feligtlict)  entfälaffen"  ift,  alfo  au 
einer  3eit,  oa  oei'  Änabe  ben  treuen  Unterricht  beSfelbcn  fo  nötijig  gehabt  jjätte, 
mag  tb,m,  einem  «Utuftfantenfutbe,  ungeroölmtictje  mufifalifdje  33eanlagung  bon 
,<pau§  au§  befcfjieben  geroefen  fein.  3Sir  roiffen  bon  feinen  näcjern  Seben§= 
umftänben  fo  biet  tt)ie  nid)t§.  3n  nodj  jugenblidjem  2llter  ftanb  er  bereits  in 
pfalagräflidjen  2)ienften.  Slber  au§  feinen  «publicationen  dermögen  mir  ebenfo 
feine  Äunft  unb  perfönlicrje  Seiftungifätjigfeit,  mie  ben  ©tanb  bamatiger  «Uiufi!= 
Übung  überhaupt  ju  beurttjeilen.  ^ebenfalls  jätjlt  er  ^u  ben  bebeutenbften  unb 
angefetjenfien  £>rganiften  (b.  t).  ju  ben  Äünfttem  auf  üEafteninftrumenten)  be§ 
16.  3ar)rt).  @r  tt)eilt  biefen  9tuc)m  mit  einigen  anbern  bead)ten§roertt)en  jeit= 
genöffifct)en  «Iftufifern ,  mit  6tia§  «JticolauS,  genannt  Slmmerbad) ,  Organift 
an  ber  ütcjomaäfndje  in  Scip^ig,  ber  1571  eine  „Orgel*  ober  $nftrument=£abulatur", 
brucfen  liefj,  unb  mit  $3ernt).  Sdjmibt,  23ürger  unb  Organift  in  Strasburg,  ber 
1577  „3tt>ei  Sücrjcrn  @iner  «Jteuen  $unfttict)en  £abulatur  auf  Orgel  unb  ^n= 
ftrument"  rjerau§gegeben  l)at.  Sam.  ©djmibt,  ber  gröfjte  Orgelmeifter  5Deutfcb,= 
lanb§,  mar  noct)  nidjt  geboren;  bie  beutfdje  «Dtufit*  ftanb  uocf)  borroiegenb  unter 
bem  ginflufje  ber  „Staloä"  (wie  «ER.  «Prätortuä  jidj  auäbrütft):  (HaubiuS  «JJcerlotti, 
gen.  «üteruto  unb  $.  ©abrieft.  (Srfterer,  ber  al§  ^oforganift  be§  <£>erjog<s 
«Jtanuccio  garnefe  in  «Parma  (1604)  ftarb,  rjatte  einen  granjofen,  «JJienon,  jutn 
Sefjrer,  lekterer  feinen  Otjeim  3lnbrea,  ber  rcieberum  einen  s)lieberlänber,  ben 
berütjmten  ©rünber  ber  benetianifctjen  ©ctjute,  «2lbrian  2BiEaert ,  al§  «Ifteifter 
öererjrte.  So  bereinen  ficb,  frieblict)  im  SluStaufdje  be§  SßiffenS  unb  $önnen§ 
unb  im  Streben  nactj  einem  eintjeitlictjen  unb  t)öd)ften  '$\tle  audj  auf  bem  ©ebiete 
ber  $unft  alte  «.Rationalitäten.  21.  ©abrieliS  Sdjüfer  waren  u.  a.  $.  8.  Raster 
au§  Nürnberg  unb  3-  «p.  Smeelincf  au8  Siebenter  (ber  Seljrer  S.  SdfjeibtS); 
$.  ©abrieliä  berütjmtefter  Sctjüler  mar  ber  nochmalige  furfttifttidje  ,£)ofcapeu% 
meifter  .$.  Schüfe  (SagittariuS)  au§  üöftrifc,  ber  bebeutenbfte  Vorgänger  3.  S- 
«J3acf)g.  «Iftcrulo  unb  ©abrieli  fctjrieben  bereite  felbftänbige  Orgetroerle;  ber 
erfte,  ein  gemanbter  „ßolorift",  cultiüirte  metjr  bie  Xoccatenform,  ber  anbere, 
bem  ©efangartigen  ficrj  juneigenb ,  met)r  bie  ßanjonenform.  SDie  Orgelftücfe 
ber  beutfcljen  «Dteifter  beftetjen  nacb,  biefen  35orbitbern  bortäufig  faft  nur  au§ 
2lrrangement§.  @itierfeit§  toerben  metjrftimmige  !irct)lict)e  2onfä§e,  anbererfeit§ 
Sän^e  unb  5Bolf§Iieber  für  bie  Orgel  bearbeitet  unb  otme  einen  ftrengen  llnter= 
fcljieb  3roifcrjen  bem  ßtjarafter  unb  ber  .g)erfunft  ber  einzelnen  «Jlummern  ju 
mactjen,  in  ber  $irct)e  unb  ber  Kammer  rjarmloä  al§  5ßortrag§ftücfe  benu^t. 
«Ulan  mufj  babei  bebenten,  ba^  bie  Orgel  unb  aüe  bamalä  gebräucrjlicljen 
Safteninftrumentc:  Slabicljmbel ,  ©pinet,  ©t)mp^onie,  Söirginal  u.  f.  m.,  nocb, 
fetjr  unboEfommene  ^nftrumente  toaren.  —  3ßair/ä  «Publicationen  beftetjen  au8 
folgenben  ttnctjtigen,  mit  9lu§nac)me  ber  fectjften,  alle  in  ßauingen  bei  Seoncj. 
©teinmidjel  gebrucften  unb  bei  ©eorg  2Mler§  bertegten  ©ammlungen:  1)  „@in 
fdjön  nü|  bnb  gebrendjlict)  Orgel=jlabulaturbuct),  barinnen  etlidj)  ber  berümbten 
domponiften  befte  «ötotetten  mit  12,  8,  7,  6,  5  unb  4  Stimmen  aufjerlefen, 
biefelben  auf  ade  fürneme  fjfefta  be§  ganzen  Saljv§,  bnb  ju  bem  6l)orma§  ge= 
fefjt.  gute^t  auct)  attertjanb  ber  fdjönften  ßieber,  Pass'e  mezzo  unb  £äntj,  aüe 
mit  großem  glei^  ßoloriert.  3u  tremen  S)ienft  ben  ßiebt)abern  biefer  ^unft, 
felbft  Sorrigiert  bnb  in  £rucf  bermillgt  bon  Jacobo  Paix  Augustano,  bifer  3eit 
Organift  ju  Saugingen."  3lm  @nbe  ber  SSorrebe:  22.  gebr.  1583.  (58  Sog. 
Sfol.  —  S)ie§  bem  D.  %.  ßobbetiu§  bebicirte  Oöeri  enthält  gegen  70  ©efänge, 
Sieber  unb  Sänje :  18  bon  O.  SaffuS,  12  bon  «paleftrina,  je  2  bon  S.  ©enfl, 
ßrequiEon  unb  lltental,  je  1  bon  «Jticciuä,  girier,  Striggio,  (Siprian  be  «Jlore, 
Mannequin,   ^bo  be  SSento,   ßlern.  be  33ourge§  unb  ©ile§  «Paij  (?)  unb  5  bon 


$a(cfo  —  5ßatbamu*.  73 

$.  5ßatj.)  „Sie  angehängten  itatieniicrjen,  beutfcfjen  unb  nieberlanbifctjen  2änje, 
3.  35.  „ber  Äerjferin  ianfe,  Schirazula  Maraznla,  Padoane  Yenetiana.  Saltarelli. 
Ungareschi"  u.  f.  ro.  unb  felbft  bie  üerfchiebenen  33o(fätieber,  3.  23.  „@S  mar  eine 
33auern  3)öchtertem",  bie  man  hier  in  ©efeEfdjaft  geiftticher  fteftgefänge  finbet, 
betoeifen ,  baß  unfere  guten  eilten  roenig  eftich  bei  2lu§raaf)t  i^ret  Drgelftücfe 
ober  üietmehx  bafj  alle  'JDtufifarten  üor  200  ^atrren  über  einen  Seiften  gemacht 
roaren."  (©erber.)  —  2)  „Selectae  artiticiosae  et  elegantes  Fugae  dvarum, 
trivm.  qvatuor,  et  plvrivm  vocvm,  partim  ex  veteribus  &  recentibus  Musicis 
summa  diligentia  &  accurato  iudicio  collectae,  partim  Compositae  ä  J.  P." 
(fl.  rjod)  4°.  —  Grrfchien  in  brei  Stuflagen,  bie  jmeite  1587,  bie  britte  1594.  — 
38  ftugen  ju  2,  3,  4  bi§  7  (Stimmen  Don  8-  2)afer,  ^ac.  ^obredjt,  ©reg 
«ülaier,  9Int.  33rumet,  £).  SaffuS,  Dfeghem,  ©ile§  $air,  $.  5jßlatenfi§  (be  la  9tue), 
Sobocus  $latenft§  (3o§quin) ,  ©enfl  unb  12  üom  £>erau§geber.  SluBerbem 
finben  fich.  Srios,  geiftliche  beutfche  Siebet  u.  a.,  tefetere  meift  nur  einftimmig; 
bei  ben  mehrftimmigen  flehen  ftdj  bie  Stimmen  gegenüber.  ü&as  2öerf  ift  bem 
5ßatricier  9Jiarcu§  üthenn  geroibmet,  beffen  ^famitie  bleute  noch,  in  Augsburg 
blütjt.  3)  Missa  ad  imitationem  Motettae :  in  illo  tempore  Joh.  Montanis 
quatuor  vocum.  1584  (4°  obl.).  4)  ..Missa  parodia  (ad  imitationem  moduli) 
Mutetae:  Domine  da  nobis,  Thomae  Crequillonis ,  senis  vocibus"  1587  (4U  obl.). 
—  5)  „Missae  Helveta  artiticiosae  et  elegantes  fugae  2.3,4  et  plurium 
vocum."  1590.  —  6)  ..Thesaurus  motettarum .  neuerlefener  jroeiunbjtoanjig 
herrlicher  Motetten."  1589.  (gfol.  ©trapurg  bei  23ernh.  3obin.).  —  7)  (Sin 
jractat:  „ftuvger  33evicht  au§  ©ottei  SBort  unb  beroä&rter  $itc&en=|)iftorien  üon 
ber  9Jlufif,  bafj  biefetbe  fleißig  in  ben  Kirchen,  ©dmlen  unb  Käufern  getrieben, 
unb  eroig  foll  erhalten  merben."  1589  (4°).  —  8)  „Gnn  gugenbuch.  mit  9toten 
unb  23uct)ftaben  nach  ber  Orbnung  ber  12  Tonarten."  1588  (8°).  ($ie  öoü= 
ftänbigen  Xitel  üon  9fat.  3—8,  refp.  bie  betreffenben  Originalausgaben,  liegen 
nict)t  üor.)  ©djletterer. 

s^alcf0:  5l'an3  Xaüer  $arl  ty.,  9Jlaler  unb  ütabirer,  mar  ber  ©ofjn 
be£  23re§lauer  Dealers  Slnton  ^ßatcfo  ober  eigentlich  $olfe.  fixan^  $art  rjat 
nach,  -öeinefen  erft  biefen  letjtern  tarnen  in  ^atcfo  umgeroanbelt ,  bamit  er 
ttalienifcfjer  ftinge.  2ß.  rourbe  1724  ju  23re3tau  geboren,  fam  nach  ^refjburg 
3U  feinem  älteren  23ruber  5ran5  Chiton ,  ber  aucf)  $ftaler  mar ,  in  bie  Sehre, 
bann  befugte  er  bie  3lfabemie  ju  Söien  befonberS  unter  SBtöiena'i  Leitung, 
fpäter  Italien.  $u  äßien,  reo  er  ftdj  3unächjt  auffielt,  malte  er  2lttarbtätter 
unb  SabinetSftücfe ,  bie  irjm  einen  Sftuf  nact)  Bresben  eintrugen,  too  er  1752 
ben  Xitel  eines  f.  polnifch  =  fächftfdjen  Hofmalers  erhielt.  Später  begab  er  ftcb 
nach  Ifltünchen  unb  rourbe  bafelbft  1764  furfürfttidj  bairifcb>r  Hofmaler.  (h 
ftarb  ju  3ßrag  1767.  *p.  rabtrte  ein  ^aar  unbebeutenbe  23lätter,  auch  feine 
conüentionellen  Jpiftorien  genießen  rjeutjutage  feinen  9tuf  mehr.  2)on  feinem 
©ohne  Xaüer  ^.,  ber  ^Jlitglieb  ber  t.  Slfabemie  ju  2Bien  mar,  finb  310« 
Ütabirungen  befannt.  SB.  ©ctjmibt. 

v^albamitö:  •'per mann  $.,  geiftreierjer  $t)ilotog  unb  ^äbagog,  roarb  als 
©oljn  eines  roo^lljabenben  Slr^tes  am  20.  $uti  1805  3U  33emburg  in  s3lnt)att 
geboren  unb  ftarb  aU  ©rjmnafialprofeffor  unb  ^rorector  am  16.  October  1854 
ju  ©reifematb.  ^rüfje  be§  53ateri  beraubt,  erhielt  er  feine  93orbilbung  für 
bie  gelehrten  ©tubien  auf  bem  ftäbtifetjen  ©tjmnafium,  t^at  ftd)  burch  Anlagen 
roie  Serneifer  heroor  unb  bejog  9Jiicl)aetiä  1822  mit  e!t)renüollem  Abgänge» 
^eugnifj  bie  Unioerfität.  ©ein  afabemifche§  Sricnnium  abfoltiiite  er  üon  1822 
bi§  1825  auSfchlieBtich  auf  ber  Unioerfität  öalle  unb  toanbte  ftch  mit  üollem 
gifer  bem  ©tubium  ber  claffifchen  ^bilologie  ju.  ßinen  aUbehertfchenben  6in= 
flu^  getoann  au?  feine  ®eiftes=  unb  ßbarafterbilbung  ber  berübmte  ^roieffor  ber 


74  Sßalbamu?. 

Attertrjumiroiffenfcrjaften  $arl  Seifig ,  beffen  SSortefungen  er  fämmtlid)  befudjte ; 
bie  lebeu§Trifci)e,  au§  ber  2lnfd)auung  be§  claffifd^en  Alterttjumä  tjerborgegangene 
Sitbung  be£  Cef)rer§  gab  aud)  bem  geiftig  fitttid^en  Sßefen  be§  ©djüter§  für 
alle  golge  bie  SRidjtung.  Unter  bem  Decanat  SruBexS  am  8,  Dctober  1825 
auf  ©runb  ber  2)iffertation :  „De  Propertii  aliorumque  multorum  scriptorum 
quibusdam  locis  critica  et  exegetica"  jum  2)octor  ber  $f)ilofobrjie  promobtrt, 
übernahm  er  im  folgenben  2Binterrjalbjar)r  freiwillig  einige  ßeljrftunben  an  ber 
^muptfctjule  ber  grandVfdjen  (Stiftungen  unb  begab  ftdj  fobann  nad)  Sßettin. 
•Ipier  toarb  er  9Jtitglicb  be§  päbagogtfcrjen  ©eminarä  für  gelehrte  ©deuten  unb 
unterrichtete  bon  1826—28  am  ^riebricf)  =  SGßit^e(m§  =  ©t)mnafium,  Don  ba  big 
1830  al§  ©crjutamtScanbibat  am  ©rauen  iHofter.  SOÖätjrenb  feinet  Aufenthaltes 
in  Berlin  begann  er  jugteid),  bon  Seifig  angeregt,  feine  fdjjriftftetleiifcrje  £t)ätig= 
teit  unb  beröff entlidjte :  „Sext.  Aurel.  Propertii  carmina  cum  potiore  scripturae 
discrepantia,  praestantiss.  V.  V.  D.  D.  conjecturis  suisque  observationib.  criticis", 
1827,  fotoie  „Caj.  Tranq.  Suetonii  Vitae  selectae  in  usum  scholarum"  1829. 
©iefe  <£rftUng3jdjriften  mögen  ju  feiner  ^Berufung  an  baS  ftäbtifcrje  ©bmnaftum 
in  ©teifätoalb  mitgeroirft  r)a6en.  Oftem  1830  trat  er  ba§  ßonrectorat  bafelbft 
an,  rücfte  1835  in§  ^rcrectorat  auf  unb  toarb  jugteid)  jum  fönigl.  ®t)mnaftal= 
profeffor  ernannt.  23i§  an  fein  ßeben§enbe  tjat  er  in  folcfjer  Stellung  eifrig 
unb  anregenb  geroirft,  inbem  er  äugletdj  bon  1832—42  an  ber  Uniberfität  al§ 
s$rit>atbocent  SBorlef  ungen  jumcift  über  römifd)e  ©djriftftelter  rjielt ;  neben  foldjer 
ätoiefadjen  2eb,ttf)ätigfeit  mar  er  in  metjr  ober  minber  engem  Anfdjlujj  an  feine 
amttidje  äöirffamfeit  unau3gefe|t  al§  ©djriftftelter  ttjätig.  35on  äarjtreidjen 
9tecenftonen  in  ptn'totogifctien  geitfdjrifteii  abgefetjen,  »erfaßte  er  eine  9ieir)e 
roiffenfdjafttidjer  2lbt)anb(ungen  ju  järjrticrjen  Programmen  ber  Anftalt;  tjiertjer 
gehören:  „De  pervigilio  Veneris",  1830;  „De  repetitione  vocum  in  sermone 
graeco  et  latino",  1836;  „De  Cornelio  Celso",  1842;  „Horatiana",  1847  unb 
„De  imitatione  Horatii",  1851.  Chrouctjfen  eine  „föömifdje  ßrotif"  (1833) 
unb  eine  Abtjanblung  „lieber  Urfprung  unb  begriff  ber  (Satire  nebft  *ßrobe 
^orajifdier  ©ctjolien"  (1834)  au§  unb  mit  feiner  afabemifdjcn  ©teltung,  fo 
toarb  bie  in  anmutrjigem  unb  elegantem  Latein  berfa^te  „Narratio  de  Carolo 
Reisigio  Thuringo",  toelcrje  nad)  bem  Sßorbilbe  alt^oüänbifdjer  $r)itotogen  bem 
untiergefjlidjen  Setjrer  ein  biograpt)ifd)e§  S)enfmal  fetjt,  at3  geftfcrjrift  be§  ©tjm« 
naftumS  jum  2lmt§jubiläum  be§  ©d)ut=  unb  ßonfiftoriatratljeä  Dr.  griebrict) 
$od)  1839  Veröffentlicht  unb  um  bie  lateinifcrjen  ©ebidjte  9teifig'6  üermerjrt 
in  bemfelben  Sat)re  monograprjifd)  t)erau§gegeben.  2113  letjte  unb  lange  bor= 
bereitete  g  uc^t  feiner  ©tubiett  erfd)ienen  im  Verlage  bon  Xaudjnik, :  „Vergilii 
Maronis  opera",  in  tt)pograprjifcrjer  2lu§ftattung  eine  editio  nitidissima.  SDte 
SßoEenbung  einer  9lu§gabe  beä  ^apiniu§  ©tatiuä  Ijinberte  ber  £ob.  —  SDer 
©crjtoerpuntt  feine§  fünfunbjroanjigjäbrigen  päbagogifdjen  20ßirfen§  liegt  in  ber 
Sßielfeitigfeit  ber  geiftigen  Anregung  unb  in  ber  innigen  Skrfdjmeljung  antiter 
unb  mobemer  SSilbung  unb  Auffaffung,  toelcrje  in  alten  öon  itjm  berroalteten 
Unterrid)t§gegenftänben  ben  ©ctjülern  pgefüljrt  toarb.  (Sin  geiftboller  @picuräi§= 
mu§  djarafterifirte  fein  Seben  unb  SCßefen  unb  er  äätjtte  ju  ben  Pflegern  be§ 
claffifd)en  Altertb,um§,  me(d)e  fid)  bemfelben  boll  unb  ganj  Ijingegeben. 

©.  Seljmann,  ©ef^te  be§  ©t)mnafium§  W  ©reifStoatb,  1861,  ©.  133; 
forttaufenbe  (Sfrronif  be§  ©reif§to.  ©bmnafium§  in  ben  Programmen  bon  1833 
big  1855;  ©djutacten  be§  23emburger  unb  be§  ^iebric^^äßil^elm^bwnafiumS 
fotoie  beä  ©rauen  ÄtofterS  ju  Berlin;  ^ribatmittfjeitung.  —  Dr.  ^ermann 
^atbamuS.  Güin  bäbagogifd)e§  3eitbitb  (bom  Unteräeidjneten).  ©eparatabbrucf 
au§  bem  ©reifiroatber  ©onntagSblatt  1884,  9tr.  7—17. 

$&d  ermann. 


$4tffe.  75 

$ä(fftj:  Olifolaui  IL,  aucf)  bet  2(e(tete,  Ö5raf  5ß.  b.  (Jtböb,  ^te^ei-'r 
0.  SBtberiburg  unb  Stampfen,  faiferlidjer  ©eneratfetbmarftfiatt  unb  ©ene= 
ratcapitän  bei  .ßreifei  biesfeiti  bet  £onau,  bitter  bei  golbenen  ©porrii,  routbe 
ali  ©orjn  *Peter  Sßälffo'S  b.  Pelina  unb  beffcn  ©atiin  ©opfjie,  {yreiin  b.  Serifft) 
<ü)eroiffrj)  ju  3exbid^ett)  im  5December  1552  geboren  unb  nadj  feinem  auf  bem 
Sdjtoffe  ju  SBiberiburg  am  23.  9lpril  1600  erfolgten  £obe  in  bei*  ©t.  5ftartini= 
firctje  ju  5pref$6urg  beftattet.  Spälffr/i  ©efdjtedjt  bejeictjnet  all  5)orfab,ren  bie 
sperren  unb  ©rafen  bon  Slltenburg  unb  feocfybna,,  °on  roetctjen  Äonrab  b.  2Xtten= 
bürg  1028  ati  9lbgefanbter  bei  ÄaiferS  Ifonrab  II.  nacf)  Ungarn  gefommen 
fein  fott,  roo  beffen  9tadjfommen  anfänglich  ben  Flamen  itjrer  «gjcrrfd^aft  Leiber» 
öart  audj  ati  Familiennamen  gebrausten.  @rft  mit  bem  ©otjne  bei  ipaul 
Gontb,  b.  |>erberbari,  roetcrjet  ebenfatli  0aut  rjiefj  unb  $auti  ©otjn  —  ^älffrj  — 
gerufen  tourbe,  feftigte  ftcb,  lefetere  Seäeidjnung  ati  bleibenber  ©efcfytecrjtiname. 
S)ai  5präbicat  6rböb  unb  bai  oieibeäüglidje  Söappen  tourbe  jebocrj  bon  $aut  III. 
*p.  nad)  beffen  53ereb,elicrmng  mit  (Stara,  geborenen  Srböb  bon  Siorna  angenom= 
men.  ^ebenfatti  toar  fcfjon  bamati  baß  ©efdjledjt  ber  $.  ein  angefetjenei  unb 
erhielt  baffetbe  mit  "Jlifolaui  II.  5p.,  eines  feiner  ritterlidjften,  bom  $aifer  unb 
ben  3eitgenoffen  rjodjgefcfjätsteften  «Dtttgtieber  unb  in  beffen  1600  jum  9teid)igrafen 
erhobenen  ©otjne  ©teprjan  II.  ben  bauernben  Segrünber  bei  ©efdj)leci)tei  ber 
©rafen  5p.  Söie  met)riact)  berietet  toirb,  erfreute  fidj  ftifolaui  IL  $.  einer 
rjöcrjft  forgfättigen  (Sraieljung  unb  bann  ber  balbigen  2tufnab,me  in  bai  ©efotge 
bei  £aiferi,  in  roetdjem  23ert)ättniffe  er  fict)  auf  roiebert)otten  Reifen  in  2)eutfd)= 
taub,  ben  'Piieberlanben,  f$rantreicf),  ©panien,  Italien,  ©riecb^entanb  eine  tjerbor= 
ragenbe  ©etbftänbigfeit,  metjrfadje  ©btacrjenfenntniffe  unb  frütjjeitige,  letjrreicrje 
@rfab,rungen  erwarb,  ©einer  oft  bettjätigten,  tjingebungiboHen  xreue  jum  ßaifer, 
fotoie  feinem  Jpeibenmutt)c  unb  feinet  Söirffamfeit  bei  öefämpiung  ber  dürfen 
banfte  er  aber  eine  fetten  grofje  9teit)e  rafctj  aufeinanber  folgenber  ©nabenbe= 
Neigungen  unb  Sertrauenifiettungen,  unb  ^roat:  1580  bie  Ernennung  aum 
Dbergefpan  bei  ^repurger  ßomitati  unb  3um  ©ctjlo^cjaubtmann  bei  f&niglidjen 
©crjtoffei  3u  ^prefjburg;  1581  bie  nad)trägtict)e  3»"fennung  ber  fcf)on  bon  feinen 
ißorfarjren  genoffenen  freifjerrtictjen  SBürbe,  fotoie  bie  33er(eit)ung  bei  üteicf)iba= 
ronatei  ali  Srjfämmerer  bei  Äönigretdji  Ungarn;  1582  bie  ©r^ebung  ^uni 
roitf ticken  geheimen  9tatb,;  1584  bie  Ernennung  jum  Dbergefpan  bei  Äomorner 
ßomitati  unb  jum  dommanbanten  ber  Sfeftung  Äomorn;  1587  bie  SSeftaHung 
mit  ben  ^repurger  ©ütem  nebft  ben  ©Stöffern  ju  ^repurg  unb  ben  ©ütern 
^u  ©t.  (Seorgen  unb  ^öfing  nebft  bem  Üitet  einei  ungarifctjen  ©tbgrafen;  1589 
bie  3utt»eifung  bei  ßommanboi  ber  gefiung  5leub,äufel  unb  hti  ©eneratcapitanati 
te§>  Äreifei  bieifeiti  ber  Sonau;  1592  bie  3lufnaf)me  in  ben  bötjmifcrjen  2anb= 
ftanb;  1594  bie  35eftimmung  jum  Oberften  ber  bergjiäbttjdjen  ^Jliütärgrenäen 
unb  jum  Sommanbanten  ber  geftung  ©ran;  1595  bie  fjfürjrung  bei  ©eneraU 
capitanati  ber  betgftäbtifc^en  ©renjen;  1598  bie  Berufung  jum  nieberöfier= 
reic^ifdien  Sanbftanbe  unb  bie  (hrjebung  jum  ©eneralfeLbmarfc^att;  1599  bie 
gefctienfroeife  Uebertaffung  ber  Cbergefpaniroütbe  unb  bet  ©djlofjljauptmannfdjaft 
ju  ^teputg.  Unb  läp  fic^  nun  aucf)  einftroeiten  nid)t  bottfommen  beftimmt 
nacrjtoeifen,  toai  ty.  in  feber  ber  genannten  5pofitionen  geleiftet,  fo  ift  ei  bocrj 
3toeifeItoi,  bafe  er  namentlich  bon  1593  an  bii  1598  bie  irjm  übevroiefenen 
Sanbftricr)e  unb  Orte  gegen  bie  attfeiti  berroüftenb  borbrangenben  2ürfenf)orben 
tobeimutb^ig ,  auibauernb  unb  erfotgteicr)  bertb.eibigte  unb  fcfjütjte.  2Bät)renb 
biefer  Qtit  fott  5p.  in  27  toidjtigeten  kämpfen  uegteicb,  gemefen  fein  unb  ftefi.t  b>bon 
in  befonberi  anerfannter  Erinnerung  botetft  bie  1593  am  3.  Olooember  ftatt= 
gehabte  93crmcr)tung  ber  ^auitfctjaren  in  ber  ©c^tacb,t  bei  ©tur)te>eij$enburg,_  in 
roeldtjer  er  feinen  ©treitern  mit  b^inreifsenbem  SSeifpiele  boranging  unb  toobei  fein 


76  $älffo. 

^Pfexb  öerwunbet  unb  feine  ©turmtjaube  burd)  bielfadje  $olbenfdj(äge  ftarf  ge= 
fdjäbigt  würbe.  Ebenfo  ancifernb  War  $atfft)'g  SBerrjalten  bei  ber  ^Belagerung  unb 
Erftttrmung  öon  ftülef  am  11 — 26.  9toöember,  benn  bort  tjatte  er  orme  ütücf  ftdjt  auf 
bai  mächtige  geuer  bei  geinbeS  bit  23elagerungiarbeitcn  fotuie  bie  Xrjätigfeit  ber 
23üd)feumeifter  forgfamft  geleitet  unb  bie  entfdieibenben  Singriffe  perfönlid)  ber= 
anlafjt  unb  übermadjt.  9tad)bem  nun  5p.  im  $.  1593  nod)  einige  ffeinere  Orte 
genommen,  beantragte  er  1594  im  Jhiegiratlje  einen  EroberungSäug  gegen  9teo= 
grab,  weld)er  itjm  aud)  anbertraut  würbe,  ©djon  am  12.  Wäx&  löfte  5p.  fein 
bieöfallS  gegebene^  SBort  burd)  Eroberung  ber  ^efte  ein,  worauf  er  hei  ©ran  in 
ben  Monaten  9Jtai  unb  $uni  mit  bewährtem  5Dhitr)e  fämpfte,  einen  glüdlidjen 
Singriff  auf  bai  Sager  bei  $e'nbei  fl«n  Ütaabfluffe  madjte  unb  ungeachtet  ber 
Riebet  erlittenen  Sßerwunbung  am  ^ufje  nod)  Spärfcint)  erftürmte,  Söaitjen  befe^te 
unb  fiel)  an  bem  fdjarfen  treffen  bei  Äerei^teS  beteiligte.  9tütjmlid)  War 
weiterhin  fein  unerfdjrocfenei  Eingreifen  1595  bei  ber  Einfdjliefjung  öon  ©ran 
am  21.  Sunt,  fpäter  bei  ber  9tiebermetjelung  bei  türfifd£)en  Erfatjljeerei,  foroie 
bei  ber  Eroberung  öon  23iiegrab  am  25.  Sluguft;  bann  im  $.  1596  bei  Erlau 
am  18.  September,  Äereijtei  am  23.  unb  24.  October  unb  gelegentlich  bei 
gelungenen,  jur  Befreiung  öon  ©efangenen  unternommenen  „©treiffi"  gegen 
SBai^en;  ferner  im  3.  1597  bei  2>otii  am  23.  5Dtai  unb  bei  9iaab  ©eptember 
bü  Dctober.  2)en  lebt)afteften  £)anf  ber  gefammten  Erjriftenfjeit  bradjte  it)m 
aber  öorner)mlicr)  bie  im  Vereine  mit  Slbolf  ©djwaräenberg  öottfütjrte  SBewättü 
gung  ber  ütürfenfdjaaren  bei  9ftaab  unb  bie  2Bieberbefet$ung  biefer  als  SBormaucr 
in  ©eltung  geftanbenen  »Jfefte  am  29.  9Jiärj  1598.  2)iefetbe  fiel,  inbem  beibe 
gfürjrer  bie  Worjtbebadjten  5piäne  jur  Ueberrumpelung  in  treuer  Uebereinftimmung 
getjeim  hielten,  im  näd)tlid)en  blutigen  Otingen  fclbft=  unb  neibloi  bai  fid)  ge= 
fteHte  $id  anftrebten,  unb  weil  5p.,  ali  feine  Leiter  öor  bem  ungewohnten 
Kampfe  31t  $ufe  jurücffdjredten,  ber  Erfte  öom  5pferbe  fptang  unb  öoranftürmenb 
burd)  bai  gefprengte  ©turjlweifjenburger  SLtjor  alles  jum  legten  entfd)eibenben 
Kampfe  begeifterte.  £)teburd)  befreit  bon  fcfyweren  ©orgen  erbaten  unb  erroirftett 
Ungarns,  5Jtieberöfterreid)S  unb  33örjmeni  ©tänbe  beim  Äaifcr  reichen  ßotjn  für 
ip. ;  $ur  maljnenben  Erinnerung  an  ben  ütag  felbft  tiefe  Äaifer  9tubolf  an  allen 
iheujungen  SDenffäulen  mit  ber  Snfdjrift:  „©ag'  ©ott  bem  £)errn  2ob  unb 
5Danf,  bafj  fjtaab  ift  fommen  in  Et)rtftent)anb"  erridjten.  $ür  bie  Slbmenbung 
Weiterer  Einbrüche  ber  Dimanen  mürbe  aber  5p.  neuerlid)  auierferjen,  er  folXte 
mit  Statt)  unb  £t)at  bem  $aifer  jur  ©eite  ftet)en  unb  mar  biei  aud)  fein  fefter 
3BtHe,  ben  iebod)  roiber  Erwarten  fein  im  48.  ßebengjaljre  erfolgter  2ob  jur 
53etrübniB  Mer  bracb^.  Sief  erfcljüttert,  gebadjten  bei  biefer  Äunbe  fowob.1  ber 
Äaifer  al§  5papft  E(emen§  VIII.  mit  grofjer  SInerfennung  bei  tapfern  23ertt)ei* 
bigeri  ber  dl)nftenr)eit;  tl}eilnal)mitioll  wenbete  fict)  bas  allgemeine  ^itgefü^l 
^Pälffrj'ei  äBittme,  geborenen  5Raria  5üiagbalena  ftugger  au§  Slugiburg  unb  iljren 
fieben  Äinbern  ju  unb  et)renöott  befagt  ^pälffö'i  ©rabftein  in  ber  ©t.  9flartin§= 
fird)e  ju  ^Pre^burg  unter  anberm :  „cujus,  par  generi  et  titulis,  virtus  rem 
Hungaricam  difficillimis  temporibus,  cum  omnium  admiratione  et  gratulatione 
■conservavit  et  amplifieavit". 

Söur^bad),  93iogr.  2ej.  b.  Äaifert§.  Defterreid),  21.  3:1).  Söien  1870.  — 
J?epner,  ^b^aten  berühmter  öfterr.  ^elbb;.  1.  35b.  1.  2lbtr).  9Bien  1808.  — 
^ormaür'i  Slrdjib  f.  ©efd)id)te  ic.  SQBien  1826.  —  £afdjenbud)  f.  üatertänb. 
©efd).  ö.  ^)ormap,r  u.  5Jlebnian§ft),  2Bien  1828.  —  SBeingärtner,  Unter  £>ab§= 
burgi  23anner,  Sefdjen  1882.  —  ©djweigerb,  Ocfterreid)i  gelben  unb  <£>eer- 
fütjrer,  1.23b.  SBurjen  1852.  —  (9lbam),  Erinnerungiblätter  f.  b.  ©ammlung 
öon  33itbniffen  berühmter  öfterr.  gelb^errn.  (Site  9ftanufcript  öor  1805  ge- 
brueft)  —  Ortelius  redivivus  etc.  §ranffurt  1665.  ©c^. 


SP&Iffe-  77 

^älffo:  ftifolaus  IV.  ®raf  «p.  ju  ßrböb,  «Ritter  bes  gotbenen  Sßließes, 
f.  f.  ©eneralfelbmarfdmlt  unb  Malaiin  öon  Ungarn,  ^ntjaber  eines  ungarifdj= 
nationalen  gußregiments,  geb.  am  1.  9Jtära  1667,  f  am  20.  Februar  1732, 
mar  ber  <5otjn  bes  Äronljüters  unb  Obrifttanbfämmerers  öon  Ungarn,  9Jifo= 
laus  III.  ©raf  %>.  unb  jät)lt  als  Militär,  öornetjmtid)  aber  als  djarafterftarfer, 
einflußreicher  Staatsmann  unter  ber  bebeutenben  3^  ausgezeichneter  9JUtglieber 
beS  ©efctjtecrjts  *p.  3U  ben  benfmürbigften.  ^Pälffrj's  friHjer,  freimilliger  Eintritt 
in  bie  jfriegöbienfte  bes  $aifer«  mürbe  burd)  feine  Vorliebe  für  ben  IDtilitärftanb 
öeranlaßt  unb  burd)  bie  ju  jener  Qnt  Ungarn  bebro^enben  inneren  unb  äußeren 
©efafjren  befdjjleunigt.  Unb  ba  üp.  gleich  bei  feinen  erften  SBermenbungen  öor 
bem  ^einbe  9JUitt)  unb  Sinfidjt  bemies,  fo  gelangte  er  fdjon  Oor  bem  ^atjre  1683 
an  bie  ©üitje  bes  «pälffrj'fdjen  |)aibufencorbs,  eines  Sßortäufers  ber  jetzigen  Jpufaren= 
regimenter.  9Jtit  biefem  fott  er  fiel)  bei  bem  Güntfaije  öon  2Bien  1683  unb  bann 
in  ben  nädjftfolgenben  genügen  bis  1687  merjrfad)  fo  braö  gehalten  tmbeu, 
baß  ifjtn  im  leijgenannten  Saljre  bas  @ommanbo  ber  midjtigen  $eftung  ©ran 
anbertraut  mürbe.  (Später  beteiligte  er  fiel),  menngleictj  fdrnn  bamals  infolge 
einer  im  Kampfe  mit  ben  dürfen  erlittenen  SSertounbung  etmas  t)infenb,  an  ben 
Unternehmungen  bes  -öerjogs  Äarl  öon  ßottjringen,  1688  befanb  er  fictj  unter 
Äurfürft  sUlar  (Stnanuet  öon  Sßaiern  öor  SSelgrab,  mo  er  mit  feinen  Leitern  bie 
Surfen  jum  SBertaffen  ber  erften  ßaufgräbeu  amang.  Sefonbers  genannt  mirb 
er  aud)  in  ben  ©djladjten  hä  33atocina  («Patactn)  an  ber  9Jtoraöa  am  30.  Sluguft 
unb  bei  sJliffa  (9lifdj)  am  24.  (September  1689.  $ür  fein  2)ert)atten  in  bem 
letztgenannten  Kampfe  mürbe  3ß.  öom  j?aifer  mit  einem  „21'tterljödjften  ®anf= 
briefel"  ausgezeichnet,  morauf  er  im  $.  1690  jum  (Seneralfelbmactjtmeifter  öor= 
rüdte  unb  noeb,  in  biefem  $at)re  bei  Setgrab,  1691  bei  ©lanfamen  näcrjft  $eter= 
marbein  anerfennensmertfje  SDienfte  leiftete.  sJtun  folgten  rafd)  naetjeinanber 
«Pälffr/s  meitere  (Ernennungen :  1692  jum  f$fetbmarfct)atilteutenant  unb  (Somman= 
banten  bon  $afdjau,  1693  jum  Dbrifttanbesfämmcrer  in  Ungarn,  1694  zum 
£>bergefpan  unb  (Sct)loßE)auptmann  öon  $reßburg,  1699  zum  5e^euSme'f^, 
1700  junt  mirflictjen  geheimen  Statt),  1701  jum  ihontjüter  unb  Dbrift  ber 
faifertietjen  ßeibgarbe  ju  guß  (£rabantengarbe),  1711  zum  Obriftftallmeifter  ber 
$aiferin  Eleonore  unb  zum  Otitter  bei  gotbenen  SBließes,  1713  zum  «Palatin  öon 
Ungarn,  1718  zum  ©eneralfelbmarfdjatl.  2lud)  mätjrenb  biefer  3e^  ift  s$- 
miebertjolt  bei  ber  SSefämpfung  ber  fürten  mit  guten  (Srfotgen  ttjätig  gemefen; 
ferner  ermarb  er  fiel)  überbies  große  Sßerbienfie  um  bie  SBertfjeibigung  Ungarni 
baburetj,  baß  er  eine  ztoedmäßige  unb  rafdje  23emaffnung  ber  Gruppen  bemirfte 
unb  für  entfpredjenbe  SSorrättje  in  ben  föniglidjen  ßaub=  unb  gelbzeugtjäufern 
forgte;  öon  öormiegenber  33ebeutung  ferjeint  aber  fein  Singreifen  auf  bem  ©ebiete 
ber  ßanbesöermaltung  unb  bann  auf  jenem  ber  (Staatsgefdjäfte  gemefen  ju  fein. 
Sn  le^terer  ^infietjt  etjrt  it)n  öor  ?lÜem  feine  im  Vereine  mit  bem  6arbinal= 
eräbifd)ofe  öon  ^alocsa  (Smerictj  ©raf  ß^aft)  in  ber  s^re^burger  ßanbtagsft|ung 
am  30.  $uni  1722  ju  ©tanbe  gebrachte  einbettige  3lnnaf)me  ber  öragmatifetjen 
Sanction,  benn  Ijiemit  tjatte  er  ^ur  ©urdjfütjrung  eines  ber  tjeröortretenbften 
gefd)icl)tticr)en  Stete  mejentlid)  beigetragen  unb  roie  Äaifer  Äarl  VI.  im  -£>anb= 
f treiben  öom  4.  3fuli  1722  „feinem  Widert"  befannt  gibt,  beffen  öäterlidjen 
SBunfdj  öoraügtid)  geförbert.  35on  gteidjfatts  nietjt  geringer  Ghljeblidjfeit  mar 
anbererfeits  ^Palfftj's  öertraulidjer  33riefmed)fel  mit  bem  ^rinjen  @ugen  öon 
©aöoöen  über  bie  9Irt  bes  Umfidjgreifens  bes  2lufftanbes  unter  Sfcäfocjö  in  ber 
3eit  öon  1704  an.  $.,  roeldjer  feit  bem  ^arjre  1680  mit  ©lifabetl),  geborener 
gteiin  öon  3Beidj§  öeref)elid)t  gemefen  unb  mit  it)r  bie  fogenannte  ältere  ^ito= 
laifctje  ßinie  bes  ©efctjtedjtes  «p.  begrünbet  tjatte,  ftarb  ju  ^reßburg  unb  mürbe 
in   ber  im  ftranaisfanerHofter  ^u  ^Jlalacäfa  befinbltdjen  Familiengruft  beigefe|t. 


78  $»lffo. 

9tad)  tjinterlaffenen  9uifaeict)nungen  feiner  ^ettgenoffen  bewahrte  5]3.  zeitlebens 
gefinnungStüdjtige  patrtotifcfcje  (Stjaraneretgenfdjaften,  fanftmüttjigen  unb  frei* 
gebigen  ©inn  unb  war  als  -ftenner  bet  Söiffenfdjaften  ftctö  bemiH)t,  geterjrte 
Begebungen  ju  unt erftütjen.  Üiamentlidj  bemerkenswerte)  in  leitetet  9tidjtung 
ift  ^ßdtfft)^  Begünftigung  beS  eine  3eit  lang  mifjöerftanbenen  unb  angefeindeten, 
fpäter  aber  öom  $aifer  unb  Sßapfte  auSzeidjnenb  gearteten  lutt)erifd£)en  ©eifttidjen 
unb  |)iftoriograpt)en,  IDatgliebeS  ber  9lfabemieen  öon  Berlin,  Sonbon  unb  *jßeter3= 
bürg,  3Jlat^ie8  Bei,  t  1749. 

2öurjbad),   Biogr.    ßej.   b.  Äaifertt).   Oefterr.   21.   £fj.  2öien  1870.  — 

9lrnett),   ^j.    Eugen   öon   ©aöot)en.    1.    33b.   SBien    1858.  —  £ormaö,r  unb 

WtebnianSfö,   £afd)enbud)   fttt   öatcrlänb.    @efd).   9.   ^arjrg.  2öien    1828.  — 

©djweigerb,  Oefterrcid)S  gelben  u.  £)eerfüf)rer.  2.  23b.  äöurjen  1853.  —  9teiÜti, 

Biogr.   b.   berürmtteften   gelbt).  DefterreidEjS.    SBien  1813.   —    Mitteilungen 

beS  f.  f.  ÄriegSardjiöS.  ^elbjug  1689.  äöien  1877.  ©d). 

v£älffo:   Sodann  IV.  @taf  5p.  ö.  Erb  ob,    glitter  beS  golbenen  Stiege«, 

BanuS   öon  Kroatien ,    ^ßalatin  unb  Judex  curiae  öon  Ungarn ,   f.  f.  ®eneral= 

felbmarfdjatl,    öon  ber   $aiferin  '"Diana  üttjerefia   mit   betn   Beinamen  „Bater" 

geehrt,   geb.  am  20.  Sluguft  1663,   f  am  24.  «ütära  1750,    trat  im  3.  1681 

als  Bolontär  in   faiferlidje   ihiegSbienfte  unb   fott   fc^on  1683   bei  äöien  mit= 

getämpft  tjaben.     1686  befanb  fid)  s4>.  als  sJtittmeiftcr   bei  ber  Belagerung  unb 

Erftütmung  öon  Ofen,    1688    führte    er   bereits   als  Oberft  unb  Sntjaber  baS 

jetjige  -gmfarenregiment  9tr.  9,  1689  erwarb  it)m  fein  Bertjatten  in  (Serbien  bei 

Batofd)ina  OJtotacin)  am  30.  2luguft  unb  bei  sJtiffa  (9H§)    am  24.  September, 

ferner  am  Sdjluffe  beS  3farjTeS  junadjft  beS  ÜtrjeinS  bei  ^ßrjilippSburg  metjrfadje 

9lnerfennung,  worauf  er  1693  jum  ©eneralmajor  unb  1700  zum  gelbmarfd)all= 

lieutenant  unb   ^ntjaber  beS  1801  rebucirten  ßüraffierregimentS  9tr.  4  ernannt 

würbe.     9tun  begann  *pätffr/S  öorwiegenb    bentwürbige,   neuerer  3eit  erft  tt)etl= 

weife  erforfdjte  äfiirffamfeit.     SDiefe  äufjerte  fid)  1701  jur  $tit  ber  friegerifcfjen 

Operationen   burd)    gewanbte  £ruppenfüt)rung   unb   fdmrfe  BorauSfidjt  bei  bem 

llebergange  über  bie  tribenttniferjen  2llpen,  beim  Borrüden  gegen  Segnago,  bann 

gelegentlich  ber  5lllarmirung  beö  maitänbifdjen  ©ebieteS,  fowie  in  ben  ©efedjten 

bei  Sarpi  am  9.  $uti,  hti  Boöotone  am  12.  3uli,  in  ber  ©djtadjt  bei  Etjiart 

am    1.  (September  u.  f.  W.     sJtid)t    minber   tjeröortretenb    fenn^eicfjnete    fid)  s£. 

aber  aud)   burd)   bie   Entfaltung    aller    fonftigen    militärifdjen  üEugenben    unb 

ritterlichen   Et)araftereigenfd)aften.     Unb   als    er    barjer  fdjon  1702   infolge  beß 

Einftuffeß    ber    IDtanSfelbifcrjen    Partei    jjur    2lrmee    nad)    üDeutfdjlanb    Perfekt 

würbe,   ba  bebauerte  $rinj  (Sugen  rüdfjaltlos  ben  Söeggang  be§  iljm  ftets  juge= 

ttjanen  leiftungSfätjigen  ©eneralS   unb  eljrte  ty.  baburd) ,    bafj  er  itjn  ju  feinem 

unb    bes  Speeres  SSertreter   beim    Äaifer    beftimmte.     9lad|brüdlid)erer  Sorgfalt 

^ätte  biefe  ernfte  Miffion   nid)t   annertraut  werben   fonnen.     Ueberatt   nämtid), 

wo  .grilfe  äu  erwarten  war,  tjat  5ß.  bie  33ebürfniffe  ber  Gruppen  Sugens  wärm= 

ftenS  unb  umfidjtig  flargelegt;    bem  5Jtonardjen  aber,   bei  bem  er  „wotjtgelitten 

gewefen",  fdjilberte  $.  bie  sJtott)lage  ber  ÄriegSmadjt,   Wie  er  melbete,  befonber© 

bann  „Ijödjft  notl)flägltd)"(  als  it)n  ber  ifaifer  lierju  mit  ben  Söorten  ermun* 

terte:  „@S  bleibt  bei  unS  allein  unb  $l)r  l)abt  @ud)  nidjt  ju  fürdjten."    ©eine 

Sdjulb  war  eS  fid)er  nidjt,  bajj  ^rin^  Eugen  nod)    feine  ausgiebige  SSefferung 

feiner  Sage    gefnnben  Ijatte,   als  $.  im  ^uti  1702   aur  ?lrmee  in  S)eutfd)lanb 

abreifen  mufite.    S)ort  würbe  er  im  ©eptember  mit  ber  S)edung  beS  fdjwäbifdjen 

Ä'rcifeS  beauftragt.     Bei  ber  geringen  Slnjarjl  öon  Gruppen,   bie  üjm  gur  S5ei;= 

fügung  ftanben,  tonnte  er  aber  anfängtid)  bem  (Segner  nidjt  ©tanb  Ratten;  erft 

als  er  beffen  sDcanööer  unb  ÄanipfeSart    erlannt,   gelang  eS  itjm,   benfelben  bei 

5törblingen  aufzuhalten  unb  jurüd^uwerfen.    2ludj  an  bem  fjfelbäuge  1703  na^m 


SPälfft.  79 

*ß.  im  Kampfe  felbft,  fowie  burd)  grtfjeilung  wofjlbebadjter  Entwürfe  unb 
9iattjfd)läge  lebhaften  2lntf)eil.  3m  2Iprit  ftdjerte  er  burd)  Streifungen  gegen 
33erngau  unb  Sul,}burg  bie  plante  bes  in  bie  Oberpfalj  marfcrjirenben  (Sorps 
Sttjrum;  ber  Ueberfallberfud)  auf  Ulm  in  ber  ftadjt  öom  8.  }um  9.  5Jtai  er= 
folgte  auf  fein  wieberrjolte§  unb  beftbegrünbetes  2lnratb,en  unb  fcrjeiterte  nur  an 
bem  Derfpäteten  Eintreffen  ber  SIngriffsinfanterie ;  für  bie  Scfjlad)t  bei  SdjWen= 
ningen  unb  «gjödjftäbt  am  20.  September  erteilte  er  gleichfalls  rechtzeitig  bie 
trefflidjfien  SBeifungen  unb  jagte  perföntid)  mit  fünf  preufjifdjen  Sdjwabronen 
einen  ttjeil  ber  franjöfifdjen  Leiter  in  einen  tiefen  9Jcoraft.  „Unb  weil  ifmen 
ha  ju  ^Sferbe  ntdjt  bei^ufornmen  gewefen,  fo  rjabe  idj",  metbet  $.,  „meine 
2eute  abfttjen,  bie  £$fran<$ofen  tljetls'  gefangen  nerjmen,  bie  Uebrigen  maffacrhen, 
bie  ^ßferbe ,  f o  tjerausaubringen  geroefen ,  mitnehmen ,  bie  anbcrn ,  bie  tief  im 
9Jtoraft  geftedt,  nieberfdjiefjen  laffen  unb  Dter  Eftanbarten  erobert."  hiermit 
jdjiofj  ^ätffD's  SBitffamfeit  in  ©eutfdjlanb;  —  anfangs  2)ecember  1703  über* 
nat)m  er,  mit  Dtüdfidjt  auf  feine  perfönlidjen  2k>rjüge  unb  feine  im  x^eiht  ge= 
(eifteten  r)eröorragenben  5Dienfte  auf  SSorfcfjlag  be§  ^rinjen  Eugen  bie  Leitung 
Don  Kroatien  all  23anus.  %n  biefer  (Stellung  erwarb  ftd)  *ß.  in  ber  ^ät  oon 
1703 — 11  ba§  grofje  3}erbienft,  nicf)t  nur  burd)  bas  wiebertjotte  Aufgebot  Don 
©renämiti^en,  fonbern  aud)  burd)  offenfiDe  ^riegfürjrung  unb  fluges  Sßerrjatten 
überhaupt  jur  ^Bewältigung  be§  Don  ^ranj  Seopolb  Ütaföqi  unb  feinen  2ln= 
Rangern  rjerDorgerufenen  Slufftanbe§  wefentlid)  beigetragen  ju  fjaben.  2>ie  3a^ 
ber  entfdjeibenben  kämpfe ,  welche  er  fjierbei  tb/ilweife  felbftänbig  geleitet ,  war 
roorjl  eine  Derljältnifjmäfjig  geringe  (1704  auf  ber  9Jhninfet,  bei  Snrnau, 
St.  ©ottfjarb;  1705  bei  9taab,  93ibersburg;  1706  bei  ©ran;  1707  bei  $apu= 
Dar;  1708  bei  Srencfin,  Sjeblicsne,  91eut)äufel;  1710  bei  9leüt)äufel);  um  fo 
Dielfättiger  unb  bebeutungäDolter,  |ier  jebocr)  aud)  nur  im  allgemeinen  anbeutbar, 
ift  aber  bie  lange  Steige  Don  Streifigen  unb  Operationen  geroefen,  roelcrje  unter 
feiner  ^ütjtung  in  bem  weiten  ©ebiete  Don  Kroatien  bis  an  bie  2öaag,  Don 
Steiermarf  bis  gegen  bie  3Ir)ei§  ftattfanben  unb  wobei  5ß.  meifienttjeils  burd) 
nicfcjt  geregelte  GommanboDerrjä'ltniffe  fowie  wegen  mangelhafter  SSetrjeilung  feiner 
Gruppen  mit  (§>dh,  SBefleibung,  Sefdjutjung,  ^roDiant  ic.  im  freien  £>anbetn 
unausgefefet  beljinbert  War.  5Dennod)  gelang  es  5ß.,  ber  1705  3um  ©enerat 
ber  GaDatterie,  1707  }um  ©eneralfelbmarfdjaE,  1710  pm  Cberbefetjlsljaber 
erhoben  worben  ift,  ben  SBiberftanb  ber  2Jcalcontenten  <}u  fdjmädjen,  woraus 
9tafocji  in  Erfenntnifj  bes  Slnfefjens,  wetdjes  *ß.  als  gelbljerr,  Staatsmann, 
Vertrauter  bes  Äaifers  unb  $önig§  unb  redjtfdjaffener,  feuriger  Patriot  bei  aEen 
Parteien  genofj,  mit  biefem  am  30.  2lpril  1711  ben  ^rieben  Don  ©ijdtrjmdr 
Dereinbarte.  9lur  wenige  Sfarjre  jebodj  fonnte  nun  SJ>.  feine  2lufmer!famfeit  ber 
Verwaltung  bes  Sanbes  ^uwenben;  fd)on  1716  ftanb  er  wieber  Dor  bem  geinbe 
als  ^nterimScommanbant  bex  Slrmee  bei  %utat,  in  beffen  Dtä^e  er  am  3.  Sluguft 
mit  1500  Leitern  einem  aus  20  000  9)cann  befte^enben  Sorps  dürfen  ben 
ganzen  Zaa,  Stanb  tjielt  unb  am  5.  2luguft  in  ber  Sdjlacb.t  bei  ^eterW arbein, 
am  1.  September  bei  £emesDär  jur  ßrreidjung  ber  Erfolge  bes  £age§  nad)brüd= 
lid)  unb  ausbauernb  tb.ätig  War.  Sludj  bas  3ar)r  1717  b^ielt  $•  im  Selbe  unö 
t)at  itjm  bie  Sdjladjt  bei  33elgrab  am  16.  2luguft  bie  ©elcgenrjeit  geboten,  ]\ä) 
mit  überrafdjenber  Sdjnelligfeit  in  ber  gtanfe  ber  dürfen  3u  poftiren,  biefe  ob,ne 
3ögern  entfdjloffen  anzugreifen  unb  trotj  rjartnäcfiger  ©egenwetjr  ju  Dertreiben. 
Slls  jebod)  bie  93orDerrjanblungen  ^um  5paffaroWi^er  ^rieben  begannen,  ba  ferjrte 
ty.  neuerlid)  auf  feinen  Sßoften  als  Sßanus  jurüd  unb  wibmete  fid)  bis  1735 
ben  ^flidjten  als  SanbesDerwefer  fowie  ber  23ewerfftetligung  ber  Stnnab.me  ber 
pragmatifdjen  Sanction.  ®as  ^aljr  1736  brachte  ib,m  bagegen  nodjmals  eine 
Sßerwenbung   gegen   bie   dürfen.     @r  übernarjm   bas   dommanbo   ber  bei  5?acs 


80  Wim- 

unb  ftutat  fid)  fammetnben  -ipilfSarmee;  als  er  aber  mit  berfelben,  eingeengt  bon 
$nfiructionen  unb  (lauteten,  nidjtS  befonberS  teiften  tonnte,  ba  würbe  er  1737 
biefeS  ^oftenS  enthoben.  $n  biefem  geitpunfte  offenbarte  fid)  $alffb,'S  (£t)arafter 
im  glänjenbften  ßttfjte ;  entfagenb  jeher  $tage  ober  (Jmpfinbelei  blieb  er  ber 
unerfdjütterlicf)  treugefinnte  Wiener  feines  Regenten  unb  beS  23aterlanbeS.  Unb 
at§  itjtn  Äaifer  $arl  VI.  furj  bor  feinem  2obe  bie  ßrbin  feiner  (Staaten  ju 
fdjüfeen  ernöfar;!  unb  ^aiferin  IJJtaria  2t)erefia  batb  barauf  $.  mit  unbefdjränfter 
33otlmad)t  als  Malaiin,  OberbefetjlStjaber  ber  ütruböen  unb  it)ren  Vertreter  nadj 
Ungarn  entfanbte,  ba  rechtfertigte  er  baS  in  iljn  gefegte  Vertrauen  trojj  ber 
23ef  et)  werben  feines  tjotjen  XHtterö  in  botlem  la|c.  ©einem  9lnfet)en  unb  @in= 
ftuffe  mar  eS  ju  banfen,  bafj  fict)  in  Ungarn  batb  nad)  bem  Einfalle  Äönig 
^riebrid)  II.  in  ©djlefien  nictjt  nur  ber  SBitte  tunbgab,  ber  Königin  bewaffnete 
Jpilfe  ju  teiften,  fonbern  bafe  baS  getjoffte  ßrgebnife  weit  übertroffen  mürbe;  er 
mar  eS  aud) ,  ber  bie  Slnertennung  ^ranj  bon  SottjringenS  als  (Bemalt  ber 
$aiferin  ermirfte  unb  bie  begeifterte  2lrt  itjrer  Krönung  inS  Söert  fetjte.  $a,  er 
wollte,  als  fict)  1742  be^üglict)  ber  23erwcnbung  ungarifetjer  Jrubben  aufjer 
ßanbeS  ©djwierigfeiten  ergaben,  biefen  ^mifetjenfatt  baburet)  begeben,  bafj  er  baS 
(Sommanbo  beS  ^nfurrectionSaufgefcoteS  für  fict)  erbat.  2)amatS  mar  eS,  bafj 
9Jtaria  2tjerefia  mit  nactjftetjenben  3ei^n  un*>  *>en  tn'erin  ermätjnten  ©efdjenfen 
SP.  beglüdte.  ©ie  fctjrieb:  „9Jtein  Sater  Sßälffo !  3d)  fenbe  (Sud)  biefeS  «pferb, 
weldjeS  nun  attein  bon  bem  ßijrigfien  meiner  Unterttjancn  beftiegen  ju  merben 
würbig  ift.  Empfanget  <}uglcicl)  biefen  Segen,  um  mid)  miber  meine  geinbe  ju 
befctjüijen  unb  nehmet  biefen  9Ung  als  baS  $ennäeid)en  deiner  gegen  (Sud)  trageuben 
3uneigung  an".  ^ftaria  ülfjerefiu  mar  eS  auetj,  Welctje  erleichterten  .JperäenS  bie 
Äunbc  tjinnatjm,  eS  t)abe  '$.  auf  ben  9tatt)  feiner  g*eun&e  unb  in  ßrfenntnifj 
feiner  ftetig  äunetjmenben  .KörberfdjWädje  baS  feinen  9luf  unb  fein  ßeben  fctjä= 
bigenbe  Gommanbo  an  (SSätertjäjt)  überlaffen.  SDenn  fic  mufjte  ja,  bafj  5pälffb/S 
ebteS  SSalten  itjrem  unb  itjreS  Kaufes  2Bot)(  fomie  bem  ©ebcit)en  OefterreidjS 
unb  Ungarn^  bis  an  fein  SebenSenbe  gemeitjt  bleiben  Werbe.  Unb  fo  gefetjat)  eS 
auet)  unb  eS  liegt  in  bem  ©ebanfen  an  Sfotjann  IV.  ©rafen  5p.  bie  Erinnerung  an 
eine  ber  gefinnung§tüct)tigften  ©eftalten  in  ber  ©efdjictjte  OefterreidjS,  an  einen 
ungarifetjen  Patrioten  im  beften  Sinne  beS  SBorteö. 

SQßurjBo^,  23iogr.  ßej.  b.  Äaiferttj.  ©efterreid).  21.  2t).  äöien  1870.  — 
3lrnettj,  9Jiaria  2t)erefia'S  erfte  ftegierungSiatjre.  2Bien  1863  5.—  (Äepner), 
2tjaten  k.  öften.  fteltyexxn.  äöien  1808.  —  ©ctjmeigerb,  Cefterreid)§  gelben  2C 
3.  23b.  SBurjen  1854.  —  £orma$r,  Safctjenb.  f.  baterl.  ©efd).  9.  ^atjrg.  SGßien 
1828.  —  3teiHto,  Siogr.  b.  berühmt,  getbt).  Defterr.  SBien  1813.  —  ftelb= 
aüge  b.  y?>.  gugen  ö.  ©aöoljen.  I.  ©er.  3.-9.  23b.  2Bien  1876-83  u.  II.  ©er. 
1.  33b.  SBien  1885.  -  g-effler,  ©efetj.  ö.  Ung.  9.  2t).  Seidig  1825.  — 
Slngeli,  ber  Ärieg  mit  ber  Pforte,  in  ^DHtttj.  b.  f.  f.  Ärieg3ar$to8.  *2Bien  1881. 

©d). 
^ali^ftft:  Sodann  ©eorg  s4>. ,  Slftronom,  geb.  am  11.  3uni  1723  ^u 
^ro^tis  in  ©ad)fen,  f  am  22.  gebruar  1788  ju  Seubnife  (ebenbafelbft).  $. 
mar  feines  3«d)en§  ein  fd)lid)ter  ßanbmann,  ber  fid)  burd)  eigene  ifraft  in  öer= 
fd)iebenen  äöiffenfct)aften  beträctjtlidje  ^enntniffe  ermarb  unb  e§  bis  jum  6or= 
rcföonbenten  ber  ©t.  Petersburger  Sltabemie  unb  ber  Royal  Astronomical- Society 
in  Sonbon  brachte,  (jr  befdjäftigte  ftd)  Diel  mit  ^aturtunbe  unb  legte  fid)  eine 
burd)  9teid)tjaltigfeit  auSgeaeidjnete  ^Raturatienfammluug  nebft  botanifdjeni  ©arten 
an;  met)r  gleifs  noct)  Wenbete  er  auf  bie  Slftronomie  unb  berfertigte  fid)  metjrere 
feiner  ^nftrumente  felbft.  9lud)  in  ber  bamatS  tjertfdjenben  äöolf'fdjen  5p^ito= 
foptjie  war  er  boHfommen  t)eimifdj.  5Jlit  einem  adjtfü|igrn  ^ernrotjr  pflegte  er 
namentlictj  bie  beränberlictjen  ©lerne  ju  beobactjten,  unb  in  ber  2t)at  gelang  eS 


$aüa$.  81 

iljm  ,  bie  ^criobe  öon  ß  £nrae  unb  öon  Sllgol  ju  erfennen ,  atierbings  in  @e= 
meinfdmft  mit  sUtontanari,  ^igott  unb  Stjr.  Äirch.  2(ls  ev  am  25.  Secember  1758 
mieber  in  geroohnter  SBeife  ben  geftirnten  Rummel  unterfucbte,  bemerfte  ex  einen 
4Jteb  elftem,  bet  fict)  fortbetnegte  unb  ben  er  für  einen  Kometen  bielt.  6ben  ba= 
mals  ermattete  man  bie  äöteberfebr  bes  öon  galtet)  berechneten  unb  feitbem 
beffen  tarnen  tragenben  Äometen;  ty.  tarn  auf  bie  ißermutbung ,  fein  gfunb 
fönne  am  (mbe  ber  gefudjte  g-rembltng  fein,  unb  fragte  belegen  bei  (Sbr.  <g>off= 
mann  (bem  bamatigen  s}>rofeffor  ber  Slftronomie  im  benachbarten  Bresben)  um 
Oiatt)  an.  SHcfer  beftätigte  öolllommen  bie  ibm  befannt  gegebene  ^JcutbmafjunS- 
unb  batb  trafen  aucb  öon  anberen  gactjmännem  9Jcittf)eitungen  in  gleichem 
Sinne  ein;  immerhin  ging  s}$alit}fcb's  (mtbecfung  berjenigen  ber  übrigen  2lftro= 
nomen  nabeju  um  einen  öollen  sJJconat  öoran. 

^ouvelle  Biographie  Generale.  39.  33anb.  —  Söotf,  ©efctjicrjte  ber 
2lftronomie,  S.  418,  703,  738.  —  9Jcaeblet,  ©efchicfcte  ber  -pimmelsfunbe, 
2.  SSanb  S.  22,  548.  ©ünther. 

%ti\ltö:  Sluguft  griebricb  $.,  2lrat,  Sohn  öon  Simon  $.  (f.  u.),  ift 
am  5.  September  1731  in  ^Berlin  geboren  unb  hatte,  nach  33eenbigung  feiner 
mebicinifcben  Stubien,  1754  in  ßerjben  mit  SSerttjeibigung  feiner  2)iffertation 
„de  variis  culculum  secandi  methodis"  (abgebr.  in  Rätter,  Collect,  diss.  Chirurg.), 
in  roelcrjer  er  eine  öotlftänbige  fritifche  ©efctjicbte  bes  Steinfctjnittes  unb  ber  ba^ 
mals  üblichen  5ttetboben  biefer  Operation  giebt,  bie  2)octottr>ürbe  erlangt.  9tach 
feiner  33aterfiabt  äurütfgefebrt,  würbe  er  ;mm  ^rofeffor  ber  (Chirurgie  an  bem 
Collegium  medico-chirurgicum  ernannt  unb  ift  in  biefer  Stellung  bis  jur  2luf= 
löfung  bes  ^nfiituts  öerblieben.  Slufjer  ber  genannten  üiDiffertatton  unb  mebreren 
ttjeils  cafuiftifd^en ,  tbeils  fritifctjen  2lrtifeln  in  öerfctjiebenen  mebicinifcben  geit= 
fcfcjriften  bjat  er  ein  f.  ß.  gefct)ät$tes  „Sebrbuch  ber  dbirurgie"  (1764,  in  2.  öer= 
befferter  Auflage  1776)  öerfafct.  2lts  äBunbarjt  erfreute  er  ftd^  eines  großen 
SftufeS;  fein  Job  ift  am  5.  <Dcai  1812  erfolgt.  21.  £>irfch. 

^attaö:  ^eter  Simon  $.,  einer  ber  beröorragenbfien  miffenfcrjaftlicrjen 
Üteifenben,  Statur--  unb  33ölferforfcrjer  bes  öorigen  ^abrbunbert§ ,  geb.  3U  Serlin 
am  22.  September  1741,  f  in  feiner  SSatcrftabt  am  8.  September  1811.  >$'. 
Sßater  mar  ein  auch  roiffenfdjaftticb  tbätiger  Gbirurg ,  unb  befleibete  in  feinen 
legten  3at)ren  bie  Stelle  eines  ^ßrofeffors  ber  dbirurgie  am  Collegium  medico- 
chirurgicum  }u  23ertin  (f.  u.).  Seinem  SSerufe  folgte  ber  ältere  trüber 
2tuguft  ^riebrich  (f.  o.).  S5on  bäterlidjer  Seite  mar  ty.  oftpreufjifctjen  Stammet, 
mäbrenb  feine  Butter  ber  franjöfifctjen  Solonie  Berlins  angebötte.  SDie  6r= 
jierjung ,  melcbe  '$.  genofj ,  mar  eine  öorjügtictje.  Grrft  leiteten  fie  .ipausleljrer, 
fpäter,  unb  amar  fcbon  Pon  1754  an,  befuctjte  er  SJorlefungen  be§  Collegium 
medico-chirurgicum.  »Dttt  befonberem  (Srfolge  trieb  er  bei  ^JlecEel  Slnatomie 
unb  bei  ütoloff,  bem  Scbmager  Sieberfübng,  ^brjfiologie.  Sine  Vorliebe  für  bie 
21nrertigung  anatomifcfjer  Präparate  bat  er  fiel)  immer  beroabrt  unb  fchrieb 
fpäter  auch  Einiges  über  biefen  ©egenftanb.  $u  Sotanif  b^örte  er  ©lebitfeb  unb 
in  3°°togie  mar  er  fein  eigener  Sebrer.  5ftit  15  ^abren  [teilte  er  eigene  Unter= 
fuetjungen  über  bie  Sebensart  ber  Raupen  unb  ibre  Sinnegempfinbungen  an  unb 
entmarf  ein  neues  Stiftern  ber  Sßögel,  bem  er  borjüglicr)  bie  3fo*m  °^  Schnabels 
ju  ©runbe  legte.  Slls  frühreifen,  irütj  felbftänbig  benfenben  Sdjüler  jeigt  ib^n 
auef)  bie  SBefierrfcbung  feiner  5Rutterfpraci)e ,  bes  fjfranäöfifc^en ,  ©ngtifcljen  unb 
Sateinifcben.  9tubolpbi  ftnbet  in  Sluffäfeen  aus  feinem  15.  ^abre  „eine  S3e= 
ftimmtbeit  unb  9teini)eit  bes  21usbrucfes,  mie  fie  bamals  gemi§  feiten  mar". 
Seine  9cieberfdjriften  finb  ferjon  in  biefer  3^x  Da^°  *n  ftanjöfifctjer ,  balb  in 
englifcber  Spracbe  öerfafet.    Scbon  ber  Jüngling  febrieb  prunflos  mit  einer  aui-- 

SUlftem.  beutft^e  SBioßtap^ie.    XXV.  6 


82  SPottaS. 

gefprodjenen  Neigung  für  flare,  einfache,  beftimmte  9ui§bruc£äweife.  6ine  be* 
fonbere  Vorliebe  für  fdjarffinnige  Sttjmotogien  wirb  it)m  nachgerühmt.  SDen 
SBinter  tion  1758  auf  59  tierbradjte  5J3.  in  ^>atte,  wo  er  Ijauptfäctjlicf)  ©egner'ä 
linterricrjt  in  sUtatljematif  unb  5ptw,fif  genofj,  ben  ©ommer  1759  finben  mir  ifjn 
in  ©öttingen,  wo  bie  berühmte  93ibliotfjef  i|n  tior  aEem  feffelte,  ba§  barauf* 
folgenbe  3fa^r  in  2et)ben,  Wo  er  am  27.  2)ecember  bie  ^nauguratbiffertation 
„De  infestis  viventibus  intra  viventia"  tierttjeibigte.  üJ)iefe  Arbeit  überragt  aUe§ 
auf  bcm  ©ebiete  ber  5parafitenfunbe  tiorljer  ©eleiftete  unb  batjnte  jugleicr)  eine 
beffere  Slaffification  ber  Sßürmer  an,  als  Sinne"  fie  gegeben  tjatte.  5Jtacf)bem 
5p.  bie  bamatS  noct)  in  erfter  ßinie  ftefjenben  5Utufeen  unb  Sibliottjefen  -£>oEanb§ 
ausgenützt  tjatte,  ging  er  im  $uli  1761  naä)  Sonbon.  @EiS,  Safer,  ©olanber, 
SoEinfon  gehörten  t)ier  ju  feinen  93efannten,  er  befudjte  Djforb  in  ©efeEfdjaft 
feines  JreunbeS  33olfmann,  machte  ©tubien  an  ber  $üfte  tion  ©uffej  unb  bei 
Aparwicf)  unb  tjat  fetbft  in  feinen  Tagebüchern  biefem  9lufentt)atte  einen  wefent* 
lictjen  9lntb,eil  an  feiner  allgemeinen  ©eifte§=  unb  Gtjarafterbtlbung  jugefcrjrieben. 
„Wufy  bünft,  idj  Warb  in  ber  engtifctjen  Suft  gefegter,  nactjbenEenber  unb 
Wttjiger."  Sein  Sßunfdje  feine§  23ater§,  itjn  all  9lrjt  fid)  niebertaffen  ju  feljen, 
juroiber,  befdjäftigte  er  ficf)  nact)  ber  5Kücffeljr  fo  tiorwiegenb  mit  naturgefdjidjttictjen 
©tubien,  bafj  er  1763  eine  „Fauna  Insectorum  Marchica"  fctjreiben  tonnte,  welctje 
Diele  tion  ben  anjierjenben  Beobachtungen  über  bie  SebenSwctfe  ber  Sfnfecten 
enthielt ,  bie  5p.  fpätcr  im  ©tratfunbifctjen  ^Ragajin  tieröffentlidjte.  2)er  23er= 
faffer  fjiclt  inbeffen,  abweidjenb  tion  feinen  g^unben,  bie  Arbeit  nidjt  für  reif 
unb  fie  ift  nie  gebrudft  worben,  wiewofjl  9tubolpf)i  urteilt,  bafj  fie  fpätere 
Söerfe  gleichen  ^nt)alte§  übertroffen  Ijaben  würbe.  $m  Sfuli  1763  reifte  5p., 
nadjbem  er  enblicf)  bie  Sinfttmmung  feiner  dültern  gewonnen,  ber  är^tlicrjen 
5pra;ri§  ju  entfagen,  nact)  <g>oEanb ,  wo  er  im  Jpaag  feinen  9lufentf)att  nafjm. 
5p.  war  in  bemfetben  $at)re  tion  ber  Royal  Society  <}u  Sonbon  unb  ber  9töm. 
$aif.  9ttabemie  ber  5Jtaturforfdjer  3um  5Dlitg(iebe  gewählt  worben.  ©ein  5)tame 
Würbe  in  ben  Greifen  ber  9laturforfti)er  mit  @t)ren  genannt  unb  er  burfte  fjoffen, 
mit  einem  wiffenfdjaftUct)en  auftrage  für  eine  größere  9teife  betraut  3u  Werben, 
wenn  er  erft  ben  tjoEänbifctjen  unb  engtifdjen  ®etet)rten  fiij  noct)  näfjer  befannt 
gemacht  tjabett  würbe.  Sietleictjt  backte  er  in  erfter  Sinie  an  eine  amerifantfetje 
sJteife,  beren  ÜZBunfdj  er  noch,  aU  ©reis  im  Jper^en  trug.  ^unädjft  erweiterte  er 
feine  $enntmffe  buretj  fleißiges  ©tubium  ber  ©ammtungen  unb  gab  SSeweife  ber 
ftörberung,  wetdje  er  buret)  biefetben  ber  2Q3tffenfcf)aft  ^ufütjite.  1766  erfdjien 
im  ^)aag  bie  bamatö  tioüftänbige  2lufjät)(ung  ber  fog.  -pflanjenttiiere  aU  „Eleachus 
Zoophytorum".  S)a§  Snctj,  weldjeä  bem  ^»ottänber  ©aubiuS  zugeeignet  ift,  jeigt 
in  ber  anäteljenben  ©inteitung,  welche  tion  bem  Unterfctjiebe  ber  ^pflanjen  unb 
2fjiere  unb  tion  bem  SBefen  ber  ©efammtfjeit  ber  organifetjen  ^atur  ^anbett, 
ben  sIftufeum§äootogen  unb  5trtenfenner  tion  ber  pljttofoorjifcrjen  ©eite.  5p.  jeigt 
|ier  Anläufe,  bie  i^n  beim  ^erf)arren  in  ber  ruhigen  ©etefjrtenarbeit  jum 
würbigften  ^ortarbeiter  an  bem  tion  Sinne  begrünbeten  33au  gemacht  Itjaben 
Würben  unb  jebenfatt§  würbe  fein  grofje§  Äupferwerf  über  300P^Icn .  fon 
Welcrjem  ber  6lenct)U§  nur  ben  Vorboten  bilben  foEte,  bie  @§per'fdjen  „^Pftan^en« 
tf)iere"  Weit  hinter  fidj  gelaffen  tjaben.  5ölit  ma^tioEer  «^ritif  Sinnö  unb  @Eü 
entgegentretenb ,  gewann  ftet)  5p.  burc^  biefe§  SGÖerf  ben  Scu^m  eine§  ber  fetb= 
ftänbigften  unter  ben  jüngeren  gtu'fdjam  ^aft  ^u  gteietjer  3ä*  erfct)ienen  bie 
„Miscellanea  zoologica",  ein  2Berf,  wel«^e§  5p.  befonberä  ber  «Tupfer  Wegen  ntcfjt 
ganj  genügte,  hon  bem  e§  aber  r)inreict)enb  ift,  ju  fagen,  ba§  91.  tion  |)aEer  e§ 
in  ber  Bibliotheca  Anatomica  al§  opus  quantivis  pretii  bejeicrjnet.  §erbor= 
ragenb  ift  barin  bie  9Jtonograpt)ie  ber  9lntitopen,  bie  9lnatomie  be§^rar  unb  einige 
93eiiräge  jur  Äenntnif;  ber  Söürmer  unb  3Beict)tt)iere,  welche  beweifen,  bafj  nierjt 


^allaa.  83 

ctft  Gubier  eS  mar,  welcher  bie  felbftänbige  23ebeutung  bei-  9)toltuSfen  im  ©rjftem 
beS  £f)iexreicf)eS  er!annte.  3n  ben  Stjierbefcfjreibungen  ertoieS  fid)  *ß.  als  9Jteifter. 
„SBtr  fjaben  feinen  ©d)riftftetter"  ,  urteilte  ein  tjalbeS  Sai^unbert  später 
gtubotbrji,  „ber  beffere,  tidjtboltere  S3efcf)reibungen  ber  £f)iere  gibt.  @r  übergebt 
atteS  Ueberflüfftge,  mifc£)t  nie  frembe  Singe  ein  unb  ift  ofme  äöettjdjtoeifigfett 
genau."  2ttS  nactj  breiiärjrigem  Slufentlrntt  in  |)oIlanb  5]}.  feinen  Söunfct),  eine 
grofce  totffcnftfmftlidje  Steife  ju  machen,  ber  (Srfüttung  nidjt  nätjet  rüden  fat), 
feb>te  er  nad)  SBetlin  jutütf,  Wo  1767  feine  „SpicilegiaZoologica"  erfdjienen,  welche 
21.  b.  Rätter  Slnlafj  gaben,  i^n  ben  berüf)tnteften  23egrünbern  ber  bergletdjenben 
Anatomie  anjmeitjen.  Äurj  barauf  beröffentlidjte  er  bie  ^Wei  etften  53änbe  beS 
©tralfunbifctjen  9JtagajineS  ,  Weldje  eine  9teib>  bon  arbeiten  feiner  fteber  ent= 
galten.  Unb  in  biefelbe  Seit  faßt  too^t  aud)  bie  Ueberfe^ung  beS  £anbbuctjeS 
ber  «Dlebicin  bon  SBroofe,  bie  $.  tootjl  anfertigte,  um  nitf)t  alle  güt)lung  mit 
ber  SrotWiffenfcrjaft  ju  bertieren. 

3u  biefer  Seit  genehmigte  bie  ^aiferin  £atf)arina  einen  $tan  ju  wtffen« 
fc^aftüdjen  Reifen  in  wenig  befannten  feilen  beS  ruffifdjen  SteictjeS.  ©er 
3u[tanb  unb  bie  ßrjeugniffe  biefer  $robin3en  füllten  erfotfdjt  unb  betrieben 
Werben.  23or  altem  Wünfdjte  man  eine  grofje  (Sjbebition  nad)  Sibirien  ju 
fenben,  man  roanbte  fid)  an  Subtoig  in  Seipjig,  um  einen  wiffenfdjafttidjen 
gütjrer  für  biefelbe  ju  erlangen,  unb  biefer  empfahl  «p.  %m  30.  SIprit  1768 
empfing  er  bon  ber  St.  Slfabemte  ju  ©t.  Petersburg  ben  Stuf,  als  it)r  orbentlidjeS 
TOglieb  bie  fibirifcfje  Steife  ju  unternehmen.  @r  ging  fofort  nad)  ©t.  Petersburg, 
mürbe  3um  ^rofeffor  ber  9taturgefd)id)te  ernannt,  unb  trat  wenige  Söodjen 
nad)  feiner  Slntunft  mit  ftebenunamanaig  Sauren  eine  ber  miffenfcfjaftlid)  erfolg» 
reidjften  Steifen  beS  18.  SarjrrjunbertS  an.  $.  berliefc  am  21.  Sunt  ©t.  $eterS= 
bürg,  mo  er  fid)  nur  im  $luge  untgefefjen  unb  rafd)  borbereitet  tjatte.  Seit 
it)m  borauSgegangenen  2epect)in  unb  ©ülbenftäbt  fotgenb,  ging  er  geraben  2BegeS 
nad)  «ötoäfau,  üon  ba  über  SBolobimer,  Äofimof.  mo  er  bie  tatarifdjen  Söaurefte 
unterfudjte  unb  abbilbete,  SRurom,  bie  bon  5Rorbminen  bewotjnten  ©egenben 
an  ber  ^jana  unb  $Roffd)a,  $enfa  nad)  ©imbirSt,  fjiett  fidj  auf  bem  2Bege 
nad)  ©tawropot  einige  3eit  bei  bem  ©taatSrat^  bon  9tt)tfd)fow  auf  ©paSfoje 
auf,  unterfudjte  bie  ©d)Wefet=  unb  Srbölquetten  am  oberen  ©ol  unb  ferjrte 
(Snbe  October  m§  ©imbir§f  äurüd,  nac^bem  er  bie  fRefte  bon  SSotgari  jum 
erften  Zitate  genau  befdjrieben  tjatte.  3n  ©imbir§f  berbrac^te  er  ben  Söinter 
t)auptfäct)Xi(f)  mit  30otogifd)en  S3eobadt)tungen  unb  tjier  mar  e§,  mo  er  ein= 
ge^enbe  ^enntniffe  ber  fübruffif(i)en  gifctjfauna  unb  ftifctjerei  fc^öpfte.  3lm 
10.  9Jlär3  1769  machte  fict)  $.  auf,  beobachtete  ben  eintritt  be§  (SilgangeS 
unb  ba§  ©rfctjeinen  bei  fJfrü^lingS  in  Samara  unb  ferjrte  @nbe  Slbrit  über 
©t)§ran  unb  ©ernoi  ©orobof  nact)  biefer  ©tabt  aurüct,  um  bor  ber  Steife  in  bie 
Äalmüdenfte^e  noct)  ÄraSnoiarSf  unb  ba§  untere  ©of=©ebiet  betjufS  botanifc^er 
^orfdmng  äu  unterfuctjen.  @r  ging  über  Sßorft,  längs  ber  famarifctjen  Öinie, 
überftieg  ben  Dbftfctjei  ©brt,  befugte  Xatiftfc^ema  unb  Orenburg,  bon  f)ier  auS 
ba§  ©atämer!  bon  ^lejf  unb  bie  alten  Äupfergruben  bon  ©aigatfcfjei  Stubnif. 
3m  3uli  madjte  «p.  eine  Steife  bie  ^aiffctje  Sinie  entlang  nacl)  Dr8t  unb  ging 
fogleidj  nadj  ber  9cfiiKe$t  in  ba§  ©ebiet  ber  ^attifc^en  J^ofalen,  bon  bereit 
geben  unb  SSerfaffung  er  eine  anjicljenbe  ©ctulberung  entwirft,  in  melier  bie 
S5efd)reibung  beS  ^ifcl)fange§  im  ^aiE  (Ural)  befonberä  einge^enb  ift.  @ine 
gleichfalls  ausführliche  ©cljitberung  ber  in  biefem  ©ebiete  tebenben  Äalmüden 
nimmt  ben  Umfang  unb  bie  ®rünblicl)!eit  einer  ett)nograpt)ifcr)en  Sonographie 
an,  in  meiner  baS  steifte  bon  bem  niebergetegt  ift,  toaS  %.  auäj  bei  fpäteren  ©e- 
legenljeiten  über  bie  JMmücfen  erfuljr  unb  Beobachtete.     2lm  12.  Sluguft  mürbe 

6* 


84  ^otto3. 

bie  3teife  nad)  ©urjef  fortgelegt-  Gnne  fteinere  gufammeufteüung  öon  Beobachtungen 
über  bie  Äirgifen,  bie  Befdjreibung  öerfdjtebener  ©al^feen,  befonbetS  beS  ^nberSfoj 
Ofero ,  eines  merfmürbigen  SluSfafefaüeS ,  ber  Ruinen  bon  ©aratfdjif  beleben  bie 
2>arfteHung  ber  einförmigen  galjrt  am  °$a\t  r)in.  %n  (Surje?  traf  *ß.  mit  ßuler, 
5Jkofeffor  SiorDtj  unb  beffen  2lffiftenten  ^noctjobjof  jufammen,  auf  beren  5tuf= 
nahmen  motjl  bie  Äarte  ber  3faif=9Jlünbungen  bafirt  ift,  melctje 5ß.  in  ber  Steife* 
befctjreibung  mittrjetlt.  Bon  ©urief  aus  mürben  Unterfudjungen  über  bie 
©djroanfungen  beS  ©piegelS  beS  ÄaSpifeeS  unb  über  bie  Snfel  $amennoi  an= 
gefteEt  unb  am  31.  9luguft  bie  9tücfreife  angetreten,  metdje  über  $argala,  mo 
eine  tatarifdje  9tieberlaffung  befdjrieben  mirb,  burdj  eine  bon  Bafdjfiren  be* 
motmte  ©egenb  nact)  Ufa  führte.  3tm  2.  Dctober  eingetroffen,  bejog  tjier  5p. 
fein  jjloeiteS  SBinterlager,  baS  bei  ber  Ungefunbtjeit  ber  Sage  biefer  ©tabt,  einem 
ungemörjntidj  trüben  unb  ftürmifdjen  SBinter  unb  einer  Ueberfdjmemmung, 
meldje  bis  in  ben  'üftai  bem  9teifenben  alle  größeren  SXuSftüge  unmöglich  madjte 
unb  it)m  enbtidj  nod)  bie  Söeiterreife  erfdjmerte,  jju  ben  unangenerjmften  getjörte. 
5ß.  fonnte  nidjt  fo  aarjlreicrje  Beobachtungen  über  bie  ütfjierroett  biefeS  ©teppen= 
gebieteS  anfteEen,  mie  er  getjofft  t)atte.  Sine  9teir)e  prjänotogifcrjer  Beobachtungen, 
unb  eine  ©tubie  über  bie  ufifdjen  Notaren  füllen  bie  ßücfe  auS.  9tocr)  Glitte 
9Jtai  1770  berliefj  5p.  Ufa  unb  befudjte  zunäd)ft  bie  ©ifenmerfe  im  füblidjen 
Ural,  toobei  Beobachtungen  über  merfroürbige  .gjörjlen  unb  über  bie  Bafdjfiren 
mit  unterlaufen.  2öeitert)in  roerben  Angaben  über  bie  5IRefd)ifd)eref,  ben  brennen» 
ben  Berg  bei  ©ulpa,  Sllaun  ,  ®Iimmer=  unb  üEtjongruben,  ®ifen=,  Äupfer=  unb 
©ilberbergtüerfe  beS  Ural  eingefdjattet.  9lm  23.  $uni  befanb  fid)  5p.  in  Sefata= 
rinenburg,  befudjte  in  ben  barauf  folgenben  Sagen  einige  ©olbbergmerfe  ber  Um= 
gebung  unb  ging  bann ,  zarjlreidje  Bergmerfe  befudjenb  unb  unterfud)enb  im 
3fd)imgebiet  über  Sroizfaja  ihepoft  tjinauS  nacfj  ©üben,  bis  eine  burd)  bie  -gntse 
unb  ben  ©at«$ftaub  ber  ©teppe  berurfadjte  2lugenfranfl)eit  itjn  ^mang,  am  26.  Stuguft 
bei  UjSfaia  äurücf^ufetiren.  @r  ging  nact)  XfcfjeliabinSf,  um  bafet&ft  ben  SBinter  ju= 
Zubringen  unb  befonberS  ben  zoologifdjen  ©tubien  obzuliegen,  roeldje  itjm  ftetS  bie 
liebftfn  maren.  5Ucit  Beobachtungen  über  bie  gauna,  befonberS  ben  Bogel<jug,  unb  bie 
©een  ber  Umgebung  befd)äfttgte  er  fid)  bis  zum  Söinter  unb  trat  im  Secember 
nod)  eine  9ieife  nad)  ütobolSf  an,  auf  toetdjer  er  feinen  sÄrbeitSgenoffen  ßepedjin 
in  jjumen  überminternb  fanb.  Wilit  biefem  berabrebete  et,  nadjbem  nun  baZ  £)ren= 
burgifdje  (Sebiet  im  2ßefentlicr)en  ber  2lufgabe  gemäfe,  metdje  bie  Slfabemie  gefteüt 
fjatte,  erforfdjt  mar,  ben  5plan  ber  toeiteren  ffteife  in  ©ibirien,  für  meld)e§  Sanb 
bie  ©teöer^fcrjen  unb  ©melin'fdjen  Slufnab.men,  üon  benen  übrigens  merttjbotte 
Srjeile  öerloren  gegangen  maren,  nid)t  mel)r  genügten.  6§  mürbe  beftimmt, 
mätjrenb  Seped)in  ben  nörblidjen  Ural  unb  bie  Sänber  am  SBeifjen  53Jteere  über= 
naljm,  bafe  ty.  bie  öon  ©mclin  meniger  befudjten  ober  feit  beffen  Slnmefenrjeit 
errjtblicrjer  öeränberten  Steile  ©ibirienS  bereifen  unb  babei  ben  BergmerfSgebieten, 
foroie  ber  neuen  ©übgrenje  befonbere  Slufmerlfamleit  jumenben  fottte.  S)em= 
gemä|  fanbte  er  äunäcrjft  feinen  ©erjilfen  ©uief  @nbe  ^ebi*uar  ^ur  (Srforfcrjung 
beS  nörblidjen  £)b  nad)  Berefof,  bon  mo  berfelbe  bis  an'S  GüiSmeer  ju  gelangen 
üerfudgen  follte.  $.  empfing  in  Sfc^eliabinSf  uod)  bie  Befudje  öon  gall  unb 
©eorgi,  meldje  nun  gleictjfaES  eine  ftbirifdje  9teife  antraten,  unb  mad)te  ficr)  am 
16.  3lpril  auf  ben  2öeg.  ©ein  bisheriger  ©efä§rte  9lötfcb,!om  trennte  fict)  t)ier 
öon  ir)m,  um  einen  militärifd)en  3«g  in  bie  Äirgifenfteppe  mitzumachen.  Ueber 
Kamins?  unb  ©merinogotofsf  moEte  er  ben  faltigen  2^eil  ber  ©teppe  amifegen 
Sfcrjim  unb  ^rttjfd)  burd^reifen,  far}  fidg  aber  fc^on  am  Sobot  megen  Unfic§erl)eit 
beS  SfcrjimgebieteS ,  in  melctjem  feinblid)e  ^irgifen  ftreiften,  unb  ©rlranfung 
feines  ©erjülfen  ©ofolof   genötigt,   nad§  ÄaminSl   aurüdjugeb.en ,  um   öon   ba 


5ßaflai.  85 

aui  ben  getoötjntictjen  2Beg  längi  bem  ü£obol  nactj  Dmlf  einjufctjlagen.  Sluf 
biefem  SBege  Perlor  er  in  ©ujerif  am  3.  3Jtai  feinen  ©etjiffen  ©ctjumifoi. 
Slm  17.  sHlai  in  £)mif  angelangt,  fanb  5ß.  bei  ben  bortigen  93etjörben  nicfjt  bie 
erfjofften  ©rleictjterungen  feiner  Steife  unb  feijte  jiemtict)  enttäufdjt  am  22.  feinen 
9JBeg  über  $orjäfofif  unb  ©emipatatin§f  nactj  $rainojar*f  an  ber  Uba  fort. 
Söon  S)t)fenterie  fjeimgefucfjt,  machte  er  ben  testen  £tjeil  bei  28egei  öon  ©ctjutba 
an  franf  unb  tag  18  Xage  in  bem  an  fictj  fctjon  ungefunben  Ärainojarif.  S)ie 
geplante  Steife  nadj  Uft=$amenogorif  mufjte  er  feinem  ©etjilfen  ©ofolof  über= 
laffen.  ©efräftigt  fetjte  er  am  17.  $uli  bie  Steife  nactj  bem  Slltai  fort,  beficfj= 
tigte  bie  neuen  2lnfiebelungen  ber  Söerfcfjicften  an  ber  Uba  unb  fam  am  27.  3futi 
in  ©meinogorif  an,  too  er  mit  bem  Oberbergmeifter  ßcube  bie  ©rjPorfommen 
be§  fog.  ©cfjlangenbergei  unterfucfjte,  toegen  fortbauernber  ©ctjtoäctje  aber  nicfjt 
im  ©tanbe  mar ,  bie  fjöcfjften  Steile  bei  (Sebirgei  ju  erreichen.  2lm  22.  traf 
er  in  23arnaul  ein,  beffen  ipüttentoerfe  genau  befcfjrieben  merben,  ebenfo  toie  bie 
be§  öon  tjier  aui  befuctjten  9towo=5ßauloto§f  unb  ber  fog.  ©ibirifctjen  OMn^e  ju 
9tifcfjno=©ufunif.  2lm  8.  (September  mürbe  ülomif  erreicht  unb  Pon  ba  ber 
SBeg  über  Sltfctjinif,  burctj  Stieberlaffungen  öer  .ßatfctjinäifcfjen  Tataren  fortgefetjt, 
bei  Slbafanif  ber  Seniffet  überfctjritten  unb  ia  in  biefer  ganzen  (Segenb  fein 
pm  SÖinterquartier  paffenber  £)rt  ju  finben  mar,  über  bie  (Sifentoerfe  am 
j^efagafdj  unb  weiterhin  ben  ^eniffei  fjinab  $rainojarif  am  10.  Cctober  erreicfjt. 
,§>ier  Perm  eilte  5p.  bii  311m  7.  9Mrj  1772  unb  ging  bann  mit  einigen  biifjerigen 
Begleitern  bei  franf  äurücffefjrenben  fialt,  unter  toelcfjen  ©eorgi,  nactj  Srfutif, 
toofjin  ©ofolof  jum  gtoecf  ber  Sogb  fcfjon  Porausgegangen  mar,  toätjrenb  ©uje? 
über  ^eniffeisf  nacf)  bem  unteren  ^eniffei  abging,  ©eorgi  blieb  in  Sfrfutif 
juiflcf,  toelcfjei  am  14.  2Jcärj  erreicfjt  toorben  toar,  um  bie  Ufer  bei  33aifat  ju 
errorfctjen.  ^n  ^rfutef  toar  ei,  bafj  5)ß.  bie  gletfcfj=  unb  ^auttfjeite  einer  im  Söinter 
1771  72  am  Söilni  gefunbenen  Stfjinoceroileicfje  erfjielt  unb  bie  äBiffenfcfjaft 
banft  einem  glücflicfjen  QmaU  unb  ^attai'  nie  rufjenbem  gforfcfjungigeifte  bie 
erfte  genaue  93efcfjreibung  einei  fo  merftoürbigen  f^unbei.  2lm  22.  9Mrj  tourbe 
^rfutif  toieber  öertaffen,  am  24.  ber  55aifal  auf  ©erlitten  nactj  ^ofolif  ju  über= 
fcfjritten  unb  auf  ber  eben  aufgefjenben  ©elenga  am  26.  ©elenginif  erreicfjt. 
Ulm  6.  Slpril  fam  ber  Steifenbe  nactj  .ftjacfjta,  beffen  Sage  unb  £)anbel,  ebenfo 
roie  bei  gegenüberliegenben  cfjinefifctjen  ©reu^ptatjei  9ltaimatfcfjin  eingetjenb  be= 
fcf)rieben  mürben.  Ueber  $uitun  ging  bann  bie  Steife  burctj  burätifetjei  ©ebiet 
über  ben  ^ablonoi  Gtfjvcbet  unter  großen  ©trapajen  in  frifdt^em  unb  fct)meljen= 
bem  ©cfjnee  nacf)  3lffcf)in§f  am  Onon,  toelcfjei  am  19.  ^JJiai  erreicfjt  toarb. 
5p.  ging  unter  forttoäfjrcnben  ©ammtungen  unb  Slufjeicfjnungen,  bie  ba§  Material 
^u  toicfjtigen  s33conograpt)ien  lieferten,  toie  ber  bei  Sfcfjiggetai ,  bei  2lrgali,  ber 
©teppen=  Sinti tope,  bei  Srbfjafen,  bii  nacf)  2fcfjinbanturuf ,  Pon  too  an  ber  Stga 
unb  3fngoba  fjin  ber  Mcfroeg  nactj  ©elenginif  angetreten  tourbe.  9iur  4  Jage 
raftete  s^.  Unb  macfjte  fiefj  am  24.  $uni  3U  einer  neuen  9ieife  nactj  ^jacfjta  am, 
um  feine  djinefifcfjen  Olufjetctjnungen  ju  perüoüftänbigen  unb  bie  fübticfjeren 
©tricfje  an  ©elenga  unb  Jfcfjifoi  fennen  ^u  lernen.  9ceuerbingi  naefj  ©elenginif 
3UTÜcfgefefjrt ,  trat  ty.  am  4.  ^uti  feine  Steife  an  ben  93aifal  an,  an  beffen 
Ufern  er  fictj  mit  ©rforfcfjung  ber  gfifcfjfanna,  ber  gifcfjeteien  unb  ber  ffioxa  be= 
fcfjäftigte.  2lm  22.  3fuli  Pertie^  er  ^rfutif  unb  fam  über  Ubinif  unb  ÄanSf 
am  1.  Sluguft  nactj  ^rainojarif,  too  er  einige  Söoctjen  mit  Orbnung  ber 
s)toti3en  unb  ©ammlungen  öerbracfjte  unb  ben  93erictjt  bei  Pom  untern  3>eniffei 
rücffefjreuben  ©ujef  empfing,  toelcfjer  übrigeni  in  ber  Steifebefcfjreibung  nur  eine 
fteine  ©teile  einnimmt.  Slm  19.  Sluguft  trat  $.  feine  Üteife  nactj  bem  ©aja= 
nifetjen  ©ebirge  unb  ber  cfjinefifctjen  ©renje  an,  befucfjte  untertoegi  bie  93ergroetfe 
Don  Äarpfcfj,  bie  fagaiifcfjen  Jartaren,  bie  33altiren,  ^oibalen  unb  auf  ber  Üiücf» 


86  yaÜaZ. 

reife  bie  ma'inSfifdjen  23ergtoerfe.  Stuf  biefer  tftetfe  Tratte  ev  baS  ©lud,  bcn 
fibirifdjcn  ©teinbocf  fennen  p  lernen,  bon  roetctjem  eine  genaue  ^Befc^reiBung 
gegeben  ift.  2tm  23.  ©eptember  Eefjrte  ty.  mit  anbrectjenbem  äöinter  nad) 
ÄraSnojarSf  prüdE ,  mo  er  bie  Siüdfefjr  ©eorgVS  unb  feiner  ©etjtlfen  ertoartete. 
(Sr  benutzte  bie  3eit,  um  Säger  berfteinerter  ^öl^er  am  Seniffci  unb  bie  berühmt 
geworbene  klaffe  gebiegenen  GüifenS  hei  UbaiSfoja  p  unterfuerjen  unb  Ijatte 
anfangs  2)ecemoer  ©elcgent)eit ,  bie  (Sigenfdjaften  beS  gefrorenen  CuedfitberS  p 
ftubiren.  SDen  ©djlufj  feinet  33erid)teS  öon  biefem  $at)r  bilben  IDtittfyeitungen 
über  bie  Steifen  feiner  ©et)ilfen  im  baurifdjen  ©ebiete.  ©einen  Söunfctj ,  fdjon 
frütje  im  ^atjre  1773  nad)  ©uropa,  pnäd)ft  nad)  ber  $ama  prüdp?et)ren, 
tonnte  er  toegen  berfpäteter  Stüdfunft  ©eorgt'S  erft  am  22.  Januar  ausführen. 
5tn  biefem  Sage  berliefj  er  ÄraSnojarSf  auf  bem  Söege  nact)  UomSf  unb  traf 
am  4.  Februar  in  £flta  *™>  to°  t*  nun  mit  ©melin,  toeldjer  uadjfam.,  Bis 
Gfnbe  btefeS  9Jtonate8  bertoeilte,  um  im  fjfluge  nod)  einmal  auf  äBintertoegen 
baS  iffetSfifdjc  ©ebiet  p  burd)pt)en  unb  am  12.  9Jtära  bie  $ama  bei  ©arapul 
p  erreichen.  Stuf  bem  testen  SEtjeil  biefeS  SöegcS  fjatte  er  ©elegentjeit  gefunben, 
bie  Söotjäfen  unb  £fd)cremiffen  fennen  p  lernen  unb  begab  fidj  bann  nact) 
$afan  um  Vorbereitungen  für  bie  ©ommerreife  p  treffen,  toelctje  am  21.  Slpril  1773 
mit  einer  ftatixt  an  ber  Äama  abroärtS  begann.  @rft  auf  ber  Drenburger 
Strafe,  bann  bon  ©imSfaja  auS  toefttiet)  führte  ber  2Beg  über  baS  ©teppen» 
gebirge  (Obftfctjei  ©rjrt)  an  ben  Uratflu^ ,  bann  auf  bem  aftrad)anifd)en  $ara= 
manenmege  am  $ufdmm  t)in  füblid)  in  bie  ©anbmüfte  9tartjn,  nad)  ben  ©tein= 
faljtagern  Don  £fd)aptfct)atfd)i  unb  über  XfdjernojarSf  nad)  ©arepta.  %m 
©arpa=©ebiete  unterfudjte  er  bie  alten  Ufer  beS  ÄaSpifeeS.  SDie  ©et)ilfen  23t)toto 
unb  ©otolof  tjatten  inbefj  bie  fumanifd)e  ©teppe  unb  baS  untere  SBoIgagebiet 
in  Dotanifdjer  unb  potogifetjer  <£)infid)t  burd)forfd)t  unb  trafen  mit  *p.  @nbe  $utt 
in  3at^n  pfammen.  3)en  4.  Stuguft  ging  ty.  2Bolga  auftoärtS  pr  llnter= 
fuctmng  ber  ©teppe,  meldje  am  tinfen  Ufer  fict)  t)in3iet)t  unb  ber  neu  angelegten 
beutfdjen  Jvolonien  oberhalb  2)mitrefSf  unb  ©aratof.  Slm  18.  reifte  er  nact) 
3aripn  prüd,  befuctjte  ben  5lltan=Stoor,  unb  blieb  bann  ben  2Binter  in  jener 
©tabt,  mo  im  Dctober  aud)  ©eorgi  eintraf.  Sßon  3^3^  uno  ber  Umgebung 
mirb  eine  feljr  eingeljenbe  ©djilberung  entmorfen.  ^m  folgenben  ^aljre  1774 
begann  5)}.  feine  Steifen  mit  einem  2lu8fluge  an  ber  9ldjtuba  nadj  ben  tieften 
einer  alten  ^togaiertjaubtftabt,  nad)  bem  Sogbo  Dia  unb  ben  benachbarten  ©alä= 
feen.  2lm  25.  ^IJtai  nact)  g^mäim  äurüctgefet)rt ,  trat  $.  bie  Stüctreife  nac^ 
Petersburg  im  Anfang  bc§  Suni  an,  nic^t  otjne  untermegS  noctj  eine  reicfje  3<it)l 
öon  Beobachtungen  ^u  machen.  @r  bermieb  ben  bon  ©melin  unb  ©ülbenftäbt 
fetjon  bor  it)m  gemachten  äöeg,  ging  über  ^Jtomoctjoberät  nad)  5)to§tau,  roo  er- 
ben faiferlidjen  Sßefetjt  empfing,  ber  aHe  im  meiten  ©ebiete  be§  9teict)e§  im  5luf= 
trage  ber  Slfabemie  reifenben  §orfct)er  jurüdrief.  9tad)bem  er  fiel)  in  9)toäfau 
be§  Umgänge?  be§  ©taatgratt)e§  SJtüEer  erfreut,  ging  er,  jum  erften  5Jtale  otjne 
2tufaeict)uungen  ju  madjen,  geraben  3Bege§  nad)  Petersburg,  mo  er  am  30.  3uti 
eintraf  „mit  einem  ^mar  entfräfteten  Körper  unb  fdicn  im  brermnbbreifiigfien 
^atjre  grauenben  ^>aare,  aber  bod)  frifdjer  als  id)  früher  in  Sibirien  gemefen". 
^atlag'  Körper  mar  bon  9tatur  tcineSmegS  fetjr  träftig.  2)ie  metjr  als  fed)S= 
idfjrige  Steife  t)atte  it)n  buret)  immer  miebertetjrenbe  Stutjranfätte  unb  ebenfo  tjart= 
nädige  2lugenentaünbungen  fo  gefd)toäd)t,  ba^  nun  eine  längere  @xf)otungSpaufe  ein= 
treten  mu^te.  ty.  orbnete  feine  ©efetjäfte,  mobei  fidj  ergab,  bafj  feine  Steife  nod) 
nid)t  ganj  1000  Stubel  pro  Satjr,  einfdjlie^lict)  ber  Soften  für  ben  3ei<$ner, 
Siäger  unb  9luSftopfer  getoftet  tjatte.  SDabei  tagen,  abgefefjen  bon  ben  3at)I= 
reidjen  35eobad)tungen,  toelctje  fpäter  berarbeitet  mürben,  bie  ^tuei  erften  33änbe 
ber  Steifebefctjreibung  bereits  bor,   unb   ber   meitauS   größere  2t)eil  beS   brüten 


yaüa*.  87 

rourbe  glcictj  nacb,  ber  Otücf£ef)r  ju  St.  Petersburg  in  2)rucf  gegeben.  1771, 
atfo  ungeroörjnlier)  rafdj ,  fjatten  bie  Stufjeictjnungen  Dallas'  ,}u  erfetjeinen  be= 
gönnen ,  roelcf)e  auef)  in  ben  folgenben  ^bfdtjnitteri  ber  Steife  frifefj  rote  fie  im 
Sommer  in  ben  xagebüctjern  ter^eic^net  roorben  roaren,  in  ber  üttufje  bes 
Söinterquartiers  brueffertig  gemaetjt  rourben.  So  ift  ber  erfte  Sanb  in  Ufa,  ber 
jroeite  in  Selengingf  abgefctjtoffen  toorben  unb  ben  brüten  fdjrieb  $.  faft  ganj 
in  garijrm  nieber  unb  nur  äußere  llmftänbe,  unter  roeterjen  ^.  bie  ^exftettung 
ber  Sanbf  arten  nennt,  Derjögerten  ba§@rfctjeinen  biefes  (enteren  bis  aum3iab,rel776. 
Sine  fotdje  2trbeit§tt>eife  roar  nur  bei  rafilofer  ^rjätigfeit  unb  nie  ermübenber 
®abt  unb  Sujl  ber  ^Beobachtung  im  Stanbe,  fo  roertrjüotle  (Srgebniffe  ju  tiefem, 
wie  mir  fie  in  biegen  brei  grofjen  Cuartbänben  mit  über  2000  jertfeiten  unb 
jafjtreictjen  harten  unb  Tupfern  befifeen.  Sie  entfpracfj  ben  Söünfdjen  ber 
2lfabemie,  roelctje,  entgegen  itjrem  früheren  Programm,  üorroiegenb  auf  antreiben 
Drtoros  feit  ^atlal'  Eintritt  eine  rafdjere  ftutjbarmadjung  ber  gorfetjungsergebniffe 
itjrer  jeit  1768  in  alte  £t)eite  bes  äfteicrjee  entfanbten  Oteifenben  verlangte,  aber 
toir  bürfen  rootjt  fagen,  bafj  fie  auef)  ber  rnetfeitigen,  beobadjtungSfreubigen 
»Jlatur  5patla§'  genug  ttjat,  weiter  gerabe  auf  biefe  erfte,  fdjroierigfte  feiner  Reifen 
in  fpäteren  Sauren  mit  greube  unb  Stotj  gurüdEfacj.  £a  fein  fibirifetjes 
rjorfcrjungSgebiet  ftd£>  ttjettroeife  mit  bemjenigen  feines  Vorgängers  ©melin  beefte, 
betont  er  fetbft  bei  ©etegentjeit  bie  unöergteidjticf)  befcrjränftere  Aufgabe ,  bie 
bem  teueren  geftettt  toar  unb  roie  berfetbe  fetbft  fid}  enge  ©renaen  gebogen. 
5ß.  beobachtete  alles,  unb  Peräeidjnete  attes\  fieser,  bafe  aud)  ba§  Unbebeutenbe 
beieinft  tion  ©etoictjt  fein  tonnte,  unb  ertoieS  fid)  buret)  bie  fettene  33erbinbung 
Don  ©rünbticrjtett  unb  53ielfeitigfeit  ,  Originalität  unb  ©etetjrfamfeit  al§  ber 
feinen  Aufgaben  am  beften  geroactjfene  öon  atten  ben  roiffenfctjaftticrjen  Ureifenben, 
roeldje  feit  ©metin  ba§  ruffiferje  jReidcj  Durdjforfdjt  Ratten,  ty.  arbeitete  fid)  un= 
gemein  raferj  in  bie  ÜJcannigfattigfett  feiner  Stufgabe  rjinein.  2lt§  30°t°8  toat 
er  oon  Petersburg  abgegangen,  at§  fertiger  SBotanifer  unb  Güttjnograpr),  al§ 
tjeroorragenber  Statiftifer  im  weiten  Sinne  ScrjtöjerS,  als  ©eotog  unb  sDlineratog 
fetjrte  er  jurücf. 

2>en  Sßorfdjriften  gemäfj  trugen  ^attas'  Reifen  ftets  audj  ben  dtjarafter 
Don  „öfonomifetjen"  Steifen,  toie  man  fie  bamatS  ju  nennen  pflegte.  5£ie  roirtf)= 
fdjafttidje  Sage  ber  bereiften  ©cgenben,  bie  bemerfenSroerttjeren  ^nbuftrien,  be= 
fonber§  aber  atteä,  toa§  im  2tt)iei;=,  *pftanjen=  unb  Steinreich  fid)  ati  irgenb 
einem  roirttjfdjaftlidjen  3roe^e  nutzbar  ju  erroeifen  fd)ien,  rourbe  fo  genau  Der= 
jetdjnet,  bafj  t)eute  fcfjon  Maltas'  Üteiferoerfe  als  Seiträge  jur  2öixtf)fcr>aft§= 
gefc£)icr)te  bei  ruffifdjen  9teictjes  getten-  Wü  itjren  jatitlofen  Anregungen,  bie 
©aben  ber  Dcatur  beffer  auszunutzen,  greifen  fie  tjäufig  über  ba%  einfach  ^raftifdje 
tjinauä.  Äcine  sMt)rpftanäe,  bie  auet)  nur  entfernt  mögtict)  fetjeint,  5tr3enei=  unb 
ö-ärbepffanjen,  nufebare  5Jlineratien,  üi\ä)t  u.  f.  ro.  toerben  unerroät)nt  getaffen. 
5ftan  finbet  fur^e  2tbt)anbtungen  über  bie  rufnfetjen  gärbepftanjen,  über  bie 
Sctjroefel=  unb  2t§pt)altquette  am  Sof,  bie  Sdjroefeltager  öon  Sernoi  ©orobof, 
größere  über  bie  f^ifcxjeteien  bei  Simbir§f  unb  im  Äaspifee,  ben  buerjarifdjen 
^anbet  DrenburgS,  bie  Satsroerfe  üon  Sle&t,  bie  SSergroerte  bes  füblidjen  unb  mitt* 
leren  Ural,  ben  afiatifetjen  !panbet  Don  xroi^faia  Ärepoft  unb  Semipatatinsf,  bie 
fibirifd)e  Otinbtr*  unb  5pferbepeft,  bie  Satjfeen  bon  ©urief,  bie  iffetifc£)e  ^roöinj, 
ben  Störfang  im  Srtrjfdt)  unb  bie  gifetjerei  im  Db,  bie  $agb  im  unteren  Cb= 
gebiet,  bie  bamatä  neuen  Stclerbaufotonien  an  ber  Uba,  bie  altaüfcf^en  33ergroerfe, 
bie  roii'trjfcrjaftlicrje  Sage  pon  ^ra§nojarsf,  ben  Raubet  mit  ßtjina  über  Äjac^ta,  bie 
oftfibirifctien  Sergroerfe,  bie  bamals  junge  Kolonie  Sarepta  unb  bie  ßotonien 
obertjalb  Simttrefst  unb  bie  Satjlager  unb  Saljfeen  ber  Steppen  bes  unteren 
2Botgagebiete§. 


88  $afla§. 

2Baö  *p.  auf  biefen  9tetfen  jur  (Sttmograptjie  beigetragen,  ift  aunädjft  in  ben 
33ölferfd)ilberungen  jetner  Steifewerfe  jufudjen,  wo  "OJtorbwinen,  SfdjuWafdjen,  Sata= 
ren,  $atmüden,  Stogaier,  $aufafu§bölfer,  enbtid)  berfdjiebene  3toci9e  ^  ruffifdjen 
SßolfeS  meljr  ober  Weniger  eingerjenb  befd)rieben  werben,  ty.  beobachtet  ÄörperlidjeS 
unb  ©eiftigeS  gleidt)  fdEjaxf  unb  fdjilbert  otjne  alle  llebertreibung.  @8  gilt  in  ber 
Stjat  bon  feinen  Söölfcrfdjilberungen,  Wa§  wir  mit  StubolprjiS  SBorten  oben 
(©.  83)  bon  jeinen  Xfjierbefcrjreibungen  gejagt  tjaben.  SDie  größeren  1Dtono= 
grapt)ien,  wie  er  fte  über  ^almüden,  Sataren,  bie  3)ölfer  am  unteren  £)&  naef) 
©ujefS  ©rgebniffen ,  bie  (5r)inejen  bon  sDtaimatfd)in ,  bie  baurijdjen  Sungufen, 
bie  fagaiifdjen  Sataren,  Seitiren,  $oibalen  unb  anbere  (Stämme  beS  jajanijd)en 
@ebirge§  liefert,  t)aben  itjreu  2öertt)  nod)  nidjt  berloren.  3)on  berSpradje  ber  Äoiöalen 
fjat  *p.  ba§  erfte  äBörterberjeicrjnijj  geliefert.  siCu§füt)rXidt)er  werben  ferner  bie 
fatjd)injtfd)en  Sataren,  bann  auf  ber  jüblidtjen  Steife  1773  bie  SGßotjäfen  unb 
Sfdjcremiffen,  bie  funburofSfifdjen  Sataren  berjanbelt.  ißefonbere  Seadjtung  fin= 
bet  ber  monogotifdje  33ubbl)igmu§  unb  nadj  (SmelinS  Vorgang  ba§  <5d)amanen= 
tejum.  ®ie  prätjiftorifcrjen  ©tubien  tonnten  in  unjeren  Sagen  an  ben  DZadjricrjten 
mit  anfnüpfen ,  welche  $.  bon  ben  ^Iterttjümern  be§  füblidjen  StufjlanbS  ge= 
geben.  @r  berfetjlt  nie  bie  alten  tatarifcfjen  33efeftigungen  ju  befdjreiben,  er  tjat 
bie  erfte  eingetjenbe  ©djilberung  bon  Solgari  gegeben,  man  berbanft  il)m  ben 
^inWeiS  auf  ben  alten,  jog.  tfdjubifdjen  Bergbau,  mannigfad)  anregenb  unb 
intjaltreid)  finb  feine  jat)lreid)en  Angaben  über  fog.  tfcrjubifcr)e  ©räber,  bie  35e= 
fdjreibung  ber  Srümmer  bon  9lblaifit,  ber  alten  ©räber  im  fajanifdjen  ©ebirge 
unb  am  ^eniffei  unb  alter  BewäfferungSanlagen  im  unteren  Söolgagebiet. 

$n  bet  Borrebe  3u  ben  „Steifen  in  berjdjiebencn  ^robinjen  beS  Stuffifd)en 
StetdjeS",  ber  erften  Qrrudjt  feiner  großen  Reifen,  t)at  $.  gewiffermafjen  ein 
Programm  entworfen.  S)en  ©runbjätjen,  roeldje  er  barin  auSjpridjt,  berbanfen 
feine  äöerfe  iljren  bauernben  äöcrtt).  6r  jagt  fjier:  „2)a  idj  auf  atteS  aufmerf» 
fam  <ju  fetjn  grfttdjt  tjabe,  fo  barf  tdj  tjoffen,  bafc  meine  Arbeit  nidjt  unter  bie  3^1 
ber  überflüffigen  ober  betwerflidjen  ©ctjriften  wirb  gejetjt  Werben,  roenn  ic)r  gleid) 
alle  3icrftdjfeit  in  ber  ©djreibart  unb  anbete  BoUfommenrjeiten  mel)r  jetjlen 
joÜten  .  .  .  ^Jlidt)  bünft,  bie  <g)aupteigenjcrjajt  einer  Steifebefcfjrcibung  ift  bie 
3uberläffigfeit."  *p.  tjat,  um  fein  Programm  au  berwirf lidjen,  fid£>  eine  2lrbeit§= 
metliobe  gefdjaffen,  meldte  ben  Steiferoeg  unb  feine  nädjften  Umgebungen  feinen 
Moment  aufjer  Sldfjt  läjjt-  ßr  ftrebt  ein  im  meiteften  (Sinn  geograpf)ifd)e§ 
(SroquiS  an,  allerbingS  metjr  nod)  naturgefdtjictjtlicr)  al§  topograpljijcl)  gel)alten. 
2)ie  tüchtige  naturgefd)ict)tlicr}e  5öorbilbung,  welche  5p.  mitbrachte,  bie  etb,no= 
Qraptjifctje  ©djulung,  welclje  er  fiel)  balb  erwarb,  befähigte  it)n,  rajet)  jaljtreid^e 
Betrachtungen  über  ba§  St)ier=  unb  ^fTanienreict)  anjufteüen,  wobei  inbeffen  audt) 
bie  Mineralogie  unb  ©eologie  nierjt  leer  ausgingen,  unb  äugleict)  über  bie 
33ölferbert)ältniffe  fobiel  mitjutljeilen,  aU  er  erreichen  tonnte.  @r  blidte  auf 
ben  fpäteten  Steifen  tiefer  in  biefe  lederen  al§  auf  ben  früheren  unb  fo  finb 
aud)  feine  fpäteren  Reifen  etl)nograpt)ifcl)  ergiebiger  gewefen  aU  bie  erfte.  3Ba§ 
5p.  auffiel,  ba§  seicfjnete  er  an  Ort  unb  ©teile  ein,  unb  gab  e§  bann  in  wenig 
beränberter  ©eftalt  in  S)rud.  ©eine  Oteifewerfe  finb  batjer  feine  litterarifdjen 
ßeiftungen  bon  befonberem  2Bertl)e,  e§  fennäeid)net  fie  eine  Ueberfüllung  mit 
tt)atfäcf)iidjen  Angaben  ber  troefenften  3lrt  unb  ber  atlerberfcf)iebenften  (Sattung. 
@§  finb  Wenig  meljr  als  etwas  gefäuberte,  jeljr  reidtje  Sagebüdjer.  2lber  i>a  unb 
bort  leuchtet  ein  ©ebanfe  burcr),  welcher  jeigt,  bafj  5p.  nietjt  nur  ein  ©ammter 
bon  Sb.atfacb.en  war.  5Die  einige  Bemerfung  in  ben  feljr  troefenen  Sagebucfi,^ 
blättern  ber  erften  in  Güile  au§gefüljrten  Steife  bon  Petersburg  nad)  3Jto§fau  im 
Sommer  1768,  bafj  füblid)  bon  ben  SBatbaibergen  bie  granitifcb.en  ©eröüe  feiten 
werben    ober   berfdjWinben,    bie    nörblid)   babon   fo  borf)errfd)enb  bertreten  finb, 


Jaffas.  89 

unb  bafj  an  ifjre  ©teile  öerfteinerung§füt)renbe  Formationen  treten,  wirft  ein 
£tct)t  auf  eine  grofje  garjl  öon  Üfjatfacrjen,  bie  an  unb  für  ficf)  bebeutunggto* 
baliegen.  Unb  an  folcfjen  ©cifteibtitsen,  bie,  fo  wie  biefer  bie  Serjre  öon  ben 
eiö^eitticfjeu  ©eröllbecfen  üoroerlünben,  einige  ber  micfcjtigften  (Sntbecfungen  bor= 
atjnen  laffen  ober  borbereiteten ,  ift  bei  v$.  nie  Mangel,  am  wenigften  auf  bem 
bamat§  fetten  mit  großem  2iufmanb  an  ©eift  befjanbetten  ©ebiete  ber  ^flanjen* 
unb  £t)ierfunbe.  Jpier  mar  öor  allem  5ß.  fein  Orttjoborer  in  fragen  ber  3trt= 
bitbung,  Äreujung,  2lupaffung.  $n  fibtrifdjen  ^flanjenformen  Wollte  er  burd) 
flimatifdje  (Sinflüffe  abgemanbette  europäifcf)e  Sitten  erfennen.  ©etjr  terjrreicf)  ift 
feine  Darlegung  ber  ©rünbe  be§  großen  ^flan^en*  unb  £t)ierreid)tt)ume<:  be§ 
baurifdjen  ©ebiete§,  wo  er  mit  watjrer  greube  reicfje  Srnten  rjielt,  bann  bie  @r= 
örterung  ber  ©rünbe,  roarum  er  bie  ©renje  ber  fibirifcrjen  gtora  anberä  jiefje 
all  ©melin  u.  bgf. 

3n  Petersburg  jur  9turje  gefommen ,  anerfannt,  in  feinen  arbeiten  unb 
Sßeftrebungen  unterfiütjt,  tonnte  ficfc)  $.  nun  feit  1774  ^toei  Sarjräerjnte 
lang  mefenttidj  ungeftört  ber  Verarbeitung  feiner  9teifeergebntffe  unb  neuen 
fetbftänbigen  ^orfctjungen  wibmen.  S)a§  2)atum  ber  Sorrebe  3um  legten  23anb 
ber  Reifen,  ber  10.  Februar  a  <gj#  1776,  De^eictjnet  ben  beginn  ber  fetbftänbigen, 
reiferen,  georbneteren  ^ubticationen.  3uerft  erfdjien  im  gleichen  Satjre  ber 
1.  33anb  ber  „(Sammlungen  Ijiftorifcrjer  Dtadjricrjten  über  bie  mongotifdjen  Q3ötfer= 
fcfcjaften",  bem  ber  2.  33anb  1801  folgte:  eine  3ufammenftetlung  tfjeilä  ferjon  im 
9teifemerf  gegebener,  aber  tjier  berichtigter  unb  bermerjrter  et^nogvaprjifc^er,  t)ifto= 
riferjer,  wirtfyfctmftticfjer  unb  linguiftifetjer  S)aten  über  biefe  bamat§  in  biefen  23e= 
Teilungen  nod)  äufjerft  wenig  befannten  Völler.  3Sm  Dctober  1777  fdjrieb  !ß. 
bie  Vorrebe  ju  ,, Novae  species  quadrupedum  e  glirium  ordine",  welche  auf  2ln= 
regung  ©cfjreberi  1778  in  Erlangen  etfcrjienen.  lieber  ©bftematif,  Anatomie  unb 
Sebenäart  ber  bon  itjm  beobachteten  Kläger  gab  tjier  §j$.  jafjlvetdje  neue  3tuf= 
fdjlüffe.  Otubolprji  uttrjeitt  nodj  1812 :  ©ine  folc&e  9Jtonograpt)ie  tjaben  mir 
über  feine  anbere  Orbnung  ber  ©äugettjiere.  sI)littt)eilungen  über  bie  tfn'erifcrje 
äöärme  unb  über  (Jigenttjümlicfjfeiten  ber  £eben§meife  biefer  £t)iere,  bamal£  fo 
wenig  beactjtete  üLinge,  rechtfertigen  ben  2lu§brucf  be§  ebengenannten  Veutttjeilerä, 
e3  fei  ber  ©eift,  ber  in  biefer  9ttonograpt)ie  toorjne,  ben  meiften  9caturTorfcfjem 
fremb  geblieben.  1781  unb  82  erfcfjienen  in  Grlangen  jjwet  «g>efte  „Icones  In- 
sectorum  praesertim  Kossiae  Sibiriaeque  peculiariura".  Vom  britten  ipeft  ging 
ein  Stjett  be§  «DlanufcripteS  auf  bem.SOßege  naef)  3)eutfcf)lanb  berloren,  fo  bafj 
nur  nodt)  ein  Vrudjftücf  1798  jur  Veröffentlichung  fam.  5Die  beiben  arbeiten 
unb  neben  ifmen  eine  grofce  Safy  afabemifc^er  2lbt)  anbiungen  unb  fteinerer 
©tubien,  bie  3.  2t).  in  ben  ,,9torbifä)en  Seiträgen"  ftetjen,  fottten  bie  „Fauna 
Rossica"  borbereiten,  ebenfo  wie  eine  9teil;e  botanifetjer  ©tubien  beftimmt  mar, 
bie  ©runbtage  einer  ,, Flora  Rossica-^  ju  bitben,  welche  1784  unb  1788  in  jmei 
ber  Äaiferin  $att)arina  gemibmeten  35änben  erfcfjien.  Sie  im  ©ebiete  ber 
ruffifdtjen  ^onard)ie  milbmac^fenben  S3äume  unb  ©trauter  maren  rjierin  ber 
^efjTjat)!  nadt)  befctjrieben,  bie  weniger  befannten  abgebilbet.  2)a§  2Berf  follte 
noeb  metjrere  SBänbe  umfaffen  unb  waren  bie  tafeln  ber  ^ß.  in  befonbere  f)or)em 
©rabe  intereffirenben  Üttjabarberarten  fdtjon  fertig,  all  au§  unbefannten  ©rünben 
bie  Veröffentlidnmg  unterbroetjen  würbe.  SJaburctj  ift  bie  2Biffenfct)aft  audb  ber 
Arbeit  über  bie  ^ftanjengeograprjie  be§  ruffifetjen  9teidje3  üerluftig  gegangen, 
Welche  urfprünglidt)  ftd)  anfdt)liefeen  follte.  5p.  tjat  in  aarjtreicrjen  einjelöeröffent- 
tietjungen  bie  Sücfe,  weldje  biefe  Unterbrectjung  tie|,  wenigften§  in  etwa!  aus= 
gefüllt.  1800  erfctjienen  bie  mit  öortrefflicf)cn  Äuprern  nact)  ber  s]iatur  aue= 
gematteten  „Species  Astragalorum1',  welctje  allein  40  neue  Wirten  braute.  1803  bie 
„Illustrationes  plantarum  imperfecte  vel  nondum  cognitarum''  mit  21bbilbungen  be» 


90  5PaKa§. 

gefdjidten  leipziger  9JtalerS  ©eijjter,  ber  i^n  auf  ber  taurifdjen  Üieife  begleitet 
tjatte,  unb  beffen  <£>anb  bie  rei^enben  Vignetten  bev  taurifdjen  föeifebefdjreibung 
unb  öiele  ^ttuftrationen  naturgefd)id)ttid)er  IDtonograprjien  entftammen,  ein  äöerf, 
baS  leiber  ebenfalls,  nadjbem  59  Safein  erfdjienen  maren,  Fragment  blieb.  $n 
feinem  legten  ^atjre  enblid)  erlebte  er  bie  ^eube,  öon  ber  Fauna  Rossica,  meldje 
er  äuletjt  in  Serlin  überarbeitet  tjatte,  eine  9tn<mf)t  9tuSl)ängebogen  3U  erhalten.  S)aS 
Söerf  erfdjien  ju  ©t.  Petersburg  in  ^attaS'  SobeSialjr.  Söeit  ab  öon  feinen 
gorfcfjungSgebieten  liegt  baS  groß  angelegte  „Linguarum  totius  orbis  vocabularia 
comparativa",  öon  metdjem  ^roei  Sänbe  1787  unb  89  erfdjienen,  märjrenb  ber 
©d)lußbanb  nie  öeröffentlicrjt  rourbe.  Sluf  befonberen  SBunfd)  ber  i?aiferin  unter= 
nommen,  meldje  fid)  felbft  mit  ber  Sammlung  öon  ©prad)proben  junädjft  beS 
ruffifdjen  9tetdt)eä  befdjäftigte,  follte  eS  eine  auSgemäljlte  Üieifje  öon  Segriffen  in 
itjren  ©pradjformen  über  bie  ganje  (Srbe  r)in  öerfotgen.  5|3.,  ber  ben  miffen= 
fdjaftlid)  nidjt  ganj  ^tüeifedofen  s4Üan  ber  $aiferin  tnofjl  nidfjt  mit  großer  glaube 
ausführte,  gab  fid)  gemaltige  9Jtüt)e,  153  ofteuropäifdje  unb  afiatifdjc  ©oralen 
nad)  öormiegenb  tjanbfdjriftlidjen  Quellen  &u  bearbeiten,  mag  aber  baS  ©einige 
beigetragen  rjaben,  baß  bie  amerifanifdjen  unb  afrifanifdjen  ©pradjen  nidjt  aud) 
nod)  in  ätjnlidjer,  jutetjt  bod)  unfruchtbarer  äßeife  burdjgearbeitet  mürben.  Son 
1781—83  unb  öon  1793—96  erfd)ienen  bie  jmei  9icü)en  ber  „bleuen"  unb 
„9teueften  9torbifdjen  Seiträge",  in  beren  brittem  Sanbe  5ß.,  beffen  eigenfteS 
SBerf  aud)  biefe  9teü)e  mar,  miemoljl  er  fid)  nid)t  auf  bem  ütitelblatte  nennt, 
fein  pr)l)ftfalifd)=topograpt)ifd)eS  (Semälbe  öon  Säurten,  baneben  in  allen  Sänben 
mistige  Heinere  9Jtonograpt)ien,  mie  bie  beS  sJ)af,  beS  $otffat,  bie  tangutifdjen 
sJcad)rid)ten  über  ütibet  u.  ö.  a.  öerbffentlidjte.  daneben  bringen  biefe  ad)t 
Sänbe  auS  ungebrudten  ©djriften  unb  Briefen  sUUttr)eilungen  über  bie  Dteifen 
©tetlerS,  2ed)otoS,  ©teöerS',  @ngelmannS,  ©djanginS  u.  a.,  benen  ty.  3ar)treid)e 
Semerfungen  unb  9tad)träge  zugefügt  t)at.  äöenn  man  bie  gan<$e  9teir)e  biefer 
3eitfd)rift  überblidt,  beren  tetjter  Sanb  jugteid)  ber  ©djtußftetn  öon  Maltas' 
Stjätigtat  in  unb  für  ütußlanb  genannt  merben  fann,  geminnt  man  ben  (Sinbrud, 
baß  fie  eines  ber  jmedmäfsigften  Unternehmen  mar,  bie  auf  biefem  födbe  bamalS 
möglid)  maren.  2)ie  „sftorbifd)en  Seiträge"  bematjren  eine  große  Üteitje  öon 
2)ocumenten  jur  ßänber*  unb  Sölferfunbe  beS  großen  9tetdjeS,  meldte  otjne  fie 
großenteils  öerloren  gegangen  fein  mürben.  %fyxe  mannigfaltigen  sJttitü)eilungen, 
befonberS  aud)  bie  fleineren,  rjaben  fruchtbare  Anregungen  in  miffenfctjaftlidjer 
unb  mirttjfdjafttidjer  Sejiefjung  gegeben,  #ba  über  ber  5o*fd)ung  bie  StuSnütmng 
ber  ©djätje  nie  überfeinen  rourbe.  Unb  enblid)  maren  befonberS  bie  größeren 
Seiträge,  meldje  ty.  felbft  lieferte,  9Jtufter  ber  ©djitberung  unb  SDarftetlung,  fo 
baß  bis  ^eute  biefe  3*-'^!^)"^  e"te  mertf)öoHe  Duette  für  5Zaturgefd)id)te,  ßtcjno* 
grap^ie  unb  (Seograötjie  barftetlt. 

Unter  ben  größeren  alabemifdjen  5lb^anbtungen  nennen  mir  tjier  ^mei, 
meldje  bie  Äraft  unb  9tid)tung  beS  ©eifteS  öon  5ß.  einigermaßen  ermeffen  taffen. 
^uerft  bie  Setrad)tungen  über  (BebirgSbilbung,  metdje  1777  in  ben  ©djriften  ber 
Petersburger  Afabemie  erfctjienen.  5ß.  ftettte  tjier  baS  ®efe^  auf,  bajj  in  jebem 
©ebirge  ben  Äern  granitiferje  ©efteine  bitten,  metdjen  ©djiefer  unb  meiter  nad)  außen 
tjin  ^atfftcine  umgeben,  unb  tenfte  bamit  bie  Setradjtungen  beS  (SebirgSbaueS 
in  bie  Satjn  ber  Sergleidjung  unb  ber  ftjftematifdjen  Unterfdjeibung  ber  ©efteine. 
S)a§  2Berfd)en  Ijat  öiel  Stncrfennung  gefunben.  6in  granjofe,  ber  biefe  Se= 
trad)tungen  überfefete  unb  1779  in  $ßariS  Verausgab  (menige  beutfdje  Sucher 
erfuhren  eine  fo  batbige  Uebertragung  in  bie  ©pradje,  bie  bamalS  bie  ganje  ge= 
bitbete  SBelt  fprad))  fagt  gerabetjerauS :  „S)ie  ©djrift  ift  unS  unbetannt,  eS  ift 
aber  notrjmenbig,  fie  ju  fennen",  unb  Suöier  fteltte  fie  in  feinem  Sftüdblid  auf 
bie  gortfdjritte   ber  ftaturtoiffenfdjaften  feit  1789   an  bie  ©pitje  ber  ©djriften, 


üPattoS.  91 

toefc^e  bte  Söiffenfd^aft  bon  ber  3ufammenfet3ung  unb  Sitbung  ber  ©ebirge  begrünbet 
tjaben  unb  exflärte  jte  für  bie  ©runblage  unb  ben  2lusgang#punft  ber  Strbeiten 
bon  be  ©auffure,  Sieluc,  SBerner.  2luf  Biologifdjem  ©ebiete  tritt  ärjntid^  be= 
beutenb  bie  bei  2Intoefenrjeit  bes  -ßrinjen  ^einrict)  bon  ^reufjen  in  ber  Slfabemie 
getefene  Slbrjanblung  „lieber  bie  2lu§attungen  ber  Stjiere"  rjerbor,  roetdje  toie  bie 
borige  junädjft  auf  einer  größeren  Slnäatjl  bon  eigenen  ^Beobachtungen  beruhte  al£ 
bamali  irgenb  ein  anberer  9taturforfdjer  auftoeifen  tonnte.  3ufammen  m^  einem 
f)orjen  ©rabe  oon  Unabtjängigfeit  ber  Meinung  ift  biefer  üteicrjtrjum  an  originalen 
itjatfadjen  ba§  Ifterfmat  biefer  unb  ärmticrjer  arbeiten  bon  ty.  5Die  ftütlt  bon 
Slnfdjauungen  unb  ©ebanfen,  über  toeläje^.  berfügte,  toirb  ftetS  aud)  in  äatjtreidjen 
•jufäHigen  Stnmerfungen  funb,  mit  benen  er  folctje  größere  2lbt)atiblungen  be= 
gleitet  unb  in  benen  fetbft  über  weiter  abliegenbe  ©egenftänbe  tid)tbringenbe  33e= 
merfungen  fallen.  $cr)  erinnere  tjier  nur  an  bie  S3etracr)tungen  über  bie  Urfadjen 
bei»  fibirifctjen  Ätimai,  über  ütieffeetemperaturen,  über  ben  Urfbrung  ber  2ftenftf)en= 
raffen,  über  ju  bermuttjenbe  Jpocrjlänber  in  ßentralafrifa,  über  bie  ißitbung  oon 
Sanbtagern,  über  innerafiatifctje  SJulfane,  über  ben  3ufamment)ang  ätoifcrjen 
goffitreften  unb  heutigen  ütieffeebetootjnern,  über  ben  Urfbrung  ber  tootjlerrjaU 
tenen  2ftammutc)=  unb  DttjinoceroSrefte  im  (Sife  ©ibirienä,  enblidj)  über  ben  alten 
3ufammenr)ang  bei  fdjtoaraen  sUieete§  mit  bem  $a§pifce  —  ^Betrachtungen,  toetctje 
fämmttict)  jenem  einzigen  afabemifctjen  Vortrage  über  ©ebirg§bilbung  ein=  unb  an= 
gerügt  finb.  3>ebe  einzelne  bon  ifjnen  toürbe  bem  geteerten  3eitgenoffen  Dallas'  ben 
Stoff  ju  einer  2lbb,anbtung  geliefert  tjaben.  (5£  gilt  genau  baSfelbe  bon  feiner 
2r)ätigfeit  in  ben  ,F^otbifct)en  Seiträgen",  roo  er  felbft  fotctje  arbeiten,  bie,  toie 
{$ftfcr)er§  „lieber  ben  roacjrfcrjetiilid^en  Urfbrung  ber  Stmerifaner",  nicfjt  blo§  tjalb 
bergeffen  toaren,  fonbern  auctj  feinem  2lrbeit§felbe  ferne  lagen,  rirfjtig  ju  toürbigen 
raupte  unb  jur  berbienten  ©ettung  bracfjte. 

>$.,  ber  ftdj  mit  ftectjt  fetjr  rjäufig  unb  mit  Dffenrjerjigfeit  gegen  bie  @r= 
finber  teidjter  .gjrjpotrjefen  ausfptidtjt,  unb  am  tjäufigften  gegen  SSuffon,  ber  ^u 
jener  3eit  m^  feinem  grojjen  Sinfluffe  auf  bie  5J3rjantafie  feiner  3eitgenoffen  bas 
fcfjlecrjtefte  33eifpiel  gab,  entbehrte  felber  feineätoegl  ber  fctjöpferifcrjen  ^tjantafie, 
toie  bor  allem  fein  SBerfud)  einer  (Srftä'rung  ber  Cberfläcfcjengeftatt  ber  @rbe 
.jeigt,  ber  einen  2lnfjang  feiner  tleinen  arbeiten  über  ©ebirgsbilbung  bilbet  unb  in 
einzelnen  Einbeulungen  aud)  in  bem  grofjen  3teiferoerte  Ijerbortritt.  ^m  Sidjte 
be*  SBiffenS  feiner  3eit  ift  biefeS  ber  beftbegrünbete  unb  umfaffenbfte  SSerfucfj  jur 
Srftärung  bon  3}ert)ältniffen,  toetctje  allerbingS  audj  bleute  ber  botlen  (Srtlärung 
noctj  tjanen.  ty.,  ber,  borpgtict)  buretj  feine  ©tubien  über  ben  Ural  unb  bie 
fibirifcfjen  ©ebirge  ju  ber  fietjern  Einnahme  gelangt  mar,  bafj  alle  tjörjeren  ®e= 
birge  urfprünglic^  ©ranitinfetn  in  einem  Ccean  bon  größerem  DUbeau  aU  l)eute 
geroefen  feien,  läfjt  bie  ib^onfe^iefer  au§  ber  3etfetmng  biefer  ©ebirge  buretj  ba& 
SBaffer  entfielen,  toobei  bie  anfcfjtoemmenben  organifd)en  9tefte  ba§  Material 
für  bie  Sßulfane  lieferten,  melcrje  it)rerfeit§  bie  ftütjeften  9Ueberfcf)lag§bilbungen 
in  Sctjiefer  bextoanbelten  unb  ^atfgebirge  aufroarfen.  ©nblicr)  folgte  aber  ein 
2lu§bruct)  bultanifctjer  Gräfte,  ftärfer  al§  alle  früheren,  beffen  ©puren  in  ben 
3}utfaninfeln  ©übafien§  noer)  übrig  finb,  unb  bem  ein  getoattfameä  3utütfftut^en 
beä  5Jleere§  gegen  Sorben  unb  in  beren  ©efotge  DZeubilbungen  unb  3erftörungen 
narfjsitterten,  toie  fie  bie  Gürbe  frürjer  unb  nadj^er  nietjt  geferjen  r)at.  2luf  biefe 
gewaltige  .ßataftroprje  finb  bie  2ertiär=@ebirge  be§  Sorbens,  mit  itjren  2;b^ier= 
unb  $flan<5eneinfcfjlüffen  tropiferjen  UrfprungS,  bie  im  piriferjen  @i»  begrabenen 
jftiefenfäugettjiere,  bie  berrjättnifsmäfcige  ©eic^tigfeit  be§  nörbticr)en  $olarmeere§, 
3ar)treictje  33ceerbufen,  aud)  baZ  5Rittelmeer  mit  bem  ©ctjtoarjen  iJJleev  unb  bem 
Äaüpifee,  bie  2ieflänber  im  ©üben  unb  Dften  ber  ^pocrjgebirge  ©übafien^  unb 
©übameri!a§,    bie    fdjroffen    £anbfpit}en   im    ©üben   ber   kontinente  unb  £>alb= 


92  Sßaflag. 

infein  jjurücf  jufüfjren.  9ftan  fann  ü6er  ben  2Bertb,  bieget  fpäter  Don  Oteintjolb  gorfter 
aufgenommenen  Slnfidjten  ftreiten,  fie  [teilten  ju  itjrer  Qdt  eine  erfte  allgemeine 
@rftärung  bet  (Srbformen  auf  unb  fjaben  Männer,  wie  SSudj  unb  31.  ö.  .gmmbolbt 
anzuregen  öermodjt.  35er  ©eologie  roanbte  5ß.  in  feinen  fpätern  ^arjren  eine  tiefer 
eingefjenbe  3lufmerffamfeit  }u,  meiere  burd)  bie  llnterfudjung  ber  uratifdjen  unb 
altaifdjen  (Jrjlagerftätten,  roorjl  sunt  elften  9fta(e  gefdjärft  morben  mar.  %n  ber 
$rim  trieb  er  mit  SBortiebe  geologifdje  ©tubien  unb  biefelben  fjaben  fidj  ber 
äßiffenfdjaft  förberlidj  erroiefen.  SDie  Vorliebe  für  mädjtige  gluttjen,  ©ebirg§= 
einflute  u.  bgt.  mar  \a  mefjr  al§  öeräeifjlidj  bei  Männern,  bie  in  bem  roeitem 
9talvmen,  ben  it)r  33lid  umfpannte,  bie  einzelnen  fteinen  (Srfdjeinungen  nidjt  feft= 
galten  öermodjten.  3öo  er  fonnte,  lieferte  *ß.  Beiträge  jur  (Sinaelfenntntfj  ber 
fiänber,  unb  jafjlreidje  9Jtonograpl)ien  bemeifen,  bafj  er  fid)  ftrenge  an  bie  3tuf= 
gäbe  ber  genauen  (Säuberung  t)ieft,  otjne  fid)  öon  jener  Vorliebe  abaietjen  ju 
laffen.  %n  jener  biologifdjen  3lbr)anbtung  legte  ty.  33eobad)tungen  bor,  meldje 
«jur  $ritif  ber  begriffe,  3lrt,  «Spielart,  9taffe  in  bem  oben  angebeuteten  ©inne  an= 
regen  foüten.  ©eine  ©djlüffe  famen  inbeffen  feiner  $e\t  nod)  3U  frütje  unb  fjaben 
trjeilroeife  erft  öiete  ^atjraefmte  fpäter  itjre  Sßirfungen  geübt  unb  Sßeftätigung  ge= 
funben.  ^aHaä'  3lnfdjauung,  bafj  e§  arttofe  formen  gebe,  3.  33.  £)au3tf)iere, 
toeldje  ben  Sfjarafter  ber  3lrt  öerloren  fjaben,  nur  nodj  arttofe  Ütaffen  barftetten, 
getjört  ju  ben  proptjetifdjen,  meldje  in  ba§  redjte  Sidjt  erft  in  bem  3eitalter  ber 
(Sntroidelungälefjre  gefteEt  morben  finb.  Unmittelbar  toirft  5ßatla§'  beftänbig 
rege  3lufmerffamfeit  auf  bie  goffilrefte.  2öenn  rjier  *ß.(  ät)nlid)  mie  auf  bem 
naturgcfdjidjtlidjen  ©ebiete,  im  nie  rurjenben  $orfdjung3brang,  mofjl  über  bie 
©renaen,  bie  feiner  3eit  g^ogen  waren,  fjinauäfdjmeifen  molttc  unb  einige  geroagte 
<£>t)potf)efen,  toie  bie,  meldje  er  über  bie  9tummulitenbilbung  ober  bie  großen  fttutfjen, 
meldje  bie  @(efanten=  unb  sJca3f)ornrefte  nadj  sJcorbfibirien  gebradjt  fjaben  füllten, 
aufftettte,  fo  fjat  boefj  feine  eingefjenbe  33efdjreibung  öon  ©djidjtenfofgen  unb 
organifdjen  (Sinfdjfüffen  bie  ftratigrapljifcfje  ©eofogie  öorbereitet.  ©eine  äöieber* 
aufnähme  ber  Sournefortfdjen  ütfjefe  üom  einftigen  3ufammenfjang  be§  ©djroar,$en 
unb  j?a3pifd)en  9Jteere§  fudjt  er  burdj  SBergteidjung  foffifer  unb  recenter  Wufcfjetn 
beä  fragtidjen  ©ebieteS  ju  bemeifen.  9tidjt  minber  frudjtbringenb  mar  feine 
genaue  SarfteHung  recenter  ober  bod)  junger  Vorgänge,  mie  er  fie  befonberä  in 
ber  ©djilberung  ber  ©teppenfeen,  ber  ©at^bilbung  in  ben  ©teppen,  ber  ^eugniffe 
für  bie  mit  llnredjt  öon  3eit9e"°ffen  ^  unmatjrfdjeintidj  tierfpottetc  alte  35er= 
biubung  be§  ©djmaTaen  5)Jieere§  mit  bem  Mpü  unb  Uratfec  bemä^rte.  5ß.  ift 
at§  Sßegrünber  ber  mobernen  ßt^nograptjie  gefeiert  morben ,  ma§  in  3lnfet)ung 
älterer  33erbienftc,  bie  Kämpfer,  dranj  u.  bgl.  beanfprudjen  bürfen,  jutoiel  gefagt 
ift.  SDodj  Ijat  $.  ^meifello§  ba§  SBerbienft,  bie  ^Jletcjobe  fdjarfer  unb  allfeitiger 
33eobadjtung  ber  Strjatfadjen  au§  feinen  naturgefdjidjtlidjen  3lrbeiten  auf  bie 
etrjnograprjifdjen  übertragen  ju  Ijaben.  Unb  jcbenfallg  Perbient  ba§  Sob  eine§ 
(Subier  citirt  ju  merben,  meldjer  bon  ^allaß'  Jffierf  über  bie  Mongolen  fagt,  e§ 
fei  Pietteidjt  bie  claffifdjfte  ©djrift,  bie  über  ein  SSolf  in  irgenb  einer  ©pradje 
ejiftire.  ©et  ungemötjnlidje ,  faft  beifpiellofe  3ieidjtc)um  an  Slb.atfadjen  in  ben 
©djriften  öon  *p.  madjt  ben  Mangel  ejacter  5)leffungen  um  fo  empfinbtidjer. 
^n  biefer  ^ejie^ung  ftetjt  ty.  ebenfomeit  tjinter  feinen  3eitgenoffen  31.  ö.  ^umbolbt, 
S.  ö.  33udj,  3Bal)lenberg ,  be  ©auffure  prüd,  al§  er  fie  an  $üHe  unb  33tet= 
feitigfeit  ber  33eobadjtung  übertrifft,  ty.  machte  feine  33eobadjtungen  mit  bem 
fdjon  ju  feiner  3eit  öeratteten  S)eli§le'fd)en  2:t)ermometer  teiber  nidjt  regelmäßig, 
©eine  öortrefftidjen  ©djilberungen  be§  iltima§  an  ber  unteren  SBofga  unb  in  ^aurien 
ruljen  auf  p^änologifdjer  S8afi§.  5Den  ßuftbrud  beftimmte  ei  nidjt,  alfo  audj  feine 
^)ötjen.  (5r  natjm  aud)  feine  magnetifdjen  Seobadjtungen  üor  unb  bie  ©runb= 
lagen  ju   feinen  harten   ftnb,   mo  nidjt  anbere  ifjm  ejactere§  Material  lieferten, 


$atia§.  93 

Setzungen,  tote  bei  feinen  harten  beS  ©of,  ber  Uratmünbung,  bes  Bogboin= 
Sabaffu,  mätjrenb  biejenige  bes  Steppengebietes  zroifctjen  Ural  unb  äöolga ,  bes 
füblictjen  Ural  u.  a.  auf  fremben  Slufnatjmfn  beruht,  ausgenommen  finb  Dallas' 
eigene  genaue  Beobachtungen  übet  ©efteine  unb  (Srjöorfotnmen,  melctje  in  ber 
$atte  bes  utalifetjen  BergreDiers  eingetragen  finb  unb  biefe  babureb,  zu  einem 
intereffanten  Berfuctje  ftempeln,  eine  geologifdje  unb  2JUneratfarte  bes  füb= 
tietjen  Ural  ^u  fetjaffen.  2Bo  neue  geograptjifctje  Slufnatjmen  Dortagen,  roie  im 
^rtifdjgebiet,  tjat  s$.  nur  bie  nott)menbigften  geograptjifdjen  Angaben  gemalt. 
Sie,  rein  geograptjifcl)  genommen,  rootjl  tjetDorragenbfte  (Srrungenfctjaft  ber 
ißatlas'fctien  ©ibitienteife,  ber  'Jtacrjroeis,  baß"  ber  Äarifctje  Bufen  um  eine  ganje 
Steitje  Don  Sagereifen  ju  meit  Öftltd}  angelegt  morben,  gehört  feinem  Begleiter 
Sujet,  gjlit  ©eift  tjat  er  inbeffen  bte  Dortjanbenen  ÜJteffungen  aur  Stid}tig= 
fteüung  ber  Don  ^bes,  Sänge  u.  21.  Perbreiteten  3rrtt)ümer  übet  bie  -gjörje  bee 
Urat  unb  ber  notbafiaiifetjen  ©ebirge  benutzt.  sJitd)ts  Dtätjeres  toiffen  mir  über 
Dallas'  Xtjätigfeit  in  ber  ßommiffton  jur  fartograptnfcfjen  2lufnatjme  Pon  Stufe= 
tanb,  in  melctje  er  1777  berufen  roarb.  Dtod)  einmal  entfagte  B.  ber  ungemein 
fruchtbaren  miffenfetjafttietjen  £r)ätigfeit,  lüeldjer  er  in  Petersburg  feit  ber  9tüd= 
£et)r  öon  ber  ftbirifetjen  Steife  fiel)  gemibmet  tjatte,  fomeit  ein  auSgebetjnter  Berfetjr 
eS  ertaubte,  um  eine  letzte  große  Steife  anzutreten.  S)ie  Steife  nad}  bem  füblidjen 
Stufjtanb  unb  in  bie  ."palbinfel  $rim,  roeldje  1793  unb  94  unternommen  mutbe, 
foltte  junäctjft  ber  (htjotung  bienen.  „SeS  ©etümmelS  unb  ber  übertriebenen 
©efettigfeit  ber  großen  Oteftbenaftabt  bes  Stuffifd}en  SteidjeS  überbrüfftg",  fo  be= 
ginnt  ber  Betictjt,  roelcrjen  B.  1799  über  biefetbe  Verausgab,  allein  ber  äöunfcti, 
roiffenfd}aftlict)e  Beobachtungen  anjufteüen,  ftanb  jebenfatls  tjart  hinter  biefer 
ßrroägung.  B.  roünfctjte  Por  allem  feine  Sammlung  Pon  ^flanjen  ju  perPott= 
ftänbigen  unb  natjm  bestjalb  ben  Porjügtic^en  Dtaler  ©eißter  mit,  beffen  farbige 
Bignetten  Dor  altem  ben  Steif  eberietjt  in  einer  ungemein  anjietjenben  3Beife  gieren 
unb  ergänzen.  S)ie  Steifenben  —  $.  mit  grau  unb  Stotfjter  unb  bem  Dealer  — 
Derließen  Betersburg  am  1.  gebruar  1793,  um  über  lülosfau  unb  Benfa  bie 
Uöolga  gu  erreichen.  %n  >ßenfa  mürbe  ein  2Iufentr)alt  gemacht,  ben  in  ber 
Steifebefdjteibung  eine  Sfiaje  ber  StaturDertjältniffe  bes  ©ouDetnements  bejeictjnet. 
5lm  12.  IDtär}  mürbe  ©aratom  erreicht  unb  öon  ba  an  tljeils  auf,  tfjetls  an 
ber  Sßotga  t)in  ber  2Beg  buret)  bas  beutfebe  JMoniegebiet  nactj  3ari3*)n  genommen. 
Born  legieren  Orte  aus  mactjte  nun  B.  Ausflüge  nad)  Sarepta,  2tftradjan,  in 
bie  narje  gelegene  ihrgtfenfteppe ,  mo  B.  Dielfad)  ©etegentjeit  fanb,  frühere 
Beobachtungen  ju  beftätigen  ober  ju  Perbeffem,  unb  neue  ©tubien  u.  a.  über 
bie  Satäfeen  3U  machen.  Dallas'  Sodjter  mar  inbeffen  ju  Sarepta  an  ben 
Blattern  erfranft  unb  als  fie  genefen  mar,  mürbe  bie  Steife  über  3Xftracb,an  auf 
bem  fog.  fislaifcrjen  äBege  am  faspifcb.en  3Jteere  b.in,  bureb,  bie  JRanptfcrjnieberung 
nact)  ©eorgiefsf  fortgefebt,  Pon  too  Ausflüge  u.  a.  nacrj  ben  Befdjlan  gemalt 
mürben.  S)ie  Oteife  ging  bann  über  Sfctjerfasf  nact)  £aganrog,  mo  ein  genauer 
^tan  für  bie  äöeiterreife  in  bas  erft  iüngft  eroberte,  nur  mit  menig  Berroattungs= 
einrictjtungen  unb  noctj  roeniger  ©trafen  öerfetjene  xaurien  entmorfen  merben  mußte. 
2lm  21.  Dctober  erft  fonnte  bie  Steife  über  IJJtariupot  nad?  bem  Berbaflüficb.en  fort= 
gefe|t  merben  unb  ty.,  ber  anfjattenb  über  feine  „baufällige  ©efunbljeit"  3U  flauen 
tjatte,  mar  frotj,  am  30.  Dctober  im  SBinterquartier  in  ©imferopot  einzutreffen, 
©ctjon  am  8.  9Jtära  folgte  er  aber  bem  ungebulbigen  äöunfdje,  enblictj  bie 
taurifetje  ^palbinfet  nätjer  tennen  ju  lernen  unb  begab  fictj  junäctjft  nact)  Bactjt* 
fctjifarai,  Don  ba  nacb,  ©ebaftopol,  beffen  Umgebung  unb  Dorjügtid)  bie  alte 
Befte  ^nferman  er  eingetjenb  befct)reibt.  6s  folgte  bann  eine  Bereifung  bes 
f üblietjen  StanbgebirgeS  ber  ßrim  unb  bes  Xfctjatprbag,  meiere  er,  miebergenefen 
unb  Don  ber  greube  an  ber  milben  Dtatur,  ber  reichen  Begctation  unb  bem  an= 


94  s4tofla§. 

jietjenben  Vau  be§  ©ebirgeä  gefctjroetlt,  mit  jugenblicrjem  @ifex  unb  faft  ber  ganzen 
früheren  ©tafticitätburdjfütjrte.  2lufjer  ben  botanifcrjen  unb  geologifdjen  Vertjältniffen 
feffetten  feine  2lufmerffamfeit  audj  tjier  bie  etrjnograpljifcrjen  unb  gefcrjidjtlicijen 
£t)atfadjen.  ©eine  Vemerfungen  über  bie  Vergtataren  unb  bie  genuefifdje  fyefte 
©otbaja  bezeugen  e§.  üDen  £)ocr)fommer  mibmete  Iß.  bem  Innern  unb  bem  Dft= 
taub  ber  .gmlbinfet.  Sr  befugte  Äarabuffar,  bie  fog.  Sitte  Jhim,  Äaffa,  Äertfclj, 
Tenuate,  Sie  ^albinfet  £aman,  beren  geograprjifdje  unb  geologifdje  Vertjältniffe 
genau  unterfuctjt  mürben.  2lm  18.  $uli  1794  trat  ty.  bie  9tücfreife  an,  ging 
über  $o§lof,  *ßerefop ,  9lifolajef ,  (Hifabetgrab  unb  burctj  Äleinrufjtanb  naä) 
sßoltatoa,  bann  über  Äurlf,  ©ret,  £uta  nadj  Petersburg,  mo  er  am  14.  ©ep=> 
tember  eintraf. 

2fn  ber  Verarbeitung  ber  ©rgebniffe  biefer  ^roeiten  9teife  in  ben  „Ve= 
merfungen  auf  einer  Steife  in  bie  füblicrjen  ©tatttjatterfcfjaften  be§  ruffifctjen 
9teicrje§  in  ben  ^atjren  1793  unb  1794"  (2  23be.  1799  unb  1805)  folgte  $. 
bem  Veifpiel  beS  älteren  ©metin,  inbem  er  bie  botanifcrjen  unb  jootogijc^en  ®r= 
gebniffe  abfonberte  unb  in  bie  Üteifebefdjreibung  blofj  bie  allgemeineren  ©ct)il= 
berungen  be§  sJiaturct)arafter§  unb  ber  Staturerfctjeinungen,  Vetractjtungen  über 
Urfadjen  unb  folgen  b"  tefcteren,  Vefd)reibungen  öon  2lttertpmern,  Heinere 
ettjnograprjifcrje  Sjcurfe  unb  befonberö  aber  in  au§für)rlicr)erer  Darlegung  bie 
SBürbigung  ber  mirtt)fcf)aftlict)en  Vertjättniffe  aufnahm,  äöie  bie  ganje  Steife 
bequemer,  rutjiger  burct)gefürjrt  roarb,  ift  audj  bie  2)arftettung  minber  gebrängt, 
toiemorjt  fie  nirgenbS  in  breite  ober  2Bortluj;uä  »erläuft.  2)a8  9taturgejüt)l,  bae 
Sntereffe  am  ^iftorifc^en  treten  inbeffen  metjr  Ijeröor.  2öir  nennen  öon  ben 
eingetjenberen  unb  ttjetlroeife  monograptüenartigen  2lbfcr)nitten  bie  Vefdtjreibung 
be§  @ouöernement§  5J3enfa,  bie  Mitttjeilungen  über  ba§  f^oxtfc^reiten  ber  6oloni= 
fation  an  ber  unteren  SBolga,  über  2öein=  unb  ©eibenbau  im  gleichen  ©ebiete, 
bie  ©ctjilberung  be§  blüljenben  3uftanbc§  *>er  Kolonie  ©arepta,  be§  £>anbet§  unb 
ber  3rifd)erei  öon  vHftracrjan,  ber  orientatifcrjen  Ärappfärberei,  be§  Söeinbaueä  öon 
£fd)erepact)a,  ber  ^nbier  OUtultaner)  in  2lftrad)an,  bie  ©ammlung  öon  t)ifto= 
rifcrjen  9tact)rictjten  über  $erfien,  über  bie  ©efctjictjte  be§  großen  diamanten  be§ 
©ctjat)  9tabir,  bie  9Jtittt)eilungen  über  bie  Surfmenen  öon  $i§ljar,  bie  jarjlreicrjen 
^Beobachtungen  über  ben  alten  3ufammenf)ang  ber  beiben  2fteere,  bie  Vefctjreibung 
ber  Kolonien  an  ber  faufafifdjen  Sinie,  ber  Otuinen  öon  sDtabfd^art),  bie  ein 
gan^eg  Gapitcl  füllenben  sJiact)rid)ten  über  bie  Völler  be§  Äaufafuä,  über  bie 
©räberfteinbilber  ber  füblicrjen  ©teppen,  bie  ©djilberungen  öon  £fct)erfa§f  unb 
Saganrog,  befonberä  be§  .gmnbelä  ber  letzteren  ©tabt,  bie  ©c^itberungen  öon 
©imferopol  unb  ©ebaftopot  unb  ifirer  an  heften  be§  claffifcfjen  2llterttmmä  fo 
reicr)en  Umgebungen,  bie  geologifcrjen  llnterfuc^ungen  über  ba§  fübtidje  $üften= 
gebirge  ber  Ärim,  über  ©rbfätle  unb  @rbbeben  biefer  |)albinfel,  bie  Erörterungen 
über  @infü^rung  be§  ©eibenbaue§  in  ber  Ärim,  bie  toirtr)fcl)aftticr)e  Sage  öon 
Äertfct),  bie  ßrbölfunbe  bei  legerer  ©tabt,  bie  ©crjtammöulfane  in  ber  9tö^e 
berfelben,  bie  9teubilbung  einer  burclj  unterirbifcl)e  Gräfte  aufgemorfenen  ^nfel 
im  Slfoto'fcrjen  9fleere.  ©et)r  eingeljenb  finb  enblicl)  bie  bie  ©djlufjcapitet  bes 
2.  33anbe§  bilbenben  „SlHgemeinen  SSemerfungen  über  bie  Ärrjmifcrje  ^jatbinfet", 
toeterje  fic^  über  bie  (Strjnograptjie  unb  2eben§lage  ber  SEataren  unb  befonber§  über 
bie  toirtt)fc£)aftlicrjen  Verljältniffe  öerbreiten.  S)er  Slbfcfjnitt  über  2öein=  unb 
Obftbau  mirb  noc^  rjeute  gefcljä^t.  S)a§  ,,^öfifalifcl)=2;opograptjif(i)e  ©emä^lbe 
öon  Jaurien"  ift  ber  öeränberte  Slbbrud  be§  gteictjnamigen  3luffafee§,  melier  unter 
Beifügung  „au§  bem  Stagebucl)  einer  im  3arjre  1794  getljanen  greife"  im 
britten  33anb  ber  „9leueften  9iorbifd)en  Seöträge"  erfcljienen  mar.  6§  ift  bas 
bie  erfte  grucljt  ber  tauriferjen  9teife  unb  ber  gan^e  ^n^att  be§  2luffa^e§  ift 
beträcrjtlictj    ermeitert    in    bie   öorermärjnte  9teifebefcf)reibung   mit   aufgenommen 


$atla§.  95 

roorben.  2Xts  9caturgemätbe  eines  öerrjältnifjmäfjig  toenig  auigebetjnten  ©ebietei, 
baZ  bamalä  ju  ben  roenigft  befannten  gehörte,  tjat  biefeg  2Berfcr)en  inbeffen' ben 
2}orjug  einer  geraiffen  ©efctjloffenrjeit.  ty.  tonnte  feine  gätjigfeit,  bie  öer= 
fdjiebenften  Aufgaben  ju  beroättigen,  in  ber  geologifctjen,  botanifdjen,  joologifctjen 
unb  öfonomifdjen  (Säuberung  eine§  nicrjt  ju  großen,  aber  faft  unbefannten  ©e= 
bietet  beroärjren.  9Jian  fierjt  mit  ^ntereffe,  roie  er  felbft  feine  2ljeorien  ber 
©ebirgäbilbung  auf  einen  gegebenen  Qfatt  öon  befcrjränfter  ©röfje  anroenbet,  unb 
roenn  man  nict)t  geneigt  ift,  it)tn  auf  bem  SBege  fo  fütjner  -Ipöpottjefen  ju  folgen, 
roie  bie  be§  ©infturjeS  „tauriidjer  Alpen",  toelctje  bie  ©ranitfelber  ber  Ütogaiifcfjen 
Steppe  erftären  fott,  fo  öertoeilt  man  um  fo  lieber  bei  ben  eingetjenben  Sdjit= 
berungen  tl)atfäcrjlic6,er  SSorfommniffe,  roie  3.  33.  ber  (sdjlammöulfane  öon  Äertfdj 
ober  ber  ©al<jfeen  am  ©iroafct),  öon  ^erefop  unb  anberen  Drten. 

%  füllte  jidj  nacb,  biefer  Steife  rurjebebürftig  unb  äugleictj  bezaubert  öon 
ber  ©ctjöntjeit  ber  taurifdjen  «palbinfel.  @r  tjattc  bort  roieber  öiel  an  lieber 
gelitten,  tjoffte  aber  Teilung  öon  bem  ©inftuffe  be§  mtlben  $lima§  unb  einer 
ungeftörten  länblictjen  ££)ätigfeit.  j?atb,arina  IL,  öon  biefen  Söünfctjen  unter* 
ricrjtet,  fcrjenfte  irjm  1795  bie  Dörfer  (Sdjülü  unb  Aittjobor  nebft  gructjtgärten 
bei  bem  teueren  Crte,  SBeinbergen  bei  ©ubagt)  unb  ein  Jpau§  in  (gimieropol, 
aufjerbem  eine  (Summe  öon  10000  9£ubel  jur  Ginrict)tung.  9lod)  im  Auguft 
beffelben  3>ar)re§  fiebelte  5ß.  über,  rooljnte  juerft  in  ©imferopot,  bann  inmitten 
feiner  Söeingärten  bei  (Subagt).  Ale  1805  feine  üocfjter,  welche  an  ben  ruffifctjen 
©eneral  öon  SÖimpfen  üertjeiratrjet  geroefen  mar,  öerroittroet  auf  bas  ©ut  Äa(muf= 
fara  in  ber  törim  30g  ,  natjm  ty.  feinen  2Bor)nfit$  in  ber  ^Rät)e  biefe*  eingigen, 
fer)r  geliebten  Äinbe§  unb  feinet  ®nfel§.  'Dieben  bem  äöeinbau,  bem  fiel)  5ß.  mit 
grofjem  Gifer  rotbmete,  befdjäftigten  irjn  in  ber  $rim  einige  ber  roiffenfct)aft= 
licrjen  arbeiten,  öon  benen  oben  bie  ütebe  mar.  Auf  Heinere  Üteifen,  bie  er  ge= 
legentüdi  toäfjrenb  biefeS  Aufenthalte^  unternahm  ,  führen  manche  eingetjenbere 
^ftittfjeilungen  in  ben  „Semerfungen"  (f.  0.  <&.  94)  jurüdE.  2Rit  junetjmenben 
Satjren  empfanb  er  inbeffen  immer  merjr  bie  Abfcb,  tiefjung  öon  ber  cioitifirten 
äöelt,  meiere  buret)  bie  IhiegSjeiten  noctj  öerfcfjärft  rourbe,  unb  öom  tDtffcnfct)aft= 
ticfjen  Sßerfetjr,  unb  roofjl  aud)  bie  Un3uträgticr)feit  bes  ttjeili  raupen,  tb,eil§  roecr)fel= 
tjaften  -fttimaö  ber  ^atbinfet,  mie  er  e§  felbft  meiftertjaft  im  jroeiten  93anb  ber 
,,33emerfungen",  roefentlid)  weniger  günfiig  inbeffen  at§  im  ,,5p^t>fifalifc^=topo» 
grapfufetjen  ©emälbe"  gefctjilbert  t)at.  5tuct}  blieben  iljm  unangenehme  ©rfat)= 
rungen  nieijt  erfpart.  (Jr  tourbe  in  einen  $rocefj  megen  eine§  it^eileS  feinet 
Sefi^tlums  öertoidelt,  öon  toeterjem  er  einen  anbern  SLtjeiC  feiner  jtoeiten  ^xau, 
bie  er  1786  gerjeiratfjet  tjatte,  unb  bie  it)n  überlebte,  fcfjon  im  Anfang  feinet 
2lufenttjalte§  übeiroiefen  t)atte.  ©benfo  roie  feine  erfte  grau,  bie  nad)  15jäf)= 
rige  Gbe  1782  geftorben  mar,  feine  ©efärjrtin  auf  ber  erften  Üteife,  mar  biefe 
jmeite  grau  ei  auf  ber  taurtfdjen  9teife  gemefen.  ^m  grü^jarjr  1810  öerliefj 
5|3.  Äatmuffara  unb  fiebelte  nacb,  Berlin  über,  too  er  juerft  bei  feinem  33ruber, 
bann  in  eigener  33el)aufung  miffenfcb.aftlic^en  arbeiten  unb  bem  SSerlerjre  mit 
greunben  unb  gacfjgenoffen  lebte.  5ß.  öerbract)te  rjeitere,  rurjtge  2age  in  SBerlin. 
,,3tctj  tjabe  iijn  nie  in  übler  Saune  gefunben",  fc|reibt  9tubolpcji ,  ber  mit  bem 
^Ijilologen  ©cr)neiber,  bem  ,!pofapotrjefer  ^JJterjer  au§  Stettin,  bem  Entomologen 
iilefiui  unb  bem  53otanifer  SBiUbenom  ^allae'  näcb.fte  Umgebung  in  ber  3e^ 
biefei  berliner  Aufenthaltes  ausmalte.  Sen  einzigen  Sßerbtufe  bereiteten  iljm 
GntfteEung  ober  53erfennung  feiner  Stnfidjten  unb  Urttjeile  ober  Dberfläctjlicrjfeiten, 
roie  er  fie  befonberi  in  ber  1810  erfcrjienenen  ßlarfe'fcfjen  Greife  burcl)  jftuBlanb 
in  größerer  ^ai)i  ^u  tabeln  fanb.  Unterftü^t  buret)  bie  miffenfcrjaftlicrjen  §ilfi= 
mittel,  melctje  itjm  in  SSerlin  3ur  Verfügung  ftanben,  fcr)to§  er  t)iet  bie  Fauna 
asiatico-rossica   ah,   beren   I.  33anb   in  feinem  2obe§jal)r  erfdjten,  unb  befetjäf1 


96  tyaüaZ. 

tigte  jtdj  aufjerbem  Jjaubtfäctjlidj  mit  ben  Sammlungen  bon  ber  OTingS'fdjen 
Sibirienreife,  ju  meld)er  er  felbft  ben  bortrefftidjen  $tan  enttoorfen  tjatte.  ©ine 
Slrbeit  über  bie  bon  btefer  fReife  ftammenben  Sabtaciben  ift  ber  letzte  ^Beitrag 
auS  ^atlaS'  gebet  ju  ben  Memoires  ber  Petersburger  2lfabemie.  ty.  ftarb  am 
8.  September  1811  in  ben  s#rmen  feiner  Socrjter  ftu  Berlin,  9ltS  Utfactje 
feines  StobeS  mirb  ein  faltet  lieber  angegeben,  Welches  nictjt  jum  2luSbrudj 
fommen  lonnte.  33ei  f(arer  23efinnung,  wenn  aud)  baS  ©ebädjtnifj  manchmal 
nactjtiefj,  fctjieb  er  auS  ber  2Belt.  2luf  bem  Sterbebette  berttjeilte  er  feine  Heineren 
Sammlungen  unter  feine  greunbe,  unb  eS  fott  il)n  metjr  als  alles  getröftet  unb 
erleichtert  tjaben,  als  biefe  itjm  berfbradjen,  feine  9Jtanufcripte  ju  orbnen  unb 
fobalb  mie  möglich  IjerauSjugeben.  2Benige  £age  bor  feinem  SLobe  blatte  ex  in 
Briefen  an  ben  StaatSratt)  gufj  unb  ben  9Jiinifter  9taffumomSft)  bon  ben 
£t)eilnet)mern  unb  götberern  feiner  £tyätigfeit  in  9tuf$Ianb  fictj  berabfdjiebet. 
(Sir  mürbe  am  12.  (September  auf  bem  |>attifä)en  $irct)b,of  beftattet,  ba  er  in 
feinem  legten  äöitten  ein  gamilienbegräbnifj  in  ber  Hirdje  abgelehnt  tjatte. 
(£benfo  berbat  er  fid)  jebeö  prunfenbe  SDenfmal,  fonbem  wünfcrjte  nur  einen 
einfachen  2)enfftein.  2luf  Anregung  ber  Petersburger  9lfabemie  febte  biefe  unb 
itjre  berliner  Sdjrocftergenoffenfcrjaft  1835  auf  ^attaS'  ©rab  ein  5Dentmat  mit 
ber  bon  $.  einft  felbft  beftimmten  ^nfdjrift:  „Multas  per  terras  jaetatus  ut 
naturam  rerum  indagaiet  hie  tandem  requiescit".  kleben  *p.  rufjt  auf  eigenen 
äöunfd)  fein  $reunb  unb  33iograbt)  Oiubolp^i,  ber  in  feiner  am  Sage  griebricrjS 
beS  ©rofjen  1812  in  ber  5Jlfabemie  (^u  SSerlin  gelefenen  2>enfrebe  *ß.  ein  fdjöneS 
litterarifd)e§  £)enfmal  gefegt  b,at.  Sin  anbereS  £)enfmat  ift  feine  Naturalien« 
fammlung,  meldte  bor  feiner  Slbreife  nad)  ber  ßrim  bie  ßaiferin  anfaufte,  roät)= 
renb  feine  ^öibliotfjef  nad)  Stjarfoto  fam. 

gaffen  roir  bie  (Srgebniffe  ber  fo  ungemein  regen  unb  bielfeitigen 
Srjätigt'eit  bei  bebeutenben  9Jtanne§  nod)  einmal  ^ufammen,  fo  ift  jjunädjft 
baS  reine  2leuf$erltd)e  rjerborjutjeben,  bafc  $.  18  felbftftänbige  Söcrfe  t)inter= 
laffen  t)at ,  mobei  3Berfe ,  an  beren  Verausgabe  et  fiel)  beteiligte  (©ütben= 
ftäbt'S  atoeibänbige  föeife  butd)  föufjtanb  unb  im  caucafifdjen  ©ebirge  1787 
unb  1791  tjat  ty.  felbftftänbig  tjerauSgegeben  unb  mit  einer  33iograbr)ie 
©ülbenftäbt'S  berfetjen)  nid)t  ge^äfjlt  ftnb.  S)ie  3af)t  feiner  felbftftänbigen 
miffenfdjaftticfjen  Slbtmnblnngen  beträgt  gegen  100.  9lid)t  meniger  als  39  ber= 
felben  bergen  allein  bie  33änbe  ber  Sdjriften  ber  Petersburger  Slfabemie.  SDie 
©efd)id)te  ber  3oologie,  33otanif,  ©eologie,  Qütrmograbrjie  unb  ©eograbbje  ääf)tt 
*ß.  unier  bie  ©rofjen,  meiere  gleidjerroeife  butdj  Slufbedung  neuer  £tmtfad)en 
unb  ginbung  neuer  ^been  bie  SBiffenfdjaft  geförbert  t)abcn.  SCßenn  5ß.  baS 
©djidfal  tjatte ,  mehrere  2Berfe  als  Srucrjftücfe  liegen  bleiben  ju  fetjen,  fo 
ruejt  ber  ©mnb  toefentlict)  in  ben  ^u  grofjen  Slnforberungen ,  bie  an  feine  be= 
fannte  5lrbeitSfraft  unb  Sßietfeitigfeit  geftellt  mürben.  S)ie  ^lad^melt  b,at  biefeS 
nid)t  geljinbert,  feine  33ebeutung  boll  an^uerfennen,  unb  auet)  bie  9Jtittt>e(t,  roie= 
mol  nidjt  alte  Seiten  ber  Stjättgfeit  5paEaSJ  nad)  botlem  35erbienft  mürbigenb, 
t)at  itjm  3eid)en  genug  bon  ben  tiefen  Söirfungen  gegeben,  bie  er  tjerborgebradjt 
r)at.  S)ie  Sd)riften  ^aEaS'  übten  fd)on  früb,  eine  meitreidjenbe  äßirffamfeit, 
bie  fieb,  nid)t  auf  enge  Greife  befdjränfte.  S3on  bieten  erfcrjienen  Ueberfe^ungen. 
Selbft  bie  großen  9teiferoerfe  mürben  mehrmals  in  gtanheid)  tjerauSgegeben. 
2)amalS  mürben  9teifebefdjreibungen  biel  metjr  getefen  unb  auSgenu^t  als  tjeute ; 
maren  fie  boeb,  bie  einzigen  Quellen  für  eine  Stenge  geograbl)ifd)er,  naturgefd)id)t= 
lictjer  unb  bölferfunblidjer  2;^atfad§en,  beren  feine  Speciatforfctjung  fidj  bis  batjin 
bemächtigt  tjatte.  @S  ift  nidjt  aubiel,  maS  ber  anonyme  Herausgeber  beS  1773 
in  granffurt  unb  ßeibjig  erfdjienenen  ^uS^ugeS  auS  $aüaS'  Steifen  (unter  bem 
Sitel  „5}terfmürbigfeiten  ber  ^torbuanen,  ^afafen,  Äalmüden,  Äirgifen,  Safcb,« 


5Patta§.  97 

firen  k.")  in  feiner  SSorerinnerung  fagt,  wenn  er  bie  Steife  tyatttö'  in  bie  ffib» 
(ictjen  ©egenben  beS  ruffifctjen  9teidjeS  „eines  ber  borjügtictjfteu  beutfcfjen  SOßerfe 
biefeS  3ta^unbert§"  nennt,  ein  SBudE) ,  burcf)  meldjeS  @rbbefct)retbung,  9tatur= 
funbe,  ©efctjidjte,  ja  felbft  *pt)ilotogie  unb  Sitteratur  ein  5)terfticf)eS  gewonnen 
tjaben.  Unb  ber  geroidjtige  britte  SBanb  mar  bamalS  nod)  gar  nictjt  erfdjienen. 
2lucf)  bie  taurifdje  9ieife  t)at  bis  in  unfere  3^it  tjinein  5lnerfenner  unb  ßefer 
gefunben.  SWerbingS  finb  ^aflaS'  Üteifemerfe  nictjt  bequem  ^u  lefen.  fy.,  mel= 
ctjer  feine  -gmuptroerfe  beutfct)  gef  et)  rieben  tjat,  gehört  nictjt.  ju  ben  erften  ©tiliften 
feiner  geh.  ©ein  Stil  ift  fein  Äunftftil.  %n  ben  früheren  arbeiten,  befon= 
ber§  in  ber  grofjen  üteifebefdjreibung,  übermiegt  burdjauS  baS  ©acrjlidjie  bie  gorm 
unb  in  ben  beiben  erften  Sänben  ^at  bie  (Sompofition  entfctjieben  etmaS  Ueber= 
tjafteteS.  33iel  feltener  als  feine  ^eitgenoffen  mirb  er  fubjectib.  S)er  ftxeube  an  ber 
©ctjöntjeit  ber  s3tatur  gibt  er  ganj  feiten  2lusbrucf,  am  meiften  noct)  in  ber  Steife 
nact)  Jauiien,  aber  aucfj  tjier  fietS  beiläufig  nur  unb  fur^.  $n  ben  forgfam 
üorbereiteten  afabemifctjen  ©ct)riften  ift  fein  ©til  gebrängt,  otjne  jebe  tjotjle 
©teile  unb  überall  fcfjeint  ber  Ueberflufj  beS  SöiffenS  unb  beS  ©eifieS  burctj. 
kleben  ber  altgemeinen  miffenfcijaftlictien  unb  litterarifdjen  Söirffamfeit  ftetjt  ^attaS' 
tiefgetjenber  ßinflufj  auf  Pflege  unb  23lütt)e  ber  äöiffenfctjaften  in  Stufjlanb.  ^n 
*ßenfa  u.  a.  £).  tonnte  $.  auf  feiner  fpäteren  Steife  ins  füblictje  ütufjlanb  ben 
günftigen  ©influfj  felbft  conftatiren,  meieren  feine  unb  feiner  ©enoffen  Steifen  Don 
1768 — 1774  auf  bie  ©ntmicfelung  beS  ^ntereffeS  für  9taturgefct)ict)te  unb  über* 
tjaupt  (Srforfctjung  beS  rufftfcfjen  SteictjeS  geübt  Ratten.  Unb  noct)  jüngft  ttjeitte 
uns  ein  fo  tjerborragenber  Äenner  ber  ©eograptjie  feines  SßatertanbeS ,  mie 
^rofeffor  SGßoeifof  in  ©t.  Petersburg,  mit,  bafj  bie  Äenntnifj  Dieter  SLtjetle  beS 
füböftlictjen  StufjlanbS  noct)  freute  pm  größten  Streite  auf  ^allaS'  arbeiten  rutje. 
SDiefer  Sltjätigfeit  fetjtte  eS  auct)  nidjt  an  äußerer  Slnerfennung.  @r  mürbe  1782 
jum  (SoÜegienratl),  1793  junt  ©taatSrattj  ernannt,  er  mar  einer  ber  erften  fRitter 
beS  Sölabimir  =  OrbenS  unb  in  ber  Slfabemie  ber  Söiffenfctjaften  mar  er  eS,  ber 
bei  geftfitjungen  ,ju  Gütjren  fürfilidjer  ^erfonen  in  ber  9teget  bie  großen  Vorträge 
in  franäöfifdjer  ©practje  p  tjalten  tjatte.  $.  mar  ferner  5)titglieb  ber  Slfabemien 
bon  SSertin ,  Sonbon ,  s$ari§  unb  ©totf b^otm.  Son  ben  Stnerfennungen ,  meldfje 
feine  Ueberfiebetung  nac§  ber  ^rim  begleiteten  unb  ermöglichten,  b^aben  mir  ge= 
fprodjen.  (Sr  fütjlte  ftdt)  Äattjarina  II.  gegenüber  ju  S)an!  öerpflicljtet  unb  gibt 
bemfetben  in  ber  bamat§  in  9tufjlanb  üblichen  be^m.  borgefctjriebenen  Söeife 
2luSbruc£.  6r  Ijat  iljr  unb  bem  ßaifer  $aul  feine  |)auptmerfe  gemibmet.  S)aS 
Ijinberte  itjn  inbeffen  nidtjt,  bon  ^Jti^ftänben  offen  p  reben,  3.  33.  in  bem  grofjen 
9teifemerf  bie  2lusmaf)l  ber  ßoloniften  für  Sibirien  in  iljrer  ganzen  ©raufamfeit 
bto^uftellen.  Subier  l)at  e§  als  bejeid§nenb  für  SßaHaS'  ruhigen  ßljarafter  ge= 
tjalten,  bafj  er  feine  litterarifcljen  fjfefjben  geführt  fjabe.  ^nbem  5ß.  3ar)Ireictje 
©injelergebniffe  ber  SSeobacrjtungen  unb  ©ammlungen  Slnberer  bermertljet,  ma|te 
er  nidjtS  fidg  an,  maS  er  nidjt  felbft  gefunben.  3Jtilbe  unb  ©ered)tigfeit§liebe 
^eigt  ficr)  auä)  in  ber  ©orgfalt ,  mit  ber  ty.  bie  ©rgebniffe  feiner  ©etjilfen 
©ofolof  unb  ©ujef,  mo  immer  biefe  felbftftänbig  auftraten,  als  befonbere  @in= 
fcgaltungen  mittljeilt,  bie  biüige  Seurttjeitung  feines  Vorgängers  ©melin,  baS 
Sob,  baS  er  ßeuten  ertljeilt,  bie  itjn  felbft  nicrjt  glimpflich  betjanbeln,  mie  feinem 
äeitmeiltgen  Begleiter  gtrjtfcrjfof.  ®in  l)ol)eS  ^Sla%  bon  23efcb>ibent)eit  liefe  5p. 
feine  trictjtigften  (Sntbecfungen  ruljig  unb  äurücftjaltenb  bortragen.  @S  ift  be= 
äeicljnenb,  bafe  fogar  bie  ©Raffung  unb  Benennung  neuer  ©attungen  il)n  nicrjt 
reijte.     ©eine  &ebenSart  mar  bie  eines  Söeifen  bon  ruhigem  ©emüt^. 

Silber  öon  ty. :    ©tic^    nactj   einer   33üfte   uon  3^iefe  bor   ber  Senfrebe 
üon  Ütubolpbi  1812.     ©tic|  in  ben  ©pfjemeriben  1800. 

Cuelten :  9tuboIplji ,  ^3eter  ©imon  ty.    Sin  biograpljifc^er  SSerfuclj.    33or= 

■Mttflem.  beutle  5Sioflra))^ie.    XXV.  7 


98  s}5aüa§  —  <PaUat>icim. 

gel.  in  b.  öff.  ©ife.  b.  $.  2lfabemie  ber  2Biffenfd^aften.  23erlin.  (Elbgebr.  in 
Serjträge  jur  Elntljropologie  unb  allgemeinen  ^aturgefdjidjte.  1812.)  — 
«öteufel,  @cl.  Seutfch.  VI.  X.  XV.  —  Suöier,  Eloges  historiques  II.  1819.  — 
Mgemeine  Seitung  October  1811.  %r.  281,  283,  285.  —  glatte,  Travels 
in  various  Countries  of  Europe  etc.  I.     1810.  —  SernouEi,  Reifen.     IV. 

^riebridj  Stapel. 
^attaS:  Simon  $. ,  Slr^t,  1694  in  33erlin  geboren,  ift  bafetbft  bis  p 
feinem,  am  24.  $uü  1770  erfolgten  2obe  als  ^hojeffor  ber  Chirurgie  an  bem 
Collegium  medico-chirurgicum  unb  erfter  SBunbarjt  an  bem  ßb^ritö-.firant'enrjaufe 
tljätig  gemefen  unb  l)at  fiel)  als  füljner  Operateur  rühmlich,  ausgezeichnet.  S)ie 
öon  iljm  öerfafjten  dururgifdjen  ßetjrbüdjer :  „Einleitung  ^ur  prafttfä)en  Gfjirurgie" 
(1763,  1770)  —  „Ueber  bie  cbirurgifcl)en  Operationen"  (1763,  mit  einem  2ln= 
t)ange  1770)  —  „Einleitung  bie  Änocljenfranffjeiten  ju  t)eilen"  (1770)  enthalten 
manches  bem  Sßevfaffer  ©igene  unb  geben  neben  (Empfehlung  einzelner  feljr  ge= 
wagter  Operationen  (fo  namentlich,  in  s-öeiug  auf  bie  Einzigen  jur  Trepanation) 
öiele  einfidjtööolle  Seljren  in  Se^ug  auf  bie  Operation  bes  Slajenfteins,  auf  bie 
^nbication  jum  ffaiferfdjnitt,  auf  bie  S5et)anblung  öon  $nodjenbrücl)en  unb  23er= 
renlungen  u.  a.  21.  #irfdj. 

^ottaDtcini :  Sarlo  %  (s4>aüaPicino ),  geboren  au  33rescia,  war 
einer  ber  beliebteften  Dperncomponiften  feiner  $eit,  beffen  äöerfe  namentlich,  in 
Söeuebig  öon  1666—1687  jur  2luffübrung  famen.  (Jin  genaues  33ei,}eicbnif$ 
berfelben  giebt  ^^tis  in  feiner  Biographie  universelle  des  musiciens  (Paris  1864, 
VI,  437).  SJom  Sahre  1667  an  mirb  ty.  als  SBicecapeEmeifter,  feit  1672  als 
ßapellmeifter  ber  furfürftl.  fäcbfifcrjen  (tapetle  erwähnt,  llrfunblidjen  9tac6= 
richten  jufolge  lebte  er  1673  noch,  in  Bresben,  fefeeint  aber  balb  nachher  feine 
Stellung  aufgegeben  ju  baben  unb  nach,  Italien  jurüclgegangen  au  fein,  %m 
^abre  1683  engogirte  it)n  fturfürft  ^obann  ©eorg  III.  abermals  als  (£apell= 
meifter  einer  für  Bresben  beftimmten  itatienifcfjen  Oper,  %n  ber  ihm  in  33enebig 
ausgefeilten  23eftaHung  fieifjt  es,  er  fei  jutn  (SapeÜmeifter  ernannt  morben  „in 
Setracbt  feiner  guten  äßiffenfc&aft  unb  meil  er  bei  Unfers  in  ©ott  böcbftfetig 
rubenben  ^errn  23aters  (Bnaben  in  uutertbänigften  SDienften  gemefen  ic:  er  foll 
fieb  auf  Unfer  Segebren  bei  Uns  in  Unferer  9tefiben,j  Bresben  einfinben,  tücbtige 
Sänger  unb  (Santatriceu ,  ba  mir  beren  ju  benen  Opern,  fo  äöir  präfentiren 
taffen  möchten,  gnäbigft  öertangen  werben,  mit  fich  bringen;  jeboch  foll  ibm, 
wenn  SBir  feiner  nicht  mebr  bebürftig,  fieb  wieberum  in  Italien  ^u  begeben, 
gnäbigft  üergönnt  fein.  2lufjer  (Stfaü  ber  föeifefoften  warb  iljm  eine  jährliche 
SBefolbung  öon  400  £halern  bewilligt.  Söährenb  bes  Sarnebais  1686  fanben 
nun  in  Bresben  mehrere  italienifcrje  DpernöorfteEungen  ftatt,  Welclje  großes 
Eluffetjen  erregten,  umfomehr,  ba  jutn  erftenmale  eine  (Sängerin,  ^Dcargtjetita 
Saticola ,  barin  auftrat.  Dr.  (Sari  p.  äßeber  Ijat  in  feinen  ^Beiträgen  pr 
(Sfvronif  2>resbens  ( Seidig  1859  ®.  69  flg.)  höchft  intereffante  Einzelheiten 
über  bas  (Engagement  biefer  (Sängerin  erjätjlt,  sJtad)  33eenbigung  ber  italienifdjen 
Opernöorftettungen  war  5ß.  jebenfalls  wieber  nach,  Italien  äurüclgegangen,  benn 
öom  1.  Januar  1687  an  fteEte  man  il)n  öon  feuern  als  „Camerae  ac  Thea- 
tralis  Musicae  Praefectum"  mit  1200  2^lr.  ®ebalt  an.  2lm  2.  Februar  1687 
2lbenbs  6  Ub^r  Warb  nun  aum  erften  ^SRalt  bie  breiactige  italienifctje  Oper 
(Drama  per  Musica)  „La  Gerusalemme  liberata"  öon  (Siul.  ßefare  ßorrabi, 
componirt  öon  $.,  gegeben:  „fo  bis  2lbenbs  3  410  Uljr  geWäbret";  in  ibr  feierte 
bie  ©alicota  als  2lrmibe  neue  2riumpl)e.  SE>as  3a$x  barauf,  am  29.  Januar 
1688  ftarb  $.  in  S)re8ben ,  würbe  ©onnabenb  ben  4.  Februar  nach,  Softer 
^Jcarienftern  gebraut  unb  bort  begraben.  SDte  fönigl.  ^ülufifalienfammlung  in 
Bresben  befi^t  als  feljr  intereffantes  Unicum  bie  Partitur  öon  ^allaöicinis  Oper 


^aßeife.  99 

La  Gerusalernme  liberata,  fowie  bas  mit  einer  beutfcfjen  Ueberfetjung  gebrucfte 
2ertbud).  S)ie  Dper  warb  in  Hamburg  italienifd)  1694,  in  beutlet  Ueber= 
fetjung  oon  Siebler  1695  unter  bem  Xitel  Slrmibe  gegeben  (üergl.  Slllgem. 
muftfal.  3eüung  1877  unb  1878).  Sine  Cper  Stntiope  Don  5p.,  gebietet  Don 
befjen  ©ot)n  Stefano,  an  berenSBollenbung  ber  Gomponift  burct)  ben  £ob  öertjinbert 
roorben  war,  beenbigte  ber  befannte  ßurfütftl.  ©äcljf.  Sßicecapeltmeifter  5Ricolaus 
Slbam  ©trungf.  £>ie  Dper  Würbe  im  $ebruar  1689  mit  großem  Gürfolg  titer* 
mal  in  SDresben  gegeben.  Partitur  unb  bas  mit  einer  beutfdjen  Ueberfetjung 
berfetjene  Stertbutb,  befitjt  ebenfalls  bie  5Jftufifalienfammtung  bes  Königs  tion 
©adjfen.  lieber  ein  Oratorium  bon  5p.  „II  Trionfo  della  Castita" ,  welches 
SBurnet)  in  Partitur  fennen  lernte ,  urttjeitt  berfetbe  nidjt  günftig.  2lts  £pern= 
componift  ftanb  iß.  bottftänbig  auf  ber  ,g)öt)e  feiner  3"t  o^)ne  jeboci)  irgenbmie 
epod)emacf)enb  aufzutreten.  2>er  fdjon  ermähnte  ©otm  5pattatiiciniS  mar  am 
31.  IDiarä  1672  zu  5pabua  geboren  unb  au  ©ato  im  Gottegium  ber  P.  P.  ©omafdji 
erjogen  worben.  £er$nabe  madjtefolctje  fyortfcfjvittc,  ba§  er  bereite  im  Sitter  bon 
10  ^afyren  in  ber  5pt)ilofopt)te  bisputirte.  5ftad)  beenbeten  ©tubien  ging  er  mit  feinem 
SBater  nadj)  üDresben  (1686),  Wo  er,  erft  16jät)rig,  jum  ßofpoeten  ernannt  würbe 
unb  feine  erfte  Cpet  „l'Antiope"  bietete.  5ftacb,  bem  2obe  Sodann  @eorg  III. 
trat  er  in  bie  Sienfie  äoljann  Söiltjelms  (ffuifürften  bon  ber  ipfala)  all  £>ofpoet 
unb  ©ecretair;  nad)  bfffen  £obe  (1716)  tarn  er  um  1718  in  gleicher  SigenfcfjG't 
wieber  nad)  Bresben,  mo  er  im  Slpril  1742  ftarb.  Unter  feinen  bieten  Sßerfeu 
wirb  befonbers  eine  Ueberfefeung  bes  ^oraj  gerühmt.  Opere  del  Signore  Steffauo 
Benedetto  Pallavicini.     Venezia  1744.  dürften  au. 

^attcöfe:  (Smil  5p.,  bramatifdjer  SBoxIefer  unb  ©djriftftetler,  geb.  am  5.  ^uni 
1823  in  Stempelburg  in  «Pommern,  f  am  28.  Cctober  1880  in  £f)al  bei 
Sifenadj.  5p.  tierlebte  eine  frot)e,  bon  beengenben  ^effetn  freie  ^inberjeit,  beöor 
er  bas  ©rjmnafium  in  ©tettin  bejog.  Sßeglüdt  benft  er  nod)  am  @nbe  feiner 
gaufbaljn  jener  fonnigen  £age,  bie  feinem  ©emütt)  bie  ©abe,  in  biefer  SBelt 
immer  nur  bie  „liebe  weite  ©ottesmelt"  ju  fetjen,  unb  feiner  ©eele  tjoljen  ibealen 
©djwung  tiertieljen,  ber  fidj  nie  berleugnete.  grub,  erwadjte  in  ib,m  bie  Zuneigung 
für  bie  bramatifdje  $unft  unb  nur  ber  SBunfd)  ber  Butter  liefe  itjn,  mit  bem 
33orfat$  Geologie  p  ftubiren ,  nad)  Berlin  ^ietjen.  2>ort  aber  gewann  er  es 
nidjt  über  ftdj,  ben  eigenen  SDrang  ju  erftiden,  ftubirte  5pt)i(ologie  unb  ©efdjidjte, 
namentlich  bie  ©efdjidjte  bes  üDramas  unb  bereitete  fidj  burdj  bas  ©tubium 
größerer  Stollen  ^um  ©djaufpieler  bor.  Senn  als  foldjer  Wollte  er  (Srfabjungen 
fammeln,  um  fte  fpäter  als  bramatifdjer  Sidjter  ju  berwertfjen.  6s  gelang 
itjm,  bem  gefeierten  ©djaufpieler  Jtjeobor  Döring  natiejulommen,  aber  was  iljm 
einft  fein  ©önner,  ber  SBifdjof  Dtttfdjl  in  ©tettin,  als  unerläfelidj  für  ben  guten 
Ütebner  bejeidjnet  blatte  unb  Was  t|m  fehlte,  bas  3u"9en=9t,  madfjte  Döring 
je^t  audj  jur  Sorbebingung  für  ben  guten  ©djaufpieler.  5D^it  unermüblid)em 
Steife  gelang  es  5p.,  ben  5ükngel  ju  befeitigen  unb  nun  betfd}affte  il)m  Döring 
ein  Engagement  bei  SJircctor  33oigt  in  5pofen  (1845).  1846  trat  er  in  grofeen 
gelben-  unb  ßljaracterrollen  am  ©tabttljeater  ju  ©tettin  auf  unb  erfjielt  infolge 
biefer  ^eiftungen  einen  9tuf  an  bas  <g>oft^eatet  in  Dlbenburg  als  jweiter  g^aractcr« 
fpieter.  3£ie  an  biefem,  bamals  mufterfjaften  Äunftinftitut,  bem  ©taljr  unb  5)Jtofen 
nal)eftanben,  oerlebten  Sab,re  würben  in  bieter  SSejteb.ung  bie  wab,re  ©djule  aucf) 
für  ben  33orlefer  5p.  5>lls  ©d)aufpicler  gelang  es  iljm  nid)t,  eine  Sebeutung  ju 
erringen,  bas  äufeerlidj  SBirffame  war  iljm  auf  biefem  ©ebiet  öerfagt,  er  üerinner= 
lidjte  bie  i^m  geworbene  Stufgabe  fo  ftart,  bafe  er  ben  plafiifdjen  unb  mimifd^en 
Slusbruct  barüber  öernad)läffigte.  Um  fo  einbringlidjer  wirlte  er  bereits  bamali 
als  Sßortefer  unb  nidjt  nur  ber  ©rfotg,  ben  er  ali  fold)er  beim  ©rofeljerjog,  bei 
6oHegen  unb  in  befreunbeten  Familien  fanb,  liefe  itjn  enblid)  ben  fd^aufpielerifcben 

7* 


100  'Mm- 

Veruf  aufgeben,  um  ben  be§  Vorteferi  ju  ergreifen;  auct)  bie  banfbare  Aufgabe, 
ein  ganzes  2)rama  roieberjugeben,  bie  $reit)eit  in  ber  2Bat)t  bei  Vorjutragenben, 
bie  größere  llngebunbenljeit  ber  äußeren  2ebenibert)ättniffe ,  nriffenfdjaftticf)e  unb 
bidjterifcrje  Neigungen  roirften  bei  biefem  Söedjfel  befiimmenb  mit.  (Sin  giel,  welcfici 
*p.  lange  Dorgefdjmebt  t)atte  unb  toelcfiei  in  nidjti  Geringerem  beftanb,  ali  bem 
beutfdjen  3JoIt  ein  gried}ifct)ei  Xtjeater  mit  freiem  Eintritt  jju  erroirfen  unb  biefem 
Xf)eater  eine  Xragöbie  im  griedjifdjen  Sinne  unb  mit  Stören  ;m  fä)enten,  marb 
mit  jenem  Söedjfet  natürlich  bauemb  aufgegeben,  aber  beffer  ali  in  bem  fingen 
nad)  fo  Unerreichbarem,  erfüllte  er  in  feinem  neuen  SZBirfen  bie  Aufgabe,  bie  if)m 
bie  l)öd)fte  galt:  ben  ßebenifunfen  bei  $beali  $ux  flamme  jju  entfachen  unb  fein 
SDafein  atleu  fidjtbar  werben  ju  taffen.  1851  30g  $.,  ber  fid)  bereits  1848  in 
$arii  bermafjit  tjatte,  nad)  Verlin  über,  fpäter  lebte  er  in  Söeimar  unb  fiebelte 
fid)  enblid)  in  bem  reijenben  ttiüringifcljen  SBalbort  Xtjal  an.  Von  1850—80 
tai  *p.  an  meb,r  ati  3000  2lbenben  unb  nidjt  nur  in  2)eutfd)lanb  unb  £>efter= 
reidj,  aud)  in  ^ottanb  unb  (ümglanb,  in  9tumänien  unb  Sftufjtanb  recitirte  er  mit 
fteti  fidj  gteidjbleibenbem  Veifatt  bie  ^»auptbramen  Stjafeipearei  unb  unferer 
ßlaffifer,  bie  Soütjofleifdien  Dramen  unb  Sdjerenbergi  Sd)lad)tenbitber  unb  feit 
1864  aud)  bie  2)id)tungen  $rijj  9teuteri.  Seine  Sluffaffung  bei  Vorgetragenen 
mar  fteti  bebeutenb,  ber  Vortrag  felbft  in  Sluifüradje,  Stimmbertoenbung  unb 
(Steigerung  ein  mat)rt)aftei  ßunftrocrf,  beffen  Söirfung  fo  menig  bem  feingebitbeten 
Kenner  tote  bem  einfachen  5Rann  gegenüber  berfagte.  @r  belebte  bie  SDidjtungen 
unb  toerlielj  ü)nen  burct)  bie  einheitliche  Sluffaffung  oft  noct)  größere  Söirfungen 
ati  fie  bie  Vüt)nenauffüt)rung  ju  geben  bermag.  äßie  tief  er  in  bai  äöefen 
feiner  Äunft  eingebrungen  ift,  toie  Ijod)  er  aber  auct}  itjren  SBertb,  unb  itjren 
ginffufj  fdjäfctc,  beroeift  fein  lejjtei  äßerf:  „Sie  flunft  bei  Vortrags" 
(Stuttgart  1880),  öon  bem  1884  eine  jjroeite  üon  £)erm.  gifdjer  burdigefeljene 
Sluflage  t)erauSgegeben  morben  ift.  SBeit  größere  Greife  als  biefei  Vud)  b,at 
^afteife'i  Schrift  „Sd)itteri  ßeben  unb  äöirfen"  (Vertin  1858,  12.  t>.  $.  $ifd)cr 
tjerauigegebene  Stuft.,  Stuttgart  1886)  gebogen,  bai  namentlich  burct)  bie  wot)l= 
tt)uenbe  SBärme  ber  Veljanblung  unb  bie  griffe  ber  SDarftettung  ein  VolfSbudj 
im  beften  Sinn  geworben  ift.  1879  gab  $p.  ali  eine  weitere  grud)t  feiner  Ve= 
fdjäfttgung  mit  Sdjitter  unter  bem  Xitel  „(Stjarlotte"  ,  Gebentblätter  an  (£f)ar= 
lotte  ö.  $alb  IjerauS.  SDie  SDramen,  meldje  *p.  nad)  StuSgabe  feiner  Sd)itterbto= 
grabtjie  in  ben  50er  $at)ren  t)at  erfdjeinen  taffen,  fanben  adjtungSüotte  Stufnatjme, 
otme  fid)  bauernbei  ßeben  fiebern  %u  fönnen.  Sßeitaui  bai  reiffte  unb  getungenfte 
ift  „Cltoer  6romtoell"  (Verlin  1857);  im  „Äönig  «ölonmoutV  (Verlin 
1853)  feffelt  bie  treffliche  ^aracteriftit  unb  aud)  „Slc^iltei"  (OJöttingen  1855) 
meift,  obgleictj  in  ber  Anlage  nicf»t  glücftid),  gute  6igenfcl)aften  auf.  5Doc§  nid)t 
auf  fc^riftftellerifc^em  unb  poetifc^em  Gebiete,  fo  ©utei  5p.  auc^  auf  itmt  ge= 
leiftet,  liegt  ber  Sdjtoerpunft  feiner  X^ätigfeit,  fonbern  in  feinem  SBirfen  ati 
Vorlefer.  ^tidjtig  fagt  einer  feiner  öerftänbigften  Veurtljeiter  (Veibl.  3.  ^ölagbeb. 
3tg.  9tr.  13,  1881):  Xaufenbe  Ijaben  ftd)  an  feinem  Xalent  erfreut,  Xaufenben 
l)at  er  bai  Verftänbni|  für  bie  Heroen  unferer  ©eifteitoelt  eröffnet  unb  menn 
er  bie  Seele  ber  <£)örer  burcl)brang  mit  bem  Sidjte  aui  ben  ^)öt)en,  toenn  er  bai 
fd)lafenbe  ©ebanlenteben  toactjrief  burclj  fein  mäcb.tigei,  bem  üDidjter  entliehenes 
3Bort,  menn  er  unferen  großen  Xobten  neu  belebte  burct)  EraftboEen  Seelenlaut, 
bann  burfte  er  tool)l  mit  Siecht  an  bie  SBirfung  feiner  ßjiftenä,  an  feine  SJliffion 
glauben.  ^ofeüb,  Äürfctjner. 

^alnt:  ^ermann  5p.,  ßitterarl)iftorifer,  in  Grünau  bei  ^irfcljberg,  mo  fein 
Vater  ßeb,rer  mar,  am  16.  Februar  1816  geboren  unb  öon  1829—1836  auf 
ben  Gtjmnaften  in  -gnrfdjberg  unb  Sc^meibni^  für  bie  Untöerfität  borgebilbet, 
ftubirte   in  Vreilau  5pijilofopt)ie  unb   beutfetje  ^p^itotogie   unb   mürbe,   nadjbem 


JPatm.  101 

er  1843  fein  Cberlehrerejamen  beftanben  unb  am  ^riebrichsgrjmnafium  in 
Sreätau  fein  Probejahr  abgelegt  hatte,  1846  al§  testet  (Eollege  an  ba§  9Jtagba= 
lenäum  berufen.  1868  jum  ißrofeffor  ernannt  unb  1881  pm  ^rorector  an 
biefer  SInftalt  beiörbert,  nötigte  ihn  pnetjmenbe  Äränllichfeit  1883  feine 
ßmeritirung  nachpfuchen ,  bie  i|m  in  ber  ebrenPoHften  2Beife  getoäcjrt  mürbe. 
@§  mar  ibm  öergönnt,  feine  frittfche  Sluigabe  ber  äßerfe  beä  9lnbrea§  ©rpphiuä 
noch  Por  feinem  2obe  Poltenbet  3u  fef)en.  sDtach  langen  Seiben  entfchlief  er  1885« 
am  25.  3uni  in§  beffere  ßeben.  ?ß.  mar  s)JUtglieb  mehrerer  gelehrten  ©efeE= 
fcbaften:  bie  Röntgt.  böt)tnifche  (Sefellfchaft  ber  2Biffenfd)aften  blatte  ibn  pm 
-correfponbirenben,  ber  obextauft^ifdEje  p  ihrem  (£l)renmitgtiebe  ernannt  unb  1871 
bie  philofophifcb,e  ^acultät  ber  UniPerfität  Sreitau  ib,m  ibr  2)octorat  honoris  causa 
Perlieben,  ©eine  titterarifche  ütbätigfeit  bemegte  fich  Porpg§toeife  auf  bem  ©ebiete 
ber  beutfcben,  namentlich  fchlefifchen  Siteraturgefchichte.  ©eine  arbeiten  über  ben 
3ittauer  föector  Gühriftian  Sßeife,  5)3aul  ftlemming,  ba%  beutfdje  2)rama  in  Schleften 
bis  auf  ©rt)phiu§,  Martin  Dpife,  3anu§  ©rutctuS,  Saniet  Pon  (Saeplo  finb  Pon 
bleibenbem  2öerthe  unb  erfchienen  gefammelt  bei  IJJtorgenftern  in  Sreätau  1877 
unter  bem  Slitel:  „Beiträge  pr  ©efchicbte  ber  beutfcben  Literatur  be8  16.  unb 
17.  $ahtt)unbert§."  2)ie  ^ubticationen  be§  titterarifcben  2Serein§  in  Stuttgart 
enthalten  biet  feiner  ebitorifchen  arbeiten:  „$aul  sJtebbun§  5E>ramen"  1858,  „ber 
5ßeter  Suoch"  au§  einer  mittetbocbbeutfchen  SBreilauer  |)anbfchrift  1863  unb 
bie  SBerfe  be£  StnbreaS  ®rpphiu§  in  3  JBänben,  1878,  1882,  1885.  Sluch  be= 
forgte  er  nebenbei,  nachbem  ^affoto  1864  geftorben  mar,  bie  14.  Auflage  beä 
^ifchon'fchen  Seitfaben§,  1874.  Seine  gorfchungen  über  bie  SebenSgefcbichte  bei 
Martin  Opifc  nöthigten  $. ,  bie  politifche  ®efcl)ichte  Schtefien§  in  ben  Äieis 
feiner  Stubien  einpbe<jieben  unb  gaben  ibm  Sßeranlaffung  p  einer  bie  ©reigniffe 
in  Sctjleften  Por  unb  im  brei|igjäbrigen  Kriege  bebanbelnben  treibe  Pon  2luf= 
fäben,  bie  er  in  ber  3cüfdjriTt  für  ©efcbichte  unb  ?llterthum  Sdjlefienä  Per^ 
öffentliche,  toie  benn  auct)  bie  Pom  ftfjtefifchen  (5tefchicht§Perein  öeranftaltete 
Ausgabe  ber  Acta  publica,  bereu  erfte  Pier  SSänbe  er  felber  ebirte,  burch  ibn  in 
Anregung  gebracht  toorben  ift.  2lbB  Mitarbeiter  an  ber  SIEgem.  S)eutfcben 
SBiograpljte  hat  er  neben  einer  9teihe  fleinerer  Seiträge  über  ©icbenborff,  ©rn= 
ptjiuä   unb  $opifch  größere  3lrttfel  geliefert. 

SchtefifcheS  Sonntagsblatt  3.  Saljrgang  sftv.  22. 

Schimmetpfennig. 
^Olm:  Johann  $acob  5ß.,  geb.  am  9.  $uni  1750  p  Scbornborf  in 
SBürtemberg,  Suchhänbter  in  (Hangen,  trat  }um  erften  9ftale  im  $.  1779 
(nach  ben  IDtefjt'atalogen)  als  Verleger  auf  unb  Perlegte  bi§  ^u  feinem  am 
14.  September  1826  erfolgten  £obe  793  Sßerfe.  $.  geigte  ftch  aber  auch,  für 
feinen  Seruf  fcrjriftftellerifcl)  ttjätig.  Slu^er  einem  „SerjeicrjniB  feines  bermaligen 
S5orratbe§  älterer  unb  neuerer  Sucher  auä  allen  2Biffenfchaften  nach  alpt)a= 
Betifd^er  Drbnung."  6  S3be.,  1810—1812,  gab  er  noch  mehrere  bibliographifcbe 
^anbbücher  herauf:  „Serfuch  einer  mebicinifc^en  ^anbbibliothel."  1788.  — 
„Serfuch  einer  jpanbbibliottjeE  ber  öfonomifdjien  Siteratur."  1790.  —  „Sßerfuch 
einer  ipanbbibliothet  ber  juriftifchen  ßiteratur."  1791.  —  „JpanbbibXiott)ef  ber 
tbeotogifcben  Literatur. "  3  S3be.  1792  93.  2lm  befannteften  unb  merth= 
Pottften  ift  fein  im  ^.  1795  in  Serbinbung  mit  ^einrieb  SSenfen  herau§= 
gegebene^:  „9ieue§  Slrchiü  für  ©elehrte,  SSuchbänbler  unb  Antiquare."  2)ann 
tjat  er  noctj,  als  mit  SSeginn  be§  ^ahrtjunberts  eine  Slenberung  in  ben  Sßer= 
^ältniffen  beS  Suchhanbelg  fich  fühlbar  machte,  ein  (Gutachten  bierüber  erfct)einen 
laffen  unter  bem  £itet:  „S3et)trag  ju  ben  Sorfchlägen ,  toelcbe  3U  go^S6  oer  in 
ber  3ubitQtc=«Keffe  1802  gehaltenen  5ßucbhänbler  =  Serfammlung  Pon  jebem 
Mitgliebe  ber  33ucbbänbterftanbe§  geforbert  roorben  finb."    5Da§  ©efchäft  ^alm'l, 


102  SPalm. 

roeldjer  ber  ßetjrljerr  feineg  unglüdlictjen  Neffen  $ot)ann  ^tjitipp  5ß.  getoefen 
mar,  ging  nact)  feinem  Sobe  in  ben  Sefitj  feines  Neffen  unb  ©djtoiegerfotmeS 
ßtjriftopt)  Subtoig  ty.  über.  @in  anleitet  ©ct)totegerfot)n ,  3sot)ann  ßrnft 
2luguft  (Snfe,  blatte  im  $.  1815  bie  ©ortimentäbuctjtjanblung  übernommen, 
bie  er  unter  ber  xjjixma.  5J}alm  &  @nfe  toeiterfütjrte,  eine  ^irma,  bie  al§  ge= 
nutete  unb  tjerborragenbe  Serlag3buct)tjanbtung  noct)  tjeute  befielt. 

91.  ftetrot.  b.  ©.  Mrg.  1826.  $  all  mann. 

sJtalm:  Sodann  «Philipp  «ß.  mürbe  am  18.  2)ecember  1766  in  ©db>rn= 
borf  in  SBürtemberg  al§  ©otjn  eine§  2lpottjefer§  geboren,  befugte  bie  Solfsfctjule 
bafelbft  unb  erlernte  bann  bei  feinem  £)t)eim,  bem  Suct)t)änbler  Sfotjann  ^acob 
*)3alm  in  (Hangen,  ben  Suctjljanbel.  9luf  einer  9teije  nact)  Seipjig  «jur  Öfter* 
meffe  lernte  itm  ber  Sucf/fjänbler  ©tein  in  Nürnberg  fennen  unb  bot  ifjm  eine 
©teile  al§  ©etjilfe  in  feinem  ©efetjäfte  an.  Wactjbem  fictj  $.  mit  ber  Stoctjicr 
©teinä  bertjeirattjet  blatte,  würbe  er  Sefiijer  ber  ©tein'fctjen  Suctjtjanblung  in 
Nürnberg.  %m  $.  1806  erfctjien  im  Serlag  biefer  Sirma  eine  Heine  Srofctjüre 
otjne  Eingabe  be§  Serfafferg,  Serlegerä  ober  2)rucferä  unter  bem  Sitel  „5)eutfcf)= 
lanb  in  feiner  tiefen  Oürniebrigung".  ü£)ie  144  ©eiten  ftarfe  ©ctjrift  beleuchtete 
mit  reifem  politifetjen  Serftänbnifä  bie  traurige  £age  SDeutfctjlanbi ,  geißelte  in 
fetjarfer  Söeife  baS  betragen  ber  fvan^öfiferjen  Gruppen  in  Saiern  unb  berur= 
ttjeitte  in  b  erb  er  3lrt  baä  Söefen  unb  £anbeln  9tapoleon§.  3>in  llebrigen  ^eicrjnet 
fict)  bie  ©ctjrtft  in  feiner  SBeife  buret)  formelle  53or^üge  ober  £iefe  ber  ©ebanfen 
au§.  ©ie  erhielt  aber  eine  ungetoöt)nlicl)c  Sebeutung  burd)  bie  folgen,  °^e  tf)re 
Seröffentlidjung  t)atte  unb  bie  für  5ß.  berberblict)  mürben.  Sin  ©remplar  ber= 
felben  toar  bon  ty.  ber  ©tage'fdjen  Sudjtjanblung  in  2lug§burg  geliefert  unb 
bon  biefer  einem  ©eiftlidtjen  jugefct)idt  morben,  bei  toetetjem  fict)  fran«5öfifct)e  £)ffi= 
eiere  im  Quartier  befanben,  bie  ber  beutfdjen  ©pradje  mächtig  toaren.  2)iefe 
äußerten  it)ren  UntoiHen  über  ben  $nt)alt  ber  ©crjrt}t,  unb  fefeten  bie  fran^öfifdje 
Regierung  bon  berfelben  in  j?enntnife.  Son  biefer  toar  eS  balb  buret)  ben  ©e= 
frfjaft§fttt)rer  ber  ©tage'fdjen  Suct)t)anbtung  ermittelt,  bafe  ty.  ber  Serbreiter  ber 
fr(ugfct)rift  toar.  i^nfolgebeffen  erfct)ienen  am  28.  3ult  nier  fdjtoaragefleibete 
sperren  in  ber  ©tein'fdjen  Suditjanblung  in  Nürnberg,  fragten  nad)  bem  23ov= 
ratt)  iener  ©ct)rift  unb  ftettten  eine  <!pau§fuct)ung  an,  mufeten  aber,  otme  ein 
ßjemptar  gefunben  ju  t)aben,  fiel)  toieber  entfernen,  ba  ber  ©etn'lfe  $alm'8,  $ect), 
bie  Sjemplare  bei  ©eite  gefdmfft  unb  ber  3)ruder  Reffet  in  2lltborf  auf  beffen 
Slnrattjen  einen  ganzen  fallen  babon  in  feinen  Sßrunnen  öerfcnlt  blatte,  ty., 
ber  bamalä  jur  ^Jlcffe  in  9Jlünd)en  toar,  fam  hierauf  am  9.  ?luguft  nact)  sJtürn= 
berg  unb  bat  bie  bamaligc  Setjörbe  ber  SBuctjtjänbler,  ba§  Sßormunbamt  f,u 
Nürnberg,  um  eine  gerid)tlict)e  Unterfucrjung,  bie  aber  au§  unbefannten  ©vünben 
abgelehnt  tourbe.  5ll§  5ß.  babon  jhnntnijj  ertjalten  tjatte,  ba^  ber  ©efcr)äft3= 
fütjrer  ber  ©tage'fcljen  SSuclj^anblung  in  9lug3burg,  ö.  ^enifd^,  toegen  SBer= 
breitung  biefer  ©cljrift  bertjaftet  toorben  toar,  begab  er  fid)  am  15.  2Iuguft  ju 
feinem  Orjeim  nacl)  Erlangen,  meiere  ©tabt  bamal§  noctj  unter  preu|ifcr)em 
©ctjufee  ftanb,  toät)renb  Nürnberg  fd)on  feit  einiger  3e*t  bon  ben  granjofen  be= 
fe|t  toar.  Srofebem  er  oon  feinen  g^unben  getoarnt  toar,  ferjrte  er  boer)  fetjon 
nadt)  einigen  Sagen  nact)  Nürnberg  jurücf,  liefe  fiel)  aber  nidjt  öffentlict)  fetjen, 
ro.il  ber  franäöfifd)e  ©eneral  gr&re  öfter  nacl)  il)m  gefragt  tjatte.  3ll§  einc& 
2agc§  ein  ärmlict)  gefteibeter  JTnabe  mit  ber  Sitte  um  einen  Settrag  ^ur 
Untcvftütjung  einer  alten  ©olbatentoitttoe  in  bie  ©tein'fcrje  Sud)l)anblung  fam 
unb  barauf  brang,  üp.  felbft  ju  fprecfjen,  liefe  berfelbe,  nichts  ©d)limme§  atmenb, 
ben  jungen  tior  fiel)  fommen,  jumal  ba§  3euÖn^»  ^a§  °^efer  borlegte,  bon 
angefetjenen  Sürgern  Nürnbergs  unterjeictjnet  toar.  kaum  t)atte  ficr)  aber  biefer 
Änabe  entfernt,  fo  famen  auetj  fetjon  jtoei  franjöfifctje  ©en§barme§  in  bie  Suct)= 


^alm.  103 

rjanblung,  brangen  fofort  in  $alnv§  3immei:  unb  forberten  ifjn  auf,  fie  jum 
franjöfifcfjen  ©enerat  ju  begleiten.  2Iuf  befjen  SSef ragen  ermiberte  ty.,  bafj  er 
jene  ©djrift  nur  jur  SOÖeiterbeförberung  öon  unbekannter  ^)anb  erhalten  rja6e, 
toorauf  ifjm  befohlen  tourbe,  fein  -£>au§  nidjt  mcfjr  au  üerlaffen.  äßenige 
©tunben  barauf  tnurbe  itun  burdj  einen  franjöfifcfjen  Officier  mitgett)eilt ,  bafj 
feine  SÖofmung  nid)t  genug  ©icfjerrjeit  böte,  infolgebeffen  5ß.  in  ein  öerfdjtoffeneä 
3immer  be§  9tatb,b,aufe§  gebracht  tourbe.  3lm  anbern  borgen ,  nacfjbem  man 
ib,m  nocb,  geftattet  rjatte,  öon  ©attin  unb  Äinbern  2lbfd)ieb  ju  nerjmen,  tourbe 
er  in  Begleitung  jtoeier  ©en§barme§  unb  bes  iijm  auf  Sitten  feiner  (Sattin  als 
9tt'crjt§anroatt  beigegebenen  Dr.  ö.  .^olafcrjutjer  in  einem  2Bagen  &u  bem  9Jtar= 
fdjatl  Sernabotte  nacb,  2lnSbacI)  abgeführt.  <!pier  erflärte  man  irjm,  bafj  2llle§ 
üerloren  fei,  ha  feine  3)errjaftung  fid)  auf  einen  unmittelbaren  23efer)l  au§  5ßari§  be= 
grünbe,  unb  braute  itjn  in  ein  gemeines  ©efängnifj.  ^cactjbem  fein  ^tdjtä* 
antoatt  ba§  nötige  9teifegclb  üetfd)afft  blatte,  ba  er  fonft  tjätte  311  gufj  reifen 
muffen,  brachte  man  itjn  nad)  ber  öfterreidjifcfjen  ©tabt  Sraunau ,  too  er  am 
22.  Sluguft  eintraf.  Unterbeffen  rjatte  ^?alm'§  ©attin  an  ben  fran^öfifcrjen 
SRinifter  Otto  in  9Jcüncfjen  ein  SBittfdjreiben  eingereicht,  baS  unbeantwortet 
blieb  unb  bem  9Jcinifter  Berttjier  eine  Sittfdjrift  übergeben  laffen,  auf  bie  ber 
Sefcrjeib  erfolgte,  bafj  atteS  öergebenS  unb  nic^tg  metjr  rücfgängig  ju  madjen  fei. 
$n  SSraunau  tourbe  bie  Sacbe  mit  ber  größten  Güile  betrieben.  S)ie  mittele 
faiferlidjen  ©ecreti  öom  7.  $uli  1806  ernannte  (Sommiffton,  bie  auf  Beferjt 
üom  12.  SJuguft  be§  föcicrjSmarfcrjallS  dürften  öon  9teufcrjatel  ficb,  in  23raunau 
ju  conftituiren  rjatte,  öerurttjeilte  nad)  nur  ätoeimaligem  SJertjör,  roobei  ein 
Sertljeibiger  nictjt  3ugelaffen  toorben  mar ,  bereits  am  25.  Stuguft  ben  23ud)= 
fjänbler  ty.  toegen  Verbreitung  öon  ©djanbfdjriften,  meiere  gegen  ben  Äaifer 
Napoleon  gerichtet  toaren ,  ^um  Stöbe.  *J3.,  toeldjer  feine  Unfdjutb  auf  ba§ 
^larfte  betoiefen  ju  tjaben  glaubte,  mar  ber  lleberjeugung ,  bafj  er  nun  balb 
gän^licrj  frei  gelaffen  merbe.  9ll§  am  26.  Sluguft  Vormittags  11  Ufjr  fein  ©e= 
fängnifj  geöffnet  tourbe,  bjoffte  er  naefj  Nürnberg  aurüdfeljren  ju  bürfen,  ftatt 
beffen  mürbe  ifjm  baS  ütobeSurtrjeil  befannt  gemad)t,  baS  an  bemfelben  Sage 
ÜcncfjmittagS  2  Utjr  üolläogen  tourbe.  ty-  rjatte  fidj  öortjer  nod)  einen  ©eift= 
tidjen  erbeten,  auetj  an  feine  2tngefjörigen  nodj  einen  fc^merjertüllten  2lbfd)iebS= 
brief  gefcb.ricben ,  fieb,  überhaupt  ftanbtjaft  unb  männlicr;  gezeigt,  ütrotj  ber 
yürbitten  ber  fyrauen  unb  Äinber  uon  23raunau  tourbe  er  auf  Söefetjl  beö 
^eftung^commanbanten  <St.  .g)itaire  unter  ftarfer  mititärifdjer  Sebedung 
unb  in  Begleitung  öon  jtoei  ©eiftlicb.en  auf  einem  ßeitertoagen  Uor  baö  ©alj» 
burger  Stjor  gebracht,  too  ba§  ganje  in  Sßraunau  garnifonirenbe  fran^öfiferje 
5)cititär  aufgefteEt  toar.  ©einer  Sitte  entgegen  tourben  bem  Serurtrjeilten  bie 
klugen  öerbunben ;  faum  tjatten  fieb,  bie  ©eifilidjen  entfernt,  als  feeb^i  ©olbaten 
in  fur^er  ©ntfernung  mit  ^itternben  £mnben  auf  ib,n  abfeuerten.  $.  toar  fdjtedjt 
getroffen,  fcfjxie  laut  auf  unb  fanf  auf  ba§  2lngefid)t  ju  33oben.  ©ofort  gaben 
brei  anbere  ©olbaten  il)ren  Sc^u^  ab ,  trafen  aber  ebenfalls  fcf)led)t  unb  nun 
tiefen  5toei  ©olbaten  bjerbei,  festen  il)re  ©etoetjre  an  bie  <5tirn  *patm'e,  feuerten 
ab  unb  matten  ben  ^opf  jerfcfjmetternb  feinem  grä^licJ)en  Seiben  ein  (Jnbe. 
S)er  Seic^nam  tourbe  auf  Sßeranlaffung  bc§  ^Jcagiftrate  Uon  Sraunau  öon  bem 
Üobtengräber  auf  bem  fatrjolifctjen  ©otteSader  beftattet  unb  it)m  in  biefer  ©tabt 
im  %.  1866  ein  5E)enfmal  gefegt.  '$.  tjätte  üieÜeicrjt  fein  Seben  retten  fönnen, 
toenn  er  ben  ib,m  befannten  Serfaffer  genannt  tjätte,  aber  er  trjat  bieg  nicb.t, 
um  biefen  bem  fidjeren  5tob  ju  entreifjen.  9111  Serfaffer  ber  Sctjrift  ift  früher 
©raf  3fuliu§  ö.  ©oben  genannt  roorben,  boeb,  t)at  berfelbc  bie§  entfdtjieben  üer= 
neint;  bagegen  bürfte  bie  Slutorfcfjaft  bem  ^otjann  ^onrab  öon  "))elin ,  ba» 
maligen  $ammeraffeffor  ju  StnSbacb,,  mit  ©idjerrjeit  ^ugefcfjtieben  toerben. 


104  $olm  —  5ßaitnet. 

3o$.  $f)il.  $atm,  33ui^£)änbter  ju  Nürnberg.  Stuf  Napoleons  SÖefet)! 
tjingevicfjtct  <ju  Sraunau.  Ein  Seitrag  jur  ©efdjicrjte  beS  testen  ^atjrjetjnbe. 
Nürnberg  1814.  —  frr.  ©djultrjeiS,  ©laubwürbige  aus  bis  jet;t  unbefannten 
Quellen  nadjgewiefene  ^Kttrjeilungen  über  ben  Verleger  unb  Serfaffer  ber 
©djrtft  $)eutfd)lanb  in  feinet  tiefen  Gürntebrigung.  Nürnberg  1860.  — 
$einr.  Werfens,  $)eutfdjtanb  in  feiner  tiefen  (Srniebrigung.  SBür^burg  1877. 
—  9luS  ben  Söoracten  jum  Sraunauer  S3Iutgerid)t  in  ber  SlugSburger  2Itt= 
gemeinen  3eitung  k.  ic.  3-  Sraun. 

$alm:  Sofjann  frrtebrict)  $.,  $f)tlotoge  unb  ©crjutmann  (1813— 71). 
SCCg  ber  ©oc)n  eines  eüangetifdjen  Pfarrers  in  üDaufefdjeu,  ÄreiS  £orgau,  würbe 
5ß.  am  2.  Dctober  1813  im  grofjöäterlidjen  $fanf)aufc  in  bem  benachbarten 
©täbtdjen  Prettin  geboren,  9tad)  rjäuStictjer  Vorbereitung  übergab  itjn  ber 
Sater  1826  bei  sJhcolaifcf)ute  in  £ei^ig,  meldte  er  Dftern  1832  öerliefj,  um 
fict)  bem  ©tubium  ber  Xfjeotogie  unb  -ptnlologie  —  ebenfalls  in  Seidig  --  p 
wibmen.  2)er  ßinflufj  ©.  Hermanns ,  ber  it)n  balb  in  feine  griectjifdje  ®efett= 
fdjaft  aufnahm,  30g  itjn  mefjr  unb  mefjr  Don  tfjeotogifcrjen  ©tubien  ab  unb  ber 
©öracljwiffenfcrjaft  &u ;  ben  öon  ^ermann  begünftigten  5ßlan,  eine  afabemtfdje 
Saufbafjn  eiuäufdjtagen ,  mufjte  $.  aber  aufgeben,  als  ber  £ob  feines  SaterS 
1834  itjn  in  bie  WotfjWenbigfeit  öerfetjte,  für  feinen  unb  ber  ©einigen  Unterhalt 
forgen  ju  muffen.  (£r  übernahm  batjer  Dftern  1835  eine  ©teile  als  2Ibjunct 
an  ber  ßeipjiger  9ticolaifcfjule  unb  würbe  1837  an  biefer  jum  orbentlicrjen 
ßefjrer  ernannt,  ©ein  fjerüortretenbeS  ßefjitalent  unb  feine  miffenfcfjaftlidje 
Jüdjtigfeit,  öon  ber  u.  31.  eine  ^erobot^uägabc  Queift  1839)  ^eugnifj  ablegte, 
öerantafjte  bie  fönigt.  fäctjfifdje  Regierung,  itm  bereits  im  5December  1842  als 
s4>rofeffor  an  bie  £anbeSfcr)ute  in  ©rimma  &u  üerfeijen,  wo  er  fid)  xafcf)  eine 
fjeröorragenbe  ©teÜung  ju  erwerben  öerftanb.  %n  Weiteren  Greifen  erregte  er 
burd)  feine  Setrjeiligung  an  bem  bamatS  lebfjaft  entbrannten  ©treite  über  baS 
Sertjättnifj  unb  ben  äöertb,  rjumaniftifcrjer  unb  rcaliftifdjer  93ilbung,  namentlict)  burd) 
feine  ©djrift  „lieber  3*°ecf  unb  9Jcetrjobe  beS  UnterricrjtS  in  ben  ctaffifdjen 
©Öradjen"  (1848)  ein  gewiffeS  2luffef)en.  —  3m  October  1850  würbe  er  als 
Otector  beS  ©rjmnaftumS  nad)  flauen  berufen  unb  löfte  fjter  bie  fdjmiertge 
Aufgabe,  einer  aufdjeinenb  bem  Untergange  öerfallenen  Slnftalt  neues  ßeben 
einzuflößen,  mit  fjeröorragenbem  ©efdjicf;  audj  bie  burd)  bie  SBebürfniffe  ber 
gfabriffiabt  münfdjenSWertf)  geworbene  Erweiterung  ber  ©crjute  burd)  Anfügung 
non  9iealctaffen  t)at  er,  wenn  aud)  gegen  feine  Neigung,  glüdlid)  burcf)gcfüf)rt. 
©ein  Sßunfd),  bie  ßeitung  eineS  reinen  (SrjmnafiumS  ju  übernehmen,  ging  in 
Erfüllung,  als  itjm  im  October  1861  bie  SDirection  beS  ©tjmnafiumS  in  Sauden 
übertragen  Würbe.  2)iefe  3lnftatt  tjat  fiel)  feiner  belebenben  Äraft  bis  3U  feinem 
2obe  erfreuen  bürfen;  u.  21.  ift  bie  33efc|affung  eineS  neuen  ©crjuttjaufeS  wefent= 
ticl)  fein  Söerbienft.  @r  ftarb  am  14.  gebruar  1871.  ©elbftänbige  röijfenfct)aft= 
tierje  arbeiten  tjat  er  wätjrenb  feiner  StectoratSjeit  nid)t  meb,r  üeröffentticrjt ;  er 
war  aber  Wefentlid)  betfjeiligt  an  ber  9ceugeftaltung  beS  gried)ifct)en  äÖörterbucfjS 
öon  ^affow,  beffen  5.  Auflage  er  felbft  mit  Verausgab.  1864  beiöffentlidjte  er 
einen  SebenSabri|  feines  greunbeS  gft.  Iraner  in  ber  3luSgabe  öon  beffen 
©erjutreben. 

$.  ©djubart,  ©ebä^tni^giebe  auf  S-  fr-  $•  tnt  Programm  beS  @r;m= 
nafiumS  in  Sauden  1871.  9t  ^ocb,e. 

Volmer:  ß^riftian  2)abib  frriebrid)  ty.,  geb.  ju  SOßinnenben  (2Mrtem= 
berg)  am  27.  Januar  1811,  f  aU  ^rofeffor  ber  euangeliferjen  2l)eotogie  ju 
Tübingen  am  29.  9Jtai  1875,  war  ber  ©of)n  öon  3io^^  ®aöib  $.,  einem 
tüchtigen  «öläbctjenfcrjuKerjrer  in  SBinnenben,  unb  öon  (Stjriftiane  frrieberife  frrie= 


Volmer.  105 

finget,  ßin  munterer  «ftnabe,  mit  guter,  bod)  nictjt  atljurobufter  ©efunbtjeit  aus* 
gerüftet,  mudjs  er  Trötjltd)  tjeran,  umgeben  Don  ber  treueften  93ater  =  unb 
Mutterliebe ,  meldje  bem  einzigen  Äinbe  bie  befte  ©räiecjung  3U  geben  fudjte. 
2öegen  feiner  guten  Begabung  jum  Ideologen  beftimmt,  auf  meieren  ©tanb 
and)  bie  fromme  2rabition  bei  £mufe§,  über  bie  ein  leifer  pietiftifdjer  §audt) 
gebreitet  mar ,  t)inmie§ ,  burdjlief  er  bie  ^ftanäftätten  ber  mürtembergifdjen 
Geologen,  bal  niebere  ©eminar  (©d)öntb,al)  1824 — 28  unb  ba§  rjötjere  ((Stift) 
3U  Tübingen  1828 — 32  unb  madjte  im  ©ommer  1832  fein  elfte  Prüfung  mit 
3lu§jeicr)nung.  3ßt)ilologifd)en  ©tubien  mar  er  nictjt  befonber§  jugemanbt,  toeit 
meb,r  ben  ptjitofoptjifcrjen  unb  am  meiften  ben  ttjeotogtfdjen;  bon  ben  bamaligen 
^rofefforen  (©teubel,  33aur,  $ern,  ©djmib)  Ijatte  ber  Severe  ben  meiften  @tn* 
flufj  auf  ben  fleißigen  arbeitigemanbten  ©tubenten;  bie  praftifcCje  Geologie, 
meldte  ©djmib  üertrat,  toar  baZ  f^elb,  für  meldjeä  ty.  einen  empTängtictjen  Soben, 
eine  natürliche  Anlage  in  ficr)  trug,  itjr  toanbte  er  ftd)  mit  befonberer  Sßortiebe 
§u.  23on  feinem  ©rofjbater  mütterlidjerfeitS  tjatte  er  eine  öorpglid)e  Begabung 
für  Wufif  ererbt,  fdjon  mit  fünf  3af)ten  kernte  er  Stabierfpieten,  in  ©djöntfjal 
erlernte  er  überbieg  Sßiotoncett  unb  f5flöte,  batb  fpielte  er  auct)  bie  Drgel.  SDiefer 
Siebtinglneigung ,  bei  meld)er  er  fiel)  aber  mol  brütete,  baft  fie  nictjt  jur  be= 
berrfctjenben  ßeibenfdjaft  mürbe,  mibmere  er  bie  meiften  ^iftunben,  perfudjte  ficr) 
aud)  bamal§  fctjon  an  Keinen  Sompofitionen ;  aud)  mätjrenb  ber  UniüetfitätSäeit 
blieb  er  feiner  2)tufica  getreu  unb  roenn  er  fidj  bon  ftubentifdjen  3)erbinbungen 
entfernt  tjielt,  fo  fdjtofj  er  fid)  um  fo  enger  an  einen  flehten  greunbelfreis,  ber 
befonberl  burd)  biefe  $unft  aufammengetjalten  mürbe.  9JUt  gfriebrid)  ©ildjer 
gab  er  1829  ben  SInftofe  jur  ©rünbung  ber  noct)  blütjenben  afabemifdjen 
Siebertafel ,  in  angefetjenen  5ami^e"  erttjeilte  er  ßlabieruntemct)t ,  auct)  feine 
nad)t)erige  grau  lernte  er  bei  biefer  ©etegentjeit  fennen.  2lu§geftattet  mit  einem 
fetjr  reidjen  2Jtaaf5  ttjeotogifdjer  Äenntniffe,  oerlieft  er  bie  llniüerfität,  mürbe  bi§ 
2lprit  1834  in  Siffingen  bei  $irdt)f)iim  u.  %. ,  bann  biß  ftobember  1836  in 
5ßlieningen  bei  Stuttgart  S3icar.  $n  biefer  praftifctjen  ^ätigfeit  legte  er  bie 
erften  bertjeijjungsbotten  groben  feiner  reidjgefegneten  erfotgreidjen  praftifctjen 
2Birffamfeit  ab ;  feine  natürliche  rebnerifcfje  ^Begabung  unterftüijt  bon  einem 
aufjerorbentfid)  treuen  ©ebäctjtnifj  unb  bon  foliben  ©tubien ,  madjte  itjm  ba§ 
^rebigen  ju  leidjter,  freubiger  Aufgabe;  mit  Meifterfctjaft  mufjte  er  fctjon 
bamall  bie  ©pracrje  ju  tjanbfjaben,  bie  flare  angenetjme  SDiction  trug  ba^u  bei, 
ben  ernften,  edjt  eoangelifctjen  Sutjalt  um  fo  einbringtidjer  ju  madjen;  aud)  ber 
Pflege  ber  ©djute,  ber  ©eelforge  natjm  er  fiel)  eifrig  an,  ebenfo  menig  bernad)= 
läffigte  er  bie  9Jtufif  (©rünbung  bon  J^irctjengefangDeretnen),  bem  eingebogen 
tebenben  ©eiftticljen  flogen  bie  ^er^en  ber  ©emeinbe  3m  ©djmere  innere 
ttjeologifdje  unb  religiöfe  kämpfe  tjatte  $.,  mie  e§  fd^eint,  nietjt  ju  befielen;  er 
mar  eine  rjarmonifd)  angelegte  ^atur,  bie  itjren  l)armlofen  Äinbelfinu  nid)t  gegen 
bie  trjeologifdje  ©ctjolaftt?  preisgab;  an  £)egel  batte  er  menig  ©efaEen  gefunben, 
©dt)leiermadjeiJ§  ßinflu^  bema^rte  it)n  öor  ßinfeitigfeit ,  bie  tiefe  @rfaffung  ber 
trjeologifctjen  Probleme  üerbanfte  er  ben  bei  irjm  gemonnenen  ©inmirfungen. 
©eine  ©runbrictjtung  aber  mar  eine  biblifcf)  =  üvd^üc^c,  mit  allen  ^afe*n  feine! 
^erjenl  unb  ©emüttjel  tjing  er  an  feinem  eüangelifctjen  ©tauben;  ber  mürtem= 
bergifdje  $ieti§mu§ ,  ber  Tübinger  ©upranaturali§mu§ ,  mie  er  in  ©torr  unb 
©teubel  öertreten  mar ,  ber  biblifdje  9leali§mu§ ,  mie  it)n  %.  51.  SSengel  gelehrt, 
maren  bie  beftimmenben  ^actoren  feiner  tb.eologifctjen  ©ntmidtung,  babei  matjrte 
er  fidj  aber  entfdjieben  feine  ©elbftänbigfeit  unb  gehörte  nie  einer  beftimmten 
Partei  an.  3m  ©ommer  1836  beftanb  er  bie  jmeite  S)ienftprüfung,  im  5ioPember 
beffelben  ^atjree  trat  er  all  Repetent  in  ba§  ttjeologifdje  ©eminar  in  Tübingen 
ein,  30.  Januar  1839  mürbe  er  jum  Reifer   in  9Jcarbad)  ernannt.     9tutjig  unb 


106  ^atmer. 

einfad),  roie  ber  Mann  fetbft  mar,  berfloß  fein  ßeben  in  ber  Jpeimat^ftabt 
Sd)itter;3.  25.  Slprit  1839  fjeirattjete  et  2öilt)etmine  Soffen,  mit  tuelc^er  er 
ficr)  im  3fa^rc  bortjer  bertobt  t)atte.  S)ie  befdjeibenen  33ert)ältniffe  bon  £)au§ 
unb  ©etjalt  [törten  ben  anfprud)§Iofen  ©inn  ber  ©atten  nictjt ,  bie  teicrjlicfje 
Muße ,  roelctje  itjm  ba$  fteine  Slmt  ließ ,  benutzte  ber  unenblid)  fleißige ,  ftet§ 
ttjätige  Mann  <$ur  Aufarbeitung  ber  SBerfe,  roelctje  feinen  ttjeologifdjen  unb 
atabemifctjen  Oluf  begrünbeten,  ©eine  ungemeine  Seictjtigfeit  im  arbeiten,  baä 
rafctje  Srfaffen  ber  |>auptpuntte  eines  ©egenftanbe§ ,  bie  fcfjöne  ®ahef  ba§  @r= 
faßte  flar,  ttdjtbott  in  flteßcnber  ©practje  bar,uifteflen ,  bie  ßebenbigteit  unb 
93eroeglict)feit  feines  ©cifteä  trieben  tfjn  mit  einer  geroiffen  9taturnottjtt>enbigfeit 
3U  fdjrtftftetlerifcrjer  £fjätigfeit;  mit  nie  ermübenber  gebev  ift  er  berfelben  jeit= 
(ebene  treu  geblieben.  3QfyU°fe  Slrtifel  in  ben  berfdjiebenften  fircfjlidjen  unb 
päbagogifdjen  ^^tfc^tiytcn,  auf  bie  beifdjiebenften  ©ebietc  ber  Güttjif,  ber  praf= 
tifdjen  Ütjeologie,  ber  .Jptjmnologie,  beS  ©djulroefen§,  ber  Mufif  fictj  auäbetjnenb. 
legen  rüfjmlidjfteS  3euQni&  QD  üon  feiner  großartigen  $3elefent)eit,  feiner  warnten 
Jtjeilnatjme  für  £ircrje  unb  ©ctjulr,  feinen  gebiegenen  Äenntniffen,  feiner  milben 
friebliebenben  9tuffaffung,  roie  bon  feiner  männlidjen  (Jntfdjiebentjeit  unb  feinem 
treffenben,  nictjt  berletjenben,  aber  offen  auSgefprodjenen  Urttjeile.  ©o  enthielt 
j.  33.  üLtjolucf'g  literarifctjer  Sinniger  für  djriftlidje  üLtjeologte  unb  Sßiffenfcfjaft 
1838  Ütecenftonen  über:  9totfjc,  bie  Anfänge  ber  djtifttidjen  Äirdje  unb  ifjre 
33erfaffung;  2)retj,  Slpologetif  aU  roiffenfdjaftlicrje  9cadjroeifung  ber  ©öttlictjfeit 
be8  (StjriftenttjumS ;  1839  #irfäer,  ctjrifttidje  Moral;  1842  eine  Slbfjanblung 
über  ^r-  20.  ßrummactjer  als  s$rebiger;  1843  grj.  Jrjeremin  als  3ßrebiger; 
1846   ^ßeftalo^i   unb   bie   djrifttictje   ^äbagogif;    ber  fübbeutfctje  ©ctjulbote  feit 

1838  beinatje  in  jebem  ^atjrgange  9tecenfioneu  unb  9Ibfjanbtungen,  fo  1838  unb 

1839  9recenfionen  über  mufif  alifcfje  Söerfe;  Äritifen  über  $ugenb=  unb  $inber= 
fdjriften;  1839  eine  9tbt)anblung  über  Mittet  unb  2öege  ben  ©ctjöntjeitöfinn 
ber  Äinber  flu  roecfen;  1846  Mißbertjättniß  ber  Arbeit  auf  bem  gelbe  ber  @r= 
ijietmng  jum  (Jrfolg  unb  be§  GürfotgS  ^ur  Arbeit;  1845  über  fietjre  unb  @r= 
jtefmngSroeife  ber  Sefuiten;  1847  bie  ©djule  ber  ^tjilanttjropiften ;  1848  ber 
>ßieti§mu§  in  ber  ^äbagogif;  1849  über  9cationalbilbung;  1851  bie  ^oefie  im 
©ctjulamt  u.  f.  ro. ;  bie  ©tubien  ber  ebangclifctjen  ©eiftlidjfett  SQSürttembergS 
1839  eine  tfjeologifdje  Slbtjanblung  über  bie  iHidje;  bie  in  IHel  erfdjeinenben 
ttjeotogifctjen  Mitarbeiten  im  Sfatjrg.  4,  Anbeutungen  über  eine  roiffenfctjaftlidje 
Erörterung  ber  djriftlict)  =  etrjifctjen  ©runbbegriffe;  ferner  über  bie  bogmatifdje 
ßonftruction  ber  Setjre  üon  ber  Aneignung  be§  ^>eil§  unb  ber  ^peitöorbnung;  bie 
trjeologifdjen  ©tubien  unb  $ritifen  1843  eine  3tbt)anb(ung  über  bie  neueren 
Reformen  ber  ©efangbüd)er  unb  Liturgien  öom  t|eotogifd§en  ©tanbpunft  auS. 
S)iefc  groben  genügen,  um  Sßalmer'g  rafttofe  Sttjätigfeit ,  ^robuctiüität  unb 
35ielfeitigfeit  ju  fennäeictjnen,  alte  bie  tjier  genannten  unb  in  anberen  3eüfd}riften 
(allgemeinen  ©ctjutieituug ,  ßtjriftoterpe  je.)  jetftreuten  ©tubien  roaren  nur 
33aufteine  unb  ©patme  üon  größeren  felbftänbtgen  SBerfen.  ^erbft  1840  rourbe  er 
oon  üLtjoIuä  jur  ^Ibfaffung  einer  ^omiletif  aufgeforbert.  ^n  einem  3U9  mit 
freubigem  ^erjen,  toie  er  fetbft  befennt,  fdjrieb  er  fie  niebec,  ©ommer  1841  roar 
ba§  Manufcript  fertig,  184ü  erfdjien  bie§  erfte  größere  SBert,  1844  folgte  itjm 
bie  eoangelifctje  ^atectjetif.  SBetbe  ©ctjriften  tragen  gan^  baS  ©epräge  ifreg 
3}erfaffer§:  be§  eoangelifctjen  bibelgtäubig  Oielbetefenen  unb  atlfeitig  gebilbeten 
ctjriften,  roeldjer  5prajt8  unb  2öiffenfd)aft  tjarmonifd)  bereinigt  unb  gefunbe§  d)rift= 
tictje§  Seben  in  Äirctje  unb  ©ctjule  pflanzen  roill.  5Der  ebangetifctjen  Äivct)e,  ben  ®eift= 
lictjen  unb  ßet)rern  roirb  t)ier  ein  ftar  aufgebauter  ©runbriß  ber  Sßebeutung  unb 
ber  ©efd)id)te  biefer  beiben  S)i§ciplinen  gegeben,  biefe  fetbft  roerben  in  ben  3ufammen= 
t)ang   ber  übrigen  SBiffenfctjaften  eingegliebert   unb  geben  in  itjrer  frjftematifdjen 


Volmer.  107 

2)axfteßung  ebcnfo  bie  5principien,  toie  bie  praftifdjen  28in!e  für  bie  Stjätigfeit 
beS  ePangelifdjen  5prebigerS,  ©eetforgerS  unb  SetjrerS.  2)ie  mieberrjotten  5Iuf= 
tagen  ber  -fromiletif  1845,  1850,  1857,  1867,  ber  ßated&etif  1846,  1856,  1864, 
1875,  ftetS  berbeffert,  burdjgearbeitet,  auf  ben  neueften  ©tanb  ber  2ßiffen= 
fcfjaft  gebrad)t,  betoeifen  bie  23eliebtt)eit  unb  praftifdje  93raud)barfeit  ber  beiben 
SBexfe.  *p.  fclfeft  galt  fett  bem  @xfd)einen  bev  erften  Auflage  als  Autorität  in 
biefem  ©ebiete.  216er  aud)  auf  anbeten  madjte  fid)  fein  @influ§  in  t)erbor= 
ragenber  Sßeife  geltenb.  2)aS  ebangelifd)e  SBürtemberg  Befanb  fid)  feit  (Snbe 
ber  breifjiger  Statjre  in  einer  lebhaften  Agitation  megen  ber  Güinfütjrung  eines 
neuen  ©efang  =  unb  SljoratbudjeS,  fort)ie  einer  neuen  Siturgie.  ^n  einer  Ab= 
rjanblung  in  ben  ©tubien  ber  mürtembergifdjen  ©eiftlicrjf'eit  (23b.  12)  fxitifixte 
*p.  ben  Güntmurf  beS  neuen  ©efangbucljeS;  feine  bon  biblifdjem  ©eifte  burdjmeljte 
Anfdjauung  gepaart  mit  93erftänbnifj  für  ben  poetifdjen  unb  erbaulidjen  Gtjarafter 
ber  Sieber,  fein  pietätSPotler  mafjtjalteuber  GtonferPatiSmuS  gegen  bie  alten 
Sieber  fanb  grofjen  Entlang,  birecten  Sinfluf;  ijatte  er  nidjt,  ba  er  in  bie  ©e= 
fangbudjgcommiffion  nidjt  berufen  raurbc.  Sagegen  trat  er  1843  in  bie 
Sommiffion  für  baS  (Sljoralbud)  als  berufener  9Jceifter;  5pfalmen  unb  propt)e= 
tifctje  ©tüde  ber  fjeiligen  (Schrift  für  bierftimmige  Gljöre  in  9Jhifif  gefegt,  blatte 
er  fdjon  herausgegeben ,  mit  (Sntfdjiebenljeit  Pertrat  er  ($odjer  unb  ©ildjer 
gegenüber)  baS  9ted)t,  ja  bie  ^cotljmenbigfeitbeS  einftimmigen  (ttjoral=$irdjengefangS 
(bie  (hfaljrung  unb  5praxjS  gab  il)m  in  ber  golge  boEftänbig  9ted)t).  23ci  ber 
AuSmarjl  unb  ^jarmonifirung  ber  Stjoxäle  mar  er  feljr  tljätig  unb  bie  letzte 
Stebifion  beS  ßtjoralbudjeS  mürbe  in  feinem  .§aufe  in  Tübingen  bollenbet. 
(Jbenfo  ftanb  er  ber  neuen  Siturgie  im  allgemeinen  feljr  fpmpatljifd)  gegenüber 
unb  freute  fid)  über  ben  gefunben  ebangelifdjen  ©eift  berfelben.  Gür  Pertrat  bie 
(Sintjeit  ber  ^ormularien  bei  ben  GultuSljanblungen ,  [teilte  bie  alten  ßitutgien 
als  9Jcufter  für  alle  3«ten  auf,  madjte  audj  als  praftifdjer  90tann  am"  bequeme 
(Einrichtung  für  ben  ©ebraudj  aufmerffam.  Audj  in  ben  ©txeit  über  ben 
Pietismus  griff  5p.  fdjriftftellerifd)  ein,  1839  erfd)ien  feine  ©d)rift:  An  greunbe 
unb  geinbe  beS  5pietiSmuS;  im  allgemeinen  eine  93ertt)eibigung  beS  *pietiSmuS, 
aber  mafjbotl  unb  befonnen,  burdjauS  nid)t  blinb  gegen  bie  f$feljler  beffelben,  in 
meld)em  5p.  anbererfeitS  ein  ßictjt  unb  ©als  ber  ebangelifdjen  $irdje  anerkannte.  %n 
ba§  Snbe  feines  9Jcarbadjer  Aufenthalts  fällt  aud)  bie  Verausgabe  feiner  ebangelifdjen 
Gtafualreben  (1842),  eine  Sammlung,  metdje  bis  1855  12  93änbe  umfaßte, 
^ßrebigten  ber  berfctjiebenften  33erfaffer  in  fid)  bereinigte,  unb  in  iljren  mieber= 
tjolten  Auflagen  ungemein  Piel  Anregung  unb  23eletnung  fd)uf.  Aud)  an  bem 
3u[tanbefommen  beS  ^PrebigtbudjeS  ju  ©unften  beS  *PfanmaifenbereinS,  ju  beffen 
©rünbung  1841  %  mefentlidj  beitrug  unb  ber  „^eugniffe  ebangelifdjer  Söatjxrjeit" 
Ijatte  er  lebhaften  Anteil.  Obgleich  in  meiten  Greifen  befannt  als  boxjüglidjex 
Äanselxebnex,  anregenbex  ßetjxer,  feljr  tücfjtiger  £ljeologe  muvbe  $.  bodj  nod) 
nidjt  mit  ber  äßürbe  unb  ©teile  betraut,  für  roeldje  er  feiner  ganzen  ^nbibi= 
bualität  nad)  eigentlid)  beftimmt  mar,  ber  eines  ^ProfefforS  ber  Jljeologie. 
Sommer  1839  mürbe  ifjm  bie  ^rofeffur  in  3ürid)  angetxagen ,  meldje  ©trauf? 
unb  (Jlmert  inne  gehabt ;  er  leimte  ah  unb  bereute  eS  nie;  er  mar  ein  ju  treuer 
©oljn  feiner  ^eimatlj  unb  feiner  batertänbifdjen  Äirdje,  als  ba^  er  ficrj  in  ben 
fdjmierigen  ©djroeiäer  3Jert)ältniffen  root  befunben  tjättc.  dagegen  mürbe  er  am 
30.  2Jtai  1843  aum  atoeiten,  am  18.  October  1848  jum  erften  2>iafonuS,  am 
7.  ^uni  1852  jum  S)ecan  in  Tübingen  ernannt,  '•flht  gemiffenb^after  2reue 
mibmete  er  fid)  biefen  geifttidjen  Aemtern,  bie  itjm  neben  ber  ftetS  maebfenben 
©eelforge  bie  güb^rung  ber  ,ßirdjenbüd)er ,  baS  ^nfpectorat  über  bie  33olfe= 
fdjulen,  3;r)eitnar)me  am  @r)egerid)t,  fomie  an  metjreren  Vereinen  brad)ten ,  über- 
feine Porjüglicrje  ArbeitSfraft  Perftanb  atten  Anfprüd)en   bei  AmteS   ju  genügen, 


108  5ßalmer. 

feine  ruhige  23efonnent)eit  erhielt  itjm  aud)  in  ben  fdjmierigen  3at)ren  bon  1848 
unb  1849  baS  Vertrauen  ber  ©emeinbe.  $mmer  feereit  als  ^rebiger  au§= 
3ur)elfen,  fanb  er  3e^  3U  röiffenfdjafttictjen  arbeiten,  9tbt)anblungen,  fRecenfionen, 
aucfr)  bie  9Jtufif  würbe  in  leiner  SBetfe  bernadjläffigt.  1847  übernahm  er  bie  33or= 
ftanbfdjaft  beS  DratorienbereinS  unb  bis  ju  3?r.  ©itdjer'S  £ob  (26.  Sluguft  1860) 
blieb  er  beffen  treuer  f$fteun&  unb  SBeratrjer.  2ftit  ber  Uniberfität ,  beren 
bamalige  tfyeologifctje  ßetjrer  nod)  ttjeitroeife  jeine  ßetjrer  gemefen  maren,  trat  er 
in  nähere  Sßerbinbung,  als  er  1846  ben  Setjrauftrag  ju  einer  Söortefung  über 
^äbagogi!  erhielt.  63  war  bieg  gemiffermaßen  baS  33orfbiet  ber  eigentlichen 
afabemifctjen  ü£t)ätigfeit,  meiere  it)m  nad)  bem  ü£obe  bon  ©ct)mib  jufiet.  2luf 
ben  einftimmigen  SJorfctjlag  ber  $acultät  mürbe  er  jum  ^rofeffor  ber  praftifdjen 
Geologie  unb  VJtorat  ernannt  (7.  ^üti  1852).  ty.  t)atte  bamit  erlangt,  maS 
it)m  gebührte,  einen  9tuf  nad)  .jpatle  tjatte  er  1847  abgelehnt,  ebenjo  eine  2ln= 
frage  megen  ber  ©tiftSbräbicatur  in  (Stuttgart,  enblid)  1853  einen  9tuf  als 
Oberlmfprebtger  nad)  Bresben.  1853  erroarb  er  fid)  rite  ben  tr)cologifd)en  2)octor= 
grab  in  Tübingen,  ^aft  23  $at)re  lang  tjatte  5}}.  feinen  ßetjrftutjt  inne,  fegend 
unb  erfolgreich,  in  f)ol)cm  'JDtaße  ift  fein  langjähriges  Söirfen  geroefen.  ©ämmt= 
lid)e  ©ebiete  ber  braftifdjen  Geologie  (,£omitetif ,  $atcd)etif ,  ^ßäbagogif,  s}}aftorat= 
Ideologie,  $ird)enrecf)t)  umfaßte  feine  ßetjrttjätigfeit ,  regelmäßig  laS  er  über 
9Jtoral,  ejegetifdje  SBorlefungen  über  neuteftamenttidje  ©ctjriften  (Marcus,  ßucaS, 
2fot)anne§,  1.  6orintt)er=,  *pt)ittpper=  unb  ßotofferbrief)  fd)loffen  fid)  an,  einmal  trug 
er  bie  ttjeotogifdje  ©netjelopäbie  bor,  im  SBinter  185960  tjielt  er  für  ©tubirenbe 
fämmtlidjer  ^acuttäten  Vorträge  über  Religion,  ßtjriftenttjum  unb  $ird)e. 
©eine  SBortefung  über  ©efd)id)te  ber  ülonfunft  füllte  befonberS  ben  ©eiftlid)en 
ju  ©ute  fommen ,  roie  bie  S)arftellung  ber  in  SBürtemberg  l)eimifd)en  Selten 
unb  ©emeinfd)aften  befonberS  ben  roürtembergifdjen  Geologen  galt,  ©eine 
SSorlefungen  jeidjneten  fid)  fämmtlid)  auS  burd)  große  Älarljeit,  reiche  5Öelefen= 
rjeit  unb  genaues  Söertrautfein  mit  bem  ©egenftanb ,  bie  ßeictjtigfeit,  mit  roeldjer 
in  ben  fbftematifd)en  ber  fünft  lerifdje  Aufbau  ausgeführt  mürbe,  bie  Ütutje  unb 
©idjerrjeit,  mit  roetdjer  bie  fdjroierigftcn  Probleme  betjanbelt  mürben,  madjten 
oft  ben  6inbrud  geringerer  £iefe;  bie  roiffenfctjaftlid)e  £üd)tigfeit  ^almer'S 
mürbe  bafjer  aud)  tjänfig  bon  ben  ©tubirenben  nid)t  in  bem  9Jtaaße  gemürbigt, 
mie  bie  Sßorlefungen  nad)  bem  9teid)tr)um  be§  SfntjaltS  berbient  Ratten;  fie  roaren 
aber  roie  feine  23üd)er  außerorbentlid)  inftruetib  unb  finb  un^ätjtigen  in  irjrem 
amtlichen  ßeben  bon  großem  9tut}en  gemefen.  ©ein  trjeologifctjer  ©tanbpunlt 
blieb  ber  bofitib  biblifdje,  ot)ne  baß  er  fid)  einer  beftimmten  9tid)tung  ober 
Partei  anfd)toß;  gegen  feines  Kollegen  S3aur  fritifd^e  SRefultate  öertjielt  er  fic^ 
ableb^nenb,  ebenfo  aber  aud)  gegen  S3ed'S  meitgeb.enben  bibüfdjen  SteatiSmuS, 
aud)  gegen  ben  ^ietiSmuS,  mit  metdjem  er  fonft  biet  5}ermanbteS  ^atte,  mat)rte 
er  feine  trjeologtfctje  ©elbftänbigfeit ;  ein  Vortrag  1872  im  ÄönigSbau  ju 
©tuttgart  gehalten  über:  „S)ie  Deutung  ber  bibtifdjen  Söeiffagutig  auf  (5reig= 
niffe  unb  3uf*änbe  ber  ©egenroart"  trug  itjm  b.arte  Singriffe  ein,  meiere  irjn 
tief  betrübten,  ©einer  ganjen  91atur  nai^  mar  er  gegen  engherziges  ^>od)= 
lirdjent^um,  mäb.renb  er  ben  immer  meitergeljenben  2lnfprüd§en  9lom'S  gegenüber 
jeinen  broteftantifct)en  ©tanb^unft  entfdtjieben  gettenb  madjte.  6inen  t^öd^ft  be= 
beutenben  ü£t)eil  feiner  afabemifd)en  2l)ätigteit  bilbete  bie  S5orftanbf(f)aft  über 
baS  eöangelifcrje  ^ßrebigerfeminar;  tjier  in  ber  Sßerbinbung  öon  St^eorie  unb 
^ßrajiS  jeigte  er  feine  tiolle  ^Jteifterfcl)aft ;  in  ber  ßeitung  ber  ^omiletifcljen  unb 
fateetjetifdjen  Uebungen  in  ber  lleinen  ©d)loßfapelte,  in  ber  Äriti!  ber  ^rebigten 
unb  Äinberletjren  erlannte  man  feine  ungemein  reichen  Äenntniffe,  feine 
<Semanbtt)eU  unb  2eid)tigfeit  ^u  biSponiren  unb  bie  |)aubtfad)en  tjerborzub^eben. 
£>ie   große   ©djaar   bon  ©tubirenben  aus  SBürttemberg  unb   anbern  Sänbern, 


'-Palmer.  109 

toeldje  feiner  fidleren  Leitung  jtdj  anoertrauten,  unb  melden  et  in  feinen  jäljr* 
liefen  Stbfdjiebsprebigten  bie  äöürbe  ifjres  23erufes  geigte  unb  benen  er  in  feinen 
ftarf  befugten  ©onntagsprebigten  in  ber  ©eorgenfircrje  dufter  öon  gebiegenen 
unb  erbaulichen  $rebigten  gab,  ^at  im  fpäteren  2lmte  feine  2ßinfe  unb  £ebre 
banfbar  Befolgt.  Siefer  angeftrengten  ßetjrttjätigteit  ging  eine  ebenfo  reictje 
fcrjriftftellerifcrje  jur  ©eite;  eifrigft  beteiligte  er  fidj  als  Mitherausgeber  unb 
treuer  Mitarbeiter  an  ber  Cmcrjclopäbie  bes  gefammten  @rjierjung§=  unb  Unter* 
rictjtsroefens,  tjerausgegeben  bon  $.  21.  ©djmib  1859 — 78  (81  2luTfät$e  au§  ben 
öerfduebenften  ©ebieten  ber  ^ßäbagogif,  $irdj)engefcb,icrjte ,  Muftf,  6tt)if  3.  SB. 
%.  33.  Slnbreä,  3lufflärung ,  3.  21.  Senget,  Stjarafter,  Glaöierfpiel,  gfje,  gr= 
jietjung,  ©ebet,  ©efang,  ,£atecb>tif,  Mufif,  9tacf)at)mung,  $äbagogif,  Pietismus, 
©elbfigefüljl,  ©itte,  Staat,  Saufe,  Unterricht,  3)olfstieb  ic),  fotoie  in  ber  üteal= 
encnclopäbie  für  proteftantifcbe  xtjeologie  unb  Äirctje  oon  -perjjog,  1854 — 1866 
(81  2lrtifel  ebenfalls  aus  ben  öerfdjiebenften  fnfiematifdjen  unb  t)iftorifd)en  ©e= 
bieten  ber  Geologie  unb  ^l)itofopf)ie  3.  33.  33erebtfamfeit,  ©eifilicije,  ty.  ®er= 
b>rb,  £omiletif,  Äatectjefe,  .ßirctjentieb ,  Siturgie,  £>.  Mütlet;  ^aläftina, 
^aftorattfjeologie ,  9Wnf)arb ,  ©eelforge,  gr.  ö.  ©pee,  2Baf)rt)eit,  SMrttemberg, 
33acf),  S)ann,  ^otticr},  knapp,  ©cfjnurrer,  ©eften,  Sobesftrate  k.).  £ie  öon  if)m 
in  ©emeinfcrjaU  mit  5>orner,  @£)renfeud)ter,  Siebner,  Sßagenmann,  Söeijfäder  ic. 
herausgegebenen  £$at)rbüct)er  für  beutfdje  Geologie  enthielten  mertfjboHe  2lbt)anb= 
lungen  öon  itjm  3.  23.  3ur  praftifcrjen  Geologie  1856,  33ren3  als  ^rebiger  unb 
ßatecb>t  1871,  bie  Objectiöität  ber  dregefe  1870,  bie  Moral  bei  ^afobusbriefs 
1865,  bas  23orbiIb  £efu  1858,  bie  cijriftliccje  Set)re  öom  b^öctjften  @ut  1860, 
@efet$  unb  erlaubtes  1869,  bie  Deutung  ber  biblifcb>n  SSeiffagung  1872.  £u 
ben  flets  roieberb,otten  Auflagen  feiner  <g>omi£ettf  unb  Äatedjetif  gefeilten  fid)  als 
neueSBerfe:  „@oangelifd§e^aftoralt|eologie"  1860,  „S)ie  Moral  bes  Gt)Tiftentt)umi" 
1864,  „eöangetifdje  |>t)mnologie"  1865  unb  bie  3tt>ei  5ßrebigtfammlungen :  „6in 
^atjrgang  eöangelifdjer  ^rebigten"  1857,  „^rebigten  aui  neuer  3eit"  1874,  foroie 
eine  ©cmmlung  öon  Vorträgen  u.  b.  %.:  ,,©eiftlicb>s  unb  SCßeltlicfjeä  für  ge= 
bilbete  d^tiftlic^e  Sefer"  1873.  kleine  2luffä|$e,  Stecenfionen  unb  ihitifen  fanben 
itjren  2öeg  in  anbere  3ettf$riften  (©tubien  unb  Ätitifen,  £)armftäbter  Äirdjen= 
3eitung,  mancherlei  ©aben  unb  ein  Seift,  fübbeutfctjer  ©ctjulbote,  neue  33lätter  aus 
©übbeutfct)lanb,  altgemeine  muft!atifc^e  Rettung),  %n  liebenstoürbiger  ©efälligfeit 
fpenbete  Iß.  aus  bem  fo  reietjen  Mafje  feines  SSiffens  gern  ^Beiträge  für  öffentliche 
Vorträge  in  Tübingen,  3.  33.  über  2tbrat)am  a  ©anta  Glara,  33act),  Jpaübn,  ebenfo 
3U  ben  in  Stuttgart  öeranftattetenÄönigsbauöorträgen,  3. 33.  über  ben  eigentf)üm= 
liefen  ßb^arafter  ber  eöangetifctjen  2b,eologie  in  2Bürtemberg.  2lud§  bie  Mufif 
würbe  ebenfo  eifrig  gepflegt,  roie  früher,  feine  Sieblingscomponiften  blieben  |)at)bn 
unb  Mosart,  ^änbel  unb  Menbelsfotju ;  23acr)  unb  ©d§umann  traten  gegen  biefe 
3urüdf  unb  mit  Söagner  befreunbete  er  fieb^  erft,  nacb^bem  er  So^engtin  gehört 
tjatte.  93on  ber  Leitung  bei  Cratorienöereins  trat  er  balb  nactj  ©ildjer's  2obe 
(26.  Sluguft  1860)  jutüdE,  ber  gan^  anber§  geartete  ©ct)er3er  toar  i|m  nietjt 
ft)mpatr)ifcr).  2ln  ben  öffentlichen  Slngetegenb.eiten  bes  £anbe§  beteiligte  er  fieb, 
roenn  aud)  nierjt  in  tjeroorragenber  SBeife,  fo  bodj  gern  unb  eifrig,  bie  erfte 
Sanbesftoncbe  1869,  in  roeldje  er  als  Mitglieb  ber  gacuttät  eintrat,  mahlte  i^n 
3U  irjrem  93icepräfibenten.  3}on  politifctjen  Agitationen  t)ielt  er  ficrj  fern,  ber 
Unmutt)  über  ben  ^rieg  oon  1866  toerfctjtoanb  in  bem  ©iegesjab^re  1870 — 71, 
bie  STübinger  Sürgerfdjaft ,  feine  patriotifeb^e  ©efinnung  eb/cenb,  gab  ib,m  ein 
fc^öneö  3eid)en  it)re§  33ertrauen§  unb  märjttr  it)n  1870  in  bie  mürtembergiferje 
Dlbgeotbnetenfammer,  aber  nacb^  3mei  S^ren  legte  er  fein  Manbat  nieber,  meit 
es  bai  Jpatten  ber  geliebten  33orlefungen  3U  fer)r  beeinträctjtigte.  <!pocr)angefef)en, 
allgemein  beliebt  unb  geachtet,  gtücflict)  im  greife  feiner  gamilie  (3toei  ©öb^nen, 


HO  44tolotta. 

ijtoei  Södjtern),  in  treuem  SBerfetjr  unb  gutem  EinöiTnetjmen  mit  feinen  (Sollegen 
bractjte  er  feinen  Seben§abenb  batjin,  1857  tjatte  er  ba§  afabemifdje  Üiectorat 
inne,  1853,  all  er  ben  Stuf  nact)  5Dre3ben  abgelehnt,  ^atte  itjm  ein  t)ot)er  Orben 
ben  äöertt)  gezeigt,  metctjen  man  auf  fein  ©leiben  im  Sanbe  lege.  5Die  fonftige 
äöanberluft  ber  ©ctjmaben  mar  itjm  fremb ,  er  fcrjtoeifte  nictjt  gern  inä  SGßeite ; 
größere  anftrengenbe  ©äuge  roaren  tb,m  fdjon  in  ber  ^UQenb  ein  ©egenftanb  beö 
©ctjrecfenä;  auct)  ju  ber  9ieife,  meldte  fonft  bie  mürtembergifctjen  ü£f)eotogen  nact) 
üottenbeter  ©tubien«}eit  jit  unternehmen  pflegen ,  tjatte  er  fiel)  nictjt  aufgerafft 
unb  feine  fpäteren  ßrtjolungäreifen  führten  itjn  nie  roeit  öon  ber  ©ren^e  be§ 
33aterlanbe§  fort.  Sine  gemiffe  93equemtict)feit,  roelctje  in  einer  nictjt  ganj  fräf= 
tigen  Sonftttution  itjre  Erflävung  fanb,  machte  fictj  bei  itjm  gettenb,  bie  9Jtufi£ 
mit  allem  ©ctjönen,  ma§  fie  itjm  bot,  feffelte  itjn  fetjr  öiel  an  ba§  ^immev. 
Sin  ben  öierjiger  Sauren  mar  er  mit  Äopftoet)  öicl  behaftet,  fpäter  natjm  tjäufig 
mieberfetjrenbe  ^eiferfeit  feiner  fonft  fonoren  ©timme  it)ren  $tang.  ßtjarfreitag 
1875  tjiett  er  feine  leijte  5ßrebigt,  unmittelbar  nactjtjer  legte  er  fictj  auf  baö 
ihanfentager,  öon  bem  itjn  nact)  fctjmeven,  gebulbig  getragenen  Seiben  (Xtjptjuä) 
am  29.  9flai  ber  2ob  erlöfte.  —  'Dftanntgfactj  unb  meitgreifenb  ift  5jßalmer;§  33e= 
beutung,  er  mar  ein  fdjraäbifctjer  äkrmittlungättjcologe  im  beften  ©inn  beS 
äßorteS,  ber  feinen  eöangelifctjen  biblifcfjen  ©tauben  treu  feftfjaltenb,  eine  fctjöne 
tjarmonifctje  Bereinigung  öon  SBiffenfctjaft  unb  ^raji§,  Stjriftenttjum  unb  att= 
gemeiner  Jöilbung  repräfentirte ;  burctj  feine  fctjriftftetlerifctje  unb  afabenufctje 
SLtjätigfeit  tjat  er  ben  SHäciplinen,  roelctje  er  letjrte,  itjren  gebütjrenben  ütang  im 
9teicb,e  ber  SBiffenfctjaft  gegeben,  unjätjligen  ©eiftlidjen  unb  Setjrern  mar  er 
baburct)  Setjrmeifter  unb  33orbilb  unb  wenn  fictj  fein  äßirfen  nictjt  in  brm  ©ritnben 
einer  beftimmten  ©ctjitte  au^brücfte,  fo  mar  e§  bodj  befonber§  für  feine  Dater« 
tänbifdje  $irdje  unenblidj  roictjtig,  langtjin  nadjrotrfenb.  ^almer'3  ©djriften  finb 
fdjon  ermätjnt;  fein  ©djmiegerfotjn  fetter  gab  au§  feinem  ftactjlafe  1877  bie 
©djrift  t)erau§:   „£)ie  ©eften  unb  ©emeinfdjaften  äöürtembergg". 

Quetten:  %.  $napp,  Gtjriftian  $atmer,  eine  ©fi^e,  im  eöangelifctjen 
Äircrjen=  unb  ©djulblatt  für  äßürttemberg  1876—81;  berfetbe  (St).  $.  in 
Ütealenctjctopäbie  öon  £erjog.  2.  Stuft.  23b.  11,  ©.  708  ff.  SBorte  ber 
Erinnerung  an  St)r.  ty.  Tübingen  1875.  äöei^fätfer,  3ul'  Erinnerung  an 
Dr.  ßtjr.  $.  in:  $at)rbüd)er  für  beutfdje  Stjeotogie.  *8b.  20.  «Hefrologe  im 
fctjmäbifc^en  3Rerfur  1875,  9tr.  162  ($.  ^artmann);  ©taatlanaeiger,  be= 
fonbere  Seilage  1875,  5lr.  18  (.&.  2öeife);  2iagemeine  Leitung  1875,  9h.  168 
(tieftet);  ^roteftantifctje  Äirc^enaeitung  1875,  9lr.  24;  ©übbeutfctjer 
©ctjulbote  1875,    9lr.  15  ff.     (91.  Äübel).  Stjeobor  ©c^ott. 

^Olotta:  ^ötatteo  $.,  nact)  feiner  Baterftabt  auctj  II  Palermitano  genannt, 
mürbe  bafetbft  im  $.  1688  geboren  unb  marb  früt^eitig  für  ben  ^riefterftanb 
beftimmt.  ©eine  Siebe  pr  ^Jlufif  führte  it)n  nact)  Neapel,  mo  er  im  Conser- 
vatorio  San  Onofrio  ernfte  ©tubien  betrieb,  ^acf)  feiner  3tüctfet)r  unb  abge= 
tegter  Prüfung  mürbe  er  jum  Canonicus  secundarius  (äßettpriefter)  ernannt  unb 
gab  fict)  nun  gan^  ber  Sompofition  ftrenger  $ird)enöocalmufif  tjin.  3uQlrict) 
fct)rieb  er  eine  tjöcfjft  öerbienftlic^e  3lbtjanblung  „Gregoriani  cantus  enucleata 
praxis  et  cognitio"  (über  ©uibo'S  ©otmifation  unb  Seb,re  öon  ben  Äirdjentönen). 
.^aifer  ^art  VI.,  burdj  feine  äöerfe  aufmertfam  gemadjt,  berief  it)rt  nac^  äöien, 
mo  er  nad)  ißefürmortung  be§  $ofcapettmeifter§  ??uj  im  Februar  1733  naä) 
feinem  eigenen  SBunfctje  als  Gomponift  für  ©efangmufit  a  capella  in  ber  faifert. 
^ofcapeHe  mit  400  ft.  iätjrlidjen  @etjalt§  angeftettt,  1741  enttaffen,  aber  1749 
reactiöirt  mürbe.  Er  ftarb  in  SBien  am  28.  gjtärä  1758  im  70.  Sebenäjaljre 
(Söiener  Diarium).  —  ^alotta'S  Söerte:    Neffen,    «ötotetten,   Offertorium  3U  4 


«Paltfyn.  111 

bti  8  (Stimmen  jeidjnen  fid)  bei  aller  contrapunctifdjen  (Strenge  burd)  freie 
(Jntfaltung  bei  «öauptgebanfeni  unb  feiner  «Rebenfäfee,  burcfj  ftetige  fßematjrung 
bei  eisten  Äirdjenftplei  unb  natürlid)  füefjenbe  tfütjiung  ber  Stimmen  aus  unb 
erinnern  in  mandjer  Sejtetmng  an  dalbara.  geugnifj  babon  geben  bie  nod) 
borfjanbenen  «Iftanufcripte  in  ber  faiferlidjen  6o?bibIiotf)ef  unb  im  2trd)ib  ber 
©efellfd)aft  ber  sDtufilfreunbe  in  3Bien.  <X.  5-  $. 

^ali'üclt :  3ot)ann  «ßljitipp  $.,  ^iftorifer  unb  Sprad)Torfd)er,  aus  einer 
aiien  öon   ber  Söetterau    nad)  «JJteeftenburg   unb  Sommern   eingemanberten  @e= 
let)rtenfamitie,  meldje  fid)  im  geiftlidjen  unb  2et)rfadf)e,  fomie  in  ber  23etmaltung 
auszeichnete,   mar  ber  Soljn  bei  £o'gerid)tifecretäri  ^oljann  $.  (t  1708j,  aus 
beffen  (Stje  mit  ber  lodjter  bes  Söoigafter  9tatf)erjerrn  9Jlid)aet  öoppc,  Sorotfjea 
£.,  unb  mürbe  am  26.  3unius  1672  ju  Söolgaft  geboren.    ftad)  53ollenbung  ber 
<5cf)ul--  unb  Uniöerfitätiftubien  in  ©reifimalb  (1688—91)  blatte  er  bai  ©lud,  merj= 
rere  einflufereidje  ©önner  ju  finben,  meiere  ir)n  in  feiner  titter arifdjjen  2b,ätigfett 
unterfiütjten    unb    311   einer  amtlidjen  Stellung  beförbetten.     3U   biefen  getjörte 
namentlich   ber   anfangs   ali  $aftor   an  ber  i5acobir"ird)e   ju  Hamburg  unb  feit 
1701    als    ©eneralfuperintenbent    ju    ©reirimalb    mirfenbe    Dr.   3of).  griebrid) 
llflaper    (f.  31.  $).  23.    XXI,   99),    mit  meinem    er   ."poltanb ,   Sänemarf   unb 
Sctjroeben  bereifte,  fomie  ber  branbenburgiferje  ©eljeimeratb,  Sam.  ö.  «purenbori, 
toeldier  burd)  feine  ©ematjttn    mit    ber  gamilie  $•  öermanbt   mar,    unb   burcf) 
feine  @mpjet)lung  ben   fcfjroebifcf)  =  pommerfdjen  ©eneratgouberneur  ©rafen  9iiels 
23ielde  bemog,  ben  erft  22  3atne  jäljlenben  jungen  ©etetrtten  (1694)  dum  «pro* 
feffor  math.  et  mor.  in  ©reifimalb  3U  ernennen.    $n  ber  Tolgenben  3eit  (1697 
bti  1698)   begleitete   er  auefj  bie  (Sörme  bes  ©rafen  23ielde  auf   einer  größeren 
fReife  nad)  granireid)  unb  (Jngtanb ,   mo  er   in  $atis   bie  berühmten  @elef)rten 
3of).   «fltabilton,     Stephan  «öalup,     3ot).    §arbuin,    2ubm.    §u  ftour,    21bt 
öon  Songuerue,  unb  $et.  San.  #uet,  tbyeils  perfönlid) ,   tb,eili  nad}  i&rer  litte« 
rarifd)en  SSebeutung   fennen  unb  fdjä^en   lernte.     «Jlnfdjeinenb  burd)  Su  fjouri 
Stubien  über  Satian  angeregt,  nafjm  er  roaljrenb  feines  2lufentb,altei  in  Crcrb 
(1698),  nad)  bem  «Jftanufcript   bei  granaiieui  Suniui,   eine  SlbfcrjriTt  bon   ber 
.  attt)od)beutfd)en  Ueberfetjung  ber  latianifdjen  ßbangelienb.armonie,  meiere  er  im 
3.  1706  in  ©reifiroalb   im  Srucf   Verausgab.     3n  feiner   meltmännifd)en  23it= 
bung,    ebenfo    mie    in   feinen   Ijiftorifdjen   unb   prjilologifdjen  Äenntniffen  burd) 
biefe  «Reifen  gerörbert,  teerte  er  im  $.  1699  in  bie  ßeimatf)  äUTüd  unb  empfing 
jugieid)  bie  $roMfur  für  ©efd)id)te   an  ber  ©rensmatber  Unioerfität.     Tiad)bem 
er  öon   1694—1701   in  fortgefe^tem   Sriermedifel  mit  Dr.  3-  &■  ^caper  ge= 
ftanben   ijattt ,    erhielt    er  im  $.    1701    biefen   berborragenben  S^eologen  ali 
Slmtigenoffen,  unb  baburd)  nid)t  nur  ©etegenljeit,  beffen  umfangreidje  F3ibtiolt)ef 
^u  benu^en,  fonbern  aud)  fid)  mit  biefem  öielfettigeu  ©eterjrten  ju  titterarifd)en 
Unternerjmungen  ju  bereinigen.     3U  biefen    gehörte  il7"4i  bie  ©rünbung  einer 
geteerten  ©efellfdjaft ,    beren  2b,ätigfeit  jebod),    anfdjeinenb   unter  bem  (linflufj 
ber  pietiftifdien  Streitigteiten   unb   ber   brotjenben  Äriegigefab^r   halb  mieber  er= 
tofd).    dagegen  t)atte  $.  bai  ©lud,  burd)  ben  Otegierungiratf)  «JJlagnui  b-  2ager= 
ftröm   bie   Mittel   ^ur  Verausgabe    ber    ermahnten   gDangelienljarmonie   au   er= 
langen.     (Seine  übrige  2f)ätigfeit  mar  ämifdjen  feinen  3}ortefungen,  ber  |)eraui= 
gäbe   fleinerer  Schriften   unb   eifrigen   ^ifiorifcf)en  Stubien    in  ben  pommerfcfjen 
Slrdjiben  geseilt.     33on   biefen    betreffen    bie    beiben    erften   9lid)tungen    feinei 
flöirfeni  5tatur=  unb  Staatiredjt,    allgemeine  unb  beutfcfje  ©efdjidjte,  fomie  bie 
6d)riften  bei  öugo  ©rotiui;  obroob^l  er  in  ber  fßorrebe  3um  2atian  ali  ^roeci 
ber  ^erauigabe  jener  altl)od)beutfd)en  Ueberfefeung  u.  21.  fjeröorb.ebt,  bie  damalige 
©pradje  äu  berebeln  unb  bon  gi'etnbmörtern  ju  befreien,  fo  bebiente  er  fid)  felbft 
bennod)   in  feinen   eigenen  SBerfen   ber  tateinifdjen  Spradje.     Seine  b^iftorifdien 


112  «?• 

©tubien  in  ben  öoutmerfctjen  Strdjiöen  fammelte  er  in  mehreren  Urfunben*  unb 
Dtegeftenbüdjern,  metcfje  jum  Xfjeil  in  ben  ^tbltottjefen  öon  GJreiföioalb,  ©tral= 
funb  unb  $utbu§  erhalten  finb-  IJflit  regelmäßiger  ^anbfcr)tift  forgfältig  au£= 
geführt,  unb  genau  ben  Originalen  entfpredjenb ,  gelten  fie  mit  9£edjt  at§ 
'DOtuftermerfe  für  bie  Dladjraelt.  3um  üDrutf  gelangte  märjreub  feine§  £eben§  nur 
bie  öon  itjm  au§  jenem  Urfunbenfctjatje  entnommene  ®efd)id)te  ber  ©reifämalber 
Otifolaibomfirdje,  1704,  fpäter  audj  (1756)  eine  9tebe  über  ba§  Softer  (Slbena. 
gr  ftarb  im  blüljenben  Alter  öon  37  3at)ren  am  26.  9Jtat  1710;  fein  Portrait, 
im  33efit$  ber  Uniöerfität,  ift  burctj  geiftöoüe  3üge  unb  lebenbigen  Auäbrud 
bemerfen§mertt). 

ßtjarifiuS  u.  SMnnieä ,  stemmata  Sund. ,  tuo  bie  23ermanbtfcr)aft  mit 
©am.  *Pufenborf  unb  bem  granffurter  fünften  ^adjariaä  s$altr)en  ermähnt 
ift.  —  ^ofegarten,  cod.  Pom.  dipL  93orr.  p.  XLIII;  (Sefdj.  b.  Uniö.  I,  281. 
—  £öfer,  S5ie  beutjdje  ^tjilologie,  Uniö.  geftrebe,  1856—57,  ©.  25,  2tnm.  8, 
Wo  al§  ©eburt8jat)r,  ftatt  1662,  ba§  3at>r  1672  au  benötigen  ift.  —  Aug. 
23altr)afar,  ö.  b.  ßanbeggeridjten  ©.  223.  —  Rituale  Academieum,  p.  465.  — 
93iebevftcbt ,  9tadjr.  ö.  sJteuöoröommerfd)en  ©elefjrten ,  @inl.  ©.  IX.  — 
©oebcfe,  ©runbr.  a-  ®efd).  b.  $eutfd)en  2>id)tung,  2.  Aufl.  ©.  19.  —  Gin 
33eraeid)nifj  öon  *paltr)en'&  ©djriften  finbet  fid)  in  3öcf)et'3  (Seletjvten'ßejifon 
unb  5)ät)nert'3  Katalog  ber  Uniö.=33ibl. ;  ein  Abbrud  ber  ßöangelienrjarmonie 
in  ©dnlter'ä  thesaurus  II,  t).  ö.  ©djera;  feine  Ur£.=  u.  9teg.=©amml.  finb 
ermähnt  Sp^l,  (Sefdj.  b.  ftl.  (Slbena,  ©.  551;  feine  Briefe,  im  Original  a. 
b.  Uniö.  =S5ibl. ,  finb  aum  2t)eil  abgebr.  bei  2)ät)nert,  5ßom.  S3ibl.  II, 
©.  447—458.  ty\)l 

faliy.  3o$ann  ö.  5ß.,  Auguftiner,  f  am  13,  2R&ta  1511  au  M^eim. 
©ein  Familienname  toQi:  8enfwJ  ü-  $a^  nannte  er  fid)  nacb  feinem  (5)eburts= 
orte  ißaltj  ober  fßalena  im  Xrierifdjen  (nad)  anberen  mar  er  ein  ©dnuabe).  Ni- 
trat au  drfurt  in  ben  Orben  ber  Auguftiner=(Sremiten,  mürbe  bort  1483  3)octor 
ber  Xfjcologie  unb  letjrte  bort  aud)  mit  Unterbrechungen  im  Älofter,  öieÜeid)t 
aud)  an  ber  Uniöerfität.  6r  mar  ein  ©erjülfe  be§  (BcneralöicarS  ber  (refor= 
mixten)  fäctjfifdjen  Kongregation  feine§  Drbenö,  AnbveaS  $role§,  bei  ber  S)urcr)= 
füfjrung  unb  Ausbreitung  ber  ftrengeren  Obferöana  unb  miifte  in  biefem  ©inne 
1475  (als  «ßtior)  in  taftabt,  1491  in  £eraberg,  1499  in  9Mf)tt)eim  (£t)al= 
(äfjrenbreitftein),  1505  in  ©ternberg  in  9Cßedlenburg.  1490  rourbe  er  öon  bem 
Öäpftlidjen  ßegaten,  9tat)munb  ^arjraubuS,  ^ifdjof  öon  (Surf  (füäter  (Sarbinal) 
beauftragt,  ba§  öon  Atejanber  VI.  anSgefdjriebene  Jubiläum  (aur  SBeftreitung 
ber  Soften  be$  Xürfenfrtegeä)  au  öerlünbigen,  unb  mirfte  nun  alä  Ablaßprebiger 
in  ©adjfen  unb  bem  nörblid)en  SSölpnen.  1502  prebigte  er  ein  atoeiteS  3ubi= 
läum.  Sßon  1507  an  lebte  er  in  bem  JHofter  au  9Jtüt)lt)eim.  Unter  3ugruube= 
legung  feiner  $ubitäum§örebigten  fdjrieb  er  „SDie  Ijimmlifcfje  gfunbgrube",  mit 
einer  Söibmung  an  ben  Äurfürften  fjfriebrtd)  unb  ben  <^eraog  3fol)ann  öon 
©ad)fen,  juerft  1490  au  ßrfurt  gebrudt.  @ine  bebeutenb  ermeiterte  lateinifdje 
9lu§gabe  beS  3Berfe§  öeröffentlicfjte  er  mit  einer  SBibmung  an  ben  ©rabifdjof 
öon  $ötn,  ^ermann  ßanbgrafen  öon  Reffen,  au  (Jrfurt  1502  unter  bem  Xitel: 
„Coelifodina  absconditos  scripturae  thesauros  pandens",  baau  ein  „Supple- 
mentum  Coelifodinae",  ©rfurt  1504  (in  biefem  ttjeilt  er  auc|  awei  «ßrebigten 
öon  2lnbreai  $role§  unb  fleine  5lbfjanbtungen  bed  2luguftiner§  ^oliann  öon 
S)orften  über  bie  Reliquie  öom  SBlute  6f)rifti  au  ©otlja  unb  über  ben  Abtafj 
mit;  ber  öoHftänbige  Xitel  rjeißt:  „Supplementum  de  exercitibus  infernalibus 
ipsas  sacratissimas  indulgentias  impugnantibus  et  de  modo  expugnandi  eos 
per  bumbardas  de  turri  Davidica  emittendas).  2lHe  brei  äöerfe  finb  bi§  aum 
^afjre  1517  hneberfjott  (au  Erfurt,  ßeiöaig,  2lug§burg  unb  ©trafjburg)  gebrudt 


^atubamtä  —  ^amelmS.  113 

toorben.  £>ie  beiben  lateinifcfjen  finb  intereffant,  toeil  fte  eine  auäjüfrriicfie  S)ar= 
ftettung  bei  ganzen  8et)te  öom  SIblafj  enthalten ,  toie  fte  in  ben  letjten  3af)r= 
je^nten  öor  2utf)er§  Sluitreten  öon  ftreng  firdt)XicC)en  Geologen  öorgetragen 
rourbe  (f.  9lu§3üge  bei  $app,  eine  jufammenrjängenbe  Slnatöje  bei  $otbe  unb 
ißratfe,  f.  u.).  ©ebructt  ift  öon  *ß.  aufjerbem  „De  septem  foribus  seu  festis 
gloriosae  Virginis"  1491,  öieHeidjt  aucb,  „Hortulus  aroraaticus  gloriosae  Vir- 
ginis", nic^t  gebrutft  eine  f leine  2lbb,anblung  „De  conceptione  sive  praeser- 
vatione  a  peccato  original!  S.  Dei  genetricis  Virginis  Mariae".  —  ty.  ift  oft 
öettoecfjfett  toorben  mit  einem  gteid^ettigen  Sodann  (©etljinf  öon)  ^alij  Oßat§, 
SBalcj),  bex  bem  Drben  ber  2luguftiner  =  (Sljorljjerrcn  (Canonici  reguläres  S.  Au- 
gustini) angehörte,  Doctor  decretorum,  feit  1504  ^ßropfi  be§  $lofter§  pm 
neuen  Söerfe  (in  opere  novo)  bei  feilte,  aud)  2Ird)ibiafonu§  bei  Söe^txfö  £)aHe 
unb  bei  ben  @r}biftf}öfen  öon  9Jcagbeburg,  @rnft  öon  ©ad)fen  (f  1613)  unb 
2Ubert  öon  33ranbenbutg  fetjr  angefetjen  mar;  er  fcfjlofj  ftd)  1524  8utf)er  an 
(Menden,  Scriptores  II,  1519). 

3.  ßtjr.  S)rel)b,aupt ,  Pagus  Neletici  .  .  .  SMdjreibung  be§  ©aalfreife§, 
1749,  I,  704.  —  3.  @.  ßapp,  9lad)lefe  jur  gtef.=@efd>  IV,  424.  —  (2Better) 
2Ute§  au§  aüen  Stjeilen  ber  @efd)id)te,  1762,  I,  290.  —  Offinger,  Bibliotheca 
Augustiniana ,  1768,  ©.  652.  —  2b,.  $olbe,  S)ie  beutfdje  2luguftiner= 
Kongregation,  1879,  ©.  174  u.  f.  —  @-  Tratte,  8utb,er§  95  Sbjejen  unb 
itjre  bogmenrjiftor.  5ßorau§fe£ungen ,  1884,  ©.  53  ff.,  111  ff.  2>ie  2lu§gaben 
ber  fyunbgrube  unb  ber  Coelifodina  bei  ^anjer,  Sßclter  u.  $olbe,  ©.  181. 

fteufdj. 

s^Qlubanuö:  ^orjann  »p.  rjeifjt  ber  SJctfaffer  öon  Sßerfen  (Meinten),  in 
roeidjen  ber  3}nb>tt  jebe§  dapitelä  ber  Sibet  fuq  angegeben  ift  unb  weldje- 
unter  bem  £itet:  „steine  Sibel"  ju  Tübingen  1589  in  Octaö  erfdjienen.  SDer 
Sßerfaffer  mirb  ibentifd]  fein  mit  bem  nieberlanbifdjen  ©djutmann  unb  S)id)ter, 
ben  $öd)er  anführt,  ber  im  16.  ^ab,rr)unbert  in  ©ent,  2)ornid  unb  9Jtons  als 
Sedier  toirfte.  §at  er  audj,  mie  9totermunb  meint,  einen  öon  llffenbacb,  an= 
geführten  SSrief  eine§  ^oljanneä  ^alubanu§  an  £)einricb,  ©mettul  gefebrieben, 
fo  müfjte  er  im  $.  1605  in  Söittenberg  getoefen  fein. 

kodier  III,  ©p.  1212.  —  ftotermunb  jum  J9fö$er  V,  ©p.  1465.  — 
©oebefe,  ©runbrit  2.  SlufL,  II,  ©.  171.  t.  u. 

^ameltUÖ :  Sacob  $.,  fattjol.  £b>otog  im  16.  Mrtmnbert,  mad)te  fidj  als 
©etefjrter  einen  tarnen,  befonber§  burdj  mehrere  patriftifdje  arbeiten.  <£r 
ftammte  au§  bem  abtigen  ©efd)Ied)te  ber  Sarone  öon  Gamete  unb  toarb  1536 
3U  S3rügge  geboren.  SSorgebilbet  im  SiftercienferKofter  ju  ftamur,  ftubirte 
er  neun  3ab^re  s$fjitofoölJ)ie  unb  Sttjeologte  au  Sömen  unter  Sftuarbuä  Sapper 
unb  ^obocuS  9taöeftein;  befugte  aui^  bie  Sortefungen  ber  Sorbonne  ju  ^art§ 
unb  noeb,  öerfeftiebene  llniöerfttäten.  5T:ad^  Sötoen  jurürfgefeb^rt ,  toarb  er  tjier 
Sicentiat  ber  £b>otogie  unb  1561  (Janonifer  an  ber  ©t.  5Donatian§iircb>  ^u 
33rügge,  toie  aurf)  na^b^er  an  ©t.  ©ubula  3U  Sßrüffel  unb  ©t.  Sodann  au 
|>erjogenbufci).  «Ulit  befonberer  Vorliebe  pflegte  er  ba§  ©tubium  ber  $irdjen= 
öäter  unb  öradjte  attmäb^Iic^  eine  bebeutenbe  Sln^aljt  patriftifdjer  ^anbfe^riften 
äufammen,  beren  er  mehrere  mit  gelehrten  3cotiäen  unb  fritifdjen  SInmetfungen 
bereichert,  b^eraulgab.  S)at)er  toarb  er  für  fpätere  gorfc^er,  toie  föega,  le  5Jrieur, 
Sombect  unb  ftett  ein  tüchtiger  ^üb^rer  auf  bem  bi§b>r  toenig  bearbeiteten 
^etbe  ber  ^atriftif.  S3efonber§  bearbeitete  er  bie  ©crjriften  Jertutttanä  unb 
@üpxian§,  toel($e  er  au§  neu  entbeetten  ^anbfeb^riiten  Verausgab.  ®er  ©ieg  ber 
9teformation  3u  Srügge  trieb  irjn  nacb^  ©t.  Cmer,  too  er  balb  eine  ©teile  als 

StEgem.  beutf^e  SBlograptiie.   XXV.  8 


114  5)Säminget. 

2trct)tbiacon  erhielt.  $ura  nadjljer  ernannte  s#bilipp  IL  tijn  jum  Sßropft  Don 
©t.  ©alDator  au  Utrecht  unb  1587  autn  33ifcr)of  Don  ©t.  Omer.  @r  ftarb 
aber  fctjon  felbigen  ^ar}re§  norf)  Dor  antritt  biefe§  Slmteä  au  ^Bergen  im 
«g>ennegau.  SDie  Dornebmften  unter  feinen  sa^treid^en  <&d^xiften  finb  jolgenbe: 
„Liturgica  Latinorum",  Colon.  1571  unb  1609.  2  tom.  4°.;  „Relatio  ad 
Belgii  ordines  de  non  admittendis  una  in  republica  diversarum  religio num 
exercitiis",  Antv.  1589;  „Micrologus.de  ecclesiasticis  observationibus",  Antv. 
1589;  „Cassiodori  divinae  lectiones",  Antv.;  „Catalogus  commentariorum 
veterura  selectorum  in  universa  biblia",  Antv.;  „Cypriani  opera  omnia", 
Antv.  1568,  1589.  Paris  1574  foL;  „Tertulliani  opera",  Paris  1590  fol.; 
„Vita  Tertulliani  et  adnot.  ad  opera  ejus",  Paris  1635  fol.;  „Conciliorura 
paraliporaena"  ;  „Rabbani  opera",  Colon.  1626;  „Commentarii  Pamela  in  libro 
Juditb" ;  „Commentarii  in  epist.  ad  Philemonem"  ;  „Liturgica  Graecorum"  ; 
„De  Graecae  ac  Latinae  ecclesiarum  in  missae  sacrificio  concordia". 
2)iefe   brei  testen  ©Triften  finb  niemals  im  5Drutf  erfdjienen. 

SBaroniuS ,  Annal.  eccles.  Saec.  II.  —  £$foppenä,  Bibl.  Belgica  I. 
p.  532  533,  roo  audj  fein  33ilbnifj  au  finben  ift.  —  ©aje,  Onomasticon  III, 
p.  438.  -  Dan  &euffen  u.  Dan  Dbrm,  Oudh.  v.  Utrecht,  I.  331.  200,  201. 
—  Dan  ber  2la,  Biogr.  Woordenb.  Dan  ©tee. 

v^änttugcr:  Seonbarb  ty.,  tateinifcrj  Paminger,  fonft  auch  SB  am» 
minger,  ^arning  unb  fogar  *J3 annig  er  genannt,  rourbe  am  ©onntag 
Sätare  (ben  29.  9Jtära)  1495  3U  ^Ifd^ad^  (Slfchau)  an  ber  2>onau  (awifcben 
^Jaffau  unb  Sina)  geboren,  mo  fein  Söater  2lnbrea8  5ß.  Senator  mar.  @r  aog 
im  %.  1513  au  feiner  Weiteren  2Iu§bilbung  nacfj  2öien  unb  bat  bann  Dom  @nbe 
be§  3>abre§  1516  an  in  ^affau  gelebt,  «gjicr  Dettoaltete  er  ein  ©djulamt  unb 
batte  babei  toabrfcheinücl)  eine  ©cbreiberftelle  ober  bgl.  (totius  vitae  curriculum 
in  functione  Scholastica  et  Tabellionatus  officio  ....  trivit);  bei  feinem  £obe 
toirb  er  ©ecretär  au  ©t.  Nicolai  (ad  D.  Nicolaum  Secretarius)  genannt.  $.  mar 
aroeimal  Derbeiratbet ;  auS  feiner  erften  @be  überlebten  ibn  atoei  ©öbne,  ©opbo= 
niaS  (f.  u.)  unb  ©igiSmunb  (t  1571).  "Otadt)  breüoöcbentticber  $ranfbeit  ftarb 
er  am  3.  9Jtai  1567  in  feinem  73.  SebenSjabre.  fy.  fcheint  fich  früh,  ber 
Deformation  angefcfjtoffen  unb  bann  fein  Seben  in  fteten  kämpfen  für  biefelbe 
augebradjt  au  baben.  9Jttt  ßutber,  9Mand)tljon ,  Süett  2)ietricrj  unb  anbcren 
Männern  ber  Deformation  bat  er  nacb  bem  ^eugniffe  feines  ©obne§  in  S3vtcf= 
toedjfel  geftanben;  ali  Siebter  geifttidjer  Siebet  unb  Dor  altem  als  tücbtiger 
Jonfefeer  ift  er  bann  in  weiteren  Greifen,  namenttidj  nacb  feinem  £obe,  befannt 
gerooroen.  3u  feinen  Sebaeiten  frfjeint  aufjer  einer  Detbe  4=  unb  mebrftintmiger 
©ätje  über  beutfdje  unb  lateinische  geifttiebe  Sieber  in  ben  ©ammetroerfen  Don 
Ott  (1537.  1544),  ^etrejuä  (1538.  1542),  ©cbmel^et  (1544),  ^ontanu§  unb 
9teuber  (1553.  1559)  unb  gorfter  (1559)  roenig  Don  ibm  gebrückt  au  fein;  bei 
einem  Siebe,  ba§  etwa  im  3>-  1540  au  9Iug§burg  gebrueft  ift,  unb  ba£  äöaefer* 
naget  (^Bibliographie  ©.  169,  Äird&enlieb  IV,  ©.  93),  ibm  auftreibt,  „§ier 
ruf  icb  in  bem  ©taub  ber  @rb",  bleibt  eS  bod)  fraglid),  ob  bie  Initialen  S.  $. 
auf  unfern  $.  au  beaieben  finb.  dagegen  baben  nad)  feinem  £obe  feine  ©öbne, 
befonberS  ber  ältere,  ber  feinen  33ruber  überlebte,  DieteS  auS  feinem  Otadjtafj 
bruefen  taffen.  Schon  im  ütobeSjabre  be§  2)ater§  gaben  fie  mehrere  ©cbrtften 
Don  ibm  beraul,  u.  a.  einen  SBerictjt  über  bie  ^rrttjümer,  bie  in  ber  Sebre  Dom 
SIbenbmat  eingeriffen,  ferner  ein  ©efpräd)  eines  ßbriften  mit  einem  2öieber= 
täufer  (in  Üteimen)  u.  f.  f. ;  in  ber  Sorrebe  au  ber  tefetgenannten  ©djrift  f agen 
fie,  bafe  fie  im  sftadjtafj  ibreS  SßaterS  acl)t  SSänbe  lateinifcrjer  unb  beutfetjer 
auSerlefener  guter  unb  geifttieber  (Befänge  mit  4,  5,  6  unb  mebr  ©timmen  Don 


späntmger.  115 

itjm  fetbft  componirt  (für  feine  contrapunctijdje  Äunft  jeugt  ein  -0  profundi- 
tatem"  ju  16  (Stimmen  mit  bem  „Deo  gratias"  ju  36  Stimmen,  gebrucft  in  ben 
Cantiones  triginta  sei  .  .  .  per  dementem  Stephani  Buchaviensem ,  Nürnberg 
b.  Utr.  9teuber  1568),  aufjerbem  breijefm  ober  öierjefjn  geifttidje  unb  roetttictje 
Gomöbien  (es  finb  Ueberfetmngen  bon  5ßtautu!,  Jerenj,  9Jtacropebiu!  u.  a.) 
gefunben  rjätten,  bafj  aber  bie  £>erau!gabe  biefer  Söerfe  itjr  Vermögen  überftiege. 
9tacb,  %at)xen  rjaben  fie  bodj  noct)  mandje!  brucfen  laffen;  fo  erfdjienen  bor  allem 
feine  ..Cantiones  ecclesiasticae"  für  4  bi!  6  Stimmen  in  4  Reiten,  Nürnberg 
1573  —  1580,  fobann  im  3-  1587  ebenba  „Poematum  libri  duo"  unb  einige! 
anbere.  hingegen  ift  eine  al!  „33ibe(roerf"  bezeichnete  größere  2trbcit,  bie 
fdjon  Seontjarb  ty.  b,erau!geben  rootlte ,  unb  um  beren  Srudtegung  ftdj  bann 
fein  Sotm  2op§onia!  oielfad)  bemühte,  nie  erfcfcjienen,  obfctjon  ber  Srucf,  roie 
e!  fctjeint,  fdjon  begonnen  blatte ;  e!  roirb  fid)  fdjroerticb,  nod)  au!mad)cn  (äffen, 
roetdjer  3lrt  biefe!  2öer!  getoefen  ift. 

äBalttjer ,  9Jtufifalifdje!  Serjcon ,  S.  460.  —  Stjeoprjüi  Sinceri  neue 
Sammlung  bon  lauter  alten  unb  raren  23üdjera,  1733,  S.  336  ff.  — 
Sunfet,  fuftoiifcb/critifd)e  9tad}rid)ten,  I  (1753),  S.  693.  —  ©erber,  Scricon 
ber  Honfünftter  II  (1792),  S.  74.  —  9totermunb  jum  3föd)er  V,  Sp.  1472. 

—  Äobolt,  Gürgänjungen  jutn  23aierifd)en  ©etet)rten=8eriton,  1824,  S.  222  f. 

—  SBacfernaget,  ^Bibliographie,  S.  169.  —  Serfetbe,  Sa!  beutfctje  Äirdjen* 
lieb,  I,  S.  471— 473;  IV,  S.  93  f.  —  ©oebefe,  ©runbrifj ,  2.  Stuft., 
S.  185,  (111  u.  295  f.).  —  (Saecilia,  3eitfd)r.  (b.  Sefm)  26.  23b.  S.  199. 

—  2lmbro!  III,  395.  —  ßitner,  23ibtiogr.  ber  9Jtufiffamme(toerfe,  1877, 
S.  771  t.  I.  u- 

^ämtnger:  Soptjonia!  ty.,  aud)  5paminger  unb  ^eminger,  Sorjn 
be!  Vorigen,  rourbe  am  5.  gebruar  1526  ,ju  ^ßaffau  geboren,  befudjte  bie 
ßorenjfdjute  ju  Nürnberg  unb  bejog  baraui  bie  Uniberfität  SBittenberg,  roo  er 
im  Suni  1545  infcribirt  mürbe.  23om  ^ar)re  1549  an  mar  er  2er)rer  an  ber 
9Mcotaifd)uIe  feiner  23aterftabt,  mufjte  bann  aber  im  $.  1559,  at!  eine  23er= 
folgung  über  bie  ©bangelifcfjen  in  $affau  ausbrach ,  nad)  Straubing  fiüctjten, 
bon  roo  er  im  $.  1562  nacrj  9tegen!burg  50g.  6r  tjat  bann  noct)  oTtmal! 
feinen  Stufenttjalt  roedjfetn  muffen  unb  in  mehreren  Stäbten  ein  Sdjutamt  ge= 
tjabt  ober  bom  $ribatunterrict)t  gelebt.  Sic  (etjten  %afyxe  feine!  Seben!  ber= 
brachte  er  in  Nürnberg,  roo  er  im  $uti  1603  ftarb.  Safj  er  berfdjiebene 
Söerfe  feine!  23ater!  ljerau!gegeben  tjat,  ift  fdjon  im  borigen  2lrtifel  ermähnt; 
al!  Sdjrirtftetter  ift  er  be!b,atb  mefjrmcr)  mit  feinem  95atcr  berroedjfelt.  Qx 
fetbft  l)at  fid)  bor  allem  al!  Sdjulmann  au!gejeid)net ;  in  einer  Sdjriit  über 
bie  (Stnrictjtung  gelehrter  Sdmlen  („Reformatio  et  constitutio  sive  ordinatio 
scholae  latinae",  Ratisbonae  1576)  tmt  er  feine  päbagogtfdjen  2lnfid)ten  ausge= 
fprodjen.  2lufjerbem  tjat  er  bor  allem  aud)  eigne  tateimfctje  ^3oefien,  jum  2f)eit 
©elegenb,eit!gebicr}te,  beröffenttidjt.  3(U  Seontjarb  ^äminger'!  Ecclesiasticae 
cantiones  finben  fict)  aud)  dompofitionen  feiner  brei  Söb^ne  Saltr)afar,  Sigi!= 
munb  unb  Soptjonia!.  S)e!  tefeteren  Scrjroiegerfotjn  mar  ber  @eneralfuper= 
intenbent  in  Dettingen,  6berb,arb  ^»ennfctjmibt  (3Jorar)rc  bon  3ot).  San.  $., 
f.  21.  S.  33.  XII,  221). 

goerftemann,  Album  academiae  Vitebergensis ,  p.  224.  —  Sunfel, 
b,iftortfd)=critifd)e  ^adjrtdjten  I,  S.  693  ff.  —  3öd)er  UI ,  Sp.  1214.  - 
9totermunb  jum  ^öd)er  V,  Sp.  1472  ff.  —  Historia  bibliothecae  Fabri- 
cianae.  pars  V.  p.  287  sq.  —  Gritner,  33ibliogr.  b.  9Jtufiffammetro.  S.  770  ff. 

1.  u. 


116  Sßanctatiu*. 

^OncrattUÖ:  s)Jtid)ael  $.,  2)octor  beiber  gierte,  f  al§  33ifdjof  ber  eöan= 
gelifdjen  Äirdje  21. 58.  in  Siebenbürgen  unb  Starrer  in  58irtt)älm  am  11.  $u(i  1690. 
S)ie  fädjfifdie  Nation  in  Siebenbürgen,  bie  itjren  ftebenrjunbertjäljrigen  öolfätrjfim^ 
lid)en  5Beftanb  ju  einem  großen  üLljeil  intern,  felbft  in  ber  3eit,  ba  bai  Sanb  unter 
türfifcfjer  Obertjcxrltc^feit  ftanb,  nie  unterbrochenen  innigen  geiftigen  3ufammen= 
Ijang  mit  bem  beutfdjen  9)tutterlanb  öerbanft,  Ijat  fid)  ju  aller  3«t  einer  füllen, 
menn  aud)  an  3^  nidjt  feljr  großen,  bocr)  in  einzelnen  *ßerfönlid)feiten  mieber= 
Ijolt  feljr  bebeutfamen  (Jinmanberung  au§  S)eutfd)lanb  du  erfreuen  gehabt.  5)lud) 
^5.  gehört  einem  folgen  |>aufe  an.  ©ein  ©rofjöater,  ©eorg  $.,  entftammte 
einer  abeligen  gamitie  in  Defierreid),  mar  am  Anfang  be§  17.  $arjrt)unbert3 
mit  ben  üEruööen  beä  faiferlidjen  ©eneral§  58afta  nad)  «Siebenbürgen  gefommen 
unb  nad)  bem  Slbjug  biefer  Ijiet  äurürfgeblieben.  %n  9Mt)lbad),  im  ©adjjentanb 
fanb  er  eine  neue  .^eimatr).  Sein  ©ofm  9Jlartin  ^ß.  mürbe  1637  Pfarrer  in 
Delling  unb  Ijinterliefj  bei  {einem  Stöbe  (1644)  9Jtid)aet  5ß.  (geb.  am  28.  ©ep= 
tember  1631)  al§  breiactmiäljrigen  Knaben.  2)iefen  natjm  bie  ©djute  Don 
Jpeltau  in  itjre  Pflege,  au§  ber  er  1648  nad)  ^laufenburg,  1649  nad)  ^ßrejjburg, 
1650  nad)  STtyrnau  ging.  5ßon  1652  an  t)at  er  SBien,  Nürnberg,  äöittenberg 
befud)t;  eine  längere  Üteife  füt)rte  itjn  föäter  ju  aetjn  roeitern  ^)od)fd)ulen;  1659 
begleitete  er  öon  Hamburg  jmei  Söljne  beö  föitterg  $o<id)im  ö.  33rodborj  auf 
bie  Uniöerfität  Stoftod,  promoüirte  Ijier  1661  jum  2)octor  beiber  5)led)te  unb 
tjielt  SSorlefungen  über  ©efdjidjte  unb  Sfttjetorif.  2)a  riefen  itjn  1667  bie  eöan-- 
getifdjen  ©täube  öon  Dberungarn  an  bai  neu  gegrünbete  ©rjmnafium  öon  (SüerieS, 
beffen  (Jrbauung  ber  ©raner  ©rjbifdjof  ©eorg  Saeleptfdjenrj  ntdjt  tjatte  rjinbern 
fönnen.  2lm  18.  October  tjielt  üp.  Ijier  eine  ber  (Jröffnungäreben  unb  tetjrte 
in  ber  Solge  öraftifcrje  s$Ijilofoöt)ie ,  bie  5Jted)te,  ©eograpljie  unb  ©efdjidjte. 
©d)on  im  fotgenben  $at)r  folgte  er  bem  9tuf  in  ba§  ^ermannftäbter  9tectorat, 
in  ba§  er  am  9.  Januar  1669  feierlid)  eingeführt  mürbe.  9tadj  anbertljalb 
Sauren  mürbe  er  gum  Pfarrer  öon  9teuborf,  1671  jum  Stabtöfarrer  öon  sJJtebiafd) 
gemärjtt;  am  5.  Oloöember  1686  ftetCte  ir)n  bie  geiftlidje  Stjnobe  burd)  bie  Berufung 
jjum  „SBifdjof"  —  bie  ©teile  mar  jugleid)  mit  ber  Pfarre  öon  58irtt)ätm  öerbunben 
—  an  bie  ©pi^e  ber  eöaugelifdjcn  Äirdje.  S)a§  mar  in  bemfelben  $atjr,  al§  eben 
ber  erfte  2lct  in  ber  orientalifdjen  f^rage  burd)  bie  ÜHMebereroberung  £)fen§  auä 
ber  ©cmalt  ber  Surfen  begonnen  tjatte.  2)ie  ©djmere  ber  3eit,  in  ber  Siebenbürgen 
auä  ber  Sdjutjljerrtidjr'eit  be§  ©ultan§  in  bie  be§  |)aufe§  Defteiretd)  nun  balb  mit 
rafdjen  ©djritten  überging,  legte  bem  Sanb  grojje  Saften  auf,  bie  am  brüdenb= 
ften  auf  bie  fädjfifdje  Nation  unb  itjre  ®eiftlid)feit  fielen.  ©d)on  im  9Jtai  1686 
Ratten  bie  ©tänbe  aud)  auf  ben  ßteru§  be§  Sanbeg  eine  au^erorbenttid)e  ©teuev 
aufgefd)lagen,  auf  öen  fattjolifdjen  100,  ben  unitarifdjen  600,  ben  rcformirten 
1000,  ben  eöangelifdjen  (fäd)fifd)en)  14  000  £t)ater.  2)a  ä^nlidje  gorberungen 
fid)  jäljrlid)  mieber^olten,  bro^te  öielen  fäd)fifd)en  Pfarren  bie  ®efal)r  ber  35er= 
ööung;  e§  ift  ein  SJerbienft  öon  ty.,  ber  burd)  gerechte  Sßertrjeilung  ber  Saft  biefe 
ju  erleidjtern  fudjte,  ba^  jene  ben  9Jtutfj  nid)t  ganj  öertoren  unb  ein  nodj 
grö^ereg,  ba^  er  burd)  ein  ernfteS,  immer  mieber  auf  ben  ®runb  ber  alten  £)rb= 
nungen  äurüdmeifenbe§  ^irdjenrcgiment,  ben  fittlidjen  ©eift  innerhalb  ber  Äird)e 
ftreng  aufred)t  ^u  Ratten  fudjte  unb  ben  centrifugaten  Gräften,  bie  bei  ber  9lott) 
beg  2age§  in  ber  SBereinaelung  unb  in  ber  ßoderung  ber  fird)enregimentüd)en 
@in§eit  ba§  «^eil  fud)ten,  mit  @rfolg  SBiberftanb  leiftete.  Sßon  bem  Umfang 
unb  ber  Stiefe  feiner  £ird)enred)tlid)en  $enntniffe,  auf  roetdjen  er  hierbei  fufjte, 
zeugen  bie  Slcten  feiner  2lmtgfüt)rung,  bie,  aud)  cutturgefd)id)tlid)  t)öd)ft  tetjrreid), 
in  einem  Sammelbanb  erhalten  finb,  unb  ba^u  ein  umfangreidjer  Foliant,  ber 
nebft  einigen  Dciginalien  eine  fet)r  gro^e  3al)t  Slbfdjriften  öon  Urlunben,  Söno= 
balöerljanblungen  unb  merttjöotlften  anbermeiten  fird)enred)ttid)en  Steten,  grö§ten= 


^anber.  117 

ttjeils  bon  5ß.  faß&ft  Sf fctjrieben,  enthält,  bie  umfaffenbfte  Sammlung  bis  3U 
biefet  3eit,  beibe  33änbe  mit  bieten  Studien,  bie  ftdj  fonft  nid^t  erhalten  fabelt 
unb  aucb,  baburcb,  ein  nidjt  fjoc^  genug  ^u  fcfcjätjenbes  Quettenmerf  jftt  bas  eban= 
gelifcrj=fäcbfifcb,e  £ird)enrecb,t  Siebenbürgen^  bitbenb.  Sias  gefammte  9Jtaterial 
mirb  gegenmärtig  in  ber  ^anbfcrjriftenabtljeüung  bei  33ibliotr)ef  ber  ebangetifctjen 
Sanbesfirctje  31.  33.  in  <g)ermannftabt  aufbematjrt. 

^otjann  Seiberts  ftadjridtjten  bon  Siebenbürgifdjen  ®elet)rten.  ^reßburg 
1785.  —  3-  ©•  Älein,  ftacrjridjten  bon  ben  Sebeniumftänben  ebangetifct)er 
sprebiger  in  Ungarn.  Seibjig  1789,  II,  337.  —  3of.  Sraufcb,,  Sd)riftftelter= 
lericon  ber  Siebenb.  Seutfcfjen.  33b.  III.  ßronftabt  1871.  —  ©.  ®.  Seutfcfj, 
Sie  33ifdE)öfe  ber  ebang.  Sanbesfirdje  31.  33.  in  Siebenbürgen  in:  Statiftifcrjes 
^arjrbucb,  ber  ebang.  Sanbesfircrje.  31.  33.  in  Siebenb.  1.  ^a^rgang.  Hermann* 
[tabt  1863.  @.  ©.  Seutfcf). 

^anber:  ^einrieb,  Grjrifiian  ö.  %  mürbe  am  12  24.  ^uli  1794  in 
9iiga  geboren  al§  ber  Sorjn  eine§  gearteten  unb  motjtrjabenben  33anquiers. 
9cact)bem  er  eine  fetjr  forgfältige  (Srjtetjung  ertjaltcn  unb  ta%  ©tymnajtum  feiner 
3)aterftabt  abfolbirt  tjatte,  be^og  er  im  jmeiten  Jpalbjar)r  1812  bie  Uniberfität 
ju  Sorpat  um  ^Rebicin  3U  ftubiren;  allein  bereits  1814  berließ  er  Sorpat  unb 
jefete  feine  Stubien  in  33ertin,  bann  in  (Söttingen  fort.  Cbgleid)  fein  23ater  es 
münfctjte,  baß  er  praftifctjer  3lrjt  toerben  foHie,  fo  ergab  er  fidj  bennocb,  gan} 
bem  Stubium  ber  ^aturmiffenfdjaften.  infolge  eines  it)m  angebornen  33ebür« 
niffes  nacf)  ©rünbltctjf'eit  bertiefte  er  fidj  ganj  in  bie  3}orbereitungsroiffenfcl)aften, 
fammelte  fidj  mannigfache  Äenntniffe  in  berfdji  ebenen  ^^"Ö^  ber  9taturmiffen= 
fcfcjaften,  unb  ließ  fctjließlicrj  bie  ^ebicin  bei  Seite  liegen,  ^m  Wlätft  1816,  traten 
einige,  bamals  in  2)eutfd)lanb  ftubirenbe  Öiö=,  (Sft=  unb-fturlänber  ju  einem  Gongreß 
in  $ena  jufammen;  tjier  trafen  fidf>  $.  unb  £.  6.  b.  33aer,  bie  ftcrj  bon  irjrer 
Stubenten-jeit  in  SJorpat  tjer  noeb,  fannten  unb  bier  tourbe  $.  bureb,  bie  DJcit* 
Teilungen  33aers  über  SBürjburg  unb  über  SöHingeri  anregenbe  unb  erfolgreiche 
Unterrict)t§metr)obe  beianlaßt,  nadj)  Söürjburg  ju  getjen.  %m  Spätfrürjling  1816 
fam  5ß.  nacrj  SBürjburg  unb  begann  tjier  auf  üDötlingers  3lnregung  bie  benf* 
mürbigen  Unterfuäjungen  über  bie  (Sntmicfelung  bes  .gmrjncfjens  im  6i,  melcrje 
bie  33at)n  für  eine  lange  Dteitje  fpäterer  gorfdjungen  bilbeten.  S)öttinger  fjatte 
bas  33erbienft  ber  3lnregung  unb  Seitung  bes  ganjen  Unternehmens,  *p.  bas  ber 
grünblictjen,  unermübücr;en  Surcrjmb.rung  unb  b'3llton  lieferte  auf  $anber;s 
Soften  bie  fünftlerifct)  ausgeT'ütjrten  Äupiertafeln.  Sie  in  großartigem  5Jiaßftabe 
angefteüten  Untcrfucljungen  mürben  juerft  in  ber  SJoctorbiffertation  ^ßanbers  „His- 
toria  metamorphoseos  quam  ovum  ineubatum  prioribus  quinque  diebus  subit"  (Wir- 
ceburgi  1819)  unb  bann  in  einer  befonbern  3lrbeit  „33eiträge  ^ur  (Jntmicfelung 
bes  .^>ül)ncr)ens  im  Gt"  äöüräburg  1817  beröffentlictjt.  Siefe  beiben  3tbt)anb= 
lungen  ^anbers  gaben  nicf)t  nur  eine  genauere  ©efcrjidtjtc  ber  erften  ©ntmirfelung 
bes  ^übnetjens ,  als  man  fie  bist)er  befaß,  fte  finb  auet)  baburcr)  bor  3lHem  bon 
großer  2ragroeite,  weil  r)ier  bie  urfprünglictjen,  bon  3Bolff  geatjnten  $rimitibor= 
gane,  melctje  ber  93ilbung  ber  Drganftjfteme  3U  ©runbe  liegen,  burdj  33eobact)tung 
naebgemiefen  merben.  5cact)  ber  SInficfjt  ÄöUiter's  l)at  bie  ©ntmicfelungsgefdjidtjte 
burcr)  ¥•  einen  folctjen  {yortfcfjrttt  gemaerjt,  baß  man  unbebingt  bie  ganje  neuere 
entroicfelungsgefdtjicbte  bon  ir)m  an  batiren  mürbe,  menn  nidjt  aus  ^anbefs 
eignen  3Borten  rjinreictjenb  ^Qt  märe,  ta%  er  bon  3Bolff  ausging,  ty.  ift  be= 
rüt)mt  gemorben  buretj  feine  2r)eorie  ber  3ufammenie^unS  btZ  Söirbefttjierfeimes 
aus  blattförmigen  Scrjidjten  unb  biefe  £f)eorie  ift  bereits  bei  3Bolff  beftimmt 
angebeutet.  $.  mar  ber  erfte,  ber  bie  großen  ^been  SSolff's  an  ber  §anb  ber 
33eobact)tung  als  matjt  erroies.  Später  trat  bann  $.  @.  33aer  in  ber  glänjenbften 
iJBeife  in  bie  Stapfen  Söolff's  unb  ^anber's.     9cacc)  31bfcb,luß  ber  SBüraburger 


118  5ßanbet. 

Unterfuctjungen  macfjte  5ß.  in  Begleitung  b'Sllton'S  eine  ffteife  burct)  .pottanb, 
dnglanb,  Fi'anrreicb,  unb  Spanien,  borjügticl)  um  bie  gröjjten  anatomifcfjen 
sIRufeen  (Suropa'S  ju  ftubiren  unb  um  ©eetrjiere  an  bei*  9JteereSfüfte  au  unter= 
fudjen.  9IIS  Ftuctjt  biefex  SRei|e  eifcrjien:  „baS  gtiefenfaulttjier  Bradypus  gigan- 
teus  abgebitbet,  betrieben  unb  mit  berroanbten  ©efcrjledjtern  berglidjen  bon 
$.  unb  b'Sltton",  33onn  1821.  tiefem  äöerfe  folgte  in  äfmtüfiet  gfotm  eine 
Scfctjreibung  ber  ©fetette  ber  $adjt)bermen,  ber  9taubtt)iere,  äBieberfäuer,  9tage» 
tf)iere  unb  (Sbenbaten  in  12  Sieferungen,  23onn  1821—25.  —  ftadj  Otufjlanb 
aurüc*gefeb,rt,  beseitigte  fidt)  ty.  1820  an  ber  ßjpebition  nadj  SBuctjara,  meldte 
unter  bem  20.  ©taatSratt)  b.  9tegri  unb  ©eorg  23aron  ^Jierjenborff  ftanb.  £u 
ber  23efcrjreibung ,  meiere  ^Jletjenbotff  fbäter  fjerauSgab  (Voyage  ä  Boukhara, 
Faris  1826,  beutfef)  öon  ©djeibler  1826)  lieferte  *ß.  einen  Seitrag :  „bie  9latur= 
gefd)id)te  ber  33uc£)arei".  ftad)  ber  föttdttefjr  mutbe  $.  am  20.  Dctober  1821  2lb= 
junet  ber  !.  Slfabemie  b.  2öiffenfcE>.  au  ©t.  Petersburg,  1823  aufjerorbentlictjeS,  am 
15.  Februar  1826  orbenttidjeS  93citglieb  für  gootogie.  £>iir  begann  er  baS 
aoologifcrje  ßabinet  ju  orbnen,  bie  einzelnen  ©egenftänbe  fbftematifd)  ju  befiimmen; 
baBei  unterfudjte  er  mit  ber  größten  2luSbauer  bie  geotogifdjen  Formationen 
ber  Umgegenb  bon  ©t.  Petersburg  unb  bie  foffilen  Jtjierrefte  in  benfelben.  ©o 
mürbe  er  burcr)  feine  „Beiträge  aur  ©eognofie  beS  ruffifctjen  9teid)8"  (©t.  $eterS= 
bürg  1830)  ber  23egtünber  ber  ßenntnifc  ber  Formation,  melctje  man  jetjt  bie 
filurifdje  nennt;  ©trangmabS  unb  (Sidjmalb  tjatten  bereite  einige  Vorarbeiten 
baju  geliefert.  $m  %.  1827  gab  ty.  auS  unbefannten  ©rünben  feine  Stellung 
bei  ber  Slfabemie  auf  unb  jog  auf  fein  bäterlictjeS  Sanbgut  garnifau  bei  9Uga, 
um  tjier  als  Sanbmirtb,  au  leben.  SlÜein  baS  naturtjiftotifclje  ^ntereffe  30g  itjn 
bon  ber  Sanbtoirtrjfdjaft  ah:  ber  ©anbboben  SibtanbS  enthält  fetjr  mannigfache 
93rud)ftüc£e  bon  ©ctjilben  unb  3^nen  bormelttictjer  £f)iere,  beren  33eftimmung 
fetjr  fdjmierig  mar,  ba  fict)  gar  feine  ©Eetetttljeite  auffinben  liefen,  ty.  erfannte 
auerft,  bafj  jene  tiefte  untergegangenen  Sitten  bon  $norbetftfdjen  angetjört  tjaben 
müfjten ;  fonnte  fiel)  aber  au  einer  ^ublication  ni^t  entfd£)lie^on,  fo  bafj  9Jlur= 
cfjifon  ifjm  juborlam  in  ber  ßtjarafteriftif  biefer  jetjt  fogenannten  £)ebonifct)en 
Formation  mit  ü)ren  gepanzerten  Änorjjelfifctjen.  ^m  3».  1842  50g  5ß.  toieber 
nad)  ©t.  Petersburg,  um  eine  amtliche  ©tettung  beim  23ergroefen  einjuner)meu. 
<5r  führte  in  ber  Folge  in  Sibtanb,  Sftlanb,  in  3Jtittelru|lanb  unb  am  Ural 
mehrere  geologifetje  UnterfuctjungSreifen  auS,  beren  -gjauptamed  eS  mar,  ben  baläon^ 
tologifdjen  Gtjarafter  ber  alten  Formationen  genau  fennen  3U  lernen  unb  nacr) 
ficfjerfter  f^eftftettung  be§  geologifcr)en  ^orijontS,  ben  bie  Kohlenlager  SfJufjlanbö 
einnelimen,  biejenigen  ^unlte  3U  mätjlen,  an  benen  93erfuct)8baue  auf  ©teinlotjlen 
anzulegen  toären.  $.  gab  auet)  in  prafttfcfjer  ^inficfjt  erfolgreiche  Slufllärungen 
über  bie  ©tieberung  unb  ben  SBeftanb  be§  uralifc|en  ©teinfob^lengebiet§.  ÜJ}.  ftarb 
in  ©t.  Petersburg  am  10/22.  ©etotember  1865.  Sin  littetarifdjen  arbeiten  finb 
nodtj  3U  ermähnen:  „©eognofttfdEje  llnterfucfjungen  längs  ber  $eterSburg=^Jlo§!auer 
gifenbarjnlinie  unb  in  einigen  Greifen  ber  (SoubernementS  2Blabimir  unb  Äaluga" 
(au§  bem  ftuffifdjen  überf.  in  ©rmann'S  Sirdjib  für  toiffenfd)aftt.  Kunbe  sJhif}s 
lanbS.  93b.  VI,  250—256)  unb  „lieber  bie  9Köglid)feit,  bie  mitfliege  ßol)len= 
formation  mit  ©teinlo^le  unter  ben  5)3ermifcr)en  ©ctjicliten,  an  bem  Oftranbe  be§- 
«üttel^ufftfd3en  SerglalfberfenS  au  finben"  (grmann'S  2lrct)ib.  33b.  XIX, 
241—260) ;  „9Jtonograbrjie  ber  foffilen  Fifd)e  be§  ©ilurifdtjen  ©^ftemS  ber  ruffifcb,* 
battifcr)en  (BoubernementS,  b.  i.  geognoftifetje  93efcl)reibung  ber  ruff.=batt.  ©ou= 
bernementS."  ©t.  Petersburg  1856.  —  33ei  bem  2obe  ^ßanber'S  fdjrieb  fein 
ehemaliger  ©tubiengenoffe  unb  ^ugenbfreunb  Ä-  ®-  b.  33aer  über  it)n:  bie  2Biffen= 
fcljaft  bertor  in  itjrn  einen  5Rann,  ber  ü)r  bis  p  feinem  legten  3ltl)emäuge  fo 
treu  unb  innig  ergeben  mar,  mie  eS  nur  fein:  fetten   bortommt.     ©ie   mar  irjm 


5ßanfratiug.  119 

bie  ©etie&te  feinet  -JperaenS.  5iie  fonnte  er  firfj  entfcfjtiefjen,  bie  SBtffenfc^aft  ;}ur 
23efferung  bet  eignen  Stellung  ju  benutzen  —  bas  mürbe  ibjm  als  (jntrjeiligung 
gefcf)ienen  rjaben.  SBielmecjt  opferte  er  irjr  mefjr  atö  er  gefüllt  blatte.  Öetber 
rjatte  er  nidjt  einmal  ben  roenigftens  Peräeitjticfjen,  Pietteicrjt  löblichen,  iebenfaüS 
mirffamen  ßrjrgeij  nacrj  miffenfäjaftticrjem  Sfturjm  }u  ftreben.  Seiber  —  mufj  man 
jagen,  benn  bei  feinen  Dielfadjen  $enntniffen  unb  feinem  lebhaften  ^ntereffe  r)at 
er  manche  Unterfudjungen  längere  3eit  öeriolgt,  ofme  bie  9tefultate  3U  üer= 
öffentlichen.  ^c)m  mar  es  nur  um  bie  (Srfenntnifj  felbft  51t  tfmn  unb  ein 
Sebürfnifj,  bie  begonnene  Unterfuctjung  unermübticfj  fottjufe^en.  9lie  aber  fam 
er  in  23erfucr)ung  p  ergänzen  unb  p  üerüoEftänbigen,  mo  anbere  fcrjon  ben 
ßrunb  gelegt  Ratten;  nur  roas  gan<j  neu  unb  unöerftanben  ober  feljr  lange 
oernactjtäffigt  mar,  30g  ifjn  unmibetftetjlicrj  an.  Ueberrjolte  ifjn  babei  ein  anbrer 
unb  braute  bie  ©actje  jum  ^Ibfcrjtufj,  fo  mar  er  ebenfo  befriebigt,  als  ob  er 
felbft  3um  Sibfccjtufj  gefommen  mäte.  Ungeachtet  biefer  nic^t  nur  materiellen, 
fonbern  autfj  moratifcrjen  Uneigennütjigfeü  f)at  5ß.  bie  ftaturmiffenfctjaften  in 
3mei  perfcfjiebenen  (Gebieten,  in  ber  @ntmicfelungsgefdjicrjte  ber  5tt)iere  unb  in  ber 
©eologie,  fet)r  roefentlicfj  gejörbert. 

9cecfe  =  9capiersfö.  III,  S.  360.  —  Seife,   II,  90.  —  Ütiga'fcfje    53iogra= 
pb>n,  III.  35b.  S.  98—100.  9tiga  1884.  S.  Stieb a. 

^ailfrattug:  Slnbreas  ty.  (aud)  ^angratius),  lutb>rifcb>r  £f)eoIog,  2ßre= 
biger  unb  SrbauungefcrjriftfteHer  bei  XVI.  ^arjrfmnberts.  —  $on  feinem  Seben 
ift  menig  «Sicheres  betannt.  @r  mürbe  geboren  1529  (ober  1531)  <ju  SQßunfiebet 
im  33ogtlanbe  (jefet  Ä.  SSapern),  ftubirte  Permutfjlicf)  in  äöittenberg,  mo  er  be= 
fonbers  an  (Seorg  5Jtajor  fict)  angefcrjloffen  ju  rjaben  fctjeint,  mar  ^uerft  Siafonus 
3u  ^reffatt)  in  ber  ^falj,  bann  $rebiger  &u  SImberg  in  ber  Oberpfalj,  mo  er 
bei  ^Taljgraj  Subroig,  bem  Sofme  bes  $urfürften  griebridj  III.,  in  befonberer 
(Sunft  ftanb.  2lls  aber  ^viebxic^  1566  in  9Jmberg  erfctjien,  um  fjier  ftatt  bes 
lutrjerifcfjen  bas  refornmte  SSefenutnifj  einzuführen  ober  roenigftens  bie  ßerjre  unb 
bie  Zeremonien  ber  oberpfätjjifcfjen  mit  benjenigen  ber  rl)etnpjäl,$ifcfjen  Äirdje  in 
(Sinflang  ju  bringen,  fo  mürbe  M.  Slnbreas  •$.,  ber  fcrjon  auoor  in  -!peibelberg 
3u  mieberrjolten  9ttaten  Oor  bem  .ßurmrften  fein  lutfjertfdjes  33efenntnif}  mit  @nt= 
fdjiebenrjeit  unb  ©emanbttjeit  üerttjeibigt  blatte,  uact)  mehreren  refultattofen 
Disputationen  mit  bem  tjeibetberger  ^rofeffor  Caspar  OlePianus  unb  ben  fur= 
Türftlicfjen  9tätt)en,  trotj  ber  bringenben  üfürfpradje  bes  ^rinifiattfjalters  Submig 
unb  bes  ^faljgrajen  Ülic^arb,  feines  2Imtes  entfetit  (Cctober — December  1566). 
@r  ging  nun  al§  ^rcbiger,  ©uperintenbent  unb  ^nfpector  be§  ©^mnafiumS  nad) 
•§of  im  Söogtlanbe,  mo  er  nidjt  gan.^  10  ^afyxt  lang  mit  grofjem  @ifer,  2reue 
unb  Erfolg  mirfte  unb  am  27.  September  1576  nactj  furjer  Jh-anffjeit  ftarb, 
balb  nacb,  ber  üxücfferjr  bon  einem  donbent  in  2In§bad)  (17.  September),  mo 
über  bie  Goncorbienformel  berljanbelt  morben  mar.  (2)ie  2tnna§me  üon  33ecf, 
SrbauungSlitt.  I,  327,  bafe  ty.  1581  jum  ßeb^rer  be§  5pfal3grafen  griebridt)  be= 
ruren  fei  unb  erft  1584  ein  Pfarramt  in  igo]  übernommen  rjabe,  feb^eint  auf 
einer  SSermecrjätung  ju  berur;en.)  ty.  galt  bei  feinen  3e^töenoffert  a^  "n  ebenfo 
irommer  mie  gelehrter  ^Dcann,  oon  ftrengfter  lut^erif(f)er  Üiec^tgläubigfeit,  öon 
r^eroorragenber  tjomiletifdjer  unb  poetiferjer  Begabung,  Pon  mufterb^after  Sreue 
in  feinem  geiftlicrjen  Wirten»  unb  Seetforgerberuf.  din  ßanb§mann  unb  2Imt§= 
nacf)folger  öon  itjtn,  Dr.  ^ob^ann  Streitberger  Pon  -g>of  (t  1602  all  ©enera(= 
fuperintenbent  Pon  Sulmbac^)  tü^mt  itjn  all  ein  ßidjt  unb  eine  gierbe  ber 
^iretje,  al§  einen  unöergteiä)licfjen  ^Jcann,  ber  bureb^  feine  äöeisljeit,  grömmigfeit 
Seletjrfamfcit  unb  befonber§  burdj  feine  erfolgreicfie  ©emeinbeleitung  in  3etm= 
jähriger  2Birffamfcit  bie  größten  Sßerbienfte  um  bie  Äircr^c  ^u  £>of  fieb,  ermorben. 
Seine  eigenen  ^rebigten  unb  ^rebigtentmürfe,  Pon   benen  mehrere  Sammlungen 


120  5ßanftatius. 

gebrudt  finb  (j.  58.  „Äatecrjismusbrebigten"  in  5  ü£l)ei(en  nacr)  ber  rfjetorifdjen 
2)i«bofition ;  „cfjrifttid^e  8eid)brebigten"  in  4  Reiten,  tjerausg.  bon  (lobomann 
1592;  neue  Stusg.  bon  Sraubius  1608—10  in  2  feilen;  „fünf>r)n  ^rebigten 
bon  ber  ^eftitena";  „Äur^e  ßrftärung  ber©onn=  unb  gefttagsebangelien"),  ge= 
tjören  ^mar  ifjvem  ^ntjalte  nad)  nict)t  gerabe  ju  ben  bebeutenbften  itjrer  3eit,  ba 
fte  met)t  einen  troden  lebhaften  als  erbaulidjen  @r)arafter  tragen  (3ejfd)mit3 
nennt  iljn  einen  biateftifdtjen  ^ormfünftter  otjne  redjte  SQßeirje  unb  Äraft,  einen 
33orläufer  ber  ©djolaftif  auf  bem  ©ebiet  bes  tut^crife^cn  5ßrebigtroefens).  üDej'to 
metjr  aber  ift  er  in  formeller  23eateb,ung  in  ber  ©ef<i)id)te  ber  .gmmitetif  einflufj= 
reid),  ja  gemiffermafjen  ebodjemactjenb  gemorben  burdj  bic  ftrenge  3)urdjfürjrung 
ber  „trjematif(^=jt)ntt)etif(i)en"  ober  (roie  fte  gerabeju  nactj  feinem  Flamen  genannt 
roorben  ift)  s#anfratianifd}en  $rebtgtmetr)obe.  (Sr  tjat  biefe  jroar  feinesmegs 
erfunben,  letjnt  fid)  toietmerjr  an  ältere  Vorgänger,  befonbers  rote  es  fdjeint  an 
(SJeorg  sXHajor  in  Wittenberg  an;  aber  er  tjat  jene  ^Jlettjobe  nid)t  blos  in  feinen 
eigenen  btelgetefenen  unb  merjrfad)  aufgelegten  ^rebigtbücrjern  burcrjgefürjrt, 
fonbern  aud)  in  einem  eigenen  ßerjrbudj  ber  .gjomitetit  fie  ttjeoretifd)  ju  begrünben 
berfudjt  u.  b.  2:  „Methodus  concionaudi,  monstrans  verarn  et  necessariam  artis 
rhetoricae  in  ecclesia  usum  et  docens  omnes  s.  conciones  ad  praeeepta  ejus 
ita  aecommodare  et  disponere,  ut  labore  docentium  minore,  fruetu  vero  audito- 
rum  majore  publice  proponi  possint.  Cum  praef.  G.  Majoris."  Wittenberg 
1571.  8°;  denuo  rec.  1594.  8°.  9Jtag  es  aueb,  jroeifelrjaft  fein,  ob  biefe  fd)ul= 
mäßige  2Iusgeftaltung  ber  Jpomiletif  als  50l'tfd}ritt  ober  als  9tüdfct)ritt  in  ber 
©efdjicrjte  ber  d)riftticr)en  s.])rebigt  ju  betrauten  ift,  {ebenfalls  jeigt  fdmn  obiger 
Stiel,  bafe  es  bes  23erfaffers  ernfte  2Jbficr)t  mar,  burd)  feine  trjeotetifdje  Anroeifung 
roie  burdj  bie  bon  irjm  herausgegebenen  ^rebigten  unb  ^Srebigtbifbofitionen 
(•j.  23.  „Sylva  thematum  ect."  Söittenberg  unb  granffurt)  ber  ©emeinbe  fomol 
als  ben  s43rebigetn  ju  bienen.  Unb  benfetben  3^^^  berfolgt  ty.  and)  mit  bem= 
jenigen  feiner  SBerfe,  bas  in  mieberrjolten,  jum  SLfjeit  umgearbeiteten  unb  ber= 
metjrten  Ausgaben  feinen  sJtamcn  iarjtrmnbertelang  im  ©ebädjtniffe  ber  *Prebiger 
unb  ©emeinben,  menigftens  bes  lutrjerifcrjen  ^an^entanbe§,  erhalten  t)at,  —  mit 
feinem  ,,.£mus=  unb  Äirdjenbudj  ober  furjen  ©ummarten  unb  ©ebettein  über 
bie  @onntags=  unb  fjefttag^eptfteln  unb  (Sbangelien,  fotool  für  d»riftlid)e  .gmusbäter 
als  für  ©eiftlicfye"  £of  1572.  «Nürnberg  1574.  91.  tteue  bermef)rte  3tufl.  Würn= 
berg  1613.  62;  le^te  Ausgabe  1771  (bgl.  über  biefes  2Berf  unb  feine  berfd)ie= 
benen  ausgaben  äBatbau,  9Jlebicu§,  33ed  a.  a.  £).).  Urfprünglicr)  nur  für  ba* 
crjriftlicrje  <g>aus  beftimmt  als  Anleitung  für  .gmusbäter,  itjre  ^inber  unb  ^>au§= 
genoffen  mit  bem  SBorte  ©otteö  befannt  unb  3um  3}evftänbni^  ber  ^]rebigt 
gefctjicft  p  madjen,  erfuhr  biefe  Slrbeit  be§  ty.  im  Sauf  ber  ^ett,  befonberö  im 
17.  unb  18.  ^arjrtmnbert,  immer  äat)lreicr)ere  @inf Haltungen  tjomüetifcrjen,  fate= 
djetifc^en  unb  liturgifd)en  ^nb,altö,  fo  ba§  auö  bem  |>au3bud)  ein  boÜftänbige§, 
bie  (Sbangelien  unb  (Spifteln  beö  ^irc&.eniatii^  nebft  Auslegungen  unb  ©ebeten, 
Siebern,  Äatecrjismusfrageitüden,  93eid)t=  unb  anberen  ^rebigten  umfaffenbes  Äird)en= 
buc^  mürbe ,  bas  in  berfdjiebenen  Orten ,  befonbers  im  ^Jlürnbergifcfien  unb 
^ränfifetjen,  lange  3et*  im  öffenttiefien  ©ebraud)  blieb.  Slud)  als  geiftlidjer 
®id)ter  tjat  fic^  «ß.  berfud)t  3.  93.  burdj  ein  Sieb  über  ben  147.  5)3falm:  „Sobt 
ben  <£)errn"  unb  Anberes. 

(Sin  93erjeid)ni^  feiner  ©cfjrijten  f.  bei  3öd)^'=^otermunb  III,  1220.  V, 
1483.  —  lieber  fein  Seben  bgl.  ftufyx,  theatr.  erud.  (5.  244.  —  gebier, 
llnib.=  8ei\  25,  ©.  500.  —  2Balbau,  neue  93eiträge  jur  ©efd}id)te  ber  ©tabt 
Nürnberg  III,  141  ff.  --  ftifenfdjer,  gel.  gürftentrjum  33aireutf).  23b.  VII, 
©.  16  ff.  —  Webicus,  @efc^.  ber  eb.  Äircfje  in  23aiern.  Erlangen  1863. 
©.  127  ff.  —  23efte,  Äanaetrebner  ber  lut^.  $trd)e  II,  230  ff.  —  ^ermann 


5J]angfotet  —  ^annarlj.  121 

Sed,   ©rbauungslitteratur  ber   et).  ßirdje   5£)eutfc^Canbi   I.  Stjeil,  ©.  327  ff. 
@rlangen  1883.   —  Äludtjotjn,  gttebriii  bet  fromme.  ©.  265  ff. 

SBagenmann. 
^aiigfofcr:  Sofeptj  Stnton  5ß.  rourbe  am  21.  3uK  1804  ju  9iieben= 
tmrg  an  ber  Slltmütjl  als  ber  ©ofm  eines  ^ßatrimonialgerid)tSl)alterS  geboren, 
betrieb  feine  ©nmnafial*  unb  Stjcealftubien  ju  Slmberg  unb  ftubirte  bann  auf 
ben  Uniöerfitäten  SanbSlmt  unb  9Mndjen.  anfangs  roibmete  er  fid)  ber  3uriS= 
pruben^,  roanbte  fidj  bann  allgemein  toiffenfdjaftlidjen  unb  Äunftftubien  ju  unb 
rourbe  audj  jum  üDoctor  ber  $t)ilofop§ie  promoöirt.  9cod)  in  ÜMndjen  öer= 
öffentliche  er  ein  33änbd)en  *)3oefien  „Ärrjftatte"  (1827),  benen  er  fpäter  eine 
neue  SluSroarjl  (1839)  folgen  liefe.  3m  $.  1830  rourbe  5ß.  als  ftadjfolger  feines 
Saters  Defonomie--  unb  Otentenoerroalter  auf  bem  ö.  ßaiferftein'fdjen  ©ute 
^pejenader  bei  9tiebenburg,  trat  aber  nadj  bem  £obe  feiner  ©attin  unb  nad) 
SBerfauf  beS  ©uteS  1837  in  baS  ^riöatleben  jurüd,  toeilte  eine  9teilje  üon  ^atjren 
in  Sftcgensburg,  fpäter  in  9Mndjen  unb  befdjäfttgte  fid)  nur  litterarifd).  Seine 
£t)ätigfeit  roar  eine  öielfeitige,  bebingt  burdj  feine  Se^ietjungen  3U  ben  Derfdjie= 
benften  litterarifdjen,  tjiftorifcrjen,  naturroiffenfdjaftlidjen  u.  a.  Vereinen  in  Ütegens* 
bürg,  Sßürjburg,  $rag  unb  Seip<$ig.  ^eröor^utjeben  finb  feine  mit  3-  9t-  ©d)ue= 
graf  oerfafjte  „©efdjidjte  ber  SBudjbruderfunft  in  Üvegensburg"  (1840)  unb  bie 
futj  Dor  feinem  £obe  gegrünbete  OJlonatSfdjtift  „2)eutfd)tanbS  Iftunbarten", 
roeldje  mit  gtölerer  3Biffenfdjaftlid)feit  bon  $.  giommann  (VI,  1854 — 59)  fott= 
gefetjt  rourbe.  2ln  2)id)tungen  beröffentlidjte  er  nod)  „©ebidjte  in  fjodjbeutfdjer 
unb  altbarjrifdjer  Iftunbart"  (1842);  „Stefu  getjeimeS  Seben,  ein  @poS  in 
Segenben  unb  ^aramrjtcjien"  (1844);  „©ebidjte  in  attbaprifdjer  iftunbart"  (II, 
1845—47.  5leue  ftolge  1854).  9cädjft  0.  Äobetl  roar  5ß.  feiner  3eit  ber  bor= 
trefflidjfte  2)ialeftbid)tec  im  altbarjrifdjen  3^iom.  „©eine  Sidjtungen,  jumat  bie 
erjäfjlenben,  ju  objectiber  Ütunbung  fjerauSgebitbet,  finb  meift  naib=innige,  natur= 
freubige,  bem  SßolfSgetft  abgelaufene,  bie  ^uftänbe  als  rein  menfdjlidje  unbe* 
fangen  roieberfpiegelnbe  DarfteHungen,  bie  bei  aller  Sreufjer^igfeit  bod)  einen 
Hinflug  Don  Ironie  unb  ©enre^erbb.eit  berrattjen."  5ß.  ftarb  ju  5Jiünd)en  am 
15.  September  1854  an  ber  Spolera. 

g.  S.  ©reger,  ©onette  bon  babrifdjen  SSictjtern.  III,  ©.  181  ff.  — 
3-  -Öub,  Die  beutfdje  fomifdje  unb  tntmoriftifdje  2)tdjtung.  III,  ©.  313.  — 
ü>.  grommann  in  ber  ^JtonatSfdjrifr  „3)eutfd)lanbs  ^Jcunbarten",  3tat)rg.  1854, 
^eft  3.  granj  Sriimmet 

v$amwrty:  Strnotb  5p.,  ber  erfte  Sudjbruder  ^ta^enS,  flammte  aus  ^rag 
unb  rourbe  roarjrfdjeinlid)  auf  Seranlaffung  beutfctjer  lülöndje  oon  bem  ßarbinal 
Soljannes  a  Jurrecremata  in  ©emeinfc^aft  mit  feinem  ^adcjgenoffen  ßonrab 
©d)roeint)eim  (aus  ©cb,toant)eim  bei  granlfurt  a. S1R.)  nad)  bem  33enebictinerflofter 
©ubiaco  berufen,  um  bafelbft  eine  S)ruderei  einjurid^ten.  anfangs  bes  3at)«s 
1464  mögen  beibe  bort  eingetroffen  fein  unb  ftcr)  fogleidb,  ans  2öerf  gemad)t  tjaben, 
benn  mit  bem  Snbe  biefes  ober  mit  SSeginn  bes  folgenben  3Sal)res  erfd)ien  bereits 
bei  iljnen  bes  Sonatus'  tateinifd^e  ©rjntar  für  Änaben,  roelcb.er  bann  im  Saufe 
bes  ^atjres  1465  jroei  größere  2Berfe:  Cicero,  de  oratore,  unb  bie  ©djriften  bes 
SactantiuS  folgten.  S)a  ade  biefe  üDrudroerfe  bie  in  Deutfdjtanb  bis  ^u  jenem 
3eitpunfte  unbefannte  ^Intiquafcljrift  aufroeifen,  fo  ift  anjunetjmen,  ba§  fie  it)re 
Settern  felbft  fdjnitten  unb  fomit  ganj  auf  fidj  felbft  angeroiefen  bie  2)ruderei 
tion  ®runb  auS  aufrichteten.  Stefer  fanget  an  (Seljitfen  in  bem  fdjroer  ju= 
gängtictjen,  entlegenen  33ergftäbtd)en  unb  ber  baburd)  erfdjroerte  2lbfatj  iljrer 
SerlagSroerfe  mag  bie  betben  ttjatigen  Männer  beroogen  Ijaben,  im  3-  1467 
itjren  2öot)nfi^   nadt)   9lom   ju   öertegen   unb,  ber  (Sinlabung  ber  Srüber  ^ietro 


122  5Pannajd). 

unb  grance§co  be'  9Jtaffimi  fotgenb,  in  bcm  Berühmten  Sßalaft  berfetben  i^te 
SDrurfexei  aufeufcljlagen.  2luffäHig  ift,  bafj  fie  in  9tom  neue  Settern  anroanbten, 
beten  ©djnitt  nodj  met)r  bie  reine  Antiqua  geigte  at§  bie  in  ©ubiaco  gebrauchten. 
Strotj  it)re§  aufjerorbentüdjen  ^leijjeS,  e§  toaren  Bei  itjnen  Don  Seginn  irjter 
Xtjätigfeit  6i§  jutn  3»alt)re  1472  fiebenunbreifjig  Söerfe,  meiftenS  lateinifdje 
©djriftftetler,  in  12  475  (Sjemplaren,  erfdjienen,  jebeS  einzelne  SBerf  in  einer 
Auflage  bon  275  ober  800  ©remplaren  ,  fonnten  fie  feine  Gürfotge  erbeten  unb 
ftettten  im  gfrübjatjr  1472  mit  bem  fünften  Sanbe  ber  Sibeterflärung  be§  9tico= 
tau§  be  Sijra  itjre  Arbeit  ein.  3^r  gseunb  unb  Sefdjütjer  3ol)ann  3lntoniu§ 
be  SurüS,  Sifdjof  bon  9lteria  unb  ©ecretär  ber  33aticanifd£jen  Sibliotljef,  ber 
biete  i^rer  Srudroerfe  mit  einem  Sorroort  eingeführt  Ijatte,  richtete  in  ber  Sor= 
rebe  bei  genannten  Sud)e§  unterm  20.  2ftärj  1472  an  «papft  ©ijtuä  IV.  bie 
bringenbe  Sitte,  ben  beiben  Sudjbrudem  au  tjelfen.  ©ie  Rotten  im  ©djmeifje 
itjreS  9Iugefid)tg  unb  mit  ferneren  Soften  biefe  nürjtidje  Äunft  unter  feinem 
Vorgänger  eingeführt  unb  fjätten  fidj  baburd)  um  bie  SBiffenfdjaft  r)od)  öerbient 
gemad)t.  9lid)t§beftoroeniger  feien  fie  unberfdjulbet  in§  Üngtüd  gekommen,  an 
©eift  unb  Körper  gelähmt  müßten  fie  jetjt  feine  -£>ilfe  in  Slnfprud)  nehmen,  ^r 
grofjeä  <£>au§  fei  bott  bon  gebrueften  Sogen,  aber  teer  an  ben  nottvroenbigften 
ßcben§bebürfniffen.  Sie  mottten  Ü)m  gern  fobiet  Südjer  geben  at§  er  Ijaben 
motte,  roenn  er  itjnen  nur  mit  einer  fteinen  9tnftettung  bie  $ftögtid)feit  böte, 
fid)  unb  bie  irrigen  ju  ernäcjren.  üDiefer  Hilferuf  fdjeint  roenig  ßrfolg  getjabt 
3U  tjaben;  benn  beibe  trennten  fid).  ty.  betrieb  allein  eine  SDrudterei  roeitcr. 
©cfjroeinJjeim  berfudjte  feine  Gräfte  unb  Äenntniffe  im  herein  mit  einem  getoiffen 
®omitianu§  ßatberinuS  <}ur  ^erftellung  be§  geograpt)ifd)en  SBerfeS  öon  !^toto= 
mäu§  3U  öermerttjen,  beffen  Äarten  er  in  ihibferrjodjfdjnitt,  äfjntidj  bem  «g>olä= 
fctjnitt,  anfertigte.  Seibe  Unternehmer  ftarben  im  3-  1475  unb  $ß.  Dollenbete 
1478  ba%  fdjöne  SBerf.  üDa  er  fid)  tjier  Strnotb  Surfing  nennt,  fo  rourbe  bie 
Meinung  rjerborgerufen,  e3  tjabe  aud)  einen  SDrutfer  biefeä  9lamen§  gegeben. 
3)em  ift  aber  nidjt  fo,  ^.  unb  Suding  finb  ein  unb  biefelbe  *ßerfon,  unb  ber 
$totomäu§  mar  fein  letjtei  SBerf,  benn  mit  bem  genannten  ^arjve  1478  berliert 
fid)  öon  it)m  jebe  ©pur. 

Carlo  Fumagalli,  dei  primi  libri  a  stampa  in  Italia  etc.  Lugano  1875. 
—  (Sbuarb  grommann,  2luffät$e  jur  (Sefd)id)te  be§  Sudjljanbelä  im  16.  3ab> 
tnmbert.  £eft  2:  Italien.  $ena  1881.  $  alt  mann. 

^amiafaV  2lnton  $.,  bramatifdjer  ©djriftftetler,  geboren  in  Srüffel  am 
25.  Januar  1789.  ty.  getjört  voegen  feiner  eigenttjümtidjen  ßebenSfdjirffate 
foteie  infolge  feiner  <}roeifcllo§  tjoljen  Segabung  auf  bem  ©ebiete  ber  bramatifd)en 
3ßoefie  ju  ben  intereffanteften  ^erföntidjteiten  be§  Dormär^Iictjen  Defterreict). 
©ein  Sater  mar  Officier  geroefen  unb  ftanb  bei  ber  (Seburt  be§  ©ot)ne§  im 
SDienfte  be§  «IperjogS  21'lbert  bon  ©ad)fen=£efd)en  ju  Srüffet.  6§  madjte  nidjt 
roenig  ?luffef)cn  at§  er,  ber  ^voteftant  mar,  eine  2ßienerin,  meldje  er  borget 
nid)t  gefetjen  Ijatte,  ja  bereu  3öab,t  er  einem  nacrj  3Bien  reifenben  g«unbe  überlief, 
im  5Procuration§roege  tjetratrjetc,  eine  Gürje,  bereu  ©efd)id)te  bie  geroanbte  %ebn 
be§  ©ot)ne§  in  beffen  Memoiren  (öeröffentlidjt  in  ^ranüS  ©onntag§b(ättern  unb 
Säuerte'S  2:ljeateräeitung  öom  3f.  1844)  fdjitberte.  Slnton  ^.  tarn,  balb  nad)bem 
in  Srüffet  bie  9tebolution  au§gebrodjen ,  mobei  ber  furj  jubor  geborene 
Änabe  ba$>  Sürgerredjt  bon  Srüffet  erfjiett,  mit  feiner  Butter  nad)  äöien,  mof)in 
ber  Sater  fd)on  borau§gejogen  mar.  (Sr  erhielt  bafetbft  eine  trefftidje  2Iu§bil= 
bung  unb  fam  fobann  in  bie  f.  f.  9JliUiäratabemie  nad)  äöiener  sJteuftabt,  toofelbft 
er  fid)  neben  feinen  mititärifdjen  ©tubien  mit  ber  Seetüre  ber  neuen  £)idjter, 
inäbefonbere  Älopftod'S,  ©oetf)e'§  unb  ©djttter'ä  befdjäftigte  unb  fogar  fd)on 
einige  SJramen  fd)rieb,  metd}e  in  ber  SCfabemie  fetbft  jur  5luffüt)rung  gelangten. 


^anneet*.  123 

1809  mürbe  5ß.  Cfficier  in  ber  f.  f.  2lrmee,  tourbe  bem  achten  9trmeecorpe  311= 
geteilt  unb  äeidjnete  fidj  bei  ben  kämpfen  in  *}3olen  burcf)  «Dlut^  unb  £apferfeit 
au§,  nidjt  minber  fpäter  in  Ungarn  gegen  bie  im  Sanbe  arg  tjaufenben  9täuber= 
fdjaaren.  9tacr)  furjem  2Iufentt)alt  in  äöien  fütjrte  5ß.  bas  2öaffenb,anbtoerf  toieber 
in  ben  Äampf,  mobei  er  im  3.  1813  bem  ©enetalfiab  jugetfjeitt  toar  unb  auä} 
an  bem  ©in^uge  ber  SIttiirten  in  $ari§  mit  Sfjeit  natjm.  ©päter  finben  mir 
it)n  noct)  bei  ber  9ciebertoerfung  ber  ^ebolution  in  Neapel  friegerifct)  ttjätig,  er 
mürbe  1826  Hauptmann  im  9tegimente  ©r^erjog  $art,  1836  äjtajox,  1841 
Cberfttieutenant.  9tadj  feiner  Berfetmng  in  ben  IRutjefianb  1844  mürbe 
fein  9tame  im  Satjre  1848  biel  genannt,  nactjbem  er  gum  Cberften  ber 
Dcationalgarbe  getrötjlt  unb  ernannt  tooxben  toar.  ü£ccr)  befteibete  er  biefe  ©teile 
nur  furje  3eit  ba  er  ben  orbnungelofen  (Seift,  toelctjer  in  ber  9lationatgarbe 
eingeriffen  toar,  berabfctjeute.  ©enaue  2>aten  bon  fjotjem  ^ntereffe,  toarum  er 
biefe  OberfienfteHe  niebergelegt  enthält  ba%  Bormori  ^u  bem  facrjmännifdj  jebod) 
eigenttjümticr)  abgefaßten  ,,@rercier=3fteg(ement  für  bie  9tationalgarbe  (beffer  Sßotf§= 
toerjx)"  Söien  1849,  toelctjeS  Iß.  Verausgab.  6r  ftarb  am  6.  Cctober  1855,  nact> 
bem  er  juleißt  eine  ©teile  im  2Ircrjibe  bes  $rieg§minifterium§  ju  Söien  betreibet  blatte. 

Unter  feinen  mititärmiffenfcrjaftlictjcn  2Berfen  finb  außer  bem  ertoätjnten  noct) 
,ju  nennen:  „Jerrainletjre  unb  jerrainbenutjung"  (1834.  2.  2Iuff.  1852);  „S3or= 
poftenbienft"  (1846),  fotoie  einige  Heineren  arbeiten  unb  *publicationen  in  $t\t= 
fdjriften.  ©ine  3eit  lang  rebigirte  $.  bie  „öftexxeidjifdje  militäiifcfje  geitfdjrift". 
Bon  befonberer  Bebeutung  eifdjetnen  bie  25ramen  biefei  begabten  9Jtanne§, 
toetcr)e  feit  1817  fämmttiög  im  SBiener  Burgtfjeater  jur  Sluffütjrung  gelangten. 
2)er  ßinfluß  ber  clafftfdjen  Siebter,  beren  ^eitgenoffe  er  'max>  mact)t  fttf)  in 
allen  berfelben  bemerfbar,  insbefonbere  einige  tjiftorifctjen  ©toffe  fanben  in  itjm 
einen  getoanbten  Bearbeiter.  ©0  bor  allem  bas  fräftig  enttoorfene  2rama 
„(Sjernrj  ©corg"  (1847),  toelctjei  eine  ßpifobe  au§  ber  ferbifdjen  9teöolution 
ber)anbe(t  unb  jur  oftmaligen  2luffüt)rung  gelangte,  kräftiges  £eben  pulfirt  in 
biefem  aucr)  büljnengetoanbt  berfaßten  ©ctjaufpieie,  beffen  ^etbengeftalten  mit 
öortrefflictjer  Söirffamfeit  gewidmet  finb.  3)affelbe  gilt  bon  ben  bramatifdjen 
2>ictjtungen  „Sllboin"  unb  „9Jtaximilian  in  gtanbern"  (1835),  fie  gemahnen  nietjt 
fetten  an  bie  i?raft  unb  2)erbr)eit  ©rabbe'3,  befonberi  „9ltboin",  melcr)e§  ©tücf 
über  20  sDlal  im  Burgttjeater  aufgeführt  mürbe,  faxtet  unb  an  bie  bramatifcr)en 
Sichtungen  tjmebrict)  £)atm§  erinnernb  jeigt  ficr)  ba%  Ityxifdje  S)rama  „Glemence* 
3faure"  (1835),  toeldjei  im  %.  1837  jur  erften  Sluffüb.rung  gelangte  unb  jur 
3eit  ber  SroubabourS  in  Souloufe  fpielt.  Sine  prägnante  StjarafteriftiE  bieten 
ferjon  bie  älteren  S)ramen  „S)er  ginbting"  unb  „bie  ©rafen  5Rontatto",  beibe 
enttjalten  im  „Itjeater  bon  ^ßannafcb,"  (1826).  S)er  S3ott)"tänbigfeit  megen  feien 
nod§  bie  <5cr)aufpiele  „bie  6r)xi|"tnaci)t"  (1837)  unb  „3otmfon§  Stob"  (1839), 
bie  ßuftfpiele  „bie  SCßette"  (1839)  unb  „ber  @rbgraf"  (1845),  fotoie  bie  „ßr= 
innerungen  an  Stcüint  in  Briefen  unb  bermifdjten  ©ebidjten"  (1826),  enblict) 
ein  reichhaltiger  5^acrjlaß  bemerfenstoerttjer  bramatifeber  *ßrobucte  ermähnt.  2IIIe 
biefe  SBerfe  taffen  e§  bebauern,  baß  ber  Ücame  unb  bie  SBerfe  bon  5ß.  nicfjt 
auet)  b,eute  noct)  unb  in  meiteren  titterarifetjen  Greifen  betannt  geblieben  finb. 

SBuräbad),  biograpt).   £ejifon,   XXI.  —   3Iutobiograpb,ifctje   arbeiten.  — 
©oebefe,  ©runbriß.  Bb.  3.  ©.  849.  91.  ©ctjioffar. 

^Qimcclö:  Söilljelm  ty„  WlaUx  unb  Diabierer,  geb.  in  SIntmerpen  um 
1600.  £a§  Sab,i-*  feineS  2obe§  ift  unbekannt.  @r  mar  ein  ©eruier  bei  Gubens 
unb  auf  biefen  Umftanb  legte  er  einen  b,ob,en  Söextt) ;  auf  Blättern  nacr)  Gubens 
pflegte  er  ^utoeilen  3U  jeicbjnen:  tec.  Discipulus  ejus.  2Bie  alte  9'ad)ricr)ten  üer= 
bürgen,  toar  er  auefj  s2Jlaler,  beer)  läßt  fiel)  fein  Bilb  mit  ©idjerfjeit  al§  fein 
2Berf  nacf)toeifen.   ^m  9lefeen  erreicfjtc  er  eine  t)ot)e  fyertigfeit  unb  gf'ntjeit,  00(j^ 


124  Samtiger  —  5)3anoffa. 

läfjt  bie  geidjimnQ  proeiten  3U  röünfdjen  übrig.  @v  arbeitete  fetjr  rafd) ;  auf 
bem  Statte:  Jupiter  mit  $uno  im  Oltymp,  nad)  9tubenS  ftetjt:  in  horas  V,  in 
fünf  ©tunben  (fertig  gemad)t).  3fm  ^>inblid£  auf  föembranbt'S  fogenannte  ©enft= 
SBrücfe  ift  eS  nidjt  üiel  ftaunenSroertt).  (JS  finb  36  33lätter  öon  il)tn  befannt, 
barunter  31  allein  nad)  9tubenS.  $u  oen  befferen  gehören:  „@ftr)er  öor  9lt)aSöeruS", 
„£>erobia3  mit  bem  Raupte  beS  ^otjanneS"  (er  fdjeint  eine  ^ubitt)  öon  9iubenS 
—  im  9Jtufeum  ju  Sraunfdjroeig  —  mit  geringer  2lenberung  in  eine  £)erobiaS 
Derroanbelt  ju  tjaben),  „.Ipintmelfarjrt  ber  5Raria",  „Toilette  ber  SenuS",  „Simon 
unb  ^ßero"  unb  namentlich)  baS  Portrait  feinet  9JceifterS  im  ©ed)Sed.  Später 
befudjte  er  2)eutfd)tanb,  fam  nad)  33aben,  roo  er  fein  Statt  mit  bem  t).  ©eorg 
bem  ^JJtarfgrafen  bebicirte,  bann  nact)  5tanffu^  unb  ^Rainj,  roo  er  im  üDienfie 
beS  ihirfürften  ftanb.  °$n  ^ranffurt  rabirte  er:  „©turj  beS  s$t)aeton",  nad) 
eigener  Gürfinbung,  roaljrfctieinlid)  nad)  einem  2)edenbilb,  baS  er  bafelbft  felbft 
aud)  gemalt  tjat. 

©.  Simmerjeel.     $ramm.     .iprjmanS,  la  gravure  dans  l'öcole  de  Rubens. 

2öeffetö. 

^onntjjcr:  ßeont)arb  $.,  f.  ^ömiliger,  ßeontjarb. 

^QHOffo:  $einrid)  $.,  Söiotinift,  (Sefangletjrer,  Wtufiffdjriftftelter  unb 
ßomponift,  geboren  am  2.  Dctober  1807  in  SreSlau,  rourbe  öon  feinem  Sater, 
ber  fid)  in  rooljlljabenben  Sertjältniffen  befanb,  aur  juriftifctjen  Saufbatjn  beftimmt, 
erl)ielt  aber  bereits  als  $nabe  Stolinunterrid)t  unb  madjte  fo  raüibe  gortfdjritte, 
bafj  er  fd)on  im  9llter  öon  jerjn  Satiren  fid)  öffentlid)  tjören  liefe.  Obgteid)  ber 
Sater  ba§  geftedte  3iel  nid)t  aus  ben  Stugen  liefe,  forgte  er  bod)  bafür,  bafe  fein 
©or)n  aud)  mufifalifdj  burd)  bie  beften  ßetjrer  in  allen  ^fädjern  ber  $unft  auS= 
gebitbet  rourbe.  sJtad)bem  %  1824  bie  SreStauer  Uniöerfität  auf  2Bunfdj  beS 
SaterS  bejog,  um  $ura  3U  [tubiren,  ftimmte  er  bod)  ben  Seilten  beffelben  enblid) 
<ju  feinen  ©unften  um  unb  ging  nact)  SBien,  um  bei  bem  bamalS  berühmten 
Sioliniften  ^Jlaüfeber  Unterricht  p  nehmen  unb  bei  ^>offrnann  bie  Gompofition  3U 
ftubiren.  3m  ^atjre  1827  trat  er  bann  mit  brillantem  ©rfolge  in  SBien  auf 
unb  errang  fid)  baburd)  ben  Sftuf  eines  bebeutenben  Sirtuofen,  ben  er  bann  in 
9Jtünd)en  unb  Serltn  auszubeuten  fudjte.  3)odj  feine  geiftigen  Anlagen  roiefen 
i|n  roeber  auf  bie  Salm  eines  Sirtuofen,  nod)  auf  biejenige  eineS  ßomponiften 
unb  als  er  1831  burd)  ben  Stob  feines  SaterS  in  ben  Sefit}  eineS  auSreidjenben 
Vermögens  gelangte,  öernad)läffigte  er  beibe  $äd)er  unb  roanbte  fid)  meljr  ber  roiffcn= 
jdjafttidjen  ©eite  ber  Äunft  ju.  Sie  Setanntfdjaft  mit  9t.  S.  $)tarr,  in  Serlin 
rnodjte  rool  ba§  ^ntereffe  für  biefe  (Seite  ber  .ftunft  in  it)m  erroedt  l^aben  unb 
bie  Slufforberung  beffelben  an  feiner  ^tufit^eitung  mitjuarbeiten  erfaßte  er  mit 
grofjem  ©ifer.  1832  überrebete  itjn  jroar  fein  ^^'^unb  SöenjelauS  -gmud,  ein 
tüd)tiger  ^pianift,  au  einer  Soncerttour  burd)  S)eutfd)tanb,  bod)  ba§  äßanberleben 
als  Sirtuofe  fagte  it)m  fo  menig  ju,  ba^  er  eS  bereits  im  i^aljre  1833  aufgab 
unb  roieber  nad)  SSerlin  jurüdtetjrte,  roo  er  in  bem  ^aufe  feines  SruberS  eine 
ätoeitc  ^peimatt)  fanb.  9ltS  biefer  aber  1834  ftarb,  roanbte  er  fid)  nad)  5pariS. 
.f)ier  lernte  er  ben  ©efangtetjrer  SSorbogni  fennen  unb  fein  ^ntereffe  roanbte  fid) 
nun  auSfd)Iiefjlid)  bem  ©efangfadje  ju.  3>r  Umgang  mit  ben  fid)  bamalS  in 
!ßariS  auftjaltenben  erften  ©efangSgröfjen,  toie  9lubini,  ßablacbe,  S)onjeEi,  Saöib, 
ben  ©ängerinnen  gobor,  ©ontag  u.  a.  nat)m  it)n  berma^en  gefangen,  bafj  fein 
ganzes  ©treben  ber  9lu§bitbung  ber  menfd)lid)en  ©timme  fid)  ^uroanbte.  5lud) 
je^te  er  alle  -£>ebel  in  s^}ariö  in  Seroegung,  um  bort  ä^nlid)e  ©efangöereine  rote 
bie  in  5£)eutfd)lanb  ju  gtünben,  toobei  iljm  befonberS  bie  ^Berliner  ©ingatabemie 
als  nadjarjmungSroertt)  öor  klugen  ftanb.  2;t)eilS  allein,  ttjeitS  mit  bem  dürften 
öon  sIRoSforoa  (©or)n  beS  53tarfd)allS  s)leö)   öerfud)te   er  ein  (SefangSinftitut  m 


$anoffa.  125 

grünten,  bodj  roaren  alte  33eftrebungen  in  biefer  unruhigen  politifdjen  ^eit  in 
ißariS  etroaS  SauernbeS  ju  fdjaffen,  bergeblid).  Einige  ©efangSauffütrcungen 
fe^te  er  atlerbingS  burd),  bod)  beftanb  fein  Programm  fo  auSfdjüefslicb,  au& 
Sombofitionen  be£  16.  unb  17.  3fal)tt)unbert§,  ba|  bie  ^ariferinnen  an  bcn 
ferneren  Hebungen  röotjl  ben  ©efdjmad  berloren  tjaben  mögen,  ty.  fdjien  bie 
^ßarifer  ßuft  nidjt  meljr  ju  besagen,  er  na|m  batjer  ba§  Anerbieten  be§  £)irectors 
ber  italienifdjen  Oper  in  Sonbon,  |)errn  Sumlet),  bie  2)irection  be§  GtjoreS  $u 
übernehmen  im  Satjre  1848  an.  3n  ßonbon  mar  bamalS  bie  (Slite  eurobäifdjer 
Sänger  berfammett,  jo  Sennt)  ßinb,  grafctjini,  ßoletti,  ©taubigt,  ©arboni  u.a. 
unb  ^.  empfing  tjier  bon  neuem  Anregung  bie  $unft  be§  ©efangeS  ju  ftubiren. 
(Sine  Sfteirje  bon  ©efangSftubientoerten,  bie  er  in  biefer  ^eit  Verausgab,  geben 
^eugnifj  bon  jeinen  33efd)äftigungen,  barunter  bie  in  Sonbon  bei  ©roer  &  So. 
erfdjienene  „Practical  singing  tutor",  ferner  bie  $orfd)ute:  „Abecedaire  vocal", 
bie  „24  vocalises  progressives"  unb  bie  „12  vocalises  d'artiste"  ;  anbere  ©olfeggien 
für  (Sontralto,  für  23afj,  „  ßrfjotung  unb  ©tubien",  „86  nouveaux  exercises" 
u.  a.  9tadj  bem  ©taatäftreidj  bon  1852  fefjrte  5ß.  bodj  toieber  nad)  5ßariS 
jurüd  unb  gab  im  Sarjre  1855  ober  56  fein  am  roeiteften  befannt  geworbene* 
unb  gefct)ät;te§  Söerf:  „L'art  de  chanter"  IjerauS  ($ari8  bei  SßranbuS).  ®iefe 
©efangfdmle  tourbe  in£  3talienifd)e  (TOaitanb  bei  9ticorbi)  unb  in§  5Deutfd)e 
überfetjt  (ßeipätg  bei  9tieter=23iebermann)  unb  tjerauSgegeben  unb  rief  anfängtid) 
unter  ben  Fachmännern  eine  lebtjafte  Obbofttion  tjerbor,  ba  bieg  Söerf,  roie 
Aug.  ©atfjb,  in  ber  bleuen  3ettfdjrift  für  Mufif  fdjreibt,  burd)  bie  Jeden  9teue= 
rungen  großes  Auffegen  erregte  unb  bei  Dielen  in  unfritifdjer  ©etootmfjeit  be= 
rjarrenben  9tad)betern  be§  «Ipergebradjten,  ja  burd)  bie  $eit  gleidjfam  (Sefjeitigten, 
eine  gewaltige  Entlüftung  tjerborrief.  AIS  fid)  aber  bie  erften  $nftitute,  roie  baS 
Pariser  Conservatoire,  bie  Afabemie  ber  fdjönen  fünfte,  Autoritäten  roie  3eti§, 
ftoger,  Stamburini  bafür  erftärten,  fo  geroann  baS  SBerf  immer  mefjr  33oben 
unb  legte  ben  ©runb  ju  ber  heutigen  (Sefanglerjre  auf  ürjrjfiotogifdjen  ©tubien. 
©eit  1866  folt  $.  in  giorenj  gelebt  fjaben.  2)aS  ®atum  feines  £obeS  ift  nid)t 
befannt  geroorben.  Aufjer  ben  ©efangfdjulroerfen  gab  er  aud)  eine  3Xnjar)t  53iotin= 
compofitionen  IjerauS,  bie  aber  metjr  in  bie  frühere  $eit  feines  ßebenS  fallen. 
Als  opus  48  beridjtet  bie  Seidiger  ^Jlufiljeitung  über  eine  „Grande  Sonate 
dramatique  pour  Violon  et  Piano"  (üöien  1)ä  £aSlinger),  bon  ber  fie  aber  roenig 
erbaut  ift.  (Srfinbung  unb  Aufarbeitung  geigen  fo  roenig  Originelles,  betoegen 
fid)  nur  in  ausgetretenen  SBegen,  ba|  ber  Cnnbrud  roenig  anregenb  ift.  Sn 
fbäteren  ^ab,ren  roanbte  er  fid)  ber  geiftlidjen  ©efangmufi!  ju,  bon  benen  aud) 
einige  in  Sßarte  erfc^ienen,  in  SJeutfcb.lanb  aber  nic|t  befannt  geroorben  finb. 
5Rit  befonberer  Vorliebe  beschäftigte  er  fidj  mit  ben  mufifalifdjen  ^ageSfragen 
unb  feine  äarjlreidjen  Strtifel  roaren  in  ben  ^Ruftf^eitungSrebactionen  gern  gefeljene 
©äfte.  Die  31eue  3eitfd)rift  für  5Rufif,  bon  9tob.  ©c^umann  1834  gegrünbet, 
_äät)lte  ib,n  bom  erften  3ab,rgang  ah  ^u  iljren  Mitarbeitern,  ebenfo  ftanb  er  mit 
franaöfifdjen  Mufifäeitungen  unb  mit  bem  Sageblatte  Temps  in  lebhafter  33er= 
binbung.  9iob.  Qntner. 

^Paitofla:  2l)eobor  ©igiSmunb  $.,  geboren  in  SSieStau  am  25.  9?e= 
bruar  1800,  f  in  Berlin  am  20.  3funi  1858.  $on  begüterten  Altern  abftammenb 
trat  er  au§  ben;  5pribatunterrid)t  im  October  1812  in  btä  griebric^Sg^mnafium 
feiner  SSaterftabt  ein  unb  berliefj  baffelbe  rool  borbereitet,  um  am  1.  Slbrit  1819 
in  Berlin  baS  ©tubium  ber  ^>tjilologie  ^u  beginnen.  SDort  fcb,lo^  er  ficb,  bor 
alten  an  SSödt)  unb  Ütaumer  an,  bie  itmt  itjre  2freunbfct)aft  bauernb  erhielten 
uub  fd)on  ben  ©tubenten  aud)  im  IjäuSlidjen  33ettel)r  gern  förberten.  31IS  5)ltt= 
glieb  be§  pljilotogifcb.en  ©eminarS  promobirte  ber  junge  (Seletjrte  am  17.  2^uti 
1822    auf    ©runb    einer  fleißigen   unb   tüchtigen  SJiffertation  „Res  Samiorum"' 


126  Sßanoffa. 

(Berolini  ap.  Maurer.  59  ©.  8).  ©eine  Unterfudjung  über  $eit  unb  ßeben  beS 
^olrjfrateS  fowie  über  bic  famifdje  Äünftterfdjule  fjaben  bleibenben  Sßertl).  9tadj 
ber  SSottenbung  jetner  ©tubien  30g  il>n  ber  SOÖunfcf) ,  an  Ort  unb  ©teile  mit 
bev  SIttertImmSr'unbe  fiel)  öertraut  <}u  machen  nadj  Italien,  einem  bamatS  für 
gelehrte  Stetfcnbe  fernerer  äugänglidjen  Sanbe.  S)urdj  ben  öon  einem  33ormunbe, 
feinem  Ofjeim,  gelieferten  SSorfdjufj  unterftfitjt  traf  ty.  im  ^erbft  1823  in  9tom 
ein.  ©eine  pfntologifdje  33orbtlbung  erleichterte  bie  2lufnat)tne  in  ben  $reiS 
hochbegabter  ßunfifreunbe ,  unter  benen  ©tacfelberg  eine  Ijeröorragenbe  ©teüung 
einnahm.  Sunfen,  für  atteS  6ble  begeiftert,  Äeftner,  eine  feinfinnige,  grofj* 
^er^ige  unb  tiebenSWürbige  9tatur*),  würbigten  ben  jungen  SlnfÖmmling  üjret 
$reunbfd)aft;  eS  mürbe  eifrig  ©riecfjifcl)  getrieben,  unb  in  ber  jungen  t)t)perboreifcf)= 
römifdjen  ©ef eEfdjaft ,  bie  audj  ©erwarb  unter  üjren  ^Jlitgliebern  jaulte,  ent= 
wicfelte  fiel)  ein  reges  ßeben.  $.  30g  eS  weiter  nacl)  ©üben,  $m  $at)r  1824 
ging  er  nacl)  Neapel,  öon  bort  in  ©efettfdjaft  öon  Äeftner  unb  ©tacfelberg  naef) 
©icilien.  °$n  Palermo  lernte  er  ben  ^er^og  ©erra  bi  $alco  fennen,  weldjer 
fein  grofjeS  Söerl  über  bie  Slttertljümer  feiner  ljeimatt)tidjen  $nfel  öorbereitete. 
2ln  it)n  richtete  er  öon  Neapel  auS  am  25.  f^bruar  1825  feine  erfte  italienifctje 
©djrift  „Sopra  una  iscrizione  del  teatro  Siracusano"  (poligrafia  Fiesolana  1825. 
43  ©.  8).  ©ie  bewies  eine  grünblidje  Äenntnijj  ber  ©efdjtcl)te  öon  ©tyrafuS, 
weldtje  auf  bie  (üsrtlärung  ber  Eigennamen  im  Sweater  im  wefentlidjen  ridjtig 
angemanbt  würbe,  aber  auefj  jene  Neigung  ju  ettymotogiferjen  ©pielereien,  Welche 
ifjn  fpäter  auf  fettfame  9lbWege  führen  follte. 

Ein  mef)r  jähriger  9lufentl)alt  in  Neapel  ftempette  if)n  jum  2lrdjäologen. 
9Jtit  ben  bebeutenbften  einfjeimifcljen  ©ele^rten  öertraut,  ein  aufmerffamer  58e= 
obadjter  ber  neuen  $unbe,  fleißiger  93efucf)er  ber  öffentlichen  unb  $riüat=©amm= 
tungen,  erwarb  er  fiel)  eine  ausgebreitete  j^enntnifj  namentlich  ber  unterttalifdjen 
Söafen,  Worin  ifjn  öon  feinen  ^eitgenoffen  feiner  übertraf.  Eine  reife  grucfjt 
feiner  ©tubien  War  baS  erft  1828  erfdjienene  $er,}eicl)nifj  ber  antifen  23ilbmerfe 
öon  Neapel,  in  beffen  erftem  unb  einzigen  SSanbe  ©erwarb  bie  ^Rarmorwerfe, 
5p.  bie  grofje  35afenfammlung  befdjrieb,  ber  erfte  Wiffenfcfjaftliclie  Katalog,  lange 
3eit  ber  befte  5üf)rer  ju  ben  unerfdjöpflidjen  ©ct)ät;en  beS  'öJtufeumS.  SDie 
Ijerfulanifclje  Slfabemie  etjrte  iljn  burdj  ben  Üitel  eineS  Sorrefponbenten,  unb 
nodj  lange  nacfyfjer  belohnte  i^n  im  Saljre  1849  ein  neapolitanifdjer  Drben. 
SDort  machte  er  im  3M)re  1825  bie  SBelanntfdjaft  beS  ausgezeichneten  $unft= 
fennerS,  beS  |)erjog§  öon  ßurjneS,  unb  balb  barauf  bie  folgenreichere  beS  mächtigen 
.^er^ogS  öon  23taca8,  ber  fidj  balb  entfdjlofj,  itjm  bie  Verausgabe  feiner  reiben 
^unftfdjätje  anpbertrauen.  Um  biefelbe  Qtit  öeranlafjte  itjn  ber  Auftrag, 
einen  Katalog  ber  öon  bem  in  9tom  berftorbenen  preufjifcrjen  ©eneratconfut 
23artf)olbt)  fjinterlaffenen  ©ammlung,  jefjt  im  berliner  ^Jlufeum,  ^u  öerfertigen, 
3ur  9tücl£e^r  naef)  9tom  unb  Sertin,  Wo  im  Sfa^re  1827  fein  „Museo  Bartoldiano" 
^erau§km,  boll  öon  gelegten  Semerfungen  unb  fünfilerifdjen  93eobacl)tungen. 
2)ie  SSerbinbung  mit  23taca§  entfcl)teb  feinen  ferneren  Seben§lauf.  5lacf)bem  er 
1826  in  ^ari§  bie  ©ammlung  befictjtigt  |atte,  begleitete  er  ben  Verbog  auf 
beffen  ©efanbtfdjaftSreife  nad§  Neapel  unb  blieb  bort  fowie  in  5pari§  bi§  jur 
Sulireöolution  fein  ^au§gele|rter,  äugteic^  mit  bem  grofjen  Greife  öon  3llter= 
tt)um§freunben,  an  benen  bie  ^auptftabt  bamat§  reicher  War  al§  irgenb  eine 
anbere  ©tabt,  9tom  öieCeidjt  aulgenommen,  in  regem  QJerfe^r.  SDie  Safyxe  in 
«Paris  bis  1834  waren  Wol  bie  glürftic^ften  feines  SebenS.     «ülit  öotten  Sügen 


*)  3dj  barf  hiol  ber  ^errlid^en  Slbenbe  in  Äeftner'ä  ^aufe  1838—39  gebenfen, 
tootin  ©oet^e'ö  Söriefe  borgetefen,  mit  beiben  Slbefen,  5ßapencorbt,  mit  griet^ifdje  Sid)tev, 
SCriftoptjaneö  u.   91.  be^anbelt,  Äunftmerfe  öorgejetgt  mürben. 


^anofia.  127 

a,enofj  et  bie  5lnnefjmticJ)feiten  ber  SBeltftabt,  bon  borneljmen  Äunftfreunben  ge= 
fc£)ät$t,  bon  ben  (Metrien  roegen  feiner  claffifdjen  Äenntniffe  unb  feines  ©d)axf= 
finn§  geroürbigt,  bort  anfjängltdjien  ©Gütern,  rote  bem  ausgezeichneten  gorfcfjer 
be  aBitte,  bereit.  316er  aud)  bittere  (Srfarjrungen  blieben  irjm  nicfjt  erfbart. 
SDafj  feine  1826  herausgegebenen  Vasi  di  premio  feinen  burdjfd/lagenben  ßrfolg 
erhielten,  tonnte  er  berfdjmerzen,  ba  feine  Ueberfiebetung  fie  in§  ©tocfen  bradjte ; 
embfinblicrjet  mar  bie  burd)  ba?  freitoiEige  6jil  feine§  ©önner§  berurfacfjte 
Unterbrechung  be§  Musöe  Blacas,  roobon  nur  bie  erfte  Steuerung  1830  bon  U)m 
beforgt  rourbe;  aber  bie  tieffte  5£>emütrjigung  bereitete  irjm  bie  fdjonungSlofe 
Äritif,  roeldie  ber  auSge^eicrjnetfte  ©eletjrte  granfradjS  Setronne  feinen  „Recherches 
sur  les  vöritables  noms  des  vases  grecs",  Paris,  Debure  1829  fol.  entgegen* 
fefete.  ߧ  roar  ein  berechtigter  Setfudj,  bie  roiEfürlidjen  unb  rein  äufjerlid)en 
^Benennungen  be§  italienifdjen  $unftrjanbel§  burd)  ctaffifdje  Flamen  zu  erfefeen, 
aber  er  rourbe  übereilt  unb  roittfürtid)  in§  äßerf  gefegt.  SBelanntticfj  ift  bie  Unter- 
fdjeibung  noct)  jefet  fo  aroeifelfjaft,  ba|  man  zu  ber  rein  mecrjanifdjen  ^Bezeichnung 
burd)  3iffern  feine  3ufluct)t  genommen  t)at.  ^nbeffen  ermübete  $anoffa'§  ©iier 
nidjt.  9Jtit  (Srj.  Senormant  bertiefte  er  fid)  in  bie  arfabifcrjen  9Jcbtl)en,  unb  im 
3at)re  1834  gab  er  bie  „Antiques  du  cabinet  du  comte  de  Pourtales-Gorgier" , 
Didot  fol.  mit  frönen  Sttbbitbungen  t)erau3.  @§  roar  fein  lefeteS  Söert  in  $ati§. 
(Sine  fernere  jhanftjeit  trieb  ifjn  nadj  33onn;  er  foEte  fein  93atertanb  nid)t 
roieber  bauevnb  bertaffen. 

SJorrjer  r)atte  er  fid)  um  bie  Söiffenfdjaft  ein  grofjeS  t)od)  anzufdjtagenbeä 
Sßerbienft  erroorben.  2ll§  fid)  bie  f)r;berboreifd)e  ©efetlfdjaft  in  föom  1828  zu 
ber  mettgefd)id)tlicrjen  ©rünbung  be§  arcrjäotogifdjen  $nftitut§  errjob,  begrüßte  $. 
ba§  llnternefjtnen  bon  fteabet  au§  mit  ftreuben:  e§  berftanb  fid)  gleicbjam  bon 
felbft,  bafc  if)m  in  ^ari§  bie  Stelle  al§  auäroärtiger  ©ecretär  ber  franzöfifdjen 
©ection  übertragen  tourbe.  2)ort  forgte  er  nidt)t  allein  eifrig  für  ©ubfcribenten 
unb  litterarifclje  Beiträge,  fonbetn  übertoadjte  mehrere  ^afyxe  Ijinburd)  bie  9ie= 
baction  unb  ben  2)rucf  ber  2tnnaten,  foroie  ben  ©tief)  ber  Monumente,  ^a  er- 
ging in  feinen  Semütmngen  foroeit,  bafj  er  ba§  deficit,  roeldje§  bie  (Sjiftenz  ber 
Slnftalt  mitunter  bebrofjte,  burd)  namrjafte  SBorfdjüffe  beefte.  SDer  23erfel)r  mit 
9tom  unb  Berlin,  mit  SBunfen  unb  ©ertjarb,  roar  nicfjt  leitet,  unb  ba§  reizbare 
£emberament ,  foroie  ba§  ©etbftberoufjtfein  be§  ^albfranjofen  machte  fiel)  in 
klagen  unb  SBorroürfen  über  Verzögerungen,  (Sinförmigfeit,  Söeitfdjroeifigfeii  ber 
^ßubticattonen  ßuft,  unb  nur  bie  unerfdjütterliclje  greunbfcrjajt  foroie  bie  gebulbtge 
©eroanbtfjeit  ©ert)arb'§  berrjinberten  einen  S3ruc|;  aber  ^ß.  gebütjrt  bieSlnerfennung, 
ba^  er  in  rjorjem  Wlafc  baju  beitrug,  ba§  ^nftitut  über  SBaffer  ju  galten. 
9Jtet)rmal§  bacljte  33unfen,  ber  itjn  ftet§  al§  gfreunb  beljanbelte,  baran,  ilm  al§ 
©ecretär  für  3ftom  felbft  ju  gcroinnen,  auef)  jetgte  fiel)  $.  nid)t  abgeneigt,  ber 
(Jintabung  ju  folgen.  3lber  fcb,tie|licl)  entfetueb  er  fid;  im  Januar  1835  pr 
Ueberfiebelung  naef)  95ertin,  roo  er  im  Söinter  1836  mit  bem  fnappen  ©et)att 
bon  250  Srjtr.  al§  3lffiftent  be§  9jtufeum§  angefteltt  rourbe.  6rft  im  Sarjre 
1847  Ijat  er  9lom  roieber  geferjen. 

©eine  ©teEung  in  Berlin  toar  nid)t  bie  günftigfte.  $aft  ein  ^tember  ge= 
morben,  mifjtrauifcl)  gegen  bie  metljobifd)e  ©trenge  feiner  £anb§leute,  bon  bem 
l)o^en  ©eibfigejürjl  erfüttt,  ba^  er  neben  ©erfjarb  bie  auggebreitetfte  Äenntni^ 
ber  Monumente  befafe,  fanb  er  nid)t  bie  erroartete  5lnerfennung.  3tt>ar  rourbe  er 
aueb,  an  ber  Unitoerfität  in  bie  Sage  gefefet,  einjelne  ©tubirenbe  in  feine  3Biffen= 
feb^aft  einzuführen,  aud)  erzeigte  itjm  bie  2tfabemie  ber  SBiffenfcb.aften  feb^on  1836 
bie  @l)re  ber  «mitgliebfc^aft ;  aud)  blieb  fein  SSerfjältnife  zu  ©erwarb  ungeftört.  2lber 
l)äu§licl)e§  Ungemacl),  bie  ^rän!tid)!eit  einer  ©djroefter,  bebrängte  ilm,  feine  ©cl)roer= 
l^örigfeit  naljm  zu,   bie  ©ieltung  am  5)lufeum,  roo  er  erft  1856  Sonferbator  ber 


128  5ßantateon. 

2}af?nfammlung  mürbe,  fonnte  it»m  nidjt  genügen,  unb  feine  ©eltung  unter  ben 
gacbgenoffen  ging  tangfam,  aber  ftetig  abmärt§.  ©o  bergrub  er  ficb  in  feine 
Sibliotljef,  too  id)  ifjn  mehrmals  berbroffcn  aber  mittf)eitfam  getroffen  t)abe,  unb 
nafjm  nur  an  ben  3ufammenfünften  ber  itatienifdjen,  fotoie  ber  archäotogifdben 
©efetlfcbaft  perföntid)  £beil.  SDiefe  fjatte  ©erwarb  1841  begrünbet,  $.  würbe 
ihr  unb  ber  1843  ini  ßeben  getretenen  archäologifcben  Leitung  eifrigfter  9Jtit= 
atbeiter.  2ll§  ©elefjrter  unb  ©c&riftftetler  blieb  er  unermüblid)  tt)ätig.  2lufjer 
bem  ftattltcben  23ud)e  über  „Serracotten  be§  föniglichen  Mufeumä"  1842  unb 
ber  gcfcbmacfbolten  Slugtuaf)!  bon  Monumenten,  bie  er  unter  bem  £itel  „Silber 
antifen  SebenS"  1843  IjerauSgab,  bat  er  ^ttjar  fein  größeres  2Berf  meb^r  ber= 
öffentlich,  befto  fruchtbarer  aber  ermieS  er  ficb  in  einzelnen  Slbtjanblungen,  bie 
in  ben  abtoechfelnb  mit  ©erwarb  berfafjten  2Bindelmann§programmen,  ben  3n= 
ftitutäfchriften,  gröfjtentbeil§  in  ben  Slbfjanblungen  ber  berliner  Slfabemie  rbren 
$tafe  fanben.  darunter  berbienen  feine  glücfltdjen  Semerfungen  bon  ^arobien 
unb  Garkaturen  bei  2)rama§  ausgezeichnet  ^u  roerben;  überall  (5.  53.  bei  SlSflepioS) 
^eigt  ficb  grofee  Selefenbeit  unb  23ef)eirfd)ung  be§  Materials,  ©emmen  unb  Münzen 
nidtjt  au§gefdE)Ioffen ;  bie  SSerfuche  $liniu§  unb  ^aufaniaä  archüotogifch  ju  erftären 
fjaben  feinen  befonberen  (Sifolg  gehabt.  Ueberljaiipt  fütjrte  if)n  fein  ©djatffinn  je 
länger  je  mcfjr  in  bie  Srve;  er  berlor  fictj  in  ©rübeleien,  ettomotogifd)en  ©pit$= 
finbigfeiten,  millfiklichen  Kombinationen,  fo  bafj  auch,  gute  ©ebanfen  nur  berjerrt 
äum  SluSbrud  gelangten.  ©0  b,at  er  Eigennamen  mit  fünftlerifchen  £arfiellungen 
gefchidt  berbunben,  aber  in  ber  9lu8führung  ficb  ju  feltfamen,  nicht  feiten  fpracf)= 
unb  fachmibrigen  33ebauptungen  berirrt.  @S  genügt,  aus  einer  2lbb,anbtung  ber 
Slfabemie  bom  3abre  1850  (Eigennamen  mit  KAAO^.),  ben  ^bthofchlüffet 
$rjtf)ofle§,  Den  33teiber  ober  freier  {Me^vCöv)  Memnon  als  SBeifpiete  anjufüfjren. 
3öenn  er  bafelbft  ©.  53  „ben  Mangel  einer  richtigen  Mettjobe"  als  |>auptfd)ulb 
beruuglücfter  Erklärungen  rügt,  fo  hat  er  fich  felbft  baS  Urtbeil  gefprodjen. 
SDurcb  biefe  2öunberlid)feiten,  benen  ©erwarb  u  a.  auS  ©chonung  ntcbt  tt>ibei= 
fprachen,  blatte  eine  fdjmüle  Unfidjerljeit  ber  arcbäologtfcben  ^»ermeneutif  gebrofjt, 
bis  1852  Otto  3fat)n  in  feiner  SluSgabe  ber  ficoronifdjen  Eifta  feine  bermchtenbe 
Stimme  erhob.  $.  liefe  ficf]  nicht  irre  machen:  er  fubr  bis  an  feinen  2ob, 
20.  3uni  1858,  in  ber  alten  Sßeife  fort. 

©eine  miffenfcbaftliche  33ebeutung  fällt  übertoiegenb  in  frühere  Sahre,  bie 
jetzige  ©eneration  toeifj  toenig  bon  ifjm.  9lber  eine  gerechte  SBürbigung  toirb 
ü)m  in  jener  geit  ein  grofjeS  Söerbienft  nidtjt  abfprechen.  Söenn  man  auch  bon 
ben  fdjönen  Söorten  feines  greunbeö:  „5ßanoffa'i  SSerbienft  ift  in  ber  ©efdjtdjte 
ber  go^f^ung  begrünbet,  bie  er  5U  fetner  3eit  mächtig  anregte,  erweiterte  unb 
emportjob"  ba§  le^te  ^räbicat  nur  bebingungetoeife  gelten  läfet,  fo  barf  man 
bie  erften  unberminbert  unterfd)reiben :  fie  reidjen  tjin  fein  Anbeuten  in  @f)ren 
ju  erhalten. 

©erljarb,  allgemeine  3eitung,  13.  Suti  1858  SSeitage  w  9lr.  96.  — 
ßenormant,  Union,  20.  aoüt  1858.  —  5De  äßitte,  Notice  sur  Theodore  Pa- 
nofka,  Bruxelles  1859  (Annuaire  de  l'Academie  de  Belgique  1859).  — 
MidjaeliS,  ©efd).  be§  Seutfdjen  arebäol.  ^nftitut§,  Berlin  1879. 

Urticas. 
^Qlttalcon:  ^einrieb  $.,  ^iftorifer  be§  16.  Safirbunbertä.  3lm  13.  ^uti 
1522  at§  ber  ©obn  eine§  ber  ebangetifeben  Sebre  jugetbanen  93ürger§  ju  Sßafel 
geboren,  erregte  er  febon  früb  burd)  feine  Begabung  bie  Xbeilnabme  be§  ©d)ul= 
meifter§  3lnton  Söilb  unb  be§  9tat^§berrn  fRubolf  gret).  £>od)  febien  e§  feinem 
SSater  geratbener,  ben  bieraebniäbrigen  Knaben  bag  53ucbbrucferbanbtoerf  erlernen 
äu  taffen,  ba  er  fjier  ja  nebenbei  ben  Söiffenfcbaften  obliegen  fönne.  S)a  bie§ 
fieb  aber  balb  al§  unmöglieb  ertoieä,  fanbte  er  ben  Sernbegierigen  nacb  g^ei°urg, 


5ßantüIeon.  129 

too  er  ein  3af)r  unter  3ob>nn  *PebiuS  jubracrjte.  (Sin  ferneres  %af)x  burfte  er 
in  33afet  ftubteren,  bann  aber  ging  er,  bem  drängen  beS  35ater§  iolgenb,  im 
,£>erbft  1539  nad)  2lugSburg,  um  in  bie  2Berfftatt  feines  33ertoanbten,  beS  33ud)= 
bruderS  93Md)ior  jfriefjfteiu,  einautreten.  SDem  brütfenben  Spange  entriß  it)n 
batb  ©ijt  SSirrfS  (f.  31.  ©.  33.  IT,  656)  Vermittlung,  ber  itm  einem  italienifdjen 
3lrate  (Säfar  S)etpf)inuS  als  ©djreiber  unb  Solmetfdjer  empfahl.  ©o  befugte 
er  mit  biejem  Sfngolftabt  unb  SOßien  unb  toanbte  fid)  bann  mit  bem  erwarten 
ßolme  nad)  .^eibelberg,  mo  er  am  14.  October  1540  immatriculirt  unb  im  ^uni 
1541  33accalaureu§  tourbe.  (Sin  ^at)r  füäter  teerte  er  in  bie  Vaterftabt  äurücf 
unb  erhielt  burd)  bie  SSettoenbung  feines  ©tubiengenoffen  $onrab  2t)fo[tt)ene§ 
freie  äöofjnung  im  Kollegium,  Ijielt  audj  fcfjon  Söortefungen  über  bie  Satiren 
beS  ^erfiuS.  9cadjbem  er  bann  am  25.  Wpxü  1544  bie  TOagiftertoürbe  erhalten, 
mürbe  er  am  22.  $uti  beffelben  3faljre3  als  ^ßrofeffor  an  bem  neugegrünbeten 
$äbagogium,  einer  9Jtittelftufe  atoifdjen  ber  ©djule  unb  ber  Uniöerfität,  angefteüt 
unb  grünbete  1545  (22.  Januar)  mit  &leobf)e  $öfin  feinen  <!pauSftanb.  Um 
biefelbe  $eit  trat  er  aud)  mit  fdjriftftellerifdjen  arbeiten  an  bie  Deffentlidjfeit 
unb  fudjte,  nadjbem  er  am  25.  3uni  1545  als  ^Diafon  m  ©t.  $eier  befteHt 
toorben  mar,  burd)  Vorlefungen  unb  ttjeotogifcrje  SiSöutationen  ©djüler  um  fid) 
3U  fammeln,  1547  tourbe  er  SecanuS  3lrtium,  1548—1551  befleibete  er  noct) 
bie  *Jkofeffur  ber  SDialeftif.  S)iefe  emfige  £f)ätigfeit  fonnte  aber  nidjt  üer^inbern, 
bafj  itjm  1552  bei  ber  ©rtebtgung  ber  ^ßfarrftetle  ju  ©t.  $eter  ein  anbrer  93e= 
roerber  öorgejogen  tourbe,  obtooljl  er  fid)  fura  aubor  jum  Sicentiaten  ber  Geologie 
tjatte  bromobiren  laffen.  3llS  (Srunb  btefer  gurücffefeung  gibt  er  felbft  an,  er- 
labe „in  feinen  ^rebigen  gar  ju  fdjneU  gerebt,  atfo  baS  fromme  gelehrte  Seüt 
bermeinet,  er  toere  au  anberen  (Smpteren  tauglicher" ;  in  äöirflidjfeit  tourbe  itjm 
wotjl  feine  häufige  ün)eitnat)me  an  attertjanb  SßolfStuftbarfeiten  —  „benn  er  toaS 
öon  natur  frölid)"  —  al§  ein  Mangel  an  geifiltdjer  äöürbe  angerechnet.  <£r 
legte  feine  ^rebigerfteüe  nieber  unb  natnn  feine  mebicinifdjen  ©tubien  toieber  auf. 
2luf  einer  üteife  burd)  ©übfranfreid),  auf  ber  er  mit  gelir.  glatter  aufammentraf, 
lief}  er  fid;  am  21.  ©eptember  1553  in  Vatence  jum  S)octor  Ifllebicinä  bromo= 
biren,  unb  brafticirte  bann  baf)eim  oljne  öffentliches  Sunt  brei  %at)xe  lang. 
6rft  1556  eifotgte  fein  SCßiebereintritt  in  bie  llniberfität,  er  erhielt  bie  ^ßrofeffur 
ber  SKaleftif,  1557  bann  bie  ber  ^t)t)fif  unb  beinhaltete  1558  baS  mebtctnifcf)e 
SDecanat.  Von  ba  ah  fdjeint  fein  ßeben  olme  toeitere  Veränberungen  betroffen 
au  fein.  ®r  ftarb  am  3.  Wäx%  1595  an  ber  2Baffcrfud)t,  ein  SBiertetia^r  narf)= 
bem  er  mit  feiner  grau,  bie  if)m  ^toölf  Äinber  geboren,  bie  golbene  Jpocrjjeit 
gefeiert  Tt)atte.  — 

-  Sie  fdjriftftetterifdjie  Sb^ätigleit,  toet(i)er  ty.  non  feinem  22.  bis  pm  60. 
Sa^re  neben  feinen  SerufSgefdjäften  oblag,  toar  eine  aufjerorbenttitf)  rege.  „Sr 
toaS  jur  arbeit  erboren",  fo  djarafterifirt  er  ficrj  fetber  im  ^.  1570,  „unb  mochte 
biefe  gan^  tool  erleiben,  atfo  bafj  er  je^  in  bie  16  jar  täglid)  3U  morgen  auff 
bie  fünff  ober  fectjS  ftunb  orbentid)  gefc^riben,  unb  jtoen  bogen  Oerteutfc^et,  ober 
für  fid)  fetbS  jufamen  gefteHet."  S)urd)  feinen  Folianten  füEenben  ©ammetflei| 
erinnert  er  an  ben  Süridjer  ^ol^iftor  Äonrab  ©eSner  (f.  31.  S>.  33.  IX,  107),  mit 
bem  er  freilief)  fjinfid)ttid)  feiner  toiffenfdmftticfjen  33ebcutung  nid)t  auf  biefelbe  ©tufe 
gefteflt  toerben  fann;  mit  feiner  rafd)en  ^ßrobuctionStuft  t)ielt  bie  flritif  nid)t 
gleiten  ©d§ritt.  6S  toar  it)m  genug,  ba§  Material  aufammenaubringen  unb 
mit  feinem  angeborenen  DrbnungSfinn  ju  claffifteiren,  bie  oft  trüben  Quellen 
genauer  ju  prüfen  toar  nid)t  feine  ©adje.  ^mmerb^in  tjat  er  an  ber  fjförbcrung 
beS  ©efd)id)tSftubiumS  unb  an  ber  Belebung  beS  t)iftorifdjen  ©inneS  im  33olfe 
einen    nidjt    ju   beftreitenben   Slntljeil.     ©ein   Portrait   bon   1565   jeigt   breite, 

5lHflem.  beutfcöe  SBiogra^tc.    XXV.  9 


130  5J)antaleon. 

arbeitgefurcbte  3üge,  bon  einem  bunflen  93art  umrahmt.  —  33on  feinen  SÖerfen 
fei  3ueift  feine  lateinifcbe  Äomöbie  „Philargyrus"  (1546)  ertoäbnt,  eine  $ugenb= 
arbeit,  toeldje  bie  broteftantifdje  3ted^tfertigunö§te^re  am  93eifbiele  beS  QöUnexz 
3achäuS  barlegt;  bie  9Jcetbobe  ber  Etjarafteriftil  erinnert  nad)  ©djererS  Urtheil 
an  ben  SajaruS  bes  ^ot).  ©abibuS  (1539);  merfroürbig  ift  ftelir,  ^latterS  9tacb= 
rtdjt,  bafj  bei  ber  2luffür)rung  nidjt  bloä  Safeler  ©tubenten,  fonbern  aud) 
^ßrofeffoxötödjter  mittoirften.  *ßt)ilologifd)er  5lrt  toaren  bie  für  $robenS  Sßerlag 
beforgten  SluSgaben  griedjifdjer  unb  tateinifdjer  Tutoren,  bon  £)omer  bis  au* 
StjeoboruS  9Jcetod)ita  unb  Söilbelm  bon  £rjruS.  SDie  53efd)äftigung  mit  ben 
Äirdjenbätein  bradjte  il)n  auf  ben  ©ebanfen,  eine  „Chronographia  Ecclesia? 
Christian«"  (1550,  1551,  1568)  au  fcrjreiben,  b.  b.  eine  £abette  ber  $irdjen= 
gefdndjte,  weldje  bie  Äaifer,  bie  großen  £beo!ogen,  bie  ©ecten  unb  £)rben,  bie 
(Soncite  unb  bie  ^äpfte  in  Kolumnen  nebeneinanber  ftettt.  9letjnlid)  angelegt 
toar  fein  ©efdjidjtSfalenber  („Diarium  historicum"  1572),  in  toeldjem  er  bie  toidj* 
tigeren  ^facta,  gefte  unb  aftronomifdjen  ^otijcn  in  ben  ütabmen  eines  3^at)rc§ 
jufammenfa^te;  bie  Einleitung  legt  feine  33ercdjnung  ber  2>aten  beS  2llterthum§ 
bar,  „id  quod  ob  mensium  et  dierum  varietatem  admodum  fuit  difficile". 
Unter  ^ßantateon'S  aabtreidjen  Söerbeutfchungen  l)iftorifd)er  2öerte  (bon  ßromer, 
£$foj,  ©iüet,  ^»erberftein,  3iobiu§,  WaucleruS,  SkrgeriuS,  5ßibe§)  ragt  feine  lieber* 
fetmng  bon  ©leibanS  ©efdjichte  $arlS  V.  herbor  (1556,  1557,  1562);  er  hängte 
berfetben  jroei,  bann  brci  neue  33ücber  an,  bie  er  jebodj  nur  als  Material* 
fammlung  für  einen  fünftigen  gortfetjer  ©leibanS  angefeben  roiffen  mottle.  Selb* 
ftänbigcv  ift  feine  „©efcbichte  be§  $obanniterorbenS"  (1581),  für  bie  ihm  ber 
OrbenSmeifter  ©eorg  SBombaft  bon  £)ohent)eim  Material  jur  Verfügung  geftettt 
hatte.  £)alb  t)tftonfct)en  ßbaratter  trägt  aud)  bie  Sefdjreibung  ber  ©tabt  unb 
(Sraffdjaft  SBaben  im  Slargau  (1578),  roeldje,  roie  bie  mebicinifdjen  Erörterungen 
über  ben  9tufeen  beS  SBabcS  unb  bie  btätetifdjcn  sJiatf)fd)läge  aeigen,  befonberS 
für  Ihirgäfie  beftimmt  mar;  intereffant  ift  barin  bie  ©dplberung  beS  33abelebenS; 
ben  bekannten  33rief  5poggtoS  bont  $.  1416  roiebertjolt  $.  mit  einer  jornigen 
SSemerfung  über  ben  fribolen  ©inn  beS  Italieners.  s$antaleon'S  .gmubtroerf 
aber  roar  bie  „Prosopographia  heroum  atque  illustrium  virorum  totius  Germania?" , 
lateinifch  1565-66,  beutfch  1567—1570  unb  1588  erfchienen.  2)er  $tan  mar 
ein  umfaffcnber  unb  neuer;  bie  gan^e  beutfdje  ©efchjchte  bon  ber  Urzeit  an  follte 
in  gorm  bon  ^Biographien  borgefüljrt  toerben,  s$.  roollte  hjer  baffelbe  leiften, 
wag  ^lutardj,  ber  jüngere  ^ßliniuS  unb  i^obiuS  für  ibje  ßanbSteute  getban 
t)atten.  ®ie  SßolfSfagen  bon  2)ietricrj  bon  53ern,  ^ilbebranb,  ©iegfrieb,  ^er3°g 
(Srnft  fdjeibet  er  bon  borntjerein  au§,  ebenfo  bie  .fpeitigenlegenben ,  roäljrenb 
jluiSfo,  ber  llrenlet  -iioalj'g,  unb  bie  fabelfjaften  ^önigSreitjen  ber  golgejeit, 
natürlid)  aud)  £ett  unb  äöinfelrieb,  als  tjiftorifd)e  üßerfonen  gelten  unb  fogar 
in  Slbbilbungen  borgefüljrt  roerben.  S)iefe  ^oljft^nitte  (bie  erfte  Auflage  fagt 
nod)  borfidjtig :  vivis  heroum  imaginibus,  quantum  fieri  potuit,  passim  illustratum) 
finb  aber  auct)  bei  ben  tnftorifcben  5perfonen  beS  16.  SfabrljunbertS  burdjroeg 
5pijantafieportrait§,  bie  in  ben  berfcbiebenen  Auflagen  ge»cd)felt  toerben.  S)er 
erfte  J3anb  beginnt  mit  ?lbam,  ber  jtoeite  mit  Äarl  bem  ©rofjen,  ber  britte  mit 
5Jlarimilian  I.  tiefer  lefete  33anb,  ber  bem  $erfaffer  feitenS  beS  ÄaiferS 
2Jtajimitian§  II.  bie  Ernennung  jum  Poeta  laureatus  unb  5pfatjgrafen  eintrug, 
tfl  ber  roertfibollfte,  ba  ty.  bierfür  IDlittbeilungen  bon  3e^genoffen,  bie  er  1565 
auf  einer  Greife  gefammelt,  benutzte.  SnbeS  bat  er  feine  Arbeit  bod)  au  leid)t 
genommen,  tote  aablreicbe  SSerfeben  beroeifen,  bgl.  3.  SS.  S>.3facobrj,  ©.  9JtacrobebiuS, 
$rogr.  Berlin  1886  ©.  7.  ®ie  Söerfe  ber  ©d)riftftellcr  toerben  nicbt  aufgefübrt, 
aud)  ift  bie  djronologifcrje  3lnorbnung  nid)t  ftreng  burdjgefübrt ;  inbefj  mu^  man 
berüdfidjtigen,  ba|   bie  Arbeit   ber    erfte  Skrfud)   berart   in   einem  nicbt  fritifd) 


$antfe  —  ^anjet.  131 

geftimmten  3e^atter  mar.  9caiö  ftingt  feine  ^Jcatjnung  an  bie  sDtittebenben, 
benen  er  etttm  ju  oie(  2ob  augemeffen,  ftcf)  btefer  ßrjre  in  3u^un^  roürbig  ju 
crroeifen.  9teMid}  r)at  er  fid)  bemüht,  unparteilich,  Äatfjolifen  unb  ^roteftanten 
aufjunetjmen  unb  „einem  jeben  leine  Jugenb  ju^ueignen". 

^antateon'3  ©etbftbiograptjie  am  ©djtuffe  ber  Prosopographia.  —  <£>er,jog, 
Athen»  Rauricse  p.  258 — 261  (1778).  —  SRotermunb's  gottf.  au  3öd)er 
5.  —  @fd)er  bei  Srfdtj  unb  ©ruber  III,  10,  441—443  (1838).  —  ©euerer, 
SBagner'g  Slrdjiö  für  bie  ©efd).  b.  ©prad)e  1,  495  f.  (1874).  —  Stomas  unb 
Öf.  glatter,  bearb.  bon  Boo§  6.  145,  211  f.  (1878).  —  Saumgarten,  lieber 
©leiban  ©.  101  (1878).  —  ZbpU,  £)ie  »Blattifet  ber  Uniöerfttät  $eibelberg 
1,  576  (1884).  £.  Söolte. 

^antfc:  M.  Stbam  *ß.,  febtefifeber  2ittetar=  unb  Äirc&enbiftorifer,  fßaftor 
in  Älein=Äniegni|  bei  ftimptfet),  mar  ber  ©otjn  einei  $retfd)mer§  in  Breslau 
unb  am  1.  Suni  1676  bafelbft  geboren,  ftacfcjbem  er  juerft  ba§  9Jtagbatenäum 
unb  bon  1685 — 1693  ba§  Stifabetban  befuebt  blatte,  ging  er  2Jtid)aeIi§  1693 
auf  bie  Uniöerfttät  nadj  Seipjig,  mürbe  am  30.  September  1695  Saccataureuä 
unb  am  30.  Januar  1696  5Jcagifier,  roorauf  er  am  11.  September  1696  feine 
fjiftorifdje  £)iffertation  „de  nobilitate  Vratislaviensium  erudita"  al3*ßräfe§  rübmütf) 
öertbeibigte.  Dcacb  Seenbigung  feiner  ©tubien  !et)rte  er  1697  nad)  Breslau 
3urüd,  mürbe  öom  Statt)  aU  Katechet  an  ber  SBatbarafircbe  angeftettt  unb  1701 
alä  Pastor  substitutus  cum  jure  succedendi  nad)  £lein=$niegni£  berufen,  ©ort 
ift  er,  mebrfadje  Berufungen  in  anbere  Slemter  banfbar  abtefjnenb,  ben  28.  5e= 
bruar  1732  geftorben.  Sit©  Äatedjet  batte  er  bie  33re§tauer  Äircbenbibüotbefen 
fteifjig  benutjt  unb  ein  bebeutenbeä  tttterar*  unb  firdjenbiftortfebeä  Material  ju= 
fammengebraetjt,  melcbes  er  fpäter  fiebtete,  bearbeitete  unb  in  2)rud  gab.  ©eine 
©ctjriften  betjanbeln  üoraugSroeife  bie  S5re§(auer  ^rebigergefcbictjte  unb  finb  für 
biefetbe  grunblegenb.  @§  finb  bie  folgenben :  „Professores  theologiae  gymnasiorum 
Vratislaviensium".  Vratisl.  1713 — 15.4.  „Schediasma  deSilesia,  benevolavirorum 
insignium  in  Marchia  Brandenburgensi  natorum  nutrice  et  fautrice."  Bregae 
1714.4.  ,,©ie!pröpfte  ju©t.  Sernfytrbtn."  Brieg  1714.  8.  „Sic  (gectefiaften  au 
©t.  Güfabetf)."  Brieg  1715.  „Sie  ^aftoren  gu  ©t.  gtifabetb."  1730.8.  „Sie 
*ßaftoren  ju  ©t.  2ftaria  9Jcagbatena."  1730.  8.  unb  nad)  feinem  £obe  üon 
feinem  ©obne  berausgegeben,  bie  „2eben§befcbreibungen  aller  Brefslauifcben  $ircben= 
letjrer  ic."  23re§tau  1756. 

Setdt)enprebigt  bon  3of).  Sfirift.  £ilbebranb.     2eipäig  1732.  14  23g.  fol. 

©djimmelpfennig. 
^an^cr:  ^»an§  5ß.  (Sanier),  ßütfcbner  unb  "Jfteifterfinger  in  Sanjig  ober 
StugSburg,  erfanb  unb  componirte  bie  jroanaigaeitige  neue  3üngting§roeife;  bafj 
Slugiburg  e  berühmter  SÜdjter,  s]3tag.  3orj.  ©preng  (f  1601) ,  biefe  gorm  ats= 
balb  benutze,  mag  für  31nfäffigfeit  in  2lug§burg  jeugen.  ©ebidjte  ^antjer'ä,  burd)= 
meg  biblifdje  unb  legenbarifefae  ©toffe  bebanbetnb,  finb  au§  ben  3at)ren  1583 
bis  1596  befannt.  6r  liebte  e§,  feine  Bare  au§  brei  öerfebiebenen  ©efetjen  ju= 
fammenäuftetten. 

©oefee,  9ieueg  Saufifcifdjeä  2)lagajin  53,  106  ff.  —  ©ermanift.  ©tub. 
II,  222.  —  Berliner  Ms.  germ.  got.  25,  ©.  371.  —  33irner§  ©8.  Oenai, 
®.  346b.  —   äöcimar.  ^f.  ftot.  419,  ©.  384b.  9toettje. 

ganger:  ^aul  ?p.,  beutfd)er  SJramatifer,  au§  Nürnberg,  befannt  all  SBer- 
f  äff  er  einer  £ragbbie  bon  ben  bret^erjn  türfifdjen  dürften  (Tübingen  1595),  in 
metd)er  bie  ®efd)id)te  be§  oömanifd^en  9teidje§  öon  D§man  (Dttomannu§),  ber 
„2Buraet  be§  erfd)rödtid)en  türfifd)en  9teid)e§",an  bi§  aw  ben  bamatS  regierenben 


132  ^anjet. 

Sultan  9Jturab  II.  in  22  2lcten  in  faft  ungenießbarer  SBeife  abgetjanbelt  toirb. 
33er§bau  unb  ©pradje  rjart  unb  ungefdjidt,  be§  53erfaffer§  2lbfid)t  jtoar  toot= 
gemeint,  aber  gan^  üetferjtt;  bie  einzelnen  2lcte  ftetjen  ttöHig  unbermittett  neben 
einanber.  2)ic  am  (Snbc  befinblidje,  in  $rofa  berfaßte  „Söermanung  an  bie 
£eutfd)en"  enthält  ben  nationalen  ©ebanfen  öon  bei  ^ftidjt  ber  beutfdjen  Nation, 
mit  altbewährter  2Jtannr)eit  ben  $ampf  gegen  bie  %ünhe  ber  ßtjriftentjeit  auf= 
äunerjmen.  —  ©oebefe  2,  387.  <£>.  <g>o  tftein. 

fm^tv:  ftriebrid)  $.,  ^Ircfjiteft  unb  ©agenforfdjer,  1794—1854.  211« 
ber  ©orjn  eineä  ebangelifdjen  ^farrerö  tourbe  ty.  in  (Sfdjenfelben  im  3tmte  ©ul<j= 
bac^  in  ber  batjrifdjen  Oberpfatj  am  22.  Dctober  1794  geboren.  9tacr)  bott= 
enbeten  ©rjmnafiatftubien  roibmete  er  ftdj  ber  93aufunft  unb  tourbe  juerft  1818 
al8  Ingenieur  Bei  ber  $.  23au=$nfpection  in  ©perjer  angeftettt,  bann  aber  rafd) 
burd)  bie  betfdjiebenen  ©tufen  ber  SBaubeamten^aufbacjn  in  SBiirjburg,  93am= 
berg  unb  Nürnberg  tjinburdj  geführt  unb  fdjließlid)  jum  Oberbauratt)  im 
5JHnifterium  in  9Jlündjen  ernannt,  wo  er  am  16.  9lobember  1854  ftarb.  ©o 
anerfannt  feine  SBerbienfte  in  biefer  amttidjen  ^rjätigfeit  aucrj  finb,  fo  liegt  feine 
allgemeine  33cbeutung  bod)  toefentlid)  auf  bem  (Gebiete  ber  beutftfjen  unb  üor= 
nerjmlid)  ber  bairifdjen  ©agenforfdmng.  angeregt  burd)  bie  ©ammlungen  unb 
arbeiten  ber  Srttber  ©rimm  unb  burd)  bie  gorfdjungen  feines  gfreunbeg  unb 
8anb§manne§  31.  ©djmetter  tjatte  er  fdjon  frülj  begonnen,  bie  im  IJJlunbe  be§ 
bairifdjen  SSotfeS  tebenben  ©agen,  um  bie  fid)  öor  itjm  faum  jemanb  gefüm= 
mert,  jju  fammetn,  ju  orbnen  unb  ju  erf täten;  feine  äacjlteidjen  2)ienftreifen 
würben  für  itju  gteicljjeitig  $orfdjung§reifen,  bie  ,,9taturgefd)id)te  be§3Jotte§"  ju 
ergrünben.  ,,2ln  2)onau,  $nn  unb  Söatbnaab"  fanb  er  öornetjmtidj  „nocr)  |ung= 
fraulichen  93oben,  unaufgeloderte  $ftenfd)enatt ,  nod)  unberbraudjte  Seibenfdjaft, 
toelc^e  tjerbe  unb  füß  äugteid)  fdjmerft  gteid)  bem  S)ufte  itjreS  unauägefjaucnen 
2öalbe§".  SDie  ungetoörjnlidj  umfaffenbe  ctaffifctje  93itbung,  toetdje  er  befaß,  be= 
fäfjigte  tt)n,  bie  üon  itjm  gefnnbenen  ©agen  bis  in  baä  2lttertt)um  jurücf  ^u 
»erfolgen,  ben  beutfdjen  9)lrjtlju§  burd)  einen  griecf)ifd)en  j$u  erftären,  ,,an  eine 
©age  au§  bem  äSötjmevtoalbe  eine  ©teile  au§  ^erobot  ober  *ßaufania§  ju  rüden". 
—  2Il§  grudjt  biefer  eifrigen  ©tubien  beröffenttidjtc  er  1848  ben  erften  33anb 
„Satjrifdje  ©agen  unb  ©ebräudje",  bie  er  al§  „Beitrag  jur  beutfdjen  9Jfr)tIjo= 
togie"  bezeichnete  unb  ^afob  ©rimm  roibmete;  faft  ber  gan^e  33anb  ift  ber  ©age 
,,bon  ben  brei  ©c^toeftern"  getoibmet,  in  benen  er  jene  ,,itisi,  nornir,  fatae, 
parcae,  jnoTgai  u.  f.  to."  nadjtote§,  „toetcrje  ber  Slbergtaube  biStoeiten  je^t  nod) 
al8  geiftertjafte  Söefen  auf  ben  berücrjtigten  ©tätten  etfdjeinen  läßt ,  too  ber 
©ott|eit  unnahbarer  Tempel  ftanb".  S)et  ^toeite  Sßanb  bet  „93at)tifc^en  ©agen 
unb  ©ebräudje",  toeld)et  bie  ©agen  bon  ben  Zeitigen,  ben  Xeufetn,  ©cifteru 
u.  brgl.  enthält,  audj  umfangreiche  5iad)träge  ^um  erften  33anbe  bietet,  toar  im 
2)rude  fdjon  faft  bottenbet,  alö  $.  ftarb;  bie  Verausgabe  beforgte  nad)  feinem 
2obe  auf  feinen  Söunfdj  ßrnft  ßubtoig  Ülodjtiol^  in  Starau  1855,  bie  feljr  um= 
faffenben  Stegifter  tjat  31.  @t§perger  tjergeftellt. 

6.  8.  9lod)r)olä  in  ber  93ebortoortung  be§  2.  S3anbe§  ber  ©agen.  —  3ltt= 
gemeine  3eitung,  Beilage  ju  5lr.  245,  1855.  9t.  .£ocr)e. 

^Ottjcr:  ©eorg  SBotfgang^ranä^.,  einet  ber  öerbienftbottften  beut* 
fdjen  93ibtiograp^en,  tourbe  am  16.  2Jtärä  1729  au  ©utjbadj  in  bet  £)betpfal<j 
geboren,  ©ein  $ater,  ber  furfürfttidje  <g>of»  unb  9tegierung§ratt)  Dr.  jur.  5Bern= 
Ijarb  $.,  ließ  feinem  ©ol)ne  eine  forgfättige  ßrjietjung  erttjeilen,  bi§  biefer 
im  $.  1747  bie  Uniberfität  Stttborf  be^og,  um  bafetbft  pb.itofoptjifdie  unb  tt)eo= 
togifdje  (Soltegien  ju  tjören.  W.cufy  ätoeiiäb^rigem  33efudj  biefer  ^odjfdmte  unb 
eifrigem  ©tubium  fctjieb  5ß.  öon  berfelben  mit  ber  pijitofoptnfdjen  3Wagifter= 
tourbe,  toetdje  er  fid)  burd)  eine  S)iffertation    .,de  falsis  conclusionibus  ex  attri- 


banset.  133 

butis  divinis"  errungen  tjatte.  2lm  15.  SDecember  1751  tourbe  er  Pfarrer  ^u 
©feeltoang,  einem  nürnbergifdjen  2)orfe ,  reo  er  bis  3um  $at)re  1760  berbtieb, 
nactjbem  er  bie  tänblictje  ©infamfett  p  bietfettigen  ©tubien  benufet  Jjatte. 
9lm  29.  Sluguft  beS  genannten  Sto^reS  tourbe  er  S)iacon  an  ber  «gmuptbfarr* 
firetje  ,}u  ©t.  ©ebalb  in  Nürnberg,  jtoölf  3a*)re  batauf,  am  2.  Slpril  1772, 
übertrug  man  it)m  baS  ©enoriat  feineö  SapitetS  unb  am  8.  Februar  beS  fol= 
genben  SatjreS  tourbe  er  äum  ©Raffer  ober  £>auptpaftor  biefer  ^iretje  ernannt. 
$n  biefer  feiner  Stellung  machte  er  fictj  um  manetje  fircrjticrje  Söerbefferungen 
berbient,  fo  um  Slbfdtjaffung  unnötiger  (SotteSbienfte ,  (Sinfürjrung  einer  attge= 
meinen  Seicrjte  unb  eines  neuen  berbefferten  (BefangbuctjeS.  sJlebent)er  faub  er 
aber  aucrj  noct)  $eit  3U  z™*  umfangreichen  titterartfdjen  £t)ätig(:eit,  beren  33er* 
bienft  bon  5Jtit=  unb  9tactjtoelt  anertannt  tourbe.  S)enn  als  itjm  am  20.  ^uni 
1799  bon  ber  pt)ilofoprjifcf)en  »Jacultät  ber  Uniberfität  Slltborf  ber  ©lütfnmnfdj 
jur  fünfzigjährigen  9Jlagiftertoürbe  auSgefprodjen  tourbe,  überfanbte  itjm  zugleictj 
bie  ttjeologifcrje  fjacultät  baS  2)iplom  eines  3)octorS  ber  Geologie.  s2lu£jerbem 
toar  5ß.  9JUtgtieb  ber  Slttborfer  unb  ßeiüjiger  beutfct)en  ©efellfdjaft ,  ber  9cürn= 
bevgifcrjen  ©efettfetjaft  jur  33eförberung  baterlänbifctjer  ^nbuftrie,  bei  ^egnefifdjen 
SBlumenorbenS,  beffen  23orftetjer  er  1789  getoorben  toar,  unb  Sluffetjer  ber  9cürn= 
berger  ©tabtbibliottjef.  ftactjbem  ty.  am  6.  Januar  1802  fein  fünfzigjähriges 
2lmtSjubitäum  unb  am  16.  October  beffelben  ^atjreS  feine  gotbene  -£)oct)<$eit  ge-- 
feiert  tjatte,  lebte  er  fteiS  mit  ©tubien  unb  arbeiten  beschäftigt  noct)  brei^atjre; 
am  9.  3uü  l805  madjte  ein  ©ct)laganfatt  feinem  ttjätigen  ßeben  ein  @nbe.  $. 
tjinterlief}  eine  reictjrjaltige,  werttjbotle  23ibliott)ef,  feine  b ortreff lictje  Sibelfamm» 
lung  tjatte  er  bereits  1780  im  (Sanken  an  ben  -£)er<$og  bon  28ürtemberg  öer= 
tauft ;  fie  bilbet  tjeute  noefj  einen  toictjtigen  Söeftanbttjeit  ber  ©tuttgarter  2Mblio= 
trjef.  SDiefe  feine  33üct)erfammtungen  tjingen  innig  mit  feiner  litterarififjen 
Stjätigfeit  zufammen,  benn  fie  finb  ttjeiltoeife  bie  Duellen  feiner  bibtiograpljifctjen 
Jpanbbüctjer ,  toeldje  itjm  ftetS  feinen  9tut)m  in  ber  beutfetjen  Sitteratur  fietjern 
werben.  $.  tjat  aufjer  mehreren  2luffät$en  in  berf ergebenen  3eitfct)riften  ungefätjr 
45  felbftänbige  SGÖerfe  beröffentlidjt,  bon  benen  bie  toidjtigften  unb  bebeutenbften 
bie  auf  ^Bibliographie  bezüglichen  finb.  ©eine  übrigen  25eröffenttictjungen  finb 
einige  lateinifd)e  ©elegeutjeitSfdjriften,  lleberf enungen,  zum  £tjeil  geograptjifctjen 
SntjaltS,  aus  bem  Günglifctjen  unb  g-ranäöfifcrjen,  metjrere  tfjeotogtfcrje  Söerfe  unb 
einige  Heinere  ©djriften  über  Ulriä)  bon  §utten.  Unter  ben  bi61iogxapr)ifct)eri 
äBerfen  t)at  man  brei  ©nippen  ju  unterfdtjeiben,  bie  eine  befct)ränft  fiel)  auf  bie 
älteften  SBibelauSgaben,  bie  anbere  befaßt  fictj  mit  ber  älteren  beutfdjen  Sitte= 
ratur  feit  Gsrfinbung  ber  53ud)brucfertunft  unb  bie  brüte  berbreitet  fictj  über  ba§ 
©efammtgebiet  ber  Sitteratur  bis  1536.  Slufjerbem  toäre  noct)  eine  S3uctjbructer= 
gefcrjict)te  Nürnbergs  unb  ein  lateinifetjer  befctjreibenber  Katalog  ber  33it»Uott)et 
beS  ©ottfrieb  3:§omafiuS,  27,251  Hummern  in  3  SBänben,  au  erwähnen.  2)ie 
£itel  ber  berfctjiebenen  bibtiograprjifc^en  Söerte  ^an^er'S  finb:  „2itterarifd)e 
9lact)vid)t  bon  ben  aüerätteften  gebrutften  beutfetjen  Bibeln  aus  bem  fünfjetjntcn 
3farjrt)unbert,  meiere  in  ber  öffentlichen  Sibliot^ef  ber  9teidj)Sftabt  9litrnberg  auf= 
betoab^it  toerben",  Nürnberg  1777,  4°;  „©efetjic^te  ber  ftürnbergifdjeu  SluSgaben 
ber  33ibel  bon  Srfinbung  ber  33ucf)bructertunft  bis  auf  unfere  3eiten",  Nürnberg 
1778,  4°;  „SluSfü^rlictje  Sefcl)reibung  ber  älteften  3lugSburgifcl)en  2tuSgaben 
ber  SBibel,  mit  litterarifcr;en  Slnmert'ungen",  Nürnberg  1780,  4°;  „Söerfuct)  einer 
turjen  ©efctjicf)te  ber  römtfc£)*fatt)oUfct)en  beutfetjen  23ibelüberfe^ung" ,  Nürnberg 
1781,  4°;  „ßnttourf  einer  bottftänbigen  ©efcrjicfjte  ber  beutfe^en  SStbetüberfe^ung 
Dr.  Martin  Sut^erS  bom  Mre  1517—1581",  Nürnberg  1781,  gr.  8°,  jroeite 
mit  Sufäfcen  bermet)rte  SluSgabe ,  Nürnberg  1791,  8°;  „taaten  ber  älteren 
beutfetjen  ßitteratur    ober  Slnjeige   unb   Sefctjreibung  berjenigen  ^öüetjer,   toetetje 


134  5ßanjer  —  ^ape. 

bon  ßrfinbung  bet  23ud)bruderfunft  bi§  1526  in  beutfdjer  ©bradje  gebrurft 
morben  finb",  2  SSänbe,  Nürnberg  1788  unb  1805,  4°;  „Annales  typographici 
ab  artis  inventae  origine  usque  ad  annum  MDXXXVI",  11  voll.  Norirabergae 
1793 — 1803,  4°.  3ebe§  biefer  93üdjer  jeußt  bon  tiefiger  Arbeitskraft  unb  tiefer 
©rünbtidjfeit  be§  Sßerfaffers,  unb  fie  werben  alle  immer  nod)  al§  QueUenmerfe 
benutjt,  ba  bi§  tjeute  fiel)  niemanb  gefunben  t)at,  ber  burd)  eine  beffere  58carbei= 
tung  beä  ©toffe§  fie  in  ©djatten  geftellt  tjätte. 

SBitt,  ©g.  AnbreaS,  Nürnbergifcrjeä  (Seleljrtenlerjfon.  4  Steile.  Nürn- 
berg 1755—1758,  4°.  —  ftoüitfdl,  Gl)riftian  Gonrab,  gortf efcung  beS  SöilTfctjen 
©eler)rten=Seiifonö»     4  23änbe.     Nürnberg  1802—1808,  4°. 

ty  all  mann. 
^ttlljer:  ©eorg  SOßotfgang  Sfrana  5p.  mürbe  am  31.  s)Jtai  1755  au 
ßtjelmang  in  ber  $fal3  geboren,  mofetbft  fein  Söater  ^rebiger  mar.  ©dmn  Dom 
3ar)re  1760  an  befugte  er  bie  ©djule  ju  Nürnberg  unb  bejog  1774  bie  Uni= 
berfität  ju  Sittorf,  um  ÜJtebicin  p  ftubiren,  unb  1775  bie  Uniberfität  Erlangen. 
Neben  ber  'JDtebicin  mibmete  er  fidj  mit  grofjem  @ifer  ben  Naturmiffenfdjaften, 
namentlidj  ber  Sotanif  unb  ©ntomotogie  unb  begann  fdjon  frütj  ^flanjen  unb 
^nfecten  3U  fammcln.  Nadjbem  er  im  $at)re  1777  fein  S)octor=@jamen  mit 
Sluäjeidjnung  beftanben  t)atte,  befudjte  er  ju  feiner  meiteren  2lu§6ilbung  bie 
flinifcljen  Slnftalten  511  SBien  unb  (Strasburg  unb  unternaljm  aläbann  eine  län= 
gere  Steife  in  bie  ©djmeijj,  too  er  befonber§  botanifdje  ©tubien  madjte,  unb 
mürbe  nadj  fetner  Nüdfetjr  braftifdjer  5lr,}t  in  Nürnberg.  2ll§  foldjer  machte 
er  fid)  namentlich,  burd)  bie  (Sinfürjrung  ber  ©djufepocfen*^mbfung  fetjr  berbient. 
Strotj  feiner  umfaffenben  93eriifstt)ätigleit  fanb  er  nod)  3eit,  fid)  mit  ber  Natur* 
gefd)id)le  ju  befdjäftigen.  ©eine  erften  ©djriften  bet)anbeln  bie  Söotanif:  „Ob- 
servationum  botanicarum  speeimen"  1781 ;  „&.  b.  ßinnö'3  bollftänbigeä  5Pflan}en= 
fbftem"  1782;  „Sßerfud)  einer  ©efd)id)te  ber  2aub=  unb  £ebermoofe"  1787. 
ferner  lieferte  er  Seiträge  jju  ©turm'8  gtora  bon  S)eutfd)tanb  unb  fpäter  ber= 
öffenttidjte  er  nodj:  „^been  ^u  einer  fünftigen  Svebifion  ber  ©räfer"  1813. 
Anwerbern  madjte  $.  fiel)  fetjr  berbient  um  bie  Entomologie,  ©eine  erfte  Arbeit 
barüber  mar  eine  Ueberfetoung  bon  3otj.  Güufeb.  23oet  „93efdjteibung  unb  916= 
bitbung  rjartfdjatiger  ^nfecten"  1785-1798.  Gin  fetjr  berbienfibolteä  SQßert  mar 
ferner  „Faunae  Insectorum  Germaniae  initia"  ,  ^eft  1  —  110  mit  je  24  ittum. 
^ubfertafeln"  1785—1798,  metd)e3  fbäter  bon  ^einricrj  ©d)äffer  fortgefefet 
mürbe,  gerner  beröffentlidjte  er  auf  entomologifdjem  ©ebiete  „Entomologia 
germanica"  1795;  „©rjftem.  Nomcnclatur  über  ©djäffer'ä  3lbbitbungen  ber  $n= 
fecten"  1804;  „ßritifdje  ftebifion  ber  ^nfectenfauna  Seutfdjlanbä"  1805; 
„Sntomol.  SBerfud),  bie  ^urineifdjen  (Gattungen  ber  2inneifd)en  Hymenoptera 
nad)  bem  ^abriaiuS'fdjen  ©rjftem  p  brüfen"  1806;  „Index  entomologicus" 
1813  unb  äatjlreidje  Heinere  Abfwnblungen.  3m  3ar)re  1798  mürbe  *p. 
©tabt-  unb  8anb=5pr)rjfif'u§  in  £)er§bruä  bei  Nürnberg.  3a^teitf)e  Atabemieen 
unb  (Sefellfdjaften  ernannten  it)n  <}u  itjrem  SJlitgliebe.  infolge  feiner  au§ge= 
breiteten  33er6inbungen  bradjte  er  ein  reidjtjaltigeS ,  über  200  gotiobänbe  um= 
faffenbeS  Herbarium  unb  eine  fel)r  bebeutenbe  3fnfectenfammlung  pfammen.  $p. 
ftarb  am  28.  ^uni  1829.  2B.  ^efe. 

fapt:  AmbrofiuS  5ß.,  beutfdjer  Srantatiler,  geb.  1553  ju  5ülagbeburg, 
©djüter  ©eorg  Noüentjagen'g  in  bem  altftäbtifdjen  (St)mnafium  feiner  &atetftabt, 
ftubirte  in  SBittenberg,  mar  feit  1577  Pfarrer  in  Älein  =  2tmmen§leben  im 
s]}kgbeburgifct)en,  trat  um  1608  in  ben  9tur)eftanb,  lebte  in  ^Jtagbeburg,  mo  er 
nad)  1612  al8  berftorben  be^eicfjnet  mirb.  ©eine  SDramen  beb^anbetn  meift  bib= 
iifd)e  ©toffe:  Äambf  jmifdien  3)abib  unb  (Miatt)  (gjiagb.  1575),  ein  2öeilj= 
nadjtefpiel  bon  ber   gnabenreidjen  5Nenfd)merbung  unb  frölidjen  ©eburt  Scjrifli 


*ape.  135 

(9Jiagb.  1582),  ba§  Safter  beS  @b>brud)§,  ba§  an  bem  23eifpiete  2)aPtb'§  fef)r 
ernft^aft  gleißt  mhb  (9Jcagb.  1602),  bei:  «probet  3ona§  (itfcagb.  1605,  in 
2.  Auflage  1612).  S)a§  ©piet  Pom  ©lud  unb  3_uftanb  eine§  redjten  Stiften 
(2Jtagb.  1612)  gehört  ^ux  @Pert)man=©ruppe.  ^tod  anbere  „Mundus  immundus, 
eine  9lction,  mie  bie  jetüge  SCßelt  gefinnt  ift"  unb  ein  2)ratna  Don  ber  Srjrannei 
be§  aerobes  finb  Perloren  gegangen.  %n  allen  £)ramen  ift  bie  ^anblung  in 
ermübenber  breite  auSgefponnen ;  ba§  Saftet  be§  @l}ebrud)ä  ift  in  amei  ©pielen 
bargeftettt,  Pon  benen  ba§  erfte  für  grojje  ©d)uten  unb  pornetjme  ©täbte,  „ba  bie 
$ugenb  unb  3Bütgerfd£)aft  in  Pieten  ©adjen  fid)  üben  unb  eine  bequeme  6rgöt$= 
lidjfeit  tjaben  fann",  ba§  <$meite  für  ein  geringeres  SBütjnenperfonat  befttmmt  mar. 
S)ie  ©practje  ift  belebt  unb  nidjt  ungefdjidt,  einige  (Sfjorlieber  jeugen  Pon  nidjt 
gemörjnlicrjer  bid)terifd)er  ^Begabung,  ©ein  mit  ü£eufet§fcenen  au§geftattete£ 
2öeü)nad)t§fpiel,  ba§  urfptünglid)  auf  amei  SLtjeite  berechnet  mar  unb  bas  bis 
jur  Anbetung  ber  Ritten  reicrjt,  mürbe  1585  pon  ©corg  $funb  ($onbo)  benutjt. 
3m  Sona§  ertjält  ber  fonft  etttmS  fpröbe  ©toff  burd)  bie  malerifctje  ©djilberung 
eines  ©eefturmeS  unb  ba§  Sluftreten  be£  Neptun,  2leolu§  unb  Sßulcan  antifen 
2lnftrid),  Seben  unb  SBemegung,  mätjrenb  anberfeitS  bie  Onnfütjrung  mi^iger  unb 
{mmorifttfdjer  Partien  namentlich  in  bem  attegorifdjen  S)rama  Pom  redjten 
Triften  bem  fonft  ernft  gerichteten  Söerfaffer  nid)t  gelungen  ift.  (Segen  bie  3ln= 
flage,  ba|  er  als  ©eiftlidjer  mit  feinem  ©piel  Pom  (Jtjebrud)  bas  Safter  ftatt 
itjm  3U  metjren  bietmeljr  beförbern  merbe,  mufjte  er  fid)  tapfer  ju  Perttjeibigen. 
„Aliud  est  praescribere,  aliud  describere."  @r  tjabe  feine  f5°*m  ooei:  ^Dtobett 
Porgefdjrieben,  mie  ein  9Jceifter  feinem  ©djüler  ju  ttjun  pflege,  Jonbern  er  Ijabe 
ben  Sauf  ber  äöelt  befd)rieben  pr  äöarnung  unb  nid)t  <jur  ^Befolgung.  S)ieS 
fönne  aud)  auS  ber  (5rmät)nung  beS  SleufelS  gefolgert  merben,  auS  beffen  JReben 
man  erfetje,  baji  fotd)  SOßefen  U)m  mißfalle  unb  in  feinem  2ßege  gebilligt  merbe, 
fonbem  jeber  gotttofen  ^erfon  merbe  eine  namtjafte  ©träfe  angehängt,  ty.  ift 
aud)  in  ber  üfeufelSlitteratur  mit  einer  ©djrift  pom  35ettet=  ober  ©artteufet 
(2Ragb.  1586)  aufgetreten,  unb  als  tr)eologifd)en  ©djriftfteHer  lernen  mir  ifm. 
burd)  einen  Sractat  Pon  ber  Vergebung  ber  ©ünben  (1600),  einen  SSeridjt  öon 
ben  fd)mangeren  unb  gebärenben  äBeibern  (1586,  1587)  unb  Pon  ben  $inbel= 
bieren  (1588)  fennen.  2)ie  2lbfid)t,  eine  ©pridjmörterfammtung  ju  liefern,  üam 
nierjt  pr  SluSfütjrung. 

©oebefe  2,  367.  —  SBolte,  s)Mrfifd)e  gorfctmngen  18,  214.  —  3at)tb.  b. 
Sßer.  f.  nieberb.  ©practjforfcljung  9,  97.  Jp.  $o  Ift  ein. 

^3a<JC:  ©amuel  ßljriftian  ^.  mürbe  am  22.  9toPem&er  1774  ju 
Sefum  bei  Bremen  geboren,  ©ein  SJater,  ber  ^aftor  ^einricr)  5|J.  bafelbft,  ber 
fid)  burd)  äatjlreidje  ©djriften  tfjeologifd)en  ^nljatt§  befannt  gemadjt  fjat,  mürbe 
fpäter  nad)  bem  bremifdjen  5Dorfe  2öulf§büttel  unb  1783  nadj  33iffelt)öPebe 
bei  Serben  Perfekt.  2U§  ein  fetjöner,  in  fräftiger  ©efunbf)eit  blüljenber  J?nabe 
mud)§  Sl)riftian  $.  in  ober  ^aibegegenb  rjeran,  bi§  er  1785  auf  ba§  ©tjmnafium 
in  Bremen  fam,  ba§  er  bi§  1791  befudjte.  hierauf  mibmete  er  fid)  nod)  einige 
$at)re  im  elterlictjen  ^>aufe  ben  ©tubien,  befonber§  ber  rjebräifd)en  ©practje,  unb 
bejog  bann  bie  UniPerfität  ©öttiugen ,  mo  er  feinen  breijätjrigen  tfjeologifctjen 
Äurfu§  mit  einer  lleberfetmng  be§  „|)iob"  jum  Slbfdjluf;  brachte,  meldje  3fo^. 
©ottfr.  Sidjfjorn  mit  einer  23ortebe  beehrte  (1797).  |)eimgefer)rt,  burdjlebte  5p., 
burd)  äußere  Unfälle  gebeugt,  trübe  3e^en.  @nbe  1797  übernahm  er  eine 
^pauölel)rerftelle  in  ©ra§bergen,  einem  trübfeligen  Drte,  ber  Ü)m  nur  |)immel 
unb  @rbe  geigte,  bi§  er  1801  bie  ©teile  eines  jmeiten  $rebiger§  in  iRorbteba 
im  Sanbe  fabeln  erfjiett.  ©terbefätle  in  feiner  gamitte ,  jumal  ber  1808  er= 
folgte  2ob  feiner  ©attin ,  Perfümmerten  fein  Seben  unb  fteigerten  feine  met)= 
mütfjige  ©timmung  jur    büfterften  9tiebergefd)tagent)eit.     3^ar    fd)ien    er   nad) 


136  ?ope. 

einer  jroeiten  Sermüfytung  froheren  Etagen  entgegenzugehen;  aber  roieberrjotte 
Srauerfätte  gaben  feiner  Melancholie  neue  ftaljrung;  baju  gefeilte  fidj  eine 
Sruftfranfljeit,  bie  iljn  faft  menfdjenfcrjeu  machte,  unb  am  15.  Slpril  1817  fdjieb 
er  öon  biefer  Srbe,  erft  42  $at)re  alt.  ©eine  „©ebidjte",  öon  ^riebricr)  be  la 
Motte  gouquö  gefammelt  unb  mit  einem  biograpt)ifcrjen  Vorwort  öerfetjen,  er= 
fcfjienen  1821.  „2)er  ©runbton  berfefben  ift  red)t  eigentlich  elegifdj ,  unb  mo 
^ape'ä  metjr  gefunbc  geiftige  Statur  bie  franfe  ju  übcrminben  bermag,  ba  ift  er 
ganz  Siebter,  ob  aud)  nod)  bie  2Iccorbe  fetneg  irbifdjen  8eibe§  üerfjattenb  nact)« 
gittern.  ®ie  milbe  roorjtfüngenbe  Spracfje  Perteiljt  ben  ®ebid)ten  einen  Porjüg= 
Uctjen  9teiz  unb  gewinnt  bag  |)erj  für  bie  trübe  Stimmung  beg  Sängerg.  33e- 
fonberg  treten  bie  braftifc^=ffi^irten  Stomaujen  unb  Sattaben  beg  5Didt)ter§ ,  ob 
auctj  einfeitig  in  Jpinfictjt  auf  itjie  ©egenftänbe,  burd)  üotfgtljümtioVeinfactje  SDar» 
ftettunggftmft  djarafteriftifdj  fyerbor.  Einige  barunter  finb  fogar  Äleinobien 
ed)ter  ütomanjenpoefie."  —  ^ßape'g  jüngfter  Sruber  ßubmig  Mattl)ia§ 
,§>einrid)  $.  tjat  fid)  gfeidjfaflg  atg  Siebter  nidjt  unöortljeiUjaft  befannt  ge= 
madjt.  ©r  mürbe  am  14.  Januar  1802  ju  SiffeUjööebe  geboren,  fam,  13^at)re 
alt,  in  bag  $enftonat  beg  ^farrerä  SöaUbaum  «ju  ©rofcSerfet  unb  1817  auf 
bag  ©rjmnafium  zu  Serben,  öon  mo  er  1820  jur  Uniberfttät  Tübingen  über= 
ging,  um  itjeologie  ju  ftubiren.  fein  entftanb  aucrj  ber  größte  £t)eil  feiner 
unter  bem  £itel  „Stjriftuäfjarfe"  beröffentüdjten  rettgiöfen  ©ebidjte  (1823).  $n 
Seipjig  brachte  er  feine  Siubien  jum  Slbfdjlufj,  madjte  1827  fein  Gramen  in 
«Stabe  unb  übernahm  bann  eine  .gmugterjrerfteÜ'e  in  ^oggemüljlen.  3lm  16.  3uli 
1828  orbinirt,  marb  er  ?tbiunct  beg  s$ropfteg  (Sfjlerg  in  Sittenfen,  ein  Satjr 
barauf  Slbjunct  am  2>om  in  Serben  unb  im  September  1829  ^toeiter  ^rebiger 
in  Sujtet)ube.  Seit  1843  Senior  unb  erfter  ^rebiger  bafelbft,  mirfte  er  in 
feiner  ©emetnbe  meljr  at§  42  %at)xt.  @r  ftarb  an  ben  Stattern  am  27.  Mai 
1872.  Son  feinen  poetifdjen  (Srjeugniffen  finb  nod)  erfdjienen  „2)er  Seruf  beg 
©eifttidjen",  ein  ©ebidjt  (1830);  „ßieber  unb  (Hegicn"  (1834);  „Epigramme" 
(1834);  „©nomen",  brei  Südjer  poetifdjer  Sprüche  aug  bem  Seben  unb  aug  ber 
Schule  (1850). 

3gn.  |mb,    ü£)eutfd)lanbg   Sattaben=  unb  9toman^en=5E)icr)ter,   23b.  I,  S. 

291  ff.    —    3ut.  ©raefe,   Steinet  2)id)tet  beg   19.  3af)rf)unbertg.     Sremen 

1875,  S.  261  ff.  -  Mitteilungen  aug  ber  gamUie. 

gtanj  Srümmer. 

s#ape:  ©eorg  (Jürgen)  ty.,  ber  erfte  9tatt)gbud)bruder  £amburgg,  trat 
um  1650  al§  Sudjbruder  auf  unb  entmidelte  eine  geringe  £f)ätigfeit  als  Ser= 
(eger,  benn  bie  Me^fataloge  üerjeidmen  feinen  Flamen  nur  ^toeimat:  im  3. 
1651  mit  feclj§  SertagSmerfen  unö  1659  mit  einer  Seröffentlicrjung.  Unfälle 
fangen  i^n  jule^t,  fein  ©etoerbe  aufzugeben,  ba§  er  bi§  jum  September  1668 
innegetjabt  tjatte;  am  18.  b.  M.  ernannte  ber  üiatt»  einen  anberen  2)rucfer  jum 
sJtatr)gbuc^bru(Ier. 

3?.  M.  Sappenberg,    3ur  ©efctjicrjte   ber  Suctjbructerlunft    in  Hamburg. 
Hamburg  1840.  ^altmann. 

v^ajje:  ©eorg  ^riebridE)  5p.,  geb.  ju  3lrn§berg  in  äöeftfalen  im  $•  1766 
(uaetj  ben  Einträgen  im  Sterberegifter  ju  2rier),  nactj  2lnberen  (^üffer, 
rr)einifd)^meftfätifd)e  3uftänbe  ^ur  ^eit  ber  franäöftfcljen  9teöolution,  S.  34)  ju 
Srac^t  im  Greife  (Blotje  um§  ^.  1762,  mürbe  auf  bem  öon  $rämonftratenfer= 
m5nct)en  geleiteten  ©tjmnafium  ju  Söebingcjaufen  für  ba§  Stubium  öorbereitet 
unb  be^og  bie  Uniöerfttät  Sonn,  mofelbft  er  erft  ber  3uri§prubeniJ ,  bann  ber 
Xrjeologie  ficlj  toibmete.  Son  Sonn  äurüdfgeferjrt,  trat  ty.  im  $.  1784  in  ba§ 
^lofter  in  SBebingrjaufen  ein  unb  marb  2et)rer  an  bemfetben  ©tjmnafium,  beffen 


$ape.  137 

©ctjüler  er  einft  getoefen.  gm  toeiteren  5luebilbung  nactj  Sonn  jurücfgefanbt, 
machte  5ß.  bie  Setanntfctjaft  bes  feit  1789  nactj  SBonn  Berufenen  ehemaligen 
granjistanermöndje  (Julogius  ©ctjneiber,  beffen  rationaliffifdjer  Stictjtung  er  fictj 
anfctjlofj.  2öas  $.,  nactj  Söebingtjaufen  guxütfgefetirt,  in  ber  Sibelejegefe  bor= 
trug,  bae  tonnten  bie  Oberen  nid)t  billigen,  toae  jur  5o(ge  tjatte,  baß  er  ben 
(Bebauten  fafjte,  aus  bem  Orben  auszutreten,  Äaum  toar  fein  greunb  unb 
Setjrer  ©ctjneiber  nactj  Verausgabe  eines  attfeitig  bertoorfenen  Äatectjismus  nactj 
©trafjburg  übergewogen  unb  bort  jum  SSicare  bes  conftitutionetlen  SBifctjofs  befteltt 
toorben,  fo  butbete  es  ben  ty.  nictjt  länger  in  SBebingtjaufen;  er  entftot)  ju  feinem 
greunbe,  bei  toelctjem  einige  Srjeologen  gleictjer  ©efinnung,  fo  Slnton  5£)erefer 
aus  Sonn  unb  2tnton  ^otjann  S)orfcrj  aus  sDtainj  fict)  bereite  eingeftettt  tjatten. 
2Iuf  (Smbfetjtung  ber  (benannten  erhielt  ty.  am  1.  Februar  1792  an  bem  6oI= 
marer  ©eminar  eine  ©teile  als  ^rofeffor,  vicaire  directeur,  bie  er  jeboctj  noctj 
in  bemfetben  3>ar)e  aufgab,  um  mit  Sorfctj  unb  griebrict)  (Sotta  nactj  ber  üon 
ben  f^ranjofen  eroberten  ©tabt  ^Rainj  p  3iet)en  unb  bort  ben  (Hub  ber  £$f«unbe 
ber  greitjeü  un*>  ©feictjtjeit  nactj  franjöfifctjem  sDtufter  einprictjten.  UeberaE  fict) 
borbrängenb,  jeictjnete  $.  auf  ber  Stebnerbütjne  unb  in  ber  treffe,  als  Verauö= 
geber  ber  ^ainjer  Stationaljeitung,  fictj  befonbers  burctj  feinen  ."pafj  gegen  bie 
Stetigion  unb  gegen  bie  dürften  aus;  als  richtiger  ^acobiner  liefj  er  es  fict) 
nictjt  netjmen,  gegen  tit  ben  ^ranjofen  abgeneigte  Sebölferung  bon  ©tabt  unb 
Sanb  ju  tjetjen  unb  uamentlictj  bei  ber  Seitung  bon  äBafjlen  mit  3)rotjungen  unb 
Seängftigungen  borpgetjen.  $n  meiteren  Greifen  tourbe  *}3.  befannt  burctj  eine 
an  ben  $önig  bon  ^ßreufeen  gerichtete,  burctj  ben  S5rud  berbreitete  3ufctjrift  bom 
20.  Secember  1792  („Offentjerjige  gufctjriTt  an  ftriebrid)  äBiltjelm  ^otjenjottern, 
bermalen  £önig  aus  ^ßreufjen" ;  abgebrucft  in  JHein,  ©efctjictjte  bon  ^Jtainj 
toätjrenb  ber  elften  fran^öfifctjen  Delation,  ©.  299 — 301),  roorin  er  in  unber= 
fetjämter  SBeife  ben  $önig  bon  einem  3uSe  9e9en  9Jtainj  abjutjatten  berfuctjte. 
Stactjbem  „ber  Stebublifaner*p.,Gorrefbonbentbes  tjeimtictjen  (ttubsinben  ^reufjifctjen 
©taaten"  Stiles  buretjeinanber  getjetjt,  tjielt  er  es  für  rattjfam,  bor  ©innatjme 
ber  ©tabt  9Jtainj  fiel)  auf  bie  $luct)t  jU  begeben.  23ei  ber  ätoeiten  ©innatjme 
ber  ©tabt  9Jtainj  burctj  bie  ^ranjofen  30g  er  es  bor,  ben  ©ctjaubla^  feiner 
frütjeren  £tjätigfeit  <ju  meiben  unb  anbertoärts  fein  ©lücf  p  berfuetjen.  6r  ging 
nact)  j?öln  als  (Jommiffär  bes  23ott<$iet)ungsbirectortums  unb  fctjtoang  fictj  bort 
bis  jur  ©teile  eines  ^räfibenten  bes  peinlichen  ©erictjtS  auf.  2llö  er  fictj  in 
biefer  ©tellung  nictjt  tjatten  tonnte,  30g  er  erft  nactj  5J}ariö,  bann  nactj  £rier, 
roofelbft  er  at§  3lbbocat  toirfte  bie  ju  feinem  am  11.  IDtai  1816  erfolgten  2obe. 
SBergt.  Ätein,  1.  c.  ©.  178,  185,  299,  324,  325,  328,  349.  —  Diemling, 
bie  rtjeinifctje  $fala  u.  f.  to.  I.  ©.  282,  283,  294.  —  ©etreueö  5camen§= 
berjeictjni^  ber  in  ^ainj  fictj  befinbenben  454  ßlubbiften  mit  SSemertung  ber= 
felben  Gtjaracter,  ©.  10.  —  gtebolution^9llmanact)  bon  1794,  ©.  113  ff. 

S  0  et  e  n  tj  e  i  m  e  r. 

tyapt:  ^einrictj  ^ß.,  Drganift  ju  Slltona  in  ber  ^Dlitte  beö  fiebjetjnten 
Satjrtjunbertö.  6r  toar  ein  ©ctjüter  bee  berütjmten  Drganiften  an  ber  $etri= 
tiretje  in  Hamburg  3facob  ^ßraetoriuö  (ober  ©ctjul^e).  Wü  ^otjann  Stift  in 
Sßebet  toar  er  befreunbet;  er  tjeirattjete  beffen  ©ctjtoefter  ®efa  unb  fjat  für  eine 
^Injatjl  Ütifffctjer  Sieber  bie  Gompofttionen  berfertigt,  fo  3.  23.  für  einige  ßieber 
in  ben  ^ßaffioneanbactjten ,  bie  jjuerft  im  $.  1648  erfctjienen,  ebenfo  für  einen 
üttjeil  ber  Sieber  im  beutfetjen  5parna|,  1652. 

2Balttjer,  mufifatifd^cö  Serkon,  ©.  461.  —  £od),  ©efdjidjte  bee  ^irdjen= 
liebö  u.  f.  f.,  3.  Stuft.,  IV^  ©.  119.  —  Raufen,  ^otjann  Stift  unb  feine  3eit, 
©.  141  u.  344.  —  Döring,  Stjoratfunbe,  ©.  116.  C.  u. 


138  ^Qpc. 

^ajje:  Sorjann  ®eorg  2Cßi  Irjelm  s$.,  Dr.,  namhafter  Sejicograpt),  geb. 
ju  23erlin  am  3.  Januar  1807,  f  bafelbft  am  23.  ftcbruar  1854.  Sß.  tarn  in 
früher  $ugenb  nactj  ßutm  in  Söeftpreufcen ,  mo  jein  S3ater,  nactjbem  er  als 
©olbat  bem  23atcrlanbe  treue  ©ienfte  geleiftet,  eine  fleine  SlnfteHung  an  bem 
bärtigen  (Sabettentjaufe  erhalten  tjatte;  bajelbft  errjiett  $.  auä)  ben  erften 
Unterridjt.  S)aS  °$ntereffe,  meines  bie  Set)rer  unb  ber  Seiter  ber  genannten 
Stnfialt  an  bem  Knaben  nat)men,  gab  it)m  ©etegentjeit  feine  trefflidCjen  Einlagen 
511  entmicfeln,  unb  er  fanb  an  einem  fernen  d.  ©ctjelitja  einen  rootjlrooHenben 
©önner,  ber  itjm  feine  perfönliäje  llnterftütjung  unb  ^ürfpractje  juroenbete,  fo 
bajj  ty.  1820  ju  feiner  roeiteren  9luSbilbung  nact)  Berlin  gefenbet  in  bie  Unter= 
tertia  beS  ©rjmnafiumS  jum  grauen  Älofter  eintreten  tonnte.  |)ier  maäjte  5ß. 
bei  unermüblidjem  g^etfee  unter  ber  Leitung  eines  Wettermann,  SfH^er,  ©iefe= 
breetjt,  «!petnfiuS,  Äöpfe,  (Stein  unb  anbeter  Männer  fo  rafäje  unb  treffiidje  §ort= 
fctjritte,  bafj  er  fetjon  an  Dftem  1825  als  ©eteetaner  unb  Primus  omnium  baS 
©rjmnafium  abfolüirte  unb  bie  ^Berliner  UniPcrfität  bejog,  um  er  fiel)  bem 
©tubium  ber  Üljeotogie  unb  ^}t)iIologie  mibmete.  Slngetegt  burcr)  Sßoectb/S, 
ßacrjmann'S  unb  23ernt)arbr/S  Siorträge  roanbte  ty.  fiel)  tnbeffen  balb  mit 
fteigenber  Vorliebe  ganj  ber  claffifetjen  ^tn'lologie  p,  beftanb  nact)  23eenbigung 
beS  afabemifetjen  StrienniumS  baS  (Jjamen  pro  facultate  docendi  unb  trat  fobann 
1828  als  Candidatus  probandus  in  baS  Seljramt  an  bem  ©tjmnafium  )um 
grauen  Softer  ein.  <Sctjon  nacl)  33erlauf  ber  erften  <£>älfte  feines  ^robejatjreS 
mürbe  ty.  buret)  .Stopfe,  metetjer  bie  aufjerorbentlictje  bibaftifetje  93efäl)igung  beS= 
fetben  erfannte,  <$um  Sollaborator  beiörbert.  (Sine  miffenfctjaftlictje  Arbeit,  feine 
„Lectiones  Varronianae",  erroarb  it)m  1829  in  £)alle  bie  ptjilofoptjifcfye  5Doctor= 
mürbe;  ein  $atjr  fpäter  mürbe  s$.  jum  orbentlictjen  Seljrer  unb  am  31.  $uli  1837 
jum  s$rofeffor  an  bem  erroäfmten  ©rjmnafium  ernannt,  eine  rafetje,  aber  ber 
Söürbigfeit  ber  Stiftungen  *ßape'S  entfprectjenbe  Saufbatjn.  —  hieben  einer  feljr 
anftrengenben  unb  mit  äufjerfter  pflichttreue  geführten  Setjrttjätigtett  fanb  *ß. 
nod)  3fit  unb  $raft  <m  tjerporragenben  miffenfetjafttietjen  £eiftungen,  bie  in  itjrer 
2lrt  umfaffenbe  unb  anbauernbe  ©tubien  erforbern;  *ß.  manbte  feine  Hfctjätigleit 
mit  Neigung  unb  ©rfolg  bem  (Gebiete  ber  Sejicograptjie  ju.  So  erfctjien  Pon 
itjm  1836  juerft  fein  „ßtrjmologifctjeS  SBörterbuct)  ber  griectjifctjen  ©praetje",  fo= 
bann  1837  ein  Programm  „de  inveniendis  Graecae  linguae  radieibus",  Slrbeiten, 
bie  öon  grünblidjfter  gorfetjung  jeugen.  ©ein  -gmuptroerf,  ,,(Sriecrjifct)--beutfcrjeS 
Jpanbmörterbud)",  erfdjien  1842,  baS  als  ein  mefentüdjer  gfortfdjrttt  im  ^adje 
ber  Serkograptjie  ju  be<jeictjnen  ift  unb  fetjon  1849  unb  1850  eine  aroeite  Stuflage 
erforberte;  biefem  SBerfe  tjatte  5ß.  gleichzeitig  ein  eigenes  „SBörterbuctj  ber 
griedjifcrjen  Eigennamen"  beigegeben,  baS  befonberS  in  ber  sJleugeftaltung,  bie  eS 
burcrj  ©.  (5.  23enfeler  erhalten  Imt  (2  93be.,  ©raunfdjm.  1863—70),  als  eine 
feljr  banfenSmertlje  (ärgän^ung  beS  ^ßaffom'fdjen  SBerfeS  Betrachtet  merben  mufe. 
hieran  fctjlo^  fiel)  fein  1845  eifctjienencS  „2)eutfcl)  =  griect)tfctjeS  SBörterbucl)  jum 
©cljutgebraud)",  baS  mannigfache  !ritifct)e  2lnfect)tungen  inSbefonbere  Pon 
23.  6t)r.  §r.  9loft  erfuhr,  baS  aber  ebenfo  mie  baS  „©riecrjtfcl)=beutfcrje 
äöörterbuctj",  jumal  nacl)  ben  oon  9R.  ©engebufet)  gefc^eljenen  ^Bearbeitungen, 
fiel)  als  trefflidjeS  Hilfsmittel  im  ©ebrauct)e  erhalten  unb  bei  manchem  Mangel 
im  ßin^elnen  aud)  feine  bebeutenben  93oräüge  l)at.  ■ —  S)iefe  umfänglid)e  miffen= 
fcfjaftlictje  unb  litterarifclie  STtjätigfett  beeinträchtigte  aber  feineSmegS  5)ßape'S 
3Birffatn!eit  als  Seljrer;  mit  ber  ©ebiegenljeit  feines  SöiffenS  unb  mit  einer  Por= 
trefflidjen  Setjrmettjobe  Perbanb  $.  eine  fromme,  fittlictj  ernfte,  liebePoüe  ©e= 
finnung,  bie  itjren  Sinflufe  auf  bie  iljn  umgebenbe  ^ugenb  übte,  ferner  eine 
miffenfdjaftlicrje  ©rünblictjfeit ,  bie  fictj  feinen  ©ctjülern  mitttjeilte,  unb  eine 
fettene  Eingabe  an  feinen  23eruf,   bie   iljn   jule^t  rtoef)  bei  fctjroerem  förperlictjen 


Reiben,  bas  ifjn  311m  ©etjen  unfähig  macrjte,  ben  Unterrictjt  bis  brei  SBodjen  öor 
feinem  2obe  fortfeijen  tiefe.  3U  Anfang  bes  ^afjteS  1852  Ratten  fid)  bie  2ln= 
länge  eines  gtüdenmarfleibens  bei  5)3.  gezeigt,  bas  rafdj  in  bebenflidjer  2Beife 
pnafjm  unb  bas,  roietoofjt  ätoet  ^a^xe  lang  Ijin  unb  mieber  einige  Hoffnung 
auf  ©enefung  öorljanben  fdjien,  bod)  fdjliefjtid)  mit  foldjer  ^eftigfeit  fid)  fteigerte, 
bafj  er  i£)tn  im  48.  fiebensjatjre  erlag. 

Gljronif  bes  ©rjmnafiums  äum  grauen  JHofier  in  SBerlin,  Programm, 
^atjrg.  1854,  ©.  36.  —  |>einbt,  SBiograptjien  ber  ber.  u.  öerbienftö.  s$äbagogen 
unb  ©djutmänner,  ©.  348  ff.  —  ©efdjidjte  ber  clafftfdjen  ^fjitologie  in 
S!eutfd)lanb  öon  6.  23urfian.     3»eite  $älfte,  ©.  757.  28  in  ber. 

^ajje:  J?arl  5  erb  in  an  b  s$.,  2lftronom,  geb.  am  4.  Januar  1834  ju 
gerben,  geft.  am  27.  9Jtai  1862  ju  2Utona.  s£.  beftimmte  ftdj  frü^eitig  bem 
aftronomifcrjen  ©tubium  unb  rourbe  nad)  öottenbeter  Uniöerfitätsaeit  junädjft  als 
Üiedjner  bei  ber  bänifdjen  ©rabmeffung  befdjäftigt,  bann  aber  (September  1856) 
all  Qbferöator  an  ber  ©ternroarte  in  Slltona  angefietlt.  (fr  beobachtete  unb 
berechnete  mit  Vorliebe  fieine  Planeten  unb  Kometen  unb  publicirte  bie  6rgeb= 
niffe  feiner  gorfdmngen  ttjeils  in  ben  „9lftron.  9lad)rid)ten"  ttjeils  im  ^Berliner 
Satjrbud).  2lls  befonbers  öerbienftlidj  ift  trotj  einiger  2lusftetlungen  2Brebid)ins 
bie  im  ^a^gang  1859  ber  erfterroäljnten  geitfdjrift  niebergetegte  „Unterfudmng 
über  bie  6rfd)einungen  bes  großen  Kometen  öon  1858"  (2)onati  =  dornet)  aner= 
fannt  roorben.  2lus  einer  roidjtigen  üreitje  öon  SJerfucrjen  unb  Q3eobad)tungen 
über  bie  fogenannte  „öerfönlidje  ©teidjung",  burd)  roeldje  bie  ütidjtigfeit  jeber 
öon  äroei  öerfdjiebenen  sßerfönlicfjfeiten  gleichzeitig  gemachten  SBafjmerjmung  ent= 
ftellt  äu  fein  pflegt,  ift  ^.  burd)  feinen  frühen  £ob  abberufen  roorben. 

^oggenborff,  ^anbmörterbud)  jur  ©efctjidjte  ber  ejacten  äßiffenfdjaften, 
2.  93b.,  ©p.  354.  —  SBotT,  ©efd)id)te  ber  Stftronomie,  ©.  611,  ©.  721.  — 
»Dcaebler,  ©cfctjidjtc  ber  £immetsfunbe,  2.  33b.,  ©.  408,  ©.  461.  —  9iftrono« 
mifdje  9tad)rid)ten,  57.  S3b.,  ©.  321.  ©untrer. 

^OpC:  Subroig  $.,  Gomponift  unb  93iolinift  ber  elften  -Joälite  bes 
19.  ^arjrtjunbertS.  Gr  mar  am  14.  93cai  1809  3U  Sübecf  geboren,  ftubirte  unter 
bem  bortigen  Qrganifien  2Jc.  %.  Saud,  trat  bann  atS  23ioloncetlift  in  bie 
ütjeatercapelle  bes  ^önigftäbtifdjen  üttjeaters  ju  ^Berlin,  bilbete  fid)  fpäter  metjr 
als  Söiolinift  aus  unb  erljiett  in  £)annoöer  eine  2lnftettung,  barauf  in  gfxanl- 
furt  a.  Tl.  Stucr)  alö  ©otift  auf  ber  ©eige  fdjeint  er  metirfacrj  aufgetreten  ju 
fein,  benn  fein  SSiotinfpiet  wirb  all  äufjerft  fertig  unb  gefdjmadöolt  gefcrjitbert. 
^jm  ^.  1833  ging  er  fogar  auf  .tfunftreifen,  ließ  fict)  aber  bereits  in  Sübed 
feffetn,  inbem  er  bie  Stellung  eines  erften  2>iotiniften  annahm.  1845  rourbe  er 
in  Dtbenburg  jum  ^»ofcomponiften  ernannt  unb  einige  %afyxe  fpäter  fiebette  er 
nad)  SSremen  über,  reo  er  am  9.  Januar  1855  ftarb.  $.  enttotdette  ats  junger 
^Dtann  ein  reges  (Sompofitionstalent  unb  erregte  allgemeines  2tuffet)en.  ©ein 
ernftes  ©treben  ben  ßtaffifern  nadjjueifern,  öerbunben  mit  grünbüdjen  ©tubien, 
erroedte  ^ntereffe  unb  tieB  eine  fcfjöne  ^ufunft  erbtiden.  bereits  1835  etfctjienen 
als  opus  6  ein  Quartett  unb  Quintett  für  ©treicrjtnftrumente  unb  bie  allgemeine 
muftfalifdje  3citung  in  Seipjig  ift  öoller  öobes:  „Älare  ^been,  teidjt  fließenber 
3ufammenf)ang  unb  gefdjidte  go^fpinnung  berfelben  butdj  fidjere  geft^iitung 
unb  gebiegene  @inrjett,  aus  ber  fid)  ungefuerjt  unb  ungetrübt  bas  anjietjenb 
Mannigfache  rote  öon  felbft  entroidett",  fo  fcrjreibt  fie  3Bb.  37,  ©p.  340  in 
itjrer  fdjroülftigen,  bamals  als  getefjrt  gettenben  Söeife.  Gine  im  $.  1840  in 
33remen  aufgeführte  Militär  =  ©in?onie  wirb  in  gleicher  2Beife  getobt  unb 
befonbers  erroätjnt,  bafe  bas  5]ßu6(ifum  mehrere  ©ä^e  da  Capo  üerlangte  unb 
ber  (Eomponift  felbft,    als   er  ftdj  jeigte,   mit   Crctjeftertufd)  unb   jubelnben  3»= 


140  5ßapencotbt. 

rufen  begrüßt  würbe.  „SDie  ©infonie  ift  fo  frifct),  jo  Worjlburdjbadjt  unb  gtürflid) 
erfunben,  baß  eine  Weitere  Verbreitung  berfelben  im  ^ntercffe  ber  $unft  rjödjft 
wünfdjenSWertr)  ift.  £)aS  ©anje  ift  Rentier)  gehalten,  namentlid)  metjt  befonberS 
in  ben  betben  erften  ©ä&cn  eine  Beettwöen'fdje  Suft,  ja  ein  Beetfjoöen'fcrjer 
©eift",  fagt  fie  am  6nbe  irjrer  Beföredjung.  £>iefe  Bewunberung  rjält  nod)  bis 
3um  3fat)tc  1847  öor,  bis  ber  reöolutionäre  ®eift  bie  sIJtenfd)en  aus  bem  £atb= 
icfjlafe  rüttelt  unb  auet)  bie  Äunft  mit  anberen  9lugen  anfersen  läßt.  «Sine  neue, 
im  ©ewanbljaufe  in  ßeipjig  1847  aufgerührte  (Sinfonie,  etfdtjtt  ein  gerabcau 
umgeferjrteS  llrttjeit.  5£)ie  Srjemata  erjdieinen  bem  Ütecenfenten  fdjWact)  unb 
unbebeutenb,  bie  Dteminifcenjen  an  ^Dlojart  unb  Beettwöen  finb  bebenftict),  2id)t 
unb  ©djatten  fehlen,  fowic  „überrafdjenbe  unb  fict)  fteigernbe  Beränberungen". 
Um  ben  Umfctjtag  in  ber  ©efinnung  einigermaßen  5u  öerbeden ,  giebt  er  bem 
(Somöoniften  am  ©djtuffe  nodj  bie  Berfictjerung ,  baß  er  ifjn  für  ein  bebeutenbeS 
Talent  t)ätt,  ma£  leiber  metjr  ironifdj  als  befänftigenb  wirft.  Sbenfo  abweifenb 
wirb  (1848)  ein  ßieb  beurteilt.  55ie  neue  ^eit  fetjetnt  ir)n  gana  falten  gelaffen 
]u  r)aben,  benn  fein  sJcame  öerfctjminbet  öon  ba  ab  auS  ben  3eitfcf)riften. 
^ntereffant  ift  bie  Beobachtung ,  nrie  fict)  bie  gleiche  ©rfdjeinung  bei  alten 
Gomöoniften  biefer  ^eit  wiebert)ott.  äöic  burdj  sIRenbelSfob/n,S  unb  Sßeber'S 
auftreten ,  öereint  mit  ben  Beftrebungen  bie  (Slaffifer  allgemein  befannt  au 
maetjen,  alle  anberen  GEomöoniften,  bie  bis  batjin  öeretjtt  unb  beliebt  waren,  in 
ben  £)intergrunb  gebrängt,  fie  anfänglich  befrittett  unb  bann  ööflig  öernadj)= 
läffigt  werben.  2)ie  einft  fo  ©eüriefenen  finfen  nrie  mit  einem  3auberfdjlage  in 
ööttige  Bergeffentjeit  tjinab.  ift.  Qntner. 

^fltJCltCOrbt :  gfelij  «p.,  <5tefd)icrjtSfcf)reiber.  ©eb.  im  ^.  1811  au  ^aberborn, 
crrjielt  er  nädjfte  SluSbitbung  an  bem  ©rjmnafium  feiner  Baterftabt  unb  bejog 
fobann  bie  Uniöerfität  Bonn,  -gner  trat  er  in  nähere  Beaierjungen  au 
35.  sJliebur)r,  ber  feit  bem  %.  1823  öon  9tom  an  bem  ©it$e  ber  rrjeinifdjcn 
$od)fd)ule  feinen  Sturenttjatt  genommen  tjatte  unb  in  einer  fieien  «Stellung  jur 
Uniöerfität  öielbefud)te  Vorträge  Inelt.  2)iefer  Sßerfetjr  *ßaöencorbt'S  mit  bem 
ausgezeichneten  (StefdjtcfjtSfcrjreiber  erwedte  in  itjm  eine  Bortiebe  ju  tjiftorifcrjen 
©tubien,  bie  für  feine  ^uf unft  entjdjeibenb  mürbe.  911S  er  Bonn  mit  ^Dtündjen 
öertaufdjte,  gewann  eS  unter  bem  (Sinfluffe  ©crjeltingS  atlerbingS  ben  2lnfd)ein, 
als  füllte  bie  ^ßrjilofoörjie  itjn  feineu  rjiftortfctjen  Neigungen  abtrünnig  machen, 
unb  3War  in  bem  ©rabe,  baß,  nadjbem  er  öon  s]Jlünd)en  uadt)  93erlin  übergejogen 
mar  unb  er  fict)  r)ier  bie  prjüofopfyifcrje  S)octormürbe  erwarb,  bie§  buret)  eine 
3lbt)anblung  über  2)emofrit  unb  bie  atomiftifcfje  ^t;i(ofo|)t)ie  gefctiat).  ©leictj= 
xooi)l  trug  jute^t  bie  ältere  93orliebe  für  bie  ©efctjidjte  unter  9tanfe'§  @in= 
Wirfung  ben  Sieg  über  bie  9tebenbut)terin  bation.  5)3.  entjctjloß  fid)  je^t, 
ber  9Jtufe  ber  ©efctjidite  treu  au  bleiben  unb  feine  Äraft  balb  möglictjft  an  einem 
Würbigen  Stoff  au  üerfudjen.  @in  foldjer  bot  fidt)  in  einer  5|3rei§aufgabe,  weldje 
im  3i-  1833  bie  ^arifer  Slfabemie  ber  ^nfcr)rifteu  geftettt  t)atte;  fie  galt  ber 
<Sefd)id)te  sJlorbafrita^  unter  ber  ^errfdjaft  ber  33anbalen.  $ur  ®rforfd)itng  be§ 
Mittelalters  tjatte  er  fid)  ja  öon  Anfang  an  tjingeaogen  gefüllt.  «Seine  3tn= 
ftrengung  würbe  mit  bem  glüdlidjften  Erfolg  gefrönt;  e§  Würbe  feiner  Slrbeit  ber 
s^reiä  au^'tannt.  ^Roct)  im  $.  1837  ließ  er  fie  in  beutfctjer  Bearbeitung  u.  b.  %.: 
„©efc^ic^te  ber  öanbatifdjen  ^errfdjaft  in  Slfrifa"  erjcb.einen  unb  erntete  für 
biefe  feine  erfte  wiffenfcrjaftlidje  Seiftung  ben  lauten  Beifall  ber  ffadinmnner. 
2>iefer  fein  elfter  Gürfotg  blatte  it)m  ^ugleicf)  bie  sJJtittel  eröffnet,  einen  längft  ge-^ 
tjegten  3Bunfdt)  au§aufüt)ren  unb  au^  $ortfe£ung  unb  ©rweiterung  feiner  ©tubien 
einen  längeren  2lufentr)alt  in  9?om  au  nehmen;  e§  war  il)m,  ber  öon  <£>au3 
au§  bem  fatr)olifd)en  Betenntniffe  angeljörte,  burdt)  bie  üDomrjerrn  öon  (Srmlanb 
ein  ©tipenbium  beS  Kollegiums  5|3reuftianum  öerwilligt  worben.     SDamit  b^ängt 


$apeu§.  141 

eS  jufammen,  bafe  er,  bem  Sßortlaut  bcr  Statuten  jener  (Stiftung  entfpredjenb, 
in  bem  JHofter  ©.  Slnbrea  bette  fratte  äßotmung  natjm.  2)iefer  römifctje  2tufent= 
tjalt  ^apencorbt'S  ift  für  bie  meitere  9tict)tung  feiner  tjiftorifctjen  arbeiten  mafj= 
gebenb  geworben.  (5r  rjat  bamalS  ben  ^tan  gefaxt,  eine  ©eftfjictjte  9tomS  im 
Mittelalter  ju  fctjreiben  unb  feine  ganze  Äraft  auf  bie  Söfung  btefer  großen 
Slufgabe  zu  bereinigen.  25er  2lufentb,att  in  9tom,  ber  metjrere  $at)re  bauerte 
unb  ben  er  für  feinen  t)ot)en  3tt>ecf  geroiffent)aft  auSnutjte ,  tjatte  it)n  in  jeber 
SSejiefjung  geförbert  unb  feinen  ©eift  gereift.  @r  mar  in  fruchtbare  SSerütjrung 
mit  borzüglictjen  Männern  gekommen,  u.  a.  mit  33unfen,  unb  feine  eble  ^erföntict)= 
feit  tjatte  überall  ben  geroinnenbften  ©inbrucf  gemacht.  ©o  fetjrte  er  im  %.  1840 
mit  reicher  ausbeute  nactj  Berlin  jurüdE.  S)ie  SauTbatjn,  bie  er  berfolgen  moltte, 
tjatte  er  jetjt  geroätjlt:  eS  mar  bie  beS  forfctjenben  ©eletjrten,  aber  auct)  äugteicr) 
beS  afabemifctjen  SetjrerS.  @ben  jeijt  erfctjien,  als  gfrudjt  feiner  Sfteife  unb  at§ 
Vorläufer  feinet  geplanten  umfaffenben  SöerfeS,  feine  9Jlonograpt)ie  über  Sota 
bi  Otienji,  ben  römtfcfjen  SSolfStribun,  unb  mürbe  mit  unberfürzter  5lnerfennung 
aufgenommen.  Unb  nun  fdjien  ftct)  feine  3u^un!t  fo  ganz  nact)  feinen  2Bünfct)en 
geftatten  <ju  motten.  Sr  mürbe  im  £$früt)jat)r  1841  jum  aufjerorbentlictien 
^rofeffor  (ber  (Befdjictjte)  an  ber  Uniberfität  Sonn  ernannt,  ©eine  miffenfctjaft* 
tictjen  ßeiftungen,  feine  b  ortreff  lictje  ^ßerföntictjfeit  tjatten  biefe  33eförberung  be= 
mirft.  Snbefj,  eS  mar  itjm  nictjt  beftimmt,  auS  ber  $e\t  ber  ©aat  in  bie  ber 
ßrnte  einzutreten.  2lnfangS  2lpril  berliejj  er  Serlm,  um  ben  erroünfdjten 
2öirfungSheiS  anzutreten;  aber  auf  ber  Steife  ereilte  itjn  am  27.  9lprit  ju 
äöarburg  in  SOßeftfalen  ber  £ob  unb  fctjnitt  ein  tjoffnungSreictjeS  Seben  plötjtict) 
unbarmherzig  ab.  2)er  3"ftanb  ber  (Befunbtjeit  ^apencorbt'S  tjatte  freilict) 
feine  f5«unbe  fctjon  längft  ein  zu  frütjeS  @nbe  befürchten  laffen.  @r  aber  tjat 
ber  9lact)melt  einen  reinen  Flamen  unb  feft  begrünbete  «Hoffnungen  tjintertaffen. 
©ein  gebiegeneS  gröfjereS  3Ber!  über  bie  ©efctjidjte  ber  ©tabt  9iom  im  9Jtittet= 
alter  t)at  im  $.  1855  (&.  ^öfler  auS  feinem  9tact)lafj  tjerauSgegeben. 

©.   ^Teufetft^e   ©taatSzeitung,    Satjrgang    1841,    9lr.    116.    —    Steuer 
^efrotog  ber  ©eutfdjen,  19.  3at)rgang  (1841),  1.  £t).,  ©.  428—429. 

Söegete. 
^apCUÖ:  5)3etruS  ü)3.,  S)ramatifer,  au§  Räubern,  berfajjte  als  ©ämtrector 
in  9fleenen  (SGßeftflanbern)  eine  tateinifctje  ßomöbie  Samarites  (Colon.  1539), 
metctje  bom  barmherzigen  ©amariter  Ijanbett.  £>ie  an  ^ofjann  i^ittbetl,  ^ropft 
bon  gormofele,  gerichtete  Söorrebe  bom  22.  ^uni  1537  nennt  biefetbe  incondita 
et  rudis,  benn  ty.  mu^te  bie  3lbfaffung  befcljleunigen,  ba  bie  3luffü^rung  bereits 
am  25.  Suni  ftattfinben  fottte.  ©otoeit  beiannt,  ift  $.  ber  erfte,  ber  biefen 
biblifd§en  ©toff  bramatifcr)  beljanbelt  t)at.  2)a  fiel)  feboct)  biefer  für  eine 
btamatifctje  SBe^anblung  menig  empfatjl,  fo  benutze  ty.  jur  ©infteibung  ben 
©naptjeuS'fcljen  2t)puS  beS  SlfotaftuS,  inbem  er  feinen  jungen  3legio  in  bie 
©efettfctjaft  bon  ©crjmaro^ern  geratt)en  täfjt.  S)iefe  berteiten  iljn  fc^liefeticr), 
^erufalem  ju  berlaffen,  um  ein  in  3erict)o  motjnenbeS  junges  ^Räbctjen 
©arcoptjilia,  baS  itjm  fctjon  einmal  bermittetft  ber  3öuberfünfte  beS  Kupplers 
S)iaboluS  mit  brei  Räubern  tanjenb  gezeigt  morben  ift,  aufpfuctjen  unb  fiel) 
mit  U)m  ju  bergnügen.  2luf  bem  äöege  naefj  ^ericljo  mirb  er  auf  2lnftiften  beS 
£iaboluS  bon  jenen  brei  überfallen  unb  auSgeplünbert.  9ttit  bem  5.  Slcte  fefet 
nun  bie  bibtifclje  (Srzätjlung  ein.  S)iefer  entfprictjt  bie  Deutung:  ber  Sßater  ift 
©ott,  2Iegio  ber  5Jlenfct) ,  SubutuS  bie  Vernunft,  ber  bie  3mietract)t  fäenbe 
Seufel  fiegt  über  ben  ^Renfcljen,  ber  bon  ßtjriftuS,  bem  barmr)erjigen  ©amariter, 
auS  5Jtitteib  ju  ©naben  angenommen  mirb.  SBenn  5ßetruS  als  ber  Sötrtr)  ge= 
beutet  mirb,  ber  ben  SSertounbeten  betjerbergt,  fo  beroeift  bieS  ben  fattjolifctjen 
©tanbpunlt  beS   SßerfafferS.      ®ie    bier   erften   2lcte    finb    bon   au|erorbentlict)er 


142  $apin. 

Sfrifdje  unb  ßebenbigfeit.  53efonber§  roirfungsöott  finb  bie  Älage  beä  33ater§ 
MegaboruS  über  ben  bev  SJerfudjung  unterlegenen  ©otm,  bie  Ueberrebungäfünfte 
ber  ©djlemmer,  bie  einbringtidjen  Söarnungen  beä  (ärjietjerä  (Subulus,  bie  ber- 
jecjvenbe,  burd)  einen  Eöftüdtjen  ßiebeäbrief  ber  ©arcoptjilia  gefteigerte  ßiebe§gtutf) 
be§  2legio,  bie  lebtjaft  an  beä  Gorn.  ßrocuä  Siofepl)  erinnert.  2)er  aud)  in 
fprad)lidjer  -gunfidjt  fjeröortretenbe  2Bertf)  be§  SDramaS  mar  fdjon  fiüt)  erfannt. 
(£8  finbet  fid)  neben  ©naptjeui'  2lfotaftu§  unb  6rocu§'  ,3fofept)  in  ber  al$ 
©djulbud)  berbreiteten  23rt)linger'icr)en  ©ammlung  öon  10  Äomöbien,  meldje 
1541  in  23afel  erfdjien.  Sludj  mürbe  baffelbe  öon  Slteranber  ^anegaS  <ju 
Solebo  mit  einem  Kommentar  öerfeljen  (1542).  S)ie  unter  gleidjem  Sitet  1614 
ju  Erfurt  erfdjienene  Äomöbie  be§  Satoib  ßipfiuä  ift  eine  neue  Auflage  ber 
^PapeuS'fdjen  $omöbie,  in  metdjer  bie  auf  *Petru§  gebeutete  ©teile  be§  ©d)Iufj= 
rebnerS  ferjlt  unb  am  @nbe  fieben  SSerfe  tjinjugefügt  finb.  2)afj  ber  gefrönte 
S)id)ter  unb  ©octor  ber  ^ptjilofoptjie  unb  Mebicin  ju  Erfurt  biefe  Arbeit  all 
feine  eigene  betrachtet  miffen  roottte ,  gef)t  aui  ben  am  @nbe  abgebrudten  ©e-- 
bidjten  feiner  fjfreunbe  tjerbor ,  obgleid)  ber  2itel  ben  Urfprung  anbeutet : 
Comoedia  nova  sacra,  quam  praeeunte  sacra  scriptura  eruit,  Papaejanis  delinea- 
mentis  recensuit.  optimis  quibusque  comieorum  flosculis  adornavit  David  Lipsius. 
ftoppenä,  Bibl.  Belg.  998.  —  Södjer^Jtotermunb  5, 1526.  —  (Sioebete  2, 137. 

■<p.  $0  Ift  ein. 
yatfm:  3>eni3  %,  geb.  am  22.  2Iuguft  1647  ju  23toi§,  f  etroa  1714, 
roatjrfdjcinlid)  in  2)eutfd)(anb  (nad)  Eug.  et  Em.  Haag,  la  France  protestante 
Vol.  VIII,  bie  Angabe  be§  Xobcäjarjreä  1710  u.  31.  in  @rfd)  u.  ©ruber,  'Sncrjfl. 
ift  iebenfallä  unrichtig,  ba  *p.  nod)  1712  mit  ßeibnitj  correfponbirte).  ty.  ftubirte 
erft  Mebicin  unb  mar  praftifdjer  9lrjt  in  ^Parig;  befd)äfttgte  fid)  aber  unter 
6t)r.  |)urjgtjeni,  beffen  ©etjülfe  unb  Mitarbeiter  bei  einigen  Unterfudjungen  er 
mürbe,  mit  ber  ^tjrjfif.  SOßie  |>ut)gl)en§  öertiefj  er  ^arts  mit  ber  Sluffjebung 
beä  (Sbicteä  öon  sJiante§  unb  ging  ju  9tob.  33ot)te  nad)  ßonbon.  Mit  biefem 
gemeinfam  t)at  ty.  öiete  Unterfudjungen,  namentlid)  über  ©afe  unb  2)ämpje  an* 
gefteüt  unb  mürbe  öon  33ot)Ie  1681  aum  Mitgliebe  ber  9tot)al  ©octett)  öor= 
gefctjlagcn.  33on  ßonbon  ging  *p.  ju  ©arotti  in  SSencbig,  ferjrte  aber  1684  nad) 
ßonbon  jurücf,  roo  er  bi§  ^u  feiner  Ernennung  3um  ^prorefjor  ber  Matljematif 
unb  SPrjrjfif  in  Marburg  burd)  ben  ßanbgrafen  $arl  öon  Reffen,  1688,  blieb. 
Süefe  ^rofeffur  befleibete  $.  6i§  1707.  3m  3ab>e  1699  mar  er  ßorrefponbent 
ber  ^Parifer  Slfabemie  gemorben.  ©ein  ©djidffat  nadt)  1707  ift  unbefannt.  @in 
SSerjeidmifj  ber  ^atjlveic^en  arbeiten  ipapin'S  finbet  fict)  in  «Poggcnborff's 
biograpt)ifctj=literarifcrjem  Söörterbucfje  II.  355  ff.  21m  befannteften  ift  5ß.  burd) 
bie  Gürfinbung  be§  2)igeftor§  ober  ^apinianifdjen  ütopfeä  mit  bem  ©icijert)eit§= 
öentil  unb  burd)  bie  $bee  ben  2Bafferbampf  at§  Stviebfraft  ju  benu^cn,  gemorben. 
2Batjrfd)einIid)  t)at  SSotjte  juerft  öorgefdjlagen  bie  ®rt)5tjung  ber  ©iebetemperatur 
be§  in  einem  öerfcr)loffenen  ©efä^e  erfjitjten  SöafferS  ^ur  ßöfung  ic.  öon  Körpern 
ju  benu^en,  meld)e  bei  gemötjnlicrjer  ©iebetemperatur  nidjt  gelöft  roerben.  3lber 
^p.  gab  juerft  ba§  rjierju  tauglidje  ©erätt)  an ,  roetdjeä  gegen  bie  ©efatjr  be§ 
3erplafeen§  burdj  ba§  bei  allen  ©ampfmafdjinen  fo  midjtig  gemorbene  ©id)err)eit§= 
öentil  gefdjü^t  mürbe.  2Begcn  feiner  Unterfudjungen  über  bie  Slafticität  be§ 
2Bafferbampfe§  unb  bie  Sonbenfation  beffelben  bei  ber  Slbfü^lung  ift  $.  al§ 
@rftnbcr  ber  erften  fogenannten  atmofprjärifdjen  S)ampfmafdjine  mit  Kolben  jju 
nennen,  benn  er  aeigte,  roie  ein  Kolben  in  einem  Stilinber  burd)  ben  äöafferbampf 
in  bie  ^ölje  getrieben,  unb  mie  ber  Kolben  nad)  6onbenfirung  be§  2)ampie8  bom 
©ruefe  ber  ßujt  mieber  ^ugefto^en  mirb.  ty.  t)at  fogar  nad)  £)aag  1.  c.  1707 
ein  ©ampjboot  gebaut,  mit  meldjem  er  auf  ber  gulba  öon  ßaffel  nad)  Münben 
yul)r,    mo   e§   itjm   öon   ben  ©djiffern   au8  9fleib  zertrümmert  marb.     lieber  bie 


tßapfe.  143 

ßonftruction  ber  hierbei  oertocnbetcn  2ftafd)ine  ift  nichts  Dtdljereä  befannt. 
Slufcerbem  finb  nod)  anbete  arbeiten  SPapin'8  ertodrjnenstoertfj.  Gr  ift  ber  6r= 
ftnber  be§  2etler§  an  ber  ßuftpumpe.  Sr  erfanb  ben  Söafferrjammer,  roeldjer 
nod)  jefjt  Bei  ben  pb>fitaüfd)en  Vorträgen  jur  2)emonftration  ber  niebrigen 
©iebetemperatur  be§  2öaffer§  im  luftleeren  9taum  benu^t  toirb.  ferner  b>t  $. 
nod)  ätoei  33orfd)läge  gemalt,  meldje,  obgleich  er  fie  nidjt  ju  einem  praftifdjen 
Grgebnijj  ausbilben  fonnte,  bod)  als  bie  elften  Anfänge  jejft  ausgeführter  3}or= 
rid)tungen  ju  betrauten  finb.  grfttid)  b>t  er  nämlid)  öorgefdjtagen ,  bie 
(^plofton  öon  ©djiefjpulöer  ^um  treiben  eine§  $olben§  in  ber  9Jtafd)ine  p 
benutzen,  roa§  erft  ju  25erfud)en  mit  anberen  erplofiben  ©ubfian^en,  bann  roeiter 
bis  3ur  heutigen  ©aäfraftmafdjine  geführt  t)at.  3roeiten§  toottte  er  ben  2)rud 
comprimirter  Suft,  ober  aud)  ben  Srutf  ber  Sitmofpfjäre  gegen  berbünnte  ßuft 
benutzen,  um  burdj  lange  9töt)rentettungen  eine  Bewegung  fortaupflan^en. 
(Seine  eigenen  5ßerfud)e,  fo  roie  bie  Slnberer  nad)  ib>,  fdjlugen  fefjl.  $n  ber 
atmofpljdrifdjen  ßifenbafjn  fjaben  mir  bie  Slnmenbbarfeit  be§  *ßapin'fd)en  ©c= 
bauten«  im  ©lojjen  fennen  gelernt,  unb  benutzen  benfelben  bei  ben  pneumatifdjen 
©todenjügen  unb  ber  pneumatifdjen  Sriefbef'örberung.  £er  ibeenreietje  IDlann 
foE  in  S)ürftigfeit  geftotben  fein. 

ßine  23iograpb>  $apin'§,  meiere  mir  nidjt  jugänglid)  getoefen  ift,  erfdjien 
1847  3U  SBtoig:  SSannifter,  Denis  Papin.  sa  vie  et  ses  ecrits.     8°. 

Äarjten. 

^Oöfc:  3feremia§  $.,  «Diat^ematifer unb  itjeologe,  au§  einer  alten  ©reife- 
roatber  gamilie,  mürbe  am  9.  Sluguft  1672  geboren  unb  toibmete  fid),  feit  bem 
5.  $)cai  1691,  auf  ber  ^ommer'jdjen  ,§od)fd)ule,  unb  (1695)  in  SBittenberg 
matrjematifcr)en  unb  naturmiffenfdjaftlicrjen ,  foroie  trjeologifd/en  ©tubien ,  bei 
toeldjen  er,  gemdf3  ber  auf  beiben  Untüerfttäten  fjerrfdjenben  gtidjtung,  bie  fird)= 
tidje  Drttjoborje  unb  beren  ^olemif  gegen  ben  ^ietiSmuS  öertrat.  £>urri)  bi?fe 
©efinnung  bem  «£auptfüt)rer  ber  Orttjoboren,  Dr.  3otj.  ftr.  datier  (©.  b.  21.), 
empfohlen,  erlangte  er,  nadjbem  legerer  (1701)  ^um  ©enerat=©upetintenbenten 
unb  ^rofansler  ber  Uniberfität  ©reifSroalb  ernannt  mar,  burdj  beffen  (Sinflufj 
(1702)  bie  nad)  be§  *prof.  3oad).  9tofenoro;s  2ob  erlebigte  tßrojeffur  ber 
^attjematif.  Sfn  biefer  ©tellung  berjanbelte  er  in  9}orlefungen  unb  fleineren 
©djriften  mattjematifdje,  aftronomifdje  unb  natuttoiffenfd)aftlid)e  fragen,  unb 
befunbete  fein  r)ot)es  ^ntereffe  für  ledere  aud)  burd)  (Srtoerbung  bes  toertl)botIen 
btbti|d)en  ßupferroerfeg  Don  ©djeudjjer  unb  Steffel,  toeldjeä  nad)  feinem  £obe 
im  SBefttje  feiner  Angehörigen  öerblieb.  ©eine  orttjobore  Otidjtung  trat  erft  nad) 
sIRat)er^  £obe  (1712)  tjeröor,  unb  monbie  ftdj  2Iniangi  gegen  ben  interimiftifetjen 
©en. »@up.  5ßr.  §.  ©ebb^arbi  (t  1729),  unb  fpdter  gegen  beffen  Dtadnolger 
8R.  ©b,r.  9tu§meter  unb  %aL  ^peinr.  Saltb^afar.  35ergeblid)  berjudjte  ber 
©en.=©up.  311b.  ^oad).  «fhafebitj  bie  ortb^oboren  unb  pietiftifd)en  ©egenfätje  ju 
Derföl)nen.  $.  be^arrte,  unterftütjt  öon  feinem  Serroanbten ,  bem  SMfdjof 
M.  6art  JPapfe  ü.  ©d)onen,  auf  feinem  ©tanbpunfte,  unb  mu^te  aud)  auf 
einer  9teife  nad)  daffel  ben  fpdteren  ^önig  ^riebrid)  öon  ©d)toeben  für  fid)  ju 
geminnen.  W.a$  bem  2obe  öon  $rafebt£  (f  1732),  unb  feineö  9cad)iolger§ 
Sütfemann  (t  1738),  erlangte  jebod)  bie  Partei  be§  «pietiSmuS ,  namentlid) 
aud)  burd)  llnterftüfeung  be«  ißrof.  unb  ^>ofgerid)t§birector§  ^£)il.  iBattt).  ©erbes, 
bie  Dberb^anb;  it)re  .ipauptfü^rer  9tuemeier  (1740—45)  unb  3at.  |>einr.  33al= 
ttjafar  (1746—63)  empfingen  bie  ®enerat  =  ©uperintenbentur ,  tyapte  bagegen 
mürbe  (1735)  feines  3Imte§  entlaffen,  unb  begab  fidj  nad)  ©todb^olm,  too  er 
nod)  20  3fat)re  fjinburd)  feine  polemifdje  2b^ätigfeit  gegen  ben  $ieti§mu§  fort» 
fe^te  unb  erft  @nbe  5Jldr3  1755  im  83.  SebenSjarjre  ftarb. 


144  $appe  —  s.pappenf)eim. 

2Iug.  33altr)afar,  b.  b.  SanbeSgefefeen,  ©.  60  ff.,  ius  pastorale,  I,  77  ff.  — 
Äofcgorten,  ©efd).  b.  Unib.  I,  277— 288.—  W,  Sfofl.  53attt)afafS  Beben, 
5pom.  ©efd).  2)enfmäler,  V,  35—56.  —  23ieberftebt,  Sebcn  neuborpomm.  ©el., 
©.  11  ff.  —  (Sin  SBcraeidjnifj  bon  *papfe'S  ©Triften  finbet  fid)  bei  33anfeloto, 
©et.  «pommetn,  ©.  148 ;  ©äfmett,  Katalog,  II,  263  unb  in  Södjer'S  ©el.=Cer. 

tytpjje:  Sodann  ^ofepf)  6 1) 1 1 ft i a n  $.,  ©d)tiftftetter,  eines  ^rebigerS 
©ofjn,  geb.  ju  9lltenrobe  bei  2lfd)erstcben  1768,  ge&ilbet  auf  ber  ©djule  ^u 
Äloftenbergen,  fomie  auf  bcn  llniberfitäten  -Ipatte  unb  Wittenberg,  mofelbft  er 
1798  aum  Dr.  phil.  promobirt  mürbe.  —  2llS  er  fobann  bie  ©tubien  eines 
jungen  (SbelmanneS  <ju  leiten  übernommen  tjatte,  fam  er  mit  bemfelben  mieberum 
nad)  $lofterbergen,  mo  er  mit  bem  2)irector  ber  3lnftalt,  bem  rüfjmlid)  befannten 
s$t)ttotogen  Dr.  ^ob,.  ©urtitt,  in  nähere  23efanntfd)aft  trat,  mit  bem  er  hierauf 
in  Hamburg  mieber  aufammentraf,  als  er  Op.)  um  1801  burd)  93ictor  $lop= 
ftorf  (beS  2)id)terS  SSruber)  tjiertier  berufen  mürbe  jur  9tebaction  ber  Hamburger 
9teuen  3e^ung  unb  2lbref3Comptoir  =  9tacr)rid)ten ,  roeld)e  £t)ätigteit  er  bis  1811 
ausübte.  3>n  biefen  i^arjren  rebigirte  er  aud)  bie  bamalS  bei  93or)n  in  Hamburg 
erfd)einenbe  allgemeine  2)eutfd)e  33ibliott)ef,  bis  bieS  fritifdje  ^nftitut  an  Nicolai 
in  33erlin  jurüd  gelangte.  1813,  mätjrenb  .gmmburg'S  borübergeljenber  33e= 
freiung  bon  ber  franjöfifdjen  ,£>errfd)aft ,  rebigirte  er  aud)  ben  unparteiifdjcn 
(Sorrefponbenten ,  fobann  aber  bie  Hamburger  möd)entltd)en  9cad)rid)ten  1814 
bis  1816.  —  3m  3.  1816  begrünbete  er  bie  bis  1842  beftanbene,  bielgelefenc 
3eitfd)rift  „Sefefrüdjte  bom  ftelbt  ber  neueften  ßiteratur  beS  $n=  unb  9luS= 
lanbeS",  eine  nid)t  oljne  ©efd)itf  unb  ©efd)mad  ertefene  ^uSmaljl  aus  ben  beften 
Sr^eugniffen  ber  neueften  (b,auptfäd)lid)  fd)önmiffenfd)ajtlid)en)  Literatur.  9lud) 
als  Ueberfetjer  aus  bem  granjöfifdjen  unb  Grnglifdjen  mar  er  tt)ätig ,  foroie  als 
Mitarbeiter  an  ^Jteufei'S  geteertem  2)eutfd)lanb,  an  91  od) '8  attgem.  tit.  Sinniger 
unb  anberen  SBerfen.     @r  ftarb  ju  Hamburg  am  19.  üSecember  1856. 

©.  £amb.  ©djriftftellerlertfon  V,  646,  647.  —  ßefefrüdjte  1842,  33b.  IV. 
—  «Reuet  «Jteholog  ber  2)cutfd)en,  3af)rg.  20,  1842,  I,  9tr.  17. 

SS  e  n  e !  e. 
^ajtycnljeim :  ©ottfrieb  ■£>  ein  rief)  ©raf  ju  <p.,  menn  nid)t  einer  ber 
£)auptl)elben  beS  breifjigiäljvigen  Krieges,  fo  bod)  in  jmeiter  9teib,e  boman  ftetjenb 
auf  fatljolifd)et  ©cite  —  „bie  93lume  ber  9ütterlid)feit,  bie,  in  ©d)lad)tfelbetn 
bermilbert,  auf  blutigem  33oben  fid)  fräftigte  jur  @t)re  ber  ^eiligen,  für  beren 
©ieg  er  baS  33anner  erhoben",  ©eb.  am  29.  «Dtai  1594  in  bem  ©täbtdjen 
«Pappenfjeim  a.  b.  Slltmürji,  bem  -gmuptott  ber  gleichnamigen  £)errfd)aft,  entflammte 
er  einem  uralten  2lbet§gefd)ted)te,  baS  neben  bem  33orjug  beS  erblidjen  33efitjeS 
ber  9teid)Smarfd)atlSroürbe  fid)  äatjlreicfjer  ©pröBlinge  rütjmen  butfte,  metd)e  ben 
Äaifern  im  ßaufe  ber  ^ab.rb.unberte  namhafte  äöaffenbienfte  geteiftet.  Slu§  einem 
5Jial  an  ber  ©tirn,  ba£,  fd)einbar  ein  paar  h-eujtüeife  gelegte  rot^e  ©djmerter  bar= 
fteÜenb,  balb  für  gemöimlid)  mol)l  berfdjmanb,  bei  heftigen  ©emüttjSbemegungen 
aber  oft  nod)  im  ÜJlanneSalter  jum  33orfd)ein  fam,  mürbe  aud)  ifjm  fein  mili= 
tärifd)er  33eruf  proptjeäeit.  Snbe^  beftimmten  it)n  Butter  unb  9}ormunb,  nad)bem 
er  bereits  im  fiebenten  ^aHjre  ben  33ater  berloren,  für  eine  meb.r  miffenfd)aftlid)e 
ßaufbab,n.  ©orgfältig  erjogen,  mürbe  er  um  baS  ^afjr  1608,  als  erft  SHerje^n* 
jät)riger,  auf  bie  berühmte,  pbor  fd)on  bon  SBattenftein  befudjte  llniberfität 
3Iltborf  gefd)idt  unb  nad)  nur  fui^er  ©tubienjeit  als  3lbliger  bon  ©tanbe,  ber 
©itte  ber  Qtit  gemä^,  bon  ben  ferbilen  «profefforen  jum  9tector  ^agnificuS 
bafelbft  er!oren.  ^n  Tübingen  botlenbete  er  feine  ©tubien,  morauf  er,  bem 
SSeifpiel  feiner  ©tanbeSgenoffen  folgenb,  ftd)  für  mehrere  ^afjre  auf  9teifen  nad) 
ben    midjtigften    ßutturlänbern    SuropaS,   nad)    ben    91ieberlanben,    Sa'cndreid), 


^appenfjeim.  145 

(Spanien  unb  Italien  begab.     S)e§  ßateinifdjen  mädjtig,  erlernte  er  unfdjtoer  bie 
©prägen  biefer  romanifdjen  Sauber;  bodj  bergafj    er   babei  nidjt,  feine  Anlagen 
3U  ritterlichen  Uebungen  auSjubilben.     ©ar  mandjeä  blutige  Abenteuer  fdjeint  er 
bamalä   fdjon   erlebt  ju  tjaben;  u.  a.  roufjte  er  oon  einer  SBegebentjeit  mit  bier 
ßatialieren  in  (Spanien  3U  erääcjlen,  bon  benen  er  ^toei  mit  feinem  Segen  fofort 
niebergefiofjen,  ben    britten   p  Soben    geftredt   unb   ben   bierten   in  bie  glucfjt 
gejagt  tjaben  toiU.     ©ein  Slufenttjalt  an  ben  .gmuptftätten  ber  fatljotifdjen  ©lau= 
ben§ricrjtung  übte   offenbar  aber  nodj  eine  anbere  nadjtjaltige  Söirtung  auf  itjn 
au§:  ätjntid)  bem  9Jcortimer   ber   „9Jcaria   ©tuart"  brachte   ber    al§    ^ßroteftant 
geborene  unb  erlogene  $.  oon  bort  einen  (£ifer  für  bie  nämliche  9tid)tung  mit, 
ber  fortan  faft  bie  bornetjmfte  üEriebfeber  feiner  £>anbtungen  bilbete.     sJtad)bem 
er    1614,   in    feinem   einunb^roanäigften   Sebenäjatjre ,  öffentlich  jur  fattjolifdjen 
^ircrje  übergetreten,  biente  er  itjr  in  ber  Xt)at  mit  einer  SJeretjrung,    einer  |jin= 
gebung  unb  einem  $anati§mu§,  roie  fie,  um  bon  ÜEßallenftein  ganj  ju  fcrjroeigen, 
feiner   all  ber   übrigen   ^eitgenöffifdjen  Sonbertiten   in   nur  annätjernbem  9ttaf}e 
gezeigt  tjat.     SSon   Äaifer   9flatttjia§    an   ben   $o~]  jju  5J3rag   gebogen  unb  jum 
9teict)§t)ofratt)  ernannt,  fdjien  er  in  biefer  ©teile  —  metjr   al§  feiner  iurifiijdjen 
Äenntniffe,  toot  gerabe  feines  ©lauben§eifer§  roegen  —  gtänjenbe  2lu§ftct)ten   ju 
tjaben.     SDennoct)  butbete  e§  itjn  bort  nidjt  lange;  noct;  bor  2lu§brudj  be§  großen 
beutfctjen  Krieges  üertaufcl)te  er,  feinen  roatjren  Seruf  erfennenb  unb  bem  S)range 
feine§   ©eniu§  folgenb,  bie  geber   mit  bem  ©djtoert  unb  natmi  äunäctjft  SHenfie 
bei  $önig  ©igiämunb  bon  tyokn,  bem  23tut§freunb  be§  öfterreidjifdjen  ßrätjaufeä 
unb  bem  Stobfeinb  be§  ©djroebentonig§  ©uftab  9lbolf.     J?aum  aber  entbrannte  in 
33öt)men   ber  $ampf,  at§   er  ben  äöaffen  ber   fattjotifdjen   ßiga  folgte  unb  itjr 
ttjatträftigeg  ^aupt,  9Jtarjmitian  üon  SBaiern,  al§  feinen  <£>errn  erfannte.     Unter 
SLittt)  30g  er  bemgemäjj  nadj  bem  bötjmifcijen  ^rieg§fd)aupla|,  fodjt,  fdjnetl  jum 
Oberftlieutenant   abancirt,  am   8.  9cobember   1620  in  ber  (Sntfct)eibung§fct)tact)t 
am  meinen  Serge  bei  *ßrag  unb  blieb,  mit  bieten,  ^um  £tjeil  ferneren  Söunben 
bebedt,  roie   tobt   auf  bem    gelbe  liegen.     6r  meinte  im  Segefeuer  ju  fein  unb 
fam  in  ©ejat)r,  oon  ©otbaten  ber  eigenen  Partei  beim  *ßlünbern    erfd)tagen  ju 
merben.     @in  faiferlidjer  Leiter  rettete  unb  ein  erfahrener  SCßunbar^t  tjeilte  iljn, 
fo  bafj  er  fdjon  im  nädjften  grütjjatjr  bon  neuem  au§marfdjiren  tonnte.     Unter 
ben    ligiftifdjen   Dberften  in    £ittr/§   Slrmaba   balb   ber    Infanterie,   batb   ber 
SabaEerie  augeäätjtt,  tjalf  er  nun  ben  ©rafen  (Srnft  bon  9Jcan§felb  in  ber  $fal<j 
unb   am  Dberrtjein  befämpfen.     £rot$  mandjer  glän^enben  SBaffentljat,  hei  ber 
fein  9tame  mit  SluSjetc^nung  genannt  mirb,  fdjeint  aber  fein  militärifc^er  @l)rgeiä 
nicljt  befriebigt  toorben  ju  fein.     23ereit§  im  Januar  1622  bat  er  bon  SBeinfjeim 
au§  um  feine  (Snttaffung  unb  erhielt  biefetbe  aud§.     %laä)  feinem  äßiebereintritt 
im  ©eptember  Ijarrte  er,  ben  Sefeljlen  £illt)'§  geljorcljenb,  noclj  bie  näctjftfolgenben 
3arjre,  bi§  Slnfang  1625  au§.     2)otf)  feine  klugen  rid)teten  fiel)  mittlerroeile  auf 
bie   Sertoictelungen   in   Oberitalien  unb  im  Sßeltlin;  SSrucl)  unb   offenen  $rieg 
äroifctjen  ben  babei  beteiligten  ®ro|mäcl)ten  ftvanheid)  unb  ©panien  oorljerfeljenb, 
tjoffte   er   in  leiderem    meljr   ßorbeern   erringen   ^u    tonnen.     9tic£)t  im  3toeifet 
über  bie  ju  ergreifenbe  Partei  —  er  betrachtete  mit  beutfcliem  ^tationalberou^tfein 
bie  granjofen  als  ©rbfeinbe  unb  bercfjrte  bie  ©panier  al§  nädtjfte  SSunbe§genoffen 
be§  Äaifer§,  aU  S3orIämpfer  feiner  $ird)e  — ,  bat  er  ben  Äurfürften  bon  SBaiern 
ietjt  uod)mat§  um  feinen  2lbfd)ieb  foroie  um   bie  6rlaubni§,  für  $önig  ^b^ilipp 
ein  6orp§   bon   ein  paar   £aufenb    Wlcmn  im  ßanbe   ob   ber  @nn3  su  roerben. 
S3eibe§  roarb   il)m  geroätjrt  unb  bie  35eiftärfung,  bie  er  bamit  bem  ^erjog  bon 
geria,  bem   fpanifdjen   ©ouberneur  in   5Jlailanb,  aufürjrte,  ertoie§   fic|    ali   feb,r 
bebeutungäbotl.    Söenn   audj  nid)t   im   ©tanbe,  bie  ©panier  auf   ben   übrigen 

2Wßem.  beutfdje  SSiosra^ie.    XXV.  10 


146  5ßappenJ)etm. 

fünften,  roo  bie  5*&n<$ofen  angriffen,  bor  gerben  3}ettuften  ju  beroatjren,  rettete 
er   jenen  bod)  gerabe   ben  toid^ttgen  Soften,  ben   fönia   iljm   antoieS.     68  roar 
sJttöa   am   ßomer^See  —  burd)  bie  faft  ein  3at)r  lang  bauernbe   Serttjetbigung 
biefcr  berfdjanjten  ^ofttion  gegen  bie  bereinigte  9Jtadjt  ber  ^ranjofen  unb  ©rau= 
bünbtner    grünbete  $.   überhaupt    erft    feinen  2öaffenrut)tn.     SHjm  fetber  atler= 
bing§    genügte    fein   @rfolg    feine§roeg§;    er   badjte   an  föücferoberung  be§    ben 
(Spaniern  bi£  auf  eben  biefen  $un£t  entriffenen  SeltlinS;  er   roürbe  am  liebften 
an  ber  Spitze  einer  füljnen  Sdjaar  Don  einigen  taufenb  Leitern  unmittelbar  in 
5ran£reidj  eingefallen  fein  unb,  bis  nad)  sJtarbonne  ober  weiter  borbringenb,  bie 
iljm  bertjafjte  Nation  für  itjre  „$nfolenj"  gepdjtigt  Ijaben.     Unjufrieben,  roenn 
er  aud)  fpäter  nodj  fid)  mit  Stotj  „^Ijrer  fönigt.  93tajeftät  ju  |>i§panien  beftaüten 
Dbriften"    nannte,   »erliefe    er  bie   (Stätte   feiner   biätjerigen    £l)ätigfeit,  aU  im 
^rütjiafjr   1626    ein   ffit   ben    $önig  roenig  günftiger  triebe  berfelben   ein  3^ 
fetjte.     2lber  fdjon  roinfte  iljm,  rnetjr  als  frütjer,  auf   bem   Ijeimatljlidjen   Soben 
ober   bod)    in   beffcn   9tälje  bie   ©elegenljeit   fid)    au§3U3eid)nen.     9tod)   bebor  er 
Italien  berlaffen,  ridjtete  er  an  ben  Saiernfürften  attö  eigener  ^nitiatibe  fdjrift* 
lidje    Sorfdjläge ,  roie  ber   bamalä   in   Dberöfterteidj    roütfjenbe    Sauernauifianb 
nieberjuwevfen   unb    bie   üon   ben  Nebelten   foeben  belagerte  ^auptftabt  ßinj  ju 
entfetjen   fei.     2)en  ©ritnb   biefeä   3lufftanb8   bilbeten   bie  üteltgionSbebrüdungen 
$aifer  ^erbinanbs  II.,  roeldjem  bie  zaljlreidje  proteftantifdje  ßanbbebötferung  bort 
im  ßanbe  ob  ber  (Jmtä  otjnefjin  grollte,  ba  er  baffelbe  bem  bon  ifjr  aufjerorbent* 
lidj    gdjafstcn   unb   gefürdjteten  Äurfürften  pfanbroeife   übertragen  tjatte.     Guben 
burd)  tefjtereä  Sertjältnifj  tarn  inbefj  ty.  mit  5Rarimilian  nun  roieber  in  nätjere 
Se^ietjungen,  wäljrenb  er  barauf  brannte,  feinem  Äaifer  unb  ber  bon  if)tn  äielbe= 
roufjt  erftrebten  (Gegenreformation   in  ben   öfterreidjifdjen  Siblänbern  jum  Siege 
ju  bertjetfcn.    Sein  Söuufdj,  ben  «ftrieg  gegen  bie   Dberennfer   ju  führen,  mürbe 
burd)  perföntid)e  Umftänbe  nod)  erf)öt)t;  galt  eS  iljm  bod),  jugteiif)  mit  feinem  ©tief» 
bater,  bem  bairifd)en  Statthalter  ©rafen  ^etbcrötoxff  in  £in3,  feiner  bort  bebrotjtcn 
Iftutter  unb   jmei  Sdjroeftern  ^u  £)itfe  ju  fommen.     9tidjt  ju  Ijodj  roirb  öon  ty. 
bie  galjt,  3U  roeldjer  bie  Slufftänbifdjen  angeroadjfen   maren,  auf  80  000  $ftann 
angegeben ;  ben  Sauern  Ratten  fid)  ^aljlreidje  mifcbergnügte  Ferren  unb  SbeEeute 
angefd)Ioffen.     Sei    abtoedjfelnDem   2Baffenglüd  roar  bie   ßage,  äumat   aud)    im 
-Spinblid  auf   ben   gleichzeitigen   ßinbrud)    ^lan§felb§   in  <Sd)lefien  unb   Ungarn 
unb    auf  Setzten  ©abor'8   feinbfelige   Haltung,  eine   äufjerft   gefdtjrlidje.     sJtod) 
furj  bor   ^appentjeim^   Eingreifen   fdjlugen  bie   Sauern   ba§  in  £)6eröfterreid) 
einrücfenbe  faiferlidje  6orp§  be§  |>eräog8  s3lbolf  bon  ^otftein  unb  bie   bairifdjen 
ApilfStruppen   be§  ©eneral§  Sinblo  bi§  jur  Sernidjtung.     So   mar   e§  benn   bie 
näctjfte  Aufgabe   be§  jungen  gelben,   ber,   bon  s]3tarimilian  freubig  begrübt,  in= 
ämifdjen  (15.  Sfuli  1626)   fdjon  jum   bairifdjen  ©eneral  =  2öad)tmeifter   ernannt 
roorben  mar,  aU  nunmehriger  Sljef  ber  llnternetjmungen  gegen  ba3  2anb  ob  ber 
(5nn§  ben  Sdjimpf  ber  faiferlidjen  unb  bairifdjen  Söaffen   ^u   rädjen,    ben  (Seift 
ber  burd)  bie  9iieberlagen  entmutigten  Gruppen  mieber  aufäurid)ten.     Unb  ba% 
©lud  mar  it)m  rjotb.     3)en  x^dnt)  burd)  eine  mol)tgelungene  jhiegglift  täufdjenb, 
mad)te  er  fid)  (Anfang  5fiobember)  ben  äöeg  nad)  ßinj  frei  unb  Ijielt,   ba  ot)ne= 
tjin  bie   Belagerung   fd)on   aufgehoben  mar,   unget)inbert  feinen  ©injug  in  biefe 
Stabt.     darauf   bereinigte   er  ligiftifdje  unb  faiferlidje  Siruppen  unb  ging  ofjne 
Säumen  jum  Angriff  über.    5Jtit  ber  Sd)lad)t  bei  föfferbingen,  bie  er  ben  Sauern 
am  9.  5lobember  lieferte,   mürben   bie  ßeibenfdjaften  biefe§  Krieges  erft  boEenbl 
angefadjt.     @r  felber  berichtete,   bafe   fte   fid)   nid)t  rote  9Jtenfd)en,   fonbern  roie 
I)öttifd)e  gurien  geroel)rt,  bafe  fie  fid),  ofjne  aä)  ober  toel)  ^u  fagen,  Ijätten  nieber= 
fdtjlagen    laffen    roie    bie  .gmnbe.     3öa§  ilt)nen    am   militärifdjer  Lüftung   unb 
Sdjulung  abging,  erfetjten  fte  burd)  ben  9Jtuttj  unb  bie  SButt)  itjrer  Serjtoeiflung. 


5ßappenfjehn.  147 

9tacr)  tjeifsem  unb  überaus  blutigem  fingen  erlagen  fie  bennod)  bem  fambf* 
geübten  gelbtjerrn,  ber,  einer  ber  Sßorberften  im  -gmnbgemenge,  ben  ü£ob  ber 
©djmad)  einer  nochmaligen  9Keberlage  öorgejogen  tjaben  mürbe.  9lod)  ein  ^weites, 
ja  nocfj  ein  britteS  unb  ein  öierteS  treffen  —  bei  ©munben,  Sßödtabtud  unb 
SBolfSed  —  folgten  in  ben  nädjften  öierjerjn  Sagen.  5ß.  nennt,  in  feinen 
^Rapporten  über  biefe,  bie  Säuern  rafenbe,  Wütljenbe  Seftien;  niemals,  behauptete 
er,  ein  ImrtnädtgeteS  unb  graufamereS  ©efedjt  als  baS  ju  ©munben  erlebt  ju 
tjaben.  ^ortgefe^t  fiegreid),  marb  er  barum  nur  um  fo  [toller  unb  fdjonungS* 
lofer.  yiifyt  genug,  bajj  taufenbe  öon  gefallenen  Sauern  bie  ©djladjtf eiber  be= 
bebten  —  er  lief;  jum  abfcljredenben  Seifpiel  bie  $öpfe  itjrer  ,g>auptanfül)rer  in 
Sinj  auf  bie  üttjürme  fteden.  Sßerarmt  unb  öerWüftet  lag  Dberöfterreid)  ba; 
aber,  öon  jeinen  ©otbaten  befetjt,  teiftete  eS  feinen  SSiberftanb  weiter;  unter= 
Worfen  unb  fdjneE  entwaffnet  —  fo  überlieferte  ber  (Sieger  eS  bem  faiferlidjen 
©trafgeridjt.  ©eine  Aufgabe  mar  erfüllt  unb  er  30g  (Anfang  1627)  öon  bannen. 
Sebocf  bie  Srauerlieber  ber  Sauern  gelten,  itjn  als  ben  „leibigen  Teufel"  be= 
^eidjnenb,  baS  Slnbenfen  an  feine  ©djredenSgeftatt  lebenbig.  — 

SllleS  SiSljerige  ift  gleid)Wof)l  nur  geroiffermafjen  ein  Sorfpiel  ber  tief  ein* 
jdjneibenben  SebenStljätigi'eit  biefeS  fanatifdjen  ihiegSmannS  gemefen.  ©in  neuer 
©djauptatj  bot  fiel)  itjm  nad)  furjer  gfrift,  nad)  einem  öovübergetjenben  ßuge 
gegen  ben  alten  ^IJlarfgrofen  öon  Baben=2)urlad)  unb  beffen  £anb,  im  nieber* 
fäd)fifd)en  Kriege  bar.  SBenn  aud)  Ziüi)  baS  .gmupt  unb  ben  gütjrer  ber  an 
biefem  beteiligten  proteftantifdjen  ©tänbe,  Äönig  (trjriftian  IV.  öon  ©änemarf 
bereits  bei  Sutter  a.  35.  auf's  empfinblidjfte  gefdjtagen,  bemnacrj  einen  ©tanb 
nacrj  bem  anberen  pr  Unterwerfung  unter  ben  $aifer  gebradjt,  ben  ßönig  felbft 
äum  9tüdjug  weit  gegen  Sorben  genötigt  rjatte:  fo  War  bei  ber  |)art* 
nädigfeit  beS  ßefeteren  baS  @nbe  beS  Krieges  bodj  nic^t  ab^ufeljen.  S)eS  ÄönigS 
gjlutlj  l»ielt  nicfjt  jum  SBenigften  ber  llmftanb  aufregt,  ba£  in  ben  braun* 
fdjweigifdjen  ßanben  nodj  anfelmlid)e  gefiungen  öon  feinen  Gruppen  behauptet 
Würben.  ^nSbefonbere  SBolfenbüttel,  ber  öorneljmfte  äöaffenpla^  unb  äugleid) 
bie  föefibenä  beS  ^er^ogS  unb  ÄreiSbirectorS  griebrid)  Ulricl},  iroüte  unter  bem 
(Sommanbo  beS  ©rafen  öon  ©olmS  ben  anbringenben  Sigiften  mit  jätjer  $ürjn= 
tjeit;  militärifd)  unb  politifd)  Würben  itmen  öon  bort  auS  nod)  grofje  Ungelegen* 
tjeiten  bereitet.  Unb  fo  erfdjien  bie  düinnarjme  äöolfenbüttetS  bem  .ffaifet  ebenfo 
Wie  ber  Siga  als  ein  öor  3lllem  bringenbeS  ©ebot.  ©ie  ju  bewerlfteHigen,  warb 
*p.  öon  £il!t)  auSerferjen,  als  er  im  siluguft  in  9iieberfadjfen  eintraf.  5)urd;  ben 
Gberöfterreidjifdjen  ^rieg  jur  ligiftifdjen  garjne  jurüdgefüb,rt  unb  jetjt  bem  91n= 
ferjein  nad)  irjr  unüerbrücl)licl)  treu,  burd)  ben  oberitalicnifd)en  ^rieg  im  geftungS* 
fampf  geübt  unb  öoraüglicr)  bewährt,  war  er  in  XiHö/S  |>eer  o|ne  %xa§e  ber 
geeignetste,  Der  rechte  slUann  an  jenem  ^ßtaije.  5lnfangS  (September  begann  er 
mit  22  ßornpagnien  ju  ftujj  unb  22  ^u  ^ferbe  bie  Belagerung,  bie,  beinahe 
öier  sJJlonate  wäljrenb,  erft  ju  glücflictjcm  (Snbe  geführt  würbe,  nacl)bem  er  buref) 
2lbbämmung  ber  Oder  bie  ©äffen  unb  9Mrfte  ber  ©tabt  unter  aSaffer  gefcM 
unb  baffelbe,  ben  Griuworjnern  i^r  ©ewerbe  jum  ©titlftanb  bringenb,  in  bie  6rb= 
gefdjoffe  ber  Käufer  getrieben.  93iS  baf)in  ^atte  ©olm§  in  täglichen  ftarfen 
SluSfätten  bie  geftung  ju  ^abbenrjeim'S  eigener  SBeWunberung  öertb,eibigt.  ^a, 
noefj  Weitab  öom  ©elingen,  Tratte  biefer  eS  förmlich  als  ein  ©lud  gebriefen,  ben 
^arnpf  mit  beS  Königs  beften  ©olbaten  ju  führen,  unb  ftet)  babei  einen  eigen* 
tpmlidjen,  Wie  er  eS  nannte,  alt  abenteuerlichen  ülitterSbraud)  gefallen  laffen. 
„Söenn  baS  treffen  öorüber  unb  unfere  fcfe.WeiBigcn  Äöpfe  abgewif(|t,  fo  fommen 
Wir  bann  jufammen  auf  bem  gelb,  biScurriren,  effen  unb  trinfen  unb  lobt  ©iner 
beS  Slnberen  ritterliche  2r)aten,  als  Wenn  Wir  bie  beften  ftrcunbe  wären;  Wenn 
Wir  bann  Wieber  öon  einanber  fetjeiben,  getjt  eS  nierjt  ol)ne  fröl)lidjeS  ©d)armü^iren 

10* 


148  5Pappen'ljeim. 

ab."  Güin  fo  furdjtbarer  $einb  $•  aud)  mar:  ir)m  impomrte  her  fid)  I)clben= 
müttjig  metjrenbe  ©egner  im  Reiben  9Jtafje,  tote  er  ben  aus  9Jtutf)lofigfeit  unter* 
mürfigen  beradjtete.  9ll§  nad)  bem  $all  ber  übrigen  5Btät$e  enbüdt)  aud)  2öotfeu= 
büttel  fid)  nidjt  merjr  tjalten  lonnte,  als  2öafferS=  unb  Hungersnöte  bie  ^Belagerten 
ju  partamentiren  ätoang,  ba  betoilligte  er,  menngteid)  erft  nad)  fdjroierigen  S5er= 
t)anblungen,  in  ber  Kapitulation  üom  18.  2)ecember  1627  ber  Sefatmng  freien 
2lbjug  mit  alten  jolbatifdtjen  ©rjren.  5Den  ßanbeSfürften  ^>erjog  ^ricbrid)  Ulrtcf; 
aber  tractirte  er  r)infort  roie  einen  befangenen,  obwohl  berfetbe,  im  (SJegenfatj  ju 
biefer  bänifd)en  SBefatmng,  bie  Uebergabe  ber  geftung  bon  bornfjerein  betrieben 
unb  ben  lattjolifdjen  Angreifern  merjr  als  nötfjig  ju  ©efallen  getrau  tjatte.  $ß. 
faf)  hierin  e'bm  bod)  nur  eine  unaufrichtige  unb  feige  2)ebotion,  rote  er  benn 
überhaupt  ben  nieberfäd)fifd)en  ÄreiSftänben  ^Jtifjtrauen  unb  9JHf$acrjtung  in 
gleichem  ÜJcafjc  jeigte.  Sin  fül)ner  ÄriegSmann,  glaubte  er  über  bie  Häupter 
ber  etenben  dürften  fdjon  r)inmegfd)rciten  ju  bürfen.  Unb  fein  (Geringerer  als 
ber  faifertidje  Obergeneral,  SQßaÖenftein,  beftärfte  itjn  barin,  inbem  er,  feine 
!>anb  nad)  bem  «^eräogtrjum  5Jiedtenburg  auSftretfenb,  £iHt)  baS  ftürftentrjum 
(Salenberg  unb  ty.  ba§  §ürftentt)um  Söolfenbüttel  ju  bcrfdjaffcn  gebaute,  äßenn 
barin  aud)  für  biefen  eine  t)of)e  Anerkennung  lag  unb  er  gleid)fam  als  ber  britte 
im  33unbe  ber  ÄiiegStjäupter  erfctjien,  fo  t)atte  SöaHenftein  bod)  offenbar  nod) 
feine  befonberen  2lbfid)ten.  6r  toottte,  bie  natürliche  unb  ftetS  roadjfenbe  6ifer= 
fudjt  ber  ligiftifd)cn  dürften  gegen  bie  Pon  itjm  pertretene  $aifcrmad)t  öor 
klugen,  bie  betben  gfetbrjerrcn  ber  ßiga  feiner  ©actje  unb  feiner  ^ßerfon  fobiet 
als  möglich  berpfltdjten,  fie  in  geroiffem  'JUtafje  bielteid)t  fdjon  ju  fid)  t)erüber= 
jjierjen;  er  toottte  auf  Soften  beS  reid)Sfürftlid)en  *ßrincipS  eine  bis  barjin  un= 
bekannte  ^Jlilitärariftofratie  unter  ber  eigenen  Aegibe  erridjten.  hieben  ber  33ec= 
brängung  ber  ^erjoge  bon  2fterfleuburg  märe  aud)  bie  ^Befestigung  beS  £>erjogS 
bon  Sraunfcr)toeig=28olfenbüttel,  auf  roeldje  Stittb/S  unb  5pappenr)etm'S  (Srtjötmng 
begrünbct  merben  follte,  ein  entfdjiebener  6d)lag  gegen  ben  ganjen  angeftammten 
9ieid)Sfürftenftanb  mit  Grinfdjlujj  ber  ßiga  getoefen.  2Beit  entfernt  nun  ätoar, 
in  Söallenftein'S  ©inne  bie  Siga  fränfen  ju  mollen,  ging  ty.  bennod)  um  fo 
begieriger  auf  baS  anerbieten  beS  laiferlicrjen  ©eneralS  ein,  als  eS  feiner  perfön= 
lid)en  Gül)rfud)t  in  Ijotjem  ©rabe  fd)meid)elte.  Snergifd)  arbeitete  er,  bon  SBallen= 
ftein  aufgeftadjelt,  auf  bie  2led)tung  unb  2lbfeijung  jenes  bon  itjm  für  unfähig, 
falfd)  unb  treulos  erflärten  dürften  t)in  unb  liefj  fid),  im  eigenften  ^ntereffe, 
3U  einem  fdjlimmen  ^nquifitiongbcrfa^ren  miber  iljn  gebraud)en.  ^riebrid) 
Ulrid)  foKte,  tro^  feiner  notorifc^en  ^aifertreue,  mit  -gritfe  erpreßter  3eu9en= 
auSfagen  burdjauS  ju  einem  S3errätrjer  geftempett  merben.  6§  bemeift  ^appen^eim'S 
@ifer,  bajs  er,  al§  5präfibent  ber  Unterfudiungöcommiffion,  nacr)  einem  mie  eg 
fcrjeint  enblofen  unb  bod)  ba§  geroünfctjte  9iefultat  nicrjt  böEig  r)erbeifüt)renben 
^nquiriren  fid)  in  ^ßerfon  an  ben  faiferlictjen  $o\  begab ,  um  ben  9teicr)§= 
Ijofratt),  beffen  nominelles  9Jtitglieb  er  immer  nod)  geblieben  mar,  für  feine 
Intentionen  ju  geminnen.  ^n  biefem  3eitraum  fcrjeint  er  felbft  nocr)  einmal, 
feines  ehemaligen  SerufS  gebenfenb ,  fid)  in  erfter  Sinie  als  Surift  gefütjlt  ;\u 
t)aben,  fo  überaus  berbäcrjtig  immer  feine  2^ätig!eit  mar.  3)ie  nac|  ber  @r= 
oberung  SBolfenbüttetS  einer  längeren  Srljolung  fetjr  bebürftigen  Gruppen  Tratte 
er  Söinterquartiere  in  ber  Ottmar!  be^ieljen  laffen;  bort  aber  blieben  fie  aud) 
nod)  im  folgenben  unb  fogar  im  nädjftfolgenben  (Sommer  (1628,  29)  liegen. 
2öor)t  entfprad)  feinem  unermüblidjen  £r)atenbrang  biefe  ^nactibität  am  menigfien, 
ja  mit  großem  Sßerbru^  empfanb  er  iljre  lälimenbe  SBirfung.  2)er  5Dänenfönig 
ijiclt  bie  SBaffen  aufrecht,  aber  bie  S5erljältniffe  bradjten  eS  mit  fid),  bafj  junäc^ft 
nur  gteictjfam  ein  Ijalber  Ärieg,  ein  fdjleppenber  ^eftungSfrieg  geführt  mürbe, 
ber  bie  tatrjolifdjen  ©treitfräfte   ju  jerfplittern  unb  ju  ermüben  brorjte.     SCßo^l 


^appenfjeim.  149 

marb  audj  für  biefen  -ftrieg  *ßappenb>im'i  (Jrfatjrung  unb  Xfjatfraft  in  Stnfprud) 
genommen.  Söattenftein  fetBer  bat  itjn  öon  Silin,  fidj  aus,  um  bie  tjolfieintfc^en 
^Hätje  ©tüdftabt  unb  Ärempe  au  recognosciren  unb  fein  ©utadjten  betreffs  irjrer 
^eftigfeit  foroie  ber  Sluifidjten  auf  itjre  ßinnacjme  abzugeben,  ty.  ttjat  biei  im 
(September  1628  unb  beroirfte  bamit  nid^t  jum  SBenigften  ben  jtoei  Monate 
fpäter  eriotgenben  ftaU  öon  Krempe.  Sei  alle  bem,  unb  obmoljl  audj  Stillt;  itjn 
miebertjolt  bie  untere  Grlbe  unb  bie  ^)äfen  an  ber  5lorb=  unb  Dftfee  recognosciren 
tiefe,  befanb  fidj  ty.  bodj  nidjt  in  öoller  freubiger  SBirffamfeit.  (Ss  mar,  all 
wenn  bie  Stufgaben  itjm  nidjt  metjr  genügten,  unb  jebenfatti  meinte  er  nun  2Jcufje 
genug  übrig  p  tjaben,  um  fein  iuriftifcb/politifdjei  ^ntriguenfpiet  gegen  Den  un= 
gtfitftidjen  ^per.jog  öon  SBraunfdjmeig  in  $rag  unb  in  Söien  perfönlid)  roeiter  ju 
öerfotgen.  ßinen  Urtaub,  ben  er  fxcf^  öon  2ittt)  angeblidj  ju  einer  neuen  Steife 
nadj  Italien  erbeten,  benufcte  er  im  grübjarjr  1629,  otme  fidj  über  2öien  tjinaui 
ju  begeben,  tjauptfädjtid)  ju  bem  oben  ermahnten  Qxotd.  Seine  unb  in  biefem 
*ßunft  3ugteicr)  SSatlenftein'i  Srmartung  mürbe  nidjtsbeftomeniger  getäufdjt.  *ß. 
brang  mit  ber  Slnftage  gegen  ^riebridj  Ulridj  nidjt  fomeit  burdj,  bafj  beffen 
Slbfe^ung  auigefprodjen  tourbe.  SGßeber  ber  Oreidjstjoiratrj  nodj  ber  ßaifer  fetbft 
mottten  itjm  Slnfprüctje  sugefterjen,  mie  fie  nur  ber  faft  attmädjttge  Söaüenftein 
für  feine  s$erfon  allein  ergeben  burite.  £ittt)  mar  aber  überhaupt  ju  etjrlidj  unb 
ju  uneigennützig,  ali  bofs  er  ben  gemattttjätigen  Sturj  eines  SReidjiTürften  ali 
©taffei  ju  eigener  ßrrjebung  gebraucht  tjaben  mürbe.  $a,  faum  erfannte  er  bie 
matjre  2lbfidjt  öon  ^appentjeim'i  2lufenttjatt  in  SSien,  all  er  burdj  ein  marnenbei 
Schreiben  an  ben  i?ur?ürften  öon  S3aiern  bie  $ntrigue  öollenbi  jjerftörte.  9Jcari= 
mitian  etjrte  ^3.  aufjerorbentlidj ;  fdjon  im  September  bei  öergangenen  ^atjrei 
fjatte  er  ben  nod)  jugenblidjen  9Jcann  jum  ligifiifdjen  ©eneratfelbjeugmeifter  er= 
nannt;  aber  niemals  mürbe  fein  £>ocjeitigeTüt)t  unb  feine  reidjsfürfttidje  Kollegialität 
bai,  mai  Ijier  im  äßerfe  mar,  gebutbet  tjaben.  „$n  bem  £one  einei  erzürnten 
©ouöerainl"  öerroiei  er  *ß.  (Slprit  1629)  fein  eigenmädjtigei  3nquifitioni= 
öerfacjren  —  unb  bai  «Spiel  mar  aui.  2öie  fetjr  ben  etjrbegierigen  (Streber  bai 
9JUf$tingen  nad)  foöiet  5Jtütje  unb  2lr6eit  öerbrofj,  läfjt  fictj  rooljt  audj  baraui 
erfefjen,  bafj  er  fofort  mieber  baran  backte,  bie  bairifdj=Iigiftifdjen  3)ienfte  mit 
ben  fpanifdjen  ju  öertaufdjen.  ©eine  Untertjanbtungen  mit  bem  föniglidjen  ©e= 
fanbten  in  SBien  führten  tnbefj  ju  feinem  QieU.  ©enöttjigt,  auf  feinen  ^often, 
nad)  feinem  Hauptquartier  ©arbetegen  3urücfäufeb/ren,  nätjerte  er  fidj  bagegen  in 
ber  5olge  um  fo  merjr  feinem  grofen  (Sönner  2ßaHenftein,  beffen  ©lanj  an  unb 
iür  fidj  ben  befdjeibeneren  Xxüt),  mie  inigemein,  fo  jumal  in  ^appenfjeim'ä 
Slugen  öerbuntetn  modjte. 

SCÖiber  fein  53ermutt)en  madjte  ber  nunmetjr  mit  S)änemart  gefdjtoffene 
triebe  bem  beutfdjen  ßrieg  nodj  immer  fein  @nbe.  S)a8  gleidj^eitig  öom  «ftaifer 
erlaffene  Steftitutionsebict  mar  nur  ju  geeignet,  bie  31ammen.  auc^  te0  1^e  fdj°n 
im  ßrtöfdjen  begriffen,  auf'§  Dceue  anäufacljen,  mäljrenb  äöaüenftein  auf  eigene 
gauft,  burdj  bie  in  fdjroffer  gorm  geftettte  gorberung  einer  ftarfen  ßinquartirung 
bie  auf  iljre  Breitseiten  tro^ige  ©tabt  2ftagbeburg  in  einer  SBeife  proöoeirte, 
rnetdje  bort  an  ber  6lbe  einen  überaus  erbitterten  Stofabefrieg  ^ur  ^olge  tjatte. 
Unb  mieber  gab  biefer  i?rieg  bie  ®etegentjeit,  bie  ^nteröention  ^appentjeim'g 
rjerbeiäufütjren.  SBaltenftein  bat  itjn,  mit  einem  Jtjeil  feiner  Gruppen,  fidj  nodj 
einmal  öon  ütittt)  au§,  um  5Ragbeburg  jur  9}adjgiebigfeit  3U  bringen.  ©et)r 
matjrfdjeinlictj,  bafj  ^.,  auf  feine  fortificatorifdjen  Ä'enntniffe  unb  metjr  nodj  au? 
ben  Gffect  feiner  erprobten  Setagerungifunft  bauenb ,  bie  Stofirten  buref)  9lb= 
graben  bei  @l6ftromci  ebenfo  ju  bejmingen  bjoffte,  mie  er  bie  in  Söolfenbüttel 
^Belagerten  burd)  Stbbammung  ber  Oder  bejmungen  tjatte.  318  aber  friegerifdje 
Sermidtungen    ringi   um   bie  ©renken   bei    beutfdjen  9teidji,    befonberi  ber   in 


150  5ßappent)etm. 

statten  mieber  aufgebrochene  unb  bcn  $aifer  je^t  in  unmittelbare  9Jtitleibenfcr)aft 
jiet)enbc  ihieg  bem  ©eneratifftmuS  bringenb  ratsam  erfdjeinen  liefen,  ben  ©heit 
mit  ütagbeburg  burd)  gütliche  35ert)anblungen,  menn  aud)  oortäufig  nod)  mit 
2lufred)tert)attung  feiner  gorberung  beizulegen,  ba  beftimmte  er  *ß.  fogar  junt 
biplomatifdjen  griebenStoermittler.  SDtcfer  iebod)  meinte  motjl,  aU  er  im  ©ep= 
tember  ju  Älein  =  Otteröteben  mit  ben  ftäbtifdjen  ©efanbten  äufammenfam,  aud) 
fetjon  burd)  bejüglidje  2)rotmngen  mit  Sßorten  unb  2>emon[trationen  baS  gemünfcrjte 
3iel  erreichen  ju  fönnen.  @r  tootlte,  berfidjerte  er  iljnen,  fidj  ben  J?opf  ämifdjen 
bie  giij$e  legen  laffen,  menn  er  nidjt  binnen  öier^eiin  ülagen  burd)  9lbftcd)ung 
beä  SBafferS  u.  f.  m.  bie  ©tabt  erobert  tjaben  merbe.  Gittern  er  täufdjte  fid) 
über  bie  2Biberftanb§fät)igfeit  ber  SSürger,  roetdje,  fetbft  nidtjt  <mr  fieiftung  einer 
größeren  9lbfinbungäfumme  geneigt,  mit  täglid)  roadjfenber  Srbitterung  burd) 
füljne  üeräroeiiette  Sluefätte  benen  bon  SBolfenbüttel  e§  nadjpttjun  beftrebt 
Waren.  2)a  liefj  SBallenftein,  bei  Söeitem  Weniger  opttmifiifdj  als  $.,  feine  3ln= 
fprüdje  fallen,  unb  unter  Sebinguugen,  bie  9tiemanb  fdjmeralidjer  als  biefer  mie 
eine  9tieberlage  empfinben  mufjte,  erfolgte  <ju  Anfang  October  bie  2lufr)ebung  ber 
Sßlofabe.  Äein  groeifet,  ba&  ^P-  feitbem  einen  unberfötjnlidjen  ©roll  gegen  baS 
„tjodjmütljige''  9Jtagbeburg  im  .£>er<jen  h'u9-  3nbefe,  bie  anbermeitigen  S3er= 
midlungen  unb  Söirren,  berentmegen  eS  einen  fo  günftigen  Rieben  ertjalten,  be= 
rütjrten  unabmenbbar  aud)  feine  ©eele  immer  ftärfer  —  neben  ben  italteuifdjeu, 
unb  metjr  bereite  als  biefe,  bie  nieberlänbifdjen.  33on  iet)er  Ijatte  er  bie  -gmllänber 
als  bie  Nebelten  beS  ÄönigS  öon  ©panien  unb  als  bie  Patrone  aller  beutfdjen 
Gebellen  berabfdjeut,  unb  ietjt  mufjte  er  fetjen,  mie  biefclben  burd)  ein  paar 
gtän^enbe  ©iege  unb  Eroberungen,  bie  fie  bamatS  über  bit  ©panier  babongetragen, 
eine  Uebermadjt  unb  einen  uebermutt)  gemannen,  bebrotjtid)  nid)t  allein  für 
^Belgien,  fonbern  für  9ttjeintanb--2Beftfaten,  für  ganj  ^lorbroeftbeutfctjlanb.  9iadj= 
rieten  über  sJtad)ridjteu  trafen  in  Sepg  auf  i^re  33eroegungen  unb  beimeintlidjen 
2lbfid)ten  gegen  Snbe  beS  laufenben  unb  im  grütjiarjr  beS  nädjften  $ar)reS  (1630) 
ein,  bie,  fo  übertrieben,  ja  fo  rmtlfürlid)  fie  aud)  maren,  ty.  mit  mad)fenber 
SBeforgnifj  unb  öerftärftem  ^ngrimm  erfüllten.  2)a  entmarf  er,  nod)  in  feinem 
altmärfifdjen  Hauptquartier  ©arbelegen,  5ßläne,  bie  nad)  feiner  Sßerftdjerung 
innerhalb  eineS  SafjreS  p  bölliger  Unterbrüdung  Jene§  „auftoiegteriferjen"  35ol!eg 
fürjren  mußten  unb  Welche,  bem  Äönig  öon  ©panieti  überfanbt,  öon  ßejjterem 
fo  ernft  genommen  mürben,  bafj  er  ben  ligiftifti)en  (Seneral  um  {eben  5ßrei§  an 
fiel)  3U  feffeln  toünfcrjte.  SGßocjl  mürbe  s$.  felbft  nunmehr  lieber  benn  je  fiel)  ben 
©paniern  geroibmet  unb  irjrer  ermattenben  ^rieg§füt)rung  frifetje  ^mpulfe  gegeben 
Ijaben,  menu  nicl)t  in  näctjfter  gut  fcljon  neue  aufjerorbentlicrje  Aufgaben  auf 
beutfct)em  ©ebiet  an  ü)n  Ijerangetreten  mären.  S1001-'  nur  nebenfädjlidjj  erfetjeint 
eS,  roenn  ber  Äaifer  burcl)  eine  Stete  öom  20.  2Jlärä  1630  it)n  nebft  einigen 
anberen  gtauben§eifrigen  Männern  <jum  Gjecutor  be§  9teftitution^ebict§  in  ben 
Stiftern  ^Dcagbeburg  unb  «^atberftabt  mit  ber  befonberen  ülenbenj,  feinem  Sotjne, 
bem  (Sr^erzog  Seopolb  SBilljetm,  bie  -gmtbigung  al§  6rjbifcl)of  unb  SBifdjof  bort 
ju  ermirfen,  beftimmte.  gerbinanb  II.  fannte  unb  roürbigte  bie  mit  ber  |>in= 
gebung  an  bie  fattjolifcrje  Äirctje  eng  gepaarte  $aifertreue  5pappenl)eim'§ ;  nidjt 
meniger  jum  S)anl  für  biefe  alä  pr  iBelo^nung  feiner  militärifd)en  ßeiftungen 
tjatte  er  U)n,  ben  bi§t)erigen  $reir)errn,  bereits  am  19.  sJJtai  1628  in  ben  9teid)S= 
grafenftanb  erhoben,  irjm  au|erbem  aucrj  eine  reierje  Dotation  an  (Selb  unb  (Sut 
pgemiefen.  £)^ne  iljn  ber  ßiga  ent^ieljen  ju  moEen,  mar  er  überjeugt,  auf  $. 
ftet§  üornerjmlict)  rechnen  ^u  bürfen.  S)a^  er  in  bem  l)ier  öortiegenben  galt  fid) 
täufdjte,  mar  gleidjmo^t  nur  feine,  be§  Äaifer§  eigene  ©djulb.  Sm  ^rineip  ftanb 
$.  mit  ü)m  burdjau§  auf  bem  SBoben  jeneg  ominöfen  @bict§;  ba§  9tect)t  unb 
bie  ^flid)t,  bie  geiftlidjen  ©üter  öon  ben  Äe^cm  äurüdpforbern,    mar  aud)  für 


^appenfjetm.  151 

$.  über  jeben  Steifet  ergaben.  Man  muffe,  fagte  er  im  ^inblicf  barauf,  ben 
Sßaum  mit  ber  Sffiurjel  ausgraben.  2lber  fo  einfidjtig  zeigte  er  fid)  bocfj,  baß  er 
gerabe  be§l)alb  bie  9totr)menbigfeit  betonte,  günftigere  3"ten  abjumarten  unb, 
anftatt  immer  neuer  Sermieflungen,  erft  ein  großartiges  allgebietenbeg  Ueber= 
gemid)t  ber  fattjolifctjen  2öaffen  in  S)eutfd)lanb  ju  fäjaffen,  mie  e8,  trofe  ber 
öorauSgegangenen  (Biege,  2tngeficr)t§  ber  öon  außen  brorjenben  ©efatjren  feines* 
roegS  öortjanben  mar.  Söärjrenb  er  (Mai  1630)  fid)  nur  öorübergetjenb  an  ber 
„Stpörefjenfion"  beS  StifteS  ^atberftabt  im  Flamen  beS  $aiferS  unb  beS  @rz= 
tjerzogS  beseitigte,  enthielt  er,  nod)  burd)  bie  ^oüänber  nactj  2öeftbeutfd)tanb 
abgezogen,  fid)  gänzlid)  ber  itjm  für  baS  61-3=  unb  ^rimatftift  Magbeburg  an= 
getragenen  ßommiffton,  fo  baß  ein  anberer  tjöfjerer  Dfficier  tjiermit  betraut 
merben  mußte.  23alb  jcbod)  natjm  bie  folgenfdjmere,  öon  itjm  längft  geafjnte 
Sfnöofion  ©uftaö  9lbolf'S  feine  Slufmerfjamfeit,  nahmen  bie  friegerifdjen  @r= 
Hebungen,  bie  fte  in  sJiorbbeutfd)tanb  fjeröorrief,  feine  JMfte  öötlig  in  Slnförud). 
Somie  überhaupt  nun  bie  tjottänbifdje  ©efatjr  öon  ber  fdjroebifdjen  überflügelt 
mürbe,  trat  naturgemäß  für  5p.  baS  ©ebot,  fid)  eben  biefer  entgegenzustellen, 
ganz  unb  gar  in  ben  35orbergrunb. 

2)er  $lan  beS  SdjmebenfönigS,  ben  ftrategifd)  unb  öolitifct)  ü6erauS  mistigen 
(Stbftrom  zu  gewinnen,  itjn  fomeit  als  möglich  bem  j?aifer  unb  ber  2iga  zu  öer= 
fctjließen,  mäfjrenb  er  felbft  fid)  in  ben  Gftfeefüftenlänbern  Schritt  für  Sdjritt 
erobernb  feftfetjte,  fanb  bie  eifrigfte  llnterftütuing  öon  Seiten  beS  <£>erzogS  $ranz 
Äart  öon  £auenburg  unb  beS  ehemaligen  9lbminiftratorS  Stjriftian  SBiltjetm  öon 
Magbeburg.  ©rfterer  bemächtigte  fid),  nadjbem  er  einige  taufenb  Mann  311= 
fammengebracfjt,  im  (September  ber  Stäbte  Soitjenburg,  Sautnburg  unb  91eur)auS 
an  ber  unteren  (Slbe.  Setjterer  fjatte  fictj  fdjon  im  2)orauS  insgeheim  in  Magbe= 
bürg  eingefd)lid)en,  biefe  nodj  unter  bem  tjerben  (Jinbrucf  ber  Söatfenftein'fdjen 
Slofabe  ftefjenbe,  baju  in  golge  beS  föefiitutionSebictS  tief  erregte  Stabt  mit 
£)itfe  füfjner  SDemagogen  feinem  Sßillen  im  Flamen  beS  Königs  untertoorfen, 
barauf  unöermeilt  bie  gatjne  be§  SlufftanbS  erfjoben  unb  in  übereilten  SluSfätten 
ebenfo  leiste  mie  öergänglidje  (Eroberungen  ringsumher  im  (Srzftift  gemadjt. 
2Bät)renb  bie  $aiferlid)en,  immer  ftärfer  fjcrbeiziefjenb,  einen  5]ßla^  nad)  bem 
anberen  itjm  roieber  abnahmen  unb  bie  lätmenbe  .gmuötftabt  fetjon  mit  einer 
neuen  23lofabe  bebrotjten,  erbat  fiel)  ty.  öon  ütittrj  bie  (htaubniß,  mit  mud)tigen 
Schlägen  über  ben  £>erzog  $ranz  j?arl  tjerzufallen  unb  feiner  Unternehmung  ein 
fdjleunigeS  @nbe  zu  bereiten.  So  jtoang  er  itjn  benn  (Dctober),  bie  bezeichneten 
$lä|e  ju  öerlaffen  unb  auf  SKatjeburg  zu  retiriren;  bort  natjm  er  itjn,  al8  er  ju 
Scrjiffe  öon  bannen  flüchten  mottte,  noerj  rechtzeitig  gefangen.  Mit  feiner  erfolg= 
reierjen  geftfe^ung  im  Sauenburgifdjen  gemann  er  aber  felbft  nun  einen  Soften 
an  ber  @lbe,  burd)  metetjen  er  bem  -ftönig  ben  ^aß  nactj  Magbeburg  fjinreictjenb 
öertegte  unb  ben  Slufftanb  be§  2lbminiftrator§  ifolirte.  S)od)  blieb  er  auf  falbem 
SSege  um  fo  roeniger  fielen,  als  ©uftaö  Slbolf  injmifcrjen  einen  feiner  erften 
Officiere,  feinen  ^ofmarfcrjaE  gatfenberg  naef)  Mogbeburg  gefanbt  tjatte,  um 
mit  llmficrjt  unb  Energie  bie  Ceitung  biefeS  Sluiftanbi  zu  übernehmen  unb  ba§ 
alte  SSoHmerf  be§  2utt)ertr)um§  reerjt  zur  iöafiS  feiner  eigenen  Döerationen  ju 
maetjen.  5]ß.  ertannte  fofort,  mieöiel  öon  MagbeburgS  Scfife  für  ben  fdjroebifd)= 
beutfetjen  ^rieg  abtjing.  S)a§  ^unbament  be§  ganzen  Krieges  nannte  er  eS  unb 
er  mar  überzeugt,  baß  mit  biefer  $efte  ber  $önig  ftetjen  ober  fallen  mürbe. 
Strategifcrje  unb  öolitifctje,  religiöfe  unb  perfönticb,e  ©rünbe  ließen,  in  @in§ 
gteidjfam  zufammenfließenb,  it)n  mit  Regier  bie  gü^unQ  bc§  Wampfes  gegen 
Magbeburg  etftreben.  (Srzfetjer  unb  (Jrzrebelten  maren  itjm  bie  33ürger,  bie  er 
überbie§  nacr)  ber  öergeblid)en  unb,  mie  er  mußte,  nur  ber  auSroärtigen  atf= 
gemeinen  ©efatjren  megen   aufgetjobenen  33(ofabe  öon  1629  je^t  nactjträglid)  zu 


152  üpappetirjetm. 

bemütljigen  unb  ernftlid)  ju  äüdjtigen  gewillt  War.  ©efjr  begreiflidj,  Wenn  unter 
folgen  llmftänben  XiUt)  bem  eben  bamalg  (im  ©pätfjerbft  1630)  jutn  ligiftifdjen 
gelbmarfdjall  ernannten  *ß.  bag  erfefjnte  ßommanbo  mit  Vorliebe  anbertraute. 
Slttein,  bei  SBettem  mutanter,  al§  er  erwartet,  fanb  ßefeterer  bie  Aufgabe, 
gjlagbeburg  ju  nehmen,  9cadj  einem  gtüdlidjen  2)ebut  gegen  ba§  ©täbtdjen 
9ceurjalben§teben,  ba§  er  ben  'Slufftänbifdjen  ju  beren  fernerem  ©djaben  fd^nelX 
entriß,  fd)loß  er  mit  beginn  be§  neuen  3>arjre§  (1631)  bie  Metropole  ein,  fo 
gut  e§  ging ,  jebodj  ofjne  2lu§fidjt  auf  balbige  Eroberung.  S)enn  nid^t  bloß, 
baß  Xillt),  nad)  ber  Slbfefeung  äöattenftein'S  jefet  ber  oberfte  ftelbljcrr  audj  ber 
$aiferlidjen,  mit  ber  großen  .gmubtmadjt  ber  combinirten  Armeen  gegen  ©uftab 
Slbolf  birect  in'3  gelb  rüden  unb  baljer  $.  cor  Wagbeburg  mit  nur  mäßigen, 
gegenüber  ben  weitläufigen  Anlagen  tiefer  fteftung  jebenfattä  ungenügenben  Gräften 
jurttdlaffen  mußte.  2lud)  ber  lange  anf)altenbc  SBinterfroft  erfdjwerte  ungemein 
bie  nötigen  ©djanjenarbeiten  im  ^etbe,  bie  Vorbereitungen  ^ur  Belagerung. 
S)er  neue  ftelbmarfdjatl,  ber  <ju  biefer  ocjne  Umftänbe  übevjugerjen  geWünfdjt 
t)ätte,  fat)  fid)  benn  in  ber  £t)at  bortäufig  unb  für  unberechenbare  3eit  auf  eine 
nochmalige  Vtofabe  befdjräntT.  S)ie  ©iferfudjt  bee  faijerlicrjen  ©tattrjalter£  im 
(haftift,  be§  (trafen  SBolf  bon  $ftan§felb,  trug  nur  nod)  met)r  pr  Hemmung 
feiner  Bewegungen  bei.  3a,  Xitlt)  warb,  jum  Wadjtljeil  für  ba§  Vorhaben  unb  ent= 
gegen  feiner  urfprünglidjen  9lbfid)t,  au§  tjöljeren  politifdjen  3tüd|'id)ten  genöttjigt, 
ba3  Gommanbo  bor  9ftagbeburg  jroifdjen  ben  beiben  Güfjrgeijigen  du  tfjeiten;  er 
trjat  e§,  inbem  er  bem  ©inen  ba§  redete,  bem  Slnbern  baä  linfe  ßtbufer  3uwie§. 
S)er  feinblidje  ©egenfafc  ber  beiben  troijigen  Stjaraftere  ließ  aber  wenig  (Sute8 
erwarten,  wie  benn  bon  einem  gemeinfamen  Vorgehen  faum  bie  ütebe  mar. 
2öätjrenb  $Ran§felb'§  langfame  Vebäd)tigfeit  ty.  jur  Verzweiflung  bringen  fonnte, 
badjte  biefer  feurige,  übereifrige  Krieger  roiebertjolt  woljt  baran,  ben  ©türm  auf  bie 
äöätle  unb  dauern  auetj  oljne  bie  unentbet)rlid)ften  Vorbereitungen  unb  ©idjer= 
l)eit§maßregetn,  mit  feiner  unjureidjenben  ©djaar  zu  wagen ;  nur  ü£iltb/§  Verbote 
gelten  itjn  babon  «jurüd.  Vergeblid)  fud)te  ber  llngebulbige  bann  roieber  gfalfen= 
berg  burd)  großartige  Verheißungen  unb  Veftedjungen  auf  feine  ©eite  3U  atec^en ; 
er  mußte,  bon  irjm  abgemiefen,  fid)  eine  fdjnöbe  Antwort  gefallen  laffen.  ^m 
Uebrigen  waren  e§  ebenbürtige  ©egner:  galfenberg  in  ber  Verttjeibigung  gleid) 
unermübtidj  unb  tüchtig,  roie  ty.  im  Angriff,  in  ber  —  wenn  aud)  bloß  bar= 
tiellen  —  Umzingelung  bei  bon  ben  ©täbtern  befehlen  £errain§;  ^etiler  beging 
freiließ  biefer  wie  jener.  Unter  fo  bewanbten  Vert)ältniffen  würbe  inbeß  bie 
Vtofabe  ber  reidjlid)  mit  2eben§mittetn  berfeljenen  ©tabt  fid)  bteüeicrjt  enblo§ 
Ijingejogen  l)abcn,  Wenn  nic^t  ZiUt},  ben  $.  fd)on  ju  Slnfang  5Jlärj  gegen  bie§ 
„Centrum  mali"  tjerbeirief,  fid)  einen  5ftonat  fpäter  mit  ber  gefammten  ^>eere§= 
madjt  bortt)in  gewanbt  l)ätte,  nac^bem  er  fructjtlo§  bemüht  gewefen,  ben  ^önig 
jwtfdjen  Ober  unb  (Silbe  jum  ©tetjen  wie  jum  ©dj  tagen  ju  bringen.  Unb  jetjt 
erft  änberte  fic^  bie  ©ituation ;  S)anf  biefer  Uebermadjt,  bie  binnen  Äurjem  bie 
$at)t  bon  30  000  ^Rann  erreichte,  fonnte  ber  f5elbmarfcrjatt,  ber  unter  ben  Slugen 
be§  Dberfelbljerrn  fcfjnett  bie  wid)tigften  SlußenWerle  ber  £$feinbe  erftürmte,  in 
ben  erften  Sagen  be§  ^JJtai  bie  förmliclje  Belagerung  beginnen.  2öol)l  fdjmerjten 
itjn  bie  Verlufte,  bie  ©uftab  2lbolf  in  ber  3TOifct)en<jeit  ^e"  Äaiferlidjen  an  ber 
Ober  jufügte,  unb  in  gar  trüber  ©timmung  beftagte  er  bitter  bie  burd)  feine 
fürftlid)=ligiftifd)en  Sperren  im  ungeeignetften  3fitpun!t  bewirlte  @nttaffung  2öatten= 
ftein'S  al§  bc§  ©innigen,  beffen  jwingenbe  Slutorität  ba§  Untjeil  ju  bertjüten  im 
©tanbe  gewefen  wäre.  Slber  bie  Veforgniß,  baß  ber  Äönig  mit  ert)öf)tem  ÜJluttje 
jum  ßntfa^  ber  Ostbfefte  herbeieilen  werbe,  berbobpelte  aud)  ^abbenfjeim'ä  großen 
ßifer.  ^n  SiEb'S  £)eer  bilbete  fein  früheres  VtofabecorpS,  ba§  er  in  täglichen 
©jercitien  ju  einer  ^Jtuftertrupbe  tjerangebilbet,  ben  eigentlichen  ^ern ;  unb  Wätjrenb 


^afcpenfjetm.  153 

er  jefet  Saufgväben  anlegte,  Batterien  errichtete,  unter  unauftjörlidjem  Sdjiefjen 
fidj  in  bie  geftungiwätle  eingrub,  bereitete  er  betreibe  ftünbticf)  auf  bie  blutige 
ßntfctjeibung,  auf  ben  narjen  ©türm  cor.  %\Kt)  fctjwanfte,  ob  er  einen  fotdjen, 
elje  nod)  Brefdje  gelegt,  wagen  ober  ob  er  öor  bei  $önigi  broljenbem  2ln= 
marfd)  bie  Belagerung  aufgeben  foltte.  %  war  ei,  ber  biei  tiert)inberte.  ©rofje 
Borttjeile  auf  feiner,  ber  9teuftäbter  Seite  tiefjen  it)n  atlerbingi  bie  anberweitigen 
Scrjwierigfeiten,  jumal  bie  auf  ber  Subenburger,  wo  fein  Stntipobe  ^Jcanirelb 
befestigte,  mit  gewohnter  9tüdfict)tilofigfeit  überfeinen,  ^rnmer  beibt  bie  gr= 
ftürtnung  9ftagbeburgi  am  borgen  bei  10.  20.  9Jtai  redjt  eigentlid)  Rappen* 
tjeim'i  2öerf  unb,  bom  Stanbpunfte  feiner  Partei  aui,  fein  Berbienft.  llngeredjt 
hingegen  ift  ei,  wie  nodj  bleute  fo  t)äufig  gefdjierjt,  ben  Eroberer  ali  ben  gerftörer 
biefer  Stabt  ju  branbmarfen.  S)a  nadj  ber  (hjteigung  bei  äöattei,  bie  in  2öirf= 
lidtfeit  eine  lleberrumptung  mar,  ein  erbitterter  SBibetftanb  öon  Seiten  galten* 
bcrg'i  folgte  unb  im  näd)ften  Moment  Slttei  auf  bem  Spiele  ftanb,  liefj  %.,  um 
burdj  BerWirrung  ber  geinbe  biefen  äöiberftanb  ju  brechen,  ein  paar  Käufer  am 
2f)atort,  bei  ber  ipofjen  Pforte  in  Branb  fteefen.  Niemals  geleugnet  unb  all 
taftiferje  ^a^reget  meber  unerlaubt  nod)  an  fid)  auffällig,  t»at  biefe  £anbtung 
gleid)Wol  bem  gtüfjenben  $a§  ber  magbeburg=fd)Webifcf)en  Partei  gegen  irjren 
grimmigften  oranger  offenbar  ben  eigentlichen  BorWanb  p  ber  ferneren  91nftage 
gegeben,  bafj  er  aud)  bie  nad)folgenbe  umfaffenbe  Branbftiftung,  bie  totale  3ere 
ftörung  ber  Stabt  planmäßig  anbefotjten  tjabe.  2öie  fid)  für  testete  aber  eine 
anbere  Urtjeberfctjaft  nadjweifen  täfjt,  fo  täfet  fid)  aud)  behaupten,  bafj  5p.  mit 
%\üt)  firategijdje  unb  aufeerbem  nod)  ftarfe  pexfönlidje  Srünbe  tjatte,  bai  befiegte 
9ttagbeburg  ali  Stabt  unb  geftung  ju  erhalten.  SBotjl  tjatte  er,  wie  gefagt,  ei 
erobern  motten,  um  bie  Bürgerfcijaft  ju  3Üdt)tigen,  ieboctj  nid)t  weniger  aud),  um 
ei  p  befttjen  unb  feinen  Befitj  eben  ber  großen  Partei,  für  bie  er  fämpfte, 
fomie  fid)  felber  bauernb  nutzbar  p  machen,  %a,  je  nätjer  er  toäb.renb  ber  mütj= 
fetigen  Belagerung  feinem  gide  tarn,  um  fo  entfcrjiebener  mar,  ba  er  nad)  feinen 
eigenen  SBorten  in  feinem  ^ntereffe  burd)aui  nidjt  blinb  fein  wollte,  fein  äBunfd), 
fid)  Dom  ßaifer  $aV  unb  ©ut  ber  9täbetifütjrer  pr  Belohnung  f dienten  p 
taffen.  Stuf  einer  fdjwaraen  Sifte  tjatte  er  Sajwertt)  unb  ßinnatjmen  bon  bürger= 
licrjen  ©ütern,  auf  einer  aubern  bie  „p  confiieirenben  £errlid)feiten  ber  Stabt", 
itjre  Regalien  unb  Steuern,  fo  bai  „gifeamt",  bai  iätjrlid)  30—50  000  Später 
einbrinaen  müfjte,  ben  Brüdenjoll  mit  4000,  bai  gätjramt  unb  giegelamt  mit 
metje  ali  20  000  Stjalern,  in  Summa  Dbjecte,  bie  „wotjl  auf  eine  Million  ©olbei= 
wertt)"  Derjeidjnet.  lieber  Slllei  biei  hoffte  $.,  ber  aud)  Burggraf  öon  ^lagbeburg 
merben  mollte,  in  ^ufunft  ttjeiti  für  \id),  ttjeiti  für  bai  gemeine  Söefen  biiponiren 
äu  tonnen.  Unb  fo  erftärt  ei  fidj  benn  aud),  wenn  er  in  feinen  Berichten,  ben 
Sieg  über  9Jtagbeburg  mit  lebhaftem  grotjloden  fdntbernb,  im  2;one  tt^>  Be= 
bauerni  fortfuhr,  bafc  bie  bieten  —  wie  er  überzeugt  War,  öon  ben  Bürgern 
angestifteten  —  geuer  „in  wenigen  Stunben  biefe  fdjöne  Stabt  mit  aü  it)rem 
großen  9kid)tt)um  in  bie  5lfdje  gelegt".  @r  empfanb  bai  mit  Xillö  ali  einen 
„ex  malitia"  geführten  Schlag,  ot)ne  im  erften  Moment,  neben  ben  materiellen 
Bertuften,  bie  feiner  Partei  in  ftrategifct}er  ^)infid)t  fo  überaui  fdjäbtidjen  5ÖJir= 
fungen  ber  3erftörung  fdtjon  ganj  ju  überfein.  xiEn'i  fetjarfer  ftrategifdjer 
Blid  rettete  bie  mit  irjrem  Sieg  in  arge  Bertegentjeiten  geratene  3lrmee  öor 
bem  Berberben,  in  welche  5pappent)eim'i  Befangenheit  unb  gleidjjeitig  feine  2oH= 
füfjntjeit  fie  gcftürjt  tjaben  würbe.  S)enn  nid)t,  wie  biefer  wollte,  fiel  jener  mit 
einfeitiger  Sluibeutung  bei  Sd)redeni  ber  Eroberung  unb  otjne  3lücfüd)t  aur  ben 
Sd)Webenfönig  alibalb  über  bie  Seipjiger  Sdjlufcüerwanbten,  bie  ftart  rüftenben 
proteftantifdjen  Stänbe  in  TOtelbeutfdjtanb  f)er.  Xillö'i  Slmmerffamfeit  blieb, 
mäb^renb  er  fict)  aüerbingi  in  bem  Perwüfteten  unb  fämmtlicb>r  Borrätt)e  babureb 


154  ^appenfjeun. 

beraubten  ^ttagbeburg  mit  feiner  -gmuptarmee  nictjt  Ratten  tonnte,  <jwifcr)en  ben 
Stänben  unb  bem  Äönig  mit  jwingenber  Wottjwenbigfeit  gettjeitt.  llnb  ^.  felber 
gab  ifjm  nact)r)cr  Dtectjt,  at§  er,  auf  tjalbem  Söege,  aus  Stjüringen  nacr)  ber  (£lbe 
mit  etwa  7000  9)lann  jurüdgefctjicc't,  in  ben  elften  £agen  be§  ^u(i  gerabe  noct) 
jur  3e^  *m  9ftagbeburgifel)en  wieber  anfam,  um  ben  im  Vorbringen  begriffenen 
Sctjmeben  «"palt  ju  gebieten  unb  mit  bem  (Svjftift  3ugleid)  bie  aucf)  nactj  ber 
gerftörung  als  @tbpa§  tjödjft  bebeutfam  erfctjeinenbe  ^auptftabt  ju  becfen.  ©uftaö 
Slbolf  Würbe,  wenn  XiUt)  fid)  Poreilig  mit  ben  unbotmäßigen  Stänben  in 
Stjüringen  unb  Reffen,  bem  urfprünglictjen  SBunfdje  ^ßappenrjeim'S  entfprecfjenb, 
gemeffen  unb  in  Ärieg  Perwicfelt  tjätte,  9taum  unb  3"*  SU  ber  midjtigften,  burd) 
bie  3erftörung  ungemein  erleichterten  Eroberung  unb  ^eftfe^ung  am  Slbftrom 
gewonnen  Ijaben  unb  ber  faiferlid)==tigiftifcr)en  Streitmactjt  barauf  unfcrjmer  in  ben 
9tücfen  gefallen  fein.  Sctjnelt  befetjrte  fict)  ber  $etbmarfct)all  ^u  ber  befferen 
ßinfictjt  beS  g>öcf)ftcommanbirenben.  9lber  freilief) ,  im  ferneren  Verlauf  ber 
2)inge  fonnte  ber  (Sine  fo  wenig  roie  ber  Slnbere  bem  genialen  fönigli&jen  f5elb= 
fjerrn  in  feiner  feften  (Stellung  ^u  Sßerben  beifommen,  fonnte  deiner  perljinbern, 
bafj  berfelbe  über  itjte  Häupter  fjinweg  mit  33ernt)arb  Pon  Söeimar,  mit  SBiltjelm 
Pon  Reffen  unb  öor  Gittern  bann  mit  bem  ^urfürften  3ot)ann  ©eorg  Pon  «Saufen 
bie  folgenreichsten  33eäier)ungen  fnüpfte.  S)er  Einfall  ber  beiben  fattjolifdjen 
Generale  in  baS  $urfürftentt)um,  bie  Güinnatjme  Pon  sJfterfeburg  unb  ßeipjig 
(2lnfang  unb  9Jtittc  (September)  fanb  ftatt,  als  baS  fd)roebifctHäcl)ftfcr)e  Sünbniß 
bereite  befdjtoffen  unb  unabänberlid)  mar.  $.  nannte  nun  jtoar  ben  Äurfürften 
Perbtenbet,  bebauerte  it)n  fcljeinbar,  baß  er  feines  ßanbeS  llnglücf  unb  0tuin  nict)t 
fätje,  unb  mar  in  äöirftictjfeit  über  biefe  Sßenbung  tjoct)  erfreut,  ba  tjicrmit  baS 
gute  9ted)t  äum  Singriff  auf  Sactjfen  gewonnen  mar.  Setbft  aber  ein  S3er= 
blenbeter,  zweifelte  er  feinen  Slugenblicf,  in  ber  bePorftetjenbeu  $etbfct)tact)t  ben 
Sieg  baoon^utragen.  $a,  mit  Perroegenem  ungeftüm,  bureb,  eine  Perfrütjte  unb 
fef)r  bebenftidjc  (SaPatterieattaquc  befctjtcunigte  er  am  7.,  17.  September  in  ber 
Sbene  Pon  Seipjig  eigenmächtig  bie  Sct)lacf)t,  bie,  Wenngteict)  unPermeibtict),  Pon 
Jillt)  bennoct)  bis  jum  (Eintreffen  ber  ermarteten  Verftärfungen  Perfcfjoben  morben 
märe,  llnb  meljr  noct),  er  jmang  baburcr)  ben  Dbcrfelbf)errn,  eine  trefflict)  ge= 
wätjtte,  Portfjeiltjafte  5)3ofition  ju  Pertaffen.  2öetm  man  *p.  barum  auet)  nod)  nidjt 
bie  .gmuptfdjulb  an  bem  Vertufte  biefer  «g>auptfcJ)la(^t  jufctjreiben  barf,  fo  ift  fein 
Verfahren  Pom  militärischen  Stanbpunft  auS  bod)  überaus  tabelnSwettt)  gewefen. 
(Einigermaßen  fütmte  er  feine  Sctjulb,  inbem  er,  Söunber  ber  Xapferfeit  Per= 
rict)tenb  unb  ber  Setjte  auf  bem  Sd)lacr)tfelb,  bie  Dtefte  ber  ©efcfjlagenen  fammelte 
unb  rettete.  Sein  9tüccjug  nacl)  ^alberftabt  Perbient  fo  tjinmieber  ba§  größte 
£ob.  llnb  einen  neuen  Stutnnegfranj  floctjt  er  fiel),  at§  e§  in  ber  nun  folgenben 
(£pocr)e,  mäb^renb  ©uftaP  Slbolf'ä  unaufhaltbarem  Sicge^ug  nacr)  bem  9it)ein  unb 
naef)  Dberbeutfctjlanb  barauf  anfam,  in  'DUeberfacfjfen  unb  Söeftfaten  im  ütücfen 
bc§  Siegers  ju  agiren,  bafelbft  ein  neueS  SorpS  ju  bitben  unb  bie  9tebentjeere 
bei  Königs  fomie  feiner  fic^  alter  Orten  ertjebenben  norbbeutfetjen  Verbünbeten 
minbeftenS  bergeftalt  ^u  befet^äftigen,  baß  fie  unfähig  blieben,  bie  im  Süben  fiel) 
auSbreitenben  Sctjtoeben  burcl)  3u<5üSe  3U  öerftärfen.  ty.  mar  eine  berartige 
Aufgabe  um  fo  ermünfcl)ter,  at§  fie  ü)m  Gelegenheit  gab,  enbtictj  einmal  wieber 
fetbftänbig  unb  ol)ne  ba§  ftete  ©inreben  2iHt)'S,  beffen  Umfid)t  unb  6inficl)t  er 
rüljmenb  anerfannte,  beffen  33ebäd§tigfeit  er  aber  Ünentfct)toffent)eit  fcljatt,  auf 
großem  gelbe  <ju  opeviren. 

Q3ejeicljnenb  ift  eS,  baß  feine  erfte  bemerfenSWertlje  SLt)at  in  biefem  neuen 
2lbfct)nitt  ber  Befreiung  ^Ragbeburg'S  galt ,  wetctjeS  nad)  ber  Sage  feiner  trau- 
rigen localen  2}erf|ältniffe  Pon  ^JJlanSfelb  bto§  mit  einer  fd)Wacb,en  ©arnifon  be= 
Se^t,  in  feiner  SSerwüftung  nietjt   mef)r  im  Stanbe  erfctjien,    fiel)   nur   auf  furje 


5ßappenf)eint.  155 

3eit  gegen  ein  8—10,000  Wann  ftarfes  ßorps  bes  fdjtoebtfdjen  ©eneral  SSaner 
ju  galten,  ty. ,  nacrjbem  er  in  bet  Site  aus  ben  meftTälifdj=nieberfäctjftfdjen  23e* 
fafeungen  bei;  Siga  bie  entberjrticrjften  Gruppen  tjerausgejogen,  tücfte,  um  bie  bon 
2Jtansielb  jctjon  eingeleitete  (Kapitulation  au  bereitetn,  gegen  fteujatjr  1632  mit 
faum  5000  2Jtann  tjerbei.  ^nbem  er  aber  bor  fid)  tjer  berbreiten  tiefe,  bafe  er 
mit  20,000  3Jlann  jum  ßntfajj  fomme,  nötigte  et  burct)  biefes  „Strategema" 
ben  bejorgten  SBaner  jur  Sluftjebung  ber  ^Belagerung  nod)  bot  jeiner  Stnfumt. 
Seine  2lbfid)t  mar  atterbings  nun,  nictjt  fomofjl  bie  unfjattbat  gemorbene  Stabt 
als  bie  SBefa^ung  ju  retten.  «Kit  fernerem  ^er^en  tjatten  fidj  injtoifc^en  bie 
tatfjolifcrjen  2Jtädjte,  Äaifer  unb  Siga,  rjatte  aud}  SEittö  ficfj  geftanbcn,  bafe  atte 
auf  «Dtagbeburg  bermanbte  9Tcüt)e  nacfj  bet  3ei*fiönm9  nUT  bergefilidj  unb  es 
barjer  bas  23efte  fei,  bie  geftungsmerfe  botlenbs  au  fdjleifen.  S6en  bas  führte 
Sß.  alsbalb  in  jo  rabicater  äöeife  aus,  bafe  aud)  cjier  aus  einer  militärifcfj  g_e= 
botenen  ^anbtung  auf  feine  angebliche  3erfiörungsroutrj  gefdjloffen  rootben  tft. 
Gr  tfjat  mit  beftem  ©etoiffen  nur  bas  Unbermeiblicrje :  ÜJIagbeburg  mürbe  auf* 
gegeben  unb  berlaffen  unb  foüte,  nad)  gleichzeitiger  Semotirung  ber  CHbbrütfe, 
audj  bengeinben  fo  biet  als  mögtid)  nutjlos  gemadjt  metben.  ftidjt  tofjnt  e&  ficfi,  bie 
folgenben  Untemerjmungen  bes  gf^bmarf(^att8  ausfütjrlict)  auijujäljlen.  ©enug, 
er  tjielt  bie  Gfjte  ber  fatrjotifcrjen  SBaffen  aufregt,  bot  mit  befdjränften  Ätaften  ben 
©eneralen  iott  unb  23aubiffin ,  ben  dürften  28itr)elm  bon  Reffen  unb  ©eorg 
bon  Süneburg ,  fo  gut  es  ging ,  %xo% ,  behauptete  insbefonbere  ftegreid)  bie 
Stellung  an  ber  äßefer  unb  ftärfte  fidj  atlmärjtidj  burdj  neue  Sßerbungen,  inbem 
et  freilictj  faum  eifctjminglicrje  Kontributionen  in  ben  längft  ausgefogenen  2än= 
betn,  namentlich  bon  ben  Stäbten  ertjob.  ©eine  2Ibfid)t,  ben  Sutfxa.  ju  ©uftab 
Slbolf  3U  bettnnbetn,  erreidjte  er  inbefe  nur  unboEfommen,  toofjingegen  bet  2tb* 
marfdj  fo  bemärjtter  ftüfjrer  mie  SBanet's  unb  SBilrjetm's  bon  Reffen  itjm  gröfeere 
gteirjeit,  itjm  bie  gätjigfeit  gab,  junt  Srfatj  für  bertorenes  lerrain  roiebet  an* 
betes  äu  etobetn.  23on  Stabe  bie  natje  an  Gaffel,  bon  .Ipilbestjeim  bis  nad) 
2Raftxidjt  gingen,  um  nut  ©in^eines  rjerboraurje'ben ,  feine  rurjetofen  ©txeifjüge. 
Sei  ber  Sotibarität  bet  ^ntereffen,  bem  inneten  3ufamment)ang  bet  fdjmebifdjen 
unb  bet  tjoEänbifctjen  Opetationen  routbe  in  biefem  nie  etmübenben  ©eifte  nocr)= 
mala,  unb  mächtiger  als  borbem,  berSBunf^  rege,  fein  eigenes  Operationsgebiet 
bis  in  bie  9iieberlanbe  tjinein  ausjubeb^nen.  9loctj  gegen  6nbe  bes  ^af)rei  1631 
^atte  er  ber  fpanif^en  ^nfantin  in  SStftffel  feine  Sienfte  angeboten  unb  fte 
nab,m  biefetben  mit  Gijer  an ,  als  bie  |)oEänber  unter  bem  3ßrinjen  ^riebrict) 
Jpeinricrj  bon  Dtanien  im  bataui  fotgenben  Sommet  ^Raftrictjt,  biefe  ^eftung 
elften  langes,  bon  beten  6t!)attung  bie  Rettung  ^Belgiens  abjuliängen  festen, 
betagetten.  Sie  liefe  ^.,  um  feinen  2lnmatfdj  3u  befct)teunigen,  jux  Seftiebigung 
feinet  übet  Sotbtücfftänbe  muttenben  Stuppen  500,000  9teict)stt)a(er  anbieten; 
auetj  füllten  au  befonberem  Seij  für  feine  ßjirfudjt  it)m  alte  ^tä^e  in  ber  ^falj 
übertaffen  merben,  bie,  bormals  in  bes  Königs  bon  Spanien  ßematt,  bon  itjm 
in  ^ufuttft  jutüdlerobett  merben  mürben.  $m  3Iu_guft  1632  erfctjicn  $.  mit 
15,000  «Utann  an  ber  9Jtaas  im  5lngeficf)t  bes  ftaatif^en  §eeres.  Sctjnett  roarr 
er  bie  2ftasfe  ber  jum  Sctjein  beobachteten  »Neutralität  ab  unb  bracb,  biefe 
auf  eigene  gfauft,  inbem  er,  feine  grjre  für  bie  Befreiung  2Jcaftricfjts_  oerpfänbenb, 
jum  3e^en  ^ei'  erf lätten  geinbferjaft  feine  ©efetjü^e  gegen  bas  berfetjanäte  öagev 
bes  Draniers  richtete.  21m  17.  unternahm  er  ben  berühmten  Sturm  auf  bas 
tetjtere,  mit  unbetgteicfjlictjem  |)elbenmutrj  unb  bennod)  betgebtict)  —  bie  Jpa^ 
nifdje  ^eetfürjtung  tiefe  ben  beutfe^en  yetbtjettn,  ber  b^ier  1500  Wann  opferte, 
miber  $ftid)t  unb  35erfprec^en,  ja  mit  förmtidjem  |>or}n  im  ©tidj.  Somit  un= 
bermbgenb,  fein  2Bort  einjutöfen,  ben  unabmenbbaren  Sertuft  bon  90daftridjt  öov 
3tugen,   trat   et,    bottet  ^ngtimm    unb   mit  äufeerfter  ©eringfe^äfeung  über  jene 


156  ^appenfjetm. 

Jpeerfüljnmg  fprectjenb,  aläbalb  feinen  Stücfyug  nad)  SDeutfd)tanb  an.  2ßot)l 
tränkte  bie  ^nfantin  unb  König  Sßrjilibp  fetbft  itjn  ju  galten  unb  ju  berftärfen. 
6r  aber  modjte  nad)  ben  legten  Gürfarjrungen  bon  feiner  ©rjmpatrjie  für  bie 
©panier  nun  bod)  einigermaßen  geseilt  fein.  Unb  irjreä  Unbanfi  nid)t  genug; 
fein  eigenmächtiger  3ug  gegen  bie  -gmCänber,  burct)  ben  er  Söeftfalen  unb  9tieber= 
fadjfen  in  gefarjröolter  äöeife  entblößt,  neben  anbercm  Ungemad)  feine  geftung  ÜJBotfen* 
büttel  einer  Belagerung  burd)  ^jerjog  ©eorg  bon  Lüneburg  ausgefegt  tjatte, 
mürbe  Don  ©eiten  be8  Kaiferä  mie  ber  tigiftifdjen  dürften  t)öd£)ft  ungnäbig  auf= 
genommen.  <£>ieß  e§  bodj,  baß  SBaüenftein,  ber,  längft  mit  außerorbentlidjen  33oü% 
machten  alä  faiferttcrjer  ©eneralfelbrjauptmann  reftituirt,  nad)  £ittt)'§  töbttidfcjem 
Abgang  nun  aud)  ^appenrjeim'S  näd)fter  Sßorgefeijter  mar,  it)n  bor  ein  Kriegsgericht 
fteÜen  mottte.  2lu3  bem  ßager  bor  Nürnberg,  bon  ©uftab  2lbolf  feftgel)alten, 
rjatte  er  mie  ber  Kurfürft  üon  33aiern  an  ty.  gefd)rieben,  gerabe  at§  biefer  nid)t 
bloä  ligiftifd)e,  fonbern  —  burd)  eine  auf  2Baüenftein'§  perfönlidje  (Jmbferjlung 
nod)  mätjrenb  ber  ^Belagerung  9Jcagbeburg8  erfolgte  Ernennung  —  aud)  faifer= 
lid)e  ftelbmarfdjalt  im  Slnjug  auf  9Jcaftrid)t  begriffen  mar.  SBeibe  Ratten  irjn 
aufgeforbert,  fid)  nad)  böfliger  ©id)erfteltung  2Bolfenbüttel§  mit  feiner  3trmee 
jum  Slnmarfd)  auf  Nürnberg,  ju  itjrer  unmittelbaren  Unterftütmng  gefaßt  ju 
tjalten.  Stjre  Slufforberungen  maren  umfonft  gemefen  —  unb  maö  ftanb  jetjt 
nid)t  außer  äBolfenbüttet  2tfle§  auf  bem  ©biete!  $.,  Magte  ber  Kurfürft  bon 
Köln,  fjabe  burctj  feinen  ©igenfinn  bie  meftfältfdjen  ©tifter  unb  Sänber  in  bie 
äußerfte  ©efatjr  geführt,  fein  eigenes  ©r^ftift  unb  ba§  ganje  $eid)  „in  neue 
Gommotion"  gebracht.  2ßa§  er  berfd)ulbet  unb  berfäumt,  ba%  moltte  ty.  freiltd) 
bann  mit  el)rlid)em  33eftreben,  mit  feiner  ganzen  Snergie  mieber  gut  machen. 
Unb  bie  5e^er  feiner  ©egner ,  bie  ferjr  3ur  Unjeit  fid)  getrjeilt  Ratten ,  famen 
itjm  babei  über  ©rmarten  ju  ftatten,  fo  baß  er  in  fur^er  f^rift  (bi§  2lnfang  £)c= 
tober)  nid)t  allein  bie  an  ber  SBefer  unb  in  SÖeftfaten  bebrotjten  *ßlätse  rettete, 
23aubiffin  <ju  einem  fluchtartigen  9tücfäug  nad)  Reffen  jmang,  Söotfenbüttel  burd) 
einen  näd)ttid)en  Ueberfatt  be§  5öelagcrungst)eere3  entfetten  ließ,  fonbern  audj 
nod)  alä  pofttitjen  ©eminn  bie  6innat)me  ber  längft  bon  Ujrn  begehrten,  „mäd)= 
tigen  unb  reichen"  ©tabt  ,£>itbegt)eim  er^mang.  allein,  mätjrenb  er  (Srfotg  auf 
(Srfolg  babontrug,  bradjte  fein  eigenmilliger  Grjarafter  ttjn  fetjon  auf'3  9ieue  in 
©efarjr,  eine  fd)limme  ^nfubotbination  ju  begetjen.  S3on  ^Jlajimitian  bringenb 
jur  Rettung  S3aiern§  bor  ©uftab  3lbolf '§  ^mtmfion  herbeigerufen ,  bom  Kaifer 
3ur  Bereinigung  mit  SBaüenftein,  bon  biefem  fetbft  <$u  g(eict;em  3toerf  nodj  ein= 
mal  citirt,  mar  er  fortan  unmibervuflid)  ba^u  au§erfcf)en,  miber  bie  fcr)mebifcrje 
^auptarmee,  mol)in  fie  fidj  aud)  menben  mürbe,  eine  entfdjeibenbe  23erftärfung  in'§ 
gelb  JU  führen;  benn  alle  irgenb  fonft  cntbefjrlidjen  Kräfte  galt  e§  gegen  ben 
gemaltigen  geinb  mit  £>intanfetjung  jebe§  9lebenbtan§  ,^u  concentriren.  ^.  aber, 
äu  lange  an  ein  felbftänbigeä  Stuftreten  gemöb^nt,  münfdjte  gar  feb^r,  fein  eigener 
€f)ef  ju  bleiben  unb  fd)rieb  au§  ^)ilbe§l)eim  (11.  u.  16.  October)  an  ben 
SSaiernfürften  mie  ben  Kaifer,  baß,  menn  nur  itjm  6500  9ftann  23erftärfung 
jugefdjidt  mürben ,  er  fieb,  getraute ,  ben  König  nad)  9tieberfad)fen  an  ftdj  ju 
äietjen.  S)ie  äßarjrljeit  ift,  baß  ©uftab  Slbolf,  bott  ^octjacb.tung  öor  ^abpenb^eim's 
Talenten,  mit  33eforgniß  auf  feine  Operationen  blitfte;  mie  aber  tjätte  er  barum 
ben  taifevlidjeu  ©eneraliffimuS  aueft  nur  einen  Moment  außer  Slc^t  taffen 
bürfen !  3öaEenftein  mar  e§,  ber  ben  König  nad)  fid)  30g,  um  auf  fmfäcrjfifcrjem 
SBoben  fict)  in  blutiger  5elbfct)lad)t  mit  irjm  ju  meffen;  unb  tjierauf  ftcb^  bor= 
bereitenb,  fanbte  er,  roärjrenb  er  marfd)irte,  mieberljolt  ernftlidje  93efel)le  an  ben 
f5elbmarfct)att ,  unberjüglid)  aufjubredjen  unb  ib^m  über  £rjüringen  nad)  Seipjig 
unb  9Tcerfeburg  entgegenjueilen.  ^Jlißtrauifc^  unb  ungebulbig  megen  feines  3ö= 
gern§,  erftärte  ber  geftrenge  gnebtänber,  menn  aud)  fonft  ifjm  perföntid)  jugetljan, 


^appenbjim.  157 

feine  gefabrbotlen  „^nbecencen",  feine  (Sigenmädjtigfeit  nicrjt  leiben  ju  motten. 
$.  fam  nun  allerbingS  unb  bereinigte  fid)  mit  SÖallenfiein  am  4.  sttobember  in 
ber  (5bene  jtDifd^en  ben  beiben  genannten  Orten ;  allein  in  einem  allgemeinen 
JfriegSratt)  ju  SöeifjenfelS  taufete  er  bann  trotjbem  mit  feiner  2lnficf)t  buidfott« 
bringen,  bafj  bem  mittlermeile  fdjon  bis  Naumburg  abancirten  unb  bort  Der= 
fctjanzten  $önig  in  fo  bortbeitbatter  (Stellung ,  bei  ber  borgerücften  ^a&reSzeit 
nidjt  roofjl  beijufommen,  bagegen  ber  bon  rjottänbtfcber  Seite  in  große  (Sefabr 
gebrachten  ©tabt  Äöln  auf's  fdjleunigfte  beizufpringen  fei.  ©o  fefete  er  ei  in 
ber  Sbat  noct)  einmal  burd) ,  bafj  er  —  unb  bieSmal  bon  äöallenftein  fetber, 
ber  nun  auch  bie  ©chlacht  nicrjt  für  fo  nabe  beborftebenb  l)ielt  —  Orbre  zum 
3lufbrucr)  nadj  ber  SGßefer  unb  meiter  zum  ©uccurS  für  Äöln  empfing.  3mmer= 
tjin,  um  itjn  nicht  ju  balb  auS  ber  9tät)e  ju  berlieren,  gab  ^ener  itjm  gleichzeitig 
ben  Stuftrag,  unter  SBetfjilfe  etlicher  auSerlefener  Regimenter  ^unäc^ft  baS  bon  ben 
©chtoeben  befehle  JpaHe  nebft  ber  ^ftoritjburg  einzunehmen,  ^nbefj  gerabe  bie 
■Hbfenbung  ^appenbeim'S  tjatte  jefet  eine  für  feinen  eigenen  >J>lan  bernidjtenbe 
SSirfung;  gerabe  burch  fte  mürbe,  roie  nicrjt  zu  bezweifeln,  ©uftab  Slbolf  erft 
redjt  beftimmt,  unberroeüt  ptn  Angriff  überzugeben ;  ^appenljeim'S  SJbroefenbeit 
liefe  irjn  ben  ©ieg  boffen.  S)er  unwichtige  faiferlidje  ©eneratiffimuS  erlannte, 
als  beibe  üttjeile  bei  Süfcen  fich  entgegengerücft  maren,  nocf)  bei  3eiten  ba%  Sßor= 
laben  feines  königlichen  geinbeS  unb  fdjicfte  burch  Eilboten  ben  bringlicrjften 
Sefetjl  an  5ß.,  2llIeS  fielen  unb  liegen  ju  laffen  unb  mit  gefammter  Gruppen = 
Zatjt  umzufebren.  äöelcrjen  Verlauf  aber  mürbe  bie  ©djladjt  beS  näcfcjften  £ageS 
—  6.  16.  Dcobember  —  genommen  tjaben ,  wenn  nidjt  miber  beS  Königs 
SSertjoffen  ftarte  ^erbftnebel  feinen  Angriff  um  metjrere  ©tunben  berzögert 
tjätten!  ty.,  ber  fich  ber  ©tabt  £atte  bereits  bemächtigt,  folgte  bem  legten  S3e= 
fetjt,  e§  ift  toabr,  oijne  3flubern;  benn  in  biefem  großen  Moment  fam  auch,  für 
itjn  jebeS  anbere  Sutereffe  zum  ©djmeigen.  Sie  ©efatjr  reifte  il)n,  unb  erfüllt  bon 
tängft  genätjrter  Regier,  auf  ben  Äönig  zu  ftofjen,  eilte  er  mit  feinen  actjt  9teiter= 
regimentern  in  bollern  ©atopp,  baS  nactjrücfenbe  gufjbolf  roeit  tjinter  fictj  laffenb, 
bem  ©djtachtfetb  entgegen.  Unb  fo  fonnte  er,  roenn  auch  berßampf  inzmifchen 
begonnen,  in  benfelben  noch  rectjtzeitig  unb  auf's  SBitffamfte,  eben  auf  ber 
©eite,  too  ber  £önig  fämpfte,  eingreifen,  ©in  perföntidjeS  ütencontre  fanb 
bennoctj  nicht  ftatt ;  in  geringer  Entfernung  bon  einanber  tourben  beibe  motjl  zur 
nämlichen  ©tunbe  —  gegen  2  Ut)r  Nachmittags  —  in  ritterlichem  ©treit  auf  ben 
2ob  getroffen.  S)er  Äampf  tobte  roeiter,  toäljrenb  ©uftab  3lbolf  auf  bem  gelbe 
fein  Seben  auStjaucr)te  unb  ty.  l)inroeggebracl)t  merben  mufste.  ^üf)  am  näctjften 
borgen  ift  auct)  er  feinen  äöunben  auf  ber  Ißleifjenburg  ju  Leipzig  erlegen. 
SBaltenftein  t)at  iljn  nac^tjer  im  Ätofter  ©tratjom  ju  ^rag  mit  gebüfjrenben 
Sfjren  begraben  laffen.  (Sine  äßitttoe,  feine  jtoeite  ©ematjlin,  auS  bem  gräftid) 
Dettingifctjen  ©efdjtecrjt,  unb  ein  bierzecjnjäcjriger  ©ol)n  auS  erfter  @r}e,  für  mel= 
cf)e  SEßaüenftein  als  jEeftamentSbollftrecfer  unb  Kurator  bann  auclj  ju  forgen 
t)atte,  meinten  um  ben  —  nur  38  3at)re  alt  geworbenen  —  gelben,  jug(eici) 
mit  zatjltofen  ^>arteigenoffen,  bie  it)n  bewunbernb  bereit  unb  auS  beren  ©eele 
ber  5praemonftratenfer  33anbr)auer  geraume  $t\t  fpäter  baS  treffenbe  Söort  ge* 
fprodjen:  „3ti|rer  föömifdj  ^aiferlictjen  5Jla|eftät  unb  ber  fatrjolifdjen  ßtrc^e  geinbe 
t)at  er  befolget,  mo  er  gefonnt;  aber  feit  ber  gut,  bafe  er  bei  Sü^en  in  ber 
©d)lacr)t  geblieben,  ift  itjm  noci)  deiner  alfo  nadjgefotget." 

liefern  9tuljm  entfpract)  nur  zu  feljr  ein  bon  ©eiten  ber  Gegenpartei  in 
S5eutfd}tanb  unb  im  ganzen  ebangelifctjen  Europa  gehegter  5lbfd)eu.  (Jt)araftc= 
riftifc^  für  lederen  ift  beS  Ijoüänbifcljen  Sinters  Sßonbet  „Grafschrift  voor  den 
Graaf  van  Pappenheim",  roelcfie,  zum  ©ctjein  auS  sl^agbeburg  batirt,  ibn  als 
ßrzfeinb,  als  5ßeft  unb  gtuch  beS  menfcfiüchen  SefchlechtS    bezeichnete.     UnauS= 


158  5J3appenf)etm. 

löfdjlid)  haftete  ty.  bodj  einmal  in  ben  klugen  ber  proteftantifdjen  Söett  bet  9Jtafel 
beS  ^erftörerS  unb  beS  9ftörberS  jener  einft  mettberürjmten  Commune  an.  Unb  ob 
if)m  gleid)  baiin  Unrectjt  gefd)et)en  —  baS  Dbium  beS  ©laubenSberfolgerS,  beS  er= 
flärten  SorfämpferS  papiftifdjer  ®eifteSfned)tfd)aft,  beS  9lnt)ängerS  unb  ßampf= 
genoffen  ber  fpanifdjen^rjrannen  fiel  mit  nieberbrüdfenber  2Sud)t  auf  fein  Slnbenfen, 
eS  blieb  unb  bleibt  auf  bemfelben  laften.  93ei  all  feiner,  bis  ju  ben  ütagen  bon 
^Dlaftvid^t  bemiefenen  SBorliebe  für  bie  ©panier  möge  iljm  aber  bennodj  baS  2ob 
gegönnt  merben,  ein  beutfdjer  Patriot,  Wenn  aud)  in  feiner  2(rt,  geroefen  ju  fein. 
SCÖorjt  allen  GsmfteS  gebactjte  er  bie  2ftajeftät  beS  alten  ^aiferreicrjS  miebertjerftelten 
3U  rjelfen.  Äaifcr  unb  9teicrj  marcn  tt)m,  neben  ber  rönüfct)=fatl)olifd)en  $ircrje,  bie 
Ijeiligften  Segriffe;  unb  wie  er,  monard)ifct)en  ©eifteS,  bie  ©tärfung  ber  faiferlictjen 
9)tad)t  trotj  jenes  unbeutfd)  geworbenen  gerbinanb  II.  für  ibentifd)  mit  ber  ©tarflung 
bei  9teid)eS  tuelt,  fo  erfdjien  irjm  aud)  bie  (ht)öt)ung  unb  Ausbreitung  feiner 
Äircrje,  beren  $ogt  nad)  mittelalterlidjen  Gegriffen  ber  $aifer  mar,  jugleiclj  als 
religiöfe  unb  patriotifctje  ^flidjt.  SDaljingeftellt  mufj  bleiben,  wie  toeit  babei  ber 
moberne  ^duitiSmuS,  bem  ZiUt)  unb  bem  gcrbinanb  felber  tjulbigte,  $p.  betjevrfcfjt 
tjabe.  Ü3tgot  im  ©runbe  feinet  ^ctjenS  unb  jeben  2lugenblid  fidj  ber  ^iiffion 
bemufjt,  mit  feinem  ©djmert  in  ben  ,,biSt)er  irrigen"  beutfcrjen  ßanben  ben 
33oben  für  bie  „©üfjigfett"  ber  atteinfeligmadjenben  $ird)e  borjubereiten,  unter* 
fctjieb  er  immer  boctj  fetjr  mot)t  jnjifcJjen  biefer  unb  ben  einzelnen  ©eifilidjen.  @r 
bertangte  beS  großen  3wedS  falber  gerabe  aud)  öon  ben  letzteren  aufjerorbentlicrje 
Opfer  an  ©elb  unb  ©ut,  fcfjatt  bie  feuf^enb  äöiberftrebenben  geizige  Pfaffen  unb 
toaif  it)nen  bie  33efdjulbigung  in'S  ©eftctjt,  bafj  ,,baS  teufltfd£)c  ©onberintereffe 
bem  ©teufte  ©otteö  borgejogen  werbe".  ©tetS  rtgorofer,  nadjbem  in  ben  früheren 
3at)ren  feine  boreilige  Hoffnung  auf  ben  beutfdjen  Rieben  rotebertjolt  getäufetjt 
morben  mar,  ermartete  er  roeber  nod)  wünfct)te  er  ^riebenStractate  unb  Sergletdje ; 
benn  baburcr)  mürbe  bie  Söur^et  beS  UebelS  nierjt  ausgerottet.  Gebern  6om= 
promifj  auf's  6ntfcf)iebenfte  abrjotb,  fat)  er  bie  einzige  9ttögtid)feit,  um  ben 
$rieg  ju  beenbigen,  in  einem  abfoluten,  bie  Unterliegenben  p  23oben  merfenben 
©iege,  bie  33ebingungen  biefeS  ©iegeS  aber,  neben  ber  göttlichen  ©nabe,  bie  er 
für  fiel)  otme  äöeitereS  in  9lnfprud)  natjm,  in  ben  ungeejeuerften  Lüftungen,  im 
Ueberfefeen  beS  geinbeS,  mie  er  eS  nannte,  in  einer  fetjon  burd)  irjre  SBaffen  Per* 
nidjtenben  Ueberjat)!.  äßaEenftein'S  ©rjftem  p  bem  feinigen  madjenb,  mollte  er 
fo  einen  ÄriegSjuftanb  olmc  ©ctjonung;  allein  er  ging  über  SQßallenftein  meit 
rjinaus  ,  inbem  er  barauf  berjicrjtete,  „biefer  Seute  ©emüttjer  mit  ©utem  ober 
S3öfem,  mit  ßiebe  ober  3roflnS  ju  geminnen" ;  ber  Ueberminber  b^abe  bie  ©efe^c 
nad)  feinem  ©utbünten  ju  bictiren.  %n  2Birtlid)feit  fdjeute  er  fomit  nidjt  babor 
jurüd,  ba§  5Deutfc^|lanbS  proteftantifdje  ^älfte  in  eine  ßinöbe  berroanbelt  merbe. 
—  33on  bem  buntlen  ^)intergrunbe  biefeS  grauentjaft  fanatifdjen  s}kinctpS  l)ebt 
ficr)  nid)tSbeftomeniger  feine  ritterliche  ^ßerfönlidjfeit  glän^enb  ah.  §art  bis  jur 
©raufamfeit,  menn  er  ju  jüdjtigen  befdjlo^,  unb  oft  bor  unpolitiferjer  58arm= 
rjerjigfeit  gegen  bie  „$einbe  ber  ^hdje"  toarnenb,  ift  ty.  bennod)  !ein  3llba  ge-- 
mefen.  SSäre  eS  gleich  fo,  mie  bie  dtjronit  erjäfitt,  bafs  feit  bem  jlage  feiner 
©eburt  5tiemanb  ib^n  metjr  tjabe  meinen  fel)en:  bie  ©timme  beS  9ttitteibS,  ein 
menfdjtid)  9tüftren,  minbeftenS  2öer;rlofen  unb  bis  jur  Unfcb,äblid)feit  ©efctjtagenen 
gegenüber,  ein  gemiffer  ßbelmutr)  tjat  auet)  in  $appenl)eim'S  Sßruft  ficr)  geregt. 
Unb  aud)  anbererfeits  etjrt  eS  ib^n  nur,  menn  er  ber  £apferfcit  ber  ©egner,  bie 
er  3U  5erfcl)mettern  münfdjtc,  in  feinen  SSeridjten  PoEe  ©eredjtigfeit  miberfarjren 
lie§,  menn  er  ben  -£>elbenmütt)igen  in  Momenten  ber  2öaffenrut)e  feine  2ldjtung 
unummunben  auSfprac^,  ja  mit  irjnen  bann  motjl  mie  mit  greunben,  jebenfaHS 
mie  mit  9Jtannern,  bie  feiner  mürbig  maren,  ritterlid)  mit  Gittern  umging,  ^m 
fetber    ift   bon  ben    ©röfjten  feiner  fjeinbe  nid)t   geringere    6^re  miberfarjren. 


^appent)eim.  159 

@uftab  2lbolj  —  ber  bei  allen  inneren  ©egenfätjen  ifjm  an  jugenbmjdjer  2f)at= 
frait  jo  äfmtid) ,   mit    ifjm   aud)   ballig   gleichaltrig   gewejen  —   nannte   biejen 
Sapjerften  ber  Papieren  borjugsweije  ben  Solbaten  unb  pries  itm,  roie  es  fjeijjt, 
ben  jd)Webijd)en  Cjficieren  als  ba§  Q3orbitb  aller  Krieger.      Spredjenbe  Beugen 
feiner  33rabour  waren  bie  Farben,  bie  fein  2lntlit$  bebectten   unb    ttjm  ben  33ei* 
namen  „Sdjrammljanjj"  berjdjafften ;  an  feiner  Seicrje  jäfjtte  man  über  fjunbert, 
non  Söunben,  meldte  er  im  offenen  Kampfe  empfangen  fjatte.     Sef)r   erftärlid), 
roenn  eine  jo  martialijdje  ^3erföntic^feit,    begeiftert   unb  begetfternb ,    ber  Slbgott 
ber  eigenen  Sotbatesfa  mar;  freiließ  mar  er  bie§  aud)  noef)  aus"  anberen  ®rün* 
ben,  jeiner  umfaffenben  #ürjorge   unb   jeiner  ungemejjenen   fyretgebigfeit   megen, 
auf  jein  Solf  oermanbte   er  Slttes.     Sin  3ntf)um  inbejj  ift  es,  menn  man  bon 
ib,m  jagt,   bajj  er  für  feine  ^erfon  jeben  ©eminn  berad)tet,   fein  ^ribatinterejje, 
feinen  Sigennut}  gefannt  t)abe.     @r  ftrait  bie  fo  Uxtt)eitcnben  Öügen  burdj  obiges 
Selbftbefenntnifj,  baB  er  in  feinem  ^ntereffe  „nicfjt  gerne  blinb"  fei,  burefj  feine 
unaufhörlichen  GSefudje  bei  Äaifer  unb  C'iga   unb   wotjt   auefj   bei   ben  (Spaniern 
um    ©üter  unb   einträgliche  @t)ren   jur   drfenntticfjfeit    Tür  feine  Sienftc.     Sa§ 
gürftentfjum  äöolfenbüttel,  bie  35urggraffd)aTt  p  5ftagbeburg  blatte  er  fo  Wenig, 
wie  äßaüenftein  feine  aarjlreicfjen  #enfdjatten,  blofj  bem  ütel  nad)  befitjen,  bor 
2ltlem  in  sDlagbeburg  fjatte  er  reid)  werben  wollen.     ftacfjträglidj  nodj  flagenb, 
bajj  feine  italienifctje  Gampagne,  feine  Eroberung  £)beröfterreicfj3  ifjm  mcfjts  ein= 
gebracht,    fjatte    er    in   einem   Moment,    wo    er  ben   nutjtofen   ^3tan,    Äönig 
Gtjrifttan  IV.  auf  feinen  unfein  ju  befriegen,  entmarr,   fid)   ber  SBorjufjt   fjalber 
gleich  im  Voraus  ba§  anfefjnlicfje  fruchtbare  5ünen  a^  Otecompens   abgebeten, 
©enötfjigt,  fiefj  mit  Heineren,  immerhin  redjt  ftattlidjen  Sdjenfungen  ju  begnügen, 
fjinterlieB  er  jeiner  yfamitie  atlerbings  feine  Sdjätje.     2lber  Habgier  jcrjließt  S3er- 
fcfjmenbung  nicfjt  au§  —  unb    offenbar   adjtete  $.    ben  Söertt)   bon  ©elb   unb 
©ut  um  fo  geringer,  al§  er  ifjm  au§  bem  Staube  bes  Krieges,  auS  ßonfiscationen 
wie   au§   Gontributionen,   aus   Sßranbfcfjatmngen   unb  ^lünberungen    maffenfja^t 
äuftrömte.     Sabei  ift  e§  benn  gan3  mafjrfd) einlief),  bafj  er  bas  ifjm  augefcfjriebene 
SBort  gebraust  rjabe,  nidjt  in  ben  Giften  beim  ©olbe  liege  berftame:  um  gfüxft 
unb  Saterlanb  berbient !  Seinen  Gfjrgeij  an  fiefj  t)at  iftiemanb  bcjWeifelt ;  aber  baB  et 
audj  ba  mit  bem  ibealen  ürutjme  jidj  feineSwegs"  begnügte,    baB   er  ürang    unb 
Slnfefjen  in  immermäljrenber  Steigerung  jucfjte,  beweift  jein  raft=  unb  jdjranfen* 
lojes  Streben   nad)   neuen  Slusjeicfjnungen.      'jftidjt  jumeben  mit  bem  jcfjnellen 
Slöancement,  bas  er,  wenngleicfj  in  elfter  ßinie  feinen  friegerifcfjen  Seiftungen,  jo 
bod)  grofjentfjeils  aud)  jeiner  ^erfunft  unb  feinen  ^rotectionen  berbanfte,  bewarb 
er  Dom   fernen  jhiegsfdjauplat}    fid)    brieTlidj    bei  Äoijer  unb  Siga  um  Ijötjere, 
faum  nod)  Oacant  geworbene  Slemter.     Unb  meldte  dutnutation  er  ofme  Scrupet 
in'§  3luge  ia^te,  jeigt,  bafe  er  einige  sUlonate  nad)  jeiner  Ernennung  jum  5elo= 
marjdjatt  —  jeinem  2Sunjd)e    nad)    fjätte   er  jelbft  bieje  2Bürbe   ummetjr  als 
^aljreSfrift  juöor  empfangen  muffen  —  als  ber  nominell  bamalä  ältefte  jReid)6= 
tjofrattj  üom  6t#ijt  5}tagbeburg  aus  bie  gerabe  erlebigte  Stelle  bes  ^räfibenten 
biejes  faijertid)en  Tribunals  beanfprud)te.     Siesmal  bod)  fam  er  3U  fpät,  jie  war 
jdwn  bergeben.     $ux  6rb,öljung  jeines   äujjeren  ©lanjes  t)atte  er  aujeybcm  ben 
Äönig  bon  Spanien,  bereits  }Wei  ^a^re   bor  feinem  3u9e  nac§  ^aftndjt,    mit 
feinem    ganjen   feden  Selbftbewufetfein    um   bas   golbene  33liei   erfudjen  lafien. 
Söäre  ber  Äaifer  willens  gewefen,  it)n  ftatt  SßaHenftein  3U  feinem  ©eneraliffimu§ 
3U  ernennen:  nid)t  einen  Slugenblid  würbe  5J}.  gejögert  tjaben,  anjunefjmen.    Cb 
er  jum  commanbirenben  ©encral  gefdjaffen  war,  ift  aber  eine  anbere  5^aÖe-  ~~ 
Äein  bloßer  Jpaubegen,  wie  man  fid)  itjn  borjufteüen  pflegt,  war  5p.  iebenfaüs  ein 
ebenjo  gebilbeter  wie  geiftboüer  Cfficier.  9lujjer  jeiner  allgemeinen  jeigt  er  jeine 
tectmijtrje  Silbung  bornetjmtid)  in  ber  —  3war  nod)  nicfjt  übermäjjig  entwidelten 


160  3ßappenfjetm. 

—  $ortificationS=  unb  23elagerungSfunft.  3}or  9Jcagbeburg ,  brüftete  er  fid), 
t)abe  er  als  Ingenieur,  ©djanätneifter  unb  9Jtinirer  baS  5Jieifte  allein  ttjun 
muffen ;  mit  einiger  ©eringfcfjätuing  fpradj  er  fogar  Oon  ber  befannten  Kunft  ber 
nieberlänbifdjen  Ingenieure.  6r  burfte  fid)  ferner  rütjmen,  ein  9Jleifter  in  ge= 
fdjidten  <£>anbftreid)en  unb  glüdlictjen  KriegSliften  ju  fein.  Kein  3toeifet  jebod), 
bafj  er,  über  baS  ©ebiet  ber  Zattil  tjinauS,  fid)  aud)  für  einen  bebeutenben 
(Strategen  tjielt.  @ine  {Reitje  oon  S)enffct)riften  liegt  bor,  in  roeldjen  er,  unauf* 
geforbert,  feinen  fürftlidjen  feixen  bie  gvofjartigften  Sßorfdjläge  jur  Eroberung 
Oon  ©täbten  unb  ßänbern  machte.  9JUt  einer  weiten  ^erfpectiöe ,  in  großen 
potitifcrjen  Kombinationen  fiel)  ergefjenb  —  benn  ftetS  auetj  berfolgte  er  bie  r)ot)e 
^olitif  unb  itjre  (Eonjuncturen  für  ben  Krieg  —  giebt  er  ba  $täne  unb  6nt= 
roürfe,  bie  ein  erftaunlidjeS  ^eugnife  bon  ber  33eroeglicf)feit  feines!  fdjnett  erfaffen= 
ben  ©eifteS  unb  feiner  äuberfidjtlictjen  Kürjntjeit  ablegen.  (Sin  feijarfer  SBIidf  für 
bie  bon  f5em°en  toie  bon  greunben  begangenen  £$et)ler  —  amor  patriae  et  reli- 
gionis,  fcfjreibt  er,  aroängen  it)n  311  freimütiger  2lufbecfung  ber  (enteren  —  f)in= 
berte  itm  nidjt,  fonbern  Oerleitete  it)n  bietmerjr,  über  unbefiegbare  ©crjtoterigfeitcn 
rjinroegäufetjen  unb  fid)  felbft  mit  geringen  Mitteln  bie  Ueberroinbung  foldjer 
^ujutrauen.  @ine  Kleinigkeit  märe  eS  nadj  ty.  geroefen,  bie  unfein  beS  3)änen= 
fönigS  unb  bamit  baS  iper^  feines  9teid)eS,  äugleid)  mit  bem  ©unb  unb  einem 
guten  Sttj  eil  feiner  Kriegsflotte  in  bie  ^>änbe  beS  KaiferS  3U  liefern;  einmal 
bactjte  er  fogar  baran,  biefe  glotte  mit  «g)itfe  eines  Hamburger  Kapers  ju  ent= 
führen.  ^Binnen  $ar)reSfrift,  toie  mir  fdjon  roiffen,  erbot  er  fidj,  mit  ben  angeb= 
lid)  bon  ir)m  gefunbenen  Mitteln  bie  über  Spanien  triumprjirenben ,  im  genitr) 
if)rer  9Jtad)t  ftetjenben  |)oüänber  nad)  metjr  als  fün^igiäfjrigen  bergebtidjen 
kämpfen  ju  be^bungen  unb  ,}um  ©erjorfam  3U  bringen.  Unb  ätjntid)  in  allem 
Uebrtgen;  „feine  ©crjtoierigfeiten  —  meinten  feine  SSerounberer  — ,  bie  fein  ©eift 
nidjt  befiegt",  baS  Ijiefj  auf  bem  Rapier  befiegt  tjätte.  ©eine  ©egner,  roenn  fie 
aud)  faum  ben  äetjnten  £r)eil  feiner  2lbfid)ten  fennen  mochten ,  fpotteten  feiner 
©rofjfprecfjerei.  Kurzum,  mit  wenig  Kritif  unb  um  fo  mefjr  *pijantafie  liebte 
biefer  ,,@nttmfiaft,  ©anguinifer  unb  ganatifer"  über  bie  reellen  Sßertjältniffe  ju 
urtfjeilen,  roie  er  benn  aud),  bie  ßbelftcn  fdjnöben  5ßerratl)S  für  fällig  Ijaltenb, 
felbft  aber  einem  berrätfjerifdjen  Beamten  geraume  3eit  leichtfertig  bertrauenb, 
nur  ein  fdjledjter  «Dtenfctjentenner  roar.  2ftit  fo  djimärifdjen  unb  t)immelfiürmen= 
ben  ^rojeeten  roedjfelten  freilief),  roenn  er  auf  baS  9Jtaf$  ber  SBertjältniffe  ein= 
ging,  roieberum  gan<$  trefftidje,  burdj  ben  dürfolg  belotjnte  ftrategifdje  ^ßtäne.  3m 
Sittgemeinen  aber  p  bag,  ^u  roittfürlidj  taunentjaft  unb  batjer  biel  p  un5Uber= 
läffig,  roäre  er  jjum  Dberbefe^tSr)aber  niemals  berufen  geroefen.  Sn  Ijöljerem 
©inne  fein  ©tratege,  bagegen  ein  brillanter  Sruppenfütjrer ,  fütjlte  er  fid)  bod) 
erft  in  feinem  eigentlid)en  (Clement,  roenn  er  in  offenem  gelbe  mit  bem  geinbe  bie 
Klinge  freuten  fonnte.  2lllen  Sßaffengattungen  fjat  er  gebient;  allein  im  ©runbe 
fetjr  gegen  feine  feurige  Statur  auf  ben  langroierigen,  meift  tangroeiligen  5fftungS= 
frieg  jener  3^it  tjingeroiefen  unb  fo  jum  Ingenieur  unb  Slrtitteriften  auSgebilbet, 
ftetjt  er  unS  immer  in  erfter  Sinie  als  fc^neibiger  gteiterofficier  an  ber  ©pi^e 
feines  KüraffterregimentS,  ber  berühmten  ,,s^appenfjeimer"  bor  2lugen.  Unb  fein 
bertoegener  Ungeftüm  beeinträchtigt  ben  ©lan^  biefeS  S5ilbeS  nidjt,  fo  läftig,  ja 
gefäljrlicr}  auetj  berfelbe,  neben  feinen  fonftigen  (Sigenmädjtigfeiten,  feinen  S3orge= 
festen  getegentlid)  roerben  fonnte.  ,,S)iefer  ÜJlenfd)  —  fott  alterbingS  Sittrj  nad) 
feiner  berrjängnifjbotten  3lttaque  bei  beginn  ber  ©djladjt  bon  Seip^ig  ausgerufen 
ijaben  —  roirb  mid)  nod)  um  Stjre  unb  üteputation  unb  ben  Kaifer  um  Sanb 
unb  ßeute  bringen."  SBie  roeit  er  jebodj  ^.  tjierbei  im  23erbad)t  tjatte,  ir)m  bor= 
fä^tid)  abgeneigt  ju  fein,  ift  fdjroer  ju  fagen.  ©djon  frülje  eine  eigentljümlidje 
^Jlittelftellung  äroifcrjen  bem  tigiftifc^en  unb  bem  faiferlicrjen  getbr)auptmann  ein= 


5ßappent)etm.  161 

netjmenb,  geigte  *p.  in  SBe^ug  auf  (Srfteren,  obrooht  officicü  ibm  bie  größte  (Jbr* 
furcht  erroeifenb,  fich  nicht  Jetten  mifeüergnügt  unb  roanbte  feine  Srjmpatbien  feit 
bem  f5fatt  Don  SBolfenbüttel  mehr  unb  mehr  Sefeterem,  bem  ihm  in  ganj  anberer 
SBeife  imponirenben  ^rteblänber  ju.  %n  gleichem  9ftafte  finb  aber  beibe  £>ber= 
generale  u)m  fetbft  mit  feinen  großen  SSorjügen  unb  ntcfjt  geringen  fehlem  ge= 
rec^t  geworben.  5ftit  eben  biefen,  mit  ber  Summe  feiner  Seiftungen  bleibt  er, 
fraftftrotjenb  unb  burdj  unb  burd)  originell,  auch,  feines  Fanatismus  ungeachtet 
eine  ber  intereffanteften  ßrfdjeinungen  beS  breifjtgjärjrigen  JhiegeS  unb  rootjt  ber 
J¥riegSgefd)id)te  überhaupt. 

^bePenhitler'S  Annales  Ferdinandei  IX— XII;  ßonterfet  II.  —  $riegS= 

fchriften,  herauSgegeb.  öon  baierifcheu  Officteren.     ÜMndjen  1820.    £eft  I,  II 

unb  V.  —  #efj,  ®ottfr.  £>einr.  ®raf  ju  ^Oppenheim.     £eip,}ig  1855  (in  SLri* 

lehnuna  an  Jpormarjr'S  5ßappenrjeim  =  5Irtifet  in  Gifch'   unb    ©ruber'S  Mgem. 

©ncrjflopäbie  III.  11.     Seipjig  1838).  —  Söittid),  sDlagbeburg,  ©uftob  Slbolf 

unb  2itlh.     Berlin  1874.  —  Sgl.  görfter,  Sltbrecht  pon  SMenftein'S  SBriefe. 

53erlin  1829.     33b.  II,  S.  261  f.   —    öon  ber  ©ecfen,    ^erjog  ©eorg  öon 

33raunfchroeig  unb  Süneburg.     £>annoPer  1833.     33b.  I,  S.  259  f.,  S.  278  f. 

—  ©.  ©rohfen  in  ber  ^eitfdjrift  f.  *p«uf$.  ®efd).  unb  SanbeSt.  VIII.  1871 ; 

IX.  1872.  —  23enufet  finb  inSbefonbere  aud)  9Jtanufcripte   ber  StaatsarchiPe 

ju  «Künden,  2Bien,  ©reSben  unb  23rüffel.  SJßittid). 

^3a^cnI)Ctm:    5Jlattl)äu§  P.  *p.,   jur  33iberbacbjd)en    Sinie   feines    ©e= 

fchtedjtS    gehörig,    rourbe    am    1.  Sult  1458    geboren.      @r  roenbete   fich    bem 

Stubium  ber  SOSiffenfcijaften    ^u    unb    ertoarb   fid)   in   $ariS   1482   bie   SBürbe 

eine§  ©octorS  beiber  Ücecfjte.    1492  tourbe  er  tropft  bei  St.  ©ertraub  in  2lugS= 

bürg,  1494  (SanonicuS  am  bortigen  ©om  unb  toieber  aroei  ^ahre  barauf  6ano= 

nicuS  am  Stift  ju  ©ttroangen.    Ob  er  rjernach  noch  eine  anbere  nrcrjltcrje  Stellung 

eingenommen  rjat,  PieHeicht  ju  feinem  Sanonicat  am  ©om  ju  2lug§burg  3urütf= 

gefetjrt  ift,  läfjt  fid)  nid)t  mit  Sicherheit  ermitteln;   bei  feinem  £ob  erfchetnt  er 

als  canonicus  Augustanus.     ©afj    er    fchon    1499    ober  1511,    roie  Sfödjer   be= 

Rauptet  (f.  Siteratur),   ber   überhaupt  über  itjn   meift  Unrid)tigeS  fd)reibt,    ge= 

ftorben  fei,  ift  falfch.     6r  ftarb  Pielmehr  fidler  im  3.  1541,  benn  in  bem  nod} 

anäufütjrenben  SSudje  über  baS  ^ertommen  feiner  gamilie  (de  origine  etc.)  rjeifet 

eS  auSbrüdtid):    „1541    reverendus    vir    et    dominus   Matheus    Marescakus    in 

Biberbach  j.  u.    doctor  et   canonicus,    autor    hujus  libri,    obiit   in  Treushaim, 

ubi  et  sepultus  est,  die  Veneris  ante   festum  Galli."     (Sreushaim  jefet  ©ruil= 

heim  unb  23tberbach,   beibe  im   bahr.  23e3.=2t  SSertingen   im  JfreiS  Schtoaben  ) 

@r  betrieb  mit  Vorliebe  biftorifcbe  Stubien.  eine  Neigung,   ber  toir  eine  Slnäabl 

gefdjiditlidjer  Scbriften  Perbanfen,    toeldje  freilid)   erft   nact)   feinem  2obe  burd) 

ben  S)ruc£  Peröffentlid^t  rourben.     %n  erfter  Sinie  ift  hierbei  bie  ©efd)id)te  feinet 

eigenen  Familie  p  nennen,    fie  fü^rt  ben  Jitet:    „De  origine  et  familia  illu- 

strium  dominorum  de  Calatin,  qui  hodie  sunt  domini  a  Pappenheim,  S.  R.  Imp. 

marescalci   haereditarii."     ®ie   Verausgabe   biefer   Scfirift   mit   einer    beutfd)en 

Ueberfefeung  unb    einem  Anhang   liefe   fein  gamiliengenoffe  Johann  P.  $appen= 

^eim  Pon  einem  SadjPerftänbigen  (historiarum  studioso)  1554  beforgen,  gebrudt 

rourbe   fie   Pon   Philipp    Ulbarbt.     Sie    Pier    junädift  3u    nennenben  Schriften 

nahm  1600  Prebet  in  fein  Sammelroer!:    Germanicarum   rerum  scriptores  auf, 

nämlich  „Chronica  Australis"    Pon  852—1326    in    2  Slbtheilungen.     93on  33e= 

beutung  ift   nur   ber  atoeite  3;beit,    ber   eigentlich   nur    eine   Partie    beS   elften 

genauer  behanbelt,  unter  bem  befonberen  Xitel:   ..Australis  historiae  pars  plenior" 

Pon  1276—1303.    ©er  33erfaffer,  ber  ein  flüffigeS  unb  correctcS  Satein  fchreibt, 

fteht  hier  gan3  auf  ber  Seite  ber  Habsburger,  ni  pergt.  feine  33crurtbeitung  be§ 

ÄönigS  5lbolf  P.  s)laffau.  ferner:  „Ex  chronica  Augustensi  antiqua  excerptum  etc." 

SiEgera.  beutfdje  SBiograp^ie.    XXV.  11 


162  5ßappent)etm 

bon  973 — 1104,  eine  unbebeutcnbe  unb  magere  Gompitation  ber  9teid)§gefd)id)te 
jene§  3eih'aume§  <  in.  melier  er  an  einzelnen  ©teEen  ber  3öenbencb,ronif  §el= 
motb'S  (Helraoldi  Chronica  Slavorura)  folgt,  oftne  ftch,  3.  SS.  beffen  feinbfelige 
SSeurtbeilung  |)einrict)§  IV.  anzueignen.  „Alia  pars  chronicae  monasterii  SS. 
Uclalrici  et  Afrae  etc."  bon  1152 — 1265  enttjält  nur  eine  furje  Slneinanberreitjung 
annaliftifdj  georbneter  SSegebentjeiten  au§  ber  ©taufevjeit.  (Snblict)  „Chronica 
Elwangensis  monasterii  excerptum  etc."  bon  1095 — 1477,  beftetjt  auS  bürfttgen 
crjronifttjc&en  9loti3en,  bie  fid)  auch  ba  nidj)t  erweitern,  mo  fie  ba§  15.  $ahr= 
rjunbert  betreffen.  9Jtan  ficht,  bafj  ty.  ein  $reunb  gefdjidjttidjer  üDtnge  mar 
unb  e§  liebte,  ßfironifen,  bie  ihm  3ur  ^>anb  tarnen,  3U  „erxerbiren",  bon  einer 
felbfiänbigen  ültjätigfeit  ift  !eine  9iebe.  @r  berftanb  e§  bagegen,  gemiffenhaft 
genealogifd)en  ober  berroanbten  fragen  nadjsugefjen :  auf  biefem  (Sernet  tag  feine 
©tärfe.  S)ie§  betoeift  febon  bie  angeführte  @Sefd)ict)te  fetner  eigenen  gamilie; 
in  biefer  9tidjtung  bemegen  fid)  aud)  bie  fotgenben  ©ctjriften:  „Tractatus  seu 
historia  de  origine  progressuque  baronum  de  Geroldsheim."  —  „De  antiqui- 
tate  et  initio  civitatis  episcopatusque  Augustensis".  —  „Genealogiae  S.  Udalrici, 
S.  Simperti  etc."  —  „Catalogi  episcoporum,  praepositorum ,  canonicorum 
August."  —  „Sljronif  ber  £rud)feffe  bon  äöalbburg."  $.  SÄ.  Öefele  (f.  unten 
Skittj)  fcrjreibt  itjm  auch  noch  bie  2lutorfd)aft  einer  Slbrjanblung  3U:  „De  su- 
prema  potestate  papae  vicarii  Petri  apostoli."  3Son  feinen  näheren  SebenS- 
umftänben  ift  menig  befannt;  ba§  äöenige ,  toa§  mir  miffen,  entnehmen  mir 
feinen  ©djrifteu  über  feine  gamilie;  in  biefer  madjte  itjm  befonberS  fein  fireit= 
füd)tigcr  ■Dtjetm  SEriftam  biet  3U  fchaffen.  %m  Umgang  mit  gelehrten  unb 
gtetdjgcfinnten  greunben  beftanb  feine  greube.  @r  gehörte  3U  bem  Slugeburger 
JpumantftcnfretS,  beffen  #aubt  Äonrab  5ßeuttnger  mar.  3)er  Setjtere  fd)ähte  ba§ 
SCßiffen  Spabbenljeim'8  unb  30g  ihn  öfters  brieflich  über  miffenferjafttiche  fragen 
3U  9'tatlj.  9ludj  ber  betannte  Sugolftäbter  Geologe  Dr.  @d  fchäfete  *ß.  unb 
nannte  Um  1515  in  einer  öffenttidjen  Siebe  unter  ben  buidj  (Mehrfamfeit  au§= 
ge3eidjneten  ^eitgenoffen.  W\t  bem  baierifdjen  ®efd)id)t§fd)reiber  2lbentin  ftanb 
er  in  brieflichem  2)ert"ef)r.  Söix  befitjen  noch  einen  23rief  bom  10.  SDec.  1526 
(Söerfe  Avent.  I,  625),  morin  *ß.  unb  ßonrab  Slbelmann  bon  2lbelmann§feiben 
gemeinfam  ben  baierifdjen  gorfdjer  aufforbem,  bie  glänsenben  9tefultate  feiner 
auSgebchnten  tjiftorifchen  ©tubien  balbigft  311  beröffentlicbcn. 

öeittj,  Bibl.  Aug.  II.  —  Söcber,  5lttg.  ©et.  =  2eritott.  —  ftreher,   Ger- 
manicarum  rerura  scriptores.   —  fyl.  33raun,    (Sefd).  b.  93tfd).  b.  2lug§burg. 

Söilbelm  SSogt. 
$<U)pcnIjctm :  Samuel  Etorife  «ß.,  «tat,  ben  8.  2Ibril  1811  in  Sieätau 
geboren,  tjatie  bafelbft  ^Jtebicin  ftubirt  unb  mar  1835  nach.  Söertheibigung  feiner 
©iffertation  „De  caloris  capacitate  rudimenta"  3um  5£)octor  promobtrt  morben. 
6r  habiütirte  fid)  barnach  al§  311$  in  feiner  SSaterftabt,  befdjäftigte  fidj  aber,  als 
?lffiftent  bon  Sßmcftnje,  boi'3ug§meife  mit  biftologifchen  unb  pht)fiotogifd)en  Slrbeiten, 
bereu  Sftefultate  Cl'  ttjeitS  in  monograbhifch.en  ©dbrifteu,  fo  namentlich  „3ur 
Äenntnife  ber  SSerbauuug  im  gefunben  unb  trauten  3uftanbe.  6in  b^f^0= 
logifd^er  Sßerfud)"  (1839).  —  „S)ie  fpeciette  ©emebetel)re  ber  ©ehörorgane  nach, 
©truetur,  ©ntmidelung  unb  Äranltjcit"  (1840)  unb  „Sie  fbecieEe  ©emebelehre 
be§  SÄugcS  mit  9tüdfid)t  auf  ßntmidelungSgefchichte  unb  2tugcnbraji§"  (1842), 
trjeils  in  ^ournatartifeln  in  berfd)iebeneu  naturroiffenfd)aftlid)en  unb  mcbicini= 
fdjen  3eitfd)tiften  beröffentticht  rjat.  infolge  übermäßiger  geiftiger  3lnftrengungen 
bei  feinen  ©tubien  rjatte  fic^  bei  ^>.  eine  bftjdnfdje  ©törung  entmidelt,  metdje 
feine  2lufnar)mc  in  eine  ^eilanftatt  nötbig  machte.  —  9lad)  feiner  äöieber= 
tjcrftellung  ging  er  1845  nad)  5part8  unb  teerte,  unter  glourenS'  ßeitung,  311 
feinen  plmfiologifdien  ©tubien  3itrüd;  in  ben  Sa^'cn  1846—1848  beröffcnt= 
üd)te  er  eine  üteitje  b^tjfiologifcrjer  2lrbetten  in  ben  Comptes-rendus  ber  3lfabcmie 


Rappen  tjetm  —  $appu?.  163 

ber  SBiffenfdjaften  unb  1847  erhielt  er  ben  crften  $reiS  für  bie  bort  biefem  Sfnfti* 
tute  auSgefd)riebene  unb  bon  itun  gclöfte  5J3rctSaufgabe  „lieber  bie  geugungSorgane 
in  ben  fünf  2Birbett£)ier  =  klaffen",  infolge  eincS  3eYl°ü.rfniffc§  mit  yylourenS, 
baS  (idj  übrtgenä  roal^rfdieinlicf)  aus  einer  franttjaft  gereiften  ©emüttjSfttmmung 
*Jkbbent)eim'S  erflärt,  bcrlicfj  er  1849  *))ariS  unb  trat  eine  roiffenfdjaftlidje 
Steife  nad)  Slmetifa  an,  mo  er  10  Satire  betroeilte  unb,  mie  eS  tjeip,  betjufS 
fbrad)bergteid)enber  ©tubien  gat^Xreid^c  ^nbianerftämme  bcfucrjt  tjat.  lieber 
bieje  3^tt  feines  SebenS  unb  feine  £t)ätigfett  mäljrenb  berfelben  tjerrfcrjt  ein 
bottftänbigeS  ©unfel,  baS  $.  felbft  mit  feinem  Söorte  gelittet  t)at.  3m  $. 
1859  mar  er  in  Jpabanna  am  (Gelbfieber  erfranft;  SanbSleute,  bie  it)n  rjier  Taft 
fterbenb  unb  in  ber  traurigften  Sage  antrafen,  nahmen  ftcf)  feiner  an  unb  ber= 
mitteilen  nad)  feiner  ©enefung  feine  Ueberfüfyrung  über  Hamburg  nad)  SSrcSlau. 
3mei  ^arjre  fbätcr  fiebette  er  nad)  ißerlin  über  unb  gab  fid)  nun  gan.i  unge^ 
regelten  U)iffcnfd)aftlid)en  ©tubien  auf  berfd)iebenen  (Gebieten  ber  $f)i)fif,  2luttjro= 
bologie,  9Jtebicin  u.  a.  t)in,  beren  fparfame,  faum  uennenSmerti)e  Sftefultatc  er 
in  mebtcinifdjen  3e^f^nften  niebergetegt  tjat.  6in  jiemtid)  bebeutenbcS  SSer= 
mögen,  roeld)eS  er  bon  feinen  Sltettt  ererbt  tjatte,  mar  mdfjrcnb  feines  2Iufent= 
I)alteS  in  Slmerifa-  bottfommert  braufgcgangen,  fobafj  er  bie  legten  20  3»ab,re 
feines  SebenS  in  äufjerft  bürftigen  23crt)ältniffen  berbradjt ,  übrigens  aber  —  in 
anerfennenSruertb/m  ©totje  —  bie  it)m  bon  feinen  bermögenben  SÖerroanbten  ge= 
mätjrte  llnterfiütmng  nur  fo  meit  benutzt  f)at,  als  eS  ju  feiner  fümmerltdjen 
(5jiften3  eben  nott)tuenbig  mar.  ©d)mer  ertranft  ift  5ß.  am  10.  Februar  1882 
in  einem  ^ranfentjaufe,  mo  er  9lufnar)me  gefunben  tjatte,  erlegen. 

lieber  $abbenl)eim'S  Scbcn  bergt.  Seopolbina  1882.  ©.  48,  122. 

8.  £ttfdt). 
^Q^Clüji'tm:  SBatburga  b.  s$.,  aud)  b.  Sappen!)  eint  genannt,  mirb 
in  ber  Sammlung  geifttid)er  Sieber  bon  Söiebertäufein,  meld)e  unter  beut 
Flamen  „StuPunb"  juerft  im  $.  1583  erfdjien,  als  SJicfitevin  beS  SiebeS:  „®u 
glaubigS  ^>erj,  fo  benebei  unb  gieb  Sob  beinent  £)errn"  bejcitfinet.  2)affelbe 
Sieb  ift  aber  fd)on  in  bent  Sefangbnd)  ber  bö^mifd^mätjrifdien  SBrüber,  metd)eS 
ju  „Sung=5ßunijet"  im  S.  1531  IjerauSfam,  fo  abgebrudt,  bafj  man  eS  für  ein 
Sieb  beS  Herausgebers  biefeS  ©efangbudjeS ,  IJJlidjacl  2öet|e,  Ratten  mufj.  @S 
beginnt  l)ier  3toar  mit  ben  SBorten :  „£)  gläubig  £>era,  gebeuebei  unb  gieb  Sob 
beinern  .^errn",  aber  biefe  mie  bie  übrigen  £)öd)ft  geringen  2lbmeid)ungen  jmifdjen 
beiben  SDruclen  finb  bod)  nid)t  ber  5lrt ,  bafj  man  baran  ameifetn  tonnte,  ba^ 
beibe  ein  unb  baff  elfte  Sieb  finb.  £)a  SBei^e  nicrjt  attSbrüätid)  fagt,  bafj  er 
felbft  alle  Sieber  gebidjtet  ober  überfefet  t)a~bc,  unb  ba  aud)  fonft  einS  unb  baS 
anbere  bon  btn  157  Siebern  beS  ©efangbudjeS  nid)t  bon  it)m  finb,  fo  !ann  bie 
Angabe  im  Slufjbunb  too^l  rtdjtig  fein.  $on  ber  S)id)terin  miffen  mir  übrigens 
aufjer  bem  tarnen  fo  gut  mie  nid)tS;  fie  mirb  im  2luj$ftunb  als  „Sbel  3ung= 
frau"  beäeidjnet;  Äod)  fügt  auS  einer  unS  unftetanuten  Quelle,  bie  er  aucr^ 
nidjt  angiebt,  nod)  r^in^u,  ba§  fie  3U  halben  gelebt  t)abe  unb  mit  «ßilgvam 
Uftarbccf  befreunbet  gemefeu  fei. 

2lut3  SBunbt,  S)aS  ift  etlidje  fd)öne  djriftentidje  Sieber  u.  f.  f.,  23afel  1838, 
©.  351.  —  Sßadernaget ,  ^Bibliographie,  ©.  120 b,  unter  no.  10.  —  ©er- 
felbe,  2)aS  beutfd)e  ^ird)entieb  III,  ©.  290  f.,  no.  333  unb  334.  —  £od), 
(Scfd)id)te  beS  ÄirdjentiebeS  u.  f.  f.,  3.  3luft.,  II,  ©.  120  u.  145. 

I.  u. 

^n^llö:    SotjanneS  ^.,   ^aupt  ber  Sutl)eraner   in  ©trapurg,    ift  am 

16.  Januar  1549    p  ßinbau    am  33obenfee    als  ©ob,n    be§    bortigen  33ürger-- 

meifterS  geboren,      ©ein    ftreng    lutb,erifd)    gefilmter   Stoter   fanbte  itjn   (1562) 

nad)   ©trapurg,    bamit   er  unter  9Jkrbad)    (f.  31.  S).  95.  II,  290)    Sfjeotogie 

11* 


164  5pappu3. 

ftubire;  biefer  energifctje  Vertretet  bei  ßuttjerttjumS  flößte  if)m  feinen  jelotifdien 
©eift  ein.  9tad)bem  er  in  Tübingen  aurn  23accalaureuS  promooirt,  barauf  als 
.gmuSleljrer  ben  jungen  ©rafen  gatfenftein  auf  feinen  Seifen  begleitet,  rourbe  er 
1569  S)iafonuS  in  Seidjenmetjer  im  Oberelfafj.  2lber  fcljon  im  folgenben 
Safere  erhielt  er  einen  9tuf  als  ^rofeffor  ber  l)ebräifd)en  ©pradje  nad)  ©trajj» 
bürg.  £)ier  geriete)  er  batb  in  einen  (Eonflict  mit  feinem  bisherigen  ©önner 
9Jtarbad),  ber  gern  feinem  ©olme  ben  8ef)rftut)t  ber  f)ebräifd)en  (Sprache  Per= 
fd)afft  fyätte  unb  eS  if)tn  Perroetjren  roolltc,  nadj  Tübingen  <}u  geljen,  um  fidj 
bort  ben  ©rab  eines  2)octorS  ber  Geologie  ju  ermerben.  1576  erhielt  $. 
burdj  SBermittetung  beS  SectorS  ber  ©trafjburger  Slfabemie ,  ,3of)anneS  ©türm, 
ben  Auftrag,  ejegctifdje  23orlcfungeu  über  bie  gefammte  Zeitige  ©djitft  ju  galten, 
groei  Safyxe  fpäter  mürbe  er  audj  nod)  Pfarrer  am  fünfter.  sJtun  mar  eS 
fein  auSgefprodjeneS  ©heben,  baS  alte  ©trafjburger  y3efenntnif} ,  hit  Stetra» 
politana  ju  öerbrängen  unb  an  beffen  ©teÜe  bie  ßoncorbienformel  jur  öerpflict)* 
tenben  Sorm  |ju  ergeben,  hierüber  geriet^  er  in  einen  überaus  heftigen  ©treit 
mit  3ot)anne§  ©türm,  ber  für  bie  Autorität  ber  Metropolitana  eintrat.  %n  meljr 
al§  40  ©Triften  befämpften  fiel)  bie  beiben  ©egner  unb  bie  ifynen  anfjängenben 
Stjeologen.  9IuS  biefer  ©treittitteratur  finb  befonberS  tjerPoraufjeben  bie  Pier 
Pon  3ot)anneS  ©türm  Perfafjten  „Antipappus",  auf  bie  ber  angegriffene  mit 
feinen  üier  „ Det'ensiones"  anttoortete.  2)er  Kampf  enbete  1581  bamit,  bafj 
ty. ,  ber  in  biefem  $afyre  $räfeS  beS  KirdjenconPentS  ju  ©trafjburg  ge= 
roorben  mar,  ben  sJtatcj  ju  bemegen  roufjte,  bafj  biefer  ben  fjodjberbienten  Sector 
ber  2lfabemie  feines  9ImteS  enthob.  S)em  ebenfo  flugen  mie  ttjatträftigen 
*ß.  gelang  eS  fpäter  (1597)  fogar,  Pom  9tatf)  einen  23efef)t  3U  ermtrfen. 
ber  allen  (SalPiniften  bie  9lbt)attung  Pon  GonPentifeln,  ja  felbft  bie  £t)eitnaf)me 
an  einem  reformirten  ©otteSbienft  in  ber  Umgebung  ber  ©tabt  unterfagte.  ©ein 
2Berf  fat)  «p.  gefrönt,  als  1598  ber  Satt)  alte  ©ciftlidjen  ber  ©tabt  auf 
bie  Pon  it)m  nad)  einem  Gmtwutfe  9Jtarbad)'S  Derfafjte  Äiictjenorbnung  Perpflidj= 
tete  unb  bamit  inbirect  bie  ßoncorbienformel  gutt)ief3,  bie  jene  ju  icjrer  33orauS= 
fetjung  blatte,  ty.  ftarb  am  13.  3futt  1610.  @r  Ijat  meljr  als  breifjig 
©Triften  meift  polemifdjen,  aber  aud)  ejegetifdjen  unb  ftrdjengefcfn^tlidjen  Sn= 
IjaltS  Pcrfafjt-  3)aS  ifjm  oft  ^ugefdEjriebene  bekannte  Kirdjentieb  ,,%d)  Jjab  mein 
©adb;  ©ott  fjeimgeftellt"  fdjeint  Pielmeljr  ben  3ol).  2eon  (f.  31.  ©.  iö.  XVIII,  298) 
jum  93erfaff<:r  ju  fyaben. 

©alig,    23oflftänbige    ©efd)id)te    ber   2lugSburgifd}en    (üonfeffion,    «gjaüe 

1730.  —  9töt)rict),   ©efd)icb>  ber  Deformation  im  (Slfafc,    3.  £t)eil,   ©traB= 

bürg  1832.  —  6^.  ©d)mibt,    3ean  ©türm,    ©trapurg  1855.  —  Söljnctj, 

5Rittt)eitungen    auS    ber    ©efd§icrjte    ber    eüangeüfcfjen    ^irdb,e    beS   @lfa|eS. 

1.  23b.,  $ariS  unb  ©trapurg  1855,  ©.  303  ff.  S.  3oepffel. 

^appö:    Seonljarb    ty.,   ®efctjicf)tfcrjreiber.      ©eboren   am    27.  Januar 

1607  ju  gelbfirdj  in   Vorarlberg    auS    einem   angefefjenen   abticl)en  ©efcf)lec^te, 

baS   erft   bei  feinen   ßeb^eiten  ben  93einamen  „Pon  Sratjberg"    erhielt,    mar  er 

oljne  3tt,e'fel   öon  Slnfang    an    für    bie   firdjlicfie  ^aufbaljn  beftimmt.     (Jiner 

feiner  2ef)rer  mar  ber  bekannte  93ielfdljreiber  unb  Klopffechter  ÄaSpar  ©cioppiuS, 

ber  ftd)  fpäter  auf  biefen  feinen  ©ct)üler  aud)  Piel  ju  gute  getljan  Ijat.    2Jßetc|e 

Ijotje  ©dljule  ty.  befud)t  t)at,  ift  unS  nidjt  überliefert,    ^n  ben  geiftUdjen  ©taub 

eingetreten,  fafj  er  fidj  bei  3eiten   barin   geförbert   unb   bürften   bie   natjen  23e= 

3iel)ungen  feiner  Familie  ju  ben  ^absburgern   einiges   baju   beigetragen  tjaben. 

©cfjon  im  ^aljre  1628  ift  iljm  ein  ßanonteat  in  (£onftanä  ^ugefatten,  ein  ^aljr 

barauf  bie  ^ropfiei  beS  SollegiatftifteS  ©t.  Jofjann  bafelbft ;  1633  ernannte  ifm 

Kaifer  gerbinanb  II.  p  feinem  geiftlidjen  Satb^e,  ba§  ^aljr  barauf  mürbe  er  S)om= 

fjerr  au  SlugSburg  u.  f.  m.   Offenbar  Ijat  fid)  ?ß.  früf)  ben  9tuf  eines  brauchbaren 

©efdjäftsmanneS  ermorben.     ^m  ^a^e  1639  befteEte  ifjn  Kurfürft  5Rajimi(ian 


^ar  —  ^arabetjet.  165 

bon  Satern  sunt  (SJeneralbicar  „bei  unferer  anbertrauten  @efdjäftgarmaba"  unb 
faft  gleidjaeitig  bie  ßratjeraogin  ßtaubia,  bie  äöittroe  bei  (Sraljeraogg  ßeopolb  bon 
ü£irol,  31t  itjrem  9tefibenten  am  faiferlidjen  |)ofe,  unb  im  ^.  1646  ernannte  ifjtt 
Äaifer  gerbinanb  III.  autn  Sftefibenten  am  päpfttidjen  -!pofe.  3uletjt  nodj  ertoäljüe 
itm  bal  2)omcapitet  au  Stuggburg,  roo  er  in  ben  späteren  ßebengjaljren  bietfadj 
refibirt  au  tjaben  fdjeint,  511  feinem  S)ecan,  nadjbem  itjm  biefelbe  Söürbe  bereits 
1645  3U  Gonftana  angefallen  mar.  21m  6.  Suni  1677  ift  er  in  biejer  ©tabt 
geftorben.  2)ag  bleibenbe  ©ebädjtnifj  feineg  9tameng  ift  jebodj  gteictjtDol  nidjt 
an  bie  ütfjätigfeit  gefnüpft,  bie  er  in  ben  ermähnten  2lemtern  unb  £Jertraueng= 
fteHungen  enttoidelt  Ijat,  fonbern  in  fetner  in  lateinifdjer  Sprache  berfafjten  ,,©e= 
fdjidjte  £>eutfd)tanbg  in  ben  Sauren  1617  big  1641",  ber  berljängnifjbollften 
3eit  ber  beutfctjen  ©efdjidjte.  Qtx  aeigt  fidj  fjier  alg  gebitbeter,  gelehrter  2ftann, 
ber  bie  SBelt  gefetjen  unb  bie  politifdjen  ©efdjäfte  fennen  gelernt  f)at.  2)em 
faiferüdjen  .£>aufe,  toie  ba§  ja  audj  bie  äufjere  ©efdjid)te  fetneg  ßeben§  bezeugt, 
ergeben,  tjat  er  fidj  at3  ($efd)tdjtfdjreiber  bodj  einen  tootjltfmenben  ©rab,  roenn 
nidjt  ber  bollen  Unbefangenheit,  fo  bodj  ber  'üftäfjigung  beroarjrt.  2)te  3fo*nt  ber 
SarfteHung  ift  fnapp  unb  getoanbt,  ber  ©til  berrätb,  ein  forgfältigeg  ©tubiutn 
be§  Sacitug.  Db  aud)  bie  gortfetjung  bon  1641  big  1648  öon  5ß.  rjerrütjrt, 
bleibt  atoeifetljaft,  roenn  man  aud)  toieberljott  ben  Serfudj  gemacht  rjat,  fie  iljm 
auaufdjreiben.  S5ie  neuefte  2Iu§gabe  unter  bem  Xitct:  „Epitome  Rerum  Ger- 
manicarum  ab  anno  MDCXV1I  ad  annum  MDCXLVIII"  §at,  in  aroei  Steilen 
(SGßien  1856  u.  1858),  Subroig  SIrnbtg  beforgt  unb  fie  mit  einer  Htterarifdjen 
Einleitung  unb  erläuternben  2lnmerfungen  berferjen.  Söegele. 

^Qr:  brei  Srüber,  grana,  Sodann  SSaptifta  (ober  ^ans)  unb 
Grjriftopb,  5ß.,  audj  5ß a^r  ober  $ßarr  genannt,  Waren  alg  53aumetfter  ber 
-Öeraoge  bon  5ftedtenburg  äroifd^en  1558  unb  1573  an  SSauten  befdjäftigt. 
1558 — 1565  baute  £$rran<J  bag  fd)öne  ütenaiffancefdjtofi  bon  (Mftroro  für  -^eraog 
lltridj;  feit  1562  gibt  er  aud)  9tatrj  bei  ben  ©crjroeriner  SBauten  be§  £eraogg 
Sodann  Sllbredjt.  ^oljann  23aptifta  baute  1557—1572  für  ben  fieberen,  rjotte 
aucr)  felbft  ba^u  $alf  aug  SDänemarf  unb  ©anbftein  bon  $irna.  <5r  baute  ben 
Stjurtn  ju  ßüb^  unb  leitete  feit  1558—1571  ben  ©djlofibau  in  ©djtoerin, 
erbaute  namentlid)  aud^  bie  ©djlofjcapelte,  ebenfo  1570  bie  alte  Äanjel  im 
S)ome  ju  ©djtoerin  unb  ba§  fürfttid)e  9tenaiffancet)au§  ^u  gürftenberg.  Sodann 
5Itbred)t  f)iett  ib,n  b^ocb,,  benn  er  lie|  ifynt  ein  ^offteib  „gleidj  ben  ^ofjunfern" 
reidjen.  9Zeujab^r  1570  rourbe  er  nodj  mit  220  Xfylx.  ©e^alt  für  brei  ^atjre 
angeftettt,  trat  aber  bodj  fd)on  1572  mit  ©enerjmigung  be§  ^»erjog»  in  ben 
S)ienft  beS  Äönig§  bon  ©djtoeben.  1578  fam  er  toieber  nadj  ©d)toerin  aurüd. 
ßtjrtftopf)  arbeitete  aud)  feit  1558  neben  ^orjann  SBaptifta  am  ©cb.meriner 
©djlo|,  bann  neben  i$xan%  am  ©üftroroer,  1563  faufte  er  fidj  in  ©c^roerin  an. 
1572  unb  1573  Ijeifjt  er  bort  „93aumeifter"  unb  fctjuf  im  üDome  ben  fürftüdjen 
Äirdjenftub,!,  ber  jetjt  „abetidjer  ßb.or"  genannt  tcirb.  1573  ^at  er  ben  2)ienft 
be§  ^er^ogg  berlaffen.     S)ie  SSrüber  galten  atg  Dberbeutfdje. 

$.  mU).  §.  «Dlit^off,  «mittelaltcrl.  Äünftter  unb  Söerfmeiftcr.  3.  Slufl. 
1885.  ©.  242  ff.  (nad)  ?ifdj,  ^a^rb.  unb  2o£,  ©tatift.  b.  beutfdjcn  Äunjl 
im  WH.).  Traufe. 

^aracclfu«:  l  ^o^cn^ctm,  93b.  XII,  ©.  675. 

^araöctfer:  ©eorg  greitjerr  b.  ty.,  geboren1?,  geftorben  am  19.  £ct. 
1601.  @r  ftammte  aug  einem  angefeljenen  proteftantifdjen  ©efd)tecb,te  ^ärnt^eng. 
Ueber  feine  i^ugenb  ift  nidjtg  befannt.  ^uerft  toirb  er  ermähnt  im  %.  1594,  wo  er 
im  auftrage  beg  @rab,eraogg  5Jlajimitian  in  5ßrag  roeitte.  S)er  Äaifer  übertoieg  if)m 
im  felben  ^at)re  ein  ^odjjeitggefdjenf,  beffen  2Bertb,  auf  eine  angefetjene  ©teEung 
beutet.  1596  tourbe  er  ©tattb^atter  ju  ©egna  in  ©almatün  unb  geriett)  hei 
bem  Serfudje,  bte  ©tabt  Stiffa  ju  entfetten,  borübergetjenb  in  bie  ©efangenfdjaft 
ber  Surfen.     51m  12.  ©eptember  1598  tourbe  er  3um  SBefeljtgrjaber  ber  &xeny 


Iqq  ^>arabie3. 

feftung  Äaniija  ernannt.  Vergebens  brang  er  fofort  auf  33erftärfung  ber  33e= 
feftigungen  unb  33ermer)rung  ber  33efaijung  unb  ber  Sebenämittet.  2lt§  im  9Jtai 
1600  bie  Surfen  äum  Angriff  oorrücften,  ftanben  s$.  nur  160  9Jtann  -jur  Söer= 
fügung  unb  ba  nad)  erfolgter  (£infd)tiefsung  ber  feftung  bie  Sßorrättje  rafdj  3U= 
fammenfdjmoläen,  berlangten  am  20.  October  bie  unter  ber  33cfatmng  befinb= 
lidjen  Ungarn  unb  granjofen,  bafi  $.  bie  feftung  übergeben  folte.  ©eine 
Steigerung  erroiberten  fie  mit  SobeSbrolmngen  unb  ha  aud)  bie  beuifdjen  $ned)te 
meuterten,  mufete  er  fiefj  fügen,  ©er  galt  Äanteaa'3  erregte  in  ber  ganjen 
(Stjriftenrjeit  bie  gröfete  Söeftürjung  unb  Gmtrüfiung.  5Jtan  befdjulbigte  ^.  be§ 
33erratf)e§  unb,  um  fid)  ben  SBorroürfen  <m  ent3ter)en,  [teilte  bie  faiferlidje  sJtegie= 
rung  itjn  bor  ein  ihiegSgeridjt.  ©eine  23ertl)eibigung  fatib  fein  ©etjör ,  ein 
gludjtoerfud),  roeldjen  er  in  ben  Leibern  feineä  Darren  unternahm,  mifjgtüdte 
unb  alle  ftürfpradje  blieb  erfolglos.  3m  2lprit  1601  rourbe  er  be§  23erratf)e§ 
fdjulbig  erflärt  unb  am  19.  October  rourbe  if)m  auerft  bie  redjte  £>anb,  bann 
ba§  .!paupt  abgefdjlagen. 

^urter,  ©efd).  gferbinanb  IL  23b.  IV.  unb  gleichzeitige  'Jftefjrelatiouen. 

$.  ^taör  =  S)eijinger. 
^arabicö :  Qfräulein  9ttarie  2l)erefe  $.,  geb.  in  Sien  am  15.  9Jtai 
1759,  erblinbete  in  ifjrem  4.  SebenSjarjre.  ©er  93ater,  f.  f.  3regierung§ratf), 
erfannte  fet)r  balb  bie  bebeutenben  mufifatifdjen  Slnlageu  feines  ßinbeS  unb  liefj 
fie  öon  ben  beften  Setjrern  ber  sJJiufi£  in  alten  5DiSciplinen  unterrichten,  ©djon 
in  frürjer  ^ugenb  trat  fie  atä  ©ängerin  in  ßirebenconcerten  auf,  fpielte  auef) 
fertig  bie  Orgel  unb  errang  fiel)  bie  ©unft  felbft  ber  Ijödjften  ©efettfdjaftSfreife, 
fobafc  Hjr  bon  ber  $aiferin  9ftaria  Sljerefta  auf  SebeuSjeit  ein  ©nabengefjalt 
üon  200  ©Ib.  äugefidjert  rourbe.  $m  3-  1784  begab  fie  fiel)  auf  ^unftreifen 
burcr)  ganj  Europa  unb  fetjte  alle  2£ett  burd)  irjren  ©efang  unb  it)r  trefftidjeS 
feelenbolleS  ßlabierfpiet  in  23erounberung.  ©an,}  befonberS  ftaunte  man  über 
itjr  ©ebäcrjtnifj,  unb  3eit9enoffen  berfidjern,  baf;  man  eine  Gompofition  bertangen 
fonnte,  bie  man  mollte  unb  fie  ferjte  fiel)  t)in  unb  fpielte  fie  in  unübertrefftidjer 
äBeife.  ©elbft  bon  ^ttojart  roeifj  man,  bafj  er  fiel)  lebhaft  für  fie  intereffirte 
unb  fie  befonberS  ju  größerem  ©elbftüertrauen  ermunterte.  2lud)  als  @ompo= 
niftin  mar  fie  aufjerorbentlid)  tl)ätig,  bodj  ebenfo  ängfttid),  etmaS  baüon  an& 
Sidjt  3u  geben.  @in  3ettgenof|e  erjätjlt  in  ber  Sittgemeinen  Seidiger  sJ)tuftf= 
Leitung,  33b.  12,  ©p.  471  ff.,  bafj  er  fie  einft  frug,  roarum  fie  feines  itjrer 
SBerfe  IjerauSgäbe?  „SBürben  eS  mir  bie  männlidjen  Äunftgenoffen  öetäeitjen  — 
antwortete  fie  ifjm  —  menn  id)  als  grauenäimmer  eS  magte,  mid)  mit  ifmen 
ju  meffen1?"  lieber  bie  bei  33reitfopf  (&  |>ärtel)  erfdjienenen  12  beutfdjen  ßieber 
unb  33ürger'§  ßenore  äußerte  fie  fid),  e§  feien  unreife  grüdjte  ber  Sugenb. 
SDie  Sieber  Ijabe  fie  auf  iljrer  Greife  in  ßeipjig  93reitfopf  pm  Slnbenfen  über= 
laffen  „unb  bie  ßenore  mar  jum  ^eiäjtn  ber  drfenntlid)feit  für  bie  greunbfdjaft, 
weld)e  23ürger  mir  fd)enfte,  beftimmt".  —  1786  feierte  fie  nad)  SBien  äurüd 
unb  betrieb  eifrige  ©tubien  unter  ^ojetudj,  Ütigtjini,  ©alieri  unb  bem  Äird)en= 
capellmeifter  grie&ert-  £>bgleid)  fie  nur  feiten  öffentlich  auftrat,  mürbe  fie  befto 
metjr  in  gefcljloffenen  Greifen  begeljrt  unb  bort  entroidette  fie  it)r  talentbolleS 
Äünftlertljum ,  gepaart  mit  ber  größten  93efdjeibenb,eit  unb  einer  bon  2ltten  ge= 
priefenen  2ieben§mürbigfeit.  Wad)  bem  Sobe  ifjre§  33ater§  errichtete  fie  ein 
^Jlufifinftitut  für  junge  9Jtäbd)en,  ma§  balb  fo  in  93tütt)e  fam,  ba§  e§  if)r  eine 
forgenfreie  ßjiftenä  getoäljrte.  SDie  bamaligen  geitfctjriften  ergeben  fid)  mit 
grofsem  ßobe  über  bie  3lrt  ifjre§  Unterrichtes  unö  über  bie  bortrefflidjen  Seiftungen 
iljrer  ©djiilerinnen.  33on  itjren  ßompofitionen  toerben  befonber§  mehrere  Opern 
ermälint,  bie  in  äBien  unb  ^rag  1791,  1792,  1794  unb  1797  jur  9luffül)rung 
gelangten.  Urttjeile  über  biefelben  finb  jebod)  nirgenb§  niebergetegt,  foroeit  id) 
mid)  in  ber  bamaligen   nod)   gering   entroidelten  3eifung§Iitteratiir  aud)  umge« 


5Pateui.  167 

fefjen  tjabe.  2>afj  biefetben  nur  geringen  (ärolg  evjietten,  täfjt  fid)  fcfion  barauS 
entnehmen,  bafj  fie  batb  roieber  bon  ber  Süfme  berfdjroanben.  2lfs  2Tüet  roer= 
ben  genannt:  „2triabne  auf  9taro§",  Dper  in  jroei  Steten,  ferner  „Striabne  unb 
23acr)us",  „ber  ©djulcanbibat",  „Ötinatbo  unb  Strmiba".  Stufjerbem  roerben 
nod)  eine  „ütrauercantate  auf  ben  $aifer  Seopolb  IL"  unb  „;Ieutfcr)e§  2Jconu= 
ment  auf  Cubroig  ben  Ungtücftichen"  erroärjnt.  ©ebrueft  mürben  noef)  einige 
itjrer  erften  Gompofitionen,  bie  iebenfafls  roätjrenb  ir)rct  ßoncerttour  erfd)ienen 
unb  jroar  al§  £)pus  1  unb  2  je  „Six  Sonates  pour  le  clavecin.  Paris,  chez 
Imbault."  ferner  „Douze  Canzonettes  italiennes  avec  aecompagnement  de 
Pianoforte.  London,  chez  Bland."  %n  roie  großer  Sßerehrung  fie  bis  in  ifjre 
testen  Sebenstage  Beim  publicum  ftanb,  betoeift  bie  SXnjeige  itjres  £abinfcbeiben§. 
©in  Sßiener  fcfjreibt  an  bie  ütebaction  ber  Stttgem.  Seliger  mufif.  3e^ung: 
„§eute  (am  1.  fyebruar  1824)  ftarb  im  64.  ßebensjaljre  bie  berühmte  blinbe 
Sßirtuofin,  gräulein  2tjerefe  ^ßarabies;  fie  rjintertäfjt  biete,  um  irjren  SJertuft 
innig  trauernbe  Scbüterinnen,  in  bereu  banfbaren  Jöerjen  it)r  trjeures  9tnbenfen 
nod)  tange  fortleben  roirb."  9t  ob.  Güitner. 

^areuS:  Daniel  §.,  ^bitotoge,  £ifiorifer  unb  Scbutmann,  1605—1635, 
rourbe  als  <Sot)n  bon  £$ob\  Sßrjtl.  $.  (f.  u.)  in  9leur)au§  in  ber  ^talj,  roo  ber 
S5ater  3ftector  ber  tat.  Scitule  mar,  im  $•  1605  geboren,  ertjielt  feine  2?ilbung 
unter  feinem  Später  auf  ben  ©nmnafien  3u  91euftabt  a.  b.  £>.  unb  <!panau,  unb 
fetjeint  bann  burch  Vermittlung  öon  ©ert).  Sßoffiu»  (hjieber  im  £>aufe  ber 
©rafen  bon  ^fenburg  geworben  ju  fein.  5)a  SSofftui'  SBerfuctje,  i§m  eine 
^rofeffur  in  ben  ftiebcrlanben  ju  beschaffen,  ferjtfcfilugen ,  fo  ging  5ß.  nad) 
^aiferslautern  unb  errichtete  bort  eine  lateinifebe  Sctmte,  rourbe  aber  —  nod) 
niebt  30  ^afjre  att  —  am  17.  $uti  1635  ermorbet,  nach  ber  einen  lieber* 
tieferung  bei  ber  Eroberung  ber  @tabt  burdj  bie  Gruppen  be§  ®eneral§  6aHas\ 
nacb)  ber  anbern  burcrj  ©trafjemäuber.  —  Sie  3ar)£  feiner  fcb^iftftetterifdjen 
arbeiten  ift  eine  fet)r  bebeutenbe,  er  gab  ben  9ftufaeu§  1627  r)erau§,  in  bem= 
fetben  ^arjre  °^n  ^)erobian,  unb  bas"  ..Mellificiurn  Atticum",  1629  ben  Cuincti= 
tianus,  1631  <£>eliobor'§  Stetrjiopica  unb  SucretiuS  unb  fcrjrieb  Animadver- 
siones  jur  Saltufi=2lusgabe  feines  23ater§,  bie  nod)  jebt  bon  2£ertr)  finb.  35on 
feinen  fjiftorifcfjen  Schritten  ift  bie  „Universalis  historiae  profanae  medulla"  1631, 
bie  „Universalis  historiae  ecclesiasticae  medulla"  1633 ,  borjügtid)  aber  bie 
„Historia  Palatina"  1633  au  nennen,  toelcbe  bie  ©efc&idjte  ber  ißfalä  bi§  1630 
befjanbelt.  S3on  biefem  ferjr  berbienfttichen  ^Bucrje  f)at  ©eorg  ßfiriftian  nod) 
1717  eine  neue  Stulgabe  beranftattet. 

©.  (£b,riftian,    Sorrebe  jur  Hist.  Palatina  6.  152  ff.  ■ —  g.  2t.  ©ctftein 
in  (Srfcb  unb  ©ruber'S  @ncbf(opäbie  III,  12,  ©.  33  ff.  9t.  ^od^e. 

"^orcitö:  S)abib  5]}.  (eig.  Rangier),  reformirter  2beotoge  unb  treuefier 
Sd)üler  be§  Urfinu»,  be§  9Jcitberfaffer§  be§  ipeibetberger  Katechismus ,  geb.  am 
30.  £ecember  1548  ju  ^anfenfjaufen  in  Cberfcb.tefien,  f  am  15.  3funi  1622 
p  |jeibelberg.  (&cb,on  auf  ber  ©c^ute  ^u  ^irfcb.berg  jeicbjnete  er  fieb,  buret) 
auBerorbenttict)en  5Iei^  aus,  fo  bafj  fein  ßeb.rer  ßb^r.  Scb.itting  auf  ihn  auf- 
merffam  rourbe.  2tt§  biefer  megen  feiner  reformirten  Stbenbmarjleletjre  bon  ba 
bertrieben  am  Slmberger  ©nmnafium  Unterfunit  fanb,  fotgte  irjm  ?ß.  bab,in. 
25on  ba  tarn  tebterer  batb  nach  ^eibetberg,  roo  er  als  9ttumnu§  in  bas  Sapienj5 
cotteg  Stufnab.me  fanb ,  bem  UrfinuS  bamats  borftanb.  Unter  biefem  unb  ben 
übrigen  ausgcjeicbjneten  ^e^rern  |)eibetberg§  ftubirte  er  bafetbft  ^bitotogie  unb 
Xb^eotogie.  hierauf  rourbs  er  1571  ^xebiger  ju  Scfttettenbad)  bei  3Bei|enburg 
im  heutigen  Gtfafj,  bann  nacb,  furjer  Söirtfamfeit  bafetbft  Serjrer  am  ^äbagog 
3U  ^»eibetberg,  bon  roo  er  aber  1573  an  bie  ©emeinbe  ju  -giemsbacr)  an  ber 
Sergftraße  berufen  rourbe.  ftacr)  bem  2obe  griebrict)§  III.  bon  ber  ^fatj  fanb 
er  1577  in  bem  ©ebiete  be§  ^fatjgrafen  ^to^ann  Safimir  ju  Cggerstjetm  einen 


168  (J3areu§. 

neuen  SßirEungSfreiS ,  bann  ju  Söin^ingen  bei  9teuftabt  an  ber  £>aarbt.  2IIS 
nad)  SubroigS  VI.  Ableben  3ob,ann  ßafimtr  roieber  ben  SalbiniSmuS  in  |>eibel= 
berg  reftituirte,  berief  er  SßareuS  aum  2.  Setter  an  baS  ©apien3coÜeg ,  beffen 
S5otftet)er  er  in  ber  golge  rourbe  unb  bann  1598  *ßrofeffor  ber  £rjeologie  an 
ber  pfäläifcfjen  £ocbfd)ule.  %n  biefer  ©tetlung  geroann  er  balb  ein  foldjeS  2ln= 
fetjen  im  $n=  unb  SluSlanbe,  bafe  fetbft  biete  Jünglinge  auS  ber  ^fernc  ju  feinen 
Borlefungen  eilten  unb  eS  für  eine  grofje  2luS3eicbnung  breiten,  toenn  fie  in 
feinem  unter  bem  ©cbtofcberge  aufgeführten  £mufe,  baS  er  fein  Pareanum  nannte, 
eine  Aufnahme  3um  3ufammcnteben  mit  biefem  ibrem  bereiten  2eb,rer  fanben. 
BefonberS  waren  eä  Sagbaren  unb  <ßolen,  roetdje  it)n  bod)fd)ät$ten.  —  *ß. 
mar  bei  aller  confeffionetten  @ntfd)iebenb,eit  eine  trenifebe  fltatur,  roetebe  am 
roenigften  an  bem  ©e^änfe  fo  bieler  jttjeotogen  feiner  3pi*  SefaHen  fanb.  (Segen 
bie  33efd)ulbtgungen  eines  $olt)farp  ßetofer  u.  a.  ßutberaner,  man  fönne  niebt 
mit  ben  föeformirten  gegen  bie  fltömifdjen  fid)  berbinben,  mit  benen  man  in 
bieten  fünften  einiger  fei  als  mit  jenen,  gab  er  1615  feine  |)auptfd)rift  ber= 
auS:  „Irenicum  sive  de  unione  et  Synodo  Evangelicorum  concilianda,  über 
votivus  paci  ecclesiae  et  desideriis  paeificorum  dicatus."  @r  fteHt  in  biefem 
SSucbe  einen  GonfenfuS  ber  Üeljre  beiber  ebangetifeben  .ßirdjengemeinfcbaften  feft 
unb  jeigt,  ba  erft  nad)  ßutfjerS  2!obe  ber  3wiefpalt  ber  Öetjre  bon  ßfyrifti  ^erfon 
unb  ber  ^räbeftination  ausgebrochen,  bafj  urfprünglicb  biefer  fid)  nur  auf  bie 
münblidje  sJcief$ung  im  9lbenbmat)Ie  erftredt  fjabe,  audj  bafe  bie  9teformirten 
nidjt  bie  9lugSburger  Gonfeffion  berroerfeu,  fonbern  bielmecjr  attein  red)t  auS= 
legen.  2)od)  füllte  burd)  biefe  ©djrift  feineSmegS  irgenb  einer  Abfcbmädjung 
einjetner  8et)rpunfte  baS  iföort  gerebet  »erben.  Gittern  trotj  feiner  griebenSliebe 
mürbe  aud)  s4>.  in  trjeotogifdje  kämpfe  berroidelt.  ©eine  Bearbeitung  ber  fog. 
s)leuftäbter  Bibel  im  $•  1587,  in  melcber  er  ju  ber  lutfjerifcbcn  Ueberfeüung 
neue  Gapitetüberfdjriftcn,  3uiaie  un0  Stnmerfungen  fetde,  rief  bie  gart^e  Gnt» 
rüftung  eines  $acob  2tnbreä  gegen  itjn  fjerbor,  ber  eine  „Stjriftl.  Erinnerung 
unb  SBarnung",  £üb.  1589  bagegen  au§gerjen  liefe,  ty.  antmortete  tjierauf  in 
„Rettung  ber  ju  9lenftabt  gebrudten  Bibel".  ©benfo  fatj  er  fid)  3ur  $otemif 
aufgeforbert  burd)  Befdjutbigungen,  toelcbc  lutberifdjer  ©eitS  auf  bem  9teid)Stage 
311  9tegen§burg  1594  laut  roiirben,  bie  ^tä^er  feien  nidjt  als  2lugSburgifd)e 
GonieffionSberraanbte  an^uferjen.  (Segen  folebe  fdjrieb  er  feinen  „Clypeus  veri- 
tatis  catholicae  pro  saneta  Dei  veritate  et  aeterna  Christi  divinitate"  unb  gab 
foldjen  jugleid)  beutfd)  tjerauS  unter  bem  Xitel:  „©ummariferje  ©rflärung  ber 
mabren  fatbotifefien  ßebre  bon  ben  fürnefjmften  jebiger  3eit  ftreitigen  9tetigion§= 
artiteln."  Slmberg  1598,  roorin  er  bie  23erroanbtfd)aft  ber  reformirten  ßebre 
mit  ber  attlutberifcfien,  bon  ber  bie  beutigen  £uttjeraner  abgefallen,  nacbjutoeifen 
fid)  bemüfite.  5Da  er  in  feinem  ßommentare  sum  9t öm erbriefe  in  ben  Ratten, 
roo  ber  ©etjorfam  gegen  bie  Dbiigfeit  mit  bem  ©emiffen  in  6onflict  fommt, 
einen  bebingten  2Biberftanb  gegen  biefe  einräumt,  fo  fatj  er  fid)  barüber  bon 
mehreren  ©eiten  angegriffen.  (Segen  ben  $apft  unb  bie  ^efuiten  erlief  er  311m 
gteformationSjubiläum  1617  eine  ©ebrift,  nad)bem  er  bereits  1604  feine  „Disceptatio 
epistolaris"  mit  bem  ^efuiten  %o%  9HagiruS  31t  ©perjer  berauSgegeben.  3)aS 
meifte  Berbienft  aber  bat  fiefi  fy.  erroorben  bureb  bie  S5eröffcnttid)ung  ber  in 
lateinifd)er  ©pracbe  gefeferiebenen  Auslegungen  beS  ^jeibelbetger  ÄatecbiSmuS 
feines  SebrerS  UrfinuS  im  ^.  1600.  5DaS  lebte  SebenSiabr  beS  ty.  mar  nod) 
feb,r  unrubig.  S)er  föinfatt  ber  ©panier  in  bie  $falj  bertrieb  ibn  im  ©eptember 
1621  auS  -Ipeibetberg.  6r  flücbtete  nad)  bem  ameibrüdifdjen  ©täbtdjen  3lnn= 
toeiler ,  bon  roo  er  in  frantem  3uftanbe  ju  feinem  ©ofjne  ^ß^itipp,  9iector  in 
^Jleuftabt  a.  b.  «gmarbt,  im  Januar  1622  eilte  unb  fein  Xeftament  auffetjte. 
3[m  ^ai  reifte  er  fobann,  feinem  ^erjenSmunfcbe ,  in  feinem  pareanum  311 
fterben,  folgenb,    nacb  ,£>eibetberg,    ba    fid)    eben   baS  $riegSgtüd  ben  proteftan= 


5P«eu3.  169 

tifcben  SBaffen  günftig  geseigt-  Äurae  3«t  barauf  ftatb  er  bafelbft.  Seine 
SÖerfe  bat  fein  oben  ermähnter  ©obn  ju  granffurt  unb  ©enf  1647—1650  in 
tuet  Sßänben  beröffentlictjt.  %m  1.  Sanbe  gibt  biefer  eine  aulfühttictje  2eben3= 
befcbreibung  nebft  einem  SBerjeicrjniffe  ber  ©cfjriften  feine»1  93ater§ ,  roelctje  bei 
SBertoüftung  bet  $10(3  berloren  gegangen. 

Gürfcrj  unb  ©ruber  III.  ©ect.  12.  Sttj.  —  .£>eraog'§  üteatencpcfopäbie.  — 
S3arjle.  —  9liceron ,  Memoires.  —  23or  allen  aber  bie  vita  be§  ty.  in 
f.  opp.  ßuno. 

Marcus :  Sodann  ^ßtjitipp  5ß.  (2Bängfer),  ^bilotoge,  ültjeotoge  unb 
©ctjutmann,  1576 — 1648,  rourbe  in  £)em§bacb  in  ber  Siöcefe  2Borms\  tuo  fein 
SBatet,  ber  befannte  Stjeologe  Staöib  *ß.  (f.  0.),  Pfarrer  mar,  am  24.  s]Jtai  1576 
geboren.  Sie  erfte  33itbung  erhielt  er  auf  bem  bamaligen  pfäljifctjen  ©pmna» 
fium  in  ^ieuljau§  unb  ftubirte  bann,  um  feine»1  SSaterg  roitlen  ton  feinem  $ur= 
fürften  reictjlicfi  unterfiütjt,  in  £>eibe(berg  junäctjft  im  pbitofoptjifctjen  Gur§. 
1598  ging  er  nadj  SBafel,  um  ®rrjnäu§  unb  ^olanug  3U  tjören,  unb  mürbe 
tjier  am  15.  gebruar  1599  9Jtagifter.  9tacb  einem  längeren  Slufenttjalte  in  (Senf 
bei  Xtjeobor  33eja ,  bann  in  ^reiburg ,  Tübingen  unb  Strasburg ,  fehrte  er 
1600  nacb  <§>eibelberg  jurürf;  am  20.  Secember  befdjenfte  ibn  bier  ber  befannte 
Siebter  5J3aul  ©ctjebe  (ÜJtetiffus)  mit  bem  poetifetjen  Sorbeerfranje.  Äur^  barauf 
tourbe  er  ütector  ber  ©ctjufe  in  üxeu^naä) ,  nactj  roenigen  $af)ren  fam  er  in 
gleicher  Stellung  nacb  fteubau§  unb  1610  nacb  9leuftabt  a.  b.  £>aarbt.  £ier 
blieb  er,  um  bei  ben  fctjroeren  Äriegijeiten  in  ber  9Mtje  feinet  Sßater§  ju  fein, 
trot}  toieberfjotter  locfenber  Berufungen  an  au§roärtige  Uniberfitäten,  namentlich 
nadj  ftranefer.  Sie  Sßefetmng  unb  v£erroüftung  ber  ^fatj  buret)  bie  ©panier 
im  ^atjre  1622,  bie  ibn  aueb  feine  toertbbotle  23ibtiotfjef  foftete,  nötbigte  itjn 
jeboeb,  "Dceuftabt  ju  Perlaffen;  er  fanb  in  £)anau  im  fotgenben  %at)xt  bie  erfebnte 
gufluctjtfiätte.  ^)ier  batte  bie  Sanbgräfin  ßatbarina  Setgica  ali  Sßormünberin 
it)re^  unmünbigen  ©otjncs'  ^bilibp  ^ftorij  bie  borbanbene  lateinifebe  ©djufe  ju 
einem  Gymnasium  illustre,  ber  „botjen  Sanbesfctjute",  au§3ubi(ben  begonnen  unb 
berief  nun  ty.  al§  ^rofeffor  ber  ttjeofogie,  ber  tjebräifctjen  ©praetje  unb  5ptjito= 
fopbie;  äugteicr)  ernannte  fie  itjn  jjum  Ürector  ber  3lnfialt.  *ß.  nabm  bie  35e= 
rujung  mit  greuben  an  unb  blieb  aueb  £)anau  treu,  at§  ibm  Pon  ben  Per« 
febiebenfien  Seiten  gtänjenbe  3tnerbietungen  gemaetjt  rourben,  fo  bon  Jperborn, 
Saufanne,  -gmiberropf  unb  Sebenter  aus.  31m  20.  3Iprit  1647  ertfjeitte  itjm 
bie  SBafeler  llniberfität  ben  ttjeotogifctjen  Soctorgrab;  er  ftarb  1648,  nactjbem 
er  einige  ^atjre  bor^er  in  ben  Ütutjeftanb  getreten  roar.  —  ©eine  jatjlreictjen 
©ctjriiten  finb  Pornetjmüctj  ptjilologifc^e;  befonber§  berbienftlictj  unb  bon  bauern= 
bem  Söertlje  finb  feine  arbeiten  ,ju  5ßlautu§.  21uf  bie  „Electa  Plautina"  (juerft 
1597)  folgte  1610  bie  erfte  boüftänbige  Ausgabe  ber  ^ßlautinifctjen  Äomöbien 
(1619  bie  jroeite  mit  neuer  2)ergteictjung  ber  fämmtlictjen  pfä^ifcfjen  ^>anb= 
fcrjriften)  unb  1614  ba§  „Lexicon  Plautinum";  bie  Äritif  unb  Srflärung  be§ 
Sictjteri  batirt  eigentüctj  erft  Pon  biefen  Slrbeiten,  beren  äöertfj  unb  ^uberläffig« 
feit  freilief)  f.  3-  3anu§  (Bruter  in  leibenfetjaftüctjen  Singriffen  beftritten,  neuer= 
bing§  aber  fix.  sJtitfctjI  gebüfjrenb  anerfannt  f)at.  Söeniger  bebeutenb  ftnb  bie 
arbeiten  ju  ©pmmactju§:  bie  Ausgabe  ber  „Epistolae",  ba§  „Lexicon  Svm- 
maebianum"  unb  bie  „Calligraphia  Svmmachiana",  fämmtticrj  1617.  2lu|er= 
bem  gab  er  ben  üerentiuä  1610,  ben  ©attuftius  1617  u.  31.  tjerau§.  ©eine 
leijte  grofee  Slrbeit  roar  ba§  „Lexicon  criticum  s.  Thesaurus  linguae  Latinae" 
1645.  ©eine  tbeologifctjen  ©ctjriiten:  „Catechesis  religionis  ebristianae"  1615, 
„Theatrum  pbilosophiae  christianae"  1623,  u.  31.  finb  meift  bergeffen. 

g.  31.  gtffiein  in  grfcb  unb  ©ruber'§  gncpflopäbie  III,  12,  ©.  31  ff.  — 
Sßiberit,  ©efctjict)te  bee  ©bmnafiumS  in  ^»anau  1865,  ©.  48  u.  ©.  61  ff., 
roo  fictj  aueb  ein  boüftänbige»  93erjeicbnit3  feiner  ©ebriiten  befinbet. 

».  ^oebe. 


170  ißarfjamer. 

^arljnmcr:  Sflnas  5p.  mürbe  am  15.  Sunt  1715  au  ©d)roanenftabt  in  Dber* 
öfterreicf)  alä  ©ol)n  raotjltjabenber,  roegen  i^rer  9ied)tfcl)affent)eit  unb  i^reS  regen 
2öol)ttl)ätigfeitsfinne§  gearteter  unb  beliebter  Sßürgeräteute  geboren,  ©eljnlidjft 
münfd)ten  fie,  bafs  itjr  ©otjn  fiel)  junt  ^tieftet  tjeranbilbe.  @r  genofj  bie  erfte 
©djutbitbung  in  feinem  ©eburtäorte  unb  abfolbirte  ba§  ©i)mnaftal=  unb  })f}ilo= 
fobl)ifct)e  ©tubium  in  Sinj,  rootjin  feine  ©Item  mittlerweile  überftebelt  roaren. 
©eine  eigene  Neigung  beaügtid)  ber  SÖarjl  feine§  aufünftigen  33erufe§  ftimmte 
mit  bem  ßieblingöttmnfdje  feiner  (Sltern  überein.  ©ie  bon  irjin  angefudjte  2luf= 
narjme  in  ben  Sefuitenorben  mürbe  jebodt)  mit  bem  <!pinmeife  auf  feine  fd)mäct)= 
lid)e  ©efunbrjeit  borläufig  abgelehnt.  @r  ging  junäctjft  nad)  Sßien,  begann  l)ier 
Geologie  ju  ftubiren  unb  fanb  enblid)  am  17.  October  1734  Slufnaljnte  in  baä 
Sefuiten  =  6ottcgium  ju  Srencfin  in  Ober  =  Ungarn,  ©leid)  nad)  jurürfgelegten 
5Probejal)ren  im  Yef)rfad)e  berroenbet,  letjrte  er  burd)  aroei  Sacjre  bie  ^pumaniora 
in  33elgrab,  ein  Satjr  lang  5poefie  unb  9tr)etorif  in  (Srlau  unb  roieber  ein  Satjr 
lang  bie  gleichen  £$räd)er  in  sJieufor)l.  3u  üttyrnau,  mo  er  bie  tr)eologifd)en 
©tubien  beenbete  unb  brei  Sarjre  at§  .ft'atedjet  ber  beutfdjen  Sugenb  mirfte, 
mürbe  er  1714  put  ^kiefter  gemeint.  3fn  bemfelben  $at)rc  berbffentlidjte  er 
ba§  3Bud)  „ba§  folgfame  $inb",  beffen  ^roeite  Auflage,  in  SScrfe  gebracht,  1748 
erfdjien.  3m  $•  1745  fjörte  5p.  in  ©ra,}  ba§  fanonifrfje  9ied)t  unb  mar  bort 
al§  Äated)et  in  ber  ßirdje  bc§  ^efuiten  =  Gollegtumä  trjätig.  5Jtad)  SoEenbung 
be§  brüten  5probejaf)reä  au  Sfubenburg  in  Cber  =  ©teiermarf  tarn  er  174(3  nad) 
SCßien.  6r  letjrte  Ijter  üDialeftif  unb  mürbe  bon  ber  Söiener  lluiberfität  jum 
ü£)octor  ber  5ptjilofobt)ic  unb  9Jlagifter  ber  freien  fünfte  bromobirt.  ©eit  bem 
3ar)re  befolgte  er  aud)  ben  Dteligionöunterrtdjt  in  ber  afabemiferjen  Äirdje  unb 
in  ber  .ttirdje  am  £>of  ju  üffiien.  SDie  ^aiferin  5JJcaria  Stjerefia  übertrug  icjnt 
1748  bie  2luffid)t  über  bie  Xribialfdjulen.  5part)amer'§  im  $.  1750  erfdjienener 
„$ated)t8muä  für  brei  ©djulen  unb  mit  gemöljnlidjen  ©cfjutgefängen"  errang 
grofje  Erfolge  unb  eine  meit  über  bie  ©renjen  ber  Sötenev  (Sr^biocefe  rjinauS 
reidjenbe  Verbreitung.  @r  mürbe  miebertjott  aufgelegt  unb  in  bie  ungarifdje, 
fetbifdje  unb  böl)mifd)e  ©bradje  überfeijt.  2ln  biefe§  für  jene  $nt  fetjr  ber= 
bienftlidje  ©djutbud)  fdjtofj  fidj  5parl)amer'S  im  Sf.  1752  beröffentlidjter 
„^iftorifdjer  $atedji§mug  mit  Ijiftolifdjen  fragen,  ©lauben§=  unb  ©ittenlerjren". 
2lucr)  ^a^önter'§  Obere  beroiefen,  ba^  fte  feine  2üctjtigfeit  roürbigten,  inbem 
fie  il)m  ein  meitereö  ©ebiet  ber  SQßirlfamleit  eröffneten.  @r  mürbe  fated)etifcf)er 
^Jliffionär  ber  Söiener  ©rjbiöcefe  unb  batb  barauf  ©uperior  ber  !ated)etifd)en 
sJJliffionen  in  ben  SJiöcefen  Söien,  ©aljburg,  ©edau,  ©örj,  9laab  unb  ©ran. 
6r  burcrjpitgerte  im  auftrage  ber  ßaiferin  biefe  ©egenben  unb  organifirte  in 
ben  ^»auütftäbten  ber  betreffenben  Sauber  rr6rjriftenteljr  =  S8ruberfcr)aften",  mie  fie 
$apft  ^3aul  V.  fdmn  1571  beftätigt  unb  alten  23ifd)öfen  empfotjlen  ^atte.  S)ie 
Äaiferin  5)Jtaria  S^erefia ,  it)r  ©emaljl  unb  tljre  ßtnber  fcrjrieben  fiel)  in  ba§ 
SSeqeidjni^  biefer  Sruberfcrjaft  ein  unb  unterftü^ten  baburd)  roefentlictj  bie  33e= 
mürjungen  ^arrjamer'§.  9lod)  je^t  fingt  ba§  fatb^olifcrje  SBolf  £)efterreid)'§  bei 
ber  ©penbung  be§  ©egen§  baS  öon  5p.  eingeführte  ßieb :  „heilig,  rjeilig,  heilig". 
5Der  9luf  ber  iejm  eigenen  Serebtfamfeit ,  feine  ebenfo  mürbebotten  aU  bolf§= 
tljümlicrjcn  Vorträge  lodten  3llt  unb  Sung  bon  9tatj  unb  ^ern  tjerbei.  5)ie 
ßirc^en  bermodjten  ^umeift  bie  3ul§0rerfrf)a!t  nierjt  ju  faffen.  S)er  ©emaljl 
9Jcaria  S^erefia'S,  Äaifer  ^'ana  I.,  roätjlte  it)n  im  Sf.  1758  nad)  bem  £obe 
be§  5pater§  SSittermann  ju  feinem  S3eicl)tbater.  @§  mirb  aud)  bem  Sinfluffe  be£ 
i?aifer§  3ugefcl)rieben ,  ba^  Ataxia  £t)erefia  im  ^.  1759  5p.  bie  Seitung  be§ 
SBiener  2öaifent)aufe§  am  sJtennmege  übertrug,  beffen  Flaume  fte  in  ber  golSc 
auf  5parl)amer'§  Slntrag  burd)  2lnfauf  angren^enber  ©ebäube  ertjeblid)  bergrö^erte. 
S)a§  2Baifenljau§  nat)tn  unter  feiner  ßeitung  einen  ungerool)nten  5luf= 
fdjmung.     lieber  feinen  Seljr=  unb  @r3iet)ung§plan  finben  mir  betaillirte  Angaben 


^arfjamer.  ^  171 

in  bem  23uct)e  bon  ©.  ütieber,  bie  jum  großen  2r)eite  am  ^arrjamer'g  3far)re»= 
berichten  berufen.  Sie  Knaben  toaren  in  actjt,  bie  Sftäbdjen  in  bier  Sdjulclaffen 
bertrjeitt.  Sie  ßinbcr  tourben  im  gefen,  Schreiben  unb  Steinen,  in  bet  9tecr)t= 
fcrjreibung ,  bei;  ©eograptjie,  bem  S^cfmen  unb  bei*  ÜJlufif ,  bie  Knaben  im 
„(Sjerjieren  unb  ber  Äriegsfunft",  bie  5Mbdjcn  in  -öanbarbeiten  unterrichtet. 
Slufjerbem  Ratten  fie  ein  .panbtoerf,  insbefonbere  bie  Änaben  ba§  Oon  Sctjneibein, 
Sctjurjmacrjern  ober  Scrjreinern  ju  erlernen,  bie  Sttäbcrjen  aber  mufjten  bie 
Söäfcfje  3uricf)ten  unb  in  Stanb  tjalten.  Sie  Knaben  toaren  in  eine  21btf)eilung 
Kanoniere  unb  brei  Gompagnien  ©renabiere  unb  5ule^ere  bertrjeitt,  beren  iebe 
uniformirt  unb  botlfiänbig  au§gerüftet  toar.  «Sie  bollfütjrten  unter  Leitung  eineä 
faifcrtictjen  Ciftcierä  at§  ßjerciermeifterS  alle  mititärifcrjen  Uebungen  mit  ©e= 
roetjren  unb  getbftücfen.  Siefe  Grjetcitien  unb  Äirdjenparaben,  bie  nicfcjt  fetten 
*ß.  „ber  ^inbergenerat"  felbft  commanbirte,  übten  groBe  Sln^ietjungsfraft  auf 
äöiener  unb  grembe;  fie  mürben  attmärjlicr)  eine  ©eb,en§toürbigfeit  Sßitns.  Ser 
ganje  2erjr=  unb  ©räietmngeptan  ^>arr)amer'3  fanb  bei  ^eitgenojfen  unb  fpäteren 
2fact)fd)riTtfteIIern  berfctjiebene  SSeurtfjeilung.  Gü§  jeigt  Don  richtiger  ßrfenntnifs, 
wenn  ty.  jelbft  fagt,  bie  Slnftatt  fjabe  bie  Stufgabe,  taugticfje  SSeamte  unb  £er)r= 
metfter,  gut  gefittetc  33ürger,  emfige  Arbeiter,  bortreffücrje  Mnftler,  getreue 
Sienfiboten  tjeran  ju  bitben.  griebrict)  Nicolai  rjebt  bie  attenttjatben  „fetjt 
medjanifdjie  drbnung  in  biefem  auf  alle  Söeife  fetjr  mertroürbigen  28aifent)aufe" 
fjeroor.  @r  meinte  ben  Äinbem  ansuferjen,  bafj  itjre  jugenblictje  Sebtjaftigfeit 
unter  ber  Saft  einer  müitärifcrjen  Suborbination  unterbrücft  fei.  „Äein 
Grjarafter  mar  ju  unterfctjeiben,  fonbern  einer  fat)  aus  toie  ber  Stnbere,  QXUe  fteif 
unb  tote  in  einem  ütatjtnen  eingefpannt".  Jß.  felbft  far)  in  ben  @jercier= 
Uebungen  feiner  fteinen  Strmee  fein  blo|e<j  Äinberfpiel.  Gr  rjatte  einen 
päbagogifcrjen  ^rotd  babei  im  2-luge.  Sie  ßinber  fottten  ©ruft  unb  ^öfticrjfeit 
im  33erfer)r,  Sefjorfam  gegen  Obere  lernen,  eine  gute  $örpevb,attung  annehmen, 
befonbere  gcrtigfeit  unb  ©efcrjicftictjfeit  befommen,  fidj  an  Üteinticrjfeit  gewönnen, 
üjt  @r)rgefüt)t  foüte  geroecEt  tocrben.  Ser  Stuffänoung  be§  Sßiener  Sßaifenrjaufeä 
unter  ^arb,amer'§  Seitung  geigte  fict)  aucr)  in  ber  3a^  bex  bort  untergebrachten 
$inber,  fie  ftieg  bon  300  auf  na^eju  800,  bie  Stiftungen  bon  49  446  ©ulben 
auf  408.200  ©ulben.  Stucb,  JHnber  au§  bemittelten  Familien  tourben  als  $ofi= 
finber  im  ^arrjamer'fcrjen  SBaifenrjaufe  untergebracht.  !Jtact)  bem  2obe  be§ 
$aifer§  fjrans  I.  tourbe  5ß.  für  einige  ^afjre  Seicfjtbater  ber  ©r^ei-jogin 
(Stifabetr).  Sie  ßaiferin  3Jlaria  Sfjerefia  unb  bie  ©r^eräoginnen  befudjten 
miebertjott  ba§  Söaifenb.auS,  tootjnten  bem  bon  5p.  geleiteten  (Bottesbienfte  unb 
ben  2tnbad)t§übungen  bei.  Sie  Gh^tjerjoge  ^art  Seopolb,  g^'binanb  unb 
$ftarimüian  erfjietten  in  5ßarr)amer'§  ^nftitute  itjren  erften  mititärifctjen  llnter= 
rictjt.  Sie  Gür^er^oginnen  äeid§neten  itjn  burct)  Gürinnerungen  unb  33riefe  au§. 
Stuf  ^arrjamer'S  «Soften  ging  ber  ßeb^rer  2lnton  Reifet  bei  St.  Stefan  1768  in 
bie  berühmte  Scfjute  nacb,  Sagan,  um  bort  eine  beffere  Unterrictjtsmettiobe  ju 
lernen,  bie  bann  aucb,  im  Söiener  2ßaifent)aufe  eingeführt  tourbe.  ^n  ber  1774 
erfcfjienenen  Schrift  bon  ber  „Sefccjaffen^eit  be§  2Baifentjaufe§  Unferer  Sieben 
grauen  am  Drenntoeg"  fteütc  ty.  bit  ganje  Gcinrictjtung  biefer  groBartigen 
■Öumanität§  =  3tnftalt  bar  unb  bertfjeibigte  fie  gegen  manche  laut  getoorbene  31n= 
griffe,  ty.  blieb  auctj  nadt^  Sluifjebung  be§  ^efuiten  =  Orben§  unbeint  Sirector 
be§  2Baifenr)aufe§.  SJtaria  SLfjerejia  anertannte  im  $.  1777  fein  berbienftlicfjeg 
3Sirten  burdj  Sßerteifjung  ber  Xitular  =  5]Sropftei  Srbäo  in  ber  Grlauer  Siöcefe 
unb  erfctjien  mit  ben  ©r^erjoginnen  ju  feiner  33enebiction  unb  ^nfulirung  am 
27.  September.  %m  iobe^a^re  ber  Äaiferin  1780  beröffentlicb,te  $■  fein  35ud) 
„Sc^ulregel  für  bie  Geltern,  Äinber  unb  ßet)rer".  6r  tourbe  im  3-  1781  jum 
tRector  IRagniftcuä  ber  Uniberfität  2Bien  getoäfjlt.  $apft  *pius  TL  befugte 
ba§  28aifenrjau§  am  11.  2Ipril  1782.     *ß.  lie^  jur  ßrinnerung   einen  Senfftein 


172  Ißatiä^. 

fe^en.  Set  bei*  Reform  ber  ,£>umanität8=2lnftalten  unter  Äaifer  3fofcf  II.  rourbe 
ber  ^ropft  ty.  „Obcrbirector  ber  fämmtlidjen  Söaifenljäufer  in  ben  f.  f.  ©rbftaaten" 
im  folgenben  ^atjre  aud)  SMrector  be8  f.  f.  2rinbcli)aufc§  unb  fpäter  2)irector 
ber  ©tiftung8--Gommiffion.  2118  *ß.  bom  ßaifer  Sfofef  II.  anftatt  ber  tropftet 
5)ri\j6  unb  ber  bi8r)er  belogenen  *J3enfion  al8  ehemaliger  faiferlidjer  Seicfjtöater 
bie  2lbtei  ßefcr  in  ber  2)iöcefe  Söai^en  erhielt,  öerroenbete  er  bie  (Jinfünfte 
mehrerer  3at)re  barauf,  bie  2lbtei  au  berbeffcrn,  ©djlofj,  $irdje  unb  ©d)ule  ju 
reftauriren.  3118  am  20.  2lpril  1783  bie  neue  ^jarreintrjeitung  öon  SGßien  in8 
£eben  trat,  rourbe  ty.  auf  Söunfd)  $aifer  3ofef8  II.  Pfarrer  an  ber  neuerridjteten 
Söiener  Pfarre  im  2öaifenr)aufe  ju  ^Rariä  ©eburt  am  Üiennroeg.  21m  2.  Sfuni  1785 
errichtete  $.  in  feiner  äkterftabt  ©d)toanenftabt  eine  Söaifenftiftung.  21m 
14.  October  beffelben  ^ab,re8  rourbe  ba8  *pari)amer'fd)e  ^nftitut  am  fltennmeg 
aufgeladen;  bie  Äinber  in  ba§  neue  SOßaifentjauS  in  ber  Söäfjringerftrafjc  berfetjt. 
ty.  blieb  als  Pfarrer  am  9tennroege  jurüdE.  SDaS  ©Reiben  auS  bem  irjm  lieb 
geworbenen  SöirfungSfreife  inmitten  ber  Sßaifenfinber  ferjetnt  bem  ©reife  fef)r 
nalje  gegangen  JU  fein.  @r  träufelte  öon  biefem  2Iugenblirfe  an  unb  ftarb  am 
1.  3lpril  1786. 

QueEen:  ö.  geifert,  bie  öfterreicfjifdje  23olf8fd)ule.  ©cfdjid)te,  ©tyftem, 
©tatiftif.  1.  »anb  0)3rag  1800).  —  ü.  ^Itnett),  ®efd)id)te  «Diana  S^ctefia'8. 
4.  33anb  (Söien  1870).  —  t».  Söurjbad),  biograpf)ifd)eS  Sencon.  21.  Sfjeil 
(SBien  1870).  —  ®.  lieber,  Sgnaj  ^arfyamer'S  unb  gfranj  2lnton  SRarjei'S 
ßeben  unb  SOBirfen  (2Bien  1872).  —  T.opograpljie  öon  Wieberöfterreidj.  <£)erau8= 
gegeben  bom  Vereine  für  fianbeSfunbc  öon  9ticbcröfterretdj.  1.  23anb.  (2Bien 
1877.)  21.  ftelgel. 

^artSl):  3or)n  5ß.,  Kaufmann.  3U  Denjenigen  91otabilitäten  Hamburgs, 
beren  Sebeutung  nid)t  nur  in  itjrem  rDof)lerrDorbencn  fReid£)tr)um ,  fonbern  in 
it)tex  felbfterroorbenen  geiftigen  unb  moralifdjen  Gapacität  liegt,  gerjört  aud)  ber 
Obengenannte,  roetdjer,  obgleid)  fein  Hamburger,  aud)  fein  2)eutfd)er  bon  ©e-- 
burt,  bod)  langer  als  50  ^arjre  als  ein  guter  29ürger  Hamburgs  fiel)  betoiefen 
r)at.  ©eboren  im  DJcärj  1742  ju  Seit!)  in  ©djotttanb,  anfdjeinenb  feiner  f)er= 
öorragenben  Familie  entfproffen,  fam  er  faum  1 5 jährig  im  $.  1756  nad) 
Hamburg,  öermutljlid)  in  baS  .£>au8  unb  ©efdjäft  eineS  Ijier  etablirten  £anbS= 
mannS,  üieHeicfjt  eines  ber  s]liitglieber  ber  priöilegirten  Gnglifdjen  f^actorei  (ber 
fog.  Gourt).  2118  er  fpäter  fein  eigenes  .£>anbel§gefd)äft  grünbete,  trat  er  biefer 
©enoffenfdmft  nidjt  bei,  fonbern  30g  e8  öor,  bem  ©emeintoefen  al8  33ürger  an= 
jugeljören.  5Jlit  guten  'Otaturgaben  au8geftattet,  beren  ßultiöirung  —  aud)  olme 
bie  Seifjülfe  Ijötjerer  23tlbung§anftalten  (in  einer  öon  iljm  öerfaBten  ®taat§= 
fd)rift  erflärte  er  fpäter,  etroaige  gormfeb.ler  entfdjulbigenb,  bafj  er  niemals  eine 
anbeve  33ilbung§anftalt  al8  bie  ßomptoitfdjute  befud)t  rjabe)  —  il)n  balb  ju 
einem  flugen,  fenntmjjreidjen  Sßeltbürger  förbexte,  gelang  eS  iljm,  fein  ^>au8  3U 
einer  refpectabeln  ©rö^e  ju  ergeben,  unb  feiner  ^irma  eine  anerfannte  $epu= 
tation  Beftcn  Älange§  <ju  öerfdjaffen.  9tad)bem  fein  ^au8  nun  aud)  bie  allge- 
meine ©efd)äftSfrifi8  öon  1799  unerfd)üttert  überftanben  ljatte,  jäl)lte  e8  ot)ne 
^rage  ju  ben  folibeften  be8  Hamburger  ©rofjr)anbet8.  2)ie  Regierung  ber  2Jer= 
einigten  (Staaten  öon  9torbamerifa  r)atte  bereits  1793  bem  erjrenroertrjen  ^p.  itjr 
ßonfulat  in  Jpamburg  (beiläufig:  baS  erfte  feiner  2lrt  in  S)eutfd)lanb)  anöer= 
traut,  öon  roetd)em  Üpoften  er  jebod)  1796  freimiEig  jutüÄtrat.  —  ^m  ^.  1801 
befanb  fid)  Hamburg  in  großer  23ebrängnifj ,  inbem  bie  pl5|lid)e  S3efe^ung  ber 
©tabt  burd)  bänifdje  Gruppen,  bie  Siebroljung  be8  freien  6lböerfef)r8  burdj 
frembe  Ärieg8f d)iff e ,  fomie  bie  nur  ju  begrünbeten  ©erüd)te  über  eine  bemnäd)= 
füge  9Jtebiattfirung  unb  2lnneetirung  ber  9tepublif  Jpamburg  burd)  eine  ber 
mehreren  beuteluftigen  ^Ronardjieen ,  ben  Söeltljanbel  ber  ©tabt  ööüig  brad) 
legten.     2>em  ©enat  erfcfjien  e8  be§t)alb  angezeigt,   burd)  eine  geheime  9Jiiffion, 


Sparte  173 

unb  zwar  feines  Diplomaten,  fonbern  eines  facfjfunbigen  gewanbten  Kaufmanns, 
baS  ßonboner  (Sabinet  baöon  311  überzeugen,  tote  fetjr  GmglanbS  commeraetteS 
$ntercffe  babei  beteiligt  fei,  baß  Hamburg  fctjleunig  üon  ber  bänifdjen  £)ccu= 
pation  ertöft  werbe,  unb  ein  freies ,  fetbftänbigeS  ©emeintoefen  mit  anerkannter 
Neutralität,  auct)  ferner  bleibe,  wofür  QüngtanbS  SSermittelung  bei  beporftetjenben 
griebenStractaten  anzurufen.  SDiefe  9Jtiffion  übertrug  ber  Senat  bem  pfättig 
in  Sonbon  antoefenben  Sotjn  ty.,  welcher  bie  fctjwierige  Slufgabe  als  feine 
33ürgerpflict)t  willfährig  übernahm  unb  fie  mit  (Sefctjicf  in  taftüottfter  SBeife 
eifolgreictj  ju  löfen  öerftanb.  %n  einem  amtlictjen  Schreiben  brücfte  ber  Senat 
nact)  ^ariS^'S  £)eimfet)r  bemfetben  feine  wie  ber  ganzen  Stabt  ©antbarfeit  in 
anerfennenben  äöorten  auS.  —  %m  $.  1806  feierte  *p.  in  feiner  Söitta  3U 
Nienfteben  an  ber  fötbe  ein  feinem  50  jährigen  reictjgefegneten  2lufenttjatt  in 
Hamburg  gemibmeteS  $eft.  Gebern  jjer  jatjtreictjen  SLrjeUnetjmer  überreichte  er 
eine  beStjalb  geprägte  SDenfmün^e ,  welctje  in  ©aebectjenS'  SöerE  über  bie  <gmm= 
burger  ^Jtünjen  unb  5Jtebailten  (I,  194)  abgebitbet  unb  befctjrieben  ift.  2US 
entfctjiebener  geinb  ber  franjöfifctjen  Söetttjerrfctjaft,  War  er  ein  warmer  ^fteunb 
unb  53eretjrer  33lüct)er'S,  welcher  1806  als  Kriegsgefangener  in  Hamburg  lebte 
unb  ^ariSt)'S  ©aftfreunbfctjajt  genoß.  sJiacrj  bem  ^rieben  1814  ließ  iß.  eine 
Jowotjl  Hamburgs  Befreiung  anbeutenbe ,  als  SStüctjer'S  ^elbtjerrnrutjm  Pertjerr= 
tictjenbe  9Jtebaitle  anfertigen,  wetd)e  in  genanntem  ^JcünäWerl  (I,  195)  betrieben 
ift.  $n  bemfetben  ^atjre  gebadjte  JpamburgS  Senat  nochmals  s^ariSt)'S  tjanbeIS= 
politifctje  ^enntniffe  unb  Erfahrungen  ju  benuken,  inbem  er  ifjn  zum  53eige= 
orbneten  einer  nact)  ßonbon  beftimmten  9Jtiffion  ernannte.  2)oct)  fdjeint  5ß.  biefe 
(Stjre  abgelehnt  au  tjaben,  ba  fein  ättefter  Sot)n,  3otm  5ß.  jun.  beS  SSaterS 
Stelle  in  biefer  ©efanbtfctjaft  Pertrat.  —  Später  lebte  er  öorjugSWeife  in  @ng= 
lanb,  nactjbem  er  fein  Hamburger  üDomicit  aufgegeben  unb  feine  $irma,  fein 
Stabt=  unb  ßanb'tjauS  feinen  Söhnen  übertragen  tjatte.  Unter  biefen  wie 
fpäter  unter  feinen  (Sntetn  erhielt  baS  Pon  itjtn  gegrünbete  ^anbelStjauS  nod) 
lange  3eit  feinen  alten  ©lan^  unb  Würbe  erft  1842  aufgelöft.  —  ty.  ftarb  zu 
SSatt)  in  (Snglanb  im  ©ecember  1829.  —  Sein  9tame  lebt  in  Hamburg  noct) 
jefet  fort  in  feineS  (ümtelS  (StjarleS  SBittwe,  5t'<*u  2lugufte  ty.  geb.  ©obeffrop, 
ber  SSorfietjerin  beS  (Siebeting'fctjen)  weiblictjen  S3ereinS  für  3lrmen=  unb  ^ranfen= 
pflege,  fowie  in  einer,  armen  Scrjutfmbern  gewibmeten  milben  Stiftung  feiner 
1866  geworbenen  (Snfelin,  f$xl.  Jparriet  $ariSt). 

(3um  Htjeil  nact)  arctjiöatifctjen  Quellen.)  SSenefe. 

s^artr:  3ot)ann  $.  nennt  ftd)  ein  beutfctjer  35uctjbrucfer  beS  15.  Sat)r= 
tmnberts  in  £ouloufe.  ^war  wirb  als  fein  5lame  oft  auct)  ißariS  angegeben 
unb  als  ber  Ort  feiner  ©rucferttjätigfeit  wirb  —  unb  würbe  namentlich  in 
früherer  3?it  —  auctj  üEolofa  in  Spanien  bezeichnet.  S)aS  erfte  ift  ooEftänbig  un= 
begrünbet,  benn  unfer  sJtteifter  fctjreibt  fict)  immer  nur  $ßarij.  S)ie  anbere  3lngabe 
tjat  einen  Stüttountt  in  bem  Umftanb,  bafj  in  ben  Sci)tu^fcf)riften  feiner  5Drucfe 
regelmäßig  bie  (tateinifc^e  bejw.  fpanifdje)  NamenSform  X^olofa  ober  2olofa 
fterjt,  fowie  aucl)  barin,  baß  unter  biefen  ©rüden,  bie  fonft  alle  tateinifcrje  2ejte 
enttjalten,  auclj  brei  fpanifdje  fiel)  finben.  ^Ittein  für  bie  fleine  fpanifdje  *pro= 
Dincialftabt  ift  bieS  fo  wenig  beweifenb,  als  eS  bie  analogen  (£rfct)einungen  bei 
«Pari?'  SerufSgenoffen  in  Soutoufe,  ^einric§  «ülarjcr  (f.  9t.  ©.  35.  XXI,  95) 
finb.  2)afj  Pielme^r  auct)  ^ß.  fo  gut  wie  biefer  in  Soutoufe  brudte,  geljt  mit 
Sid§er^eit  auS  ber  näheren  3Bo^nungSangabe  „juxta  pontem  veterem" ,  bie  fiel) 
in  einem  feiner  ©rüde  finbet,  tjerPor.  SDenn  Wie  S)eSbarreauj=33ernarb  in  ber 
Sctjrift  „L'imprimerie  ä  Toulouse  aux  XVe,  XVIe  et  XVIIe  siecles,  2.  e"d. 
1868,  p.  27  unb  59  mitteilt,  tjat  eS  in  Soutoufe  mehrere  Ponts  vieux  gegeben 
unb  ejiftirt  bort  ^eute  noct)  eine  Rue  du  Pont  Vieux,  wätjrenb  öon  2otofa 
9ler)ntid)eS  fiel)  nietjt  nact)Weifen  läßt.     9luct)  auf    ben   anbern  Umftanb   möcrjten 


17  1  $'«!& 

Wir  aufmerffaut  machen,  baji  in  einem  bon  $arir  üDruden  (ber  „Legenda  aurea" 
be§  £jiacobu3  be  SBoragine,  s.  a.)  ein  ..professor  fidei"  Sfacobi  als  (Jorrcctor 
borfommt.  3tn  Xotofa  l)at  e8  nie  einen  ..professor  fidei"  gegeben,  woglabet  in 
2outoufe,  wo  an  ber  Unibetfitüt  eine  tbeologifdje  Tyacuttät  beftanb.  5Dafj  an 
biefe  ©tabt  and)  bei  bem  „Xfyotofa"  ber  Sßatij'fdjen  ©ttttfe  }U  benfen  ift ,  ftetjt 
fomit  aufjer  5rage.  2öie  lange  aber  $.  in  jouloufc  als  33udjbruder  tfoätig 
gewefeu,  ift  weniger  fidjer.  Sein  "Jtame  fommt  überhaupt  nur  auj  SDxucten  bei 
jjatjte  1479,  1480  (bielleidjt  aud)  1481)  nnb  —  in  SSctbinbung  mit  beut  fonft 
unbefannten  Bruder  ©tepban  Gtebtat  —  1489  bot.  (Jva(fd)  ift  bie  9tatnenS> 
form  Cvlebat  für  beu  Oöenoffeu  beS  5ß.  nnb  untid)tig  ift  eS  aud),  Wenn  oben 
58anb  XXI,  ©.  95  gefagt  ift,  ber  ßefetere,  $.,  Ijabe  bi§  1486  gebrudt.)  Vlber 
Wie  [ebenfalls  in  ber  ^roifcfjeiMcit  Jtmfd&en  ben  genannten  $ar)ren,  fo  ift  er  möglicher 
SBeifc  and)  bor  nnb  nadj  benfetbeu  tfjätig  gewejen.  Si'Sbefonbere  ift  eS  burdj= 
aus  nidjt  ausgcfdjtoffen,  bafj  bie  fünf  otjue  Bejcidjnuug  beS  ©rudetS  erfdjienenen 
SEoutoufer  ©rutfe,  meldje  ©eSbarreauj-SBernarb  a.  a.  D.  3.  ;>-"»  ff.  ou8  ben 
Sagten  L476  117'.»  unter  bem  litel:  „Les  ouvriers  de  Schoiffer  (?)"  auf« 
fütvrt ,  aus  beS  4>.  treffe  fyerborgegangen  fiub,  wenn  fie  gleid)  anbere,  ältere 
%\)pcn  aufweifen.  5p.  wäre  in  biefent  gfaH  ber  ^rotott)pograpt)  bon  Souloufe. 
«ipieöon  abgefefyeu  beträgt  bie  Qafjl  ber  SDtuÄe,  toeldje  fei  eS  nadj  ber  Sd)lufj= 
fdjriit  fei  es  nad)  hm  £t)pcu  biefem  3Jteiftei  juge^ören,  nad)  ber  Vtufnifylung 
bei  S)e86aneauj'©etnatb  (bejto.  bei  s3Jteube,5,  f.  weiter  unten)  jelju.  (3fn  einem 
berfelben  nennt  fid)  %  3fo^anne8  X§eutonicu8,  toeldje  SBejeidjnung  alfo  feineS« 
Weg§,  wie  bieljad)  gcfchicfyt,  an]  einen  anbetn,  fonft  unbcfauuteu  sJJteifter  ju 
be^ietjen  ift.  i  .fterborgeljobeu  mag  unter  biefeu  üDrurfen  beS  2lngelu8  be  @atn> 
biglionibuS  bc  2lretio  Lectura  super  titulo  de  actionibus  institutionum  1480 
werben,  \vcld)t  ©eS&arreauj-SJetnatb  a.  a.  £>.  ©.  5  I  eines  ber  fdjönftcn  2)rud= 
Denfmate  3franfrcid)S  aus  ben  Anfängen  ber  SBudjbrucfetfunfi  nennt.  5$jk  genannte 
^atjt  bejeicrjnet  übrigens  nidjt  fänuutlidje  (Stjeugniffe  bon  ^arir  treffe.  Slu8 
if)t  ift  gemifj  nod)  mand)er  ber  unbatirten  louloufer  2)tude  (f.  BeSDarreauj« 
Sßetnatb  a.  a.  D.  @.  64  ff.)  tjerborgegaugen ;  bon  mit  bes  5Jteiftet8  Flamen 
gewidmeten  aber  fiub  bem  erwähnten  Bibliographen  [ebenfalls  jttjei  entgangen, 
be8  SJincente  SÄtiaS  be  Batboa  „Comentarios  sobre  el  Ordenamiento  de  Alcala", 
3af)r  unbefauut,  (f.  Tyv.  SJlenbej,  Tipografia  espanola  2.  ed.  corr.  etc.  por  1>. 
Bidalgo",  1861,  p.  292)  nnb  beS  SPetruS  be  Dfoma  „Commentaria  in  Sinbolom 
[sie]  quieunque  vult,-  s.  a.  (f.  ?(.  Cüaubin  „Origines  de  l'imprimerie  a  Albia, 
1880,  p.  64  sq.  Xot.  3),  S)rudc,  Wetd)e  aud)  baburd)  bemerfcnSwertt)  fiub,  bafj 
in  i{)nen  (iebenfaüs  im  jweitgenannteu)  neben  bem  Flamen  beS  ©ruders  aud) 
ber  Ort  feiner  .«perfunft  angegeben  ift,  nämlid)  ^eibclbevg.  9Tuf  biefe  Icl.Ucre 
^Jlotij  bejdjränft  fid)  jugteid)  attcS,  wa§  Wir  über  bie  perfönlidjen  Ber^ciltniffe 
beS  »Ulanne8  wiffen.  2Bir  fönnen  b^öd)ftenS  nod)  auS  bem  sJtid)tborfommcn 
feineg  Samens  in  ber  .^eibetberger  unb  mancher  anbeten  UnibcrfitcitSmatritet  mit 
einiger  Söarjrfdjeinlidjfcit  ben  ©d)tu^  ^ieljen,  ba|  er  nid)t  ju  ben  geteerten 
Bud)brudern  3ät)tte  unb  ba^  baS  93cagifter,  wetdjeS  er  bor  feinen  "Jtamen  fe^te, 
nur  ben  Reiftet,  nidjt  ben  Magister  artium  be,^eid)uet.  ^Jlöglid) ,  ba%  er  aus 
einer  ber  IJcainjer  S)ruderwer!ftätteu  b^erborgegangeu  ift,  wiewol  eS  l)iefür  nad) 
bem,  waS  wir  nun  über  feine  Heimat  wiffen,  feine  Sebcutung  mef)r  fjat,  ba§ 
ber  9came  «Paris  (  =  5parij?),  wie  b.  b.  ßinbe  „®efdjidjte  ber  (Srfiubung  bet  üßudj» 
bruderfunft",  1886,  III  ©.  717  mittfjeitt,  in  iütaina  borfommt.  Sunt  6d)tu^ 
muffen  wir  nod)  baS  ©ignet  erwäfjncn,  baS  in  beS  $.  Dtnden  aus  ber  ;-',eit 
feiner  Berbinbung  mit  ©tepfjan  dteblat  fid)  finbet  (borf)cr  fdjcint  er  feines 
gehabt  ju  fjaben).  (SS  ift  auf  fd)War,jcm  ©runb  ein  wei&cS  Äreuj  mit  jWei 
Duerbatten  unb  einem  ©tern  unter  beufclbcn.  3In  ben  gu^  beS  ÄreujeS  lehnen 
fidj    bie    'DJconogramme    ber    ©tudet    an;    aber    wäfrrenb    linfS    gauj    beutlid) 


^artaei  —  <j3arfentin.  175 

S  unb  C  ju  tefen  ift,  ftebt  rectjtS  ein  eigentbümlicrj  geformtes  J  unb  ein  ganj 
unberfennbareS  R,  ntcfjt  ein  P;  t)öd£)ften§  tonnte  man  fagen,  bafj  in  bem  R 
aud)  baS  P  ftedt.  Unb  merftnürbig ,  baSfelbe  Sonogramm  (J  R),  roieber  mit 
bem  eigentümlichen  J  unb  mieber  an  ein  meifjcS,  menn  aud)  etmaS  anberS 
geformtes  unb  anberS  gefteüteS  ßreuj  mit  gtoei  SSalten  angelehnt  ftnbet  fid)  in 
ben  ©rüden  beS  $ob.  9lofenbad)  (f.  3Jtenbea  a.  a.  £).  ©.  60),  ber  bon  1494 
ab  in  ^Barcelona  unb  anbern  Orten  ©üanienS  als  Sßudjbruder  ttjätig  mar. 
9cebmcn  mir  baju,  bafj  aud)  9tofenoadj  £>eibelberg  als  feine  Heimat  bejeicrjnet, 
fo  liegt  in  ber  Zx)at  ber  ©ebanfe  narje,  bafj  jroifdjen  5ß.  unb  itjm  irgenb  eine 
Sejiebu.ng  befielen  muffe.  ©urefi  SBergteidmng  bon  9iofenbacr)S  ©rüden  tiefte 
ftcb  bieS  bietteid)t  be§  Dcätjeren  feflfteHen.  ©a  unS  folebe  aber  niebt  p  ©ebote 
fielen,  fo  möge  eS  genügen,  tjier  ^um  erften  9)cale  auf  bie  auffattenbe  (hfdjeinung 
tjingemiefen  ju  tjaben. 

23ergt.    bie   oben    genannten  ©djriften   bon  ©e§barreau£  =  23ernarb    unb 

5Jtenbeä,  in  roeldjen  man  aud)  9tebrobuctionen  aus  Sßarir/  ©rüden  unb  aroar 

bei  ©eSbarreauj;--23crnarb  Staf.  15  gig.  2   unb  bei  sjJtenbej  ©.  379   baS   be= 

fpiocbene  ©rudermabben,    bei   (öfterem   Staf.    1    ff.    aueb  äöaffer^eidjen    unb 

Staf.  7  unb  8  £t)penpro&en  finbet.  ©teiff. 

^artjef:  Stlejanber  ty.  (nacb  2öuräbacb  ift  ber  9tame  in  ben  cjectjifc^en 

Schriften  spariflef  gebrudt,  maS  ^arjiäef  ju  fpredjen  ift),  fatrjotifeber  ©eiftlidjer, 

geb.  äu  «ßrag    am    10.  9tobember  1748,    f  bafelbft   am  15.  Stbrit  1822.     @r 

ftubirte  bie  ^umaniora  in  Sefuitenfcßuten,  trat  mit  17  ^abren  ju  Seitmerüj  in 

ben   ©ominicanerorben    unb    ftubirte    bann   Stbeologie    ju   23rünn   unb    5prag. 

Ütacrjbem  er  einige  geit  Äatedjet  in  Sßrag  gemefen,  tourbc  er  1783  ©irector  ber 

^aubtfdjule  in  Ätattau.   2US  baS  bortige  ©ominicanerttofter  aufgehoben  tourbe, 

rourbe   er  äöeltgeifttidjer.     3luf    bie   (Smbfebtung   beS  23ifcbofS   Äinbermann   (f. 

21.  ©.  33.  XV,  758)   mürbe   er   1791    jum   ©irector   ber   «Präger  Wtufterfdmle 

ernannt.     1798  mürbe  er  (£brenbomt)err  in  Seitmeritj,  1802  ju  ^3rag  Dr.  theol. 

honoris   causa,    1811    ©ecan    ber  fraget    ttjeotogifcben   gacultät,    1816    in= 

futirter  5ßxälat,      @r    bat    mehrere   bäbagogifdje    unb    erbaulicbe   ©ebriften   iu 

beutfeber  unb  cäecfjifcber  ©bradje  beroffenttiebt.   ©eine  „(Jrflärung  ber  fonn»  unb 

fefttäglicfien   ©bangelien  für   ©djjulen"  l)at  fünf,   bie  „Srflarung   ber  ©pifieln" 

jmei  Auflagen  erlebt.     2tucrj  feine  (Sebetbücrjer,    „©ebetbuet)  für  grauenaimmer" 

unb  „SBeg  jur  ©eligteit"  maren   früher  in  tatr)oüfd)en  Greifen  febr  berbreitet. 

5ß.  tjat  aud)  einige  Neffen  unb  anbere  ©acben  für  Äirdjenmufif  combonirt  unb 

niete  geidjnungen  unb  einige  ©emätbe  tjinterlaffen. 

Söaifeenegger,  <Bd.-2tp.lon,  2,  84.  —  SButabacb,  Sextfon  21,  314. 

Oteufcb. 
$ar!entilt:  So  bann  b.  5ß.,  aud)  35  erf  entin  gcfd)tieben,  auS  ber  be= 
fannten  ljoifteinifcfi  =  Iauenburgifcrjen  9titterfamilie ,  mar  als  ^oljanneS  V.  ber 
26.  33ifcfiof  oon  9ta|eburg  unb  ^tacfifolger  feines  am  21.  ^aimar  1479  ber= 
ftorbenen  Vorgängers  Sob^auneS  IV.  ©tatfoper  auS  äöiSmar,  ber,  obmobt  im 
$erucbe  in  23efi^  ber  ©olbmad)ertunft  ju  fein,  fein  23i§tbum  ftart  berunter= 
gebracht  blatte.  5)5.  gelang  eS  buret)  ein  meift  gutes  Serbättnifj  ju  ben  ^eräogen 
non  5Jtcdlenburg  unb  ©act)fen  =  Sauenburg  fein  fteineS  biet  angeftritteneS  ©tift 
(baS  beutige  medtenburg=ftreti^ifct)e  gürftentfium  9la|eburg  mit  ca.  20  000  @iu= 
mobnern)  bebeutenb  p  t)eben,  aud)  in  feinem  grofjen,  nodj  in  5Jledtenburg 
3mifd)en  SöiSmar,  Stbena  (an  ber  Stbe  bei  ©ömitj)  unb  ber  @tbe  belegenen 
©brengel  mieber  feine  Slecrjte  jur  Ausübung  3U  bringen,  obmob^t  ein  5priefter 
ju  ©raboto  eS  roagen  tonnte,  bon  einem  bifd)öflid}en  ©biete,  9JtaIöafier  bei  ber 
ßelebrirung  ber  5Jteffe  3U  gebrauct)en,  an  ben  medteuburgifdjen  ^»erjog  ju 
apbettiren!  (£r  mürbe  in  33et^eiligung  gebogen  bei  bem  befannten  ©ternberger 
^oftienproceB ,   ber   1492   ^ur  Verbrennung   bon    27  3u°en    in  ©temberg  unb 


176  ^atlebetg. 

bcS  «ßxieftetS  $eter  Säne  (f.  21.  ©.  33.  IV,  726)  1493  in  9toftod  führte,  unb 
in  bie  ©treitigfeiten  ber  9toftoder  Slomfeljbe  1486 — 91.  2U§  friegfürjrenbeä 
9JHtglieb  natjm  er  ttjeil  an  ber  Perroüftenbcn  ßübed  =  93iedlenburger  getjbe  Pon 
1505  —  1507  megen  ber  gieret  auf  ber  ©tepeniü.  25aS  2Bid)Hgfie  feiner 
SStfdjjof^eit  ift  bie  Umänberung,  transmutatio,  be§  ütatjeburger  ©omcapitelä, 
meldje  burd)  eine  5ßufle  ^apft  3uliu§  II.  üom  22.  «Dtai  1504  erfolgte,  ©eit 
ber  ©rüubung  beä  ©tifteS  1158  (ober  1154)  tjatte  baä  (Sapitet  burd)  23ifd)of 
(SPermob  bem  ^l'anionf^'atenferorben  angehört  unb  mar  biö  bat)in  in  ber 
mönctjifcrjcn  £)rganifatton  unb  bei  ber  meinen  5prämonftratcnfertrad}t  geblieben. 
(Jrft  feit  betu  SBifdjofe  ©talfoper  mar  ein  ffiejietjen  getrennter  Gurien  unb  ba8 
fragen  eine§  blauen  UeberrodeS  (almutium)  eingetreten;  1504  rourbe  bann  bie 
Sermanbtung  in  ein  meltlid)c§  ßrjorrjerrnftift  burdf)gefül)rt.  ^>.  mar  angeblich 
ein  ©ot)n  be§  2)etleü  0.  !p.  auf  Sütgcnt)of ,  er  ift  feit  1460  nadjmeiöbar  alä 
(Sanonicuä,  jum  33ifdjof  miube  er  geroätjlt  am  31.  Januar  1479,  ftarb  am 
15.  Suni  1511  unb  mutbc  im  Som  begraben.  211$  fein  sJtad)fotger  rourbe  am 
28.  3iim  ferjon  ^einrid)  (III.)  23ergmcicr  (23ergmepger,  33erf=,  SSarfmetjcr), 
f  am  2.  £ctober  1524,  geroätjlt;  uiebever  2lbfunft  auö  Hamburg,  im  ©djreib= 
bienfte  beä  ^cr^ogö  ^orjann  oon  Sauenburg  in  bie  ,g)ör)e  gefommen. 

2lu3füt)rtid)e  ©arftettung  mit  DueHennatfto. :    ®.  W.  6.  «Dtafcf),    ©efetj. 
be8  SBiSt.  fltatjeburg.  ©.  371—408.  --  s£ottbaft,  Bibl.  ©upplem.  ©.  431. 

Traufe. 
s4>ni*leberfl :  Siotjann  5p.#  ©eiftlicfjer  unb  UniberfitätSlerjrer  für  tömifdjeS 
unb  canonifcrje§  Stecht,  au<6  einer  alten  ©tralfunber  Sßatriciexfatnilie,  Don  roeldjer 
mehrere  ÜDlitglieber  in  *$rag  (1377-  86)  ftubirten  unb  atabemifdje  ©rabe  er= 
Warben,  mar  ber  ©of)n  be§  ©tralfunber  Ofatf)St)errn  2lrnolb  ty.  (1453—76), 
au§  beffen  erfter  @t)e  mit  *Dhmtefe  8i8foto,  überfiebelte  aber  in  ber  sJJtitte  beS 
XV.  3at)rt)unbert3  niit  mehreren  ©efcrjroiftern  nad)  ©reijöroalb ,  mo  fid)  feine 
©djmefter  9)targarete  ty.  mit  sUcatljia3  ©leroing,  au§  einer  alten  burd)  Stiftungen 
namtjaften  gamilie,  tiermätjlte  unb  fein  Sßruber  ^ermann  %  oon  1476 — 89 
bie  Ütatrjäljerrnmürbe  befleibete.  @r  felbft  rjatte  jur  3eu  oel*  ©rünbung  ber 
©reifsroalber  Uniöerfität  unb  be§  mit  biefer  uerbunbenen  2)omftifte£,  feine  ©tu= 
bien  ferjon  beenbet  unb  bie  brei  ©rabe  in  ber  2lrtifteufacultät  bereite  erworben, 
bemjufolge  er,  bei  ber  (Jinroeirjung  beiber  ß'örpcrfdjaften,  am  19.  ßctober  1456, 
als  9ttagifter  immatricutirt  mürbe,  unb  am  12.  3funi  1457  bie  SBürbe  als 
£)omt)err  bei  ber  Wicolaifirdje  empfing,  anfangs  93titglieb  ber  2lrtiftenfacultät 
roirfte  er  in  biefer  (1456—57)  als  (Sjaminator  unb  üDecan,  mibmete  fid)  aber 
<ju  gleicher  ^eit  aud)  juriftifdjen  ©tubien,  unb  rjörte  bie  SBortefungen  Pon 
3)ietrid)  3u*ora  uno  ©eorg  äBatter  über  römifc^eg  unb  canonifdjeä  9?ec§t. 
^iadjbem  er  bann  in  beibeu  9ted)ten  bie  unteren  ©rabe  ermorben  Ijatte,  erhielt 
er  (1461)  eine  orbenttierje  ^ßrofeffur  für  römifd)e§  9iec^t,  unb  fdjenfte  bei  feinem 
Abgänge  au§  ber  2lrtiftenfacultät  an  beren  33ibtiott)e£  mehrere  2ejte  unb  6om= 
mentare  ^um  SlriftoteleS.  $n  ber  i$olq>t  (1468)  jum  Doctor  legum  promoPtrt, 
empfing  er  bie  obere  Seitung  ber  ^uriftenfacultät  unb  Perroaltete  (1466 — 82) 
toiebevrjolt  ba§  Sdectorat.  ^n  biefer  3e^  roai'  f"n  Stuf  al§  9ted)t2Sgelet)rter  fc^on 
fo  anerfannt,  ba^  bie  pommerfetjen  ^erjoge  6ridj  II.  unb  SBarti§lam  X.  irjn, 
mit  mehreren  ritterf^aftlid)en  unb  ftäbtifc^en  Slbgeorbneten,  im  October  1469 
nad^  s4>etI^au  3um  Könige  ilafimir  IV.  üon  ^>olen  fanbten,  bamit  er  gegen  bie 
Slnfprüdje  ber  5Rar!grafen  Pon  33ranbeuburg  auf  ba§  erlebigte  ^erjogt^um 
(Stettin,  !§infid)tüd)  melier  ein  fd)ieb§rid)terlid)er  ©prucrj  Dom  polnif($en  .^)errfd)er 
erbeten  mürbe,  bie  9tect)te  ber  Söolgafter  Sinie  oermöge  feiner  juriftifdjen  ^ennt= 
niffe  Perttjeibige.  2ll§  bann,  infolge  ber  Pon  feinen  3lmt§genoffen  5Ratl)ia§ 
P.  SBebet  (1465),  fotoie  Pon  ©eorg  SBalter  unb  ^atoSlam  Sßarnetom  (1471) 
Por  f5^iebric§  III.  ju  9legen§burg  geführten  ä^nlict)en  SSerljanblungen,  ber  ßaifer 


Sßarlet.  177 


bie  ftxeitenben  Parteien  au  einem  5ßexgtet«e  na«  »ötele  bet  ©«toebt  beneT, 
Urin iW  Sie  4tgaftex  W-  neben  ©ecxg  Söaltex  unb  £exmann  ©«  ub= 
toa4tet(H72)  au  «  bux«  Spornt  $.  öextxeten,  unb  exma«tigten  «n  au« 
für  Müetuna  be3  am  80.  9tä  1472  3mijd)en  ^ommexn  unb  bex  Warf  ge* 
S  einen  Ixhbenl  ju  ^euala«.  Ka«  aßaftet.  lobe  (1475)  ext-iett  ex  bie 
^"©tette    eiueS  DrbinattuS    bet  Sutiftenfacultat,    al*    toel«er    er    über   baB 

bie  Slnnat  n   ber   Unibexfttat   ju   führen   f)atte,    unb   futj juüot  (1474)     na« 
SeinriÄotD'8  sen.  Sobe,    au«   bie   äßürbe   bei  jkänoutu8  an  ber  ftuoto 
loÄf    ^it  biefer  2ßirffamfeit  bereinigte  er  no«  ein  ganomeat  in i  Stettin 
Kmt«  eines  SBi  efanaletS  unb  ©ubconfetoatotB  ber  Untjetntat,  lohne  emeB 
fuxftSn  ÄeS   unb  ©\nbicu8   Beim  ßamminet  ®omcamtet.  _  3«  Mf    Z 
ffi&en    © tettunfl    rjatte    er    miebexfplt    ©elegenrjeit     eine    rä"bSu«tettt« 
Safeit  auszuüben     jotoie   bie   üommexf«e   ®eiftti«feit  m   «reu  9te«ten  3u 
Ä    a    bexmit  elte   er  in  bem  $toceffe    ^if«en  bem  »ector  ptoT.  3* 
Sunb  bem  r^e,  foroie   in   ben  ©txeitigfeiten  5*if«en  bem  Süxgexmettfex 
1      ©«mitelm  I.  unb  bet  Mvtffaft,  unb  p^,^^«1^ 
hefi  afabemifäen   goncilB   (1481-83);    anbetetfeitB  ptoteititte    ei  (1481-82), 
*tom£m™"it  bem  übrigen  bommexf«en  glexu8,  gegen  bte  «n]«tiß  Jörn 
SaX  S?oqene  2öat)t  be8  33if«oi8  Marino  be  ^xegeno  öon  gammin,  f«u|  e 
Ibfn    So«  Segen  bie  an  irmi  in  ©xeifBroatb  bexübten  ©emalttrjaten,   tooTüt 
bex sScfi      au8  Janfbaxfeit   bie   Sßxibilegien   bex  >Jticotai*2omhx«e   bexmerjxte. 
aiaemein  aeaÄtet  unb  öetefrt  ftarb  *.  am  9.  3uli  1483,   unb_  toutbe  m  bet 
Sai  ix«f  bittet,    in   »et«»    fein  ©xabftein  no«  ehalten  «. JW  ferne 
Set  unb  fe  ne%«8   na«  ©•  ©alter 8  Soxlefungen,    t$etlS  lettltanbiß   ße- 
Ät?n   «otteflien^Äe,    mel«e    na«   ieinem  2obe   ^t  am  Jemen  S«u 
«Jon Weitof  fl    2t    ®.  SS.  XXI,  218)  unb  ben  Sombrebtger  gu-exrjaxb  ©xotljuB 
übergingen,  bejxnben  M  im  Mb«  »ei  ber  ^otaiftr«e 

Wen:    gegarten,  ©e)«.  bex  Um^I    89    93-95,    11,180     lob. 
»alt.  ©tubien,   XVI,  2,  ©.  73-129;    XX,  2,  ©.169  IT-  -  W.  V™_ 
©eneatogien  II,  260-296;  ©eirf,^ ber  &«T»»albet  tojn      1 2   813-817. 
-  ®innie8,  stem.  Sund.;  Mon.  Prag.  I,  246,  282,  179,  II,  125.    ^ 

taler   ober   bie  gamitie  ber   Weiftet  öon  ©münb.  -  n*®™®™*£ 
unter     ©münb''  nur  baB  toi«tigfte  ©lieb  biefer  gamilie    *ße  Ux    njjet  bejubelt 
ba     er'i«dnt  e8  JwiImatfB,  Vt  unter  parier"  eine  Uebetn«t  über  bie  gan.e 
Wie  mgeben     ©idjet  ift  ireiti«   ber  3uname  parier  nur  bei  getet  felb,t 
bei  bem  er  au«  bon feiner  anlangten  ^arlierftetlung  frommen   formte    unb 
b     bL  ©öbnen    fomie  bei  f  inem  SBtubet  3Ri*aeI.    Sagegen  bleibt  bie  ^rage 
bber1^ ©tamSW  öeinri«  au«  f«on  parier  unb  ni«t  ™«W™$t 
ebenfo  im  ©treit   rote  bie  anbere,   roo^er  er  itammte,  jolange  ton  feine  absolut 
SäSe  gn  «eibung  übex  ben  uxfpxüngli«en  Söoxttaut  bex  » :  bei ^ 
E    ZI  Weitex8   «Betet   im  Sxijoxium   be8   S)ome8   au  $xag  Ijaben.    SRtt 

f«to|n  exf«einen,    unb   bie  ßunftgej«i«te  toütbe  am  beten  tt)un     ^^ 
ben  iitel  l^ceiftex  bon  ©münb"  fut  bie  ganje  gamitte  ]tatt  be8  itxeittgen  Ätiei 

°bet  IT***  fÄer©lieb  bex  gamttie  ift  bex  Weiftex  §einxi«  (L)  Wer 
x  S*L  hPr  Z tet  üo n  Weiftex  Betet  na«  bet  beteit8  ettoä^nten  «tut, 
Sgu«  l bVn  Ä  "«S  '««14t,  %  in  biefex  3nf«xiit  ux»« 
de  polonia  obex  de  bolonia  obex  de  colonia  äu  (e  en  »at.  gta  b,a8^"X; 
n«  tebex  entf«ieben,  unb  i«  fetbft  b.abe  ib,m  ixüb^ex  auÄefhmmt    g8  #  abex 


3tEgem.  beutfe^e  58iogtafct)ie.    XXV. 


178  parier. 

bod)  nidjt  3U  Oerfennen,  bafj  bic  nad)roei§baren  Gölner  SBejiebungen  ber  gamilie 
eigentlich,  erft  in  bie  Sebjeit  f  eineä  <Sotme§  $eter  fallen ;  unb  e§  füridjt  öiel  für 
bie  befonber§  Don  Cr.  *ßaulug  Vertretene  2lnnabme,  ber  9fteifter  fei  Oon  33oulogne 
gebürtig  gcroefen,  toeil  ber  ©münber  SSau  feinerlei  ©influfj  bei  Gtölner  ©tit3 
üerratbe,  bie  maforfcbeinlid)  auf  ©lieber  ber  ^amihe  D°n  ©münb  jurüdgeftenben 
Söauten  in  Reutlingen  unb  9tottroeit  aber  entfdjieben  franaöfifebe  2lrt  an  fiel) 
haben.  2Jletftet  Heinrich,  mar  tt)ätig  in  fdjroäbifd)  ©münb  (früt)er  9teid)äftabt, 
jetjt  £)berami§ftabt  be§  Äönigretdjä  SBürttemberg),  bietleicfjt  fdjon  um  1333, 
jebenfatl§  aber  um  1356,  unb  ift  jetjt  fo  gut  al§  urfunblidj  erroiefen  alä  ber 
sJJteifter  ber  t)errlid)en  ^peiligfreujfirci)e  in  ©münb  burd)  einen  Eintrag  im  Anni- 
versarium biefer  $farrfird)e  in  bem  um  1520  angelegten  ^farrbud)  Oon  ©münb 
(im  Sefitj  tion  Gommerjienratt)  3ut.  Gürtjarb  bortfelbft)  fol.  21b.  SDort  lieft  man: 
Anniversarium  Magistri  Hainrici  architectoris  ecclesie  peragetur  In  die  saneti 
Galli  (=  16.  Dct.)  cum  1  tt  (1  ^funb  fetter)  ad  vigilias.  SDie  $ird)e  ttmrb 
im  Sljor  1351  begonnen,  bie  GHnmeitmng  1410  r)at  ber  'üfteifter  natürlich.  nid)t 
mefjr  erlebt. 

(Sin  trüber  Oon  'üJleifter  £>einrid)  I  unb  namengebenber  Otjeim  für  beffen 
©ofjn  $eter  fönnte  geroefen  fein  ber  steiftet  s^eter  ber  ©teinmeb,  üon  9teut  = 
lingen,  auf  beffen  Xob  1359  eine  (Stiftung  in'ä  Softer  Sebenljaufen  Oerfiel. 
3f)m  fann  ber  2Ibfcf)lufj  be§  23aue§  bet  IWtarienfirche,  roeldje  1343  öottenbet 
roorben  fein  fott,  unb  ber  Anfang  ber  infdjriftlid)  1358  begonnenen  9tifolau3= 
faüelle  (jefet  fatljolifcber  Äirc&e)  in  Reutlingen  pgefdjrieben  merben.  2)af$  er 
SSejietjungen  jum  S-Öau  beä  ©ommerrefectoriumg  in  Sebenbaufen  (1335)  gehabt 
hätte,  roirb  üon  6.  ^autu§  befttitten.  S)ie  Gsingtieberung  biefeä  9Jteifterä  in 
unfere  gamilie  ift  um  fo  maf)rfcbeinlid)er  gemorben,  naebbem  neueftenä  an  ben 
fpäteften  Steilen  bet  2Rarienfird)e,  ber  SBeftfeite,  ©teinmekjeidjen  entbedtt  roorben 
finb,  meldje  eine  üttjätigfeit  Oon  ©liebein  ber  ©münber  ^amit"  an  biefem  23au 
erroeifen,  bi§  jetjt  allerbingä  nur  ©cfellenäeichen. 

9118  ber  ältefte  ©otm  beä  Jpeinrid)  I.  erfdjeint  mir  ÜJleifter  ^ot)anne§ 
toon  ©münb.  2)ie  9lnnat)tne  Oon  $aulu§,  ber  9Jteifter  $ohanue§,  ber  am  SBau 
be§  1343—1348  ausgeführten  Qtboreä  im  Ailofter  ^roettl  genannt  mirb  (f.  2)om. 
Stüanjo,  3lt,ettl  unD  Wne  9teftaurirung£beftrebungen,  in  ben  23erid)ten  unb  9Jtit= 
Teilungen  beä  9Xtt.=Söer.  ju  äöien,  s^3b.  XXII,  ©.  30,  1883),  fei  unfer  ©münber 
9Jtei[ier,  roirb  burd)  bie  aBafjrnetjmung,  ba|  ber  ©runbrifj  be§  6t)ore§  in  3t°ettl 
unb  feine§  ^apellenfranäe§  fid)  mit  bem  be§  Gtl)ore§  ber  ©münber  |>eitigfreua= 
firdje  bede,  fet)r  empfohlen.  Urfunblid)  fid)er  treffen  mir  ben  ^Reifter  unb  feine 
f^rau  ßatfjarina  in  Safel  1357—1359.  (Sr  leitet  ba  ben  burd»  ba§  (Srbbeben 
Oon  1356  nottjroenbig  gemorbenen  äöiebeitjerftettungsbau  be§  5Rünfter8,  in§be= 
fonbere  be§  6t)ore§  (Ogt.  Sa  9tod)e  in  ben  Setträgen  5.  ©efd).  b.  23a§ler  3)^ünfter§; 
III.  S)a§  fünfter  Oor  unb  nad)  bem  (Srbbeben,  33afel  1885).  31m  8.  Januar 
1359  aber  tourbe  ^orjanne§  Oon  ©münb,  „einSBürger  Don  Driburg",  $ur  ßeitung 
beS  1354  angefangenen  ßtjorbaue§  am  fünfter  in  greiburg  im  23rei£gau  angeftettt. 

21I§  feine  ©ötme  merben  anjufet)en  fein: 

a)  9Mfter  ^Jtid^ael  Oon  greiburg,  2öerfmeifter  be§  S)om§  ju  6tra|- 
burg  1383—1385,  Oermuttjlid)  nad^  bem  £)r)eim  9Jtid)ael  (f.  u.)  genannt  unb 
Oon  greiburg  getjei^en,  roeil  ber  Sßater  je^t  bort  fe^tjaft  unb  ber  ©ofjn  bort 
geboren  mar. 

b)  «üieifter  3for)ann  Oon  g^ei^urg,  unter  bem  Flamen  Giovanni  da 
Firimburg  1390  al§  einer  ber  beutfd)en  2Ber!meifter  am  S)om  3U  sIJlaiIanb 
genannt  unb  matjrfdjeinlid)  ibentifd)  mit  bem  bafelbft  ermätjnten  „3{or)ann  bem 
®eutfdjen",  bagegen  3U  unterfdjeiben  Oon  bem  Anni  (Annes,  =  <£>an§)  de 
Fernach  bafelbft.     ©in   ©obn   be§  Soljaun   Oon  fyreiburg   fönnte  fein:   ^Reiftet 


'■Parier  179 

Pietro  di  Giovanni,  au§  greiburg  gebürtig,  Dberbauöt  ber  glitte  am  3)ombau 
au  Oröieto  1402  (f.  Ottc,  $anbb.  b.  fircbl.  Äunftard&äol.#    5.  Stuft.   II,    525). 

steiftet  «peter  öon  ©münb,  in  Sßrag  meift  ^eter  parier  genannt,  auf 
ben  Don  ibm  ober  unter  feinen  Slugen  gefertigten  $nfdjriften  magister  petrus  de 
gemunden  lapieida:  geboren  1338,  öietteidjt  in  ©münb,  1356—1398  S)ombau= 
meifter  in  $rag,  t  in  $rag  um  1398.  lieber  itjn  unb  feine  SBerfe  bat  ©rueber 
oben  23anb  IX,  ©.  275  ff.  auSfübrltcb  gebanbelt.  3d}  glaube  öon  it)m  barin 
abroeieben  ju  follen,  bafe  id)  ben  9Jteifter  'ißeter  roobl  als  23aumeifier,  SSilb&auer 
unb  S3ilbfd)ni|er  anfebe,  nicfjt  aber  auc^  als  SJialer  (btoS  barum,  roeit  einige 
jetner  ©tatuen  bemalt  finb)  unb  nierjt  auefr  als  ©raöeur  unb  ßifeleur.  SDer 
©cbilb  Meters  an  einem  ber  aroei  fer)v  ätmlicrjen  «Jteliquienbebälter  in  2Jconfiran= 
^enform,  roeldje  ber  üDomfdjatj  in  5ßrag  entbält,  roirb  in  biefem  galt  richtiger 
als  baS  3e^en  oe§  ©tifterS,  benn  als  baS  beS  SSerfertigerS  gebeutet  roerben. 
©o  aueb  ber  neuefte  gorfcher  über  $eter  öon  ©münb,  Dr.  Slbalbert  ^orciefa  in 
feiner  ©tubie:  2)ie  Äunftttjätigfeit  in  $rag  jjur  ^eit  ßartS  IV.  (im  11.  unb 
im  12.  ^atjreSberidjt  f-  b.  beutfebe  ©taatigr;mnaf.  in  $rag  Slttft.  f.  b.  ©cbulj. 
1882—1883  unb  1883—1884,  $rag  1883  unb  1884). 

3tnn  öerbanfen  roir  auet)  bie  ©rgänjung,  bafj  ^eter  eine  ©cfjroefter  tjatte, 
beren  jroei  ©öbne  «RicoIauS  unb  ^obanneS  gleichzeitig  mit  ü)m  nacb,  $rag  über* 
gefiebelt  roaren.  gerner,  bafj  5ßeter  breimal  üerrjeirattjet  roar;  baS  erftemal  mit 
einer  ßubmita,  an  beren  ©teile  inbeffen  fetjon  1359,  reo  fie  genannt  roirb,  bie 
jjroeite  ©attin  getreten  toar,  üBruba  (©ertrub),  eine  Sodjter  beS  in  Götn  rootm= 
tjaften  ©teinmetjen  23artbolomäuS  0.  .Ipamni  in  SBeftfaten  unb  ber  ©attin  beS= 
fetben  SBeatrir.  Um  1380  roirb  bie  brüte  grau  StgneS  ober  (Hifabetb,  ö.  23ur 
genannt.  Scjr  ©obn  ^3aul  roar  baS  ältefte  mehrerer  Äinber,  öon  benen  roir  aber 
nidjtS  toeiter  roiffen.  SDte  aroei  erften  grauen  rjatten  bret  ©ötjne  unb  eine  Jocrjter 
(letztere  öietleicbt  allein  aus  erfter  ®be)  tjinterlaffen.  gütjren  roir  noer)  einiges 
über  bie  $inber  an: 

a)  «JUflaS,  $arlerS  ©ofm  (Nikolas  Parier  Synek),  als  ©eifilid)er  an  ber 
Serjnfircbe  in  ^rag  unb  als  ßanonicuS  1380 — 1398  genannt. 

b)  i^oejann  ober  §ann§  parier  (j),  ©teinmefe.  ®r  ift  öietteidjt  ber 
3ob,ann  öon  ^rag,  ber  1375—1386  baS  2JHttelf$iff  ber  ©anbfirebe  in  23reSlau 
roölbte.  33on  1380  an  febeint  er  in  Äuttenberg  einige  Qtit  geroeilt  unb  an  ber 
©t.  SBarbarafircbe  bort  gebaut  au  b,aben,  t)eiratt)ete  bort  öor  1383  ^etena, 
ütoebter  be§  ©eroerfen  Sefjef,  eine  Söittroe.  ©cfion  öor  1388  aber  ift  er  roteber 
in  ^ßrag,  roo  er  1398  2lmt§nacf)f olger  be§  25ater§  roar,  an  ber  2Beiterfüb,rung 
be§  Sangb^aufeS  am  Dom  arbeitete  unb  um  1407  ftarb.  @r  rjintertief}  mehrere 
Äinber,  baiunter  einen  3ob,annef  parier,   ber  nodj  1418  genannt  roirb. 

c)  aSenjei  ^arlera,  ©teinmet;,  in  ^rag  um  1383—1388  genannt. 
S)er  SJleifter  „Sßenäla",  ber  um  1411 — 1419  am  9tegen§burger  2)om  ttjätig 
roar  unb  bie  SSeftc  (5rnfel§  roieber  aufbaute,  1419  eine  äöittroe  Stsbett)  tjinter= 
taffen  fmtte,  roar  nadj  51eumann  (23erb,anbl.  beS  b.ift.  33er.  öon  D&erpfalj  unb 
9tegen§burg  40,  1886,  ©.  233  f)  fein  ©lieb  ber  gamtlie  öon  ©münb,  fonbern 
ber  ©tammöater  ber  ^ioritjer. 

d)  S)ie  Softer  erfd^eint  1383  al§  ©attin  bei  am  S)om  au  $rag  arbei« 
tenben  ©teinme^en  ^Ridjaet  au§  6öln,  ber  mögtierjerroeife  ein  ©otm  bei  bortigen 
S)ombaumei[ter§  gjtidiaet  (1364—1387  genannt)  mar  (f.  u.). 

e)  $aut,  ©teinme^,  1383—1388  in  «Prag  genannt,  fott  1388  ben  Sau 
ber  Sorotfjeeniirdje  in  33re§Iau  geleitet  tjaben  (?). 

«ütictjael  öon  ©münb,  ©teinmet},  als  Michael  de  Gmünd  lapieida 
dictus  parier  unb  als  93ruber  ^eterS  äroifcfjen  1380  unb  1383  ju  ^rag  öor= 
fommenb. 

12* 


180  Rotier. 

£)einricrj  (II)  b  on  ©münb,  trotj  allem,  mas  im  SBege  au  fielen  fdjeint, 
bod)  maljrfcfieinlidjer  ein  SSruber  als  ein  öon  einem  anbern  ©ruber  ftammenber 
«Reffe  bes  SfleifterS  $eter.  Um  1380—1383  ift  er  in  $rag  befd)äftigt.  1387 
aber  treffen  mir  ir)n  als  magister  Heinricus  de  gemunden  lapieida  in  23rünn 
im  2)ienft  bes  Iftarfgrafen  3»obof  öon  9Jtäf)ren,  otjne  ^toeifet  als  Seiter  am  23au 
ber  <5t.  ^afobSfird^e,  neben  it)tn  als  feine  ©attin  üDrutginis,  ütocrjter  bes  ßötner 
©ombaumeifters  9Jiicrjaet  (f.  o.).  2lud)  ©crjlojj  «{krnftein  in  9ftät)ren  tuirb  itjm 
jugefcfjrieben.  23om  28.  ftoöember  1391  bis  29.  9ttai  1392  roirfte  er  als 
heinrichus  da  gamundia  ober  Enrico  da  Gamodia  am  2)om  &u  sIftailanb,  tonnte 
aber  ebenfomentg  als  bie  anberen  beutfetjen  9Jteifter  bort  feine  Ittnfcfjauuugen 
gegenüber  benen  ber  itatienifetjen  9)teifter  burcfjfetjen.  6r  fott  ficr)  bann  in  23o= 
togna  niebergetaffen  rjaben;  in  beut  £aöabo  ber  (Sertofa  ju  «ß;aüia  finbet  fiel)  eine 
33üfte,  bie  bem  Enrico  da  Gamodia  jugefcrjrieben  mirb,  ein  ausgeäeidjnet  cr)araf= 
teröotles  ©efidjt,  (©ibsabgufj  im  33efit)  öon  (Sommerjienratr)  3-  Gürtjarb  unb  in 
ber  |>eitigfreitj{ird)e  ^u  ©münb).  25er  Enric  Alamant  (.gmnrid}  ber  5)eutfd)e), 
ber  am  (Snbe  bes  14.  ^afjrrjunberts  bas  reijenbe  portal  bes  3)omS  ju  ^alrna 
auf  ben  53alearen,  bie  Puerta  de!  Mirador,  fdjuf  unb  eine  förmlidje  $unftfd)u(e 
auf  ben  23atearen  grünbete  (f.  3)eutfcr)e  $unft  auf  ben  23alearen,  im  djriftl. 
jhmftbt.  1867,  6.  49  ff.),  wirb  root)t  ebenfalls  unfer  ^CReifter  getoefen  fein. 

2)aS  Stanunacidjen  ber  Familie  ber  sJ)teifter  öon  ©münb  fann  befdtjriebeu 
roerben  als  ein  boppetter  redtjter  Söinfeltjafen,  b.  tj.  an  ben  fürjeren  ©dientet 
eine§  redeten  SöinfelS,  ber  nad)  recrjtS  unten  geteert  ift,  ift  am  redeten  @nbc 
gegen  unten  im  redeten  SÖinfel  mieber  ein  längerer  bem  oberen  gteidjer  ©djenfet 
angefctjloffen.  Sei  ber  SBilbung  eines  9Jteifterfd)itbeS  ift  baS  3eid)en  fo  bet)an= 
belt,  bafc  eS  (golb  auf  rottjem  <5d)ilb)  oben  unb  unten  ben  ©djilbranb  erreicht. 
$n  biefer  $orm  ift  es  uns,  als  9fteifterjeicrjen,  befannt:  a)  auf  bem  ©icgel  beS 
^orjanneS  öon  ©münb  an  bem  greiburger  ©ertrag  öon  1359;  b)  gematt  am 
toefttidjen  (Strebepfeiler  bes  füblicrjen  (SeitenfctjiffeS  öom  SDom  ju  greiburg,  alfo 
marjiicrjcinlid}  bemfelben  $fteifter  aujufdjreiben ;  c)  untenan  bcr93üfte  bes  «Üteifters 
^eter  öon  ©münb  im  £riforium  beS  2>omS  <ju  s^rag  (©ipSabgufj  im  germa» 
nifdjen  9Jtufeum  ju  Nürnberg,  im  Sefitj  öon  (£ommer,}ienrat^  $.  ©rtjarb  unb  in 
ber  DeüigfreUijfircrje  in  ©münb);  audj  an  ber  SBenjelsftatue  unb  an  einem  9tc= 
liquienbetjätter  bafelbft  (f.  o.);  d)  (nad)  Dr.  ©ctjulte'S  RadjmeiS)  auf  bem  ©iegel 
bes  «DteifterS  «Dticrjael  öon  5^Durg  ju  «Strasburg  1385;  e)  (nad)  (5.  Söernicfe'S 
ytadjroetS)  am  3)om  ju  Slugsburg  unter  ber  Stpoftelftatue  bes  5ßr)iliöpus  im 
©üböortat  bes  OftdjorS.  2tuf  metd^eS  (Stieb  ber  Familie  es  b^ier  ge^t,  ift  öorerft 
gan^  unbeftimmbar. 

@tn  ©efeüenaeicrjen  gteidjer  fjform  fommt  3.  33.  am  Gtjor  bes  Utmer 
«ülünfters  öor. 

S)erfetbe  3Jleifterfcr)itb,  nur  baburd)  öariirt,  ba^  brei  fteine  «Kämmerlein  auf 
bem  5Doööetroinfel  angebradjt  finb,  finbet  fict),  gleidjfalts  gemalt,  ju  greiburg 
neben  bem  unter  b)  befcfjriebenen.  5Jtan  l}at  ba  moljt  an  einen  ber  ©öljne  bes 
^orjannes  öon  ©münb  ju  benfen. 

2lufjerbcm  fennen  mir  bis  je^t  brei  biefem  $tiä)tn  nädjft  öertoanbte,  eines 
am  ütrjurm  ber  ^aöeHenfircrje  öon  üiotttoeil  als  33ilbl)auersäeicrjen,  mit  bem 
eines  in  Reutlingen  gleid)  <$u  fein  fd^eint,  ein  jtoeites  in  Reutlingen,  ein  brittes 
(nacr)  ©urtitt'S  Üiadjmeis)  als  5Rei11eraeid)en  in  einer  Alaöelte  ber  <St.  S3arbara!ircl)e 
äu  Äuttenberg ,  biefes  öieÜeidjt  auf  ben  ©otm  Meters,  §ans  parier,  ju  be^ie^en. 

Slnbere  öon  ©rueber  Ijerbeigejogene  3ei<i)eu  tonnen  t)öd)ftens  als  3e^en 
öon  ©efetten  ber  ©münber  ^leifter  in  ©etradjt  fommen. 

Srgenbmie  mu^  mit  ben  ^eiftern  öon  ©münb  in  näcrjftem  ^ufammen^ang 
geftanben   fein   ber  5Reiftev  ^einricr),  ber  ©teinmet$,    ber  am  33au  ber  (Sfjtinger 


parier.  181 

grauenf  tröge  nadj  1359  ertoäfjnt  toirb,  unb  ber  öermutt)ttcrj  mit  irjm  ibentifcfje 
OReifter  .&einrid},  ber  1386  als  «Keiftet  beS  »JJtünfterS  in  Ulm  ftarb;  unb  burct) 
ifjn  bann  aucf)  fein  öermuttjticfjer  ©ofm,  bet  Reiftet  ,g>einrict),  ber  um  1386  87 
bem  etften  in  lltm  folgte,  in  (fingen  bis  1397  ertoätmt  toirb,  in  Ulm  aber 
fdjon  1392  burct)  steiftet  Utricf)  öon  anfingen  (toajrjdjeinlidj  öon  Oberenfingen 
Bei  Dlürtingen,  2  (Stunben  öon  Gelingen),  mögttc^ettDeife  feinen  Sctjtoieger» 
fotm,  abgelöft  erfdjeint.  S)et  9tame  ."peinridj  legt  bie  5lnnafjme  eines  bitecten 
öertoanbtfctjaftlicfjen  3ufammenl}ang§  na^e,  bem  ftetjt  aber  entgegen  bet  Umftanb, 
bafj  biefe  Reiftet  nie,  toie  bie  fidleren  ©liebet  bet  gamiüe,  ben  23eifa£  „öon 
©münb"  fügten.  2Iudj  bie  öetmut^licf)  auf  fie  fict)  be^ie^enben  atoei  -^eicrjen  im 
Gtjor  beS  Utmer  SJiünfterS  finb  nut  ettoaS  entfetntet  bem  ©münbet  (Stamm* 
jeiäjen  öertoanbt.  2öit  bürjen  bat)er  bie  Reiftet  öon  gelingen  unb  Ulm  tootjl 
nut  al§  Scfjüler  bet  Reiftet  öon  ©münb  anfetjen. 

93ergegentoärtigen  toir  unS,  toie  baS  im  bisherigen  gcfctjilberte  Söirfen  bet 
Reiftet  öon  ©münb  in  ben  öerfctjiebenen  o^^Qen  bet  gamilie  bie  gan^e  33reite 
beS  beutfctjen  ^eidjeS  öon  *£rag  nnb  33rünn  im  Dften  bis  nact)  Strasburg  unb 
greiburg  im  SBeften  umfpannt,  bann  toitb  eS  unS  3m:  tjöcrjften  äBatjrfdjein» 
Itctjfeit  toetben,  baß"  baS,  toaS  über  bie  Runter  öon  $tag  1486  öon  Stotifcer 
in  9tegenSburg  als  übet  „alte,  bet  ßunft  toiffenbe"  unb  3»ifd§en  1484  unb  1487 
öou  Sctjmuttermarjer  in  «Nürnberg  als  übet  „grofje  betumbte  maiftetn"  gefagt 
toitb,  in  SBirftictjfeit  auf  «Jliemanb  anberS  3u  besiegen  ift,  als  auf  unfete  «üteifter 
öon  ©tnünb,  auf  biefe  ftamilie,  bie  ja  eben  in  «Prag  einen  .Ipauötfttj  irjreä  2Bir= 
fenS  unb  ben  Sit*  t^re§  bebeutenbften  «DtitgliebeS  tjatte.  2ßaS  abet  in  bereits 
mefjr  fagentjafter  SBeife  in  (Strasburg  befonberS  biefen  ^untern  öon  «ßrag  juge= 
fdjrieben  toitb,  baS  fällt  in  SBirflicrjfeit,  fotoeit  eS  ftct)  um  Sauttjätigteit  Ijanbett, 
toenn  nict)t  ettoa  jum  SLtjeil  fcfjon  bem  «JJticrjael  öon  ifreiburg,  bem  Reiftet 
Ulridj  öon  anfingen  ju,  bet  13^9 — 1419  in  Strasburg  toitfte.  SßergebenS  r)at 
fidj  3-  20-  «Jtanc!  (2)aS  Strafjburger  fünfter  unb  feine  Saumeiftet,  (Stuttgart 
1883)  bemüht,  bie  SeiftungSfäfjigteit  biefeS  Ulridj  möglitfjft  in  ben  ©taub  3U 
3iet)en,  um  jtoijcfjen  feine  rjanbtoerfSmäfjige  21}ätigfeit  öon  1399 — 1402  unb 
toiebet  1414 — 1419  rjinein  bie  geniale  ßeiftung  beS  planes  3um  «Dcünfterttjurm 
burctj  bie  Runter  öon  «ßrag  einfctjieben  3U  tonnen.  S)et  in  Ulm  liegenbe  «Jtif} 
bei  Ulmet  «DcünfterttmrmS,  bet  fcfjon  länget  tjer  auf  Uttidj  öon  (anfingen  3urücf= 
geführt  toutbe,  bet  neu  öeröffentlictjte  in  Sern  liegenbe  «Jtifj  übet  ben  (Straft 
burger  £t)urmf)e(m,  ber  gleichfalls  biet  etjer  auf  lllrtcfj  als  auf  feinen  ©otjn 
«Dtatt^äuS  jurücEjufü^ren  fein  toirb,  bie  Stjatfactje,  ba^  am  StraBburger  2§urm 
baS  «IReifterjeicrjen  Ulrict}'S  ötangt,  bie  2:§atfacge,  ba^  auü)  ber  (Singer  2^urm 
um  1406 — 1410  unter  feiner  Seitung  begonnen  toorben  ift:  baS  alles  toeift 
genügenb  nadg,  roaS  Ulrictj  leiften  tonnte  unb  leiftete.  S)a§  aber  bie  Sage  aucr) 
'fjier  an  bie  ^funfet  öon  $rag  backte,  baS  toirb  unS  genügenb  ertlärt  burc^  baS 
oben  ©efunbene,  bafj  nämlic^  aucr)  Ulrict)  öon  (anfingen  in  näherem  ^uiQ^nien* 
l)ang  mit  bet  Familie  öon  ©münb  geftanben  ift. 

«Jlut  tutj  fei,  um  bie  Sebeutung  bet  gamilie  bet  ^Reiftet  öon  ©rnünb  tec^t 
rjetau^uftelten,  barauf  noc^)  ^ingebeutet,  baß  hie  {^tnitienbejietmngen,  meiere  in 
ben  ©liebem  biefer  gamtlie  bie  bebeutenbften  beutfcfjen  SSau^ütten  umfaßten,  ben 
©runb  gelegt  tjaben  bürften  31t  ber  ein  rjatbeS  Sa^r!§unbert  föäter  1459  in'S 
Seben  getretenen  Srüberfctjaft  bet  beutfc§en  Steinmefeen. 

Slu^et  ben  bei  $etet  öon  ©münb  IX,  275  ff.  genannten  Quellen  ögl.  53. 

©rueber,  $eter  ö.  ©.,  gen.  parier,  in  ben  2Bürtt.  93iertetjar)rSrj.  f.  SanbeSgefcr). 

1878.  —  Älemm,  S)ie  «Ifteifter  öon  ©münb  (Girier;,  in  feiner  Scfjrift:  SBürtt. 

33aumeifter  unb  33ilb^auer,  Stutt.,   ^o^l^ammer   1882    (SeöaratabbrudE   auS 

ben  93ierteljaf)rgf)eiten  ö.  1882,  I— III).  —  3)et  33au  beS  S)omeS  3U  «JJtailanb 


182  Spaioto. 

(nact)  einem  Vortrag  Don  ©djmibt  in  Sßien),  in  ber  S)eutfdjen  Saujeitung 
1886,  Iftr.  51.  33augefd)ict)t(.  9iotijen  unb  ©tubien  oon  9tub.  9tebtenbad)er, 
in  ber  2)eutfdjen  SÖau^eitung  1884.  «Rr.  82.  Ate  mm. 

'ißarottJ:  ^otjann  ßxnft  SDaniet  %  oerbienter  Utjeotog,  toarb  am 
17.  Wai  1771  in  Söiämar  als  ber  ©of)n  be§  bortigen  Organiften  an  ber  ©t. 
©eorgenfirdje  Dr.  Sotjann  (Sljriftopt)  ty.  geboren  unb  fiarb  am  19.  Februar  1836 
ju  ©reifSroalb.  ©eine  SSorbilbung  ertjielt  er  tt)eil3  auf  bem  [täbtifdjen  ©tjtn» 
nafium,  tfjeilS  burd)  *4kiöatunterrtd}t  oornet)mlid)  beS  miffenfdjaftlid)  auSgejeicrj* 
neten  £et)rer§  am  SBaifenbaufe,  ©djönebetf.  Unter  befonberer  Seitung  be§  DtectorS 
unb  SßTofefforS  ^otjann  2)aniel  ©enfoto,  melier  fidj  burd)  bie  Uebcrfetmng  ber 
9tatuigefd)icrjte  beä  ^liniue  einen  tarnen  gemalt,  unb  beä  GonrectorS  Subroig 
Otto  ^iagcmann,  ber  in  ber  $olge  nad)  fRoftotf  als  9tector  ber  bortigen  großen 
©tabtfctjute  berufen  mürbe,  ermarb  er  bie  Steife  für  bie  afabemifcrjen  ©tubien 
unb  bejog  bie  Uniüerfität  ©reifSroalb.  Unter  Üiörjl'S  Anleitung  mibmete  er  fid} 
bem  ©tubium  ber  mattjematifctjen  unb  ptjilofoprjifdjen  äöiffenfcfjaften,  tjörte  mit 
befonberem  (Sifer  3ot).  C£tjriftopt)  93turjrbed's  pt)itofopt)ifd)e  Söortefungen,  toanbte 
fid)  unter  DOerfamp  unb  Ürägarb  beut  ©tubium  ber  ctaffifdjen  unb  morgentän* 
bifdjen  ©pracrjen  (^u  unb  befudjte  bie  trjeotogifcrjeu  Sortefungen  23rotfmann'S, 
^siper'S  unb  ^iemfjen'S.  33°°  roefentlidjem  (Sinfluffe  auf  feine  ^ottbitbung  mar 
nadj  Cuiftorp'S  2obe  (1788)  bie  Berufung  bcS  Ideologen  ©ottlieb  ©cfjtegel  Oon 
9tiga  jum  ©eneralfuperintenbenten  oon  Sommern  im  3>-  1790,  nicfjt  nur  burd) 
beffen  im  ©inne  beS  ätteren  9tationaliSmuS  gehaltene  Söorlefungen,  fonbern 
namentlich,  baburdj,  bafj  ihn  berfelbe  jum  ©rjierjer  feiner  .ttinber  unb  511  feinem 
amtlidjen  ©tettöertreter  ermärjlte.  2tlS  fotdjer  rjielt  er  für  itjn  einen  Streit  feiner 
Äanjetoorträge  unb  ftanb  itjm  in  feinen  Gorrefponben^en  unb  gelehrten  Slrbeiten  als 
Siffiftent  jur  ©eite,  bis  er  burd)  feine  SJermäbtung  mit  ©c&legel'S  ättefter  ütodjter 
aud)  in  gamilienberbinbung  mit  ihm  trat,  ©eine  in  ber  $hilofopt)ie  unb  Stjeo» 
logie  ermorbenen  umfaffenben  Äenntniffc  betätigte  er  1795  bei  feiner  sIftagifter= 
Promotion  burd)  Verausgabe  feiner  „dissertatio  de  pondere  et  usu  argnmentorum 
religionis  christianae  divinitatem  probantium"  unb  gab  gleichzeitig  feine  „Unter= 
fudhungen  über  ben  93egriff  ber  ^hilofophie  unb  tm  oerfctjiebenen  2öertt)  ber 
pfulofophifchen  ©tjfteme"  heraus.  %m  %.  1796  als  Slbjunct  bei  ber  phi(ofo= 
pt)ifd)en  fVacuttät  in  ©reifsmalb  angeftettt,  laS  er  s$hilofopf)ie  unb  £f)eologie, 
fdjrieb  1793  ben  ©runbrifj  ber  Sernunftreligion,  erhielt  1802  baS  theologtfdhe 
2)octorbiptom  oon  SBittenberg,  marb  1803  aufjerorbentlicher,  1813  orbentlidjer 
s$rofeffor  ber  Rheologie,  Seifiger  beS  GonfiftoriumS  unb  ^ßaftor  ber  Sftarienfirdje, 
erhielt  enbtid)  auch,  bie  Söürbe  einei  ©tabtfuperintenbenten  unb  ^rofanjterS  ber 
UniOerfität.  «^ofegarten  be^etdjnet  i^n  in  feiner  ©efcfjidjte  ber  Uniöerfität  @$reij§= 
roatb  als  einen  ber  tfjätigften  unb  Perbienteften  2e§rer  fomo^l  burd)  forgfältige 
eigene  ©tubien  at§  burd)  üietfeitige  Anregung  unb  Untermeifung  nidjt  nur  ber 
afabemifdien  3iugenb,  fonbern  aud}  alter  berer,  bie  ju  ib,m  in  nähere  Se^ie^ung 
traten.  Unter  feinen,  Oon  SSieberftebt  aufgellten  ©Triften  finb,  au^er  ben 
fdmn  genannten  namenttieb,  ©djteget'S  Seben  unb  bie  geftfd)riit  jur  9teforma= 
tionSfeier  1818  ju  nennen.  @inen  finnigen  9cadjruf  b;at  bem  unermüblic^en 
gforfdjer  unb  Genfer  aU  ^ugenbfreunb  $art  Sappe  in  ben  „SStüttjen  be§  IHtterS" 
©.  163  bargebradjt. 

£r)eobor  ©0  tttieb  s$.,  geboren  p  ©reifämalb  am  16.  getiruar  1808,  ber 
dttefie  ©otjn  3fot)ann  (Jrnft'S,  erregte  buret)  tjerüorragenbe  unb  eigenttjümlut)  geartete 
Anlagen  be§  ©eifteS  unb  6r)arafter§  gro^e  (Srtoartungen,  erlag  aber,  feit  1834 
am  ©rcifSroatber  ©rjmnafium  al§  Seb.rer  befcfjäftigt,  fcb.on  am  19.  Wai  1838 
einem  33ruftteiben.  2tu8  feinem  9lac^ta^  gab  6b.  9Mtmer  „s^tpt)ori§men"  (1839) 
rjerau§,  benen  eine  23iograprjie  öorau§gefcr)idt  ift. 


13 


5ßarpatt  —  ^arreut.  183 

öieberftebt'S  ftacb>icfjten,    ©tralfunb  1822,    ©.  100  ff.    —   Äofegarten, 
©efdjicfjte  ber  Uniüerfität  ©rcifetoalb  I,  ©.  311. 

-gjaecfermann. 

^arpart:  21b otf  Subroig  2lgatb>n  ö.  $.,  Slftronom,  geboren  am 
„.  Scobember  1806  auf  ber  SJomäne  SHtljaufen  bei  Gutm  in  2Beftpreufjen, 
t  am  20.  ©ecember  1867  auf  feinem  ebenbort  gelegenen  ©ute  ©tortuS.  u.  ty. 
befugte  bie  ©djulen  in  2t)om  unb  Sßofen,  ftubirte  bann  je  ^toei  %afyce  in  Berlin 
unb  2öarfdjau  $ura  unb  (Xamerale  unb  trat  bann  als  Ianbttirtf)fdjaiUidjer  $raf= 
tifant  bei  feinem  Später,  bem  5Eomänenpäd)ter  üon  Slltfjaufen,  ein.  3) er  2anb= 
toirttjfdjaft  blieb  er  audj  in  ber  ^olge  getreu,  inbem  er  1831  baS  Rittergut 
©tortuS  anfaufte  unb  eS  bis  ju  feinem  £obe  betoirtf)fcrjaftete.  3Jtujtf  unb  2lfiro= 
nomie  liebte  er  jeboctj  baneben  teibenfetjaftücr),  unb  jtoat  ging  fein  können  unb 
Söiffen  nacr)  beiben  (Seiten  tun  über  ba§  ^Jtütelmajj  beS  Dilettanten  IjinauS. 
6r  componirte  Goncerte  unb  Opern  unb  liefj  biefetben  unter  feiner  eigenen  Leitung 
in  Gulm  auffüllen.  $n  ben  üierjiger  Saljren  erbaute  er  auf  eigenem  ©runb 
unb  Boben  eine  roorjleingericrjtete  ©temroarte,  beren  Qkxbe  e^  gtofjer  9tefractor 
üon  ^ßiftor  unb  9ttartinS  bitbete.  ftacbjricfjt  über  bie  auf  biefem  Obfertiatorium 
angeftettien  Beobachtungen  gab  eine  Beröffentlidmng  com  $•  1851;  au^erbem 
lief}  b.  $.  im  nämlichen  °$a§xt  feinen  „Beridjt  an  bie  Slfabemie  ber  2ßiffen= 
fdjaften  ju  Berlin  über  bie  auf  ber  ©ternroarte  ju  ©torluS  roätjrenb  ber  ©on= 
nenfinfternifj  öom  28.  $uli  1851  angeftettten  aftronomifcfjen  unb  meteorologifdjen 
Beobachtungen"  ju  Gutm  erfreuten.  2lllerbingS  ift  bie  in  biefer  ©crjriit  ent= 
rjaltene  2t)eorie  ber  ^rotuberanjen  nidjt  faltbar,  toie  benn  überhaupt  bie  für 
einen  Stutobibaften  roorjt  erflärlidje  Steigung  3u  etroaS  pljantaftifdjen  ^npot^efen 
bei  ü.  5ß.  metjrfactj  rjeroortritt,  namentlich  audj  in  feinen  „Unterfudmngen  am 
grabiäentrifcb>n  ^nbifator"  (Sulm  1867).  Einige  9(uffätje  (lieber  baS  2tern= 
fdjroanfen,  lieber  bie  ©onnenprjotofprjäre  u.  f.  to.)  rourben  in  ben  3lftron.  9tad}= 
richten  unb  in  3atmS  Untergattungen  abgebruett.  ö.  $p.  war  einer  ber  2Jiitbe= 
grünber  ber  beutfetjen  aftronomifcfjen  ©efettfefjaft. 

BiertetSjarjrSfct)rift  ber  aftronomifcfjen  ©efettfefjaft,  3.  Banb,  ©.  5  ff.  — 
2Jlaebter,  ©efcrjicfjte  ber  -gummelsfunbe,  2.  Banb,  ©.  175,  ©.  426. 

©untrer. 

^Orrcilt:  3o|ann  %,  toelcrjer  in  einer  llrfunbe  beS  9Mncb>ner  Uniöer= 
fitätSarcfjiDeS  richtiger  Cannes  be  Bairreut  genannt  ift  (alfo  fid)er  aus  Batireutt) 
gebürtig),  blatte  neben  feinen  mebicinifetjen  ©tubien  aud)  baS  Baccalaureat  ber 
Geologie  erroorben  unb  fott  einige  ^eit  als  ^rebiger  in  Braunau  geroirft  fjaben. 
©idjer  ift,  bafj  er  im  %.  1474  als  ^rofeffor  ber  Ifliebicin  an  ber  furj  öorfjer 
(1472)  gegrünbeten  ^ngolfiäbter  Uniüerfität  angeftettt  rourbe  unb  baneben  bie 
©teile  eines  ßeibarjteS  bei  -öer^cg  £ubroig  bem  Dteictjen  erfjiett,  welche  if)m  auefj 
bei  beffen  9cad)fotger,  ©eorg  bem  töeidjen,  Derblieb.  6r  ftarb  in  ^ngolftabt  an 
ber  3ßeft  im  ^.  1495.  ©otoie  manche  anbere  3Jlebicinet  jener  3eit  ^atte  auetj 
5J}.  fid)  mit  ber  bamaligen  ©ct)ulpl)itofopb,ie  Bejdjaftigt  unb  fo  erfeb^ien  bon  ib.m 
eine  beacljtenSroertrje  Bearbeitung  ber  erften  Süctjer  beS  ariftotelifcb^en  OrganonS 
unter  bem  übtidjen  SLitet  „Textus  veteris  artis  ....  item  Exercitata  seeundum 
doctrinam  modernorum"  (^ngolft.  1492  unb  nodj  brei  toeitere  S)rucfe:  >Mrn= 
berg  1494,  |)agenau  1501  unb  33enebig  1507),  roorin  er  jtdj  in  ber  bamaligen 
^arteifpaltung  entfdjieben  auf  bie  ©eite  ber  fog.  2Kobernen,  b.  %  ber  Occamiften 
ober  2erminiften  ftettte. 

SMb^ereS  in  meiner   ©efet).    b.  Subro.  9)car.=Uniöerfität ,   S3b.   I,    ©.  76, 
SSb.  II,  ©.  91  unb  in  meiner  ©efefj.  b.  Sogif,  SBb.  IV,  ©.  239. 

^rantl. 


184  $oxrot. 

^ttrrot:  ßxjriftopf)  griebridj  $:,  geboren  am  28.  ^uti  1751  ju  9Jcöm» 
petgarb.  @r  mibmete  fid)  in  Tübingen  bex  Ideologie,  baneben  aud)  feinen  ßieb= 
lingäftubien,  Oefonomie  unb  9Jtatf)ematif,  mürbe  bann  ,!pauäter)rer  in  einigen 
abeligen  Familien,  1782  a.  o.  fprofeffor  bex  ^fnlofopljte  in  (Sirtangen,  1801  mit 
bem  ßrjarafter  eine§  9tegicrung§ratf)§  gel),  ©ecretär  in  (Stuttgart,  fpäter  £)ber= 
amtmann,  augleid)  $ameraipermaltcr  unb  2lmtäfd)reiber  in  ©djmibctfetb,  1808 
Dberamtmann  in  9Jtarbad),  1810  Dberamtmann  in  <§ornberg;  t  ju  Gelingen 
am  28.  gebruax  1812.  6x  ift  bex  Söerfaffer  einer  9teifje,  boxäug§meife  merjx  po= 
puiäxer  ©d)xiften  im  ©ebiet  bei  9Jtaü)ematiE,  ^rjrjftf,  ®eogxapr)ie,  3lftronomie, 
bex  Samcrat=  unb  ^olijeimiffenfcfjaft. 

S3gl.  gifenfdjer,    3lfab.   (Belehrten  =  ©efd)id)te    bex    Uniöerfttät   Srlangen, 

«Nürnberg  1806,  III,  69—73.  —  (SetetjrteS  £eutfd)lanb,  fortgef.  üon  «öteufel, 

58b.  6,  Semgo  1798,  ©.  33,  93b.  19,  1823,  ©.  64. 

5ß.  ©tälin. 
^arrot:  ®  eoig  ftxiebxid)  ö.  %  muxbe  am  5.  Suli  1767  n.  ©t.  (nidtjt 
am  15.  3fuli,  mie  9ledfe=9lapiergft)  III,  364  fdjxeiben)  in  bex  bamat§  müxtem= 
bexgifdjen,  jetjt  franaöfifdjen  ©tabt  9Jtömpelgarb  obex  «Dtontbctiaib  im  ®ep.  25oub§ 
geboren,  an  bemfelben  £)rt,  too  amet  %a§xe  fpätex  ßuoiex  baS  ßicfjt  bex  Sßelt 
exblicfte.  ty.  befucfjte  ba§  unter  Leitung  be§  SftectorS  3)exon  ftetjenbe  (Srjmnafium 
unb  ging  bann  1781,  exft  14  3>ar)ie  alt,  auf  bie  $ail§afabemie  naef)  (Stuttgart, 
mofelbft  gleidjjettig  mit  i()m  Gubiex  feine  ©tubien  madjte.  6x  befdjäftigte  fiel) 
mit  bex  „öfonomifetjen"  2Biffcnfd)ajt,  txieb  abex  baneben  mit  Vorliebe  bie  ^)Jlatt)e= 
matif  unb  ^tjtjfif.  Slcrjtjecjn  ^atjxe  alt  üexliefj  ex  bie  3lfabemie  unb  fudjte  al§ 
^xiöatlcrjxex  in  giunfieid)  fein  93xob.  6x  lebte  ^mei  $ar)i-e  im  £mufe  be§  pxoteftan= 
tifdjen  ©xaien  geriet,  tgiex  rnadjte  ex  bie  23efanntfdjaft  be$  bexürjmten  3Iftxonomen 
ßalanbe  unb  erroarb  fid)  beffen  (Suuft,  inbem  ex  it)m  ein  fleineä  feibftöeifafjtes 
ßerjibud)  bex  9Jlatcjematif  öoxlegte.  ßalanbe  münfd)te  ba§  33üd)tein  gebxuclt  ^u 
fetjen,  bod)  fam  e§  nierjt  baju;  buxd)  s3ladjläffigfeit  eineä  33ud)l)änbtex§  ging 
toätjxenb  bex  bamaligen  SBivren  ba§  9)canufcxipt  üexloxen.  3)ann  lebte  5)3.  jmei 
Sarjxe  laug  al§  ßetjxex  bex  93catrjemattt  in  ÄaxlSxurje  unb  fpätex  in  Offenbad)  am 
9Jcain,  neben  feinex  Secjitfjätigfeit  miffenfctjaTtlicrjen  5J3xob(emen  bie  freien  ©tunben 
mibmenb.  $iüb,  t)d"e  er  fict)  tocrt)civatt)ct ;  feine  $xau,  SBittjelmine  Sefort, 
au§  bex  ©enfex  gamitie,  meldje  buxd)  ^etex  be§  ©xo^en  ©ünftling  befannt 
gerooxben,  muxbe  ir)m  abex  fd)on  1794  buxd)  ben  £ob  entxiffen,  nad)bem  fie  i^m 
^roei  ©örjne  SBittjelm  unb  gxiebxid)  gefdjenft  tjatte.  9cad)  bem  ^)infci)eiben  bex 
^xau  bexlief}  ^.  1795  mit  feinen  beiben  ©öb.nen  bie  beutfdje  ^eimatt)  unb  begab 
fid)  nad)  Öiolanb.  @x  folgte  einem  9lufe  al§  Sx^ierjei  bex  ©ötjne  be§  ®xafen 
6ail  ©iebexS  in  äöenben.  %n  üHtilanb  mürbe  ex  batb  cjeimifd),  bertjetrattjete  fid) 
1797  in  9iiga  mit  31.  £>.  ö.  ^aufenbexg,  nacfjbcm  ex  fnrj  öoxrjex  bie  ©tettung 
eine§  beftänbigen  ©ecrctär§  bex  Iiötänbifd)en  gemeinnü^igen  unb  öfonomifetjen 
©ocietät  in  3)oxpat  cxtjalten  rjatte.  Suxd)  feine  littexaxifdjen  ßeiftungen,  fomie 
buxd)  bie  ü£c)ätigreit,  roeld)e  ex  in  feinem  neuen  2Imt  enttoidelte,  lenfte  ex  bie 
Slufmerffamfeit  bex  ma^gebenben  Äxeife  auf  fid),  fo  ba^  ex  1800  bie  3luffox= 
bexung  excjieit,  an  bex  neujugxünbenben  liniüexfität  in  SDoxpat  bie  ©teile  eine§ 
oibentiidjen  «profefforS  bex  $I)t)fi!  ju  übexnerjmen.  ?ß.  folgte  bem  9lufe  —  füx 
bie  3U  gxünbenbe  2tnftalt  mar  ex,  bex  5Jcann  bex  2öiffenfcr)aft  unb  bex  pxaltifdjen 
©xfacjxung,  bex  bemärjxte  ©x^ieejer,  eine  auSgejeidjnete  Söatjl.  ^acfjbem  ty.  bon 
bex  liniüexfität  ju  ^önig§bexg  i.  5|3x.  1801  ben  ©octoxtitel  exljalten  chatte,  txat 
ex  mit  einex  ©d)xift:  „lieber  ben  ©influ^  ber  ^tjtjfif  unb  ßljemie  auf  bie  3lr<mei= 
funbe,  nebft  einer  pr^fifalifc6,en  £rjeorie  be§  gieberg  unb  ber  ©d)minbfud)t" 
(82  ©.,  SDorpat  1802),  fein  Setjramt  an,  ba§  er  25  ^arjre  inne  |atte.  S)ie 
(Sefdjidjte  ber  beutfdjen  llniöerfität  ju  üDorpat  mätjrenb  ber  erften  25  ^acjre  irjres 


Sßartot.  185 

SefterjenS  ift  eng  an  ben  tarnen  *ßarrot'S  gefnüpft;  bielfeitig  als  Drganifator, 
als  ßerjrer,  at§  ©eletjrter  Ijat  er  gemirtt  —  bie  grüßte  jetner  2f)ätigfeit  finb 
Ijeute  noä)  ju  finben.  @S  ift  fetjr  ju  bebauern,  bafj  nic£)t  einer  ber  3eitgenoffen 
sßarrot'S  bie  Serbienfte  beffelben  um  bie  Uniöerfität  in  gebütjrenber  SBeife  ber 
Iftacrjmelt  überliefert  rjat;  eine  ausführliche  23iograpt)ie  ißarrot'S  ift  nicrjt  gefdjrieben 
morben,   ebenfomenig   als   eine    etngefjenbe  ©efctjictjte   2)orpatS.     2lm   21.  2lprit 

1802  mürbe  bie  neubegrünbete  Uniöerfität  ju  2)orpat  mit  19  ©tubenten  eröffnet; 
nacr)  ber  lateinifdjen  ^naugurationSrebe  beS  ^rorectorg  Sorenj  (StoerS,  eines 
Geologen,  t)ielt  5ß.  eine  beutfdtje  9tebe  „lieber  einige  Slnfidjten  ber  9tatur= 
fenntniffe,  in  Slnfetjung  it)te§  @tnftuffeS  auf  9Jtenfct)en!ultur,  fomotjl  bon  ber 
intettectuetlen  als  bon  ber  moralifctjen  Seite  betrautet".  2ltS  Sorenj  (SmerS  feiner 
$ränttic!)teit  toegen  feljr  balb  öom  2lmt  eines  StectorS  äurütftrat,  mürbe  ty.  gum 
9tector  ermätjlt.  2lm  22.  «Kai  1802  befugte  ßaifer  2Itejanber  auf  ber  ®urd)= 
reife  2)orpat  unb  bie  neue  Uniöerfität.  ■#.  empfing  ben  'üftonarcrjen  mit  einer 
franjöfifctjen  Siebe,  roetcfje  ferjr  moljtgefällig  aufgenommen  mürbe.  ^)ier  fnüpfte 
fid)  ämifctjen  bem  ebten  33et)errfcf>er  beS  mächtigen  9teid)§  unb  bem  tjeröorragenben 
©elerjrten  ein  33anb,  mie  e8  roorjl  fetten  jmei  *ßerfonen  fo  öerfcrjiebener  Sphären 
bereinigt;  ein  33anb,  metcfjeS  infonbertjeit  ber  jungen  ^flan^ftätte  ber  2Biffen= 
fctjaft,  ber  neuen  Uniöerfität  ju  großem  ©egen  unb  bebeutenbem  S3ortt)eil  gereifte. 
3m  Dctober  beffelben  $at)reS  (1802)  reifte  $.  als  gtector  nad)  ©t.  Petersburg, 
um  perföntict)  bem  J?aifer  bie  Sitten  ber  HJtttgtieber  ber  Uniöerfität,  beftimmte 
SSorredjte  berfetben  3U  gemäßen,  an'S  ^erj  au  legen.  S)er  f)ocf|t)er3tge  9Jtonarä) 
erfüllte  bie  Sitten;  er  unterzeichnete  am  12.  24.  2)ecember  an  feinem  fünjunb* 
gtoanaigften  ©eburtStag  bie  ©tiftungSurtunbe  ber  Uniöerfität  ju  S)orpat.  ty. 
tjatte  baS  ©lue!,  bie  Urtunbe  auS  ben  £änben  2IlejanberS  fetbft  p  empfangen, 
um  fte  ber  Uniöerfität  ^u  überbringen.  ^arrot'S  £r)ätig!ett  unb  ©influfj  an  ber 
Uniöerfität  ift  öon  rjotjer  Sebeutung  gemefen;  er  mar  toiebertjott  Dtector;  er 
mtrfte   mit  bei  fyeftftellung   ber  UniöerfitätSftatuten,    meldte  am  12.  September 

1803  bie  aüext)öd£)fte  Seftätigung  erhielten,  er  mar  Mitarbeiter  an  einem  6nt= 
murf  ber  SSerorbnungen  für  bie  ©tubirenben.  5p.  mar  nietjt  allein  ©elefjrter, 
fonbern  ein  ausgezeichneter  ©efcrjäftSmann.  6r  ift  im  grofjen  mie  im  tleinen  für 
baS  2Bot)l  ber  Uniöerfität  beforgt  unb  fietS  ju  ifjrem  SDienft  bereit;  miebertjolt 
rjätt  er  afabemiferje  ^eftreben,  mibmet  ben  öerfiorbenen  Gotlegen  Ütacrjrufe;  ober- 
er öerfafjt  audj  eine  Orbnung  für  bie  Söfcrjanftalten  ber  Uniöerfität  unb  giebt 
genaue  Sorfcbriften  pm  33au  eines  £r)urmeS,  ber  zur  Slufnatjme  be§  3tefractor§ 
ber  ©ternmarte  beftimmt  ift.  Sitte  fctjmierige  Sertjättniffe,  in  meiere  bie  junge 
Uniöerfität  geriet!),  löft  5|5.  mit  ©efc!)tc!  unb  Umficfjt.  @t  ift  miebertjolt  in  ©t. 
Petersburg  unb  öermittelt  perfönlicr)  3mifc!)en  ber  Uniöerfität  unb  bem  ©urator, 
menn  möglich  mit  bem  Äaifer.  —  Sllejanber  fct)en!te  ib,m  öolleS  Vertrauen  unb 
?$.  ftanb  be^alb  in  5Dorpat  in  ganj  befonberem  2luferjen,  gumat  ba  er  auc§  mit 
bem  $aifer  Briefe  mecb.felte.  ©er  ^nrjalt  biefer  gerni^  tjocr)intereffanten  6or= 
refponbenj  ift  teiber  nicbjt  in  bie  ©effentticrjfeit  gebrungen;  e§  ift  auetj  nic!)t 
betannt,  mo'b^in  nacr)  bem  ülobe  ^arrot'S  bie  Sriefe  gelangt  finb.  %  mar  aber 
auetj  al§  ßeljrer  öon  großer  SBebeutung  für  bie  Uniöerfität  —  eS  genügt  t)ier 
bie  33emertung,  ba^  unter  feinen  ^ab^lreicrjen  ©erjülern  einige  fpäter  als  ®ete!)rte 
fidj  betannt  gemaetjt  tjaben.  @S  fei  rjier  tjingeroiefen  auf  feinen  ©otjn  unb  ^\laä)= 
folger  ^i^1'^  *$■>  au^  °ie  nachmaligen  Petersburger  5l!abemi!er  31.  91.  ^upffer 
unb  ß.  Senj.  —  ^m  Dctober  1826  erbat  fidj  $.  feine  ©nttaffung  aus  bem 
2lmt  eines  orbentlict)en  5profefforS  unb  folgte  einem  9luf  an  bie  !.  Sltabemie  ber 
äBiffenfdjaften  ju  ©t.  Petersburg.  3m  3ar)re  1840  tiefe  er  fiel)  audj  als  Vita* 
bemÜer  emeritiren  unb  ftarb  rjocrjbetagt  auf  einer  Steife  äu  ^elfingforS  am 
8.  20.  Suli  1852. 


186  ^otrot. 

*ß.  War  ein  geiftreid)er  9Jtann  bon  bielfeitiger  ©Übung,  ein  bortrefftid)er 
Siebner  unb  ein  fleißiger  «Sd^xiftftetCer.  S)aS  33eräeid)nif$  ber  bon  itjm  »erfaßten 
Slbfjanblungen,  9teben,  $Ronograpfjien  unb  Secjrbüctjer,  roie  baffelbe  bei  9tecfe= 
DtapierSfb  fid)  finbet,  ift  fefjr  grofj.  (SinigeS  baöon  fann  angeführt  toerben : 
„2:i)eoretifd)e  unb  praftifd)e  2tnroeifung  jur  Sßerroanbtung  einer  jeben  2lrt  bon 
2id)t  in  eines,  baS  bem  £ageSlid)t  äfjnlid)  ift"  Söien  1791.  „Esprit  de  l'educa- 
tion,  ou  catechisme  des  peres  et  des  instituteurs"  Franc  fort  sur  le  Main  1793. 
„  ©runbrif}  bei*  tt)eoretifd)cn  $f)t)ftf  jum  ©ebraud)e  für  Sßorlefungen"  3  Steile, 
SJoröat  1811  (ber  3.  SLtjeit  unter  bem  Sitcl:  ©runbrifj  ber  $fa)fif  ber  grbe  unb 
©eotogie).  „Coup  d'oeil  sur  le  magnetisme  animal"  St.  Petersbourg  1865. 
„Ueber  bie  Kapillarität"  2)orpat  1817.  „Entretiens  sur  la  Physique"  Tome  I— VI, 
Dorpat  1819 — 1824.  Stufjerbem  größere  unb  Heinere  Slbtjanblungen  im  Söoigt'S 
9Jtagajin  für  ben  neueften  3rtfianb  ber  'ftaturgefcfjicrjte,  in  ©ilbertS  Slnnalen  ber 
SPrjljfif,  in  ben  ©d)riften  ber  Petersburger  Slfabemie.  Ueber  ^arrot'S  roiffen= 
fd)afttid)e  SBebeutung  lieft  man  im  Ütüdblid  auf  bie  SBirffamfeit  ber  Uniberfität 
SDorpat  1866,  p.  57 :  „3n  letjter  23ejiel)ung  (roiffenfd)aft(id)e  arbeiten)  ift  ber 
2lnti)eil  rjerbor^eben,  roetdjen  ty.  an  ber  SluSbilbung  ber  roidjtigen  ßet)re  bon 
ber  £urcf)bringlid)feU  organifdjer  ^Membranen  gebüfjrt,  bie  als  ©d)eiberoanb  <}toifd)en 
^lüffigfciten  bon  berfefnebener  sJiatur  auSgefpannt  finb.  5Die  grofje  Sragroeite 
biefer  l'efjre  ift  freilief)  erft  fpäter  erfannt  roorben,  nadjbem  fie  bon  S)utrod)et 
1826  unter  bem  Dtamen  ber  SnboSmofe  unb  @£oSmofe  aufgeteilt,  (}ur  (Srflärung 
für  bie  Bereitung  beS  ©afteS  in  ben  ^flanjen  benutjt  rourbe,  unb  befonberS, 
nadjbem  fie  in  jüngfter  $eit  burd)  ©rarjam  ju  einem  neuen  Skrfarjren  djemifetjer 
2lbf<f)eibungen,  ber  Sialbje  geführt  fjat.  ty.  aber  fjat  baS  Sßerbienft,  ben  in  ber 
9Jtitte  beS  borigen  3ab/rrjunbert3  bon  holtet  entbedten  gunbameutalberfud)  nid)t 
nur  1802  roieber  aufgenommen  unb  erreicht  <ju  rjaben,  fonbern  aud)  ber  dürfte 
geroefen  ju  fein,  ber  eS  auSfprad),  ba^  biefer  Vorgang  jur  ©rflärung  ber  ©ecre= 
tionen  im  ttnerifdjcn  Körper  bienen  fönnte  unb  jut  SrEIärung  ber  Slffimilation 
unb  Üteprobuction  ben  ©djlüffet  bieten  rourbe  („lieber  ben  ßinflufj  ber  ^fjtjfif 
unb  Srjemie  auf  bie  Strjneiiunbe" ,  1802,  §  52—56).  ©egen  S3olta'§  6ontact= 
fjtjpotfjefe  ferner  ftellte  er  bie  d)eiuifd)e  ^>bpotrjefe  auf  unb  fprad)  babei  einzelne  ©äke 
au§,  bie  fpäter  aud)  bon  be  la  9fttbe=fSfarabab/  gefunben  roorben  finb  („©fi^e  einer 
£§eorie  ber  galbanifcfjen  ©lectricität"  in  ©ilbert'S  Slnnalen  ber  Sptjtjfif  S3b.  XII, 
©.  49).  ,£>at  er  fid)  tnernad)  an  bem  f5or*:fcftritt  ber  2Biffenfd)aft  in  bemerfenS* 
roertfjer  äßeife  beteiligt,  unb  babei  eine  bie  SCragroeite  einzelner  Sefjren  borauS= 
afmenbe  ©djarftjeit  beroiefen,  fo  mar  er  nid)t  minber  barauf  bebadjt,  bon  ben 
prjrjfifatifdjen  Sefjren  nü^lictje  ^Inroenbungen  ju  mad)en,  rote  er  fid)  jum  S3ei= 
fpiet  mit  ber  33erbefferung  beS  ©pradjroljrS,  ber  $umpe,  ber  garbe,  beS  33litj= 
ableiterS  u.  St.  befdjäftigt  fjat."  2.  ©tieba. 

^arrot:  ^ot)ann  Safob  ^riebrid)  QBitfjelm  5ß.  rourbe  in  $arl§= 
rutje  am  14.  Dctober  1791  als  ©ot)n  beS  fpäteren  5lfabemifet§  ©eorg  griebr. 
iß.  geboren  (fietje  biefen),  befudjte  auerft  bie  üDomfdmle  ^u  9liga,  bann  feit  bem 
15.  ©ebtember  1804  baS  ©rjmnafium  in  3)orpat,  auS  toeldjem  er  am  22.  ^uni 
1807  mit  bem  3euSmfj  ber  9teife  entlaffen  rourbe.  ©djon  in  ber  ©cfmte  (enfte 
er  burd)  feine  bebeutenbe  33efäb,igung  unb  feinen  Sfleifj  bie  Slufmerffamfeit  ber 
ßerjrer  auf  fid),  nodj  metjr  aber,  nadjbem  er  begonnen  tjatte,  fid)  bem  ©tubium 
ber  ^Jiebicin  in  2)orpat  ju  toibmen.  @r  ertjielt  toärjrenb  feiner  ©tubienjeit  ^toei 
filberne  unb  eine  gotbenc  5JtebaiHe  für  5ßreiSarbeiten ;  bie  letjte  mit  ber  golbenen 
5JtebaiHe  gefrönte  Arbeit  „lieber  ©afomehie,  nebft  einigen  33erfud)en  über  bie 
33erfd)iebbarfeit  ber  ©afe",  rourbe  1813  auf  Soften  ber  Uniberfität  gebrudt. 
sJleben  ^Jtebicin  befdjäftigte  fid)  ty.  mit  ben  9taturroiffenfd)aften,  bor  allem  aber 
mit  ber  ^fjrjfif;  nod)  ©tubent,  folgte  er  einer  Slufforberung  beS  bamaligen  5^ro= 


s4kxrot.  187 

fefforS  ber  Mineralogie,  Moritj  ©ngelljarbt,  irjn  auf  einer  Steife  in;3  fübttetje 
Stufjlanb  ju  begleiten,  fpecietl  um  bie  Vegetation  be£  füblictjen  StufjlanbS,  ber 
Molbau  unb  2öatacr)ei  ju  unterfuetjen  unb  buret)  correfponbirenbe  Beobachtungen 
bem  barometrifetjen  9ciüeltement  be£  (SebirgeS  metjr  (Senauigfeit  unb  eine  größere 
2lusber)nung  ju  geben.  Sm  Februar  1811  gingen  bie  Steifenben  buret)  ba§ 
©oubernement  «pffoto,  2Biteb§!,  Mobilem,  MinSf,  2öolr)t)nten  unb  ^obotien  nad) 
$amene3=*j3obolSf.  ®em  Vorbringen  in  bie  äöatactjei  fteEten  fidj  ©ctjmierigfeiten 
entgegen,  beStjalb  roanbten  fie  ftctj,  um  i^re  $eit  auSpnüfeen  in  bie  Jhim  unb 
öermeitten  bafelbft  brei  Monate,  infonberrjeit  mit  ber  Unterfuctmng  be§  ©ebirgeS, 
fomie  mit  barometrifetjem  9tiüeEement  fid)  befdjäftigenb.  SDann  begaben  fie  fict) 
anfangt  $uti  naefj  £aman,  gingen  am  Äuban  hinauf  bis  ^onftantinogorSt1  unb 
öon  bort  nadj  MoSbof,  unb  über  SölabitamfaS  in  baS  faufafifetje  ©ebirge,  bann 
üon  ber  Queue  beS  Seref  Ijinab  au  feiner  Münbung  in'S  fafpifdje  Meer.  Sluf 
biefer  Dieife  mürbe  baS  (Sebirge  am  Seref  unb  Slffai  unterfuetjt,  ber  Berg  $aSbe£ 
erftiegen  unb  feine  Jpörje  gemeffen,  bie  ©djneegrenje  unb  bie  BegetationSftufen 
beftimmt ;  ferner  mürbe  ber  £eref  öon  feinem  Urfprung  bis  jur  Münbung,  fomie 
ber  Sanbftrictj  aroifetjen  bem  fcrjtoarjen  unb  fafpifcfjen  Meere  mit  jmei  correfpon= 
birenben,  üon  ©tation  ^u  Station  fict)  fotgenben  Barometern  niüeEirt.  Um 
biefer  Meffung  merjr  BoEftänbigfeit  p  geben,  um  bie  Erfahrungen  über  ben 
(Sinflufj  ber  Söitterung,  ber  Temperatur  auf  ben  ©ang  beS  Barometers  ju  ermei= 
tern,  um  bie  ©enauigfeit  ju  prüfen,  meiere  feine  Slnmenbung  bei  -fpöljenbefiim* 
mungen  geftattet,  begaben  ftet)  bie  Steifenben,  bie  üorigen  BeobadjtungSpunfte 
mätjlenb,  längs  ber  taufafifetjen  Sinie  mieber  an  baS  fdnoatge  Meer.  -£>ier  blieb 
©ngeltjarbt  jurücE,  roärjrenb  $.  <jum  fafpifdjen  Meere  eilte,  weit  fie  gleidjjeitig 
an  beiben  Meeren  beobachten  moEten.  ^actj  beenbigter  Arbeit  fanben  fie  ftd)  im 
SBinter  1811  in  XfctjertaSf  am  S)on  pfammen,  ferjrten  üon  ba  über  Söoronefcr), 
Zula,  £toer,  s3tomgorob  unb  Sßfforo  nad)  S)orpat  prücf.  SDte  ©rgebniffe  biefer  Steife 
finb  niebergelegt  in  „Steife  in  bie  ihim  unb  ben  $autafuS  öon  Moriij  ü.  (Enget» 
i)arbt  unb  griebricr)  ^arrot.  Mit  duofem  unb  harten.  3tt,e^  2f)eile.  Berlin 
1815."  SDer  erfte  £tjeit  enthält  ben  rjiftorifdjen  Steif  eberidjt,  ber  pette  £t)eit 
(Sngelrmrbt'S  unb  ißarrot'S  barometrifctjeS  9tiüeEement  ätotfe^en  bem  fc^mar^en 
unb  fafpifetjen  Meere,  im  3?aufafuS  unb  in  ber  Jhim  befctjrieben  öon  $.  ©.  3 — 82 
unb  ^ßarrot'S  Seobactjtungen  über  bie  Vegetation  im  ^au!afu§  ©.  83—146.  — 
Sn  S)orpat  mürben  bie  unterbrochenen  mebicinifdien  ©tubien  mieber  fortgefefet 
unb  at§  mäfjrenb  be§  Äriegeg  in  ben  <£>ofpitä(ern  p  3liga  Manget  an  Sterben 
eintrat,  begab  fidj  ty.  mit  einigen  ©tubiengenoffen,  barunter  $.  @.  D.  Vaer  nacr) 
9liga,  um  bafelbft  ärätticfje  SJienfte  3u  leiften.  5tacrjbem  ^}.  ba§  mebicinifc^e 
©ctjluBejamen  überaus  glänsenb  beftanben  unb  feine  S)iffertation  „de  motu  san- 
guinis in  corpore  humano"  berttjeibigt  tjatte,  mürbe  er  am  22.  i^uni  1814  jum 
SDoctor  ber  Mebicin  unb  6b,irurgie  öromobirt.  5lun  manbte  ty.  ficr;  nactj  2)eutfd)* 
lanb  unb  Defterreid),  um  feine  ©tubien  an  öerfcrjiebenen  anberen  Uniöerfitäten 
fortjufe^en;  er  ging  juerft  nacr)  äöien,  roofelbft  er  mit  $art  ßrnft  b.  33aer 
äufammentraf  unb  befudjte  bie  großen  £)o§bitäter.  2lt§  nactj  ^lapoteon^ 
ütücffe^r  au§  6Iba  ber  Ärieg  mieber  au§brad),  trat  er  mit  bem  9tange  eines 
©tabSaräteS  erfter  ßlaffe  in  ben  ®ienft  ber  ruffifdjen  3lrmee.  ^t)m  mürbe  ber 
Auftrag  ju  SLfjeit,  in  Meauj  ein  MilitärrjoSpital  3U  errichten;  fobalb  jeboer} 
ber  f^felbäug  beenbigt  mar,  natim  er  mieber  feinen  2lbfctjieb,  um  feinen  eigent= 
liefen  ©tubien  mieber  nactjgerjen  äu  fönnen.  @r  befucljte,  um  feiner  roiffenfdjaft= 
lidjen  5lu§bitbung  mitten,  bie  Uniöerfitäten  unb  Ihanfentjäufer  in  Berlin,  2Bien, 
Söürpurg,  ^ßariS,  Maitanb,  $abta;  ba^mifctien  machte  er  Steifen,  befonberS 
Bergtouren.  %m  ©eptember  1816  üertiefj  er  Maitanb,  um  ben  Monte  Ütofa 
p  erfteigen   unb  an   bemfelben  bit  permanente  ©djneegrenae  ju  beftimmen.     6r 


188  5p«rot. 

conftruirte  fid)  au  biefem  Unternehmen  ein  ganj  befonbereS  Barometer.  2luf  bei- 
Steife  bon  SJtailanb  bis  jum  klonte  ütofa  boltTücjrte  er  ein  baromctrifcljeS  Stibel= 
lement  ber  gan$en  äurüdgelegten  äöegftrecfe ;  feine  Slbfidjt,  ben  Volonte  Stofa  3U 
erfteigen,  gelang  nidjt;  bei  einem  Serfudj  fam  er  mit  [einem  Segleiter  $.  b. 
gumftein  nur  2057  Stoifen  über  bem  SJleere  (bie  $öb>  beträgt  2360  Steifen). 
6in  23erid)t  über  bie  Stefultate  ber  Steife  finbet  fiä)  unter  bem  Stitel:  , .lieber 
bie  ©dmeegrenje  auf  ber  mtttäglitfjen  (Seite  be§  StofagebirgeS  unb  barometrifdjc 
SJteffungen"  (Journal  für  6t)emie  unb  Sptyüjtf  53b.  XIX).  ginc  atoeite  Steife 
unternahm  $.  in  bie  Sßijrenäen.  6r  roanberte  bont  SJturgttjale  auS  über  ©trafj* 
bürg,  Sefangon,  ßtmn,  SJtontpeEier  nad)  £ouloufe  unb  roeiter  bis  nadj  Sarjonne 
unb  bon  t)ier  in  bie  ^tjrenäen ;  fein  Stibeltement  führte  er  bon  ©t.  $ean  be  ßuj 
bidjt  am  attantifdjen  SJleere  bis  <mm  mittetlänbifcrjen  SJteere  auS.  SDaneben 
beftimmte  er  bie  -£>öc)e  be§  SJtonttoerbu,  SJtalabetta  unb  einiger  $äffe.  6ine 
SBefteigung  beS  SJtontbcrbu  (3346,3  m.)  mürbe  mit  ©lud  gemacht;  aueb  ben  bisher 
für  unbefteigbar  gehaltenen  SSerg  SJtalabetta  (3309,6  m.)  erftieg  er.  SDabei 
untcrfudjte  er  baS  föebirge  ber  ^tjrenäen  in  geograbbifdjer  |)inftd)t,  bie  bafelbft 
borfommenben  Mineralquellen,  bie  ©dmeegrenje  unb  bie  ^flan^enbegetation  unb 
bergafj  bie  bafelbft  mofmenben  SJtenfcben  nid)t.  (Sr  fdn'tberte  feine  Steifcerleb= 
niffe  unb  feine  miffenfcrjaftlicljcn  Slrbeiten  in  einem  23ud)e:  „Steife  in  bie  $rj» 
renäen".  (SM  3  litfiograbb.  Slbbilbungen.  Berlin  1823.  169  ©.)  —  Strofc  aller 
biefer  nic^t  ber  SJtebicin  gemibmeten  ©tubien  blieb  er  bennodj  ber  SJtebicin  treu, 
fetjrte  aber  nidjt  3U  feinen  Sermanbten  nad)  Sorpat  jurücf,  fonbern  liefe  fid)  in 
Jpeilbronn  als  braftifdjer  Slrjt  nieber.  «g)ier  in  ^eitbronn  trat  er  in  natje 
Beaietjuug  ju  3uftinu§  ferner,  roorüber  bie  £od)ter  beS  letzteren,  Sfrau  Marie 
Stiettjammer  berichtet  (^uftinuS  ßerner'S  ^ugenbliebe  unb  mein  BaterbauS.  ©tutt» 
gart,  ßotta  1877,  ©.  99).  Sieben  ber  5praji8  arbeitete  er  miffenfdjaftlicb  unb 
fc^rieb:  „Slnfidjtenüber  bie  allgemeine  JhanfbeitSlebre"  (SJtitau  1820.  220  ©.  8), 
ferner  „lieber  ein  3toedbienlid)eS  Berfarjren  bei  ber  fog.  Stjränenfifteloberation 
nebft  Seobadjtungen  über  bie  Berridjtung  ber  SLrjränenmege"  (.gmfelanb'S  Journal 
b.  Uralt.  £>eilfunbe.  1820.  Slbrit).  3m  ©ommer  1820  fetjrte  %  nadj  ßtolanb 
aurücf,  mürbe  bon  ber  Uniberfität  ©orpat  jum  orbentlidjen  ^rofeffor  ber  S^t)t)= 
fiologie  unb  *patf)ologie  gemälzt  unb  trat  baS  Slmt  am  26.  Januar  1821  an. 
$m  Stuguft  beffelben  SaljreS  bert)ctratl)ete  er  fid)  mit  ber  SLodjter  feines  Bater= 
bruberS,  roeldje  ibm  aber  feljr  batb  (1825)  burd)  ben  ülob  entriffen  mürbe  unb 
itjm  ein  fleine§  jtöc^terclien  l)interlie|.  Dbgleicl)  ?$.  fid)  feiner  ^rofeffur  ent= 
fprcdjenb  mit  mebicinifdjen  93orlefungen  unb  ©tubien  befaßte,  aud)  einige  mebi= 
cinifdje  Slbrjanblungen  l)erau§gab  („3lbl)anb hingen  über  bie  Untcrbinbung  ber  bebeu= 
tenben  ©djlagabern  ber  ©liebmaffen  w&)  ©carpa",  au§  bem  ^talienifdjen  über= 
fe^t.  SSerlin  1821.  „lieber  bie  ßrnäljrung  neugeborener  ßinber  mit  Äucjmild)". 
SJtitau  1826.  „lieber  bie  2ßitterung§=  unb  ÄrantyeitSconftitution  ber  ©tabt 
©orpat  in  ben  ^ab^ren  1822  —  1824"  in  ©emeinfd)aft  mit  ©atjmen  in  ben 
bermifdjten  2lbrjaublungen  au§  bem  (Sebiete  ber  ^eilfunbe.  3.  ©ammlung. 
©t.  Petersburg  1826),  fo  fdjien  ib^n  bie  Mebicin  boerj  nid)t  feb^r  p  feffetn.  @r 
bertaufdjte  feinen  pljtjfiotogifdjen  £et)rftut)l  im  %.  1826,  al§  fein  Sßater  nad) 
Petersburg  überfiebelte,  gegen  ben  nun  freigetoorbenen  Setjrftub^l  ber  Sßrjrjfif,  um 
fict)  nun  biefer  längft  geliebten  SDiSciplin  gan3  Eingeben  &U  fönnen.  Sfm  3f. 
1829  madjte  ty.  in  Begleitung  bon  bier  ©tubirenben  ber  Uniberfität  SDorpat 
feine  benfmürbige  Steife  sunt  Slrarat  („Steife  jum  ^Irarat".  2  Streite.  33erlin 
1834).  6§  fann  t)ier  auf  ba§  SSetail  ber  Steife  nidjt  eingegangen  merben,  e§ 
genüge  3U  erinnern,  ba^  5p.  nad)  einmaligem  mißlungenen  33erfuc|e  am  27.  ©eb= 
tember  a.  ©t.  (9.  October  n.  ©t.)  1829  am  Stadimittag  ben  äufjerften  ©ibfel 
be§  Slrarat  (16  200  par.  5"B)  erreichte.   SDaneben  mürbe  ein   erneuertes  Stibel= 


^artfjet).  189 

lement  alI>ifd)en  bem  fafpifdjen  unb  fdjtoaraen  IDteere,  anbete  «JtiöeltementS 
aroijcrjen  bem  9lrarat  utib  StiftiS,  ätüifc^en  SifliS  unb  bem  fdjtoaraen  «Uteere 
gemalt,  ferner  magnetifdj  =  geograpfyifd)  =  aftronomifd)e  unb  trigonometrifdje  9tr=> 
betten  ausgeführt.  (Sine  anbere  fKeife  unternahm  *p.  im  %.  1837  aum  9torbcap, 
um  bafetbft  Beobachtungen  über  ^enbetfdjtoingungen  unb  über  ben  @rbmagne= 
tiSmuS  anjufteHen.  $.  reifte  in  Begleitung  beS  ßanbibaten  9töfd)el  öon  $eters= 
bürg  aus  über  £orneo,  über  baS  ßfjölengebirge  nad)  bem  Styngenfjorb  unb  bann 
bis  Sitten,  tf)eitS  au  ßanb,  ttjeitS  au  Söaffer;  öon  Sitten  über  £)ammerfeft  aum 
«Jtorbcap  unb  jurüc!  au  2Gßaffer.  9lm  «Jlorbcap  tourbe  12  Sage  (bis  aum 
7./19.  ©eptember)  beobachtet  unb  bann  bie  9tütfreife  auf  bemfelben  SBege  betoert= 
fteltigt.  ^arrot'S  9lbfid)t,  aud)  biefe  9teife  auSfütjrtid)  au  befdjreiben,  gelangte 
nidjt  aur  9luSfüt)rung,  fctjtoere  ^ranftjeit  tarn  baatoifdjen;  nur  eine  „$ur<je  5lad)=» 
ridjt  öon  meiner  9teife  aum  ^Rorbcap",  tourbe  im  Sntanb  1838,  9lr.  1,  gebrückt. 
Äranftjeit,  unb  jtoar  toieberf)olte  jhanftjeit  tjinberte  itjn  aud}  feinen  BerufSgefd)äften 
in  getootmter  Streue  unb  5£t)ätigteit  nad)auget)en.  6r  tjatte  am  ©djtuffe  beS 
SafyreS  1838  eine  metjrmonattidje  $tanft)eit  p  beftet)en;  im  ffrurjjacjr  1840 
bractj  bie  lhanftjeit  öon  neuem  auS,  toätjrenb  beS  atoeiten  -gmlbjatjreS  1840  tonnte 
5)3.  nidjt  meljr  feine  Botlefungen  tjatten;  am  3./ 15.  Januar  1841  öerfdjieb  er 
nad)  fdjtoeren  ßeiben  unb  langem  SobeSfampfe.  @r  tjatte  fid)  nad)  feiner  9rücf= 
fetjr  öon  ber  Slraratreife  mit  ßmitie  Traufe,  Stodjter  beS  5Dorpater  5ßrofeffoi§ 
Jhaufe  öertjeirattjet,  toelcrje  er  mit  3  ©ötmen  aurüdliejj.  Sie  llniöerfität  SDorpat, 
toetdjer  $.  öon  1821,  alfo  20  Satjre  angehörte,  öertor  an  it)m  fefjr  öiel:  einen 
ausgezeichneten  Setjrer,  einen  ftill  unb  fleißig  toirfenben  ©eletjrten  unb  ein  für 
baS  äöoljl  unb  äöefje  ber  ganjen  Äöifeerfdjaft  ftetS  beforgteS  unb  überaus  praf= 
tifdjeS  «Jftitglieb.  6r  toar  toieberljolt  SDecan  ber  mebicir.ifdjen  unb  ber  pt)ilo= 
fopt)ifd)en  gacultät.  SDrei  3at)re  lang  leitete  er  (1831—1833)  mit  fixerer  £anb 
als  sJtector  bie  ©efdjide  ber  llniöerfität  unb  ftanb  bei  feinen  (Eotlegen  unb  feinen 
SJlttbürgcrn  in  tjot)em  9lnferjen.  Bon  feinen  toiffenfcf)aftlicr)en  arbeiten,  toeldje  er 
öeröffentlidjt  t)at,  feien  aum  ©d)tufj  —  abgefetjen  öon  einigen  «Jteifebrtefen  unb 
einigen  ©elegenrjeitSreben  nod)  genannt:  „lieber  baS  baromettifcrje  «Riöeltement" 
(ßebebour'S  Steife  burd)  baS  9tltatgebirge)  I.  Bb.  Bertin  1829.  ©.  395—401 
unb  „Bon  tjoljlen  ©lectromagneten  unb  ber  Söirtung  innerer  Spiralen  bei  ben= 
felben"  (Bull.  sc.  de  l'Acad.  imp.  des  Sciences  de  St.  Petersbourg.  I.  p.  121 — 125). 
„lieber  bie  genauere  Semperaturbeftimmung  be§  CuedfitberS  im  Barometer  bei 
^)öljenmeffungen  mittelft  beffetben"  (Bull,  de  la  Soc.  Imp.  de  Nat.  de  Moscou 
III.  283—298). 

9tede=9lapier§!^  III.  ©.  374-376.  —  Beife'S  ^adjtrag.  II.  ©.  94.  — 
«Reiter  «Refrolog  ber  SJeutfd^en.  XIX.  Sa^rg.  1841,  I.  %t)l  Sßeimar  1843, 
®.  110—122.  S.  ©tieba. 

^ortliel):  ©uftaö  gfriebrid)  Äonftantin  «p.,  ^ilologe  unb  Budj» 
^äubler,  geboren  am  27.  October  1798  ju  Berlin,  f  ju  9tom  am  2.  Slpril  1872. 
©ein  Bater,  S)aniel  griebrid)  «p.,  urfprüngtid)  ein  Seinetoeber,  tjatte  fid)  aum 
^»ofratlj  im  ©eneralfinanabiredorium  hinaufgearbeitet,  bie  SJlutter  mar  bie  ältefte 
Softer  griebrid^  ©tjrtftopt)  «Jlicotai'S  (f.  21.  ©.  B.  XXIII,  580).  ©ie  ftarb 
bereits  1803,  unb  ber  Bater  rjeiratrjete  in  atoeiter  @t)e  bie  2Bitttoe  feines  öer» 
ftorbenen  ©djtoagerS  SDaöib  Nicolai,  Gtjarlotte  geborene  ©idjmann.  ©uftaö  ?ß. 
tjatte  eine  ©d^wefter  SiHi,  bie  fpäter  ben  ßomponiften  Bernrjarb  ^lein  (f.  91. 
©.  B.  XVI,  78)  rjeiratf)ete,  unb  einen  ©tiefbruber  «Utorifc.  Waä)  bem  Befud} 
ber  ^>artung'fd)en  ^riöatfdiule  unb  beS  ©ömnafiumS  aum  ©rauen  ^tofter,  baS 
er  als  primus  ouiuium  Dftem  1818  öetliefj,  bejog  er  bie  Uniöerfitäten  Bertin 
unb  ^eibelberg,  too  er  bereits  am  12.  Sluguft  1820  promoöirte.  S)en  nädjften 
äöinter  öerbradjte  er  in  $ariS  unb  lernte  im  <£>aufe  ber  ^eraogiu   öon  Äurtanb 


190  ?ßatt$ei}. 

(f.  31.  ®.  35.  V,  357)  biete  Berühmte  ^erfonen  ber  Dornetjmen  65efeHfc£)aft  feunen. 
SBieberrjolte  Steifen  burd)  2)eutfdjlanb,  ^franfreid),  Cüngtanb,  statten,  <5$ried)en= 
tanb,  Slegrjpten  unb  ^aläftina  bereicherten  feine  Äenntniffe  unb  förberten  jeine 
raiffenfcrjafttidjen  arbeiten.  @r  tjatte  Sinn  unb  Söerftänbnife  für  bie  bitbenben 
fünfte  unb  bie  9Jtufif,  eine  grofje  SBüdjerfenntnife  unb  regen  ßifer  jum  Sam* 
mein  auf  mehreren  ©ebieten  ber  $unft  unb  Söiffenfdjaft.  SDie  Anregung  unb 
ben  ©runbfiod  31t  ben  Sammlungen  gaben  irjm  bie  reiche  33ibtiotf)ef  unb  bie 
©emätbe,  Äupferftidje  unb  ^anbfdjriften  be§  ©rofjbaterä  Nicolai,  bie  er  mit  ber 
itmt  com  ©rofjtjater  überfommenen  „pebantifdjenOrbnungäliebe"  Ijegte  unb  ergänzte. 
9tur  fdjabe,  bafj  bei  ber  gütle  feiner  ^ntereffen  feine  einzelne  ber  Sammlungen 
einen  fyerborragenben  roiffenjcrjaftlicrjen  SBertf)  ertjiett.  Sie  galten  itjm  merjr  alö 
Glittet  ^ur  $örberung  feiner  eigenen  SSilbung  unb  jur  Erinnerung  an  feine 
Reifen.  3Bie  aber  Nicolai  feine  SMbliottjef  allezeit  gern  ben  ^reunben  öffnete 
unb  auf  bie  Vignette,  bie  er  in  alle  feine  SBüdjer  f lebte,  bie  ^nfdjrift  gefegt 
tjatte:  Nicolai  et  amicorum,  fo  tjat  and)  *|3.  ftet§  feine  Sammlungen  ©eletjrten 
auf  baö  gefättigfte  jur  53enutmng  freigegeben  unb  niele  burct)  bereitroiHige  2lu8= 
fünft  unterftütjt.  siud)  tjat  er,  unb  jroar  ebenfalls  nad)  Nicolai**  Vorgänge, 
mieöertjotentlicf)  tjunberte,  ja  taufenbe  oon  33üd)em  an  öffentliche  Sammtungen 
gefdjenft,  fo  an  bie  fönigl.  33ibtiotf)ef  in  iöertin,  ba§  geheime  StaafcsardjiD,  bie 
beutfdje  Sibliottjef  in  Flensburg,  bie  Uniöerfitätöbibliottjef  ju  Strasburg  unb 
bai  arcfjäotogifctje  ^nftitut  ju  9t om.  Seine  miffenfcrjaftlidjen  arbeiten  gehörten 
balb  bem  einen,  balb  bem  anbern  £5elbe  ber  gorfdjung  an.  (5§  finb  meift  fetjr 
fleißige,  regiftrirenbe  arbeiten,  in  benen  oft  ein  großer  gelehrter  Apparat  ge= 
toiffenrjaft  unb  umftänblid)  beigebracht  mirb  auf  ©ebieten,  bie  btätjer  nod)  wenige 
^Bearbeiter  gefunben  fjatten.  ©erabe  foldje  arbeiten  entfpradjen  feiner  füllen 
9tatur,  toätjrenb  fetjarfe  Jhitif  ober  gar  s4?olemif  itjm  ööÜig  fern  lagen.  9lud) 
im  äufteren  ßeben  fucrjte  er  nie  rjernoruttreten.  2)aöon  rjiett  itjn  eine  itjm  ange= 
borene  ^agrjaftigfeit  unb  Sd)üd)ternl)eit  jurücf,  bie  er  felbft  öfters  nad)  feiner 
23cfd)eibenf)eit  beflagt  tjat.  3)ie  3}erroaltung  ber  9ticolaifdjen  33ud)f)anblung,  bie 
er  feit  feine§  Sßaterö  £obe  (1825)  fütjrte,  na  tun  nidjt  attäuüiet  3^it  in  2lnfprudj, 
ba  er  juöerläffige  ©efdjäft£fül)rer  tjatte.  Sein  Hauptberuf  mar  irjm  fein  $rioat= 
ftubium  unb  ber  $erfer)r  mit  gelehrten  unb  funftfinnigen  ftreunben.  $m  $•  1824 
bertjeiratfjete  er  fid)  mit  äßiltjelmine  sJ]titterbacrier  auä  $artsbab,  mit  ber  er  bis 
ju  feinem  £obe  in  glüdtidjer  (Sfje  lebte.  Sfjr  ift  aud)  bcr  erfte  23anb  feiner 
äöanbcrungen  burd)  Sicilien  unb  bie  SeOante  in  einem  tjeralidjen  ©ebidjte 
geroibmet.  1837  marb  er  jum  9Jtitgtiebe  beg  litter.  Sadjöeiftänbigen  SSereinä 
unb  1857  jum  9Jtitglieb  ber  ^Berliner  Slfabemie  ber  SBiffenfctjaften  berufen. 

Stufjer  einzelnen  Slbfjanblungen  in  ©ubitj'  ©efettfdjafter,  (L  Äöfter'S  jer* 
ftreuten  (Sebanfenbtättern  über  Äunft,  SBergtjaug'  Slnnalen  ber  (hbfunbe,  in  ben 
Annali  del  Instituto  Archeol.,  .3arjrbüd)ern  für  miffenfdjaftlidje  ^ritif,  9Jtonat§= 
beridjten  ber  geograprjifdjen  ©efettfdjaft,  in  S3ranbe§,  litterarifdjer  3eitung,  in 
ber  beutfdjen  morgenlänbifd)en  3«itfd)rift,  im  3lrd)iö  für  bie  ^eicrjnenben  fünfte, 
im  Serapeum  unb  <£>ermeä  unb  ben  ^tonat§berid)ten  ber  Slfabemie  u.  f.  m., 
finb  namenttid)  folgenbe  SBerfe  f)ier  ju  erroätjnen:  9^iHin,  mt)tfjologifd)e  (Sat= 
terie,  au§  bem  ^ranjöfifdjen  überfe^t  (1820).  „De  Philis  insula  commentatio" 
(1830).  „Siciliae  antiquae  tabula"  (1834).  „2Banberungen  burd)  Sicilien  unb  bie 
Seüante",  2  SBbe.  unb  33itbertafetn  (1834—1840).  „2)a§  ateranbrinifelje  9Jtufeum" 
(1837.  5ßrei§fd)rift  mit  einer  golbenen  9Jtebaitle  gefrönt).  „Vocabularium  coptico- 
latinum  et  lat-copt."  (1844).  „Itinerarium  Antonini  Augusti"  (1847,  mit  5)ßinber 
äufammen).  „aBenjel  Dollar.  iBefd)reibenbe§  ä3erjeid)nifj  feiner  ^upferftietje"  unb 
„ÄurjeS  Söerjeidjnil  ber  ^oltar'fdjen  Äupferftid)e"  (1853).  „Hermetis  Trismegisti 
Poemander"  (1854).  „S)ie  Silberfammtung  in  9tubolftabt"  (1857).  „Iamblichi  de 


$attfö.  191 

mysteriis  liber"  (1857).  „9tabennai  unb  ©uibo"  (1860,  mit  Einher  jufammen). 
„©eutfdjer  Bttberfaal"  (1861—1864).  „Eusebii  Pamphili  Onomasticon"  (1862, 
mit  Sarforo  jjufammen).  „Hieroclis  synecdemus"  (1866).  „P.  Melae  de  cboro- 
graphia  libri  tres"  (1866).  „Mirabilia  Romae"  (1869).  „Dicuili  liber  de 
mensura  orbis  terrae"  (1869).  Slufjerbem  finb  nod)  ju  nennen  ba§  Söerjeic^nife 
ber  Mitarbeiter  an  ber  Seutfdjen  Slllgemeinen  Bibtiottjef  (1842,  bom  tfefjrer 
äöetjet  aufammengeftellt)  unb  bie  ati  Manufcript  füt  ^reunbe  herausgegebenen 
anregenben  Schriften:  „Sin  berfetjlter  unb  ein  gelungener  Befud)  bei  ©oettje" 
(1862,  neu  abgebrudt  1883)  unb  „^ugenberinnerungen",  2  Stjeite  (1871)  mit 
bem  für  it)n  beaeictjnenben  Motto :  bene  qui  latuit,  bene  vixit. 

$ri|  i^onai. 
s$art[dj :  tyaui  Maria  *£.,  berbienftb oller  «Dflineralog  unb  Ideologe,  mar 
am  11.  3uni  1791  in  SBien  geboren  unb  roibmete  ftdj  nad)  einget)enben  Stubien 
bem  fyadje  ber  Mineralogie  unb  ©eognofie,  bem  er  junäcrjft  ali  ^ribatgeteljrter 
oblag.  21uf  großen  unb  bietfadjen  Reifen  bammelte  er  eine  reidje  fäülie  Don 
(Erfahrungen  auf  mtneratogifd)=geognoftifd)em  ©ebiete  unb  mürbe  bann  juerft  ati 
21uffef)er,  feit  1835  ati  Guftoi  unb  Borftanb  bei  f.  f.  .£>of=Mineratien=Ga&ineti 
in  SSien  angefteßt.  3n  biefem  üDienfte  berftanb  ei  $.  burd)  auigiebigei  unb 
energifd)ei  bammeln  bon  Mineralien,  befonberi  bon  Meteorfteinen,  bann  bon 
geognoftifdjen  unb  patäontologifdjen  ©egenftänben  bie  itjm  anbertraute  Sammlung 
3u  einet  ber  reicrjr)a(tigften  äu  ergeben  unb  burdj  ätoedmäBige  Sluffteltung  ber 
Benützung  (jugänglid)  ju  madjen.  ©eine  roiffenfdjaftttdjen  -^ubticationen  in  ben 
bon  itjm  betretenen  ^ädjern  reidjen  bis  in  bie  ätoanjiger  ^arjte  jurüd.  3uetft 
erfdjien  eine  Slbtjanblung :  „Befdjreib.  Beraeidjnifs  einer  Sammlung  Don  ü£)ia= 
manten  unb  ber  jur  Bearbeitung  notljroenbigen  Stbbarate",  1822;  bann  .., 33e= 
ridjt  über  üDetonationipljänomene  auf  ber  ^nfel  Meleba  bei  9iagufa",  1828, 
„S)ai  f.  f.  <£>of=Mineratien=Gabinet  in  Söien",  1828;  gemeinfdjafttidj  mit  ^acquin 
berfafjt:  „S)ie  artefifdjen  Brunnen  in  unb  um  Söien",  1831;  „©eogn.  unb 
mineral.  2lnrjang  ju  tßotjli  Üteife  im  Innern  bon  Brafitien",  1837,  „©eogn. 
Sfiäje  b.  Umg.  b.  ©teidjen&erg  (in  Sangeri  §eilqu.  bei  £t)ati  b.  ©teidjenberg", 
1836;  lernet  „bie  Mineraliensammlung  im  <£)of=Mineratien=Gabinet  in  Söien", 
1843,  „S)ie  terminologische  ober  ^enn^eictjenfammlung  bafetbft"  1844,  „©eogn. 
Speäialfarte  bei  (Srjt).  Oefterreidj",  1843,  „©eogn.  $arte  bei  Bedeni  bon  2Bien 
nebft  (Erläuterungen",  1843  u.  1844;  mit  ^aibinger  gemeinfdjafttidj :  „Beridjt 
ü.  b.  Unternehmung  e.  geolog.  .ßarte  b.  öfierr.  Monardjie",  1848,  „6ommiffioni= 
beridjt  ü.  b.  bortljeitljaftefie  SIuiTÜfjrung  e.  geolog.  Äarte  b.  öfterr.  Monardjie", 
1849,  „(Iomm.=Beridjt,  bie  Beseitigung  bet  f.  Slfabemie  b.  30.  an  b.  2öelt= 
umfegetungi^jpeb.",  1850,  „©eogn.  ©fi^je  bet  öftett.  Monardjie"  Qatjrb.  b. 
geol.  9fceid5§anftalt  II,  1851),  „Katalog  b.  Bibtiottjef  b.  f.  f.  £of=Mineratien-- 
Gabineti  in  28ien",  1851  u.  a.  Befonberei  Berbienft  erroarb  fid)  *ß.  burdj 
Beobachtungen  unb  Beitreibungen  bon  Meteoriten,  über  roetcrje  er  namhafte 
Mitttjeilungen  beröffentlid)te :  ,,S).  Meteorite  ober  bie  bom  -gummet  gefallenen 
Steine  i.  £of=9Jtin.=(Sabinet",  1843,  „Ue.  b.  Meteoreifen  bon  3taigata"  (©i^.= 
Ber.  b.  2lf.  b.  28.  VIII),  1852,  „Ue.  b.  Meteorftein  untoeit  Meäö=Mabara§  in 
Siebenbürgen"  (baf.  XI).  1853,  „Ue.  b.  fctjmar^en  Stein  in  ber  ßadba  ju 
Meffa"  (S)enffd)r.  b.  31f.  b.  2B.  XIII),  1856  u.  f.  m.  Slud)  au?  paläontologifdjem 
©ebiete  mar  ^.  ttjätig;  er  befd)rieb  bie  fog.  berfteinerten  3ie9en^auen  a-  °« 
^piattenfee  (21nn.  b.  äßiener  Mufeumi  I),  1836  unb  bereitete  burdj  recd)lid)e 
sjlnfammlung  ber  ^etrefacten  bei  SBiener  Bedeni  bie  bon  feinem  Sdjüter  unb 
•Jiadjfotger  M.  |)örnei  fo  bortreffticrje  Befdjreibung  ber  Berfteincrungen  bei 
Wiener  Bedeni  bor,  meld)e  Setjterer  auf  ber  bon  $.  gefctjaffenen  ©runblage  meifter* 
fjaft  ausgeführt  b^at.    ty.  mar  ali  Mitbegrünber  ber  t  Slfabemie  ber  äöiffenfd^aften 


192  5ßarl)§  —  5)3a§man. 

in  SBien  unb  aU  langjähriges  9Jtitglieb  berfelben  befonberS  tljätig.     .£>oct)geact)tet 
ftatb  $.  am  3.  October  1856  in  Söien. 

Ringer,  Ülefrol.  in  b.  SBiener  $tg.  bom  11.  <ftob.  1856.  —  28.  t>.  ^aibinger 
im  Sabrb.  b.  geol.  fteichSanft.     1856,  ®.  815. 

b.  ©üm&el. 

'ißartjS:  äöithetm  ban  $.,  SBucbbrucfer  unb  Verleger  ju  2lntWerpett 
Wätjrenb  be§  fectjSjetmten  3at)rt)unbert§  öon  1575  —  1586.  ©eine  Unternehmungen 
finb  nictjt  tion  tjerborragenber  Sebeutung,  bemerfenSWertb  ift  nur  ein  bon  ihm 
im  $.  1580  gebrucfte§  ^Jlüt^bucrj  mit  äablreictjen  Slbbilbungen:  „De  figuereu 
van  alle  goude  ende  silvere  penninghen  enz".  6r  wotjnte  auf  ber  „Lombaerde 
Veste"  im  -£mufe  jum  golbenen  ^>elifan ,  wonach,  er  aud)  fein  ©rucfer^eichen 
führte:  (Sinen  ^elifan,  ber  feine  jungen  füttert,  umgeben  bon  einer  ornamentirten 
Umrahmung,  <ju  beiben  (Seiten  geflügelte  ©enien,  bie  33tumenförbe  auf  ben 
Äöpfen  tragen,  baä  ©an^e  enthält  bie  3>nfcr)rift:  „Pellicanus  alit  suos  suo  san- 
guine  verus".  SBon  1587  ab  finbet  fiel)  ber  9lame  feiner  SBitttoe  auf  3)rud> 
Werfen,  Welche  baäfctbe  3eid)en  mit  ber  Eingabe  be§  früheren  SißoljnortS  „op  de 
Lombaerde  Veste  in  den  gülden  Pellicaen"  tragen. 

Bibliographie  beige.  ^ßallmann. 

^afd):  ©eorg  $.,  geteerter  Sbeotog.  6r  mar  am  23.  September  1661 
in  SDanjig  geboren.  9cactj  be§  SSatevö  frtttjem  ütob  fanbte  iljn  bie  Butter  nact) 
©rauben^,  -guer  blatte  er  ©elegentjeit  bie  polnifdje  Spractje  ju  erlernen,  fo  bafc 
er  fbäter  barin  Unterricht  ertfjcilcn  unb  prebigen  tonnte.  1678  fam  er  nact) 
®anjig  aurütf,  nollenbete  tjier  ben  ©rjmnafiatcurfuä  unb  bejog  bann  bie  Unt= 
toerfttät  SKoftocf,  um  Sbeofogie  ^u  ftubieren  1681.  $m  fotgenben  $at)re  ging  er 
nad)  Wittenberg,  wo  er  1684  s)Jlagifter  marb.  «Seine  ßehrer  maren  tjier  (SalornuS, 
Cuenftebt  unb  £>affoüiu§.  <3r  Imbititirte  ficr)  bier  äunäctjft  al§  sJhiöatbocent  unb 
marb  1686  3lbjunct  ber  pt)ilofopI)ifcl)en  ^acuttät.  6r  trat  barauf  eine  gelehrte 
9teife  an,  befudjte  Sittorf,  Tübingen,  Strasburg,  ©iefjen,  ging  bann  nact)  $open= 
tjagen,  bon  ba  nact)  .£>ottanb,  ^ranfreictj,  ßnglanb,  fam  wieber  <mrücf  nact) 
SBolfenbüttel,  ^etmftäbt  unb  lief;  fid)  enblict)  in  Äiet  nieber,  baä  er  fetjon  bon 
9toftod  au§  fennen  gelernt  batte.  1689  marb  er  tjier  jum  5J5rofeffor  ber  9Jtoral 
ernannt,  1701  äugleich  jutn  s$rofeffor  ber  fiogif  unb  ''Dcetaphbfif,  ba^u  1703  auch 
jum  5ßrofeffor  „ber  geoffenbarten  b.  t).  ber  in  ber  SSibel  enthaltenen  *ßt)ilofopt)ie", 
1706  fam  er  als  extraordinarius  in  bie  theologifche  ^^cultät,  mogegen  er  bie 
sßrofeffur  ber  Floxal  an  ßortholt  abgab.  (Sitten  Stuf  aU  Äirchenrath  unb  ^aftor 
nact)  2öi§mar  tjatte  er  abgelehnt,  3n  ben  lebten  3fal)ren  ^  ei'  neben  praf* 
tifetjer  Geologie  aud)  natürlictje  Geologie  unb  Sogmatif.  S3on  feinen  Schriften 
finb  etwa  ju  erwähnen:  „De  operationibus  daemonum",  1684,  „De  curiosis 
hujus  seculi  inventis",  1695,  „Ed.  2a",  1700,  (ögt.  9liceron,  ftachr.  b.  berühmten 
(Sei.  VII,  381)  -  bann  auch  „Brevis  introduetio  in  rem  literariam,  pertinentem 
ad  doctrinam  moralem",  1706,  „De  variis  modis  moralia  tradendi  über",  1707. 
gr  ftarb  erft  46  ^abre  alt  am  30.  September  1707. 

Woller,  Cimbria  litt.  II,  610.  —  ^bcher.  —  9Hceron,  9tachr.  VII,  329.  — 
(Schmale,  ^Jlachr.  b.  ^tet  ®.  373.  —  Souginö  IV,  562.  —  2t)ie^  (Mehrten» 
gefch.  b.  Unib.  Atel  I,  234.  -  Garftenä,  ©efch.  ber  theot.  gacultät  Äiel,  ©.  12. 

Sarften§. 
^Qömon:  ^)ieronrjmu§  $•<  Stifter  ber  nact)  itjm  genannten,  noch  fjeute 
in  gutem  9lufe  ftetjenben  ^a^mann'fc^en  (ridjtiger  $a§man'fct)en)  ©chule  in 
Hamburg,  mürbe  am  10.  Slpril  1641  in  Hamburg  geboren,  wo  fein  S5ater  ein 
Slechfctjläger  mar.  9}ad)bem  er  in  ©ie^en  unb  3ena  Sttjeotogie  ftubirt  unb  an 
ber  letzteren  Uniberfität  1663  9ttagifter  geworben  war,  Würbe  er  in  feiner  S3ater= 


5})a§man.  193 

ftabt  unter  bie  ßanbibaten  be§  9Jtinifterium3  aufgenommen.  @r  mufite  lange 
auf  eine  Anleitung  warten.  Am  9.  $uni  1678  warb  er  Jobann  pm  britten 
SDiatonu§  (jßrebiger)  an  ber  großen  ©t.  5JltctjaeIi§=Ätrcr)e  gewäbtt;  nadjbem  er 
am  28.  $uni  ba8  ßottoquium  beftanben  batte,  würbe  er  am  9.  $uli  in  fein 
Amt  eingeführt.  S)ie  (SJemeinbe,  an  bie  er  berufen  War,  tjatte  erft  feit  Wenigen 
Monaten  bie  üoEen  9ted)te  eines  befonberen  Äird)fpiet§  erlangt  unb  war  nod) 
nidjt  ööltig  at§  ein  fotd)e§  eingerichtet;  fie  umfafjte  bie  9teuftabt,  bie  fdjon  ba= 
mala  3U  einem  großen  £tjeite  öon  ärmeren  ßeuten  bewotjnt  war.  Sie  neue 
Äirdjenö  er  Waltung  t)atte  bei  ber  @inrid)tung  ber  Armenpflege  befonbere  ©d)Wierig= 
feiten  gu  überwinben;  at§  ^.  in§  Amt  fam,  gefdjab  für  ben  llnterridjt  ber 
$inber  ber  Firmen  in  bem  nun  auf  fidj  fetbft  angewiefenen  iftrdjfpiel  nod)  nichts. 
6r  fat)  bie  iäglid)  madjfenbe  SBerwitberung  ber  $ugenb;  nadjbem  er  öielfad) 
aud)  anbere  auf  ben  ©djaben  rjingewiefen,  befdjlofj  er  auf  3ureben  be§  ©t)nbifu§ 
Sßolber  ©ctjeele  felbft  eine  Armenfdjule  ju  grünben.  ©ein  SJorbilb  babei  War 
bie  feit  bem  Satire  1612  in  ber  Slltftabt  errichtete  Änadenrüggifclje  Armenfdjule, 
bie  in  «Segen  white,  ©er  23ürgermeifier  ^einricf)  teurer  (f.  31.  ©.  33.  XXI,  532  ff.) 
billigte  feinen  $lan  unb  im  Januar  1682  legte  $.  ein  ©ubfcriptionäbudj  an 
unb  forberte  jjur  3eidjnung  öon  (Saben  auf.  hieben  ibm  nabm  fid)  fjauptfädjlict) 
ber  ©iafonue  (£a§par  £t)eobor  dürfen  ju  ©t.  $etri  (©obn  be§  23b.  VIII, 
©.211  erwähnten  fjf.)  ber  ©ammlung  an,  bie  einen  überrafcljenben  ©rfolg  batte. 
Um  biefe  3eit  gerietf)  5p.  in  unangenehme  ©treitigfeiten  mit  angefetjenen  9JUt= 
gliebem  feine§  Äirdjencotlegiumg.  9tad)bem  er  fdjon  öortjer  mit  feinem  £)aupt= 
paftor  ©eorg  -Ipacciuä  (f.  21.  2).  23.  X,  288  f.),  ber  wegen  feiner  Unfrieb= 
fertigfeit  befannt  war,  über  bie  33ertbeitung  ber  Armengelber  einen  ©treit  getjabt 
jjatte,  glaubte  er  aud)  Antafj  jur  $lage  über  bie  Art  ju  baben,  Wie  bie  £eidjnam§= 
gefdjWorenen  (fo  t)iefeen  bie  Verwalter  be§  widjtigften  £tjeite§  be§  JHrdjenöermögenä) 
mit  ben  Armengelbern  umgingen,  ty.  bradjte  biefe  ©acrje  aud)  auf  bie  Hansel. 
Al§  er  bann  aber  bod)  tiidjt  feinen  Vorwurf  juriftifdj  beweifen  fonnte,  unb  aud) 
nidjt  auf  ber  Äanjel  reuociren  wollte,  würbe  er  am  15.  ©eptember  1682  ab 
officio  fu§penbirt.  6r  fupplicirte  ju  9tatl);  unb  at§  er  bem  9tatt)e  ©etjorfam 
gelobt  tjatte,  Warb  er  am  22.  9toöember  beffelben  ^al)re§  wieber  reftituirt.  SDer 
3wifdjenjall  fdjeint  feinen  Semübungen  für  bie  Armenfdjule  um  fo  weniger  ge* 
jc^abet  äu  baben,  al§  man  in  ber  23ürgerfdjaft  it)tn  fadjtidj  ffted^t  gegeben  ju 
tjaben  fdjeint;  aucl)  perföntidj  War  er  wäbrenb  ber  3«*  leiner  ©uäpenfion  mit 
2öobttbaten  überljäuft  Werben.  %m  Anfang  be§  $at)re§  1683  Waren  20  000  3Rar£ 
Mourant  für  bie  ©ctjule  gefammett;  auf  ^aäman'ä  2lnfud)en  Warb  burcl)  9tatb§= 
beeret  bom  30.  Wäx^  1683  „bie  Einrichtung  einer  2lrmenfcl)ule  in  ber  9teufiabt" 
genehmigt  unb  au  beren  Verwaltung  ber  oon  5ß.  borgefcljlagene  SSorftanb  berufen, 
^iernacl)  beftanb  ber  $orftanb  au§  sJß.,  feinem  greunbe  dürfen,  ätoei  ^Jlttgliebern 
be§  9tatf)e§  unb  3Wei  bürgern.  3nt  5Rai  1684  Warb  bie  ©djule  mit  einer 
(SinweibungSprebigt  ^aSman'S  in  ber  fleinen  SJli^acliSüt^c  eröffnet;  fie  war 
3unäd)ft  in  einem  gemietbeten  «grnufe,  fonnte  aber  fetjon  im  Dctober  1684  il)r 
eigene^  §au§,  in  Welcfjem  fie  fict)  nod)  befinbet,  Be^te^en;  um  biefe  3eü  war  fie 
fd)on  öon  500  $inbem  beiberlei  ®efd)led)teö  befud)t,  bie  uon  mebreren  Sebrern 
unb  Seherinnen  unterrid)tet  Würben.  Al§  dürfen  am  13.  April  1684  geftorben  war, 
würbe  ftatt  feiner  ber  -gmuptpaftor  ju  ©t.  9Jticl)aeli§  3fol)an  Söindter,  ber  9tad)= 
folger  öon  öaeciuä,  am  1.  April  1685  in  ben  Söorftanb  (ba§  ^atronat)  ber 
©d)ule  berufen.  @§  ift  waf)rfd)einlid),  bafj  Auguft  ^ermann  brande  Ui  feinem 
erften  Aufentf)alt  in  Hamburg  (1683)  in  ber  $a§man'fd)en  ©d)ule  unterrichtet 
l)at.  Al§  ber  Anbrang  jur  ©d)ule  immer  größer  würbe,  ftnb  auf  2Bindler'6 
Setrieb   nod)  mehrere,  bi§    ju   feinem  2obe  nod)  öier,   fotdjer  Aimenfcljulen  in 

5ättaem.  beutfe^e  Sßtogro»I)ie.    XXV.  13 


194  $a|or. 

ber  fteuftabt  gegrünbet.  —  "Rad)  2Sind(er§  Xobe  tjatte  s$.  nod)  manctjertet 
SBiberwärtig'eiten  ju  erleben;  burd)  ÜEßindlerä  iftacfjfolger  im  ©eniorat  glaubten 
er  unb  einige  anbere  ^Jrebiger  fid)  in  ben  IDlinifteriatconbenten  betjinbert,  frei 
nad)  intern  ©ewiffen  ju  botiren;  5ß.  unb  fein  College  (£uftail)iu3  Äöten  blieben 
in  5olge  babon  jahrelang  au§  ben  (Sonbenten  fort,  bi§  am  Slnfang  be§  ^ar)re§ 
1710  biefer  S^ift  burd)  Vermittlung  beS  9tatl)e§  frieblidj  betgelegt  warb.  5ß. 
ftarb  am  21.  2lJ>ul  1716  morgenä  1  Ut)r,  75  ^atjre  alt,  nadjbem  er  fiel)  märjrenb 
33  $at)re  bei  guten  ftortgangeä  ber  bon  itjm  geftifteten  ©djule  tjatte  erfreuen 
fönnen.  SDie  s$rebigtcn,  wetdje  er  bei  ber  Gnnweitjung  ber  Sctjule  unb  tjernad) 
bei  ber  ©runbfteinlegung  gehalten  tjat,  finb  bon  ifym  in  2)rucf  gegeben,  bie 
leitete  mit  einem  Slnljang  juir  ®efd)id)te  ber  ^euftabt  in  Hamburg. 

Fabricii  memoriae  Hamburgenses  VII,  pag.  205  ff. ;  tjier  ift  ber  eben 
ermähnte  2lnl)ang  abgebrutft.  —  $ol)anne£  ©effden,  3»ofmnn  2Bindter,  £)bg. 
1861,  ©.  246  f.  —  ßerifon  ber  -Ijpamb.  ©djriftfteller  V,  ©.  648  f.  — 
(©äbed)en§),  ®ie  ^afcmann'fdje  ©djute  in  Hamburg  1683  bi§  1883,  ^>am= 
bürg  (1883).  I.  u. 

^afor:  ©eorg  ty.,  berühmt  aU  öerifograbb,  unb  ©rammatifer  bei  bleuen 
ü£eftament§,  geb.  am  1.  2luguft  1570  ju  (Sllar  bei  £abamar  in  sJlaffau,  f  am 
10.  S)ecember  1637  in  ^'anefer.  Sein  Söater,  ein  ©djutttjeifj  in  feinem  ©eburt£= 
orte,  roibmete  itjn  frütje  ben  SBiffenjdjaften.  ^Bereits  1591  mürbe  er  ©tubent 
in  £)erborn,  wo  fein  .(paUpttefjrer  3ob,anne3  ^iicator  warb,  ber  ir)n  in  bie 
$enntnifj  ber  griedjifdjen  unb  t)ebräifd)en  ©bradje  reetjt  einführte.  %n  ben  foI= 
genben  SJatjrcn  febte  er  feine  ©tubien  in  ßaufanne  unb  ©enf  fort,  fetjrte  aber 
1594  toieber  <}urüd  unb  bollenbetc  biefelben  in  ©iegen,  wo  fid)  bamal£  bie 
naffauifdje  t)ot)e  ßanbcäfdjule  befanb.  -hierauf  wirfte  er  al§  fwfmeifter  ber  jungen 
©raien  ^u  S)iUeuburg  bis  1517,  wo  er  ßeljrer  an  ber  ©ecunba  p  ©iegen  unb 
1599  an  ber  '•prima  unb  jugleid)  ^päbagogeard)  würbe,  %n  biefem  $at)re  würbe 
bie  ©djule  bon  ©iegen  nad)  ^erborn  jurücfberlegt.  ty.  offenbarte  al§  ©djul= 
mann  eine  grofje  ®abz  im  Unterridjten.  2)amit  berbanb  er  eine  au§ge<}eicrjnete 
Äenntnifj  ber  alten  ©pradjen.  bereits  1607  würbe  er  jum  ^rofeffor  ber 
Geologie  beförbert,  in  weldier  ©igenfdjaft  er  äugteid)  bi§  jum  Satjre  1620  bie 
Leitung  beö  s$äbagog§  weiter  fütjrte.  21m  meiften  befdjäftigte  er  fid)  mit  bem 
©prad)ibiom  be§  bleuen  üteftamenteg,  weld)e§  er  nad)  wiffenfdjaftlidjjen  ^rineipien 
betjanbelte.  ©eine  ©rammatif  tjat  nad)  feinem  ü£obe  fein  ©otjn  (f.  u.)  ber= 
öffentlidjt.  ©eine  .fraubtfdjrift  ift  aber  fein  ßerifon  aum  5Reuen  £eftamente, 
1620  ju  ^jerborn  juerft  crfdjienen  unb  bann  öfter,  burd)  Wetd)c§  er  bie  Serif o= 
grabble  be§  bleuen  5£eftamente£  begrünbet  tjat.  2luf  iljm  bafiren  ©djleuener 
unb  ©d)öttgen.  @in  (Stjarafteriftitum  ift  fein  ^urilmuö,  ben  er  in  ber  ©pradje 
be§  bleuen  2eftamente§  ju  finben  glaubt  unb  ber  itm  aüe  |)ebrai§men  au§  ber= 
felben  au§fd)eiben  lä^t.  ©eine  übrigen  wenigen  ©djriften  erftreden  fidj  tt)eit§ 
auf  berwanbte  ©ebiete,  tt)eit§  auf  bie  ctaffifdje  $t)itologie.  53iete§  Ungemad), 
Wie  93ranb  unb  fogar  ÜJUfjtjanblungen,  brachte  für  itjn  bie  ÄriegSfurie,  fo  ba^ 
er  gern  1626  einem  Stufe  nad)  gttmtf"  folgte,  wo  er  bi§  an  fein  Snbe  in 
afabemifdjer  SBirffamfeit  ftanb. 

9teformirte  Äirdjen^eitung  f.  1884,  Wo  alte  feine  ©djriften  augleid)  auf= 

gefülirt  Werben.  —  (5rfd)  unb  ©ruber  III.  ©ect.  12.  —  ©tafiuS,  Godgeleerd 

Nederland  III.  —  Vriemoet,  Athenae  Fris.  —  S3at)Ce. 

Suno. 

^afor:  9Jlatt^ta8  ty.,  reformirter  Stjeolog ,  ©otjn  be§  borgenannten, 
geb.  ju  ^perborn  am  12.  Slpril  1599,  t  SU  ©roningen  am  28.  Januar  1658. 
©eine  ©tubien    madjte    er    in   Jperborn,    Harburg    unb   <^eibelberg.     Sin   tebt= 


SßaSquicfc.  19° 


aenannter    Uniöexfltät   max    er    furje   %*t  ^rofeffot    ber    ElatW« ,    ba™   J« 

jener  ab.  «reo  sr„*Tp    Ahd    Widmari  Parentalia 

(Sil^  unb  ©tuber.  -  ©tanuB    -  Saple.         Abu     vn<un 
in  Matth  Pasorem.  -  Effigies  et  vitae  proff.  Acad.  Gron.  ood  s^Ati  e 

ebenbo     5(!.  Weint  träf)  in  ben  flo|t  Wen  S.onb  9*™  j"   '  ?*"„  etac  en 
bicfen   evfovbettWe  SBotbilbuna   Senomn   3«  ^b™ •,»■"„  mit  rtJ   178«  aB 

«bjnncten  bet  *f)W£  an  bet  tti  b      at  $ e,t      1     y  ro  if     Son  „ie,„ 

mit  3-  »emontti  III    H«anjae|eb <»»3«    'e^„ "S, tenüalvecfennncj   aß 
SSettnd,   «in«   "'««"    unb_   Matteten  Sea lu"bu"9  blL  XZl  dovreiponben; 
gjponentialfaUul"  eOTäfmenSmettt)  fem.     3n  »•  »°**  Salle  ~       'v     £i 
•JU*  et  iW  iaupWi*  übet  a1"W u, .    8 »bahrt«  B «3™ 
(ütabmeiinnsä.tbeiten   Irin«  3e.t   «*» *    |B2ta3waw*  mit  be? 

roigenben   uamtjart:     „öeifn*   eme8  SS «tiaÄ*   5« * ^genmn en      )  -^ 

»eweßunß-unb  öott^ct^aTte^cn  Stint*  nnß  b  i  Mali neu      l/«   , ^  ^ 

in  ber  mat^ematiid)en  3lnal#8  «*  ^*Xn  n  3fo Pi  reu  bei  3e futten Vittex- 
banb",  1798    (tt,«toeile  nadj  ben  nad)ße  an  en  ™^™*£ü™     „Epitome 
paeder  P.  fDHtterbuiß  gearbeitet);     Opuscu  o  staU  o-medum  ca     l  /         ^ ^ 
elementorum   astronomiae  spljaenco-calculatonae  ,   1810,   r*$*Z%   in   ber 
gedämmten   tgeoretildjen  atatfcmattf'  ,    1812    --  Sai qm*«      a         'b^au§ 
©ehalte  ber  »fhonomie  mel  genannt    atteibmßS  *W™m£  "^      fien  $. 
efjtent,oflen  SBBcife.     (SB  trat  nämher,  fem  «ent ^l%^-JmJn^  eine* 
a  8  Slntläßet   mit   ber  Wntbtßunß   aul,    jen et   ^Jp'If'K  einen  eben= 
Äometcn  orme   jebe   tWad«e  •^^^J^J^^S^w 
Wen  tDifi«H*a!tU*en  »ettuß  beßanßen    tote    m  f  ^f  ^^genmnfte  2luT= 
ritter  S>'Hnßo8.     Seßteitftdjetwetle   erteßte  Piefei ^oxwm\  otc  auy 
meitfamtrit ,    bie    ange^enften   »jtronome«.    ttmfe.    6«|    © ^'^    bfl| 
<S*umadjer   nahmen   U^  ber  ©adje    an     unb  ba      ettte     d)  D en     9 
flmetp  lelbft  tuftü*  ß*«nMt  *ab e  unb  f.  in  m  *^  Äucttin  leiner 
fei,    aEein  fteiln?  üe|  p*  m«t  leugnen,   baB  iefetexer  Det         ^ 


196  Mabant. 

^Beobachtungen  feljr  unöorfictjtig  3u  SOßerfe  gegangen  toar.  ©etoiffermafjen  ent= 
laftenb  toirft  für  $t.  bie  üllmtfadje,  bafj  berjetbe  ben  berühmten  Steifenben  ©eetjen 
in  bie  aftronomifdje  93eobad)tung§funft  eingeführt  unb  fo  inbitect  audj  um  bie 
Zarjtreidjen  fdjönen  OrtSbeftimmungen  fidj  betbient  gemalt  rjat,  burct)  toetd)e 
Seesen  bie  ©eograbljte  bietet  Sänber  be§  Oriente  bereicherte. 

b.  SBurjbad),    23iograbt)ifd)e§   ßerjfon   be§   $aifertf)um3   Oefterreidj,   21. 

SBanb.    —    llngarifcrje   9lac$rtd^ten    (23ubapefter   Leitung),    1863.    —    Sßolf, 

©efdjidjte   ber   Slftronomie,   ©.  710  ff.  23rieftoed)fel   atoifdjen    ©aufj  unb 

©dmmacrjer,  1.  23anb  6.  363  ff.  ©untrer. 

WfalHUlt:    3afob   ßubtoig   $.,  Dr.  theol.,    rejormirter  ©eiftltdjer,  als 

greunb  ©oettje'ä  unb  ßabater'ä  in  »eiteren  «Greifen  befannt  geworben,  mar  einem 

angefetjcncn   ©efdjledjt    entfbtoffen,    au§    bem   mancrje    tüchtige    9Jtänner    (fielje 

$ot)ann  $arl  unb  ^o^ann  5Dabib  5ß.)  fjerborgegangen  finb. 

2lm  (Jnbe  be8  16.  ^arjttjunbertg  n)&*  9Hfolau£  be  ^ßaffabant,  ber 
©tammbater  be§  33afeler,  toie  be§  granfjurter  gtoeigeä,  au§  granfreidj  nac^ 
Bafel  gefommen  unb  tjatte  bafelbft  ein  ©efdjäft  gegrünbet.  6r  legte  bamalä 
ben  2lbel  ab  unb  trat  zur  reformirten  (Sonfeffion  über,  ber  feine  ^Ractjtommen 
mit  großer  Sreue  anfingen.  SDeffen  (Snfel  9tuboIbt)  (Smanuel  fam  1667 
uadj  granffurt  am  5Jtain,  too  bie  gamitie  batb  ju  9teid)tfmm  unb  (Jtjre  ge= 
taugte.  @r  mar  ber  llrgiofsüater  oon  ©oettje'ä  ^ugenbfreunb.  Safob  Subtoig 
*ß.  tourbe  geboren  ju  Qfranfmrt  am  6.  ^Jtärj  1751.  $m  £>aufe  feine©  Söaterö, 
be§  Kaufmanns  Sotjann  ßubtoig  ty.,  Ijerrfdjte  ein  fdjtictjter  frommer  ©inn, 
babei  aber  jene  feineren  ^formen  beg  Umgangs,  toie  fie  in  Dielen  fran^öfifdjen 
Gsmigrantenfamilien  fid)  finben,  bei  benen  bie  Söor^üge  beiber  Nationen  fid) 
rjarmonifd)  üerfctjmctjen.  2>ie  (h'iierjung  be§  Knaben  toar  bortreffttd) ;  bie  burd) 
Slnmutt)  ausgezeichnete  Butter,  sJJcaria  i^afoba  geb.  Äod),  Ictjrte  ifjren  Siebling 
felbft  in  ber  gamitienbibel  lefen.  Sfafob  ßubtoig  mar  fcfcjon  aU  $inb  burd) 
5tufrid)tigfeit  unb  ©emiffentjaftigfeit  ausgezeichnet.  9luö  ,£>erzensneigung  mibmete 
ber  früt)  in  fid)  gefetjrte  ^üngting  fid)  bem  geiftlidjcn  Berufe,  toäljrenb  bis  barjin 
faft  alte  ©lieber  ber  Familie  ftd)  bem  JpanbelSftanbe  zugetoenbet  Ratten,  ©djon 
in  ber  ©rjmnafiatzeit  toar  er  tootjl  ju  bem  ztoei  ^al)xt  älteren  ©oetlje  in  oer= 
trautidje  Beziehungen  getreten,  toelctje  toaljrenb  ber  ©tubienjatyre  unb  nodj  ettoas 
über  biefe  $tit  tjinaus  fict)  fovtfe^ten.  *$.  liebte  ben  2)id)ter  mit  ber  ganjen 
^ärttictjfeit  unb  Jpingcbung,  beren  feine  toeidje  ©eete  fä^tg  toar,  toätjrenb  biefer 
bem  fcrjtidjten  greunbe  ettoaS  rüdb,altenber  gegenüber  ftanb.  5Dodj  pnbet  fid) 
$affaoant;§  9came  me^rfactj  in  „2)ic^tung  unb  2Bat)rfjeit"  ertoäfjnt.  °$m  ^rü^= 
jatjr  1768  bejog  er  bie  Untüerfität  Harburg,  too  er  bi§  zum  ^erbft  1771  Der= 
blieb ,  um  bann  nadj  ©öttingen  fict)  ju  toenben.  3In  beiben  Orten  getjörte  er 
bem  auf  beutfdjen  ,g)od)fd)ulen  bamal§  öerbreiteten  ftubentifetjen  Drben  Soncorbia 
an,  in  bem  ber  $reunbfd)aft§cultu§  in  überfd)toänglid)fter  Söeife  gepflegt  tourbe, 
tote  ein  noer)  erhaltenes  Stammbud)  betoeift.  3»n  ©öttingen  lernte  er  aud) 
mandje  ©lieber  be§  ^ainbunbeg  (ßeifetoi^  unb  toarjrfctjeinlid)  bie  ©rafen  ©tolberg) 
fennen.  3fn  biefer  Sät  tjatte  er  ©etegen^eit  ba§  5)lanufcript  bon  „Söertt)er" 
fennen  ju  lernen,  unb  toar  einer  ber  Ghften,  bie  bom  „Söertrjerfieber"  ergriffen 
tourben.  ^m  <^erbft  1773  berliefj  er  ©öttingen  unb  ^iett  fid)  im  2Binter,  toie 
e§  fdjeint,  t^eilö  in  Harburg,  tb^eil§  in  gi-'cmffurt  auf.  Sfm  ©ommer  1774 
erbat  er  fid)  bon  ©oetf)e  zur  23ermät)lung  feine§  23ruber§  3>afob  mit  ©ufanne 
gneberife  ^rjilippine  ©d»übeter,  toeidje  mit  ber  ©c^öncmann'fdjen  Familie  ber= 
roanbt  toar,  ein  £)od)3eit§gebid)t,  ba§  ieboct)  berfpätet  eintraf  unb  erft  50  ^af)xe 
nadj^er,  bei  ber  golbenen  ^)od)3eit,  bem  ipaare  oom  Pfarrer  überreidjt  tourbe. 
S)ie  (Sanbibatenjeit  berbradjte  ty.  in  3ur^r  toD  er  f^  bon  ftriibjatjr  1774  bi§ 
Dctober  1775  auffielt.   Sor  allem  30g  i^n  Sabater  an,  ju  bem  in  ber  ©turm= 


5Paffabant.  197 

unb  SDrangperiobe  alleg  pilgerte,  toa§  irgenbtoie  bon  Segeifterung  für  bie  neuen 
$beale  erfüllt  toar.     5p.  tourbe  2lmanuenfi§  be§  merfroütbigen  9Jtanne§,  ber  ben 
befdjeibenen,  aufrichtig  nad)  2öat)r§eit  fuctjenben  Jüngling  fetjr  liebgetoann  unb 
3U   beut    „fteinen  (Sirfel   feiner   eblen   greunbfctjaft"    rechnete.     3Jtit  ^ßfenninger, 
£>efj,  <£)äfeli  unb   anbern  ©liebern  ber  ßabater'fctjen  ©emeinbe,   auct)   ben   ebten 
grauen  biefeä  JfreifeS,    toarb    er   fetjr    bertraut.     Sluct)    ju  23obmer,   Sreitinger 
unb  ©efener  trat  er  in  33e<}ier)ung  unb  natjm  an  bem  genialen  treiben,    ba§  in 
biefen  Greifen  B,errfcb,te,   lebhaften  2lntt)eil.     $m  Stpril  1775  roarb  ty.  orbinirt, 
Blieb  aber  bennoer)  ein  tjalBeg  ^at)r  noct)    Bei  bem  bäterltctjen  greunb.     3n  ben 
©ommer  biefe§  3at)re3  (1775)   fällt   bie  „©eniereife"    mit  ©oettje.     SDiefer  toar 
mit  ben  Beiben  ©tolBerg'3  nact)  3ütict)  gefommen  unb  machte  bann  am  15.  $um 
(nietjt   am   15.  3uli   toie  ©oett)e   angibt)   mit   bem   granf furter  greunbe   einen 
2lu§flug  in  bie  llrfantone,  too  $.  bie  gütjrung  übernehmen  fonnte,  ba  er  biefelbe 
Steife  Bereite   einmal  gemacht  I)atte.     S)er  Siebter   mar  bamalä  im  begriff  ba§ 
Sertjältnifj  mit  ßitti  ©ctjönemann  3U  löfen,  beliebte  aBer  boct)  mit  *J3.,   ber  auf 
ber  Steife  fiel)  ungetoötjnlict)  Reiter  geigte,  eine  Steige  frötjlictjer  £age.   SBermuttjticB, 
tjat  ©oettje    itjn   gefctjilbert  in   bem  „gerbinanb",    ber  in  2öertt)er§  Reifen  als 
Segleiter   be§   jungen  SBerttjer  ertoätjnt  ift.     $.  Beteiligte  fict)  bamal§  an  bem 
frötjlictjen  StreiBen  ber  beutfdjen  Äraftjünglinge  in  3ü"tf),  toie  e§  BefonberS  bon 
ben  ©tolberg'g  angeregt  toorben  toar.     $m  OctoBer  fer)tte  üß.  nactj  feiner  $ater= 
ftabt  aurücf,    too   it)n  ber  2)ict)ter  3u  einem  tounberlictjen  3tenbe3bou§  bor  feiner 
plötjlictjen  Steife  nacr)  bem  Dbentoalb  beftellte.     ^nbeffen  Blatte  er  einen  Stuf  aU 
5ßfarrbertoalter    an    ber   reformirten    tjotlänbifctjen    ©emeinbe    in  Hamburg    an= 
genommen,  unb  fiebelte  im  StobemBer  1775  batjin  über,     ^m  $.  1776  toar  er 
mit  ©oettje,   ber  mit  it)m  im  SBriefrnecfjfel  geblieben  toar,   mit  |>erber,  Sabater, 
ben  ©tolBerg'§  unb  einer  2ln3atjl  anberer  greunbe  $u  Strasburg,  too  fein  5tame 
tjeute  noctj,  auf  ber  Plattform  be§  9Mnfter§,  neben  bem  jener  2)ict)ter  eingetragen 
ift.    ©eit  biefer  3e^  t)atte  er  toenig  33erüb,rung  metjr  mit  bem  gefeierten  ^ugenb= 
freunbe;  bagegen  Blieb  er  mit  Sabater  im  39rieftoecr)fet,  ber  aucB,  in  feiner  letjten 
Äranftjeit  eine  Steige  bon  blättern  mit  einzelnen  für  itjn  Beftimmten  ©innfprüctjen 
Befctjrieben  tjat.   %m  3-  1777  tourbe  fß.  ©eiftlictjer  in  |jannöberifct)='>lJtünben,  bon 
too  au§  er  regen  3)erfet)r  mit   bem  benachbarten  ©öttingen  pflog  unb  Befonberä 
mit  bem  ©ctjtt^er  ^otjann  ©eorg  SJtülter,  bem  53ruber   be§  ©efctjictjtfctjreiber§, 
bertraut  würbe.   $m  fotgenben  %a$xt  rjert)eh-att)ete  er  fiel)  mit  ^ob^anna  ©tifabelt) 
SCßai^.     $n  biefer  feiner  erften  (Stje  tourben  itjm  bier  $inber  geboren,   barunter 
ein  ©otjn  Äarl  Söittjetm,  ber  nactjmall  5|}rebiger  in  35remen  tourbe  (f  1846). 
2?m  $.  1787  tourbe  er  jtoeiter  5)3rebiger  3U  5Detmolb,   too  er  für  bie  mancherlei 
milben  Stnftalten  gro^eg  ^ntereffe  geigte   unb   bie  SBeftrebungen  b.  (SoeHn'ä  unb 
©toalb'g    unterftü^te.      (5r    toar    am   ,£>ofe  fet)r    beliebt    unb    trat    noct)    nact) 
feinem  Sßeggang  ^u  ber  geiftreietjen,  für  ba§   fleine  ßanb  treu  Beforgten  Sfürftin 
$auline    (f.  u.)    in  Se^ietjungen.     ^m  3.  1794  bermät;(te    er  fictj    nact)    bem 
frütjen    2obe    ber    erften   ©attin    3um    ätoeiten   fötale,   mit    Slugufte    Stotberg 
au§  S)etmolb.     ^n  biefer  (SB^e  tourben  itjm  noct)  6  Äinber  geboren,  barunter  ein 
©otjn,  griebrict),  ber  1862  al£  bairifct)er  ©eneral  berftorben  ift.   33alb  barauf 
tourbe  er  3um  ©upeiintenbenten  in  S)etmolb  ernannt,  natjm  aBer  fetjon  im  ^erBft 
1795    einen  Stuf   al§  3toeiter  ^rebiger  bei  ber  beutfctj=reformirten  ©emeinbe  ber 
Söatexftabt  an,  gur  innigen  g^ube  ber  alten  Butter.   6r  erlebte  noct)  bie  böttige 
©leidjfteÜung  beiber  ebangelifct)en  ßonfeffionen  in  ^l'anffurt  unter  bem   gürft= 
prima§    bon  S)alberg,    ber  itjn    1812  311m  ©ct)ut=   unb   ©tubienratt)    ernannte. 
Sn  biefer  f$dt   tjatte   er  toieber   manetje  SBerül)rung  mit  ©oettje,    inbem  er  biel 
mit  $ot)ann  ^afoB   Söillemer,   bem   ©atten   ber  Marianne,   öertetjrte.     Slnbere 
litterarifet)   Bebeutenbe   9Jtänner,   toie  $ung=©tiHing,   befuctjten   läufig  fein  gaft= 


198  Sßaffabant. 

tid)cS  £>auS.  9lud)  mit  ben  ^üridjer  Familien  Saoater,  ©efjner  u.  a.  blieb  er 
bi§  3U  feinem  Snbe  in  brieftid)em  unb  berföntidjem  Sßerfefjr.  Sm  $.  1813 
würbe  s$.  erfter  s}kebiger  unb  ßonfiftoriatrattj.  1817  erhielt  er  bon  ber  tr)eo= 
logifcfjen  ftacultät  <ju  ^ena  baS  üDoctorbiblom.  5DaS  25jät)rige  Jubiläum  beö 
„33ietliebenben.unb  33ielgetiebten",  ju  roetdjem  u.  a.  fyriebrid)  Sßiltjetm  ihummaerjer, 
bamalS  «IpülfSbrebiger  bet  bentfdj=reformirten  ©emeinbe,  ein  ©ebidjt  berfafjt,  legte 
^eugnifs  ab  für  bie  93erei)rung,  bie  er  in  ber  ©emeinbe  genofj.  sJtad)bem  er- 
lange 3>ab,re  rjinburd)  infolge  eines  9terbenleibenS  nur  mit  großer  2lnftrengung 
feinen  ^flidjten  nacfjgefommen  mar,  ftarb  er  am  8.  Januar  1827.  5ß.  tjat  fid) 
nid)t  burd)  fjerborragenbe  Seiftungen  befannt  gemad)t;  bod)  ift  feine  eble, 
fjarmonifdje  ^erföntict)feit  bieten,  u.  a.  and)  ben  beiben  Neffen,  bem  Äunffc» 
fjiftorifer,  foroie  bem  sttx\ie,  junt  Segen  geroorben.  ©eine  tf)eotogifd)e  9iid)tung 
mar  burdmuS  bie  feines  f5fteunbeS  ßabater;  bie  berföntidje  ©emcinfdjaft  mit  bem 
Srlofer  mar  irjm  Stern  unb  $ern  beS  (IfjriftentljumS,  roäfjrenb  jcbe  confeffionclie 
(Sngfjeraigfeit  il)in  rrcmb  mar.  Sluf  ber  .Standet  prebigte  feine  jorjanneifdje  6r= 
ferjeinung  belebter  nod)  als  bie  Sippen  bon  ber  Siebe  (SottcS  in  @f)rifto.  35er= 
öffentlich  rjat  s$.  nur  einige  s3luffä^c  in  ^fenninger'S  (Stjriftt.  9Jtagajin,  fotoie 
etlid)e  s4hebigten.  —  (Sin  Sebensbilb  ^affaoant'S  tjat  bis  jeüt  gefehlt.  2)ie  rjier 
gebotene  ©fijje  beruht  tljeilS  auf  unberöffentlidjien  2lufaeid)nungen,  ttjeilS  auf  t)ier 
unb  ba  jerftveuten  eingaben ;  eine  meiterc  lUuSfürjutng  roirb  ber  Sierf.  im  9lrd)ib 
beS  granf furter  Filter trjumebereinS  für  1887  liefern.  2)en  33riejroed)fel  mit 
©oetrje  unb  Sabater  l;at  5ß.  leiber  fetbft  bernidjtet ,  unb  anbere  Briefe  bon 
2Bert£)  finb  gelegentlid)  eincS  23ranbeS  jerftört  roorben,  fo  bafj  biel  roidjtigeS 
Material  31t  örunbe  gegangen  ift.  |).  35ed)ent. 

^affnbaut:  ^otjann  3)abib  Sp.,  sJleffe  beS  Vorigen,  geboren  au  3franfi= 
fürt  a  sUt.  am  18.  «September  1787.  Sein  33ater,  Sotjann  2)aoib ,  betrieb  in 
ber  Scfmurgaffe  ein  blüt)enbe§  £)anbelSgefd)äft  in  englifdjen  SBaaren.  Seine 
9Jtutter  mar  bie  Xodfter  beS  bermögeuben  2Öeinf)änblerS  ^ofjaun  sJtoi>  (Söget, 
meldjer  ber  in  feiner  Familie  tjerrfdjenben  Vorliebe  für  ßunft  fotgenb  —  einer 
ber  Sßorfarjren  mar  lUaler,  anbete  Ratten  fid)  als  SDilettanten  mit  ®rabftid)el 
unb  Üiabirnabel  berfud)t  —  eine  anfetjnlicrje  Sammtung  bon  ©emälben  er= 
morben  Ijatte ;  aud)  befafj  er  eine  bebeutenbe  23ibliothef.  s){w  biefen  Sd)äüeu 
rjatte  fid)  bau  Söefen  ber  2od)ter  entroirfelt  unb  fie  trug  irjre  Neigung  für  i?unft 
unb  ©eifteSbilbuug  aud)  auf  ifjren  Sol)n  über.  S)urd)  frühzeitigen  $ei<£)en= 
unterridjt  bei  bem  lüiater  iöager  unb  bem  s3lrd)ite£ten  ülrid)  mürbe  in  bem 
Änaben  biefe  Steigung  bermeljrt,  unb  bie  Viebrjaberei  beS  Sammelnd  angeregt, 
meld)e  er  juerft  burd)  baS  Sammeln  ber  Stidje  ßljoboroiedi'S  betfjätigte.  ®er 
Umgang  mit  bem  Soljne  be§  granffurter  berütjiuten  $ferbemaler§  ^ol)ann  ©eorg 
^ßforr  bradjte  if)n  ben  Äunfttreifen  nod)  nätjer  unb  ty.  empfanb  e§  fdjmerätid), 
als  ber  junge  5ranä  ^forr  nad)  bem  rafd)  aufeinanber  folgenben  3lbteben  beiber 
©Item  äu  feinem  Dnfel,  bem  ©aüerieinfpector  £ifd)bein  nad)  Gaffel  tarn,  um 
bon  \\)m  als  Dealer  auSgebilbet  p  roerben.  5lber  aud)  an  unfern  ^.  trat  ber 
ßrnft  beS  SebenS  rafd)  rjeran.  Sein  SBater,  beffen  ©efdjäfte  burd)  ben  $rieg 
fdjroer  gelitten  Ijattcn,  ftarb  nad)  längerem  ßeiben  im  Satjre  1800,  unb  $.,  jum 
Kaufmann  bon  feinen  ©Itern  beftimmt,  trat  im  3at)re  1803  als  ßetjrling  in 
baS  ©efdjaft  ein,  meldjeS  nad)  beS  SBaterS  2ob  fortgeführt  muTbe;  feine  Neigung, 
Äünftler  ^u  roerben ,  magte  er  nidjt  laut  roerben  au  laffen.  2ltS  aber  fein 
$reunb  ^rana  ^forr  nad)  bem  Sobe  feines  OnfelS  ütifdjbein  im  Sommer  1805 
als  fiebaerjnjäfrriger  Jüngling  nad)  g^nlfurt  jurüdferjrte ,  ertjielt  biefe  Neigung 
neue  s31arjrung  unb  rourbe  immer  brennenber,  als  ^forr,  roeld)er  im  ^>erbft 
beffelben  ^arjreS  nad)  2Bien  gegangen  roar,  um  fid)  auf  ber  Stfabemic  roeiter 
auS^ubilben  ,    ib^m  Sriefe  bolt  ißegeifterung  bon  borten  fd)rieb ,  unb  bon  feinem 


«ßafjaüant.  199 

neuen  greunbe  Dberbecf  fdjroärmte.  Sott  ßummer  Derrjarrte  5ß.  in  bem  ©e= 
fdjäft  unb  ging  1809  3u  feiner  meiteren  fauimännifdjen  Slusbilbung  nad)  }>ari§, 
mofelbft  er  in  bem  23an!t)aufe  ütcugemont  &  Sömenberg  eine  Stellung  fanb. 
$tte  freie  3e^  Dermenbete  *ß.  bort  311m  ernften  ©tubium  aller  jener  tfunft= 
merfe,  melctje  Napoleon  I.  in  ^aris  3ufammengefd)leppt  tjatte,  unb  3ur  3)er= 
me^rung  feines  SöiffenS.  1812  errjielt  5ß.  in  s}kris  bie  irjn  tief  erfctjüttembe 
>ftad)rid)t  Don  bem  in  2llbano  erfolgten  lobe  feine»  greunbeS  ü*and  $*orr. 

Um  biefe  Qnt  fdjjrteb  $.  eine  $ritif  ber  neu  ausgeftettten  Söerfe  Don 
©roe,  S)aDib,  ©erarb,  ©uerin  ic  k.,  inbem  er  biefelben  mit  ben  alten  Stafouern 
Derglid) ,  unb  fd)icfte  biefetbe  nebft  einer  in  treibe  geseidjneten  Sanbfcfjaft  feiner 
(Jrfinbung  in  ^ouffin's  Gfjarafter  nad)  granffurt  an  feinen  greunb  |>errn 
Jpenrt)  Gornitl.  SDiefer  berfctjaffte  itjm  aud)  in  granfmrt  bei  5)lumm  &  So. 
eine  ©teile,  benn  bas  Vermögen  ber  9Jluiter  mar  in  $olge  ber  ®efd)äüs= 
3erftörung  burd)  bie  Sonttnentalfperre  fo  rebucirt  morben,  bafj  5ß.  nunmehr  ganj 
auf  fidj  fetbft  angemiefen  mar.  9iad)  Napoleons  fjftuctjt  Don  @lba  ergriff  bie 
nationale  SSegeifterung  aud)  tt)n  unb  er  30g  am  25.  Sinti  1815  mit  ber  (£om= 
pagnie  ber  greimilligen  jur  Belagerung  Strasburgs  nad)  bem  ßtfafj.  Sei 
biefem  Sosreifjen  Don  ber  fauimännifdjen  Itjätigfeit  entroicfette  fid)  in  itjm  ber 
(Jntfdjtufj ,  fid)  gaiij  unb  gar  bem  fünftterifdjen  Berufe  ju  roibmen  unb  bei 
feiner  9tüdferjr  ttjeilte  er  biefes  feiner  erfcfjrecften  Butter  mit.  2lud)  fäumte  er 
nid)t  mit  ber  2tusfütjrung  unb  reifte  am  1.  Secember  nad)  >ßaris  ab,  mofelbft 
ber  fieb3igjär}rige  DaDib  ben  }d)on  adjtunb}man3ig  $af)re  alten  Anfänger  frcunblid) 
in  fein  Atelier  aufnahm,  in  metdjem  bamalS  aud)  Sßadj  unb  9tittig  ftubirten. 
3ln  fie  fcfjlofj  ty.  fiel)  innig  an.  Vlaü)  £aDib's  ©rilirung  übernahm  Saron 
©ros  bas  Stieltet  unb  5ß.  ftubierte  unter  if)m  weiter.  S£a  baS  SJtufeum  ge= 
fdjloffen  mar,  fo  berfdjaffte  Sllejanber  Don  ^umbotbt  unferem  *ß.  bie  (Sirtaübnifj, 
in  bemfclben  nad)  SRapfjael  copiren  3U  bürfen ;  aud)  in  felbftfiänbigeu  Gompo= 
fitionen  aus  bem  9libetungenliebe  Derfudjte  er  fid)  unb  fanb  für  biefelben  ben 
Seifafl  Sluguft  SBilfjetm  Don  ©ctjlegel's.  9Zad)  adjtje^n  9Jconaten  anfjaltenbften 
#leif$es  fefjrte  er  nad)  ft-ranffutt  3urüd,  um  alsbalb  feinem  greunbe  SBad) 
nad)  9tom  3U  folgen. 

lieber  ^Jlaitanb  unb  Bologna  ging  er  nad)  frloren3 ,  mofelbft  er  33aron 
Don  gtumofjr  fennen  lernte ,  melcfjer  ©tubien  für  feine  funftfdjriftftellerifdjen 
arbeiten  fammelte.  5Diefes  3ufammentreffen,  ber  anfjaltenbe  Umgang  mit 
JRumorjr  raätjrenb  einiger  Monate,  follte  für  ty.  Don  bebeutenben  folgen  merben, 
inbem  ifjm  fjierburd)  juerft  näherer  ßinbtic!  in  ba§  (Sebiet  funftr)iftotifdjer 
gorfd)ung  eröffnet  mürbe.  sDlit  Saron  ©tadelberg  madjte  %  gemeinfdjaftlid) 
bie  9teife  über  Urbino  unb  Perugia  nadj  9tom,  mofelbft  bie  Üteifenben  am 
22.  üDecemfor  1817  eintrafen,  ^e^t  erft  lernte  $.  ODerbecI  perfönlid)  fennen, 
nad)bem  er  burd)  ^ranj  5ßfotr  bereite  in  brieflichem  S5er!e^x  mit  i^m  geftanben 
tjatte ;  aud)  3U  6orneliu§  unb  2}eit  trat  er  balb  in  freunbfdjaftlidje  SSe^te= 
jungen.  ®ie  brei  benannten  Ijatten  bamals  fdjon  ifjre  gresfen  in  ber  Safa 
S3artr)olbt  Doüenbet  unb  bereits  bie  neuen  Aufträge  jur  ?lusfd)mücfung  ber 
äiilta  5)laffimi  erljatten,  311  meldjer  aud)  nod)  J?od)  unb  ©djnorr  Don  Garolöfelb 
rjerangesogen  mürben.  3m  Umgang  unb  in  engem  2lnfd)luf3  an  biefe  g-reunbe 
fudjte  3ß.  nun  feine  eigenen  fünftlerifcfjen  ©tubien  3U  förberu,  inbem  er  fid) 
gans  ber  burd)  fie  Dertretenen  Ütid)tung  anfdjlo^ ,  obgleid)  er  fein  ganjeö  Seben 
t)inburd)  ber  reformirten  ^ird)e,  in  roeld)er  er  aufgemadjfen  mar,  treu  ergeben 
blieb.  2ftit  6orneliu§  mad)te  er  einen  2lusflug  nad)  Neapel,  mit  Coerbed 
einen  Jold)en  nad)  Slffift ,  mit  Julius  ©djnorr  Devmeilte  er  brei  5Ronate  in 
5toren3  unb  Dotlenbete  bort  fein  erfteS  größeres  Oetgemälbe,  eine  tjeilige  gamitie 
(je^t  im  33eftt3  beö  ^»errn  Ctto  ßornill   in  granffurt  a  3W-).    b]Jtit  ^einrid)  §efj 


200  SPaffatoant. 

»erbrachte  er  einen  arbeitfamen  ©ommer  in  Perugia.  (Sine  SljaritaS,  eine 
Sanbfctjaft  mit  bem  not  bcm  <g>irfd£>e  fnieenben  Zeitigen  Hubertus,  beren  Biotin 
ber  Umgebung  um  Dlebano  entnommen  ift  (jetjt  im  ©täbelfctjen  ^nftitute  als 
3)ermäcrjtnif3  beS  Dr.  Sommer)  entftanben  in  «Jtom.  «Me  biefe  arbeiten  zeugen 
bon  bem  eblen ,  feinen  j?ünftterfinn  ,  roetdjen  «ß.  fein  ganjeS  Seben  Ijinburdb,  be= 
tätigte ;  boct)  3eigten  fie  metjr  bie  gätjigteit  ©uteS  nacb^uempfinben,  als  «fteueS  ju 
geftalten,  unb  ber  geringe  (Erfolg,  meieren  er  mit  bcnfelben  erhielte,  mufjte  itjn 
barauf  tjinmeifen,  bafj  itjm  auf  bem  fteibe  ber  $unftauSübung  roenig  greube 
erblütjen  mürbe,  gfaft  unberoufjt  lentte  er  merjr  unb  meljr  in  bie  23at)nen  beS 
ÄunftforfdjerS  unb  .ftunftfctjriftftellerS  ein  unb  barin  bon  feinen  römifctjen 
greunben  beftärft,  fdjrieb  er  feine  erfte  beröffentticrjte  ©crjrift  unter  bem  Xttet: 
„2lnfid)ten  über  bie  bilbenben  fünfte  unb  üDarftellung  beS  (BangeS  berfelben  in 
£oScana,  bon  einem  beutfcrjen  ^ünftler  in  «Jtom"  1820.  SDiefe  «Jttittljeilungen, 
meiere  jur  Seftimmung  beS  (SeficrjtSpunfteS  bienen  fottten,  auS  melctjem  bit 
neue  beutfetje  «Dtalerfctjule  ju  betrachten  fei,  finb  fpäter  bon  bieten  Äunftfdjrift* 
fteltern  als  Gkunblage  jjur  2)arftettung  ber  beutfdjen  Äunftentmicfelung  jener 
Gpoctje  benuijt  roorben,  unb  fie  finb  bon  SBidjtigfeit  jur  J¥enntnife  ber  Sbeen, 
roetetje  bamalS  in  «Jiom  jene  $ünftter  befeelten,  bie  man  fpäter  mit  bem  tarnen 
ber  „«Jlajarener"  bezeichnete,  ©ie  3öorte  «ßaffabant'S :  „eS  liegt  bie  33lütt)e 
einer  $unft  nietjt  in  ben  folgen  eines  tiefen  ^riebenS,  nicfrjt  in  bem  «Jteicrjtrjum 
eine§  SJolfeS,  nidjt  in  ber  greigiebigfeit  eines  dürften  ober  in  foftfpieligen 
^unftanftalten,  fonbern  in  ber  ©röfje  ber  in  einem  gebildeten  «Uolfe  rjerrfetjenben 
©efinnung"  finb  rjeute  nodj  fo  roatjr  unb  berjerjigenStoertb,  mie  bamalS;  unb 
niajt  rütjmenb  genug  fann  tjerborgerjoben  roerben,  bafj  in  gteid)  entfduebener 
Söeife  ber  «RationalitätSgebanfe  noct)  nidjt  auSgefprodjeu  roorben  mar,  mie  in 
biefer  ©cfjrift.  S)a  «Jtumotjr  ben  Äünfttern  in  «Jtom  eine  älmtictje  «Jlbrjanblung 
jugefagt,  aber  nie  ausgeführt  rjatte,  fo  mar  er  über  baS  (Erfdjetnen  bon  «ßaffabant'S 
<Sd)iift  gereift  unb  fcrjrieb  eine  ungünftige  «Jiecenfion  berfelben  im  $unftblatt 
(ÄflBltt.  1821,  «Hr.  32,  p.  125—128),  meldte  bie  Äfinftler  in  «Rom  bamalS 
fetjr  empörte.  Srotjbem  aber  ernannte  «Jtumot)r  «Paffabant'S  2!ücr)tigleit  fo  fetjr 
an,  bafj  er  it)n  bem  «Herausgeber  beS  ^unftblatteS,  <5cr)orn,  als  Gorrefponbenten 
auS  «Jiom  empfahl,  maS  «4>.  gerne  annarjm.  (Er  begann  bie  «Jteilje  feiner  33e= 
ricrjte  mit  einer  23cfcr)reibung  ber  Arresten  DberbecfS  in  ber  Sßitta  «Ulaffimi 
(Äunftolatt  1821,  «ttug.  «Jlt.  64)  unb  unterzeichnete  ftc^  ^o^anneS  öon  f$. 
SefonbereS  SSerbienft  erwarb  fict)  ^.  um  bie  beutfe^e  Äünftlerfc^aft  in  9tom 
noc^  burd)  bie  mit  Unterftütmng  23unfen'S  ins  2eben  gerufene  ©rünbung  einer 
Äünftlcrbibliottjcf,  melier  er  bis  ju  feiner  2lbreife  bon  9tom  oorftanb.  ©iefelbe 
erfolgte  im  ^aljre  1824. 

lieber  «JJtüncb^en  fetjrte  er  nactj  ^franffurt  jurüdf  unb  fanb  bort  in  bem 
Greife  ber  «ölänner,  toetc^e  fieb,  cjäufig  bei  bem  SSürgermeifter  Stomas  ber» 
fammetten,  freunblicrjfte  «Jlufnatjme.  3Bir  nennen  unter  benfelben  tioraugSroeife 
Dr.  Sörjtner,  Dr.  ©cb.toffer,  SlemenS  Brentano,  ben  9lrcrjiteften  ^)übfcl)  unb  ben 
Äupfcrftcdjev  SSartb^,  bie  beiben  le^teren  «Profefforen  an  bem  ©täbelfctjen  ^nftitut. 
«Dknctje  Hoffnungen,  metcfie  «Jß.  auf  bie  tljätigEeit  biefer  5lnftalt  für  bie  2öieber= 
ermeefung  ber  monumentalen  Äunft  fe^te,  bermirf lichten  fic§  nierjt  unb  er  mu^te 
feine  Äraft  in  bem  ©taffeleibilbe  ^u  Permertl)en  fuetjen.  6r  matte  in  ber 
^folge  berfc^iebene  ^JJlabonnenbitber  unb  Sanbfdjaften,  ein  ©emätbe  ber  ^eiligen 
(Hifabett)  unb  ^atb^arina,  melctjeS  er  ber  fattjolifcrjen  Siebfrauenfirc^e  ju  granffurt 
fdjenfte,  ferner  ein  größeres  ©emälbe  ,,«4>autuS  bor  geftuS"  (jefet  in  bem 
ftäbt.  ©tjmnafium).  33on  aE  biefen  «arbeiten  gilt  maS  fetjon  oben  gefagt  mürbe, 
unb  «ßaffabantS  greunbe,  namentlid)  Dr.  SSöb.mer,  füllten  bieS  mor)t.  Äurj 
bor  bem  9ltbert  S)ürer=gefte  in  Nürnberg  (6.  Slprit  1828),  ju  meinem  auc§  «p. 


5ßaifatoant.  201 

eilte,  lief}  er  einen  Sluffafe  über  „bie  breifactje  9tict)tung  ber  $unft"  brucfen,  in 
toeldjem  er  in  SSe^ug  auf  bie  neue  Äunft  ausführte :  „bafj  bie  bilbenbe  $unft, 
fotoie  alle  Seftrebungen  ber  9ftenfct)en  fid)  roieber,  unb  ättiar  mit  freiem  23ebact)t, 
ju  ber  Sflictjtung  äurüdroenben  müßten,  in  roetct)er  bie  ©etjnfuctjt  nact)  einem 
ßeben  in  ©ott  fict)  offenbare".  SBenn  fein  $«unb  SBötjmer  biefen  Slnfctjauungen 
gegenüber  fid)  fetjr  abletjnenb  bertjielt,  fo  motten  fie  boc^  fetjr  im  ©inne  ber 
alten  greunbe  fein,  meldte  er  in  Nürnberg  roieber  fanb.  $it  biefen  gehörten 
@orneliu§  unb  ©ctjnorr,  mit  meinem  letzteren  er  nact)  9Mnctjen  ging,  um  bort 
roätjrenb  eine!  tjatben  3fatjre§  forootjt  bie  £unftfct)ät}e  3U  ftubiren,  atä  aud)  bei 
©ct)norr  bie  $re§fotect)nif  3U  erlernen,  ba  er  fid)  mit  bem  $tane  trug:  bie 
neuerbaute  £mlle  be§  griebt)ofe§  in  fjfranffurt  mit  ^reäfen  ju  fctjmüden.  £$für 
biefen  ßirdjtjof  entwarf  er  aud)  in  9Mnct)en  eine  Slnjatjt  ©rabmonumente, 
meiere  noctj  im  ^af)re  1828  in  granffurt  erfctjienen. 

S)oct)  nun  nat)te  bie  3e^t  *n  roetetjer  Sß.  burd)  eine  jufäHige  SJeranlaffung 
äu  ber  erfotreietjen  Stjätigfeit  tjingefütjrt  toerben  foüte ,  au  roelctjer  it)n  fein 
33itbung§gang  ganj  befonber§  befähigte,  nämlid)  jur  funftt)ifiorifct)en  gorfdjung. 
6r  fagt  hierüber  felbft:  „3m  3aj)re  1830  beabfid)tigte  Sprofeffor  33raun  in 
'Hftainä  eine  berbefferte  2lu§gabe  feine§  SBüctjleinä  über  fRa^^aet ,  roorüber  er 
mict),  ber  ict)  in  Italien  getnefen,  oft  um  glatt)  fragte.  S)a§  ttjat  ict)  benn 
auct)  nad)  Gräften,  allein  er  fam  bamit  nid)t  äurectjt,  fo  bafj  er  mid)  aufforberte, 
fetbft  ein  Söerf  über  biefen  9Jteifier  ju  fdjreiben.  (jinem  folgen  Unternehmen 
füt)lte  ict)  mict)  inbeffen  in  feiner  SBeife  geroadjfen.  3$  fafjte  ieboct)  ben  ©e= 
banfen  auf  unb  begann  grünblictje  %otf ctjungen  über  biefen  ©egenftanb."  (Sßergl. 
fünften  33erid)t  über  ba§  ©täb.  Äunftinftttut,  £>ecember  1863.)  $u  biefem  3roede 
befugte  er  nod)  im  .§er&ft  1830  SBerlin,  too^u  bie  tleberfieblung  feiner  bert)ei= 
rattjeten  ©ctjroefter  borttjin  itjm  erroünfctjte  Skranlaffung  bot;  bon  ba  ging  er 
nac§  SDreSben.  %m  Slpril  1831  finben  mir  itjn  abermals  in  5pari3 ,  bon  too 
au§  er  mit  bem  5Jtaler  33Iäfe  nad)  ßonbon  ging.  Sitte  öffentlichen  unb  pribaten 
Sammlungen,  alle  ©ctjlöffer,  in  roelct)en  fid)  SBerfe  9taptjael§  befinben,  fudjte 
er  auf  unb  allenthalben  erroarben  it)m  feine  Äenntniffe  unb  feine  guten  ge= 
fettigen  formen  im  Vereine  mit  einer  fct)önen  männlictjen  Srfctjeinung  bie  befte 
2lufnat)me.  2lud)  fanb  er  bei  SJerroanbten  feineä  ©ctjroagerg  Gelegenheit,  in 
Sonbon  ein  gamitienporträt  ju  malen ,  rooburd)  ber  guftanb  feiner  9xeifefaffe 
toefentlidj  gebeffert  tourbe,  fo  bafj  er  auf  ber  9lüdreife  fidj  audj  in  Selgien 
mit  ÜOtufje  umferjen  unb  bie  flanbrifdje  Äunft,  mie  auf  ber  Söeiterreife  über 
Sladjen  unb'  Äöln  bie  nieberrtjeinifdje,  grünblicrj  ftubiren  lonnte.  21t§  Ö°l9e 
biefer  9leife  beröffenttidjte  er  fein  2öerf:  „^unftreife  burdj  (änglanb  unb  Belgien 
nebft  einem  Sericrjt  über  ben  üDombau  3U  granffurt  a./3Jf."  1833.  S)ie 
gtefultate,  roeld}e  für  bie  Äunftforfcrjung  bon  befonberem  ^ntereffe  toaren,  ftellte 
er  in  einigen  Slrtifeln  für  ba§  ÄunftBIatt  äufammen  (1832,  9lr.  66—74). 
allgemein  mar  ba§  ©taunen  bei  biefen  5ßubticationen  über  bie  in  ©nglanb 
angehäuften,  nodj  toenig  befannten  ^unftfdjä^e.  $n  ^Belgien  toie  in  (Jngtanb 
machte  ba§  2öer!  gleid)e§  2tuffet)en;  in  SSelgien  beftettte  bie  21fabemie  500  6j= 
emplare  beffelben ;  bie  9tad)rid)ten  über  bie  englifdjen  Mnftter  erfd)ienen  fo= 
gleid)  überfe^t  in  einer  „gtebieto"  unb  5Jli§  9Ugbrj  übertrug  ba%  gan^e  SSudj  in§ 
englifdje"  („Tour  of  a  german  artist  in  England."  Sonbon  1836,  2  S3be.). 
2tn  bie  $o*fd)ungen  biefer  Steife  fd)liefet  fiel)  auct)  an :  „Lettre  de  M.  Passavant 
de  Francfort  a  Mr.  0.  Delepierre  a  Bruges  sur  les  produetions  des  peintres  de 
Tancienne  ecole  flamande  au  XV6me  et  XVPme  Siecle  etc."    Gand  1842,  1  23b. 

3ur  23erbottftänbigung  feiner  gtaptjaelftubien  ging  ^ß.  im  £>erbft  1834 
abermals  nad)  Italien.  @r  befudite  na4  einanber  ^taitanb ,  $abia ,  ©enua, 
Sßifa,    9iom,   Neapel,   Urbino   unb  bie  Wlait  3lncona.     ©ein  SSefuct)    in  fyano, 


202  Sßaffabant. 

^ßejaro ,  ^Jlontefiove,  ©inigaglia  galt  namentlich,  feinen  ©tubien  über  9tapf)aet'ä 
2)ater,  ©iobanni  ©anti.  ©obann  befudjte  er  Perugia,  glorenj,  Bologna, 
SBenebig  unb  fefjrtc  über  Söien  unb  9Mnd)en  nad)  ^ranffurt  «juriiä.  (Srft 
1839  fonnte  er  fein  2ßerf:  „'IRafaet  bon  llrbino  unb  fein  Söater  ©iobannt 
©anti"  (2  23be.)  exfdjeinen  {äffen.  (Sine  tueiteve  ftrudjt  feiner  9teife  roaren  bie 
im  .Uunftblatt  (1838  in  9ir.  66  u.  ff.)  erfdjienenen  Slrttfel  „über  bie  alten 
lombarbifdjen  5Jtaler".  S)ai  iBudt)  über  Otapfjael  mactjte  ba§  größte  2luffet)en ; 
in  fotd)?r  33otlftänbigfeit  mar  bis  baljin  trotj  bieler  äfjnlidjer  arbeiten  nod) 
nictjtö  geleiftet  roorben;  bemungeacfjtet  fonnte  5ß.  im  Safere  1858  einen  britten 
23anb  mit  Wadjträgen ,  namentlich  mit  reichhaltigen  neuen  eingaben  über  ,§)anb= 
ieidjnungen  9tapt)aet'g  beröff  entließen.  3m  3arjre  1860  rourbe  baS  Sßerf  in§ 
granjöfxfdje  übcrfetjt  unb  bamit  ber  ganzen  $unfiroelt  jugängticr)  gemadjt,  ben 
9tuf)m  be§  23erfaffer§  atlentrjalben  berbrettenb. 

2öar  s4>affabant'S  tünftlerifcrje  STtjätigfeit  fdjon  toäljrenb  ber  legten  ^afjre 
feljr  gering  geroefcn  —  fie  r)atte  ftd)  faft  nur  auf  ba§  Scalen  einiger  !i'anb= 
fdjaften  ibealen  (Sfjarafterg  befdjränft  —  fo  ftellte  er  biefetbe  faft  gänjlid)  ein, 
nad)bem  er  im  October  1840  -jum  ^nfpector  be§  ©täbel'fdjen  ^nftitutä  ernannt 
roorben  mar;  nur  bie  lebensgroße  fjtgnr  Äaifer  ,<peinrid)3  II.  für  ben  J?aifer= 
faal  be3  föömerä  in  gvanffurt  füllt  in  bie  ^eit  furj  nad)  feiner  (Ernennung, 
biefe  Stellung  fcrjlofj  ^ug(etct)  ein  ^efjramt  in  fid).  Sie  legte  it)m  bie  ßeitung 
ber  ©tubien  jener  ©d)üler  auf,  roelcfje  nad)  ben  ©rjpSabgüffen  ^eidjueten ;  bie 
geläuterte  eble  Sluffaffung,  roetd^e  fiel)  in  feinen  ßorrecturen  nad)  ber  3lntife 
ausfprach,  ift  für  biete  jener  Anfänger  bon  unfdjätjbarem  Söertt)e  in  itjrer 
SBeiterenttoictetung  geworben.  9Iud)  trjeilte  er  mit  ben  anberen  s4koiefforen 
bie  ßoirecturen  nad)  bem  lebenbcn  Wobelt  im  2lctfaal.  ©eine  .Spauptttjätigfeit 
a6er  mar  fortan  ber  SJermetjrung  ber  (Semälbe=  unb  ^anbjeidjnunge^ 
©ammtuug,  foroie  ber  öntroidelung  unb  Orbnung  beä  ^upferftidjcabineteg-  ge= 
röibmet.  2>er  trefflicfje  Katalog  ber  ©emälbcfammlung  ift  fein  2öcrf  unb  in 
ber  1855  erfdjienenen  ©djrift :  „Sine  Uöanberung  burd)  bie  ©cmälbefammlung 
beä  ©täbeffdien  .ftunftinftitutS"  (SJetlag  bon  ^einrict)  Heller)  gab  er  eine 
furje  ,ttunftgefd)td)te  ber  in  ber  ©ammlung  befonberS  bertreteneu  ß^ten.  S)a= 
droifcfjen  mad)te  er  tjäufigc  Reifen  ju  fteter  Bereicherung  feineä  3Biffen§,  nament= 
lid)  mit  9tücffid)t  auf  bie  altbeutfdjen  unb  altitatienifdjen  .Uupferftedjer.  Sine 
5Darfteüung  ber  ©ntroidelung  be§  ,$?upferftid)t.3  in  furjem  Slbriffe  gab  er  in  bem 
im  ?luguft  1859  beröffentlid)ten  Berichte  be3  ©täbel'fdjen  3fnftitut§  fjeraus. 
9Jtand)e  Heinere  -Jlbrjanblungen  erfdueneu  in  ben  Äunftblättern  bon  ©erjorn, 
Äuglcr,  @ggev§,  in  bon  Quaft'3  unb  Dtte'g  3eitfd)rift  für  d)riftlid)e  ?lrd)äologie 
unb  j?unft,  im  2lrdjib  für  ^'an^urtö  ©efdjidjte  unb  i?unft  unb  in  9caumann'ä 
Slrdjib  für  jeidjnenbe  fünfte,  ©ie  finb  für  bie  Äunftforfdjer  bielfad)  bon  ber 
größten  Söidjtigfeit  gemefen.  ?Iud)  ©panien  bereifte  ty.  unb  legte  feine  33e= 
obadjtungen  nieber  in  bem  SSerfe :  „S)ie  djrifttidje  j?unft  in  ©panien"  (1853, 
1  33b.).  ^m  ^arjre  1860  erfdjicnen  bie  ^toei  erften  23änbe  feine§  „Peintre- 
graveur",  ein  äBerf,  roeld)e§  jene^  gleictjnamige  bon  33artfdj  berbollftänbigen 
unb  berichtigen  foEte.  Slber  erft  nad)  feinem  2obe  erfdjien  ber  lefete  ber  fed)§ 
23änbe  (1860 — 1864,  6  vols.  avec  table  alphabötique  generale  etc.  etc.)  biefeö 
be'oeutenben  äßerfeä,  toeterjeä  ^u  ben  unentbehrlichen  in  ber  Äunftroiffenfdjaft  ge= 
l)ört,  unb  roeld)e§  ©taunen  erregte  burd)  bie  f^ütle  beg  früber  unbefannten 
s)Jcateriatö,  burd)  roeId)e§  neue§  Sid)t  über  bie  bunfelften  Anfänge  ber  i?upfer= 
ftecfjfunft  berbreitet  rourbe,  roenngleid)  5ß.  Söiberfprud)  baburdj  erregte,  baß  er- 
ben £eutfd)en  bie  Srfinbung  beö  $upferftid)eä  ,^ufd)rieb. 

9tod)  tjatte  5)}.  bie  greube  bie  bollftänbige,  ftjftematifc^e  Orbnung  ber 
^upferftid)=  unb  ^>anb3eid)nungen=©ammtung  ju  erleben ,  meld)e  unter  feiner 
Leitung  bon  feinem  (Setjülfen,  bem  fpäteren  3>rtfpector  ^Jialß,  ausgeführt  rourbe. 


5ßaffabont.  203 

2lm  17.  5tuguft  1861  bevfdjteb  er  Bei  nod)  üoüftänbig  tlarem  (Seifte.  Seine 
Eingebung  an  bie  feinet  £)bf)ut  anvertrauten  Sammlungen  tjat  er  ftetä  baburd) 
betätigt,  bafj  er  toert^öolle  «^upfetfticfje  unb  .gmnbjeidmungen,  meiere  er  ent= 
meber  fetjon  befafj,  ober  mit  ber  s3Xbfid£)t  dürfen  in  ben  Sammlungen  auszufüllen, 
au§  eigenen  Mitteln  erwarb,  ben  Sammlungen  fetjenfte,  namenttid)  -$u  Reiten, 
in  meldjen  bie  ^ibminiftration  au§  öfonomifd)en  9iüdfid)ten  mit  irjren  Mitteln 
bei  SInfäufen  prüdrjattenb  mar.  5lud)  rjintertiefc  er  ber  (Semälbegatlerie  eine 
Slnjarjl  feljr  wertvoller  Detgemälbe,  ber  33ibtiotl)ef  feine  fetjr  bebeutenbe  Samm= 
hing  üon  Äunftbüdjeru  unb  Äubfertoerfen ,  fein  nidjt  gebruef teg  sIftanufcript : 
„Jeau  Fouquet  de  Tours,  peintre  et  enlumineur  du  Roy  Louis  XI",  foWie 
37  SBänbcrjen  feiner  fjanbfdjrifttidjen  3cotijen  ju  feinen  funftgefd)ict)ttid)en  2Ir= 
Seiten,  buretj  meiere  er  einer  ber  ausgc^eidjnetften  9Jcitbegrünber  ber  mobernen 
®unftforfd)ung  geworben  ift. 

9ceujaf)rsbtatt  be§  SJereinS  für  (£efd)id)te  unb  Sllterirjumshmbe  311  fjfranf» 
fürt  a.'3Jl.  1804  unb  1865:  ,,3ot).  ©ab.  Saffabant,  ein  Sebenebilb  Don 
Dr.  2lb.  (Somit!" .  —  ©eSgl. :  fünfter  Script  über  ba§  Stäbel'fd)e  $unfi= 
inftitut  burd)  bie  Stbminiftration  beröffentlid)t  im  2>ec.  1863.  —  SeSgt. : 
®iba§faüa  9lr.  120  unb  121,  1.  unb  2.  3Jcat  1862. 

Otto  ©onner  =  bon  9Hd)ter. 
si>afiaöaitt:  Sodann  $arl  ty.,  %x&t  unb  Sdjriftftetter ,  mürbe  geboren 
ju  gfranffutt  a.  9Jt.  am  22.  Slpril  1790  unb  ftatb  bafetbft  am  14.  2lprit  1857. 
Sein  55ater  mar  ber  Kaufmann  (Sfrciftian  S.,  ein  Sruber  be§  5ßfartet§  (f.  S.  196). 
SDiefer  übte  auf  bie  retigiöfe  unb  fitttierje  (Sntmidetung  be§  Steffen  einen  be= 
beutenben  ©influfj  au§,  mie  benn  aud)  beibe  in  ber  s]Jcilbe  ber  ©efinuung,  wie 
in  ber  gein£)ett  be§  (£mbfinben§,  innere  SerWanbtfctjaft  beraeifen.  Sielleicrjt  tjat 
ber  mit  ßaöater  unb  ^ung^Stilting  bejreunbete  Dtjeim  perft  ben  Jüngling  auf 
bie  tieferen  Probleme  be§  Seelenlebens  rjingewiefen.  SDod)  aud)  bie  ^Rutter,  s^larie 
(Stifabetf)  be  S3att) ,  fjatte  bmd)  eine  aufrichtige  ftrömmigfeit  auf  be§  $inbe3 
früfj  empfänglichen  Sinn  fegenereid)  eingercirft.  %n  mandjen  Sügen  trat  c§ 
balb  ju  2age,  wag  in  feinem  Innern  berljeifjungSboll  fid)  regte.  ©ie  ftrengfte 
SBarjrrjaftigfcit  äeicfjnete  fd)on  ben  Knaben  au§,  ber  ernfte  Setbfibrüfung  unb 
Selbftjucfjt  au  fid)  übte  unb  ber  allen  rettgiöfen  5^Sen  ein  tiefet  ^ntereffe  ent= 
gegenbiactjte.  3öäf)renb  ber  ©rjmnafiat,jeit  t)egte  er  lebhaft  ben  3öunfd)  fid)  bem 
geifttidjen  33erufe  ju  mibmen,  bod)  entfd)loB  er  fid),  al§  er  im  Jperbft  1807  bie 
llnibeifität  <£>eibetberg  be^og,  burd)  äußere  Sßer'fjättniffe  beftimmt,  junt  Stubium 
ber  Sftebicin.  3unädt)ft  tüax  {^m  begreiflicher  äßeife  baran  gelegen ,  im  aHge= 
meinen  ben  Söiffeneburft  p  befriebigen  unb  feinen  geiftigen  ^orijont  31t  erweitern, 
weätjalb  er  bie  Sorlefungcn  eine§  £)aub,  5rie§,  Sreujer  unb  33oecff)  (über  ^ilo= 
fopl)ie,  5Rut^ologie  unb  Srjmbolif)  ben  5ad)coüegien  oorjog;  bodj  gewann  er  ein 
tiefere^  ^ntcreffe  für  bie  ^eilfunbe,  al§  er  Dftern  1809  nad)  ber  burdj  trefflidjc 
Serjrer  ausgezeichneten  Tübinger  -gwdjfctjute  überfiebette.  Äielmetjer  unb  Slutenriett) 
<wgen  it)n  an,  unb  er  begann  fd)on  bamaU  eigene  p^t)fiologifd)e  35erfud)e  anju» 
ftellen.  3>m  20.  ^aljre  (1810)  erwarb  er  fid)  bie  Soctorwürbe  unb  begab  fict) 
bann  nadj  äßien ,  um  in  ben  bortigen  ^io§pitätern  p  arbeiten ,  wobei  er  ber 
2lugenrjeitfunbe  grofje  Slufmerffamfeit  äuwanbte.  ®amal^  madjte  it)n  sBtalfatti 
genauer  mit  bem  sDcagneti§mu§  befannt,  mit  bem  er  fid)  batb  fdjon  fetbft= 
ftänbig  befetjäftigte.  ^mmerfjin  fet^wanfte  ^.  nodj,  ob  er  nidjt,  wie  fein  £$r«unb 
Söeitt),  ftatt  beg  ärjtlidjen  S3erufe§  ben  feelforgerticfjeu  erwählen  fotte;  aber  auf 
Sertangen  be§  Saterä  blieb  er  ber  einmal  angetretenen  ßaufbatjn  treu,  o^ne 
bod)  bon  ber  „Sraut  feiner  Sjugenb"  oötlig  fid)  ab^uwenben.  @§  War  üon 
nun  an  fein  b,öd)fte§  Sfbeal,  eine  33erfö^t)nung  3Wifd)en  ber  9taturWtffenfd)aft  unb 
ber  Geologie  ^erbeipfürjren  unb  über  ben  fdjeinbaren  (Segenfäfeen  beiber  S)ie= 
ciptinen  eine  tjö^ere  Sinrjeit  naiijäuweifen,  wie  benn  fein  ganzes  Gefeit  in  perfön= 


204  ^affatmnt. 

lictjen,  rote  in  tfjeoretifctjen  fina^zn,  auf  Vermittlung  angelegt  mar.  63  mar 
feine  Ueberjeugung ,  bafj  Vernunft  unb  Offenbarung,  al§  au3  einer  Quelle 
ftammenb ,  fid)  nic^t  roiberfbred)en  tonnen ,  bafj  bie  Offenbarung  äroar  nidjt 
au§  ber  Vernunft  t)errüt)re,  aber  bod)  mittetft  ber  Vernunft  ertennbar  fei.  „sMe 
^t)ilofobt)ie  mu|  jur  £f)eofobt)ie,  alle  SBiffenfctjaft  jur  s3Jct)ftif  geläutert  unb  ber= 
flärt  werben".  $n  folgen  2lnfid)ten  rourbe  er  befonberä  betraf tigt  burd)  ben 
eblen  ©aiter,  ber  bamal§  ^rofeffor  ber  fatljolifd)en  £b,eotogie  in  ßanb§t)ut  mar 
unb  nad)tnal§  Vifdjof  in  sJtegen§burg  rourbe.  SHefcr  $Jcann,  roeldjer  audj  ju 
£abater  in  Verlegungen  geftanben  tjatte,  rourbe  ^affaüant,  tüte  fo  mannen 
anberen  ^ßroteftanten.  ein  bäterlidjer  gfreunb  bi§  an  fein  ßebenäenbe.  $.  be= 
fudjte  ib.it  tjäuftg  unb  trat  audj  mit  it)m  in  lebhaften  brieflichen  Vcrtet)r  (Vriefe 
©ailer'S  ftnben  fidj  in  ben  bon  ^affabant'3  Söttttoe  ljerau§gegebenen  ,,©ebenf= 
blättern  an  ^otjann  $arl  5ßaffabant,  t$frantfurt  a.  2Jc. ,  £>et)ber  unb  gimmer 
1860",  roäljrenb  bie  ©djreiben  ^affabant'S  an  ©aiter,  rote  an  beffen  glcidj« 
gefinnten  ©djüler  SMepenbrocf,  fiel)  nicfjt  meljr  aufgefuttben  tjaben).  ®3  ift  an= 
juerfennen,  bafj  feiner  biefer  fattjottfdjen  Sßriefter  berfudjt  Ijat,  ben  greunb  jum 
Uebertritt  ju  bewegen,  obroorjl  ^ß.  felbft  manchmal  ba^u  geneigt  mar,  häufig 
am  römifdjen  ©otteäbienfte  tljeilnaljm  unb  nod)  furj  bor  feinem  Stöbe  befannte, 
bon  ben  meiften  2Bat)rt)eitcn  biefer  $irdje  überzeugt  3U  fein,  hieben  bem 
(Jinflufj  bon  Satter  ift  übrigen^  in  biefer  5)3eriobe  aud)  ber  (Jinflufj  bon  ©djelting 
nid)t  $u  bertennen,  beffen  ^l)ilofobl)ie  bamat§  biete  ©elfter  mädjtig  anjog.  $m 
3ab,re  1816  tief}  fid)  5ß.  nadj  mancherlei  Steifen  al§  praftifcf)er  5lrjt  in  feiner 
Vaterftabt  nieber.  (5r  blatte  gelernt  bie  9lu3übung  biefeö  SöerufeS  aud)  als  eine 
31rbeit  am  Steige  ©otteä  aufjufaffen  unb  b,at  ifyn  in  btefem  ibealen  ©tnn 
aüäeit  geführt.  Von  ben  ßollegcn  trat  iljm  befonber§  Dr.  9teeff  nat)e ,  ber  audj 
magnetifdje  Auren  madjte ,  aufjerbem  trat  er  ju  bem  Vibetforfdjer  ^otjann 
griebridj  bon  ^Dcerjer  in  bertraute  Vejietjungen.  ^n  biefe  Qt'ü  fällt  aud)  eine 
lebhafte  ßorrefponbenj  mit  Vaaber  unb  anberen  üttjeofobljen,  bie  fid)  für  eine 
facramentlidjc  9luffaffung  ber  magnetifdjen  Auren  auäfbradjen.  Wü  feinem 
funftfinnigen  Vetter  ^ß^tttpp  mad)te  er  im  SBinter  1816/17  eine  Keife  nadj 
Italien,  mo  er  aud)  mit  einem  anberen  Setter,  i^oljann  2)abib ,  bem  nadj= 
maligen  $unftt)iftorifer  (f.  o.),  3ufammentraf  unb  eine  intereffante  Stubien^  bei 
*ßiu§  VII.  Ijatte,  in  ber  er  mit  biefem  unbeugfamen  $ird)enfürften  bon  feinem 
ßieblingättjema ,  ber  Söieberbereinigung  ber  ßonfeffionen,  ju  reben  roagte.  3>nt 
^atjre  1818  mürbe  ty.  Jpaugar^t  an  bem  Söerforgungätjaufe,  beffen  ^nfaffen  it)m 
mit  grofjer  ßiebe  anfingen,  unb  beffen  ©tnridjtungen  bielfadj  auf  feinen  Statt) 
äurücfjuiüljren  finb.  ^n  ben  $af)ren  1819  unb  1820  tjielt  er  im  ©entfenberg'= 
fd)en  ©tift  SBorlefungen  über  ben  ßeben§magneti§mu§  bor  einem  gemätjtten  3U= 
Ijörertretfe,  beffen  ^ntereffe  an  feinen  Seobadjtungen  il)n  berantafjte,  ein  äßert 
über  biefen  ©egenftanb  l)erau§äugeben :  „Unterfudjungen  über  ben  £cben§= 
magneti8mu§  unb  ba§  ^eÜfe^en"  grantfurt  a.  ^Jt.  bei  53rönner  1821.  (2)ie 
jmeite  bietfad)  beränberte  Auflage  erfdjien  1837.)  %m  folgenben  Sab.re  fanb 
er  eine  geiftig  angeregte  Sebenägejäljrtin  in  IRarianne  ßeffing,  bie  er  in  S5er= 
binbung  mit  einer  ©omnambule  äritlidj  beljanbelt  t)atte.  SDurdj  ©aiter  madjte 
5]5.  bie  33efanntfd)aft  bon  5Jteld)ior  S)iebenbrod,  ber  bamal§  bie  red)te  Jpanb 
be§  greifen  S3ifdjof8  mar,  unb  trat  balb  ^u  itjm  in  bie  r)erätid)ften  Sejieb.ungen. 
^u  granffurt  öer!et)rte  er  in  biefer  3eit  biet  in  einem  romautifdj  gerichteten 
Greife,  in  meldjem  aufeer  ben  Vettern  3ot)ann  S)abib  unb  5pi)ilibb  $.  nod) 
21)oma§,  Sommer  unb  ßtjrifttan  ©djloffer  befonber§  Ijerborragteu.  i)urd)  biefen 
SSertetjr  erhielt  feine  ©t)mbatl|ie  jum  $atl)otici§mu3  beftänbig  Ttatjrung, 
miemot)!  er  feit  feiner  Sermätjlung  fid)  ber  reformirten  ©emeinbe,  ber  feine 
Sinnen  angehört  tjatten,  mieber  förmlid)  anfdjlo^.   $n  einem  engeren  «Greife  tjielt 


Sßaffaöant.  205 

er  1829  unb  1830  SSorträge  über  5pf^dE)otogie,  bie  jmar  nidjt  gebrucft  öortiegen, 
beren  grud)t  aber  einige  fpäter  erfcfjienene  prjitofopfjifcrje  9ftonograpt)ien 
maren.  Um  biefe  3cit  traf  er  auf  ber  Heibelberger  ftaturTorfdjerüerfammlung 
(1829)  jum  erften  93lale  mit  einem  $ftann  jufammen,  beffen  Befanntfctjaft  er 
megen  ber  Sletmticrjfeit  ber  Befcfjäitigungen  längft  p  madjen  gemünfcijt,  mit  bem 
Strjt  unb  Siebter  ^uftinuS  ferner,  bem  er  allmäb,licr)  fetjr  nalje  trat,  otjne 
bod)  beffen  Ueberfcfr,mänglid)feiten  auf  bem  ©ebiete  beS  ©omnambutiSmuS  ju 
ttjeilen.  5>er  233unfd) ,  bie  Gtjolera  perfönlidj  beobachten  3U  fönnen,  führte  i|n 
1832  mieber  nad)  SBien,  too  er  längere  3eit  in  £ofpitätern  ttjätig  mar.  %m  3. 
1834  mirfte  er  bei  ber  9teugrünbung  beS  prjrjfifalifdjen  SereinS  in  granffurt  mit, 
bei  meinem  Slnlafj  er  bie  fyeftrebe  „über  baS  ©tubium  ber  9iaturmiffenfcb,aften  als 
ein  allgemeines  BilbungSmittel"  tjtelt.  3m  folgenben  ^arjre  erfdjien  bie  ©djrift : 
„2)on  ber  gretrjeit  beS  2BillenS",  granffurt  bei  Srönner  1835,  meiere  bie  $or= 
auSfetmngen  jum  SBerftänbnife  feiner  testen  ©djrtTt  („über  baS  ©emiffen")  enthält. 
3itn  $.  1837  bot  lieb,  itjm  (Gelegenheit,  fieb,  über  feine  ©tellung  p  ber  neuen  @r= 
fetjetnung  ber  Homöopathie  aussprechen.  33ei  einer  Berfammlung  !t)omöopatrjifcf)er 
Slerjte  tjielt  er  eine  jRebe,  in  ber  er  ätoar  bie  retatiöe  Berechtigung  ber  neuen 
'Dftetrjobe  anerfannte,  roie  er  benn  audj  meift  nur  Heine  ©aben  3U  öerorbnen 
pflegte,  aber  brei  öerfcrjiebene  ^eilarten,  eine  antipatrjifctje ,  eine  £)omöopatr)ifcrje 
unb  eine  frjmpatrjifdje,  unterfctjieb,  bie  je  nact)  bem  öorliegenben  föaUe  anju= 
toenben  feien.  3fm  Slnfang  ber  40er  Satjre  beferjäftigte  er  fiefj  befonberS  ein= 
getjenb  mit  ttjeologifcfjen  Problemen,  $n  biefe  beroegte  $e\t  fallen  bie  „tf)eo= 
logifctjen  Brieie"  an  SiepenbrocE  unb  ein  ütjeil  ber  „prjilofoptjifcrjen  ©ebanfen" 
(ftetje  bie  „©ebenfblätter"),  ferner  eine  9teirje  öon  2luffä|en  in  ber  allgemeinen 
3eitung,  in  melctjen  er  bem  ©ebanfen  ber  SJerfötjnung  ber  beiben  cr)tifttictjen  $irct)en 
SluSbrucf  gab.  Cbroofjt  bie  beutfcb/fatrjotifcEje  Bemegung  fein  %beal  öon  einer 
Slnnätjerung  ber  ßoniefftonen  fd)einbar  ju  öermirllicfjen  fuctjte,  [tief}  fie  ifjn  bocij 
öon  Slnfang  an  ah ,  unb  befonberS  bie  leitenben  5ßerfönlicrjfeiten  maren  itjm 
juroiber.  SDaS  „tolle  3at)r"  bradjte  itjm  öiel  anregenbe  Sefanntfctjaften  —  aud) 
ber  inänn'fdjen  ^um  ftürftbifdjof  öon  Breslau  erhobene  SJiepenbrocf  tjielt  fidj  als 
Slbgeorbneter  in  fyranffurt  auf.  2)ie  auf  1848  folgenbe  (Steigerung  ber  con= 
feffionellen  ©egenfätje  berührte  itm  metjmüttjig  —  er  felbft  mürbe  öon  ultra= 
montaner  Seite  megen  feines  SebenSbitbeS  beS  1853  öerfiorbenen  2>iepenbrocf 
angegriffen,  befonberS  aber  ba§  neue  S)ogma  öon  ber  unbefteeften  ©mpfängni^ 
Ulariä  (1854)  bractjte  öiele  feiner  optimiftifetjen  Hoffnungen  jum  Scheitern, 
mietoob,!  er  an  feinen  S&eafrn  bis  an  baS  6nbe  feffb,ielt.  ©ein  ptjitofop^ifcrjer 
Sdjroanengefang  mar  bie  in  faft  erbaulichem  %ov.  gefdjriebene  Betrachtung: 
„2>aS  ©emiffen",  granffurt,  -iperjber  unb  Sinimer  1857,  bie  übrigens  nietjt 
fottob,!  eine  pfrjcrjologifcije  3lnalt)fe,  als  öielmetjr  eine  auf  ber  ©runblage  beS 
©emiffenS  aufgebaute  retigiöS=fittticr)e  2Beltanfct)auung  mit  befonberer  Berücl= 
fidjtigung  ber  efcijatologifc^en  Probleme  barbietet.  SBalb  nact)  bem  Grfct)einen 
biefer  ©cfjrift,  bie  ein  Bilb  feiner  eigenen  ^ßerfönlicrjfeit  barftellte,  öerfctjieb  er  nadb, 
furjem  Seiben  am  14.  3lpril  1857.  S)ie  Harmonie  unb  ßiebenStoürbigfeit  feines 
SCßefenS  fomie  bie  Sauterfeit  unb  Uneigennü^igfeit  feines  ^panbelnS  tjatten  ib^m 
bie  3lcr)tung  feiner  Mitbürger  in  tjotjem  ©rabe  ,3ugetoanbt.  ©eine  ©attin  folgte 
iljm  bereits  1862  im  £obe,  nacb.bem  fie  fiel)  um  Dibnung  beS  9tad)taffeS  öer= 
bient  gemaetjt  blatte.  SJurcb,  alle  ©djriften  ^affaöant'S,  auS  ber  ätteften,  ttie 
auS  ber  legten  ^txt,  unb  buret)  ben  ganzen  S3riefmect)fel  3ieljt  fict)  eine  ©runb= 
anferjauung  b.inburct).  (SS  märe  unfcr)mer,  ein  förmliches  prjiloiopl)ifcl)=tb/eologifcb/eS 
©rjftem  auS  feinen  Söerfen  äufammenauftellen;  tjier  fei  nur  baS  28itf)tigfte 
angebeutet.  Sie  beiben  mefentlict)ften  fünfte ,  bie  unS  in  feinen  Schriften 
entgegentreten ,    ftnb  bie  Se^re  öon  bem  SebenSmagnetiSmuS  unb  bie  Hinneigung 


206  «ßaffatoant. 

31t  bem  fattjoiifdjen  5Dogma.  2)odj  ift  baS  leitete  Moment  auS  bem  elfteren 
3U  erflären;  feine  pljtjfiotogifdjcn  unb  ptydjologifdjen  ©tubien  führten  iljn  au 
bem  ^ntereffe  an  foldtjen  Serien  bei-  fatb>lifd)en  Äirdje,  bie  bon  ben  9tefor= 
matoien  beftritten  toorben  tuaren.  @r  mar  nidjt  romanifirenb  gerietet  —  feine 
greunbe  in  jener  $ird)e  mürben  öon  uttramontaner  ©eite  gefjafjt  —  er  fdjtDärmte 
aud)  nidjt,  wie  mandje  feiner  tyianffurter  SBefanhten,  für  bie  gefettjdjaftlidjen 
unb  ftaatlidjen  guftänbe  beS  3HittelaUct8,#  gehörte  ötelmeljr  einer  gemäfjigt* 
liberalen  potitifdjen  9iid)tung  an ;  aud)  beftimmte  iljn  nid)t ,  mie  mand)e  (ion- 
öertiten,  eine  auS  innerer  Unfelbftftänbigfeit  ljerborgefjenbe  ©eljnfudjt  nad)  einer 
unbebingt  binbenben  Autorität ;  am  roenigfteu  mar  er  begeiftert  für  ben  3ImtS= 
begriff,  mie  benn  bie  SSeftrebungeu  beS  neuauflebenben  luttjerifdjen  ©onfefjto* 
naliSmuS  trotj  nielem  ©emeinfamen,  baS  er  anerfennen  mufjte,  ifjm  unfnmpatrjifd) 
maren  —  fein  ^ntereffe  am  .ftatljoticiSntuS  Ijing  bielmeljr,  mie  angebeutet,  aufS 
eugfte  mit  ber  ßeljre  Dom  SebenSmagnetiSmuS  äufammen.  @S  folgt  barum 
aunädjft  ein  Ucberblicf  über  biefe  Sefjre.  $.  get)t  bon  bem  ©ebanfen  auS,  bafj 
im  geiftigen  ßeben  analoge  ©efeüe  mie  im  materiellen  fieben  tjerrfdjen,  nur  bafc 
uuö  überall  eine  (Jntmirfelung  bom  fiebrigeren  jum  ^»ötjeren  entgegentritt.  SDie 
organifd)en  Kräfte  erfdjciuen  irjm  als  sHtobificationeit  ber  allgemeinen  sJlaturhäftc 
ober  Smponberabilien  (lote  S2id)t,  Söä'rme,  (Jlef tricität ,  ÜJtagnetiemuS) ,  fo  bafj 
baS  Sßerftänbnifj  ber  'Jcaturfräfte  -jutn  53erftänbnijj  jener  tjötjeven  Gräfte  führen 
fann,  bie  ^mar  nidjt  mit  iljnen  ibentifd),  aber  bod)  iljnen  entfpredjenb  finb. 
SDie  organifcfje  Äraft  im  Xfjierrcict),  bie  9terüenfraft,  mirft  im  Organismus  felbft 
burd)  beftimmte  ßeiter,  bie  Serben;  fann  aber  aud)  analog  ber  (Jleftricität, 
über  tfjre  Organe  fyinauSmirfen  unb ,  rnelleidjt  burd)  einen  auSftrömenben 
sJ£ert>enätljer ,  einen  unmittelbaren  Ginflufj  auf  nähere  ober  entferntere  ©egen= 
ftänbe  ausüben.  ©0  entfielen  bie  lebenSmagnetifd)en  @rfd)cinungen,  bie  einen 
meiten  UmfreiS  bon  ben  tiefften  animalifdien  9Ieufjerungen  bis  3U  ben  tjödjften 
©eelenroirfungen  fjaben.  ty.  unterfd)cibet  l)ier  brei  ©tufen:  1.  eine  nur  orga= 
nifd)e  tebenSmaguetifdje  SMjatigfeit,  bie  bei  allen  lebenben  SBefeu  beobachtet 
merben  fann,  2.  eine  geiftige,  bei  ber  baS  organifdje  ^rineip  in  ben  2)ienft  beS 
menfdjlidjen  SBillenS  tritt  (fjierfjer  gehören  bie  lebenSmagnetifdjen  Kuren),  3.  eine 
Ijöljere  geiftige,  mo  ber  gefd)affene  ©eift  bem  abfotuten  als  Seiter  bient,  unb  bie 
©djranfen  feiner  jetzigen  Watitr  überfdjreitet  (2öunber).  2ßie  aber  tjier  bie  s}tcrt>en= 
fvaft  über  bie  ©renken  ber  33emegungSorgane  tjinauSgeljt,  fo  fann  fie  aud)  über 
bie  ©renjen  ber  ©inneeorgane  I)inauSge|en.  ^eneS  gefd)iet)t  burd)  bie  s]Jiagie, 
biefeS  burd)  bie  (Sjtafe.  3lud)  Ijier  untfrfdjeibet  $.  brei  entfpredjenbe  ©tufen. 
1.  ben  trjierifdjen  ^nftinet  (niebereS  Sinnen),  2.  baS  £)ettfeb>n  (magifdjeS 
©djauen),  3.  bie  gottbegeifterte  ©eljerfraft,  bei  ber  ber  menfd)lidje  (Seift  freies 
Organ  beS  abfoluten  mirb.  $.  fief)t  in  all  biefen  Grfdjeinungen  nirgenbS 
2lufb>bung  ber  ©efe£e  ber  SBeltorbnung  (im  eigentlid)  fupranaturatiftifd)en 
©inue) ,  fonbern  baS  Jpereinleudjten  einer  ljöfjeren  SBeltorbnung ,  für  bie  ber 
IHenfd)  beftimmt  ift,  als  beffen  le^teS  £iel  %  in  ber  äöeife  ber  mittelalterlichen 
5Jtt)ftifer  bie  Xfjeilua^me  an  ber  göttlichen  ^iatur,  bie  SJergottung,  beäeicfjnet , 
ein  ^iet,  baS  atterbingS  erft  im  jenfeitigen  Seben  erreicht  mirb,  in  bem  bie 
ßntmidelung  ber  ©eele  fid)  fortfe^t.  ©0  erflärt  fid)  feine  Ueberjeugung  bon 
ber  äöirffamfctt  beg  magnetifd)cn  ,g>eiUüerfal)i'cnS,  fomie  bon  ber  ^öebeutung 
beS  ©omnambuliSmuS  für  bie  Webicin;  aber  eS  mirb  aud)  begreiflid) ,  bafj  5ß. 
bon  jenen  SorauSfe^ungen  auS  nidjt  nur  ben  ©djlüffel  jum  SSerftänbni^  ber 
SBunber  unb  SBeiSfagungen  ber  ©d)rift  ju  befitjen  glaubte,  fonbern  aud)  bon 
ber  in  ber  fatt)otifd)en  ^irdje  behaupteten  ftortbauer  ber  9Jlirafel  unb  S3ifionen 
burdjbrungen  toar.  23ßeiter  erflärt  fid)  fo  aud)  fein  ^ntereffe  an  bem  GtultuS 
unb  ber  im  9Jlefjopfcr    gipfelnben  ©acramentenlet)re    jener  Äird)e.     SultuS  unb 


Stoffe.  207 

Sacrament  erfd)eincn  it)m  gerabe^u  ati  beitige  ^Jhagte ,  beren  SßerftänbniB  burct) 
bie  @rfd)einungen  bei  »Dcagnetümui  nätjer  gerüdt  werben  ,  Wie  er  anbererfeiti 
auct)  ben  magnetifct)en  Suren  einen  facramenttidjen  Gtjaratter  ju^ufcrjreiben  ge= 
neigt  ift.  %n  ben  Sacramenten  tritt  it)m  bai  3tel  ber  ganzen  Üiatur,  Drgan 
bei  ©eifte©  ju  werben,  am  flarften  tjeroor ,  weit  t)iet  bai  Gwige  im  3eitlid)en 
bargeboten  wirb,  unb  ba  ift  es  Hjm  bcnn  bebeutfam,  baß  na  dt)  römifdjer  Öet)re, 
alle  wichtigen  fünfte  bei  sJTcenfd)entebeni  burct)  bie  ununterbrochene,  bie  ©eiftex 
emporfüt)rmbe  Itjatigfeit  bei  ®ottmenfd)en ,  eine  t)öt)ere  SBeitje  empfangen. 
Stufjerbem  finbet  er  für  feine  Sluffaffung  Don  ber  2BtHenifreit)eit  fotoie  Don  ber 
aud)  im  ^enfeiti  fortbauernben  Säuterung  unb  ©ntmidetung  ber  »Utenidtjenfeeten 
in  ben  tatt)otifd)en  Dogmen  Don  ber  ftecrjtfertiguug  unb  ben  Zeitigen  unb  bem 
Fegefeuer  bebeutfame  Slntnüpfungepunfte.  Snblid)  ift  aud)  ber  Umftanb  nid)t 
außer  2ld)t  au  laffen ,  ba£j  ty.  ^ut<^  eo^e  Äatt)olifen  üorjügtidt)  in  feinem 
inneren  ßeben  geförbert  roorben  mar,  roai  bei  einem  für  perfönltdt)e  Sintoirfung 
fo  empfängtict)en  ©emütt)  nid)t  crjne  bauernben  SinfluB  bleiben  fonnte.  Uebrigeni 
gilt  t)ier  überall  ber  Sat} :  „si  duo  faciunt  idem.  non  est  idem";  nirgenbe 
ift  ein  fattjotifd)ei  SDogma  im  ftrenggläubigen  Sinn  aufgefaßt.  ©clöji  bie 
(Etjriftotogie  ift  nictjt  ganj  orttjobor ,  noct)  roemger  bie  2et)re  öon  ben  testen 
£ingen.  }>.  §ai  es  oenn  au{^  ausbrüdlid)  auigefprodjen ,  bafj,  roenn  aud) 
ba.%  fatt)oLifc^e  Sogma  bie  ©runbtage  feinet  3u£llnit»tird)e  bitben  foti ,  bodt) 
nur  bai  tiefer  ergrünbete  unb  Don  bem  3ufattigen  unb  Unwefentlidjcn  ge= 
reinigte  SDogma  baju  geeignet  fei;  er  errannte  fteti  bie  Berechtigung  bei  Don  ber 
Deformation  aufgehellten  ©runbfatjei  ber  (Jntmidetung  (Soolution)  an.  Sein 
3beat  ift  barum  nid)t  fowot)!  bai  2Iufget)en  \>e^  ^roteftantiimui  im  Äatt)o= 
ticümui,  ali  eine  t)öt)ere  ßntroidetung,  bei  ber  bie  berechtigten  Momente  beiber 
$ird)en  jur  (Mtung  tommen  follen.  2Bai  vJ>affaDant'i  Stellung  jum  8ebeni= 
magnetümui  anlangt,  fo  finb  bie  Dorliegenben  Probleme  tjeute  noct)  nid)t 
DöD-ig  aufgeteilt;  ber  Streit  ift  noct)  unter  bem  9Ud)ter.  2öai  feine  irenifd)en 
Beftrebungen  betrifft,  fo  ift  feit  feinem  Jobe  ber  confeffionetle  ©egenfatj  fo  Diel 
fd)ärfer  geworben,  bafj  man  in  beiben  Sagern  für  fotd)e  ibeale  2tnfd)auungen 
Dielfad)  nur  ein  mitteibigei  Cäctjeln  t)at.  @i  giebt  aber  noct)  immer  füttere 
©emüttjer,  benen  ©eftatten,  roie  -}>.  unb  Sailer,  wie  eine  SBeiifagung  auf  eine 
beffere,  wenn  aud)  ferne,  3ufunft  erfct)einen,  roenn  fie  Dietteid)t  auct)  bie  Söfung 
bei  -^roblemi  in  einer  anbtren  Dtictjtung  erwarten.  Sturer  ben  „©ebenfbtättern" 
enttjätt  retigiöfe  Slbtjanbtungen  noct)  bie  „Sammlung  Dermifd)ter  Sluffäüe"  Don 
Dr.  5-  ©•  ^affaoant",  tjerauigegeben  Don  Dr.  gfr.  ^offmann.  grantfurt  1857. 
9teict)t)attigei  Material  finbet  fict)  befonberi  in  bem  trefftid)en  SBerfe  Don 
21botpt)  #elffetidj:  3ot)ann  Äart  ^affaoant.  Sin  dt)rifttict)ei  ötjarafterbilb. 
yranffurt,  dtjriftian  äötnter  1867.  ~  3}gl.  ferner  Dr.  sDlettenr)eimer,  3«r 
Erinnerung  an  ^ot).  fö.  -^affaDant,  granffurt,  33rönner  1858.  Vortrag  im 
ärjüidtjen  herein  unb  $.  |)amberger:  Dr.  ^otjann  Satt  $affabant.  6in 
ßtjaracterbitb.     53lünct)en  1857.  Sq.  ®ed)ent. 

pfiffe:  ßrifpin  Dan  5|3. ,  ein  geachteter  Äupferftect)er,  war  nidjt,  wie 
Sanbrart  ausfagt,  „Don  Söttn  gebürtig",  toa^  fict)  fdjon  burd)  bei  Äünftleri 
eigene  Angabe  auf  Derfct)iebenen  feiner  arbeiten  Wiberlegt,  wo  er  fict)  „Zelandus" 
nennt.  Sein  3eirgenoffe  5)cattjiai  Cuab  (Xeutfd),  9cat.  ^)errl.  357)  mac^t  unö 
mit  feinem  ©eburtiort  genau  befannt,  inbem  er  bei  23efd)reibung  ber  ©raffdjait 
3eelanb  berichtet:  „(Segen  Doften  ligt  ba^  ftatttin  Strmuien,  barau§  ßtjrifpin 
be  »paffe  ber  ftgurjdmetber  burtig  ift."  ^n  weldjcm  ^at)re  er  (um  1565)  tu 
^rmurjbcn  ober  Strnemurjben,  wie  baä  Stäbtd)en  tjeutjutage  tjeifjt,  geboren  wor= 
ben,  ift  nidjt  betannt.  S)ie  frütjeften  S)aten  auf  feinen  Blättern  nätjern  fict)  bem 
ßnbe  bei  16.  ^at)rt)unberti  unb  bie  legten  reid)en  biSum  1630.   ^adjbem  er  bai 


208  SPafje. 

3eidjnen  unb  Äupferftechen  bei  üDitf  33olfaert  6oornf)aert  ertetnt  tjatte,  übte  er 
feine  Äunft  in  berfchiebenen  ©tobten  au§,  haubtfachticf)  in  $öln,  Utrecht,  9tmfier= 
bara,  SßariS  unb  ßonbon.  6r  hat  at§  ihtbierftccijer  ausgezeichnete  Söexbienfte, 
ben  ©rabfticrjet  tonnte  et  mit  ßraft  unb  Sattheit  in  berftä'nbiger  ^bmechSlung 
3U  hanbfjaben,  fo  bafj  maudje  feiner  Seiftungen  eineä  ©olfeiuä  mürbig  genannt 
ju  toevben  berbienen;  boch  unternahm  er  ju  biet  unb  mitunter  ,}u  ©eringfügigeä, 
als  bafj  er  in  feinen  Slrbeiten  fich,  immer  fjätte  gtetcf)  bleiben  tonnen.  9Jctt  ber 
ßiebe  jur  ßunft  berbanb  er  ©efcfjmacf  an  ben  Söiffenftfjaften  unb  fuctjte  ben  Um= 
gang  gelehrter  unb  angefebener  Männer.  3fn  bem  Vorbcticht  ju  feinem  SBerfe 
über  ba§  geidjnen  un^  ßupferftechen  erzählt  er  in  franjöfifc^er  ©pracfje  einiges 
bon  feinen  ßebenSumftänben;  bort  beißt  e3:  „Des  ma  jeunesse  je  me  suis 
adonnö  ä  plusieurs  et  divers  exercices;  mais  je  me  suis  particulierement 
attache  ä  estudier,  avec  les  plus  fameux  maistres,  le  Sieur  Freminet,  peintre 
de  sa  Majeste  tres-chretienne,  le  renomme"  peintre  et  architecte  Sieur  Petro 
Paulo  Rubens,  Abrah.  Bloemart,  Paulo  Morelson,  peintre  et  architecte  de  Ut- 
recht—  mais  plus  particulierement  le  trös-noble  Seigneur  Van  der  Burg,  avec 
lequel  je  visitay  l'academie  ou  etoient  les  plus  cölebres  hommes  du  siecle  — 
L'illustre  prince  Maurice,  de  heureuse  memoire,  pour  enseigner  le  deseign  ä 
l'acadömie  du  Sieur  Pluvinel,  premier  öcuyer  du  roy."  SDaS  SBerf,  bem  biefe 
©teile  entlieben  ift,  evfdjien  ju  s$ariS ;  eS  ift  mit  bieten  Tupfern  berfeben  nnb 
banbelt  über  bie  Söerhältniffe  be§  menfehlichen  ÄörperS,  über  iperfbectibe,  ala= 
bemifebeö  3e^)nen-  ©ebraud)  beg  ©tiebermanneS  jum  Slnorbnen  ber  ©etoanbung 
u.  f.  m.  UeberauS  jablreicb  finb  bie  fteinen  33übniffe,  welche  be  Sßaffe  geliefert 
hat.  ©ie  gehören  einer  Qtit  an,  bie  reich  an  bebeutenben  s.jkrfönlichjetten  mar, 
unb  biete  merben  baher,  neben  itjrern  $unftmertf),  auS  boppeltem  ©runbe  hoef)* 
gefehlt.  3n  ßnglanb  Ijat  er  jtoeünal  ba§  S3ilb  ber  Königin  (Slifabeu)  ge= 
ftodjen,  in  ganzer  %\^ux  unb  aU  ^üftbilo,  mobon  befonberS  baS  erftere  als  eine 
^3erte  b,od)  gemertfjet  mirb.  33on  feinen  Qfotgetoetfen  nennen  mir:  üDie  ©ibrnlen, 
Sibyllarum  icones,  16  SBlätter,  1601  ju  ^ötn  erfchienen  unb  bem  SBürgermeifter 
^ofjann  bon  ßbsfirchen  gemibmet;  Metamorphoseon  Ovidianarum  typi,  1602, 
eine  jmeite  SluSgabe  erfchjen  1606  unb  ift  bem  2)octor  ber  Geologie  2ßilf)elm 
©alSman  in  $ötn  bebicirt;  Romani  imperatores,  opera  Crispiani  de  Pass,  apud 
Colonienses  aerieidas,  Anno  1604,  23  931ätter;  Ulustriss.  Juliacensium  etc. 
prineipum  tabula  genealogica,  Coloniae  1610,  16  23tätter;  Slbbilbung  £)errn 
grtberiche  befj  V.  ^jalhgraffen  bei;  Üiljein  unb  gramen  ölifabetf)  ihrer  $ürft= 
liefen  ©naben  ©emahtiu,  baneben  itjter  königlichen  unb  ßfmrjürfitidjen  Altern 
unb  nechften  33tut§bertoanbten,  1613,  11  «Blätter;  fehr  feiten.  —  2)em  9tath 
bon  ßöln  moflte  ber  $ünftter  im  $al)xe  1607  eine  Slufmerffamfeit  ertoeifen,  bie 
jeboch  eine  nichts  meniger  als  geneigte  9lufnat)me  fanb.  ©ein  Eintrag ,  ben 
Häuptern  ber  ©tabt  bie  nach,  bem  Kölner  9Jtater  ©etborb  ©ortjiuS  in  Tupfer 
geftochenen  bier  (Jbangeliften  mibmen  ju  bürfen,  tourbe,  ungeachtet  ber  ^ürfbraetje 
ßonftantin^  bon  ßtjäfirc^en,  jurücfgemiefen.  5Die  Urfadje  mar ,  toeil  man  ba= 
hinter  gefommen,  ba|  be  ^ßaffe  fiel)  jur  ©ecte  ber  äöiebertäufer  befannte.  S)a= 
gegen  fanben  fich  unter  ben  angefehenften  @intoo|nern  ber  ©tabt  auch,  manche 
funftfinnige  «Dtänner,  meldtje  ba§  herborragenbe  latent  be§  ÄünftlerS  burch  eine 
mohlmottenbe  ©efinnung  anerfannten ,  fo  ber  gelehrte  SJec^ant  beim  Maria- 
ad  gradus-©tifte  ©eorg  Sraun,  ber  SanonifuS  ©ertjarb  ©tempeliuS  bom  ©t. 
©eorg§=©tifte,  ber  SDoctor  ber  Rheologie  2Bilhelm  ©atäman,  ber  ^ropft  bon 
©t.  ©eberin  $acob  ßh.imarraeug,  ber  S)octor  ber  Stedjte  unb  faiferliche  ^ofratl) 
Johann  33aruit  (SSarmih),  bie  ßunftfammler  ©berarb  Sabach  unb  ^einrirf) 
©tapebiuS  u.  a.  m.  Vornehmlich  aber  hatte  er  fich  ber  ©etoogenljeit  ber  .Sperren 
bon  £t)gfirct)en  au   erfreuen.     S)er   arbeitfame  ^flann  ^at   attein   in  Äötn  meit 


<Me.  209 

über  200  platten  ausgeführt,  bie  Don  1595  bis  1611  batirt  fxub.  2tud)  in 
ber  benachbarten  Äaifetftabt  Slawen  tjat  er  eine  furje  3eit  Derroeitt;  tjier  etfdjien 
eine  ^otge  üon  feetjs  Stättern :  2)ie  ©efdjidjte  beS  Derlorenen  ©oljneS  nadj 
Martin  be  SoS,  bie  er  bem  bortigen  9tattj  roibmete.  3-  $•  9Jcer(o. 

©eit  1612  toaste  S.,  in  fein  Saterlanb  ^urücfgefetjrt,  Utrecht  ju  feinem 
ftänbigen  Stufenttjatte.  %n  bemfetben  3at)re  erfdjien  in  feinem  Verlage  in  Utredjt 
bai  Söerf  „Slcabemia".  2Bir  erfefjen  barauS,  bafc  $.  mie  e$  faft  allgemein  üblidj 
gemefen,  aud)  Verleger  unb  A?unftt)änbler  gemefen  ift  unb  mandjes  Statt,  baS  nur 
de  Passe  exe.  beaeidjnet  ift,  mag  in  feiner  Dificin  üon  einem  ©djüter  ausgeführt 
fein.  S3ie  in  ß5ln,  fo  erfreute  flctj  ber  Mnftter  aud)  in  Utrecht  ber  Sldjtung 
feiner  9Jcitbürger;  im  5.  1613  rourbe  er  in  tltredjt  als  Sürger  aufgenommen, 
©ein  Äunftfjanbcl  mar  fetjr  Derbreitet;  fo  miffen  mir,  bafj  ein  3otj.  2ÖilS  in 
SariS  1634  Sollmactjt  üon  itjm  erhielt,  ©dmlbforberungen  Don  Derfdjiebenen 
£änblern  bafelbft  ju  orbnen.  S.  t)atte  brei  ©ötme  unb  ätoei  2öd)ter;  bie  elfteren 
unb  bie  2od)ter  9Jcagbalena  mürben  Dom  23ater  in  feiner  Äunft  unterliefen,  ©ie 
eigneten  fict)  beffetben  ©tidjmeife  fo  öotttommen  an,  ba^  man  it)re  ©tidje,  toenn 
fte  unbeaeidmet  finb ,  nidjt  Don  einanber  untertreiben  fann.  sJtur  ©imon 
be  «paffe  äeidjnet  fidj  burd)  eine  meidjete  abgerunbetere  ©tridjlage  auS,  mätjrenb 
ber  ©rabfttdjel  ber  anberen  etmaS  fpifeig  unb  tjart  erfetjeint. 

Grifpiaen  Dan  be  S.,  ber  jüngere,  ältefter  ©otjn  bes  Sorigen,  marb  in 
Äöln  1593  ober  1594  geboren  unb  ftarb  in  Stmfterbam  nadj  1663.  6r  mar 
unter  ben  3tugen  feineS  SaterS  Don  früt)efter  ^ugenb  an  mit  ber  fjüfjrung  bei 
©rabftidjetS  Dertraut  gemalt.  211S  fein  Sater  nad)  Utredjt  jog,  mar  er  bereits 
auSübenber  ßünftler;  tro^bem  befudjte  er  nodj  in  teuerer  ©tabt  bie  $unftfd)ule. 
3m  3.  1617  tnelt  er  fid)  in  Saris  auf,  »o  er  bie  Statten  au  SluDinefS:  Le 
Maneige  royal  ftadj.  ^m  %.  1630  mar  er  mieber  in  ,!potlanb  unb  gab  Der= 
fdjiebene  Stfbniffe  IjerauS.  Seim  2obe  feines  SaterS  bürfte  er  fidj  in  Utredjt 
aufgehalten  tmben,  im  3-  1639  ftnben  mir  itjn  aber  in  SImfierbam,  mo  er  bis 
5U  feinem  £obe  ttjätig  mar. 

©imon  Dan  be  S.  mar  ein  jroeiter  ©ofm  beS  alten  ßrifpin,  geb.  um 
1590.  ®as  ©terbejatjr  ift  unbefannt.  ©ein  erfter  ©tief),  Dom  $.  1612,  fteüt 
£einrid)  Srina  Don  SBaleS  Dor.  ©r  arbeitete  bei  feinem  Sater  bis  1616;  in 
biefem  3af)re  beianb  er  fief)  in  gonbon,  mo  er  für  ben  Serleger  Gompton  ipoltanb 
öie  frönen  Sitbniffe  Don  £erren  unb  Samen  in  ifjren  reiben  Stn^ügen  in  treff= 
lidjen  ©tidjen  ausführte,  3m  $.  1619  entftanb,  nadjbem  fid)  ber  Äünftier  maf)r= 
fdjetnlicf)  mieber  in  £oflanb  befanb,  bie  golge  ber  jhnfürften  au  Sferb.  gür  bie 
Maneige  royal  ftactj  er  aud)  ein  Statt,  Dieaeictjt  gelegentlid)  eineS  SefudjeS 
feines  Srubers  Stifpiu  in  SariS.  @r  manbte  fid)  fpäter  nad)  Äopen^agen,  DieU 
leietjt  batjtn  berufen,  ©eit  1631  führte  er  ben  Sitet  eineS  fgi.  ^upferftedjers. 
Söatjrfdjetntictj  ftarb  er  in  2>änemarf. 

S3ittem  Dan  b  e  S.,  britter  ©ofm  beS  Srifpin,  ®eburts=  unb  ©terbejatjr 
unbefannt.  (SrftereS  bürfte  um  1595  p  fe^en  fein;  fein  erfter  batirter  ©ttdj 
trägt  baS  3at)r  1623.  (Jr  ftactj  Diele  Slluftrationen  in  Süctjer,  mie  a.  35-  für  bte 
Embleme  Don  3  be  Srune,  bie  Zeeusche  Xagtegael  Don  2t.  Dan  be  Senne 
u.  a.  m.  ©ein  2tufenttjalt  in  (Snglanb  ift  burd^  Diele  Sitbniffe  engtifdjer  Ser= 
fönlid)feiten  bocumentirt.  Ob  er  aud)  in  SariS  ttjätig  mar,  ift  nietjt  mit 
©idjertjeit  anaugeben. 

«DtagbatenaDanbeS.,  2od)ter  beS  alten  Srifpin,  ift  geboren  um  1600 
in  £öln  unb  ftarb  1640.  ©ie  tjeirattjete  ben  greberif  Dan  SeDerDoorbe,  mar 
aber  1630  S3tttme  gemorben.  3ur  3ett  ifjrer  S3ittmenfdjaft  motjnte  itjr  Sater 
bei  ifjr.     ^m  ^.  1617  ftad)  fte  mehrere  ©ibntten.     Sei  itjrer  fpäteren  2tjättg= 

9tHgem.  beutfi^e  SBtogtati'fne.    XXV.  14 


210  *Pafjott>. 

fett  fudjte  fie  bie  feine,  effectt»otte  ©tidjmanier  be§  ©rafen  ©oubt  nadjaualjmen, 
ber  bamatS  in  lltredjt  lebte.  2)aS  Söerf  bei  ftamilie  öan  be  ty.  ift  feljr  reid); 
ein  befonbereS  33erbienft  berfetben,  ba§  mir  nodj  nidjt  f)eröort)oben,  befteljt  barin, 
bafe  un8  bielfadj  Sompofitionen  alter  berühmter  sDceifter  übermittelt  roerben,  bie 
ben  Äünftlern  ^ugängig  maren  unb  bie  fonft  für  unS  öerloren  gegangen  mären. 
SBir  nennen  rjier  nur  3fot).  öon  2td)en,  $.  be  Safer,  #.  öan  Sälen,  £>.  33ot, 
3.  33ruegfjet,  (Reimer,  2.  öon  ßeöben,  SJcabufe,  ß.  «Kctfog,  Wtoreelfe,  33aäen* 
Burg,  31.  öan  be  33cnne  unb  öiele  anbere. 

^raufen,  L'oeuvre  grave"  des  van  de  Passe.  Söeffelb,. 

^Qjjoui:  ©ottfrieb  £fjomaS  2lrnolb  $.,  $f)ilotoge  unb  ©djulmann,  1829 
bis  1870.  6r  mürbe  als  ber  einige  ©ot)n  öon  Äarl  f.  (f.  ©.  215)  am  29.  ffiec 
1829  in  33crlin  geboren,  erfjielt  feine  33ilbung,  of)ne  je  eine  ©djute  <ju  befudjen, 
auSfdjliefjtidj  burdj  ^riöatunterrictjt ,  für  einjetne  gädjer  (9JtatIjematif,  S^n^ö= 
fifdj  u.  a.)  bem  'tßrinjen  fjriebriö^  2öitt)elm  öon  ^reufjen  als  UnterrictjtS  =  ®e* 
noffe  beigegeben,  unb  beftanb  öftevn  1848  als  (Jjtraneer  bie  ^JlaturitätS=^rü= 
fung  am  3oad)imStljal'fd)en  ©tjmnafium  in  33erlin.  $uerft  ftubirte  er  in  Sonn, 
roo  2Belcfer  it)n  öor(}ugSmeife  an(pg,  bann  in  Serlin  ^5t)ilologie,  löfte  tjier  1851 
eine  ^ßreiSaufgabe,  mürbe  1852  ^um  x)r  pü#  ptomoöirt  („de  comparationibus 
Homericis")  unb  beftanb  1853  bie  SetjramtSprüfung.  Waö)  fur^er  ßet)rtt)ätig= 
feit  am  #riebrid)=3Serber'fd)en  unb  3oad)imSti)af fdjen  ©ömnafium  begleitete  er 
einen  jüngeren  greunb  auf  einer  längeren  Üreife  burd)  Italien,  bie  ©djmei,}  unb 
granfreid)  unb  legte  bann  baS  päbagogifdje  ^robejatjr  1854 — 55  am  ©timna= 
fium  in  Sonn  ab,  beffen  3)irector  ©cijopen  er  öon  feiner  ©tubenten^eit  Ijer  narje 
ftanb.  3im  -frerbft  1855  als  3lbjunct  nad)  ©djulpforta  berufen,  trat  er  bort 
befonberS  ben  ^rofefforen  $oberftein  unb  ©teintjart  (f.  b.)  nätjer,  beren  för= 
bernben  (Sinflufj  auf  iljn  er  banfbar  ju  rüfjmen  pflegte.  1858  mürbe  er  an  baS 
^äbagogium  11.  ß.  fix.  nad)  ÜJlagbeburg  öerfetjt  unb  öerfjeiratljete  fiel)  l)ier  mit 
ber  2od)ter  beS  1843  in  Sittjen  öerftorbenen  ^rofefforS  £.  9t.  lltridjS  (f.  b.), 
beffen  litterarifdjen  9tadjlafj  IjerauSjugeben  er  nadjljcr  übernahm:  1863  erfdjien 
ber  jmeite  £t)eit  öon  UlridjS'  „Reifen  unb  50l'ftf)ungen  in  ©riedjenlanb"  mit 
einem  ßebenSabrift  beS  SerfafferS,  nadjbem  ty.  bereits  1860  mit  ben  „Carmina 
popularia  Graeciae  recentioris"  unb  1861  mit  ber  Ueberfetmng  ber  „ßiebeS* 
unb  $tage=2ieber  be§  9teugriedjifd)en  SolfeS"  tjeröorgetrcten  mar.  1861  mürbe 
ty.  als  Oberlehrer  an  baS  ©omgrjmnafium  in  £mlberftabt  berufen,  fjier  1866 
jum  ^rofeffor  ernannt,  bereits  Oftern  1868  aber  nad)  Singen  als  3)irector  beS 
bortigen  ©nmnafiumS  öerfefet.  5Jtit  oer  ganjen  lebhaften  Energie  feines  UBefenS 
übernahm  er  bie  $ftid)ten  biefeS  neuen  SlmteS ,  eifrig  bemüljt  aud)  in  meiteren 
Greifen  ©inn  unb  Serftänbnifj  für  Äunft  unb  2lltertt)um  ju  ermeefen.  (Sin 
früher  %ob  fe|te  feinem  äöirfen  ein  öorjeitigeS  6nbe.  ©in  rafd)  fidj  entmicfeln= 
beS  Sungenleiben  nötl)igte  il)n  fd)on  im  5lpril  1870  feine  £f)ätigfeit  einäufteßen; 
nad)  erfolglofem  S3efud)e  öerfd)tcbener  Heilquellen  ftarb  er  am  12.  9cobbr.  1870 
in  äöieSbaben.  23on  feinen  ©djriften  finb  aufjer  ben  bereits  genannten  nod)  ju 
ermähnen  bie  „©oö^ofleifd^en  ©tubien"  1864. 

33.,  3ur  Erinnerung  an  Slrnotb  5|ßaffom,   in   ber  berliner  3eitfc^rift  für 
©^mnafialmefen,  1870,  33b.  XXIV,  ©.  930—33.  9t.  §od)e. 

IßaflOlu:  f^ranj  Öubmig  Äarl  ^iebrid)  'iß.,  Sejif ograpl) ,  ©ol)n  beS 
^ofbiafonuS  unb  ^prinäeninftructorS  5Jlori|  ^oadjim  ßfjriftoöf)  5)j.  in  2ubmigS= 
luft  unb  bort  am  20.  ©eptember  1786  als  ättefter  öon  13  ©efdjmiftern  geboren, 
mürbe  bis  aum  9.  SebenSjaljre  öom  2)ater  unb  nad)l)er  öon  «gmuSletjrern 
unterrid)tet.  Unter  biefen  mar  eS  @rnft  33reem,  fpäter  tropft  in  ©ägelom  bei 
©ternberg,  ber  öon  1799—1802  auf  bie  äöeiterentroidelung  beS  Knaben  als 
Sefjrer  unb  @rjtet)cr  ben  mol)ltl)ätigften  ©influ^  ausgeübt  t)at.     @r  öerftanb  eS, 


Sßafioto.  211 

bie  gernbegierbe  feine§  fähigen  ©d^üterö  ju  feffetn.  unb  bie  Siebe  jimt  9lttertb,um 
in  ifjm  ju  toedEen  unb  p  nähren  unb  legte  in  ben  alten  clafftfctjen  ©pracfjen 
für  beffen  fünftige  ©tubien  einen  fo  gebiegenen  ©runb,  bafj,  a(§  $.  1802  nadj 
©ottja  auf  ba£  ©rjmnafium  gettjan  mürbe,  Sfactor  Döring  ii)n  bebingung§lo§  in 
bie  ©electa  aufnehmen  fonnte,  in  welcher  ,3acob»  ben  Unterricht  im  ©riedjifctjen 
ertfjetlte.  1804  ging  $.  auf  bie  Uniöerfttät  ober  Dtetmerjr,  roie  er  ftcrj  in  feiner 
Stutobiograpfjie  au§brüctt,  „ju  ©ottfrieb  ^ermann  in  ßeipjig",  ber  it)n  fofort  in 
feine  griectjifctje  ©efellfctjaft  aumafjm.  ftacb,  betn  Söunfcfje  ber  Altern  fotlte 
er  Geologie  ftubiren  ,  bod)  fjat  er  nur  im  elften  ©emefter  einige  ttjeotogifccje 
üBorlefungen  gehört  unb  in  ben  folgenben  fidj  auefcrjtiefjlicf)  ben  claffifctjen  ©prägen 
gemibmet.  üDen  mit  eifemem  ftleifc  Slrbeitenben  unb  fetbftftänbig  5°rfdjenben 
öermoctjten  bie  hergebrachten  Kollegien  nictjt  ju  beliebigen  unb  aujjer  ben 
Uebungen  in  33ecF§  tateinifcrjer  unb  .£ermann'3griecb,ifcr)er  (Sefettfcrjaf t  rourben  in  ben 
legten  ©emeftern  fetten  mef)r  al§  4  ©tunbcn  möctjentlicb,  bon  ifjm  auf  ben  Sefudj 
bon  33orlefungen  öerroenbet.  $n  ben  Serien  burdjmanberte  er  ©adjfen  unb  £tjü= 
ringen  ju  fin^t  nadj  allen  ftictjtungen.  3>n  ben  3Jcufeen  2)reäben§,  bie  er  1806 
3Utn  erften  "OJlate  befurfjte ,  erfcfjtofj  ficb,  it)m  bie  ^errüc^feit  ber  antifen  unb 
mobernen  Äunftroelt  unb  biefer  Sefucfj  mürbe  für  tr)n  Slntafj,  bie  ©efctjicfjte  ber 
bübenben  $unft  in  ben  $rei§  fetner  ©tubien  einjubeäiefjen  unb  feine  fctjon  in 
©ottja  begonnene,  aber  in  8eip3ig  liegen  getaffene  SSefctjäftigung  mit  ben  neueren 
©pradtjen  roieber  aufzunehmen.  2Iuf  einer  biefer  Serienreifen  toar  ^3.  in  -gmlte 
auctj  mit  ©oettje  in  SSerütjrung  gefommen  unb  biefer  tjatte  an  bem  für  $oefie 
unb  claffifctjeä  vttltertlmm  begeifterten  Jüngling  einen  folgen  ©efatten  gefunben, 
bafj  er  ifjm,  al§  1807  ber  ^rofeffor  ber  griedjifdjen  Citteratur  am  ©rjmnafium 
in  SBeimar,  .^einrieb,  SJofj,  uacb,  £)eibetberg  berufen  tourbe,  ungebeten  ba§  ertebigte 
roictjtige  2Imt  antrug.  *$.  narjm  e§  nictjt  otjne  Seforgnifj  an  unb  rüdte 
üor  nodj  nidjt  üottenbetem  21.  Sebenöjatjre  in  eine  ©teile,  bie  im  gemöljnticrjen 
Saure  ber  Singe  erft  im  Ijörjeren  Sebenäatter  erreicht  3U  roerben  pflegt.  2lHer= 
bings  mar  ba§  bamit  öerbunbene  ©efjalt  ein  tecr)t  befdjeibneä  unb  betrug  nur 
400  Sttjaler,  aber  e§  reichte  tjin,  feine  3»ugenbtiebe,  Souife  2Bidjmann  au<S 
©otlja,  atö  Hausfrau  tjeimjufüliren.  9cadj  bem  2)irector  bie  erftc  ©teile  beftei= 
benb  ging  ^ß.  mit  gruben  an  bie  feiner  martenbe  Arbeit.  S)ie  ©crjute 
erhielt  burdj  itjn  eine  neue  Drganifation ;  roie  in  ©ottja  teurbe  eine  ©electa  er= 
richtet,  bereu  ©djüler  in  afabemifdjer  äöeife  ju  felbftänbigen  arbeiten  3tnlei= 
tung  erhielten,  unb  ba§  Sluiblürjen  ber  Slnftalt  mibertegte  binnen  furjem  aüe 
jßeforgniffe,  beren  bie  greunbe  be§  .§ergebraci)ten  fi(f)  bei  'JßaffoiD'g  Neuerungen 
nict)t  Ratten  entfcrjlagen  fönnen.  Zxofy  feiner  16  ©tunben  Unterricht,  bie  ty. 
roöd^entüct)  ju  geben  ^atte,  fub,r  er  unermübtict)  fort,  für  ftcb,  felber  ju  arbeiten. 
SIt§  ©cb.riftfteller  Ijatte  er  fidj)  bereite,  iebocb,  unter  frembem  Dlamen,  mit  einem 
Säuberen  ®ebicf)te  „'DJIenon  an  §etiobora" ,  ^elmftäbt  1806,  tjerborgemagt; 
feine  ^meite  Schrift  „bie  $üffe"  be§  ^or)anne§  ©ecunbu§  ,  bie  er  in  S)re§ben 
überfefet  Ijatte,  erfdjien  nebft  bem  lateinifctjen  £ert  1807.  %n  äöeimar  mürben 
$erfiu§  1809,  «UlufäuS  1810  unb  1811  be§  ©op^iften  2ongo§  „Sapb.niS  unb 
dljtoe",  Xejt  unb  Ucberfe^ung  nebft  -Jtnmerfungen,  ebirt.  5Iuf  teuere  Arbeit 
^at  er  inbeffen  nie  Söerti)  gelegt  unb  üon  i^r  in  feinen  Briefen  immer  nur  mit 
einer  geroiffen  üteferöe  gefproetjen.  ©te  fottte  ein  deficit  in  feiner  Äaffe  beden 
unb  mar  invita  ^Minerva  aufgearbeitet  moxben.  Uebrigen§  mar  gelehrte  Schrift* 
ftellerei  bamat§  menig  toljnenb.  2öie  *$.  einem  greunbe  fc^rieb,  maren  5  2I)aIer 
pro  Sogen  ba§  ^öd^fte  Honorar  für  Glaffiferausgaben.  ^mmer^in  mar  aber 
^affoto'ä  yiame  bureb,  feine  ©Triften  meit  über  2Beimar  b^inaui  befannt  gemor= 
ben,  mie  au§  bem  Ijödjft  tiotttjeilrjaften  anerbieten,  melci)e§  ber  $taif)  ber  ©tabt 
S)anjig   %   1810   machte,   b,erOorget)t.     3m    anfange    be§  Salirb.unbertä  mar 

14* 


212  5Paffoto. 

auS  bem  großen  Segate  eineS  Herrn  öon  ßonrabi  ein  grofjeS  UntertictjtS=  unb 
(JräietjungS=Snftitut  in  Sfenfau  be|  $£)anjig  unter  bem  tarnen  ßonrabinum  nad) 
bem  dufter  beS  ^Ijüanttjroöin  in  2)effau  errichtet  roorben;  eS  fotite  in  eine 
geteerte  ©djute  umgemanbelt  merben  unb  ber  Statt)  bot  *$.  bie  ameite  $£irector= 
fteÜe  an  berfelben  an.  S)ie  23ebingungen  maren  gtänaenb.  2)er  mit  biefer 
©teile  öerbunbene  Saargetjatt  betrug,  nidjt  unbebeutenbe  Dtebenemolumente  nidjt 
etngerectjnet,  1000  üttjaler.  üDabei  mar  %\  ganj  jelbftfiänbig  unb  bie  fieitung 
beS  UnterridjtS  itjm  allein  anöertraut.  2)iefer  Umftanb  beftimmte  itjn,  ben  an 
iljn  ergangenen  Stuf  anaunetjmeu.  sMerbingS  mar  bie  Aufgabe,  ber  er  fid) 
gegenüber  geftettt  fat) ,  eine  überaus  fdjmterige;  bie  Slnftalt  mufjte  öon  ©runb 
auS  umgeftattet  merben.  Sie  jätjUe  etma  50  gögtinge,  aber  nur  ber  <jetmte  ütljeit 
berfelben  lernte  ©riedjifdj,  bie  übrigen  toaren  bisöenfirt,  unb  aud)  baS  2etjrer= 
coEegium  liefe  öiel  ju  roüufdjen  übrig;  tnbeft  V-  ging  entfdjloffen  an'S  2öerf. 
2)aS  ö)ried)ifd)e  mürbe  aur  conditio  sine  qua  non  gemadjt  unb  mit  (Erlernung 
beffelbeu  in  ber  £}uinta  ber  Spradjuntcrridjt  begonnen,  ^n  ber  Quarta  trat 
baS  ßatein  rjin^u,  in  ber  SLertia  baS  granaöfifdje,  in  ber  ©ecunba  baS  (Snglifdje. 
2)er  ©djulcurfuö  mar  auf  8  3at)re  berechnet.  Unöerbroffen  übernahm  $.  bie 
■Hauptarbeit  unb  unterridjtete  im  Anfang  täglid)  G  ©tunben,  aber  er  fütjltc  fid) 
in  biefer  arbeitSreictjen  Stellung  fo  glütflid),  bafj  er  1811  eine  Berufung  nad) 
23erlin  als  ^iofeffor  an'S  graue  Älofter  au  ©palbing'S  Stelle  unb  1813  eine 
anbere  als  SHuctor  an  baö  altftabtifdje  ©rjmnafium  in  Königsberg  unbebcnflidj 
ablehnte.  S£od)  maS  er  freimittig  nidjt  tjatte  ttjun  mögen ,  fid)  öon  ber  itjm 
an'S  <£)erj  geroactjfenen  3lnftalt  ju  trennen,  baS  beforgte  ber  Krieg.  @r  tjatte 
bie  Hilfsquellen  ber  Stabt  erfdjöpft  unb  baS  Vermögen  ber  Slnftalt  ruinirt;  fie 
mürbe  am  15.  Februar  1814  bem  tarnen  nadj  fuSpenbirt,  in  ber  £tjat  aber 
für  immer  aufgehoben.  2ßie  ein  Unglüd  feiten  allein  fommt,  fo  traf  ben  äugen* 
blidlid)  amtlofen  ty.  fofort  aud)  nod)  baS  jroeite  unb  bei  meitem  größere:  er 
öerlor  feine  innig  geliebte  ©attiu  im  erften  Kinbbett.  Slugcnbltdlid)  tjatte  baS 
ßeben  für  itm  jeben  9teij  öerloren.  ©einen  mutterlofcn  Knaben  ber  Pflege  einer 
befreuubeten  Familie,  ber  ©cmatjtin  beS  StegierungSrattjS  ^actjmann  in  Sandig 
übergebenb,  eilte  er  nad)  Sertin ,  um  öon  bort  als  freimütiger  ^äger  jum 
23lüd)ei'jd)en  £eere  ^u  getjen.  @r  fam  ju  fpät;  ber  Krieg  mar  injruifdjen  burd) 
bie  ßinuatjme  öon  t>ariS  beenbet  morben  unb  ^ßaffom'S  SOßunfdj,  ben  £ob  auf 
bem  ©d)lad)tfelbe  ju  finben,  ging  nidjt  in  Erfüllung.  6r  benutze  bie  unfrei* 
mitlige  sJ)iu^e  p  einem  Sefuctje  in  ber  Heimattj  unb  ^u  einer  Steife  nadj  ©üb= 
beutfdjlanb,  an  ben  Sitjein  unb  in  bie  ©djmeij ,  öon  meldjer  er  im  sJioöember 
1814  nadj  Berlin  jurütftetjrte.  Hier  öertebte  er  ben  Söinter  im  anregenbfteu 
23erfet)r  mit  33efter,  33ödf),  Suttmann,  33erntjarbt,  ^beter,  5tiebutjt,  ©djleier= 
madjer,  ©otger  unb  3umÖt  übernatjm  einige  ©tunben  in  ber  $rima  beS  grauen 
JHofterS  unb  befudjte  SBolf'S  Sorlefungen.  5p.,  unter  ^en  ©eletjrten  einer  ber 
geletjrteften,  befa^  noctj  feinen  atabemifdjen  (Srab;  bie  pt)ilofoöt)ifd)e  gacultät 
ber  berliner  Uniöerfität  etjrte  fid)  felbft ,  als  fie  it)n  mit  itjxem  ©octorat  auS= 
jeidjnete.  2lud)  martete  feiner  bereits  ein  SBirfungSfvciS,  mie  er  itjn  fidj  für 
feine  5hbeitSluft  unb  2lrbcttSfraft  fd)öner  faum  münfd)en  fountc.  $n  Breslau 
lagen  bie  ptjilologifdjen  ©tubien  gänjüd)  bamieber.  ^otjann  ©otttob  ©d)neiber 
tjatte  in  9tüdfid)t  auf  fein  tjotjeS  3llter  beim  ^ütinifter  um  (Sntbinbung  öon  ben 
afabemifdjen  ©efdjäften  nadjgefudjt  uub  ^einborf  mar  fränftictj  unb  im  begriff 
nad)  ^alle  ju  getjen.  ©in  ptjilotogifdjeS  ©eminar  gab  eS  nidjt,  eS  tjatte  fid) 
feit  1813  aufgelöst,  fein  mar,  menn  ben  ötjttologifdjen  ©tubien  mieber  aufgc= 
tjolfen  merben  foUte,  eine  junge  Jhaft  nöttjig  unb  ber  nod)  nidjt  breifjigiätjrige 
%  mar  ber  s)}tann ,  biefe  Aufgabe  ju  löfen.  211S  orbentlidjer  ^profeffor  ber 
^IterttjumSmiffenfdjaft  nad)  23reSlau  berufen,  trat  er  Dftern  1815  fein  2lmt  an. 


»)to.  213 

©ein  exfteS  ©efdjäft  toar  bie  SBiebereröffnung  bei  pr)itologifd)en  ©eminarS  unb 
Otfrieb  2Jtütter  toat  bex  erfte,  ber  ftcrj  jum  gintritt  in  baSfelbe  metbete.  S3oi= 
läufig  einziger  Vertreter  ber  «Philologie,  lad  $.  bis  jur  Berufung  Ä.  @.  Gl). 
©djneiber'S  tägtid)  4  ©tunben.  ©eine  Sßorlefungen  erftredten  fidj  über  bie  meiften 
gried)ifd)en  unb  lateinifdjen  3)id)ter,  Don  ^rofaifern  über  £erobot,  £eno$>r)on, 
5Demoftb,eneS,  (Sicero  unb  XacituS,  aufjerbem  über  griedjifcrje  Sllterttjümer  unb 
s,JJtt)tt)otogie,  römifetje  ßttteratur  unb  alte  Jhtnftgefd)id)te,  unb  mit  biefer  öffent= 
litten  Xfyätigf'eit  als  Selber  ging  eine  gleich  grofje  rjäuSlid)e  als  ©d)riftfteller 
.gmnb  in  &anb.  3um  ©ebraudje  bei  feinen  33orlefungen  oerfafjte  er  als  Som= 
penbium  bie  „©runb^üge  ber  gried)ifd)en  unb  römifetjen  ßitteraturgef d)idt)te " , 
SBreStau  1816,  stoeite  «Auflage  1829,  unb  gab  1817  bie  ©ermania  beS  XacituS 
heraus.  UebrigenS  toar  %  nidjtS  weniger  als  pebantifdjer  Stubengelehrter.  @r 
tjatte  in  $enfau  ben  «Jlutjen  ber  SeibeSübungen  auS  eigner  Slnfdjauung  fennen 
gelernt  unb  toar  ein  gufjgänger,  bem  eS  in  StuSbauer  Söenige  gleid)  traten. 
«Run  toar  in  SreSlau  1815  burd)  ben  ©irector  beS  ©d)ullet)rer=©eminarS  SBil» 
f)elm  .gmrnifd)  baS  Surnen  eingeführt  toorben  unb  auf  bem  bon  ber  ©tabt  ba^u 
angetoiefenen  ^3tafee  Ijenfdjte  ein  frifdjeS,  fröt)lid)eS  Xurnleben.  Siele  Ratten 
itjve  greube  baran,  unter  itjnen  %-,  anbern  mißfiel  eS  unb  namentlich  toar  eS 
ber  ^rofeffor  am  Stifabettjan,  Ißrorector  $art  2lbotpt)  «Jttenaet,  ber  bekannte 
Siftoiiler  (f.  21.  b.  SB.  XXI,  380),  ber  ju  ben  entfcrjiebenften  (Segnern  beS 
XurnenS  gehörte  unb  ftdj  fogar  bor  feinen  ©d)ülern  mifjbittigenb  unb  fpot= 
tenb  über  baffelbe  äußerte,  ty.  tourbe  baburd)  beranlafjt,  eine  Apologie  be§= 
felben  unter  bem  Xitel  „Stummel.  Xurnfreunben  unb  Xurnfeinben  Oon  granj 
^Paffoto"  ju  Oeröffentlidjen.  Sie  tourbe,  218  Seiten  fttttenb,  1818  im  «JJlärj 
ausgegeben  unb  als  ty.,  um  nid)t  inconfequent  ju  erfdjeinen,  obenbrein  berfönlidj 
fid)  an  ben  Uebungen  auf  bem  Xurnütafe  ju  beteiligen  anfing,  brad)  ber  ©türm 
gegen  U)n  loS.  Wenige  SBocrjen  nadj  bem  Gürfdjeinen  feiner  ©djrift  brachte 
Äoijebue'S  litterarifdjeS  äBodjenblatt  einen  giftgefctjtootlenen  3lrtifel  über  biefelbe 
unter  bem  Xitel  ,,bie  eble  Xurnfunft".  Sr  toar  baS  ©ignal  ju  einem  Kriege 
aller  gegen  atte;  ©treitfcrjriften,  5luffäfee  unb  (Jrttärungen  in  öffentlichen  33lät= 
tern  jagten  förmlictj  einanber;  bod)  tjier  ift  nid)t  ber  Ort,  biefen  unter  bem 
«Jtamen  „33reSlauer  2urnfel)be"  befannt  getoorbenen  litterarifdjen  ©treit,  in  toel= 
erjem  ber  ^rorector  ^CRenäel  eine  unglüdtidje  «JtoHe  gezielt  t)at,  in  feinen  ein= 
äelnen  ^p^afen  ^u  Oerfolgen;  eS  genüge  bie  Semerfung,  bafj  auf  'ißaffoto'S  ©eite 
aufjer  -gmrnifd)  unb  «IRafsmann,  bamatS  Xurntoart  in  SBreSlau,  bie  ^rofefforen 
SBadjler,  ilarl  öon  «Jtaumer,  ©djneiber,  ^ar;§ler,  Singe  unb  «Hauptmann  Oon 
©djmeling  ftanben,  toätjrenb  für  9Jlenjel  nur  ©teffenä,  beffen  „üDim^el"  im 
S)ecember  1818  erfdjien,  unb  jtoei  feiner  ßoEegen,  ütector  @^el  unb  'ißrorector 
Dteidje,  mit  unbebeutenben  dürtlärungen  in  bie  ©djranfen  traten,  ©leidjtoot  blieb 
^Dlenäel,  ba  bie  rjödtjften  S5el)örben  fiel)  gegen  ba§  Sumen  tjatten  einnehmen 
laffen  unb  eg  fdjlie^licr)  gan^  unterfagten,  ©ieger  unb  biefen  ©ieg  tjat  er  in 
einer  SCßeife  ausgenutzt ,  bie  taum  ^emanb  toirb  billigen  fönnen.  %  ^atte  in 
ber  3jt8  Oa^rgang  1819,  ©.  526  ff.)  einen  heftigen  Slrtifet  gegen  „bie  35re§= 
lauer  Xurnfeinbe"  tieröffentlidjt  unb  fie  oljne  toeitereS  mit  «Jlamen  genannt, 
©ans  bergeffenb,  toa§  fie  iljm  angettjan  Ratten,  belangten  fie  ^3.  bei  bem  £)ber= 
lanbcSgerid)t  in  S3re§lau  toegen  Injurien,  ©ein  2lu§bleiben  in  bem  jur  S3er= 
^anblung  angefe^ten  Xermin,  fotoie,  ba|  er  fd)on  einmal  toegen  Injurien  au 
5  üttjalern  ©träfe  üerurtljeilt  toorben  toar,  roirften  ftrafoerfdjärfenb.  S)a§  @rfennt= 
ni^  lautete  auf  eine  ad)ttoöd)entlid)e  «^aftftrafe,  bie  %  in  einem  als  ©efängnifj 
Ijergeridjteten  3immer  oe§  UniberfitätSgebäubeS  Oom  16.  3fan.  bis  13.  «JMrä  1821 
abgefeffen  l)at.  «Jlatürtid)  toar  Iß.  in  ben  mafjgebenben  Greifen  im  b.ödjften  ©rabe 
mi|liebig  getoorben  unb   man   toollte  i§n  unter  jeber  33ebingung  unb   jtoar  fo 


214  SPaffoto. 

balb  als  möglid)  auS  Breslau  fort  tjaben.  SltSber  ipian,  ü)n  nact)  .gmtle  ju 
berfetjen,  1821  gefctjeitert  toar,  bactüe  man  1822  bavan,  itjn  nact)  Berlin  ju 
berufen,  boct)  unterblieb  eS,  toetl  Bödt)  itjn  nietet  als  Kollegen  neben  fiel)  tjaben 
toottte;  ba  routbe  1824  eine  ^ßrofeffuv  in  Königsberg  bacant  unb  ber  9Jhnifter 
beifügte  $ßaffoto'S  Berfetumg  in  biefe  Stelle,  otjue  il)n  bortjer  bavum  gefragt  au 
tjaben.  2)er  nidjt  enbenben  Bejationen  mübe,  „[teilte  ty.  feine  ßage  auf  galten 
unb  Brechen".  @r  weigerte  fiel),  nact)  Königsberg  ju  getjen,  unb  man  trug  Be= 
benfen,  gegen  ben  gefeierten  ßetjrer,  ber  buret)  bic  an  it)m  bottftredte  ©träfe  feinen 
greunben  unb  ©ctjülern  nur  noct)  ttjeurer  getoorben  mar,  mit  2tbfetutng  borju= 
getjen,  311  ber  überbicS  nidjt  ber  geringfte  ©runb  borlag;  1)3.  blieb  toeüertjtn  unbe= 
tjettigt  unb  Ijat  bis  ju  feinem  £obe  in  Breslau  gelehrt  unb  gearbeitet.  Sie 
Ausarbeitung  feines  £>aupttoerfeS,  beS  griedufetjen  £)anbtoörtcrbuct)S,  fällt  in  bie 
3atjre  1819—1823.  ©djon  1813  tjatte  er  fiel)  in  einer  ©djrift  Müber  3toed, 
Anlage  unb  grgänjung  gried)ifdjer  2Jßörterbüdjer"  über  ba§,  toaS  9tott)  ttjat, 
auSgefprodjen,  unb  ber  Verleger  beS  ©djneiber'fdjen  .Ijpanbtoörterbudjö  fonnte  für 
bie  Beforgung  einer  Ausgabe  beffelbcn  für  ©djuten  toot)t  faum  einen  befferen  unb 
tüchtigeren  Bearbeiter  als  $.  ftnben.  ©te  erfdjten  1819—1823  in  2  Quart« 
bänben  unter  bem  £itel  „^otjann  ©otttob  ©djneiber'S  ,£>anbtoörterbud)  ber  grie= 
ctjifctjen  Sprache .  Dtactj  ber  brüten  Ausgabe  beS  großen  griect)ifdj  =  beutfct)en 
2Börterbud)S  mit  befonbrer  Berüdfidjttgung  beS  £)om.  u.  «fpefiob.  ©pradjgebraudjS 
unb  mit  genauer  Eingabe  ber  Silbenlänge  aufgearbeitet".  Siefe  Arbeit  toar 
eine  totjnenbe.  ty.  erfnett  t»om  Berteger  für  ben  Bogen  ein  Honorar  bon 
10  Stjalern,  bei  jeber  folgenbeu  Ausgabe  aber  5  Xtjater  unb  aufjerbem  für  jeben 
bie  Bogenjaljt  ber  bortjergetjenben  Auflage  überfteigenben  Bogen  eine  befonbere 
Bergütung  bon  20  Malern,  ©djon  1825  mürbe  eine  jtoeite,  1827  eine  brüte 
Auflage  nöttjig.  üDie  10000  (Sjemplare  berfetben  maren  binnen  brei  $aljren 
»ergriffen,  fo  bafj  1831  eine  bierte  Auflage  beranftattet  merben  mufjte;  fie  fütjrte 
ben  ütitel:  „.'panbtoörterbudj  ber  griedjifdjen  ©praetje  bon  ftxan&  Ißaffoto". 
Aufjer  einer  großen  Anjatjl  atabemifdjer  ©etegenljeüSfdjriften  („Fr.  Passowii  opus- 
cula  academica.  Disposuit  Nie.  Bachius".  Lipsiae  1835)  finb  bon  großem  Ar= 
bfciten  auS  biefen  Sfatjven  nodj  ju  nennen  bie  «Verausgabe  beS  Corpus  scriptorum 
eroticorum  Graecorum.  Vol.  I.  1824,  Vol.  IL  1833  unb  ber  Periegesis  beS 
Dionsyius,  1825.  ArbeitStuftig  mie  er  toar,  erbot  er  fidj,  als  Büfdjing  1829 
ftarb,  jur  Uebernatnne  ber  Bortefungen  beffelben.  ©ie  tourben  ttjm  jugleid)  mit 
ber  2)irection  beS  UniberfitätSmufeumS  für  Alterttjum  unb  Kunft  übertragen, 
©in  Berjeidjnift  ber  ©ammlungen  toar  nidjt  bortjanben  unb  Iß.  inaugurirte  feinen 
Amtsantritt  mit  ber  Anfertigung  eines  mit  ben  nöttjigen  9cadjtoeifungen  ber= 
fernen  Katalogs.  Sie  mit  biefer  Arbeit  unzertrennlich  berbunbenen  Anftren= 
jungen  tjaben  'ebenfalls  feinen  Job  befdjleuntgt.  %m  2.  Januar  1830  toar  % 
bei  ftrenger  Äälte  mit  einem  Jüngern  ftwunbe  früt)  aufJ§  UJcufeum  gegangen, 
Dlad)inittag§  tourbe  er  auf  ber  regten  ©eüe  bom  ©djtage  gerührt,  gtoar  ent= 
rann  er  für  bieämal  noc^  bem  £obe  unb  eine  Babecur  in  ßanbed  fdjien  t^n 
böllig  b^ergeftellt  3U  ^aben,  aber  ber  Job  feines  BaterS  unb  eine  lange  fdjtoere 
Äranlljeit  feiner  ©attin,  —  er  tjatte  fiel)  1816  mit  einer  Xodjter  feines  Kollegen 
Söadjter  3um  jtoeiten  IDlale  bermäljtt,  —  erfcljütterten  feine  ©efunbljeit  auf's 
neue  unb  brachen  feinen  ßebenSmutl).  1833  am  11.  5Jcär<i  macljte  ein  Serben« 
fctjtag  feinem  Seben  ein  @nbe;  am  14.  tourbe  er  auf  bem  reformirten  ^irdj= 
t^ofe  neben  feinem  ifjm  toenige  äöodjen  früher  im  £obe  borauSgegangenen  ^reunbe 
bon  (i'öUn  (f.  91.  b.  B.  IV,  391)  beerbigt.  ©ein  ©rab  ift  burcl)  ein  bon 
feinen  ©djülem  unb  ^"unben  1835  iljm  errtdüeteS  fctjöneS  S)enfmal  auS  fd§le= 
fifdjem  5Rarmor  bor  bem  Bergeffentoerben  gefctjütjt ;  ein  unbergänglictjeS  2)enfmat 
aber  t)at  er  fiel)  fetbft  in  feinen  ©djriften  gefegt. 


«oto.  215 

$ran<j  Ißaffom'g  Seben  unb  ©riefe.  Eingeleitet  öon  Dr.  ßubroig  SBacrjler. 
herausgegeben  öon  Sitbredjt  SBacrjler.  ©reglau  1839.  21m  ©ctjtuffe  eine  lieber* 
ftc^t  ber  öon  5ß.  rjerauggegebenen  felbfiftänbigen  ©driften,  fomie  ber  in  ©e= 
feEfctjaftgfdjriften  unb  Journalen  öeröffenttidjten  Slbtjanblungen,  2luffätje  unb 
9tecenfionen.  ©ctjimmetpTennig. 

^af(oü):  Äarl  griebrirf)  9tubotf  %,  $f)ilotoge  unb  Schulmann  (1798 
biä  1860),  tourbe  in  ©ternberg  in  2Recftenburg=8d)roerin  am  1.  2lprit  1798 
geboren  alg  ber  ©otjn  beg  6onftfiorialratt)g  unb  ©uperintenbenten  Dr.  th.  ^Jtoritj 
^oacrjim  ©f)riftopt)  5ß.,  ber  fpäter  alg  DberfjoTprebiger  nacrj  £ubroiggluft  berufen 
rourbe;  fein  älterer  ©ruber  mar  ber  bebeutenbe  ^fyilologe  granj  ty.  (f.  ©.  210).  ■ — • 
Surcb,  5ßriöatCe£)rer  im  elterlichen  $aufe  öorbereitet  fam  $arl  ty.  ju  $Kicr)aelig 
1811  auf  ba§  (Sonrabinum  ju  ^enfau  %ü  Sanjig,  beffen  jroeiter  SHrector  fein 
©ruber  granj  bamalg  mar;  ju  feinen  Serjrern  gehörte  bamalg  u.  a.  auctj 
Sluguft  SJteinefe.  Sie  Slmrjebung  ber  ^Inftatt  im  grütyjatjr  1814  öeranlafjte  bie 
,!peimferjr  ^afforo'g  in  bag  elterliche  .£aug,  boctj  bractjte  if)n  ber  Sater  notf)  in 
bemfelben  ^at)re  auf  bag  5^ebricb,=2Berbeffcr)e  ©ümnaftum  ju  ©erlin,  roetcrjeg 
er  big  ^Jlictjaetis  1815  befudjte,  um  algbann  nad?  ©reglau  überjugeljen,  roocjin 
fein  ©ruber  tnjmifdjen  alg  ^rofeffor  ber  ^tjitotogie  berufen  roorben  mar.  £)ier 
befugte  er  bag  ©rjmnafium  ju  ©t.  9Jtaria  sDtagbalena,  beffen  9tector  bamalg 
ber  trefflictje  sDlanfo  mar,  bem  ty.  mefenttictje  görberung  $u  banfen  tjatte.  Dftern 
1817  ging  er  ^ur  ©restauer  llniöerfität  über,  um  2Utertr)um§miffenfcrjaft  ju 
ftubieren;  aufeer  feinem  ©ruber  rjörte  er  öornefjmtid)  äöacfjler,  ©ctjneiber  unb 
©teffenS.  9Jlit  ganj  befonberem  Eifer  beteiligte  er  ftctj  an  ben  auct)  burdj  feinen 
©ruber  lebhaft  unterftütjten  turnerifdjen  ©eftrebungen  ber  ©regtauer  ©tubenten= 
fdjaft,  er  gehörte  ju  ben  „tücfjtigften  Drbnern  unb  güfyrern".  3m  £>erbft 
1820  begab  fid)  ty.  nadj  ©erlin,  beftanb  tjter  im  Dctober  b.  33.  bie  ßet)ramtg= 
Prüfung  unb  mürbe  junäctjft  alg  5ftitgtieb  beg  päbagogifctjen  ©eminarg  am 
©rjmnafium  3utn  ©tauen  Ätofter  befdjäfttgt,  -Dftern  1822  an  bemfelben  alg 
Dberlerjrer  angeftellt.  216er  fcrjon  im  ©eptember  begfetben  3tat)re§  mürbe  biefe 
£f)ätigfeit  unterbrochen;  er  mürbe  megen  beg  ©erbactjteg  ber  £beitnab,me  an 
bemagogifcrjen  Umtrieben  fugpenbirt  unb  erft  ju  Dftern  1824  mieber  alg  aujjer= 
orbentlidjer  Serjrer  am  griebricrj=2Berber'fcl)en  ©rjmnafium  in  ©erlin  befctjäftigt. 
$n  biefe  ^arjre  fallen  feine  arbeiten  über  bie  ©atiren  beg  ^oraj  (1827  u.  28) 
unb  bie  „Adnotatio  critica  in  Aristophanis  Xubes"  (1828).  Dftern  1828  mürbe 
$.  alg  5>rofeffor  an  ba§  f.  ^oacb.imätljat'fc^e  ©nmnafium  öerfetjt,  beffen  £irector 
furj  öortjer  fein  früherer  Sfenfauer  ^eb,ier  5lug.  OJteinele  gemorben  mar.  ^n 
biefem  Slmte  ift  er,  allmäl)li(i)  big  jur  erften  ^rofeffur  aufrüccenb,  big  an  feinen 
2ob  öerblieben,  al§  ßetjrer  unb  ©eletjrter  in  öerbientem  Slnfetjen,  einer  ber 
^auptträger  ber  pfjilologifdjen  Ambitionen  be§  ^oactjimgtlialg.  6r  ftarb  am 
7.  ^Jloöember  1860.  —  ©on  feinen  arbeiten  finb  nocfj  als  befonberg  mertb^öoll 
äu  ermärjnen  bie  Sluggabe  unb  Ueberfefeung  ber  ©pifteln  Deg  ^oraj  (1833)  unb 
befonberg  bie  „Beiträge  jur  ©efcfncrjte  ber  beutfcb,en  Uniöerfitäten  im  XIV.  %at)x- 
^unbert"  (1836);  feine  fpäteren  arbeiten  b,at  er  nic^t  mefjt  öeröffenttic^t. 

Sft.  Sacobg,  3ur  Erinnerung  an  Dr.  Ä.  ^affom,  in  ber  berliner  3eit= 
fcb.rift  für  ©ömnafialmefen,  1861  93b.  XV,  2,  ©.  149-  156.  —  ©.  ßiefcling, 
©ebä^tni^rebe,  mieber  abgebrudt  in  ben  „^oadjimätljater  ©d^ulrcben",  1886, 
®.  81—86.  8L  ^ocb.e. 

^affott):  2öilb,elm  2lrtrjur  5ß.(  Sirector  beg  ©ömnafiumg  in  £t)orn, 
ältefter  ©o^n  öon  ftranj  %  (o.  ©.  210),  unb  am  20.  «ülära  1814  in  ^entau 
geboren,  erhielt  ben  erften  Unterricht  öon  ^riöatteb^rern  unb  feine  ©orbilbung 
für  bie  Uniöerfttät  1827—1832   in  ©crjulpforta.     Sic^  ber  $f)itologie  mibmenb 


216  5Paf$c|iteItmi3  —  «ßoff^. 

ftubierte  er  aroei  Satire  in  33re§lau,  fltng  2ftictjaeli3  1834  nad)  23erlin  unb  naljm 
im  ©ommer  1835  eine  am  tjeräoglidjen  ©rjmnafium  in  9Jteiningen  itjm  an» 
getragene  ße^rerfteHc  an ,  toelctje  er  nach,  befianbenem  Gramen  pro  facultate 
docendi  am  14.  September  1835  antrat.  1846  am  17.  9tooember  jum  $ro= 
feffor  ernannt,  folgte  er  1854  einem  Stufe  aU  5ßrorector  an  ba§  ©rjmnafium  in 
üiatibor,  bei  iueldjer  (Gelegenheit  ihm  bie  philofophtfcrje  gacultät  in  3fena  ihr 
SDoctorat  honoris  causa  öertief).  1855  würbe  er  ^um  2)irector  befördert  unb 
1858  alä  foldjer  nach  £horn  perfetjt.  2)er  Eintritt  in  ba§  neue  2tmt  fiel  mit 
bem  3eitöunft  Rammen,  in  roeldjem  bie  drroeiterung  beä  (StymnafiumS  burct) 
parallele  Stealclaffen  irjren  Slbfcrjlufj  erreicht  hatte,  ^affon/ä  Söirffamfeit  mar 
eine  fo  erfolgreiche,  bafj  1860  bie  9tealabtt)eilung  be3  Üfjorner  ©rjmnaftumS 
unter  bie  5ftealfcbulen  erfter  Orbnung  aufgenommen  mürbe.  Dftern  1861  mürbe 
*p.  oon  einem  SBruftleiben  befallen,  roelctjeä  ficft  burch  miebertjolte  33abecuren  nur 
rjatte  linbern,  nictjt  tjeiten  laffen,  fo  bafj  itjm  1864  im  $uli  ein  längerer  Urtaub 
bemiHigt  merben  mufcte.  ©lüdtid)  fam  er  in  bem  Surort  (Streitberg  bei  gorcrj= 
heim  in  ber  fränfifdjen  ©chmeij  an,  mo  er  fich  ju  erholen  geöad)te;  bort  über* 
rafchte  ifjn  ber  £ob  am  3.  Sluguft  1864.  ^affom'g  titterarifcbe  Xhätigfeit  be= 
megte  fid)  öor^ug^meife  auf  bem  ©ebiete  ber  beutfdjen  £itteraturgefcr)icrjte,  in 
welche  it)n  Äoberftein  in  ©djulpforta  eingeführt  rjatte.  33efannt  ift  feine  Um* 
arbeitung  beö  ^pifctjon'fcfjen  ßeitfabenä  ber  beutfchen  2itteraturgefd)ict)tc,  roetdje 
1862  etfdtjien;  anbre  arbeiten  finb  in  roiffenfctjafttidjen  ^eitfchriften  unb  ©ct)ut= 
Programmen  jerftreut.  3tu8  bem  9cachlafj  fetneö  33ater§  gab  er  „bermifdjte 
©Triften"  1843  herauf. 

Programm  be8  üt§orner  ©rjmnafiumS  Don  1864. 

©drimmetp  fennig. 

^ßafwncUmtö:  Johann  *p.  roar  Saumeifter  im  SDienfte  beS  «^erjogS  öon 
Jülich,  ßleoc  unb  S3erg.  ©ctjon  im  $at)re  1588  finbet  man  if)n  al§  herzoglichen 
Jpofbaumcifter  genannt;  er  erhielt  bamalS  auf  betreiben  beö  9)tarfd)allä  SBilljelm 
Pou  Söalbenburg,  genannt  ©chenfern,  ben  Auftrag  5piäne  anzufertigen,  um  baä 
unterhalb  .Üöln  gelegene  ©täbtchen  sJJlütt)eim  ^u  einer  großen  ©tabt  3U  erweitern 
unb  mit  ftarfen  ^eftungStuerfen  JU  öerfet)en.  211g  fpäter,  unter  feiner  ßeitung, 
^ur  9lu§führung  ber  SBefeftigung  gefchritten  tourbe,  entftanben  oielfache  3miftig= 
feiten  mit  ber  barin  eine  SSebrofmng  argmötjnenben  9lachbar[tabt  Äöln.  2)a3 
feltene  2Berf:  „©piegel  unb  Slbbilbung  ber  bergan  glichfeit",  Welche^  bie  S3e» 
gräbnifjfeier  be§  am  5.  Januar  1592  311  SDüffelborf  tierftorbenen  ^>erjog§  Söiltjelm 
befdjreibt  unb  ben  öeicbenzug  in  einer  f^otge  üon  $upfcrftid)en  abbilbet,  berichtet, 
baft  er  bei  ben  Slnorbnungen  mitgemirft  unb  mehrere  (Entwürfe  („Patronen") 
ju  einem  fjerrlidjen  2)enfmal  für  ben  fjingefchiebenen  dürften,  feinen  ^perrn,  an= 
gefertigt  habe.  $m  %at)xe  1602  mürbe  feine  ütfjätigfeit  tton  bem  9catf)  ber 
©tabt  Äöln  in  Slnfpructj  genommen.  2)a§  ©ifeungSprotofotl  bom  12.  ^Dtat 
melbet,  ba^  ff5pa^quelinu§,  fürftlich  ^ülidj'fc^er  Saumeifter,  einen  foftbaren  Sau 
abgejetchnet,  mie  biefe  ©tabt  ju  befeftigen".  3lm  3.  Januar  1605  beauftragt 
ber  Ötath  ein  s33titglieb  ber  33aubeputation,  mit  bem  33aumeifter  *ß.,  „ber  ba§ 
58oEmerf  an  ber  9leugaffe  orbintrt",  megen  be§  ifjm  ju  geroäfjrenben  Jponorarg 
3U  tjerhanbetn.  ^.  3f.  5Jlerlo. 

iPafftj :    Slnton   $.,   9tebemtorift ,   geb.   am   81.   9Jcärj    1788   ju  2Bien, 

t  am  11.  Wän  1847  bafelbft.  «p.  trat  1809  in  ba§  Alumnat  ju  ©t.  gölten, 
um  fiel)  jum  geiftlichen  ©tanbe  öorjubereiten,  mu^te  aber  megen  $ränflicr)feit 
austreten  unb  mürbe  nun  junäcfjft  ßerjrer  in  einem  i^nftitut,  bann  1817 
SBibliotljefar  unb  SSorlefer  bei  bem  ©rafen  ©äödjenrji.  |rier  lernte  er  ben 
fJtebemtoriften  Glemenä  5)Jcaria  ^opauer  (f.  31.  ©.  SS.  XII,  565)   fennen,   trat 


5ßaftot  —  'JJaflorff.  217 

in  beffen  Kongregation  ein  unb  toutbe  am  18.  IDtärs  1821  jum  Spriejler  gemeirjt. 
3ac^aria§  SBernex  tjiett  ifjm  bie  ^rimijprebigt.  Stucb,  mit  ^orj.  Immanuel 
2kitr)  roar  er  befreunbet.  9Jtit  biefem  jufammen  Begrünbete  er  auf  öoffbauer'l 
3ureben  1819  bie  erbauliche  3eitfdjrift  „Detjmeige",  beren  Otebaction  fein  Sruber 
©eorg  übetnatjm,  ber  all  Saienbruber  hzi  ben  9rebemtoriften  eingetreten  mar; 
jte  erfctjien  bil  1823.  (lieber  bie  ©cfjtoierigfeiten,  auf  meldte  5ß.  bei  ber  geift* 
liefen  unb  roeltftdjen  Genfurbefjörbe  ftiefj,  all  er  1841  bie  3eitfd)rift  fottfe^cn 
mottle,  bringt  bal  Slrctjtb  f.  öfterr.  @efc§.  50,  505  ergö^licrje  «Ulitttjcilungen.) 
Slufjerbem  gab  er  eine  lange  gleite  oon  frommen  ©djriften  rjeraul,  popu!är= 
gefcfjicb,ttid3e,  Biographien,  @räät)tungen,  Segenben,  ©ebet=  unb  33etracrjtung§= 
bitter  unb  ©ebidjte.  9iud)  ber  oben  genannte  SSruber  (Beorg  unb  ein  atoeiter, 
Sofeptj,  ber  erft  ©erjaufpieter,  bann  hti  bem  Büdjerretiifioniamte  angeftettt  mar, 
rjaben  ©ebicrjte  beröff entließt,  gut  britter  SBruber,  3ofjann  9lepomuf,  33ucfj= 
tjänbter  in  6t  gölten,  gab  1848  einen  aulrürjtlicrjen  ftefrolog  Slntonl  mit 
einem  SJerjeidjnifie  feiner  ©Triften  fjeraul  (beffen  gleichnamiger  Sofm,  ber  fd)on 
1840  ftarb,  fjat  auet)  2}erfe  gemalt).  $.  genoB  all  Seetf  orger  in  ben  frommen 
Greifen  SOßienl  ein  grofjel  Sinfetjen. 

9i.  ftefrolog  25  (1847),  ©.  198.  —  Söur^bad),  Sejifon  21,  326. 

Stenfd). 

^aftor:  21b  am  $.,  tt)eologifd)er  ©djriftftelter  unb  Parteiführer  aul  ber 
jtoetten  £älfte  bei  16.  3at)rt)unbertl.  Ueber  3eit  unb  Ott  feiner  ©eburt  miffm 
mir  ebenfomenig  etmal  Seftimmtel  mie  über  fein  £obe§iarjr.  @r  fott  aul  SBeft» 
taten  gebürtig  gemefen  fein  unb  all  fein  utfprünglictjer  Familienname  gilt 
9tubotprj  Martini,  ©eine  Sebeutung  liegt  barin,  bafc  er  bie  unitariferje  Sftidj« 
tung  bei  fog.  Stnabaptilmul  in  ftorbmeftbeutfcfjlanb  ju  einer  3eit  miffenfdjaft* 
lid)  üertreten  unb  berfodjten  tjat,  in  melier  alle  übrigen  Führer  ber  2tnabap= 
tiften  im  ^orbmeften  fic^  in  biefem  fünfte  bereit!  ber  orttjoboxen  Sluffaffung 
im  ©rofjen  unb  ©anjen  mieber  angefd)loffen  rjatten.  Sie  gfolge  baoon  mar, 
bafj  %  fomotjl  mit  Sietritf)  «Philipps  mie  mit  Pernio  ©imonl,  beren  Sin» 
fdjauungen  er  im  allgemeinen  trjeilte,  in  9Jceinungetierfcb>benrjeiten  geriet^,  beren 
Slulgleici)  bei  ben  9teligion§gefpräd)en  ^u  ®od)  unb  ju  ßübed  (1552)  berfucfjt 
marb,  aber  nicr)t  gelungen  ju  fein  fetjeint.  $.  fott  ibentifd)  fein  mit  jenem 
unter  bem  tarnen  Spiritus  Belga  bekannten  Geologen,  melctjer  im ß.  1546 
p  Ärafau  öon  ftcr)  reben  macfjte;  baljenige,  mal  mir  bon  ben  religiöfen  21n= 
fcfjauungen  biefel  '-Öetga  miffen,  fcfjeint  mit  ben  SInficrjten  ^aftors  überein= 
pftimmen.  2Bir  beffen  öon  %  3tt>ei  Srucffc&,riTten :  1)  „2Son  ber  23armb,er3ig= 
feit  ©ottel"  (c.  1540).  2)  „Unberfct)eit  tufcfjen  regte  Seer  unbe  balfdje  «eer." 
Surdj  91.  5ß.  (c.  1550).  Söeibe  finb  erhalten  unb  finben  }v$  in  ber  Sibliot^ef 
ber  2aufgef.=@emeinbe  ju  Slmfterbam.  S)al  Seben  unb  bie  Setjre  ^aftor'l  ftnb 
bi§  jet3t  nicfjt  eingefjenber  unterfuetjt  morben,  obmotjt  bie  Eigenart  bei  Cannes 
unb  feine  bielfacfjen  Seaieljungen  ju  befannten  ^erfönticfjfeiten  bagu  tjätten  auf= 
torbern  fönnen.  ßr  fott  fcfjlietilic^  ju  ßmben  geftorben  fein,  ©eine  ©ctjriften 
flehen  im  Snbej  in  ber  1.  Slaffe  ber  Libri  prohibitorum. 

©erarbue  Nicolai ,  Tegens  de  ^Yeederdoopers  etc.  ßmben  1569. 
fjfot.  95  ff.  —  §anbfcl)riTtIicb,e  gtacl)rtc^ten  im  ©taatlarcb,iü  ju  Süffeiborf 
Msc.  Dorth.  Vol.  XIV  f.  288  ff.  —  Apocalypsis  insign.  aliquot  Haeresi- 
arch.  Lugd.  Bat.  1608.  Fol.  9.  —  C,  V.  S.  Iconica  hist.  descriptio  etc. 
Strntjeim  1609.  —  g.  Sredjfet,  Sie  proteftantifeljen  2tntitrinitarier.  QeibeU 
berg  1839.  I,  35  ff.  S.  ÄeUer. 

^aftorff:  Sodann  Söilljelm  $.,  31ftronom,  geb.  am  17.  Suni  1767 
in  ©triebt  a.  C,  t  am  21.  ^obember  1838  in  SBucf^otä  (Waxt  Sranbenburg). 


218  5ßaftoriu?. 

CSr  trat  nad)  öoflenbeten  ©tubien  in  ben  ©taatgbaubienft,  in  toeldjem  er  bi§ 
jum  33aubepartement3<6onbucteur  aufftieg;  fpäter  hat  er  öon  biefem  Soften 
aurüd  unb  laufte  fid)  als  ©utäbefitjer  in  33ud)l)ot3  bei  troffen  an,  um  gana 
feiner  ßiebling§befd)äftigung,  ber  beobadjtenben  unb  befcrjreibenben  2lftronomie, 
3U  leben.  3a^rei<i)e  ^Beobachtungen  öon  ir)m  roerben  in  33obe§  $at)rbuct) 
(1823-  1829)  unb  in  ben  Slftron.  9lad)rid)ten  (1826—1835)  regiftrirt.  11.  a. 
fucfjte  er  bie  9totation§bauer  ber  Sonne  fdjärjer  au  beftimmen  unb  bett>ie§,  bafj 
Soutljä  ©ntbedung  einer  bieten  unb  auägebeljnten  2Jtar3=9ltmofpt)äre  auf  einer 
optifetjen  £äufd)ung  beruhe,  ©eine  aoljtreidjen  ^Beobachtungen  ber  Sonnenftecfe 
tjaben  in  9tubolf  Söolf'S  £>änben  |td§  al§  ein  toertt)öolte§  Material  aur  S3e= 
grünbung  ber  neueren  <5onnen=5ßr)t)fif  ertoiefen.  9tad)  Sßaftorff'S  £obe  ging  fein 
gtefractor  öon  4,5  gufj  Srenntueite  in  äBtUjelm  23eer§  33eftt}  über  unb  biente 
biefem  gorfdjer  bei  feinen  in  ©emeinfdjaft  mit  Maebler  unternommenen 
mid)tigen  gorf  erjungen  über  bie  prjrjfifdje  SBefdjaffentjeit  ber  Planeten  unb  be§ 
$tonbe§. 

*Poggenbotff,   ^anbtoörterbud)   jur  ©efctjidjte  ber   ejacten  SBiffenfdjaften, 

2.  SBanb  Sp.  373.  —  Maebler,    <Sefd)id)te   ber  £immel§funbe,    2.  Sanb  ©. 

114,    ©.   375.    —   91.  jffiolf,    2lftronomifd)e  Mitteilungen  Oßierteljarjräfcrjr. 

b.  naturf.  ©efettfä.  au  3ürid>),  9tr.  VII. 

©untrer. 

MtortltÖ:  Sotmnn  Stuguftin  *p.  be  #irt,  ^ublicift  be§  17.  3a|t- 
rjunbertä.  5Da§  SBenige,  mag  über  feine  2eben§umftänbe  au  ermitteln  ift,  finbet 
man  ttjeilä  in  feinen  eigenen  ©Triften,  ttjeitg  in  feine§  um  etliche  ^a|E)re  jüngeren, 
1624  geborenen  93ruber§  Metdjior  2lbam  $.  Heiner  2lutobiograpt)ie,  meld)e  in 
ber  „©eograprjifctjen  Sefcfjreibung  ber  *ßroöint$  Pensylvaniae"  öon  $ranci§cu§ 
Daniel  «p.  (ftranffurt  unb  tfeipaig,  1700,  ©.  103—120)  abgebrudt  ift.  9cad) 
ber  leiteten  Queue  mar  ber  Sßater  bev  beiben  Vorüber  Martinu^  sß.,  Sctjöffe  unb 
Slffeffor  be§  furfürftlid)  <ötainjifd&en  (g^cgeric^t«  in  (Erfurt,  bie  Mutter  Brigitte, 
geborene  öon  $ün8berg.  SBätjrenb  beö  breifjtgiärjrigeu  Äriegeg  büfjte  ber  SSater 
auf  einer  Steife  öon  (Erfurt  nadj  Maina  burdj  Miferjanblungen  fdjmebifdjer  Sol= 
baten  fein  geben  ein.  2luguftin  s£.  mar  bamatS  bereite  auf  bie  Sdjule  au  9Jtaina 
öerfdjicft  unb  tourbe  beäfyalb  burd)  biefcS  llnglüd  minber  t)art  betroffen  at§  bie 
anberen  ©efdnuifter.  2ll§  im  Sluguft  be§  Satjreä  1644  Melchior  «p.  nad)  9iom 
tarn,  fanb  er  bort  feinen  23ruber  aU  föefibenten  beg  Srierifctjen  Kurfürften 
^rjilipp  ßljriftopl)  öon  Söteren.  Der  ältere  trüber  führte  ben  jüngeren  in  9tom 
in  baS  beutfdje  Kollegium  ein.  «Später  würbe  Sluguftin  $aifer  Seopolbä  I.  9iatt) 
unb  ^iftoricu^,  öon  ebenbemfetben  audi  am  4.  9Jcära  1661  in  ben  gfreicjerrnftanb 
unb  au  einem  Sonftatuä  im  Königreiche  Ungarn  erhoben.  —  2öaä  fid)  anr  S3er= 
merjrung  biefer  bürftigen  2eben8nad)rid)ten  au§  feinen  eigenen  in  3)rud  erfc|ienenen 
©djriften  entnehmen  läfjt,  befctjränft  fic^  auf  folgenbe§.  2lufjer  bem  Xitd  etneS 
Doctor  utriusque  juris  führte  ty.  aud)  bie  Xitel  Licentiatus  in  Theologia  unb 
Protonotarius  Apostolicus;  burd§  ein  S)ccret  öom  7.  ^uli  1647  öerlietj  it;m 
Äurfürft  ^ßl)ilipp  6l)riftopt)  bie  ^räpofitur  a«  ©emünben,  am  28.  3uli  1658 
ernannte  iljn  Äutfütft  äoliann  ©eorg  II.  öon  ©ad)fen  au  feinem  unb  feiner 
gamilie  ^piftoriograp^en  unb  aum  |)erolb  (Rex  armorum);  1660  nennt  er  felbft 
fid)  aud)  nod)  Principis  Holsatiae  Cancellarius  ablegatus.  —  ©ämmtlic^e  öon 
it)m  öerfa^te  53üd)er  erfd)ienen,  fotoeit  bi§  jetjt  befannt,  in  bem  furaen  3"traum 
öon  1656  ober  1657  big  1661.  3t)ren  3fnt)alt  madjen  aum  größten  2§eile  aeit= 
genöffifdje  politifc^e  ©djriftftüde,  fogenannte  Acta  publica,  au§,  bie  Xenbena, 
meldjer  au  bienen  fie  beftimmt  finb,  ift  bie  Sßertrjeibigung  ber  ^utereffen  be§ 
Äaiferl)aufe§.     S)ie  anonym   ^erau§gegebenen   „,£)iftorifcrj  =  politifd)en  Sractaten" 


WotittS.  219 

(6öln,  in  Vertagung  J.  A.  Kinckii  1657)  unb  bie  ,,.£>iftorifcf)en  unb  ^otitifdjen 
Üractätlein",  beren  gortfetjung,  fönnen  5ß.  mit  grofjer  ^ab,rfdjeintict)t'eit  beigelegt 
toerben.  Sein  „Otömifctjer  Slbfer  ober  Theatrum  electionis  et  coronationis  Ro- 
mano-Caesareae"  (fyranff.  a.  Wl.  1657,  4°)  btbarf  au§  bem  ©runbe  bcfonberer 
Grrrüälmung,  ioeit  ber  Söerfaffet  auf  bem  2itelbtatte  M.  (tool  nictjt  =  Magister) 
A.  Pastorius  genannt  ift.  2)er  au§  fünf  33änben  beftefjenbe  „6urobäifct)e  neue  teutfcfje 
glorus",  melier  1659—1661  tt)eit§  in  gfranffurt  a.  2Jt,  tbeilS  in  2Bien  erfcbjen, 
enthält  in  bemjenigen  33anbe  (bem  brüten),  beffen  £itet  lautet:  „©ctjatffinniger 
21bter  mit  ber  Grurobäifdjen  Flori  Historici  Continuation"  (©.  324 — 344),  fotoie 
im  legten  Steile  (©.  624 — 643  unb  812  f.)  eine  9teib,e  bon  £)ocumenten,  bie 
ficrj  au?  be§  3Serfaffer§  ^erfon  unb  bie  Sßerfolgungen  bejieb,en,  meldten  er  toegen 
feiner  SSeröffentticfmngen  bon  furbfätaifdjet  unb  furmainaifcrjer  ©eite  au§gefet$t  roar. 

fSfranä   ©djnorr   bon   Garolifetb. 

^aftorhlS:  ^ranj  Daniel  *p.  tourbe  am  26.  ©eptember  1651  #i 
©ommerrjaufen  im  bairifdjen  Unterfran!en  geboren,  macrjte  feine  ©tubien  in 
©trafjburg,  33afel  unb  3ena  unb  tuanberte  1683  abS  23ebottmäct)tigter  ber  5tanf= 
furter  ©efettfdjaft  nacb,  Slmerifa  au§.  ^ier  grünbete  er  bie  erfte  beutfdje  2tn= 
fiebelung  in  ©ermantoton,  bie  jetjt  einen  Jljeit  bon  ^t)Üabetpi)ia  bitbet,  unb 
entroidEelte  t)ier  al§  Ütictjter,  Sürgermeifter  unb  Seigrer  bi§  ju  feinem  am  27.  ©ep= 
tember  1719  erfolgten  2obe  eine  aufcerorbentlictje  ülb,ätigfeit.  daneben  mar  er 
litterarifd)  äufjerft  fruchtbar;  feine  ©ctjriften  finb  nicf)t  atte  erhalten,  boctj  laffen 
fid)  43  SBcrfe,  meift  gemeinnützigen  ^ntjaltS,  9teifebefcb,reibungen  ic.  nad)toeifen. 
2It§  2)id)ter  mactjte  er  fidj  befannt  burdj)  feine  „Deliciae  hortenses.  @ine 
©ammlung  beutfctjer  ebigrammatifcrjer  ©ebictjte"  (1710). 

^tanj  Summer. 

^aftoriuö:  3oa  dt)  im  $.  (b.  Wittenberg) ,  am  20.  ©ebtember  1611  in 
©togau  geboren,  ©o'tm  eine§  5prebiger§,  in  ben  religiöfen  9Infct)auungen  ber 
©ocinianer  erlogen  unb  itjnen  aueb,  ergeben  (f.  u.),  ftubirte  ^ftebicin  unb  erlangte 
in  biefer  SBiffenfdjaft  aueb,  ben  5Doctorgrab.  5ln  toeldjem  Drte  er  feine  erworbenen 
^enntniffe  btaftifcf)  bertoerttjete,  ift  unbetannt.  2)0$  batb  machte  er  fieb,  buret) 
gefcb/ictjtlicrje  unb  pf)iIofo^>t)tfd^e  Strbeiten  fottrie  buret)  Iateinifct)e  S)icr)tungen  be= 
fannt.  1641  erfctjien  in  Serjben  unb  Sandig  ein  bon  it)m  berfafjter  „Florus 
Polonicus",  ein  furjer  21u§pg  au§  Sromeri  bie  ($efcf)ict)te  ^oleni  bet)anbetnben 
SBerfen.  2Jtit  biefem  äöerfe  r)atf  er  offenbar  einem  fd)on  lang  gefüllten  2>efiberium 
ab;  fein  „Florus  P."  erfcrjien  bereits  1642  in  ätoeiter  Sluftage  unb  f)at  noerj 
jtoei  weitere  Auflagen  erlebt,  ©o  warb  aber  audj  fein  9lame  in  toeitere  Greife 
getragen,  man  toarb  aufmertfam  auf  ifm.  5pt)ilofobt)ifcb,e  arbeiten  unb  lateiniferje 
2)id)ttoerfe,  toie  Heroes  Sacri,  Musa  peregrinans,  Flos  Poloniae  et  epigrammata 
varia  (1644  ebirt)  berftärften  ben  günftigen  ginbruef.  2Iu$  berfäumte  er  nidjt, 
nact)  ber  bamal§  gebtäud)lid)en  ©itte  bie  ^omeljmen  bur$  it)nen  getoibmete 
Sichtungen  auf  rf  aufmertfam  ju  machen,  ©o  tjat  er  1649  bem  Könige 
^ot)ann  ^afimir  bon  ^ßolen  burc|  bie  S)ict)tung  „Aquilae  Sarmaticae  super 
augustis  nuptiis  Job.  Casimiri  applausus"  getjulbigt.  SSietteid^t  t)at  il)n  aueb, 
toie  mannen  ©cb/tefier  jener  ^eit  ber  (SinfluB  ber  ©räfin  5Jtargaretl)a  ©ibbUa 
b.  3>oenr)off,  einer  geborenen  5ßrinäeffin  bon  Siegni^  unb  95rieg  geförbert,  toofür 
ber  Umftanb  fbtict)t,  ba^  et  if)r  nact)  it)rem  1657  erfolgten  2:obe  einen  ganj 
befonberS  fcb.rDungboIlen  ^acrjruf  getoibmet  unb  in  bem  2Int)ang  feiner  „Palaestra 
nobüium"  1678  beröffentlicfjt  b,at.  Smmerb.in  erhielt  er  jetjt  eine  fefte  Slnftettung 
al§  ©tabtbfjtjfifu§  iu  Slbing  unb  1651  an  bem  bortigen  ©bmnafium  ba§  31mt 
eineg  $rof(ffor§  ber  ©efcl)ict)te,  1652  ba§  bei  9tcctor§.  Ungefäbr  fiebjebn  ©ebriften 
finb  toäl)renb  feine§  (Slbinger  51ufentt)alte§  bon  it)m  berfa^t  unb  publicirt  toorben, 


220  ^patenter. 

barunter  1654  bic  oben  ermahnte  „Palaestra  nobilium"  ;  eine  päbagogifct,e  ©djrift, 
auf  ber  er  ftd)  nur  J.  P.  M.  D.  genannt  tjat.  1654  roarb  er  öon  bem  üDanjiger 
Statte,  bei  bem  alte  33ebenfen  gegen  feine  "änfteüung  gefctjrounben,  ba  ty.  fiel) 
jetjt  ber  lutt)erifct)en  $ircb,e  jugeraanbt  tjatte,  jur  ^rofcffur  ber  ©efcfyicrjte  am 
s4$articulare  berufen  unö  am  28.  Januar  1655  in  bie§  2lmt  eingeführt,  ©eine 
Söirtfamfeit  bemegte  fiel)  in  benfetben  SBatjnen  roie  biätjer.  33ei  alten  größeren 
potitifdjen  ©reigniffen  ober  mictjtigen  Söotfätteu  in  ber  potnifdjen  Äöuigäfamilie 
eifctjien  ein  ©ebictjt  feiner  |>anb.  5luct)  größere  ©ebidjtfammlungen  erfdEjienen, 
mie  „Sylvae"  (p.  I  1656,  p.  II  1657,  Sanjig,  12°),  unb  einige  ^btmublungen 
3ur  polnifdjen  ©efdjicrjte.  ©einer  Sttjätigfeit  fehlte  nid)t  perfönlictjer  Srfolg; 
1656  ertjielt  er  ben  Sitel  eine§  „Historicus  Regius",  1662  roirb  er  Don  bem 
polnifdjen  9tcid}§tage  megen  feiner  Sßerbienfte  um  bie  potnifctje  (Sefdjtcrjte  mit 
bem  „^nbigenat"  bebadjt,  in  Sfolge  beffen  er  fid)  „ab  .£>irtenberg"  nannte,  „ex 
exeinplo  fratris  Tonsoris  in  Suecia"  fagt  eine  ©attjre  jener  3eit,  unb  1665  ift 
er  jum  „Secretarius  Regius"  ernannt  roorben.  1667  ift  er  in  ben  ßectionö= 
fatatogen  be§  2)anjiger  ©rjmnafiumä  aum  testen  9Jcale  genannt.  2lm  ßnbe  gen. 
Satjreß  tjat  er  feinen  Slbfdjieb  genommen.  33alb  nadjbem  er  refignirt  tjatte,  trat 
er  „vergente  aetate",  fagt  fein  Jßiograpt),  <$ur  fatfjotifdjen  $irdje  über,  in  ber  er, 
trobbem  er  öeifjeirattjet  mar  unb  feine  grau  erft  1675  ftarb,  t)ot)e  äöürben  unb 
*ßfrünben  erhielt,  u.  a.  baä  ($enerat=Dfficialat  für  ^ommereflen  unb  bie  5Dom= 
berrnroürbe  ^u  5*aUL,nburg.  3n  biefer  feiner  lebten  ßeben§3eit  tjat  er  neben 
einigen  religiöfen  ©ebidjten  unb  ©elegenfjeitöpoefien,  eine  größere,  umfaffenbere 
(Sefdjidjte  ^oten§  Derfafjt,  beren  elfter  üttjeil  1680  erfdjien,  unb  beren  jmeiter 
öon  feinem  ©otjne  ooCteubet  nadj  feinem  £obe  1685  t)erau§fam.  Sr  ftarb  am 
26.  SDecember  1681  ju  ^frauenburg.  %m  bortigen  ®ome  roarb  ein  (Spitapb,  mit 
einer  *portraitbüfte  unb  langer  3nfd)rift  angebradjt. 

äöitte,   Diarium    biograph.    ad  a.     1681.    —    Ephr.    Praetorii   Athenae 

Gedanenses  (Lips.  1713.  8°)  pag.  114  ff.  unb  233.  — ■  lieber  feine  religiöfen 

?lnfdjauungen    unb   beren   Söanbelungen :    $oann.  £$fiiebr.  |mrfiu§,  Regia  via 

pag.  209.  —  <5d9er,jeru§,  collegium  Antisocinianum  Disp.  1  pag.  14  (2.  s2lu§g.), 

an  roeldjer  ©teile  ber  S)anjigcr  Xfjeologe  2lug.  Straud)  fein  Urteil  abgibt.  — 

Slrnotb,   ßirdjen=  unb  $eljert)iftorie  II,  17.  23ud)  13.  Sap.  §  23.    —    ©id)er 

ift,  bafj  $•  ba§  Scben  beö  $ot).  Srett,  beg  ©ocinianerS,    gefdjrieben  t)at.     68 

ftnbet  fid)  ben  „Opera  Crellii"  (Eleutherop.  1656)  alä  9lnr)ang  beigefügt,  toie 

aud)  ber  „Bibliotheca  fratrum  Polonorum".  —  ©ietje  aud)  ^ßtacciuä,  theatrum 

anonymorum  pag.  308.  33ertting. 

patenter:    ^o  ad)  im   be  )$.,  Sftaler,  geb.  in  Dinant  im  23i£t£)um  Öüttict) 

um  1490,    nad)    anberen  £$forfct)ern  in  33obineS  in  ber  ©raffdjaft  9tamur,  f  in 

9lntroerpen   im   $.    1524.     23on   feinen   ßeben§üert)ältniffen   ift   roenig   betannt, 

im  3-  1515    mürbe   er   als  9)ceifter  in  bie  ©t.  2uca§=©ilbe  in  9lntroerpen  auf* 

genommen,   am  5.  sDcai  1521  Dermalste  er  fid}  jum  «feiten  fötale.     33ei  biefer 

Irodjjeit  mar  31.  SDürer,  ber  fiel)  bamalö  eben  in  Slntmerpen  auffielt,    al£  ©aft 

anmefenb.    StlS  ^ünftter  f)at  fi(^  5ß.  ba§  befonbere  Söerbienft  ermorben,  bie  ßanb=> 

fetjaft   au§   itjrer   untergeorbneten  ©tellung   befreit   unb  jur  felbftönbigen  ^unft= 

gattung   erhoben   ju  l)aben.     ^rül;er   nur  al§  ^)intergrunb   für  l)iftorifcf)e  6om= 

pofitionen  bienenb,  mürbe  fie  nun  ©elbftaroecf,  fo  ba^  figürlid)e  S)arfteHungen  im 

föabmen  ber  Sanbfcljaft  jur  ©taffage  mürben.     @g  l)aben  jmar  fdjon  bie  beiben 

öan  @t)c!  ber  Sanbfctjaft  in'  ib,ren  Silbern  eine  befonbere  Äunftpflege  angebeiljen, 

aber  biefe   boer)    nur    in  jmeiter    Sinte   gelten    taffen.      5]ß.    führte   feine   £anb« 

ferjaften  mit  mögli(f)ftem  ^Mfje  au§;  aber  audj  bie  Figuren  in  benfelben  erfreuten 

fiel),    al§   mären  fie  £auptfadje,   ber  gleichen  ©orgfalt.     ®a§   in  ber  Sanbfcljaft 

ba§  33unte,   Vielfarbige  bort)errfcl)te,    bajj   ^)intergrünbe   eben  fo   fteinlicl)   unb 


3ßatet.  221 

betaiEirt  ausgeführt  mürben,  rote  ber  Vorbergrunb  unb  bafj  infolgebeffen  bent 
©efammtbilbe  bie  Harmonie  abging,  mirb  nictjt  überragen;  bie  fanbfdjaftlidje 
SDarftetlung  befanb  fid)  eben  in  intern  $inbe§alter.  2118  Staffage  öerroenbete  ty. 
foldje  biblifdje  (Stoffe,  bie  eine  ftätfere  Vetonung  be§  £anbfd)aftlid)en  erljeifdjen. 
Wamentlid)  mar  e§  bie  glud)t  ber  t)l.  5ami^e  na$  ©gtipten  ober  bie  9tur)e  auf 
berfelbert,  bie  $.  oft  matte.  QGßien  befitjt  sroei  Silber  biefeS  3nt)alte§;  93erlin, 
2Intmerpen,  9ftündjen  je  eine§.  2Bien  befitd  ein  <£muptmerf  feiner  Äunft,  bie 
laufe  ßtjrifti,  beseidinet:  £>pu8  Soadjim  2).  ^atiuier.  fteben  ben  genannten 
ift  bann  nod)  ein  t).  «£)ieront)mu§,  eine  harter  ber  t).  Satljarina  ju  nennen. 
2lbmeid)cnb  öon  feiner  getoöfjntictjen  Stoffmat)t  erfdjeint  $.  in  feiner  ©djladjt 
öon  $aöia  mit  ber  ©efangennatmte  $ran3  I.,  ebenfalls  im  23elöebere  )U  äöien. 
Sie  23efet)rung  be£  f).  £u6ectu3  (in  93ertin)  fe|t  bann  toieber  ba§  2anbfd)aft> 
lidje  notrjroenbig  öoraug.  21.  2>ürer  erhielt  ein  fleine§  öon  $.  gemattet  23ilb, 
ba8  Sott)  mit  feinen  Södjtcrn  batfteüte  öom  3tatf)efecretär  2Ibrian  in  3Int= 
merpen.  2>ürer  fdjreibt  in  feiner  nieberlänbifdjcn  Sfteife:  3$  fyabt  9Jteifter 
Soadjim  mit  bem  Stift  porträtirt  unb  ifnu  aud)  nod)  ein  2lngefid)t  mit  bem 
Stift  gemalt.  S)a§  gefdjatj  im  3-  1521.  9lad)  ber  erften  3eid)nung  ejttftitt 
ein  Stiel),  ben  23artfd)  irrigerroeife  bem  Sürer  jufdnreibt.  Van  Wanber  bürfte 
9ted)t  tjaben,  roenu  er  Sonr.  ßort  at8  ben  Steuer  bejeidjnet. 
ö.  ^mmerAeel.    ^ramm.    2)ürer§  Sagebudj. 

äöeffetn. 
^atcr:  $aut  $.,  1656  ju  ^ener§borf  in  ber  ®raffd)aft  3ip§  in  Ober= 
Ungarn  geboten,  Sorjn  be§  bortigen  luttjerifdjen  ©etfttidjen,  in  feiner  Vaterftabt 
in  ben  2lnfang§grünben  unterrichtet,  empfing  in  Äaeemarf  toeitcre  Unter= 
meifung,  namentttd)  öon  bem  gjeattjematifer  2)aöib  gröt)lid).  2ttä  bie  Verfolgung 
unb  Vertreibung  ber  ^roteftanten  in  Ungarn  eintrat,  nutzte  aud)  er  fein  Vater- 
(anb  öertaffen.  @r  begab  fid)  nad)  93re§lau,  too  er  aunäd)ft  ben  Veruf  be§ 
23ud)f)änbler§  ergriff.  3)od)  nad)  lurjer  ßeit  unb  infolge  befonberer  2ebens= 
fü^rung  roanbte  er  fid)  mieber  ben  Stubien  ju,  unb  betrieb  fte  auf  ben  be= 
rürjtnteften  (Srjmnaften  ber  ermähnten  Stabt.  Sein  frleifi  unb  feine  Vegabung 
tenften  batb  bie  «liefe  unb  ^ntereffe  feiner  ßefjrer  auf  irjn,  befonberä  ber  beiben : 
Martin  ©ans  unb  ßljriftian  ©rt;pt)tu§.  2(uf  if)re  @mpfet)lung  unb  3lnfudjen  tjin 
narjtn  itm  ber  SönbiruS  oon  93re§tau,  Ga§p.  ö.  Sotjenftein,  al§  Se^rer  feinet 
Sol)ne§  in  fein  ,öau§.  3lud)  So^enftein^  ©unft  erroarb  fidj  5ß.,  unb  i^r  ift  e§ 
^ujufdjreiben,  ba^ber  Vrellauer  9tatrj  i^n  mit  einem  Stipenbium  jum  Uniüerfitätö= 
[tubium  auf  5  3af)te  bebadjte.  So  öerliefe  er  33re§tau,  auf  beffen  ©hmnafien 
er  fdjon  in  ben  alten  Spvadjen,  ber  g5^ilofopl)ie  unb  ©efd)id)te  grofee  ftort* 
fdjritte  gemadjt  ^atte,  begab  fid)  nad)  Seipjig  unb  öon  ba,  all  eine  5ßcft  au§= 
gebrochen  mar,  nad)  ^ena.  2luf  biefer  Uniöerfität,  auf  ber  er  bie  früheren 
Stubien  fortfe^te,  geno^  er  befonberS  bie  Unterroeifung  unb  ben  Umgang  ber 
beiben  9Katr)ematifer  @rf)arb  SBeigel  unb  ^o^.  2lnbr.  Sd)mib.  Surct»  fte  ge= 
iörbert  roar  er  imftanbe  feine  UniöerfitätSftubien  mit  Erlangung  ber  5Jtagi|ter- 
mürbe  ber  pt)ilofopf)tfd)en  f^acuttät  abjufdjtielen.  ^n  ber  erften  3eit,  nad)bem 
er  biefen  £ot)n  feine§  glei|e§  errungen,  terjrte  er  nun  fetbft  «mat^ematif,  toie 
audj  gricdjifdje  unb  lateinifdje  Sitteratur.  Sod)  fein  9luf  ^atte  fid)  üerbrettet, 
unb  e§  erging  an  itjn  bie  3Iufforberung,  bie  Vibtiottjef  &u  äBolfenbüttel  ju 
leiten.  ($r  folgte  iljr  unb  b^at  bort  ba§  il)m  aufgetragene  2tmt  jur  ^ufneben^eit 
öerfe^en  bi§  jum  3cd)re  1688,  mo  iljn  ber  Wagiftrat  öon  Itjorn  al§  orbent= 
tierjen  ^rofeffor  an  bas  bortige  ©ömnafium  berief  unb  er  biefer  gintabung  golge 
gab.  3lm  18.  SRära  1688  trat  er  bie  2l)orner  ^rofeffur  an  mit  einer JRebe 
„de  iis  quae  recentiores  mathematici  in  coelo  detexerunf.  Siebjel)n  Sa^re 
öermaltete  er  bie§  2lmt  mit  ßerjrgefdjidlidjfeit  unb  3:reue,  mar  aber  aud)  fd»rift= 


222  ?atje. 

ftetterifd)  tbätig,  Begann  namentlich  1690  bic  £)erau3gabe  ber  für  ba§  polnifdje 
9teid)  beftimmten  Äalenber,  für  bie  er  ein  befonbereg  ^riöiteg  be§  $önig§  erhielt. 
1705  bertiefj  er  2t)orn  um  ber  SDrangfate  unb  Söirren  mitten,  bie  ber  fd)mebifd)= 
potnifdje  Ärieg  über  bie  ©tabt  beraufjübrte.  3>n  SDan^ig  juckte  unb  fanb  er 
_3uflud)t,  mie  aud)  einen  9ttann  öon  (Sinflufe,  ber  feine  gfäfyigteiten  anerfannte. 
2)er  SSürgermeifter  3ob.  ^einr.  ©cbmieben  mar  e§,  beffen  ©unft  $aul  *ß.  ju 
Sttjeit  mürbe  unb  itjm  bom  Sandiger  9tatbe  bie  Slnftellung  al§  ^rofeffor  ber 
^atbematif  berfdjaffte.  %m  25.  ©eptember  1705  trat  s£.  bieä  3lmt  an  mit 
einer  9lebe  „de  causis  mathematicae  pereuntis",  unb  Ijat  e§  biä  ^u  feinem  ü£obe 
mit  großen  (Sirfolgen  für  feine  ©d)üter  unb  fid)  üerroattet.  S)abei  unterblieb 
feine  fcrjriftftetlerifc&e  £f)ätigfeit  feine§meg3,  mie  jablreidje  ^ublicationen  bemeifen. 
$m  %•  1711  fogar  begann  er  ein  anbere§  Unternehmen,  ba§  ber  Jjperauägabe 
feiner  ©djriften,  namentlich  ber  ^atenber,  befonberä  bienftbar  fein  fottte:  er  legte 
mit  Gürlaubnifj  be£  Statbeg  eine  Shucferei  an,  in  ber  arme  ©<f)üler  be§  ©rjmnafü 
befd)äftigt  mürben  unb  mit  9tüdfid)t  auf  trjre  görberung  nur  lateinifct)  gefprodjen 
mürbe.  33i§  <ju  feinem  Xobe  bat  ^3.  biefe  Dfficin  erhalten,  ©ie  lieferte  nid)t 
nur  bie  öon  ty.  felbft  berfafjten  Schriften,  fonbern  aud)  biete  anbere,  unb  mar 
megen  ber  (Sauberfeit  ibrer  Settern  unb  roegen  ibrer  ©orgfalt,  bie  auf  ©a^  unb 
5lbbrud  bermanbt  mar,  ferjr  beliebt.  W\t  biefcn  üerfdjiebenen  Slrten  ber  ü£r)ätig= 
feit  erfüllt,  berlief  fein  Seben  otjne  mcitcre  befonbere  ©efcbide  biö  3U  feinem  am 
7.  2)ecember  1724  erfolgten  £obe.  üDie  bon  ibm  felbft  aufgeteilte  ©rabfd)rift 
lautet :  Hie  situs  est  Paulus  Pater,  Mathematum  Professor,  qui  neseivit  in  vita, 
quid  sit  cum  morbis  confiietari,  ira  moveri,  cupiditate  aduri.  Decessit  vita 
caelebs  MDCCXXIV  d.  VII.  Dec.  ^ater'ä  ©Triften  macben  eine  aiemlid)  ftatt= 
liebe  gabl  au§.  ©ie  finb  tbeitä  etbifd)=pbilofopbifctjen,  ttjeitä  mathematifeben, 
theit§  aftronomifdjen  3nt)alt3,  enblid)  aud)  am  ©ebluffe  feines  ßeben§  bibaftifdjer 
?lrt  3.  Sß.  „Slnmeifung  ^ur  heutigen  ©ebreibfunft"  ($)an,}ig  1724,  4°),  „SJanjiger 
©djulfated)i§mu§"  ("Danjig  1719,  12 ü).  ©eine  5publicationen  aftronomifchen  ^n» 
tjattö  beftehen  meiftenä  in  33efcbreibung  bon  £>immel§erfcr)einungcn  feiner  Seit; 
fo  bie  am  frütjeften  erfchienene:  „duo  pkaenomena  rarissima,  alterum  luna  in 
cruce,  alterum  meteorum  ignitum"  (Jenae  1682)  unb  eine  fpäteren  3)atum§: 
„Sefdjreibung  ber  ©onncnftnfternijj  am  12.  ^Jtai  1706"  (2)an,$ig  4°).  daneben 
gab  er  beutfehe  unb  tateinifefie  ©ebieftte  herauf,  „Exereitationes  Plinianae"  (Sborn 
1695)  unb  „Diss.  de  Germaniae  miraculo  optimo  maximo  typis  literarum 
earumque  differentia"  —  (Lips.  1710). 

SJergl.  Nova  literaria  maris  Baltici  s.  a.  1719  pag.  284.  —  Ephr. 
Praetorii  Athenae  Gedanenses  (Lips.  1713)  pag.  166 — 167,  219,  unb  aud) 
befonberä  nod)  „Continuirtes  Gelehrtes  Preussen"  (Shorn  1725,  8°),  3,  71  ff. 
^ier  mirb  ©.  82  im  2lnfd)tuf$  an  bie  33iograpbic  eine  „^nferiptton  eine§  auf= 
gemeeften  $opfe§",  eine  ©rabfehrift  mitgetbeilt,  in  ber  ty.  jjiemtich  unoerblümt 
be§  ÖafterS  ber  £runffucbt  befcfculbigt  mirb.  (Segen  biefe  boghafte  9tacr)rebe 
manbten  fid)  jmei  ©djriften:  „Qbrenrettung  .g>rn.  ^aut  ^ater'3  miber  bie  fatfd)en 
Auflagen  beä  ©eleferten  ^preu^en§  entmorfen  bon  einem  Slubitore  be§  ©eel. 
^>rn.  $rofeffori§",  |>alle  1726  unb  „S)ie  @r)re  be§  S5erblid)enen  miber  bie  im 
©etebrten  $reu|en  entbaltene  Sefcftimpfung  Jprn.  ^aul  ^ater'S,  gerettet  bon 
einem  be§  ©eel.  |>rn.  ^rofefforiS  ebemalä  geroefenen  3lubitore".  ^ranff.  unb 
ßeipjig  1727.  —  lieber  feine  S)rucferei  ju  bergl.  ßöfcfiin,  Dr.  ©.,  ©efd)id)te 
ber  Danjiger  93ud)brudereien,  SDan^ig  1840. 

95  e  r  1 1  i  n  g. 
^Otjc:    Sbriftian   ßubmig   Sllbrecfit  %.,    geb.  am    2.  2luguft  1748 
3U  ^annoöer,    f  bafetbft    ben    11.  Februar   1817.     9tad)bem    er  bie  ©cfiulen 
feiner   Söaterftabt    befudjt    tjatte,    ftubirte    er  in  ©öttingen  ^nriSpruben^    unb 


SPatje.  223 

(Samerattoiffenfcfjaften.  %m  Sommer  1766  berjeicrjnet  it)n  Mütter  unter  feinen 
3ur)ömn.  9tact)  Seenbigung  feiner  Stubten  bereifte  er  Italien.  1768  trat  er 
al§  $ammeraubitor  in  btefelbe  33ertoattung§bet)örbe  ein,  ber  fein  Sßater  ftriebricl) 
Utrid)  ty.  (f  1773)  angehörte,  unb  tourbe  im  nädjften  3al)re  $ammerfecretär 
unb  1770  jugteid)  feinem  Später  al§  Jpoffecretär  b.  t).  al§  Secretär  im  £)ber= 
rjofmarfctjaltamte  abjungirt.  An  bie  Spitje  ber  (Sameralen,  toie  man  bie  Snb= 
alternen  im  (Segenfatj  ber  ©efjeimrätrje  unb  ilammerrättje  bezeichnete,  feit  1790 
aufgerückt,  führte  er  ben  Xitel  ßammermeifter.  Sd)on  bortjer,  al§  1786  jur 
planmäßigen  Seitung  unb  S3eforgung  ber  ©taat§ö!onomie  be§  2anbe§  ba§  (Som= 
merscottegium  gefcrjaffen  tourbe,  toar  icjm  Amt  unb  Sitel  eine§  (Sommerjjratrjä 
3U  jLrjeit  geworben.  ©cr)ri|tfteHerifcr)e  Sljätigteit  ift  itjm  öon  frütj  an  23ebürfnifj 
getoefen;  fie  galt  allgemeinen  ^ntereffen  unb  benen  be§  23erufe§.  Um  fidj  felbft 
ßlarrjeit  unb  lleberblid  3U  berfcrjaffen,  fcfjrieb  er  einen  „Abröge"  historique  et 
politique  de  l'Italie"  (4  SErjle.,  2)berbon  1781),  eine  compenbiarifcrje  gufammen* 
fteEung  be8  tjiftorifcr)  unb  ftatiftifd)  2Biffen§roettt)en  über  bie  einzelnen  Staaten 
$talien§.  §öt)ern  Söertt)  t)aben  ^iftorifctje  ßinäclunterfucrmngen :  fo  toenn  er  in 
ber  ©rjrenrettung  ©ullrj'ä  gegen  ßinguet  (©ötting.  9Jcagajin  tjg.  bon  ßictjtenberg 
unb  ^orfter,  33b.  IV,  1785)  ben  franzbfijctjen  Jftinifter  gegen  bie  Anfctjutbigung 
ber  Mömoires  sur  la  Bastille  (1783)  in  ©cfjutj  nimmt,  er  cjabe  ben  *ßrinjen 
bon  donbe"  in  bie  SSaftitte  ju  toerfen  beabficftigt ,  um  bie  ^rin^effin  in  ben 
Armen  be£  J?önig§  ju  errjatten,  ober  toenn  er  in  einer  ber  $önigt.  ©efeEfctjaft 
bet  2Biffenfd)aften  ju  (Söttingen  burcr)  ©pittter  überreichten  Abrjanblung: 
„Recherches  historiques  et  philosophiques  sur  les  causes  de  la  grandeur  et 
des  revers  de  Henri  le  Lion"  (Hanovre  1786)  ben  burcr)  bie  toelfifdje  ©rbfcfjaft 
rjerborgerufenen  ßonflict  mit  bem  $aifer  unb  ben  Starrfinn  ^er^og  «g>etnricrj§ 
als  bie  Urfadje  feine§  ©tur^e§  in  rjiftorifcrjer  unb  pfr;cr)oloQifcr)et  Ausführung 
bartegt.  9cär)er  feinem  Berufe  bertoanbt  toaren  Abrjanbtungen  roirtr)fc^aftticrjen 
3nb>lt§:  in  ©ct)lö3er§  StaatSanjeigen  bon  1783  (Refill  ©.  368  ff.)  betreibt 
er  bie  in  ben  fog.  9Jcoorämtern  be§  ,!per3ogtt)um§  ^Bremen  (Sremerbörbe,  Sitten* 
tcjal,  Dfterfjola  unb  ©tteräberg)  unternommenen  9Jcoorcutturen,  im  bleuen 
.gmnnöb.  9Jcagapt  bon  1798  (©tuet  99)  b>nbelt  er  über  bie  ßntberjrung  au§* 
länbifcfjer  Sebürfniffe.  Al§  3U  Anfang  be§  3ar)rel  1797  bie  englifdjen  ©tocf§ 
fo  tief  im  (Sourfe  fanfen  toie  nie  jubor  unb  bie  Sonboner  San!  it)xe  Satzungen 
einfteüte,  fuccjte  er  burcr)  eine  Heine  Sdjrift:  „lieber  ben  engtifetjen  9tational= 
crebit"  (|mnnob.  1797)  namentlicr)  feine  Sanb§leute,  bie  große  (Summen  in 
englifcrjen  papieren  belegt  blatten,  ju  beruhigen.  @in  umfangreichere^  SBuct): 
„ßurjer  Abriß  be§  gabrifen=,  ©etoerbe*  unb  «gmnblungSjuftanbeä  in  ben  (St)ur= 
braunfd§toeig=2üneburgifc^en  Sanben"  (©öttingen  1796)  fnüpft  an  eine  bon  bem 
neueingericrjteten  (Jommeräcoltegium  ine  Söerl  gefegte  (Snquete  an  unb  giebt 
einen  betaiüirten  unb  toof)lgeorbneten  S3ericr)t  über  alle  im  Sanbe  öerbreiteten 
©etoerb§ätoeige,  ber  bie  <$um  Xb^eil  fet)r  bürftig  aufgefallenen  amtlichen  6rmitt= 
lungen  burcr)  pribate  9lacl)forfcl)ungen  ergänät  tjat.  Sefonbern  SBertb^  erhält  ba§ 
SBucl)  burdj  eine  umfaffenbe,  frifc^  unb  lebenbig  getriebene  ßinteitung,  toelcb^e 
eine  ©cljitberung  ber  93etoob^ner  be§  2anbe§  oom  toirtfjfcb>itlicl)en  ©tanbpunft 
enttoirft  unb  bie  Unternehmungen  unb  5ptäne  ber  Regierung  jur  Hebung  bon 
|)anbel  unb  Snbuftrie  ürjerfictjtUcl)  aufammenftellt.  „6ine  Slnmerfung  ju  ben 
bielen  Schriften  über  bie  ^annöberifc^en  Angelegenheiten"  (Jpannoöer  1803), 
bemüht  in  bem  litterarifcb^en  Gb>ru§,  toetc^er  naä)  ber  Äataftropl)e  bon  1803 
fiel)  errjob,  äa^lenmäßig  nacbjutoeif en ,  toa§  ber  8anbe§b>rr  forttoäb^renb  für  ba§ 
2anb  getrjan  ^at,  ift  bie  einige  ber  eigentlich  potitifeb^en  ©cb^riftftellerei  ange= 
fjörige  Arbeit  ^atje'§.  Um  fo  boüftänbiger  foEte  i^n  fortan  bie  praftifd)e  $olitif 
in  Anfprucb;  nehmen.     3ll§   ba§  ^annoöerfcb^e  gjlintfterium   beim   SSertaffen  be§ 


224  ?atie. 

Sanbeg  am  3.  3>uti  1803  ein  Sanbegbeputationäcottegium  einfette  311  unmittel» 
batet  Verfügung  begjenigen,  ma8  bie  fian^öfijdtjen  Vefef)l§b,aber  an  5präftationcn 
öerlangen  möchten,  ernannte  e§  5p.  jum  5fltitglieb.  ©benfo  berief  iljn  ber  franaöfifetje 
©enerat  Sortier  in  bie  aus  fünf  -gmnnoberanem  beftetjenbe  ©jecutiöcommiffion, 
bie  unter  bem  5Präfibium  Don  Dürbad) ,  bem  ©djmager  5Dtortier;g,  eine  3lrt 
interimifttfdjer  Regierung  bitbete.  Die  auögeaeidjnete  Vermaltungshaft,  bie  ba£ 
ßanb  an  V.  befafj,  feine  ©efd)äftggemanbtt)eit  öerbunben  mit  bottfiänbigfter  Ve= 
tjerrfdjung  ber  fremben  ©pradje,  empfahlen  it)n  au  folget  Stellung,  unb  allemal 
unter  ben  polttifdjen  äßedjfeffälten  ber  näd)ften  3at)re  tjat  man  ju  ib,m  feine 
3uflud)t  genommen.  2113  Sortier  im  5Jtoöember  1806  .gmnnoöer  jum  jroeiten 
fötale  in  Vefij3  naljm ,  bübete  5p.  jufammen  mit  ben  ßanbrätfjen  b.  5Dtebing 
unb  b.  5JJtünd)t)aufen  bie  öon  itjm  eingefeijte  ßjecutiöcommiffion  ober,  mie  fie 
nad)  itjrer  Verhärtung  Ijiefj,  9tegierung3commiffton.  Vergebens  bemütjte  er  fid) 
im  grübjaljr  1807  im  herein  mit  bem  ©et).  Äammerratl)  t).  9lrnsmalbt  bei 
Darü  in  Verlin,  eine  Veiringerung  ber  bem  ßanbe  auferlegten  Kontribution 
öon  16  5)Jcitl.  g^ancS  ju  erroirfen.  Vei  bem  Dutdjauge  fjfriebrid)  äBitfjelmä 
öon  Vraunfd)tt)eig=Det§  im  2luguft  1809  benatnn  er  fid)  fel)r  gemanbt  unb  gab 
bem  £>eraoge  unter  bem  Vovmanbe,  bie  Verpflegung  beä  ßotps  auf  bem  5D}arfct)e 
äu  übermadjen ,  ben  2lmtsfd)reiber  ßropp ,  einen  intelligenten  unb  ortäfunbigen 
9Jiann,  mit,  ber  bie  ©djmaraen  auf  bem  füraeften  Söege  nad)  (Slgfletf)  unb 
Vrafe  brad)te  unb  iljren  Verfolgern  entzog.  33et  aller  2lnerfennung,  metdje  5p. 
für  bie  ©efd)irflid)feit  feines  Venetjmenä  gegenüber  ben  fremben  5)Jtad)tb,abern 
unb  bie  uuöerbroffene  Vertretung  ber  ßanbesintereffen  unter  ben  fdjmierigfien 
politifdjen  Verljättniffen  bei  feinen  Sanbäleuten  fanb,  moEten  if)tn  bod)  mand)e 
fd)on  früt)  ben  Säbel  ju  großer  5Jtad)giebigfeit  nid)t  erfparen.  5Jtadjbem  am 
1.  5flcära  1810  Heroine  öon  .spannoöer  Vefitj  genommen  t)attc ,  begab  fid)  auf 
Vatje^  betreiben  eine  aal)lreid)e  Deputation  aur  Vegrüfjung  beö  $önig§  nad) 
Gaffel.  Sin  iljrer  ©pike  Ijielt  er  am  14.  5Dtära  im  neuen  ©tänbefaale  eine 
übrigen^  auöor  ben  Ijeröotragenbften  5DHtgliebern  ber  Deputation  mitgeteilte 
5Jlnrebe,  bie  im  ganzen  mafjöoll  gehalten,  bod)  mit  bem  ©afee  fdjlofj:  Daignez, 
Sire,  entourer  votre  tröne  d'un  nouveau  peuplc  heureux,  reconnaissant  et 
fidele.  5p.  mürbe  5präfibent  ber  Dberredjnuuggfammer  in  Gaffel,  erl)iclt  ge= 
legentlidj  ber  Slnmefentjeit  beg  .Königs  Serome  in  «gmnnoöer  ben  iitcl  Varon, 
mürbe  5Dtitgtieb  beö  ©taatSratljä  unb  im  lUtära  1811  ßommanbeur  ber  roeft= 
fälifdjen  Äronc  (Sine  feiner  lebten  Verioenbimgen  im  öffentlichen  Dienft  mar 
bie  Sttjätigfeit  in  ber  <ju  Hamburg  fid)  öerfammelnben  Gommiffion ,  metdje  bie 
ßanbeägrenjen  unb  ßanbeäfdjulb  auüfdjeu  ftranfreid)  unb  Söeftfalen  regulireu 
fottte.  Dbfdjon  5p.  un^toeifeltjaft  au  ben  5Dtitgtiebern  be§  meftfätifdjen  33eamten= 
tl)um§  gehörte,  bie  bem  ©tanbe  bie  ^o^e  2lnerfennung  öerbienten,  metdje  er  bei 
pahiotifdjen  unb  einfidjtigen  Veurt^eitern  gefunben  b,at,  fo  ift  iljm  bod)  fein 
Verhalten  bon  ber  reftaurirten  Üregierung  öerbad)t  unb  feine  SBieberanftettung 
au  2l)eil  getoorben.  ©eine  Wu^e  al§  5priöatmann  füllte  er  mit  fdjriftftetterifdjer 
Sljätigfeit  au§.  H5pf)itofopt)ifd)e  Betrachtungen"  (^annoöer  1814),  a^ei  com-- 
penbiarifdje  ©djriften  l)iftorifdjer  Slrt:  „©efdjidjte  ber  merfmürbigen  33egeben= 
Reiten  1789-1814"  (^annoöer  1815),  ,,2afd)enbud)  ber  beutfdjen  ©efd)id)te" 
(baf.  1816)  unb  ba§  liebengmürbigfte  unb  origineEftc  feiner  Vüdjer:  „2Bie  mar 
^annober?"  (baf.  1817)  flammen  au§  biefer  geit.  Da§  le^tere,  erft  au§  feinem 
5)iad)taffe  öon  ©.  91.  ö.  SBerttjof  fjerau^gegeben,  fpiegett  am  beften  feine  5}lrt  au 
benten  unb  au  fdjreiben  mieber;  e§  enthält  eine  güüe  mol)lgeorbneter  t)iftorifd)er 
unb  culturljiftorifdjer  Daten,  bie  mit  guter  JhitiE  beljanbett  unb  belebt  unb 
fjumorboE  öorgetragen  werben. 


«Potful.  225 

ßrfcr)  unb  ©ruber  III ,  13  (1840)  ©.  319.  —  Söerlfjof  a.  a.  Q.  — 
.gmusmann,  (Erinnerungen  6.  53,  64,  67  ff-  —  0.  ©trombecf,  2>arftettungen 
II,  98.  —  .fpannober,  tote  es  roar,  ift  unb  roerben  toirb.  .§eft  1  (1804) 
©.  121  ff.  —  (i£Rieräin§ft))  (Erinnerungen  aus  -gmnnober  u.  Hamburg  1803  bis 
1813  (Scipa-  1843)  ©.  96.  —  £abemann,  ©efcf).  ber  Sanbe  33raunfct)roeig 
u.  Süneburg  III,  725  ff.,  747,  763. 

fjf.  grensborff. 
$at!lll:  2[o|ann  9leint)oIb  b.  5p.,  berühmt  als  33ertfjeibiger  ber  tib= 
länbijdjen  Saubesrectjte,  als  Urheber  bes  uorbifctjen  Ärieges  unb  als  ungtücflictjes 
Dpier  ber  9tac^fucf)t  JRaxVi  XII.  S5cr  SBiberfprucf)  in  ber  SSeurttjeüung  feiner 
ißerfönlicrjfeit  erficht  fict)  aus  ber  23erfct)iebenartigfeit  bes  bon  ben  2>arftetlern 
feines  Sebens  eingenommenen  ©tanbpunftes,  unb  biefer  roieberum  finbet  feine 
jRecfjtfertigung  in  ber  eigentümlichen  Stellung,  bie  5p.  inmitten  ber  cottibirenben 
fdjtoebifdjen,  Iiblänbifcrjen,  fäcfjfifcfjen,  polnifctjen  unb  ruffifdjen  ^fntereffen  ein= 
narjm.  6rft  roenn  bie  5patfuliana  bon  ©ctjirren  beröffenttictjt  fein  roerben,  toirb 
bie  objectibe  ©efcrjicrjtsforfcrjung  fict)  berechtigt  fetjen,  über  5p.  ein  (Snburttjeil  aus= 
äufpredjen,  bis  batjin  ift  es  ratsam  ben  5Dlittelroeg  einjufctjlagen. 

5p.  ftammte  aus  einer  alten,  abiigen  ^amitie  £iblanbs,  bie,  wie  er  felbft 
fagt,  fcfjon  300  Safjre  im  Sanbe  anfäjfig  mar.  ©ein  SBater  fyrtebric^  SBiltjelm  mar 
tiblänbifct)er  Sanbratt)  unb  fctjroebifcfjer  5Dtajor  unb  mürbe  anläfjticf)  ber  im  3- 
1657  erfolgten  Uebergabe  ber  geftung  Söotmar  an  bie  5Poten  bes  |>ocr)berratfj3 
angeftagt  unb  nact)  ©tocftjotm  gebracht.  2)a  mir  itjn  nacfjtjer  roieber  im  Sefit; 
feines  langes  unb  feiner  ©üter  finben,  fo  roirb  er  feine  Unfcfjutb  erroiefen  tjaben. 
$m  ©ejängnifj  brachte  nact)  ber  Ueberlieierung  feine  ©attin  ©erhübe,  geborene 
^olftfer,  einen  ©otjn  pr  Sßelt,  ber  ben  tarnen  3fof).  Steint),  erhielt.  2as  ©e= 
burtsjatjr  beffelben  ftetjt  nictjt  feft;  man  nimmt  bafür  bas  ^abx  1660  an. 
©ctjon  1666  mirb  fein  Söater  als  berftorben  ber3eict)net.  S)ie  93etjauptung,  5p. 
fei  bon  feinem  Später  mit  <£>af}  unb  Ütactjfuctjt  gegen  bie  fctjtoebifctje  Regierung 
erfüllt  morben,  muß  bafjer  als  tenbenjißs  jurücfgeroiefen  merben.  2öo  er  feine 
53ilbung  genoffen  unb  toer  feine  (h^ietjung  geleitet  fjat,  ift  unbefannt.  geft  ftetjt 
jeboct),  bafj  er  längere  3eit  feiner  ©tubien  tjalber  im  Stuslanbe  berroeitt  unb  fictj 
bafetbft  feine  umfaffenben  unb  grünblictjen  juriftifctjen  ßenntniffe  ermorben  rjat. 
Anfang  Dctober  1680  fetjrte  er  nactj  Stötanb  jurüdC  unb  übernahm  bie  23ertoal= 
tung  ber  it)m  als  (Erbe  ^gefallenen  ©üter  Regeln,  5pobfem  unb  Söaibau,  bie 
auctj  nactjtjer  bon  ber  ütebuction  berfctjont  blieben.  93alb  nad)  feiner  Sftücffetjr 
liefj  er  als  35ebollmäct)tigter  feiner  SSrÜber  unb  in  eigener  9lngetegentjeit  öon 
fict)  tjören.  $n  äatjlreicfjen  Oon  itjm  felbft  berfafjten  5procefjict)riiten,  bie  ben 
atabemifctj  gebitbeten  Suriften  erfennen  laffen,  trat  er  als  Slnfläger  unb  Söex= 
ttjeibiger  in  Injurien  unb  SDueltjacrjen  auf.  $n  ber  5patful=2tteratur  fpielt  eine 
grofje  9totte  bie  gegen  irjn  gerichtete  ^i^anblungiflage  bes  sl^icrjel  gofj  unb 
beffen  95raut  &hha  5plafm,  ber  nacf)  ©jögren  5p.  nacrjgeftellt  fjaben  fott.  ©egen 
biefe  Slnftage,  meiere  als  bollgültiger  Seroeis  unerhörter  ^ärte  unb  unmenfc^= 
lictjer  ©raufamfeit  immer  unb  immer  toiebertjolt  roorben  ift  unb  bie  als  ©runb= 
tage  äu  ben  berroegenften  ©ctjtüffen  auf  ben  Stjarafter  ^atfut's  unb  feiner  ©tan= 
besgenoffen  gebient  tjat,  berttjetbigte  er  fict)  1688 — 1689  in  über^eugenber  Söeife. 
Sitte  auf  biefen  Sßrocefc  be^üglictjen  Steten  im  tiblänbifct)en  Jpofgerict)tsarct)ibe  finb 
neuerbings  einer  eingetjenben  9iebifion  unterzogen  roorben  unb  ergeben  eine  botl= 
ftänbige  9ieb,abilitatton  5patfut's.  S)er  5procefe  fanb  aber  infolge  ber  politifctjen 
SSerroictelungen,  mit  benen  fein  ©efctjicf  berfnüpft  roar,  feinen  2tb)ct)tuf},_öietmerjr 
rourbe  biefer  galt  aufgebaufetjt,  „um  einen  befto  tieferen  ©ctjatten  falten  ju 
laffen,  fei  es  auf  bie  5perfön£icf)feit  bes  5tngefctjulbigten,    fei  es  auf  bie  33ert)ält= 

Slttgent.  beutfe^e  SBioQta^te.    XXV.  15 


226  SPatful. 

niffc,  in  bcnen  er  lebte  unb  bie  er  bertrat".  *ß.  mar  nact)  ßibtanb  ju  einer 
3eit  jurüdgefetjrt,  mo  brot)enbe  SBolfeu  am  politifdjen  ^ori^onte  fidj  auftt)ürm= 
ten;  eS  mar  bal  $at)r  be*  fd)mebifd)en  Ütebuction  (b.  t).  @in<jiet)ung  berjenigen 
©üter,  melctje  toirftid^  ober  angeblid)  etjemalS  ©taatSetgenttjum  gemein  maren) 
in  ßiblanb.  £rot$  ber  33e[tätigung  ber  ^ribitegien  unb  beS  ©elöbniffeS.  otjne 
(SinroiEigung  ber  ßanbfctjajl  feine  Umänbrrungen  borjunetjmen,  bertiet)  ®axl  XI. 
einem  SBefctjlufj  beS  fctjrocbifctjen  9ieict)StageS  betreffe  ber  ^InSbetjnung  ber  9tebuc= 
tion  auf  ßiblanb  bereitmiEig  feine  ©anction,  obgleid)  bie  ßiblänber  auf  biefem 
9teict)Stage  burdj  feinen  9Ibgeorbneten  beitreten  roaren.  23atb  fütjlte  fid)  ber 
$önig  aud)  berechtigt,  bie  Sftebuction  bis  auf  fjerrmeiftcrlidje  3e*t  auSjubet)nen. 
3)ie  9totf)  brad)  an,  baS  ßanb  berarmte;  alte  Sitten  unb  23orfteEungen  ber 
liblänbifctjen  9titterfdjaft,  bie  5/e  ifjreS  ©runb  unb  SSobenS  berloren  tjatte,  blieben 
otjne  (hfolg ;  ber  eiferne  Söitle  beS  Königs  fanb  feine  2)urd)füf)rung.  9Jtit  S3e- 
rufung  auf  bie  ^ribilegien  bei  ßanbeS  ftettten  bie  ßiblänber  bem  J?önig  baS 
itjnen  miberfatjrene  ünrectjt  bor.  jEtefer,  roenn  aud)  nur  paffibe  Söiberftanb 
brachte  ifjn  nur  auf.  6r  bcrtangte  im  $.  1690,  bafj  man  itjm  bie  urfunblictjen 
Belege  beS  ßanbeSredjtS  im  Original  borlcge,  unb  bie  Seforgnifs  lag  nat)e,  bafj 
er  babei  nidjt  eben  motjlmoEenbe  Slbfictjten  berfolgte.  $}om  liölänbifdtjen  ßanb= 
tage  mürben  jur  llcberrcidjung  aller  liblänbifdjen  9tect)tSurfunben,  bei  fogenannten 
„corpus  privilegiorum",  unb  jur  Sßerttjetbigung  ber  5tect)te  unb  5re^eiten  ber 
Witterfdjaft  ber  ßanbratt)  33ubberg  unb  ber  (Sapitain  ^ßatfut  befignirt.  ßefeterer 
mar  ba^u  fonber  ^roeifet  bie  geeignetefte  ^erfönlidjfeit.  *ß.  tritt  uns  als  ganzer, 
fertiger  sJJtann,  im  23oEbefiij  feiner  leiblichen  unb  geiftigen  .Straft,  in  ber  23tütt)e 
feiner  3>ab,re  entgegen.  2luf  aEe,  bie  itjn  nätjer  fcnnen  lernten,  madjte  er  ben 
(Sinbrutf  eines  ungemöfjntict)  begabten,  aber  aud)  etjrgeijigen  9ftenfd)en.  Soor 
feinen  ©tanbeSgenoffen  aeidjjnete  er  fiel)  burd)  ben  föeidjttjum  feines  SBiffenS  unb 
burd)  feinen  ©djarfftnn  auS.  kleben  feiner  sIRitttevfpraci)e  berftanb  er  baß  ßatei= 
nifdje  unb  (5Jried)ifct)e,  er  fdjrieb  unb  fpract)  ein  elegantes  ^'onjöfifd),  auct)  ift 
eS  roatjrfctjeinlict),  bafi  er  fid)  baS  ©ct)mebifd)e  unb  9tuffifct)e  aneignete,  als  bie 
Umftänbe  bie  Erlernung  biefer  ©pradjen  crtjeifctjten.  $ür  eine  milttärifdje  ßauf= 
batjn  beftimmt,  tjatte  er  nidjt  otjne  Neigung  unb  mit  (Sifcr  in  ben  ÄriegSmiffen» 
fdjaften  gearbeitet,  ba  er  auf  biefem  ©ebiete  emporkommen  tjoffte.  SefonberS 
bie  (Sjercitien  ber  Infanterie,  baS  gortificationSroefen,  bie  9Jtatt)ematif  unb  $n= 
genieurmiffenfdjaft  natjmen  fein  ^ntereffe  in  Slnfprudj.  ©eine  biblomatifdjen 
Talente,  berbunben  mit  ber  (tiabe  feuriger  SBerebfamfeit,  fettener  ©emanbttjeit  ber 
lieber  unb  ©ebiegentjeit  juriftifetjer  ^enntniffe,  entmicfelten  fict)  in  ber  praftifd)en 
Ausübung  politifctjer  ©efetjäfte.  £)bmot)l  $.  einen  ausgekrochenen  ©inn  für 
baS  ^iü^licfje  unb  ^raftifdje  an  ben  2ag  legte  unb  batjer  eine  nüchterne  9iatur 
genannt  merben  tnu|,  fo  fetjlte  it)m  feineSmegS  baS  Sßerftänbni^  für  bie  ibealen 
(Süter  beS  SebenS;  baS  5lltertt)um  mit  feinen  Steigen  übte  auf  it)n  einen  (Sinflujj 
aus,  bauernb  jeboct)  feffelte  itjn  baS  ©tubium  ber  9ted)te.  Unter  ber  ßaft  trüber 
©orgen  unb  aufreibenber  (Sefctjäfte  fanb  er  noct)  5Hu^e  ^um  33erfetjr  mit  9Jiän= 
nern,  melctje  ben  ibealften  3^len  nactjftrebten.  XtjomafiuS  unb  ^ermann  Sluguft 
grande  fud)te  er  als  ^lüctjtling  auf  unb  als  bielbefdjäftigter  Staatsmann  fetjenfte 
er  ben  3>been  beS  uniberfettften  ©eifteS  Europas,  bem  grofjen  ©etet^rten  Seibni^, 
feine  3lufmerffamfeit.  hieben  biefeu  Sßorjügen  feines  StjarafterS  fjafteten  if)m 
nidjt  geringe  ^etjler  an.  S3eifpiete  ungejügetter  ßeibenfdjaft,  beS  ^ätjjorneS, 
beS  engfjerjigften  ©tanbeSborurtljeilS  unb  ber  9tüd[ict)tSlofigfeit  laffen  fid)  nad)= 
roeifen.  ®ie  gärten  unb  ©ctjtoädjen  feines  SöefenS  treten  fpäter  im  (Betriebe  ber 
Söetttjäubel  unb  im  Äampfe  um'S  S)afein  oft  untiebfam  in  ben  SSorbergrunb 
unb  berbunfeln  bie  ebleren  3UÖC-  ^uf  biefen  reid)  beanlagten  unb  buret)  Snergie 
unb   Patriotismus   auSge^eictjueten  sJJlann   tenften  ficf>  balb    aEer  klugen.     2lm 


5ßatful.  227 

12.  October  1690  trafen  93ubBerg  unb  ty.  in  ©tedt)olm  ein.  ©d)on  in  fiiötanb 
mar  öon  bem  ben  Siölänberu  fcinbltd)gefinnten  ©eneratgouberneur  «gtaftfer  bie 
@d)tt)eit  beS  Privilegium  Sigesmundi  Augusti,  burd)  roeld)eS  bie  liölänbifctje  3tit* 
terfd^aft  baS  unbefctjränfte  2)iSpofitionSred)t  unb  @:rbred)t  über  itjre  öüter  erlangt 
Ijatte,  angefochten  roorben.  *ß.  öerttjeibigte  muttjig  bie  ©ültigfeit  beffelben  bor 
bem  Könige  unb  einer  Setfammlung  tjot)er  SSürbenträger.  Aber  alle  9temon* 
ftrationen  blieben  erfolglos.  3>urd)  bie  (Srflärung  Staxl'i  XI.  (22.  9flai  1691), 
baft  alle  föniglid)en  9iefolutionen  ber  beliebigen  Interpretation  feines  ©enerat* 
gouberneurS  anheimzugeben  feien,  mar  Siblanb  ber  Söitlfür  ipaftferS  preisgegeben. 
Srotj  aüebem  lief;  ^.  bie  Hoffnung  ntcrjt  finfen;  bie  ©djroierigfeiten,  bie  man 
if)m  aud)  in  ben  2öeg  fteUen  mochte,  fd)redten  it)n  nid)t  äurücf;  er  reifte  bem 
Könige,  ber  beftänbig  feinen  Aufenthaltsort  roed)felte,  nad)  unb  fucrjte  eine  ®e* 
legentjeit,  um  eine  SinneSänberung  beffelben  Ijerbeiäufütjren.  $n  Cerebro,  2Ben= 
nerSberg  unb  ©otljenburg  gelang  eS  it)m,  fiel)  bem  Könige  ju  nähern,  ber  öon 
fiel)  auS,  freilict)  nur  borübergerjenb,  ^atful'S  Anliegen  berührte  unb  baburet)  in 
itjm  bie  Hoffnung  ber  @rl)örung  feiner  Sitte  erroedte.  ülact)  ©tocfrjolm  aurürf* 
gefetjrt,  getoäljrte  ber  3?önig  il)m  eine  längere  Aubien3  (18.  9tobember  1691)  unb 
5ß.  benutze  biefen  günfttgen  Moment,  feinem  geprefjten  ^erjen  Suft  ju  maetjen. 
3n  tjinreifjenber  Serebfamfeit  fctjilberte  er  baS  Serarmen  unb  baS  (Henb  beS 
£anbeS.  SDer  £önig  fjörte  ifjn  gnäbig  an,  Judjte  itjm  aber  bann  bie  9cottjroen= 
bigteit  ber  öon  ben  ©tänben  ©d)roeben§  befct)toffenen  9iebuction  auSeinanberju= 
fetjen,  toogegen  5ß.  bie  Sefugnifs  ber  letzteren  in  Abrebe  [teilte.  Auf  bie  tjeftige 
fyrage  beS  ÄönigS.  ob  bie  Siblänber  fic§  roofjl  unterließen  mollten,  bie  fd)roebi= 
fct)en  ©täube  ^u  befd)ulbigen ,  als  Ijätten  jte  mit  Siülanb  nid)t  nad)  ©ebütjr 
getjanbelt,  antwortete  er  mit  einem  lauten  $a.  äßenn  nur  ber  $önig  eS  ge= 
ftatten  mofle,  merbe  er  öor  ©r.  ^cajeftät  unb  ber  ganzen  Söelt  biefe  Unge6üt)r 
ermeifen.  ©eine  ^Berufung  auf  bie  mit  ©d)roeben  gefd) [offenen  Serträge  unb  aui 
bie  Seftätigung  berfelben  burd)  ben  ßönig  blieb  nid)t  ganj  oljne  Söirfung.  $arl 
öerfprad)  feineu  treuen  Siölänbern  ein  roittig  Dl)r  zu  leiten,  roenn  bie  9ttttcr= 
fd)aft  ftctj  an  itm  perfönlid)  menbe;  ty.  lehrte  botler  Hoffnung  nad)  Sibtanb 
jurüd  unb  ber  Sanbtag  ju  Sßenben  (11.  ^tärj  1692),  roo  er  überfeine  2Riffton 
58erid)t  abftattete  unb  öerfd)iebene  Sorfd)läge  betreffs  einer  Erweiterung  unb 
Sefeftigung  ber  AbelSredijte  auf  ftinen  Antrag  jur  Annahme  gelangten,  befdjlofj 
bie  Abfenbung  einer  ©upplif  an  ben  $önig.  SDiefelbe  mürbe  öon  $.  berfafjt 
unb  fd)ilberte  in  fül)ner  ©prad)e  unb  mit  erfdjütternben  SCßorten  bie  ftott)  unb 
baS  ber  9titterfd)aft  roiberfafjrene  Unred)t  (30.  9Jtai  1692).  Siefe  ©djrift  foE 
auf  ben  Äönig  unb  feine  Umgebung  ben  (Sinbrucf  gemad)t  tjaben,  als  ob  „bie 
©timme  beS  Aufruhrs  ftd)  in  ber  gerne  üernefjmen  tiefte" .  £ro^  aliebem  mürben 
erft  nad)  3al)reSfrifi  bie  Sertreter  beS  SanbeS  jur  Serantmortung  für  it)ie  Ser= 
mefjent)eit  gebogen.  %m  ©eptember  1693  mad)te  <g>aftfex  ber  3titterfd)aft  einen 
öom  10.  Auguft  1693  batirten  Sefetjl  beS  Königs  belannt,  ber  bie  Sanbrätrje, 
meldte  jene  ©djrift  unterjeidjnet  Ratten  unb  %  nad)  ©tod()otm  cttirte.  ©egen 
^.  mar  ber  Unmitte  befonberS  gro^,  er  mürbe  roegen  falfd)er  2)arfteltung  unb 
unerlaubter  AuSlaffungen  in  feiner  Delation,  roegen  ber  aufgefegten  Deliberanda, 
megen  ber  ^nftruetion  an  bie  reftbirenben  Sanbrättje  unb  roegen  2t)eilnabme  an 
ben  IJttafjnarjmen  ber  lederen  angeflagt,  baju  würbe  er  als  Serfaffer  ber  am= 
ftöBtgen  Sittfd)rift,  unb  roeit  er  bie  3ufammenrottung  ber  ßapitaine  gegen  feinen 
Dbrift  ^elmerfen  angeftiftet,  öor  ($erid)t  gejogen.  (Segen  ben  Obrift  ^elmerfen, 
in  beffen  Regiment  $.  als  Sapitain  biente,  tjatte  er  im  Auftrage  mehrerer 
Gfficiere  eine  j?(agefd)rift  abgefaßt.  Son  -^pelmerfen  maren  nätnlid)  bie  liöläu= 
bifdjen  (SbeEeute  in  feinem  3ftegimente   in  beleibigenber  Söeife  beßanbett  roorbeu. 

15* 


228  SPatful. 

©eneratgouberneur  .gmftfer,  bem  ty.  in  einem  ßiebe§t)anbel  ben  Wang  abgetauten 
Ijaben  fott,  unb  ber  biefem  aud)  fonft  nid)t  gebogen  mar,  bezeichnete  bie  ßtage 
at8  Meuterei  unb  tiefe  bie  Kläger  bor  ein  ßrieg§gertdjt  ftclten,  bem  *J3.  fid)  burd) 
bie  gtucfjt  entjog.  Gürft  ber  ßanbegangetegenljeiten  megen  tarn  er  nad)  3ufidje= 
rung  eine§  freien  ©eleite§  nad)  ©totfljotm.  ©egen  alle  fünfte  ber  2lnflage 
bertljeibigte  er  fid)  unb  berief  fid)  betreffs  ber  ©ubplit  auf  bie  ^nftruction  ber 
libtänbifdjen  Witterfd)aft.  ©ar  balb  fonnte  er  im  Verlaufe  bei  ^proceffeS  fid)  ber 
Ueberjeugung  nidjt  merjr  berfdjliefjen,  bafj  feine  9lnftägcr  aud)  feine  Widjter  feien, 
unb  feine  fteinbe  unb  Weiber  aud)  fein  Urteil  fällen  mürben.  @t)e  fie  itjre  We|e 
3ufammcn3ogen ,  mar  tx  mit  gurüdtaffung  eines  $rotefte§  gegen  ba§  S3erfab,rcn 
beä  ©erid)t§t)ofe§  nad)  Äurtanb  entflogen.  2öa§  er  gefürchtet,  trat  ein.  21m 
12.  5December  1694  mürben  bie  Sanbrättje  23ubberg,  23ietingt)off  unb  SWengben 
als  Webellen  unb  9Jtaieftätäberbredjer  jum  £obe  berurtfjeilt.  $at£ut'§  ©träfe 
rourbe  berfdjärft.  gür  feine  SBerbredjen  fottte  er  mit  bem  SBertuft  fetne§  ßeben§, 
feiner  ßrjre,  feiner  ©üter  unb  feiner  redeten  §anb  büfeen.  SDie  Ärone  30g  feine 
©üter  ein  unb  ber  genfer  tierbrannte  feine  ©djriften. 

Heber  ^atful'S  2Iufentljalt  in  ^bten  unb  2)eutfd)tanb  finb  bie  Wadjridjten 
tüdentjaft;  1696  beridjtet  Wil§  SSjetfe  nad)  ©djroeben,  bafc  fid)  $.  unter  bem 
angenommenen  Warnen  ü.  -ftegen  in  kernet  aufhalte  unb  rjäufig  Weifen  nad) 
^oten  unternehme,  roo  er  mit  bem  g^bljerrn  ^ablonomäfi  befreunbet  fei;  auf 
bie  anfrage,  ob  er  fid)  feiner  ^erfon  bemächtigen  fotte,  erhielt  er  bie  2Beifung, 
*£.  menn  möglidj  nad)  ©todfmlm  au  beförbern.  Ueber  Berlin  unb  <£>atte  begab 
fid)  ^}.  nun  in  bie  ©djmeia.  |)ier  lebte  er  unter  bem  Warnen  gifdjering  unmeit 
be§  ©enfer  ©ee§  auf  bem  ©d)loffe  ^ranginö  mit  spriüatuntcrridjt  unb  miffen= 
fd)aftlid)en  Sirbetten  befdjäftigt.  S)er  ©egenfianb  feiner  ©tubien  roar  ba§  Watur= 
unb  SBölferredjt  bon  ^ßufenborf,  bag  fortan  aud)  bie  ©runblage  feiner  bolitifdjen 
Uebcrjeugung  feilbete-  3Bäf)renb  feineä  9Iufentt)altc§  in  ber  ©djmeij  befudjte  er 
ßaufanne  unb  ©enf  unb  unternahm  bann  Weifen  burd)  Italien,  ©aboben  unb 
ftranfreid).  Stber  aud)  Ijter  fott  er  bor  Verfolgern  nid)t  fidjer  gemefen  fein. 
Sitte  öeniüfjungen  um  Slmneftie  blieben  erfolglog.  Äarl  XI.  tjatte  moljl  bie 
brei  libtänbifd)en  ßanbrättje  auf  feinem  Sterbebette  begnabigt,  aber  gegen  $. 
blieb  er  unerbittlich)  unb  ebenfo  unberföljnlid)  mar  fein  ©otjn  Jffarl  XII.  SDie 
Wott)met)r  trieb  ty.  in  ba§  Cager  ber  geinbe.  ©idjertjeit  ber  ^erfon  unb  33e= 
freiung  feineä  33atertanbe§  fonnte  er  nur  burd)  bie  Sßernidjtung  feiner  ©egner 
erringen,  ©egen  bie  2Benbe  be§  3at)tt)unbert§  fdjon  madjten  fid)  bie  93oraeidjen 
einer  großen  SBeränberung  auf  ber  2öeltbüt)ne  bemerkbar.  Saft  um  biefelbe  3ett 
traten  brei  jugenblidje  .frertfdjet,  jeber  in  feiner  2lrt,  bon  (Sb.rgei^  unb  2!t)aten= 
brang  getrieben,  mit  beftimmten  5lbfid)ten  auf  ben  ©djauptat}  ber  ©efd)id)te: 
gftiebtidj  luguft,  Äurfütft  bon  ©ad)fen  unb  Äönig  bon  Sßoten,  Äarl  XII.,  ßönig 
bon  ©djroeben,  ^eter,  3ar  bon  ^Woäfau.  %n  ber  burd)  fie  fjerborgerufenen 
SÖanblung  ber  eurobäifdjen  5Potitif  mar  5ß.  berufen  eine  mafjgebenbe  WoEe  ju 
fpielen.  3»m  Sccember  1697  unb  Januar  1698  finben  mir  it)n  nod)  in  5ßran= 
ging.  S)er  ©ünftling  bei  $önig§  bon  $olen,  ©raf  ^temming,  bem  $.  im  ^Jlai 
1698  ju  53udau  borgeftetlt  mürbe,  forberte  ib,n  auf,  nad)  5J3oten  ju  fommen 
(1.  Wobember  1698).  6t  folgte  ber  (Sintabung  unb  t)ier  fanb  ^.  ein  günftigeg 
gelb  für  feine  3lbfid)ten ;  ber  ©ebanfe  eine§  ^Ingrifföfriegeü  gegen  ©djmeben  mar 
fdjon  bor  feinem  auftreten  fomotjt  in  Wufetanb  al§  aud)  in  SDänemarf  bentilirt 
morben,  aud)  tjatte  ber  3at  eine  Slufforberung  ju  gemeinfamem  33orgel)en  an 
griebrid)  2luguft  31t  Warna  gerietet,  bod)  bon  einem  3ufammenmirten  ber  brei 
genannten  ©taaten  auf  ein  3^  ^n  t00-1  noc^  n^  °ie  Webe  gemefen.  Sie 
^ßerbinbung  biefer  Srtbetallianä  l)at  5p.  juftanbe  gebradjt  unb  bamit  feine  mett= 
berühmte  biptomatifd)e  ßaufba^n  betreten.     SDer  $önig  bon  $oten  trug  fiel),  er)e 


Sßctful.  229 

er  ty.  fennen  lernte,  mit  ganj  anberen  Stätten  (gegen  ßnbe  beS  ^afjreä  1698;. 
35er  ©ebanfe  einer  Erweiterung  fetne§  Üteictjeä  nacf)  ©üben  l)in  naf)tn  it)n  boE 
nnb  ganj  in  Slnfprudj.  S)ie  SSaladjei  tooUtc  er  überrumpeln,  (Siebenbürgen  unb 
einen  £ljeil  bon  Dberungarn  ber  fatfettictjen  Sotmäfjigt'eit  entreißen.  9Jlit 
5patful'§  auftreten  fielen  biefe  $täne  in  fidj  äufammen.  Sine  ^rontfdjmenfung 
nact)  Sorben  würbe  mit  einem  9Jtafe  gemalt  \  bie  Gmoectnng  unb  Regung  ber 
Söünfdje  nadj  bem  33efit}  Sibtanbg  in  Äönig  Sluguft  unb  bie  Serbinbung  ber  an 
einer  ©ct)Wäc£)ung  ©djwebenä  arbeitenben  ''Uiädjte  SDänemarf  unb  Stufjlanb  mit 
©adjfen  unb  s£olen,  ba§  mar  $atful'§  äöerf.  $n  berfctjiebenen  S)en!fc^rtften 
(©robno,  1.  Januar  1699)  fuctjte  ty.  ben  $önig  bon  ber  9totfjmenbigt,eit  eine§ 
Krieges  gegen  ©cr)meben  in  Siblanb  ju  überzeugen  unb  machte  er  u)n  auf  bie 
bortljeittjafteften  2lEianaen  aufmerfjam.  ^m  9flai  1699  mürbe  burdj  *p.,  ber 
nad)  $opent)agen  ging,  2)änemarf  für  ba§  SBünbntfj  gemonnen,  unb  im  |>erbft 
(11./21.  ftobember  1699)  brachte  borneljmticrj  $.  in  5Jio§!au  einen  Vertrag  ami= 
fdjen  bem  3aren  uno  oem  Könige  bon  $oten  suftanbe.  ^ierau§  erfietjt'  man, 
inwiefern  $.  ali  inbibibueüer  Urheber  be§  norbifdjen  Krieges  gelten  fann.  3lu§ 
feinem  Äopfe  flammt  audj  ber  5plan  einer  Ueberrumpelung  3tiga§  unb  eine§ 
gleichzeitigen  3lngrip  ber  Muffen  unb  S)änen.  Sine  „Güntreprife"  auf  bie  ©tabt 
Ütiga  fctjien  nidjt  aEäufdjwierig,  zumal  bie  Sefeftigungätoerle  bafetbft  nact)  $at= 
fuP§  Slnficfjt  fiel)  in  einem  Bebenflidjen  3uftanbe  befanben,  audj  gab  er  fidj  ber 
Hoffnung  t)in,  baji  ba§  geplante  Unternehmen  bon  befreunbeter  (Seite  in  ber 
©tabt  unb  auf  bem  flauen  Sanbe  Unterfiütmng  erfahren  mürbe.  S)a§  bon 
©djweben  befreite  Sanb  follte  in  eine,  unter  polnifdjem  ober  fäd)fifcl)en  ©crjutje 
fteb^enbe,  felbftftänbige  5lbel§republil  mit  eigener  SöerWaltung  unb  eigenem  |)eer= 
Wefen  umgeWanbett  merben,  Ijierzu  merbe  it)m  bie  tiblänbifctje  9ftittcrfct)aft,  fo 
meinte  $.,  bie  ^>anb  bieten.  S)er  2lnfcr)tag  auf  9liga  fcb,eiterte  aber,  SDanf  bem 
9ttifjtrauen,  wetdjeS  bie  ^Solen  gegen  ben  $önig,  ber  ben  $rieg  ob,ne  äöiffen  ber 
gtepublif  unternahm,  liegten  unb  ber  fatjrläffigen  2lu§füt)rung  be§  bon  $.  entmor= 
fenen  ^laneg  (2)ecember  1699  bi§  Februar  1700),  audj  ermiefen  fid)  SPatful'S  Söer= 
binbungen  in  Siblanb  at§  unzureidienb.  @r  nafjm,  freilief)  mit  Unterbrechungen,  ba 
j?önig  9luguft  feine§  9tatb,e§  im  ßonflict  mit  ber  polntfct)en  2lbel§republil  beburfte, 
an  bem  ungünftig  berlaufenben  ^elbjuge  in  Siblanb  £t)eil.  S)en  bon  Sluguft  an 
bie  Siblänber  geridjteten  ©djuprief  t)at  er  mit  unterjeiclinet.  3u  erroätjnen  ift 
ferner,  ba|  er  auf  einem  feiner  ©tveifjüge  in'§  ßanb  marobirenbe  Äofafen  [trafen 
lief*  unb  bafj  ba§  33ombarbement  bon  9tiga.(l.  ©eptember  1700)  auf  fein  S5er= 
Wenben  eingeftettt  mürbe.  @in  2lnfcl)tu^  ber  Öiblänber  erfolgte  tro^  ber  itjtn  bon 
einigen  ^Jtitgliebern  ber  9titterfdjaft  gemachten  2lu§fid)ten  nid)t.  2öie  wenig 
übrigens  ty.  bei  feiner  SlnWefentjeit  bon  einer  t^atbereiten  'iötittjülfe  feiner  ©tan* 
be§genoffen  erwartete,  beweift  ber  Umftanb,  bafj  er  gelegentlich  be§  2}orrüclenö 
ber  ©acfjfen  über  bie  üDüna  bem  2lbel  in  ber  ^Befürchtung,  er  fönne  für  ben 
©djwebenfönig  auffi^en,  bie  ?ßferbe  abnehmen  tie^. 

9licl)t  3um  geringen  5£b,eil  au§  gurc|t  bor  ber  I5nigticb,en  Ungnabe  unb 
bem  bon  ©eneralgouberneur  ©aljlberg  auggeübten  3^ange  nacljgebenb  unter= 
3eict)neten  bie  Slbgeorbneten  be§  2lbet§  (135),  be§  9latr)§  (22),  ber  großen  (Silbe 
(556)  unb  ber  fleinen  ©itbe  (364)  einen  9teber§,  in  bem  fie  $.  unb  feine  3ln= 
rjänger  at§  ©rjberläumber  unb  @l)renbiebe  tjinfteEten  unb  bie  (Erftärung  abgaben, 
ia§  fie  mit  itjren  J?inbern  unb  Äinb'eSünbetn  big  an  ber  3Belt  @nbe  unter  be§ 
Äönig§  bon  ©diweben  crjriftticrjer,  gerechter  unb  gnäbiger  Regierung  fielen  möchten 
(9.  ^uli  1700);  felbft  feine  «ülutter  berfagte  ib,m  ba§  Söieberfe^en  unb  woEte 
nicljtg  bon  it)m  wiffen.  ©o  Ratten  ty.  nun  auet)  feine  ©tanbeSgenoffen,  feine 
Sanbäleute  unb  feine  Butter  berlaffen.  ^arlXII  ^atte  im  gluge  erft  bie  S)änen 
unb  bann  bie  Muffen  gefctjtagen  unb  näl)ette  fiel)  ber  S)üna.   Unterbeffen  War  ju 


230  iPatful. 

Söirfen,  im  23eifein  «patfufä  (26.  Februar/ 10.  «Dlära  1701)  ber  SBettrag  awi^cn 

5)3eter  unb  9luguft  erneuert  worben.  ©elb  unb  Gruppen  öerfpracr)  ber  $ax  unb 
[inerte  Wieberum  ben  33efij5  öon  6[t=  unb  Sibtanb  ben  ^oten  ^u,  wärjtenb  er  ficrj 
mit  ^ngermanlanb  unb  Kardien  begnügen  wollte.  2öa3  an  ber  2)üna  luguft 
gewonnen  tjatte,  mufjte  aufgegeben  werben  unb  Äarl  XII.  brang  fiegreicf)  in 
^oten  öor,  befetjte  Söarfdjau  unb  nat)m  Jlhafau,  Wätjrcnb  ber  3a*  in  Siölanb 
feften  gufc  fafjte.  2luguft'£  Stellung  ben  ^olen  gegenüber  mürbe  eine  äufjerft 
fritifdje,  meil  nur  boit  einem  2t)eil  beä  $bel§  feine  sIftafjnaf)men  33iüigung 
erfahren  rjatten  unb  einflufjreidje  ^actionen  fogar  einen  Sofortigen  ^rieben  ab(}u= 
fctjliefjen  unb  bic  Slbfetjung  2Iuguft'§  augjitfpredjen  bereit  waren.  SDaburd)  aber 
mar  autf)  ber  23oben,  auf  bem  s^.  ftanb,  fdjwanfenb  geroorben.  ©cfjon  öor  ber 
ungtüdlidjen  äöenbung  beä  liülänbifdjen  ihiegöunternerjmenä  tjatte  er  ben  matjren 
(Stjarafter  Sluguft'S  unb  feiner  gteidjgefinnten  Üiattjgeber  burdjfdjaut.  S)ie  lln« 
einigfeit  ber  $oten,  bie  fJfriebenSbeftrebungen  beä  franaöfifetjen  ©efanbten  S)u 
•Operon,  ber  Sßanfelmutl)  unb  bie  £teulofigfeit  be§  Königs  unb  feiner  5Jcinifter, 
benen  ty.  feine  ©efinnung  über  fie  nidjt  öotenttjielt ,  bebrotjten  it)n  unb  feine 
4-Uäne  bei  längerem  23erweiten  im  fäd)ftfcrjen  2)ienfte  mit  ernften  ©efatjreu.  ©anj 
anberc  Sluefidjten  boten  fiel)  itjm  im  Often  bar,  wo  ein  Jperrfdjer  öon  eifernem 
SBillcn  unb  flarem  ©tiefe  fid)  mit  fjeroifd)em  "DJcuttje  an  baö  2öerf  ber  Befreiung 
feiner  Untertanen  auS  ben  SBanben  orientalifdjer  SebcnSformen  maebte.  2)ie 
ftütte  ber  $raft,  bie  in  biefem  unermeßlichen  Sietdje  tag,  mar  s$.  nidjt  entgangen. 
2)ie  frifdjen  ßefienBfÄfte,  beten  ber  3a*  [üt  fein  $olf  beburfte,  lagen  in  bem 
öor  itjm  abgefdjtoffenen  Söeften,  bie  Dftfeelänber  mit  itjrer  ßultur  fottten  bie 
33rüde  werben,  bie  föufjlanb  mit  bem  Slbenbtanbe  öerfnüpfte.  $m  3)ienfte  biefer 
gegen  ©darneben  am  baltifctjen  sDceere  gerichteten  SBeftrcbungen  waren  bie  ^Befreiung 
Siötanb§  unb  bie  ©djäbigung  (5d)Weben§  realifirbar.  Wadjbem  %  öon  ben  im 
liölänbifdjen  Kriege  erhaltenen  SBunben  genefen  war,  erflärte  er  bem  ruffiftfjen 
©efanbten  2)olgorufö,  bafj  er  ben  fädjfifdjen  2)ienft  aufgeben  Werbe,  darüber 
berichtet  (27.  9Iuguft  1701)  berfetbe  an  ben  3aren.  welcher  fofort  ty.  311m  @in= 
tritt  in  ruffifdjc  S)ienfte  aufforbem  tiefe,  «gwdjerfreut  nafjm  ty.  biefeä  anerbieten 
an.  llntcrridjtet  öon  ben  SSemütjungen  be$  3aten  um  ein  33ünbnijj  mit  f5Tcint= 
reidj,  wollte  er  gleidjfam  alö  ©egengabe  für  bie  Slufforberung,  bie  DJcitttjeitung 
über  bie  2lnbaf)nung  eines  biptomatifdjen  Söerfefrtä  jwifdjen  Stufjlanb  unb  granf= 
reidj  nad)  2Jco§fau  bringen,  beöfjatb  fudjte  er  in  einer  Unterrebuug  im  Februar 
1702  mit  bem  fran^öfifdjen  ©efanbteu  5Du  ^>eron  eine  33erbinbung  ^wifc^en  ^ßeter 
unb  Subwig  XIV.  tjerbeijufürjren.  6eine  9)orfteHungen  rjatten  wenigften§  bie 
3lbfenbung  be§  au|erorbcntlid)en  fran^öfifd)eu  ©efanbten  33atu3e  nad)  sJJio§fau 
jjur  ^olgc  (1703).  ©leid)  nad)  ber  erften  Unterrebung  mit  S)u  £>eron  (am 
11.  gtbruar)  reifte  $.  über  Äiew  nad)  ^Dco^fau  ab,  wo  er  Gmbe  5)tärj  eintraf. 
9Jcit  bem  2itel  eine§  ©erjeimrattjS  in  ben  ruffifetjen  2)ienft  tretenb,  legte  er  bem 
garen  feine  $läne  betreffe  ber  9ieorganifation  ber  ruffifdjen  3lrmee  öor,  öon 
benen  ber  Sßorfdjlag  einer  Umwanblung  aller  (Saöafterieabtfjeitungen  in  S)ragoner= 
regimenter  infofern  Seadjtung  öerbient,  weil  in  jüngftrr  3eit  biefe  öon  ^.  au§= 
gefprodjene  ^bec  in  2lu§füt)vung  gebracht  ift.  S)er  Äönig  öon  ©d)Weben,  über 
ty.  tief  erbittert,  gab  feinem  3o™  in  Sßort  unb  ©djrift  Sluebrud,  wät)renb  biefer 
feincrfeit£  mit  benfelben  SBaffen  unb  in  bevfelben  Söeife  fidg  jur  2öetjr  fe^te. 
3fn  beiben  Sagern  würben  bie  ©griffen  be§  ©egner§  öerbrannt  unb  auS  beiben 
Sägern  wieberrjolt  ytec^tfertigungen  unb  3lnf(agen  in  bie  SBelt  gefd)idt.  ty.  l>at 
jur  ©etjauptung  feiner  ©teHung  unb  (Srreidjung  feiner  3iele  alle  itjm  ju  ©ebote 
fteljenben  bittet  in  3lnwenbung  gebradjt.  @in  merfwürbiger  Äampf  War  au§= 
gebrodjen,  ben  ein  $önig  unb  ein  llntertrjan  aug  ber  Entfernung  mit  Erbitterung 
führten ;  ber  9tatur  ber  ©acfjtage  gemäfj  geftaltcten  fictj  bie  Ijerangejogenen  ^Rittet 


$atM.  231 

beS  Setjteren  nid)t  benen  beS  örfteren  ebenbürtig,  fonbern  fie  mußten  füg(icf) 
£tehttid)erer  2lrt  fein.  S>emnact)  läfjt  fid)  nicfjt  leugnen,  bafc  5p.  öfters  im  ßidjt 
eines  f  olitifdjen  2lbenteurerS  erfetjeint.  sJllS  rufjifdjer  ©eneratcommiffar  unb  ®e= 
tjeimratf)  finben  toir  ifjn  in  5poten  tt)ätig,  too  er  ben  Sd)toeben  fobiet  tote  möglid) 
entgegenarbeitete.  2lber  nic^t  aEetn  fottte  ber  Scljroebenfönig  in  5polen  BefcCjäf- 
tigt  toetben,  bamit  5Peter  unterbeffen  an  ber  Oftfee  fid)  feftfetjte,  fonbern  ber 
5pian  5patfurs  sielte  augteid)  nad)  einer  Sd)toäd)ung  ber  potnifd)en  ih'äfte.  $n 
llebereinftitnmung  mit  bem  3a«tt  bebiente  er  fielt)  bcS  5ParteiintereffeS  in  5polen 
nur  als  5Dtittel  jux  SDurdjfüfjrung  rufftfetjer  5pläne.  2)aburdj  erft  mürben  bie 
notfjtoenbigen  SBebingungen  ber  ruffifetjen  Spotitif  erfüllt,  Sdjtoeben  unb  5polen 
bilbeten  baS  .günbernife,  toetd)eS  ben  f&ntefyt  unb  bie  SEectjfetbeäietjungen  ätoifcfjen 
ftufjlanb  unb  bem  Söeften  erfcljroerten.  (hjt  nad)  sJiiebertoerfung  berfelben  mar 
bem  ^arenreid)e  ber  (Eintritt  in  ben  europäifdjen  ©taatenbunb  möglich.  911S 
güb/ter  bot  fiel)  5p.  an,  beffen  ©etoanbtt)eit  in  praftifdjen  Singen  unb  beffen  ©e= 
nialität  bem  3axen  imponirten.  9ftüdfidjtlid)  fetner  militärifdjen  ßenntniffe  mar 
5p.  in  5petet'S  2lugen  eine  Slutorität.  SllS  ertoünfctjter  Mitarbeiter  an  feinem 
inneren  9teformtoerf  unb  als  erfahrener  9tatf)geber  für  friegetifdje  unb  biptoma= 
tifdje  Unternehmungen  trat  5p.  an  beS  Qaxm  Seite,  dr  zeigte  fict)  in  ber  gör= 
berung  ruffifdjer  ^ntereffen  ungemein  rührig.  (Er  mufjte  bem  3a*en  eingeljenbe 
5projecte  zur  Üieform  beS  ganzen  5DfcititärrocfenS  entmerfen,  gefetjidte  auStanbifdje 
Dfficiere  für  ben  ruffifetjen  SDienft  anmerben  unb  geeignete  5perföntid)feiten  als 
Otefibenten  an  ben  berfdjiebenen  «g>öfen  anftetlen.  liefern  äöuttfdje  beS  3a*en 
fam  er  mit  unermübtietjem  Geifer  nad).  ©einer  Sermittelung  berbantte  5peter 
bie  ©etoinnung  ber  ausgezeichneten  Generale  Ogilbt),  ^utjffen  unb  Spönne.  5Keben 
ben  milttärifdjen  unb  btplomatifdjen  ©efdjäften  im  ©ienfte  9tufjtanbS  mürbe  5p. 
Oom  3ai:en  °ei  S3efct)affung  bon  meljr  ober  meniger  untergeorbneten  5perföntict)= 
feiten  ^u  9tatt)e  gebogen.  5p.  mufete  itjm  Ingenieure,  ütedjtSfunbige,  ©djmiebe, 
Sdjroertfeger,  ©ärtner,  ©d)äfer  unb  anbere  anroerben.  2öenn  eS  galt,  einen 
5portraitmaler  p  geroinnen  ober  einen  Sluffefjer  für  baS  2lifenat  anstellen  ober 
eine  23ud)bruderei  einzurichten,  mürbe  feine  Meinung  eingeholt. 

3m  5fltai  1702  begab  fiel)  5p.  als  jarifdjer  ©efanbter  nad)  5polen  zur  5>tn= 
batmung  gemeinfamer  Operationen  aller  Parteien  gegen  Sctjroeben.  Äarl'S  XII. 
Vorbringen  beranlafjte  iljn,  fid)  roiebei  äutüclpäieljen.  (Enbe  $uni  finben  toir 
it)n  in  $rafau,  too  fid)  it)tn  ©elegentjett  bot,  bie  menig  (Erfolg  berfjeifjenbe 
potnifcl)  =  fäd)fifd)e  2lrmee  fennen  zu  lernen  unb  am  8.  i^uti  njar  er  im  ©e= 
folge  Sluguft'S  3eu8e  °er  unglüdlictjen  ©crjtadjt  bei  iHiffoto.  ©leid)  barauf  be= 
gab  er  fid)  nact)  SKien,  bamit  er  fiel)  bort,  too  alte  gäben  ber  5potitif  <jufam= 
menliefen,  über  bie  «Stellung  beS  faiferlidjen  ölabinetS  äu  ben  polnifclj=fad)fifd)en 
2lngetegent)eiten  3tufflärung  berfdjaffe  unb  bortljeittjafte  2lltian3en  geroinne  (Sluguft 
bis  5JtoOember  1702).  ©eine  ütüdfetjr  nad)  9tufetanb  rourbe  in  ber  llfraine  buref) 
bie  5palet)'fd)e  3lngelegenl§eit  berjögert.  (Sin  Äofaf,  5palet),  unterftüfet  bon  ent= 
laufenen  polnifd)en  Seibeigenen  unb  Ijeimlictjen  geinben  2luguft;S  blatte  bie  üol= 
nifelje  ©tabt  Selaja  ftittoto  befefet  unb  ertlärte,  nur  auf  23efef)l  beS  3aren  un^> 
beS  ÄofafentjetmannS  bon  feiner  5Pofition  ^u  toeict)en.  S)ie  mit  5palet)  gepfloge= 
nen  llntertjanblungen  liefen  5p.  in  biefer  ^Iffaire  ein  ju  ©unften  ber  ruffifetjen 
5potitit  ^u  bertoettb,tnbeS  5JJtoment  erblirfen,  SBelaja  3ertoro  foEte,  einer  Eröffnung 
beS  3^en  gemä|,  erft  nad)  bem  erfolgten  SSünbniffe  mit  ber  ^ebublif  herausgegeben 
toerben.  2lm  1.6.  5Utär3  1703  langte  5p.  in  5IJcoSfau  an  unb  folgte  bem  S^w 
an  bie  Ufer  ber  5Reroa,  roo  er  mehrere  5Utonate  an  ber  Seite  5peter'S  betmeilte. 
@r  tbar  3eu9e  oei'  toettgefdjid)tlid)en  Scene  ber  ©rünbung  5peterSburgS.  3lnge= 
ficljtS  beS  ben  2öeg  nad)  Suropa  fjin  erfdjtie^enben  5UteeteS  ertoäb,lte  5peter  i|n 
burdj  (Ernennung  ptn  elften  ©efanbten  an  ben  auStänbifdjen  ^>öfen  junt  5pfab=- 


232  5patfu(. 

finbet  bei*  xuffifd^en  Diplomatie.  5£>aS  §erj  bon  ben  fünften  Hoffnungen  für 
bie  3u!unft  feines  ?fteici)eö  gefdjwettt,  überlief  5Jkter  bie  Einführung  9tufjlanbS 
in  ben  europäifdjen  ©taateubunb  bem  unterneljmenbcn  ttDlänbifdjen  Ebelmann, 
beffen  gfärjigt'eiten  uub  53erbienfte  bie  günftigften  SluSfidjten  eröffneten,  $n  ber 
golgejeit  finben  mir  ^5atfur§  SlrbcitSgebtet  amifdjen  ber  £t)ätigfeit  eineS  5elb= 
b/rrn  unb  eineS  Diplomaten  geseilt.  Petersburg  beilädt  er  am  15.  i^uli  1703. 
IHad)  furjem  Stufentljalt  in  5DtoSfau  begab  er  fid)  über  ©motenSf,  5Dtot)iteW  unb 
5DtinSf  nadj  2Öarfd)au,  Wo  er  am  13.  ©eptember  1703  anlangte.  Einen  bebeu- 
tenben  Schritt  bormärtS  in  fetner  5politif  war  5ß.  erft  burd)  ben  9lbfd)lufj  eineS 
©d)ufe=  unb  SrukbünbniffeS  (12.  October  1703)  mit  König  Sluguft  gelaugt, 
ofjne  bafj  bie  9tepublif  iljre  Einwilligung  baju  gegeben  Ijatte.  S3on  jekt  ab  mar 
5p.  ber  bertraute  Begleiter  beS  Königs,  bem  er  Dom  3arcn  HülfStruppen  unb 
grofje  ©ummen  jufürjrte,  bie  Sluguft  in  unuerantraorilictjem  Seidjtftnn  mit  pot= 
niferjen  ©djönen  unb  anberen  Ercaturen  im  (Strubel  foftfpieliger  Vergnügungen 
bergeubete,  wäfyrcub  baS  8anb  unter  bem  SDrucf  ber  ©tenern  feufjte  unb  feine 
KriegSuntemeljmungen  in  5polen  faft  immer  ungtüdlid)  maren.  5p.  mar  an  ber 
fiegreidjen  ^Belagerung  unb  (ünna^me  Söarfdjau'S  beteiligt  (©eptember  1704), 
bermodjte  aber  infolge  mangelhafter  Unterftühung  bonfeiten  beS  Königs  nid)t 
5pofen  <ju  entfern  (2.  5)iobember  1704)  unb  mufjte  gleidj  ben  fädjfifdjen  Gruppen 
mit  bem  ruffifdjen  -gnilfScorpS  bor  ben  fiegreidjen  fdjroebifdjcn  £>eercn  5ßolen 
räumen.  Die  ©efaljr  eineS  Einfalls  ber  ©ctjmeben  in  baS  Kurfürftentljum  ©adjfen 
liefe  eine  Oteorganifation  ber  zerrütteten  fäd)fifd)en  sJMitärmad)t  bringenb  geboten 
erfdjeinen.  5ß.  unterjog  fid)  btefem  fdjmiertgen  SBcrfe  unb  berlangte  bon  ben 
©tänben  ©ad)fenS  (Sclbmittel  <}ur  Durdjfütjrung  ber  geplanten  Reformen,  jebod) 
mit  <£>af$  unb  Erbitterung  traten  biefetben  bem  ftrembüng  unb  Urtjeber  ber 
KrtegSnott)  entgegen.  5!lud)  bie  einflufjreidjeu  5perfönlid)feiten  beS  fädjfifdjen 
<£)ofeS,  ©eneral  ©djulenburg,  ©tatttjalter  ftürft  Egon  bon  gürftenberg,  <£)ofmar= 
fdjatt  5ßfingften  maren  irjrn  nietjt  gemogen.  Sie  Sdjmädjen  berfelben  rücffid)tS= 
loS  unb  mit  ©arfaSmuS  aufbeefenb,  l)atte  er  fic  in  Söort  unb  ©djrift  wiebertjott 
beleibigt.  Eine  leibenfdjaftüdje,  reijbare,  SBiberfprudj  nic^t  bulbenbe  5ftatur  toie 
5)3.,  mufjte  fid)  mit  ben  bon  ben  Umftänben  pr  IHitarbeit  irjm  pigewiefenen,  aber 
bon  il)m  als  untergeorbnet  erachteten  5perfönlid)feiten  überwerfen.  5ftidjt  Unber= 
bienteS  unb  unmatvreS  fagte  itjnen  ber  frembe  Gabler,  bod)  einem  gefär)rlidjen 
SBagnifj  gab  er  fid)  Höflingen  gegenüber  Ijin,  bie  Danf  itjrer  ©ippe  nidjt  ganj 
madjtloS  waren  unb  in  it)tn  einen  auSlänbifdjen  Einbringung  fat)en.  ©eine 
©tettung  am  DreSbner  ,£>ofe  war  eine  in  ber  £t)at  attmäd)tige  unb  fctjien  burd) 
bie  ruffiferje  ^reunbfd)aft  gefidjert  ju  fein.  3ur  Kräftigung  ber  ^IHianj  bemühte 
er  fid)  neue  33unbe§genoffen  3U  gewinnen,  namenttid)  berfolgte  er  auf  feinen 
wieberfjolten  33efud)en  in  ^Berlin  ben  5pian  einer  intimeren  SÖerbinbung  mit  bem 
Äönigreid)  ^reufeen,  bem  er  gleidjfallä  6ntfd)äbigung  unb  Erweiterung  feiner 
©renken  auf  Soften  5ßotenS  in  2lu§fid)t  fteEte.  ®cr  ©ebanfe  einer  Xr)eilung 
5]3oten§  taud)t  öfters  in  feinen  ©djriften  auf.  ©djon  au§  biefem  ©runbe  ift  ber 
.£>afj  ber  5|}olen  gegen  ifm,  ber  fein  ißerftänbni^  für  iljre  ^utereffen  unb  itjre 
Seiben  an  ben  Sag  legte,  erflärlid).  §a§  3a|r  1704  äeigt  «patful'8  Slnfetjen 
unb  bie  gan^e  33ebeutung  feiner  polittfdjen  trotte  im  3ßnitrj.  S3ejeid)nenb  für 
bie  53eurtt)eilung  unb  Söürbigung  feines  EinfluffeS  unb  für  bie  33ielfeitig!eit  feiner 
^ntereffen  ift  bie  Stjatfadje,  ba^  fid)  ber  gröfjte  ©elefjxte  jener  3eit,  Seibni^,  an 
iljn  mit  bem  ©efud)e  um  unterftütmng  feines  5ßlaneS  betreffs  ber  Srridjtung  einer 
©ocietät  ber  äöiffenfdjaften  in  Bresben  wenbete,  worauf  if)tn  5p.  mit  3»f^erung 
feiner  Hülfe  in  einem  elegant  fran3öfifd)  gefdjriebenen  SSriefe  antwortet;  ganj  um 
biefelbe  3eit  legte  ib^m  audj  ßeibni^  einen  betaillirten  5pian  pr  g-örberung  ber 
3Biffenfd)aften  unb  ber  Etbttifation  in  föufjlanb  bor,  wu|te  er  bod),  Welche  ©tel= 


Sßatful.  233 

lung  5ß.  3U  beS  3^'ßn  Seftrebungen  ^tnft(^tttc^  bet  (Suropäiftrung  feiner  Sßölfer 
einnahm  unb  welchen  SöertB,  Sßeter  bem  UtttjeiC  biefeS  genialen  SiblänberS  Bei* 
legte  (Januar  Bis  geBruar  1704).  9htr  flüchtig  beruhten  fatlul'Z  ©ebanfen 
bie  frieblicf)e  2lrBeit  ber  Siöilifatton  unb  ben  !plan  <$ur  (Gewinnung  eines  gün* 
fügen  SSobenS  für  biefelBe  in  bem  ber  ßultur  aBgefdjtoffenen  ütufjlanb.  ©anj 
anbere  HDinge  nahmen  ifjn  in  9lnfprucf).  $War  Behauptete  nodj  ber  ruffifdje  (Se= 
fanbte  5ß.  eine  allmächtige  (Stellung,  Jjocf)  über  ben  anberen  Höflingen,  aber  er 
ftanb  auf  fcf)tüpfrigem  33oben.  9ttS  ein  SBecBJel  in  ber  spolitif  eintrat,  fpitjte  fiä) 
alles  ju  einer  Kataftroplje  ju,  ber  er  fidj  nicf)t  mefjr  $u  entjiefjen  öermoctjte. 

König  Stuguft  Wollte  mit  <Sd)Weben  ^rieben  fcfjliefjeu,  weil  Krieg  unb  5ßo= 
liti!  bie  SRufye  feines  (SenufjleBenS  Beeinträchtigten;  bamalS  Begann  beS  Königs 
SieBeSberfjältnifj  mit  ber  Freifrau  2Inna  Sonftan^e  b.  <£>otjm,  ber  fpäteren  ©räfin 
Gofel,  feinen  erfcfjtaffenben  ©inftufj  geltenb  <ju  machen  unb  bie  ©etjnfudjt  nacB, 
^rieben  ^u  erWecfen  (@nbe  1704,  Slnfang  1705).  ^atfut'S  ©egner  waren  mit  ber 
$bee  eine§  5particutarfriebenS  boltfommen  einberftanben  unb  im  größten  ©efjeim= 
nifj  arbeiteten  fie  an  ber  Befreiung  ttom  ruffifdjen  ©influf}  unb  an  bem  ©turje 
beS  UrfjeBerS  unb  ,£>auptförbererS  beS  Krieges,  ber  äugteicf)  i^r  perfönlic^cr  geinb 
mar  unb  ju  ifjrem  größten  Slerger  burcf)  feine  projectirte  Sermätjlung  mit  ber 
©räftn  Sinfiebel  2luSftct)t  jur  (irtangung  beS  fädjfifdjen  ^nbigenatS  gewonnen 
^atte.  25er  Bei  ber  ßinnatjme  SOßarfctjauS  in  fäd^fifcfje  ©efangenfctjaft  geratene 
fdjwebifcfje  £)ber6efet)lSf)aBer  Sirbeb  ^orn,  einer  ber  gewanbteften  Diplomaten, 
Würbe  üom  6tattfjalter  gürfienBerg  unb  bom  Könige  mit  SluSjeicfjnung  Bef)an= 
belt,  an  ifjre  Safel  gebogen  unb  als  Sßermittler  ber  9}ert)anbtungen  ätoifä»en  bem 
25reSbener  £)ofe  unb  bem  fdjwebifdjen  Sager  in  9tawicjj  Benutzt,  ©iefe  Singe 
gefdjafjen  feineSWegS  unter  bem  9Jtantel  ber  23erfcB,wiegenf)eit,  bietmefjr  fielen  bie 
greifjeiten  unb  bie  oftentatibe  (Sefcfjäftigfeit  beS  fcB,webifcf)en  Kriegsgefangenen  auf. 
Einfiel)  ttidj  biefeS  UmfctjWungeS  in  ber  ^olitif  mar  üßatful'S  «Stellung  eine  äufjerft 
Bebroljte.  2ltS  er  bon  biefer  nicfjt  allein  feine  $täne  unb  feine  Stellung  unter= 
graBenben,  fonbern  aud)  feine  ganje  (Srjftena  in  grage  fteHenben  SIBftdjt  eines 
aBäufcB,lie£enben  ©eparatfriebenS  erfuhr,  war  er  bor  Unmutfj  unb  gorn  aufjer 
fiel).  3>n  heftiger  ©praetje  fdjrieB  er  bem  Könige  bon  feiner  Kenntnisnahme  ber 
gegen  ifjn  gerichteten  Umtriebe.  £5ljne  alle  ©cfjminfe  fagte  er  ifjm  bie  SBafjrljeit, 
tnbem  er  in  büfterem  Sichte  bie  3eTTüttung  feines  2anbe§,  ben  SSerluft  feines 
Slnfe^enS  an  ben  übrigen  europäifetjen  §öfen,  ben  Mangel  an  Vertrauen,  bie 
llntücB.tigleit  unb  5BcftecB,licf)feit  ber  Sftät^e  fctiitberte  unb  ben  3tuin  ber  ^»errfc^aft 
anfünbigte.  SDer  König  fuc^te  fict)  buret)  Seugnen  unb  SSer^üEungen  ber  SBa^r^eit 
bor  ty.  3u  rechtfertigen,  Beburfte  er  boctj,  Bis  feine  Unterljanblungen  mit  ben  8cB^me= 
ben  jur  9teife  gelangten,  ber  ruffifetjen  SlEianj,  bornefymlicB,  beS  rufftfcl)en  ©elbeS- 
5p.  burc&Jc^aute  i§n.  ^n  fieberhafter  Aufregung  machte  er  in  ja^lreic^en  Briefen 
unb  Schriften  feinem  gepreßten  ^er^en  Suft;  fäufticB,,  felBftfüc^tig  unb  unfähig 
nannte  er  bie  Intriganten  in  ?luguft7S  Umgebung.  5)aS  ^ntereffe  beS  garen  fotootjl 
als  auef)  bie  ©ic^erljeit  feiner  5perfon  Waren  ber  größten  ©efafjr  ausgefegt,  ©er 
macB,iabeEiftifcl)en  ©taatSfunft  ber  3^it  nic^t  fremb,  fam  er  auf  bie  3>bee,  burcl) 
einen  bi^lomatifcB.en  ©cB^aclijug  baS  ©eWeBe  ber  ^yntrigue  gu  jerrei^en.  25 a  man 
feinen  .Iperrn,  ben  3<*vcn  unb  ib^n  fo  fcB.änblicB,  Untergängen,  fo  b^inberte  iB,n  feine 
9tücfficl)t  meljr,  bie  Sadje  2luguftS  üottfommen  preiSjugeBen.  (Jr  felbft  wottte 
ben  3<"en  betmittelft  eines  ©eparatfriebenS  mit  Kart  XII.  berföfjnen  unb  für  ficB, 
Slmneftie  Beim  ©cljtoebenfönig  erwirf en  (im  ©ommer  1705).  SDiefeS  SInerBieten  war 
ifjm  bon  £wllanb  aus  gemacht  worben,  Wenn  er  eine  SSerftänbigung  jwifcfjen  ^ßeter 
unb  Karl  XII.  IjerBeifüfjre.  ©ie  ©efafjr  in  ber  er  fcfjWeBte,  wie  audj  ber  -^a^ 
gegen  bie  faXfdfjen  unb  il)m  wiberwärtigen  2ttinifter  unb  ben  unaufrichtigen  unb 
treulofen  König,  ber  SBunfcB,  naef)  bem  ©enufj   beS  fölücfeS  eineS  eigenen  gami* 


234  ^Qtful. 

UenteBenS,  altes  bas  lieft  ir)m  bie  rjollänbifdjen  Offerten  als  annehmbar  erfd£jei= 
nen.  2)en  Dtinen  feiner  üertappten  geinbe  fucfjt  er  burd)  9Iuffinbung  neuer  9ln= 
fdjläge  ju  entgegen.  Sluguft  jeigte  ifnn  ein  freunblictjes  ©eficrjt,  liejj  aber  feine 
wahren  5lbfid)ten  nidjt  merlen.  Sß.  war  üon  allem  unterrichtet  unb  machte 
4*eter  barüber  mit  ber  Sitte  um  <5ci)roeigen  IMttfjeitung ,  bod)  aud)  üon  feineu 
Srieffdjafteu  unb  flauen  rjatten  feine  ©egner  burd)  Spione  unb  23errätt)er  Äunb= 
fdjaft.  @s  mar  ein  ^ntriguenfpict  ber  bebenflidjften  Slrt  unb  unter  bem  prun= 
fenbenben  ©tan,}  bes  bamatigen  fäd)fifd)en  JpoftebenS  Barg  fid)  eine  tiefe  fitttidje 
Serberbnifj  ber  tonangebenben  Greife.  2)as  Söermeiten  in  biefer  Umgebung  unb 
in  biefer  2uft  mar  audj  für  S.  üerrjängnifjüotl.  S)er  iüngfte  5Darftetter  feiner 
Sdjidfate  t)at  über  biefe  Seränberung  feinet  Stjarafters  eine  ber  Söatjrtjeit  mot)( 
feljr  natje  fommenbe  ©djitberung  gegeben:  „£)urcrj  bas  gufammentreffen  unb  bie 
Serbinbung",  fdjreibt  er,  „mit  einer  s4>erfönlid)leit  üon  ber  .£mnblungsmeife  unb 
ber  potitifctjen  ^Ricfjtung  bes  Königs  Sluguft  IL,  gerät!)  ber  anfänglich  für  bie 
9ied)te  unb  fjreil^eiteu  Öiülanbs  fdjmärmenbe,  babei  üon  9tacr)egeban!en  gegen  bie 
fdjmebifcrje  Sebrücfung  erfüllte  $.  in  eine  9ltmofpt)äic,  beren  (Sinflufj  früher  ober 
fpäter  eine  menn  aud)  nocr)  fo  ibeett  angelegte  ftatur  nicrjt  unberütjrt  laffen 
tonnte.  Unb  er  ift  tjierüon  nicrjt  bas  einzige  23eifpiel.  @s  fdjroebt  ein  fonber» 
bares  Sertjänguifj  über  fo  üielen  s4>evfönlid)feiten,  bie  bas  ©d)idjal  mit  ben 
9tococof)öfen  bes  18.  3ar)rf)unbertö  in  ju  naije  s-8erüt)rung  fommen  läfjt,  mögen 
fie  ©ort},  mögen  fie  ^atfut  ober  ©truenfee  gereiften  {jaben.  @s  ging  mit  itmen 
üon  ©tufe  ju  (Stufe.  Urfprünglid)  ^bealifteu,  ^^^°t°P^en,  sjJcenfd)enbeglüc!cr, 
merben  fie  in  ber  fie  umgebenben  s3ltmofpr)äre  unmillfürlid)  ju  Otänfefdjmieben 
unb  3fntriguanten,  um  nod)  fpäter  ben  Söarjn,  mit  bem  fteuex  eines  fittenüer= 
borbenen  Jpoflcbenö  fpieten  ju  fönnen,  mit  iljrem  $opfe  ^u  bellen,  ty.  beginnt 
gleichfalls  feine  Saufbarjn  als  ^bealift,  um  bemnädjft  feine  Ütotle  als  ein  balb 
eingefctjulter,  intriguantcr  Diplomat  meiter  ,ju  fpielen". 

Söir  motten  fein  ütfjun  unb  Serratien  -ftönig  Süuguft  gegenüber  burdjaus 
nidjt  für  fittlid)  gerechtfertigt  erflärcn;  mie  man  üom  ©tanbpunfte  ber  9Jtoral 
barüber  ju  urteilen  t>at,  liegt  aufjer  allem  3w«ifel.  ?$■  Ijat  gcfätjrlidje  %n= 
triguen  gegen  feine  (Gegner,  bie  bod),  freilid)  nur  nominell,  feine  Sunbesgenoffcn 
maren,  eingefäbelt,  unb  bicf elften  311  täufcrjen  gefudjt;  man  barf  aber  aud)  nicrjt 
üergeffen,  in  meldjer  Sage  er  fid)  befanb.  ©ottte  er  ruijig  ^ufetjen,  mie  feine 
Sunbesgenoffen  fid)  mit  feinen  Jobfeinben  bie  .gmnbe  reid)ten?  2)as  üermodjte 
er  nidjt.  ©eine  Sarabe  üerrätt)  biefelbe  gedjterfunft,  menn  er  au§  einer,  feiner 
bisherigen  ^otitif  fo  ganj  roiberfpredjcnben  Kombination  für  ben  3<n'ert  unb  fid) 
bie  größten  SBortrjeile  abzuleiten  bereit  mar.  SBill  man  ben  Mangel  feiner  2Bab^r= 
^eitöliebe  unb  bie  53ermerftid)feit  feiner  ©djritte  rügen,  fo  mufj  man  gleichfalls 
bas  33errjalten  be§  ^önigä  Sluguft  unb  feiner  3JHnifter  it)m  gegenüber  ein  ge= 
miffenlofeg,  falfdjeg  Spiel  nennen;  fie  tjaben  i^n  auf  eine  fdjiefe  33atjn  getrieben 
unb  bürfen  bemnad)  ber  33crantmortlid)feit  nid)t  entzogen  merben.  S)er  ßonfltft 
löfte  fid)  ttagifd)  für  ^.  unb  erfetjütternb  ift  bie  S3uBe  ber  Sdmlb. 

6t)e  mir  ben  legten  2lbfd)nitt  feiner  2ebensgefd)id)te,  feinen  Ausgang,  bel)an= 
beln,  erübrigt  nod)  bie  23eantroortung  ber  ^ra9e  -  ü?a§  für  9lbfid)ten  b^at  5ß. 
mit  2iütanb  nad)  feinem  austritt  aus  fädjfifdjem  2)ienfte  üerfolgt:  mu^  man 
Sarodjomsfi  üollfommen  9ted)t  geben,  menn  er  behauptet,  ty.  Ijabe  ßiülanb  auä 
feinem  Programm  als  einen  üertorenen  Soften  geftrietjen,  unb  er  fei  felbft  ben 
^ntereffen  be§  Sanbes  in  bem  5Jla^e  entfrembet,  bajj  man  üergeblid)  in  feinen 
äatjlreid)en  ©d)riften  unb  Sßerb^anblungen  aud)  nur  nad)  bem  tarnen  feines  S5a= 
terlanbes  Siülanb  fuerjt?  betreffs  ber  erften  ^rage  ift  golgenbeg  31t  bemerten: 
gaft  bi§  jum  ©djluf}  ber  Saufbaljn  ^atful's  lag  bem  3aren  bie  3lbfid)t  einer 
Sfncorporation  Siütanbs,    ba§   ber   9tepublif  üpolen   fraft   üeTfdjiebener  Serträge 


Sßatfut.  235 

prallen  fottte,  burdjau!  lern.  3m  ©runbfatj  ftanb  auci)  %.,  obgleich  er  ge(e= 
gentttdt)  bem  ^aien  gegenübet  öertodenbe  2Iu!fid)ten  auf  geroiffe  ßrroerbungen 
bie!feit!  bet  ftarotoa  madjte  unb  eine  Teilung  -polen!  in  Setradjt  jog,  für  bie 
2Iufredjtert)attung  ber  gröfetentfjeitö  öon  itjm  juftanbe  gebrachten  Beiträge  ein. 
Sen  ©cbanfen  einer  Selbftänbigteit  Siölanb!,  biefe!  öon  mächtigen,  um  ben  33eftö 
be!  üSominium!  am  battifc^en  'Uceere  miteinanber  concurrirenben  Steigen  umroor= 
benen  ©ebiete!  tjielt  aud)  er  für  unburdjfüfjrbar,  bagegen  mußte  er  in  ber  2Bieber= 
fievftellung  ber  bettelten  2anbe!red)te  ba!  $id  feine!  Streben!  fefjen.  Sa!  Sdjicffal 
^iötanb!  mottle  er  ntcfjt  allein  Don  ber  ßntfdjeibung  ber  SSaffen,  fonbern  wol 
fjauptfädjltd)  öon  bem  Srgebnifj  'ber  ben  Krieg  beenbenben  5rieben!untert)anb= 
Lungen  abrjängig  madjen,  öon  benen  er  aud)  für  ftdj  eine  ^Rehabilitation  feiner 
iperfon  ertjoffte.  Söepglicl}  be!  legten  ümftanbe!  meifen  mir  auf  bie  Sfjatfadje 
t)in,  bafs  er  ben  Kaifer  unb  ben  3aren  um  eine  33ermenbung  bei  einem  eöentuetten 
gtiebensfdjlufj  Tür  fid)  betjuf!  Erlangung  einer  Simneftie  öon  Seiten  ber  Sdjroe= 
ben  bittet.  Seiner  frütjer  au!gefprodjenen  Slnftdjt,  bie  Seemädjte  Gnglanb,  «!pot= 
lanb,  SJänemarf  unb  23ranbenburg  Ratten,  fall!  ber  Qax  6ft=  unb  £iölanb  ju 
befetjen  5Jciene  macrjen  fottte,  ba!  @ntfcrjeibung!red)t  über  bie  ^ugetjötigfeit  btefer 
Sänber  unb  mürben  al!  ©aranten  ber  Verträge  anpfeljen  fein,  mirb  er  aud) 
fpäter  getmlbigt  Ijaben,  ba  er  eine  23efitmat)me  berfetben  burdj  Ütufjlanb  für  öer= 
tvagsroibrig  rjielt.  gür  fein  bem  Sanb  bctrjarjrte!  ^ntexeffe  fpredjen  nod)  anbere 
Momente.  5ßad)  feiner  ülüdferjr  au!  2öien  1702  aufbette  er  feinen  Unroitten 
über  bie  graufame  unb  öerroüftenbe  Kriegführung  ber  Ütuffen  in  Siölanb,  jugletct) 
forberte  er  bie  2lu!lieferung  ^toeier,  öon  ben  Kofafen  geraubten  unb  in  bie  Ufraine 
entführten  Siötänberinnen,  ber  üödjter  be!  liölänbifctjen  Sanbratfj!  Sßietingfjoff. 
3>m  S-  1704,  mo  er  burdj  bie  biptomatifdjen  ©efdjäfte  ganj  ungemein  in  2tn= 
fprud)  genommen  mar,  rügte  er  in  Ijeftiger  Spradje  in  einem  an  ©olotoin  geridj= 
teten  Schreiben  ba!  barbarifdje  5}eriat)ren  ber  Muffen  in  £iölanb.  „Sie  9taöagc 
in  ßiötanb  unb  bie  gar  ju  undjriftltdjen  5proceburen  mit  ben  23eroor)nern  be! 
£anbe!"  beäeidjnet  er  all  unerhörten  3)ertrag!btud)  unb  fdjilbert  in  ausführlicher 
SSeife  bie  aus  bemfelben  für  ben  3aren  1*3)  ergebenben  öertjangniBöotten  6on= 
fequenjen.  Obgleich  5ß.  fidj  im  auftrage  be!  König!  an  ben  ruffifdjen  ©rof5= 
fan<der  menbet,  fo  ftnb  feine  2tu!taffungen  Eingebungen  öon  ©mpfmbungen,  bie 
eine  2lnr)änglidjfcit  an  fein  Baterlanb  nidjt  öerfennen  laffen,  unb  beutlidj  gerjt 
audj  au!  bem  Briefe  bie  öon  il)m  öertretene  3lnfidjt  über  eine  Bereinigung  £iö= 
tanb!  mit  *polen  Ijerbor,  an  ber  er  aud)  nodj  in  feinem  letjten,  feine  XJaufbafjn 
abfdjtiefjenben  potitifdjen  Slcte  feftgef)atten  t)at.  ^n  bem  mit  bem  öfterretdjifdjen 
©efanbten  Strattmann  abgefd)(offencn  Stactate  betreff!  ber  Ucberfütjrung  ruffi« 
fdjer  Gruppen  in  öfterreid)ifd)e  ©icnfte  fpridjt  er  audj  öon  ben  feiten!  Cefterreid)! 
ju  befürroortenben  ruffifdjen  Srmerbungen  unb  mit!  öon  Defterreid)  nur  einen 
^afen  am  battifdjen  ÜJleere  garantirt  miffen.  2Benn  er  eine  ginöerteibung  Sio-- 
tanb!  burd)  gtutslanb  angeftrebt  tjätte,  fo  wäre  ber  ättnfdjen  sÄuguft  unb  3ar 
s^eter  abgefdjtoffene  Vertrag  nidjt  fo  öon  it)m  refpectirt  roorben.  2)afj  bie  jfte^te 
unb  gteitjeiten  Siütanb!  in  feinen  Schriften  feine  grmätmung  finben,  barf  nict)t 
SBunber  nefjmen :  biefetben  tonnten  erft  fpäter  nad)  ßrtebigung  öerfdjiebener  35or= 
fragen  bei  einem  beftnitiöen  grieben!fdjtuffe  äur  Spradje  fommen.  S)a!  2Inge= 
fütjrte  bemeift,  bafe  ^iötanb  ftet!  einen  midjtigen  Factor  feiner  ^otitif  bitbete 
unb  bafj  ba!  Sdjidfal  feine!  Sßatertanbe!  i^w  bi!  jutefet  am  ^er^en  tag. 

©ie  Kataftroptje  fütjrte  ^atfuF!  eigenmäcfjtige  Verfügung  über  bie  in  Sadjfen 
ftationirten  ruffifdjen  Gruppen  tjerbei,  über  beren  Sertoenbung  nad)  fäd)fifdt)er 
Stuffaffung  eine  brfinitiöe  Sntfdjeibung  nur  bem  fädjfifdjen  Kricgsratt)  unb  nid)t 
bem  rufftfdjen  (Seneralcommiffar  ^ufornme,  ba  bie  ruffifdjen  Sotbaten  bem  ßöntg 
luguft  äur  Serfügung  geftettt  maren.     Sit!  bie  fädjfifdjen  Iruppen  öon  ÄaxtXII. 


236  Sßotful. 

au§  *ßoten  berbrüngt  mürben,  fat)  fid)  audj  baä  ruffifdje  £)ülf§corp§  genötigt 
fid)  jurücfjujieljen  unb  in  ber  Dbertaufitj  Quartier  flu  nehmen,  wo  baffelbe  trofc 
aller  Vorftellungen  ^atful'S  bon  ber  fädjfifdjen  Regierung  eine  fo  ungenügenbe 
Verpflegung  erfuhr,  bafj  enblid)  5JJ.  bom  ruffifdjen  ©rofjfanjler  ©oloroin  bie 
ermünfd)te  Qrbre  erhielt,  bie  befagten  Gruppen,  fattä  bie  Surüdfütjrung  berfelben 
burd)  ^joleu  nadj  Stufjlanb  auf  unübcrminbtidje  ©djroierigfeiten  ftofje ,  im 
äufjerfteu  s)tott)faU  unter  ben  möglidjft  bortljeitljaiteften  Vebingungen  auf  bie 
S)auer  einer  (Sampagne  bem  $aifer  311  überlaffen.  2lm  15.  3)ecember  1705 
fd)tofj  Sp.,  bie  Vorteile  SftufjlanbS  unb  ©actjfcnS  im  9Iuge  Ijaltenb,  bau  ®efd)äft 
ber  Uebcrfüljrung  be§  ruffifdjen  JjpülfScorpg  in  faiferlid)e  2)ienfte  ab.  .Wönig 
Sluguft  tjielt  fiel)  jur  $eit  in  ©robno  auf,  unb  tßatful'ö  getnbe,  an  iljrer  ©pitje 
ber  Statthalter  gürftenberg,  benutjten  bie  ©elegenfjeit,  roo  bie  sJflad)t  in  iljren 
Jgjänbeu  lag,  jum  (Sturze  bc§  berljafeten  ©ünftingS.  Söegen  feiner  (Sompetenj= 
überfctjrcitung  unb  feiner  bielfadjen  ^ntriguen  mürbe  er  berljaftet  unb  auf  bie 
Vefte  ©onnenftetn  gebracht  (19.  3)eccmber  1705).  2)a§  mar  ein  Sittentat  gegen 
bie  Unberleülidjfeit  beä  Stepräfentanten  einer  fremben  IRad)t  unb  berutfacrjte  ein 
gtofjeö  3luijeb,en.  68  l)at  ben  Stnfdjein,  als  ob  biejenigen  ^erfonen,  bon  benen 
^atful'ä  fernere  ©djidfale  abgingen,  Sluguft  unb  5peter,  fid)  über  bie  gegen  ifm 
ergriffenen  9)caf$regcln  für'S  (hfte  geeinigt  Ijätten.  Wuguft  mod)te  bielleidjt  mit 
innerer  ©d)abenfreube  ben  ?lbfd)lufj  ber  tfaufbalm  ^atful'ä  begrübt  tjabeu,  ^eter, 
mangelhaft  unterrichtet,  3eigte  fid)  inconfequent,  lau  unb  unentfdjieben,  fpäter 
marnte  unb  brotjte  er,  meun  man  feinen  ©efanbten  nidjt  freilaffe,  aber  über 
Söarnungen  unb  ©rotjungen  ift  er  nietjt  hinaufgegangen.  Von  allen  berfaffen, 
rictjtet  ber  in  feinem  (St)rgefütjl  ticfgefränlte  ty.  ergrenenbe  ©djreibeu  an  ben  Qaxtn 
unb  an  bie  Qeffentltdjfeit,  in  benen  er  bie  itjm  unb  feinem  .£>errn  miberfatjrene 
©djmadj,  feine  Unfcrjulb  unb  bie  Verlegung  be§  Völferredjtö  barlcgt.  Vergeblid) 
finb  feine  9iufe.  3lm  9.  ©eptember  1706  bringt  man  it)n  auf  bie  geftuug 
J?önigftein.  Valb  barauf  rürft  Äarl  XII.  in  ©adjfen  ein  unb  ^bringt  Sluguft 
jum  ^rieben  bon  Slltranftäbt,  beffen  11.  Slrtifet  bie  Sluötieferung  be§  SiblänberS 
3ot).  üreint).  ^3atful  forbert.  $etjt  begann  fid)  in  Sluguft  ber  greifet  Qn  t,er 
9ted)tmäfjigfeit  beä  gegen  ^3.  eingefctjlagenen  Verfahrens  ju  regen  unb  fein  ©e= 
miffen  ju  fd)lagen.  2)a3  Vemufjtfein  feiner  ©djulb,  bie  $u*ä>t  bor  bem  £aren 
unb  ber  öffentlichen  Meinung  riefen  bie  Vebenfcn  mad),  meld)e  bie  Ueberant= 
mortung  ^atfurs  berjögerten.  $en  Umftanben  feinc3meg§  miberfpredjenb  erfdjeint 
un§  bie  Wittljeitung,  s^uguft  Ijabe  ^.  im  geheimen  bie  vl)cögltd)feit  ber  ^lud)t 
eröffnet,  iebod)  fei  bon  biefem  ba§  anerbieten  in  bem  äöunfdj  burd)  ben  llrt(jeil§= 
fprud)  eines  ®erid)t§rjofe§  ©cnugt^uung  au  erhalten,  abgetelmt  morben.  hoffte 
er  bod)  immer  nod)  auf  bie  ©a^mifdjenfunft  beö  3a^en-  eine  trügerifdje  Hoffnung! 
ßarl  XII.  bertangte  energifdj  bie  Slu^iütjrung  be8  geiebenStractateS,  unb  länger 
magte  man  ben  unerbittlidjen  ©djmebenfönig  nid)t  ju  reiben.  $n  ber  sJtad)t 
mürbe  5p.  einer  9teiterabtt)eitung  be§  ©eneralmajors  b.  "UJteberfetb  ausgeliefert 
unb  in  Letten  abgeführt  (7.  Slpril  1707).  |)eftig  f tagte  ber  ßar  in  feinem 
©djreiben  an  ilönig  5luguft  unb  an  ben  Äaifer  über  ba%  feinem  ©cfaubten 
angettjane  Uured)t  —  311  fpät!  ^atful'8  ©d)idfal  mar,  nadjbem  er  feinem 
unberfbtjntid)ften  ^einbe  in  bie  ^änbe  gefallen,  entfd)ieben.  3n  ßajmieta  lie^ 
ßarl  XII.  fein  graufameS  Urtt)eit  am  10.  October  1707  bollftreden.  3)er  iÄegi» 
mentSprebiger  ßorenj  ^pagen,  ber  Veridjterftatter  über  jenen  fdjredlidjen  Vorgang, 
bereitete  ben  Unglüdlidjen  jum  2obe  bor.  2Bof)t  mufete  ber  Verurtt)eilte,  ba^ 
er  am  Snbe  feiner  ßaufba^n  ftetje,  ba^  ir)m  feine  geinbe  fdjaubererregeube  harter 
befdjieben,  a^nte  feine  ©eele  nid).t-  Von  einem  in  feinem  Jpanbroerf  ungeübten 
genfer  mürbe  er,  mie  Maxi  XII.  e§  angeorbnet,  geräbert  unb  gebiertljeitt,  unb 
feine  ©ebeine  fottten   auf  bem  Vtutgerüfte  bermobern.     S)a§  mar  ba§  (Snbe  be§ 


5ßatruban  —  Sßatuaai.  237 

einft  fo  mädjtigen  ©taat§manne§,  melden  baä  ©d)idfat  in  ben  ©treit  ber  brei 
norbifdjen  #errfd)er  berwidelt  ^atte,  auf  bie  fein  2lu§gang  einen  metjr  ober 
weniger  bunflen  ©Ratten  wirft.  ßönig  2tuguft  fjatte  fidj  lp.  gegenüber  einer, 
cor  feinem  9tid)terftuf)l  au  red)tfertigenben  £anblungsweife  bebient,  $ar  ^eter 
fid)  Mangel  an  Energie  unb  ©teidjgüttigfeit  gegen  feinen  treuen  Wiener  ju 
©dmlben  fommen  laffen,  fiarl  XII.  aber  burd)  biefen  graufatnen  9fiad)eact  für 
alle  Reiten  feinen  |>elbenmutt)  befledt. 

SBernouEi,  3ofj.  Steint),  ü.  ^atful'3  33erid)te  an  ba*  jarifdie  gabinet. 
23b.  1-3.  1792—1797.  —  Otto  21.  2Bernid),  £er  Siblänber  3o$.  Steint), 
b.  5patfu[.  23b.  1.  1849.  —  Yctp^tob-l,  IIcTopüi  UapcTBOBanifl  IleTpa  Be.ui- 
uaro,  Tomt,  IV.  1883.  —  g.  ©djttten,  £ibl.  2lntWort.  1869.  —  gr.  SBiene- 
tnann,  2lu§  Baltifdjer  Soweit.  VI.  1870.  —  ß.  b.  3arod)OW§fi,  «patful'ö 
2lu§gang.  fteue§  2lrd)ib  für  fäc^ififcfje  ®efd)id)te.  23b.  3,  1882—1883.  — 
Otto  Sjögren,  3ot)ann  Steint).  SßatfuI,  ^iftorif  Äarafteräbilb.  1882.  —  6. 
Seinen,  Ueber  gfrebrif  gerb.  ßarlfon'S  Gart  XII.  %%  I.  ©öttingifd)e  gel. 
Stnj.  1883.  —  (Sb.  23obemann,  Seibnifeenä  $(an  einer  ©ocietät  ber  2Biffen= 
fdjaften  in  Saufen,  fteueg  2lrd)iü  für  iädtjfifd&e  ©efdjidjte.  33b.  4.  1883.  — 
6.  ©girren,   tyatM  unb  Seibnifc.    «Dtitt^.  au§  ber  tiölb.  ©efd)id)te.   35b.  13. 

1884.  —  (J.  fettig,  3fot).  Steint),  ö.  «ßatful.     9lorbifd)e  Stunbfdjau    33b.  3. 

1885.  —  #.  d.  23ruiningt\  ^atfutiana  a.  b.  liblb.  £ofgerid)t3ard)iöe.  «ülitt^. 
a.  b.  liölb.  ©efd)id)te.  23b.  14.  1886.  «Dtettig. 

^atrilbatt:  $arl  ö.  %,  2lrat,  al§  ©orjn  eine§  tjodtjgefteECten  ftäbtif  d)en 
Beamten  1816  in  Söien  geboren,  batte  bafetbft  3Jtebicin  [tubirt  unb  1839  bie 
Soctorwürbe  erlangt.  @r  war  juerft  mit  Sauge  aU  2lfftftent  an  bem  unter  ber 
Seitung  öon  23erre§  ftefjenben  anatomifdjen  Snjiitute  tt)ätig,  1842  mürbe  er 
als  ^rofeffor  ber  Anatomie  unb  ^tmfiologie  nad)  $nn§brurf  unb  balb  barnad) 
atö  Sßrofeffor  ber  ^tjbjiologie  nad)  ^rag  berufen,  infolge  feiner  bolitifcfcagi* 
tatorifdjen  £f)ätigfeit  im  3af)re  1848  faf)  er  fid)  öerantafjt,  öon  biefer  amt» 
tid)en  ©tettung  aurticfjutreten ;  er  ging  nad)  Söien,  mo  er,  als  begüterter  «Ucann, 
fiel)  miffenfdjafitid)  befctjäftigte,  aud)  als  (5t)irurg  bractifdt)  ttjätig  mar,  befon* 
ber§  tjaben  bie  öon  itjm  mit  ©lud  aufgeführten  Unterbinbungen  ber  $obfbuI§- 
aber  unb  bie  öon  itjm  geübten  9teröenbermungen  feinen  [Ruf  als  Dberateur  be= 
grünbet.  „Sie  legten  3afjre  feines  Sebens",  erflärt  fein  33tograpt),  „beibrachte 
^3.  in  gänatidjer  2lbgefd)iebenf)eit.  ©eine  fonft  fo  rege  £t)eilnat)me  an  bem 
öffentlichen  unb  miffenfd)aftlicf)en  gehen,  feine  agitatorifctje  2l)ätigfeit  auf  boli* 
tifdjem  unb  miffenfdiaftlidjem  ©ebiete  mar  einer  boEftänbigen  Stpat^ie  gemieden; 
tjarte  ©d)idfal§fd)läge ,  fdjmeraüdje  gamilienereigniffe  Ratten  ben  fräftigen, 
energiferjen  5Jlann  gebeugt"  unb  fo  ift  er  nac^  längerem  fet)r  qualbollem  Seiben  am 
2.  October  1880  geftorben.  ©eine  litterarifcl)e  £*jätigfeit  ift  eine  befc^ränfte 
geblieben:  er  t)at  einige  bllbfiologtfclje  unb  d&irurgtfdtje  Slrtitel  in  berfcf)i ebenen 
mebicinifd)en  3eitfc£)riften  beröffentlidtjt,  au|erbem  ift  er  biete  3fal)re  mit  ber 
gftebaetton  ber  bon  bem  5Doctoren--SoHegium  ber  mebicinifdjen  ^acultät  in  SBien 
ljerau§gegebenen  „ßefterrcidtjifd&en  3eitfct)rift  für  jjraftifc^e  ^eilfunbe"  befc^äftigt 
getoefen. 

ÄrauS  in  Söiener  aügem.  meb.  3eitung  1880  «Jlr.  40,  ©.  429. 

21.  $itf<*. 

^>atUJ3t :  2Xlejanber  gbuarb  ^o^ann  Sofeplj  ty.  entflammte  einer 
italienifctjen  Familie,  bon  ber  fiel)  ein  3^9  m  Oefterreidc)  niebergetaffen  I)atte, 
unb  mürbe  am  11.  'jUMra  1813  in  Söien  geboren.  @r  ertjielt  feine  ßrjieb.ung 
im  @lternljaufe  unb  bann  burdtj  fieben  ^aljre  im  gräf(ict)  ßömenburgifcb,en  6on* 
biete,  worauf  er  in  SBien  ba§  ©tubium  ber  3)cebicin  begann;  bod)  unterbrach 
er  ba§fetbe  unb  Wanbte  fid)  nunmeljr   bem  23ud;l)anbel   ju.      Ütadjbcm    er   tjier 


238  Stofcte. 

unb  ba  conbitionirt,  tont  er  auletjt  bei  J?oümann  in  ßeipjig  al§  ©e^itfe  ttjätig, 
brad)  bann  aber  mit  feinem  93ctufe  unb  fütjrte  nun  feit  1838  ein  $at)rjer)nt 
tvtnburd)  ein  frötjlidjeS  SOßanberleben.  6r  burd^ftreifte ,  meift  3U  fjfufe,  Oefier= 
rcid),  5Deutfd)tanb,  bie  Sdjmci,}  unb  Italien,  ja  er  medjfelte  aud)  nad)  feiner 
Sermäfjtung  mieberljolt  feinen  Slufentljalt.  ßängere  3eit  roeitte  er  in  2Mrtem= 
berg,  roo  er  ben  Üiebactionen  ber  ,,Sd)ncEpoft"  unb  bann  ber  „Gfjronif"  ange* 
l)örte.  £rotj  be§  unftäten  £eben3  fanb  ty.  bod)  nodj  9Jtufee,  fic£>  aU  2>icf)ter  ju 
bettjätigen.  9lad)bem  er  mit  einigen  Wobellen  ,,2)er  finftere  -üperjog",  ,,3)te 
£aufe  beä  ©rftgeborenen"  ,  „Sie  tobte  Sdjmefter"  (1840)  be6ütirt  tjatte,  bet= 
öffentlid)te  er  ben  ßieberfrana  „S)e8  2Banbercr8  ^itgerfalrrt  unb  £)eimferjr"  (1841), 
ber  manche  ©ebicfjte  enthält,  bie  Don  poetifdjem  Sinn  unb  Talent  zeugen,  barauf 
,,Sd)roäbifd)e  Sagen  =  6rjronif"  (1844),  ,,3)ie  beiben  23ürgermetfter  Don  Ulm" 
(1843),  ein  IjiftorifdjeS  ütrauerfpiel  in  5  bieten,  in  bem  er  einen  gut  geroätjlten 
Stoff  leiber  roenig  glüdlid)  burtfjgejütvrt  rjat ,  unb  enblid)  ,,2)er  üttjron  bon 
SMrttcmberg"  (1848 )  einen  23allabenct)ftu8,  ber  einzelne  roerttjbolle  ©emälbe  enthält, 
aber  in  formeller  Jpinficfjt  rote  in  poetifdjer  21uffaffung  ber  ^erfouen  biet  ju 
roünfdjen  übrig  läfet.  6nbe  ber  Diesiger  Starre  ferjrte  *ß.  nad)  ber  ,£)eimatt)  ^u= 
rüd,  roirfte  1850  in  ©raj  an  ber  Sftebaction  ber  bort  erfdjcinenben  SanbeSjeitung 
mit  unb  nafjm  1851  feinen  bauernben  21ufentt)alt  in  SGßien,  roo  er  feitbem  bon 
bem  (Jrtrage  fd)riftftellerifd)er  arbeiten  ber  berfd)iebenften  9lrt  lebte.  %m  %.  1859 
roeilte  er  einige  Monate  a(§  23erid)terftatter  für  mehrere  3>ou*nale  auf  bem 
$rieg§fdjauptat$e  in  Italien.  ,,£)em  £>aififd)t)unger  be§  ßrroerbenS  preisgegeben", 
fanb  *J3.  nur  roenig  3eit,  oet  ^oefie  ju  rjulbigen:  aufeer  einem  £rauerfpiete  in 
3  SIcten  unb  einem  23orfpiete  ,, Honig  unb  Slebtiffin"  (1853)  fjat  er  nad)  biefer 
Seite  r)in  nidjtö  metjr  beröffentltdjt.  dagegen  roanbte  er  fid)  bem  ernften  ©c= 
biete  ber  ©efdjidjte  ju  unb  fdjrieb  eine  ,,(Sefd)id)te  Defterreid)§,  bem  2Mte  er= 
jäcjlt"  (1864)  unb  bie  „©efdjidjte  ber  ^äpfte"  (1867),  an  beren  23oüenbung  er 
inbefe  burd)  ben  ütob  bertjinbert  mürbe.  23eibe  arbeiten  finb  bon  ber  fadjmän= 
nifdjen  $ritif  entfdjieben  jurürfgeroiefen  morben;  fie  finb  gerabeju  unbebeutenb 
unb  tragen  alle  Sdjroädjen  einer  unboüenbeten  Siitbung  jur  Sdjau.  ty.  ftarb 
in  äöien  am  10.  5lprit  1869. 

aBur^bad),   23iograpt)ifd)e§  ßejifon,    21.  23b. ,   S.  355.    —    Äurj,    <$c= 
fd)id)te  ber  beutfdjen  Wationatlitteratur,  4.  23b.,  S.  360. 

3  ran,}  23  r  ü  m  m  c  r. 
^O^fc :  Sodann  Samuel  5p.  mürbe  am  24.  Qctober  1727  jii 
^vantfurt  a.  £).  im  $aufe  feineä  ©rofebater§  geboren  unb  bon  bem  teueren 
aad}  exogen,  ba  ber  Sßater  beä  .Knaben,  ein  armer  Slccifebeamter  in  Seelom  bei 
granffurt,  bie  Sorge  um  bie  (Sr^iermng  feinet  $inbe3  gern  bem  ©rofebater  über= 
liefe.  s^.  befudjte  bie  granffurter  Oberfdjule  unb  jeidjnete  fid)  frier  fornor;!  burd) 
feine  gär)igfeiten  al§  aud)  burd)  feine  S)ürftigfeit  au$.  SBegen  feiner  atm« 
fetigen  .^leibung  moüte  iü)n  fogar  ber  föector  bon  ber  Sdjule  bermeifen :  ein 
®elegenljeit3gebid)t,  ba8  5p.  jur  ^>od)]eit§feier  beö  9tector§  berfafete,  ermögtidjte 
il)m  ben  2Beiterbefud)  ber  Scrjule,  bon  ber  er  1748  jur  llniberfität  feiner  23ater= 
ftabt  überging,  -grier,  roie  aud)  fpäter  in  .stalle,  mof)in  ir)n  ber  9tuf  23aum= 
garten§  gebogen  tjatte ,  lag  er  ben  tljeotogifdjen  Stubien  unter  großen  (Sntbefj* 
rungen,  aber  aud)  unter  bielfad)en  (jrroeifungen  göttlidjer  ©nabe  ob.  Seinen 
Unterhalt  ermarb  er  fid)  tfjeilS  burd)  ^auSinformationen,  infonbertjeit  aber  burd) 
SIbfaffung  bon  ©elegent)eit§gebid)ten,  morin  er  eine  grofje  (Semanbtljeit  befafe. 
21ud)  liefe  er  nod)  in  £)atle  eine  Sammlung  feiner  ,,©ebid)te"  (1750)  erfd)einen. 
Wad)  23eenbigung  fetner  Stubien  fel)rte  er  nad)  5van!furt  äiirüd,  too  er  fid)  mit 
ber  SSorbereitung  jur  Uebernarjme  eine§  ^rebigtamte§  unb  mit  fd)riftftellerifd)en 
arbeiten   befdjäftigte.      3U    letzteren    gehörten    „Sieber  unb    grjätjlungen"  (III, 


?Pa&fe.  239 

1754);    „SKrginia,    ein  Strauerfbiel"  (1755)   unb    eine  Ueberfefcung   bon  ,,©eS 
«PubliuS  £erenaiuS  Suftfüiele"   (1753),  üon  ber   bie  bamatige  ßritif   behauptete, 
„bafj  «Jkfefe'S  £erena  bie  erfte  beutle  Ueberfe^ung  biefeS  ©tdjterS  fei,    bie   fid) 
lefen  liefje".     Snamifdjen   war  «£.  mit  bem  Dbertjoförebiger  ©ad  in  Berlin  be= 
!annt  geworben,  unb  biefer  empfahl  irjn  an  ben  eblen  «Jflarfgrafen  £>einrid)  bon 
©d)Webt   au    ber   erlebigten   «pfartftette    in   SßormSfetbe    nebft   ©totaenburg    bei 
SanbSberg  a.  b.  Söartlje,    bie   iljm   benn   and)   im  3-  1755  übertragen   mürbe. 
£atte  fß.   t)ier    aud)    bei    geringem   ©infommen   mit   Mangel    unb  Strmutl)    ju 
fämpfen,   fo  lenfte  (Sott  bod)  baS  £era  beS  «Utarfgraien,  bafj    er  feinen  ^rebiger 
ott   auf   bie   ebetmütt)igfte   unb    jugteid)   finnigfte   20ßeife    befd)enfte    unb  unter= 
ftüfete.     ©djmer  t)atte  «jß.  unter  ben  ©rangfalen   beS   fiebenjätjrigenS  ÄriegeS  ?>u 
leiben.     SSalb  nad)  feiner  «Bert)ciratt)ung  fielen  bie  «Jiuffen  unter  gfermor  (1758) 
in  bie  «Jceumatf  ein,  berWüfteten  «ßafcfe'ä  Sßofmort  nnb  bermanbetten  fein  «Pfarr- 
haus in  eine  «JJtörbergrube,  fo  bafj  er  fein  geben  nidjt  t)ätte  friften  tonnen,  menn 
if)tn  fein  alter,  bewährter  «IBotjlttjäter,  ber  «ütarfgraf,    nid)t  monattid)  8  £t)aler 
Ijätte  au§aat)len  taffen.     3m  folgenben  Satjre  mürbe  $.  Pfarrer  in  ßie^en  (nidjt 
Sinken,  ßenaen,  Siegen)  bei  gfranffurt  a.  £).,  rjatte  aber  t)ier  unter  bem  erneuten 
(Sinfatt  ber  Muffen  in   bie  «Dcarf   abermals  fdjWer   au  leiben.      &ter    entftanben 
aud)  bie  „greunbfdjafttidjen  Briefe"  «pafcfe'8  (1760),  bie  fpäter  unter  bem  Sitel 
„«Briefe  bon  bem  Skrfaffer  beS  ©reifes"  (1767)  neu  herausgegeben  mürben,   3m 
§.  1762  fam    er    auf  @mpfet)lung    beS  «fltarfgrafen    als  «ßrebiger    an    bie  tjetl. 
©eiftfirdje  nad)  ^cagbeburg,  mo  fid)  it)m  ein  meiteS  ftetb  ber  SE^atigteit  eröffnete. 
Sfogefpornt  burd)  ben  atigemeinen  unb  gerechten  Seifaß,   beffen   fid)  fein  3lmt8= 
genoffe    ju   erfreuen  tjatte,    öermenbete  5ß.    ben    anbauernbften   ftleifj   auf   feine 
Äanjelborträge  unb  bilbete  fid)  fo  ju  bem  großen  ßanaelrcbner  auS,  für  metdjen 
er  bis  ju   feinem  £obe  gegolten  t)at.     Sie  «Hncrfennung,  meld)e  feine  ^ßrebigten 
fanben,  beranlafjte  it)n  aud),  brei  ©ammtungen  berfetben  in  7  SBänben  burd)  ben 
©rud  au  beröffentlid)en,  unb  brei  meitere  Sammlungen  finb  nod)  nad)  feinem  Xobe 
erfd)ienen.     2118  ©d)riftfteller  mirlte  $.  befonberS  für  «BotfSbeletjrung  unb  SBeffe» 
rung  burd)  Verausgabe  Don  9Bod)enfd)riften,  mie  „©er  ©reis,  eine  2Bod)enfd)rift" 
(XVI,  1763-69),   „©er  2öopi)äter,  eine  2ßod)enfd)rift"  (VI,  1772—73)  unb 
„2ööd)entlid)e    Untergattungen"    (mit   ©d)ummel   unb    SSerf^an  f)erau8g. ,    III, 
1777—79).     giod)  nie  juöor  mar  in  «JJhgbeburg  ein  Mittel  biefer  3Irt  gebraucht 
morben,  um  Äenntnifie  unb  eble  ©efinnung  unter  baS  Söolf  ju  bringen.     (Sinen 
gleichen  3wed  berfolgte  $.  mit  feinen  geiftlidjen  ©ramen  („©abib'S  ©ieg  im  @id> 
ttjal",  1766;  ,,©aut,  ober  bie  ©ewalt  ber9Jtufif",  1777;  „bie  ßeiben  Sefu",  1776; 
„Slbel'S  £ob",  1769;  „bie  «Äuferftetjung  3efu"  u.  a.),  weldje  bom  «üeufifbirector 
«Rotte   in  «öcufi!   gefegt   unb   in   ben  Söinterconcerten   unter  folgern  SSeifatt  aur 
Stuffütjrung  gebracht  mürben,  bafe  fet)r  biete  5lrien  bexfelben  ju  «BolfSliebern  ge= 
morben  finb  unb   nod)  tjeute    gefungen  werben,     ©bäter    gab    er  biefe  ©ramen 
mit  anberen  ©ramen  auS  ber  griedjifd)en  unb  altgermanifd)en  ©öttertetjre  unter 
bem  Xitel   „«Utufüalifäe  ©ebid)te,   nebft  einem  5lnl)ange  einiger  Siebet  für  $in= 
ber"  (1780)  heraus.     3rn  %  1769  war«p.,  ber  fid)  in  feiner  ©emeinbe  bte  un= 
begrenatefte  Siebe  unb  3ld)tung   erworben   tjatte,    auw  «ßaftor   unb  ©enior   beS 
«DltnifteriumS  ber  ^Itftabt  «JUagbeburg  ermaßt  worben  unb  füllte  fid)  in  btefem 
SSirlungSlreife  fo  mo^t,  ba?3  er  berfd)iebene  e^renöoEe  «Berufungen   nad)  «ßeterS= 
bürg,  $attc  unb  S3raunfd)Weig  ablehnte,     ©ie   legten  brei  ^a^re  feines  SebenS 
^atte  er  mit  ben  größten  ^brperfdjmeraen  unb  «8efd)Werben  au  fömbfen,  btS  enb= 
lid)  ber  2ob  am  14.  ©ecember  1787  feinem  Seben  ein  ßnbe  mad)te.     «p.  War 
einer  ber  adjtungSWertrjeften  unb  ebelften  «JJcenfd)en.     6r  befafe  ein  reid)eS  «mafi 
bon  ©eifteSfräften  unb  Talenten    unb    tjatte   feinS   berfelben  unauSgebttbet  unb 
unbenu^t  gelaffen.      ©ein  «Berftanb  War  geftärt,   fein  ©efdjmad  geläutert,   fem 


240  ^aucfer. 

Urtivit  gefdjätft.     %n   metjr    al§   einem  ^acrje   ber  Söiffenfctjaften    tjatte  et  ftdj 
einen  nictjt  geroörjnlicrjen  SBortaU)  ber  gtünblicfjften  $enntniffe  etmorben. 

®.  Jp.  Sorbens,  gertfon  beutfdfjer  Sinter  unb  ^rojatftcn,  IV.  93b.,  ©.  154. 
—  $od),  ©efcrjtcrjte  be§  $ird)enlieb§  unb  Äircfjcngefangä,  VI.  SBb.,  ©.  293. 

ftranj  Stummer. 

lautier:  Äatt  £einrtd)  Ü.$.,  2lrd)äologe  unb  ^ilologe,  1820—1883. 
©r  rourbe  alä  ber  ©ot)n  eine§  eüangetiferjen  DberlefjrerS  Don  abeligem  ©tanbe 
(f.  u.)  in  sDlitau  am  7.  ©ecember  1820  geboren,  befugte  feit  1833  ba§  bortige 
(Srjmnafium  unb  fpäter  bie  Uniöerfität  ©orpat,  mo  er  unter  prellet  unb  sJleue 
clafftfeeje  s}>t)iIologie  ftuoirte.  3m  ©ecember  1844  mürbe  er  (Sanbibat,  ging  bann 
nact)  23erlin,  mo  er  brei  ^arjre  rjinburdj  namentlid)  ©erwarb  unb  SBötft)  tjörte, 
fetjttc  bann  nact)  ©orpat  jutücf  unb  mürbe  tjier  im  sJJtär;j  1850  auf  ©runb  feinet 
©iffertation  „De  Sophocle  medici  herois  sacerdote"  jum  "Dtagifter  promoüirt. 
$n  bemfelben  i2Sat)te  mutbe  et  Oberlehrer  am  ©rjmnaftum  in  ü)titau,  üornet)m= 
lid)  für  bie  gtied)ifd)e  ©ptadje,  unb  blieb  in  biefer  SteEung,  biö  er  1861  al§ 
aujjerotbentlidjer  ^rofefjor  für  claffifctje  s.pr)ilologie  unb  s}>äbagogif  nad)  ©orpat 
berufen  mürbe.  9tad)bem  er  im  Wära  1870  ^um  ©octor  promoüirt  mat  („De 
latinitate  scriptorum  historiae  Augustaeu),  mutbe  et  orbentlictjer  ^tofeffot,  aud) 
1872 — 74  ©ecan  bet  plnlofoprjifctjen  ^acultät,  ttat  abet  nact)  öollenbeter 
25jal)tiget  SDienft^eit  1875  in  ben  9hir)eftanb.  (Sine  neue  Berufung  an  bie 
Uniöerfität  in  $afan  letjnte  er  ab ,  übernahm  aber  nod)  für  menige  $al)re  bie 
(Stellung  al§  ©itector  ber  Äutlänbifdjen  @oubernementä=©ctjule  in  sUlitau.  ©ie 
testen  ßebenäiatjre  berbradjtc  er  in  9tetial,  mo  er  am  7.  Uluguft  1883  fiarb.  — 
(Seine  aacjlreidini  ard)äologifd)en  ?lbb,anblungcn  erfdjienen  ttjeilö  in  ben  „arbeiten 
ber  ffutlänbtfdjen  ©efcHfdjaft"  (9llcon,  bet  .£>etoä  bet  paionifdjen  ^eitftaft;  baä 
attifdje  s4>aüabion  u.  a.),  ttjeite  in  ©etfjatb'ö  „©enfmälern"  (jttcrjilleä  auf  Seufe ; 
Stermeroä;  ^etfeu§  unb  9lnbromeba;  ©iosfureu  in  ©elpfu*  u.a.);  bie  eigentliche 
pb,ilologifd)e  Arbeit  ^cmtfet'8  etfttedte  fid)  auf  bie  lateinifd)e  ©pract)gefd)id)te, 
Söortbitbungslerjre  unb  ßejicogtaplne;  auf  bie  „Addenda  lexicis  latinis"  1872 
folgten  in  einet  grofjeuüteifje  üerbienfttidjer^oi'tfetmugen  unb  (Sinjel-Unterfudjungen, 
ttjeilS  alä  felbftftänbige  ©djrifteu,  trjeitg  in  ben  berfduebenften  prjilologifctjen  $eit= 
fdjriften,  fetjr  mertl)üolle  ^Beiträge  <$ur  Äenntnif;  ber  lateinijdjen  ©pracfje.  (Sin 
öoüftänbigeö  äiex^eid^nife  biefer  arbeiten  f.  bei  9tönfd),  Wadjroort  ju  «jjaudcr'ö 
Vorarbeiten  pr  tat.  ©prad)gefd)ict)te. 

«!perm.  Ütönfd) ,    $arl  oon  ^auefer,    in  ^to.  *DlüüeiJ§  biograptj.  ^atjrb. 
für  2lltertt)um§tunbe.     6.  Safjrg.  für  1883,  ©.  93  ff. 

9t.  £ocf)e. 

^aittfcr:  Magnus  ©eorg  ö.  5ß.  mürbe  am  15.  ftobember  1787  als 
©otjn  eine§  ßanbpfarrerä  in  föfttanb  geboren,  genofj  juerft  eine  fetjr  forgfältige 
©rjietjung  im  elterlichen  Jpaufe,  bann  feit  bem  11.  3at)re  bei  einem  Oljeim  in 
Söefenberg  ;  auletjt  ertjiett  et  mit  metjteten  gleichaltrigen  Knaben  ben  Unterricht 
ju  £>aufe  buret)  einen  fenntnifereidjen  ^>au§lef)rer  3o§-  §einr.  f^i^ejuftuS  A^eufer 
au§  Ghfurt,  ber  feinem  3öfl^nS  insbefonbere  eine  entfdjiebene  Neigung  ^u  ben 
matfjem.  SÖöiffenfctjaften  einflößte,  ^m  ^.  1805  be^og  er  bie  Uniöerfität  ju 
S)orpat  unb  gab  fid)  untet  ßeitung  bet  5]3tofefforen  $attot  unb  3.  20.  -Pfiff  otm 
(Stubium  bet  5pt)t)fif,  Slfttouomie,  ^lec^anif  unb  £)t)btauli£  mit  bem  größten 
@ifer  tjin.  ©djon  alö  ©tubent  öer öffentliche  er  „afirognoftifetje  9lotijen"  unb 
„über  ben  ©etjungebogen  bet  ^ijfterne"  in  Sßfajfä  aftrouomifcb.en  23eiträgeu  (2)orpat 
1806).  5p.  bottfüt)ite  aud)  im  ©ommer  1808  bie  Sermeffung  be§  ©mbacrjftromä 
in  Siblanb  üon  feinem  2lu§flu|  au§  bem  Söüräjärro  bi§  ^u  feinem  @inftufe  in  ben 
Speipusfee   trigonometrifd) ;    boeb,    mürbe   bie  Arbeit   erft  50  ^atjre  fpäter  publi= 


^Paurfer.  241 

citt  („Sermeffung  beS  gmbadjS,  feines  SaufeS  unb  feines  ^rofilS  im  ©ommer 
beS  %.  1808",  Sorpat  1855).  8m  3.  1809,  nadjbem  et  feine  ©tubien  m 
Sorpat  beenbigt  tjatte,  ging  er  nad)  ©t.  Petersburg  unb  erridjtete  bei  garSfoje 
©elo  ben  etften  £elegraprjen  in  9tufclunb.  6r  bereitete  jtdj  bor,  in  baS  ^nftitut 
ber  Ingenieure  einzutreten,  um  jtdj  fpäter  gan3  ber  ^rajiS  p  rotbmen,  als  ifnt 
im  £erbft  ein  9tuf  nad)  QBiborg  (ginntanb)  als  Oberlehrer  ber  Etatljematif 
führte.  £ier  toeitte  er  iebod)  nur  furje  3eit.  ©djon  im  Slnfang  1811  als 
Dbferbator  an  bie  ©terntoarte  nad)  SDorpat  übergefiebelt,  begann  er  mit  ©rfolg 
Sorlcfungen  über  2Inalt)fiS,  Differential  unb  3ntegral=9ted)nung  ju  Ratten.  °$m 
sJJlära  1813  ertoarb  er  fid)  bie  SBürbe  eines  SoctorS  ber  $I)ilofop£)ie  (Diss.  de  nova 
explicatione  phaenomeni  elasticitatis  corporum  rigidorum)  unb  tourbe  im  Januar 
beffelben  SatjreS  aum  aufjerorbenttidjen  s£rofeffor  bei  attatljematif  ernannt  Srojjj- 
bem  gab  er  bie  afabemifcrje  2aufbat)n  auf  unb  natjm  bie  ©teile  eines  £)ber= 
letjrerS  ber  mattjemattfcrjen  unb  pl!)t)fi£alifd)en  Söiffenfdmften  am  ©bmnafium  in 
9Jtitau  im  Sluguft  an.  £iet  eröffnete  fidj  iljm  ein  jroar  nidjt  fetjr  toeiter,  aber 
reid)  gefegneter  SBirfungSfreiS  für  ^ugenbbilbung  unb  Verbreitung  wtffenfdjaft» 
lieber  Äenntnijfe,  bem  er  mit  unermüblidjem  (Sifer  ein  ooIleS  sJJtenfdjenaIter 
feine  befte  ßraft  unb  feine  reichen  Erfahrungen  getoibmet  t)at.  @r  begnügte 
fid)  aber  nirf)t  mit  bem  bloS  münblidjen  Unterricht  in  allen  gtoeigen  ber  9Jcatl)e= 
matif  unb  Sßljtyftf,  fonbem  fuct)te  audj  burdj  ja^lreidje  ©d)riften  ber  Söiffenfdjaft 
in  toeiten  Greifen  2lnf)änger  unb  greunbe  ju  üetftljaffen ,  toobei  er  fpäter  bor= 
nerjmtid)  bie  practifdje  Slntoenbung  ber  toiffenfdjaftlictjen  Qmungenfdjaften  auf 
gemeinnützige  gtoede  im  Seben  unb  SSerfefjr  ber  9Jcenfd)en  im  91uge  rjatte  unb 
nacr)  allen  ©eilen  burdj  SBort  unb  ©crjrift  anpbatjnen  bemüht  mar.  lieben 
feinen  ©djulpflidjten  unterzog  er  fid)  bereittoiflig  ben  arbeiten,  toeldje  baS  Slmt 
eineS  beftänbigen  ©ecretärS  ber  ßurlänbifdjen  ©efellfdjaft  für  ßitteratur  unb 
$unft  mit  fidj  bradjte;  er  betätigte  fid)  ferjr  energifd)  an  ber  Söfung  ber  bie 
®efettfd)aft  befdjäftigenben  fragen  rjifiorifcMitteranfdjen  toie  toiffenfdjaftlidjen  3n= 
tjaltS.  9tadjbem  am  28.  3uli  1818  Dr.  ^>utt) ,  ^rofeffor  ber  Slftronomie,  in 
2)orpat  geftorben  unb  s}>rofeffor  23ranbeS  (SreSlau)  ben  9tuf  nad)  Sorpat  auS= 
gefdjlagen  rjatte,  tourbe  bie  Sßrofeffur  ber  2lftronomie  unb  5ftatrjematif  !p.  an- 
getragen —  allein  5ß.  lehnte  ab.  Unb  nod)  einmal  tourbe  itjm  ein  9iuf  ju 
tfyeil:  im  $.  1831  tourbe  itjm  ber  efjrenöotte  Antrag  gemadjt,  bie  ©teüe  eineS 
orbentlidjen  Witgliebe§  ber  f.  2lfabemie  ber  2Biffenfd>aften  ^u  ©t.  Petersburg 
einäunetjmen.  Slber  5p.  naljm  ben  Antrag  nidjt  an:  er  30g  eS  bor,  in  ^Dlitau 
in  feinen  bisherigen  Sertjättniffen  unb  in  ber  itjm  liebgetoorbenen  SImtStoirffamfeit 
p  bleiben.  @S  toaren  tebigtid}  gtürffidjten  auf  feine  fSfamilie,  toeldje  i^n  ju 
biefem  ©djritt  berantafsten.  2lm  (Snbe  beS  ^a^reS  1846  gab  er  fein  2lmt  am 
©rjmnafium  auf,  um  ganj  feinen  toiffenfd)afttidjen  Neigungen  su  leben.  @r 
ftarb  au  «ölitau  ben  19.  Sluguft  1855.  Sie  ^atjl  ber  bon  %  berfafeten  916» 
tjanbtungen  ift  fc^x  flto§  —  fie  finb  in  gtede=9cabierSfb,  III,  ©.  390—393, 
Seife'S  9tad)träge  baju  II,  ©.109 — 113  in  d)ronologifdjer  Reihenfolge  aufgeführt. 
Slu^er  einigen  Programmen  unb  Sieben  unb  bieten  Sluffäfeen  in  ben  ^at)reSber= 
tjanblungen  ber  ^url.  ©efeüfd)aft  nennen  mir:  „Sie  ebene  ©eometrie  ber  ge= 
raben  Sinie  unb  beS  iheifeS  ober  bie  Elemente."  @rfteS  S3udj,  Königsberg  1823, 
„Memoire  pour  la  construetion  geometrique  des  equations  du  troisieme  degre 
et  sur  les  propriötes  principales  de  ces  equations,  demontrees  par  la  geomötrie 
elementaire"  (Memoires  de  l'Academie  des  sciences  de  St.  Pötersbourg  1846 
Tome  X,  p.  158 — 266).  (Sine  fetjr  umfaffenbe  3lrbeit  lieferte  er  über  bie 
9Jletrologie  9tufjlanbS  unb  fteüte  biefelbe  tjanbfdjriftlidj  ber  Petersburger  9lfa= 
bemie  bor,  toeldje  iljmbafür  bie  boHe  ©emiboto'fdje  Prämie  bon  5000  Ütbl.  33.  2L 
berliet).     Sine  Sfteirje  arbeiten  befunben  feine  Stjätigfeit  auf  ber  9Jiitauer  ©tern= 

aüflem.  beutffte  Siontab^te.    XXV.  16 


242  laubig. 

roarte:  „IRefultate  ber  9lbetrationgtt)eorie  ber  ^iyfterne,  Planeten  unb  Kometen", 
über  correfponbircnbe  ©onnenfyöljen  (S3obe'g  aftron.  ^a^rb.  1818 — 1828).  @r 
fdjrieb  „9Jletrologie  ber  alten  ©riedjcn  unb  Körner"  (Sorpater  ^atjrbüctjer  für 
ßitteratur,  ©tatiftif  unb  Äunji  V.  1835,  ©.  177—217;  ebenbafelbft  eine  Skltia- 
tiongtabelte  römifcfjer  2)cnatien,  tierglict)en  mit  ruffifdjem  (Seroicrjt  unb  SJlün^e. 
gerner  „bie9Jtaa£e  unb  ©eroictjtegtufjlanbg  unb  feiner  Sßtobinjcn"  (©djumadjer'g 
3at)rb.  1836  u.  1837);  „^unbamente  ber  ©eometrie",  I.— IV.  (Surfug  gongruenj, 
$araEeltiuicn,  ^letjntidtjfeit,  «ötttau  1842,  V.— VIII.  Gmfug  Seidig  1842;  „bie 
©auffifdjen  ©teidjungen  beg  33ogenbreietfg  unb  ^roei  merfroürbige  ©äfee  bom  9ftaum", 
3Jtitau  1844;  „$ie  Sitbletjre",  Seipjig  1846  u.  f.  to.  «paucfer'ä  treffliche 
©Stiften  unb  practifdje  arbeiten  fidlem  itjm  für  alle  $eit  einen  roürbigen  *pinij 
in  ber  ©efcbidjte  ber  SBiffenfdtmft. 

föecte^tapiergfti  III,  390—393.  —  Sßeife'g  «Rasttage  II,  109—111.  — 
9tefrotog  im  35orpater  „^ntanb"  1855  9tr.  40 — 42  unb  ein  ©onberabbruä 
baraug;  auet)  in  ©runert'g  9lrcr)iti  ber  5Jiatr)ematif  unb  'Spcjtjfif,  XXVI.  Sit. 
33er.  CI.  1—14.  8.  ©tieba. 

Itallbiß:  ©rjriftopr)  s$.  (ntdjt  Sljriftian,  roie  ^örfter  angiebt),  $au  = 
bik,   iöaubit;,  ^aubij,  ^aubifdj,   ^ubife,  23  au  bieg  ic,  bertiorragen= 
ber  9Jtater   aug  töembranbtg  ©djule,  rool  aber  fein  ©djület  föembranbtg  felbft. 
lieber  fein  ßeben  roiffen  mir  nur  menig.     @r  foH  1618  in  9lieberfad)fen  geboren 
unb  1666  (nidjt  1669,    roie  £übner  tiermeint)   ju  greifing  bei  sJMncr)en,    bon 
too  5lac^rid)ten  über  il)n  leiber  nietjt  eingegangen  finb,  atg  Hofmaler  beg  5ürft= 
bifdjofg  bafelbft  geftorben  fein,     ©t  felbft  giebt  1660  in  einem  ©ctjreiben  an  ben 
Äutftttften  bon  ©adjfen,  beffen  Hofmaler    et  bamalg  roat,   an,    bafj   er   fict)   ge- 
raume geit    ,M  Ungarn,  in  Wiebetlanbt  unb  anbern  Orten"    aufgehalten   tjabe. 
©ein  tiorjüglicbjteg  Sßerf  bürfte   bag   im  Ä.  ©.  3fagbfdjtoffe  <ju  sIftoritj6urg   be= 
finblidje,  einen  inmitten  reicfyer  ^agbbeute  mit  9lugroeiben  bon  SBilb  befdjäTtigten 
Säger  (ty.  felbft)  barftellenbe  ©emälbe  aug   bem   3at)re  1660  fein ,   roeldjeg    et 
bem  ßurfürften  3ot)ann  ®eotg  II.  bot  feinet  Uebetfiebelung  nadj  2ßien  Oeteljtte. 
$n  ber  SDtegbnet  unb  ber  SCßienet  («eltieb'cre,  ©.  ©feil,  toerfauft  1870)  ©alerie 
finb    ebenjaflg    mehrere    ©tücfe   tion    s4>aubij$'    ißinfel    auf6eroat)rt ,   bcggleidjen 
in   bet   alten  ^inafotrjef  $u  9Jtündjen,    be<jro.  jetjt  im  ©cfjloffe  unb  in  bem  ©e= 
mälbebepot  ^u  ©djleifjtjeim  bei  s33tün<^en,  im  2)ome  ju  fJreijinQ,  in  ber  ©alerie 
ju  9luggburg  (bag  im  ßanbauer  23rubert)aufe  ju  Nürnberg  aufberoarjrt  geroefene 
©tücf  ift  nidjt  metjr  bort),  aud)  1852    rourben  mehrere  ©tücfe  bon  ^5.  aug  bem 
©taatgbefitje  tieräufjert   (noef)  1805  befanb  fict)  bag  fetttjer   tierfctjoÜene  23itb   in 
ber  furfürftticb,en  ©alerte),  in  SÖürjburg,    2)effau,  $rag  (9toftib'fd)e  ©ammtung), 
roatjrenb  bie  Eingabe,  eg  befifce  and)  ©d)roerin  2öer!e  tion  ^3. ,    unbegtünbet   ift. 
Sagegen  beftnbet  firf)  in  ^etergburg  (Eremitage)  ein  ©tillleben   bon   ib,m ,   audj 
rourbe  eine  intereffante  unb  übetaug  cutiofe  3ltbeit  tion  il)m  tiot  fütjerer  ^eit  in 
Äöln  berfauft  (SBtebtuS  i.  b.  ^unftc^ronif  1886).     5ß.  foE  aug  ?lerger  über  eine 
mit  bem    unbebeutenberen  Tiermaler  9tofent)off  (^tanjigfug  ülöffel?)  mi^glüdte 
Goncurrenä  —  ©anbrart?  —  (jeüt  in  ©d)(ei^i)eim,  bag  9tofenl)off'fc^e  in  Bamberg, 
Katalog  Dir.  330,  be,v  Franciscus  Roesel  von  Rooshoff  f.  anno  1666)  geftorben  fein, 
©anbrart,    £$rüfjli,    2)egcampg,  ,g)oubrafen,   Stuüiot,    götftet   (®efc^.  b. 
btfd§.  Äunft  III,  1855),    Söaagen   (^unftroerfe    unb.  Äünftler   in  ©tfc^l. ,   I, 
1843),  Sttian,  ©ianletj,  33alfema,  Ätamm  u.  f.  ro.,  Dtaglet  (Äünftletlejriton 
unb  IHonogtammiften),  äöoetmann  (33taun'g  S)re§bn.  ÖJatetieroetf  XI,  374), 
Siftel  ( 3eitf ti^rift  f.  «ölufeol.  Sförg.  IV,  Dir,  22  unb  ^unftc^ronif,  20.  ^tg., 
Dir.  32),  bon  (Sngertt)  (©cmälbe,  II.  33b.,  1884).     $n  bem  Sregbner  ©alerie« 
fatalog  —  5.  ?lufl.  (^übner)  —  ift    unter  Dir.  1819   ftatt   1689    1659  au 
lefen.  Sfjeobor  S)iftel. 


$aul  griebrid),  ©rofcf).  b.  s2)iecflen()iirg=©ä)toertn.  —  5ßaul,  .£>.  b.  2Bürtemberg.     243 

s^aul  grtcbrt^,  ©rofstjerjog  bon  9Jtecflenburg  =  ©cr)wcrin,  war  geboren 
am  15.  (September  1800,  f  7.  ajldrj  1842.  <$r  war  ber  ©o§n  beS  @rbgro&= 
tjeqogS  t$riebrid)  Subwig,  nad)  befjen  £obe  am  29.  ftobember  1819  er  fetbft 
ßrogrofjtjerjog  würbe,  unb  ber  ©rofjfürftin  Helene  ^autowna,  ber  Jodetet  Äatfer 
«Pauls  bon  9tufjlanb,  bie  fcfjon  am  24.  ©ecember  1803  ftarb.  1814—1818 
würbe  er  in  (Senf  ausgebildet,  befudgte  bann  ein  3afyx  3fena  unb  banadj  bie 
Umberfität  ÜtoftodE.  ^tactjbem  er  fictj  am  25.  9Jtai  1822  mit  ber  ^rin^efftn 
2ltej:anbrine  öon  ^reufjen  (ber  ©ctjwefter  $aifer  ÜEßiltjelmS)  bermät)lt  tjatte, 
juccebirte  er  feinem  (Srofjüater,  bem  ®rofjl)erjog  $riebricr)  5ranj  I.  am  1.  $ebr. 
1837.  ©eine  tuqe  9tegierung  gitt  als  eine  gefegnete  3eit  im  Sanbe;  fein  berbeS 
unb  babei  freunbticfjeS,  aud)  bem  Keinen  s]Jcanne  berfiänblid)eS  2Befen,  bie  ®e= 
wanbttjeit  im  (Sebraudfj  ber  blattbeutfcr)en  9tebe,  bie  er  aucfj  feinen  ©öljnen  ein= 
äubftan^en  nictjt  unterließ,  ljaben  ifjm  bei  feinen  Untertanen  ein  banfbar=üoüu= 
läreS  Slnbenfen  f)interlaffen,  baS  burclj  bie  fcr)lidjtfürftütf)e,  tiebenSWürbige  Söeife 
feiner  ©ematjlin  noctj  gefteigert  würbe.  5Die  rjolje  $rau  ^at  eS  berftanben ,  ben 
£>ot)en3ottern=9tamen  ben  «Dcecttenburgem  lieb  ju  macrjen.  SDie  3ul'ütföei'leSung 
ber  sJtefibenä  bon  SubwigStuft  nadlj  ©crjwerin  t)at  biefe  ©tabt  ju  itjrer  ietjigen 
Stütze  gebracht,  nacfc)  bem  ^ütften  tjeifjt  ber  ©tabttfjeit,  beffen  Slufbau  er  in'S 
Seben  rief,  bie  „^aulSftabt",  nad)  irjm  eigentlich  merjr  als  nad)  bem  SIboftel  bie 
neue  ^aulSfirdje.  2)ie  ^radjtbauten  ber  9tefiben<j  tjat  er,  wenn  audj  titelt  botl= 
enbet,  bod)  begonnen  unb  geförbert.  Qux  befferen  SSerbinbung  mit  ber  9tedtjtS= 
geleljrfamfeit  ber  Uniberfität  berlegte  er  baS  medtenburgifdje  OberabbeHationS= 
©eridjt  bon  ^ardjim  nadj  3toftodE.  ©eine  erfte  bolitifdje  £{jat  roar  bie  freilief) 
wiberwillig  gegebene  Einwilligung  jur  33ermäf)iung  feiner  §albfcr)wefter ,  ber 
^erjogin  Helene  bon  '-Jftecffenburg  mit  bem  bamalS  mutrjmafjtidjen  fran<}öftfd)en 
£{jronerben,  ^er^og  fterbinanb  $t)itibb  öon  Orleans,  am  30.  9Jlai  1837.  £>b* 
Woljl  im  beften  ©inne  bolfSmäfjig  unb  in  ber  Söarjl  feiner  Umgebung  frei  bon 
allem  ©eburtSborurtljeit ,  glaubte  er  bod)  ben  ritterfdjaftlidfien  Slbet  in  feinen 
SSorrecfcjten  fdjütjen  p  follen,  unb  als  unter  iljm  ber  $ampf  ber  bürgerlichen 
9tittergut§befit}er  um  ©leidjftetlung  mit  ben  abtigen  entftanb ,  beftätigte  er  — 
WaS  noct)  nie  ©eitenS  ber  Regierung  gefdjerjen  war  —  am  6.  ftobember  1841 
burd)  ein  9tefcribt  ben  letzteren,  freilief)  junäcljft  nur  brobiforiferj,  alle  beanfbrud)= 
ten  Söorredjte:  alteinige  Söä^lbarfeit  in  bie  ftänbifdje  Regierung  beS  „(Engeren 
2luSfd£)uffeS",  bie  alleinige  9cutmiefjung  ber  „SanbeSflöfter"  unb  bie  ritterfdjaft* 
ItdCje  Uniform,  natürlich  mit  bem  burdj  fie  bezeichneten  gefeltfd)aftlid)en  9tange 
(f.  u.  $.  5pogge).  ftad}  griebrieg  ^aul'S  unerwartet  rafcf)em  £obe  folgte  i^m 
fein  ättefter  ©ofjn,  griebridg  granj  II. ,  geboren  am  28.  f^ebruar  1823  :  ge= 
ftorben  unter  faft  unfagbarer  unb  aCgemeiner  Trauer  beS  SanbeS  am 
15.  2lpril  1883. 

Graft  Sott,  <Sefct)id£)te  ^edflenburgS,  IL   —    „Wecttenburg".     ^a^rbuc§ 
für  1845  (bon  9taabe).  Traufe. 

^aul:  griebric^  $.  3Bill)elm,  ^erjog  bon  SBürttemberg ,  ^Weiter 
©or)n  ^erjog  @ugen§  bon  2Sürttemberg  aus  beffen  6^e  mit  Souife  ^rinjeffin 
bon  ©tolberg=@ebern,  geboren  ju  ÄarlSru^e  in  ©cl)teften  am  25.  Sfuli  1797, 
t  3U  9Jcevgentl)eim  am  25.  «Robember  1860.  sJtad)bem  er  juerft  einige  Qeit  in 
ber  üreufjifdjen  unb  württembergifeljen  ?lrmee  gebient  Ijatte  —  in  teuerer  erhielt 
er  noäj  im  %.  1833  ben  ßtjarafter  unb  9tang  etneS  Generalmajors  —  roib= 
mete  er  fiel)  auSfdjliefjlidj  ben  ^aturwiffenfe^aften  unb  ber  2änber=  unb  55ölfer= 
tunbe,  in  welctjer  «g)tnficr)t  er  namentlich  für  jene  geit  bebeutenbe  Reifen  unter» 
nab;m.  ©o  abgefe|en  bon  Heineren:  im  Dctober  1822  bis  Secember  1824  in 
bie  ßänber  am  5Jliffiffibpi,  Dl)io  unb  9Jtiffouri,  worüber  er  einen  Sericgt  in  ber 

16* 


244  ^axd  ö°n  Sernrieb. 

^orm  eineä  Sagebuchä  im  ^ahr  1835  in  Stuttgart  erscheinen  liefe ;  1829—32 
nad)  bem  nörblidjtn  Iftenfo,  ben  angrenzenben  ütbeiten  ber  bereinigten  Staaten, 
ben  bi£  babin  noct)  wenig  belannten  unfein  unb  lüften  be§  mejifanifct)en  sDleer= 
bufeng;  im  September  1839  big  Sluguft  1840  unter  9lnfd)lufe  an  eine  miUtärifctje 
(Sipebition,  bie  ber  23icefönig  öon  (Sgrjpten  Utehemeb  2lli  unternehmen  tiefe,  in  bie 
fbeilweifc  noct)  unerforfctjten  Sänber  ber  oberen  Mlgegenb ;  im  3rüt)iat)r  1849 
big  «g>erbft  1856  wieber  nach,  SImerifa  unb  auf  öerfdjiebenen  Äreuj=  unb  Quer= 
fatjrten  öon  ben  nörblicbften  SEtjeilcn  ber  bereinigten  Staaten  unb  (Sanaba  big 
jur  sjJtagtjettanftrafee;  1857  nod)  einmal  in  bie  Wiffiffippigegenben  unb  äuletjt 
1858  unb  1859  nach,  Sluftratien,  Dteufeelanb,  Gehion  unb  jurürf  über  ©ghpten. 
9tug  9lnlafe  jeiner  23ermäf)lung  mit  ber  ^rinjeffin  Sophie  2)orotbea  Garotiuc 
öon  Ühum  unb  Hang  im  $.  1827  ertjielt  er  bag  öormalige  2)eutjchmeifter'fche 
Sdjlofe  3u  9Jtergcntt)eim  als  iHefibenj  angemiefen,  wo  er  feine  öerfdjtebenen  (nach 
feinem  Xobe  leiber  jerftreuten)  Sammtungen  im  (Gebiet  ber  ©eographie,  Gthno* 
graphie,  2lltertbumg=  unb  9taturwiffenfchaften  auiftellte.  $n  Anerkennung  feiner 
Sieiftungen  auf  bem  ©ebiete  ber  letztgenannten  äöiffenfchaften  würbe  er  öon  ber 
mebicinifd)en  ^acultät  in  Tübingen  honoris  causa  zum  2)octor  ernannt. 

33ergt.  ben  9teErolog  in:  ^arjregbeftc  beg  Sjereing  Tür  üaterl.  sJtaturfunbe 
in  Sßürttemberg,  18.  3abrg.     1862,  S.  20—24. 

ty.  Stalin. 

sJ$atll  ÖOH  23eniricb  täfet  fiel)  juerft  um  1102  atg  Glerifer  ber  9tegene  = 
burger  $irdjc  nadjmeifen ;  fchon  bamalg  hatte  er  einen  Zögling  ©ebeharb,  mel= 
djer  $eit  feineg  gebend  fein  unzertrennlicher  Begleiter  blieb.  Gr  mufe  alfo  um 
1080,  Wenn  nicht  frürjev,  geboren  fein.  ?luf  feine  2lu3bilbung  unb  35enfwetfe 
hatte  öorjüglid)  ber  Sommert  SBalther  grofeen  Ginflufe,  welcher  1119  GrzbifdjoT 
öon  Ütaöenna  mürbe,  ein  eifrig  unb  ftreng  firdjlich  gefinnter  9Jtann,  unb  ber* 
felben  ^Richtung  fdjlofe  auch  ip.  fid)  an,  ein  rüftiger  Kämpfer  gegen  Simonte 
unb  "^riefterehe  unb  bcgbalb  in  9tegenSburg  öerhafet.  ©ern  hielt  er  fid)  in 
Gpfad)  am  2ed)  auf,  mo  ber  Pfarrer  Sigebot  fein  ©efinnungggenoffe  mar,  unb 
ber  fromme  SBanbel  ber  |>erluca  (f.  83t.  3).  33.  XII,  120)  it)n  befonberg  an^og ; 
aud)  anbere  gürtet  biefer  Partei  üerfefjrten  bort  häufig.  Schon  1107  wollte  er 
gan^  bortbteiben,  aber  £>erluca  gebot  ihm,  heimkehren  unb  fortzufämpfen.  Grft 
1121  öerliefe  er  mirftid)  9tegensburg,  burch  33ebrängung  öon  Seiten  £>etnridjg  V. 
genötigt,  trat  nun  in  bag  eben  neugegrünbete  Gtjortjerrenftift  23ernrieb  ein  unb 
erwirfte  in  9tom  öon  Galijt  II.  bag'4>riüiteg  öom  12.  ftoöember  1122  für  ba§= 
felbe.  Sluf  ber  fltüdreife  hielt  er  fieb  in  IDcaitanb  int  SlmbrofiuSflofter  auf,  unb 
fdjtofe  I)ier  ^"eunbfehaft  mit  bem  (SuftoS,  fpäter  ^ropft  Martin,  mag  zu  einem 
nod)  erhaltenen  33rieftt>ed)fel  3lnlafe  gab.  s4>au^  un*>  ©ebeharb  fudjten  eifrig  nac^ 
Schriften  bes  h.  2lmbrofiu§,  mclche  fie  nac^  sJJtaitanb  fchidten,  roogegen  fie  fid) 
bie  Slmbrofianifdje  Siturgie  unb  ^Ractjrichten  über  bie  alten  @rjbifd)öfe  öon  5Jlai= 
lanb  erbaten.  3fm  3-  H28  öerfafete  s4>autu§  fein  Seben  ©regorö  VII.,  moju 
er  in  9tom  sJiachrid)ten  gefammelt  hatte  unb  audj  fchriftlictje  Duellen,  namentlid) 
bie  93riefe  ©regorS,  benufete.  2I(§  tjeiligen  Kämpfer  für  bie  Reform  Der  ,ßirch,e 
[teilte  er  feinen  gelben  bar,  berichtete  öon  SSunbern ,  welche  ihn  öerherrlidjten, 
unb  fah  in  ^einrid)  IV.  nur  baä  öerförperte  s4>nncip  beg  Siöfen,  ben  mobernen 
9Jero.  3m  ^.  1142  ftarb  <g>erluca,  weld)e  ebenfaU§  in  Sernrieb  eine  3uflucht 
öor  ber  gegen  fie  feinblich  erregten  Stimmung  be§  2anböolf§  gefunben  l)atte; 
5ß.  befdjrieb  1145  ihr  geben,  iljren  frommen  2Banbel,  93ifionen  unb  Sßunber, 
aber  ba§  33ud)  ift  unöollenbet.  @§  ift  fel)r  Waljrfcrjeintic^,  bafe  ber  Xob  ihn  babei 
überrafd;t  hat;  nirgenbg  wirb  öon  il)m  etwaö  berichtet,  wir  fennen  ihn  nur  au§ 
feinen  un§  erhaltenen  Schriften.      @r    ift    ein    rechter   2t)pu§   ber   rüdljattlofen 


$autu*.  245 

Söerefjrer  ber  in  ber  ^irc^e   aur  «g>etrfc^aft  gelommenen  ftidjtung  unb   itjrer  rö» 
mifc^en  ftürjrer. 

©.  Sof).  5Jlat) ,    geben  »paufö  P.  Scrnticb ,   im  bleuen  Slrcljiü  b.  @ef.  f. 

alt.  b.  ©efcf).  XII,  ©.  333—352.  Sgattenbad). 

^aillltö:  ^.  SHafonuS,  be§  Söarnefrib  ©objn ,  ber  ©efdjidjtfdjretfier  bcr 
ßangobarben;  fein  Ur»llrgiojjbater  8eupictji§  mar  unter  Sllboin  568  mit  bem 
Soße  ber  ßangobarben  eingemanbert  unb  amar  tjatte  ficfj  fpäter  toenigftcnS  feine 
„gara"  niebergelaffen  in  bem  (Üebict  be§  nachmaligen  tangobarbifdjen  ducatus 
Forojuliensis,  ber  „regio"  be§  ©täbttetnä  gorum  3ulii  (Cividale  del  Friuli). 
p  ber  provincia  Yenetia  gehörig.  Sei  bem  (Sinfatt  ber  Slbaren  Don  610  mürben 
bie  fünf  ©ötme  be§  Seupictjiä  au§  ber  eroberten  Burg  griaul  gefangen  fort« 
gefc£)leppt.  S)em  Sfüttgften  berfelben  —  er  fjiefj  ebenfalls  £eupict)i§  —  gelang 
ed  ali  5Rann  (ca.  620)  in  bie  $eimatrj  jurüd  in  fliegen;  er  fanb  bas  ©adj 
be§  alten  #au|e8  jcrfaücn,  Brombeeren  unb  ©ebörn  füllten  ben  ^nnenraum, 
eine  rjofje  (Sfcfje  ertjob  fid&  barauä.  S)er  ©ol)n  biefe§  £eupicf)i§  fjiefj  2lricf)i§, 
beffen  ©of)n  SBarneirib  öermätjtte  fid)  mit  3:t)eobeünbi§ :  biefer  beiben  Äinber 
roaren  unfer  *p.  (geboren  ca.  725),  ein  Grübet  2lridji§  unb  eine  ©djmefter, 
meiere  früi)  ferjon  Dtonne  marb.     Sllfo 

2eupid)i§  I. 
iio0o  Seuptdjis  IL 

0  2lrtd)i§ 

1  SBatnefttb        gfreobeünbig 

5ßaulu3  »xidjtS  @$tt>ejier 
S)a§  ©efcrjlecrjt  mar  gemeinfrei,  ötetteicfjt  einer  nieberen  ©djicrjt  be§  neu 
aufgtfommenen  £ienfiabel§,  nict)t  bem  alten  $olf§abel  ber  Sangobarben  an= 
gebörig-  aui)  reid)  mar  e§  toenig[ten§  nacb,  ber  ^eimfudjung  buretj  bie  Slöarcn 
(610)  metjt  mefjr:  ber  fjeimgeiefjrte  2eupiä)i§  erhielt  ^mar  burd)  ©efdjenfe  toon 
®efd)lecb,t§üettern  unb  greunben  fo  Diel,  bafe  er  ba§  berfaüene  £au§  mieber  auf= 
bauen  unb  ein  Söeib  b,etmfüt)ren  mochte:  allein  an  ben  ßiegenfdmften  Ratten 
9tad)barn  bie  @r?i&ung  inamiferjen  üollenbet.  2)iefer  nid)t  glänjenben  Següterung 
entfprid)t  e§,  bafc  ba§  @efcf)lecf)t  in  einem  jebe§faEe§  fittticfjen  unb  t&atfadjttdjen, 
üietleid)t  aud)  rechtlichen  2lbf)ängigfeit5berr)ättnif}  ftanb  ju  bem  £eraogägefd)ted)t 
m  SBenePent,  meltf)e§  au§  griaul  ftammte:  2lrid)i§  mar  ein  in  biefem  ©e= 
fcblecfjt  häufiger  ftame :  PieEeictjt  marb  ^ßautuä'  ©rofcoater  ju  @t)ren  eine§  folgen 
friautifd)-beneüentanifcb,en  $eraog§  Stricte  genannt,  mie  feine  Butter  bermutfjltd) 
ju  @b,ren  ber  gefeierten  haj um arifdjen  gürftento^ter  ^^eobetinbi^  (f.  ben  ^Irtifel), 
meiere  bie  berütjmtefte  unb  einfluBreicljfte  Sangobarbenfönigin  gemefen  mar.  %. 
mar  ungefähr  720—725  geboren,  er  marb,  nacb,  einer  ämeifettjaften  llebertteferung, 
am  §ofe  be§  ^önig§  Uatä)te  exogen,  ©iet  a«gtc  it)m  biefer  einmal  (ca.  748) 
ben  fagenbetüb^mten  Sed)er  Äönig  2llboin§;  er  befugte  bie  ©ctjulen  unb  lernte 
(ca  749)  fogar  (bei  bem  ©rammatifer  gtaüianu§)  au  «ßabia  grtecljtfct),  ma§  il)n 
fpaier  am  J&ofc  Äarl§  be§  Öro|en  ferjt  empfel)len  foEte.  3n  nähern  Söe^ältnife 
ftanb  5ß  (ca.  755—774)  au  bem  au§  griaul  ftammenben  ^erjog  2lncb,t§  Pon 
Seneöent  unb  beffen  ©emab^lin  ?lbetperga,  ber  Softer  bei  testen  Ä5mg8  ber 
«anqobarben,  $efiberiu§  (f.  51.  ©.  ».  V,  70):  baä  gürftenpaar  blatte  aufrtc^ttg 
Sinn  unb  Neigung  für  2Biffenfcb,aft,  Äunft  unb  Silbung.  @r  richtete  ©ebte^te 
an  beibe  (763)  unb  eignete  ber  §eraogin  (766—774)  eine§  feiner  totdjttgitcn 
2Ber!e  au  bie  „historia  Romana".  @r  blatte  i^r  ben  (Sutropme  geliehen:  ba 
fie  aber  biefen  5lu§aug  allau  mager  unb  namentlich  feine  Angaben  über  bie  Äird&e 


246  fya&ß. 

bovin   fanb,   treidle  offenbar  ber  frommen  gürftin  nätjer   anlag  als  bie  Kriegs* 
unb  ©taatsactioneu   ber  Ijeibnifdjen   9tömer   grauer   Sßoracit,   fo   erweiterte   unb 
oerbollftänbigte  er  bte  £üd)er  6utrop§  unb  führte  bte  @raät)(ung  toeitcr  fiiS  auf 
bie  9Jtttte  beö  VI.  Satjrtjunbeita,  genauer  bie  Eroberung  Staticus  unb  bte  33cr= 
nidjtung  be8  Dftgotrjenreidjä  burd)  bte  5Bt^antiner :  Ijier,  furj  öor  bem  auftreten 
beä   eigenen  Golfes  auf   ber  £albinfel,   braef)  er  ab.     (Sr  öerfprid)t  am  ©djtufj, 
baö  2öcrf  „bis  auf  unfere  Sage"  fortjufetjen :  bas  Warb  wol  bor  774  gefdjrieben: 
fdjWerlid)   mürbe  5ß.  bie§  23erfprecl)cn   erttjeilt  fjaben,   tjätte   er   gewufet,   bafj  er 
atäbann    in    bem    ber   £eraogin    gemibmeten   Söerfc   it)r   bie   Entthronung   unb 
©efangcnnefjmung  it)re$  23ater3,   ben  ©tura  ifjreä  föeidjes  unb  Kaufes  mürbe  au 
erjagen  tjaben.     gfür  unfete  ßenntmti   ber   in  biefen    feetjö  SBüdjern    er^lten 
S)inge  ift  bas  Sßert  otjtte  Gelang:    benn  bas  äöenige,  ma§  $.  (Sutroü  einfügte, 
ift  aus  otjtteljtu  befannteu  Quellen  entnommen,    ©eine  ©efinnung  fomie  ©efd)id)ts= 
auffaffung  tft  aus  feinem  fetbftänbigen  Steife  beffer  ju  beurteilen :  bod)  betunbet 
er  aud)  tjier  feine  ftreng  fird)lidje,  eifrig  faiferlidj=römifd)e  unb  ben  „Barbaren" 
abgeneigte  ©eftnnung.     3lm   weiften    lag  it)tn  an,    „bie  J?ird)engefd)id)te  in  3u- 
fammentjang  mit  ber  meltlidjen  barjuft eilen",   mie  er  ber  gttrftin  fdjrieb.     ©ein 
<ßerfef)r   mit   bem   tjeraoglictjen   «paar   au  Senebcnt  —  bafe   er  längere  3eit   au 
biefem   £ofe   gelebt   ift   möglid),    aber   nidjt   nad)Wcisbar  —  fällt  in  bie  3af)re 
763 — 774  Dor  feinem  Eintritte  in  bas  Softer,  öietletdjt  aud)  üor  bem  Eintritt 
in   ben   gciftlidjcn  ©tanb.     Safe    bie  Äataftroptje  bes  2angobarbenreid)es  5ß.  be= 
mögen   tjafcc,    in   bem  Äloftcr   einen  Slusweg   unb  eine  3uflud)t  au  fudjen,  barf 
öiellcidjt  betmutfjet  werben :  trafen  bod)  bamals  f djtocre  ©erläge  aud)  bas  .fraus 
feiner  ©önner  au  Senebent  unb  bie  eigene  gamilie,     .£>eraog  2lvid)is,  ber  (Sibant 
bes  entthronten  Königs,  unb  beffen  nad)  iörjjan}  geflüchteter  ©of)n  2lbeld)is  bereiteten 
eine   @rl)ebung   miber  Äart   ben  ©rofein   bor:   ber  tpapft   metbetc  biefe   ÖJefatjv 
feinem  ^efd)ütjer:   folltc  5ß.  in  fetner  ©eete  für  ben  fyapft   ober  für  ben  ^>er,jog 
«Partei  ergreifen?    ©tetdjaeitig  (776  nad)  Dftern)  mavb  *paulu8'  einiger  trüber, 
ber  mie  ber  &eraog  bon  SBenetient  2lrid)is  t)iefe,  bon  ßarl  gefangen  nad)  3frant= 
reid)  abgeführt,  Weil  er  fid)  an  ber  geplanten  (SrljeDung  bes  söeneöentaners  unb 
bes  ftriaulers   wiber    bte  ftranfenrjenfdwft  beteiligt  l)atte,   aud)  fein  Sjermögeu 
marb    eingebogen   (bcstjalb    ift   mot)t   nidjt   anaunetjmen,   bajj  er  nur  als  (Seifet 
fdjon  774  mitgenommen  Würbe).     ©iefer  tjart   neben  ty.   einfdjlagenbe   2öctter= 
ftraf)t,  ber  bie  „5ara"  äöarnefribs  jrefrörte,  modjte  wof)l  Neigung  unb  Jöefcrjlufe, 
aus  ber  2Belt  in  ben  ^rieben  beä  Äloftcrä  3U  flüchten  (770?)  beftärfeu  unb  be= 
fdjteunigen.    @r  nennt  fid)  fclbft  in  jener  3eit  „berfannt,   arm,   ^ilfloS".     %m 
fiebenten  SJat)w  ber  ©efangenfdiaft  feines  33ruber§  (alfo  782)  begab  fid) s^.  auS 
bem  ßtofter  «Dlonte  ßafino   in'baä  granfenreid)   au  Statt,   fei  e§,   um  prbitte 
für  feinen  trüber  einzulegen,  fei  e8,  bon  ßarl  an  ben  |)of  berufen.    2In  biefem 
^>of  narjm  er  balb  eine  rjodjangefcljene  ©teEung  ein  in  bem  Greife  ber  ©elel)rten, 
Weldje  man  Wot  ßarle  Slfabemie  genannt  t)at.     6r  Ijat  matjrfdjeinlic^  bie  grei« 
gebung   be§    gefangenen  23ruber§   ermirlt.    ^a^treid)e  ©ebid)te  bon  fy.  an  Äorl, 
oon  betrug  bon  ty\]a   im  tarnen  föaxU  an  5p.  u-  bergl.  finb  un§  erhalten:   fie 
bezeugen   ben   tjeitern,   traulichen  Sßerfe^r  in  ©dtjetjen,   bie   unS  freilief)  ^umeilen 
red)t   froftig   anmutt)en.     5p.  folgte  mä^renb   feines  Slufentrjalts  im  granfenreid) 
bem  wecrjfetnben  |)ofIagcr  ^att§:    er  weilte,  wie  er  felbft  fdt)reibt  (G.  Langob. 
VI.  16),  ju  Siebenfjofen  (Cftern  783  —  23.  Wärt  —  bi§  5Rai  unb  ©eptember 
bi§  2ßei^nadt)ten  784),  an  ber  «Dtofct  10.  Januar  783,  ju  «ötetj  unb  au  5poitierö 
äWifdjen    782   unb    786,    nufeerbem    etwa  au  Äierfet),  ©üren,  Cleriftal,  Slttigntt. 
(Sr  erhielt  784/785  ben  eljrenöollen  Auftrag,  ßartä  älteftc  Jodjter  (bamal§  neun= 
jäl)rig),  bon  <!pilbcgarb,  ^>rotr)trub,  im  ©riednfdjen  au  unterrid)tcn,  ba  fie  (Dftetn 
781)   mit  bem  Sljronerben  bon  SSbaana  öerlobt  worben.     3lud)  bid)tete  er  nac^ 


5ßaulu§.  247 

ÄarlS  Auftrag  (783)  bie  ©rabfcftriften  für  bie  Königin  £ilbegarb  (f  am  30. 
Slprit  783)  unb  iftr  nur  aweiwocftigeS  Söcfttertein  -gnlbegarb  (f  9.  9Jtai  783), 
fowie  eine  früher  774  (ebenfalls  als  Säugling)  geftorbene  Softer  Slbeltjeib  unb 
Tür  jWei  Södjter  bon  ÄarlS  Sotm  ^ippin:  Slbeltjeib  unb  §rott)trub,  meiere  alle 
in  ber  (lapette  beS  ^eiligen  Slrnulf  (f.  91-  ffi.  SS.  I,  607),  beS  StammftaupteS  beS 
©efcftlecfttS,  3U  «Dtefc  beigefefet  waren.  äBätjrenb  feines  StufentftatteS  im  granfen* 
reieft  ftöcftft  toatjrfdjeinlid)  (etwa  ju  SDiebenftofen  ?)  öerfa^te  er  (nadj  Dctober  783 : 
etwa  784/5)  auf  Söunfct)  beS  23tfc£)ofS  Slngilramn  öon  Wlt%  bie  ©efcfticrjte  ber 
23ifcftöfe  bon  ^Jle|,  wie  er  felbft  in  ber  ßangobarbengefeftieftte  (VI.  16)  erjäftlt, 
dagegen  baSjenige  SBerl  $auluS\  Weld)e§  bie  Äircfte  nun  ein  ^aljrtaufeub  im 
©ebraueft  gehalten  b,at,  bie  auf  ÄarlS  33efeb,t  beranftaltete  (fpäter  bon  Sllfuin 
umgearbeitete)  „Sammlung  unb  SluS^ietjung  bon  üßrebigten",  ftat  er  wol  erft 
naeft  ber  gtüctteljr  nadj  9Jtonte  ßafino  öerfafct.  23ielteicftt  t)at  er  j?arl  (2)ccember 
786)  auf  beffen  9teife  naeft  9tom  begleitet,  jebeSfatleS  in  9iom  feftrieb  er  bie 
furje  S3iograpt)ie  ©regorS  beS  ©rojjen  (Januar  unb  gebruar  787?)  unb  ging 
bann  («Kärj  787)  mit  Äatt  naeft  SQflonte  Gafino.  Salb  nad)  bem  £obe  bee 
^er^ogS  2lrid)iS  (25.  Sluguft  787)  unb  bor  ber  9tütffet)r  bon  beffen  Sofjn 
©rimoalb  auS  granfreidj  nad)  Italien  (grübjatir  788)  bictjtete  er  bie  fc^öne, 
innig=empfunbene  ©rabfeftrift  für  jenen,  ©ein  |>auptwerf  aber,  bie  ©efeftieftte 
feines  eigenen  33olteS,  bie  er  bis  744  rjerabgefüfjrt,  tjat  er  naeft  786/7,  ungefähr 
790  au  9Jtonte  ßafino  öerfafjt  ober  bod)  begonnen;  üietteidjt  ftat  ifm  ber  £ob 
an  ber  33ottenbung  geftinbert:  er  ftarb  am  13.  2lprit  eineS  unbeftimmbaren 
3ab,reS;  etwa  795?  3m  Sfatjre  792  beantwortet  er  noeft  öon  klonte  (Eafino 
auS  eine  anfrage  $artS  wegen  ber  sJtegel  feines  JHofterS,  Wclcfte  er  eingeftenb 
erläutert  bat.  Seftr  balb  r)at  fiel)  bie  tangobarbifcb/beneöentanifcfte  Sage  unb 
eifriger  noeb,  bie  ©elerjrtenfabel  mit  s$.  befdjäftigt  unb  itnu  allerlei  ©efeftide  an= 
gebietet,  Welche  iftn  wegen  feiner  £reue  gegen  SDefiberiuS  unb  baS  §erjogS= 
gefcfttedjt  ^u  33eneöent  getroffen  ftaben  füllten.  üDie  SBürbigung  feiner  2angobarben= 
gefeftieftte  Ijat  meiftertjaft  gegeben  Söattenbact)  I.  5.  Stuft.  S.  161  (f.  bie  2itteratur= 
angäbe  unten).  9luS  feinen  Duetten  (origo  gentis  Langobardorum  c.  670, 
©regor  öon  £ourS,  93eba,  ßeöen  ber  Rupfte,  bie  unS  üertorene  ßangobarben= 
gefeftieftte  beS  SSifc^ofS  SecunbuS  öon  Orient,  f  612,  unb  befonberS  ^naulifcfte 
Ueberlieferungen)  nimmt  er  gan^e  Stütfe  auf,  ofjne  fie  eigentlich  ju  einem  ©anjen 
ju  öerarbeiten;  in  ber  Äritif,  fogar  in  ber  Sorgfalt  unb  ©enauigfeit  bei  ber 
33enü^ung  feiner  ©eWät)r£männer  erfcb.eint  er  fdjwad),  f)öcrjft  betwirrt  in  ber 
St)ronologie,  unb  obwol  feine  eigentliche  Aufgabe  bie  33olfSgefd)ic£)te  ber  ßango= 
barben  ift,  nimmt  er  otjne  rechtes  5Jta^  boct)  aud)  5d'nerliegenbe§  auf.  ßäfst 
er  aber  bemnactj  als  gelehrter  ©efd^icb^fclireiber  öiel  ,^u  Wünfcljen  übrig,  fo  ent= 
fc^äbigen  uns  bodj)  bafür  anbere  feb^r  wefenttiöge  33orjüge :  „bie  einfache  Älar^eit 
feiner  3)arftellung,  bie  lautere  SBab.rb^eitSliebe,  bie  u)n  öon  altem  in  ungefd)min!ter 
©erabljeit  berieft ten  läf^t,  bie  Söärme  beS  ©efül)l§  für  fein  S3olf,  Wetcfte  fieft  aueft 
o^ne  rub,mwürbige  23err)errlicftung  befonberS  in  ber  Sluf^eicftnung  ber  alten  Sagen 
funbgibt.  Setjen  Wir  nun  aber  öoltenbS  auf  ben  materiellen  Söertr)  feiner  ©e= 
feftieftte,  fo  ift  berfelbe  unbebenftid)  at§  gan^  unfcftä|bar  anjuerlennen :  wir  öer= 
banlen  ib^m  eben  bie  SSeWaftrung  jenes  reieften,  bureft  feine  föätere  ©eleftrfamfeit 
öerfälfcftten  Sagenfcfta^eS  unb  über  bie  ©efcftidjte  ber  Sangobarben  WaS  er  au§  .  . 
öertorenen  Quellen  feftöpfte  fowol  wie  bie  2lufäeicfjnung  münblicfter  lleberlieferung : 
rettungslos  würbe  alles  biefeS  naeft  bem  Sturze  beS  9ieicfteS  bem  Untergang  öer= 
falten  fein,  wenn  nieftt  beS  alten  5JtöncfteS  |>anb  eS  mit  treuer  Siebe  aufge= 
aeieftnet  ftätte"  (SBattenbacft). 

SluSgabe :  Söaife  in  ben  Monumenta  Germaniae  historica:  Scriptores  rerum 
Langobardorum  et  Ital.  saec.  VI — IX,  1877.    («^ie^u  ^Jlonob,  Kevue  critiqu 


248  5Paulu»  —  ^>auti.     - 

1879  I.  5Die  ©ebidjte  ebenba  t)r§g.  ö.  Tümmler,  Poetae  Latini  medii  aevi  I. 
pag.  27.  —  Siteratur:  23etrjmann,  *ß.  S>.  geben  unb  ©djriften;  bie  ©efct)idjt3= 
fcfjreibung  ber  ßangobarben  s4>ertj  Strdjtö  X.  —  2Ibel,  ty.  2).  unb  bie  übrigen 
©efd)id)tfd)reiber  ber  ßangobarben,  jroeite  Ausgabe  burch  ^acobi  1878.  — 
^acobi,  Duetten  ber  ßangobarbengefdjicfjte  1877.  —  S)at)n,  Sangobarbifdje 
©tubien  I.  3)e3  $aulu§  35.  ßeben  unb  ©djriften  1876.  —  (^ie^u  SBaitj, 
©ött.  gel.  Slnj.  1876).  -  -  gbert,  allgemeine  ©efchjchje  ber  ßitteratur  be§ 
•Mittelalters  im  2lbenblanbe.  II.  1880.     ©.  36  ff.  SD  ahn. 

^ßailluä:  5ß.  öon  ^ibbelburg,  21ftronom,  geb.  1455  (nach  3lnbern 
1445)  in  s3Jiibbetburg  auf  ©eelanb  (bamat§  noch,  jum  beutfdjen  deiche  gehörig), 
t  am  15.  SDecember  1534  in  ^offombrone  in  Italien.  s4>-  ftubirte  ju  Soetoen, 
erhielt  barauf  ein  (Sanonicat  in  feiner  Sßaterftabt  unb  naf)m  balb  nachher  (um 
1480)  einen  9iuf  a!8  s4>rofeffor  oer  9Jtatbemattt  unb  Slftronomie  an  bie  llniöerfität 
^abua  an.  2lm  30.  ^uti  1494  rouvbe  er  jutn  Sifchof  öon  goffombrone  ernannt 
unb  fchieb  bannt  au§  ber  ßefjrthätigfeit  auä.  Söieroot  ^oggenborff  mehrere  an= 
fdjeinenb  aftrotogifche  ©chriften  öon  ibm  anfübrt  (jumal  bie  1484  in  Urbino 
gebrückte  „Practica  de  pravis  constellationibus  ad  Maximilianum  Austriacum" ), 
fo  toar  er  bocf)  jebenfaüS  fein  ©ternbtuter  geroöbnlidjen  ©d)lage§,  benn  in  feinem 
„Prognosticon,  ostcndens  anno  domini  1524  nullum  neque  universale  neque 
partiale  diluvium  fore"  (^offombrone  1523)  befämpft  er  mit  ©tüd  bie  befannte 
©intflut  =  Söeiffagung  ©toeflerS.  (Sifrig  befefiättigte  s}>.  bie  bamalS  met)r  unb 
metjr  brcnnenb  roerbenbe  Frage  ber  Äalenberreform;  er  fuchte  für  biefelbe  nach 
einanber  bie  köpfte  $uliuö  II.  unb  Öeo  X.  fotuie  ben  -ftaifer  9Jcaj:imilian  I.  ju 
interefftren  unb  legte  fchtiefjlich  bem  ßateran=@onctl  eine  umfangreiche  25enffchrü"t 
(„Paulina,  sive  de  reeta  paschae  celebratione  et  de  die  passionis  domini  nostri 
Jesu  Christi",  Forosempronii  1513)  über  biefen  ©egenftanb  öor.  6r  erreichte 
burd)  bie  fetjr  fritifch  gehaltene  Arbeit  roenigftenö  foöiet,  bafj  bie  Angelegenheit 
in  Flufj  tarn,  unb  bafj  man  öon  einer  Ütcihe  hcröorragenber  Fachmänner  au§ 
allen  ßänbern  ©utachten  unb  2krbefferungsüorfchläge  einzuholen  befchlofj. 

Foppenä,  Bibliotheca  Belgica,  tomus  II,  ©.  944  ff.  —  gaöaro,  Galileo 
Galilei  e  lo  studio  di  Padova.  Vol.  I.  ©.  121  ff.  —  $altenbrunner,  S)ie 
3)orgefd)id)te  ber  ©regorianifchen  JMenberreform,  ©.  89  ff.  —  ^oggenborff, 
4?anbroörterbucb  jur  ©efchichte  ber  ejaften  äÖiffenfchaften,  2.  33anb,  ©p.  378. 

©untrer. 

^OUlt:  Slbrian  5ß.,  am  29.  $um  1548  ju  üDanjig  geboren,  roarb  nach= 
bem  er  ben  getoöbntichen  ©chut=  unb  Uniöerfitätäunterrtcht  empfangen  batte, 
1575  (Sonrector  beä  ütljorncr  ®t)mnafium§,  1578  föector  an  ber  3)an3iger  ^etri= 
fchule,  1580  S)iafon  an  ber  reformirten  5J*etrtfirdje  unb  1592  im  SIpril  ^aftor 
an  berfetben  -ftirebe.  @r  ftarb  am  30.  ^lärj  1611.  ©eine  ©chriften  öerjeichnet 
9lbami  (f.  u.). 

3u  öergt.  9iegenöoIfciu§,  systeraa  hist.  ecclesiarum  Slavonicarum,  pag. 
374  unb  bie  auäfüljrlidje  SSiographie  in  9JMdj.  ?Ibami,  vitae  theologorum 
Germanicorum,  pag.  808  (ed.  IIa,  Francof.  1706,  pag.  384). 

Öertling. 
^flllli:  33roberu§  s4>.,  ^amb.  ©r;nbifu§,  fobann  23ürgermeifter.  ©eberen 
ju  ^»ufum  1598,  einem  bortigen  ratt)§^errUd)en  ©efdjled)t  angefjörig,  ftubirte  er 
^ura  in  2Bittenberg,  Seip^ig,  ©trafeburg  unb  33afel,  bereifte  bann  bie  ©djtoeiä 
unb  Italien  unb  rourbe  1629  ju  ^»etmftebt  Dr.  ber  ütecrjte.  —  ^n  bie  engen 
93erhältniffe  feiner  Saterftabt  30g  e§  ben  begabten  jungen  5Rann  nietjt  aurütf. 
er  rjabititirte  fiel)  in  Hamburg,  too  er  mit  Srfotg  aböocatorifcije  5prajt§  betrieb. 
£alent,   ©efdjid  unb   ein  e^renroertrjer  GharaEter  erwarben  iljm  3lnfehen,  ©unft 


5Pau(i.  249 

unb  ftörberung  einflußreicher  Männer,  3.  gg.  ber  Sürgermeifter  Jföincfel  unb 
bon  @itjen,  fotüie  beS  ©eletjrten  Dr.  $riebr.  fiinbenbrog.  5Dicfe  mögen  im  3- 
1638  Sßauti'S  (Jrmäfytung  jum  ©bnbifuS  beranlafit  tjaben.  —  2)aS  ©bnbifat 
tjatte  fidj  in  Hamburg  auS  jeitropiligen  Anleitungen  jutifttjdjer  SJoctoren  p 
einem  feften  Amte  bon  großer  SBictjtigfeit  tjerauSgebilbet,  ba  bemfelben,  außer 
ber  gütjrung  reictjSgerictjtlidjer  ©tabtproceffe,  auct)  bie  Seitung  ber  auSroärtigen 
Angelegenheiten  oblag,  in  beren  33erfotg  beftänbig  (Befanbtfctjaften  ^u  öerrict)ten 
roaren.  üDie  SMrgerfdjaft  mar  gemeint,  baß  ein  fo  bebeutfamer  Soften  nur  einem 
SürgerSfotjn  anbertraut  merben  bürfe,  meStjatb  ^auti'S  Srmätjlung  ttjrem  3Siber= 
fpructj  begegnete,  ©a  jebocf)  ber  ©enat,  toetctjer  ein  33orrect)t  bei  33ürgerSfot)neS 
nur  bei  gleicher  £üctjtigfeit  gelten  laffen  mollte,  entgegenlommenbe  3ufagen  für 
bie  3u^unft  machte,  *ßauli'S  ©efctjictlictjfeit  auct)  inämifdjen  fict)  bemäfjrt  tjatte, 
fo  tourbe  bie  ©ifferenj  beigelegt.  $n  ber  Sttjat  t)at  biefer  'üiann,  ben  engherziger 
^sarticulariSmuS  anfangs  berfannte,  in  ber  5o^9e  a^  treuer  tapferfter  33orfed)ter 
ber  Unabtjängigfeit  Hamburgs  fict)  ermiefen,  gegenüber  ben  Angriffen  ber  bänifct)en 
$rone,  melctje  bamalS  befonberS  tjeftig  itjre  bermeinten  Anfprüct)e  auf  bie  grb= 
unterttjänigfeit  ber  ©tabt  ju  bertoirflict)en  trottete,  $m  Auftrage  bei  Senate 
berfaßte  er  bie  mit  bieten  Urfunben  berfetjene  ©taatSfctjrift  „Apologia  Ham- 
burgensis",  morin  Hamburgs  Smmebietät  nactjgeroiefen  mürbe,  maS  ben  bänifdjen 
^>of  fetjr  erzürnte  unb  namentlich  ben  $önig  gegen  ben  33erfaffer  perfönlict)  fo 
erbitterte,  bafj  nictjt  nur  ^ßauli'S  SBefitjttjum  in  üDoctentjuben  am  fönigt.  33efel)t 
confiScirt,  fonbern  auct)  er  felbft,  als  er  bon  einer  ®efanbtfcljaft  nadj  ©ottorp 
tjeimfetjrte,  in  StenbSburg  bertmftet  unb  monatelang  gefangen  gehalten  mürbe, 
um  it)n  unfctjäbtict)  ju  mactjen.  2öaS  bei  Königs  <£mrte  nictjt  tjatte  bemirfen 
fönnen,  baS  gelang  auct)  feiner  ©nabe  nictjt,  als  er  in  einer  fpäteren  Aubienj 
äu  .paberSleben  bem  Hamburger  ©rjnbifuS  5ß.  eine  tjotje  AnfteEung  im  fönigl. 
SDienfte  anbot,  melctje  biefer  entf ctjieben  abletjnte.  —  j$m  $.  1653  erfctjien  *p. 
infolge  Auftrags  beS  ©enatS  als  SfteictjStagSgefanbter  ju  9tegenSburg,  maS  ber 
bänifd)e  $önig  auf's  9teue  fe^r  ungnäbig  bermerfte.  $n  ben  Sßerljanbtungen 
einer  beStjatb  nactj  9tenbSburg  abgeorbneten  Hamburger  ©efanbtfctjaft  berfoctjt 
5ß.  ba§  9tectjt  Hamburgs  fo  unerfccjrocEen  energifd),  baß  ber  bänifctje  Äanjler  in 
tjeftigen  AuSbrücfen  gegen  ttjn  auffuhr.  $nbeffen  natjmen  bie  übrigen  Utjeitnetjmer 
biefer  Sonferens  ben  freimüttjigen  9tebner  in  ©ctjuij  unb  plaibirten  für  bie  9£ebe= 
frei^eit  eines  ©efanbten.  —  SBenn  eS  nun  aucb^  s4>-  bei  ber  ^artnäcligfeit  ber 
©egenbartei  nicrjt  gelang,  ben  ganzen  ©treit,  ber  erft  burctj  ben  ©ottorper  3Jer= 
gteiclj  bon  1768  nacrj  großen  Cpfem  Hamburgs  feine  Gmbfcfjaft  erreichte,  fctjon 
bamalS  ju  bertragen,  fo  ermarb  er  fidj  boclj  baS  33erbienft,  ben  ber^eitigen 
$ectjtS=  unb  ©tanbpunlt  Itargeftellt  unb  als  S3aftS  fünftiger  Xractate  behauptet 
ju  fjaben.  %m  3».  1670  pm  33ürgermeifter  ermäljlt,  erfctjien  er  noct)  einmal 
als  Hamburger  ©efaubter  bor  bem  bänifctjen  ^önig  ju  ^enbSburg.  2)ie  ®r= 
fotglofigfeit  biefer  9Jüffion  beranta^te  ben  ^aifer,  ber  üteictjSftabt  Hamburg  über= 
tjaupt  jebe  fernere  33ertjanblung  inbetreff  biefer  Streitfrage  mit  ber  J?rone  S)äne= 
mar!  3U  berbieten,  ba  beren  Anfprüctje  bor  bem  9teictjSgerict)t  ju  bertjanbeln 
feien.  —  bereits  81  ^at;re  alt  ttjat  ber  berbiente  SSürgermeifter  einen  ferneren 
gall,  melctjer  feinen  Job  am  19.  Januar  1679  t)erbeifüt)rte. 

äöitfenS,  ^amb.  (S^rentempel,  ©.68—84.  —  Sßuef,  bie  ^amb.  Sürger= 
meifter,  ©.  111—116.  Senefe. 

^OUlt:  Sricbridj  5]}.,  ju  Sanbau  in  ber  ^fatj,  Arjt  unb  ßtjirurg,  rourbe 
am  3.  gebruar  1804  in  bem  bamalS  noct)  fran^öfifctjen  Sanbau  geboren,  als 
©ofjn  beS  im  3.  1856  in  tjotjem  Alter  berftorbenen  gjlebicinatrattjeS  gleictjen 
5lamenS,  eines  beliebten,  biet  befctjäftigten,  bafelbft  metjr  als  ein  falbes  ^a^r= 
tjunbert  tätigen  ArjteS.    2)er  fetjr  begabte  $nabe  erhielt  feine  erfte  AuSbitbung 


250  ^auli. 

öon  einem  Sanbgeiftlictjen,  befuctjte  bann  bie  ßefjtanftalten  ^u  Äartetirtje  unb 
©perjer  unb  be^og  nactj  glänjenb  beftanbener  9Jcaturität§prüfung  1821  bie  Uni= 
öerfität  ©trafjburg,  ging  1822  nactj  ©öttingen,  wo  er  feine  mebicinifdjen 
llniöerfitätSftubien  boEenbete  unb  1821  mit  ber  3naug.=2lbf)anblung  „De  vulne- 
ribus  sanandis",  bie  er  auf  Sßeranlaffung  feinet  öon  it)m  rjodjüeretjrten  ßetjrerä 
$.  $.  90t.  ßangenbecf  öerfafst  tjatte  unb  bie  mit  einem  greife  gefrönt  worbeu 
mar,  aum  Dr.  med.  promoöirt  mürbe.  3ene  fetjr  fleißige,  auf  fectjSmonattidje 
Beobachtungen  unb  ©jperimente  an  Stjieren  gefüllte  ©d)rift  trug  ba%  djaraf= 
teriftifctje  9Jtotto:  „Naturam  optimam  ducem,  tanquam  deum  sequimur",  bem 
er  fein  ganjeä  übriges  ßeben  treu  geblieben  ift.  6r  bilbete  fid)  bann  nod) 
Weiter  1825/26  in  9Mndjen  in  ben  JHinifen  öon  9ting§ei3  unb  ©rofft  unb  in 
Bertin  unter  fteumann,  9tuft,  ö.  ©raefe,  ö.  ©iebolb  auS  unb  erfjielt  nadj  p 
9Mnd)en  1826  beftanbener  Staatsprüfung  bie  (Jrlaubnifj  aur  üpra;riS,  mactjte 
aber,  efje  er  fictj  1828  in  feiner  Baterftabt  bauernb  niebertie§,  noctj  eine  miffen= 
fdjafttictje  9teife  nactj  $rag,  ä&m  unb  Sßariö.  5Dem  trefflictj  borbereiteten  jungen 
Strjte  eröffnete  fid)  in  turpem  ein  auSgebetjnter  SöirfungSf reis ;  eS  fiel  itjm  be= 
fonberS  bie  ctjirurgifctjc  ^rajiS  du,  in  ber  er  fid)  balb  einen  bebeutenben  9tuf 
öerfetjaffte  unb  bie  er  auet),  obgteictj  er  aÜe  anberen  B10"^  oer  ^tebicin  mit 
nietjt  minberer  (Sorgfalt  cultiöirte,  mit  bejonberer  Vorliebe  lebenslang  auggeübt 
tjat.  ©o  mar  er  benn,  öon  ber  Statur  als  Gtjirurg  in  Ijeröorragenber  äBeife 
anSgeftattet,  ein  fetjr  glüdlidjer  Operateur,  unb  befonberS  ©taar=  unb  plaftifdje 
Operationen  übte  er  mit  Birtuofität.  £u  bemerfen  ift,  bafe  er  bie  ©djietoperatiou 
äuerft  am  £ebenben  öerfuctjte  unb  bafc  mehrere  in  bie  9lugentjeilfunbc  fpäter  eiu= 
gebürgerte  Benennungen  (Phacomalacie,  Phacosclerom,  Staphylaematom)  öon 
itjm  tjerrütjren.  S)ie  Ausübung  ber  Gfnrurgie  bitbete  übrigens  nur  ben  geringeren 
ültjeit  feiner  praftifdjen  £f)ätigfeit,  ba  er  als  innerer  2lr,jt  nietjt  miubercS  Ber= 
trauen  genofj,  fo  bafj,  ba  er  audj  eine  nietjt  unertjeblictje  litterarifctje  Stjätigfeit 
entfaltete,  bie,  nebft  wiffenfctjafttidjen  ©tubieu  feine  eigentliche  (Srljolung  bitbete, 
ba  er  für  bie  gewölmlictjen  £cbenSgenüffe  feinen  ©inn  l)atte,  feine  $cit  öoltftänbig 
in  s2lnfpructj  genommen  mar.  Bon  feinen  etwa  15  fetbftänbig  erfdjienenen 
©ctjriften,  öielen  größeren,  ttjeilS  in  ben  Berfammtungen  ber  beutfetjen  sftatur= 
forfetjer  unb  Geräte,  ttjeilS  in  ben  ©eneralöetfammlungen  ber  pfätier  Siebte  ge= 
tjattenen  Borträgen,  einer  feljr  grofjen  Qaty  fleiuerer  unb  größerer  5lbtjanblungen, 
üormiegenb  djirurgifetjen  ^nfjalteS,  jerftreut  in  ben  bebeutenbften  mebicinifetjen 
©ctjriften  2)eutfctjlanbS,  ^n  benen  noctj  eine  jaljltofe  9Jteuge  öon  ütecenfionen  ber 
tjerüorragenbften  Gh'fdjeiuungen  auS  ber  ßitteratur  beS  $n=  unb  StuSlanbeS  ^iuju» 
tritt,  fann  l)ier  nur  ein  fetjr  fteiner  £t)eit  angeführt  Werben,  ©ein  erfteS  felb= 
ftänbige§  Sßerf  war  eine  „^Rebicin.  ©tatiftif  ber  ©tabt  unb  SunbeSfeftung 
ßanbau  u.  f.  w."  (1831),  wetdjer  „Beobadjtungen  über  bie  9tur)r  unb  ba§ 
©djarlactjfieber  u.  f.  W."  (1835)  folgten,  bie  er  im  ^atjre  ö ort) er  jit  madjen 
©etegenb.eit  gehabt  tjatte.  ^n  ber  einige  ^atjrc  fpäter  erfctjienen  ©d)rift:  „lieber 
ben  grauen  ©taar  unb  bie  Sßerfrümmungen  unb  eine  neue  <£>eilart  biefer  $ranf= 
tjeiten"  (1838,  mit^lbbitb.)  fctjtug  er  eine  neue,  öon  itjm  öfter  geübte  Operations 
mettjobe  beS  ©taarS  bor,  bie  aber  feine  roeitere  Verbreitung  gefunben  tjat.  ^n 
ber  ©d)rift:  „lieber  Pollutionen,  mit  befonbever  Bedienung  auf  SaEemanb'S 
©ctjrift  über  tiefe  ^ranfljeiten"  (1841)  unterwarf  er  feistere  einer  bernictjtenben, 
itjre  ^altlofigfeit  bartfjuenben  Äritif ,  wätjrenb  feine  im  fotgenben  ^atjre  er= 
fdjienene  3lrbeit  „5Die  in  ber  5pfat3  unb  ben  angrenjenben  ©egenben  üblid)en 
3Solf§f)eitmittet,  gewürbigt.  (Jine  gefrönte  ^reisfdjrift"  (1842)  ein  werttjbolter 
ettjnograpt)ifcf)er  unb  culturgpfdjidjtlidier  Beitrag  ift.  3n  feinen  „Unterfuctjungen 
unb  ßrfatjrungen  im  ©ebiete  ber  (Sfjirurgie"  (1844  mit  4  Xafeln)  finben  fictj 
manetjerlei   bead)ten§Wertt)e  SBeobactjtungen  niebergelegt.     ©eine  ©ctjrift   „lieber 


5Pouli.  251 

Sontagiofität  unb  Krblicbfeit  ber  ©Ijpbitig"  (1854)  Derbantt  ibre  Kntftebung 
feinem  SSeftveben,  fcljraereg  Untjeit  tiou  einem  SoEegen  ab^umeuben,  toeldjer  an= 
geflagt  mar,  bie  ©rjpbilig  burd)  33accination  auf  eine  grofje  gabt  bon  Äiubern 
übertragen  ju  baben.  SBenn  aucl)  ^pauli'ö  auf  innerfter  Ueber^eugung  berutjenbe 
bamalige  SInftcljt  öon  ber  ftidjtübertragbarfeit  ber  fecunbäven  ©rjptjüiä  fidö  al§ 
ein  ^rrtlmm  erroiefen  tjat,  fo  öerbient  bod)  bie  babei  ju  ©runbe  tiegenbe  coEegiale 
(Sefinnung  alle  Slnerfennung,  ebenfo  mie  bag  bei  ber  ^aturforfcberüerfammtung 
ju  greiburg  1838  öon  it)m  ju  ©unften  beg  auf  ber  Qefte  Dberbaug  gefangen 
gehaltenen  Kollegen  Kifenmann  angeregte  ©nabengefud).  23ei  ©etegenbeit  beg 
opr)tt)almologifcl)en  Songrefftg  in  SSrüffel  trug  er  ein  „Memoire  sur  l'ophthalmie 
d'Egypte"  (1858,  4°)  öor,  bag  metjrere  2lbraetcbungen  bon  ben  lanbläufigen 
2lufd)auungen  barbot.  9Jtit  Uebergerjung  mehrerer  mertbboEer  Slbbanblungen, 
über  ©peictjelgefdjraülfte,  bie  5latur  beg  Stripperg,  bie  ^tjpertroprjie  ber  ^roftata 
u.  f.  m.,  motten  mir  nur  nocl)  feiner  SJtonograöbte  „SD  er  Kroup"  (1865)  ge= 
ben!en,  bie,  auf  eine  30jät)rige  Krfabrung  geflitzt  unb  mit  ber  umfaffenbften 
ßitteraturfenntnifj  gefcfirteben,  fiel)  einer  folcfjen  Slnerfennung  erfreute,  bajj  bereitg 
nad)  6  Monaten  eine  neue  Auflage  notbroenbtg  mürbe.  —  *p\  mar  alg  ©d)rift= 
fieEer  burct)  ©eroaubttjeit  unb  JHarljeit  ber  SDarfteEung,  fdjarfe  ihttif,  unbefangene!, 
nüdjtemeg  llrtbeil  unb  333abrt)eitgliebe  augge^eidinet;  in  feinen  9tecenfionen  (3.  33. 
in  ©cbmibt'g  Sabrbüdjern  ber  9)cebicin),  bie  einen  bebeutenben  ütbeil  feineg 
titterarifcrjen  SBirfeng  bilbeten  unb  oft  burd)  einen  fdjmer  ju  pgelnben  2BÜ3 
gemurrt  roaren,  bedte  er  alle  Wirten  bon  Kbarlatanerie  unb  Oteclame  unb  jebe 
^erabmütbigung  ber  9)lebicin  ^u  gerainnfüctjtigen  gtöeden  fctjonungglog  auf,  mar 
aber  anbererfeitg  ein  bag  tuabre  23erbienft  anerfennenber  unb  mit  ©erecbtigfeit 
roürbigenber  jhitifer.  Obgleict)  eg  feit  ^abraebnten  fein  SBunfd)  getoefen  mar, 
fiel)  ber  afabemifetjen  Saufbabn  ju  mibmen  unb  im  3-  1846  bie  llniberfität 
äöurjburg  ibm  eine  aufjerorbentliclje  Sßrofeffur  antrug,  leljnte  er,  ^u  feft  mit 
^peimatlj  unb  gamüie  berroaebfen,  auf  ©rängen  ber  lederen,  bennoctj  ab.  S)ie 
?lnerfennung,  bie  er  bon  ber  miffenfct)aftlid)en  Söett  erfuhr,  äußerte  fiel)  barin, 
bafj  er  bon  22  gelehrten  ©cfeEfchaften,  barunter  mebrere  im  Siugtanbe,  ^um 
9Jtitgtiebe  ernannt  toorben  mar.  9tad)  40jäbrigem  fructjtbringenbem  SBirfen  alg 
2Ir<jt  unb  ©ctjriftfteEer  mürbe  er,  nocl)  in  boEer  £l)ättgfeit,  naclj  faum  achttägigem 
Jh-anffein,  am  21.  Januar  1868  bom  £obe  ereilt,  bem  er  5  ^abre  fr'üt)ei;  mit 
genauer  9cotb  entgangen  mar,  alg  er  bei  einer  Operation  fid)  eine  SBnnböergiftung 
^uge^ogen  Ijatte,  bie  mit  bem  SSerluft  beg  linfen  3e^Qefingevö  aber  nocl)  glütflid) 
enbigte.  «Sein  ütob  mar  ein  fernerer  33ertuft  für  feine  $aterftabt  unb  feine 
l)eimatt)lid)c  ^probinj,  bie  erft  nad)  feinem  ^infetjeiben  ju  üotlem  33emu^tfein 
barüber  lam,  mag  fie  au  it)m  befeffen;  benn  er  mar  nidjt  nur  ein  auggeäeidjneter, 
immer  Ijülföbereiter,  Slllen,  2lim  unb  fftetcf)  gleid)  äugänglictjer  Slrjt,  fonbern 
auclj  ein  ebler  2Renfd),  öon  unberfiegbarer  ^per^enggüte,  recljtlictjem  ©inn,  offenem, 
gerabem  ßljarafter,  gefättigem  unb  rüdfidjtsbollem  SSeneb^men  gegen  feine  Kollegen 
unb  unroanbelbarer  Sreue  gegen  feine  S^^unbe. 

23a^rifd)eg  äratlid)eg  ^nteEigenablatt,  ^aljrg.  1885,  ©.203.  —  0.  2angen= 
bed;g  3lrd)ib  für  flinifd)e  K^irurgie,  Sb.  XII,  1871,  ©.  18.  —  KaEifen, 
gjlebicin.  ©d)riftfteEer  =  2eji£on,  33b.  31,  ©.  165.  —  mit).  Sngetmann, 
Bibliotheca  medico-ckirurg.,  6.  3lufl.,  ©.  424;  ©upptem.  ©.  188. 

K.  ©urtt. 
^OUlt:  ^riebridj  Sluguft  bon  $.,  Oberbaubirector.  ^ad)  feinen 
eigenen  Slufaeidjnungen  flammte  griebrid)  2luguft  $.,  beffen  9came  alg  Ingenieur 
unb  görberer  beg  teebnifdjen  33ilbunggmefeng  in  53aiern  ben  gteieben  guten 
^lang  bat,  aug  einer  feit  ätoei  ^abr^unberten  in  ber  Otbeinpfata  anfäffigen 
^rebigerfamilie.     ©ein  33ater,  ^obann  griebrid)  ©erbarb  ,   mar  juerft    Ktjieber 


252  $&»«. 

im  Slnfjalt^ernburgfdjen  $ütftent)aufe  unb  bann  reformirter  ^rebiger  in  5DreSben. 
Einige  3at)re  später  an  bic  reformirte  ©emetnbe  in  Hamburg  berufen  ,  ber= 
rjeirattjcte  er  fid)  bafelbft  am  4.  2funt  1781  mit  ber  ättcften  £od)ter  starte 
beS  bovtigen  Kaufmanns  KeeSmann.  anfangs  ber  neunziger  ^at)re  £et)rte  er 
in  bie  .^eimatb,  jurüd  unb  mürbe  Pfarrer  in  Kaiserslautern.  sJlad)  ber  ©djladjt 
in  ber  fläf)e  biefer  ©tabt  (26.  bis  28.  ftobember  1793)  flüchtete  er  mit  ftamitie 
nad)  .Ipeibelberg  unb  fanb  im  bortigen  Kirdjenrattje  33efd)äftigung.  2llS  nad) 
^wei  3fat)ren  mieber  einige  Drbnung  am  linfen  Ütfjeinufer  fjcrgefteüt  war,  mürbe 
3)ater  s$.  jum  erften  ^farex  in  Oftfjofen  bei  SBormS  ernannt ,  unb  £jier  ift 
griebrid)  Sluguft  am  6.  9Jlai  1802  geboren  morben,  als  ber  jüngfte  unter 
jWötf  ©efcfjwiftern ,  Wobon  bter  in  frütjer  ^ugenb  [tarben.  3m  £)erbfte  1811 
mürbe  ber  neunjährige  Knabe  jum  93efud)e  ber  Sateinfdjule  nad)  ©rünftabt 
berbratfjt,  unb  an  Oftern  1814  trat  berfelbe  in  baS  ©tjmnafium  -JU  KaiferS= 
lautern  ein ,  bejfen  ütector  fein  ^tatlje  mar.  2)er  jiemlid)  ungenügenbc  ©pradj= 
unterließt  mar  bietleid)t  fcrjulb,  ta^  $p.,  waS  er  bem  sJJtanget  an  Talent  ju= 
fdjrieb ,  ben  lateinifcfjen  unb  gried)ifd)en  Gtaffifern  fein  $ntereffe  abgeminnen 
tonnte.  2)efto  metjr  30g  iljn  baS  ©tubium  ber  9Jtatrjematif,  inSbefonbere  ber 
(Geometrie  an,  weterje  Oiector  halbier  lefjrte.  ©0  fefjr  mar  5ß.  in  biejem  \$aä)e 
leinen  'ücttfdjülern  überlegen,  bafj  er  5U  iljrem  Repetitor  ber  ©eometrie  auf* 
gefteEt  mürbe.  2ltS  im  s<!lprU  1816  ber  Sater  geftorbeu  unb  bie  Butter  utdjt 
in  ber  Sage  mar,  irjren  ©otm  9luguft  weiter  auf  bem  ©tjmnafium  (\u  betaffen, 
erbot  fid)  beffen  trüber  äöiltjelm ,  ber  in  9ftand)efter  ^rocuraträger  ber  gttiate 
eineö  Hamburger  Kaufes  mar,  ifm  ju  fid)  ^u  nerjmen  unb  für  feine  fer* 
nere  SluSbilbung  311  forgen.  %m  ©ommer  1817  fam  biefeS  anerbieten  3ur 
5luSfüf)rung.  Söon  sDland)efter  auS  brachte  Söiltjetm  5ß.  feinen  beS  (Jnglifdjen 
ganj  unfuubigen  Vorüber  betjufS  Erlernung  ber  ©pradje  3U  einem  in  ber  9täb,c 
motmenben  Sanbgeiftlidjen,  ber  Weber  beutfd)  nod)  franjöfifd)  berftanb.  ©0  in 
auSfdjliefjIid)  englifdje  Umgebung  berfefct ,  mad)te  2luguft  s}>.  in  ber  ©pradje 
fo  rafdje  gortf  djritte ,  bafj  er  fdjon  nad)  einem  rjalben  Sfatjre  fdjriittid)  unb 
münblid)  berterjrcn  fonnte.  hierauf  trat  berfelbe  bei  feinem  33ruber  in  bie 
faufmännifdje  Sctjre,  unb  als  biefer  balb,  befonberS  auS  ber  Seetüre  erfannt 
tjatte,  bafe  ber  Seljrling  Don  ber  angewanbten  9Jted)anif  im  fjotjen  ©rabe  an= 
gebogen  mürbe,  macfjte  er  il)m  felbft  ben  5Borfd)lag,  3U  iljr  übequgeljen.  5ß. 
fanb  fofort  ^ufnaljme  in  ben  SBerfftätten  beS  miffenfd)aftlidj  gebilbeten  ^Jted)a= 
niferS  2Bf)ite,  wäb.renb  Sfot^n  S)atton,  einer  ber  bebeutenbften  englifd)en  s^()t)fifer 
jener  Qtit,  fid)  bereit  finben  lie^,  if)m  ^ripatunterrietjt  in  OJlatrjematit  unb 
^sfjtjfif  3U  geben.  S)er  angeljenbe  5Red)aniter  tjatte  fid)  in  ber  neuen  Seljre  nid)t 
nur  mit  med)anifd)en  arbeiten  p  befetjäftigen,  fonbern  aud)  bie  3af)lreid)en  öon 
2Bt)ite  erfunbenen  ^IJiafcljinen  ju  ftubiren,  Woburd)  er  aud)  in  ber  §8eurtf)eilung 
bon  anberen  2Berfen  ber  9tted)anif  ferjr  geförbert  würbe.  yia§  SSeenbigung 
ber  5Weijäb,rigen  Setjr^eit  bei  2öt)ite  berfiegte  für  ^ß.  bie  auS  bem  ©infommen 
f eines  .  33ruber§  gefloffene  llnterftü^ung ,  t>a  biefer  im  Suli  1821  ftarb,  unb  er 
mufjte  nun  barauf  bebadjt  fein,  fid)  feinen  Unterhalt  felbft  3U  berbienen.  @r 
berfud)te  bieS  mit  bem  betriebe  einer  auf  eigene  9ted)nung  errichteten  9JtetaH= 
brel)erei;  als  aber  bie  (Sinnafjmen  auS  berfelben  bei  aller  (Jinfdjränfung  faum 
jum  Seben  ausreichen  Wollten,  !et)rte  er  nad)  einiger  3cit  über  Hamburg  in  bie 
Jpeimatb,  jurüd,  um  mit  ^reunben  unb  53efannten  ju  überlegen,  Welcfjem  S3e= 
rufe  er  fid)  nun  juwenben  folle.  S|J.  entfd)ieb  fid)  für  baS  3Engenieurfad)  unb  bejog 
beSljalb  bon  Oftern  1822  bis  jum  ^>crbft  1823  bie  Uniberfität  ©öltingen,  um 
an  it)r  borjugSWeife  reine  unb  angewanbte  IRatljematif,  foWie  9iaturwiffenfd)aften 
3U  ftubiren.  ©eine  praftifdjen  ©tubien  mad)te  er  im  ÄreiSbaubureau  ju  ©peier, 
in  baS  er  nad)  feinem  Abgänge  bon  ©öttingen  als  S3auabfpirant  aufgenommen 


Pauli.  253 

rourbe.  9cad)bem  ex  jux  (Sxmeitexung  unb  23efefiigung  feiner  tfjeoretifd^en  Äennt* 
niffe  im  SBtnter  1824  25  in  9Mnd)en,  roo  e§  bamal§  roeber  Uniuexfität  nod) 
^olrjtedjntfum  gab,  bei  öerfdjiebencn  ^Jlitgtiebexn  bex  Slfabemie  aud)  nod)  bexen 
Vorlefungen  übex  ?ßt)t)fif ,  Stjemie  unb  2Jcineratogte  gehört  unb  an  ben  bamit 
oerbunbenen  prattifd)en  Uebungen  teilgenommen  blatte,  legte  5ß.  im  Siuni  1825 
bei  bex  -ßöniglidjen  Dberften  33aubeb,örbe  bie  ©taatsbienftprüfung  ab,  roeld)e  ex 
„in  allen  £b,etten  mit  auSgejeidjnetem  (Erfolge"  beftanb. 

©d)on  mar  5ß.  im  S3egxtff ,  in  bex  (Eigenfdjaft  eines  23aupraftifauten  nad) 
Speier  <5urücf(5ufei)ren,  als  itjn  ein  neue»  2}ert)ältnifj  in  2Mndjen  fefttjiett. 
$u  ben  s2lfabemtfern,  beten  Vorlefungen  ex  fürätid)  befudjt  tjatte ,  gehörte  aud) 
^ofepfy  gvaun^ofet.  Siefex  bexüt)mte  Dpttfex  roollte  ben  jungen  ^ß.  p  feinem 
9cad)folger  fyeranäietjen  unb  bot  ifjm  beSfjalb  23efd)äftigung  in  feinem  ^nftitute 
an;  fein  SBunfd)  foHte  fid)  abex  nidjt  erfüllen,  ba  ex  fdjon  nad)  einem  i^aijre 
(7.  Sunt  1826)  in  ben  Sinnen  feines  jungen  {JrxeunbeS  ftaxb.  23alb  baxauf 
fefjrte  ty.  in  bie  ^falj  jurüd,  roo  ex  mit  bem  ÄreiSingenieur  ^>an<jer  Vorarbeiten 
für  bie  Qfortfetmng  beS  Kanals  5Jconfieux  öon  ber  franjöfifdjen  ©ren^e  bis  Speiex 
t)ex3uftetteri  beauftragt  mar.  2Iber  nod)  öor  Vollenbung  berfetben  rourbe  er  am 
17.  gebxuax  1827  als  ^pilfsingenieur  jux  sDciniftexialbaufection  nad)  sUlünd)en 
berufen,  um  bei  bem  Sntrouxfe  eines  bie  Sonau  bei  Äelfjeim  mit  bem  Main 
bei  Bamberg  öerbinbenben  Sd)ifffat)xtSfanalS ,  ben  fdjon  Äaxl  ber  ©rofje  ge» 
plant  unb  angefangen  tjatte,  jeboct)  ted)nifd)er  Sdjroierigfeiten  roegen  nid)t  aus* 
füfjren  fonnte,  mitjuroirfen.  ^auti'e  unb  feiner  Mitarbeiter  nädjfte  Aufgabe 
toax ,  baS  Terrain  auf  ber  bie  genannten  (Ströme  trennenben  Söaffexfdjeibe  unb 
in  ben  baju  gehörigen  xt)ätem  auf junetjmen ,  um  tnernadj  bie  2HjeilungS= 
fjaltung  beS  fianalS  feftaufetjen.  Sie  Söfung  biefer  Aufgabe  unb  ber  ^ßrojeo 
tirung  ber  Äanalftxede  9ceumarft  =  Bamberg  toax  um  fo  müljfamer  unb  jjeit= 
xaubenber ,  als  eS  bamalS  für  granfen  nod)  feine  Steuerbtätter  gab ,  in  toelcfje 
bie  tedjnifdjen  Vefiimmungen  fofort  tjätten  eingetragen  werben  fönnen.  Sd)on 
in  biefen  Vorarbeiten  für  ben  3)onaumainfanat  tritt  uns  in  ty.  ber  geletjrte 
unb  benfenbe  Ingenieur  entgegen,  toeldjer,  ber  erfte  in  Vaiein  unb  2)eutfd)tanb, 
baS  aus  bex  fran^öfifdjen  ©cbtoeij  [tammenbe  unb  üom  (Senfer  Ingenieur 
2)ucarla  1782  jux  Vexfinnlidjung  ber  Oberftädjengeftalt  beS  MeeresbobenS  an= 
geroenbete  Hilfsmittel  ber  ^ori^ontalcuröen  auf  baS  fefte  Serrain  unb  bie  s}ko= 
jectirung  üon  ^ngenieurbauroerfen  übertrug,  foroie  er  ei  bei  feinen  im  ^arjte 
1840  41  im  Ssngenieurcutfe  ju  Mündjen  gehaltenen  Vorlefungen  feinen  3U* 
tjörern  bringenb  jur  33enutmng  empfaljl  unb  fpäter  (1843 — 1860)  bei  ber 
Sraffirung  ber  baQxifdjen  Staatieifenbarjnen  in  ausgebeiztem  lafee  antoenben 
liefe,  ^m  2lprit  1832  rourbe  ty.,  ber  nun  fünf  3at)xe  unter  ben  5lugen  ber 
oberften  Vaubefjörbe  praftifct)  ttjätig  mar,  untex  bem  Sitel  etne§  ÄreiStngenicur« 
mit  bex  Vor[tanbfd)aft  bex  fönigl.  Sauinfpection  9ietd)ent)aE  betxaut.  Slui 
biefer  (Stellung  berief  it)n  jebod)  fd)on  am  15.  sDJiärj  1833  ein  föntgticrjeö 
S)ecret  aum  £>bertngenteux  bex  obetften  Vaubet)örbe,  jum  ^xofeffor  ber  t)öt)ereu 
^Jcedjanif  an  bex  Unitierfität  5)tünd)en  unb  jum  ätoeiten  Vorftanbe  ber  fönigl. 
$oIt)ted)nifcf)en  ©d)ute  bafelbft.  ®ine  3)linifterialentfd)liefeung  üom  11.  ©eptbr. 
jene§  Sat)re§  fügte  aud)  nod)  ba§  Siectorat  ber  neugebilbeten  Äreisgeroerbe= 
fdjule  für  Dberbatern  l)in<$u. 

@in  fo  reidjer  Slemterfegen,  roie  er  aufeer  ty.  root)t  nod)  feinem  anberen  SSeamten 
auf  einmal  befdjeert  touxbe,  bebaxf  einer  (Erläuterung,  toeld)e  auf  ba§  ju  Slnfang 
ber  breifeigcr  3a£)re  in  Vaiern  gefd)affene  Softem  bei  ted)nifd)en  Unterridjti 
jurüdgreifen  mufe.  ^önig  Submig  I.  tjatte  feit  feinem  Regierungsantritt  bex 
Hebung  Oon  Äunft,  ©emerbe  unb  Sanbroirtlifdjaft  befonbere  Sütfotge  äugeroenbet 
unb    infolge   beffen   unter   bem     16.   ftebruar    1833   bie    6rrid)tung   Don    brei 


254  Sßauli. 

©attungen  ted)nifd)er  Unterrid)tS=  unb  VilbungSanftatten  Befohlen:  ßanbwirtt)= 
|c£jaft§=  unb  ©eWerbefcrjulen ,  üotytedmifdje  ©Rillen  unb  eine  ted)ntfd)e  .|?od)= 
fcrutle.  Sm  |>erbfte  jenes  ^aljreS  traten  über  jttmnjig  8anbwirtt)fd)aftS=  unb 
©eWerbcfdjuten  tnS  ßeben,  barunter  ad)t  .ftreiSanftatten,  weldje  ben  tjumaniftifcljen 
fötjmnafien  parallel  geftettt  toaren  unb  beren  Slbfolutorium ,  menn  itjrn  baS 
einer  üierclaffigen  Sateinfdjule  üorauSging,  jutn  liebertritt  an  bie  tedjmfcrje 
«g)od^fd)ule  betätigte ,  im  anberen  ^aUc  aber  nur  jur  Slufnatjme  in  einer  ber 
biet  mit  bem  Stange  üon  ßrjeeen  auSgeftatteten  üoltjtecrmifdjen  ©djuleu  3U 
9Jtünd)en,  Nürnberg  unb  2IugSburg.  £)ic  tedjnifcrje  £)od)fd)ule  war  mit  ber 
cameraliftifdjen  gacultät  ber  Uniüerfität  s)Jcünd)en  üerbunben,  unb  an  itjr  follte 
ber  Oberuigenieur  ty.  neben  feinen  fonftigen  umfaffenben  amtlichen  arbeiten 
Vorträge  über  tjöfjere  lücedjanif  tjatten.  gur  Vorbereitung  auf  biefelben  mürbe 
itjm  atterbingS  eine  fjrift  üon  3Wei  Sfarjren  gemährt;  als  aber  biefer  Termin 
üerftrtdjen  mar,  erflärte  fid)  ^).  megen  Mangels  an  $ät  aufjer  ©tanbe,  bie  iljm 
übertragene  UniüerfitätS=^rofeffur  anzutreten,  unb  bat  um  ©ntljcbung  üon  ber= 
felben.  ©einem  ©efudje  mürbe  jebod)  eift  bann  mittfat)rt,  als  man  auf  ©runb 
einer  fiebenjäljrigen  ©rfaljrung  an  mafjgebenber  ©teile  einfat),  bafj  bie  tedjnifdje 
.£od)fd)ule  an  ber  Uniüerfität  nid)t  gebeiljen  fönne  unb  in  anberer  Söeife  für 
bie  9tuSbilbung  üon  Slbfüiranten  beS  tedjnifdjen  ©taatSbienfteS  geforgt  merben 
muffe.  2)iefcS  9luSfunftSmittel  bot  bie  (Srridjtung  eineS  $ngenieurcurfuS  an 
ber  üoltytectmifdjen  ©djule  in  9Ründ)en,  metdjer  am  14.  $uti  1840  bcfcfjloffen 
unb  mit  Veginn  beS  ©tubienjafjreS  1840  41  eröffnet  mürbe.  2ln  biefem  Surfe 
nun  tjatte  ber  gleichzeitig  zum  sJtector  ber  ermeiterten  üoli)tedjnifd)en  ©djule  er= 
nannte,  bagegen  üom  9tectorate  ber  $rciSgemerbefd)ule  entt)obene  Oberingenieur 
5ß.  Vorträge  über  ©trogen-,  Vrüden=  unb  äöafferbau  zu  Ratten.  ?llS  Ober* 
ingenieur  beforgte  er  baS  Üteferat  über  baS  Vaumefen  in  jroei  altjäljrlid)  ju  bc= 
reifenben  StegierungSbejirfen  unb  über  ben  2)onaumainfanal ,  ferner  mu|te  er 
als  ßollegialmitglieb  ben  wödjenttidjen  ©itmngen  bei  oberften  Vaubeljörbe  bei= 
wotjnen,  enblid)  3at)r  für  Sfa^r  bie  ßoncurSürüfungen  für  ben  ©taatSbaubienft 
abgalten.  511S  ^rofeffor  lag  iljm  ber  Vortrag  ber  ü£fjeorie  beS  3>ngenieur= 
WefenS  unb  bie  fieitung  ber  bamit  üerbunbenen  (JonftructionSübungen  ob ,  ein 
^enfum,  roetdieS  jefet  (freilid)  in  coloffaler  (Erweiterung)  an  ben  meiften  tedj= 
nifdjen  -gwcrjfdjuleu  brei  ^rofefforen  befd)äftigt.  Unb  bie  $üb>ung  beS  föectoratS 
ber  üott)ted)nifdjen  ©djule  mar  felbft  bamalS  feine  ©inecure,  wenn  aud)  bie 
ßatjl  ber  ^u  erlebigenben  ©efdjäftSnummern  nid)t  ben  Reimten  £f)eil  ber 
jetzigen  betrug. 

S)ie  Verbienfte  ^auli'S  um  baS  tedjnifdje  VilbungSwefen  in  Vaiern  üer= 
breiten  fid)  in  brei  9tid)tungen:  Bunädjft  auf  feine  IfltitwirEung  bei  ber  @in=  unb 
©urdjfütjvung  ber  ©eWerb=  unb  üoü)tedjnifd)en  ©djulen,  für  wetdje  eS  bamalS 
an  geeigneten  ßetjrern  unb  9tectoren  fehlte.  SDann  auf  feine  an  bem  Ingenieur* 
curfe  in  ^Dlündjen  gehaltenen  Vorträge  über  ©trafjcn*,  Vrüden=  unb  Söafferbau, 
roetcfje  beutfd)e  ©tubirenbe  mit  ber  bamalS  bebeutenbften  Sitteratur  beS  ^ngenieur= 
fadjeS,  ber  fran3Öfifd)en,  in  einer  SBeife  befannt  unb  üertraut  mad)ten,  wie  eS 
an  feiner  anbern  polrjtectjntfdjen  ©djute  in  S)eutfd)lanb  gefdjal).  (Snbtid)  auf 
baS  ^raftifum,  metdjeS  er  nad)  Ülieberlegung  beS  ßefjramtS  für  feine  beim 
(Jifenbarjnbau  üermenbeten  ehemaligen  ©d)ütcr  jebeSmal  bann  abhielt,  Wenn  er 
bie  tt)m  untergeorbneten  Vaufectionen  üifitirte,  um  mit  beren  tedjnifdjem  ^fJev= 
fonale  an  Ort  unb  ©teile  bie  in  9tuSficr)t  genommenen  ober  bereits  in  3luS= 
fütjrung  begriffenen  6rb=  unb  J?unftbauten  in  beifetben  ftaren  unb  tebenbigen 
äöeife  zu  befpredjen,  bie  aud)  feine  Vorlefungen  auszeichnete.  S)ie  ^atfjeber= 
Setjrttiätigfeit  5)}auli'S  unb  feine  felbftänbige  9iectoratSfüt)rung  an  ber  üolt)tect)= 
nifdjen  ©dmle  a.  O.  erftredte  fid)  faum  über  ein  3fat)r,  ba  er  mit  dnbe  Suni 


tyautl  255 

1841  nact)  Nürnberg  überftebeln  mufjte ,  um  bort  als  birigirenbeä  9JUtglieb  in 
bie  (5ifenbaf)nbau=(Sommiffion  einzutreten,  reeller  Äönig  Subtoig  I.  bie  2tuf= 
gäbe  geftettt  ljatte,  bon  ber  fädjfifdjen  9teicf)§gren3e  Bei  <£jof  über  Bamberg  unb 
Nürnberg  bi§  2lug§burg  unb  gegebenen  gafl.3  bi§  Sinbau  eine  Socomotib^ßifen* 
batjn  auf  ©taatäfoften  ju  bauen.  2ln  ber  ©bifje  biefer  Gommiffion  ftanben 
anfänglictj  biet  SDirectoren:  ßreiäbauratt)  S)eni§  für  bie  ©treefe  £)of — Nürnberg, 
•Dberingenieur  $.  für  bie  ©treefe  Nürnberg  —  2lug£burg,  unb  £>b er jottinfbector 
S)ürig  für  bie  Slbminiftratibgefdjäfte  auf  ber  ganzen  Sinie.  (Sine  fo  bielföbfige 
Oberleitung  beroätjrte  fiel)  jeboef)  nidjt,  unb  fcf)on  nact)  einem  $af)re  trat  S)eni§ 
bon  it)r  jmrücf  unb  5)3.  erf)iett  bie  gefammte  tedjnifdje  S)irection,  toäljrenb  2>ütig 
nact)  toie  cor  bie  öfonomifcfjen  ©efetjäfte  beforgte.  Sßäljrenb  feine§  fiebeniäfjrigen 
SlufenttjattS  in  Nürnberg  (1841  big  1848)  tourbe  «p.  unter  SBetaffung  in  feiner 
Stellung  at§  tedjnifdjer  23orftanb  ber  fönigt.  (£ifenbaf)nbaucommiffion  ätoeimat 
beförbert:  1843  jum  $rei§bauratf)  bei  ber  Regierung  bon  9ftittelfranfen ,  unb 
1848  jum  Oberbauratf)  bei  bem  fönigt.  $ftinifterium  be§  Innern;  auet)  erfjiett 
tXi  in  biefer  3eü  ätoct  inlänbifctje  £)rben§becorationen:  1845  ba§  Stitterfreuz 
be§  33erbienftorben§  bom  tjeitigen  ^Jtidjael  unb  1847  ba§  ben  berfönlidjen  Slbel 
berteifjenbe  Stitterfreuj  be§  6ibitberbtenftorben§  ber  barjrifcrjen  $rone.  23on 
feinen  tedjnifctjen  Seiftungen  toäfjrenb  biefeä  3e^taume§  toirb  nod)  befonberä  bie 
Sftebe  fein;  über  bie  bon  itjm  ju  betoältigenbe  9lrbeit§laft  aber  äußerte  er  fetbft, 
bafc  ftet)  in  $otge  berfetben  ber  ©onntag  bei  itjm  bon  ben  2öoct)entagen  nur 
baburef)  unterfcfjieben  tjabe,  bafj  er  am  Vormittag  bie  ^ßrebigt  befugen  unb  am 
9tacf)mittag  um  5  ftatt  um  8  lltjr  nact)  £)aufe  gef)en  fonnte. 

Sßon  Nürnberg  ljatte  $.  ^toet  größere  toiffenfdjaftlidje  Steifen  in  @ifenbaf)n= 
angetegentjeiten  3u  machen.  S)ie  erfte  im  äöinter  1843/44  nact)  (Sngtanb  unb 
^ttanb ,  um  im  auftrage  ber  fönigl.  ©taatSregierung  bie  eben  bottenbete  unb  fo 
fjoct)  gebriefene  „atmofbfjärifcfje  (Stfenbaljn"  jtoifdjen  $ing§toton  unb  haltet) 
einzufetten  unb  ju  ftubiren;  bie  anbere  im  grübjaljr  1846  in  bie  ©djtoeiz,  um 
auf  (Jintabung  be§  ©t.  (Satter  @ifenbaf)ncomit6§  in  (Semeinfdjaft  mit  bem 
toürtembergifcfjen  ©berbaurattje  (Stjet  ein  ©utadjten  über  bie  toirtf)fcf)afttict)fte 
Einlage  einer  bon  Ütorfdjact)  über  ©t.  (Satten  nact)  2St)l  füfjrenben  ©ifenbafjn 
abzugeben.  SDie  (ürtgebniffe  feiner  Steife  nact)  Güngtanb  tjat  5)ß.  in  jtoei  fetjr  ein= 
getjenben  SBeridjten  an  ba§  itjm  borgefetjte  fönigt.  ©taatSminifterium  bargetegt 
unb  barin  fidj  gegen  bie  (Jinfüljrung  ber  auf  bem  5Drucfunterfct)iebe  jtoifcfjen  ge= 
toöljnticfjer  unb  in  Sftötjren  berbünnter  Suft  berutjenben  atmofbf)ärifcf)cn  @ifen= 
bafm  in  S)eutfct)tanb  unb  33aiern  auggefbroetjen ,  toeit  ber  ^Betrieb,  abgefet)en 
bon  feiner  ^oftfbietigfeit,  fotootjl  buret)  bie  gefünftette  Sinrict^tung  ber  £mb= 
rötjren  für  bie  ^otben  at§  auet)  buret)  bie  Unbitben  be§  beutfetjen  2öinter§  fort= 
toätjrenben  ©törungen  unterliegen  mürbe.  $m  Serfotge  ber  ©djroeiaer  2tn= 
getegentjeit  gab  ty.  au^er  bem  mit  (S^el  im  $ftai  1846  bearbeiteten  gemein« 
famen  ©utadjten  im  2lbrit  1851  auef)  ein  ©eparatbotum  ah,  »orin  bie  3tn= 
ftctjten  ber  bom  fctjmeizerifcrjen  33unbe§rattje  über  bie  gleichen  ^'a9e«  bernommenen 
engtifetjen  Ingenieure  9t.  ©tebfjenfon  unb  §.  ©binburne  grünblict)  erörtert  unb 
einer  fdjarfen  faerjüetjen  ßritif  unterftettt  rourben.  @§  tjanbette  fief)  habti  nietjt 
um  bie  23erfcf)iebent)eit  ber  ^raffen ,  roelctje  bon  beutfetjer  unb  engtifetjer  ©eite 
borgefctjtagen  mürben ,  fonbern  um  ben  llnterfcfjieb  in  ben  Setoegung§mittetn, 
roeldje  an  ben  fteitften  ©tetten  ber  in  9lu§ficf)t  genommenen  Satjnftrecfen  in 
5tntoenbung  fommen  fottten.  5)ie  SDeutfdjen  $.  unb  (S^el  maren  für  ben  ßoco= 
motibbetrieb,  toie  fie  tt}n  auf  ben  fcfjkfen  Ebenen  hei  9leumarft  in  SBarjern  unb 
auf  ber  raupen  3tlp  bei  ©eifjtingen  in  2Bürtemberg  eingeführt  tjaben,  bie  beiben 
©ngtänber  berfoctjten  ben  ©eilbetrieb  mit  ftefjenben,  buret)  2Bafferfraft  ju  be= 
treibenben     5)31afct)inen.       2)afc    bie    toiffenfct)aftlict)    beffer    gerüfteten    beutfdjen 


256  9touIL 

kampier  einen  gtänjenben  ©ieg  über  it)re  engtifdjen  ©eguer  baoon  trugen,  ev= 
giebt  fid)  aud)  für  ben  £aten  fd)lagenb  aus  bem  Umftanbe,  bafj  fdjon  lange  auf 
großen  <5ifenbat)nen  gar  fein  (Setibetrieb  merjr  befteljt.  Slm  18.  ©eptbr.  185-1 
würbe  $.  jum  2)irector  ber  fönigt.  GHfenbaljubaucommiffion  unb  am  15.  Januar 
1856  gleichzeitig  aud)  jum  Sorftanbe  ber  Dberfteu  itfaubehörbe  im  ©taats= 
miniftcrium  bes  Innern  ernannt:  beibes  auf  Antrag  bes  9Jcinifters  ö.  b.  $fotbten. 
5öeibe  Vlemter  führte  s4*.  fort,  bis  nad)  33oHenbung  ber  5Jlünd)en*©al3burger 
33ahn  (15.  Sluguft  1860)  bie  (Jifenbahnbaucouuuiffton  ber  ©eneratbirection  ber 
fönigt.  SJerferjrsanftatten  eintierleibt  mürbe.  3)a  legte  er  bie  neun^etm  3(af)ve  lang 
geführte  33orftaubfd)aft  berfelben  nieber ,  um  als  Dberbaubirector  feine  Jhäfte 
ausfd)liejjlid)  ber  9Jermaltung  bes  fogenannten  orbenttid)en  ©taatsbaubienftr* 
ju  mibmen. 

Slus  biefer  tetjten  s43eriobe  feines  äöirfens  im  ©taatseifenbaljnbaubienftc  fei 
blos  ein  2Berf  befonberö  fjeroorgeboben ,  bie  (Sifcubafjnbrürfe  über  bie  ^far 
bei  ©rofjheffeltohc,  roctdje  gut  v^cit  ihrer  33otIcubung  (1857)  burd)  bie  fd)micbe= 
eifernen  öadjwerfträger  9luffef)en  erregte  unb  beren  ben  Wanten  Sßauli  tragenbts 
©JjfteBI  nad)  ber  bei  Jpeffdto^f  beftanbenen  s}kobe  fofort  in  ben  Stromgebieten 
bes  Whein«  unb  ber  SJonau  bie  ausgebehutefte  Slnmenbuug  fanb.  Sluffallenber= 
meife  fit)lt  nid)t  blos  in  ißauli'S  hiuterlaffenen  biograpt)ifd)eit  Wotijcn,  foubern 
aud)  tu  ben  Steten  ber  föuigt.  @ifenbab,nbaucouimiffion  jebe  Wad)rid)t  über  ben 
Urfprung  ber  Ghfinbung,  unb  rootjt  beö^al6,  weil  fid)  aud)  an  bem  ^auli'ftffjen 
Srücfenfuftem  ber  fdjon  öielfad)  erprobte  ©atj  bewährte ,  bafj  im  ©cbiete  bes 
^ngenieurwefetts  feine  für  bie  ^rajis  wichtige  (Srfinbung  fofort  fertig  in  bie 
Sßelt  tritt,  fonbem  erft  nad)  unb  nad)  burd)  bie  ©cbaufenarbeit  Weiterer  bie 
^oüenbung  erhalt,  in  ber  fie  ©emeingut  roirb.  %n  ber  Ibat  unterfcheibet  fid) 
bie  erfte  üon  ty.  allein  conftruirte  unb  im  %.  1853  bei  ©ünjburg  ausgeführte 
ft-acbmevtbrütfe  wefentlidj  öon  ber  biet  Sabre  fpäter  bei  .^effeflohc  erbauten,  für 
wetdje  auf  ^erru  ü.  ^auli'ö  Söunfcb  ber  3Jerfaffer  biefer  Biographie  im  sUtai 
1856  ein  üon  ben  Mängeln  bes  (viümtuirgcr  befreites  unb  fomit  öerbeffertes 
©üftem  entroirfett  unb  in  einer  ausführlichen  $}enffd)rift  bargeftettt  hatte.  Sin 
biefem  ©tjfteme  traf  ty.  in  SSetbtnbung  mit  bem  bamatigen  in  feinem  SJienfte 
ftebenben  ^"ÖPnieurpiacticnnten ,  nunmehrigen  rül)tntid)ft  bekannten  Sirector  ber 
©übbeutfdjeu  BrütfenbaugefeÜfcbaft  Jp.  ©erber  nur  nod)  bezüglich  eines  Son* 
ftructionsttjeils  eine  Slenberung ,  unb  mit  biefer  mehr  öfonomifdjen  £üer= 
befferung  fam  bas  fragliche  Strägerfüftcm  bei  ber  ©rofjbeffetloher  93rücfe  jur 
Slnroenbung.  Ratten  nun  an  ber  gcflftcHung  biefes  ©üfteme  jWei  engere  ^ad)= 
genoffen  unb  an  ber  Aufarbeitung  ber  ßonftruetionspläne  ein  herüorragcnber 
praftifcher  flJcechanifer  (S.  2Serber  in  Nürnberg)  mitgeroirft,  fo  fonnte  unb 
Wollte  fid)  5p.  nicht  als  ben  eigentlichen  (Srftnber  bes  nad)  ihm  benannten  unb 
auf  feinen  Warnen  patentirten  SJrüdenfnftems  bezeichnen;  mobl  aber  gebübrt 
itjm  allein  bie  ©bre,  bie  Srfinbung  biefes  33rüdenft)ftems  üeranla^t  unb  geleitet 
unb  bann  ben  sDtutf)  gehabt  ju  tjaben,  beffen  roiffenfd)afttid)e  unb  praftifdje 
93ebeutung  burd)  ben  Jpeffeüotjer  33au  unroiberlegtid)  ju  ermeifeu. 

3n  bie  Sermaltung  bes  baierifetjen  ©taatsbaumefens  mar  atoar  gegenüber 
frütjereu  fdjmanfenben  3uftänben  burd)  brei  an  itjrer  ©pike  geftanbene  Männer 
Wie  ©.  ö.  9tetd)enbad),  2.  t).  Äten^e  unb  ft.  ö.  ©d)iertinger  eine  fefte  Dvbnung 
gebrad)t  worben;  bod)  empfanb  man  es  nod)  als  einen  Ucbelftanb,  ba^  in  ber= 
felben  bie  Trennung  ^wifcljen  bem  £)od)baufad)e  unb  bem  SfngenieurWefen  nid)t 
ebenfo  burdjgefübrt  war  wie  auf  einem  anberen  (Sebiete  bie  Trennung  ber  ^iufti^ 
öon  ber  iBerWaltung.  SBefentlidj  biefer  Mangel  unb  bie  fjieran  fid)  fnüpfenbe 
gorberung  an  bie  ^aucanbibaten,  jwei  berfdjiebene  Einlagen  forbernbe  5äd)er 
wie  Slrdjiteftur  unb  Sngenieurwiffenfdjaft   gleidj^ettig  ju  ftubiren,   berantaBten 


$auli.  257 

balb  nactj  ^auli'S  (Eintritt  in  bie  Dberfte  SSaubecjörbe  eine  9teorganifation  beS 
SSaumefenS,  bei  ber  eS  jebocb,  beS  $ofienbunfteS  roegen  nod)  nidjt  möglich  toar, 
bie  Trennung  beS  ^ngenieurfadjS  bom  Sanbbaufacrje  gan<$  burcrjaufürjren;  fie 
gefdjaf)  borläufig  bloS  bei  ber  Dberften  23aubet)öibe  unb  ben  ÄreiSbaubeljörben, 
bie  änderen  SBauämter  behielten  nod)  Sßorftänbe,  bie  für  beibe  ^ädjer  geprüft 
unb  auägebilbet  maren.  ©emnad)  fonnte  audj  ber  Unterricht  an  ber  in  9Mnd)en 
befterjenben  33au=  unb  ^ngenieurfctjule  n°d)  nidjt  auf  ein  ^acfj  befdjränft  roerben. 
Sine  bon  5ß.  fjerrfitjrenbe  6igentt)ümtid)feit  ber  Drganifationsberorbnung  bom 
13.  *Robember  1857  toar  eS  audj,  bafj  bie  beiben  üjßrofefforen  beS  Ingenieur* 
mefenS  (ß.  $ft.  Söauemfeinb)  unb  bei  ,g>ocrjbauhmft  (©.  9leureutrjer)  an  ber 
genannten  23au=  unb  Sngenieurfcfjule  unter  Beibehaltung  itjrer  8eb,rftüt)le  als 
SSaurättje  jur  oberften  SBauberjörbe  berfetjt,  unb  fomeit  eS  it)r  Sefjrberuf  nur 
immer  gemattete,  mit  Referaten  über  bie  bon  itmen  bertretenen  gäcrjer  bebaut 
mürben.  SSorjugsmetfe  bem  ßinfluffe  biefer  jmei  jüngfien  (SoÜegialmitglieber  mar 
eS  jju  banlen,  bafj  hei  ber  Crganifation  ber  tedjnifcrjcn  $oä)]d)üle  im  $. 
1867  68  für  baS  (Stubium  beS  ^ngenieurfadjS  unb  ber  2lrdnteftur  befonbere 
2lbtb,eilungen  an  berfelben  erridjtet  mürben,  momit  audj  ben  Sßorbebingungen 
ber  bier  3>at)re  fpäter  boEftänbig  burdjgefürjrten  Trennung  be§  <£odj=  unb  £ief= 
bauS  boEftänbig  ©enüge  gefdjaf).  S)ie  föniglidje  Skrorbnung  bom  23.  Januar 
1872,  melcfje  biefe  Trennung  auSfpradj ,  fam  nodj  unter  ^pauli'i  SJlitmirfung 
^u  ©tanbe,  ju  itjrer  SDurdjfütjrung  tjieft  er  ficf)  aber,  ha  er  unterbeffen  fieberig 
^atjre  alt  gemorben  mar,  nidjt  mctjr  für  rüftig  genug,  unb  er  bat  beSfjalb,  baS 
brei  ^afjrfünfte  tjinburd)  mit  tjödjfter  GHnfidjt  unb  ©emiffenfjaftigfeit  bermaltete 
Slmt  eine§  föntglidjen  ©berbaubirectoiS  nieberlegen  ^u  bürfen,  maS  itjm  aucf) 
unter  ben  fjulbreictjften  2luSbrüden  ber  Slnerfennung  feiner  ausgezeichneten  SDtenfte 
am  3.  Februar  iene§  SatjreS  gerne  bemittigt  mürbe. 

yiod)  elf  Safjre  eines  frieblidjen  ßebenSabenbS  maren  ty.  befdjieben.  (5r 
berbradjte  itjn  frifdj  faft  auSfdjfiefjlidj  in  feinem  fleinen  ßanbfjaufe  zu  Seutfietten 
bei  ©tarnberg.  bbmotjt  fid)  ifjm  bie  Sefdjroerben  beS  SllterS  menig  fühlbar 
machten,  unterbrach  er  boctj  jebeS  2>of)i'  bie  länblidje  ©title  unb  3urücfge,5ogen= 
tjeit  burctj  einen  mefjrmöctjentlidjen  21ufent(jalt  in  Sfteidjenrjatt  ober  ffiffingen. 
SDorttjin  mar  er  audj  9Jcitte  2Jlat  1883  gegangen,  9iadj  ben  erften  äöodjen 
eineS  anfdjeinenb  günftigen  ^urgebraud)S  überfiel  itjn  am  4.  ^uni  eine  ^ranf= 
Ijeit  ofjne  beftimmten  6b,arafter,  unb  fdjon  am  17.  beffelben  Monats  trat  eine 
®ct)lunbläl)mung  ein,  meiere  ben  ©enufj  öon  ©b^fe  un^  Srant  unmöglich  machte 
unb  ben  Serfatt  ber  Sprache  unb  Äräfte  nad)  fid)  30g.  ^}auli'S  23emu|tfein 
aber  blieb  ungetrübt,  bis  er  am  26.  Suni,  umgeben  bon  feiner  gamitie,  fanft 
entfd)lief.  Vlad)  feinem  SÖiüen  rut)t  er  auf  bem  $ird$ofe  3U  ^iffingen,  nic^t 
meit  bom  ©rabe  beS  geteerten  DberbergbirectorS  b.  51url  unb  gegenüber  bem 
©tanbbilbe  ber  trauernben  ©ermania,  tnetdje  baS  ^Dlaffengrab  ber  am  10.  ^uli 
1866  bortfelbft  in  rjeifjem  Kampfe  gefallenen  beutfdjen  ff  rieger  fdjmücft. 

Dberbaubitector  ö.  $auli,  ber  in  feiner  äußeren  ftatttic^en  ©rfcrjeinung  an 
englifcrjeS  SBefen  erinnerte,  mar  ein  eigenartiger  fdjarf  auSgepiägter  ß^arafter. 
3n  Singen  beS  briöaten  SebenS  menig  auS  fidj  b,erauSgeb,enb ,  mürbe  er  fejr 
mittfjeilfam  in  SSejug  auf  feine  fd)affenbe  öffenttid)e  Stjätigfeit,  ^umat  im  Greife 
junger  Ingenieure.  2IIS  S3orgefe|ter  mar  er,  ber  an  fidj  felbft  bie  größten  2ln= 
forberungen  beS  5i"|eS  unb  ber  ©emiffen^aftigfeit  [teilte,  immer  ftrenge,  modjte 
er  als  9tector  über  fitttidje  §ef)ler  ober  Unarten  Don  ©djülern,  ober  als  2lmtS- 
öoxfianb  über  mangelnbe  SBevufStreue  ober  ^flid)tüeifäumni^  öon  SBeamten  unb 
Wienern  su  urteilen  b,aben.  äöer  auf  9flanneStugenb,  SerufStücl)tigfeit  unb 
pflichttreue  etmaS  fjielt,  mu^te  ib,n  liodjaditen;  lieben  aber  fonnte  itjn  nur,  mer 
einen  SBtid  in  fein  ^nnerfteS  gettjan,  beffen  ^Rittetpuntt  eine  unjetftörBare ,  ben 

5Wgetn.  beutfcöe  SBtogra^ljte.    XXV.  17 


258  ^ßault. 

©efjeimniffen  be§  djriftlidjen  ©laubcn§  jugcroanbtr  3uöcrftc^t  ttmr.  Sluf  biefem 
<g>er3en§grunbgefürjle  rufjte  feine  gan^e  *ßerfönlid)Eeit,  tute  fie  fid)  in  jtoei  glüd= 
liefen  ßljen,  im  Familienleben,  im  amtlichen  nnb  gefeu^cfjaftlidjen  SßerEeljr  offen= 
Barte.  9lu3  it)m  erftärt  ftd)  bie  unerfdjütterlidje  9tut)e  bei  bem  Stöbe  feiner 
erften  (Sattin  unb  breier  erroadjfener  $inber,  barunter  eine§  ^u  großen  Hoffnungen 
berechtigten  ©oljneä,  unb  Ijierauf  läfjt  ftd)  ba§  roiüige  Erträgen  öon  Jhänfungen, 
bie  aud)  itjm  nidjt  erfpart  blieben,  foroie  feine  unglaubliche  33ebürfnifjtofigfeit 
unb  ©enügfamfeit,  aud)  ben  erlaubten  ebleren  ©enüffen  beä  ßebenS  gegenüber, 
äurüdfüljren.  Siele  Söorte  roaren  feine  ©adje  nid)t ,  toeber  im  Familien*  unb 
Berufsleben,  nod)  in  ^reub  unb  £eib:  roo  33litfe  unb  Söorte  nidjt  genügten, 
roaren  feine  3ured)IweifunQett  ft^'J.  im  SDienfte  auet)  mandjmat  fdjarf.  2)od) 
barg  bie  ruhige  unb  fd)cinbar  falte  Slufjenfeite  ein  roarmeä  .^erj,  roie  nicf)t  blo§ 
feine  Hinterbliebenen  unb  jafjlreidjen  ^reunbe ,  fonbern  aud)  feine  ehemaligen 
Untergebenen  unb  Söiete,  roetdje  3^ugen  feiner  Döferroiüigfeit  roaren,  beftätigen. 
©einer  'Jlatur  tjat  eä  meljr  jugefagt,  greifbar  ju  geftalten,  aU  befdjreibenb  bar= 
aufteilen:  er  Ijat  batjer  aufeer  ben  ferjon  genannten  @utad)ten  über  fcfjtüeiaertfdje 
ßifenbafjnangelegenrjciten  nur  roenige  Slrtifel  für  tedjnifdje  3eitfd)riften,  nament* 
lief)  beS  Äun[t=  unb  ©etnerbeblattä  beg  öolötedjnifcfjcn  Vereins  für  Saiern  ge= 
fdjrieben.  2)iefer  herein,  bem  er  ein  fmlbeä  ^atjifmnbert  lang  unb  baöon  jroei 
3Ear)xje^nte  al3  sJiu§fduif5mitglieb  angehörte,  et)rte  itjn  mit  feiner  großen  golbenen 
Söereinämebaitte,  foroie  if)m  jroei  Könige  öon  33aiern,  ber  Äaifer  öon  Defterreid) 
unb  bie  Könige  öon  ^reufjen,  ©adjfen  unb  2öürtemberg  für  bie  ifjren  9ftegie= 
rungen  erroiefenen  2)ienfte  buvd)  Söerteifmng  fjofjer  Drben  itjre  SInerfennung 
lunbgaben.  ,£>at  &  fonad)  bem  Oberbaubirector  ö.  ty.  in  einem  langen 
Sefieu  an  rooljlöerbienter  Slnerfennung  nidjt  gefehlt,  fo  bleibt  it)m  aud)  nad) 
feinem  £obe  ein  treues  9lnbenfcn  feiner  ^unterbliebenen  unb  Of^unbe  geficfjert, 
unb  fein  9lame,  ben  feine  ©efcfjidjte  ber  ©ntroidtung  ber  ©ifenbalmen  übergeben 
fann,  fotoie  feine  im  neuen  9Jcündjener  33afmr)ofe  neben  Sameg  Söatt,  ©eorge 
©tepr)enfon  unb  Äarl  Sluguft  ©teinl)eil  öerföröerte  ^erföntidjfeit  ermafmen  bie 
ßaien  ^u  SDanf  unb  |)od)ad)tung  ,  bie  jünger  be§  ^ngenicurfadjä  aber  au  au§= 
bauernber  unb  grünblidjer  Arbeit,  bie  jur  inneren  33efriebigung  meift  aud) 
lofjnenben  äufjcren  Srfolg  geroätjrt. 

Sßergl.  (£.  ö.  Sauernfeinb'3  ©ebädjtnijjrebe  auf  ^riebrid)  Sluguft  ö.  $auli, 

9Jtünd)en  1884.  —  5Dann  bie  ©ifenbarmjeitung  öon  6feel  unb  Äletn,   ^at)r= 

gänge  1850  unb  1851,   ferner  in   ber  3eitftf)rift  be8  33erein§  beutferjet  3n= 

genieure  öom  3fat)te  1865   ben  Slrtifel  öon  ©erber  über  bie  23ered)nung  ber 

Sörücfenträger  naefj  $auti'§  ©Aftern,  unb  enblicf)  bie  3eitfd)rift  für  Saufunbe, 

Sanb  VII.  33auernfeinb. 

füllW:    ©eorg  5p.,   geboren  am  7.  Februar  1656  ju  S)anaig,   ©oljn  be§ 

reformirten  5paftor§  Slbrian  ty.,   empfing  bie   in   feiner  Söaterftabt  ljerfömmlid)e 

S3orbilbung    unb    fdjlofe    ben  ßerncurfuS   an  bem  ^articulare   1605   mit  einer 

„Oratio  de  annis  climacteriis".    5Jlad)bem  er  auf  mehreren  Uniöerfitöten  ftubirt 

tjatte,  begab  er  fidj  fdjliefetic^  nad)  -gjeibelberg.   $in  gab  er  1607  JMermann'S 

„Praecognit.  philos.  lib.  II."  unb  „Systema  ethic."  Ijeraug,  unb  erlangte  1608 

ben  fjödjften  ©rab  ber  örjilofoöljifdjen  gacultät,  foroie  bie  bamal§  öaeante  $ro= 

feffur  ber  9Jtatf)ematif.     1612  roanbte  er  ftd)  nad)  33afel  unb  bem  ©tubium  ber 

£r)eologie  ju,  in  ber   er  aud)   im  sJtoöember  genannten  3af)re§  ben  S)octorgrab 

ertoarb.     1613  folgte  er  bem  öon  feiner  Saterftabt  an  it)n  ergangenen  9iuf,  bie 

«ßrofeffur  ber  @tljif  unb  5ßolitif  an  bem  bortigen  ©tjmnafium  ^u  öerfeljen,    unb 

b^at  biefelbe  big  ju  feinem  2obe   befleibet,    baneben    aber    aud)   ba§  3lmt  eine§ 

©eiftlidjen   für  bie  reformirte   ©emeinbe.     3ludj  ttjeotogifdje  Sorlefungen   finb 

öon   iljm   gehalten  toorben.     2lm    12.   ©ecember  1650   ift   er  geftorben.     iiur 


5ßauli.  259 

eine  fleine  galjl  üon  Schriften,    barunter   brei  ^rebigten,    finb   bon   iljm  ber- 

öffentlid^t  tootben. 

Andreae  Charitii  Commentatio  historico-litteraria  de  veris  eruditis 
Gedani  ortis  (Witt,  Sax.  1715.  p.  119).  —  Christ.  Friedr.  Charitii  Spici- 
legii  ad  D.  Andreae  Charitii  commentationem  hist.-litt.  de  viris  erud.  Ged. 
ortis  pars  prior  (Ged.  1729).  p.  42.  —  Ephr.  Praetorii  Athenae  Geda- 
nenses  (Ups.  1713).  p.  60,  61.  31.  23ertling. 

^aillt:  ©eorg  ^acob  ty.  tourbe  all  jüngfter  ©ohn  bon  Hermann 
fteinholb  *p.  (bgt.  u.  ©.  260)  am  24.  3juti  1722  ju  33raunfchtoeig  geboren, 
bejuchte  baä  reformirte  Gymnasium  illustre  in  igaUe  a.  b.  ©.  unb  bom  Satjre 
1737  an  bie  üniberfität  ebenba.  %m  %.  1745  toarb  er  unter  bie  föniglidjen 
Candidatos  alumnos  in  33erlin  aufgenommen,  um  aber  feinem  alten  SJater  bilf= 
reich,  pr  «Seite  fieben  p  fönnen,  nahm  er  ben  im  Dctober  1746  an  tfjn  er= 
gefeenben  üiuf  pm  9tector  be§  genannten  ©bmnafiums  in  £)atle  an.  (Jttoa  ein 
Safer  nach  bem  2obe  feine!  33ater§  folgte  er  einem  9tufe  aU  ißrebiger  auf  ber 
griebrichjtabt  in  23erlin  (1751)  in  welcher  ©tetlung  er  bier^ehn  $abre  berblieb. 
5Dann  ging  er  im  %.  1765  nach  -gmlberftabt  all  «gjofprebiger  unb  Gonfiftoriat= 
rath;  1775  tourbe  er  al§  erfter  Stomprebiger  unb  ^nfpcctor  ber  reformirten 
©emeinben  be§  ©aalfreifel  toieber  nach  ."jpatle  Berufen,  too  er  am  23.  Februar 
1795  ftarb.  (Er  toar  ein  fehr  fleißiger  unb  aufcerorbentlicb,  beliebter  s}kebiger, 
aber  in  feiner  tfieologifchen  Stellung  bötltg  ein  £inb  feiner  3eit.  ew  um  Ent- 
fernung „atte§  'DJtbftifcfien"  eifrig  bemüfiter  9cationatift.  3n  biefem  ©inne  ar= 
beitete  er  auch  in  33erbinbung  mit  %ot).  Üaxl  Sßifdjon,  feinem  beseitigen  Kollegen 
in  Jpalle,  ba§  reformirte  hallefche  Stomgefangbuch  au§,  beffen  (Einführung  an 
bem  £age  ftattfanb,  an  toetdjetn  $ifd)on  it)m  bie  SebächtniBprebigt  hjelt,  am 
8.  2Rärj  1795.  Die  23erbefferung  be§  ©efangbucbe§  rüfemte  ber  Ütebner  babei 
al§  bie  eigentliche  3lmtetbat  bei  33erftorbenen.  S)a§  ©efangbuch  enthält  mehrere 
eigene  Sieber  5pautt'§,  bie  mciftentt)eit§  mit  Stecht  betgeffen  finb;  unter  ilpen 
ift  ba§  3lbenbmabl§üeb :  „J?ommt  unb  efjt  ba§  33rot  bes  33unbe§,  Eommt  unb 
trinft  bon  meinem  Söein",  toelcheä  fchon  im  3.  1777  in  einem  anhange  p 
bem  Porigen  ©efangbuche  gebrucft  mar,  wol  bal  befte;  e§  tjat  auch,  noch  u.  a. 
in  bem  ^Berliner  ©efangbuch  bon  1829  Aufnahme  gefunben.  SDie  altem  Kirchen' 
lieber  überarbeitete  *ß.  fo  ftatf,  bafj  fxe  ttjeiltoeife  gar  nicfjt  ober  nur  am  33er§= 
ma|e  toieberperfennen  finb. 

2)rebbaupt,    Sbronif    bei   ©aalfreifel    II,    ©.  688  f.    —    ßbangelifch« 

reformirte  Äirchenaeitung ,    Jahrgang  1863,    6.  103  ff.  —   Äoch ,   ©efchichte 

bei  £irchentieb§  u.  f.  f.,  3.  3Iuft.,  6.  33b.,  ©.  497  f. 

I.  u. 

Quillt:  Mag.  £)inrtch  *$.,  gewöhnlich  3lrfeniu§  genannt,  gebürtig  aul 
(nicht:  aul  ber  9täfee  bon)  3lrffen  in  SJÖeftfalen,  t  Iura  bor  bem  17.  ftobember 
1575.  @r  mürbe  im  Söinter  1534  att  33ruber  be§  g?raterttofter§  ober  JHofteri 
ber  33rüber  bom  gemeinen  Seben  in  ütoftodE  immatricutirt ,  1539  magister 
artium,  1551  ift  er  all  Senior  be§  ßtofterl  genannt,  1557—59  toar  er  beffen 
tefcter  9tector.  6r  blieb  ftetl  fatholifch ,  tourbe  aber  feiner  guten  SBirffamfett 
toegen  unb  toeil  ba§  Ätofter  feiner  S)rucferet  unb  feiner  beutfcfoen  (Schule  toegen 
beliebt  toar,  bom  üratbe  ber  ©tabt  gefchüht,  ja  geförbert;  felbft  bon  ben  eifrigen 
Theologen  tourbe  er  in  feiner  reinen  9ftenfd)tichfeit,  ^Sliibt  unb,  bei  aller  f5eftig= 
fett  in  feinem  ©tauben,  boch  böttiger  ©treittofigfeit  anerkannt.  %n  ben  böfeften 
3eiten  ber  33ertoaifung  ber  Uniberfität  baben  er  unb  3Inbrea?  gggerbel  ba§ 
übrige  getban,  fie  hochphalten.  @r  toar  nach  gingang  be§  ßlofter§  ftegenS 
be§  afabemifchen  Paedagogii  Coeli  porta,  ba§  in  bie  .ßlofterräutne  getoiefen  toar, 

17* 


260  SPouti. 

beliebt  bei  ber  3»ugenb ,  Ijodjgeeljrt  bei  ben  s4>rofefforen  ber  nad)  1563  toieber 
btüf)enben  llnitierfität.  2lt§  1563  ber  berühmte  sJßoffeliu§  bie  Ötegentie  über= 
narjm,  tourbe  befiinnnt,  bafj  ber  alte  berbiente  2lrfeniu8  nidjt  berbrängt,  fonbern 
neben  ifjm  bleiben  fotte.  ©ein  -gmuptftubium  waren  bie  gried)ifd)en  Äirdjen» 
öäter,  unb  nod)  1571  erbot  er  fiel),  unb  empfahl  ^offetiuä  it)n,  äu  einer  gried)i= 
fdjen  23orlefung.  9tadj  einer  Wotij  fdjeint  ifjm  audj  bie  Äunft,  gebrannte 
Söaffer  ju  fertigen,  befannt  gewefen  ju  fein. 

®ie  Duetten  in  Öijd),  3at)rb.  4,  ©.  22  ff.;  bie  älteren  befonber§  ge= 
fammclt  in   „(Jtwaä  toon  (Mehrten  9Hoftodfdt)en  ©adjen"  3,  ©.  439  f. 

Traufe. 

^Oltli:  Hermann  9teint)olb  5JJ.  würbe  am  28.  Februar  1682  al§ 
©ot)n  beä  üprofeffor£  ber  üEtjeologie  9teinf)olb  s-l>.  in  Harburg  geboren,  ©eine 
$8orfat)ren  bäterlidjerfeiti  waren  in  mehreren  Generationen  ©eiftltcfje  in  SDanjig 
geWefen.  6r  öerlor  feinen  äkter  fet)r  fvüt).  "Jtadjbem  er  bie  ©lauten  in  9flar= 
bürg  befudjt,  begann  er  ebenba  im  $.  1696  ba%  ©tubium  ber  SEljeotogie,  ging 
bann  mit  feinem  älteren  trüber  auf  ba§  afabemifdje  ©ttmnafium  in  Bremen 
unb  f eiste  rjernad)  bon  1701  an  baä  ©tubium  in  Harburg  fort.  Äaunt 
20  Saljre  alt  warb  er  im  $.  1702  |>ofprebiger  ber  öerwittweten  gürftin  oon 
(,.}caffau=©d)aumburg.  3m  3f.  1705  fam  er  aU  erfter  reformirter  ^tebiger  an 
bie  Sartt)olomäifird)e  in  53raunfd)Weig,  too  ber  -£>erjog  9lnton  Ulrid)  ben  9tefor= 
mirten  freie  Metigtonsübung  geftattet  tjatte.  Um  feiner  Keinen  ©emeinbe  bie 
firdjltdjen  haften  ju  erleichtern,  unternahm  er  im  Dctober  1705  eine  6o£tecten= 
reife  nad)  .ipoüanb,  auf  ber  er  aud)  bie  iöefanntfdjaft  ber  bebeutenbften  bortigen 
refornürten  Geologen  madjte.  3fm  $.  1724  ging  er  als  ^ßrebiger  nad) 
granfentljat  in  ber  ^falj;  ba  feine  9Jlutter  öon  tjier  gebürtig  mar  —  fie  mar 
eine  üEodjter  be£  *ßrebiger§  üDaniel  £o§fan  unb  mar  im  3.  1697  geftorben  — , 
glaubte  er,  biefe  Berufung  in  Weit  ungünftigerc  SJerfjältniffe  nidjt  abmeifen  ju 
bürfen.  5£)a  feine  Sßtrffamfeit  tjier  eine  wenig  erfolgreiche  mar,  folgte  er  gern 
im  3f  1728  einem  9ftufe  nad)  £)alle  a.  b.  ©.  Jpier  murbc  er  <mnäd)ft  ^Weiter 
5£)omprebiger  unb  ^vofeffor  am  refotmivten  Gymnasium  illustre,  Ijernadj  im  $. 
1734  erfter  SDomprebtger  unb  Gonfiftoriatratf),  fpäter  aud)  ^nfpector  beS  2)om= 
gt)mnafium§  u.  f.  f.  (Sr  ftarb  am  5.  Sluguft  1750,  nad)bem  er  met)rfad)  borljer 
fd)Were  ihanftjeiten  burd)gemad)t  rjatte.  -  s4>-  ift  2)id)ter  beS  i3iebe§:  „ßobe, 
lobe  meine  ©eele,  ben  ber  tjeifet  Qexx  ^ebaottj",  meld)e§  Qret)lingt)aufcn  in  ben 
2.  Stljeil  feine§  ©efangbud)c§  (nidjt  ganj  unüeränbert)  aufnahm  unb  weldjeä 
öon  t)ter  aui  in  mehrere  ©efangbüdjer,  namentlich  in  sJJtagbeburg  unb  Umgegenb, 
Stufnatjme  gefunben  t)at.  9htjjerbcm  ift  er  33erfaffer  einer  9teit)e  tljeotogifdjer 
2lbr)anbtungen  ;  aud)  f)at  er  s^rebigten  bruden  (äffen. 

Tretjtjaupt,  ßljronif  Dc§  ©aaltreifeg  II,  ©.  688.  —  9totcrmunb  jum 
Södjer  V,  ©.  1694.  —  Teufel,  Sejicon  X,  ©.  296.  —  @bangetifd)--refor= 
mute  flirdjenaeitung  1863,  ©.  33  ff.  —  Äod),  ©efcb;id)te  be§  Äird)enliebe§ 
u.  f.  f.,  3.  Slufl.,  6.  58b.,  ©.  77  ff.  —  ftifdjer,  ßirdjenlicberterjfon,  1.  ^älfte, 
©.  37.  I.  u. 

^Qltlt:  So  ad)  im  5ß.f  ein  ausgezeichneter  2)id)ter  geifttid)er  ßieber,  mirb 
im  ^.  1656  unter  ben  Primanern  beg  ©tymnafiumg  jum  grauen  illofter  äu 
23erlin  genannt,  roctd)e  ben  (35eburt§tag  be§  (Sonrectori  5Jlid)aet  ©djirmer  feiern. 
(Jr  be(ieid)tiet  fid)  fetbft  als  au3  2öit§nad  in  ber  5Rar£,  bod)  ftnbet  fid)  fein 
51ame  angeblid)  nidjt  in  ben  öom  3.  1632  an  öorljanbenen  ^aufregiftern  biefeS 
©täbtd)en§.  5^.  öerfertigte  al§  Primaner  unb  l)ernad)  al§  ©tubent  ber  ü£tjeo= 
logie  —  er  ftubirtc  toal^rfd)einlid)  in  g-rantfurt  a.  b.  £>.  —  lateinifd)c  unb 
beutfdje  (Sctegen^eitSgebidjte ,    oon  benen   eine  5lnäat)I  nod)  öorb^anben  finb,  fo 


$auli.  261 

3.  SB.  ein  Sroftlieb  auf  ben  £ob  einel  ©otjnel  öon  «ßauluS  ©erwarbt  (7  im  October 
1665).  25a  et  ftd)  unter  biefem  Siebe  nod)  SS.  theol.  Stud.  nennt,  fo  tjat 
et  bamatl  (im  3.  1665)  nod)  feine  Aufteilung  gehabt.  @r  lebte  nadj  23e* 
enbigung  feinet  ©tubien  in  Lettin;  eine  3"ttang  mar  et  |>aultetjrer  in  bet 
ö.  ^ßlaten'fdjen  Familie.  Am  25.  Februar  1674  öertjeirattjete  et  fidj  in  Lettin 
mit  ÜJlaüa  ftefyxenfyoly,  in  ©ebicfjten,  bie  3ut  33ett)errlid)ung  biefet  fteiet  ge= 
btudt  finb,  roitb  et  all  Ganbibat  beaeidmet.  @£  ift  biefel,  fotriet  unl  befannt, 
bal  lejjte  fixere  Saturn  aul  feinem  Seben;  tootauf  fad}  bie  Angabe,  bie  ftd) 
f)ie  unb  ba  ftnbet ,  et  fei  $rebiger  in  bet  9tär)e  öon  ^Berlin  geroefen,  gtünbet, 
öermögen  mit  nid)t  3U  fagen.  All  TOglieb  bet  „grudjtbringenben  teutfdjen 
©efetifdjaft"  l)iefj  et  „bet  Steppe",  ©ein  2obeljal)r  ift  fo  toenig  befannt, 
roie  fein  ©eburtljafjr.  s£.  gab  „Sßiet  geiftlidje  Steber"  f)eraul,  „bem  lob= 
toütbigen  (Sott  3U  (E)ten  unb  beffen  Siebrjabern  3um  beften  abgefaßt  Don 
3oad)imo  «JJauti" ;  fie  erfdjienen  otjne  Angabe  toon  Drt  unb  3at)r;  ba  abet  am 
©cfjluffe  bei  fleinen  .Seftdjenl  ein  ©ebidjt  Don  s£autul  ©erfjarbt  „auf  bie 
öier  gegenmättigen  geift=  unb  anbad)treid)en  ©efänge"  fidj  beftnbet,  melcfjel  *on 
©ertjarbt  als  ^tebiget  3U  ©t.  Nicolai  in  Lettin  unterzeichnet  ift,  fo  mufj  biefe 
Sammlung  bot  1666  erfdjienen  fein.  3m  3-  1664  erfdjien  bei  döriftopt) 
9tunge  in  ^Berlin  „ATQ. ,  SBorgefdjmacf  bet  häutigen  unb  frörjlidjen  groigfeit 
u.  f.  f.";  aud)  biefem  23üd)lein  ift  all  Anljang  ein  ©ebidjt  ©erfjarbfl  t)in3u= 
gefügt.  3rt  biefem  lefetgenannten  SBudje  ift  jum  etften  9Jcate  ^auli'l  Sieb: 
„3ion,  gieb  bid)  nut  jufrieben,  ©ott  ift  nod)  bei  bit  batin",  gebtueft,  bal 
nad)t)er  eine  roeite  Verbreitung  fanb.  Anbete  Siebet  ^aulTl  ftnb  juetft 
in  ben  bei  9tunge  erfdjienenen  Aulgaben  bet  „Praxis  pietatis  melica"  1664, 
1666  unb  1672  gebtudt,  wie  Sadjmann  (bgl.  unten)  nadigemiefen  rjat;  fo  fein 
befanntel  2£eitmad)tltieb :  „D  Sefu  Gljrifie,  ©ottel  ©ofjn,  toie  fommft  bu  bod) 
3u  mit"  in  bet  Aulgabe  öon  1672.  ©djon  feine  3"tgenoffen  traben  ^auli'l 
fd)öne  ©aben  unb  ftommen  ©inn  gelobt;  feine  Siebet  etinnetn  nid)t  feiten  an 
biejenigen  ©errjarbt'l,  mit  bem  et  nidjt  nut  befannt,  fonbetn  aud)  befteunbet 
getoefen  3U  fein  fdjeint. 

ftambad),  Anthologie  III,  ©.  351  ff.  —  3eitfd)tift  für  d)tiftlid)e  2Biffen= 
fdjart  unb  d9tiftlid)e§  Seben  1855,  ©.  46.  —  3.  ft.  Sadjmann,  M.  «midjael 
©dünner,  Setiin  1859,  ©.  232  ff.  —  $od) ,  ®efd)id)te  bei  ^itdjentiebel 
u.  f.  f ,  3.  Aufl.,  23b.  3,  ©.  342  ff.  —  SSobe,  QueHennad)roei§,  ©.  126.  — 
liebet  bie  angefügten  Siebet  ©etfjatbt'l  bgl.  Sadjmann,  ^autul  ©erljarbt'l 
geiftlidje  Sieber,    Berlin  1866  (1876),   ©.  309  f. 

I.  u. 
^ault:  3ol)annel  %  lim  bal  3ab>  1455  bon  jübifdjen  gttetn  ge= 
boren  (ma§  inbeffen  neuerbing§  beftritten  mirb),  trat  et  ftüf)  3um  ßfjtiftentljum 
übet,  toutbe  in  ©trafjburg  5Jlagifter,  bann  ^Ritglieb  be§  grancilcanerorbenl 
unb  prebigte  fd)on  1479  in  bem  Älofter  feines  Drben§  3U  2fjann  im  6lfa^. 
3m  3.  1499  tourbe  er  at§  auSgejeid^neter  ^rebiget  ju  bem  öon  gftanj  ©abatta 
nad)  Cpöenbeim  berufenen  Gonbent  entfanbt.  S5on  1506—1510  roat  et  ®uat= 
bian  bei  Sariüfjerflofterl  in  ©ttapnrg ,  too  er  bie  ^rebigten  ©eilerl  öon 
ßaiferlberg  fjörte,  bie  er  aufjeidinete  unb  in  ben  folgenben  Sagten  aularbeitete. 
S)ie  erfte  ©ammlung  berfelben  gab  er  all  Sefemeifter  31t  ©djtettftabt  1515  unter 
bem  Xitel  „(Söangetibudf  t)erau!,  ber  im  folgenben  Saljre  eine  anbete,  bie 
„(5meil",  unb  1517  eine  britte,  bie  „Sröfamlin"  folgte.  Aud)  311  Spillingen 
im  ©d)mar3malbe  mar  er  fut3e  3eit  lang  Sefemeiftet;  1518  berfat)  et  baffelbe 
Amt  miebet  in  bem  Äloftet  feinel  Otbenl  3U  i^ann,  teo  et  1519  bie  ©d)manf= 
fammlung  ,,©d)impf  unb  (5tnft"  öollenbete,  1520  bie  bilfjet  nut  in  lateinifdjet 
lleberfefeung    öon    ^ac  Dtfjer    befannten    ^rebigten    über   ©ebaftian    Sßrant'l 


262  $ault. 

9iarrenfd)iff  in£  £>eutfdje  aurüdüberfcfete  unb  bis  ju  feinem  nadj  1530  erfolgten 

£obe  üetbiieb.     Dtjne   bie  33erbienfte  ^auti'ä   um   bie  gijirung   ber  ©eilerfdjen 

üprebigten  fdjmätern  <}u  motten,  mufe  bod)  auögefprodjen  merben,  bafj  ber  ©djmer= 

punft  feiner  33ebeutung  in  ber  3ufammenftettung  beä  bereits  erwähnten  ©djraanf* 

oudjeä  „©ctjimpj  unb  Chnft"  liegt,  roetdjeä,  in  jatjllofen  2luflagen,  Bearbeitungen 

unb  9ladjatjmungen  Perbreitet,  einen  fetjr  ertjeblidjen  Güinflufe  fomoljl  auf  bie  att= 

gemeine  Bilbuug  mie  auf  bie  3>idjtung  be§  XVI.  ^aljrtjunbertS  ausgeübt  tjat. 

6.   3)etttj,    Ueber    ben    S3arfü|er   3ot)anne8    «Pauli,    2öien   1839.    — 

3.  3JI.  Sappenberg,    Ulenfptegel,   £eip,}ig  1854.   —   $.  ^auli,  ©djimpf  unb 

(Srnft,    tjerauägegeben   öou  £>.  Cefterlerj,  Stuttgart  1866  (Siter.  herein).  — 

Betreffenb  bie  neuerbingS  beftrittene  jübifcfje  ^jerfunft  >4>auli'3  ,ju  Pgl.  $.  @ubel, 

£).  ©•  $.,  ©efdjidjte  ber  oberbeutfdjen  SJHnoriten^roPin,}.    Söür^burg  1886. 

£.  Defterletj. 
^Clllt:  $art  g rieb  rief)  ty-,  f.  am  ©djlnffe  biefeS  Banbeg. 
$a«lt;  $arl  SBilrjetm  $.,  geb.  am  18.  £ec.  1792  ju  ßüberf,  t  ba= 
fetbft  am  18.  SRära  1879,  flammte  aus  einer  Familie,  bie  ju  Altena  in  Söeft» 
faten  anfäffig,  feit  Slnfang  beä  18.  Saljrfmnbertg  nad)  ßübed  übergefiebelt  mar. 
«ötcfjr  als  ber  burd)  feine  Steifen  unb  ©efdjäfte  in  2lnfprud)  genommene  33ater 
2lbrian  SBiUjelm  5p.,  ber  Kaufmann  in  ßübed  mar,  übte  bie  Butter  ßinflufj 
auf  bie  Sntmitfluug  be£  ©otjnes  aus.  ^lagbatcna  s4>oet,  aus  einer  urfprünglid) 
tjoÜänbifdjen  gamilie,  bie  burd)  biet  (Generationen  in  Ütu^tanb  gelebt  unb  bort 
erljeblidjes  Vermögen  ermorben  tjatte,  mar  bie  ©djmefter  Speter  5ßoel8,  ber  ftdj 
feit  1789  in  2lltona  niebergelaffen  unb  bie  Verausgabe  beö  Slttonaer  9)cercur§ 
übernommen  tjatte.  Sind)  littcrarifdje  unb  Permanbtfdjaftlictje  Bedienungen 
be§  Bruberä  mar  auetj  bie  ©djroeftcr  mit  ben  geiftig  tjerPorragenbftcn  Greifen 
ber  «Hamburger  ©efettfdjajt,  beu  Büfdj,  9teimaru§,  ©iePefing,  Sogrjet  Pertraut 
getoorbeu,  unb  al§  bie  Altern  eine  Zeitlang  in  2lltona  itjren  SBotjnfit}  nahmen, 
trat  früljäeitig  eine  Üteifje  bebeutenber  IDtenfctjen  in  ben  ©efictjtäfreiS  bee  jungen 
*p.  SDen  erften  Untenidjt  genofj  er  in  ber  «ßenfion  be§  VLbb6  ©uiot  311  Slltona, 
fpäter  befudjte  er  bie  SJhima  beä  bortigen  ©rjmnafium§r  ba§  er  mit  bem  ju 
Bütfeburg  öertaufd)te,  als  bie  Familie  1808  baljin  überfiebette.  •Cftern  1811 
oerliefj  er  bie  ©djule,  um  in  Tübingen  ^uriöpruben,}  ju  ftubieren,  nactjbem  er 
fidj  juüor  über  bie  Söatjl  biefeg  Berufs  guten  9latlj  bei  Äarl  ©ieoefing,  ber 
bamatö  als  s$riOatfecretär  beS  (Srafen  Steinb.arb  in  ßaffet  fungirte,  getjolt  tjatte. 
5Die  beiben  in  Tübingen  Perlebten  Satjre  bilbeten  ben  ©(anjpunft  feiner  Sfugenb. 
lübingen  nannte  er  feine  geiftige  .^eimatl)  unb  im  fpateren  Sebengalter  ^at  er 
motjt  baran  gebad)t,  fid)  borttjin  äurüd^ujie^en.  So  eifrig  er  auet)  feinen  S3e= 
ruföftubien  obgelegen  tjatte,  roaä  it)m  Tübingen  für  immer  mertt)  machte,  mar 
bie  Srinnerung  an  bie  Gienoffen,  mit  beneu  er  ein  oou  ^ßoefie ,  £iebe  unb 
greunbfetjaft  bemegte§  2eben  gefütjrt  tjatte.  S5oräug§meife  toaren  c§  ©übbcutfdje, 
Oor  allem  ©uftaP  ©ctjmab ,  in  beffen  etterlidjem  ^aufe  er  ein  gern  gefetjener 
(Saft  mar,  ber  Sfurift  21.  Äöftlin,  ber  SLtjeotoge  Cfianber,  Sluguft  $auttj,  Sluguft 
Watjer,  ber  eine  frütj  burd)  ÄranfljeU  tjinmeggetafft,  „entrüdt  ber  anberc  unter 
@i§  unb  6\ä",  mie  (Buftap  ©ctjmab  bem  im  ftelb^uge  bcS  2Binter§  1812  um= 
gefommenen  greunbe  nadjfang,  bilbeten  einen  ßteiS,  bem  Ul)lanb,  Äarl  ^Jlatjer, 
ber  Sruber  2luguft§,  unb  anbere  Weitere  nod§  nab^e  [tauben.  2US  ty.  Dftem 
1813  nactj  33üdeburg  ju  gu^  ^eimfetjrte,  mar  er  entfctjtoffeu ,  mit  ben  Sßaffen 
in  ber  £)anb  bie  öaterlänbifctje  ©efinnung  ju  bettjätigen,  meldje  eine  rjodjgemutlje 
Siugenb  auetj  in  ben  rtjeinbünbifdjen  ©taaten  getjegt  unb  gepflegt  tjatte.  (Sin 
6mp}et)lung3fdjreiben  ber  ©räfin  äßiltjelmtne  Pon  ©ctjaumburg=£ippe  an  ben 
©rafen  2Batmoben=©imboin,  ber  an  ber  @tbe  commanbirte,  Perfctjaffte  ttjm  jmar 
2tufnat)me  in  ba§   SorpS   erft   al§   ©ergeant,    nac^^er   als  Dfficier,    aber   bie 


Sßault.  263 

Jtjatigfeit  blieb  eine  fet)r  unbefriebigenbe.  Slnftatt  rurjmöoEer  kämpfe  tourbe 
irjm  nid)ts  ju  Stfjeil  als  muffiges  urntjerzierjen  in  ben  mecftenburgifcr)en  2annen= 
toüfien  unb  eine  breimonatlicije  Belagerung  bet  *M*ung  (Slüäfiabt.  3nt  $rüt)= 
fatjr  1814  t)eimgefer)rt ,  öefdjäftigte  er  fic^  mit  mancherlei  öcetifdjen  unb  litte* 
rarifdjen  planen;  ein  in  biefer  geit  üerfafjtes  (Sebidjt:  „bas  Sieb  öom  alten 
Jpelben"  natjm  (Sörres  in  ben  9tljeintfcr)en  2Rerfur  auf,  öon  too  e§  irrtfjümlicr) 
a(§  öon  9Jtaj  öon  Sctjenfenborf  t)errüt)renb  in  beffen  fämmtlicrje  ©ebidjte  (erfte 
2Iusg.,  Berlin  1837,  S  271)  übergegangen  ift.  3m  #ei6ft  1814  natjm  *ß. 
feine  Stubien  toieber  auf  unb  tourbe  am  23.  Cctober  1814  in  (Söttingen  im= 
matricutivt,  too  er  bis  ju  feiner  Promotion  öerroeilte.  2Iud)  biefe  ^eit  öertebte 
er  im  Umgange  mit  ausgezeichneten  jungen  Männern,  toie  23ett)mann=<£>oEtoeg, 
*8obelfcf)tDingt),  £>affenöflug,  9L  ö.  -Ipailrjaufen ,  dt)iift.  Slug.  23ranbis.  @r  t)at 
tootjl  biefe  Qeit  als  rein  öraftifdje  ber  in  Tübingen  öerlebten  gegenüber  geftellt; 
aber  fie  ift  boct)  nictjt  blos  in  ein  gründliches  Stubium  bes  3us  aufgegangen. 
@r  fpiette  fleißig  Violine,  unterhielt  gefeEfctjaftlictje  Beziehungen  zu  |)eife,  bem 
^>aufe  ber  grau  öon  9tobbe  geb.  Sctjtözer,  Dertiefte  fid)  in  bie  in  Slufnarjme 
fommenben  unb  in  (Söttingen  burcrj  Benecfe  fo  ausgezeichnet  üertretenen  alt= 
beutfctjen  Stubien  unb  öerfotgte  bie  5ßolitif  mit  regftem  ^nterefje ,  toenn  auct) 
balb  mit  fteigenbem  UntoiEen  über  bie  (Snttäufctmngen  ber  g,tit.  2lm  18.  Dc= 
tober  1815  litt  es  ir)n  nictjt  in  ben  engen  Stauern  (Söttingens;  bas  9Ubelungen= 
lieb  in  ber  Safere,  toanberte  er  nad)  Gifenact),  um  in  ber  Stabt  bie  Stuffen  unb 
bei  bem  greubenfeuer  auf  ber  £>ötje  Sanbsteute  zu  finben,  bie  im  fetjarfen  £>ft= 
toinb  froren  unb  „ein  freies  Seben  fütjren  mir"  fangen.  So  tjaustjätterifcrj  er 
mit  feiner  Qnt  umgetjen  mufjte,  bie  Seetüre  ber  Sctjrift  bes  Staatsrates  öon 
Sabetoro  über  bie  Bebeutung  bes  2lrt.  13  ber  Bunbesacte  eiregte  itjn  bermafjen, 
bafj  er  an  ben  in  (Söttingen  toeilenben  Berfaffer  einen  berben,  balb  allgemein 
öerbreiteten  Briet  rictjtete  unb  bamit  eine  Sfteitje  ftubentifdjer  Semonfirationen 
einleitete,  mofür  er  noctj  in  ben  letjten  SBccrjen  feiner  Stubentenzeit  mit  ber 
Sßaffe  in  ber  £)anb  einjufteljen  tjatte.  9lactjbem  er  am  9.  9Tcärz  1816  bas 
Grjamen  befianben  tjatte  unb  am  13.  Slöril  ö*omoöirt  toorben  mar,  begab  fiel) 
3ß.  nact)  Süöecf,  um  fid)  als  5tedjtsantoalt  nieberzulaffen ,  tootjl  augleid)  in  ber 
Hoffnung ,  in  ben  öffentlichen  Slemteru  SSerroenbung  zu  finben,  zu  benen  ben 
9teformirien  in  Sübecf  erfi  bie  Bunbesacte  3u9Qng  öerfdiafft  tjatte.  Sie  2lb= 
öoeatenttjätigfeit  fagte  5ß.  auf  bie  Sauer  toenig  zu,  unb  fo  natjm  er  mit  greuben 
ben  Stntrag  bes  (Senats  an,  Secretär  bes  mit  bem  13.  9loöember  1820  ins 
Seben  tretenben  gemeinfetjafitidjen  CberaööeEationsgeridjts  ber  öier  freien  Stäbte 
Zu  toerben.  Siefe  Stelle  Ijat  er  bis  1843  befteibet.  6r  fam  baburetj  in  bie 
näcrjfien  bienftlicljen  SSezie^ungen  ju  fo  ausgezeichneten  Männern  toie  bem  $rä= 
fibenten  |)eife,  ben  üiättjen  $a<$)  unb  ßroöö,  naljm  an  allen  Serattjungen  eines 
fo  rjeröonagenben  Gollegiums,  toie  bies  ©eric^t  toar,  %t)tii  unb  tjatte  boct)  genug 
freie  3"*  übrig,  um  fid)  ber  fructjtbarften  titterariferjen  ^tjätigfeit  zu  toibmen. 
£ie  frü^efte  juriftifetje  Slrbeit  ^auti's,  bie  an  bie  £)effentlicf)feit  getreten  ift, 
betjanbelte  ein  ön>ceffualifcr)es  St^ema ,  bas  ^rineip  ber  fog.  sententiae  duae 
conformes.  £)bfci)on  einer  praftifetjen  ftxaQt  bes  |)atnburgifcr)en  9ted)ts  geltenb, 
mar  bie  Unterfudjung  boct)  öon  fo  allgemein  toiffenfctjaftlicrjen  ©efictjtsöunften 
geführt,  ba^  it)r  ^eife  unb  ßroöö  in  it)rer  claffifcfjen  Sammlung  juriftifdljer 
^anblungen  (Sb.  II,  1830,  S.  183  ff.)  einen  5pta^  einräumten,  grft  nact) 
toeitern  5ef)n  ^arjren  tourben  bie  arbeiten  5?auli's  betannt,  bie  it)m  feine  eigen= 
ttjümlictje  SteEung  in  ber  rectjtstoiffenfcrjaftticrjen  titteratur  öerfcr)affen  foEten. 
Sie  Söiebergeburt  bes  Satertanbee  tjatte  ben  Sinn  für  ein  beutferjes  Seben  unb 
Streben  ermeeft  unb  bas  f$rer)lf et) lagen  ber  patriotifdjen  Hoffnungen  biefen  Sinn 
nur  noct)  oerftärft  unb  metjr   nact)  3nnen   gerietet.     SBo  'tjatte  er  beffere  9ca^= 


264  ^auli. 

rung  ftnben  lönnen,  al§  in  bem  alteljrroürbigen  ßübed  mit  feinem  reidjen  ©ctjat; 
tjiftorifdjer  unb  fünftlerifcCjex  (Erinnerungen'?  $.,  bet  feit  feiner  lleberfiebelung 
fid)  mit  ber  ©efctjictjte  unb  bem  9ied)t  ber  Sktcrftabt  eifrig  ju  bekräftigen  be= 
gönnen,  ftanb  auctj  nidjt  altein  mit  folgen  ©tubien.  S)ie  patriotifctje  ©efetl= 
fdjaft  jur  Beförderung  gemeinnütziger  Stjätigf  eit ,  ju  @nbe  be§  borigen  $atjr= 
tjunbertS  begrünbet  unb  IRitglieber  alter  ©tänbe  umfaffenb,  natjm  fidj  aud) 
biefer  Begebungen  an,  unb  fctjon  frütj  tjielt  itjr  $.,  1817  ju  iljrem  ©ecretär 
ermätjlt,  Vorträge  au§  ber  tjeinmttjlidjen  ©efdjidjte.  9Jcitglieber  be§  £>ber= 
nbbellationggerid)t§  mie  ber  ftäbtifdjen  33et)Örben  erforfctjten  unb  fammelten  bie 
S)enunäter  ber  lübifdjen  ©efctjidjte  unb  be§  tübifctjen  9ted)t3  unb  mürben  burd) 
mand)  fdjönen  ftunb  belohnt,  deiner  ber  geringsten  mar  ber,  melier  ty.  ge= 
lang.  2)ie  alten  £)ber=  unb  Ütieber^Stabtbüctjer  Sübedfg,  bom  (Jnbe  be§  13.  3far)r= 
t)unbert£  bis  auf  bie  ©egentoart  reidjenb  unb  Urfunben  über  bie  gan^e  flutte 
berfctjiebenartigfter  föectjtägefctjäfte ,  roelctje  bor  ben  ftäbttfctjen  Beworben  borge= 
nommen  toaren,  enttjattenb,  maren  feit  längerer  3"*  berfdmninben.  $m  $. 
1834  fanb  $.  fie  nictjl  nur  roieber  auf,  er  bevftanb  aud)  bie  Afunft,  biefen  tobten 
beugen  mieber  jum  lieben  p  bertjelfen,  bie  $ed)t§fät$e,  beren  ©jiftenj  ober  beren 
3tnroenbung  fie  erfdjloffen,  mit  benen  ber  ©efetjbüdjer  in  Sßerbinbung  ju  bringen 
unb  alle  ©eiten  be§  gefdjidjtlictjcn  öebenä  ju  itjrer  (hflärung  tjeranjuaieljen. 
S)a3  9tefultat  biefer  ©tubien  liegt  in  ben  beiben  -ipaubtroerfen  $auli'§  bor,  bie 
auf  gleichem  Boben  erröadjfen ,  nact)  gleicher  lUetfjobe  gearbeitet,  bod)  in  itjrer 
äußeren  drfctjeinung  fetjr  berfdjieben  finb.  2>a§  eine:  „Slbtjanbtungen  au§  bem 
lübifdjen  Stecht"  betitelt,  umfaßt  bier  ü£tjeile,  beren  erfter  1837,  bie  fotgenben 
1840  unb  1841 ,  ber  Iet;te  nad)  langer  llnterbred)ung  1865  erfctjien.  ©ie 
ftetten  ^nftitute  beS  ^ribatredjtä :  ba§  9ted)t  ber  Erbgüter,  bie  etjetietjen  @rb- 
rectjte,  ba§  ßrbredjt  ber  Blutäfreunbe  unb  bie  £eftamente ,  bie  fog.  3Biebolb§= 
renten  ober  9tcntenfäufe  in  itjrer  ganzen  tnftorifetjen  (Sntroidtung  unb  fbjie= 
matifdjen  (Entfaltung  bar  unb  ftütjen  fidj  in^befonbere  auf  ba§  ungebrudte 
Material  ber  ©tabtbüctjer,  ba§  fie  in  reichen  sJJtittt)eilungen  bem  ßefer  jur  sJlactj= 
Prüfung  borlegen,  benn,  toie  ber  Berfaffer  im  Bortoort  erflärt,  „mir  ift  bie 
äöatjrtjeit  lieber  alä  meine  BorfteUung  bon  berfelben".  (Sr  ift  ebenfo  entfernt 
bon  einer  ifolirten  Betrachtung  be§  ßübifetjen  9tectjt§  mie  bon  einer  unftaren 
Bermifctjung  beffelben  mit  fremben  KedjtSquelten.  @r  tjat  einen  fdjarfen  Blid  für 
ba§  (Ectjte  unb  Ünedjte,  ba§  2llte  unb  ba§  9teue,  bie  Kegel  unb  bie  9lu§natjme, 
ba§  Urfbrünglicb^e  unb  ba§  au§  ber  grembe  2lufgebfropfte.  6§  genügt  ujm  aber 
nieb^t  an  ber  ü)eoretifd)en  @rtenntni§  ber  berfd)iebenmertl)igen  23eftanbtl)eile  beei 
geltenben  Ked)t§;  feine  arbeiten  bcrfolgen  nidjt  bto§  neben,  fonbern  in  itjrer  t)ifto= 
rtfetjen  Unterfudmng  einen  praltifctjen  ^medf,  ben  einer  Oteform  jener  9tectjt§inftitute 
in  bem  ©inne  einer  33efeitigung  ber  fctjäblidjen  @inflüffe,  metd)e  bie  romaniftifetje 
9rebifion  be§  16.  ^atjrtjunbert§  ausgeübt  tjat.  Sfft  biefe§  3"^  auc^)  n^*  etreictjt 
motben,  fo  tjat  5ß.  boc^  bie  ®enugttjuung  erlebt,  bafj  feine  Unterfudiungcn  meit 
über  bie  ©renken  eines  barticularen  9tect;t§  tjinau§  3lnfetjen  getoonnen  tjaben. 
3Bem  e§  um  grünblidje  unb  auellenmä^ige  Erörterung  beutfdjer  KectjtSfä^e  unb 
^nftitute  ju  l)iftorifd)en  ober  praftifetjen  3b?ecleu  ju  ttjun  ift,  ber  mirb  <m  ^auli'§ 
3lbb^anbtungen  greifen,  ©inb  biefe  ein  dufter  rectjtötjiftorifctjer  Unterfuctjung, 
fo  finb  bie  „ßübedifetjen  3uftänbe"  Sßorbilber  bolf§ttjümlid)er  Setjanblung  eine§ 
cjeletjrten  Stjemaä.  ^t)r  erfter  Stjeil  erfctjien  1847  unb  gab  ©arftettungen  be§ 
ftäbtifd)en  Seben§  ju  Slnfang  be§  14.  $at)rt)unbert§  in  einfadjfter  unb  boct)  au§ 
ber  rcictjften  ^enntni^  be§  ©egenftanbe§  gefc^öpfter  f^orm.  3lu§  Vorträgen  tjer= 
borgegangen,  bie  *$.  in  ben  3at)ren  1838-46  bor  ber  patriotifdjen  (SefeUfdjaft 
getjalten  tjat,  befleißigen  fie  fict;  ber  größten  2lnfctjaulid)teit  unb  Ätartjeit  unb 
erfüllen  ben  äBunfd)  it;re§  Sßerfaffer§,  bem  Saien  faßlictj  ju  fein,  otjne  bem  ©e= 


«Pauli.  265 

lehrten  langmeilig  ju  toerben.  ©er  smeite  etft  1872  erfdjienene  2fjeit  ber  3u= 
ftänbe  ftetjt  nur  inforoeit  auf  ber  «g>ör;e  bes  etften,  als  er  feft  gefcfjloffene,  bem 
rjeimifdjen  Soben  entnommene  ©egenftänbe  betjanbett;  ber  britte  Streit  aus  bem 
Sfaljre  1878  t)at  nur  ben  tarnen  mit  ben  beiben  elften  gemein,  benn  er  f)ält 
nidjt  metjr  an  ber  Vortragsform  feft,  noct)  giebt  er  Silber  »ergangener  3uftänbe 
ober  dreigniffe,  fonbern  reitjt  eine  Sln^t  red)töt)iftotifd)er  Slnmerfungen  auf 
ben  gaben  ber  Slrtifelfotge  ber  reöibirten  tübifdjen  Statuten.  3Jltt  einem  tocrtc)= 
Dollen,  ben  ©tabtbüdjern  entnommenen  Urfunbenbudje  ift  aud)  biefer  2$eU  gleicfj 
feinen' beiben  Vorgängern  ausgeftattet.  ^m  $.  1843  trat  %  als  ftatb,  in  bas 
£)berabbettationsgerict)t  ein;  fd^on  lange  f)atte  itm  ber  spräjtbent  Jpeije  jidj  jum 
Goltegen  gemünfe^t ,  aber  bae  unter  ben  freien  ©täbten  med)felnbe  äöa^tredjt 
bot  nidjt  früher  bie  (Gelegenheit,  als  bis  in  jenem  3at)re  Stürme  ausfctjteb,  um 
eine  ^ßrofefjur  in  Sonn  3u  übernehmen,  unb  ßübeef  bie  bacante  ©teile  ju  be= 
fe^en  tjatte.  Sie  gefteigerten  2tn!orberungen  bes  2Imtes  an  feine  £eit  liefen  %. 
jeitbem  nietjt  me§r  ju  großem  arbeiten  fommen;  ber  4.  Sanb  ber  21bt)anb= 
hingen  mar  fdjon  lange  bor  feinem  Srfdjeinen  bearbeitet.  2)oc£j  b>t  s$.  bie 
Serien  nodj  ben  gemoijnten  ©tubien  augetoanbt,  jtdj  an  ber  Verausgabe  bes 
Urhinbenbuch>s  ber  ©tabt  Sübeo!  roie  an  ber  1855  begrünbeten  3eitfd)rift  bes 
Vereins  für  8übetftfct)e  ©efdjicfjte  unb  Slttertfmmsfunbe  beseitigt  unb  ju  leitetet 
eine  9teib>  feljr  merttjboller  Seiträge,  wie  bie  3JuttljeiIungen  aus  bem  ätteften 
äßettebuet)  (ob.  I.)  unb  bie  aus  bem  £agebuctje  bes  Sürgermeifiers  £enrictj 
Srofes  (f  1623)  geliefert.  9Jtan  mürbe  einen  sDtann  mie  ty.  feb,r  unbottftänbig 
fennen,  tuenn  man  itm  blos  naef)  feiner  gelehrten  unb  amtlichen  £f)ätigfeit 
toürbigte.  2Bar  er  aud)  bon  ^ugenb  auf  bon  einem  lebhaft  retigiöfen  ©inne 
erfüllt,  jo  tjaben  boct)  erft  bie  greifjeitsfriege  unb  bie  fiel)  itjnen  anfctjtte^cnbe 
geiftige  Setoegung  bie  d^riftlid^e  ©eftnnung  in  i^m  ermeeft,  in  ber  er  bas  ©lud 
feines  Sebens  fanb.  ©ie  Sejiefmngen  au  feinen  fdb>äbifcb>n  greunben  maren 
burdj  einen  retigiöfen  ©runbjug  betjerrfdjt,  ber  $ampf  bes  SfafyreS  1813  erfcrjien 
ifjm  unter  bem  Vorbitbe  bes  Gf)riftentt)ums ,  ber  religio  morte  victrix.  Sie 
Sefanntfdjaft,  bie  er  in  ©öttingen  mit  ben  Srfibern  ©ad  machte,  bie  Briefe 
feines  ftreunbes  Srnft  Cftanber,  feines  geifttidjen  Vaterä,  mie  er  itjn  mot 
nannte,  bie  2ectüre  bes  Sucres  üon  ber  bcutfdjen  Geologie  brauten  ijjn  nidjt 
nur  in  ©egenfa^  ju  bem  rjerrfdjenben  Ütationatismus,  fonbern  führten  itm  bem 
Pietismus  ju ,  otjne  baf}  er  an  beffen  franffmfter  Ausartung  je  (gefallen  ge= 
iunben  rjätte.  Ser  ^aftor  ber  reformirten  ©emeinbe  au  ßübed,  ^otjannes  ©eibet, 
mar  ein  tjerborragenber  Vertreter  ber  gleiten  fticrjtung;  an  itm  f(^to^  ftd)  $. 
enge  an  unb  tiet)  ber  ©ac^e  feines  ©o^nes  ßarl  ©eibel,  als  er  1832  auf  21n= 
bringen  einer  bon  Sßtofejfor  ^ßetri  geführten  rationatiftifd^en  Semegung  bureb^ 
ben  ^erjog  feines  Zimtes  in  SraunfdSmeig  entfe|t  tourbe,  feine  geber.  Sllsbalb 
nacl)  feiner  Söer^eirat^ung  im  3-  1822  routbe  $.  Sorftetjer  ber  reformirten 
Äirc^e  unb  mar  lange  mit  Söort  unb  ©djrift  in  biefem  SImte  t^ätig.  @r  über- 
nal)m  1832  bie  ^ebaction  bes  neuen  ©efangbuc^ei  ber  (Semeinbe,  mobei  er  ben 
©runbfa^  mögtidjfter,  jeboc^  ntct)t  unbebingter  ßonferoirung  ber  alten  flirren* 
lieber  befolgte,  ^^mnologifc^e  arbeiten  b;aben  ib^n  ftets  interefftrt.  311s  1840 
ber  gntmurf  einei  tutljerifdjen  ©efangbueljes  für  SübecE  beröffentlic£)t  mürbe, 
fc^rieb  er  eine  ausTürjrticfje  Seurtfieilung  beffelben  unb  noc^  in  feinen  legten 
Sebensjab.ren  eine  „©efdjidjte  ber  ßübeefifc^en  ©efangbüd;er  unb  Seurtljeitung 
bes  gegenroärtigen"  (1875).  ^n  bem  bon  ©eibel  1814  begrünbeten  Sibelüerein 
mie  in  bem  burcl)  SSürgermeifter  Coerbed  ins  Seben  gerufenen  gjtifftonstiercin 
mirfte  er  eifrig  mit.  2t  18  aber  ber  tefetere  befc^loB,  feine  ©aben  nieb^t  mie  bi§= 
tjer  bem  Safeter  OJliffionsinftitut,  fonbern  baneben  auc^  ber  eöangelif(^=lutr)erif^ien 
Üeipäiger  ^ntiffionsgefettfe^ait  äu^umenben,  fctjieb  er  aus,  meil  er  unter  ben  Reiben 


266  ^auli- 

nur  eine  ebangetifdje,  nidjt  eine  luttjertfdje  unb  eine  reformirte  Äiicfje  gepflegt 
fetjen  moEte.  2)ie  $trd)e  ging  ir)m  ftetS  über  bie  ßonfefftonen.  ^n  ben  reti= 
giöfen  £agegfragen  ergriff  er  miebertjolt  bag  äöort,  fcatb  in  felbftänbigen  fletnen 
©Triften,  balb  in  Slufjätjen  fird)lid)er  3"tfcJ)riften.  S)ie  Neue  Süangetifcfje 
^irdjenaeitung  entfpradj  feinem  ©tanbpunfte,  roäfjrenb  er  ein  entfdjiebcner  ©egner 
ber  ejctufiöen  9tid)tung  ipengftenbergg  mar  unb  in  ber  Sefämpfung  ber  refor= 
mtrtcn  $irdje  burd)  bie  lutt)ctifcrje  bie  mtberroärtigfte  aEer  6rjd)einungen  erbtidte. 
6r  tjielt  nidjtg  oon  bem  confefftonelten  ©ogmatigmug;  tljtn  mar  bie  Religion 
&a&ie  beg  ^er^eng,  nidjt  ber  ©emonftration.  —  3m  9lpril  1869  trat  itjn  ein 
©djtaganfall.  Wadj  einigen  Sfß^'en  erholte  er  fid)  fotoeit,  bafj  er  feine  t)ifto= 
rifdjen  unb  Ijt)mnotogifd)en  ©tubien  wieber  aufnehmen  tonnte.  5£>er  jroeite  unb 
britte  Streit  ber  Sübedtfdjen  3uftänbe,  bte  9lbf)anbtung:  „ßübedg  9!Jtangelb  unb 
J?aperroefen"  (2i\heä  1875),  bie  angeführte  Arbeit  über  bie  £üb.  ©efangbüdjer 
unb  ber  9tuffa|  über  ben  Sübeder  Seter  |>et)ling,  ber  im  17.  ^aljrtjunbert  a^ 
Mftonar  in  Slbeffinien  roirfte  (äöarned'g  Slflgem.  9ftifftongaeitfd)rift,  «ülai  1876), 
erfd)ienen  in  biefer  Qeit.  ©einer  ridjtertidjen  Üljättgfeit  öermod)te  er  feit  jenem 
$ranfl)eitganfatle  fidj  nid)t  meljr  <ju  toibmen  unb  erfjiett  im  $.  1876  feine  @nt= 
laffung  in  ben  eljrenbften  ^formen.  2lm  16.  *Dlär3  1879  traf  iljn  ber  ©djlag 
aufä  neue  unb  führte  am  18.  $Rär3  feinen  £ob  tjerbei. 

©.  Soel,  6.  SB.  Sauti,  ein  ßebengbitb  (3eitjd)r.  für  Süb.  ©efd).  IV, 
1881).  —  g.  ftrengborff,  Sauti'g  jurtftifd)=litterarijd)c  £l)ätigteit  (baf.).  — 
Neue  (Süang.  IHrcrjenatg.  XXI,  Nr.  17.  —  b.  Sippen,  &eife,  ©.  175,  227, 
239,  312  ff.  —  Älüpfet,  ©.  ©d)ttmb  ©.  31,  36  ff.  —  ©oebefe,  ©runbrijj  III, 
©.  230  N.  627.  g.  fJrcnSborf !• 

Fallit:  Submig  gerbinanb  %,  ©djaufpieter,  geb.  am  30.  Sunt  1793 
in  Serlin,  f  am  28.  NoOember  1841  in  ©regben.  3u  ben  vielgenannten,  oft 
lange  &\i  ljinaug  populär  bleibenben  Namen  getjört  ber  Warne  ^ßauti'S  nidjt, 
aber  too  er  bem  Äunbigen  genannt  toirb,  tierbinbet  fid)  bamit  ber  Segriff  grofjer 
£üd)tigfeit  unb  jener  freubigen  @t)rlid)feit  gegenüber  bem  Seruf,  bie  in  neuerer 
3eit  feltener  roirb.  ^auti'g  Sater  mar  Sudjbruder  unb  er  beftimmte  ben  ©otpt 
3ur  Erlernung  btefeg  ©eroerbeg.  Nadj  üoHenbeter  ßetjrjeit  in  ber  ©cder'fdjen 
.gjofbudjbrudetei  unb  nadjbem  er  einige  gut  alg  ©eljülfe  feineg  Saterg  tf)ätig 
gemefen,  fam  Sauli  1812  nad)  'DNagbeburg  in  bie  ^anfa'fdje  ©ruderet,  ©djott 
in  Serlin,  mo  bamalg  am  |)oftIjeater  rjerüorragenbe  $ünftler  unter  ^fftanb'g 
©irection  roirften,  mar  bie  Neigung  für  bag  £t)eater  in  itjm  ermad)t,  fte  mudjg 
in  ben  neuen  freien  Serljättniffen,  in  bie  er  jetjt  eingetreten  mar  unb  burdj 
Sermittlung  beg  iljm  nactjmalg  ferjr  befreunbeten  ©cijaufpielerg  3öei§  erfjiett  er 
Zutritt  äur  Süljne.  ©ein  erfteg  auftreten  fanb  am  22.  ftoüember  1812  in 
einer  Nebenrolle  beg  ©djaufpiclg  „5£)er  ©onnenmirttj"  ftatt.  S)ie  rafd)e  @ntmid= 
lung  feiner  fünftterifd)en  Segabung  mürbe  1815  unterbrochen,  in  meldjem  3far;re 
$.  alg  $mmtltiger  beg  3meiten  sJJtagbeburger  3fägerbetad)ements  mit  ing  gelb 
30g.  9tad)  feiner  Sftüdfeljr  im  fotgenben  %dt)xe  falj  er  fid)  genötljigt,  junädjft 
mieber  alg  ©ctjriftfetjer  tl^ätig  ju  fein,  allein  balb  erhielt  er  burd)  @mpfef)lung 
Pott  3Bei|  eine  neue  3lnfteßung  am  5)tagbeburger  ijrjeater.  ©ie  Neigung  ju 
ber  ©djaufpieleriu  Caroline  ?lugufte  ZiUt),  meldje  1817  in  2Jtagbeburg  engagtrt 
mürbe,  1818  aber  einem  Stufe  an  bag  SDregbener  |)oftljeater  folgte,  mürbe  bte 
Ui'fadje,  ba^  aud)  <$.  fid)  nad)  ©regben  manbte.  @r  gaftirte  bort  an  ber  lönigl. 
Süf)ne  im  Januar  1819  unb  trat  bereitg  am  4.  W&X&  b.  &  i«  oeu  2Jtitglteber- 
Oerbanb  btefeg  ^nfütutg  ein,  bem  er  big  ju  feinem  2obe  alg  etneg  ber  gead)= 
tetften  unb  beliebteften  5Ritglieber  angebörte.  Som  18.  ©ecember  1824  big 
31.  ©ecember  1825  füljrte  er  gemeinfdjaftüd)  mit  griebrid)  Surmeifter  aud) 
bie  ©efd)äfte  ber  Negie,    bie  er  Pont  1.  Januar  1829  big  31.  ©ecember  1832 


Sßauli.  267 

allein  berfat).  21m  22.  5JtoPember  1837  Beging  er,  gefeiert  unb  auägejeicrjnet, 
fein  25jät)rige§  Äünftlerjubiläum.  Seiber  ftettten  ftct)  fd)on  einige  ^ab^re 
fpäter  (1840) ,  mot)l  infolge  ber  2lnftrengungen  einer  großen  ©aftfpietreife, 
$ranft)eit§anfälte  ein,  bie  fiel)  Perfdjtimmerten  unb  1841  feinen  2ob  t)erbei= 
führten.  —  SDie  9totlenfäd)er,  in  benen  5p.  feine  ganj  ßraft  entfaltete,  toaren 
itjrem  dljarafter  nadj  bie  ttnberfpred)enb[ten.  £umoriftifd}e,  guttjerjige  unb 
polternbe  2ilte,  bie  er  mit  „gang  untt)iberfief)licrjer  unb  babei  tjödjft  betjaglidjer 
SBirtung"  barfteüte,  auf  ber  einen,  ^ntriguantä,  „fo  lange  biefelben  btoä  5)tatur=- 
menferjen  maren  ober  boef)  ntct)t  über  bie  ©ptjäre  be§  bürgerlichen  2eben§  f)inau§= 
gingen"  maren  auf  ber  anberen  ©eite  feine  mit  9ied)t  bemunberten  ßeiftungen. 
kompetente  SHidjtev  gaben  aKerbingS  ben  elften  ben  Sorjug,  fo  marm  fie  fonft 
aud)  5pauli'S  ^ago ,  Dffip  ober  5Dcoor  unb  felbft  2Jtep|ifto  anerfannten.  33e= 
fonberä  <Sute§  teiftete  5p.  Q(g  ©littern  (äöafferfur),  gatftaff,  5Daniel  (®rb= 
bertrag),  ©lepfer  (2lbbocat),  Sorenj  ^inblein  :c.  —  5p.  mar  jttieimal  bermäfjlt, 
feine  erfte  grau  ift  bie  ertoätjnte  Carotine  Slugufte  Zxllt)  getoefen.  Siefetbe 
mürbe  geboren  am  22.  53luguft  1800  ju  23erlin,  lebte  bon  1801-13  in  äöien, 
mo  itjr  SSater  eine  ©teile  alö  STtjeaterbidjter  unb  ©ecretär  beim  ©rafen  5ßalfft> 
einnahm,  fetjrte  bann  mit  ben  Altern  in  ifjre  Sßaterftabt  jurüd  unb  mürbe  t)ier, 
bon  ber  mit  if)r  bertoanbten,  berühmten  ©djaufpielerin,  ber  nadjmaligen  5Dtab. 
ßretinger  für  bie  23üt)ne  auägebilbet.  3t)r  erfteS  auftreten  fanb  im  3.  1817 
alä  (Hebetl)  (©raf  P.  SBurgunb)  auf  ber  Sßütme  be§  ^Berliner  itonigl.  ©d)aufpicl= 
tjaufe§  ftatt.  5Jcod)  im  gleichen  Satire  fam  fie  nacl)  5Dtagbeburg  unb  Pon  ba  nad) 
2)re§ben,  mo  fiel)  5p.  am  1.  5ftoPember  1819  mit  il)r  Permäb,tte.  5fteun  %at)xe 
fpäter,  am  31.  öctober  1828  ftarb  fie.  grau  5p.  mar  eine  gute  ©djaufpielerin, 
bie  e§  perftanb,  itjren  gern  gefefjenen  ßeiftungen  im  ßuftfpiel  ben  9teiä  be§  5ftatür= 
liefen  unb  9tnmutt)igcn  ^u  geben.  —  5pauli'§  ätoeite  grau,  bie  er  am  30.  Wäx& 
1838  tjeimfütjrte,  mar  bie  greiin  Sfibora  Pon  griefen,  bie  it)n  überlebte. 

Sgl.   namentlich  2.  5pauli,   ©reiben  1842   unb    Sßolff'S  2ltmanad)   für 
greunbe  ber  ©dmufpieltunft  a.  b.  $.  1841,  ©.  131—141. 

Sofepl)  Äürfdjner. 

Fallit:  5üt  artin  (Sottlieb  5p. ,  9ted)t§gelef)rter ,  geb.  am  11.  Januar 
1721  5U  Sauban,  f  am  12.  9Mr3  1796  3'u  äöittenberg.  5p.  begann  bie 
fjnmaniftifdjen  ©tubieu  am  Srjceum  feiner  ©eburtäftabt,  wo  fein  SSater  Srjriftopf) 
5p.  at§  Sürgermeifter  lebte  unb  fetjte  fie  feit  1740  in  Seipjig  fort;  er  befugte 
anfangs  mebicinifdje,  bann  redjtätoiffenfcrjaftlidje  Sorlefungen.  Güntfdjtoffen ,  fidj 
bem  afabemifdjen  Serufe  3U  mibmen,  mürbe  5p.  1745  in  Seipjig  5]ftagifter,  1747 
mit  ber  SDiffertation :  „De  theoriae  et  praxis  juridicae  discordia"  (Lps. 
1747,  4°)  doctor  utriusque  juris,  unb  im  gleichen  $at)re  furfäd}fifd)er  5Rotar 
unb  5lbPocat.  S>ie  5praji§  fagte  itmt  jebod)  raenig  ^u,  bagegen  Ijielt  er  ferjn 
eifrig  juriftifclie  Vorträge.  1753  ging  er  al§  ©tjmnafiattnfpector ,  jugteid)  als 
5profeffor  ber  5Red)te  unb  ©efdjidjte,  nadi  Sianjig  unb  natjm  Pon  le|terer  ©teile 
am  18.  October  mit  feierlidier  9tebe  Sefi^.  3eb;n  Sa^re  fpäter  (1763)  finben 
mir  iftn  al§  5profeffor  ber  ^nftitutionen,  bann  al§  Seifiger  am  <^ofgerid)te,  am 
©d)öppenftul)te  unb  an  ber  ^uriftenfacuttät  ju  Söittenberg.  1765  mürbe  er  jum 
5profeffor  „digesti  veteris"  fo  mie  jutn  SSeifi^er  im  ®eifttid)en  Sonfiftorium 
ernannt  unb  fdjieb  bort  im  76.  Seben§jat)re  aug  bem  3eitlid^en.  —  2lt§  ©djrift= 
fteller  ift  Martin  ©ottlieb  5p.  burd)  eine  größere  3a|t  Pon  5programmen  unb 
©iffertationen  befannt,  au^erbem  lieferte  er  einige  Slbtjanbtungen  in  periobifdjen 
3eitfd)riften  (fo  in  <£>.  3Binfter'§  ^^itofop^ifetjen  llnterfudmngen  Pom  ©epn  unb 
Sßefen  ber  £f)iere,  ßeipjig  1741—44;  ferner  in  93acr)'§  Unpartl)eiifdie  ^ritif  ic). 
gine  3ufammenfteltung  feiner  litterarifd)en  arbeiten  geben  5IReufelX,  300—303; 


268  Sßattti. 

Söeiblid),    33iograpt)ifc^e  Wadjridjten    bon    jc^tleBcnben  9tcd)tSgelet)rten.     93b.  2, 
©.  172  -17-5. 

ÜJteufel  unb  2Öeiblid)  a.  a.  SD.  unb  bie  bort  ©mannten. 

6t  f  ent)art. 
^flltlt:  gftein^otb  $.,  geb.  am  25.  9Jtai  1823  ju  «Berlin,  f  am  3.  $uni 
1882  ju  93remen.  ©ein  93ater  gehörte  einer  f5Qniitie  an.  au§  ber  fid)  biele 
2lbfömmlinge  ben  trjcologifdjcn  ©tubien,  mie  bem  3)tenfte  ber  J?ird)e  geroibmet 
rjatten.  (Er  belleibetc  felbft  eine  ^ßrebigevftelle,  jnerft  an  ber  2Berber'fd)en  $ird)e 
in  93erlin,  bann,  entfdjloffen  fid)  bem  93orgerjen  bc§  $ird)enrcgimente3  im  2lgen= 
benftreit  nidjt  ju  beugen,  nad)  Aufgabe  feine§  bisherigen  2Imte§,  in  93remen. 
S)ie  Butter  ftammte  au§  einem  .ViaufmannStjaufe,  bcffen  9lame  $umbert  auf 
rjugenottifdjen  Ursprung  rjinbeutete.  S)ct  Änafce  mar  er[t  brei  $ar)re  alt,  als 
bie  UeBerfiebelung  ber  (Eltern  nad)  Bremen  ftattfanb.  SDoit  in  ber  alten  .$anfe= 
ftabt  mud)S  er  auf  unb  crtjieü  er  gröfjtentfjetlS  feine  Sfugenbbitbung.  "Jim:  in  ben 
Beiben  testen  ©d)uljat)ren  befud)te  er  baS  5riebricr)=2Bilt)e(m8=©rjinnafium  feiner 
93aterftabt  93erttu.  21  ud)  begann  er  t)ier  1842  feine  ©tubien,  bie  fid)  befonberS 
auf  ^Ijitotogie  unb  ©efdjidjte  erftredten.  ©d)on  als  ©tymnafiaft  tjatte  er  bei 
9ianfe  ju  t)oSpitiren  gemagt;  biefer  übte  als  afabemifdjer  ßetjrer  unb  miffenfd)aft= 
lidjeS  23orbilb  bie  tieffte  Söirfung  auf  ifm  aus.  9jßät)renb  beS  einen  UntberfitätS= 
jacjreS,  baS  er  in  93onn  beibrachte,  füllte  er  fid)  befonberS  burd)  1)al)lmann  ange= 
3ogen.  2lm  26.  2lug.  1846  erhielt  er  in  Berlin  nad)  @inreid)ung  einer  SÜffertation 
De  pace  Antalcidea  hie  ptjitofopfjifdje  2)octorroürbe  unb  beftanb  gegen  (Enbe  beS 
^aljreS  baS  (Jramen  bor  ber  miffcnfd)aftlid)en  ^rüfungScommiffion.  ©eine  216= 
fietjt  mar  ben  Cetjrerberuf  in  ^reufjen  ju  ergreifen,  mo  er  nid)t  otjne  ,5Jlüt)c  bie 
©taatSaugcrjörigfeit  mieberertangt  rjatte.  2lber  eine  (Empfehlung  ü£renbelenburg'S 
berfdjaffte  it)m  im  ^frütjling  1847  eine  ,£>auSletjrcrftelle  in  ber  Familie  beS  5ted)tS= 
auroalteS  23annatt)ne  ju  ©laSgoto,  unb  bamit  trat  bie  9Benbung  feines  ßebenS 
ein,  bie  irjn  einem  anberen  $ieU  entgegenfürjrte.  (Englifdje  ©pradje  unb  Vittc= 
ratur  blatte  er  im  herein  mit  9iifolauS  2)eliuS  unb  Otto  ©ilbemetfter  längft 
gepflegt  unb  ftubirt.  (Englifdje  ®efd)id)te  in  itjrem  ©efammtumfange  bon  ben 
llrfprüngen  an  ju  burdjforfdjen,  mürbe  nun  ber  ©egenftanb  feinet  unermüblidjen 
©trebenS.  2ld)t  ^arjre  bertueitte  er  fenfeitS  beS  Kanals,  nur  ein  3atjr  in  ber 
anfänglichen  ©tellung,  bie  übrige  3eM  unter  mer)rfad)em  2Bed)fel  beS  Aufenthaltes, 
burd)  (Ebinburg,  Orforb,  (SamBribge,  borjügtid)  aber  burd)  ßonbon  gefeffett.  (Er 
mufjte  fid)  auS  eigenen  Mitteln  crljalten  unb  fid)  manche  (Entbehrung  auflegen. 
$n  ßonbon  rjatte  er  aber  baS  ©lud,  toom  beginne  beS  3>at)reS  1850  an,  über 
jroei  3ab,te  tä  ^riüatfecretär  be§  preu^ifd)en  ©cfanbten,  be§  fjfreifjerrn  b.  33unfen, 
in  beffen  £>aufe  berroeilen  ju  bürfen  unb  mie  ein  ^itglieb  ber  gamilie  betrachtet 
3U  »erben.  @r  b,at  ü)m  felbft  im  britten  93anbe  biefeS  SBerfeä  (21.  ©.  93.  III,  541  ff.) 
ein  fd)öne§  biograpt)ifd)eä  2)enfmal  gefegt  unb  immer  in  freubiger  (Erinnerung  ljer= 
borgeljoben,  roa§  er  jener  r)öd)ft  anregenbeu  ^cit  berbanfte.  5Da§  ^ufammenfein 
mit  bem  rjocljgeftettten  unb  geiftbollen  ^IJlanue,  ber  Sßertetjr  mit  ben  ©rö^en  ber 
englifd)en  Spotitil,  Sßiffenfdjaft  unb  Sitteratur,  bie  fid)  in  ben  gaftlid)en  Otäumen 
ju  6arltou=2:errace  ein  ©teübidjein  gaben,  ber  ©inblid  in  \>a%  bunte,  menu  aud) 
feine§meg§  immer  erfreuliche  ©etriebe  ber  großen  Söelt,  alleg  t>a$>  crmeiterte  feinen 
©eftdjt8frei£,  otjne  ba^  er  fid)  baburd)  bon  ber  b.ob.en,  ib,m  borfdjmebenben  2(uf= 
gaBe  tjätte  aBjietjen  laffen.  Um  iljrer  ööfung  feine  Befte  $raft  ^u  mibmen,  gab 
er  bie  ©teile  in  93unfen'§  ^aufe  mieber  auf  unb  fuljr  fort,  in  2lrd)iben  unb  93i= 
bliotljefen  ben  Duellen  ber  englifdjen  ©efcr)id)te  na^ufpüren.  S)ie  erfte  grud)t 
feiner  ©tubien  mürbe  SBunfen  gemibmet.  6§  mar  ba§  93ud)  „Äönig  2letfreb  unb 
feine  ©teile  in  ber  ©efdjidjte  @nglanb§",  ba§  Bereits  1851  erfd)ien.  91ad)  bem 
SJormort  mar   ber  s^lan  biefer  2lrbeit  ju  Ojforb  entmorfen,  „im  sJiobember  be3 


spauli.  269 

inrjaltfcrjtoeren  $arjre§  1848,  311  einer  3eit,  ba  beutfdje  ^perjen  toie  feiten  3uüor 
für  bie  Srcjaltung  bes  3)aterlanbes  unb  insbefonbere  für  bas  ^ottbefte^en  bes- 
jemgen  Staates  erbitterten,  ben  ber  £>immel  3um  Sdjutj  unb  <£>ort  Seutfdfjlanbs 
beftimmt  tjat".  %n  Äönig  SIelfreb  fat)  ber  33erfaffer  eine  jener  rettenben,  fjeroifcrjen 
©efialten,  toie  er  fie  feinem  beutfcfr,en  33aterlanbe  toünfcfjte.  3>nfofern  toar  bie 
2tustoatjl  bes  üttjemas  nidj)t  otjne  ^ufammenrjang  mit  ben  (Jrfctjütterungen  ber 
©egentoart,  bie  irjn  auf's  tieffte  ergriffen.  Slber  ber  Scfjüler  9lanfe's  tiefe  bies 
nidjt  auf  feine  SDaifietlung  eintoirfen.  $n  objectioer  2öeife,  mit  umftcb,tiger 
ßrittf  ber  Cuetlen  ertjob  er  bie  gefcrjicfjtlicrje  5perfönticrjteit  bes  großen  Königs 
au§  bem  Giebel  öon  Sagen,  ber  fie  umflog-  Sas  Söerf  tourbe  in's  ßngtifcrje 
übetfetjt  unb  in  SJeutfctjlanb  tourbe  es  burd)  feinen  öäterlicrjen  ^reunb,  Sappen» 
berg,  toarm  begrübt.  Siefer  öor3ÜgIic§e  ©elerjrte  toufjte  benn  audj,  als  bie  3u= 
nafjme  feines  Slugenleibens  irjn  3toang,  auf  bie  gortfetmng  -ber  „©efcfjtdjte  öon 
©nglanb"  in  ber  <!peeren=Ufert*fcrjen  Sammlung  3U  üer^ictjten,  feinen  geeigneteren 
@rfarjmann  ju  empfehlen  als  $.  SDer  3.,  4.  unb  5.  S3anb  bes  SBerfes  (1853, 
1855,  1858)  trägt  ^auli's  Dcamen  unb  bleibt  bas  bebeutenbftt  Monument,  bas 
er  fjinterlaffen  tjat.  Gh  Jjat  bie  ©efdjicrite  Gnglanbs  buretj  brei  unb  ein  tjatbes 
^atjrrjunbert  öon  1154 — 1509  fortgeführt  unb  bies  in  einer  SBeife,  toeterje  feine 
Seiftung  Tür  bie  ßngtänber  felbft  ju  einer  betounbernstoertfjen  macfjte.  Sie  gröfjte 
Scfjtoierigfeit,  bie  er  buretj  eifernen  fvtei^  3U  übertoinben  toufste,  ging  aus  ber 
23efcrjaffenrjeit  bes  £uettenmateriats  tjeröor.  9coct)  toar  in  ßnglanb  fefjr  toenig 
für  fritifcfcje  Sammlung  unb  Verausgabe  ber  mittelatterlicten  Urtunben  unb  @fjrc= 
nifen  gettjan.  @r  mufjte  öielfacfj  bie  Jpanbfctjriften  felbft  auffuetjen  unb  mactjte 
babei,  toie  man  mit  9tecrjt  gefagt  t)at,  einen  öorjüglidtjen  „praftifcb,en  Surfus  ber 
5paläograptjie  unb  Siplomatif"  burd).  Gnglifcfje  g^unbe  natjmen  fiefj  feiner  umfo 
eifriger  an,  je  beutticfjer  fie  feine  ^Begabung  unb  23egctfierung  für  bie  23eftellung 
bes  öon  itjm  ertoätjtten  SUbeitsfelbes  erfannten,  öor  allen  anberen  Stjomas  5£>uffus 
<£>arbrj,  ber  in  bem  bamaligen  großen  iotoerarcrjiüe  ferjaltete.  9Jtanct)e  glürf= 
tiefte  (Sntbecfung  lofjnte  feine  anftrengenbe  Sefcrjäftigung  mit  ben  öergitbten  5ßer= 
gamenten.  3tuög  Oerbanfte  er  itjr  bie  einzige  Unterftütjung,  bie  irjm  öon  ber 
<!peimattj  tjer  311  £rjeit  tourbe.  Sie  berliner  Slfabemie  bereinigte  auf  ^ertj'  2ln= 
trag  einen  Seitrag,  um  eine  Sammlung  ber  für  bie  beutfetje  ©efdjicrjte  toicfjtigen 
Socumente  bes  Jotoerarcrjibes  3U  ermöglidfjen.  2ßas  bie  mittelalterlidjen  Gfjro= 
niften  @ngtanb§  betrifft,  bie  nidjt  in  einer  bequemen  monumentalen  Ausgabe 
üortagen,  fo  gab  ^.  am  Sd)tuffe  jebes  Sanbes  über  fie  eine  fortlaufenbe  9red)en= 
fdjaft,  bei  bereu  3lbtegung  ©etoiffentjaitigfeit  unb  Scrjaiffinn  miteinanber  toett= 
eiferten.  Dliemanb  toäre  fo  befäfjigt  getoefen  toie  er  einen  „engtifetjen  2Batteu= 
bact)"  ju  fctjreiben.  S)iefe  ^bee,  fcegünftigt  buref)  bie  neueren  trefflichen  SSorar» 
beiten  engtifc^er  ^oxfctjev,  t)at  it)n  benn  auäg  lange  befetjäftigt,  unb  noefj  im 
(yrürjüng  1877  ttjeilte  er  in  einem  25riefe  mit,  baß"  „jeber  freie  2Iugenblicf  einer 
^piftoriograprjie  be§  engtifcfjen  ^Dlittelatters  angeljöre."  —  So  grofje  Sorgfalt  er 
auf  Sammlung  unb  Sictjtung  bes  Ororjftoffes  öerroanbte,  er  mar  nietjt  ber  2Rann 
barin  ju  erftiefen.  Seine  SDarftellung  geigte  auf  jeber  Seite,  bat3  er  itjn  3U  be= 
meiftern  mu|te.  ßinfactj  unb  toürbig  feffette  fie  burefj  Älarrjeit  unb  ßebenbigfeit. 
S)em  c^ronotogtferjen  ©efüge  orbnete  ficrj  ebenfotoofjt  bie  @r3ätjlung  ber  politifcrjen 
Vorgänge  im  engeren  Sinne  ein,  toie  bie  (Jnttoicfelung  ber  fctjroierigen  ftaats= 
recrjtlict)en  Sertjältniffe  ober  ber  ftacrjroeis  ber  internationalen  <!panbetsbe3iet)ungen. 
33on  bem  feinen  Kenner  unb  gtürjenben  S3eret)rer  englifctjer  Literatur  tiefj  ftet) 
ertoarten,  bat3  auef)  bies  ©tement  bes  23otfslebens  feine  Dolle  äöürbigung  empfing, 
roie  er  benn  fein  Sntereffe  für  einen  ber  älteften  englifögen  Sinter,  ^otjn  ©oroer, 
burdg  ^eraulgabe  Don  beffen  „Confessio  Amantis"  (Sonbon,  Sett  anb  Salbt) 
1857,  3  Yols.)  befunbete. 


270  yauli. 

3m  ©ommer  1855,  in  roctcljem  ber  aroeit'e  bon  ifjm  Bearbeitete  93anb  bet 
©efdjidjte  bon  (Snglanb  in  ber  £>eeren=Ufert'fd)en  (Sammlung  (ber  bierte  beS 
ganzen  SBerfeS)  erfdjien,  berliefj  $.  baS  ßanb,  in  bem  er  93elef)rung  unb  greunbe 
für'S  ßeben  geroonneu  rjatte,  um  3U  berfudjen,  fid)  an  einei  beutfdjen  Uniberfttät 
reine  f efte  Stellung  ju  erobern.  dr  begann  feine  afabemiferje  ßaufbatjn  als  $rt= 
batbocent  in  Sonn,  lag  aber  bort  nur  jroei  ©emefter.  S)en  äBinter  1856 — 
1857  berbradjte  er  auf  eine  (Jinlabung  beS  Königs  9ttarjmilian  bon  Saiern  in 
bem  anjierjenben  Greife,  ben  biefer  9ftonard)  um  fid)  fammelte.  Oftern  1857 
folgte  er  einer  Berufung  als  orbenttidjer  ^ßrofeffor  nad)  "Jtoftocf.  Sr  fonnte  fid) 
t)ier  einen  eigenen  .fmuSftanb  grünben,  fyatte  aber  baS  Unglüd  feine  junge  $rau, 
3lnna  geborene  UtridjS  aus  Bremen,  balb  ju  bertieren.  SDiefer  fernere  ©djtag 
liefe  if)n  in  $oftod  nidjt  Ijcimifcl)  roerben.  6r  folgte  1859  umfo  lieber  einer 
Berufung  nacr)  Tübingen,  als  er  l)offen  burfte,  bort  einen  größeren  2BirfungS= 
freiS  unb  letzteren  Zugang  ju  ben  unentbehrlichen  Hilfsmitteln  ber  Arbeit 
p  finben.  ©eine  ^nauguratrebe  (©ottja  1859)  bet)anbelte  ben  „®ang  ber 
internationalen  Sejierjungen  jroifcfjen  2)eutfdjlanb  unb  ©nglanb".  sIftit  bem  in 
fritifdjer  $eit  t)tet  auSgefprodjenen  Söuufdje,  bafj  eS  nie  gelingen  möge,  „bie  beiben 
alten  ©tütjen  ber  germanifdjen  2Belt  ju  trennen",  mufjte  ber  ftebner  ein  6djo 
in  ben  ."perlen  feiner  ^ub.örerfdjaft  roadjrufen.  5ßon  auSgefprodjen  norbbcutfd)em 
SBefen  fafcte  er  an  ber  fdjmäbifdjen  |>od)fd)ute  5ßoben.  ?lud)  geroann  er  Ijier 
balb  ein  trauliches  .$eim,  inbem  er  fid)  mit  ber  ©djroefter  feiner  beworbenen 
grau,  ©lifabetl)  Ulrichs,  berl)eiratl)ete.  tiefer  @lje  entfproffen  bier  jtödjter.  5Der 
afabemifdje  93eruf,  juerft  in  ber  ftaatSroirtbJdjaftlidjen,  bann  in  ber  pl)itofopf)i= 
fdjen  ftacultät  naljm  itjn  fetjr  in  Slnfprudj  unb  nötl)igte  ifjn,  fid)  met)r  unb  metjr 
uniberfaltjiftorifctjen  Aufgaben  juäuroenben.  @r  beroäljrte  fidj  babei  als  ein  äufjerft 
anregenber  Setjrer,  bem  baS  2öort  leicht  unb  fidjer  bon  ben  ßippen  flofj  unb  ber 
bie  ftubirenbe  Sfugenb  immer  ju  feffetn  roufjte,  roenn  er  audj  rfjetorifdje  fünfte 
berfdjmärjte.  9ttd)t  roeniger  gtüdten  ir)m  in  Tübingen,  roie  fpäter  an  anberen 
Orten,  populäre  Sßorträge,  meiere  bie  ganje  i$xi]<$)e  unb  Urfprünglidjfeit  feines 
Naturells  abfpiegetten.  3n  ©eminarübungen  famen  aber  fein  reidjeS  Söiffen, 
fein  trefftidjeS  ©ebädjtuifj,  feine  unermübtierje  .£>ilfSbereitfdjaft  allen  benen  jugute, 
bie  fid)  iljm  bertrauenSboll  anfdjtoffen.  ©eine  ftebex  ruljte  nict)t,  aber  fie  mar 
Sunädjft  Heineren  arbeiten  geroibmet.  Sßerfdjiebene  ©rünbe  beroogen  itm,  bie 
gortfeijung  beS  bis  an  ben  Anfang  beS  fedjSjelinten  ^atjrrjunbertS  geführten  großen 
SöerfeS  abzubrechen.  @r  b,at  fiel)  fpäter  mit  bem  ©ebanfen  getragen,  roenigftenS 
eine  ©efdjidjte  ^einridj'S  VIII.  folgen  ju  laffen.  Slber  aud)  biefer  ^ßlan  rourbe 
nid)t  berroirftidit,  unb  nur  einige  ^Jtonograpljien  fotoie  baS  nacb,  feinem  2obe 
beröffentlicf)te  Fragment  „S)ie  Anfänge  ^einric^'S  VIII."  ler)ren,  roaS  man  bon 
ber  SluSfütjrung  beS  ©anjen  ju  erroarten  gehabt  tjaben  mürbe.  (Sine  Slnjaljt 
jener  fleineren  arbeiten  rourbe  unter  bem  Sitel  „Silber  auS  Slltenglanb"  (©otrja, 
bie  1.  Auflage  erfdjien  1860,  2.  Auflage  1876)  bereinigt,  ©ie  betoeifen  ^auti'S 
grofecS  latent  für  ben  b.iftorifcb.en  @ffab,  unb  nichts  fpracb,  meb,r  bafür,  als  bafj 
fie  in  bem  claffifd)en  Sanbe  biefer  Siteraturgattung  in  Ueberfetjung  berbreitet 
rourben.  @in  Programm  bon  1864  „lieber  Sifdjof  ©roffetefte  unb  Slbam  bon 
^Jtarfb,"  führte  itjn  ju  einer  erneuten  Sefctjäftigung  mit  ber  ®efd)id)te  beS  ©imon 
bon  'üJcontfort.  liefern  felbft,  „bem  ©djbpfer  beS  ^aufeS  ber  ©emeinen",  galt 
bie  ausgezeichnete  Slrbeit,  bie  er  fid)  bornarjm,  feinem  ßeb.rer  föanfe  jur  geier 
bon  beffen  fünfjigiärjrigem  S)octorjubitäum  ju  mibmen  (erfcf)ienen  Tübingen  1867). 
©d)on  aber  rjatte  er  roieber  an  ein  umfaffenbcS  barfteÜenbeS  Söerf  bie  ^anb 
gelegt,  ©alomon  ipir^el  getoann  it)n  bafür,  eS  auf  fid)  ju  nehmen,  für  bie 
,,©taatengefd)id)te  ber  neueren  $tit"  bie  ©efc^icb,te  ©nglanbS  a»  fdjreiben.  ©ie 
erfcb.ien  in  brei  SMnben  (ßeipjig  1864,  1867,  1875),  roeldje  ben  geitraum  bon 


SPauIt.  271 

1815  bi8  1852  umfaßten,  «p.  berb>ljlte  e8  ftdj  nidjt,  toeldjen  ©dGtoierigfeiten 
bie  SBetjanblung  eine8  unb  eben  biefeS  tfjeiltoeife  jeitgenöfjtfdjen  ©toffeS  begegnen 
ttütbe.  @§  toar  it)m  mitunter  ^u  '"Dlutfje,  als  ob  er  „mit  b>ifjer  «aba  unb 
faum  mit  Material  au  tt)un  tjabe,  ba§  angegriffen  unb  behauen  toerben  fann". 
2tber  toäfjrenb  ber  Arbeit  toucrjS  if)m  bie  Äraft.  9118  ein  «Kann,  ber  Öanb  unb 
Seute  au8  eigener  Slnfcfjauung  fannte,  alte  Regungen  be8  öffentlichen  unb  geiftigen 
ScbenS  be§  SnfetbolfeS  in  unabläfftger  ^Beobachtung,  burd)  Seetüre  unb  brieftierjen 
©ebanfenaustaufcb,  befolgte,  fctjrieb  er  nidjt  toie  ein  Stubengelehrter,  fonbern 
bereinigte  SBiffen  unb  6rfat)rung  in  feltenem  9ftafje.  9JHt  ber  3eit  erfcrjtoffen 
ftcf)  irjm  audj  ungebruette  Cuellen,  rote  bie  SBericfjte  be8  preujjiftfien  ©efanbten 
in  Sonbon,  be§  33aron8  b.  33ülow,  bie  tjinterlaffenen  5pribatpapiere  beg  greiljerrn 
b.  SBunfen,  Briefe  Stidjarb  Gobben'S  „biefeS  ectjteften  unb  reinften  Urhebers  ber 
süiancrjefterfdnite".  2Benn  ber  Seutfctje  bie  neuefte  ©efctjicb>  @nglanb§  leiben* 
fcrjattslofer  au  exjärjten  bermotfjte  als  irgenb  ein  6nglänber,  fo  fudjte  er  beStjatb 
feine  toarme  £t)eilnar)me  an  bem  Söirfen  einzelner  grofjer  t)iftotifcf)er  (Seftatten 
roie  Sanning  unb  $eel  nidjt  au  berbergen.  äßenn  ber  Kenner  unb  23emunberer 
ber  alten  ©runbtagen  engtifdjer  Wlafyt  manche  bon  biefen  buref)  bie  unamljatt« 
fame  bemofratifcb>  glutb>elte  be8  neunaefmten  3arjrt)unbert3  exfdjfittext  fat),  fo 
mar  er  toeit  entfernt  babon,  ben  UngtücfSproprjeten  9ted)t  ju  geben,  toeldje  ben 
nab>n  Untergang  @nglanb§  borauefagten  unb  in  erfter  Sinie  ba§  partamenta» 
xifetje  Regiment  bauir  beranttoortlid)  machen  tooüten.  %n  bem  ernften  23eftreben 
bei  grofeer  Crntfcb>bent)eit  ber  eigenen  SInftdjt  fict)  über  ben  |>oriaont  ber  gartet 
ju  ergeben  toie  in  bem  unberbroffenen  23emür)en  bie  SBectjfeltotrfung  äußerer  unb 
innerer  ^olitif  aufaubeefen,  berriett)  ficrj  miebet  ber  Sctjüler  ütanfe'S.  S)octj 
erfcfjtoerte  er  ftd§  bie  ©ruppirung  be§  ©toffeS  ein  toenig  baburd),  bafj  er  bie  6r= 
äät)tung  ber  berfdjiebenartigften  Vorgänge  häufig  bem  Stammen  eine8  SerictjteS  ber 
parlamentarifcb>n  Debatten  einzufügen  fudjte.  2Iutr)  toirb  ftdj  nidjt  berfennen 
laffen,  bafj  ba§  23ilb  ber  fociatpolitifctjen  kämpfe  unb  Reformen,  toeldjeS  einen 
fo  großen  9iaum  in  ber  ©arftettung  ber  Saljre  1815—1852  etrtaunet)men  t)at, 
mancher  9cacrjr)ilfe  unb  (Srgänaung  bebarf. 

2)a3  SBortoort  aum  atoeiten  Sanbe  biefeS  SBerfeS  batirt  nodj  bon  Tübingen. 
Ser  SJetfaffer  erflärt  c)ier,  bafj  „eine  itjm  in  jeber  SBeaietmng  ungemein  ertoünfctjte 
9Jtufje"  ben  9ibfdj)lufj  be8  SanbeS  mögltdj  gemalt  fjabe.  gr  fpielt  bamit  auf 
ein  fiebenlereignifj  an,  ba%  mit  ben  getoaltigen  (heigniffen  be§  Lotterlebens  in 
3ufammenb>ng  ftanb  unb  feinen  Söeggang  au§  SBürtemberg  aur  ftolge  blatte. 
SBärjrenb  be8  Krieges  bon  1866  ftanb  er  mit  aßen  feinen  28ünfcb>n  unb  Hoff- 
nungen auf  preu^ifeb^er  ©eite.  6r  gab  feinem  erregten  ©eiürjl  atsbatb  lebhaften 
2Iusbrucf  in  einem  2lrtifet  „Söürtemberg  unb  bie  33unbe§fataftropb>",  ber  im 
2tuguftb>fte  ber  preu^ifdjen  Sa^rbücb^er  erft^ien.  Sie  mürtembergifdje  Otegierung 
glaubte  ftei)  burtf)  biefen  Slrtifel  berieft,  a^  beffen  Urb^eberfc^aft  )\d)  $.  ob^ne 
„Sögern  befannte.  2>er  Gultulminifter,  nad§bem  er  bergeblidj  auf  eine  5Jlittoir= 
fung  be8  ©enate8  ber  Uniberfität  in  biefer  (Sacb^e  geregnet  blatte,  fdjlug  gegen 
5p.  ein  bi§ciplinäre§  33erfat)ren  ein.  @r  »urbe,  mit  33elaffung  bon  9tang  unb 
©et)att,  an  ba8  niebere  ebangelifctje  (Seminar  %u  <5cr)öntt)al  berfe^t.  %  narjm 
fofort  feine  (Sntlaffung,  blieb  aber  noct)  ben  SBinter  in  Tübingen  motjnen.  %m 
grüt)ting  1867  gab  ifm  eine  Berufung  naä)  Harburg  bem  afabemifetjen  Seb^rftub^l 
gurücf.  2118  Vertreter  biefer  Uniberfität  im  preu|ifc|en  £errenb>ufe  b^at  er  auc^ 
einigen  Si^ungen  beffelben  beigetoob^nt.  9lu8  eben  biefer  «Diarburger  3«t  flammt 
bie  Verausgabe  ber  „Stuffätje  aur  englifcb^en  ©efcfiicrjte"  (Seipaig  1869),  bie 
eine  neue  9tei§e  lebenSboHer  Silber,  toie  er  fxe  in  Vorträgen,  Slbtjanblungen  unb 
6ffarj3  geftaltet  blatte,  borfüb^rten.  Sin  9luffa^  über  ^rtanb,  au  beffen  Slbiaffung 
i|n  früher  eine  Söanbertab^rt  burcl)  bie  grüne  3nfel  angeregt  tjatte,  nimmt  nad) 


272  ^ciuli. 

Umfang  unb  3nt)alt  bie  erfle  ©teile  ein.  3m-3früljling  1870  bertaufdjte  5p. 
Harburg  mit  ©öttingen,  rao  eine  gefcljidjtlidje  Sßrofeffur  burd)  .£)abemann'S  Stob 
erlebigt  mar.  (Sr  mürbe  bamit  auf  ben  benfbar  günftigften  23oben  öerpflan^t, 
an  bie  .'jpodjfdjule,  bie  feit  ifjrer  (Jntfteljung  beutfcb/englifdje  95e^iet)ungen  mit  33or= 
liebe  gepflegt,  an  bie  (Seite  Don  ©eorg  SBaib  gefteUt,  bei*  bte  tjiftorifcfjen  ©tubien 
Jjier  jur  l)öd)ften  Slüttje  gebraut  tjatte.  %k  f)etrlid)e  SSibltotfjef,  für  ^auli'S 
©pecialfad)  befonbetS  teid)  unb  ifjte  SBetroaltung  [tetS  bereit  auf  feine  2ßünfd)e 
einzugehen,  um  ßücfen  auszufüllen,  gemährten  ifjm  bie  befte  Untetftütjung.  ©in 
überaus  rafd)er  Arbeiter,  führte  er  nidjt  nur  früher  ^Begonnenes  fort,  fonbem 
lieferte  unabläffig  äatjlreidjen  englifeljen  unb  beutfdjen  ^eitfdjriften  unb  ©ammel= 
werfen  neben  fritifchen  Referaten  gefud)te  felbftänbige  Beiträge.  @S  mar  it)tn 
93ebürfnijj  nid)t  nur  in  fprubetnber  Unterfjaltung  über  tragen  ber  SBiffenfdjaft 
unb  beS  ßebenS,  bie  ihn  befdjäftigten,  fid)  aussprechen,  fonbem  aud)  batübet 
burd)  ben  2)rucf  zu  einem  größeren  publicum  zu  reben.  @r  fütjlte  fid),  mie  er 
einmal  fagte,  nur  glücftid),  menn  er  mehrere  Bollen  in  ber  @ffe  habe.  $ftan 
begreift  es,  bafj  bei  einet  fo  auSgebehntcn  fd)rijtftelletifd)en  2f)ätigfeit  mitunter 
bie  letjte  fteiU  nidjt  angefeilt  toerben  fonnte,  unb  bafj  bei  bem  geuer  feiueS  ü£em= 
peramentS  mandjeS  fütjne  ©teid)itifj,  aud)  mandjet  JhaftauSbtucf  mitunterlief, 
ber  nid)t  nach  bem  ©eftfjmacfe  eines  jeben  ßeferS  fein  fonnte.  Niemals  litt 
inbeffen  bie  ©olibität  beS  SnfjalteS  unter  bet  ©djnetligfeit  beS  ©djreibenö  ober- 
unter  ber  ßebfjaftigfeit  beö  ©cbreiberS.  2lud)  zogen  ifjn  ©egenftänbe  ftrenger 
$otfd)ung  immer  bliebet  bon  ben  leisteten  Aufgaben  populärer  2)atftellung 
jutücf.  2)ie  ©tüubung  beS  ,£mnfifd)en  ©efd)id)tsbeteineS  betanlafjte  ihn,  an  bie 
©tubien  feinet  ^ugenb  miebet  anzufnüpien,  in  benen  er  fid)  fo  häufig  mit  ben 
commerciellen  Beziehungen  ber  .gmnfeftäbte  unb  beS  mittelalterlichen  SnglanbS 
befd)äitigt  Ijatte.  6r  berfolgte  baS  3luf6lüt)en  biefeS  BeteineS  mit  reger  ü£f)eil= 
naf)me,  toutbe  ^Jtitglieb  feinet  SotftanbeS  unb  eifriger  Mitarbeiter  an  ben  ,,^>an= 
fifd)cn  ©efdjidjteblättern".  211S  ber  Sßerein  1878  in  ©öttingen  tagte,  empfing 
et  bie  Sbition  eines  metfmütbigen,  für  bie  Öefdjidjte  beS  -gmnbelS  unb  ber  93ot£e= 
toirtt)fd)aft  metthbollen  ©ebicbteS  „The  Libell  of  English  Policye  1436"  butcb 
SB.  £>et$berg  (£ert  unb  metrifdje  Uebetfetuing,  Seipzig  1878),  au  ber  s4>- 
bie  gefd)id)tlid)e  Einleitung  gefdjrieben  blatte,  ©eine  Ihätigfeit  für  bie  Monu- 
menta  Germaniae  historica,  bei  feinem  erften  2lufentf)alt  in  ber  grembe  begon= 
nen  unb  bei  miebetljolten  33efud)cn  (SnglanbS  fortgefefct,  fam  bem  großen  Untet= 
netjmen  febr  zu  ftatten.  2Bäf)tenb  et  fiel)  mit  bem  ©ebanfen  trug,  bie  Regierung 
Jpetnuch'S  VIII.  als  ein  ©anzeS  batzufteflen,  bie  englifcfje  <£)iftoriogtapf)ie  beS 
Mittelalters  im  ^ufammenfjang  zu  behanbeln,  btängte  fid)  ein  anbetet  Xl)tma 
Oot,  baS  itjn  auf's  l)öd)fte  an^og,  bie  ©efdjidjte  bet  @ttoetbung  bet  englifdjen 
Ärone  burd)  ba§  ,g)auS  £mnnoöer.  6r  erhielt  für  bie  Bearbeitung  beffelben  feljr 
mertfjOotle  ard)iöalifd)e  Materialien.  6tnigeS  bon  bem,  toa§  er  au§  iijnen  nocl) 
bertoertljen  fonnte,  ift  nebft  jenem  f^agment  „25ie  Anfänge  |>einrid)'ö  VIII", 
3lrtifeln  auä  ben  5pteu§ifd)en  3(af)tbüd)etn,  au§  ber  oeitfdjrtft  2fm  neuen  SReid) 
u.  a.  m.  in  feinen  „^Jluffä^en  jur  englifdjen  ©efd)id)te.  sJteue  5°^Öe<  ^erauägegeben 
bon  Ctto  ^artmig"  (ßeipjig  1883)  toieberabgebrueft. 

3{n  raftlofem  ©d)affen§brang  fid)  mittfjeilenb  unb  mit  ben  gteunben  jenfeitS 
be§  Kanals  immer  in  Sßerbinbung,  mar  er  ber  berufene  Sermittler  englifdjet  unb 
beutfdjer  ©efd)id)tsmiffenfd)aft.  Unb  biefe  SSermittlctftettc  beljnte  fiel)  felbft  über 
ba§  toiffenfd)aftlid)e  ©ebiet  au§.  „2Ba§  ßnglanb  an  edjt  germanifcl)en  ©ub= 
ftan^en  bemaljrt  Ijat,  auf  bem  Soben  bet  Utt)etmatt)  mieber  fruchtbar  ju  rnadjen", 
baran  toollte  er  ju  feinem  5£l)eile  in  SGßort  unb  ©d)rift  mitarbeiten,  ©o  begeiftert 
er  als  beutfdjer  Patriot  ben  ©reigniffen  1870  ju jubelte,  er  bergafe  barüber  nid)t, 
maS  S)eutfd)lanb   nod)   immer  bon  anbeten  Sötfern  lernen  fönne.     lleberf)aupt 


5p<uiU.  273 

liefj  er  fiel)  niemals  burct)  eine  tjerrfcljenbe  Strömung  in  ber  ©elbftänbigfeit  feines 
Uxtt)eit§  über  bie  öffentlichen  2lngelegent)eiten  beirren,  fo  toenig  tote  er  getoillt 
mar,  als  (Belehrter  fid)  in  ben  S3ann  einer  ßlique  ju  begeben.  9Jtannf)aft,  frei= 
müttjig  unb  öon  unbeftecrjlicrjer  äöatjrtjeits  liebe  tonnte  er  fid)  nidjt  feiten  fdjarf 
unb  fräftig  auSfbiectjen.  5lber  eS  mar  iljm  immer  um  bie  ©aclje  ju  t^un.  ©in 
öortrefflictjer  ©efeEfcrjafter,  ein  gaftfreier  ,£auSl)err,  root)t  erfahren  in  ber  Qfüljrung 
üon  (Stjrenämtem,  meltmännifct)  geroanbt,  Qa-eunb  ber  fünfte,  unb  für  .gmmor 
mie  2Bi|  gleictjemöfängliclj,  liefj  er  oft  öergeffen,  bafj  er  bem  Setjrftanbe  ange= 
Ijörte,  unb  Untunbige  moctjten  etmaS  IDtititärifcrjeS  in  feiner  ftrammen  Haltung 
finben.  $nbeffen  begann  ber  bis  bal)in  duftige  gegen  @nbe  ber  fiebriger  i^arjre 
über  feinen  ©efunbtjettSjuftanb  ju  flogen.  SUImäljlicl)  entmidelte  fiel)  ein  Seiben, 
baS  fiel)  befonberS  in  gicfjtifcljen  Unfällen  äufjerte.  @r  naljm  noct)  1882  an  ber 
^fingftöerfammlung  beS  ^anfifcljen  ©efctjictjtSöereineS  ju  Dannoüer  £t)eil.  S3on 
bort  reifte  er  ju  einem  gamilienfefte  nact)  Bremen,  ^n  ber  9tad)t  öom  2.  auf 
ben  3.  3uni  machte  bafetbft  ein  ©ctjlaganfall  feinem  Seben  ein  @nbe. 

Slbgefefjen  öon  9teirotogen  in  geitungen  f-  5-  SftenSborff :  9teinl)olb 
^ßauli-  9tebe  gehalten  in  ber  öffentlichen  ©itmng  ber  f.  ©efettfetjaft  ber  SBiffen* 
fcljaften  p  ©öttingen  (33b.  29  ber  Slbtjanblungen  ber  Ä.  ©.  b.  SB.)  ©öttingen, 
1882.  —  Serfelbe:  SDeutfcrje  9tunbfct)au.  33b.  34.  Januar— <fltära  1883. 
—  Otto  -gmrtroig :  $ur  dmnnerung  an  9t.  üßauti,  in  ^auli'S  öon  £).  |).  t)erauS= 
gegebenen  Sluffätjen  ^ur  englifdjen  ©efctjictjte.  9teue  5olge.  Seiöjig  1883.  —  ß. 
Söeitanb:  3um  Slnbenfen  an  9t.  ^auli  in  ben  £>anfifct)en  ©efcf)icl)tSblättern, 
^aljrgang  1883.  ßeiö^ig  1884.  —  ©ief ebreetjt :  9tefrolog  auf  9t.  ^auli  in  ben 
©i^ungSberict)ten  ber  f.  bairifcr,en  Slfabemie  b.  30.  1883.     5pijilof.=t)ift.  Slaffe. 

9ltfreb  ©lern. 
^ault:  Simon  5ß.,  ber  Vettere  genannt,  f  am  17.  $uli  1591,  mar  am 
28.  October  1534  ;ju  ©d)tt>ertn  in  9Jcecfleuburg  geboren,  mürbe  1552  an  ber 
Uniöerfität  9toftocf  immatriculirt,  in  Söittenbexg  1555  sUtagifter  unb  am  5.  9to= 
öember  1558  öon  9JMancr)tt)on  bem  <£>er<Sog  Sotjann  Sltbrectjt  I.  für  eine  tl)eo= 
logifetje  ^3rofeffur  in  9to(tocf  emöfoljten.  2)iefer  aber,  ber  iljn  fetjon  nacl)  einer 
1554  gejctjriebenen  lateinifctjen  Sobrebe  auf  ©djtoerin  unb  nacl)  marmen  gür= 
föraetjen  beS  5Daöib  (SfjtjträuS  fannte,  berief  iljn  311  fiel)  als  SDombrebiger,  naljm 
iljn  auetj  mit  ^um  9teictjStage  nad)  SlugSburg  unb  ernannte  ifm  barauf  1560 
äum  5paftot  an  ©t.  ^acobi  unb  fürfttidjen  ^rofeffor  ber  Ideologie  in  9toftocl. 
$n  bemfetben  ^atjre  reeipirte  u)n  bie  Slrtifienfacuttät  unter  itjre  S)ocenten,  unb 
am  29.  Slpril  1561  ötomoöirte  itju  ber  öommerfdje  ©uperintenbent  I).  ^oxob 
9tunge  als  5ßicefanäler  dugteiä)  mit  S)aöib  ßljrjträuS  unb  bem  ©tabtfuöerinten= 
benten  ^oljanneS  Mittel  äum  Dr.  theol.  gin  treuer  ©djilbfnaööe  beS  S)aöib 
6l)rjträuS,  bem  er  in  (Seletjrfamfeit  nacl)ftanb,  an  ^rebigtgabe  unb  öraftifdjem 
©inn  aber  überlegen  mar,  Ijat  er  feitbem  bis  ju  feinem  2obe  mit  jenem  gemein= 
fam  atte  ©utactjten  ber  tfjeotogifctjen  gacultät  öerfa^t  unb  Dertreten,  als  eifriger, 
mortgetreuefter  ^alter  an  Suttjer'S  9luSbrucf,  felbft  gegen  2Relanctjttjon,  unb  öor 
aEem,  maS  man  ßrtjötocalöimSmuS  unb  g^cianiSmuS  nannte.  Slber  audj  ein 
Vertreter  geiftlictjer  90tacl)tbollfomment)eit  mar  er  miber  ben  9tatt)  ber  ©tabt 
9toftodf,  gegen  ben  er  in  ber  ^efjtmfiuS'fcrjen  2lngelegent)eit  unb  in  bem  2lnfpruclj 
einen  ©tabtfuöerintenbenten  ju  ernennen  bie  güljrung  °eS  geifttietjen  9)tiniftertumS 
übernahm.  Sie  tt)eologifctj=öolitifcljen  Streitfragen  unb  ^ä^fereien,  in  benen  er 
mit  ber  gacultät  ttjätig  mar,  finb  öon  £).  Krabbe  toeitläufig  bargetegt;  ebenfo, 
menn  auclj  mit  35erfennung  ber  fiäbtifct)=t)anfifct)en  ©teEung  ber  Uniöerfität  unb 
beS  in  5°fge  ber  9teformation  notljmenbtg  entftanbenen  fcljiefen  SßerljältniffeS 
äroifcfjen  SanbeSljerrn,  ©tabt  unb  Uniöerfität,    bie  23etfjetligung  5}3auIi'S    an  ben 

mntm.  beutle  Stogro^ie.    XXV.  18 


274  Ißaitlt. 

33erl)anblungen,  roetdje  jur  Formula  concordiae  üom  11.  9Jcai  1563  jtoifdjen 
leiteten  führten.  £rotj  bet  laubatorifdjen  33  etjanb  hingen  feines  Auftretens  in 
f aft  allen  2)arftettungen  fann  baffetbe  nidjt  fd)öu  genannt  roerben.  2)er  3ett= 
ftrömung  gemäfj  neigte  er  ber  au'ftrebenben  fürftlidjen  sJJlad)t  ju  unb  berfdjmätjte 
nid)t,  bei  allem  äufeertidjen  ©cljein  ber  23erfötjnlid)feit  unb  Siebe  jur  2lu§gleid)ung 
bod)  ben  £aber  äroifdjen  23ürgcrfd)aft  unb  ytatrj  p  benutzen.  35afj  bie  ©tabt  am 
28.  October  1565  in  ben  traurigen  SBirren  fidj  bem  -£>crjoge  ^oljann  2llbredjt  auf 
beffen  23erfpred)en  rjin  ergab,  roa§  fie  nadjljer  fdjroer  fcüfjte,  lag  roefentlid)  an 
bem  3ureben  Sßauli'S.  $m  ©treite  über  bie  SRoftocTfdje  ©uperintenbentur ,  ob 
fSfürft  ober  ©tabt  fie  JU  beftetlen  Ijabe,  natjm  er  bie  fürftlicfje  SBeftatlung  für  ben 
ütoftoder  $rei§  an,  bie  GcjrjträuS  ju  übernehmen  bebenfiidj  roar.  9tad)  ber  fpä= 
teren  2tu§gteid)ung  ätoifdjen  ben  ftreitenben  ZtyiUn  im  ©rbüertrag  öom  21.  ©ep= 
tember  1573  mufjte  er  biefe  ©teile  nieberlegen  unb  mürbe  als  erfter  Don  (Seift* 
lidjfeit  unb  ©tabt  geroär)tter  ©tabtfuperintenbent  am  28.  ^Jtärj  1574  fflrftlidjer» 
feitS  beftätigt.  Sbenfo  ging  e§  mit  feiner  23eftatlung  Oon  1570  alä  britter 
geifttidjer  Q3eifit;er  beg  fürftlidjen  Gonfiftoriumä,  gegen  roeldje§  ber  sJtoftotfer  Sftatt) 
nodj  1571  proteftirte.  2113  foldjer  toirb  er  1574  tjerjoglidjer  Äird)enratt)  ge= 
nannt.  Ütector  ber  Uniüerfität  roar  er  üiermal,  1566,  1570,  1582  unb  1588. 
©ein  SBilb  befinbet  fid)  in  SBeftpljaten,  Mon.  ined.  III  3U  ©.  1201.  Ob  ber 
1616  3um  rjeraoglidjen  2lrdjtüar  unb  2etjn§fecretär  ernannte  Simon  ^S au 1 1 
fein  ©otjn  geroefen ,  ftetjt  barjin;  ber  9came  ^ßauli  fommt  übrigens  merjr= 
fad}  öor. 

Sitte   älteren  Quellen   in:    Ärerj,    2tnbenfen   an  bie   Sioftod'fdjen   ©e= 

lehrten  VI,  ©.  23—32;    bie    tf)eologifd)c  2t)ätigfeit    bei  £).  Ärabbe,    Uniü. 

Dioftorf,  unb  genauer  nodj  bei  £).  Krabbe,  2)aniel  (XtmträuS.  —  ©djirrmadjer, 

3ot>ann  SItbrcdjtl.  (lieber  1565:  %.  I,  ©.  520  nadj  einer  ungebrudten  nieberb. 

(Stjronif;  audj  Ungnaben,  Amoenitates  ic.)  —  ©eine  ©djriften  bei  Ärabbe  unb 

äöeftprjalen,   feine  Sortefungen   bei  Ärabfce.  Sifd),   3al)rb.  XII,   ©.  64; 

XIX,  ©.  131—136;  XXII,  ©.  183.  —  0.  2öebel,  £au§bud),  ©.  323  f. 

Traufe. 
Fallit:  ©imon  5)3.,  ber  jüngere,  roar  ber  ©rofjfotjn  ©imon§  be§  altern 
unb  ber  ©oljn  £>einrid)  5ßauli'3,  ber  1565  in  9toftod  geboren  unb  1594 — 1604 
Dr.  unb  s}kofeffor  ber  9Jtebicin  unb  ©tabtpt)l)ficu§  roar,  1604  aber  al§  Seibar^t 
ber  $önigin=2öittroe  ©optjie  Oon  5Dänemarf  nad)  ^Jcrjtjöbing  ging,  roo  er  am 
13.  Sluguft  1610  ftarb.  1596  tjatte  er  ba§  ftectorat  ber  Uniüerfität  betreibet. 
©imon  5ß.  roar  am  6.  £)ecember  1603  (a.  ©t.)  geboren,  ftubirte  in  9toftod  unb 
Seiben,  fpäter  —  befonber§  Anatomie  —  in  ^ari§ ;  aud)  ein  tjalbeö  $atjr  in 
SSittenberg,  nadjbem  er  (Snglanb  bereift  t)atte.  Dr.  med.  rourbe  er  1630  in 
äöittenberg,  roar  barauf  praftifdjer  Slr^t  in  9toftod,  bann  in  ßübeef,  1634  bi§ 
1639  ^rofeffor  ber  SJtebicin  in  9toftod,  1639—1648  ^rofeffor  ber  Anatomie, 
ßtjirurgie  unb  SBotanit  in  ^opentjagen.  1648  rourbe  er  Seibarjt  be§  ^önig§ 
Oon  üDänemarf  unb  erhielt  jur  SSefolbung  bie  ^ßfrünbe  einer  sßrälatur  juSlarrjUg; 
nur  einige  3ett  roar  er  —  angeftedt  Oon  fdjtedjter  ßranftjeit  —  1655  roieber 
in  9loftod,  roo  er  Sßortefungen,  jumat  botanifdje,  tjielt.  j  13.  Slpril  1680.  6r 
tjatte  fid)  einen  Flamen  at§  Slnatom  unb  Sotanifer  erroorben ,  feine  ©djriften 
3ät)tt  Stand  auf;  aud)  über  bie  Slnatomie  be§  5]3ferbe§  t)at  er  gefd)rieben.  6ine 
„Flora  Danica"  gab  er  1648  in  ^openfjagen  t)erau§,  Stxef)  nennt  aud)  ein 
„Quadripertitum  botan."  in  4°,  roorin  fein  23ilbni§ ,  roeld)e§  aud)  Cor  feiner 
„Commentatio  de  abusu  Tobaci  et  herbae  Tbee"  (©irafeburg  1665)  roieber= 
t)ott  ift. 

ßreü,  Slnbenten  an  bie  9toft.  ©eterjrten  VI,  ©.  8  f.  —  21.  Stand,  bie 

medl.  Gerate  ©.17  (^einrid))  unb  30  (©imon).  Ar  auf  e. 


$oult  —  ^anlina.  275 

$aitlt:  Xfjeobor  9ß.,  9ted)tsgeleb,rter,  geboren  am  22.  September  1648 
ju  ©reüenfjagen  in  £)tnterpommerrt ,  roo  fein  33ater  Sürgermeifter  war,  f  am 
12.  Stuguft  1716  in  Königsberg.  $.  6etudc)te  fett  1665  bai  ©nmnaftum  ju 
(Solberg,  bann  bas  ju  ©targarb,  bejog  hierauf  bie  Uniberfttat  ©reifsroatbe,  im 
£erbft  1667  granffurt  a.  D.,  roo  er  1672  ben  iuriftifcfjen  S)octorgrab  erroarb, 
nadjbem  er  Porter  einen  jungen  2tbeligen  nadj  Hamburg  unb  Bremen,  Seipjtg 
unb  3ena  begleitet  tjatte.  1673  tarn  er  al§  prof.  juris  extraordinarius  nad} 
Königsberg,  rourbe  bort  1673  Ordinarius  secundus ,  1679  augteid)  $räfe§  be§ 
.§ofgerid)teö,  1681  Primarius  juris,  1697  Gräfes  am  Sximinatgeridjte,  enbtidj 
1703  neben  feiner  ^rofeffur  £o?s  unb  Xribuualratt),  in  roeldjen  (SigenfdjaTten  er 
1716  mit  Sob  abging.  $.  fdjrieb  ju  ftranffurt  unb  Königsberg  aarjlreidje  S)is= 
putationen,  Pon  bcnen  an  36  im  2)rucf  erjdjienen;  in  feinem  ^anbfct)rifttict)eri 
Dtadjtaffe  beftnbet  ftd)  u.  a.  ein  „Comment.  in  institutiones"  (Sdjriftenberj.  bei 
3öd)er  III.  1314  unb  «ftotermunb  V,  1709).  —  ©ein  ©ot-n  Stjeobor  Sfjri« 
ftian  5ß.  fctjrieb:  „Trigam  observationum  juridicaruin".  Regiom.  1704.  4°. 
^ödjer  unb  Äotermunb  a.  a.  Q.  —  2lrnolb ,  £iftor.  ber  Königsb. 
Unioerfität,  Stjt.  II,  ©.  26.  —  fteue  Seipj.  £t.  1717  ©.  460  u.  ff. 

ßifenb,  art. 

^aitltli:  $ater  $.,  Orientalin,  geboren  in  ßoff  an  ber  ßeitlja  in  lieber« 
Öfterreidj.  ©einen  urjprungüdjen  tarnen  ^ofjann  $t)iüpp  3öe§bin  ober  SBesjbin 
öertanfdjte  er,  in  ben  ^efuitenorben  eintretenb ,  mit  bem  Flamen  Paulinus  a 
Sancto  Bartholomaeo.  ttacf)  ^nbien  entfanbt,  raufte  er  bort  al§  'Dttiffionar  an 
ber  gjtatabaruifte  Don  1776—1789.  >Jtadj  feiner  ftüdfefu  begab  er  fidj  nadj 
9t  om,  rao  er  eine  9tett)e  üermtfdjter  Söerfe  über  orientatifdje  Sprayen  unb  Sitter» 
ttjumsfunbe  in  lateinifcfter  ©pracfje  veröffentlichte  unb  1805  ftarb.  eeine  beiben 
©ansfritgtammatifen,  eine  fürjere  unb  eine  ausfürjrtidjere,  erfdjienen  1790  unb 
1802  unb  raarcn  bie  beiben  erften  in  einer  europäifdjen  ©pracfje_  abgefaßten 
©rammatifen  ber  cfjrraürbigen  ©anSfritfptadje,  beren  (Sntbedung  auf  bie  neuere 
gntroidtung  ber  ©piacrjroiffenfdmft  unb  »Philologie  einen  fo  bebeutenben  (Sinflujs 
geübt  ljat.  2ltterbing§  ift  bie  (Simürjvung  bei  SanStrit  in  bie  europäifcrje  äöijfen» 
fdjaft  metjr  ben  arbeiten  Solcbroofe'ä  u.  a.  englijdjer  Drientaliften  au  banfen, 
aU  ben  aroei  ©rammatiten  be§  $. ;  aud)  finb  bie  leiteten  feine  gan,j  feloftftan« 
bige  Seiftung,  raenn  aud)  flaueres  über  it>r  3>ex^ättnife  ju  ber  oon  $.  beiluden 
nod)  jet3t  in  sJtom  öortjanbenen  IjanbfduiTttidjen  ©ansfrttgrammatif  bei  3efutten= 
pateri  ^anrieben,  ber  im  Anfang  bei  18.  SfatjrljunbevtS  in  ber  malabarifdjcn 
^miffton  rairfte,  nidtjt  befannt  ift-  2lud)  bie  SSerroanbtfdmft  bes  öanifrit  mit  ben 
europäifdjen  Gulturfpradjen  rourbe  Pon  %  vidjtig  erfannt  unb  u.  a.  in  feiner 
„Üissertatio  de  latini  sermonis  origine  et  cum  orientalibus  Unguis  connexione" 
Oftom  1802)  ndljer  begrünbet.  5Da§  "üllter  unb  bie  gdjtljeit  ber  ©pradje  bei 
3enbatiefta  unb  bie  natje  Sßerroanbtfdjaft  beffelben  mit  bem  ©ansfrit  roiei  er  burdj 
^ufammenftettung  öon  100  tierroanbten  Söörtern  uactj  in  ber  fleinen  aber  be= 
adjteniraertljen  ©d}rift :  „üissertatio  de  antiquitate  et  affinitate  linguarum 
Zendicae,  Sanscritamicae  et  Germanicae"  ($abua  1798).  3lußerbem  fcljrieb  er 
über  inbijdje  ^ataeograpb.ie,  ^anbfdjriftenfunbe,  Dretigionigebräuclje,  ©rammatifen 
u.  f.  ro.  unb  gab  ben  Anfang  eine§  in  ©anslrit  abgetauten  attinbifd)en  2Börtet= 
bud)s  in  tamuüfdjen  Settern  fjeraui.  S-  ^otln. 

^ultima,  Sodjter  be§  dürften  ^riebridj  2llbred}t  Pon  3lnljalt  =  vJ3ernburg, 
geboren  am  23.  gebr.  1769,  Ijat  fid)  als  Söormünberin  unb  sJtegentin  bes  gürften= 
i^umi  Sippe  nidtjt  nur  bei  ifjren  ßeb^eiten  in  weiten  Kreifen  einen  tjodigeadjteten 
tarnen,   fonbern    audj    butdt)    it)re  traft-  unb  roeisrjeitspotte  Regierung  im  lip= 

18* 


276  s£aultna. 

pifdjen  Sanbe  ein  bis  auf  ben  heutigen  ütag  bauernbeg  banfbares  5lnbenfen  ei= 
morben.  Strogen  <}u  U3aflenftäbt  unter  Leitung  iljres  33aterg  als  beffen  ftete 
©efätjrtin  unb  ®et)ütfin  bei  feinen  9tegierungsgefd)äften  entmidelte  fie  fd)on  fruit) 
neben  allen  33orjügen  ebler  äBeibttdjfeit  ß.t)arafter=  unb  ©eifteseigenfcfjaften  tt)ie 
fie  fonft  nur  Männern  eigen  finb.  Sßiemol  öon  Statur  unb  burd)  Anregung 
(Steim'3  metjr  jur  33efd)äftigung  mit  H'ittcratur  unb  s4>oefie  unb  ruhigem  StitU 
leben  geneigt,  tjatte  bod)  itjr  ©efd)irf  fie  ju  einer  ljeröorragenben  potitifctjen 
Xtjätigfeit  beftimmt,  inbem  fie  fid)  im  Januar  1796  mit  bem  dürften  ßeopolb 
jur  ßtppe  bermätjtte,  melier,  nad)i)em  er  in  feiner  3»ugenb,}eit  mehrere  3at)re  an 
©>iftesfranff)eit  gelitten,  fd)on  am  4.  Februar  1802  mit  ^intertaffung  öon  jtoet 
Sötjnen  ftarb.  Sie  genofj  fctjon  bamals  ein  foldjes  Vertrauen ,  bafj  man  Hjt, 
gegen  bie  9tegel  ber  lippifdjen  £)au§gefetje ,  bie  33ormunbfd)aft  unb  öanbes= 
regentfdjaft  übertrug,  meldje  fie  mit  einem  aus  ^mei  (anbftänbifdjen  unb  einem 
sJiegierungsmitgliebe  beftetjenben  Gottegium  18  ^atjre  lang  mit  raftlofer  £t)ätig= 
feit  unb  Selbftaufopferung  geführt  tjat.  2>ie  geiftreidjc  f^ü^ftin  ü>ar  bie  Seele 
biefer  Regierung;  öon  itjr  ging  faft  immer  ber  Slnftofj  aus  ju  bem,  mas  roät)= 
renb  itjrer  Regierung  <jum  2öot)le  bes  ßanbes  gefdjat).  %n  ber  fdjmteiigen  3e^ 
mätnenb  bes  .ttaiferttjums  unb  ber  9iapoleonifd)en  Kriege  mar  xfyt  ganzes 
ißeftreben  barauf  gerietet,  it)r  ßanb  öor  Öebiürfungen  unb  ©efafjren  möglid)ft 
äu  fdjüfcen,  unb  bas  ift  ifjrer  gefdjidten  Jpanb  in  fotdjem  sDtafee  gelungen,  bafj 
Sippe  bamalö  ber  Umgegenb  als  eine  £)afe  in  ber  2Büfte  evfdjien.  Selbftöer-- 
ftänbtid)  trat  fie,  mie  jatjlvcidie  beutfdje  dürften,  bem  9tt)einbunbe  bei,  bie  einzige 
sDtöglid)feit,  bie  Integrität  unb  Selbftfiänbigfeit  beö  Sanbes  ju  erhalten  unb 
feine  Saften  ^u  crleid)tern.  Sie  roirtte  für  biefen  otoetf  mit  unglaublicher 
üfjätigfeit  burd)  (Sorrcfponben^  mit  fran(}öfifd)en  unb  meftfäüfd)en  Staatemännern, 
fomie  burd)  sJtetfen  nad)  ^Jlainj  unb  $aris,  um  bei  Napoleon,  feiner  ©ematjtin, 
feinen  IDUniftern,  bem  dürften  Primas  für  itjr  Sanb  perfönlid)  bas  SBort  ju 
fügten,  (6in  intereffantes  Sagebud)  itjrer  Keife  nad)  s^aris  1807  ift  in  ber 
^eitfdjr.  (Germania  öon  9tub.  äÖaguer  1868  aus,mgmeife  öeröffenttidjt  morben.) 
SDer  (jifolg  mar,  bafj  Sippe  nid)t  bem  Äönigretd)e  Söeftfaten  ober  bem  ©rofj= 
f)er,}ogtl)um  Ü>erg  incovporirt  unb  öon  (Jinquartierungen  unb  Nequifitionen  bis 
(£nbe  1813  faft  gau,^  berfd)ont  mürbe.  3Das  ütrupprncontingent  bes  Sanbes 
natmt  jur  fttjeinbunbsjeit  an  ben  ^^bjügen  in  Spanien,  £irol  unb  sJtufjtanb 
ttjeil  unb  mürbe  nad)  bem  Umfdjtuung  fofoit  jur  Slrmee  ber  Sllliirten  geftellt. 
s)Jlit  gleichem  @ifer  manbte  fid)  bie  f^ürftin  mätjrenb  unb  nad)  ber  ihiegsjeit 
ben  bamalg  nod)  fe^r  patriardmtifdjcn  ^nftitutionen  beg  £'anbeö  ^u,  meldje  fie 
in  äeitgemäfeem  unb  freif)eittid)em  (Reifte,  ot)ne  ©djonung  üeratteter  ©tanbe§bor= 
rcdjte,  311  üerbeffem  fud)te.  SDat)in  getjört  bie  @infül)rung  ber  allgemeinen 
s))lilitärpflid)t  mit  fur^er  2)ienftaeit  unb  einer  otjne  Kürffid)t  auf  Steuerpriöi= 
legien  gleid)iuä|ig  auf  bas  (Sinfommen  ber  Jöeöötferung,  aud)  bes  SDomaniumä 
gelegten  Äriegsfteuer,  Üteform  bee  fyinanämefens,  ber  Sufti^.  auegebefjnte  Söegr» 
bauten,  feftere  Steüung  ber  Staatebiener,  2luft)ebung  ber  8eibeigenfd)aft,  enblid) 
@iniüt)rung  einer  9iepräfentatiD=33erfaffung.  Sic  brang  öor  allem  auf  SScrtretung 
be«  im  Saufe  ber  geit  fräftig  entmiefetten  unb  bei  ben  Staat§Jaften  am  ftärtften 
bett)ciügten  Soiuetnftanbeö,  fanb  aber  bei  ben  alten  Neuerungen  miberftrebenben, 
Don  Selbftfudjt  unb  Äaftengeift  befeelten  Stänben  öon  9titterfd)aft  unb  Stäbteu 
einen  SBiberftanb,  an  meld)em  alle  Gnnigungsöerfucrje  fdjeiterten.  Sie  entfd)to^ 
fid)  besljalb,  jur  ßrfüüung  einer  5ßerpfiid)tung  ber  23unbeß  =  s)lcte  im  %.  1819 
eine  lanbftänbifd)e  23erfaffung  ^u  octrotjhen ,  meldje  jebod)  burd)  ben  23unbes= 
tag  auf  Sefdjmerbe  Pon  Stänben  unb  Slgnaten  fiftirt  mürbe.  2)iefe  tanbftän= 
bifd)en  kämpfe  finb  erft  lange  nad)  i^rem  2obe  ^um  3lbfd)tuffe  gelangt.  Gliben 
ben  tegiSlatioen  JHeformeu  mar  e§  öor  allem  bas  Sdjulmefen,   bie  2lvmenpflege, 


5ßauftnu?.  277 

©rünbung  morjtttjätiger  unb  gemeinnütziger  Slnftatten,  Hebung  ber  allgemeinen 
©ittlidjfeit  unb  üteligiofität  be§  SßolfS,  tt>a§  ba§  «gjerj  ber  ^Re^entin  befdjäftigte. 
3u  ben  bcbeutenben  Soften  fötaler  üteformen  trug  fie  mit  freigebiger  £>anb  auä 
eigenen  Mitteln  bei  unb  roujjte  bie  ^rtöattoorjttfjätigfeit  bafür  anzuregen.  3^re 
Öäbagogifdjen  3been  öeröffentiicfjte  fie  ^uroeiten  in  ben  bamals  öom  ©en.=©ub. 
öon  Gölln  rebigirten  „Beiträgen  3ur  Seförberung  ber  53oifäbitbung",  correföon= 
birte  barüber  mit  auimärtigen  ©adjöerftänbigen ,  mie  Qeün  in  3üric£j ,  fudjte 
ficrj  burct)  Slbgeorbnete  nacb  ber  ©ctjmeij  über  bie  ^efialo^rfdje  9Jtetb,obe  ju  in» 
formiren  unb  mufcte  jur  2lu§fürjrung  itjrer  $läne  überaE  bie  richtigen  205erf= 
jeuge  ju  finben.  ©o  ift  namentlich  ba§  ©dmtmefen  be§  8anbe§  burcrj  itjre 
gürforge  <ju  einer  bamals  beifpietlofen  33lütrje  gelangt.  Unter  ben  öon  iljr  ge= 
fdmffenen  äSot)ttfjätigfeitsanfialten  öerbient  befonber§  bie  mit  bem  ßetjrerfeminar 
öerbunbene  „^ftegeanftalt"  ju  üDetmclb  genannt  ju  toerben,  roeldje  ^u  einem 
2Baifen=,  $ranfen=,  freiroiEigen  2Irbeit3t)aufe,  einer  ©cfmle  für  £)anbarbeit  unb 
einer  Äleinfinberberüarjranftalt ,  jefet  ^aultnenanftalt  genannt  —  ber  erften  in 
2)eutfcr)tanb  —  beftimmt  toar.  gür  SBettler  unb  SSagabunben  mürbe  ein  3toang§= 
arbeit§fjau§  errietet  unb  fcfjon  feit  1804,  at§  man  nocrj  menig  an  Pflege  ber 
©eifte§franfen  backte ,  forgte  bie  gürftin  für  ©rünbung  einer  ^nrenanftalt  ju 
SSrafe,  meiere  im  $■  1811  eröffnet  mürbe.  Ueberrjaupt  mar  fie  in  focialpoli» 
tifetjen  SBefirebungen  tt)rer  3eit  meit  öoran.  (SrfüEt  öon  einem  ftrengen  ^PfXid^t= 
gefüfjl  naljm  fie  perfönlicrj  an  ben  ©tijungen  ber  Regierung  unb  ber  föentfammer 
ttjeit  unb  b^ielt  jmeimat  möcfjentlicr)  5lubienäen,  mo  jeber  Unterttjan  mit  Sitten 
unb  Sefcrjmerben  bei  U)r  3uir^t  un0  fte^  gerechte  unb  Rumäne  SerjanMung 
fanb.  2Ba§  bie  eble  grau  itjrer  notieren  Umgebung  burd)  (jjigenfcfjaften  be§ 
©eifte§,  burct)  ben  mächtigen  3fluber  it)rer  5}}erfönlidjfeit  gemefen  ift,  lebt  noct) 
fort  im  $ftunbe  ber  9tad)fommen.  9cacr)bem  fie  im  3-  1820  mit  einer  feier= 
liefen  2Ibfdueb§rebe  bie  Regierung  in  bie  Qanb  itjre§  älteften  ©otjneä  Seopolb 
niebergelegt  tjatte,  mürbe  ib)r  öon  ber  ©tabt  ßemgo  ba§  2tmt  be§  regierenben 
33ürgermeifter§  angetragen,  fie  ftarb  aber  fetjon  am  29.  SDecember  beff.  %.  2>ie 
Regierung  *ßaulinen§  >  fo  fdjreibt  ein  äeitgenöffiferjer  ©djriftfteEer  mit  9tecrjt, 
„mirb  in  ber  libbifctjen  ©efcrjictjte  ftetS  eine  itjrer  glänsenbften  Venoben  bleiben". 
9teicrje§  Material  enthält  (Stoftermeierä  Ärit.  SBeleucrjtung.  1817.  — 
»gl.  3eitgenoffen  (Seidig  1822)  S3b.  II,  §eft  VI,  ©.  7—74. 

galfmann. 
^auliüUÖ,  ber  ^eilige,  5patriard)  öon  Slquileja  g.  730 — 40,  fll.  Januar  (?) 
802.  tiefer  namhafte  ßirdjenffirft,  ^eitgenoffe  unb  ßanbimann  eine§  5ßautu§ 
(S.  be§  SCßarnefrib  (^aulu§  S)iaconu§),  be§  ©efdjid)tfd)reiber§  ber  Songobarben, 
mar  äunädjft  Setjrer  („©rammaticuö")  an  ber  iijrer  3e^  trefflidjen  ©djule  ju 
Giöibale  (Forum  JuliiJ.  3U§  naef)  bem  gälte  be§  ßongobarbenreid)e§  (774)  ber 
griauler  ^er^og  ^robgaub  ben  erfotglofen  6rt)ebung§öerfudj  mit  blutiger  ©djtaböe 
unb  fct)toerer  SSeftrafung  feiner  2tnt)änger  gebüßt  (776),  erhielt  ty.  öon  bem  granten* 
tönige  ^arl  bie  ©üter  be§  Söalanbo  (©ofm  be§  Sfmtno  öon  Suberiana);  bie  erfte, 
urtunbüd)  bezeugte  ©unftbe^eugung  be§  mädjtigen  .g>errfcrjer§,  bem  nunmehr  ^. 
immer  nä^er  trat.  6r  tarn  nämlicl)  an  ,^art§  -§)of  unb  ttjeilte  fidj  b^ier  mit 
Stlcuin  in  bie  ©räietjung  3tngitbert§,  be§  Äönig§fob^ue§,  mie  un§  bie  @orreföon= 
benä  t>eg  berühmten  Stngelfadjfen  bezeugt,  ber  fortan  in  fyreunbfdjaft  unb  brief= 
tid)em  S3erferjre  mit  $.  ber)arrte.  ©ntfdjeibenb  für  ba§  meitere  Seben  bes  8e^= 
teren  mar  bie  öom  granfenfönige  öeranla&te  Srtjebung  ^au(in'§  3um  Patriarchen 
öon  5lqui(eja.  grüner  bezeichnete  man  ba§  3t .  776  at§  3c^fun^  biefe§  @r= 
eigniffe§;  ^affö  rjat  jeboer)  mit  ©runb  erft  787  bafür  angefe^t.  ©ein  Vorgänger, 
ber  ^meite  in  ber  föeitje  ber  fog.  „ortrjobojen"  ^atrmi'ä)en  ttal'  ©igwalb  öon 
ßiöibale,  au§   bem  öaufe  ber  ^er^oge  öon  SSeneöent,    mäb^renb    bie    üErabition 


278  SßauItnuS. 

unfern  5paulinug  bon  5premeriaco  r)erftammen  läfjt   unb  mit  ir)m  bag  ©efdjledjt 
ber  ©accabini   in  Sßerbinbung  bringt,  tueldjcg  nod)  in  unfern  Sagen  ben  3-efttag 
beg  tjeilig  gefprodjenen  5Dlanneg  feierlid)  begebt  unb  fid)  uralter  greitjeiten  feiten© 
beg  5pahiard)ateg  rütjmte.     $arl  ber  ©rofje,  ber  $reuub  ber  ©elet)rfamfeit   unb 
ber  gemiegte  ^olititet,  ber  eineg  fireng  fhd)lid)  gefilmten,  etneg  loyalen  $ird)en= 
fürften   an    ben  ©üboftmarfen    feineg  o.nfd)mellenben  9teid)eg  beburfte,    jog   ben 
5patriard)en  nidjt  feiten  bei  feinen  $ird)enberfammlungen   3U  Siattje,  fo  hä  bem 
Goncit   3U   2Iad)en   (789),   ^u   föegcngburg   (792)    unb   gtanffutt   (794).     3u 
Otegengburg    erlangte    5p.    bon    feinem    fönigtidjen   ©önner    bie    Befreiung    beg 
5patriard)ateg  Dorn  Fodrum  (5)laturalleiftungen)  unb  abgaben  bei  einer  «gieerfaljrt 
in  Sftrien  aufgenommen  ben  ftaU,  bafj  ber  .ftünig  ober  beffen  ©otjn  5pippin  babei 
perfönltd)   anroefenb   feien,   beSgleidjen   ertjielt   er   eine  33eftätigung  feiner  ©üter. 
S3ei   ber  {yranffurter  ©tmobe   Ijanbelte   cg  fid)    um  ©teflungnatjme  $u  ben  fog. 
gelicianifctjeu  ©treitigfeiten,   bie   burd)   ben  2Bib  erruf   beö  f5reXir   unb   bie  brüte 
päpftlidje  5ted)tung  biefer  ,Wird)enlel)re  in  itjr  borletjteg  ©tabium  getreten  mareu. 
kaxl  ber  ©rofjc  tjatte  beranlafjt,  baf$  bie  bezüglichen  3lnfid)ten  beg  5pap[teg  unb 
©eiftlidjfeit   feineö  9teid)eg   in  eine  für  ben  tjeterobojen  Üieidjgprimng  ©panieng, 
£elipanbug   bon  £olebo ,   unb   bie  übrige  ©ei[tlid)feit  bafelbft  befiimmte  SDecla= 
ration   äufammengefafet  mürben.     S)ie  jmeite   ber  bartn   berbunbenen  ©djriftcn 
gegen   ben    „^eticianigmug"    ober   „2Iboptianigmug"   flammte   bon   5p.  u.  b.  %. 
„Libellus    episc.  Italiae    contra  Elipandum"    ober  „Libellus   sacrosyllabus".  — 
Um  795  finben  mir  ben  5patriard)eu  mieber  in  feiner  friauler  Siefibenj  (ßibibale). 
©amatg    berfafete    er   für   feinen   Sfveunb    (Srid) ,    5Dtarfgrajen   öon   griaul,    ben 
„libellus  exhortationis,    vulgo  de  salutaribus  documentis  ad  Hemicum  comitem 
seu  ducem  Forojuliensem",  beffen  ^nljatt  grofscnttjeilg  bem  93ud)e  beö  5pomeriug 
„de  vita  contemplativa"  entnommen  ift.     @g   roirb   barin  bon  ber  Stugenb  unb 
bon  ber  Reibung  ber  Softer  geljanbelt.   2>ag  20.  6ap.  ift  mit  „miles  spiritualis 
et  terrenus"  überfd)rieben.    Urfptünglid)  fd)rieb  man  bag  33uct)  bem  t).  9luguftinug 
ju.     796   tjielt   ber  5patriard)   eine  ©tjnobe   mit   15  33ifd)öfen  feineg  ©prengelg 
ab,  in  meld)er  gegen  ben  5J£eftorianigmug  ©tellung  genommen  mürbe.    5>lnbrerfeitg 
finben  mir   angebeutet,   bafj   atg  J?.  --Pippin,    j?arlg  ©oljn,    ben  ^eereg^ug  gegen 
bie  Abaren    antrat    (796),    berfelbe   an   ber  2)onau  lagernb,   33ifd)öfe,   barunter 
aud)  ben  5patriard)en  5p.,   ju  SSeratfjungen  einberief,   bei  benen  „in  bertraulid)er 
äßeife"  über  bie  Gtjriftianifirung  ber  9lbaren  beraten  mürbe.   9ltcuin  felbft  tjabe 
fid)  in  biefer  Angelegenheit  an  5p.  gemanbt.  2llg  ber  tapfere  unb  beliebte  5Utarfgrai* 
£>er<mg  bon  griaul,  (Srid),  bei  Üerfate  in  „Ciburnien"  (in  ber  sMt)e  beg  heutigen 
$iume),  an  ber  (Brenne  ber  eigenen  5IJtarf,  im  Jpinter^alte  ber  geinbe  einen  borjeitigen 
Zo\>  erlitt,  mar  e§  allem  3lnfd)eine  nad)  5p.,  ber  bem  bejreunbeten  unb  allgemein 
bebauerten  Jpelben    eine   ung   erhaltene  Stobtenftage   in  Sßerfen  mibmete,   bie  ben 
Wutnn  biefeg  ^rieggfürjrerg,  ©taatgmanneg  unb  $ird)enfreunbeg  ber  5Rad)melt  bor 
Slugen  tjalten  foUen.     3fn  biefeg  $a^r  fäHt  aud)  ber  3lbfdjlu|  ber  felicianifdjen 
©treitigfeiten.     Sluf  ber  ©tmobe  ju  2lad)en  (5Dlai,  %\\ni)  799  bigputirte  2llcuin 
mit  3-elij,  unb  bie  grofce  ©treitfe^rift  beg  Gsrfieren  gegen  .^etipanbug  unb  gelij 
foüte  fid)  anfct)lie^en.     3lud)  5p.  l)atte  für  biefen  3tt,e(^   l"ne  »libri  tres   contra 
Felicem  Urgelitanum    episcopum"  abgefaßt.     S)ie    tefete   bebeutfamere  2rjatfad)e 
im  Seben    unfereg  Mrd)enfürften    ift   beffen  Soncilberfammlung   in  5Jlttino    (um 
800).     ©ie   mar    bie  ^edge  ber  gemaltfamen  Haltung  Senebigg   unb  aroar  beg 
bamatigen  Sogen  ^orjanneg  unb  beffen  ©or)neg  5Utauritiug  gegen  ben  5patriard)en 
bon  ©rabo,   ^otjanneg,   ba  biefer   fid)   ben  granfen  zuneigte  unb   beg^alb  bon 
ben  mit  S3t)jan3  3ufammenger)enben  S5enetianern  in  ©rabo  angegriffen,   gefangen 
genommen    unb    gelobtet    mürbe.      2)ie    befonbere  S3eranlaffung   ^ie3U  bot   bie 
Steigerung    ben    geroärjlten  S3ifd)of  bon  Olibolo,    @f)riftopf)orug,   ju   beftätigen. 
Offenbar   bejmedte  biefe  ©tjnobe,   bereu  2lbr)altung  5p.   bem  granfenfaifer  aud) 


^ctuHi  —  ipauttini.  279 

anmeldete ,  eine  «üianifeftation  gegen  bie  Venetianer.  SßautinuS'  £ob  fällt,  wie 
fcbon  angegeben,  in  baS  3ab,r  802.  Slufeer  ben  weitet  oben  angeführten  ©dornten 
werben  itjm  noct)  11  geifttietje  ©ebicrjte  (£pmnen)  augefctjrieben. 

Viogxaptjie:  9JtabxifiuS,  (SliSg.  bet  Sßetfe  beS  tj.  ^aultnuS,  Venebig  1737, 
IX  ff  al§  Einleitung).  —  ßituti,  Notizie  de'  letter.  del  Friuli  (1760)  I.  —  be 
9tubeiS,  Monom,  eccl.  Aquilejensis(1740).  —  ^anjano  (Conte Franc),  Ann.  del 
Friolil  (1858).  übine.  —  ©ümmler,  Poetaelat.  medii  aevi.  I  (1880).  —  SaS 
UttunbUd^e:  ©iefet,  Acta  Karolin.  (1867—8).  —  3Jtüt}l6a$er,  Sie  gtegeften 
beS  Kaifexxeicf)eS  untet  ben  fiaxolingexn  1.  2.  £.  (1880— 1).  —  3aff6, 
monom.  Alcoina.  —  SnSbefonbexe  ©ig.  2lbei  unb  Vexnf).  ©imfon,  «jafcb. 
beS  fränfifäen  üteitf»e§  untet  Äarl  b.  ®t.f  IL  Vb.  (1883).  -  Miscelkmea 
pobbl  dalla  Depotazione  Veneta  di  storia  patna  (1883)  I.  2tbtt).  t).  0. 
C.  SiüoEa.  ßroneS. 

taut-  2Bilb,elm  Stbotf  $.,  ©cfjriftftetier  unb  Siebter.  6t  war  geboten 
im  rjotfteinifd)en  Rieden  Vramftebt  im  3-  1719.  ©eine  Vorbereitung  jum 
©tubium  genofe  er  auf  bem  Hamburger  ^otjanneum  unb  ttnbmete  fid)  baram 
bet  ftecrjtSWiffenfcrjaft.  ßängere  3eü  tjat  er  in  ber  fctjleSwigfcfjen  ©tabt  £ufum 
öerWeilt  (St  erlangte  ben  Xitel  eines  grofeiürftlict)  b,olfteimfd)en  ©ecretarS,  Der- 
lebte  aber  ben  «fteft  feines  SebenS  als  «priüatgelet)rter  in  ber  ©tabt  Hamburg, 
wo  er  am  21.  Sluguft  1772  berftorben  ift.  @t  mar  faiferlid)  gehonter  ^oet.  — 
5ßon  ibm  exfcrjienen  folgenbe  Seitfcrjxiften :  „$oetifct)e  ©ebanten  bon  politifdjen 
unb  geteerten  gteuigfeiten",  Hamburg  1750—54,  6  Vbe.  2.  StufL  1762.  4?oene 
unb  Sßxofa  sum  Wen  unb  Vergnügen",  Hamburg  1755—56,  2  Vbe.  »©eljtxag 
äum  giacbtifctje  ffit  muntere  unb  enthalte  ©efettfetjaften".  (Sine  äßocfjenfcfjxilt, 
öamourg  1766-68,  2.  Stuft.  1777—79,  2  8b.  „Sie  2Jtufe  an  ber  lieber* 
etbe".  Sine  äBodjeufdjrift,  Hamburg  1769.  ©eine  ©ebidjte  finb  gefammelt 
erjctjienen:  „Verjuxe  in  bexfdjiebenen  sÄxten  ber  ©idjtfunft",  1750. 

3eit|ct)r.   beS  Vereins   f.  £amb.  ©ejc^ic^te  II,    3,  ©.  491  ff.  —  §amb. 
©cuxiftflettexletifon  VI,  ©.  7.  —  Stummer.  $icb,tetler.ifon  s.  v. 

'  (SaxltenS. 

föaufluit:  fttana  ßtjtiftian  %,  «PolWftor.  (geboten  im  gebtuat  1643 
au  ©ifenact),  auS  einet  faufmännifetjen  Familie  ftammenb,  extjiett  et  ferne  gelehrte 
AuSbitbung  aunäcrjft  auf  bem  ©Pmnafium  feiner  Vaterftabt,  weiterem  an  bem 
ßafimixianum  ju  Coburg.  @r  t)at  fieb,  uxfpxünglict)  für  ben  äxatlidjen  Verui 
beftimmt  exwieS  fict)  aber  augleid)  batb  genug  ben  bexfdjiebenften  Anregungen 
unb  gimoitfungen  augängtief).  Vei  Seiten  gab  er  feinem  SBanbextxiebe  nact), 
ber  ibn  Weit  in  bie  äBelt  hinausführte.  <£r  befugte  Königsberg,  flopentjagen, 
Stanefet  unb  Seiben,  unb  rjiett  fict)  an  biefen  Cxten  feinet  SluSbitbung  wegen 
übexatt  füraere  obet  längere  Seit  auf.  Slufeexbem  tjat  er  gngtanb,  Norwegen, 
©c&Weben  unb  Siblanb  bereift.  TO  anexfennungSwextfjex  Sernbegierbe  auS= 
geftattet,  erwarb  er  fid)  neben  bem  ©tubium  ber  »raneifunbe  bie  betfctjiebenaxtigften 
Äenntniffe  unb  bexftanb  er  eS,  mit  erprobter  ©ewanbttjeit  bie  mannigfattigfteu 
unb  ergiebigen  Verbinbungen  anaufnüpfen.  Vetriebfam  wie  er  war,  erlangte 
er  an  ber  Unibexfität  in  Söittenbetg  bie  «Utagiftertoürbe  unb  liefe  er  ficb,  buret) 
©igiSmunb  Don  Virfen  in  ben  Vtumenorben  an  ber  $egni^  aufnehmen;  fpater 
ift  er  «ötitglieb  ber  frucf)tbxingenben  ©efeEfc^aft  unb  ber  Seopolbma  unb  batb 
aueb  ber  ftecuperatoren  in  Storena  geworben.  Senn  auet)  Statten  Tgat  er  au|= 
gefuebt;  ber  ©wfcrjeraog  öon  XoScana  liefe  itjm  eine  ^rofeffur  ber  Siran eif unb e 
m  3ßifa  anbieten:  «p.  lehnte  fie  a»ar  ab,  machte  aber  gteict)  barau]  eine  Steife 
über  bie  Sttpen,  um  bem  geteerten  ^efuiten  2ttl)anafiuS Äird)er  —Reffen  VeiTaE 
er   man  ermfjrt  nic£)t  wie,   gewonnen  unb  ber  irjn  au  jener  $roiellur  emp]ot)len 


280  ^auüini. 

tjatte,  in  9iom  einen  53cfucfj  abjuftatten.  2Jon  ba  fefjrte  er  nadj  SDeutfdjlanb, 
unb  jtoar  nad)  Hamburg  jurücf,  roo  er  fid)  gerne  aufjurjatten  pflegte,  unb  tjier 
ermatteten  it)n  neue  @f)ten;  es  mürbe  itjm  bie  SBürbe  eines  faiferlidjen  sJ3falj= 
graten  ju  Xtjeil,  traft  melier  er  „tiiete  Magistros,  Poetas  unb  Notarios  gemactjt 
unb  £)— =.fiinber  tegitimirt  f)at".  2)iefe  Sßanberungen  fütttcn  in  itjret  größeren 
3at)t  bas  btttte  $af)tjef)nt  feines  Gebens  aus.  Gmblicf)  gemann  es  ben  2lnfct)ein, 
als  molle  ben  Unfteten  fein  <55efd£)icf  in  ben  fixeren  .frafen  geleiten.  3)er  befannte 
ftreitbare  gürftbifc^of  33ernf)arb  tion  fünfter,  ber  jugleidj  Slbminiftrator  ber 
Oteidjsabtei  (Sorbet)  mar,  ernannte  itjn  um  bas  3Earjr  1676  ju  feinem  Seibarjte 
unb  pgteidj  jum  ,£)iftoriograpr)cn  bes  genannten  ©tiftes.  $.  Ijatte  fid)  unferes 
SBiffens  «jmar  als  (Itefdjicrjtsforfdjer  jur  3eit  nod)  nirfjt  tjertiorgettjan,  aber  an= 
gefidjts  feiner  angebeuteten  poltirjiftorifdjen  Neigungen  unb  bem  tjerrfdjenben 
(Reifte  bes  3e^aÜer§  barf  uns  biefe  Xfjatfadje  nidjt  überrafc^en.  SDer  $ürft= 
bifcfyof  ftarb  jmar  fdjon  bas  3>al)r  barauf,  ty.  futjr  aber  fort,  an  ber  ifjm  über= 
tragenen  -^erfteüung  einer  ©efctjicrjte  tion  Gortiet;  311  arbeiten  unb  tiottenbete  fie 
in  ber  -£>anbfd)rift  im  $.  1681.  ^m  3ufammenl)ange  mit  biefer  Arbeit  ift  es 
gefd)ef)en,  ba£  fein  Warne  in  ben  befannten  titterarifdjen  $roce|  über  bie  (Sd)t= 
fjeit  bes  fogen.  Chronicon  Corbeiense  in  bebenflidjer  SBeife  tiermirfett  morben. 
($s  barf  inbeffen  nidjt  tierfctjmiegen  mcrben,  bafj  auf  biefer  unb  ber  nädjften 
3eit  feine§  ßebens  ein  uubeljagtidjes  3)unfet  ruf)t,  bas  mit  confeffionetten  3loei3 
beutigfeiten  tion  feiner  ©cite  tierfettet  ift  unb  big  auf  feine  berührte  Sßetbinbung 
mit  2ltt)anafius  Äirdjet  jutüdreidjt.  ©ernifj  ift,  bafj  ty.,  mit  bem  neuen  5ßrä= 
taten  tion  Sortier»  ent^meit,  fief)  tjier  nid^t  mefjr  galten  tonnte,  unb  nun  ju  bem 
braunfctjmeigifdjen  £)ofe  in  Se^ietjungcn  trat,  roeterje  fid)  mit  ber  eben  ticrlaffenen 
©tettung  nidjt  red)t  tiertrugen.  ?lber  aud)  in  33rauufd)meig  gelang  es  it)m  nidjt, 
feften  Sfufj  ju  f äffen,  unb  fo  lenfte  er  benu  im  Saufe  bes  ^afjtes  1685  bie 
©djritte  in  feine  Söaterftabt  ©tfenaef)  ^urücf.  'Jtodj  aus  feiner  Änaben^eit  Ijer 
erfreute  er  fidj  tjier  nutzbarer  ^3ejiet)ungen  ^u  bem  tjeqogl.  fädjfifdjen  £ofe  ■ — 
einen  foldjen  gab  es  bamals  in  Sifenadj  —  unb  auf  ©runb  berfelben  rourbe 
ttjm  jefct  bas  3lmt  eines  tjerjoglictjen  ©tabtpfmfifus  übertragen,  bei  mctdjem  er 
bann  bis  flu  feinem  2obe  ausgemalten  fjat.  3fn  biefer  3^'t  r)at  ^ß.  eine  bem 
Umfange  nad)  äu^erft  frud^tbare  titterarifetje  X^ätigfeit,  unb  jmar  in  metjr  als 
einer  Ütidjtung,  entfaltet,  ©eine  be^üglict)en  ©djriftcn  getjören  tfjeils  ber  Slr^nei» 
funbe  unb  ben  Dlaturmiffenfcf)aften,  ttjeits  ber  |)iftorie  an.  S)ie  erfteren  finb 
übermiegenb  populärer  Statur.  Sßon  ausgebreiteter  Selefentjeit  jeugenb,  befunben 
fie  fämmtlid)  ben  ©efdjmact  ber  3eit»  0«  befannttidj  nid)t  immer  ber  feinfte 
unb  oft  fogar  rec^t  unfauber  mar.  ©djon  bie  Xitel  mancher  feiner  Söerfe  finb 
bejeidjnenb :  „33auernpf)t)fif",  ,,.g)ei(fame  3)redapotl)ele",  „3lnmutt)ige  ßangemeile", 
f,3eitiürjenbe  ßuft",  unb  mas  bergteidjen  geifttioüe  GinfäHe  mer)r  finb.  5Die 
gefdl)id)tlict)en  ©tubien  tjat  er  nie  gaiij  fallen  laffen  unb  im  3i.  1698  eine  2ln5at)t 
meift  tion  itjrn  felbft  Ijerrütjrenbe  (Stjronifen  unb  Unterfudjungen  u.  b.  %.: 
„Syntagma  rerum  et  antiquitatum  Germaniae"  tieröffentlid)t ,  beren  Sebeutung 
unb  SÖertt)  freiließ  reetjt  ämeifeltjafter  9lrt  roaren.  ^nbeffen,  gerabe  in  Se^ug 
auf  bie  beutfdje  ©efd)id)te  trug  er  fictj  feit  mehreren  3»a^-en  mit  füt)nen  ©e= 
banfen:  tion  feinem  anberen  als  tion  it)m  ift  nämlict)  ber  $lan  ber  ©rünbung 
eines  „fjiftorifdien  9teidl)Scottegs"  ausgegangen,  beffen  Aufgabe  bie  ^erfteüung  einer 
beutfetjen  ©efcf)id)te  im  großen  ©tile  burd)  bie  tiereinigte  Äraft  aller  baju  be= 
xufenen  beutfcfjen  ©eletjrten  fein  fotlte.  $n  ber  Xfjat  mar  bas  bas  rüljmlidjfte 
ber  metjrfadjen  ^rojeete,  mit  metcr)en  5p.  fict)  3U  tierfctjiebenen  3e'ten  getragen 
l)at.  @s  gelang  itjm  toirflid),  eine  Slnjacjl  jum  Xtjeil  tiortrefftietjer  5Jtänner,  mie 
«t>iob  Subolf,  6.  2B.  Xen^el  u.  f.  f.  für  feinen  5ßlan  ^u  geminnen,  foba|  im  3. 
1687  bie  £>anb    an  bie  Vorbereitung  bes  löblidjen  llnternetjmens  gelegt  merben 


«ßautmann  —  «ßauiffen.  281 

tonnte.  $.  fetbft  würbe  ber  (Se^aftSfü^rex  r  ©finbifuS  unb  Ardjibar  ber 
®efetlfd)aft;  ba§  Programm,  weld)eä  ba§  Unternehmen  antünbigte  unb  präcifirte, 
toat  üon  iljm  entworfen.  (53  ift  tjier  ntd)t  ber  Ort,  ba§  ©cfjicifat  beg  9teidj§= 
cotteg§  bei  töeitern  unb  näfjern  ju  tierfolgen:  e§  genüge  an,3mürjren,  bajj  bie 
großen  grroartungen,  bie  e§  urfprüngtid)  ermedt  ^atte,  jule^t  getäufdjt  würben  unb 
bajj  bie  ©timpatfjien,  bie  ifjm  anfangs  entgegenfamen,  nur  altjubalb  fanfen  unb 
erlogen.  @3  enbigte  mit  einem  tioüftänbigen  gjli^erfotg,  tiornerjmlid),  weil  ber 
5ßtan  bap  tion  falfdjen  5torau3fefcungett  ausgegangen  mar.  «ß.  Ijat  mit  feinen 
Hoffnungen  am  tängften  ausgemalten.  @r  fanb  fogar  ben  *Dtut§,  3U  einer  3eit, 
all  e§  mit  bem  (gelingen  bei  9teid)ScolIegS  fd)on  red)t  bebenftid)  ftanb,  nod) 
weitere,  neue  «ßrojecte  ju  erfinnen.  ©o  trug  er  fidj  nod)  mit  bem  ©ebanfen 
beS  „Setorbeerten  SaubenorbenS",  ber  fidj  mit  Antiquitäten  unb  £iftorie  be= 
fd&aftigen  fottte.  Unb  faft  gleichzeitig  machte  ber  Unerfd)öpf(id)e  ben  Sßorfdjtag 
3U  einer  „Academia  Pauperum",  einer  geteerten  Anftalt  für  bürfttge  Jünglinge, 
wenigftenS  nid)t  baS  Abgefcrjtnadtefte,  WaS  fein  erftnberifd)er  Äopf  erfonnen  Ijat. 
Socrj  blieb  eS  hierbei  überall  bei  bem  blofjen  SBorfcrjtag,  unb  als  bann  fein 
SBerfud)  mit  ber  Srünbung  beS  fnftorifdjen  9teidjScolleg8  feit  bem  Saljre  1703 
als  tiottftänbig  gefächert  betrautet  werben  mujste,  fing  aud)  er  ju  tierftummen  an. 
$m  3.  1711  ift  er  geftorben. 

Sgl.  meinen  Auffa^  im  „bleuen  fteid)"  (Mrg.  1881)  unb  bie  ©efcfjicfjte 
ber  beulten  §iftoriograpl)ie  (9Jtünd)en  1885,  ©.  597  ff.). 

Söegete. 

^aulmonn:  Soljann  ßubmig  $.,  geboren  am  24.  ftotiember  1728  ju 
UJerwotba  im  Sraunfd)Weigifd)en ,  ftubirte  ju  £>elmftebt,  warb  im  ^.  1759 
^rebiger  ju  Delper  bei  SBraunfd&weig  unb  fobann  im  %.  1767  ^rebtger  an  ber 
SBrübcrfircfec  in  Sraunfdjweig.  @r  ftarb  Ijier  am  28.  Secember  1807  als 
(Senior  unb  Gonfiftorialaffeffor.  %  war  mit  gtiefer  ©ottlieb  ßüfter  unb  Sodann 
3oad)im  gfdjenburg  (f.  21.  ©.  8.  VI,  346)  Herausgeber  bei  neuen  23raun= 
fdjtoeigifäjen  ©efangbudjeS  öom  3at)re  1779;  er  lieferte  au  biefem  ©efangbud), 
baS  fid)  unter  ben  ©efangbüdjern  jener  Seit  nod)  burdj  ein  gemiffeS  «Dcafftalten 
in  ber  «Beränberung  ber  alten  Sieber  oortl)eil|aft  auszeichnet,  fünf  eigne  Steber; 
unter  biefen  befinbet  fidj  aud)  fein  Sieb :  „äßotjtjutljun  unb  mitaut§eilen, 
Triften,  bieS  tiergefjt  bod)  nidjt",  ein  Sieb,  ba§  aud)  nod)  in  neuere  ©efang= 
büdjer,  wie  in  baS  Hamburger  öom  Safjre  1842,  2lu?naf)me  gefunben  fjat. 
SluBerbem  gab  er  ^wei  Sammlungen  eigner  geifilicrjer  Sieber  „naeg  bem  Matt 
einiger  ßanaetoortiägc"  ^erauS  (1776  unb  1790).  @r  ift  (naefj  Heetwagen) 
ber  ^aftor  ^  .  .  .  an  ber  35  .  .  .  •  fixd^e  in  ber  ©tabt  33.,  beffen  SSegabung 
unb  SBerebfamfeit  in  bem  befannten  Ütomane  öon  ^art  W^PP  3Koti§  „Anton 
üteifer"  (1.  2§eil,  Serlin  1785,  ©.  112  ff.)  fo  auBerorbentlicg  gerühmt  werben; 
ift  bie  ©dgitberung  aud)  übertrieben,  fo  wirb  bod^  mancher  3ug  in  i^r  ge= 
fd)id)ttidj  fein. 

Heerwagen,  Siteraturgefd^idjte  I,  ©.  254  f.;  II,  ©.  210  f.  —  ftambad), 
Anthologie  V,  ©.  389  f.  —  ftotermunb  jum  3öd9er  Y,  ©p.  1718  f.  —  Äo$, 
©efebidite  be§  ^ird^enliebeS  u.  f.  f.,  3.  Aufl.,  VI,  ©.  237. 

1.  u. 

^ttlllffen:  Anton  Sacob  %,  $t)itologe  unb  ©djutmann,  1792-1835. 
3n  ^ena  im  ^.  1792  geboren  erhielt  5ß.  nad)  priöater  Vorbereitung  im  elter= 
lidjen  Haule  oen  ei'l"ten  ©^ulunterridjt  auf  bem  Srjceum  ju  (äifenberg  unb  be= 
fud)te  bann  bai  ©ttmnafium  in  Söeimar,  wo  granä  ^ßaffow  unb  3ol).  ©^ulje 
feine  Seljrer  waren.  1810  bejog  er  bie  Uniöerfität  3ena,  um  Geologie  äu 
ftubiren.     ftad)   bem    2obe  ©rieibac^'S   unb   bem  Söeggange   Augufti'i   gab    er 


282  ^aulfen. 

jebodj  baS  angefangene  ©tubium  auf  unb  mibmete  fid)  feit  1812  ber  claffifd)en 
Biologie,  befd)äjtigte  fid)  aber  aud)  mit  pljilofoö()ifdjeu  ©tubien  unb  poetifdjen 
Arbeiten.  1814  trat  er  unter  bie  freiwilligen  reitenben  fäd)fifdjen  Sfäger,  ol)ne 
jebod)  ttiegen  beS  balb  eingetretenen  ^rieben^yd^tufjeä  nodj  im  gelbe  berroenbet 
3u  roerben.  sJtod)  in  bemfetben  3<*l)re  erroarb  er  auf  ©runb  feiner  SDiffertation : 
„Observationes  criticae  in  Catullum"  ben  üDoctortitet  unb  begann  barauf  2Jor= 
lefungen  über  AriftoptjaneS  unb  Jporaj  ju  galten,  „nidjt  oljne  23eifatl,  aber  oljne 
fonber(id)e  AuSfidjt  für  feinen  Unterhalt".  3m  £erbft  1816  begab  er  fid)  nad) 
^eibetberg,  nornefjmlid)  um  bie  fur^  öorljer  auS  9tom  borttjin  aurüdgebradjten 
Hanbfdjriften  nätjer  ju  unterfudjen.  (Sine  grud)t  biefer  arbeiten  mar  baS  einige 
^aljre  fpäter  erfd)ienene  „Supplementum  var.  lect.  ex  ipso  cod.  Palatino  An- 
thologiae  collato",  beffen  33ebeutung  namentlid)  burd)  g-r.  Jacobs  rütjmenb  an= 
erfannt  mürbe  (f.  SBorrebe  jum  Delectus  epigrammatum  Graecorum  ©.  27,  mo 
bie  „incredibilis  fere  diligentia",  roetdje  *J).  in  biefem  „liber  praestanüssimus" 
bemiefen,  t)erüorget)obeu  mirb).  illadj  Sena  aurürfgefetjrt  begann  er  1817  5ßor= 
lefungen  über  Archäologie,  sJJit)tr)otogie  unb  ©tjmbotif,  eutfdjlofj  fid)  aber  nod) 
in  bemfelben  Safyxt,  auf  bie  afabemifdje  fiaufbalpt  ju  öer^idjten  unb  eine  ©teUe 
al§  ^nfpector  an  ber  9iittcrafabemie  in  ßiegnitj  anäunetjmeu,  bie  er  aber  balb 
(Qftern  1819)  mit  ber  eines  DberteljrerS  am  ©l)mnafium  in  ütatibor  bertaufdjte. 
bereits  im  Anfange  beS  ^atjreS  1824  mürbe  er  üom  "lUiuifterium  jum  ÖJtjmnafial» 
birectov  ernannt  unb  mit  ber  fieitung  beS  f.  (SJtjmnafiumS  in  offen  betraut,  über= 
natjm  audj  baS  neue  Amt  mit  lebhaftem  unb  frafttioflem  (Sifer,  mürbe  aber 
balb  Don  immer  l)äufiger  mieberfetjreuben  fterbenjufällen  t)eimgefud)t,  meldte 
bereite  1828  ju  einer  emften  ©efal;r  für  fein  geifttgeS  Vermögen  mürben.  Dftern 
1829  mürbe  er  in  bie  ^robinaiat^rrenanftalt  in  ©iegburg  überführt  unb  1831 
in  ben  Mjeftanb  üerfetjt;  er  ftarb  in  ©iegburg  am  26.  Januar  1835.  2)ie 
grofjen  Hoffnungen,  meld)e  feine  ,3iugenbfd)riften,  benen  feine  roeiteren  gefolgt 
finb,  erroeeft  tjatten,  blieben  unerfüllt. 

s^aulffeug  Selbftbtograptjie  in  ben  „Miscellanea  biographice  paedagogica" 
im  offener  ©tjmnafialprogr.  1825,  ©.  3  —  10.  —  Subbeberg,  ©ebäd)tnifjrebe 
auf  ben  5Director  A.  $.  ^aulffen,  im  offener  ©ümnajialprogr.  1835,  ©.  3 — 12. 

9i.  <£>odje. 
^aulfcit:  Stjarlotte  $. ,  geb.  Iljornton  (JPt)itautl)ropin).  Geboren  in 
Hamburg  am  4.  sJlot>ember  1798,  eine  Sodjter  be3  angefeljenen  Kaufmanns 
Sot)n  SLljornton,  meldjer,  mie  feine  nädjften  Sßorfafjren,  ber  in  Hamburg  pnöi= 
legirten  @nglifd)en  Kolonie  (teourt)  angehörte,  ©ie  galt  in  jungen  3at)ren  in 
ben  Greifen  ber  $amb.  ©efeltfdjaft  als  eine  Ijödjft  liebenSmürbige  (Srfdjeinung, 
gleid)  ausgezeichnet  burd)  Anmuttj  unb  (Sleganj  mie  burd)  lebhaften  muntern 
©eift  unb  grofje  Herzensgute,  als  eine  SBettbame  im  beften  ©inne  bei  SBortS, 
nerrjeirattjet  feit  1814  mit  bem  «ölafler  A.  ®t).  ^aulfen,  meldjer  1855  berftarb. 
S)a|  eine  bon  iljr  im  $.  1851  unternommene  9fteife  nad)  ben  bereinigten 
©taaten  öon  >Jiorb=Amerifa,  roofelbft  fie  einen  neunmonatlidjen  Aufenthalt  natjm, 
jufammenfjing  mit  it)ren  foeben  begonnenen  menfdjeufreunblidjen  23eftrebungen, 
crfdjeint  toaljrfdjeinlid).  ü£)er  tebtjafte  2l)ätigfeit§trieb  itjreS  6t)arafter§  lenfte  bie 
©runbgütigfeit  itjre§  gefül)lbotten  HeT5en§  aui  oen  $tan  ber  ©tiftung  eines 
grauenöereinS  bu*  Unterftüfeung  ber  fetten  auSreidjenben  männlichen  Armenpflege. 
SDieS  bereits  feit  längerer  3e^  *n  Ham^ui'9  oul*d)  Amalie  ©ieüeling'S  meiblidjen 
Sßerein  für  Armen=  unb  $ranfenpflege  mit  großem  ©egen  angebaute  ©ebiet  bot 
atterbingS  nod)  genugfam  Serrain  aud)  für  bie  Sffitrffamfeit  eines  ^meiten  SBereinS. 
6t)arlotte  %  entfdjlofj  fid)  öieEeidjt  um  fo  lieber  äur  ©rünbung  eines  fotd)en, 
als  itjre  ber  liberalen  Ülidjtung  ungehörige  retigibfe  lleberjeugung  mit  bem  auf 
öofitib  djriftlid)em  Soben  ftel)cnben  ©ietoeftng'fdjen  herein  nid)t  Ijarmonirte.   S)er 


^auljjen.  283 

bon  it)r  im  $•  1849  ju  ©tanbe  gebraute  SDamenberein  tjat  feitbem  mit  anerfennung§= 
roerttjem  Eifer  unb  gteifj  feine  Rumänen  gute  berfotgt  unb  namentlid)  bind) 
bie  bon  it)m  gefctjaffenen  ^nftitute  einer  Äinberberoatjranftalt  unb  einer  Mäbdjen= 
fdjule  l)öd)ft  fegen§reid)  gemirtt.  grau  St).  $.  ftarb  am  15.  9lobember  1862 
unb  tourbe,  itjrem  Verlangen  gemäfj,  in  einfadjfier  Söeife  auf  bem  35egräbnif3= 
btatje  ber  bamal§  conceffionirten  greien  ©emeinbe  (einer  Slbttjeilung  be§ 
©t.  ©ertrubenfriebt)ofe§)  unter  Stjeiluatjme  (}atjtreict)er  greunbe  unb  23eret)rer 
beftattet. 

Sine  treue  Helferin  unb  £t)eilnet)merin  atter  itjrer  menfdjenfreunbtidjen 
33efirebungen  befafs  grau  St).  *ß.  in  itjrer  ©efinnungegenoffin  grau  Smilie 
SÖüftenfetb  geb.  SapeUe,  au§  .gmnnober,  geb.  bafelbft  am  17.  Stuguft  1817,  ber= 
tjeiratfjet  1841  mit  bem  §amb.  Kaufmann  3uliu§  Sßüftenfelb.  SDem  ^aulfcn'fdjen 
grauenberein  beigetreten,  tourbe  fie  balb  eine  ber  ttjättgften  Mitarbeiterinnen, 
unb  nact)  ber  ©tifterin  £obe,  *ßräfib  entin.  Stjrem  pietätvollen  Eifer  berbanlt 
baä  bem  9lnbenfen  an  bie  bereinigte  greunbin  getoibmete  „*Paulfen=©tift"  fein 
Sntftetjen;  ba§  im  3.  1866  eingeteilte  ©ebäube  beherbergt  fotoot  bie  $inber= 
betoatjranftalt  al§  bie  Mäbd)enfct)ule,  toeld)e  jetjt  370 — 380  Zöglinge  jäcjlt. 
2lber  bie  Stjätigfeit  ber  grau  SB.  befdjränfte  fict)  ntd)t  auf  biefe  ®inge.  Eifrig 
bebadjt,  bem  toeibtid)en  ©efct)led)t  geeignete  Mittel  ju  fetbfiänbiger  Srtoerb§tt)ätig= 
feit  3U  berfctjaffen,  bractjte  fie  im  $.  1867  einen  „herein  jur  görberung  toeiblidjer 
Srtoerbättjätigfeit"  3U  ©tanbe,  als  beffen  berbienftbotte§  Söer!  bie  Srrictjtung  unb 
ßeitung  einer  befonberen  weiblichen  ®etoerbefd)ute  in  ©t.  (Seorg  ju  betrachten 
ift.  —  grau  Smitie  20.  ftarb  am  2.  October  1874.  2tud)  itjre  Seftattung 
auf  bem  ©t.  3acobi=23egräbnif5blaij  erfolgte  unter  33ett)eiligung  eine§  äatjlreidjen 
©efolgei  bon  greunben  unb  SSeretjrern.  $u  intern  bteibenben  3lnbenfen  tourbe 
bon  benfetben  eine  nad)  itjr  benannte  ©mitte  2Öüftenfelb=©tiftung  <ju  ©tanbe 
gebracht,  beren  ^toed  bie  Srtjaltung  ber  bon  itjr  geleiteten  Snftitute  ift,  be£ 
grauenbereing  jur  Unterftütmng  ber  Armenpflege  unb  beffen  im  ^autfenftifte  be= 
finblictjen  ©ctjöpfungen,  fotoie  be§  Vereins  jur  görberung  toeibtictjer  ©etoerbe* 
tfjätigfeit. 

©.  &amb.  ©d)riftfteller=2ej.  VI,   10   unb  VIII,    183.   —   Söeigelt,   jur 
Erinnerung  an  grau  Smitie  äöüftenfelb,  Hamburg  1875. 

33  e  n  e !  e. 
^aulfjett:  Stjrifiian  <£)  ein  riet)  ?$.,  ber  fid)  meift  nur  Stjriftian  ty.,  p= 
toeiten  aud)  5ßauelf;en  fdjrieb,  flammte  toatjrfdjeinlictj  au§  ^otftein,  mürbe  j?ammer= 
ratt)  be§  ^erjogS  Äarl  ßeopolb  bon  Medienburg  unb  ftarb  jju  ©rebeSmütjten 
am  29.  Januar  1753.  1717  mar  er,  frütjer  Officier  im  faiferlictjen  S)inft, 
nad)  Medienburg  gefommen  um  ^fanbgüter  ju  erroerben,  trat  1718  in  t)eraog= 
lidjen  S)ienft  unb  mürbe  al%  Cberabminiftrator  ber  fequeftrirten  ritterfctjaftlidjen 
(b.  SBaffetoi^fdjen  unb  b.  33ütotD'fd)en)  ©üter,  meldje  ber  ^er^og  ben  nad)  9la^e= 
bürg  geflüchteten  Mitgliebern  be§  ritterfdjaftlidjen  „Engeren  2lu§fd)uffe§"  tjatte 
abnehmen  laffen,  eingefe^t;  er  nannte  fiel)  al§  fold)er  aud;  ßanbe§^auptmann. 
©einem  ^er^og  treu  berfiet  er  baburd)  ber  ©etjäffigfeit  unb  ber  üradje  ber  gamilie 
b.  SSaffetoit},  al§  bie  tjannoberfdjen  (EjecutionStrubben  1719  in§  Sanb  rüdten. 
35om  tjannoberfetjen  Dberften  £uciu§  gefangen  mürbe  er  11  Söoctjen  im  fdjmebifdjen 
2ßi§mar  gefeffelt  get)alten,  bann  nad)  Ofoftod  gefctjlebbt  unb  nad)  übler  33e= 
tjanblung  ber  t)annoberfd)en  Sommiffion  überliefert.  SDie  S9ö§artigfeit  be§  un= 
ertjörten  S3erfal)ren§  lag  barin,  ba^  bie  Runter,  boran  ber  Dberftlieutenant 
3oad)im  b.  SBaffemi^,  ben  tjeräoglidjen  Slbminiftratoren  au§  beren  ^ßribatmitteln 
ben  bom  «Iperäog  erbutbeten  ©djaben  mit  Sinfen  au^preffen  mottten,  mop  bie 
„abelige  ßommiffton"  ot)ne  meitereg  bie  ^anb  bot.  2lm  5.  Märj  1720  befatjt 
ber  9teictj§t;ofrattj,  $.  auf  freien  gufj   ju  fe^en,  ber  S5efe£)t  mürbe  unterfdjlagen. 


284  ^cutlfen. 

Güinem  erneuerten  Vefeljl,  tiom  31.  Dctober  1720,  gab  bie  @ommiffion  auf 
ti.  Vafferoitj'  betrieb  ebenfalls  feine  $otge.  2)ie  anbern  Abminiftratoren  mürben 
aud)  nieberträd)tig  betjanbett.  groei  "n0  ««  fyalbeä  ^atjr  tjatte  ^aulßen'ä  ©e= 
fangenfdjaft  gebauert,  ba  gelangte  beä  9teid)8r)ofratf)3  ©prud)  enblid)  zur  Au3= 
fürjruug.  äBätjrenb  .Karl  ßeopolb  tion  1721 — 1730  in  Sandig  mar,  tiermanbte 
er  ty.  tion  1724—1726  in  Söien  al§  politifdjen  Agenten,  mobei  er  fid)  fetjr 
geroanbt  unb  ber  bamaligen  Veftcdjungäfünfte  funbig  jeigte.  Crr  mußte  bie 
©adje  foroeit  fertig  ju  bringen,  baß  roenn  ber  Herzog  gerooEt  rjättc,  er  feine 
Abfid)ten  in  Söien  motjl  tjätte  burdjfetjcn  fönnen,  roäfjrenb  fein  officieller  S3e= 
auftragter,  ber  (Sanjleiratt)  Dr.  dtjrifttan  3)atiib  ©djröber,  feine  Atmung  tion 
Allem  gefjabt  zu  l)aben  fdjeint.  S)er  .£>erjog  fottte  fiel;  perft  bem  ^aifer  unter= 
roerfen,  fatf)olifd)  werben  unb  baö  Ätofter  ©oberan  bem  Venebictiner-Drben  über« 
geben.  sJlad)  mehreren  Reifen  in  ©etbfadjen  für  ben  <£>erzog  ernannte  biffer  $. 
1730  zum  Äaninterrattj.  Auf  feine  Veranlaffung  fetjrte  $arl  Seopotb  bann  nadi 
©d)merin  zurürf  unb  1733  ftellte  er  itjn  mit  an  bie  ©pi^c  be§  Aufgebots  ^ur 
SanbeSoerttjeibigung  gegen  feineu  Vruber,  ben  „faiferlidjen  tfommiffariuS"  Herzog 
(£l)riftian  Submig  II.  $.  folgte  1735  bem  flüdjtenben  Äart  Seopolb  nad)  SöiSmar, 
blieb  bei  itnn  bi§  17:'.8  unb  30g  bann  nad)  ©retieSmürjlen.  ©eine  ^orberungen 
l)at  toeber  .Uarl  ßeopolb  nod)  @t)riftian  Cubmig  itjm  bezahlt  ©ein  ©ol)n  erfter 
(Jtje,  fpäter  baniferjer  (Generalmajor,  mar  1765  als  „$arl  Öeopolb  ti.  fieunbad)", 
geborner  *Pautßen,  geabelt,  mätjrenb  er  als  9Jtajor  im  jütifdjen  SDragonerregiment 
Zu  Seite  ftanb. 

ßifd),  Sfalrrb.  16,  ©.  135—151.  Ätaufe. 

'^nulfcil:  ^oljann  ßrjriftian  ^.,  gorftmann,  geb.  am  15.  Wotiember 
1748  5u  VLtiax  (am  ©oHing) ,  f  am  10.  Januar  1825  auf  feinem  ©ute 
Waffengrunb  bei  Vlomberg.  ©ein  SebcnSlauf  bietet  feine  tjertiorragenben  sRo= 
mente  bar.  Aud)  befcfjränfte  fid)  fein  SßirfungSfreiS  auf  ein  rjerljältnifeinä^ig 
fleineS  ©ebiet.  @r  leiftete  aber  auf  biefem  nidjt  nur  als  2öirtf)fd)after  ipcrt»ot= 
ragenbeS,  fonbern  gab  aud)  in  jorftmatf)ematifd)er  Vezterjung  irnffenfd)afttid)e 
Anregungen,  beren  weitere  Verfolgung  fpäter  Männer  erften  langes  be= 
fdjäftigte. 

©ein  Vater  mar  tjannooer'fcrjer  VerroaltungSbeamter  unb  fdjeint  namenttid) 
eine  gute  matt)cmatifd)e  Auebilbung  befeffen  ju  Ijaben.  ftad)  feiner  Verfefcung 
als  Amtmann  nad)  £ad)em  (bei  ^ameln)  fam  er  aud)  mit  bem  ftorftroefen  in 
nätjere  Verütjrung  unb  nal)m  biefe  Gelegenheit  matjr,  fid)  bezügliche  $ennt= 
niffe  anzueignen.  S)er  ©otjn  ^oljann  Gljriftian  fdjeint  nur  eine  mittelmäßige 
©djulbitbung  genoffen  ^u  Ijaben;  in  ber  i>auptfad)e  mürbe  er  fomotjt  in  ben 
allgemeinen  äöiffenfdjaften ,  ^umal  ber  5Jlatt)ematif ,  al§  im  ©cbiete  ber  (Vorft= 
mirtt)fd)aft8lel)ie  öon  feinem  Vater  unterriebtet.  @ine  förmlid)e  forftlidje  ßet)r= 
,^eit  bei  einem  praftifdjen  gorftmann  fd)eint  er  jmar  nidjt  burdjgemadjt  ju  Ijaben, 
jebod)  fud)te  er  fid)  burd)  jeitmeifen  Aufenthalt  bei  erfafjrenen  ^orftoermalteru 
bie  nötl)igen  praftifdjen  Äenntniffe  unb  gertigfeiten  im  ^oi'ftmefen  ju  üerfdjaffen. 
©ein  äußerer  Sebenögang  naljm  folgenben  Verlauf:  S)urd)  9lefcript  ber  6c)ur= 
fürftl.  t)annorier;fd)en  2>omänenfammer  bom  28.  5Hai  1771  erijielt  er  —  bem 
Anfudjen  feines  Vater§  gemäß  —  feine  erfte  Aufteilung  als  Abjunct  be§  reiten= 
ben  ^ötfterS  9iüf)mann  zu  ^emeringen  (im  Amte  Cadjem),  jebod)  nortäufig  nod) 
ofjne  ©ctjalt.  9ladj  bem  furje  Qext  barauf  erfolgten  Ableben  feines  Vorgefe^ten 
mürbe  er  burd)  patent  öom  12.  September  1771  zum  mirflidjen  reitenben 
görfter  bafelbft  ernannt.  3U  Anfang  be§  ^aljre§  1789  tierließ  er  ben  f)an= 
notier'fdjen  gorftbienft,  um  laut  ^oinü  tiom  1.  ^IJiai  b.  $.  al§  Oberförftcr 
in  ben  fürftlid)  lippe'fdjen  ©taat§forftbienft  mit  bem  2Bol)nfi|e  in  ©djieber  über= 
Zutreten,     ©leidjzeitig  fjiermit  mürbe  itjm  bie  ^nfpection  unb  ßontrole  über  bie 


SPaulfen.  285 

§orn'fd)en,  Äoptäbter,  (Scfelauer,  Sertebeder,  £ibbefer  unb  23arenr)oljer  gorfte 
im  $ürftentf)um  übertragen.  Site  öon  bem  Äammerraty  ©.  fjf.  gürtet  ent= 
roorfene,  aber  menigftenS  tfjeilmeife  (I.  SIbfdjnitt)  tooty  feiner  gebet  entfiammenbe 
^orftorbnung  bom  28.  $ebruar  1791  befiimmte  in  einet  angehängten  Snftruc- 
tion,  bafj  et  bie  t)ettfd)aftli(i)en  ftorftrebiere  be§  ganjen  gürftentraimS,  altemirenb 
mit  bem  gorftmeifter  ^ärjüg,  attjärjrlid)  bereifen  unb  infpiciten  foüe.  1794 
rourbe  er  mit  ber  Sßermaltung  be§  bamatS  nod)  im  gemeinfd)afttid)en  23efi|e 
öon  Sippe  (4/s)  unb  ^aberborn,  fpäter  ^teufeen  (Vs)  befinblicfjen  ©djmalen= 
berger  9tetoier8  mit  bem  SlmtSfi^e  in  SBtefterfelb  betraut.  9Iud)  in  biefer  ©tel= 
tung  befjktt  er  bie  ütebifion  ber  gefammten  fjertfdmftiidjen  föetoiere  in  bet  feit= 
tjetigen  Sßeife  bei.  ©eine  auf  Hebung  be§  tippe'fd)en  ftotftmefenS  gerichteten 
SSefttebungen  fanben  jtoar  in  ben  ätoei  üerbienten  «üidnnern:  Äammer* 
ratl)  ^ü^ret  unb  ^agbiunfer  (fpätet  Sanbfammetratrj)  51.  ö.  2>onop  mef  entließe 
Unterftfifcung,  allein  eine  3lnaaf)l  bet  feinet  ^nfpection  unterteilten  gtebierförfter, 
meldje  mit  ben  burd)  einen  nidjt  äunftmäfjig  fjerangebübeten  SJorgefefcten  ein- 
geführten 23etrieb§borfd)riften  unpfrieben  maren,  mufcte  eS,  unter  ^ärjtig'e 
ftütjrung,  bod)  burd)pfe£en,  bafj  if)m  bie  betreffenbe  ftebifion  1797  otme  Weiteres 
abgenommen  unb  et  fogat  bienfttid)  in  eine  Unterfudmng  berroidelt  mürbe. 
Dbfdjon  biefe  nid)t  ungünftig  für  itm  berüef,  mürbe  er  bod)  burd)  biefe  unb 
anbere  irjm  buret)  bie  ^ntriguen  feiner  ©egner  bereitete,  unberbiente  Äränfungen 
oerbittert;  ba  fid£>  überbiefj  nod)  rf)eumatifd)e  unb  fonftige  {örpertidje  Seiben 
rjinjugefeEten ,  fudjte  et  1812  um  feine  ^enfionirung  nad).  (5t  etrnelt  biefe 
aber  ctft  auf  mieberr)otteä  SInbrängen  am  1.  October  1815,  morauf  er  fid)  auf 
ba§  burd]  feine  Serfjeiratljung  mit  «matte  Kapaun  (1791)  ermorbene  ©ut 
^laffengrunb  (bei  Stombetg)  ptüdaog,  um  ijiet  tfjeilS  ber  Sßetroaltung  beffelben, 
trjeil§  ber  äötffenfdjaft  $u  leben. 

©eine  erftere  größere  Seifiung  auf  forftpraftifd)em  (Sebiete  mar  bie  in  ben 
beiben  3ab>n  1787  unb  1788  beroirfte  Sajation  ber  ©djieber'fdjen  unb  S3tom= 
berger  f^oxfte  befjufS  Leitung  berfetben  aroifdjen  bet  tanbeSfjerrtidjen  Sinie 
(Stppe=Setmoib)  unb  ber  etbrjerrtidjen  (©d)aumburg=Sippe)  be§  fürfttidjen  £aufe§ 
Sippe.  6r  führte  biefe  Ration  nad)  feinem  bor  beginn  ber  Arbeit  ber  Kammer 
ju  Setmotb  im  9Jtanufcripte  borgelegten  „(Sntmurf  pr  mirtb,fd)aftiid)en  @in= 
trjeilung  beS  ^oijborrattjS  fomofjl  in  ®id)en=  als  aud)  in  25ud)enforften,  fo 
überhaupt  at§  23aum=  unb  nid)t  als  ©d)tagb>ia  betrieben  merben"  auä.  $n 
biefem  ßntmurfe  finben  fid)  bereits  bie  ©runbaüge  bet  „rationellen"  £aration§= 
metljobe  niebetgelegt,  tneld)e  et  1795  (f.  fpätet)  in  einet  S)tudfd)tift  meiter 
entmicfelte  unb  meldje  Dr.  ^ot).  Si)tift.  ^unbe^agen  (f.  51.  ©.  33.  XIII,  401) 
nod)  fpäter  (1826)  —  aber  felbftänbig,  ba  itjm  ^aulfen'S  Sltbeit  nid)t  befannt 
geroefen  ^u  fein  fdjeint  —  p  einem  fötmüctjen  2Batbetttag§tegeIung§öetfarjten 
au§gebitbet  Ijat.  Sie  bei  biefem  ©efdjäftc  öon  irjm  betoiefene  «efäb^igung,  ©e= 
fd)idtid)!eit  unb  Setriebfamfeit  maten  bie  näd)fte  »eranlaffung  ju  feinem  Ueber= 
tritt  in  fütftlid)  Iippe1d)e  S)ien[te.  ©ein  ^auptoerbienft  lag  aber  in  ber  unter 
t)öd)ft  fd)mietigen  S3etl)ältniffen  bemitften  Uebetfürjtung  be§  in  ben  lippe'fdjen 
^otften  bi§  1791  ftattgefjabten  tegeüofen  $Iäntetbetriebe§  in  ben  getegelten 
^odjmalbbettieb  obet  —  mie  e§  in  ben  Steten  tjeifct  —  „tegutären  betrieb". 
Sie  ©runblagen  ber  neuen  Söirttjfdjaft  finb  in  ben  bereits  genannten  üon  bem 
Sanbe§curator  ©rafen  Submig  £einrtd)  21botpt)  aur  Sippe  erlaffenen  gorftorbnung 
5U  fudjen.  5lu|erbem  fütjrte  er  —  neben  feinet  butd)  betgigeS  Terrain,  foroie 
öertoidette  ^otäabgabe=  unb  ©eröitutüer^ättniffe  fe^r  erfdjmerten  3fteüieröern)aUung 
—  nod)  merjrfacrje  Söalbttjeitungen,  gorfteinridjtungen  unb  fonftige  größere 
tajatorifdje  arbeiten  in  öoraügiidjer  Söeife  burd). 


286  ^ciulfen. 

Seine  miffenfdjaftlid)e  £üd)tigfeit  bocumcntivte  5p.  —  abgefeljen  bon  bem 
bereits  genannten  „Entmurfe"  ic.  —  burd)  folgenbc  3tt>ei  arbeiten :  1)  „Äurje 
praftifdje  Anmeifung  pm  gforfttoefen ,  ober  ©runbfätje  über  bie  borttjeiltiaftefte 
Einrichtung  ber  gorftl)au§t)altung  unb  über  AuSmtttelung  beS  2öertljc3  bom 
$oijtgrunbe;  befonberS  auf  bie  ©raffdjaft  Sippe  angemenbet."  3)iefe  ©d)rift 
mürbe  1795  mit  bem  Bermerfe  „berfaffet  bon  einem  ^orftmanne  unb  bcoor= 
mortet  bom  Oberförfter  .ftunke  ju  Er^en"  bon  bem  bereits  genannten  $ammer= 
ratb,  ®.  g.  ^üfjrer  l)erau§gegcben.  Eine  jmeite  Ausgabe  erfd)ien  1797.  ES 
finbet  fid)  Ijterin  bie  erfte  nähere  Ttadjmcifung  über  bie  (Bröfje  ber  £)ol<$borrätt)e 
unb  beS  ^RutjungSfactorS  normal  beftodter  2öalbfläd)en,  begrünbet  auf  Unter* 
fudjungen  über  ben  2Bad)Stl)umSgang  ber  Beftänbe.  2>ie  Ergebniffe  biefer 
Unterfudmngen  finb  erft  1847  —  alfo  über  3tuei  ^a^tjute  nadj  ^autfen'S 
£obe  —  burd)  ütbeobor  faltig  in  bem  unten  genannten  SBerfe  in  ber  gorm 
bon  ErtragStajetn  beröffentlicbt  morben.  S)ie[e(ben  erftrerfeu  fid)  über  ben  6r= 
trag  ber  sJioU)bud)en=,  Eid)en=,  Siebten*  unb  JHefernljocbmalbbeftäube ,  fomie 
ber  33ud)enntebcrmätber  auf  gutem ,  mittelmäßigem  unb  fd)led)tem  SBoben.  — 
2)  „lieber  bie  riebtigfte  Art  ber  Beredjnung  beS  3uroad)feS  an  ganzen  Apolj= 
beftänben  in  ben  äüatbungen."  AIS  9Jtanufcript  1800  bevöff entließt,  gelangte 
biefe  Arbeit  erft  burd)  bie  gortfetmng  ber  £mnbeSrjagen'ftf)en  Beiträge  ^ur  ge= 
fammten  gorftmiffenfdmft  bon  Dr.  $.  2.  .Wlaupredjt  (1845)  jut  tfenntuifj  in 
meiteren  Greifen,  ^ptet  lefirt  *ß.  u.  91.  üuerft  bie  Ermittelung  ber  S3aum= 
formjablen  unb  bringt  bie  ßaubhöl^er  be^üglid)  iljrer  ÄronenauSbebnung  in  brei 
Baumclaffcn,  meld)cn  etma  bie  (gform»)  Eoefficienten  0,75,  0,66  unb  0,50  ent= 
fprcdjen.  2)aS  5ßrincip  ber  Unterfdjeibung  bon  SßudjSflaffen  (ber  Säume)  unb 
©ruppirung  ber  gorm<jal)len  Ijiernad) ,  um  erftere  als  AubattSpunfte  jjutn  Etn= 
fdjätjen  ber  ^ormjafyten  om  ftebenben  ^)oljc  ju  benutzen,  ift  bon  ben  meiften 
fpäteren  Bearbeitern  ber  <5orm3af)len  (Eotta,  .fiönig,  ^Jrefeter,  Säur  2c.)  bei= 
behalten  morben.  5ß.  gehört  nad)  bieten  Einbeulungen  mit  ju  ben  begabteften, 
iljrer  $eit  meit  borausgeeitten  ftorftmännern.  ©eine  in  mirtljfcbaftlicber  unb 
miffenfcfoaftlidjer  Se^ieljung  gleid)  crfpriefjlidjc  £t)ätigfeit  mar  fdjon  ju  einer 
3eit  mit  nod)  jiemlid)  mangelhaften  taratorifdjen  Füllmitteln  ber  Erjorfdjung 
ber  ErtragSberbältniffe  unferer  Söälber  gemibmet,  meld)e  rjeutjutage  in  bem 
Arbeitsprogramme  ber  beutfdjen  forfttidjen  33erfud)Sanftalten  eine  fyrage  erften 
ütangcS  bilbet. 

Dr.    üllj.  £>artig ,    SSergteidjenbe    Unterfud)ungen    über    ben    Ertrag    ber 

9tott)bud)c    im   £)od)=   unb   ^pflanjmalbe,    im  Glittet-  unb   9ciebermalbbetricbe 

nebft  Anleitung  ju  bergleidjenben  ErtragSforfdjungen,  1847.    2)ie  EinleitungS* 

morte  finb  ben  9)tanen  5ßautfen'S   gemibmet,    enthalten  aber  einige  unridjtigc 

S)aten  in  33e^ug  auf  ben   äußeren  SebenSgang.  —  3eitfd)rift    für  $orft=  unb 

^agbmefen,    VII.  Sanb,    1875,    ©.  388   (3.  6.  ^autfen.      Ein   for)tlid)eg 

ßebenSbilb    bom  Oberförfter   s3Jlaerten8  3U  ©d)ieber).   —  gr.  bon  Söffel^ol^ 

Eolberg,   5orftlid)e  Ef)reftomatt)ie ,  IV.    ©.  243,    9lr.  -2882.   --   S5ernt)arbt, 

(Sefd)td)tc    be§  SBalbeigent^umS  iz.   IL   ©.  295  unb  352  08iograpl)ie) ;    III. 

©.  261  unb  273.  ft.  ^eß. 

$QUlfen:    ?PauI  SDetleb    Et)riftian  «p.,    fd)te§mig=b;olfteinifd)cr  ^urift, 

geb.  am  10.  ^emuar  1798  3u  Flensburg,    mo    fein   S3ater  Kaufmann  mar,  f 

bafelbft  in  ber  *ftad)t   bom   27.  auf    ben  28.  SDecember  1854.     Er  ftubirte  feit 

1816    bie   ftedjte   in   ©öttingen,    Berlin,    ^eibelberg,  Äiel,   beftanb   1821    auf 

(Sottorf  ba§  juriftifdje  2lmt§eramen,  erlangte  1824  ju  Äopentjagen  ben  SDoctor= 

grab  unb  marb  1825  aufjerorbentlicrjer  5profeffor   be§  S)änifd)en  9ted)t§   an   ber 

Uniberfität  Äiel.    1828  unternahm  er  eine  9ieife  burd)  3)eutfd)Ianb  unb  Italien. 

1842    aum    oxbentlid)en  ^rofeffor  ber  9ted)te   in  $iel    ernannt,    ging    er  1848 


5ßaulu§.  287 

nadj  $openf)agen  at§  „prooiforifcrjer"  2Jtitarbeiter  bet  f<£)te§toig=c)otftein=lauenbur= 
giften  kantet,  würbe  bort  in  bemfetben  ^atjre  6tat§ratf),  1850  erfte§  9Jtitgtteb 
ber  Dberjuftiäcommiffion,  be§  fpäteren  StppellationSgcricrjtä  für  baä  £)er3ogtf)um 
©crjteämig,  1851  9)litgtieb  ber  9totabelnberfammlung  in  Flensburg,  ©ein  £)auptmer{ 
ift  ba§  „Seljrbudj  beS  $rttoat=9tedjt§  in  ben  ■gjer.mgttjüment  ©ctjlesmig  unb  §ol[tein" 
(SHtona  1834;  2.  Slufl.,  mit  bem  lauenburgifctjen  ftedjte  bermetjrt,  ßiet  1842). 
9lacfj  feinem  £obc  erfdjienen  feine  „Heineren  ©djriften"  gefammett,  nebft  einer 
biogtapf)ifd)en  Einleitung  oon  #.  9t.  (Haufen  (3?openf)agen  1857—1859,  3  93be.). 
©djriftftetter  =  Sertfa  öon  Sübfer  unb  ©djröber,  ©.  421.  —  6r§tero  2, 
539,  mit  ©upplement  2,  629.  —  Sltbetti,  2,  163. 

©tef  f  enrjagen. 

$aitlu$:  £>  ein  rief)  Sbertjarb  ©  ottlob  $.,  ber  „3tationalift",  ift  ge= 
boren  am  1.  September  1761  ju  Seonberg  im  .£er3ogtb,um  SBürtemberg,  t  am 
10.  Sluguft  1851  3u  <g>eibelberg ,  als  5]}rofeffor  ber  Geologie  unb  ©erjeimer 
Äirdjenrattj. 

©ein  ®eburt§t)au§  mar  baffclbe  Seonberger  „^elfertjauS",  in  meinem 
14  3ab>  fpäter  ber  $f)itofopf)  ©cfjetting  baä  8i$t  ber  äöelt  erbtief te ;  fein 
Sater  ber  bamalige  Reifer  ober  5Diafonu§  ©ottlob  6^riftopt)  5p.  (geb.  am 
9.  Februar  1727  ju  9ttarfgröningen,  t  am  20.  9ttai  1790  ebenbaf.),  feine 
Butter  Filarie  ßbtiftine  geb.  Äöftlin.  ^ener,  ein  ©djüler  be§  Tübinger  2Bot= 
fianerS  3.  ©.  Sanj  unb  be§  Geologen  6f)r.  «Ulatti  «pfaff,  fjatb  ©feptifer, 
tmtb  ^ietift,  ein  begabter  unb  fenntnißreidjier,  aber  fdjroffer  unb  eigenfinniger 
9Kann,  mar  burcr)  ben  frühen  £ob  feinet  grau  in  einen  3uftano  nerööfer  2luf= 
regung  Perfekt  unb  auletjt,  tfjeilS  meit  er  mit  ©eifteretfefjeinungen  unb  mbftifcb>m 
(SonPentttetmcfen  ficrj  abgegeben,  tljeilS  meit  er  burcrj  ein  politifefjeä  ^ampfjlet  (©er 
mürttembergifdje  ©olon  1765)  einflußreiche  5perfönticfjfeiten  fidj  ju  geinben  ge= 
madjt  tjatte,  bom  Stuttgarter  Sonfiftorium  „ob  absurdas  phantasmagoricas 
Tisiones"  1771  feine§  9tmte§  entfetjt  morben.  9tacfjbem  ber  junge  *jß.  bon 
feinem  Sßater,  3u  beffen  ^fjantafiereien  er  freilief)  balb  fritifdj  fidj  Derzeit,  ben 
erften  Unteriicfjt  erhalten,  burdjtief  er  nact)  rürjmlidj  beftanbenen  Sanbejamen 
bie  mürtembergifcfjen  Älofierfcrjulen  Slaubeuren  unb  Lebensläufen  (1775 — 79) 
unb  toibmete  fidj  bann  1779—84  im  Tübinger  ©tut  bem  ©tubium  ber  *}}&> 
tofopfjie,  ©ef(i)icf)te  unb  Geologie.  5Der  sptjilofopf)  ©.  *pioucquet,  ber  £>iftorifer 
Sfjr.  ftr.  Röster,  ber  Drientalift  Grjr.  gr.  ©djnurrer,  ber  2b>otoge  @ljr.  ©.  ©torr 
übten  auf  trjn  nadj  feinem  eigenen  93efenntniß  ben  größten  @influß.  daneben 
aber  maren  e§  ttjettä  mattjematifdje  ©tubien,  tfjeilä  bie  SBefanntfdjaft  mit  ben 
©Triften  bon  ©emier,  %  2).  sDl:ict)aeli§  u.  91.,  buret»  meldje  fdjon  bamalS 
mätjrenb  feiner  Tübinger  ©tubien^eit  bie  rationaliftifdjen  2lnfcr)auungen  in  itjm 
begrünbet  mürben,  benen  er  bann  lebenslang  mit  unöerrücfter  ßonfequenj  treu 
geblieben  ift.  ©djon  bamat§  fanb  er  beim  ©tubium  ber  paulinifdjen  SBriefe, 
baß  ber  Slpoftet  unter  ber  ctjrifttidjen  ©taubenggeredjtigfeit  nict)t§  anbere§  ber= 
fterje  at§  ,,©ott  gefällige  3tecf)tfcbaffent)eit  au§  Ueberjeugung§treue".  „S)enfen 
unb  SBotlen  be§  9teci)ten"  erfcljien  itjm  feijon  iefet  als  ^ern  unb  ©tern  beS 
6ljriftentb;um§,  matb^ematifc^e  ^räcifirung  ber  Setjrfä^e  at§  Aufgabe  aller,  auet) 
ber  trjeotogifäjen  Sßiffenfctjaft ;  benn  „ma§  nierjt  mit  matb^ematifcl)er  ©emißt)eit 
fiefj  bemeifen  läßt,  ift  auetj  religiös  unb  fittlid}  unmatjr". 

9lacf)bem  er  1781  burdj  eine  ©iffertation  über  bie  Söeiffagungen  be§  ^efaia§ 
5)tagifter  gemorben  mar,  1784  fein  tfjeotogifcljeS  (Sjamen  mit  glänjenbem  6r= 
folg  beftanben  blatte,  mürbe  ib^m  bie  ©teile  cine§  ©ecretär§  bei  ber  Stjriften» 
ttjumSgefeEfcb^aft  in  33afel  angetragen.  @r  lehnte  fie  ah,  meil  er  ftdj  felbft  nitfjt 
meb^r  für  gläubig  genug  tjielt,  um  ben  bort  an  i£)n  gefteltten  Slnforberungen 
genügen  ju  tonnen,   übernaejm   bielmetjr   äunäcfjft  bie  ©teile   eine§  ^»auSlerjrers 


288  SPttttlttS. 

bei  feinem  bäterüdjen  Otjeim,  ßberamtmann  s4>autu3  in  ©djomborf,  1786  aber 
ba£  SSicariat  an  ber  botttgen  tateinifd)en  ©tabtfdjule  unb  befd^äf tigte  fid£)  baneben 
mit  ejegetifdjen  unb  bogmenfjiftorifdjen  ^ribatftubien.  Qüinen  entfdjeibenben 
äöenbepunEt  in  feinem  Seben  bilbete  eine  toiffenfdjaftUdCje  Oteife,  bie  er  1787—88 
mit  £)ülfe  eine§  öon  bem  ^reirjerm  öon  tyalm  in  JHrdjrjeim  unb  eineg  Don  ber 
rjer<wglid)en  Regierung  ö ermutigten  üteifeftipenbiumä  unternahm:  fie  führte  üjn 
juetft  nad)  9torbbeutfd)Ianb ,  wo  er  inSbcfonbere  in  (Söttingen  hei  leinen  fd)Wä» 
bifdjen  fianbäleuten  ^slancf,  ©pittler  unb  Dieufe  freunbtidje  2Iufnatjme  unb 
ftörberung  ianb,  bann  nad)  ^pollanb,  (Sngtanb,  ftranfreidj,  wo  er  ttjeilä  mit 
ttjeologifdjen  unb  päbagogifdjen  ©tubien,  trjeitS  mit  orientalifdjen  -gmnbfdjriften, 
überhaupt  aber  mit  allem  SBiffenSWerttjen  fid)  befdjäftigte.  Sntereffante  SDlit» 
ttjeitungen  au§  jeinem  fyanbfdjriftlict)  nod)  üortjanbenen  yteifejournat  f.  hei 
3ieid)lin=2Mbegg  33b.  I,  ©.  81  —  150. 

Söäljrenb  s}>.  nod)  in  (Jnglanb  weilte,  backte  s4>tand  in  ©öttingen 
baran,  itjn  für  bie  bortige  llniüerfitätsprebigerftetle  unb  ein  tt)eologifd)eä  ßetjr= 
amt  üorjufdjlagen  unb  liefj  ju  biefem  $roed  einige  s4$rebigten  üon  itjm  über 
Qmüjeit  unb  ©eiftigfeit  ©otteg  brucfen  (Semgo  1788).  $aum  war  er  aber  in 
feine  fd)Wäbifd)e  ^eimatt)  jurüdCgeterjrt  unb  eben  im  begriff,  in  ba§  Xübinger 
sJtepetenten=ßoüfgium  einzutreten :  ha  erhielt  er  im  Slpril  1789  einen  9tuf  nad) 
2(ena  alä  Sßrofeffov  ber  orientalifdjen  ©prägen,  für  ben  foeben  nad)  ©öttingen 
abgegangenen  i^orjann  ©ottfrieb  ßidjrjorn.  9lad)bem  er  juüor  nod),  freiließ 
gegen  ben  Söitten  fcine§  23ater§,  mit  feiner  (Eoufine  Caroline  ^auluä,  £od)ter 
be§  Oberamtmannä  ©ottlieb  f5rriebric^  s^aulu§  in  ©djornborf,  am  2.  ^uni  1789 
fid)  fjatte  trauen  taffen,  traf  er  am  12.  Sunt  in  %ena  ein,  um  fofort  feine 
SBortefungen  über  rjebräifdje  ©pradje  unb  ben  ^rebiger  ©alomonig  3U  beginnen, 
ftadjbem  er  aunädjft  1789—93  als  9Jiitglieb  ber  pf)ilofopr)ifd)en  ftacultät  üor= 
jugsmeife  mit  orientalifdjen  unb  altteftamentifdjen  ©tubien,  33orlefungen  unb 
littcratifdjen  s}>ubticationen  (3.  23.  einer  arabifdjen  ©rammatit,  einer  Clavis  in 
Psalmos,  mit  Verausgabe  eine§  neuen  9iepertortum§  für  biblifdje  unb  morgen^ 
lanbifdje  ßitteratur  1790  ff.,  einer  neuen  geitfcfjrift  für  ^tn'lofoptjie  unb  ©e= 
fdjidjte  ber  Religion  unter  bem  Sitet  „sJJtemorabilien"  1791  ff.)  fiel)  befdjäftigt, 
aber  aud)  in  anregenbem  93erfet)r  mit  Dteintjotb,  6.  ©crjmibt  unb  anberen 
jungen  Männern  in  ba3  ©tubium  ber  Äant'fcrjen  s^t)itofopf)te  fid)  üertieft  f)atte: 
würbe  er  1793  nad)  2)öberlein3  loh  jum  orbentlidjen  ^rofeffor  in  ber  tf)eolo= 
gifdjen  gacultät  ernannt  unb  tjatte  nun  üorjugsmeife  über  @i-egcfc  be§  neuen 
£eftamente3,  aber  aud)  über  5Dogmatif  unb  (Jtrjit  au  lefen,  wätjrenb  er  augteid), 
Wie  er  felbft  einmal  fdjreibt,  „in  alle  ©ebiete  ber  ^eiligen  Ideologie  tjinein  311 
raüagiren  fudjt".  9Jtit  ben  batnatigen  ^lotabititäten  SöeimarS  unb  3ena§,  in§= 
befonbere  mit  feinen  ßanbäteuten  ©djiüer,  2Bietanb,  Dtietcjammer,  aber  aud)  mit 
©oetlje,  Berber,  gteinljolb,  §id)te  :c.  ftetjt  er  in  ireunbfcrjafttidjer  SSerbinbung, 
entwidett  aber  neben  au  biefem  üielfeitigen  ^reunbe§öerfecjr  fortwätjrenb  einen 
enormen  3-teifj  in  fdjTiftfteÜerifdjen  ^uDücanonen.  öieDt  orientattferje  9leife= 
befdjreibungen  mit  Tupfern  unb  harten  (3>ena  1792 — 1804),  eine  ©ammlung 
öon  3.  ®-  ^id)actiä  fteinen  ©djriften,  bie  äöerfe  ©pino^a'S  mit  5lnmerfungeu 
unb  2eben§befd)reibung  (SJeua  1803)  unb  2lnberes  rjerau§,  liefert  ja^treidje  23ei= 
träge  jux  ^enaifdjen ,  ^aüefcrjen  unb  ßeipjiger  Sitteraturjeitung  unb  legt  feine 
9lnfid)ten  über  bibtifd)e  ©efdjidjte  unb  ba§  ßeben  ^efu  in  einer  2ftenge  üon 
3tbcjanb[uugcn  unb  Programmen  nieber,  in^befonbere  in  feinem  1800 — 1802 
erfdjicnenen  Gsüangetiencommentar,  ber  burd)  bie  barin  aufgeführte  5Retr;obe  ber 
fog.  natürtidjen  ober  pf^djotogifct)=pragmatifd)en  äöunberertlärung  gro|e§  2luf= 
ferjen  mad)t.  heftige  Singriffe  gegen  ben  freifinnigen  ütfjeologen  blieben  nidjt 
au§.     SDaä    ©ifenadjer    ßonfiftorium,    an    feiner    ©piije    ©eneratfuperintenbent 


Paulus.  289 

Sdmeiber,  berftagte  itjn  ben  10.  Januar  179-4  bei  ben  fddjfifdjen  Regierungen 
wegen  feinet  gegen  bie  djrifttictje  Offenbarung  gerichteten  Sefjrborträge  unb  ber= 
langte  feine  Entfernung  bon  feinem  tfjeologifcfjcn  2er)tftut)l,  weit  er  ben  ©runb 
bcr  djtiftlicrjen  Religion  ju  untergraben,  bie  ©efdjidjte  $efu  unb  ber  Apoftel 
läcrjerlidj  ju  machen,  mit  einem  äöort  bie  djüftlidje  Religion  abjufctjaffen  unb 
bie  Träumereien  einer  Religion  ber  Vernunft  ein3ufüf)ren  fudje.  2>aS  s]Jtaningcr 
Gonfiftorium  fdjlof}  ficrj,  toenn  aucb,  in  milberen  AuSbrüclen,  ber  Anflage  an; 
ein  öon  £>erber  berfafjteS  ©utadjten  beS  Söeimarer  OberconfiftoriumS  bagegen 
naljm  fidj  beS  2}er!tagten  an  unb  roarnte  öor  9)cafjregetn,  bie  biet  merjr  Schaben 
als  Ru^en  ftiften  mürben.  Der  #eraog  tfart  Auguft  legte  bie  Denunciation 
ad  acta.  Der  auf  bie  afabemifc^e  Secjrfreirjeit  gemalte  Singriff  mar  geferjeitert 
(Wärt  1794).  An  litter  arif  dt)  en  Anfechtungen  beS  $enenfer  Rationatiften  unb 
3Bunberer!täret§  fetjtte  eS  atoar  audj  ferner  nidjt  (mie  3.  33.  Saöater  bie  bon 
3$.  borgetragene  Umbeutung  beS  9)teertt>anbetnS  Sfefu  in  ein  äBanbeln  am  'üJteere 
gerabeau  für  „fcfjief,  bumm  unb  freef)"  erllärtej;  aber  in  feiner  amtlichen 
(Stellung  unb  SBirffamfeit  blieb  *ß.  fortan  unangefochten ,  mätjrenb  er  freilieft, 
bie  über  feinen  SoEegen  ftidjte  auS  Antafj  beS  gorberg'fdjen  AttjeiSmuSftreiteS 
1799  rjereinbrecb,enbe  JMaftrobtje  meber  buret)  freunbfdjaftudjen  9totfj  noefj  burdj 
feine  amtliche  ^nterceffion  als  ^rorector  ber  Uniberfttät  abjumenben  bermodjte 
(ügt.  ^auluS,  ©fiaäen  ©.  168  ff.;  Reictjlin •  SJMbegg  I,  308  ff.;  ßart  Jpafe, 
3enaifd)eS  fticrjtebücbjein.  Seidig  1856.  ©.  37  ff.;  3.  ®-  fticfjte'S  Seben  unb 
Sriefmedjfel  I,  ©.  292  ff.). 

Aber  aucb,  feines  53leibenS  mar  nietjt  mefjr  lange  in  3ena.  ©eine  ©efunb= 
rjeit  mie  bie  feiner  „fleinen  grau",  bie  itjn  1791  mit  einer  ^ocrjter  Carotine 
©obfjie,  1802  mit  einem  ©otjne  befcb,entt  blatte,  fdjien  unter  ben  ßinftüffen  beS 
Jenaer  $limaS  3U  leiben;  ber  ÄreiS  bcr  ftreunbe  listete  jidj;  bie  Uniberfttät 
brorjte  M  ben  ungünftigen  ^eitöerfjättniffen  3U  beröben.  5)cit  greuben  folgte 
er  bab,er  einem  Rm  beS  Äurfürften  bon  Saiern  nadj  äöür^butg  als  orbentlicfjer 
Serjrer  ber  Geologie  an  ber  UniDerfität  unb  als  „broteftantifdjer  2anbeS= 
birectionSratt)  im  firdjlicfjen  Departement".  Seine  Se^rt^ätigfeit  an  ber  Uni= 
oerfttät,  meiere  ber  baieriferje  9ftinifter  @raf  SJcontgetaS  3U  einer  baritätifcfjen 
unb  3U  einem  Sentralpunft  ber  Aufflärung  inmitten  ber  übermiegenb  fattjoliftfjen 
Seöölferung  beS  früheren  gürftbiSttjumS  &ü  machen  gebaute,  unb  mo  $.  in 
Ermangelung  broteftantifcfjer  3ut)örer  ben  fatfwtifcrjen  ©eminariften  Söortefungen 
über  tfjeologifcrje  Encbfloöäbie  3U  galten  blatte,  bis  benfelben  bom  SSifdjof  ber 
Sefuctj  berfelben  berboten  mürbe,  mar  feine  befriebigenbe;  bie  coHegialifcb^en 
SJet^dttniffe  au  feinem  £anbsmann  ©cljelling,  ber  mit  ifjm  unter  einem  S)acl) 
3ufammen  mob.nte,  geftalteten  ftet),  mie  es  feb^eint  buret)  ©db,ulb  ber  grauen, 
Saroline  ^autuS  unb  garoline  ©ctjelling,  bie  ifjren  fetjon  üon  3>ena  t)er  batie= 
renben  Damenfrieg  in  2öür3burg  fortfe^ten,  nicljt  aufs  angenerjtnfte  (»gl.  9luS 
©cb.etting'S  Seben  in  Briefen,  S3b.  II,  ©.  1  ff.).  Aucfj  an  giftigen  Angriffen, 
3)erteumbungen  unb  SSerbäcljtigungen  gegen  ben  fefcerifdjen  2l)eologen,  ber  feiner 
fattjolifc^en  Umgebung  bon  Anfang  an  ein  Dorn  im  Auge  mar,  feb/tte  eS  nicfjt; 
am  berbrief3ticb/ften  aber  maren  irjtn  felbft  bie  bieten  donfiftorialgefcb.äfte,  bie 
ifjm  bie  3eit  3U  titterariferjen  Arbeiten  megnaljmen,  unb  bon  benen  er  bergeblicfj 
toS3utommen  fut^te,  ba  er,  mie  er  fagte,  „lieber  ®erfte  effen  mollte,  als  Gon= 
fiftorialratb,  fein".  Dennoctj  lehnte  er  Rufe  3U  t^eologifcfien  ^rofeffuren  in 
SJorpat  unb  Erlangen  ab,  meit  ib,n  bie  bairifeije  Regierung  fefoutjatten  fueb^te. 
AIS  aber  3ßür3burg  feit  1.  Januar  1806  infolge  beS  ^tepurger  ^riebenS  bie 
^pauptllabt  eines  ^urfürftentrjumS  unter  bem  ©ro|f;eraog  bon  2;oScana  gemorben 
mar,  fo  mürbe  $.,  nacfjbem    feine   beabficljtigte  Berufung  au  einer  tljeologifcb.en 

Stagent.  beutidje  StogTaD^te.   XXV.  19 


290  StouIuS. 

^rofeffur  an  ber  Uniberfität  9lltorf  fiel)  aerfdjlagem  t)attc ,  im  9flär;j  1807  als 
f.  bairifdjer  $rei§=  unb  ©t^ulrat^  nad)  23amberg,  1808  in  gleicher  (Sigenfdmft 
nad)  Nürnberg,  1810  nad)  2tn8bad)  berfeüt,  mo  er  befonberä  um  Hebung  be§ 
33olfsfct)utmefen3  (j.  33.  burd)  ^Neubearbeitung  eineä  allgemeinen  £efebud)§  für 
©tabt=  unb  ßanbfcl)ulen  1808,  burd)  2l6faffung  einer  populären  2lntt)ropotogie 
ober  ©elbfterfenntnijjleljre) ,  aber  auet)  um  (Srrjaltung  unb  33erbcfferung  be3 
Nürnberger  ©tjmnafiumä,  um  bie  33orbifbung  ber  ebangelifdjen  Geologen  ic 
fid)  öerbient  madjte.  Dbgleidj  feine  «Stellung  eine  äufeerlid)  befriebigenbe,  in§= 
befonbere  aud)  fein  93ert)ältnifj  ju  feinem  greunb  unb  ßanbSmann  £$f.  $.  Niet* 
Ijammer  in  *Diüncl)en,  bem  bamaligen  9JUnifterialrefenten  in  $irct)en=  unb  ©d)ul= 
fad)en,  ein  für  33eibe  fet)r  angenet)me§  mar:  fo  fetmte  fid)  ty.  bennod)  fort» 
mäljrenb  aurüd  au§  ber  praftifdjen  in  eine  afabemifdje  SBirffamfeit  unb  ergriff 
bat)er  mit  greuben  ben  eijrenüoüen  unb  Dortrjeiltjaften  9iuf,  ber  1810  nad) 
langem  £>arren  burd)  ben  babifdjen  SJUniftet  bon  Üteitjenfiein  an  it)n  gelangte, 
ju  einer  ptjitofopfjifdien  unb  ttjeologifdjcn  3)oppetprofeffur  in  Jpeibetberg.  2Xt§ 
prof.  ord.  theol.  et  phil.  mit  bem  Gt)arafter  eine§  ©eljeimen  $ird)enratl)e3,  al§ 
sJlad)joIger  ber  beiben  nad)  33ertin  abgegangenen  ^rofefforen  be  äöette  unb 
sfllarfjeinefe,  al§  Gollege  bon  S)aub,  ©djtoarj  unb  Slbegg  t)atte  *ß.  ^ier  nid)t 
blo$  ba§  {yad)  ber  ©i'egefe  unb  biblifeljen  2tjcotogie,  fonbern  aud)  ba§  it)m 
biefjer  nod)  frembe  ber  $ird)engefd)id)te  p  übernehmen.  2ftit  eiferner  Snergie 
arbeitete  er  ficrj  in  bie  üerfdjiebenen  it)m  obtiegenben  2)i§ciplinen  ein  unb  aud) 
ba§  33ert)ältntfj  ^u  ben  (Jollegen,  befonberä  ^u  bem  „9ftt)ftifer"  SDaub,  geftaltete 
fid)  burd)  beä  fieberen  £ieben§mürbigfeit  frcunblidjer  al§  ty.  ermattet  fjatte. 
@r  felbft  blieb  freiließ  in  feiner  5luffaffung  ber  tjetligen  ©djrift  unb  be§  6t)riften» 
ttjumg,  bejoubers  in  feiner  ©bangelienerftärung  unb  feiner  33el)anblung  be§ 
ßebcnä  ^efu,  über  meldjeä  er  miebert)olte,  aud)  bon  9tid)ttt)eo(ogen  befudjte 
33orlefungen  l)iett,  feinem  fdjon  in  Tübingen  unb  3ena  gemonnenen  ©taubpunft 
ber  rationaliftifd)en,  ober,  mie  er  fie  felbft  nannte,  pft)djologifcr>pragmatifd)en 
23etrad)tung  unb  b?r  fog.  natürlidjen  äBunbererflärung  unüeränberlid)  treu, 
fobafj  er  al§  ber  tjerüorragenbfte,  aber  audj  tetjte  Nepräfentant  biefer  9tid)tung 
nad)  allen  iljren  ßidfjt-  unb  ©djattenfeiten  angefeljen  merben  fann.  „3efu§  ift 
iljm  ber  reine  9Jtenfd) ,  aber  ein  9Jtenfdj,  ber  in  ber  ganzen  übrigen  sDienfd)en= 
gefctjidjte  feineä  ©teidjen  nid)t  t)at,  ber  meife  Seljrregent,  ber  ber  INenfdjljctt  ein 
neue§  ©efe^  unb  93orbitb  ber  ©eifteSrcditfcrjaffen^eit  unb  bcr  lleber3eugung§= 
treue  bis  jum  £ob  gegeben  unb  baburcr)  ba§  2öot)lergcb,en  ber  sIRenfctjt)cit  ge= 
förbert  $at." 

33  Satire  tang,  bon  1811 — 44,  mo  er  83  ^atjxe  alt  nacl)  einer  met)r  al^ 
50jäb,rigen  2et)rtl)ätigfeit  in  ben  9tut)eftanb  getreten  ift,  t)at  *ß.  in  ^peibelberg 
gelehrt  unb  gemirft ,  unb  ftetö  mit  ber  unmanbelbaren  „UeberjeugungStreue", 
unbeirrt  buret)  bie  33eränbcrung  be§  3"I9e^ie*»  a^er  auc*)  burci)  bie  ftoxU 
entmidtung  ber  prjitofopf)ifcr)en  unb  tt)eologifc^en  Söiffenfcr^aft,  benfelben  ©tanb= 
punft  be§  „öutgären  Stationaliemus"  ober,  mie  er  felbft  it)n  nennt,  ber  „gotte§= 
mürbigen  2)enfgtäubigfeit"  in  ber  Söiffenfc^aft  mie  im  ßeben  bertreten.  äöäljrenb 
in  ben  erften  |>eibelberger  3at)ren  feine  ßeljrtrjätigfeit  itjn  fo  feljr  in  Slnfprudj) 
natjm,  ba^  er  äu  größeren  litterarifct}en  arbeiten  feine  Qtit  fanb ,  fo  liefe  in 
fpäteren  ^a^ren  feine  ©ocententtjätigleit  meljr  unb  metjr  nad)  unb  befdjränfte 
fidj  feit  1831  auf  menige  ©tunben ,  äuletjt  feit  1833  auf  blofje  5lnfünbigung 
bon  ^mei  alternirenben  3Jorlefungen  über  „33iblifei)e  Geologie  im  3ufammen= 
bang  mit  33crnunft  unb  (hfatjrung"  unb  über  „®efd)ic^te  be§  Urdjriftentlmmä 
nad)  feiner  33ilbung  buret)  äufeere  ©djidiate,  Set)re  unb  33erfaffung".  3n  bem= 
felben  sDlafee  aber,  mie  bie  afabemifdje  2eljrtl)ätigleit  abnatjm ,  mud)§  feine 
Iitterarifcr)e  grucrjtbarfeit,  bie  fiel)  feine§meg§  auf  ttjeologifclje  fragen  befcl)ränite, 


5ßaulu§.  291 

fonbern   mtf)x  unb   merjr   aud)   auf   politijcfje   unb    allgemeine  S£age§fragen  fieb, 
au§betmte.     9Jtit  befonberem  ^ntereffe   öerfotgte   er  inSbefonbere   1816   unb    in 
ben  fotgenben  3fat)*en  °ic  Sßerfaffungäfämpfe  in  feinem   mürtembergifdjen  95ater= 
lanbe,  fobafj  fid)  bamat§  fogar  ba§  ®crüd)t  öerbreitete ,   *ß.  merbe,   mie  beteinft 
fein  2anb§mann  ©pittler,   in   ba§   mürtembergifcb,e  9Jlinifterium   berufen  merben 
(ögi.  9Hppolb,    9tot^e'8  Seben  I,   46).     6r   gab    1816    eine    Sammlung    ber 
Jgmupturfunben  ber  mürtembergifdjen  Sanbeigrunbberfaffung  unb  öerfdjiebene  auf 
jene  fragen  unb  kämpfe  bezüglichen  SBrofdjttren  l)erau§  (3.  33.  über  „Vertretung 
ber  Äircrjen  in  ben   ©tänbeöerfammlungen";     „^tjilofoplnfcrje   ^Beurteilung   ber 
SBangen^eim'fdjen  3bee  ber  ©taat§öerfaffung",  £eibetberg  1817).    3n  Stuttgart 
mürbe    aber    biefe    ginmifdjung   be§  ,!peibelberger  s}>rojeffor§   in    bie   politifdjen 
Sanbe§angetegent)eiten  fo  übel  öermerft,  bafj  $.  1819,    al§  er  feinen  tobfranfen 
©oljn   in  Stuttgart  befugte,   au§   SBürtemberg   au§getoiefen   mürbe,    ha    man 
meinte,  bafj   er  nur    jum   3ü>ed   politifd)er   Umtriebe  bort   fid)  aufhalte  (f.  bie 
öon   5ß.   herausgegebenen   Slctenftüde   u.  b.  X.    „3ur  Sicherung   meiner   Sfjre", 
^eibelberg    1819).     3n    bemfelben   3al)re    grünbete    ty.    eine    eigene    fird6)tid^= 
politifdje     3eitfd)rift    u.   b.   X.    „©opljromjon     ober     unparteiifd)  =  freimütige 
Beiträge   jur  neueren  föefcrjidjte ,    ©tatiftif   unb  (Sefefegebung   ber  ©taaten   unb 
$ird)en",    1819—31    3U   granffurt   unb  ,£eibelberg    in    13  SSänben    erfdjienen, 
morin  er  alle  fragen  ber  £age§gefdjid)te,  ber  ©efetjgebung  unb  ^olitiE  erörterte 
ober  buret)    Slnbere    befpredjen    lief}.      Sincr    feiner  ^auptmitarbeiter    mar    fein 
College  ^orjann  £einridj  3Sofj,   beffen   berüchtigter,  gteid)   im   erften  ^aljrgang 
erfcrjienener  Sluffaij  „äöie  marb  gri|  ©tolberg  ein  Unfreier?"   bem  Herausgeber 
eine  Skrroarnung   öon   ©eiten   be§   grof^erjoglictjen   ©taat§minifterium§    pjog, 
„bei  5lu§mal)l  ber  2luffä£e  für  feine  3eitfd)rift  betjutfam  ju  fein".     23efonbere§ 
Sluffetjen  erregten  fobann  im  3-  1823  bie  Sluffä^e  öon  ty.  über  ben  befannten 
gonfferjen  ^ßrocefj,    bie  itjrem  Serfaffer  ben   iuriftifdjen  SDoctortitet   öon  ©eiten 
ber  greiburger  ^uriftenfacultät  eintrugen;  ferner  feine  Slrtifet  über  bie  ©täbel'= 
fdje  ©tiftung  in  granffurt,  über  bie  2öeffeubergifd)e  ©aerje  u.  21. 

S5on  tf)eologifd)en  Slrbeiten  au§  ber  ^eibetberger  3e^t  finb  nod)  p  nennen: 

eine  „(Sebäcrjtnifjrebe  am  ©äcularfeft  ber  gteformation  1817,  über  £utb,er'ä  2In= 

mefenfjeit  in  £>eibelberg" ;    fein  ,,£rjeologifcrj=e£egetifcrje§  Sonferöatorium"   1822; 

„Urfprung  ber  altrjebräifdjen  Siteratur"   1823;  „«Beleuchtung  be§  Subelablaffe§" 

1825;     „2)er  ©enfgtäubige"    1825   unb  1829;    „^rdjenbeteucrjtungeu"  1827; 

in§befonbere  aber  fein   trjeologifd)e§  -gmuptmerf:     „2)a§  Seben  $efu  al§  ©runb* 

läge  einer   reinen  ©efcrjicrjte   be§  Urcrjriftentt)um§"  1828  (über   biefeä  2Ber!  ögl. 

befonber§  2).  g.  ©traufj,    „Seben  $efu   für   ba§   beutferje  Sol!",  Seip^ig  1864, 

©.  13  ff.);  ferner  „2luf£lärenbc  Seifpiete  jux  ®ogmen=,  Äird)en=  unb  9tetigion§* 

gefcl)idt)te"  1830;  „®j-egetifc^e§  ^anbbud)  über  bie  3  erften  (Süangetien"  3  Stjeile 

1831—33;    „Paulus'  2el)rbriefe   an  bie   (Salater    unb   Körner"    1831;     „2)e§ 

2lpoftel  ^aulu§  (Srmaljnungsfdtjreiben  an  bie  ^ebräercfjriften"  1833.    Söeit  aab> 

reietjer  aber  finb    bie  ©treit=  unb  5lugfdt)riften  über  2age§fvagen.     $n  ben  brei 

2>ecennien  öon  1816—46   ift   in   bec  Xi>at   faum  ein  3ab,r  öergangen,  in  bem 

5ß.  nic^t    mit   irgenb   einer  ©djvift   ober  S5vofd)üre   auf   bem   SBücrjermarft  ober 

auf  bem  Äampfplaü   erfc^ienen  märe:    fo   fc^rieb    er    1816   „$evfcr)iebene§  über 

bie  SBürttembergifcijen  S8etfaffung§tämpfe"  (f.  0.),    1817    „über  bie  ftranffurter 

Subenfcb,aft",  1818  „über  baä  neuefte  betragen  be§  römifeljen  ^irctjenregimcntS", 

1819  „3ur  Sicherung  meiner  e^re-,   1823  „.gnftorifcrj'potitifc^e  ©cb.ilberungen, 

äöarnung    bor   äuftiamorben",    1824    unb   1825    ,;9ted)t3erforfd)ungcn",    1826 

„2eben§=  unb  2obe§tunbe   öon   3.  $.  S3oB",  1827    „^viöatgutac^ten  über  bie 

grage,   ob    ein  römifcl)  =  fatrjotifdtjer  Regent   oberfter  Sifdiof    einer  eöangelifdjen 

19* 


292  5ßaulu§. 

ßircfje  fein  lönne",  1828  über  „2)ueflbereine  unb"  afabemifdje  fyreifyett",  1831 
über  „bie  ^ubenfrage",  über  „^refjfreitjeit",  183-1  über  „Homöopathie  ober 
9teinar^neilet)re",  1835  über  „6ntb  errungen  unferer  neueften  $t)ilofopt)en"  (gegen 
©djelling),  1836  über  „^refjfreitjeit  au3  Mnlafc  ber  ©utjfom'fdjen  2öaüy,  1837 
„GonberfationSfaal  unb  ©eifterrebue",  1838  unb  1839  „sJhincipienfanipf  j}Wi= 
fdjen  römifdjer  ."pierofratie  unb  beutfdjer  ©taatSrecfjtlicfjfeit"  (auS  9tntafe  beS 
Kölner  Streits),  1839  über  „Sfjeologifdje  8e$tftetJjeit  unb  fietjrerwafjt"  (auS 
Antafj  be§  ^üridjer  ©traufjcnputfctjeS),  1839  „Votum  über  ben  Altenburgifcfjeu 
9tationaliSmu3ftreit",  1840  über  „bie  unirte  Ätrcfce  ber  ^falj",  1841—44  „9leuer 
©oprjronijon",  1842  über  „Äircfjenjudjt",  1842  über  „ben  ÜJhgbeburger  ©ebet= 
ftreit",  über  „baS  anglifanifdje  ViSttjum  in  ^erufatem",  1843  „3ut  Verictjtigung 
ber  {frtjefdjeibungSgefetje"  k.  ©inen  «gwtjepunft  feines  SebenS  bilbete  im  3.  1839 
bie  fieiex  feineä  50  jährigen  2)occntenjubiläum§,  bei  tuetd^er  ©elegentjeit  irjm  bon 
nat)  unb  fern  satjlrcictje  .gmlbigungen  unb  (Jfjrenbe^eugungen  ju  Sttjett  würben : 
2)ie  .^cibeftetgct  ftacultät  (Abegg,  Umbreit,  Utlmann,  Sewalb)  etjrte  ifju  burd) 
einen  ^ubetabbrud  feiner  ©djrift  über  baS  .§or)elieb;  bie  ©tabt  ^eibelberg  burd) 
SBertettjunQ  beS  ßtjrenbürgerred^S;  Deputationen  auS  Saben  unb  ber  ^fatj  be= 
grüßten  itjn  alö  ben  unermüblidjen  .Kämpfer  für  2id)t  unb  9ted)t;  faft  alle 
ttjcologifdjen  Sfacultäten  SJcutfdjlanbS,  mit  sJtu§uar)me  Pon  Verlin  unb  Vonn, 
übeifanbten  ifjie  ©lüdruünfdje.  Als  AuSbrud  feiner  „gerüt)rtcften  2)anfbarteit 
für  bie  bieten  bei  biefem  ^lnta§  ifjm  pgefommenen,  ben  3fitgeift  djarafterifiren= 
ben  3uJtf)l"Wen .  flber  audj  als  Aufforberung  jum  Verbreiten  beS  einfadj=reiuen 
crjriftlidjen  $;flid)tenglaubcnS  unb  3ur  Auflöfung  atteS  3)ogmenjwaugeS  unb 
2>ogmenftreiteS"  beröffentlidjte  5ß.  bie  „©ft^cn  auS  feiner  VilbungS*  unb 
SebenSgefdjidjte",  .freibelberg  1839,  bie  eine  .£muptquetle  für  feine  2ebenS= 
gefd)id)te  bilben.  SDefio  unerquirflidjer  für  itjn  fetbft  wie  für  baS  publicum 
War  bann  aber  wenige  ^arjre  nad)fjer  ber  bon  bem  82jätjvigen  ©reis  mutfjwittig 
tjerboigcrufene  ©treit  mit  feinem  fpecieflen  £anbSmann  unb  ehemaligen  3fenenfer 
unb  äBür^burger  Sollegen,  bem  ^pt)ilofopt)eii  g.  233.  3.  ©djelling,  beffen  *J5^itofop^ie 
V.  fetjon  früfjer  in  anonymen  unb  offenen  ©driften  befämpft  unb  ben  er  als 
„ßtjarlatan,  £afdjenfpieter,  ©peculanten  unb  DbScuranten.  ^trterjrer"  ic.  tituttrt 
rjatte,  mätjrenb  ©djelling  feinerfeitS  s4>.  als  einen  „©atan  unb  (Srbfeinb  feiner 
^tjilofoptjie",  ja  als  „(Srbfeinb  alles»  .<pö()eien  unb  Vef,feren",  als  einen  „gott= 
berlaffenen  9Jtenfd)eu"  bejeidjnet.  5Der  lang  behaltene  ©voll  fam  jum  AuSbrud) 
auS  Anlafj  bon  ©djetling'S  Berufung  nad)  Berlin  1841.  5ß.,  ber  fict)  berufen  glaubte, 
„ben  ptjilofoptjifdjen  gmmbug  beS  alten  ©peculanten  ^u  entlarben"  liejj  bie  bon 
©ctjettingim  V3interl841 — 4  2  gehaltenen  Vortefungen  über  DffenbarungSpljitofopljie 
wörtlictj  nadjfcfjreiben,  um  fte  bann  mit  fritifdjen  Anmeldungen  tjerauSjugeben 
unter  bem  2itel  „S)ie  enblidj  offenbar  geworbene  ^rjilofoptjie  ber  Offenbarung, 
ber  allgemeinen  Prüfung  bovgetegt  buret)  Dr.  Jp.  (j.  ©.  ^aulu§."  5Darmftabt, 
ßeöfe  1842.  ©djelling  flagte  bei  ©eridjt  wegen  unbefugten  9tad)brucf8,  ba 
„gegen  bie  boHfommene  (5^=  unb  ©djamlofigfeit  be§  82  jäljrigen  ©ünbetS  burd) 
fein  Mittel  etwaS  31t  gewinnen  fei,  alö  burd)  ©etbftrafe  unb  ©elbcntfd)äbigung". 
S)a§  33ud)  würbe  in  ^reufien  mit  3?eftf)tag  belegt.  v|v  fdjrieb  eine  „Vorläufige 
Appellation  an  ba§  wafjrtjeitSliebenbe  s|>ublifum" :  ,,2)ie  ©djetling'fdje  ^3^tto= 
fopljie  erfdjeine  ib,m  al8  Attentat  auf  bie  gefunbe  Vernunft,  beffen  ©ntlatbung 
mit  allen  Mitteln  ein  gemeinnütziges  SBerf,  ja  gerabe^u  eine  s43flid)t  fei".  S)ie 
©eridjte  entfdjieben  51t  feinen  ©unften:  ^auluS  würbe  freigefproerjen,  bie  Ve= 
fdjlaguab.me  aufgetjoben.  ©djelling  bevjidjtete  auf  bie  ib,m  bon  ber  preufjifdjen 
Regierung  ertrjeilte  venia  legendi:  „fei  fte  nierjt  im  ©tanbe,  itjn  gegen  ^cacrjbrud 
31t  fdjütjen,  fo  fei  er  nidjt  im  ©tanbe  ju  lefen".  5ß.  r)atte  feinen  3roed  er= 
reidjt.  —  3um  Ie^tenmat    trat   er  auf   ben  Äampfplat}  ber  2age§litterotur  mit 


$aulu§.  293 

einer  ©ctju^fcrjrift  für  beu  2>eutfcr)fatf)oüciSmuS:  „3ur  Nectjtfertigung  ber 
Seutfcb/Äattjoltfen.  Eine  rjiftorifc^e  unb  ftaatSrecrjtlidje  Sßeleudjtung."  ßartSrutje 
1846,  8°,  roorin  er  bie  fiaatliccje  Unterbrücfung  einer  allerbingS  in  fid)  jetbft 
fjaltlofen  Nictjtung  aufs  entfctjiebenfte  mißbilligt.  33on  ba  an  ift  er  nicrjt  met)r 
an  bie  Ceffentlicfjfeit  getreten,  jeigte  aber  fortan  ein  tebenbigeS  ^ntereffe  für 
alle  toidjtigen  bolitijdjen,  ftrdjtid&en,  miffenfctjaTtlicrjen  (Srfdjetnungen ,  laS  unb 
liefe  fiel)  borlefen,  correfponbirte  mit  alten  ftreunben,  rote  ©alat,  b.  äöeffenberg, 
b.  Nei^cuftein  u.  St.,  befdjäftigte  fiel)  mit  Ausarbeitung  einer  ©djrift  über 
©oetfje,  in  ber  er  atte  Erinnerungen  auS  ber  Jenaer  3eit  nieberlegte,  bie  aber 
nietjt  metjr  aur  33ottenbung  fam.  3>a  nod)  in  feinen  legten  SebenStagen  bictirte 
er  einen  Auffatj  gegen  bie  bamalS  im  &  1851  in  #eibelberg  aufgetretenen 
$efuitenmiffionäre. 

©ein  jubor  fo  glücflidjcS  rjäuSlidjeS  Seben  tjatte  fcrjmeralidje  Störungen 
erlitten  —  auerft  burdj  bie  unglücftidje  Verfjeirattmng  feiner  einaigen  Softer 
©optjie  (Sardine  mit  Auguft  äBiltjelm  bon  ©djleget  (30.  Auguft  1818)  unb 
bie  balb  auf  bie  £>ocf)aeit  gefolgte  Trennung  beiber  Regatten,  bann  burdj  ben 
£ob  feines  einaigen  1 7  jährigen  ©otjneS  (28.  Auguft  1819),  aulefjt  burd)  ben 
2ob  feiner  innig  geliebten,  geiftig  begabten,  55  3at)re  lang  mit  Ujm  in  glürf= 
lidjer  (H)e  berbunbenen  ©attin  (t  11.  DJcära  1844)  unb  ben  balb  barauf  ge= 
folgten  2ob  ber  'Jocrjtcr  (1847).  SDer  förpertid)  bon  jetjer  fcb>äd)tid)e,  aber 
gei[te§=  unb  roillenSftarfe  9Jiann  bereinfamte  merjr  unb  met)r;  aber  „bie  Natio= 
nalität  tjiett  it)n  aufregt".  S)ie  NebolutionSfiürme  ber  ^arjre  1848  unb  1849 
brauften  an  itjm  borüber:  er  bert)iett  fid)  itjnen  gegenüber  fetjr  nüchtern  unb 
aurücfrjattenb.  %\t  alte  SSunbcSacte  fanb  er  immer  nod)  beffer  als  bie  neue 
ftranffurter  NeidjSberfaffung ;  er  fpottete  über  bie  alte  Untugenb  ber  Seutfdjen, 
qui  semper  conveniunt  et  nunquam  conveniunt,  unb  über  bie  ^rantfurter 
Äaifermadjer,  „metdje  fladern  unb  gaggern,  etje  baS  6i  gelegt  ift".  ©o  lange 
eS  it)m  feine  gefd)roäd)te  ©etjlraft  ertaubte,  fefete  er  feine  Aufaeid)nungen  fort 
in  5?rofa  unb  Werfen.  3utet;t  erblinbet,  fietjt  er  ben  £ob  immer  näber  fommen 
unb  befdjäftigt  fiel)  biel  mit  ©ebanfen  über  baS  Sterben  unb  über  bie  gort= 
bauer  bei  ©eifteS  nad)  bem  £obe.  3m  3uli  [teilen  1851  fiel)  bie  ©tymptome  einer 
rafd)  berlaufenben  SBafferfudjt  ein.  ©nblidj  am  10.  Auguft  1851  f djlägt  bem 
90  fahrigen  feine  lebte  ©tunbe.  ©ein  lefeteS  S3efenntni§,  baS  er  noct)  wenige 
©tunben  bor  feinem  Gmbe  auSfpract),  mar:  ,,3d)  ftetje  recxjtfcrjaffen  bor  ©Ott 
bureb  baS  äöollen  beS  Nedjten",  fein  lefeteS  SBort:  „@S  giebt  eine  anbere 
SBelt!"  3JHt  it)m  ftarb  einer  ber  Säter,  aber  aud)  ber  letzte  Epigone  bei 
tljeologifdjen  Nationalismus  beS  3  8.  SatjrtmnbertS.  S)ie  ©efd)id)te  ber  neueren 
Geologie  fennt  feinen,  in  toeldjem  bie  Geologie  ber  Aufflärung  ober  ber 
tt)eologifcb>  Nationalismus  einen  fo  djarafterbotlen  AuSbrud  gefunben  tjätte, 
roie  in  $.  @r  glaubte  an  ben  Nationalismus  unb  lebte  roie  er  glaubte. 
3Bät)renb  Anbere  bon  itjrem  fortgefcr)rittenen  tb.eologifcljen  ©tanbpunfte  aus  ober 
bon  ben  £)br)en  ber  pljilofopl^ifcljen  ©peculation  Ijerab  fpotteten  über  ben  alten 
butgären  unb  orbinären  Nationalismus  mit  feiner  nüchternen  unb  platten  3kr= 
ftänbigfeit  unb  ©eifteSarmutt),  über  einen  „2>enfgtauben,  ber  au  benfen  glaubt 
unb  au  glauben  benft" :  fo  mar  es  il)m  felbft  ein  tjeiliger  Ernft  mit  feiner 
„Nationalität",  feiner  „göttlichen  SJenfgtäubigteit ,  ©eifteSrecrjtfdjaffenrjeit  unb 
UeberaeugungStreue" ;  benn  irjm  mar  ber  Nationalismus  nicfjt  bloS  eine  u)eoto= 
gifdje  Slnfidjt,  fonbem  feine  Neligion,  feine  aBiffenfctjaft,  fein  ßebcnSibeal.  3llS 
rjöd;fte  Aufgabe  beS  Xrjeotogen  unb  6t)riften  erfcljien  eS  it)m:  „burdt)  SBiffen, 
2BoHen  unb  Vollbringen  beS  Netten  biefeS  Öeben  für  fiel)  unb  \&t  anbere  au 
macfjen  aum  Anfang  eines  eroigen  feiigen  SebenS." 


294  5ßnulu*. 

.gmuptquelten  für  feine  2eben§gefdjid)te  finb  ttjeitS  feine  eigenen  9flit= 
Leitungen  in  einer  furzen,  in  33et)er'ä  5Jtagajin  YII,  3,  329  abgebrucften 
©elbftbiograbfjie,  unb  in  ben  „©fi^en  auS  meiner  U3übung3=  unb  £eben8= 
gcfdjtdjte  jum  2lnbenfen  an  mein  50jäf)rige3  ^ubitäum."  £)cibelberg  unb 
Seidig  1839.  8°,  tljeitS  bie  au§  bem  reiben  litterarifdjen  sJtad)lafj  toie  au£ 
münblidjen  IRittfjeilungen  gefdjöbfte  ait§füt)vttcf)c  23iograöt)ie  unter  bem  £itel 
,,.£>einridj  6b" erwarb  ©otttob  ^auluS  unb  feine  3cit"f  bargefteüt  bon  $art 
SKeranber  ftreif)errn  bon  fteid)lin  =  9Mbegg.  2  33be.  Stuttgart  1853.  8°. 
Slufjerbem  finb  ju  bergleidjen  ©djenfel  in  ber  ^rotcft.  3teatenci)fl.  1.  Stuft 
23b.  XI,  ©.  252  ff.  —  ÄafyüS,  ebenb.  2.  Slufl.  23b.  XI,  ©.  391  ff.  — 
21.  -gmuSrattj,  in  ben  23abijd)en  23iograbfjien  t)erau§gegeb.  bon  ftr.  b.  Söeed). 
#eibelberg  1875.  33b.  II,  ©.  119  ff.  unb  in  #au8ratf)'3  reügion3gefd)id)t= 
lidjen  ©«Triften  1883.  —  $.  Döring  in  ©djmibt's  DWrotog  ber  ©eutfdjen. 
1851.  I,  614  ff.  —  ©.  gran!,  ©efd)id)te  ber  brot.  £t)eologie,  III,  345  ff.  — 
«Baut,  $ird)engeid)id)te  beä  XIX.  3af)rt).  ©.  100  ff.  —  lieber  feine  ©tettung 
in  ber  ©efd)id)tc  ber  btoteft.  2t)eologie  bgl.  23aur,  2)ogmengefd)id)te  III, 
©.  400  ff.  -  fianberer,  Weitere  2)ogmengefdj.  ©.  59  ff.  —  lieber  feine 
©teüung  in  ber  ©efdjidjte  ber  ©regefe  f.  (5.  föeujj,  ©efd)idjte  ber  I).  ©Triften 
be§  s)l.  X.  1874,  ©.  318  f.  —  Gin  boflftänbigeä  Seraeidjnif}  feiner  ©djriften 
bei  9ieid)ün=3)Mbegg  II,  ©.  465  ff. 

Shtdj  feiner  (Sattin,  Glifabety  ftrieberife  Caroline  $.  geb.  ^auluS, 
gebütjrt  eine  ©teile  in  ber  beutfcfjen  2itteraturgefd)id)te ,  tt)eil§  wegen  einiger 
poetifdjer  23erfud)e,  bie  fie  bfeubontym  ober  unter  it)iem  eigenen  Flamen  tjerauS* 
gab,  tt)citö  megen  ber  freunbfdjaftlidjen  Schiebungen,  in  metdjen  fie  JU  ©djitter, 
©oetlje,  23ofj,  $ean  ^aul  unb  anberen  Diotabititäten  ber  claffifdjen  unb  roman» 
tifd)en  ©d)ule  be§  18.  unb  19.  3af)rt)unbertg>  geftanbcn  Ijat.  ©ie  mar  geboren 
ben  14.  September  1767  ju  ©djornborf  in  2öürtemberg  als  £od)ter  beS  bortigen 
DberamtmannS  ©ottücb  griebridt)  s}>aulu3  unb  feiner  ftrau  grieberife  @üfabett) 
geb.  23ilfinger.  Sfjr  23etter,  ber  Sfjeolog  %,  berlobte  fid)  mit  i^r  mätjrenb 
feineö  ©djornborfer  Stufent^attö  furj  bor  bem  eintritt  feiner  miffenjdjaftlidjen 
9teife  1787,  Ijielt  aber  bie  Verlobung  anfangt  getyeim,  meil  er  ber  entfd)iebenen 
SIbneigung  feines  2)ater§  gegen  biefe  Skrbinbung  gcmifs  mar.  %xo%  beS  bäter= 
lidjen  SBiberfprudjS  aber,  ben  er  anfängtid)  ju  überminben  fudjte,  bertjeiratljete 
er  fid)  mit  ifjr  bor  feinem  Abgang  nad)  3ena  ben  2.  3funi  1789.  %n  ben 
Jenaer  Greifen  mürbe  bie  fleinc,  nieblidje,  lebhafte  unb  gefdjeute  grau,  bie  nid)t 
bloS  eine  trefftidje  .JpauSfrau  mar,  fonbern  audj  burd)  itjr  gefettigeS  Talent, 
iljre  äftt>ctiftf)e  unb  mufifatifdje  Silbung  fid)  auszeichnete,  jreunbüd)  aufgenommen; 
inSbefonbere  fanb  ©oetlje,  ber  baS  *pautu3'fdje  |>au3  in  3ena  gern  befudjte, 
©efatten  an  ib,rem  anmutt)igen  unb  „nedifdjen  SBefen",  unterhielt  fid)  gern  mit 
it)r,  erjagte  it)t  ^ärdjen  unb  ©efdjidjteu,  Reifte  ib,r  mandje  feiner  ©ebidjte 
b,anbfd)riftlid)  mit,  bejudjte  fie  aud)  nod)  fpäter  in  £>eibelberg.  angeregt  burd) 
biefen  fdjöngeiftigen  Skrfetjr  befd)äjtigte  fie  fid)  aud)  felbft  in  ib.ren  sJcebenftunben 
mit  fd)riitftenerifd)en  23erfud)en,  gab  unter  bem  ^ßfeubonbm  ©(eutb.eria  ^otberg 
einen  Vornan  „2öilt>elm  S)umont"  (SübedE  1805)  b.erauS,  ber  bon  ©oettje  in 
bet  3enaifd)en  Sitteratutjeitung  1806,  167  günftig  tecenfirt  mürbe;  fpäter  in 
ber  .Jpeibetberger  3cit  folgte  ein  Vornan  „Slbolbb,  unb  Virginia  ober  Siebe  unb 
Äunft"  (Nürnberg  1811);  „?latalie  s^erct)",  eine  Lobelie  nad)  bem  granjöfifdjen 
(Nürnberg  1811),  eine  lleberfe^ung  bon  35oltaire;§  2rauerfbiel  „©emiramiS" 
(ebenba  1811),  unb  ein  33änbd)en  „ßrjätitungen",  ^eibelberg  1823.  3lm 
2.  3uni  1839  feierten  beibe  @l)cgatten  ib.re  gotbene  ^po^eit,  er  78,  fie  72  %av)x 
alt.  9lad)  längerem  ^ränfeln  unb  nad)  manchen  trüben  Lebenserfahrungen,  bie 
ib,r  ber  früfje  Stob  ib^reS  einigen  ©ob,ncS  (t  1819)  unb  bie  unglüdüdje  ^eiratb, 


Paulus.  295 

iljrer  einigen  £odjter  mit  21.  3B.  ö.  ©djleget  (1818)  bereitet  Tratte,  ftatb  fie  ben 
11.  Sttl&xü  1844  in  £)eibetberg,  fdjmerjlicb,  beftagt  öon  intern  82  jährigen  ©alten, 
ber  iljre  „bentfräftige  föidjtung  unb  bie  tt)ätig=gute  2(ntoenbung  all  ib,rer  öor= 
•jüglidjen  Einlagen"  rütjmt  unb  fie  bem  tooljltoollenben  2tnbenfen  ber  greunbe 
empfiehlt,  „baS  fie  berbiente  unb  öon  Sielen  genoffen  Ijatte". 

Sgl.  über  fie  ©oebefe,  ©runbrifj  II,  1129  fg.  —  Stummer,  2)eutfc£)eS 
2)icf)terlerjfon ,  Sb.  IL  —  2Jßai£,  Carotine  II,  115.  —  SefonberS  aber 
K.  21.  gieicb,lin=9Jcelbegg  in  feiner  Siograöb>  iljreS  Cannes,  Sb.  I,  ©.77  ff., 
33b.  II,  ©.  1  ff.  äöagenmann. 

^ouluö:  Karl  (Sbuarb  öon  *ß.,  ^opograöb,,  ©eognoft  unb  2lttertt)umS= 
forfdjer,  geb.  am  29.  Januar  1803  in  Sergt)aufen  hü  ©öeier,  f  am  16.  ^uni 
1878  3u  Stuttgart ,  ftammte  aus  einer  alttoürttembergifdjen  Seamtenfamitie. 
©djon  im  Saljre  1806  fam  er  mit  feinen  (Sltern,  roelcfie  fid)  nur  öorübergetjenb 
in  ber  ty\ali  aufgehalten  Ratten,  nacb,  Stuttgart,  too  fein  Sater  eine  2lnftettung 
als  9tegifirator  fanb.  5ß.  burdjtief  baS  bortige  ©tjmnafium  bis  jur  achten  Slaffe 
(ßberfecunba)  mit  meljr  @ifer  für  leibliche  als  für  geiftige  Uebungen,  tote  er 
febft  oft  ju  erjagten  pflegte,  ©ein  „freier  froher  ©inn"  leitete  if)n  aueb,  bei  ber 
SerufStoaljl.  ®r  trat  im  $.  1819  in  eine  ftuttgarter  5J>riöatforftfcb,ule  ein 
unb  ging  baS  $ak)x  barauf  als  Qögling  ju  bem  Siebieramte  Böblingen.  2lttein, 
fo  toot)t  eS  itjm  im  SBalbe  toar,  tonnte  er  bodj  nidjt  toiberfteljen ,  als  er  im  $. 
1822  öon  5ftittnacb,t,  bem  Sorftanbe  ber  bamaligen  toürttembergifdjen  SanbeS= 
bermeffung,  eine  ©tette  als  geidjner  angeboten  erhielt.  @r  fyatte  bie  bem  gorft= 
manne  nötige  Kunft  ber  £errain=2lufnal)me  unb  =2>arftellung  mit  befonberer  Suft 
unb  ungetoötmlidjem  (Sefdjicfe  <ju  betreiben  angefangen.  9lacr)  jtoei  $at)ten  30g 
itjn  ber  Sorfianb  beS  ftatiftif^topograüb.ifctien  SureauS,  9Jtemminger,  (f.  21. 
3).  23.  XXI,  309)  3U  biefer  2lnftatt  herüber,  too  fein  fartograöb,ifcb,eS  Talent 
unter  ber  Seitung  beS  ehemaligen  3ngenieur=£)fficietS  gerb.  SDürridj  eine  treffliebe 
©djulung  fanb.  S)er  öon  bem  23ureau  nacb,  ben  Srgebniffen  ber  ßanbeSber= 
meffung  in  ben  ^a^ren  l82* — l85*  herausgegebene  toöograbbifdje  2ltlaS  beS 
Königreichs  SSürttemberg  im  9Jlaf$ftabe  öon  1 :  50,000  gab  bie  fd)önfte  @elegen= 
tjeit,  auf  biefem  gelbe  ßorbeeren  ju  öftücten.  2luf  ttid£)t  toeniger  als  23  öon 
ben  55  23Iättern  biefeS  2JßerfeS  ift  5p.  als  Mitarbeiter  genannt.  S)en  toärmften 
San!  ber  toanberfrotjen  $ugenb  in  ©djtoaben  ertoarb  fiel)  5ß.  burdj  feine  erftmalS 
im  3.  1834  im  flJlafjfta&e  öon  1 :  450  000  herausgegebene  Karte  beS  König* 
reidj  Söürttemberg,  an  beren  ©tette  im  $•  1841  feine  Karte  beS  Königreich 
SSürttemberg  unb  ber  tjotjenäollern'fcfjen  gürftenttjümer  im  IDtafjftab  öon  1 :  400  000 
trat,  toetdje  forttoäfjrenb  öerbeffert  mehrere  neue  2luftagen  (bie  leiste  im  3ab,re 
1874)  erhielt.  SDaS  Statt  barf  fiel)  neben  ben  beften  Stiftungen  feiner  3e*t 
fet)en  laffen.  2lud)  äu  fattograöf)ifct)er  ßeb,rtl)ätigteit  mürbe  $.  öon  ber 
toürttembergifdjen  Regierung  äutoeilen  öertoenbet,  fo  aum  Unterricht  im  5ptan= 
äeidjnen  an  ber  2lfabemie  Jpolienleim  im  Saljre  1845  unb  1851  unb  im 
Kartenlefen  für  Officiere  im  3.  1869.  —  «Ulit  ber  2lufnaljme  unb  S)arftellung 
ber  Oberfläche  beS  SanbeS  öerbanb  $.  öon  2lnfang  an  auc^  bag  ©tubium  ber 
geognoftifdjen  Serb^ättniffe.  @r  ertoarb  fieb,  autobibaftifcb,  bie  altgemeinen  geo= 
gnoftifc^enKenntniffe  feiner geit  unb  trug  bureb,  eigene  Unterfuc|ungen  nicfjt  menig  jur 
Gsrtoeiterung  ber  mürttembergifcb.en  ©eftein§=  unb  Sobenfunbe  bei.  ®er  geo= 
gnoftifeb^e  £t)eil  öon  öielen  £)beramt§befcf)reibungen  ift  öon  ib,m  bearbeitet. 
Sei  ber  im  ^.  1863  begonnenen  Verausgabe  ber  geognoftifdjen  ©öeciattarte  öon 
SCßürttemberg  toar  er  als  sDUtrebacteur  beteiligt;  einige  Stätter  berfelben  unb 
beren  Segtetttoorte  finb  öon  ib^m  felbft  gefertigt.  ®ie  genannten  OberamtS= 
befcb.reibungcn,  beren  26  öon  64  (öom  Saljte  1850  an)  bem  Vauptinb^alte  nadj 
öon  ib,m  öerfa|t  finb,  gaben  iljm  mand)facb,e  Gelegenheit,  fiel)  audj  auf  anberen 


296  SPauluä. 

©ebieten  ber  SanbeSfunbe  ju  erptoben,  ©o  finb  3.  33.  bie  barin  bon  itjm  ge= 
gebenen  SanbfdjajtS*  unb  ÖrtStagebefdjreibungen,  bte  ©djitberungen  ber  2ebenS= 
roeife  unb  «Sitten  ber  SSeöötferung  fteine  9fletftcrftüde  feiner  „fdjlid)ten  guten 
fjfeber".  2lud)  in  bem  Söerfe:  2)aS  ßönigreidj  äöürttemberg,  eine  Söefdjreibung 
bon  Sanb ,  3)olf  unb  ©taat.  herausgegeben  bom  ftatiftifd)  =  topograptufdjen 
33ureau,  Stuttgart  1863,  jtnb  biefe  2Ibfd)nitte  bon  if)tn  ausgeführt.  —  ©ein 
SieblingSfelb  aber ,  beffen  Bebauung  iljm  einen  bleibenben  roiffenfdjaftlid)en  tarnen 
fidjert,  mar  bie  2lltertt)umSr'unbe.  ©djon  als  Zögling  in  Böblingen  fing  er  an, 
bte  Spuren ,  toeldje  bie  Kölner  in  ©trafen  unb  Söofjnplätjen  auf  mürttem* 
bergifdjem  Boben  aurüdgelaffen  Ratten,  aufjufudjen ;  balb  aber  ging  er  aud)  bcn 
Hteften  ber  germanifdjen  unb  borgermanifdjen  Söorjeit ,  ben  9teit)engräbent  unb 
©rabb,ügeln  nadj.  ©eine  fartograplnfdjen  unb  geognoftifdjen  Berufsarbeiten 
führten  ir)n  freu^  unb  quer  burd)  baS  Sanb;  er  benüfcte  biefe  Steifen  unb 
längeren  Slufentljjalte  in  ben  berfd)iebenften  SanbeStljeilen  immer  jugteicrj  audj 
für  feine  ard)äologifdjcn  fjorfdjungen.  %m  Umgänge  mit  ^aulvj ,  ©tälin  unb 
anberen  5lrd)äologen  bon  ftaü)  lernte  er  bon  römifdjer  2lltertt)umSfunbe  fo  biel 
3U,  als  ifym  für  feine  praftijdjen  Bebürfniffe  nötljig  mar;  audj  mit  ben  früheren 
Slusgrabungen  unb  $unben ,  fomeit  fie  litterarifdj  pjitt  roaren ,  madjte  er  fid) 
befannt.  Slber  eS  fiel  il)in  in  feiner  f lugen  Befdjeibenljeit  nie  ein,  felbft  ben 
gelehrten  9lrd)äologen  fpielen  <ju  motten.  6r  feilte  fid)  bielmeljr  als  ben  ^ßraltifer 
gerne  in  einen  erklärten  ©egenfatj  gegen  bcn  Budjgeleljrten ,  übrigens  mit  fo 
biet  gutem  Junior  unb  aufrichtiger  2ld)tung  bor  f)öt)eren  ^enntniffen ,  bafj  itjm 
niemanb  barüber  gram  merben  fonnte.  ©ein  <£>auptbeftreben  mar  barauf  ge= 
ridjtet,  baS  91et}  ber  römifdjen  ©trafeen=  unb  BejeftiguugSlinien ,  fotoeit  cS  fid) 
über  mürttembergifdjcu  Bobcn  erftredte,  mieber  aufjufinbcn.  Bon  ben  in  älteren 
9lufgrabung§berid)ten  fidjer  nacrjgemiefenen  ober  bon  itjm  felbft  entbedten  2Cßot)n= 
planen  unb  ©trafjenftüden  auSgcfjenb,  fdjritt  er,  mo  möglidj  immer  auf  neue 
$unbe  fufeenb,  tangfam  unb  bebäd)tig  bormärtS.  füllte  er  mol  aufteilen  aud) 
ein  9Jtittetftüd  burd)  {Kombinationen  auS  ober  machte  er  einen  ©crjritt  inS  Un= 
gemiffe  borauS,  fo  ftütjte  er  fid)  babci  nid)t  auf  l)iftortfd)c  £)t)pott)efen ,  fonbern 
auj  feine  in  ber  ^rajte  allmät)lid)  evmorbenen  ^Infdjauungen  bon  ber  römtfdjen 
©trafjenfüfjrung,  BefeftigungSmeife  unb  SlnfieblungSart  *IJcit  immer  fdjärferem 
unb  fidjerem  Blide  mufste  er  biejelben  auf  jebcS  gegebene  Ücrrain  anautoenben. 
konnten  feine  Bermutijungen  burd)  (Grabungen,  mo^u  iljm  feiten  äureid)enbe 
Mittel  3U  ©ebot  ftanben ,  nid)t  fogleid)  ertjärtet  merben ,  fo  nmrtete  er  gebulbig 
$al)ie  unb  ^aJjracljntc  lang,  bis  zufällige  2Iufbedungen  ober  fleine  ©djürfungen 
ben  nadjträglidjen  ©adjbemeiS  lieferten.  Sauge  geh  nur  für  fid)  fammetnb  unb 
aufaeidjnenb  fing  er  auerft  an ,  in  ben  roürttembergifdjen  ^aljrbüdjern  bon 
1830,  33,  34  ftadjridjten  über  neuentbedte  Slltertljümer  unb  Stömerftrafjen  ju 
berbffentlidien.  Ser  Sab.rgang  1835  bracbte  eine  Slb^anblung  bon  itjm  über  ben 
ßimeS,  berfelbe  Sab,rgang  unb  ber  bon  1837  einen  2lu|jatj  über  bie  üßeutinger'fdje 
Safel.  ©päter  legte  er  einzelne  9tefultate  feiner  g-orfc^ungen  aud^  in  ben 
DberamtSbefdjreibungen  nieber,  crftmalS  unter  feinem  tarnen  in  ber  bon  ©eiS= 
lingen  (1843)  unb  in  ber  fjfolge  l)aubtfäd)lid)  in  benfenigen  ^eften,  meld)e  bon 
ib^nt  als  ^auptberiaffcr  herausgegeben  maren.  S)ie  erften  93crfuc^e  bon  größeren 
3ufammenftelluugen  madjte  5ß.  in  ben  S3eröffentlid)ungen  beS  SBürttembergifcfjen 
?Htert^umSbereinS,  beffen  ^jauptgrünber  unb  Setter  er  mar,  fo  in  ben  „SatjreS* 
tieften"  (I — XII,  1844 — 1862  in  gr.  fjfol.)  unb  namentlid)  in  bcm  bon  ü)m 
faft  gana  gefdjriebenen  1.  Sßanbe  ber  „©djrtjten"  (1850—1868  in  gr.  8°),  3.  S. 
in  ^)eft  4,  1856:  „£)ie  9i5merftra^en  im  2lHgemeinen  mit  befonberer  9iüdfid)t 
auf  baS  3el)ntlanb,  nebft  einer  Anleitung  jur  (Srforfdjung  ber  alten  9lömermege" 
(aud)  fcp.);  in  <g>eft  5, 1859 :  „SDer  ©d)önbud)  mit  feinen  2lltertb,ümern"  (auc^  fep.); 


$auty.  297 

in  £>eft  6,  1863:  „2)er  römifdje  ©renaroatt  bom  ©ofjenftaufen  bii  an  ben 
$)cain"  (audj  fep.);  in  £>eft  8, 1866 :  „ßrilämng  bex  Sßeutinger'jdjen  Stafet  u.  f.  ro." 
(aucf)  fep.).  Srotj  btefer  Vorarbeiten  aber  erregte  e§  unter  ben  beutfdjen  ©e= 
fcrjicfjti»  unb  ^Itertljumeforfcrjern  grofjeS  2Iuffet)en,  al§  5ß.  erftmati  im  $.  1859  über 
ben  ©efammterroerb  feiner  gorfcrjungen  öffenttid^e  JjRecrjenfcfjaft  ablegte  in  ber: 
„©eneralfarte  bon  SBürttemberg,  4  «Blätter  im  gjtaafeftab :  1:20  000  (=bte 
sjftittnadjt'fcfje  $arte.)  sIRit  arcfjäologifdjer  Sarftellung  ber  römifcrjen  unb  alt= 
germanifctjen  (feltifcfjen )  lleberrefte."  ©ine  fotcfje  fjfütte  bon  römifcrjen  SBotmplätjen, 
ein  fo  reidjei  !Re^  bon  römifcrjen  ©trafen  fanb  fic£>  rjier  eingetragen,  ba|  bie 
©ad^e  bieten  nidjt  gerjeuer  feinen  roottte.  (hft  als  5p.  im  $•  1875  unb 
1876  in  ben  SÖürttembergifcrjen  ^arjrbücfjem  mit  ber  SIbrjanbtung :  „Sie  2t(ter= 
trjümer  in  Söürttemberg  au§  ber  römifcrjen,  attgermamfcijen  (feltifcrjen)  unb 
atemannifcrjen  (fränfifdjen)  Qtit"  (audj  fep.  1877)  fo^ufagen  ben  2ejt  unb  bie 
Vetege  ju  ber  im  $.  1867  jutn  äroeiten  unb  1876  aum  brüten  9Jcate  auige* 
legten  unb  ftet§  bercidtjetten  Äarte  gab ,  fanb  fie  allgemeinen  ©tauben  unb 
SBütttemoerg  rourbe  um  eine  Seiftung  beneibet ,  roie  fie  feine  ftacfjbarftaaten 
nocb,  rjeute  nidjt  aufjuroeifen  fjaben.  9cocij  in  feinem  legten  2eben§jafjre  roiber= 
futjr  v}>-  aud)  bie  ©enugtfjuung,  ba£  eine  bon  ber  roürttembergifdjen  Regierung 
eingefetjte  Gommiffion  für  bie  arcrjäologifcb/topograptjifcrje  Slufnatjme  bei  römifcrjen 
©renjroaliei  bon  Sorcb,  bü  ©fterburfen,  roeldje  er  fctbft  begleitete,  bie  bon  itjm 
aufgehellte  aber  mand)fadj  angejroeifette  fdjnurgerabe  ßinie  boßfommen  ali 
rictjtig  anerkennen  mufjte.  —  SDai  amtlidje  £eben  bon  ^ß.  rjatte  feit  feinem 
(Eintritte  in  bai  ftatiftifdj=topograpfnfcrje  Vureau  einen  ungern öfmticrj  einfachen 
Verlauf.  Srft  im  $.  1836  erhielt  er  ©taatibienerredjte  unb  einen  feften  ©e= 
tjatt,  1852  ben  9tang,  1853  audj  ben  £itet  einei  fyinanjaffeffori ,  1862  ben 
Intel  unb  9tang  einei  ginanjratrjei  unb  im  $.  1877  bei  feiner  ^enfionierung 
bie  Gfjrenmitgliebfdjaft  bei  Vureaui.  2tber  bafj  feine  Verbienfte  nidjt  im  Ver= 
borgenen  geblieben  roaren,  jeigt  eine  ftattficfje  Slnaarjt  bon  IDcebaiCten  unb 
£)rben  feiner  Sanbeifjerren,  $önig  SBittjetm  unb  Äönig  $art,  ferner  bon  5)3reuf;en, 
Vaben  unb  ©orjenäotlern ,  eine  Steige  bon  ©fjrenbiptomen  3.  33.  bon  bem 
germanifdjen  sJ)cufeum  in  Nürnberg  all  9Jtitglieb  bei  ©eter)rten=21uifdjuffei,  bon 
bem  römifdj=germanifdjen  Sentral^ufeum  in  9Jcainj  ali  auimärtigei  Vorftanbi* 
mitgtieb,  bon  bem  ardjäotogifdjen  ^nftitut  in  Jftom  unb  berfdjiebenen  beutfcfjen 
®efdjidjti=  unb  2lttertt)umsbcreinen ,  enbtidj  bie  Grfjrenboctorroürbe  bon  ber 
prjitofopfjifcrjen  gacuttät  ber  llniberfität  Tübingen,  beim  Jubiläum  bon  1877 
berlierjen.  ©ein  bon  iljm  frütje  in  atte  feine  ©tubien  ein  gemeinter  ©ol)n 
ßbuarb  5ß.  rourbe  i^m  ati  Mitarbeiter  auf  bem  ftatiftifcrj  =  topograptjifc^en 
Sureau  beigegeben,  reo  er  fein  9tacf)fotger  gemorben  tft.  Sie  poetiferje  3Iber, 
roeterje  befanntüctj  bem  ©ofine  reictjticr)  bertietjen  ift,  roar  auct;  bem  Vater  nierjt 
gan^  berfagt.  ^D>it  feinen  im  $.  1858  erftmati,  1861  roiebertjolt  at§  ©ammlung 
gebrueften  „Söatbbitbern"  fjat  er  feinen  greunben,  beren  ber  biebere  ÜJlann  mit 
bem  fonnigen  ©emüttje  unter  allen  ©tänben  eine  grofje  ^In^atjl  befa^,  ein  föfttidjei 
21nbenfen  ^intertaffen. 

Vergl.  ben  ftefrotog  bon  S-  ©artmann  in  SBBüttt.  Sa^rbüd§er  f.  ©tatiftif 
unb  Sanbeifunbe  39-  1878  I,  ©.  5  ff.  —  S)en  ^ladiruf  bon  bemfelben  in 
SBürtt.  Viertelja^riliefte  für  £anbe§gefcfnd)te  Sg.  I,  1878  ©.  152  ff.  —  ©erjog, 
bie  Vermeffung  be§  röm.  ©renjroatti  in  feinem  Sauf  buref)  Söürttemberg  k. 
in  SÖürtt.  Viertelja^r^efte  f.  ß.  3g.  III.  1880  ©.  81  ff.  (au$  fep.i. 

äöinttcrlin. 

v}?aültj:  5luguft  griebrit^  %,  befannt  befonberi  all  erfter  ©erauigeber 

ber    nacrj    feinem    £obe    bon  2euffel   unb   SBalj    fortgefe^ten    unb   bollenbeten 

9leat=@ncbflopäbie   ber   claffifdjen    3tltert^um§roif]enfctjaft    (Stuttgart  1837    bi§ 

1852,    fedtji  Vänbe;   ber   erfte  Vanb   in  neuer  umgearbeiteter  Auflage    l§craus= 


298  Naumann. 

gegeben  Pon  30ß-  ©.  5£euffet,  Stuttgart  1861 — 1866  in  stoei  2Ibtt)eitungen).  @r 
gehörte  einer  urfprünglid)  fattjolifd^en  unb  aus  Ungarn  eingemanberten  fjamilie 
an;  aber  fein  (SJrofsPater  tjatte  feinen  ©oljn  proteftantifdj  er^ierjen  laffen,  unb 
btefer  mar  Pfarrer  in  Henningen  bei  SubroigSburg ,  jmletjt  in  9Jtöffingen  Ui 
Tübingen,  jmifdjen  hinein  lange  $af)re  ^rofeffor  am  Seminar  Maulbronn,  unb 
ift  93erfaffer  eineS  für  feine  Qe'xt  öerbienfttidjen  SDßerfeS  „9Cftetr)obologie  für  ben 
gefammten  ßurfuS  ber  öffentlicfjen  Unterroeifung  in  ber  lateinifcfjen  Spradje  unb 
Literatur"  (1785—1799,  3  93änbe).  $n  Henningen  mürbe  am  9.  IWai  1796 
ber  bem  33ater  gleichnamige  Sotjn  geboren,  auf  ben  fid)  beS  23aterS  Neigung 
für  ptjitologifdje  ©tubien  unb  ben  ßetjrerberuf  bererbte.  Dtadj  SanbeSfitte  biefe 
©tubien  mit  tljeologifdjen  Perbinbenb  mar  *p.  3ü9^n9  äuerft  beS  nieberen 
Seminars  9J}aulbroun,  bann  (1813—1818)  beS  ljöljeren  in  Tübingen  (beS  fog. 
„Stift"),  erroeiterte  aber  feinen  (SeftdjtSfreiS  burd)  Sefud)  Pon  ^eibelberg,  roo 
bamatS  3fr.  Greujcr  mirfte.  Später  Repetent  in  Uract)  unb  Tübingen  mürbe 
er  1822  9tector  ber  ßateinfdjule  in  23iberadj ,  1828  s4}rofeffor  am  ©rjmnafium 
in  Veitbronn,  1830  an  ben  oberen  (ilaffen  beS  Stuttgarter  ©rjmnafiumS ,  in 
meld)er  Stellung  ty.  bis  3U  feinem  £obe  (2.  2Jtai  1845)  mirfte,  als  ein  burd) 
grifdje,  ^einljeit  unb  ©efdjmad  wie  burd)  edjte  Humanität  überaus  anregenber, 
t)od)öeret)rter  unb  atlgtliebter  Selber.  Nebenbei  toar  er  audj  9Jtitglieb  beS 
ftatiftifd)=topograpt)ifdjen  S3ureau  in  Stuttgart,  bearbeitete  als  fold)e£  auS  bem 
amttid)  gelieferten  Stoff  unb  auf  ©runb  örttid)er  linterfudjungeu  bie  $3efd)reibungen 
ber  Oberämter  SBangen,  Seutftrd),  fotoie  (mit  $.  $faff)  Pon  Gelingen  unb  (mit 
(Statin)  Veibenfjeim,  Nürtingen,  unb  beforgte  im  $.  1841  bie  brüte  Auflage 
Pon  MemmingerS  Sßefdjreibung  öon  Sßürttemberg.  2luf  bem  ©ebiete  ber  daffifdjen 
s4}t)ilo(ogie  nid)t  eigentlid)  geteerter  gorfdjer,  öerbanb  er  bodj  aud)  t)ier  mit 
SEßeite  beS  SlideS  ©rünblidjfeit  im  ©in^elnen,  feines  gormgefütjl  unb  gefdjmadootte 
SDarftettung.  (9lu§gaben  beS  Vora^ ,  1823;  einzelner  ©djriften  beS  ßufianoS, 
1825;  Senecae  epist.  selectae,  1825.  Quaestiones  Isocrateae,  1828.  lleberfetmng 
fämmttidjer  2öerfe  SufianS  in  ber  ÜJte^terfdjen  Sammlung,  1827—1832, 
15  S3änbd)en;  ber  SBriefe  beS  Seneca,  1832—1836,  Poüenbet  öon  21.  Vaaff).) 
©ein  practifdjer  ©inn  führte  il)n  öor,$ugSmeife  ber  Senfmälertunbe  ju  ,  als  ber 
Vermittlung  jmifdjen  SÖergangentjeit  unb  ©egenroart  ( „Inscriptiones  aliquot  romanae 
in  solo  Württembergiae  reteetae",  1831.  „lieber  ben  ©trafjenjug  ber  ^eutinger'fcfjen 
£afel  Pon  SSinboniffa  nad)  ©amutoceniS  unb  öon  ba  nad)  ategino",  1836,  4. 
3at)lreid)e  5luffä^e,  befonberS  in  ben  mürttembergifd)en  ^afjrbücfjern  1829  ff.). 
©in  anberer  2tjeit  feiner  ©djriften  gilt  ber©d)ute:  „Materialien  für  lateinifdje 
©tilübungen  in  ben  tjöfjeren  Stoffen",  1830.  Verausgabe  einer  griedjif djen 
(Stjreftomattjie  aufammen  mit  3?äumlein,  1837).  Vermöge  feiner  ebenfo  liebenS* 
mürbtgen  als  im  SSefenlidjen  feften  ^erfönlidjfeit  eignete  fid)  ty.  aud)  Portrefflid) 
jjum  9)Uttetpuntte  für  ein  burd)  bie  Iftitmirfung  mehrerer  fid)  aufbauenbeS 
Sammelmerf,  toie  bie  genannte  9iealencrjtlopäbie,  beren  Verausgabe  er  öom 
$aljre  1837  an  beforgte  unb  bis  jum  Slrtifel  Iuno  fortführte.  Seine  eigenen 
Seiträge  betreffen  bie  alte  ©eogtaprjie  ©uropa;S,  unter  meld)en  fid)  bie  Slrbeit 
über  6orintt)uS  auszeichnet,  unb  bie  Sittengefd)id)te,  auS  metdjer  bie  2lrtitel 
Funus  unb  Vetaren  tferöorjurjeben  finb,  5Rufter  Pon  geiftreidjer  s2luffaffung  unb 
anjierjenber  33et)anblung. 

©.  Sd)roab  im  Sd)teäb.  5Rerfur  öom  30.  5Jlai  1845.  —  Sorroort  jum 
Pierten  Sanbe  ber  ^aut^'fdjen  gteatenc^tlopäbie  (Stuttgart  1846)  S.  VI   ff. 

20.  S.  2;euffel. 
Naumann:  ßonrab  ^p.    S)ie  Drgelfunft,  ober  genauer  gefagt  baS  £)rgel= 
fpiel   feierte  fd)on    in   einer  3ett  2riumpl)e,   in  benen  bie  übrigen  ^nftrumente 
fid)  nod)  in  bem  guftanbe  \^xtx  ^inbt)eit   befanben.     Sdjon   bie  Sermenbung 


Naumann.  299 

ber  Orgel  in  ber  Äirdje  gab  itjr  eine  rjötjerc  SGßei^e  unb  [teilte  fie  als  baS  be= 
borjugtefte  aller  3>nftrumente  Ijin.  Saju  fam  ifjr  lang  gehaltener  ebter  £on, 
ber  fidj  ber  menfctjUcfjen  «Stimme  am  meiften  näherte.  Sitte  biefe  llmftänbe, 
öereint  mit  ben  rapiben  ftortfdjritten  itjrer  tecf)nifcb>n  Serbefferung ,  fpornten 
jeben  Äünftter  an  fie  mit  ütteifterfchaft  betjanbeln  ju  lernen  unb  fdjon  bom 
14.  ^ahrtjunberte  an  nennt  bie  (Sefcfoicrjte  Männer,  bie  trofe  beS  allgemein 
öerbreiteten  SefttebenS  fiel)  auf  biefem  ^nfirumente  auszeichnen,  boct)  alle 
Ruberen  meit  überragten  unb  beren  9tut)m  bis  auf  unfere  $e\t  fortgetragen  mürbe. 
(Sin  granceSco  Sanbino  ju  ^torenj,  ber  1390  ftarb  (blinb  geboren),  mürbe  bon 
feinen  3eitgenoffen  als  unübertreffbarer  Äünftler  boct)  gefeiert.  3f)tn  fdjlofj 
fiel)  Antonio  ©quarciatupt ,  ebenfalls  ein  Florentiner  an,  ber  1475  ftarb. 
Sieutfcblanb  blieb  nict)t  jurüd,  unb  toenn  eS  and)  etmaS  fpäter  als  jener  Sanbino 
bie  33ahn  beS  DluhmeS  betrat,  fo  reifte  fich  bann  ununterbrochen  >flteifter  an 
9Jtetfter,  benen  3n=  unb  2luStanb  unbebingt  bie  <Patme  äuerfannten.  Ser  3llt= 
bater  beutfcher  Orgelfunft  ift  unfer  ßonrab  ty.,  ein  ^eitgenoffe  ©quarcialupi'S. 
Um  1410  in  Nürnberg  blinb  geboren,  errjielt  er  feine  (Sraiermng  bafelbft  burctj 
Unterftüfcung  tjocfjgefteltter  Männer,  mie  ein  unS  glücfüch.  erhaltenes  S)ocument 
mitteilt.  1446  mar  er  bereits  Drganift  an  ber  ©t.  ©ebatbuSfircb>  bafelbft 
unb  b erheiratete  fiel)  in  bemfelben  3at)re  mit  2Jtargarett)e  2öeict)ferin.  SiefeS 
(Shebünbnifj  toirb  unS  burch.  ein  bon  *p.  auSgefteltteS  ©ocument  bezeugt.  (2lb= 
gebruclt  in  Dr.  Soctjner'S  neuer  SluSgabe  bon  9tofenplüt'8  ©pructjgebicht, 
Nürnberg  1854  unb  barauS  mieber  in  SbrtjfanberS  ^ahrbücfjern  II,  75.)  *ß.  mürbe 
nidt)t  nur  in  Nürnberg  hoctjgefeiert,  fonbern  auch  ber  beutfetje  3?aifer  griebrich.  III. 
äeictjnete  ilm  aus  unb  auf  einer  9teife  nach.  Italien  warb  er,  mie  unS  berietet 
mirb,  befonberS  bon  ben  ^erjagen  bon  5Jtantua  unb  fterrara  buret)  reiche  ©e= 
fdjenfe  geehrt.  Sludj  ben  gtittertitet,  ben  er  führte,  mirb  er  rootjl  auf  biefer 
Steife  öom  ^apfte  erhalten  t)aben.  2)er  Sinter  Ütofenptüt  feiert  ifjn  in  feinem 
im  3-  1447  abgefaßten  ©pructjgebichle  auf  bie  ©tabt  Nürnberg  mit  folgenben 
Söorten  (35.  257  ff.): 

..Noch  ist  ein  mayster  in  disem  gedichte, 

der  hat  mangel  an  seynem  gesigt, 

der  heyst  meyster  Cunrat  pawman, 

dem  hat  got  solche  genad  gedan, 

das  er  ein  meyster  ob  allen  maystern  ist, 

wan  er  tregd  yn  seinen  sinen  list 

dy  musica  mit  yrm  süssen  don. 

solt  man  durch  kunst  einen  meister  krön, 

Er  trug  wol  auf  von  golt  ein  krön. 

mit  contra  tenor  vnd  mit  faberdon, 

mit  primi  tonus  tenorirt  er, 

auf  e  lamy  so  sincopirt  er"  etc. 

2tuct)  feine  Seiftungen  als  Sompontft  finb  mir  im  ©tanbe  einigermaßen  au 
beurteilen,  bie  freilieb  nach,  bem  ^Jla^ftabe  bamaüger  ßunftanfebauungen  unb 
beren  miffenfdjaftlicbem  ©tanbe  au  mürbigen  finb.  2)aS  Socheimer  Sieberbucb, 
#bf.  beS  15.  3at)rf)unbertS  auf  ber  gräfl.  Sibtiotbef  au  Söernigerobe ,  bon  gr. 
Söitb.  taolb  in  ßf)rt)fanber'S  ^abrbücbern  II,  1  herausgegeben,  ferner  baS 
bon  ber  9Mncb>ner  £of=  unb  ©taatSbibliotljef  erft  jilngft  ermorbene  33ujheimer 
Drgetbucb  unb  baS  9Jtüncbener  Sieberbudj,  £bf.  beS  15.  ^abrhunbertS,  ebenfalls 
in  ber  9Jlünchener  ^of=  unb  ©taatSbibtiotbef,  tjerauSgegeben  öom  Unteräeichneten 
im  2.  Sb.  beS  beulten  SiebeS,  ^couatSbefte  für  2Jlufifgefcbichte,  enthalten  eine 
Slnjaht  Orgelcompofitionen  unb  ein  breiftimmigeS  beutfc|eS  Sieb  über  ben  £ejt: 
„äöiblich;  figur,  in  betne  ferjur".  S)ieS  lefetere  Sieb  jeigt  uns  5jJ.  als  einen  für 
feine    3eit    außerorbentlic^    metobifet;    unb    mot)lfUngenb    fefareibenben   6ontra= 


300  üßaumgattten. 

pundiften,  ber  mit  ber  gertigfeit  in  ber  33eljanblung  bei  meljrftimmigen  ©atjeS, 
einer  Äunft,  bie  bamalS  nod)  in  ber  3fugenb  ir)tet  9luSbilbung  ftanb,  äugleid) 
äarte  Smpfinbung  berbanb,  Gngenfdjaften,  bie  fid)  in  jener  3eü  fetten  jufammen 
finben  unb  felbft  Bei  ben  bamalS  bebeutcnbften  ßomponiften  Italiens ,  ber 
9lieberlanbe  unb  $ranfreid)S  nur  feiten  bereint  Waren.  2Beniger  anmuttjenb 
beiütjren  unS  feine  Drgetftücfe,  bie  meljr  ber  bamaligen  birtuofen  ütedjnif  Imfbigen 
als  tjerborragenb  in  ber  (Sompofition  finb.  2lber  als  bie  erften  ©ocumente  alter 
Drgeltedjnif  t)aben  fie  für  unS  einen  Ijöljeren  Söertl),  als  manche  fpätere  @r- 
jeugniffe  bie,  wenn  auct)  bereits  auf  Ijöljerer  (Stufe  ber  Äunft  ftetjenb  bennodj 
gegen  bie  gleichseitige  ©efangSmufif  merflid)  aurüdtreten,  fo  bajj  fie  met)r  baS 
ljiftorifd)e  äntercffe  in  Slnfprud)  nehmen  als  bafe  fie  unS  einen  $unftgenufj  ge= 
Wäljrten.  ©djlid'S  Orgetftüde,  £)offtjeimer'S  (Sompofitionen  für  bie  Drgel,  audj 
bie  ber  Italiener  bei  16.  SaljrfjunbertS ,  tragen  meljr  ober  weniger  nod)  baS 
©epräge,  waS  unS  bereits  bei  5ß.  entgegentritt.  9tofe.  ©itner. 

^aitOlflOrttcn :  $arl,  9teid)Sritter  b.  sJß.  würbe  am  24.  Dctober  1796  ^u 
2Bien  geboren,  wo  fein  Skter  ©igiSmunb  0.  f>.  als  ^>of=  unb  ©eridjtSabbocat 
unb  als  <£>ofritf)ter  beS  ©tiiteS  ©d)ottcn  fungierte.  $.  berlor  fd)on  im  13.  Sfafjre 
feinen  SDater,  unb  feine  Butter,  eine  geb.  0.  Sonnleitner,  fonnte  bei  ttjrem  geringen 
SSetmögen  nur  barauf  bebad)t  fein ,  ifjre  7  unberforgteu  ftinbet  in  irgenb  eine 
frembe  Sßerforgung  ju  bringen.  5ß.  mürbe  nad)  Slbfolbirung  ber  ©bmnafial* 
ftubien  auf  ben  großen  ©ütem  beS  ©rafen  £)or)oS  als  ^raftifant  aufgenommen, 
Worauf  er  nad)  einer  5praji8  bon  brei  Monaten  pm  ^anjteifdjreiber  beförbert 
würbe.  @r  fefcte  feine  ©tubien  pribatim  fort,  bis  er  ju  3lnfang  beS  SaljreS 
1815  ben  S)icnft  beS  ©rafen  bertiefj  unb  mit  beffen  llnterftüfcung  als  Sßribat» 
cabett  inS  49.  Infanterieregiment  eintrat,  um  gegen  Napoleon  ju  fämpfen. 
6r  Wohnte  mehreren  ©efedjten  bei,  würbe  bei  9Jtantua  berwunbet,  nat)m  im 
5Jcärj  1816  feinen  Stbfdjieb  unb  fcljrtc  in  bie  ©ienftc  beS  ©rafen  ^urücf.  @r 
Würbe  in  feiner  früheren  ßigenfdjaft  auf  ber  «§errfd)aft  .£>om  angefteEt,  nad) 
4  ^atjren  jutu  Kontrolleur  ber  -jperrfdjaft  .gwljcnberg  ernannt,  1821  in  gleicher 
Sigenfdjaft  in  bie  ©raffcfjaft  ©uttenftetn  unb  1824  als  Kontrolleur  unb  ©erid)tS= 
actuar  in  bie  &errfd)aft  S)iofenborf  berfefct.  %m  3af)re  1826  legte  er  bie 
9iid)teramtSprüfung  ab,  trat  im  Slprit  beffetben  3fat)re8  als  ^raltifant  bei  ber 
f.  f.  SabafS*  unb  ©tempelgefällenabminiftration  in  ben  ©taatSbienft,  würbe  im 
9ftai  1827  jur  probiforifd)en  Settung  beS  f.  f.  ©efätten^nfpectoratS  zu 
Äorneuburg  berufen,  1829  jum  wirUidjen  Slbminiftrator  biefeS  ^nfpectoratS  be= 
förbert,  ehielt  1833  nad)  Sluftöfung  beS  SMpectoratS  bie  zweite  6ommiffärS= 
fteHe  bei  ber  6ameratbe3ivfSberWaltung  bafelbft,  1840  bie  erfte  ©teile,  1841 
eine  gleiche  ©teile  in  äöiener  'Dteuftabt  unb  1844  in  SSien.  °$m  3fa^re  1851 
jum  ginanjratb,  unb  ^inanjbesirfSbirector  ju  Ung^bar  in  Ungarn  ernannt,  trat 
er  1856  wegen  gefd)wäd)ter  ©eljfraft  in  ben  9iul)eftanb  unb  fiebelte  nad)  feinem 
©ute  ©raffadjfjof  bei  ^erni^  in  sJiieberöfterreid)  über ,  wo  er  fid) ,  foWeit  bieS 
fein  gefd)Wäd)teS  3lugenlid)t  jutie^ ,  mit  litterarifdjen  Slrbeiten  befdjäftigte  unb 
am  19.  Sluguft  1877  ftarb.  —  ty.  War  als  ©d)riftfteller  auf  juribifdjem, 
cameraliftifdjem,  politifdjem  unb  poetifd)em  ©ebiete  tljä'tig.  ©e!§r  beachtenswert^ 
ift  feine  „(Srflärung  beS  ©trafgefe^eS  über  ©cfältSübertretungen"  (1838).  33on  einer 
großen  Slnja^l  2)ramen  („Äönig  unb  Äünftler".  —  „SluS  bem  öfterreid)ifd)en 
Sltpenleben".  —  „2>eS  «8erfd)WenberS  @nbe".  —  „ßieSli".  —  „©er  S)orf« 
notar"  u.  a.)  finb  nur  jWei  bem  publicum  burd)  ben  25ud)l)anbel  jugänglid) 
gemadjt  Werben:  „ülubolf  bon  «gmbSburg,  bramatifd)eS  @ebid)t  in  5  21."  (1859) 
unb  „grana  9Jafocab„  bramatifdjeS  ©ebid)t  in  4  51."  (1859). 

ßeljrein,  35iograpl)ifd)=litterarifd)eS  Sestfon,  2.  33b.,  ©.  4. 

granj  Sörümmer. 


lauteren  —  ^auto.  301 

^Qlltereit:  Sofjann  b.  ty.  ober  $efpautere,  ^äbagog  unb  bebeutenber 
Spractjfenner  am  anfange  bei  16.  SfatjrtjunbertS,  gehörte  bem  Greife  ber  23rüber 
beS  gemeinsamen  SebenS  an,  unb  mar  mätjrenb  mehrerer  ^atjre  Setter  p  anfiel 
(Sine),  -Iperjogenbufdj,  SBinorbergen  unb  GommineS.  @r  mar  Sctjüler  beS  ber« 
ehrten  SetjrerS  ©erarb  (Jannrjr  gemefen,  melier  noctj  1512  an  ber  f^fraterfctjule 
31t  ,!perjogenbufctj  (et)tte ,  unb  folgte  itjm  bort  als  Setjrer.  Seine  Sßerbienfte 
mürben  fet)r  tjoctjgetjatten  unb  bie  bon  itjm  tjerauSgegebene  Spractjfetjre  mürbe 
fogar  bon  einer  ^u  $ftectjeln  am  Anfang  beS  16.  SatjrtjunbertS  abgehaltenen 
tfiretjenberfammtung  für  ben  allgemeinen  ©ebrauetj  beim  Unterricht  autoriftert. 
SCßietDot)t  itjm  baS  eine  9luge  fetjlte,  roie  S5offiu§  fetjer^enb  meinte ,  tjatte  er, 
meit  fetjärfere  ©inficfjt  in  bie  Spradjtetjre  als  bie  meiften  Setetjrten  fetneä  3eit= 
a(ter§.  2)ieS  mactjte  nid^t  nur  itjm  f elbft  einen  großen  tarnen  fonbern  trug 
auetj  fetjr  jur  33£ütt)e  ber  graterfctjule  ^er^ogenbufer)  bei,  roelctje  bamalS  metjre 
tjunbert  Söglinge  äätjtte.  Um  1620  mufj  er  geftorben  fein;  in  ©eorgiuS 
3Jtacropebiu3  fanb  er  einen  borpglidjen  Ütactjfolger.  Einige  feiner  Sctjrüten, 
Don  f5obiiciu§  in  feiner  Bibliotheca  medii  aevi  (II  67)  ermätjnt,  mürben 
fetjon  1512  unb  1514  gebrueft. 

Selprat,  Broeclersch.  v.  G.  Groote,  581.129,  «DtoH,  Kerkgesch.  v.  Nederl. 
II  2C  ft.  331.  244  unb  9JciraeuS,  Chronicon  p.  336.  Dan  Slee. 

v}>CMtD:  Stbriaen  5ß. ,  |)err  bon  ^eemftebe,  niebertänbifetjer  (Staatsmann, 
Dteinier  ^auto'S  (f.  u.)  ättefter  Sotjn,  geboren  1585  in  SImfterbam,  fam  buretj 
beS  3}aterS  ©influfj  fetjon  in  jungen  ^a^ren  in  bie  Regierung.  1612  mürbe 
er  Ütattj  unb  $enfionär  bon  Slmfterbam  unb  ftanb  mit  feinem  SSater  boran  in 
ben  Oteitjen  ber  Dppofition  gegen  Dtbenbarnebelt.  5DaS  berfetjaffte  itjm  im  3- 
1619  bie  ©teile  eines  GuratorS  ber  Seibener  Uniberfität;  er  tjatte  bie  traurige 
ßtjre,  bie  Säuberung  ber  Uniberfität  ju  boIt<jietjen  unb  Männer  mie  3)offiuS  unb 
SartaeuS  aus  itjren  Stellen  als  ^rofefforen  unb  lederen  auetj  als  Dtegent  beS 
StaatencollegiumS  (beS  2tjeologenconbicteS)  au  entfetjen.  Setjon  frütj  mit  bipto= 
matifetjen  5ßiffionen  bon  ben  Öeneratftaaten  betraut,  natjm  $.  als  @efanbter 
in  granfreictj ,  Güngtanb ,  Sänemarf  unb  Seutfetjtanb  grofjen  Slnttjeit  an  ber 
auSmärtigen  ^olitit  ber  Staaten ,  bie  er  balb  neben  bem  ^ßriujen  griebrietj 
peinrictj  ju  fütjren  tjatte,  als  er  1631  jum  ÜtattjSpenftonär  bon  £>ollanb  ermätjlt 
mürbe,  3n  ben  erften  ^atjren  nact)  OlbenbarnebeltS  ftaü  tief  tjeruntergefommen 
ertjiett  baS  2Imt  buretj  -£.  mieber  einigermaffen  bie  Söidjtigfeit,  meldtje  eS  bortjin 
befeffen.  SBatjrfctjeinlictj  mar  eS  eben  barum,  bafj  ber  ^rinj  itjn  mit  be  $nurjt 
im  $.  1635  buretj  bie  Untertjanblung  über  ba§  bekannte  Sct)u|=  unb  :£rut$= 
bünbnifj  in  fjranfreicf)  nactj  ^ariS  ju  entfernen  fuctjte  unb  feine  Abberufung 
ju  hintertreiben  mufjte.  5ß.  legte  barum  1636  feine  Stelle  als  ütattjSpenfionär 
nieber,  betjiett  aber,  als  2lbgeorbneter  bon  Slmfterbam  nietjt  allein  in  ben  Staaten 
bon  Jpotlanb  fonbern  auetj  als  93citglieb  ber  tjollänbifctjen  Deputation  in  ben 
©eneralftaaten  noctj  einen  mafjgebenben  (Sinflufj.  1646  mürbe  er  Seputüter 
jum  griebenScongrefj  in  fünfter  unb  natjm  an  bem  Sauf  ber  Untertjanblungen 
als  Vertreter  ber  ^riebenSpartei  tebtjaften  ?tnttjeit:  bie  gran^ofeu  befctjulbigten 
itjn,  gemifj  mit  Unrectjt,  fictj  ben  Spaniern  berfauft  ju  tjaben.  Sein  Slnfetjen 
ftanb  jet3t  tjoctj;  er  matb  1649  an  bie  Spitje  ber  ©efanbtfdjajt  geftettt,  metetje,  baS 
Seben  $önig  ÄarlS  I.  ju  retten,  bergeblictj  nactj  Snglanb  abgefctjicft  mürbe.  Söenn 
er  auetj  nidjt  j$u  &en  ©egneru  OranienS  getjörte,  fo  bertrat  SJ>.  bamalS  boctj 
eine  ipotitif,  metetje  in  itjren  ^>rincipien  ber  bon  Otbenbarnebelt  nätjer  ftanb, 
unb  burctjauS  abmictj  bon  ber  bemotratifctj--caloiniftifctjen,  metetje  im  $.  1618 
bon  9ftori£  bon  Cranien,  SlerffenS  unb  ^aum'S  SBater  jum  Siege  gefütjrt 
mar.  Setjtere  mar  eben  in  2tmfterbam  böüig  31t  S3oben  gefctjtagen,  eben  in  jener 
Stabt  tjatten  jetjt  bie  Sibertiner  itjren  .^auptort,  bie  ftemonftranten  fanben  bort 


302  $autt>- 

jjuerft  ©chufc,  ber  ^rieben  mit  ©panien  fanb  beS  ,g>anbel§  roegen  ben  ftärf= 
ften  Slnhang.  Unb  ba§  $ntereffe  feiner  ©tabt  galt  ty.  fo  ju  jagen  al§ 
ba§  ^ntereffe  bei  ßanbe§.  9ll§  3Bilhelm  II.  feinen  berfef)lten  ©taatSftreich  gegen 
Stmfterbam  führte,  berblieb  5ß.  in  ber  Neutralität ,  melche  ihn  aud)  an  bem 
fdjroffen  auftreten  ber  Jöider  unb  ber  anberen  Slmfterbamer  Regenten  feinen 
üttjeil  nehmen  liefe;  boch"  at§  bann  ber  $rina  geftorben  unb  ber  sJlatt)$penfionär 
6atS  nad)  Slbbattung  ber  „©rofeen  23crfammlung"  feine  ©teile  niebergelegt 
tjatte,  liefe  5ß.  fid)  nad)  langem  ©häuben  unb  unter  eigentljfimlid)en  23ebingungen, 
namentlich,  um  einer  Söieberljolung  be§  Verfahren!  ber  3at)xe  1618  unb  1619 
borjubeugen,  1651  auf§  Neue  ^urn  9tatt)§penfionär  ernennen.  3\n  nächsten  $al)r  ber= 
fudjte  er  al§  aufeerorbentlidjer  ©efanbter  bergebenS  ben  $rieg  mit  ©ngtanb 
abäuroenben  unb  fam  burch  feinen  ßifer  für  ben  fyrieben  in  SJerbadjt,  im  ($e= 
heimen  mit  ben  Snglänbem  äufammenauljalten  au§  gcinbfchaft  gegen  ba£  oranifdje 
«£)au§.  2)a§  SSolf  motlte  fein  ^>au§  in  Slmfterbam  unb  fein  ©chlofe  in  ^eemftebe 
plünbern;  roogegen  bie  ©taatcn  i()n  in  ihre  protection  nahmen.  9lidjt  lange 
nadjber,  am  21.  Februar  1658  ift  er  geftorben,  ben  9tuf  eine§  fähigen,  roenn 
aud)  nidjt  immer  grofe  benfenben  unb  Ijanbelnben,  etroa§  fteinlidjen  unb  nicht 
immer  cncrgifdjen  unb  uneigennützigen  ©taat§manne§  mit  in§  ©rab  nerjmeub. 
Den  dürften  unb  gvofeeu  sperren  unb  t)öfifchen  Diplomaten  in  ^ranfrcidj,  (Sng= 
lanb  unb  Deutfd)lanb  gegenüber  erfchien  ^auroä  auftreten  äl§  ©efanbter  ctroa§ 
tplperig  unb  fteif,  roie  Sßicquefort  fagt :  *ß.  mar  fd)on  fein  Kaufmann  meljr, 
blofe  Siegent,  roenn  er  aud)  ba§  bäterlidje  Vermögen  eifrig  bermehrte.  23on 
feinen  fünf  Sßrübern  roar  ber  ^meite,  9JHd)el  (geb.  1590),  ber  ©tifter  einer 
eigenen  fleinen  ^flanjung  „^abonia"  am  «Ipubfon  im  jetzigen  9tero  Werfet), 
roetdje  er  aber  1637  ber  äöeftinbifdjen  Gompagnie  berfaufte;  ber  britte,  Oleini  er, 
(geb.  1591)  mar  nid)t  roeniger  at§  55  3fat)re  lang  9Jlitglieb  unb  *prüfibent  be§ 
•gjotjen  9tatlje§  (2lppeu%  unb  (JaffationStjof)  bon  £>oEanb  unb  ©eelanb ;  ber  bierte, 
GornetiS  (geb.  1593)  rourbe  sroan^igiährig  ber  erften  nieberlänbifchen  ©efanbt= 
fctjaft  in  Gonftantinopel  attad)irt,  bann  (Sonfut  in  Slteppo  unb  1631  ©efanbter 
beim  $önig  ©uftab  2lbolf,  ben  er  aud)  auf  feinem  ©iege§juge  begleitete,  roie  er 
aud)  fpäter  bie  äJerbinbungen  ber  Otepublif  mit  Orenftjerna  Vermittelte ,  einer 
ber  erften  Diplomaten  bon  33eruf,  roetdje  bie  nieberlänbifcije  ©efchidjte  ääljlt. 

Stergl.  $liteema,  Saeken  van  Staet  en  Orlogh.  —  SBicquefort,   Hist.  des 

Prov.  Unies  unb  L'Ambassadeur.    —    SÖagenaar'ä  Amsterdam,  unb  Vaderl. 

Gesch.  unb  bie  Noten  be§  ban  2Bl)n  ju  berfelben.  —  SSreebe,  Gesch.  d.  Nederl. 

Diplomatie.  —  Arend.  v.  Rees,  Brill  &  v.  Vloten:  Alg.  Gesch.  d.  Vaderl. 

—  Ütybeman,  De  zee  betwist.  ■ —  ßoenen  in  Nijhoff's  Bijdragen  VI  &  VII. 

$.  S.  «ücüller. 
^ailtt):  ^eterip.  (^ßaam,  $abiu§),  Str^t,  1564  in  3lmfterbam  geboren, 
batte  juerft  unter  93ontiu§,  ^>eurniu§  unb  S)obonaeu§  in  Serben,  fpäter  unter 
Duret  unb  f5fa!6re  in  5$ari§  5Rebicin  ftubirt  unb  fid)  auf  ber  letztgenannten 
Uniberfität  bor<$ug§roeife  mit  anatomifcben  arbeiten  befcbäftigt.  3u  feiner 
meiteren  2lu§bilbung  ging  er  nad)  ütoftod,  roo  er  1587  bie  SDoctorroürbe  er= 
langte,  unb  fobann  nad)  5pabua,  roo  er  unter  gabrijio  feine  anatomifdjen 
©tubien  fortfetjte.  9lacr)  ber  Siüdfebr  in  feine  .^eimatl)  tnurbe  er  1589  jum 
SProf-  ejtraorb.  für  33otanif  an  ber  Uniberfität  ßet)ben  ernannt,  alSbalb  aber 
jum  5)3rof.  orb.  für  biefe§  ©ebiet  unb  für  Slnatomie  beförbert.  Wad)  beiben 
Dichtungen  hin  hat  fich  5ß.  um  bie  Set)bener  Uniberfität  fehr  berbient  gemacht; 
auf  feine  Sßeranlaffung  mürbe  ein  anatomifdjeä  Stheater  gebaut  unb  ein  bota= 
nifcher  ©arten  angelegt  unb  an  beiben  $n#ituten  Ijat  er  bi§  ju  feinem  am 
1.  Sluguft  1617  erfolgten  ütobe  al§  Seljrer  eine  erfolgreiche  £t)ätigfeit  ents 
midelt.    —   S5on    feinen,    borjugSroeife   Sotanif   unb    2lnatomie    behanbelnben 


$auro.  303 

©chriften  berbienen  namentlich,  „Hortus  publicus  acad.  Lugd.-Batav.,  ejus  ichno- 
graphia,  descriptio  etc."  (1601,  erweitert  1603  unb  1629  ,  ,,Primitiae  anatomicae 
de  humani  corporis  ossibus"  (1615.  1630,  1633),  ..Andr.  Yesalii  epitome 
anatomica''  (mit  flöten  unb  Gomm entarten  berfet)en,  1616,  1633),  ,.De  vulvula 
intestini  Bauhini"  (in  feinen  ,,epistolae  ad  aroicos"  in  Fabricii  Hildani  Opp. 
med.-cbir.  abgebrudt)  unb  ,,Observationes  anatomicae  selectiores'-  (in  Bartholini 
historiarum  cent.  III  et  FY)  tjeröorgehoben  ju  merben.  (Jine  bon  it)m  ber» 
fafete  „Methodus  anatomica"  ift  bi§  jutn  (Snbe  be§  nötigen  3al)rb,unbert§ 
h^nbfdjriftlidj  aufbewahrt  gewefen,  fcrjetnt  feitbcm  aber  berloren  gegangen 
3u  fein. 

lieber  fein  Seben  bergt,  ßberarb  Vorfi ,  Oratio  funebris  in  memoriam 
P.-P.,  Seib.  1716  unb  ©uringar,  Gesch.  van  het  geneeskundig  Ondenvys 
van  de  Leyd'sche  Hoogeschool.  —  @in  Veraeidjnifj  feiner  anatomifdjen 
©djriften  ftnbet  ftdj  in  Rätter,  Bibl.  anat.  I.  331. 

«.  £irfch. 
^OUÜJ:  Retnier  $.,  niebertänbifdjer  Staatsmann,  geb.  156-1  in  9lmfterbam, 
mar  ber  ©otm  be§  2lbrtan5ß.,  ber,  auä  (Souba,  mo  feine  Familie  fdjon  länger 
al§  ein  3a&rf)unbert  in  hof)en  (5t)ren  ftanb,  nach.  Slmfterbam  übergefiebett,  ba= 
felbft,  namentlich,  burdj  ben  Cftfeetjanbet,  großen  Reichtum  erworben  hatte, 
im  $.  1568  Wegen  ber  herborragenben  Rotte,  wetctje  er  al8  eifriger  Reformator 
in  ben  2Birren  ber  fechjiger  fahren  gefpiett,  nad)  Smben  geflüchtet  unb  erft 
nach  jetm  fahren  aurüdgefehrt  war ,  boch ,  nacr)  bem  ©turj  ber  tattjotifch^n 
©tabtregierung,  26.  Wlai  1578,  ^um  ©chöffen  erwählt,  fchon  im  #«bfte  bee= 
felben  Jahres  ftarb.  Der  ©ohn  erbte  be§  Vater§  Oteichthum  unb  Grinftufc  in 
feiner  ©tabt  unb  ftanb  batb  boran  unter  ben  ^auftjerren,  wetche  immer  neue 
^panbelswege  auffucfiten ,  wäbrenb  er  jugleid)  in  ber  ©tabtregierung  unb  ben 
©taaten  feinen  geringen  Sinftufj  erwarb.  6r  gehörte  ju  ben  eifrigften  Vertretern 
bei  6a[oini§mu§  unb  erfafi,  Wie  e§  fcheint,  in  ben  Unternehmungen  in  ^nbien 
unb  2lmerifa  nicht  allein  ben  commercietlen  fonbern  auct)  ben  politifdjen  Vor= 
ttjeil  unb  namentlich  bie  Mittel,  ©panien  unb  bie  fatt)olifcf)e  Religion  p  fdEjäbtgen. 
@r  nahm  herborragenben  Slntijeil  an  ber  @rrict)tung  ber  Vereinten  Dfiinbifdjen 
Gompagnie  unb  fucfjte  audj  bie  $läne  be§  SBeffelinr  um  eine  weftinbifdje  juftanbe 
3U  bringen,  ju  berwirflic£)en.  2öie  e§  fctjeint,  fjaben  bie  weit  au§einanberget)cnben 
Slnfidjten  in  biefem  fünfte  eine  geinbfdjaft  swifdjen  itjm  unb  Dlbenbarnebelt 
Wenn  nicfyt  tjeroorgerufen,  fo  bod)  genät)rt,  Welche  fdjon  in  ben  Sauren,  al§  über 
ben  ©tiltfianb  mit  ©panien  gehanbelt  würbe  (1607—9),  $.  an  bie  ©pike  ber 
Dppofition  gegen  ben  Slbbocaten  brachte,  freilich  ein  fdjroffer  ßatbinift,  ein 
Verfechter  beS  fortmäbrenben  $ampfe§  mit  ©panien,  baju  feiner  ©tabt  eine 
Taft  unabhängige  ©teHung  binbicirenb,  tonnte  $.  mit  bem  -gmupt  ber  ßibertiner, 
ber  ^rieben§partei  unb  ber  ©taatenfouöerainität  mdjt  aufammengetjen,  wenn  er 
auct)  bann  unb  Wann  wie  1613,  al§  er  ttjettnaljm  an  ber  ©efanbtfctjaft  nad) 
Qjngtanb,  um  ben  ©treit  ämifdjen  ben  engtifdjen  unb  niebertänbifdjen  ofttnbifdjen 
ßompagnien  p  berfötjnen,  mit  it)m  einen  Söeg  ging.  %n  ben  folgenben  ^atjren 
ftanb  5)}.  mit  granooig  bon  Slerflenä  an  ber  ©pike  ber  Galbinifien  in  £oIIanb 
unb  eS  erWedte  gro|e  (Sntrüftung  unter  ben  ßibertinern  unb  bei  allen,  welche  nietjt 
bon  5parteiha^  erfaßt  Waren,  all  er  eine  ©teile  im  aufjerorbentüchen  ©eridjtsbof 
erhielt,  Welker  ben  Stbbocaten  äu  urtt)eiten,  ober  beffer  gefagt,  ju  berurttjeiten 
hatte.  Sie  remonftrantifche  unb  libertinifche  treffe  überhäufte  5ß.  mit  bitterem 
^>ohn,  namentlich  Vonbel  hat  ibn  hart  angegriffen.  S)och  Würbe  er  fürs  nächfte 
§ahr,  1620,  jum  achten  9ttate  jum  Vürgetmeifter  erwählt.  S)ann  aber  berliefj 
ibn  bie  ©un|l  feiner  Mitbürger;  in  ber  ©tabt  berlor  er  feinen  ßinflufj;  eine 
©efanbtfctjaft  in  S)eutfcbtanb,  1623,  tonnte  ihn  bafür  nidjt  entfehäbigen.     1625 


304  c4?ouh)el§  —  *ßat)en. 

mufjte  er  e8  felbft  erleben  bom  23olf  bebrotjt  ju  werben  roegen  einer  2lnfd}ulbiguug 
be§  berbotenen  -gmnbelä  mit  (Spanien  unb  in  ben  jetjn  legten  Safjren  feines 
SebenS  fat)  er  fioax  jeine  Familie  in  bot)en  (Stjren  unb  feinen  älteften  ©ot)n  alä 
einen  güljrer  ber  nieberlänbifcrjen  ^olitif  tfjätig,  aber  gerabe  für  bie  ^rinciüien, 
meldje  er  auf§  SIeufjerfte  befämpft  rjatte.  gortroätvrenb  nafjm  ty.  einen  regen 
5lntfjeU  an  ben  Unternehmungen  auf  bcm  ©ebiete  be§  Jpanbetä  unb  ber  6oloni= 
fation.  @r  beteiligte  fidj  lebtjaft  an  ber  meftinbifctjen  ßompagnie  unb  an  ber 
Einlage  ber  Kolonien  in  9torbamerifa,  mo  fein  ätoeiter  ©ohn  mit  feinem  finanziellen 
Seiftanb  bie  Kolonie  ^abonia  am  Jpubfon  grünbete.  Sr  ftarb  163G,  ein 
£rjbuä  jener  ftarfen,  energifctjen  unb  fähigen  ©eneration  bon  $aufleuten  unb 
Regenten,  bie  an  ber  ©pitje  beS  ©taateä  bod)  zugleich.  .Ipanbetäleute  blieben, 
©eine  23rüber,  ber  eine,  5ßeter,  ein  fjofjer  Beamter  ber  5probtn3  -"potlanb  unb 
23ater  be§  bekannten  Anatomen  unb  33otanifer§  ^etruS  5ßabiu§,  ber  anbere, 
$acob,  23ürgermeifter  bon  SDelft,  roaren  iljm  fctjon  lauge  in8  ©rab  boran= 
gegangen.  SDrei  feiner  ©örjne  aber  rjaben  ben  Sftuf  feiner  SönnKc  glänjenb 
erhalten. 

33gl-  SBagenaar,  Amsterdam  unb  Vaderl.  Historie,  23b.  IX.  —  ßommelin, 
Amsterdam.  —  9lrenb,  ban  9iee3  unb  33rill,  Alg.  Gesch.  des  Vaderlands.  — 
©bereue  Sitteratur:  Äoenen  in  ftijfjoffg  Bijdragen,  1.  ©erie  33b.  VI  unb 
über  ^ßauro'ä  33atcr  bon  bemfetben :  Adriaen  Pauw :  Eene  bijdrage  tot  de 
Handelsgeschiedenis  der  16  eeuw.     Amst.  1842. 

«P-  8.  Füller. 

^autticIS:  93artrj6lemt)  $.,  Shutfer  in  ©ent  bon  untergeorbnetcr  23e= 
beutung,  beffen  SH-ucfroerfe  eine  fetjr  mittelmäßige  3Iu§fübrung  aujmeifen.  ©eine 
Jbätigfeit  erftrecft  fidj  bon  1642  —  1644.  9tach  feinem  im  lefjtgenannten  $at)re 
erfolgten  £obe  führte  feine  SBittroe  baä  ©efdjäft  bi§  1647  fort,  bon  ba  ab  ber= 
fdjroinbet  ber  Warne. 

gerb.  2)anberr)aegen,    Bibliographie  Gantoise.    8  tora.    Gand  1858 — 66. 

ty  a  l 1  m  a  n  n. 

"llkljeu:  9licola8  $.  ($aien,  5)3aen,  5pabenu§),  ein  *priefter  unb  ßomponift 
be8  16.  ^atrchunbertä,  geboren  gegen  1512  in  ©oignie§,  mo  er  anfänglich  ©änger= 
fnabe  mar,  fpäter  aber  mar  er  in  ber  fpanifdjen  ^ofcapelle  in  9Jtabrib  in  gleitet 
©igenfchaft  thätig.  Sie  alten  ütecfmungen  im  bclgifchen  Slrcbib  jäblen  irjn  nodj 
im  %.  1526  als  folchen  auf.  ©päter  mürbe  er  in  berfelben  (Sapelle  fogenannter 
„chapelain  des  hautes  messes" ;  barunter  berftanb  man  bie  (Slite  be§  ©änger= 
chor§.  Um  1556  befleibete  er  ben  Sapetlmeifterpoften  in  berfelben  (Sapelle  unb 
ftarb  im  5lprit  1559  ^u  9Jtabrib  (3f6ti8,  Biogr.  univers.).  35erbiente  @apelt= 
mitglieber  erhielten  in  bamaliger  3eit  fogenannte  ^räbenben  unb  *p.  bejafj 
beren  brei,  mie  93an  ber  ©traeten  (La  musique  aux  Pays-Bas,  93b.  3,  p.  148) 
in  ben  belgifchen  3lrcbiben  gefunben  hat.  2)ort  fjeifjt  eä  am  3.  ^uni  1553 
„9Jce|firc  9ticola§  ^ßatjen,  SapeUfänger  ber  hoben  2)ieffe,  ertjält  au§  ber  Sßräbenbe 
äu  236tr)une  45  ßibreS,  9  ©ol§;  au§  ber  ju  ©oignie  44  ßibreg,  10  ©ol§  unb 
aug  ber  ju  ßen§  43  ßibreg,  16  ©ol§,  8  ®enier§,  ©umma  133  Sibre§,  15  ©ot§, 
8  ®enier§."  f$e^i§  nennt  anbere  5präbenben:  eine  ^u  ©aerbliet,  ^u  93alencienne§ 
unb  9tibeHe§  unb  fügt  noclj  {»inju:  fpäter  mürbe  er  pm  S)edjant  au  Surn^out 
um  1558  ernannt.  SDa  %H\%  fjierau  feine  Quelle  beraeicljnet  unb  33an  ber 
©traeten,  ber  bie  betgifdjen  Slrd^ibe  fet)r  genau  unterfucht,  nictjt§  berartigeS  ge= 
funben,  fo  muffen  mir  biefe  eingaben  borlaufig  auf  fidj  berufen  laffen.  2)on 
^atjen'S  ßonibofittonen  finb  un§  burd)  ben  S)rud!  nur  18  ©efa'nge  erhalten, 
bielleid^t  finben  fict)  in  ben  Sibtiotbefen  ©panieng  ^anbfdjriftlich  nodtj  einige, 
bodj    finb    bie   bortigen  SSibtiottjefen    bem  Slugtänber   berfdjtoffen   unb   bie   ein= 


$ecbe.  305 


heimifchen  «Dluflfer  haben  bis  jefct  fein  ^ntereffe  Tür  bie  alte  Äunft  fle^eigt.  Siefe 
18  ©efänge  ftnb  gröfetentheitS  in  ©ammetmetfen  beutfcher  Verleget  beS  16.  3abr= 
bunbertS  erfctjienen  (fiehe  meine  Bibliographie,  Berlin  1877  p.  775).  2lmbroS  bat 
einen  £heil  berfelben  in  «Partitur  gefeht  unb  berichtet  barüber  im  3.  Bb.  feiner 
©efchichte  ber  Elufif  p.  303:  qjaijen'S  3Jtotctten  finb  ernft  unb  tüchtig,  aber 
hoilen.  ©ine  feiner  beften  Gompofitionen  ift  bie  Motette  au?  ben  £ob  ber 
ßaiferin  Sfabella,  ©emarjlin  ÄarlS  V.,  „fie  tönt  wie  baS  bumpfe  fallen  einer 
Sobtenglocfe".  2IIS  «Dlciftcr  funfiPotter  canonifcher  ©timmenfübrung  aeigt  er  fich 
in  ber  'fünfftimmigen  Motette  „Resurrectio  Christi".  2lu£er  Motetten  finb  auch 
einige  ßhanfonS  unb  ganjonetten  befannt,  bie  aber  noch  ber  Prüfung  harren. 
3)aS  beutfebe  geiftliche  Sieb  in  ®eorg  fthau'S  Sammlung  bon  1544  „%n  ©ott 
glaub  ich"  hat  wahrfcheinlich  urfprünglid)  tateinifetjen  Sejt  unb  ift  ber  beutfehe 
2ert  wobt  erft  buref)  9thau  untergelegt,  bamit  baS  Sieb  feinen  Stoecfen  btenftbar 
würbe.  ^°6-  ®üner. 

töedje:  £herefe  $.,  ©chaufpielerin,  geboren  am  12.  October  1806  au 
gßrag,  ftarb  am  16.  «Hfcära  1882  31t  SBien.  2herefe  $.,  beren  ^ugenbgefchichte 
bis  tjeute  nicht  genügenb  aufgehellt  ift,  mar  bie  Sochter  eineS  öfterreichifchen 
DfftcierS.  ©ie  fpielte  in  früher  Sfugenb  auf  ber  Siebhaberbühne  beS  fog.  9hfla§= 
theaterS  unb  trat  balb  auch  öffentlich  unter  £otbeinS  ßeitung  auf.  fltadj  ben 
«Mitteilungen  eines  getoiffen  ftriebrich  aus  ftranffurt,  beS  BerfafferS  bon  „Bieraig 
3ahre  auS  bem  Seben  eineS  lobten"  a°3  fie  bann  am  fthein  mit  einer  Menagerie 
herum  unb  aeigte  fich  als  Sircaffierin  berfteibet,  als  ©chtangenbänbigerin.  $ener 
griebrich  entbeefte  fie,  entaog  fie  ihrem  SBirfungSfreiS  unb  brachte  fie  auf  bte 
Büfjne  auritef.  ©ie  fetbft  hat  fpäter  nach  einer  Wittheitung  ber  91.  freien  treffe 
biefe  abenteuerliche  ^ugenbfahrt  als  erfunben  beaeiebnet.  $m  SBinter  1826  27 
mar  fie  jebcnfattS  —  ob  mit  £$riebrichS  £ütfe  ober  ohne  biefe  ift  faum  mehr 
befinitib  feftjuftellen  —  TOglieb  ber  Pereinigten  =Tbeater  ßöln-Sonn,  benen 
ftingelbarbt  als  ©irector  borftanb.  3n  ®onn  fah  fie  91.  SB.  bon  ©chteget  als 
3utie  unb  war  bon  ibrem  ©piete  „überrafebt,  erftaunt  unb  bejaubert".  3n 
einem  Briefe,  ben  ©chleget  ber  .Rünfilerin  nacb  ber  Borfteltung  bon  «Romeo  unb 
3utie  bamalS  fchrieb  (unb  ber  1839  in  Bäuerin  Sheateraeitung  «Jtr.  208  ber* 
öff entlicht  Würbe),  fagte  er  ihr,  eS  fei  ihr  gelungen  in  „biefer  gewagten  «Rolle  bte 
ganae  ©ewalt  ber  Seibenfchaft  auSaubrücfen  unb  boch  alteS  mit  ber  ftttfamften 
Sattheit  unb  «ttnmuth  au  übertleiben".  Unb  meiter  biefe  eS:  ,,©te  finb  berufen 
bie  äöerfe  wahrhaft  grofjer  Sichter  burch  ^hre  ©arftettungen  aur  irfchetnung  au 
bringen  ...  ©ie  bebürfen  feiner  gelehrten  Anleitung,  ©ie  befifeen  alles  2öefent= 
tic£)e  unb  3br  natürliches  ©efühl  wirb  fie  am  richtigen  leiten."  Die  gtänaenbe 
Sufunft,  toelcbe  ihr  ©chlegel  propheaeiljte,  würbe  rafch  aur  SBirfttchfett.  1827 
würbe  5ß  als  erfte  tragifche  Siebhaberin  für  baS  Hamburger  ©tabttheater  engagirt, 
an  bem  fie  um  fo  met)r  mirfte,  als  fie  nach  Uhbe'S  auberläffigem  Urthetl  bamalS 
baS  einaige  Witgtieb  war,  „Welchem  ber  unfagbare  fteia  höchfter  poehfeher  äöetbe 
Pcrlie^en  war".  3hre  ©chönheit  beftätigt  SeWatb  auSbrücflich.  Obgleich  fte  balb 
Siebling  ber  Hamburger  würbe,  unteracichnete  fie  boch  1828  einen  lebenslänglichen 
Sontract  für  baS  ©axmftäbter  ^oftbeater  unb  bertaufchte  btefeS  m  jotgenben 
^ahr  mit  bem  £oftheater  in  Stuttgart.  2lEein  auch  bier  war  threS  BletbenS 
nicht  lange.  SBar  fie  in  ©armftabt  erbitterten  ^ntriguen  gewichen,  fo  bertrieb 
fie  auS  ©tuttgart  bie  9tibatität  ber  bom  Äönig  begünftigten  9lmalie  ©tubenrauch. 
3u  ihrem  Bortbeit!  Denn  nun  erft  trat  fie  in  einen  ÄunftfreiS  unb  auf  eine 
©tätte,  bie  in  theatralifcher  £nnficht  au  ben  erften  gehören:  fie  würbe  3Jtttglieb 
beS  ^ofburgtheaterS  in  SBten.  Bis  au  ibrer  ^enfionirung  186/  War  fie  Wit« 
gtieb    biefer   ^erborragenben    Bühne    unb    wirfte    in    bem*    erften  2h eil    btefer 

Slttgem.  beutf^e  SBtogra^ie.    XXV.  20 


306  5ßed&lin. 

^eriobe  burdj  ba§  3a*te,  ©innige,  ßiebXirf)e  ib,re§  Talents  unmiberfterjtid)  in 
Collen  wie  Ophelia,  $ortia,  Marianne,  JUärdjen  if.,  unb  öertrat  fpätcr  at8  i^r 
Organ  ben  tiebtidjen  JHang  Pertoren  tjatte,  ba§  $ad)  ber  ©atonbame  meift  mit 
2}ornet)mt)eit,  aber  leiber  nidjt  immer  mit  ©rjolg.  —  ©apr)ir  rühmte  ir)i*  treffenb 
uad),  bajj  fie  ju  bem  ©ejütjt  bie  33ilbfamleit,  jur  ©mpfinbung  ba§  9Jtaf3  unb 
jur  ßeibenft^aft  bie  ©renje  rjinaujufügen  toerftetje  unb  bafj  itjre  SDarfteEungen  an 
bem  (Slement  ber  9Jtäfjigung  gezeitigt  mären.  —  ©eit  1840  mar  fie  mit  bem 
granjojen  Sötmel  be  Sauget  Permäfjtt,  ber  1864  ftarb. 

3ofef  -ßürfdjner. 

^cdjltlt:  Tsriebridt)  ßtjriftian  gf^'&inanb,  33a  ron  ö.  $.,  Diplomat 
unb  Didjter.  6r  mar  geboren  in  9torburg  auf  ber  fd)le§migfd)en  $nfet  Sllfen, 
mo  fein  2)ater  .ftammerfjerr  9t.  £).  Saron  t>.  ^ß.  bamal§  Amtmann  mar,  am  22. 
Januar  1789,  roibmete  fid)  bem  ©tubium  ber  9fted)t§miffenfdjaft  unb  beftanb  bas 
juriftifdje  9tmt8ej:amen  1811  mit  2tu§jeid)nung.  1813  marb  er  9lu§cultant  in 
ber  fd)le§mig=rjolfteinifd)en  ^anjtei  in  Äopenljagen.  Darauf  trat  er  1815  in  bie 
biptomatifdje  ßaufbatjn  ein  ai%  Segattonäfecretär  bei  ber  ©efanbtfdjaft  in  granf= 
fürt  a.  sJJc.  ©egen  (Snbe  beö  $af)reä  1823  marb  er  Deputirter  in  ber  fd)le§m.=rjolftein. 
^anjlei.  Dod)  bauerte  bteö  nur  bil  1825,  ba  er  mieber  jur  Diplomatie  unb  nadj 
gfranffurt  3urüdferjrte  al§  33unbe6tag§gefanbter  für  <£>otftein.  äßätjrenb  biefer  geit 
marb  er  fdrnn  1825  föniglidjer  Äammerljerr,  1826  Sommanbeur  tiom  Danebrog, 
1828  aud)  DanebrogSmann,  1834  ©rofjfreuj  öon  Danebrog,  1841  ©etjeimer 
Sonferenjratrj  unb  ©jceUenj.  2lud)  feitenä  ber  S3unbe§fürften  mürben  it)m 
mancherlei  siu«3eid)nungen  311  Irjeil.  $m  3-  1848  marb  feine  ©teüung  in 
granffurt  unhaltbar.  'Jcadjbem  er  eine  3eit  lflnS  °^)ne  Function  gemefen,  marb 
er  1852  jum  ©ouöerneur  unb  ßanbbroft  be§  £)er3ogtl)um§  Sauenburg  ernannt. 
1856  marb  er,  auf  fein  ^nfucfjen,  au§  biefem  Dtenft  mit  *)3enfion  enttaffen  unb 
trat  in  ben  9tur)eftanb,  in  bem  er  nod)  bi§  1865  gelebt  Imt.  2113  Didjter 
mactjte  fid)  ty.  perft  befannt  burd)  feine  Ueberfetmng  öon  Stomas  2ftoore'§ 
ßalla  ütooffj  1830.  Dann  folgten  Sammlungen  feiner  Irjrifdjen  ©ebidjte,  1840, 
1842,  1852.  @igent()ümtid)  ift  fein  53erfud),  bie  SBeltgefctjidjte  in  Werfen  mieber= 
mieberjugeben :  „9lad)ftänge  ber  alten  ©efdjidjte,  mieberrjattenb  bi§  in  bie  ^leu^eit", 
1844,  2.  3lufl.  1856.  @r  tfjeilt  bie  2öeltgefd)id)te  in  9  ^erioben,  befingt 
bie  Söegebentjeiten  jcber  ^eriobe  unb  fdjliefst  bie  neuefte  3eü  m*t  biefer 
Steflejion : 

2ßer  fidt>  an3  Grroige  nidjt  fjält, 

£er  muJ5  oeraroeifeln  an  ber  SBett, 

£enn  nimmer,  nimmer  tmrb  er  löjen 

®a§  große  9tätf)fel  öon  bem  SBojen, 

5ßon  feinem  j^lud)  unb  feinen  Letten 

$ann  ein  @rlöjer  nur  erretten. 

SBirb  neu  er  au§  ben  2Bef)'n  geboren 

£er  3^ten»  °ie  aud)  ttjn  oertoren, 

Sann  ift  ba§  Seben  au§  ben  Söanben 

£e§  Jobe§,  2ag  au»  9iad)t  erftanben. 

Diefer  Sßerfudj  ift  trofe  feiner  2  Auflagen  nidjt  gerabe  afö  gelungen  ju 
betradjten! 

5ltberti,  ©djriftftetterlerifon.  —  Srümmer,  S)id)terlerifon. 

Sarftens. 

$ed)ltlt:  Sodann  Nicolas  «p.f  Slr^t,  1644  (ober  1646)  in  Serben  ge= 
boren,  ^atte  bafetbft  5)lebiciu  ftubirt  unb  nad)  SSertljeibigung  feiner  „Dissertatio 
de  apoplexia''  1667  bie  SDoctormürbe  erlangt.  9tad)  einer  größeren  miffen* 
fd)aftlid)en  üteife  burdj  Italien,  mo  er  fid)  längere  Qdt  auf  ben  bebeutenbften 
Unioerfitäten   aufgehalten  Ijatte,   mürbe  er  1673  ^um  ^rofeffor  ber  ^tebicin  in 


5|Jed&Itn.  307 

Atel  unb  1680  mit  bem  ütet  JpoTratf)  äum  Seibatjt  bes  -Jperaogg  Gljriftian 
Sllbrecfjt  Don  Jpolftein=($ottorp  ernannt.  9lacfj  bem  21betspatent  bei  0.'fcfjen 
Familie  Dom  Safyxe.  1740  atmncirte  er  fpäter  ^um  3ufH$>  unb  Äanjleiratf).  Gr 
begleitete  ben  jungen  ^)erjog  $rieorid)  IV«  1698  nQd)  'Stucfrjotm,  roo  fid)  ber 
^er^og  mit  Äönig  Äarl'S  XII.  <2d)tt>efter  ^pebroig  (Soptjie  Dermalste.  Später 
(1704)  ging  er  atä  ^Begleiter  be§  bamatä  bierjatjrigen  ^erjogS  .ßart  fyrtebricf), 
bem  er  als»  Serjrer  beigegeben  mar,  nod)  einmal  batjin  unb  ift  tjier  im  Februar 
1706  geftorben.  —  S3on  feinen  titterarifdjen  arbeiten  (ein  äkrjeidjniB  berjeloen 
finbct  fid}  bei  Gforj,  f.  u.,  Rätter,  Bibl.  anat.  I  598,  Bibl.  chir.  I  419  unb  Bibl. 
med.  pract.  III  221)  öerbienen  „Observationum  physico  -  medicarum  libri  III" 
(£>amb.  1691)  genannt  <ju  werben,  bie,  neben  manchen  bon  ßeidjtgläubigfeit 
^ectjtin's  jeugenben  SSemerEungen ,  intereffante  anatomifd)e,  djirurgifctje  unb 
mebicinifd)e  9JUttt)eitungen  enthalten. 

eiotj,  Dict.  hist.  de  la  med...  Mons  1779  III,  507.  —  D.  b.  31a,  Biogr. 
Wordenboek  der  Nederlanden.  91.  <£>irfd). 

s}?edjUH:  ^otjann  gfxJjr.  b.  5ß.,  (Sbler  bon  Sötoenbad),  gottorpifcfjer 
(Staatsmann,  geb.  1677,  t  am  9  10.  Februar  1757.  9tact)  ben  Siiptomen, 
burd)  roetcrje  er  1740  in  ben  beutfd)en  3tbet=  unb  1743  unter  Seifügung  beS 
Samens  ßbler  d.  Söroenbad)  in  ben  beutfdjen  greirjerrnftanb  erhoben  roarb,  märe 
mit  $önig  Gtjriftian  I.  bon  Sänemarf  au§  bem  burgunbifdjen  Ärieg  (f.  St.  S). 
SB.  IV,  183)  ein  <Stepr)an  Sß.,  au§  ber  Dcormanbie  ftammenb,  mit  nacf)  ©cfjtesroig 
gefommen,  beffen  ©ofjn,  @nfel  unb  Urenfet,  Martin,  Ssofjann  unb  Martin,  „tapfer 
<See=  unb  Äriegemänner  roie  nid)t  meniger  Sanbbogt  au?  ber  jum  ^perjogitjum 
©djIeSroig  gehörigen  ^nfet  fyerjmain  gemefen".  ^otjann  5ß.  roarb  1703  Slfieffoi 
ber  gottorp.  %u)tifr  unb  föegietungifanalei  in  Scrjiesroig  unb  1710  Sufti5=  unb 
Äanäletratl),  mar  aud)  Cberbibliottjefar  ber  r)eraogl.  Sibttotrjef.  @§  mar  bie 
3eit  ber  fdjtoerften  politifdjen  Söirren  für  ba§  ©ottorper  -öaus  unb  ^erjog 
griebrid)  IT.,  au»  feinem  Sanbe  bertrieben,  mar  1702  bei  Gtifforo  gefallen; 
ber  bamats  erft  2  jätjrige  Äarl  griebridj  roarb  1704  unter  ber  .!put  ebenfalls 
eine§  ^ßedjtin  (f.  o.)  nadj  ©todfjolm  gebracht.  211s  1713  bie  gottorpifctje 
33ibIiott)et  in  bänifd)en  SBefifc  überging,  [teilte  ftdj  $.  ber  gottorp.  Regierung 
in  Äiet  jur  Verfügung.  Qu.  roiebcrtjotten  ©enbungen  an  ben  faifert.  <öof  ge= 
braucht,  roarb  er,  nactjbem  1719  §erjog  ßarl  gfriebrid)  bie  Regierung  in  $iel 
angetreten  blatte,  1720  jum  fctjle»roig  =  b>lfteinifd)en  ©taatSratf),  fpäter  }um 
©etjeimen  ScgationSrattj,  unb  enbtid)  jutn  Äanaler  ernannt,  ^erjog  Äarl  griebrid) 
ftarb  jdjon  1739  unb  e§  trat  auf'8  *fteue  eine  bormunbfd)aftüd)e  Regierung  ein 
(f.  u.  $eter,  Äaifer  pon  Otufjtanb).  9tad)bem  bann  .^erjog  (Äatf)  $eter 
(lllrid))  nad)  erlangter  2Rünbigteit§erf(ärung  bom  17.  ^uni  1745,  bie  Regierung 
über  ^oIftein=©ottorp  angetreten  rjattc,  aber  all  ©roBfürft=2:t)ronfotger  in  0ru§= 
lanb  feinen  2lufentrjalt  nehmen  mußte,  toarb  ein  gottorpifctjeg  9regierung»confeU 
in  ®t.  Petersburg  eingefe^t  unb  1746  marb  fy.  3um  gottorpifd)en  $orf analer 
unb  an  bie  ©püje  bee  gebadeten  donfeile  berufen,  in  toeldjcr  (Stellung  er  nodj 
11  Sab^re  bi§  an  feinen  Xoh  berblieb.  %n  bie  3ett  feiner  Seitung  ber  gottorp-- 
fd)en  Dlegierung  fallen  bie  midjtigen  S5erl)anblungen  mit  5Dänemarf  megen  be§ 
2lu§taufcrje§  be§  gro^fürftlicfjen  Slntb^eili  öon  ^olftein  gegen  bie  ©raffdjaften 
Olbenburg  unb  S)etmenb>rft,  bie  $.  aber  nid)t  sur  3ufriebenr)ett  be§  ^craoflS 
bon  ^olftein  fütjrte,  ber  irjm  bormarf,  merjr  bie  föniglicr)  bänifdjen  als  bie 
tjeräoglid)  gottorper  ^ntereffen  ju  bertreten;  menn  ber  bänifd)e  3}ert)anb= 
Iung§  =  Sommiffiir  öraT  önnar  (cfr.  Snnars  Staatöfct)riften  I,  ©.  280 — 467) 
gar  fo  toeit  getjt,  auf  ^ed)lin'§  ©eftnnung  einen  ®d)atten  ju  merfen,  fo  ift  bies 
bod)  eben  nur  bie  ©timme  eineS  ©egners  unb  man  barf  nictjt  berfennen,  bafe  5ß. 

20* 


308  SPeojlin. 

bei  biefen  SJerrjanblungen  mit  ungewöhnlichen  ©djwierigfeiten  ju  rennen  tjatte. 
äßätjrcnb  et  auf  ber  einen  (Seite  bon  ber  ifaiferin  (Slifabetb,  unb  bem  ruffifdjen 
(Srofecanjler,  bie  fid)  lebhaft  tut  ben  5lu§taufd)  intereffirten,  gebrängt  warb  unb 
häufigen  Eingriffen  ©eitenä  be§  ruffifdjen  £)ofeg  in  biefe  93ertjanblungen  au§^ 
gefeist  War,  begegnete  er  Bei  feinem  ^er^og  einer  entfdjiebenen  Abneigung  gegen 
ben  SluStaufcrj  unb  bei  bem  bäniferjen  33errjanbtung§=6ommiffär  einem  auffälligen 
fanget  an  23erü(ifid)tigung  ber  in  ber  SSiUigfeit  begrünbeten  ^orberungen  be§ 
^er^ogS,  woburd)  benn  bie  SBerftimmung  be§  fieberen  nod)  ertjörjt  werben  mufste. 
liefen  ©djwierigfeiten  roar  ty.  nidjt  gewadjjfen.  9ll§  nun  ber  ^erjog  warjrnarjm, 
baf3  bie  in  §  5  be§  irjm  boxgetegten  unb  beiberfeit§  genehmigten  Entwurfes 
enthaltene  93eftimmung,  wonadj  bie  reeiprofe  ©ucceffion  ber  tranfigirenben 
Käufer  bon  bem  SluStaufd)  nidjt  berürjrt  werben  folle,  in  bem  -gjauptbocument, 
ba§  bon  bem  bämfdjen  23errjanbtungg=Gommiffär  borgelegt  warb,  einfad)  au§= 
getaffen  Worben,  brad)  ber  ^erjog  bie  Söertjanb  hingen  ab,  mit  bem  beifügen, 
bafj  er  bon  biefer  Angelegenheit  nicf)t§  meejr  tjören  motte.  Sem  ^offanjter  warb 
bei  tjöcrjfter  llngnabe  berboten ,  auf  bie  ©acr)e  äurüdjufommen.  —  2)er  9lu§= 
taufet}  fam  befanntlidj  erft  nad)  s^etcr§  üobe  in  ben  Verträgen  bon  1767—73 
ju  ©tanbe.  2öa§  bie  Leitung  ber  inneren  b^lfteinifdjen  Angelegenheiten  angetjt, 
fo  ift  biefe  (Jpodje  buretj  ein  gänjtidjeS  Otutjen  ber  ©efetjgebung,  fomie  buret)  bie 
in  ber  traurigen  Sßeftprjatm'fdien  ©adje  geübte  Gabinetgjuftij  be;$eid)net. 

gtanfft,  9ceue  geneologifdje  sJtad)ridjten,  ©.  385,  784.  —  Oettinger, 
Moniteur  des  dates,  ©.  100.  —  3ebler,  Unib.=  ßer,  27.  53b.,  ©.  15.  — 
£Jf.  Ärogt),  Historiske  Minder,  ©.  81  ff.  —  ©rofjrjevaoglidjeä  £mu§=  unb 
(Eentral=9Ird)ib  in  Dtbenburg,  II,  3Ibtt»ett.  II.  (SBlenbljeimS  23riefe  an^edjlin; 
ßrmar,  ©taat§fd)riften  I,  ©.  220-28.)  fr  b.  $rogf). 

^cd)Iilt :  Starten  s}>.  ober  ^ßedjelrjn,  bon  ber  $nfel  getjmarn  gebürtig, 
(bgt.  o.  Sor).  b.  ^edjlin,  ©.  307),  einer  ber  witbeften  unb  blutigften  ßorfaren 
ber  9torb=  unb  Oftfee  im  erften  Viertel  be§  16.  3af)rt)unbert§,  mar  1525  neben 
ben  boctj  ebleren  GtauS  $nipt)off  unb  ©djiffer  Glement,  2  bänifdjen  Männern, 
mit  bem  ebenfo  raubenben  23run  oon  (Söttingen  in  ben  9tieberlanben  in  bie 
üDienfte  be§  auägeWiefenen  Königs  (Stjriftian  II.  bon  5Dänemarf  getreten  unb 
führte  einen  ferjonungälofen  Ärieg  gegen  bie  ^anfen  unb  bie  früheren  9teid;e  beS 
Äönigä.  9tad)  ,ttnibl)off§  ftatt  (f.  31.  ®.  SB.  XVI,  291  ff.)  waren  biefe  Seiben 
ber  ©djredcn  ber  9Jteere:  in  einem  einzigen  Sage  tjatte  $.  12  j?auffabrer 
(©dmten),  bie  nadj  ©djWeben  fuhren,  genommen  unb  105  9Jtann  „über  s-öorb 
getjauen",  b.  I).  bie  23efat$ungen  in§  Söaffer  geworfen.  3  fiübifdje  ,ftrieg§fd)iffe 
wagten  fid)  nid)t  an  ifm.  $ür  geWötjulict)  würben  bie  erbeuteten  ^atyrjeuge  ber= 
fenft  ober  fonft  bernidjtet,  falls  nidjt  tjotje  ßöfegelber  Oerfbroctjen  Würben.  3Iud) 
^iretjen  würben  ausgeraubt,  1526  waren  3Berne  unb  anbere  Äircrjcn  unb  ßlöfter 
ber  norWegifcfjen  Äüfle  gebtünbert.  21I§  am  31.  October  1526  ein  ©türm  im 
©fageraf  ben  ßübifd)en  33ergenfat)rer  Warften  2t)obe,  ben  Sitten,  unb  ben  2öi§= 
marfetjen  ©d)iffer  @Iau8  3Benbt  auf  it)ver  gatjrt  bon  33ergen  nad)  ber  Srabe 
3Wang  ben  fteinen  norwegifc^en  §afen  hinter  ber  %n]tl  ^ettöe  anjulaufen,  fanben 
fie  im  ©djeerfunb  (Sßeftetribfen)  tjinter  ber  ©djäre  9ltjfö,  einem  befannten  ©ee= 
räuberb^afen,  ben  „©tangentrerjer"  ^cctjuVä  mit  ftarfer  33efafeung  bon  ßnedjten 
^BrunS  liegen.  2c)obe  unb  Sßcnbt  befdjloffen  fid)  auf'g  3Ieu§erfte  ju  wehren  unb 
trafen  ib^re  Vorbereitungen,  mit  ©efdjüfe  Waren  fie  Wot)l  oerfetjen.  S)en  balb 
erfolgenben  Singriff  bermittelS  eine§  33ranber§  Wußten  fie  abaulenfen,  falten 
StuteS  unb  fid)er  bann  ben  Äretjer  felbft  ju  embfangen,  enblidj  ^u  entern  unb 
(ut  nehmen.  5p.  Würbe  wät)renb  be§  ^ampfc§  burd)  ben  lübifdjen  jungen  Äaui= 
mann  ©ert  Äorffmafer  (21.  ©.  33.  XVI,  703  f.)  niebergefdjoffen,  auch;  33run 
üon  ©öttingen  fanb  feinen  2ob,  bon  ber  80  9)tann  ftarten  33emannung  würben 


^edjmann.  309 


nur  6  fangen  unb  nad)  ©eered)t  über  SSorb  gemorfen  unb  nur  13  enttarnen 
wndift  n  2  Sooten.  4  babon  fing  ein  ftoftoder  @#tter  unb  fneb  ne  über 
Sorb  8  mürben  in  SBarberg  in  £aEanb  öon  i*rem  "eunte\J,aJur^eiQefS" 
lenoffen  qeföpft.  $ie  gemalte  Söeute  teilten  nad,  Ä«efl8r«|t  b«  Mannhaften 
ber 2  Mafien  S#  tDet(i,e  im  Äampfe  H  Sobte,  nacrjfjer  nodj  einen  jöer- 
mnn  eKltoKn  ?aUe'n.   3eber  ber  91  ^ann  betam  ben  SB ^ZZ^t 

Sübifd);  ba8  ttaubetWff  mürbe  ^«ÄftLt Mttft  1OT  » 
tirdje  Su  ßüberf  aufgehängt.  ®en  ßamp]  betrieb  Sorffmafei  felb jt  15 2 1  3). 
Ät  ben  ÄBie|t  herausgegeben  £er  ftuf  ber  6g^t  lief  ab« 
xa!4  but*  ben  Sorben  unb  öerantafcte  ein  balb  tierbreitete8  fjiftorifcr,e8$olr8- 
SbV  baiVan»  bon  ©öttingen  ben  Sergenfa^rern  SftbedB  fcf^:  »»»  J^1 
65  Heilen  ftnb  ».  25-65  ni$t8  al«  bie  in  üteim  umgefe|te  <^afjtung  ÄoitT- 
maf^V  1-24  fcfjilbem  bie  ©c$anbt*aten  $e*lin'8  bon  1524-25  m  ber 
Worbiee   Sült  bei  Atel,  fvebmarn,  galftetbobe. 

*  ©iefc  ©*afer  in  ben  £anf.  (BeWfttBbt.  VI  (1876)    -J^**v« 

b«3eitfix.  b.  Hamburg.  «,$.2,  143.  -  £ilbebranb,  100  W";*<>"*- 
lieber  «K  20  -  b.  ßiliencron,  £iflor.  SBoHBüeber  III,  ©■  534,  9lt.  398.  - 
Ä.  ©oebefe,  ©tunbrifc  II2,  ©.  292,  gtr.  72.  fttaufe. 

^Cdimamr.    ©abriel  Sß.  bon  ber  ©ctjönau,    laiferl.  Dberft,  t  1627.  — 
Unftreitig  einer  ber  begabteren  unb  tücfjtigften  Df  freiere  tm$ee«  äöattenftem  8, 
SSV  einer  rub^  unb  er,renboüen  friegerijc^en  ßaufbafm  bor  tnelen Ruberen 
Ken !    "ein    aHju   früher   £ob   auf   bem  ©c&>d)tfelb   mar  für  bie   faiferli^ 
©aXe  ein     ubnnbUrdertuft.   ©eine  £erfunft  ift  unbefannt.    3n  ber  ©dj  ad)t 
auf bemVeS  Serge  rümpfte  er  mit  großer  Satferteit  auf  ©rite  ber  borgen 
©tänbe      ©oV*alb  nadfter  fanb  er  mieber  ©nabe  am  SBienei  §ofe  unb  erlnelt 
%%    Mn  ber  ©djönau"  unb  «er  eine8  confiBrixtm  OuteB  ba»S»«W  « 
fflöbmen     Sann  fo^t  er  in  polnifcfjen  ©ienflen  gegen  bie  Surfen,   ©djon  1623, 
f  Cember,  empfing,  er  fein  erfte8  |at  ent  - .18 faiferli  d>er  Ob«  t    »£e  *axu« 
bie  potnifdje  »eftaEung  ausgeben.    Site  balb  bar  au!  mi /^    1?erl   Dberf 
uefcfjtoffen  mürbe,   mufcte  %  feine  Gruppen  abbanlen,   blieb   aber  !ai  ei O bei) 
üon  Lu8  au8."     Sei  Stellung   einer  neuen  2lrmee  burcf,  SMenftein  mar 
i "ein« ber  Wen,  bie  mit  Ctri^tunfl  eine8  Regiments  betraut  mürben.     3>a8 
&eite  latent  ba8  be8t)alb  ausgefertigt  mürbe,  bahrte  bom  4.  3um  1625.    « 
rier  nenen  ©JeEnng  gab  er  Von  Snfang  an  Semeife  feiner   au|erorbentticJen 
Setwenbbaxfrit      ©o   nafmi   er  Dertiorragenben  2lntl)eil   an  ber  einnähme  bon 
iXiftabt  unb  ^alle,    in   melier   lederen  ©tabt  er  aud,  eine  ßeit  lang  com» 
manbite     CbS  (SntWeibunfläWMt  am  25.  Slpril  1626   bei  bem  Sruden= 
op      on  4au  »te  er  bie  lliantgarbe  ber  griebWnbiWen  « ^mee  unb  trag 
ierbnlicfe  in  fo  au8giebiger  äöeife  3um  ©iege  bei,  bafe  t^n  m*  nui :  bei  Dbex- 
Mbtimlonbern  auA  bet  Äaif«  felbft  mit  überaus  fc^meic^el^a|ten  ©otten  be» 
San  8  Inb  be"   Ärtennung  auMneten.   «  auf  ber  SBalftatt  mnrbe  jjm 
eine  biplomatifc^e  Mfion  an  ben  furfäc^fifc^en  $of  übertragen    beten f  Cnbitte* 
aaetbinflä  I*e  texte ,  b  e  aber  bennoc^  bie  Seimigen  flurfa* f en8  äum  faiferli <  n 
SSer  SrientliÄ  fräftigte.   Huf  bie  9ta«ri^  ba^an8|elb    bebeutenb  bei= 
f      "nu    lern  «nfatt  in  ©d^lefien  b«*e,   ttutbe  $.  mit  50^21^^ 
adcfiidt    biefe8  Soxftaben  3u  l)inbexn.     Srofc  attet  Slnftrengung  ?edjmann  8    rar 
Äfe'lb ^  richtig  mit  i^m  in  ©d^fien  ein.  &  mu^te  fid,  baxaul  bef^xanfen 
bVm  4inb   ben  Uebetaanß   auf   ba8  Utile  Dbetutet  ju  mehren  unb  i^n  fo  biel 
mk   Ä    am    »BefterSian*    Sn    *nbexn.  J^»^ ^™toV™W 
Wittein  löfte   er  beibe  Aufgaben  nid)t   ob^ne  ©efc^idlidjfeit.     «Dtit   äüanen|tein 
3T«  Ä  nac^  Ungarm  -  Sm  hinter   1626-27   führte   er  m  Söaüen= 


310  ^djmann. 

ftein'3  5Xbtt>efentjeit  „als  rjinterfaffener  ©eneral"  ba§  ßommanbo  in  ©crjleften 
unb  Behauptete  fic£>  bafelbft  gegen  einen  numerifcrj  merjrfact)  überlegenen  f^einb, 
bi§  ber  ©eneratiffimu§  im  Suni  1627  fict)  roieber  mit  itjrn  Pereinigte.  23eibe 
begannen  bie  9tücferoberung  ber  öon  bcn  2)änen  befetjtcn  fctjleftfcrjen  ©täbte  unb 
begegneten  Jobann  bem  geinbe  im  freien  5elbe,  otjne  itjn  öorerft  jum  ©djlagen 
fingen  ju  fönnen.  2lm  23.  3fuli  mürbe  ty.  befetjtigt,  mit  700O  Leitern  ben 
gtücrjtigen  nadjjufetjen,  um  beren  (Sntfommen  jut  bänijcfjen  «Jpauptmacrjt  ju  tier= 
eiteln.  9tadj  einem  eilftägigen,  überaus  fütjnen  unb  befcfjroerlidjen ,  boctj  ebenfo 
flug  berechneten  3hieg§3ug  erreichte  er  bie  Verfolgten  eine  9tteile  fübtidj  öon 
Söernftein  in  ber  Dleumarf,  beim  SDorfe  ©ranom ,  roo  fie  5000  9Rann  ftarf 
lagerten.  Sr  fdjlug  fie  in  einem  nädjtlidjen  treffen  Pollftänbig,  bejatjtte  aber 
ben  ©ieg  mit  feinem  Seben  (3.  Sluguft).  6r  ftarb  or)ne  Ücadjfommenfdjaft  unb 
liegt  in  Örofegtogau  begraben. 

®.  „Defterreicfcllngar.  gteöue"  (äöien),  1887,  2.  £eft. 

^jallro  idj. 
^Cdjmamt :  Sbuarb  ülitter  ty.  b.  klaffen,  f.  f.  ftelbmarfdjatltieutenant, 
^räübent  ber  f.  f.  geograptjifcrjen  (SefeUfdjaft  «ju  9öien,  geboren  am  9.  gebruar 
1811  ju  Seltomir,  t  am  23.  Dctober  1885  ju  ®örj,  tjat  fict)  als  Leiter 
be§  öfterreictjifctjen  lHititärer,jiet)ung5=  unb  Vilbungsroefenä,  bann  al§  9Jcatt)ematifer, 
©eograpt)  unb  Atartograptj  ba§  2Inrectjt  auf  eine  bauernbe  Erinnerung  ermorben. 
Seine  ßrjietjung  unb  Slugbitbung  gcnofj  ^.  in  ben  Sfa^ren  1822 — 1830  in  ber 
äöiener^Jleuftäbter  ^Dlilitärafabemie ,  in  roeldjcr  er  unter  einer  aufjergeroöljnlict) 
großen  Mnjatjl  tüchtiger  Zöglinge  ben  9tang  be§  ^toeitbeften  cinnatjm.  21m 
10.  Dctober  1830  mürbe  5p.  al§  Lieutenant  jum  Infanterieregiment  9h.  16 
auSgcmuftert,  1834  aPancirte  er  jum  Oberlieutenant,  1839  ertjielt  er  feine  @in= 
Teilung  inä  Infanterieregiment  9lr.  17.  $n  biefer  Qtit  ftanb  er  anfangt  al3 
Gompagnieoffijier ,  bann  al§  23ataitton§= ,  i3nt)aber=  unb  2)iPifion8abjutant, 
enblict)  al§  (JonfcriptionSbepotcommanbant  in  53erroenbung.  ©djon  1840  trat 
ty.  au§  ©efunbtjeitisrücffictjten ,  nact)  anberen  eingaben  in  fyolge  einer  ritterlich) 
burctjgefütjrten  5£)ueltangelegent)eit,  melctjer  er  al§  ©ecunbant  beiwohnte,  in  ben 
9tut)eftanb ;  im  $.  1842  rourbe  er  jebod)  roieber  actioirt  unb  bem  f.  t  militär= 
geograptjifctjen  ^nftitute  <ju  Söien  augettjeilt.  ^ecrjmann'ö  nun  folgenbe  @r= 
nennungen  1848  jum  (Sapitäntieutenant ,  1851  jum  Apauptmanne  im  neu  er= 
richteten  ^ngcnieur=@eograpr)encorp8,  1858  $um  9ftajor  unb  1859  junt  £)berft= 
licutenant  maren  bie  rootjlPerbientcn  9lnerfennungen  für  feine  erfolgreiche  £t)ätig= 
feit  bei  ben  geobätifctjen  unb  aftronomifctjen  ßanbestiermeffungen ,  1854  mar  er 
im  Hauptquartiere  be§  £$felbntarfct)attä  (h^tjerjog  Sllbredjt,  fpäter  al§  35irector 
beä  ßalculbureaui  unb  1860  alg  Referent  bei  ber  ©eneralbirection  be§  ©runb= 
fteuerfatafter§  im  ginanäminifterium,  in  melctjer  letzteren  (Stellung  er  ficr)  neben* 
bei  burdj  organifatorifccjeS  SOßirfen  unb  @infüt)rung  mefentlidjer  Reformen  ganj 
befonber§  bemerfbar  machte.  5Damaf§  aöancirte  er  1860  ^um  Situlat»,  1861  jum 
mirflicrjen  Oberften,  1866  rourbe  er  aber  neuerlid)  in  ben  9tut)c[tanb  Perfekt, 
angebtict)  toeil  bie  Leitung  biefeä  *poften§  burcr)  einen  Militär  nidjt  gerne  gefef)en 
murbc.  $.,  melcr)er  fctjon  frütjer  für  bie  gelungene  Verbinbung  ber  öftcrreic|)ifcr)en 
Ü^ermeffungen  mit  bem  2riangulirung§ne^e  Pon  ühifjlanb,  Saieru  unb  ber  ©d)meij 
burcr)  mehrere  auStänbifccje  Drben  aulge^eicrjnet  unb  Pon  Pielen  geteerten  ©ef ettfdjaf tcn 
jum  ©tjren1  ober  ßorrcfponbirenben  ^Dlitgliebe  gemäljlt  morben  mar,  mürbe  nun 
audj  ber  bfterreicrjifctje  (Siferne  Äronenorben  III.  klaffe  unb  ber  9titterftanb  mit 
bem  »ßräbicate  Pon  Waffen  Perlietjen.  ^Rur  jmei  3at)re  öerblieb  5p.  im  9luc)e= 
ftanbe,  benn  fct)on  1868  mürbe  er  noctjmali  actiPirt  unb  jum  S3orftanbe  ber 
VI.  2lbtfjeilung  im  9?eirf)§friegäminifterium  ernannt,  at§  meldjer  er  —  Pom 
s3toPember  1869  in  ber   Gfjarge  eine§  ©eneratmajori  —  bie  für  bringenb  nott)= 


^edjmann.  311 

roenbig  exfannte  Umgeftaltung  bei  gefammten  9Jcilitäxex3ietmngl=  unb  23ilbungl= 
roefenl  botjunetjmen  tjatte.  ©tfüllt  Dom  xeinften  $atxiotilmul  unb  bem  Seftxeben 
im  SBege  ber  IJJcitttäxfcrjuIen  bie  33xauct)barfeit  unb  ben  Sitbunglgxab  bct 
Dietere  im  f.  f.  öftexxeidjifctjen  ^>eere  nad)  tieften  Ätäften  ju  tjeben,  roibmete 
et  fidj  nun  aulfcrjtiefjlid)  ber  iljm  getootbenen  etjtenbotten  Sturgabe.  Energie, 
bäbagogifdje  Äenntniffe  jotoie  eine  roeitteidjenbe  toiffenfcrjaftlictje  Sitbung  förbexten 
fein  äöalten;  all  3*^  Qa*t  ^)m>  oen  ^adjroud)!  bei  -£>eetel  etroa  bil  jum 
15.  Sebenljatjte  bem  tjäultidjen  Setbanbe  p  fittlidjex,  förderlicher  unb  geiftiger 
ßntroieftung  ju  übextaffen  unb  benfetben  erft  bann  in  ÜJtiütäxafabemien  für  bie 
militäxifdje  SBeftimmung  gefdjidt  ju  macfjen.  <£üemit  im  (Sinflange  mitbexte  er 
bie  attjufdjaxfe  Seboxmunbung  ber  3ö8^n9e  unb  ext)  ob  jum  ©xunbfatje,  bafj 
boxtoiegenb  auf  Stjxliebe  unb  ©etbftänbigfeit  ju  mitten  fei  unb  bie  Entfernung 
ber  Mittetmäftigen  unb  Ungeeigneten  rccrjtjeitig  ftatt^ufinben  tjabe.  Sie  älnftatten 
fetbft  tourben  ben  3e^bert)ättniffen  unb  bem  geänberten  2Be£)xft)ftem  geroäfj 
organifirt  unb  3um  finanziellen  Soxttjeile  bei  ©taatel  eine  nietjt  unbebeutenbe 
5tn3ar)t  bilrjex  beftanbener  9JHlitäxexjiet)unglinftitute  buxd)  ©tutung  Don  ©tipenbien 
üBetflüffig  gemacht.  Sabei  tjatte  ober  5ß.  übexfetjen,  bafj  bie  beabfictjtige  9tebucixung 
ber  $Rititäxanftatten  auf  5Jcilitäxafabemien  allein  ben  .ßinbetn  bet  nut  fetten 
ftabiten  Dfftciete  eine  bexfpätete  Sexforgung  bot  unb  bei  ben  #oxtfd}xitten  bex 
•Jlationatifirung  ber  Gibilfdjuten ,  ber  fbrad)tid)en  ©djroierigfeiten  toegen,  bal 
Srreicrjen  einet  r)öt)eren  5tulbilbung  in  ben  9Mitärafabemien  auf  mannigfaetje 
^pinbetniffe  ftofjen  mufjte.  Unb  fo  fcfjeiterte  benn  an  biefen  Uebetftänben  foroie 
an  ber  nietjt  immer  glüdttd)en  QOßatjt  ber  2lnftattlbor|*tänbe  *ßect)mann'l  gegen* 
märtig  noctj  ju  ibeal  get)altenel  Softem,  toeltjalb  er  fid)  aud)  1874  jum  9tücf= 
tritt  in  ben  bteibenben  Ürütjeftanb  all  $etbmarfcrjatl(ieutenant  ad  honores 
genöttjigt  fat).  Sen  2Biffenfct)aften  aber  blieb  er  bil  an  feinen  Sebenlabenb  ein 
nie  raftenber,  unermübtid)  fdjaffenber  Mitarbeiter.  @r  fdjrieb  biete  lictjtbolte 
^Reflexionen  über  bie  neuefien  geograötjifcrjen  unb  naturroiffenfetjafttierjen  gorfetjungen 
unb  roirfte  mit  roeit  ferjenbem  Stiele  1862—1863  all  Sicepräfibent,  1863 — 1864 
all  ^täfibent  bet  t.  f.  geogtapf)ifd)en  ©efettfetjaft  p  2Bien.  3"  feinen  toettb> 
bottften  ^ublicationen  jagten  nacrjbezeictjnete  SBerfe:  „Sie  geogxaprjtfdje  Sreite 
bon  ^nnlbtucf",  Söien  1859,  eine  für  ben  bamatigen  ©tanb  ber  2tnficr)ten  über 
bie  9Jcaffenattraction  bex  ©ebirge  bebeutungsbotle  Slbrjanblung ;  fexnex  „Sie 
Slbroeicrjung  ber  Sotcjlinie  Bei  afttonomifdjen  Seobadjtunglftationen  unb  itjte 
Seredjnung  all  ©rforbernifj  einet  ©tabmeffung" ,  SBten  1863—1865,  berüfnnt 
all  bat)nbred)enbe  ©tubte;  bann:  „Oioti^en  ijur  ,§örjen=  unb  ^>xofittaxte,  nebft 
bem  Sexjeictjniffe  bex  txigonometxifcrj  beftimmten  ^)ö^en  ton  lixot  unb  Sßoxaxl* 
betg",  SBien  1865,  mittetft  roelctjen  et  bie  untet  feinet  Seitung  üotttefflic^  aul= 
geführten  8  Stattet  bet  .g)öt)en=  unb  ^tofitfatte  bon  2itot  unb  Sotattbetg  mit 
einem  fjöcrjft  roettb.Dotlen  Sejte  betfat);  unb  enblict):  „Sin  päbagogifctjet  Seittag 
jux  9Jtaffenexäiermng  in  ben  f.  f.  Militäxinftituten" ,  ^tag  1882,  roelct)et  all 
eine  geiftöolte,  fein  ©rjieljunglfljftem  mafjbott  bettt)eibigenbe  ©cijtift  bleibenben 
2Bert§  tjat.  Uebetbiel  finben  fi4  in  ben  „lütittfjeilungen  bet  f.  !.  geogtabtuferjen 
©efeüfdtjaft  in  2ßien",  in  „©txeffteuxl  öfterr.  mitit.  geitfe^rift"  unb  merjteten 
anbexn  fyactjblättexn  acrjtenlroext^e  Referate  unb  Sluifätje  aul  ^ectjmann'l 
gebex.  2tudj  in  feinem  fc^xiftlic^en  5lac^laffe  büxfte  fid)  mand)el,  bex  ©eleb^xten= 
toett  nid)t  box^uent^altenbel  Matexial  boxfinben.  Unb  fomit  fann  benn  bon 
%  gefagt  toexben,  ex  tjabe  txojj  me^tfaetjen  bittexen  (Snttäufctjungen  ftetl  bal 
Sefte  gewollt  unb  jebexjeit  bie  Uebexjeugung  Stnberex  geadjtet  fotootjt  all 
nreimütrjigex  Soxfämbier  mobexnex  Silbung  unb  tjumanet  Sefttcbungen  all  auet) 
all  nutjbtingenbet ,  felbftt^ätigex  Seaxbeitex  bex  $axtogxabt)ie ,  ^tjpfomettie 
unb  ©eobäfie. 


312  ^edenftetn  —  5Peetet§. 

Söurabad),   Sötogr.  ßer,   b.  Äatfert^.  Defterr.   21.  £f).   2öien   1870.  — 

SDeutfdje  Ütunbfdjau  für  ®eograpf)ie  unb  ©tatiftif,  8.  3af)rg.  äöien  1886.  — 

©boboba,    bie  oöglinge    b.    2Biener=9ceuft.    Militär^f abernte.    SBien    1870. 

—  2Bef)r=3eitung.  men  1874.  ©d). 

^ctfcilftctlt:    ßorenj  s4>.    (^eccenftein,    s;>ed)enftein),    geboren  am 

29.  2lug.  1549  au  ©rimma  a(8  ättefter  ©ofm  be§  Stafiuä  5p.(  bierten  Scrroalters 

ber  bortigen  prftenfdjule,  Slmtafd&öffer  au  ©djtieben  unb  ju  ©at)ba  im  fäd^fifd^cn 

ÄurfreiS,    t  ati    biertcr    beftellter   furfächjifdjer  §iftoriograpt)   nad)    1618,    fjat 

^atjlreidjc  ©djriften  berfafjt,  namentlich:   „Ordinum  equestrium  tarn  veterum  quam 

recentium  relatio",    Dresd.  1595 ;    „Wittekindeae  familiae  prosapia,  Libri  IY';. 

Jen.   1597;     „Marchionum    Brandenburgensium    et    Burggrafiorum    Norimberg. 

enarratio  ad  a.  1590  deducta."    Jen.  1597;   „Rerum  Silesiacarum  succincta  ex- 

positio",  Lips.  1606;  „Poliographia.  £iftor.  @raäf)lung  ettidjer  ©täbte  in  ©d)le= 

ficn".     Setpi.  1606;   „Rerum  Ungaricarum  Status.      Sefdvreibung   ber  Obriften 

©.  Saftrioti,  Sfot).  £uniabi8,  Mattt).  (Jorbini",  o.  D.  1606;  „Theatrum  Saxo- 

nicum,    Sefdjreibung  ber  fürnembftcn  Könige,   Sf)ur=  unb  dürften,    ©rafen  unb 

Ferren  in  ber  fürueljmen  ^robina  Cberfacbjen".  3  X\)U.   3en.  1608  ic    lieber 

bie  ©djidfale  feiner  bjnterlaffenen  Manufcripte  bergt,  ©rofd^uf,    Nova  librorum 

rar.  collectio  Fase.  1  Sorrebe  ©.  35  f.  .  glatt)  e. 

^cetera:  Sonabentura  ty.,  namhafter  Marinemaler,  au  Antwerpen  ge= 
boren  unb  getauft  am  25.  3fuli  1614,  f  in  .\pobofen  am  25.  3uli  1652.  Sie 
biogtapfjifdjen  Angaben  über  bie  Gntroirflung  unb  ©djidfale  beä  Meifterä  finb 
feljr  fbärlidj.  %m  %.  1635  mürbe  er  in  bie  2uca§gilbe  au  2tntmerpen  aufge= 
nommen.  Cb  er  Üteifen  unternommen  tjabe,  roirb  nirgenbs»  erroätmt;  feine  ©e= 
mälbe  berratfjen  un§  aber,  bafj  er  nidjt  immer  in  Antwerpen  fifcen  blieb,  fonbern 
fiel)  in  ber  äöelt  umgefefjen  b>be.  sJtur  ift  e§  nidjt  möglief),  feine  sJtunbfaf)rten 
au  beftimmen.  2ll§  Marinemaler  nimmt  er  in  feiner  3"*  bie  elfte  ©teile  ein; 
aud)  tjat  er  fidj  ein  befonbereä  gad)  ertoätjlt.  ©eine  Vorgänger,  wie  Sruegbjel, 
äßiüartS,  ©talbent,  malten  aud)  SBaffer,  Ääljne,  ©tranbfeenen,  aber  bei  biefen 
ift  ba§  Meer  bod)  erft  in  ^rDciter  3ieil)e  aur  ©eltung  gefommen;  s^.  hingegen 
füfjrt  un§  mit  feiner  ßunft  in  ba§  offene  Meer  ljinauS  unb  namenttid)  finb  e§ 
bie  fürdjterlidjen  ©cenen  beS  ©turme§,  bie  fidj  auf  offener  ©ee  abfpielen,  unb 
iljre  folgen,  bie  ©djiffbrüdje  ober  ©djiffäbränbe,  aud)  ©cenen  be§  ©eefriegcä, 
bie  er  mit  fotdjer  ^aturroafjrljeit  fcfjilbert,  bafj  man  faft  geawungen  roirb,  bie 
gefd)itberten  Sd)reden  mitauempfinben.  %n  biefer  2luffaffung  ber  tobenben  9iatur 
ftetjt  er  unübertroffen  ba.  Snbeffen  berftanb  er  e8,  aud)  bie  frieblidje  ftatur 
mit  bem  ifjr  eigenen  sJteiac  aufzuraffen  unb  wieberaugeben.  ©teid)fam  um  bon 
ben  gefäljrlicfjen  gatrrten  im  ©eefturm  auäauruljen,  füfjrt  er  un§  in  ben  fidjeren 
.§>afen,  um  uu§  ba§  gefdjäftige  treiben  be§  !panbet§  anaufeb^en,  ober  er  aaubert 
bor  unferen  Slicfen  Dörfer  am  glufeufcr,  üerfattcue  £t)ürme,  bie  fidj  im  SBaffer 
fpiegetn  unb  belebt  biefe  ©cenerien  mit  föftlictjen  fleineu  Figuren,  bie  öoCt  ßeben 
unb  33emegung  finb.  S)a^  ber  Äünftter  feljr  probuetiö  roar  unb  fid)  cine§  ftarfen 
sÄbfa^e§  feiner  SBilber  erfreute,  bemeift  ba§  23orfommen  fo  öieler  feiner  ©emätbe. 
4>arttjet)  in  feinem  5J3ilberfaal  rechnet  in  beutfdjen  ©ammlungen  allein  an 
60  Silber,  fjaft  jebe  größere  ©ammlung  befit^t  bergleidjen.  %n  ©reiben  finb 
aroei  Silber,  eine  Slnfid)t  bon  ©djebeningen  unb  eine  bon  ßorfu  (?)  bom  Sab^rc 
1652.  $nt  Setbebere  au  SGÖien  ift  bie  ßrftürmung  eine§  benetianifdjen  gort§ 
burd)  bie  dürfen;  beaeidjnet:  B.  P.  1645.  3lud)  bie  ©aterie  2ied)tenftein, 
ebenba,  fo  roie  Äaffel  befttjen  Silber  bon  il)m.  ^n  Sraunfdjmeig  ift  eine§ 
feiner  feinften  Silber,  5lnfid)t  be§  belebten  UferS  eineä  großen  gluffeS  bom 
^afjrc  1636.  Serlin  befi^t  3toei  Silber  mit  bewegter  ©ee,  ©crjmerin  atoei  ©ee= 
ftürme  unb  einen  ßampf  awifdjen  aUJei  Ärieg§fd)iffen.     S)er  Meifter  liebte  aud) 


$eet«§  —  s4>eej.  313 

bie  ^oefte,  öerfud)te  ficfj  auct)  fetbft  in  berfelben,  bodj  braute  fie  ifjm  Ungtücf. 
3n  einem  fatnrifctjen  ©ebictjte  griff  er  bie  ^efuiten  in  2Intmerpen  an,  baß  fie 
irjm  eine  6rbfcr)aTt  entzogen  Ratten,  ©afür  öerfoigten  itjn  bie  frommen  Sßäter 
fo  nacfjbrücflicrj ,  bafj  er  bie  ©tabt  öeriaffen  mufjte.  ßr  fiebelte  fict)  in  bem 
nafjen  Roboten  an,  reo  itjn  ber  £ob  ereilte.  2iuf  feinem  ©rabe  beianb  fieb 
fein  33itbnifj,  öon  21.  Matijrjffen  gemalt  —  jetjt  in  ber  Äircrje  —  unb  fein  23itb: 
Schiffbruch  be§  r).  ^autu§  auf  Malta.  2Iucrj  bie  tftabiernabeC  rouftte  er  ju 
cjanbrjaben;  ö.  b.  Letten  öerjeidjnet  in  feinem  ^eintre  =  ©raöeur  9  23tätter, 
©eeftücfe,  öon  itjm,  bie  fetjr  gefctjätjt  roerben.  9tact)  feinen  Silbern  tjaben 
^ottar  (ber  auetj  fein  SSilbnife  rabirte) ,  Major,  Brenner,  le  $eau  u.  a.  m. 
geftoetjen. 

f.  Jhamm.  —  o.  b.  Men.  Söeffelö. 

I^ceterö:  San  ty.,  25ruber  unb  ©cfjiUer  be§  Vorigen,  Marinemaler,  geb. 
in  2intmerpen  unb  getauft  am  24.  2Iprit  1624,  t  1677.  6r  matte,  roie  fein 
Sruber,  Marinen  unb  mufjte  bas  £eben  ^ur  ©ee  gut  ju  fetjitbern,  boct)  erreichte 
er  in  fünftterifetjer  2)uri)fütjrung  feine§roeg§  fein  33orbiib.  %m  £$.  1645  mutbe 
er  Meifier.  $n  ©ctjmerin  ift  ein  ©eefturm  öon  itjm,  in  2tntroerpen  eine  2lnfictjt 
biefer  ©tabt,  öom  @i§  ber  ©ctjetbe  aufgenommen,  £>oItar  tjat  aroei  gtufjanfictjten 
nactj  itjm  rabirt,  2.  SBorfterman  Jim.  fein  33iibnifj  geftoerjen.  2tbr.  öan  53loemen 
mar  fein  ©ctjüter  gemefen. 

f.  ^mmerjeel.  SB ef feig. 

^tty.  2Iuguft  .£>einrictj  $.,  Dr.  med.  unb  praftifetjer  2tr,jt  $u  SÖies* 
baben,  geb.  ju  Main<$  1786,  t  3u  äöiesbaben  am  10.  Mär^  1847.  (5r  ent= 
ftammte  einer  attmainjifetjen  Seamtenfamüie  unb  ertjiett  eine  mät)renb  ber 
unruhigen  ßriegSjatjre  öielfadj  geftörte  2}orbitbung  auf  ben  bamat§  nactj  fran* 
jöfifcrjem  Mufter  umgeftatteten  ©ctjitlen  feiner  3)aterftabt,  toibmete  fict)  aber  feit 
1803  auf  beutfdjen  Uniöerfttäten ,  ju  SÖürjburg,  föeibelberg,  Srtangen ,  ^ena 
unb  Söien,  bem  ©tubium  ber  Mebicin.  ^m  3.  1813  liefj  er  fict)  als  praftifetjer 
Sir^t  ju  2öiesbaben  nieber,  otjne  toeber  bamatä  ben  2Iufforberungen  feiner  greunbe, 
bie  afabemifetje  Saufbatm  einäufctjlagen ,  noctj  fpäteren  Berufungen  an  beutfct)e 
unb  auüänbifctje  £>octjfctjuIen  ober  an  fürfttietje  |)öfe  ^u  folgen;  eine  erfoigreierje 
SBeiterbitbung  feiner  20ßiffenfct)aft  ermartete  er  öon  einer  umfaffenben  ^rari§, 
bie  itjm  bann  auetj  in  reietjem  Maafje  ju  ttjeii  mürbe.  (5r  erfannte  näm(ict), 
roa<9  man  öergeffen  ju  tjaben  fdjien  ,  baß  bie  Sinmenbung  ber  roarmen  Cueiten 
2öie§baben§  einer  ©rmeiterung  färjig  fei,  inbem  in  üieten  5äüen  unb  für  manetje 
Reiben  eine  iTrinffur  evfprie^ticfjer  fei  at§  eine  23abefur.  S)er  Iitterarifci)en  unb 
praftifetjen  5ßermerti)ung  biefer  @rfenntni§  öerbanfte  ber  attberürjmte  53abeort 
einen  erneuten  2iuffct)roung,  er  fetbft  neben  ber  äunerjmenben  ^rajig  auci)  äußere 
Sinerfennung :  er  mürbe  1818  jum  $Rebicina(ratr),  1830  jum  ©el).  6ot=  unb 
sDtebicinalratt),  1841  jum  35runnen=  unb  33abearät  unb  im  ^.  1829  öon  ber 
preufjifctjen  Regierung  jum  Mitglieb  einer  ßommiffion  jur  genaueren  llnter= 
fuetjung  iljrer  «Heilquellen  auSerfefjen ;  boerj  öereitette  bie  auäbrectjenbe  ^uti= 
reöoiution  bie  23ermirf(ici)ung  biefe§  $Iane§.  SSon  feinen  ©crjriften  erroätmen 
mir  bai  in  mehreren  2Iufiagen  unb  aueb,  in  fransöfifetjer ,  engtifeijer  unb  Iatei= 
ntfe^er  ©praeije  erfctjienene  Söert:  „Söie§baben§  ^eüouelien."  ©ie^en  1823. 
Sinbere,  fomie  3iuffäfee  in  ^^f^tten,  finb  öerjeictinet  bei  ©criba,  biograprjifct)^ 
iiteräriferjes  Sericon  ber  ©ci)riftftelter  be§  ®ro^erjogti)um§  «Reffen,  II,  ©.  554. 
21.  ö.  b.  Sinbe,  2>ie  naffauer  Srunnenüteratur  3lx.  38.  77.  767—775. 

©criba,  a.  a.  £).  ©.  552—555.  —  Menge!,   ©tatftii  ber  5ebens=  unb 
©efunbr)eitsöerf)äitniffe  in  9taffau,  ©.  107. 

5-  Otto. 


314  5Pege(. 

Regelt  $onrab  $. ,  ober  nacf)  Sitte  ber  3eit  ^egeliuS,  ift  bcr 
Sekret  ber  Doftotfer  Umüerfüät,  ber  fid)  juerft  ber  Deformation  <$uroanbte,  an= 
fdjeineub  aber  or)ne  fiel)  birect  bi»  31t  feinem  fpäteren  ßebenSenbe  ju  ir)r  ju  be< 
fennen.  Gsr  flammte  auä  einer  alten  Familie  in  2öi§mar,  meiere  feit  1428  im 
Datf)  unb  mit  ilonrabä  ©rojjbater  .ffonrab,  1425  immatricnlirt  in  Erfurt ,  in 
geteerten  ©tubien  nadjmeiSbar  ift.  ©eboren  am  14.  9lpril  1487  rourbe  er  in 
Doftod  1505  immatricutirt  unb  ©cfjüler  beS  ljuffitiferjen  üDocenten  M.  DicolauS 
Dutje  ober  Du§,  mie  nod)  fy(aciu§  ^llrjricuä  angab;  obmofjl  er  bem  SBifdjofe 
.ffonrab  SofftuS  bon  ©djrocrin  natje  öernianbt  mar.  S)effen  Butter  mar  eine 
üflargaretfje  ^ßegel.  1508  (nidjt  1500)  mürbe  er  9Jtagifter  unb  Degens  ber 
Degentie  Porta  Coeli,  meldje  etma  ben  fjeutigen  ©rjmnafiatuntevricfjt  in  alten 
©prägen  l)atte.  5ßon  ba  berief  ifjn  -£>erjog  -gjeinrid)  ber  griebfertige  jur  @r= 
,}ie(jung  feines  1509  geborenen  ^rinjen  9Jtagnuä  1514  nad)  ©djroerin ,  unb  er 
öerblieb  in  biefer  ©tettung  al§  fein  7  jähriger  gögling  1516  jutn  33ifcr)of  Don 
©djroerin  poftulirt  mürbe.  Dodj  in  bemfelben  3<*f)re  roibmete  er  biefem  feinen 
Jractat  de  poenitentia.  ber  unter  bem  Xitel  „Dialogus  Theophili  ac  Archiae" 
bei  Ücicotauä  9Jcarfd)alcua  £fjuriu§  erfdjien,  aber  nur  im  Slbbrud  in  ©djröber'g 
s$apiftifd)cm  9Jcedlenburg  befannt  geblieben  ift.  ty.  fannte  banadj  £)bib, 
£>oraj,  £eren<},  audj  ßibiu§;  ob  £>omer  unb  $tato  mag  fraglidj  fein.  2lu3 
©opfjocleö'  2radjinierinnen  unb  9lefd)t)tus'  $rometl)eu§  f)at  er  überfetjte  ©teilen, 
unb  baZ  Fegefeuer,  ober  richtiger  ein  ^äuterung§berfarjren  für  bie  ©eete,  fdjitbett 
er  mit  ben  Werfen  Verg.  Aen.  G,  741  ff.  9ludj  .<pebräifdj  fdjeint  er  31t  fennen 
unb  citirt  fetbft  al§  ..primus  ethnicorum  theologus"  ben  3OToafiev-  ®'e 
„Penitudo"  beftefjt  nad)  ir)m  auS  ber  contusio,  confessio  unb  persolutio  ober 
satisfactio,  unb  biefe  fann  erreidjt  merben  burdj  donatio,  jejunium  (alfo  gute 
2öerfe)  unb  oratio  (©ebet);  er  aber  empfterjlt  biefen  letzteren  reformatorifdjen 
2£eg  allein.  1521  im  ©ommer  mürbe  er  in  Söittenberg  al3  Doftoder  Ifltagifter 
immatricutirt,  ob  gerabe  öou  ■'perjog  Jpeinrid)  bortljin  gefanbt,  roirb  faum  ficfjer 
anjuneljmen  fein,  {ebenfalls  mirb  er  in  (Jrfurt  bocirt  tjaben.  £rotjbem  blieb  er 
audj  in  fpäteren  $atjren  mit  feinem  früheren  Zöglinge,  nadjljer  audj  mit  beffen 
©emarjlin  (feit  1643)  (Slifabetf)  bon  5Dänemarf,  ber  fpäteren  ©emarjlin  ^erjog 
Utridjg,  in  eifriger  ßorvefponbenj.  Setjtere  foll  über  100  Briefe  bon  ifjm  auf* 
beroatjrt  fjabeu.  1532,  nadj  bem  ©iege  bcr  Deformation  in  ber  ©tabt  Doftocf, 
finben  mir  iljn  bort  mieber  als  2)ecan  ber  religiös  gemifd)ten  Slrtiftenfacultät, 
eine  2Bürbe,  bie  er  nod)  oft  befleibete.  1534  nat)tn  er  an  ber  reformatorifdjen 
,5?irdjenDifüation  £f)eil.  $n  ben  böfen  Safjwn  ber  faft  erlöfdjenben  llniöerfttät 
fjiett  er  mit  menigen  ©enoffen  au8 ,  roefentlidj  inufste  er  bon  ben  fpärtierjen 
antraben,  anfänglicrj  mie  c§  fetjeint  eine§  ©üftromer,  fpäter  eineg  Doftocler 
SomcanonicateS  (eben.  SaS  Drctorat  befleibete  er  3meimal  1538,  äroeimal 
1546,  1547,  je  jmeimal  1550  unb  1551,  1552,  1556  unb  1565,  alfo  eigent= 
lief)  jmötfmal,  ba  man  aber  bie  äufammenfjängenben  i'erroattungen  nur  je  ein= 
mal  jätjlte,  fo  merben  meift  nur  fünf  Dectorate  angegeben.  Unfraglicf)  ift  ifjm 
bie  SJulbung  unb  nacfjljer  bie  Ausbreitung  ber  Deformation  buretj  ^erjog 
^peinriefj  unb  ben  ^jer^ogbifcfiof  Magnus  mefentlid)  mit  ju  öerbanfen.  S)em 
Se^teren  fjielt  er  nad)  beffen  2obc  1550  ju  2)oberan  bie  lateinifcfje  Parentatio. 
Dacfj  bem  2obe  be§  S)etfjleö  5Dandmarbi  (f.  31.  ©.  «.  IV,  725),  1556  mürbe 
er  aiZ  letuer  bifctjöflicfjer  Cfftcial  unb  Doftocfer  2lrcrjibiafonu8  eingefetjt  unb 
ootljog  bie  biefem  obliegenben  cfjegeridjttidjcn  ©efcfjäfte  bi§  1566  67,  mo  er  unb 
^ofjann  9Jtotinu3  bie  Doftoder  Sapitelgüter  gegen  eine  (ebenstänglicfje  Dente 
ben  ^er^ögen  abtraten,  melcfje  nadj  längeren  53erf)anbtungcn  1571  ein  (Sonfi* 
ftorium  jur  .gmnbfjabung  ber  fircf)enrecf)t(icf)en  5l'Q9en  einfetten.  3n  feinem 
legten  Dectorate  ftarb  er,  immer  nod)  fjocfjangefefjen ,   am  13.  Dobember  1567, 


fegei.  315 

rote  bie  2lrtifienmatrifet  (©.  72)  am  Stanbe  bemerft,  „senio  admodum  cou- 
fectus",  801  2  ^arjr  alt.  üDa  er  bor  ber  3"t  ber  UniberfitätSconcorbienformel 
ba§  fßectorat  befleibete,  roar  er  unfragticb  bom  9to|"tocfer  föatbe ,  nicrjt  bon  ben 
dürften,  jum  Sßrofeffov  ernannt  nnb  befleibete  bie  aftronomifdj  =  mattjematifdje 
^rofeffur.  @r  rjatte  fid)  fbät  mit  2lnna  Sötte  auS  äßi§mar  bermäblt  unb 
binterliefs  einen  ©otjn  9Jcagnu§  (f.  b.) ;  bon  feinen  Stöcfitern  toar  2lnna  an 
ben  9Jiebiciner  2ebinu§  23attu§,  2tgne8  an  ben  bornebmen  ^Bürger  2llbert  ©tectjoro, 
^cargaret&e  1572  an  2)abib  6bt)träu§  (in  atoeiter  ®t)e)  unb  Gstifabetr)  an  ben 
fpäteren  Serjrer  ber  (Srofjen  ©tabtfcbute  M.  ^ot).  $orfteru§  ober  gorfiiuS  ber= 
beirathet.     9latban  Srjrjträuä  berfafjte  itjm  eine  lateinifdje  ©rabfcbrift. 

©gröber,  *pabiftifcbe§  sDlecf(enburg.  —  $rabbe,  Unib.  Ütoftod  (roo 
weitere  £)ueEen).  —  Krabbe,  üDabib  Gbnträu§.  —  Ären,  2lnbenfen  an  bie 
9toft.  (Mefjrten  3,  ©.  10  ff.  —  «Bettr.  I.  141.  161  unb  II,  56.  —  (Stf. 
«JJlQtt.  I,  ©.  132.  —  Album  acad.  Yitemberg.  p.  100  («DledEt.  3at)rb.  48, 
©.  19  ftr.  48  unb  ©.  21  9lr.  61).  Traufe. 

^cgcl:  Magnus  5ß.  ober  $egeliu§,  al8  ©objn  ÄonrabS  1547  ju 
Otofiocf  geboren,  tourbe  bafelbft  fcrjon  1556  bon  feinem  SSater  at§  bamaligen 
9tector  immatriculirt,  promobirte  1569  junt  9ftagifter,  rourbe  1572  als  SDocent 
in  bie  bbitofobbifcbe  gacultät  aufgenommen  unb  folgte  1579  einem  9tufe  al8 
$rofeffor  ber  93catrjematif  nad)  ^etmftäbt.  2lber  fcrjon  1581  fetjrte  er  nadj 
DtoftodE  turnet ,  roo  er  jum  Dr.  med.  bromobirte  unb  at8  SIrjt  aufgetreten  ju 
fein  fdjeint,  {ebenfalls  eine  angefetjene  ©teltung  einnahm,  ba  er,  fbätefteni»  1589, 
eine  £ocrjter  be§  23ürgermeifter§  ^arob  ßembfe  (2emmid)iu§ ;  ju  3ftath  getoätjlt 
1576,  Bürger meifier  1583,  f  1605)  tjetratt)ete.  2lm  30.  ^Jcarj  1591  übertrug 
ber  Diatb  bon  tRoftocf  ibm,  bem  „Dr.  phil.  et  med."  bie  5|)rofeffur  ber  9Jcatbe= 
matif  unb  2lftronomte  (Theorica  planetarum),  1593  rourbe  er  fcrjon  junt  ^Rector 
ertoäblt,  im  SBinter  1603  4  roar  er  jum  britten  vitale  SDecan  ber  bbilofobbifctjen 
g-acultät,  fonnte  aber  roegen  Ärantbeit  nicrjt  fungiren,  unb  bon  biefer  3^t  an 
berfotgt  itm  ber  gmfj  ber  Uniberfität.  ©eine  ^amilienberbinbungen  ergeben  ben 
ftdjeren  ©cfjtufj,  ba$  er  bon  feinem  ©cbroager,  bem  ^aracelfter  SebinuS  33attu8 
(f.  21.  SD.  23.  II,  135)  in  bie  ÜJcebicin  eingeführt,  biefem  aucr)  in  ber  9ücrjtung 
t'trcana  ju  fucben  unb  ju  erfinben  folgte;  ferner  bafj  er  mit  Srjctjo  be  93rat)e 
bei  beffen  2lufentbalt  in  ütoftocE  als  ©tubent  unb  fpäter  at§  glüdjtting  nä£)er 
befannt  geroorben  ift.  SDtefe  (Sinftüffe  roiefen  ibn  neben  feinen  äöiffenfcbaften 
auf  bie  9J7edjanit  bin,  in  benen  er  (Srofje§  an  ©rfinbungen  geieiftet  rjaben  mu|, 
roa§  freilieb,  bei  ber  (Sebeimtbuerei  jener  3eit  berloren  gegangen  ift.  ©ebroertiet; 
bat  bie  bamatige  3Döi8e*eWaiilfcü  oer  Uniberfität  tbm  folebe  2lrbeit  ber^eirjen 
fönnen,  feine  bombaftifefie  ©d)reibroeife  unb  ©rojjtbuerei,  fein  33er6rauc§  für 
©jberimente  unb  Reifen  bei  mäßigen  5Jtittetn  tiefe  bie  5acuttät§berren  auf  ibn 
berabferjen  unb  feine  Srfinbungen,  bie  man  nietjt  berftanb  unb  nieb^t  glauben 
roottte,  berlacr)en;  ja  man  fuchte  ben  S)rucf  feiner  ©Triften  ju  binbern.  5tur 
bie  ^aebriebt  bat  ficr)  erbalten,  bafe  er  ..instrumenta  mathematica  ingeniosae 
strueturae",  alfo  tootjt  feine  5Jcefeinftrumente ,  ber  neu  erriebteten  gacuttät§= 
bibliot^ef  jetjenfte.  ©ie  ftnb  berfcfjollen,  toie  aueb  feine  ©ebriften  jule^t  1766 
gefeben  ju  fein  unb  feitbem  berloren  fcheinen;  fie  ftnb  nur  au§  9teieraten  noct) 
äu  beurtbeiten.  1586  erfctjten  bon  ibm  „Universi  seu  mundi  diatyposis,  pro 
lectionis,  collationum  et  meditationum  materia  mathematum,  physices  et  me- 
dicinae  adeoque  naturae  illius,  quae  complectitur  omnia.  candidatis  proposita". 
Rostochii  exeudebat  Stephanus  Myliander.  68  ftnb  nur  21  2  ©.  4°,  alfo 
nur  ütbemata  3U  2lrbeiten.  SBäbrenb  er  1594  in  einem  ^ocbjeitsrounfcrje  für 
ben  Äanjler  Dr.  SBorbing  („Oratio  de  vita  et  contempiativa  seu  practica  et 
theorica")  nod)  bie  Sielfcbreiber  betfbottet,  toeteb^e  geroiffermafeen  bie  Uniberfität§= 


316  5ßegel. 

brutferei  (©t.  9Jh)Itanber,  9)töttmann,  9Jiüttemanu)  für  fid)  allein  beanfprudjen, 
rjatte  er  fdjon  1593  fidj  ein  faiferlidjeS ,  roeitreicrjenbe§  *)3riüitegtum  gegen  ben 
••Jtadjbrurf  unb  bie  9tad)bitbung  aller  feiner  rjerauäaugebenben  (Schriften  mit  einer 
gebeim  gebliebenen,  itjm  fetjr  roicbtigen  ferneren  SBeftimmung  berfdjafft ,  meldje 
letztere  öon  fpäteren  für  einen  91belsbrief  gebalten  rourbe,  bti  unbefangener  6r= 
roägung  bcr  eigenen  äöorte  ^Jegel'S  aber  nur  eine  ^ritiilegirung  unb  ©idjerung 
feiner  foftfpieligen  ©rfinbungen  geroefen  fein  fann.  S)en  erften  SL^eit  biefe* 
faiferlidjjen  93rief§  liefe  er  nun  feiner  1604  erfcbienenen  Slnfünbigung  feiner  (Sr= 
finbungeu  borbruden,  roetctje  feinen  Flamen  begrünbete  in  ©pott,  .§afe  unb  9ln= 
erfennung:  Thesaurus  rerum  selectarum ,  magnarum,  dignarum,  utilium,  sua- 
vium ,  pro  generis  humani  salute  oblatus  Auetore  Magno  Pegelio  Germano, 
Megapolitano,  Rostochiensi.  vana  et  impossibilia  ne  pronuntientur  media  haud 
perspeeta,  tu  meliora  (eligeV).  —  Fronte  capillata  est,  post  est  occasio  calva. 
Typis  haec  expressa  Anno  1604.  (4°.  1  2llpt)ab.  unb  1k  ©.)  SDer  2)rurfer 
roagte  fid)  alfo  nid)t  311  nennen,  mau  fjatte  üerfudjt,  ben  S)rucf  3U  rjinbern,  bie 
©djrift ,  roetdje  bem  Äaifer  Otubolf  II.  unb  ben  9teid)äftänben  geroibmet  mar, 
fcfjlug  atlerbingS  mandjen  afabemifd)en  Ötepflogentjeiten  fjart  in§  ©efidjt.  S)iefer 
,§aber  ift  eS  roefentlicb ,  ber  burd)  fein  ü£>ecanat  50g.  1605  tiefe  er  nod)  eine 
2)i§putation  anfd)lageu:  „Aphorismi  de  corporibus  mundi  totius,  Respondente 
Jo.  Fabricio,  Finnone",  unb  biefe  fdjeint  eä  3U  fein,  roelcfje  auf  33efef)l  beä 
ßoncilä  bom  fdjroarjen  Sßrette  abgenommen  rourbe,  roeil  s$.  gegen  2Iriftote(e£ 
unb  'DJMandjtrjon  (ben  bie  Ütoftocfcr  ü)eologifd)e  gacultät  fonft  berfetjerte)  ber= 
ftofeeu  babe.  33ermuttjlid)  mar  ber  s<>lrifto  teurer  unb  Surift  Wtcotauä  SBillebranbt 
(1594  bom  Ütatb  al£  ^rofeffor  ber  (Stbit  berufen,  f  1613)  fein  £>auütgegner. 
1605  febeint  $.  fuepeubirt  ju  fein,  benn  feine  ^rofeffur  mürbe  bem  ©eorg  S)afe 
(Dasenius,  Dassenius,  Üiector  1611  unb  1635)  berliebcn.  1606  legte  er  fein 
2lmt  nieber,  naebbem  in  bemfelben  3fat)re  gegen  it)n  „eine  febroere  unb  bem 
ganzen  Sottegio  ber  Sßvofefforen  niebt  rühmlidje  $lage  angefiellt"  gemefen,  roe§= 
megen  ifom  Ütector  unb  Goncil  geratben,  ben  9ftann  afyufinben  unb  bon  Rinnen 
p  geben.  @3  febeint  nid)t§  aU  eine  ©elbforberung  gemefen  3U  fein  (bießeidjt 
au§  ber  Familie  feiner  erften  2h-'au  -  b<*  ber  alte  Sembfe  gerabe  geftorben),  bie 
über  ben  bon  feiner  f5<^cu.Itä.t  atg  ©d)roinbler  betjanbelten  s3Jcann  tjereinbrad), 
märjrenb  er  auf  bie  sJtu$barmad)ung  feiner  (hfinbungen  bcrgeblid)  rjoffte,  auf 
bie  er  bertröftet  rjaben  mod)te.  9lad)t)er  fmt  it)n  ftaifet  Scubotf  II.  als  9Jlatt)e= 
maticus  bis"  311  feinem  £obe  (1612)  bei  fid)  geijabt;  ©eibc  fjat  er  aud)  in  $rag 
nid)t  gefponnen.  1615  rjabe  er,  68  $afjre  alt,  in  sJtoftod  faft  tjungernb  gelebt, 
fagt  eine  9tad)rid)t;  nad)  einer  anbern  30g  itjn  «'perjog  ^fnlipp  oon  Sommern 
(bod)  morjt  s4ii)ilipp  II.,  t  am  3.  Februar  1618)  an  feinen  «£>of  unb  rjielt  ibn 
in  Gbren  biö  3U  feinem  in  (Stettin  erfolgten  2obe,  ber  alfo  ätoifcben  1615  unb 
1618  eingetreten  fein  mufj.  ©einer  Hinterbliebenen,  1595  oon  ber  jmeiten  fixem, 
Slnna  ©tuüen  (mütterlid)erfeit§  au§  bem  reid)en  £mufe  SBcfelin)  geborenen  2od)ter 
?lnna  naljm  fictj  ber  bamalige  Slbüocat  (feit  1633  Prof.  jur.)  ^einrid)  ©cbud= 
manu  (f  19.  ©eptember  1656)  als  ein  Sßater  an,  ber  eine  ©tedmm  (£od)ter 
ber  eignes"  s^eSe0  3ur  5'tou  tjatte.  9ftorbof  fief>t  mit  3fntereffe  auf  5ßeget'ä  im 
Sbefaurug  nur  angebeutete,  nid)t  befdjriebcne  ©rfinbungen,  ©eorg  ^>afd)  (Paschius) 
get)t  jiemlid)  genau  unb  anerfennenb  auf  fie  ein,  in  s«Roftod  liefe  ber  ©eb,.  Üiatf) 
unb  s4>voMfor  oei'  ^ebicin  ^o^.  @rnft  ©d)aper  (f  11.  Januar  1721)  nod) 
1698  ben  (Srnft  «Ipeinricfj  fieäjt  (um  1727  ^)of=  unb  SeibmebicuS  unb  «^ofratb 
31t  ©cbmerin)  über  bie  Quaestiones  feinei  Specimen  medicinae  curiosae  biepu^ 
tiren,  beren  bierte:  „quid  de  inventis  et  promissis  Pegelianis  sit  judicandum': 
abfprecbenb  urttjeilte,  unb  ^Dtan^el  erjärjlte,  es"  fei  3Semanb  barüber  üerrüdt  ge= 
worben.     ^ad)bem  üiete  biefer  „inventa  unb  promissa"  bon  ber  Dceujeit  mirftief) 


«ßegel.  317 

erfunben  unb  prattifdj  eingeführt  finb,  meljrt  fidj  bie  öergeblidje  9cadjfrage  nadj 
feinen  Suchern  unb  änftrumenten.  SRadj  #.  $.  SCabbet,  ber  1766  julefet  ben 
£tjefauru§  in  ,£>änben  gehabt  zu  tjaben  fdjeint,  unb  nactj  Georgii  Paschii  In- 
venta  nov-antiqua  (2.  9(u§g.  Seidig  1700)  tjatte  baä  58udj  4  Slbttjeitungen. 
$n  ber  1.  „Schola  seu  docendi  et  discendi  ratio  puerilis"  tjat  ^ß.  tjöctjft  be= 
adjten§Werttje  SBerbefferungen  für  ben  praftifdjen  ©pradjunterrtctjt  angeregt,  aber 
nidjt  Weiter  burdjgefüfjrt ;  ebenfo  eine  praftifdje  (JrzietjungSmettjobe,  in  ber  bie 
(ättjit  fixerer  eingepflanzt  Werbe  al§  burctj  ba§  S)ociren  ber  äöiffenfdjaft.  S)er 
2.  5tt}eit  betjanbelte  ebenfo  bie  $uri§prubenz ;  fo  tjatte  er  bie  Socenten  be§ 
Sateinifctjen ,  ©riectjifdjen ,  £)ebräifcrjen ,  ber  ptjitofoptjifdjen  £)i§ciplinen  unb  bie 
^uriften  gegen  fidj  aufgebracht.  2)er  3.  £tjeil  tjanbette  öon  ber  9lftrometrie, 
feiner  fpecietten  Sßiffenfctjaf  t ;  ber  4.  „de  philosophia  tota  et  partibus  illius  et 
de  re  dicta  literaria  tota".  SDiefer  letztere  erbitterte  wegen  fdjarfer  Stufbecfung 
afabemifdjer  Mängel  in  bem  2tbfctjnitte:  „concordiae  consilium  urbicura,  aca- 
demicum,  civicum"  üorzugäweife,  wätjrenb  rjier  audj  feine  ©rfinbungen  angegeben, 
richtiger  wotjl  au§geboten,  werben,  ©eine  ©ebädjtnifjfunft,  Waffen  bon  S)ingen 
üorwärt§  unb  tücfwärtä  nadj  einer  furzen  9cotij  (efformatio)  aufjagen  zu  tonnen, 
rjon  5pafdj  nodj  bewunbert,  ift  tjeute  eine  gewötjnlictje  ©djauftettung  geworben; 
0.  Kretin  citirt  fie,  otjne  ftdj  genaue  Äunbe  babon  berfdjafft  zu  tjaben.  Stjirur= 
gifctje  9Jcetfjoben,  bon  Stufen  in  ben  9Jtenfdjen  gute  Säfte  hineinzubringen  unb 
fdjäbtidje  auftreiben,  finb  fo  üage  angegeben,  bafj  e§  zweifelhaft  bleiben  mu^, 
ob  er  (Sinfpritmngen  in  bie  Sßenen  (chirurgia  infusoria)  meinte.  Sagegen  bot 
er  ein  auf=,  abwärts  unb  feitwärtä  zu  tenfenbe§  ßuftfctjiff  an,  mit  bem  bemer* 
fen§wertrjen  gufatj,  i>a§  bie  fpecieÜen  ^(norbnungen  nodj  zu  erproben  feien, 
ferner  ein  SSerfafjren ,  gefuntene  Schiffe  unb  anbere  ©egenftänbe  zu  tjeben ,  bie 
Äunft,  unter  SBaffer  in  beliebiger  £iefe  fidj  aufzuhalten  unb  zu  attjmen,  alfo 
ein  £aucfiertierfarjren,  bazu  ein  garjrzeug,  ba§  in  beliebiger  Siefe  unter  SBaffer 
fahren  unb  geteuft  Werben  fönne.  Seibe  Qrfinbungen  feien  brauchbar  zu  unter* 
feeifdjen  Sauten,  gerner  Einrichtungen,  9Jcenfdjen  unb  $ahe  in  ©djiprüdjen 
unb  3Baffer§nottj  zu  fidjem;  e§  fdjetnen  aufzublafenbe  Apparate  zu  fein ;  fernerer 
ZU  errattjen  finb  (Sinridjtungen ,  wetdje  audj  zu  <£>aufe  ober  zu  Söagen  böftig 
fidjer  madjen  fotten.  düine  $ftafdjine  für  Seiftung  irgenb  metdjer  Arbeit  unter 
33ebienung  bon  2flenfdjen=  ober  ^ferbefraft,  wetdje  felbftänbig  nadj  2tbleiftung 
eine§  2trbeit§quantum§  bie  Sezatjtung  bafür  auswerfen  foE,  ift  un§  etwa§  ©e= 
wöfjnlidjeg ,  ebenfo  ba§  Angebot  bon  .gjebelfraftmafctjinen  zur  Bewegung  bon 
Söagen,  öon  35rem§borfetjrungen,  Qüinridjtungen,  ba§  Umfdjtagen  bon  Söagen  zu 
bertjüten,  bon  Defen  unb  ^eizborridjtungen  zu  fdjnetter  Reizung  unb  Gattung 
ber  SBärme,  fotoie  beren  grünblictje  2lu§nu^ung  in  allerlei  ©ebrauet).  ^exmv 
tjatte  er  bie  SBerecfmung  aufgefteEt,  roie  ftdj  bie  Sänge  be§  ©efdjü|e§  ^u  feiner 
Äuget  ((Seroidjt  ober  Sßolumen?)  bertjatten  muffe,  um  ben  fräftigften  unb  roeiteft= 
tragenben  <5ct)U^  zu  ttjun ;  unb  tjatte  erfunben ,  toie  au§  einem  ^anbrotjre  30, 
50,  100  Äugeln  nadjeinanber  ober  gugteici)  gefeuert  werben  tonnten ,  alfo  ba§ 
^rineip  ber  @§pignote.  ßnblidj  nennt  er  ein  „Instrumentum  Pantographicum 
seu  bolographicum",  womit  mehrere  2lbfct)riften  ober  3ei^uungen  zu  gteidjer 
3eit  burdj)  einen  5Rectjani§mu§  tjergefteEt  Würben.  S3on  allebem  ift  rjeute  nidjt§ 
metjr  auffättig.  *$.  War  ein  großer ,  feiner  Seit  Weit  borauf  geeilter  ©rfinber, 
ber  bie  ^Rittet  zur  SßerWerttjung  nidjt  auftreiben  tonnte,  barüber  bon  ber 
HDummtjeit  berlact)t  Würbe  unb  in  gelegentlidje§  ©lenb  geriett).  ©urtt  u.  ^)irfct), 
im  33iogr.  ßej.  tjerborragenber  Slerzte,  fennen  itjn  ebenfowenig  wie  SSland, 
„^OtedEt.  5lerzte",  unb  Sonft.  b.  Söurzbadj  im  öeftretdj.  biogr.  SCßörterbud). 
3Ba§  Krabbe  bon  feiner  „Anregung"  in  Uniberfitätsfreifen  fagt,  ift  ©erebe 
otjne  ©runb.     $öct)er  III,    9totermunb  V,    (ber    itjn   berfefjrt   nactj  äßittenberg 


318  ^egius  —  ^etjem. 

bringt)    unb   s$oggenborff ,    ©iogr.    litt,  ^anbroörterbud)    ©.  387    nennen   it)n 
b,öd)ft  fui'3. 

^ad)toeife  f.  bei  .ftrel}  Slnbenfen  k.  ©tüd  4,  ©.  45  ff.  —  $ret),  SBet= 
träge  ic.  II,  ©.  288.  —  Krabbe,  Unit).  9iofio<I  ©.  736  f.  —  £auptquette 
für  fein  Seben  ift  (Stronä  ic.  VI,  ©.  615  ff.  unb  .£>.  $.  ütabbet  in  „Erneuerte 
Senate  bon  ©eleljrten  ©ad)en  im  3.  1766."     «Roftod.     ©.  349—356. 

Ar  auf  e. 

'JkgiuS:  Martin  $.,  Sfurift  unb  Slftrolog,  „florierte"  nnd)  Södjer  um 
1560.  ©enauere  ^ad)iid£)ten  über  fein  ßeben  fdjeineu  jti  festen,  felbft  9ft.  2lbam§ 
„Vitae  Germanorum  Jureconsultorum  et  Politicorum"  (<£>eibelberg  1670)  ent= 
galten  ben  Flamen  nid)t.  6r  begegnet  un§  fofort  al§  fürftbifdjöflid)  fatjburgi= 
fd)er  ütattj,  al§  meldjcr  er  über  berfcfjiebene  9ied)t8fragen  (©antredjt,  (hbbauredjt 
u.  f.  m.)  in  beutfdtjer  ©pradje  3Ibt)anbtungen  berfafjte.  @r  foll  fogar  eine  lieber* 
feiuing  beä  fuftininnifcljen  ßobej  angefertigt  t)aben,  unb  iebcnfaHS  fpridjt  e§  für  bae 
Slnfefjen  bei  ÜJtanneg,  bafj  fein  ütractat  ..De  servitutibus"  nocl)  1733  ju  9tegens= 
bürg  nndjgebrudt  tourbe.  33efannter  nod)  mürbe  er  aber  burd)  fein  botuminöfe§ 
l'eljrbud)  ber  „miffenfdjaftlidjen''  2tftrotogie,  rocldjeä  unter  bem  Xitel:  ,,©eburts= 
ftunbenbudj,  barinnen  eine§  jetlidjen  9Jlenfd)en  Statur  unb  (£igenfd)afft  aufj  ben 
gemifjen  ßeuffen  beren  ©eftirn  mit  gutem  beftanbt  gcfunben  merben  mag",  im 
Ü$.  1570  bei  ©ijt  «gjenricpetri  ju  33afrt  Ijerauäfam.  3>n  ber  an  ben  tropft 
sJteut)aufer  bon  ©t.  ^eno  (bei  9fteid)ent)all)  gerichteten  Einleitung  entmidelt  s$. 
auSfüljrlidj  feine  päbagogifdjen  Vlnfidjten :  „&catt£unft"  —  bamit  ift  bie  2lritt)= 
metif  genteint  — ,  „(Srbmefferet)"  unb  „©eftirenfuuft"  foEen  bie  23afiä  beä  ge= 
tet)rten  Unterridjtes  bilben.  ©o  beginnt  benn  aud)  baä  SBerE  mit  ben  bier 
©pecieg,  bann  fommt  bie  eigentliche  ©ternbeutefunft  nebft  jaljlreidjen  aftro= 
nomifdjen  (Sinfdjaltungen ,  unb  ben  23efd)lufj  madjen  dtjronologie  unb 
Änlenb  er  fünft. 

3föct)er,  ©eletjrten-Sesifon,  3.  S3anb.  —  äöolf,  ©efdjid)te  ber  Slftronomie, 
©.  85.  ©ünttjer. 

^djeilt:  Sofef  3ol)ann  Dlepomuf  $.,  (Snnonift,  geb.  3u  ©todad) 
(bamalS  33orbetöfterreidj)  im  babifdjen  ©eefreife  am  8.  Slpril  1740,  t  <ju  SCÖien 
am  17.  2Rai  1799.  6r  machte  Sßorftubien  in  ßonftan«},  bie  juriftifdjen  in 
^nnSbrud  unb  SBien,  erroarb  an  letjterem  Orte  bie  juriftifdje  2)octormürbe  im 
3f.  1771,  tourbe  fofort  ^rofeffor  beä  Ätrdjenredjte  in  Snnäbrud,  1775  aud) 
©irector  be§  abeligen  GonbictS,  1777  faifertidjer  Otatfj,  enblid)  im  !$.  1779 
nadj  ©rjbel'S  SSerfetjung  al§  beffen  9cad)f olger  ^rofeffor  be§  .ttirdjenredjtS  in 
SBien  mit  bem  Gtjarafter  eines  nieberöfterreidjifdjen  9tegierung§ratl)§.  5Die 
3:b,eorie  bon  bem  SBerrjältnifj  be§  ©taat§  jur  ^ird^e  unb  ben  9ied)ten  beä  erftern 
in  fird)lid)en  fingen,  toie  fie  5ß.  entmidelt,  getjt  batjin:  ber  ©taat  entftanb 
infolge  beä  SBebürfniffeä ,  meil  bie  Gnnjelnen  für  fid)  aEein  iljren  3toe^  n^t 
erreichen  fonnten ;  ber  35eruf  beö  ^Uenfcljcn  ift  ©lüdfeligfeit,  aur  ßrreidjung  ber= 
felben  ift  ©taat  unb  ßirdje  nötrjig,  al§  jmei  befonbere  ©efeEfdjaften.  5Eie 
Äirdje  Jiat  $u  iljrem  Dbjecte  ba§  ©piritucEe,  ber  ©taat  aüe§,  moburd)  bie 
©lüdfeligfeit  beförbert  mirb.  2ln  fid)  finb  beibe  bon  einnnber  unabhängig;  bie 
^irdje  fann  itjre  Slufgabe  bem  ©taate  gan^  ober  ttjeilmeife  übertragen,  fie  tjat 
für  fid)  in  jeitlidjen  Singen  meber  birecte  nod)  inbirecte  ©emalt,  bat)er  aud) 
nid)t  ba§  9led)t  poenas  civiles  ju  berl)ängen,  il)r  6ibilred)t  ift  batjer  beränber= 
lid)  unb  ein  firdjlidjer  2lct  an  fid)  ol)ne  bürgerliche  äöirfung.  «$?ird)e  unb  ßtevuä 
fteljen  in  bürgertieben  3lngetegent)eiten  unter  bem  ©efe^e  unb  ©eridjte  be§ 
©taat§,  mo  foldje  bem  geiftlidjen  ©eridjte  factifd)  unterfte|en ,  fönnen  fie  it)m 
jeberjeit  entzogen  merben,  meil  biefe  Gompetena  lebiglid)  auf  ©nabe  ruljet.    S)er 


$ef)tnöflei.  319 

Sfürft  Ijat  als  foldjer  ba§  jus  inspiciendi,  impediendi  et  tollendi  ea,  quae  civi- 
tati  sunt  noxia,  bie  2lbbocatie,  barum  ba§  9fted)t  ßoncitien  ju  berufen  u.  f.  to. 
S)a§  finb  bie  Sbeen,  bon  benen  bie  Üteformgefetje  ber  Äaiferin  ^Jlaxia  Üfjerefia 
bereits  beeinflußt  toaren,  unb  toeldje  in  benen  bon  Sofepb,  II.  jum  bollen  2)urdj= 
brücke  famen.  ©ie  Jjaben  in  ben  Heineren  ©djriften  bon  *p.  itjren  Söieberfjall 
für  ©inaelfrogen.  Dbtoofjl  ty.  bon  ben  fog.  „Sofefinern"  unter  ben  bamaligen 
ßanoniften  jiemlid}  ber  ßonfequentefte  unb  ©elbftänbigfte  ift,  bebarf  eS  bod) 
nur  eines  33licfS  in  bie  Sttteratur  über  baS  lanbeStjerrlictje  Äiräjenregünent  in 
ber  broteftantifdjen  Äircrje,  inSbefonbere  in  bie  ©djriften  bon  ^ufenborf  unb 
^ßf äff ,  um  bie  Quelle  ber  HDjeorie  p  finben.  SDie  SBerle  bon  *ß.  leiben  an 
Steile,  finb  toeber  bon  miffenfcb,aftlidjer  ©rünbtidjfeit,  nod£)  im  ganzen  meb,r  als, 
fotoeit  bie  fbftematifdjen  betrifft,  in  rein  toittlürlidjer  Slnorbnung  gemachte  §8e= 
arbeitungen  an  ber  ^»anb  bon  SSan  ©Spen,  SSerarbi,  23artb,el  unb  föautenfiraud). 
©djriften:  „Jus  ecclesiasticum  publicum."  P.  I.  1781.  „Jus  ecclesiasticum 
Universum",  1786.  „Praelectionum  in  jus  eccles.  Universum  methodo  discen- 
tium  utilitati  adcommodata  congestarum  partes  duae."  P.  I.  II.  1791,  III. 
1789,  beutfd)  1803,  2  23be.  „Disquis.  hist.-jurid.  de  consensu  parentum  in 
nuptiis  filiorum  filiarumque  familias",  ^nnSbr.  1771.  „SBerjucf)  über  bie  9lott)= 
roenbigfeit  einer  borpneljmenben  Deformation  ber  geiftlidjen  Drben  unb  baS 
9tedjt  ber  Regenten,  auS  eigner  tylafyt  biefelben  in  allen  ßanbern  au  reformiren, 
ein3ufcr)ränfen  unb  aufgeben",  1782.  „§iftorifd}  =  ftatiftifd)e  2lbt)anblung  bon 
(Srridjtung,  ©in=  unb  2lbti)eiiung  ber  33iStt)ümer,  SBeftimmung  ber  @rabiStf)ümer, 
23eftätigung,  6intoeit)ung  unb  SJerfetmng  ber  6rj«  unb  33ifd)öfe,  bom  römifdjen 
Pallium  unb  6ibe,  melctje  bie  ©ra*  unb  SSifdjöfe  nebft  anberen  Prälaten  bem 
römifdjen  ^apftc  fcrjroören  muffen,  unb  bon  ben  ©eredjtfamen  ber  Regenten, 
in  2lnfelmng  biefer  ©egenftänbe"  u.  f.  m.  1790  (anontjm).  „Slblj.  bon  <$in= 
füfjrung  ber  33ol!sfprod}e  in  ben  öffentlichen  ©otteSbienft",  1783.  Sitte  außer 
einer  in  SBien  gebrucft  unb  erfdjjienen. 

äöeiblid),  SSiogr.  9iad>r.  III,  235.   —  S)e  Suca,   Journal  ber  £iter.  u. 

©tatift.  I,    §  35.    —    «Dleufel  X,  308.    —    b.  SBurabadj,  Ser,  XXI,  428 

(nennt  noctj  anbere).  —  b.  ©crjulte,  ©efd).  III,  1.  259. 

b.  ©djulte. 
^eJjmölIer:  (Eljriftian  9ticolaS  $.,  Kaufmann  unb  Senator,  ©eboren 
äu  Hamburg  am  2.  gebruar  1769,  ©otjn  eineS  bemittelten  guclerfabrifanten, 
gut  unterrichtet  (jebod)  ben  il)n  fpäter  ouSaeidmenben  tjoljen  33ilbungSgrab  feinen 
eigenen  ftets  fortgefe^ten  ©tubien  betbanfenb),  trat  er  1784  in  baS  faufmännifcfie 
<S5cfdt)äft  eine§  ber  bebeutenbften  bamaligen  ^anbel^äufer  Hamburgs  als  8elj)r= 
ling,  bann  als  GommiS.  ©eine  5infteEigf eit ,  fein  recbtfctjaffener  gfjarafter, 
feine  3uberläffig!eit  ertoarb  ib,m  baS  boEe  Vertrauen  feiner  ^rincipate,  bie 
toidjtige  ^ntereffen  in  feine  |mnbe  legten.  S)ie  für  fie  unternommenen  ©efdjäftS* 
reifen  nad)  ©änematf,  ©ngtanb,  granfreid),  ©panien  unb  Portugal  benu^te  er 
äugteid)  aur  Srroeiterung  feiner  Äenntniffe  toie  feine§  geiftigen  ®efid)t§freife§ 
überhaupt.  Sßoräüglid)  frudjtbringenb  tourbe  iljm  ein  breijäiiriger  Slufentb.alt  in 
ben  ^Bereinigten  ©taaten  bon  Dlorbamerüa,  bereu  .gmubtlmnbetgplä^e  ex  befudjte, 
unb  big  an  beren  fernfte  bamalige  ©renje  er  borbrang.  3uföfltg  be= 
lannt  getoorben  mit  bem  größten  ©taatSmann  2tmeri!a§,  bem  5präfibenten 
Söafb.ington,  burfte  er  benfelben  in  feiner  ftefibenä  befudjen  unb  feiner  ein= 
geljenben  Unterhaltung  fiel)  erfreuen,  beren  Sfnr}alt  itjm  lebenslang  im  beften 
©ebenfen  geblieben  ift.  1799  roeilte  er  in  (Snglanb,  bon  mo  er  in  feine  2kter= 
ftabt  rjeim!er)rte,  toeld)e  bamals  burdj  eine  foeben  beftanbene  große  -gmnbelSfrifiS 
empfinblid)  betroffen  mar.  SDeffenungeadjtet  unternahm  er  mut^ig  mit  feinem 
greunbe  k>-  S)roop  baS  ©efdjäft  feiner  früheren  ^rincipale  unter  eigener  girma 


320  ^efjmöUer. 

unb  roufjte  bafjctbe  balb  ju  2lnfef)en  unb  @t)ren  311  bringen.  ftunmetjr  etabttrt 
unb  33ürger  feinet  Sßaterftabt,  roibmete  er  fid)  aud)  bem  ©ienfte  berfelbcn  mit 
bem  regen  ßifer  einei  Patrioten,  alte  itjrn  übertragenen  (Sfjrenämter  mit  ge= 
toiffentjaftefter  $flid)ttreue  berroaltenb.  —  2lti  9JUtgtieb  ber  93anco=s-Berjörbe 
errotei  er  fid)  1813  ali  fütjner  tapferer  iBerttjeibiger  biefei  $nftituti  gegen  bie 
tjabgierigen  Eingriffe  bei  fran^öfifdien  ©oubemementi,  roetdjei  ben  ©ilberfcrjatj 
ber  S3anf  (ein  (Sigenttjum  nictjt  bei  .Hamburger  ©taati,  fonbern  ber  33anfinter= 
effenten,  alfo  be§  ."panbetaftanbei) ,  ju  confiiciren  begehrte.  9Jtit  Unerfd)roden= 
tjeit  trat  er  bem  Verlangen  ber  franjöfifdjen  ^ftadjttjaber  entgegen,  berroeigevte 
bie  9luitiefcrung  ber  ©djlüffet  unb  roidj  enblid)  nur  ber  brutalen  militärifdjen 
(Bemalt,  ali  bie  3toiHSf)ei-*nm  ben  Staub  bei  (Silberfdjatjei  ttjatfädjUcrj  ausführten, 
bem  ©runbfatj  Ijulbigenb :  roenn  ber  ©taat  ®elb  braudjt,  fo  nimmt  er  ei,  roo 
er  ei  finbet.  ©ie  benfroürbigen  Vorgänge  biefei  (Sreigniffei  t)at  iß.  fetbft  in 
einer  ©rudfd)rift  (beutfct)  unb  franjöfifd))  bargeftetlt.  —  ©leid)  nad)  Apamburgi 
^Befreiung,  1814,  mürbe  $.  311m  ^Ritglicbc  ber  jut  33eratt)ung  bon  33erfaffungi= 
unb  33erroaltungireformen  eingelegten  Sürgerbeputation  geroätjlt.  Apierauf,  bom 
©enate  mie  bom  publicum  ali  geeignetfter  9ftann  für  bie  Söfung  ber  93anffrage 
erfannt,  mürbe  ty.  mit  jroeimaligen  erfolgreichen  ^Riffionen  nad)  ^arü  betraut, 
um  bie  Stütfgabe  bei  geraubten  53anffcrja|ei  ober  eine  genügeube  ßntfdjäbigung 
3U  bertangen  unb  burctjjufetjen.  2Bät)renb  feiner  Slbroefenrjeit  1816  ju  attge= 
meiner  Q3eiriebigung  ia  ben  ©enat  geroärjlt,  ertoiei  ty.  fid)  feitbem  ali  einei  ber 
auigejeidjnetften ,  einflufheicrjften  sJJtitglieber  biefer  oberften  ©taatibefjörbe  Apam= 
burgi,  je  roirffamer  feine  tjerbotragenOen  ©igenfdjaften  fid)  geigten  ©enn  er 
bereinigte  in  fid)  bie  ftrengfte  9ted)tfd)affeuf)eit  mit  einficfjtib  oller  ©taatiflugrjeit 
unb  futctjttofer  (Energie.  @r  mar  unter  alten  Umftänben  ein  unabhängiger 
Grjarafter,  gegen  80b  unb  labet  mie  gegen  frembe  ©inflüffe  böllig  un^ugänglid). 
(Somit  rourbe  5ß.  attmätjlid)  3um  allgemein  tjodjgeadjteten  „@dt)art"  bei  ©enati 
roie  ber  33ürgerfdjaft.  2lui  feinem  amtlichen  2Bhfen  ift  ^otgenbri  rjerbor* 
3ur)ebcn.  1820  unb  1821  bertrat  er  in  einfidjtibotlfter  Söeife  bie  Apamburgifdjen 
unb  beutfdjen  Apanbelüntereffen  auf  ber  bon  allen  (Slbuferftaaten  befdjidten 
©reibener  ßonferen^  befjufi  geftftellung  ber  (Hbfdjiffatjrtiacte ,  abgefdjtoffen  am 
23.  $uni  1821,  beigleidjen  auf  ber  Sonferen^  ju  Hamburg  1824  roegen  9iebi= 
fion  berfelben.  2Bätjrenb  feinei  Slufenttjatti  in  ©reiben  rjäufig  an  ben  fönigl. 
,pof  gebogen,  ermarb  er  fid)  bai  Sßoljlroollen  bei  ^rinjen  3tot)ann,  bei  nad)= 
maligen  Äönigi  bon  6ad)fen,  mie  ber  ^rin^effin  5lmatie,  fpäter  ali  ©d)riTt= 
ftetterin  befannt  gemorben.  ©er  itjm  bertrautid)  funb  geworbenen  2lbfid)t  einer 
£)rbeniberleit)ung  an  itjn,  mu^te  er  burd)  bie  förftäruug  borjubeugen ,  ba|  bie 
9(nnab,me  einer  fotdjen  ©ecoration  unbereinbar  fei  mit  bem  ßtjarafter  unb  ber 
Stellung  einei  ©enatori  ber  freien  ©tabt  Hamburg.  —  3lti  ältefter  (Senator 
beffeibete  er  mit  bemfelben  einfidjtibollen  6ifer  bie  3lngetegent)eiten  ber  <£)am= 
burger  gelehrten  ©djulen  unb  £3itbungianftalten.  ©einer  ttjatträftigen  görbe= 
rung  ift  ber  Neubau  ber  ©ebäube  bei  ^otjanneumi  unb  bei  afabemifdjen  ©tjm^ 
naftumi,  fomie  ber  ©tabtbibliotrjef  3U  banfeu,  beren  Sinroeirjungifeier  am 
5.  9ttai  1840  ^etjmötler'i  Siebe  einleitete.  S3alb  nacr)  bem  Sranbe  <!pamburgi 
im  5Jlai  1842,  roetdjer  biefe  auf  bem  ©runbe  be§>  bormatigen  ©omftiftei  fteb,en= 
ben  ©ebäube  berfcrjonte,  traten  bie  infolge  einei  fo  raftloi  trjätigen  2BirEeni 
unabmeiitidjen  2ltterigebrecr)en  audj  bei  bem  tapfer  bagegen  anfämpfenben 
5}3rotofenator  tjerbor.  2lber  erft  im  Februar  1845  trat  er  bon  ben  ©taati= 
gefdjäften  jurüd  unb  ftarb  batb  barauf  ben  17.  Slprit  1845. 

6.  bie  bon  ^ßrof.  Stjr.  5ßeterfen  bcrfa^te  lateinifd)e  ^emorie.  1847.  fol. 

33enef  e. 


Reifer.  321 

Reifer:  Sabib  5p.,  crjutfäcbfifcher  Kanzler  im  17.  ^atjrbunbert.  ®e&- 
ju  Seipjig  am  3.  Januar  1530,  f  3U  Bresben  am  1.  fyebtuar  1602  (nierjt  1601). 
Xaüibs  33ater,  5fticotau§  5p.  30g  in  feinet  $ugenb  aus  ber  fränfiferjen  ,£)eimatr) 
nacr)  üüeip^ig ,  tief}  fid)  bafelbft  at§  5Jted)t3geter)rter  bauetnb  nieber,  unb  ftarb 
bort  im  68.  ^abre  feinet  Altera.  Aud)  S)aöib§  ältefter  23ruber  lebte  als  gefegter 
Arjt  in  ßeipjig.  SJaöib  erhielt  nacr)  turpem  33efucr)e  ber  Sbomasfdjule  mit 
einigen  Alterägenoffen  5pribatunterricr)t ;  er  geigte  fdjon  bamals  eine  glüdticr)e 
Begabung,  unb  befunbete  bei  fleinen  jbeaterborftellungen  im  elterlichen  ©arten 
eine  für  feine  ^arjre  überrafc£)enbe  Auffaffung§gabe ;  benn  er  raufste  bie  9totte 
bei  „oerlocnen  ©ofme§"  trotj  feines  Knabenalters  in  ergreijenber  Söeife  ^u  fpielen, 
unb  jene  bei  6fierea§  im  @unucf)en  bes  Seren}  ganj  richtig  Wieberjugeben.  1544 
fam  er  auf  bie  bon  t^er^og  5Dcorit|  neu  gegrünbete  ©erjutpforte  ab.  Saale,  too 
er  jeboer)  nur  ein  ©emefter  blieb,  Weil  er  bei  ber  Prüfung  Seweife  bofjer  geiftiger 
Sfleife  ablegte.  2>ie  5Prüfungsaufgabe  beftanb  in  ber  SBegrünbung  bes@a^es:  bafj 
Gicero's  2ßeTfe  allen  anberen  ©cfjriften  bes  Altertbums  borjuäieben  feien.  SBärjrenb 
fiel)  nun  bie  übrigen  ©cbüter  mit  bogenreieben  Ausführungen  abmühten,  über* 
reifte  5p.  ein  einziges  Statt  mit  bier  lateinifcben  Werfen,  Welcbe,  metrifd)  unb 
grammaticalifd)  tabelfrei,  bie  Aufgabe  in  bünbigfter  Söeife  löften,  unb  fo  5p.  ben 
'.Jh-eis  berfebafften.  S)aöib  bejog  1546  bie  Seidiger  ,£od)fd)ule,  r)örte  juerft 
prjilofopbifcbe  Sßorlefungen ,  erwarb  mehrere  Ausjeidjnungen ,  würbe  5)Jtagifier 
artium,  unb  wanbte  fid)  bann  unter  ^ehus  Soriotus  (Pierre  Lorioz  aus  dpernarj) 
bem  9ied)tsftubium  ju.  damals  rjatte  ber  ©panier  Submig  Abita,  dritter  bes 
Alcantaraorbens  eine  ©efebiebte  be§  fcf)malfalbifd)en  Krieges  gefebrieben ,  meld)e 
ber  33rügger  2öilb.  9)iolinäus  in's  Sateinifcbe  übertrug.  Sa  fte  beteibigenbe 
Ausfälle  auf  ben  römifetjen  König  gerbinanb,  «Dcoriij  b.  Saufen  unb  anbere 
Oteicbsiürften  enthielt,  richtete  5p.  ju  beren  Sbrenrettung  an  Abita  ein  ©ebicfjt 
in  Jamben ,  welcbei  er  auf  bem  SJceicfistage  ju  Augsburg  (1550)  gerbinanb 
überreizte,  ber  ibn  als  Siebter  balb  barauf  mit  bem  Sorbeer  frönte.  Um  5p. 
ben  brotjenben  5Rad)ftetIungen  bes  erzürnten  Abita  ju  entrüden,  würbe  er  ber 
©efanbtfdjart  beigegeben,  welche  bamals  im  tiefften  Söinter  unter  bem  faiferlictjen 
Statte  ©amian  5pflug  an  ben  5Polentönig  ©igismunb  Auguft  nacb  Krafau  ab= 
ging,  unb  bei  biefer  ©elegenbeit  aueb  bie  benachbarten  ©abwerfe  bon  Söielicäfa 
befud)te,  beren  unerfeböpftiebe  Ausbeute  febon  um  bie  IJJcitte  bes  13.  Sabrfjunberts 
begann.  1555  ging  5p.  über  bie  Alpen  nad)  ^Bologna,  um  bort  als  ©cbüter 
bes  Marianus  ©oemus  b.  3-  unb  getbinanb  f8m  in  einem  breijärjrigen  dürfe 
bas  begonnene  9ted)tftubium  ju  bottenben.  äBäfjrenb  ber  Serien  bereifte  er  bie 
größeren  ©tobte  unb  tanbfdmftticb,  ober  gcfcr)ict)tiicrj  bebeutenben  fünfte  ber 
|jalbinfel,  unb  lernte  tjieburd)  bas  bon  5ftatur  unb  Kunft  fo  reieb  auigeftattete 
ßanb  grünbtid)  lernten.  5Jcad)  bem  jweiten  ^aijxe  feines  Solognefer  Aufenthaltes 
erwarb  5p.,  eben  oon  ^lorena  3urücEgc!eljrt ,  ben  juriftiferjen  S)octorgrab;  nacr) 
bem  britten  befudjte  er  im  gtütjja^re  1558  5Reapel  mit  Umgebung,  unb  traf 
über  5tftailanb,  ben  ©ottfjarbt,  Safel,  ©trafjburg  unb  9Jlaina  «Kitte  Auguft 
worjlbefjalten  Wieber  in  feiner  Söatetftabt  Seipjig  ein.  @in  Vorgang  an  ber 
italienifcb/beutfctjen  ©renje  gab  ^u  einer  äiemlicrj  berben  Anecbote  Anla^,  weterje 
^öcf)er,  audj  5)lotermunb  3lecb,enberg;§  Angabe  in  ber  vita  Peiferi  nactjeräätjten ; 
bie  Anecbote  bewerft,  ba§  unfer  ©eterjrter  ein  guter  Seutfc^er  aber  ein  ent= 
fdfjiebener  ©egner  koms  war.  tiefer  feinbfeligen  ©timmung  t)atte  er  fcfjon 
früfjer  in  ber  ßlegie:  „Epistolae  Ecclesiae  afflietae  ad  Christum"  Ausbrud 
gegeben,  worin  bem  5papfttr)ume  bie  |>erabwürbigung  ber  ßbriftuslebre  jutn 
fdmöben  ©ö^enbienfte  borgeworfen  wirb.  —  äßenige  Söocben  nacr)  ber  5ftüdfer)r 
aus  Italien "  berlor   5p.  feine  äärtlicb  geliebte  Butter,     ©et  Sater   fcfilo^   m§ 

Mttgein.  beuiiefie  SBtoa:aJ)5ie.    XXV.  21 


322  $«fe* 

fur^er  $rift  mit  einer  SBittme  au£  ßeipjig  einen  ^weiten  Sljebunb,  welker  bem 
©ofme  um  fo  meniger  jufagte,  als  er  ben  Sob  feiner  Butter  nod)  tief  Detrauerte. 
6r  bcrliefj  baljer  feine  ©eburtSftabt,  unb  trat  aU  Statt)  in  bie  2)ienfte  §et}0g8 
Sodann  albert  ü.  SJterftenburg.  Stad)  ©d£)tic^tunQ  ber  aroifdjen  ben  fütftlidjen 
trübem  ö.  SJtedtenburg  beftanbencn  Sted)t£ftreitigfeiten,  begleitete  er  feinen  #errn 
ju  beffen  Güibam,  Albert  b.  ^reufjeu,  unb  fam  nad)  33efid)tigung  ber  blüfjenben 
.£>anbet§ftäbte  an  ber  Dftfeefüfte  bis»  ÖiDlanb.  6ine  in  ber  |?eimatt)  beabfictjtigte 
Verlobung  errocdtc  bei  s$.  ben  äöunfd)  nad)  borgängiger  Stürffpradje  mit  feinem 
Vater.  3Der  tjie^u  nötige  Urtaub  mar  um  fo  leidster  (^u  erhalten,  als  ber 
Primas  bon  SJtagbeburg  pr  Austragung  ber  pnfdjen  bem  «frerpg  b.  S)tedlen= 
bürg  unb  bem  ©rafen  b.  SJtanSfelb  beftetjenben  -Raubet  um  jene  &\t  einen 
©eridjtStag  nad)  Jpatle  auSgefdjrieben  tjatte,  rooju  Sofjann  Gilbert  feinen  Statt)  s}>. 
mit  2  anbern  2)etegirten  aborbnete.  ty.  reifte  fomit  äum  angefeilten  Sermine  nad) 
,g>alle,  unb  ba  fid)  ©raf  9)tansfelb  innerhalb  breier  Sage  nid)t  ftettte ,  nad) 
ßeib.yg,  roo  bie  Verlobung  mit  Varbara,  einer  Sodjter  beS  d)urfäd)fifd)en  2eib= 
arjteS  VlafiuS  ©rüneroalb,  mit  ben  üblidjeu  görmlidjfeiten  gefeiert  mürbe.  SUbet 
fdjon  nad)  wenigen  Sagen  mufjte  er  fid)  Don  ber  Vraut  trennen ,  »eil  it)n  3U 
Raffet ,  mo  ber  ^perjog  gerabe  meilte,  neue  ©efdjäftSreifen  ermarteten.  3ue*ft 
ging  er  trotj  .statte  unb  äöinterftürme  ju  |)erjog  Gilbert  in  Königsberg ,  bann 
junt  s4Jlolenfönig  ©igmunb  Auguft ,  ber  fid)  in  bem  pradjtboüen  5ürftenfd£)tofee 
s4Jctromefot)  (;}Hetrocobia)  auffielt:  bon  ba  oljne  Verzug  nad)  ©djrocrin,  um 
feinem  .frerrn  über  bie  (hfotge  feiner  Senbungcn  Veridjt  ju  erftatten.  An 
©igmunb  Auguft  mürbe  5ß.  breimal  abgeorbnet  unb  Don  bemfelben  ftetS  feljr 
tjulbboll  entlaffen.  Vei  ber  jroeiten  ©enbung  im  Stobember  1564  befiel  ben 
König  mäljreub  einer  Aubienj,  in  ber  5ß.  allein  zugegen  mar  ein  fet)r  fjeftiges,  faum 
ftittbareS  Stafenbtuten,  fo  ba$  ty.  für  bes  .WönigS  ßeben  bangte;  bod)  ging  ber 
Anfall  oljne  nad)tl)eitige  folgen  Dorüber.  3fm  3»uti  1563  feierte  $.  ju  Seipyg 
feine  .«podjjeit  mit  Barbara  ©rüneroalb.  $n  glücflidjcr  @f)e  mürbe  fie  SRuttex 
Don  15  Kiubern  (6  Knaben,  '.»  S)täbd)en),  moDon  nur  fttnf  ben  Vater  überlebten. 
S)iefe  Verbinbung  Dermet)rte  ^eifer'S  Sßunfd),  feine  5Dienfte  feinem  ©eburtslanbe 
3U  mibmen ;  er  bat  bafyer  beu  •Oer^og  um  feine  Qnittaffung,  bie  er  jebod)  Don 
bem  ijögernbcn  griirften  auf  miebertjolte  Sitte  etft  gegen  Gnbe  1565  erhielt,  als 
iljm  eine  JpofrattjfteUe  p  2)reSben  in  fixerer  AuSfidjt  ftanb.  $rüf)ere  Anerbieten, 
nad)  (Stettin  ober  Sljom,  tjatte  er  mit  Stücffidjt  auf  ben  iljm  geneigten 
<&eiv$og  abegtetjnt. 

^n  2)reSben  mar  er  anfänglid)  mit  ©renjbereinigungen ,  Beilegung  bon 
(Streitigfeiten  unb  miebertptten  Steifen  an  ben  faiferlidjen  £>of  betraut.  1572 
berief  if)n  dtjurfütft  Auguft  in  ben  be^uf§  33erat^ung  ber  fog.  „constitutiones 
Saxonicae"  %u  s)Jtei^en  niebergefetjten  ßonbent,  meldjer  auS  7  fäd)fifd)en  «g>of= 
xättjen  unb  5  UniOerfitätlprofefforcn  beftanb,  unb  ber  bei  ber  grofjen  fyütle  be§ 
^JtaterialS  —  bie  Sefdjlüffe  erftredten  fid)  auf  249  9ted)t§fragen ,  —  längere 
3eit  tagte.  Dbmotjt  ber  urfprüngtidje  SerattjungSjmed  nur  bei  SSefeitigung  bon 
dontroberfen  galt,  erlangten  bod)  bie  constitutiones  in  ber  s45raj;iS  aümäljlid) 
©efctjeSfraft.  5Jtit  feiner  1574  erfolgten  Seförberung  jum  ©efjeimratt)  muffen 
Umfang  unb  Sebeutung  ber  ©efdjäfte.  Steben  ber  Auffidjt  über  bie  gelehrten 
©d)uten  unb  bie  djurfürfttidjen  Sweater  beftanb  feine  Sljätigfeit  ^auptfädjUd)  in 
ben  93ert)anblungen  mit  fremben  ©efanbtfdjaften.  ß^uriürft  Auguft  genofj  nid)t 
Öto§  im  9teid)e,  fonbem  aud)  au^er^alb  beffen  fören^en  ljot)e§  Söertrauen  unb 
gro|e§  Anfel)en.  AuS  biefem  ©runbe  fd)idten  6f)urfürften  unb  anbere 
3teid)§ftänbe ,  aud)  bie  Könige  bon  Spanien  unb  granfreid),  bon  Stabana, 
(Snglanb  unb  5|3olen,  ja  ber  Kaifer  felbft  unb  aufjer  biefen  fomor)l  italienifctje 
dürften  al§  bebeutenbe  ^anbetSftäbte   jum  Defteren  Vertrauensmänner   an   ben 


Reifer.  323 

<i)urfäd)fifdjen  <g)of ;  unb  fo  jarjlreid)  bie  ©enbungen  waren,  bie  fid)  meift  auf 
bem  gufce  folgten,  fo  mannigfaltig  waren  beten  anliegen,  bei  toeld^en  nidtjt  feiten 
bie  lateinifdje  ober  italienifdje  Spraye  gebraust  werben  mußte.  SBurbe  •£.  bei 
bi,-fen  arbeiten  aud)  bon  brci  tüchtigen  Ütätfjen  unterfiüfet,  fo  tag  bod)  namenttid) 
in  ben  legten  Dtegierungsjarjren  be§  Gtjurfürften ,  bie  ,£>aupttaft  auf  feinen 
©djuttern,  unb  geben  tjierür  bie  in  ben  fäcb,fifd)en  Slrdjiüen  aufbewahrten  Steten 
bie  bünbigften  23etege. 

Sn  ben  ^arjren  1578  unb  1579  War  $.  ber  ftreng  futrjerifdjen  ©efinnung 
gemäfj  im  (Sinftange  mit  bem  Stjurfürfien  eifrig  bemüfjt,  ba§  enbtidje  3uftanbe= 
fommen  ber  „formula  concordiae"  (bes  legten  tutrjerifdtjen  ©laubensbefenntniBes) 
311  förbern.  (Sie  würbe  am  25.  $uni  1580  auf  bem  ^Jtatftptatje  ju  Bresben 
feierlidj  berfünbet,  man  berpftidjtete  auf  fie  8et)rer,  ©eiftlidje,  felbft  einzelne 
Beamte,  unb  natjm  bei  2infieüungen  u.  bergt,  auf  Männer  biefer  9ticf)tung 
bormiegenb  ütüdfidjt.  Slfletn  nad)  bem  Sobe  be§  (Stjurfürfien  Stuguft  (12.  gebr. 
1586),  welchem  ber  jugenbtidje  Gtjriftian  I.  in  ber  (StjurWürbe  folgte,  trat  eine 
grunbfätjlidjc  Stenberung  ber  Äirdjenpolitif  ein.  Gtjrifttan  I.,  metjr  bem  reformirten 
Sefenntniffe  augetfjan  unb  bafjer  ein  ©egner  ber  Goncorbienformel,  rjob  fofort 
nacb,  feinem  Regierungsantritte  bie  53erpftid)tung  auf  biejelbe  auf.  £rofebem 
ernannte  er  $.  am  9.  ^uni  1586  pm  banaler,  Wetdjer  bem  jufotge  an  bie 
©pike  ber  ©efdjäfte  trat;  in  Sßirflidjfeit  lag  inbefj  bie  innere  unb  äufjere 
^olitif  in  ben  £änben  bei  Dr.  fticotaus  ^rett  (f.  21.  ©.  33.  XYIL  116). 
S/iefer,  frütjer  Sftentor  be§  (Stjutprinäen,  roar  bon  ßtjriftian  fofort,  im  5Rai  1586, 
in  ben  geheimen  JRatrj  mit  ber  auäbrüdtidjen  33eftimmung  aufgenommen  worben, 
immer  um  beffen  ^erfon  p  fein,  bamit  ber  Stjurfürft  „in  ben  ©adjen  ,  barin 
er  fein  rättjticrjeä  Siebenten  begetjren  Würbe",  Dr.  jhett  ftetS  fogteicr)  jur  ^anb 
tjabe.  Sedieret  befafj  fotjin  feinei  dürften  botlfteä  Vertrauen,  unb  neigte  fid) 
gteid)  biefem  bem  reformirten  23etenntniffe  ju.  S)a  fid)  ÜJ5.  in  unlöätidjem  SSiber-- 
fprudje  mit  ber  neuen  Regierung,  unb  um  ben  nöttjigen  (Sinftufj  gebracht  fat), 
bat  er  um  ©nttjebung  öon  einem  2tmte,  ba§  itjrn  „nur  Slergernufe"  bereite.  ©ie 
erfolgte  im  3uni  1589.  $.  tourbe  pm  Seifiger  bei  ben  am  S)re§bner  Ober« 
rjofgeridjte  rjalbjätjrig  ftattfinbenben  $rocef3berb,anblungen  ernannt.  2tn  feine 
©teile  trat  Dr.  $reÜ,  unb  finb  it)m  in  ber  33eftattungsurfunbe  üom  25.  i^uni 
weitgetjenbe  33oümact)ten  eingeräumt.  5)3.  30g  mit  ben  ©einen  auf  fein  Sanbgut 
@offed  (©offigt),  unb  berieb te  bort  nacb,  langen  Saferen  aufreibenber  Arbeit 
gtüdlidje  Sage  ber  9tut)e  unb  ©rtjolung.  Siefer  ßmpfinbung  berteitjt  er  berebten 
9lu§brucf  in  einer  ßtegie,  „E  Gossigiano  Xonis  Octob.  MDLXXXIX%  bie  an 
feinen  ^ugenbfreunb  ben  dmrfürfil.  5tatb,  2tnbrea§  ©rftenberg  gerietet,  mit  bem 
SÜftidpn  fdjtiejjt: 

At  tu  Ruricolam  Pyladis  urbanus  Orestem. 

Displicet  haec  lauto  si  tibi  vita,  mone !  . 

Socfj  aud)  biefe  Sage  füllten  nierjt  ungetrübt  berfliefjen;  im  9tobember  1591 
t)atte  5ß.  ben  Job  feiner  treuen  ©attin  ju  beflagen,  welche  unter  großer  23e= 
ttjeiligung  bon  ^at)  unb  gern  auf  bem  £anbgute  beftattet  würbe.  SBenige 
SBodjen  frütjer  am  5.  Dctober  War  ßtjriftian  I.  im  nod)  nierjt  bottenbeten 
31.  ^at)re  burd)  einen  frütjjeitigen  Sob  tjinweggerafft  worben;  ein  Sreignifj  bas 
für  ©acrjfen'i  innere  ^ßolitit  bon  ben  gewidjtigften  folgen  begleitet  War.  2er 
93erlebte  tjatte  ju  33ormünbern  feiner  minberjäf)rigen  ©ötjne  ben  ^erjog  griebrid) 
äBittjelm  ju  ©acfjfen  =  Slttenburg  unb  ben  2ftarfgrafen  ©eorg  b.  33ranbenburg 
aufgeftettt.  (Srfierer,  ftreng  luttjerifd)  gefinnt,  war  gleid)  ber  fädjfifdjen  9titter= 
fd)aft  ein  erbitterter  ©egner  ÄreH§,  ber  aud)  fofort  nod)  bor  SSeerbigung  bei 
ßtmrTürften  am  29.  Dctober  auf  bem  Söege  bon  ber  Äanjtei  ju  feiner  SBotjnung 

21* 


324  5peiticfe. 

burd)  jwei  Trabanten  „bingfeft  gemalt"  unb  in  fidleren  ©ewaf)rfam  gebraut 
würbe.  (Sin  gegen  biefen  eingeleiteter  3er)njal)riger  ^nauifitionäprocefc  mit  alten 
(Sdjretfen  be§  bamaligen  ©efängnifjwefenä  fanb  fein  tragifd)e§  (Snbe  in  beffen 
am  9.  Dctober  1601  auf  bem  9Jtarftptafec  ^u  2)rcäben  Ponogener  öffentltdjcr 
,<pinricr)tung.  ßurje  $e\t  nacr)  ÄrettS  Sßerrjaftung,  am  18.  3)ecember  1591  fd)rteb 
griebricr)  SBitljelm  als  ßanbeäabminiftrator  an  $.  unb  trug  ifjm  bie  erlebigtc 
Äanjlerftelle  an.  Sluf  bringenbeä  £ureben  ber  fäd)fifd)en  9tätt)e  erftärte  er  fid) 
enblid)  &u  beren  9tnna1)me  bereit,  unb  erhielt  rjtebei  500  ft.  Umjug«s= 
gelber.  2Iuf  ben  4.  gefcruar  1592  ju  bem  2Ibminiftrator  nacr)  3C1^  befdjteben, 
nar)m  er  bort  in  beffen  ©egenroart  ben  Pflichtigen  ben  2reu=  unb  .gmlbigungäeib  ah, 
unb  begleitete  biejen  jum  nämtidjen  Qtoed  in  bie  #auptorte  be§  (Surtanbtä;  1693 
würbe  er  jur  ©djticrjtung  ber  jwifd)en  SBürgerfdjart  unb  Statt)  aufgebrochenen 
Streitigkeiten  nacr)  ßeipjig  gefanbt.  Sin  paar  3fat)re  fpäter  ging  er  mit  bem 
Türftlidjen  2lbminiftrator  auf  ben  9teid)3tag  nad)  föegenSburg ,  unb  beteiligte 
fid)  an  ber  Sßeratrmng  über  bie  fd)Webenben  9teid)äangelegenl)etten.  2lm  24.  ^futi 
1601,  alfo  wenige  3Jtonate  Por  feinem  2obe,  erlebte  er  nod)  bie  greube,  bafj  fid) 
ber  ättefte  Sorjn,  StiftSratt)  Dr.  2)aPib  $.  jun.  ju  SGßuqen  mit  3lgne8  0.  SDrorjff 
rjeic)eiTatt)ctc;  im  Januar  1594  ^atte  ficr)  feine  £ocr)ter  ^uftine  mit  $ammer= 
gerid)t§affeffor  Dr.  ©eorg  9fteid)  Perer)elid)t :  bei  metetjer  (Gelegenheit  ber  Söater 
ber  33raut  Pon  -^erjog  griebrid)  Söitrjelm  mit  einem  foftbaren  ülrtnfgefäfje  unb 
einem  $afje  eblen  Dct)einweine§  befdjenfi  Würbe,  .ftaifer  'DJcarimilian  II.  ert)ob  ty. 
fammt  feinen  9cadjfommen  in  ben  9reid)äabetftanb,  unb  beabfidjtigte  beffen  6r= 
nennung  <jum  9teid)§l)ofratt) ;  boer)  ftarb  ber  $aifer  öor  Unteraeidjuung  ber  auf 
feinen  33cfel)t  bereits  entworfenen  9lnftellung$urfunbe.  Dbworjt  unfern  Staats* 
mann  bie  £>ienftgefd)ä!te  OoHauf  in  Slnfprud)  nahmen,  war  er  bod)  aud)  fd)rift= 
ftetlerifd)  tr)ätig.  ?(bgefel)en  Pon  einer  ^ugenbarbeit  über  £>0ib,  überfetjte  er 
rjanbfdjriftlid)  „Oppiniani  venationes"  auS  bem  gried)ifd)en  inä  tateinifdje,  t>er= 
fafjte  unter  bem  2itel:  „Lipsia  seu  originum  Lipsicnsium  libri  IV"  bie  erfte 
©efd)id)te  SeipjigS,  (we(d)e  Sßrofeffor  Slbam  9ted)enberg  mit  einer  SBtograptjie 
^ßeifer'S  1689  au  ßeipjig  Verausgab);  ferner  „Epistolas  Statum  et  ecclesiae  et 
reipublicae  sub  Augusto  Elect.  Saxon.  illustrantes".  beren  üßubtication  $.  $r. 
©otter  beforgte  (Siena  1708);  enblid)  „Historia  de  regni  Pontificii  ortu,  in- 
crementis  et  fastigio"  (Lps.).  Slud)  als  lateinifdjer  2>ict)ter  War  ber  reidjbegabte 
9Jcann  gefdjäbt ;  aufjer  2Bibmung§gebid)ten  an  befreunbete  ^erfonen ,  an  bie 
fädjfifdjen  fünften  2lbam  ^flug  unb  *peter  £aige,  (meld)'  Setjterer  fid)  $.  als 
fein  teud)tenbeS  Söorbilb  erfor)  an  feinen  3fugenbfreunb  (Jrftenberg  unb  9lnbre 
—  Perfafjte  er  ein  eöifd)--elogifd)e§  ©ebid)t:  „Imperatores  Turcici,  seu  de 
eorum  vita  et  rebus  gestis"  (Basil.  1550),  Weldjeä  fieb,  audj  im  V.  SBanbe  ber 
„Delitiae  poetarum  gerraan.  hujus  superiorisque  aevi"  ©.  31 — 57  abgebrutft 
finbet.  1587  würbe-  ju  SCßittenberg  hti  $a<i)ax\a%  Grato  in  eleganter  5lu§ftattung 
eine  wefentlid)  öermet)rte  Auflage  gebrudt,  in  ber  neben  bem  „carmine  elegiaco 
aliaque  poemata  Peiferi  non  minus  jueunda,  quam  erudita"  aufgenommen  finb ; 
barunter  bie:  „Elegia  ad  Germaniam",  Welche  auc^  in  ÜteuSner'S  coli.  orat.  et 
consult.  de  bello  Turcico",  vol.  IV.  (Lps.  1595)  ftetjt. 

Slbam  9ted)enberg :  curriculum  vitae  Dav.  Peiferi  Icti  a.  a.  £).  —  ^Dtit= 

tf)eitungcn  au§  bem   fäcb,f.  ©taat§ard)io.  —  Södjer  III  1346,  gtotermunb  V 

1793.  —  Sfti^arb,  ber  fäc^f.  banaler  Dr.  «Ric.  Äretl  ©.  75  ff.  —  Sranbeg, 

ber  Äanjler  ^reH.  6ifent)art. 

^CtUdc:  3»o^ann  $v  ^ilofopt)  unb  3»urift,  geb.  in  3eife,  t  am  8.  Sept. 

1522  in  Seipaig,  würbe,  nacr)bem   er    1484    at§  ©tubent   in  Seipjig   inferibiert 

morben  War,  1486  bafelbft  Saccataureue  ber  $l)ilofopl)ief  1491  2)cagifter,  bann 

33accalaureu§    ber  9ted)te,    unb    War  im  SBinterfemefter   Pon   1497   auf   1498 


Sßein.  325 

tRector  ber  Uniüerfität ,  im  Sommer  1500  Secan  ber  5lrtiftenTacuttät.  ÄIS 
unüereinbar  mit  biefen  Srjatfadjen  erfdjeint  bie  Angabe,  bafj  et  felbft  1474, 
fein  23ater,  ber  Setyn  53ürgermeifter  33artrjolomäus  5ß.,  1453  geboren  morben 
fei.  ßbenfo  ermeift  ficrj  bie  burct)  feinerfei  urfunblictje  9cact)ricr)t  unterfiüijte 
2)ermutt)ung  als  unhaltbar,  bafj  5ß.  in  ber  3"t  ätoifdjjen  1491  unb  1497  9tector 
ber  $att)ebratfcr)ule  in  beißen  gemefen  fei.  Söenn  er  nämlicr)  in  ber  Ueberfctjrift 
eines  it)m  gemibmeten  Epigramme  öon  ^ermann  23ufdjiuS  (in  beffen  Epigrammatum 
Liber  Tercius,  Lips  1504,  331.  Fv  vers0)  ..misnensis  iuuentutis  Moderator"  ge= 
nannt  rotrb,  fo  ift  biefer  91usbrucf  (ben  eine  alte  b^nbfdjriftlidje  9tanböemerfung 
in  bem  ber  3)reSbener  23iöliott)ef  gehörigen  Gremplar  bes  angeführten  23ucrjeS 
öon  SufdjiuS  mit  ben  Söorten:  „vel  vt  vulgo  dicunt  sed  male  Burse  misnensis 
Conuentori"  erläutert)  nict)t  auf  bie  i^ugenb  ber  ©tabt  IJJceijjen,  fonbern  auf 
bie  9Keif}nifdj)e  Nation  ber  llniöerfität  Seipjig  ju  bejietjen.  2)enn  nictjtS  beutet 
barauf  f)in,  bafj  ty.  Seipjig,  nadjbem  er  fiel)  bort  niebergelaffen,  mieber  öerlaffen 
tjabe.  i2?m  3»aljre  1491  erfctjien  bafelbft  fein  „Philosophiae  naturalis  compendiunr. 
1499  unb  nochmals  1503  unb  1509  feine  SluSgabe  ber  „Libri  metaphvsicae': 
beS  2Irtftotetes,  in  meldjer  er  „pro  Scholarum  manuduetione"  eine  Sintfjeitung 
in  üraetate  unb  ßapitel  öorgenommen  rjatte.  fteben  bemjenigen  ©tubium,  öon 
meinem  biefe  beiben  Sucher  3eu9niB  ablegen,  betrieb  er  auef)  bas  ©tubium 
ber  föedjtStüiffenfdjaft,  in  ben  fpäteren  S^ren  feines  Sebens  mibmete  er  ficrj 
itjr,  mie  es  fetjeint,  böüig.  (Einige  Sage,  nacfjbem  er  fiel)  mit  ßattjarina  3abel= 
ftein,  ju  beren  §eiratSgut  ein  ,!pauS  auf  ber  ÜteidjSfirajje  gehörte ,  üerr)eiratr)et 
blatte,  mürbe  er  2)octor  ber  9tecrjte.  3»m  $arjre  1511  erfdjeint  er  unter  bem 
tarnen  S)octor  .gerjt}  als  deputiertet  ber  ^Dceifjnifcfjen  Nation  bei  ben  burct) 
^erjog  ©eorg  üeranlafjten  Sertjanblungen  über  Reform  ber  Unioerfität.  1512 
erlangte  er  eine  juriftifdje  ^rofeffur  unb  gteicrjjeitig  als  ^roconful  bie  9Jtit= 
gtiebfdjafi  im  9tatt)e  ju  Seip^ig,  im  %afyxt  barauf  mürbe  er  Seifiger  im  bortigen 
©djöppenfturjle. 

Conradi  Wimpinae  scriptorum  insignium    centuria   luci  publicae  tradita 

a  J.  Fr.  L.  Theod.  Merzdorf,  Lips.  1839,  9fr.   LIV  g.    61.   —   6§r.  ffr. 

Gberfjarb   im  2ltlgem.   litterarifcb>n  feiger   1801   9tr.  51.  ©p.  481—486. 

$.  ©cbjnorr  bon  GarolSfelb. 
^eilt:  Sodann  ö.  ty.,  ©ob>  beS  furfürftticrj  9Jtain3ifcb>n  Vogtes  auf 
bem  ©teidjenftein  in  ü£r)üringen ,  mar  geboren  bafelbft  am  10.  sJMrj  1582. 
9cacr)  2)oIlenbung  feiner  juriftifdjen  ©tubien  trat  er  in  fäctjfifcrje  Sienfte  unb 
mar  im  ^Beginn  beS  30=jätjrigen  ÄriegeS  -gmfratb,  in  S)reSben.  $n  biefer  Stellung 
tjatte  er  ©etegcnljeit  ficrj  ben  fcrjlefifctjen  ©tänben  mofytmoltenb  unb  nütjlicf)  ju 
3eigen,  batjer  berief  iljn  Breslau  1622  in  baS  2lmt  eines  ftäbtifetjen  ©nnbicus. 
3n  fdjmierigfter  ^tit,  buvcb,  bie  ganje  üDauer  beS  30=jäljrigen  Krieges,  bis  an 
feinen  2ob  am  14.  ©eptember  1649  t)at  er  feiner  neuen  ,§)eimatb,  treue  unb 
erfolgreiche  S)ienfte  geleiftet.  ^amenttid)  tjatte  er  feine  2üdjtigfeit  als  Unter= 
tjänbler  in  roieberb^olten  5Jliffionen  ju  erproben,  in  benen  eS  balb  bie  potitifcfjen, 
balb  bie  firdjlicb^en  3ftec£)te  Breslaus  gegen  bie  neue  ©taatsfunft  beS  2öiener  ^oies 
3u  üertb.eibigen  galt,  ^m  3f.  1629  mar  er  als  Sefanbter  in  2Bien,  1634  in  Bresben, 
1637,  1642,  1644—1645  in  2ßien,  1648  in  $rag  unb  1649  roieber  in  2Sien. 
S)ie  testen  5Jciffionen  galten  namentlich  ber  gern^altung  ber  ^efuiten  öon  Sreslau. 
©emanbtb^eit  im  23erfet)r  mit  ben  §öfen,  ein  ferjarfer  33licf  für  baS  Srreicrjbare 
unb  entfctjloffeneS  ßrgreifen  ber  günftigen  (Gelegenheiten  jeicrjneten  ib^n  auS  unb 
oeifcrjafften  i^m  in  ber  f$rrembe  unb  in  ber  Jpeimat^  tmljes  Slnfeb.en.  ©cb.on  mit 
ber  töbtlictjen  Äranlb^eit  fämpfenb  bemeift  er  noä)  eine  bemunbernsmert§e 
SlrbeitSfraft.  %m  3-  1639  marb  er  faiferlicrjer  Statt),  fpäter  aucrj  Äan^ler  bes 
fyürftenttmmS   Breslau,    obmob^l   ber  SSreSlauer   ütatt)   1635    bie   ßanbesl)aupt= 


326  5ßetnltd&. 

mannfcfjaft  über  baffelbe  nacr)  30üjät)rigem  33efi^c  "berloren  t)atte.  ©ein  ^paupt= 
amt  blieb  immer  baS  ftäbtifctje  ©bnbicat.  21m  12.  51uguft  1625  roarb  für  it)n 
bet  alte  9lbet  feines  ©efctjtectjte  erneuert,  er  unb  feine  9tadjfommen  nennen  ftdj 
feit  ber  3eit  b.  *ßein  unb  UBedjmar  ober  auf  Söedjmar,  einem  ber  'gamilie  fdjon 
feit  ^arjrtjunberten  äuftetjenben  23efitje  im  ttjüringiferjen  9lmte  Otjrbruff.  ©ein 
ßnfet  i^orjann  (Srnft  erlangte  1713  auet)  ben  bötjnufdjen  greitjerrenftanb.  @t 
mar  jmeimal  bertjeirattjet,  mit  9lnna  «!peibecf  b.  s}>faffcnborf  im  Meifjnifdjen 
f  1633  unb  1641,  als  er  fetjon  grau  mar,  mit  $attjarina  b.  ©ebifdj  au§  einer 
ber  erften  Familien  33re£tau3. 

5tuS  gebrückten  unb   rjanbfdjrifttidjen  Materialien   ber  SrcStauer  ©tabt= 
bibliottjef.  Marfgraf. 

^chtltd):  Üiictjarb  ^ß. ,  Sutturrjiftorifer  unb  paft  oraler  odjriftfteder, 
23enebictiner  beä  ©tifteS  Slbmont,  geb.  am  5.  $ftai  1819  <ju  ©raa,  ertjielt  in 
ber  £aufe  ben  Manien  ©abriet,  metdjen  er  fpäter  in  üblidjer  Söeife  mit  bem 
©tiftSnamen  üiietjarb  öertaufcfjte.  6r  mürbe  am  ©ra^er  f.  f.  ©taatSgrjmnafium 
auSgebilbet  unb  trat  am  2.  Januar  1838  als  9tobi,}e  in  bas  53enebictinerftift 
Slbmont  in  Dbcrfteiermarf  ein.  SJnaroifcrjen  oblag  er  ben  ttjeologifctjen  ©tubien, 
nietjt  ofjne  audj  mit  befonberer  Vorliebe  ftctj  bem  ©efctjictjtSl'tubium  aujumenben, 
unb  legte  1841  bie  DrbenSprofefj  ab.  3u^rft  ßeljrer  am  ©ängerfnaben^nftitut 
ju  Slbmont  mürbe  $.  1841  ^räfect  im  f.  I.  ßonbicte  $u  ©raj,  1848  mürbe  er 
als  sJteligion3letjrer  für  ©rjmnafien  approbirt.  9l(§  in  bemfelben  3>at)re  bie 
ftürmiferje  £eit  für  £)efterreictj  tjcreingebrodjen  mar,  finben  mir  %  als  Kaplan 
ber  afabemifetjen  ßegion  ju  ©raj,  fpäter  als  ^elbcaptan  beS  fteirifcfjen  greicorpS 
in  Italien.  @r  mirfte  fobann  als  ^rofeffor  ber  beutfetjen  ©pvadje  am  f.  f. 
©rjmnafium  ju  ^ubenburg,  feit  Dctober  1851  am  fattjolifdjen  Obergrjmnafium 
ju  Ofen,  mofetbft  er  eine  $eit  tang  Dtebactcur  beS  SBoctjenblatteS :  „2)er  fattjotifetje 
Gtjrift"  mar.  %m  $•  1854  mürbe  er  an  baS  f.  f.  ©taatSgrjmnafium  ju 
©raj  berfetjt,  an  meterjem  er  1861  bie  2>irection  übernahm,  1863  ernannte 
iljn  ber  gütftbifctjof  bon  ©eefau  jum  geiftlictjen  unb  Sonfiftorialrattje ,  1870 
mürbe  er  butdj  ben  SLitel  eines  f.  f.  ©ctjulrattjeS,  1875  burefj  benjenigen  eines 
f.  t.  ÜtegierungSratljeS  auSgeacicrjnet.  (5r  mar  injmifdjen  meljrfactj  audj  burdj 
Söerteitjung  bon  SDecorationen  bon  ©eite  beS  ÄaiferS  bon  Oefterreid)  unb  beS 
ÄönigS  bon  Söürtemberg  geehrt  morben,  foroie  it)m  im  $.  1874  bie  f.  f.  öfterr. 
ÄriegSmebaille  ^uerfannt  mürbe.  1878  fdjieb  s$.  auS  bem  ßctjrfactje,  fiel)  bon 
ba  an  mit  rjiftorifcfjen  ©tubien  unb  arbeiten  befct)äfttgenb.  6r  mar  sJJtitglteb 
einer  9tcit)e  miffenfcrjafttirfjer  Vereine,  tn§befonbere  feit  1869  be§  Ijiftorifcrjen 
Vereins  für  ©teiermarf,  beffen  33orftanb§fteHe  er  feit  1873  befteibete.  3U 
Anfang  ber  actjtaiger  ^atjren  mact)te  ficrj  ein  ^erjteiben  bei  bem  unermüblicr) 
ttjätigen  Manne  bemertbar,  meldjeä  immer  tiefere  Söurjet  fafetc  unb  am  29.  ^uli 
1882  feinen  £ob  bemirfte.  ty.  ftarb  in  feiner  ©eburtäftabt  ©ra^,  bon  atten 
Greifen  ber  ©tabt  unb  be§  ßanbeä  tief  betrauert.  2Ba§  bie  titterarifdje  Stjätigfeit 
^einlict)'§  betrifft,  fo  ift  tjierbei  bie  ttjeologifcrje  unb  tnftorifcfje  ©eite  berfelbcn 
,^u  fct)eiben.  3n  erfter  Sejieb.ung  beröffentttctjte  er  eine  Üteitje  bon  ^rebigten, 
bon  benen  t)ier:  ,,^efu§  ber  Sßerratb^ene  unb  3fuba§  ber  5öcrrätt)er ,  7  ^ßrebigten" 
(1855).  „Unfer  {»eiliger  ©laube  im  ©ebete  be§  ^errn,  7  ^rebigten"  (1860). 
,rS)ie  ÖBeitje  be§  ßebenS  bon  ber  Söiege  bis  jum  ©arge,  7  5aftenPx'e^iSteu"  (1861). 
,,©ott  ruft  un§,  5afienbetracrjtungen"  (1865).  „ßfjriftlitfje  8eben§mei§l)eit  eine§ 
getreuen  ©eelentjirten,  55  populäre  ^3rebigten"  (1860)  genannt  feien,  ©anj 
befonbere  Slufmcrtfamfeit  aber  ermeeften  unb  berbienten  feine  fleißigen  unb  genauen 
tjiftorifctjen  unb  ftatiftiferjen  arbeiten,  unter  benen  bie  ,,©efd)icr)te  be§  ©l)mnafium§ 
in  ©raV',  beröffentlidjt  in  ben  3ar)re§berict)ten  oes  erften  f.  f.  ©taatSgtjmnajiumä 
©raj    bon  1869 — 1874    als   ein    Sßerf   riefigen   ©ammelfleifjeS    obenan    ftetjt. 


^elargu*.  327 

Daneben  üerbient  rociter  befonbere  ßrmärjnung  bie  „(Sefdjidjte  ber  5ßeft  in 
©teiermarf",  1877—1878.  2  Sänbe.  SDtcfe  beiben  28etfe  enthalten  roeit  mebr 
at§  irjr  Xitel  anbeutet,  fie  bieten  3a£)((ofe  Beiträge  in  allen  Dttdjtungen  jur 
©efdjic&te  unb  (üutturgefcrjicrjte  ber  ©teiermarf  unb  büben  bai  föefultat  ber 
5otfrf)ung  eine§  tjalben  Sebeni.  SSeadjtenimerttj  erfcfteinen  ferner  bie  Beiträge, 
roeltfje  %  ju  23iograpt)ie  bei  großen  sJJcatf)ematiferi  unb  Slftronomen  ^ofjannei 
Äepter  lieferte  unb  bie  in  ben  „9Jcittb,eüungen  bei  rjiftorifdjen  $eretni  für 
Steiermark"  XVI.  unb  XXI.  ^>eft  enthalten  forote  in  3eitfctjriften  öerftreut  finb. 
-JUcrjt  minber  r)at  fid)  y}>.  um  bie  ©efdjicfjte  ber  Gegenreformation  in  ©tetermarf 
burct)  jaf)[rei($e  quellenmäßig  gearbeitete  Sluffäfee  öerbient  gemacrjt,  feine  SSet= 
träge  jur  CSefd^ic^te  bes  culturetten  unb  bei  mirthfcrjaftlictjeit  Gebens  in  Sraj 
unb  in  ©teiermarf,  junäcfift  in  ben  ermähnten  ^ftittrjeitungen  be§  htftor.  33ereini 
für  ©teiermarf  enthalten,  finb  bem  Sulturtjiftorifer  ber  ©teiermarf  unentbehrlich). 
2lui  >ß;einlicr)'i  yeber  ftammen  roeiter  mehrere  DMrofoge  öerbtenfttidjer  Son= 
öentuaten  bei  ©tiftei  Stbmont,  fo  bei  2Tbtei  Senno  Äreil  (1863),  Xbeobor  ©afjner'i 
,1877)  u.  31.  m.  Seine  tabettarifctje  ^nfammenftettung  „Grjroniftifcrje  Ueberfictjt  ber 
merfmürbigften  9caturereigntffe,  Sanbptagen  unb  ßutturmomente  ber  ©teiermarf 
öon  1000—1850"  (1880),  ift  eine  Arbeit  unenbücfccn  gteifcei.  Sitte  tjiftorifchm 
3luff&§e  s}Mnttcr)i  berufen  auf  ber  gemtffenr)afteften  Cuettenforfcfjung,  unermübüdj 
r)at  er  bie  2lrcr)iüe  im  öanbe  ©teiermarf  burchgearbettet  unb  ein  9)cateriat  ju= 
fammengebracfjt,  bai  nocr)  in  feinem  9cadj)taffe  öorliegt  unb  bie  Serounberung 
einer  folctjen  Xhätigfeit  Ijeröorruft.  2tui  feinem  Dcacfjtaffe  tjat  P.  glorian  6. 
^innaft  eine  ©ammlung  (jumeift  geifiiidjer)  Dichtungen  tjerauigegeben. 

23iograpfjie  öon  P.  #lox.  6.  Äinnaft  in  ber  ermähnten  2uiigabe  öon  9t. 

$eintict)'i   Dichtungen   (®ra^   1883).     Dafelbft   aucfj    genaue   Eingabe    feiner 

fämmtlicfjen  Stuffäfee  unb  2Berfe.  —  *$fran3  Slnwf'i  23iograprjie  in  ben  9Jcittrj. 

b.  fjift.  Sßereini  f.  ©teierm.  XXXI  £eft,  ©raj  1883.  —  Sßergl.  auct)  ©ctjloffar, 

Bibliotheca    historico-geographica    Stiriaca   (©raj    1886)    im    Otegifter    vox: 

Peinlich,  Rieh.  ©ctjloffar. 

^darguö:  Stntörofiui  5ß.  (©torefj),  Dominicaner,  geb.  in  ber  SBetterau 

(mann?),  f  in  Xrier    1557,  mo   er   in   ber  Dominicanerfircrje   beigefetjt  mürbe. 

@r  fjatte  in  S3afel,  bann  in  fyreiburg  i.  33.  ali  5Jtagifter  bie  Xfteotogie  gelehrt 

unb  mefjrere  ©djriften  gegen  ^roingli  unb  Defolampabiui   öeröffentticrjt,    als  er 

1534  nacrj  Xrier  Perfekt  tourbe,  mo  er  ali  Domprebiger  unb  Cerjrcr  ber  Xtjeotogie 

an  ber  Uniöerfität  eine  bebeutenbe  zltjätigfeit  entfaltete,    3m  $.  154-6  entfanbte 

ib,n  (Sr^bifc^of  3of)ann  IV.  Pon  Srier  ali  5J)rocurator  auf  bai  Jrienter  ßoncil, 

oor  toelctjem  er  am  10.  $ftai  b.  ^.  eine  große  ftebe  rjielt.  @r  ging  in  berfelben 

Sigenfctjaft  unb  jugteictj  ati  Vertreter  Äötn§  natf)  Bologna :  als  33ertt)etbiger  ber 

Verlegung  bei  Sonciti  in  biefe  ©tabt  30g  er  ficr)  bie  llngnabe   bei  Äaiferi   ju, 

in  ^otge  beren  itjm  bie  $rocuratie  am  23.  Utuguft  1547  entjogen  mürbe.    ®oc^ 

begleitete   er  feinen  (Srä&ifcrjof   1551    nact)   Xrient,    ali  bie  ©pnobe  bort  mieber 

jufammentrat.     Unter  feinen  3ah4reicrjen  ©djrüten  ift  ber  1534  ju  gte^m'S  9er 

bruefte  ©ammetbanb,  toeldjer  eine  Dteilje  öon  gegen  bie   Deformation  gerichteten 

©treitfcljriften  enthält,  unb  ber  mit  Graimui  getoecrjfelte  23riefmecrjfet  (Epistolarum 

ad  Erasmum  bellaria),  $ö(n  1539,  tjeröorjurjeben.  5Rit  festerem  mar  ty.  feinerjeit 

fetjr  befreunbet,  mie  er  benn  öor  ben  übrigen  Dominicanern  fidj  buretj   eine  ent^ 

fctjiebene  3Bertr)fctjäfeung  ber  rjumaniftifcr;cn  ©tubien  aui^eierjuete;  fpäter  griff  er 

einjetne  33et)auptungen  bei  ©raimui  in  ben  „Annotationes  in  ea  quae  Erasmus 

non  orthodoxe  scripsit"  an.    2IuBer  einigen  weiteren  polemifchen,  ejegetifcfcen  unb 

aicetifdjen  ©ctjriften  („de  morte  non  timenda")  bei  -^.  ift  bie  1548  öor  ber  Stierer 

-^roöinciatfpnobe   öon  iljin  gehaltene  ütebe    ju  ermähnen,  metc^e  ficrj  buretj  ebten 

greimutr)    in    35efprect)ung    ber   Sdjäben     ber    .ßirc^e    öortheilb^aft    auiseicrjnet 


328  5ßelatgu*. 

(abgebrudt:    £)arbouin  IX  2063,  .frarijtjeim,  Cone.  Germ.  VI  398,   £)ontt)eim, 
Hist.  dipl.  Trev.  II  121,  23lattau,  stat.  et  ord.  Trev.  II.  106.) 

2Jergt.  Quötif  et  Echard,  Script,  ordin.  Praedic.   II.    158  f.   —  9Jtarr, 
Graftift  £rier  IV  444.  fr  1.  ÄrauS. 

^elarguef :  Gtjriftopt)  $.  (Störet)),  proteftantifctjer  5L()eologe,  geboren 
am  3.  3luguft  1565  in  Sctjmeibnitj,  t  am  10.  $uni  1633  in  granffurt  a.  £). 
©ein  QJater  ^otjanneS  $.,  roeld)er  38  %a§xe  lang  baS  Pfarramt  unb  oie 
Superintenbentur  in  Sct)roeibni|5  oerroaltete  (f  1599),  tjulbigte  in  ben  con= 
feffioiietten  Streitigfeiten  jener  3e*t  e^ner  bermittelnben  9tid)tung ,  in  meldte 
aud)  ber  Sot)n  frütj  öom  Sater,  unb  fpäter  auf  bem  ©rjmnafium  in  93reSlau 
gelenft  mürbe.  2luf  ber  Uniüerfität  granffurt  aber,  rootjiu  er  fid)  1583  begab, 
um  Geologie  au  ftubiren ,  fanb  er  baS  fhenge  Sutt)erttjum  ber  Soncorbien= 
tormel  aur  .gjerrfdjaft  gelangt,  mie  ein  ©teid)eS  bamalS  nidjt  btoS  in  ben 
Warfen,  fonbern  aud)  in  bem  beuadjbarten  ^ommern  unb  Sactjfen  ber  galt 
mar.  üDiefer  Strömung  gegenüber  tjielt  ber  junge  £t)eologe  mit  feinen ,  au* 
^JtetanctjttjonS  Corpus  doctrinae  christianae  fict)  ftütjenben  9lnfid)ten  anfangt  bor= 
fictjtig  aurürf,  geroaun  aber  burct)  eine  grofje  ?lnaat)l  geroanbt  gefctjriebener 
2)iffertationen,  beren  80  er  bereits  1593  in  einer  elften  Sammlung  bereinigte, 
ben  SSetfatt  ftimmfübrenber  ^'fönlidjfeiten,  fo  bafj  er  nid)t  btoS  ungemöfmlid) 
fdEjnell  bie  Stufenleiter  afabemifdjer  Söürben  erftieg  (er  marb  1584  9Jtagtfter, 
1586  «profeffot  ber  ^bilofoptjie,  1589  fiicenttat  unb  1591  ^Jrofeffor  ber  Geologie), 
fonbern  auct)  jctjon  in  jeinem  30.  £ebenSjatjre  1595,  nacrj  bcS  (Jtjriftopt)  GorneruS 
£ob  (f.  31.  S).  93.  IV,  499)  aum  ©eneralfuperintenbenten  ber  2Jtarf  23ranben= 
bürg  öom  Äurfürften  ^otiann  ©eorg  ernannt  mürbe.  9tod)  günfttger  für  s|>. 
fctjienen  fid)  batb  barauf  bie  93ert)ältniffe  mit  bem  ^Regierungsantritte  3oad)im 
griebridjä  (1598)  au  geftalten  (f.  21.  2).  8.  XIV,  86).  $enn  biefer,  in  ber 
Hoffnung,  bie  fd)roffen  ©egeufätje  unter  ben  proteftantifdjen  Gonfeffionen  au 
mitbern,  befdjlofj  gemiffe  Gerimonten,  toelctje  fiel)  in  ben  märftjdjen  Äirdjen  noct) 
aus  ber  fattjolifctjen  v^eit  ertjatten  Ratten,  mie  bie  5Jkoceffionen  auf  ben  &ird)= 
tjöfen,  bie  (Siebation  beS  geroeitjten  23robeS  unb  .iMctjeS,  abauf dgaffen ;  boct)  balb 
nöttjigte  it)n  bie  Seforgnifj  ber  Stänbe  öor  meiteren  Gonceffioneu  an  ben  6al= 
DiniSmuS  3U  bem  93erfprectjen  bas  Suttjerttjum  au  fdjütjen,  fomie  bie  Goncorbien= 
formet  als  Worin  ber  märfifetjen  $ircrje  anauerfenuen.  2llS  batjer  ty.  im  $.  1603 
(miebertjott  1609)  ein  Gompcnbium  ber  ctjriftlicfjen  Setjre  für  Sdjulen  (schola 
doctrinae  Christ.)  tjerauSgab,  beruft  er  fid)  gleid)  auf  bem  £itet  als  Cueüe 
auf  bie  tjeil.  Sctjrift,  bie  Äirdjenöäter ,  Suttjer  unb  bie  (Soncorbienformel.  6in 
gelehrter  Sommentar  aber,  ben  er  über  beS  $ot)anneS  2)amaScenuS  (t  um  760) 
Oier  23üct)er  de  orthodoxa  fide  unter  bem  ütitel  einer  „Epitome  universae 
theologiae"  tjerauSgab  (1605,  2.  Slufl.  1607),  enthielt  foöiel  Slnftänge  an  cat= 
üinifdge  Setjrcn ,  bafj  feine  ©egner  it)n  befjtjalb  aur  23erantroortung  Oor  baS 
^Berliner  Sonfiftortum  jogen.  S)ocr)  mürbe  ber  Sacr)e  feine  roeitere  3olge  gegeben, 
um  fo  metjr,  als  er  fct)on  1606  eine  Sdjrift  „de  fractione  panis  eucharistici" 
Oeröffentlidjte  unb  bann  gegen  einen  auS  bem  caloiniftifdjen  Sager  fommenben 
Eingriff  bes  S)aniel  ßanbibuS  (pjeubontjm  für  2)a0ib  5|}areu§)  burdj)  eine  S>iffer= 
tation  Oertlieibigte,  in  meldjer  er  ben  Oon  ben  2utt)eranern  beibehaltenen  ©ebrauet) 
ber  Oblaten  beim  Slbenbmafjl  als  aus  ben  ätteften  ^eiten  ber  ^irerje  ftammenb 
nacr)meifen  mottle,  eine  2lnfid)t,  roeldje  er  freitid)  fpäter  mieber  aufgab.  SSemieS 
^oadjim  5nebrid&  nod)  fura  bor  feinem  2obe  bem  5ß.  burcr)  Ernennung  aum 
Sßifitator  be§  1607  in  ^oadjimStljal  eröffneten  ©^mnafiumS  fein  Vertrauen,  fo 
ermarb  biefer  fict)  aud)  balb  baS  feines  SotjneS  Sodann  SigiSmunb,  (f.  31.  3). 
93.  XIV,  169)  roelctjer  itjn  1610  au  fict)  nact)  5Preu^en  berief,  als  er  bie  bortigen 
33ormunbfct)aftS=  unb  SucceffionSüertjältniffe  3U  regeln  oerfuctjte.    S)em  5ß.  blieb 


$elargu§.  329 

batjer  un3loeifett)aft  bie  Hinneigung  be§  Äurfürfien  sunt  calbinifctjen  53efenntniJ3 
nictjt  unbefannt  unb  ber  entfctjeibenbe  ©ctjritt,  metctjen  berfelbe  am  25.  Secember 
1613  in  23ertin  burctj  bie  Slbenbmatjtäfeier  nactj  reformirtem  9iitu§  ttjat,  fonnte 
itjn  nictjt  überrafdjen;  aud)  fud^te  er  ben  Äurfürften  nur  üox  übereiltem  23orgef)en 
befonberi  in  23e,jug  auf  ba§  33rotbrectjen ,  prü^utjatten.  5Dabei  mar  e§  eine 
befonbere  Fügung,  baf$  furj  öortjer,  am  31.  Sluguft  1613,  ber  Pfarrer  2Ben,3eI  in 
granffurt  geftorben  mar  unb  nun  ^.  beffen  2lmt  mit  feiner  ^rofeffur  unb 
ÖJeneralfuperintenbentur  ju  berbinben  münfctjte,  mie  bor  einigen  S)ecennien  auct) 
Slnbreai  9Jcu§cuIu§  biefe  brei  2Iemter  betreibet  tjatte.  S)er  9)cagiftrat  aber,  et)e 
er  ficf)  für  feine  äöatjl  entfctjieb,  forberte  bon  5ß.  eine  öerbammenbe  (Srftärung 
gegen  ben  ßalbinismus,  melctje  biefer  auctj  gab.  ©omit  burfte  er  jefet  feine 
(Stimme  nictjt  ergeben  ^u  (Sunften  bei  Äurfürften  unb  jur  23efctjmictjtigung  ber 
burct)  bie  Vorgänge  in  ^Berlin  aufgeregten  ©emüttjer.  SDafc  er  fict)  aber  nictjt 
offen  auf  bie  Seite  ber  tutr)erifd£)en  ©iferer  fteltte,  erbitterte  biefe  auf  ba§  äufjerfte 
uub  t>a  in  ber  9Jtarf  ber  ßurfürft  burcrj  bas  ßbict  bom  24.  gebruar  1614  bem 
öffentlichen  ungebüfjrüctjen  ©ekelten  unb  ©ctjmätjen  2tnber§gefinnter  fteuerte,  fatj 
ftctj  $.  balb  öon  einigen  jener  ^etoten  in  ^ommern  unb  ©actjfen  —  bem 
^prebiger  ßramer  in  Stettin ,  bem  ©uperintenbenten  ©ctjlüffelburg  in  ©tratfunb, 
bem  .^ofprebiger  b.  £>oe  in  ©reiben  —  mit  ben  ärgften  ©ctjmätjungen  über* 
fetjüttet  unb,  nictjt  otjne  ©runb ,  ber  ^albrjeit  unb  Unb eftänbigfeit  befctjulbigt. 
SDie  SInttoort,  ju  ber  er  fict)  enblictj  gebrängt  fat),  mar  roürbig,  aber  jurüa*= 
tjattenb;  tjeftiger  trat  für  it)n  fein  junger  g«unb  ^otjann  33ergiu§  in  bie 
©ctjranfen  unb  ber  geberfrieg  bauerte  fort,  fetbft  nact)  ber  ©rftärung  bei  $ur= 
fürften  öom  5.  gfebruar  1615,  „bafj  $eber  im  ßanbe,  ber  ba  moEe,  fönne  bei 
ber  unoeränberten  3lug§burgifctjen  Gonfeffion  unb  auetj  bem  ßoncorbienbuctj 
öerbtdben".  %a  ber  ,Horn  loberte  bon  neuem  gegen  5ß.  auf,  al§  biefer  1616 
fein  (Sombenbium  bon  1603  mefentlict)  in  catbiniftifetjem  ©inne  geänbert  mieber 
tjerau§gab,  fict)  für  biefe§  23orgetjen  fomie  anbere  9tetractattonen  auf  2lugufiin'§ 
SBeifbiel  unb  feine  inamifetjen  gemonnene  beffere  (Sinfictjt  berufenb.  Quin  ^amptjtet 
öon  äufjerfier  Heftigfeit,  metetjei  ber  au§  Berlin  enttaffene  frühere  ^>ofprebiger 
©imon  ©ebicte  gegen  ben  „^um  abfetjeulietjen  3Jiamtucf  unb  abtrünnigen  Gal= 
öiniften  gemorbenen  5ß."  fctjleuberte,  befctjlofj  im  3-  1617  auf  gegnerifetjer  ©eite 
biefe  ftefybt.  $.  aber,  ber  ba  meinte,  baf3  auct)  bei  abroeietjenben  2tnfid)ten  über- 
tragen, melctje  nictjt  ju  ben  gunbamentatartifetn  gehörten,  bie  Sinigfeit  im 
(Seifte  bematjrt  roerben  !önne,  bromobirte  am  30.  $uni  jene§  Satjrei  fünf  reformirte 
üttjeologen  p  üDoctoren  unb  fungirte  als  ütebner  am  4.  9tobember  bei  ber  grofjen 
©äcutarfeier  ber  tuttjerifetjen  gteformation  in  granffurt.  5tttmät)tict)  tief}  auct) 
ber  in  Sötjtnen  entbrannte  grofje  Ärieg  bie  eOangeüfctjen  ßonfeffionen  ib)re 
inneren  ©treitigfeiten  für  einige  3ert  öergeffen;  ja  5p.  erlebte  ei  noct),  ba§  in 
bem  Seidiger  (Eoltoquium  1631,  mo  auct)  fein  frütjerer  5Ritftreiter  Sot)-  53ergiu§, 
nunmetjr  ^ofbrebiger  in  Serlin  (f.  21.  SD.  35.  II,  385),  unb  fein  tjeftiger  (Segner 
^oe  fict)  bie  £)änbe  reictjten,  roenigfteni  ber  23erfuct)  gemaetjt  mürbe  bie  öor= 
tjanbenen  ©egenfä^e  auS^ugteictjen.  2tber  balfetbe  Satjr  bractjte  auct)  für  f. 
Sage  bitterer  ^Rottj  in  §o!ge  ber  ©rftürmung  ^ranffurti  burdj  ©uftab  Stbolj, 
nactjbem  bie  (Sinmotjner  fetjon  öortjer  buret)  Jflrieg  unb  ©euetjen  tjart  bebrängt 
morben  maren.  3luc^  Oielfactje  Sobeifätte  in  feiner  gamiüe  trübten  bei  ty.  letjte 
Sebenijatjre.  ©eine  ©attin,  eine  Soctjter  be»  ^rofeffoxS  ber  Stjeotogie  ßtjriftopt) 
3Xtbinul,  bertor  er  1630,  öon  feinen  Äinbern  überlebten  itjn  nur  brei  2öct)ter 
unb  ber  jüngfte  ©otjn  ©ottlieb,  melctjer  at§  ^rofeffor  ber  2;t)eotogie  1672 
finberloi  ftarb,  fo  ba|  mit  itjm  bes  5p.  ©tamm  in  männtietjer  Sinie  ertofet). 
S)ie  reictjtjattige  33ibliott)ef,  metetje  ?$.  gefammelt  tjatte,  marb  öon  feinen  dürben 
ber  llniberfität  übergeben  unb  ift  mit  biefer  1811    nact)  23re§tau   übergefiebett. 


330  ißelatgus  —  5peübvam. 

SDie  bvei  Aemter,  meldje  er  jugleicrj  öermaltete,  tarnen  nidjt  mieber  in  eines 
(Steigen  -Ipanb.  2)em  3U  feinem  9tadjfolger  im  Pfarramt  eimätjtten  ©imon 
llrfinus  mürbe  nur  jögernb  unb  auf  fur^e  Qe\t  (1639 — 40)  bie  venia  legendi 
in  ber  trjeologifdjen  gfacultät  ertt)eilt,  ba  biefe  fid)  immer  mcrjr  3U  einer  reformivten 
gemattete.  2)ie  ©eneralfuperintenbentur  ber  9Rarf  toarb  juerft  öom  Äurfürften 
bem  3ot).  Sergius  angeboten;  biefer  aber  fctjlug,  bie  üeränberten  S3erl)ättniffe 
berüdficrjtigenb,  öor,  ben  roeltlidjen  Sftättjen  bes  ßonfiftoriums  in  Berlin  nocr) 
einen  refornürten  unb  einen  lutrjerifdjen  ©eiftlidjen  für  bie  Angelegenheiten  ber 
beiben  (ionfefftonen  3U3ugefellcn,  als  melctje  (1637)  fobann  33ergius  felbft  unb  ber 
^ropft  ju  6t.  ^etri,  %oi).  $od)  ernannt  mürben.  ©0  fjatte  ©eorg  Söittjelm, 
gan^  im  ©tnne  feines  Katers,  bie  @int)eit  ber  beiben  ©cfyroefterfirctjen  bei  boller 
©emijfensfreirjeit  gematjrt,  mie  biefe  Union  fid)  gteidjjfam  als  erfter  Sßeifudt)  burd) 
bie  Kumulation  ber  Remter  in  ber  ^erjon  bes  ^elargus  öoll^ogen  blatte. 

Secman,  notitia  univ.  Francof.  1706  p.  122 — 133.  —  ©piefer ,  ©efd). 
ber  IJtarienfircrje  3U  granffurt  a.  £>.  1835,  ©.  251 — 270.  —  |).  gering, 
■Jpiftor.  ^ad)ricf)t  ö.  b.  erften  Anfang  b.  reform.  Äirctje  in  33ranbenburg  1778. 
—  gr.  Sranbes,  ©efd).  b.   firdjt.  ^3otitie   bes  Kaufes  Söranbenburg  I.  1872. 

:)i.  Sdjroarje. 
^clarguö:   fticotaus  5p.  f.  etord). 

^clftltg:  ^orjannes  $.  (iJJctding),  äöettjbifdjof  öon  s4>aberborn,  geb.  1574 
ju  fünfter,  f  am  28.  2)ecember  1642  ju  ^aberbom.  6r  trat  1591  in  ben 
Drben  ber  9Jcinoriten  (gtanciscaner^ßonoentualen)  unb  mürbe  1599  jum  s^riefter 
gemeint.  6r  mirfte  namentlich  als  ^rebiger  juerft  in  (Siebe ,  bann  als  ©uar= 
bian  311  S)ortmunb,  mo  feit  1580  nur  nod)  in  ben  Ätofterfirdjen  ber  sDUnoriten 
unb  Dominicaner  fatrjolifcfjer  (Sottesbienft  gehalten  toerben  burfte.  ®as  Auf= 
fetjen,  melctjes  feine  Gontroüersprebigten  enegten,  ötranlafctc  ben  9Jcagiftrat,  itjn 
am  12.  fjfebruar  1604  aus^uroeifen.  6r  tarn  am  24.  September  mit  ber  6om= 
miffion  3u\üd,  meldje  mit  ber  Ausführung  eines  üon  Jfaifer  Stubolf  II.  3U 
©unften  ber  S)ortmunber  .ftatfjolifen  erlaffenen  sDcanbates  beauftragt  mar, 
mufjte  aber  megen  ber  burd)  fein  Stfdjeineu  rjerüorgerufenen  Aufregung  nad) 
3roei  ©tunben  bie  ©tabt  mieber  üerlaffen.  3in  ber  nädjften  3eit  fdieint  er 
(Suarbian  31t  fünfter  geroefen  311  fein;  1610  unb  1615  mivb  er  als  ^roüinical 
ermätmt,  1617  unb  1U19  als  ©uarbian  in  Äöln.  ^m  %.  1620  mürbe 
er  auf  ben  Antrag  bes  ßurfürften  üon  $öln,  5etoinanb  öon  23aietn,  ber  3U= 
gteid)  33ifd)OT  öon  ^aberboru  unb  -gntbesljeim  mar,  3um  Sifcfjof  bon  Garbica 
in  partibus  (in  ÜHjeffalien)  unb  Söeitjbifdjof  öon  s$aberborn  ernannt,  ^ferbinanb 
ernannte  itjn  jugleicr)  3um  ©cneralüicar  für  ^aberborn  unb  ,g>ilbesr)eim.  Als 
fotdjer  mar  er  eifrig  für  bie  Sßerbeffevung  ber  firdjlicrjen  ^uftänbe  unb  für  bie 
2)urdjfürjrung  ber  (in  ^aberborn  burdj  ben  Sifdjof  X^eobor  üon  gürftenberg 
begonnenen)  öegenreformation  tt)ätig;  unter  anberen  fe^te  er  in  Sügbe  unb 
Wörter  bie  Äattjotifen  mieber  in  ben  iöefitj  ber  .ßirdjen.  Aud)  ben  ^ürftbifdjof 
öon  Dsnabrücf,  £yran3  SBit^elm  öon  SGßartenberg,  unterftüfete  er  mit  9tatt)  unb 
Jt)at ,  namentlich)  bei  ber  ^öefi^narjme  ber  ifjm  1630  öerlterjenen  93istb^ümer 
5)anben  unb  SSerben  unb  1632  bei  ber  @rrid)tung  ber  Academia  Carolina  3U 
Qsnabrüd;  öon  1638  an  mar  er  beffen  fteüüertretenber  Sommiffar. 

S.  göclt,    Sie  2Beif)bifd)öfe   öon  ^aberborn,  1869,  ©.  68—102.  185. 

fteufd). 

^cUbram:  Seopolb  Sp. ,  Sifäof  öon  2ricr,  geb.  am  3.  «Dlai  1812  au 
©d^meibni^,  t  am  3.  3Dhi  1867  3u  2rier.  @r  abfolöirte  bie  ©rjmnaftalftubien 
3U  ©lafe,  bie  trjeologifcrjen  ©tubien  3U  Sreslau  unb  Sonn  unb  mürbe  am 
5.  April  1835   3U  Breslau  3um   5priefter   geroeirjt.     ^ladibem   er   an   mehreren 


iPeflegtini.  331 

anberen  Crten  in  her  Seetforge  ttjätig  geroefen,  jute^t  ali  Pfarrer,  @r,}priefter 
unb  Sdjutinfpector  ju  äBarmbrunn ,  rource  er  öon  bem  ^ürftbifc^of  Siepenbrocf 
am  1.  3utt  1850  pm  ^ßropft  öon  St.  -£>ebtüig  in  Berlin,  mrftbifcrjöftidjen 
SM'egirten  für  bie  9ftarf  unb  @t)renbomrjerrn  ernannt.  1859  Dertaufcfjte  er 
biefen  Soften  mit  bem  bei  fatrjolifdjen  gelbpropftei  ber  SIrmee.  2lti  pflid)t= 
treuer,  rjocfigebitbeter  unb  mitber  ©fi|"tlid)er  ftanb  er  in  Serlin  in  rjotjem  3ln= 
fefjen.  9tadjbem  21bt  £>aneberg  bie  am  1.  Sfuni  186-1  auf  irjn  gefallene  2Bafjl 
jum  S3i]c6)of  Don  2/rier  abgelehnt  rjatte ,  würbe  am  29.  5December  5ß.  geroätjlt. 
6r  rourbe  am  27.  Wdx^  1865  präconifirt,  am  28.  5ftai  ju  33reitau  öon  bem 
ftürft&ifdjof  ftörfter  unter  Slffiftenä  ber  Söeiljbifcrjöfe  (Sberfjarb  Don  Ürier  unb 
SBtobariit  Don  33reilau  confecrirt,  am  11.  $uni  3U  Srier  intfjronifirt ,  Der= 
mattete  fein  23iitrjum  aber  nur  jmei  3at)re.  9ft  e  u  f  dt). 

^ellcgrint:  ©iulio  $.,  33afftft,  geb.  am  1.  Januar  1806  in  9JtaiIanb, 
fiarb  am  12.  ^uni  1858  in  9Mncrjen.  *ß.  erhielt  feine  mufifaüfdt)e  2tuibübung 
auf  bem  Gonferbatorium  feiner  5Baterfiabt  unb  bebutirte  in  einer  Dper  Don 
>ßacini  1822  mit  großem  Srfotg  in  jurin.  S3atb  barauf  mürbe  er  für  bie 
itatienifctie  Dper  in  9Jcünct)en  engagirt ,  nadj  beren  Sluftjebung  er  ati  erfter 
jßaffift  jur  bortigen  beutfctjen  Dper  übertrat,  Seit  1852  nafjm  feine  jhaft  ab, 
fo  baB  er  fid)  1854  penfioniren  liefe  unb  in  ber  Ütotte  bei  ißertram  (Robert 
ber  leufel)  am  20.  Sluguft  beffetben  Starres  Don  ber  SSütjne  3(6fc^ieb  nat)m. 
^eüegrini'i  Stimme  jeictjnete  fid)  aui  burctj  Jhaft  unb  SBiegfamteit ,  grofjen 
Umfang  unb  Dortrefflidje  Schule,  ©eine  grau  Gtementine,  geb.  sDcoroft  ige* 
boren  1797  in  9Mncfjen,  f  bafetbft  am  7.  i^uit  1845),  mit  ber  er  feit  1824 
Dermätjtt  mar,  genoB  ben  9tuf  einer  guten  ßontraattiftin,  beren  fdjöne  Stimme 
unb  gebübeter,  gefütjlDotfer  Vortrag  in  ber  tcjeatralifcrjen  Söirfung  noä)  burctj 
it)re  Sctjönrjeit  unterfiüBt  rourbe.     Glementine  *ß.  rourbe  1843  penfionirt. 

Sofepf)  Äürfd&ner. 

^Cltcgrtni:  $art  Giemen  i  ©raf  *ß. ,  bitter  be§  gotbenen  S5lic|c§, 
®rofefreu3  bei  URititär  =  ^Jtaria  =  Stjerefienorben^ ,  ^ntjaber  bei  f.  f.  Infanterie- 
regiments 9h.  49,  f.  f.  getbmarfdjatt  unb  ©eneralbirector  bei  gefammten  ©enie= 
unb  5ortiftcatton§rDefen§ ,  geboren  am  20.  9lobember  1720  ju  Verona,  f  am 
28.  Iftobember  1796  $u  Sßien ,  entfiammte  einer  itatienifcfjen  SlbetifamÜie. 
Serjon  1735  fofl.  er  bei  y}>rjilippiburg  ati  einer  ber  befähigteren  D'ftciere  bei 
ben  Sßerfcfjanjungiarbeiten  Derroenbet  roorben  fein,  1737 — 1739  bemnb  er  ftä) 
angeblich  bei  einer  Sonaufiottitle,  1740 — 1748  beteiligte  er  ftdj  ati  5Jcajor 
unb  fpäter  al§  Dberftlteutenant  an  bem  öfterxeicCjifctjen.  Grbfolgetriege,  1756 — 
1762  befestigte  er  —  Don  1757  an  ati  Dberft  —  bai  Infanterieregiment 
3h.  59,  Don  1759  an  ati  ©eneralmajor  unb  Gommanbant  einer  aui  Srena= 
bieren  unb  Garabinieri  jufammengefetjten  3higabe  —  roärjrenb  ber  metften 
kämpfe  bei  ftebenjärjrigen  $riegei.  S)er  Sag  Don  Sreilau,  22.  DcoDember  1757, 
an  roelc^em  er  ficrj  .^tein=^ftocl)beri  bemächtigte,  brachte  i|m  bai  ^tittetfreuj  bei 
5Jlilitär^sIRaria=2:t)erefienotbeni;  bai  Gommanbeurfrcuj  biefer  ferjr  angefeb^enen 
Sluijeic^nung  rourbe  ifjm  aber  Derlieb^en  für  fein  erfolgreictjei  3}erb^inbern  bei 
ßlbeübergangei  bei  Götln  am  3.  S^ecember  1759,  foroie  in  Slnertennung  feiner 
Leitung  bei  regten  gfügeli  bei  ütorgau  am  3.  DtoDember  1760  an  Stelle  bei 
Derrounbeten  gelbjeugmeifteri  ^er^og  Don  3lrt)emberg  unb  bei  in  ©efangenfctjait 
geratt)enen  ^P^roarfc^alliieutenanti  fyrettjerr  Don  91ngern.  sDlit  bem  ©efecb^te 
bei  üteptit;  am  1.  ?luguft  1762,  3U  beffen  gutem  ßrfolge  er  laut  te^,  Seridjtei 
bei  getbmarfcfjatltieutenanti  dürften  Söroenftein  „^  steifte"  beigetragen,  fcfjlofj 
feine  nenneniroertt)e  2f)ätigfeit  jur  3eit  be^  fiebenjäb^rigen  Äriegei.  ftun  über= 
nab^m  $•  bas  sIftititärcommanbo  Don  Cberöfterreic|  unb  nacf)bem  er,  feit  1764 


332  veuer. 

gelbmarfcfjalllieutenant,  aud)  als  ^nfpector  ber  Infanterie  unb  aU  |)offriegsratf) 
getoirft  Ijatte,  1770  ba§  Gommanbo  übet  bai  Ingenieur*,  *Diineur=  unb  ©appeur* 
corps\  1778  bie  Dberbiredion  ber  ^ngenieurafabemien  unb  1780  bie  ©eneral= 
biredion  über  ba§  $ngenieurcorp§  u"b  b&§  fjfortificationättefen.  3n  biefer 
v- >eit  aöancirte  er  1771  jum  gelbjeugmeifter,  1788  jum  Setbmarfdjall.  9kment= 
lief)  als  Obcrbirector  beä  ^ngenieurcorpg  roa*  ^ettegrint'§  Üfjätigfeit  raieber  eine 
feljr  IjerPortretenbe.  6r  feftigte  nämlid)  ben  Seftanb  be§  erft  1747  als  felb= 
ftänbig  erftärten  Sngenieurcorpö ,  inbem  er  bie  Organisation  beffelben  in  f)att= 
bare  Öoi:tnen  braute  unb  mit  reger  (Sorgfalt  bie  Slusbilbung  ber  Dfficiere  ju 
erroeitern  fudjte;  Pont  getbjeugmeifter  dürften  fixan^  Äinsft)  unb  öon  5ß. 
ftammen  jerner  bie  1777  ausgearbeiteten  ©ntroürfe  jur  (Jrridjtung  einer  bei» 
einigten  3>ngenieur=  unb  Slrtillerieafabemie,  „um  reifere,  tjintänglid)  öorgebitbete 
Jünglinge  in  tjörjeren  facfjlidjen  SBiffenfcfjaften  3u  unterrichten"  unb  fomit 
(Srunbfätje ,  roeldje  bei  ber  92  3(ar)re  fpäter  erfolgten  Einlage  ber  tedjnifd)en 
slJUtitäratabemic  <}u  SBien  tt)eitroeife  jur  ©eltung  tarnen;  er  förberte  enblid)  bie 
Sefeftigunggerforberniffe  mit  erf)ör)ter  Otütjrigfeit ,  fo  bafj  unter  feinem  Gnnfluffe 
bie  geftungen  2t)erefienftabt ,  Aiöniggrätj  unb  Sofefftabt  jum  Saue  gelangten. 
^ICö  jeboef)  ber  Stürfenfrieg  1788  90  jum  SluSbrucfje  fam ,  begab  fiel)  «p.  tro^ 
feineö  rjotjen  altera  auf  ben  Äriegäfcrjauplaij  unb  unterftükte  1789  anfänglid) 
öon  StemeSöiir  aus  bie  SelagerungSopcrationeu  öor  Seigrab.  Se^üglid)  feines 
Sertjaltenä  bei  Setgrab  felbft  berietet  aber  g9tt.  £aubon  an  ben  $aifer,  „bafj 
er  befonber§  ben  (Sifer  unb  bie  Stjätigfeit  rütjmen  muffe,  roomit  Jß.  mäljrenb 
ber  Selagerung  ber  Sorftabt  nid)t  allein  bie  Sefdjleunigung  ber  ütrand)6e= 
arbeiten  unb  bie  Einlage  ber  Neboute  befolgte,  fonbern  aud)  nadj  bem  ©türme 
in  ber  Nad)t  öom  1.  ^um  2.  £)ctober  bie  nötfnge  Arbeit  in  ber  SSorftabt  ber= 
^eftalt  burd)  feine  ÖJegenroart  ju  beförbern  fucfjte,  bafj  ,jum  roefenttidjen  Sortierte 
bie  parallele  auf  bem  ©taciS  in  gorm  einer  ßinic  aw  50  Älafter  Pom  be= 
beeften  Söege  angefangen  mürbe  unb  bie  sUcannfcb/aft  früf^eitig  ganj  gebeeft 
ftanb."  $.  mar  eS  aud) ,  ber  im  Momente  beä  ©türmet,  alä  £aubon  buretj 
ben  ©djlag  eines*  Sferbeä  bireet  aufjer  £t|ätigfeit  fam ,  p  ben  üorberften 
Kolonnen  eilte  unb  beren  roeitereä  Sorgeljen  teufte.  (hft  nadj  6d)tufj  be§ 
Krieges  unb  auszeichnet  mit  bem  ©rofjfreuie  beä  Militär  =  5Raria  =  Xf)erefien= 
orben«  fetjrte  *)).  nad)  Söien  jurücf,  mo  er  fid)  al§  tüdjtiger  2trd)iteft  auf  bem 
(Siebiete  ber  bürgerlidjen  Saufunft  bettjätigte.  $m  ipinblicfe  auf  bie  fjödjft 
Seltene  breimalige  Muljeidjnung  mit  bem  rjöctjften  mititärifdjen  Drben  unb  auf 
feine  nur  in  ben  ^aupt^ügen  befannte  ©influinafjme  auf  ba§  ^ngenieurroefen 
mu^  eg  aber  al§  ^meifellog  be^eid^net  toerben,  ba$  ^ellegrinr'ä  bem  ©taate 
gemibmete,  tangiätjrige  Sßirtfamfeit  einftmeiten  nocl)  nicf)t  genügenb  ergrünbet  ift. 
aBurjbad),  Siogr.  2er.  b.  Äatfertf).  Defterreicf).  21.  Zf).  SBien  1870.  — 
^epner,  2f)aten  k.  berühmter  öfterr.  gelbt).  Söien  1808.  —  fteütü ,  Sio= 
graprjien  b.  ber.  ^etbl).  Oefterreid)§.  äöien  1813.  —  ^irtenfelb ,  ber  Mit. 
sJRax.  Sljeref.  Crben  ic.  äöien  1857.  —  ©cfjmeigerb,  Ocfterreictjä  gelben  :c. 
3.  Sb.  2Buräenl854.  —  SBeingärtner,  ^elbenbud).  Xefcljen  1881.  —  ßujtig, 
3ur  ©efdj.  b.  f.  f.  ©enie-2Baffe  in  ©trefft.  Oeft.  milit.  ^eitfdjr.  Söien  1885. 
—  ©cfjrott,  ©efd).  b.  59.  Sin.=3nft.«9lgtS.  2öien  1835.  —  3i^n,  S)er 
^etbjug  1760  in  ©acfjfen  ic.  in  9Jcittf).  b.  f.  f.  ÄriegSard)iö8.     Sßien  1882. 

©dj. 
$elkr:  Sljriftoplj  5p.  bon  unb  ju  ©et)  opperSfjof ,  9ied)t§gelef)rter 
fftatt)  merjrcrer  9teicf)s[tänbe,  ^rofanäter  Pon  Slltorf  unb  pubticiftifcf)er  ©d)rift= 
fteller.  2>ie  5p.  maren  urfprüngticlj  ein  fer)r  mob,lf)abenbee  fränfifcrjeS  Sürger= 
gefd)tecf)t,  bai  fpäter  im  Nürnberger  ^atriciate  eine  einflu^reidje  ©teUung  be= 
|auptete.     S)a3  5petler'fcr)e  £mu§  3u  Nürnberg  ift  fjeute  nod)  ein  arcf)iteftonifd)er 


geller.  333 

©djmud  ber  ©tabt;  auf  bem  Srbfcrjtoffe  ber  gamitie  ju  ©djoperäfjof  aber  mur= 
ben  üon  bem  faifertidjen  SSefe^tS^aber  Dttam'o  ^iccotomini  unb  bem  fdjjroebifdjen 
23ebottmäd)tigten  ©rafen  Cdjfenftierna  bie  Präliminarien  jutn  tjeifjerfeljnten  tt>eft= 
tätigen  ^rieben  unter^eicfinet.  5Jlartin  ^ß.  mürbe  mit  faiferiidjem  S>iptom  bom 
8.  Januar  1585  in  ben  erbtidjen  Slbetftanb  be§  9teid)e§  erhoben,  unb  tjaben 
fid)  mehrere  bon  beffen  'Dladjfommen  um  ba§  ftäbtifdje  ©emeinmefen  berbient 
gemalt,  fo  3of)ann  Sobft  (f  am  23.  Januar  1711),  Martin  (f  am  20.  ge= 
bruar  1720),  Sfjriftopt)  3a!ofc  (f  am  16.  Februar  1729),  grjriftopl)  ©ottlieb 
(f  am  29.  Sluguft  1741);  namentlid)  aber  ber  ältere  33ruber  be§  elftgenannten 
3of)ann  ^obft,  unfer  Srjriftopt),  geboren  ju  Nürnberg  am  28.  Dtoüember  1630, 
f  bafelbft  am  25.  «Dtära  1711.  —  ©ein  SBatet,  2obia§  $.,  Warftborftetjer  3U 
Nürnberg,  fanbte  it)n  nad)  üoüenbetem  ©rjmnafialftubtum  1649  nad)  Tübingen, 
mo  ifm  Sauterbadj  in  bie  fRed^tStDifjenfcfjaft  einführte ;  1651  ging  er  an  bie 
f)eimifd)e  .Ipodjfdjule  nact)  Slltorf;  bereifte  fobann  Gsifafj  unb  £)ottanb  unb  tjielt 
fic§  in  «Strasburg,  befonber§  aber  in  lltredjt,  ba§  bamatä  in  ^o^er  lßlütt)e 
ftanb,  längere  geit  auf,  um  fid)  an  teuerem  Orte  bei  Dr.  3ßaut  ^oetiu§  auf 
bie  furiftifdje  S)octortoürbe  tiorjubereiten ,  toeldje  er  etma§  fpäter  (1658)  in 
2Utorf  mit  ber  3naugural=3)iffertation:  j?de  diffidationibus"  erttmrb.  1659 
üermärjtte  er  fictj  mit  ber  Äaufmann§tod)ter  Slara  (Sinmag  au§  Mrnberg;  bie 
@t)e  mar  mit  14  $inbern  gefegnet,  bon  benen  feboct)  nur  eine  Xodjter  ben  Sßater 
überlebte,  ^m  nämtid)en  ^atjre  trat  ^).  in  reid)äftäbtifd)e  üDtenfte;  tourbe  1659 
©enannter  be<?  größeren  Ütattjeg,  1665  ßonfutent  unb  Slffeffor  am  Untergeridjte, 
1674  am  ©tabtgerid)te,  1692  (nad)  Diüdfefjr  öon  einer  ©enbung  an  ben  baie* 
rifd)en  ^of  in  ftäbtifdjen  Angelegenheiten)  Slffeffor  be§  <!(ppeItation§=  unb  35anco= 
gerid)te§,  jugteid)  ^rofanjter  an  ber  Uniberfität  Sittorf-  2113  leitete  ba§  *ßrit>i= 
tegium  erhielt,  SDoctoren  ber  Geologie  ju  creiren,  mürbe  ber  femeitige  ^5ro= 
fan^ter  jum  faiferlidjen  ^ßfaljgrafen  ernannt,  unb  $.  mar  ber  Srfte,  metdjer 
biefe  SOßürbe  befteibete.  S)a  er  ben  9tuf  eine§  ebenfo  erfatjrenen  al§  unter= 
richteten  ©efdjiäjtgmanneg  genofj,  ermatten  itjn  1683  gürft  ^ofjann  Slboipb, 
0.  ©djmarjenberg ,  1685  Sanbgraf  $ar(  ju  Reffen »  Saff et ,  1693  bie  toeimara= 
nifdjen  -"perjöge ,  unb  batb  barauf  ©raf  $ot)ann  Otto  b.  2)ornbadj  sunt  befol= 
beten  Statt)  unb  Sonfutenten;  feine  Mitbürger  aber  bertietjen  itjm  in  banfbarer 
2tnerfennung  feiner  mannigfachen  Sürgertugenben  bie  dfjrentitel:  „Oraculum 
Norimbergense ,  delicium  principum,  asyluni  oppressorum."  *ß.  erreichte  bei 
öofler  geiftiger  unb  förperlidjer  9tüftigfeit  ein  Sitter  bon  meb^r  benn  86  Sauren; 
bie  ^Jtuleftunben  mibmete  er  gerne  ftaat§redjttidjen  ©tubien,  roobei  er  bon  einer 
auSgemäb.tten  33üd)erfammlung  unterftübt  mürbe,  meldte  1717  jur  Sßerfteigerung 
fam.  @r  fdjrieb  einige  pubticiftifdje  Slbrjanbtungen ,  bie  tb^eit§  gebrudt,  tt)eit§ 
tjanbfdjriftüd)  bortjanben;  fobann:  „Tbeatrum  pacis  h.  e.  tractatus  instrumen- 
torum  praecipuorum  ab  ao  1647  usque  1681  in  Europa  initorum"  (2  S3be.  4°) 
unb  gab  $afpar  Mod'Z  „tractatus  de  aerario"  mit  5lnmerfungen  b^erau§  (1671 
got.).  ®en  |>auptgrunb  ^u  einem  tarnen  in  ber  Sitteratur  legte  er  inbefj 
burd)  fein  2Bertdjen  ,,Politicus  seleratus  impugnatus,  i.  e.  compendium  poli- 
tices  novum,  sub  schemate  hominis  politici  etc.  etc.",  in  bem  er  bie  Xfyeorien, 
meldte  ty}H\pp  Stnbreaä  Olbenburger  (51.  2).  33.  XXIV,  261),  ein  feister  (Sompi* 
tator ,  unter  bem  ^feubontjm  Pacificus  a  lapide  in  feinem  33udje :  .,bomo 
politicus"  aufgeftettt  blatte,  mit  bietem  ©efdjide  gu  miberlegen  mu^te.  S)a§ 
Söerfdjen  mürbe  juerft  1663  in  Nürnberg  in  12°,  bann  ebenba  1664,  65,  69, 
jutetjt  1698  cum  Ameloti  commentario  berlegt.   — 

Södjer.   —   Ütotermuub.   —   äßiE,   mxxib.   ®e(er)rtert- Serif.  2^1.    III. 
129,  fortgef.  b.  ftopitfd)  2f)I.  VII.  114.  (Hfentjart. 


334  ^3eüet  —  spettifait. 

fettet :  3b a  $.,  Sdjaufpielerin ,  geb.  1838  "in  ©raj,  ftacb  am  10.  3utt 
1863  in  ßeip^ig.  3>ba  Iß. ,  bie  2od)ter  beä  früheren  SdjaufpietbirectorS  $., 
bereitete  fid)  in  £in,j  (ba§  meljrfad)  aud)  als  i$te  (SeburtSftabt  bejeidjnet  mirb) 
jux  SBütme  tior,  bebntirte  1853  in  Nürnberg,  ging  tion  ba  1854  nad)  Sitij,  im 
folgenben  3af)re  nad)  äBien  an§  $arltr)eater ,  im  3-  185^  nad)  Stettin  unb 
roirfte  1858—1861  in  SBteSbaben,  fd)on  bamal§  im  tragifdjen  5ad)  anerfannt. 
^m  Sommer  1861  gaftirte  fie  mit  aufjergemöljnlicrjem  (Srfolg  als  Jungfrau  öon 
Orleans,  Stulie  unb  Allärcfjen  am  £>0Ttf)eater  ju  Sßertin  unb  geborte  nun  feit 
September  1861  biefem  ^nftitute  als  Mitgtieb  an.  1863  gaftirte  fie  in 
s4$rag  unb  Seipjig  unb  ftarb  tjier  unermartet  nad)  turpem  Jh'anfenlager.  ^Ijr 
Setjrer  ©mit  5£)etiricnt  liefe  irjr  auf  bem  ßeipyger  griebtjof  ein  einfaches  ©enfmal 
erridjten.  *ß.  mar  tion  großer  Sd)önf)eit  unb  tiieltierfpredjenber  Begabung ;  fie 
(eiftete  trotj  itjrer  $ugcnb  in  Dtoflen  mie  bie  genannten,  ebenfo  als  2Inne  ßiefe, 
(Sretdjen,  Marie  Stuart,  aber  aud)  als  (Sljriemfjilbe  u.  bergt,  fo  SeadjtenSroertfjeS, 
bafe  if)r  £ob  tt)atfäd)tid)  einen  ernfttid)en  Serluft  für  bie  tljeatratifdje  $unft 
bebeutete.  Sofept)   ßürfdjner. 

jßettifatt:  Gonrab  ty.  (ÄurBnev),  ^ebraift  unb  Mitarbeiter  bei  ;Heforma= 
tion,  geb.  ju  Üiuffad)  im  (Jtfafe  am  8.  Januar  1478,  v  als  ^rofeffor  in  ^ürid) 
ben  6.  2Ipril  1556.  tiefer  merfroiirbigc  Mann  tjat  für  ben  ©efd)id)t§forfd)er 
ein  um  fo  größeres  3fntcreffe,  meil  er  eine  Setbftbiograpt)ie  fu'ntcrlaffen  t)at  tion 
größter  33ebeutung  für  bie  ßenntnifj  beS  vmmauiSmuS  unb  ber  Deformation 
(baS  (£t)romfon  beS  *pettifan,  herausgegeben  öon  bem  Unterjeidjneteu  1877). 
Seine  ^ugenbjeit  tiertebte  sl].  in  feiner  fleinen  Saterftabt,  öon  melcfjer  er  am 
"Xbenb  feineg  SebenS  für  bie  .ffoSinograpfyie  feines  3^unbeS  unb  Sdjülers 
Sebaftian  fünfter  eine  an^ieljenbe  f)iftorifd)e  unb  topograpf)ifd)e  33efd)reibung 
bearbeitet  I;at.  Seine  Gltern  maren  fo  arm,  bafj  fie  if)m  feines  ber  in  Ulm 
gebrudten  Sjemplare  beS  2)onat  anfdjaffen  tonnten.  Gr  mufjte  fid)  baS  be= 
rüdjtigte  Sd)utbud)  mit  bieler  Mülje  abfdjreiben.  Seljr  lebenbig  tfjeitt  s}>.  bie 
Erinnerungen  feiner  .Rinbfyeit  mit :  ben  ütob  beS  größten  ülfjeitS  feiner  9lnget)örigen 
bei  brei  $eftepibemien,  bie  ."peimfeljr  ber  Solbaten  tion  ber  ^Befreiung  beS  in 
Srügge  gefangenen  $aiferS  Maximilian  unb  bie  tion  bafy?  entftanbenc  üoderung 
ber  Sitten,  bie  ihinbe  tion  bem  Sdjidfal  beS  «gmnS  2Balbmann  unb  ein  23olfs= 
tieb  auf  bie  @ble  tion  £mngerftein ,  bie  itjren  ©atteu  ermorbet  rjattc ,  in  SBafel 
t)ätte  foüen  ertränft  merben  unb  Dorn  genfer  liftig  mar  gerettet  roorben.  *ßelli= 
fan's  Stubicnjcit  in  ^eibelberg  mar  tion  furjer  SDauer  (1491 — 92),  ba  fein 
Dtjeim  ^obocuS  ©atluS,  meldjer  it)n  nad)  <£>eibelberg  ()atte  fommen  Haffen ,  tion 
bort  als  3ßrebiger  nad)  Speyer  berufen  mürbe.  9}on  ^oboeug  ©aüuö  gibt  ^. 
in  feinem  Grjronifon  auf  ©runb  tion  beffen  2agebüd)ern  eine  ^iemlid)  tioüftänbige 
Siograptjie  unb  bamit  ein  anfd)aulid)e§  53itb  tion  bem  täglichen  Seben  be§ 
t)öll)eren  Äteru§  jener  3c»t  mit  feinen  2id)t=  unb  Sdjattenfeiten.  Son  «f)eibetberg 
nad)  9tuffad)  äurüdgeferjrt,  naljm  $.  bem  Scrjulmeifter  einen  £Ijeit  feiner  Slrbeit 
a^),  um  bafür  tion  biefem  meiter  unterrichtet  ju  merben.  Unb  at§  er  mit  beffen 
SOBiffenfdjaft  gar  balb  fertig  mar,  trat  er  in  ba§  ftranjiSfanerflofter,  jmar  gegen 
ben  äöitleu  feiner  Sltern,  aber  mo  fonft  Ijätte  ber  arme  Jüngling  t)offen  bürfen 
für  feinen  2öiffen§burft  fernere  SBefriebigung  3U  finben  al§  bei  ben  ^ttöndjen1? 
Unb  mirflid)  fotlte  er  unter  bem  Sdjutj  be§  Zeitigen  ^ran^  ein  gelehrter  9Jiann 
merben.  5lad)bem  er  1495  in  33afel  bie  nieberen  2Bei^en  erlangt,  erfjiett  er 
tiom  ^rotiin^ial  bie  (Jrtaubnifj,  3U  feiner  meiteren  Sluebilbung  in  ba%  Sübinger 
Softer  überjufiebeln.  2)iefeS  Softer  ^atte  bamal§  jum  ©uarbian  ben  gelehrten 
$aul  ScriptoriS ,  ben  g^unb  unb  Mitarbeiter  ber  r)ertiorragenbfteu  Ser)rer  an 
ber  jungen  Unitierfität.  3U  feinen  güfjen  fafeen  mit  ^ßeEifan  2t)oma§  Sötjttcnbad), 
,,tunc  Sclnvitzerus  dictus",    ber  3üvd)er  ^or)ann  Mantel  unö  tion  nadjmaligen 


!JMifan.  335 

Setütjmtfjeiten  unter  anbeten  ©taupitj  unb  @d.  Scriptorie  mar  ein  llniöexjat= 
genie,  öon  irjm  erfnelt  jf$.  nidjt  nur  prjitofoprjifdje  SBeletjrung  unb  reformatorifdje 
Anregungen ,  bei  iljm  tjörte  er  auct)  9Jtatb,ematif  unb  Aftronomie.  3>n  feinet 
Begleitung  befugte  er  öfter  ben  berühmten  ^tatrjematifer  3fot).  ©töffler  in 
Suftingcn  unb  eine  Anjafjl  öon  Gapitelöerfammlungen  feineS  DtbenS.  Am 
einet  biefet  Steifen  roat  eS,  bafj  et  mit  bem  gelehrten  jübifctjen  3ßrofelöten  3ot). 
$auli  äufammenttüT.  tiefem'  eräätjlte  er,  toie  er  all  $nabe  einmal  bem  Disput 
eines  (Streiften  mit  einem  jübifdjen  Srjepaar  beigeroofmt  unb  jjur  ©djanbe  ber 
Grjriftenrjeit  tjabe  rjören  muffen ,  tote  nidjt  nur  ber  ^ube ,  f onbern  f ogar  bie 
$übin  mit  Argumenten  auS  ben  ©Triften  beS  alten  SunbeS  ben  (St)rtften  aus 
bem  %dbc  gefdjlagen.  93on  ba  an  Jjabe  eS  ifjm  fiet»  im  ©inne  gelegen,  ob  er 
nidjt  baS  alte  Üeftament  fönnte  in  ber  Urfpradje  lefen  lernen,  er  Ijabe  jeboct) 
bis  jet|t  btofj  einiger  Gommentare  fönnen  rjabfjait  roerben ,  auS  benen  er  roenig 
Sidjt  empfangen.  3n  golge  biefeS  ©efprädjeS  öerfdjafftc  itjm  Solj.  $auli  einen 
©ober,  enttjaltenb  bie  sßropfjeten;  $onrab  ©ummentjart  abet,  ber  greunb  feine» 
SeljrerS  ©criptoriS,  lieb,  ifjm  ein  (ürremplar  beS  33ucfjeS  Stella  Messiae,  wo  ber 
©runbtejt  einer  Üteifje  altteftamenttidjer  ©teüen  in  Üranfcription  mit  barüber= 
ftet)enber  beutfdjer  Ueberfetjung  abgebrudt  mar.  Unb  mit  biefen  jtoei  auSfdjliefj- 
lidjen  Hilfsmitteln  Ijat  $•  nic^t  nut  Ijebräifdj  geletnt,  fonbetn  im  3.  1501 
fofott  eine  fleine  tjebräifdje  ©rammatif  3ufammengeftettt ,  S>eutfdjtanbS  erfteS 
2erjt= ,  ßefe=  unb  SSöttetbudj  bet  Ijebräifdjen  Spraye  (1877  öon  Dr.  Dteftle 
auS  ber  Söergeffenljeit  ber  Margarita  philosophica  tjeröorgejogen  unb  oermittelft 
beS  ^IjotograpfjiebrudS  in  bet  utfptünglictjen  ©eftalt  öon  1504  herausgegeben). 
Audj  mit  Üteudjlin  ftanb  ty.  roäfjrenb  feineS  lübtnger  Aufenthaltes  in  regem 
33exfet)r ,  butdj  itjn  rourbe  et  mit  bem  geteerten  ^uben  9JcatttjäuS  AbrianuS 
befannt ,  unb  langete  3"*  atbeiteten  biefe  S5tei  gemeinfdjaftlidj  an  9teudjlin'S 
r)ebräifrf)etn  SBörteröudj. 

SJon  1502  an  treffen  mir  ty.  als  Sector  ber  Ideologie  pro  fratribus 
studiosis  im  granjiSfanerftofter  ^u  23afet.  ©ofort  roufjte  ber  SSudjbruder  3otj. 
Amerbadj  ben  gelernten  jungen  9flann  für  bie  Mitarbeit  an  feinet  Ausgabe  bet 
äöerfe  AuguftinS  3u  gewinnen,  unb  roie  je|t  et,  fo  öetftanben  eS  fpätet  groben, 
Ab.  $etri  unb  grofdjauer  ö  ortreff  lidj ,  bie  umfaffenbe  ©eleljrfamfeit  unb  ben 
eifetnen  gleiß  beS  fetbftlofen  $.  ju  benutzen  unb  —  roenn  man  an  bie  aaf)l= 
lofen  ^nbiceS  unb  (lottecturen  benlt,  bie  er  für  bie  ^reffen  ber  grofjen  ©rüder* 
tjetten  gegen  gar  feine  obet  minime  <£>onotare  anfettigte  —  auszubeuten.  AIS 
im  Sftai  1501  bet  Satbinal  Ütatjtnunb  ö.  ^etranbi  auf  ber  5)urdjteife  öon 
einet  metjtjätjrigen  beutfdjen  Segatut  nadj  Bafel  fam,  cteitte  er  ?$.,  bon  $ob.  ©attuS 
barum  etfudjt,  pm  Sicentiateu  ber  üttjeologie  mit  bet  auSbtüdtidjen  33emettung, 
ba^  et  nacl)  öottenbetem  bteifjigften  Sa^re  oljne  SöeiteteS  ben  ütitel  eineS  SJoctotS 
ttagen  bütr'e.  5>ocfj  ^at  5|}.  öon  biefet  ßttaubnifj  nie  ©ebraud)  gemacht,  ^ierju 
mögen  iljn  aufeer  feiner  perföntidfen  23efd)eibenf)eit  nodj  anbere  ©rünbe  beftimmt 
fjaben.  ^m  ßlofter  mürbe  ib,m  bie  6ifetfud)t  feiner  Oberen  unb  fpäter  fein 
reformatorifdjeS  58erou^tfein  nid)t  ^ugelaffen  tjaben,  bie  öon  einem  Garbinal, 
mithin  öon  ber  ©nabe  beS  römifdjen  ©tufjtS  erlangte  SBürbe  ju  gebrauchen. 
Sagegen  lie|  er  fid)  öon  Garbinat  9tatjmunb  gerne  auf f orbern,  itjn  nad)  9tom 
ju  begleiten.  @r  fam  jebod)  nietjt  meit  über  bie  je^igen  ©renken  ber  ©d)toeij 
tjinauS.  %n  ^aHanja  am  Sago  maggiore  ergriff  if)n  ein  IjeftigeS  fyieber,  unb 
ber  Garbinat,  fo  gern  er  ifm  mit  nad)  9tom  genommen  rjätte,  falj  fidj  öer= 
anlaßt,  itjn  ju  öerabfd)ieben.  ßr  t^at  bieS  mit  ben  Söorten:  ,.Malo  te  scire 
Basileae  vivum  quam  Retinae  mortuum.'1  ^n  SSafel  blieb  ^.  nodj  einige 
^aljre.  ^n  biefer  Qnt  öerfe^rte  er  mit  bem  ganjen  anregenben  Äreife  ber 
greunbe  AmerbadjS.     damals  unterrichtete  er  unter  Anbeten  Subroig  Ser,  ben 


336  ^eütfan. 

geteerten  ^reunb  bei  SraSmuä  in  ben  2Infang3grünben  ber  fjebrätfdjen  ©pra^e 
unb  fdjrieb  ein  Gompenbium  ber  2)ogmatif  Tür  feinen  ©önner,  ben  treffttd^en 
23ifcf>of  Gtjr.  u.  Utenfjeim.  Sßietleidjt  finb  bie  fetjr  intimen  SBejietjungen  s$elti= 
fan'3  ju  biefem  fjoctjberjigen  $irdjenfürften  fogar  ber  ®runb  gemefen,  warum  ty. 
im  3.  1508  plö|$lid)  in  ber  nämlichen  (Sigenfdjaft  at3  ßector  nadj  9tuffad) 
öerfetjt  mürbe.  Uebrigenä  futjr  er  aud)  bort  für  2Imerbacby3  treffe  ju  arbeiten 
fort,  unb  unter  feinen  neuen  ©djülern  befanb  fidj  ein  ferjr  banfbarer:  ©ebaftian 
fünfter,  ber  bei  $.  in  bie  beiben  SBiffenfcrjaften  eingemeitjt  mürbe,  benen  feine 
fpätere  8eben§arbeit  galt:  ba§  .gjebräifdje  unb  bie  $o3mograpb,ie.  9tudj  mit 
ber  Sßerbefferung  be§  Orbenä  befaßte  fid)  5)3.  in  jenen  ^afjren  eingetjenb.  3üJav 
tieröffentlidjte  er  ein  bejügtidjeä  Memorial  an  feine  DrbenSbrüber  nid)t ,  au§ 
Sfurdjt,  mie  er  naiti  jugeftetjt,  in  ein  -£>orniffenneft  ^u  langen.  Sfnbeffeu  fetjeint 
bod)  gerabe  biefe  ©eite  feiner  SBeftrebungen ,  befonber§  mätjrenb  feine§  nun 
folgenben  ®uarbianat§  su  ^forjljeim  1511  —  1514,  bie  9tufmerffamfeit  ber 
Crbenäobern  erregt  $u  rjaben,  fo  bafj  ber  feine§roeg§  unbebeutenbe  ^robtn^tat 
.\lafpar  Safeger  irjn  ju  feinem  ©ecretär  ernannte  unb  in  ben  brei  3fat)ren  1514 
6i8  1517  auf  feine  33ifitation§reifen  burdj  bie  gan^e  fübbeutfdje  ^rotiinj  unb 
auf  feine  Steife  ju  ben  beiben  GSencratcapiteln  nad)  Ütouen  unb  nad)  9tom  mit* 
narjm.  Stile  biefe  Steifen  befdjreibt  $.  mit  grofeer  Sebenbigfeit;  bie  beiben 
grofjen  Querfuge  burd)  2d)roaben,  Saiern  unb  Oefterreid)  gematteten  fid)  für 
if)n  faft  ungefueb^t  \u  miffenfd)aTttid)en  Reifen  im  ^ntereffe  be§  rjebräifdjtn 
StubiumS.  Söei  ber  fran^öfifdjen  Steife  intereffirt  un§  befonberä  ba§  ^ufammen* 
treffen  mit  Araber  ©taputenfiä  unb  mit  ben  portugiefifcfjcn  Srübern  ex  novis 
insulis.  93ei  ber  tebenätioften  23efd)reibung,  bie  $.  tion  Italien,  Don  Stom  unb 
beffen  .^eiligttjümern  gibt,  erflärt  er  augbrüdtid),  ba§  er  lieber  bie  ©puren  be§ 
claffifdjen  9tom§  gefetjen  tjätte  als  bie  ©puren  tion  allerlei  nie  gefdieljenen 
9Jltta!cln.  9tod)  betior  er  nact)  Stom  abreifte,  tierbradjte  er  toieberum  einige 
Senate  in  33afct,  um  ba3  .(pebräifcrje  für  bie  £>ierontimuSau§gabe  gtobenS  unb 
all  Slppenbij  baju  ein  psalterium  quadruplex  unb  eine  turjgefafjte  tjebräifdje 
©rammatif  ju  bearbeiten  unb  ^ugtetd)  feinem  bamalä  in  33afet  meitenben  $reunbe 
Sapito  bei  beffen  titterarifdjen  arbeiten  betjitflid)  31t  fein. 

Oladj  feiner  Stüdfefjr  tion  Stom  mürbe  er  ©uarbian  in  Stuffad),  bod)  erhielt 
er  fdjon  im  3-  1519  baS  ungleid)  micfjtigere  ©uarbianat  in  SBafet.  ,£>ier  mürben 
bamalS  bon  £K*oben  unb,  nadjbcm  biefer  tion  SraämuS  eingefdjüd)tcrt  morben 
mar,  tion  3lb.  s$etri  bie  ©djrüten  ßutb^erl  emfig  nacb^gebrudt.  ^ietürtidj  rourbe 
5ß. ,  jumat  beim  ftadjbrutf  ber  ^falmenerftärung ,  tion  ben  ©rudern  ju  Statte 
gebogen  unb  fam  fo  unüerfefjenS  ju  fet)r  eingef)cnber  33efd)äftigung  mit  ben 
©djriften  be§  2Bittenberger§,  ju  beffen  23erftänbnif}  er  burd)  ba§  if)m  tion 
©criptoril  empfor;lene  unb  fpäter  im  3fntereffe  ber  Safler  2lu§gabe  fortgefe^te 
©tubium  ber  Äircb^entiäter  trefflictj  tiorbereitet  mar.  ©erjon  im  %.  1512  blatte 
er  fid)  in  einem  ©efprädje  mit  dapito  über  bie  firctyiicrje  8et)re  unb  ^rajiä  fetjr 
fritifer)  auSgefprocb^en ,  unb  at§  naä)  bem  9tetc^§tag  tion  2Borm§  ber  berühmte 
faiferlic^e  Sftatb,  granj  ti.  9lngeti§  3U  it)tn  fam,  ba  fprad)  er  aucr)  gegen  biefen, 
ber  roärjrenb  3toei  Sagen  fefjr  freunbfcrjafttid)  mit  ir)m  tierfeb^rte ,  fiä)  beutlid) 
über  feine  ^Infdjauungen  au§.  Slttein  fetbft  tion  einem  fotd)  eblen  ^umani§mu§ 
mar  el  bi§  3ur  Deformation  nod§  meit,  ^umat  für  ben  unpraftifdjen ,  auf 
anberm  al§  bem  litterarifdien  ©ebiete  fdjmerfattigen  $.  Sroti  SSeranlaffungen 
nötigten  ib^n,  entfdjieben  ©tettung  p  nehmen.  3tt§  e§  aßen  ^Jlinoriten  foHte 
»erboten  roerben ,  2utt)er§  ©crjriften  ju  (efen ,  ba  trat  er  energifer)  gegen  ein 
fotcr)e§  2tnfinnen  in  bie  ©crjranfen;  ifjm  galten  öutrjerä  ©djriften  biet  al§ 
3eidien  „jum  Stufftefjen  aul  bem  tiefen  ©djtaf".  Unb  als  ber  5prebiger  feinei 
Ätofterö,    ber   unerfeb^rodene  ^anS  ©ünbti,   genannt  Süttjarb   au%  Sujern,   mit 


$eEif<w.  337 

folgern  ©rfolg  in  reiormatorifcrjem  Sinne  prcbigte,  bafj  ber  5Jtatr)  im  3>uni  1522 
ein  -Tftanbat  „be3  ßDangeliumi  fjalb"  erliefe,  ba  rooüte  fidj  5P.  miebcrum  nicfjt 
pm  Schergen  unb  .ffefcenicrjter  gegen  feinen  angetccrjtenen  £rbensbruber  tjer= 
geben. 

3tn  ber  Erbitterung  gegen  bie  5)Jtacf)inationen  ber  5priefter  würbe  nun  fogar 
nacr)  Dftern  1523  ein  erfter  entfctjiebener  Schritt  p  ©unften  ber  üteformation 
getfjan.  £)ie  5profefforen  ber  Geologie,  meldte  mit  Satjger  gegen  5p.  confpirirt, 
mürben  abgefegt  unb  Cefolampab  unb  5p.  mit  beren  Sefjrftürjten  betraut.  5p. 
rjatte  3tIIe§  gettjan,  biefen  Gonflict  p  Dermeiben.  6r  rjatte  ben  DrbenSobern 
unter  anberm  mieberfjolt  ben  originellen  SJorfdjlag  gemacht,  man  möge  alle 
altgläubigen  Dibensbrüber  Don  Bafel  teegnet)men  unb  irjm  bafür  alle  lutrjerifcr) 
gefinnten  pmeifen ,  fo  fülle  er  im  ^rieben  feinet  2lmte§  märten.  SDaxauf  ging 
natürlich  ber  Drben  nictjt  ein,  5p.  mürbe  feinet  ©uaxbtanat»  entfetjt,  bocr)  lief 
man  irjn  rutjig  im  Bafeter  Älofter.  @r  ging  ja  in  feiner  2ßeife  aggreffiD  bor 
unb  concentrirte  ficfj  gänjlicr)  auf  feine  Borlefungen  an  ber  Unioerfität  unb  auf 
feine  litterarifcr)en  arbeiten  ffit  bie  2)ru<ferr)erren.  5Jcur  einmal  trat  er  p  jener 
3eit  in  bie  Deffentlicfjfeit,  nämticr)  im  ^btuar  1524  bei  Stepfjan  Stör§  SDU= 
putation  über  bie  5priefterer)e.  S)a  erflärte  5p.  unummunben,  bie  äöiebereinfütjrung 
ber  5prieftererje  fei  notrjmenbig,  um  au»  ben  firtfjticrjen  5Dcif5Derb,ältniffen  r)eraui= 
jufommen.  2ll§  bann  an  ber  ;p§i-*e3menbe  p0n  1525  26  ein  fJtuf  Don  3tt,inSft 
an  irjn  gelangte,  bie  burct)  Seporiug'  £ob  erlebigte  fjebräifctje  Sßxofeffut  in  Syrier) 
p  übernehmen ,  mußte  felbft  Defolampab  it)m  pr  Slnnarjmc  ratfjen.  Defo= 
lampab  rjoffte  worjl,  5p.  merbe,  lo§getöft  Don  bem  Drben,  ber  Saclje  ber  9tefor= 
mation  in  Sut^  größere  £)ienfte  leiften  fönnen  als  in  93afet ,  mo  orjnerjin 
bamal§  ein  ©tillftanb  eingetreten  mar.  Unb  in  ber  Ürjat  fjat  5p. ,  fofort  nadj 
feiner  Slnfunft  in  3ürict) ,  im  grürjting  152G  bie  Äutte  abgelegt  unb  ftcb,  aucr) 
balb  baraur  üercfjetic^t.  Seine  erfte  Borlefung  in  3ur^  begann  er  mit  ben 
2Borten:  „tet)  banfe  meinem  ^erren,  baß"  er  mict)  au3  Slegnpten,  au§  ber  ägt)p= 
tiferjen  unb  päpftlictjen  ©efangenfetjaft  befreit  unb  ba§  5Äottje  5)Jceer  gtütfliäj  fmt 
burcfjf  freiten  laffen."  ^n  $üxid)  trmrbe  ei  ifjm  Dergönnt ,  in  rjarmonifcrjem 
herein  perfi  nodj  einige  $af)xc  mit  3lotri9tt  uno  0Qnn  mäfjrenb  einer  langen 
fteitje  Don  Sauren  mit  Seo  $ub  ,  Sultinger,  Biblianber  unb  anbern  trefflichen 
5Dcännern  am  Ausbau  ber  fJieformation  p  arbeiten.  Unter  feinen  Wiffenfcr)aft= 
licfjen  Seiftungen  fterjt  obenan  ber  einige  au§  ber  3teformation§3eit  rjerDor* 
gegangene  Gommentar  über  ba§  ©efammtgebiet  ber  alt=  unb  neuteftamenttierjen 
Scfjriften.  Bon  feinen  linguifitferjen  arbeiten  liegen  noct)  ganje  «Stöfje  im 
5Dcanufcript  aui  ben  Bibliotrjefen  Don  Süricfj.  äöefentticrjen  Slnt^eil  t)at  er  auet) 
gehabt  an  ber  geftftellung  be§  reformirten  ißefenntniffe§  in  ber  fogenannten 
erften  b,elöetifcr)en  Sonfeffion  bon  1536.  $n  ben  30  legten  Siab.ren  mar  5pelii= 
fan'S  Seben  ba§  eine§  füllen  ®elel)rten.  ©egen  55u^er'§  Unionlmacrjerei  rjatte 
er  einen  tiefen  äöibermillen ,  unb  fo  §octj  er  Sutljer  feijä^te ,  fo  roenig  mar  er 
geroiüt,  ben  fpeeififet)  reformirten  Ser)rtrjpug  aufpgeben.  Sagegen  fucfjte  er 
unter  ben  ^Reformirten  ber  Derfcfjiebenen  5)cationen  lebenbige  ^ejiefjungen  au  er= 
galten  unb  übte  p  biefem  3roecfe  bie  grofeartigftc  ©aftfreunbfetjaft;  eine  ftaunen§= 
mertfje  5Dlenge  ber  bebeutenbften  Männer  auä  ©üb  unb  5)corb  fjat ,  t1jeil§  Dor= 
übergetjenb  ,  tljeilg  mäljrenb  5Jftonaten  unb  ^arjren  in  3ürtcif)  in  feinem  ^paufe 
gelebt.  5K1§  itjn  aug  biefem  fetjönen  2Birfung§freife  t)erau§  fein  5reuno  Sloutet 
nact)  Tübingen  jierjen  moüte ,  ba  pg  e§  5p. ,  ber  gänjlicrj  octjmeijer  gemorben 
mar,  Dor  in  3üridj  ju  bleiben,  ba§  ifjn  unb  feine  Familie  auf  bie  efjrenDolifte 
3öeife  inö  Bürgerrecht  aufgenommen.  3n  3üi'icb,  ift  er  benn  aucr)  at«  Taft 
acr}täigjäfjriger   ©reiä   im  ^.  1556   tiefbetrauert   geftorben.     Grjaraftertftifct)  für 

iJÜIgem.  beutft^e  Siogracljie.    XXV.  22 


338  *elt. 

fein  ganzes  Söefen  tote  für  fein  (Stjronifon  unb  fdjtoerroiegenb  für  befjen  äöertt) 
tft  ber  Umftanb ,  bajj  $.  üon  feiner  Berufung  nad)  Tübingen  im  Gljronifon 
gän^lid^  fdjmeigt.  9Jtit  größtem  tRed^te  fagt  fein  ^reunb  -fiönrab  ©efjner  öon 
itjm :  „citra  ullum  fucura  aut  ostentationem." 

Sitte   Sitteratur   über  ^ettifan    finbet  fid)   angegeben   in   ber  genannten 

9lu§gafce  öon  Sß.'ä  Gljronifon;    ju  öergl.   ift  überbteä  ber   %xt.  ^etlifan  üon 

Jp.  ©trad  in   ber   Üteal  =  ©ncrjf topäbie  für  ürot.    Jfjeot.   u.  Äirdje,    2.   Slufl. 

58b.  IX.  93ernl)arb  9t  iggenb ad). 

^dt:    Slnton    ^ r i e b r i <i)    ßubtoig  '$.,    gelehrter   ü£t)eolog.      6r    mar 

geboren  am  28.  Sunt  1799  in  Stegengburg,  mo  fein  Sater  bamatS  als  fönigt. 

bänifdjer  ßegationäfecretär  fid)  auffielt.     SDiefer,   in  .Uopentjagen  1764   geboren, 

mar  erft  5Jhofeffor  ber  9tationatöfonomie  an  ber  fönigl.  2lfabemie  in  ©oroe  auf 

©eetanb,    bann  in   bie  biülomatifcfjc   Garriere   eingetreten   unb   <}ulct}t  9Jlitgtieb 

beä  fönigt.  $ifd)erei=  unb  t<panbeläinftitutä  in  Slttona,   mo   er   am  3.  Dtoüember 

1805  ftarb,  aud)  atS  ©djriftftelter  in  feinem  ftaä)  befannt.     33on  feiner  bänifdj 

gefdjriebenen    „©üjtematiff  ^anbet^taere"    erfdjien   1806   bie   2.  Sluftage.     S)er 

©ot)n  befudjte  bie  ©dmlen  in  ftegenäburg,  SBücfeburg  unb  Stttona  unb  ftubicrte 

banti   SCtjeologie   auf  ben  Uniticrfitäten   in  3fena   unb  .fiiet.     91  m   erftern   Drte 

^ogen  itjn  junäd)ft  bie  pljitofoülnfdien  Sßoitefungen  üon  grieä  unb  ütcintjolb  an, 

fomie  bie  üon  Dfen.     3fn  $iel  fetjte  er  ba§  ©tubium  ber  sl.UnIofoöf)ie  fort  unter 

bem    älteren   9teinrjotb    unb  (Sridj  ü.  53erger    unb    mar    juglcid)   9ftitglieb    be§ 

ptjitologifdjen  ©eminarö  unter  2Bad)ämutf),   marb  aber  fdjliefjlid)  burd)  SLrceften 

unb  Gtau3   .£>arm§  ganj   für   bie  ütjcologie    gemonnen.      1822   beftanb   er  mit 

rüfjmüdjer   9lu§3eid)nung  baS  trjeotogifd)c  9Itnt§ej;amen   in  ©tüdftabt   unb  lebte 

bann  nodj,  feine  ©tubien  eifvigft  iortfetjenb,  eine  Jetttang  at§  Ganbibat  in  9lltona, 

bis  er  1826  nad)  ^Berlin  30g  unb,  nadjbem   er  bort  baS  ßicentiatencjamen   be= 

ftanben,  fid)  aU  ^riüatbocent   bei   ber   ttjeotogifd)en  ^acultät  tjabititirte.     ,£>ter 

fanb  er  burd)  ©d)leiermad)cr,  Üteanber  unb  ^ugteidj  burd)  .<pegel  biet  Anregung. 

9luf   Eintrag  ber   Regierung   ging   er   1828    nad)  ©reifSmalb   unb   marb    balb 

nad)l)cr  fjier  jum  prof.  extraord.  ernannt,    3n  Sßerbinbung  mit  Dr.  9tt)einmatb 

gab  er  bamalS  „Homiliarium  patristicum"  (1829)   tjerauä    unb   gleichzeitig   bie 

beutfd)e  lleberfetmng:  „^omilienfamtulung  auä  ben  erften  6  Saljrfjunberten   ber 

d)riftlid)en  ßirdje"  Vol.  I  t'asc.  1    unb  2.    3ugleid)  erfdjien  aud)  öon   iljnt   ein 

lateinifdjer  Kommentar  ^u  ben  2t)effalonid)erbriefen:    „Epiötolas  ad  Thess.  per- 

petuo  illustr.  commentar.  et  copiosiore  expositionum  c  patribus  eccl.  collectar. 

instruxit  delectu".  burd)  2fteifj  unb  ©cnauigfeit  nod)  immer  mettljüott.    3>n  feinen 

tljeologifdjen  Mitarbeiten  IV,  2  Jjat  er  nod)  bie  3ted)tt)eit  be§  2.  £b/ffatonid)erbriefe£ 

gegen  Äern'8  Angriffe  in  ber  Stüb.  tr)eol.  3eitfd)rift  üertf)eibigt.     1830  marb  er 

Dr.  theol.  unb  1834  gab  er  eine  ^rebigtfammlung  unter  bem  ütitel :  „|)orn  bes 

,£)eit§"  t)erau§.     5lad)bem  Stweften    1835    al§  5lad)fotger  Sd)teiermad)cr§  nad) 

33erlin   berufen   mar,   folgte  ^.   bem  9luf   an   bie   Unitierfität   $iet,    al§   beffen 

5lad)folger  bafetbft.  Söäljrenb  feiner  afabemifdjen  äöirffamfeit  t)ier  narjm  er  ju= 

näd)ft  an  ber  bamalä  bie  SOßelt  bemegenben  trjeotogifdjen  fyet)be  über  ba§  ßeben 

3>efu  t»on   ©trau^   tt)eit ,    burd)   bie   ©djrift:     „%tx  kamp]   au§   bem  ©tauben 

unb  bie  retigiöfen  Parteien  unferer  3eit"  1837.     ftadj   feinem  Rumänen   ©inn 

mottte  er  aud)  Ijier  bermittelnb  auftreten.     3^ar  mar  er,    mie  ba§   fo  in  biefer 

3eit   überhaupt  nidjt  ungemöb^ntid)  mar,   ftarf  burd)  bie  £>egclfd)e  ^f)iIofobf)te 

angefaßt  ber  fpeculatiüen  9tid)tung  jugetrjan,   aber  fein  fromme^  ©etnütf;  oertor 

nie  ben   ©djroerbunft  be§   ©tauben^    unb   beg   unmittelbar    retigiöfen   Sebenä. 

Sluf    ber   einen   ©eite   biefe  ^fn'tofobtne ,    auf   ber  anbern  ©d)Ieiermad)er§   unb 

9teanberg  2t)eotogie  trieben  it)n   batjitt,  bie  alte  Drttjobojie  unb    ben   retigiöfen 

9tationati§mu8  3U  überfd)reiten,  fie  3U  einer  Ijö^eren  6inl)eit  in  ber  oermittelnben 


$elt,  339 

Sfjeotogie,  gleich  Uttmann ,  SDorner  u.  3t.  ju  berbinben.  ^n  biefem  Seifte 
grünbete  er  mit  feinen  Sottegen  in  ber  gacuttät:  grantfe,  Softer,  9ftau  bie 
3eitfdjrift  Stjeotogifdje  Mitarbeiten,  bie  bon  1838—1841  ersten  unb  nament= 
tief)  tüdjttge  arbeiten  be§  ,£)erau§geber§  enttjiett.  SBir  nennen  u.  5t.  feine 
Slbtjanblung :  33on  ber  SLrabttton  at§  ^rineip  ber  pxoteftanttfd^en  SDogmatif, 
moju  fpäter  III,  1,  fam:  2)ie  |).  ©djrift  im  9flittetpunft  ber  Ueberlieferung 
unb  Söerfjättnifj  ber  ütrabition  ju  ben  frjmboüfctjen  Süctjern  zc.  zc.  5Die  93e= 
beutung  ber  Srabition  auet)  für  bie  ebangetifetje  Äirctje  gtaubte  er  niäjt  genug 
erfonnt,  er  mottle,  iubem  er  barauf  tjinmieg,  ben  gefcfcjidjtlictjen  ©emeinfinn  in 
ber  £tjeotogie  beteben  unb  biefetbe  al§  einen  großen  (Semeinerroerb  unb  ©emeingut 
betrachtet  toiffen.  2It§  tion  bem  2lrctjibiafonu§ ,  nactjtjerigen  ,£>auptpaftor  an 
©t.  Nicolai  in  $iel,  2Botf,  at§  9iepräfentant  be§  9tationatismu§  ber  offene 
Äampf  mit  feinem  ßottegen,  bem  bon  s$.  befonberä  tjocrjgefctjätsten  Dr.  6t.  £>arm§ 
begann,  gab  ty.  feine  bier  Sortefungen :  „sproteftantiSmug,  ©upranaturati§mu§, 
9tationati§mu§  unb  fpecutatibe  £t)eotogie"  1840  tjerauä.  ©ie  fpecutatibe  Srjeotogie 
mar  ber  ©runb  unb  Soben,  auf  ben  er  fictj  ftettte.  —  gür  bie  ttjeotogifctje  2Biffen= 
fdjaft  ift  befonberg  bon  93ebeutung  feine  Bearbeitung  ber  ttjeot.  (Snctjctopäbie. 
ü£)iefetbe,  Marina  bebicirt,  erfdjien  1841:  „ültjeologifcfje  Güncrjctopäbie  ati  ©rjfiem 
im  3ufammenr)ang  mit  ber  ©efdjictjtc  ber  ttjeotogifdjen  SBiffenfctjaften  unb  itjren 
einzelnen  3toe'5en-"  2)iefe§  Söerf  jeugt  bon  großem  ftteifc  unb  umfaffenben 
©tubien,  tiefer  Sitbung,  geiftbotter  Gonception  unb  tetjrreictjer  3tu§fütjrung.  (Sr 
tjätt  an  ber  £)reitljei(ung  ber  ttjeotogifcfjen  SCÖiffenfctjaft ,  at§  rjifiorifctjer,  ft)fte= 
matifdjer  unb  practifdjer  feft.  Sie  tjiftorifcrje  ift  it)tn  a)  bibtifdje  Xtjeotogie, 
b)  tirctjenrjiftorifdje,  c)  fir(f)enftatiftifctjef  al§  9tefultat  ber  gefctjicrjtlictjen  6nt= 
roiefetung  in  ber  ©egenroart.  Sie  frjftematifctje  a)  g-unbamentaltetjre,  atigemeine 
ttjeot.  s}>rincipientet)re  (2IpotogetiE  unb  ©tjmbotif),  b)  bie  ttjetifetje  ctjrifttictje 
©tauben§=  unb  ©ittenletjre,  c)  tp^itofo^^te  be§  Gtjriftenttjum§ ,  bie  fbecutatiüe 
gorm  be§  bogmatifetjen  ^ntjattS.  S)ie  praftifetje  Stjeologie  a)  (jfftefiaftif, 
J?irct)enorganifation§iet)re,  b)  Setjre  bom  ^irerjenregiment,  c)  Setjre  bom  $irct)en= 
bienft;  aufjer  £>omitetif  unb  ^atedjetit,  firdjtictje  ^äbeutif.  «gmgenbacfj  fagt 
bon  biefem  35uctj:  9teictje§,  aber  bottftänbig  geficfjteteS  unb  geiftig  gelictjtete§ 
5ftateriat,  ©treben  nadj  frjftematifctjer  $neinsbitbung  beö  9ftannigf attigen ,  ge= 
fdjärfter  ©inn  auetj  für  bie  fünftlerifctje  ©eite  be§  ttjeotogifctjen  23eruf§,  toarme 
Segeifterung  für  ba§  (Stjriftenttjum,  gefunbeä  unb  billiget  Urttjeit  finb  anertannte 
Vorzüge  biefei  öuetjeg.  $.  urttjeitte  über  tit  ^agenbactj'fcfje  ßncrjctopäbie 
(©.  69):  fyürmatjr  ein  äctjte§  ©tubentenbuet).  äöie  fetjabe,  ba|[  ber  fanget  an 
©tjftem,  organifeb^er  Verarbeitung  unb  ptjitofoptjifcrjem  ®eift  noct)  immer  bm 
äBunfct)  nact)  etroa§  feuern  rege  tjätt.  liefern  t>at  er  tjiermit  enifpreetjen  motten.  — 
^n  ben  ©tubien  unb  Äritifen  1848  erfctjien  bon  itjm:  S)ie  ctjtiftticcje  dttjif  in 
ber  tuttjeriferjen  Äirctje  bor  Gatirt.  2tl§  afabemiferjer  Slocent  mactjte  er  fieb 
befonberS  berbient  buretj  bie  Seitung  be§  bon  Smeften  gegrünbeten,  bon  itjm  fort* 
geführten  unb  erroeiterten  eregetifetjen  ©eminar§.  3tts  9Jtenfctj  mar  er  allgemein 
tjoctigeacrjtet  buret)  Sefctjeibenb.eit,  9tebtict)feit,  ©elbtofigfeit  unb  Sreue  in  ber 
greunbfetjaft.  3tt§  Jüngling  unb  ©tubent  in  ^ena  1819  tjatte  er  fictj  bon  bem 
ftubentifdjen  Sreiben  unb  ben  burfdjenfdjafttictjen  ©rtrabagan^en  metjr  fern= 
getjatten,  aber  boctj  mar  in  itjm  ein  tebenbiger  patriotifetjer  ©inn  angeregt,  ben  er 
bi§  an  fein  (Snbe  bematjrt  fjat.  S)atjer  natjm  er  in  Äiet  an  ber  fctjle§mig= 
tjotfteinifctjen  ©rtjebung  auetj  ben  regften  3tnt^eit.  1850  beröffentlictjte  er  feine 
©djrift:  „S)ie  fctjtegtoig^fctjen  s$rebiger  im  SBertjättnifj  ju  ber  in  ©ct)te§roigt)otfiein 
eingefeüten  S3erroattung§be§örbe.  @in  ttjeotogifctjeg  ©utactjten."  2tnfang§  1848 
mar  er  bon  ber  bänifetjen  Regierung  noctj  mit   bem  9titterorben  bee    S)anebrog 

22* 


340  $eüanu§  —  $elfcer. 

becorirt  roorben,  am  4.  $uni  1852  bei  bet  SBieberberftetlung  bes  bänifdjen 
Dtegimenteä  roarb  er  öon  berfetben,  feineä  Politiken  93ett)alteng  megen,  mit  neun 
anbern  Bieter  ^rofefforen  feinet  2lmte§  entlaffen.  2)ocfj  blieb  er  nidjt  lange 
otjne  2lmt,  benn  fdjon  unterm  3.  Sluguft  beffelben  ^aljreS  errjielt  er  bie  2?c= 
ruTung  ju  bem  >4>iarramt  in  Äemnitj  bei  ©reifäroalb,  treldtjeS  eine  *ßatronatä= 
öiarre  ber  Uniöerfität  ift.  1857  warb  iljm  bier  pgteidj)  bie  ©uöerintenbentur  über= 
tragen.  6r  t)at  fiel)  balb  in  feine  neue  £eben§ftellung  bineingetebt  unb  burd) 
treue  Eingebung  an  bie  itjm  anöertraute  ©emeinbe,  fidj  bie  bauernbe  2uhe  unb 
$oct)acf)tung  berfelben  erroorben.  6r  ftarb  bier  am  22.  Januar  1861.  ©eine 
fcbrijtftellerifcbe  £t)ätigfeit  fonnte  er  aud)  Ijier  noeb  fortlegen,  ßr  mar  fleißiger 
Mitarbeiter  an  föeutcrä  fteüertorium  unb  lieferte  mehrere  Slrtifel  jur  erften 
Auflage  ber  .gjeräog'fcrjen  föealencöcloöäbie. 

Sögt.  ßübfer=©cbröber,  ©d)riftfteller(ei\  3tr.  1502  unb  ftacrjtrag  ©.  748. 
—  Sllberti,  Str.  1591  33b.  II.  ©.  143  —  ßonöcrfationälericon  ber  ©egentoart 
1840,  93b.  IV  ©.  78.  —  2)orner  in  £crjog§  ftealencöcloüäbie  2.  2Iuft. 
33b.  XI  ©.  50.  Garftenä. 

^cltQimS:  £beobor  Slnton  fy.,  fo  genannt  öon  feinem  ©eburt§orte 
spelte  bei  Süttidj,  feit  1552  $efuit,  t  am  2.  Mai  1584  ju  SlugSburg.  6r 
mürbe  1556  ßefjrer  ber  Humaniora  im  ^efuitcncoltegium  ju  ^ngolftabt,  1557 
Sekret  beä  @Srie(f)if(f)en  an  ber  Uniöerfität,  1562  Sßrofeffor  ber  Ideologie  (ber 
erfte  ^efuit,  ber  in  ^ngolftabt  SDoctor  ber  ütbeologie  mürbe).  @r  bocirte  bi£ 
1572  unb  mar  in  mebrere  afabemifcfje  ©treitigfeiten  öermicfelt.  SDie  legten 
jroötf  Safyxe  öertebte  er  in  SlugSburg.  5ß.  tjat  mehrere  ©tfjriften  über  (£ontroöer£= 
lehren  öeröffentlidjt  (einige  in  ber  <$orm  öon  Stjefen),  u.  a.  „Doctrina  catholica 
de  purgatorio"  etc.  1568;  „de  librorom  canonicorum  numero,  auetoritate  et 
legitima  interpretatione",  1572;  ..de  nostra  satisfactione  et  purgatorio  11  2",  1574; 
„de  originis  peccato"',  1576.  9luf$erbem  ga6  er  eine  9teit)e  öon  (grofjentbeitg 
bamatä  nodj  nidejt  gebrückten)  ©cfjriften  griecfjifcrjer  ÄircfjenfdjriftftelXer  in  (nidjt 
immer  genauer)  lateinifdjer  Ueberjetmng  beraue,  bie  bem  53ictor  öon  9lntiod)ia  bejro. 
bem  £itu§  oon  23oftra  3ugefd)riebenen  Gommentate  (ßatenen)  311  Marcus  be^to. 
8uca3,  ben  ßommentar  be§  Slnbreaä  üon  ßäfarea  jur  3tpofalt)öfe ,  eine  Gatene 
ju  ben  ©brücken,  bie  (Srftärung  be§  v4>rc^iSei'^  ÜOtt  ®*egoriu8  Xr)aumaturgu§ 
unb  be§  ^poljen  ÖicbeS  öon  Micbaet  ^ßfellus,  neuteftamenttid)e  Kommentare  bon 
Sbrt)foftomu§,  auef)  bie  ©ejcfjidjte  bc§  fticeniferjen  (SoncilS  oon  ©etafiuS  oon 
ßtijicum. 

6.  ^rantt,  @efdj.  ber  Subroig=Marimi(ian£=Uniüeifität  1872,  I,  226, 
243,  253,  331.  —  de  Backer  s.  v.  —  £urter,  Nomenciator  I.  133.  — 
9t.  ©imon,  Hist.  des  comm.  du  N.  T.  eh.  30.  üleufcb,. 

^el$er :  Soljann  SLiltmann  d.  s^.,  furfölnifcb^er  ©efjeimer  9tatb^,  geb. 
au  93onn  1739,  trat  früfie  in  furfölnifc^e  Suftiabicnftc.  3lm  16.  Mai  1763 
mürbe  er  ©ctjöffe  am  tDeltltdcjen  ^oigericrjte  erfter  3nftan3,  ant  4.  $unt  1773 
^ofratt) ;  am  1.  gebruar  1788  tt)ut  ber  Äurfürft  IRarimitian  ^ranj  „!unb 
unb  3U  miffen  ba|  er  auf  untertfjänigfte  Sitte  feine§  gebeimen  aud)  <£>of=  unb 
Üregierung§ratben  ^o^ann  Siltmann  -}}eltjer,  fort  bon  ib^m  erftattete  ^roberetation 
unb  nacr)  33orfcbriit  ber  erneuerten  ütebifion§orbnung  auSgeftanbene  münblicr)e 
Prüfung  benfetben  ju  feinem  £)berapbellation§gericb,t§ratl)  mit  ©itj  unb  ©timme 
milbeft  erflärt  unb  aufgenommen  fjabe."  Unter  ben  2lmt3öfKcl)ien  finbet  fid) 
auet)  ba§  Skrförectjen,  baB  er  in  ber  ©tabt  £öin  S)ienfte  bie  Sage  feineä  2eben§ 
nicf)t  eintreten  merbe;  bagegen  mar  er  al§  ©nnbicu^  ber  ©rafeneurie  feit  1773 
bei  ben  Slngelegentjeiten  unb  Söerrjanbtungen  ber  furfötniferjen  ©tänbe  beteiligt. 
2tm   4.  ^uli  1792  mürbe   er  bon  Äarl  2l)eobor,    „^faljgraf    bei  Slbein   unb 


^eljeL  341 

£>erjog  in  £>ber^  unb  9tteberbaiern ,  jur  £eit  Sffitfdjet  unb  Sßicariui  in  ben 
£anben  bei  9tf)eini,  (gctjroabeni  unb  fränfifc^en  fRecfjt^  aui  9teict)imcariati= 
mact)tDoHfommenr)eit  megen  guten  ^erfommens,  abeüget  Sitten  unb  9tect)t= 
fd^affen^eit  in  bei  ^eiligen  römifdjen  Dteiclji  aud)  feines  .fturfütftentfmmi  9lbel= 
ftanb  ertjoben  unb  ^mar  fo,  als  menn  er  öon  titer  Sinnen  öäterlictjer  unb 
mütterlicher  ©eiti  beftänbig  in  folgern  ©taub  tjergefommen  märe."  2)iefe  @t)re 
mar  in  bamatiger  3"t  meber  fet)r  fetten  nocl)  fetjr  ttjeuer,  gemätjrte  aber 
mancherlei  Sortfjeile.  3Jlit  einer  geliebten  förau  unb  einer  einzigen  Soctjter 
lebte  $.  in  ben  glücftictjften  23ert)ältniff  en ,  ati  ber  (Sturm  ber  fianjöfifctjen 
Üteöolution  öerfjeerenb  fjereinbradj.  Stm  4.  Dctober  1794,  ^mei  Sage  fpäter  ati 
ber  Äurfürft,  öier  Sage  öor  bem  Güütjuge  ber  fyranäofen,  üertiefj  $.  feine  3)ater= 
ftabt,  um  fiel)  auf  t>a$  redjte  9tt)einufer  in  bie  «gmuötftabt  bei  mit  Äurfötn 
öerbunbenen  -!per<}ogtt)umi  Söeftfaten  au  begeben,  motjin  bai  £)beraööettationi= 
geriet  feinen  ©itj  öerlegt  ^atte.  2Kan  glaubte,  nur  auf  furje^eit;  aber  3at)r 
auf  °$ai)X  tierging  unter  üergebtict)en  Hoffnungen.  2öät)renb  ber  langen  Wb-- 
roefentjeit  füt)rte  s}>.,  fobatb  bie  S3erbinbung  mit  bem  linfen  Dtfjeinufer  mieber 
möglict)  mürbe,  mit  feiner  in  Sonn  jurücfgebüebenen  %xa\x  einen  23riefmect)fet, 
melctjer  öon  ben  3uftänben  im  ^erjogitjum  Söeftfaten  unb  inibefonbere  in  ber 
bictjt  an  ber  preufsifctjen  S)emarcationitinie  gelegenen  ©tabt  Arnsberg,  jugteict) 
öon  ben  friegerifcrjen  Sreigniffen  unb  ben  öolitifctjen  33emegungen  am  tinfen 
Sirjeinufer  eine  fo  tebenbige  Slnfcrjauung  giebt,  bafj  er  für  bie  3eiiQeicr)üf)ie  eine 
nictjt  unbebeutenbe  Cuelte  bitbet.  S£en  tjeifj  erfetjnten  Sag  ber  9tücffet)r  t)at  5Jfc 
nictjt  erlebt;  er  ftarb  ju  Arnsberg  am  21.  ÜJtärj  1798,  fur^  nact)bem  ber 
9ta|"tatter  Gongrefj  ber  Abtretung  bei  tinfen  9tt)einuferi  ^ugeftimmt  rjatte. 

Quelle:  ^t)einifd)=2Beftötjätifct)e  guftänbe  jur  3eü  &ei  ftanaöfifäjen  9te= 
öolution.  Briefe  bei  futfötn.  ©el).*9tatt)§  ^oljann  Sütmann  ö.  üpettjer  aui 
ben  Safjren  1795 — 1798  mit  (Erläuterungen  öon  $.  Buffer. 

^ermann  §üf  f  er. 
^Cl^cl:  Sranj  Martin  $.,  böt)mifcl)er  ®efct)ict)tfcr)reiber ,  ©rammatifer 
unb  Sitterarfjiftorifer,  geb.  am  11.  91oöember  1734  p  9teict)enau  in  23öt)men, 
fct)liejjt  fiel)  mütbig  bem  Greife  jener  gelehrten  Männer  an,  bie  fict)  in  bei- 
zeiten Apatite  bei  öorigen  ^atjrtjunberti  um  bie  fritiferje  ©urcrjforfdjung  ber 
böt)mifct)en  (Sefctjiäjte  t)eiüorragenbe  23erbienfte  ermarben  unb  meldten  ati  be= 
beutenbfter  Üiepräfentant  ©elafiui  £obner,  bann  5ßubitfct)ta ,  2lbauctui  3}oigt, 
Ungar  u.  a.  angehörten.  S)a|  ^etjet'i  ^amitie  urfprünglicrj  tfd)ecrjifcr)er  ^erfunft 
mar,  mie  man  in  23öt)men  äiemlid)  atigemein  glaubt  unb  fidj  fein  ©rofjüater 
noctj  Äo^ilef  (fpr.  Äofcrjifcfjef)  b.  f).  ^et^tein  genannt  tjabe,  muffen  mir  be^meifetn : 
beutfdje  gamilien  bei  3iameni  ^d^el  giebt  ei  noefj  tjeutäutage  nidt)t  btoi  in 
Sötjmen  fonbern  auetj  in  Sdjtefien  unb  fo  bürfte  ei  mar)rfdjeinticrjer  fein,  ba^ 
^etäel'i  S3orfaf)ren  in  S3öt)men  Cäectjifirt  mürben  unb  ber  ermätjnte  tfcr)ect)ifcrje 
Dlame  einfatf)  eine  Uebertragung  bei  beutfd)en  Diameni  ^pelgel  ift.  Qx  fetbft  mar 
^meifetiotjue  ein  Sfctjectje :  „2IIi  ein  geborener  23ötjme,  fagte  er  in  feiner  ,,Äur3=» 
gefaxten  ©efct)icf)te  ber  33ör)men",  erlernte  ict)  bai  beutfetje  erft  in  meinem 
ermadjfenen  Sttter." 

©eine  ©tubien  begann  5p.  in  feiner  SJaterftabt,  fefete  fie  in  ^öniggrätj 
fort  unb  bejog  1754  bie  Jpoctjfdjule  in  $rag,  nacrjbem  itnn  feine  ßttern,  bie 
aui  irjm  gern  einen  Söunbarjt  gemacht  rjätten,  ferneren  ^erjeni  bie  ©inmittigung 
rjie^u  gegeben  fjatten.  S)ie  ttjeotogifctjen  Stubien,  bie  er  anfängtid)  trieb,  fagten 
itjm  jcboctj  ebenfomenig  ^u,  mie  bie  juriftifct)en,  benen  er  fiel)  fetjon  nacl)  einigen 
Monaten  jumenbete.  1757  in  ^otge  ber  friegerifetjen  ßreigniffe,  bie  fiel)  um 
unb  in  >ßrag  abfpietten,  Don  bort  öertrieben,  ging  er  an  bie  §oct)fct)ule  nad) 
iJBien,  befcljät'tigte  fict)  jeboct)  aucl)  Ijier   lieber   mit  füracJ)tict)en  unb  l)iftorifdt)en 


342  $el3et. 

al§  mit  juriftifcfjen  ©tubien.  1758  fetjrte  er  nad)  s^rag  jurüd,  um  biefetben 
■ju  beenbigen.  2)a  errjielt  er  eine  9lufforberung ,  eine  (Sraierjerftelle  im  .jpaufe 
be§  ©rafen  bon  ©ternberg  anjunerjtnen;  s4>.  natjm  bie  Stellung,  bie  irjtn  ^eit 
genug  ju  tttterarifcrjen  arbeiten  ließ,  gerne  an.  «Radjbem  er  be§  franaöfifctjen 
fdjon  frütjer  mächtig  geworben,  ternte  er  bon  einem  irifdjen  ^riefter,  ber  fidj  in 
bem  gräflichen  |>aufe  befanb,  (Sngtifdj.  9118  er  feine  Aufgabe  bafelbft  gelöft 
fjatte  (1769),  badjte  er  baran,  fic£>  bem  ©tubium  ber  Mebicin  ju  wibmen,  ba 
erhielt  er  unter  t»ortt)eil^atten  SBebingungen  eine  @rjiet)erfteHe  im  -£>aufe  be§ 
9ieid)§grafen  fjfranj  9lnton  «ftofiitj.  s^.  wibmete  fid)  mit  (jifer  feinem  SSerufe, 
boctj  gewann  er  aud)  tjiet  nod)  l^eit  3U  feinen  ©tubien ,  bie  ficr)  immer  merjr 
ber  8anbe3gefcf)icrjte  Söfjmeng  jumanbten.  ftüx  bicfelben  fanb  er  in  ber  gräflichen 
SötbliottjeC,  beren  Scrwaltung  er  errjielt,  reicrjticrje  Materialien.  2)er  9lufentf)alt 
im  £aufe  beS  ©rafen  sJtoftifc  bot  irjm  fo  niete  Söortrjeile,  baß  er  einen  9iuf 
a(§  ^rofeffor  ber  tfctjectjifcrjen  ©pradje  an  bie  «Jceuftäbter  Slfabemie  ebenfo 
ablehnte  (1773),  tote  etWag  fpäter  einen  folgen  nacr)  Erfurt,  Wot)in  er  atä 
"Jtad)fotger  Meufetä  berufen  mar.  Mit  bem  $al)re  1773  beginnt  bie  ©tan3= 
periobe  feines  2öirfen§:  nod)  in  bemfetben  3far)re  evfdjien  ber  erfte  93anb  ber 
„Slbbitbungen  SSöljmifdjer  unb  Mät)rifcr)er  ©eteljrten  unb  Äünftler  nebft  furjen 
s)cad)rid)ten  auä  itjrem  Seben  unb  SGßerfen"  (1  —  4.  £1jl.  «ßrag  1773—1782); 
bag  3ai)t  barauf  feine  „kurzgefaßte  ©efdjid)te  ber  Söhnen"  (2  £rjle.  ^rag  1774), 
ein  3Berf,  ba§  er  felbft  ati  „ein  Hiittelbing  ämifcrjen  ben  itjt  jur  Mobc  ge* 
morbenen  (Sompenbien  unb  einer  weitläufigeren  Jpiftorie"  bezeichnet  unb  baä, 
burdjaug  quellenmäßig  gehalten,  für  ben  beabfidjttgten  3wed  nodj  bleute  nidjt 
ob>e  Wufcen  ift  (2.  2lufl.  gkag  1779;  3.  Slufl.  1782,  mit  ftortfetmng  bon  3. 
©djiffner  1817).  $ier  Sfa^re  fpäter  folgte  bie  2lu8gabe  öon  (Sttcnrjarb'ä  Srjronü. 
3n  ber  näcfjften  3«t  berfenfte  fid)  s^.  in  ba§  ©tubium  ber  ©efcrjidjte  be§  $aro= 
linifcfjen  3eitatter8  unb  ließ  at§  erfte  ftrudjt  beffelben  im  3L  1780  ben  erften 
unb  1781  ben  ^Weiten  33anb  feine§  „,Uatfer  $ail  IV.,  JfTönig  bon  33öt)tnen" 
erfcfjcinen,  benen  bann  (1788—1791)  bie  beiben  SSänbe  ber  ßebenSgefcfjidjte  beä 
römifdjen  unb  bötjmtfdjen  ÄönigS  2öen(}e3lau§  folgten.  SDie  beiben  Stograprjien 
finb  ^eljel'8  rjcrborragenbfte  Seiftungen,  Söcrfe  doü  ber  mür)famften  gorfdnntg. 
aber  ebenfo  trodten  wie  bie  „Aufgefaßte  ©efc^idjte  ber  SSörjmen".  S3on  einer 
t)öl)eren  Sluffaffung  finbet  fiel)  Weber  in  bem  erften  nodj  in  bem  jWeiten  SBerfe 
eine  ©üur;  mit  unenblic^em  gleiße  wirb  lirfunbe  für  Urfunbe  ifjrem  Snb^atte 
nact)  aneinanber  gereift  —  aber  ba§  fjeißt  eben  nodj  nic^t  ©efc^icf)te  fc^reiben. 
S>er  panegrjrifctje  2;on,  ber  übrigen^  in  feinem  $arl  IV.  burctjflingt ,  ber= 
witfette  itjn  in  eine  ^solemif  mit  ber  beutfdjen  Äritif,  bie  fid)  mit  feinem  ©tanb= 
punfte  nid)t  einberftanben  etflärte.  3lt§  eine  grud)t  biefer  ©tubien  ift  hk  ßbition 
ber  ..Scriptores  rerum  Bohemicarum"  anjufeb^en,  bie  $.  in  ©emeinf($aft  mit 
Sofepf)  S)obroW§ft)  beranftaltete  (2  Sbe.  «ßrag  1783—1784)  unb  bie  außer  ben 
©efd)td)t§werfen  be§  6o8ma§  bon  ^rag  unb  feiner  gortfe^ungen  noct)  bie 
6l)ronilen  be§  5Domb^errn  Shun^  unb  QBenefcf)  bon  2Beitmül)l,  fomie  einige  Heinere 
b,iftorifd»e  Senfmäler  enthält.  1786  erfdjien  fein  SBerE  „5Böt)mifd)e,  Mät)rifd)e 
unb_  ©dilefifc^e  Öeleb^rte  au§  bem  Orben  ber  ^efuiten  bom  anfange  ber  ©efell= 
fdjaft  biä  auf  bie  gegenwärtige  Seit".  3»n  tfcrject)ifd)er  ©prad§e  pubticirte  er  bie 
„sJloWä  i?ronbfa  ceSfä",  b.  r).  „9ieue  bö^mifc^e  Sb^ronif,  in  metdjer  bie  5ßcgeben= 
Reiten  be§  58örjmerlanbe§  bom  3lnbeginn  bi§  auf  bie  ©egenwart  bargeftettt 
Werben"  (3  2b>.  «Prag  1791  —  1797).  S)a§  SBerf  Würbe  iebodj  nur  bi§  3"in 
£obe  Äarlg  IV.  geführt;  ein  bierter  im  Manufcript  bor^anbener  2f)eil  enthält 
bie  ©efc^ic^te  ber  |>uffitenfriege. 

@§  War  im  ^.  1769,  als  ficr)  eine  Stnaarjt  aufgeftärter  Männer  sur  Stiftung 
einer  gelehrten  ^Mbatgefeltfcrjaft  bereinigte,  bie  fpäter  (1784)  $u   einer  föniglicr^ 


^entpttger.  343 

börjmifdjen  ©efettft^aft  ber  SBiffenfctjaften  erhoben  tourbe.  5p.  gehörte  ber* 
fetben  non  Anbeginn  an  imb  neröffentlidjte  fotüot)t  in  ben  Slbfjanblungen  ber 
^ßrit>atgefeHfd£)aft ,  al§  audj  in  ben  Slbbanblungen  unb  ben  „bleuen"  2lb= 
tjanbtungen  ber  tonigt.  böfjmifcrjen  ©efettfd^aft  ber  SBiffenfdjaften  eine  Dieirje 
ausgezeichneter  arbeiten  (ba§  üottftänbige  SBer^eic^ni^  betfetben  f.  im  Slovnik 
naueny  VI,  ©.  212 — 213  unb  barnactj  in  ßonftantin  ö.  SBurjbactj ,  33iogra= 
pbifcbeä  ßerifon  XXI,  ©.  446  unb  447),  bie  un§  5p.  nicfit  btofe  at§  einen 
fleißigen  ©ammter,  fonbern  namenttictj  aud)  at§  einen  begonnenen  unb  fcfjarfen 
^ritifer  jeigen.  ^ßel^el'g  ©tärfe  lag  eben  mebr  in  ber  ^fo^ung;  bie  Äunft 
ber  (Seftattung  befafe  er  in  minberetn  (Srabe.  3U  oen  bebeutenberen  9Jtonograpbien 
Sßelaet'ö  getjöun  bie  „21br)anb(ung  über  ben  $önig  ©amo"  (1775);  „91bt)anbtung 
com  böbmifcrjen  Äönig  Ottofar  II.,  ob  itjm  bie  Äaiferfrone  angeboten"  (1776); 
„SHplomatifcrje  5ftacbucf)ten,  toie  ba§  Äönigteictj  Sötjmen  an  ba§  tujemburgifctje 
,<pau§  gekommen"  (1777);  „£)iplomatifcrje  SBetoeife,  bafe  $önig  SBen^et  IV.  nicftt 
brei  fonbern  nur  ätoeimal  gefangen  toorben  unb  toann  tft  $aifer  Äarl  IV. 
'Uttarfgraf  öon  lltäbren  geworben"  (1779);  „©efdjictjte  ber  S)eutfcr)en  unb  itjrer 
©pradje  in  Söfjmen"  (2  Stbtfjeitungen  1788 — 1791);  „lieber  bie  Jperrfdjjaft  ber 
Söbmen  in  ber  51JcarEgraffcf)aft  5IJceifeen"  (1788). 

blieben  beut  ©tubium  ber  Patertänbifcben  ©efcbicfite  betrieb  5p.  mit  (Sifer 
ba§  ber  tfdjecbifcrjen  ©practje  unb  ßitteratur.  ©crjon  1775  erfdjien  fein  „^>anb= 
budj  Juni  ©ebrauct)e  ber  ^ugenb  bei  Erlernung  ber  beutfctjen,  franjöftfcben  unb 
bötmtifctjen  ©practje".  $n  bemfetben  ^abre  ebierte  er  SalbiuS  „Dissertatio 
apologetica  pro  lingua  Slavica  praecipue  Bohemica"  unb  brei  i^arjre  fpäter: 
.,Przihody  Wacslawa  Wratislawa  swobodneho  pana  z  Mitrowicz"  b.  t).  „SSe= 
gebenbeiten  ba§  Söenjel  äöratiätaw,  Sfreifjerrn  ö.  5ntitroWitj."  (Sine  umfaffenbere 
STtjätigfeit  entfaltete  er  auf  biefem  (Sebiete  feit  bem  Safjre  1793,  in  welctjem  er 
bie  ßetjrfanjet  ber  böftmifcben  ©practje  unb  ßitteratur  in  5prag  ertjielt.  (Sine  gructjt 
biefer  ütbätigfeit  War  aunäcfjft  feine  „9lfabemifdje  2Intrittlrebe  über  ben  5ftut5en 
unb  bie  Söictjtigfeit  ber  böbmifcfjen  ©practje"  (5prag  1793  4°),  bann  bie  ©ctjrift 
„Typus  declinationum  linguae  Bohemica?  nova  methodo  dispositarum"  (5prag 
1793) ,  bie  „©runbfäfee  ber  böbmtfcben  ©rammatif"  04>rag  1795;  2.  2iufl. 
1798),  fowie  einige  ©djriften,  bie  er  im  51ttanufcript  tjintertiefe.  Sei  ber  tjer= 
Dorragenben  ©tettung,  bie  5p.  al§  (Beletjrter  in  feiner  ^»eimat^  einnabm,  fonntc 
e§  itjm  auctj  an  äufeeren  3e^en  ber  Slnerfennung  ntdjt  fetjlen.  @r  mar  9Jlit= 
glieb  ber  !gl.  bötjmifctjen  (Sefettfctjaft  ber  SBiffenfdEjaften,  ber  gtanffuxtet  unb  ber 
beutfctjen  gelebrten  ©efellfctjaft.  5Der  (Srofefürft  üon  Äurlanb  unb  ßiütanb  liefe 
tt^m,  al§  er  im  3.  1798  in  $rag  üerroeilte,  eine  gotbene  ^Jlebaille  überreichen. 
5)3.  ftarb  am  24.  Februar  1801,  ^u  früb  für  bie  SSiffenfcrjaft,  mie  man  aui  bem 
9}er<seict)ni[fe  ber  Slrbeiten  entnehmen  fann,  bie  er  entWeber  ganj  ober  tbeittoeife 
öollenbet  im  5ölanufcript  l)interliefj  (ba§  ißeräeid^nife  biefer  ©djriften  f.  im 
Slovnik  naueny  1.  c).  ©ie  £gt.  böbmifclje  ©efellfdtjaft  ber  äßiffenfdtjaften  liefe 
it)m  ^u  @t)ren  eine  ©ebäd^tnifetafel  aufftetten. 

S)ie  Siteratur  über  5petact  finbet  fidi  öoEftänbig  in  6.  ö.  Söuräbad?, 
3Siograprjifd)e§  ßejifon  be§  ^aifert^um§  Oefterteid)  XXI.  S3b.  ©.  448.  Sgl. 
audj  Slovnik  naueny  VI.  211  ff.  Sofertf). 

^cmff liltgcr :  s)Jtarcu§  5p.,  ^önig§rid)ter  öon  ^permannftabt  unb  als  fold^er 
jugleid)  ®raf  ber  fäctjfifd^en  Nation  in  ©iebenbürgen  in  ben  Satjren  1521 — 1537, 
fur^e  3eit  binburc^  auct)  ®raf  ber  fönigt.  5IRünäfammer  in  £>ermannftabt ,  ift 
eine  ber  beröorragenbften  unb  anjie^enbften  ©eftalten  unter  ben  2Jlännem, 
meldte  berufen  maren  an  ber  ©pitje  ibreS  S3olfe§  in  bem  auf  bem  Vertrauen  ber 
i?rone  ebenfo  toie  ber  Nation  rubenben  ©brenamt  eine§  ©acrjfengrafen  bie  ©e= 
fdtjide  ifirer  Sßolf§genoffen  ^u    leiten.     @r  war    „ein  5Uiann   flug  im  5Ratb  unb 


344  «ßemffltnger. 

toeife  in  ber  2lusfüt)rung,  öott  fjotjen  ©eiftes  unb  nie  ju  erfcfjütternbcn  9Jcutb,es". 
Obgleich  nicfjt  aus  ber  Wüte  bes  fäd)fifd)en  Söolf©  Ijerö  orgegangen,  üermudjS  er 
bennod)  in  fünfter  3eit  fo  fefjr  mit  bem  gerammten  fiebert  beffelben,  bafj  er 
als  bie  ebelfte  Sßerförpcrung  beffen  angelegen  Werben  fann ,  Was  fein  23olf  im 
16.  ^arjrrjunbert  au?  politifdjem  unb  religiöfem  ©ebiete  gebadjt  unb  erftrebt  Ijat. 
5ß.  mar,  mie  fd^on  fein  9tame  bemeift,  bon  ed)t  beutfdjer  Slbftammung.  ©eine 
gamilie  nad)  ber  übereinftimmenben  Slnnatjme  aus  ©djwaben  ftammenb  raanberte 
im  legten  Viertel  bes  15.  3at)rt)unberts  in  Dien  ein  unb  beftanb  aufjer  bem 
Sßater  ©tefan  5ß.  unb  beffen  ©attin  aus  brei  ©ötjnen :  ©tefan ,  ©ebaftian  unb 
Marcus,  warjrfcfjeinlid)  aud)  nod]  aus  einer  ütodjter  Äattmrina,  wetdje  mit 
Valentin  %'öxöt  öerljeirattjet  mar.  23ieHetdt)t  t)at  erft  ber  Sßater  ©tefan  5ß. 
feine  beutfdje  ^eimatt)  mit  Ungarn  üertaufcfjt ,  mo  er  baS  ©djtofj  2)iofd)gt)ör 
mit  ber  33erpfXidt)tutig  feiner  Sertfjeibigung  befafj,  wenigftens  erinnert  in  einem 
23riefe  uom  2.  ©eptember  1536  ©teian  ty.  ber  ©ofjn  ben  $önig  ^erbinanb 
baran,  mie  feine  Gltern  unb  fein  33  ruber  ©ebaftian  in  geüirjrbollen  Reiten  jenes 
©djlofj  oerttjeibigt  rjätten  unb  mie  feine  Butter  oon  ben  ^einben  gefangen  unb 
Diele  Monate  im  ©efängnif}  gehalten  morben  fei,  nur  allein  wegen  jener  23urg. 
3>n  wieweit  ber  33efit}  bes  ©djloffeS  auct)  auf  bie  beiben  altem  ©ötme  überge* 
gangen  fei,  läfjt  fid)  nidjt  beftimmen,  bod)  tjt'S  üLtjatfadje,  bafj  23eibe  in  bem= 
felben  geftorben  finb,  ©ebaftian  am  3.  5D(ai  1536,  ©tefan  am  21.  sDtai  bes 
folgenben  ^alvres.  2llle  brei  23rüber  rjaben  übrigens  itjr  ganjes  Seben  tunburd) 
bem  ungarifdjen  Ürjron  treue  üDienfte  geteiftet,  finb  mit  gan^  befonberer  2reue 
ju  getbinanb,  bem  Äönig  aus  beutfdjem  .ftaus  geftanben  unb  tjaben  für  beffen 
^ntereffe  in  Ungarn  rjingebungsüoll  unb  nadjtjaltig  gemirft.  St/r  9lnfef)en  War 
grofi;  fie  jätjlten  unter  bie  Magnaten  beö  Üieicfjes  unb  befleibeten  ^eröorragenbe 
Remter,  inbem  ©tefan  ©raf  ber  fönigt.  ungarifdjen  Kammer  unb  ©d)lofj= 
öerWalter  in  Dfen ,  Marcus  aber  ©raj  ber  ©adjfen  war. 

Söann  unb  Wo  Marcus  5ß.  geboren  würbe  ift  unbefannt,  bod)  ftanb  er 
bereits  toor  ber  ütjronbefteigung  £ubwigs  II.,  —  1016  —  in  ber  bebeutenben 
©tellung  eines  Uuter'Ütocrjsfcbatmteifters.  5lts  im  $.  1521  ber  ©ad)fengra* 
^otjann  Sulat)  ftarb ,  fam  5ß.  nad)  Jpevmannftabt  unb  Ijeirattjete  beffen  SBittwe 
OJlaria  Sobiafdji.  £urd)  biefe  ßtje,  aus  weldjer  ein  Jrcnabe  „.panfrjfo"  entfprang, 
würben  itjm  mädjtige  Slnüermanbte  unb  grofje  abelige  53efitmngen  ju  Stjeil,  auf 
meldje  unb  wot  aud)  auf  bes  Königs  ©unft  gejtüfet  er  fid)  eifrig  um  bie  erlebigte 
©teile  bes  ©acfjfengrafen  bewarb.  S)ie  ©adjfen  wollten  nichts  baöon  wiffen, 
bas  tjödjfte  ßtjrenamt  in  irjrer  sJRitte,  bas  üon  ib,rer  freien  Söafjl  abtjing,  einem 
grembling,  wenn  er  auetj  ein  Seutfdjer  war,  511  übertragen.  S)er  Äönig  aber 
forberte,  entgegen  bem  freien  SBarjtrectjt  ber  Nation,  fie  foHten  itjm  geeignete 
Männer  in  Sorfdjtag  bringen,  aus  benen  er  bann  Güinen  beftimmen  Wolle.  £)6 
fie  fid)  fügten  ift  ungewiß,  bodj  würbe  *$•  jebenfalls  wefentlidj  burdj  bie  6nt= 
fdjeibung  ber  föniglid;en  9Jlad)tüollfommenl)eit  im  3-  1521  jum  ^önigsridjter 
bon  -ipermannftabt  unb  bamit  jugteid)  jum  ©rafen  ber  fäd)fifd)en  Nation  ein* 
gefetjt.  S)er  eintritt  biefes  fjofjen  unb  einflu|reidjen  91mtes  fomie  bie  weitere 
gürjrung  beffelben  burd)  5p.  fallen  in  eine  3eit  grofjcr  Bewegung  auf  fird)lid)em 
Wie  auf  politifdjem  ©ebiete.  21uf  beiben  ift  er  bem  Solle,  3U  weldjem  er  nun 
gcl)örte,  als  ftürjrer  bie  SBege  borangegangen,  weldje  ber  ©enius  beffelben  öer= 
langte.  9tts  er  in  ber  neuen  |>eimait)  fid)  niebertie^,  fjatte  ber  ©ebanfe  ber 
Äirdjenberbefferung  anä)  ©iebenbürgen  bereits  ergriffen  unb  öor  aEem  bie  ©adjfen 
in  it)re  Greife  Hjineingejogen.  3lufeer  ben  ©djriften  ber  Reformatoren  brachten 
aud)  ^rebiger,  weldje  aus  beutfcfjen  Sanben  famen,  ben  neuen  ©eift  unter  bas 
S3otf.  3»n  ^ermannftabt  felbft  erhoben  fid)  als  foldje  jugewanberte  5)5rebiger  ber 
neuen  Sefjre  2tmbrofius  ber  ©djlefier  unb  Gonrab  2Beid&.   2)er  ©efaljr,  bie  irjnen 


JUemfflmger.  345 

befetjalb  öon  ben  ©egnem  brorjte,  entgingen  fie  nur  burct)  ^emfflinger;§  mädjtigen 
©influfj.  Umfonft  befdjlofj  ber  im  Aörit  1523  sufammentretenbe  9teid)§tag  Zob 
unb  ©üteröertuft  al§  ©trafen  für  „fefeerifdje"  Anfidjten  unb  Se^ren;  umfonft 
erlief  König  Submig  II.  einige  Sage  barauf  ein  Schreiben  an  ben  Dtatf)  Don 
■Jpermannftabt  öofl.  ftrengen  Labels  über  ba§  Umfidjgreifen  ber  öeröönten  Setjren; 
umfonft  fämpfte  ba§  «gjermannftäbter  (Sapitel  mit  2Ict)t  unb  Sann  gegen  ben 
©eift  ber  neuen  geit.  5ß.  tjielt  feine  nacb,  oben  unb  unten  einfiufjreicrje  -£mnb 
fcrjütjenb  über  bie  Anhänger  Sutrjer§  unb  mit  ü)tn  [tauben  bie  angeferjenften 
9tatf)§rjerren  auf  itjrer  (Bette.  3)ie  ßetjrer  ber  ©djulen ,  öor  allem  ber  ftector 
^o^ann  2Jl^Ibt,  meldje  öom  9tatt)  in  ib,re  ©teilen  berufen  tourben,  fmlbigten 
bem  neuen  ©eift  unb  ber  Sorn  be§  geiftlidjen  Gaöitel§gerid)t§  öermodjte  itjnen 
nid)t§  angaben.  3a  fo  getoalttg  mar  ber  ©crjut}  $emffünger%  ben  ba§  ®e= 
toictjt  feiner  5ßerfon  bem  öom  Solfe  gebilligten  Söerf  ber  Kirdjenöerbefferung 
gemätjrte,  bafj  ein  früherer  2)ominifanermönd),  nun  eifriger  eöangetifdjer  ^rebiger, 
öor  ber  Verfolgung  be§  ©tabtpfarrerä  9Jtartin  -£met  im  2f.  1525  in  ba§  |)au§  bes 
©actjfengrafen  ftdj  flüchtete  unb  bort  unangefochten  blieb,  obgleich  $.  p  ber  3eit  in 
•Dfen  beim  9tetctj§tage  fid)  befanb.  Sei  biefer  offenen  Parteinahme  für  bie  reforma* 
torifdje  Setoegung  ift  e§  nidjt  ju  öermunbern,  bafj  bie  ^ermannftäbter  9ttönd)e  über 
ben  „Dominus  magnificus"  laute  Etagen  erhoben  unb  bafj  fetbft  Subtoig  II.  ftdj  p= 
lebt  öerantafjt  fatj ,  in  jtoei  (Haffen  an  5p.,  beren  lefcter  am  21.  Suli  1526 
gegeben  ift,  biefem  feinen  UnmiHen  funb  ju  ttjun  mit  ber  ftrengen  Aufforberung, 
„bei  Verluft  feiner  äöürben  unb  ©üter  baljin  ju  mirfen ,  bafj  ber  fatr)olifc£)e 
©laube  miebertjergefteftt  unb  burdj  Scftrafung  ber  abtrünnigen  bie  9tutje  ber 
Kirdje  erhalten  metbe".  SQ3ie  toeit  e§  bem  Könige  Grrnft  mit  biefer  ©rotjung 
mar,  ift  nic^t  gemifj,  bod)  mar  jebenfaES  bie  geittage  für  itjre  üDutdjiüfjrung 
nidjt  günftig,  benn  bereits  erbrötjnte  ber  Soben  Ungarn!  unter  ben  £$fuf}tritten 
ber  200,000  Krieger,  mit  metdjen  ©ultan  ©oliman  rjeranrüdte,  bem  ungarifdjen 
9teidj  Seimüftung  unb  Untergang  bereitenb.  $n  ber  altgemeinen  Vermirrung, 
meiere  öor  unb  nad)  ber  Dcieberlage  bei  $ftorjatfd)  Alles  erfaßte,  traten  bie  fird)= 
lidjen  Angelegenheiten  immermerjr  in  ben  ^intergrunb.  25odj  ba%  Söerf  ber 
Kitdjenöerbefferung  natjm  gteidjmol  unter  ben  (Saufen  einen  gebeit) tidjen  $ort= 
gang  unb  al§  im  2f.  1529  ^ermannftabt  in  ©efaljr  ftanb,  öon  feinen  geinben 
eiugefdjtoffen  su  merben,  ba  erhielt  ber  üDominifanerconöent  öom  Statte  ben 
Sefefjl,  bie  ©tabt  ju  öertaffen.  Sß.,  bie  treibenbe  ^raft  aEe§  beffen,  toa§  bamals 
in  ^ermannftabt  gefetjab, ,  ftanb  natürtief)  biefer  IftaBregel  nict)t  ferne ,  burcrj 
toeldje  einige  einflu|reid)e  aber  potitifd)  nidjt  guöertäffige  Elemente  au§  ber 
©tabt  entfernt  toerben  foEten.  äöenn  5Jlarcu§  ty.  ferjon  in  ben  weniger  bemegten 
Satiren  öor  1526  al§  ein  sDlann  öor  un§  fterjt  öon  b^eröorragenber  Stellung, 
einftufereidjer  äöirffamfeit  unb  großem  öerfönlidjen  ©influ^,  fo  tritt  ba§  2lüeg 
nod)  meit  ftärter  b^eröor  in  bem  ftürmifdjen  ^a^x^nt  nad)  ber  Ungtüd§fd)(ad§t 
öon  SDtoIjatfd).  ©cb.on  am  10.  Ditoöember  1526  mürbe  ber  mädjtige  ©tatttjalter 
öon  ©iebenbürgen  ^otjann  3aPott)a  gegen  bie  befteljenben  Serträge  buret)  bie 
magtiarifdje  ^ationatpartei  in  ©tu^tmei^enburg  jum  Könige  gemault  unb  fofort 
mit  ber  Ärone  be§  b^t.  ©tefan  gefrönt.  S)aburdj  famen  bie  ©ad)fen,  metetje  bas 
©rbfotgeredjt  fyerbinanb§  anerkannten,  in  eine  fd)mierige  ßage.  ©teidnuol  nahmen 
fie,  öon  ?$.  geleitet,  öon  allem  Anfang  eine  roenn  aud)  öorfidjtige  bod)  3aöoIöa 
gegenüber  abletmenbe  Spaltung  an.  Mittel  pr  Kriegführung ,  meldte  er  öon 
ifmen  öertangte,  öermeigerten  fie;  auf  bem  Üteidjitag  äu  Dfen  im  grübjafjr  1527, 
motjin  er  aud)  5ß.  mit  einigen  ©enoffen  eingetaben  fjatte,  erfd)ienen  biefe  nidjt 
unb  bie  1000  Leiter,  meldte  er  im  9Jlai  beffelben  S^reS  öon  ber  fädjfifctjen 
Nation  forberte,  mürben  nidjt  beigefteHt.  S)rei  Neonate  fpäter  ianben  ftd)  tool 
bie  Vertreter  ber  ©adjfen,  unter  ib^nen  aud)  ber  ©adjfengraT,   bei  bem  Sanbtag 


346  SPcmfflinaer. 

in  üftebtafdj  ein,  toetctjer  oon  3aP°tyfl  barjin  berufen  teorben  tear,  aber  biefc 
JXfjatfacfjc  tear  ein  Srgebntfc  bet  äußeren  3loan9^a8e  u°b  nicrjt  bet  geänberten 
Politiken  ©efinnung.  2)enn  ju  berfelben  3"*  bertjanbelte  5ß.  im  auftrage 
gerbinanbs  mit  s£eter,  bem  Söotyteoben  ber  9Jtotbau,  im  ©etjeimen,  um  ib,n  ju 
einem  33ünbnifj  gegen  3opolrja  <ju  betoegen  unb  fur^e  3e^  nadj  ©ctjlufe  be§ 
Sanbtagg  bebrotjte  biefer  bie  ©act)fen  teegen  iljrer  fortgefetjten  SBiberfpenftigfeit 
mit  gänjlic^er  Söernidjtung.  Um  fo  fctjmerjlicrjer  mußte  eS  für  ty.  fein,  baß  er 
trotj  alle  bem  tion  ©eorg  3leicf)crftorffer,  einem  ©actjfen ,  teelctjer  üon  9etbinanb 
gefenbet  im  ©ommer  1527  nad)  Siebenbürgen  fam,  um  bie  ©adjfen  ^ur  9luf= 
natjme  be3  offenen  $ampfe§  ju  Bewegen,  Perrätfjerifdjer  ©efinnung  bei  gerbinanb 
ge^ie^en  rourbc  unb  baß  fogar  feine  ßrmorbung  üon  bemfelben  folt  geplant  ge» 
teefen  fein.  2!od)  bie  grunblofe  33efd)ulbigung  blieb  erfolglos  bei  bem  beffer 
unterrichteten  Könige,  ber  mie  au§  einem  feiner  Sriefe  öom  15.  Februar  1528 
r)erüorger)t,  nadj  mie  üor  5p.  ju  ben  rjerüorragenbften  unb  juüertäßigften  ©tütjen 
feine§  sJted)t3  in  Siebenbürgen  jätjlte. 

'Iftittlerteeile  tjatte  fidj  bie  politifcfje  ©adjlage  teefentlid)  geänbert.  getbinanb 
trntrbe  am  3.  sJtoüember  1527  Pon  feinen  Stnrjängern  auf  einem  ebenfalls  in 
©tufjlteeißenburgjufammengetretenen  ühtdjätag  jum  ungarifctjen  j?önig  aufgerufen 
unb  gefrönt;  fein  ©egenfönig  gefd)(ageu  unb  Perlaffen  flob,  nad)  $o(en.  £$ferbinanb§ 
Mnfjänger  metjrten  fiel)  allenthalben  unb  e§  gelang  bem  ©atfjfengrafen  5ftarcu§ 
$.,  felbft  einige  rjerPorragenbe  gürjrer  beä  ©jeflerüolfe§  für  ben  rechtmäßigen 
Äönig  günftig  ju  ftimmen.  2lber  abgefeb/n  üon  ben  ©adjfen  fetjlte  bie  23e= 
geifterung  unb  Opferteitligfeit  für  bie  ergriffene  ©adje.  gerbinanb3  5lbgefanbte 
©raf  Ütogarola  unb  ©tefan  ^3.,  unterftütjt  Pon  9Jcatcu8*ß.  unb  einigen  Magnaten, 
tearen  nic^t  im  ©tanbe  bie  im  9lprit  1528  ju  Jtjorba  tagenben  fiebenbürgifdjen 
otänbe  jju  bewegen,  einen  fed)§monatlid)en  ©olb  für  ein  <£>eer  Pon  4000  9ttann 
JU  beteiligen,  ©clbft  bie  Parteiführer  waren  ju  folgern  ©elbopfer  um  fo  teeniger 
geneigt,  at§  einesteils  bie  Iftadjt  be§  Königs  zu  tjelfen  bezweifelt,  anberntfjeilS 
üielfad)  ba§  bögwillige  ®eiüd)t  auägefprengt  würbe,  ^erbinanb  t)abe  bie  üöttige 
Ausrottung  ber  magrjarifdjcn  Nation  unb  ©pradje  im  ©inne.  ©o  lief  benn  baä 
für  ben  „beutfcfjen  Äönig"  in  ©ieben bürgen  mütjfam  zufammengcbracfjte  Jpeer 
nad)  wenigen  SBodjen  wieber  auäeinanber  unb  bie  ©rjmpattjien  ber  9Jtagt)aren 
unb  ©jefler  für  3aM9a  >  welcher  injwifd^en  nad)  Ungarn  zurüdgefefjrt  War, 
gewannen  teieberum  bie  Dberfjanb.  —  ©o  bradj  ba§  3fatjr  1529  an  unb  mit 
it)m  errjob  ber  ©djrecfen  be§  .Krieges  teie  in  Ungarn  fo  aud)  in  Siebenbürgen 
mädjtig  fein  blutiges  Jpaupt.  2>ie  ©ad)fen  inebefonbere  geriettjen  in  bie  grö|te 
'jlotf).  93on  Dften  fjer  bract)  ber  93lolbauer  Söol^teobe  ^eter  teiebertjolt  auf 
eigene  ^auft  in§  8anb  unb  zog  Perteüftenb  Pon  Äronftabt  burdtj§  ©zeflerlanb  bi§ 
tjinauf  nac§  Söiftvi^.  33on  ©üben  auä  ber  äöatadjei  fam  im  Saufe  be§  ©ommer§ 
ber  Sojare  S)ragan  unb  brang  fengenb  unb  plünbernb  bt§  äum  5Dorfe  ®ro|au 
nörbtict)  Pon  ^»ermannftabt.  25on  Älaufenburg  rjer  famen  teiebertjolt  Sruppen 
3apolü/a,§  bi§  üor  ^permannftabt  unb  fugten  beffen  Umgegenb  rjeim.  ?luct)  bie 
übrigen  (Segenben  be§  ©adjfentanbe§  unb  beffen  ©täbte  tjatten  allenthalben  mit 
feinbtierjen  ©cfjaren  kämpfe  ju  befielen.  >p.  tear  unermüblicr) ,  aW  biefen  33e= 
brängniffen  abteeljrenb  entgegen  ju  treten.  $m  5Jlarz  ließ  er  bie  fäcrjftfcr)e 
Uniüerfität  eine  Äriegefteuer  Pon  17,000  ©utben,  baju  bie  9lufftettung  Pon 
1000  Süc^fenfctjü^en  unb  1000  Leitern  befc£)tießen.  ^nt  3funi  30g  er  Pereint 
mit  SSatentin  2örö£  unb  ©tefan  ^Dcajlätb,  ben  ©jetlern  gegen  ben  ^Jlolbauer 
^eter  ju  ^ilfe.  2lm  22.  3{uni  fam  e§  jur  ©d)ladjt  bei  9Jtarienburg.  ©ie  ging 
üertoren  buretj  ben  Stbfall  unb  bie  %[\id)t  ber  ©jefler,  benen  bie  ^pilfe  gegolten. 
9ttit  Wüfy  rettete  fiel)  1)3.  naef)  Jpermannftabt.  Soct)  bie§  5Rißgefct)icf  entmutl)igte 
il)n    nierjt.     ^m   Cctober    jog    er    mit    einem   fäct)fifcr)en   Aufgebot    ber  ©tabt 


Sßemffltnger.  347 

9ftebiafct)  3U  -§>iffe;  im  Ütobember  entfette  et  ba§  eingefctjtoffene  9Jtüf)lbact) ;  int 
2)ecember  tnieber  Bertrieb  er  bcn  $einb  au§  ber  ©egenb  bon  9Jtebiafcf)  unb 
©djäfeburg.  2lber  alT  biefe  Ütüljrigfeit  mufjte  auf  bie  2)auer  erfolglos  bleiben, 
ba  S^bütflnb  DOn  &en  Surfen  bebrängt  toeber  (Mb  noct)  ©olbaten  für  (Sieben- 
bürgen übrig  tjatte  unb  bie  Gräfte  ber  ©acfjfen  nictjt  ausreisten,  um  ben  3atjl= 
reiben  2Inf)ängern  SaPolt)d'^  ©tanb  ju  fjalten.  Qffir  9ftarcu§  *ß.  Ijatte  übrigens 
bie§  untjeilboHe  ^atjr  auct)  biet  perfönüctjeS  9Jtif3gefcf)icf  im  (Befolge.  (£§  tjatte 
it)n  faft  jum  ^Bettler  gemactjt  nictjt  nur  butdj  bie  bebeutenbcn  ©elbfummen,  roetdje 
er  für  bie  ©actje  feine§  $önig§  au§  Eigenem  ober  au§  Stntefjen  berau§gabt 
tjatte,  fonbern  and)  burctj  ben  Serluft  feiner  fiebenbürgifcfjen  (Süter.  2öie  er 
fcfjon  im  $.  1524  bem  Könige  Subtoig  II.  jur  Seftreitung  feineg  <g>oft)atte^ 
2000  ©olbgulben  borgeftrecft  blatte,  fo  tuaren  bie  ausgaben,  bie  er  für  5"binanb 
3U  ÄtiegSatoctfcn  leiftete,  bi§  sunt  ©ctjlufj  be§  Saljreä  1528  auf  12000  ©otb= 
gutben  angetoactjfen.  3ur  ©ntfctjäbigung  für  biefe  ©umme  bat  er  ben  Äönig, 
fctjon  im  $.  1529  um  bie  Serteifmng  gennffer  ©üter  „in  regno  Germanke", 
gerbinanb  berücffictjtigte  biefen  SBunfcfj  infotoeit,  bafj  er  im  genannten  Satjr 
feinem  getreuen  unb  opferfreubigen  2Intjänger  bie  33urg  Sätbämmfd)  im  nörb= 
tictjen  Siebenbürgen  unb  ba^u  noctj  bie  unter  bem  Flamen  „3tnanäigft"  be* 
ftetjenben  fönigticfien  gou^mfiinfte  in  Äronftabt  berfctjrieb.  91un  aber  mürben 
bon  3aP°^a  fämmtlictje  ©üter  ^emfflinger'ä  im  Dctober  1529  eingesogen  unb 
feine  gamiüenbefiisungen  an  berfdjiebene  Parteigänger  3flpolrja'i  bertfjeüt ,  bie 
23urg  Salbäntjofctj  bagegen  bem  9JMbauer  äBotjmoben  ^3eter  bergabt.  S)amit 
aber  nictjt  genug  mar  ber  fdjmer  fjetmgefuctjte  5Jlann  burctj  bie  Vergebung  be& 
$ronftäbter  3ftmiW9ft  aw§  m^  *>em  Sftictjter  biefer  ©tabt,  Suca§  §irfcf)er,  in 
fyeinbfcfjaft  gerattjen,  ba  biefer  wegen  be§  genannten  3°tfeinfommen§,  ttietctjeä 
bie  ©tabt  gerne  felbft  befeffen  blatte,  bem  £>aupt  be§  eigenen  Solfeä  jürnte  unb 
S.  bei  gerbinanb  als  einen  SBerrättjer,  ber  mit  3a£oh)a  wnb  oem  9ftolbauer 
Söorjtooben  geheimes  (Sinberftänbnifj  pflege,  ju  berbäctjtigen  fuc^te.  ©olctjen 
teeren  Slnfdjulbigungen  gegenüber  fonnte  root)(  9Jlarcu§  feinem  33ruber  Stefan 
fctjreiben,  eine  2Iu8fötjnung  ätoifctjen  itjm  unb  3apotyfl  f«  unmögtictj,  benn  „ict) 
tjab  tool  fo  bil  biber  $nn  bnb  bt)  feinigen  berfctjulb ,  barc^ue  mürben  micfj  meine 
Sebttfdjen  felber  macjären".  ©aju  toeift  er  mit  9tedjt  auf  bie  Stfjatfadje  f)in: 
„^JlolbnerSBatibarjat  mier  meine  ©uetter,  al§  Sätodntjof^,  öerfangen  onb  b,att  fn 
auff  ben  heutigen  Sag,  barumb  bit  icfj  bicb,  molft  ^.  9fl.  unterricfjten ,  baß  er 
folgen  3uetutfei;tt  Dunb  luegnern  nit  [tat  geb."  Unb  ba§  tr)at  benn  aucf) 
gerbinanb,  inbem  er  in  einem  53rief  an  bie  ©iebenbürger  unb  in  einem  ätoeiten 
an  5Jlarcu§  5ß.,  meldte  beibe  am  13.  ^uti  1530  gefcfjrieben  finb,  e§  in  feierlicher 
SGßeife  au§fprtc§t,  bafj  nichts  fein  Vertrauen  auf  bie  fo  oft  erprobte  Sreue  unb 
Sienftbereitfieit  ^ßemfftinger^  ju  erfcf)üttern  im  ©tanbe  fei.  S5a§  %al)x  1530 
brachte  ber  mit  fo  unerfdjütterlirfjem  ^annegmut^  bon  bem  ©acrjfengrafen 
unterftütjten  unb  öertb^eibigten  Sac^e  gerbinanbS  unerfetjücfjen  S5erluft.  S)a  bon 
ib,m,  troij  oft  mieber^otter  bringenbfter  Sitten  nun  ftfjon  im  fünften  ^afjr  feine 
^pilfe  fam,  toarb  bie  @ntmutt)igung  unter  feinen  3lnf)ängern  immer  größer,  ©ine 
fäc^fifcfje  ©tabt  nacb,  ber  anbern  fcfjloB  ^rieben  mit  3aP°^a  >  f°  i"1! 
am  ^Beginn  be§  3faf)re§  1531  in  ganj  Siebenbürgen  nur  ^ermannftabt  aüein 
nocfj  unter  bem  Sinftu^e  ^emfflingerS  auf  5ei-°inano§  ®"ie  ftanb.  3)iefer 
manfte  aber  feinen  ?lugenbticf.  Söätjrenb  gapoltya  grofec  Lüftungen  beranftattete, 
um  bie  einzige  nocb,  toiberfpenftige  ©tabt  mit  SBaffengemalt  ju  be^roingen ,  traf 
biefe  entfcfjloffene  ©egenma^regetn  unb  am  1.  Wai  1531  fcfimoren  bie  noct)  treu 
gebliebenen  Magnaten  mit  bem  ©actjf engrafen ,  bem  9tatb,  unb  ber  gefammten 
iöürgerfctjaft  bon  ^ermannftabt  fictj  gegenfeitig   in  feiertictjem  Gibe,  in  ber  S3er= 


348  5pemffünger. 

ttjeibigung  biefer  ©tabt  treu  ausharren,  wie  eS  Ü)re  ^flicrjt   gegen  {yerbinanb 

3ni  ©ommcr  barauf  ging  5ß.  an  baS  ^>o|(aget  nad)  2öien,  um  rafdje  £>ilfe 
für  bie  fd)Wer  bebrängte  ©tabt  3U  betreiben.  S)ie  (Sorge  um  baS  ©djicffal 
feineö  SßolfeS  Ijatte  itjn,  nad)  feinen  eigenen  SBorten,  eisgrau  gemad)t;  aud)  litt 
er  wieberljolt  an  fd)Weren  gidjtifdjen  Anfällen.  Sie  nädjften  3af)re  finben  wir 
itjn  fortwäfjrenb  in  {yerbinanbS  9tär)e,  batb  in  2Bien,  wotjer  itjn  ber  Äönig  im 
Cctober  1531  mit  jtct)  nad)  ©petjer  nerjmen  wottte;  balb  in  ^ßre^&urg ,  wofjer 
er  in  wtebertjotten  ^Briefen  5er^^nanb  <}u  fdjleunigen  ©elbfenbungen  nad} 
^»ermannftabt  für  Srup^en  unb  .ftriegSbebarf  brängte,  ba  fonft  bie  ©tabt  otjne 
ünterfiütjung  batb  falten  muffe,  ©ein  drängen  bewirfte,  bafj  enblid)  .£>itfSgelber, 
wenn  aud)  nidjt  auSrcidjcnbe,  unb  fpäter  aud)  ein  fönigtidjer  ßommiffär,  Safob 
ü.  (Jen,  bafjin  gefenbet  tourben.  Ob  aud)  9JtarcuS  ty.  fetbft,  nad)  bem  23orfd)Iag 
feine§  23ruberS  ©tefan,  im  $.  1533  fotd)e  .gnlfSgelber  nad)  ^ermannftabt 
bradjte  unb  auf  fotd)e  SBeife  feine  «gjeimatfj  nod)  einmal  fatj ,  tä|t  fid)  nid)t 
nadjWeifen.  ^ebenfalls  fefjrte  er ,  wenn  fotd)eS  gcfc^at),  batb  mieber  an  ben 
$o~]  aurüd,  benn  als  im  9Jlär3  1534  Äönig  gerbinanb  in  2Bien  einen  türfifd)en 
©efanbten  mit  grofjem  jjßomp  empfing,  ftanb  aud)  Marcus  ty.  mit  feinen  33rübern 
©tefan  unb  ©ebaftian  unter  ben  in  großer  3^^  öerfammetten  Magnaten  beS 
ungarifdjen  9teid)S  pr  9led)ten  beS  £fjroneS.  —  hieben  ben  öffentlid)en  gab  eS 
übrigens  aud)  roidjtige  berfönüdje  Angelegenheiten,  beren  Austragung  feine  An* 
Wefenljeit  bei  |>ofe  bringenb  erforberte.  üDie  ©djutb  beS  Königs  an  5)3.  mar  in 
ben  legten  Satjren  ju  einer  fetjr  bebcutenben  Jpöf)e  angeU)ad)fen.  Aufjer  ben 
bereits  erwätjnten  12,000  ©olbgulbcn  Tratte  biefer  feit  1528  nod)  weitere 
20,000  ©olbgutben  tb/itS  auS  Eigenem,  ttjeilS  auS  entlehnten  ©eibern  für 
gerbinanbS  $ntereffen  ausgegeben  unb  fudjte  nun  bafür  eine  gerechte  (Jntfdjäbigung 
ju  erlangen.  3)iefc  würbe  irjm  aud)  geWäfjrt,  inbem  ber  $önig  am  1.  Januar 
1533  „in  33erüdfid)tigung  ber  unerfdjütterlidjen  Sreue,  Weldje  Marcus  $.  itjm 
unb  ber  tjeiligen  Jhone  beS  ungarifdjen  9teid)S  nid)t  fd)onenb  feiner  ©üter,  feiner 
©efunbtjeit  unb  feines  SebcnS"  erroiefen  r}abe,  feinem  getreuen  Anhänger  unb 
beffen  ßrben  ben  feierten  Sfjeil  beS  reinen  ©infommenS  auS  ben  Diobnauer  23erg= 
werfen  berpfänbete,  Wofür  im  gälte  ber  AuSlöfung  itjm  ober  feinen  Srben  bon 
ber  Ärone  bie  Summe  öon  150,000  ©olbgulben  auSge^atjlt  Werben  fottte. 
Aufjerbem  übertiefe  ber  Äönig  burd)  Urfunbr  Dom  11.  Dtoöember  1534  jjur 
(Jntfdjäbigung  für  bie  weitere ,  in  feinen  2)ienften  üerwenbete  ©umme  bon 
20,000  ©ulben  itjm  aud)  ben  3tt>anäigft  bon  .^ermannftabt,  ihonftabt,  S3iftrit}, 
fowie  baS  fjatbe  (Siufommen  beS  ^ermannftäbter  SintöfungSamteS  für  fo  lange, 
bis  bie  uorgefdjoffene  ©umme  öottftänbig  Werbe  getilgt  fein,  ©ottte  eS  ferner 
unmöglid)  fein,  bie  53urg  Sdtövintjoid)  ben  Jpänben  beS  5Jlolbauer  SGßotjWobeu 
Steter  balb  ju  entreißen  unb  5)}.  jum  fidjern  93efi^  ju  übergeben,  fo  fotle  berfelbe 
berechtigt  fein,  aud)  für  bie  frühere  ©d)ulbforberung  öon  12,000  ©ulben  auS 
biefen  ©infünften  fid)  fdjabtoS  ^u  t)alten.  ©o  reidjltdj  biefe  6ntfd)äbigungen 
aud)  gebadjt  waren,  in  ben  wir£ltd)en  23efitj  berfetbcn  ift  ber  33elet)nte  ebenfo 
wenig  gelangt,  Wie  ber  Äönig  in  ben  23efiij  beS  £anbeS  ©iebenbürgen.  ^a  bie 
SSerpfänbung  ber  33urg  Sdlöantjofd)  an  ben  ©adjfengrafen ,  wetdje  gerbinanb 
foeben  erft  am  11.  ^)ioöember  1534  erneuert  tjatte,  würbe  fd)on  nad)  jWei 
^Jionaten  rücfgangig  gemad)t,  inbem  ber  bebrängte  Äönig,  um  ben  9)tolbauer 
$eter  bauernb  an  fid)  jw  feffeln,  bemfelben  am  17.  Januar  1535  nid)t  nur 
biefe  SBurg ,  fonbern  aud)  bie  SSurgen  ©SicSo  unb  ^otetburg  fowie  bie  ©tabt 
äUfiriij  öergabte.  S)iefe  Vergabung,  Weldje  eine  freie  fäd)fifd)e  ©tabt  bem  ebenfo 
gefürdjteten  wie  gerjafjten  barbarifd)en  Surften  ber  sXltolbau  in  bit  <£)änbe  lieferte, 
erwarb  bem  Äönig  Weber  einen  3ubertäffigen  SunbeSgenoffen ,   nod)   bie  get)offte 


aßemffltnger.  349 

llnterftüfeung  beffelben;  bagegen  mußte  fie  bie  Sadjfen,  unb  inibefonbere  bie 
noctj  fampfenben  ipermannftäbter,  über  folctjen  eigenttjümlidjen  Sotjn  antjänglidjer 
©efinnung  ftufeig  mactjen.  Ctmetjin  toar  in  biefen  bie  Hoffnung  auf  enblictje 
Jpitfe  aufi  tieffte  gefunfen.  $toar  $«  roar  noct)  immer  unerfcböDflicr)  in  planen, 
wie  man  Siebenbürgen  aurütfgetoinnen  unb  ber  9totf)  ber  treuen  ^ermannftabt 
abhelfen  fönne;  er  mürbe  nietjt  mübe  bei  gerbinanb  baram  ju  bringen,  bafj  ben 
•permannftäbtem  auireictjenbe  ,§)ilfigelber  unb  ein  ftarfei  ^peer  nactj  Sieben* 
bürgen  gefenbet  toerbe;  er  felbft  erbat  fictj  toieberholt  bie  öilfimittet,  um  in 
Dberungarn  ein  .Speer  anjutoerben  unb  nact)  (Siebenbürgen  }u  führen:  aber  feine 
9tattjfct)läge  fctjliefjen  je§t  boctj  immer  mit  ber  Sitte,  toenn  eine  9Jtöglid)feit 
rafdjer  <!pilfe  nietjt  Dorbjanben  fei,  üergebtict)e  Hoffnungen  in  ben  -gtermannftäbtern 
nietjt  weiter  ju  nähren.  S)enn  bie  ^Jlotr)  toar  tjier  bereiti  auf  bai  tjöctjfte  ge= 
fliegen  unb  fetjon  begann  unter  ber  auf  ein  Siertfjeit  äufammengefcfjmoläenen 
33ürgerfct)ait,  ber  ei  an  Sebenimitteln  unb  felbft  an  Srenntjotj  fetjlte,  bie 
Unjufrtebentjeit  über  ben  jahrelangen  bergeblictjen  äßiberftanb  fict)  311  regen.  S)a 
nun  bai  ganje  Satjr  1536  tjinburctj  jroifctjen  ben  beiben  ©egenfönigen  2öaffen= 
ftitlftanb  fjerrfc&te,  ot)ne  bafj  feine  äöoblttjat  auch  ben  -Jpermannftäbtern  3U  gut 
gefommen  toäre;  ba  gerbinanb  offenbar  nietjt  einmal  ju  einer  fraftboHen  .tfrieg= 
füfjrung  in  Ungarn  bie  nöttjigen  Glittet  befafj;  ba  unter  folctjen  Sertjättniffen 
feber  toeitere  QBiberftanb  einer  bereinjelten  Stabt  nietjt  nur  erfolglos  fonbern  auet) 
3roecflo§  toar:  ba  legten  enblictj  im  gebruar  1536  auetj  bie  ^ermannftäbter  nadj 
einem  fiebenjiitjrigen  leibenüotten  $amDf  bie  äöaffen  nieber  unb  anerkannten 
gteid)  bem  übrigen  Siebenbürgen  ^otjann  3ap°tna  ali  itjren  ßerrn  unb  $önig. 
tiefer  Stuegang  bei  ebrenDotlen  Äampfei  für  bai  Dertragimäfjige  9tectjt  bei 
„beutfetjen"  ßönigi,  in  toeldjem  $ftarcui  5ß.  eine  fo  tjerDorragenbe  jftotte  gefDielt 
batte,  Derfctjlof;  itjm  bie  Ütücffetjr  in  feine  |)eimatt},  in  fein  2lmt,  ju  feinen 
©ütern  unb  Scfifeungen  in  ^ermannftabt  unb  bem  übrigen  Siebenbürgen.  2tber 
troö  biefei  fdjtoeren  Schlages,  ber  it)n  traf,  tjörte  bie  Hoffnung  unb  bai  Streben 
in  ifjm  nietjt  auf,  Siebenbürgen  boctj  noct)  für  gerbinanb  ju  getoinnen.  Seine 
Briefe  an  benfetben  auet)  nactj  bem  Sertufte  «vpermannftabt'i  tjanbeln  fort= 
roäfjrenb  Don  ben  fiebenbürgifct)en  2lngefegentjeiten  unb  er  felber  bielt  fict)  toätjrenb 
bei  ^atjrei  1536  batb  in  j?afct)au,  balb  in  Seutfctjau  bei  bem  ©enerat  ^a^ianer 
auf,  um  einen  (Jimall  beffelben  in  Siebenbürgen  ju  betreiben,  bem  auetj  er  mit 
einem  ftäbnlein  felbftgetoorbenen  ÄriegiDolfi  fict)  anfchliefjen  wollte.  5ß,  über= 
lebte  ben  gatt  öermannftabt'i  nietjt  lange.  S)ie  testen  Neonate  feinei  Sebeni 
toaren  nietjt  nur  buret)  biefen  Kummer  getrübt,  fonbern  auetj  buretj  Äranftjeit 
unb  fogar  buret)  materielle  Sebrängnifj.  .,Sum  sicut  avis  et  non  habeo.  quo  Caput 
meum  jam  senio  confectum  reclinenr'  :  fo  flogt  er  bem  Könige,  bem  er  attei 
geopfert  tjaite.  Sein  tebtei  Sebcni^eictjen  ift  ein  Srie?  aui  Söien  Dom  7.  gebr. 
1537  Doli  äfjntictjer  klagen:  „M.  V.  me  sine  ordine  et  relatione  dimisit;  jam 
non  habeo,  unde  saltem  cottidianum  victum  et  panem  expectem ;  fortassis  M.  V. 
vult,  ex  quo  aliter  a  me  separari  non  potest,  ut  fame  moriar".  Sctjon  am 
11.  gelmmr  anttoortete  5erbinanb  aui  Günni ,  baß  er  bie  llebertragung  einei 
anbern  ungarifcfjen  9teict)iamtei  an  itjn  angeorbnet  unb  barüber  auetj  an  feinen 
Sruber  Stemn  $.  gefebritben  fyafo.  S)oct)  ber  33ittenbe  beburfte  nicht  mehr 
lange  ber  föniglicben  ©unft.  Salb  nabm  ifin  ber  2ob  bintoeg.  Sßann  unb 
roo  er  geftorben  ift,  too  er  begraben  liegt,  ift  unbetannt;  boctj  toirb  am  8.  Seb= 
tember  1537  Don  it)m  aU  einem  nictjtmetjr  (ebenben  9Jtanne  berictjtet.  %n  ber 
furzen  gftiji  Don  18  Monaten  toaren  bie  brei  SBrüber  geftorben,  fo  gleictjfam 
auef)  im  2obe  Dereint,  toie  fie  im  öeben  brübertictj  unb  einmüttjig  ^u  berfelben 
Sactje  geftanben. 

2)^arcui  $.  bintertieß  eine  Sßitttoe  unb  einen  Sofjn  ^obann.    2>er  Sefetere 
ftarb  in  jüngerem  Sitter  noctj  bor  bem  3fatjr  1551,  otjne  ettoai  Don  ben  einge= 


350  getiefter. 

jogenen  ©ütern  beä  33ater§  je  ^urürf  erhalten  ju  rjaben.  S)ie  tfamiüenbe* 
fitmngen  in  Jpermannftabt  unb  Umgegenb  Würben  bom  Statte  biefer  ©tabt 
Peräufjert,  um  mit  bem  Crrlö§  ©djulben  ju  tilgen,  Wetdje  $.  ftlr  feinet  Königs 
©adjc  auf  fid)  gelaben  tjatte.  ©o  fam  fein  £>au§  in  ben  33efitj  ber  ©tabt,  bel- 
eg nod)  rjeute  alä  9iatb,i)au§  unb  aU  Qitxbt  bient,  in  jeinem  ftattlidjen  alter= 
tfnlmtidjen  23au  ein  fd)öne§  2)enfmat  einer  grofjen  3eit  uno  eine§  großen 
sJJtanne§.  —  2)ie  ©tabt  aber ,  Weldje  feine  zweite  -ipeimattj  geworben,  bewatjrte 
ein  treuem  ©ebädjtnifj  bem  5Jlanne,  mit  bem  fie  Pereint  fo  fdjwere  ©efdjtde 
getragen  unb  bon  bem  geführt  [te  einen  fo  ehrenvollen  $ampf  für  einen  erft 
nadj  ^atjrtninberten  jum  ßeben  geworbenen  ©ebanfen,  bie  .gjerrfdjaft  be§ 
.IpabSburgifctjen  -£mufe§  in  Siebenbürgen,  beftanben  fjatte,  STrotj  feiner  mer)r= 
jährigen  Slbwefentjeit  öon  -giermannftabt  würbe  er  bi§  jum  $arjr  1536,  alfo 
bi§  jur  Unterwerfung  ber  ©tabt  unter  ^otjann  3ap°tt)a.  ot§  .ftönig§rid)ter  unb 
©adjfengraf  angefetjen  unb  in  ben  ^rotofotten  als  foldjer  mit  bem  3ufa£ : 
..absens"  aufgeführt.  Unb  bi§  in  bie  neuefte  3"*  herein  —  1854  —  erinnerte 
an  ben  grofjen  ©adjfengrafcn  eine  ©ebenftafel ,  Welche  an  einem  Pfeiler  ber 
eöangelifd)cn  ^farrfirdje  ^permannftabte  angebradjt  War  unb  auf  welcher  fid) 
neben  ben  93ud)ftaben  C.  M.  P.  („Comes  Marcus  Pemfrlinger")  folgenbe 
^nfdjrift  befanb:  Justitiae  eultor,  Scelerumque  acerrimus  ultor;  Principibus 
carus,  Numquam  dum  vixit  avarus. 

©.   Ungrifcfjeä  Waga^in   III.  23b.    —    ©.   ffi.   Seutfdj,   ©efdjicfjte    ber 

©iebenbürger  ©adjfen,  2.  silufl.,  Seibjig  1874.  —  2)erf. :  S)ie  üteformation  im 

fiebenb.  ©adjfenlanb.    6.  2Iufl.  £ermannftabt  1866.  —  %.  <L  ©djuHer,    baö 

f.  f.  getjeime  <!pauß=,  §of=  unb  ©taatSardjiü  in  3Bien  u.  f.  w.(  ^ermannftabt 

1850.   —   Serfelbe,    @eorg   fteidjerätorffer   unb   feine  3eit,  äßieu  1859.  — 

Slrdjib  beg  33erein§   für   fiebenb.  ßanbesfunbe,  S3anb    III    1858;    IV   1860; 

XIX  1884.  £>.  äöittftod. 

^CHlflcr:   Jp  ein  rieb,  $  reib,  er  r  P.  s4>.  würbe  au  SBien  im  $.  1699  ober 

1700  geboren.     sJtad)bem   er   in   feiner  33aterftabt  bie   entfpredjenbe  SJorbilbung 

fid}  angeeignet  tjatte,    trat   er  im  Wlax]  be§  ^atjres  1718  in  faiferlidjc  5£>ienfte 

unb  reifte  fdjon  im  9ttai  bei  ^a^reö   1719   im  (Befolge    be§  faiferl.    ©rofjbot= 

fdjafterä  ©eneralfelbjeugmeifterä  S)amian  £>ugo  ©rafen  öon  23irmonb  aU  ©pracl)= 

!nabe  nad)  ßonftantinopcl  ab.     S)er  Slufenttjalt  bort  white  fetjr  nadjirjeüig  auf 

5ßendter'§  ©cfunbrjeit.     ©ein  S)ienfteifer  liefe  itjn  feboer)  öon   ber  it)tn  ertrjeilten 

(Srlaubnifj ,   wieber   mit   bem  ©rofjbotfdjajter  nad)  Sßien  äurüdjuf ediert,   feinen 

©ebraud)  madjen.     @r  blieb  uietmetjr  in  (Sonftantinopel  jurüd,   in  ber  (Sanatei 

be§  faiferl.    Ütefibenten  Sfoje^r)  bon  ©ierling  fleißig    arbeitenb.     6r    erlernte  in 

Wenigen  $at)ren  bie   orientatiferjen  ©prad)en,   erwarb  fid)   genaue  Äenntnifi  ber 

©epflogen^eiten  unb  ^örmlicrjfeiten ,   Wetdje  bamal§    im  biplomatifdjen  SBerfeljre 

bei  ber  ottomanifdjen  Pforte   eine  gar  wichtige  9ioEe  fpielten.     Tillen  feit  bem 

?lbfd)luffe  be§  5)3affarowifeer  ftxitbenZ  ^wifdjen  bem  faiferlicljen  unb  bem  ottoma= 

nifeb^en  «g>ofe    geführten  33erb,anbluugen    beigejogen,    gewann   er   frütjjeitig  tiefe 

dinfietjt  in  bie  ©runbfäfee  unb  2riebfebern  ber  türfifdjen  ^ßolitif.     Saft  attjäl)r= 

liii)  Pon  fdjwerer  Äranfl)eit  Ijeimgefudjt,  Perlie^  er  enblid)  im  ^.  1727  mit  ber 

gamilie    be§    9iefibenten  b.  SDierting   ßonftantinopel   unb   traf   im  i^uni   1727 

nad)  mel)r  al§  fecrjäiätjriger  2lbwefenb,eit  wieber  in  feiner  93aterftabt  ein,   wo  er 

fieb,    balb    gän<}lidj    erfjolte.     Sötr    bürfen    Wol    eine    etjrenbe  Slnerfennung  be§ 

gleifje§,  mit  weldjem  er  feine  2ienftpflid)ten  erfüttt  Ijatte  unb  be§  erfolgreichen 

33eftreben§,    feine  33eruf§fenntniffe  ftetig   3u   erweitern  unb  %u  Pertiefen,    barin 

erbliden,  ba^  nod)  in  bemfelben  i3at)re  feine  Ernennung  jum  faiferl.  ^ofbolmetfd; 

unb  ^>offrieg§fecretariu§   in  Söien   erfolgte.     @r   arbeitete  nun   im  Departement 

für  türfifd)e  Slngelegenljciten,   Warb   ben  im  Saufe  ber   näcbjien  ^afyxt    au§   ber 


^encfler.  351 

dürfet  unb  aus  Wxita  nacb,  SBien  fommenben  ©efanbtfctjaften  als  faiferticrjer 
Gommiffariui  beigegeben  unb  reifte  miebcrb,olt  an  bie  tüififdje  ©renje.  <So  im 
$.  1731,  als  er  unterhalb  Sctgrab  ben  türfiftfjen  ©efanbten  Muftafa  ßfenbi, 
ber  bem  «ßaifer  £arl  VI.  bie  £fyronbeftcigung  bes  (Sultans  93lat)mub  notificirte, 
übernahm  unb  füäter  toieber  an  bie  ©renje  geleitete.  Dlacb,bem  ber  SBiener  £of 
bie  Abberufung  be§  jum  ©djutje  bes  türftfdjen  ,!panbet§  unb  ber  türfiferjen 
Äaufteute  in  SBien  beftettten  Sdjarjbenbers  ober  ©eneratconfuls  £>mer  5lga  burd) 
feetjs  Satjre  üergebtieb,  begehrt  blatte,  mujjte  es  5ß.  fo  einzuleiten,  ba£  Dmer 
2Iga  enbtid)  abberufen  unb  fein  Soften  aufgelaffen  mürbe.  Sa  bie  ^orte  ber= 
langte,  bafj  Dmer  2(ga  mit  allen  ßrjren  bis  an  bie  ©renje  geleitet  merbe,  fo 
machte  fictj  ty.  im  5Jcär3  1732  abermals  auf  bie  Dteife  unb  übergab  it)n 
bei  35ariafin  förmlich  bem  türfifdjen  Uebernarjmscommiffär.  33eftimmt  bem 
nacr)  Abfdjlufc  be§  SBelgraber  Sriebens  (1739)  nacb,  Gonftantinobel  als  faifer* 
liefen  ©rofjbotfcrjafter  abgetjenben  ©rafen  Ulfelbt  als  Segationsfecretär  ju  folgen, 
tourbe  5p.  am  7.  2lüril  1740  in  ben  erb(änbifd2  =  öfterreicb,ifd)en  Dtitterftanb  er= 
tjoben.  6r  feierte  am  3.  9Jtai  1740  feine  SBermärjtung  mit  3for}anna  (Slifabett) 
ö.  Göltet,  ber  am  30.  9Jcär3  1721  geborenen  ;£od)ter  bes  faijerlicrjen  Burggrafen 
3U  Sßiener  fteuftabt,  Stan3  6lia§  r>.  (Sollet,  unb  trat  am  18.  beffelben  Monats 
feine  Steife  im  (befolge  Ulfelbt's  an.  Siefer  Dertiefj  donftantinopel  toieber  am 
4.  2Jtai  1741.  s}>.  blieb,  bem  ©roBüejier  al§  fönigtiefj  ungarifetjer  ütefibent 
öorgefteüt,  bort  jurücf.  Sa  ©raf  Ulfelbt  ficrj  befdjroerte ,  bajj  feine  ^eimreife 
öielfad)  geftört  unb  gerjemmt  toerbe,  ermittle  *p.  einen  fdjatien  33efef)l  bes  <Sul= 
tans  naä)  Slbrianopel  unb  einen  offenen  german  an  alle  33efeb,lsr)aber  öon 
Gonftantinoöel  bis  Seigrab ,  infolge  beffen  Ulfelbt  nun  unbehelligt  feine  Üteife 
fortfetjen  fonnte.  Sie  tjöflictje  2lufnar)me  unb  bie  Stjrenbeieugungen,  melctje  $. 
fictj  bei  ber  Pforte  ju  öeifdjaffen  mujjte,  erregten  in  bem  la^e  bie  2Iuimerf= 
famfeit  ber  übrigen  eurobäifdjen  ©efanbten  in  Gonfiantinoöel,  ba£  fie  atlerbings 
erfolglofe  ©egenüorftetümgen  bei  ber  rjotjen  Pforte  anbrachten,  ©atjen  mir  ifjn 
forgfam  alte  äußeren  Qrfjren  beanföruetjen,  bie  ifjm  als  Vertreter  feiner  9)conarcb,ie 
gebührten,  fo  mar  er  nierjt  minber  bebacb^t,  itjre  ^ntereffen  3U  toarjren,  menn  es 
fid)  um  Scrjlidjtung  öon  ©renjftreitigfeiten  unb  ätmlictjen  Stngetegenfjeiten  r)an= 
bette.  (Sine  mäfjrenb  bes  leisten  Krieges  bei  9tlt=9cobi  über  bie  Unna  erridjtete 
türfifdje  9Jcititärbrüde  mar  aud)  nad)  bem  9Ibfct)tuffe  bes  SSetgraber  ^rieben! 
ftetjen  geblieben.  Sie  barauf  bejüglicrjen  Unterrjanbtungen  be§  ©rafen  Ulfelbt 
mit  bem  türfiferjen  ©renjcommiffär  maren  erf, olgtos  geblieben.  Sen  93or= 
fteüungen  ^encüet'S  gelang  e§,  ben  getoünfctjten  SBefetjl  gum  5lbbrucr)e  ber  Srüde 
öom  ©rofjtDefir  ju  ermirfen.  Sie  2tngelegent)eit  mar  nierjt  ofjne  Sebeutung  ju 
einer  3e^  ^a  ^aria  Xijerefia  rings  Don  jhieg  bebrotjt  mar.  Sie  Scrjroierig* 
teit  be§  -^oftens,  metetjen  %s.  in  (Sonftantinobet  inne  t)atte ,  mar  feit  bem  2obe 
Äaifer  Äarl  VI.  erfjeblict)  geftiegen.  Sie  ©efanbten  ber  §öfe,  meldje  bas  feiner 
großen  Soc^ter  jufallenbe  6rbe  ju  erbeuten  gebauten,  fud)ten  auef)  bie  2ürfei 
für  irjre  5Infd)läge  ^u  geminnen  unb  trugen  ber  ^forte  eine  51Eianä  mit  granf= 
reicr)  unb  ^reuf^en  an.  5ß.  nimmt  als  fein  SBcrbicnft  in  Stnfprucrj ,  ba^  bie 
^forte  nietjt  nur  biefe  Slllianjtoorfcrjläge ,  bie  noer)  buret)  3lnerbietungen  bon 
©elbfummen  unb  ©ebietserrcettcrung  unterftüfet  mürben,  ablehnte,  fonbern  baß 
oietmefir  bie  Se^ietjungen  äroifcrjen  ben  «gmfen  öon  SBien  unb  donftantinopel  fid) 
freunblidier  geftalteten.  Äaiferin  5)caria  Xfjerefia  üerlier)  tr)m  fcb.on  im  3.  1742 
eine  mirftidje  «^offriegsrattjsftette.  $m  5tuguftl746  erfjiett  ^.  bie  drebentiation, 
bie  ib,n  ats  fai|erlid)en  Internuntius  unb  beboümäcrjtigten  DJUnifter  beglaubigte. 
Gr  notificirte  in  biefer  ßigenfcb.aft  ber  ottomamferjen  Pforte  bie  im  3-  1745 
erfolgte  Stjronbefteigung  bei  Ä'aifers  yranj  I.  (5r  mürbe  aueb,  mit  ber  biplo^ 
matifetjen  Vertretung  bei   ©ro^fjerjogttjums  Soscana    betraut    unb    füfnrte    bie 


352  pendlet. 

33erfjanb  hingen  wegen  ^ilbfd^tufe  eines  greunbfcrjaft'S»  unb  .ipanbeiSöertrageS  ätot= 
fcrjen  loscana  unb  ber  Würfel,  desgleichen  leitete  ^>.  auefj  bie  „Verewigung" 
beS  juerft  auf  24  3at)re  gefdjloffenen  Setgraber  ftxiebmZ  jur  öollften  3ufrieben= 
rjeit  ber  Äaiferin  9Jiatia  Jtjerefia  unb  itjreS  ©emaljtS,  ber  ir)n  mit  2)iplom  dd. 
SBien,  14.  Cctober  1747  in  „beS  rjeitigen  römifcfjcn  9teicrjS  $reif)errnftanb  cum 
praedicato  2Bot)tgeboren"  erfyob.  %m  $•  1755  erhielt  "}}.  bie  erbetene  Wh* 
berufung  auS  Gonftantinopet  unb  fam  mieber  in  feine  üßaterftabt  jurücE,  ber  er 
na^e^u  fecrjSjetjn  Sfa^rc  ferne  gewefen  mar.  2)ie  $aiferin  wies  itm  an,  Sit}  unb 
Stimme  im  fjoffriegSrättjlicfjen  Suftijcotlegio  u  j^.  unter  ben  9ftätr)en  aus  bem 
sperren ftanbe  einntnetjmcn.  (h  meitte  in  biefer  Stellung  nur  fed}S  Satjie  in 
feiner  ,£)eimatf).  @S  waren  ^acrjrid}ten  nact)  3&itn  gefommen ,  bafe  ber  ßönig 
öon  ^reutjen  mötjrenb  ber  letjten  AU-iegsjac)re  nidjt  nur  getrachtet  tjabe,  einen 
greunbjdmftS»  unb  ^mnbelsöcrtrag  mit  ber  ottomanifetjen  Pforte  p  Stanbe  ju 
bringen,  fonbern  biefe  auet)  jum  Abfctjtuffe  eineS  Dffenfiöbünbniffes  ju  bewegen. 
2)er  2Biener  ^pof  beforgte ,  am  23orabenbe  eineS  neuen  JürtenfriegeS  ju  ftetjen. 
£iefe  brotjenbe  ©efafjr  abjulenfen,  roarb  ^encfter's  Aufgabe,  als  er  im  3.  1761 
abermals  jum  faifertidjen  Internuntius  unb  beöollmäctjtigten  'OJlinifter  am  otto= 
manifetjen  ,§ofe  ernannt  mürbe,  (är  trat  am  1".  SDtai  1762  bie  befd)werticf)e 
Steife  an  unb  fanb  in  (Sonftantinopel  etjrenöolle  Aufnahme.  @r  tonnte  fdjon 
im  Cctober  befjelben  3at)ree  beridjten,  bat)  ber  Sultan  in  einer  SBerattjung  mit 
bem  ©rotjwefir  unb  iUufti  bie  auf  ben  Abfcrjlujj  einer  Dffenfiüattian}  jielenben 
Einträge  ^ßreufjens  üerworfen  tjabe  unb  empfing  im  folgenben  9Jtonate  berutjigenbe 
üßerficfyerungeu  ber  Triebfertigen  ©efinnungen  öon  Seite  ber  türfifetjen  Regierung 
gegen  bie  öfterreid)ifcrje  llionavdjie.  (Sr  erWirfte  auet)  in  ber  Iljat  ben  SBcietjt 
beS  Sultans,  bafe  bie  bereits  bei  s-öe(grab,  SJßibbin  unb  an  ber  bosnifcfjen  ©renjc 
angefammelten  türfifetjen  Gruppen  im  fjfrüt)iat)re  1763  jucceffiüe  jutücfberufen 
unb  entlaffen  werben  füllten.  @S  mar  it)m  3um  ^tnciten  5Jkte  gelungen,  ben  öon 
feinblictjen  SBaffcn  bebrängten  $aiferftaat  üor  einem  brotjenben  türfifetjen  (JinfaUe  ju 
bewatjren.  'ütacfjbem  er  noef)  im  3f.  1766  bie  erfolgte  Xtjronbefteigung  Sfofept)  II. 
bem  Sultan  notificirt  tjatte,  erhielt  er  enblict)  bie  roieberfjott  erbetene  Abberufung 
unb  trat,  nactjbem  ber  neue  Internuntius  ö.  Scrnnarb  fetjon  in  (Sonftantinopel 
eingetroffen  mar,  am  13.  September  1766  feine  9tücf  reife  öon  ßonftantinopel 
an.  Am  9.  2)ecember  in  SÜien  angefommen,  mürbe  er  am  ftaifertjofe  mit  bieten 
©nabenbejeigungen  empfangen  unb  im  Januar  1767  burd)  Sßerteifjung  ber 
SBürbe  eines  mirttietjen  geheimen  9latt)eS  ausgezeichnet.  @r  bractjte  ben  9teft 
feines  ßebenS  in  SCÖien  3U  unb  ftarb  tjier  am  16.  '•Jioöember  1774  im  Sllter 
öon  75  ^aljren.  —  Seine  ©emafjlin  mar  fetjon  am  6.  Slprit  1767  geftorben. 
^mei  2öcfjter  unb  ein  Soljn  überlebten  if)n.  —  2)ie  ältere  2octjter  Jtjerefe, 
geboren  am  3.  3(uti  1742,  öeretjeticfjte  fiel)  im  3.  1761  mit  bem  f.  f.  föegie* 
rungSratfje  Slnton  grei^errn  öon  2)obtf)ofT>2)ier  (f.  31.  2).  S5.  V,  272)  unb  ftarb 
im  gebruar  1819.  —  £)ie  jüngere  lodjter  (^lifabett) ,  geboren  im  $•  1753, 
öermäljlte  fict)  1771  mit  bem  f.  f.  9teicf)sfjoiratr)e  ^tan,}  %o)e']  greiljerrn  ü.  2Rünctj= 
23etlingt)aufen  unb  marb  bie  ©rotimutter  beS  (SligiuS  ^reib^errn  ü.  5Jcüncrj= 
^ellingtjaufen  (griebrid)  ^palm).  Sie  ftarb  im  $.  1840.  —  ^encfter'S  Sot)n, 
geboren  1751,  trat  in  öfterreicfjifcrjen  Staatsbienft.  2ßir  finben  it)n  feit  1805 
als  f.  f.  wirfucfjen  ^ofratt)  bei  ber  f.  f.  bereinigten  bö()mifcr)  =  öfterreicrjifcf)en 
unb  gatijifcfien  -gwffanjtei,  bann  als  Seifiger  ber  f.  f.  ^orcommiffion  in  3Bot)t= 
trjätigfeitSangelegenrjeiten  unb  ber  f.  f.  Stubienfjofcommiffion.  @r  Würbe  in 
ben  nieberöfterreidjifcrjen  ^errenftanb  aufgenommen  unb  war  fpäter  3luSfct)ut3rat^ 
beffetben.  6r  betrieb  in  feiner  Sugenb  auetj  äftt)etifctje  Stubien  unb  fcrjrieb 
eine  „3lbt)anblung  Dom  Scfjäfergebicrjte"  (Augsburg  1767).  Sr  war  mit  bem 
Slftronomen  -öell   eng   befreunbet   unb   tiefe  bemfelben   in  "äJtaria  ©n^erSborf  ein 


l'enq.  35  3 

©rabmal  iefcen.  Beine  im  eji-  1774  mit  5ov;a  f^reiin  D.  loufiaint  gejdjtotiene 
&ft  blieb  finberles.     3  i    IBtthoex,  ftatb  er  am  22.  ÄbtU  18 

leeUroeiie  nadi  Oleten  bes  Caif.  unb  fön.  \>aus=.  §of«  u"^  StaatBaH%ib8 
in  SBien.  —  Pferner  lotitbc  benutzt  3ofc|  b.  öammer,  Bef$u$te  be$ 
csnuniidum  9ceid)eS.  8b.  B.  —  SBux£bai$,  ©iogr  £er.  Ib.  21.  —  Slrnetf), 
CU;it^  Rittet  b.,  Befd  jta'fi.     Saab  4,  6(  -  u.  9. 

9.   ».   Ivel  gel. 
$CBQ:   Beoxg  $.,   SRaln  unb  tfur  ,   ftnbei  jidj  im  3-  152 

jRftxnbexget   SRalexbi  i    ..'.::r:;r    eingetragen.      6t    ft$erai    fifixex'fi   S 

getoefen  }it   'ein,   beun   bn   :).  1524  beiratbete  ,301g,    E i  ßnedjt"   I 

IDtagb  unb  mürbe  als  JRttxnbexget  Bürger  aufgenommen;   btefei  3org  rrire  tool 
mit  $.  ibentifdj  fein,    3*bo$  in  bem  gleider:  ^ahre  truirbe  1>.  mit  ben  trübem 
Ol  unb  Sattel  Gebaut  (f.  8.  D.  8.  II.  279)  biegen  ixteOgiöfet  unc<  commtt* 
-    Infanten  bar  &  'teilt,  ins  Befängnifj  gemoxfen  unb  bann  bei  Stobt 

bexUriefen  SHe  betben  $e$am  'dünnen  übrigen!  mehr  bie  Xnfü$xex  gemeiert  ju  fein 
unb  iß.  itjnen  gegenüber  jurüefvatreten.  (**  toai  bamals  eine  roilbe  ©abrang  ber 
©emütber  eingetreten,  unb  bie  $e$am  gingen  mit  ben  3dbri;ten  Ib.  'Piünjer's 
unb  ftaxlftabffi  um.  &afi  i-r.ber  unteres  i;.  lautete:  „3oxg  $eu|  lagt  auf 
bafi  fjrragftucf,  ob  er  glaub,  bafi  ain  gct  fei:  3a,  er  embftnbfi  |um  teil.  - 
aber  nrift,  roas  er  nachäfft  ;ür  benfeCbeu  got  fol  halten,  miß  er  nit.  —  Bafi 
er  Den  (irtftc  haut?  ,yult  bon  Stifte  uidns.  —Ob  et  bem  fettigen 
onb  reort  gottefi,  3«  bex  [grifft  .  :  glauben. 

—  8Bafi  er  Pen  bem  cacrament   befj  XHtaxfi  I  palt   Dom   faexamea 

altars  nidns.   —   SBafi  er    Den    bi  :  '.     -yult  Den  ber  U  tfi.   — 

Cb  er  ain  koettlidje  obexfait  glaub  bnb  amen  State  }u  Xuxnbexg  ;t:v  feim  §exxn 
erfenn,  über  fein  leib,  gut  bnb  tras  euserlicb  iü  !  SBBi|  Den  fernem  bem  bann 
allein  Den  got  8ei  biefen  Bxunbfa$eu,  mdd-.e  bie  Xntorit&t  befi  9tat$efi 
leugneten,   trat  efi   felbftbexjlanbli$ ,    bafi    berfelbe   unjem  geilt     aus 

Olürnberg  bexwiefi.  3b>  ;elgenben  3o$xe,  1525,  bat  iß.  ben  ftatb.  tbm  bie 
iRücffebr  ju  genauen,  roorau'  ihm  erlaubt  kbUtbe,  u±  in  bem  nahen  3täbtd:en 
JBKttbfi$rim  aiebetjulaffen,  iebodj  mürbe  tbm  bie  Stobt  viürnberg  unb  ihr  Bebtet 
badboten.     Äudj   braxbe   er    am    28.  SRai  152S   [eineä   8ftts  unb  aller 

l-nid-teu  entlebigt.  Späterbin  jebcd)  burte  ^ß,  jurücf febreu .  unb  fogax  \u 
Snaben  kontbe  er  miebei  aufgenommen:  im  ^-  1582  erbu-it  ex  eine  ^eüallung. 
„einem  rate  }u  getearten  mit  ieiner  fünft  )um  reifjen,  malen  bnb  biftxmadjea  . 
er  reurbe  bemnad)  eine  Sxt  ftäbtijcijer  iUaler,  unb  bajn  betam  er  ein  SBaxtc- 
gelb  Don  10  ©ulben,  bafi  ibm  „aus  ange^aigter  not"  Dorausbejablt  nnnbe. 
vJlljo  bamalö  fcfjon  ftal  ber  limitier  in  b:r  ^elbflemme;  ttbxigenfi  erhielt  ev 
audtj  uir  (ebc  einzelne  Arbeit,  bie  er  uir  ben  Oratb  macijte,  eine  Sxattficatura. 
3ra  3-  1588  bexgotbete  er  bie  Beißen  |U  ben  im  ft&btifd^en  8efi|  beftnbtiaVn 
(Semalben  bon  SMhcex,  bie  bin  lemreramente,  tDonir  ber  ftat^  i^m  15  Bulben 
3abite.  gtoei  Dative  [bätet  [extigte  er  ;ür  ben  Äat^  eine  3na^nuttg  befi  S^toffefi 
}U  Sent  um  1  Stttben.  3m  3-  1543  ßc|  ber  Raty  burdi  ilm  unb  SebaUi 
i>ed  „bie  Stobt  Oiürnberg  Don  anfen  in  gruub  ieneu"  unb  eine  Olnüdu  ent= 
mexfen,  mofflt  üe  261  Bulben  s  S^iEtnge  unb  10  \B;uub  alte  Pfennig 
bielten.     \yiuv    3ol  '•-'    P-    bem    iHatb     „ein   fünülidn's  8em&l 

Bt  ^texonbmufi  SSüb*;  ber  SRat^  [ä^entte  ibm  bafüx  80  Bulben.  5>afi  %^iib 
tjängt  jeKt    in   bem   Sexmanif^en  SDhtfeum   unb   itellt    ben  .^eiligen   in  feinem 

Belaufe"   bar,    roie    er    als  ein  memento  mori    au'    einen  £obtenf(^abel 
(gemalt  1544».     ^?ie  3bn   bog»    gebt    anf   Cuintiu  SReff^fi   ober    eine;',  aubexn 
SÜbebextanbex    juxttdj    übrigens    ift  bafi  SSift   redn   fleifjig   unb   tüdjtig  gemalt, 

'Mgem.  beutid)e  Siograp^ie.    XXV.  8S3 


354  $""!■ 

{ebenfalls  beffer  at»  feine  falten,  italienifirenben  2afe(n.  3) er  Äünftler  ftarb 
im  3.  1550  ju  Nürnberg  (?)  unb  tjinterlief}  SBeib  unb  $inb  in  fo  großer  2lr= 
mutt),  bafj  ber  ütatt)  bie  60  ©ulben  be<$arjlte,  bie  ty.  einer  93ormunbfd)aft 
fdjulbig  war. 

S)er   geitgenoffe    9leubörfer    urttjeitt   öon   5ß.:     „Dbmol   roa»    öon    biefem 

^enjen  in  .ttuöfer  öorfjanben,  genugfam  anzeiget,    roa»   trefflidjen  SSerftanb  unb 

©cift  biefer  2Rann  in  ber  Äunft  getjabt,    fo   ift    er   bod)  aud)  be»  ßontcrfetien» 

frfjr  ftcfjer  unb  im  Fialen  in   ben  Safein   fetjr   fleifjig   getoefen,    alfo  bafj  man 

fnum  erbenfen  möd)t,  ob  bie  garben  aud)  fjötjer  motten  gebraut  Werben.    93ht 

bem  5Durd)gläfen  unb  «Scheinen  in  ©läfetn,  Söaffern,    feuern    unb  (Spiegeln    ift 

er  ferjr  fünftlid)  unb  in  ber  sl>erföectiö  fcrjr  erfahren.     Seiner  <g>anbarbeit  finbet 

man   f)ie   bei   ben    erbaren   ^Bürgern   Diel."      Unter    bem  „2)urd)gläfen"    ift  bie 

©efdjicfticfjfcit   unfer»   sJJlalerö   in  £id)troirfungen   k.    gemeint,    roa»   man   aud) 

nod)  an  öetfdjiebenen  23ilbern   beobachten   fann.     gür  bie  $enntniffe  be»  ty.  in 

ber  ^erfpectiöe  mufj  ba»  teiber  ju  ©ruube  gegangene  Söerf  gezeugt  Ijaben,  roo^ 

öon  ©anbrart  in  feiner  „Seutfdjen  2lcabemie"   berichtet:    So   ift  aud)  rütjmlid) 

jU  gebenfen ,    bafj    unfer  $ünftler   in    ermelbter  Stabt  '•.Uürnberg    in    be»  ©bleu 

.sperrn  SBolfamer  fdjönen  ßuftgarten ,   ju  @nb    einer  ©alerie  ba»  £)bertl)eit  eine» 

3immer»  mit   Celfarbeu    gemalt    unb  reöuifentirt,    ob  märe  ba»    3imme*  nod) 

offen  unb  unau»gebaut,  bie  ^immerlcute  aber  gefdjäfftig,  bie  ^roevgtjöljer,  Bretten 

unb  Stamen  einjujietjen,  anbete  finb  in  Arbeit,   ben  ladjftul  aujpijeben ,   öer= 

binben  ben  33au,  roeldje»  alle»  gegen  Dem  genialsten  offnen  Jpimmel  mit  2Botfen 

unb  fliegenben  Sßögcln  alfo  natürlid)  crfdjeinet,  ba$  üiel  baburd)  angeführt  unb 

ba8  ©emärjl   öor   roat)r  unb    natürlid)  anfänglid)    geurtljeilet,    roie   bann   biefer 

3rrtt)um  fonberlid)   öorgetjt,   mann  e»  an  bem  Ort  befidjtiget  roirb,   too    unfer 

Sorg  ^eu»   feinen  .£>ori,jont    öernünftig    eingerid)tet  l)at.     2)en    r)l.  |)ieront)mu§ 

öon  1544  nannten  mir  fdjon;    anbere    fyiftorifdjc  Silber,   bie    im  ©egenfatje  ju 

ber    norbifdjen   2luffaffung    oc»  ^ieronrjmu»    im    öfeuboitalienifdjen   Stile    ber 

beutfdjen    9Jtanieriften    gematt    finb   unb   burd)    glatte    falte    33ef)anblung    ah= 

ftofjen,   befinben   fid)  u.  21.   in  ©djleifjljeim  cHenu»  unb  2tmor;    früljer    in  ber 

ÜJtündjener  ^inafotfjef),    ^ommer»felben  (Utufe  Urania,  1545),   SBien  (©alerie 

£)arrad),  darita»,  1546),  2)re»ben  (23rud)ftütfe  einer  2lnbetung  ber  Äönige,  brei 

Stüde  einer  ^etfdjnittenen  4pot^ta?et  >.     ^ebeutenber  finb  feine  SSilbniffe,    bie  ju 

ben  fdjönften  Söerfen  ber  Nürnberger  Sd)ule  getjören.     Sie  finb,  an  S)ürer  an» 

ftingenb,   nod)  etroaä  jeidjnerifd)   aufgefaßt ,    otjne    jebod)    einer   gemiffen   freien 

2luffaffung   unb   malerifdjen  Äraft  ju  entbehren;    ct)aracteriftifd)   finb    fie  burd^ 

itjren  grau^braungelben  Jon.    3Drei  baöon  befitjt  ba»  berliner  Wufcum:  ^unQer 

^icannöon  1534  unb  bie  beiben  ©egenftüde:  lltaler  @rf)arb  ©djme^er  öon  Nürnberg 

unb  feine  5^u»  öa»  elftere  1544,  ba»  jmeite  1545  gemalt.    S)a»  33Ubntfj  eines 

jungen  sDtanne»  öon  1543  ift  in  ber  faifert.  ©alerie  ju  2öien.   Setjr  djarafteriftifdj 

ift  ba»  Porträt  be»  ©eneral»  Sdjirmer  öom  $.  1545  im  ©ermanifetjen  sBlufeum. 

2lud)  an  anbem  Orten  gibt  e»  Porträt»  öon  sl).,    fie   merben  jeboef)  übertvoffen 

burd)  ba^  prächtige  männliche  33ilbni^  eine»  ©eteljrten  in  ber  ^arl»ruljer  ^unft= 

fyaüe.   3m  %•  1544  malte  ^ß.  ba»  ^orträt  be»  berüfjmten  ßarbinal»  ©ranöella; 

er  lie|  baffelbe   burd)   feinen  ©ol)n    auf  bie  £ofung»ftube    bringen,    um  e»  ben 

^'ofungsrjerrn   ju    feigen ;    berfelbe    eitjiett   bafür   ein   ©elbgefdjenf.     2)a»  2Berf 

fdjeint  nidjt  meljr    erfjalten   ju  fein.     3>m  Stidje  ift  nod)  erhalten  ba»  33itbntß 

be»  Nürnberger  Senator»  6f)riftoöf)  ßoter,    ba»   %  im  3f.  1536   gematt  t)atte. 

2lucij  ben   öon   unbefannter  -gmnb  geftodjenen  Söilbniffen  beg  sIRaler»  unb  feiner 

grau   mögen  Driginalgcmälbe    öon    biefem    felbft   ju   ©runbe    liegen.     Wagler 

(s3Jconogrammiften  III,  5lr.  238)    ftöfjt    fid)    mit   Unrecht    an   ber   fehlerhaften 

2luffd)tift  biefer  (Stidje  „©regor  ^ein»" ;   e»  ift  \a  bod)  gan^  jmeifello»  ba»  be= 


'4!enbel.  355 

fonntc  Sonogramm  bei  5(J.  barauf,  unb  bie  £rad)t  bet  bargeftellten  ^erfonen 
entfptt«f)t  audj  bet  5ßencyfcr)en  3e^-  ®er  Äünftler  erfdjeint  ba  ali  ein  sUcann 
etroa  Pon  30  $at)ren,  roärjtenb  er  in  bem  1574  geftod)enen  ""Dtebaitlonporträt 
bebeutenb  älter  erfdjeint.  ©anbrart'i  djaraftertofer  ©tid)  ift  Pielleictjt  aui 
bem  letzteren  fjetaui  „ibealijirt".  ^ebenfalls  fteüt  ir)n  bas  fd)öne  Jünglings* 
porträt  Pon  1544  in  ben  Uifijien  3U  51oren3  nicfjt  bar,  roie  man  bort  behauptet; 
aEerbingi  ift  >ß.  ber  Sßerfertiger  beffetben. 

SSefannter  ift  ty.  ali  $upferfiedjer.  Dbroofjt  ben  beiben  Serjam  gleichaltrig, 
fdjeint  *ß.  fiel)  bod)  ali  ©tedjer  nad)  biefen  gebilbet  ju  tjaben;  jebenfattö  ift  ex 
biefen  ferjr  Perroanbt,  unb  jäfjlt  ebenfo  jur  ©ruppe  ber  fogenannten  „$lein= 
meifter".  Uebrigcni  ^ierjen  mir  trotj  ber  unleugbaren  f5feinr)eit  unb  ^iertict)fett 
beä  ^encj'fctien  ©rabfticrjeli  bie  arbeiten  ber  Serjam  öor.  Offenbar  rjat  er  audj 
bie  arbeiten  ber  römifdjen  ©d)ule  ftubirt  unb  ift  (eiber  baburef)  in  eine  gemiffe 
©berfläd)tid)feit  bei  ßopjtrjpui  Perjallen,  unb  ei  fxet)t  ifjm  oft  genug  aui  ben 
angelernten  römifetjen  formen  bie  beutfdje  Spröbigfeit  unb  $norrtgfeit  IjerPor. 
Ob  ber  unleugbare  italienifcfje  (Sinflufc  burdj  eine  Steife  nacr)  2öelfd)tanb  <ju 
erflären  ift,  barüber  finb  bie  2lnfid)ten  Perjd)ieben;  ©anbrart  unb  bie  meiften 
nehmen  ei  an,  9tofenberg  leugnet  ei.  2ßir  muffen  bie  ©adje  batringefteßt  fein 
taffen,  bemerfen  aber,  bafj  in  biefer  ^rage  bie  ^arjre  1526 — 1532  fjauptjäcrjtidj 
3U  beachten  finb;  aud)  fäme  bai  3»af)r  1539  in  33etradjt,  mo  *p.  bie  Pt  nudle 
Sompofition  bei  ©iulio  Romano,  bie  Ghftürmung  Äartrjagoi,  möglicher  2öeife 
in  Italien  gefictfjen  rjat.  2)iefe  platte  ift  ^enc.j'i  umfangreidjftei  Söerf,  über= 
Ijaupt  einer  ber  größten  (Stiche  bei  16.  ^at)rb,unberti;  ber  römifdje  Äunftrjänbtcr 
©alamanca  ermarb  fie  <jum  2lbbrucfe.  ©onft  rjaüen  fid)  s$encä'i  SBtätter  in 
befdjeibenem  9Jcafjftabe,  ja  ei  finb  diele  gan^  fleine  baiunter,  bie  ifjn  eben  ju 
einem  ber  „ßleinmeifter"  fiempeln.  ©ein  erfier  batirter  ©tid)  ift  Pon  1535;  biefe 
3af)t  befinbet  fid)  auf  bem  9tegului,  ber  ju  einer  go^e  bon  4  Stottern  aui  ber 
römifdjen  Sefrijicrjte  gehört.  Ob  er  überhaupt  Piel  früher  geftod)en  r)at,  ift  root 
fragiler).  $•  arbeitete  nad)  bem  alten  unb  neuen  üeftament,  ferner  eine 
ganje  Sfteifje  gef djid)tlid)er ,  mrjtrjologifcrjer  unb  atfegorifdjer  SDarftettungen;  öon 
^eiligen  tjielt  er  fid)  ferne,  ©eine  mt)tf)otogifd)en  unb  allegorifdjen  2)ar= 
fteÖungen  befriebigen  ö'ter  ferjr  toenig,  ba  ifjm  bie  2)urd)bitbung  bei  9catften 
unb  bie  fdtjöne  (Jleganj  ber  gormen  abging,  jebod)  mufj  man  geftetjen,  bafj  er 
ttotjbem  manchmal  burd)  feine  römifd)en  ©tubien  in  ben  ©tanb  gefegt  mar, 
au<|  eine  gemiffe  ©cfjöntjeit  ber  ftoxmtn  unb  9teint)ett  ber  Sompofition  ju  er= 
Rieten,  ©ein  1543  geftodjenei  porträt  be§>  Äurfürften  Mann  gfttcbtt^  Pon 
©ad)fen  riPalifirt  in  ber  £reff(id)feit  ber  SSerjanbtung  mit  ben  35.  23efjanvfd)en; 
ei  fdjeint  übrigeni  nad)  einer  Vortage  Pon  Granad)  auigefütjrt  ju  fein. 

$.  Perbiente  eine  eigene  33erjanblung ;  feine  $upferftid)e  finb  im  8.  SSanbe 
bei  Peintre-Graveur  te^>  Sartfd)  befd)rieben ;  fonft  üergleidje  nod)  31.  9tofenberg 
in  9t.  S)ob,mei  Äunft  unb  ßünftlern,  1877,  unb  ben  betreffenben  ^affui  in 
2öoItmann=SCßörmann;i  ©efd)id)te  ber  ^Raterei. 

Söitb,.  ©d)mibt. 

$ettbel:  Sodann  ©eorg  Iß..  SSitbb.auer  —  geboren  unbefannt  mo  — 
fam  1650  ali  fdjon  fertiger  Äünftler  nad)  ^5rag,  ermarb  fid)  nod)  im  gleiten 
^ab,re  bai  SSürgetredjt  in  biefer  ©tabt,  infolge  jeinei  erften  monumentalen 
äöerfei  aud)  ben  Zxttl  einei  faifert.  fönigt  ^>ofbi(bb,aueri.  S)en  Auftrag  für 
biefei  nod)  immer  ali  3ierbe  bei  ^rager  sTlttftäbter  9tingi  Beftetjenbe  SDßet!  gab 
irjm  Äaifcr  gferbinanb  III.  —  roie  er  babei  auifprad)  —  aui  ©anf&atfett  für 
bie  (Snettung  ber  3lltftabt  Pon  ben  ©djroeben  (1648).  (Sine  b^odjaufragenbe 
fogenannte  5)carienfäule  umgeben,    entfpred)enb   ber  auigebet)nten   quabratifdjen 

23* 


356  ^cnnaüaire. 

söaftä,  bier  fampfgerüftete  ßnget.  S)em  ©efdjmaife  ber  $eit  angemeffen  in 
flotter  33arocfe  gehalten,  jeigt  fotoot  bie  ©efammtanorbnung,  tote  bie  Figuren* 
bilbung  ben  geiftreidjen  unb  gutgefcfmlten  ^3taftifer.  SDaö  ttmrbe  um  fo  äugen* 
fälliger,  alä  e§  galt,  bie  roäljrenb  ber  ^Belagerung  bon  s}kag  im  %.  17 57  burctj 
eine  preufjifctje  Äugel  jertrümmerte  Gmgetgeftalt  neu  ju  erfetjen.  (Srfeijt  rourbe 
fie,  aber  tocber  im  (Seifte  nodt)  in  ber  f^otm  ^enbel'ä.)  33ei  fo  rafctj  erworbener 
faiferlictjer  ©unft  gelang  e3  *ß.  aunädjft  audj  ben  mittlerweile  aufgebrochenen 
(Streit  awifdjen  ber  9)ta(erbruberfcr)aft  unb  ben  23ilbl)auern ,  bie  biö  batjin  im 
gemeinschaftlichen  33erbanbe  ftanben ,  burcl)  bie  erwirite  Genehmigung  für  eine 
gejonberte  Sßerbünbung  ber  SBilbtjauer  beizulegen.  —  SBeitere  Söerfc  bon  irjm 
finb  bie  in  ber  ^agabe  ber  ©alöatortircfje  (am  Äreuafjerrnptafce)  angebrachten 
Figuren  ber  ßircfjenbäter,  bie  wol  urfprünglid)  Tür  anberweitige ,  ber  ^orijont* 
linie  närjer  gelegene  Slufftellung  beftimmt  waren.  5Denn  für  bie,  in  Welcher  fie 
jetjt  tjoc^j  oben  ju  finben  finb,  mangelt  bie  erforberlicrje  3lu§bet)nung  beS  £)ör)en= 
mafjeä.  —  ©ine  rectjt  tüctjtige  Slrbeit  ift  Wieber  bie  im  weftlictjen  ültjeile  be§ 
«gjrabfctjiner  ©ct)lojjgartenö  bcfinbtictje  ^>erfule§ftatue.  2)tabacj  weif}  nocrj  bon 
^lltarbeväierungen  in  ber  —  aufgehobenen  —  ©t.  *Dtartin§firct)e  in  ber  2llt= 
ftabt ;  begglcidien  in  einer  nidjt  metjr  ejiftirenben  5Jluttergotte§firc|e  ju  berichten, 
iöeibe  finb  alfo  ber  93eurtb,eilung  entzogen,  ©leid)  uubeftimmt  Wie  ba§  ©eburt§= 
jaljr  ^enbel'S  ift  bae  feine§  SlblebenS;  fidjer  nur  ift,  bafj  er  in  $rag  geftorben 
■ —  im  Jpinblitfe  auf  eineä  feiner  legten  3Berfe  bürfte  ba§  Sfa^r  1665  al§ 
Üobesjaljr  anjuneljmen  fein. 

Slabaca,   3tög.   tjiftor.  Äünjilct-ßejifon.  —  Ofü^ti'S  äug.  $.=2ej.   — 
^ammerjd^mieb^  Prodrom,  glor.  Pragensis.     Eigene  ^coti^en. 

ftub.  füllet. 
^cmtQüairc:  fßeter  b.  fy.,  preufjtfctjer  ©enerallieutcnant,  1680  alg  ber  ®ot)n 
eine§,  au§  einem  au  ©aint=2lntoniu  in  ©utienne  anfäffigen  ©efdjlecfjte  ftammenben 
Slbbocaten  am  Parlament  an  Üouloufe  geboren,  welcher  infolge  ber  2luft)ebung  be8 
ßbictä  bon  5Rante§  mit  feinen  bier  «Söhnen  auämanberte,  biente  juerft  bei  ben 
Grand-Mousquetaires ,  mit  benen  er  am  11.  ©ept.  1709  bei  sJftalplaquet  fodtjt, 
Warb  1712  ßieutnant  beim  ßeibregiment  au  ^ferbe  (Äüraffterregiment  9tr.  3), 
mit  welctjem  er  1715  am  getbauge  in  Sommern  tl)eilnat)m,  unb  mactjte  fpäter 
alä  Dberft  ben  jroeiteu  fdglefifctjen  $rieg  mit.  2>afj  fein  Äönig  mit  feinen 
2)ienften  aufrieben  mar,  beweift  bie  33erleit)ung  be§  Drbenä  pour  le  mörite, 
Weldjen  er  im  ^uni  1747  empfing,  unb  bie  ein  ^atjr  fpäter  erfolgte  ber  2)roftei 
(SfenS  in  Dftfrieälanb.  9Jctt  letzterer  erhielt  er  bie  Gürlaubnifj,  ba§  (Sefct)en!  3U 
berfaufen;  er  trat  bie  S)roftei  baf)er  1749  an  einen  <£>errn  b.  ©teetjoto  ab;  er 
felbft  wirb  |>err  auf  ^eiligentljal  im  $Ran§fetbifcf)en  genannt.  Sll§  ber  fieben= 
jätjrige  Ärieg  auibradtj,  roar  er  ©eneratmajor  unb  6t)ef  be§  2eibcarabinier= 
regimentä  (Äüraffiexregiment  91r.  11).  S)em  gelbäuge  beS  Sa^eä  1756  toolmte 
er  in  ©actjfen  bei,  nad§  Seenbigung  bcffelben  marb  er  im  gdwnar  1757 
©eneratlieutenant  unb  mit  bem  ©crjmarjen  Slblerorben  begnabigt.  2lber  bem 
tapfexn  9teiter§mann  fdgeinen  Umficfjt  unb  Sftafcfj^eit  be§  ©ntfdgtuffeä  gefetjtt  ju 
liaben;  bieEeictjt  Ijatte  fein  tjorjeä  Sllter  i^m  biefe  für  feine  (Stellung  unentberjr= 
liefen  (Sigcnfdjaften  geraubt.  ©0  fam  e§,  bafj  er  mitfcrjulbig  marb  an  ben 
Urfadjeu,  roeldtje  am  18.  3fnni  1757  ben  Serluft  ber  ©djladjt  bti  Äolin  ^er= 
beifügten.  @r  rjatte  ben  33efeljt  erhalten,  mit  ben  iljm  unterftettten  20  ©crjröa= 
bronen  Äüraffiere  am  5u|e  ber  ^ötje  bon  SSrjiftrot)  ftetjen  p  bleiben,  bi§  bie 
Infanterie  be§  linlen  ^tügel§  unter  hülfen  unb  2Jtoritj  bon  ©effau,  auf  roelcrjer 
bie  Saft  be§  ^>auptangriff§  lag,  bie  nötrjigen  Sortfdjrttte  gemacht  tjätte;  in 
feiner  S)i8pofition  tjatte  ber  $önig  ber  ßaballerie  empfohlen,  bei  ber  ^panb  an 
fein  um  einbauen,  menn  e§  gälte  beu  ©ieg  ju   berbollftänbigen.     S)a§  $ufj* 


$enninc.  357 

öolf  tjatte  folcfje  ^ortfdjrttte  gemalt,  bafj  e§  fic£>  nur  nod)  barum  fjanbette, 
feine  ©rfolge  auszubeuten,  aber  ty.,  an  ben  söudjftaben  beS  legten  iljm  juge= 
gangenen  SSeferjlS  fief)  ^alienb,  tilgte  fidj  nidjt,  fonbem  blieb  rutjtg  an  einer 
©teile,  wo  er  nidjtS  tfjun  ober  roenigftenS  gar  nidjtS  fetjen  fonnte.  Sa  oradjen 
bie  öfterreidjifdjen  Steiler  gegen  bie  preufjifdje  Infanterie  öor;  ty.  fotlte  .grilfe 
bringen,  ber  Äönig  fanbte  itjtn  ben  SSefe^I  bap ,  aber  ftatt  bemfelben  auf  bem 
füraeften  Söege  nadjäufommen,  madjte  er  einen  roeiten  28eg  um  bie  ©etjöfte  öon 
SBr^iftrot)  tjerum,  roo  er  aufjerbem  nodj  burdj  eine  ©djtudjt  aufgehalten  roarb. 
SBietleidjt  tjat  bie  fogenannte  ©djroebenfdjanäe ,  toeldje  in  jener  5fticfjtung  tag 
unb  nodj  bleute  eine  anfetmttdje  $örje  fjat,  ifjn  bap  beranlajjt;  ber  bemttleibenS= 
roertrje  ©reis  ttmjjte  aber  auf  ^Befragen  nadj  ber  ©djladjt  roeber  hierüber  2luS= 
fünft  3U  ertfjeilen,  nodj  erinnerte  er  fidj  be§  bom  Könige  ausgegebenen  aÜge= 
meinen  Angriff SblaneS  ober  ber  5lrt  unb  SBeife,  roie  er  überhaupt  auf  ben 
Äambfplat}  gelangt  mar.  SeijtereS  gefdjar),  meil  er  auf  ben  33efetjt  gemartet 
unb  benfelben,  als  er  ir)n  erejatten,  nidjt  auf  bem  fürjeften  2öege  ausgeführt 
f)atte,  biet  <ju  füät.  £)'2)onnel'§  ßatmlleriebibifion  ftanb  ir)m  bereits  in  atoei 
Sinien  gegenüber.  3lbec,  toenn  itjtn  audj  ber  moralifdje  90tuttj,  etwas  otme 
auSbrüdtidjen  33efetjt  ju  trjun,  unb  ber  geiftige  Ueberblid  gefehlt  tjatten,  an  ber 
ötjtjfifctjen  £abf erteit  mangelte  eS  itjtn  nidjt.  ©obalb  10  ©djroabtonen  aufmar= 
fdjirt  waren,  ftür^te  er  fidj  auf  ben  geinb.  SSeöor  er  itjn  erreicht  Ijatte,  widj 
berfelbe.  S)ann  aber  gerietfjen  ^ßennabaire'S  berfofgenbe  Leiter  in  baS  geuer 
ber  gegnerifdjen  Infanterie,  madjten  ferjrt  unb  flutteten  jurüd.  9todjtnatS 
fürjrt  er  fie  bor,  als  bon  neuem  öfterreidjifdje  (Saöatterte  baS  eigene  $uf3tiotf 
bebrorjt,  aber  toieber  fommt  er  in  jenes  tierfjängnifibolle  $euer  auS  bem  @icr)= 
Wälbdjen,  wetdjeS  £)ülfenS  (Brenabiere  einige  ©tunben  borrjer  befetjt  aber  wieber 
öerloren  tjatten,  unb  in  nodj  größerer  Sluflöfung  jagen  feine  föüraffiere  rüdwärtS: 
bie  fonft  fo  braben  Seute  finb  für  biefen  £ag  nidjt  ferner  ju  gebrauten,  $m 
,<perbft  beS  nämlictjeu  ^atjreS  ging  er  mit  ber  2lrmee  beS  ^erjogS  bon  23raun= 
fdjWeig=33ebevn  nadj  ©djlefien;  in  ber  ©djladjt  an  ber  Sotje  am  22.  Diobember, 
Wo  feine  beiben  Äüraffierregimenter  (Dir.  6  unb  9,  33aron  ©ctjönaicfj  unb  ^rinj 
©djönaidj) ,  ber  (Solonne  be§  ©eneralS  ©djulj  jugetfjeilt,  bie  über  bie  Sofje 
gegangenen  Oefterreidjer  üergeblidj  jurüdauroerfen  öerfudjten,  marb  er  fdjtoer 
üertounbet.  2lm  19.  Januar  1759  ift  er  ju  Sßerlin  im  80.  SebenS=  unb  im 
65.  S)ienftjaljre  an  einer  Sungenentjünbung  geftorben.  Stuf  griebridjS  beS  ©ro^en 
5Denfmal  unter  ben  Sinben  in  ^Berlin  fte^t  audj  5pennat)aireJS  Dlame  öer= 
3eidjnet. 

Strdjib   beS  preu^tfdjen  J?rieg§minifterium§.  —  ^.  Äu^en,   Soor  rjunbert 
^aljren,  1.  Slbtfjeitung,  Breslau  1857.  33.  ^oten. 

$enniuc,  ein  niebertänbifetjer  ©idjter,  öerfa^te  ben  Vornan  „Dan  Söaleroein", 
öor  1250,  \)a  ^laerlant  im  Sllejanber  barauf  anpfpielen  fdjeint:  eben  btefe 
3eitbeftimmung  getjt  au§  ber  9teinf)eit  ber  ©pradje  unb  ber  SSerSfunft  Ijeröor, 
meldje  fidj  mit  ben  23erljältniffen  be§  91einaert  Dergleichen  (äffen.  S)er  Vornan 
umfaßt  über  11  000  5ßerfe,  bie  legten  3300  finb  öon  einem  gfortfetjer,  Bieter 
3}o§ftaert,  tjinjugefügt,  meldjem  ber  (Snttourf  ^enninc'S  borlag.  Seibe  2)id)ter 
maren  offenbar  5a^e^be;  ber  9tame  ^enninc  erinnert  an  ^etbling  in  einer 
öfterreidjifdjen  ©atire  auS  bem  Günbe  be§  13.  ^ar):l)unbert§ :  eine  fleine  ©elb» 
mün^e  bient  jur  SSe^eidinung  beS  geringgefdjä^ten  ^oeten.  2lber  ?fi.  öerbient 
alles  %oh  fotool  roegen  feiner  flie^enben  lebhaften  ©rjäljtung,  als  megen  beS 
überfidjtlidjen  ^laneS,  nadj  toeldjem  er  bie  gülle  ber  tounberbaren,  öon  äöate= 
mein  natürlidj  ftetS  glüdlidj  beftanbenen  Abenteuer  georbnet  Ejat.  2)er  <g>elb 
jagt  juerft  einem  fliegenben  ©djadjföiel  nadj ,  erringt,  um  bieS  bon  Äönig 
äöunber  ju  erhalten,  baS  ©djtoert  mit  ben  gtoei  fingen,   unb   getoinnt   enbltdj 


358  ^enninf. 

eine  ©eliebte,  ^tfabetta,  bie  «  urfprünglicb  gegen  baä  ©d)mert  ^atte  eintaufdjen 
fotlen.  Zahlreiche  eingefdjobene  SIbenteuer  finb  auch,  anberämo  befannt:  ein 
golbner  23aum  mit  Sßögelu,  bie  burd)  33lasbälge  aum  ©ingen  gebracht  werben; 
ein  tobtev  bitter,  ber  banfbar  für  bie  SSeftattung  beut  gelben  £)ilfe  bringt  u.  a. 
S)er  9toman  bon  5ßerccbal  ift  beuttidj  benutzt,  rote  anbrerfeit§  ber  9ttoriaen  auä 
unferm  ©ebidjte  fdjöpft.  äöateroein  erfc^eint  nidfjt  nur  al8  tapfer  unb  treu,  auch 
als"  barm^erjig;  moralifdje  Srjietjung  empfiehlt  ber  SDidjter  4838.  9luf  eine 
franjöfifdje  Quelle  roeift  nur  ber  gortfetjer  bin,  toätjrenb  *ß.  fie  abäutetmen 
jdjeint.  5)ie  Uebereinftimmung  mit  einigen  Werfen  eine§  fonft  berfdjottenen 
©aumain  fönnte  jufättig  fein. 

2Iu§gabe  bon  Sfonibtoet  nach  einer  guten  «gmnbfdjrift  bon  1350  in  ben 
Werken  uitgegeven  door  de  Vereeniging  ter  bevordering  der  oude  Nl.  letter- 
kunde,  Seiben  1846.  48.  —  Fragmente  Don  6.  $.  ©errure  in  De  Eendragt 
1850.  Sgl.  auch  ^onrfbloet,  Gesch.  d.  Mnl.  Letterkunde2,  (1852),  79  bti 
111;  Gesch.  d.  Nl.  Letterkunde  I  (1884),    325—332. 

Martin. 
^CHlÜltf:  Gorb  $.,  Obrift  unb  Otitter.  —  Ctjne  groeifel  mürben  bie  in 
bie  erfte  .gmtjte  beä  16.  3abrbuubert§  fatlenben  ©chtdfate  unb  SHjaten  biefeS 
ehrbaren  Jh-ieg8mann§  ba§  an^iebenbe  3eit=  unb  (Sbaraftergemätbe  eines  ber 
lebten  ßanbsfnedjtfütrrer  gemäbren ,  menn  genauere  2)aten  über  ihn  borlägen. 
®ie  SInbcutungen,  meldte  bie  3fnfdjrijt  feines  ©rabbenfmats  in  Hamburg  funb= 
gab,  beranlafjten  ben  2lrd)ibar  ßappenberg  ju  eingehenben  sJlad)forfcbungen, 
beren  (Srgebniffe  jebod),  obfdjon  fie  aus  gleid^eitigen  beutfcrjen,  bänifcben,  engtifdjen 
u.  a.  Oueflenmerfen  gefloffen  finb,  feinesroegs  genügen.  2ötr  miffen  nidjt  ein= 
mal,  mann  unb  mo  er  geboren,  bermuthen  aber,  in  s.Rieberfacbfen,  etroa  gegen 
@nbe  bes  15.  ^abrbunberts.  2)afe  er  einem  üornebmen  ©cfdjlechje  entfproffen 
fei,  mie  bie  ©rabfd)rtft  angicbt,  bürjte  als  eine  geroöbnlidje  «£>öUid)feitsflosfet 
aufoufaffen  fein.  Unter  meteben  Jahnen  ex  0Qg  jfriegshanbtuevf  erlernt,  ift  im« 
befannt.  6r  mirb  juerft  genannt  unter  ben  beutfdjen  £)auptleuten ,  meldje  ber 
S)änenföntg  ßfyriftiern  II.  für  ben  ßrieg  gegen  ©chmeben  gemorben ,  ba§  gegen 
feine  Srjrannei  unter  ©uftab  SBafa  aufgeftanben  mar.  ty.  febeint  fobann  bem 
entthronten  ,Wönige  um  1523  nad)  ,£>ottanb  gefolgt  ,m.  fein,  aber  beffen  S)ienft 
quittirt  ju  haben,  als  ßhriftierns  fernere  ^olitif  feinen  ©runbfätjen  nid)t  ent= 
fprad).  @r  trat  bielmetjr  in  bie  SDienfte  ber  Nachfolger  bes  Königs,  griebridjsll. 
unb  ßbriftian  III.  ßefeterem  half  er  in  ber  fog.  ©rafenfehbe  bie  ©djladjt  bei 
3tffens  auf  gübnen  (1535)  geminnen  unb  ftanb  in  beffen  Airiegsbienft  nod) 
1536  öor  Kopenhagen.  Um  1540—42  finben  mir  ibn  als  Anführer  eines 
beutfdjen  föeiiergefchroabers ,  roeldjes  Gbriftian  III.  bem  Röntge  fjfranj  I.  bon 
granfreidj  jufchjdte;  bie§  nöttjigte  ^ß.,  feine  Söaffen  gegen  2)eutfd)tanb§  ^"aifer, 
Äarl  Vv  in  ben  9tteberlanben  ju  tragen,  mag  ibm  be§  J?aifer§  Ungnabe  ju^og. 
S)enn,  aU  er  nad)  bem  ^rieben  (1544)  feinen  Söobnfife  in  (Jette  nehmen  mottle, 
beftimmte  ber  Äaifer  ben  C>er^09  öon  23raunfchmeig Lüneburg,  bie§  nidjt  au 
bulben.  5p.  fam  nun  nach  Jpamburg ,  mo  er  ©runbeigentbum  erroarb  unb  fich 
t)äu§licf)  nieberlie^.  Salb  barauf  aber  (1545)  begehrte  ^»einrid;  VIII.,  @nglanb§ 
Äönig,  $enninf'§  ®ienfte,  mogegen  fid)  einige  Ütattjgeber  bei  $önig£  ertjoben, 
meld)e  ^3.  berbädjtigten,  jebod)  erfolglos,  benn  ber  „dapitain  Sourtpennb,!",  mie 
man  il)n  in  (Sngtanb  nannte,  ertjielt  feine  SBeftallung  unb  zugleich  bie  Sditter» 
mürbe.  9Iud)  feine  3lu§fbbnung  mit  bem  Äaifer  bermittelte  ^einrid)  VIII.  ?($. 
erhielt  nun  ben  Auftrag,  etma  4000  SanbStncchte  in  S)eutfchlanb  anjumerben 
3U  einem  gegen  ©chottlanb  gerichteten  ^riegSjug.  9lad)  beffen  35eenbigung  30g 
$.  mieber  nad)  Hamburg,  roofelbft  it)n  nun  (1546)  ber  ©enat  als  £)briften  in 
Seftaltung   nafjm ,    eine   3lnftettung,    bie  ber  ©chmallalbifche  Ärieg  beranla^te. 


^emtinf.  359 

gunäcbft  30g   er   mit  einet  ©ötbnertruppe    nact)  9Jcagbeburg,    jut  Unterftti^ung 

bicfer  ©tabt    gegen   «"perjog   9Jcori£.     $m  SSotjaljr  1547   [teilte  $.  mit   anbetn 

Slbgeorbneten   ber  proteftantifdjen  ©tänbe  9cieberfad)fenS  ben   ^elbjugSplan   fcft 

gegen  bie  Krpebition  ber  fatr)oftfcr)en  Partei  unter  bem  iJerjog  Qmd)  b.  3Braun= 

fdjmeig  unb  bem  Dbriften  öon  äöriSberg,   melctje   mit    etroa  29,000  9Jtann    bie 

SunbeSftabt   SSremen    belagerten   unb    tjart    bebrängten.     Homburg  ^atte  ^mar 

bereite   burd)  ©enbung   einer   Kriegsflotte  SBtemenS  Söafferjeite    gebecft    unb  bie 

3ufutjr  bon  SebenSmittetn  gefid)ert,   bod)  galt  eS  nun,   baS  SBetagerungStjeer  ju 

Sanbe  ju  befiegcn    unb  Sremen,    foroie    baS   gan^e   protefiantifctje  9ttebetfad)feu 

öon    ben   UnterbrütfungSberfudjen    ber    fatljotifctjen   gartet    -$u    befreien.     Unter 

bem  Oberbefehl   beS  ©rafen  b.  9JtanSfelb    tarn    bei   bem   £>ot)a'fci)en  ©täbtdjen 

S)ralenburg  an  ber  Söefer   ein  ftattlictjeS  SunbcStjeer  aufammen ,    bem   fidj    bie 

23elagerungSarmee   gegenüberfteflte.     5£)aS  Hamburger   Kontingent    (8  gäfjntem 

£5fuf3*)otf  nebft  7  ®efct)üt$en  unb  1  gäf)nlein  ^Reiter)   räcfte   in   bie  ©ct)lad)tlinie 

unter  feinem  Dbriften .    bitter    Korb  ty. ,    bem    aucr)   bie   Kontingente    anberer 

SunbeSftäbte    unterteilt    waren.     %n    ber    am   24.    9ttai   1547    bafelbft    ge= 

lieferten  blutigen  ©djlactjt   mürbe   bie   fattjolifctje  Hrmaba   aufs  -gmupt  unb    in 

bie  gluckt  gefctjlagen,  eine  SSictoria  ber  proteftantifd£)en  ©ad)e,  meldje  bem  tDot)t= 

angelegten  unb    tapfer   ausgeführten   ©eitenangtiff   beS   sßenninFfctjen  GorpS   3U 

öerbanfen  mar,  unb  bemfetben  mie  feinem  friegSfunbigen  getbobriften  ju  grofjer 

(Stjre  gereichte.     33remen  mar    mie  9cieberfad)fen   gerettet,     ty.  30g  mieber  juiücE 

nad)  Hamburg.     5lber  noct)  gönnte  ber  greife  §etb  fiel)  feine  ;Rut)e.     2)enn  nod) 

einmal  liefj  er  fiel)  bemegen ,    einer   fönigl.  Berufung   in   ben  engtifdjen  Kriegs* 

bienft  ju  folgen,  moju  er  bom  Hamburger  Ütattje  Urlaub  erhielt,   ber  ifnn  auf 

fein  briefliches  2lnfud)en  1550  unb  1551  berlängert  mürbe.     (3ju  btefen  Briefen 

unterzeichnet   er  feinen  tarnen   f)od)beutfd) :     „(Stjunrab  Pfenning ,   Dbrifter  unb 

Ütitter".)     sJcad)bem    er   ju  23erroid:  in  ©nglanb    bie  Lüftungen  ju   einem  aber* 

maligen  Kriege  gegen  ©dmtttanb  botlenbet ,   bielleid)t   aucr)  an  bemfetben  tt)eii= 

genommen,  fefjrte  er  nad)  Hamburg  jurücf,  um  nunmerjr  auSjurutjen,  bermutt)* 

üd)  auf  einem  länbticrjen  (Sefjöfte  in  §amm  hä  Hamburg,    meld)eS   feiner  @t)e= 

frau  Slnna  (beren  Familiennamen  toir  ntdfjt   fennen)  ßigenttmm  mar.     21IS  ber 

alte  KriegSmann    fein  6nbe  t)erannar)en    füllte,    berer)rte   er  (1554)  ber  ©tabt 

Hamburg  einen   namhaften  ^Beitrag   ju    ben  Soften   eines   neuen  ^ftungSroerfS 

beim  ©teinttjor.     S)ann  mappnete    er  fid)   mit  geifttietjer  Lüftung  unb  berfd)ieb 

am  5.  5c^tuar  1555.     @r   mürbe    tjierauf    mit    großem   (Sepränge    in    feinem 

©rabgemölbe  in  ber  ©t.  ^acobifircr)e  feierlich  beftattet.   ©eine  Söittroe  lieft  it)m 

bafelbft  ein  ''JJcarmorbenfmal  errictjten,  beffen  ^nfcrjrift   in  tateiniferjen  S)ifticr)en 

ber  gleicrj^eitige  5Did)ter  unb  ^ratfjSfecretär  üti^enberg  berfa^t  tjatte.    2lnfprect)en= 

ber  lautet  in  ifjven    einfaerjen   heutjer^igen  Üteimen   eine   ju   berfetben  3"t   ent= 

ftanbene  beutfetje  Uebertragung ,    melct)e    un§   aufbemar)rt   ift.     ©ie  erjaratteriftrt 

ben  „alten  Aperrn  Korb  ^enninf  lieb  unb  mertt)  im   ganzen  ©actjfenlanbe  f)oct}= 

geetjrt"  —  all  einen  etjrbaren,  tugenbfamen,    treuen  Ärieg§=  unb  ^itterSmann, 

beffen  Japferteit    unb  Krieg§tunft    in   bieten  ©cr)lad)ten    S)änemarf,    ©ctjweben, 

23rabant,  grantreict),    Kngtanb,   ©ctjottlanb,    unb  jumal  9cieberfacl)fen    erfahren 

tjaben ,    bem   er ,    burd)  ben  ©ieg   bei  2)rafenburg,    ben  ^rieben§ftanb  gefiebert. 

^jerborgetjoben  mirb,    bafe   er,    „beff   man   fo  menig  2lct)t   tjat",  niemals  miber 

©otteS  5Jcacr)t  in  einen  Krieg  gebogen  fei,    unb  ftetS  fromm  nacr)  (SotteS  2öort 

gelebt  fyabt,   mie  ßorneliuS    ber  Senturio ,    ben    bie   tjeilige   ©ct)rift    preift.  — 

S)ieS  Spitaptj,  meldjeS  1617  auf  Koften  ber  ^acobifirct)e  reftaurirt  mürbe,    unb 

noer)  1663  bor^anben  gemefen  fein  mufj,  ift  feitbem  fpurloS  berfctjmunben,  biet* 

Ieid)t  erft  3U  Anfang  be§  je^igen  ^a^rtjunbertS ,  als  man  in  Hamburg  mit  ben 

Sltterttjümern  ber    Kird)e   banbalifd)   aufräumte.     5}on  ^enninf'S  äöittwe  Slnna 


360  $enäf)om. 

roiffen  mir  nod),  bafs  fie,  einige  3a$re  nadj  feinem  üobe,  einen  feinet  ihieg§= 
genoffen,  ben  Hamburger  Hauptmann  ÜitcEet  *ßlate  tjeiratljete,  nad)  beffen  Slbleben 
(1568)  fie  it)r  ©cljöfte  in  £>amm  öetfaufte. 

ßappenberg,  „ber  £>brift  (Sort  5J5ennint"  im  5.  Sanbe  ber  3eitftf)rift 
be§  SSereinS  für  £>amb.  ®efd)id)te,  ©.  32 — 45.  —  £)ie  gleichzeitigen  «£>amb. 
6f)ronifen  in  ntebeibeutfc^cr  ©pradje  IjerauSg.  bon  Sappenberg.  —  5Die 
lateinifdje  unb  beutfdje  $nfd)rift  ift  gebruiit  in  Sofftui :  Epitaphia  principum 
(1580)  ©.  125.    S5ie  tateinifdje  in  «mfclmann'ä  Jpamb.  Snfcriptionen  (1663). 

33  e  n  e  f  e. 

^klläljoni:    2>abib  üß.,    legtet   fjamburgifdjer    ©uperintenbent,   mar  ein 

©otjn  bon  9Jcagnu§  $.,   ber  mit  feinem  23ruber  St)liacu§  <jur  3eit  ber  9tefor= 

mation  in  Hamburg  lebte.    5Da§  erfte  fidjere  S)atuin  au§  feinem  Seben  ift,  bafj 

er  am  2.  2luguft  1553  in  Söittcnberg  infcribirt  warb;    batnad)    mirb    er  etma 

um  1533  geboren  fein.     Um  ^orjanniä  1562  roarb  er  in  Hamburg  5ßaftor  am 

,§ofpttal  jum  rjeitigen  ©eift.     21  lä  ber  .gmuptpaftor  ju  ©t.  Nicolai  ^or).  £>einr. 

3ariu§  im  $•  1565    an    ber  $eft    geftorben    mar,    mürbe  5ß.  ju  feinem  yiaä)= 

folger   ermäl)lt    unb    roärjrenb    ber   äJacanj    ber  ©uperintenbentur    bom    ©enior 

^oadjim  2Beftpt)al  eingeführt.     6§  mar  bie  3eit,  m  metdjer  in  ber  lutfjerifdjen 

Äirdje   ernftlidje   33eftrebungen    gemalt    mürben,  bie    eingeriffenen   S^vroürfniffe 

unb  ©treitigfeiten  ju  befeitigen  unb    eine  llebereinftimmung  in  ber  ßecjre  Ijcrju» 

ftellen.    sJiad)bem  ^acob  Slnbreae,  ber  fyauptfädjlidjfte  Qförberer  biefeg  (Soncorbien= 

mcrfe§,  jum  erften  sJJtal  im  ^erbft  1569  nad)  Hamburg  gefommen  mar,  um  bie 

^ßrebiger  tjier  für  biefeä  Söert  ju  getoinnen,  finben  mir  neben  3oa$im  Söcftptjat 

bor  allen  befonberi  5(J.  für   baffelbe   trjätig.     deiner  mürbe  bann  fo  oft  mie  er, 

fei  c£  allein  ober  mit  einem  Kollegen,  jur  Vertretung  ber  Ijamburgifdjen  Äirdje 

auf  auömärtigen  ßonoenten  beputirt.     ©o  mar  er  fdjon  ju  bem  im  2Rai  1570 

in  3"bft  gehaltenen  Gonbente   mit  bem  ^rebigcr  ©tapljorft  entfanbt;    unb  al§ 

SOßefipfjal   im   $.  1571    ©uperintenbent   gemorben    mar    unb    unter  2Beftpr)al'ä 

5lad)fofger    in    ber  ©uperintenbentur   Grjriacuä  ©imenS    (1574 — 76)   t)atte  $. 

beinatje  alle  Verfjanblungen  mit  ben  au§märtigen  Geologen,  auS  mcldjen  bann 

fdjliefjtidj   bie   Sünnarjme   ber  (Sintradjtäformet  (Formula  Concordiae)    refultirte, 

namen§  ber  Ijamburgifd)eu  ©eifttidjfeit  <$u  führen,     ©o  mürbe  er  benn  aud)  am 

22.  fjtffouar  1575   jum  2lbjutor    beg   letjtermäljnten   ©uperintenbenten   ernannt 

unb  nad)  beffen  am  13.  9Rärj  1576  erfolgten  £obe  aunädjft  am  24.  9tobember 

1576   ^um   ©enior  be§   sIRinifterium§  unb   fobann    am    17.  Sluguft  1580  jum 

©uperintenbenten  ermärjtt.     2113  ©enior   tjat  *ß.  al§   erfter   unter   ben   rjambur= 

gifcijen  *ßrebigern    ba§   ßoncorbienbud)  unterfdjrieben ;    ifjm  folgten   bie  fämmt= 

lid)en  ©eiftlicrjen   bi%    auf   einen,    ber    bann   Hamburg   berliefj   unb   au§märt§ 

reformirter   ^prebiger   mürbe;   in   ber  Wnnaljme   ber  @oncorbienformet  burd)    bie 

tjamburgifcf)e  Äird)e    bürfen    mir    ganj  befonberS    mit   fein  äöerf  fe^en.     ©djon 

alg  -gmuptpaftor   unb    cjernad)    als   ©enior   unb    ©uperintenbent    mar  5jß.  aud) 

beteiligt  bei  bem  33erfar)ren,  ba§  gegen  bie  nad)  Hamburg  gefommenen  fremben, 

meift  nieberlänbifdjen,    nid)t  tutt;erifd)en   ßrjriften    eingefdjtagen  marb;    e§  finb 

nod)  eine  9reit)e  bon  2lbf)örungöprotocoIlen  bortjanben,  bie  5|5.  grofeentcjeilö  felbft 

gefdjrieben  t)at;    fie  Ijaben   erfidjtlid)  nur  ben  $wd,    ba§  ßrgebni^  ber   borge= 

nommenen  SSertjöre   feftäuftetlen.     ©in   befonbere§  SSerbienft  ermarb  fid)  ty.  nod) 

um   bie  3lmt§etntünfte   ber   Sanbpaftoren  im   cjamburgifdjen   ®ebiete;    bon  itjm 

nad)   eingetjenben   Untcrfuctjungen   über   fie   borgenommene  2lufjeid)nungen   finb 

nod)   bon   grofjem   SfTitereffe.     @r  ftarb   am   29.  ©eptember  1593;    fein  ©arg 

marb  bon  ad)t  ©eifttidjen  getragen.    6r  r)interlie|  brei  ©öljne  unb  bier  2öd)ter ; 

fein  ältefter  ©ot)n,  aud)  S)abib  ^5.  genannt,  geboren  1570,  marb  im  3-  1621 

©enator  in  Hamburg   unb   mar   ^Dtitgtieb    ber  ©efanbtfdjaft,   meld)e   bie  .£mm=> 


^entertteber.  361 

Bürger  im  %.  1654  nact)  >ßari3  fcfjicften  unb  bie  bort  am  10.  9Jtai  1655  mit 
Submig  XIV.  einen  ©ee=  unb  .gmnbetstractat  abgefcfjtoffen  tjat.  2>er  6ppen= 
borfer  9ßafior  2)aöib  ^enltjorn  (t  1628)  mar  ein  jüngerer  Setter  unferei 
©uperintenbenten,  ©otjn  bes  Gptiacuij  $. 

(Sine   Sebengbejcfjreibung    ^enirjorn'i    eriftirt    nod)    nidjt.    —    Voller, 

Cimbria  litterata  I,  ©.  483  f.  —  Serjton  ber  £>amb.  ©crjriftftetter  VI,  ©.  17  f- 

—  Sßitfenä,    .gmmburgifcrjer  (Stjrentempet,    2.  345  f.    —    Utöncfeberg ,    S)ie 

(5t.  9tifotai=Äirct)e  in  Hamburg,  ©.  130  f.  —  {Joerftemann,  Album  Viteberg. 

p.  283.  —  3eitftf)rift  beö  23erein§  für  -üpamburgifdje  ©efcrjicfjte,  VI,  ©.317  ff. 

u.  ©.  345  ff.,    ätoei   5luffä^e   Pon    £)tto  23enete:     „3ur  ©efct)ict)te   ber  nic&> 

lutfjerifcrjen  ©tjriften  in  Hamburg  1575  &i§  1589"    unb    „2)ie  2tmt§einfümte 

ber  f)amburgifcr)en  Sanbpaftoren   in   älterer   3eü" ;    bgl.  ^ier    auct)  befonberi 

©.  355  ff.     Angaben   über  bie  ^familie  ^en§f)orn.    —    Fabricii    memoriae 

Hamburgenses  VII,  p.  270  ff.  1.  u. 

"^CHtcrriebtcr :     Srjrifioprj     gretfjerr    ö.   $. ,    fRetdt)st)ofratt) ,    nieber= 

länbifcfjer  9tatt) ,   tt)irf(icf)  geheimer  Statt) ,    ©efanbter  ,ßarl§  VI.   in  $ari§.     5ß. 

entftammte  einer  gamitie,    meiere  erft  mit  feinem  Sater  ^ob^ann  ßtjriftopr)  am 

25.  gebruar  1662  geabelt  roorben  mar.  SDanf  feiner  raftlofen  Stjätigfeit  unb 
feines  mit  unbegrenztem  (Stjrgeiae  gepaarten  ftaatimännifdjen  2öiffen§  gelang  e§ 
irjm,  eine  Jpötje  ju  erflimmen,  roetetje  bamati  für  ©otcfje,  bie  fidj  feiner  langen 
unb  gtänjenben  Sltjnenreitje  rürjmcn  tonnten ,  faft  unerreicr)bar  mar.  ©tücfticrje 
3ufattigfeiten  tjatfen  jeboct)  aucrj  mit,  feine  ßaufbatm  eben  ^u  geftalten.  ©o 
mar  itjm  s^5rinä  (Sugen  Pon  ©aPopen  befonbers  geroogen,  mal  nierjt  menig  baju 
beitrug,  ifjn  fctmelter  öormärt§  ju  bringen,  ©ein  -ftame  rourbe  erft  jur  3e^t 
be§  fpanifd)en  (£rbfotgefriege§  fo  red)t  eigentlich  befannt.  6r  narjm  an  ben 
grieben§öert)anbtungen  3U  Utrecht  al§  faiferlidjer  ©efanbtfcf)ait§fecretär  unb  9te= 
gierungsratfj  tfjeil  unb  getoann  öon  bem  (Sänge  bei  ^riebenegefcrjäfteä  genauefte 
.ftenninifj.    2>e§r)alb  erbat  fict)  -^rinj  Sugen  auebrücflicf),  baß  itjm  bei  feiner  am 

26.  ftoöember  1713  ftattfinbenben  3ufammeitfunTt  *****  oem  franjöfifctjen  2flar= 
fdjatt  33iHar§  ju  gtaftatt  %  atö  ©ecretär  beigefellt  roetbe.  31m  7.  max$  1714 
erfolgte  ber  Slbfdjtufj  bei  g^benS  Pon  üiaftatt,  unb  am  7.  September  besfelben 
3af)re§  mürbe  -}u  SSaben  in  ber  ©djroeij  ber  Sfteicrjsfrieben  gefctjtoffen ,  an  beffen 
Sertjanbtungen  s£.  ebenfalls  teilgenommen  blatte.  9tact)  bem  £obe  £ubroig£  XIV. 
mürbe  *ß.  orjne  befonberen  (Stjarafter  nact)  ^ßariS  gefdjictt ,  roofelbft  er  am  8. 
SDeccmber  1715  eintraf,  um  hi%  jur  Ütütffe&r  bee  33otfct)arter3,  ©rafen  Äoenig3= 
egg,  melcrjer  jur  Qtit  in  ben  ftiebertanben  meitte,  bie  öfterreidnfetje  Regierung 
ju  öertreten.  Saut  faifertidjer  ^nftruetion  üom  23.  Cctober  1715  tourbe  % 
„aui  befonberem  Vertrauen  ju  feiner  2reue,  ßapacität  unb  in  publicis  erroorbenen 
ßrfarjrenrjeit"  für  biefen  mistigen  ^often  ausliefen.  3uS^e^  erhielt  er  ben 
Auftrag,  auf  bie  2lusfüt)rung  einiger  SBcftimmungen  ju  bringen,  melctje  aui  bem 
9taftatt=babifcf)en ,  meftfälifct)=nimmegifct)en  unb  rrjeroicfifctjen  ^rieben  noctj  au§= 
ftänbig  mar.  ftadj  gefctjloffenem  Sarrin-entractat  mit  ben  ^poüänbern ,  mclctjer 
im  2lnfct)lu^  an  ben  lltrec6>9taftatter  ^rieben  ftetjt,  mürbe  ©raf  Äoenigiegg, 
biifjer  beöotlmäcfjtigter  9JHnifter  in  ben  5lieberlanben,  öon  ba  abberufen,  um  fict) 
al§  SSotfdjafter  auf  feinen  neuen  ^often  naef)  ^ari§  ^u  begeben.  Sie  5lbberu= 
iung  5penterriebter'g  erfolgte  am  12.  Sluguft  1716.  %m  14.  ©eptember  reifte 
tß.  öon  $ari§  ab,  traf  am  19.  in  S3rüffel  ein,  mo  er  bem  ©rafen  -ßoenigsegg 
bie  nötigen  5lact)ri(i)ten  mitteilte  unb  fict)  fobann  jum  $aifer  begab,  ©rai 
^oenigiegg  felbft  langte  am  20.  Wäxfr  1717  in  ^arii  an.  3lli  gegen  Gnbe 
be&^af)re§  1716  bie  55ert)anblungen  über  bie  Quabrupetattianj  Cefterreictji  unb  ber 
brei  2Beftmäct)te  ifjrcn  Anfang  narjmen,  mürbe  fy.  3U  öfteren  Fialen  mit  mictj= 
tigen  3Snftructionen  nacr)  <£>annoöer  unb  Sonbon  gefct)icft,   unb  er  entlebigte  fict) 


362  S-Pen|3. 

ftetS  feiner  Aufträge  jut  öottftcn  3ufriebenljeit  feines  taiferlidCjen  £)errn.  9lacr) 
abermaliger  Abberufung  ÄoenigSeggS  erfolgte  am  23.  «September  1719  bie 
jmeite  ©enbung  s4>enterriebterS  rtad)  ijSartS;  juüor  mürbe  irjm  jebodj  „auS  befon= 
öeren  33emegurfad)en"  ber  $reib,crrnftanb  üerlieb/n.  2>aS  SMptom  felbft  trägt 
baS  S)atum  Dom  25.  September.  Am  8.  sJtoüember  1719  fam  5ß.  nadj  $ariS, 
mofelbft  er  bis  jum  7.  gebruar  beS  SfarjreS  1722  üerblieb;  benn  in  ber  3roif<^en= 
jett  —  am  30.  2>ecember  1721  mar  er  als  ©efanbter  ;mm  griebenScongrefje 
511  ßambrarj  ernannt  morben,  auf  meldjem  megen  ber  Anfprüdje  ©panienS  auf 
üalienifcfje  ©cbietStljeile  unterrjanbelt  toerben  follte.  s3)carcuS  fyreiljerr  ü.  gf°n= 
feca  mürbe  mätjrcnb  ber  Anmcfenljeit  ^enterriebter'S  in  ßambraü,  mit  ber  2ei- 
tung  ber  ©efdjäftc  beauftragt.  Am  28.  October  1723  erhielt  !p.  jebod)  bie 
SBeifung,  mann  immer  er  eS  für  nottjmenbig  eradjte  unb  ofme  üorerft  anju= 
fragen,  fid)  nad)  sßariS  ju  begeben,  ba  eS  ber  aHerb,öd)fte  3)ienft  erforbere,  „einen 
metjrerS  auttjorifirten  ^tinifter,  als  ber  33aron  be  gonfeca  ift,  ju  ein  ober  anberer 
3eit  am  franaöfifdjen  £)ofe  ju  tjaben."  S£)aS  2Biener  (Sabinet  erblicfte  in  s|s.,  melden 
man  aud)  in  Gambrat)  „nid)t  fo  Icidjtlidj"  entbehren  tonnte,  denjenigen,  meld)er 
im  $atlc  beS  ülobeS  beS  .^er^ogS  üon  Orleans  unb  barnad)  folgenber  93eränbe= 
rung  im  9Jcinifterium  in  üerläfjlidjfter  äßeifc  über  ben  ©ang  ber  franjöfifdjen 
^>otitif  berid)ten  tonnte.  sJtad)  bem  ©d)eitern  ber  unfruchtbaren  s.23erl)anb(una,en 
beS  GongreffcS  <}u  Gambrat)  mürben  u.  3.  am  30.  April  1725  bie  ©efanbten 
üon  bort  abberufen.  ;3m  3fuli  172<i  mürbe  ©raf  ©teptjan  ßurölij  an  ©teile 
beS  ©rafen  .^oenigSegg  jum  23otfd)after  in  s4>ariS  ernannt,  inämifd)en  fdjon  jc= 
bod)  s^.  baljin  beorbeit.  «Seine  Anmefenb/it  in  5p<mB  mar  um  fo  midjtiger, 
als  ber  £ob  ©eorgS  I.  üon  Gnglaub  unb  bie  fortgefetde  Belagerung  ©ibraltarS 
üon  Seite  ber  Spanier  bem  Sujammentritie  beS  neuen  GongreffeS  ju  ©oiffonS 
langen  Auifdpib  bereiteten.  Gnbe  beS  3»al)reS  1727  ertjielt  s|>.  ben  befonberen  Auf= 
trag,  beim  franaöftfdjen  Jpofe  auf  bie  Gröffnung  beS  GongreffeS  ju  bringen,  au 
bem  er  laut  ^nftruetion  üom  27.  2)ec.  neben  bem  Jpof tangier  unb  sJJcinifter  ber 
auSmärtigen  Angelegenheiten,  ©rafen  Sinjenborff  unb  ©rafen  $inSft)  als  britter 
SBeüollmädjtigter  gefd)icft  mürbe.  ^njroifd}en  tjatte  s}>.  nod)  bie  2ßürbe  eines  ge= 
Reimen  ÜtattjeS  erhalten.  Söäljrenb  be«  GongreffeS  ftarb  s4>.  p  SoiffonS,  am  20.  ^uti 
1728.  SBie  jd)tner(üid)  fein  plötjüdjeS  .pinfdjeiben  ben  $atjer  traf,  beroeifen 
folgenbe  3c^en/  üjeldje  biefer  am  5.  2luguft  beefelben  Sa^reS  an  Sinjenborff 
fdjrieb.  „S)er  Söexluft  eines  fo  getreuen,  rütjrigen  unb  guten  üDienerS  märe  mir 
ieber^eit  nid)t  menig  empfinbüd)  gemefen,  ift  eS  aber  bermalen  um  fo  met)r,  als 
berfelbe  ju  gar  unbequemer  3eit  fid)  zugetragen  Ijat."  S)ie  furje  .^ranfb^eit, 
meld)e  ^>.  befallen,  mar  mol  aud)  burd)  ben  Sd)merj  nod)  gcfät)rlid)er  gemorben, 
ben  5ß.  barüber  empfanb,  ba^  ©in^enborff  ob,ne  itjn  ju  öfteren  *Dtatcu  mit  bem 
ßarbinal  gteurü,  geheime  Seratljungen  pflog.  ©d)  litt  er. 

V^CH^:  ^onrab  Süber  ü.  ^-  ober  ü.  s4>enj,  aus  altem  medtenburgifdjen 
©efd)led)te,  Sotjn  eines  Hauptmanns,  geb.  1728,  lebte  als  früherer  b.oüänbifdjer 
ßieutenant  in  befd)eibenen  Söer^ältniffen.  in  ber  ©tabt  ^enjlin  als  s|>nüatmann 
unb  ftarb  im  gftfiljlittg  1782.  5luS  feiner  <St)e  mit  ^ba  iBenebicta  ü.  b.  ßü^e 
b/interlie^  er  brei  Uinber.  6r  befd)äftigte  fid)  eifrig  mit  ben  ©enealogien  beS 
medlenburgifdjcn  Abels  auf  ©runblage  ber  Sammlungen  beS  roarjrfdjeintid)  (Snbe 
1746  üerftorbenen  jüngeren  Sodann  ^einrid)  ü.  ^oindt)ufen,  bie  itjm  1766  üon 
ben  @rben  auSgel)änbigt  maren,  unb  bereit  Sefferung  unb  9}ermel)rung  er  unab= 
läffig  betrieb.  3Bat)rfd)einlid)  lebte  er  mit  üom  ßrtrage  ber  Lieferung  geneato= 
gifd)er  9^ad)meife  an  abtige  Familien  unb  üon  iljm  ftammen  mal)rfd)einlid)  alle 
foldje  Arbeiten  aus  feiner  Qtit  ©0  fidjer  bie  Sefdjreibung  beS  ©efd)led)tS 
ü.  SSülom,  meld)e  ber  medl.  =  ftreli|ifd)e  ©el).  .^ammerratb,  ^.  g.  ^oad)im 
ü.  SBülom  auf  Älaber  rcüibirte  unb   1780  bruden  lie^,  ebenfo  baS  „3}eräeid)niS 


^enael.  363 

beS  mecflenburgifctjen  SlbelS",  baS  unter  beS  9JHnifterS  t>.  ©atnm  Flamen   getjt. 
*Pen^'ö  Rapiere  finb  enblid)  in  baS  grofttjerjogiictje  2lrctjiü  in  ©ctjmerin  gelangt. 
©.  Sifctj,  Satjrbb.  29,  ©.  35—44.  Traufe. 

^engel:  Slbratjam  Safob  $.,  ^tjilotoge  unb  ^olrjtjiftor,  1749—1819. 
<£r  ttmrbe  als  ber  ©otjn  beS  reformirten  Pfarrers  3otj.  °$at.  ty}  am  17.  9io« 
ttember  1749  in  bem  SDotfe  Störten  bei  SDeffau  geboren  unb  juerft  tjier,  bann 
feit  1757  in  Seftnitj,  rootjin  ber  23ater  öerfe|t  roar,  meift  priüatim  unb  plan= 
loS  unterrichtet.  1762  tarn  er  auf  ba§  reformirte  ©rjmnafium  in  ^)atte,  geriete) 
aber  balb  fo  in  gerftreuungen  uno  WictjtSttjun,  ba§  ber  9Jater  itjn  roieber  nactj 
.gmufe  berief,  um  itjn  felbft  ^ur  UniPerfität  öorjubereiten.  SDurctj  ben  Rabbiner 
ber  jübifetjen  ©emeinbe  in  ^efeni|  in  baS  ^ebräifetje  eingeführt ,  befctjtoft  s}>. 
morgenlänbifctje  ©pracfjen  ju  ftubiren  unb  be^og  ^u  bem  3roecfe  1766  bie  llni= 
Perfität  ©Ölungen,  trieb  tjier  aber,  fo  roeit  er  übertäubt  arbeitete,  öorroiegenb 
bie  norbtfetjen  ©pradjen;  er  ternte,  mit  aufterorbentlictjem  ©practjtalente  begabt, 
lafcf)  fctjtoebifctj,  bänifetj  unb  iSlänbifctj.  Um  itjn  feinem  unorbentlictjen  ßeben 
j$u  entjietjen,  tjiett  itjn  ber  23ater  Pon  1767  an  roieber  3U  |mufe;  er  arbeitete 
öiel,  aber  SllteS  otjne  rechten  ^lan;  balb  betjerrfctjte  er  5et)n  tobte  unb  lebenbe 
©pradjen.  @in  <^eftct)en  ©ebicfjte  „an  bie  2)enuS  drrjcina",  roelctjeS  er  1769  in 
33erlin  bruden  lieft,  erroarb  itjm  bie  ®unft  $r.  9licolai'S.  1770  ging  er  nactj 
fieiüjig,  um  bie  unterbrochenen  UniPerfitätSftubien  roieber  aufzunehmen;  9£eiSfe 
intereffirte  fictj  für  ifjn,  er  tourbe  Mitarbeiter  an  ben  Acta  eruditorum  unb  ber 
£eipjiger  getetjrten  Leitung,  tarn  auetj  in  SSerbinbung  mit  Klotj  unb  anberen 
namtjaften  ©eletjrten.  2luf  9teiSfe'S  ©rängen,  fictj  einem  beftimmten  ©ebiete  ju* 
•mroenben  unb  baS  Vielerlei  jju  laffen  (er  Tratte  in  Seipjig  u.  21.  auetj  noctj 
üßolnifctj  gelernt),  befctjtoft  er,  fictj  auf  bie  alte  ©eograptjie  ju  befctjränfen.  3luf 
Ktofc'S  9tatt)  ging  er  nactj  §alte  unb  ttmrbe  tjier  am  9.  September  1771 
^ftagifier  mit  einer  SDiffertation  „de  Barangis  in  aula  Byzantina  militantibus", 
tjabititirte  fictj  auetj  in  bemfelben  <g>erbfte  mit  einem  Programme  über  bie  ^prj= 
perboräer.  2>urctj  ©ctjutben  bebrängt,  tonnte  er  fictj  in  -gmtle  nietjt  tjalten,  fanb 
auetj  in  ^ena,  rootjin  er  geroanbert  roar,  fein  Unterfommen  unb  fatj  fictj  fo  ge= 
nöttjigt,  roieber  jum  Sßatertjaufe  prücfyufetjren.  <£)ier  begann  er  fleißig  an  einer 
beutfetjen  Ueberfetjung  beS  ©trabo  $u  arbeiten;  etje  biefe  aber  öottenbet  roar, 
öerlieft  er  1774  bie  ^eimattj  unb  ging  nactj  SBürjburg,  fanb  tjier  auetj  am  fürft= 
btfctjöftictjen  ^ofe  Slufnatjme  unb  Unterftüt$ung ,  fo  lange  er  bie  UnitterfitätS= 
bibtiottjef  fleißig  befuctjte.  2)er  größte  S£t)eit  ber  „Pomona  franconica"  ift  tjier 
unter  (Sibfen'S  Leitung  öon  itjm  aufgearbeitet  roorben.  2Iber  bie  Unregelmä|ig= 
feiten  feines  SBanbetS  ttertrieben  itjn  üor  Slbtauf  eine§  3atjre§  öon  Söürjburg; 
in  {£ranfen  planlos  umtjerirrenb ,  faftte  er  ben  @ntfctjluft,  9torb=@uropa  ju  be= 
fuetjen,  um  fictj  bie  für  feine  geograptjifctjen  ^läne  unentbetjrlictjen  lettifetjen 
unb  flaöifctjen  ©praetjen  anzueignen.  3U  biefem  Qtoedt  ging  er  nactj  Nürnberg 
unb  lieft  fictj  f)ter  öon  preuftifetjen  äöerbern  für  ben  f.  pr.  $rieg§bienft  anroerben, 
in  ber  Hoffnung,  auf  biefe  SBeife  nactj  Königsberg  ^u  fommen,  roo  fictj  baS 
Söeitere  fetjon  ^nben  roerbe.  2lm  28.  Slpril  1775  fam  er  in  Königsberg  an: 
SltteS  fctjien  nactj  äöunfctj  ju  getjen.  S5on  allen  ©eiten  unterftü^t,  fonnte  er  fictj 
gang  feinen  ©trabo*©tubien  roibmen;  bie  Pier  33änbe  ber  Ueberfetmng  erfctjiencn 
öon  1775 — 77  in  Semgo  unb  fanben,  namentlich  toegen  ber  beigegebenen  @r= 
flärungeu  unb  Karten ,  öielfactje  9lnerfennung.  Dbmot)l  bie  Verausgabe  ber 
Königsberger  3e^un9  ^,n  eine  nietjt  unanfetjnlictje  Sinnafjme  bot,  er  auetj  ©ol= 
batenbienfte  nie  ^u  leiften  brauctjte,  öerfctjroanb  er  nactj  brei  ^atjren  aus  unbe= 
fannten  ©rünben  auS  Königsberg;  er  tauctjte  bann  in  SBarfctjau  auf,  muftte  öon 
bort  flietjen,  roar  1780  engtifctier  ©pradjletjrer  in  Krafau,  bann  Sirector  ber 
bortigen   3lfabemifctjen  93uct)bruderei   unb  33ibliottjefar  im  ©t.   5petri=©eminare, 


364  5ßen3lin. 

tiertot  biefe  ©teilen  aber  fcrjon  1781  unb  trieb  ftdj  bann  mehrere  3far)re  lang, 
burcl)  einen  ©rafen  ©otttjct  in  ®ombroroa  noct)  tiielfacl)  unterfiüj3t ,  in  allerlei 
Stellungen  in  ^ßoten,  ßitttjauen  uub  ©djtefien  tjerum,  bis  er  1793  eine  Stellung 
al3  Setjrer  ber  ^oetif  in  Saibact)  fanb.  <§ier  fetjte  er  bie  1786  begonnene 
Ueberfetjung  be§  2)io  ßaffiuä  fort,  mar  aber  noct)  nidjt  bis  jur  33ollenbung  be§ 
feiten  33anbeS  gefommen,  al£  er  feine  ©teile  tierlor;  er  fudjte  fid)  nun  in 
Stieft  roteber  al§  ©tiractjleljrer  burctjjufctjtagen ;  aber  aud)  tion  t)ier  1812  tier= 
trieben,  toanbte  er  fiel)  auf  ©djlictjtegrolTä  (Jinlabung  nad)  ^Jtünctjen  unb  be= 
forgte  tjier  eine  3lu£gabe  ber  9ieifebefct)reibung  be3  9)tünd)enei3  ©Rittberger; 
erje  ber  2)rutf  tioHenbet  mar,  mie§  itjn  jebodj  bie  bairifdje  tpoliact  au§.  2?m 
9totoember  1813  fam  er  nad)  ßeipjig,  um  nunmerjr  feinen  2)io  SaffiuS  ju  tiott= 
enben,  im  £5feDt"ar  1814  fiebette  er  nad)  feaUt  über  unb  fanb  t)ier  bei  9tie= 
merjer  unb  £iefttunf  Unterftütuing  unb  aud)  ©d)u|  gegen  neue  tiolijeilictje  33er= 
folgungen.  SDie  9lott)  trieb  ben  alten  ©eletjiten  mieber  in  «gmuSletjrerftellungen ; 
©treit  mit  feinen  Verlegern  tiefe  it)n  nid)t  jur  föutje  fommen;  enblid)  1816  be= 
lam  er  burcl)  ba§  9Jtitteib  beS  ©rofjtjerjogS  tion  Söeimar ,  ben  §r.  Jacobs  für 
s4>.  inteteffirt  tjatte,  eine  Heine  3lnfteltung  al§  Sector  be§  @nglifd)en  an  ber  Jenaer 
Unitierfität  mit  100  Itjtrn.  93efotbung;  er  gab  ^ßritiatunterrictjt  unb  fcr)rieb  altertet 
Strtifet,  namentlich  für  bie  ^enaifdje  Sttteratur^eitung,  tierfam  aber  immer  meljr  in 
ü£runffud)t  unb  llnfauberfeit  unb  ftarb  am  16.  9Jcärj  1819.  33or  feinem  lobe  mar 
er  tion  ber  tatljotifcrjen  $irct)e,  bei  er  fid)  in  "^oten  jugemenbet  tjatte,  mieber  jum  ^ro« 
teftanti§mu§  übergetreten;  in  feinem  Seftamente  toermadjte  er  „feine  ©crjulben 
bem  ©rofeljeräog  Äarl  9luguft,  feinen  2eict)nam  bem  anatomifeljen  üLtjeater,  feine 
33üd)er  ber  afabemifdjen  33tbliott)ef".  33on  ben  jatjlreictjen  ©djriften  biefe§  reierj» 
begabten,  aber  toötlig  r)alt=  unb  auctjttofen  3lbenteurer3  finb  aufjer  ben  fd)on  et» 
mahnten  ju  nennen:  „Vernünftiger  33erfuct)  über  bie  ©runbmarjrtjeiten  be§ 
latfjolifdjen  ®(auben§"  1782  („greuettjaft"  nennt  Nicolai  biefe  ©ctjrift);  ,,©amm« 
lung  merfmürbiger  unb  midjtiger  Briefe  tion  angef ebenen  unb  berühmten  Männern 
....  an  it)n  gefdjrieben."  1798;  „Triga  observationum  numismatiearum." 
1780;  „De  arte  historica  ad  Stanislaum  Comitem  de  Soltyk  libellus."  1782. 
33on  1794  an  gab  er  metjrere  3ar)re  rjinburd)  bie  „allgemeine  gelehrte  Leitung 
Steutfdjtanbä  für  bie  öfterreietnfetjen  ©taaten"  in  JHagenfurt  t)crau§. 

33.  9töfe  unb  ft.  31.  (Stfftein  in  @rfd)  unb  ©ruber'ä  gnetictopäbie  lirr 
33b.  16,  ©.  132—39.  —  Gr)r.  @.  ©d)ü|'8  Seben,  93b.  1  ©.  315  ff.  — 
gr.  $acob§,  s$erfonalien,  ©.  172  ff.  —  9tud)  ©eume  berietet  im  ,,©tiajier= 
gang  nacl)  ©t)rafu§"  über  *ß.,  ben  er  in  Srieft  traf. 

91.  ^odje. 
^en^lin:  33arbara  ^utiana  $.  (^enjel),  2)ict)terin  be§  &irten=  unb 
23lumen=£)rben§  an  ber  ^egnife.  ©ie  ift  eine  Sodjter  be§  £$ot)ann  Gt)riftopt) 
9Jtüttner,  9tatt)fdjveibetä  ju  Nürnberg,  mofelbft  fie  um  1640  geboren  mürbe, 
©ctjon  tion  Ttüfjefter  $ugenb  für  ^oefie  fetjr  emtifänglicl) ,  mürbe  fie  nacl)  iljren 
Briefen  an  ©iegmunb  ti.  93trlen  (f.  ?(.  ©.  33.  II ,  660)  burd)  bie  ©ebic&^te  tion 
£)piü,  metelje  i^r  befonber»  gefielen,  ermuntert,  it)re  ©ebanlen  in  93erfe  3u  bringen. 
3lm  17.  $uli  1667  l)eiratl)ete  fie  ben  S)iafonu§  unb  fpäteren  tjoljentolje'fcljen 
ßonfiftoriatratl)  (Sonrab  ^enjet  ju  s^febetbacl) ;  bie  itjt  tion  ^>egnt^fcl)äfern  ge= 
mibmeten  ^octj^eitSgebic^te  laffen  tiermuttjen,  bafe  fie  bereite  bamal§  mit  bem  er= 
mahnten  Sictjterorben  in  nätjerer  33ejieljung  geftanben.  S)ie  mir!lict)e  9lufnal)me 
in  benfelben  erfolgte  im  näctjften  ^aljre  (1668)  unter  93irfen'§  33orftanbfct)aft, 
ber  fiel)  tior  feiner  förljebung  in  ben  Stbelftanb  93etuliu§  nannte  unb  im  Otben 
ben  Flamen  „gloriban"  führte.  Waü)  ben  ©afeungen  biefer  ©enoffenfcljaft, 
meiere  ©eorg  ^l)ilititi  §ar§börffer  unb  Sodann  Älaj  (©trepb^on  unb  6taju§) 
1644  in  Nürnberg  grünbeten  (f.  31.  25.  33.  X,  644  u.  ff.,  bann  XVI,  50  u.  ff.), 


$e|mfd&.  365 

erhielt  jebeä  2Rttßlteb  eine  23(ume  nebft  ©djäfemamen  —  beibeä  auf  ein  Seiben= 
banb  geflicft,  —  unb  mäfjlte  eine  „SBeifdjrift"  (Sinnfprudj)  mit  „Erläuterung", 
tooburd)  bie  embtematifdje  ^oefie  im  Drben  reidje  görberung  erfufjr.  —  Unjere 
2>idjterin  entfdjieb  ftd)  für  ba§  Sorbeerf  raut ,  ben  Flamen  „Stopfme"  unb  bie 
S3eifcr)rift :  „@mig  gefrönt  p  merben",  ber  jte  folgenbe  „Erläuterung"  beifügte: 

©etjt  (Suren  Sorbeer  auf,  if)r  Sieget  biefer  ßrben! 

%i)x  tragt  bteft  filetnob  boct)  nur  eine  furje  Qtit, 

3rcf)  fieg'  in  3@fu  firaft;  bie  firon'  ber  (ftoigfeit 
SBirb  nad)  bem  ©laubensfampf  mein  fctjönfter  <2iege.5=.ßran3.  — 

2Bie  fctjon  au§  biefer  Erläuterung  erfidjtlidj,  roaren  itjre  2)id}tungen  meift  reli= 
giöfen  ^ntjaltei* ,  geiftüdje  ßieber  unb  5le^nlt(f;e§-  SineS  berfelben  finbet  ftct) 
in  0.  Sirfen'3  „2;obes=©ebanfen  unb  £obten  =  2lnbenfen"  (Ocürnb.  1670,  12°), 
ein  anbereg  in  beffen  „G-uelfis  ober  9tieberfädjfifd)er  Sorbeertjain"  (ftürnb.  1669, 
12°)  (9fc.  V.  be§  Efjren=3uruff  ber  ©djätetgefellfd&ait).  ferner  tjat  fie  bie  76. 
Slnbacrjt  au§  ben  „SJcüfler'fdjen  Srquidftunben"  in  Skrfe  gebracht,  unb  in  bem 
äu  21ttorf  unter  bem  Site!  „Dceuertoedte  >!pimmel=fcr)attenbe  ßieberfreub"  (12°)  er= 
fd)ienenen  ©efangbudje  finbet  fidj  ein  beliebtet  Sieb  au§  itjrer  geber.  9Reiften= 
tfjeilg  maren  itjrc  ©ebtdt^te  einzeln  unb  fjanbfctjriftticr)  im  SSeft^e  bon  greunben 
unb  Drbengmitgliebern,  mürben  auf  biefe  äöeife  jerftreut  unb  gingen  allmätjtid} 
bertoren.  „Site  ^en^lin"  ftarb  fd)on  im  7.  $a|re  i^ver  Stje  (1674),  r)odjge= 
fctjätjt  unb  getoürbigt  bon  ben  ©enoffen  be£  23lumen=£)rben§.  ^rofeffor  ^auttini 
(mit  bem  Drbensnamen  Uraniu§)  bemerft  bon  il)r  in  feinem  Söerfe  „£)odj=  unb 
mof)tgeIet)rte  beutfdje  ^rauenjimmer"  (©.  101):  ©te  mar  eine  ftattticrje  ^iftorica 
unb  gefrönte  Poetin  *c.  ie.  unb  35r.  £)mei§  ju  Stltorf  (Siamon),  ein  befannter  Sitte= 
rarfritifer  jener  3eit,  rütjmt  fotoorjl  in  feiner  Dissert.  de  claris  quibusdam  in  orbe 
literat.  Norib.  (pag.  15 j  mie  in  feiner  „Anleitung  3ur  beutfdjen  9teim=  unb  5Did)t= 
Äunft"  bie  Slnmutf)  unb  fjorje  Äunftfertigfeit  irjrer  Sieber.  Sludtj  ber  ©efd)icf)t= 
fdjreiber  beä  „löblichen  £)irten=  unb  231umen=£>rben§  an  ber  ^egnitj"  ,  $of.  £>er- 
begen  (Stmaranteg) ,  gebenft  in  anerfennenber  äöeife  unferer  2)id)terin,  mäfjrenb 
Sigmunb  b.  SSirfen  ifjr  in  einem  ©djäfergebicrjte  (S)er  norifdje  SJcetellue)  einen 
marmen  9cad)ruf  mit  bem  (unerfüllt  gebliebenen)  SBunfdje  einer  «Sammlung 
itjrer  ©ebictjte  mibmete.  „Sie  am  Seit  meibenben  ©djäfer"  aber  fingen  1675 
äu  efjrenbem  Slnbenfen  eine  3itt)er  an  eine  ©äule  unb  fetjten  barunter: 

S)apt)ne  toer  3)ein  2tntli£  fietjt 
©ief)t  auf  Seinen  3tofen=aBangcn 
^ßerlen-SIanj  unb  l'iljen  bangen. 

-Reinem  aber,  2Balb=Si)rene 

Btrb  Sein  boUer  ©lanj  &  ©d)öne 

Surcb  ein  bloffeä  ?lnfc^aun  funb; 

2er  fietjt  Saptjne  fyalb  nur  fc^ön 
2er  fie  börenb  nie  gefeben! 

SPauIIini  unb  Dmei§  a.  a.  £).  —  2lmarante§,  fjiftor.  Dtad)r.  bon  be§ 
löblichen  ^>irten=  unb  231umen--£)rben§  an  ber  ^egni^  Anfang  u.  Fortgang  iz. 
(5.  348—351.  —  SBia,  Nürnberg.  @ri.»Scj.  £^l.  III,  ®.  133. 

6  i  f  e  n  t)  a  r  t. 

^Uf^:  Soljann  Sljriftopfj  %.,  geb.  in  23erlin  1667,  f  in  ßonbon 
am  20.  $uli  1752.  ©o  fetjr  fid^  bie  ©nglänber  aud)  fträuben  mögen,  anjuer= 
fennen,  mag  fie  anberen  Nationen  äu  berbanfen  t)aben,  fie  muffen  jugefteljen,  ba^ 
fie  ba§,  ma§  bei  itjnen  nadj  getoiffen  9tid)tungen ,  inebefonbere  aber  auf  mufi= 
falifd)em  ©ebiete  ©ro|e§  geleiftet  tourbe,    eigentlich   au§  S)eutfd)lanb    erhielten. 


366  s4*cpuicl). 

©inige  wenige  Manien  abgeredjnet ,  waren  bie  meiften  bebeuienben  Jonfünftier, 
weldje  in  (Sngtanb  lebten  nnb  boxt  ju  Nutjm  unb  2lnferjen  gelangten,  cingemanberte 
üDeutfdje.  ©Sie  Waren  ebenfo  bie  ßetjrer  ber  Sütten  in  ber  mufifalifdjen  $unft, 
at§  diejenigen,  weldje  bie  in  itjren  $irdjen,  Goncertfälen  unb  Operntjäufern  ju= 
meift  gefjörten  SBerfc  fdjufen.  Ofjne  baS  fdjmälern  ju  motten,  waS  Italiener 
unb  granjofen  itjneu  mitgettjeilt ,  übertrifft,  waS  Männer  beutfdjer  Slbfunft  in 
ßngtanb  geteiftet,  gefdjaffeu,  gegrünbet  fjaben,  weitaus  Dasjenige,  waS  fie 
öon  Äünftlern  anberer  Nationalitäten  empfingen,  ©efjr  biete  fjodjbebeuteube 
Xonbtdjter  baben  in  Söritannien  eine  jroeite  .^eimatt} ,  ein  jweiteS  SSaterlanb 
gefunben,  finb  borttjin  gebogen ,  um  eS  niemals  wieber  ju  öerlaffen.  2öie 
ber  große  ®.  $r.  £>änbel ,  fo  wanberte  audj  ein  rjeiöorragenber  3^tgenoffe 
öon  itjm  f.  3-  nQü)  Sonbon  auS.  5p.  mar  ber  ©otjn  eines  menig  bemittelten 
^Berliner  proteftantifdjen  ©eifilidjen.  2fn  ber  mufifalifdjen  £r)eorie  öon  Martin 
JHingenberg,  ßantor  an  ber  5JJcarienfirdje  in  Berlin,  im  (£laöier=  unb  Orgelfpiet 
öon  einem  ©adjfen,  NamenS  ©roße,  unterrichtet,  madjte  ber  ebenfo  talentöolle 
als  emfig  öormärtS  ftrebenbe  Änabe  fotdj  rafdje  ^oxtfdtjritte  in  feiner  ihinft,  baß 
er  balb  Sluifeben  erregte.  Äaum  14  Satjre  alt,  eitjielt  er  bereits  bie  grlaubniß, 
in  einem  £)ofconcerte  eine  (Sängerin  auf  ber  -Ijoarfe  begleiten  3U  bürfen.  SD  er 
babei  gegenwärtige  (große)  Äiuffirfi,  Sriebridj  äöittjelm,  roarb  öon  feiner 
£eiftung  fo  überrafdjt,  baß  er  itjn  fofort  jutn  Setjrer  beS  ^urprinjen,  nadj= 
maligen  JJurjürften  fjriebric^  III.,  ernannte  unb  itm  balb  barauf  audj  in  feine 
-pofcapelle  aufnahm.  SDtefe  günftigen  Srfolge  eiferten  ben  jungen  5Dcufifer  $u 
immer  unermüblidjerem  ©heben  an.  @r  betrieb  jugleidj  mit  großer  SluSbauer 
baS  ©tubium  ber  alten  ©pradjen,  namentlich,  ber  griedjifdjen  unb  gelangte,  öer* 
möge  feiner  Neigung  <jur  ©peculation  in  ber  mufifaliferjen  £fjeorie,  balb  ju  über* 
rafdjenben  Nefultaten.  l'lnfdjeinenb  auf  bem  beften  SBege  fein  ©lud  in  S3erlin 
ju  begrünben,  legte  er  plötdidj  alle  ©teilen  nieber  unb  fiebette  um  1700  nadj 
Sonbon  über.  5Dcan  fagt,  bafj  bie  plöfelidje  Sßerrjaftung  unb  -Ipinridjtutig  eineS 
ifjm  natjebcjreunbeten  OificierS,  ber  fidj  burdj  unbefonnene  Neben  gegen  feinen 
Surften  öevgangen  fjatte,  ifjm  foldjen  ©djred  öor  ber  bamalS  in  5preußen  ge= 
tjanbrjabten  ftuflij  eingeflößt  fjabe,  baß  eS  itjm  bafelbft  unrjeimtidj  geworben  fei. 
SBatjrfdjeinlicrjer  als  biefeS  ©efdjidjtdjen,  baS  ja  immerhin  auf  einem  trjatfädj= 
tidjen  (£reigniß  beruhen  mag,  erfdjeint  jebodj  eine  anbere  5Dttttheilung ,  wonach, 
5p.  burdj  einige  im  legten  3atjr<jefjnt  oeö  17-  ^atjrfjunbertS  in  33erlin  weiteube 
Italiener  jur  lleberfiebelung  nadj  (Snglanb  öerantaßt  würbe.  SDie  ©öljne  beS 
©ioüanni  5)Jcaria  35uononcini  (eigentlidj  ißononcini),  ßapettmeifterS  an  ber  j?irdje 
&an  ©ioüanni  in  Volonte  in  5)Jlobcna  (1640—78):  ©ioöanni  23attifta  (geb. 
1672,  f  um  1754  in  Sßenebig?),  öon  1702—11  fatferl.  ßammercomponift  unb 
©oloceüift  SeopolbS  I.,  unb  Slntonio  (geb.  1675,  f  1726  in  9tom)  bilbeten  um 
1696  mit  bem  2)ominifaner=5pater  Slttilio  5hiofti  aus  Bologna,  furfürfitidjem 
(Sapettmeifter,  ben  sDhttelpunft  ber  mufifalifdjen  Greife  ber  preußifdjen  Nefiben^. 
Sornefjmlid)  ließ  fidj  bie  Ämfilrfttn  ©optjie  bie  Pflege  ber  3:onfunft  unb  iljre 
Uebung  angelegen  fein,  ünb  fie  öeranlaßte  beim  aucrj  bie  ^Berufung  2lttilio'S  unb 
bie  2lnftetlung  bei  nadj  ber  Sluffürjrung  feiner  Oper  „Gamilla"  (1692)  in  3Bien 
rafdj  berütjmt  geworbenen  ©ianbattifta  als  ^ofcomponift.  Sie  beiben  33uonon= 
cini,  öon  benen  Antonio  ber  begabtere  unb  tüdjtigere  War ,  ©ianbattifta  aber, 
ber  fid)  bei  jeber  ©elegcnljeit  ungefdjeut  mit  be§  SBruberS  gebern  fdjmüdte,  ba§ 
latent  befaß,  fidj  aUerWärtS  ^ur  ©eltung  zubringen,  fetjrten  1703  nadj  Berlin 
^urüd  unb  blieben  bort  fo  lange,  bis  ber  2ob  ber  Äurfürftin  aller  mufifalifdjen 
^errlidjfeit  ein  jätjeS  @nbe  bereitete.  S3ei  ifjrer  gegenwärtigen  5lnwefentjeit  feierte 
©ianbattifta  mit  feiner  öon  ben  tjödjfteu  ^errfdjaften  gefungenen  unb  bargeftett= 
ten  unb  öon  ben   auSerlefenften  ^nftrumentalfräften  aecompagnirten  Oper  „5po= 


$epujcf).  367 

{nemo"  bie  größten  Sriumptje.  @s  mar  im  %.  1696,  at§  jtdj  ber  mufifatifcfje 
äöunberfnabe  @.  $.  £änbet  mit  feinem  Sater  einige  §ät  in  SBerlin  auffielt 
unb  ba  ben  Unterricht  ber  rjocfjangefetjenen  Italiener  genofj,  ber  $ünft(er  atfo, 
bie  er,  als  fie  if)tn  jpäter  in  Sonbon  gegenübergeftetlt  mürben,  in  einer  itjnen 
gemeinfcrjaitlicb,  gefteltten  umgäbe  fo  glänjenb  befiegte.  Öianbattifta  erhielt 
nämlicb,  ben  Auftrag,  ben  erften,  SIctitio  ben  ^roeiten  unb  £)änbet  ben  britten 
2lct  ber  Oper  „^Jcujio  ScäPota"  (1721)  ju  componiren.  Ueberrjaupt  fcfjmanb 
ber  Ütutjm  ber  Italiener,  nadjbem  -ipänbet  in  Sngtanb  erfdjienen  mar  „wie  ber 
(Btanj  ber  2Jcorgenrött)e  cor  ber  aufget)enben  Sonne"  ((Seiftet),  ißuononcini, 
ber  nacf)  ©erber  Bereit!  1700  in  Sonbon  gewefen  unb  feine  Dper  „Jomnris" 
aufgeführt  tjaben  fott,  gelangte  bort  ju  9tut)m  unb  2lnfef]en  erft,  nacfjbem  feine 
„Gamilla"  (bie  burcfj  Pier  3at)re  mit  größtem  SBeifaUe  im  S)ruit)(ane=2t)eater 
gegeben  mürbe)  in  Scene  gegangen  mar.  SBas  bie  5cacf)rictjt  bejügticb,  ber  Dper 
„Xornnris"  anlangt,  fdjeint  bie  Iftittfjeilung  GSerber's  eine  burcrjaus  irrige  p 
fein.  Slies  Söerf  mar  ein  ^afticcio  aus  Zonjätjen  Pon  Scarlatti,  ^uononcini 
unb  anberen  b?rüt)mten  italienifcfjen  iiceiftern,  roie  bergleicfjen  bamals  allgemein 
"Dlobe  mar,  für  ba§  f.  Sfjeater  flüchtig  jufammengeftellt.  3ur  ^nfcenirung 
biefes  ©emengfeli  t)at  man  ganj  gewiß  33uononcini  nidjt  nacf)  Sonbon  berufen. 
33ie  bem  aber  audj  fein  mag,  er  mar  gemiB  fcfjon  im  Stanbe,  ben  öon  28iß= 
begierbe  unb  bem  £range,  fein  ©tücf  ju  machen,  erfüllten  $.  mit  geroicfjtigen 
Gmpfeljlungen  bortrjin  ju  oerfefjen.  Srmiefener  üJiaßen  fam  33uononcini  unb  balb 
barauf  aucfj  Sttilio  erft  im  $.  1716  nacf)  Sonbon,  erfterer,  einem  efjrenüollen 
Ütufe  an  bas  neugegrünbete  DtonaUStjeater  folgenb.  5ß.  erhielt  fofort  nactj  feiner 
Slnfunft  eine  Slnftellung  als  ßomponift  unb  ^nftrumentafift  im  Srurntane» 
Xfjeater.  6s-  mar  3u  biefer  3«*  ©Ute,  ältere  Opern  ober  foldje,  meiere  fdjon  lange 
auf  bem  Repertoire  ftanben,  burdj  neue  Sonftücfe  aufjufriferjen  unb  ifmen  aui 
biefe  2lrt  immer  eine  gemiffe  3ugftaft  p  beroafjren.  Sine  ber  elften  Slrbeiten, 
bit  $.  übertragen  mürben,  mar  eine  2lrie  für  bie  Oper  „Somrjris"  (How  bless 
is  Soldier),  melcfje,  als  er  feine  Stellung  antrat,  gerabe  unjärjlige  2Jcale  mieber= 
rjoft  mürbe,  gtozi  tjier  in  ber  golge  aufgerührte  £pern  feiner  (lompofition: 
„Venus  and  Adonis"  (1715)  unb  „Myrtü",  Scrjäfeifpiet  (1716),  Ratten  nur 
mäßigen  Grfotg.  Dbgleicf)  buref)  feinen  Ifjeaterbienft  oielfacf)  beanfprucfjt,  Per= 
fäumte  er  boef)  nicfjt,  feine  Stubien  über  bie  2Jcufif  ber  Sitten  fortaufetjen.  9cun 
mit  ber  griecrjiic&en  Spraye  ööllig  öertraut,  mar  es  it)m  möglieb,,  an  ber  ^anb 
griecf)ifcf)er  Tutoren  tiefer  in  bas  SBefen  griecf)ifcfjer  2onfunft  einzubringen,  als 
anbere  ^Jtuufgelefjrte ;  ja  er  oermocfjte  bie  Unterfucfjungeit  unb  gorferjungen  bes 
berühmten  fjranciscus  be  Salinaä  aus  SBurgos  (1512 — 90),  2lbts  öon  St. 
^ancratius  be  Otocca  Scalegna  im  Dceapotitanifcfjen  unb  -^rofeffors  ber  -llcuft! 
an  ber  Uniöerfität  Salamanca,  ^ufammengeraBt  in  beffen  grunDlegenbem  2Berfe : 
..De  musica  libri  Septem"  u.  (Salamanca  1577  unb  1592)  fortjufe^en  unb 
ju  ergangen.  Seiber  paffirt  es  S)enen,  roelcfie  ftcfj  einfeitig  unb  mit  aller  Äraft 
auf  bas  Stubium  eine§  engbegren^ten  öebietes  roerren,  gar  oft,  bafj  fie  ftatt  ^u 
erireutieben  Dtefultaten,  ju  unerquicflicb.en  unb  fc^ieien  Meinungen  unb  2lnfcb,au= 
ungen  gelangen.  So  erging  e§  aueb,  %.,  ber  fief)  jroar  ben  9tuf  bei  größten 
Xtjeoretifers  feiner  3eit  erwarb,  aber  buref)  fein  leibenfc^aftlicb.es  Srübeln  fo 
fet)r  in  fpiBfinbige  Specutationen  fiefj  oerirrte,  baß  er  enDlicrj  ju  ber  miber= 
finnigen  unb  Perfeljrten  Seb.auptung  fid)  oerftieg,  bie  ionfunft  fei,  ftatt  baß  fie 
fiefj  im  Same  ber  ^a£)rb,unberte  Derüollfommnet  b,abe,  entartet,  unb  bas,  was  fie 
in  ber  Xtjeorie  unb  i^raris  erreicht,  ftünbe  in  feinem  SJerrjättniB  ju  bem,  totö 
fie  öertoren  unb  eingebüßt  tjabe.  Siefe  feine  gewonnene  Ueberjeugung  tjinberte 
iljn  nun  atlerbings  nid^t,  ganj  in  ber  SBeife  ber  2agescomponiften  auet)  ^u 
fcfjreiben. 


368  ^epufd). 

2)ie  bramatifdje  ÜJlufif  befanb  fidj,  al§  *p.  nadj  ßonbon  fam,  in  ben  bütf= 
tigften  Umftänben.  ©ie  war  ber  (Segenftanb  ftetct  Spöttereien  unb  fatrjrifdjer 
Angriffe  in  ben  öon  9iidjarb  ©teele  unb  $°febf)  2Ibbifon  IjerauSgegebenen  feljr 
einflußreichen  3citf(^ttften  „Spectator"  (1711)  unb  „Guardian"  (1713).  SDie* 
jenigen  ©ngtänber,  weldjc  (Megentjeit  gehabt  Ratten,  italienische  Opern  ju  feljen 
unb  italienifdjen  ©cfang  fennen  ju  lernen,  waren  fo  bezaubert  baöon,  bafj  it)nen 
bie  Sonfätje  rjeimifdjer  Gomponiften  nidjt  metjr  jufagten,  fie  biefe  alfo  ^Wangen, 
iljren  SBerfen,  wollten  fie  bamit  einem  fidj  täglidj  metjr  öerbreitenben  ©efdjmad 
entgegenkommen,  äljnlidje  $orm  3U  geben.  s$.  War  ber  erfte,  ber  ben  Söerfudj 
wagte,  bie  nodj  neue,  bodj  immer  metjr  Stntjänger  gewinnenbe  (Sattung  be§  9te= 
citatiöS  auf  bie  s.)tationalbuljne  ju  öerpflanjen.  $u  biefem  Qxoede  componirte 
er  fedj§  öon  ^otjn  .gmgtjeä  in  mälfdjer  Lanier  gebidjtete  ©antaten  im  ©tile 
2lleffanbro  ©carlatti'ä.  2)iefetben  fanben  foldjen  53eifall,  bafj  er  ifjnen  atebalb 
fedj§  weitere  auf  Xejte  öerfdjiebener  3)idjter  folgen  liefe.  3)on  biefen  jWöt}  üton= 
fäijen  tjat  fidj  befonber§  einer,  bie  <$weite  (Santate  ber  erften  ©ammlung,  „Alexis" 
betitelt  (See!  from  the  silent  Grove),  lange  at§  ein  8iebling§ftüd  ber  ©efang§= 
freunbe  erfjatten.  ©ein  9tuf  l)atte  fidj  nun  beveit§  fo  öerbreitet  unb  befeftigt, 
bafj  er  im  %.  1710  mit  ^enrrj  9teebler,  einem  gebitbeten  Dilettanten,  ^oljn 
(Srneft  ©aittarb,  einem  angefetjenen  IJJtufiter  unb  33ernarb  ©ate§,  Setjrer  ber 
f.  Gapcüfnaben  (bemfetben,  ber  1731  mit  feinen  ©djülern  ."pänbelS  Oratorium 
„(SJfttjer"  auf  ber  33ütjne  aufführte  unb  fo  bie  2)erantaffung  gab,  bafj  biefer 
grofje  9Jteifter  fidj  bem  Oratorium  juwanbte),  ben  tylan  jur  ©rüubung  ber 
tjeute  nodj  in  itjrer  urfprüngtidjen  ^orm  befteejenben  „Academy  of  ancien  Music" 
entwerfen  fonnte  unb  im  $.  1713  jjugleidj  mit  bem  Organiften  ber  f.  £)ofcapctte 
ju  ©t.  SanteS,  2Bittiam  Groft,  einem  ber  bebeutenbften  aeitgenöffifdjen  engtijdjen 
Gomponiften,  öon  ber  llniöerfität  £)$forb  ^um  Doctor  ber  9)tufif  ernannt  würbe. 
SDurdj  bie  ©rünbung  ber  „Academy",  eine§  in  feiner  2lrt  einzigen  ^nftitutö, 
mit  bem  1735  audj  eine  93tuftffdjule  öerbunben  Würbe,  Ijat  fidj  s£.  ein  bleiben* 
be§  5)enfmot  in  (üünglanb  gefeijt.  @r  Ijat  fidj  tjier  nidjt  nur  alä  ein  öeretjrung§= 
würbiger,  benfenber,  öorurttjeüefreter  ^Jcann,  fonbern  audj  at§  ein  uneigennütziger, 
für  feine  Äunft  opferfäljiger  «JJtufifer  bewährt,  ba  er  bie  «gjeranbilbung  nötljiger 
©efang§fräfte  für  bie  (Jtjorauifüljrungen  ber  Slfabemie  faft  unentgeltlich  übernahm. 
2)iefetbe  fudjte  fidj  baburdj  itjrem  ©tifter  banfbar  5U  erWeifen,  bafj  fie  einzelne 
feiner  ßompofitionen,  barunter  ein  feljr  fdjöneS  531agnificat  unb  einige  ^jalmen 
ftet§  auf  itjrem  9lepertoire  tjat. 

Um  ba§  3farjr  1715  baute  fidj  ber  originelle  ^ame§,  £>erjog  öon  ßb^anboä 
(unter  ber  Königin  ?tnna  3a^meifter  ber  Slrmee),  biefer  öon  feinen  gdtgenoffen 
beWunberte  ©onberting,  öon  ben  unermefelidjeu  ©infünften,  bie  itjm  feine  ©teile 
öon  fonft  geringer  Sßebeutung  abgeworfen ,  neun  englifdje  teilen  öon  ßonbon 
entfernt,  hei  (Jbgware  in  ^Jiibblefej,  eine  pradjtöotle  Söitta,  bie  er  „ßannonä" 
nannte,  um  tjier  in  ber  9tälje  eine§  mädjtigen  ^ofei,  umgeben  öon  einem  öoll= 
ftänbigen  £)offtaat  unb  befdjü^t  öon  100  ©djweijergarben,  wie  ein  fouüeräner 
fyütft  3U  leben.  2ßie  in  aüen  anberen  fingen,  atjmte  er  audj  baburdj  ben 
föniglidjen  ^>of  nadj ,  bafj  er  ber  93täcen  aller  tjeröorragenben  Scanner  würbe, 
fo  bafj  man  iljn  ben  ^rinjen  britifdjer  Patrioten  unb  ©idjter  nannte  unb  bafc 
er  fiel)  neben  2lnberem  auet)  eine  bor^üglictje  Sapelle  engagirte,  woburdj  es  itjm 
möglidj  Würbe,  ben  ©otte§bienft  in  feiner  £>au§iirdje  mit  eben  ber  3Bürbe  unb 
bem  $omp  einjuridjten,  wie  er  in  ©t.  3faute§  gefeiert  würbe,  lim  1720  tjatte 
er  alle  erften  $ünftler  6nglanb§  um  fid)  öcrfammelt.  2öa§  biefelben  auf  feine 
Anregung  fdjufen,  cjat  bielfadj  irjre  fonftigen  SBerfe  überbauert.  ©ein  erfter 
Gapellmeifter  war  5p.  unb  blieb  e§,  h\%  itjm  ber  öom  ^erjog  im  ^.  1717  enga= 
gtrte   ^)änbel,    ber  itjn  balb   in   ben  ^)intergrunb  brängte,   an  bie  ©eite  gefetjt 


3ßepufd).  369 

würbe.  S)oci)  waren  bie  borgen*  unb  Slbenbmufifen,  bie  regelmäßig  in  ßannonS 
aufgefüb/tt  mürben,  audj  bann  nod)  arbeiten  bon  iljm,  als  er  bereits  beS  «£er= 
jogS  S)ienfte  berlaffen  unb  fid)  einer  bon  2).  Serfetet)  jur  Ausbreitung  beS 
€t)rtftentf)umS  auf  ben  bermubifcben  unfein  gegtünbeten  ©efellfdjaft  als  3JtitftI* 
leerer  angefcbloffen  r)atte.  2tber  baS  ©djiff ,  auf  bem  bie  Ueberratjrt  gemalt 
werben  f ollte ,  warb  fcfiabljaft  unb  baburdj  würben  bie  üteifenben  aur  Umfeb,r 
geäWungen  unb  ty.  bor  ber  StuSrübrung  eines  täcberIidHbörid)ten  Streikes,  Wo= 
3U  it)n  fein  Q3erbruß  über  bie  Vorgänge  in  GannonS  gebrängt  t)attc ,  bewahrt. 
Sfin  3.  1722  beiratrjete  %.,  bamalS  55  Sarjre  alt,  bie  ©ignora  DJlargartta  be 
l'Gspine,  eine  Sängerin,  bie  fid)  wäljrenb  ibrer  £l)eaterlaufbal)n  IOOOO  ^umb 
erfpart  l)atte.  @r  fauUe  fid)  nun  ein  ,§auS  in  23oSwellcourt,  in  6aret)ftreet 
unb  bejog  eS  mit  ibr  unb  feiner  ©cbwiegermutter.  @S  War  lange  baburd)  fennt= 
lidj,  baß  ein  am  genfter  tjängenber  ^apagei  unauSgefefet  bie  3Irie  au§  .gmnbel'S 
,,^utiu§  Gäfar"  :  Non  e  si  vago  e  bello,  fang.  s}>.  konnte  je£t  auf  großem 
§uße  leben,  bod)  unterbrad)  er  feine  ©tubien  nidjt.  ©eine  Ginnatjme  bermerjrte 
fid),  als  er  1737,  auf  (SmpTcfjlung  feiner  ©djülerin,  ber  ^er^ogin  bon  SeebS, 
bie  burcb  ben  £ob  Stomas  Sobe'S  erlebigte  Crganiftenftelle  am  ßtjartertjoufe 
erhielt.  Um  1746  ernannte  ifjn  bie  f.  Slfabemie,  nacfibem  in  einer  iljrer  2)er= 
fammlungen  fein  33rief  an  feinen  greunb,  ben  bortrefflidjen  ^cattjematifer  3Jcr. 
2lbrat)am  be  ^Iciürc:  .,0f  the  various  genera  and  species  of  Music  among  the 
ancients.  with  some  observations  concerning  their  scale"  borgelefen  Worben 
war,  JU  irjrem  ÜJlitgtieb.  ©eine  fr-reunbe  unb  bie  ibm  ir)te  ©tiftung  berbanfenbe 
Academv  of  ancient  ]\Iusic  ließen  it)m,  auS  Sanfbarfeit,  nad)  feinem  im  85. 
Satire  erfolgten  Ableben  in  ber  Gapelle  bon  dfiarterrwufe  ein  ©enfmal  erricfi* 
ten.  Vorausgegangen  im  £obe  waren  if)m  (1740)  fein  einiger  ©obn  unb  balb 
barauf  aud)  feine  grau. 

Sßon  feinen  ©djriiten  erfd)ien  infolge  einer  SnbiScretion  feines  ©djülerS, 
bei  Sorb  ^aiStet),  nacfimatS  Öraf  Slbercorn,  1730  eine  2lbt)anblung  über  bie 
Harmonie:  „A  short  Treatise  on  Harmony,  containing  the  chief  rules  for  com- 
posing  in  two.  three  and  four  parts,  dedicated  to  all  lovers  of  Music.  By  an 
admirer  of  this  noble  and  agreable  science."  2)iefe  obne  fein  äBiffen  pubticirte 
©cfirift  war  in  einem  miliaren,  fd)ted)ten  ©til  abgefaßt  unb  ty.  fprad)  bon  iljrer 
!ßublication  nur  wie  bon  einer  ©acbe,  bie  feinem  gtubm  unb  Sortbeil  gleiten 
Slbbrud)  getban  babe.  (Sr  beranftaltete  baber  1731  eine  neue  Ausgabe,  bie,  Wenn 
aud)  nur  wenig  beffer  gcfdjrieben,  ficb  bod)  burd)  mefentlicbe  Slenberungen  unb 
Ergänzungen,  namentlich  in  bem  mit  großer  2)euttid)feit  abgefaßten  Gapitel  bon 
ben  Tonleitern  auszeichnet.  $.,  ein  eifriger  ©ammler,  batte  in  feinem  langen 
Seben  eine  große  3abl  33ücber  unb  -gmnbfc&riften  zufammengebradit.  3)iefelben 
ftettte  er  um  1730,  nadjbem  er  fie  georbnet,  in  einem  |>aufe  in  gettertane  auf. 
Sex  ßrbe  biefer  großartigen  litterarifcrjen  ©d)äfee  foüte  fein  ©obn  fein.  2>a 
biefer  aber  ba§  13.  3fa^r  niefit  überlebte,  bermacfjte  er  fie  feinen  greunben 
XrabevS,  Drganift  bei  ©t.  ^ßaul,  unb  .«einer,  9Jtufifer  am  Srurtitane^b.eater. 
©eine  «JJlanufcripte  gelangten  nad)  feinem  Sobe  in  ben  S5efi^  ber  Academy  of 
ancient  Music. 

sl>.  war  unftreitig  ein  febr  gelehrter  unb  bodjgebitbeter  ^ölann  unb  feb,r 
tüdjtiger  ^ufüer.  2öte  alle  (Eomponiften ,  bei  benen  bie  Neigung  aur  ©pecu= 
lation  fid)  borwiegenb  geltenb  madjt,  ift  aud)  er  mebr  reftectitenb,  fünftlid)  unb 
troden,  als  anmutljenb  unb  anregenb.  (Sr  §at  baber  aud)  feljr  berfd)icbene  S3e= 
urtbeilung  erfabren,  tt)eitS  bewunbevnbe,  tbcilS  berlc^enbe.  ©eine  llnterfud)ungen 
führten  itjn  niebt  ftetS  auf  ridjtige  2Bege.  ©0  bebeutenb  er  als  Sebrer  feiner 
.«unft  war,   gab  er  aud)  bier  bem  Sabmen  eine  fdjwanfenbe  Ärücfe,   ob,ne   ib,m 

SUigem.  beutfiie  Stograjj^ie.    XXV.  24 


370  $cpuf$. 

öom  &infen  au  Reifen.     @r  würbe   atö  ßompontft  au   nodj   größerem  Slnfefjen 
gelangt  fein,  wäre  nictjt  $ftnbel,  ber  2ltte§  neben  fid)  öerbunfette,  in  ßonbon  ei= 
fdjienen.     ÜJJit  ifjm  Dermodjte  fiel)  ^.,   Wenn  audj   fein  ©atj  rein  unb  feine  6r= 
finbung  unb  fein  ©tfcrjid  nidjt  unbebeutenb  waren,  freilief)  nidjt  ju  meffen.    6t 
tietjid^tete  fortan  auet)  auf  Sompofitionsarbeiten   unb   befdjäftigte   fid)   nur  nod) 
bamit,   bie  Stemente   ber  Ecufif   unb   bie  ©runbfätje   ber  Harmonie   ju    lefjren. 
Werfwürbiger  SBeife  fefcte  er  fidj'8  in  ben  föopj,  ein  öeraltetcs  unb  glüdlidj  ab= 
getfjaneö  ©tjftem ,   nämtid)   baö  bes  ©uibo  bon  2lrejjo ,    neu  beleben  p  Wollen. 
Sie  2Jtett)obe  ber  auf  eine  9ieir)e  tion  fedjö  ütönen  gegrünbeten  ©olmifation  mar 
nadj  fjarten  kämpfen  enblidj  öottftänbig  übermunben,  unb  fo  fetjr  fid)  *p.  fträubte, 
eine   fiebenfiufige  Tonleiter   anauerfennen ,    bie   öorwärts   brängenbe   S^  fdjritt 
über   feine   ©djrutlen  rürffidjtstoö   IjinWeg.     2ludj   feine   ütonfatjübungen   toaren 
eigener  2lrt     6r   war  ein   grofjer  S3erer)rer  bes   audj   als  ütonfetjer   berühmten 
©eigerö  Slrcangelo  Soretti  in  9tom   unb   fo   eingenommen   bon    beffen  ©onaten= 
werfen,    bafj  er  feinen  ©cfjüiern   für   if)re   contrapunftifdjen  Uebungen   faft   nur 
Söäffe  aus  benfelben  aur  Bearbeitung  gab.     25er  englifdje   9Jtufiffjiftorifer  3or)n 
jpaWfing«,   ber  fdjliejjlidj   in  ben  JBefijj   ber  ^.'fdjen  SBibliotfjef   gefommen   unb 
baburd)  in  ben  Staub  gefet$t  war,  feine  grofje  fünfbänbige  s)31ufifgefcr)id)te  (8on= 
bon  1776)  au  f ^reiben,   finbet   bie  (Sompofitionen  SPejmfdj'ä   troefen   unb    or)ne 
s}Jcannigfaltigfeit.     2)em  prjilofoptjifdjen  ©eifte  gefeilt  fict)  nidjt  immer  bie  bent 
ßünftler  notrjwenbige  lebhafte  ^fjantafie.     SDodj   offenbaren   bie  fedjs   erften   in 
©cartatti'ß  Planier  gearbeiteten   Gantaten   Diele   2lbwed)slung ,   unb   madjt   ftd) 
aud)  bei    ifmen  eine   gewiffe  Spröbigfeit   in   ber  s)Jtetobie  unb   ©teiftjeit   in  ben 
ßabenjen  bemevflid),    fo  finb  fie  boer)   leidjt,  gefällig,    ungefudjt,    in   Imtfidjt 
auf  2)eclamation   unb  9Jcobulation   tabelloö;    ja  man  fann  fagen,    bafj   $.  in 
ben  bret   legten   Gantaten    fein    SSorbilb  nod)   übertroffen   fjat.      Gtjtrjfanbet  in 
feiner  |)änbelbiograpf)ie  fällt  nod)  ein  tjärtereä  Urtfjeil  über  ben  geletjrten  *ßeban= 
ten,  beffen  9Jtufif  nidtjt  nadj  ben  (Sefetjen ,   fonbern   nactj   ben  Regeln   ber  £on* 
geftaltungen    gemalt   unb    bei   aller   S)ürre    fjin   unb   wieber    mit   unaiemlid) 
munteren  ßappen  bedangen  war,   Wie  man  fotdje  ^wiefpältigfeit  überhaupt   bei 
unfruchtbaren  Gomponiften   fjäufig  finbet.     -jpänbel,  ber  ben   Wufifbeftrebungen 
unb  ber  9lu§brucfßfät)igfeit  feiner  Äunft  plöfclicrj  neue  ©eftalt  unb  Ütidjtung  gab, 
Würbe  bon  ty.,    obgleict)  biefer   ftetS   feinen    großen  ütibalen  nad)  feinem  Pollen 
SSertrje  au  Würbtgen  wu^te,  öffentlich  fcr)r  füfjt  beurtfjeilt. 

kufyx  ben  beiben  in  ßonbon  gebrueften  6antatent)eften  erfdjienen  ebenba 
noer)  einige  ßieber  unb  in  Slmfterbam  fieben  SonatenWerfe,  Dp.  1—7  (70  (So* 
naten  für  3löte  unb  S3a^,  SSioline  unb  33afj,  ftlött ,  Biotine  unb  33afj  ent» 
Ijaltenb)  unb  6  (Soncerte  für  2  flöten  ä  bec  mit  Drdjefterbegteitung.  6«  ift  nun 
fetjr  intereffant,  ba^  gerabe  biefer  ernfte  ^Jtufifer  an  einem  leichtfertigen  Söerfe  fid) 
beseitigen  foüte,  bas  eine  über  anbertljalb  ^a^tjunberte  r)inau«get)enbe  Sebenö= 
fäf)igleit  bewäljrte  unb  feinen  tarnen  länger  bem  ©ebädjtniB  crfjielt,  als  att' 
feine  wiffenfdiaftlicb.en  Unterfudmngen  unb  fonftigen  ßompofitioncn.  Sineö  bet 
merfwürbigften  ^robuete  englifdjer  S)ramatif,  bas  ältefte  ber  tjeute  noer)  gegebenen 
ßonboner  ©ingfpiele,  gleid)erWeife  eine  politifdje  ©atrjre,  Wie  eine  ^erfiflage  ber 
bamaligen  itatieniferjen  €per ,  ift  bie  öon  Mn  ©at)  gebidjtete ,  bon  $.  mit 
einer  luftigen  Ouberture  unb  fonftigen  entfpredjenben  @efängen  öerfeljene  „the 
lioggars  Opera".  SDiefe,  am  29.  Januar  1728  jum  erften  ^öcale  unter  S)irection 
3ot)n  9tidjs  auf  bem  2:t)eater  bon  2incotns=;3nn=#ett>s  gegebene  x$axcc  gewann 
einen  aufjerorbentlidjen  SBeifaE  unb  ßrfolg,  bie  rafdjefte  unb  Weitefte  Verbreitung 
in  ganj  ©nglanb  unb  ift,  wie  gefagt,  tjeute  nodj  nidjt  tiöHig  bon  ber  Süjjne 
berfdjwunben.  S)iefe§  ©ingfpiel  entfjält,  au|er  ber  Ouberture,  69  ©efänge,  faft 
fämmtlid)  bem  reichen  (&dja|e  englifdjMdjottifdjen  Söolfsgefange«  unb  ben  popu« 


Sßepufä.  371 

täten  Sänken,  9Mrfd)en  unb  ©efeltfdjaftiliebevu  ber  bamatigen  3ei*  entnommen 
ober  nad)gebilbet.  liefen  Dolfätfjümlidjen  9)lufifftüden,  biefem  2lu§ftuffe  eine» 
in  nacftefter  unb  übermütfjigfter  ©eftatt  fid)  äufeernben,  ben  (Sdjroutft,  Sombaft 
unb  Flitter  ber  italienifcrjen  Oper  fo  gtüdtid)  öerfpottenben  -gmmorS,  öerbanft 
bie§  <BtM  rjauptfädjtidj  bie  auf}erorbenttid)e  unb  bauernbe  Sßitfung,  bie  e§  er» 
hielte.  Sie  5Dicf)ter  @ngtanb§  fatjen  fid)  um  biefe  Qe\t  üon  ben  ©rofjen  unb  bem 
englifdjen  publicum  äufeerft  rüdftdjt<jto§  unb  geringfdjätjig  betjanbelt.  S8ebür|= 
nifi  unb  Neigung,  itjnen  33eadjtung  unb  ©aftfreunbfdiaft  ju  fdjcnfen ,  roaren 
ganj  entfdjtounben.  2>ie  üpoeten  fanben  fid)  üöttig  an  bie  £uft  gefegt  unb  ge= 
rabe  bie  beften  unter  itmen  empfanben  e§  am  fränfenbften ,  bafj  man  nur  nod) 
an  ©djaufteltungen,  Safetfreuben,  tärmenben  heften,  tujuriöfen  Äunftliebtjabereien 
unb  üerfdjtoenbexifdjen  Sauten  Vergnügen  fanb.  2tber  bie  tjerbotragenbcn 
©elfter  fudjten  unb  roujjten  fid)  ju  rädjen.  Sjonatfjan  <Stoiit  fdjrieb  1726: 
„Steifen  ©utliber§  au  öexf^iebenen  ftemben  SBölfern",  (Bat}  furj  barauf  bie 
„33ettler=Dper",  SItejanber  3ßope  im  gleichen  Saljre  bie  brei  elften  Südjer  feiner 
„Sunciabe".  ©at)  Ijatte  fütjn  in  ba§  ifm  umgebenbe  Seben  gegriffen  unb  ge* 
fcfjicft  Oper,  fiaict  unb  Satiabengefang  3U  amatgamiren  geraupt.  6§  mar  ba= 
matä  ein  getoiffer  $on.  2BUb  (üötytbe),  ein  gefürd)teter  2>ieb§fänger,  Unterauf= 
fetjer  im  9tett)gategefängnif3.  üDiefer  2Bäd)ter  ber  ©eredjtigfeit  ftanb  aber  pgteidj 
an  ber  ©pitje  einer  mit  erfiaunlicrjem  ©efdjid  organifirten  Diäuberbanbe.  (b  mar 
in  feine  £)anb  gegeben,  toetdje  üon  ben  eingefangenen  ©püjbuben  Dom  ©atgen  log, 
toetdje  baran  tommen  fottten,  unb  babei  getoann  er  bei  jeber  <g)intid)tung  nod) 
40  5ßfunb  baar.  Sinft  liefe  er  feinen  beften  2ttann,  einen  getoiffen  State 
(53tue£fin),  einen  füljnen,  trotzigen  ©efellen  aufgreifen,  unb  al§  biefer  in  ber 
legten  ©erid)t§fitmng  ernannte,  bafj  iljn  fein  bisheriger  S)iebsgenoffe  nidjt  retten 
toottte,  fprang  er  in  rjödjfter  Söutt)  auf  itm  fo§  unb  üerfetjte  itjm  mit  feinem 
gebermeffer  eine  gefäfyrtidje  -JpatStounbe.  ^e^t  erft  erfannten  bie  Stifter,  mit 
meld)  leibhaftigem  teufet  fte  bisher  ju  tfjun  gehabt  unb  beeilten  fid),  ben  nod) 
lebenben,  24.  9ftai  1725,  rafd)  rjängen  ju  taffen.  S)ie§  (Sreignifj  bot  bie  ©runb= 
läge  für  bie  „Sett(er=£)per\  ©at)  roufjie,  anfcrjeinenb  in  ber  2Ibfid)t  bie  italienifdje 
Oper  p  üerr)ör)nen,  bie  einflufjreidjften,  an  ber  bamaligen  englifctjen  Scrjanbroirtf)* 
fdjaft  fdjulbigen  ^Rinifter  in  ber  fdjonungsTofeften  SBeife  in  feinem  (Stücfe  blofr» 
jufteßen  unb  itjr  ©ebab^ren  unb  ir)re  ^mt^füfjtung  unheilbar  ju  geijjetn.  Söitb  Reifet 
bei  i^m  $ead)um  (^Robert  SBatpote),  fein  SSruber,  ber  ©cfjliefjer  oon  9lerogate, 
Socfit  (£6,arteä  Sotonj^enb,  ber  ©atte  Oon  Sorotb^  SQöatpoIe,  Roberts  SdjroefterJ. 
33eibe  nafje  Oerroanbte  ^Jlinifter,  äöalpote  unb  £otonft)enb,  rjafeten  unb  öerad)= 
teten  fid)  gegenfeitig  grünbtid).  ^b,re  5"nbfd)aft  butdjbrad)  aGe  ©djranfen,  at§ 
fte  fid)  in  einer  grofjen,  Oom  Dbetften  ©elrotjn  getabenen  ©efeüfdjaft,  jum  aüge= 
meinen  ©canbal  ju  raufen  begannen.  3m  Jtoeiten  SIct  ber  „23ettler=£5üei" 
ürügetn  ftd)  5pead)um  unb  Socfit  ebenfalls.  2)od),  ba  fie  genug  Oon  einanber 
triff en ,  um  fid)  an  ben  ©algen  ju  bringen,  finb  fte  fo  flug,  fid)  mieber  ]\i 
DerföC)nen.  S)er  terebette  State  Reifet  im  ©tücfe  ßapitän  3Jtact)eat ,  eine  Strt 
9lobin  §oob,  ber  tjeimtid)  ^ead)um'§  fd)öne  2od)ter,  ^ottrj,  geb,eiratt)et  tjat 
unb,  atS  er  in  ^etogate  gefangen  fi^t,  2odit'§  b^übfdje  £od)ter,  Suct),  öerfüt)it. 
Slufeer  beiben  fjat  er  nod)  Oier  Sßeiber  mit  Dielen  Äinbetn,  bie  i^n  alte  toe§= 
Itagenb  jum  3ftid)tüta^e  begleiten,  roo  er  jebod)  begnabigt  roirb.  ©in  %an$  ber 
Räuber  mit  itjren  Sirnen  unb  bes  fie  begteitenben  ^öbet§  bilbet  baö  ^inole, 
bem  e§  an  unflätigen  Sßorten  unb  gtoeibeutigfeiten  felbftOcrftänbtid)  nid)t  fetjtt. 
S)a§  ganje  (Stücf,  in  bem  atte§  roa§  2tbfd)eutid)e§  unter  ber  |>efe  be§  33olte§ 
borgest,  jur  <5d)au  geftettt  roirb,  bie  fdjmutjigften  Cafter  entt)üßt  roerben  unb 
bie  2Roral   be§  ®affenb,auer§  in   rjanb  greif  liefet  3)erbb,eit   mattet,   ifi  ein   ^mar 

24* 


372  yep\)n. 

mibermärtige§,  aber  tjödjft  djarafteriftifdjeä  23ilb  bes  Treibens  unter  bem  ßonboner 
^öbe(  b.  t).  unter  bem  2Iu§murf  ber  menfdjlidjen  ©efcttfdjaft.  2)ie  |)etbin  ber  Dper, 
bie  fd)öne  ^ottl),  nmrbc  bon  9)tij$  genton,  eigentlid)  33e§toidC,  borjüglid)  gespielt, 
©ie  roarb  baburd)  bie  Jpetbin  be§  £age§,  mürbe  mit  ßobgebidjten,  -gmlbigungen  unb 
iöeioerbungen  überhäuft  unb  it)r  ©efang  fetbft  bem  ber  ßu^oni  unb  gauftina,  ja 
bem  be§  ©enefino  borge^ogen;  ü)r  ^orhät  mürbe  gefiodjen.  ©te  ließ  [ictj  fdjon 
im  folgenben  3at)te  bom  ^erjog  Molton  (biefem  „großen  Xölpet")  entführen 
unb  balb  barauj  tjeiratljcu.  Srotj  be§  2lüßfd)ciben§  biefes1  belicbteften  9Jtitgliebe§ 
ber  9tictyfd)en  ©efellfdmft,  natmt  bie  23ettler  =  £)per  ungeftörten  Fortgang.  2)er 
pecuniäre  (hfolg  mar  ein  gan^  außerorbenttidjer;  er  mad)te  3tid)  gay  (fröljiid)) 
unb  ©ab  rieh  (reidj).  Uugeadjtet  ber  berbften  ©emeinbeiten,  bie  tjier  ben  3U= 
fdjauern  geboten  mürben,  ianb  man  bae  2Bcrf  außerorbentlidj  rei^enb  in  feiner 
9Irt,  uid)t  megen  feinet  9toI)t)cit,  fonberu  megen  ber  3Bat)rt)eit ,  mit  ber  e§  ba§ 
treiben  tjodjfteljenber  s4>erfoncn  bloäftettte,  unb  fetbft  biejenigen,  metdje  bon 
biefer  giftigen  ©atrjre  ^umeift  getroffen  maren,  Ijielten  fiuger  SBeife  mit  bor= 
brängenbem  Slpplauä  nid)t  aurüd.  2)ie  „s-8ettler=Dper"  gab  baä  ©ignal  ju 
einem  allgemeinen  2lu3brud)  mufifaltfd)  =  bramatifd)cr  9iot)t)eit.  ^m  nädjften 
3far)räelmt  entftanben  über  ljunbert  äfjnlidje  ©ingfarcen,  bie  aber  roeber  in  ber 
SBebeutung  nodj  im  ©rfolg  iljr  Sorbilb  erreidjten.  2)a§  Reifte  madjte  ©antuet 
$ot)nfon  au§  Gtjefljire  mit  feinem  ©pectafelftütf  „Hurlothrumbo  ober  ber  lieber* 
natürlidje",  1729.  —  ^epufdj'ä  moralifdjer  Gljarafter  mirb  a(i  bödjft  liebend 
roütbig  gefd)ilbert;  befonberS  mot)lmoltenb  unb  menfdjcnfreunblid)  erroieS  er  fid) 
gegen  beutfetje  ßanböleute,  bie  ftet§  beg  beften  9tatf)§  unb  $3eiftanbe8  unb  tt)äti= 
ger  -£>itfe  feinerfeitä  fidjer  maren.  ©o  glän<}enb  übrigens  fein  unb  bieler 
anberer  beutfdjen  Äünftler  2oo§  in  (Snglanb  fid)  geftattete,  merfmürbiger  SBeife 
Ijaben  bie  l)erborragenbften  unter  iljnen  feine  2eibe§erben  Ijintertaffen ,  feine 
Äinber,  auf  bie  itjr  Vermögen  unb  itjr  Stüfjm  übergeben  fonute.  (B  fcr)eint, 
baß  ba§  oft  riefenmäßige  fingen  um  bie  ©jiftenj  unb  bie  ©uperiorität  unb  ba§ 
fonftige  Ziagen  nad)  ©ctoinn  unb  9fteid)tt)um  alle  förpertidjen  Gräfte  aufgejefjtt, 
ba§  ganje  ©innenleben  betnid)tct  unb  bie  ^Ballungen  beö  ^er^en§  bertrodnet  t)at. 
9Jiit  ben  Prägern   berühmter  tarnen  erlifd)t  faft  immer  aud)  beren  ©ef(i)ted)t. 

©djletterer. 
^C|)1)U:  starten  ty.,  ^)iftorienmaler  au§  ^tntmerpen,  geb.  1574,  baä 
2obe§jat)r  ift  unbefannt.  ©ein  ®eburt§iat)r  ergibt  fid)  au§  ber  Unterfdjrift 
feine§  s4>ortraitS,  baä  31.  öan  5Di)d  gemalt  t)at  S)iefe  tautet:  Me  Pictorem 
Pictor  pinxit  I).  Ant.  van  Dyck  1632  Aet.  Me.  58.  äöer  fein  Setjrer  inberßunft 
gemefen,  ift  unbefannt;  man  mottte  it)n  einen  ©djüter  bon  9luben§  fein  laffen, 
mag  aber  fetjt  3meifelt)aft  ift.  dagegen  ift  anäunet)men,  bafe  itjn  beffen  Äunft 
beeinflußte.  @r  ljielt  fid)  eine  ^tit  in  9iom  auf ,  mo  er  fid)  burd)  feine  Som^ 
pofitionen  unb  beren  Kolorit  einen  geachteten  tarnen  ermarb.  |>oubrafen  er^äcjlt, 
9luben§  märe  auf  ^ebtyn'S  rafci)  gereifte^  Talent  eiferfüdjtig  gemefen ,  fo  baß  er 
fid)  ärgerte,  al§  er  bernat)m ,  $.  motte  s«Rom  bertaffen  unb  nad)  SSrabant 
äurüdferjren.  3II§  er  aber  bernafjm,  berfelbe  t)abe  in  9tom  eine  gniu  genommen, 
bie  it)n  bafelbft  fefjle,  fott  er  gefagt  t)aben:  9t un  5p.  ge^eirat^et  t)at,  t)abe 
id)  feine  3utd)t,  baß  mid)  t)ier  ^emanb  übertreffen  ober  mir  über  ben  Äobf 
madjfen  foll.  S)a§  ©an^e  fdjeiitt  eine  jener  erfunbenen  Stnecboten  ^oubrafen'g 
3u  fein,  bie  feine  Ijiftorifdje  ©runblage  t)aben.  GürftenS  mirb  9tuben§  faum  einen 
s3tebenbut)ler  gefürchtet  I)aben  unb  bann  mar  9tuben§  tytpxjn'i  greunb,  benn  al§ 
biefer  bennod)  um  1630  nad)  2lntroerben  jurüdgefebrt  mar,  ftanb  Sfabetta  S3rant, 
bie  erfte  grau  be§  9tuben§,  al§  ©ebatterin  bei  feiner  älteren  SLodjter  -Utarttja, 
ma§  bod)  nät)ere  freunbfd)aftlid)e  Scjiefjungen  beiber  gö^itien  befunbet.  S5om 
^abre  1637  ift  fein  .ipauptmerf :  S)er  t).  s3torbert  betet  \)a$  ©acrament  an,  bann 


«Pctanbi.  373 

matte  er  eine  f).  ©tifabetf) ,  bie  irjre  ®üter  unter  bie  2(rmen  betttjeilt.  63  be= 
ftnbet  lief;  in  ber  Kapelle  üon  ©roote  ©afttjutS  ju  Antwerpen;  in  Brüffel  eine 
t).  SInna  mit  ^Jlatia  unb  bem  Äinbe,  a(3  Patronin  ber  23aifen.  3fn  ber  ©aterie 
be§  pcr^ogl  bon  3(renberg  in  Brüffel  ift  ein  Bitb  feiner  §anb,  ba§  eine  fitjenbe 
junge  S)amc  in  Sebenägröfje  üorftetit.  ®iefc  SRalerei  wirb  fcljr  getobt.  s£eter 
Baittiu  tjat  nadj  ir)m  eine  ©ufanna  im  Babe  geftodjen ;  ba§  Bilb  unb  beffen 
©tanbort  ift  nidjt  nadjiutoeifen.  ©ein  Bilbnifc  fommt  aueb,  in  üan  ©ij«f  3 
^conogvaprjie,  üon  Boläwert  geflogen,  bor.  $n  ber  ©ternberg'fcfjen  Äupferfticb,* 
fammtung  würbe  bon  %xtn?>ü  iljm  eine  ütabirung  jugefcfjrieben :  eine  faft  naefte 
#rau  im  Babejimmer  empfängt  einen  Brief,  ben  i§r  ein  Änabe,  f)alb  bom 
Borrjang  gebebt,  rjinreicrjt.  Ob  e§  wirflid)  eine  Criginatarbeit  be§  9Jteifter§  ift, 
(äf$t  fiefj  nidjt  mit  ©ictjerljeit  angeben,  fjrenjet,  ber  SBerfaffcr  be§  9Iuction3= 
catalogS,  r)at  feine  Beweife  beigebracht. 

©.  ^mmerjeel.  —  Äramm.  —  ^oubrafen.  Söeffeln. 

"^cranbt:  9Jtarco  öiufeppe  <p.,  ein  Körner,  fam  äWifdjen  1651 — 1656 
in  bie  furfürftlicr)  fäd)fifcf)e  Gabelte,  unb  jwar  burdj  ben  Bicecapettmeifter 
grjrifiopf)  Bernljatb,  ber  if)n  au§  Italien  mitbrachte.  1663  roirb  er  in  ben 
ßiften  ber  furfürfttid)en  @apette  at§  Bicecapettmeifter  angeführt.  3n  bemfetben 
3atjre  liod)  warb  er  an  Bincenao  SUorici'ö  ©teile  wirflictjex  Sapcltmeifter  unb 
ftarb  atS  fotäjer  am  12.  Januar  1675  in  S)re§ben.  SRattfjefon  nennt  ifjn  in 
feiner  „ßtjmipforte"  (©.  18)  ben  berühmten  „Slffectenawinger'',  «pxintf  lobt 
itjn  al§  „fürtrefftictj  in  Gompofttione  ber  (Sonderten,  in  roelcijen  er  bie  ©cmüttj§= 
Bewegungen  über  alle  Waffen  Worjl  au§gebruc!et".  3m  ber  Xfjat  fmt  er  eine 
Stenge  fotdjer  Äirdjenconcerte  gefdjrieben ,  roie  er  benn  überhaupt  in  Srcgben 
aU  Äirctjencomponift  fetjr  tfjätig  geroefen  ju  fein  fdjetnt.  Unter  ben  größeren 
©aetjen  werben  befonberä  „bie  Jpiftoria  bon  ber  ©eburt  be§  £>errn  unb  <£)eitanbe§ 
3efu  Sfjrifti"  unb  bie  „Sßafjton  beä  Süangeliften  ©t.  'UlarcuS"  erwähnt,  ©onft 
werben  bon  itjm  noctj  angeführt:  ftür  bie  Äirctje:  6  Neffen  p  5  Stimmen  mit 
Begleitung  (2,  4,  auef)  6  trompeten  ober  Rauten),  3  Ifltagnificat  ju  5  unb 
9  ©timmen,  unb  15  Goncerte  p  3,  4,  5  unb  6  Stimmen  mit  Begleitung, 
gür  bie  Safelmufif :  15  ^Jlabrigale  ju  2 ,  3  unb  5  ©timmen  mit  Begleitung; 
3  „Symphoniae" :  hit  erfte  für  2  trompeten  unb  Raufen,  2  Biotinen  ober 
Fagotte;  bie  zweite  für  4  trompeten,  4  Biotinen  ober  gfagotte;  bie  britte  für 
2  trompeten,  2  Biotinen  ober  gagotte.  3n  ber  fönigticfjen  Bibliotfjet  ju 
Berlin  unb  in  ber  fönigticfjen  5Jtufifatienfammtung  ju  S5re§ben  befinben  fief) 
folgenbe  (Sompofitionen  bon  5p. :  «ölifcxcre  für  3  ©oprane,  ?l(t,  Senor  unb  Baf^ 
mit  ^nftruwenten;  3Jliffa  (Ätirie  unb  ©toria)  für  4  ©ingftimmen  mit  ^nftru= 
menten;  2Jtiffa  für  6  ©ingftimmen  mit  ^nftrumenten ;  18  tateinifetje  unb 
beutfdje  ^irc^encompofüionen  mit  unb  oljne  ^nftrumente.  Sfntcreffant  ift  fein 
im  Berein  mit  bem  furfürft ticken  Gapeltmeifter  Bontempi  componirte§  „SDrama 
ober  5Ruficatifcr}e§  ©ct)au=©piet  bon  ber  S)afne" ,  beffen  erfte  2tuffü£)rung  in 
SJresben  im  ^.  1672  ftattfanb.  Beibe  ßomponiften  waren  ber  Bcrbinbung 
itatienifdfjer  unb  beutfe^er  5Jtufif  nicfjt  fern  geblieben,  wie  tlmen  benn  auc^  ftetjer 
bie  gleichnamige  Oper  itjres  ätteften  Soltegen  ©djüfe,  Wetter  erft  1672  ftarb, 
nidjt  unbetannt  gewefen  fein  wirb.  2tufjerbent  mag  it)nen  bie  ßompofition 
beutfcr)er  BaEete,  foWie  mancfjer  Äirdtjenftücfe  mit  beutfdjem  2erte,  bie 
Sprache  itjreä  äWeiten  Batertanbe§  geläufiger  gemacfjt  rjaben.  „^afne"  tritt 
übrigen^  (wenn  man  bie  fogenannten  Dperabattets  aufnimmt)  mitten  unter  ben 
itatienifetjen  Opern  jener  3ftt  auet)  am  S)resbener  £>ore,  gteicl)  iljrer  älteren 
©ctjWefter  bon  Opife  unb  ©d)ü^,  wieberum  ai%  gana  bereinjelte  (Jrfdjeinung  auf 
unb  ift  besrjatb  bon  boppeltem  ^ritereffe.  gine  beutfe^e  Oper  barf  man  fie  wobt 
besfjalb  nennen,  weit  fie  beutftfjen  2ejt  entfjätt   unb  beutfdjen  Berfjältniffen  an= 


374  sperrffjatmer  —  ^erger. 

ge^a^t  war.  ©elbft  in  mufifatifdjer  Beaielmng,  obgteid)  fie  botlftänbig  italiemfdjen 
duftem  nadjgebilbet  ift,  enthält  fie  3u9e»  welchen  beutfdjen  (Sinfluf,  namentlich 
ben  beä  Bolföliebeö,  berrattjen.  5Die  Oper  ift  im  Befifc  ber  fönigtidjen  9Jtufifa= 
lienfammlung  ju  Bresben;  eö  bürfte  bie§  bie  ältefte  borljanbene  Partitur  einer 
Oper  mit  beutfdjem  ütejt  fein.  2>ie  fönigtidje  5Jlufifalienfammlung  befifct  audt) 
ein  gefdjriebeneä  Stejtbud)  bon  1678,  in  meinem  iSatjre  bie  Oper  abermals  auf= 
geführt  würbe.  2)er  SDicrjter  ift  unbefannt  geblieben,  warjrfcrjeinlict)  mar  ber= 
felbe  ber  belannte  (Megenrjeitöbictjter  2)abib  ©djirmer,  furjürftlidjcr  Bibliotljelar 
unb  .gwfpoet.  35a8  Bud)  ift  nur  eine  Bearbeitung  ber  ü£)aplme  bon  Dpifc.  2)ie 
.gmupttjanblung  ift  biefelbe  mie  bei  biefem ,  unterbrochen  burcfj  mandjerlet  @pi= 
foben  poffentjajten  ^nrjalteö,  reid)  bermeljrt  mit  bem  bamals  üblict)en  ©ötter=, 
2)ecorationö*  unb  9Jlafd)inenpomp.  $n  ben  -gmuptfcenen  finb  fogar  beö  fcbleftfcljen 
©idjterä  SBorte  beibehalten,  gteilidj  erfetjeint  bie  Bearbeitung  bem  Originale 
gegenüber  rot),  plump  unb  gefdjmadloö.  9Jt.  dürften  au. 

^Crtfljn'uiicr :  äßoljgang  $.,  ein  Gomponift  beö  16.  3af)rl)unberts ,  öon 
bem  fidj  nur  eine  Sammlung  bier=,  fünf=  unb  fedjöftimmiger  |>t)mnen  erhalten 
Ijat,  bie  1591  in  9Mnd)en  bei  Slbam  Berg  etjctjien  unb  öon  benen  bie  ©tabt= 
bibliotl)ef  ,^u  Breslau  ein  boUftänbigeö  ©jemplar  befitjt.  S)er  fonft  unbefannte 
Gomponift  nennt  ftdtj  auf  bem  Jitel  „Aquipolitanus"  unb  mibmet  baß  28erf 
ben  9tatb,öt)erren  berfelben  ©tabt.  Bei  ber  Unterfdjrift  ber  äßibmung  fügt  er 
feinem  Warnen  bie  ©tabt  „Aquiburga"  bei.  Betbe  tatinifirte  ©tabtnamen  be= 
beuten  bie  ©tabt  SBaffeiburg  in  Oberbaiern  unb  fdjeint  eö  faft,  aU  menn  er 
in  feiner  Üteburtsftabt  auet)  gelebt  unb  gewirft  l)abe. 

9tob.  ßitner. 

^crtflUQIjr:  Üieginbalb  $.,  Benebictiner,  geb.  1679  (?),  f  am  18.  ©ep= 
tember  1742  ^u  2lug§burg,  mo  er,  nadjbem  er  eine  3?it  lang  s4>ro"teffor  ber 
*4tf)ilofopt)ie  gemefen,  ©ubprior  feines  ÄlofterS  mar.  6r  l)at  (in  beutfdjer 
©pradje)  polemifdje  Söerfe  über  bie  ©acramente  ber  Bujje  unb  beö  2lltars 
(1725)  unb  über  bie  Slbläffe  herausgegeben,  ferner  einen  „breijadjen  cattjolijdjen 
GatedjiSmuS",  1731,  ein  ,,©efc£)id)t=  unb  *ßrebig  =  Bud)"  in  brei  ftoliobänben, 
1737.  6r  fammclte  Material  für  eine  Polyantbea  amplissima  (sJJtaterialien= 
fammtung  für  ^rebtgten),  bie  10 — 12  Folianten  füllen  foUte,  unb  für  ein 
Söerf  über  alle  Orben;  beibe  finb  aber  nidjt  erfdjiencn. 

3iegelbauer,  Hist.  rei  lit.  Ord.  S.  Bened.  III,  621;  IV,  162,  385. 

9teufd). 

^CVgcr:  Bcmtjarb  $.  b.  ©tanj  ober  ©tenj,  t  um  1502,  artiftifd)cr 
5ftagifter,  Otector  unb  ©uperintenbent  ober  Gurator  ber  Söiener  llniüerfität. 
©ein  £>eimatt)äort  Wirb  ber  ©djWcia  «jugefprodjen ,  aber  aud)  in  ber  ©teiermarf 
gefudjt,  wojelbft  wir  gleichnamigen  Orten  (©tanj  im  9Mratt)al,  ©tain^  in  5Rittel= 
fteier,  ©tanj  bei  9Jtured)  begegnen  unb  auetj  anbere  UnibcrfitätSgenoffen  rjcimifdj 
waren.  2llö  Magister  arlium  Perger  de  Stanz  begegnet  er  uns  aunädjft  im 
$.  1464,  unb  las  1464,  1466  unb  1467  über  ben  Guflibes,  1465  über  bie 
allgemeine  5ßerfpectibe.  Ob  er  bann  in  Italien  tjumaniftifdje  ©tubien  aufnahm 
ift  nidtjt  erwiefen,  aber  burd)  feine  jpätere,  befonberS  ber  Pflege  ber  lateinifdien 
©rammatif  unb  ben  Glaffilcrn  (insbejonbere  Birgil  unb  ©aHuft)  ^ugewanbte 
wiffenfcrjaftlic^e  S^ätigfeit  watjrfdjeinlicr)  gemadjt.  Söä^renb  ber  juriftifd)en 
©tubien  (feit  1476)  war  er  2)ecan  ber  artiftifdjen  gacultät  unb  würbe  am 
13.  October  1479  9iector  ber  ^od)jct)ule.  @r  erfdjeint  bamals  aueb,  mit  bem 
Xitel  eines  „Baccalaurcuö"  beö  „päpftlicl)en"  (b.  i.  canomfdjen)  9tcd)te§  unb 
9lectorä  ber  ©tabtjdjule  ju  ©.  ©tepl)an,  bie  wir  gewiffermafcen  alö  Borftufe 
jur  Uniberfität^fdjulung  an^ufeb^en  tjaben.     eine  fet)r  einflufereict)e  5perfönlic^feit 


5Betg«.  375 

würbe  <B   feit   1490 ,  ba  ibn   ßaifer  griebrid)  III.   aum  ©uperintenbenten   ber 
Unitoerfttat  befkcttte,  unb  ber  Sbronfolger  ßaifer  «ötajimitian  I.  bie  Deputation 
ber  ßoAfefcute    anwies,    ibre   Segebren    ibm    ober   bem    „Wagifter   Sernbaro 
ö    ©tana"  fdiriftlid)  einzureichen.     2ItS  lanbeSfütftlither  SetWefer  ber  Uniöerfitat 
hatte  er  bie   (SJebabrung   mit  ber  Dotation  ber  £od)f<hule  3»   überwachen  unb 
äwedmäfeige  Neuerungen  anäubahnen.     2ln   biefen  liefe  $.  eS  auch  nicht  teilen. 
<£r  war  bemüht,   bie  fdjolaftifdje  SehanblungSWeife   ber   gemeinen  nur  nach 
(Smenbatoren  unb  ©loffatoren   trabierten   Glaffirer,  wie:    2lriftoteleS ,   (SultibeS, 
£ippofrateS,  @alenu§  auf  ©runblage  ifyceS  Wenngleich  lateimfchen  Nestel  burch* 
aufefaen,   unb,   als  ßaifer  ffllajtmilian  I.  bie  Regierung  Oefterreicb>  übernahm, 
«B.  in  ftolge  beffen  bie  Seitung  ber  $ochfcfcule  mehr  benn  früher  tn  Rauben  hatte, 
üerfthiebene   Neuerungen  nach    bem  Sorbilbe   italienifcfcer   Uniberfitäten,   fogar 
öffentliche   (SoEoquien  unb   ©iSpittationen    Dor   ber   Slula    an   ©ommerabenben 
einzuführen.     Siefe    „conversationes   plateales"    würben  jeboc£)  in  golfle  nach> 
ItAer  ©tubentenejeeffe  nur  1493   üerf ud)t ,  bann  Wieber   abgeftetlt.     SebenfattS 
befteibete  $.  bis  ju  feinem  £obe  bie  ©tettung  eineS  ©uperintenbenten  ber  Um» 
öerfität-  ba  ihm  barin  1501  (EufpinianuS  folgte,  fo  mufe  %  um  btefe  £eit  ge= 
ftorben  fein,     ©ein  bebeutenbfteS  Sßerf ,    „Artis  grammaticae  introductorium  in 
octo    partes    orationis,    in    construetiones ,    in   epistolas    conficiendas    fere    ex 
Nicolai  Perotti  grammatici  eruditissimi   traditionibus  a  magistro  Perger  trans- 
latum",  worin  bie  Rudimente  grammaticae  beS  (SrjbifchofS  «JttflaS   Serottt  bort 
©bonto  (1430—1486)  bie  ©runbtage  bilben,  erfchien  als  Sncunabel    ohne  bafc 
mir  ben  Srudort  rennen,     ©ie   erlebte   als  erfter  Serfucb ,    bie   gortfdjrüte  ber 
italienifchen  ßumaniften  im  »ereile  ber  lateinifchen  ©rammati!  barjulegen,  eine 
9teihe  öon  ausgaben,  beren  bierte  in  äöien  im  $.  1500  bei  bem  erften  namentlich 
befannten  Suchbruder  biefer  ©tabt,    Sodann  SBinterburger   ober   äBtnterburg, 
erfchien.     3n  biefer  Officin  war  auch   1493   unb  1494  $ergerS  Srauetrebe  auf 
ben    £ob    Äaifer    griebrichS    „Obitus   et   exequiae"    —    „Kayszer    Friederichs 
begencknus"  (4  5811.)  öeröffentlicht  worben. 

2>eniS,  SBienS  Siichbrudergefcbichte  bis  3.  3.  1560  (Sien  1782).  - 
2lfchbach,  ©efefe.  b.  SBiener  Unit).  L  (1865).  —  Slnton  «Woher,  <3efch:  bet 
geiftigen  Sultur  in  Weberöfterreich  1.  S5b.;  0.  bemf.  ®ie  Söiener  ©tefanS» 
fchute  (Sil.  beS  »er.  f.  8.  «JtieberöfterreichS  1880  II,  u.  m  ©ep.=2I.)  unb 
beffen  Suchbrudergefchichte  S3ienS,  1.  £albbanb  (1882).  ®\°le*: 

Waer  ©igmunb  fterbinanb  ö.  S. ,  «Kater,  Beichner  unb  Äujjer» 
ftecberT  geb.  Su  2öien  am  17.  Sluguft  1778,  wo  er  1841  ftarb.  ®en  frühften 
Unterriebt  erteilte  ibm  fein  Sater,  welcher  felbft  im  Seltnen  Dilettant  war, 
bann  befudjte  er  bie  Slfabemie.  3m  3-  1798  fanb  ber  iunge  «Wann  eine ;  «Kn- 
ftellunq  als  Seiebner  in  ber  faiferlichen  «BoraeHanfabxif ,  in  ber  er  elf  ^abre 
tbätig  war.  Siele  figurale  Secorationen  für  bie  ©efäffe  würben  naih  feinen 
Entwürfen  auSgefübrt.  Dbwol  man  ibm  febr  günftige  Weitere  Offerten  machte^ 
entfcfelofe  fieb  ber  Äünjltex  1810  boeb  jum  Seraicbte,  trat  eine  ©tubtenreife  nad) 
Statten  an  unb  begann  nach  feiner  £eimfunft  eine  emftge  Jbattgfeit  als 
Äiftorienmaler,  Seichner  unb  Äupferftecher.  einige  Sferbebitber,  bie  et  tm  M]- 
traqe  beS  laiferlichen  DberftftattmeifteramteS  Oollenbet  batte ,  beschafften  ibm 
1817  bie  Ernennung  jum  faiferlichen  |)oftbiermater.  3Rit  bem  Serleger  (L&aaS 
begann  er  1821  baS  grofce  Söerf :  „St.  Ä.  Silbergalerie  im  Selöebere  3u  Sien  , 
4  Sbe  mit  240  öon  Saffini,  floüatfcfc,  Slafchfe,  ßrepp,  ^anLafS^*eS 
©rieben  woau  «B.  bie  Originale  en  miniature  copirt  batte.  2)aS  «Bert  lag  18dd 
üoEenbet  Oor.  ^m  3.  1825  erbielt  er  bie  ©teile  eines  atuetten  SuftoS  an  ber 
laifertichen  ©emätbefammtung.  —  >Berger'S  arbeiten  finb  febr  mi™%-  öu 
Den  befferen  geboren  bie  Oetgemätbe:  (SufteS  berttinbet  ben  ©leg  bei  «Marathon. 


376  ^Pcti  —  Rennet. 

(®eft.  in  2lquatinta.)  —  £omero3  Bei  ben  Sltfje-nern,  1834.  —  S)a§  grofje 
^ferberennen  bei  .Uoöcfan,  1816.  —  (Sin  -Oofjmauer  <5d)iff3fned)t  an  bei-  3)onau, 
1831  (faiferlidje  (Salerie).  —  2)er  Raub  beä  ©anr;mebe§.  —  S)ie  billige  @äcilia, 
«Miniatur  nad)  ©djeffer  ö.  ßeonartätmff.  —  ^orhäte  9kbe&fr/§,  be£  ^alerä 
fetbft.  —  Äaifer  ülubolf  I.  Beim  $rönung§mat)le,  1835.  —  2ttarfgraf  ßcoöolb  IV. 
fdjlägt  bie  ftaiferfrone  au3.  —  SBitrjetm  öon  Sllbonacf  unb  feine  Södjter. 
Slufeerbem  malte  er  fefjr  biete  3lr)ietftücle :  $ferb  öon  einem  2iger  öetfolgt.  — 
(5in  «Pfexbeftaü,  1830.  —  Äämöfenbe  sterbe,  1820.  —  (Sine  3agb  auf 
-gmfen  IC.  3n  Slquatinta  gab  er  bie  3>arfteHungen  ju  ber  ^ublication :  „<5cenen 
auä  ber  BatertanbSgefd)id)te",  äöten  1813,  tjerauä.  —  3:t)ierftubien ,  Rab. 
1813.  —  2)ie  Sllbertina  befitjt  öon  ü)tn  eine  Suite  getufdjte  gebeqei^nungen 
jur  Stiabe.  (Sin  aubere§  fd)öne§  ^(quaiett ,  3ittertt)a(er  Sauern,  im  5ßriöat= 
befit;.  —  ©etbft  rabirt  unb  geftoctjen  finb  öon  $.  bie  Blätter:  Romutu»  unb 
ftemuä  mit  ber  SBölfin.  —  ^orträt  beä  tfaifersi  ^ranj  I.  u.  91. 

5lnton  ö.  $.,  be§  Vorigen  ©otjn,  geb.  in  Sßien  am  20.  STecember  1809, 
ftarb  bafelbft  am  14.  2Ibril  1876,  mar  gteicrjjatte,  namenttid)  in  feiner  früheren 
3eit,  als  vitaler  unb  geidmer  ttjätig.  (Jigentlid)  mar  er  in  allen  (Sätteln  gerecht, 
menn  feine  Begabung  it)n  aud)  gerabe  «ju  nidjtä  2Iu3gejeid)uetem  befähigte,  <So 
mürbe  er  föäter  (1845)  ^ßrofeffor  ber  Anatomie  an  ber  9lfabemie,  bann  feit  1853 
6ufto§  ber  $uöferftid)fammlung  an  ber  ^ofbibtiottjef ,  gab  öerfcfjiebene  Büd)cr 
populär  beletjrenben  ßtjarafterä  fjerauS  (barunter  bie  beutfdjen  „^flanjenfagen" 
1862),  fd)rieb  antiquarifdje  9lbt)anbtungen ,  ferner  ba§  mit  öieten  <5ta()tftid)en 
auägeftattete  SBerf:  „2>ie  ßunftfcfjätje  2£ienS",  Stieß  1854,  „$er  2>om  ju 
6t.  Stefan"  (ebb.)  ic.  Bon  feinen  fünfilerifdjen  Seiflungen  finb  t)eröorjut)eben : 
ßaifer  ^ofepb,  II.  im  Sdjlofj  Sajcnburg.  —  2>ie  Speifung  ber  günftaufenb 
(faiferlidje  ©alerie).  —  (gtartjembcrg  unb  Bifdmf  ßotlonits  auf  bem  ©tefanStrmrm 
(geft.  öon  2.  33el;ev).  —  5Eer  Befjagticfje.  —  %n  Aquarell  unb  ^eidjnung  f)at 
^.  öielel  tjinterlaffen ,  fo  eine  Dieirje  2J3iener  Botfefiguren,  bie  (Eröffnung  ber 
©emerbeaugftetlung  1845  (ftftbt.  Bibliottjef).  91.  ^Ig. 

%kl\:  .g>  t)  a  c i n  1 1)  *p.,  Benebictiner  in  ©t.  £ambred)t  in  ©teiermarf,  über 
roeldjen  biograpfjifd)e  £)ata  nid)t  aufjufinben  finb,  üeröffentlid)te  1719—32  ju 
©tcrjct  fünf  goüobänbe  „Quaestiones  theologicae  in  I  et  II  partcm  Summae 
S.  Thomae  Aquinatis".  lieber  feine  ftreng  ttjomiftifdjen  Slusfüljrungen  berichtet 
#.  Söerner,  ©efd).  ber  fatt)o(.  2t)eol.  ©.   96  ff.,  106  ff.  fteufd). 

Rennet:  Soadjim  ty.  tourbe  am  20.  ßctober  1765  ju  2öien  aU  ber 
'5o()n  eines  Kaufmanns  geboren,  erhielt  eine  t)öd)|t  mangelhafte  @riiel)ung  unb 
mud)S,  meift  fid)  fetber  übertaffen ,  rot)  unb  unroiffenb  auf.  S)ie  i|m  öon  ber 
s)tatur  öerliel)enen  reiben  ©aben  fdjarfer  Beobachtung  unb  fdilagfertigen  2öi^e§ 
bitbete  er  leiber  in  Äneiöen  unb  (Sdjenfen  unb  in  ©efeüfdiaft  itjm  gleid}gefinuttr 
Äameraben  au§.  5)lit  befonbercr  Vorliebe  öerfafete  er  ©ebid)te,  Heinere  öro= 
faifdje  unb  fomifetje  Sluffäije  sum  Vortrage  unb  beteiligte  fid)  atg  sFiitmir!enber 
an  ben  in  jener  3"t  |o  äaf)(reid)en  £>au§=  unb  Siebb,abertb,eatem,  ja  mit 
19  3arjren  übernaljm  er  in  ©emeinfefjaft  mit  2lt)(en  unb  ©emet)  baä  Xljeater 
am  s3teuftift  „3um  gaftm",  too  fie  mit  mefirereu  Dilettanten  „unentgetttid)e" 
33orfteHungen  gaben.  ®a§  mar  ^eriuet'§  bramatifdje  3Jorfd)u(e.  ©üäter  !am 
er  an  ba§  priöiteghte  Sweater  in  ber  fieoüotbftabt  unb  banad)  an  jenes  im  grei= 
l)aufe  auf  ber  SBieben,  too  er  überall  Beifall  fanb  unb  ba§  Repertoire  mit  feineu 
£)riginalfd)nurren  ober  Bearbeitungen  frait3öfifd)er  Stücfe  bereicljerte.  2>er  2ob 
feinet  BaterS  fe^te  5ß.  in  ben  Befi^  einc§  33ermögen§  öon  fed)§taufenb  ©ulben; 
aber  fdjon  nad)  fed)§  Söodjen  toar  e§  bi§  auf  ben  festen  Pfennig  öergeubet  unb 
er  mie  frütjer  ein  Bettler,    ber  nun   mieber  2Bien  mit  feinen  poetifd)en  Bettel= 


äßmfietuS.  377 

Briefen  überfcrjmemmte.  %m  3f.  1789  terjrte  er  at§  ©äjaufpieler  unb  Jrjeater* 
bitter  äur  Seopotbftäbter  23ufme  jutfidt,  natjm  1798  ein  Engagement  bei  ber 
©ctjitaneber'fdien  2uippe  an  unb  folgte  1803  bem  Stufe  -öenslerS ,  ber  nadj 
2HarineuT8  2obe  ba§  Scopotbftäbter  3:f)eater  gepachtet  fjatte.  Sin  biefer  9ßürjne 
blieb  er  nun,  mit  Slu§nafjme  eine§  ©emeficrs  im  $.  1807,  mo  er  in  93rünn 
fpiette,  big  ju  feinem  2obe,  ber  am  4.  {yebruar  1816  erfolgte.  —  Sllä  ©c£jau= 
fpieler  mar  ty.  bon  untergeorbneter  33ebeutung;  obgleich  in  mannen  fomifdjen 
Collen  beim  publicum  fefjv  beliebt,  mar  er  bocf)  eintönig,  of)ne  (Seftattungäfraft 
unb,  mie  im  Ccben,  fo  auct)  auf  ber  93ürjne,  gemein,  ©lüctlicrjer  mar  er  in 
feinen  bramatifcrjen  arbeiten,  in  melden  er  ben  bamat§  eben  nid)t  fetjr  geläu= 
terten  ©efctjmact  be§  -publicum^  ju  treffen  berftanb.  Saju  gehören:  „SerSremit 
auf  govmentera",  ©cfjaufpiel  in  3  Sitten"  (1790);  „Ser  $age,  Suftfpiel  in 
3  Sitten"  (1792);  „Sie  jmei  ©abot)arben,  ©ingfpiel  in  1  Sltt"  (1792);  „Sie 
©djmfftern  bon  *prag ,  ©ingfpiel  in  2  Sitten"  (1795);  „Sa§  luftige  Sieilager, 
©ingfpiel  in  2  Sitten"  (1797);  „Ser  gagottift  ober  bie  3aUDer5^et»  ©ing= 
fpiet  in  4  Sitten"  (1792);  „SJittotia  9tabeHi,  ber  meiblictje  Otinalbo,  ©d)au= 
fpiel"  (1808);  „Sa§  Sleufonntagstinb ,  ©ingfpiel  in  2  Sitten"  (1806);  „Sie 
neue  ©emiramig,  traöeftirte  Oper  in  2  Sitten"  (1806);  „Sie  neue  Sllcefte, 
Dper"  (1806);  „£>amlet,  ßarricatur  mit  ©efang  in  3  Sitten"  (1807);  „3ba§ 
unb  SJtargiffa,  Cper  in  3  Sitten"  (1808);  „^umpfjia  unb  ßulifan,  Cper  in 
2  Sitten"  (1808);  „Ser  getbtrompeier,  ober  Söuift  miber  SBurft,  ©ingfpiel  in 
1  Sltt"  (1808);  „Sluguft  unb  (Suftabine,  ©cfjaufpiel  in  3  Sitten"  (1805); 
„Äora,  bie  ©onnenfungirau,  Dper  in  3  Sitten"  (1815);  „9ftegära,  bie  fürdjter= 
ticrje  «Ipeje,  3au&eroper  in  3  Sitten"  (1816);  „Sie  Belagerung  bon  SJpfilon, 
ober  (Sbatatfjet  unb  ©ctjnubi,  ©ingfpiel  in  2  Sitten"  (1804)  u.  b.  a.  3u 
mehreren  ber  ©ingfpiete  tjatten  irjm  bie  ©tücte  beg  SJßienet  }>offenbid)terg  $t)ilipp 
£afner  (f.  Sl.  S.  33.  X,  323)  alg  SJorlage  gebient.  Sluci)  ein  93änbcf)en  ,,©inn= 
gebidjte"  (1788)  unb  berfcrjiebene  anbere,  für  bie  Sitteratur  aber  nicrjt  bebeutfame 
©Triften  beröffentlicrjte  5ß.  33iele  feiner  Sieber  in  feinen  ©ingfpielen ,  bie  bon 
Söen^el  Füller  ccmponht  mutben,  tjaben  i^re  23olfettjümticfjteit  big  auf  ben 
rjeutigen  2ag  bematjrt.  |>offmann  b.  ^atlersleben  fütjrt  alg  folcfje  3.  93.  auf: 
„2£ag  ift  bcg  Seben«  rjöctjfte  Suft?  Sie  Siebe  unb  ber  äöein."  —  „Ser  Senj  belebet 
bie  9catur,  bie  ©cfjöpfung  mirb  ung  neu."  —  „Sie  'ütäbctjen,  bie  Hieb'  unb  ber 
SBein  begeiftevn  ben  ^ftenfdjeri  allein."  —  „%<$)  bin  ber  ©dmeiber  $atabu."  — 
„SBenn  blüijenbe  Simen  in§  Sluge  mir  fet)en,  fo  ift  eS  gefcfjminb  um  irjr  -Jperjdjen 
gefcfjefjen."  —  „2öer  niemals  einen  kaufet)  gehabt,  ber  ift  tein  braüer  t)cann." 
äBurabacrj,  93iograpr)ifc£jeg  Sejiton,  22.  23b.,  ©.  20. 

ftran^  33  r  um  m  er. 
^crtftcrilö:  SBolfgang  ty. ,  (uttjeriferjer  £t}eolog  beg  16.  ^all^unbertS, 
geb.  1532  auf  feinem  bäterlicrjen  ©ute  bei  3Mbenburg  in  ^reufjen,  f  1592  ju 
Sanbsberg  an  ber  äBarttje.  —  Slu§  einer  preufjifctjen  Slbele^amilie  (bon  ber  2aube, 
be  6olumbi§)  abftammenb,  mürbe  er  bon  feinen  ßltern,  melcr)e  „ber  aufgetjenben 
ebangelifc^en  Se^re  ficr)  rjerdtid)  freuten",  jum  ©tubium  ber  itjeologie  beftimmt, 
befugte  bie  ©cljulen  p  ©Ibing,  Stjotn  unb  San3ig,  be^og  1545  bie  neu= 
gegtünbete  Uniberfität  .ftöniglberg,  mo  er  bon  bem  Üiector  Öeorg  ©abinu§,  bem 
©cr)roiegerfof)n  3JteIanci)tt)on§,  immatriculut  mürbe  unb  bem  ©tubium  ber  ^ßrjilo= 
logie,  $I)ilofopt)ie  unb  2r)eologie  ficrj  mibmete,  feijte  feine  ©tubien  auf  beutf($en 
Uniberfitäten  fort  unb  machte  gro^e  Oteifen  burc^  berfcrjiebene  europäiferje  Sänber 
(^oüanb,  ßnglanb,  granfreief),  ©cljmeia,  Italien).  1552  mürbe  er  in  Dtcftoct 
^ttagifter,  1554  ^^ofeffor  ber  giiecf)ifcrjen  ©praerje  in  Königsberg,  mo  er  fein 
Serjramt  mit  einer  Siebe  de  laudibus  graecae  linguae  antrat.  -]iücrjbem  er  1564 
Äönigeberg  bevlaffen,  mürbe  er  bon  S.  (5r)r)träu§  3U  Sroftocf  äugleicr)  mit  Suca§ 


378  5Petiaoniu3. 

Sacmeifter  aum  Dr.  theol.  promobirt  (j.  ßrabbe,  ©efd).  ber  U.  9toftorf  II,  638) 
unb  balb  barauf  1565  bom  $er£og  bon  9)tedlenburg  }utn  2)omprebiger  unb 
©uperintenbeuten  in  Sd^tocttn  ernannt.  93on  ba  ging  er  1571  als  ©uperintenbent 
nad)  äöiämar,  mürbe  aber  Ijier  nad)  wenigen  ^abren  1575  wegen  beifdjiebener 
©treitigfeiten,  in  bie  ibn,  Wie  e8  fdjeint,  tbeilä  fein  eigenes  reizbares  Sempera* 
tnent,  tb>il8  bie  Unberträglidjteit  feinet  grau  berwirtelte,  entlaffen.  ftadjbem  er 
längere  £eit  an  betfd)iebenen  Orten  (in  föoftotf,  S)anjig  :c.)  pribatifirt  batte, 
wutbe  er  1580  bom  Äutfütften  Sobann  ©eotg  bon  23ranbenburg  jum  .$of= 
prebiger  am  tfölnifdjen  £)om  in  23erlin,  1583  ^um  $aftor  unb  ^nfpector  ju 
\:anb8berg  a.  b.  Sßartbe  ernannt,  wo  et  nad)  neunjähriger  Söirfjamfeit  fein 
rued)felboUeä  ßeben  befcb/lofj.  —  ©eine  aahlreidjen,  aber  niebt  febr  bebeutenben 
^djriften  finb  tbeitS  pbitologifdjen  unb  pbilofophifdjen  (j.  33.  „$rolegomena  jur 
o.riecbifdjen  ©rammatif  9Mancb tbonV,  „ßrflärung  ber  (Stbif  bc§  SlriftoteleS", 
„ßeben  (iiceroß",  „de  necessitate  philosophiae",  „de  ordine  studiorum"), 
t^eitö  tbeologifdjen  ober  religiöä=erbaulidjen  Snbaltä  (3.  33.  „über  bie  9lbenb= 
mafilälehre",  „tjer^lid^eö  unb  ftanbbafteä  23efenntniä  bon  ben  bornebmften  Kritteln 
beä  djriftlicbcn  ©laubenä"  1568,  2.  2Iufl.  1573,  3.  Sluft.  1620,  „©ermon  bom 
allgemeinen  33eruf  jum  9teid)  ©otteä",  „ßob*  unb  2roftfdjrift  bom  beiligen 
ßbeftanb"  ,  „Slntibotum  wiber  bie  <ß.efi"  ic).  —  ©iebe  ba§  Söerjeicbnifj  feiner 
©dniften  bei  3öd)et,  ©t.  III,  1392;  ftotermunb  V,  1908;  ftaebriebten  über- 
fein ßeben  ebenbafelbft  unb  bei  2tinolb,  ©efduebte  ber  U.  Äöuigäbetg  II,  366; 
«BlftHet,  alte«  unb  Weues  33etlin    I,  101,  1004;  3eblet,  Ußer.  XXVI,  460. 

SOÖagenmann. 

$Crt50tliu9:  SInton  <p\,  bebeutenber  reformirter  Ibeolog,  ftammte  bom 
©efcb/leebte  ber  ^erijonii  her,  beffen  ©lieber  fid)  bielfach  befonbere  wiffenfcbaft= 
liehe  23erbienfie  erwarben.  2)urd)  feinen  93ater,  weiter  £ofprebigcr  ber  ©rafen 
bon  ßippe  unb  nadlet  Pfarrer  $u  Gaffel  war,  wo  er  1645  ftatb,  erhielt  er 
eine  forgfättige  (haichung  unb  wutbe  für  ba§  ©tubium  ber  Geologie  beftimmt. 
3öo  er  biefe  ©tubien  gemacht  unb  ba$  2)octorat  für  £beologie  erhalten  hat, 
ift  nicht  befannt.  (*8  mag  biclleid)t  ju  ©röningen  gewefen  fein.  Wo  ber  UnU 
berfitätärector  feinen  ©cfchtedjtgnamcu  „SJoorbroef"  fonberbarer  SBeife  in  Speri- 
3oniu§  bergriechifebte,  inbem  er  „broef"  (alb.  ber  ob.  ba§  23ruoch,  b.  h.  ©umpf= 
ober  Woorgrunb),  für£>ofen  (altb.  bie  23ruoch)  nahm.  Um  1650  trat  er  ba3  ütectorat 
31t  2Ippingabam  an  unb  würbe  1655  in  |>am  jum  Sßtofeffot  für  Geologie  unb 
bebräifche  ©pradje  ernannt,  wo  er  auch  v4>hilofophie  bocirte  unb  baS  prebiger* 
amt  berfah.  ©echs  $ahre  fpäter  erhielt  er  bie  <ßtofeffur  3U  Siebenter,  in 
Welker  er  bis  3U  feinem  Zobe  1672  auf  löblidje  SBeife  wirfte.  33on  feinem 
fd)tijt|tenerifd)en  5iad)laB,  Welcher  bodj  nur  bon  geringem  Umfange  war.  Warb 
ein  „Tractatus  de  ratione  studii  tbeologici,  ad  ejus  emendationem  praeeipue 
speetans",  Dav.  1669,  befonberä  gerühmt,  ©ein  früfjjeitiger  Zot>  war  {eben* 
faüö  ein  wahrer  33ertuft  für  bie  SBiffenfdjaft.  6r  tjintcrliefj  brei  ©öb,ne,  bon 
Weidjen  befonberS  ^afob  ^-  oen  9iu^m  feinet  ©efd)led)te§  mehrte. 

23gt.  33riemoet,  Athen.  Belg.  p.  626  —  ban  ber  21a,  Biogr.  Woordenb. 
unb  ©lafiuS,  Godgel.  Nederl.  ban  ©  t  e  e. 

^CrtJomuS:  Sa! ob  $.,  ^bilologe,  1651—1715.  @r  würbe  aU  ber 
©obn  be§  Slbeologen  Slnton  $.  in  2)am  in  ber  s4>vobin3  ©röningen,  wo  fein 
Siater  9iector  ber  ©cfiule  War,  am  26.  Dctober  1651  geboren;  ber  eigentliche 
^came  ber  au§  ber  weftfälifdjen  ©raffdjaft  23entbeim  ftammenben  Familie  war 
Sjoorbroef,  Weidjen  man  aber  fdjon  früb,  gräeifirt  blatte,  ©eine  33itbung  erbielt 
fy.  juetft  in  S)am ,  bann  in  Siebenter  unb  Utredjt ;  ba  ber  33ater  in^wifd}en 
nadj  Siebenter  berufen  worben  War,  febrte  er  1672  bortbin  prüd.  S)urd)  ben 
2ob  feine§  3Jater§  würbe  ibm  bie  5Jtöglid)feit  geboten,  bie  Geologie  aufjugeben 


Sßerlefc.  379 

unb  ftd)  gana  ber  !J3£)itotogie  $u  roibmen;  1674  begab  er  fidj  ^u  biefem  3ü>ede 
nad)  ßerjben,  wo  itjm  Xfyobox  9tt)diuS  oornebmtid)  förberlidj  rourbe.  SJietfadje 
SBerfudje  ber  nädjften  3fat)re,  an  einer  ber  nieberlänbifdjen  Uniberfitäten  eine 
©tettung  ju  erlangen,  fdjtugen  febt;  erft  1681  routbe  er  Sonrector  in  2)elft,  im 
Januar  1682  ^rofeffor  ber  ©efdncbte  unb  Serebtfamfeit  in  ftranefer.  §ier  ent= 
faltete  er  nun  eine  reidje  lebrenbe  unb  fdjriftftellerifcrje  Stbätigf eit ,  namentlich 
auf  bem  ©ebiete  ber  römifdjen  Sitteratur  unb  (Srammatil.  2ßieberbolte  gläna 
jenbe  Berufungen,  bie  fid)  ibm  balb  barboten,  tebnte  er  ab,  ba  ba§  (Kuratorium 
ber  Unitoerfität  ir)n  burct)  meljrfadje  ©etjalt3ert)örmngen  ju  feffeln  fudt)te;  1693 
jebod)  folgte  er  einer  nnebercjolten  Slufforberung,  aU  ^rofeffor  ber  (jloquenj  unb 
©efcrjicfjte  an  bie  fiebbener  Uniberfität  überzugeben.  $m  Sfult  1693  trat  er 
ba§  bortige  2lmt  an,  übernahm  aud)  1702  al§  Nebenamt  bie  ^rofeffur  ber  nater= 
länbifcbeu  ©efd)id)te  unb  bebielt  biefe§  SJoppelamt  bis  ju  feinem  nad)  längerem 
träufeln  am  6.  9tbtit  1715  erfolgten  £obe  bei.  ©ein  bebeutenbeä  Vermögen 
bat  er  jum  größeren  Steile  ber  Umoerfitä't  in  Serjben  bermadjt.  —  35on  feinen 
^ahtreidjen  ©Triften ,  toetcbe  bon  einem  ganj  lmgemöhnticben  Umfange  feiner 
Jhnntniffe  3eugnifj  ablegen,  finb  au  nennen:  „Dissertationum  trias",  1679,  u.  a. 
über  ba§  jübifcbe  unb  griedjifdje  Srbrecrjt,  bie  lex  Voconia  unb  antife  9Jtün3en; 
„Animadversiones  historicae".  1685,  bornebmtid)  über  öerfdjiebene  5raSen  ^er 
römifdjen  (Sefdjidjte  OUebubr,  9tömtjdt)e  ©efd)id)te,  $>orrebe  jum  1.  £beite: 
„^eri^oniul'  meiftert)afte  gorfcbungen ,  ein  2Berf,  roelcbeä  .  .  .  unübertroffen 
ctaffifdj  in  ber  2ltt  ift,  morin  e»  ba§  erfte  mar");  ferner  eine  Sfteibe  fteinerer 
©cfiriften:  „de  Augustea  orbis  terrarum  deseriptione",  1682;  „de  usu  vocum 
Praetoris  et  Praetorii",  1687;  „de  Praetorio",  1688,  unb  eine  gtänjenbe 
hieran  anlnüpfenbe  ©treitfcbtift  gegen  Utr.  ^nber :  „ Abstersio  censurae  Huberiauae", 
1690;  „de  censoribus  pop.  Rom.",  1697;  „de  aere  gravi",  1713.  Umfang* 
reidjer  ift  baS  äßerf:  „Origines  Babylonicae  et  Aegyptiacae",  roelcbeä  in  jtoei 
Seiten  1711  erfdjien.  —  äöeniger  2lnerfennung  al§  bie  tjiftorifcben  baben  bie 
grammatifdjen  arbeiten  ^erijopiuS',  bie  fid)  an  feine  Bearbeitung  ber  „Sanctii 
Minerva"  (4  Auflagen  1687—1714)  anfcbtoffen ,  behauptet;  feine  3luffaffung 
ber  ©pracbe  mar  bie,  bajs  er  in  berfelben  nur  ein  menfcblidjeg  ^unfttoerf  fat), 
bei  bem  ber  3ufatf  eine  grofje  ÜtoIIe  fpiele;  „ben  tebenbigen  3ufammen^an9 
ätoifdjen  3)en!en  unb  ©üredjen  öerfennt  er  ganj".  ^Jtidjetfen  (|>ift.  Ueberfidjt 
be§  ©tubium§  ber  tat.  ©ramm.  ©.  50)  urtrjeilt  befonberS  bart  über  ^eriäoniu^ 
grammatifctje  ©tubien:  „IRir  erfcbeint  -$.  alz  berjenige,  burdj  roelcben  ba§  bon 
©anctiu§  angeregte  tjöbere  grammatifctje  ©tubium  attei  Seben  bertor,  fo  bafc 
ba§  tobte  5°^f^lebben  ber  grammatifcrjen  Se^ren  burctj  ba§  18.  3fat)rrjunbert 
rjinburct)  befonbere  burd)  it)n  eingeleitet  tourbe ;  in  irjm  fel)e  ictj  bie  sIJlatjnung, 
roie  ©anctiui  nidjt  öerftanben  roerben  mufj."  33on  alten  ©d)riftftellern  t)aben 
folgenbe  ben  ©egenftanb  feiner  ©tubien  gebilbet:  Aeliani  var.  hist.,  bie  er 
1701  in  ätoei  SSänben  IjerauSgab;  gtoruS,  2)ictt)§  6retenfi§,  6urtiu§  (Curt. 
restitutus  1703),  ©uetoniu§,  ju  toetcrjem  er  Adnotationes  fd)rieb,  bie  St).  ©. 
Zöllner  1725  IjerauSgab.  2Iuct)  ©ebidt)te  bon  fy.  fyahen  ficf)  erljatten;  ebenfc  einaelne 
©treitfd)riften,  bie  er  unter  bem  Ißfeubonrjm  S3aleriu§  2lccinctu§  t)erau§gab. 

2lnt.  ©crjutting,  oratio  fun.  in  obitum  J.  P.,  Lugduni  B.  1725.  — 
©.  Gramer,  Elogium  Perizonii.  SBerlin  1828.  —  |)ofmann=^eerlfamp,  Bibl. 
crit.  nova  V,  545  —  552.  —  fj.  21.  (äcfftein  in  Sifd)  unb  ©rubere'  @nct)H. 
III,  1—17,  ©.  108—113.  —  Sine  Vita  ^ß.'S  ftnbet  fid)  aud)  bor  ben  opuscula 
rainora,  Setjb.  1740,  unb  bor  ber  -gmrte^fdjen  2lu§gabe  ber  Animadversiones 
hist.  9t.  ,£>od)e. 

Verleb:  Äorl  S"liu§  $.,  geb.  ju  Sonftanj  am  20.  ^uni  1794,  f  am 
8.  ^uni  1845  ju  ^eiburg  i.  58t. ,   mar  «ßrofeffor  ber  5^aturgefd)id)te   ju  grei= 


380  ^rlet. 

Burg,  SHrcctor  bes  botanifdjen  ©artens  unb  bcs  afabemifd)en  sJlaturatieucabinets. 
2)urd)  feine  auf  bic  ©rjftematit'  bes  ^flanjenreidjs  be,}üglid)en  ©Triften  bat  er 
jur  ö^rberung  einer  natürlichen  9fteti)obe  ber  ßintbeiluug  ber  ©ewädjfe  bei= 
getragen.  "Diadjbem  er  im  $.  1818  eine  bcutfd)e  Ueberfetjung  ber  3toeiten  2luf= 
tage  bes  Söerfes  bon  %  fy.  üDecanbotte :  Essai  sur  les  propriötös  medicales 
des  plantes  comparees  avec  leur  Classification  naturelle,  unter  bem  Xitel: 
„Sßerfucr)  über  bie  Sürjneiltäfle  ber  ^fian^en,  bergtidjen  mit  ben  äußeren  O^'mcn 
unb  ber  natürlidjen  ßlaffeneintbeilung  berfelben",  toon  3u|äfeen  unb  ?lnmerfungen 
begleitet,  batte  erfd)eiuen  (äffen,  öeröffentltdjte  er  1826  ein  „Sebrbud)  ber  9catur= 
gefcbidjte  bes  ^Pftanaenreidjs",  in  meinem  er  fein  bon  ifjm  aufgehelltes  ^flanjen* 
frjftem  enhoicMte.  Saffelbe  fcbtiefjt  fief)  im  toefenttidjen  an  basjenige  bon  21.  % 
S)ecanboüe  an,  fudjt  aber  buret)  eine  anbere  Umfdjreibuug  ber  (Staffen,  fotoie  buidj 
@infütjrung  befonberer  $)littelgruppen  jtoifcr)en  klaffen  unb  ^amitien  (Orbnungen) 
eine  größere  Heberfid)tlid)feit  p  fdjaffen.  9tud)  bat  ^ß.  bereite  burd)  Xfieitung  ber 
CalyciHorac  üDecanbolle's  in  foldjc  mit  bertoad)fenen  unb  mit  getrennten  Blumen* 
blättern,  bie  3ab)l  ber  Unterclaffen  um  eine  bermebit.  ©ein  berbeffertes©rjftem  legte 
er  bann  in  ben  biaguoftifcf)en  Ueberfic&tstafetn  }tt  ©runbe,  bie  er  unter  bem  tarnen: 
„Clavis  classium,  ordinum  et  familiarum  atque  index  generum  regni  vegetabilis" 
1838  fjerausgab.  Xie  ©djrift  bejtoedte,  ben  Slnfänger  in  ber  33otanif  auf 
leidjtc  unb  fidjere  2öeife ,  bebufs  bes  praftifdjen  }>flan]enbe|"iimmens,  mit  ber 
9Jtetbobif  bes  natürlichen  ©t)ftcms  befannt  ju  machen.  5ßon  ben  nieberen  ju 
ben  böberen  ©etoädjfen  fortfdjreitenb,  tjebt  ber  33erfaffer  bic  biagnoftifc&en  ^Jlexf« 
male  ber  einzelnen  ©nippen  tjcröor,  bie  er,  nad)  Oiarj's  Vorgang,  in  Säbelten* 
form  gegenüberfteHt.  28as  feit  bem  (Jrfdjeinen  feines  Sebrbudjs  burd)  bas 
^»injufommen  neu  entbedter  ober  neu  aufgehellter  Familien  au  feinem  ©rjfteme 
beränbert  toerben  mufjte,  t)at  er  getoiffenbaft  berüd|ict)tigt(  fo  bafj  in  53ejitg  auf 
SßoUftänbigfeit  feine  roefentlicfte  £üde  beftetjt.  %a  er  bat  and),  ben  Qlnforberungen 
eines  natürlichen  ©rjftems  gemdfj,  bie  ytebenc&araftere,  bie  Uebergänge  unb  ?lus= 
narjmen  überall  beadjtet,  um  baburd)  fd)on  bem  Anfänger  bie  Sßcrfatülität  ber 
ßtjaraftere  unb  bie  baburd)  begrüubeten  ^ertoanbtfcbaitsbe'jiebungen  anfdjaulid) 
ju  madjen.  vJcad)  einer  Srftärung  ber  gebrauchten  tUbfürjungen  unb  3ei$eN 
folgt  ber  clavis  classium,  beren  9  angenommen  Werben,  bann  ber  clavis  ordinum, 
beren  48,  unb  ber  clavis  familiarnm,  beren  330  aufgcftetlt  finb.  2)ie  S)iagno= 
fticirung  ber  Gfjaraftere  ift  präcis  unb  erftredt  fid)  auf  alle  toefentlidjen  SJtetf» 
male.  @in  toottftänbiges  9tegifter  ber  angeführten  Gtaffen,  Drbnungen  unb 
Familien ,  bas  aud)  auf  bie  ©rjnontjmie  tßüdfidjt  nimmt,  erleichtert  ben  ©e= 
braud)  ber  Zatttten  aufjetorbenttief),  ebenfo  ermöglicht  ein  äfmticbcs  Ütegifter  ber 
^ftanjengattungen  burd)  bie  ju  teueren  gtfcijteu  Stummem  ein  (eiebtes  Sluffinbcn 
ber  entfpredjenben  Familien.  Ueber  ben  ^tiftanb  bes  botanifeben  ©artens  3U 
greiburg  publicirte  s^.  1829  eine  afabemifdje  geftfdjrift:  „De  liorto  botanico 
Friburgensi/'  5)urd)  le^tmillige  33erTügung  überlief  er  uid)t  nur  feine  SSibtiotbef 
unb  fein  Herbarium  ber  Uniüerfität,  an  ber  er  genrirft,  er  tjinterliefj  aud)  iljrer 
SBermattung  eine  ©elbfumme ,  beren  3infen  trjeils  ,}u  (Sunften  ber  llniberfitäts= 
bibtiotfjef,  ber  äoologifdjen  unb  botanifetjen  ©ammlungen ,  tfieils  ju  fReif e= 
ftipenbieu  für  junge  ©etct)rte  aus  bem  fta&jt  ber  ^aturtoiffenfdjaften,  mit  3lus= 
fdjlu^  ber  DJcebicin,  bertoenbet  werben  fottten. 

Qr.  SSunfdjmann. 
perlet:  griebtic^  Gbriftian  ©otttieb  ^.,  $bilotog,  ber  ©ofin  eines 
aus  Otjrbrui  ftammenben  5lmtscommiffärs  ^obann  ©eorg  ^.  in  SBerningsbaufen 
(©ad)fen:©otba)  unb  am  8.  2luguft  1767  bafelbft  geboren,  befud)te  bas 
©otfiaifdje  ©tjmnafium  unb  bic  llniberfität  $ena  -  n^0  e1-*  fid)  tbeologifdjen  unb 
ptjilotogifdjen  Stubien  toibmete.    Waü)  feinem  Abgänge  bon  ber  .£>od)fd)ule  errjielt 


5permaneber.  381 

er  1790  bie  ©teile  eines  Gonrectorl  am  önceum  in  Dbtbruf,  worauf  er  1806 
all  5ßro?efjor  unb  ©ubconrector  an  bas  ©rjtnnafium  in  Qj-ifenacr)  Berufen  würbe. 
Öier  fucr)te  it)n  bier  $ab,re  nadjtjer  fctjroeres  UnglüdE  Ijeim,  inbetn  feine  Söobnung 
bei  ber  befannten  (Jntjünbung  fran^öfifdjer  «pulDerroagen  am  1.  ©eptember  1810 
in  33ranb  geriet!)  unb  fein  Apausratfj  unb  feine  33ücber  in  flammen  aufgingen- 
©djmeralidjet  nod)  War  itjm  ber  Sßerluft  eines  iertiggeftellten  '»Dtanufcriptes  unb 
einer  (Srcerptenfammtung  in  3  iöänben ,  ber  ftiudtjt  eine»  3roanjigjät)ttgen 
Öleifces.  ^rjn  fclbfi  warf  bie  Srfdjüttetung  gu  33oben  unb  überbecfte  ibn  mit 
Krümmern,  bie  ihn  berrouubeten.  S)od)  blieb  er  bei  Sefinnung  unb  bermoctjte 
fiel)  burd)  einen  Sprung  auf  bie  ©trafje  ju  retten ,  roätjrenb  hinter  ihm  bas 
Apaus  5U  brennen  anfing.  1824  mit  bem  £ite(  eines  ©ctjulrat^es  geehrt,  ftarb 
er  am  18.  «Ropember  1828.  Um  bie  2tnfialt,  an  roeldjer  er  22  ^ahrt  lang 
eriolgreid)  gemirft  blatte,  machte  er  fiel)  noer)  baburcrj  berbient,  bafj  er  als  33ei= 
trag  ^ur  ©rünbung  einer  l'etjrftelte  für  5Jiatt)ematif  unb  $r)t)fif  ein  Segat  bon 
1000  Jfjalern  ausfegte,  ©eine  felbftänbigen  arbeiten  unb  feine  ^Beiträge  tu 
3eitf Triften  finb  faft  otjne  21usnar)me  ptjilologifdjer  3lrt  unb  bef  duftigen  fictj  üor-- 
nerjmticr)  mit  bem  römifdjen  Siebter  iterenj,  um  beffen  Verausgabe,  Erläuterung 
unb  ttjeilroeife  Ucberfefeung  er  fictj  eifrig  bemürjt  t)at.  ,3m  einzelnen  ift  bon  iljm 
folgenbes  beröffentlid)t  Worben :  „Slusfüfyrtictjer  Kommentar  über  bie  Slubiia, 
nebft  £ert  unb  Einleitung  in  ben  ganzen  2erenj"  (1805);  „Christ.  Yict. 
Kindervater  Posthuma.  seu  Orationes  inaugurales  aliquot  scholasticae  uua  cum 
vita  atque  indice  scriptorum  ipsius.  Adiecit  orationem  suam';  (1807);  „De 
Cicerone,  an  et  quatenus  sophista  possit  putari ,  Commentatio'-  (1811,  ?Pro= 
gramm);  „lieber  beutfetjen  23eugungsmangel  unb  beffen  Slbbülfe"  (1815); 
..Terentii  Comoediae  ad  codd.  mss.  et  optima?  editiones  recognovit,  varietate 
lectionis,  commentario  perpetuo  et  indice  instruxit"  (1821,  eigentlich^  1820; 
Ed.  nova  1827);  „2)as  'JMbcben  bon  Slnbros,  ©djaufpiel  in  5  Sitten,  aus 
bem  Sateinifcfeen  überfefct,  mit  Sßorrebe  unb  furjen  5lnmerfungen"  (1825): 
„Gratii  Falisci  Cynegeticon  ober  $agbgefang ,  lateinifdj  unb  beutfdj"  (1826); 
;.Animadversiones  in  P.  Terentii  Afri  Comoedias.  Editionis  Terentii  anno 
1820  evulgatae  Supplementum"  (1827).  Stujjerbem  Sluffäfce  im  „9ftorgenbIatt 
für  gebilbete  ©täube"  (3abrg.  1809  unb  1810),  foroie  in  ©.  ©eebobe's  „£ri= 
tifeber  23i6tiothet  für  bas  ©d)ut=  unb  llnterricfjtsroefen"  unb  „2Irchip  für  ißbilo-- 
logie  unb  ^äbagogif". 

Teufel,  ®.  X.  -  Üc.  «Jlefrolog  6.  ^abrg.,  1828,  ©.  974.  (plfcblid) 
ber  Vorname  „©uftab"  ftatt  „©ottlieb".)  —  91.  SSecf,  Srnft  IL,  ^er^og  au 
©acbfen=@otha  unb  2lltenburg,  Ctfotha  1854,  ©.  136.  —  ©oebefe,  ©runbrifi, 
3.  m.  2.  2tbtb.  ©.  1297  u.  1339.  Qrttg  1778  als  ©eburtsjalir.)  — 
2}gt.  auch,  geriet's  Sluffah:  „Güifenadj  in  ben  fctjroerften  Slugenb  liefen"  im 
„Börsenblatt"  4.  $al)rg.  1810,  Dtobember,  9tr.  273,  ©.  1089a  — 1090b. 

©  d)  u  m  a  n  n. 
^ermnneber:  5 tan 3  IDtich  aet  *p. ,  fatbolifefier  Xbeolog  unb  ßanonift, 
geb.  12.  Sluguft  1794  in  Xraunftein,  t  10.  Dctober  1862  in  3tegensburg.  @t 
ftubirte  in  £anbsbut  juerft  Ideologie,  bann  bon  1815  an  bie  Ütectjte,  rourbe 
1818  jum  $  rieftet  geroeibt,  im  folgenben  $aljre  Sebrer  am  «progtunnaftum, 
1822  ©bmnafialprofeffor  am  ©rjtehungsinftitute  au  2Jlünchen.  3m  $.  1824 
erhielt  er  eine  ^rofeffur  am  neuen  ©rjmnafium  bafelbft,  im  3-  1834  bie  *Pro= 
feffur  ber  Äird)engefcf)ic§te  unb  bes  ^ircbenredjts  am  Stjceum  in  Sfteifing,  1847 
bicfelbe  fprofeffur  an  bet  tb.eologifcben  f^acultät  in  9Mncrjen.  SSereits  1843 
rourbe  er  ^um  erjbifdjöflid^en  geiftlidjen  Statt)  ernannt ,  in  9Mnd)en  mar  er  jju= 
gleidg  Seifiger  bes  geiftlicljen  ©ericijts.  Son  ber  t^eologifcben  fyacultät  in  «präg 
rourbe  er  1848  beim  500jäbrigen  Jubiläum  3um  Ebrenboctor  ernannt.     5ß.  wirb 


382  5petmofer. 

üon  allen,  bie  itjn  genau  fannten,  als  ein  in  jeber  £)inficf)t  oortrefflictjer  "Utenfd) 
gefcfjilbert ,  ebenfo  als  ein  guter  £>ocent.  (Sr  mar  milbe,  objectiü  ,  ein  guter 
$atr)olif  unb  roarmer  Patriot,  geinb  jebeS  6j:tremen.  2)aS  jeigt  auct)  fein 
•pauptroerf.  <S(i)Ttften :  gortfetjung  ber  „Annales  Ingolstadienses",  sDiünd). 
1859.  4.  „Bibliotheca  patristica"  1841,  44.  2  33be.  (Patrologia  generalis, 
specialis,  letztere  uiiüoÜftänbig).  „.(panbbud)  beS  gemeingültigen  fattjol.  fiircr)en= 
recfjtS  in  fteter  föücfficfjt  auf  baS  fatrjolifd)=fircr)tid)e  Serritorialrectjt  in  Oefter« 
reid),  s4keuf$en,  dauern,  ©adjfen,  ^annotier  unb  ben  übrigen  beutfdjen  Staaten 
bearbeitet".  1846  in  2  93ben. ,  1858,  1856  in  1 ,  4.  Slufl.  ßanbSt).  1865 
tjerauSgeg.  bon  3fib.  ©ilberuagt  nad)  beffen  f)interlaffenem  9Jtanufcript.  2)iefeS 
fein  -frauptroerf  ift  mit  großem  gleifj  unb  ©efdjid  gefdjrie6en ,  berechnet  für 
ben  praftifcfjen  ©eiftlictjen  unb  ^uriften.  33eiben  genügte  eS  für  bie  ge= 
tüötmttdjen  23orfommniffe.  2Biffenfd)aftlid)  leibet  eS  an  bem  ^Ränget  grünblidjer 
CueHenftubieu  unb  infolge  baöon  aud)  ber  ©enauigfeit,  foroie  an  bem  Abgang 
jeber  Originalität.  (Gearbeitet  an  ber  .£>anb  ber  £ef)rbüd)er  üon  Söalter  unb 
Otictjter  befterjt  fein  eigentliches  $erbienft  in  bem  ttjeüroeifen  Grrgänjen  beS 
Stoffcö  jener  für  ben  practifdjen  ©ebraud),  ganj  befonberS  in  ber  gröfjern,  für 
baS  bairifd)e  ^articutanedit  bind)roeg  auSreicljenben,  Jperanjietjung  ber  pofitioen 
particutarredjtlicfjen  ^eftimmungen.  sJteu  im  SBergleicrj  ju  ben  beiben  genannten 
33üd)ern  unb  ben  beutfdjen  überhaupt  ift  bie  fleißige  (Kompilation  über  ben 
firdjlidjen  ^rocefj.  2)ie  tjiftorifctje  Seite  tritt  ganj  jurücf.  2Die  beiben  2)louo= 
graptjieen  „5Dic  firdjlidje  SBaulaft  ober  bie  Sßetbinblidjfeit  ber  baulidjen  ©t» 
tjaltung  unb  SßiebertjetfteHung  ber  6ultuS=®ebäube.  9luS  ben  Quellen  beS  ge= 
meinen  canonifdjen  unb  barjrifd)en  s}Jarticu{ar=sJtecr;tS  bargeftellt",  1852,  1856 
unb  „2)aS  ©efetj,  bie  Sicherung,  girjrung  unb  ^blöfung  ber  auf  bem  ^crjntrectjt 
taftenben  fhd)lid)en  93aupflid)t  betr.,  Dom  28.  «ücai  1852  erläutert"  (3.  £eft 
ber  „©efetjgeb.  beS  S\.  SBatjern  feit  5Jtarimilian  II.  mit  (Erläuterungen")  tjerauSg. 
bon  (5.  ft.  2)oHmann.  Sri.  1852  ff.  betjanbetn  ben  ©egenftanb  nact)  allen 
9tid)tungen  erfctjöpfenb ;  bie  erftere  barf  als  bie  befte  unb  auäjürjrltdjfie  ber 
neuem  ©Triften  ü6er  bie  Saupflicrjt  be^eidtjnet  merben. 

29aier.  3eit.  9Jlorgenbt.  Wr.  283  öon  1863.  —  ©tabtbauer,  gtectoratä« 

rebe  ö.    27.  Sunt   1863    ju  3Rtind&en.  —  b.  Spulte,  ©efd).   b.  Quellen   u. 

ßiter.  III.  1.  ©.  356.  b.  Spulte. 

s^crmo|er:  33altl)afar  $.,  23itbf)auer,  rourbe  auf  bem  Otemair'fdjen  ©ute 
3U  Kammer  im  ©ericfjte  Sraunftein,  tnetdjeS  bamalS  ju  Salzburg  gehörte ,  am 
3.  2luguft  1651  geboren.  Wad)  ftü&li'S  Angaben  fott  jroar  bie  Snfdjrift 
fcincS  ©rabfteincS  auf  bem  gfriebrictjftäbter  ©ottcSatfer  in  25reSben  als  ©ebuitS= 
ort  Äammerau  im  ^fälaifctjen  ^fleggeridjt  ffä^ling  unb  baS  ©eburtSjarjr  1650 
angegeben  l)abenf  jebod^,  obige  5>aten  flammen  auS  ben  ^farracten  unb  finb 
bottftänbtg  correct.  211S  armer  Hirtenjunge  begann  er  inftinettb  bem  iljm  inne= 
rootjnenben  fünftlerifcrjen  triebe  31t  folgen,  fcljni^elte  in  £>ol3,  am  eigenen 
©ctjäferftabe,  als  tfjn  ein  Sorf maier  feiner  .Ipeimatr),  ©urfenbieler,  ju  ftc^  naljm, 
um  il)m  einigen  Unterricht  ju  erteilen.  S!ann  fam  er  in  ©aljburg  p  bem 
bamalS  oielbefdjäftigten  S3itbt)auer  SCßilfjelm  Söeifeftrctjer  in  bie  Setjre,  toelcljer 
am  2)ome  unb  anbettoärts  gro^e  Aufträge  beforgte.  SDaS  Siroler  Äünftler» 
ßejifon  betjauptet,  bamalS  fei  ^orj.  sJticoIauS  5KoH,  ber  fpätere  ©djüter  ytapfyael 
2)onnerS  bei  s^.  in  Salzburg  getoefen,  aber  biefe  Eingabe  t)at  in  ber  Gb,ronologie 
it}re  ©cr)toierigfeiten,  benn  ba  jener  5RoE  erft  1709  geboren  ift,  fo  mü^te  er  in 
einer  3eu  nadt)  Salzburg  gefommen  fein,  roo  s^.  fdjon  lange  nietjt  metjr  bort 
roeitte.  3}erfdjiebene  Tutoren  laffen  ty.  nac§  feiner  ©djuljeit  bei  Sßei^ftrcrjer 
nun  nact)  2Bien  jietjen,  roo  er  bie  betütjmte  ©tatue  beS  ^rinjen  (higen  fertigte, 
hierauf  aber  nactj  Italien,     yjiix  fetjeint  baS  Umgefeb^rte  roatjrfctjeinlictjer,  inbem 


5permofer.  383 

qu§  ©rünben  beä  ©tile§  anzunehmen  fein  bürfte,  bafj  ber  Künftler  früber  ben 
ßinbrucf  33ernini;fcher  SBerfe  erhalten  haben  muffe,  bebor  er  eine  für  biefe  9tict)= 
tung  fo  djatafteriftifdje  Seiftung  fdjaffen  tonnte.  9Jcöglicbertoeife  aber  toirfte  er  jtoeU 
mal  in  SDßien,  nämlich,  bor  unb  nach,  bem  italienifdjen  Aufenthalte,  benn  einmal 
toirb  erjätjlt,  baf$  in  ber  Äaifetftabt  an  ber  SDonau  ein  getoiffer  Knacker  fein 
ßetjrer  getoefen  fei.  Sa  ber  junge  Künftler  bie  23efteltung  eine§  fo  bebeutenben 
Söetfeä  tote  bit  ©ugenfigur  aber  getoifj  nicht  at§  Setjrjunge  ermatten  baben  toirb, 
fo  toäre  füglich,  notf)  an  einen  ätoeiten,  fbäteren  3Xufentl)a(t  in  SBien  ju  benfen. 
Uebrigen§  ift  unter  „Knacfer"  getoifj  ber  bürgerliche  S3ilbt)auer  Stbam  (alias  £obias) 
Krafer  p  berftehen,  bon  bem  toir  toiffen,  bafj  er  an  ber  ^eftfäule  auf  bem 
©raben,  am  castrum  doloris  Sfofeplj'S  I.  1711,  ferner  für  bie  faifeiliche  ©ruft 
arbeiten  lieferte.  Snbeffen  ift  bie  ©ugenfigur  toeber  bamalä  noch  fpäter  in 
SGßien  gemalt  toorben,  fonbern  erft  nadj  1710  in  SDreäben.  %n  Italien  blieb 
$.  bierzehn  3ahte,  toabtfdjeinlich  bon  1665  an,  er  fanb  an  bem  ©rofjber,}og  bon 
io§cana  einen  befonberen  ©önner  unb  tjatte  biel  ^u  ttjun.  An  ber  2ljeatiner= 
firche  in  £$rto"n3  machte  er  bie  ©tatuen  jtoeier  £)rbensbeiligen  in  ben  ftifcben 
ber  SflQabe,  biele  Kleinarbeit  ferner  in  Elfenbein  unb  D0I3.  i^m  3-  1704 
folgte  er  einem  Stufe  griebrichä  I.  nach  Serlin,  too  eine  Anzahl  religiöfer  fotoie 
mnthologifcher  ©culpturen  entftanben.  gür  Gtjarlottenburg  fertigte  er  einen 
§erfule§  mit  ber  &t)bxa,  bann  einen  Amor  aU  Sogenfcfjnifcer,  für  ben  ©raten 
&eufj  eine  ©rubpe  Abam  unb  @ba,  für  bie  ^etersfirdje  baZ  (gtottafir)  beö 
9Jtebailleur§  9c.  x$cl%  (geft.  bon  SSlafenborr)  unb  bit  Kanjet,  —  beibe  1730 
im  geuer  p  ©runbe  gegangen.  9lach  fechSjäbrigem  Aufenthalte  in  SSerlin  be= 
rief  ben  Künftler  ber  König  Auguft  II.  1710  nach  2)re3ben,  aber  auch 
ber  ©rofjheraog  bon  Soäcana  bot  tbm  1000  2baler  bahreggehalt ,  toenn  ei- 
nriebet nach  ^lorenj  fommen  tooltte.  Unter  Auguft  II.  tourbe  er  ^ofbilbtjauer. 
S)re§ben  befifet  —  ober  befafj  —  fehr  biele  arbeiten  ^ermofer'g.  3m  großen 
©arten  ftettte  er  bie  giguten  ber  Mutterliebe,  ber  Malerei,  ber  ©culptur,  eine 
^Jtofjrin  mit  einem  Kinbe,  einen  sDtobren  mit  einem  3?ifche  auf,  fte  tourben  im 
fiebenjähngen  Kriege  jerftört.  $üt  bie  fatbolifche  Kirche  madjte  er  über  bem 
Saufftein  ein  Ecce  homo  au§  fädt)ftfdt)em  9Jcarmor  unb  einen  fjeil.  ^orjanneg ; 
in  ber  ©rotte  be§  3öunger§  Apollo,  3Jtinerba  unb  2knu§,  1716.  An  bem 
©ärtner'fcrjen  .§au§  fjinter  ber  gtauenfirctje  eine  ^ortalgruppe,  an  bem  93tauer= 
fcrjen  in  ber  fteuftabt  einen  ©aturn,  im  Srtel'fdjett  ©arten  ©aturn,  S3enu§  unb 
Slmor,  für  ben  2ljel;fcr)en  ©arten  in  ßeipjig  bie  ßotoffalfiguren  ber  S5enu§, 
^uno,  ^ubiter'S  unb  5Jlar§,  bie  rjoljgejclmifete  Kanzel  in  ber  SDreSbner  fatt)o= 
lifdtjen  Kirche,  Slpollo  unb  2Jtinerba  au§  einb.eimifc^em  Marmor,  fein  eigenes 
©rabmat  mit  einer  Kreuzabnahme,  im  grünen  ©eroötbe  ift  eine  fetjr  fct)öne  @lfen= 
beingruppe  §erfute§  unb  Dmptjale,  be^.  Balthasar  Perm.  inv.  f.,  31  cm  rjoct), 
£>ageborn  befa^  ein  Sletief  bom  felben  3Jtateriale,  ^Jiercur  unb  2lrgu§,  enblicf) 
fab  33erf.  biefe§  bor  einigen  Sabren  im  Sefi^  einer  SDame ,  toeldtje  im  ®eburt6= 
ort  beä  KünftlerS  lebte,  ^toei  feiner  @tfenbeinrelief§,  ba§  eine  2lbam  unb  @ba, 
ba§  anbete  König  Sluguft  borfteHenb.  (änblicfj  entftanb  ^ermofer'S  auigeäeicb= 
netfte§  SBerf ,  bie  jeüt  im  S3elbebere  ju  SBien  aufgefteEte  tebenägtofee  531armor= 
grupbe  be§  5ßrinaen  Sugen  in  S)re3ben.  3öir  entnebmen  bieg  au§  ber  5Mo= 
grap^ie  be§  S3itbbauer§  ^ofeöt)  äöinterbalter ,  roeldt)er  bei  feiner  2tnfunft  in 
äöien  eben  zugegen  mar,  al§  ba%  SQ3erf  bon  Sterben  anlangte  unb  bon  bem= 
felben,  befouber§  bon  feinen  tect)nifct}en  SÖotjügen,  begeiftert  mar.  S)a§  5]}.  einer 
rjotjen  Artung  ficfi  erfreute,  gebt  aucfe  barauS  rjerbor,  ba^  ber  berübmte  Otabbaet 
Bonner  beabftcb,tigte,  ficb,  au  ibm  nac^i  ©reiben  }U  begeben;  ob  er  e§  auägefübrt 
liabe,  toiffen  toir  übrigen^  nicbt.  S)ie  ©ruppe  ift  äu^erft  baroct*  in  ßrfinbung 
unb  SluSfüb.rung,  toie  atte  ©ctjöpfungen  be§  Künftler§  bon  einer  beinabe  wilben 


384  5peuteber. 

Mentalität.  SDer  £>elb  fteigt  auf  Söolfen  empor,  roobet  it)n  amei  grauen,  ber 
9tut}m  unb  bie  llnfterbltdjfeit,  umfdjroeben,  unten  liegt  ein  belegter  'ftein'b,  beffen 
$opf  ber  ©age  nad)  t>a%  Portrait  be§  AfünftlerS  jein  foll.  ©a  bie  Sfnfd^rift 
fdjon  $arl  VI.  nennt,  fo  ift  baS  äöerf  nad)  1712  entftanben.  Sflßer  ber  33e= 
[teuer  mar  unb  mann  eö  in  ba£  93elbebere  fam,  ift  unbefannt. 

$.  ftarb  au  2)re§ben  am  20.  gebruar  1732.  SDie  ©d)ule  feinel  ©eburtä» 
ort§,  meldte  er  1692  mit  einem  Kapital  Don  1000  ft.  gegrünbet  tjatte,  beroar)rt 
nod)  fein  Portrait;  fein  fetter  9)tid)ael  'OJlofet  folgte  itym  als  fönigt.  polnifdjer 
unb  fädjiifdjer  .gmfbilbljauer  nad)  (f  1751).  $.  mar  ein  geiftreidjer ,  t)öcrjft 
origineller  Üjtfaftiter ,  bott  bom  geuer  be§  SarocfgeifteS  unb  al§  9Jtenfd)  bott 
bon  2Bunberlicf)feiten.  <5tolj  unb  eigenfiunig  l)at  er  eine  geroiffe  9let)nli<$fett 
mit  sDtefferfd)inibt,  aud)  bon  ifym  roirb  erjagt,  bafj  er  fertige  arbeiten  jetfdjtug, 
menn  ber  sJßrei§  ju  tjod)  befunben  murbc.  $art  XII.  bon  ©d)toeben  bereljrte  er 
befonberä;  al§  man  fragte,  marum  er  ben  $önig  nod)  burd)  feines  feiner  SOßerfc 
t>erf)errlid)t  tjabe ,  jroeifelte  er ,  bafj  ifjm  berjclbe  fitzen  mürbe ,  beim  er  fei  fo 
eigenfinnig  roie  er  felbev  unb  jroar  mit  sJted)t:  ,,©cnu  er  ift  Äönig  unb  id) 
Äüuftler!"  ©egen  bie  93tobe  feiner  3eit  tvu9  cl*  exnen  langen  23art  unb  foH 
fogar  eine  ©djrift  jur  6t)renrettung  be§  2Jarte3  gefdjrieben  fjaben,  meld)e  aber 
Slnbere  bem  Ulrid)  ßflnig  (f.  21.  ©.  33.  XVI,  51 G)  jufpredjen. 

2)a§  2lußrüt)rlid)ftc  in  3tg'S  Sluffafe:  93altt)afar  ^ermofer,  9)tittf)eit.  ber 
ß.  $.  6entral=Gommijfton    für   @rl)altung  ber  flunftbenfmate,    SBien    1878, 

©.  lxvii  ff.  «.  3 lg. 

^erneber:  2lnbrea§  ty.  (^ernoeber),  bairifdjer  ^urift  unb  fruchtbarer 
©djriftfteller  au§  ber  erften  Hälfte  beä  16.  3aljrf)unbert§ ,  über  beffen  ßebeuä= 
umftänbe  nur  bie  33orreben  3U  feinen  fjiuterlaffenen  SÖcrfen  einige  jerftreute 
91uffd)lüffe  geben.  —  ty.,  gegen  ©d)lufe  be§  15.  ^aljrljunbertB  3u  9tieb  in  2ltt= 
baiern  geboren,  mürbe  am  3.  SRärj  1518  an  ber  Uniberfität  ^ngolftabt  im* 
matriculirt,  bann  3um  llnterrid)ter  in  SJtttndjen  ernannt,  unb  etma  biet  3>aljre 
fpäter  aum  lateinifd)en  unb  beutfdjen  ©ecretariuä,  audj  jum  ^ojratf)  bei  ^er^og 
2Bilt)etm  V.  t>on  33aiern  beförbert,  metdje  ©teile  er  bi§  3u  feinem  £obe  ;über 
16  3{at)re  befleibcte.  yiaü)  einer  alten  Slufjeidmung  im  cod.  germ.  N.  1594 
fjfol.  ber  9Mud)ner  ^>of=  unb  ©taat§=23ibliotti)ef  ftarb  „^ernöber  ben  19.  2)ecem= 
bri§  2lnno  1543  jur  9Jtünd)en  unb  mürbe  in  ber  ^arfüffer=$ird)en  begraben." 
s}s.  mar  bertjeirattjet  unb  beffen  6t)e  mit  ßinbern  gefegnet.  ©eine  i£od)ter  21  u  n  a 
(mit  ©eorg  sJteitmor  au§  Seutenfjofen,  beS  Innern  9tntl)e§  311  5Jtünd)en  öer= 
tjeirat^et)  fdjeint  t)öc)eve  S3ilbung  genoffen  ju  f)aben.  3§x  berbanft  man  bie  Rettung 
unb  ©rt)altung  bon  2fürg  Äajmair'ä  ^Jlündjner  ©ebenfbud),  einem  ber  menigen 
t)i|"toriograb^ifd)en  Ueberbleibfel  biefer  2lrt,  —  „melctje  alte  unle§lic^e  gefd)rifft 
?lnna  9Jeitmorin  (taut  ifjrer  Reibung)  an  einem  unjimlidjen  bermorfen  ort!) 
funben  unb  mit  groffer  mulje  abgefdjriben."  Slu^erbem  befa^  fie  neben  bieten 
alten  ©ruefeu,  bie  fie  an  bie  „fürftliclje  ßiberel)  abgeben",  audj  bie  bon  itjrent 
3)ater  überarbeiteten  |)anbfcf)riften  feiner  berfdjicbenen  SBerfe.  ©ie  betjänbigte 
Untere  i^rem  ©d)miegerfol)ne,  £)ctabianu§  ©djrenf,  d)urbairifd)em  9tegiment§rat^ 
ju  Straubing,  fpäter  fürftbifdtjöflidjem  ju  Söürjburg,  roel(i)cr  1573  eine  neue 
Auflage  ber  SBerfe  ^erneber;§  beranftaltete.  —  $.  mar  ein  tüdjtiger,  gelehrter 
^üraftifer,  ber  fid)  mit  bem  ©ebanfen  trug,  ba§  gefammte  9tec|t  (ißribatredjt, 
(^nftttutionen)  6ibiIproce^,  2e^en=  unb  ©trafred)t  fammt  Notariat)  nad)  2lrt 
beS  Saienfpiegel§  unb  an  beffen  ©teile  für  feine  gad)gcnoffen  unter  befonberer 
93erüdfid)tigung  ber  in  33aiern  geltenben  9ted)te  unb  ©emol)n^eiten  in  $orm 
bon  (iompenbien  ju  bearbeiten,  jebod)  burd)  einen  bor^eitigen  %oh  abgehalten 
mürbe,  bie  einzelnen  2;l)eile  31t  einem  fbftematifdjen  ©anjeu  ju  bereinen  unb 
brudfertig  31t  madjen;  benn  ©djrenf  bemerft  in  ber  SSorrebe  3ur  Watefiaorbnung 


^extteber.  385 

auSbrütflidj) :  „unb  tjat  fie  öom  Tutore  fetbft  a(§  ber  mit  bem  jeittic^en  £obt  ju 
frür)  fommen  nit  fönnen  in  ein  recfrjt  Nicfjtigfeit  gebracht  roerben."  2)er  3ingot= 
ftäbter  5profeffor  unb  nacrjmalige  banaler  bon  greifing  äßolfgang  junger  (f.  31. 
S).  23.  XIII,  ©.  414)  gab  trjeiltoeife  nacf)  ungenauen  9Ibfcrjriften  unb  tjanb= 
fd^iiftlid^ert  Fragmenten  1544  5perneber'§  gefammten  litterarifdjen  Nacfjtafj  rjer* 
au§  unb  öerfat)  bie  einzelnen  ütrjeite  mit  2Bibmungen  unb  längeren  SBorreben. 
^erneber'S  brei  -gmupttoerfe  ($nftitutionen ,  5procefj  unb  5fltaiefi<j=£)rbnung )  ge- 
hören ju  ben  bieigebraudjteften  unb  beften  ©Triften  boöutarifirenber  3iicf)tung; 
fie  finb  trotj  fftabifcrjen  Slnfcrjluffeä  an  bie  fremben  5Redjt§quetten  ber  erfte  33er= 
fud)  eine§  in  ber  5ßrarj§  mofjlbemanberten  9flanne§ ,  eint)eimifd)e§  unb  au8tän= 
bifdje§  Necrjt  in  einem  ber  ßegatorbnung  berroanbten  ©rjftem  ju  berbinben.  3u= 
erft  erfdjienen:  „Justiniani  Institutiones,  ba§  ift  ein  5Iu§äug  unb  Stn^aigung 
etlicher  gefctjriebener  fetjferlicfrjer  u.  be§  fjerjligen  9teid)§  Steckten,  roie  bie  gegen* 
mertige  Qtit  in  Übung  gehalten  roerben"  k.  u.,  tf)eil§  Ueberfetuing  tb>il§  3Se= 
arbeitung  unb  ©rgänjung  ber  ^nftitutionen  burd)  -gnnmeiS  auf  „gemeinen  ©e= 
braud)",  ba§  bairifdje  ßanbrecrjt,  bie  Söormfer,  Nürnberger  unb  greiburger 
üteformation.  junger  toibmet  in  ber  Sßorrebe  (geben  ju  Sngotftatt  ©ambftag 
nad)  Nidjarbt  ben  9.  gebr.  1544)  ba§  SöerE  „fo  tuet  meb>  bem  Herzog  ?llbrectjt, 
al§  irjm  tticfit  3tr>etfelte ,  too  5p.  länger  im  Seben  blieben  er  mürbe  if)m  felb§ 
feinen  anbem  Patron  gefutöt  b>ben."  3)er  Herausgeber  bemerft  nod),  er  fjabe 
„au?  Sefetd)  be§  2)urd)lauct)tigen  dürften  SBUrjelm,  2l(brect)t§  SSater,  ©.  $. 
©naben  Herzog  Sllbrecrjt  näc£)ft-öerftf)ietie§  ^arjr  (1543)  bie  Snfiitutionen  jutn 
guten  tb,et)t  inn  offener  ©ctml  (ju  ^ngolftabt)  möglich  gteif;  öorgetefen";  nun 
aber   tjabe   fie   5p.  „mit   fürbinbig  reiner,   äierltdjer   unb  öerftänbtictjer  ©bradj 

berteutfctjt,  — unb   feien  bie   bisher   ertaubten  33erboImetfd)er     biefen  fo 

menig/al§  ber  ©djatten  einer  lebenbigen  5perfon  ^u  bergteidjen."  SDen  Snfti= 
tutionen  folgte  nad)  einer  1532  bon  5p.  überarbeiteten  Hanbfd;rift  ber  au§  fecb> 
feilen  beftetjenbe  „(Sericrjttidje  5procefe,  in  roetcrjem  bie  gemainen  getriebenen 
melttidjen  unb  geifttid)en  Nedjt  auf  alle  unb  jebe  2lrtiful  attcgirt  merben"  :c.  ic. 
SDa  ber  3)erfaffer  bie  bairifdje  5Prarj§  unb  bie  $ammergeridjt§orbnung  berüdficfj= 
tigte,  fanb  ba§  Sud)  bei  ben  5praftifern  rafd)e  unb  günftige  Slufnatnne,  unb 
bientc  beffen  ^nfjatt  ben  ©ericrjtöljöfen  bei  iljren  Grntfcrjeibungen  pr  5Jtid)tfd)nur. 
Nact)  ber  SSorrebe  "tjatte  ber  Herausgeber  ba%  5Jianufcri|)t  bon  5Jlagifter  ©imon 
sMnerbiu§,  Unterridjter  ju  9Jtüncgen  unb  5perneber'§  bertrauteftem  greunbe,  er= 
Ratten.  ©tma§  fpäter  tjeröffenttic!)te  HutlÖer  ^nc  „Serteutfcrjung  be§  2et)en= 
red)ti",  mobei  bie  libri  feudorum  unb  bie  bamatige  ßitteratur  benu^t  finb. 
liefern  SSudje  rourbe  irriger  Sßeife  „bie  Ha^Sex^t§01;onunS  °^er  öon  ©traff 
unb  5peen  atter  unb  jeber  5Utatefiä^anbtungen  ein  fur^er  S3ericf)t  — "  angereiht, 
mä'fjrenb  fie  Dom  SSerfaffer  al§  ^n^ang  ber  ^nftitutionen  gebaut  mar.  S)iefe 
H-  ©•  C,  toelctje  (nach;  2öäcqter,  3lrc|.  beg  6rim.--5R§.  Neue  gotge  ^rg.  1842 
©.  82  u.  ff.)  unter  bem  Xitel  „tractaet  Crimineel  mutlima^tic^  öon  ^acob 
©almäcb^ter  aucb^  in§  ^oEänbifdje  übertragen  mürbe,  nimmt  in  ber  iuriftifctjen 
ßitteratur=  unb  6riminatred)t§=©efcr)id)te  einen  tjeröorragenben  5pia^  ein.  ©ie 
ift  nicQt  bIo|  ba§  erfte  nact)  ber  Carolina  in  S)eutfd|tanb  erfctjienene  ©Aftern 
be§  ©trafrecb;t§ ,  fonbern  blieb  bi§  in§  17.  Mrl)unbert  bie  fjaubtfäcglic^fte 
©runbtage  ber  juriftifdien  6riminal=ßitteratur.  ©obler'S  5procefe=  unb  9recfjten= 
fpieget,  3raucf)born§  Practica,  ebenfo  bie  äöerte  bon  S)ornedf,  Äönig  unb  ©awr 
Ijaben  grötitent^eil§  unmittelbar  au§  5perneber  gefd^öbft.  daneben  übte  biefe  -£>.$.£>. 
einen  meitreicgenben,  t)autotfäcötid9  über  ©übbeutfctjlanb  fic^  erftrecEenben  ©influ^ 
auf  bie  9£ecrjtfürect)ung  unb  liefert  fomit  ein  treues  23itb  ber  bamaligen  ©traf= 
red)t§brai-i§.     ®ie  ^erneber'fcfie  H-®-Ö-  utnfafjt  ©trafrecqt  fammt  5proce^   nacf) 

2Wgem.  beutfdöe  »iogta^te.    XXV.  25 


386  Demeter. 

sJJlafjgabe  bes  römifcrjen  Stedjteä  unb  ber  italienifdjen  ßitteratur;  nebenbei  finb 
baS  bairifctje  £anbred)t,  bie  goldene  33ulte  unb  bie  tiroler  ^ftalefi^orbnung  be- 
nutzt. üDer  SJerfaffer  tjinterliefj  öon  biefem  SBerfe  jroei  üerfd)iebene  9Jtanu= 
fcripte;  ein  älteres,  etroa  1530  öoüenbeteS,  metcfjeS  baljer  bie  Carolina  nicrjt 
fennt;  biefeS  legte  junger  feiner  s4>ublication  }u  ©runbc.  (Später  nad)  Sßer= 
fünbung  ber  Carolina  tjat  5J3.  betreibe  nochmals  burd)gefet)en,  unb  burd)  3}er= 
meifungen  auf  bie  Carolina  unb  Gitate  aus  berfetben  ergänzt.  5)iefe§  fpäiere 
(Sj-emplar  benutzte  (5d)renf  bei  ber  Ausgabe  öon  1573;  jugleict)  ttjeilte  er- 
bau Sud)  in  setjn  Slitel,  b.  t).  in  numerirte  2lrtifel,  unb  öermeljrte  e£  natjeju 
um  ba§  doppelte.  GS  ift  tjödjft  bead)tenStoertl),  bafj  bie  .gmnger'fdje  9luSgabe 
trok  sJlid)tberüdfid)tigung  ber  Carolina  bis  1573  in  äafjlreidjen  Auflagen  gebrueft 
rourbe;  ein  neuer  33eleg  für  ben  Umftanb ,  bajj  teuere  nur  fel)r  langfam  unb 
altmätjlid)  bei  ben  ©wtdjtSljöfen  Eingang  mnb.  2tlS  SIntjang  ju  öorfteljcnben 
üier  2öerfen  gab  junger  nod)  tjerauS:  „Summa  Rolandina,  baS  ift:  ein  furj 
58erid)t  öon  allertjanb  Xractaten  unb  Xeftamenten"  ic.  k.  „Item  Bartholomaei 
Socini  ü.  J.  D.  Regulae  juris,  ein  Uractat  ber  Siegeln  —  fampt  ben  baöon 
ausgenommenen  Rollen  ober  fallenden  B.  Socini."  SlolanbinuS  ülobutpljini 
s$affagerii,  erfter  ftotar  31t  Bologna,  mo  er  13< »0  im  80.  SebenSjatjre  ftarb  unb 
fotdjjeS  Slnfetjen  genofj ,  bafj  it)m  bie  Slepublif  eine  eigene  £eibroad)e  Ijielt,  öer= 
fafjte  als  £)auptroer£  bie  „Summa  artis  notariae"  für  let)te  ^Bitten  ,  Verträge 
unb  ©crid)tSüerfat)ren.  2>a  fein  Wotar  üom  14. — 17.  3al)rl)unbert  biefeS  23üdj= 
lein  entbehren  (m  tonnen  glaubte,  beftetjt  eS  in  <}aljtreid)en  Jpanbfdjriften  unb 
Auflagen,  mürbe  audj  roicberfjolt  comiuentirt.  Unfer  Slutor  gibt  eine  beutfdje 
Bearbeitung  einiger  freigeroätjlter  Stüde,  bie  er  äugleid)  erläuterte.  —  2Befent= 
lid)  umgeftaltet  öertiefj  ^ernebcr'ö  Summa  Rolandina  juletjt  bie  treffe  nod)  1725 
unter  bem  apofrtjpljen  Sitel:  „^lubr.  ^erncber'S  öottftänbige  sJlactjrid)t  öon  £efta= 
menten  unb  Gobiciüen  —  nad)  beS  9lutorS  Job  burd)  unb  burd)  öerbeffert  — 
öon  2B.  junger,  J.  U.  D.  u.  ^rofeffor  (ut  ^ngolftabt"  (Qfranff.  u.  ßeip^ig).  — 
2)ie  lange  $eit  fel)r  gefd)ätjten  Regulae  juris  mürben  bem  gefeierten  sJled)tStel)rer 
Bartholomäus  ©ocinuS  pgefdjrieben ,  ber  1436  in  ©iena  geboren,  1507  als 
^riöatmann  geftorben  ift.  sJlad)  junger  folt  inbefj  SocinuS  nid)t  nur  gegen 
bie  Urljeberfdjaft  beS  BudjeS  Ginfpradje,  fonberu  gegen  ben  SDruder  fogar  $n= 
jurienflage  erfjoben  Ijaben.  5ß.  übertrug  biefe  regulae  juris  frei  inS  SDeutfdje 
unb  fügte  iljnen  praftifdje  (Erläuterungen  an.  —  GS  ift  bereite  Ijeröorgerjoben 
morben,  baf}  ^erucber'ö  ©d)riften  grofje  unb  rafdje  Verbreitung  fanben,  bafj  fie 
allmät)tid)  in  ben  £änben  ber  meiften  ^raftiter  mareu,  unb  ba§  fie  öon  ben 
©eridjtStjöfen  bei  bereu  6ntfd)cibungen  öorjugäroeife  ju  Slatt)  gebogen  mürben. 
^)icrburd)  erftärt  fid)  aud),  ba^  .Ipunger'S  5lu§ga6e  öon  1544  bi§  1571  min» 
beftenä  16  mal  aufgelegt  rourbe !  «ipirfd)  (Millenarius  IV.  typis  exscriptorum 
librorum,  pag.  71)  ermätjnt  berettS  auö  beut  bem  ^ublicationejalire  folgenben 
(1545)  eine  britte,  bei  Sltej.  2öei^ent)orn  in  ^ngolftabt  gebrudte,  unb  tneran 
reiften  fid)  jene  öon  1546.  1547.  1549.  1550.  1551.  1555.  1556.  1559. 
1561.  1563.  1564.  1567.  1571  (golio).  1573  öeranftaltete  ber  bereits  ge- 
nannte D.  Dctaöianuä  ©cljrenf  mit  Jpilfc  ber  bom  S3erfaffer  felbft  burd)gefet)enen 
9^anufcripte  (totlfyt  er  öon  feiner  gleichfalls  früher  ermärjnten  ©djmiegermutter, 
Slnna  Sleitmorin,  erhalten)  eine  reüibirte  2lu3gabe  ber  ^erneber'fcrjen  ©djriften, 
tooüon  brei  Auflagen  befaunt  finb  (1573.  1578.  1581).  (Sine  weitere  britte 
3lu§gabe  beforgte  bie  6berJfd)e  £)fficin  ju  ^ngolftabt  1592,  moüon  1600  unb 
1614  neue  Slbbrude  erfd)ienen.  5luf  bem  Sitel  ber  ^nftitutionen=3lu§gabe  ift 
ber  fürfttid)  baierifd)e  Slatl)  Dr.  9lod)U§  ^retimann  ö.  Cbernl)aufen  genannt; 
allein  biefer  mar  fdjon  1583  mit  2ob  abgegangen,  unb  mürbe  öon  bem  S3er= 
leger  nur  beit)alb  auf  ben  Xitel  gefeüt,  um  buret)  einen  befannten  unb  gefeierten 


5Petmce.  387 

©etetjrten=9camen  feinem  Unternehmen  fjötjeren  ©fan3  unb  einen  gröBeren  3lbfat$ 
3U  fiebern.  —  (S§  ift  in  ber  Jtjat  ftaunenlroertrj ,  bafj  *$. ,  roettfjer  im  befielt 
9)canneealter  Dorn  ütobe  ereilt  mürbe ,  §z\t  fanb  ,  neben  bem  taufenben  SDienfie 
unb  ben  rjier  aufge3äf)tten  juriftiferjen  arbeiten  als  öertrauter  Siener  -öerjog 
2ttbrecf)t§  toieberfjott  aucrj  noctj  micrjtige  ©enbungen  unb  aueroärtige  ©efetjäfte  ju 
übernehmen  unb  aufjerbem  gefdjidjtticrje  Slnnalen  über  bie  ^at)re  1506  bis  1529 
3U  fd^reiben.  öetitere  befjanbeln  auf  48  Stättern  fjauptfädjltcb,  „roa§  ftcfj  im 
33auernfrieg  in  3?arjern,  bem  tiixftfcfjen  3ug  unb  ben  SBiebertauffern  begeben", 
greifen  aber  aucrj  auf  ben  Sanbsfjuter  Grbfotgefrieg  u.  bergt.  3urücf.  £a§ 
93canufcript  fam  öom  Ätofter  23enebictbeuren  au?  bie  DJcünctjner  ipoi=  unb  ©taat»= 
bibliottjef,  tt>o  es  als  2rjeit  be§  eingangs  ermähnten  cod.  germ.  1594  auf= 
betoarjrt  mirb. 

2B.  jüngere  3)orreben  b.  1544  unb  jene  bes  Cctab.  ©djrenf  ö.  1573.  — 

Beiträge  3.  fritiferjen  -üiftorie  ber  beutfdjen  Spraye  2c.  9.  ©t.  ©.  151—156. 

—  Äobolt,  £aier.  6el.=8ej.  I.  ©.  507.  —  äßäcfjter  im  3lr&  f.  6rim.=9tecf)t. 

%.  5.    1836.     ©.  120—126.    —    .£>älfcrjner,    baä   preufj.    ©trair.     1.  3$l. 

119  u.  120.  —  ©tintjing,  ©eferj.  b.  beutfefj.  Üte(fjt§miffenfdjaft.  l.Slbttj.,  573  — 

579.  —  ©tobbe,  beutfetje  Üt.--£uetten.  I.  2.  ©.  173  9h  3.  —  ©eib,  Serjrbucfj 

be§  beutfcfjen  ©teaf=Sft'8.  I.  ©.  286  u.  287. 

(lieber    2Inna    üteitmor)    Gfjronifen    b.   beutfcfjen    ©täbte.     33b.  15. 

S.  456  —  61.  Gijenfjart. 

^crittCC:    Subtoig   SÖiltjelm   Slnton  9ß. ,   namtjaiter  3urifi,    geb.  am 
11.  3uni  1799    3U  «gmtte,   au§  einer   au§  Dberitalien    cingetoanberten  yamitie, 
befudjte  ba§  9ßäbagogium  feiner  Sßaterftabt  unb  töibmete  fiefj  feit  1817  am  ben 
Uniberfitäten  3U  £mlle ,   Berlin   unb  ©öttingen   juriftiferjen ,  in»befonbere  recrjte* 
gefcfjtcfjtlicfjen    unb    ftaat§recrjtlicfjen    ©tubien.     Dcacfjbem    er    3U   ©ötttngen  bie 
ptjilofopljifcfje  unb   juriftifcfje  2>octormürbe  erlangt,    tjabilitirte    er  ftcfj    1821  3U 
-Spalte  in  ber  juriftiferjen  {yacuttät ,    too    er  SBorlcfungen    über    bie  ^nftitutionen 
unb  über  Orectjtigefcfjictjte ,  fomie  über  ©taat§=  unb  23ölferredjt  fjielt.     Slucfj  las 
er  ferjon   bamals  über  Sefjnrccrjt,  für  roetcfjeg  er  fein  gan3ei  ßeben  fjinburcfj  mit 
Vorliebe  trjätig   blieb.     33alb    ertjiett  9p.  eine   aujjerorbentlicfje   unb    1825    eine 
orbenttietje  Sßtofcjfur.     ©eit  1826  begann  audj  feine  publicifttfdje  Sfjätigfeit,  Por 
altem    als   Sßerttjeibiger    ber    feit   1806    mebiatifirten  dürften   unb  ©raten.     9p. 
warb    1827   Unterbibliottjetar    an    ber  UniDerfitätsbiblicttjet,  1830   Senfor   ffa 
jurifitfetje,  3eitgefcf)icrjtlicrje  unb  prjilofoprjifcrje  ©cfjriften,  1832  9Jtitgtieb  be§  afa= 
bemifcfjen  ©prucfjcollegiums ,    beffen  Sßiceorbinariat   er    1833   übernahm.     Sinen 
9tuf  naefj  ©öttingen  1838,  an  älBredjt'S  ©teile,  letjnte  er  a1),  ebenfo  1840  ba§ 
anerbieten  beg  6er3og5  <g)einricfj  öon  Äöttjen  ,   at§  Söirtt.  ©etjeimratrj  unb  9te- 
gierungöpräfibent  in  beffen  Sienfte  3U  treten.     1844  erfolgte  93emice;5  Ernennung 
3um  aufierorb enttictj en    -Jtegierungöbeüollmäcrjtigten   unb   Kurator   ber  Unioerfität 
Jpatle  mit   bem  Xittl  eine»   ©erj.  9tegierungiratt)5 ,    ein  ^al)r   barauf    bie    3um 
Sirector    be§    rjaüefctjen  ©crjöppenftutjls.     ©erjon   bortjer  (1832)    mar    i^rn   bae 
Drbinariat   bes  ©prucijfenat§   übertragen   morben.      Söegen   tiermerjrter  8ctu|8= 
arbeiten  fat)  ftctj  93.   um  biefe  3eit  genöttjigt,    feiner  afabemifetjen  Serjrttjätigfeit 
ju  entfagett,  bie  er  jebodt)  im  $.  1849  toieber  aufnatjm.    1852  begann  mit  feiner 
SBatjt   3um   Seputirten  für  SBittenberg  feine  partamentarifetje   Stjätigfeit.     ©eit 
1854  lebenslängliccje§  9Jlitglieb  b£§  ^öerrenljauf e§ ,  öertrat  er  bie  Slenbensen  ber 
yeubalpartei.     v^luf    33efer)C    be§  Königs    öon   ^reu^en   Perfa^te   er  (1851 1    ein 
©utacrjten  in  ber  fcrjlesroig^rjolfteinifcrjen  Srbfolgefrage,  fctjrieb  mehrere  ©utactjten 
in  ber  attenburgifcfjen   Somänenangetegenrjeit ,    mar    ftecijtsconfulent    ber  an§al= 
tifdjen    Sanbfctjaft    (bereu  Sefcljmerbefcrjrift    an    ben    Söunbesratrj   bon   irjm  |ct= 

25* 


388  ipernftcin. 

rüf)tt)  u.  f.  m.  $.  ftarb  am  16.  3uti  1861  ju  \!patle.  Seine  miffenfcf)afttid)e 
■fmuptleiftung  ift  „®efdjicf)te ,  9ittertf)ümer  unb  $nftitutionen  bei  römifdjen 
«Rcd^tS"  (1821;  2.  Stuft.  1823).  SBon  feinen  publiciftifctjcn  ©Triften  finb  bie 
midjtigften:  .,Observationes  de  principum  comitumque  imperii  germanici  imle  a 
MDCCCVI  subjectorum  juris  privati  mutata  ratione"  (1827);  „Quaestiones  de 
jure  publico  Germanico",  3  |>eftc  Chatte  1831);  „Commentatio ,  qua  de  jure 
quaeritur,  quo  principes  Hohenloenses  tanquam  comites  Gleichenses  duci  Saxo- 
niae  Coburgensi  et  Gothano  subjecti  sint"  (1835);  „Codex  iuris  municipalis 
Halensis"  (1839);  „De  sancta  confoederatione"  (1855);  „Commentatio  de 
singulari  dynastiae  Schauenae  iure"  (1854).  Unter  Sßcwice'S  5)tecl)tigutad)ten 
unb  fonftigen  Staatifcrjriften  tft  befonberi  bie  Strbeit  über  „2)ie  ftaatSxedrjtttd^en 
3}ert)ältniffe  bei  gräflichen  .fraufeS  ©iecrj"  (1859)  Pon  "Bebeutung  für  bie 
Äenntnifj  ber  SRedjtiPertjättniffe  be§  beutfdjen  fprjen  Slbeti.  Sgl.  Sßemtce, 
SaPignp,  <5tat)l  (1862). 

33 i c  t  o  r  91 n t  o  n  Herbert  5p. ,  jmeiter  Soljn  bei  Vorigen ,  geb.  am 
14.  Stprit  1832  in  £>atle,  erhielt  feine  53orbtlbung  auf  ber  ßanbeifdjule  5pforta 
unb  mtbmete  fid)  feit  1851  erft  auf  ber  Uniberfität  feiner  93atetftabt ,  bann  ju 
53onn  unb  Sertin  pfjttotogifdjen  unb  juriftiferjen  Stubien.  'Dcacfjbem  er  mit 
feiner  Uebetfetjung  unb  Sluigabe  ber  „gröfdje"  bei  SUiftoptjanei  (1856)  unb 
burdj  brei  iuriftifdje  ^reisjfcfjriften  pon  feinen  ausgebreiteten  ifenutniffen  groben 
abgelegt  unb  foroob/l  bie  ptjitofoptnfcfje  (1854  au  Seipjtg)  mie  bie  jurtftifcfje 
Soctorroürbe  (1855  jit  spalte)  erlangt,  tjabilitirte  er  fiel)  1856  ju  Berlin  für 
römifdjei  Otecrjt.  23ereiti  gegen  ©nbe  1857  folgte  er  einem  9tufe  ali  5profeffor 
ber  föecrjte  nact)  Ööttingen.  -frier  mar  er  Por3ugiroeife  aui  ben  berfdtjiebenen 
(Gebieten  bei  StaatSrectjti  ttjätig,  tai  aber  auef)  über  ©efctjictjte  unb  ^nftitutionen 
be@  römifetjen  flledjti,  foroie  über  Gibitprocefc.  1862  mürbe  er  juni  IHitgtieb 
ber  rjannoberfdjeu  Kammer  ernannt,  infolge  ber  (heigniffe  bei  3at)rci  1866 
gab  5ß.  feine  5profeffur  auf  unb  trat  in  bie  2)ienfte  bei  Äurfürften  Don  Reffen, 
atS  beffen  23ePottmäct)tigter  er  1867  in  ^Berlin  befdjäftigt  mar.  33on  feinen 
pubticifttfc£)en  arbeiten  finb  tjerboqufjebeu :  „Senffcfjrift  über  bie  anljattifdje 
SJcrfoffung"  (1862)  unb  „3ur  SBürbigung  ber  P  Söarnftebt'fdjen  Sdjrift: 
Staate  unb  Gürbrecrjt  ber  frerjogtrjümer  Scbjteiroig^otftein,  u.  f.  m."  (1864). 
5)t(S  Söerttjeibiger  ber  gottorpifetjen  sJted)te  ift  5p.  AÖauptPerfaffer  ber  „Otbenburger 
Staatifdjrift"  (1864)  fomie  ber  „$ritifdjen  Erörterungen  äur  fd)teimig=t)otftei= 
nifd)en  Succeffionifrage"  (2  SSänbe.  1866).  2)aju  famen  fpäter  „Sie  5Jcr= 
faffungirectite  ber  im  Üteidjirattje  Pertretenen  Äönigreictje  unb  Sänber  ber  öfter« 
reicf)ifci)=ungarifc^en  9Jconardjie"  (1.  «g>eft  1872).  2)on  feinen  romaniftifdjen 
Schriften  finb  p  nennen:  „Commentationes  iuris  Romani  duae"  (1855)  unb 
„Miscellanea  pr  9iecr)t8gefct)id)te  unb  Sertfrtti!"  (freft  1  1869).  (Sr  ftarb  ju 
£affc  auf  einer  Steife  am  21.  2lpril  1875. 

23gt.  Srodtjaui'  6onPcrfationitci\  12.  Stuft.    (5Rad)  gütiger  «mittejeitung 
ber  Dtebaction  ift  bie  9iict)tigfeit  ber  Angaben  feiteni  ber  gamitie  controtirt. ) 

v^cntftriH:  ^o^ann  X.,  $reit)err  P.  5p.,  faifert.  unb  fönigt.  getbjeug« 
meifter,  geboren  matjrfcfjeinlict)  3U  Söötjmen  in  ber  ämeiten  frälfte  bei  fedjjelmten 
^atjrfjunberti,  gefallen  bei  Raab  in  Ungarn  am  29.  September  1597,  mar  ber 
Sofjn  be§  1587  Pcrftorbenen  ®ro|fan3ler§  Pon  23öfjmen  unb  OberftftaltmetftcrS 
breier  ^aifer,  SBratiStaro  IL,  gfrei^errn  P.  5]}.,  metetjer  at§  t)itfreicf)er  ©öuner  feiner 
Untergebenen,  fomie  at§  ^ö^berer  Pon  Äunft  unb  Söiffen  in  groBem  Stnfefjen 
ftanb  unb  bei  Pon  ir)m  betriebenen  3tufmanbe§  megen  „ber  5pracl)ttiebenbe"  ge= 
nannt  mürbe,  ^ofjann  b.  5p.  merben  bagegen  biete,  namentlich  matb^ematiflle 
Äenntniffe,   bann   bie   6igenfcf)aiten  bei   perföntict)en  illuttjei,   ber  ©efinnungi« 


Sßetnfiettt.  389 

tücfjtigfeit,  £t)atenluft  als  auct)  bes  Strebens  nadj)  einem  in  $ampf  unb  ©efatjr 
ju  erreidjenben  tjor)en  Qide  nachgerühmt.  5Diefes  fuctjte  ex  in  faiferlidjen  ihiegs= 
btenften,  in  toeldjen  er  1591  unter  feinem  '9)ceifter  unb  23orbitbe  Sllejanber 
garnefe  bon  *parma  bei  ber  Sefämpfung  bes  Slufftanbes  in  ben  9Heberlanben 
eine  5lbtt}eilung  fpanifäjer  Gruppen  befestigte.  Serjon  bamals  mürbe  er  bem 
$aifer  als  fetjr  entfcrjloffen  unb  in  iebmeber  .^e^ierjung  bertoenbbar  bejeidjnet, 
roorauf  it)n  biefer  nebft  Satentin  b.  Nienburg  unb  bem  ©rafen  bon  ber  Sippe 
3u  ©efanbten  ernannte ,  meldje  mit  ben  9iieberlänbem  ein  Slbfommen  ju  ber= 
mittein  tjatten.  9lls  biefes  Unternetjmen  aber  ofjne  ben  geroünfcrjten  Erfolg 
blieb,  ba  trat  *ß.  toieber  in  ben  Äriegsbienft  unb  befanb  fiel)  1593  auf  bem 
3uge  nad)  ber  £)ife  unter  9ttansfelb  ftets  in  ben  borberften  üteitjen.  «Später 
mürbe  itjm  bie  felbftänbige  äöegnatjme  bes  Sdjloffes  9leuüiEe  übertragen.  9Jlit 
nur  jmei  beutfcrjen  9tegimentern,  jjmei  päpftlicijen  Sctjmabronen  unb  jmei  Kanonen 
ofrne  Munition  magte  es  ty. ,  bie  2lufforberung  pt  Uebergabe  ju  ftellen.  2lucf) 
an  ben  nädjften  jmei  gelbjügen  fott  er  fo  ausgejeicfmeten  2lntc)eil  genommen 
tjaben,  baf$  ber  probiforiftfje  ©enerat=©ubernator  ber  9Ueberlanbe,  ber  manncjafte 
©raf  guentes,  fictj  5ß.  jum  Begleiter  unb  9lebenmanne  erlor,  als  er  im  Dctober 
1595  jein  Sßolf  jum  ^auptfturme  gegen  bie  bor  Gambrai  gelegte  Srefdje  fütjrte. 
Bei  biejer  auf  neueren  gorfctjungen  berurjenben  Eingabe  mufj  aber  angenommen 
merben,  es  feien  bie  5ftittr)eilungen  irrig,  melcrje  5ß.  im  $.  1595  bei  ber  Sin» 
natjme  ber  Befte  ^octjern  (Zobern)  unb  beim  (Siege  bon  ©ran  am  4.  Sluguft 
trjätig  erflären.  ©emifj  ift  bagegen  ^emftein's  boranteuctjtenbes  Behalten  1596 
bei  $eresates  (tateinifcrj  Agria)  am  23.  unb  24.  Dctober , '  melcfjer  Ort  längere 
3cit  Ijinburcr)  bon  ber  ©efcr)ictjtfcr}reibung  mit  9lgram  bermectjfelt  tourbe.  S)ort 
t)at  er  als  gelb^eugmeifter  unb  nact)  bamaligem  ©ebrauctje  SHrector  aller  ©e= 
fcrjütje  unb  Äriegsmafcijinen  mit  toieler  Einfielt  unb  Äriegserfacjrung  geroirft  unb 
jum  günftigen  Ausgange  bes  erften  ütages  roefenilicf)  beigetragen.  9coä)  tjeibor* 
tretenber  war  aber  feine  SEIjatfraft  unb  Unerfct)rocfenf)eit  am  ameiten  Sage  bei 
bem  mifjglücften  35erfucf)e ,  bie  burct)  Beutegier  boEfommen  in  Unorbnung  ge= 
ratljenen  Scrjaaren  im  Berein  mit  ^ßalffrj  unb  bem  9Jtarfgrafen  bon  Burgau  ju 
fammeln  unb  ben  neuerlichen  Angriff  ber  Surfen  abjumeljren.  ©ine  befonbere 
Erinnerung  fnüpft  fidj  ferner  an  feine  £t}ätigfeit  im  gelbjuge  1597,  mätjrenb 
melcrjem  er  bei  2)otis  am  19.  9Jtai  bie  iljm  in  ben  9tieberlanben  befannt  ge= 
toorbenen  ^etarben  in  2lnmenbung  brachte,  ber  dürfte  auf  ber  Sturmleiter  ftanb 
unb  ben  ^afctja  fammt  beffen  2lnget)örigen  ju  ©efangenen  machte.  Seit  biefer 
3eit  foüen  auct)  bie  ^etarben  „s^ernftein'f(j§e  SJlafdjinen"  genannt  roorben  fein; 
nact)  anberen  eingaben  berfertigte  jebod^  biefe  S5orricr}tungen  ^um  Sprengen  bon 
Sttjoren  ber  faiferliclje  gelbjeugmeifter  unb  Slrfenalbirector  ju  SCßien  ^orjann 
Gilbert  greiljerr  bon  Sprinjenftein  unb  famen  biefelben  erft  1598  bei  ber  6r= 
oberung  bon  9taab  in  2lnn)enbung.  3ln  biefem  Kampfe  l)atte  aber  $.  feinen 
2lntf)eil  meljr;  er  fiel  getroffen  bon  einer  30pfünbigen  «Stüdffugel  fcljon  ben 
29.  September  1597  bei  Otaab  gelegentlich  feiner  täglichen  S5tfitirung  ber  23e= 
lagerung^arbeiten  unb  mürbe  fein  Slbleben  im  ganzen  Sanbe  tief  betrauert.  üDenn 
mit  $.  erlofcrj  für  bie  näct)fte  3eit  ber  altes  förbernbe  Unterner}mungsfinn  im 
Speere  unb  berloren  mar  ber  ©influjj,  ben  er  felbft  in  ben  bebenftidjften  Sagen 
auf  bas  2lusr)arren  feiner  Sc^aaren  ^u  netjmen  roujjte.  3fa,  es  mürbe  fogar  bie 
Belagerung  bon  Ütaab  aufgegeben,  metcrje  jur  ©ictjerung  bon  SBien  unb  ber 
faiferlidjen  ©rbftaaten  unternommen  roorben  mar  unb  in  $.,  bem  fcrjarf finnigen 
unb  füljnen  Streiter  gegen  bie  Stürfenbebrängniffe,  iljren  eifrigften  Vertreter 
l^atte. 

Scrjmeigerb,  Defteneictjs  gelben  unb  ^eerfütjrer.   1.  Xf).  Seipjig  1852.  — 
SBolnt),    2af(fienb.  f.   b.   ©efdj.   9Mtjrens  ic.     S3rünn   1826.    —    Jpormat)r, 


{$90  fettet  —  $evfiu8. 

lafdjenb.  f.  b.  üaterl.  ©efd).    2Bicu  1827.  —  (Srfd)  u.  ©ruber,  2111g.  Snctj» 
flopäbie  ic.     3.  ©ect.    17.  If).     ßetöjig  1842.  ©d). 

Zerret:  $obocu3  $.,  ^ejuit  im  17.  ^arjrljunbert,  öeröffentlid)te  ..Epitonie 
philosophiae  recentioris",  9Mndjen  166B,  „Placita  veterum  philosophorum" , 
Siltingen  1671.  fteufd). 

}>crfd)fc:  Gtjriftian  ©ottlieb  X'-  warb  ge6oren  1756  ju  ^nfterburg 
in  ^reufjen,  üorgebilbet  auf  bem  öribericianum  311  Königsberg  unb  bem  ©nm= 
najium  5U  Sandig,  [tubirte  in  ©öttingen  5£t)eoIogie  unb  ^Ijilologie,  mürbe  1777 
£ei)rer  in  Kloftcr  Serge  bei  'DJcagbeburg ,  mufjtc  aber  biefe  Stelle  nieberlegen, 
ttJeit  er  öon  feinen  Safeboro'fdjcn  pt)ilantr)vopiniftifd)en  ©rillen  nidjt  laffen  mottle, 
^tadjbem  er  eine  $eit  lang  in  sDcagbeburg  als  ^rioatgelerjrter  gelebt ,  warb  er 
1780  ffiector  einer  ©djule  ^u  ©ulau  in  Dberfdjtefien.  1782  errichtete  er  eine 
neue  Sef)ranftatt  au  SBeiffig.  3luf  bem  Titelblatt  feines  Söerfes  über  «pfalm  110 
(f.  unten)  nennt  er  fiel)  „Ütattj  u.  ^rebiger"  (1788).  SBotjer  bieje  ^räbicate 
flammen,  mar  für  uns  nidjt  ju  ergrünben.  (£r  ftavb  am  16.  5löril  1808.  — 
@r  fdjrieb  ein  ßefebudj  für  Kinber  in  fedjs  Sänben ,  betitelt  „ber  3fugenbbeob= 
achter",  1776—1780;  ferner  üeröffeutlirfjte  er  1779  feine  in  Ätofter  Serge  ge= 
tjaltenen  9teligionsborträge ,  aufjerbem  eine  Schrift  über  ben  Stfjeologen 
&.  2.  3acrjariae  311  ,ttiet  1777,  aa'tjlreidje  ^luffätje  im  ^Dtattljiffon'fdjen  gfrei* 
benfer,  1781,  eine  „Drtrjometrie"  für  foldje,  roctd)e  bie  SIbfidjt  tjegten,  2>idjter 
3U  roerben,  1808  (erfdjienen  aus  feinem  sJtad)laffe).  ®ie  SBiffenfdjaft  bes  Sitten 
Ücftaments  nerbanft  iljiu  einen  Gommentar  über  ben  ^roptjeten  imbafuf  nebft 
beutfcrjerUeberfetiungl777,roeld)ernunmel)r3ur5!Jtafulaturr)erabgcfuntenift.  2tufjer= 
bem  üeröffentlidjte  er  eine  üolemifdje  ©djrift  gegen  sDceubetsfot)n's  Auslegung 
bes  110.  ^falms  nebft  $errn  ^rtebfänbctö  Gommentar  barüber,  1788,  in  met= 
djer  er  9Jtenbclsfol)n's  tjiftorifdje  Deutung  bes  ^3fatm§  auf  bie  (Srbauung  öon 
ftabba  (ügl.  $f.  110,  6;  2.  ©am.  12,  26-31)  üermarf  unb  bemfelben  eine 
meffianifdje  Se^ieljung  gab  (ügl.  tjieju  Sidjtjorn ,  allg.  Sibl.  ber  bibl.  ßitt. 
Sb.  2.  ©.  349—351).  —  ©onft  f.  allg.  (Sncttft.  III,  17,  ©.  291,  mo  aud) 
bie  genauen  2itet  ber  übrigen  ©djriften  unb  in  Slnm.  8  anbere  biograüljifdje 
Cuellen  angeführt  finb.  6.  ©iegfrieb. 

^erjutö:  Sfriebridj  ßubtoig^.,  Slrdjiteft,  mürbe  am  15.  fyebruar  1803 
3U  sl>otsbam  geboren  unb  ftarb  bafelbft  am  12.  Suli  1845  als  Dberbauratt), 
'DJlitglieb  ber  £)berbaubeüutation  unb  .gjofardjiteft  bes  Königs  griebrid)  2öil= 
tjetm  IV.  S)ie  mätjrenb  feiner  fuqen  Sebensbauer  entftanbenen  Sauten  unb 
©ntmüric  bezeugen  ein  energifdjes  ©treben,  begleitet  öon  einer  gefunben  unb 
üornefjmen  Kuuftanfdjauung.  2)en  ©runbjug  feiner  fünftlerifdjen  2t)ätigfeit  be= 
ftimmte  ein  öormiegenb  malerifdjes  Ijkincip.  ^m  eigentlid)  ardjiteftonifdjen 
©inne  folgte  er  im  SInfdjtufj  an  bie  burdj  bie  Slntife  überlieferten  Sau'ormen 
unb  ©djmudbetaits  ber  burd)  ©djinfel  öertretenen  9tid)tung  bei  fteter  Serüd= 
fidjtigung  moberner  3werfe.  SGßo  ba^  SCßefen  ber  Aufgabe,  ber  SBiüe  be§  Sau= 
Ijerrn  ober  ber  (Stjarafter  ber  ©egenb  e£  gebot,  tiefe  er  aud)  ben  Gnnftufj  anberer 
43auftite,  altdjriftlidje  ober  romanifd)=itatifd)e ,  gottjifdje  unb  9tenaiffancc=9Jlufter 
gelten,  beren  ^»auptelemente  er  in  mannigfachen  (Kombinationen  ju  öermertb^en 
öerftaub.  9cod)  in  jugenbtid)em  Sllter  übernahm  fy.  feit  1821  nad)  ©djinfel % 
Entwürfen  bie  3Iu§füc)rung  be§  ©djlofj=  unb  ßirdjenbaueS  auf  ben  ©ütern  be§ 
©rafen  5Potodi  bei  $rafau.  5ßon  bort  nadj  feiner  £)eimatf)  jurüdgeferjrt,  leitete 
er  feit  1824  ttjeil§  nadj  ©djinfel^,  tr)eil§  nadj  eigenen  planen  bie  bautidjen 
Anlagen  p  Ätein=©lienife ,  SabetSberg  unb  ßtjarlottenrjof.  Site  begeifterte 
Äunftliebe  be§  &önig§  ftetlte  bem  jungen  Saumeifter  eine  9teitje  neuer  2luf^ 
gaben.     ?p.  mürbe  auf  bem  ©ebiete  ber  3lrdjiteftur  balb  ber  Sertraute  unb  ftetS 


$«fiu§.  391 

e 


aetoanbte  «Boüfttedet  bei-  3been  feineS  funftfinnigen  fcettn.    Sin  grofceieS  Snteiefl 
als  feine  «Botgängei  toanbte  ftiiebri*  2Bitrjelm  IV.  bem  ßti*enbaue  au.    Gr  beam 
traatc  sunä*ft  SB.  mit  bet  Ausarbeitung  bet  ©*inferf*en  Gnttoütre  tut  ben  übet 
bet  Äteuaung   aujfteigenben   t)ot)en  Kuppelbau   bet  «Ricotai=©tabtfti*e   m  «BotS* 
batn   mit  bet  geeigneten  Abänbeiung,    bafe  bie  (Selen   beS  Unterbaues    öerltarft 
mürben.    Angeregt  bur*   ben   Sefu*  Stalten*   fafcte  bet  Äönig   eine  befonbere 
«Borliebe  für  bie  fjorm  bet  alt*tiftti*en  SBafüifa.     @tne  tn  bet ^httittf*en  £>al= 
tuna    bettoanbte  Anlage   ift  bie  1841    bon  SB.  begonnene    etnldjimge  Ältere   ju 
©actoto  bei  «BotSbam,  ein  «BacEfteintofjbau  mit  «oitjo'f anläge  unb  offener-   ttngS 
um  bie    ganäe  &ir*e  fi*  jiefcnbet  56oget*alte,    toet*er    fi*    mit  bem ■Witten 
©tocfent^iim   maleiif*    an    bet   meiten   2öajierfläd)e    bet   §£*£.«***■.*« 
2iebtinqSf*öpfung  Stieb«*  äöittjetm  IV.  ift  bte  1845  am  fuboittt*en  fcnb^be* 
«Batted   bon  ©anSfouci  ertötete   neue  3tiebenSfii*e,   beten   (Sntwutj   tn   leinen 
aMcfli*  getroffenen  «Dtaaisbeirjättniffen    ben    geläuterten  ©ef*macf    be§  Wet|ierS 
Leuqt.     SDie  Anlage  beS  Innern  toeift  auf  baS  «Botoitb  bet  alten  93a|tttfa  bon 
©    Elemente  in  9tom  fjtn.     «mit  bem    gefonbetten  £tmrme   unb  bem  bur*   bte 
btaftif*en  ©ruppen   bon  Drau*   unb   9tietf*el  gef*mücften  ©äulenatrtum,   mit 
ben  «Bogengängen    tängS  beS  SBaffetS    unb    einem    3meiten   fpäter  rjtnjugeTugtett 
öof  mit  fiatle,  ben  Söofmg-bäuben  unb  einem  (SingangSttjor  btlbet  bte  gtiebenä« 
fir*e  in  ftimmungSbotler  tanbf*aftli*er  Umgebung   eine  fjarmontf*  tn  u*  a^ 
qef*loffene   mannigfa*e  ©ruppe   bon   «Baumelten.     Au*    feine  jbee    ju    einem 
m'oteftantif^en  Borne  in  SBetlin  liefe  Stiebti*  «ctm  IV.  but*  SB.  ^ntttetjn. 
«Bon    «Btof anbauten    leitete  «B.    jeit    1840    untet   bet    ftegteiung    be]fetben 
Königs  ben  (SttoeiteiungSbau    beS  ©*(offeS   3"  ©anSfouct,   forme  ben  Um=  unb 
Neubau    bet    3uget)ötigen   «Jtebengebäube    für    bie  .öof^attung      Jet  tetetjet  unb 
ftattti*er  enttoicfelte  2f)eit  beS  ©*toffeS  auf  bet  roalbtgen  «n^otje  bon  33abeI8= 
betq   toel*ei  bon  bem  utfptüngli*en  «plane  ©*infet§  abweist,  toutbe  na*  ben 
SßetWfcfien  Riffen,  jebo*  in  ftiliftif*er  Uebereinftimmung  mit  ben  bereits  au§= 
aefübrten    Partien     bur*    ben    «Baumeifter    ©ottgetreu    ausgeführt.    _  gur   bte 
nnniqe  Belebung  bet  Sanbf*aften  but*  Sauten    betftanb  SB.    ganj  tut    ©etfte 
©*intel'S  fottjumitfen.     ©eine  etfinbungSrei*e,  fi*  ben  gegebenen  Söet$altmtfen 
leiefet    anf*miegenbe  Auffaffung  ermöglichte   irjm    bte    fünftlenf*e  Umgeftaltung 
fetbft  öetaltetet   gotmen  in  bie  eleganteren  baulichen  <5tf*einungen ,    tote  u.  a. 
bte  £ofgärtnet    ©eOVf*e  ©ienfttoofmung   unb  bie  ÄabinetS^aujet  ju  ©anSfouct 

W-ei*e  gebauten,  3.  35.  bie  im  bottigea  SBitbpat!  maleiif*  gelegenen 
«Normungen  bet  ftöiftei,  fteinete  Sanbrjäujer  im  neuen  ©arten  unb  bte  am 
äufteiften  ®nbe  beffelben  umgebaute  «Dietetei  in  engltfct)=gotf)tf*em  ©ttte,  fomte 
bie  teiAüotten  fyafanetiegebäube  ^intet  (^attottenW  wurben  öon^-  0m  &£*: 
lidier  Abmec£)§tung  mit  forgtic^em  ©efcl)macf  in  ben  «Rahmen  bet  8anbl*ait 
eingepaßt,  ©ut*  Anmutfi  unb  ebfe  «Bettjättniffe  finb  ferner  bte  «emeten  SSau= 
roeife  bon  SB.  befonberS  anste^enb ,  röie  bie  na*  bem  *oragtf*en  «monument 
beS  ßuRfaateS  componiite  „«Rotunbe"  bot  bem  ©*tofe  3U  ©tientte  mrt)tete  be= 
beefte  «Rutieplä^e,  Duelteneiniaffungen,  Sauben  unb  Srjoietngänge.  Au*  baS  an 
ben  Ufern  beigäbet,  in  bet  «Mfje  beS  «BabetSbeiget  ©*tofie§  gelegene  ©ampf« 
ntaf*inenl)auS  in  mautif*em  ©til,  bem  fi*  in  günftiger  ©rupptrung  ein  ^urm 
mit  bem  SSaffemferboir  unb  eine  ©ärtnerroofmung  anf*ltefeen,  lomte  baS  toeitet 
im  Smtetn  be§  5Barte§  gelegene  «)Jlatrofen^au§  unb  mehrere  als  mWÜ* 
«Bauten  *arattertfitte  gjtititdtmagajine  am  ^ufee  beS  «BrauljauSbergeö  bei  «Botö= 
bam  finb  na*  planen  üon  5B.  erbaut,  ber  fogar  für  Autgaben,  tote  bie  bereits 
bon  ftiiebti*  b.  ©t.  beabft*tigten  gtofeattigen  ^ontainenantagen  tn  ben  ©arten 
öon  ©anSfouci   unter   SSeiratt)   bon   Seit,    bie    paffenbe   Söfung  lanb.    3"  laft 


392  ^crjono  —  ^Serttjater. 

fämmtlidjen  nadj  feinem  lobe  unter  ber  Dtegierung  5rieot^  SBüljelm  IV.  in 
bet  Umgegenb  üon  ^otßbam  nod)  jur  Slusfüljrung  beftimmten  Sauten,  nameut* 
lief)  aud)  für  bie  £>rangerie--®ebäube  -m  ©anefouci,  tjatte  5ß.  bereits  merjrfad) 
s$täne  unb  ©fi^en  aufgearbeitet.  Sor  allem  aber  bilbete  s$.  bie  Sillenarcb> 
teftur  im  ©inne  ©djinfers  roeiter.  fobaß  feine  baulichen  Anlagen  mit  ber  nädjften 
Umgebung  auf  eine  finnige  äöeife  in  gegenteilige  Se^ierjung  treten.  £)ie  auf 
Weiteren  Sebensgenuß  gerichtete  Saumeife,  roie  fie  in  bem  leidsten  unb  anmuttjigen 
Sittenftil  ber  itatienifdjen  9tenaiffance  jur  Slnroenbung  gelangt  ift,  biente  irjm 
naturgemäß  als  Sorbilb,  roobei  aud)  s]Jtotiüe,  meldte  bas  antife  2Bo]l)nt)aus  ber 
®ried)en  unb  Körner  barbietet,  jur  ©eltung  gelangten  unb  namentlich  bie  3In= 
beutungen  bes  jüngeren  ^linius  in  ber  Sefdjveibuug  feines  Suscum  unb  Sau* 
rentianum  jum  £f)eil  maßgebenb  maren.  Seifptele  berartiger  Sauten  bon  $. 
finb  u.  a.  bie  Sifla  ^afobs  unb  bie  reicher  gruppirte  Silla  ©djöningeu  an 
ber  ©üenifer  Srücfe  bei  5ßotsbam. 

3n  Sertin  erbaute  9ß.  auf  Anregung  2rxiebrid^  äöitfjelm  IV.  bas  befannte 
Ärott'fdje  (Stabliffement  an  ber  SBeftfeite  bes  Äönigsptatjes  im  Tiergarten  (nad) 
bem  Sranbe  üon  1852  üon  6b.  £ietj  neu  erbaut)  unb  mehrere  ^riüattjäufer. 
2tud)  bem  üon  ©tein  1845  —  1847  ausgeführten  Sadfteinbau  ber  $ird)e  üon 
Settjanien,  einer  fteinen  breifctjiffigen  ©äulen=  unb  5ßfeiler=Safitifa  mit  -gjofäbetfe 
unb  atoci  (Jmporen  liegt  eine  ^eic^nung  üon  s$.  ju  ©runbe.  ©eine  £l)ätigfeit 
mar  enblid)  für  mannigfadje  Sauten  auf  ben  Sefijjungen  bes  ^rinjen  ft-iiebrici) 
ber  ftieberlanbe ,  bes  dürften  *)3üctter=9ttusfau  u.  2t.  in  Slnfprudj  genommen. 
Son  einer  Äunftreifc  aus  Italien  im  ^rürjiarjr  1845  rjeimgefeljrt,  fetjte  ein 
früher  Job  feinem  inr)altsretd)en  Seben  ein  3^- 

Äönigt.  üriüitegirte  Serlinifdje  3eitun9  bon  Staate  unb  gelehrten 
©adjen.  1845.  9ir.  162.  15.  3fuli.  StrdHteftouifdje  Entwürfe  für  ben 
Umbau  üorfjanbener  ©ebäube,  tjrsg.  üon  5jtaftus.  ^otsbam  1843.  —  5IÜg. 
Sau^eitung,  reb.  u.  tjrsg.  ü.  Gtjrift.  ftriebr.  ßubro.  ftörfter.  10.  ^afjrg.  1845. 
2Bien.  ©.  275-  284  u.  344—359.  —  SUfreb  Söoltmann,  bie  Saugefd)td)te 
Scrlins  bis  auf  bie  ©egenmart.  Stalin  1872.  —  Sertin  unb  feine  Sauten. 
|>rsg.  ü.  2lrd)itetten=Serein  ju  Sertin.     Sertin  1877.  ü.  2)onoü. 

^crfoiia:  f.  (sjobclimiS,  Ä.  ©.  S.  ix,  300. 

s}kvtl)alcr :  Colins  Sltois  $.  mürbe  am  31.  October  1816  im  Sörfdjen 
Clang  im  <ßuftertf>ale  geboren,  roo  fein  Sater  bie  Stelle  eines  f.  t.  2)iftricts= 
ar^tes  befleibete.  ßefeterer  mürbe  im  ^arjrc  1S27  in  gleicher  (Jigenfdjaft  nad) 
3Jlurau  in  ©teiermarf*  üerfetjt,  fein  ©olm  -gmnns  aber  trat  1828  in  bas  ©rjm= 
nafium  ju  ^ubenburg,  mo  er  fid)  balb  burd)  feine  außergeroörjntidje  Segabung 
bemerkbar  madjte  unb  über  ben  Äreis  ber  (SJümnafiallerjrgegenftänbe  fjinaus  auf 
bem  ©ebiete  frember  ©pradjen  unb  ber  ©efctjidjte  fieb^  $enntniffe  ,^u  ertoerben 
trachtete.  Sine  ungemein  poetifd)  angelegte  9latur,  begeifterte  er  fid)  an  bem 
Sorbitbe  beS  S)id)terfe  ber  ^WQenb ,  ©dritter,  unb  oljne  ben  ^auptmeg  feiner 
eigentlichen  ©tubien  au§  bem  2luge  ju  üerlieren,  erging  er  fid)  auf  romantifdjen 
©eitenpiaben  ber  ^oefie.  9tacf)  auige^eicrjneter  3lbfolüirung  ber  tjumaniftifd)en 
ftäcb>r  im  ^ab,re  1835  oblag  er  in  ^nnäbrucf  bem  ü^ilofoüfiifc^en  unb  juri-- 
bifdjen  ©tubium,  meldje§  er  üom  |>erbfte  1838  an  in  Söien  fortfe^te  unb  bafelbft 
1840  beenbete.  6§  ift  befonber§  erroärjnenäroertf) ,  ba§  ^ß.  üon  «pauä  aus  an 
^äßigfeit  unb  beferjeibene  Serb^ältniffe  gembb^nt,  fieb^  mäljrenb  feiner  2ef)rjaf)re 
unb  aud)  noer;  fpäter  ber  größten  ©infacfjcjeit  befliß,  orjne  fid^  rjierbei  üon 
fröb^lidjen  unb  ,}ugteicrj  litterarifdjen  3ufammenfünften  gteictjftrebenber  £anbßteute 
auejuf fließen.  S)ur4  fie  angeregt,  üotlenbete  er  im  Mre  1839  eine  Sragöbie 
„5lriftobem"    unb    bas  ^afjr    barauf    bie    9loüette    „gjleeresteudjten".      ©eine 


^ertfjaler.  393 

©tubien  au  Enbe  ber  30er  unb  ju  Anfang  ber  -40er  $af)re  finb  inibefonbere 
ptjilofoptjifcrjen  unb  litterarifctjen  Gtjarafteri,  unb  es  !ann  mol  behauptet  Werben, 
bafj  itjm  mit  Slusnafjme  ber  mebicinifcfjen  unb  reaüfti^en  ©tubien  fein  ©ebiet 
bei  menictjticfjen  2Biffeni  öollfommen  fremb  mar.  °$n  bem  juribifdjen  ©tubium 
fut^te  er  öor  2ltlem  bas  tjiftorifc^e  Moment  auf ,  unb  in  biefem  (Sinne  gehörte 
er  ;ju  denjenigen,  roeldje  mit  Vorliebe  auf  bie  ibeate  2luffaffung  ber  9tecr)ti= 
miffenferjaft  tjinroiefen.  5Daju  rjatten  ib,n  eben  feine  pl)itofopt}i|cf)en  ©tubien 
gefütjrt,  meiere  bie  tjerrtidjften  Üeime  meeften,  bie  in  ber  fo  fctjön  angelegten 
©eete  bes  ^ünglingi  fdjliefen.  Um  balb  auj  eigenen  güfjen  fielen  au  fönnen, 
entfdjlojj  fid)  ty.  1842  aur  Stbbocaturprarii  unb  trat  ali  Goncipient  in  bie 
Äanatei  bei  SIbüocaten  Dr.  Subinsfö,  ein.  3n  bemfelbcn  ^arjre  erfaßten  feine 
erfte  jurifttfdtje  ©ctjrift  „lieber  gamitie  unb  unetjelid^e  Äinber".  Unmittelbar 
barauf  folgte  bie  sroeite:  „Sin  ©tanbpunft  aur  2)ermittetung  focialer  9Jtts|"tänbe 
im  gabriisbetriebe".  1843  bie  Srofdjüre:  „9tedjt  unb  ©efcrjtctjte  au*  enctiflo* 
päbifdjen  Einleitung  in  bai  ©tubium  ber  iuribifcb,=politifct)en  Sßtffenfdj arten". 
Siefe  ber  juribifetjen  gacultät  öorgelegte  Slrbeit,  über  meterje  ftd)  ber  ^Referent 
Slnton  f5freir)err  öon  iptje  —  ein  ©egner  .Ipegeli,  öon  beffen  ©eifte  jeboeb,  ^er= 
ttjatefs  ©djrift  erfüllt  ift  —  in  anerfenneuber  Söeife  äußerte,  tjatte  jur  ftolge, 
bafj  5ß.  bie  Srlebigung  ber  fcrjriitlicrjen  fragen  betjufi  Erlangung  bei  2)octorati 
erlaffen  mürbe,  meiere  Söürbe  er  am  30.  2>ecember  1842  ertjielt.  S3alb  einei 
ber  tjeröorragenbften  9Ritgtieber  bei  juribifctj=üolitifcrjen  Sefeöereines  geroorben, 
trat  5ß.  Anfang  1846  aueb,  ber  juribifdjen  gocultät  unb  ©ocietät  bei  unb 
lieferte  in  biefem  äöirfungif  reife  mandje  mertfjüotle  arbeiten.  2)ai  SJatjr  1848 
warf  itjn  jeboer)  mit  einem  9Jtale  in  bie  kämpfe  bei  politifctjen  Sebeni;  unb 
öon  ba  an  rjaben  mir  ei  nid)t  metjr  mit  bem  2)icr)ter,  bem  *pf)itofopfjen  unb 
bem  fünften,  fonbern  mit  bem  Patrioten  ^ß.  au  trjun.  Unb  jetjt  erft  begann  aucr) 
feine  publictftifcrje  Stjätigfeit  roirflicfje  Sebeutung  au  geminnen.  (Söien.  3eitung: 
„Ueber  Defterreidji  2BeltfteHung  unb  über  bie  öfterreicfjifcfje  ^arlamentifrage 
öom  grüfjjaljre  1848.")  SJocb,  toie  ty.  in  ebler  Segeifterung  unb  eblem  2b,aten= 
brange  ben  13.,  14.  unb  15.  9Mra  ali  „bie  größten  2age  in  ber  Sejd)icf)te 
Defterreidji"  pries,  ebenfo  erregten  bie  ©räuel  bei  6.  October  in  feinem  £>eraen 
unfäglictje  Entlüftung.  $Rit  ©tola  t)atte  audj  er  bie  Uniform  ber  Dcationalgarbe 
getragen  —  jetjt  toarf  er  fie  öon  ftdj  unb  öerliefj  an  bem  Sage,  an  meldjem  ber 
ßriegsminifter  ©raf  Satour  fjingemorbet  marb,  bie  ©tabt,  um  in  ifjrer  *ftäf)e  ben 
Ausgang  ber  Octoberbemegung  abautoarten.  ©egen  Enbe  1848  legte  •$.  mit 
Slusaeictjnung  bie  Slböocatenprüfung  ab,  bennodj  manbte  er  fiefj  nidjt  einer  felbft= 
ftänbigen  ^raril,  fonbern  bem  ©taatöbienfte  au,  unb  mürbe  Anfang  1849  öom 
Suftiaminifter  Stteranber  33ad)  als  5}Hnifterialconcipift  angeftellt.  Snatotfcfjen 
^atte  ber  grantfurtcr  9lei(^ötag  äu  t^tn  begonnen,  melcrjer  5Deutf($lanb  eine 
neue  SBeriaffung  geben  foUte.  2In  biefem  großen  SBerfe  mitaub.etfen ,  ging  nun= 
met)i  5pertl)aler-5  ©innen  unb  £racrjten,  unb  feine  Semütjungen ,  ein  l^anbat 
au  erlangen,  maren  infofern  öon  Erfolg  begleitet,  als  er  öon  ber  äßiebener 
©etneinbe  aum  Srfatjmanne  bei  Dberften  grana  öon  9)car)ern  gemäfjlt  mürbe. 
Se^terer  reftgnirte  auf  feine  ©teile  unb  5ß.  reifte  Enbe  Januar  1849  nactj 
granffurt,  um  an  ben  Serattjungen  bei  ^artamenti  2l)eil  au  netjmen.  3fn 
biefem  neuen  2Sirfungif reife  öerfafjte  *>#.  eine  ©ctjrift  „£>ai  ßaifertrmm  Ätein= 
S)eutfc£)tanb",  meiere  gegen  ben  SBetcter'fdjen  Antrag  gerietet  unb  öon  ben 
Sbeen  ber  gro^beutfcfjen  Partei  getragen  mar.  Sie  Tcationalöerfammlung  ging 
refultatloi  auseinanber,  unb  ip.  trat  Enbe  sllcai  1849  abermali  ini  3uftij= 
minifterium.  Salb  barauf  mürbe  it)m  ber  Unterricht  in  ben  ftaatsred^tlicrjen 
SBiffenfc^aften  bei  ben  Srafjeraogen  gerbinanb  l^cay  unb  Äart  Subroig,  Srübern 
bei  Äaiferi,  übertragen.   21m  19.  Sluguft  1850  mürbe  er  ber  ©eneralprocuratur 


894  Ikxttyi. 

a(§  ©taatganroaltfubftitut  augenüefen.  9llg  am  18.  gebruar  1S53  $aifer  granj 
Sofepr)  einem  rud)lofen  Attentate  faft  jum  Dbfer  gefallen  märe,  toar  e£  eigentlich 
5p.,  ber  3m  ©ütjne  biefeö  grebetg  ben  33au  einer  33otit>ftrcf)e  anregte,  tt>c(d)er 
©ebanfe  bei  bem  Sritjcrjoge  9Jloj  fofortige  begeifterte  Mufnafjme  fanb.  3fn  ber 
2f)at  mürbe  5}}.  3um  ©ecretär  bei  ilirdjenbaucomit^g  ernannt.  3Iugn[t  1854 
erhielt  5p.  £itel  unb  Stang  eineä  8anbe£gerid)tgratt)e§,  unb  balb  barauf  erfolgte 
feine  Ernennung  ,]um  ©taat§prüTung§commiffär  für  öfterreidjifdjeg  ßitdjenrecrjt. 
5Dtai  1857  trat  5p.  ai%  SJtinifterialfecretär  in  ba$  5Dtinifterium  beä  Innern  über, 
boct)  beftimmte  ir)n  ber  Äaifer  tjierbei  auebrürflid)  jur  üDienftteiftung  bei  bem 
©eneralgouberneur  bon  Üonibarbo=2)enetten(  ßrjtjeraog  gerbinanb  "OJlar,  mit  bem 
itm  injroifcfjen  aud)  freunbfdmftlidje  93anbe  betbunben  Ratten.  2lm  19.  5)Jtai  1858 
rüdte  er  pm  ©ectionörattje  bor  unb  am  22.  sUlai  bc£  nädjften  $al)re£  rourbe 
er  jum  Dber(anbeägerid)t£ratf)e  ernannt,  in  toctdjjcm  Stange  er  big  ,}um  @nbe 
feine§  Scbenä  blieb.  9iufjcr  ben  amtlichen  $uftijgefdjäften  roibmete  fid)  5p.  in 
biefer  feiner  Stellung  audf)  ftaatSmännifdjen  Aufgaben ,  fo  ift  ba§  am  20.  2)e- 
cember  1860  erlaffene  9tunbfcr)reibeu  be3  ©taat£minifter§  2lnton  Stitter  üon 
Sdjmerting  an  bie  ßänberdjefg  burd)gef)enb£  eine  2lrbett  5pertb/aler'§.  SDie  Söer= 
faffuug§arbeiten,  roelcrje  5p.  entwarf,  tjatten  jux  ^olge.  bafj  er  im  Januar  1861 
3ur  aufjerorbentlidjen  SDienfteälciftung  im  ©taatsminifterium  auf  ein  Sfatjr  be= 
urlaubt  rourbe.  Unb  in  biefem ,  feinem  neuen  unb  eigentlichen  Söirfunggfreife 
fteßte  5p.  fo  feljr  feinen  5)Jtann,  bafj  ©cfjmerling  an  bemfelben  Sage,  an  rocldjem 
bie  SBerfaffung  publicirt  rourbe  —  27.  Februar  —  i{jm  „ber  au  biefem  Söerfe 
einen  fo  entfdjeibcnben  Slnttjeil  genommen,  au£  bolter  Seele  unb  au§  roarmem 
Im-jen"  bafür  banfte.  35er  $aifer  felbft  öerttet)  itjm  in  5}lneifcnnung  feiner 
Skrbienfte,  am  8.  5ütai  ben  Drben  ber  eifernen  törone.  %m  5)iad)laffe  5pertt)aler'£ 
finben  fid)  ©djriitftücfe,  roeldje  barauf  rjinroeifen,  bafj  er  ber  33erfaffer  folgenber 
arbeiten  roar,  bie  bie  93erfaffung£reform  ,jum  2?ntmtte  tjabcu:  ^toti^en  unb  3U= 
fammenftellungcu  über  bie  ftinanjfrage.  —  2)a§  faiferlidje  patent  bom 
26.  gebruar  1861.  —  S)ie  faiferlidje  £t)ronrebe  bom  1.  5)Jtai  1861.  —  2)ie 
9tebc  be£  dürften  Sluergperg  als  ^räfibent  be§  -gjerrentjaufeg.  —  5Dte  faifertidje 
52lutroort  auf  bie  s2lbreffe  be§  Stbgeorbnetenrjaufeg  nad}  ber  Xtjronrcbe.  —  @in 
Gmtrourf  ber  faiferlidjen  Stebe  an  ben  9teid}Stag.  meld)c  bie  Spaltung  be£  ungari= 
fd)en  ßdubtageS  betrifft.  —  5)JUttt)eilung  be3  StaatSminifterS  an  ben  9teid)§ratl) 
über  bie  2tuftöjung  be§  ungarifcfjen  ßanbtageä.  —  .gmnbfcrjreiben  an  fixan^ 
£6af  über  ba*  ißerl)ältniB  6roatien§  ^u  Ungarn.  —  2lbreffe  be§  ®efammt= 
minifterium§  an  ben  .Slaifer  gelegentticrj  ber  Ueberreidmng  beg  33crfaffung§= 
entmurfei.  —  inmitten  feinet  unermüblicljen  Strebend  unb  pflicfjtgetreuen 
Söirfeng  ereilte  5p.  am  11  iHärj  1862  ber  £ob ,  unb  Defterreid)  öertor  an 
ifjm  einen  5Utann,  meterjer  feine  letjtcn  Äräfte  baran  gefegt  tjatte,  feinem  9?ater= 
lanbe  ein  berläfjtidjer  Reifer,  feinem  Äaifer  unb  -£>errn  ein  treuer  SÜener 
ju  fein.  ©d)  litt  er. 

^crtljeö:  griebridt)  ßrjriftoptj  ip.,  einer  ber  tjeröorragenbften  unb  ber= 
bienftüoUften  beutfcfjen  ^3ud)l)änbler  be8  19.  3arjrf)unbert§,  rourbc  am  21.  2tpril 
1772  3u  Ütubolftabt  geboren,  ©cfjon  früf)  lernte  er  bie  5)totf)  beä  Seben§  fennen, 
ba  er  balb  feineu  Skter,  ben  fcf)roar<}burg=rubolftäbtifd)en  ©teuerfecretär  6t)riftoprj 
yriebrid)  5p.,  öertor  unb  feine  5Dtutter  mit  ttjrer  geringen  5penfion  bon  21  fl. 
jätjrlid)  ifjre  Äinber  nur  aufä  fümmertid)fte  ernäf)reu  fonnte.  6r  befanb  fict)  beö= 
^alb  juetfi  bei  feiner  ©rofjmutter  unb  bann,  nad)  bereit  £obe,  bei  einem  23ruber 
feiner  Butter,  bem  fürftlidjen  ©tattmeifter  ^riebrid)  ^»eubet.  S)iefer,  ein  eifriger 
93erer)rer  beg  claffifdjen  5}I(tertr)umg,  roar  eben  bon  ber  Uniberfität  jurütfgefefjrt, 
alg  fein  ftebenjärjriger  5)teffe  ju  it)m  in§  ^)au§  fam.  .frier  empfing  er  ben  erften 
llnterticfjt,  ber  fpäter  bon  !pauslerjrern  berfduebener  abeligen  gamitien  fortgefe^t 


5ßextfje§.  395 

rourbe.  s3ladjbem  er  nocfj  einige  3eit  an  oem  Unterrichte  ber  fürftlidjen  $agen 
tfjeügenommen  tjatte ,  tarn  ^.  mit  feinem  atoölften  ßebenSjatjre  in  baS  9hibol= 
ftäbter  ©rjtnnafium.  ©cringeS  ©pracfjtalent ,  fcrjmadjeS  3a^enQebäct)tni^,  babei 
eine  überaus  lebfmfte  5pt)antafie,  bie  burdj  eine  roarjre  Sefefudjt  genährt  mürbe, 
erfctjmerten  eine  regelrechte  Aneignung  bon  Äenntniffen,  fo  bafj  ty.  nicfjt  3U  ben 
Sctjütem  gehörte,  roetcfje  eine  grofje  3ufunft  berfpradjen.  2)iefe  eigen  tt)  umlief)  e 
©eifieS*  unb  ©emütfjSbilbung  tjätte  ifjn  3um  Träumer  roerben  laffen  muffen, 
teenn  er  nictjt  burct)  einen  narjen  SSerroanbten  feiner  9Jiutter,  ben  Dberfttieutenant 
unb  ßanbbaumeifter  auf  Sdjlofj  ©djroaraburg  ^ofjann  5Dabib  -gjeubet  eine  anbere 
9ticf)tung  befommen  blatte,  üDiefer  9ttann  roecfte  burct)  bieten  23erfef)r  in  freier 
9iatur  bie  in  bem  Knaben  fcfytummernben  (Jigenfcfjaften  unb  ftäfjlte  <jugteicf} 
beffen  fteinen  fctjmäctjlictjen  Körper.  9lact)  5pertt)eS'  Konfirmation,  mit  14  Satten, 
mufjte  ein  SSeruf  für  itjn  geroätjtt  toerben:  itjn  ftubiren  ju  taffen,  mar  unmög= 
lief),  Kaufmann  mottle  er  nictjt  roerben,  ba  nun  ber  jüngfte  33ruber  feiner  33aterS, 
SuftuS  *p.,  $ertagSbuct)f)änbler  in  ©ottja  mar,  fo  badjte  man  an  biefen  33eruf. 
6r  mürbe  beSfjalb  1786  bon  einem  9htbotftäbter  23uct)brurfereibefifeer  jur  9Jteffe 
mit  nact)  Seip^ig  genommen,  um  bort  einen  Sefjrfjervn  für  it)n  <ju  finben.  ftaef) 
einigen  bergebüctjen  Söerfuctjen  erftärte  fict)  enbticf)  ber  Seidiger  23ucf)f)änbter 
5lbam  griebrief)  53öt)me  unter  ber  23ebingung  baju  bereit,  ifjn  als  ßeljrling  an* 
junetjmen,  ba£  ber  förpertict)  fcfjroacf)  entroicfelte  Änabe,  ben  man  noef)  nictjt 
jum  arbeiten  gebrauchen  fönne,  noef)  ein  ^afjr  $u  «paufe  bleibe.  ©0  trat  er 
bann  am  11-  September  1787,  obgleictj  fein  SöacfjStfjum  ingtoifcfjen  feine  großen 
gortfcfjritte  gemacht  fjatte,  feine  Setjraeit  an,  bie  fectjS  $afjre  bauem  follte,  meil 
er  fein  ßetjrgetb  entrichtete.  Sein  Sefjrfjerr,  ein  berftänbiger,  reblictjer  unb  fitt= 
liefj  ftrenger,  babei  gutmütfjiger  aber  in  fjofjem  ©rabe  iätjjorniger  9Jtann  fjiett 
ifjn  fef)r-  ftrenge,  fo  bafj  fogar  feine  ©efunbtjeit  barunter  litt.  Obroofjt  er  in 
ben  erften  anbertfjalb  Sßfj^n  nur  %u  meefjanifetjen  Slrbeiten  berroenbet  mürbe, 
fo  lernte  er  'bti  23ötjme ,  ber  ein  ausgebreitetes  ßommiffionSgefcfjäft  befafj ,  bie 
fitterarifcfjen  33ebürfniffe  ber  berfcfjiebeneu  ©egenben  5Deutfcf)lanbS  fennen,  unb 
mürbe  fjier  ber  ©runb  ju  s$ertfjeS'  fpäterer  33ebeutung  für  ben  33ucfjfjanbel  ge= 
legt.  S)a  er  in  bem  SSerufe,  in  ber  Söeife  mie  er  if)n  erlernen  mufste,  feine 
53efriebigung  fanb ,  fo  mürbe  fein  lebhafter  ©eift  jum  Stubium  angeregt.  @r 
mollte  juerft  Sprachen  erlernen,  meil  itjn  aber  feine  Slrmutf)  fjinberte,  einen 
Sefjrer  ju  nefjmen,  fucfjte  er  burefj  ßefen  pfjitofoptjifdjer  Schriften  ^enntniffe  unb 
SSitbung  fiefj  anjueignen.  51ac§  Sßollenbung  feiner  2el)räeit,  im  3Jlai  1793,  berliefj 
5J}.  Seipaig,  um  in  Hamburg  in  ber  35.  ©.  ^offmann'fctjen  23ucfjl)anblung  (f.  51. 25. 33. 
XII,  573)  al§  ©efjitfe  einjutreten.  §ier  fanb  er  burct)  reidjlidjen  SQexfetjr  mit 
gebttbeten  Seuten  ©elegenfjeit,  fiel)  geiftig  unb  fittlictj  meiter  3U  bilben  unb  §um 
großen  Sfjeit  bie  Surfen  feiner  J?enntniffe  auSpfüllen.  9lm  11.  Suni  1796  eröffnete 
er,  ber  orjne  jeglictje  bittet  mar,  mit  Jpttfe  einiger  greunbe  in  Hamburg  eine 
SortimentSbuctjrjanbtung  unter  feinem  tarnen.  S)urcf)  feine  9tüljrigfeit  unb 
2ücf)tigfeit,  bie  ficr)  befonberS  in  bem  ricfjtigen  ©rfennen  beS  23uct)ljanbetS  unb 
feiner  Sebütfniffe  äußerte,  ermarb  er  fief)  nict)t  nur  in  fur^er  3^it  einen  äiemtief) 
auSgebefjnten  ÄreiS  öon  Äunben,  fonbem  auefj  öon  greunben,  bie  in  liiterarifcr)er 
unb  miffenfctjaftttdier  Sejiefjung  fjodljbebeutenbe  tarnen  trugen,  griebrief)  ^einrief) 
^acobi,  sJ}lattfjiaS  6laubiuS,  bie  beiben  ©rafen  ©tolberg,  beren  Scf;mefter 
Slugufte  u.  21.  aäljlten  3U  feinen  guunben  in  ber  Umgebung  Hamburgs,  mäf)= 
renb  im  IJJlünft erlaube  ebenfalls  ein  treuer  gmmbe§lfm§  fief)  bitbete,  beffen 
^littetpunft  bie  gürftin  ©allein  mar.  S)urd)  feine  greunbfdfjaft  mit  9Jtattf)iaS 
SlaubiuS  mürbe  er  mit  beffen  ältefter,  1774  geborenen  £ocf)ter  befannt,  rneldje 
er  nact)  ber  am  15.  ^uni  1797  erfolgten  Verlobung  am  2.  2luguft  1797  als 
©attin   fjeimfü^rte.     ^m   SDecember   1798   fcf)ieben  feine  beiben   ©efcfjäftStljeil= 


396  $ett$e3. 

netjmer  auS  unb  sogen  iljre  ßapitatien  aurüd.  Mit  5000  üLljalern  baar,  bie 
er  burd)  einen  gtüdlidjen  .gmuSfaur  gewonnen  tjatte,  10  000  £t)atern  geliehenen 
©elbeS  unb  15  000  Sttjatem  Grebit  führte  er  baS  ©efdjäft  allein  Weiter.  £ro£ 
ber  geringen  Summe,  roeldje  er  fein  eigen  nannte,  gelang  eS  irjm  auS  ber  1799 
bie  Hamburger  ©efdjäftSroett  fdjroer  fd)äbigenben  ©anbetSlrife  unberfetjrt  unb  mit 
bem  93eroufjtfein,  gröfjereS  Vertrauen  als  üortjer  errungen  p  Ijaben,  tjerborjugerjen. 
Um  biefe  $eit  plante  ty.  eine  23erbinbung  feines  ©efdjäfteS  mit  bem  englifdjen 
23udjt)anbel  feuv(^  ©rvidjtung  einer  Filiale  in  ßonbon.  .frierju  bebutfte  er  aber 
eines  fpractjenfunbigen  Cannes,  ben  er  bann  aud)  in  äoljann  -£>einrid)  53effer 
(geb.  1775,  togl.  31.  2).  93. 11,571 )  fanb.  33  elf  ex  roar  ein  fenntnifjreictjer,  ruhiger  unb 
begonnener  Mann,  ber  geroiffermafien  bie  ßrgänjung  ju  s4>ertt)eS'  burdtjgreifenber 
$raft  unb  ju  beffen  frifdjem  unb  unbefiegbaren  'ÖJiutt)  bitbete.  Dbgleid)  bamats 
bie  23erbinbung  mit  (Jnglanb  nid)t  in  ber  geplanten  SBeife  ausgeführt  würbe, 
oerblieb  SBeffev  bodj  bei  s4>.  als  beffen  treuer  Mitarbeiter  unb  rourbe  fpäter  fogar 
burdt)  53ert)eiratl)ung  mit  s4krtr)eS'  ©djwefter  aufs  engfte  r>erWanbtfd)aftlid)  mit  iljm 
öerbunben.  S)anf  ber  glürflidjen  gefd)äftlid)en  (Srfolge  fonnte  3ß.  im  %.  1805 
ein  eigenes  £>auS  erwerben.  9tad)bem  er  in  jcljn  forgen=  unb  arbeitSöotlen 
;$ar)ren  einen  gemiffen  2Bot)lftanb  fid)  errungen  tjatte,  foüte  berfelbe  mit  einem 
©djlage  untergraben  werben.  %m  sJlooember  1806  rücften  bie  granaofen  in 
Hamburg  ein,  weldje  jeben  3JerEet)r  mit  (Sngtanb  bei  SobeSftrafe  berboten.  2)a 
aufeerbem  burd)  bie  23efet}ung  jebe  gefdjäftlidje  £r)ätigfeit  Diotf)  litt,  fo  roar 
s4>erttjeä'  blütjenbcS  ©efdjäft  bollftänbig  Iajjm  gelegt. 

föüftig  unb  ttjatfräftig  arbeitete  er  fict)  aber  auS  biefer  sJlieberlage  empor 
unb  trotj  beS  franäöfifdjen  SDrudeS,  ber  auf  ganj  2>cutfd)lanb  laftete,  Wagte  er 
fict)  mit  einem  Unternehmen  tjertoor,  bai  beftimmt  roar,  beutfctje  ©efinnung  31t 
feefeftigen  unb  <}u  bewatjren.  %n  23erbinbung  mit  ben  rjcröorragenbften  beutfdjen 
Männern  auS  ben  toerfdjiebeuften  tüiffenfctjaftlictjen  ©ebieten  gab  er  im  ^xüt)= 
jatjre  1810  baS  „33aterlänbifd)e  Mufeum"  tjerauS,  eine  rotffenfctjafttictje  3eit> 
fdjrtft,  roeldje  eine  lebenbige  93erbinbung  aller  beutfd)  gefinnten  Männer  erhalten 
foflte.  3118  furj  t>or  2öetl)nad)ten  1810  Hamburg  bem  franjöjifdjen  sJteid)e  ein« 
öerleibt  rourbe,  mufjte  $.,  bem  S)range  ber  (Sreigniffe  nacrjgcbenb,  biefe  3eit= 
fdjrift,  roeldje  bei  ben  bebeutenbften  Männern  3)eutfd)tanbS  tebtjafte  Stjeilnatjme 
gefunben  Ratten,  aufgeben.  9tid)t  minber  ftörenb  roirfte  bie  franjöfifdje  ßenfur 
auf  fein  <SortimentSgefd)äft  ein ,  bodj  balb  benutzte  er  auf  fluge  SÖeifc  bie 
fd)tr>ad)en  (Seiten  ber  fran^öfifctjen  ^ott»  unb  Genfuroerrjältniffe  unb  e§  glücfte 
iljm  baburd),  ba§  fein  ©efdjäft,  trotj  bicfeS  2)rucfe§,  auf§  befte  gebiet).  Ueber 
jroei  ^atjre  Ratten  bie  granjofen  Hamburg  befe^t,  als  bie  23ernid)tung  ber  großen 
31rmee  in  Otufttanb  Hoffnung  auf  Befreiung  bom  franjöfifdjen  3fod)e  maci)te. 
ty.,  in  3}erbinbung  mit  einigen  gteictjgefinnten  Männern,  organifirte  bie  rjam= 
burger  93ürgerfd)aft  unb  mit  ^ilfe  eines  ruffifctjen  ©treifcorpS  gelang  eS  am 
18.  Märj  1813,  bie  franjöfifctje  23efatmng  unb  Sjerroaltung  auS  Hamburg  ju 
öertreiben.  $.,  mitten  in  ber  patriotifdjen  93eroeguug  ftetjenb ,  roirfte,  nadjbem 
ber  ^auptftreid)  gelungen  roar,  für  weitere  2Beljrl)aftmad)ung  beS  33ürgerftanbeS, 
burd)  (Srridjtung  einer  93ürgergarbe,  ber  fogenannten  t)anfeatifct)en  Segion.  S)iefer 
feiner  erfpriefjlidjen ,  öaterlanbSfreunblictjen  Stjätigfeit  rourbe  burd)  bie  2öiebei= 
einnähme  JpamburgS  burd)  ©aöouft  @nbe  Mai  1813  ein  fdjnelleS  6nbe  bereitet. 
Um  nidjt  bem  gleichen  ©d)idfal,  roic  fein  33erufSgenoffe  $alm  ju  öerfatten, 
mu^te  ty.  mit  feiner  ^am^ie  au§  Hamburg  flud)ten.  S)urd)  biefen  Umfdjroung 
ber  93ert)ältniffe  berlor  er  atteS,  roaS  er  befcffen  rjatte.  ©eine  Jpanblung  rourbe 
uon  ben  gvanjjofcn  öerfiegelt,  fein  übriges  Vermögen  mit  S3efct)tag  belegt  unb 
fein  £)auS,  nadjbem  alle  beroeglictjen  ©egenftäube  in  bemfetben  geplünbert  unb 
geraubt   roaren,   bon   einem   franjöfifdjen  ©eueral   belogen-     21ber  tro^bem,  ba^ 


Spettfcg.  397 

feine  gan^e  (Srjftenj  oernictjtet  War,  berlor  bei;  ttjätige  Jftann  mit  feinem  be= 
neibenäwerttjen  ©ottbertrauen  ben  $ftutt)  nidjt.  2luf  bem  gräft.  9?ebenttowfcrjen 
fteinen  ©ute  Slfdjau  bei  ©dernförbe  tjatte  er  mit  feiner  in  gefegneten  llmftänben 
befinbtidjen  3frau  unb  feinen  fieben  Äinbern  eine  notdürftige  Unterfunft  ge= 
funben.  6r  benufete  bie  unfreiwillige  stufte  ba^u,  mit  Hilfe  feiner  Hanblung§= 
bücrjer,  bie  er  borfidjtigerweife  gerettet  tjatte,  feine  gefcf)äfttid)en  üßerrjältniffe  ftar 
3U  legen,  um  bei  gegebener  ©etegentjeit  feinen  Sßerbftidjtungen  nacrjfommen  ju 
tonnen.  9Il§  bie  bänifdje  Regierung  üjm  feinen  weiteren  ©djutj  gegen  bie  3*an= 
3ofen  gewätjren  tonnte,  berliefj  er  feine  Familie  unb  Wanbte  fid)  nad)  9Jcetften= 
bürg.  Hier  bilbete  er  im  herein  mit  mehreren  gleidjgefinntcn  Männern  ein 
rjanfeatifcrjeS  SDirectorium ,  metcrje§  bie  ^Befreiung  ber  Hanfeftäbte  bon  ber  fran= 
jöfifdjen  Herrfdjaft  be^weefte.  Unter  unfägtidjen  5Jcüc)en  unb  SDrangf  aten ,  bie 
für  ifm  itjren  Höfjebunft  in  einem  ^ranfentager,  tjerborgerufen  burcrj  einen  33ein= 
bruetj  unb  Dcerbenfieber,  erreichten,  entwidelte  er  eine  raftlofe  Srjätigfeit.  CbWol 
er  fein  9lmt  unb  feinen  9tang  befteibete,  mar  er  ber  Sftittelbunft  ber  ©efdjäfte, 
Welcfje  fid)  auf  ba§  ©djidfal  §amburg§  belogen,  ©o  forgte  er  u.  a.  für  Her* 
beifdjaffung  bon  ©etbmitteln  jur  Sinberung  ber  großen  Dcottj,  meterje  bie  Un= 
menfdjtictjfeiten  5Daboufi§  in  Hamburg  tjerborgerufen  tjatte.  3U  Qft  biefen 
Sorgen  um  feine  Mitbürger  gefeilte  fid)  nodj  bie  nätjer  liegenbe  um  feine  eigene 
Familie,  bie  fid)  nod)  im  ©d)le§wigfd)en,  in  9lfd)au,  befanb.  Diadjbem  er  im 
Secember  1813  mit  einigen  SIbgefanbten  33remen§  eine  9teife  nad)  granffurt 
am  9Jcain  unternommen  tjatte,  um  bei  ben  bort  anWefenben  9Jconarctjen  bon 
Defterreid)  unb  5)}reu^en  für  bie  Befreiung  ber  Hanfeftäbte  ju  Wirten,  fetjrte  er 
burd)  bie  ifjm  geworbenen  3u1*^ei'unSen  tjoffnung§freubig  nad)  bem  Sorben 
jurücf ,  um  batb  barauf  burcrj  ben  ü£ob  eine§  lieben  $inbe§,  ba§  er  bei  bem 
äöiebertreffen  feiner  Familie  ali  Seictje  borfanb,  auf§  tieffte  betrübt  ju  werben. 
Gmblid),  nad)  einer  einjährigen  SlbWefentjeit,  fonnte  er  am  31.  2Jtai  1814  ba§ 
befreite  Hamburg  Wieber  betreten,  ©ein  ©efetjäft  mar  burd)  33effer§  gürforge 
mit  Hilfe  eine§  treuen  S)iener§  bor  Zertrümmerung  bewatjtt  geblieben  unb  tjatte 
nidjt  fo  bebeutenben  ©djaben  genommen  al§  er  gefürctjtet  tjatte.  @r  fonnte 
beätjalb,  otjne  fid)  mit  feinen  ©laubigem  -in  einen  SBergtetdj  ein^ulaffen,  ba§= 
felbe  fortfetjen ,  Junta!  er  berfbractj ,  in  brei  Sfatjren  feine  fämmttictjen  25erbinb= 
lidjfeiten  ju  erlebigen.  Sei  biefer  ©etegentjeit  natjm  er  aud)  feinen  ©djwager 
Seffer,  ber  jwar  fdjon  Sfatjre  lang  Stjeittjaber  be§  ©efct)äfte§  gemefen  mar, 
mit  feinem  tarnen  in  bie  $irma  auf,  bie  ietjt  5pertl)e§  &  Keffer  lautete.  Söeil 
in  Seutfctjlanb  bei  ber  allgemeinen,  burd)  bie  langjährigen  Kriege  rjerborgerufenen, 
drfdjöpfung  ba§  ©efdjäft  menig  2lbfa£  ju  berfpredjen  fctjien,  fo  fudjte  er  eine 
2tnbafjnung  mit  ©nglanb.  ^m  ^*ü^iar)re  begab  fict)  SSeffer  nacr)  Sonbon ,  bod) 
fdjon  im  31uguft  fefjrte  er  roieber  jurüd ,  nadjbem  er  feftgefteüt  tjatte ,  ba^  bie 
gehegten  Hoffnungen  ficr)  bort  nidjt  erfüllen  mürben.  Stropem  gelang  e& 
beiben  rührigen  5)cännern  fdjon  nadj  einem  i^arjre,  an  ber  Oftermeffe  1815, 
(Uim  größten  Sljeite  itjren  Sßerbflidjtungen  naerj^ufommen  unb  fo  ba§  Vertrauen, 
mit  bem  itjnen  itjre  ©täubiger  entgegen  gefommen  waren,  aufs  glän^enbfte  ju 
rectjtfertigen. 

2Rit  bem  eingetretenen  ^rieben  entfaltete  5)ß.  eine  nidjt  minber  erfbrie^lidje 
2r)ätigfeit  wie  frütjer  in  ben  bewegten,  friegerifdjen  geum  @r  forgte  nidjt 
nur  für  ba§  materielle  SBotjt  ber  burdj  ben  Ärieg  fdjWer  gefcfjäbigten  SSeWofjner 
Jpamburgi,  fonbern  aud)  für  beren  feelifdje§  burdj  bie  ©rünbung  ber  Hamburg* 
2lltonaifd)en  SSibelgefeEfdjaft.  5Jtit  bem  üjm  eigenen  flaren  SBIicfe  erfannte  erv 
maZ  bem  S)eutfdjen  in  feinen  botitifetjen  SSerrjättniffen  s)lott)  trjat  unb  fudjte  in 
feiner  SBeife  batjin  ^u  Wirten.  3ll§  feine  eigene  gefdjäftlidje  Aufgabe  betrachtete 
er  e§,  in  ©emeinfdjaft  mit  bem  gefammten  beutfdjen  Suc£)fjanbel  ba§  litterarifdje 


398  $«t$e8. 

Sßebüifni^  bev  Nation  unb  beten  ein3elnet  Seftanbtrjeile  möglidjft  fdjnell  ju  er= 
fennen,  er  glaubte  beßljalb,  bafj  bev  beutfdje  SSudjljanbel  einer  9ceubelebuug  unb 
trjcilroeifen  Umgeftaltung  bebürftig  fei,  roelctje  befonber§  feine  Sdjeibung  jrDifd^en 
sJtovb=  unb  Sübbeutfcfjlanb  eintreten  (äffe.  Um  Oefterrcid),  ba§  in  litterarifdjer 
Bejietjung  SDeutfdjlanb  entfretnbet  mar,  ju  gewinnen  unb  um  ben  ähtnbestag 
auf  eine  gefetjticrje  Siegelung  ber  SSeftimmungen  gegen  ben  9tad)brutf  aufmerffam 
3U  macfjeu,  liefj  5ß.  im  Sommer  1816  eine  SBrofdjüre  unter  bem  Xitel  erfetjeinen: 
„2)er  beutfdje  SBudjrjanbel  at§  33ebingung  be§  S)afein§  einer  beutfdjen  ßitteratur". 
'Rad)  bem  £obe  feiner  geliebten  grau,  am  28.  Sluguft  1821,  füllte  fid)  $. 
bereinfamt  unb  er  befdjlof}  befjljalb  Hamburg  311  berlaffen  unb  feinen  SCßorjnfi^ 
in  ©ottja  aufjufdjlagcn,  tuo  3roei  feiner  2öd)ter  berrjeirattjet  roaren.  "Jim 
20.  9Jlät3  1822  ftebette  er  bortrjin  über,  nadjbem  er  fein  Hamburger  ©efetjäft 
feinem  Sd)roager  33effer  übertaffen  tjatte,  unb  grünbete  in  ©ottja  ein  eigenes  &erlags= 
gefdjäft,  baZ  fid)  nur  auf  ©efdjid)te  unb  ürjcologie  befdjräufte,  unb  jroar  in 
testetet  nur  auf  miffenfdjaftlidj--pofitiöe  SBetfe.  ^um  großen  StTjeil  betbanften 
bie  6rf Meinungen  feines  Verlages  itjre  Sntfterjung  feiner  eigenen  Anregung. 
So  3.  33.  ba§  .£muptroerf  feines  r)iftorifd)en  Verlages,  bie  ©efd)id)te  ber  euro= 
päifctjen  Staaten  herausgegeben  unter  iKebaction  bon  Speeren  unb  Ufert.  2118 
^idjtfdniur  für  bie  Bearbeitung  biefes  großartig  angelegten  SBerfes  ftellte  ty. 
bie  23cbiugung  auf,  bafj  niemanb  als"  iMtitarbeiter  3iigelaffen  roerben  foUe,  roeldjer 
bie  ©efdjidjte  als  ein  Glittet  betrad)te,  bie  Söatjrrjeit  irgenb  eines  politischen 
©IjftemS  3U  bemeifen.  2ln  biefes"  Söerf  fdjloffen  fid)  bann  öerfd)iebene  anbete 
an,  rocldje  ein3elne  beutfdje  Territorien  betjanbelten,  3.  33.  Bommel,  ©efdjidjte 
bon  Reffen;  53artf)olb,  Sommern  unb  Ütügen  u.  91.  gerner  ctfdjien  bei  it)in 
eine  Steige  öon  äöerfen  über  beftimmte  ^eita&fdmitte,  über  bebeutenbe  @r= 
f Meinungen  in  ber  ©efdjidjte:  <5artoriu8,  Urfpiung  bet^anfa;  2lfd)badj,  Äaifet 
Sigismunb;  Stoffen,  ©efdjidjte  be8  JpeHeni8mu§ ;  ^puttet,  $nuocen3  III.;  Ütanfe 
ferbifdje  9tebotution  unb  biete  anbere.  $n  feinem  tljeologifdjen  Verlag  nafjm 
ebenfalls  ein  grofjes  Sammelroerf  ben  sJJnttelpuntt  ein,  bie  tljeologifdjen  Stubien 
unb  ffritifen,  tjerausgegeben  bon  Umbreit  unb  llttmann.  Slufjerbem  bettt)eilte 
fid)  biefe  $ertagstt)äiigfeit  nod)  in  bcrfdjiebene  ©ruppen,  bon  beneu  r)erbor3ufjeben 
finb :  Äircrjenrjiftorifdjc  2öerfe  bon  9ceanbet,  llllmann,  sXUavtenfen,  ^apencotbt, 
Äommeutare  jut  tjeiligen  Sdjrift  bon  Umbteit  unb  Sljolucf,  ferner  frjftematifctje 
^atftetlungen  bon  Sroeften,  9ii{3fdj  unb  Sartoriiis. 

lUit  roenig  33etriebscapital  unb  gan3  allein  arbeitenb,  begann  er  fein 
ißerlagsgefdjäft  in  ©otlja,  in  unglaublidj  furser  3eit  aber  gehörte  boffetbe  an 
Umfang  unb  ©ebiegenljeit  3U  ben  erfteu  in  SDeutfdjlanb.  „^mrner  raupte  5ß. 
tuas  er  roollte,  bie  Soqüge  be8  9ftenfdjen  famen  bem  93ud)ljänbler  3U  ©ute, 
unb  roa8  er  trieb,  bas  trieb  er  mit  gan3er  (Seele,  barin  lag  ba8  ©eljeimniB 
feineS  @rfolg8".  S)iefe  SOßorte  eirteS  feiner  greunbe  fenn3eid)nen  am  Seften  bie 
S-Beruf8tt)ätigfeit  be8  Cannes. 

6§  ift  bc^fjalb  nidjt  3u  berrounbern,  bafe  $.  eine  überaus1  einftufjreid)e 
Stellung  im  93ud)f)anbel  einnahm  unb  niemanb  fo  bielfadj  unb  nactjrjaltig  auf 
ba§  ©an3e  unb  bie  ein3elnen  ©lieber  einroirfte  at§  er.  5ßon  ber  2lnfidjt  aus* 
gefjenb,  ba^  ber  23ud)f)anbel  in  S)eutfd)lanb  eine  einzige  beutfdje  2lnfiatt  fei 
unb  bie  'Olngeljörigen  beffetben  aud)  fold)e  biefer  einsigen  grofjen  Sßerbinbung 
fein  müßten,  gab  er  bie  erfte  Anregung  3ur  ©rünbung  be§  23örfenberein8  ber 
beutfdjen  Sucrjrjänbler,  ber  im  Saljre  1825  in§  Seben  trat  unb  tjeute  nod)  bie 
Vertretung  bes  gansen  Staubet  bilbet.  kleben  9reinr)attung  be8  Stanbes  bon 
fd)led)ten  Elementen,  meldje  entfittlid)enb  auf  ba8  S3olf  roirfen  fönnten,  mar 
fein  i>auptaugenmerf  auf  bie  geftfetmng  eine8  litterarifdjen  9ted)t§3uftanbes  gegen 
ben  fein  Unrocfen  treibenbeu  s3tadjbrud  geridjtet.   2lu§etbem  regte  er  bei  bem  beab= 


5ßettf)e§.  399 

ficfjtigten  33au  einer  2?ucr)r)änbterbörfe  im  3-  1833  bie  ©rünbung  einer  2et)r= 
anftatt  Tür  Sucrjtjänbterterjrtinge  unb  eines  DJtufeums  Tür  bie  ©efcrjidjte  bei  ge= 
fammten  33ücf)erroefens,  ber  Srucferei  unb  ber  Ißapiermacrjerfunft  an.  23etbe  2In= 
ftatten  traten  aber  erfi  lange  nactj  feinem  2obe  ins  Seben,  bie  eine  3er)n  3>arjre 
nactj  bemfelben,  bie  anbere  nadj  merjr  als  öierjig  ^atjren. 

9Jtit  junerjmenbem  2Itter  unb  ber  immer  größer  roerbenben  Stusbefmung 
feines  ©efctjäites  fanb  er  an  feinem  ©otjn  Stnbreas  eine  ©tüije,  bem  er  in  ben 
legten  i^aljren  eine  eigene  SBertagstjanbtung  unter  ber  ftirma  griebricr)  &  Slnbreas 
■^ertrjes  begrünben  r)alf,  bie  anbere  SBiffenfdjaftsgebiete  als  feine  eigene  pflegte. 
ty.,  ber  am  13.  9Jtai  1825  eine  jrDeite  6r)e  mit  ber  öerroittroeten  Stjarlotte  £ornboftel 
geb.  üöetfer,  eingegangen  mar,  erhielt  bor  feinem  2obe  nodj  manche  Stjrung  ffti 
fein  erfpriefjticfjes  Söirfen.  %m  %.  1834  ernannte  irjn  bie  ©tabt  Seipjig,  bei 
ßetegenrjeit  ber  ©runbfteintegung  ber  SBuccjrjänblerbörfe,  ju  irjrem  Gürjrenbürger, 
ein  $at)r  barauf  errjiett  er  bas  ütitterfreuj  be%  fäctjftfcrjen  Gibüoerbienftorbens, 
184«.'  machte  itjn  bie  Unitoerfität  $iet  pm  Stjrenboctor  ber  ^fjilofopfjie  unb  1841 
überreichte  ir}m  bie  ttjüringiferje  ©tabt  griebricf)Sroba,  reo  er  feit  ^arjren  feinen 
©ommeraufentfjalt  genommen  rjatte,  bas  SEiptom  als  Stjrenbürger.  üDoct)  atti 
biefe  ßrjrenbejeugungen  tonnte  er  nur  noct)  furje  ^eit  genießen;  am  18.  $ftai 
1843  mufjte  er  biefes  geben  nacr)  einem  rooetjentangen,  fc^mer^aften  Äranten= 
(ager  üertaffen.  2ln  feinem  ©rabe  ftanben  fieben  Äinber  erfter  unb  toter  ätoeiter 
<5t)e  fotoie  biete  treue  greunbe,  bie  er  ficr)  roärjrenb  eines  rafttos  tt)ätigen  Sebens 
ertoorben  rjatte.  ty.  befajj  einen  grofjen,  roeiten  23tid£  für  atte  9)erb,ättniffe,  be= 
fonbers  für  bie  rjiftorifcrje,  gefeltfcrjaftticfje  unb  potitiferje  Sage.  Sabei  mar  fein 
ganzes  äöefen  bon  einer  grömmigfeit  burctjbrungen,  roeterje,  toeit  entfernt  bon 
Äopitjangerei,  tief  im  Gcjitfienttjum  umbette,  feinen  Unterfcrjieb  ber  donfeffionen 
tannte  unb  if)ren  Stusbrutf  in  feiner  praftifetjen  ütrjätigfeit  fanb  unb  auf  bas 
©egensreictjfte  toirfte. 

Siemens  Srjeobor  ^erttjes,  grtebridj  ^ertrjes'  Seben,  nadj  beffen  fcrjrifitidjen 
unb  münbtietjen  9JUttrjeitungen  auTgejeicrjnet.  3  23änbe.  6.  Stuftage.  @otr)a 
1872.  —  äSitfjetm  Säur,  (Stein  unb  ißerttjes,  ber  üteicrjsfreirjerr  unb 
ber  Bürger  in  ber  Qeit  ber  23efreiungshiege.  gtoiefau  1862.  —  SSittjetm 
SSaur,  griebricrj  Grjriftopr)  *pertr)es.  ©in  beutferjes  eöangetifdjes  23ürger= 
leben  aus  ber  3eit  ber  33efreiungs£riege.  2.  2Iuftage.  Sarmen  1879.  — 
(23ör)(au,  .§.)  3ur  Erinnerung  an  {yriebridj)  5ßertr)es.  Sei  Öetegenrjeit  feines 
rjunbertjätjrigen  (Geburtstages.  2eip,jig  1872.  ©eparat=2tbbrucf  aus  bem 
^örfenbtatte  für  ben  beutferjen  23ucf)rjanbet.  —  So.  SIteris  (2ö.  <£>äring), 
Ofriebrict)  SJJertljeS.     ^IJlit  SUbniB-     Berlin  1855.  «p  all  mann. 

v}krtf)e3:  Siemens  S^eobor  «p.*). 

s^crtl)CÖ:  £)  ermann  griebrict)  p.#  ^^ilologe  unb  Sdmlmann ,  1840 
bis  1883,  rourbe  als  ber  @ofm  öon  Siemens  Xtjeobor  ty.  in  5Sonn  am 
5.  gebruar  1840  geboren ,  ertjielt  feine  ©ctjulbilbung  auf  bem  ©nmnafium  ber 
SBatexftabt,  beffen  SJitectoi  ©ctjopen  auf  bie  9ttct)tung  feiner  ©tubien  bornerjmlid) 
einrairfte.  SBon  Jperbft  1858  an  ftubirte  er  aut  ber  rjetmatrjticrjen  llniöerfität 
^Ijilologie,  befonbers  bei  gf-  Siitfc^t  unb  C.  3far)n,  unb  fe^te  bon  1861  an  feine 
©tubien  in  Berlin  unter  8öc?fj  unb  ^Sl.  ^>aupt  fort.  3fm  ^erbft  1863 
promobierte  er  in  S3onn  als  Dr.  phil.  mit  einer  Siffertation :  „Quaestiones 
Livianae".  roeld^e  tnegen  einer  treffenben  Sntbecfung  über  bas  Sntfterjen  ber 
öücfen   im  Sibianifdjen  ©efc^icrjtsroerfe  ein  Tür   eine   berartige  ©elegenb^eitsfcftriTt 


*)  Sic  Ütebactton  muri  ju  tfjrem  Sebauern  erf täten,   ba%   ti   ifjren  oielfaü^en  33e* 
mütjungen  nia^t  gelungen  ift,  eine  i^r  genügenbe  SBiograp^ie  öon  6i.  2t).  ty.  }u  erlangen. 


400  SßwtyeS. 

ungeroöbnliccjeS  Sluffetjen  in  gadjfrcifen  erregte.  9Zadj  9lbleguug  ber  ScbulamtS* 
Prüfung  trat  er  im  ©ctober  1863  in  bie  erfte  fdjulmännifdje  Jbätigfeit  beim 
©rjmnafium  in  2Befcl  ein,  ging  aber  bereits  Oftern  18G5  als  Sttbjunct  an  baS 
3foad)imStbarfd)e  ©timnafium  in  Berlin  über,  rourbe  im  grürjiabr  1868  Ütector  beS 
^rogtjmnafiumä  in  9KoerS  am  9cieberrbein  unb  nad)  2  3(abren  junädjft  auftragt 
tneife,  bann  1871  befinitiö  ü£)irector  beS  Gymnasium  Bugenbagianum  ju  Xreptoro  a.  b. 
Ütega.  Sdjon  im  |>erbfte  1873  gab  er  biefeS  9Imt  jebodt)  auf,  um  mit  bem  Sitel 
eine§  ©ebeimen  .§)ofratt)eS  in  bie  ^rioatbtenfte  beS  ©rofjrjer3ogS  Pon  Saben  über= 
antreten  unb  einen  Streit  beS  Unterrichte  ber  babifeben^rinaen  ju  übernehmen.  Sin 
immer  ernfter  auftretenbeS  ßungenleiben  nötigte  ibn  fcfjon  Dftern  1876  jum 
2luSfcbeiben  auS  btefer  Stellung;  er  liebelte  nad)  SJaüoS  über  unb  eröffnete  bier 
am  1.  Sluguft  1878  unter  bem  tarnen  gribericianum  —  nach  bem  ©rofjheraoge 
öon  93aben  benannt  —  eine  Unterrichts^  unb  @raief)ungS=2lnftalt  für  bru[t= 
teibenbe  Änaben.  2luch  biefe  neue  SBerufStrjätigfcit  mufjte  er  auf  ätjjtlidbcn 
Otatt)  im  ^uni  188U  aufgeben;  er  übertrug  bie  Leitung  ber  2lnftalt  einem  feiner 
^ImtSgenoffcn  unb  betjielt  fid)  felbft  nur  bie  Oberleitung  üor,  bie  er  öon  Sonn 
auS,  fo  gut  eS  ging,  weiter  führte.  $m  erlag  er  fetner  ßranfbeit  am  13.  Siuni 
1883.  —  Seiber  bat  ber  begabte  9ftann  feine  mit  fo  erfreulichem  Srfotge  be« 
gounenen  ptjilologtfcheu  Stubien  in  fpäteren  fahren  nidjt  fortgefeht;  aufjer 
ber  ermähnten  Süffertatton  bat  er  nur  noch  einen  9Utffafc  über  bie  ^eletabcn 
in  SDobona  unb  eine  ej;egetifche  Arbeit  über  ^inbar  beröffentlicbt.  Sagegen 
raanbte  fidt)  fein  ^ntereffe  mehr  unb  metjr  bem  rein  fdjutmännifdjen  ©ebiete  3u ; 
öon  1873  bis  1876  üeröffentlicbte  er  fünf  Prüfet  „jur  Reform  beS  lateinifctjen 
Unterrichts  auf  ©nmnafien  unb  sJtealjchulcn"  nebft  einer  Oicibe  baju  gehöriger 
Schulbücher.  Siefer  mit  einer  geroiffeu  3uberfid)ttidjfeit  auitietenbe  Serfuch, 
ben  gefammten  lateinifchen  Unterricht  auS  ber  gemöb,nlid)en  Sahn  herauszuführen 
unb  bie  „äöortfunbe"  jur  ©runblage  beffetben  <ju  machen,  fanb  in  gadjfreifen 
eine  fetjr  geseilte  9lufnal)me;  5ß.  mar  nicf)t  mebr  in  ber  Öage,  mit  feiner  sJftett)obe 
felbft  eine  $robe  in  größerem  Umfange  anjufteflen ,  bie  irjn  unb  Stnbere  tjätte 
überzeugen  fönnen,  unb  fo  fetjeint  bie  2luSfid)t  auf  meitere  SBirtung  ber  öon 
ihm  gegebenen  Anregung  nicht  bebeutenb  ju  fein,  ^mmerrjin  bleibt  eS  ein  nam= 
rjafteS  Sßerbienft ,  bafj  er  ben  Slnftofj  ju  einer  fruchjbaren  Prüfung  unb  93c= 
fpreebung  beS  altfpradjtidjen  (HementarunterrtchteS  gegeben  f)at. 

^crttjeS'    ©etbftbiograörjie    in    ber    geftfdjrift    beS   Gymnasium   Bugen- 
hagianum  non  1881,  S.  56  ff.,  ergänzt  burch  eigene  (Erinnerungen. 

9t.  £odje. 
^crtl)CÖ:  Sodann  ©eorg  fyuftuS  ty.,  ber  Segrüuber  ber  befannten  SertagS= 
buchhanbluug  unb  ©eograpbifdjen  Slnftalt  i^uftuS  ^ertbeS  in  ©otba,  mürbe  am 
11.  Sept.  1749  ju  Ütubolftabt  geboren.  Son  feinem  33ater,  bem  fürfilichen  2eib= 
arjt,  jum  ÄaufmannSftanbe  beftimmt,  fanb  er  im  3.  1778  Gelegenheit,  mit  bem 
fjeräogticlj  fädjfifdjen  ^ofagenten  Atari  SBittjelm  Sttinger  in  ©otb,a  unb  mit  ^orjcum 
griebrictj  S)ürfelbt  eine  „<gmnblungS=©ocietät"  jur  2Beiterfü^rung  ber  bamalS 
in  grofjer  33lütt)e  ftetjenben  ßttinger'fcrjen  ^Bucrjrjanblung  in  ©otrja  ju  grünben. 
Dbfdjon  biefer  Vertrag  auf  ^n  ^arjre  abgcfdjtoffen  mar,  fcrjieb  5p.  bereits  im 
September  1785  auS,  um  auf  eigene  Stedjnung  ein  SSertagSgefdjäft ,  roenn  aucr) 
mit  fetjr  befetjeibenen  Rütteln  ju  begrünben.  S3on  ber  dttinger'fcb,en  S3ucr)= 
tjanblung  mürbe  irjm  ber  Sertag  unb  ber  Vertrieb  beS  ©otrja'fcfien  ^offalenberS 
unb  be§  Almanach  de  Gotha  auf  15  3abre  bon  1786—1800,  bod)  unter  Sei' 
berjaltung  ber  girma  Sttinger,  padjtmeife  übertaffen.  liefern  lebenskräftigen 
SerlagSartifel  mibmete  $.  mäbrenb  ber  erften  Pier  3a^te  beS  Sefteb^enS  feiner 
girma  feine  ganj  auSfdj)Iief}lid)e  Sbätigteit.  9ladjbem  er  ben  Äalenber  in 
fixeren  Sabnen  roufete,  fing  er  mit  Seginn  beS  ^abreS  1790  an,  feinen  Serlag 


$ettfje§.  401 

toefentlictj  ausjubefynen.  Sein  erfter  33erlagsartifet  mit  feiner  eigenen  5i*ma 
auf  bem  2itet:  „Nürnberger,  ^erftoürbigfeiten  bei  ber  römifdijen  ^önigsroaf)t 
nnb  Äaiferfrönung"  toar  Dom  Slücf  begünftigt  unb  erlebte  brei  fur<$  aufeinanber 
fotgenbe  Auflagen,  (Sletcb^eitig  bereitete  er  eine  größere  periobifcrje  5pubIication 
öor,  ben  öon  <5cf)ücr)tegrott  rebigirten  „9Mrolog,  entrjattenb  ütact)  richten  öon 
bem  Seben  merftoürbiger  üerftorbener  SDeutfdjen",  ber  öon  1791 — 1806  bie 
ftattlidje  Steirje  öon  28  Söänben  erreichte  unb  jur  23efanntmac&,ung  öon  ^ßertfjes' 
Vertag  in  erfter  ßinie  beigetragen  rjat.  Dbtootjl  im  Saufe  ber  ^atjre  noctj  eine 
OJcenge  ttjeologifdjer ,  ptjitofoplufcrjer,  gefcrjidjtlicfjer  Söerfe  unb  aufjerbem  nocf) 
fotdje  bes  öerfctnebenfien  ^ntjalts  bei  itjm  erfdjienen,  ertjielt  er  erft  im  gebruar 
1797  bie  lanbesrjerrlicrje  (Irtaubnifj  jum  betriebe  einer  „orbent!ict)en  3)ertags= 
unb  ©ortimentäbucrjrjanblung".  5Jlit  SSeginn  bes  Sfarjrfmnbertä  tourbe  nicrjt 
nur  ber  ^adjjtöertrag  mit  Güttinger  auf  toeitere  fünfjerjn  ^dfyxe  öerlangert,  fon= 
bem  5ß.  toanbte  fid)  fetjt  auct)  merjr  einer  einrjeitiidjen  9ticr)tung  feines  Verlags 
3U.  63  toar  bieg  bie  geograptjifdje,  toetcfje  tjeute  nodj  bie  <£>aupttfjätigfeit  ber 
#irma  ausmacht.  Stacr)  ber  Verausgabe  gtocicr  größerer  Söerfe,  *pigaöetta;§ 
23efcr)reibung  ber  öon  9Dtagettan  unternommenen  erften  Steife  um  bie  SBett  unb 
ber  ©efcfjicrjte  Martin  Serjaims,  aus"  Urfunben  bearbeitet  öon  ßfjriftoptj  ©otttieb 
ö.  OJturr,  erfcrjien  bei  irjm  im  $.  1809  ein  -gmnbatlas  über  alle  befannte 
Sänber  bes  (SrbbobenS  in  24  harten  herausgegeben  öon  Sotjann  ^einrief)  ©otr> 
üeb  Jpeufinger.  (Sinige  3»at)re  borrjer  mar  $.  mit  einem  Üftanne  in  Sßerbinbung 
getreten,  beffen  ütame  fpäter  untrennbar  mit  ber  f$ftrma  ^uftui  5jßertfjes  üer= 
fnüpft  toar,  nämticrj  mit  Slbotf  ©tieler.  ü)iefe  23erbinbung  rourbe  buretj  bie 
fjereinbreerjenben  Äriege  unterbrochen  unb  erft  naef)  erfolgtem  ^rieben  toieber 
aufgenommen.  Stieter  beabfidjtigtc  einen  Jpanbattas  fjerausjugeben,  ber  buretj 
bequemes  goi'iuat,  begleitenben  2ejt  ^u  jebem  Statte,  bureb,  mögtictjfte  (Senauig= 
feit,  Seutüctjfeit  unb  Sßottftänbigfeit ,  babei  aber  buret)  3toecfmäfjige  2tustoafjl, 
©teictjförmigfeit  ber  ^rojeetion  unb  bes  ^Jtafjftabes,  burdj  fetjönes  Rapier,  guten 
Srucf,  forgfättige  ^ttumination  unb  tootjlfeiten  $reis  fict)  auszeichnen  fottte. 
>p.  ging  auf  biefes  SSerlagsunternerjmen  ein  unb  ließ  es  fogteictj  in  Angriff 
nehmen,  fo  bafj  bereits  im  grübjafjr  1816  fünf  fertige  SSIätter  üortagen.  Seiber 
aber  fottte  er  bie  3}oUenbung  beffetben  nid^t  meb/r  erleben,  benn  er  ftarb  nacrj 
turpem  jfranffein  am  1.  Wlai  1816.  6r  toar  feit  19.  ÜJlai  1784  mit  ©abine 
Srneftine  S)ürfelbt  (geb.  am  22.  Dctober  1765),  ber  (gctjtoefter  feines  ehemaligen 
©efct)äftstt)eilf)aber§,  öermärjlt  getoefen.  Siefer  @fje  entfproffen  15  Äinber,  toeterje 
aber  faft  fämmtlict)  in  jungen  $af)ren  geftorben  finb,  nur  jtoei  ©ötjne,  Söittjelm 
unb  $arl  überlebten  i^n. 

3uftu8  »Perthes  in  ©otfja  1785  —  1885  (geftfdirift  3um  fmnbertjätjrigen 
®efct)äTt§iubitäum).  ^attmann. 

"^ert^eö :  SBilrjetm  $.,  6orjn  bes  Vorigen,  rourbe  am  18.  Sunt  1793 
in  ©otfja  geboren,  befuctjte  bafetbft  ba§  ©^mnafium  unb  toar  bann  ^etjrling 
unb  ©etjitfe  in  bem  ®efcf)äfte  feines  SSetters  griebri«^  ^erttjes  in  Hamburg, 
•öier  toutbe  er  mit  in  bie  patriotifetje  SSetoegung  gebogen,  trat  1813  in  bie 
r)anjeatifdje  Segion  unb  machte  bereu  ^etb^üge  in  SRecftenburg  unb  ^potftein  als 
Sieutenant  mit.  %m  3J.  1814  fetjrte  er  nact)  (Sotfja  jurücf  unb  trat  at§  2l)ei(= 
fjaber  ins  öätertietje  ©eferjäft  ein.  9tacr)  bem  2obe  feines  SSaters  übernahm  er 
bas  ©efetjäft  auf  eigene  9tedjnung  unb  ©efar)r.  Sein  Sßater  rjatte  für  unge= 
tjinberte  ^ortfürjrung  infofern  geforgt,  at§  er  bas  SBeitererfdjeinen  bes  .§aupt= 
artifets  be§  ©ef^äftes,  bes  $oftatenber§,  geficf)ert  blatte.  21  m  12.  2ecbr."l814 
toar  nämlicrj  ber  Vertrag  mit  ^abame  (Caroline  ßttinger  auf  25  Satjre  öon 
1816 — 1840  öertängert   werben,    unb  5$.  rjatte  äugteidj)  ba$  9lecf)t  erfauft,  bie 

ilUgem.  beutfdje  IBiogTQ^ie.    XXV.  26 


402  ^ertbjS. 

üöltige  Sßertagsabtretung  jeberjeit  oerlangen  unb  ermerben  <m  fönnen.  Gbgleict) 
bieg  etft  am  21.  3>an.  1828  erfolgte,  fo  roilligte  bodj  bie  33efikerin  fc^oit  1816 
barem,  troijbem  bajj  bies  nid)t  im  beitrage  öorgefetjen  mar,  ba|  ibre  fjjitma  auf 
bem  £itel  üerfdjroanb  unb  bie  oon  $uftus  5}3ertt)es  baram  gefegt  mürbe,  hieben 
ber  SSerbefferung  ber  äußeren  Slusftattung  unb  ber  (hroeiterung  bes  Sfntjaltes 
bes  £)offalenbers  galt  $.  als  Hauptaufgabe  bie  meitere  Musbilbung  feines  farto= 
graprjifdjen  23erlags.  3(n  Söerbinbung  mit  6.  ©.  Dteidjarb  mar  ber  Jpanbatlas 
Oon  ©tieler  im  9)tärj  1823  mit  50  harten  <m  (Snbe  gebracht  morben.  liefern 
-Jpauptmerfe  folgten  bann  oon  1823—1831  25  meitere  harten  in  5  (Supplement* 
tieferungen.  2öar  biefer  Slttas  aud)  fein  *Dtuftcrftüd  äufjerlidjer  (Sleganj,  fo 
befaß  er  eine  politifdje  unb  ftatiftifdje  ©enauigfeit ,  bie  bis  batjin  nod)  Oon 
feiner  äljnlidjen  ßrfdjeinung  erveidtjt  morben  mar.  Slußer  ©tieler  follte  nod) 
ein  jmeiter  5)iann  ben  SRttj  ber  girma  $uftus  Sßerttjes  auf  ©län^enbfte  Oer= 
breiten,  Jpeinrid)  33ei-gr)aus,  ber  Oon  1832 — 1837  15  harten  Oon  Elften  r)er= 
ausgab ,  bie  alles  bisher  (Seleiftete  übertrafen  unb  ^uftus  ^3ettrjes  ju  einer 
3Beltfirma  matten,  tiefer  ^ubücation  folgte  bann  33ergt)aus'  ptjtyfifalifdjer 
mitlas,  ber  nid)t  minber,  mie  ber  faft  ju  gleicher  ^eit  erfdjeinenbe  £)iftorifd)e 
9ltlas  Oon  $arl  ü.  ©pruner,  bie  erfotgreidje  £bätigfeit  Oon  ^.  beroies.  3U  biefen 
brei  bie  geographica  SBiffeufdjaTt  in  bistjer  ungefannter  Söeife  förbernben 
Männern  gemanu  5ß.  nod)  einen  üierten,  meldjcr  ber  fartograpf)ijd)en  Grbfunbe 
ein  neues  Gepräge  aufbrüdeu  follte:  6mil  0.  ©nbom.  3m  33ercin  mit  biefen 
Männern  gelang  es  ^.  burd)  feinen  rafdjen  s-8litf ,  ber  bas  miffenfctjaitlidje  unb 
praftifdje  :bebürfnifs  eines  Unternehmens  fofort  ftar  erfannte  unb  burd)  feine 
getoiffeutjafte  £t)ätigfeit  fein  ©efdjäft  ju  bem  elften  feiner  2lrt  in  Xeutfdjlanb  ju 
ergeben.  *ß.,  ber  fiel)  am  12.  ÜJiai  1818  mit  Wgncs,  ber  älteften  2od)ter  feinet 
^öetterö  unb  ehemaligen  ^rincipals  Qfricbrid^  ^erttjcs,  üerl)eiratl)ct  tjatte,  ftarb 
am  10.  ©eptbr.  1853  ju  ©otfja. 

3unt  Slnbenfen  an  äöilbelm  ^ertbes.     ©ottm  1853.  —  3uftus  ^ertbes 
in  ©otba,  1785—1885  (geftfeferift  jum  bunbertjäbrigen  ©efcbäjtsjubiläum). 

5ß  alt  mann. 
^ertljeS:  33ernt)arbt  ty.,  ber  ättefte,  unb  nad)  bem  frütjjeitigen  2obe 
eines  jüngeren  33rubcrs  ber  einzige  ©ot)n  bes  Vorigen,  mürbe  am  3.  3>uli  1821 
in  ©otba  geboren.  2>urd)  ein  vmlsleiben  am  regelmäßigen  23efud)  ber  ©d)utc 
gebinbert,  tjatte  er  aud)  nod)  im  Sommer  1837  bas  Unglüd  burd)  ein  üer= 
unglüdteß  ©jperiment  bas  linfe  Sluge  ju  bertieren  unb  mürbe  baburd)  gelungen, 
bie  ©djule  ganj  ju  Oerlaffen  unb  fid)  nur  auf  münbtid)cn  Unterricht  au  be= 
fdjränfen.  IRidjaelis  1838  fam  er  ju  Sßittjelm  23effer  in  23ertin  als  ßefjf 
ling,  bod)  mußte  er  fdjon  nad)  menigen  Monaten  auf  3lnorbnung  eines  9lugeu= 
arjtes  feine  £t)ätigfeit  jur  ©cl)onung  bes  itjm  berbliebenen  kluges  untcrbred)en. 
S3alb  aber  fjatte  er  bie  ßeiben  übermunben  unb  fonnte  nad)  jmei  3af)ren  Oott= 
tommen  gefunb  Oon  Berlin  nad)  Hamburg  überfiebeln,  um  feine  bud)f)änblerifd)e 
Slusbitbung  in  bemfelbeu  ©efdjäfte  fortjufetjen,  in  metd)em  fein  SSater  biefelbt 
begonnen  tjatte.  Sm  Cctober  1842  oerliejj  er  biefc  ©teHung,  um  nad)  mel)r= 
jäljrigem  3lufentl)alte  im  Sluslanbe  am  1.  Januar  1845  als  2r)eilt)aber  ins 
Oäterlid)e  ©efdjäft  einjutreteu.  5Jtit  feinem  Eintritt  in  bie  £mnblung  fud)te  er 
auf  beffere  3lusftattung  ber  (Srfdjeinungen  fiinjumirfen,  mie  er  fiel)  überhaupt  mit 
Vorliebe  ber  tedjnifdjen  ©eite  bes  ©efdjäftes  äumanbte.  ©o  mürbe  unter  feiner 
Leitung  bte  ©aloauoplaftif  für  bie  SSerbielfältigung  ber  ßupferptatten  ange= 
menbet  unb  bamit  eine  erljeblid)  morjlfeitere  JperfteEung  erhielt,  metdje  itjrerfeits 
mieber  eine  ^3reisminbemng  fämmttid)er  J?artenmerfe  nacl)  fid)  jog.  3lußerbem 
führte  er,  meit  Äupferftid)  unb  ßupferbrurf  nid)t  met)r  allein  ^ur  ^erfteüung 
ber  .Harten   genügten,   ben   tittjograptjifdjen   go^enbruef  ein,   ber  befonbers  bei 


5ßertfd).  403 

geognofiifdjen  harten  feine  Slntoenbung  fanb.  ©ein  SieblingSgegenftanb  aber 
War  bie  &rjemitt)pie,  ein  Skrfatjren,  Welcb>§  bie  Seroielfältigung  ber  hatten  burd) 
£o<$brutf,  ärjulicij  wie  &eim  £olafd)nitt,  geftattete.  911g  er  burd)  ben  £ob  feine! 
StoierS  im  £erbfte  1853  alleiniger  SBeft^er  beS  ®efd)äjts  geworben  mar,  fudjte 
er  einen  fdjon  längft  gehegten  ©ebanfen  au  öerwirflidjen.  ßr  wollte  nämlidj 
bie  33e|trebungen  beä  großen  ©efd)äfte§  mefjr  auf  einen  ijJunft  öcreinigen  unb 
burd)  eine  Miere  Slnorbnung  bie  2}erlagSt)anbtung  in  eine  „©eograptuferje  Sin» 
ftalt"  ummanbeln.  2IEe  jene  Männer,  Weldje  als  ©eograptjen,  Kartographen, 
©tatiftifer  u.  f.  w.  bisher  bem  ©efdjäfte  natje  geftanben  Ratten,  fottten  all 
bauernbe  Mitglieber  einer  inS  geben  au  rufenben  SInftalt  rjerangeaogen  werben, 
einer  Stnftalt,  welche  einen  @inigungS=  unb  ÜRittelpunft  für  bie  gefammte  ©eo= 
grapse  in  atten  it)ren  groeigen  bitben  foHte.  3n  Sluguft  ^etertnann,  wetdjer 
bie  rein  »iffenfdjaftiidje  gcograpfjifdje  ^orfdjung  repräfentirte,  unb  in  Gmü 
öon  ©öbow,  bem  praftifd)  gefdjulten  Kartographen,  fanb  er  bie  Seiter  feiner 
3tnftalt,  welche  burd)  ib>  monatlich  erfd»einenben  „Mitteilungen"  unter  ber 
Ütebaction  Don  Sßetermann  balb  feften  SBoben  gewonnen  fjatte.  Ueber  biefen 
neuen  ^eftrebungen  würben  bie  alten  bewährten  SBerfe  beS  SerlagS  nid)t  ber* 
geffen,  fonbem  im  ©egentfjeil  forgfältig  gepflegt,  eifrig  fortgefefet  unb  öeröott» 
ftänbigt.  S)iefer  wadjfenben  2luSbet)nung  beS  ©efdjäfteS  tonnten  bie  alten 
Dtäume,  Welche  eS  feit  1822  inne  Ijatte,  ni$t  metjr  genügen,  Sernfjarb  $.  liefe 
befjtjatb  in  ben  Sauren  1855  56  einen  für  bie  bamaligen  33erf)ättniffe  großartigen 
Neubau  aufführen,  in  welkem  er  aber  nidjt  metjr  lange  ferjatten  unb  walten 
fottte,  benn  am  27.  Dctober  1857  unterlag  er  einem  tyartnäcfigen  Stiptjue. 
©eit  16.  Sluguft  1845  War  er  mit  Minna  Zulaufe,  ber  2od)ter  feines  ehemaligen 
«principalS  in  Hamburg  öer^eiratljet;  feine  gfje  war  ofjne  männliche  9tad)= 
fommen  geblieben,  bod)  Würbe  ifjm  ein  ©olm  nacfjgeboren. 

3um  2lnbenfen  an  33ernb>rbt  fßert^cS.    ©otrja  1857.  —  3uftuS  ^ertrjes 
in  ©otb>  1785—1885  (fjefifdirift  aum  fmnbertiärjrigen  ©efd^äTtsjubiiäum). 

$  a  1 1  m  a  n  n. 
^ertjd):  ^ofjann  ©eorg  5ß.  jun.,  taonift  unb  Äirdjenljil'torifer,  geb. 
au  äöunfubel  am  10.  Mai  1694,  f  au  £elmftäbt  am  19.  «ttuguft  1754.  — 
Sodann  ©eorg  $.  jun.  ftammt  au§  einer  angefetjenen  Sljeologenfamitie  beS 
gürftentfjumS  Sarjreutrj.  ©er  Urgrofitoater  Sodann,  ber  ©ro&öater  griebrid), 
wie  audj  ber  SSater  Sofjann  ©eorg  fen.  waren  ©uperintenbenten,  lefeterer  über= 
bieS  taifertidjer  gehonter  Sßoet,  ©octor  ber  Ideologie  unb  gefegter  5ad)fd)rift= 
ftelter  (geb.  am  14.  ©ecember  1651,  f  1718).  Unfer  Sotjann  ©eorg  fam 
1704  infolge  23eförberung  feines  SSaterS  aum  ßonfiftoriairatfj  nad)  ©era ,  öer= 
braute  bort  feine  $ugenb  uno  Beaog  um  Oftern  1713  bie  bamalS  blüt)enbe 
Uniüerntät  «£atte,  Wo  SrjomafiuS,  SSöfjmer  unb  ©unbling,  ftreil).  ö.  SBotf  unb 
,§einecciu§  gleidiaeitig  lehrten.  S5on  biefen  Männern  Würbe  $.  in  ba§  ©tubium 
ber  ^rjilofoprjie  unb  9ted)tsWiffenfc^aft  eingeführt,  Worauf  er  im  ©ecember  1716 
unter  23örjmer§  ©ecanat  mit  einer  SHSputatton :  „lieber  baS  9tec^t  einer  Äiidj* 
^ofSantagc"  bie  ©octortoürbc  erWarb  unb  fobann  in  ©era,  1719  in  Satjreut^ 
aum  gicgicrungäabüocatcn  ernannt  würbe.  3n  teuerer  ©tabt  Per^eirat^ete  er 
fid)  in  biefer  @igenfd)aft  im  «ftoübr.  1720  mit  ber  KaufmannStoctjter  fftot^  au§ 
©era.  —  1722  finben  wir  i^n  als  ^rocefjratf)  beS  Marfgrafen  ©eorg  2Sit£)elm 
öon  S3at)rentt)  unb  nad)  be§  Marfgraren  unerwartetem  2obe  gegen  ßnbe  bee 
^ai)re§  1726  als  ^ofrattj  bei  beffen  3:oc^ter,  ber  ^rinaeffin  ßb^riftine  äöitljelmine, 
Weldjer  er  bei  ©ettenbmad)ung  i^rer  @rbfd)aTt§forberung  burd)  ©taietung  eines 
SergleidieS  fe^r  öorttjeilb^afte  ©ienfte  teiftete.  S)er  Uebertritt  ber  gfitjrm  autB 
Katt)oliciSmuS  unb  ber  Söegaug  einiger  greunbe,  beWogen  i^n  aur  Aufgabe  feiner 

26* 


404  SPettfä. 

bisherigen  Stellung.  (£r  ging  im  Jperbft  1728  nadj  Sena  mit  bem  @ntfd)luffe, 
fidj  t>on  nun  an  ber  afabemifdjen  ßaufbarjn  ju  roibmen,  unb  begann  ju  "DJlid^aeli 
feine  Sßortefungen  über  canonifcrjeä  iftecrjt,  roeldje  trorj  mandjer  Leiber  —  unter 
ben  Stubirenben  grofjen  33etfatC  unb  toacrjfenbe  ütrjeilnarjme  fanben ,  ba  er  über 
fmnbert  3ufjörer  jjäfjlte.  3>n  9lner£ennung  beffen  errjielt  er  1729  ben  Jitel 
cincä  £)ofgericrjtäabbocaten  unb  ben  9tang  eines  SprofefforS  ber  5pfnlofobrjie;  rourbe 
inbeffen  bejüglicrj  einer  orbentlidjen  Serjrftette  an  ber  -^odjfdjute  mit  btofcen  Sßet= 
fprecrjungen  Eingehalten.  2)effen  überbrüjfig  natjm  er  1732  (nad)  teufet  unb 
gifenfdjer  1731)  bie  erlebigte  Stelle  eines  erften  Srjnbifuä  ber  9teid)§ftabt 
,<pitbe§ljeim  an.  @3  gelang  irjm  nad)  grünblidjen  Stubien  in  ben  reicf)-- 
tjaltigen  ?lrdjiben  ber  Stabt  mehrere  ebenfo  mistige  al8  bermorrene  ^Jroceffc  ber 
ßommune  ,£)ilbe§rjetm  fiegreidj  burcrjaufürjren  unb  ben  fdjon  unter  Äanjler 
3immermann  1691  begonnenen  Streit,  bafj  bie  Stabt  unter  bifdjöTlidjer 
£>errfcrjaft  ftetje,  ju  beren  ©unften  beizulegen.  —  5£iefe  glänjenben  (Jrfolge,  ber= 
bunben  mit  gebiegenen  fd^riftftetlerifdfjen  ßeiftungen  merjrten  feinen  9tuf  al§  Sfurift 
unb  Sacfjmalter,  fo  bafj  itjn  im  folgenben  i^aljrc  (1733)  ber  Äönig  Don  @ng= 
lanb  at§  Äurfürft  bon  -gmnnober  jugleicf)  jum  .ipofgeridjtäaffeffor  in  .£>annobcr 
unb  1738  nadj  'Jcieberlegung  biefer  Stelle  ber  Herzog  bon  SSraunfdjroeig  juni 
\!lffeffor  am  ,£>ofgerid)te  in  2Bolfenbüttel  ernanute,  roelcfjc  2lemter  er  „öon  JpauS 
auä",  b.  t).  bon  Jpilbe^rjeim,  bermattete,  roärjrcnb  er  roegeu  Vorliebe  3ur  letzteren 
Stabt  anbere  Slncrbietungen  auSfdjlug.  Ürotj  biefer  guten  93e,}iefmngen  ju  ben 
Sßeroorjnern  unb  33eb,örben  «pitbeStjeimS  geriete)  er  bort  roegen  llngültigfeit§= 
erflärung  einer  ^>rebigerroarjt  1742  mit  ben  mafjgebenben  s4krföntidjEeiten  in  3ro\)t 
unb  mar  ib.ni  barjer  fefjr  roitlfommen,  bafj  i^n  ber  |>er(}og  bon  33raunfcrjroeig 
1743  al§  bierten  orbentl.  ^rofeffor  ber  föcctjte  mit  «£)ofratf)3crmratter  nadj  £>elm= 
ftäbt  berief,  roo  er  im  Dctober  besfelben  3arjre§  mit  einer  feierlichen  Dtebe: 
„de  Jure  Imperatoris  exigendi  a  Judaeis  aurum  coronarium .  annuunique 
censum  etc."  bon  feinem  ßerjrfturjte  SBefitj  ergriff;  1745  vücfte  er  jum  Professor 
juris  canonici  et  feudalis,  1747  <jum  Professor  Pandectarum.  1748  zum 
Professor  Codicis  unb  pgleidj  jum  Drbinariuä  ber  $uriftenfacultät  bor,  roetdje 
Sßürbe  er  bi§  ju  feinem  £obe  befleibete.  ty.  mar  ein  ferjr  fenntnifjreidjer  Sfurift 
unb  ebenfo  fleifjigcr  mie  fruchtbarer  Scrjrif tfteller ,  beffen  2Berfe  unb  2Ibrjanb= 
tungen  über  iftrdjenrccrjt,  Äirdjengefd)id)te  unb  bie  sJlecf)tSberfjäUntffe  bon  §ilbeö= 
fjeim,  f.  3-  in  gadjfreifen  biet  5Iuffet)en  machten,  unb  roeldje  autf)  bleute  nodj 
brauchbar  finb.  Sein  ^aubtmer!  ift  ber  „SSerfucrj  einer  .tiircrjengefdjidjte'', 
welcher  in  fünf  ftattlirfjcn  Ouartbänben  bie  erften  bier  Sarjrrjunberte  crjriftlidjer 
3eitredjnung  befjanbette.  (SBb.  I.  6rfte§  3arrrf>.  Seibaig  1736  4°.  —  23b.  II. 
3rocite§  Satyt).,  ebenba  1737,  4°.  —  33b.  III.  drittes  3arjrf).  SBolfenbüttel 
1738.  —  S3b.  IV.  «Bietteä  Mrl).  1.  Streit  ebenba  1739,  2.  St)eil  ebenba 
1740,  4°.)  ^m  erften  23anbe  folgt  auf  bie  äöibmung  an  ^erjog  Äatl  bon 
35raunfcrjtoeig  eine  ferjr  auäfürjrticrje  S3orrebe ,  morin  ber  33erfaffer  feine  firc£)en= 
recf)tlid)en  SBerfe,  namentlid)  über  Seictjte  unb  Sann  gegenüber  ben  rjerben  3ln= 
griffen  ber  ihitif  ferjr  eingetjenb  bertrjeibigt ;  nebenbei  erfarjren  mir  merjrere§  über 
beffen  3ugcnb»  unb  ©eterjrtenleben  (bi§  1736).  S)en  @(^lu§  fsJh.  XLIII— LIII) 
bilbet  eine  Seben3befcb,reibung  feines  SöaterS,  be§  gelehrten  2)octor3  ber  $b^tlofobl)ie 
unb  Geologie  Sorjann  ©eorg  $.  fen.,  Superintenbenten  unb  ©tjmnafialinfpectorS 
3u  ©era.  (lieber  beffen  aarjtreicrje  tb.eotogifdien  Schriften  gibt  giefenferjer  in  feinem 
©eteb^rten  ^ürftentlium  SBarjreutrj  Sb.  7 ,  S.  43 — 51  unter  Slnfütjrung  ber 
Öitteratur  (S.  43  5lotc  9)  närjeren  3luff cl)lu^. )  S)iefer  Sorrebe  entnelimen  mir, 
ba|  s£.  jun.  bon  ^ugenb  auf,  ermuntert  burcr)  feinen  9}ater,  ju  tfjeologifcrjen 
fragen,  namentlicfj  aber  jum  Äirdjenredjt  unb  jur  Äircf)en^iftorie ,  befonbere 
Neigung  gehabt  §ahe ,    bafe   irjm   iebodj   burcrj    biefe  Stubien  unb  bie  Schriften 


Sßettfö  -  $erttj.  405 


feietüber   titele  fteinbe   erWad)fen  feien.     $.  t>utbigte  bet  Ttetnnntflcren  »t^tung, 
unb  [tiefe   hierbureb   bei  ben  orthoboren  *proteftanten    au]  fdjarien  ^tberfbruch. 
einen  Seteg  hierfür    liefern   bie  ftecenfionen   in   ben  „llnfcbutbigen  ftachrtefiten 
bon  alten  unb  neuen  theologifchen  ©achen"   (einem  ju  Seip^Q  im  bongen  3ahr= 
hunbert  erfchienenen  Organe  confertiatitier  Senbena),  worin  bie  tabelnben  j»mtö. 
aenoffen  «B.  unter  5lnberem  borwerfen,  bafe  er  „hochhin  tahre" ,  burch  feine  ©ehrten 
manchen   ©chaben   ftifte   unb    irrige  ^Behauptungen    aufftette,    weShatb    lie    mit 
©ottei  »etftanb  auf  feine  Umfehr  ftoffen!    Sin  Mitgrunb  *u  ben  erlittenen  »n- 
feinbunqen  febeint  auch  in  bem  leicht  erregbaren,  febr  heftigen  Temperamente  be§ 
©etehrten  gelegen  Su  fein,  burch  Welche  er  in  feinen  «ßtocelfänTten äuwetlen  3u 
berben   ia  „pöbelhaften"  Ausfällen  hingeriffen  würbe,  ao*u  ihn  na$  Jetner  Cnfr 
fcbulbigung  bie   grunbtofen  Angriffe   ber  ©egner   reiben      «u|et  bet   Archen* 
Ärie   beW"   wir   u.   X.   tion   %   „Stecht    ber   SSei^tftü^e     Uifpinng    unb 
Äortaanq  ber  geheimen  Seichte  ic.  k."  (ein  grflnbltfrg  äöerf,  ba§  bet  ben  Guten 
bieten  Seifaü,  bei  Zubern  großen  Slnftofe  betborrief,  ©alle  1721,    2.    bermebrte 
Ausgabe.    Söotfenbüttel  1738,  2  99änbe).    „Stecht   be§  Äii^enbanneS,  beften  Ut- 
fprung  unb  Fortgang  tc.ic."  ($atte  1721,  2.,  tiermefjrte  2lu§gabe.    äöolfenbüttel 
1738    4°)       ,Elementa  juris  canonici  et  Protestantium  ecclesiastici ,  commoda 
auditöribus  methodo  adornata"  (Francof.  et  Lips.  1731.   Ed.  II,  aueta  et  emend. 
ibid    1735      III.  Ed.,  Vol.  1.  und  2.  Jenae  1741).     „Äurje  &tftorte  be§  cano* 
nifdjen   unb   ^irchenrechtä ,   befonberä  sunt   Gebrauch   alabemifäer   ^rfefungen 
entworfen"  (ßeipjig   nnb  »regtau  1752   gr.  8).     (Sin  boEtänbtgeä ■   »ege^m* 
feiner     ab4reid)en   ©ctrifien  bei   gidenfeher   SBb     7     ©.  54     ffljeufel,  Sb    10, 
k    317-325-  aBeibtid),   ®efd)id)te  ber  jefet   lebenben  3ted)t§gelet)rten ,   33b   2, 
©'  212-224'  hier  mit  litterarfritifchen  «Bemerfungen.   ©ein  Stlbntfe,  gejtochen 
bon  öaib    finbet  RA  in  SBruder'8  Sßitberfammlung,  8.  3ehenb,  unb  bor  2öern§= 
botf'8  memoria  ingolio;  baffetbe  in  tierfleinertem  fyormate  (8())  al§  Sttetfupter 
in  ben  oben  erwähnten  Elementa  juris  canonici  etc. 

°y     ©    «Bertfä    in    beffen    SSorrebe    jutn    Söerfud)    einer   Äirchenrjtftorte, 
33anb  1.  -  Teufel,  aBeibtid)  unb  gtdenfdier  0.  a.  0.  ne^eJ^   ^^ 

^crlfA^obann  Heinrich  $.,  Philologe  unb  Geologe  (1776— 1844). 
<Sx  Würbe  in  Coburg  als  ber  ©ohn  eines  2anbfd)aft§confulenten  am  20.  $e= 
cember  1776  geboren,  ehielt  feine  ©d)utbilbung  auf  bem  ©bmnaftum  Saftmtrianum 
feiner  SBaterfiabt  unb  ftubirte  bann  tion  1795-1798  in  3ena  unb  ©ötttngen 
iornehmlid)  Geologie.  ftachbem  er  fchon  1797  (Sanbibat  be8  ^rebigtamte»  gewor- 
ben erWelt  er  im  ^cotiember  1803  eine  Stnftettung  ale  (Sottaborator  am  Soburger 
Wnnaium;  1806  würbe  er  au&eroibentlie$er ,  1808  orbentW&er  Jwiefior  ber 
ÜJeWmtc,  ber  morgcnlänbifcben  unb  griechifchen  ©prache  an  btefer  bamal§  noch 
halbafabemifcben  Slnfialt.  3"W  Dr.  phil.  war  er  1804  in  Erlangen  auf  ©runb  einer 
©iffertatton :  „De  reeta  methodo  bistoriae  catbolicae  in  Gymnasns  .  .  docendae 
bromotiirt  morben.  1811  würbe  er  $aftor  an  ber  Äreuätircbe  unb  gleichzeitig 
^iatonu§  an  ber  TOortsfir^e  in  ßoburg;  fpäter  würbe  «V©»J«mte"5en*  m 
ftobacfi,  wo  er  am  3.  Detobet  1844  ftarb.  -  S3on  feinen t  ntd)  fetjr  aabtreteben 
©djriften  finb  bier  hu  nennen:  „ßebrbud)  ber  ^enfdjengefcbtcbte  1805;  „gieues 
aagemeineS  litterarifd,=arti[tifd)ei  Sertfon",  2  »be.  1807;  ©runbttj  ber  romt- 
feben  aitert$um8tunbe*  1808.  ffianernben  2Bertb  baben  btefe  arbeiten  nicht. 
9t  gtelrotog  b.  S).  1846,  ©.  1030  f.,  ergäbt  bureb  ^rttiatmtttbettungen. 

91.  ^>od}e. 
tetU-   Sofeph  5lnton  ^ajimitian   «p.   würbe  am   17.  ©ebtember 
1804  in  bem  ©täbteben  Drnbau  im  5luSbad)ifcfien ,    Wo   feine  Butter   )td}  aur 
»efudj  befanb,   geboren,    ©te   frühefte  ^ugenb   bertebte  er  in  «Rötblmgen ,   wo 


406  $«&. 

fein  33ater  Abminiftrator  bei  bet  3o^nniter=Drbeny=liommenbe  $leiuerblingen 
mar.  1809  mürbe  (euerer  sJtedjnung§commiffar  im  batyrifdjen  SDienft  unb  30g 
mit  feiner  Familie  nad)  9Mnd)en.  ©djon  at§  Änabe  fammelte  §p.  bie  ber* 
fcf)ieben[ten  Ülaturgegenftänbe  unb  benutzte  feine  SJhtjjeftunben,  um  fie  fennen  ju 
lernen.  Ein  unroiberfteljlicrjer  Strang  trieb  it)n,  bie  9laturerfd)einungen  ju  beobachten 
unb  iljre  Urfadje  p  erforfdjen.  9cad)bem  er  1822  ba3  EJtjmnafium  abfolbirt, 
ftubirte  er  anfangt  in  $ftünd)en,  fpäter  in  ßanb3t)ut  9Kebicin  unb  9Zaturmiffen= 
fdjaften.  Srofcbem  er  fidj  in  ben  Strubel  beS  ftubentifdjcn  2eben§  (türmte,  fo 
bafj  fein  Später  feine  «Ipanb  Don  itjm  afyog,  bernadjtäffigte  er  boef)  fein  ©tubium 
nid)t.  yiad)  feiner  Promotion  in  ber  mebicinifdjcn  unb  fpäter  in  ber  pf)ilo= 
foptjifdjen  fyacultät  Ijabilitirte  fictj  5p.  at§  ^ribatbocent  für  3°°i°9ie  uno  aü= 
gemeine  9taturgefd)id)te  in  'JJtündien  unb  mürbe  1833  at§  ^rofeffor  ber  3ootogie, 
*Pfbd)ologie  unb  Anthropologie  an  bie  Afnbemie  nad)  93ew  berufen,  meldte  im 
fotgenben  ^afjre  in  eine  Uniberfität  umgemanbelt  mürbe.  $n  biefer  ©tellung, 
entroidelte  *p.  eine  ungemein  rege  litterarifctje  Xtjätigfeit.  9Zad)bem  er  frfjon 
fiürjer  in:  „Delectus  animalium  articulatorum  Brasiliae"  bie  bon  ©pir,  unb 
■jütartiuS  in  33rafitien  gefammelten  2>ufecten,  fomie  einige  au§  ber  ©ammtung 
be§  ^erjogS  bon  i'eudjtenberg  in  Eidjftäbt  unb  beg  Söicomte  ©a  ba  SSanbeira 
ftammenbe  neue  arten  befdjrieben  tjatte ,  beröffcutlid)te  er  aujjer  jaljlreidjcn 
Heineren  Abljanblungen  foigeube  größere  Söcvfe:  „allgemeine  "Jtaturgefdjidjte, 
alä  pljilofopljifdje  unb  £>umanitätsmiffcnfd)aft"  ,  1837 — 1841  unb  ©upptement 
baju:  „sJieue  Ergebniffc  ber  SBiffenfdmft" ,  1844  unb  1845;  „3ur  Äenntnifj  ber 
fteinften  ßebensformen"  1852;  „ßetjrbud)  ber  fpecieüen  Zoologie",  1855;  ,,©runb= 
jüge  ber  Etb,nograpr)ie",  1859;  „2)ie  mbftifdjen  Erfdjeinungen  ber  menfd)tid)cn 
Statur",  1861;  „5)ie  Realität  ber  magifd)en  Gräfte",  1862;  „Antf)ropologifd)c 
Vorträge",  1863;  „lieber  ba§  Seelenleben  ber  Ilncre",  1865;  „33licfe  in  ba£ 
berborgene  Scben  be§  9flenfd)engeifte§",  1869;  „S)ie  Statur  im  8id)te  ber  pt)ito= 
fopl)ifd)en  Anfdjauungen",  1869;  „2)ie  Anthropologie  als  2Biffeufd)aft  bon  bem 
förpertidjen  unb  geiftigen  SBefen  be§  9Jtenfd)en",  1874;  „®er  jeiuge  ©piritiämuö", 
1877;  „Erinnerungen  au£  bem  8eben  eineä  sJtatur=  unb  ©eetenforfd)er§("  1879; 
„2)ie  fid)tbare  unb  unfidjtbare  2öelt",  1881.  Sitte  biefe  2öerfe  jeugen  bon 
einer  ftreng  miffenfcfjaftticrjen  3)urd)bilbung ,  umfaffenber  ßitteraturfenntnijj  unb 
fdjarfer  23eobad)tungögabc;  leiber  aber  aud),  namcntlid)  in  ber  letjten  $e\t,  bon 
einer  Hinneigung  jum  Söunberbaren  unb  <ju  fpiritiftifdjen  Anfd)auungen. 

s}>.  mar  eine  uniberfell  angelegte  Watur,  roctdje  ba§  ganje  2öettaü ,  ba£ 
unenblid)  kleine  mie  ba£  unenblid)  ©rofje  ju  erfaffen  berfudite.  ©ein  gui  mar 
eine  9laturpljilofopt)ie.  Au8  bem  reidjen  ©d)a^  feiner  förfatjrungcn  unb  Jlennt= 
niffe  fud)te  er  ein  ©tjftem  äufammen^ufteHen ,  beffen  ^tt'^fle  Üd)  jebod)  in  ben 
©phiti§mu§  berlaufen.  äöenn  bab^er  aud)  ^.  feinen  entfdjeibenben  6influ|  auf 
bie  (Sntmidelung  ber  5iaturmiffenfd)aften  ausgeübt  Imt,  fo  berbanft  it)m  bod) 
uamentlid)  bie  Zoologie  eine  ^Dlenge  fpecietter  Äenntniffe  unb  feine  burd)  ge= 
manbte  S)arftctlung  auögejeicrjneten  Söerfe  b,aben  roeiteren  Greifen  bielfad)  9ln= 
regung  gegeben  unb  nid)t  unmefentlid)  jur  ftötb^'ung  oei-  2ßiffcnfd)aften  bei= 
getragen.     5p.  ftarb  im  Alter  bon  80  Sauren  am  8.  Auguft  1884. 

9Jt.  ^ßertrj,  Erinnerungen  eineö  ftatur«  unb  ©eetenforfdjeri.  Seip^ig  1879. 

20.  ^efe. 

fetiy.  ©eorg  |) einridj  5p.(  geb.  am  28.  «ülärj  1795  ju  ^annober  at§ 
©otjn  etneö  ,g)ofbud)biubei-§ ,  beffen  $8orfaf)ren  |>ofbud)binber  an  ber  Sibtiottjef 
ju  äöolfenbüttel  geroefen  maren,  f  am  7.  Dctober  1876  in  9Mnd)en.  !Rad)bem 
er  auf  ber  Uniberfität  ju  ©öttingen  mit  tr)eologifd)en  ©tubien  begonnen  ,  bann 
aber  fidj  bet  ©efd)id)te  mit  größtem  Eifer  jugemenbet  tjatte,  erlangte  er  am 
14.  Dctober  1816  ben  Doctorgrab,    unb   batb   barauf   aud)   eine  Anftetlung  in 


$er$.  407 

pannoDer  am  2trcr)iDe  unb  an  bet  33ibliotrjef.  %m  %.  1819  erfcrjien  feine  Grfi= 
linglfcfjrift :  „S)te  G)efcf)icr)te  ber  9Rerowingifcf)en  <!paulmeier",  mit  einer  33orrebe 
Don  beeren,  worin  biefer  fie  bezeichnete  all  „bal  SGßerf  einel  meiner  gurjörer, 
ber  mir  unter  wenigen  lieb  mar".  Sie  zeichnete  [idj  aul  burct)  umfaffenbe 
Guetlenfenntniß,  unb  ganz  Dorzügttcr)  burd)  bie  treffticrje  üDcetfjobe,  inbem  er  ficr) 
ftrenge  nur  an  bie  tauterften  Cuetten  fjielt;  bie  3)arfteEung  ift  ftar  unb  ge= 
brängt.  Unzweifelhaft  mar  beeren  berechtigt,  fjieran  bie  oebeutenben  (Jrwar= 
tungen  zu  fnüpfen ,  weld)e  er  in  ber  Sßorrebe  aulfbract).  5J}.  fjatte  bann  bal 
©lücf,  fogleid)  ju  einer  Aufgabe  berufen  p  toerben,  meiere  gerabe  tut  feine 
eigentr)ümlid)e  Begabung  ganz  befonberl  geeignet  mar.  ©erabe  um  biefelbe  &\t 
fjatte  ber  greifjerr  Dom  Stein  ben  großartigen  Sßtan  einer  Sammlung  ber 
beutfcfjen  ©efcfjicfjtiquelten  bei  Mittelalter!  gefaßt,  unb  am  20.  Januar  1819 
bie  ©efettfdjaft  für  ältere  beutfcfje  ©efd)icf)tSfunbe  geftiftet.  (51  tonnte  nicfjt 
fehlen,  baß  man  naef)  jener  Sctjrift  in  $.  einen  Dorzügticfj  geeigneten  Mitarbeiter 
ernannte,  unb  all  SSücfjeler  um  jur  £f)ei(nar)me  an  ben  arbeiten  aufforberte, 
anttoortete  er  am  5.  $uti  1819  mit  freubiger  3ufümmun9  unb  erbot  ficr)  zur 
Bearbeitung  ber  micfjtigften  Schriften  aul  ber  farotingiferjen  5]ßeriobe.  Stein 
felbft  Torberte  itjn  am  21.  S)ecember  nid)t  nur  zur  Ueberna^me  ber  Scf)riftfteller 
aul  ber  farolingifctjen  -}>eriobe,  fonbern  aucr)  zu  einer  Greife  nacr)  Söien  auf  zur 
2)urcr)forfd)ung  ber  öofbibtiottjef.  SDiefe  9£eife,  roetetje  aucr)  nad)  anberen  Si= 
btiotfjefen  in  Defterreicfj  unb  nad)  Italien  aulgebcfjnt  mürbe,  mar  bie  erfte, 
roetcfjer  ficr)  eine  lange  üleifje  weiterer  gorfcfjunglreifen  angefdjloffen  t)at,  nacr) 
ben  Derfctjiebenen  33ibliotfjefen  2)eutfd)lanbl,  nad)  Italien,  granireief)  unb  Sng= 
lanb.  üDer  macfjfenbe  5Rufjm  feinel  tarnen»  unb  feine  bebeutenbe  s4krföntict)feit 
bafjnten  ifjm  bie  2Bege,  weldje  bamall  noct)  bem  $orfd)er  meit  größere  Sd)roie= 
rigfeiten  boten  all  föäter,  unb  mit  unermüblicrjer  Xtjätigfeit,  fomie  mit  größter 
Sorgfalt  burcfjforfcfjte  er  bit  fjanbfcfjriftlicfjen  Sdjäfee,  meiere  nod)  niemals  ju 
biefem  3^ecr  aiiigefudtjt  waren,  ßafytreiclie  Gmtbecfungen  belohnten  feinen  (Sifer, 
unb  feine  2Xr>fdt)riften  unb  33ergleict)ungen  finb  Don  mufterfjafter  3uDerläffigfeit. 
Siefe  (Jigenfctjaften  traten  fcfjon  in  feinen  erften  Dteifebericfjten  fo  ftar  fjerDor, 
baß  ifjm  nad)  feiner  9tücfferjr  Don  ber  9teife  bie  Ötebaction  fomofjl  be§  .£mubt= 
merfel  Wie  bei  SlrcfjiDl,  ber  3eitf($rift,  wetcfje  baffelbe  Dorbereiten  füllte,  über* 
tragen  Würbe.  61  ift  buretjaul  fein  Sßerbienft,  baß  nun  an  bie  Stelle  unfierjeren 
Jlaftenl  bie  rafetje  zielbewußte  2lulfül)rung  trat,  baß  1826  ber  erfte,  1829  ber 
Zweite  93anb  erfetjeinen  tonnte,  gtt  bem  Doüfommen  richtigen  ©efütjl,  baß  Dor 
allen  Singen  ein  wirflicf)er  Anfang  gemacht  werben  muffe,  martete  er  nid)t,  bil 
bie  Vorarbeiten  für  ben  überaus  fcrjmierigen  ätteften  Zeitraum  ieT^g  |ejn  ^j^., 
ben  —  fie  finb  e§  noct)  jettf  nierjt  — ,  fonbern  bearbeitete  bie  farotingiferje 
»periobe,  für  wetetje  er  rjintängticrj  gerüftet  war.  3um  etften  5Jca(  würben  rjier 
mittelaiterücr)e  ©efcrjicrjtSquetten  mit  ber  Dollen  Dr)i(ologifcr)en  Sorgralt  be^an= 
belt,  welche  bi»  baljin  nur  claffiferjen  Tutoren  gewibmet  war;  feft  unb  ficr)er 
wirb  tjier  fcf)on  ber  fpäter  immer  unberbrücrjlicr)  feftge^attene  ©runbfa^  befolgt, 
nacr)  Unterfucrjung  aller  ,!panbfcr)riften  nur  ben  ätteften  unb  beften  2ejt,  in 
mancfjen  gälten  bie  Urfc^rift  felbft,  ju  ©runbe  3U  legen,  bie  2lbmeid)ungen  ber 
anberen  «ipanbfc^tiften,  bod)  nid)t  ol)ne  Derftänbige  2lu§wa^l,  anzugeben  unb  $u 
berücfficfttigen ;  ferner  aud)  für  ben  ^nr)alt,  fo  Diel  Wie  irgenb  möglief),  bem 
Urquell  nad)3ugef)en,  unb  jebe§  nad)wei§bar  abgeleitete  Stücf  auefj  all  foldjel 
ju  bezeichnen,  dagegen  ift,  wal  für  ben  rafetjen  gortfcliritt  bei  Söertel  burc^= 
aul  notb,Wenbig  ift,  Don  tiefer  eingetjenben,  tür  ben  näcrjften  3®^  nidjt  erfor= 
berlidjen  facfjlicrjen  Unterfudjungen  abgefer^en.  '$.  §at  rjiermit  für  bal  ganje 
Untemeljmen  bal  maßgebenbe  sUtufter  aufgeftellt;  bie  Sammlung  ber  ätteften 
3lnnalen,  meiere  ben  Eingang  bitbet,  ift  eine,  wenn  man  ben  bamaiigen  3uftanb 


408  $«&■ 

bet  ^Jubticationen  ermägt,  erftauntidie  £eiftung  unb  überragt  alle  früheren 
arbeiten  im  t)5d^ften  ©rabe.  Saburd)  erft  mürbe  bie  9Jcögtid)feit  gegeben,  nun, 
unterftütjt  burd)  neue,  zum  £b,eil  bon  it)in  fetbft  gemachte  gunbe ,  aud)  roieber 
barüber  tjinausgerjen  ju  fönnen.  2)affelbe  gilt  bon  ben  barauf  folgenben  3roei 
23änben  ber  Leges,  meldje  jefet  mangelhaft  erfdjeinen ,  bamals  aber  ebenfalls 
einen  großen  gortfdjritt  barftettten  unb  lange  3"*  ber  gelehrten  Arbeit  großen 
Rutjen  gebracht  fjaben.  3>n  biefeu  Sänben  Ratten  nur  $lb.  bon  2lr£  bie  ©anct= 
gatter  Quellen,  SDarjtmann  bie  Vita  Anskarii,  .\U\u\t  ben  Benedictus  levita  be- 
arbeitet. 2Bar  anfangt  borjüglid)  auf  Uebernaljme  bieler  2lusgaben  burd)  be= 
fveunbete  ©eleb,rte  gerechnet  morben ,  fo  geigte  fid)  bod)  balb ,  baß  biefe  ttjeils 
nierjt  bie  richtige  9JMt)obe  ju  treffen  mußten,  trjeits  itjre  ^ufagen  nidjt  ein* 
hielten;  nur  ßappenberg  (f.  9t.  SD.  93.  XVII,  707)  b>t  in  fortgefe^hr  freunbfdjaft» 
lieber  23erbinbung  mit  $.  eine  größere  2Injar)l  norbbeutfetjer  ©efdjidjtsquetten 
fetbftänbig  bearbeitet.  Uebrigens  aber  ermies  es  fid)  als  nottjroenbig,  jüngere  .£>itfs= 
arbeiter  anjunerjmen,  metdje  Reifen  für  bas  Unternehmen  ausführten  unb  in  ein* 
beitticfjer  2öeife  bie  ausgaben  bearbeiteten.  23eu)mann  unb  SBaitj  eröffneten  in 
ausgezeichneter  SBeife  bie  Reitje  berfelben,  benen  2Jßilmans,  Äoepfe,  Söattenbad),  J3taffe 
u.  a.  fid)  anfdjloffen.  3fn  enger  fjfreuubfdijaft  mar  ty.  berbunben  mit  $.  5-  23oef)mer 
(f.  21.  2).  39.  III,  76),  tuetcfjer  mit  it)m  nad)  ©tein's  £obe  bie  SDircction  leitete, 
fo  grunbberfdjiebcn  aud)  it)re  natürlichen  21nlagcn  unb  it)re  ©eiftesrid)tung  maren; 
iöoetjmer  tjatte  bie  21bt()ei(ung  ber  $aiferurfunben  übernommen  unb  tjat  t)ier 
burdt)  feine  Regeften  epodjemadjenb  gemirft,  mätjrenb  511  21usgaben,  mie  fie  für 
bie  Monumente  bertangt  mürben,  Ü)m  bie  ptjitotogifctje  ©djulung  ferjtte. 

giadj  ber  Rüdfetjr  bon  feiner  elften  Reife  (1823)  mar  «ß.  als  2hd)ib= 
fecretär  in  ^annober  angeftetlt,  nad)  bem  ßrfdjeineu  bes  erften  23anbcs  mürbe 
er  Sibtiottjelar  unb  2lrd)iüratcj ,  bann  aud)  9Jcitgtieb  bes  Dberfdjulcotlegiums 
unb  |)iftoriograpt)  bes  ©efammttjaufes  23raunfd)meig=£üneburg.  $n  biefer  6igcn= 
fdjaft  öorjüglid)  manbte  er  fid)  ben  l)interlaffcnen  Sdjriften  bon  Seibnij  3U  unb 
ermarb  fid)  ein  großes  23erbienft ,  inbem  er  beffen  Annales  Imperii  Occidentis 
nad)  langer  Verborgenheit  enbtid)  ,uim  SDrurf  bradjte,  ein  fet)v  bebeutenbes  unb 
aud)  nad)  meb,r  als  t)unbert  3»al)ren  nidjt  unbrauchbar  gemorbencs  Söerf.  3>m 
2f.  1832  mar  ^3.  aud)  ^Dtitglieb  ber  jmeiten  Kammer  ber  tjannoberfdjen  ©tänbe* 
berfanunlung  unb  begrüubete  bie  £mnnoberfdje  Leitung,  in  rocldjer  er  mit  feinen 
greunben  bie  3bcen  Steine  jur  ©eltung  ^u  bringen  fudjtc  unb  für  gemäßigten 
^ortfdjritt  auf  conferbatiber  ©runblage  mit  3freimuttj  eintrat;  in  Sarjtmann's 
Seben  bon  ©pringer  ift  mandjeß  barüber  zu  finben.  sJJcit  beut  llmfdjmung  ber 
S)inge  burd)  Ghrnft  2lugufts  Regierungsantritt  1837  mürbe  nidjt  nur  folctjer 
SBitlfamfeit  ber  93oben  entäogen,  fonbem  ty.  aud)  ber  Stufcntfjalt  in  ber  ^eimatr) 
berleibet,  fo  ba§  er  gern  einer  Berufung  nad)  23erlin  als  Oberbibtiottjefar  mit 
bem  Sitel  eines  ©et).  £)berregierungsrau)es  folgte  (1842).  £)ier  trat  er  in 
lebhaften  freunbfdjafttidjen  Söerferjt  mit  ©abignt),  9ftan!e,  .^omerjer,  ben  ®ebrü= 
bem  ©rimm,  unb  ben  übrigen  Vertretern  ber  bamals  lebhaft  angeregten  miffen= 
fd)aftlid)en  Stjätigfeit,  mcld)er  aud)  politifd)  liberale  Seftrebungen  nid)t  fehlten. 
Ülamentlid)  beteiligte  fid)  $.  an  ben  Semüt)ungen  aur  33efferung  ber  s^eB= 
berljältniffe,  unb  pr  ©rünbung  einer  auf  conferbatiber  ©runblage  bod)  refor= 
matorifdjen  3eitfd)rift,  meld)e  an  ber  33ebenf(id)feit  ber  Regierung  unb  anberen 
^inberniffen  fdjeiterte.  ty.  mar  ftreng  conferbatib  gefinnt,  aber  im  ©inne  bes 
greit)errn  bom  Stein,  meldjer  ib^m  immer  bas  rjer^lidjfte  JBo^lmolIen  bemiefen 
tjatte,  unb  ben  er  im  tjödjften  ©rabe  beretjrte.  6r  betrachtete  es  besljalb  aud) 
als  feine  tjeilige  tpflidt)t,  baZ  Seben  beffetben  ju  befdjreiben,  unb  führte  biefe 
2lufgabe  mit  berfelben  ©eroiffenb^aftigfeit  burd) ,  meldje  alle  feine  arbeiten  aus* 
jjetdjnete.     Sangc   freilidi   blieb   it)m   bie  Senufeung   ber  mid)tigften   2lctenftüde 


$etfc-  409 

üerfagt,  unb  et|"i  ber  übrigens  üon  itjm  entfd^ieben  üerwonenen  9teüotution  üon 
1848  üerbanfte  er  beten  ungefunberte  Senutmng.  ftodj  in  bemfelben  $arjre 
üeröffentlict)te  er  Stein's  S)enf|d§riften  über  beutfc^e ,  insbefonbere  üteußifcrje 
Söerfaffung,  unb  üon  1849 — 1855  erfdjien  in  6  Sänben  bie  große  Sebens* 
befcrjreibung  bei  greirjerrn.  Sie  SBirfung  berfelben  war  fetjr  groß,  weil  bamals 
notf)  wenig  autfjentifcfje  Dcadjricrjten  über  biefen  fjoct)Wict)tigen  ^traum  an§ 
£ict)t  gebrungen  waren,  unb  ty.  mit  rüfjmenswerttjem  ^reimutfye  allei  mittfjeilte, 
ot)ne  ju  Tragen,  ob  er  fu'er  ober  bort  2tnftoß  erregte.  3)aju  fam  bie  gewaltige 
*Perföntict)feit  beZ  Cannes ,  fein  marfiger  Stil.  S)ie  Verarbeitung  bes  Stoffel 
freilief)  mar  nid)t  feljr  ju  rüt)men,  befdjränfte  fiel)  aber  aucrj  meifiens  baraut, 
bie  33rie»e  unb  2tctenftücfe  aneinanber  3U  reiben ,  unb  man  blatte  alten  Srunb, 
banfbar  bafür  }u  fein,  baß  biefe  fo  unöerfür^t  gegeben  würben.  2öeit  Weniger 
befriebigte  bie  fdjon  in  leerem  Filter  unternommene  SBiograütjie  öon  ©neifenau, 
üon  toelc^er  3  Sänbe  in  ben  $ab,ren  1864 — 1867  etfä)ienen  finb. 

Sn  jener  geit  ber  50er  Safyxe  ftanb  ty.  auf  ber  £)ör)e  feine!  Dtutjmes  unb 
2lnf  erJens  im  ^nlanb  wie  im  2lustanb;  Oon  unermübltdjer  2trbeitsfraft,  burdj 
bebeutenbe  neue  Sntbecfungen  in  faft  jebem  neuen  Sanbe  ber  Monumenta  ben 
Sdjatj  ber  ©efctjid£)t§queEen  oermef)renb.  üDurd)  bie  (äinjelausgaben  ber  wictjtig= 
ften  Cuettenf  dritten  in  Dctaü  fieberte  er  biefen  eine  ausgebreitete«  SBirfung,  unb 
in  nodj  tjötjerem  ©rabe  erreichte  er  biefen  ^xotd ,  aud)  fjierin  einen  ©ebanfen 
bes  Stifters  ausfüfjrenb ,  burd)  bie  Oon  itjm  betoirfte  unb  geleitete  Sammlung 
ber  Ueberf etjungen ;  benn  üon  ben  auf  bem  Xitel  genannten  Männern  ift  er 
allein  für  biefe  Sadje  wirflid)  trjätig  gewefen.  2lts  Mitglieb  ber  Slfabemie  ber 
ÜJÖiffenfdjaiten  t)at  er  eine  9teit)e  üon  Unterfudjungen ,  anfnüpfenb  an  neu  auf= 
gefunbene  Socumente  alter  unb  neuer  §e\i,  üorgetragen  unb  üeröffentlictjt.  2lud) 
in  bie  üon  $önig  Mar  üon  SBaiem  geftiftete  ljiftorifdje  Sommiffion  mürbe  er 
1858  berufen  unb  befudjte  beren  Verfammtungen  regelmäßig  bis  1870. 

Stein's  £eben  enttjätt  audj  bie  ausgiebigften  Ücacfjridjten  über  bie  @nt= 
ftermngägefdndjte  ber  „Monumenta  Germaniae" ;  biefe  betrachtete  5ß.  redtjt  eigent= 
lict)  als  ein  23ermäd)tniß  üon  Stein ;  es  ift  unglaublid),  was  er  bafür  mit  fetjr 
geringen  Mitteln  unb  mit  rjöctjft  befdjeibenem  Grtrag  für  fidj  felbft  geleiftet 
tjat;  ju  3eiten  tjaben  fogar  er  unb  Soeljmer  nod)  ^ufdjüffe  ju  ben  Soften  ge= 
geben.  2lber  er  glaubte  ficrj  audj  fonft  an  bie  ©runbfätje  be§  Stifters  gebunben, 
nierjt  nur  inbetreff  bes  üielfadj  getabelten  golioformates ,  fonbern  aucrj  barin, 
baß  üon  bem  gefammetten  Material  üor  ber  ^ubtication  nicfjts  mitgeteilt 
toerben  burite.  So  fam  es,  baß  bie  widjtigften  gelehrten  Sdjäfee  ganjen  ©ene= 
rationen  üorentfjatten  blieben,  unb  baß  unter  ben  fyacfjgenoffen,  toeld^e  bas 
Unternehmen  freuöig  begrüßt  unb  nacb  sJftöglitf)feit  geförbert  Ratten ,  eine  ^u= 
neljmenbe  Abneigung  entftanb.  ©benfomenig  tonnte  er  fiel)  entfcrjtiefien ,  felbft 
bem  ifjm  fonft  am  näctjften  fteljenben  SBai^  eine  ©inroirfung  auf  bie  Seitung 
ber  Saclje  einjuraumen.  5Rit  bem  Sllter  rouerjs  bie  ir)m  üon  51atur  fcljon  eigene 
Statrrjeit,  unb  üon  bem  äöunfcrje  eriüllt,  feinem  So|ne  ^arl  bie  91acb/otge  3U 
fiebern,  fuctjte  er  bie  biefem  weit  überlegenen  Mitarbeiter  in  untergeorbneter 
Stellung  ^u  galten.  ^Jtamenilicb,  fein  SJertjältniß  %u  $affe  fteigerte  fid)  bii  jum 
erbittertften  ^>affe,  unb  fetjabete  iljm  in  fjoljem  ©rabe  in  ber  Meinung  ber 
3eitgenoffen.  2lucr)  in  ber  Seiluug  ber  fönigt.  Sibliotl^ef ,  um  toetcr)e  er  fidj 
üiele  unb  große  Sßerbienfte  erworben  l)at,  trat  boct)  immer  merjr  ein  autofra= 
tifetjes  233efen  Ijerüor,  welctjes  iljm  bie  Jper^en  feiner  Beamten  entfrembete;  nad)= 
bem  fidj  bann  auef)  bie  Sctjwäcrjen  bes  Otters  in  feiner  2tmtsfüt)rung  fühlbar 
mactjten,  würbe  er  1873  üenfionirt. 

S)ie  Sirection  ber  Monumenta  Ijielt  er  nadj  bem  2obe  Soerjmer's  (1863), 
Welcrjer  aber  aud)  feinen  Sinfluß  barauf  geübt  t)atte ,   altein  in   ber  §anb ,  unb 


410  5Pejatotriu§. 

nur  nominell  bitbete  er  fid)  autelt  ein  2)trectorium  otjnc  mirflid)c  Irjätigfeit 
ober  Sefugniffe.  ©d)on  lange  war,  anfangs  nod)  am  SunbeStage,  am  eine 
2lenberung  bitfeS  5}er£)ättniffeS  eingearbeitet  Worben;  nad)  ber  33itbung  beS 
neuen  9teid)eS ,  Wetd)eS  jur  befferen  $ortTüt)rung  beS  Unternehmens  bebeutenb 
größere  ÜJlittcI  jju  gewähren  bereit  mar,  mürbe  an  biefe  ©ewätjrung  bie  5ße= 
bingung  einer  neuen  Drganifation  gefnüpft,  welcrje  nad)  tangen  SBettjanbtungen 
unter  QJermittelung  ber  Wfabemie  ber  2öiffenfd)aften  im  $.  1875  jum  2lbfd)lufj 
fam.  äßaitj,  ber  anfangs  ber  tjertiorragenbfte  Mitarbeiter  gewefcn ,  unb  immer 
in  freunbfdjajttidjen  33e^ict)unQen  geblieben  mar,  audj  fortwätjrenb  nod)  bebeutenbe 
arbeiten  für  baS  grofje  2Berf  ausgeführt  t)atte,  übernahm  ben  23orfit$  ber  neu= 
errichteten  ßentralbirection ,  Weldjer  aud)  ty.  angehörte,  otjne  jebod)  fid)  nodj 
wirftid)  beteiligen  ju  fönuen.  %m  2f-  1876  wollte  er  nad)  einem  2üif  enthalt 
in  £egernfee  nod)  einmal  mieber  an  ben  ©itmngen  ber  f)iftorifd)en  Gontmiffion 
in  Mündjen  tt)eilnet)men,  aber  faum  bort  angelangt,  würbe  er  Don  einem 
©djtagflufj  betroffen,  welcher  am  7.  October  feinem  Seben  ein  Gntbe  madjte. 

*ß.  war  in  erfter  Gf)e  1827  mit  $ulia  ©arttett  t>ermat)tt,  meldje  er  in 
SpariS  fennen  gelernt  tjatte;  bon  i()ren  brei  ©öljnen  ift  ©eorg,  metctjer  jwei 
®ebid)tfammtuugen  IjcrauSgegeben  tjat,  1870  bor  bent  23ater  geftorben.  2)er 
attefte  ©otjn  $arl,  Mitarbeiter  an  ben  „Monumenta  Germaniae",  33ibtiott)ef= 
fecretär  unb  ^tofeffor  in  ©reifSwatb ,  julctjt  in  (SeifteSt'ranfrjeit  üerfatlen,  tjat 
eine  9Ibt)anbtung  über  bie  ÄoSmograpfjie  beS  2tett)icuS  gefdjrieben  unb  bie 
bon  feinem  ÜBater  entbecftcu  Fragmente  beS  ÖraniuS  SicintanuS  entziffert  unb 
IjerauSgegeben ;  feine  Ausgabe  ber  mevomingifdjcn  ÄönigSurfunben  beranlafjte 
nid)t  unbegrünbeten  Jabel.  9lud)  ber  iüngfte  ©or)n,  ^»ermann,  Weldjer  als 
^ngenieurmajor  ben  preufjifdjen  .ftriegSbienft  Perlaffen  t)attc,  ift  fctjon  am 
11.  September  1881  geftorben.  ftadj  bem  £obe  feiner  erften  £$fiau  bermät)lte 
ty.  fid)  1853  mit  Seonore  Corner,  meldje  mit  itjren  2öd)tern  ifjn  überlebte. 

@.  $.  $erfe'S  Seben  unb  litt.  Söirtfamfeit,  bon  Äarf  5)3erü.  SÖiffenfd). 
Seilage  ber  fieipä.  3eitung  1882,  9tr.  65—67.  --  SSriefe  ber  33rüber  3acob 
unb  2öilt)elm  ©rimm  an  it)n,  baf.  Wr.  91—93.  —  Wefrolog  öon  SB.  b.  ©iefe- 
bredjt,  ©ifcungSberidjte  ber  Mund),  «fab.  1877,  ©.  65—74.  —  2ö.  2lrnbt, 
^m  neuen  Üieid)  1876,  II,  ©.  651—657.  —  2ßaife,  fteueS  Skdjib ,  II, 
3.  451—473,  bor^ügtid)  über  feine  SJerbienfie  um  bie  Monumenta  Germaniae. 

äöattenbad). 
^ciaroöillö :  $aul  s$omian  *p.,  auS  abiigem  ©efd)ted)t,  luitjerifdjer 
2t)eologe,  geb.  ben  18.  5e&ruai:  1^50  äu  9cifolatfcn  in  Oftpreufeen,  als  ©ot)n 
be§  ©eniorS  ber  preu|ifd)en  ©eiftlidjfeit ,  Gilbert  s^omian  ty. ,  ber  bei  feinem 
Sobc,  im  103.  3at)re  feines  ÖebcnS,  im  72.  feineS  ^rebigtamtee,  10  Äinber 
unb  96  ßnfet  t)intertie|.  9iadj  tl)eologifcr)em  ©tubium  in  AJönigSberg  1676 
Magifter,  1678  ©ubinfpector  am  ttjeologifdjen  (Sonbict,  mürbe  er  1682  infolge 
tjeftigen  ©treitenS  gegen  bie  ©rjnfretiften  feines  2imteS  entrjoben.  ßinige  ^fatjre 
fn'elt  er  fict)  tb,eitS  auf  beutfctjen  Uniüerfitäten ,  tb.eitS  in  Jpottanb  unb  (Juglanb 
auf ,  bis  er  fid)  in  9toftod  nieberlie^.  Slud)  tjier  erregte  er  ©treitig!eiten ,  fo 
baf}  gegen  feine  Ernennung  jum  ^ßrofeffor  ber  Geologie  Söibcrfprudj  ertjoben 
würbe,  infolge  beffen  er  im  ^a^xt  1686,  flagenb  über  bie  33ebrüdung  ber  reinen 
Setjre,  Üioftorf  berlie^.  Vlaü)  turpem  ^lufentljalt  in  ©reifsroalb,  SBittenberg  unb 
Seipyg,  l)ielt  er  fid)  wieber  mef)rere  Sfarjrc  tu  \gwHanb  unb  ©d)Weben  auf. 
3urürfgef etjrt ,  fötjntc  er  fid)  mit  ben  Ötoftocfer  s^rofefforen  auS,  uadjbem  er 
de  paradiso  infernali  ber  datirttner  biSputirt,  unb  Würbe  1696  jum  ©octor  ber 
Ideologie  promobirt.  3>n  bemfelben  Si^re  würbe  er  erfter  Pfarrer  am  S)om  in 
Königsberg,  Mitgtieb  beS  GonftftoriumS  unb  aufeerorbenttid)er  s}>rofeffor.  3lm 
18.  Januar  1701   affiftirte  er  ben  beiben  33ifd)öfen  in  ber  ©djtofjfircrje   bei  ber 


W%.  411 

Krönung  beä  elften  J?öuig»  öon  $reuj$en.  -peftige  Ausfälle  auf  ber  .ßanjel 
öerantaßten  nad)  öergebticfjen  3)ermai)nungen  feine  jeitroertige  Slmteenttjebung. 
jpeimtict)  öeitiejj  et  im  Shiguft  1707  feine  ©emeinbe;  obg(eicf)  bei  Äönig  it)n 
jur  9tüd:fer)r  aufforberte,  entfagte  er  öon  Hamburg  au»  im  fjfebruar  1708  feinem 
2tmt.  @r  ging  nad)  Sctjroeben ,  too  er  jefm  ^afjre  als  Prof.  theol.  honor.  an 
ber  Uniöetfität  öon  llpfata  befonber§  fdjriftftetlerifd)  roirfte.  3m  Satjre  1718 
feixte  er  nad)  Seutfdjtanb  gurütf,  um  für  feine  erfctjütterte  ©efunbtjeit  in  SSäbern 
■Öeitung  ju  fudjen.     2tm  3.  Secember  1723  ift  er  in  Bresben  geftorben. 

24  Srutffcrjriften ,  meift  bogmatifd)en  unb  potemifdjen  ^nfjalts.  33gt. 
3öd)er  III,  1413.  —  ©ete^rtes  «Preußen  II,  6.  St.  S.  410  unb  III,  4.  St. 
S.  202.  —  9tanfft 's  Sebcn  fädjfifdjer  ©otteigelet)rten.  —  Sammlung  bon  Sitten 
unb  "Keiien  Sachen  1724,  S.  977.  —  ©ebfer,  ©efd)icr)te  ber  Somfirdje  2.  352. 

Gart  2Ufr.  ö.  £afe. 
$eflfj:  ©eorg  ^.  ($efd)in),  ein  beutfd)er  ßomponift  au§  ber  SJtitte  beä 
16.  ^arjrtjunbertS,  DDn  oem  tforfter  in  ben  4.  2t)eU  feiner  Sieberfammlung  Don 
1556  bas  Sieb  ,,©tüd,  tjoffnung  gib,  ftunb  roeit"  unb  in  ben  5.  Streit  (1556) 
ba§  Sieb  ,,-)]cein  .»petij  fett  tjin  in  großem  teib"  aufgenommen  tjat.  °$m  erfteren 
ift  er  ©.  5ßefd),  im  letzteren  ©eorg  ^efd)in  gewidmet.  SSetoeife  für  bie  ^bentität 
ber  beiben  Tanten  tjahe  id)  nidjt,  boct)  liegt  bie  Sermutfjung  fetjr  natje,  bafj  e£ 
ein  unb  berfetbe  ßomponift  ift,  mit  beffen  9camensfct)teibung  man  e§  nid)t  aüju 
genau  genommen  tjat  (f.  toeiter  unten).  Seibe  ionfätje  finb  einfad)  contra^ 
punetifd)  gefangreid)  gefcrjrieben,  roeid)  in  ber  Stimmung  unb  öon  rounberbarem 
äßotjtftange,  eine  Sigenjdjaft,  bie  in  ber  (Jotftet'fc^en  Sammlung  nidjt  attju  oft 
anjutreffen  ift,  benn  bie  9taut)eiten  unb  «gärten  finb  in  ber  3eit,  auä  ber  gorfter 
feine  Sammlungen  gufammenfteftte ,  nod)  öorf)crrfct)enb.  Sie  2Iet)ntid)feit  ber 
beiben  Sieber  in  itjrer  roeidjen  metobifdjen  Stimmung  ift  einer  ber  erften  ©rünbe, 
ben  $efd)  unb  ^efctjin  für  ein  unb  benfetben  ßomponifien  ^u  rjatten.  Soci) 
bamit  finb  bie  Steten  über  benfelben  nod)  lange  nid)t  gefdjtojjen,  benn  es  reit)en 
fief)  biefen  beiben  tarnen  nod)  brei  anbere  an,  bie  id)  nid)t  anftetje,  bemfetben 
Gomponiften  ju^ufcrjreiben.  gorfter  tjat  nämtid)  im  1.  ürjeite  feiner  Sieberfamm= 
(ung  öon  1539  jroei  Siebet  unter  9tr.  22  unb  113  aufgenommen,  öon  benen 
er  bas  Sieb  „öfraro  id)  &in  euer)  öon  tjerjen  t)ott"  einem  ©regor  ^efttjin  ober 
v}>efd)in  unb  „Dtag  ictj  auftudjt  in  etjr  unb  .judjt"  einem  ©regor  s$itfd)ner  ober 
i^eftrjin  jufd)reibt;  ferner  öeröffenttidjt  ber  Stugsburger  S)rucfer  Ätiefeftein  1540 
ein  Sieb  „5Jcic§  freist  ungtücf  fo  öaft",  tDetctjes  er  mit  ©regor  ^öfefun  jeictjnet. 
bann  befinbet  fict)  in  ber  Staatebibtiottjef  in  ^tünetjen,  im  Gober  61,  eine  Üfteffe 
öon  ©regorio  ißefdjin;  ganj  befonbers  tjat  aber  ber  Sautenift  £ct)fentt)un  in 
•peibelberg  it)n  öereroigt  unb  in  fein  1558  erfcrjienenee  Sautenbud)  13  für  Saute 
arrangierte  Motetten  unb  Sieber  aufgenommen,  bie  fiel)  unter  gof.  38,  59, 
61 — 65,  74,  79  unb  80  befinben.  @r  nennt  ifm  einmal  ©regor  ^pefctjin,  bann 
roieber  ©regor  ^etfcfcjin.  Sa  felbft  Dctjfenftjun ,  ber  it)n  mutrjmafjticrj  gefannt 
tjat,  ba  er  eine  große  3)ortie6e  für  it)n  geigt ,  in  ber  SctjreibtDeife  be§  ^amene 
roecr)felt,  fo  ift  es  rjeute  nietjt  met)r  möglict) ,  roenigften§  öorläufig ,  ben  eigent= 
lict)en  tarnen  feftjufte'tten ,  boct)  möcfjte  ict)  nod)  rjin^ufügen,  bafj  nic£)t  ©eorg, 
fonbern  ©regor  roorjl  fein  richtiger  Vorname  ift,  ba  ber  (etjtere  öorioiegenb 
gebrauetjt  roirb.  53on  ben  beiben  obigen  Siebern  au§  gorfter,  fcr)lie^t  fict)  btä 
leitete  im  6t)arafter  benen  üon  ©eorg  ^efef)  an ,  roäfjreno  baZ  erftere  im 
einfaetjen  Srjoratftite  gehalten  ift,  mit  ben  $aufeneinfct)nitten  nact)  jebem  35erfe. 
Sie  übrigen  oben  angeführten  Gompofitionen  tjarren  noct)  einer  Prüfung.  Dcur 
über  bas  Sieb  im  .v?rie§ftein  jagt  Stmbrol:  „Slusgejeicrjnet  fctjön,  ju  fctjön  für 
ben  bie  SSerberbttjeit  ber  Sßelt  bejammernben  lert." 

9t ob.  Sitner. 


412  $eföed. 

^cfdjCCf:  Gtjriftian  21  b  o  1  f  ^3-,  toerbientet  $rotnn(}ialf)iftoriter,  ftammte 
bon  einet  börjmifdjen  ©rulantenfamilie  aus  ber  ©egenb  bon  ßöniggrätj ,  bie 
mit  bem  grofjen  9ted)enmeifter  Grjriftian  $efd)ed,  feinem  Urgrofjbater ,  in 
ber  füblidjen  Oberlaufitj  rjeimifctj  geroorben  roar,  unb  tourbe  am  1.  fyebruar 
1787  -}u  ^onöbotf  als  ©ot)n  beS  bamaligen  Pfarrers  (irjriftian  gfriebrid)  $. 
geboren.  sJ3iit  ben  Altern  1795  nad)  ©rofjfdjönau ,  1796  nad)  Zittau  über- 
gefiebelt,  roo  nad)malS  —  1816  —  ber  33ater  bis  jum  Pastor  Primarius  auf* 
flieg,  erhielt  er  pnädjft  l)äuSlid)en  Unterrid)t  unb  befud)te  bann  1799—1805 
baS  ©tymnafuim  unter  9tubolpl)S  9tcctorat.  2Bie  fetjr  ber  93atcr  in  bem  ©otjne 
fd)on  batnalS  ben  t)iftorifd)en  unb  litterarifdjen  ©inn  getoedt  t)atte ,  betoieS  ber 
letztere  bereits  als  ©d)üler  burcr)  eine  f leine  Arbeit.  Dftern  1805  bejog  er  bie 
Uniberfität  Söittenbcrg,  um  fid)  nad)  ben  Slrabitionen  feiner  gamitie  —  aud) 
bie  Butter  mar  eine  *PfarrerStoct)ter  —  bem  ©tubium  ber  Geologie  ju  toibmen. 
SBefonberS  anregenb  roirften  t)ier  auf  U)n  5)3ölit$  unb  Jpcubner.  Dbrool  er  fid) 
bem  bamatS  aud)  in  SBittenberg  borroiegenben  Nationalismus  nierjt  nnfdjlofj,  fo 
blieb  er  bod)  3eit  feines  £ebenS  jeber  intoleranten  Sluffaffung  abfjolb ,  roie  es 
feine  milbe,  tjcrföcjnlicrje  Statur  verlangte.  S)er  9IuSbrud)  beS  Krieges  bon  1806, 
ber  balb  aud)  SBittenberg  berührte,  nötigte  irjn  jur  -jeitroeitigen  Otüdferjr  nad) 
ber  Heimat!).  9cad)bem  er  bann  1808  jum  Magister  lib.  art.  promobirt  roor= 
ben  mar  unb  5lbril  1809  in  55reSben  baS  (Jramen  für  baS  geiftttdje  2lmt  be* 
[tauben  tjatte,  ging  er  nad)  3^ttau  prüd  unb  fanb  rjicr  ^fult  1811  eine  2ln* 
ftettung  als  Hilfslehrer,  5Rärj  1818  als  Oberletrrer  an  ber  neuorganifirten 
©tabtfd)ule,  übernahm  aber  fd)on  im  !£eceTnber  1816  baS  Pfarramt  in  Süden* 
borj  unb  Dtybin,  bid)t  an  ber  bötjmifdjen  (Stetige.  9tad)  aerjnjäljriger,  rreilid) 
oft  red)t  befdjroerlidjer  ütfjätigfeit  in  ber  ferjönen  ©ebirgSeinfamleit  trat  er  1826 
feinem  greifen  Sater  als  ©ubftitut  an  bie  (Seite  unb  übernahm  nad)  beffen 
balbigem  £obe  (im  4Jtobember  beff.  SatjtcS)  1827  bie  ©teile  beS  $ated)eten  unb 
beS  3iid)trjaU2prebigerS.  fQon  biefer  flieg  er  1831  3um  jroeiten,  1840  jum 
erften  2)iafonuS,  1854  jum  2lrct)ibiafonuS  auf,  mobei  er  augleid)  einige  ^aljre 
Ijtnburd)  als  9teligionSler)rer  am  ©d)ullel)rerfeminar  mirlte.  ©ein  2Imt  natjm 
*ß.  nid)t  berattig  in  Slnfprud),  bafj  er  nid)t  reid)ltd)e  $tit  <}u  roiffenfd)aftlid}er 
unb  titterarifdtjer  2;r)ätigfeit  gefunben  t)ätte ,  auf  bie  ttm  eine  alte  unb  tief 
gemurmelte  Neigung  tjinroieS,  unb  fein  glüd(id)eS  Familienleben,  baS  er  1814 
burd)  bie  Skrmärjlung  mit  Henriette  2lugufte  ©öffcl,  ber  £od)ter  beS  Pfarrers 
in  ßnbau  begrünbete,  ertrielt  itjm  bie  Apeiterleit  unb  3rifd)e  beS  ©eifteS,  bie 
SöorauSfetmng  foldjer  Slrbeit.  (5r  mar  ein  9Jcann  bon  umfaffenbftem  Sintereffe, 
in  ben  antifen  Sitteraturen  ebenfo  belefen  roie  in  ber  mobernen,  aud)  beS 
gfranjöfifdjen ,  @nglifd)en ,  3ttalienifd)en  unb  etroaS  aud)  beS  ßjedjifdjen  funbig 
—  fein  jagebud)  führte  er  feit  ber  ©tubentenäcit  in  englifdjer  ©pradje  — , 
überaus  fteifjig,  ein  bieneneiniger  ©ammler  unb  babei  bon  ebenfo  großer  2eid)= 
tigfeit  in  ber  fd)riftftellerifd)en  ^ßrobuetion ,  mie  erfüllt  üon  bem  Söebürfntjj  ^u 
einer  folctjen.  @r  ^at  mit  nidjt  toeniger  als  53  3"Md)tiften  in  Serbinbung 
geftanben  unb  mürbe  besrjalb  aEmärjlid)  in  15  gelehrten  ober  gemeinnü^igen 
©efellfdjaftcn  ein  gefdjä^teS  ^Jlitglieb ,  unterhielt  aud)  bis  an  fein  Gmbe  eine 
ausgebreitete  ßorrefponbenj ,  inSbefonbere  mit  bö^mifd)en  unb  fäd)fi|d)en  ©e* 
letjrten.  2lm  näd)ften  ftanb  itjm  natürlid)  bie  Oberlaufiteifdje  ©efeÜfd)aft  ber  9Biffen= 
fdjajten  in  ©örlilj,  ber  er  feit  1824  als  roirilidjeS  sFtitglieb  angel)örte  unb  bereu 
Organ,  baS  „9teue  2aufiüifd)e  TOagaäin",  er  1832—1834  felbft  rebighte.  3u= 
gänglid)  unb  gefällig  roie  er  roar,  obroorjl  er  eines  gemiffen  tjarmlofen  ©elbft» 
geiütjtS  feiueSroegS  entbehrte,  unterftütjte  er  gern  aud)  bie  arbeiten  anberer. 
©eine  eigenen  beroegten  fid)  in  ja^Hofen  Sluffäfeen  unb  felbftänbigen  ©d)riften 
beS  Oerfdjiebenften  UmfangeS  auf  einem  ferjr  auSgebetjnten  ©ebiete,  aud)  auf  bem 


Werf.  413 

tt)eologifcf)en  unb  päbagogifctjen  —  mir  ettoä^nen  öon  folgen  nur:  „$efu§  unb 
bie  grauen.  Sin  2tnbadjt§Duc£)"  3^tau  1819,  bai  audj  ins  ^ollänbifctje  über= 
fefct  tourbe,  „9flenfct)etitoertb,,  in  Scjatfadjen  unb  SBorbitbern  bargefteüt.  Gin 
Sefebucb/',  3tttau  1820  unb  „Äonfefftonifcüd&tein",  3ittau  1830  —  aber  am 
tieöften  concentrirte  er  feine  toirflictj  tüiffenfcfiaftUd^e  Stjätigfeit,  ju  bereu  görbe= 
rung  er  trotj  fctjmalen  (5infommen§  felbft  nicijt  unbebeutenbe  becuniäre  Dpier 
braute,  botft  auf  bie  ©efct)ict)te  feiner  rjeimattjticijen  2anbfcr)aft  unb  (Statt  unb 
30g  auctj,  toa§  bei  ben  rjiftorifdjen  33eaiefjungen  ftcr)  bon  felbft  ergab,  bie  be§ 
benachbarten  33öb,men,  roenigften§  in  einzelnen  9tict)tungen ,  mit  in  ben  jhete 
feiner  ©tubien,  toie  er  benn  aucb,  gern  unb  tjäufig  bort  toeilte ,  wo  noctj  fein 
Dtationalitätenftreit  ben  friebtictjen  Sßerfetjr  beutfctjer  unb  cjecrjifcrjer  ©eletjrter 
ftörte,  unb  aatjfreidje  Sßerbinbungen  mit  folgen  anfnübjte,  ju  benen  er  fcfjon  in 
öücfenborf  ben  ©runb  gelegt  tjatte.  ©anfbar  t)at  er  namentlich  ftet§  bie  #ör= 
berung  anerfannt ,  toelcfje  jatjtreid^e  9Jtitglteber  ber  börjmifcrjen  Slriftofratie  iljm 
gemährten.  3>n  Per  ©efdjictjte  3^auS  unb  ber  Cbertaufttj  tjat  er  ficf)  eine  fo 
umfaffenbe  $enntnifj  ertoorben,  toie  fie  toarjtfcrjeinlicb,  toeber  bor  ifjm  nocfj  nact) 
ifjm  irgenbtoer  befeffen  tjat.  @r  berfätjrt  ntcfjt  immer  fritifct),  in  ber  Inorbnung 
be§  ©toffcä  oft  merjr  fäjematifct)  at§  tjiftorifcb,  unb  liebt  e§  ptoeilen,  in  betmg= 
lictjer  S3reite  ficf)  ju  ergeben,  üerfällt  toofjt  aucfj  in  einen  erbaulichen  £on ,  too 
er  nicrjt  gerabe  fjingefjört ,  aber  immer  ift  bie  gütte  be§  toorjtgeorbnetcn  '»Fcate= 
rial§  erftaunlidj,  oft  faft  erbrücfenb,  unb  bie  bebeutenbften  feiner  Söerfe  auf 
biefem  ©ebiete  fjaben  trotj  mancfjer  Mängel  bie  gorfdjung  nitfjt  nur  aufter^ 
orbentlictj  geförbert  unb  toeiteren  Unterfudjungen  eine  fidjere  (Srunblage  ge= 
fcfjaffen,  fonbern  3Utoei(en  fie  fo  gut  toie  abgefdjtoffen.  ©einem  ©eburtSort  unb 
ber  ©tätte  feiner  erften  getftlictjen  SBirffamfeit  toibmete  er  mehrere  fleinere  Sit* 
beiten  („©efcrjidjite  bon  ^jonSborf  bei  3ittau",  3-  1835,  „©efdjidjte  ber  ^ird)e 
ju  Sücfenborf",  3-  1839);  befonber§  aber  regte  itjn  bie  fjerrticfje  9ruine  ber 
Sölefttnerfirctje  auf  beut  Drjbin,  bie  ^u  feinem  Sürfenborfer  !ßfarrfprfnget  ge= 
fjört  t)atte.  ju  immer  erneuter  gorfdjung  unb  5Darftellung  an,  bie  er  bann  in 
ber  ,,©efct)ic£)te  ber  Göteftiner  be§  £)t)bin§"  1840  jutn  2tbfcrjlufe  braute.  Ser 
CrtSgefdjicrjte  3ittau§,  ber  freilief)  burcf)  ben  SBranb  bon  1757  bie  urfunbticfje 
©runblage  jum  guten  Stjeil  entzogen  toorben  ift,  toanbte  er  ficf)  fdjon  1823 
mit  ber  ©cfprift  „betrug  bon  3ittau"  ju;  1834  unb  1837  erfctjien  bann  in 
ätoei  ftarfen  SSänben  fein  „.gmnbbucf)  ber  ©efdjtdjte  öon  3ittau",  eine§  feiner 
•Öaubtroerfe,  ba§  ü£)anf  ber  gutle  be§  ©toff§  immer  eine  ebjrenüoEe  ©tette  unter 
ben  beutfcfjen  ©tabtgefcrjictjten  einnehmen  mirb  unb  ba§  itjm  öerbienterma^en 
ben  Sfjrenbürgerbrief  ber  ©emeinbe  eintrug  (1839).  ©0  rechte  ©tjrcntage  ^ür 
ib,n  mürben  begfjalb  auctj  bie  beiben  @rinnerung§fefte ,  bie  er  noct)  in  f)öt)erem 
Sllter  erleben  burfte,  ba§  600jä^rige  Jubiläum  ber  ©rünbung  3^iau§  °ur(^ 
Äönig  Dttofar  II.  bon  Söfjmen  im  2luguft  1855,  ba§  bie  ©tabt  u.  a.  burcf) 
einen  großen  bjiftorifdjen  geftjug  unb  einen  geftactuS  beging,  unb  bie  f)unbert= 
jährige  ©ebenffeier  ber  Störung  ber  ©tabt  burct)  bie  öfterreicrjifcfje  23efct)ie§ung 
am  23.  $uü  1757.  33eim  erfteren  b>lt  ty.  in  ©egenroart  be§  bamaligen 
jhonbrinaen  albert  bie  geftrebe ,  bk  bann  auctj  im  S)ruc£  erf(f)ien  („Äönig 
Cttofar  II.  unb  bie  33egnmbung  ber  ©tabt  3ittau",  1855),  bei  ber  feiten  bie 
geftprebigt  („^ßrebigt  am  tjunbertften  Sßranbgebäctjtni^tage",  1857),  aHerbing§ 
metjr  eine  fjiftorifctje  Sarftellung  al§  eine  geftprebigt.  S)er  allgemeinen  ©efctjic&te 
ber  Oberlauf^  gehören  bann  arbeiten  an  toie  bie  ^reisfctjrift  ,,©efctjicf)te  ber 
Üioefte  in  ber  £aufit}'\  ©örli^  1836  unb  mehrere  bei  feinem  2obe  nur  b,anb= 
fcfjriTtüctj  im  Slrctjiö  ber  Cberlaufitjer  @efetlf(t)aTt  ju  ®örli|  bortjanbene,  fo  bie 
„Siteratur  be§  oberlaufi|.  3lbel§"  1835,  „9tepertorium  ber  tjiftorifctjen  Literatur, 
bie   Dbertaufi^    im   allgemeinen  betr."    1837,    „Siteratur    ber    oberlaufi^ifctjen 


414  »cd. 

SDörfer"  1840  u.  a.  W\t  befonberer  Vorliebe  roanbte  fid)  ty.  fpäter  ber  @r= 
forfdjung  ber  böljmifdjen  (Gegenreformation  unb  itjrer  sJiüd!roiruing  auf  bie 
l'aufitj  unb  auf  6ad)fen  3m  SBieS  ifjn  bod)  auf  bieje  bie  ©efd)idjte  feiner 
eignen  Familie ,  bie  er  aud)  metjrfad)  in  fleinen  ®elegcnl)eitSfd)riften  bcljanbett 
l)at,  roie  bas  bei  feinem  ausgeprägten  Familiensinn  natürtid)  mar.  %m  3. 
1844  Veröffentlichte  er  in  jtuei  33änben  bie  ,,©efd)id)te  ber  Gegenreformation 
in  S3öt)iuen",  1857  erroarb  er  fid)  mit  feiner  Arbeit  über  „bie  bötnnifdjen 
Mutanten  in  ©ad)fen"  ben  5ßreiS  ber  ^abtonoroSfi'fdjen  ©efetlfdjaft,  beibe* 
SOßerfe,  bie  itjm  einen  baueinben  tarnen  fidjerten.  S)er  erfteren  ©djrift  roorjt 
fyauptfädjlid)  öerbanfte  er  bie  @t)rc  ber  Ernennung  jum  Dr.  theol.  burd)  bie 
ttjeologifdje  gacultät  ber  Uniüerfität  Seip^ig  an  ßuttjcr'S  breitjunbertjätjrigem 
SobeStage  1846.  —  s$.  blieb  banf  feiner  überaus  einfachen  unb  ftreng  geregelten 
SebenStoeife  bis  in  fein  fpäteS  Wtter  förperlid)  unb  geiftig  rüftig,  tljeUnebmenb  für 
bie  öerfdjiebenftcn  ^ntereffen  unb  unermübtid)  ttjätig  bis  an  fein  @nbe.  S)ieS  tarn 
bann  rafd)  über  ifjn.  (Sr  tjatte  nod)  bie  ^rebigt  für  baS  sJteformationSfeft,  baS  in 
©adjfen  am  31.  Dctober  firdjtid)  begangen  mirb,  niebergefdjrieben  unb  nod)  am 
24.  Dctober  einen  Vortrag  im  „herein  für  roiffenfd)afttid)e  Unterhaltung",  ju 
beffen  eifrigften  lUitgliebern  er  gehörte,  gehalten,  aber  am  uädjften  Sage  fdjon 
erfranfte  er  an  einer  tjeftigeu  öruftfellentjünbung,  bie  feinem  £eben  am  borgen 
beS  3.  9coobr.  1859  ein  3«!  le^e.  1861  t)aben  feine  CanbSteute  „beut  raftlofen 
gorfd)er  in  ber  ß>efdjid)te  beS  $aterlanbeS,  ber  Jpeimatt)  unb  beS  Drjbin"  auf 
bem  a3erge  fetbft  untneit  beS  Eingangs  ^ur  Sölcftinerfirdje  ein  S)enfmal  gefegt, 
äu  bem  2)onnborf  bie  SBüfte  (in  23ronce)  lieferte. 

53gl.   Jpird)e,    tRebe    jum   IHnbcnfen    beS    Dr.  theol.   et  phil.    Gtjriftian 

2lbolpt)  *ßefd)ed,    gehalten   am    11.  3lpril  1860  in  ber  115.  Jpauptperfamm= 

tuug  ber  Oberlauf,  ©ef.  ber  2Biff.     Vlngerügt   ift   ein  3)er,jeid)nijj    aller  litte= 

rarifdjen    arbeiten    $efd)eifS,    3.  £1).    nad)   feiner   eigenen   sJtiebeifd)rift.  — 

4j>.  Äaemmel,    De  vita    studiisque   Cbristiani  Adolphi  Pescheccii.     Oratio  in 

gymnasio   Zittaviensi    habita    22.  Decbr.    1859,    beibeS   im  „bleuen  £aufitj. 

9Jtagajin"  93b.  37,    1860.  —   9Ubum  beS  ©PmnafiumS   3U  Zittau,    l)vögeg. 

bon  £).  f^friebricJ)  (1886)  <B.  110.  30.    Einzelnes  nad)  gainilienmittt)eilungen 

unb  eignen  Erinnerungen.  O.  Äaemmel. 

iMdjctf:    6 fj r i f t i a n   Sluguft   5p.   mürbe   am   29.  SDecember    1760    3U 

(Sibau  bei  oittau  geboren,    reo   fein  33ater  bamalS  Pfarrer  war.     S)iefer   folgte 

balb  einem  Wufe  nad)  3i"au^  Ull°  fyer  erfjielt  ber  ©oljn    tl)eilS  burd)  ben  Don 

feinem   alteren   33ruber  unb    bon  Ganbibaten   erteilten  ^riöatuntcrridjt,    ttjeilS 

auf  bem  ftäbtifdjen  ©timnafium  feine  93ilbung.     ©eine  poetifd)e  Begabung   trat 

fdjon  tjier  öielfad)   3U  Sage,   unb  ber  Sert    ju   ber  Gantate,   bie   jur  geier  beS 

SEefdjener  griebenS  in  Qiüau  aufgeführt  warb,  roar  öon  $.  gebidjtet.     @r  müV 

mete  fid)  in  £eip,}ig  unb  nad)malS  in  33ertin  bem  ©tubium  ber  sJftebtcin,  empfing 

1784  bie  ©octorwürbe  unb  lief}  fid)  bann  in  feiner  Sßaterftabt  als  Slrjt  nieber. 

2[m  3f.  1795  erging  an  itjn  ber  9tuf,    bie   fäd)fifd)e  2lrmee  als  ^elbmebicue  ju 

begleiten.     6r  folgte   bemfelbcn  unb   tjatte  fo    Gelegenheit ,   bie   fdjönen  Ütl)ein= 

unb  9Jiaingegcnben    fennen   3U   lernen,    roäljrenb    feine    Familie   einftmeilen    in 

SreSben  rool)nte.     2lud)  1796   rjielt   i^n   fein  Seruf  in  ber  gerne  feft.     $.  Ijat 

in  biefen  getbjügen  biel  leiben,  felbft  baS  gefätjrlidje  unb  tangmierige  ßajaretl)= 

fieber   burdjmadjcn   muffen.     %\n  %.  1798   roätjlte    er  3^tflU   wieber   ^um  Ort 

feiner  2Birffamfeit   unb    übernahm   t)ier    1802   aud)   baS  ©tabtp^rjfifat,    baS  er 

bis  1825  befleibete.    S)ann  trat  er  in  ben  Ütutjeftanb  unb  taufte  fid)  in  SBeiStit; 

bei  2)ot)na  ein  Sanbgut,  in  beffen  23eroirtl)fd)aTtung  er  für  bie  Sage  feines  SllterS 

eine  angenetjme  93efcrjäTtigung   3U   finben  Ijoffte.     £>od)  überzeugte    er  fid)  balb, 

bafj  bie  Öanbroirtt)fd)aft   aud)    anbere  «Seiten   t)abe   als    nur    poetifd)e,    berlie^ 


WM-  415 

batum  SSeistiK  unb  30g  1828  rtadj  Shesben,  100  er  ben  ©tubien  unb  üttera= 
tifdjen  23efct)äftigungen  lebte  unb  am  29.  ©eptcmber  1833  ftarb.  —  Sß.  war 
ein  bielfeitiger  ©djriftftelter.  33on  feinen  mebtcinifdjen  Söerfen  ifi  fein  „SBörter* 
bud)  ber  -gmusatjneifunbe"  (II,  180Ö — 1802)  ba§  bebeutenbfie.  ©eine  Romane 
(2)ie  unbefannte  Stonne",  1781  —  „®as  Sägermäbdjen,  für  @mpfinbfame  unb 
©pöttler",  1782  —  „ftrifc  Don  S^appelwalb",  1783  —  „£t)eobor,  ober  bie 
Stadje  bes  ©djidfals",  1784  —  „^tjitipp  unb  ^acobine",  1782)  finb  otS  un= 
reife  Sugenbprobucte  längfi  ber  23etgeffeni)eit  anheimgefallen ;  bagegeu  erregten 
feine  „©idjtetifdjen  Äriegsgemälbe"  (1782)  eine  um  fo  längere  Slufmertfamfeit, 
Weil  bie  poetifdje  Sitteratur  an  SDidjtungen  biefer  ©attung  eben  nidjt  reid)  mar. 
2>ie  $riegsfcenen  be§  baierifdjen  ßrbfolgefrieges  Ratten  i|m  ben  ©toff  baju  ge= 
boten.  ©iefer  2>id)tungen  wegen  Warb  er  aud)  in  Berlin  bem  Könige  gfriebtid) 
bem  ©tofjen  porgeftettt.  ©eine  SJtonogtapfjie  „©et  Drjbin  bei  3ittau ;  Staub* 
fdjlofi,  Älofter  unb  Staturwunber"  (1793)  b>t  biet  jur  23erii^mtr)ett  biefes 
Ortes  beigetragen,  unb  feine  „Saufitüfdje  S3tonatsfdjrift,  ober  Beiträge  3ur  natür= 
litten,  öconomifdjen  unb  potitifdjen  ©efdjidjte  ber  2aufit$"  (3  $at)rgge.  1791  ff.) 
ift  aucr)  b,eute  nod)  für  ben  fyorfcrjer  üon  2öertt). 

Steuer  SMrolog  ber  ©eutfdjen,  3at)tg.  1833,  ©.  623  ff. 

5-  krümmer. 
s^C|"d)Cl:  $art  ©otttieb  $.,  ^ifiorienmaler,  geb.  ju  ©resben  am  31.  SJtärj 
1798  als  ©oljn  bes  lurfürftlid)  fätjfifdjen  tfinanjcalcutators  ©eorg  ©ottlieb  $., 
t  ebenba  am  3.  ^uli  1879,  tjat  fidj  auf  bem  ©ebiete  ber  religiöfen  Äunft  aus= 
geaeicrjnet  unb  gehört  in  bie  3at)t  jener  beutfdjen  Mnftter,  meldte  fiel)  in  ben 
erften  ^atjtäetjnten  bes  19.  3al)rt)unberts  in  Stom  jufammenfanben,  um  ficr) 
fjier  burd)  bie  Slnfctjauung  fübüdjer  Statut  unb  bas  ©tubium  ber  alten  ita= 
lienifcrjen  SJteifter  baju  au§3urüften,  bie  baterlänbifctje  $unft  neu  3U  beleben 
unb  aus  itjrem  3uftanbe  ber  33erflact)ung  emporheben.  Grr  bermenbete  fein 
geringes,  aus  ben  ihiegsjeiten  übrig  gebliebenes  bäterlidjes  Srbitjeil,  nadjbem 
er  bie  ©resbener  Sltabemie  befudjt,  auä)  bereits  bei  9tusfüt)rung  ber  SBogeFfctjen 
©edengemätbe  im  ©djloffe  3U  Sßittniij  als  ©etjütfe  mitgeWirft  blatte,  jur  Steife 
nad)  Italien  unb  berbrad)te  üon  1825 — 26  ein  gtüdtidjes  ^afjr  in  Stom.  ©ein 
Segleiter  auf  ber  Steife  batjin  War  Slbotf  3iwmermann,  in  Stom  fetbft  empfingen 
ifjn  alte  unb  neue  gfreunbe.  SInton  ©taget  führte  itm  in  bie  tömtfdje  Äunfttoelt 
ein,  mit  Subtoig  Stiftet  fnüpfte  fiel)  ein  2?ert)ättnifj  ber  fjfreunbfdjaft  an,  bas 
als  ein  überaus  inniges  wätjrenb  ber  ganjen  Sebensjeit  ber  beiben  S3tänner 
fortbauerte.  Stad)  feinet  Stüdfunft  in  bie  Jpeimatl)  falj  fid^  ty.  anfänglich  ge= 
nötigt,  feinen  llntetrjalt  buref)  bemalen  öon  ©ct)nupftabaföbofen  ju  Perbienen. 
Slber  fdjon  ba§  erfte  S3ilb,  toeld^eö  au§3ufür)ren  itjm  bie  Stotf)  bes  Sebene  ge= 
ftattete,  eine  Stebeffa  am  SSrunnen,  erntete  Slnerfennung,  würbe  Pom  fäcfjfifcfjen 
^unftPerein  angefauft  unb  ermöglichte  i^m,  eine  feiner  unwiirbige  xljätigfeit 
aui^ugeben  unb  gang  jur  Äunft  3urücf3ufe|ren.  (Jr  würbe  nun  bei  Slusmalung 
be§  .jpärterfd)en  römiftt)en  Kaufes  in  Seipjig  neben  ©enelli  befcl)äf tigt ,  ber  be= 
fannte  ^unftfreunb  Sodann  Öotttob  Pon  Quanbt  lie|  auf  ©cjjönfjölje  bei  3)it» 
tetöbaef)  unweit  ©tolpen  einen  ©aal  im  Unterftod  eines  1833  bafelbft  errict)= 
teten  Sfmrmbaues  bon  ib,m  mit  grescogemätben  nact)  ©oetl)e'fct)en  ©ebicr)ten 
ausfcrjmücfen ,  unb  als  et  an  bet  Stesbenet  Slfabemie  Stactjfotget  bes  im  $• 
1837  Perftorbenen  ßljtiftian  ©ruft  ©töljet  als  brütet  3ei^enmeMier  würbe,  er» 
öffnete  ftä)  i^m  an  biefer  Slnftalt  eine  eb^renboüe  2aufbal)n.  Sine  Steige  größerer 
fünftterifetjer  Slrbeiten  entftanb  wätjrenb  ber  langen  ®auer  feine!  Sebens,  bi§  in 
fein  t)ot)es  Sitter  fteigerte  fictj  nur,  befonbers  in  feinen  3eic£|nungen,  bie  ©cr)ön= 
Ijeit  feiner  ©atftellungsweife.  Unter  anberem  malte  er  für  bie  ^iretje  in  Sluer^ 
bad)   im  2)ogttanb    ein  Slttargemälbe ,    bie  SStutter  ©ottes   mit    ber  Seictje    bes 


416  $eföcl. 

.»peitanbeS;  jmei  Silber  öon  itjm  auS  ben  i^arjren  1845  unb  1851,  2)em  *ßatri= 
arcfjen  Siacob  erfdjeinen  auf  feinem  Su%t  nad)  bem  gelobten  Sanbe  bie  ©nget 
©otteS  unb  kommet  rjer  ^u  mir  aße ,  bie  iljr  mütjfetig  unb  belaben  feib  ,  id) 
toitt  eudj  erquiden ,  famen  in  bie  2)reSbener  ©alerie.  5Durd)  SSeröielfältigung 
mürben  öon  iljm  aufjer  anberen  SBerfen,  meldte  tljeitS  öon  if)tn  felbft  unb 
$.  Söittiarb  titljograpljirt ,  tljeilS  öon  Jpanfftängl  pljotograpcjirt  mürben ,  eine 
Jolge  öon  üDarftcttungen  ju  ütobiaS  (1830)  unb  bie  öon  3Inton  jhüger  in 
Tupfer  geflogenen  greSfen  öon  ©djöntjölje  befannt.  (£in  als  Äunftroerf  auS= 
gewidmetes,  öon  £$friebrid)  8eon  ^ßoljte  gemaltes  33ilbnifj  öon  u)m  erhielt  gleid)= 
falls  bie  2)reSbener  ©aterie. 

.£>.  ö.  ^riefen ,  ^tüdjtige  SSemerfungen  über  einige  ^freSfogemätbc  fluf 
ber  ©d)önf)öl>e  bei  ©itterSbarf),  im  £unft=33latt  1838  9tr.  64  u.  65  ©.258  f. 
unb  259  f.  —  3ot).  Äarl  ©eibemaun,  Ueberlieferungen  3ur  ©efdjidjte  öon 
6fd)borf,  2>ittcrSbadj  unb  Umgegenb,  2)reSben  1860,  SBurbadj,  ©.  166  f.  — 
2BÜ1).  Raulen,  greub'  unb  8eib  im  £eben  beutfdjer  ßünftler,  ftranff.  a.  Wl.  1878, 
©.  163  —  167.  —  allgemeinem  ßünftterlericon,  umgearbeitet  öon  31.  ©eubert 
35b.  3,  Stuttgart  1879,  ©.  53.  —  granj  ö.  9teber,  <$efd)id)te  ber  neueren 
beutfdjen  Äunft,  2.  31uft.,  33b.  2,  Seipjig  1884,  ©.  216  f. 

g.  ©djuorr  ö.  GarolSfelb. 
vl>c|d)Cl:  £)Sfar  <yerbinanb  ty. ,  fjeröorragenber  ©eograpt)  unb  Sßu&ticifi, 
geb.  am  17.  5Jlärj  1826  ju  Bresben,  t  am  31.  31uguft  1875  ,}u  Setb.jig. 
5ßefd)et'S  33ater  mar  Cfficier  unb  £et)rcr  an  ber  Gabettenfdmle  ju  Bresben,  ein 
5Rann  non  tjoljer  33ilbung,  feine  Butter,  eine  geb.  ©teinacter,  flammte  auS 
ßeip,}ig.  s$.  genofj  nur  bis  ju  feinem  14.  3far)re  ben  Unterließt  beS  ©nmna* 
fiumS  unb  trat  bann  als  Sefjrting  in  ein  $aufnianuSrjauS  ein,  meldjeS  er  nad) 
brei  ^aljren  öertiefj.  3rocUä^ifle  ^riöatftubien  befähigten  it)u,  1845  baS  216= 
folutorium  ber  Äreujfdjute  ju  SheSben  ju  erlangen,  3n  ^eibetberg  unb  Seip^ig 
roibmete  er  fiel)  ber  9ted)tSgetet)rfamfeit  unb  beftanb  fdfjon  am  19.  3luguft  1848 
bei  ber  ßeip^iger  3>uriftenfacu(tät  baS  Gramen  pro  praxi  juridica  et  notariatu. 
33e,jetd)nenb  ift  eS,  bafj  er  nur  roenige  äßodjen  fpäter,  am  8.  (September  beS= 
felben  ^atjreS  mit  einer  üDiffertation  „lieber  ben  33egriff  beS  üLragifctjen  im 
mobernen  5Drama.  Sine  ihitif  ber  3lriftoteüfd)en  $oetif"  bei  ber  Uniöerfttät 
$ena  in  absentia  promoöirte.  3fn  ber  £ljat  liegt  merjr  in  bem  bamit  gemonnenen 
ptjitofopljifdjen  üDoctor  als  in  ber  burd)  bie  juriftifd)e  Prüfung  erlangten  35e= 
fätjigung  ^um  ÜRidjter  ober  3(ntuatt  ber  Slbfdjlujj  ber  UniöerfitätSftubien  beS  in 
öielfeitiger  litterarifd)er  33eü)ätigung  fdjon  in  ben  erften  ©emeftern  fid)  er= 
gerjenben  Jünglings.  *p.  roar  nidjt  nur  als  „9tafeten  unb  ©ternfdjnuppen 
fprüßenber"  S)id)ter  öon  ^olterabcnbfdjer^en  im  Äreife  feiner  ffreunbe  befannt, 
fonbem  tjatte  fcr)on  1846  in  ihtranba'S  ©ren^boten  ^oöellen  öeröffentlidjt  unb 
fid)  au^erbem  im  ßuftfpiel  öerfudjt.  31ud)  fdjeint  nid)t  erft  baS  ©turmjatjr  1848 
itjm  bie  geber  beS  potitifdjen  ©d^riftftellerS  in  bie  £>anb  gebrüdt  ju  daben, 
benn  er  tritt  unS  in  einer  ßorrefponbenä  ber  3lllgemeinen  3eitUIlS  auS  ©erlin 
öom  9.  9toöember  1848  als  ein  auSgefprodjeneS  publiciftifdjjeS  Talent  ent= 
gegen.  S)iefelbe  befprietjt  baS  ßiftorifdje  @reigni&  biefeS  iageS ,  bie  35ertagung 
ber  preufjifd}en  ^iationalöerfammlung  unb  it)re  Verlegung  nad)  33ranbenburg  in 
bem  ©tile  eines  fetjr  toorjl  informirten  unb  über  ben  Parteien  fteßenben  5Berid)t= 
erftatterS,  melcrjem  tiefere  färben,  als  bie  joumatiftifdje  Palette  ju  tragen 
pflegt,  für  baS  (Srofee  biefeS  folgenreichen  äBenbepunlteS  in  5Preu|enS  ©efd)id)te 
jur  Verfügung  ftanben.  5p.  mar  am  22.  October  nad)  Berlin  gekommen,  blatte 
tjier  burd)  einen  glüdlidjen  3u!aß  <  ber  it)m  einen  Slbgeorbneten  ber  9tational= 
öerfammtung  jum  3immerna<^bar  gab ,  rafd)  3)erbinbungen  in  ben  politifd)en 
Greifen  gefunben,  unb  in  einigen  ßorrefponben^en  fo   ferjr  ^ur  3uiriebenr)eit  ber 


v-l*efäet.  417 

Allgemeinen  3e*IuriS  geatbeitet,  bafj  beten  tftebacteur  ©.  Äotb  if)m  @nbe  S)c= 
eember  eine  Stellung  bei  ber  9tebaction  anbot.  5p.  mar  um  bie  ^atjreSroenbe 
felbft  nad)  Augsburg  gcfommen ,  mo  er  eine  3ei^ang  ben  „beutfctjen  Artifel" 
beforgte,  —  bon  Lettin  au§  tjatte  5p.  auctj  gelegentlich  über  fäctjfifctje  2}ert)ätt= 
niffe  getrieben  —  um  bann  ein  %al)x  lang  t>on  Sßien  aus  ju  correfponbiren. 
6r  feixte  1850  nact)  Augsburg  in  bie  SJtebactionsfiube  jurücf  unb  berroeilte  in 
berfelben  bis  jum  Auguft  1854.  2)as  Stjolerajatn:  blatte  in  ben  Stab  ber  3111= 
gemeinen  3eitung  Surfen  geriffen.  5p.  fjatrte  au§  unb  leitete  eine  geraume  3^tt 
bie  5lebaction  bes  grofjen  mistigen  Blattei,  greitjetr  bon  ßotta  üergafe  if)m 
nie  bie  Dpfer.  roetcfje  er  in  bietet  ferneren  3°^  gebracht  unb  als  bie  9iebaction 
beS  mit  bei  Stilgemeinen  3eiIunS  eng  üericrjtoifterten  „AuSlanb"  im  Auguft  1854 
burctj  ben  Job  bes  öerbienten  Dr.  öbuarb  äöibenmann  eilebigt  mürbe,  übernahm 
5p.  bie  bon  5JJtännern  berühmteren  Samens  ummorbene  Stellung  bes  ßeiterS 
ber  3U  jener  $t\t  einzigen  beutfctjen  3e'tf^r^t  füt  8änber=  unb  5ßölferfunbe. 
S)ie  Kummer  48  beS  1854er  ^atjrganges  ift  bie  erfte,  meiere  er  mit  feinem  tarnen 
äeicrjnete.  ^n  biefe  3e^  oe*  ^n  publiciftifctjen  Ifjätigfeit  fällt  5pefctjers  S3er= 
mätjtung  mit  (Caroline  greiin  b.  ßönitj  im  «Ipeibft  1852  unb  bamit  bie  ©rünbung 
eineg  .«pauSftanbes,  beffen  Segen  in  Sein  bamats  nodj  fteinen ,  an  äußeren  An* 
regungen  armen  Augsburg  boppelt  rootjltljätig  empfunben  matb.  (£ng  befreunbet 
mit  ben  geiftoollen  unb  öielfeitigen  Seitern  ber  Allgemeinen  3^itung ,  in  regem 
SBerfetjr  mit  ben  Mitarbeitern  beS  AuStanb ,  üon  roelctjen  bie  meiften  im  Saufe 
ber  %a$xt  (benn  Augsburg  mar  bamalS  noct)  ein  5Dtittelpunft  bes  norbbeutfcl)* 
unb  öfterreict)ifcrj=fübbeutjc^en  SBerfetjteS)  bie  ©aftfreunbfetjaft  beS  bielgepriefenen 
5pefct)erfct)en  Kaufes  genoffen  fjaben,  bie  eifrigen  Stubien  buret)  jä^rtidt)  roieber= 
fetjrenbe  Reifen  in  bie  Alpen,  an  ben  9tt)tin,  nactj  granfreict),  Snglanb,  Italien 
unb  buref)  bie  betjaglictje  Arbeit  im  ßausgarten  untetbreetjenb ,  fütjrte  5p.  in 
Augsburg  ein  fctjöneS  Seben,  beffen  ibrjliifctjen  O^eoen  in  ben  erften  äetjn  $atjren 
nur  bie  Sorge  um  bie  niemals  fetjr  fräftige  (Sefunbtjeit  beS  arbeitfamen  unb  bis 
jur  Erregung  lebhaften  5DcanneS  einige  ÜJlale  umtoölfen  tooltte.  SSergeffen  mir 
nietjt  nacbjutjolen,  bajj  5p.  ein  tieferes  ^nteteffe  für  $otfStoirtf)fct)aft  tjegte,  baS 
in  ber  faufmännifetjen  unb  inbuftriellen  (Jntmicflung  AugSburgS  manctjeS  An= 
jietjenbe  fanb.  5p.  mar  urfprünglict)  Sctjufe.jöflner ,  liefe  fiel)  1852  in  (Jnglanb 
burdj)  5£önnigeS  jum  greitjanbel  befetjren  unb  getjörte  ju  ben  53erttjeibigern  beS 
SolloereinS  in  ber  fctjroierigen  3eü  beS  brot)enben  3"faÜe8.  5p.  erlebte  ben 
Sriumpl),  baß  bie  jäljeften  ©egner  beS  3°^üeteing  ^n  am  ®noe  oe5  -^ompfei  um 
feinen  Statt)  bei  ber  Stbfaffung  einer  Petition  um  @rtjattung  be§  3ottoeiein§  baten. 
Saffelbe  ^ntereffe  mie  für  bie  potitifdjen  Angelegenheiten  betb^ätigte  5p.  jeitteben§ 
auetj  für  bie  Dotfimirtrjfdjaftlidjen.  2tts  er  bereits  bas  StuSlanb  leitete,  fctjrieb 
er  nodb^  oftmals  9tuffäfee  über  ba§  ©olb ,  über  fragen  be§  SöeltberfetjrS ,  ber 
StuSroanberung  u.  ätjnt.  3tls  er  bann  ätoan^ig  ^atjre  fpäter  in  Seipjig  SBor= 
tefungen  über  (Juropäifctje  Staatenfunbe  |iett,  famen  auetj  biefe  Sorftubien 
feiner  prattifd)en  unb  roeitfinnigen  Stuffaffung  unb  ^etjanbtung  ber  potitifdjen 
©eograptjie  ^u  ©ute. 

S)ie  ßeitung  einer  3eit?<f)^ft,  metetje  fo  umfaffenbe  ©ebiete  mie  ßänber= 
unb  33ölferfunbe  nic^t  blofe  toiffenfctjaftlict)  gtünblidj,  fonbern  auetj  ftar  unb  in 
an^ietjenber  go^nt  ju  beb^anbetn  f)at,  unb  ebenbefetjalb  nic^t  auf  fie  ftet)  be= 
fct)ränten  barr,  fonbern  auf  alle  jene  5Jcacf)bargebiete  übergreifen  mufs,  auf  benen 
bie  Sßorausjetmngen  ber  ^Beurtljeitung  tänber=  unb  bölferfunblidjer  fragen  liegen, 
erforbert  bie  ganje  Arbeit  eines  5)Jtannes.  ^ßefdtjet'e  Vorgänger  in  ber  Üiebaction 
bes  StuSlanb  maren  ©etetjrte  bon  großem  9tufe  gemefen  unb  befonbets  Dr.  3Biben= 
mann,   beffen  Srbfc^aft  5p.    antrat,   galt  für   einen   ber   meiftroiffenben  Iftänner 

Mgem.  beutf^e  Siograp^ie.    XXV.  27 


418  Wei- 

bes» litterarifdjen  2)eutfd)lanbS  jener  Jage.  s4tefcfrjers  geograptjifcfye  Bilbung  toar, 
als  et  bie  9iebaction  beS  9luSlanb  übernahm ,  etft  im  Sterben.  91uS  ber  gett« 
gefd)icfcjte  rjatte  er  bie  Anregung  311m  ©tubium  ber  ©efd)id)te  ber  Dergangenen 
©efdjledjter  gefdjöpft  unb  fdjon  1852  fammette  er  Material  ju  einer  ©efctjicrjte 
ber  (Sntbedung  ^ImeritaS.  £)ie  4^u^ttcifti£  t)atte  itjn  ju  ben  Problemen  beS 
2Birtt)fd)aftSlebenS  Eingeleitet,  ©ein  fdjöpferifdjer  ©eift  ließ  itjn  ferjr  ftütje  bie 
2Bid)tigfeit  ber  ©tettung  tt)ürbigen,  xodäjt  bie  totrtt)fd)aTtlid)en  fragen  jeber^eit 
im  ßeben,  in  ber  ®efd)id)te  ber  s]Jtenfd)t)eit  eingenommen  tjaben.  £>ier  baute  fidj 
bie  Brüde,  auf  meiner  ty.  ben  ©djritt  auf  baS  eigentlid)  geograprjifdje  ^elb 
toagte.  Sr  felbft  bezeichnete  bie  llebernarjme  beS  ÄuSlanb  als  ben  toatjren 
beginn  feiner  roiffenfd)aftüd)en  Saufbaljn.  ^cidjtS  ift  inftructiber  als  bie  ^er= 
ausgäbe  beS  5luSlanb ,  fctjrieb  er  an  feinen  sJtad)folger  ö.  -ipetltoatb.  ty.  befaß 
ben  3le\$  unb  ben  SBiffenStrieb,  toeldje  nottjmenbig  toaren ,  um  biefe  3eitfdjrift 
felbftänbig  3U  leiten,  ©eine  fjfreunbe  rüfjmen  als  ein  „Clement  in  feinem 
Ojrunbdjarafter"  bie  Siebe  unb  ben  Srnft,  bie  er  auf  jebeS  ©tubium  bertoenbete. 
„2Benn  er  burcrj  irgenb  einen  3ufaß  barauf  fam,  oaß  it)m  bie  $enntniß  biefeS 
ober  jene§  2öiffenS  ferjlte ,  fofovt  ftürjte  er  fid)  mit  aller  s}Jtad)t  barauf.  Bei 
großen  (Sreigniffen  unb  3eitfragen  fudjte  er  ftetS  am  bie  Anfänge  jurucfju» 
fommen,  batjer  fein  in  jeber  Bejietjung  flareS  Urttjeil"  ( tfamilienaufjeicfjnungen). 
Bei  ber  ftebaction  beS  WuSlanb  liefen  ju  jener  3e^  alle  geograptjifdjen  @r= 
fdjeinungen  ber  beutfdjen  ßitteratur  unb  Diele  ber  'ranjöfifdjen,  englifdjen  u.  a. 
ein.  S)ie  Oteifebefcfjreibungen ,  toelctje  eine  ganj  anbere ,  toictjtigere  ©teile  ein* 
nahmen  als  jetjt,  ba  Diel  ntet)t  toiffenfdjaftticfjeS  Material  in  itjnen  Derarbettet 
tourbe,  lieferten  in  langen  SluSjügen  einen  großen  Üljeil  beS  ©toffeS ,  ber  bie 
©palten  biefer  3e^tf ct>rift  füllte.  ^-  legte  fid)  bie,  roenn  fie  gut  ausgeführt 
toerben  folt,  nidjt  leiste  Arbeit  ber  9luSlefe  unb  5ßerbtd)tung  großer  2t)atfacr)en= 
mengen  großenteils  felbft  auf  unb  bie  16  Bänbe  beS  2luSlanb ,  meiere  unter 
feiner  Öeitung  erfdjienen,  werben  bis  tjeute  gerabe  toegen  ber  conbenfirten  9teife= 
befcr)reibungen,  roeldje  fie  barbieten,  befonberS  gefdjätjt.  2)iefe  Arbeit  führte  ben 
jungen  Herausgeber  unmittelbar  in  bie  befte  geograprjifdje  ßitteratur  feiner  3^it 
ein.  3t)r  banfte  er  einen  großen  2t)eil  beS  reidjen  2BiffenS,  auf  meldjem  feine 
toiffenfctjaftlidjen  arbeiten  rutjen.  ©lüdlid)erroeife  toar  inbeffen  baS  2luSlanb  ju 
jener  3^tt  noef)  meit  entfernt,  eine  geograprjifdje  3eitfd)rift  im  engeren  ©inn  3U 
fein.  (SS  fdjloß  politifctje,  DolfSroirtljfdjaftlicrje,  felbft  f^öntoiffenfctjaftlidje  Sei* 
träge  unb  Betrachtungen  nidjt  aus.  Bei  biefen  modjte  ty.  in  ben  erften  $af)reu 
feiner  Üiebaction  Ütutjepunfte  ftnben.  3fn  ben  „^otitifcrp  geograpt)ifc^en  9iüd^ 
btiden"  fü^tt  man  bie  Siebe  burd) ,  mit  ber  ber  einftige  politifcb^e  ©cfjriftfteller 
jum  ßeitartifel  ^urüdfetjvte,  ber  freilid)  unter  feiner  .^aub  jum  $beal  Weit« 
blidenber  publiciftifdjer  Erörterung  fict)  ert)ob.  2öenn  mir  nidjt  irren,  fo  ift  ber- 
eifte felbftänbige  Beitrag,  roeld)en  ty.  feiner  3^tfd)nft  .jumanbte,  ber  9lüdblirf 
auf  bie  öfterreidjifdje  s$olitit  im  ^al)re  1854,  ein  glätueuber  3lmfa| ,  ber  biet 
3Iufmer£famfeit  erregte.  2lber  einige  Hummern  fpäter  finben  mir  bie  neue 
9tebaction  feb^on  bereit,  31t  einem  2luffatje  über  bie  alte  ©efdjidjte  ÜJiejifoS,  auS 
ber  5eoei-'  $arf  ^InbreeS  unb  ^»ermann  (5.  Suberoigs,  einige  fritifc^e  5lnmer= 
fungen  ju  geben,  roelctje  ^eugniß  ablegen,  baß  bem  jungen  ©eograptjen  eines 
ber  fdnoerfien  Probleme  ber  Bölferlunbe  nid)t  fremb  geblieben  mar.  @ine  gleid)= 
3eitige  S)arftetlitng  ber  geograpt)ifd)en  unb  politifetjen  Sage  DtußtanbS  unb  @ng= 
lanbS  in  3lfien  ift  öon  einer  Sluffaffung  ber  politifdjen  ©eograprjie  eingegeben, 
tote  fie  fo  tief  unb  geiftbolt  feinem  ber  bamaligen  beutfd)en  ^ad)geograp^en 
eigen  mar.  üDiefe  9lüdblide  maren  nidjt  bie  einzige  Neuerung,  toelctje  ty.  im 
2luSlanb  einfütjrte.  Biel  einfe^neibenber  toar  bie  fetjr  piel  auSgebeljntere  9)tit= 
arbeit  beS  9lebacteurS,  beren  ©puren   man  im  ^atjrgang  1855  in  einer  großen 


5PeföeI.  419 

Anäatjt  ber  öerfc^iebenattigften  Auffätje  begegnet  unb  roeldje  audj  in  aarjtreidjen 
Anmerkungen  ju  ben  eingefenbeten  Arbeiten  fid)  funbgiebt.  58is  311  feinem 
testen  3ftebaction^jat)r  fdjrieb  iß.  einen  großen  £t)eil  feiner  3eitfcr)rift  felbft.  Unb 
feine  ^Beiträge,  gro^e  unb  fleine,  roaren  für  bie  Sefer  ber  geitfdjrift  nie  3U  ber= 
fennen.  S)ie  JHartjeit  ber  Sarftetlung,  bie  imponirenbe,  bodj  oft  ötelleidjt  ju 
mettgetjenbe  Sidjerljeit  ber  Sefjauptung ,  bie  (Hegan<$  ber  Spradje  ftecrjen  fjetl 
b,erbor.  5ß.  mar  fein  fleifjigfter  unb  erfolgreidjfter  Mitarbeiter.  5Die  9tebaction 
bes  Austanb  unb  biejenige  ber  Allgemeinen  3eitung  roaren  feit  lange  eng  mit* 
einanber  üerbunben.  SBäfjrenb  jene  Auffätje  rjerübernatjm ,  meiere  für  bie  Alt= 
gemeine  Leitung  ju  geograpfjifcb,  gehalten  roaren ,  mar  ber  ütebacteur  bes 
Auslanb  Ütatrjgeber  unb  Reifer  ber  großen  3c^ung  in  Angelegenheiten ,  bie 
feinem  Oteffort  nafje  lagen.  3n  biefer  Verbinbung  tjat  iß.  bis  ju  feinem  3Seg= 
gang  öon  Augsburg  politifcf)  gefcrjriftftellert.  Aber  bk  Aufregung  biefer  £t)ätig= 
teit  lief}  itjn  bie  ruhigere  beim  Austanb  audj  gegenüber  todenben  Anerbietungen 
borjietjen,  roie  fie  öfter  an  it)n  herantraten.  Am  roenigften  berfütjrte  i^n  bas 
1855  ergangene  Anerbieten,  ein  in  ißaris  geplantes  offieiöfes  beutfetjes  33(att 
ju  leiten. 

5Die  „©efdjidjte  bes  3e^a^ct§  öer  ©ntbedungen"  (1858)  ift  in  tieferem  Sinne 
bie  eifte  roiffenfd;aTtlicrje  Arbeit  ißefcrjel's,  benn  an  iljr  rjat  er  feine  jfraft  nidjt 
blofj  bewährt,  fonbern  auet)  geflutt.  SDie  Vorarbeiten  ju  biefem  SBerfe  jeigen 
uns  toeit  über  bie  Sagesfdjriftftellerei  bjnausreidjenbe  ^ntereffen,  melden  fdjjon 
im  $.  1852,  alfo  lange  öor  Der  Uebernatjme  bes  Auslanb,  ber  bielfeitig  be= 
fdjaftigte  iftebacteur  feltene  iDcufjeftunben  mibmete.  S)te  Vibliottjefen  öon  Augs= 
bürg  unb  iDtünctjen  mürben  öon  it)m  mit  einem  ^leifs  unb  einer  Sorgfalt  burefj- 
gearbeitet,  roeldje  in  jjarjlreidjen  fauberen  ©rcerptentjeften  unfere  Verounberung 
erregten.  £)afür,  bafj  er  bem  bamatigen  preufjifctjen  ©efanbten  s3fttnutoli  am 
fpanifdjen  «g>ofe  in  ber  33ef  orgung  öon  Gorrecturen  betjilftid)  gemefen,  beforgte 
biefer  itjm  Abfdjriiten  in  fpanifdjen  Ardjiüen.  9Jtit  bem  Aufroanbe  eines  ge= 
toaltigen  Stf^Be*  jufammengettageneS  iücaterial  fügte  fid)  ber  in  einzelnen  Ab= 
fcrjnitten  fdron  früb,  üerfucfjten  Ausarbeitung  immer  öon  9teuem  an  unb  fdjob 
bie  Veröffentlichung  bes  Söerfes  um  fo  meejr  tjinaus,  als  ißefdjel's"  Sorge  fftx 
ftiliftifdje  Steinzeit,  roomöglid}  Scrjöntjeit  ein  leichtes  (Jinfdjieben  ober  Angüebern 
nidtjt  auliefj.  2)er  grofje  Vo^ug  biefes  SBerfes,  einrjeitlicb,  angelegt  unb  nadj 
einem  fefjr  flaren  5)3 taue  in  jebem  Abfctjnitt  twrmonifcb,  burdjgebtlbet  ju  fein, 
tritt  bei  bem  natje  liegenben  Vergleiche  mit  A.  b.  .gmmbotbt's  Examen  critique 
de  l'histoire  de  la  geographie  du  Xouveau  Continent  rafei)  in  bie  Augen,  -öier 
ift  nid^tö  öon  ben  2lbfcr)meifungen  in  tjunbert  fragen,  toelc^e  biefeS  teuere 
2öerf  ebenfo  belerjrenb  im  ©inselnen  mie  überfdjüttenb ,  ja  faft  öermirrenb  im 
©anjen  erfdjeinen  laffen.  i)3efcrjel'§  ®efcb,icr)te  mirft  al§  tjiftorifdjeS  Äunftmerf 
unb  fo  moüte  er  e§  aud)  angefefjen  toiffen.  At§  ^iftortfer,  nidjt  als  ©eograpt) 
tjat  er  biefen  großen  Stbfd^nitt  ber  3öeitgefd)ictjte  betjanbeit.  So  fa^te  er  fetbft 
jtdj  auf  unb  at§  bie  ^)iftorifcr)e  Gommiffion  itjm  ben  Amtrag  erttjeilte ,  eine  ©e= 
ferjid^te  ber  (Jrbfunbe  in  ^eutfcb^lanb  ju  fdjreiben,  ätoeifelte  er,  ob  bie  9Innarjmc 
3uläffig  fei,  ba  er  fid)  bod)  nur  at§  ^>iftorifer,  nierjt  als  ©eograp^  bemätjrt 
tjabe.  tiefes  33ud)  rjat  bas  roeitere  Verbienft,  bie  ^erföntidjfeiten  ber  6ntbecfer 
unb  öor  allem  bes  Kolumbus  fetbft  unbefangener  p  5etcr)nen,  als  es  bistjer  meift 
gefd)etjen  mar.  5ftid)t  überall  gefiel  es,  ba^  einige  gelben  um  einige  Stufen 
berabftiegen,  aber  bie  Söa^rtjeit  ber  ©efdjicrjtsauffaffung  t)at  burdj  ^efd^el's 
Arbeit  eubgültig  nur  gemonnen. 

5p.  empfanb  nad)  jebem  neuen  Söerf,  auf  beffen  Sßoüenbung  er  jurüdbtidte, 
eine  Sdnuädjung  feines  Körpers,    eine  (Srtatjmung  feiner  Spannfraft.     6s  mar 

27* 


420  $*föel. 

it)m,  als  ob  im  ©heben  unb  9hbeiten  fein  ©eift  an  bet  fd)toad)en  £ülle  jubiet 
gerüttelt  fyabe  unb  als  ob  nad)  jeber  großen  9lnftrengung  beibe  nur  in  tiefer 
SKulje  inS  ©leidjgetoidjt  roieber  fommen  fönnten.  3ebeS  ber  bier  ^auptroerfe 
*ß,efd)el'S  zeidjnet  nidjt  blofj  eine  neue  ©tufe  feiner  tr>iffenfd)aftlid^en  (Jntmidlung, 
fonbern  fdjeint  mit  immer  größerer  2lnftrengung  bem  fd)road)en  Körper  abge= 
rungen.  3m  ffaürjiatjr  1859  ftettte  fidj  jum  etften  SJtal  SBlutjpeien  ein,  baS 
nad)  einer  $ur  im  appenzeller  23ab  SBeiSbab  botlftänbig  fdjroanb.  $aum  nad) 
SlugSburg  zurürfgeferjrt ,  empfing  *p.  bie  Alunbe  öom  2obe  feiner  Butter  unb 
feines  ©djroiegerbaterS.  $>ie  ©attiti  treibt:  „£>aS  gab  unS  beiben  ba§  ©efüljt 
beS  Alterns."  3n  baffelbe  Satjr  faßt  bie  burd)  £eopolb  Stanfe  übermittelte 
9lufforberung,  bie  ©efdjicfjte  ber  Stfunbe  in  bem  ©ammelmerfe  ,,©efd)id)te  ber 
Söiffenfcfjaften  in  2)eutfd)lanb"  zu  fdjreiben.  2)ie  Otebaction  beS  AuSlanb  ftellte 
gleichzeitig  errjöfjte  ^Infptüc^c.  1855  roaren  burd)  Auguft  ^etermann  bie 
©eograptufctjen  Mitteilungen,  1862  burd)  Äarl  Anbree  ber  ©lobuS  gegrünbet 
roorben.  53eibe  machten  mit  harten  unb  $ttufttationen  bem  AuSlanb  eine  fo 
ftarfe  Goncurrenj,  bafe  Sß.  z"  Steuerungen  im  Aeufjeren  feiner  3eitftf)riU  unb 
in  ber  Ausroatjl  unb  Söe^anblung  beS  (Stoffes  fid)  gebrungen  füllte.  Sa  in» 
beffen  bie  beften  3e*ten  für  biefe  3"tfcr)rift  fcljon  »ergangen  waren,  fanb  er  nid)t 
baS  gefyoffte  (Sntgegenfommen  bei  ber  äJerlagsfyanbluug.  @S  fam  zu  einer 
Äünbigung  unb  ju  bem  ©ebanfen  ber  Segrüubung  eines  (SoncurrenzunternerjmenS 
unter  (Sinfebung  eigener  Glittet,  ty.  reifte  nad)  fieip^ig ,  um  feinen  S^lan  mit 
©efdjäftSmännetn  3u  befpredjen.  (jnbltd)  entfd)tofj  er  ficrj,  baS  AuStanb  in  ber 
SCßeife  fortzuführen,  bafj  er  auS  einer  öom  Verlage  gefteüten  S^aufdjalfumme  bie 
Honorare  für  Auffäfee  unb  ^Uufttationen  beftritt.  5p.  mar  aber  zu  grofjmtttrjig 
unb  ju  optimiftifd) ,  um  in  eigenen  Angelegenheiten  ein  guter  ginanzmann  ju 
fein;  er  fefete  nur  ju  unb  fetjrte  enbtid)  <ju  ber  alt  erprobten  gönn  ber  Leitung 
beS  in  manchen  ^Beziehungen  bevjüngten  Blattes  jurüd.  Aber  er  tjat  bon  biefer 
3eit  an  baS  ©efütjl  nid^t  überrounben,  in  biefer  ebenfo  gead)teten  roie  gealterten 
3eitfd)tift  eine  fcrjroer  zu  betoegenbe,  nod)  fernerer  umjugeftaltenbe  SJtaffe  bor 
fid)  ju  tjaben.  Als  bie  flatterigen  grünen  Umfdjläge  befeitigt ,  Rapier  unb 
S)rud  berbeffert,  ^ttuftrationen  befdjafft  roorben  roaren,  machte  ty.  bie  ©rfafjrung, 
bafj  bie  (Erneuerung  eines  in  alten  ©eteifen  fid)  berocgenben  Unternehmens  oft 
fernerer  unb  unfruchtbarer  fei ,  als  eine  Steufdjöpfung.  Unb  bod),  roaS  madjte 
er  aud)  nad)  biefer  $eit  auä  Dcm  AuSlanb!  baffelbe  mar  1828  gleichzeitig 
mit  einem  s}>arallelunternerjmen  gegrünbet  morben ,  meld)eS  ben  Stamen  Sfnlanb 
trug.  S)em  £itel  entfpredjenb,  ben  e§  bis  1865  führte,  mibmete  eS  ben  größeren 
Ztjeil  feiner  9lufmeiffamfeit  bem  „geiftigen  unb  fittlid^en  ßeben  ber  23ölfer". 
6S  Oerfdjmä^te  aud)  beitrage  beüetriftifc^er  Statur  nietjt  ganz  u^>  war  urfprüng* 
lid)  metjr  ber  Unterhaltung  als  ber  S3eletjrung  geroibmet.  2llS  Sß.  bie  ßeitung 
übernar)m,  roar  ber  geograprjifcrje  Gb^arafter  fct)on  ziemlictj  bentlidt)  auSgefprocb^en. 
2)ie  3«tbert)ältniffe  roaren  bazu  angettjan,  il)n  zu  berftärfen,  benn  bie  @rfor= 
fdjung  SlfvifaS  unb  ber  Storbpolarlänber  na^m  mit  ifrretn  SSedjfel  Oon  ^ob^en 
Erfolgen  unb  erfeb^ütternben  Stieberlagen  bie  Jtjcilnafjme  roeiter  Greife  in 
Slnfprucr).  Grine  bänbereidje  Sitteratur  populärer  Sarftellungen  folgte  ben  ©puren 
ftranflin'S,  Siöingftone'S,  SBart^S.  Sine  madjfenbe  $at){  öon  populären  3"t= 
fünften  fefete  fic|  baS  $\d,  geograp^ifdje  unb  naiurroiffenfc^aittic^e  Äenntniffe 
ju  Perbreiten.  6S  rjerrfdt)te  eine  geroiffe  S3egeifterung  für  bie  realiftifdjen  ©tubien. 
5)aS  roar  bie  ©eburtSzett  bei  naturtoiffenfdiaTtlidjen  UnterridjteS,  aber  aud)  ber 
neumaterialiftifdien  Slufflärung.  ^ür  Spefdjet'S  3"funft  mar  eS  oon  ber  größten 
i;ebeutung,  ba^  er  gerabe  jebt  an  ber  ©pt^e  eines  SBlatteS  ftanb,  meldjeS  biefen 
Strömungen  ftd)  nietjt  entziehen  burfte.  @r  begann  bie  ^ortfdjritte  ber  Statur= 
mifienfe^aften  zu  »erfolgen,  Oertiefte  fid)  in  einzelne  3roei9e  berfelben ,  rote  ®eo= 


SPefd&el.  421 

togie  unb  Stntrjropotogie,  mit  ber  ganzen  Energie  feines  aöitten§  unb  überragte 
burdj  bie  $tart)eit  feines  Ueberblicfeä  unb  bie  9turje  feines  Urtr)eil§.  <5r  legte 
bamit  ben  ©runb  ju  feiner  felbftforfdjenben  £t)ätigfeit  auf  bem  pr)t)ftEatifctj= 
geograbrjtfdjen  ©ebiete,  weldje  Eraft  biefer  Vorbereitung  ftct)  mit  ber  3eit  auf 
eine  nidjt  öiel  weniger  au§gebefjnte  Sitteraturfenntnifj  ftütjen  fonnte,  al§  i!jm 
für  tjiftorifdje  arbeiten  längft  ^ur  Verfügung  ftanb.  ty.  geid^nete  öor  nieten 
gadjgelerjrten  ber  33ticf  für  ba§  geiftig  23ebeutenbe  aucr)  in  ber  naturwiffenfdi)aft= 
liefen  ßitteratur  au§.  Sefanntlidj  überwiegt  in  biefer  baä  ^robuet  gelehrter 
$anbwerf§arbeit  an  9Jtaffe  gewaltig  bie  geiftig  Ijerborragenben  (Jr^eugniffe. 
$ettwalb  behauptet,  bafj  ba§  2lu§lanb  unter  alten  beutfdjen  Wiffenfäjafttidjen 
geitfcrjriften  juerft  grünblid)  9totij  öon  2)arwin8  Origin  of  Species  genommen 
rjabe.  3iebenfatt§  ift  e§  erftaunlicr)  $ü  fetjen,  wie  ber  gerabe  mitten  in  ben  S5or= 
arbeiten  jur  ©efdjicrjte  ber  (Jrbfunbe  ftet)enbe  9Jiann  3eit  fanb,  fict)  in  bie  neuen 
Stnfcrjauungen  biefe§  SBerfe§  ju  bertiefen,  wetdjeS  meljr  al§  irgenb  ein  anbereä 
in  unferem  i^atjrfjunbert  umgeftattenb  unb  fruchtbar  auf  bie  Meinungen  bom 
Söerben  ber  SSelt,  öon  ber  ©djöpfung  gewirft  unb  neue  Söege  ber  50tf^unS 
geöffnet  r)at.  Sß.  würbigte  bollfommen  bie  Vebeutung  ber  neuen  Stjeorie,  lief 
fict)  aber  Weber  ju  äkferjbung  noctj  Slnerfennung  öerleiten,  fonbern  fpraef)  ba§ 
Watjre  Söort,  Wetdje§  bi§  fjeute  (Bettung  bewahrt  tjat:  ,,©ie  rotrb  fiel)  fcrjWer 
beweifen  laffen,  weit  baju  eine  fortgefeijte  ^Beobachtung  buret)  ^afjrtaufenbe  nött)ig 
märe,  ©ie  läfjt  fiel)  aud)  ntd)t  böfiig  miberlegen,  meil  baju  rmnberttaufenbe 
öon  Satiren  gehören  mürben."  *ß.  tjat  biefe  borficrjtige  Haltung  gegenüber  ber 
einftufjreicrjften  naturwiffenfdjaftlicrjen  |>t)pott)efe  unfere§  3at)rlmnbert§  nie  auf» 
gegeben.  SBürbe  er  am  ßeben  geblieben  fein,  fo  rjätte  er  bie  ©enugttjuung  ge= 
tjabt,  rutjtg  2)enfenbe  auf  feine  ©eite  aurücfferjren  ^u  ferjen.  *ß.  nat)m 
biefelbe  ruhige  Spaltung  audj  anberen  ütidjtungen  unb  Veftrebungen  gegenüber 
ein.  Um  fo  bemerfenlwertrjer  ift  e3,  bafj  fein  geograprjifdjer  <5inn  ifjn  bie 
grofje  23ebeutung  ber  sJJcigratton§tt)eoric  9Jtori|5  2Bagner§  bott  würbigen  liefe. 

S)ie  (Sefdjtcrjte  ber  Gürbfunbe  bis  auf  Stte^anber  b.  ^umbolbt  unb  Sari 
fRitter  ift  ba§  gelefjrtefte  ber  SBüd&cr .  welche  $.  ber  Sötffenfdjaft  gefdjenft  r)at. 
€3  enthält  bie  größte  gftttte  öon  ©toff,  eä  rufjt  auf  ber  33afi$  ber  breiteten 
unb  mannigfaltigften  Vorarbeiten,  unb  erfdjwerte  bie  fünftlerifdje  Slbrunbung 
mel)r  als  jebeä  anbere.  @§  liegt  ba§  in  ber  ©aetje  felbft.  S)asu  fommt  aber 
eine  ©teUung  ber  Aufgabe,  weld)e  ben  ^eim  be»  3t°ie!Pa^eS  in  fic^  felbft  trägt. 
6ine  ©efd^ii^te  ber  @rbfunbe  üermag  beutfct)e§  Verbienft  nod§  öiel  Weniger  öon 
nicrjtbeutftfiem  ju  trennen,  al§  bie  ©efdjicrjte  irgenb  einer  anberen  SBiffenfdjaft. 
5Jtan  erinnere  fic^  an  bie  ©jpebition,  weld^e  |)ornemann  im  Auftrag  ber  briti= 
fd)en  3lfrifanifrf)en  ©efeEfd^ajt  au§fü^rte,  ober  an  bie  gemeinfame  9£eife  öon  SSart^, 
CöerWeg  unb  9tid§arbfon.  ^Jian  faun  nic^t  2Uej;anber  ö.  ^umbolbt'3  unb 
5Jlori^  2Bagner'3  So^f<i)ungen  im  nörblictjen  ©übamerifa  öoCt  würbigen ,  ol)ne 
be§  äeitlidj  äWifc^en  beiben  fte^enben  33ouffingault  p  gebenEen.  ty.  empfanb 
lebhaft  bie  unwiffenfct)ajtlid)e  unb  äugleict)  unfünftlerifcrje  Sefcrjränlung,  Welche 
itjm  auferlegt  werben  Wollte.  Gr  tjat  fid^  berfelben  fo  wenig  wie  mögticr)  ge= 
fügt,  fein  33anb  jeigt  in  ber  langen  Üteirje  ber  ©enoffen  bie  umfaffenbfte, 
Io§moöolitifcf)fte  S)arfteHung  unb  ift  ber  leäbavfte  öon  atlen  geworben.  «Ulan 
tritt  wol)t  feinem  einigen  ber  berühmten  Männer,  bie  mit  $.  jugtetdt)  am 
SBerfe  Waren,  3U  nafje,  wenn  man  fagt,  bafj  ^efdiel'S  ^öanb  ber  im  ©inne  be§ 
t)ot)en  görbereri  biefer  „©efdjidjte  ber  2ötffenfc§aften  in  ©eutfdjlanb"  wtrffamfte 
geworben  ift.  6§  ift  ein  fdjwerwiegenbeS  3euÖn^  fur  ben  Sinflufe  eine3  fo 
Wenig  an  ba§  grofee  publicum  fid^  wenbenben  9Berte§,  Wenn  baffelbe  na<^  jetjn 
Satjren  in  ^weiter  Sluflage  erfdjien.  2Jcan  barf  betjaupten,  bafe  bie  Mittel» 
punttftellung   ber  ©eograptjie   in   ber  SBiffenfdjaft   unferer  Sage    fictj    feit    bem 


422  SPeföri. 

Grfcfjeinen  beä  Äoimog  nicrjt  mcf)r  fo  praftifd)  beroärjrt  Ijabe,  toic  in  bcnt 
lebcnbigen  Sfntereffe,  roeld)c§  bon  allen  Seiten  biefer  gefcf)td^t(i{^)en  £)arftellung 
entgegengebracht  warb.  ü£)a  biefetbe  fid)  aud)  im  3eitraum,  ben  fie  umfpannt, 
feine  ©djranfen  auferlegt  —  beim  bev  Veifatj  teuere  ^üt  auf  bem  ütitel  ge= 
roinnt  erft  bon  ©.  230  ab  praftifctje  Vebeutung  —  erfe^t  fie  natjejit  eine  ©e= 
fdjicfjte  ber  allgemeinen  (Srbfunbe,  beten  bie  beutfctje  Sttteratur  bamalg  nod) 
entbehrte,  ty.  roufjte  am  tieften,  roie  biete  Sßorftubien  nodj  $u  machen  toaten, 
cfje  bie  ©runblagen  einer  foldjen  Sarfteflung  für  gegeben  eradjtet  werben  burften. 
6r  berfotgte ,  roa§  an  bebeutenberen  Veröffentticrningen  jur  ©efcrndjte  ber  6rb= 
funbe  erfdrien,  er  t)at  audj  bie  Umarbeitung  bc3  elften  2>rittetö  feineg  Vudjeg 
für  bie  ärocite  Auflage  nod)  fetbft  beforgt,  aber  fetbftfotfctjenb  mar  er  feit  bem 
erften  (Srfdjeinen  beffetben  nidjt  mefjr  auf  biefem  f^etbe  tfjätig  gcroefen.  2öa£ 
ein  einzelner  $Rann  ju  feiner  3e^  m^  ^em  ^ufroanbe  öon  fefrt  biet  Äraft 
leiften  fonnte,  tjatte  ty.  botlenbet.  $n  unabfefjbare  Sßeiten  jog  fidj  ba8  jum 
Jlrjeil  ferjr  öbe  falb,  ba§  burcrjjupflügen  getnefen  roäre,  roenn  bem  $beat  einer 
©efdjicrjte  ber  (Srbfuube  fjatte  nätjergefornmen  roerben  foHen.  ^etjtt  bodj  allein 
fetjon  für  bie  ©efdjidjte  ber  9ieifebefd)reibungen  bie  nöttjigfte  bibliograptjifcfje 
Unterlage  unb  ift  fetbft  an  probinaielten  Vorarbeiten  für  bie  ©efctjidjte  ber 
SanbeSauTnafjmen  unb  Kartographie  beutfdjer  ©ebiete  faft  abfoluter  fanget  ju 
conftatiren.  (B  ift  bottfommen  gerechtfertigt,  roenn  ^.  nad)  9lbfd)lufj  biefeg 
Söerfeö  mit  fdjarfer  Sßenbung  ber  ©efdudjte  ben  föücfen  fetjrt,  um  ber  Statur 
ber  6rbe  unb  ber  Völfer  fetbft  fid)  jujuroenben.  ©eine  ©cfd)id)te  ber  Qsrbfunbe 
leibet  an  Unbotlfommenrjeiten,  roeldje  3.  33.  in  ber  SDarfteüung  ber  roiffenfcr)aft= 
lidjen  Hilfsmittel,  bie  bag  IG.  3iat)rt)unbert  jur  Drtöbeftimmung  aufvoenben 
fonnte,  in  ber  lücfenrjaften  Vetjanbtung  ber  Ütjätigfeit  eineg  ßrteliug,  im  Ueber= 
gefjen  fo  tjerborragenber  9teifenber  roie  ©eorg  lUarggraff»  unb  ^eter  $otbg  fid} 
empfinblid)  gettenb  madjen.  Vielleicht  ift  fetbft  einem  6arl  bitter  nid)t  genau 
bie  ©teüe  angeroiefen,  roeldje  er  in  ber  Sntroicflung  ber  (Seograprjie  einnimmt, 
©röfjete  Unbotlfommenrjeiten  liegen  im  *ßlan,  bem  Sß.  fid)  anbequemen  mufete. 
2lber  trofebem  gibt  eg  in  feiner  (lulturfpracrje  ein  auf  gteid)  engem  föaum  gleid} 
intyattreicrjeg,  bag  Söefentlidje  aug  richtigen  (Sefidjt^punften  erörternbeg,  ben  mett= 
gefd)ici)tlic^en  3ufammeub/ang  geiftüoll  burcfjfdjauenbcS  unb,  tro^  beS  conbenfirten 
GfjaracterS,  an  ben  bebeutfameren  ©teüen  formüoüenbet  barftetteubeg  SBerf  roie 
biefeg.  $n  pietätbott  burdigefürjrter,  bietfac^  öerbefferter  jtoeiter  3luftage  erfctjien 
baffetbe  1877.  <sopr;u§  9iuge  in  S)regben,  toetdjen  $.  felbft  jum  SßoHenber 
biefer  5leuauögabe  beftimmte,  fjat  biefelbe  beforgt. 

Sine  gnicfjt  ber  S3efcr)äftigung  mit  ben  ^aturroiffenfd)aften  finb  bie  1869 
juerft  erfctjienenen  unb  feitbem  mef)rmatg  aufgelegten  „Üleue  Probleme  ber  33er= 
gteidjenben  ©rbfunbe,  als  Verfud)  einer  ^torptjotogie  ber  (Srboberftädje".  2)te 
Anregung  ju  ben  einzelnen  Sluffä^en  über  5iorbe,  Urfprung  ber  unfein,  ®eo* 
graprjifdje  ^omotogien,  S)eltabilbungen,  Hebungen  unb  ©enfungen  ber  lüften, 
roelcrje  feit  1867  in  ben  Spalten  be£  Sluetanb  öeröffentlicrjt  mürben,  empfing  üß., 
roie  er  felbft  beridjtet,  jroar  bei  ben  Vorarbeiten  ju  feiner  ©efcrjidjte  ber  (Srb* 
funbe,  befonberS  ben  .ffartenbergteietjungen ,  roetcl)e  it)n  auf  bie  ^taturroibrigfeit 
Ureter  ^änberformen  in  ben  Äartenbilbern  früherer  ^aljrtjunberte  b,infür)rten. 
9lber  ber  ©eift,  au§  bem  fjerauS  fie  gefdjrieben  finb,  ift  im  ©tubium  ber  ©eo= 
logie  unb  ptjrjftfalifdjen  ©eograpljie  gefdiult  unb  man  erfennt  ooraügtidj  ben 
Gnnftufj  öon  Stielt,  S)ana,  ©arroin.  5lud)  Vernljarb  b.  6otta'§  arbeiten,  bie 
auf  ber  Verürjrungggrenje  bon  ©eotogie  unb  Öieograptjie  fteljen,  unb  bon  benen 
mandje  im  5lu§(anb  erfctjienen  roaren,  mochten  nid)t  otjne  ©influfj  geblieben  fein. 
°$n  ärrei  9tid)tungen  Ijaben  allerbingg  jene  Vorbereitungen  auf  bie  bleuen  tßro= 
bleme    rjinfüfjren    muffen,    ty.  mu|te   bie    gan^e  SSßeite    beS    bracrjtiegenben  ®e= 


5ßcfa>t.  423 

bietet  ber  ^Jtorbljotogie  bei  (Srboberflädjc  überfdjauen ,  mit  bem  bie  Geologie 
in  lanbläufiger  33efd)ränfung  ebenforoenig  fid)  abgab ,  ttrie  bic  (Scograptjie 
^RitterS.  Sediere  nannte  fid)  amar  öergteidjenb ,  mar  e§  aber  bod)  nur  in 
bem  «Sinne  ber  23ergleid)ung  ber  Sebeutung  ber  (Srbräume  für  bie  (Sefdjidjte 
be§  sUcenfd)en ,  nidjt  in  bem  genetifdjen  mie  bie  üergleidjenbe  ^ftorptjologie, 
meldje  nun  ty.  anzubauen  unternahm,  ferner  mußten  aber  bie  au§gebet)nten 
©tubien,  meldje  in  ber  älteren  geograöf)ijd)en  unb  9teifelitteratur  %u  madjen 
maren ,  auf  eine  prüfte  einjetner  3}erfud)e  jur  &öfung  geomorbtjologifdjer 
^Probleme  fütjren.  9tennell'§  Arbeiten  über  ba£  ©angeebelta ,  ®ana's>  geiftöotle 
SBemerfungen  über  bie  ^jorbfüften  in  ber  Ijalbbergeffenen  35änbereit)e  ber  SBilfeä 
(Sjöebition  maren  fidjertidj  einem  Äenner  ber  ßitteratur  mie  ty.  nid)t  öerborgen 
geblieben,  etngetjenb  fjatte  er  $.  9t.  fjoxftex^  unb  ^allafc'  Anfidjten  über  ba§ 
ftubirt,  maä  er  bann  treffenb  geograpt)ifd)e  Homologien  nannte.  $n  ber  £f)at 
tonnten  benn  aud)  bie  ©runbgebanfen  ber  bleuen  Probleme  al§  gan^  neue  @nt= 
bedungen  nur  öon  foldjen  be^eidjnet  roerben,  benen  bie  eigene  Gürfatjrung  ber 
SLtjatfadje  mangelt,  bafj  auf  allen  (Sebieten  ber  Söiffenfdjaft  bie  überrafdjenbften, 
geiftöotlften  Anfielen  einzeln  in  güEe  borgetragen  morben  finb,  fo  baf}  ©päter* 
fommenben  immer  meljr  nur  baä  Sßerbienft  ber  Ausprägung  ober  Segirung 
übrigbleibt.  3ßefd)el'3  Sßerbienft  an  ben  5ieuen  Problemen  liegt  benn  aud)  met)r 
in  ber  jtdjeren  gfragefiellung  unb  bem  flaren  met^obifdjen  5Borgef)en.  2)afj  in  ben 
Unterfud)ungen,  meldje  mefentlid)  auf  bem  3ßergteid)e  ber  äljnlidjen  Srfdjeinungen 
an  ber  (Srboberftädje  berufen,  nid)t  bie  @rfd)  einungen  felbft  in  ber  freien  Statur 
eingeljenb  geprüft,  fonbem  itjre  immerhin  bod)  nur  fdjematifdjen  Abbitber  in 
harten  unb  SSüdjern  p  ©runbe  gelegt  tourben,  Ijat  minber  geiftöotte  ^adjarjmer 
baju  berfüljrt,  überhaupt  blofj  auf  ber  ßarte  öeigteidjenbe  dhbfunbe  treiben  ju 
motten.  S)ie  Gürgebniffe  foldjen  sDtif5öerftet)en3  einer  an  fid)  öottberedjtigten 
^cetUjobe  5ß.  jur  Saft  ju  legen,  mie  e§  in  berftänbnifjtofer  SBeife  öon  übereifrigen 
Äritifern  öerfudjt  »arb ,  ift  ganj  unbered)tigt.  S)em  33atmbredjer  auf  biefem 
©ebiete  tonnte  e£  geftattet  fein,  ju  geigen ,  bafj  bie  harten  eine  ©pradje  reben, 
meldje  ber  ötjtyfitalifdje  ober  öergleidjenbe  ©eograpt)  öerfteljen  fott.  @r  gab 
biefe  feuert  Probleme  nidjt  für  fdjmermiegenbe  unb  abfdjtiefscnbe  miffenfdjaftlidje 
llnterfudjungen  aus»,  fonbem  erfannte  ifmen  nur  ben  SBertt)  öon  anregenben 
effatjartigen  iBetradjtungen  $u.  3ft)re  f^orm,  bie  gerabeju  elegant  ift,  öermeibet 
eg,  in  Gnnjelljeiten  fid)  ju  bertiefen ,  tann  aber  mot)l  baju  bienen ,  äaljtreidje 
geiftbolle  Anfidjten  in  rafdjcm  Söedjfel  jum  Auäbrude  <m  bringen.  *ß.  ift  in 
anberen  fällen  bor  fdjmierigen  sJted)nungen  unb  einbringenben  ^Darlegungen 
nidjt  uirüdgefdjredt ;  t)ier  motlte  er  metjr  anregen  unb  tnnmeifen,  at§  felbft 
Sdjädjte  anlegen.  9cur  ungefdjidten  9iad)folgern  fönnen  biefe  fdjöngeformten, 
teffelnben  @ffat)8  gefäb^rlid)  merben,  nur  gefdjmadtofe  ßobrebner  fönnen  biefetben 
alö  2Jhtfter  miffenfd)afttid)er  3Jionograbt)ien  angreifen.  5Jlan  follte  fidj  freuen, 
bafe  ein  geiftboller  gorfdjer  feine  ©ebanten,  mit  beren  Aufarbeitung  er  Sänbe 
füllen  tonnte,  in  fo  gebrängter  faulte  unb  fo  anäief^enber  gorm  bargeboten  Ijat. 
S)a§  S3üd)lein  mirb  in  unfern  ßitteratur  feinen  $la^  behalten,  menn  e§  längft 
miffenfdjafttidj  antiquirt  fein  mirb.  ^nbeffen  mirb  eg  aber  immerhin  nod)  für 
eine  9teit)e  öon  ^a^ren  aud)  ben  <Sd)ülern  unb  greunben  ber  Srbtunbe  jum 
geminnreid)en  ©tubium  bienen  tonnen. 

@nbe  ber  fed)^iger  ^aljre  macfjte  fid)  an  üerfdjiebenen  beutfd)en  ^od)fd)uIen 
ber  2öunfd) ,  ßet)rftü^Ie  ber  ©eograbt)te  3U  grünben ,  lebhafter  gettenb.  S)ie 
2^eilnaf)me  meiter  Greife  an  ben  geograbtjifdjen  ^orfdjungen,  öon  ber  mir  oben 
gefprodjen  tjabtn,  mar  nur  gemad)fen.  @§  mar  bie  3e^  i>et  nationalen  3lfrifa= 
unb  5J3otarejbebitionen,  ju  meldjen  Jaufenbe  guter  SDeutfdjer  il)re  ©djerftein  ju= 
fammentrugen.     Seitbem   3ltejanber   ü.   ^umbolbt   unb   ßarl  dritter   au§   bem 


424  $efdjel. 

fieben  gerieben  roaren,  empfanb  man  ba*  93orr)anbenfein  einer  ßücfe  im  geiftigen 
fieben  ber  Nation  unb  befonber*  an  jenen  9Inftalten ,  roo  fünftige  ©eograprjie* 
lefjrer  fjerangebitbet  rourben.  55ie  beutfdje  Äartograpljie  ftetlte  fid)  entfd)ieben 
an  bie  ©pi^e,  roo  blieb  bie  2öiffenfd)aft  ?  6*  gab  einige  *Profefforen  ber  @eo« 
graprjie  an  beutfdjen  <£>od)fd)ulen ,  aber  leinen  entfernt  ebenbürtigen  9lad)folger 
Gart  bitter*.  2)ie  ©efdjidjte  ber  (Jrbfunbe  unb  bie  neuen  Probleme  jeigten, 
bafe  ^ß.  an  ©eift  unb  SBielfeitigfeit  alle  anberen  ©eograpfyen  überragte ,  bie  ju 
btefer  $eit  in  2)eutfd)lanb  tt)ätig  toaren.  ^Olit  9ied)t  fd)lofj  man  au*  feiner 
5)arftellung*roeife,  bafj  er  ein  anregenber  Sefjrer  fein  metbe.  (Sine  ganje  ^teilje 
gelehrter  ©efeüfdjaften ,  barunter  bie  2Mnd)ener  Mfabemie  ber  äöiffenfdjaften 
unb  bie  Don  ^Jtabrib  ,  Ratten  it)n  mit  tt)rer  s3Jlitgliebfc^aft  belehnt.  üJltt  bem 
bamal*  neu  begrünbeten  ^ßolrjtedmifum  ju  5Ründ)en  fnüpften  fict)  juerft  9}er= 
Ijaubtungen,  benen  bie  Untöerfität  berfelben  ©tabt  fict)  anfd)tof$,  e§  fam  eine 
Pertrautidje  anfrage  au*  ^Berlin,  bann  ein  9tuf  nad)  ©ra^,  ber  abgelehnt  roarb, 
unb  enblid)  ber  9hn  nad)  ^eipjig ,  ben  ^.  im  ©pätjafjr  1870  annahm.  33ou 
3Jlünd;en  au*  mürben  aud) ,  nadjbem  $.  um  Dftern  1871  nad)  £eip}ig  über= 
gefiebelt  mar,  nod)  33erfud)e  gemadjt,  it)n  ju  getoinnen,  aber  nun  üergeben*. 
2}ort)er  mürbe  ^J.  sJMnd)en  üorge^ogen  tjabeu ,  benn  ifjm  ruljte  feit  furjem  ba* 
liebfte  -Rinb  auf  bem  bortigen  füblidjen  $ird)f)of.  9tun  blieb  er,  Pon  ber 
fäd)fifd)en  Regierung  mit  bem  £itel  eines  ©etjeimen  ^>ofratt)c§  geetjrt ,  bi*  an 
fein  frütje*  (Snbe  ber  gerabe  bamal*  Ijerrlid)  aufblül)enben  Uniüerfität  Seip<jig 
erbalten. 

ty.  trat  in  bie  afabemifcfje  i'eljrtljätigfeit ,  bie  itjm  meitere  Sahnen  öffnete 
unb  jugteid)  itjn  mefentlid)  entlüftete,  nid)t  mit  triumptjirenben  ©cfüljlen  ein. 
@S  flingt  mie  ftefignation  au»  feinen  Briefen,  bie  er  ju  biefer  3^tt  an  ^reunbe 
rtdjtetc  ©eine  förperlid)en  Tratte  maren  feit  ber  33eröffentlid)ung  ber  ©e* 
fd)id)te  ber  (Jrbfunbe  gefunfen.  ©in  ©tur},  ben  er  im  sUtärj  1858  tt)at  unb 
ber  it)tn  eine  mehrere  9Bod)en  anbauernbe  ©et)irnerfd)ütterung  ju^og  ,  blieb  toiel- 
leid)t  nid)t  ot)ne  (Sinflufj  auf  ein  ßeiben,  ba*  feit  1864  in  junetmienber  ©ereiatljeit 
be§  'Jterüenfpftem*  fid)  anfünbigte.  S)er  $rieg  be*  Safjre*  1866  Brachte  iljn. 
ben  entfdjiebenen  3lnr)änger  fleinbeutfdjer  ^?otitif,  in  fd)arfen  ©egenfotj  ju  bieten 
^freunben.  (Sine  gaiije  ")teit)c  nab/r  Slnüermanbter  maren  im  baierifdjen  ,£>eere 
in*  fjelb  gebogen  unb  bie  £$familie  feiner  ©attin  Ijatte  ©efattene  ju  betrauern. 
%a^u  fam  bie  Serftimmung  über  bie  inneren  23ert)ättniffe  33aievn§.  6in  3lrtifel 
in  ber  allgemeinen  3"tung,  meldjen  er  jur  53ertt)eibiguug  beö  arg  befdjulbigten 
^hrtnjen  j^arl  fd)rieb,  mar  ein  9luäflufj  ber  6rregtt)eit  feine*  ritterlichen  ©efüt)le§ 
über  bie  fdjmätjlidje  S3erurtt)eilung,  meldje  t)or)er  unb  nieberer  ^öbel  ben  5üt)rern 
ber  befiegten  Slrmee  p  Ütjeit  merben  liefe.  S)er  ^rinj  berief  itjn  in*  ^)aupt= 
quartier  nad)  9ln*bad),  roo  itjm  @infid)t  in  fämmtlid)e  Dperationljouruale  unb 
S)epefdjen  berftattet  mürbe,  ftetbmarfdjatl  ö.  b.  2ann,  bamat*  ©eneratftabgdjei, 
bemaf)rte  it)m  lebenslang  treue  fjfreunbfdjaft.  1867  unb  1868  tieften  in 
emfiger  Arbeit  ben  ©runb  ^u  ben  9ieuen  Problemen  unb  ber  SBötferfunbe  legen. 
$.  mar  fidjer ,  bafe  in  nidjt  ferner  3e^  bie  ^Berufung  in  ein  afabemifdje*  ßet)r= 
amt  an  itm  ergeben  merbe  unb  fud)te,  tool  mit  im  ^inblicf  barauf,  feine  miffen= 
fd)afttid)e  Saft*  befonber*  nad)  ber  naturroiffenfdjaftlidjen  «Seite  t)in  mit  aui= 
reibenbem  5^"^  äu  berbreitern.  %m  grüt)ting  1869  bcfud)te  er  Sßenebig, 
Slorena,  9tom  unb  Neapel,  um  ©tubien  über  ältere  harten  ju  mad)en.  Unb  im 
barauffolgenben  ©ommer  empfing  er  ben  fdjroerften  ©d)lag  burd)  ben  2ob 
feine*  jüngften  ad)tjär)rigen  2öd)tertein*,  mit  meldjem  befonber*  feit  bem 
ftürmifdjen  ©ommer  1866  ein  innige*  Setrjättnifj,  ba*  man  faft  ftreunb= 
fd)aft  nennen  tonnte,  iljn  Perbanb.  %ie  äBitroe  fdjreibt:  „2Bar  0*far  red)t 
aufgeregt,  fo  natjm  ifjn  ba*  nod)  nidjt  fedjsjäljrige  Ü)cäbd)en    an  ber  -gmnb  unb 


5ßefd&el.  425 

fte  roanberten  miteinanber  in  ben  ©arten  unb  ber  SBater  rourbe  burdj)  ttjr  flugeä 
(September  unb  itjre  Aufmerffamfeit  auf  jebes  Vtatt  erweitert  unb  beruhigt." 
Als  biefe§  ßinb  im  Auguft  1869  geftorben  mar,  ertjolte  ftd)  5p.  niemals  merjr 
gan«}  bon  feinem  rieten  ©ämierje.  <5x  fdt)ricb  an  |>etlröalb :  „2)er  fjarte  ©djlag  t)at 
mitf)  tief  gebeugt  unb  mäctjtig  umgeroanbelt.  5Ran  roirb  fet)r  ernft,  roenn  baS 
Siebfte  auf  ßrben  unroieberbringliä)  berloren  ift-  5JJHt  bem  feltfam  begabten 
ßinbe  Beftanb  ein  ganj  eigener  Verfetjr,  fo  bafs  mir  ift,  aB  tjatte  id)  obenbrein 
mein  jüngftes  ©djtoefterdjen  nicr)t  meljr."  Sier  Ort,  roo  biefes  Siebfte  ifjm  ent= 
xiffen  roorben  mar,  blieb  für  5p.  nietjt  merjr  berfelbe.  @r  martere  nur  bie  ©e= 
legenfjeit  ab,  um  Augsburg  ju  berlaffen  unb  tjatte  bie  ßeidje  feines  $inbes  in 
ein  Familiengrab  ju  5Dtüncb>n  legen  laffen.  2Beber  bie  9teir)e  efjrenbollfter  S3e= 
rufungen  nod)  bie  greube  über  bie  ©iege  25eutfdjtanbs  im  folgenben  3at)re  r)ob 
feine  3uberficr)t.  6r  fcrjrieb  bon  ber  trüben  Stimmung,  roelcrje  it)n  überroältige, 
toenn  eine  5Paufe  in  ber  gefcrjidjtlicrjen  ©pannung  eintrete,  toeil  ber  Vertuft,  ben 
er  erlitten,  nodj  unberfdjmerjt  fei. 

25er  antritt  beS  afabemifdjen  Seljramtes  braute  neue  Aufregungen.  %üx 
bie  päbagogtfctje  Seite  bes  neuen  Verufes  Tratte  5p.  feine  Vorbereitung  in  einem 
Auffatje  „S)ie  (Srbfunbe  als  unterrictjtsgegenftanb",  ber  1868  in  ber  beutfdjen 
Vierteljarjrsfcrjrift  erfdjien,  glänjenb  bezeugt.  Aber  bie  Vortefungen,  beren  elfte 
über  prjrififdje  ßrbfunbe  5p.  im  ©ommer  1871  rjielt,  mußten  ganj  neu 
gefdjaffen  roerben.  5p.  fdjrieb  feine  ausführlichen  ßollegien  nieber,  bereitete  fict) 
aber  p  einem  furzen  Pietät  ber  .gmuptpunfte  jeber  Vortefung,  roelcr)es  er  bann 
frei  erläuterte,  fo  forgfättig  bor,  bafj  Älarrjeit  unb  ©idjertjeit  als  S3ot3Üge  feiner 
Vortragsmetrjobe  aUfeitig  gerühmt  merben.  ©ein  Vortrag  roar  nietjt  fcr)roung= 
botl,  blatte  aber  funreifjenbe  Momente,  bie  ©djüter  5pefd}el's  tjeute  nod)  nierjt 
bergeffen  tjaben.  „2>a  mar  fein  SBörtcrjen  jwbie'l,  feins  p  roenig,  rote  Grifialle 
fcrjlofj  alles  fdjarf  aneinanber;  es  roar  leidet,  üjm  p  folgen,  bas  ©efagte  ju  be= 
galten."  (3.  Sömenberg.)  3n  ben  fpäteren  ©emeftern  arbeitete  5p.  mit  feinen 
©djülern  im  elften  geograptjifcrjen  ©eminar,  ba§  an  einer  beutfetjen  Uniberfitat 
errietet  tourbe.  ©eine  Vorlefungen  roaren  ftarf  befudjt ,  feine  gufjörer  un0 
©ctjüter  bereiten  ir)n  unb  empfingen  einen  tiefen  Gnnbrucf  bon  feinem  SBiffen, 
feinem  tiebensroürbigen ,  offenen  Gfjarafter.  ©ie  roaren  bemunbernbe  unb  er= 
griff ene  geugen  cmee  aufopfernben  5PfIidjtgef ütjt es ,  mit  roelcrjem  fiel)  5p.  in  ben 
legten  brei  ©emeftern,  in  benen  fein  ^tücfenmarfsleiben  jum  Ausbcuc^  gefommen 
mar,  jur  Uniberfitat  fahren  unb  3um  ^atfjeber  führen  tie^.  2>er  Verb  oll  ftänbi» 
gung  ber  SoHegienrjefte  roaren  bie  testen  Arbeiten  5pefcrjel'i  geroibmet.  5Dem 
2obe  nat),  beforgte  er  noct)  bie  Anfünbigung  ber  Vorlefungen  für  bas  SBinter* 
femefter  1875  76,  roeldjes  feinen  Setjrftüfjl  berroaift  fat}.  Vis  p  feinem  Jobe 
blieb  er  boEftänbig  unb  mit  ber  getoorjnten  ©orgfalt  angefleibet.  @r  tjatte  ben 
%ob  fommen  fet)en,  feitbem  alle  Auren  in  ©aftein ,  am  Vierroatbftätterfee ,  mit 
ßlectricität  ben  gortfctjritt  ber  bom  Otücfenmarf  ausgel)enben  5JJtusfetatropb,ie 
nid)t  fjatten  aufhalten  fönnen.  @r  ftarb  bei  Veroufetfein  gegen  5DUttag  bes 
31.  Auguft  1875. 

2)as2Berf  ber  legten  3a^re  5pefd)el's  ift  bie  „Völferfunbe",  meldte  1874  er= 
fdjien  unb  bleute  in  feister  Auflage  bortiegt.  Aud)  bie  Anfänge  biefer  Arbeit 
reichen  in  bie  Auslanbjeit  jurüdf  unb  ein  großer  Xtjeil  berfelben  mar  bei  ber 
lleberfieblung  nad)  Seipjig  boUenbet.  Xie  erften  Vorläufer  maren  jene  Auffä^e 
über  bie  „5Rücfmirfung  ber  Sänbergeftattung  auf  bie  menfdjticrje  ©efittung", 
meierte  feit  1867  bei  itjrem  ©rfcrjeinen  in  jener  233od)enfct)rirt  nidjt  geringeres  3fnter= 
effe  erregten  als  früt}er  bie  5)ieuen  5probleme.  3n  biefen  tjatte  5p.  ber  pt)l)fifa= 
lifctjen  ©eograpf)te  neue  Sßege  geroiefen,  nun  berfuctjte  er  bie  fog.  Ütitter'fdje  Auf= 
faffung  ber  ©eograptjie  an  ben  bölferfunbticf)en  Ibatfad^en  ju  prüfen.     @s  mar 


426  ilJefäel. 

Piel  5flif}braud)  mit  bcr  2luffaffung  ber  (Srbe  als  einer  ©djule  bes  sUtenfdjen« 
gefdjtedjtes  getrieben  morben.  @arl  bitter  mar  ju  feiner  ftarf  jut  Xeleologie 
neigenbcn  Ridjtuug  in  ber  Qdt  ber  «£)crrfdjaft  ber  bentfcf)en  Raturptjüofopljie 
gefommen;  es  flebte  i^r  mandjcs  UnElare  an.  (Scrabe  biefer  ©eite  ber  bitter* 
fdjen  üergleidjenben  Qrrbfunbe  bemächtigten  fid)  bie  Radjtreter,  meldje  nidjt  fctjr  roeit 
Don  ber  23ef)auptiuig  Ijielten ,  ba$  ber  9Jtenfdj  baS  Sr^eugnife  beS  Sobens  fei, 
auf  bem  er  aufroadjfe.  2>ie  Solneij'fdjc  Slnfdjauung ,  bajj  bie  djaratterifttfdjen 
ASüge  ber  mongolifdjen  Raffe  im  .ftampf  ber  ©efidjtSmusfetu  mit  bem  ©teppen= 
ftaub  unb  ber  Söüftenfonne  fidj  ausgebilbet  Ratten,  fdjien  ifmen  nidjt  unbegrün= 
bet.  2)afj  öinflüffe  ber  äußeren  Ratur  auf  bie  Ratur  unferes  Körpers  nidjt  ben 
©eograpljen,  fonbern  ben  ^Ijpfiologen  jm  (hforfdjung  jujumeifen  feien,  fiel  itjnen 
nidjt  ein.  Sie  fdjmierigften  Probleme  mürben  burdj  Seljauptungeu  im  Stile 
ber  ßatus'fdjen  Unterfdjeibung  ber  sIRenfdjen  in  2ag=,  2)ämmerungs=  unb  ")cadjt= 
toölfer  erlebigt.  ©o  tarn  es,  bafe  nadj  Garl  Ritter  bas  frudjtbare  ©ebiet  ber 
Raturbebingttjeit  gefdjidjtlidjer  (Jrfdjeinungen  ju  öerroitbern  brotjte.  ^efdjel'S 
fritifdjes  Eingreifen  gefdjab,  etmas  rafdj  unb  einfeitig.  9Jat  Unredjt  befefjbete  er 
(iarl  'Kitters  Ideologie  als  bie  |>aupturfadje  ber  ©rgebnijjlofigfeit  beffen,  mag 
man  fyeute  antfjropogeograpljifdje  ©tubien  nennen  mürbe.  @r  brang  nidjt  bis 
jur  Unterfdjeibung  bor  geograpljifdjcn  unb  ptjtjfiologifdjen ,  ber  medjanifdjen  unb 
ftatifdjen  Momente  in  ber  Rütfroirfung  ber  Ratur  auf  bie  Golfer  öor,  fonbern 
blieb  mefeuttidj  auf  bem  93oben  feines  Vorgängers  fteljen ,  fudjte  jebodj  biefen 
33obeu  einzuengen  unb  ^uglcirt)  fdjärfer  \u  begrenzen.  Ittan  erfennt  tjier  bie 
©renken  feines  im  tjödjften  Sinne  formalen  Talentes,  bem  jmar  mandje  tieffte  $ro= 
bleute  uerfdjloffen  finb,  bas  uns  aber  gleichzeitig  burdj  bas  felbftänbige  combinircube 
S3orgeb,en  auf  ben  alleientlegenften  ©ebieteu  in  Grftaunen  fe^t.  5|3.  gab  bie 
erfte  flare,  umfaffenbe  ^Darlegung  ber  ©rgebniffe  bcr  anttjiopologifdjen  ©tubien 
in  bem  s^tbfdjnitte  über  bie  Äörpermerfmate  ber  s]Jcenfd)enr  äffen.  3»n  bem  ©treit 
über  ^Irtcinljeit ,  Sllter  unb  Urljeimatt)  bes  WenfdjengefdjledjteS  nimmt  er  nadj 
feiner  ©eite  Partei,  fonbern  legt  bie  üfjatfadjeu  unbefangen  öor  ben  £efer. 
2)icfe  beiben  Slbfdjnitte  tjättc  unter  ben  bamatigen  Slnttjropologen  fo  nur  #.  (5. 
ö.  S5aer  fdjreiben  fönnen.  @S  ift  audj  nidjtS  SeffereS  fcitbem  erfdjienen.  2)aS 
negatipe  Refultat,  bajj  nidjtS  in  ben  $örpermaten  ju  einer  fdjarfen  3er^eÖunÖ 
bcr  sDtenfdjen  in  Waffen  ^minge,  gilt  bis  tjeute.  %n  ben  21bfdjnttten,  metdje  Pon 
ben  ettjnograpljtfdjen  'OJterfmalen  ber  33ölfer ,  ©pradjen,  2radjt,  Söirttjfdjaft, 
^püttenbau,  22ßaffen,  gefellfdjaftlic^er  ©lieberung  b.anbeln ,  tritt  5J3.  euergifdj  bcr 
3lnnarjme  entgegen,  bafe  in  ber  Wenfdjljeit  ber  (Segenmart  Ur.iuftdnbe  fovtbauern. 
©o  toie  er  ben  ?lffenmenfdjen  auf  bem  antljropotogifdjen  33oben  jurüdmieö,  be= 
fämpfte  er  bie  ^erfiften^  bee  Urmenfd)en  auf  bem  et^nograpb.ifdjen.  2)ie  nur 
fdjeinbar  geiftreidjen,  im  tiefften  ©runbc  bilettantifdjen  arbeiten  ßubbodfs,  teeldje 
bamatö,  mie  aHe§  berartige,  rafdj  ©djule  madjten,  fanben  an  irjnt  einen  ftrengen 
9tidjter.  2)er  Slbfdjnitt  über  bie  ©ntmidlung  ber  Religionen  enttjält  eine 
feffetnbe,  geiftöott  unb  fdjön  gefdjriebene  llcberfidjt  ber  gciftigen  6ntroic!tung  ber 
^enfdjb^eit.  6r  ift,  auf  bem  Soben  ber  5lnnar)me  äatjlreidjer  felbftänbiger 
®öben=,  ©ötter=  unb  'DJtptrjenfdjöpiungen  ftetjenb,  PieHeidjt  nidjt  ber  tieffte,  aber 
{ebenfalls  ber  anjietjenbfte  21bfd)nitt  beö  Sudjeö ,  baö  in  ber  bie  ©djilberungen 
ber  einzelnen  Golfer  entljaltenben  ^metten  Jpätfte  nidjt  gan^  fo  gleichmäßig  ge= 
arbeitet  ift.  ©djmerjlidj  fütjlt  man  bei  ben  unöermutljct  fidj  aufttjuenben  Süden, 
mie  bie  forgfältig  Potlenbenbe  |>anb  ermattete  unb  erinnert  ficrj  ber  $lage  be§ 
ßrfranften  über  ba§  fernere  33ud),  mie  e§  auf  ifjm  (afte. 

?p.  ftanb  nadj  Anlage  unb  miffenfdjaftlidjer  9tidjtung  21.  P.  £umbolbt 
näb,er  als  Garl  Ritter.  S)en  ©puren  eines  einbringenben  ©tubiumö  ber  natur= 
miffenfdjaftlidjen   unb    entbetfungsgefdjidjtlidjen   ©djriften    be§    elfteren    begegnet 


SPefäel.  427 

man  bei  5ß.  überall.  $n  ber  überreictjrn  Öitteratur  be§  100 jährigen  ©eburt3= 
iage§  beä  grojjen  ©eograptjen  überragt  ^efctjel'g  SBürbigung  ber  wiffenfcf)aftlict)en 
33erbienfie  21.  b.  |mmbolbt'§  weitaus  alteS,  Was  bon  geiftbollfter  unb  wiffen= 
fd^aftXtci)  beredjtigtfter  (Seite  fonft  borgcbrart)t  Würbe.  Äein  3c^genoffe  war  an 
bielfeitigem  2öiffen  unb  litterarifctjem  «können  31.  b.  £umbolbt  fo  nafje  bcr- 
Wanbt  wie  5p.,  ber  barjer  unter  ben  ©elet)rtcn,  Welctje  fitf)  1869  unter  gütjrung 
bon  $arl  3?rut)ne  jur  Verausgabe  einer  breibänbigen  £)umbolbtbiograpt)ie  ber= 
einigten,  fidjerlid)  ber  berufenfte  roar.  öS  ift  jju  bebauern,  bafj  itjm  nur  ein 
Heiner  21ntfjeil  an  biefem  2öerf  betftattet  roar,  melctjer  1872,  alfo  bereits  in 
ber  Qeit  ber  abnetjmenben  Gräfte  exfcrjien.  2BaS  aber  5p.  über  21.  b.  .Ipumbolbt'S 
Verbienfte  um  dhb=  unb  23ö(terfunbe,  ©taatSwirtrjfctjaft  unb  (5tefd)ict)tfct)retbung 
auf  bem  engen  9taum  bon  brei  Sogen  jagt,  jeigt  itjri  als  einen  gewiegten  Äennex 
gerabe  biefer  ©eiten  ber  Xtjätigfeit  21.  b.  |)umbolbt'S.  5Jttan  empfinbet  fo  rectjt 
bie  tiefere  Steljnlicrjfeit  ber  Wiffenfä)aftlict)en  unb  litterarifdjen  9tict)tung,  rnelctje 
beibe  Männer  rote  5Dteifter  unb  ©cfjüter  berWanbt  erfctjeinen  läfjt,  trenn  man 
jtetjt,  mit  Welctjer  ©ict)ert)eit  fiel)  5p.  auf  ben  gorfctjungSWegen  be§  großen 
9teifenben  unb  ©ctjriftfiellerS  bemegt.  $r)m  mar  bermöge  feiner  pubtieiftifetjen 
Sergangentjeit  auef)  bie  fiaatenfunblict)e  5Rict)tung  beS  bietfeitigen  ©eifteS,  roelcfje 
in  ben  r)atb  fiatifiifctjen  SBerfen  über  sJftejiEo  unb  ßuba  2luSbrucf  fanb  ,  ber= 
trauter  als  alten  anberen  Seurttjeilern.  Sorpglicr)  tjat  aber  5p.  über  bie  S3e= 
beutung  beS  Kosmos  SGßorte  gefproä)en,  bie  nur  aus  ber  tiefften  ©elbfterfatjrung 
gefctjöpft  werben  fonnten. 

2ßir  nennen  jum  ©ctjtufj  einige  rjerborragenbe  2lrbeiten  SPefdjel'ä ,  welctje 
in  ber  bisherigen  2)arftetlung  noerj  feine  (SrWätjnung  gefunben  tjaben.  (5Jemein= 
fam  mit  5Rid)arb  2Inbree  unb  unterftüfet  bon  feinen  ©djülern  ihümmel  unb 
^ufeger  gab  $.  ben  ,,5p{)toWalifctj  =  ©tatiftifcf)en  2ItlaS  beS  SJeutfctjen  gteictjeS" 
tjerauS,  beffen  (Jrfctjeinen  (1876)  er  nierjt  metjr  erlebte,  ^n  gefunben  Jagen 
tjatte  er  ben  5ptan  entwerfen  tjetfen,  bie  Äranftjeit  brücfte  aber  feinen  2lnttjeit 
an  ber  2luSarbeitung  auf  ein  Minimum  tjerab ,  unb  er  fonnte  nur  einige  ber 
harten  felbft  noctj  prüfen.  S5ie  1869  bei  fünfter  in  Senebig  erfct)ienene  ©amm= 
lung  ber  harten  beS  2lnbrea  Siancc  berfafj  er  mit  eingefjenben  Segleitworten 
in  ber  befcfjeibcncn  ^orm  einer  Sorrebe.  2In  ben  großen  Serien  bon  SolfS= 
unb  ^ugenbfcfjriften,  welctje  ber  Sudjtjänbler  Otto  ©pamer  tjerauSgab,  tfjeitweife 
aud)  felbft  berfafste,  beteiligte  fid)  5p.  mit  einigen  Seiträgen  ju  bem  „Sud)  be= 
rürjmter  föaufteute".  ©eine  afabemifdje  2lntrittSborlefung  „2>ie  Stjeitung  ber 
@rbe  unter  5papft  21Iejanber  VI.  unb  ^uliuS  II."  erfctjien  1871  im  ®rucf.  (Srft 
naef)  feinem  jobe  erfctjien  eine  2lu§watjl  größerer  2luffä^e  5pefct)er§,  welctje 
$.  SöWenberg  al§  „2lbljanblungen  pr  @rb=  unb  Sölferfunbe"  in  brei  Sänben 
t)erau§gab.  S)ie  im  erften  25anbe  ftetjenbe  größere  2lbt)anblung  „®er  Urfbrung 
unb  bie  Verbreitung  einiger  geograptjifcrjer  ^Rtjttjen  im  Mittelalter"  ift  eine  23or= 
arbeit  jur  „©efctjidjte  ber  (hbfunbe",  welct)e  fetjon  1854  in  ber  S)eutfct)en  5Siertel= 
jafjrsfctjrift  erfctjienen  war.  33on  ©ctjülern  ^efctjel'S  nact)  ßollegientjeften  bear= 
beitet  finb  bie  „5ptjt)fifct)e  grbfunbe",  Welct)e  ©.  Seipolbt  in  awei  Sänben  unb 
bie  unboEenbete  „6uropäifd)e  ©taatenfunbe",  Weldje  £).  krümmet  tjerauSgab. 

^efctjers  ©eift  war  fein ,  fctjöpferifct) ,  fritifet)  unb  gebutbig.  ©eine  23e= 
beutung  lag,  Wie  bei  jebem  großen  ©eletjrten,  in  ber  Vereinigung  fo  tjeterogener 
Sigenfctjaften.  6§  ift  fetjr  be^eictjnenb,  ba^  5p.  lange  jwifetjen  ber  beEetriftifctjen 
unb  publiciftifctjen  Sfjätigfeit  fctjwanfte  unb  ba^  bieüeictjt  nur  ber  piättig  bei 
it)in  fetjr  früfj  auftretenbe  SBunfctj  nacl)  einer  feften  ßebensftcüung  ju  ©unften 
ber  letzteren  entfctjieb.  ^n  ben  früt)eften  2lrbeiten ,  bie  wir  fennen,  ber  £octor= 
biffeitation  unb  jener  erften  wotjl  bezeugten  Sorrefponben,^  in  ber  2lttgemeinen 
Leitung,   bereu   wir  bereits  (Jrwätmung   ju  ttjun  tjatten,   burct)glüf)t  bas  fteuzt 


428  ^eföel. 

einer  jungen  2)idjterfeele  ben  gehobenen  unb  oft  fütjnen  Sluebrud.  2)ie  3öelt= 
unb  9Jlenfdjenfenntnif},  bie  überlegene  SBeurtrjeilung  üon  Sreigniffen,  meld)e  ben 
reiferen  Sinn  ergrauter  Männer  ju  ummölfen  üermodjte,  mürbe  uns  nod)  metjr 
erftaunen,  menn  mir  nidjt  baran  badjten  ,  bafj  ein  intuitiücr  ©eift  biefe  Sorre= 
fponbentenfeber  tenfte.  ©eine  gfreunbe  glaubten ,  bafj  $.  red)t  baran  getljan 
fjabe,  fid)  nid)t  ber  2)id)tfunft  in  bie  2Jrme  ju  toerfen,  ba  feine  Begabung  irjnen 
ju  beuttid)  nad)  ber  anberen  Seite  au  roeijen  fdjien.  @r  tjat  jelbft  feinen 
äßertt)  auf  feine  bid)terifd)en  ©aben  gelegt,  benn  er  beroarjrte  fein  ßraeugnifj 
feiner  9Jtufee  auf  unb  es  fanb  fid)  gar  nid)ts  ber  2lrt  in  feinem  9cad)laffe  öor. 
2lber  mir  »erfolgen  bis  in  fein  letjte§  großes»  SBerf  rjinein ,  in  bie  Söölferfunbe, 
jmei  9lusftrat)lungen  biefer  fd)önen  ®aht,  roeldjc  efcenfo  mol  ben  fpcöben  ©toff 
jaljllofer  Sfjatfadjen  fürjn  umjufdjaffen  unb  jum  ^nicrjtboben  blürjenber  ©e= 
banfen  3U  mad)en,  als  benfetben  in  eine  anjietjenbc ,  ja  geminnenbe  5orm  3U 
bringen  üermodjte.  SQßenn  biefe  poetifdje  Einlage  nidjt  genügte,  um  grofje  2Berfe 
ber  SDidjtfunft  au^ugeftalten,  fo  belebte  ober  berlebenbigte  biefelbe  ben  fdjarfen 
Sßerftanb  bes  2)enfers  unb  gab  feinen  miffenfdjaftlidjen  ^peroorbringungen  eine 
^orm,  meldje  glauben  laffen  fonnte,  bafe  aud)  nad)  Slleranber  b.  |)umbolbt  ein 
großer  ©eograpt)  bie  9lationattitteratur  mit  geteerten  unb  fdjönen  arbeiten  be= 
reidjern  roerbe.  ^efdjel's  33ebeutung  für  bie  ©eograprjie  liegt  batjer  nur  ttjeil* 
meife  auf  ber  miffenfdjaftlidjen  «Seite ,  ein  nid)t  geringer  2fjeil  berfelben  fütjrt 
auf  bie  litterarifd)en  SÖerbienfte  \\i\M.  SDie  rafdj  tjintereinanber  folgenben  2luf* 
lagen,  meldje  einige  Pon  feinen  Söerfen  erlebten,  fpredjen  es  beutlid)  aus,  bajj 
nid)t  blofe  bas  miffenfdjaftlidje  publicum  ftd)  burdj  biefelben  angezogen  füllte. 
fy.  tjat  nidjts  Unlesbares  gefd)rieben  unb  pflegte  bie  $o*ni,  mie  et  fetbft  öfter 
betont  fjat,  mit  SSemufjtfein ,  im  ©cgenfatj  ^u  ben  meiften  beutfcfjen  ©eletjrten, 
bie  nad)  ©oetfjc's  Slusfprudj  bie  (8abe  befitjen,  bie  2öiffenfd)aften  unjugänglidj 
ju  madjen  2>amit  ift  aber  aud)  fdjon  ausgefprodjen ,  bafe  *pefdjers  miffen= 
fdjaUtidje  itjätigfeit  tjauptfädjtidj  auf  jenen  ©ebieteu  ber  ©eograpljie  fid)  be= 
mäfjtte,  meldje  bem  23erftänbni£s  bes  ^ubticums  nätjertiegen,  meil  fie  roenig 
SBorausfe^ungen  madjen  unb  nidjt  in  ©pradjen  Doli  bunfler  ^orme'n  uno 
^afjlen  reben:  ben  gefd)id)tlid)en,  bölfetfunbtidjen ,  polttifdjen  unb  nnrtfjfd)afts= 
geograpl)ifd)en.  2öo  er  auf  bas  ©ebiet  ber  ptjrjfifalifdjen  ©eograpljie  überging, 
bot  er  feine  tief  einbringeubeu ,  ju  enbgüttigen  Grrgebniffen  fommenben  Unter^ 
fudjungen,  fonbern  er  fdjritt  auregenb,  anbatjncnb  bor.  s3ludj  berufen  biefe  9lr= 
beiten  alle  nidjt  auf  unmittelbarer  Seobadjtuug  ber  Üiatur.  ©ie  finb  im  ©tu= 
bium  ber  ßitteratur  unb  ber  .harten  entftanben.  Äeine  t>on  it)nen  ift  bto|  für 
ben  gadjmann  gcfdjrieben  unb  es  legt  feine  einen  ©djadjt  an,  ber  bann  oon 
^lad)fotgern  in  birecter  Ütidjtung  auf  bie  tieffte  ©tettc  be§  Problems  fortgegraben 
merben  fonnte.  Sä  prägt  fid)  überhaupt  in  aüem,  maö  ty.  gefdjrieben  f)at,  eine 
anbere  Sluffaffung  uon  gelehrter  Itrjätigfeit  au§,  aU  fie  in  S)eutfd)tanb  unb  be= 
fonberä  an  ben  Unioerfitäten  in  ©eltung  ftetjt.  vJtie  mirb  bie  ^ütjlung  mit  bem 
gebilbeten  publicum  gan3  aufgegeben  unb  al§  bie  größte  Äunft  gilt,  grünblid) 
ju  fein ,  oi)ne  langmeilig  ober  gar  unöerftänblid)  3U  merben.  9Zur  ein  üiel- 
feitiger,  ferjarffinniger,  burd)  tiefe  unb  au3gebet)nte  ©tubien  genätjrter  ©eift 
fonnte  am  biefer  ©ren^e  fid)  bemegen,  ofjne  feicljt  ju  merben.  68  ift  marjr= 
fdjeintid),  bafe  Sß.,  menn  er  baö  ßeben  errjatten  f)ätte ,  immer  mer)r  bem  Steige, 
2Bat)rrjeit  ju  fudjen ,  nachgegeben  unb  auf  bie  ^0*™  ber  2)arfteÜung  nur  ben 
SBertf)  einer  (jigenfdjaft  jmeiten  Dtangee  gelegt  Ijaben,  bafj  er  jule^t  bod)  metjr 
ber  3Biffenfd)aft  als  ber  ßitteratur  angttjört  f)aben  mürbe. 

$.  fdjrieb  in  ben  erften  rein  publiciftifd)en  Sfarjren  feiner  2l)ätigfeit  einen 
fetit,  ben  man  blüljenb  nannte.  S)ie  ©cfjätjung  einer  auögefdjmücften  ©d)reib= 
toeife  mar  bamali  eine  attgemeinere  als  bleute.     3fu  ben  ©palten  ber  allgemeinen 


$efäel.  429 

Rettung  erfcfjienen  auct)  fetjr  in^attteic^e  unb  flare  gebaute  Stbfjanblungen  gern 
in  einer  ftitiftifdjen  Toilette,  bet  man  ein  toenig  bie  2Ibfict)t,  ju  gefallen,  an- 
merfen  burfte.  3)ie  brutalen  Jfyatfactjen  rjatten  bie  fleinen  33ericr)önerungs!ünfte 
nidjt  gan3  Derbrängen  fönnen.  3a ,  man  geroinnt  ben  Sinbrucf ,  als  ob  nact) 
1848  49  auct)  im  Stil  eine  ^eriobe  ber  9teftauration  eingetreten  fei.  9ßefctjers 
3fbeen  toaren  jebenfattS  in  ber  erften  ^älfte  ber  50  er  Safyre  moberner  als  it)re 
Grinfteibung.  Unb  boct)  gewann  itjm  jjunäct)ft  bieje  met)r  SeimH  als  jene  allein 
es  Dermoctjt  tjätten.  ®er  ÜJcann ,  melctjer  in  ein  angelesenes  33latt ,  toie  bie 
Allgemeine  3eitung,  fetjrieb,  ftanb  in  immer  fict)  erneuernben  Se^ietjungen  mit 
bem  publicum.  6rfct)ien  einer  Don  ^efctjet's  glänzenben  Aufjagen,  fo  liefen 
Sßriefe  Don  allen  Seiten  ein,  metctje  93eifaH  unb  3uftinimung  in  ort  cntt)ufiafti= 
fd)en  ßobesreben  ausfpractjen ,  t)aupiiäct)tict)  aber  neugierig  noct)  bem  tarnen  bes 
üßerfajfers  fict)  erfunbigten.  Auct)  abgehärtete  Jageejctjriitfteller  Dericfjmäfjen  nictjt 
bie  fRet^e  eines  iolctjen  Rapportes  mit  bem  publicum,  unb  mir  begreifen,  baß 
es  ?p.  rootjtttjat,  als  ber  erfte  felbftänbige  Auffat},  roelctjen  er  im  Auslanb  nact) 
Uebernafjme  ber  9tebaction  erfctjeinen  ließ,  eine  Derartige  SeifaHsjalüe  tjerDorrie*. 
(Sin  großer  üttjeil  ber  QJorjüge  bes  Stiles  Don  ^.  rutjte  inbeffen  auf  ber  geiftigen 
Seite.  S)ie  ftaren ,  fdjarf  umriffenen  ©ebanfen  fctjufen  fiel)  eine  entfprectjenbe 
[vorm  bes  Ausbrucfes.  @in  onberer  £t)eil  gehört  ber  nerDös  feinen  ßmpftnbung 
an,  ber  bie  .prjpotfjefe  einer  afiatifct)en  Abftammung  ber  altamerifani|d)en  Sultur 
„roibermärtig"  erfd)eint ,  bie  „mit  UntoiHen"  ben  ©ebanfen  eines  öerabfteigens 
ber  Urarier  Dom  ^amtr  jurücfroeift,  bagegen  bie  Söatjt  Jurfeftans  all  Urtjeimatfj 
arifdjer  23ötfer  „üeriürjrerifct)"  finbet,  aucr)  mit  Vorliebe  Söorte  mie  geogra* 
pfyijctjes  „Söertjängnif}",  „getjeimer  Sinn"  ber  Ujertinien,  u.  bgl.  anmenbet. 
Safe  bas  genaue  sDlaf}  bei  biefetn  öeroortreten  ber  (Impünbung  leietjt  Derloren 
geljt,  ift  faum  ju  üerrounbern  unb  man  gemannt  fidj  an  bie  leichte  Uebettreibung 
bei  Ausbrucfs,  mit  melctjer  bie  füblictjen  Otorbjeefüften  als  ber  Sctjauplatj  ber 
tjeftigflen  93ermüftungen  bejeictjnet  roerben ,  meiere  gegenroärtig  bie  ©efctjictjte 
unferes  Planeten  fennt  u.  bgl.,  als  notljroenbiges  3ubetjör  biefer  inbioibuellen, 
jeber  <}eit  lebhaft  geftimmten,  putfirenben  Sctjreibroeife. 

9Jlit  atlebem  tjat  5ß.  bas  grofee  Sßerbienft,  bie  Stellung  ber  ©eograprjie  als 
äöiffenfctjaU  neben  ben  Sctjrocftermiffenfctjaften  befeftigt  ju  tjaben.  2)on  feinen 
ifteuen  Problemen  ging  bie  Anregung  jur  ©eminnung  bes  an  bie  (Geologie  Der* 
lorenen  ©ebiets  aus,  unb  bafj  >p.  bie  fjiftorifctje  unb  bie  naturroiffenfctjaftlidje 
Seite  mit  gleichem  ©eifte  Dertrat,  ift  Dorbilbtictj  für  feine  fjeroorragenbften  Dcactj= 
fotger  geroorben.  ty.  t)at  eine  im  2)ergleict)  ju  ber  $ürje  feiner  Seljrtfjätigfeit  grofje 
Anjatjl  Don  Scrjülern  ausgebilbet  unb  eine  gan^e  föeitje  berfelben  ift  roifienfctjait= 
lieb,  ttjätig  getoorben.  jDennoctj  fann  man  nictjt  Don  einer  Sctjule  im  üblichen 
Sinne  biefes  Söortes  fpredjen ,  benn  eine  fo  eigenartige  Sfnbioibualität  fann  ge= 
rabe  it)r  33eftei,  bas,  mas  fie  auszeichnet,  nict)t  übertragen.  5luctj  fjatte  %  noc§ 
feine  eigenen  9Jcetrjoben  ausgebilbet,  bie  er  toie  fertige  2Berfjeuge  feinen  Scfjülern 
fjdtte  übeigeben  fönnen.  Schriften  mie  bie  ßcipolbts  über  bie  mitttere  Aöötje  @uro= 
pas  ober  ^rümmels  Morphologie  ber  9Jceeresräume  beuten  inbeffen  an ,  bafj  ty. 
planDoll  Dorgegangen  fein  mürbe ,  um  feine  Scf)üier  an  bie  ßücfen  ber  geo» 
grapljifcfjen  gorferjung  rjin^ufüf)ren  unb  in  ben  'Jteuen  ^oblemen  mie  in  ber 
3)ötferfunbe  maren  Sffiege  befcfjritien ,  meiere  über  21.  D.  -öumbotbt  unb  bitter 
r)inau§füf)ren  mußten,  ^efc^el'g  Öerjrtoirffamfeit  mar  nicr)t  ju  furj  bemeffen,  um 
äatjlreicije  Anregungen  ausjuftreuen ,  unb  um  bie  begeifterte  2lnt)ängticf)feit  einer 
großen  3a^  bon  Scrjülern  fict)  ]u  fietjern,  aber  es  mar  iljm  nict)t  Dergönnt,  bie 
gtüctjte  feiner  llnterrocifung  im  heranreifen  ju  übermalen.  @s  trat  einiges 
Unreife  jU  läge,  mas  jufammen  mit  ben  ungemeffenen  Sobesergüffen  Don  nictjt 
ganj  Urteilsfähigen ,    bie  fid)   auf    eigene  5Quft  unter  ^>ejd^et'ö  Anhänger   ein* 


430  ***»"■ 

gereift  Ratten,  balb  nact)  feinem  £obe  eine  trjeitroeife  entfprecfjenb  fidj  über= 
nerjmenbe  Äritif  fyerborrier.  ßeiber  fanb  biefe  aud)  in  bei*  nicfjt  immer  ganj  ge= 
lungenen  Art  ber  Verausgabe  bon  ^efdjei'S  tjinterlaffenen  ©cfjtiftcn  einigen 
Anlafj,  fid)  ju  äufjern.  SDiefe  ©dtjroanfungen  finb  borübergegangeu  unb  ty.  ftetjt 
t)eute  als  ber  näd)ft  Sari  ütitter  um  bie  ©ntroidluug  ber  nriffenfd)aftlidjen  ©eo= 
graptjie  in  2)eutfd)lanb  üerbieiitefte  ©eletjrte  unb  als  ber  roürbige  s.Uad)folger 
21.  b.  Apumbolbt'S  auf  bem  ©ebiete  geograpl)ijd)=litterarifcf)er  X^ättgfeit  ba. 

2öir  fjaben  s$.  öl§  eine  fein  empfinbenbe,  fanguintfcr)e ,  betueglicfje  sJtatur 
fennen  gelernt,  tiefer  ©runbton  fcfjlofe  bie  jhaft  nid)t  auS.  Sei  aller  Siebend 
toürbigfeit  fonnte  biefeS  Jperj  audj  t)erbe  fein  unb  fdjvaf  nie  bor  bem  AuSbrucf 
ber  Ueber^eugung  jurücf.  @in  tjeröorragenber  ,°)Ug  mar  bie  beutfdjpatriotifdje 
©efinnung,  roelcljer  ^-  bei  jeber  ©elegenrjeit  Ausbruc!  berliet).  (geborener  ©acfjfe, 
in  Saiern  lebenb ,  burd)  ©eift  unb  Söiffenfdjaft  geredet  gegenüber  bem  3>nbi= 
bibuellen  in  ©taaten,  ^robinjen,  ©täbten ,  wie  er  benn  für  fein  Aboptibbater= 
lanb  Saiern  unb  befonberS  Augsburg  ftets  ein  auf  tieferer  .tfenutnifj  begrünbeteS 
Serftänbnife  betnieS,  ift  s$.  unter  bie  frütjeften  unb  entfcfjiebenften  Vertreter  beS 
beutfetjen  9teid)Sgeban£en$  in  2übbcutfd)lanb  )u  rechnen.  Drme  mit  biefer  ©e= 
finnung  auf  ben  ^JJIarft  \u  treten ,  rjat  er  für  biefelbe  geroirft  unb  geftritten. 
•^efdjel'S  formen  roareu  im  perjönlidjen  Serfetjr  unb  in  ber  ©djrift  bcrbinblicfj 
unb  eS  ift  be^eidjnenb,  bafj,  jo  offen  er  aud)  feine  roiffenfdjajtlidjen  unb  potitifdjen 
9Infict)ten  bertrat,  titterarifdje  Serben  itjm  faft  gau,}  erfpart  blieben. 

9Jcittt)eüungen  unb  AuMetdjnungen  ber  SBitroc  ißeJdjel'S,  bon  $.  ßöroenberg 
unb  au§  bem  Greife  ber  augsburger  ^reuube  unb  ber  leipziger  ©ctjüter  unb 
3freunbe.  —  Osfar  $.,  fein  ßeben  unb  ©d)affen  bon  {Jriebrtcib,  b.  |>ettroatb. 
1876.  —  9tacf)ruT  bon  (Seorg  ÖberS.  «Dlittl).  b.  &  f.  (hbfuube  ju  ßeipjig. 
1875.  —  OSfar  $.  unb  bie  örbfunbe.  Sßon  #einrid)  $at)be  (^rogr.  2Jttt§l« 
rjeim  a.  b.  fltutjr.  1879).  —  Äür^erc  ßebenSbefdbreibungen  bon  9iicrjavb 
Anbree  im  Saljeini  XII.  ^arjrg.,  bon  g.  b.  ^ettmalb  im  AuSlanb  1875, 
9tt.  41  unb  ber  Allgemeinen  Leitung  1875,  *Jtr.  265  (Seit.),  bon  28.  in  ber 
üDeutfdjen  JRunbfdjau  f.  ©eograpbie,  VII.  ^atjrg.  $.  12.  —  $ur  SBürbigung 
feiner  SBirtfamleit  finben  fid)  roertljbotle  Seiträge  in  5-  ö.  föidjtljofcn,  Gf)ina 
I.  unb  in  ben  metljobologifdjcn  SBeridjten  Jp.  Söagner  'S  im  ©eograpt)ifd)en 
3{ab,rbucrj  feit  1878.  $n  ben  lebteren  ift  bie  mit  5pefd)el's  Anregungen  fieb, 
befc^äftigenbe  ßÜteratut  bis  \ux  ©cgenroart  l)erab  jufammcugcftellt.  33itb= 
niffe  ^efcrjel'ä  finben  fic^  in  ben  s-öiograpt)ieu  bon  5-  b.  .^ellmalb,  Üt.  Aubree, 
©.  (Sberö  unb  %.  Öömenberg.  ^riebriefy  -Tiatjet. 

"^Cfi'iic :  Anton  (Antoine)  s^.,  23ilbni^=  unb  Öefcb/icrjtSmaler ,  rombe 
geboren  ju  5|3ari§  am  23.  9ftai  1683.  3)en  erften  Unterrid)t  in  ber  ^unft 
erhielt  er  bon  feinem  Sßater  2r)omai  ty.,  einem  33ilbni^maler  bon  geringer  93e* 
beutung,  Steffen  be§  buret)  feine  Stattet  nacrj  s)t.  ^ouffin  befaunten  Alupfer= 
ftecr)er3  Sfean  s^.,  unb  meiterrjin  bind)  feinen  ®ro^ol)m,  ben  ©efd)id)t3maler 
S^arXeS  bc  2a  üo\\e.  'Jtacr)bem  i^m  1703  bon  ber  s4$arijer  Alabemie  ber  erfte 
s43reiS  in  ber  Malerei  ^uerfannt  roorben,  ging  er  um  1706  flu  feiner  ferneren 
Auöbitbung  nac^  9tom,  Neapel  unb  SSenebtß,  roo  er  fid)  bem  ©tubium  ber 
grofjen  lUeifter  mibmete  unb  bei  längerem  Aufenthalte  in  lebter  ©tabt  angeblict) 
unter  bem  perfönlidjen  @influ§  beS  53tater§  Anbrea  ßelefti  ftanb.  üDen  erften 
namhaften  Auftrag  ^u  einem  Silbniffe  etttjeitte  itjm  1707  ber  gfreitjerr  bon 
Änip^aufen  in  Senebig.  S)iefe§  ©emälbe  gab  bie  Sßeranlaffung ,  ba^  Äönig 
gviebridt)  I.  bon  ^reufjen  ju  Anfang  be§  ^ab,re§  1711  an  ©teße  be§  eben  ber= 
ftorbenen  Aug.  Sermeften  s^.  al§  Hofmaler  naci)  üBerlin  berief,  ©egen  bie 
3Jcitte  be§  ^at)re§  traf  er  mit   feiner   jungen  x$xclü,    einer  ^octjter  bc3  93lumen= 


5peäne.  431 

unb  fttüctjtematers  3-  S.  ©anot  Subuiffon  aus  Italien  bort  ein.  3ludj  bie 
beiben  rolgenben  Könige  Don  «Preufjen  toanbten  bem  ßünjtler  ibre  bauernbe 
©unft  au.  3n  bie  «Regierungsacit  griebridj  äöilbelms  I.  ?äUt  bie  fteife  (1723 
bis  1724?)  $esne's  nacb  (Snglanb.  @r  fci)eint  feinen  2öeg  übet  «Paris  genom= 
men  unb  Bier  bas  Silbnifj  bes  fpäteren  Stftectorä  ber  franäöftfc^en  «Äfabemie  in 
«Rom,  bes  «malere  91.  SleugBels  gemalt  ju  Baben,  roeldjes  iBm  bie  «UUtglieb= 
fdjaft  ber  «parifer  Slfabemie  eintrug.  $n  Sonbon,  too  ficb  «P-  nur  furae  Seit 
aut^ieCt ,  malte  er  bie  mit  geringem  Seifall  aufgenommenen  Silbniffe  einiger 
«J.Uttglieber  bes  föniglicBen  -gmufes. 

«p.  roat  in  erfter  ßime  Silbnifcmaler:  bie  föniglicBe  Familie,  bie  &of* 
gefettföaft  unb  fonftige  Ijetöorragenbe  $erfönlitf)feiten  Serlins  finb  burcb,  tf)n 
batgefteüt  roorben.  3n  ben  föniglid^en  ©ctjtöffetn  ju  Sertin,  «potsbam  unb 
Gtjarlottenburg  Befinben  ftdj  aa^heictje  Delbilber  feiner  £anb,  in  legerem  ©tflofie 
bas  befannte  Silb  «pesne's,  roeld}es  uns  griebtief)  ben  ©rofjen  als  bretjärjrtges 
ßinb  mit  einer  Trommel  neben  feiner  ©cbroefter  «EßtlBelmine  geigt  (geft.  bon 
S>.  Gunego  unb  %.  (StdjenS).  Sie  föniglidje  ©emätbegaterie  in  Serlin  beroafvrt 
biet  Silber  bes  3Jceifter§:  neben  ber  Delffiaae  au  bem  fefrt  gerühmten,  jcfet  ber« 
fcf)ollenen  Silbe  bes  £errn  bon  (Srtacb  mit  feiner  Familie,  bas  intereffante  Silbmfj 
griebricbs  bes  ©rofjen  aus  bem  Safjre  1739,  unb  ferner  bas  treffticB  burdj» 
geführte  ©emälbe,  meines  ben  ÄupTerftecBer  ©.  g.  ©dmtibt  nebft  ©attm  bar= 
ftellt  Sic  Sresbener  ©alerte  toeift  fieoen  ©emätbe  öon  «p.  auf,  unter  btefen 
bas  ©elbfibilbnife  bes  ÄünftlerS  b.  3-  1728  (geft.  bon  ©.  g.  ©cBmibt  1752). 
Sie  «DceBraar)l  feiner  Silbniffe  ift  bon  betriebenen  gleicBaeitigen  unb  fpäteren 
ftupferftecbern  roiebergegeBen  roorben  (ogf.  21.  «itpell,  $anbBucB  für  flupierftidj« 
fammter).  2lucfi  als  öiftorienmaler  mar  «p.  mit  grfolg  ttjätig.  %n  ben  ge= 
nannten  ©cBlöffern,  foroie  im  ©cBloffe  au  Heinsberg  befinben  ficB  bon  tfjm 
mehrere  2Öanb=  unb  Secfengemälbe  mit  attegorifclen  unb  mljtfjologifäen  Sar= 
fteEungen.  ©ein  lefctes  unpoHenbetes  SBerf  ift  bas  im  «Marmorfaal  bes  «Heuen 
Calais  bei  «potsbam  aufgehellte,  ben  «Jtaub  ber  Jpelena  barftellenbe  grofee  Oel» 
gemälbe.  Ser  bebeutenbfte  unter  feinen  aabtreicben  ©Gütern,  Serntjarb  «Äobe, 
führte  baffelbe  nacb  bem  Sobe  bes  «üceifters  au  @nbe. 

Son  feinen  Beitgenoffen  in  SeutfcBlanb  ift  «p.  als  einer  ber  größten  flünftler 
geptiefen  roorben.  3n  ber  erften  &ätfte  bes  borigen  3atjrb,unberts  blatte  Serltn 
feinen  «Dealer  aufautoeifen,  ber  ibm,  auutat  im  «Porträtiacb,,  gleic&  au  fcBäfeen  toar. 
Sie  meiften  «JJcalet,  toeld&e  nacb  if)m  bort  tl)ätig  roaren,  finb  feine  ©cBüler  ge= 
toefen  unb  laffen  feinen  einftuB  erfennen.  Sie  ßraft  feiner  ^arbengebung ,  in 
toetäjer  feine  Setounberer  bie  benetianifetje  garbenpraetjt  toiebererfennen^roottten, 
trug  iljm  au  feiner  3eit  allgemeine  «änerfennung  ein.  hieraus  erflärt  ftcb,,  ba^ 
gfrtebii^  ber  ©rofje  als  Äronprina  %  in  einem  Begeisterten  ©ebicfjte  mit  ßob 
tiberljäufte  (Oeuvres  de  Fre-d6ric  le  Grand  T.  X1Y).  Sie  fünftlerifdje  Sebeutung 
ber  gro|en  franaöfifd^en  Silbnifemater  unter  ^önig  ßubtoig  XIV.  erreid)t  «p.  tn= 
beffen  ni^t.  ©einen  ©emälben  ift  aber  fetjon  bureb,  bie  bargefteEten  «perfönltdb,= 
feiten  ein  bteibenber  gefdiid^tticljer  SBerttj  gefriert,  «p.  ftarb  als  Sirector  ber 
fönigttdjen  2lfabemie  ber  fünfte  am  5.  Sluguft  1757  au  Serlm. 

Sgl.  «Jiacfjri^ten  bon  ßünfttern  unb  £unft  =  ©a<$en.  ßeipaig  1768.  — 
3f.  Nicolai,  Sefdjreibung  ber  Ägl.  «Jteftbenaftabte  Sertin  u.  «potsbam.  .  .  . 
«Berlin  1786.  —  f$.  Nicolai.  Na^ri^ten  bon  ben  Saumeiftern  .  .  .  Serttn 
1786  —  giorillo,  ©efd^id^te  ber  aeicb,nenben  Äünfte,  ©öttingen  1805.  — 
Pfeli,  «HUg.  Äünftler--Sericon.  —  «Jlagler,  Neues  «Mg.  ^ünftter=ßertcon.  — 
Suffteur,  Les  artistes  franqais  a  l'ötranger.  «Paris  1856.  —  %.  3al,  Dict. 
critique"  de  Biographie   et    d'Histoire.     «Parts   1872.    —    Ägl.  «Dcufeen   au 


432  S-Mina  —  Wiotojjt. 

«Berlin.  SSefdjreib.  SBerjeic&mfj  b.  ©emälbe  1883.  —  @.  «Beliier  bc  la  G$a« 
bignerie  unb  8.  Sluorat) ,  Dict.  gäneral  des  artistes  de  l'e*cole  fran^aise. 
«Port«  1885.  «fficinifc. 

$efft1ta:  SBenjel  «Dcidjael  5p.  («pefdjina)  »•  ßaedjorob,  ©om^etr, 
geboten  ju  «Jieu=.$prabef  in  33öt)men  am  13.  September  1782,  f  au  «präg  am 
7.  «üiat  1859,  überging  auS  bem  ©pmnaftum  ju  Höniggräfe  inS  Stubium  ber 
Jtjeologie  au  «#rag,  tourbc  1807  jum  ^tieftet  gemeint,  hierauf  als  Saplan  für 
«Polna  beotbert;  1814  3um  «piariet  in  Ätu,\enburg  befördert,  1819  in  gleicher 
SBtirbe  auf  bie  beffer  botirte  (Stelle  3U  S8utfd£)tn  in  «JJtäljren  überfefct,  eticlgte 
1832  feine  @rt)ebung  aum  Domtjerrn  an  ber  «prager  «JJMropolitanfitd)e  bei 
St.  SBeit.  —  Sin  meiterer  f5f°tQe  jum  Gonfiftotialratt)e  unb  DomcufioS  ernannt, 
mufete  et  in  legtet  ©igenfrfjaft  gana  befonberS  erfolgreich,  ber  in  itjm  fdjon  längft 
tteibenben  ^bee  beS  2)omauSbaueS  öorjuarbetten.  Unb  bie  nact)  biejer  9ttdjtung 
entmirfelte  Ibätigfctt  ift  es  aud),  meldje  feinem  «Kamen  eine  bleibenbe  Stelle  in 
ber  6ultutgefd)id)te  beS  ßanbeS  fieberte.  Denn  biefe  feine  Sfbee  mittle  augleid) 
nad)  aufeen,  unb  gemann  ©eftaltung  burd)  ben  int  3.  1857  tnS  ßeben  getretenen 
Dombauberctn  —  beffen  ttjatftäftigeS  ^orgetjen  betmfS  ber  «Bittelbefctjaffung 
1860  id]on  jut  33eftellung  beS  „DombaumeiftetS"  in  ber  «Petfon  bes  auSge* 
auSgejetd^neten  ©ottjifetS  Sofept)  tfranner  führte  (f.  21.  ©.  «8.  XVII,  88).  SBie 
nad)  bem  Sterbejahre  «peffina'S  erficptlid),  erlebte  er  amar  nid)t  bie  fjfreube 
roetteten  «Dtitttjuns,  blieb  aber  bod)  ber  «Dcotor.  ^BemerfenSroertt)  ift  tjierbei, 
bafj,  trotjbem  er  fein  «-Bermäctjtnifj  ben  Ifdjedjcn  anS  |)etj  gelegt  tjatte,  biefeS 
bon  ben  Deutfdjen  «Prags  aufgenommen  unb  burd)  fie  in  SBoU^uq  gebracht 
mürbe.  —  2öae>  er  bagegen  nod)  als  reidjlidje  6rnte  ftitler  «2luSfaat  auf  fjuma« 
nitärem  ©ebiete  erlebte,  mar  eine  ^ütle  an  (Jljren  unb  'DluSjeidjnungen,  bie  itjtn 
in  gana  befonberer  «Dtenge  aur  freier  feines  fünfaigjätjttgen  «^riefterjubitäumS  — 
13.  September  1857  —  aufam.  Äaijev  ftranj  Sofept)  berliet)  it)tn  ben  Orben 
ber  etfetnen  Htone  3.  klaffe,  ber  feine  (hljebung  in  ben  «Jlbelftanb  mit  bem 
geroünfdjten  «Ptäbicate  „bon  Gaedjotob"  nad)  fid)  30g.  Die  Stäbte  Höniggrät} 
unb  «Polna  überfanbten  ttjnt  mittelft  Deputation  (Stjrenbütgerbiptome;  ©lud» 
munfeijabreffen  unb  finnige  ©efd)enfe  bon  nafjc  unb  ferne  famen  l)tnju.  Die 
locale  Jagcöfeier  ert)öt)te  überbieS  eine  fohnne  firdjlidjc  geier  unter  £t)eilnat)me 
beS  (5arbinalet3bijd)ofS  dürften  Oon  Sd)roat3enberg,  beS  Honiggräser  ^ifdjofS 
Dr.  £>anl,  Oon  Sßertretetn  ber  Regierung,  ber  ßanbeSf)auptftabt  unb  faft  aller 
Stänbe  unb  ftäbtifdjen  Korporationen.  —  3?m  ^Befttje  beS  @t)renbiplomS  eineS 
Doctot  ber  ültjeologie  üon  Seite  ber  «prager  Uniöerfität  mar  «p.  fd)on  feit  1848. 
DaS  2t)un  unb  Streben  «Peffina'S  djatafterifiri  fd)lie^lid)  fein  getinger  «Jiadjlafe 
an  SBermögen  unb  finbet  (Jrflärung  batin,  bafe  er  ben  Ueberfdju^  beS  Gnnfom= 
mens  jum  Streit  mot)ltt)ätigen  ^roeden  mibmete,  gtöfetentl)cilS  jebod)  bem  2)om= 
baufonbS  aumenbete.  SBetjufS  Srrid)tung  eineS  feine  ©rabftätte  —  auf  bem  $lein= 
jettner  5riebt)ofe  —  aierenben  «DtonumentS  trat  barum  ßarbinat  Sdjmaraenbetg 
au    bie  Spi^e   eines   (SomiteS,  burd)  roeldjeS  baffelbe  ausgeführt  mürbe. 

«Rub.  «JJlüller. 

^Cftolojji:  3ot).  ^einrid)  «p.  ift  am  12.  Januar  1746  in  3ürid)  ge» 
boten.  Sein  Sßater,  ^otjann  SBaptijt,  ber  Sob^n  beS  «Pfarrers  SlnbreaS  «pefto- 
loaai  in  >&öngg,  mar  ßtjirutg  unb  tjinterliefe,  als  er  im  3uli  1751  ftarb ,  bie 
2Bittme  mit  Pier  Hinbern,  beten  eineS  balb  nadjtjer  ftarb,  in  bürftigen  5Berl)ält= 
niffen;  biefelbe,  Sufanna  Jpotj,  flammte  toom  ßanbe  unb  mar  mit  bem  befann* 
ten  2lrat  $o%  in  «Jtid)tergmt)l  unb  bem  in  öfterreidjifdjen  Dienften  ftet)enben 
©encsol  §o%e  nat)e  öetmanbt.  «Dlit  ^eintid)  mud)fen  ein  älterer  S3ruber  unb 
eine  jüngere  Sdjmefter  auf;  ber  erftete,  ^ot).  ^aptift,  ging  in  ben  9ld)tatgerjal)ren 


«peftalojji.  433 

aufs  50teet  unb  ift  bo  öexfdwlten;  bie  Sdjwefiex,  Slnna  SBaibaxa,  an  bet  $. 
mit  gxofcex  Siebe  rjing,  öexf)eixatt)ete  ftd)  1777  mit  einem  Kaufmann  ©xo|e  m 
Seipaig.     «ölutter  «Peftaiojäi  flarb  1796. 

$eintid)  %  roat  Don  ©ebuxt  fcf)Wäd)lid)  unb  f ranntet).  £>ie  Süet- 
Waifttjeit  unb  bie  31xmutt)  ber  gamitie  waren  aud)  nidjt  baau  angettjan,  bie 
normale  gntmicüung  bei  ßnabenattexs  P  beföxbexn.  (Ss  fehlte  für  bie  graietj- 
ung  ber  weitexfd)auenbe  Stic!  ber  Däterlidjen  ßeitung;  aber  was  mütterliche 
Sorge  teilten  tonnte,  bas  würbe  %  in  reidjem  <ma&  ?u  SÜjeil;  unb  bet 
Butter  sur  ©ehe  ftanb  eine  treue  9Jtagb  ,  bas  Sabeli ,  bie ,  wie  jie  bem  ftex= 
benben  Sßatex  oexfpxodjen,  bexfelben  in  fjingtbenbex  ixeue  bie  &aust)altung 
buxcfibxingen  fjalf.  Sie  Sdjattenfeite  biefex  Gxaiet)iing  fdjilbert  %  fetbft  im 
©djtoanengefang"  :  „3d)  wudjs  an  ber  §anb  ber  beften  Butter  als  etn  2beiber= 
unb  aJtutteifinb  auf,  wie  nict)t  batb  eines  in  alten  «Rütffidjten  ein  größeres  fem 
tonnte.  3$  tarn,  wie  man  bei  uns  fagt,  jafjiaus  jahrein  nie  fjintex  bem  Ofen 
tjexoox;  Iura  alte  wefentlidjen  bittet  unb  fteiae  jur  Entfaltung  männtidier  Äraft, 
männtietjex  @xtat)xungen ,  männlidjex  ®enfungsfxaft  unb  männlicher  Uebungen 
mangelten  mir  in  bem  ©rab ,  als  id)  it)xex  bei  ber  @igenf)eit  unb  bei  ben 
©djtoäc&en  meiner  3nbiüibuatität  ooxaügtid)  beburfte."  Unb  in  „gienfjaxb  unb 
©extxub"  fdjilbert  ex  bei  bex  (Sraätjlung  öon  ben  3ugenböert)ättniffen  bes  Pfarrers 
(Stnft  feine  eigene  Sugenb,  ^nn  er  fagt:  „@s  Ijätte  2lHes  aus  itjm  werben 
lönnen,  wenn  er  in  feiner  Sugenb  bie  Wenfctjen  öon  21ngefid)t  m  2lngeft#t  ge= 
fefjen  wie  in  ben  Supern.  216er  ex  fat)  nux  feine  «Mutter  unb  feine  «Utagb,  bie 
tjimmelstxeu  toax,  abex  ben  «üben  einfpexxte,  bamit  ex  bex  axmen  «Uluttet  wenig 

©elb  lofte."  r. 

Sie  folgen  biefex  jugenblictjen  Slbgefdjloffentjcit  öon  feinen  Sllteisgenoften 
(„bamit  ex  nid)t  unnü^ex  2Beife  Äleiber  unb  Sdmt)e  öexbexbe")  machten  fiel)  benn 
aud)  gettenb,  als  «Peftaloäji  in  bie  Sdjule  fam.  „«öiit  biefem  $eftatoaat",  ex* 
i&%lt  1783  einex  feinex  3eitgenoffen,  harter  6d)ina  (1745—1790),  „ging  td) 
fetjon  in  bie  aUexuntexfte  Sdjule.  2)ex  Sdjulmeiftex  behauptete,  es  fbnne  unb 
werbe  aus  bem  Knaben  nie  etwas  9ted)tes  wexben,  unb  alle  ©ctjülex  Oextadjten 
unb  öexfpotteten  ifjn  wegen  feinex  unangenehmen  ©efidjtsbilbung,  feinex  aufjer= 
oxbentlid)en  ^acfjläffigfeit  unb  Unxeinlidjfeit.  3n  ben  beeren  Spulen  befam 
3ß  ben  9tuf  eines  fonbexbaxen  »Blenden,  bex  bei  atlex  beibehaltenen  unausftet)= 
lidjen  äufcerlidjen  Unxeinlidjfeit  unb  Unadjtfamfeit  bennod),  wenn  esfeinmufcteunb  ex 
einmal  öon  feinex  beftänbigen  ©ebanfenaexftxeuung  J»  fictj  felbft  gebracht  würbe, 
genau  ben  ^untt  traf,  au  wetetjem  man  iljn  leiten  mottle."  Unb  bamit  ftimmt 
txefftid)  was  ^eftaloaai  in  feinex  Selbftfd)tibexutig  öom  Safjxe  1802  fagt:  ,,3ä) 
Wax  öon  Sugenb  aui  bex  ftaxx  aller  Seute;  meine  Sugenbfüfjxung  gab  meiner 
Sebljaftigieit  in  taufenbiadjen  txäumerifdjen  $been  allgemeine  ^a!)rung  unb  tiefe 
midi  augleid)  in  2lHem,  was  bie  «ötenföen  ©ewöljnlic^es  genießen,  tonnen  unb 
trjun,  genufeleer,  ungeübt.  2)ie  «üben  in  ber  Sdmte  fc^on  fdndten  mict),  w_o= 
^in  fie  nicfjt  gern  gingen;  id)  ging,  wotjin  fie  nietjt  gingen  unb  ttjat ,  was  fte 
wottten.  Selbft  beim  großen  grbbeben  (es  ift  wol  basjenige  Dom  9.  S)ecember 
1755  gemeint),  wo  bie  »ßräceptoren  ben  ßinbern  fdjiex  übex  bie  $ööie  bie  Stiege 
tjerabgingen  unb  es  deiner  wagen  wollte,  wieber  tnnaufaugefjen ,  ging  ictj  unb 
brachte  i^nen  Wappen  unb  m$ex  tjinuntex.  2lbex  ictj  fdjidte  mict)  bod)  mc^t 
äu  i^nen  unb  Ijatte,  ob  ict)  fdjon  gut  lernte,  bennod)  im  ©ewötjnltcrjen  unb  £ag= 
lidjen  was  öoxfiet  gana  unb  gax  nidjt  bie  ©ewanbtb^eit,  bie  bie  Wg,<?xn  unter 
ben  Slnbexn  atte  au§aeid)nete ;  aud)  lachten  fie  mid)  alle  aus  unb  gaben  mir 
ben  tarnen  „#eixi  Söunbexli  öon  2l>oxlifon".  %d)  fann  es  ib.nen  nidjt  ubet= 
netjmen."     ßingeb^enb  l)at  fic^i  <p.  im  „ScfjWanengefang"    übex   bie  ®igentt)um= 

öligem.  beut?*e  ^iogtajjtjte.    XXV.  28 


434  Mtalojji. 

ttdjfetten  feinet  3n°imbualität/  mie  fte  fdjon  in  feiner  jugenbtidjen  Gntmidlung 
fjerbortrat,  ausgefprodjen.  Wad)  biefen  fremben  unb  eigenen  ^euguiffen  treten 
in  bem  jungen  *p.  Unbetjotfciifjctt,  Ungeregetttjeit,  Ueberroudjeru  ber  @inbitbuugs= 
traft  über  bie  geotbnete  ^evftanbebilbung,  geiftbotte  (h-faffung  beffen,  roas  itjm 
pfagte,  mit  gänjlidjer  2)ernad)täffigung  bon  alle  bem ,  toas  feinem  ©emüttje 
feine  Watjrung  gab,  als  d)avafteriftifd)e  3uSe  t)c*bor;  alles  bas  berbuuben  mit 
getegenttid)  auiblitjenber  (Energie  unb  einer  ©utmütl)igfeit,  „bie  alte  2Belt 
roenigftens  fo  gutmütig  unb  (}utraulid)  glaubte  als  fid)  fetbft" ;  enblid)  aud) 
barm  bie  2lrt  bei  ©anguinifers,  bafj  es  it)m  nid)ts  galt,  roenn  er  aud)  „mit 
feinem  .Hopf  in  fjunbert  unb  tjunbert  ftleinigfeiten  metjr  als  ein  anberes  $inb 
an  bie  Söanb  ftiefe".  Suchen  mir  nod)  einen  3lusbiurf,  ber  all  bas  5ufammen= 
faffenb  be<$eid)net,  fo  tjat,  mie  in  mand)  ?lnberm,  it)n  iß.  felbft  gegeben,  roenn 
er  bon  ber  ftarfen  3Iusbilbung  feines1   „Iraumfinns"  rebet. 

tiefer  Üräumerfinu  taub  nun  in  ben  äußern  $krl)ältntffen ,  in  benen  ba8 
reifere  ^ugenbalter  ^eftatojii's  fid)  bemegte,  reid)lid)e  Rainung.  S)te  tjötjeren 
Sdmten  bon  ^ürid),  bie  ^eftato^^i  befudjte,  um  Ideologie  ,511  ftubtren,  ftanben 
bamals  nad)  ^Mtalo.w's  ausDrüdlidjem  ^eugnife  in  miffenfd)aftlid)er  53ejiet)uug 
ausgezeichnet  gut.  (So  mar  bie  Qtii  iBobmer's,  ^reitinger's,  ©teinbrüdjels.  @s 
mar  eine  3eü  ber  ^erfentung  in  bie  ^fbeale  ber  claffifdjen  3Belt.  „Unabhängig* 
feit,  ©clbftänbigfeit,  ißotjlttjätigteit,  Slufopierungsfrart  unb  33aterlanbsliebe  mar 
bas  ßofungsroort  unferer  öffentlichen  23ilbung.  2)er  ©eifi  bes  Unterridjtes,  ben 
mir  genoffen,  lenfte  uns  mit  Dieter  vJebenbigfeit  unb  rei^üoller  2)arftettung  batjin, 
bie  äußeren  bittet  bes  9teid)tt)ums,  ber  @f)re  unb  bes  2lnferjens  einfeitig  unb 
unüberlegt  gering  ju  fd)äfcen  unb  beinahe  ju  beradjten.  2)as  ging  fo  meit,  bafj 
mir  uns  in  .Rnabenfd)ut)en  einbilbeten,  burd)  bie  oberflädjlidjcn  ©djulfenntniffe 
bom  großen  griednfdjen  unb  römifdjen  Sürgerlebeu  uns  folib  für  bas  Heine 
SSürgerleben  in  einem  ber  fdjroeijerifctjen  Kantone  unb  ifjren  nigeroanbten  Orten 
borjüglid)  gut  borbereiten  ju  tonnen."  2>er  bon  ber  Srbfdjroere  fid)  loslöfenbe 
tbeatifdje  ©eiftes^ug  fjaitete  aber  nidjt  blos  an  ben  s4krfönlid)fciten ,  bie  auf  s|>. 
unb  feine  Wlitfdjüler  erjiefjerifd)  eiumirtten;  es  mar  bie  Sltmofpljäre,  in  ber  bie 
23effern  jener  $e\t  lebten  unb  roebten  unb  fid)  über  bie  Äleinlidjfeit  ber  ©egem= 
mart  erhoben.  2öas  biefe  nid)t  barbot,  fud)te  unb  fanb  man  in  ber  Vergangen* 
r)eit,  in  Sltljen,  Sparta  unb  9tom,  unb  bei  ben  biebern  Slltborbern  ber  eibge= 
nöfftfdjen  .'pelbenjeit.  ^eftalo^ji's  (Jrfttingsarbeit  „9lgis",  bie  bie  ©röfje  bes 
alten  ©partanerftnns  bert)errtid)t  (1765),  £abaters  Sdjmeijertieber,  bie  33ert)anb= 
lungen  ber  .'pelbetifdjen  ©efetlfdjaft,  sJJcüller's  Scfyroeizergefdjidjte  geben  3eugnifj 
bon  biefer  ©eiftesridjtung.  Ober  man  fdjmärmte  mit  Orouffeau  für  bie  9tüd= 
teljr  jur  sJtatur;  ©efjner's  3bt)Hen  riefen  fanfte  ittütjruugen  t)ert)or;  ber  alte 
SBobmer  bot  feine  $beale  in  ^atriardiabeu  bar. 

5lber  mit  biefen  fittlidjen,  focialen  unb  potitifdjeii  s]sl)antafiegebilbcn  ftanb 
bie  ©egenmart  in  fo  fd)neibcnbem  SGßiberfprud),  baß  ber  ^ugenb  nid)t  ju  ber 
benfeu  mar,  menn  fte  an  bem  X'lnblide  berfetben  ifjre  fittlid)e  Ueber^eugung^traft 
fdjärfen  unb  gelegentlich  aud)  ein  menig  2Beltgericl)t  fpieten  mollte.  2>aju  bot 
it)r  ber  gefeiertfte  3üt'd)er  jener  Qüi,  ber  atte  Sobmer,  „ber  5öater  ber  3>üng= 
linge",  ein  s]Jiann  bon  fcfjarfem  Solid  unb  fdjarfer  3un9e-  ©elegentjeit  unb  2ln= 
regung  auf  feinen  Spaziergängen  int  „^lalj"  unb  burd)  bie  Stiftung  ber 
t)elbetifd)en  ©efellfdjaft  jur  „©erme".  35iefe  uerfammettc  fid)  möcfjenttid)  ein* 
mal.  Ausbreitung  geläuterter  Segriffe  über  bas  fittlidje,  politifd)e,  gefeKfd)aft= 
lid)e  Sebcn  mar  ifjr  (inb^med.  ^äbagogifdje,  gefd)id)tlid)e,  moralifd)e,  potitifd)e 
Slbfyaublungen  mürben  ba  borgelefen  unö  befprod)en.  sJ3tit  sJceujat)r  1765  grün--- 
bete   biefes   junge  3ul'idj    (bie  fog.  „Patrioten")  fogar  ein  moralifd)es  2Bod)en= 


SPeftaloaji.  435 

Blatt,  ben  „(hinnerer",  ber  im  SLrucfe  erfcrjien  unb  eS  bis  in  ben  britten  See- 
gang Ijinein  brachte,  bann  aber  obrigfeittictj  unterbrütft  mürbe. 

5)er  ^roptjet  biefer  jungen  ©eneration  mar  SJtouffeau.  2luct)  auf  *ß.  übte 
et  entfcfjeibenben  ©tnflufe.  ,,©o  mie  fein  ©mit  erfcfjien  (1762),  roar  mein  im 
böcbften  ©rabe  unpraftifcber  Jraumfinn  öon  biefem  ebenfo  im  fjöcbficn  ©rab 
unprafttfdjen  £raumbudj  enthufiaftifcb,  ergriffen.  %<§  bergficb,  bie  (Sr3iet)ung,  bie 
icb  im  SBinfet  meiner  müttertidben  äBotjnftube  unb  auch  in  ber  ©dhufftube,  bie 
id)  befugte,  genofj,  mit  bem,  maS  Dtouffeau  für  bie  ßrjierjung  feines  ©mit  an= 
fpracb  unb  forberte.  Sic  £augerjieljung,  foroie  bie  öffentliche  @r3iefiung  aller 
2öelt  unb  aller  ©tänbe  erfcfjien  mir  unbebingt  als  eine  öerfrüppelte  ©eftaft,  bie 
in  9touffeau'S  f)oben  $been  ein  allgemeines  Heilmittel  gegen  bie  @rbärmlidhfeit 
ihres  tDivflicEjcn  ^uftanbeS  finben  fönne  unb  3u  fud)en  tjabe.  2tucf)  bas  burcfj 
gtouffeau  neubelebte,  ibealifch  begrünbete  grethettSfnftem  erfüllte  bas  träumerifdje 
Streben  nach  einem  größeren  fegenSreictjen  SöirfungSfreife  für  baS  SSotf  in  mir. 
Änaben=Sbeen,  maS  in  biefer  gtücfjtdjt  in  meiner  SBaterftabt  3U  ttjun  nothmenbig 
unb  möglief)  fei,  brachten  midh  batjin,  ben  ©tanb  eines  Seiftlichen ,  ju  bem  idh 
früher  hinlenfte  unb  beftimmt  mar,  ju  öerlaffen  unb  ben  ©ebanfen  in  mir  auf* 
feimen  ju  machen,  eS  tonnte  mögtiefi  fein,  burch  baS  ©tubium  ber  JJtechte  eine 
Saufbabn  ju  finben,  bie  geeignet  wäre,  mir  früfjer  ober  fpäter  ©elegentjeit  unb 
ÜJtittet  3U  öerfebaffen,  auf  ben  bürgerlichen  3uftanb  meiner  SBateiftabt  unb  fo« 
gar  meines  $atertanbes  einigen  ttjätigen  (Jinflufj  }u  ertjalten."  -£.  rübrt  alfo 
feinen  Uebertritt  öon  ber  Ideologie  ju  redjtS»  unb  ftaatsmiffenfchaftltchen  ©tubien 
auf  bie  ©inmirfung  ber  ©chriften  föouffeau's  3urücf;  tbatfächticrj  ift  er  auch  aus 
bem  Garolinum,  ber  höheren  Sehranftalt  SürichS,  nactj  ben  ©djülerüerieidjniffen 
öor  Dftern  1766  aulgetreten,  b.  t).  ebe  er  in  bie  eigentliche  classis  tbeologica 
übergegangen  märe;  fomit  fällt  root  bie  geroöhnliche  Stählung,  ein  s)ftit3gefdhicE 
bei  ber  erften  ^rebigt  fei  Urfache  beS  SerufSroedhfelS  gemefen ,  bie  ^uerft  .!pen= 
ning  auS  ^öerbon  mitgebracht,  ofjne  SöeitereS  batjin. 

Sfuctj  nach  einer  anbem  ©eite  f)in  übte  ütouffeau  einen  bemerfensroerthen 
iSinffofj  auf  5ß.  unb  feine  ^ugenbgenoffen  auS.  S)er  Slpoftet  ber  31atur  fefilug 
für  biefe  ©täbter  bie  35rücfe  3um  theitnebmenben  Sntereffe  unb  3ur  tfjatfräftigen 
©mupatrjie  für  bie  Serhältniffe  ber  Sanbbeöölferung.  ©ie  gehen  aufS  Sanb 
tjerauS,  fucb>n  3u  ergrünben,  mie  ber  Sauer  benft,  maS  ihn  brücft.  ©ie  üer= 
gleiten  länblicbe  unb  ftäbtifche  3uftänbe  unb  finben  erftere  unberborbener,  toer» 
ben  ©dhroärmer  fftt  Sanbleben  unb  Sanbbau.  3U  bieltr  s2lnnätjerung  an  ba§ 
SanbOolf  l)atte  <$.,  forool  bei  ben  Sermanbten  feiner  Butter  am  3üricl)fee,  als 
namenttief)  bei  feinem  ©rofjtiater,  bem  tyjavtex  Sßeftatoaji  in  §öngg,  ©etegenljeit. 
S5om  ^iarrljauS  aus  lag  eS  nat»e.  ben  'SB lief  in  bie  ©cfjufe  ju  merfen,  Sorjüge 
unb  ©ctjattenfeiten  ber  länbtidjen  @qie^ung  abjuroägen,  bie  Mängel  be§  SBolfg* 
Unterrichtes  au  erfennen.  „ßS  fiel  mir  frütje  auf",  fagt  v^.  bei  Sefprecfjung 
fetner  |)öngger=  Erinnerungen,  „bafi  ber  gel)lerf)aftigEeit  ber  tänblic^en  grjieb^ung 
aEgemein  in  ifjrem  2öefen  unenblict)  leidjter  ju  Ijelfen  fein  fönnte ,  als  ber= 
jenigen  ber  ftäbtiftfien.  ®abei  mar  mir  baS  Sanbtoolf  lieb.  $crj  bebauerte  ben 
Sfrrtljum  unb  bie  llngemanbttjeit,  in  benen  feine  noch,  belebtere  ftaturfraft  unbe= 
Ijolfen  baftanb  unb  eS  regte  fieb  fet)t  früb^e  in  meinen  jugenblicljen  Safjren  ein 
tebenbiger  ©ebanfe,  icb  fönnte  mieb^  fäljig  macl)en,  bieSfaüS  mein  ©djerflein  311t 
S3erbefferung  ber  länblict)en  örn'etjung  beijutragen.  @S  fcfjien  mir  fcf)on  in 
meinen  ^ugenbjab^ren  Reiter  (bei  5JJ.  fteb^enber  3luSbrud  Tür:  flar),  biefeS  muffe  in 
Äitnftbinficrjt  burc^  bie  böcbft  möglicl)e  35ereinfacl)ung  ber  geroofmten  ©cbulunter= 
tidfjtSmittel  beS  SefenS,  ©crjreibenS  unb  Diedf)nenS  angebahnt  merben." 

@e  mar  mirftieb    eine  füb^ne  ^ugenbgeneration ,   bie   fidj  um    ^attater   unb 

28* 


430  ^eftalojji. 

güfeli  als  itjre  Sßoxfäinpfer  fc^aartc  unb  balb  aud)  s$.  als  begeifterten  ©eftn» 
nungSgenoffen  unb  ttjättgen  SJtitarbeiter  in  iljre  Greife  30g.  %m  %.  1762  Ratten 
fie  burd)  eine  anontjme  Ätagfdjriit  bie  Regierung  jur  23eftrafung  beS  SfunferS 
gelir.  b.  ©rebel  (beS  (HbamS  beS  um  ©taat  unb  SBiffenfctjaft  tjodmerbienten 
tegievenben  SürgermeifterS  £eu)  genötigt,  roeldjer  1758 — 61  Sanbbogt  in  ©tü= 
ningen  gemefen.  1764  brachten  fie  einen  ungetreuen  Verwalter  jur  ^lu^t;  1765 
öerjeiflten  fie  einen  fd)led)ten  Pfarrer  bem  SlntifteS  burd)  ein  anontjtneS  33ittet; 
bei  ber  llnterfucrjung  nad)  bem  ©djreiber  beSfelben  würbe  aud)  *ß.  in  23ert)ör 
genommen.  "Jcocrj  metrr  fteüte  biejen  in  ben  33orbergrunb  bie  ©ntbedung  eines 
r)anbfd)riftUd)en  „23auerngefJ)räd)S",  in  bem  bie  Regierung  bie  Slufforberung  an 
bie  Untertanen  auf  bem  £anbe  erbltdte,  einem  anfälligen  Sruppenaufgebot  nad) 
©enf  fid)  3U  wiberfetjen  (Januar  1767).  ^Dtit  aller  Energie  Warb  auf  ben  un= 
befannten  Söerfaffer  gefab,nbet.  5ß,  rjatte  eine  richtige  Sltjnung,  wer  ber  üttjätcr 
fei;  er  ging  ju  irjm,  um  ib,n  ju  bereben,  ficf)  ber  Dbrigfeit  ju  ftellen;  aber  biefer 
—  eS  mar  ber  cand.  tbeol.  gfjriftopt)  freinrid)  Füller  (f.  21.  2).  93.  XXII,  521)  — 
nochmaliger  ^rofeffor  in  33ertin  unb  .IperauSgeber  bes  Wibetungen  —  fiel),  unb 
nun  fam  5ß.  in  ben  33erbacrjt,  itm  jur  gluckt  aufgemuntert  unb  itmt  babei  ge= 
Rolfen  ju  rjaben.  6r  roarb  bter  Sage  in  UnterfudjungSrmft  gehalten.  %m  Ur= 
trjeil  Würben  bie  Soften  foldjer  |>aft  itjm  unb  ben  9Jtitgenoffcn  auferlegt,  unb 
angeorbnet,  bafj  benfetben  —  *ß.  ift  babei  mit  Flamen  ermähnt  —  baS  obrig= 
feitlidjc  sJJtif$faHen  unter  nadjbrutffamem  3uiPrU(^  fleugt  roerben  fotte.  3)aS 
corpus  delicti  würbe  öor  bem  ÜiattjfjauS  feiertiet)  uerbrannt.  (Sine  fdniftlid)e 
Stufjeidjnung  berichtet  weiter  über  ben  Ausgang :  „Sitten  Patrioten  fott  ernfitid) 
angezeigt  werben,  bafj,  wo  fie  fünftig  etwas  roiber  ben  ©taat  reben  fottten, 
fie  iljreS  23urgerred)t8  füllten  üerluftig  fein;  bie  brei  Ätafter  ,§013  müfjten  fie 
bem  genfer  bellen.  UebrigenS  fotte  bie  üommiffion  ernfte  Unterfudjung 
mad)en,  Wie  biefem  liebet  ferner  &u  fteuern,  aud)  wegen  ber  gcfäirrlidjcn  ©cfell= 
fdjaften,  unb  ber  „(Srinnerer"  folt  ntd)t  metjr  unter  bie  ^refe  fonimen.  NB.  Vogel 
trieb  auf  bem  Ütatfjtjaufe  ein  ©efpött  unb  2)ättifer  unb  ^eftalutj  fpa^ierten  mit 
einer  (iaöafo^feifen  auf  ber  (benachbarten)  sJJteifen=3inne,  nlS  man  bie  ©djriften 
Derbrannte." 

©0  fetjen  mir  ben  Jüngling  fy.  auS  ber  ©d)ücf)ternf)eit  feiner  frühem 
^ugenb  mit  einem  sDtaIe,  faft  Dorjeitig,  inS  Seben  ber  Deffentlidjfeit  rjerausge= 
treten;  unb  roie  tjier  im  $ampT  gegen  bie  Mängel  beS  ©taatstebenS, 
fo  5U  gleicher  3^it  auetj,  getrieben  üom  £rang  feiner  genialen  sJtatur  bie  litte= 
rarifci)e  Goncuirenä  mit  feinen  Setjrern  berfuetjenb.  "Jtocb,  im  t)ot)en  2llter  er* 
äätjlt  er  barüber  mit  einer  ficfjtbaren  inneren  93efriebigung :  „bitten  inbem  tet) 
in  einigen  feilen  eine§  beftimmten  Unterridjtöfaclieg  tjinter  meinen  ^titfdjülern 
roeit  jurürfftanb,  übertraf  icfj  fie  in  einigen  anbeten  üLtjeiten  beffelben  in  einem 
fettenen  ©rab.  2)a§  ift  fo  roar^r,  bafj  id)  einft,  ba  einer  meiner  ^rofefforen,  ber 
feljr  mot  ©riedjifdj  oerftanb,  aber  burd)au§  fein  ltjetorifctjeö  Talent  Ijatte,  einige 
Üleben  beS  SJemoft^eneS  überfe^te  unb  bruefen  liefe,  bie  j?üb,nt)eit  tjatte,  mit  ben 
befdjränften  Sctjulanfängen,  bie  icrj  im  ©ried)ifcf)fn  befafe,  eine  biefer  Sieben  aud) 
äu  überfein  unb  am  (Sramen  al8  5)ßrobeftüd  meiner  bieSfätligen  33orfd>ritte 
nteber^ulegen.  6in  2b,eil  biefer  lleberfe^ung  mürbe  im  üinbauer  Journal  einem 
Sluffafee,  „2lgi§"  betitelt,  beigebrutft.  Weine  Ueberfefeung  mar  aud)  unftreitig 
in  9lüdfid)t  auf  geuer  unb  rebneriferje  fiebenbigfeit  beffer,  al§  bie  be§  ^>enn 
s4Jrofeffor8,  ungeachtet  idj  ob,ne  alle  äöiberrebe  noeb,  fo  oiel  als  nicr)t  ©riedjifd) 
tonnte,  hingegen  ber  |)err  ^rofeffor  roorjl."  $.  mar  3ur  3eit  biefer  fetner  erften 
litterarifcb,en  Veröffentlichung  (1765)  19  i^alrre  alt  unb  eS  Wirb  menige  ©c^rift» 
iteller   geben,   bie  burd)   mef)r  als  60   3fab,re  tjinburdj  —    „©c^manengefang", 


^eftaloäji.  437 

„Sebenäfdjicffale"  unb  „tangentialer  Diebe"  batiren  bon  1826  —  ftdj  bie  f^rtfd^e 
für  litterarifctje  $robuctionen  ermatten  tjaben. 

S)a§  waren  fretlidj)  nidjt  eben  Sorftufen  iür  xafcr)e  Seförberung  im  äürdjerifctjen 
StaaMleben.  2lud)  motten  2Inbere  beffer  ali  ty.  felbft  bie  Seratjren  erfennen, 
benen  feine  ^nbiüibuatität  in  ber  jurifttfc^  =  politischen  Sau*baf)n  entgegenging. 
S)ai  äöort  einei  fterbenben  greunbei,  bei  tjodjbegabten  unb  ftarfdjauenben  Sfab,. 
Äafpar  Sluntfdjli  (geb.  1742,  t  24.  9ftat  1767  ali  cand.  theol.)  entfdjieb  unb 
^.  Tafete  nun  ( „plö^tidj")  ben  (Jntfdjlufj,  ftdj  ber  Sanbwirtrjfcfjaft  ju  wibmen. 
Sdjon  im  £>erbft  1767  begab  er  fidj  ju  £fd)iffeli  nadj  Äirdjberg  (Äant.  Sem) 
um  ftdj  in  feinen  Seruf  einführen  ju  laffen.  3(m  |>erbft  1768  fam  er  ^urürf 
unb  taufte  bann,  nadjbem  ein  jürdjerifdjei  $aufmann§rjaui  itjm  bie  bittet,  einen 
Serl'udj  jur  ihappcultur  im  (Broten  ju  madjen,  borgefdjoffen  blatte,  auf  bem 
Sirrfelbe  im  ©ebiet  be%  bamaligen  $antoni  Sern  Sanb  ^ufammen;  er  nannte 
bai  ©ut,  bai  er  fo  am  gujje  ber  Srunegg  im  „ßetten"  bei  Sirr  ftdj  erwarb, 
ben  „fteuljof" ;  bis  er  ba%  öon  itjm  gleichzeitig  in  Sau  genommene  Sanbtjaui 
be^ietjen  tonnte  (grübjarjr  1771),  wotjnte  er  in  bem  benachbarten  S)ördjen 
DMligen  an  ber  Üteufc.  £>ier  grünbete  er  nun  audj  einen  eigenen  öauiftanb. 
91m  Sterbebette  Stuntfdjti'i  blatte  itjn  bie  gemeinfame  Seretjrung  für  ben  tränten 
ftreunb  mit  91nna  SdjultljeB.  ber  Jodjter  bei  -Pfleger^  Sdjultfjefj  jum  „^ftug" 
nätjer  (}ufammengefüljrt ;  bai  2Inbenfen  an  ben  Serftorbenen  pflanjte  gegenfeitige 
greunbfdjaft,  aui  ber  greunbfd^aTt  warb  Siebe,  ibeale,  fdjmärmerifcrje  Siebe. 
55iefe  Siebe  überroanb  alle  Sebenten  unb  odjmierigtetten,  unb  beren  waren  nidjt 
wenige:  ^eftalo^i  war  metjr  ali  fedji  ^ab^re  jünger  benn  feine  Sraut;  er  war 
arm,  2Inna'i  Sater  war  reidt),  2lnna  war  fdjön  unb  gefeiert,  5ß.  "fjä^ticf)  unb 
unorbentlidj.  2)ie  Altern  Slnna'i  waren  entfdjieben  gegen  bie  Seibinbung. 
5peftaIo3}i'3  Darlegungen  feiner  öconomifcben  $lane  feijten  fie  ein  nur  ^u  be= 
grünbete»  ^Rißtrauen  entgegen.  Dcidjt  nur  Sermanbte  unb  ^ugenbfreunbe,  felbft 
rjodjftetjenbe  ^erfönlidjteiten  wie  Sürgermeifter  |>eibegger  nahmen  ftdj  ber  Sieben* 
ben  an.  (Snbtid}  erfolgte  bie  ginnnüigung,  aber  nur  fo,  baB  bie  Butter  Sdjult= 
tje&  erftärte,  fie  wolle  ftdj  ber  Serbinbung  nidjt  mit  (Gewalt  entgegenfetjen ; 
fie  liefjen  bie  £od)ter  jtet)en,  bodj  oljne  91uifteuer.  21m  30.  Cctober  ober  2. 
October  1769  —  btä  S)atum  ift  nidjt  poüftänbig  fidjergeftetlt  —  fanb  bie 
ütrauung  in  (Sebiftorf  bei  Srugg  ftatt. 

3»n  inniger  Üteintjeit  entfaltete  ftdj  baB  gowilienleben.  SDai  Sagebudj,  bai 
bie  beiben  ©atten  gemetnfdjafttidj  führten,  jeigt  itjr  innerftei  Seelenleben  in 
Dotier  Offenheit;  bie  ruhige,  fromme  JHarljeit  ber  §rau,  it)re  Sererjrung  unb 
jarte  Sorge  mr  ben  „©eliebten",  feine  wectjfetnben  Stimmungen,  bie  oft  an 
^npodjonbrie  ftreifen,  Doller  Seelenfampfe.  3lm  19.  3luguft  1770  würbe 
IMtalojjt'S  einziges  «ßinb,  ein  Sotjn,  geboren,  ^ani  ^afob  ober  „^afobli"  wie 
er  nadjrjer  im  öaufe  Ijiefj,  in  ber  ßeH,  all  bie  finanzielle  Unternetjmung  tye\ta= 
to35i'§  bereit!  bem  Untergang  berfatten  war. 

Sie  Butter  Sd^ultb^eB  tjatte  2lnna  mit  ben  Söorten  enttaffen:  „£u  wirft 
mit  SBaffer  unb  Srob  aufrieben  fein  muffen!"  ftod)  et)e  bie  junge  ^ausbaltung 
in  ben  „^eub^of"  Ijerüber  äieb)en  tonnte,  begannen  biefe  Söorte  ftdj  31t  erüllen. 
^>.  b^at  in  fpäterer  $tit  feine  Seibenegefdjictjte  auf  bem  sJieut)of  in  rjerjergreren= 
ber  2öeife  gefct;ilbert,  fcrjon  im  „Scbweijerblatt"  Don  1782  in  feinem  „"ftadjnr 
an  3fclin"  unb  bann  wieber  1826  im  Sctjmanengefang.  2Iber  wir  beft^en 
barüber  aucr)  einen  Seridjt  öon  brttter  §anb,  ba§  Urtljeil  eines  in  feinem 
Naturell  oon  ^eftalozji  gänjlicr)  öerfdjiebenen  !üt)l  unb  praftifdj  benfenben 
greunbei,  in  bem  Sriefe  bei  -^farreri  Sdjinj,  in  metdjem  berfelbe,  ber  jubem 
ali  fadjfunbiger  Srperte  ©elegentjett  gehabt,  einen  unparteiifdjen  Slid  in  bie 
Serljaltniffe  ju  tb^un,  unterm  12.  SXprit  1783  einem  {yreunbe  über  bie  $erfönlidj= 


438  sl¥ia(03ji. 

feit  beg  53erf  affer»  tion  „£ientjarb  unb  ©ertrub"  ^luffdjtu^  gab.  2)iefer  33ertd^)t 
rjätt  beutticfjer  als  ^eftato^i'S  eigene  Xarftellungen  bie  öerfdjiebenen  ©tabien 
bei  Unternehmung  auf  bem  91eu^of  1769 — 1780  auSeinanber  unb  mag  batjer 
in  ben  ^pauptpunften  fjier  feine  ©teile  finben: 

„?p.  taufte  ju  23irr  bei  40  borgen  SanbeS,  ließ  ein  ju  feinen  9lofid)ten 
äroedlofeS,  fonft  jetjt  gefdjmadöolleS  £au£  unb  anbere  ©ebäube,  gegen  mein  unb 
alter  5*eunbe  Ütat^  unb  3ute^en  aufführen  unb  hoffte  auf  ber  ©rappflanjung 
alle  SluStagen  roieber  <ju  geroinnen.  2>ie  Gkappftanjung  gebiet)  übet.  ty.  tonnte 
nid)t  Otedjnung  Ratten,  rote  er  foltte,  roeit  er  fid)  nie  mit  ben  Äteinigfeiien  beS 
SJledjnungeroefenS  belaben  roollte,  fonbern  nur  im  ©roßen  e8  burd)bad)te.  Satjer 
entftanb  in  feiner  Cefonomie  eine  SBerroirrung.  bie  roictjtiger  mar  all  er  felbft 
glaubte.  Üon  bem  üornerjmen  ßaufmanne,  ber  feine  Pielen  taufenb  ©ulben 
äugleid)  mit  ^eftatojjr'g  eignem  jugefctjten  ©elbe  in  ber  größten  Öefafjv  faf), 
roarb  id)  jum  Mittelmann  erbeten,  roeit  berfeI6e  fid)  auf  meine  etroetrfjen  burd) 
grfaljrung  erroorbenen,  Ianbroirtt)fd)aftlid)en  Äenutniffc  fcerließ.  ^cf)  unterfudjte 
unb  bradjte  eg  jur  ßiquibation,  bei  roetdjer  ber  Äauhnaun  auf  ca.  5000  (Sulben 
freubigen  Üerjidjt  tljat,  roenn  bamit  bem  unerfahrenen  ©peculanten  getjol'en 
roerben  tonnte.  sJcad)  mißlungenem  33crfud)c  in  ber  ©rappcultur  unternahm  Sß. 
eine  ©ennerei,  für  bie  er  feine  gelber  in  Öfparfcttenbau  öerroaubelte.  (Snbtid) 
gab  er  nad)  bicsfätligen,  ebenfalls  fd)tedjten  groben  feiner  gelbbauprariS  auä) 
biefe  ^bee  auf  um  fie  mit  einer  anbern  JU  öertaufcfjen,  nämlid)  aur  feinem  Wüte 
eine  (Srjiefjungsanftalt  für  öertaufene,  rjeimattjlofe,  üon  lieberlidjen  (Sttetn  fd)led)t 
beforgte  23ettelfiuber  }u  errid)tcn.  9cad)  bem  (h^ietjungöplan  mußten  bie  $inber 
bei  gutem  SCßettcr  auf  ben  gelbem  arbeiten,  bei  fdjledjtem  Söetter  aber  unb  im 
SBinter  iljr  33rob  mit  33aumroolle  fpinnen  geroinnen  unb  öerbienen  lernen.  s^. 
gab  einen  weitläufigen,  burd)  feine  33erebfamfeit  tjinreißenben  "^lan  biefer  Wnftalt 
im  SJrucfe  IjerauS,  rooburd)  er  bermittelft  einer  jiuetofen  ©elbeutljebung  aui  ge= 
toiffe  ^afjre  bei  feinen  greunben  bie  ^u  biefem  Sfnftttut  nötigen  gfonbS  famuuite. 
gür  ^ürtdj  madjte  5p.  midj  jum  ©ammter.  —  @in  paar  ^at)ie  ging  bie  ©adje 
gut;  trefflid)  roenigftenS  roaren  bie  9cad)rid)ten,  bie  in  3fe^inö  (Sptjemeribeu  unb 
in  anbern  öffentlichen  blättern  barüber  gegeben  rourben.  Mmäljlid)  jog  bau 
©erüd)t  Pon  biefer  2tnftatt  bem  ty.  mehrere  greunbe  auä  ber  ÜBerfammlung  (ber 
fjeluctifdjen  ©efetlfdjaft)  ju  ©djinpad)  ju.  5E)iefe  tarnen,  nadjbem  5ß.  jitoor 
in  Äentttnifj  gefegt  roorben  mar,  in  großer  ^tnjatjt  ju  it)m  aufö  SBinfelb.  9ludj 
id)  roar  babei  unb  fanb  tjier  einen  fdjictlidjen  Einlaß,  bem  ^.  bie  mir  auffallen« 
ben  getjtcr  in  fteunbfdjaitlidjer  unb  Pertraulidjcr  Unteirebung  nad^uroeifen. 
Jpicvauf  ging  e»  etroag  beffer ;  aber  ber  roeife  unb  fdjarifiditige  JrjeoreticuS,  babei 
rjödjft  unglüdlicrje  s^racticu§,  ließ  fid)  eine  anbere  ©peculation  beifallen.  @r 
ber  mit  ©elb  nietjt  umjugerjen  mußte,  ber  ben  Mittelroeg  jroifcfjen  bem  leictjt= 
gtäubigften  3utl'aueu  un&  einem  uubebingten  Mißtrauen  gegen  bie  Meufcfjen 
niemals  fannte,  ber  jum  ßatculiren  unb  ©cripturiren,  jum  gemeinen  Jpanbel 
unb  23erferjr  Piet  ju  gut  roar,  bet)nte  feine  ©pinneieien  auf  Äauf^anbel  mit 
SBaumrooltbüctjern,  aur  33efuctjung  ber  Meffen  u.  f.  ro.  au§.  Xabuvdi  tarn  bie 
@räief)ungäanftalt  in  2tbgang,  bie  ,!pauärjattung  in  SBertuft  unb  er  felbft  in  foldje 
©efatjr  feines  Söermögen»  unb  feines  etjrlidjen  5tamcnS,  baß  er  nur  burd)  ööllige 
9}ad)fidjt  feiner  ©laubiger  unb  mit  |)ilfe  unb  Unterftü^ung  feiner  gveunbe  üon 
33erjroeiflung  unb  gänjlidjem  Untergange  ju  retten  roar.  @r  roar  in  ber 
bringenbften  "Jlott)  unb  t)atte  gar  oft  in  feinem  fonft  anmutigen  ßanbljaufe  roeber 
©elb  nod)  SBrot,  nod)  ^olj,  fid)  Por  junger  unb  J?ättc  ju  fetjätjen.  %a&u  tarn 
nod)  eine  traurige  langwierige  Äranftjeit  feiner  ftxaü,  Ssrud  unb  Unterbrüdung, 
3ertretung  Pon  Snnen  uno  2(ußen." 

fragen  toir  unS,  roetd)e  ©tellung  biefe  erfte  ^eriobe  bei  praftifdjen  SöirtenS 


Sßeftatojat.  439 

1769 — 1780  auf  bem  fteufrof  in  *Peftalojji's  öeben  einnehme  unb  roas  fie  au 
feiner  päbagogifcfjen  (Jntroicfiung  beigetragen,  fo  ift  nor  Slttern,  rote  fdron  s3Jlöri= 
fofer  richtig  gejet)en.  Teftjutjalten.  baß  junac^ft  burefjaus  nicfjt  ©ebanfen  pdba= 
gogifdjer  v^trt  %  naefj  bem  Steutjoi  geführt  tjaben.  Unb  roenn  $.  ficrj  ju  Anfang 
ber  Siebjigerjatu-e  auf  bem  Sceutjof  päbagogifd)  befcfjäitigt  tjat,  fo  roar  bies  bie 
Sßefcrjäftigung  bes  liebenben  Saters  mit  jeinem  einigen  Sötjntein,  über  ben  er 
ein  nadjtjer  üon  lieberer  in  $rucf)fiü(ien  öcröffentlidjteä  xagebuef)  führte.  2Bir 
geroinnen  aus  biefer  $eit  buretjaus  ben  Sinbrucf  eines  Cannes,  ber  mit  feinen 
Unternehmungen  in  erfter  ßinie  bie  (Sxiftenj  feiner  fjfamilie  ftdjer  [teilen  roitt 
unb  Don  biefer  Sicfjerüellung  bie  üJlögLid^feit  abhängig  macfjt,  feinen  ebelbenfen= 
ben  Sinn  audj  für  weitere  Äxeife  ju  betätigen.  Slnbet«  gematteten  fiel)  freilief) 
bie  SBertjältniffe,  als  $.  1774  baju  tarn,  jur  Hebung  feiner  öfonomifd)en  53e» 
brängnifj  eine  Slrmenerjietmngsanftatt  am  bem  Steubof  ju  begrünben  unb  burdj 
biefe  Unternehmung  baju  geführt  toarb,  feine  Srjietjungsibeen  auet)  tfjeoretifd} 
Hat  }u  [teilen,  3n  ber  ipauptfacfje  getoifj  rictjtig  t)at  OUeberer  —  jroar  ntdjt 
Slugen^euge,  aber  nadjmali  öon  *ß.  ju  feinem  SBiograptjen  beftimmt  unb  root 
auc§  inftruirt  —  ben  ©ebanfen  biefer  9ln[talt  fotgenbermafjen  präeifirt: 
„^eftatojai's  erftes  biesfaös  in  feinem  Sebensgange  (Jpocfje  madjenbes  Unter» 
nehmen,  roar  ein  im  eigentlichen  Sinne  öfonomifcb/päbagogifcrjer  SpecutationS* 
Perfuct).  $m  5Befi|e  eine«  beträct)rLict)en  £anbgutes  roar  er  überbies  9Iffoci6  einer 
SBaumiDOÜemabrif  unb  eines  .öanbelsfjaufes.  Sein  2anbeigentt)um  toar  cuttiPir= 
bar,  aber  burerjaus  unangebaut  unb  oerroitbert.  ßr  rooüte  es  burci)  33enut3ung 
ungebrauchter,  ebenfo  oernactjläffigter  menfcrjiicfjer  ßtftfte  anbauen  unb  in  %w= 
nai)me  bringen.  ©ei  Srunbfatj  Don  bem  er  aulging,  beftanb  auf  ben  fürjeften 
3lusbrucf  jurücfgeiütjrt,  barin:  bie  einen  buref)  bie  anbern  gegenfeitig  fo  ju  be= 
nutzen,  bafc  ber  SJcenfcf)  bie  Statur,  bie  Statur  rjinroieber  ben  SJcenfdjen  eultitire. 
©et  tfabrifationserroeib  unb  öanbetsbetrieb,  ben  er  bamit  öerfnüpfte,  feilte 
einerfeits  bie  Subfifien^mittet  "ber  finita It  öermetjren  unb  fidjern,  anbrerfeits' 
felbft  roieber  als  Uebungs=  unb  v£ilbungsmittel  ber  menfcfjlicrjen  ßxfifte  benüfct 
unb  [o  bie  prjtjfifcfjen  2Öebürmiffe  ber  ftinber  mit  ben  fjorberungen  ber  gabrifatton 
unb  bes  Jpanbels,  biefe  mit  ber  Anregung  unb  öenütjung  ber  menfdjtidjen 
Gräfte  in  Uebereinftimmung  gebracht  roerben.  93on  Seite  bes  (Semüttjes  [tütjte 
fidj  ba§  Unternefjmen  aw  ben  menfct)enTreunbIici)en  £rieb  ber  ?(rmenr)iüie. 
Settelfinber  f Otiten  bem  Zettel  entriffen  roerben,  ttjx  S3rot  felbft  öerbienen  lernen 
unb  babei  bie  Soften  itjrer  (h\ttet)ung  fogar  mit  öfonomifctjem  SBorttjeit,  für  ben 
Unternehmer  Pergüten,  ©et  ®ebanfe  roar  neu,  großartig  unb  oerfüubete  einen 
dürften  im  ©ebiete  ber  Sioiüfation".  Stoct)  merfroürbiger  aber  unb  folgenreiche: 
als  bie  praftifcfje  Surctjfütjrung  unb  bie  fpecietl  pdbagogifetje  Seite  bes  Unter* 
netjmens  roaren  bie  ttjeoretifctjen  3been,  auf  roeltfje  ty.  buret)  btefes  Unternehmen 
gefürjrt  rourbe  unb  roetetje  er  in  feinen  „Briefen  über  bie  Srjietjung  ber  armen 
^anbjugenb"  1777  in  ^felins  (Jpt)emeriben  niebergclegt  t)at.  Dticfjt  burci)  2Sor)I= 
ttjätigfeit  fonbem  burci)  Sntroicflung  ber  in  ben  SJcenfcfjen,  auci)  in  ben  ärmften 
liegenben  Gräfte  ift  ber  Sftenfcfjfjeit  ju  tjet'en.  3lUc  Solfsbitbung  ift  fomit 
Sitbung  jur  ^nbuftrie,  b.  t).  Anleitung  jur  richtigen  GntTattung  unb  9}erroertt)ung 
ber  im  Sßolfe  liegenben  ?lrbeitsfiäite.  £aburct)  fcfjafft  fiel)  bie  Strmenerjierjung 
bie  ^>ütfsmittet  unabhängiger  (Jriften,^  unb  fo  ^ugleicf)  bie  SJtittet  itjrer  eignen 
unenbticljen  gntroieftung.  Um  bies  $\e[  ju  erreichen,  ift  aber  notrjroenbig,  bie 
2Irmutr)  in  ber  3ltmutt)  unb  Tür  bie  Stimutt)  3U  crjietjen;  bie  Grjietjung  ^ur 
(Srroerbsttjdtigfeit  ber  trjeoretifctjen  iBitbung  öorangetjen  ju  taffen  unb  bann  Den 
Unterricht  mit  ber  Arbeit  ju  öerbinben;  als  Slrbeitsbrandje  bie  extragfdtjigfic 
aus^urod^ten  unb  barum  ^um  minbeften  bie  geroerbticfje  ^Q^ntaiion  ber  öanl:  = 
roirtr;fcr)aU  an  bie  Seite  ju  [teilen;  enblict)  biefe  Arbeit  in  großem  SJtaMtabe  ju 


440  Wtalojji. 

organifiren ;  in  biefer  Organifatton  ber  Arbeit  auf  ©runb  einet  ©rroeiterung  ber 
Familie  als  (Sotlectibgenoffcnfcfjaft  aller  betätigten  2lrbeitSfräfte  ju  gemeinfamen 
(Hnfaü  irjrer  Xrjätigfeit  für  baS  ©cfammtarbeitSljauS  bämmein  bereits  bie  focialen 
3ufunftStbeen  bcS  19.  Satyrtjunberts  herauf. 

@S  ift  bereite  gejagt  roorben,  bafj  aud)  biefeS  Unternehmen  äußerlich,  miß= 
lang  unb  warum  es  mißlang.  5Die  2lnftatt,  bie  30 — 40  .tttnber  beherbergt  Ijatte, 
mußte  fid)  1780  auftöfen.  *ß.  felbft  f Gilbert  biefes  ©rgebniß  fur^  unb  flar  in 
ben  einfachen  Söorten:  „Wein  Sßerfud)  fdjeiterte  auf  eine  Jjerjjerfdjncibenbe  SBeife. 
Weine  £$frau  ^aite  *m  U  ebermaß  it)re§  (Jbelmutrjes  irjr  SSermögen  beinahe  ganj 
für  mid)  öer^fänbet.  (Jfje  id)  mid)  berfat) ,  ftetfte  id)  in  unerfdjroinglidjen 
©djulben  unb  ber  größere  Xtjeit  beä  üßermögenS  unb  ber  (Jrbtjoffnungen  meiner 
lieben  $rau  mar  gleid)fam  in  Stauet)  aufgegangen.  Unfer  Unglütf  mar  ent= 
Rieben.  3fd)  mar  jejjt  arm."  ^eftato^ji'S  $erroanbte  fauften  it)tn  ben  9teur)oi 
ab,  bamtt  er  bie  bringenbften  ©laubiger  befriebigen  fönne ;  Don  nun  an  rjatte 
er  nur  nod)  bie  9tut}nießung,  nid)t  mcljr  ben  S3efit$  bes  ©utes.  2lber  biefe 
SlrmenerjteljungSanftalt  ift  bod)  bie  2Biege  ber  bäbagogifdjen  3been  ^eftato^i'S 
geroorben  unb  l)at  bind)  irjn  ber  Wenfd)f)eit  ben  reichten  ©eminn  gebracht.  9tid)t 
bevgeblid)  blatte  er  auf  bie  3tut)e  feines  Familienlebens  üerjidjtet  um  ber  6r= 
3i?t)ung  armer  Äiuber  ju  leben,  unb  mit  biefen  armen  Äinbern  roie  ein  SBettler 
gelebt,  um  fie  roie  Wenfd)en  leben  3U  madjen. 

SDod)  roaS  fotlte  er  jetjt  anfangen,  mittellos,  crebitloS  roie  er  mar"?  ©eine 
£w*eunbe,  bor  Slüem  ^felin  in  Söafel,  roiefen  iljn  auf  bie  ©d)riftftetteret.  Unb 
nad)  einigen  fleiuern  arbeiten  (  AUbenbftunbe  eines  (SinfieblerS",  „lieber  'Jlufroanb* 
gefetje  in  einem  fleinen  tjanbeltreibenbeu  greiftaat")  entftanb  fein  2)olfsbud) 
„£ienl)arb  unb  ©ertrub",  in  bas  er  feine  pft)d)ologifd)en  @rfat)rungon  nieberlegte 
unb  bas  irjn  mit  (Jinem  Wal  }u  europäifdjem  Üvutjnic  emporhob.  SDiefes  tounber* 
bare  iöud),  beffen  elfter  Jljeil  auf  bie  ovütittng^ineffe  1781  aunädjft  anonym 
erfd)ien  unb  in  ben  $af)ren  178:»,  1785,  1787  roeitere  üljeile  als  50ri?etJunQen 
erhielt,  ift  burdjauS  ber  geniale  2Burf  eines  Wutobibaften.  „S)ie  ©efdjicfjte  floß 
mir  (erjäl)(t  ber  Söerfaffer)  id)  roeiß  nid)t  roie  auS  ber  geber,  unb  entfaltete  ftdj 
bon  felbft  orjne  ba^  id)  ben  geringften  ^lan  babon  im  Äopfe  rjatte  ober  aud) 
nur  einem  foldjen  nad)bad)tc.  ®aS  53ud)  ftanb  in  roenigen  2Bod)en  ta,  oljne 
baß  id)  eigentlich  nur  mußte  roie  id)  ba^u  gefommen."  2)en  ©d)lüffel  3U  ber 
SBebeutung  beS  2BerfeS  aber  gibt  er  felbft,  roenn  er  Die  (Situation  nad)  2luf= 
löfung  bev  ?lrmener^el)ungSanftalt  fd)ilbert:  „5)aS  (Sntgegenftreben  gegen  mein 
Unglüd  fül)rte  jetjt  ju  uidjtS  mel)r.  Steffen  tjatte  id)  in  ber  unermeßlichen 
2lnftvengung  meiner  SJcrfudje  unermeßliche  2öat)rb,eit  gelernt  unb  uncrmefelid)e 
(Jrfabvungen  gemadit  unb  meine  lleberjeugung  Don  ber  2öid)tigfeit  ( 9tid)tigJeit  1) 
ber  {yunbamente  meiner  5lnfid)ten  unb  meiner  U3cftrebungen  mar  nie  größer  als 
in  bem  ^eitüunft,  in  bem  fie  aufjerlid)  gan^  fd)eiterten.  2lud)  roallte  mein  ^er^ 
immer  unerfd)ütterlid)  nad)  bem  nämlidjen  ^iel,  unb  id)  fanb  uiid)  je^t  im 
Glenb  in  einer  Sage,  in  ber  id)  einerfeitS  bie  roefentlidjen  23cbürfniffe  meiner 
^tefrfe,  anbrerfeitS  bie  Sltt  unb  Söeife  roie  bie  mid)  umgebenbe  SBelt  über  ben 
©egenftanb  meiner  23eftrebungen  in  allen  Stänben  unb  ^erl)ältniffen  mir!lid) 
benft  unb  rjanbelt,  ertennen  unb  mit  -Oänben  greifen  lernte.  %6)  fage  es  jeut 
mit  innerer  (Jrtjcbung  unb  mit  Sianf  gegen  bie  ob  mir  roaltenbe  33orferjung : 
felber  im  (Slenb  lernte  id)  bas  (5lenb  bes  S>olfS  immer  tiefer  unb  fo  fennen, 
roie  fie  fein  ©lüdtidjer  fennt.  3>d)  litt  roas  bas  9]olf  litt  unb  bas  9}olf  geigte 
fid)  mir,  roie  es  roar  unb  roie  eS  fid)  9ciemanb  geigte." 

Sie  ©runbgebanfen  bon  ßienl)arb  unb  ©ertrub  finb  leid)t  IjerauS  ^u  finben; 
toir  fdjließen  uns  in  unfrer  Darlegung  berfelben  in  ber  £muptfad)e  an  bie  3IuS= 
einaubetfetjung ,  bie  Wann  bon  benfelben  gibt    (in  f.  Einleitung  ju  2.  unb  ©.) 


5ßeftaIo33t.  441 

©ertrub  jagt :  SBenn  e£  nichts  al§  9lrbeit  unb  33erbienft  brauchte  bie  Sirmen 
glüdtid)  au  madjen,  fo  würbe  balb  geholfen  jein,  aber  ba§  ift  nidjt  fo :  bei 
Sfteidjen  unb  bei  Sinnen  mufj  ba§  ^>erj  in  Orbnung  fein,  Wenn  fie  glüdtid)  fein 
foEen.  2)er  ajtittelpunft  ber  @raie()ung  ift  bat)er  bie  fittlidje  unb  jtoar  bie 
religiöMitttidje  Sraietmng;  aber  btefe  ©elbftaufraffung  be§  9}tenfcl)engefct)led)t§ 
fann  nict)t  befohlen  ober  gefd)enft  werben,  fie  mu|  öon  Snnen  t)erau§,  öon  unten 
tjerauf  warfen  unb  e§  gilt  für  bie  greunbe  ber  *ötenfdjt)eit  nur,  biefer  ©elbft= 
entwidtung  .gmnbreicrjung  ju  ttmn. 

3ene  ßmportjebung  öoflaiefjt  fi<$  nun  in  «pcftaloaai'ö  33ud)  in  concentrtfdjen 
Greifen,  junäd^ft  in  ber  d:inaelfamilie,  bann  in  ©emeinbe  unb  Staat,  unb  itjr 
Jpauptjactor  ift  bie  9Jtutter,  i>a%  dentrum  be§  t)äu§lidt)en  UreifeS.  ©ie  ift  bie 
erfte  unb  natürliche  Seherin  ber  Äinbcr;  fie  fnüpjt  alle  2ec)ren  an  iljre  näcfjften 
SSerfjältniffe,  aud)  bie  Serjren  ber  Religion,  bte  itjr  Queue  ber  ©itttid)feit  ift. 
3n  ben  ©aben,  bie  fie  ben  $inbern  gibt,  ä^ißt  fie  itjnen  ©aben  ©otte§,  in  itjrer 
Siebe  ©otte§  Siebe;  bem  SDanf  ber  $inber  gegen  bie  (Jttern  gibt  fie  bie  gtidjiung 
auf  ©ott  unb  fo  grünbet  fie  auf  ba§  j?tnberöert)ättnif}  in  ber  Familie  ben 
©tauben  an  ©ott,  bie  Siebe  p  irjm  unb  bem  9tädjfien.  3fn  bem  engen  $rei3 
ber  gamitie  liegt  aud)  ber  natürliche  23oben  für  bie  @infid)t§bitbung  unb  bie 
Uebunggftätte  für  ba§,  mal  ba§  äufjere  ©lud  fdjafft,  Stjättgfeit  unb  £reue 
im  kleinen. 

9Zun  ift  aber  ber  ttjatfädjlidje  3"ftanb  ber  5Dinge  berart,  bafj  ba§  ©lud 
ber  Qsinaelfamilie  burd)  bie  allgemeinen  guftänbe  oer  ©emeinbe  mitbebingt  ift; 
tjier  tritt  Slrner  tjelfenb  ein;  aber  fetbft  ein  Slrner  barf  nidjt  rechnen  bie  ©eneration 
ber  @rwad)fenen  umauWanbeln.  SDie  ©orge  rietet  fiel)  batjer  öor  2lltem  auf 
bie  ^ugenb,  unb  ba  ba%  im  allgemeinen  tief  gefunfene  Familienleben  nidjt  bie 
Äraft  f>at,  ben  Neubau  ber  fociat-fititierjen  Reform  au§reid)enb  unb  gefiebert  ju 
tragen,  tritt  jum  (Srfafc  unb  aur  ©rgänjung  bie  ©djule  ein.  „S)a  man  nicf)t 
baran  finnen  fann,  ba|  bie  öerberbten  ©pinnereltern  ttjre  $inber  ju  fo  einem 
orbenttid)en  unb  bebädjtlidjen  Seben  anhalten  unb  auferstehen  werben,  fo  bleibt 
nichts  übrig,  at§  bafj  baä  @lenb  biefer  ,£)au§f)altungcn  fortbauert,  fo  lang  ba§ 
SSaummoIlfpinnen  fortbauert  unb  ein  Sein  öon  itjnen  lebt",  fagt  ber  33aum= 
WoHenmerjer,  „ober  bafj  man  in  ber  ©ctmte  6inrid)tuugen  mad)t,  bie  itjnen  bas 
erfetjen,  wa§  fie  öon  itjren  Altern  nidjt  befommen  unb  bodj  fo  unumgängtid) 
nöttjig  tjaben."  2)er  ^xoed  ber  ^bealfcfjule  ^eftalo^i'ö  ift  alfo  ©raiefjung ;  @r= 
äietmng  ^u  ben  6itten  ein  ^auptftücf  ber  öon  ib^m  gejeicljneten  ©ctjule  im  Apaufe 
ber  ©ertrub",  buret)  bte  ©djule  miß  er  bie  5Renfd)cn  bitben,  beren  ^>anb,  ^>er3 
unb  .ff'opf  gleictjmä^ig  unb  itjrer  eigentt)ümli(f)en  Seben§Iage  entfprecljenb  ent= 
tt)iifeln.  ©cljulmeifter  ift  iljm  bab^er  nicljt  ein  5Jlann  öon  ©eletjrfamfeit,  fonbern 
ein  ^Jlann,  ber  jufolge  feiner  frürjern  5ßefdjäftigung  bie  Söelt  gefetjen,  bie 
SJlenfcljen  lennen  unb  bei) anb ein  gelernt,  ber  Sieutenant  ©lüptji  (Sieutenant:  mol 
mit  S)oppelfinn,  „Unterofficier"  unb  „©tellöertreter"  ^cftalojai'ä),  ein  ^Jlann,  mit 
Harem  33licf,  marmen  ^erjen  unb  fefter  ipanb,  unb  i^jm  geb^t  ©ertrub,  bie 
Butter,  Ijetfenb  jur  Seite.  Sie  ©raie^ung  ber  |)anb  ift  Ijier  tljeoretifclj  nod) 
bargeftellt  toie  fie  s^3.  auf  bem  9teut)of  prattifcb^  geübt,  aU  6raietjung  auf  ©runb 
ber  Anleitung  ju  beruflicher  unb  gemerbtietjer  2l)ätigfeit.  ©o  t)at  benn  auefj 
ben  erften  ©ebanfen  einer  foletjen  ©d)ule  ber  Saumwotlenmerjer,  ein  ^ann  ber 
fiel)  burd)  33ebäcljtücl)feit,  ptattifdjen  ©inn  unb  ©parfantfeit  au§  ber  Slrmutb 
3um  2Bol)lftanb  emporgearbeitet,  in  metcl)em  Dertt)irftidjt  ift,  mo^u  $.  bie  23e= 
Pölferung  eraieljen  will.  %n  ber  (Srjieljung  be§  ^perjen^  Ijttft  ber  Pfarrer  Srnft, 
ber  in  35erbinbung  mit  bem  Sieutenant  fidj  bemüfjt,  bie  i?inber  auet)  bon  ©eite 
ber  Üteligion  au§,  ju  einem  füllen,  arbeitfamen  Seruföleben  ju  führen,  burd) 
fefte  Slngemötjnung    an   eine  weife  Seben§orbnung,   bie  Cuellen  unebler,  ferjanb^ 


442  *eftolo33t. 

barer  unb  unorbentlidjer  (Sitten  311  Perftopfen,  unb  auf  biefe  Söeife  ben  ©runb 
ber  füllen,  roortteeren  ©ottelanbetung  unb  ber  reinen  trjätigen  unb  ebenfo  roort« 
leeren  9Jcenfd)enltebe  ju  legen.  Unb  ju  biefem  $id  ju  gelangen,  binbet  er 
jcbeg  Sßort  feiner  furzen  ftetigionöteJjre  an  ba3  Üf)un  unb  ßaffen  ber  Äinber, 
an  it)re  Umftänbe  unb  baä  Berufsleben  i^xeö  Kaufes  alfo,  bafj  roenn  er  mit 
itjnen  öon  ©ott  unb  Sroigfeit  rebet,  el  immer  fdjeint,  er  rebe  mit  itmen  Pon 
Söater  unb  Butter,  öon  £>auä  unb  ."peimatt),  fur.j  öon  Sacfjen  bie  fie  auf  ber 
2ßelt  natje  angefjen. 

$)ie  Sorge  für  ben  Äopi  bagegen  ift  bie  auäfdjtiefjlidje  Domäne  ©lüpr)i§, 
b.  fy.  ber  Sdjule.  ©lüpt)i  roirft,  ba&  roaä  in  ben  Äopf  t)inein  muffe,  tjeiter  unb 
flar  fei,  rote  ber  ftiüe  "Dtonb  am  Fimmel.  Er  beugt  bem  Äopfoerbreljen  bei 
feinen  ^inbern  babuvctj  üor,  bafj  er  fie  tior  Slüem  au§  genau  fetjen  unb  tjören 
letjrt,  burd)  Arbeit  unb  ftink  bie  faltblütige  s)lufmerffamfeit  übt  unb  jugleid) 
ben  reinen  ^taturfimt  ber  in  jebem  9)ienfd)en  liegt,  in  irjnen  ftärft.  fyür  s$.  ift 
bie  9lnfcfjauung  nidjt  bloä  ein  ^Rittet  fid)  irgenb  einen  Uuterridjtssgegenftanb 
feidijt  unb  fietjer  anzueignen,  fie  ift  il)tn  3unäd)ft  ein  Mittel  jur  Stärfung  ber 
©cifteSfraft  felbft,  it)r  3rocd  ift  Tür  i£)n  rjauptfädjlid)  ein  formaler:  bae  21n= 
fetjauen  an  unb  für  fid)  ift  alfo  31t  üben  unb  311t  ihaft  aus^ubilben;  benn 
„red)t  fetjen  unb  rjören  ift  ber  erfte  Sdjritt  <$ur  Söeistjett  be§  2Jtenfd)en".  3n 
einer  foldjen  Sdjule  regiert  ber  ©eift  ernfter  Siebe  unb  eine  auf  überlegene 
©eiftesfraft  fid)  ftütjeube  Autorität,  nid)t  bas  „'Diarrentjol^'.  3ladj  ben  Er= 
Tatjrungen  be8  Weufjof  oerbinbet  y.  mccrjanifdjc  ^anbarbeit  (Spinnen)  mit  bem 
llntenidjt.  Unb  aud)  barin  ftüüt  fid)  iß.  auf  bie  Erinnerung  an  feine  Firmen« 
erjietjung^anftatt,  bajj  er  an  bie  ÜJtöglidjfeit  glaubt,  eine  fo  einfache  UntcrrictjtS« 
mcttiobe  311  finben,  mit  roeldjer  ein  jeber  red)t  öetftänbige  Bauersmann,  roenn 
er  nur  fdjretbeu  unb  rechnen  tonne,  in  ber  .pauptfadje  ebenfooiel  ausrichten 
roürbe  roie  ©lüptji.  „E3  brauchte  nidjt  einmal,  baß  ein  s)Jtann  nur  felber 
redjnen  tonnte,  unb  iri)  t)abe  mit  meinen  klugen  einen  OJcann  gefel)en,  ber  feine 
StedjnungStabctten  mit  einer  ganzen  Stube  ooll  tfinber  gebraucht  tjat  unb  bamit 
fortgefommen  ift.* 

S)ie  pft)djologifdjen  unb  focialen  $been  roie  fie  $.  bei  bem  2öerle  ber  Botf§= 
reform  norfdjroeben,  t)at  er  in  „SltnctS  ©efetjgebung"  niebergelegt.  S)ie  £mupt= 
punlte  berfelben  finb  etroa  fotgenbe:  1.  SDer  "DJtenjct)  mufe  au§  einem  sJtatur= 
menjcijen  jum  fittlidjen  INenfdjen  erft  erlogen  roerben.  2.  2>a§  fann  nur  ge= 
fdjetjen  öon  3»nnen  tjerauS  burd)  bie  Entbinbung  ber  in  it)n  gelegten  Gräfte. 
3.  S5iefe  Gräfte  fommen  jur  gefunben  Entfaltung  auf  ©runb  ber  Uebung  in 
ben  nädjften  ^fnbibibualfreifen  (Segen  ber  2Bot)nftubc).  4.  ^u  il^rer  roeitem 
Entroirfluug  ift  nottjroenbig,  ba§  burd)  bie  Sorge  ber  ©emeinfetjait  redjtlid)  feft= 
geftellte  3]er^ältniffe  be§  ftaatltdjen  ÖebenS  bem  9Jtenfd)en  ber  feine  s^fltd)ten  er= 
füllt,  eine  bürgerlich  er)rent)afte  ©jiftenj  unb  Erroerbsfäfjigfeit,  unabhängig  Pon 
ben  Saunen  unb  ©nabenerroeifungen  ber  9ftad)tt)aber,  garantiren.  5.  S)er  Staat 
t)at  nidjt  nur  bie  $flid)t  unredjtlidjen  Uebergriffen  ju  roeljren,  fonbern  oon  fid) 
au§  eingreifenb  feine  9lnger)örigen  ^u  bürgerlidjer  El)ren^aftigfeit  unb  Erroerb§= 
fäcjigleit  31t  er^ierjen,  unb  ben  Unorbnungen  bie  läljmenb  einroirfen  fönnten, 
proprjplaftifd)  entgegenzutreten.  6.  3»nbem  bie  ©emeinbe  burd)  Drganifation 
ber  gegenfeitigen  ."panbbictung  gleid)fam  bie  gamilie  im  ©rofjen  3ur  S)arftettung 
unb  biefe§  fjimilienberou^tfein  burd)  gemeinfame  ^rüfung§ftunben  unb  finnbilb= 
lict)e  geftfeiern  jum  2luibrurf  bringt,  leiftet  fie  für  ba§  33olf§leben,  roa§  bie 
Einjelfamilie  für  beren  2lnge^örige :  fie  Perbürgt  bie  21ufred)tt)altung  einer  feften 
unb  roeifen  £)rbnung  unb  jeglidjen  3fortfd)ritt.  —  7.  ®ie  Bilbung  be§  5Jcenfdjen 
baut  auf  feinen  Äopf,  auf  feine  «g)änbe  unb  ftüfc  unb  nidjt  auf  fein  ^erj  auf. 
8.  Sie   beginnt  bamit,   bafj   bie  TOenfd)en  angehalten  roerben,    in  Sadjen  itjteä 


Wtalojai.  443 

Srobforbä  ifjre  2lugen  311  gebrauten  unb  rennen  ju  leinen  unb  befielt  barin, 
bafc  bie  SSilbung  unb  (Jrtjebung  afler  roarjren  Gräfte  unferer  "Jiatut  begünfiigt 
unb  ifjre  ^bfcrjroä'crmngen,  fotoie  ifjre  23erroilberung  öertjütet  roerbe;  öeraidjtet 
barjer  auf  alle  abftracten  Sltlgemeinljeiten  unb  tritt  allen  2Irten  ber  £räumer= 
ftitnmung  entgegen.  9.  2>ie  $opfbitbung  ift  fomit  aueb,  unabhängig  öon  ber 
9teligiongleb,re  burdjautürjren ;  letztere  —  bie  übrigens  ftrenge  öon  allen  tt)eo= 
logifdf)  gelehrten  fragen  frei  3U  galten  ift,  —  bilbet  nierjt  bie  ©runbtage, 
fonbern  ben  Sdjtufjftein  ber  2Mfgbilbung,  bie  „auf  ba§  gunbament  ber  feften 
unb  öollenbeten  dauern  einer  toeifen  bürgerlichen  S5itbung  gebaut"  ift.  10.  3lber 
bie  Gnibjroecfe  einer  roarjrfjaft  roeifen  ©efeijgebung  ftimmen  mit  ben  (Snbjtoecfen 
einer  tüafjvfjajt  roeifen  Religion  überein  unb  bie  ^Rittet,  unfer  ®efcr)lecrjt  buret) 
eine  gute  bürgerliche  ©efetjgebung  ^u  oerebeln,  finb  innerlict)  gleictj  mit  ben 
Mitteln  baffelbe  buref)  ben  ®ienft  be§  Merfjöcrjfien  ju  oerebeln. 

Solche  3n>ecfe  toie  fie  Sirner  mit  bem  5Dorfe  33onnat  öerfolgt,  tonnen  nur 
bann  auf  bie  üDauer  mit  (hfotg  erftrebt  toerben,  roenn  ber  Staat  fie  fanetionirt 
unb  aboptirt.  @§  gilt  barum,  bie  beiben  SSorurttjeile  ju  toiberlegen,  bajj  bem 
S3olte  ju  r)elfen  eine  Unmöglidjfeit  fei  unb  bafc  2Jolf3bitbung  bem  (Staate  ge= 
fäfjrlidj  toerben  fönne.  S)iefer  SBibettegung  ift  neben  ber  pofitiöen  principieÜen 
Darlegung  ber  4.  (lefcte)  Sfjeit  öon  ^eftalo^i'ä  „Sienfjarb  unb  ©ertrub"  ge= 
roibmet.  S)a§  23uctj  enbet  bamit,  bafj  ber  iperjog  bei  feinem  SSefuct)  in  33onnat 
bie  $beale  feiner  Sugenb  toirflict)  erfüllt  unb  bamit  erfüllbar  finbet.  ßrjaraf* 
teriftifd)  ift  babei,  bafj  $.  jenen  Vorurteilen  ^roei  2lnfc£)auungen  entgegenfteüt, 
bie  bem  ©ebanfenfreiä  ber  ganzen  öorreöolutionären  geit  angehören,  aber  hti 
ifjm  ju  befonberer  Scfjärfe  ficrj  ausüben  unb  funbamentale  SSebeutung  geroinnen. 
Sobalb  bie  9reformen  in§  ©rofse  gefjn,  roie  bei  ber  llmroanblung  be§  2)orf§  unb 
bei  ber  gefjofften  Umroanbtung  be§  3ßolf3teöen§  überhaupt,  ift  e$  Aufgabe  unb 
SBorrecfjt  ber  obrigfeitlictjen  lütacfjt,  ber  ruhigen  Umgeftattung  öon  unten  tjerauf, 
burtf)  ifjr  Singreijen  öon  oben  tjerab  einen  befccjteunigten  ©ang  ju  geben  unb 
geben  ju  tonnen;  biefer  ©laube  an  bie  sDlacf)t  be§  aufgeflärten  £efpoti§mu§ 
tritt  un§  forool  in  ben  fpätern  Streiten  öon  „Sientjarb  unb  ©ertrub"  als  in 
feinem  (Somnientar  „ßrjrifiof  unb  @lfe"  in  un^roeibeutiger  2öeife  entgegen,  unb 
toir  finben  un§  audj  bei  »JSeftalojji'S  Darlegungen  lebhaft  an  ba§  2Bort  ©cfjilterä 
gemannt:  „3öo  fid)  bie  Wolter  felbft  befrein,  ba  fann  bie  2öof)tfar)rt  ntcr)t  ge= 
beifj'n."  S)afe  aber  bie  Dbrigfeit,  bafj  bie  fjöfjem  ©cfjicrjten  ber  ©efetlfcrmft  p 
ben  öon  5ß.  für  bie  Sßereblung  unb  £>ebung  ber  9Jtenfcrjf)eit  geplanten  Reformen 
roirflid)  bie  .£>anb  Bieten,  ba§  tjängt  nietjt  öon  zufälligen  ©utmütf)igfeit§erregungen 
ab;  bai  tootjlöerftanbene  ^ntereffe  ber  Jperrfc^enben  felber  fann  ib,nen  geigen, 
ba^  bie  Sidjerftellung  tt)rer  eigenen  ^Dtactjt  unb  9tecf)te  abhängig  unb  erft  er= 
reicrjbar  ift  burdtj  bie  ©idjerfietlung  ber  ütectjte  be§  gemeinen  -JJtann§  unb  eine 
öernünftige,  ben  Gräften  freien  (Spielraum  gebenbe  örbnung  be§  53olfsteben§; 
eine  foletje  ©taatspolitit  ift  bie  befte  unb  bie  einzige  Serunmöglicrjung  ber 
9teöolution;  ber  ftarbenfenbe  @goi§mu§  unb  bie  Humanität  führen  auf  ben 
nämlicfjen  SBegen  bem  nämlid)en  QieU  entgegen,  unb  barjer  gilt  es  nur,  ba§ 
^ntereffe  be§  @goi§mu§  biefem  felbft  ftar  ju  ftellen  unb  i^m  bie  9)töglict)feit  ju 
beroeifen,  ba$  mit  2trner§  Mitteln  matb.ematifc^  ficfjer  im  ©rofjen  unb  2tüge= 
meinen  ju  erreichen  fei,  roa§  Slrner  in  23onnat  ertetc£)t  b,at.  ©0  etflärt  e§  fiel), 
bafe  be§  £>er3og§  9tat^ge6er  33t)lif§tt)  ba§  ßrgebni^  feiner  SBeratfmngett  mit  ben 
^Jtiniftern  ber  ^inanj  unb  ^uftij  über  bie  9Jlittet  bie  ber  Staat  anjuroenben 
rjabe,  um  2tmer§  Reform  ju  aboptiren  unb  im  ©ro^en  burdtjjufütjren,  in  bem 
Vortrag  an  ben  Surften  barjin  3ufammenfaffen  fann:  „2öir  tjaben  bie  ©aetje 
geprüft  unb  fcfjen  feine  anbeie  ?aft,  bie  baburd)  auf  ben  Staat  fallen  fann, 
öorau§,    al§  bie  (hricfjtung  eine§  neuen  Ser)rfiutjl§,  um  3r)re  ©belleute  mit  ben 


444  Mtalowt. 

©runbfätjen  einet  befferen  33olfs?üt)ruttg  befannt  ju  machen,  unb  einer  £anbes= 
commiffion,  um  ^ebermann,  ber  Neigung  ^eigt,  met)r  ober  weniger  Pon  biegen 
©runbfäben  auszuführen,  mit  Matt)  unb  ßeitung  an  bie  |>anb  ju  gefjcn." 

@s  finb  tuatjrlidj  Reformen  umfaffenbftet  5lrt,  beren  ^becn  ^.  „in  feiner 
ßinfiebetei  träumenb"  erfaßt  unb  bie  er  in  „ßientjarb  unb  ©ertrub"  niebergelegt 
fjat.  33on  ber  füllen  glitte  ber  ©ertrub  auö  ermeitert  fid)  ber  S3ticf  auf  ©e= 
meinbe  unb  ©taat,  auf  bie  ganje  ciüilifirte  9ttenf  djtjeit ;  öon  ber  Drbnung  bes 
Kaufes  auf  ^olitif,  ütedjt  unb  Ütetigion,  auf  bie  fämmttidjen  Sfbeenfrcife  ber 
tftenfdjtjeit.  $n  feinem  ©eiftc  faf)  fid)  ty.  als  ber  benfenbe  ©djöpfer  einer 
ibeaten  ©efeügebung  ber  9ttenfcrjt)eit  gleid)  ben  größten  £)enfern  bes  Sllterttmms, 
gleid)  Männern,  bie  im  9)iittelalter  burdj  ein  toeife  ©rbnung  ber  nationalen 
löertjältniffe  itjr  23olf  ju  Äraft  unb  SBotjlftanb  emporgefütjrt;  unb  es  ift  für 
5]3eftato33i'ö  Senfart  überaus  be^eidmenb,  bafj  er  in  bem  Greife  gleidjgefinnter 
gteunbe,  ber  roie  er  felbft  bie  53egtütfung  ber  9Jtenfd)t)eit  fid)  jum  Sitte  gefegt, 
als  $Ritgtieb  bes  3>Uuminatenorben§,  fidj  „91(freb"  nannte,  b.  t).  fid)  ben  tarnen 
jenes  großen  angelfäd)fifd)en  dürften  unb  ©taatsorbners  t)at  beilegen  taffen,  ben 
eben  in  jener  $eit  Jpaüer  als  ^bealbilb  eines  conftitutioneÜen  ©efeügebers  bor 
klugen  geftellt  (31.  D.  £>aller,  9llfreb  Äönig  ber  Mngelfadjfeu.  ©öttingen  unb 
33ern  1773).  Ser  ütraum  mar  göttlid)  fd)ön,  aber  es  mar  eben  nur  ein  ütraum, 
mit  bem  bie  Söirflidjfeit  in  immer  grelleren  ßontraft  trat.  SDer  (Sntfyufiasmus 
ben  ber  erfte  £tjeil  öon  „ßientjarb  unb  ©ertrub"  erregt,  minberte  fid)  fcfeon  beim 
äroeiten,  unb  ber  britte  unb  öierte,  bie  fo  red)t  eigentlid)  mit  ^ieftaloju's  <g>et3= 
btut  gefdjrieben  maren,  liefen  Eatt  unb  fanben  menige  Sefer.  9tid)t  minber  traf 
biefes  ©efeitffat  ^eftalo^^i'ö  jtoeiteS  Sottsbud)  „ßtjriftof  unb  @lfe" ,  in  roeldjem 
er  bie  3ibeen,  bie  in  „ßienfjarb  unb  ©ertrub"  ju  ©runbe  liegen,  eingetjenber 
befprad)  (1782).  ^cftalo^i'e  .poffnung  als  ©djriftfteller  einflufereid)  311  roirfen 
unb  fo  abgefetjen  Pon  ber  SBeftreitung  feines  ßebensuntertjaltes  aud)  feinem 
©emütt)  unb  <£)erjen  Sßefriebigung  ju  berfdjaffen,  fdjmanben  fo  ju  fagen  mit 
jeber  s4>ublication  mefjr  batjin.  ©eine  2JÖod)enfd)rift  „(Sin  ©djroeijerblatt"  (1782) 
bradjte  es  nidjt  über  einen  3af)tgang  heraus.  Sie  umfangreiche  ©djrift  „lieber 
©efetjgebung  unb  $inbermorb"  (1783)  fdjeint  bei  ben  ^citgenoffen  menig  ©inbruef 
r)eröorgebrad)t  ju  traben.  Sie  umgearbeitete  Ausgabe  öon  „ßienfyarb  unb 
©ertrub"  1790  —  92  öermod)te  bas  ^ntereffe  für  biefes  53udj  fo  menig  auf§ 
neue  ju  beleben,  bafj  ty.  bei  ber  brüten  Ausgabe  1804  mieber  auf  bie  urfprüng= 
lictje  ©eftaltung  jurücfgriff.  311«  5j}.  bann  in  ben  sJieunjigerjat)ren  angcfidjts  ber 
großen  Söcltereigniffe  fiel)  ber  33efpredjung  politifd)er  5va9e"  juroanbte  unb  im 
Februar  1793  ein  größeres  sJJlanufcript  abfdjlofe :  „3a  ober  9iein,  9leufeerungen 
über  bie  bürgerliche  ©timmung  ber  Suropäifcrjen  9Henfdjt)eit  in  ben  obern  unb 
untern  ©tänben,  Pon  einem  freien  9Jtann"  Bradjte  es  fdjon  ber  Sfnljalt  mit  fid), 
bafe  er  baffelbe  ungebrueft  in  fein  ^ult  legen  mufjte;  erft  üor  einem  ^atjrjetjnt 
ift  es  ber  ßefermelt  unter  oeränbertem  Jitet  im  S)rud  äugängtid)  gemacht  morben 
(©epffartb,,  5ßeftalo5ji's  ätferfe  «Bb.  XVII,  311  ff.  „lieber  bie  llrfadjen  ber  fran= 
äöfifdjen  Üteöolution").  ©benfo  erging  es  ben  politifdjen  unb  nationalöfonomifdjen 
2)enffd)dften,  bie  er  antäfjlid)  ber  5ßegebent)eiten  im  Ganton  3ündj,  b&  ©täfner 
Stufftanbes  1795  unb  ber  Oor  1798  Tiefe  neu  entroidelnben  ©ätjrung  in  ben 
3ürct)erfd)en  ©eegenteinben  entmarf  (gebrudt  in  3e^noei'=^tn^lin  ®-  ''üb  ff.). 
S)as  einzige  23ud),  mit  bem  ty.  einigermafaen  ben  ©efdjmad  feiner  3<?it  getroffen 
unb  bas  baljer  einige  Safyxe  fpäter  eine  jrueite  Auflage  erlebte,  finb  feine 
„fabeln"  ober  mie  fie  in  erfter  Auflage  ^eifsen  „Figuren  ^u  meinem  2193  6  = 
f&üd)"  1797. 

Wbn  bie  fd)limmfte  ©rfaljrung  madjte  iß.  mit  bem  äßerfe,  beffen  5ptan  er 
anberttjalb  Sib.rjerjenbe  in  fid)  tjerumtrug,  unb  in  melcfeem  er  ben  ganjen  ^n^alt 


^eftaloaai.  445 

feinei  £)enfens  über  9Jtenfcr)entt>efen  unb  ^JcenfdjenrDorjt  ijufammenfafjte  unb  an 
toelcrjcm  et  brei  Safyxe  lang  „mit  unglaublicher  9Mf)feligt;eit"  fdjrieb.  @s  ift 
bas  ein  Verfuctj,  feine  ^been  in  prjilofoptjifctjer  Darlegung  ju  begrünben  unb 
ausjugeftalten.  £>as  Vucr)  erfcfcjien  ebenfalls  1797,  unter  bem  Xitel:  „steine 
9cad)forfcl)ungen  über  ben  ©ang  ber  9htur  in  ber  ©ntroicflung  bes  sIRenfcr)en= 
gefctjlecfjts".  SJaffelbe  ift  burcfjbrungen  öon  ber  SBetjmutrj,  tfjeüroeife  aucf)  oon 
ber  Verbitterung  eines  nuijlofen  jertretenen  Safeins.  Unb  roenn  er  bann  im 
Verlauf  feiner  2luseinanberfetmngen  feine  3ettgenoffen  bittet,  feiner  Cffenljeit 
bod)  roenigftens  itjre  Sluimerffamfeit,  feinem  ^rrttuim  irjre  SBiberlegung  au 
gönnen,  fo  geftefjt  bie  Slnmerfung  ber  ©efammtausgabe  feiner  SBerfe  ,ju  biefer 
©teile:  „Siefe  Sitte  ift  nicrjt  ertjört  roorben;  es  t)at  beinahe  s}liemanb  Don  bem 
©afein  biefer  9lad)forfd)ungen,  bie  fdjon  öor  metjr  als  (jroanjig  ^a^ren  im 
publicum  erfcrjienen,  9?oti3  genommen." 

-Jftan  begreift,  baß  unter  biefen  Vert)ältniffen  Äummer  unb  ©orgen  ben 
Dceufjof  nicrjt  öerlieBen.  ^mmercjin  trat  gegenüber  ber  3öt  ber  9luilöfung  ber 
Slrmenanftalt  eine  Vefferung  ber  äufjern  Sage  ein.  6s  ift  befannt,  bafj  bas 
Verbienft  biefe  angebahnt  <ju  t)aben,  jener  Sienfimagb  „Sifabctrj"  ( ©lifabett) 
9cäf  öon  .ftappel  ät.  3^"$)  gebührt,  in  ber  bie  3eitgenoffen  bas  Urbitb  ber 
„©ertrub"  farjen  unb  etjrten.  Sann  fjalien  35asler  ^reunbe  ( ^e£ir  Vattier, 
©otm)  finanziell  nacr),  fo  baf;  bas  ©ui  roieber  otbentlicf)  bebaut  roerben  tonnte, 
©elbft  ber  gcibrifationsbetrieb  mürbe  roieber  aufgenommen,  nicfjt  meljr  auf  eigene 
JRectjnung,  fonbern  inbem  ein  benachbartes  ©efctjäit  (Saue  £  Go.  in  äöilbegg) 
Arbeit  gab.  ©egen  Snbe  ber  9ceun,$igerjaf)re  erfcfjten  ty.  fogar  nominell  als 
Grjei  eines  ©eibenfjaufes  in  gluntern  bei  pürier)-  inbem  er  als  ©täbter  bas 
bürgerliche  Monopol  bes  gabrifationsbetriebes  buref)  Uebertragung  feines  9lamens 
einem  trjatfädjlicr)  öon  Sanbberoofmern  (^einrict)  ftotj  jur  platte  in  gtuntern) 
geführten  ©efetjäft  gegen  eine  —  tote  bie  Srabition  get)t  bebeutenbe  —  jäl)r= 
licfcje  ©elbleiftung  juroanbte.  ©eit  1790  ftanb  *ß.  für  ben  (hroerb  ber  £yamilie 
fein  ©otjn  ^acob  auf  bem  5ieutjofe  jur  ©eite;  1791  öertjeiratete  fict)  berfetbe 
mit  8.  $ftagb.  TJrötjlict)  öon  Vrugg;  mit  einer  Snfelin  Wcarianne  (geb.  1794, 
f  1802),  ber  fpäter  (1798)  ein  (Snfel  ©ottlieb  nachfolgte,  30g  neues  junges 
Seben  in  ben  9teuf)of  ein.  Einzelne  greunbe  fuctjten  ben  Verfaffer  öon  „Sientjarb 
unb  ©ertrub"  auf  bem  9ceutjofe  auf,  roie  ber  nadjmaltge  Staatsrat!)  ©eorg 
■Ipeintict}  Subroig  Dcicoloöius  (1767 — 1839)  unb  traten  mit  ifjm  in  bleibenbe 
freunbfdjaftlictje  Vejietjungen.  5ß.  felbft  unb  feine  5l'flu  fonnten  fictj  roieber 
freier  beroegen.  2Bie  letztere  oft  längere  3^it  bei  it)rer  greunbin,  ber  ^rau  öon 
^attront  fict)  auffielt,  fo  ferjen  mir  $.  1792  feine  längft  in  2lusficr)t  genommene 
Steife  nactj  2}eutfd)lanb  jum  Vefud)  feiner  ©crjmefter  in  Seipjig  unternehmen ;  ten 
Söinter  1793 — 94  bringt  er  bei  feinen  mütterlichen  Vertoanbten  in  OtictjterstDtil 
3U;  t)ier  6efuct)ten  ttjn  gernom,  Vaggefen  unb  üid)\e.  Vefonbers  mit  letzterem 
trat  er  in  nätjern  ©ebanfenaustaufert ;  beibe  trafen  ftcr)  in  i^ren  Slnfctjauungen 
unb  i^ren  ^ntereffen  für  bie  fran^öfifetje  Steöotütion ;  es  ift  mol  eine  f^olge  bes 
3ufammentreffen§  mit  gierte,  bnf$  ^>.  fictj  nun  entfc^lo|,  in  ben  „^caäjforfcfjungen" 
feine  eignen  ^been  ju  öt)ilofopf)ifcl)er  Darlegung  ju  bringen,  unb  anbrerfeits  r}at 
gierte  feiner  .!pod)acf)tung  für  ^eftaloj^i's  Srjietjungsgebanfen,  nactjbem  fie 
mitttermeile  in  2t)atleiftungen  übergegangen,  burd)  bie  „iReben  an  bie  Seutfcrje 
Nation"  ein  unöergänglidjes  Senfmat  gefefet.  %n  ben  Verfammlungen  ber 
ijelüetifdjen  ©efettfdjaft  nimmt  ^ß.  jefct  roieber  regern  3lntrjeit,  nunmehr  bereits 
inmitten  einer  jungem  ©eneration;  feine  5"unbe  finb  getegentlicr)  nirfjt  otjne 
Veforgnifs,  baf3  feine  §anb  bei  ben  politifdjen  Unruhen  in  feinem  -Ipeimat^fanton 
mit  im  ©piele  fei  unb  iürcfjten  Tür  feine  ©idjerrjeit  (^eftalovjiblätter  3.  ^ar)rg. 
1882,  ©.  25  ff.). 


446  SMlaloaai. 

2lber  bei  allebem  füllte  fid)  s4$.  nidjtS  roeniger  als  gtürftidf).  .fträufltdjfeit 
feiner  grau,  ^er  ie^)r  üngftlidje  ©efunbl)ettS,}uftanb  feinet  ©ofjnes  —  berfelbe  l)atte 
fd)on  als  Setzling  in  einem  ,<panbelSt)aufe  in  söafel  epileptifdje  3ufatle  gehabt,  bie 
fid)  fpäter  roiebcrfyotten  unb  1801  feinem  Seben  ein  früfyeS  @nbe  madjten  —  roaten 
ein  ©ruub  für  fotdje  (Stimmung;  ber  nnbve  beftanb  baiin,  bafe  s$.  immer 
bringenber  nad)  einem  praftifd)en  (Srprobungsfelb  für  feine  3>been  fid)  fefjnte. 
$n  ber  ©djmei,}  roaren  bie  Verljältuiffe  311  flein  unb  enge,  als  bafj  er  je  rjoffen 
fonnte,  J)ier  feinen  SöunfcE)  erfüllt  ju  fet)en;  fein  93riefroed)fel  mit  Sfelin,  mit 
beutfd)en  ^Huminaten,  mit  bem  ^Jiinifter  $arl  öon  ^iiueuborf  in  SBien  legen 
^eugnifj  baüon  ab,  bafj  er  feit  3lnfang  ber  2ld)t5igerjat)re  fid)  in  fteigenbem  ^lafee 
mit  ber  Hoffnung  trug,  in  SBien,  bei  3ofepl)  11.,  ober  burd)  ©rofjt)er<}og  Öeopolb 
Sßeitoenbung  ju  finbeu.  2US  biefe  2luSfid)t  fid)  mit  bem  lobe  SeopolbS  II. 
gänjlid)  jerfdjtug,  manbten  fid)  feine  33lide  nad)  f^^öiifr-etdC).  Von  ber  franko» 
fifd)en  Wationaltierfammtung  in  einet  tfjret  lebten  Sitzungen  (26.  Sluguft  1792) 
511m  6t)renbürger  granfreid)S  ernannt  (neben  ©djtfler,  Gampe,  SBilberfoice  u.  a.), 
bad)te  er  roäfyvenb  bev  (5d)rcrfenSt)errfd)aft  1 71+3  ernftlid)  baran  tmd)  granfreid)  p 
gel)en,  aber  aud)  fjier  fd)eint  tljn  —  311  feinem  ©lüde  —  eigentlid)  ittiemaub 
ernftlid)  l)erbeigett)ünfd)t  <}u  l)aben;  fo  unterblieb  bie  Steife,  bamit  fd)tuanb  aber 
aud)  biefe  lebte  9Iusfid)t.  2öie  unglüdlid)  fid)  s$.  über  biefe  „"Jiutjtofigfeit  feines 
vertretenen  2)afeins  füllte,  baoon  geben  bie  erften  feiner  „gabeln,"  bas  sJtad)ioort 
ber  9iad)forfd)ungen  unb  ber  „Srief  über  ben  Wufenth-alt  in  ©tanS"  3eugnifj; 
am  tiejften  läfjt  in  feinen  bamaligen  ©eeleujuftanb  ber  33rief  bliden,  ben  "#. 
öon  ©tanS  auS  an  feine  greunbin  üon  Oallmt)!  fdjricb :  „Gs  getjt,  eS  gel)t  in 
aUen  Itjeilen;  id)  Iöfd)e  bie  ©djanbe  meines  l'ebenS  au»;  bie  lugeub  meiner 
$ugenb  erneuert  fid)  mieber;  roie  ein  s]Jlenfd),  ber  läge  lang  im  Dtober  unb 
Äottj  bis  au  ben  £>ats  berfunfeu,  feinen  lob  nat)e  fiel)t,  unb  bie  Volleubung 
feiner  bringenbften  sJicife  oereitett  ficljt,  alfo  lebte  id)  3at)re,  üiele  Sab-re  in  ber 
33eratoeiflung  unb  im  Olafen  meines  unbefd)reiblid)cn  GlenbS;  id)  l)ätte  ber  ganzen 
äöelt,  bie  um  mid)  tjerftanb  unb  mid)  alfo  fatj,  nur  ins  ©efid)t  fpeien  mögen; 
tuoran  fonnte  id)  mid)  met)r  tjalten?  5lber  jeüt  fefje  unb  fül)le  id)  mid)  mieber 
aufjer  meinem  $ott) ;  id)  felje  unb  füt)te  mein  ©djirffal  mit  bem  ©d)idfal  anbrer 
9flenfd)en  gteid),  bin  aud)  felbft  mieber  ein  sDlenfd),  unb  berfötjne  mid)  fo  gern 
mit  meinem  ©efd)led)t  unb  felbft  mit  benen,  bie  unermübet  maren,  äßaffer  in  bie 
©rube  meines  GlenbS  ju  leiten.  ,S"bred)et  ben  53ed)er  meines  GlenbeS  unb  trinfet 
mit  einem  9Jtenfd)englaS  auf  meine  Grrettung,  auf  mein  2öer£,  auf  meine  Sefferung!" 

3ß.  t)atte  bereits  fein  breiunbfünfjigftes  Sebensjat)r  angetreten  unb  mar  Don 
bem  ©efül)l  bcS  naljenben  Filters  nieberv}ebrürft,  als  bie  l)elüetifd)e  <5taatS= 
umtoät^ung  beS  ^acjres  1798  bie  alte  ($ibgenoffenfd)aft  ber  breijetjn  Orte 
in  krümmer  marf.  S)ie  SSeften  ber  Männer,  bie  nun  anS  Ütuber  gelangten, 
flauten  ^u  ib,m  als  it)rem  s^lltmeifter  in  pietätöoüer  ^>od)ad)tung  empor.  Unb 
fy.  felbft  fat)  in  ber  ©taatsumtuäljung  bie  ^Jtorgenrötrje,  ja  baS  kommen  eines 
neuen  JagcS  unb  mad)te  au«  feinen  ^ubelgefü^len  barüber  fein  -öecjl. 

Sauf  jtueierlei  2Beife  fonnte  er,  an  bie  neue  (JintjeitSregierung  fid)  aujd)lief$enb, 
bie  ßrfüHuug  feiner  2öünfd)e  für  9}otfsbegtüdung  anftreben,  als  ^olitifer  unb 
(Sräierjer.  Sfm  erften  galt  mufjte  er  barauf  ausgeben,  baS  Vertrauen  ber  sIRänner 
ber  Regierung  baburd)  ju  gewinnen,  bafj  er  mit  ber  l)Jlad)t  feines  SöorteS 
3mifd)en  fie  unb  bie  SJolfSftimmung  öermittetnb  unb  Derjtanbigenb  trat  unb  ba= 
burd)  aud)  fid)  felbft  bei  jenen  ©etjör  für  feine  (Sutturibeen  öerfd)affte.  9Bie 
SBenige  fd)ien  gerabe  er  baju  geeignet  eine  fold)e  Vermittlung  toirffam  burd)= 
3ufül)ren  unb  ber  ©ebanfe  baran  tjatte  nid)t  nur  äußern,  fonbem  aud)  innern 
Steij.  ^eftalojji'S  2BettöerbefferungSpläne  toiefen  if)n  gerabe^u  biefen  äßeg  unb 
er  f)at  jücrfl  aud)  biefen  betreten.   6r  fd)rieb  SBrofd)üren,  glugfd)riften,  um  baS 


«Peftatoaji.  447 

iiolf  für  bie  neuen  Cnnricbtungen  ^u  fnmmen;  et  natjm  bie  9tebaction  be£ 
„«pelüetifdjen  93olfsbtattee"  an,  eines  ojficiöfen  Organe,  bas  bie  Dtegierung  fdjuf, 
um  33etet)rung  fttttidjer  unb  üolitifdjcr  2ht  Don  Staatsmegen  ju  Derbreiten,  unb 
es  ift  merfmürbig:  bei  allen  iolgenben  Söenbefcuuften  ber  (Bcfjitffale  ber  oater* 
tänbifdjen  ©ejd)itfe,  bat  ty.  ber  33erfud)ung  nid)t  wiberfterjen  fönnen,  bie  23af)n 
eines  öotitifctjen  9iatt)gebers  p  betreten;  fo  1802,  al§  er  feine  „Slnfidjten  über 
bie  ©egenfiänbe,  auf  Wetd)e  bie  ©efefegebung  £>elöetiens  ifrr  Slugenmerf  üor= 
jüglid)  ju  richten  fjat"  fd^vieb  unb  fid)  als  Slbgeorbneten  jur  (ionfulta  nad) 
*patis  toätilen  tiefe;  1814,  ats"  er  ber  üteaction  mit  feiner  umfangreichen  ©djrift 
„9tn  bie  Unfdjulb,  ben  Srnft  unb  ben  (Sbelmutb,  meines  3eitatters'  unb  meinet 
33aterlanbes"  entgegen  %u  treten  fudjte;  unb  nodj  1826  ift  bie  „9tebe  bie  id)  als 
^präftbent  ber  Ijelüetifdjen  ©efettfdjaft  ju  ßangentfjal  gehalten  Ijabe"  im  2öefent= 
lidjen  eine  ^ufammeniaffung  üatriotifdj=öolitifd)er  33etradjtungen.  6s  geigt  fid) 
tjierin  bei  5ß.  eine  2lber  äd)t  rettublifanifdjen  SinnS,  ber  an  ber  %bee  fefttjält, 
bafe  <5taats=  unb  3)otfs1eben  nictjt  jwei  auSeinanberfallenbe  Greife  ftnb,  unb  ba$ 
Wer  für  ba§  $}olfsteben  eintreten  will,  gegenüber  bem  2öol)t  unb  Söet)e  be§ 
©taate§  nid)t  gleichgültig  bleiben  barf. 

2tber  ebenjo  merfroürbig  ift:  fo  gefeiert  ber  Dcame  speftalo^i's  mar  unb 
mürbe ,  f o  tjat  bod)  jebesmat  ber  ^nftinct  ber  öffentlichen  Meinung  fjerausgejürjtt, 
bafe  tjierin  nidjt  5peftato3ji'§  Öebeutung  liege;  ber  Strom  ber  (Jntmidtung 
raufdjte  über  biefe  feine  Äunbgebungen  baljtn,  otjne  bafe  fie  einen  nennenswerten 
©inftufe  auszuüben  öermodjt  fjätten,  unb  iljm  blieb,  menn  er  anberes  gehofft  — 
unb  wie  fjätte  ein  foldjer  ©anguinifer  nidjt  anberes  hoffen  fotten !  —  auf  biefem 
©ebiete  nictjt^  all  mef>r  ober  meniger  bittere  @nttäufd)ung.  ßum  Sbeatpolitifcr 
mar  er  mit  bem  Oteicfjtrjum,  ber  £iefe  unb  ber  9teinr)eit  feines  ©emütijeä  ge= 
f Raffen;  jum  Ütealöolitifer  fehlte  iljm  bie  Dtub>  unb  Unüoreingenommenljeit  ob= 
jeetiöer  Prüfung,  bie  Unabtjängigfeit  öon  bem  momentanen  Ginbrud  ber  it)n 
umgebenben  ^erfönlidjfeiten  unb  93ert)ättniffe,  bas  Ijeifet  nidjt  biet  meniger 
als  Stflei! 

Unb  fo  ging  e3  benn  audj  bie*  erfte  9Jtat.  2)on  ber  allgemeinen  2ln= 
fdjauung  aus,  bafe  bie  gufunft  auf  ber  IDtögtidjfeit  ber  Sonfolibation  ber  neuen 
©taatsöerljättniffe  beruhe,  tiefe  er  ftd)  aur  Ütedjtfertigung  öon  fingen  Ijinreifeen, 
bie  faum  burdj  bie  9tott)  ber  %ät  entfdjulbbar  maren,  unb  fdjneEer  at§  er  er= 
fannten  bie  ftreunbe,  bafe  er  bei  längerer  politifcfjer  <8ett)ätigung  nur  fid)  felbft 
rafdj  abnutzen  werbe.  6r  felbft  freilid)  fat)  barin  llnbanf  unb  33erfennung,  unb 
Wunberlidj  mifdjen  fid)  baljer  Slnflagen  unb  ©etbftgeftänbniffe  in  bem  Urteil, 
baä  er  1801  über  bie  Männer  ber  ^jelöeti!  in  feinem  33ud)e:  „2Bie  ©ertrub  itjre 
ßinber  letjrt"  nieberlegte:  ,,^dt)  irrte  mid)  nidjt  nur  in  jebem  ©djtauen,  id)  irrte  mid) 
in  jebem  9carren,  unb  traute  Gebern  ber  öor  meinen  3lugen  ftanb  unb  ein  gutes 
äöort  rebete,  aud)  eine  gute  Meinung  ju.  3lber  bennod)  fannte  id)  ba§  9}ol!  unb  bie 
CueHen  feiner  Sermilberung  unb  (Jntroürbigung  öietteid)t  wie  9liemanb;  aber 
id)  wollte  nid)t§,  gar  nidjts  als  ba§  ©toöjen  btefer  Duellen  unb  bas  3lufljören 
it)rer  Uebel,  unb  ^elbetien§  neue  5Uenfd)en  (novi  homines),  bie  nid)t  fo  wenig 
Wollten  unb  bas  S5olf  nidjt  tannten,  fanben  natürlid),  bafe  id)  nid)t  ju  ib^nen 
öafete;  biefe  9Jcenfdjen,  bie  in  il)rer  neuen  (Stellung  wie  jdjiffbrüdjige  SBcifiet 
jeben  ©troejejalm  für  einen  sDcaftbaum  anfaljen,  an  bem  bie  9teüublif  fid)  an 
ein  fidjeres  Ufer  treiben  tonne,  ad)teten  midj,  mid)  allein  für  einen  ©trofjtjalm, 
an  bem  fid)  feine  Äatje  anfdjliefeen  tonnte.  <Sie  wußten  e§  nid)t  unb  Wollten 
ei  nid)t,  aber  fie  traten  mir  ©ute§;  fie  traten  mir  meljr  ©utes,  als  mir  je 
9Jienjd)en  ©utes  getl)an  b>ben.  ©ie  gaben  mid)  mir  felbft  Wieber  unb  tieften 
mir  im  füllen  Staunen  über  bie  Umwanblung  if)rer  ©d)iffsöerbefferung  in  einen 


448  ^cftolojji. 

©dtjiffbrud^  nichts  übrig  alz  taZ  2ßort,  baZ  icfj  in  ben  erften  Jagen  ifjrer  33er= 
totrrung  auSfprad):   $d)  will  ©djulmeifter   werben!    bafür  fanb  icfj  Vertrauen." 

Unb  fo  betrat  benn  ty.  ben  anbern,  ftittem,  müfjfamern,  aber  für  ifjn 
allein  richtigen  2Bcg,  bie  Erfüllung  feiner  'OJcenfdjfjeitspläne  bon  unten  herauf, 
al%  ßrjie^er,  ]u  üerfucfjen.  de  fcfjeint,  i>a$  $ob.  SucaS  Scgranb,  ^räfibent  be§ 
fjeiDetifcfjen  2)irectorium§  (geb.  1755,  f  1836),  ein  äufjerft  molwollenber  sUcann, 
ber  aber  gtetcf)  ty,  als  s$olitifer  nicfjt  eben  in  feinem  ©tementc  war,  auerft  s.ß. 
in  biefen  ©ebanfen  beftärfte;  alz  bann  $fj.  2Ilb.  ©tapfer  (geb.  1766,  t  1840) 
fein  2fmt  at»  9Jttniftet  ber  fünfte  unb  SBiffenfdjaiten  autrat,  fanb  ty.  ju  feinem 
SBorfjaben  bei  ifjm  bie  treuefte  unb  unerfcfjütterticfje  Unterftüijung ;  aud) 
Dr.  21.  9tengger  (geb.  1764,  f  1835),  frürjer  ber  <<pofiueifter  be§  jungen 
*ßfj.  6.  fteflenberg,  jefct  s))tinifter  beä  Innern,  fjalf  mit.  ©tapfer  bot  5p.  ju- 
näcfjft  bie  Leitung  eineS  neu  (}u  begrünbeuben  fjclüetifdjen  Sefjrerfeminarä  an ;  Sß. 
lefjnte  aber  ab,  mit  bem  23emerfen,  er  motte  feine  ^been  für  eine  beffere  @r= 
3iet)ung  erft  in  einer  .siinberfdjule  erproben  unb  ifjre  JHefultate  fieser  fletten. 
©ben  alz  er  baran  gefjen  Wollte,  biefe  2lbfid)t  au^ufürjren,  ereignete  fid)  bie 
$ataftropfje  öon  ©tanS  (9.  ©eptember  1798).  „2)a3  Unglütf  öon  Unterroalben", 
erjätjlt  5ß.  jetbft,  „entfcfjicb  über  baö  Socal  ba«s  id)  wätjlen  mufite.  ^d) 
ging  gern.  '•Dcein  föifer,  einmal  an  ben  grofjen  2raum  meincä  Gebens*  ^)anb  an= 
legen  ju  tonnen,  tjdtte  midi  bafjin  gebracfjt,  in  ben  fjöcfjften  2ttpen,  icf)  mödjte 
fagen,  otjue  fteuex  unb  SBaffcr  anjumngen,  wenn  man  miefj  nur  einmal  fjätte 
anlangen  taffen." 

2lm  5.  üDecember  1798  warb  v4>.  vom  Xirectorium  mit  ber  Leitung  beS 
SBaifenfjaufeä  in  ©tanä  beauftragt.  2>ie  2lufgabe  mar,  ben  $inbern  ber  Unter= 
malbner,  bie  burd)  ben  (Einfall  ber  ^van^ofen  Altern  unb  £)eim  üerloren ,  öon 
©eiten  ber  Regierung  Dbbad)  unb  (Jraierjung  ju  üerfdjaffen.  5Die  Regierung 
gewährte  mit  einer  bei  ifjrer  fcfjlimmen  finanziellen  ßage  boppelt  anerfennen§= 
Werttjen  Seveitwilligfeit  bie  notfjwenbigen  Glittet.  2lm  7.  S)ecember  fiebelte  % 
naef)  ©tanä  über  —  feine  fyamilie  blieb  auf  bem  9leut)of  3urüd;  am  14.  Januar 
1799  tonnten  bie  erften  Söglinge  aufgenommen  werben;  ifjre  ^at)l  flieg  batb 
auf  50,  im  Cauf  be£  ftrüfjjafjrä  auf  80.  21m  8.  $uni  mufcte  bie  2lnftalt  fid) 
auflöfen,  ba  taZ  -gjerannatjen  ber  2llliirten  bie  Gmidjtung  öon  ßajaretfjen  im 
dürfen  ber  franjöfifcfHielöetifcfjen  2lrmee  notfjwenbig  macfjte,  unb  baä  «Softer  in 
©tan§,  ba§  btefjer  alz  ßoeal  für  ba§  Söaifentjauä  gebient,  bafür  gut  gelegen  unb 
geeignet  fcfjien;  *)J.  T etbft  war  öon*ber  2lnftrcngung  au]Z  äu^erfte  erfd)öpft  unb 
fpie  53tut;  aber  aud)  nadjbem  ber  Äriegitärm  nerrauferjt  War  unb  $.  fid)  crtjolt 
t)atte,  warb  biefer  nid)t  jurüdberufen;  er  fjatte  in  ©tanö  geleiftet,  wa§  eben  nur 
ein  SPeftaloaji  leiften  fonnte ;  unb  roaZ  man  nun  für  bie  Söeiterfürjrung  ber  2ln= 
ftalt  nöttjig  rjatte,  baZ  fonnte  jeber  gewöfjnlidje  Verwalter  ober  Cefvrer  minbeftenS 
ebenfogut  jur  ^ufriebenfjeit  ber  Sentralbefjörbe  burd)füfjren  al«s  ^cftalojji. 

3ßa§  fjat  ^.  in  ©tan§  geleiftet?  sDcan  barf  cor  altem  nicfjt  üergrffen,  bafe 
bie  gan^e  3eit  feiner  bortigen  Söirffamfeit  auf  fünf  Monate  ^ufammengefjt. 
5)tan  barf  nicfjt  öergeffen,  ba§  $.  at§  ^roteftant  in  ein  fattjotifd)c§  ßanb,  als 
Drgan  einer  burd)  frembe  SBaffen  unter  allen  ©räueln  beg  JhiegS  wieber  jur 
Autorität  gelangten  Regierung  nad)  ©tan§  fam.  5)can  barf  aud)  nicfjt  Ocr= 
geffen,  bafe  bie  praftifcfje  Drganifationsfraft  für  ba§  SSerwaltungöbetait  if)m 
abging  unb  bafj  er  nicfjt  mit  feften  metfjobifdjen  ©runbfäfeen  für  ben  llnter= 
ricfjt,  fonbern  redjt  eigentlidj  um  biefe  erft  ^u  finben  unb  ju  prüfen,  bie  ©teile 
angenommen.  9tid)t§  befto  weniger  fann  conftatirt  werben,  bafj  fy.  auefj  in 
biefen  SSejiefjungen  auf  ben  Slufentfjalt  in  ©tane  mit  93efriebigung  jurüdbliden 
burfte.  ©erabe  biejenigen ,  bie  feinem  33}erfe  am  näcfjften  ftanben  unb  au§ 
perfönticfjen   unb   principietlen   ^ntereffen  am  meiften  berufen  waren ,   Ärittf  p 


sMtaIoaji.  449 

üben,  liefen  iljm  am  meifien  ©eredjtigfeit  roiberfatjren.  „fjrreunb,  fannft  bu 
glauben",  fcfjtieb  et  unmittelbar  nad)  feinem  Abgang  üon  ©tans  an  ©efcner, 
„bie  größte  ^)eiälid)£eit  füt  mein  SBerf  fanb  id)  bei  ben  Äapuäinern  unb 
.Rlofietfiauen.  SLt)öttQe§  ^ntereffe  an  bei  ©adje  nahmen  menige  aufjer  5txutt= 
mann  (neben  biefem ,  bem  bamaligen  iftegierungscommiffät ,  maren  es  laut  33e= 
legen  bor  allem  bie  Pfarrer  23ufinger  unb  £)betmatt).  2)ie,  Don  benen  id)  am 
meiften  tjoffte ,  maren  fo  fet)r  in  politifctje  23erbinbungen  unb  ^ntereffen  üer= 
graben,  bafe  biefe  Äleinigfeit  it)nen  bei  itjrem  großen  üöirfungstreis  nidjt  be= 
beutenb  fein  tonnte."  9lm  ©cftlufc  feiner  Sljätigfeit  fat)  fid)  5ß.  im  ©tanbe, 
Don  ben  6000  Tanten ,  bie  er  erhalten ,  3000  mieber  jurüd^ugeben ;  bas 
mar  bod)  mol  ein  SBeleg  bafür,  bafj  er  es  Derftanben ,  mit  ben  ötonomijdjen 
Mitteln  tjausautjalten.  Unb  mas  bie  geiftige  Anregung,  bie  Don  itjm  ausging, 
betrifft,  fo  barf  auf  bie  ^Briefe  Sufinger's  unb  jtruttmann's  tnngemiefen  merben, 
Don  benen  ber  letztere  im  §ebruar  an  9tengger  folgenbetmafjen  fdjrieb:  ,,^m 
2liment)aufe  getjt  es  gut,  Sßater  ^eftato^i  arbeitet  Sag  unb  Dladjt  über  |)als 
unb  $opf.  äBirfttdj  fpeifen  unb  arbeiten  62  $inbet  im  ^aufe.  ^um  ©djlafen 
aber  bleiben  nur  50,  aus  Mangel  an  Selten.  SDa  ift  es  jum  (hftaunen,  mas 
ber  gute  9Jtann  leiftet,  unb  mie  meit  bie  ^öQÜnge,  bie  öoll  2Bipegierbe  finb, 
in  biefer  furzen  3e^  ftf)°n  Dorgerüdt  finb."  2lber  ber  rtämlictje  Siuttmann 
brängte  nacrjljer  bei  ^eftalojji  foroot  als  beim  9Jttnifter  barauf ,  öafj  eine  fefte 
JDtganifation  unb  ein  georbneter  ÖetjrDtan  eingeführt  merbe,  unb  traf  bamit  ben 
sJtaget  Dötlig  auf  ben  ÄoDf ,  menn  er  fdjrieb :  „$dj  bemunbere  ben  Eifer  bes 
Sürgers  5ßeftaloaäi  unb  feine  raftlofe  Stjätigfeit  für  biefe  5lnfiatt;  er  nerbient 
Etjre  unb  2)anf;  aber  id)  fefje  ein,  bafj  er  bie  ©adje,  menn  fie  bis  auf  einen 
gemiffen  ©rab  gebracht  ift ,  tn  Orbnung  unb  mit  gutem  Erfolg  burd)3ufüt)ren 
unb  feine  ^foen  jU  realifiren  aufjer  ©tanbe  ift."  $üx  ben  Sltttagsmedjanismus 
einer  ^luftalt  mar  5ß.  nietjt  gefdjaffen;  bas  iebod) ,  mas  bie  erfte  3eit  einet 
folgen  2lnftalt  brauchte,  felbfttofe  Eingebung  ber  ganzen  !J5erj öntid)feit ,  um 
^per^en  au  geminnen,  Gräfte  ju  merben,  bas  tjat  ber  alte  ^eftalo^i  in  ©tans 
in  einer  einzigartigen  äöeife  geleiftet.  SDafe  er  ben  ^inbern  alles  in  allem,  Serjrer 
unb  Sßater  unb  SJiutter  augleid)  mar,  bafj  er  audj  t)ier  mie  auf  bem  Sfteutjof 
fid)  feinen  21ugenblid  befann,  mit  feinen  armen  JHnbern  arm  au  fein,  um  iljnen 
alles  ju  merben,  bas  ift  ^eftalo^i's  emiger  Sftutjm,  ber  fid)  nietjt  nad)  ber  üDauer 
feines  2lufentb,alts  in  ©tans  mifct.  Saturn  t}at  fid)  aud)  für  bie  3"tQenoffen, 
mie  für  if)n  felbft,  bie  Erinnerung  an  feine  bortige  äBirtfamleit  berflärt,  unb 
erfdjienen  itjm  nodj  im  föäten  ©reifenalter  bie  Sage  in  ©tans  als  „bie  rjödjften 
©egenstage  feines  ßebens". 

S)enn  ty.  blieb  fid)  feinerfeits  bemüht,  bafj  er  biefen  Sagen  in  ©tans 
Unermefjtidjes  öerbanfe.  ©ie  Ijatten  it)m  bas  Semufjtfein  feiner  Äraft  mieber= 
gegeben;  fie  t)atten  it)n  in  aller  ^lotrj  unb  gerabe  um  biefer  9iott)  miHen  in= 
ftinetib  5U  ben  Quellen  gelangen  laffen ,  an  benen  irjm  bie  (Srfenntnifj  ber 
5Rögtid)feit  aufging ,  ba^  unb  mie  Unterricht  unb  fittlidje  (h'dierjung  auf  il)re 
Elemente  äurüdgefütjrt  merben  tonnen;  „es  mar  eigentlid)  bas  ^utsgreifen  ber 
Äunft,  bie  id)  fudjte  —  ein  ungeljeurer  ©riff  —  ein  ©etjenber  tjätte  ir)n  nidjt 
gemagt;  id)  mar  jum  ©lud  btinb,  fonft  tjätte  idj  it)n  aud)  nid)t  gemagt.  3$ 
mu^te  beftimmt  nid)t  mas  id)  ttjat,  aber  id)  mufete,  mai  id)  mollte,  unb  ba§ 
mar:  £ob  ober  S)urd)fe^ung  meines  groedes."  ©o  fanb  5)3.  in  ©tans  ben  2Beg 
ju  bem  3^e.  oem  i"n  &xi  to^e  "n  niädjtiger  ©trom  fdjon  feit  ben  Jünglings* 
jafiren  entgegen  gemallt  mar,  bie  Duelle  bes  Slenbs  ju  ftopfen,  in  bas  er 
bas  Sßotf  um  fidj  Ijer  berfunfen  fat).  S)iefe  Ueber^eugung  belebte  tt)n  aud),  als 
er  ferne  öon  ©tans  für  feine  gefdjmäd)te  ©efunbtjeit  im  ^eunbesljaufe  auf  bem 

Stagem.  beutfd&e  aSioflto^ie.    XXV.  29 


450  Mtatojji. 

(SJurniget  Leitung  fud)te :  „GrS  mar  nidjt  mein  liier,  es  mar  tüte  ein  ©tein  im 
Meere,  auf  metdjem  idj  ruljete ,  um  roieber  ju  fdjroimmen.  3<*)  bergeffe  biefe 
ütage  nid)t,  fo  lange  id)  lebe,  fie  leiteten  midj,  aber  id)  tonnte  nidjt  leben  ofjne 
mein  Sßerf,  fclbft  in  bem  2lugenblicfe,  ba  id)  auf  beS  ©urnigelS  Dötje  baS  fdjöne 
unetmefjlidje  Sttjat  ju  meinen  ^üfjen  fatj,  benn  id)  t)atte  nodj  nie  eine  fo  raeite 
^luSfidjt  gefetjen,  unb  bennod)  badjtc  id]  bei  biefem  9lnbticf  meljr  an  ba§  übel» 
unterrichtete  33olf,  als  an  bie  ©djönljeit  bcr  2lu§fid)t.  3d)  tonnte  unb  roollte 
nidjt  leben,  otjne  mein  2Betf." 

yiaä)  leinet  9?ücftef)r  Oom  ©urnigel  fanb  $.  burd)  Vermittlung  beS  rjel» 
betifcfjen  CbertidjterS  ©djnetl  (Gelegenheit,  in  Vurgborf  an  einer  ßlementarfdjule 
feine  Verfudje  Tortjufeijen  (mafjrfdjeinlidj  Sluguft  1799).  lieber  ^eftalo^i'S 
©djulljalten  in  Vurgborf  befitjen  mir  nun  bie  SDarfteüung  eines  Slugenjeugen, 
SotjanneS  ftamfauer  (1790-1848),  beS  nachmaligen  Mitarbeiters  ^eftaloaji'S, 
roeldjer  in  jenen  ^aljren  tä  ©djüler  bei  *ß.  mar;  biefe  ©djilberung  erflärt 
rjinlängtidj,  marum  ^eftalojji'S  Unterridjt  aud)  in  ©tanS  bon  benjenigen,  bie 
nid)t  in  beu  $ern  ber  ©adjc  öorbrangen ,  Ijattc  mit  Mifjtrauen  beobadjtet 
merben  muffen. 

Hub  bod)  trotj  allen  biefen  äußeren  Unbotlfommentjeiten  trat  aflmärjlidj  ju 
£age,  bafj  ^.  ficf)  nidjt  bergeblidj  abmüfjte.  2US  ju  @nbc  Märj  1800  nadj 
adjtmonattidjer  SSirffamfeit  bie  Prüfung  ftattfanb,  legte  bie  ©djulcommiffion 
öon  Vurgborf  itjren  Vefunb  in  einem  3ell9^ffe  nieber,  baS  üjr  fclbft  ju  nidjt 
minberer  ßtjre  als  ty.  fetber  gereift.  „2fn  bem  9ltter  bon  5 — 8  $aljren,  in 
roeldjem  nad)  ber  bisherigen  marternben  Mctfjobc  bie  Äinber  bie  Vudjftaben 
faum  fillabiren  unb  lefcn  gelernt,  Ijaben  Sfljre  ©djüler  nidjt  nur  biefe  ^enfen 
in  einem  biStjer  ungcrooljnten  ©rabe  ber  Vottfommentjeit  (}U  (Jnbe  gebracht,  fon= 
bem  bie  fälugften  unter  itjnen  ^eidjnen  fid)  bereits  als  ©djönfctjreiber,  Qnifymx 
unb  Ütedjner  aus.  33ei  bitten  tjaben  ©ie  bie  Neigung  jjur  ©efdjid)te,  5tatur= 
gefdjidjte,  Mefefunft,  Ghbbefdjreibung  u.  f.  m.  ^u  ermerfen  unb  ^u  beleben  ge= 
roufjt,  bafj  itjre  fünftigen  ßeljrer,  menn  fie  tton  biefen  Vorbereitungen  üernünftigen 
©ebraud)  ju  madjen  miffen,  ifjre  Arbeit  ungemein  erleichtert  finben  muffen. 
5luS  3t)ren  £mnben  ober  auS  ben  #änben  eines  nad)  3>ljrer  Metljobe  3U  SBerfe 
getjenben  SetjrerS  merben  fünftig  bie  oberen  ©dnilen  nidjt  mel^r  mit  Äinbcrn  be= 
fe^t  merben,  an  meieren  ^di)xe  lang  gearbeitet  merben  mu^,  nur  an  jenen  erften 
ßlemeuten  nadijupflaftem,  fonbern  mit  ßinbem,  bie  bon  biefer  ©eite  nid)t§  öer= 
miffen  laffen  unb  beren  ftöpfe  fd)on  mit  reellen  .^euntniffen  angefüllt  finb.  — 
sJJtöd)te  fflx  glüb.cnber  ßifer  für  bie  bvattifdje  ?lnmenbung  3t)rer  trefflich  auS= 
gebadjten  unb  auf  bie  menfdjlidjen  Sebürfniffe  fo  genau  beredjneten  i^eorie 
nid)t  etma  mieber  in  bebrängten  ßagen  unferS  VaterlanbeS,  in  ©iferfueb,:  mie 
anbern  ßeibenfdjaften  ober  in  Mangel  an  öffentlichen  ,^)ülf8mitteln  ^inberniffe 
autreffen  —  möchten  ©ie  burd)  feinerlei  llmftänbe  üon  %z)xem  ßiebtingSgefdjäft, 
ber  33itbung  unb  ber  Vereblung  ber  Äinberroett,  abgezogen  merben.  5Röd)ten 
mit  nid)t  ju  tlein  fein,  um  etmaS  <ju  biefem  großen  ^}tane  beizutragen."  — 

3ß.  freilid}  betradjtete  aud)  35urgborf  nid)t  als  feine  bleibenbe  ©tätte. 
6r  bad)te  baran,  auf  bem  9teulmf  eine  ©räietjungSanftalt  3U  grünben ;  aber  bie 
rjeloetifdje  Regierung  tonnte  itjm  bie  gemünfctjte  SSeifteuer  an  .^otj  nietjt  bieten 
unb  bamit  jerfdjlug  fid)  ber  ^3tan.  3lbcr  nad)  anbern  ©eiten  geigte  fid),  bafe 
bie  3e^t  ber  Prüfung  für  itjn  i^rem  @nbe  nat)e  fei.  S)a§  allgemeine  ^ntereffe 
begann  fid)  feinen  Verfudjen  jujumenben.  ©tapfer  t)atte  aud)  in  ben  fdjroerften 
©tunben  ben  ©tauben  an  itjn  nid)t  finfen  laffen;  er  öeranlafjte  nun,  ba§  ber 
tjelbetifdje  VoEjietjungSratl)  (bie  bamalige  Srecutibe)  ty.  burd)  eine  ^luteitie  üon 
1600  $r.  ben  S)rurf  feiner  ©lementarbüdjer  ermöglichte;  ber  Vefdjlu^  ertolgte 
etnftimmig.    Slber  ©tapfer  manbte  fid)  aud)  an  baS  ^ntereffe  ber  gebilbeten  Greife 


$ePa!oa|L  451 

überhaupt;  burcb,  feinen  Sdjmager  ©cfjnell  roarb  3U  anfang  Sunt  1800  eine  patrio* 
tifcfje  (Sefettfcljaft  Don  (Jriieinmggueunben  in  Sern  gebilbet,  in  ber  beftimmten 
Slbficfcjt,  bie  Seftrebungen  ^eftalo^i'ä  baburcb,  ju  unterftüijen  unb  ^u  allgemeiner 
Slnerfennung  ^u  bringen.  Grine  @ommiffion  au§  ib,rer  IDcitte  —  *ßaut  Ufteri 
toon  3ur^  uno  Sofept)  Süttu'  öon  Solottjurn  maren  babei  mit  betätigt  — 
erhielt  ben  Sluftrag,  $eftalo33i'e  Mettjobe  an  Drt  unb  ©teile  ju  prüfen;  ber 
33ertc^t,  ben  fie  im  Jperbft  abfiattete,  fiel  aufjerorbentlictj  günftig  aus. 

^namifcrjen  mar  aber  in  ^eftato^ji's  perfönlictjer  Stellung  eine  gro&e  unb 
entfcfyeibenbe  Seränberung  öorgegangen.  2ßir  erinnern  un§  jene!  planes  öon 
Stapier  im  $•  1798,  ein  tjelöetifcfjeg  ^etjrerfeminar  su  grünben.  £er  Serfucrj 
einer  folctjen  Sdjulanftalt  mar,  nad^bem  *ß.  unb  Rubere  abgelehnt,  burcb,  ^orj. 
9tub.  {yifdjer  ö°n  Sern,  Stapferg  Secretär,  unternommen  morben:  bie  fjelöettfdje 
Regierung  rjatte  irjm  bafür  bag  Scrjtofj  Surgborf  eingeräumt.  S)ie  Dcottj  ber 
3eit  mobificirte  ben  urfprünglicrjen  -£lan;  mit  ^pütfe  ber  morjttjabenben  Familien 
Surgborig  gelang  e§  #ifd)er,  Tür  eine  Sdjaar  armer  Mppenjeüerfinber  in  Surg= 
borf  unb  Umgebung  Cuartier  ^u  finben;  ftifcfjer  rjatte  babei  erfuctjt,  ben  Äinbern 
einen  jungen  Mann  beizugeben,  ber  öuft  tjabe,  Scrjulmeifter  ^u  merben,  er  motte 
bann  feine  Slugbtlbung  übernehmen.  £)er  ßinbertrangpott,  19  Knaben  unb 
7  Mäbcrjen,  fam  am  26.  Januar  1800  in  Surgborf  an,  mit  ifjm  ^ermann 
Ärüfi,  ein  junger  Setjter  mit  offenem  $opfe  unb  gutem  SJerftänbnifj  für  bie 
Äinbermett,  aber  öon  tjödjft  mangelhafter  Serufgbilbung.  $rüfi  furjr  in  Surg= 
borf  fort,  feine  SIppenjetterfinber  3U  unterridjten ,  roätjrenb  er  felbft  trjeoretifdj 
unb  praftifcf)  gfifd^exS  £ef)rfct)üler  geworben  mar.  3m  übrigen  geriete)  bie  2tu§= 
fütjrung  beg  $lang  einer  Seljrerbilbungganftalt  ing  Stocfen;  gifdjer  fieberte  fdjon 
am  2.  2tpril  nad)  Sern  über  unb  trat  bei  Stapfer  roieber  alg  Secretär  ein  ; 
feine  £raft  mar  burcrj  bag  g-eljlfcfjlagen  feiner  Hoffnungen  gebrochen;  am 
11.  Mai  1800  ftarb  er,  erft  acrjtunbaroanäig  3aljre  alt.  *ß.  toar  eg,  ber  perft 
Ärüft  bie  Xobegnactjricrjt  mittr)eitte  unb  fie  zugteidj  mit  ber  freunblidjen  Gnn* 
labung  begleitete,  ftrüfi  möge  feine  Sctjule  mit  berjenigen  ^eftato^i'g  öeretnigen. 
3«  Ärüfi  fanb  nun  5ß.  einen  Mitarbeiter,  mie  er  irjn  unter  £aufenben  nierjt 
beffer  rjatte  ftnben  tonnen.  6t  befafj,  mag  *>#.  abging,  bie  Äunft  beg  praftifdjen 
Scrjutfjalteng,  in  tjofjem  Mafje,  unb  mar  äugleidj  einficrjttg  unb  befetjeiben  genug, 
um  fidj  öott  unb  ganj  ber  getftigen  öeitung  3ßeftalo3äi'g  ^u  unterbieten.  £urcfj 
Ärüfi  berebet  fcrjloft  fidj  noerj  im  Sommer  ber  Sljeologe  Nobler ,  ebenfalls  ein 
Slppenjetler,  bem  Unternerjmen  an;  biefer  feinerfeitg  berebete  ben  mürtembergifetjen 
Sucrjbinbergefetlen  Sufj,  ifjm  unmittelbar  nachfolgen.  Die  ^elüetifcrje  Otegie= 
gierung  gab  für  bie  Slnftalt,  bie  grjieb.ungSanftalt ,  Seminar  unb  SBaifenbaug 
in  fieby  fetjüe^en  füllte,  unentgeltlich  bie  nöttjigen  ßoeatitäten  im  Sctjloffe,  baju 
|)olä=  unb  ^flanjlanb.  3>m  Cctober  1800  marb  bie  Slnftalt  eröffnet;  iljre  @nt= 
roiertung  atg  Srjietjungginftitut  brängte  aber  batb  bie  anbern  3roe^e  in  ^en 
^intergrunb.  3>n  bemfelben  gelangte  %.  baju,  bie  praftifdjen  ßonfequenjen 
feiner  ©runbgebanten  ju  ^ieljen  unb  mit  ipülfe  feiner  brei  erften  Mitarbeiter  itjre 
Sermert^ung  für  bie  Unterric^tSpraiig  in  Angriff  ju  nerjmen.  9Zacf)bem  er  be= 
reitg  1800  in  einem  23eridjt  an  bie  gommiffion  ber  Graietjungggefeüfcrjaft 
beu  Serfuctj  gemaetjt,  ben  fict)  in  itjm  geftaltenben  ^been  2lu§brucf  ^u  geben, 
arbeitete  er  nun  eine  größere  Sdjrift  ju  biefem  gxoede  au§:  „2öie  ©ertrub  itjre 
Äinber  leljrt",  bie  1801  erfdjien  unb  in  ä^nlidier  2öeife  mie  „Sienljarb  unb 
@ertrub",  aber  meit  Tolgenreictjer,  ba§  ^ntereffe  ber  gebitbeten  SBelt  für  ben  33er= 
faffer  unb  feine  Sfbeen  in  Slnfpruct)  nab,m.  S)iefe§  Sucb, ,  bag  ben  (Sinfluf} 
^eftatoäät'g  auf  bas  Scb.ulmefen  bei  19.  Sarjrtjunbertg  begrünbet  b,at,  befteb,t 
in  14  Briefen  an  feinen  gteunb  ©efjner  (Su^änbler  in  Sern).     %n  ben  brei 

29* 


452  MtattWi. 

crften  SBriefen  fcrjilbert  er  bie  Vorbereitung ,  bte  er  felbft ,  Ärüfi  unb  33ufj, 
—  Nobler  mar  bereite  toieber  au3  ^ßeftalojji'g  Greife  gefd)ieben ,  fefjrte  aber 
später  in  benfelben  roieber  jurütf  —  ju  bem  2Berfe  mitgebracht;  in  23rief 
4—11  bie  9tefultate  feiner  ^Beobachtungen  unb  ber  gemeinfd)aftlid)en  Sirbett 
für  bie  Denfbilbung  (intettectuetteä  ©ebiet),  in  33rief  12  biejentgen  für  bie  23it= 
bung  ber  gertigfeiten  (auf  prjt)fifc£)em  unb  fittlicrjem  ©ebiet);  33rief  13  unb  14 
befpredjen  bie  Slnroenbung  biefer  ©runbfäüe  auf  ba3  gentium  ber  5JJlenfd)en= 
bilbung,  bie  23ilbung  ^u  fittlidjer  Steligiofttät.  Der  Sitel  entfpridjt  bem  SSnrjalt 
toonig,  eS  fei  benn,  bafc  man  in  bem  9tamen  „©ertrub"  baä  einfadjmenfdjlicrje, 
rurjig  beobacrjtenbe ,  päbagogifdje  Denfen  perfonificirt  fierjt;  baä  3^1»  auf  ba§ 
bie  Darfiettung  rjinfteuert,  ift,  p  geigen,  bafj  man  burcrj  ridjtigeä  ©lementarifiren 
beä  2Biffen§  bie  fd)lict)tefte  ÜJlutter  in  ben  ©tanb  fetjt  unb  ifjr  bamit  9ted)t  unb 
5J3ftid)t  auferlegt ,  itjre  Äinber  felbft  richtig  ju  er^ierjen ;  alfo  f  önnte  etroa  ber 
üutel  bem  ^ntjalt  in  ber  fjaftung  angepaßt  roeiben:  „bafj  ©ertrub  ifyre  Äiuber 
erjierjen  fann  unb  barum  aud)  fott!" 

5ß.  tjat  fpäter  nodj  au  roieberljolten  Fialen  feine  sUtetrjobe  im  3ufammen= 
fjang  bargefteüt:  1807  in  ben  „3lnfid)ten  unb  Erfahrungen,  bie  ^bee  ber 
©lementarbilbung  betreffenb";  1809  in  ber  „Diebe  über  bie  (Slementarbilbung", 
bie  5ß.  bei  ber  Sßerfammlung  ber  ©efettfdijaft  ber  (Sraietjungäfreunbe  in  Senjburg 
tjielt  ( „fienjburger  föebc"),  bie  aber  nur  in  ber  Don  5ß.  üeraulafjten  Ueberarbeitung 
burd)  sJliebcrer  im  Drud  erfdjienen  ift;  1818  in  ber  „Siebe  an  mein  -£>auä" ; 
1818/19  in  „Briefen  über  (Slementarbilbung  an  3-  5J}.  ©reabeö  Esq.",  bie 
bis  jeüt  nur  in  englifdjer  Ueberfetjung  befannt  finb  (letters  on  early  education), 
1826  im  „6djroanengefang"  unb  in  bem  „Verfudj  einer  ©fi^e  über  baä  äöefen 
ber  $bee  ber  ©tementaibitbung",  ben  er  für  bie  <£>elüetifd)e  ©efettfdjaft  au§= 
arbeitete  (^eftalojjibl.  3.  ^afjrg.  1882,  ©.  49  ff.).  2öefentltd)e  Umbitbungen 
ber  ©runbgebanfen  fanben  aber  nidjt  merjr  ftatt  unb  ba  e§  im  3ufammenrjang 
biefer  Arbeit  nur  barum  fidj  rjanbeln  fann,  bie  ©runbjüge  Don  5ßeftalo^i'§ 
päbagogifctjein  Denfen  au  geben,  bie  in  bem  Sudje  „2Sie  ©ertrub  k."  in  ifjrer 
fjiftorifdjen  SntroicEtung  bargeboten  finb,  fdjliefjen  mir  t)ier  einen  furzen  Umrijj 
berfetben  an- 

Der  ©runbgebanfe  5ßeftaio33i'§  ift  bie  5ßft)crjologifirung  bei  Unterrichte  unb 
ber  ©eifteäbilbung ,  b.  i).  Unterricht  unb  ©eifteäbitbung  fotten  bem  geiftigen 
5affung£bermögen  angepaßt  merben.  SBenn  e8  nun  gelingt,  ben  33ilbung§ftoff 
in  feine  (SIemente  ju  ^erlegen,  fo  ift  e$  flar,  bafj  bie  ©tementarbitbung  mit  ber 
(Hementarenttoicflung  beS  Äinbeä,  b.  t).  fdjon  im  ©äuglingäalter  beäfelben  fid) 
berbinben  unb  beätjalb  in  bie  £>anb  ber  9Jtutter  gelegt  roerben  fott.  6d)on  biefe 
elften  Simoirfungen  finb  ber  Äunftbilbung ,  b.  t).  beroufeter  5)3lanmä^igfeit  ju 
untertoerfen. 

Iftun  ift  alle  Äunft  nur  bann  toarjrrjafte  ^unft,  menn  fie  bem  ©ang  ber 
5latur  fid)  anfdjliefjt  unb  itjre  gan^e  ßraft  rufjt  auf  ber  Uebereinftimmung  mit 
ber  pr)t)fifcf)en  5Ratur.  Die  5Jtatur  aber  jeigt  mit  ^larb.eit  in  it)ren  Sdjöpfungen, 
roeld)en  ©ang  aud)  bie  Äunft  ber  geiftigen  93ilbung  in§  3luge  ju  faffen  t)abe. 
Denn  ber  5Dted)ani3mu§  ber  finnlidjen  sUienfcr)ennatitr  —  unb  auf  bie  ftnnlidje 
fömpfinbung  unb  Slnfdjauung  baut  ja  bie  geiftige  Sntroidlung  auf  —  ift  in 
feinem  2ßefen  'ben  nämtidien  ©efe^en  unterroorfen ,  burdj  metelje  bie  pf)t)fifcr)e 
Statur  allgemein  itjre  Gräfte  entfaltet.  9cad3  biefen  ©efetjen  fott  aller  Unterricht 
baS  SBefentlid)fte  feines  @rfenntni|fad)§  unerfdjütterlid}  tief  in  ba§  äßefen  bee 
menfdj liefen  ©eifteS  einprägen ,  bann  ba§  roeniger  SGÖefcntücrje  attmäliticb, ,  aber 
mit  ununterbrochener  «ß'raft,  an  ba§  Söefenttidje  anfetten  unb  alle  itjre  Jrjeile 
biö  an  ba§  3leu^erfte  bei  gad)e§  in  einem  lebenbigen,  aber  t»erl)ättni|mäf3igen 
^ufammenfjang  mit  bem  SSefentlidjen  ertjalten:    roie   bie§  im   Sfteictj   ber  5)latur 


SPeflotojai.  453 

betfpielätoeife  ber  EinÖlic!  in  bie  Enttoicflung  be§  33aumc§  letjrt.  daraus 
leitet  $.  im  nähern  feine  ftaturgefe^e  für  bie  funftmäBtge  Enttoicflung  ber 
geifiigen  Gräfte  ober  bie  Eqietjung  ab:  für§  erfte  finb  bie  Slnfcfjauungen  ju 
orbnen  unb  ba£  Einfache  3U  bottenben,  etje  man  jum  Enttoicfelten  fortreitet; 
bann  gilt  c§  äße  toefentüdjen  3ufammenget)örenben  Einbrücfe  bon  SHngen  (sUterf= 
male)  im  ©etfte  in  eben  ben  3uTarnrnen^an9  5U  bringen,  in  bem  fie  fidj  in  ber 
9tatur  toirftidj  befinben;  röeiterfjin  fie  burctj  möglicrjfte§  3ufammentoirfen  ber 
berfdjiebenen  Sinne  allfeitig  unb  öoüftänbig  jur  SBarjrnerjmung  ju  bringen; 
ferner  fie  otme  Einmifdjung  unferer  äöitlfür  al§  unbebingt  nottjtoenbig  auf  un§ 
eintoirfen  $u  laffen ;  unb  enblidj  burcrj  9teicrjtt)um  unb  SHelfeitigfeit  in  Sfteij  unb 
Spielraum  un§  jur  freien  Sefjerrfdjung  berfetben  ^u  errjeben.  —  *ß.  nennt  biefe 
©efetje  prjrjfifcfrmecrjanifcrje  ©efe^e  unb  leitet  fie  nadjträglidj  auf  eine  breifadje 
Gueüe  aurücf,  b.  cj.  er  begrünbet  fie  burcrj  brei  pfrjctjologifcrje  Erfatjrung§ttjat= 
fachen:  1.  bafj  ba§  ©eifte§(eben  feiner  sJlatur  nacfj  bon  bunften  Slnfctjauungen 
ausgebt  um  ju  beuttidjen  Gegriffen  31t  gelangen;  barauö  ergibt  fidj  bie  9cottj= 
toenbigfeit,  biefe  2lnjci)auungen  in  bie  einfachen  ©runbtrjeile  3U  ^erlegen,  au8 
benen  fie  beftetjen  unb  bie  bteibenben  Söeftanbttjeile  iljrer  Erfdjeinung§form  bor 
ben  toedjfelnben  tjerbor^uljeben ;  fo  toirb  ba§  35orftettung§leben  bor  i^rrtoegen  be= 
rjütet  unb  buräj  Eine  ftare  2lnfdtjauung  bie  leiste  Slufnatjme  ganzer  9teitjen 
bertoanbter  Slnfcrjauungen  bermittelt;  —  2.  ba§  mit  bem  2lnfcfjauung§bermögen 
bie  (in  iljrer  unmittelbarer  Sßetfjätigung  ber  üläufctjung  unterworfene)  Sinnlictj= 
feit  ber  menfdjlictjen  9catur  allgemein  bertooben  fei;  barau§  folgt  bie  9cott)= 
toenbigfeit  eine§  attmätjlicrjen  (angfamen  ©ang§  ber  Erfenntnifj ,  bamit  biefelbe 
bon  finnlidjen  Trübungen  abgeflärt  3U  aEfeitiger  2lu3reifung  gelange ;  —  3.  bafc 
für  bie  SDeutüctjfett  ber  3lnfdgauung  „ba§  23errjäftnif3  ber  äußern  Sage  beä  ju 
erfennenben  ®egenftanbe§  mit  meinem  Erfenntnifjbermögen  (b.  t).  bie  räumtictje 
Entfernung  be§  £)bject§  bom  Subject)  mafegebenb  fei ,  barau§  folgt  bie  91otrj= 
toenbigfeit,  bie  ©egenftänbe  bem  Erfenntnifjbermögen  natje  3U  bringen,  unb  bat: 
«Rädjpegenbe,  ja  ben  OTtelpunft  biefe§  ÄreifeS,  ba§  Äinb  felbft,  al§  erften 
UnterrictjtSftoff  3U  bertoenben.  —  9llfo  getjt  unfere  Erfenntnifj  bon  2}ertoirrung 
•jur  93eftimratrjeit,  bon  53eftimmtt)eit  ^ur  .fftartjeit,  unb  bon  .ßfartjeit  jur  2)eut= 
lidgfeit  über. 

2Betd)e§  finb  nun ,  fragt  *ß. ,  bie  Elemente  be§  benfbilbenben  Unterrichts  ? 
3unäct)ft  bieten  ficg  bafür  bie  Qetüörjnltctjen  Elementarfäctjer  bar,  unb  e§  toären 
alfo  biefe  nun  toafjrtjaft  elementarifdj ,  in  pfrjcfjotogtfcrjen  3r ei f)en folgen ,  ju  ge= 
ftatten.  2lber  fofort  ^eigt  fidj ,  bafj  jene  nictjt  elementarer  5latur  finb ;  ba§ 
©crjreiben  ift  eine  Unterart  be»  3eiögnen§  unb  btefe§  berutjt  auf  ber  $unft  be§ 
^Reffenä;  ba§  Sefenfönnen  ift  bem  Ülebenfönnen  untergeorbnet  unb  bie  9catur 
fdtjveitet  erft  attmät)licf)  bom  ©djatt  burcl)  Saut  unb  2öort  l)inburcr)  .jum  9teben= 
fönnen  empor;  man  toirb  alfo  auf  jene  ©runbfräfte ,  auf  bie  Urformen  ber 
menfcrjücrjen  ©eifte§enttotd;lung  jurücfgetjen  unb  biefe  funftmä^ig  au§bilben  muffen, 
toenn  man  burcl)  bie  Srjielmng  bie  ©eifte§enttoicflung  ficfjerfteÖen  toitt,  unb  biefe 
Urformen  ber  ©eifte§enttoicflung  werben  ben  ©runb=  unb  <g)auptformen  ber 
SMnge  entfprecljcn.  S)a  tauctjte  $.  intuitib  ber  ©ebanfe  auf  —  er  felbft  fagt : 
„toie  ein  deus  ex  machina"  —  :  bie  9Jtittel  ber  S3erbeutlicgung  aller  unfrer  5ln= 
fctjauung§erfenntniffe  getjen  bon  3a^^  fjo^m  unb  Spradje  au§.  3a^-  5orm 
unb  Sprache  (bie  ^eftalojjift^e  £ria§)  finb  gemeinfam  bie  Stementarmittel  be§ 
Unterric£)t§,  inbem  fidj  bie  ganje  Summe  aller  äußern  Stgenfcrjaften  eine§  ©egen= 
ftanbeä  im  Greife  feine§  UmriffeS  unb  im  SSertjältnijj  feiner  3a^  bereinigt  unb 
burdi  Spractje  meinem  Seroufjtfein  ^u  eigen  gemacht  toirb.  Unb  toie  fie  fo  bie 
Elemente  be§  Objecto  bilben,  fo  aucfj  biejenigen  be§  erfennenben  ©eifte§;  unfere 
gan^e  Erfenntnife  entouiüt  au§  3  Etementarfräften :  au§  ber  Sdjallfraft,  ber  bie 


454  SBefkloaai. 

©pradjfätjigfeit  entfpringt;  auS  ber  unbeftimmten  bloS  finnlidjen  93orftettungS= 
traft,  roetcrjer  baS  23eroujjtfein  aller  ^formen  entfpringt ;  auS  ber  beftimmten, 
nidjt  inefjr  bloS  finnlidjen  Sßorftellungsfraft ,  auS  roeldjer  baS  SJeroufistfein  ber 
(Sinrjeit  unb  mit  ifjr  bie  3d4)tung§=  unb  3ted)nungSfäf)igfeit  hergeleitet  werben 
mufj.  „od)  urteilte  alfo ,  bie  $unftbilbung  unfereS  ©efdjledjteS  muffe  an  bie 
erften  unb  einfachen  Stefultate  biefer  3  (Srunbfrcnte,  an  ©dmH,  gorm  unb 
3af)t,  angefettet  merben,  unb  ber  Unterricht  über  einjelne  Srjeile  fönne  unb 
roerbe  niemals  ju  einem,  unfere  Ttatur  in  irjrem  ganzen  Umfang  befriebigenbeu 
Erfolge  fjhitenfen,  roenn  biefe  brei  einfachen  Stefultate  unferer  ©runbfräfte  nid)t 
als  bie  gemeinfamcn ,  öon  ber  Statur  felbft  auerfaunten  2lnfangSpunfte  alles 
Unterrichts  anerfannt  unb  im  ©efolg  biefer  2lnerfennung  in  formen  eingelenft 
werben,  bie  allgemein  unb  fjarmonifd)  öon  ben  erften  9tefultaten  biefer  brei 
Stementarfräfte  unferer  Statur  auSgerjen  unb  roefentlid)  unb  ficrjer  batjin  nrirfen, 
ben  gortfdjritt  beS  Unterrichte  bis  ju  feiner  23otlenbung  in  bie  ©cfjranfen  einet 
lürfentofen,  biefe  (Hementarfräftc  gemcinfam  unb  im  ®(eid)gemid)te  befdjäftigenben 

S^rogreffion   ju   U-nfen bamit   finbe   id)    aber  aud)  baS  Problem :   einen 

allgemeinen  Urfprung  aller  Äunfimirtel  beS  UnterridjtS  unb  mit  itjtn  bie  gorm 
aufjufinben,  in  melier  bie  2luSbtlbung  unferes  (5tefd)(ed)teS  burd)  baS  Söefen 
unferer  Statur  fetber  beftimmt  merbeu  fönne.''  sXlfo  aui  bie  Otefultate  ber  brei 
©runbfräfte  beS  SpredjenS,  SJteffenS  unb  3ät)tenö  muß  ber  Unterricht  aufgebaut 
roerben.  S)ie  Sprachlehre  mufj  batjer  aufbauen  auf  bie  SÖortlerjre ,  b.  t).  auf 
bie  SJtittel  einzelne  ©egenftänbe  fenneu  ju  tefjren  unb  biefe  auf  bie  ütonlerjre, 
b.  f).  auf  bie  SJtittel  bie  ©pradjorganc  311  bilben ;  unb  fie  fetbft,  bie  Spiad)= 
ober  ötelmefvc  Spredjleljre ,  ift  nidjtS  anbereS  als  bie  3ufam,nenfaffung  ber 
SStittel,  burd)  toeldje  mir  bafjin  geführt  roerben ,  uns  über  bie  unS  befaunt  ge= 
morbenen  ©egenftänbe  unb  über  atleS,  maS  mir  an  ifjnen  (}u  erfennen  öermögen, 
beftimmt  auSbrürfen  311  fönnen.  üDic  5ormle£)ie ,  beten  praftifdje  23etf)ätigung 
3eidjncn  (unb  3d)reiben)  ift,  berurjt  auf  ber  SJtejjfunft,  biefe  l)inmieber  get)t  auS 
öon  einer  frjftematifdj  geleiteten  2lnfd)auungSfuuft;  unb  roie  bie  Jonlerjre  auf 
ein  2135(5  ber  ülöne  als  bie  ©runbtage  alter  Sautcombinationen  fjinfüfjrt,  ebenfo 
mu|  aud)  ein  2UBS  ber  2lnfd)auungen  als  bie  ©runbtage  alter  gormcom6i= 
nationen  gefunben  merben  fönnen.  Unb  ebenfo  berurjt  bie  Stedjenfunft  barauf, 
bafj  ein  folctjeS  21936  ber  Slnfdjauuug  (}u  ©runbe  gelegt  merbe ,  roelctjeS  für  bie 
Operation  mit  ganzen  3ttf)len  in  ben  angefdjauten  Kombinationen  ber  @inf)cit, 
für  bie  ^ertfjeilung  ber  (Sinljeit  am  übtlfommenfteu  in  ben  £()eitungScombina* 
tionen  beS  CuabrateS  31t  fudjen  ift.  (S^eftatojjifdje  (Sint)eiten=  unb  23rud)tabellen.) 
S)ie  Stidjtigfeit  ber  33itbung  unfereS  93orftetlungSbermögenS ,  beffen  ©runbhärte 
3äl)len  unb  Steffen  ftnb ,  rjä'ngt  baüon  ab,  bafj  bie  Slnfdjauung  ba§  abfolute 
gunbament  aller  (Srfenntnifj  fei,  mit  anbem  äöorteu,  baß  jebe  (hfenntnifj  öon 
ber  2lnfdjauung  auSgefje  unb  auf  fie  muffe  jurücfgerüfirt  merben  fönnen.  — 
(Sana  in  gleicher  3Beife  nun  mie  baS  trjeovetifdje  ©rfeunen  elementariftrt,  b.  tj. 
auf  ein  2153S  fei  eS  ber  Saute  (©praetje),  fei  eS  ber  Slnfctjauung  (3arjl  unb 
fjorm)  jurüdjufüfjren  ift,  mufj  aud)  bae  (Sebict  ber  ^ertigfeiten,  b.  tj.  beS  praf= 
tifdjen  ÄönnenS,  etementarifd)  gebitbet  merben.  Unb  ba§  be^iefjt  fiel)  fomol 
auf  bie  förperlictjen  f^ettigfeiten  (2193(S  ber  Äörperübungen,  als  ©runbfage  eines 
metfjobifdj=allfeitigen  2urnunterrid)te)  als  auf  fcte  fittlictjen  (21936  ber  fittlidjen 
gertigfeiten);  unb  ^eftalo^i  »eift  am  ©d)Iuffe  beS  93ud)eS  „2öie  ©ertrub  ifjte 
$inber  leljrt"  in  begeifterter  Älart)eit  nad),  mie  bie  tjöc^fte  SSegrünbung  be§  fitt= 
lierjen  SSerljattenS ,  bie  retigiöfe,  if^re  ©runbfräfte  auS  bem  naturgemäßen  in= 
ftinctiüen  33ert)ältniß  jmifcfjen  SJtutter  unb  .^inb  tjerauSjuentmidcln  öermöge,  fo 
baß  bie  jur  33eftimmtc)ett  gebrachten  unb  ftjftematifdj  gemedten  ©efütjte  bet 
2hbe ,   beS  33etttauenS,   ber  2)anfbarfeit ,   beS  ©etmrfamS   beS  ÄinbeS  gegen  bie 


$eflatoa§i.  455 

Mutter  getoiffermafjen  bat,  5133®  bitben  mürben,  auf  bem  fid)  bei*  gan^e  23au 
beS  ©emüttjä*  unb  2Gßitteniteben§  ergeben  fann. 

2)a§  finb  bie  pjtjd^otogiftijen  ©runblagen  ber  Mettjobc  ^eftaloaji'S.  %n  ber 
2ect)nif  ifjrer  2)urdjfüf)rung  ertoieS  fid)  für  $.  unb  ben  s#eftalo33iantSmu3  bte 
©crjranfe,  bie  alles  Menfd)lid)e  nur  attmätjtid)  3ur  Sotffommenrjeit  freiten 
täfjt.  $.  felbft  ift  ficb,  tjier  aud)  gar  nitfjt  immer  gleid)  geblieben;  bie  2lnmen= 
bung  be§  gegenteiligen  UnterridjtS,  bie  gleichzeitige  SBefdjäftigung  ber  Äinber 
burc|  Unterricht  unb  S9ett)ätigung  ber  |>anb  tritt  3eitroeife  in  ben  ^orbergtunb, 
3eitroeife  roteber  böttig  3urücf;  ber  33erfud)  bie  Slnfdjauung  be§  Äinbeö  juetft  an 
feinem  eignen  Körper  3U  üben,  erroieS  fid)  als  entfdjiebener  Mißgriff.  üDafe  ber 
Mettjobe  als  foldjer,  b.  6,.  nidjt  irjrer  pfrjcrjotogifcrjen  ©runblage  unb  ^bee,  fon= 
bem  ber  (hfdjeinungSform  berfetben,  bie  fie  burcr)  bie  päbagogifdjen  Srperimente 
^eftaloäji'i  unb  feiner  Mitarbeiter  erhielt,  Unfetjtbarfeit  3ugefcr)rieben  unb  ba= 
burd)  baS  Med)anifct)e  biefeS  MettjobifirenS  anftatt  ber  freien  geiftigen  SJermer* 
tfjung  jener  ©runblagen  als  baS  unbebingte  |)ilfS=  unb  Heilmittel  ber  menfdj* 
licfjen  Gmttoirftung  fjingeftetlt  ttmrbe,  rjat  fiel)  im  2tuSgang  ber  praftifetjen  (Sr3iet)ungS= 
unternefnnungen  Sßeftaloaji'S  unb  in  ber  £rjatfadje  aufs  bitterfte  gerächt,  bafs  bie 
öäbagogifctje  (Snttüidtung,  bei  aller  ^ocrjadjtung  für  'Jßeftak^i,  fe^r  rafer)  über  ben 
5ßeftato33ianiSmuS  feiner  unmittelbaren  jünger  jur  SageSorbnung  gefdjritten ; 
aber  auf  ben  geiftigen  ©runblagen,  bie  ^p.  für  feine  eignen  öäbagogifdjen  (hüerimente 
mit  ber  ganzen  ©djärfe  unb  Eingebung  feines  ®eifteS  aus  ben  liefen  ber 
Menfdjennatur  IjerauSgegraben,  baut  bie  Menfdjrjeit  immer  nodj  fort  unb  toirb 
biefelben  fid)  nidjt  metjr  3ufd)ütten  laffen.  2tud)  biefe  (Srunblagen  finb  nidjt  in 
altem  detail  ber  Darlegung  unanfechtbar ;  aber  fie  maren  ein  rebtietjer  unb  geift= 
Polier  ^erfud),  fid)  über  bie  pftydjologifdje  ©eftaltung  aEer  Menfdjenbitbung  inS 
Älare  ju  fefcen;  biefer  Serfudj  30g  barum  bie  allgemeine  9Iufmerffamfeit  auf 
fid) ,  roeit  er  bem  fingen  ber  $eit ,  bte  Menfdjennatur  ju  ergrünben  unb  ju 
rjeben,  berebten  SluSbrud  Perlieb,  unb  toeil  ber  Mann,  ber  ifm  tfjeoretifdj  getrau, 
3ugteidj  auf  bie  praftifetje  Surdjfüfjrung,  bie  er  unb  begeifterte  Mitarbeiter  in 
SBurgborf  ber  Söett  bor  Slugen  fietlten,  Ijintoeifen  tonnte,  unb  biefe  23egeifterung 
tjinroieberum,  toeldje  bie  Mitarbeiter  an  baS  gemeinfame  SBerf  feffelte  unb  reelle 
Pon  itjnen  auS  aud)  auf  bie  jarjlreidjen  53cfudjer  überging,  mar  bie  SBirfung  einer 
^erföntidjfeit,  in  meldjer  ber  (SJrunbfatj  ber  Ijingebenbften  SSegeifterung  für  Menfdjen= 
roorjt:  2lüe§  für  Rubere,  für  fid)  ftidjtS!  gleid)fam  eine  lebenbige  Skrförperung 
gefunben. 

©0  mütjebott  $.  fid)  ju  einem  enbtidjen  Gelingen  rjatte  emporringen 
muffen,  fo  fdjnell  boösog  fid)  nun  in  Surgborf  ber  tlmfcb,toung :  fetjon  1803 
3ab.lt  ba§  Mtitut  über  100  3öglinge,  5ß.  fter)t  auf  ber  £ör)e  be§  2öeltrul)m§ 
unb  bon  allen  ©eiten  pilgern  ©djaaren  päbagogifcrjer  jünger  b.eran  um  irjn 
fennen  3U  lernen,  ba§  ^nftitut  3U  beftc^tigen,  bie  Metfjobe  3U  ftubicren.  ®i  ift 
eigentlich  ein  rounberfameS  ^änomen:  ber  Mann,  ber  seitlebenö  nic^t  ortr)o= 
grapb.ifc^  unb  ftilgeredjt  fd§reiben  tonnte,  tnirb  ber  ^ropb.et  für  bie  Metl)obe  be§ 
Unterrichts;  ber  Mann,  ber  in  feiner  Dtaioetät  ben  greunben  geftanb ,  er  ber= 
berbe  (burd)  feine  blinbe  ©utmütt)igteit)  atte  bie,  mit  tneldjen  er  3U  tl)un  tjabe, 
ber  ^}ropt)et  ber  @r3ieb,ung  ;  ber  Mann ,  ber  nur  in  ber  ©egenteart  lebte  unb 
beffen  geiftigeS  Seben  nad)  9tieberer'§  treffenbem  SluSbrud  eigentlich  feine  ©e= 
fcb.ic^te  blatte,  eine  5perfönlic^feit  bon  centraler  cutturgefcb.iditlic^er  SBirff amf eit ; 
ber  Mann,  ber  fo3ufagen  nie  über  bie  ©re^en  feines  fleinen  S5aterlanbe§  tjer= 
ausgefommen,  siebet  bie  SSerounberer  auS  aüer  Söelt  3U  ftcr)  b/ran;  ber  Mann, 
ber  fid)  fetbft  ber  abfotuten  9tegierung§unfäfjigteit  auflagt,  mar  ber  fjerrfdjenbe 
Mittelpunft  unb  ber  ©egenftanb  einer  Eingebung,  bie  ba%  Unmöglictje  um  feinet^ 
megen  mögtidj  3U  machen  fudtjte.    3So  man  funfieijt,  ftefjt  man  öor  lauter  2Bibei= 


456  sMtaIoä3t. 

förttdjen  unb  ftnbet  bie  ßöfung  faum  anberiroo  unb  anberiroie  ali  in  ^eftalo^i'i 
etgenem  9Iu§faru<f) :  „Man  Ijat  mir  in  meinen  $nabenfcr)uf)en  fctjon  geörebtgt,  ei  fei 
eine  tjeilige  ©actje  um  bai  öon  unten  r)eraur  bienen;  aber  icrj  fyabe  jefct  erfahren, 
um  2Bunber  ]ü  leiften ,  muß  man  mit  grauen  Jpaaren  öon  unten  rjerauf 
bienen." 

SDie  Säuberung  bei  einfachen  naturöotten  Slnftaltilebeni,  tt>ie  ei  in  s$efta= 
lo3<ji'§  *perfönliä)feit  feinen  ©emütt)  unb  SBitten  tief  anregenben  Mittetpunft 
t)atte,  bie  5)arfteÜung  bei  Unterricrjtigangi ,  ber  religiöi=ftttlitf)en  9lbenb=  unb 
Morgenuntertjattungen,  bei  unge^mungenen  Verferjri  }toifcrjen  ßefjrern  unb  3ög= 
lingen,  —  t)ier  ini  nätjere  auieinanberjulegen  mürbe  ju  roeit  tütjren  unb  ift, 
feitbem  bie  bieifätttgen  2luieinanberfe£ungen  Don  Sotjaur. ,  ©runer,  Dtamfauer, 
ütürcf,  £or(iij  u.  a.  in  ber  neuen  ^cftalo^ilitteratur  roieber  allgemein  jugäng= 
Itd£)  gemacht  morben  finb,  audj  nict)t  metjr  notljmenbig.  3Bir  roenben  uni  batjer 
abfdjließenb  bem  äußern  ©ang  ber  ©cfyiclfale  ^eftalo^i  unb  feiner  Unter* 
netjmungen  ju. 

2luf  ber  «g>öt)e ,  bie  s$.  gleirf)  in  ben  erften  ^atjren  in  SSurgborf  erreichte, 
bermoctjte  er  fict)  unb  feine  (Sr.jietjungiunternebmungen  ein  öottei  SirjrjeCjnt 
3u  galten  unb  eigentlich,  erft  öon  1817  an  beginnt  bie  lieber  ^eugung  ftdj  au% 
gemeine  Satjn  ju  brechen,  baß  ei  Mbenb  merben  motte.  3n  ber  2Bittroe  feinei 
einigen  ©oijuei  (bie  fict)  fpäter  mit  einem  .§errn  ßufter  oeretjelictjte)  erhielt  *ß. 
eine  öor^üglictje,  itjm  treu  ergebene  Veforgertn  bei  meitläufigen  Jpauitjaltei. 
S)ai  3»at)r  1803  brachte  Ujttl  in  lieberer  unb  Muralt  jroci  Mitarbeiter,  bie  an 
ßücfenlofigfeit  t)5t)erer  Vilbung  ilm  überragten  unb  mit  ber  gleichen  Eingebung, 
mie  ber  eimadjc  Ärüfi ,  ftd)  an  feine  Unternehmung  anfäjloffen ,  in  feine  $been 
einlebten.  3lli  '$.  1804  Sd)loß  Vutgborf  räumen  mußte,  ba  bie  neue  Mebia= 
tioniregierung  bei  Äantoni  SBern  bai  ©ebäube  für  ftaatücfje  ^toede  )u  bebürfen 
erklärte,  magte  biefetbe  ei  bodj  nictjt.  tro^  alter  Voreingenommenheit  gegen  ben 
(Jmporfömmling  ber  Üteöolutton,  it)n  fo  gerabe^u  ]u  öertrciben;  fie  bot  ttjm  bai 
$or)anniterl)aui  in  Mündjenbudjfee  für  feine  oroecfe  an;  auct)  roaabtlänbifcfce 
©täbte  tuben  ifjn  ein,  in  iljren  Mauern  bie  s31nftatt  fort,}ufet$en.  *p.  ging  nact) 
S3ucr)fee.  —  6ine  SBiertelftunbe  öon  Vudjfee  liegt  ber  2önlt)oT  ( „öoTroöl"),  too 
ebenbamali  ber  *ß.  öon  ^ugenb  auf  betannte  unb  mit  beffen  ©otjn  gleichaltrige 
5|}.  (5m.  ö.  5ettenberg  (1771 — 1844)  bie  ©runbtagen  feiner  großartigen  6r= 
•jictjungiinftitute  legte,  au  $ar)ren  um  ein  Vierteljatjrlmnbert  jünger  ali  '$.,  ein 
Mann  öon  eiferner  dnergie,  reichen  Mitteln  unb  tjofjem  Drganifationitalent. 
2öai  lag  näljer,  ali  eine  Verbtubuug  beiber  nact)  ben  gleichen  fielen  fttebenber 
Männer,  bie  fid)  in  fo  gtücflidjer  Söeife  in  i^ren  @igenfd)aften  ergänzten'?  ©o 
urtljeilten  öor  allem  ^ßeftalojü'i  Mitarbeiter  lobler  unb  Muralt;  fte  fnüöiten 
unter  ber  Jpanb  mit  Wellenberg  an;  v^.  felbft  ging  auf  ben  ©ebanfeu  einer  33er= 
cinigung  ein  unb  fo  entftanb  ber  ^}tan,  ein  sJici3  öon  6rjiel)ungianftalten  ju 
grünben,  beffen  Drganifation  Wellenberg  leiten,  beffen  Seele  ty.  fein  füllte.  S)ic 
2lnftalt  in  Sudjfee  trat  unter  %eUenheT%%  Sßerroaltung ;  ^.  felbft  ging  junäctjft 
nact)  uferten,  um  bort  bai  brüte  ©lieb  biefei  Crganiimui  ini  Öeben  ju  rufen; 
aU  öievtei  mar  »ßatjerne  ober  Slöenctjei  in  2luificrjt  genommen.  91ttein  bie  mit 
fo  großen  Hoffnungen  angefnüöfte  Veibinbung  mar  nidjt  öon  S)auer.  ty.  unb 
Wellenberg  maren  beibe  ju  fdjarffantige  originale  Naturen  ,  ali  baß  nicfjt  Miß= 
öerftänbnifie  unb  Reibungen  bätten  entfielen  muffen;  ba^u  tarn,  baß  Wellenberg, 
eben  bamali  föröerlicr)  leibenb  unb  jubem  noclj  in  ber  jugenblicrjen  Sßotttraft 
feinei  ebenfo  rüctfict)ti=  ali  rücft)altilofcn  SöoKeni,  ^eftalo^i'i  Mitarbeiter  ftcfi 
burcl)  feine  launenhafte  Haltung  grünblicl)  entfrembete.  ©dion  im  fyrü^ja^r 
1805  töfte  fiel)  bie  Vereinigung,  nidjt  oljne  fjerbe  gegenfeitige  Vefdjutbigungcn ; 
£ef)rer  unb  ©diüler   öon  Vudjfee   3ogen   ju  ?ß.    nad)  Herten  b'nüber;   im  ^u^ 


Sßeflal03it.  457 

mar  ba§  ganje  £>aus  bafelbft  roieber  bereinigt.  Unb  bie  nädjften  Jftnj  ^aljre 
blüfjte  nun  ba§  j^nftttut  in  ^fetten  ju  fiets  rjötjerem  ©tanje  empor,  3öglinge 
au§  aller  ßerren  Sänbern  ftrömten  ifjm  511 ;  junge  (Srjierjer  unb  Sefucfjer  eilten 
gerbet,  um  tjier  fürjere  ober  längere  3«*  bie  „9Jtetfmbe  }u  ftubieren.  ftufj* 
lanb  unb  ^reufjen  fanbten  öon  Staatäroegen  Jünglinge  at§  (Heüen  3U  biefem 
3mecf,  let$tere§  bie  brei  fpäteren  Schulmänner  Äaraerau,  Steift  unb  jpenning. 
lieberer  leitete  bie  tittetarifcfje  Srjätigfeit,  gab  ^eftalo^ji'i  Satfiellungen  bie 
SBeitje  eines"  in  ber  gelehrten  2öett  rjoffätjigen  Stils  unb  rebigirte  1808  —  1812 
bie  „Sßodjenfdjrift  Tür  'IRenfctjenbilbung,  herausgegeben  öon  ^einricrj  5*eftalo33i 
unb  feinen  greunben",  bie  bie  $been  *ßefta(o3ji'3  als  pubtiäftifcrjes  Organ  öer= 
breiten  fotlte;  man  fam  fdjliefjlidj  auf  biefem  ©ebiete  fo  roeit,  bafj  nadj  bem 
Vorgänge  Salsmanns  in  Scfmepfentljal  unb  bes  äöaifenfjaufes  in  ^>aüe  mit  bem 
^nfiitut  eine  eigene  5hicf)brucferei  unb  '-Buctjfjanblung  öerbunben  mürbe,  hieben 
bie  ihiabener$ter)ungsanftalt  trat  eine  2Jiäbcr)enpenfion,  oon  grau  dufter  geleitet; 
unter  ber  teueren  mirfte  ütofette  Äaftfjofer  ffpäter  ftieberers"  ©attin),  bie  1813 
bas  1Iftäbcr)eninfiitut  auf  eigne  9tedmung  übernahm,  ^eftalo^ji'i  £f)ätigfeit  nadj 
allen  Seiten  mar  eine  faft  übermenfctjticf)e.  5öHt  fettenen  s2lusnarjmen  mar  er 
leben  borgen  um  2  Ufjr  roadj  unb  begann  feine  fcfjriftftetlerifcrjen  arbeiten; 
Bei  bem  ©eroütjl  be§  Sages  jtütfcfjen  Zöglingen,  Sefjrern  unb  ©äften  fagte  er 
root  einem  befudjjenben  greunb  mit  bem  2lusbrucf  innern  ©lücfs:  „@s  gab 
ung'rjür!"  ©teilen  difer  erroartete  er  aucf)  öon  ben  Setjrern,  jumal  öon  ben 
in  feinem  <£aufe  gebitbeten  Untertefjrern ;  „es"  gab  %a.f)xe" ,  erjagt  IRamfauer, 
„in  benen  feiner  öon  uns  nact)  3  lltjt  5)cotgens  im  Seite  geiunben  mürbe,  unb 
man  arbeitete  Sommer  unb  Sinter  öon  3 — 6  Uf)r".  9lber  eben  ber  ©lan3, 
ben  bas  ^nftitut  öerbreitete,  barg  audj  bie  $eime  ber  3erfeüung  in  1«$-  S)« 
Sage  bes  ^nftitut§  an  ber  ©ren-je  jmeier  Sprachgebiete  trug  3ur  SSermefjrung 
ber  3ögünge  bei,  aber  fcr)äoigte  bie  @inf)ett  ber  erjiefjertfdjien  (Sinmirfung  unb 
3wecfe.  9Jtan  mottle  eine  2lrt  liniöerfalinftttut  roerben,  narjm  bie  alten  Sprachen 
in  ben  Unterridjtsplan  auf  unb  öernacrjläfjigte  barüber  bie  (Jlementarbilbung. 
Sie  (Säfte  öerbreiteten  ben  9tur)m  bes  ^nftituis,  aber  ir)r  beftänbiges  kommen 
unb  ©etjen  machte  geregelte  Slrbeit  unmöglich)  unb  feijte  ber  ©eiaf)r  aus,  au*  ben 
Scfjein  Einzuarbeiten.  Sie  titterarifdje  Jfjätigfeit  mar  eine  notrjmenbige  @r= 
gänjung  für  bie  Verbreitung  ber  $bee ,  aber  fie  jerfplitterte  3eü,  J?raft  unb 
Stimmung  ^eftato^ji'i  unb  Dcieberer's  unb  fctjäbigte  baburcf)  ifjre  erjieijerifctje 
Sßirffamfeit.  S3ucf]brucferei  unb  33uct)l)anblung  roaren  eine  ftänbige  SBerfucfjung, 
bie  Slrbeit  barjin  3U  tieften,  um  biefem  ^eben^meige  35efcr)äftigung  3U  geben, 
unb  bei  ^eftatojji'i  unb  Dtieberer's  (SefcfjäftsunfenntniB  ein  jetjrcnber  Scfjaben 
für  bie  ginanjen.  Set  ^nftitut§organismus  mar  nactjgerabe  ju  groti  geroorben, 
all  bat3  ^efialo^i'S  ©eift  allenthalben  in  feiner  ftitlen  ßraft  tjätte  mirfen 
fönnen,  unb  menn  ba§  nid£jt  meb^r  ftattfanb ,  fo  maren  ^ß.  unb  lieberer  am 
roenigften  geeignet  mit  feften  Crganifation^formen  nact)iut)elfen.  Sie  Ser)rerfct)aft 
toar  bis  über  bie  3<i|t  öon  30  Sefjrfräften  angeroacfjfen ;  bie  älteren  ÜJtitar6eiter 
fonnten  ftc^  in  bem  burct)  ifjre  ^ittjilfe  gemonnenen  9tufjme§gtan3 ,  mürben  in 
ber  SrfüKung  ifjrcr  täglichen  ^fficfjten  bequem,  unb  alle  glaubten,  öon  ber  Un= 
fef)tbarfeit,  bie  ba§  ^nftitut  in  ber  öffentlichen  Meinung  behauptete,  aucl)  einen 
2tntf)eil  genie|en  3U  fönnen;  ba§  fdjuf  Siffonanjen.  Sfofepf)  Scfjmib ,  unter 
^eftalojji's  Jüngern  Sefjrern  fein  befonberer  Siebling,  ein  tüchtiger  sFcatfjematifer, 
aber  ofme  jureicfjenbe  3ltlgemeinbilbung,  öerlieB  bie  2inftatt  1810;  im 
gteicfjen  3af)r  folgte  bem  Stufe  all  reformirter  ^rebiger  naef)  Petersburg  sUluralt, 
öon  beffen  3Bitbung  unb  rubig  praftifcfiem  Qöefen  bie  Dcäcf^ftftcfjenben  am  efjeften 
erroartet  fjätten ,  er  merbe  im  Stanbe  fein ,  bie  auleinanberftrebenben  (Slemente 
5ufammen3uf)alten.     Sängft  fct)on   f)atten   aber  ha  unb  bort  Stimmen  öerlauten 


158  Wtolojji. 

(äffen,  aud)  in  ber  ^rejfc,  e§  ftc^e  in  uferten  nid)t  atteä  fo  gtänjeub,  roie  öon 
bort  au§  öerbreitet  roerbe.  Um  btefen  Angriffen  ein  Ombc  ]a  machen,  liefe  fidj 
<p.  burd)  ben  ^iatt)  ieinev  Mitarbeitet  1809  bemegen,  öon  ber  £agfakung  eine 
officielte  (Jjpertife  ju  »erlangen.  2>ie  Jagfafcung  ging  auf  ba§  ©efud)  ein  unb 
ernannte  P.  ©irarb  in  ftreiburg,  s$rofeffor  Jrädjfet  in  Sern  unb  IRattjsrjcrrn 
Merian  in  33afel  ju  $rüfung3commiffären.  «Sie  famen ,  blieben  brei  Sage  in 
uferten ;  ifjr  93eric|t ,  öon  ©irarb  öerfafjt ,  roarb  im  fotgenben  3fat)re  ber  Iag= 
fafeung  üorgetegt  unb  gebrueft.  @r  lobte ,  raa$  er  nur  immer  loben  tonnte, 
fabelte  in  ben  mitbeften  formen,  fprad)  mit  ber  f)öd)ften  @f)rerbietung  öon  ty., 
aber  burd)  att  ba§  tonnte  unb  füllte  nirfjt  öerfjütlt  merben,  bafj  bie  ®ruub= 
anfdjauung  ber  Gommiffion  baf)in  ging:  ißieteä  ift  im  einzelnen  gut  unb  finnig, 
aber  es  greift  nidjt  ju  einem  bem  33ebürfniffe  ber  3°gfinge  entfprccfjenben, 
roorjtburd)bacr)ten  unb  abgefd)toffenen  ©an^en  jufammen,  —  ober  mit  anberu 
Sßorten :  e3  roirb  üiel  ju  berjaglid)  erperimentirt  unb  man  rut)t  ju  fetjr  auf  ben 
Lorbeeren  einzelner  gelungener  (Srperimente  au§  — ;  unb  bas  ©anje  ift  nicfjt 
bnyi  geeignet,  bafj  bie  öffentlidt>e  Sd)ule  burd)  3lnfcf)tufe  an  baä  $n|"titut  einen 
mejentlicfjen  sJtutjen  öon  bemfelben  jierjen  tonnte.  Dbgleid)  bie  lagfatmng  ty. 
auf  biefen  25ericf>t  bin  ben  $anf  bcS  iSaterlanbes  ansfprad) ,  mar  mit  eben 
biefem  33eridjt  baS  Urtfjeit  über  bas  ^nftilut  gefprodien ;  bie  Hoffnung  ,  bajj 
baffelbc  ber  ^luägnnaspunft  für  bie  jufünftige  (Jntmicflung  beg  fd)roei($eüfd)en 
Scfjulroefene  merbe ,  mar  abgefdmitten.  St8  Sßrtoatinjiititf  freilict)  moct)te  eS 
roeiter  mitten,  unb  auet)  mit  (£t)rcn  fottbeftetjen,  unb  ^eftalojji'ö  Qebenäabenb 
fid)er  fteüen  unb  erfreuen.  Silber  nun  mar  ba§  Söetfyängnife,  bafe  bie  teitenben 
"Jüerfonlidjfeiten,  ftatt  ftcf)  ber  innern  iReorgauifation  ju  roibmen,  glaubten,  auf 
pubticiftifdjem  äßege  unb  buref)  neue  päbagogifdje  (Sntberfungen  für  bie  @f)re  be§ 
i^nftituteS  einftetjen  JU  foüen.  Mit  fieberbaTtem  Stfer  marf  Tief)  4$.  auf  bie 
Anmenbung  ber  Metfjobc  für  bie  alten  Sprachen ,  lieberer  auf  bie  litterartfcfje 
^otemü,  an  ber  fict)  aud)  5ß.  burd)  feine  ;J,nfcr)rift  „an  -£)rn.  ©etjeimratfj 
5)elbrücf"  unb  „Srflärung  gegen  <prn.  Sfjottyen  SBtjmi"  1812  13  betfjeiligte. 
Sie  ^inan^en  gcrietfjen  tu  immer  l)eillofere  ^müttung;  aße§  festen  auB  9tanb 
unb  Sanb  getjen  ju  foüen.  y.  rief  nun  auf  yJiieberer'ö  drängen  1815  ©djmib 
jurücf ,  ber  ein  grofjeS  otganifatotifdjeä  Talent  befajj ;  mit  gewaltiger  ^panb  griff 
ba§  iöorarlberger  ,/Jiaturtinb"  ein;  man  erroacfjte  ]u  neuer  Hoffnung.  2)a  ftarb 
im  2)ecember  1815  ^eftalojjv'ä  treue  ©attin ,  bie  in  ber  lebten  $eit  nadj  bem 
Xobe  ber  ftxau  ,\lufter  buref)  bie  allgemeine  2l<f)tung,  in  ber  fie  ftanb,  bat  öer= 
föfmenbe  Mittetgtieb  geroefen.  3ln  iljrem  Segräbnifetag,  bem  lti.  5£)ecember  1815, 
brad)  ber  offene  Streit  unter  ben  Mitarbeitern  au§;  1816  fctjieben  Ärüfi  unb 
Slamfauer;  1817  fagte  ftd)  lieberer  öon  s^efta(ojäi'ä  ^nftitut  los\  Sei  bem 
Mangel  au  £etjrern  (burd)  metjrfad)e  Maffenaultritte  üeranlafet)  roaren  bie  Unter» 
teurer  überanftrengt  unb  reüottirten  nun  (%üti  1817):  ty.,  öon  all  ben  Aufregungen 
überreizt,  mürbe  öorüberget)enb  gemüttj^franf.  @in  5ßerfud)  be§  fran^bftfdjen 
©eneralinfpectorS  ^üüien ,  eine  neue  3}erftänbigung  beg  in  ber  ©enefung  be» 
griffenen  ©reife§  mit  Wellenberg  fjerbeijufütjten,  Ijatte  ben  gleiten  Verlauf  mie 
baä  ©rperiment  be§  3far)re§  1804:  juerft  öoÜftänbige  Einigung,  bann  immer 
größere  ©ntfrembung,  unb  enblid)  —  unter  Sd)mib'§  Sinflujj  —  gän^lid^e  @nt= 
jtoeiung  mit  beiberfeitigen  SSormürfen.  %  warf  fict)  nun  üottftänbig  Scljmib 
in  bie  2lrme,  ber  burd)  einen  günftigen  Vertrag  mit  Sotta  über  bie  ^erau§= 
gäbe  fämmtlidjer  2Cßerfe  ^efialojäi'ä,  beffen  2llter  forgenfrei  geftettt.  süloä)  ein= 
mal  jd)ien  ^eftalo^i^  Stern  aufauleudjten.  1818  grünbete  $.  in  ber  9tätje 
öon  Sfctten,  in  gleubt),  eine  2lrmener3ier)ung§anfta(t,  bie  jebod)  fdjon  im  brüten 
^ab^re  irjreä  53eftet)en§  mit  ber  5lnftalt  ju  ^fetten  öetfd)motjen  tourbe.  5Da3 
^nftitut  mar  buref)  Sd)mib,  ber  $.  nunmehr   unbcfdjränft  befjerrfdjte,  finanjiett 


'Mtalo^i.  459 

gerettet;  aber  ^eftalojji'»  Seift,  unter  ©ctjmib'ä  2}ormunbfct)aTt  gefiettt,  bermoct)te 
nidjt  metjr  baffelbe  mit  feiner  fctbfttofen  Eingabe  ju  burd)teuct)ten  unb  3U  er= 
Wärmen;  e§  trieb  3ufefjenb§  ber  5Iuitöfung  entgegen,  bie  burct)  tjäfjtictje  ^roceffe 
3tDtfcrjen  ©djmib  unb  ^.  einerfeitä,  lieberer  unb  ßrftft  anbrerfeiti,  oefdjteunigt 
Würbe.  1825  mufjte  0.  bie  Stnftatt  fdjtiefjen  unb  50g  ficrj  3U  feinem  Gmfet  auf 
ben  9ceut)of  äurücf.  Sebenibotl  wie  immer ,  rafttoä  ttjätig  in  fcrjriftfteEerifdien 
Seiftungen  (1826:  „©d)Wanengefang",  „Steine  2cbenefd)icffate  at§  5ßorftet)er 
meiner  (S^ietjungeinftitute  in  ©urgborf  unb  uferten",  „Sangenttjaler  9tebe") 
unb  mit  großen  $rojecten  betreffenb  bie  23erwertt)ung  feiner  Metfjobe  mr  ba§ 
©tubium  ber  alten  ©bracfjen  befctjäftigt,  trat  ty.  in  ba§  neunte  SDecennium 
feinet  Sebeni  ein ,  al§  ein  fiel)  blötjlict)  berfdjtimmernbei  (Steinleiben  itjm  in 
25rugg,  wo  er  är3tliet)e  ^»ilie  gefudjt,  am  17.  gebruar  1827  ben  Hob  bractjte. 
©ein  ©teibebett  mar  3eufle  meiftertjafter  ©tanbrjajtigfeit  im  ßeiben ,  flarften 
SSemufetfeini  unb  feinet  unbegrenjten  5ßettrauen§  3U  bem  Mann,  um  beff enteilten 
ftd}  feine  treuften  unb  älteften  jünger  bon  ifjm  getrennt,  ©ctjon  am  19.  gebruar 
warb  ty.  in  23irr  beftattet;  e§  mar  ein  faltet  Söintertag,  ©ctjnee  fiel;  i>ie  ent= 
fernteren  SSefannten  tjatten  nidjt  frürjjeitig  genug  benacrjrictjtigt  werben  tonnen; 
baä  Seictjengeteite  mar  Kein;  Setjrer  unb  ©djüter  ber  Umgebung  fangen  itjm 
in§  ©rab. 

SSon  feiner  gamitie  überlebten  ttjn  fein  Snfet  ©ottlieb  (t  1863  in  pürier)) 
unb  beffen  ©attin,  ©djmib'ä  ©djwefter  $att)arina  (geb.  1799,  cob.  1822, 
t  1853)  unb  fein  Urenfel  $art  (geb.  1825,  gegenwärtig  ^rofeffor  am  Sibgen. 
*polt)tect)nicum) ;  ebenfo  bie  meiften  ber  in  feine  2ebensgefd)ict)te  eingreifenben 
Mitarbeiter:  Hermann  Jhüft,  geb.  1775,  f  1844  al§  ©eminarbirector  in  ©aii: 
©uftaö  Hobler,  geb.  1769,  bon  1800  an  3U  berfcfjiebenen  diäten  ^eftalo^^i'i 
Mitarbeiter,  f  1843  3U  ftbon;  3otj.  Gtjriftopt)  S3ufc,  geb.  1776,  1800-1805 
6ei  ^eftaloäji,  f  1865  in  Sern;  2fot).  b.  Muratt,  geb.  1780,  t  al8  ^rebiger 
ber  beutfetjen  reformirten  ©emeinbe  in  Petersburg  1850;  $ot).  lieberer,  geb. 
1779,  f  1843  als  Sorfteljer  eine§  £öd)terinftitutes  in  ©eni,  unb  9tofette 
lieberer  geb.  üafttjofer  (1779—1857);  ^otj.  Sftamfauer,  geb.  1790,  f  3U 
Olbenburg  1848;  Sofebfj  ©d)mib,  geb.  1785  ober  1786,  nacrj  1825  $ribat» 
lefjrer  in  s4}ariä,  f  1850. 

fyür  ^eftatoäji§  Seben  finb  bor  altem  au§  mafjgebenb  feine  eigenen 
©djriften,  bie  in  fotgenben  ©ammetwerfen  pfammengeftettt  finb:  1.  5pefta= 
toä3i'§  fämmtticfje  ©d)riTten  33anb  1—15,  Stuttgart  bei  ßotta,  1819-1826 
(bie  Mängel  bitfer  Sluigabe  finb  befannt).  —  2.  ^eftalojji'e  fämmttictje  Sßerfe. 
©efictjtet,  berbottftänbigt  unb  mit  erläuternben  (Sinteitungen  berfetjen  bon 
ß.  2B.  ©enffartt),  18  2t)eite  in  9  Sänben,  23ranbenburg  bei  5t.  Mütter, 
1869-1873.  —  3.  3.  #.  $eftato33i's  ausgewählte  SSerfe.  Mit  ^eftato^ 
23iograb£)ie,  t)r§g.  bon  fyr.  Mann,  4  SBänbe,  Sangenfalja  bei  £.  Serjer, 
1878—1879.  — 

©eit  ber  Verausgabe  ber  Sßerfe  ^/§  burct)  ©erjffartt)  finb  in  ben  ,,^efta= 
to^jibtättern",  Ijreg.  bon  ber  ßommiffion  für  bas  ^eftato^äiftübetjen  in  3ütictj 
(juerft  im  ßorrefbonbenjbtatt  bei  2lrcl)ib§  ber  ©ct)W3.  perm.  ©ctjutaueftetlung, 
1878—1879,  bon  1880  an  fetbftänbig) ,  an  ©ctjriften  5?eftato35t's ,  bie  in 
jener  2lu§gabe  fetjten,  erfctjienen:  1878:  2ln  bie  greunbe  ber  Menfctjen  unb 
an  -ipelbetiens  greunbe.  —  1879:  allgemeine  begriffe  bon  ber  ©efettfdjaft 
ber  ^lluminaten.  —  1880:  $been  3u  e.  ctjrifttictjen  Sieb  für  eine  3lrbeit§= 
ftube  meiftenS  armer  tfinber.  —  1882:  3}erfud)  einer  ©fi33e  über  ba§  SBefen 
ber  (Hementarbübung  (1826).  —  1885:  Memoire  über  bie  33erbinbung  ber 
SScrufSbitbung  mit  ber  35olf§fct)ute  (1790).  —  1886:  3uvuf  an  bie  Sewotjner 
bei  bormatg  bemofratifeljen  6anton§  (1798).  —  Sin  ^pefbetieni  5Solf,   9lr.  1 


460  Sßefteloajfc 

(1798).  —  lieber  bte  ^tebetlaffung  ber  ^roteftanten  im  Söelttin  (1790).  — 
2)te  (Sutadjjten  5ß'8.  über  bie  üolfäroirtbfdjafti.  93erbäüniffe  im  ßant.  ^ürtd^ 
ftnben  fid)  bei  3ehnber=©tablin,  i*eftatojji.  ©otba  1875.  —  (Sine  Iftetlje  3.  £r). 
umiangreidjer  Slctenftücfe  au8  ^eftalo^i'ä  5eoef  ftnb  jum  etfteu  IDlal  in 
3Rotf'8  33ud)  „3ur  93tograpf)ie  ^eFtaloaji'S"  öeröffentlicftt. 

©ammeimerfe  öon  2lu^tigen  au§  s4$eftalo3ji'8  ©djriften:  1.  9i.  <5tjrtftoffel, 
^epaloaat'8  Seben  unb  9lnfitf)ten.  $üxiü>  1846.  —  2.  Dr.  91.  93ogel ,  ffiie 
^äbagogif  3-  <£>•  S+V3  in  roortgetreuen  9lu3pgen.  33ernburg  1882.  — 
3.  Dr.  91.  Sßogel,  ©öftematifdje  $aifieHung  ber  $äbagogif  3ob.  £>.  «p.'8  mit 
burebgängiger  Eingabe  ber  quellenmäßigen  93elegftellen.     Jpannober  1886. 

S)ie  9(u3gabcn  einzelner  2Berfe  mit  ©peciateinleitung  unb  ßommentar  finb 
jarjlreid)  in  93e,}ug  auf  ßienbarb  unb  ©ertrub  1.  u.  2.  %t)l.  u.  2Bie  ©ertrub 
ibre  .ftinber  tebrt.  3)a8  ^eftato^iftübcfjen  bat  tjerauSgegeben :  ßienfjarb  unb 
©ertrub,  1.  u.  2.  Jtjeil  „Jubiläumsausgabe  ^ürid)  1881.  dritter  u.  öierter 
£t)eit  3^tic§  1883.  —  Steine  'ftacbjorfcbungen  über  ben  ©ang  ber  Statur 
u.  j.  ro.     ßüricfj  1885. 

Urtbeile  unb  93ericr)te  öon  3eitgenoffen  über  ty.  unb  feine  ^tettjobe : 
1.  ©runer,  »riefe  aus  23urgborf  1804;  2.  9lufl.  ftranffurt  1806.  —  2.  ©orjauj, 
^eftalo^i,  jeiue  ßefcatt  unb  feine  9lnftatten.  Seipjig  1803.  —  3.  2ö.  ti.  lürcf, 
»tiefe  au8  s3Mnc6enbucf)fee.  ßeipjig  1806.  —  4.  §.  lieberer,  ^cftalo^i's  ®r= 
jidjungsunternetjmung  im  äkrhältnifj  jur  geitcuttut.  2  33be.  Stuttgart 
1812,  1813.  —  5.  #etbatt,  ^eftalojji's  $bee  eines  91331V  ber  91nfcbauung. 
(Hattingen  1804.  —  6.  lorlitj,  Steife  in  bie  ©djroeia,  öeranlafjt  burd)  ty.  unb 
beffen  v'etjvanftalt.  .ffopenbagen  u.  ßeipflig  1807  (9Ibbrutf  ber  auf  ^.  be^üg. 
»tiefe  ^eftatoäjibt.  3ab>g.  1884).  —  7.  Senffdjtift  auf  ©.  #.  2.  Wicolo* 
biu8.  53onn  1841  i9lbbrucf  ber  auf  $.  be',üg.  ©teilen  ^eftalo^ibt.  Sabrg. 
1885).  —  8.  Henning,  s)Jlittbeitungen  über  ty.  im  „©cbulratb,  an  ber  Dber" 
1816  1817  (9lbbrucf  ber  au?  $.'8  Sugenb  bej.  ©teilen  tri  ^cftalo^ibtätter 
1885).  -  9.  ©egenfcrjrift  gegen  $.'8  ßebensfcbicffale :  @.  SBiber,  Beitrag  jur 
33iograpt)ie  .£>.  %'i.     ©t.  ©alten  1827. 

Memoiren  öon  Mitarbeitern:  1.  $.  9tamfauer,  $ur,}e  ©fijje  meinet  päba= 
gogiftfjen  SebenS  1836.  2.  9lufl.  Dtbenburg  1880.  —  2.  Ütamfauer  u.  3al)it, 
^eftatojjifd^e  Blätter  1.  Jpert:  Memorabilieu  $.  Ütamfauers.  (Slbeifelb 
1846.  —  3.  4peft :  Ärüft ,  (Erinnerungen  aus  meinem  päbagogtfdjen  Seben. 
Stuttgart  1840.  —  4.  $.  lieberer,  ^eitalo^ifcfie  »lättet.  Slawen  1828, 1829. 

sJlue  ber  übrigen  £itteratur  über  ty. ,  bereu  (bamal8)  annatjernb  tiott= 
ftänbige§  93er3etd)nife  baS  Sorrefponbenjbtatt  be§  9lrd)iö8  ber  ©djroetj.  ©d)ul= 
au§|teüung  II.  ^atjrg.  1879  sJtr.  3  (auf  16  ©eiten)  enthält,  tjcbcn  mir  t)er= 
öor:  2ötod)mann,  k.  %..  |>einrid)  $efta(o^i.  ßeip^ig  1846.  —  gfyaöanneä, 
Biographie  de  H.  P.  £aufanne  1883.  —  ©uittaume,  $.,  Pestalozzi  im 
Dictionnaire  de  Pedagogie  öon  5-  Suiffon,  lere  partie  (pages  2283 — 2358). 
}sari3.  —  9tog.  be  ©uimpö,  Notice  sur  P.  1843  (in8  S)eutfcfie  überfebt: 
■0.  5p.  nadj  feinem  ©emütt),  ©treben  unb  ©crjiclfa(en.  Olarau  1844).  — 
jpunjifer,  ■£).,  ^eftalojji  unb  5eüenberg.  ßangenfatja  1879;  —  Speftalojföi 
(in  |>unaiter'§  ©efcfcid)te  ber  fcbwei(v  93olf§fd)uIe  II  ©.  73  ff.  gttridj 
1881);  --  «Peftoloaji  unb  Dtouffeau.  SBafell885;  —  ^eftato^t'ß  $been  über 
^rmener^iehung  auf  bem  9teubof  (in  33üblmann;i  ^rarie  ber  fdjroei,}.  Sotf§= 
unb  «mittelfcfiute  1.  3a£)rg.  3üric&  1881);  —  ©lüpbf,  ber  ^bealfcbulmeifter 
in  Sienfoarb  unb  ©ertrub  (ib.  2.  Sabrg.)  —  Ärüft ,  -jp.,  Pestalozzi .  his  life, 
work  and  influence.  9leto=?)orf  1875.  —  $r.  9Jtann,  35iograpbie  $'§.  (in 
58b.  I  ber  auägeroäbtten  äöerfe  5p.'8).  —  Mörifofer,  ^eiurid)  jpeftalojji  (in 
ber  ®efd)icBte  ber  fdjroeiä.  ßitteratur  beg  18.  3&b.  ßeipjig  1861).  —  $.  «ötorf, 
3ut  «iograpbic  ^eftatojji'i.     Sanb    I— III.      Söinierttntr   1868,    1885.  — 


Wtel.  461 

3-  Weberei,  ^ßeftaloaai,  in  ben  ^efialojaifcrjen  blättern  1828,  neu  abgebrudt 
als  „"JSeftalo^i  nad)  ftieberer'S  ©djilberung"  in  ben  „speftaloaaiblättern" 
1880.  —  5ßaro<j ,  3- <  Pestalozzi,  sa  vie,  sa  möthode  etc.  23ern  1857.  — 
^ßeftalo^i,  fein  ßeben  unb  äßhfen  einfad)  unb  getreu  erjät)tt,  l)i'Sg.  Don  ber 
3ürcfj.  ©djuIfDnobe  (öetfafet  öon  £$.  33är).  3ürid)  1846.  —  ^eftalo^iblätter 
IjerauSgegeben  Don  ber  ßommiffion  für  baS  ^eftalojjiftübcfien  in  3U1^- 
1.— 8.  Mrg.  Sütic^  1880—1887.  —  SDaS  $eftalo3äifiübd)en  in  3üridj. 
3üricl)  1886.  —  5)3omp6e,  Etüde  sur  la  vie  et  les  travaux  de  Pest.  ^ßariS 
1850,  1878.  —  ©erjffartl),  ß.  2B. ,  ^eftalojji.  nad)  feinem  ßeben  unb  aus 
f.  äBerfen  bargeftellt.  6.  9luft.  ßeipjig  1876.  -  3el)nber=©tablin,  Sofepfnne, 
^eftalo^i;  3bee  unb  9Jlad?t  ber  menfd)l.  gntmidlung.    1.  23b.    ©otfja  1875. 

-^un^if  er. 
gefiel:  grieb rid^  2Bilf)elm  *p.,  9ted)t§gelet)Tter ,  geb.  am  7.  Januar 
1724  in  Rinteln;  f  16.  Dctober  1805  in  ßetjben.  ®ie  gamiiie  lebte  frütjer 
in  (üngtanb.  Samfon  ^.,  ein  2lt)nrjerr  griebrid)  2BilI)elm§ ,  florj  roäfjrenb  ber 
s$roteftantenOerfolgung  unter  Königin  9Jcaria  aus  ©nglanb  nad)  ^jolianb,  roo  er 
als  Hauptmann  unb  Gommanbant  beS  ©djloffeS  Duisburg  fein  ßeben  enbete. 
5Deffen  Wadjfolger  mähten  insgefammt  bie  juiiftifcrje  ßaufbafm,  unb  hielten  fid) 
im  Jpeffifdjen  ober  in  ben  benachbarten  23e3hfen  auf.  ©amfon'S  ©ofjn  (ber  Ür= 
UrgrofjDater  gviebrid)  28itf)elmS),  3»ot)anne§  5)3.,  war  ftatljSfjerr  in  preufjifd) 
IDttnben;  beffen  ©orm  (UrgrofjDater  ftriebrid)  2öilt)elm§)  2)aüib  «ß.,  julefet  (1662) 
^rofeffor  beS  @obe$  unb  beS  ßetjenredjteS  3U  Rinteln,  morjnte  1648  als  gräfl. 
büdeburgifd)er  ©efanbter  bem  roeftpl)ättfdjen  ^riebensfdjtuffe  bei,  unb  ftarb  am 
20.  SDecember  1684  im  82.  ßebenSiatjre  als  ©enior  ber  Uniüerfität.  6r  Derf  afite 
23  2)iffertationen,  bie  bei  Stotermunb  53b.  V,  ©.  1974  aufgejätjlt  finb.  — 
2)aDibS  Snfet,  ber  3)ater  unfereS  ©etctjrten ,  griebrid)  Utrid)  ty.,  geb.  am 
25.  Januar  1691  in  Rinteln,  rourbe  nad)  betn  33efud)e  ber  bortigen  Unioeifität, 
bann  jener  3U  granffurt  a.  £).  unb  ju  ßetjben  auf  Anregung  feines  OnfelS, 
beS  ^ropfteS  $.,  UntDerfitätSprof  effor ;  erhielt  in  Rinteln  (Jnbe  1716  bie  ^rofeffur 
ber  9Jtoral,  fpäter  1727  —  nadjbem  er  am  21.  9ftai  1722  als  Doctor  juris 
promoDirt  t)atte,  —  jene  für  ^anbecten ,  unb  ftarb  —  feit  1730  Primarius 
feiner  gacultät  —  Ijocf)gefd)ät)t  am  3.  'Dcoöember  1764  mit  ^interlaffung  einer 
großen  Sln^acjl  Don  üDiffertationen  unb  Programmen,  roeldje  bei  Teufel  23b.  X, 
©.  325  unb  bei  ©trieber  33b.  X  ©.  291  fetjr  auSfütjrlid)  aufgejagt  finb.  2luS 
feiner  am  22.  Sßlai  1722  mit  ber  33ürgermeifterStod)ter  (Slifabeti)  Helene  ßenberfing 
auS  Rinteln  abgefdjloffenen  Stje  ftammen  jroei  ©ötjne. 

griebrid)  äöilrjelm,  ber  ältere  bon  beiben,  ift  am  7.  Januar  1724  geboren, 
fam  fdjon  1739  auf  bie  ,g>od)fd)ule  feiner  33aterftabt  Rinteln,  unb  bejog  fobann 
©öttingen.  SDort  öerfal)  er  jugteid?  bei  bem  älteften  ©orjne  be§  ©e^eimrat^|e§ 
Sßfjttibp  5lbolpt)  ö.  3}lüncr)tjaufen  bie  SDienfte  eines  JpofmeifterS.  S)anf  feinem 
gteifje  unb  raftlofem  @t)rgei3e  erroarb  5ß.  in  ©öttingen  gebiegene  Äenntniffe; 
1745  rourbe  er  ßicentiat,  1747  S)octor  beiber  9ied)te  unb  s^rofeffor  ber  3florat 
in  Rinteln,  nadjbem  fein  93ater,  ^riebrid)  lllrid),  3U  ©unften  bei  ©otjneS  auf 
btefe  ^rofeffur  öerjidjtet  tjatte;  bann  im  folgenben  ^at)re  (1748)  au^erbem 
orbentlidjer  ^rofeffor  ber  ^ed)te,  forjin  ein  ©pecialcoüege  feinet  33ater§,  roeldjer 
ben  ßefjrfturji  für  s$anbecten  inne  fjatte.  1763  folgte  ftriebrid)  äöil^elm  bem 
9iufe  als  ^ßrofeffor  be§  natürlidjen  unb  beutfrtjen  ©taatSved)teS  mit  anfet)nlid)em 
©erjatte  nadj  ßettben;  1769  ertjielt  er  jugleictj  ba§  ©ecretariat  beS  ©tolpifdjen 
ßegateS  für  ©tubierenbe.  9ll§  eifriger  2Inl)änger  beS  Srbftatt^atterS  unb  ber 
Oranienpartei  berbr  er  roä^renb  ber  9teOolutionSperiobe  feine  ©teile  unb  lebte 
in  äiemlidj  fnappen  33erl)ältniffen  bei  feinem  £>nfel ,  bem  £)berappetlationS= 
gerid)tsratr)e  ^uftin  ^erbinanb  griebrid)   ty.   in  ©eile.  —   Einige  ^arjre  fpöter 


462  qßetcr,  £>.  t>.  Äutlanb  —  ^eter,  58.  t>.  2tug3butg. 

rourbe  er  jebodj  ruieber  in  feine  ©teile  eingefctjt,  meiere  er  bis  ju  feinem  £obe 
(16.  October  180-"»)  berfat).  S)er  23erftorbcne  mar  aud)  litterarifd)  ttjätig.  93on 
feinen  meift  flcineren  —  (Schriften,  fanben  bie  „Fundamenta  jurisprudentiae 
naturalis"  (Leidae  1773)  nieten  Entlang  unb  erlebten  niedrere  Auflagen  (2.  Leid. 
1774;  3.  Ultraj.  1775;  4.  Leid.  1788).  M)  bet  2.  Auflage  erfd)ien  eine 
franjöfifdje  lleberfetmng  (Utrecht  1775),  nadj  ber  britten  eine  rmttanbifdje  bes 
Slbbocaten  gfriebridt)  ban  SSreba  (Utredjt  1783),  enbtidj  1806  eine  beutfctje  bon 
Äonrab  ffciebrid)  sp,  (Reiben),  Oludj  feine  „Commcntarii  de  Ilepubl.  Batava" 
(l.eidae  1782)  mürben  unter  bem  Stitel:  „33oüftänbige  sJJad)ricr)ten  bon  ber 
9tepubli£  <<potlanb"  (Berlin  1784)  bon  Stegicrungsratt)  "Ulebeg  in«  2)eutfd)e  über= 
tragen,  ©trieber  liefert  im  10.  93b.  feiner  tjeffifdjen  ßeletjrtengefctndrte  ©.  302 
bi§  308  ein  erfcbopienbeö  5Berjeid)niB  jämmtlidjer  ©cfjriften  nebft  Eingabe  ber 
einfdjtägigen  Otccenfionen.  33on  feinen  ©öt)nen  ftubirten  g^'c^^i^  Stanj 
tf  u  b  tu  i  g  unb  .Uarl  gfetbinanb  fy  x i  e  b  r  i  d) ,  9lecr)teroiffenfdjaft ,  unb  er= 
roarben  1786  bejm.  1789  (teuerer  unter  feines  Katers  33orfitj)  ben  2)octorgrab. 

3öd)er,  III,  1417  u.  ff-  -  -  föotermunb  V,  1971—1975.  —  ©triebet, 
tjeff.  ®et.=©efd).  X,  283—308.  -  3fntett.  031.  b.  ßpjg.  8iter.=3t.  1806, 
3.  122.  -  lieber  Stieb«.  lUr.  fß.  noct)  befonb.  Teufel  X,  324—328  unb 
bie  bafclbft  benannten.  ßifentjart. 

sl>ctcr,  ^etjog  b.  Äutlanb  f.  &.  2).  03.  VI,  ©.  290—291. 

^etcr  bon  ©djaumberg  (©ctmumburg),  (51.)  5Bifdjo?  bon  Olugsburg, 
bon  1424  -1469.  2lud)  bas  Olugsburger  93ißtrmm  litt  an  bem  Uebel  jener  fyit, 
an  ber  fd}ismatifcf)eu  SBaljt,  im  t)ödt)ften  Örabe,  bis  ^apft  Martin  V.,  um  ben 
äöirren  ein  ßnbe  31t  madjen,  bie  biffentircnbe  2öaf)l  bes  5£>omcapitets  bom  3far)re 
1423  umftiefj  unb  aus  eigener  sDtad)tboHioiument)eit  ben  Ganonicus  bon  2öürj= 
bürg  unb  Bamberg,  N|>.  b.  ©djaumberg  jutn  XÖifctjof  ernannte  1424  (53utle  bom 
1.  IRör^).  %,  beffen  ©eburtsjalvr  unbetannt  ift ,  entflammte  einem  fränfifdjen 
©efd)led)te  (©djaumburg  bei  ©djaltau,  Jperaogtfmm  sJJteiningen).  2)urd)  äBiffen 
unb  ©emanbttjeit  ausgezeichnet  mürbe  er  nidjt  nur  mit  (Srnrcn  übertjäuft,  fonbern 
aud)  mit  erjrenbotten  Einträgen  bon  ^äpften  unb  ^Mten  betraut;  roenigcr  gut 
roareu  auf  it)n  bie  Stugsburger,  mit  benen  er  um  allerlei  9ted)t  unb  $reit)eiten 
öfter  in  ©treit  geriet!),  ju  fpredjen.  (Sinmal  „roas  alter  ftag  ftud  bei  60". 
SDie  £anb=  unb  ©tabtbogtei,  bie  ©eleitsgered)tigfeit,  bie  ©d)ut}=  unb  ®aften= 
bogteien  über  bie  Älöfter,  bie  ©eridjtsbarfett  über  Die  gebröbeten  Shener  unb 
bas  ©efinbe,  bie  Itjorfcrjlüffet  ber  ©tabt,  ben  ^flafterjotl  unb  anbere  ^ölte,  bas 
2öein=  unb  anbete*  llmgelb  unb  nod)  anberes,  behauptete  ber  23tfd)of,  tjätte  bie 
©tabt  miberred)ttid)  an  fid)  geriffen.  3tber  9tatt)  unb  03ürgerfd)aft  waren  ent= 
fdjtoffen  „att  ee  (zu)  fterbeu  unb  berlieren  leib  unb  guet  unb  mit  im  friegcn  .  .  . 
umb  ir  freitjait,  bie  fie  tjetteu  bon  fünigen  unb  faifern  rjerpradjt".  2)ie  ein= 
müttjige  tycftigfett  ber  23ürger  zwang  ben  23ifd)of  enblid)  nachzugeben,  ^reunbtid) 
mürbe  befjljalb  bas  23ert)ättnifj  nie.  1451,  als  5p.  nad)  9tom  ging,  bat  it)n  ber 
9tatt),  „baö  er  bie  [tat  berfpred)  gegen  bem  bapft,  ob  fie  berctagt  mürben.  3)a« 
bertjiefe  er  in,  aber  er  tjietts  nit."  „@ö  toär  mager,  man  tjett  mit  im  friegt." 
llebrigenö  giebt  itjm  fogar  bet  ßtjronift  Söurlarb  3inf  bas  3eu9n^:  ,M* 
tegiett  alfo  ba«  93iftumb  tjerlid)  unb  fribtid)  unb  madjt  bas  03iftumb  reid)er, 
bann  es  bor  in  50  jaren  nie  gemefen  roer,  baö  ift  mar".  3tn  ber  £f)at  fud)te 
er  mit  grofjem  @ifer  bie  Slngelegenb^eiten  feines  53istt)ums  in  Crbnung  ju  bringen. 
S3or  9tttem  tte^  er  fid)  angelegen  fein,  ber  eingeriffenen  3uct)tlofigfcit  feines 
äöettftetu«  mie  ber  ßlöfter  mirffam  entgegenzutreten.  $u  biefem  $Xoed  rjielt 
er  jmei  ©t)noben ,  auf  benen  er  genaue  Söorfdjriften  übet  bie  ^flid^ten  ber 
©eiftlidjen  erlief;.    SSemeifcu  biefelben  aud)  an  itjrem  ^fjeit  ben  35erfatt  ber  ©itten 


$eter,  58.  ü.  2lug*burg.  463 

unb  bie  Serroeltlidjung  be£  Gterus,  tote  eä  faft  überall  ber  ftaH  mar,  fo  erregt 
befonbere§  ^ntereffe  3.  5?.  feine  50t&etun8-  ^aB  feiner  bie  Drbination  erlangen 
folle,  ber  nicbt  juDor  über  miffenfcbaitlidie  (Segenftänbe  geprüft  roorben  fei,  ferner 
bafj  jeber  ^riefter  bei  ©träfe  oon  einem  (Bulben  rtjeinifd)  menigftens  bie  Summa 
rudium  ober  bie  Summa  Mag.  Joan.  de  Aurach  befitjen  muffe.  3)em  flöftertidjen 
SSefen  fucbje  er  burcb  bie  Gthrübrung  einer  entjpred}enben  Deformation  mieber 
aufjubelten.  £iefe§  ©heben  fam  borjüglid)  bem  SBenebütinerEtofter  3U  ©t.  Ulrictj 
3U  gut,  roo  unter  feiner  9Jtitmirfung  ber  gelehrte  unb  fittenftrenge  sUtetcbior  Don 
©tamrjam  jum  2lbte  gemäb/tt  rourbe  (f.  Prüfet  9JWcbior  bon  ©tamfjam) ;  letzterem 
berbanfte  bieg  Softer  einen  ungeahnten,  roenn  aud)  nur  furjen  2Iuffd}tt>ung. 
SGßar  in  ben  fcbümmen  Reiten,  roelcbe  feit  ben  Jagen  bon  2lbignon  über  bie 
ganje  j?irdje  gefommen  maren,  überall  Unorbnung  unb  3)ermirrung  eingcriffen, 
fo  betrachtete  e§  5p.  als  feine  oornebmfte  ^flicfjt  biefem  llnmefen  3U  fteuern,  ben 
emigen  ©treitigfeiten  unb  9ted)t«rjänbetn  ber  geiftlicben  (Sorporattonen  ein  Snbe 
3u  madjen ,  fftedjte  unb  ßompetensen  feftjufteCtcn ,  2ftifjftänbe  aller  2Irt  ab^u= 
fdjaffen.  Unleugbar  befaß  *)3.  ein  bebeutenbeg  Serroaltungetalent,  bas  ent= 
fctjeibenb  unb  bortbeilbaft  in  bie  9]iißftänbe  feiner  üDiöcefe  eingriff.  2)iefe 
Energie  fcbeint  ibn  freiließ  berlaffen  3U  baben,  wenn  er,  ber  fränfifdje  Jtitter, 
gegen  ben  2Ibel  tjätte  borgeben  follen.  Gr  beroirfte  ntd^t  nur,  bafj  bon  ^3apft 
$iu§  II.  am  15.  gebruar  1465  ba§  alte  öon  ber  ©tabt  al§  Seleibigung 
empfunbene  unb  beftig  befämpfte  ©tatut  be§  (?apitet§  beftätigt  mürbe,  roornad) 
nur  5Ibclige  unb  Stitterbürtige  ober  ßicentiaten  ber  Geologie  unb  üteebte  nadj 
ftrenger  Prüfung  in  ba§  dapitet  geroäfjlt  merben  burften,  fonbern  er  gebot 
feinem  Oteformationseiier  aueb  ftittäuftetjen,  al§  e§  ftd)  barum  fjanbelte  bas  au§= 
fdjliefjlid)  abelige  Älofter  bon  (SCtmangen  3U  feiner  orbnungegemäfjen  3u<^t 
äurüd^ufübren.  ©elbft  Sraun ,  ber  ©efcbid^tfdjreiber  ber  2lug»burger  SBifcböfe 
(f.  Sitter. ) ,  befennt :  „25a§  Ätofter  @Hmangen  3U  reformiren  batte  ^.  meber 
9.ftutt)  noeb  ernftlicben  Sßillen."  —  ©onft  forgte  er  in  feiner  Siöcefe  aud)  für 
fromme  ©tütungen  unb  für  gleichmäßige  Söerttjcitung  ber  ^funbationen  unb 
Dotationen  feiner  jatjlreicben  ©otte§bäufer.  üDie  9teftauration§arbeiten  am 
Slugsburger  S)om  fetjte  er  fort,  inbem  er  ben  öfttieben  Gljor  erweitern  unb 
roölben  liefe.  Site  ber  2lbt  ^Relcbior  bon  ©tamt)am  bie  Ulridjefirdje  neu  ju  bauen 
befcblofj  1465,  meitjte  ber  SBifdjof  bie§  ^Beginnen  burcb  eine  feierliche  ©runbftetn= 
legung  unb  crttjetlte  berfelben  einen  Slbtaf;  am  ©t.  ©impertustag  für  alle,  meldje 
an  biefem  {yefte  bußfertig  fidj  beteiligen  unb  jur  Unterhaltung  ber  $ird)e 
belebe,  SSücber  ober  anbere  Singe  beitragen  mürben.  @§  unterliegt  gar  feinem 
3tüeifel,  bafe  ty.  unter  bie  tücbtigeren  .ßiretjenfürften  feiner  3eit  3U  tedjnen  ift. 
©eine  erfolgreiche  2t)ätigfeit  wie  feine  ähauebbarfeit  in  öffentlichen  ©efebäften 
ernteten  beib^alb  febon  bamat§  bie  berbiente  Slnerfennung.  ffaifer  ©igi§munb 
fetjidte  it)n  unter  Ruberen  als  ©efanbten  bon  feinet=  unb  bes  üteiebe  megen  auf 
ba§  (Soncit  ju  33afel,  ba§  toieberum  ib,n  als"  feinen  Sebottmäcb,tigten  nadj  Söb^men 
aborbnete,  um  mit  ben  Utraquiften  ju  berbanbeln.  Äaifer  griebrieb  30g  ibn  über 
bie  miebtigften  iReicrjgangetegen^eiten  roiebertjolt  3U  9tatb^:  bie  .fjerjoge  bon 
Saiern  tjörten  gerne  auf  ifm,  felbft  bei  ben  Königen  bon  (Snglanb  unb  granfreidtj 
geno^  er  tjotjes  3lnfeb,en.  6§  tonnte  nierjt  festen,  ba^  bie  päpftlicbe  (Surie  ber 
Söirffamfeit  biefei  Sifdjofs  gereebte  SBürbtgung  3U  tt)eil  merben  liefj.  ©djon 
5Papft  Martin  V.  etjrte  ib^n  mit  ber  SBürbe  eine!  $ämmerer§;  Sugen  IV.  er» 
nannte  itjn  jum  ßarbinal  »propter  grandia  virtutum  merita"  burdj  bie  Suite 
bom  19.  December  1439,  mätjrenb  er  ben  6arbinalsl§ut  erft  1450  bei  feiner 
Üxomfatjrt  bon  DKcolaus  V.  ertjalten  3U  b^aben  fdjeint.  2ll§  1-467  megen  be§ 
2ürfenfriege§  ein  9reicb§tag  nad)  Nürnberg  au§gefcrjrieben  mürbe,  ernannte  ib,n 
Sßapft   >}3aul  IL  3U  feinem  ßegaten   a  Latere   burdj   ganj  S)eutfdjtanb.     äöegen 


464  $eter,  (grab.  t>.  «ÜJagbebutg. 

juneljmenben  ÜUters  gemährte  ifjm  ber  ^apft  sJHus  II.  1463  auf  feine  Sitten 
einen  @oabjutor  in  bei  *ßerfon  be§  ©omcapitutats  Sodann  öon  Söerbenberg. 
*ß.  entzog  fid)  übrigen«  besfjalb  nod)  nidjt  ber  Stjätigfcit,  bis  it)m  am  12.  Sljjril 
1469  ber  tob  ein  3iel  Hte. 

&gl.  ^lacibus  Srauu:  ©efcljidjte  ber  Sifdjöfe  bon  Augsburg.    —    2)ie 
Gfjronifen  ber  beutfdjen  ©table.  2öilrjelm  Sogt. 

^Ctcr  oon  Srünn,  ©ribifdjof  öon  s}ftagbeburg  (1371—1381),  gelangte 
unter  ^uftimmung  $aifer  j?arl§  IV.,  ber  in  itjm  motjl  einen  frörberer  jeiner 
."pauspotitif  erbliche,  unb  bes  s33apftes  burd)  kaufet)  mit  bem  (Srjbifdjof  Sllbrcdjt, 
weldjer  itjm  in  feinem  SBiStfmm  xieutomifdjl  folgte,  in  ben  Sefitj  beä  (StjflifteS 
*Dlagbeburg.  2>ie  3e't  feines  ßpifcopats  ift  reid)  an  ^erwihmiffen  äWifdjen 
itjm  einer--  unb  bem  2)omcapitel  unb  ben  ©tobten  s]Jcagbeburg  unb  Jpalte 
anbemfeits ;  audj  an  Jetjben  ntit  ben  benachbarten  dürften  fetjlt  es  nidjt.  ty. 
mar  ein  sDcann  öon  großer  Älugtjeit,  ber  bie  eqftiftifdjen  ^ntereffen  überall 
Warjqunetjtnen  roufjte,  babei  aber  menig  fcrupulös  in  ber  äßafjt  feinet  bittet, 
un^uoerläffig  unb  tjabgierig.  2)as  Ch^ftift  öerbanft  itjm  mehrere  mistige  @r= 
Werbungen.  %\t  burd)  ben  lob  ifjres  legten  Sefitjers  erlebigte  .fcerrfdjait 
Jpabmeretebcn  wufjte  er  baburd)  beim  Steift  ju  ertjalten,  bafj  er  bie  Slnfprüdje 
eine§  ©eiteuöerwanbten  mit  Selb  abfaufte.  ferner  ermarb  er  oon  bem  ©rafen 
©ünttjer  ö.  Sarbt)  bie  ©tabt  ©djöneberf  unb  öon  benen  t>.  Söanjlcben  bas 
.paus  SBandcben.  9Jiit  ber  9teuftabt=s}Jtagbeburg  bereinigte  er  bas  baranftofeenbe 
SDorf  ^rofe  unb  trug  Daburd)  nidjt  menig  3U  einem  weiteren  9lu?fdjwunge  biefer 
©tabt  bei. 

5Rit  |?alle,  ber  jweilwidjtigften  ©tabt  bes  (Sraftifts ,  überwarf  er  fid)  be* 
reits  1373  wegen  ber  er^biidjöflidjen  ©efälle  Don  ben  ©atjgütern.  SDajii  famen 
im  fotgenben  Sfa^ve  neue  ©treitpunfte ,  bie  fd/liefelid)  batnn  rührten,  bafj  ber 
$aifer  auf  Setreiben  bes  Grabifdwfs  bie  ©tabt  in  bie  Wdjt  erflärte.  3lls  bie 
©tabt  bem  @r(jbifd)or  eine  namtjafte  Summe  be^atjlt  unb  baburd)  bie  Sluffjebung 
ber  2ld)t  erlangt  Ijatte,  bradjen  neue  ©treitigfeiten  aus\  Weldje  beibe  £tjeile 
öerantafjten ,  fid)  nad)  JRom  ^u  wenben.  9lodj  et)e  aber  eine  enbgiltige  Sei* 
legung  bes  ©treites  ju  ©tanbe  fam,  gab  5ß.  fein  ©rjfitft  auf.  —  3lud)  mit  ber 
©tabt  lütagbeburg  fam  es  ju  3"Würfniffen.  2)as  im  anfange  feines  (Spifcopats 
äiemtict)  leibliche  Serfjättnifj  jmifdjen  itmi  unb  ber  ©tabt  erlitt  baburd;  (Sinbufje, 
bafj  Sp.  bie  ftecfjte  bes  bifdjöflid)en  Diftcials  auf  Soften  bes  ©eridjtes  bes  S)om= 
propftes,  woburd)  bie  ^ntereffen  ber  Sürgerfdjaft  üertei^t  würben,  ju  erweitern 
ftrebte.  S)aju  famen  nodj  anbere  Differenzen,  weldje  ben  9tifj  awifdjen  2anbes= 
fürft  unb  ©tabt  noef;  tiergrö&erten.  gräbifc^of  unb  ©tabt  wanbten  fid)  beibe 
an  Äaifer  Äarl  IV.,  weldjer  fid)  bamals  in  ber  SUtmarf  auffielt.  5tad)  langen 
Serrjanblungen  fam  am  12.  ^uni  1377  ein  Vertrag  auf  brei  Saf)re  3Wifct)en 
beiben  Parteien  ^u  ©tanbe,  weldjer  bie  ftreitigen  fünfte  fdjlidjtete  unb  jur 
Beilegung  ber  innerhalb  biefer  &\t  etwa  entfterjenben  ©treitigfeiten  tiier  ©d)iebs= 
ridjter,  je  ^roei  bes  @rjbifd)of§  unb  ber  ©tabt,  ernannte.  SÖenige  Sage  barauf 
madjte  ber  .Haifer  ber  ©tabt  einen  Sefud)  unb  würbe  tjier  fefttid)  empfangen.  — 
Sar)rs  barauf  fam  es  ju  einem  3e^tt)ürfniB  awifdjen  bem  @rjbifd)of  unb  bem 
SDomcapitel.  ©er  ßrjbifdjof  üerfufjr  eigenmddjtig  unb  gewatttrjätig  gegen  baä 
©omcapitel,  erpreßte  ©elb  öon  itjm  unb  natjm  einige  feiner  ^Jlitgtieber  gefangen. 
@r  wanbte  fid)  nadj  9tom,  um  tjier  gegen  bas  ©omcapitel  flagbar  3U  werben. 
9l(s  aber  in  biefer  3cit  burd)  ben  2ob  bes  ^apftes  ©regors  XI.  (27.  «Ulai 
1378)  unb  Äaifer  Äarl'8  IV.  bie  ganje  ßage  fid)  änberte,  audj  ba§  ©omcapitel 
in  feiner  Dppofition  betjarrte,  öerjidjtetc  er,  wol  metjr  unter  bem  $£rurf  ber 
jet}t  eingetretenen  politifc^=fird)lid)en  Sertjättniffe  als  freiwillig,  auf  fein  ßtjfttft, 
bas  ber  5papft  ^Jtarfgraf  ßubwig  öon  3Jtei^en,  ber  bereits  früher  5um  6rjbifd)of 


5peter,  <5r3&.  o.  Wa\x\$.  465 

bon   Üftainj   ernannt  war,    bcrtief),    wogegen  3ß.    baS  SiStfjum  Dlmüfe  erhielt 
(2Rai  1381). 

Gesta  arehiepiscoporum  Magdeburgensium  bei  3ßer|$ ,  Mon.  Germ.  bist. 
Script.  XIV,  ©.  444,  8,  9.  —  Iftagbeburger  Sd)öppend)ronif  (==  2!eutfd)e 
Stäbtectjronifen  33b.  VII)  6.  207,  261  ff-  —  ».  Sreöljaupt,  Saal=Grenf}  I, 
@.  84  ff.  —  Sagittarius,  Hist.  ducat.  Magdeburg.  Bei  SBonfen,  fjtffor.  9Jlaga= 
jin  IV,  ®.  36—48.  ^anirfe. 

^Cter  oon^lSpelt,  Grjbiicfjof  bon9Jcain,j (1306—1320),  entflammt  ent= 
meber  einer  Trierer  Sütgcrfamitie  Samens  2lSpelt,  2ld)tfpatt,  2lid)fpatt,  ober  einer 
bürgerlichen  Familie  in  bem  bei  2uremburg  gelegenen  Rieden  2lSpett  (peibemann, 
$.  0.  21.  als  Äirdjemüvft  unb  (Staatsmann).  Sßon  feiner  ^ugenb  unb  Don  bem 
©ange  feiner  Wiffenfdjaf tlidjen  SluSbilbung  ift  nictjtS  9cäI)ereS  bef annt.  S)a  er  hn  feinem 
erften  auftreten  (1286)  als  Slrjt  beS  Königs  Üiubolpt)  bon  -£abSburg  be^eid^net 
wirb  unb  eine  9teit)e  fird)lid)er  Remter  in  feiner  Sßerfon  bereinigte,  fo  nal)m 
man  an,  er  tjabe  fein  53oranfommen  rool  feinen  mebicinifcrjen  Äenntniffen  ^u 
öerbanfen  gehabt.  Gr  mar  bereits  GanonicuS  in  Ürier,  ^Jcaina  unb  Speier 
unb  ^ßropft  an  ber  (StiftSfird)e  in  Singen,  als  er  in  Begleitung  einer  ©efanbt= 
fd)aft  9tubolpt)'S  nad)  Dtom  fam  unb  bei  Sßapft  9UfolauS  IV.  bie  Ernennung 
jum  tropfte  in  iXrier  bürdete,  worüber  ein  tjeftiger  (Streit  3Wifd)en  9tom  unb 
bem  biefe  SBeförberung  nidjt  anerfennenben  Trierer  Gapitel  auSbrad).  2Bol 
burd)  9tubolpb/S  Gmpfetjlung  lam  $.  nad)  $rag  ju  Äönig  Söenjet  IL,  als 
beffen  $rotonotar  unb  ^an^ler  er  lange  3e^  °ie  ^otitif  23ör)menS  leitete.  Sin 
fcfjarffinniger  Äopf,  auebauernb  in  ber  Verfolgung  feiner  3iele,  geWanbt  in  ben 
öffentlichen  ©efdjäTten,  wufjte  5ß.  in  gefd)idter  9luSnütmng  ber  itjn  umgebenben 
Sßerrjältniffe  fid)  nad)  oben  unentbeljrlid)  ju  mad)en.  S;ie  S|3ropftei  auf  bem 
2örjfferjrab,  bie  ©teile  eines  börjmifdjen  Scanners  (1296)  unb  enblid)  bie  2Bürbe 
eines  33ifd)ofS  bon  Bafel  Waren  ber  Soljn  für  feine  ausgezeichneten  S)ienft= 
leiftungen.  Severe  S3eförberung  banfte  $.  wefenttid)  feiner  Eingabe  an  baS 
JpauS  ^abSburg,  auf  beffen  (Seite  ber  neu  ernannte  3Mfd)of  im  Streit  3Wifd)en 
2ltbtecb,t  öon  Cefterreid)  unb  Slbotpr)  bon  9taffau  ftanb.  21ud)  nad)  beS  Vetteren 
ü£obe  fuljr  ^>.  nod)  fort,  im  »Sinne  ber  öfterreid)ifd)en  ^olttif  }u  roirfen,  bis 
nad)  bem  Ableben  beS  ÄönigS  SlnbreaS  III.  öon  Ungarn  bie  2Bege  ber  öabS= 
burger  unb  jene  SßenselS ,  beffen  <Sotm  am  26.  21uguft  1301  als  i?önig  bon 
Ungarn  gefrönt  mürbe ,  fid)  freujten.  Bon  ba  an  t)at  $önig  2llbred)t  feinen 
entfetyiebeneren  unb  gefährlicheren  ©egner  gerjabt  als  ben  böfjmifcrjen  Äanjler. 
3»!  begriffe,  nad)  feiner  üDiocefe  Bafel  fiel)  ju  begeben,  um  bon  bort  auS  bie 
3mifd)en  bem  fran3öfifd)en  unb  böfjmifcrjen  Könige  eingeleiteten  Berfjanbtungen 
3U  förbern,  fiel  ^3.  in  bie  ©efangenfetjaft  ^roeier  Slnfjänger  SllbrectjtS  (^uni  1304), 
auS  beren  .pänben  er  etft  im  fjfrübjaljr  1305  nadfj  gafjlung  eines  fctjtoeren  2öfe= 
gelbes  befreit  rourbe.  @ine  3^1  lang  fd)ien  5ß.  öon  bem  ©ctjaubla^  feiner  biS= 
^erigen  2rjätigfeit  berfdjroinben  ^u  foHen,  als  nämlicr)  nac§  Söenjers  II.  £obe 
ber  (Sinflu^  ber  SDeutfcfjen  in  ^3rag  befeitigt  mürbe.  2)a  fügte  eS  fid),  ba§  in 
2Jtaüt3  nad)  bem  2obe  ©erljarbS  IL  bon  dppftein  bie  Somljerrn  über  einen 
9cad)foIger  beffelben  fid)  nid)t  einigen  fonnten,  meld)en  2lntajj  ißa^ft  SlemenS  V. 
benu^te,  um  auf  bem  Söege  ber  ^robifion  ber  55accnj  ein  (5nbe  ju  madfjen; 
beS  ^JapfteS  SCßaljl  fiel  auf  ben  S3aSler  SSifc^of,  ber  als  gförberer  beS  franjöftfdj^ 
böl)mifd)en  SBünbniffeS  unb  als  ©egner  beS  audj  bem  ^apfte  PerljaBten  2ltbred)t 
ein  ©egengemicljt  gegen  bie  Habsburger  SBeftrebungen  im  9teicrje  bieten  fotlte. 
Otac|  einer  @rääb,lung  beS  5Jtagbeburger  Ciijronograpt)en  feilte  ^.  unter  gan$ 
anberen  Umftänben  ©rjbifcfjof  Pon  2Jtain3  geworben  fein.  GS  fjätte  nämlicb, 
©raf  ^einricl}  oon  Suremburg  ben  SSaSler  3?ifd)of  erfudjt ,    bei  bem  in  ^oitierS 

Ütttgem.  beutiäje  SiograiJfjie.    XXV.  30 


466  Ureter,  (hjb.  t>.  SJiamj. 

bamals  meilenbeu  ^apfte  bie  (Srrjebung  Vatbuins,  bes  Vrubers  bes  ©rafen,  auf 
ben  <Stut)t  bon  ^ainj  311  befürworten  unb  Z"  betreiben;  ber  ^ßapft  Ijabe  bie 
^ürfpradje  abgewiefen,  fei  bann  in  eine  fdjwere  AUanft)eit  öerfatten,  öon  Weldjer 
er  nur  burcrj  bie  $un[t  bee  23ifcfjo?3  tjätte  befreit  werben  fönnen;  jum  ü£anfe 
hierfür  tjabe  ber  ^Japft  bem  SBaSler  93ifd)ofe  bie  für  Valbuin  nacr)gefud)te  SÖürbe 
erttjeilt.  Slls  ber  Suremburger ,  ber  einen  33erratt)  bermuttjete ,  über  ben  3Ius= 
gang  ber  Slngetegenljeit  in  301-'n  geraden,  foH  $.  ^ur  Vefänftigung  beS  6nt= 
täufdjten  bem  Valbuin  ]um  erzbifdjöilicrjen  <Stul)l  bon  Stiel  bertjolfcn  fabelt. 
2118  ßrzbifdjof  öon  5Jiainj  (10.  ftobember  1306)  rechtfertigte  5ß.  bie  6rwar= 
tungen  S)erer ,  bie  an  feiner  Veförberung  Slntb/il  genommen,  ^mar  beftätigte 
Sllbrectjt  ju  Golmar  am  15.  Sluguft  1307  bie  2öal)t  jpetet'8  burd)  bie  Ver= 
leitjung  ber  Regalien,  morauf  Veibe  in  ifnren  gefctjäftlicrjen  ^Beziehungen  auf 
gutem  gufee  mit  einanber  berfeljrtcn;  als  aber  Sllbredjt  öon  feinem  Steffen  3fo= 
tjann  ö.  ©ctjmaben  ermorbet  würbe  (1.  9Jcai  1308),  trat  Iß.  ben  ©ötmen  bc§ 
grmorbeten  entgegen.  Gs  fehlte  bamals  nidjt  an  (Stimmen,  wetcfje  ben  ^ainjer 
(Srz'bifdjof ,  ber  in  ben  klugen  ber  Oefterreicfjer  für  einen  „£rugner"  galt,  ber 
Slnftiftung  ju  biefer  9Jtiffetfjat  befd)itlbigtcn.  5ß.  war  e§,  ber  nun  bie  9Bat)t 
.'peinridjü  öon  fiujemburg  jum  .Uönige  burcrjfetjte  (27.  9coöember  1308).  3Bie 
er  öon  ba  an  ber  Leiter  ber  ^ßolitit  bes  ©rwätjlten  in  5Deutfd)lanb  rourbe,  fo 
mürbe  fein  SBiEe  aud)  in  Vötmien  mafjgebenb ,  alä  er  bem  ©otme  $einridjs, 
Sfotjann,  bie  bötjmifdje  Jhone  öerfdjaffte  unb  biefen  in  5ßtag  frönte  (7.  Februar 
1311).  SBiebcrum  trat  ber  in  feltener  IRacfjtfüUe  baftetjenbe  (Srzbifdjoi  öon 
9ftainz  ben  ."pabsburgern  entgegen,  als  peiuridj  öon  iiujemburg  auf  feiner  Jpeer= 
fatrrt  nad)  Italien  öerftarb  (24.  Sluguft  131:'.).  ®tft  empfahl  $.  ben  Äönig 
Ssofyann  öon  Vörjmen  zur  'Jtacb/otge,  bann  aber,  als  biefer  äöafjlöorfdjlag  aus= 
fidjtslos'  erfdjien,  entfd)ieb  er  fidj  mit  Valbuin  öon  Stier,  So^nn  öon  S9öl)iuen, 
Söolbemar  öon  Vranbenburg  unb  ^oljann  öon  ©actjfen  für  ben  Herzog  Öubmig 
öon  Vaiern,  wätjrcnb  bie  übrigen  dürften  ben  Herzog  ^riebrid)  bon  Defterreid) 
erwäfjtten  (19.  Dctober  1314).  9tn  bem  wegen  biefer  zwiefpältigen  SBatjl  bem= 
nädjft  ausgebrodjenen  Kriege  natmi  (h'zbifcrjof  5ß.  infofern  Slnttjeit,  al§  er  ßünig 
ßubwig  ©elb  borftredte,  für  itjn  warb  unb  bie  2Balbftätte  gegen  bie  Habsburger 
aufftadjette.  9hn  einmal  treffen  wir  .itju  in  bes  Äönigg  .«riegslager,  als  biefer 
2Bie§baben  unb  ben  ©djarfenftein  belagerte.  2)a§  dnbe  bes  Kampfes  erlebte  er 
nicfjt  mct)r,  inbem  ty.  am  4.  $uni  1320,  Ijod)  an  Qarjrcn,   öerftarb. 

ütrotjbem  ty.  ben  ©c^Werpunft  feiner  Iljätigfeit  in  bie  Verfolgung  feiner  öoli= 
tifdjen  Saufbarjn  öcrlegte,  war  er  eiirigft  beftrebt,  feinen  $flid)ten  al§  Äircrjenfürft 
geredjt  ,ju  werben.  3n  23afel  brang  er  auf  ben  ©rjnoben  öon  1297  unb  1299 
auf  äöieberrjerftellung  ber  ^irctjenaudjt,  freilid)  ob,ne  befonberen  ßrfolg.  91ud)  al§ 
ßr^bifdjof  öon  'DJlain^  war  ^3.  unabläffig  bemüljt,  burd)  gewiffenfjafte  unb  ftrenge 
Söifitationen  ben  in  ber  (hjbiöcefe  eingefd)lid)enen  slicipräud)en  entgegenzutreten; 
mit  aüer  ©trenge,  aber  audj  mit  aHer  Ü5ercd)tigfeit  üerfolgte  er  fein  Qid,  ben 
(EleruS  ju  Qüdjt  unb  Orbnung  äurüdaufüt)ren.  £)aubtfäd)tid)  bem  tehtereu 
3wecte  war  bie  ©tmobe  öon  1310  beftimmt.  Stuf  berfelben  foE  SBilbgraf 
|>ugo,  $omtf)ur  ju  ©rumbac^,  mit  40  Drbensrittem  erfd)ienen  fein,  um  feier= 
lidjft  Verwahrung  gegen  bie  bem  Crben  3um  Vorwurf  gemadjten  Vergebungen 
einzulegen.  Stuf  bem  im  Dctober  1311  zu  Vienne  abgehaltenen  (Soncile,  meterjem 
5ß.  mit  (JrlaubniB  bes  $abfte§  fernblieb,  erfolgte  bie  Slufrjebung  bes  Stempel* 
tjerrnorbeng,  beffen  ©üter  unter  3"3ier)Un9  oeö  Grjbifcb.ofS  bon  9Jlainz  unb  ber 
33ifd6)öfe  bon  $rag  unb  Olmü^  auf  bie  ^otjanniter  übergerjen  fottten.  5Dem 
ganjen  Söefen  be§  6rzbifd)ofs,  ber  bei  allen  Unternehmungen  bas  eigene  ^ntcr= 
effe  zu  Wahren  berftanb,  entfprad)  e§,  baft  er  für  bie  Hebung  feinc§  ©rzftiftes 
beforgt  War.     Vei  ben  Söaljten  bon  ^einrid)  VII,  unb  Subwig  bem  Vaier    liefe 


^}eter,  Jp.  t>.  Ctbenburg.  467 

2ß.  fic£)  bie  {yreifjeiten  unb  ^rioitegien  ber  9flain3er  £irct)e  beftätigen  unb  ficf) 
@rfa£  teiften  für  alle  erroacrjfenen  Auslagen  unb  8cf)äbigungen,  fetbft  füt  foldje, 
bie  mit  ben  Angelegenheiten  bei;  grmärjlten  in  feinem  3ujammen^ange  ftanben. 
Snebefonbere  liefe  er  fid),  im  SBibevjprudje  mit  einer  ^mifctjen  «ffönig  Albredjt 
unb  (Srabifdjof  ©erlaäj  öon  ^ftaina  roegen  be§  3ofte8  in  Dberlarmftein  unb 
roegen  anberer  unrechter  $öKe  getroffenen  Vereinbarung  öom  20.  SJtärj  1302, 
öon  Äönig  -£>einrid)  VIL  ben  3oß  3U  Safmftetn  jurütfgeben,  toorauf  ber  (ix)* 
bifdjof  öon  Äötn  mit  ärjntidjen  Anforberungen  auftrat  unb  burctjbrang.  Audj 
bei  ©rrjebung  Sofjannl  öon  Cujemburg  auf  ben  börjmifdjen  2f)ron  bebang  er 
fidj  errjeblidje  Vortrjeite;  als  ©efdjenf  be§  $önig§  erhielt  er  bamali  u.  21. 
auct)  ben  gotbenen  Stutjl,  ber  lange  3e^  3U  oen  ©djätjen  be§  -Fcainjer 
Somei  äätjtte  (Joannis.  ßer.  mog.  I  97).  Qu  ben  Vefujungen  bee  (Jrä* 
ftt?te§  fügte  er  eine  Üteitje  öon  neuen  ßrroerbungen  rjin^u;  für  bargeliefjenel 
(Mb  erfjiett  er  öon  Subtoig  öon  Vaiern  eine  Anjarjl  öon  (Stätten  unb 
Rieden  in  $fanb ,  roäfjrenb  er  anbererfeitS  Gelegenheit  fanb,  etnjetne  ©ebiets* 
tfjeite,  bie  öerpränbet  roaren,  roieber  auiplöfen.  ©ans  befonbcrl  erhoffte  er  (5jr= 
roeiterungen  feiner  Üftadjt  in  Reffen  nad)  bem  £obe  be§  Sanbgrafen  ^ofjann  öon 
«Reffen  burcf)  ben  @rroerb  ber  freigeroorbenen  2eb,en  unb  in  gleicher  Sßeife  in 
tfjüringen  burd)  2Bieberertangung  ber  ^tain^er  Selben.  Somit  fam  er  nun 
ntcfjt  ju  bem  erftrebten  3iete.  2öa§  er  iu  feiner  langen,  mit  ©lud  gefrönten 
Saufbafm  für  fid)  erwarb ,  baöon  geben  bie  öon  irjm  errichteten  Seftamente 
(©ubenue,  Codex  dipl.  III,  160— 179)  3eugnifj;  ein  großer  Sfyeil  feiner  Sd)ä£e 
fam  ber  Sflainjer  ßircfje  ju  gut.  „sFiit  Renten  unb  ®efd)enfen  groß,  mit 
©cfjmutfgerätr) ,  bas  ju  ü)m  ffofj,  ber  j?irdje  er  2Kad)t  unb  fteidjtfjum  er)rt, 
t)ielt  ftcfj  öon  Saftern  unöerroefjrt.  ftromm  unb  freigebig  in  ber  £f)at,  mar  er 
aud)  fdgarrfinnig  im  SRatij."  9JHt  biefen  frei  übertragenen  äöorten  rüfjmt  Meters 
3Birfen  bie  Umfdjrnt  um  ba§  fjödjft  bead)ten§roertlje ,  im  Cftdjov  be§  9Jlainjer 
SomeS  befinbfidje  Senfmal  be§  @rjbifd)ofs,  ber  nadj  feinem  ganzen  SBirfen  unb 
Auftreten  ju  ben  fjerOorragenbften  5Rainjer  ßirdjenfürften  jäfjtt. 

Votfenfjeimer. 
^3cter  ftriebrid)  Subroig,  ^erjog  öon  DIbenburg,  geb.  17.  Januar 
1755,  f  21.  9Jlai  1829,  mar  ber  ^toette  ©otjn  bei  <£)erjog§  ©eorg  Subroig  öon 
,j?o[ftein=©ottorp  (f.  A.  ©.  23.  VIII,  698)  unb  ber  £erjogm  ©opfjie  6f)arlotte, 
einer  £od)ter  bei  ^rin^en  griebrid)  SBitrjctm  öon  ^»otftein^Secf,  meld}e  in  erfter 
etje  mit  bem  Surggrafen  Ateranber  ^u  Sotjna  öermät)tt  gemefen  mar.  Sein 
@eburt§ort  mar  Ütiefenburg  in  Cftpreufeen,  roo  ba§  öon  bem  Vater  6ejerjtigte 
Regiment  ipolftein  in  ©arnifon  tag.  Scfjon  in  feinem  neunten  £$af)re  öertor  er 
bie  Butter  unb  roenige  SBocb.en  fpäter  (7.  ©ept,  1763)  aud)  ben  Sßater.  2>er 
Sorge  für  feine  unb  feines  älteren  Sruberi,  335itfjetm  Auguft,  Srjietjung  unter= 
jog  fid)  bie  Äaiferin  ^atfjarina  IL  öon  9xu|(anb,  inbem  fie  in  (Semeinfdjait 
mit  bem  Dfjeim  ber  ^rinaen,  bem  fyürftbifdjof  öon  Sübed,  ^er^og  griebrid) 
Auguft  öon  ^otftein=©ottoip,  bie  Vormunbfcfjaft  übernahm.  Unter  Leitung  bei 
ruffifdjen  Dberften  ö.  ©taal  lebten  bie  ^rinjen  in  5öern  (1764—68)  unb  Vo* 
logna  (1769 — 73)  unb  begaben  fidj  bann  nadj  Petersburg ,  mo  ber  öftere  in 
ben  S)ienft  ber  ruffifctjen  9ftarine,  ber  jüngere  in  ben  SÜenft  ber  Sanbarmee 
trat.  ^Srinj  *J).  natjm  an  bem  gefb^uge  gegen  bie  Surfen  mit  2Iu^eidjnung 
Sfjeü,  öertiefe  aber,  aU  ber  ©ruber  burd)  einen  ©turj  au§  bem  Waftforbe  bei 
ßronftabt  ben  £ob  in  ben  SBeüen  gejunben  fjatte  (14.  %uli  1774),  ben  9Mitärbienft 
unb  tiefe  fid)  nad)  einem  längeren  Aufenthalte  in  ßnglanb  al§  ^riüatmann  in 
Hamburg  nieber.  —  Sn^mifcljen  roaren  bie  ©raffd^aften  Dtbenburg  unb  S)elmen= 
tjorft  burd)  ben  Vertrag  öon  3ar§fc*8eto  öom  20  31.  9Jtai  1773  öon  Sänemarf 
an  9tu£lanb  abgetreten  unb  öon  bem  ©rofjtürften  ^3aul   an   ben  dtjef   ber  jün= 

30* 


4(58  5ßeier,  <&•  ö    Dlbenburg. 

geren  Sinic  beö  ,£>otftein=©ottorö'fd)en  Jpaujes,  ben  gürftbifdjof  öon  ßübed, 
•perjog  Oftiebvid^  9tuguft,  übertragen  (14.  jDecember  1773)  unb  üon  bem  beut= 
fd)cn  .fiaifer  jum  ^erjogt^um  erhoben.  2)er  ©ot)n  bei  ^erjogi,  (hbürina  $eter 
grtebrid)  2öitf)elm,  ßoabjutor  ju  ßübedC,  tuar  gemüttjifrauf.  -^erjog  ^riebrid) 
Sluguft  ernannte  baljer  burdj  SEeftament  öom  4.  2lüül  1777  feinen  Neffen,  ben 
^rin^en  5p. ,  dum  Sanbeiabminiftrator  bei  .gjeraogtljumi  Dlbenburg  unb  üeran= 
lafjte  bie  Söatjl  beffetben  jum  Goabjutor  in  fiübecf  an  ©teile  feines  üon  ber 
Goabjutorie  <mrüdtretenben  ©ot)nei.  —  ^ßrin,}  ty.  nafjm  öon  nun  an  feinen 
©ommeraufenttjalt  auf  bem  in  ber  9tät)e  ber  ©tabt  Dlbenburg  belegenen  ©djtoffe 
,5u  9taftebt  unb  üermätjlte  fidj  am  26.  ^uli  1781  mit  ber  ^prinjcfftu  grtebcrife 
Stifabett)  Slmalie  öon  Söürtembcrg ,  üEodjter  bei  ^jer^ogS  f^riebridj  (lugen ,  bie 
it)m  aber  fd)on  am  24.  9toöember  1785  burdj  ben  Job  entriffen  mürbe,  nadj= 
bem  fie  itjm  atoei  ©öfme,  ben  nadjmaligen  ©rofjtjeraog  *ßaut  Sriebridj  9luguft 
(f.  21.  SD.  33.  I,  667)  unb  ben  ^rinjen  ^eter  ftriebridj  ©eorg  (f.  91.  ©.  8. 
VIII,  683)  geboren  tjatte.  —  9tad)  bem  2obe  bei  .<periogi  griebridj  Sluguft 
(6.  i^uli  1785)  übernahm  ^er^og  ty.  bie  Regierung  bei  .£>er,}ogttjumi  Dtben= 
bürg  ali  ßanbeiabminiftrator,  biejenige  bei  33iitfjumi  ßübed  im  eigenen  Flamen  \ 
erft  am  2.  2fuli  1823,  mit  bem  £obe  feines  gemütljifranfen  33etteri,  fiel  ujm 
aud)  bie  felbfteigene  Regierung  bei  Jperjogtljumi  Dlbenburg  ju.  ©eine  lange 
Ütegentenjeit  mar  eine  öielbemegte.  sJiad)bem  er  in  ben  erften  3>at)rcn,  unterftütjt 
öon  bem  auige^eidjneten  9Jtiuifter  ©rafen  Volmer,  auf  allen  ©ebicten  ber  33er= 
mattung  bie  beffernbe  £mnb  angelegt ,  aud)  infolge  bei  9teid)ibeüutationit)auöt= 
fdjluffei  öom  ^aljre  1803  ali  (Sutfdjäbigung  für  bie  9luft)ebung  bei  einträgt 
ticken  Söeferäoltei  (}u  ©tsftettj  eine  bebeutenbe  Gürmeitcrung  ber  ©renken  bei 
Jperjogtljumi  burdj  (Jrmerbung  bei  tjannoücrfdjen  Slmti  Söilbcitjaufen  unb  ber 
münfterfdjen  Stemter  Sßcdjta  unb  Gtopüenburg ,  fomie  ben  bauernbeu  SBefty  bei 
SBütljumi  ßübed  ali  einei  mettlidjen  @rbfürftentf)uinö  erlangt  tjatte,  mürbe  feine 
üEfjätigfeit  in  bem  etften  S)ecennium  bei  neuen  $at)rt)unberti  üorjugiroeife  burdj 
bie  infolge  ber  geograpljifdjen  Sage  bei  Sanbeö  eingetretenen  fdjmierigen  üoti= 
tifdjen  SBerljättntffe  in  lUnfürud)  genommen,  toetdje  fdjon  im  $.  1806  ju  einer, 
menn  aud)  nur  furjen ,  SBefeüung  bei  Sanbei  burdj  bie  ,!poltänber  führten ,  im 
$.  1808  ben  Seitritt  bei  .gjerjogi  junt  Üitjeinbunbe  üeranlafjten  unb  enbtidj 
im  S-  18H  bie  Sinöerleibung  bei  ^erjogt^umi  in  bai  fran^öfifdje  $aiferreidj 
jur  ^otge  tjatten,  nadjbem  ber  ^er^og  jeben  itjm  öon  sJtaüoteon  angebotenen 
ßänbertaufd)  ^urüdgemiefen  tjatte.  2)er  ^er^og  begab  fid)  nad)  ^tu^lanb ,  mo 
er  an  ber  (jrridjtung  ber  ruffifd)=beutfd)en  Segion  ttjätigen  ?lntt)eit  natjm.  $m 
^oöember  1813  fetjrte  er  in  bie  .£>eimatf)  jurüd.  S)urd)  ben  Söiener  6ongre§ 
mürben  ilnn,  abgeferjen  öon  einer  geringen  2erritoriat=(5rmeiterung  bt'i  Jper,,og= 
t^umi,  aui  bem  ehemaligen  franjöfifdjen  ©aarbepartement  biejenigen  ©ebieti= 
tfjeile  ^uerfannt,  aui  benen  nadjmali  bai  ^ürftenttjum  93ir!enfelb  gebilbet  ift  unb 
ber  gro|l)er5oglid)e  Sitet  beigelegt,  ben  er  febod)  nidjt  annahm.  $m  $.  1818 
gelangte  er  burdj  ßeffion  öon  ©eiten  bei  $aiferi  öon  9ftu^tanb  aud)  in  ben 
Sefitj  ber  (Jrb^enfdjaft  ^eöer.  Ütadjbem  er  eifrig  unb  erfolgreich  bemüht  ge= 
roefen  mar,  bie  bem  Sanbe  burdj  bie  ^mbtjerrfdjaft  gefdjtagenen  Sßunben 
3U  feilen,  mu^te  er  ei  in  ben  testen  9tegierungijat)ren  feine  Stufgabe  fein  taffen, 
bie  ©dtjäben  ^u  milbern,  meldje  2Bafferflutt)en  unb  3Jli^madji  bem  ßanbe  öer* 
urfadjt  Ratten.  2lm  21.  2flai  1829  ftarb  er  ju  SBieibaben,  mo  er  miebertjott 
\viäUigung  gegen  bie  fidj  einfteltenben  ©djmädjen  bei  Sttteri  gefudjt  ^atte. 
•Jperjog  %  „mar  eine  ernft  unb  nüdjtem  angelegte  rjolfteinifd;e  s^atur,  ein  £)err 
üon  ftarem  SSlid,  feftem  äßitten  unb  ftrengftem  $flid)tgefüt)l,  ali  Regent  ein 
©efdjäftimann  erften  9tangei,  jebem  35erbienft  geredjt,  gleidjmäfiig  unb  mor)l= 
rooltenb    in    feinem    Urttjeit    über   5)lenfd;en    unb   2)inge ,     unerbitttid)    gegen 


Sßeter,  .£>.  ö.  Clbenbutg  —  Sßeter,  St.  ö.  Ühifclanb.  469 

Unmat)rt)eit  unb  £euct)etei,  ein  beutfd^er  gürft  in  bei  SBortei  Bcftcr  Sebeutung. 
etilem  äußerlichen  ©cfjeintDefcn ,  allem  prunfboHen  Streiten  abtjolb,  mar  ber 
§erjog  in  jeinem  ^riöatleben  faft  bürgertict)  einfach ;  it)m  mar  fein  &aui  feine 
äßelt,  ber  fürftticlje  SSeruf  ber  3nt)alt  feinet  SDafeini".  So  f Gilbert  ifn  Raufen 
(2lui  bergangenen  Sagen,  S.  123),  unb  fo  lebt  fein  bolfitt)ümtict)eS  3Mlb  noct) 
tjeute  in  ber  Erinnerung  bei  £anbei,  mit  beffen  ©efctjtcfen  bie  feinigen  in  fturm= 
boller  3eit  mätjrenb  einer  44  jährigen  Regierung  berbunben  getoefen  finb. 

9Jt  u  tj  e  n  b  e  cf»  e  r. 

•ßctcr:  ßonft  antin  $  rieb  riet)  5|3eter,  «^er^og  bon  Dtbenburg,  geb.  au 
Saroitam  am  26.  sjluguft  7.  September  1812,  j  au  Petersburg  am  2  14.  ^tat 
1881,  mar  ber  Sotm  bei  ^rinjen  $eter  griebrict)  ©eorg  bon  Dtbenburg  (f.  2t. 
£>.  53.  VIII,  683)  unb  ber  ©roßfürftin  ^attjarina  5pamlotona,  ber  Sdjroefier 
bei  JJaiferi  Sltejanber  I.  Don  föußtanb.  9iact]bem  er  feinen  SSater  fctjon  im 
erften  Sebensjatjre  bertoren  tjatte,  ftebelte  er,  als  feine  5Rutter  fict)  mit  bem 
.ftronprinjen  SBittjelm  bon  Söürtemberg  bermät)tte,  mit  feinem  älteren  SBruber 
SUejanber  nactj  Stuttgart  unb  nact)  bem  im  3-  1819  erfolgten  Stöbe  ber  IDtutter 
nactj  Dtbenburg  über,  roo  bie  ^rinjen  unter  ben  2tugeu  itjrei  ©roßbateri,  be§ 
.•perjogi  5|3eter  griebtictj  Submig,  erlogen  mürben,  ftactj  erreichter  Söoüjätjrigfeit 
unb  nactjbem  ber  33ruber  geftorben  mar,  begab  ^»er^og  $.  fict)  nact)  Petersburg, 
um  in  ben  ruffifctjen  9Jtititärbienft  ju  treten.  @r  mürbe  Dberft  im  >Preobrafct)en5= 
fifct)en  ©arbercgiment,  fpäter  ©eneral,  ging  bann  aber  in  ben  SSienft  ber  S3er= 
mattung  über  unb  entfaltete  borjugimeife  auf  bem  gelbe  bei  Unterrictjti ,  ber 
tSrjietjung  unb  ber  Söotjlttjätigleit  unter  allfeitiger  Stnerfennung  eine  erfprießüct)e 
äßirffamfett.  ©einem  Stammtanbe  bematjrte  er  auct)  in  ber  gerne  fieti  bai 
lebenbigfte  ^ntereffe.  2öie  er  in  Petersburg  bie  9tect)tifct)ule  ini  ßeben  rief, 
fo  berbanft  itjm  Dtbenburg  bie  ©rünbung  ber  Säcilienfctjute. 

5JI  u  fe  e  n  b  e  et)  e  r. 

tytttt  griebrictj  Söittjelm,  (Srbprina  bon  £otftein  =  <5k>ttorp ,  geb.  p 
<5utin  am  3.  Januar  1754,  mar  ber  einige  So|n  bei  ^perjogS  griebrict) 
2tuguft,  gürftbifd)oii  bon  Sübecf,  nochmaligen  £>eräogi  bon  Dtbenburg.  9iact> 
oem  er  1769  70  in  Äiet  ftubirt  tjatte,  trat  er  eine  längere  Steife  an,  toetd)e 
baburet)  bon  Sebeutung  gemorben  ift,  baß  $.  ©•  £>erber  ber  Begleiter  bei  *prin= 
jen  mar  unö  auf  berfelben  nact)  2)armftabt  unb  $u  ©oett)e  nactj  Straßburg  ge= 
fütjrt  mürbe  (1770  71).  %m  %.  1773  mürbe  ber  $rina  bom  SDomcapitet  ju 
£übecf  äumgoabjutor  bei  ipoctjftifti  getoätjltunb  nat)m  imS)ecember  beffetben  ^atjrei 
an  bem  Sinjuge  feinei  Skteri  in  bie  ^auptftabt  ber  ber  jüngeren  t)olftein=got= 
torpifetjen  Sinie  cebirten  ©raffetjaften  Dtbenburg  unb  2)etment)orft  Sttjeit.  2tber 
eine  ©eifteSfranftjeit ,  beren  Spuren  fict)  fct)on  früljer  gezeigt  Ratten,  bie  inbefj 
auf  einer  9teife,  metct)e  ber  beabfic^tigten  Sßermätjtung  bei  üßrinjen  mit  ber 
^rinjeffin  dtjartotte  bon  |)effen=S)armftabt  galt,  jum  bölligen  3tu§bructj  fam, 
fütjrte  bie  9cotr)menbigfeit  tjerbet,  ben  ^rin^en  nietjt  nur  auf  bie  6oabjutorie  in 
SübecE,  fonbern  auctj  auf  bie  ^Jlactjfotge  in  ber  Regierung  be§  ^erjogtliume 
Dtbenburg  beraictjten  ju  taffen  (14.  gebruar  1777).  9iactj  bem  Stöbe  bei  Katers 
(6.  2fuli  1785)  übermiei  i^m  ber  ^önig  bon  üDänemarf  bai  Sct)loß  ju  5ßlön, 
mo  er  am  2.  3uli  1823  ftarb.  «mufeenbeetjer. 

v^Ctcr  (Äarl  $eter  Utrid» ) ,  ^erjoa  bon  ,£>olftetn*@ottorp ,  als 
^aifer  bon  Sftußtanb:  5JJ e tex  III.;  geboren  am  21.  gebruar  1728  auf 
htm  Sdjtoffe  ju  ^iet  ali  ber  einzige  Sotjn  ^erjog  Äart  griebrict)''i  bon 
£)olftein=©ottorp  unb  ber  ©roßfürftin  2Inna  bon  IRußlanb,  ber  älteften  Stodjter 
^aifer  ^eteri  bei  ©roßen.  Äaum  ein  2?a^r  alt,  berlor  ber  ^rin^  fet^on 
bie  Butter;    bie   3at)treict)e   meibtietje   Söebienung,   metetjer  er  nun  überantmortet 


470  yetex,  R.  ö.  Üiufelanb. 

roarb ,  übte  buret)  itjrc  übertriebene  2lengftlid)feit  einen  fcrjäblictjen  Gnuflufj  auf 
feine  (Sntroidtung,  beffen  folgen  Ü<^  ^unädjft  in  einer  geroiffen  fdjeuen  gurd)t= 
famfeit  geigten.  Wuct)  ben  Söatcv  öertor  ber  Rheins  fd)on  mit  et?  ^atjren.  ©e= 
fchmifter  tjatte  er  nie  gehabt,  ftnnb  fomit  jetjt  gan^  uereinfamt  ba. 

2öir  muffen  einen  9iüdblid  auf  bie  ©djidfale  bes  Sßaters  merfen.  Äari 
tVriebrict)  mar  ber  ©ot)n  ^er^og  ftriebridj  IV.  (91.  2).  :**.  VIII,  21)  unb  ber 
fdjroebifcfjen  ^pebmig  ©opfjie,  ber  älteften  ©djroefter  .ftömg  Äart  XII.  ?lud)  er 
mar  in  Trümer  $inbrjeit  Söaife  geraorben;  aud)  er  rjättc  mie  später  fein  ©of)n 
aus  eigenen  Gürfatjrungen  „bie  Reiben  eines  Knaben"  fd)reiben  tonnen.  %n  $x-- 
innerung  an  bie  eigene  traurige  Äinbtjeit  tjatte  er  in  93etreff  ber  (Jrjietjung  feines 
©ot)nc§,  ber  er  befonbere  Sorgfalt  juroenbete,  letttroitlig  2ltles  bis  ins  .ß'leinfie 
georbnet.  3U  feinem  SBormunbe  tjatte  er  ben  Sßrinjen  grieori^  Sluguft  bon 
•<potftein--(55ottorp,  britten  ©of)n  S3ifdt)of»  Gfjriftiau  sJluguft,  oeftettt,  ber  in  ©ot« 
torp'fctjen  3)ienften  ftanb  unb  bas  befonbere  Vertrauen  be§  -gjerjog«  genofj. 
liefern  tjatte  er  an«  -gjerj  gelegt,  bie  Umgebung  feines  ©oljnes  oorfidjtig  ju 
roätjten,  auf  feine  Slusbilbung,  aud)  auf  bie  förperlidje,  bie  gröfjte  2lufmeiffam= 
feit  )u  berroenben,  unb  oor  Gittern  barauf  ^u  fetjen,  bafj  bem  Knaben  eine  tieb= 
reiche  ^etjanblung  311  £tjeit  roerbe.  S3on  a liebem  gefdjatj  gerabe  bas  ©egenttjeit. 
21(3  tfarl  ^friebrid)  am  18.  3uni  173"»  ftarb  unb  nun  ber  elfjährige  ©otjn  ifjm 
als  ^erjog  oon  ©ottorp  folgte ,  beburfte  es  bemnadj  ber  Ernennung  einer  oor= 
munbfdjafttidjen  Regierung.  9Iuf  ben  jungen  £er,}og  gingen  jugleidj  bie  @rb= 
aufprüdje  feines  Söaters  an  bie  fdjroebifdje  $rone  über.  2)enn  als  $art  XII. 
oon  ©d)meben  am  14.  9toDember  1718  Oor  griebridjst)all  fiel,  ot)ue  ßeibeserben 
<ju  tjintertaffen ,  tjatte  itjm  $arl  griebrictj  als  ©ofjn  feiner  älteren  ©djmefter 
folgen  fotten,  mie  iljn  benn  aud)  Äart  XII.  immer  als  feinen  sJcad)fotger  be= 
rjanbelt  tjatte.  ©eine  Jtjronbeftcigung  märe  inbeffeu  gteidjbebeutenb  gemefen  mit 
einer  ^yox-tfeijung  bes  Krieges  gegen  35änemarf  311t  ©ettenbmacfjuug  ber  (Sottorp* 
ifd)en  2lnfprüdje  an  ©djlesroig.  2)esmegen  mar  eine  jpefpartei  unb  bie  Slrotee 
feiner  üttjroncanbibatur  entgegen.  3)ie  Slrmee  pronuncirte  ftatt  feiner  bie  jüngere 
©djmefter  bes  berftorbenen  .Königs,  Ulrite  Eleonore,  ©ematjttn  bes  Öanbgraren 
griebridj  öon  Jpeffen  (fL  35.  53.  VII,  522),  <jur  Königin  bon  ©djroeben,  unb 
bie  ad  hoc  einberufenen  ©tänbe  beftätigten  biefe  SBatjl.  Ulrite  (Sleonore  lebte 
aber  in  finberlofer  6tje.  ©omit  mar,  menn  fie  ftarb,  $arl  ^ßeter  Ulrid)  ber 
lebte  ©pröfjling  bes  alten  fdjroebifdjen  $önigstjaufes ,  roätjrcnb  itjm  3ugteictj  als 
Cmfet  s$eter'§  be§  ©rofjen  2lnfprüdje  auf  bie  £tjronfo(ge  in  Ülufjlanb  pr  ©eite 
ftanben. 

Stuf  bie  sJtad)rid)t  öom  2obe  ^er^og  Siaxl  3friebrid)'s  nafjm  nun  aber  ber 
bamatige  53ifd)of  öon  ^übeef,  ^perjog  Slbotpt)  griebrid)  (s3t.  35.  33.  I,  114)  als 
ältefter  2Ignat  tie  SJormunbfcrjaft  unb  bie  9lbminiftration  bes  C'anbes  für  fid) 
in  ?lnfprud)  unb  trat  fie  mittetft  latentes  Oom  21.  ^uni  1739  an.  ©ein 
jüngerer  33ruber,  ber  obengenannte  Sßrina  ^iebrid)  Sluguft,  oerjidjtete  auf  bie 
il)m  teftamentarifd)  übertragene  Söormunbfdjaft,  natjm  feinen  Stbfc^ieb  au§  ©ot= 
torpifc^en  S)ienften,  ging  in§  ^tustanb  unb  überliefe  ben  itjm  fo  roarm  ans  .g) er j 
gelegten  ^flegebefofjlencn  feinem  ©djidfal.  2)a3  Seftament  bes  feiigen  ^er^ogs 
marb  einfad)  ad  acta  gelegt.  3um  ^pofmeifter  bes  jungen  ^erjogs  roarb  ©raf 
93rümmer  ernannt;  ein  früherer  ßabatterieofficier ,  ben  ber  fclige  ^peijog  megen 
feines  anftö^igen  ^ebensmanbels  bes  Öanbes  tjatte  öermeifen  motten.  „II  est 
bon  pour  dresser  un  cheval  mais  non  pour  ölever  un  prince"  äußerte  über  it)n 
^profeffor  5Rilbt,  ber  fran^öfiferje  £et)rer  bes  ^3rinjen.  @in  im  grofjrjeraoglicr) 
olbenburgifc§en  <^aus=  unb  6entralarcf)iü  aufberoatjrtes  Memorial  enthält  eine 
3ufainmenftetlung  ber  bem  ©rafen  krümmer  jur  Saft  gelegten  9)lifsgriffe  in  ber 
ßrjiefjung  bes  ^»er^ogS:    Qux  Orefiben^  mar  biefem  bas  ©dilofj  Äiel  angeroiefen. 


$Peter,  #.  ü.  ^ufjtanb.  471 

SDev  Unterticrjt,  in  bem  bie  fremben  ©pradjen  natürtictj  eine  Hauptrolle  hielten, 
bauerte  bon  Borgens  bis  2lbenbS  fpät;  Dort  (Srrjolung,  Bewegung  in  freiet 
Öuft,  Anregung  im  Umgang  mit  2ltterSgenoffen  mar  feine  3tebe.  ßrmübet  unb 
ermattet  bon  ©djulftunben  mußte  ber  $rinj  oft  ftunbenlang  auf  baS  @ffen 
toarten,  roenn  fiel)  ©raf  23rümmer  eben  auf  ber  ^yagb  ober  im  Salon  ber  grau 
b.  53rocfborff  ergötzte.  Unter  ber  Safet  liebte  eS  (Sraf  23rümmer,  ftcf)  in  platten 
unb  friboten  ©cfjerjen  ju  ergeben.  2lbenbS  mutete  ber  s4kinj  in  Uniform  ben 
©efetlfctjaften  beirootmen,  bie  SSrümmer  in  ben  tjerjoglicfjen  ©emäctjern  beranftat= 
tete,  unb  am  Sanje  ber  Gürroadjfenen  üttjetl  nehmen.  Söenn  feitenS  ber  Cetjrer 
geflagt  roarb,  baß  ber  $rin<j  menig  ©iun  für  bie  ©rammatif  ^eige ,  gab  eS  t)ef= 
tige  Auftritte  unb  unpaffenbe  Strafen;  fo  lief}  ir)n  (3raf  SBrümmer  an  feinen 
SlrbeitStifct)  binben,  mit  entblößten  .^nieen  auf  @rbfen  liegen  ober  ftunbenlang 
mit  einem  SfelSbitb  um  ben  -£>a(S  jum  öffentlichen  2lergerniß  urntjergetjen.  Sää 
mag  als  "£robe  auS  einer  langen  !Jteilt)e  bon  ät)nlict)en  Sefcfjroerben  genügen. 
3)aS  Slergfte  aber,  toaS  bem  Sßrinjen  roibcrfufjr,  mar  bocr)  bie  9lrt ,  roie  man 
ben  üreligtonSunterridjt  betrieb:  je  nactjbem  bie  2luSficb,ten  auf  bie  £f)ronfolge 
in  Sftußlanb  ober  in  ©ctjtoeben  mel)r  in  ben  SSorbergrunb  traten,  warb  er  in  gried)ifctj= 
fattjotifcrjer  ober  in  lutrjerifctjer  Gonfeffion  unterrichtet,  mobei  fanattfctjc  ©eifttidje 
ftcrj  bemühten,  il)m  Mißtrauen  unb  i>aß  gegen  bie  Seljren  ber  gerabe  hei  ©eite 
gefdjobenen  ^Religion  einzuflößen,  ©o  roarb  ber  religiöfe  Rieben  oe§  J?naben 
jjetftört  unb  ib,m  gegen  ben  griecrjifct)=fatI)otifcrjen  SultuS  ein  Sötberroitten  bei* 
gebracht,  über  ben  er  auct)  fpäter  nie  boltftänbig  rjat  Jperr  roerben  fönnen.  $n 
roie  rjotjem  ©rabe  SSrümmer'S  33eljanb(ung  baS  ©emütr)  beS  ^rin^en  berbittert 
rjat,  feilte  fictj  fpäter  geigen.  35er  einzige  Sicrjtbticf  in  biefen  trüben  JHnbertageu 
mar  ber  $etfel)r  mit  ber  Jungfrau  2lliniuSf  feinem  .^inbermäbcfjen ,  bem  nodj 
ber  $aifer  fpäter  feine  SDanfbarfeit  bezeigte. 

1741  ^atte  bie  jüngfte  Softer  $eter  beS  ©roßen,  @[ifa6etl),  ben  ruffifcfjen 
Sfjron  beftiegen.  ©ie  roollte  bem  ^rinjen  5p. ,  als  bem  ©oljn  itjrer  älteren 
©cfjroefter,  bie  '•Jtadjfolge  auf  ben  ruffifcfjen  Stfjron  fiebern  unb  roünfcfjte  beSroegen 
feine  Ueberficblung  naef)  Petersburg.  3>n  Äiet,  roo  er  ber  ©egenfianb  inniger 
Stjeilnafjme  mar,  macrjte  man  9Jciene,  fiefj  feiner  Ueberfüfjrung  ju  roiberferjen. 
Gür  toarb  aber  nädjttidjer  Söeite  an  33orb  eines  ruffifcfjen  ÄriegSfcfnffeS  gebracht, 
baS  gleict)  barauf  in  ©ce  ging.  $m  Februar  1742  fjielt  ber  Sßrtnä  feinen  @in= 
sug  in  Petersburg,  bon  ber  Äaiferin  in  f)er,jticf)er  SDßeife  empfangen  unb  unter 
enblofen  geftticfjleiten.  2)ie  Äaiferin  roanbte  nun  feiner  SutSbitbung  if)re  be= 
fonberc  2lufmer!famEeit  ju.  ©eine  ^räuflidtjfeit  aber,  roieberfjolte  ernfttietje 
Äranlfjeiten  unb  bie  unter  biefen  Umftänben  boppelt  ermübenben  Slnftrengungen 
be§  Jpofteben§,  benen  er  fidj  trofebem  nicejt  entjieljen  burfte,  roirften  auf  ba§ 
©törenbfte  ein.  2lm  7.  18.  9lobember  1742  trat  er  jur  griecfiifcli-fatfjolifc^en 
Äirctje  über,  unb  roarb  als  $eter  Sßetroroitfdj  „ex  jure  sanguinis"  ^um  ©roß= 
fürften=3:ljronfotger  erflärt. 

Salb  nacb,l)er  am  4.  Januar  1743  fanb  fiel)  in  ^ülosfau  eine  fcbtoebifcb.e 
©efanbtfcrjaft  ein,  um  bem  ^rin^en  im  Flamen  be§  fcrjroebifctjen  9teict)§iatl)§  bie 
fdjroebifdje  Ärone  anzutragen.  Um  be§  bereits  erfolgten  UebertrittS  jiir  griect)i= 
ferjen  Äircr)e  roiüen  roar  bie  ©aetje  tjinfällig ,  fie  fetjeint  aber  auf  ben  ^rinjen, 
ben  man  über  feine  SluSfictjten  auf  ben  fctjroebifcr)en  2§ron  nie  genügenb  auf* 
geftärt  Ijatte,  einen  tiefen  SinbrudC  gemacht  p  tjaben.  @r  gab  feinem  ©djiner^ 
über  ben  SSerluft  ber  fcb,toebifct}en  Ärone  in  einer  2öeife  2lu§brucf,  welche  bie 
2lltruffen,  bei  benen  feine  Sfjroncanbibatur  biele  ®egner  fjatte,  berletjte.  S)ie 
Sactje  roarb  ausgebeutet,  um  u)m  bei  ber  Äaiferin  ju  fetjaben  unb  iljn  beim 
33otfe  unpopulär  ju  macljen.     ©cf^on  t)ier  liegen  bie  {feinen  Anfänge  ber  großen 


472  $et"'  &  ü-  ^"Blanb. 

^Bewegung,  bie  fpäter  gegen  ifjn  in8  2Berf  gefegt  tourbe;  es  ift  ,.le  commen- 
cement  de  la  fin". 

3Jm  -gjerbft  1743  erfranfte  $ß.  fo  fdjmer,  bafj  man  für  fein  Seben  bangte. 
2)ie8  üeranlafjte  bie  $aiferin,  Weldje  ba8  3lu8fterben  ber  9lad)fommcnfd)ajt 
v4>cter's  be8  ©rofjen  befürchtete,  bie  Vermählung  bes  16 jährigen  s4.Utnjen  gegen 
ben  bringenben  9tatf)  ber  3lerjte  in  ßrmägung  ju  nehmen :  itjte  2Bab,l  fiel  auf 
bie  bem  £)olftetn=©ottorpifdjen  £>al,fe  oerwanbte  5ßrin3efj  öon  3lnt)alt=3erbft,  bie 
jpätere  Äaiferin  Äattjarina  II.  ©ie  traf  mit  iljrer  fluttet  im  Februar  1744 
in  9Jco8fau  ein,  trat  am  9.  ^uni  b.  %.  jur  grtedjifdjen  Äirdje  über  unb  erhielt 
ben  Warnen  $atl)arina  3llertewna.  3118  im  .£>erbft  1744  bie  ^efibenj  öon 
sDlo8fau  nad)  Petersburg  öerlegt  würbe,  erfranfte  ber  ©rofefürft  auf  ber  Steife 
batjin  in  <5t)otilotno  an  ben  SSlattem.  2>ie  Äaiferin  mar  Sag  unb  Olad^t  an 
feinem  33ett  „dans  une  consternation  excessive".  mie  ber  preufjifdje  ©efanbte 
unter  bem  12.  Woöember  1744  berid)tete.  Ser  ©rofefürft  crtjoltc  fid)  ämar; 
g(eid)Wol  aber  mürbe  ijjm  bie  Äranffjeit  öerfjängnifjöotl.  3u"Ä^ft  fjörten,  bamit 
bie  Öteconöalesceu,}  nid)t  geftört  werbe ,  feine  ©tubien  auj.  3)aun  aber  entftett= 
ten  bie  s$odennarben  fein  ©cfidjt  bergeftalt,  bafj  $atf)arina  bes  petnlidjen  6in= 
bruds  nidjt  ^>err  werben  fonute.  3ludj  itjm  fetöft  entging  bie8  ntdtjt ,  unb  es 
liegen  f)ter  bie  Anfänge  einer  93erftimmung ,  bie  Jpäter  fo  fdjwere  folgen  nad) 
fid)  jiefjen  folltc.  (£s  fam  aber  nod)  (Sines  t)in<}u.  Söäfjrenb  ber  Sage,  wo  man 
ben  Job  be8  ©rofjfürften  fürdjtete ,  waren  3lUe ,  unb  bie  Äaiferin  nidjt  am 
wenigften,  öon  ber  %xaqe  ber  •'Jcadjfolge  im  ftcidj  tief  bewegt.  3m  ©taatSratf) 
brad)  fid)  bie  3lnfid)t  33af)n,  bafj  in  biefem  5flüe  feine  Verlobte,  bie  ©rojjfürftin 
$atrjarina  ju  feiner  Wadjfotgerin  ^u  ernennen  fei.  (Js  blieb  bie8  fein  ®et)eim= 
ntjj;  wer  öermag  ^u  fagen ,  Welche  ©ebanfen  bamit  in  ber  Seele  ber  jungen, 
ehrgeizigen  gürftin  aurgefeimt  finb? 

Sie  9Jermäf)tung  erfolgte  am  1.  «September  1745.  2)a8  etjelidje  2}erf)ätt= 
nifj  War  balb  unb  oft  getrübt.  6s  fdieint  fogar,  bafj  ^attjariua  fdjon  frürj  an 
ÜJcadjinationcn  gegen  ben  Stjronfolger  lljeil  genommen  I)at. 

3lts  ^)er^og  Don  £olfteiu  erhielt  *$.  am  11  $unt  1745  öom  beutfdjen 
#aifer  veniam  aetatis.  2)ie  Regierung  über  ben  ©ottorper  3lnttjeit  am  ^er^og* 
tt)um  ^polftein  Tüfjrte  er  öon  Petersburg  aus  mit  «jmei  Gonfeitä,  beren  eine8 
feinen  ©itj  in  Petersburg ,  ba8  anbere  in  Atel  tjatte.  6r  nabm  nun  (£infid)t 
in  bie  unöerantmortlidje  3lrt  unb  SBeife,  wie  wäljrenb  feiner  IJcinberjäfrrigfeit 
bie  Dtegierung  geführt  worben  war,  unb  eine  tiefe  sIfttfjftunmung  erfaßte  ifjn 
unter  ben  klagen  unb  gegenfeitigen  sJ(ufd)ulbigungen,  bie  jeftt  öon  brüben  Ijer 
ju  it)m  braugen.  SDer  ©ottorpifdje  ©efanbte  in  ©tocfljotm,  ©ebetmrattj  ü.  -§>ol= 
mer,  Welcher  IDcttgtieb  be8  Gonfeils  in  $iel  gewefen  war,  würbe  fofort  ah= 
berufen.  Ser  bis  batjin,  audj  in  Petersburg,  öielöermögenbe  ^pofmarfcf)aIl  ©raf 
33rümmer  warb  in  länblid)c  ßinfamfeit  nadj  Srittau  öerbannt.  S)ie  .Uieler 
Äanjlei  Warb  neu  georbnet  unb  bem  ^räfibenten  ftrenge  üDisciplin  etngefdjärft. 
S)er  Vieler  üßoftmeifter,  meldjer  ba8  SriefgetjeimniB  nid)t  geachtet  tjatte ,  warb 
jur  9tedjenfd)aft  gebogen.  S)er  ^uftiäöftege ,  ber  Verwaltung,  ber  Untöerfität 
wanbte  ber  .jperjog  feine  3lufmerffamfcit  ju  unb  ging  überall  otjne  3lnfetjen  ber 
5|3erfon  öor,  wie  öerfdjiebene  üteferipte  an  ba8  Bieter  ßonfeil  beweifen.  |>atte  er 
frütjer  auf  ba§  3tnbrängen  be§  ^offan^leri  ^edjtin  ju  ber  berüchtigten  Sßer» 
folgung  bes  ©etjeimrattjs  SBeftpljalen  (f.  b.)  fetbft  bie  .gmnb  geboten,  fo  geigte 
er  fidj  je|t,  über  ben  maljren  Sad)Dert)att  aufgeflärt,  bemütjt,  ba8  an  2öeft= 
ptjalen  begangene  Unredjt  wieber  gut  ju  maetjen. 

1754  warb  bem  ©rofjfürften  ein  ©ot)n  geboren,  ber  nadjmatige  Äaifer 
^>aul,  burdj  Wetdjen  er  ber  Stifter  be§  in  9ru|tanb  regierenben   ^>aufe8   warb. 


Sßetet.  473 

21m  25.  Secember  1761  5.  Januar  1762  ftarb  Äatferin  (Slifabett)  unb 
q3etcr  III.  beftteg  ben  £t)ron.  Seine  ferneren  Saaten  unb  Sdjidfale  gehören 
gana  ber  ruffifdjen  ©efd)id)te  an,  unb  fönnen  §ier  nur  pd)tig  angebeutet  toerben. 
er  begann  feine  Regierung  bamit,  20000,  unter  (Stifabeitj  nad)  Sibirien  Ser= 
bannten  bie  ©veitjeit  ju  Renten.  Reformen  füllten  auf  alten  ©ebieten  fofort 
inS  Seben  treten.  Die  tjeimlidje  Äanjlei  toarb  abgeftfjafft,  jene  StaatSinquifition, 
bie  feit  ben  Seiten  $toan'S  beS  ©rojjen  fo  biel  Unglüd  über  föufjlanb  gebraut 
tjatte.  2lnwenbung  üon  Tortur  unb  Änute  warb  Oerboten.  Unterm  27.  «Dtärj 
7.  Slpril  1762  legte  ber  £aifer  bem  Senat  fein  nationalöfonomifdjeS  ^ro= 
gramm  üor:  Sie  äöatbungen  füllten  gegen  SluSforftung  gefd)üfct  toerben,  ber 
£anbel  mit  ßorn  unb  Sieb,  freigegeben,  JpanbelSfactoreien  errietet,  ber  SßreiS 
auf  ©ata  fjerabgefe^t  »erben.  Sine  üerbefferte  Drganifatton  ber  ^Rechtspflege 
toarb  in  2tuSfid)t  genommen  unb  ein  fogenannter  aBorjtTafjrtSauSfdiufc  ernannt 
mit  ber  Aufgabe,  baS  allgemeine  2Bot)l  ber  Untertanen  ju  übermalen.  Sie 
@infub,r  üerfd)iebener  ßuruSgegenftänbe  toarb  Oerboten.  21ud)  ^peer  unb  flotte 
füllten  reorganifirt  toerben,  baS  §eer  nad)  preufjifctjem ,  bie  flotte  nad)  eng= 
lifdjem  «Dtufter.  Sogar  auf  bie  grtedjifc&e  üirefie  unb  itjve  Älöfter  erfiredte  fidj 
biefer  tjaftige  fteformeifer  beS  ßaiferä.  ^riebrid)  ber  ©rofje  bemerfte  au?  bie 
9tad)ricf)t  tjierüon:  „attaquer  ces  archimandrites  et  ces  popes  c'etait  se  faire 
des  ennemies  irreconciliables."  SIber  aud)  auf  üieten  anberen  ©ebieten  füllte 
man  fidj  in  feinen  berechtigten  toie  unberechtigten  ^ntereffen  bebrotjt  unb  beeinträdj* 
tigt.  9todj  amregenber  ütetteidjt  mirfte  beS  $aiferS  auStoärtige  fßolitit.  6r  toar  be= 
fannttid)  feit  lange  ein  begeifterter  Seret)rer  griebrid)  beS  ©rofjen,  mit  bem  er 
in  intimem  Sriefroecfjfel  ftanb.  %n  ber  2t)at  toar  eS  ein  füt)ner  @riff  in  bas 
ftab  ber  2Beltgefd)id)te,  als  ber  Äaifer  plö^lid)  bie  europäifetje  Koalition  fprengte, 
burd)  meldte  griebrid)  II.  jt<$  auf  baS  Sleufjcrfte  bebrofjt  fat).  2tm  16.  9Jtär3 
1762  warb  jnrifd&en  9tu^Ionb  unb  ^reufjen  ber  äßaffenftittftanb  gefdjloffen,  am 
5.  gjlai  ber  ftriebe,  in  toeld)em  bie  eroberten  unb  faft  fdjon  incorporirten 
preufjifcfjen  s$roüinaen  toieber  herausgegeben  mürben,  äöenn  3u  gleicher  geit  ber 
ßrieg  mit  SänemarJ  auSaubred)en  brof)te  —  bie  £eere  toaren  bereits  in  2Jtarfd) 
— ,  fo  toar  biefer  Ärieg,  in  bem  man  nur  bie  Verfolgung  ©ottorpifdjer  Jpaus= 
intereffen  fat),  nidjt  minber  unpopulär. 

Sie  forgfältig  üorbereitete  üteüoiution  fam  am  28.  3uni  9.  3uli  1762  3um 
9luSbrud).  Äat^artna  tourbe  jur  Äaijerin  ausgerufen,  $eter  III.  oerb^aftet  unb 
nad)  ftopfdja  gebraut.  £ier  toarb  er  am  6.  Suli  17.  3uli  in  brutatfter  SBeife 
meud)lingS  ermorbet.  5-  *>.  Ärogtj. 

^eter:  f.  aud)  ^ctruö. 

^Cter  0.  (Soblena,  Saumeifter.  Ser  «Käme  „SJlaiflet  $eter  Slainme£ 
üon  tobten^"  tritt  unS  juerft  1482—90  in  ben  ©teuersten  üon  Stuttgart 
entgegen,  hierauf  toirb  ber  5Jcann  1501  nod)  einmal  urfunblid)  genannt  als 
au  Urad)  fe^aft  unb  als  Weifter  ber  S.  2lmanbitird)e  ba,  beren  Sau  1499 
üollenbet  toar,  nad^bem  er  1479  begonnen  blatte.  Son  biefer  Äirdje  b,er  fennt 
man  fein  ^ei[teraeid)en  unb  ift  banad)  im  Stanbe,  feine  toeitere  2:t)ätigfeit  au 
üerfotgen.     Sa§  53ilb,  ba§  fid)  üon  berfelben  ergibt,  ift  folgenbeS: 

Sermutb^tid)  blatte  ber  ÜJleifter  in  ben  70  er  Sagten  als  fürfttid^er  93au= 
meifter  in  bem  Uradjer  2f)eit  beS  getrennten  äöürttemberg  bie  Sauten  geleitet, 
toetcb,e  ©raf  @berr)arb  im  Sart  bort  ausführte  (Sdjlofe,  5)cönd)S^of,  StiftS= 
firdje).  Sei  ber  Verlegung  ber  ütefibena  beS  roieberüereinigten  Sanbe«  nad) 
Stuttgart  1482  folgte  er  bem  ©rafen  bab^in,  um,  toat)rfd)einlid)  an  ber  Stelle 
beS  1470—78  genannten,  im  legten  3at)r  geftorbenen  ^arliers  ^>anS ,  bem 
Stuttgarter  fürfttidjen  Saumeifter   2ltbred)t  @eorg   als  ©eb,ilfe  bei   beffen  weit« 


474  $£tcr- 

öcrjroeigter  23autf)ätigfeit,  bie  in  Stuttgart  insbefonbere  bamats  bcn  gortbau  an 
ber  ©tiftßfirdje  unb  ©pitatfird)e  umTa|te,  ju  bienen.  $XDti  ^afjre  bor  beffen 
2ob  Ijattc  9Jlcijlex  5p.  1490  ben  'Dttittetpunft  feinet  Xfjätigfeit  toieber  nad) 
Urad)  öerfegt  unb  roirfte  bon  bort  aus,  meift  burd)  Untermerfmeifter,  an  einer 
fteitje  ftxc^lidjer  bauten  ( Anfingen  um  1487—95,  2öeitt)eim  unter  %ed  1489— 
1517,  ©etttngen,  £>&.  Urad)  feit  1494,  ^eutingsfyeim  feit  1487,  ©dmneber= 
bingen  1495,  Sltingcn,  Äartrjauje  ©ütetftein).  $m  Ätofter  £irfd)au  rjat  er 
1491  ben  nörbüdjen  ^lügel  bes  Atreujgangs,  mar)rfd)einiid)  auef)  anbete,  jetjt 
nid)t  met)r  erhaltene  33autt)eile  rjergefteüt ;  in  33laubeuren  bie  gan^e  JHofter* 
firdje  1491—1501,  tjier  untetftütjt  öon  bem  äuglcid)  als  33itbt)auer  ttjätigen 
©teinme^eu  9lnbo  (?  =  5Inton).  sJftit  ?Ubred)t  ©eorg,  beffen  ©djfiler  er  früher 
geroefen  fein  modjtc,  ttjeitte  s$.  bie  Vorliebe  für  bas  .gnneinjictjen  ber  ©trebe= 
pfeiter  in  bie  2ßänbe  bes  fiangrjaufes.  ©eine  §eimatt)  fann  ebenforoot)t  bas 
2)orf  ßoblenä  bei  3uvjad)  in  ber  ©dirocij,  als  bie  ©tabt  ßobtenj  geroefen 
fein.  3für  teueres  fpridjt  bas  SSorfommen  eines  9Jteiftets  $eter  öon  ßatjn  in 
äßaiblingen  unb  fteUbad)  1487 — 1519.  ©ein  33itb  mögen  mir  mit  iöeisbartr) 
an  bem  Uradjer  sülar!tbrunnen  finben.  Iftäfjeres  f.  in  meiner  ©djtift:  SBürtt. 
23aumeifter  u.  Silbtj. ,  ©tuttg.,  ß'ofjirjammer  1882  (©eparatabbrud  aus  ben 
SBürtt.  ^ierteliat)iäf).  f.  ßanbesgefd).  1882,   £eft  I— III).  ,u(emm 

s4>ctcr  t>on  ® reiben,  ein  ^eitgenoffe  üon  3>otjann  |>ufi,  föunte,  roenn 
ber  if)m  augefd)tiebene,  burd)  bie  bisherigen  ^orfdjungen  jeboer)  nod)  feinesroeg« 
fjinreidjenb  beroiefene  ^ntrjcil  an  ber  fjuffttifdjen  33erocgung  begiünbet  märe,  in 
feiner  SÄrt  eine  roettgefd)id)t[id)e  33ebeutung  beanfprud)en.  2ßirb  er  bod)  als 
einer  ber  Urheber  ber  ßefjre  üom  ?lbenbmar)t  unter  beiberlei  ©eftaü  (sub  utraque) 
unb  als  eifriger  Sefämpfer  ber  ßeljre  öom  ^gefeuer  genannt.  O^net  mirb 
U)m  ein  nadjtjaltiger  ©influfe  auf  bcn  befannten  $afob  OacobcHuS)  öon  9Jties 
•jugefdjrieben.  ©idjer  befannt  über  fein  ßcben  unb  2Birfen  ift  nur  golgenbes : 
sJiad)  bem  3eugniB  bes  2Iencas  ©rjlöius  tjat  ty. ,  als  beffen  .freimatb, ,  toie 
fcr)on  fein  SSeinamc  bezeugt ,  Bresben  ober  ein  biefer  ©tabt  benachbarter  £)rt 
anzunehmen  ift,  im  $at)re  1409  bie  Uniöerfitätsftabt  ^rag,  roofelbft  er  iat)te= 
lang  als  afabemifdjer  Setjrer  tt)ätig  geroefen,  infolge  ber  befannten  Äataftroptje 
mit  bcn  s$rofefforeu  unb  ©tubenten  jugteid)  öerlaffen  unb  ftet)  in  fein  33atertanb 
jurüdbegeben.  $n  bie  uädjftfotgenben  ^atjre  fällt  bann  bie  angebliche  2t)ätig= 
feit  $eter'§  an  ben  geterjrten  ©djufen  ju  Sfjemni^  unb  3ro'idau.  5Rad)geroiefen 
ift  feine  9lnmefent)cit  in  S)resben  im  3f.  1412,  roo  er  mit  einem  gemiffen  5Jlifo= 
lau<c  (jufammeu  an  ber  ©djute  jum  1)1.  Äreu^  a(8  2et)rer  mirfte.  SCBegen  S3cr= 
breitung  fefeerifdjer  Seljren  nad)  2Irt  ber  öon  Söiftif  unb  ben  börjmifdjen  Neuerern 
aufgeftettten,  mürben  beibe  Männer  fdjon  nad)  etma  jmeiiäb^riger  Serjrtrjätigfeit 
burd)  ridjtertidjeS  Urtrjeit  irjrer  geifttidjen  Dbcrbefjörbe  au§  ber  iltei^ner  SJiöcefe 
auigemiefen.  3fn  Segteitung  feine§  ©djidfalSgenoffen  fet)rte  ty.  nad)  i|3rag 
jurüd,  grünbete  in  ©emeinfd)aft  mit  ©rfteiem  eine  ©djute  (bursa)  bafelbft  unb 
t)at  in  ber  golge  mit  bem  öorerroafmten  Sncobettu§  (ju  Qmbe  bes  ^ar)re§  1414) 
ba§  3Ibenbmat)t  unter  beiberlei  ©eftalten  inöger)eim  auszufeilen  begonnen;  ein 
Vorgang,  ber  befanntlid)  bic  SBittigung  beö  bamats  bereits  in  Äonftanj  ein» 
geferferten  Jpufj  gefunben  ^at.  ty.  ift  fdjtiefjlid),  ba  er  bie  öon  if)in  —  an^ 
fdjeinenb  mit  mefentlicrjem  Srfotg  —  öerbreiteten  SOSiftif fdjen  Setjren  nidjt  miberrief, 
1421  auf  bem  ©djeitertjaufen  geftorben.  9iär)ereg  über  ba§  tragifdje  Snbe  bes  S5or= 
rcformatorS  tjat  ftd)  nid)t  ermitteln  (äffen  unb  mufj  tjierüber  fomie  über  feine 
äßirffamfeit  unb  Sebeutung  aU  fotd)er  überhaupt,  weiteren  llntcrfud)ungen  öor= 
betjatten  bleiben.  @in  befannte§  Äirdjcntieb,  in  meld)em  tateinifdje  unb  beutfdje 
3ei(en  gemifd)t  finb,  mirb  $.  ot)ne  ausreidienben  ©runb  jugefcfjrieben. 


$eter.  475 

ftlatbe,  ©efcbicbte  öon  ©adjfen  (©otlja  1867).  33b.  I,  @.  348.  — 
£eraog/S  «Äeal-enc^clopäbic  II,  ©.  394  u.  XIII,  ©.  218.  —  O.  M&er,  bie 
vtveuäfd^ute  in  Bresben  b.  3.  Sinfütjr.  ber  ^Reformation  (1539).  25reSben 
1886.     6.  33  u.  ff.  $aul  «Pf 0 tenbauer. 

*Pcter  öon  Duisburg  f.  SuSburg  (21.  S.  35.  V,  492). 
$etcr  öon  «ßilicfiSborf,  fprofeffor  an  ber  SCÖiener  Uniöerfität,  GanonicuS 
ju  ©t.  ©tep^an  unb  Pfarrer  öon  ^iticbSborf,  einem  nid)t  unanfebnlicben  Crte  am 
nörblicben  9tanbe  bei  9Jtarcbfelbe§  in  «ftieberöfterreicb ,  nacb  welkem  er  aud)  be= 
nannt  mürbe.  ®ie  «ftachrichten  über  ibn  fliegen  fefjr  föärlidj  unb  eS  läfjt  fidj 
auS  ben  älteren  SDocumenten  ber  Söiener  Uniöerfität  nur  eruiren ,  baf?  er  auS 
JpöberSborf  (|>ebetiSborf)  in  «Jtieberöfterteicb  gebürtig  mar  unb  mit  feinem 
Familiennamen  Gsngetrjarbi  (seil,  filius  Engelhardi)  biefj,  bafi  er  im  $.  1388, 
roo  er  nod)  ber  Slrtiftenfacuttät  angehörte,  jebod)  fdmn  baccalaureus  formatus 
auS  ber  2rjeologie  mar,  baS  9tectorat  befteibete  unb  in  ben  3fat)ren  1398,  1399, 
1401  unb  1402  fünf  9ftal  als  S)ecan  ber  tbeologifcfjen  ^acuttät,  an  meldje  er 
mabrfcrjeinlicb,  balb  nad)  feinem  Sftectorate  übergetreten  mar,  fungirte.  $on  ba 
ab  öerfebminbet  fein  «ftame  auS  ben  UniöerfitätSacten.  ®er  ^efuit  3fafob 
©reifer  entbedte  jmei  ©ebriften  öon  ibm  in  mehreren  (SobiceS,  öon  benen  jeboer} 
nur  ber  £egernfeer  ben  tarnen  beS  2lutorS  enthielt,  unb  ebirte  beibe  3U  ^ngol= 
ftabt  1613,  unb  ^mar  bie  erfte  berfelben:  „Contra  seetam  Waidensem  über"  ober 
.,Obviationes  s.  scripturae  contra  errores  Waldenses"  —  ein  niebt  unmidjtiger 
Sßeitrag  jur  $ircbengefcbicbte  —  ganä  in  36  Sapitetn;  bie  jroeite  bagegen: 
.,Tractatus  contra  pauperes  de  Lugduno"  nur  fragmentarifdj,  tbeitS  meil  ber  Gober 
einen  5U  febterbaften,  oft  finnlofen  üEejt  bot,  ttjeilS  toeil  itjm  einige  2Inficbten 
unb  Sleufjerungen  be§  SöerfafferS  ju  läöbifcb  fcrjienen.  ©ie  finben  fieb  aud)  in 
ber  ©efammiauSgabe  öon  ©retferS  SBerfen  («JtegenSburg  1734 — 41)  im  2. 
üfjeite  beS  12.  SBanbeS  unb  in  ber  Maxima  bibliotheca  veterum  patrum  (Lug- 
duni  1677)  im  25.  33anbe  ©.  277  u.  299.  S5ie  erfte  ift  aud)  nod)  Ijanbjdjrift» 
lid)  auf  ber  f.  t  äöiener  £ofbibtiotbef-  im  6obe?  4219  (£beol.  216,  ©.  212  a 
big  232  b)  öorhanben.  ftad)  ber  ©djtufjfcbrift  berfelben  Expliciunt  obviationes .  .  . 
1444  rüdten  bie  älteren  Siterartjiftorifer  Gaöe ,  gaöriciuS  unb  nod)  ^ödjer  bie 
C'ebrtbätigfeit  beS  SlutorS  in  bie  SUtitte  beS  15.  ^abrbunbertS  hinauf,  obroobl 
febon  ©reifer  in  feinen  ^rolegomeuiS  baS  ^abr  1395  als  GmtftebungSjeit  ber* 
fetben  auS  einer  Stelle  beS  30.  ßabitelS  nactjgemiefen  batte.  Obige  ©cblufj= 
formet  unb  Slatirung  ift  bemnad)  nur  als  3ufa£  eines  SlbfchreiberS  ju  nehmen, 
^ödjer  madjt  ben  Slutor  überbieS  nod)  jum  ^Jrofeffor  ber  Kölner  Uniöerfität, 
be^üglicfi  melcber  Angabe  bier  bie  Slnmerfung  genügen  mag,  bafy  %o].  |>artp 
fjeimS  bibliotheca  Coloniensis  (Col.  1757),  bie  alle  fötner  ©djviftfteller  mit 
irjren  Söerten  öer^eiebnet,  nidjtS  öon  ibm  toeifj. 

Sgl.    5lf^ba<^,    ©efcl).   ber   Söiener  Uniö.   im    elften   ^abrb.   ibre§  SBe= 

fteben§.     Söien   1865.     ©.    124   u.  586.  —  äöappler,    ©efeb.    ber   tbeolog. 

^acultät  ber  f.   f.  Uniö.  ju  2Bien.     1884.     ®.  364   u.  468  unb    bie  oben* 

genannten  Tutoren.  P.  91  nt.  2Bei§. 

^Ctcr  öon  «Jtofenbeim,    ein   Beiname,    ben    er    öon  feiner  ©eburtSftabt 

am  ^nnftuffe   fütjrte,    febeint    im    Sabre    1403  a(§  ©tubent    bem    «Jtector    ber 

Sßiener    ^pocbfdjule,   «Ricolau§   ü.  \Dtaa3en,   in  bie  ginfamfeit   öon  ©ubiaco  ge= 

iolgt  3U  fein.     $m  ^abre  1416  febrte  er  in  Segleitung  beffetben  nacb  2)eutfd)= 

lanb  prüd  unb   mürbe  1418   3U  Äonftanj   öon  tyap)t  Martin  V.  mit  anberen 

3ur  s5teformirung    be§   3Senebictinerorben§    au§gefenbet.     $•    9^9   äunäcbft  nad) 

^clf,  wo  er  balb  als  $rior  erfefeeint,  unb  befucrjte  nun  eine  9teibe  gröfjtentbeilS 

bairifeber    ßlöfter,    um    bie   eebte  Dtegel   ©t.  SenebictS   toieberberauftellen.     %m 

^.  1432   reifte   er  im   auftrage  ber   SoncitSöäter,    bie  ju  35afet  tagten,   nacb 


476  5p«tet. 

Sööljmen,  too  er  ber  ljuffitifdjen  Bewegung  (Jinljatt  tljun  foüte.  58on  ben  6r= 
folgen  jetner  ütljätigfeit  ift  nid)ts  befannt.  ©ein  Reinigung  erfolgte  tt?at)i^etn= 
lid)  am  5.  Januar  1441;  bas  £obesjaljr  i[t  nidrt  ööllig  fidjer.  Sritljemius 
fpridjt  fid)  über  itm  mit  großem  Sobe  aus.  ©ein  £>auptroerf :  „Roseum  merao- 
riale  divinorum  eloquiorum".  roorin  jebes  Kapitel  ber  ©djrift  in  einem  2>iftid)on 
gegeben  ift,  erlebte  niete  Auflagen. 

Äeiblinger,  ®efd)id)te  be«  S3enebiftinerftifts  «Dtett.     I,  489  ff.  —  Äobolt, 

®etet)itenlej:ifon  unb  ftadjträge.  ©.  SBefterm  an  er. 

^3ctcr  öon  ©adjfen,  einer  ber  roenigen  abtigen  sperren,  bie  fid)  nod)  in 
ben  testen  2)ccennien  bes  14.  ^arjrljunberts  in  beutfdjer  ßrjrif  öerfucfjten.  ©inen 
SSarant  jum  Sobe  ber  9ftaria ,  bas  einzige  fieser  irjm  gehörige  ©ebictjt,  bas  er* 
tjalten  ift,  überfanbte  er  bem  gelehrten  ,!pt)mnenbid)ter  unb  =überfeher,  bem 
9J!öncrj  öon  ©atjburg  (f.  21.  5D.  23.  XII,  165),  ber  bie  ®ahi  burd)  ein  latei« 
nifdjes  Sieb  ätjntidjen  3>nt)att«S  unb  gleicher  (freitief)  öereinfadjter)  gorm  er* 
roiberte.  Meters  Sieb,  in  einer  reimreidjen  öerfünftelten  ©troölje  öerfaßt,  rjäuft 
in  meifterlidjer  2Irt  Sobesepittjeta  auf  9Jtaria:  ben  bitter  öerrätf)  9iid)ts.  ftür 
ein  in  berfelbeu  gortn  abgefaßtes  ^D^ailieb  fteljt  tyttrti  SBerfafferfdjaft  nidjt  feft ; 
abroeidjenbe  23et)anbtung  bes  Sluftafts  jeugt  gegen  fie.  9cod)  bie  2>id)tcrfatatoge 
beä  16.  ^atjrtjunberts  fennen  *p.  Oon  ©adjfen  unter  bem  entftettten  tarnen 
SJJeter  ober  ^etetlein  ©adjs. 

ajleiftetlieber  ber  Äotmater  ^panbfdjrift ,  fjrsg.  ö.  33artfd),  ©tuttg.  1862, 

©.  6,  7,  90,  184.  Ütoetfje. 

v4>Ctcr  bon3ittau,  ber  einige  ©efd)idjtfd)rciber,  roetdjer  über  bie  Anfänge 
unb  erften  ^atj^erjnte  bes  luyemburgifdjen  Kaufes  in  2jöl)tnen  ausfüfjrlid)  berief)* 
tet,  ber  bebcutenbfte  ©efd)id)tfd)reiber  23öf)mens  im  14.  Safyrfjunbert  überhaupt, 
rourbe  um  1275  in  ber  ©tabt ,  nad)  roeldjer  er  genannt  roirb  unb  bie  bamals 
ju  23öljmen  gehörte,  geboren,  ©eine  Sebensoertjättniffe  fennen  mir  erft  Don  bem 
2lugenbtide  an,  ba  er  in  bas  Giftcrcienferflofter  .ftönigfaat  (Aula  regia)  eintrat, 
roeldjes  ber  $önig  SJßenjet  II.  ein  Satyrjeljnt  pbor  geftiftet  unb  reid)  begabt 
Ijatte.  ©ein  Eintritt  büifte  faum  öor  1303,  nadjbem  er  fid)  jjuöor  öergebens 
bei  ben  Äreujrjerren  um  2Iufnafjme  beroorben,  erfotgt  fein.  Um  1308  beenbete 
er  fein  ^obijiat ;  ad)t  ^aljre  fpäter  rourbe  er  2lbt  bes  iflofters.  3fn  ber  9ieit)en= 
folge  ber  Siebte  mar  er  ber  ©ritte,  ©eine  Verwaltung  fiel  in  eine  fetjr  fdjroere 
3eit,  benn  bie  ©teuern,  bie  ber  unterner)mungsluftige  Äönig  $ofjann  bem  .ftlofter 
auferlegte ,  fliegen  aHmätjlid)  iuS  lluerfdjroinglidje ,  unb  fo  mar  bas  ©tift  um 
1338  fo  rjerabgefommcn,  baß  feine  Sluflöfung  roegen  bes  ©rucfes  ber  ©djulben 
beoorftanb  unb  ber  9Jtar!graf  $arl  üou  IWcärjren  bemfelben  3000  ©djorf  5ßrager 
©rofdjen  borjuftreefen  genötigt  mar.  s#.  entfagte  unter  biefen  Verfjältniffen 
gern  feiner  äßürbe  (1338).  ftitfjt  lange  b>rnad)  —  toat)rfd)einlid)  1339  —  ift 
er  geftorben. 

2Bäf}renb  feiner  ^um  Jtjeil  aufreibenben  5tr)ätigfeit  alg  2Ibt  fanb  ty.  nod) 
Wufc  ju  fd)riftfteEerifd)er  Sfjätigleit :  er  glänzte  als  $an,}elrebner  unb  l)inter= 
ließ  einen  93anb  ^3rebigten;  feine  ©d)rift  —  ein  Setjrgebid)t  -  über  „bie  @r* 
bauuug  einel  angel)enben  ßlerifer«"  rourbe  feinerjeit  gern  gelefen  unb  fanb 
große  Verbreitung.  2lm  roidjtigften  aber  roar  e§,  baß  er  einen  £r)eit  feiner 
5Jtuße  t)iftorifd)en  ©tubien  ^uroanbte.  2ln  eigenen  gefditd)ttid)en  2luf<jeid)nungen 
roar  ^önigfaal  bei  ber  furzen  3"t  feine§  33eftet)en§  arm.  (Sinige  Dloti^en  über 
bie  roid)tigften  fünfte  ber  böfjmifcfjen  ©efd)id)te  mürben  roofjt  balb  uad)  1292  au§ 
befannten  GueÜen  jufammengefteÜt  (bie  fog.  Annales  Aulae  regiae).  9Ils  bann 
3Benjet  II.,  ber  3?it  feines  Sebens  bem  Älofter  geroogen  roar  unb  fid)  gern  als 
^titgtieb  beffetben  betradjtete,  1305  geftorben  toar,  ging  man  baran,  fein  3In= 
benfen  burd)  bie  Stbfaffung  feiner  Sebensgefd)id)te    ju  öereroigen,  unb  biefe  ?luf= 


$eter.  477 

qabe  würbe  bem  «J)cöncb>  Otto,  genannt  oon  2fjüringen ,  ber  ftüb>r,  freilief) 
nur  auf  furje  Seit  (1297—98),  baä  Äloftet  geleitet,  einem  fränflicfjen  fct)üd)= 
lernen  «Wanne,  übertragen.  Serfelbe,  feiner  Aufgabe  wenig  gewactifen,  fcfjneb 
SBenjel'S  Öeben  bis  äum  3ab>  1296  im  ©Ute  mittelalterlicher  Segenben,  üer- 
febwieg  Pieleä  unb  berichtete  manches  burd&auS  fef)lert)aft.  «Jtacf)  £)tto;ä  2ob 
iorberte  ber  2lbt  Mann  III.  Pon  SBatbfaffen  feinen  ftreunb  %  auf,  bie  33io= 
qrapbie  äBenael'8  äu  beenben  unb  biefer  folgte  bem  «Jtattje;  boct)  [teilte  er  ftd), 
e8  war  ba§  in  ber  3eit,  ba  er  aum  2tbt  gewählt  würbe,  fem  3tel  biet  f)öf)er: 
3*  werbe"  fagt  er  in  ber  SBibmung  an  ben  «Abt  Pon  28albf  äffen ,  „ntd)t 
btofc  öon  bei  ©rünbung  bon  Äönigfaal  unb  öon  ben  Äönigen  SötjmenS ,  bte 
in  meiner  Seit  gewefen  finb ,  fpre($en,  fonbern  auef)  Pon  anberen  Äömgtetjen 
unb  Sänbern,  geifttic£>en  unb  weltlichen  dürften,  Don  öerje^ebenen  Gtetgnttfen, 
an  benen  fiel)  beä  SeferS  ©inn  erbauen  tann."  (£8  finb  alfo  tm  2£ef entließen 
feine  (Srleoniffe,  bie  er  fd)ilbert  unb  bie  man  feine  «Dcemotren  ju  nennen  gemotjnt 
ift  —  nietjt  ganä  richtig,  ba  er  feine  «Jlacf)ricb>n  äiemlicf)  gleichzeitig  mit  ben 
greigniffen  niebergef ^rieben. 

2)afc  er  ju  biefer  Arbeit  in  t)ot)em  ©rabe  be|ät)tgt  war,  t]t  ftetjer:  er  führte 
eine  gewanbte  unb  toer^altmfcma&ig  gute  fteber  unb  fjatte  für  ba8,   wa3  er  et* 
tablt,  wofern  er  nidtjt  «Augenzeuge  war,  ftetS  ausgezeichnete  Quellen,     ©e^r  mel 
banft  er  bem  erften  «Abte  öon  ßönigfaal,  Äonrab   bon  ßrfurt,    einem  tüchtigen 
©taatsmanne,  ber  p  äöenjet   IL,    2öenäet  III. ,   «Rubolf  L,    bem  Äatfer   ©ein- 
ri4  VII.    namentlich  aber  ju  $eter  P.  «Spelt,  bem  (gra&tfäot   Pon  SKatn^    m 
naften   «Bedungen  ftanb.     ©einem   «Abte  tjatte  er  e3  auef)  äu  banfen,   ba*  er 
fetbft  bei  bebeutenben  ©taat§actionen,   wie  j.  SB.   bei  ber  Hebung  be8  aurem- 
burqifcfien  ßaufeS  auf  ben  böfjmifcf)en  £f)ron  fettig  fein  tonnte.     3m  3-1297 
mar  SB.  3euge  ber  Ärönuna,  1305  be3  «BegräbniffeS  «ffiensel'S  IL;   er  falj  naef) 
bem   £obe   Söenjel'S  III.   bie    anarct)ifc£)en  Suftänbe    in  «Böhmen    unb  begleitete 
1309  feinen  «Abt  na$  £eilbronn,  Wo  bie  testen  33erf)anb  hingen  ftattfanben,  bie 
3obann,  bem  ©of)ne  be3  $aifer§,  bie  flrone  «Böb>en3  fieberten.     1310  war  «£. 
mit  feinem  2lbt  in  fjfranffutt,  1313   im  Begriffe,   mit   bemfetben  nad)  Stalten 
m  geben,  als  bie  Ülad)rid|t  Pom  £obe  be3  ßaiferS  ^einrieb,  VII.  eintrat,     eben» 
fo  natte   er  ©etegent)eit ,   einzelne  ßreigniffe,  bie  fiel)   bei  ber  Äömg3wal)l  lub- 
toiq'8  abfpielten,   nät)er  m  beobachten.     2113  HM   genofc   er  ba3  Vertrauen   ber 
Königin  @lifabetl)   in   ^ot>em  ®rabe;    wir  finben  it)n   in  ber  tfolge   al3  £l)txi- 
netimer  bei  Pieten  ftejtlicfcfeiten  unb  wichtigen  (Sreigniffen   innerhalb   ber   fontg- 
tieben  gamilie.     3m  3.  1317  wol)nte   er   als  5lbt  Pon  Äönigfaat  bem  jkager 
2anbe§tage  bei,  Wetter  bei  ©t.  Stement  abgehalten  Würbe.     33on  ber  JoniS"t 
beauftragt    ben  Äöniß  in  Sujemburg  aufaufucl)en   unb  3ur  ^eimte^r  nad)  Söö^= 
men   m  bewegen,   traf   er  benfetben  in  Srier.     3n   ben  fotgenben  Sauren  war 
er  Seuge  ber  3wiftigfeiten   im  föniglic£)en  ^)aufe   unb   ber  wirren  Smtanbe  beS 
«anbe§;  1320  fat)  er  bie  «Belagerung  ber  «Ältftabt  %xao,  bur($  ben  Äontg.    3n 
ben   Sauren   1323—1325  finben   wir  itm   in  ber  Umgebung  ber  Königin,   al§ 
biefelbe,  entzweit  mit  it)rem  ©emaljl  unb  fern  pon  biefem,   m  Äamb  tn  33atern 
lebte      1328  weilt  er  in  «fltal>ren,  im  fotgenben  3a$re  legte   er  tm  «Kamen  ber 
Königin  ben  ©runbftein  au  einer  neuen  Äitdcje  inÄbnigfaal;  1331  finben  Wir :  ttm 
in  «JtegenSburg  in  ber  Umgebung  be§  ßbnig§  ^am,  ber  bafelbft  mit  Subwtg 
pon    üBaiern   Untert)anblungen   führte.     Um  3-  1333   ift   er  in  flömgfaal   mit 
bem   Sau   einer  toftfpietigen   «löafferleitung  befc^äftigt;    1334  ^iett    er   nc^  aur 
ber  Keife   m  bem  DrbenScapitel  in  «Jöürjburg,  Xrier,  ©lairbauj,  Stjon    «partä 
n    a.  D.  auf.     1335  wohnte  er   in  3naim  ber  £ocb>it  Otto'8  Pon  Oefterreic^) 
mit  3lnna   Pon  «8öt»men  bei.     1337    machte   er  feine  lefete  «Reife  pm  ©eneral« 
capitet.     S!aS  SBi^tigflc  ift ,   ba£  er  auf  folgen  «Reifen,   ju  benen  er  als  Abt 


478  $eter- 

öerpflicbtet  mar,  eine  Stenge  ^totijen  fammette  unb  fie  fofort  nieberfdvrieb.  23on 
befonberem  SBertbe  finb  bie  aaf)Ireid)en  23riefe  unb  Ihfunben,  meldje  er  in  feiner 
ßfjronif  mittt)eitt.  2Bie  uns  biefe  rjeute  üorliegt,  befielt  fie  aus  bvei  23ücbern 
öon  ungleichem  Umfange:  baS  erfte  umfafjt  nämlicb  120,  baS  jmeite  34,  baS 
britte  nur  15  ßapitel.  SDiefe  Stntljeilung  rJHjrt  baber,  bafc  *ß.  feine  ßbronif 
in  brei  23änben  öon  ungleichem  Umfange  nieberfcJjrieb-  2IuS  biefem  Umftanbe 
erflärt  fidj  aud)  baS  23orfommen  öevein.ieltev  23änbe ,  öon  benen  fieb  tjeute  ber 
erfte  in  5)onauefd)ingen  unb  Ütaubnit}  unb  ber  jroeite  (^lutograpb)  in  ber 
Vaticana  befinbet.  2Bie  bie  einzelnen  23ücber  iljretn  Umfange  nad)  üerfebieben 
finb,  fo  ift  bieS  aud)  nad)  ibrem  inneren  2Bertrje  ber  fiatt..  $ür  bie  erfte  3eit, 
ba,  mo  er  bie  Slrbeit  feineö  Vorgängers  iortfefct,  fprid)t  ^.  nid)t  als  klugen* 
aeuge,  fonbern  nur  bom  Jpörenfagcn.  ^eitgenoffe  unb  für  baS  meifte,  roaS  er 
eraäblt,  aud;  2lugenjeugc,  ift  er  öon  ben  testen  3|afjren  SBenaelS  II.  angefangen, 
ftür  bie  Regierung  2Benacl'S  III.,  föubolf'S  öon  Defterreidj ,  .speinrid)'«  öon 
jfärnttjen  unb  £jiobann'S  bietet  fein  SBerf  eine  midjtige  ^unbgrube.  ^)ie  unb  ta 
etruaS  ju  febarf  —  oft  etroaS  öoreilig  —  in  feinen  lltttjeilen,  läfst  er  fid)  bod) 
öon  ber  Seibenfdjaft  niemals  au  roeit  tjinretfjen;  baber  entfpriebt  benn  aud) 
feine  5£arftettung  ber  Singe  in  23öf)tnen  feit  bem  Ausgange  ber  nationalen 
SDrjnaftie  im  2Befentlicben  ben  tljatfäcbticben  23erb,altniffen.  2öaS  bie  for= 
meüe  Seite  beS  SöerfeS  betrifft,  ift  fie  eine  ber  merfroürbigften,  bie  mir  im 
14.  ^abrljunbert  finben;  einem  jcben  Kapitel  läfjt  ^.  2)erfe  (leoninifebe  Jpej:a» 
meter)  folgen,  meld)e  bie  ©efüfjle  beS  ©d)reiberS  bei  (Gelegenheit  ber  Sarftellung 
einzelner  tnftorifdjer  2t)atfad)en  enthalten  unb  bie  ^anbtungeu,  roeldje  eraäblt 
roerben,  mit  ßob  unb  tabel  begleiten.  5ß.  fjatte  bie  XUbficbt ,  baS  ganje  Söerf 
in  bie  ftorm  öon  9teimdjronifen  umjugtftatten ,  ift  aber  ju  biefer  Umarbeitung 
niemals  gefommen.  2)ie  ßönigfaater  (Stjronif  erfreute  fid;  in  23öbmen  großer 
Beliebtheit.  ©ebon  brei  $abre  nad)  fßetet'S  2obc  mürbe  fie  öon  bem  2)omt)erru 
gtanj  öon  $rag  üollig  abgefebrieben  unb  mit  einigen  gufäken  unb  einer  tfoxt- 
fetjung  bis  1351  öerfeften;  aud)  nodj  baS  ©efd)id)tSrDerf  bei  23enefd)  ö.  2Bcit= 
müfjl,  eines  3e*r3enolTcn  ÄarlS  IV.,  fnüpft  an  ^etcr'S  Grjronif  an. 

2)rude:  1.  $n  Q-veljerS  SS.  rer.  Bohemicarum ,  Hanoviae  1602  (enthalt 
nur  baS  äroeite  23ud)  nadj  bem  in  9tom,  bamatS  nodj  in  .sjeibclberg  bcfinblidjen 
9lutograpt));  2.  i^m  V.  33b.  öon  SDobner'S  Monumenta  historiae  Boemica, 
ißrag  1784,  bottftänbig  nad)  ber  ^gliucr  .^anbfdjrift.  3.  9JUt  Senü^ung 
aller  .^anbfdjriften  t)rSg.  öon  fiofertt)  unter  bem  2itel  „S)ie  Äönigfaater  ©e= 
fcb,id)tSqueHen  mit  ben  3ufä^en  unb  ber  goi'tfevjung  beS  SJomcjcrrn  fixan^  öon 
^vag"  im  VIII.  33b.  ber  Fontes  rer.  Austriac.  1.  2lbtt).  Scriptores.  4. 
9Jtit  tfd)ed)ifcr)er  Einleitung  unb  flöten  eb.  öon  ßmler  im  IV.  33b.  ber  Fontes 
rerum  Bob.  ^l*a9  1882.  —  S)ie  gefammte  Sitteratur  über  ^ßeter  ö.  3-  *n 
0.  Sorena,  ©eut^lonbä  ©efc&idjtSqueaen  im  «öl.  21.  I,  292—303.  —  Sögt, 
ßofertlj,  bie  $önigfaater  ©efd)id)tSqucllen.  Ätit.  Unterfucbung  über  bie  @nt= 
ftebung  beS  Chronicon  Aulae  regiae   im  LI.  23b.   beS   3lrd).  f.    öfterr.  ©efet). 

Sofertb. 
tytttX:  ßbriftopb  %,  ßomponift,  geb.  1626  au  Söeiba  im  S3oigtlanbe,  fam 
1650  öon  ©ro^enbain  nad)  ©üben  als  ßantor  unb  Sebrer  an  ber  grjmnafialen 
©tabtfebute.  £)ier  entmidette  er,  namentlid)  bureb  ben  ßieberbiebter  %ot).  %xand 
(51.  2).  23.  VII,  211)  angeregt,  eine  lebbafte  Sbätigfeit,  aunäcbft  bureb,  Verausgabe 
eines  mot  für  ben  firdjticrjen  ©ebraueb  ber  ©emeinbe  beftimmten  ©efangbudjeS,  beS 
erften  in  ber  Ütieberlaufit} ;  eS  erfebien  in  fjfreiberg  in  ©aebfen  1655  unter  bem 
Xitel :  „2lnbadjtS=3t)mbeln  ober  2tnbäd)tige  unb  geiftreiebe  . .  ©ef änge .  .  in  öier 
unb  fünf  Stimmen  öon  Gbriftopt)  Metern  ©angmeifter  au  ©üben"  (23gl.  ßaufitj. 
53lagaain  23b.  50  ©.  131  f.).     §iur   brei  ©jemplarc  finb  ermittelt.     Unter  ben 


5ßeter.  479 

274  ©efdngen  tjerrfdjen  bie  Sutljerifdjen  bor;  bie  5tufnaljme  neuerer  ßieber  neben 
biefen  wirb  im  2)orwort  auäbrüdlid)  begrünbet.  Unter  letzteren  finb  am  %a§h 
reiften  bie  feineä  greunbe§,  bei  genannten  ©ubener  33ürgermetfter§  grandl, 
•m  beren  16  er  (Sompofitionen  geliefert  r)at  (Ijier  noef)  nidjt  al§  bie  feinigen 
gefennäeidjnet).  (Sine  jtoeite  Auflage  bereitete  er  1661  bor;  fte  ift  aber  bi§ 
jetjt  nid£)t  nadj)Wei§lict).  ßiturgifdje  ßombofitionen  enthält  fein  1659  beröffent= 
lidjteä  „Precationum  thuribulum".  1667  erfdjienen  feine  24  „geiftlidijen  Strien" 
mit  Snftrumentalbegteitung,  barunter  6  neue  2Mobien  grand'fdjer  ßieber;  18 
weitere  p  foldjen  finb  in  be§  2)idjter8  „(Seiftlidjem  ©ion"  1674  ljerau§gegeben. 
@r  ftarb  am  4.  2)ecember  1669.  Sljaraftcriftifdj  für  feine  (Sombofitionen  ift 
ba§  gafetidje  unb  ©efäßige  berfelben.  ©ein  Sonfai  ift  bem  bon  £.  albert, 
£.  ©djein,  ©efiu§,  befonberä  aber  bem  bon  3olj.  Grüger  ä^nttd^ ,  bon  S)iffo= 
nan^en  nidjt  gan3  fo  frei,  wie  ber  bon  ©djein.  3m  firdjlidjen  ©ebraudje  ljat 
fid)  feine  feiner  Gelobten  erhalten. 

9tod)  in  b.  (Suterbe,  1857  ©.  146  ff.,  1863  ©.  170  f.,  1874  ©.  169. 

£•  Sentfd). 
^etcr:  $oane§  2öenceätau§  $.,  9Jtaler,  geb.  ju  ÄarlSbab  (23öfnnen) 
(laut  2aufbud))  am  9.  September  1745,  f  au  9tom  am  28.  ©ecember  1829, 
toar  ber  legitime  ©oljn  be§  3?arl§baber  23ürger§  unb  SSfidjfcnmadjerS  $ol).  ©eorg 
*ß.  SSorgebilbet  im  bätertidjen  £>aufe,  bann  ju  einem  tüdjtigen  ©rabeur  in  bie 
Selire  gegeben,  mürbe  $.  tjierauf  ©etjitfe  eine§  äöaffenerjeugerg»  bei  bem  er  fidj 
burdj  forgfältig  ausgeführte  ßifelirungen  Ijerbortljat ,  unb  in  $otge  babon  ba§ 
befonbere  ^ntereffe  be§  in  ber  ßurfiabt  toeitenben  ©rafen  ^ofebt)  b.  ftauni|, 
bamatigen  faiferlidjen  öfterreidjifdjen  23otf^after§  am  bäbftttdgeu  £>ofe,  auf  fidj 
30g.  ©erfelbe  fjielt  iljn  nämtid)  für  bie  33itbl)auerei  berufen  unb  bemirfte 
barauffnn  unter  woljtwotlenbftem  33eittjun  feine  Sßerfetmng  nad)  9tom.  S)ort 
gan^  befonber§  intereffirt  für  bie  äßerfe  ber  ^laftif  au§  claffifdjer  23or3eit,  burdj 
fie  audj  befangen  für  bie  23ilbljauerei,  mar  eben  in  5°lQe  babon  —  mie  fein 
9Wrologift  Ijerborljebt  —  $eter§  erfteS  2Serf  in  biefer  ßunft  ein  23a§reüef  bon 
3Wan3tg  giguren  au§  gebrannter  ®rbe,  weldje§  bon  Sorb  33rifiol  gefauft  tourbe 
unb  jtdj  gegenmärtig  in  ßnglanb  befinbet.  ^nbefj  bom  Erfolge  auf  biefem 
©ebiete  nidjt  befriebigt,  metjr  unb  metjr  fjingeaogen  auf  ba§  ber  9Jlaterei,  unter= 
30g  er  fidj  biefer  9ftidjtung  nadj  eingeljenben  ©tubien  an  ber  9lfabemie,  fudjte 
namentlich  S3erbottfommnung  im  Sluäfüfjren  beS  Warften  3U  erlangen,  bie  itjn 
aber  merfwürbigerWeife  auf  bie  ££)iermalerei  len!te  —  bie  er  fortan  mit  ebenfo 
bieler  Vorliebe  al§  facf)Iid)er  Begabung  übte.  2>a§  seitgenöffift^e  Urteil  t)ter= 
über  tautet:  „©uidj  unermüblidje»  ©tubium  mar  e§  i^m  gelungen,  nicf)t  nur 
bie  Färbung,  ba§  %eU,  bie  9Jtuefel,  bie  einem  jeben  SL^tere  eigen  finb,  auf  ber 
ßeimoanb  mieber^ugeben ;  fonbern  er  fteüte  aud)  beutlidt)  mabrne^mbar  ben 
SudjS  unruhig,  ben  Siger  grimmig,  ben  ßöroen  gro^mütfjig  bar;  furj  er  mufjte 
feinen  ©emälben  ein  foId^eS  Seben  mitjuttjeiten,  ba§  man  nid^t  allein  bie  501> 
men,  fonbern  aud)  ba§  eigentljümlidje  ber  bargefteEten  ©efdjöpfe  in  ©tellung, 
^ßemegung  unb  9taffe  genau  erfannte."  SCßäljrenb  biefer  Ummanblung,  bie 
boEen  tünftlerifdjen  Erfolg  nad)  fid)  30g,  gemann  ^.  augteid)  einen  neuen, 
einflu|reid)en  ^ßrotector  im  dürften  3Jiarc=51ntonio  33orgl)efe.  ©ingefü^rt  burdj 
iljn  unb  embfol)Ien  im  Weiten  Greife  ber  römifdjen  Äunftfreunbe ,  gab  e§  in 
ber  bamotS  nod)  Weltbel)errfd)enben  2:iberftabt  balb  feinen  gefudjteren  unb  be= 
fdjäftigteren  ^Diäter  wie  ben  fdjtidjten  „^ßeter  bon  ÄarlSbab".  —  gortgefe^t 
befteHtc  Silber  nahmen  iljren  SCßeg  in  bie  ©ammlungen  be§  Duirinal,  be§ 
$ala33o  Sorloni,  nad)  Neapel,  glorenä,  ^Jlailanb ,  nad)  granfreid) ,  ©banien, 
SJeutfcljlanb  unb  Söljmen,  fRu^tanb,  Slmerifa,  bor  allem  nadj)  Snglanb,  Wofjin  er 
befonber§  biele  ©djilberungen  bom  Seben  unb  treiben  SfegtimS  3U  malen  fjatte. 


480  Veter. 

—  3fn  einem  .öauptbilbc  groften  Umfangeg,  bag  irbifd^e  ißarabieg  barfteltenb, 
bereinigte  iß.  enbtid)  aüe  feine  ßieblinge  au§  bem  95ercicr)e  ber  Söierfü^tev,  9tep= 
tilien  unb  33öget  in  einem  reijenben  ©arten  alg  friebXicfje  ©cfett^rfiaft  bei  erften 
iUtenfcfjenpaareg.  2)ie  9)ottenbung  beffelben  öerjögerte  fid)  aber  big  natje  an 
fein  8eben§enbe,  unb  gelangte  bann  in  ben  33efit$  ber  ßucag=5lfabemie,  an  met= 
djer  iß.  aud)  lange  3eit  alg  ißrofeffor  roirfte.  —  Sin  mir  befannt  geroorbeneg 
2Berf  öon  iß.  (ber  ißroptjet  SDaniel  in  ber  ßömentjötjle  —  3  ©djutj  tjocrj ,  4 
©djuf)  2  3°ü  breit)  befanb  fid)  öormalg  in  ber  ©emälbegalerie  patriotifetjer 
Äunftfreunbe  <}u  ißrag.  2U§  jugenblid)  fetjöne  ©cftalt  mit  erhobenen  Firmen 
unb  nad)  Oben  gerichtetem  23licfe,  im  Greife  öon  fünf  ftattlidjen  Jörnen  bar* 
geftettt,  lieft  fid)  ber  Pon  ber  ßegenbe  gefctjilberte  Vorgang  tcidjt  errattjen.  33e= 
äeicfjnet  mit  ber  3arjrcg5af)t  1798,  mar  ber  ftar  angeorbneten,  auf  gute  Stubien 
bafirten,  farbenfräftigen  Slugfütjrung  mal  anjufeljen,  baft  bag  üßtlb  ber  iötüttje* 
jeit  feineg  ©djaffeng  angehöre,  ^wei  anbere,  in  iRom  fjodjgerjattene  ©emäfbe, 
in  melcfjen  iß.  iülenfdjen  =  unb  ütfjiergeftaltungen  glücflid)  ju  öereinigen  muftte, 
maren  £>erfuleg  unb  SDiana.  —  33on  nidjt  geringer  ibebeutung  ift,  baft  aud) 
©oetfje  in  feinem  (Jntrourf  einer  @efd)id)te  ber  $unft  beg  18.  ^arjrfjunbertg 
ißeterg  mit  ben  Sßorten  gebentt:  „SDiefer  trefftieße  Üljiermaler  Pereint  in  feinen 
sbarfteflungen  mit  iRaturfinu  nod)  bie  toefenben  (Jigenfdjafteu  einer  fd)önen  mar= 
figen  53cl)anblung  unb  glänjenben  fjavbe.  SOöieroobl  bie  Xtjiere  alg  bag  £>aupt= 
fad)  unfrreg  Uünftlerg  ,ju  betrad)ten  finb  ,  fo  Ijat  er  bod)  nebenher  aud)  nid)t 
orjne  2oh  tjiftorifdje  3)arfteHungen  unb  23ilbniffe  öerfertigt."  —  (Svroäfjncngroertrj 
ift  nod),  baft  in  $arlgbab  bem  Äünftler  ju  Stjren  ein  ©tabttljeit  „ißetergberg" 
benannt  murbc. 

Safjrbüdjer  b.  böf)m.  9Jtufeumg.  1.  23.  1830.  —  Stuttgarter  ÄunftM. 
Dir.  48.  1830.  —  93erietd)n.  b.  ©emälbe=©alerie  Patriot.  Äunftfreunbe.  ißrag 
1835.  —  Teufel,  Äünfll.  2er.  33.  11.  —  «Ragler,  neueg  attg.  Äfinfll.  ßer.  - 
Mütter-- .Utuujinger,  Äünftler  aller  Reiten  unb  93ölfer.  —  (Sigene  ^orfdjungen. 

Dtubolf  Füller. 
"]>ctcr:  üftargaretfja  iß.,  geb.  am  25.  SDecember  1794  in  SBilbenfpud), 
Äantong  3ütidj;  f  ebenbafelbft  am  15.  ÜRär}  1823,  mar  bie  jüngfte  Stocrjter 
eineg  motjlrjabenben  23auerg  in  bem  oben  genannten  f'leinen  äöeiler  an  ber 
3ürd)erifd)=fdjaffl)aufifd)en  ©renje.  ©eiftig  begabt,  ber  Siebting  beg  93ater§,  itjm 
unb  itjren  ©efcrjroifteru  überlegen,  gewann  fte  fcfjon  frütje  groften  ©influft  auf 
biefelben  unb  mürbe  fid)  beffen  rootjt  beroufjt.  Unter  bem  ©ctjein  ber  93cfd)ei= 
bentjeit  übte  fte  auf  ifjre  näctjfte  Umgebung  eine  ^errfdjaft,  bie  ifjr  fdjmeidjelte 
unb  itjr  ©elbftgefüt)l  ftärfte.  Dtad)  bem  6onfirmation§unterrid)te  (1811)  itjrer 
eigenen  2Beitetbilbung  überlaffen ,  burd)  natje  üßerroanbte  in  ißerütjrung  mit 
^erren^utern  unb  mit  fcctirerifd)en  Greifen  gebradjt,  begann  fie  fidj  öorpg§= 
meifer  93efd)äftigung  mit  religiöfen  33etrad)tungen  unb  ber  Seetüre  mpftifdjer 
(Sdjriften  b^injugeben,  raatjtte  fid)  aber  aud)  auf  biefem  ©ebiete  PoEe  ©elbftänbig= 
feit  unb  erlangte  Ijierburdj ,  unb  ba  fie  fid)  geläufig  unb  fräftig  au§3ubrüdfen 
muftte,  bei  itjren  iMdjften  unbebingteä  3u^'auen  unb  Slnfetjen,  für  fid)  unb  iljre 
3lnfdjauungen.  33alb  traten  anbere  33efannte  ju  bem  .Streife ,  in  bem  fie  galt, 
©ie  mürbe  Pon  JpetlSbegierigen  aufgefudjt,  mit  ©leidjgefinnten  im  ©djafft)aufifdjen 
brieflid)  unb  münblid)  befannt,  Pon  grau  Pon  ifrübener  (31.  SD.  23.  XVII,  196)  bei 
bereu  (Srfdjeinen  im  natjen  93abifd)en  (1817)  auSgejeidjnet ;  öon  einem  fröm= 
metnben  ©djmärmer,  93icar  ©ana  in  33afel,  mit  Briefen  beehrt.  $n  üJtar= 
garettja  felbft,  in  itjrer  gamilie,  unter  itjren  greunben  entftanb  unb  befeftigte  fid) 
bie  Srroartung,  baft  fie  ju  aufterorbentlidjen  SDingen  beftimmt  fei.  S)ie  un= 
gemeffene  ßitelfeit,  bie  bieg  in  itjr  entfad)te,  unb  ber  SBatju ,  baft  an  iljrem 
Seiten   unb  Jtmtt  ba»  %>e\l  bietet  ©eelen  tjänge ,    Perleitete  fie  nun  aud) ,   itjre 


5ßetet§.  481 

nöcrjfte  5ßflid)t  treuen  2tusr)arrens  in  ber  ir)r  öon  (Sott  angemiefenen  S5ctuf§= 
arbeit  aufjer  2lugen  ju  feijen.  ©tatt  bem  Vater  unb  ben  ©efdjwiftern  beim 
Verrieb  ber  fianbtuirt^f<f)aft  bei^uftetjen,  gab  fie  fid)  —  freiXid^  mit  3uftimmung 
unb  Sßotjt^ub  biefer  öon  U)r  Verjerrfdjten  —  öon  1821  an  gän^lid)  nur  fromm* 
fdjeinenbem  Müjfiggang  ^in.  Vrieftidj  unb  münbtid)  unb  in  Vefudjen  bei  aus= 
»artigen  ^reunben,  jutetjt  mit  einer  ©djmefter  fiel)  bei  einer  -gmnbwerferfamilie 
in  ^llnau ,  Kantons  Qüxitfy  ,  für  metjr  als  Satjresfrift  einlageinb  ,  befdjäftigte 
fie  fid)  nur  mit  Verfünbung  itjrer  Meinungen  über  bie  watjre  Seljre  Erjrifti  unb 
itjrer  rjodjmütrjigen  Erwartungen  öon  ber  itjr  beftimmten  ^luSjeicrjnung  unb 
wichtigen  Aufgabe  in  ber  einfügen  Votlenbung  feines  Söerfes.  SDie  natürlichen 
folgen  eines  foldjen  Verhaltens,  fittlidjer  fiaU  unb  geiftige  unb  moralifdje  3er= 
rüttung  tonnten  nietjt  auebleiben.  anfangs  1823  in's  öäterlidje  £>aus  jurücJ= 
gefetjrt,  brachte  9Jlargarett)a  bie  Sfyrigen,  bie  nod)  immer  unbebingter  ©laube 
an  fie  bef)errfd)te,  erft  p  ben  auffaEenbften  -gmnbtungen  abergläubifdjer  £rjor= 
tjeit,  Wobei,  angebltd)  p  Vertreibung  bes  Teufels,  eine  förmliche  3eitrümme= 
rung  eines  Stjeites  bes  Kaufes  begann.  Unb  al3  bie  ^olijei  biefem  ©ebatjren 
ein  ßiel  5U  fetjen  fudjte,  erfolgte,  ein  paar  Sage  fpäter,  am  15.  ^Diär^,  bie 
blutige  $ataftropb,e,  in  Welcher  unter  ,,)Jtargaretb,a,s  mitleibstofem  Slntriebe  ^uerft 
if)re  ©djWefier  Etifabetr)  freiwilligen  £ob  ju  Rettung  ber  ©eelen  it)res  Vaters 
unb  Vrubers  unter  ben  ©treiben  ber  2lnwefenben  erlitt,  bie  fie  aufs  ^>aupt 
fdjtugen,  unb  bann  Sttargaretrja  felbft  -gmnb  an  fid)  legte  unb  nad)  it)rem  be= 
tjarrlidjen  Vefet)t  förmlich  gefreujigt  Würbe,  bie  SLtjäterin ,  it)te  öettrautefte 
greunbin,  babei  immer  Don  steuern  antreibenb  unb  otjne  je  <ju  juefen.  £$für 
bas  ^)eit  ber  äöelt  wollte  fie  fterben.  Es  ift  ferner  au  fagen,  in  meinem  9ftajje 
tfjeils  wirttidje  fdjwärmerifdje  Erwartungen,  ttjeits  bas  Vemufjtfein  eines"  natjen 
Enbes  it)rer  bisherigen  Stellung  unb  9toEe  unb  bas  Verlangen,  in  berfelben 
entfpredjenber  auffatlenber  Söeife  aus  ber  Söelt  ju  getjen,  bei  Sftargarettjens 
Entfdjluffe  mitwirken,  ©ewifj  ift,  bafc  itjre  ©djwefter  unb  bie  Vottftreder  ilirer 
Vefefjle  bei  ber  graufen  £t)at  nur  itjrer  als  göttliches  ©ebot  angefefjenen  2Iuf= 
forberung  folgten,  in  gutem  ©tauben  tjanbelten  unb  bas  SBieberaufleben  ber 
beiben  ©etöbteten  nad)  brei  Sagen  erwarteten.  2)er  fdjredlid)e  Vorfall  unb 
ber  fiel)  baran  fnüpfenbe  Eriminatprocefj  erregten  nic^t  nur  weit  unb  breit  bas 
gröfjte  Sluffetjen,  fonbern  tjatten  aud)  itjre  3tacr)wirfungen  in  bem  Kampfe,  in 
welchem  bamalö  eine  unter  ber  ^>errfcl)a|t  bes  abfoluteften  3ftationalismuö 
ftetjcnbe  ©taatsftrcrje  mit  berechtigten  unb  mit  gan^  ungefunben  Veftrebungen 
ftanb,  bie  fid)  gegen  feine  ausfdjtiefjlidje  ©ettung  richteten. 

Quellen:   ^argaretb.a   fyettt,   Sluffa^   öon   Earl  ^eftalojäi   in  Jperjogö 

9lealenct)ctopäbie   für  proteft.  Geologie,  Vb  XXI.  507  unb  bie  bort  (in  ber 

beften  S)arfteHung  unb  Veurtljeilung  beö  ©efdjet)enen)  aufgezählten  äat)lreicf)en 

äeitgenöffifc^en  glugfcfjriften.  ©.  ö.  SB^fe- 

Leiermann:  2luguft  5ß.,  f.  bie  gtacfjträge  p  biefem  Vanbe. 

^etcrö:   5lbolf  ty.   würbe   am   9.  gebruar   1803   ju  Hamburg   geboren 

unb   ber  friegerifdjen  Verljättniffe   wegen   öon    feinen  Eltern   ^u    einem  mütter= 

lidjen  Ob^eim    nad)  Hameln   gefdjicft,   wo   er   feine  Erjietjung  erhielt  unb  audj 

ba«  ©tjmnafium   befudjte.     ©djon  l)ier   entwidelte  fidj   in   itjm  —  Was  fetten 

genug  öereinigt  gefunben  Wirb  —  eine  gleid)  lebhafte  Neigung  für  ''Dtat^ematif 

unb  5ßoefie.     <ftacrjbem  fid)  ^)3.    auf   ben  äöunfct)   feines   Vaters   einige  3*it  in 

gtecrjnungs3   unb   Vermeffungsgefdjäften  geübt,    be^og  er  im  ^erbft    1822  bie 

Uniöerfität  ©öttingen,  um  $t)ilofopr)ie,  befonbers  aber  ÜJtat^ematiE  unb  9tatur= 

Wiffenfd}aften  ju  ftubiren.    ©eine  Neigung  jut  ^oefie  erhielt  neue  91aljrung  burd) 

ben   freunbfd^afttidien  Verferjr   mit   ^t).  ©pitta,   beffen   ©ebidjte  „^falter   unb 

-^arfe"  aud)  öon  5p.  fpäter  (1833)  herausgegeben  würben.     Veibe  bilbeten  ben 

em.  beutfäje  IBmxatäu.    XXV.  31 


482  ^etet*- 

9Jtittelpun£t  einer  freien  Poetiken  ©enofjenfd^aft ,  ber  audj  £).  |)eine  eine  3eit 
lang  näfjer  trat.  %m  3fat)re  1825  ging  3ß.  nadj  £eipjig  unb  folgte  1826 
einem  9tufe  aU  Setjrer  ber  sUtatt)ematif  an  ba§  Stodjmann'fdje  (5raiet)ung8= 
inftitut  in  2)reäben,  mit  metdjer  Stellung  er  bie  eineä  ^etjrer§  am  S3t^tt)um'= 
fd)en  ©rjmnafium  perbanb.  SSeibe  Remter  gab  er  $Rid)aeli§  1843  auf,  um 
9Jlufsc  für  poetifcfje  arbeiten,  foroie  für  mattjemattfdje  ^orfdjungen  ^u  gewinnen. 
"äudj  unterrichtete  er  feitbem  bie  brei  föniglid)  fädjfifdjcn  ^rin*,en  unb  bie 
^rinjeffin  eiifabett;  in  ber  9Jtatljematit.  Sm  Mre  1851  mürbe  5JJ.  ^rofefjor 
ber  Äatljematit  unb  sJtaturroiffenfd)aften  an  ber  föniglidjen  ßanbeäfdjule  ©t.  3lfra 
in  SJteifjen  unb  in  biefer  ©tellung  mirfte  er  big  ju  feinem  Uebcrtritt  in  ben 
föuljeftanb  1873.  2)ret  ^al)re  fpäter,  am  5.  ^uni  1876,  ftarb  er  in  sIReifeen. 
—  £>ie  facljmiffenfcrjaftttcrjen  ©driften  Meters'  („lieber  ba£  ©tubium  ber  9Jta= 
trjematif  auf  ©rjmnafien",  1828;  —  „9teue  6uröenlet)re.  ©runbjüge  einer  Um» 
geftattung  ber  tjörjeren  ©eometric  burd)  it)re  urfprüngltdje  analtjtifcfje  sJJlet^obe", 
1835; —  „Sie  fnmmetrifcrjen  ©leidjungcn  mit  jroei  llnbefannten.  (Sin  9Jiett)oben= 
ftjftcm  aus  ber  cjöfjeren  9llgebra",  1851.  —  „lieber  bie  9tott)roenbigfeit  ber  @in= 
rictjtung  jroedmäfiiger  matr)imiatifd)»naturroiffenfct)afttidjer  Jöilbungöanftalten  an 
beutfdjen  UniPerfitäten",  1854)  rennen  mir  nid)t,  bod)  Ijat  bie  .ttritif  eine  33e= 
reiche amg  ber  2Biffenfd)aften  barin  gefunben.  9118  SDidjter  trat  $.  perft  mit 
„®efängen  ber  ßiebe"  (1840)  an  bie  Oeffentlidjfeit;  fie  offenbaren  ein  für  bie 
Ijeitere  erotifdje  Sprif  fetjr  befähigtes  Xaleut,  ia%  fid)  in  einfachen,  funftlofen 
äßeifen  am  beften  augfpricrjt.  Unbebeutenber  mar  „Sie  inä  2)cutfd)e  überfetjte 
9tt)einfrage  ber  granjofen  ober  ber  umgefeljrte  ©piefj"  (1841),  ein  fltegenbeä 
SBlatt,  mit  bem  aud)  er  in  ber  $eit  beg  33ederfd)en  sJtt)eintiebeg  auftrat.  sJiad) 
längerer  *J3aufe  erfdjienen  bann  „Statur  unb  (Sottrjeit.  s4keiggefänge"  (1859), 
in  benen  feine  9ftufe  einen  tjötjeren  ©djmung  nat)m.  ,,©ott  in  ber  9tatur,  bie 
Statur  in  ©ott  au  finben  unb  fo  bie  ftättjfel  beg  ©afeing  ju  löfen  unb  feine 
Söiberfprüdje  ju  Perfötjnen,  ift  bag  Seftreben  beg  SDidjterg,  ber  mit  einem  leb» 
haften  unb  innigen  ®efüt)l  augleidj  eine  tiefe  ptjilofopljifcrje  '-öitbung  unb  eine 
feltene  ©pradjgemanbttjeit  tierbinbet". 

§.  Aura,  ®efd)id)te  ber  beutjegeu  3tationaltitteratur,  IV.  23b.,  ©.  172.  — 
SBitt).  -ipaan,  Säd)fifd)eg  ©ct)riftfteller=8cj;ifon,  ©.  257.  —  ßarl  ®oebc£e, 
Teutfd)Ianb§  2>id)ter  üon  1813  —  1843,  ©.  237  unb  404.  —  ^nefdjfe  unb 
Wtoltfe,  Seutfctje  Örjrifer  feit  1850,  ©.  520.  ftranj  Srümmer. 

^etcrS :  «nton  be  $.,  «Ulaler,  geb.  1723  ju  ßöln,  mar  ber  ©ot)n  beg 
9Jtiniaturmaterg  ^ot).  53artl).  ^eterö.  SBäljrenb  legerer  fein  ^fact)  nur  alg 
tjanbmerfgmäfjigcg  (hroerbgmittel  betrieb ,  offenbarte  fid}  in  bem  ©otjne  fdjon 
frütjaeitig  ein  latent,  bas  au  £)öt)erem  Sluffdjmung  beftimmt  mar.  ©in  in  Äöln 
ju  üorübergetjenber  33efd)äftigung  anmefenber  franjöfifcrjer  2Raler  manbte  bem 
Jünglinge  fein  2Botjtmoüen  &u  unb  natjm  itjn  mit  nad)  5Pari§,  roo  er  it)n 
einige  $tit  unter  feiner  gürforge  behielt  unb  in  ber  Qelmaterei  unterrid^tete. 
2luf  feine  fünftterifdjc  Sntmidlung  unb  bie  sJtid)tung,  meldje  er  einfcrjtug, 
toaren  bie  sUteiftermerfc  beä  bamalg  in  ber  SSlüttje  feine§  2öirfen§  ftetjenben 
3ttaler§  ^.  33.  ©rcu^e  Pon  bauernbem  Güinflufj.  (5r  entfc§ieb  fidt)  für  bie 
^otjere  ©enremalerei ,  melier  fiel)  burd)  ©reuje'S  portrefflidje  äöerfe  ber  S^: 
gefcfjmad  mit  Vorliebe  ^ugemanot  tjatte  —  nur  bafe  *ß.  fid)  nid)t  fetten  in 
metjr  ober  meuiger  lüfternen  S)arftellungen  gefiel,  motjingegen  bie  33ilber  beä 
ebel  empfinbenben  franaöftfdien  5Jleifter§  nie  bie  guten  ©itten  Perlenen.  S)urc^ 
feine  auggejeicrjneten  gätjigleiten  gelangte  s$.  felbft  in  ^anfreid)ö  ^auptftabt 
3U  grofjem  5lnferjen;  er  mürbe  Pom  Könige  in  ben  3lbelftanb  ettjoben  unb 
genofj  beö  befonbern  ©dju^eö  mehrerer  ertaudjter  ^Perfouen,  unter  anbern  be* 
ÄönigS  ßtjrtftian  VII.   Pon  S)änemar!   unb  be§  ^rinjen  Äart   Pon  ßottjringeu, 


Cetera.  483 

Statthalters  ber  «Rieberlanbe ,  raetd^e  it)m  ben  £itel  irjreS  Hofmalers  üerüetjen. 
fteben  feinem  -Ipauptfacrje ,  baS  itjn  jeine  ©egenftänbe  aus  bem  tjäuSlidjen  unb 
geiettfcgajttiögen  Seben  wählen  r)ief3,  trat  $.  audp  ^weiten  mit  gefc^ict)ttidt)en 
unb  religiösen  Sorfieltungen  int  tjöfjeren  ©tue  auf,  in  meldgen  ftct)  bie  23egabt= 
tjeit  beS  ÄünftterS  nidjt  verleugnete.  2tudg  bie  nieten  Silbniffe,  wetdje  er,  jum 
Xtyit  auf  Segetjren  fet)r  Ijodjgeftettter  5|3erfonen,  matte,  finb  bon  großer  33erbienft= 
itctjfeit.  ©ine  befonbere  Sorgfalt  wanbte  er  feinen  9Jtiniaturgemälben  ju ,  bie 
äubem  fetjt  fetten  finb.  %m  Sefüj  eines  Kölner  ÄunjifammlerS  befanb  fidj  um 
1840  ein  foIdjeS  SSilb  öon  feiner  <£anb ,  auf  einer  6  3°^  l)ot)en  unb  4  3°ß 
breiten  (Hfenbeintafel  ben  £ob  ber  Cleopatra  barftettenb,  non  fo  anwerft  jarter 
SluSfürjrung  unb  $ractjt  ber  färben,  baß  bie  SBirfung  auf  jeben  Sefcljauer 
warjrtjaft  be^aubemb  war.  ©eine  Delgemälbe  seicfmen  fict)  burctj  ein  reines, 
tjeitereS  Golorit  auS,  wetct)eS  baS  2tuge  fogleict)  gewinnt ;  baju  gefeilt  fidj  baS 
Sßerbienft  einer  fleißigen  2luSfüt)rung.  5ß.  War  wätjrenb  feines  2lufentt)alteS  in 
$ariS  im  Sefitj  einer  ©ammtung  f oftbarer  ©emätbe  älterer  9Jteifter;  fo  befaß 
er  baS  23ilb  öon  Serburg,  wonactj  2Bitte  1765  ben  gefdjä^ten  Äupferfticr)  „In- 
struction paternelle"  auSgefüfjrt  t)at ,  waS  auf  bem  Statte  bemertt  ift.  S)er 
SluSbrucf)  ber  franäöfifdjen  iRebotution  entriß  $.  bem  ©djooße  ber  Ueppigteit 
unb  führte  itjn  in  feine  rfjeinifctje  ©eburtSftabt  äurücf.  «£>ier  mußte  er  burdj 
bie  Ungunft  ber  3eübert)ältniffe  bie  SBanbelbarfeit  beS  SrbenglürfeS  erproben, 
inbem  it)n,  bem  eine  lange  sJ£eit}e  bon  ^atjren  t)inburdj  ber  bolle  9teij  be§ 
2Bot)tlebenS  entgegengelädjett  r)atte,  am  6.  October  1795  im  73järjrigen  ©reifem 
alter  ber  £ob  auf  bem  Sager  beS  StenbS  antraf.  Unter  ben  Silbern  auS  feiner 
legten  3eit  befinben  fict)  biete,  welche  fein  im  2ltter  immer  mefyc  äuneljmenber 
fanget  an  2IuSbauer  in  einzelnen  ü£t)eilen  unbollenbet  getaffen  t)at.  SDaS 
ftäbtifdje  sDcufeum  ^u  Äöln  bewahrt  inetjrere  ©emälbe  unb  außerbem  eine  fefjr 
große  Sln^ar)!  bon  9tquarellarbeitcn  bon  ifjm,  bie  Söattraf ,  ber  ©tifter  beS 
9JtufeumS,  auS  feinem  9tad)taß  erworben  r)at.  $.  t)at  fict)  audj  mit  ber  sJtabir= 
nabet  berfudjt  unb  bieleS  ift  nad)  if)m  in  Tupfer  geftocfjen  worben,  bon  23reiten= 
ftein  (Silbniß  beS  Pfarrers  $et.  Sinti)),  Gtjebillet  (L'amour  maternel,  La  jeune 
Devideuse),  6.  Sorbutt  (L'amour  maternel)  unb  £e  Saffeur  (La  petite  mar- 
chande  de  carpes,  La  jardiniere  en  repos,  Le  vigneron  galant,  Tarquin  et 
Lucrece).  S3on  einigen  ©djriftfteltern  wirb  biefer  9Jtaler  „Peters  de  Bruxelles" 
genannt,  weil  er  fict)  einige  ^atjre  in  Srüffet  aufgehalten  t)at. 

9Jterlo,  9ladgrict)ten  b.  Äöln.  ßünftlern.  3.  3-  5Jterto. 

^ctcrö:  2luguft  ^.,  unter  bem  ©dgriftfteHernamen  ßtfrieb  bon^aura 
betannt,  würbe  am  4.  DJcätj  1817  ju  £aura,  einem  Sorfe  bei  ßt)emni^  in  ©atfgfen 
al§  ber  ©o^n  eine§  ©trumpfwirterS  geboren.  2>ie  Sltern  fiebetten  nadt)  einigen 
^aljren  nad)  bem  regeren  ©ebirg§ftäbtcrjen  ^Dtarienberg  im  Qh^gebirge  über,  lebten 
aber  tjier  trot}  aHe§  gteißeS,  alter  ©parfamfcit  unb  ©infdjränfung  in  fo  armfeligen 
ißer^ältniffen,  bafe  ber  Sater  fogar  ^eitweife  feine  gamitie  berlaffen  mußte,  um 
auswärts  (in  Slnnaberg,  in  Söhnten)  für  biefelbe  23rot  3U  erwerben.  Sluguft  $. 
befugte  erft  bie  Sotfsfdgule  in  53carienberg,  bann  bie  bortige  lateinifcfje  ©dgute, 
war  ba^Wifctjen  eine  3^t  lang  als  ©cfjreiber  in  Bresben  unb  als  £>anbelS= 
te^rting  in  5ßirna  ttjätig,  frequentirte  nacljmalS  nod)  bie  ©bmnafien  ju  2tnna* 
berg  unb  ßtjemni^;  boct)  gcftatteten  it)m  feine  ärmlici)en  Serrjättniffe  nidt)t,  ben 
©bmnafiatcurfuS  ju  bcenben,  unb  fo  trat  er  am  4.  2>ecember  1834  in  ein 
gufjartitterieregiment  ein,  um  beim  Militär  eine  feinen  Äenntniffen  angemeffene 
©tellung  ju  erringen.  S5oct)  bie  friegerifdjen  Sorbeern,  bon  benen  ber  Jüngling 
geträumt  unb  bie  er  fict)  als  Dfficier  ju  erwerben  tjoffte,  ließen  alt^utang  auf 
fictj   warten,    unb   feine   junetjmenbe  ^ur^fidcjtigfeit  madgte    fctjon   nadt)  Wenigen 

31* 


484  Cetera. 

Sauren  feinen  Sluätritt  auS  ber  Slrmee  toünfdjenätoertr).  äöir  finben  in  ber 
ftolge  *p.  als  gorftfecretät  auf  bem  ehemaligen  gforft^ofe  Dlberntjau  unb  fpäter 
alz  33ranbfaffenfecretär  in  2lnnaberg.  2>ajj  bem  begabten ,  ptjantafiereidjen 
Manne  bie  £l)ätigfeit  eineä  Sureaubeamten  auf  bie  SDauer  nidjt  genügen 
fonnte,  toar  nur  natürlich,  unb  fo  ging  *p.,  nadjbem  er  fid^  burd)  ein  23änb= 
djen  ,,©ebid)te"  (1844)  in  bie  litterarifdje  SBett  eingeführt  rjatte,  1845  nad) 
Seipaig,  too  er  fid)  bi§  1847,  tt)eilg  fdtjtif tfleßernb ,  t^eilö  ftubirenb  ,  auffielt. 
$n  biefer  3eit  erfdjienen  bie  elften  feiner  ßraäfjtungen  unb  noöelliftifdjen  2lr= 
beiten,  bie  er  alä  Mitarbeiter  ber  „3}aterlanbsblätter",  ber  „©onne"  unb  an» 
berer  3eitfd)riften  beröffentlidjte.  ©eit  bem  Mai  1847  lebte  er  in  Berlin,  too 
er  bie  9tebaction  be§  öon  ,£>elb  gegrünbeten  „Solfeöertreterä"  übernahm,  bann 
in  3öt)ftabt,  3ittau,  SDreäbcn,  grünbete  öon  tjier  au§  (grüf)jat)r  1848)  in 
Meißen  „bie  Sarrifabe",  ein  SBodjenbtatt  mit  bemofratifd)er  £enbena,  unb 
begab  fid)  bann  in  feine  |>etmatt),  ba§  (Sragebirge,  um  in  ©adjfen  unb  33ör}mcn 
(2lnnaberg,  Äaaben,  ßommotau)  für  bie  6ac^e  ber  @inl)eit  unb  greit)eit  be§ 
SSatertanbeä  agitatorifct)  au  toirfen.  SDarauf  rebigirte  er  in  Marienberg  „Sie 
SBergglorfe",  ein  23tatt,  baä  in  öolfstt)ümlid)er  ©pradje  bie  bemofratifdje  ©ad)e 
öerfodjt.  23on  tjier  au§  trat  ty.  im  Januar  1849  feiner  fpäteren  (Gattin  ßuife 
Dtto  jum  erften  Male  perfönlid)  natje,  obgleid)  er  fcfjon  feit  längerer  3eit  mit 
Ufa  brieflich  öerfefjrt  r)atte.  %  gehörte  bamalS  jener  gemäßigten  sJüdt)tung  ber 
©emofratie  an,  meiere  baä  Minifterium  Cberlänber  lieber  ftüfcen  al§  ftürjcn 
mottle,  in  ber  23orauäfid)t,  bafj  fein  freiftnnigereä  an  feine  ©teile  treten  mürbe. 
2ll§  aber  bod)  ber  ©tura  beffelben  erfolgte,  unb  al§  in  SDreSben  ber  Slufftanb 
loäbrad),  jögerte  aud)  $.  nid)t,  au  ben  äöaffen  au  greifen.  @r  tjatte  öom 
Kampfe  abgematmt,  toeit  er  öoratjnenb  beffen  unglücflidjen  2luögang  öorauöfal) ; 
jefct  aber  mottle  er  nid)t  jurüdbleiben  toie  fo  öiele  <pt)rafent)elben,  bie  fid)  feige 
öerlrodjen,  als  bie  3eit  be§  ,£>anbeln§  gelommen  mar.  gr  ftettte  fid)  an  bie 
©pitje  einer  ftreifdjar,  bie  er  über  greiberg  nad)  Bresben  führen  motlte;  bod) 
löfte  fiel)  biefelbe,  ba  in  SDreäben  ber  2lufftanb  bereits  niebergemorfen  mar,  unter= 
toegä  auf,  unb  *p.  begab  fiel)  nad)  ber  Sßfala  unb  nad)  33aben.  Sott  marb  er  ber 
güt)rer  einer  öon  it)rem  Hauptmann  öertaffenen  ftreifdjar ,  fodjt  al§  fold)er  mit 
in  ben  öerfcrjiebenen  kämpfen  be§  babifdjen  SnfurgentetifjeereS  unb  bitbete 
fdjtiefelid)  mit  feiner  ©djar  einen  2t)eil  ber  Sefatjung  ber  fteftung  Sftaftatt. 
9lad)bem  biefe  nocl)  in  bemfelben  ^aljre  (1849)  ben  au  #ilfe  geeilten  preufeifd)en 
Gruppen  in  bie  #änbe  gefallen  toar,  tourbe  s£.  in  ben  ßafematten  ber  geftung 
internirt  unb  Ijarrte  t)ier  nun  be§  Urtljeitgfprud)eg  be§  ©tanbgeric^tS.  3tnbeffen 
blieb  er  bem  Seben  ertjatten,  ba  er  gleid)  öielen  feiner  Mitgefangenen  öom 
2t)pl)U§  befallen  tourbe  unb  feine  ^ranffjcit  länger  toäl)rte  atä  ba§  ©tanbgeridjt. 
2lli  er  genefen,  öerurtt)eilte  it)n  ein  orbenttid)c§  OJericfet  au  8  Sauren  3uc^tl)au^ 
bie  in  6  3at)re  @inaell)aft  umgeroanbelt  tourben,  unb  fo  tourbe  er  im  Mai 
1850  in  ba8  3etlengeiängnifj  a"  *rud)fat  übergeführt.  SDie  S3e^anblung  be§ 
befangenen  mar  fel)r  |uman;  anfänglich  mit  33rettert)obelu  befd)äftigt,  erhielt 
er  balb  bie  SSergünftigung  au  fc^reiben  unb  au  ftubieren,  burfte  auc^  monattid) 
ätoei  23riefe  abfenben.  3ll§  befangener  öertobte  er  fid)  mit  feiner  gleidjgefinnten 
ftreunbin  ßuife  Otto.  %m  2luguft  1852  toarb  $.  öon  ber  babifdien  Regierung 
begnabigt,  bod)  nur,  um  nact)  ©adifen  ausgeliefert  au  toerben.  ^>ier  abermalg  au 
8  ^aljren  3ud)tt;aug  öerurt^eilt,  tourbe  er  um  SPfingften  1853  nad)  Söalbljeim  a^ 
geführt.  @§  mürbe  itjm  balb  erlaubt,  fid)  litterarifd)  au  befdmftigen,  ba  (Srnft 
ÄetI,  ber  ©rünber  ber  „Gartenlaube"  fid)  öerbürgt  tjatte,  ben  2Qßertfj  feiner  baburc^ 
auäfallenben  3lrbeit§leiftung  au  erfeüen.  gür  ben  Gefangenen  begann  nunmehr 
eine  ftitte  3eit  geiftiger  6infel)r  unb  Umfdjau,  bie,  fo  eratoungen  unb  unfreitoittig 
fie   auti)  fein  mochte,    bod)  öon   fjeilfamem   ginfluffe   auf   bie  Läuterung   feines 


$eter§.  485 

tjeiftigen  unb  ©emüu)SlebenS  tt>ar.  S)a  5)3.  aber  unter  feinem  tarnen  nidjtS 
Peröffenttidjen  burfte,  fo  rodelte  et  fid)  baS  5ßleubont)m  (Slfrieb  Pon  2aura. 
3unäd)ft  beseitigte  er  ftdj  bei  einer  Dom  ,,.£>annörjerfd)en  Kuriet"  auS= 
gefdjriebenen  5ßreisbetoerbung  unb  ging  mit  feiner  9coPette,  „3)ie  ftitte  9Mtjte; 
dne  ©efd)id)te  auS  2)eutfd)=Vör)men"  (1856)  als  Sieger  aus  berfetben  tjerPor. 
Sann  folgten  „Sine  reicrje  (Srbin.  5ftoPeHe"  (1856);  „^friebricr)  ber  gteubige. 
6in  <£)elbenbilb  in  freien  ßiebern"  (1857),  baS  ftd)  befonberS  burd)  ganj  Por* 
äügüdje  Gfjaraftcrtftif  beS  gelben  auszeichnet;  „3Jtutt)ige  ^er^en.  ftooelle" 
(1858)  unb  „2)ie  Softer  beS  SBilbbiebS.  (Sine  @räät)tung  nad)  2f)atfad)en" 
(1858),  toorin  ber  2)id)ter  in  lebenbiger  (Säuberung  bie  traurigen  guftänbe 
im  fädjfifdjen  ©rägebirge  beleuchtet  unb  uns  eräätjlt,  toie  ein  junger  ©eifttidjer 
burd)  5Uuttj  unb  SluSbauer  bem  fittticrjen  Verfatt  6int)alt  tt)ut  unb  bie  Ve= 
Pölferung  für  frtafc  unb  ^Jcäfjigfeit  getoinnt.  2)ie  fjfortfetjung  biefer  gebiegenen 
©räätjtung,  „Sie  Täterin  öon  Bresben"  (1859),  tritt  bagegen  bebeutenb  ^urücf. 
2lm  toertt)PolIften  öon  Meters'  arbeiten  finb  feine  „ßrjgebirgifdjen  ©efd)id)ten" 
(II,  1858)  unb  feine  9toPellen  „2luS  £eimat§  unb  ft-rembe"  (II,  1860). 
„<!pier  übertoiegt  eine  ßrjrif  in  5ßrofa,  roeldje  an  ben  Vlütfjenübeifdjtoang  ber 
öfterreidjifcfjen  Sidjterfdmte  erinnert.  Sennod)  läfet  ber  gebiegene  Untergrunb 
eine§  beftimmten  SofatS  unb  feines  5Ratur=  unb  VotfStebenS  feine  ju  toeitget)enbe 
Verflüchtigung  ber  bidjterifdjen  (Srgüffe  p."  ^natoifdjen  toar  5ß.  am  8.  %uü 
1856  plötjlidj  begnabigt  unb  it)m  bie  ^ätfte  feiner  (strafe  ertaffen  toorben.  lim 
ftd)  eine  Sjiftenj  ju  gninben,  begab  er  fid)  nad)  9lnnaberg,  fpäter  aber  nad)  $rei= 
berg,  too  er  bai  ©emerbsblatt  ,,©(üd  auf!"  inS  ßeben  rief.  2tm  24.  5JtoDember 
1858  fanb  feine  Vermahlung  mit  Suife  Otto  im  £>ome  ju  sDcei^en  ftatt;  beibe 
fiebelten  1860  nad)  Ceipjig  über  ,  too  5ß.  juerft  bie  ürebaction  beS  „®enerat= 
an^eigerS"  übernahm,  fpäter  im  Verein  mit  feiner  (Sattin  bie  freifinnige  „2JUttel= 
beutfcfje  VolfSaeitung"  tjerausgab.  Seiber  mürbe  biefe  ibeale  @t)e  fctjon  nad) 
jedjS  S^ten  burd)  ben  £ob  beS  erft  47  $at)re  atten  ©atten  getrennt:  5)3.  ftarb 
am  4.  %uü  1864  an  einem  ^er^Ietben.  Von  feinen  Romanen  feien  nodj  er= 
toätjnt  „3atoic3  Pon  ftofenberg"  (III,  1860),  „Sie  Söitfometje"  (III,  1863) 
unb  „2)er  fting  ber  Kaiferin  (II,  1864). 

|mgo    9töfd):    ©lud   auf!   Sin  ^atjrbudj   für   baS  Ghrjgebirge  unb  feine 
Srreunbe;  IL  ^a^rg.  1886,    S.  66  ff.  —  Zuleitungen   auS   ber  ftamilie. 

^tanj  Stummer. 

Cetera:  (Sr)tiftian  grriebxidtj  5luguft  ^>.,  Slftronom,  geb.  am  7.  Sep= 
tember  1806  in  Hamburg,  f  am  8.  9Jcat  1880  in  Kiel.  ©ot)n  eine§  J?auf= 
mannä,  fonnte  5)3.  butc^  bie  Sorgfalt  be§  23ater§  feine  natürüd)en  matt)ematifd)en 
Einlagen  öoü  unb  ganj  auöbitben,  fo  ba^  it)n  ber  2Utonaer  2Iftronom  ©djumadjer 
fd)on  früt)jeitig  jur  2t)eitnat)me  an  feinen  geobätifcrjen  unb  afironomifcrjen  2Ir= 
beiten  !tjeran3Uäiel)en  in  ber  ßage  toar.  %m  Stlter  Pon  19  ^atjren  bett)eitigte 
er  ftd}  bereite  tebt)aft  an  ben  Vorbereitungen  für  bie  Äartirung  be§  Hamburger 
ßanbeS,  aud)  fing  er  jetjt  fdjon  an,  Strtifet  für  bie  „3Iftr.  5tactjr."  ju  fdjreiben. 
S)ann  erft  bejog  er  bie  UniPerfttät  Königsberg,  an  metdjer  bamatS  Veffel  lehrte, 
unb  promobirte  mittelft  ber  üSiffertation  „Disquisitio  de  motu  penduli  in  aere 
resistente"  (Slftr.  5lad)r. ,  12.  Vanb).  Von  1834—1838  prafticirte  er  in 
Hamburg,  fjauptfäctjud)  mit  bem  bortigen  5Paffageninftrument  Pon  9ftepfoIb 
befdjäjtigt,  unb  öom  1.  Dctoberl839  an  fernen  toir  5ß.,  ber  ftd)  injtoifdjen  einen 
eigenen  |?au§ftanb  gegrünbet  t)atte ,  als  S)irectoriaIaffiftenten  bei  ber  ruffifd)en 
SfteidjSfierntoarte  in  5Pulfotoa  tl)ätig,  1842  tourbe  er  5lbjunct,  1847  au|er= 
orbentlidjeS  3Jlitglieb  ber  (St.  Petersburger  Slfabemie.  2lm  4.  September  1849 
folgte  er  einem  erjrenPollen  Dtufe  als  ^rofeffor  ber  Slftronomic  nad)  Königsberg; 


486  $eter3. 

bie  2)irection  ber  ©ternWarte  war  jwar  au  biefem  geitpunfte  nid)t  mebr,  wie 
frütjer ,  mit  ber  üßrofeffur  tierbunbcn ,  bod)  erhielt  ty.  ju  feiner  befonbern  33er» 
fügung  baS  berühmte  23effelfdje  Heliometer.  2}erfd)iebene  bebeutenbe  9lftronomen, 
wie  sJJtartt)  unb  9iabau ,  tjaben  fid)  in  Königsberg  unter  sJkterS'  Seitung  auS= 
gebitbet.  9ltS  jcbod^  nadj  ^ßeterfen^  £obe  (f.  u.  ©.  495)  gleichseitig  bie  ©tern= 
warte  in  9Iltona  unb  bie  ütebaction  beS  angefetjenften  5ad)blatteS  tierWaift 
Waren,  tiefe  fict)  *ß.  bereit  finben,  nadj  Jener  ©tabt  überjufiebeln.  @r  tjat  in 
251  2  S^ren  58  23äube  ber  „2lfir.  ftadjr."  herausgegeben,  bod)  f)at  ficf) ,  toie 
nidjt  geleugnet  werben  fann ,  gegen  feine  2lrt  ber  ©efdjäitSleitung  mancherlei 
Dppofition  geltenb  gemad)t.  ^n  2krbinbung  mit  ^ape  (f.  o.  ©.  139),  fei- 
nem Slffiftenten  unb  ©cfowiegerfobn,  gab  *$.  aud)  bie  „3eitjdjitTt  für  populäre 
9JtittIjeiIungen  auS  ber  9tftronomie"  IjerauS,  tion  metdjer  iebodj  nur  brei  SBänbe 
erfdjienen  finb.  2)er  *ßlan  einer  Verlegung  beS  9lltonaer  DbferoatoriumS  uud) 
ber  Unitierfitätsftabt  Kiel  warb  üon  ^.  unmittelbar  nad)  bem  Kriege  tion  1864 
ber  preufeifeljen  Regierung  borgetegt  unb  üon  biefer  künftig  auigenommen;  im 
Starre  1872  tierlegte  er  felbft  feinen  Sßoljnfit}  nad)  Kiel  unb  wieber  jwei  ^arjre 
fpäter  mürbe  er  bafelbft  ^um  orbenttidjen  Sßtofeffot  in  ber  ptjilofoptjifdjen  t5a= 
eultät  ernannt,  boct)  liefe  itju  lange  unb  fchwere  .Wranfljeit  in  biefem  Slmte  nidjt 
melrr  vcrfjt  heimifdj  werben.  @in  ©ofjn  tion  ty.  ift  üüttig  in  beffen  ftufetapfen 
getreten  unb  befleibct  gegenwärtig  bie  frütjer  tion  feinem  Sßater  »ermattete  *pro= 
feffur  an  ber  Bieter  .$od)fd)ule.  —  2luS  Meters'  s^nlfomaer  3eit  finb  befonberS 
bie  1  s  ii»  erfd)ienene  ©djrift  „Numerus  coustans  nutationis  ex  ascensionibus 
rectis  stellae  polaris  in  specula  Dorpatensi  annis  1822  ad  1838  observatis 
deduetus"  (Petersburg  1842>  unb  bie  „llecherclics  sur  la  parallaxe  des  etoiles 
fixes-'  (ibid.  1832)  ^u  ermähnen;  für  beibe  Mbljauölungeu  erhielt  beren  3Jer= 
faffer  bie  Dcebaille  ber  euglifcrjen  aftronomifdjen  ©efeUfdmft.  %n  ^ulfoma  fteüte 
er  aud)  intereffante  Unterfudjungen  an  über  bie  Slblenfuug,  meld)e  bie  53lafe 
ber  SibeHe  unter  ber  attractitien  (Sinwirfung  tion  ©onne  unb  IJJtonb  erleibet 
OpeterSb.  9Ibljaubt.  1845);  in  ©emeinfdjajt  mit  feinen  (Sotlegen  ti.  $ufe,  ©abter 
unb  2)öüen  lieferte  er  bie  erften  fdjärferen  DrtSbeftimmungeu  für  ben  neu  ent= 
bedien  Neptun  (9lftr.  Wadjr.,  25.  s-üanb).  ©pätire  felbftänbige  arbeiten  waren 
bie  „33e[timmung  ber  33aljn  beS  Kometen  tion  1585"  (2tltona  1848)  unb  bie 
jur  iu'rttjeibigung  ber  23effelfd)en  SInfidjtcn  gegen  ©trutie  gefdjriebene  ©djrift 
„lieber  bie  eigene  ^Bewegung  beS  ©hiuS"  (Königsberg  1851).  SDie  natura 
forfdjenbe  ©efeUfdjaft  ju  Sandig  frönte  Meters'  Wefentlidj  gegen  ßetierrier  ge= 
richtete  ^lonograptjie  über  bie  2lbweidjungen  beS  tion  Srablet)  gebrauchten 
©reenwidjer  ^affageninftrumenteS  mit  ibrem  greife.  5ßon  ^eterS'  aarjlreidjen 
9luffät$en  in  feiner  eigenen  ^eüfcrjrift  regiftriren  wir  nur  feine  ttritif  ber  5Räb= 
lerfdjeu  £rjpotl)efen  über  bie  ßigenbeweguug  ber  gijfterne  unb  bie  ptjt)fifalifdjen 
SSeobadjtungen  wätjrenb  ber  totalen  ^inftenüfe  tiom  28.  ^uli  1851  (2lftr.  31ad)r., 
28.  33.  S3anb).  ©eit  1855  befdjäftigte  fid)  %  unaulgefeijt  mit  ber  tfetiifion  ber 
bänifd)cu  (Srabmeffung;  biefem  Seftreben  tietbnnfen  bie  tion  irjm  inS  2öer£  gefegten 
galtianifdjen  S3eftimmungen  ber  ßängenunterfdjiebe  geWiffer  |)auptfternwarten  fowie 
bie  llnterfudjungen  über  bie  Sänge  beS  ©efunbenpenbelS  auf  ©djlofe  (5Jütben= 
ftein  (Slftr.  9cad)r. ,  40.  93anb)  i^r  Safein.  S)er  europäifdjen  ©rabmeffnngl= 
fommiffiou  getjörte  5pt.  in  ber  fpecieEen  (Sigenfctjaft  cineS  Vertreters  itjreS  35or= 
ftanbeS,  beS  ©eneralS  ti.  Saetjer,  an.  Ser  $tan,  gemeinft^aftlid)  mit  91.  Dtepfolb 
ein  umfaffenbeS  ^anbbucr)  ber  praftifeften  2lftronomie  ^u  liefern,  gelangte  leiber 
nidjt  jur  SluSfüb^rung,  bod)  6at  fid)  5p\  um  bie  wiffenfdjaftlic^e  Sitteratur  buret) 
feine  ©bition  beS  ©aufe=©d)umact)erfd)en  ^riefwec^fefS  (6  SBänbe,  Slltona 
1860 — 62)  ein  nidjt  gering  au  fdjä^enbeS  33erbienft  erworben. 


$eter§.  487 

äiierteliatjrSfdjrift  ber  aftronomifchen  ©efetCfc^aft,  16.  $ahrg.  ©.  5  ff .  — 
SBolf,  ©efchichte  ber  Siftronomie,  ©.  483,  490,  521,  544,  743,  767. 

©üntljer. 
$eter$ :  g  rieb  rieh  %  ($etrt),  geb.  p  &aEerfbring  im  gürftentbum 
^atenberg  am  10.  9Jtär5  1549,  f  p  23raunfd)Weig  1617,  befugte  feit  1561 
bie  ©chule  ju  <£)ilbe§heim ,  1565  ba§  'Ucartineum  p  53raunfd)Weig  unb  ging 
1569  auf  bie  JHofterfchule  ju  Stfetb  über,  mo  er  big  1571  bei  Sttichaet  9tean= 
ber  tüdjtige  Äenntniffe  im  ^pebräifcr)en  ftct)  erroarb.  Ütadjbem  er  bann  noch, 
einige  geit  ™  ^er  Sohanniäf  chule  su  £>alberftabt  gemefen  mar,  be?og  er  bie 
Unibeifität  SBittenberg,  Wo  er  am  9.  ^lära  1574  bie  9Jcagifterwürbe  errang. 
Iftoch  in  bemfelben  $ahre  trat  er  ba§  ßonrectorat  am  9Jtartineum  311  S5raun= 
fchmeig  an,  ba§  er  bi§  1578  inne  hatte.  3jm  6.  9tobember  1578  mürbe  er 
^rebiger  an  ber  2lnbrea§firche  bafetbft.  Sine  ©djrift,  welche  er  1586  gegen  ben 
Söucrjer  toerfafjte,  erWecfte  irjm  manche  $einbe  im  9tatf)e  ber  ©tabt,  bie  itjm  bei 
berfdjiebenen  (Belegenheiten  ju  fchaben  fugten,  ©o  nodj  in  bemfelben  Sfarjre, 
aU  ihn  in§befonbere  ber  |>etmftäbter  SJJrofeffot  5Daniel  ^ofrnann  toegen  feiner 
2et)re  über  bie  Ubiquität  Sfjrifti  —  ty.  hatte  für  Shemnife  gegen  5Danäu§  eine 
©djrift  „de  unione  hypostatica  naturarum  Christi  ic."  berfafjt  —  heftig  angriff. 
S)ann  um  ben  Anfang  be§  $•  1588,  al§  er  eine  Söittenberger  ©djmähfc|ri!t 
gegen  ben  bon  äöittenberg  nact)  SBraunfdjweig  überfiebetnben  ^otrjcarp  ßerjfer 
mit  einer  Segrüfjungäfdjrift  für  benfelben  beantwortete  unb  bie  Sehrer  ber 
bortigen  -gwchfctjüle  fich  Darüber  befchwerten.  23eibe  9Jtale  aber  mürbe  e§  $. 
nicfit  ferner,  fid)  gegen  bie  wiber  ifin  erhobenen  Anflogen  p  rechtfertigen.  %n 
tt)eotogifcr)er  Sßejieljung  mar  $.  ein  eifriger  Anhänger  be§  ftrengen  ßutherthum§, 
ein  $reunb  unb  ©efinnung§genoffe  bon  ^ßottjcarü  Serjfer,  mit  bem  er  fdjon  bor  beffen 
Aufteilung  in  SBraunfchweig  in  93erfer)r  geftcyjbcn  hatte;  gegen  bie  fog.  Salbiniften 
hat  er  berfchiebene  beftige  ©chriften  berfafjt.  3m  3-  1598  tourbe  ^ß.  ©enior 
be§  geiftlichen  9Jtinifterium§  in  Sraunfchweig  unb  am  15.  ftobember  1605 
ßoabjutor  beö  bortigen  ©tabtfuberintenbenten.  2lt§  foldjer  bat  er  neben  feinen 
^rebigten  öffentliche  SSorlefungen  befonberS  über  bie  bebräifche  ©rammatif  gehatten. 
$m  3.  1609  mürbe  er  auch  S)ecan  be§  $alanb§  ©t.  IJJtattbäi  in  Sraunfdjmeig. 
©ein  micfitigfteg  Söert  ift  für  un§  „ber  £eutfchen  äöeifjheit",  eine  äufjerft  reich= 
hattige  ©prid)Wörter=©ammlung.  SDiefelbe  erfchten  in  brei  Reiten  nebft  Slbpenbij, 
mie  bie  ©rucfeinridjtung  aeigt,  pfammen  1605  in  Hamburg,  wenn  aud)  ber- 
eitet be§  ätoeiten  £^eit§  nod)  bie  ^abre^abl  1604  trägt.  S)a§  Sud)  enthält 
etma  20  000  ©bricbmörter,  Hameln  unb  9teimfptücbe ;  eine  furje  SSorrebe  bat 
$.  Set)fer  bem  äöerfe  borau§gefd)idt.  ©ie  lefete  Seit  feineä  2eben§  batte  5ß. 
nocbmat§  beftige  ©treitigfeiten  ju  befteben.  ®er  Unfug,  ber  mit  bem  SSerfauf 
bon  ©tift§Ieben  getrieben  mürbe,  battc  ibn  3U  mißfälligen  Aeußerungen  hierüber 
berantafjt.  ©egen  fcharfe  Singriffe,  bie  er  be§halb  erfuhr,  bertheibigte  er  fich  in 
feinem  „©rünbtlid^en  Seriefit  .  .  .,  ob  Shumherrn  ober  ihre  Slbjuncten,  bie 
gemeiner  Seute  unb  23ürger  Äinber  finb  ...  ber  ©tift§tehen  mit  gutem  ©e= 
miffen  genießen  fönnen".  @r  entfdjieb  biefe  f^rage  im  berneinenben  ©inne.  S)a§ 
erfcheinen  biefeä  Suchet  hat  5p.,  ber  am  21.  Cctober  1617  berftarb,  nidtjt  mehr 
erlebt;  e§  mürbe  erft  1618  bon  feinem  ©cfiwiegerfohne  M.  SSarth.  Sölterling 
^erau§gegeben.  SJoctj  ber  ©treit  ging  auch  nach  0eter§'  2obe  Weiter.  3)ie 
Sraunfchweigifchen  Stiftet  ©t.  Slafi  unb  ©t.  ß^riaci  beflagten  fich,  al§  ihre 
SSefchWerben  bei  bem  9tatbe  unb  bem  geiftlichen  2Jlinifterium  nidjt  ben  geWünfdjten 
(Srfotg  hatten,  beim  ^erpge  griebrich  Ulrich,  ©iefet  hat  ba§  35ud)  in  einem 
patente  bom  9.  SDecember  1619  confileiren  laffen,  boch  weigerte  fich  ber  9tatfi  ber 
©tabt  Sraunfd)weig  baffetbe  an^ufd) lagen.  @ine  umftänblicfie  bom  S)ecan be§  S3lafien= 
ftifteä  Sßalentin   2R5Üer   berfaßte   ©egenfe^rift,    Vindiciae    canonicorum,    ift   im 


488  Cetera. 

S)rucfe  nidjt  erfdjienen.  —  ty.  ift  breimal  üert;ctrat^et  geroefen.  2tm  30.  Slpril  1577 
bennätjlte  er  fid)  mit  (Jäcilie  glotfroebel,  bie  ib,m  fünf  ©öt)ne  unb  jerjn  Södjter 
gebar  unb  am  9.  $uli  1596  geftorben  ift;  am  11.  3uni  1598  mit  bcr  SBitttoe 
beS  9tatf)Sl)errn  3of|.  ÄruberS,  (Stifabctt)  geb.  ©ötjen  (t  14.  SXuguft  1599),  unb 
äulefct  mit  ber  äöitttoe  beö  *PaftorS  Sot)annc8  |>ennid)iuS  Pon  ©t.  ^acobi  in 
Hamburg,  (Slrriftine,  geb.  ßampabiuS. 

23gt.   über    itjn   9tet)tmerjer'S    ber   ©tobt    23raunfd)roeig   $ird)en=.£)iftorie 
2t).  IV.  ©.  267  ff.  u.  a.  a.  D.  ip.  Zimmermann. 

v^cterö:  $arl  gerbinanb  ty-,  ^3rofeffor  ber  Mineralogie  an  bcr  UniOer= 
fität  @raj,  oerbienftöolter  ©eologe,  geb.  am  13.  2luguft  1825  auf  ©djlofe  £tebS= 
Raufen  im  böfjmifcrjen  Mittelgebirge  als  ©orjn  eines  gebilbeten  £anbtoirtt)S  unb 
®utSbirector3,  erhielt  eine  forgfättige  ^ugenberjiecjung  unb  geroann  frürjjeitig 
burd)  ben  Umgang  mit  feinem  ©rofjOater,  bcm  berühmten  Mineralogen  $ran,} 
9lmbroS.  9teufj  ju  iöilin  unb  mit  feinem  £)t)eim,  bem  als  ©eolog  unb  ^ßaläontotog 
auSge^eidmeten  ^rofeffor  Sluguft  6.  Sreiifj  eine  befonbere  unb  nacfjljaltige  Vor- 
liebe ^ur  mineratogifd)=geologifd)en  SBiffenfdjaft.  *ß.  befud)te  baS  ©pmnafium 
foroie  baS  Üedjnifum  in  s^rag  unb  roibmete  fid)  nadj  bem  SBunfdje  ber  ©einigen 
auf  ben  UniOerfitäten  <prag  unb  Söien,  wo  er  im  $.  1849  baS  3)octorbiplom  fid) 
ermarb,  bem  ©pecialfad)e  ber  Mebicin,  betrieb  jcbod)  jugleictj  aud)  erft  in  *ßrag 
unter  beS  Mineralogen  3tppe  Leitung,  fpäter  in  2Öien,  angeregt  burd)  ben  regen 
33erfer)r  mit  2ß.  0.  ,£>aibinger  unb  $}.  ö.  £>auer,  eifrigft  mineralogifd)=geologifdje 
©tubicn.  $aum  nadj  ^rag  jurüdfgeferjrt,  um  am  bortigen  -Ipolpitale  fid)  Weiter 
in  ber  Mebicin  auS^ubilben,  mürbe  er  als  Sefjrer  ber  9caturgefd)idjte  an  bie 
Oiealfdjute  ju  ©ra^  berufen.  Gine  GrftlingSpublication  im  3-1852:  „lieber  bie 
SagerungSOerljältniffe  ber  oberen  .ttreibeformation  ber  öftlidjen  Mlpcn"  lenfte 
bie  3lufmerffamteit  ber  öfterreid)ifdjen  ©eologen  auf  biefe  fjoffnungSPoIle  jugcnb= 
lidjc  Äraft  unb  ^.  erhielt  fd)on  1852  bei  ber  bamatS  neu  errichteten  geologifdjen 
9teid)Sanftalt  in  Söien  eine  93erWenbung.  ^n  biefer  ©tetlung  burdjforfdjte  $. 
Dberöfterreidj,  ©aljburg,  ben  ^Börjmcrroalb,  Äärntljen  foroie  Dberfrain  unb 
fammelte  einen  reichen  ©djatj  geologifcfyer  Erfahrungen,  über  bie  er  in  flaljl* 
reichen  Sluffä^en  (3faW&-  *>•  Qeol-  vJteid)Sanftalt.)  Mitteilungen  madjte.  9tamcut= 
lid)  ift  bie  9lbrjanblung  über  bie  ©aljburger  Sllpen  im  (Gebiete  ber  ©at^adj 
Pon  ljoljem  wiffenfdjafttidjen  ^ntereffc  1855  würbe  s4>-,  nadjbem  er  fdwn 
früher  an  bcr  UniPerfität  in  SBien  fid)  als  ^rioatbocent  für  ©eologie  l)abilttirt 
ijatte,  al§  s}kofeffor  oer  Mineralogie  nad)  *ßeft  berufen,  mufjte  aber  fdjon  1801 
in  3folge  ber  eingetretenen  politifdjen  Scrljältniffe  biefe  ©tellung  mieber  aufgeben 
unb  fiebelte  äunädjft  an  bie  Uniöevfität  äßien  über.  <§ier  roibmete  er  fid)  eingeljenb 
mincralogifctjen  unb  geologifdjen  Unterfudjungen ,  namentlich  ridjtete  er  feine 
gorfetjungen  auf  bie  paragenetifdjen  S3ert)ältniffe  ber  Mineralien,  ^m  S-  1864 
burd)forfd)te  er  im  amtlichen  auftrage  bie  2)obrubf<f)a  unb  bas  (Gebiet  ber  S)onau= 
müubungcn  geologifd),  roorüber  er  eine  Portrefftidje  Sefdjreibung  lieferte.  ?luf  ben 
£et)rfturjl  für  Mineralogie  unb  ©eologie  an  bie  llniüerfität  ©ra3  berufen,  fetjte 
er  bann  feine  geologifdjen  unb  paläontologifdjen  tlnterfudiungen  mit  unermüblidjem 
6ifer,  fomeit  ib,m  bicS  eine,  in  3f°^9e  erlittenen  ©tur^eS  eingetretene  Särjmung 
ber  ©liebmafien  geftattete,  fort  ©djätjenSroertrje  arbeiten  über  bie  ©cr)iib!röten= 
unb  ©äugetrjierarten  Pon  6ibiSmalb,  über  .ipalittjerium  Pon  <^ainberg,  über 
2>inotrjerium  u.  f.  ro.  fteüte  er  trofc  feiner  ^ranf^eit  in  PoHem  ©djaffenSbrange 
fertig.  S3on  5ßeterS'  Meifterfdjaft  in  ber  Seljanblung  roiffenfc^aftlic^er  ©toffe  unb 
Oon  feinem  umfaffenben  SBiffen  legt  inSbefonbere  baS  33ud)  „bie  3)onau  unb  i^r 
©ebiet"  ein  glänjenbeS  3fugnife  ah,  baS  als  erfte  umfaffenbe  5Darfteüung  beS 
grofjen  S)onaugebietS  nactj  neuerer  3luffaffung  gelten  fann  unb  ebenfo  leicht  Per= 
ftänblid)  unb  flar  »ie  ftptiftifd)  Portreffticb,  geft|rieben  ift.    39iS  ju  feinem  2ebenS= 


5Peter§.  489 

enbe  am  7.  9toöember  1881  Blieb  $ß.  geiftig  frifct)  unb  fd^riftfteÜerifd^  nact)  bielen 
9ticr)tungen  ^in  u)ätig,  tüte  sa^Ireicfje  Sluffätje  in  ber  2Iüg.  Leitung  betoeifen. 
ftefrotog  im  Sarjrb.  b.  ©eol.  9teid)§anft.  in  Söien  XXXI.     425. 

ö.  ©ümbel. 
^Ctcrö:  SBütjelm  Äarl  £arttoig  5p.,  300*09  unb  ^Reifenber,  23ruber 
be§  Slftronomen  «gjeinttd^  griebriäj  Gtjriftian  5ß.(  tourbe  am  22.  SIpril  1815 
3U  Äolbenbüttet  im  fübtoeftltdjen  SdjteStoig  geboten,  too  jein  Söater  als  Pfarrer 
lebte.  $m  ahnten  SebenSjatjre  ftebelte  er  mit  ben  ©Item  nad)  Flensburg  über; 
auf  bem  bortigen  ©rjmnafium  blieb  er  bis  ^um  .Iperbfte  1834,  ftubirte  bann 
ein  «gmlbjatjr  in  $openl)agen  unb  Dom  §rüt)ling  1835  an  in  SSerlin  9ttebicin 
unb  9laturtoiffenfcl)aften,  legte  t)ier  fein  ärätlictjeS  Staatsexamen  ab  unb  mürbe 
im  2)ecember  1838  jum  Dr.  med.  promoöirt.  Sldjtjetjn  2Jtonate  tjielt  er  fiel) 
bann  am  2Jtittelmeere  auf  in  anregenber  ©emeinfctjaft  mit  .£>.  9Jtüne=(5:btoarb§ 
30ologifct)  fammelnb  unb  forfcrjenb.  Sie  toefentüctjen  (Ergebniffe  biefer  Stubien 
finben  fiel)  in  ben  gemeinfct)afttict)  öeröffcntlicljten  „Zoological  notices",  1840, 
niebergetegt.  9lacl)  Serlin  jurüclgefelirt  tourbe  er,  toie  fcljon  frütjer,  $•  sDlüHer'S 
2lffiftent  unb  rüftete  ftcrj  nunmetjr  auf  feine  grofje  2lfrifareife.  Qtoti  Heinere 
arbeiten  über  „Anatomie  öon  Sepiola"  unb  „Seuctjten  bon  SamptiriS"  gehören 
biefer  3tt)if(^enäe^  an-  —  Anfang  September  1842  begab  ^3.  fiel)  über 
^otlanb  unb  ßnglanb  nact)  ßiffabon  unb  fctjiffte  fict)  tjier  am  24.  SDecember 
1842  ein,  um  an  93orb  eines  Serbrect)er=2;ranSportfcl)iffeS  nact)  2ftoffambique  ju 
fegein.  ßrft  am  16.  9Mi'3  1843  lanbete  er  pnäctjft  auf  ber  SOßeftfüfte  in 
Soanba  unb  nad)  fünfwöchigem  3Iufentr)alt  in  biefer  Stabt  enblict)  am  17.$uni 
im  §afen  bon  2Jtoffambique.  Set)r  balb  folgen  bie  erften  9tecognoScirungS= 
fatjrten,  bom  23.  3uli  bis  20.  Sluguft  füblictj  nact)  ßueltimane,  bann  norbtoärtS 
ein  flüchtiger  SSefuctj  ber  3ufetn  Sanfibar  unb  Slnjouana  öom  18.  September 
bis  pm  26.  Cctober  1843.  —  3U  oer  geplanten  großen  3ambefercife  brad)  er 
am  12.  9Jki  1844  öon  Iftoffambique  aus  auf,  bod)  fcljon  am  8.  $uli,  8  Sage 
nactjbem  er  QueÖimane  öerlaffen,  dtoang  itjn  ein  IjeftigeS  lieber  jjur  Umfetjr. 
2luf  bem  englifdjen  ßriegSfctjtff  SIeopatra  ertjolte  er  fiel)  langfam;  bie  erft  am 
10.  Sluguft  toieber  beginnenden  9coti<5en  beS  SagebuctjS  laffen  fcljon  auf  ein  ber= 
tjältnifjmäfjtgeS  SBotjtbefinben  fdjliejjen.  Qnn  fur^er  21ufentrjalt  im  fübtoefttietjen 
9JiaöagaScar  (10.  bis  14.  Sluguft)  unb  ein  längerer  bei  ßapftabt  (24.  3Iuguft 
bis  4.  October)  fteHten  ^eterS'  ©efunbtjeit  fo  toeit  t)er,  bafj  er  am  8.  9loöember 
jum  jtoeiten  $ftate  ben  3atubefe  auftoärtS  inS  innere  Slfrtta'S  öorjubringen 
öerfuefen  fonnte ,  bieSmal  mit  größerem  Srfolg ,  toenn  aucr)  nietjt  otme  bem 
gefürdjteten  Ätima  feinen  ülribut  ^u  joHen.  S5om  9.  S)ecember  1844  bi§  jum 
1.  September  1845  fet)en  toir  it)n  öon  Ijäufigen  fc^toereren  ober  leichteren  Riebet* 
anfallen  geplagt,  f)ier  raftIo§  bie  naturtoiffenfctjaftlicb,  öööig  unbefannte  llm= 
gegenb  Stette'S  soologifcr),  botanifc^ ,  geograptjifcl) ,  fprac^lirf)  burdjforfcljen  unb 
feinem  Skterlanbe  bie  toertrjüoEften  Sammtungen  fidjern.  2Iuf  bem  9iücItDeg 
blieb  5($.  äu  gteidjem  3tt)ede  je  4  Monate  in  Senna  unb  in  GueEimane.  — 
^iacb,  lurjet  9taft  in  gjloffambique  öom  19.  9)cai  bi§  jum  7.  Sfult  1846  wanbte 
er  ftcb,  bem  entlegeneren  Süben  gu,  öertoeitte  öom  19.  $uti  bi§  jum  19.  Dctober 
in  ^uljambane,  öom  26.  Dctober  bi§  jum  15.  5Roöember  an  ber  ©elagoabarj 
unb  fe^rte  auf  ber  9lücfretfe  toieber  ^nljambane,  bann  Sofala  unb  Oueüimane 
berüljrenb,  ben  7.  gebruar  1847  nac^  3Jloffambique  jurücf.  Sin  2Iufentb.aU  in 
bem  40  geogr.  leiten  norbtoärt§  gelegenen  ^bo,  öom  4.  SIprit  bi§  25.  ^uli, 
toot)in  er  4  Sage  unb  9täd)te  lang  in  offenem  58oote  fub.r,  fc^to^  ba§  fSrorfdjung^ 
toerf.  2lm  7.  Sluguft  1847  öerliefj  ty.  SRoffambique  um  über  ^nbien 
(Dloöember,  2)ecember)  unb  ©g^pten  nac^  ßuropa  (Slnfang  1848)  rjeimäu= 
feliren. 


490  Cetera. 

2118  ^rofector  be§  anatomifcrjen  SnftitutS  911  Berlin  (feit  1843),  bann 
gleidjjeitig  at§  SDocent  (|?erbft  1849)  unb  feit  1853  al£  aufeerorbcntlid)er  s^ro= 
feffor  ber  mebicinifdjen  fyacuttät  unb  fett  bem  ^arjre  1851  als  «Dtitglieb  bet 
Slfabemie  ber  SBiffeufdjafteu  mar  er  rjauptfädjltd)  mit  ber  SDurdmrbeitung  fetner 
(Sammlungen  befestigt.  @nbe  1857,  nad)  bem  ülobe  ßid)tenftetn'§ ,  bem  er 
fdjon  feit  Secember  1856  aU  9Jcitbirector  be§  3ooIogifcl)en  IDcufeum*  jjur  ©eite 
geftanben ,  mürbe  er  beffen  s.ftad)folger  in  ber  1)cufeum§birection ,  in  ber  tyxo* 
feffur  für  Zoologie  (5.  gebruar  1858),  fomie  a(d  2>irector  be§  joologifcrjen 
(Batteni. 

(Seit  1858  lebte  $.  mit  Henriette  geb.  t>.  .ttöfjter  in  gtücf tiefer  @f)e  unb 
unterliefe  bei  feinem  £obc  am  20.  2lprit  1883  fecb>  Äinber.  3m  S-  1870 
bereite  traten  gid)tifd)e  (Jrfdjeinungen  auf,  beren  Duette  feine  Siebte  in  ben  ge= 
funbrjeitgfdjäbUdjen  ©inflüffen  be§  tropifdjen  Slujentrjaltä  eiblicften.  2)ie  meitere 
(Jntwitflung  ber  Jhanfljeit  fetjte  feinem  fdmffenäreidjen  Seben  ein  Snbe,  beüor 
er  bag  68.  ^atjr  erreicht  tjatte. 

C$ntfd)eibenb  für  tyeiexz'  Beruf  unb  toiffenfdjaftlictje  9tid)tung  war  ber 
mäctjtige  Sinflufe  Pou  ^ocjanncs  Füller.  2>iefer  grofee  Seifter  mar  e8,  ber 
feine  Stubien  leitete  unb  itjm  bie  glanäüotte  wiffenfdjaTtlid)e  fiaufbatjn  eröffnete ; 
au§  bc§  Be^terS  priPaten  Mitteln  mürbe  ber  SUitienttjalt  in  >Jü,ya  befhitten, 
3-  Müller  in  Berbinbung  mit  (Jrjrenberg  unb  £>umbolbt  ermirftc  bie  (Staate 
unterftüfcung  für  bie  Üropenreife.  5ß.  tjat  gezeigt,  bafe  itjm  biefe§  freunblid]e 
(Jntgegenfommen  nid)t  unperbient  ^u  £t)eil  mürbe.  @r  äätjtte  nad)  3Jtüller'8 
£obe  3u  feineu  Wadjjolgeru  in  bem  geseilten  föeidje.  9lid)t  nur  nad)  aufeen 
übernahm  er  jetd  in  Berlin  bie  entfdjeibenbe  Stellung  im  ©ebiete  ber  Zoologie, 
er  betonte  audj  iu  sUcülter'3  ©eifte  im  ©egenfafe  ju  feinem  2lmtePorgänger  ttn 
engen  3ufammen^)Qn9  ätr>if d^en  Zoologie  unb  Anatomie,  nad)  aroei  sJtid)tungen 
t)in,  einerseits  ben  Slnatomen,  anbrerfeitä  ben  beferiptiöett  oool°9en  gegenüber 
baftir  eintretenb.  5Der  fyotje  SluffdjWung  ber  r)iftotogifd)en  Slnatomie  fällt  in 
bie  3eit,  wo  ty.  fern  unter  ben  2)rangfalen  beS  tjeifeen  Stfrita  für  bie  2Biffen= 
fdjaft  Äraft  unb  ßeben  einfette  unb  barauf  burd)  feine  muftertjafte  Bearbeitung 
ben  SGßertt)  ber  erbeuteten  Sd)ätje  Pcrboppelte.  So  barf  e§  benn  faum  befremben, 
menn  er  an  ben  Eroberungen,  bie  mit  ^pütfe  be»  9Jctfroffop§  auf  einem  Weniger 
burdjjorfdjten  Boben  oft  mit  leidjtercr  sJJtüt)e  gemad)t  mürben,  geringeren  Slntrjeil 
naljm;  tjatte  er  bod)  für  fein  fdjarfel  Sluge  überreichen  Stoff,  um  .mit  ben  ein= 
fadjften  ^nftrumenten,  fiupe,  «Keffer  unb  »ßincette,  eine  gütle  öon  Sttjatfadjen 
feftjuftellen,  £t)atfad)en,  bie  ju  ergrünben  ben  jüngeren  gjcifrotedjnifern  mitunter 
nicfjt  gelang. 

2)ie  ^rajiä  eineö  grofeen,  nur  unjureidjenb  mit  Slrbeitsfräften  bebadjten 
9)lufeum§  bringt  e§  mit  fid) ,  bafe  Stubien  unb  ^ublicationen  ein  mofaifartigeä 
3lnfe^en  gewinnen.  5Jian  möge  iubefe  nict)t  glauben,  bafe  burdj  biefeS  ^»emmnife 
bei  *$.  baS  (Streben  jum  ©anjen  erftidt  morben  wäre.  Waü)  fauniftifdjer  9tid)= 
tung  bilbete  fein  9teifewerf,  nad)  ber  ftjftemattfdien  eine  grofee  Sonographie  ber 
glebermäufe,  für  bie  er  70  forgfältig  rebigirte  2afetn  b^intertäfet,  beren  Stert 
tjer^uftellen  itjm  aber  nicfjt  metjr  befdjieben  War,  ferner  feine  arbeiten  über 
Ctjrenrobben  u.  f.  W.  einen  etjrenben  SBeweiS  für  fein  SBollen  unb  können.  3u 
beflagen  ift,  bafe  bie  auf  ©etbftforfdjung  gegrünbete  £arftellung  ber  SBirbcltrjiere 
im  ,,.g)anbbud)  ber  Zoologie"  bem  orange  ber  ©efdjäfte  ^um  Dpfer  fiel.  sJZad)= 
bem  fd)on  über  bie  Hälfte  ber  ©äugetejiere  jum  S)rud  gefommen,  mufete  s|>. 
feine  Slrbeit  äurücfäietjen  unb  feinem  Mitarbeiter  (£aru§  bie  SluSfüllung  ber  Surfe 
überlaffen. 

©erabe  in  Meters'  3ett  fällt  ber  geiftige  Sturm ,  ben  £arwin'3  Origin  of 
species  entfeffelte.     %n  Harmonie   mit    ber  fritifdjen,    ffeptifdjen   9tidjtung    ber 


«PetetS.  491 

^Berliner  äöiffenfdjaft  ftanb  audj)  ber  .gjauptoertreter  ber  3°oIogie  ber  neuen 
ßeljre  anfangs  füt)l  unb  abtoartenb  gegenüber,  auct)  fpäter  l)at  er  3U  beren  53ei= 
fedjtern  nie  gehört,  aber  ebenfotoenig  ju  beren  Angreifern;  er  tjat  aud)  nie 
©elegenljeit  genommen,  jetnen  Stanbpunft  jur  üDeäcenbenjtfjeorie  ftarptegen. 
3fm  allgemeinen  galt  er  für  tfjren  (Segner  (ßenber).  3nbefe  bie  auctj  bon  irjm 
(1861)  anerkannte  Raffung  in  ßaruä  unb  ©erftäcEer'S  ^anbbud)  ber  3°°togie, 
©eite  13,  fotoie  fpäter  jein  33ert)alten  gelegentlich  3)artoin'§  Ernennung  <jum 
(Sljrenmitgliebe  ber  ^Berliner  Slfabemie  Betoeifen  anbrerfeitä,  ba|  er,  toie 
bu  33oi8=9rerjtnonb  iljm  (Si^ungäB.  ber  Slfab.  b.  SBiff.  1885,  <S.  622)  Befugt, 
nictjt  „bie  Sebeutung  bess  bon  Karmin  eröffneten  unermeßlichen  3lu§Btict§  öer= 
fannte".  33ei  feinen  SIrBeiten  entfpract)  e§  offenbar  feinen  Neigungen,  fiel)  met)r 
an  bem  33au  foliber  f^unbamente,  al§  an  bem  ber  luftigen,  fernhin  fidjtbaren 
3innen  ^u  Bettjettigen. 

S)ie  2lBtl)eitungen ,  benen  er  feinen  gorfdjerfleifj  fjauptfädjticr)  jutoanbte, 
unb  in  benen  er  unter  ben  (Mehrten  fotoot)l  nad)  S^  o.U  SBertt)  feiner  SSer= 
öffentlidiungen  in  erfter  9teil)e  ftetjt,  finb  bie  (Säugetiere,  Amphibien  unb  ^ifdje, 
fobann  2lract)ntben,  ^JJi^xiapoben  unb  (Sctjinobermen.  (Seine  f feineren  2lb§anb= 
hingen,  mef)r  als  300  an  ber  3a^t  mit  faft  150  £afeln,  füllen  allein  5  ftatt= 
lictje  DctabBänbe.  fünfte,  in  meieren  fein  staute  audj  außerhalb  ber  Srjftematif 
genannt  ju  toerben  pflegt,  finb  bie  morpljologifcrje  SBebeutung  beS  <Scrjilb£röten= 
pan^erS  (üDiffertation) ,  bie  (SefdjIedjtSberfdjiebentieiten  ber  Seeigel,  bie  £>omo= 
logie  ber  ©eljörfnöcljetcljen,  bie  9Jcofdju§brüfe  ber  Sdjilbfröten. 

2lt§  Befonbere  Sebeneaufgabe  galt  it)m  bie  Pflege  be§  äootogifetjen  -JUtufeumS, 
ba§  iJ)tn  eine  ebenfo  f  dm  eile  at§  gefunbc  (Snttoicflung  ju  banfen  t)at.  ^n  ber 
2lBtl)eüung  ber  2lmpl)ibien  unb  ^ifc^c  Beifpietstoeife  fdjnelten  bie  Hummern  be§ 
ÄatalogS  Beäügtid)  bon  3706  (im  $.  1860)  unb  4708  (1861)  auf  10  465  unb 
12  103  (Bei  feinem  S£obe)  empor.  @§  gelang  itjm,  ber  berliner  Sammlung 
einen  $la{3  unter  ben  elften  ber  SBelt  <}u  erringen.  Unb  toie  Bei  ben  Erfolgen 
auf  feiner  9teife,  fo  ift  auet)  Ijier  ber  Sluffdjtoung  tebiglid)  auf  9ted)nung  feiner 
S£t)atfraft  unb  Umfielt  ju  fefeen;  benn  Ijier  toie  bort  ftanben  bie  it)tn  gemährten 
Mittel  böltig  außer  Sßerljältniß  p  bem  (Stielten.  2)aBei  tjatte  $.  nodj  einen 
£l)eil  feiner  2lrBeitStraft  anbern  3>nftituten,  toie  bem  30°togtfc^en  ©arten  (Bis 
1869),  beffen  9teorganifation  unb  neueS  (Srbtütjeu  er  einleiten  tjalf,  unb  bem 
beutfdjen  gifdjereiberein  ^u  toibmen. 

2US  Uniöetfität§lel)rer  mar  ty.  eifrig  unb  pünlttidj ,  bod)  geBrad)  eS  itjm 
im  drängen  ber  bielfacljen  anbertoeitigen  Obliegenheiten  unb  in  9Jiitte  beS 
grofjftäbtifdjen  Treibens  an  ber  nötigen  geiftigen  Sammlung,  um  gteidje  @r= 
folge  toie  in  ber  23ertoattung  beS  9JcufeumS  auetj  nact)  biefer  9ttct)tung  t)in 
erringen  ju  fönnen.  ^n  richtiger  (£rfenntnijj  ber  Unmöglicljfeit ,  bon  eines 
9Jcenfc£)en  Äraft  beibe  Seiftungen  gteic^3eitig  p  forbern,  ^at  man  benn  aueb 
nact)  ^eter^  2obe  3U  einer  Sonberung  ber  5Jtufeum§teitung  bon  bem  Seljramt 
fdjreiten  muffen. 

Sem  größeren  publicum  ftanb  er  fern,  Weber  in  toiffenfct)aftlicl)er  noc^  in 
fonfiiger  ^inficljt  rechnete  er  ju  ben  populären  ©röfjen  ber  Ütefibenj;  too^l  aber 
öerfe^rte  er  in  ben  t)öl)eren  unb  tjöcljften  Greifen  ber  ©efettfetjaft  unb  fanb  bottfte 
SÖÜrbigung  Bei  ber  ©eletjrtentoelt  be§  2lu§lanbe§,  mit  ber  er  enge  perfönlidje 
Schiebungen  unterhielt. 

6ine  getoiffe  3utücfl)attung  unb  ©emeffentjeit ,  roo^l  auetj  Schroffheit  im 
amtlictjen  SSerfeb^r  unb  im  getoöljnlicljen  SeBen ,  bie  3äl)igfait  unb  Energie  unb 
ber  Sinn  für  ba§  (Sefcljäfttictje,  mit  benen  er  feine  ©ebanfen  ju  bertoirflietjen 
ftrebte,  anbererfeitg  bie  Eingabe,  ßieBen§toürbig!eit  unb  ©aftfreunbftfjaft ,  toelcfje 
ben  9}ä£)erftel)enben,  bie  aufopfernbe  2reue,  toeterje  ben  greunben  ju  %\)i\{  tourbe, 


492  Cetera. 

finb  Gharafterjügc,  bie  er  feiner  norbifdjcn  ^>eiraatcj  ^u  banfen  baben  mag;  bie 
©^rfurc^t  üor  ber  Religion  mar  eine  5Jtitgabe  beS  23atert)aufeS.  6r  freute 
ntdjt  ben  $ampf,  menu  —  unb  jumeift  war  eS  tjier  mieberum  baS  ^ntereffe 
feines  9JiufeumS  —  eine  micbtige  Angelegenheit  irjn  ju  erforbern  fc^ien ,  ober 
wenn  eS  galt,  ungerechtfertigte  Angriffe  abjuroebren.  —  ©o  feben  mir  in  feinem 
ßeben  baS  33ilb  eines  9)canneS,  ber  mit  greube  fein  ganzes  Söirfen  in  eifrigen 
treuen  2)ienft  feiner  Söiffenfcbaft  geftettt  tjat. 

S)a  eS  bisher,  wie  an  einer  ^Biographie  5ßeterS',  fo  an  einem  Söerjeidjnifj 
feiner  Schriften  fehlt,  fo  laffen  mir  hier  roenigfienS  über  feine  Hauptarbeiten  ge= 
uaue  Angaben  folgen,  ©elbftänbig  erfdjicnen:  „9hturroiffenfd)aitlidje  9teife 
nach.  5Jloffambiciue".  4°.  I.  ©äugettjiere  1852,  (II.  Söögel ,  nur  bie  Stafeln 
fjergefteüt),  III.  Amphibien  1882,  IV.  ftlufcfifche  1868,  V.  Snfecten  unb  «Dl^ria» 
poben  1862,  VI.  33otanif  1862  u.  64.  S)te  Säugetiere,  Amphibien,  fttufi= 
fifcbe  unb  9Jtt)riapoben  öon  Cetera  felbft,  bie  Sfnfecten  öon  Älug,  £oem,  ©cbaum, 
.fragen,  ©erftacfer,  -gmpfer,  bie  33otanif  öon  JHohfd)  unb  Anberen  bearbeitet. 
SDie  übrigen  Itjeile  ber  '•ßetcrS'fcben  ©ammlungen  finb  anbevn  Orts  öon  ihm 
felbft,  ber  Dteft  öon  ö.  kartend  (Wollüsten  1860,  1879),  tfarjch  (Arachniben 
1878),  .fritgenborf  (ßruftacecn  1878)  meift  in  ben  53crid)tcn  ber  Afabemie  be= 
tjanbett.  —  ..Observationes  ad  anatomiam  comparatam  Cheloniorum"  (S)iffert.). 
1838.  4°.  —  „De  serpentum  l'amilia  Uropeltaceorum"  -(.frabilitationSfcibriTt). 
1861,  4°.  —  „lieber  SÖotpien  unb  äßanbern  ber  S£t)iere"  (ißopul.  Vortrag). 
1867.  —  AIS  Abfjaubtungen  ber  Afabemie  b.  2ö.  unb  äugleid)  in  felbftänbiger 
Ausgabe:  £).  fiicr)tenftein  unb  20.  ^eterS,  „Ueber  neue  merfroürbige  ©äugettjiere 
beS  f.  jool.  IfltufeumS"  (1854)  1855,  4°.  2ß.  ^eterS ,  „lieber  bie  an  ber 
$üfte  öon  9ftoffambique  beobachteten  ©eeigel  unb  inSbef.  über  bie  ©ruppc  ber 
SDiabemen"  (1853)  1855,  4".  „Ueber  bie  Gtjiropterengattungen  sDtormopS  unb 
^rjtjüoftoma"  (1856)  1857.  4".  „lieber  einige  merfmürbige  ©äugettjiere  beS 
f.  300I.  ^lufeumS"  (1860)  1861,  4U.  „Ueber  bie  ©attung  DhjctophiluS"  (1860) 
1861,  4°.  „Ueber  Gercofaura"  1862,  4U.  „Ueber  bie  ©äugetbiergattung 
6biromr;S"  (1865)  1866,  4".  -  $n  ber  gfeftf^rift  ber  ©cfcttfch.  naturforfch. 
greunbe  ju  Serlin  1873:  „S)ie  Wagergattung  2)inomr)S",  4°,  in  ben  Transact. 
Zoolog.  Soc,  Sonbon  (1870)  1871,  4U:  „Contribution  to  the  lounvledge  of  Pec- 
tinator",  in  Ä.  6.  ö.  b.  S)ccfen'S  Üteife,  III,  1  bearbeitete  *$.  bie  ©äugethiere, 
Amphibien  unb  ftifd)e,  1869. 

S3on  ben  übrigen  .joologifcfjen  Arbeiten  belieben  fiel)  auf  ©äugettjiere  126, 
SBögel  14,  Amphibien  145,  gifefce  48,  ©liebertbiere  12,  SBürmer  11,  ©tachel* 
Ijäuter  6,  sDtolluSfen  3,  ßölenteraten  2;  paläontologifer)  ift  eine  Arbeit  (je  1 
neue  3:ifcr)=  unb  gfrofcfjg.).  $ux  33eröffentticrjung  gelangten  biefe  ©cfjriften  in 
«mütter'S  Archiü  für  Anat.  u.  ^ftol.  1839-50,  meitauS  bie  meiften  in  ben 
Monats-  u.  ©ifeungSber.  ber  Afab.  b.  SBiff.  1844—83,  im  Archiö  für  Statur* 
gefetj.  1849 — 56  u.  62,  in  ben  ©ihungSber.  b.  ©efettfeb.  naturf.  fjfteunbe  in 
Berlin  1849,  1877—83,  in  Proceed.  zool.  soc.  ßonbon  1861,  63,  65,  66, 
71,  72,  in  Annales  museo  civ.  Genova  1872,  74 — 78,  82,  im  Journal  für 
Ornithologie  1863,  64,  68,  81,  Sorrefponbbl.  naturm.  53er.  f.  ©achfen  u.  £fjür., 
Hatte  1867,  Öfvers.  af  k.  Yetensk.-Ak.  Förhandl.,  ©tocffjotm  1869,  Jornal 
de  sc.  math.,  phys.  e  nat.  (Lisboa)  1870,  in  2.  2)eutfche  ftorbpolfahrt,  IL  1872. 
3fn  ben  erften  fahren  erfctjienen  öfters  Ueberfetjungen  feiner  Arbeiten  in  Hn- 
stitut  Paris,  Aunals  and  Mag.  n.  bist.  London,  the  Edinburgh  new  philos. 
Journ.,  too  auet)  bie  „Zoological  notices"  1840  ju  finben  finb. 

©eine  9ieifeerlebniffe  febilberte  ty.  in  anfprechenben  SRcif ebrief en :  3JtonatS= 
beriete  über  bie  Serbanbt.  ber  ©efettfd).  für  ©rbfunbe,  Berlin,  33b.  I,  ©.  97, 
262;  III,  ©.  84,  97,  234;  V,  ©.  125  unb  in  einem  furzen  sufammenfaffenben 


JPetersbotff.  493 

SBertd^te  V,  ©.  261,  1843—48;  „^Beobachtungen  über  gjleere§=  unb  Sufttem» 
peratur  im  atlant.  Dcean",  ebirt  öon  9Jtat)tmann,  ebenba  I,  ©.  250.  $.  lieferte 
ferner  einen  ausführlichen  9luS,}ug  aus  einem  portugiefifetjen  SBerfe,  eine  @jpe= 
bition  öon  Seite  nach.  Sunba  betjanbetnb ,  mit  eigenen  flöten,  Beitfdjr.  f.  aüg. 
Srbf.  Berlin  VI,  ©.  257,  369,  1856.  —  ©eine  fprachtichen  ©tubien  bitben 
bie  ©runblage  t»on:  SBteet,  The  languages  of  Mosambiqoe,  Sonbon  1856, 
Quer  8°.  403  ©. 

Sgl.  Vita  in  ber  2)iffertation.  —  ^urjer  ßebenSabrifj  öon  feinem  5lrjte 
Dr.  Senber,  SDeutfdjer  Sfteid^ganaeiger  18.  $uni  1883.  —  S)ie  oben  citirten 
9teifebriefe.  —  SDem  SSerf.  ftanben  außerbem  5U  ©ebote  baS  naturtoiffenfcfjaftlidje 
9teifejournat  (5R.=@.)  unb  perföntid)e  Sefannifchaft.  5.  ^»ilgenborf. 

^Ctcröborff:  Ghriftiangriebrid)  (Snget  ö.  *{*.,  preufjifdjer  ©enerattieutenant, 
toarb  am  3.  ^uni  1775  3U  -gmnau  geboren,  ©ein  Sßater  toar  bamalS  .!paupt= 
mann  im  furfürftlich  braunfd)toeigifcfj=lüneburgifdjen  1.  Infanterieregiment  öon 
©cheitljer,  toetcheS  als  ©chu|}=  unb  (jhrentoache  ber  öon  ihrem  ©emahl,  bem  2anb= 
grafen  griebrich  II.  öon  Reffen-- ©äffet,  feit  beffen  llebertritt  ^um  ß'atholiciSmuS 
getrennt  lebenben  ßanbgräfin  2ttaria,  einer  SaterSfdjtoefter  Äönig  ©eorg  III. 
öon  Großbritannien,  bort  in  ©arnifon  ftanb.  *ß.  trat  1789  alSÄabet  bei  bemfetben 
Regiment,  toelcrjem  fein  Sater  angehörte,  in  ben  SJienft,  toarb  1791  gätjmid),  1794 
ßieutenant  unb  machte  bie  genüge  gegen  bie  ^ranjofen  öon  1793,  1794  unb  1795 
in  ben^tieberlanbenmit;  in  ber  griebenSjeit  befugte  er  bie  9Mtitärfchute  <ju,g)annoöer 
unb  bie  Uniöerfitat  ©öttingen.  9lac^bem  bie  fjannoöcrfdje  9lrmee  im  $.  1803 
aufgelöst  toar,  trat  er  im  Slprit  1804  in  ba§  preufjifche  Infanterieregiment  vac. 
9lr.  30  ö-  Sorrfe,  toetcheS  einen  Stjeil  ber  Sefatjung  öon  ©tettin  bitbete,  nahm  mit 
biefem  am  getb^uge  beS  ^abres  1806  theit,  toufjte  ftch  nad)  bem  ©ef  echte  öon 
ßüberf  ber  beöorftebenben  Kapitulation  3U  entjiecjen  unb  begab  fidj  nach,  5ßommern, 
too  er  am  13.  Secember  in  ©reifenberg  ju  ©chitl  [tiefe.  SDiefer  entfanbte  irjn  am 
fotgenben  Sage  nach  ßolberg,  um  mit  bem  Sommanbanten  Dbrift  ö.  Sucabou 
ben  Gmttourf  p  einem  gemeinfamen  Unternehmen  gegen  bie  ©tabt  ©targarb  3U 
befprechen  unb  ^gleich  bie  Drganifation  beS  ©chitl'fc&en  ßorpS  ^u  förbern, 
toetdjeS  für  feine  9luSrüftung  auf  bie  allerbingS  fetjr  geringen  «giilfSquellen  an= 
getoiefen  toar,  toeldje  (Solberg  bot.  @r  fanb  toenig  ©efjör;  ber  Sommanbant 
ging  auf  feine§  feiner  ©efudje  ein,  fonbern  toieS  5ß.  an  in  ber  ^eftung  ju  bleiben 
unb  auS  ben  äuftrömenben  gtüdjttingen  eine  Kompagnie  für  baS  ©renabier» 
bataitlon  öon  SOßalbenfelS  3U  bitben-  Waü)  einiger  3eit  gelang  eS  ibm  jeöocrj, 
toieber  ju  ©djtll  nad)  ©reifenberg  3U  fommen.  21m  22.  Januar  1807  erhielt 
biefer  bie  föniglicfje  drmädjtigung  pr  Silbung  eine§  greicorp§.  SSeibe  madjten 
fieb  nun  mit  öerboppettem  6ifer  an  bie  Drganifation  beffetben;  e§  follte  au§ 
allen  2Baffen  befteljen,  um  frember  Unterftütjung  entbehren  unb  ganj  felbftänbig 
Ijanbeln  ju  fönnen;  ju  feiner  2lu§rüftung  aber  fehlte  e§,  außer  an  93lenfd)en, 
fo  äiemlid)  an  allem,  toa§  nötf)ig  toar.  ty.  befehligte  äunädcjft  bie  ^wBiäQ^'. 
3ll§  ©djitl  am  17.  gebruar  in  bem  ©efetfjte  bei  9taugarb  öertounbet  tourbe  unb 
nad)  gotberg  ging,  übernahm  er  ba§  ßommanbo  be§  6orp§.  6§  follte  jeht  öer= 
fudjt  toerben  burd)  ©nglanb  Stu§rüftung§gegenftänbe  p  erljalten  unb  biefe  ffiadjt 
ju  einer  Sanbung  an  einem  fünfte  ber  Cftfeefüfte  311  ötrantaffen ;  baju  follte 
ein  Offtcier  bortljin  gefanbt  toerben.  Sßermuttjlich  mit  9tüdfid)t  auf  feine  £>er= 
fünft  als  -!pannoöeraner  unb  toeit  er  englifd)  fprad) ,  fiel  bie  SBahl  auf  5|}. 
2lm  18.  Wäxi  reifte  biefer  ju  ©d)iff  öon  ßolberg  ab,  toar  am  12.  Slpril  in 
2onbon  bei  bem  preufjifdjen  ©efanbten  ö.  ^acobi^töft,  reifte  am  21.  toieber 
ab  unb  traf  am  2.  9Jtai  in  ©tralfunb  ein,  ber  reichen  ©enbung  an  ÄriegSgerätf) 
öorauS  eilenb,  toeldje  ©nglanb  jur  Serfügung  [teilte;  mit  bem  ^toeiten  Steile 
feiner  Aufgabe  tjatte  er  nidjt  fo  öiel  ©lud  gehabt,  mit  ber  tätigen  2l)eitnal)me 


494  SPetetäborff. 

am  Äriege  tjaperte  eS  rote  geroötjnlidi).  $ür  bie  gefdjirfte  StuSfütjrung  feines 
SluftrageS  rourbe  er  üom  Könige  belobt;  für  baS  ©efedCjt  bei  ftaugarb  erhielt  er 
ben  Drben  pour  le  merite.  2IIS  nad)  ^friebenSfdjtufj  auS  ber  Infanterie  beS 
Sdjill'fcrjen  GorpS  baS  leidjte  Bataillon  beS  Leib^nfanterieregimentS  9tr.  9 
gebitbet  roarb,  rourbe  ty.  bei  bemfelben  als  Hauptmann  angeftellt;  Berlin  roarb 
feine  ©arnifon.  9lm  28.  sJIpril  1809  bradj  ©djill  bon  rjier  mit  bem  itjm  unter* 
[teilten  2.  branbenburgifdjcn  £)ufareuregiment  au  feinem  betannten  ^>uge  auf; 
am  4.  ^ai  folgte  itjm  Lieutenant  2lugu[t  öon  Quiftorp  mit  etroa  150  sDcann 
beS  SataitlonS.  3)er  ©ouberneur  L'Gftocq  fanbte  -p.  tjinterljer,  um  Ouiftorp  jur 
Umfetjr  jur  beroegen.  Bei  ^Jceuenborf,  ftfjon  auf  föniglid)  fädjfifdjcm  ©ebtete, 
traf  biefer  juerft  auf  ben  Lieutenant  öon  Btomberg,  einen  inactioen  Dfficier, 
roetcljer  ©djitl  ebenfalls  sDcannfd)aften  anführen  rooEte  unb  Cuiftorp'S  Borcjut 
bilbete;  $.  behaftete  benfelben;  auf  ben  baburct)  entftanbenen  Lärm  eilte  aber 
Cuiftorp  tjerbei  unb  broljte,  roenn  $.,  tocldjer  bie  6olbaten  anrebete,  ju  fpredjen 
fortführe,  fönin  geben  p  laffen,  fobafj  biefer  unt>errid)tetcr  ©ad)e  nad)  Berlin 
^urücfferjren  mujjte.  311S  1812  ber  £rieg  mit  Üiufjlanb  in  Sid)t  mar,  bat  ^s. 
um  feine  Gntlaffung.  Gr  Ijatte  feinem  Bruber  $art,  roeldjer  mit  itjm  im 
tjannoocrfcrjen  1.  Infanterieregiment  geftanben  Ijatte  unb  je^t  ber  englifd)=beutfdjeu 
Legion  angehörte  (t  atß  rjannoüerfdjer  Dberftlieutcnant  a.  5).  am  13.  Wäx&  1834 
ju  SÖitjenijaufen),  baS  Berfprcdjen  gegeben,  nie  für  Napoleon  511  fämpfen-  2)en 
erbetenen  2lbfd)icb  ertjielt  er  als  $Rajor  mit  ber  Grlaubnifj  feine  Uniform  fort= 
tragen  3U  bürfen;  in  ber  betreffenbeu  GabinetSorbrc  Ijiejj  e& ,  bafj  ber  ßönig 
it)tn  auci)  ferner  in  Jpulb  unb  ©nabe  ^ugetljan  berbleiben  roolle;  fie  roar  in  ben 
fdjmeidjettjafteften  SluSbrüdcn  abgefaßt.  Beüor  ein  3»at)r  311  Gnbe  roar,  trat  er 
bon  neuem  in  preufjifdje  SDienfte.  2ltS  ber  Aufruf  üom  3.  f5rcbr.  ergangen  roar, 
trug  er  in  ©emeinfdjaft  mit  Lütjoro  (f.  b.)  bem  Könige  fdjou  am  9.  beffelbcn 
Monats  bie  Sitte  oor,  ein  greicorpS  erridjten  ju  bürfen;  am  18.  b.  9fl.  roarb 
itjnen  biefelbe  geroätjrt ;  Lütroro  rourbe  Gtjef,  <p.  Gommanbeur  beS  GorpS.  Letzterer 
blieb  junädjft  in  Breslau,  um  bie  ^)erbeifd)affung  ber  Mittel  unb  bie  2lnnatjme 
ber  gfreiroiHigen,  foroie  bereu  G-inttjeitung  <ju  leiten.  %m  ©afttjofe  ^um  ©olbenen 
Szepter  t)atte  er  fein  Söerbebüreau  aufgefdjlagen;  öon  allen  (Seiten  ftrömten  bie 
greitoiUigen  tjerbei;  bafj  bei  iljrer  9lnuat)me  ntdjt  immer  mit  ber  roünfdjenS= 
roertljen  ©orgfamfeit  öerfatjren  rourbe,  Ijat  bem  GorpS  mandje  unlautere  unb 
ungeeignete  Gtemente  jugefütjrt  unb  fid)  batb  fütjlbar  gemacht.  2ludj  ift  ben 
Grridjtern  beS  GorpS  nidjt  mit  Unrecht  ber  Borrourf  gemadjt  roorben,  bafj  fie 
burdj  ben  ^lufenttjalt  in  Breslau  fiel)  beS  iöorttjeitS  begaben  bon  bornejerein 
perfönlicl)  unb  unmittelbar  auf  baffetbe  einjuroirfen,  bie  s)Jlitglieber  fdjon  in 
^obten  unb  9logau  redjt  grünblid)  3U  erjietjen  unb  anzuleiten.  511S  baS  SorpS 
nad)  bem  ÄriegSfdjaupla^e  nufbracl),  marferjirte  auet)  $.  mit  bemfelben.  gür 
bie  un<$roedtnäfjtge  ?}erroenbung  in  biefer  ^eriobe  beS  gclbjugeS  gebüljrt  Lü^oro 
bie  Sßerantroortlid)feit  allein.  Um  bie  Glitte  beS  9Jlai  tjatten  bie  ©trcifjügc 
auf  bem  linfen  (Jlbufer  ber  ©djaar  jab^treicr^e  9iefruten  3ugefüt)rt,  ju  bereu  6in= 
reitjuug  einige  Üiulje  nöttjig  roar,  gleictj^eitig  füllten  brei  leiste  ©efdjüt3e  auS^ 
geiidjtet  roerben.  5)3.  fottte  baS  aüeS  beforgen,  roätjrenb  Lü^oto  mit  ber  ßauaHeric 
3U  feinem  3nge  nactj  2^üringen  unb  ft-ranfen  aufbracl).  Elfterer  ging  3U  biefem  3toecf 
am  20.  9Jcai  nad)  ^abetberg  unb  toar,  nadjbem  er  benfelben  erfüllt,  bie  Infanterie  beS 
GorpS  auf  ca.  2000  9Jlaun  gebracht  unb  bie  ©efdjütje  marfcrjfätjig  gemacht  Ijatte, 
im  Begriff  nadj  bem  ^>ax^  3U  geljen  um,  ben  Slbfidjten  ber  oberften  <£>eereSteitung 
entfpredjenb,  bon  Ijier  auS  baS  Lanb  im  Studien  ber  franjöfifdjen  2trmee  ju 
infurgiren,  als  ber  ruffifdje  ©eneral  Söoronjoro  it)n  bringenb  aufforberte,  fid)  mit 
it)m  3U  einem  Unterneljmen  gegen  Leipzig  3U  bereinigen.  S)ie  3luSficrjt  auf  einen 
glänaenben    Srfolg   lorfte   iljn.     2lm   2.  ^uni  brad)  er   mit  900  9Jtann,  roetetje 


^etetfen.  495 

auf  SBagen  beförbert  würben,  unb  einer  neu  formirten  Gsöcabron,  auf;  ber  Dteft 
bei  SorbS  foUte  in  einigen  Sagen  nactj  bem  ^arj  abmarfdjiren.  2lm  10.  9Jtor= 
geni  ftanben  bie  Sßerbünbeten  öor  Seipjig,  bon  ben  <£>ör)en  bei  ©otjtiö  jaejen  fie  bie 
©tabt  bor  ficr)  liegen,  bereits  tjatte  itjre  Gaballerie  ber  franjöfifctjen  ein  gtütflidjeä 
©efecfcjt  geliefert;  unb  fdjon  breiten  fie  ben  bort  coinmanbirenben  ^erjog  bon  $abua 
mit  ber  (Sarnifon  für  icjre  fidjere  33eute,  ba  macrjte  bie  Äunbe  öon  bem  gefctjloffenen 
SQßaffenftittftanbe  ben  ^einbfetigfeiten  ein  borläuftgeö  Gmbe.  5J).  fehlte  nacrj  |>abeiberg 
äurüct  unb  mibmetefictj  bon  neuem  ben  Drganifationöarbeiten,  roeldje  burefcj  bie  9Jtifj= 
griffe  bei  ber  elften  Sluffteüung,  buretj  bie  bei  Äiipen  erlittenen  93erlufte  unb  burdj  bie 
Steumerbungen  nöttjig  geworben  roaren.  ©ie  Ratten  guten  Fortgang  unb  günftigen 
(Srfolg.  2lm  17.  2luguft  begann  ber  $rieg  bon  neuem.  S5em  ^Jtajor  b.  $.  gab 
er  ©etegenrjeit  ju  befonberer  "üluöäeicrjnung,  als  ber  Oberbefehlshaber  ©enerat 
©raf  SBallmoben  mit  bem  größten  Stjeile  ber  it)m  unterfteltten  Srubben  auf  baö 
linfe  (Slbufer  gegangen  mar,  mo  er  am  16.  ©ebtember  ben  bon  9ttarfcrjall  ®about 
borttjin  entfanbten  ©enerat  ^eetjeur.  bei  ber  ©ötjrbe  fdjlug,  unb  auf  bem  rechten 
Ufer  beö  ©tromeö  nur  fcrjmacrje  Gräfte  jjurüdfgelaffen  blatte,  ju  benen  1500  $nfan= 
teriften  unb  4  ©efdjütje  beö  greicorbö  uebft  400  2Jlann  Ijanfeatifcrjer  üteiterei 
unb  120  Äofafen  unter  $ßeteröborffs  Sommanbo  gehörten.  S)about  griff  biefe 
am  18.  bei  3Qi;reni^n  m&  überlegenen  Gräften  an,  roarf  itjre  SJorboften  unb 
brängte  5p.  eine  ©tretfe  SBeges  jurüc!;  es  gelang  biefem  inbefc  fomol  am  18., 
toie  am  fotgenben  Sage,  mo  üDabout  bon  neuem  borging,  bemfetben  burcr;  feine 
fefte  Haltung  fo  ju  imboniren,  bafj  er  bon  energiferjeren  SSerfucrjen  ben 
©ctjleier,  melctjen  jener  gebilbet  Ijatte,  jju  jerreifjen  abftanb.  ü£)a  Sütjom  bei  ber 
©ötjrbe  bertounbet  mar,  fo  übernahm  $.  bis  jum  25.  9iobember,  mo  biefer 
äurüdfetjrte,  bas  ßommanbo  beö  ßorbs  unb  blieb  mit  ber  ^»aubtmaffe  beffetben 
ben  gran,$ofen  im  2Jcecttenburgifcrjen  gegenüber,  gür  baö  ©efeetjt  bei  3a**entr)in 
ertjiett  er  baö  (Jiferne  Äreuj.  2ltö  Süijoro  am  25.  £)ecember  aus  bem  £>ol= 
fteinifcfjen  mit  ber  Gabatterie  nact)  ^ranheicrj  abmarfetjirte,  übernahm  ty.  baö 
(Sommanbo  bon  neuem,  ging  bann  aber,  auf  ©runb  einer  bom  14.  SDecember 
batirten  (Sabinetsorbre,  am  11.  Januar  1814  bon  |>olftein  auö  nacrj  Gaffel, 
um  unter  Settung  beö  Äurbrinjen  SBilljelm  ht\  ber  Qsrridjtung  ber  tjeffifetjen 
Srupben  mitjumirfen,  eine  Aufgabe,  melcfje  er  trotj  großer  bamit  berbunbener 
©djmierigfeiten,  mit  bielem  ©efcrjicf  löfte  (bgl.  $urt)effen  feit  ben  35efreiungö= 
friegen  bon  (L  2ö.  äöibbermann,  Gaffel  1850).  3lm  25.  3Jcära  1815  mürbe 
er  jutn  ßommanbeur  beö  auö  ber  Infanterie  be§  ßü^om'fcrjen  ßorpö  gebitbeten 
breu^ifc^eu  25.  ^nfanterieregimentö  ernannt;  baffelbe  in  ben  Ärieg  ju  führen 
Ijinberte  il}n  ein  im  1Dcär<$  erlittener  Seinbrucl) ;  jebocrj  fonnte  er  balb  roieber  im 
militärifc^en  35ermattungöbienfte  tljätig  fein;  es  gefdjal)  3uerft  in  S)üffetborf,  bann 
in  2lact)en.  2lm  12.  Dctober  1815  marb  er  ^um  Gommanbanten  bon  53temel 
ernannt,  bertaufcljte  biefen  3ßoften  1827  mit  bem  nämlicrjen  ju  Zittau,  marb 
1837  in  gleicher  ©igenfcfiaft  nacl)  Sl}orn  berfetjt  unb  trat,  nac^bem  er  inämifdjen 
äum  Generalmajor  aufgeftiegen  mar,  1842  mit  bem  Srjarafter  at§  ©enerat= 
lieutenant  in  ben  9lutjeftanb.  2lm  4.  5Jcai  1854  ftarb  er  ju  ^[auentb^in 
bei  (£olberg. 

2lrcf)ib    beö    b^eufeifcl)en    Äriegöminifteriumö.    —    3eitfd^rift    für   Äunft, 

äßiffenfc^aft  unb  ®efcf)ict)te  beö  j?riegeö,  93.  ^8anb  3.  §eft,  Berlin  1855.  — 

©efterreicljifcfjer  ©otbatenfreunb  bom  12.  ^uli  1854.  —  ©taroittft;,  (üefdcjtdt)te 

beö  25.  ^nfanterie=9tcgimentö,  ^oblenä  1857,  ©.  57.  33.  $oten. 

^CtCtfcn:  3lbotf  (So melius  5ß„  Slftronom,  geb.  am  23.  ^uti  1804  in 

SGÖefterbau   (5lmt  Sonbern  in  ©c^lesmig),  f   am   3.  gebruar   1854  in  3lltona. 

ty.   ftubtrte  bie    maü)ematifcf)en   2Biffenf($aften    unb    marb    frü^eitig    mit    bem 

Bekannten  5lftronomen  ©cl)umad§er  befannt,   ber  itjn  juerft  als  ©etjilfen  bei  ber 


496  speterfcn. 

bänifdjen  ©rabmeffung  bermenbete  unb  itjm  1827  eine  Stelle  als  Dbferbator  an 
feiner  ©ternroarte  in  9lltona  tietfdjafftc.  9tad)bem  ©djumadjer  1850  geftorben 
war,  führte  $.  bie  interimiftifdje  ßeitung  ber  ©terntoarte  bis  ju  feinem  eigenen 
£obe;  aucr)  teilte  er  fid)  bon  jenem  ^eitpunfte  an  mit -gmnfen  in  ©ottia  in  bie 
ittebaction  beS  gactjjournatS,  roetd)eS  ©d)umadjer  unter  bent  Stitel  „9lftronomifd)e 
Wactjricfjten"  inS  Seben  gerufen  unb  ju  t)ol)er  Stütze  gebracht  tjatte.  2)iefe 
3eitfct)rift  enthält  benn  aud)  eine  grofee  Oteilje  bon  ^Jlitttjeilungen  auS  ^eterfen'S 
^eber  über  bon  irjm  angeftellte  93eobad)tuitgen  unb  Jöevedjnungen.  @r  mar  ein 
glütflidjer  Äometenentbeder  unb  t)at  bier  biefer  ©äfte  unfereS  ©onnenftjftemS 
juerft  aufgefunben  (7.  Sluguft  1848,  26.  Dctober  1849,  1.  «Utai  1850, 
17.  2Jtai  1852).  2ltS  £t)eoretifer  ermarb  fidj  $.  SSerbienfte  burdj  bie  Angabe 
einer  berbefferten  2fletl)obe  jur  Sefiimmung  ber  9totationSjeit  ber  ©onne  unb 
burd)  ben  ÜtadjtueiS,  bafj  Salanbe  ben  Planeten  Neptun  fdmn  am  8.  unb 
10.  9Jtai  1795  beobachtet,  itm  jeboctj  für  einen  ftijftern  gehalten  tjatte.  UebrigenS 
gehörte  *p.  aud)  ju  jenen,  roelcfje  juerft  bie  53at)n  beS  neu  entbedten  SBanbelfternS 
aufmerffam  Verfolgten  (Slftron.  9iad)r.,  25.  33anb,  ©.  98).  Sie  föaftloftgfeit, 
mit  toetdjer  ber  unermüblidje  Wann  troti  förpertidjen  ßeibenS  fid)  ber  mütjebollcn 
33cobadjtungStt)ätigfeit  t)ingab,  lief}  itm  biet  ju  frütjjeitig  einer  Sßruftfranf^eit 
erliegen. 

5poggenborff,  ^anbmörterbud)  <jur  ©efdjictjte  ber  ejatten  äöiffenfdjaften, 
2.  Sanb.  ©p.  414.  —  «Diaebler,  ©efd)ici)te  ber  #immel3funbe,  2.  SBanb, 
©.  275  ff.  ©untrer. 

^etcrfcit:  Sodann  6t)tiftopt)  Stuguft  $.,  geb.  am  18.  ftobember  1808 
in  ßrfurt,  t  am  1.  Wobember  1875  als  ©eneralfuperintenbent  beS  ^erjogttjuinS 
©ott)a.  ty.  tjatte  frülj  feinen  SJater,  einen  Srfurter  gabrifanten,  burd)  ben  £ob 
bertoren.  @r  mud)S  unter  ben  2lugen  einer  forgfamen  fluttet  unb  toofylmotlenber 
ßetjrer  als  ein  überaus  fleißiger  unb  gut  gearteter  i?nabe  auf  unb  abfolbirte  ju 
Oftern  1828  baS  ©rjmnafium  feiner  Söaterftabt  mit  bem  fteife^eugnifj  erften 
©rabeS.  s)Jtit  ber  ^bfictjt,  claffifdje  $t)itologie  ju  ftubiren,  ging  er  nactj  Berlin, 
tourbe  aber  batb  burd)  ben  (Jinflufj  ©d)leiermact)er'S  —  roelctjem  er  fpäter,  bei  ber 
100  jährigen  SBieberfeljr  feines  ©eburtStageS  1868  ein  fdjöneS  litterarifdjeS 
2)enfmal  gefegt  tjat  („©djleiermadjer  als  Reformator  ber  beutfetjen  SSilbung". 
geftrebe.  ©ottja  1869)  —  für  bie  Geologie  gemonnen.  S)ie  4  Satjre  feines 
berliner  ©tubiumS  finb  für  fein  öeben  entfdjeibenb  geroefen.  >,UlS  ©ctjüter  bon 
©djteiermactjer,  9teanber,  Sttjeremin,  ©teffenS  unb  im  perföntidjen  Umgang  mit 
biefen  tjerborragenben  Männern,  befonberS  aud)  burd)  häufigen  $erfeb,r  im  .<paufe 
be§  ^>ofprebiget§  ©traufj,  ben  er  feinen  gciftlic^en  Steter  nannte,  gemann  er 
jenen  offenen  ©inn  für  aüeä  nienfcb^lic^  ©rofje  unb  ©cb^öne  unb  in  unauflöslicher 
Serbinbung  bamit  jene  begeifterte  Siebe  jur  ebangelifcbjen  Äirdje,  jene  med)fe(= 
feitige  „©ureb/bringung  beS  SbangeliSmuS  unb  beS  ^umaniSmuS",  mie  er  fict) 
tb.eologifd)  auS^ubrüden  liebte,  buret)  roetetje  er  Sielen  jum  ©egen  geworben  ift. 
9Iud^  als  ^)auSlef)rer  bei  bem  ©rafen  $arl  bon  ber  ©röben  in  S3erlin  brauste 
er  bon  bem  liebgetuoibenen  S3ertef)r  nidjt  ju  fcfjeiben  unb  getoann  er  überbieS 
reidjlidje  'Jtab^rung  fetner  batertänbifcb/=d)riftlid)en  ©efinnung.  9tad)bem  er  baS 
erfte  t^eologtfctje  ßjamen  „feb.r  gut",  baS  jtoeite  „bor^üglid)  gut"  beftanben 
tjatte,  fanb  er  in  feiner  S5aterftabt  ©rfurt  1834  eine  3lnftellung  als  S)ia!onuS 
an  ber  jLb^omaSfirc^e,  mürbe  aber  fdjon  im  folgenben  ^atjre  als  Pfarrer  nad) 
Sßuttelftebt  bei  SBeimar  berufen,  mo  er  15  glüdlidje,  arbeitS=  unb  fegenSbolle 
Saläre  bcrlebt  ^at.  ©eine  ^auptforge  galt  ber  ©emeinbe.  @r  mar  ein  ©eet= 
fotger  bon  unermüblidjem  (Sifer  unb  gemiffenljafter  Sreue.  2lber  feine  3lmtS» 
pflicljten  liefen  irjm  noct)  3Jtu|e  genug  ju  fdjriftftellerifcrjer  2l)ätigfeit.  ®urd) 
eine   feiner  ßjamenarbeiten:     „2luS  meld)en   Urfac^en   mu^   bie  GUntftetjung   ber 


5ßeteifen.  497 

2)ifferenaen  unb  (Spaltungen  swifcrjen  ber  lutl)erifcr)en  unb  ber  reformirten  ßirdje 
abgeteitet  Werben?"  Ijatte  er  ben  erften  Slnftofj  ju  grünblidjer  Vertiefung  in  bie 
ßefre  öon  ber  Äirdje  ermatten.  2ll§  nun  1837  Olidjarb  Sftotlje'S  epocrjemacljenbeS 
äBerf  über  „bte  Anfänge  ber  crjrifilicrjen  ßtrctje  unb  irjrer  Verraffung"  erfdjien, 
fanb  *Peterfen  ficrj  burd)  bte  genialen  ©ebanfen  biefe§  23ud)e§  ebenfofetjr  gefeffett 
wie  3um  SBiberfprud)  gereift.  $otf)e  trug  fjier  gum  erften  9Jcate  feine  üietjadj 
mifjöerftanbene  ßetjre  öon  bem  Slufgeljen  ber  $irdje  in  ben  (Staat  üor.  ^actj 
it)m  rjat  QttjriftuS  ba§  ®otte§reid),  roeId)e§  er  auf  (Sirben  gefiiftet,  in  feiner 
VoHenbung  nidjt  unter  ber  gorm  ber  $irdje,  fonbern  als  eine  potitifdje 
©emeinfdjaft  gebaut.  (StjriftuS  rjat  nadj  9tottje  ein  eigenttjümlidjeS  geiftige§ 
Seben  in  ber  9)hnfdjr)eit  ange^ünbet,  weldjeg  bap  berufen  ift,  auf  bem  Söege 
ber  gef<$icrjtlid)en  Güntwidlung  fid)  ber  natürlichen  gorm  be§  tnenfcr)lict)eri 
©emeinfcrjaft§teben§  immer  merjr  jju  bemeiftern  unb  biefe  öon  ir)m  befeelte 
natürlidje  §orm  felbft,  mithin  ben  djriftlidjen  Staat,  pm  Organ  für  feine 
weitere  SBirffamfeit  p  macrjen.  2ll§  S3ebingung  unb  Mittel  für  bie  ütealifirung 
biefeä  feine§  testen  3toetfe8  mufjte  ber  $nx  audj  eine  $ircr)e  wollen  b.  r).  eine 
rein  unb  au§fd)lief}lid)  religiöfe  ©emeinfdjaft.  2)enn  ofjne  fie  würbe  bie  6r= 
füÜung  be§  natürlichen  ©emeinfcfjaitstebenS  mit  d)rifttidjem  ©eift  nidit  erreichbar 
fein.  $e  weiter  aber  ber  gefct)icrjtiicf)e  ^ßroce^  fortfdjreitet,  befto  met)r  tritt  bie 
$ircr)e  prüdE,  bi§  fie  in  ber  SSoHenbung  gänjlid)  aufgehört  tjaben  wirb,  eine 
befonbere  gorm  ber  ©emeinfdjaft  3U  bilben.  (Sjine  «gmuptetappe  auf  biefem 
Söege  ift  bie  Deformation.  —  liefern  rütmen  ©ebanfen  trat  ty.  in  feinem  23uctje: 
„Sie  $bee  ber  djriftlidjen  Äirdje.  Qm  wiffenfdjaftlidjen  Beantwortung  ber 
ßebenSfrage  unferer  $eit  e*n  trjeologifdjer  Verfud).  (Srfier  analr;tifd)=critifcrjer 
£fjeit."  1839,  entfdjieben  entgegen,  inbem  er  bie  Dotfje'fdjen  2lu§jüljrungen 
©ctjritt  für  Schritt  ju  roiberlegen  judjte.  Seine  Slnftdjt,  ba§  bie  ßirctje  audj 
im  öollenbeten  (SotteSreid)  neben  bem  (Staate  unb  ber  (Sultur  unb  auf's  innigfte 
mit  biefen  beiben  Bereinigt  ein  bleiöenber  S£fjeilorgani§mu§  fein  werbe,  entwickelte 
unb  begrünbete  er  ausfürjrlicfj  in  ber  „Seljre  öon  ber  Äirdje",  beren  erfte§  unb 
3Weite§  aSuct) :  „öon  bem  äöefen  unb  ber  Drganifation  ber  JrHrdje"  al§  ^Weiter, 
frjntrjetifdj  =  bogmatifdjer  ü£ljeit  be§  ganzen  2ßerfe§  1842  an  ba§  Sidjt  ber 
Deffentlidjfeit  trat,  Wäljrenb  ber  britte,  rn^torifct)=pragmattfdje  £r)eit:  „öon  ber 
düntwidelung  ber  $irdje"  1846,  ba§  umfangreiche  (Sebaube  frönte.  2)iefer  britte 
£r)eil  „unb  mit  il)m  ba§  ©anje"  ift  ber  ttjeotogifcfjen  gacultät  gu  Qhiangen 
gewibmet,  welctje  bei  Gelegenheit  ir)re§  100  jährigen  Subiläum§  1843  5ß.  jum 
S)octor  ber  2b,eologie  creirt  tjatte.  ^n  bem  breibänbtgen  SSerfe  ftetft  eine  güEe 
ttjeologifdjer  ©eterjrfamfeit.  SlUe  mit  bem  ^aupttljema  in  Serbinbung  fteljenben 
fragen,  ßerjre,  6ultu§  unb  5Di§ciplin  ber  Äirdje,  ba§  9lmt  be§  ©eiftlic^en,  bie 
Äirccjenöerfaffung,  $atr)olici§mu§  unb  *ProteftantiSmu§,  Deformation,  ßonfeffion, 
unb  Union  Werben  unter  forttaufenber  SBerücfficrjtigung  ber  einfcrjlägigen  Sitteratur 
unb  unter  |)inwei§  auf  ben  3utammen^inS  mit  fernerliegenben  t^eologtfdjen 
Problemen  grünblict)  erörtert.  Seiber  ift  ber  fdjWerfäHige  gormaliSmuS  ber . 
2)arfteüung  einer  weiteren  Verbreitung  be§  S3uctje§  ^inberlict)  gewefen.  @in 
fctjöner  @rfotg  für  ben  SSerfaffer  felbft  war  bie  <£er,$en§freunbfcr)aft  mit  feinem 
äßiberfactjer  9ftotlje,  bie,  au§  ber  eblen  Gattung  ber  wiffenfdjaftlidjen  ^ßolemif 
geboren,  im  33riefwect)fel  unb  perfönlidjen  35erfeljr  fictj  entfaltenb,  5ß.  bi§  äum 
Heimgänge  Dotfje'S  1867  ^oc^  beglüclt  Ijat.  2)a§  praftif^c  Defultat  feiner 
©tubien  aber  war,  bafj  er  bei  allem  äöedjfel  ber  3e^en  a^  ^n  treuer  ©oljn 
ber  lutfjerifcrjen  ^ircrje  äugteict)  für  ba§  gute  9ftecr)t  ber  Union  mit  mannljafter 
Ueberjeugung  eintreten  fonnte.  ©egen  bie  ßicrjtfreunbe  einerfeit§  unb  bie  ljerein= 
brectjenbe  Deaction  anbererfeitS  fucfjte  er  in   ben   öierjiger  Sfatjren   auf  fiürmifd) 

3Utgem.  beutle  Siogro^ie.    XXV.  32 


498  ^ßeterfen. 

betoegten  fixd)ltc^en  SBerfammlungen  in  Söeimar,  2lpolba,  Äöfcn,  SBittenberg  baS 
SSefenntnifj  au  ber  ©ouüeränität  Gtjrifti  unb  feines  SöorteS  als  baS  für  ben 
Sßeftanb  ber  Äirdje  einzig  sJlot^tnenbigc  mit  ffammenber  9tebe  in  bie  ^er^en  ju 
pflanzen.  2lud)  mit  bet  geber  arbeitete  et  raftloS  für  biefen  tjorjen  groed. 
sJcid)t  metjr  für  bie  ©eletjrten  roottte  er  nun  fdjreiben,  fonbern  für  fein  ttjeureS 
beutfctjeS  (Srjriftenöolf.  ©röfjereS  !anttte  er  nidjt,  als  —  nad)  bem  immer 
roieber  öon  ir)m  citirten  Utjlanb 'fernen  SGßort  —  „für  unfer  Sßotf  ein  £erj". 
3)iefe  SiebeSroärme  fütjlt  man  ber  „bürgerlichen  ©efdjidjte"  an,  roeldje  unter  bein 
£itel:  „2)er  Sidjtfreunb  ober  bie  ^inbtaufe"  1847  erfdjienen  ift-  w2Bie  baS 
23üd)lein  öon  einem  gefd)rieben  rourbe,  beffen  Qfreube  unb  ©totj  eS  ift,  ein  ©otm 
beS  beutfdjen  SßolfeS  <ju  fein,  fo  fottte  eS  auS  bem  ^erjen  beS  35olfeS  tjerauS 
gefdjrieben  fein,  um  in'S  £>erj  bei  SotteS  einjugetjen.  £)  motzte  eS  bod)  ein 
beutfdjeS  SBolfSbud)  merben,  ein  Bud)  für  Sitte  auS  alten  «Stänben,  bie  als  edjte 
2)eutfcfc)e  aud)  rechte  ßtjriften  fein  motten!"  6in  bieberer  .tpanbroerfer,  ber  fid) 
öon  ber  lieblofen  ©trenggläubigfeit  feiner  Söerwanbten  abgeftofjen  fütjlt,  mirb 
auS  ber  ©efatjr,  öon  ben  ftetjen  ber  greigeifterei  umftridt  ju  merben,  burd)  ben 
(Jinflufc  eines  beroäfjrten  Gt)ri|"ten  unb  burd)  bie  .ffreuafctjule  beS  SebenS  gerettet 
unb  jum  redeten,  in  ber  Siebe  ttjätigen  ©tauben  gefütjrt-  3ln  ben  gaben  biefer 
(Jr^ätjUing  merben  als  ,£>auptbeftanbtt)eit  beS  33uct)eS  ©efprädjc  über  bie  religiöfen 
^eitfragen  aufgereiht.  S)aS  Sud)  mürbe  otjne  3toeUe^  me^r  2efer  'm  Sotfc 
gefunben  t)aben,  menn  in  ber  ©efctjidjte  metjr  gefd)ätje  unb  roeniger  gefproetjen 
mürbe.  2)em  gleichen  3wede,  matjreS  Gtjrtftentfjunt  im  23olfe  ju  pflanzen,  biente 
bie  Verausgabe  einer  faft  öergeffenen  geiftöotten  ©ctjrift  beS  ©rafen  öon  3in<jen= 
borf,  gemötjntid)  furjroeg  „ber  ^affagier"  genannt.  üDer  eigentliche  Sitel  lautet: 
„©onberbare  ©efprädje  aroifdjen  einem  Oteifenben  unb  attertjanb  anberen  5)3erfonen 
öon  allerlei  in  ber  Dteltgion  öorfommenben  28at)rt)eiten".  S)iefe  6ct)rift,  bie  bei 
itjrem  erften  anonymen  ßrfctjcinen  1739  bereits  brei  Auflagen  erlebt  tjatte,  ift 
aud)  in  ber  StuSgabe  öon  ■$■  jmcimal  aufgelegt  morben  (1849  unb  1869). 

SDie  öielfeitigen  SBerbienfte  ^ßeterfen'ö  unb  fein  fräftigeS  auftreten  tjatten 
■mr  golge,  bafj  er  1850  als  sJtad)fotger  53retfd)neiber'S  jjum  Dberpfarrer  ber 
©tabt  ©ottja  geroätjlt  mürbe,  ^perjog  (Srnft  ernannte  it)n  unter  Betätigung  ber 
2Bal)l  alSbatb  jum  ©uperintenbenten,  1852  jum  Oberconfiftorialratt)  unb 
©eneralfuperintenbenten  beS  .§erjogtt)umS.  $n  biefer  Ijofjen  unb  PerantWortungS= 
öollen  (Stellung  ift  eS  ir)m  nod)  gerabe  25  ^a^re  ju  mirfen  öergönnt  geroefen. 
@r  übte  fein  2lmt  mit  9JUtbe  unb  nab,m  fict)  mit  roacjrtjaft  öäterlidjer  «Sorgfalt 
ber  itjm  untergebenen  ©eiftlid)en  an.  2)ie  ©eneratüifitationen  gereidjten  i^m  ju 
matjrer  £>er<jerquidung,  abgefe^en  öon  ben  ftatlen,  roo  er  tabeln  unb  ftrafen 
mufjte,  maS  ib,m  ferner  mürbe.  S)en  in  2tjüringen  feftgemur^etten  9iationaliS= 
muS  beljanbelte  er  fdjonenb,  fudjte  ilm  aber  eöangelifd)  ju  öertiefen.  Um  baS 
SßolfSfdjutmefen  ^at  er  fidj  bureb^  Sluffteltung  eines  SetjrplanS,  ben  er  felbft  als 
eine  „©orgenarbeit  bieler  ^aljre"  be^eidinete,  burdj  Bearbeitung  einer  gibel  unb 
eineS  ßefebudjS  unb  namentlich  burd)  bie  Drganifation  beS  SfieligionSunterridjtS 
gro^e  SBerbienftc  ermorben.  Sie  23o(fSfd)ute  tjatte  er  befonbcrS  lieb,  unb  eS  mar 
ein  tiefer  ©c^merj  für  itjn,  als  1863  bei  burdjgefüljrter  Trennung  ber  Äirdje 
öon  ber  ©d)ule  im  ^erjogirjum  ©ott)a  baS  SBirfen  auf  biefem  ©ebiete  il)m  faft 
ganj  entzogen  mürbe.  %n  ber  ^rima  beS  ®t;mnafiumS  gab  er  mit  ^euoen  ben 
9teligionSunterrid)t. 

SSRan  tonnte  ty.  nidjt  mit  Unredjt  einen  3)irtuofen  ber  grömmigfeit  nennen. 
Sitte  grofjen  unb  f leinen  ©rlebniffe  bienten  itjm  felbft  jur  Vertiefung  beS 
©ünbenberoufjtfeinS  fomoljl  mie  ^u  erneutem  ßobpreis  ber  göttlichen  ©nabe  in 
Gfjrifto.  ©o  maren  benn  aud)  feine  ^Jrebigten  ausgezeichnet  burd)  bie  einbring= 
lic^e  ftraft  ber  glaubenSöotten   lleberzeugung,  bie  aus  jebem  Söorte  3u   fpüren 


5peterfen.  499 

mar.  Gin  marmeB,  üterlDattenbeB  6e^I,  baB  namentlu*  Bei  M^en  ©cte9en= 
beiten  su  mäcritigex  SBeßeifketunfl  fu$  fteigette  unb  bcn  »ebnet  übet  fu$  felbtt 
ÖoB  ti?  bie  ©emeinbe  mit  flft  fort-  ©eine  *ttbigter itoor^er  «Warteiten 
unb  au  memotiten  toat  einem  Planne  tote  $.  unmöglich  ©« !  ttaten  nacf, 
boraufgegangener  etnftet  Griffes-  nnb  £eraen8arbeit  ein  freier :  Ctßu| £*g™™* 
©emüt,eS.  SBenn  ebenbeäfjatb  au  ßünPifi«  ®t™be  unb  QBjffnÄ  ?e" 
Lbrucf  ein  bebeutenbet  toar,  fo  tonnten  fteitidj  an  öeroo^n^en  ©onntagen 
ober  bei  föxbextidjer  SnbiBbofition  aucf,  bie  Wange  einet  fotcfenWet^obe  nu*t 
ö  borgen  bleiben.  §inter  bet  Uebexfcrjtoänglidjteit  beB  ©emr,lB  blieben  b« 
Mufig  toiebexlmlten  unb  nux  locxex  bextnübften  Gebauten  alBbann  tootjt  emtfnb. 

?S  gtirtÄ.  ©iuaelue  ^xebigten  t,at  9-  ™f  ©»«[*.  nafmJ\^  FÄ 
für  ben  ©xucf  aufgetrieben.  Sie  getefenen  geben  aucfj  nid)  boi. :  lerne  bie 
Sirfung  be§  ße^rten  SBoxteS  triebet.  Söit  fcbeu  at8  Jataftm|ltW  *erb°t 
m :  flnb  GoteB  Sott!  ©ine  Sanbbtebigt  aum  lOOOjaJttgen  3ube  refle 
®7tttWanb8.?  1843.  (ffiiefe  ^tebigt  mufjte  fid)  in  bet  »5^f*en  Intimen 
Btebia  xbibtiotbef  eine  fef,x  abfällige  unb  ungerechte  Seuttfeitung  gemtten  laffen, 
roeSfbn  bem  »etfafTn  alft  „unbaxmfexaige  «anb  Jung  ferne«  ßubtuig«. 
ftnbeB"  WmetaXi*  embfunben  mürbe.)  Sernet:  „©otteB  friebebringenber  Segen 
in  ÄtieftBieit."  1866  unb:  „Unfere  ©iege§|reube."  1870.  «  bie  treffe mb 
ftebe  am  Stabe  feines  ftteunbeS  gri*  Deuter  mag  tjier  ermahnt  fem,  abgebruett 
in-     ©in  Anbeuten  an  fftife  tatet'B  ^Begräbnisfeier.       1874. 

Sit  1858  ftanb  an  bet  Spitje  bet  ©otr^en  SanbeBßeiftti^it  neben 
$.  ber  ©berfjofprebiger  D.  Sari  Samara,  SBeibe  fmtten fa  aum  Ses  t  i*t« 
SntrittBprebig  baB  apoftolifdje  SBort  2.  Gor-  1,24  gemalt :  „9tu$t,  bafe  mit 
£e K  fonbern  mir  finb  «ilfen  eurer  Steube ; ;  benn 

|Aet  im  Glauben",  unb  berauben  ft* ,  in  ber  Slnmenbung  bief«  ©runb^eB 
auf  ibte  HmtBtMtigleit  in  erfreulicher  Uebereinfttmmung.    Son  ^rt  aber  mären 
rjSÄieben8     Sei  6<*toatJ  »eigte  W  eine  ^«^TÄ^^ntS 
beB  ©ebanteuB,  ein  tfldftd&tBiofeB  Urteil,  ein  rafcfeS  unb  entfttebeneB  «orgeln, 
eine  unüberminbtiefe  Abneigung  gegen  iebe  SM  no Übermittelung    »a^enbj. 
auf  allen  Seiten  baB  ©ute  fjerauSfanb  unb  anettannte    gern  bitatorifd)  betfujt, 
ftetB  ben  Stieben  3u  6etoar,ren  ober  toiebexferauftetten  >d)te  unb   allem i  SßoUe t- 
mefen  ab*rib  mar.3    GS  tft  beiben,  bem  tapferen  Streitet  unb  bem  mitten  »«- 
mitttungBtrieologen,    nierjt    leietjt  getoorben,   fu$    m    emanbet    au   finben.     ©et 
SotÄen    8anb  Slird&e    aber    ^at    biefeB    fä    «flänaenbe   »ebeneinanbet    ja 
flcoSem  Segen  geteilt,    ©qmata  toar  einer  ber  Stifter  unb  »et  beB  beulen 
SeftantenberrinB.     ?lu*   ?.  trat,   menngteief,   titelt  o^ne  fernere   ©emiffenB= 
S      bem  Vereine  bei,   beffen  regten  ^lügel  er  mit  Wotje   unbjöaumgatten 
bilbete.  Son  feinen  freien  Steunben  mufete  er  mand)eB  bittere  ober  betrembete 
2öort  megen  feiner  3uger,5rigteit  au  biefem  Vereine  ^ören    «°nnt.^"/"^« 
StuBbrucx  beB  »ebauemB,  bafe  er  in  eine  feiner  nic^t  murbtge  8«    t  i» 
geraden  fei,  efjrtid)  etmibetn,  et  fei  bielme^t  rnnemgemajfen. .     «u]   bem  etften 
Itotetantentage  in  (Sifenadj  1865  mat  %  bet  einige,    bet  fi*   jegen  bie  bon 
Sc^mata  aufgeben  unb  öett^eibigten  S^efen  übet  bie  ptoteft antike  8e^ jxeijeit 
etflätte   meil  iW  bie  bofitibe  SteEung  t^  ©ei«en  3ur  fettigen  «« H  n«ftt 
aenüaenb   in  b  efen   S^efen   gemafet  fc^ien.     »ei    ber   gttebenBiiebe   ^etetfenS 
Arte  gemi^   ein  fe|t   anettennenBmettfet  aßa^eltBmutJ,    »u  bwf«  ifoUtte« 
Cppofition  gegen  feinen  eigenen   nähten  Sottegen    ber  nicf,t   gern  ^ibe ifpru* 
ertrug.     ®iefe  bon  feinem  ©emiffen  gefoxbexte  £^at  unb   feine  Stellung   au  ber 
öer^aSnbelten  mistigen  gtage  *at  ?.  in  einem  iefenBmert^n  Sc|ri  ^e :» t  er!  a rt. 
„©ie  broteftantifefe  2efefreit)eit  unb  tt)re  ©renaen.    6m  offeneB  SBott  aum  erften 


500  5ßeterfen. 

beutfcb>n  iproteftantentage."  1865.  2)em  *ßroteftantenberein  ift  *ß.  bt§  an  fein 
@nbe  unmanbetbar  treu  geblieben.  2)af$  ein  folget  2Jtann  mit  feinem  toarmen 
.freien  bott  Siebe  in  feinem  |mufe  beglücft  unb  beglüctenb  lebte,  bebarf  ber 
23erfict)erung  nidjt.  ©eine  ©attin  ftatb  fctjon  im  Siatjre  1857  naci)  18  jähriger 
(Jtje,  au§  meieret  ijmei  Xöctjter,  gegenmärttg  an  ©ottjaifetje  ©uperintenbenten 
öerbeiratfjet,  entföroffen  finb.  $•  felbft  feierte  noct)  im  Dctober  1875  mit  boller, 
öielleirfjt  ju  tiefer  23ett)eiligung  feines  ©emüttjeS  ba§  25  jährige  Jubiläum  feiner 
SQßirffamfeit  in  ©ottja.  21m  Xage  barauf  erhanfte  er  unb  entfctjlief  fanft  unb 
fct)mer<}lo3  am  1.  ^Roöember.     @r  bleibt  im  ßanbe  ©ottja  unöergeffen. 

Otto  3)reber. 

^Ctcrfdl:  23attf)afar  $.,  geb.  in  ber  ©tabt  Xonbern  in  ©cl)te§mig= 
..ftolftein  am  7.  2ftai  1703  als  ©otjn  eines  ©pitjenfabrifanten.  3Iuf  ber  tateinifetjen 
Schule  feiner  33aterftabt  öorbereitet,  bejog  er  1721  bie  llniöerfität  $ena,  um 
Xtjcotogie  ^u  ftubiren.  ©ein  -frauptlctjrer  mar  fjier  3.  33.  33ubbeu§.  $n  Äiel 
fetjte  er  feine  ©tubien  bann  ein  3af)r  fort  unb  roarb  barauf  .gmuäletjrer. 
2V2  3at)re  fpäter  bot  fidj  it)tn  bie  ©etegentjeit  bar,  gütjrer  ober  |>ofmeifter 
eines  jungen  Slbetigen  ju  werben,  mit  bem  er  auf  Oteifen  ging  unb  üerfctjiebene 
Uniöerfitäten  befucfjte.  @r  benutze  biefe  Gelegenheit  treu  ju  feiner  eigenen 
2Iu§bitbung  unb  (jörte  felbft  juriftifdje  unb  mebtcinijct)e  Soüegien.  1729  marb 
er  jum  Jpauptpaftor  in  Secf  gemäht  unb  1739  jum  tropft  unb  -gmuptpaftor 
in  ber  ©tabt  ©onberburg  ernannt,  Don  too  er  1746  in  berfelben  (Sigenfctjaft 
nact)  feiner  23aterftabt  Xonbern  beförbert  marb.  SDie  ^äbagogif  mar  fein 
fcefonbereS  ^ntereffe  unb  er  tjiett  in  feinem  Jpaufe  gemiffermafjen  eine  9Irt 
Stfabemie ,  inbem  er  feine  Zöglinge  öon  ben  erften  (Jtementen  an ,  er  felbft 
allein,  unterrichtete,  bis  fie  afabemifetjen  Abiturienten  gleictjgefteUt  unb  nact) 
fiattgetjabter  ^tüfung  unmittelbar  im  ©taatsbienft  üerroanbt  mürben.  2118 
fpäter  borf)  für  biefe  ein  fur^er  afabemifcfjer  GurfuS  »erlangt  marb,  gab  er  biefeS 
Unternehmen  auf.  2)a  er  jeboer)  baS  33ebürfnife  na  et)  metjr  SBirffamfeit  fütjlte, 
toarf  er  fiel)  nun  auf  bie  9lu§bilbung  öon  33ottefd)ultet)retn,  moju  bamalS  faft 
alle  ©etegentjeit  fonft  fehlte.  2)ie§  üerantafjte  it)n  einen  roefenttietjen  Xtjeit 
feinet  23erm5gen8  jur  (hrictjtung  eines  „©ctjulmeifterinftitutS"  <ju  beftimmen  unb 
baburetj  ift  er  ber  ©tifter  beS  noct)  blütjenben  £et)rerfeminar§  in  Xonbern 
gemorben,  baä  nact)  feinem  Xobe  1788  in'S  ßeben  trat  unb  fidj  feitbem  seit- 
gemäfj  entmictelt  tjat.  @r  üermactjte  ba^u  feinen  Apof  ©örriämarf  mit  209  2)emat 
unb  28  000  «Warf  bar.  ®in  öon  if)tn  üerfajjteS  ßefjrbucf):  „(SrfenntniB  ©otteä 
für  ^ateetjeteu,  Äüfier  unb  ©ctjultjalter",  mürbe  auf  Soften  feiner  «EJlaffe  1788 
gebrueft  unb  lange  bem  Untexxicfjt  3U  ©runbe  gelegt.  Slufjerbem  öerfafjte  er 
auetj  ein  ßeben  3efu  (1781)  in  4  33änben  unb  „bie  ©eligfeit  ber  9Xu§ertoätjtten 
im  emigen  ßeben".  1784.  2  33be.  1779  feierte  er  fein  50 fätjrigeS  Jubiläum, 
fungirte  aber  im  2tmte  noctj  fort  bi§  an  feinen  Xob,  1.  Januar  1787,  nact)= 
bem  er  58  $af)re  baS  5)Srebigtamt  öermaltet  tjatte.  ^Ijm  mar  ber  6t)arafter 
als  Sonfiftorialratf)  öerlieb^en. 

©.»$.  ^roü.=33er.    1787,    3,   403.  —  «flteufel,   ©et.  SDeutfcf)lanb,   s.   v. 

-  galfs  Slrctjiö  III,    338.  —   ©.*©.-S.  Äire^cn»  unb   ©ctjulblatt.    1883. 

ftr.  13.  SarftenS. 

^Ctcrfcil:  6b;riftian  «ß.,  ^tjitologe  unb  Sibtiottjetar,  1802—1872. 
Sn  Äiel  am  17.3an.  1802  at§  ber  ©ob;n  be§  ©lafermeifterS  Soactjim  ^einrictj  % 
geboren,  ertjielt  er  feine  ©ctmtbilbung  auf  ber  SSürgerfctjule  unb  feit  1816  auf 
ber  ©elet)rtenfct)ute  feiner  SSaterftabt .  ftubirte  bann  öon  Oftern  1821  an  juerft 
in  Äicl,  öon  «mictjaeliS  1823  bi§  Dftctn  1825  in  33erlin,  bann  mieber  bis 
9)ticb^aeli§  1825  in  j?iet  Slltertb^umSmiffenfctjaft  unb    erlangte  am  14.  2)ecember 


5ßeterfen.  501 

1825  bafelbft  burdj  eine  23orlefung  (Cleanthis  in  Jovem  hymnus,  quem  denuo 
recognovit  .  .)  bie  Facultas  legendi.  S)ie  afabemifctjc  Sefjrtfjätigfeit  trat  er 
jebocf)  noct)  nidjt  gleicB,  an,  fonbern  übernahm  -junächft  ju  Neujatjr  1826  eine 
Se^rerfteHe  am  $ölmoVfcr)en  @ir3ief)ungStnftitute  in  Wienftäbten  bei  ?lltona.  S3on 
Ijier  auS  fam  er  mit  ben  gelehrten  Greifen  Hamburgs  in  SSerü^rung ,  beren 
5lufmertfamfeit  bornefjmlidj  burcb,  feine  beiben  ©djriften  über  bie  ftoifdje  *pb> 
lofopijie  (^nauguralbiffertation :  „Stoicoruni,  inprimis  Chrysippi  de  categoriis . . . 
doctrina"  unb  ..Philosophiae  Chrysippeae  fundamenta",  beibe  1827)  auf  ifjn 
getenft  mar;  namentlich  geroann  ber  bamalige  ©rmbicuS  $arl  ©ieöefing  lebhafte! 
3>ntereffe  für  ben  jungen  ©eler)rtett  unb  beranlafete  itjn  Cftern  1828,  ftatt  nacb,  Äiel 
Behufs  ber  §aBilitirung  3urüdaufer)ren,  bie  feit  ©urtitt'S  Slobe  (14.  j^uni  1827)  frei 
geroorbenen  pb^lotogifcf)en  33ortefungen  am  fjamburgifdjen  atabemifdjen  ©tjmnafium 
ju  übernehmen.  S)amit  mar  über  bie  3ufanft  ^eterfen'S  entfctjieben;  er  über= 
natjm  öon  9Jticr)aeliS  1828  an  im  toeitefien  Umfange  biefe  neue  SHjätigfeit,  mit 
ber  er  feit  1831  nodj  bie  ©teile  eines  SRegiftratorS  an  ber  ©tabtbibliottjef  ber= 
Banb;  1832  tourbe  er  jum  ^roeiten  23ibliot£)efar,  baneben  im  Dctober  1833 
pm  ^ßrofeffor  ber  clafftfctjen  Ätiologie  am  afabemifdjen  ©rjmnafium  ernannt; 
1844  mürbe  er  junäd)ft  probiforifcrj ,  feit  1851  befinitio  alleiniger  ©tabtbiblio= 
ttjefar.  ^n  biefer  umfangreichen  üHjätigfeit  als  Serjrer  unb  S3ibliott)efar  berBlteb 
er  Bis  an  feinen  Jtob  am  15.  Januar  1872.  —  Sie  Hamburger  33ibliott)e£ 
tjat  gelegentlich  ber  burcB,  ben  Neubau  bon  1840  öeranlafjten  Neugeftaltung 
toefentlicB,  burcr)  itjn  ifjre  jetuge  Drbnung  erhalten,  burcB,  beren  Darlegung  in 
bem  ausführlichen  SBeridjte  über  bie  neuen  ©ebäube  ( „^nficrjten  unb  Sauriffe 
....  unb  9ßlan  für  bie  fünftige  Slufftetlung  ber  ©tabtbibtiotljef"  oon 
%.  ©.  6.  Seemann  unb  6.  ^eterfen,  1840)  er  eine  für  Neueinrichtung  großer 
33ibliottjefen  überaus  lefjneicfje  unb  nach,  mancher  Nüdficrjt  muftcrgültige  9In= 
leitung  gegeben  fjat.  Sie  (Sefdjidjte  ber  Hamburger  SSiBliottjef  tjatte  er  fdjon 
1838  in  ausführlicher  Sarfieltung  in  einem  eigenen  SBudje  BeB>nbelt.  ©eine 
miffenfcrjaftlidjen  ©tubien,  beren  (Srgebniffe  er  meift  in  ben  Indices  scholarum 
beS  afabemifcrjen  (SrjmnafiumS  nieberlegte,  beroegten  ficr)  anfangs  auf  bem  bereits 
oben  erroätmten  ©ebiete  ber  griectjifctyen  Sitteratur  („Cleanthis  Stoici  hymnus" 
1830,  „Phaedri  Epicurei  .  .  de  natura  deorum  fragmentum"  1833,  „Hippo- 
cratis  Coi  de  aere,  aquis  et  locis  liber"  1833,  „Hippocratis  nomine  quae 
circumferuntur  scripta"  1839),  menbeten  ficr)  fpäter  aber  auch,  ber  *pt)ilo= 
fopfne  ju  (,,Johannis  Saresberiensis  entheticus  de  dogmate  philosophorum 
nunc  primum  editus  et  commentariis  instructus"  1843)  unb  richteten  ftc&, 
piekt  faft  auSfchliefjlich  auf  griech^ifcBe  9Jlt)tl)ologie  unb  Äunft,  auct)  auf 
beutfctje  ©agen*  unb  ©ötterletjre.  SSon  feinen  jatjlreicrjen  arbeiten  in  biefer 
Nichtung  finb  bie  bebeutenbften :  „3ur  ©efcrjtchte  ber  Religion  unb  $unft  Bei 
ben  ©riechen"  1845;  „S)er  geheime  (SotteSbienft  bei  ben  ©riedjen"  1848;  „Ser 
■IpauSgotteSbienft  Bei  ben  ©riechen"  1851;  „SaS  3^ötfgötter  =  ©tjftem  ber 
©riechen"  1853  u.  1868;  „Sie  gefte  ber  ^altaS  5It^ene  unb  ber  grieS  be§ 
Parthenon"  1855;  „Sie  ©eburtStagSfeier  Bei  ben  ©riechen"  1858;  „SaS  ®t)tn= 
naftum  ber  ©rieben"  1858;  „©er  belphifche  geftchcluS  beS  SIpolton  unb  beS 
©iontjfoS"  1859;  „Ser  Niobiben  =  9Jh)tbuS"  1860;  „S)ie  ^ferbeföpfe  auf  ben 
33auernl)äufem  in  5lorbbeutf(i)lanb"  1860;  „Sie  SonnerBefen"  1862;  „^>uf= 
eifen  unb  9to£[trappen"  1865;  ferner  bie  umfangreiche  Slrbeit  „©riedt)tfd)e  93c^= 
tBologie  unb  Religion"  in  (ärfet)  u.  ©ruBer'S  (Snctjclopäbie  ©ect.  I,  S3b.  82, 
©.  1—380. 

Nachruf  bon  3.  (9ft.  3§ter)  im  ^)amB.  Sorrefponbenten  öon  1872.  — 
^>amb.  ©djriftftettei  =  ßejicon ,  S3b.  VI,  ©.  32 — 41.  —  Sericon  ber  fcb,leSto.= 
Bolft.  ©cfjriftftetler    bon    SllBerti  I ,  S3b.  2 ,  ©.  184—190^   unb  II,  S3b.  2, 


502  SPetetfen. 

©.  125;    nebft  9Jtitit)eitungen   ber  fjamilic.  —  33ollftänbige  SBeqeicrjniffe  bct 
©djriften  ^ßetetfen'ä  finben  fid)  in  ben  beiben  (Srfjriftftettet^Sejiciö. 

91.  £odje. 
^Ctcrfcil:  Of riebxid^  ty.,  ©eiftlidjer,  geb.  im  Rieden  #ot)er  (©d)te§roig= 
Jpolftein)  am  18.  ?luguft  1807  als  ©otm  be§  bortigen  ^ßrebigerä  ßtjtiftian 
^eterfen  (f  1818),  ftubierte  feit  1826  Geologie  in  Äiel  unb  beftanb,  nad)bem 
er  injtuijdjen  mehrere  I3at)re  at§  .gmuälefjrer  jugebradjt,  ba3  tt)eoIcgifd)e  9lmt§= 
ejamen  auf  ©ottorp  1837  mit  Stugjeictjnung.  6t  roarb  barauf  1838  jum 
^rebtger  ber  2)orfgemeinbe  llrf,  bamalä  <jur  Spiopftei  Sonbern  getjörig,  1842  bet 
Sßropftei  Slpenrabe  zugelegt,  getnätjlt.  ©ein  ßeben  tjicr  tjat  er  fclbft  at§  ein 
ibt)llifd)es,  in  feinen  (Srlebniffcn  befdjrieben.  1846  tourbe  er  t>om  £>erjog  ju 
Sluguftenburg  pm  5ßrebiger  ber  ©emeinbe  sJtotmar£  auf  ber  ^nfel  Älfen  ernannt, 
roo  er  am  3.  Slpril  1848,  als  pottttfd)  mißliebig,  pon  ber  bänifdjen  Regierung 
Dom  21mte  fuäpenbitt  roarb  unb  in  bänifdje  ©efangenfetjaft  geriet!).  Söieber 
freigetaffen,  roarb  er  Don  ber  fd)leäroig=f)olfteinifd)cn  gemeinjamen  9tegierung  am 
3.  Januar  1840  jum  ^>rebiger  in  lltberup  auf  ©unberoitt  ernannt,  aber  nad}= 
bem  bie  bänifdje  Regierung  roieber  in  .Straft  getreten,  am  7.  Januar  1850  öon 
biefer  roieber  feines  Stmteä  entlaffen.  hierauf  roarb  er  bon  ber  fd)le§tt)ig» 
t)olfteinifd)en  Stattrjattevfctjaft  3um  ^fetbprebiger  ber  fd)(e8to.=()olft.  9lrmee  beftellt, 
als  tocldjer  er  bis  jum  27.  $ebr.  1851  fungirte.  6r  getjört  bemnad)  ju  ben= 
jenigen  ©eifttidjen,  bie  ba§  engere  SBaterlanb  notfjgebrungen  Perlaffen  mußten 
unb  aud)  er  janb,  nod)  Por  Ablauf  biefeä  3;at)iee,  2lnfteHung  unb  neue  |)eimatt), 
als  elfter  ©tabtpfarrer  in  ©ct.  3otjann=©aarbrütfen,  ttl°  er  am  ^-  9ftai  1859 
geftorben  ift.  —  2U§  ^rebiger  in  Urf  beseitigte  er  fidi  junäd)ft  an  bem  ©treit,  ber 
bamatä  jroif djen  Dr.  6lau8  .£>arm$  unb  feinem  (Joflegcn,  bem  bamatigen  51rd)ibiafonuä 
SCßolf  ausgebrochen,  in  Serantaffung  ber  SDinter'fctjeu  ©djullefvrerbibel,  t>urd)  bie 
Sörofdjüre:  „gür  .gmrmö,  gegen  äöotf,  gemeiuPerftänbtidje  SBinbigung  beä  entftan» 
benen  ©treiteä."  1839.  35ann  gab  er  bie  „bibtifdjen  Senffprüctje  für  alte  Jage 
beS  ^atjres"  Pom  ©encralfuperintenbentcn  Satttfen  in  bänifdjer  ©pradje  tjerauS,  bie 
in  3.  2lufl.  1847  etfctjienen.  9ln  bet  fd)tcstoig=t)olfteinifd)en  (htjcbung  nat)m  er 
öon  Anfang  an  ben  regften  21ntt)eil  unb  getjört  mit  ju  ben  Söorfämpfern  ber= 
felben.  @r  Perfafjte:  „3ur  9tfd)tfertigung  RcnbfdjtegroigS.  SBotum  eines 
yi-  ©.  s4irebigcr§."  1850.  „2)ie  fdjtcänngfdje  <55eiftlid)feit  unter  ben  roedjfetnben 
©taatSgeroatten.  3ugleid)  ein  ^Beitrag  -mr  SBürbignng  be§  Kampfes  ber  etoan= 
gelifdjen  Äircrjenjeitung  noiber  bie  betriebenen  ©eiftlidjen".  1851.  Sefannttid) 
tjatte  s|>rof-  ^engftenberg  fid)  ber  Partei  ber  S)änen  angenommen,  meldjeä 
mehrere  ©cgenfdjriften  Perantafete.  ftnnex  gab  er  rjeraus:  „2)eö  fönigtid^en 
©tjnobi  <ju  9lenb§burg  3Infprad)e  an  r)eimatt)lict)e  Sefjrer  ber  ^er^ogttjümer 
©djlesmig  unb  ^olftein  Pon  1737  mit  einem  SBortoort  unb  3eu9niB  tuiber 
^prof.  ^engftenberg".  1855,  unb  barauj:  „6rlebniffe  eineä  fdj(e§n)igfd)en 
5|3rebiger§  in  ben  grieben§=  unb  ÄriegSja^wn  1848—1850".  1856.  ©in 
Seitrag  pr  33eurtrjeilung  ber  bänifd)cn  fird)(id)cn  unb  nationalen  3uftänbc. 
SDiefe  ©d)rift,  barin  ber  SJerfaffer  feine  eigenen  Gürtebniffe  fcrjilbert  unb  bie  gut 
gefdjrieben  ift,  Perbient  nod)  immer  getefen  3U  roerben,  fie  fürjrt  red)t  lebenbig 
in  bie  äkrtjältniffe  jener  3e»t  nn.  33eranlaf}t  roarb  fie  ^unäcrjft  burd)  ben 
Öefannten  Dr.  9tubelbad),  ber  in  feiner  ©crjriit  Pon  1851:  „5Die  <5aä)t 
©d)te§roig=,g)olftein§  rjiftorifd),  politifd),  ftaatäred)ttid)  unb  tird)üd)  erörtert",  ju 
bem  9tefultat  gelangt,  ba^  ©d)lc§roig  gar  fein  9ied)t  auf  eine  Sßerbinbung  mit 
^olftein  tjabe  unb  namentlid)  bie  fd)Ic§roigfd)en  ©eiftlidjen  be3id)tigt ,  ben 
Slmtäeib  felbft  mit  in  bie  ©ptjäre  ber  ^nfurrection  hinübergezogen  p  tjaben; 
fte  ift  alfo  äugleid)  eine  2)efenfion§fd)rif t ,  nur  mit  etroa§  reidjlid)  paftoral= 
ttjeologifdjen   Reflexionen.     S)iefer  feiner  <g)auptfcr)rift  folgten  nod):  „5Der  gegen= 


^etetfen.  503 


mutige    3*nb  tax  *«*  »*  .f*»«^*  gStftÄ*Ä 

S"  if  Ä  Urin  to  «angel   «Sm^ita.1.     «"  .Snwn«    «*« 

ßeimatf,  g*leSn>ig.«olftrin  WS  an  fein  6ni>e  tautet  lorigetu^t 

*       «,  gÄarfejico«    s.  v.  »ab  bie  oben  anjelu^.W*^  . 

Krtttfm    ©eota  »et«».,  geb.  am  16.  SJebruat  1771  in  ffllesn   «itd). 
.„„«&»  <Ixeii  SlenSbnrs  in  *******&  «tauten*  b«m 

£ 21  Liefet  n  com  3.  1798,  fuätet  au*    euatat  gebtuctt  mit  bemann  8 
sX      1801      8.1t  i*  um  bie  »to»in8  babut*  jebt  »etWent  gem.djt, 

•  •  ot  3  „v,™«  s«>2  c^fn-pa  1819.  Salut  eiianen  als  \Un15ang  aum  ^uyi 
TZ8\\?8  »°n  i  m  bie^t^n  t  b  t  i^otmationlienet  1817  in  ben  bänden 
Itaat»  in  4  «3t«  1819.  3ebet  Sahrgang  »«alt  »e.ttage  bn  »et- 
Sieb nften  «rt  Mm  «etauSge&er.  «etbem  fertafite  et  and,  anbete  g  mm 
KSmU  »«  *«  b'S  S»KeS  äBobt  am  ««'3™  tag:  .*»£«*«  Unte  - 
ri&fefa  fc  CM««  am  bem  ftmb,  ,  W99  S«  S ob  «Ue ,n«J 
SÄ  ti*  an  "igen    s5  mit  bl  i  aiUbau,   ben  man  bamalS 

fa  riefen  «emeinbe    -  ®ie  BtoWn8ialfori*te  mürben  lotta/lefct  oon  »attn 
«Ä*?Ä  i"  •*"&*•»«■  f  übe^itbma;Wen  W  gebrn«  l^W 
+  nl8  ItafonuS  an  Set.  «ölatien  m  StfenSburfl  am  7.  ©ct.  18-12),  Dex  cm  o« 
tlieStobetTt  Seit  Äönig  griebridj  VI.  in  ben  ^erjogt^ümern  m  ©ang  gekauten 

Stesmig   »nmaU  iftÄ  t  am  16.  ätngnft  1872)  b,e  ««jtenna- 

fjotftetniföen  Stätter  fjeraue. 


504  5peterjen. 

$.   @arften§   unb    Dr.  (Sari  ßorenjen,   Bieter  unb  Neue  Vieler    Slätter 
1843—1845.  —  £.  SBierna^ft,  ©•=£>.  2anbe§berid)te  1846  unb  1847. 

SarftenS. 

^Ctcrfcn:  .g>einrid)  ty. ,  $upferftedjer ,  mürbe  am  13.  2luguft  1806  au 
Slltona  a(3  ber  ©oljn  eineä  MaufmannS  geboren.  S)a  er  fidC)  ber  $unft  mibmen 
roollte,  be^og  er,  nad)  Seenbigung  fetner  unter  ^rotjmann  gemachten  Sorftubien, 
im  3t.  1824  bie  Äunftaf  abernte  in  2)rc3ben ,  mo  er  fid)  im  3ei^nen  unb 
Zitaten  üeröotifommnctc,  befonbcrs  audj  ältere  Silber  in  ber  fgl.  ©emälbegaterie 
copirte  unb  baburdj  ben  ©runb  ju  feiner  fpäteren  Jlenntmfj  alter  9fleifter  legte. 
Salb  roibmete  er  fid)  ganj  bem  J?upferftid)  unb  begab  fid)  1827  in  ba§  2ltelier 
$.  ft.  sJtof}mäfjter'§  (f  1858),  mit  bem  er  öiel  auf  Reifen,  in  granffurt, 
2Jtünd)en,  |)eibetberg  ic.  unb  in  beutfdjen  Säbern  mar.  211S  %.  am  3ofjanni§= 
tage  be§  i3af)re§  1830  nad)  Nürnberg  gekommen  mar,  biefe  ©tabt  mit  itjren 
altertljümlidjen  materifdjen  ©trafjen  burdjmanbert  unb  bon  ber  Surg  au§  eine 
©efammtanfidjt  bcrfelben  erhalten  Ijatte,  gefiel  biefelbe  it)m  fo  rooljl,  bafj  er 
befdjlofj,  in  i£)r  feinen  bauernben  2öot)nfit}  ,ju  nehmen.  6r  toerljeiratljete  fidj 
bafelbft  im  %a\)xe  1833  mit  einer  sMrnbergertn  unb  faufte  (}eljn  ^<x\)xt  fpäter 
bon  ber  SBitroe  be§  9lfabemiebirector3  ^roinger  ba§  alte  Ijöd)ft  malerifd)  am 
s4>anier8pla^e  gelegene,  nad)  feinem  ßrbauer  kopier  benannte  -£mu§,  roeldjeS 
allen  Kennern  ber  Äunftgefdjidjte  unb  allen  Sefudjern  Nürnbergs  root)l  befaunt 
ift.  5p.  übernahm  t%  in  fetjr  oernadjläffigtem  Suftanbe,  uerfetjte  e§  aber,  fo  öiet 
it)m  irgenb  möglid)  mar,  mit  größter  Sßiei&t  roieber  in  ben  alten  ^uftanb  ^ÜXM 
unb  unterhielt  e§  forgiättig.  ($3  rourbe  eine  edjte  $ünfttermot)nung,  in  roetdjer 
*ß.  mandje8  Stüd  fdjöncn  alten  •lpau§ratb/§,  befonberS  aber  eine  geroät)lte  ©amm= 
lung  Don  .^upferftidjen  älterer  unb  neuerer  süleiftcr  unb  eine  grofje  Sammlung 
älterer  <g>anbjeid)nungen  aufftelttc.  Sp.  lebte  barin,  im  Greife  feiner  Familie,  bon 
Sitten,  bie  it>n  fannteu,  gead)tet,  feljr  glüdlid),  unb  t)at  Nürnberg,  eine  im 
$.  1869  in  ®efeEfd)aft  be§  Dr.  b.  Sne  unternommene  Steife  nad)  Italien  au§= 
genommen,  nie  metjr  üerlaffen.  6r  mürbe  batb  befreunbet  mit  bem  Atupferftedjer 
Neittbel,  SHrcctor  ber  Nürnberger  Äunftafabemie,  mit  bem  als  (Sammler  be= 
lannten  Kaufmann  Wertet  unb  bem  Sluctionator  Sörner,  einem  feljr  mof)l  unter* 
richteten  $unftfenner.  Sei  if)nen  lernte  er  eine  grofje  2lnjat)t  älterer  Äunft* 
roerfe  nätjer  fennen,  fdjätjen  unb  lieben  unb  bitbete  im  Umgang  mit  biefen 
Männern  feine  grünblidjc  ßunftfennerfdjaft  au§.  3fn  ben  legten  3>at)ren  feine§ 
ßeben§  mar  er  audj  Gonferbator  ber  ftäbtifd)en  ßunftfammlungen  auf  bem  9tatlj= 
I)aufe.    fy.  ftarb  nod)  in  boller  $raft  fteljenb,  gan^  plötjlidj  am  28.  Dctober  1874. 

*ß.  mar  al§  Äupferftedjer  fetjr  ttjätig.  ©einen  erften  felbftänbigen  Serfud)  im 
©tedjen  mad)te  er  im  3-  1827  in  s3Jcünd)en.  63  ift  ein  5ßorträt,  offenbar  ßopie 
nad)  einem  älteren  ©tidje,  beren  3lbbrüde  er  feiner  SJtutter  gemibmet  l)at.  @ine 
jmeite  äljntidje  X^ailie  mibmete  er  feinem  Sruber  .Q'onrab.  ©d)on  beffer  al§ 
biefe,  nod)  feb^r  fdjülertjaften  arbeiten  finb  jmei  anbete  $orträt§,  ©raf  ©d)arffen= 
ftein  unb  ^of)ann  b.  ©iffen,  augenfd)einlid)  ebenfalls  Kopien,  ©eine  fünfte 
platte,  1828  in  5Jlünd)en  gefertigt,  ^orträt  nad)  Saufe,  jeigt  fdjon  gro^e  tedj= 
nifdje  Sotlenbung.  3m  %.  1829  fertigte  er  fünf  «ßortr&tS  (Dr.  b.  Seonb^arb, 
Dr.  ^udjelt,  $f).  ß.  ©eiger,  ©meltn  unb  ^)OTratb^  ^ret)^ig)  toeldje  mit  sJiofj= 
mä^ler'S  Flamen  erfd)ienen  finb ,  unb  ^mei  fleinere  Porträts ,  ^JJtarqui§  bon 
55lonrofe  unb  Soltaire,  bon  benen  ba§  teuere  fdjon  55eterfen^  Flamen  trägt. 
3n  ben  Sfab^ren  1828  unb  1829  entftanben  in  ^eibelberg  jroei  flehte  Sanb= 
fdjaften.  5ll§  böüig  felbftänbiger  Äünftler  ftad)  ^.  bann,  roie  alle  borljer  ge= 
nannten  Slätter  in  ßinienmanier,  in  trefflid)er  Sotlenbung  bier  größere  ^ßorträtg 
(©raff  Sülom  b.  S)enneroi^,  Waxia  Sfjerefia,  sDlattt)ifon  unb  S.  b.  Seett)oüen) 
für  ein  bon  Hennings  in  ©otlja   l)erau§gegebene§  2Ber!  „S)etttfd)e  @f)renl)alle". 


^eterjen.  505 

SSon  nun  an  entfaltete  *ß.  eine  fetjr  rege  2r)ätigfeit,  arbeitete  meift  auf  23e= 
ftettung  ber  23ud)fjänbler.  3m  3.  1834  ftad}  er  ba§  Titelblatt  au  Stjibaut'S 
Sperfpectibe,  feit  1835  mehrere  SBtätter  für  ba§  23ib(iograbt)ifcf)e  3nftitut  ju  £ilb= 
burgtjaufen ,  bann  3  23latt  ©enrebitber  für  ben  öfterreidtjifdtjcn  Slotjb  in  trieft, 
fpäter  5  platten  ©enrebilber  nactj  9totrjbart£),  2)aöib  ic  für  23udjtjänbter  ©aj 
in  Stuttgart,  bann  7  platten  mit  2lnficr)ten  au§  Wailanb,  Senebig,  Nouen 
unb  ©al^burg  für  21.  QaxtWbm  in  25ubapefi,  bann  $ftetjrereä  für  21.  ,£>. 
5ßarjne  in  Seipjig,  aerjn  23tatt  für  ba§  Sanbe§präfibium  öon  23öl)men  in  Sßrag, 
6  23£att,  barunter  3  für  ein  Missale  Romanum,  für  ©.  £>aafe  in  $rag,  2  SBlatt 
für  Sreujbaur  in  $art3ruc)e,  26  23lätter,  meift  £)eUigenbilber,  für  ©.  3-  ^tanj 
in  fftegenSburg.  2tuctj  für  ba§  bei  ©ctjrag  in  Nürnberg  erfdjienene,  au§  100  ^ßlatt 
befte^enbe  2Berf  „Nürnberger  ©cbenfbuc^"  ftadj  er  mehrere  platten  nad)  $ti<i)= 
nungen  öon  3.  ©.  SBoIff.  2Jon  großem  «platten  ftadt)  er  1839  SiflianS 
„6t)riftu§  mit  bem  ginägvofdjen",  bann  ürafaelg  „Iftabonna  bella  ©ebia"  unb 
für  ben  Äunftöerein  ju  Nürnberg  „Sie  $inber  im  SBatbe"  öon  21.  ö.  b.  ©rnbbe. 
2luctj  begann  er  einen  großen,  befonber§  forgfältig  ausgeführten  Stidj  „$arl  IX. 
in  ber  23arttjolomäu§nac£)t"  nact)  Söappere,  ben  er  megen  bringenber  23efteüung 
jebocrj  aurücllegen  mufjte;  erft  roenige  2Bocr}en  bor  feinem  £obe  fam  er  bap, 
biefe  ir)m  fetjt  liebe  2lrbeit  aufzunehmen.  ®r  t)at  fie  jeboer)  nidjt  öollenbet.  3n 
ben  ^al)ren  1840 — 74  rabirte  er  mehrere  tjunbert  platten,  S)arftellungen  älterer 
funftgeroerblidjer  ©egenftänbe ,  meift  nact)  Segnungen  3-  ö.  £efner§,  für  be£ 
Sedieren  grofje  2ßerfe  „$unfttt>erfe  unb  ©erättjfcrj  arten  be§  9Jlittelatter§  unb  ber 
Nenaiffance",  „Gnfenroerfe  be§  5Rittelalter§"  unb  „Äunftfammer  be§  gfürflcn  öon 
Ijotjenjollern".  2ludj)  fertigte  er  im  auftrage  be§  ^reitjerrn  <§.  ö.  Stuffefj  bie 
gacfimilefiiclje  nact)  ben  3eiä)nungen  eine§  alten  3Jteifter§,  toelctje  ba§  germanifetje 
9ftufeum  —  ba§  übrigeng  metjre  3aljre  lang  feinen  ©itj  in  s$eterfen;§  ."paufe 
tjatte  —  unter  bem  ütitel  „9Jtittelalterlicrje3  «!pau§bucV  tjerauägegeben  t)at,  forote 
mehrere  fyacfimileftid^e  (3  platten  mit  9  3eictjnungen)  nact)  älteren  «£mnb,5eictj= 
nungen  ber  Uniöerfitätgbibliottjef  in  Erlangen,  meiere  ber  bamalige  SSiblioitjefar 
Nobler  in  einem  befonberen  2ßerfe  öubliciren  rooftte ,  ba§  jeboct)  nidjt  über 
5probebrücfe  r)inau§  gebieten  ift.  2lerjnlict)e  gacfimUeftidje  fertigte  $.  auetj  für 
ein  SBerf  Nubolf  2Beiget'§  unb  at§  einzelne  ftiegenbe  glätter.  2lud)  für  ben 
„2lnjeiger  für  $unbe  ber  beutfetjen  SJorjeit"  be§  germanifetjen  ^Jlufeumä  ftadj  ?ß. 
me^re  ©tatjlölatten,  foroie  für  bie  2lbt^eilung  ,,.^ulturgefc§ic^te"  ber  jtoeiten  2luf= 
läge  öon  23roc£l)au§'  „23ilberatta§  jum  Äonöerfation§=  Sejifon".  2lüe  feine 
23lätter  geierjuen  fic^  buret)  treuc§  gefttjalten  an  ben  c^arafteriftifc^en  @igenttjüm= 
lic^feiten  bei  Originals  unb  tiebeöotte  Surc^bilbung  öorttjetltjaft  au§.  ©anj 
öorjüglidj  finb  feine  ^faefimiteö  älterer  -gmnbaeictjnungen.  ^n  ben  erften  ^atjren 
tjatte  «ß.  einige  ©i^üter  in  feinem  2ltelier,  fpäter  arbeitete  er  jebocfj  meift  allein. 
0.  mar  audj  »ol)lgeübt  im  Neftauriren  befc^äbigter  Äuöferftidje. 

N.  23ergau. 
^eteifett:  3 o t)a nn c8  Sp.,  berühmter  6^toni[t.  Serfelbe  öeria^te:  „ßt)ronica 
ober  geitbuc^  ber  Sanbe  %u  ^olftein,  ©tormarn ,  2)it^marfc^en  unb  Söagrien, 
toer  biefelben  Sänber  regiert,  mal  ftcfj  öor  ©tjrtfti  ©eburt  unb  fjernacl)  bi§  Anno 
1531  barin  zugetragen;  item  öon  Ujicm  ©lauben,  Sitten.  ®emo^nl)eiten,  Kriegen 
unb  23eränberungen  be§  Negimentä.  23on  roem  bie  23ifc^oftl)ümer  bafelbft  ge= 
ftiftet,  neben  23eräeic£)ni^  ber  Nahmen  ber  23ifcr)öfe  ju  Hamburg,  Dlbenburg  unb 
Sübecf.  2luc^  öon  2lnfunft,  3une^munS  un0  23efrerjung  ber  ©täbte  «Hamburg 
unb  Sübecf.  gerner  roie  ba§  ^erjogttjum  ©ct)te§roig  an  bie  ©rafen  öon  §olftein 
getommen  unb  roa§  bie  anfto^enben  Nacf)ba^ren  öon  Kriegen  barin  gefütjret. 
2ltle§  auf§  Gnnfactjfie  unb  für^efte  in  IV  Reiten  bef ^rieben."  S3on  bem  ßeben 
biefeS  23erfaffer§  ift  attein  bai   mit  ©ictjerrjeit  be!annt,   ba|  er  ^auptpaftor  in 


506  ^eterjen. 

bet  ©tabt  Dlbenburg  in  -gwlftein  gewefen.  ^licCjt  einmal  bie  3eu  feines  2ImteS 
i[t  mit  üötliger  ©ewifjrjeit  anzugeben,  ba  jwei  befjelben  Samens  als  «!paupt= 
paftoren  angegeben  metben.  Söä^tenb  Dr.  Sübtert  (ßirdjlidje  ©tatiftif  ..fwlfteinS, 
(Slüdftabt  1837,  ©.  359),  ben  atoetten  £auptpaftor  biefeS  Samens,  bev  übrigen« 
nidjt  wie  t)iet  angegeben,  eift  1565,  jonbein  beftimmt,  wie  actenmäfjtg  nad)= 
gewiefen,  fdjon  1559  fungirte,  unb  1568  audj  nod)  als  Sßerf  affer  ber  Grjronif 
beäeicrjnet,  nennt  £)otlenfteTner  (Gtjronifbilber  au«  ber  SBergangentjeit  OlbenburgS  in 
-£>olftein.  Olbenburg  1884 ,  ©.  248)  beftimmt  ben  erften  biefeS  tarnen«  als 
ben  Serfaffer,  unb  bieS  mag  aud)  baS  Söafjrfcrjeinlicrje  fein.  3Derfelbe  mar  ber 
©otjn  eine«  ©dnniebS  aus  ©uftorff  unb  ber  erfte  eöangelifcfje  *ßrebiger  in  ber 
©tabt  Dlbenburg.  @r  r)at  bieS  2lmt  angetreten,  baju  erwählt  1531,  nadjbctn 
ber  letzte  fattjolifdje  Jpauptpriefter  i^orjann  ÜJJregel  in  biefem  ^afjre  fein  9lmt 
niebergetegt.  @r  ift  1552  geftorben.  2)icfer  Gtjronif  ift  fowot  nad)  ^nfjalt 
als  nad)  Vortrag  ber  erfte  ^.Uab  juerfannt  unter  alten  befannten  in  beutfdjer 
©pradje  üerfafjten,  biefe  ^roöinj  betreff enben  6t)ronifen;  fie  ift  bafjer  ein  SBerf  bon 
Sebeutung.  3Bat)rfd)eintid)  warb  fie  urfprünglid)  in  niebeifäcfjfifcrjer  ober  platt= 
beutfdjer  ©pradje  Perfafjt.  2)aS  Original  fdjeint  aber  burdjauS  öerloren  unb 
finb  ©puren  baüon  nirgenbS  entbeeft  worben.  herausgegeben  würbe  biefelbe  erft 
nad)  bem  2obe  beS  95erfafferS  juerft  Don  2)ominicuS  2)räuer  au?  (SoSlar,  granf= 
fürt  1557,  bann  miebertjolt  gebrueft  ßüberf  1599,  1614,  unb  Rinteln  1627. 
Dr.  Jhufe,  ber  in  ben  fd)leSwtg=t)otfteinfd)cn  ^roöinualbertdjten  (1820,  2,  170) 
axv  biefeS  Söerf  ammerffam  machte  unb  eine  ^robe  mitteilte,  tjat  bie  Grjronif 
„für  unfere  Reiten  lesbar  gemacht"  neu  IjerauSgegeben  s2lltona  1827  unb  1828 
in  2  33änben. 

Molleri  Cimbria  etc.  I.  s.  v.  —  9Batt3,  fd)leSw.--t)olft.  (Sefdjidjte.  ©ötting. 
1852,  II,  ©.  106.  —  t>.  äöegele,  ©efdj.  b.  Seutfdjen  ^tftoiiograprjic,  ©.  305  f. 

6  a  v  ft  e  n  S. 
^Ctcrfcu:  Sodann  2Silt)elm  %,  ©djriftftetter,  1758  —  1815.  % 
muvbe  im  $.  1758  (nidjt  1760)  ju  SBergjabern  als  ©otm  beS  GonfiftoriatrattjS 
unb  -gwfprobigevS  s#.  geboren.  @r  mürbe  am  9.  Woöember  1773  in  bie  ÄartS» 
afabemie  jn  Stuttgart  jum  ©tubium  ber  9tcd)te  aufgenommen.  @r  mar  als 
.tfarlSfdjüler  unb  in  ben  folgenben  3(ab,ren  mit  ©dritter  nat)  befreunbet;  bie 
Orveunbfdjaft  mürbe  erneuert,  als  ©d)iller  1793—1794  für  ein  tmlbeS  ^atjr 
wieber  in  vJubroigSburg  unb  Stuttgart  fid)  auffielt.  Slm  15.  üDecember  1779 
würbe  *ß.  auS  ber  2lfabemie  enttaffeu  unb  als  llnterbibliottjefar  an  ber  rjev^ogl. 
(fpäter  fönigl.)  öffentlichen  Jöibliottjef  in  Stuttgart  angefteHt;  1786  (nic^t  1794) 
würbe  er  2Mbtiott)efar  unb  war  baneben  oon  1789  bis  ju  ber  3lnfangS  1794 
erfolgten  2luft)ebung  ber  ßartöfdjule  SJJtofeffor  ber  üDiplomattf  unb  .peratbif  an 
berfelben.  $m  Sluguft  1794  würbe  er,  wie  eS  fdjeint  wegen  feiner  freien  poli= 
tifetjen  ©efinnungen,  beS  SlmtS  enttaffen,  aber  im  9toPember  1795  wieber  ein» 
gefetjt.  6r  ftarb  ^u  Stuttgart  am  26.  Slecember  1815.  —  fy.  war  nad)  ben 
©d)ilberungen  feiner  ^reunbe  ein  guter,  gefettiger  $amerab,  aber  etWaS  äerfafjren 
in  feiner  SebenSweife  (ügl.  SSagner,  ©efd).  ber  ^potjen  6artS=©d)ule  1,  335; 
2,  408;  Gotta'S  iörief  an  ©djillcr  in  itjrem  Sriefwedjfet,  ©.  485).  S5or  allem 
wirb  er  als  ein  ftarfer  Printer  gefdjitbert;  griebrid)  «^aug,  ber  (gpigrammatifer, 
worjt  fein  intimftcr  $reunb,  ift  nid)t  mübe  geworben,  itjn  als  Potator  in  @pi=» 
grammen  unfterbtid)  ju  madjen.  5Dlit  £mug  unb  beffen  ©eifteSüerWanbtem 
griebrid)  Sßeiffer  Ijing  ^.  auc^  litterarifd)  aufs  engfte  jufammen.  (5r  ift  wie 
fie  böttig  auf  ber  ©eifteSftufe  beS  5lufflärungS,^eitalter§  fteejen  geblieben ,  War 
baljer  aud)  Mitarbeiter  beS  in  feinen  erften  geünt  Pon  biefen  beiben  namentlich 
geleiteten  „9JtorgenblattS",  ot)ne  fid)  aber,  foweit  fid)  »erfolgen  läfct,  an  bem 
Don  biefem  Statte  geführten  Kriege  gegen  bie  9iomantifer  ttjätig  ju  beteiligen. 


3ßeterjeji.  507 

Seine  Sdjriftftetlerei  beaierjt  fidj  jumeift  auf  cutturrjiftorifdje  ©egenftänbe  unb 
gibt  oft  bon  einet  bebeutenben  Setefenfjeit  geugnifj;  leibet  ^at  et  feine  Äraft 
nie  äu  einem  größeren  SBerfe  aufammengefafjt,  fo  baf}  fict)  übet  bas  Mafj  feinet 
ganzen  Gombinations=  unb  SDarftellungsgabe  fein  genügenbes  Urtfjeil  falten 
täfjt.  —  ^eterfen's  fcrjriftfteüerifdje  SBetfc  fxnb  nodj  nirgenbs  gana  bottftänbig 
aufammengeftettt ;  idj  ttjue  es  tut  ftolgenben,  fotoeit  idj  beten  fenne. 

A)  Sefonbers  erfcfjienen:  ,,©efcr)ic6,te  bet  beutfct)en  National  =  Neigung  jum 
Srunfe",  1782  (anonym);  „2>ie  ©ebicfjte  Dfftans  neuberteutfcf)et" ,  1782  unb 
2.  Stuft.  1808  (anonym,  in  profaifctjer  gorm);  „ßitteratur  bet  Staatslehre. 
6in  Serfudj  bon  3o.  SBittjetm  ^tacibus."  1.  (eins.)  Slbtfjeitung,  Strasburg 
1798  (bietmefjr  Stuttgart,  Dealer  1797?  1798?);  „ßinige  Setnerfungen  über 
bie  Äönigl.  öffentliche  23ücfjer=Sammtung  in  Stuttgart",  1811  (anontim). 

B)  3u  geitf  cfjriften :  a)  3m  äBirtembergifdjen  ütepettorium ,  bas  $.  mit 
Sctjitter  unb  Stbel  aufammen  1782  83  Verausgab :  „Stu^ug  eines  Sdjreibens, 
über  Einiges  im  Scfiröäbifdjen  9taticmaKarafier" ;  „gine  (Sntbttfung  in  ber 
teutfcfjen  ßunftgef c^idjte ,  bas  SHter  ber  ©tasmalerei  betreffenb" ;  „Seben  3otj. 
Sßal.  2lnbreä*s"  ;  „fragen ,  bie  ©efctjic^te  ber  Sitten ,  ber  fünfte  unb  SBifjen» 
fdjaften  in  Seutfdjtanb  betreffenb" ;  roatjrfcfieintid)  audb,:  „23on  bet  Semofjnfjeit 
betriebener  SBölfcr,  bie  wegen  ©ebred)licb,f  eit ,  2tlter  unb  anbern  gefallen,  un= 
brauchbare  ^erfonen  au  tobten";  „33on  ben  attteutfäen  3rüeifämpfen  amifetjen 
Männern  unb  2Beibern" ;  „Dceue  Erläuterungen,  bie  ©efdjicfjte  bet  gtofenfreujer 
unb  ©olbmadjcr  betreffenb";  bietteicfjt  enblidj:  „@troa§  bon  Äaifer  Mar.  I."  ; 
„Mifcetianeen  jur  ©efcrjicfjte  bes  teutfdjen  fyrauenaimmers";  „lieber  ben  eckten 
Äarafter  bet  teutfcfjen  2lusfpracf)e".  3ebenfatts  ift  $.  bet  £auptmitarbeiter 
biejet  furatebigen  3eitfärift  geroefen.  —  b")  3u  Sdjitter's  Slntfjotogie  fjat  $. 
mefjtete  ©ebicfjte  geliefert,  bie  fidj  abet  nicfjt  mefjt  beftimmen  laffen.  —  c)  3u 
ben  Sdjriiten  bet  ßurf.  2eutfcf)en  ©efettfdwft  in  Mannheim,  35b.  3  (1787): 
„SBetctjes  finb  bie  Seränberungen  unb  Crboctjen  ber  teutfcfjen  öaubtfpradje  feit 
Äarl  b.  ©r.?"  —  d)  2In  ©ratete  Stagut  foti  ?ß.  (naef)  teufet  unb  @tab» 
mann)  Mitarbeitet  getoefen  fein;  et  ift  bafetbft  in  bet  SSorrebe  au  Sanb  3  als 
neueingetretener  Mitarbeiter  aufgeführt,  feine  Mitroirfung  fann  fict)  abet  jeben= 
fatl§  nut  auf  9frtifet  öon  fleinem  Umfang  beaogen  fjaben.  —  e)  3m  #rei= 
mutagen  öon  1805:  „Fragmente,  Scrjitter's  3ugenbjafjre  betreffenb".  — 
f)  3m  Morgenblatt:  3af)treicf)e  Slrtifel  bermifdjten  3nfjalts  unb  berfcfjiebenen 
Titels,  au  aUermeift  culturtjiftorifcfje  SInefboten  u.  ä.  Ginaelfjeiten.  Sötctjtiger 
finb  bie  im  3g.  1807  berfelben  3eitjdjrift  erfdjienenen  grinnerungen  an  Scfutter. 
—  3>aau  nodj  manche  9tecenftonen.  —  51m  befannteften  unb  intereffanteften 
finb  jebenfatts  bie  Mittfjeilungen  über  Schiller,  ba  fie  üon  einem  bem  SÜdjter 
in  feiner  3ugenb  fet)r  nar)e  geftanbenen  tjerrütjren;  il)r  ejafter  SBertt)  ift  teiber 
nicf)t  gana  3tueiTeUo§.  5Da§  llmfangreicrjfte,  toa§  $.  fjintertaffen  tjat,  finb  feine 
naef)  feinem  2obe  bon  3-  2ft.  Sotta  ertoorbenen,  bon  beffen  Snfel  1866  (mit 
21u§nat)me  eines  Manufcripts  au  SctjiHeTS  3ugenbgef^icf)te)  an  bie  fönigt.  öffent= 
tid)e  Sibliottjef  au  Stuttgart  gefeb/nften  ßotlectaneen.  Sic  umfaffen  in  bieten 
gascifeln  Stufaeicfinungen  aur  Gulturgefd»idjte ,  befonberl  bes  beutfcfjen  Mittet= 
alters,  aur  mittelalterlichen  beutfcr)en  Sitteratur,  jut  ©efctjictjte  ber  ^olitif,  aur 
©efcfjictjte  einaelner  SBiffenfctjaften ,  Söürttembergica  unb  ÜJtiiceKen.  Siefe  6ot= 
leetaneen  finb  in  feiner  SGßeife  aufammen  Verarbeitet,  fie  beroeifen  aber  oft  eine 
bebeutenbe  ginbigfeit  unb  finb  nict)t  fetten  aus  fetjt  entlegenen,  fc6,roet  finbbaten 
•Duetten  gefctjöbit. 

Sgl.  Meufet.  —  Jpaugs  ©etefjrtes  äöirtemberg.  —  ©rabmanns  ©eletjrtes 
Scfjtnaüen.  —  Sctjiüer,  tjift.  =  frit.  Stusg.,  Sb.  1,  S.  376  f.  —  Scfjitter, 
Sßrieftoectjfel   mit  Sotta.  —  Söagner,  ©efc^ictjte  ber  §otjen  6arls=Sct)ule.  — 


508  5ßetetfeit. 

2Bürttembergifd)e   33tertetja^r§^efte  6,  104  unb  9,  14.    —    3n   ben  Söerfen 
über  ©djiller  ift  $.  öfterä  genannt;  f.  jetjt  inSbefonbere  2Beltrid)'3  ©djiller. 

«Hermann  $  i  f  d)  e  r. 

'4>Ctcrfcit :  DHclaS  9ttattt)ia§  *$.,  geb.  auf  bet  ©djteiinfet  SrniS  (©d)le3= 
wig=.£)olftein)  am  15.  üDecember  1798.  2)ie  ©Item  motzten  als  £anbleute 
fpäter  im  5)orfe  ©teinfelb,  Äirdjgemeinbe  llt§nt§  in  Slngeln.  6r  befudjte  baS 
©tjmnafium  in  ber  ©tabt  ©djleSmig  unb  [tubierte  bann  s$rjitologie  in  Äiel  unb 
fieipaig,  wo  er  1822  jum  Dr.  phil.  promoüirte.  «Seine  erfte  Slnfteüung  fanb 
er  barauf  at§  Slbjunct  an  ber  8anbe§fd)ute  in  ©rimma  unb  fungirte  jugleid) 
al§  (Santor  an  ber  ©t.  9luguftuäfhdje  bafelbft.  (Jr  blieb  an  biefer  ?lnftatt  unb 
rüdte  an  berfelben  auf  5um  Dberletjrer  unb  ^rofcffor,  bi§  er  im  iSatrre  1860, 
auf  fein  Slufudjen,  mit  s$enfion  enttaffen  warb.  S)ann  fiebelte  er  nad)  SDreSben 
über,  sute^t  nad)  Hamburg,  too  er  am  19.  9Jlai  1881  geftorben  ift.  5llö  s$t)ilolog 
tjat  er  im  ©rimmaer  Programm  üon  1842  gefctjrieben :  „Cosmogoniarum  quarun- 
dam  antiq.  comparatio"  unb  1852  :  „Specimen  comin.  novi  in  Caesaris  de  bello 
gallico  et  de  bello  civ.  libros."  ?yür  ben  ©d)ulgebraud)  lieferte  er  eine  „(Jtjronol. 
lleberfidjt  ber  2öe(tgefdjidjte".  @r  mar  ,}ugleid)  mufifalifd)  begabt  unb  l)at  $ur 
mufifalifdjen  Sittevatur  einen  nid)t  unmidjtigen  Seitrag  üerfafet:  „Verjeidjnifj  ber 
in  ber  SBibliottjef  ber  ©rimmaer  ßanbe§fd)ule  üorfyanbenen  ÜJiufifalien  au§  bem 
16.  unb  17.  3at)rt)unbert"  im  Programm  1861.  %n  feiner  fpätern  £)reäbener 
«Dlufeejett  f)at  er  fid)  aud)  als  2>iatect=S)id)ter  befannt  gemacht.  63  erfdjienen  üon 
itjm :  „*ßlattbütfd)e  gabeln,  Verteilungen  un  Warfen"  in  Slngter  Üflunbart,  1865. 
tinter  feinem  mcfyr  als  4<>jälyrigen  Wufentljalt  in  ©adjfen  l)at  ber  Verf  affer  bie 
Siebe  ^u  feiner  9JUitterfprad)e  fid)  nod)  immer  beroal)rt.  2)aS  Vüdjlein,  171  Seiten, 
enthält  5  gabeln  in  keimen  []ü  3  berfetben  ift  ber  Stoff  au*  Weinefe  gud)3 
entnommen) ,  fünf  (h^ätjtungen  in  !J?rofa  unb  2  9Jtärd)en  beSgleidjen.  6in 
forgfältig  gearbeitetes  Söortregifter  ift  bem  angefügt  unb  l)at  für  ©pradjforfdjer 
SBettt).  1870  tjat  er  nod):  „populäre  3l|"tronomie.  ©efprätf)  jmifdjen  einem 
plattbeutfd)  fpredjenben  Vauer  unb  feinem  iljn  t)od)beutfd)  betet)renben  ^aftor", 
tjerauägegeben.  2Bie  baä  Vorwort  befagt,  mar  bie  Verantaffuug  &u  biefer  ©djrifl 
ber  glüdlid)e  Vcrfud),  einen  Vauer,  weldjer  bie  populäre  9lftronoiutc  üon  ßittrow 
bezweifelte,  öon  ber  2ßat)rl)eit  biefer  2öiffenfd)aft  ju  überzeugen.  — 

Vgl.  ©rimmaer  Programm  1849,  ©.  36;    1861  ©.  II.  unb  1882.  — 
Sltberti,  ©djriftfteEerlcr,  II,  ©.  201.  SatftenS. 

^Ctcrfctt:  3fol>ann  Söilljetm  ^.,  ptetiftifdjer  ©djriftfteller  unb  S)id)ter 
beS  17.  3al)rf)unbert3,  würbe  am  1.  $uni  1649  ju  DSnabrüd  geboren,  wotjin  ber 
Vater  als  Vertreter  ber  ©tabt  2\ihed  ber  griebenSüertjanblungen  wegen  gefenbet 
mar.  ©eine  sUlutter  ^agbatena  ^5rätorta  mar  eine  „gro^c  Veterin".  ©ei 
feiner  Jaufe,  erjä^lt  $.  in  feiner  ©etbftbiograpt)ie  (f.  u.),  tjabe  ber  päpftlid)e 
Nuntius ,  ber  fpätere  ^ßapft  Sllejanbet  VII.  aufgerufen :  tu  eris  filius  pacis. 
3»n  ßübed  mud)§  ber  Änabe  auf:  frül)  jeigte  fid)  feine  SScgabung  in  Slbfaffung 
lateinifdjer  "Heben  unb  ©ebid)te.  ^manjigiäb.rig  ging  er  nad)  ©iejjen;  ^ß.  £aber= 
!orn  (f.  b.)  unb  anbere  Verfed)ter  ftreng  lutb^erifdjer  9ted)tgläubigteit  maren  feine 
ßef)rcr.  %n  Ütoftod,  rootnn  er  fid)  barauf  begab,  mürbe  er  in  absentia  üon  ber 
pl)ilofopl)ifd)cu  gacuttät  ju  ©ie^en  junt  ^Ragifter  beförbert.  ©in  ©tipenbium 
beö  ütat^eö  ju  ßübeef  ermöglichte  ibm  Steifen,  ©eit  1673  2)ocent  in  ber  pt)ito* 
fopl)ifd)en  gacultät  <ju  ©ie^en ,  l)iett  er  Vorlcfungcn  u.  a.  über  ^)ugo  ©rotiuS 
de  jure  naturae.  fdjrieb  einen  ütraetat  Jappiter  confutatus,  „um  ben  ^>et)i)en 
Sncian  ju  mibcrlegen,"  jugleid)  „hydram  Atheismi,  Papismi  Idololatriam"  unb 
,-Praedeterminatismum  Reformatorum". 


Sßetetfen.  509 

2luf  bem  äöege  ein  eitler,  biäputir*  unb  fireitjücfjtiger  Drtfjoboj  ju  werben, 
mürbe  er  buret)  bie  Begegnung  mit  einem  firctjtictj ,  aber  ebenfo  menfctjlictj  ge= 
finnten  £fjeologen  fiutug.  S)er  9tuf  *pfj.  %.  ©pener'ä  fjatte  itjn  beftimmt,  nact) 
^ranffurt  <ju  reifen.  6r  fanb  bei  ©pener  „ein  gantj  anber  ^eben  unb  äöefen 
als"  insgemein".  35er  Unterfdjieb  marb  it)m  ftar  „äroifctjen  einer  äußerlichen, 
buctjfiäblictjen  (Srfänntniß  .  .  unb  ber  tniyviuoig  tT]q  dtlrjfrdag  rj  y.ar  ciatßcmv." 
SDutcf)  ©pener  mürbe  er  auctj  mit  einer  „abliefen  ^erfon"  befannt,  bie  Portjer 
an  einem  ^>ofe  Kammern' äulein  gemefen.  ©ie  ift  fpäter  feine  fjrau  gemorben. 
@r  übergab  i^r  eine  2)i3putaHon  gegen  bie  @atDinifien.  ©ie  lobte  jeboctj  nietjt, 
fonbern  antroortete:  „ictj  tjätte  ben  ©ott  ^etevfen  barinnen  geefjret;  buret)  foletje 
äußerliche  ©elätjrtigfeit,  mit  ber  man  ftcfj  gemeiniglich,  brüftete,  fönne  man  nietjt 
„5u  ber  göttlictjen  (StnTatt  ber  tjimmlifcfjen  SDinge  gelangen",  ©iefe  Siebe  „fiel 
tief  in  fein  <§>er<$".  2ln  bem  „Collegio  Pietatis",  ba§  ©pener  in  feinem  §aufe 
angefteHt  blatte,  natjm  er  £tjeil,  tjörte  tt)n  oft  über  üDinge  reben,  „Pon  benen  er 
auf  UniPerfitäten  roenig  gehört  blatte",  „rooöon  naetjgefjenbS  ©pener  in  feinen 
piis  desideriis  getjanbelt".  SDie  ©Triften  öon  $•  33ö£)me  (f.  b.),  $.  SSetfe  (f.  b. 
21.  ©.  35.  II,  576),  fjf.  Srecfling,  bie  er  fcfjon  al§  ©tubent  in  £>änben  gehabt, 
merben  bamat§  für  itjn  eine  ert)ö^te  23ebeutung  erlangt  fjaben. 

3n  ©ießen  fiel  bie  Seränberung  feines1  SBefens  auf;  man  t)öt)nte  it)n  „megen 
ber  Pietät";  er  aber  „fragte  nictjtg  banaefj".  3m  $•  1676  begab  er  fiel)  nactj 
Sübecf:  gegen  bie  ©eifttierjen  nimmt  er  bort  ©pener  in  ©cfjut}.  S)en  ©efatjren, 
bie  ifjm  burd)  ^änbel  mit  ben  fattjolifetjen  5£>omtjerren  bafelbft  brotjten,  —  ein 
IDcanbat  2eopo(b§  I.  Perlangte  öon  bem  Sübecfer  ©enat  feine  Auslieferung  — 
entging  er  burd)  bie  Berufung  aU  >ßrofeffor  ber  5ßoefie  na  et)  9toftocf.  ©ein  Amt 
trat  er  mit  ber  9tebe  „de  christiano  poeta"  an.  216  er  auctj  in  9toftocf  Perfolgten 
itjn  „bie  Sübecftfdjen  ^efuiten".  (Sern  natjm  er  batjer  bie  ©teile  als  ^rebiger  in 
ber  2legibienfirct)e  in  |)annoöer  an.  Qtoax  fctjütjte  itjn  fjier  ber  fatfjolifctj  ge= 
morbene  ^er^og  3>otjann  griebrictj  öor  feinen  geinben,  altein  balb  geriet!)  er  mit 
ben  2lmtsbrübern  in  ©treit,  bie  feinen  SBerjictjt  auf  Seicfjtgetb  ifjm  nietjt  öer= 
ijeifjen  fonnten.  2)em  Sifctjof  ©teno,  aus  5Dänemarf  gebürtig,  einem  proteftan= 
tifetjen  Xleberläufer,  gelang  es  „meber  burd)  2>räuen  noefj  ^romeffen"  itjn  für  bie 
fattjolifcfje  Äircfje  ju  gewinnen,  ^leununbjmanjigjätjrig  rourbe  er  ©uperintenbent 
unb  ^ofprebiger  ju  Chitin  (1678)  hti  bem  Herzog  Äuguft  griebrict)  Pon  £)olfiein, 
ber  äugleict)  SStfcfjof  öon  ßübeef  mar.  3e^n  Sab.re  blieb  er  tjier  in  gtüctlictjen 
S3ert)ältniffen ;  über  bie  ^ofintriguen,  öon  benen  er  berictjtet,  fiegte  er  buret)  feine 
rectjtfctjaffene  s)latur:  in  feiner  äßeife  fuetjte  er  ben  SJcenfc^en  3U  nüfeen  unb  fie 
öon  unreinen  Söorten  unb  Stjaten  aoautjatten,  graufamem  33erbammung§eifer 
immer  ab|olb.  S5ie  ©efctjictjte,  bie  er  öon  bem  ^anbtoerfögefellen  $eter  ©üntfjer 
erjätjlt,  ben  er  retten  mottle,  bem  jeboct)  feine  Hinneigung  ju  Setjren  ber  ©o« 
cinianer  ben  Job  bractjte,  ift  be^eictinenb  für  itjn  mie  bie  3eWsenoffen.  — 

5|J.  märe  unöertjeirattjet  geblieben,  mie  er  erflärt,  allein  fein  „lieber 
SBater"  mahnte  jur  @tje.  @ine  „fürnel§me  ©efctjfectjterin"  mar  if)m  in  Sübecf 
Porgefctjlagen  morben.  @r  aber  bactjte  an  ba§  ^räulein  P.  2)lerlau:  „entmeber 
fie  ober  feine."  2luct)  ©pener  mürbe  öeranlafjt,  „fie  ^u  überreben".  ^t)r  Skter 
mottle  jroar  bie  Soctjter  „nur  einem  öon  Abel"  geben,  allein  er  füllte  fict),  mie 
er  an  5j3.  fctjrieb,  buret)  eine  SBeigerung  beängftigt.  6t)arafterifttfct)  für  ty.  ift  ein 
Söerictjt ,  er  tjabe  ©ott  auf  ben  Änieen  gebeten,  menn  bie  ^eiratt)  in  feinem 
SBitten  läge ,  fo  möctjte  er  ben  Sater  ängftigen ,  baß  er  feinem  äöitten  nietjt 
miberftetjen  fönnte.  3ll§  $.  nun  ben  5ßiief  be§  $}ater§  getefen,  merfte  er  baran, 
baß  ©ott  itjn  ertjört  tjatte,  „baß  e§  bie  märe,  bie  er  mir  öon  Smigfeit  ju= 
gebaetjt  tjätte".  1680  mürbe  ba§  fünf  %ctf)xe  ältere  yräulein  P.  9JterIau  feine 
®attin.     ©pener  traute  ba§  5Paar:  ben  Sttjein  bjinunter  fufjren    bie  SSermäfjtten 


510  spetetfen. 

nad)  <£oIlanb.  33on  einer  Äranftjeit,  bie  ir)n  in  Smben  überfiel,  erholte  fid)  *ß. 
bei  ben  ©Item  in  Sübecf.  ©eine  6f)e  War  eine  glüdlidje.  2Iud)  bie  grau  er= 
ääfylt  in  iljrer  ©elbftbiograprjie,  fie  ijabe  einen  lieben  ©tjegatten,  „ber  i^r  un= 
gemeine  Siebe  unb  Streue  erzeiget".  9tadj  jroei  $al)ren  würbe  ifjnen  ber  erfte 
©ofjn  geboren.  —  9Iudj  in  feinem  SImte  mar  *ß.  glürfltdj.  ©eine  5ptebigten 
waren  beliebt;  ein  „©prud)fated)i§muS",  gebrudt  ju  granffurt  1684,  jeigt 
mandjeä  Eigenartige.  siXuj  bie  5ra9e  3  93.:  „Stuf  wie  mandjerlei  äßeife  fönnen 
roh  ben  s^äcf>ften  tobten?"  lautet  bie  Antwort:  „SJtit  ber  £>aub,  mit  ber  3unge, 
mit  bem  ©efidjt  unb  mit  betn  ^er^en."     Sie   Erläuterung   geben   Sibelfprüdje. 

^eterfenö  9lnfel)en  wud)§.  $m  $.  1686  ernannte  itjn  bie  Unioerfität 
Sftoftocf  jum  Soctor  ber  Jtjeotogie;  jtuei  $al)re  barauf  fam  er  al§  ©uperintenbent 
nad)  Lüneburg.  Siefe  ©teile,  in  ber  er  meljr  3eit  3u  toiffenfd^aft lidjen  ©tubien 
ju  erlangen  fjoffte,  erhielt  er  erft  nad)  langen  (Streitigkeiten  mit  feinem  2Imt§= 
üorgäuger  6.  $.  ©anbijagen.  S)a§  ßeben  in  Süueburg  war  fein  gtütf(id)e§:  er 
gerieft)  burd)  frembe  ©djulb  unb  eigene^  ^anbeln  in  tfampf  unb  ©treit.  S)ie 
©tabtgeifttidjen  waren  it)tn  ieinblid)  roegen  einiger  Neuerungen  —  ty.  nat)m  audj 
tjicr  fein  93eid)tgelb  —  unb  wegen  feiner  2Infid)ten  Dom  taufenbjätjrigen  Üteid), 
„ba  er  mit  ben  $uben  unb  Söiebertäufcrn  ein  weltlid)e§  unb  wollüftigeg  9teid) 
glaube",  ©ic  öerftagten  itm  1689  bei  bem  Gonfiftorium.  iJier  ^aljre  früher 
tjattc  '4J.,  nad)  feinem  eigenen  33crid)t,  jum  erften  9Jtal  bie  Offenbarung  be8  $of)anneS 
gelefen.  ©eine  £$fl'au»  bie  fdjon  al§  ad)tjel)njätjrige§  9Jtäbd)en  bie  $at)l  1685 
am  ^immel  mit  großen  gülbenen  Ziffern  gefetjen  rjaben  miß,  l)atte  „auf  gleidjen 
Sag  unb  in  gleicher  ©tunbe  benfelben  Irieb  empfunben".  23eibe,  fo  behauptet 
$.,  finb  unabhängig  ton  einanber  bind)  göttlidje  ßrleudjtung  ju  benfelben 
©ebanfen  über  baä  taufenbjäfjiige  sJieid)  gefommen.  3um  erbitterten  g^nbe 
tjatte  fid)  ty.  aud)  btn  „©tjnbifuß"  gemadjt.  2113  nätnlid)  1689  ba3  Opernt)au3 
in  $opent)agen  abbrannte,  üiete  9Jtenfd)en  tt)eit§  tierbrannten,  ttjeifa  erftteften, 
madjte  ber  ©d)rerfen,  bafj  bie  Hamburger  itjre  Opern  einfteÜten.  2)te  ßüneburgec 
aber  „liefjeu  ärgerliche  (Eomocbien  fpielen".  $.  ftrafte  auf  ber  ^an^el  bie  ßuft 
an  ben  „tjeibnifdjen  speetacula" ;  er  toufjte  nidjt,  bafi  aud)  „ber  ©tjnbifug  mit 
feiner  ^ouen"  ein  fleißiger  £f)eaterbefud)er  gewefeu  mar.  Siefer  aber  glaubte, 
ty.  fjabe  bie  ^rebigt,  um  ifjn  au  befd)impfen,  gehalten  unb  mürbe  fein  eifriger 
Verfolger. 

3unäd)ft  erreid)ten  bie  ®egner  nid)t§.  S)ae  Türfttidje  Gonfiftorium  öerbot 
beiben  Streiten  roeber  für  nod)  gegen  ben  S^iliaSmuS  ,\u  prebigen.  2Iber  1691 
rourbe  $.  mit  ber  fdjmärmerifdjen  M.  3.  0.  Slffeburg  (f.  %.  2).  33.  I,  622)  befannt, 
bie  in  if)ren  33ifionen  Offenbarungen  ju  erhalten  glaubte.  5]}.  reifte  ju  itjr  nad) 
sJJtagbeburg  mit  feiner  grau;  it)re  „SÖejeugungen",  bie  er  für  göttlid)  l)ielt,  be= 
ftätigten  fein  Lieblingsthema.  @r  naf)m  fie  in  fein  ^au§  auf  unb  tjeröffentlid)te 
bie  „Species  facti  tion  bem  abtidjen  gräutein  .  .  oon  ber  9lffeburg",  roobei  er 
bie  3l'a9e  beljanbelte ,  „ob  ©ott  nad)  ber  Sluffartf)  Sfjrifti  nid)t  mebjr  tjeutigeä 
jtageö  burd)  ®öttlid)e  (h-ferjeinung  ben  sJ}tenfd)en=ßinbern  fid)  offenbal)rn  toolte, 
unb  fid)  beffen  ganfe  begeben  t)abt" .  S5or  ba§  donfiftorium  geforbert,  mürbe  $. 
im  Januar  1692  abgefefct:  binnen  Pier  2Bod)en  fotlte  er  mit  feiner  gamilic 
©tabt  unb  ßanb  Lüneburg  öerlaffen.  @8  mar  ein  tjarter  Söinter,  5ß.  l)atte  fein 
Vermögen:  er  tröftete  fid)  aber,  „ba|  aüe  S)inge  benen,  bie  ©ott  anbeten,  jum 
beften  bienen".  gunäcijft  begab  er  fid)  nad)  Sraunfdjroeig,  bann  nad)  Sßolfen* 
büttel.  ^>ier  erhielt  er  balb,  wie  er  Wörtlid)  bevidjtet,  einen  53rief  öon  bem  it)m 
früher  ganj  unbefannten  Äammerpräfibenten  ju  SBerlin  öon  j?nt)pr)aujen  (f.  b.) 
mit  bem  ^nf)alt,  „ba^  er  au§  ber  Species  facti  bie  ©öttlidjfeit  ber  ?lffeburgifd)en 
93ejeugungen  erfennete".  5ß.  foEte  mit  feiner  gamitie  nad)  Ü3tagbeburg  fommen 
unb  fid)  bafelbft  nieberlaffen ,   ber  ßurfürft  griebrid)  III.  würbe  if)n  befd)ütjen; 


^eterfen.  511 

eine  >$enfion  bon  700'  Stjalern  rourbe  it)tn  gleich  in  SluSfidjt  geftellt.  %n  93erlin 
Würbe  bann  5ß.  mit  Änrjphaufen  perfönlictj  befannt-  23orne|me  ©önner,  barunter 
and)  (Sberbarb  b.  S)anrfetmann  (f.  b.),  ermöglichten  itjm,  fid)  ein  fleineS  £anbgut 
bei  'iftagbeburg  in  9tteber=:3)obeteben  ju  fanfen.  ©eine  „(Jtjeliebfte"  war  mit  ifim 
befonberS  tfjätig,  „baß  bet  burch.  bie  ^ac^tteute  berWilberte  Slcfer  wieber  in  ©tanb 
läme".  ©eine  Meinungen  bertrat  et  nun  etft  redjt  mit  geueretTer.  3)ie  ßeljre 
bom  taufenbjäbrigen  9teicf)  fanb  jwar  biel  SSeifatt,  befonberS  in  -gwttanb  unb 
ßnglanb,  aber  auch  „biete  äßieberfprache".  Sein  „tateinifcheS  erfteS  Scriptum 
Wiber  ben  Sßrof.  Fleier  in  ^etmftebt"  wibmete  er  ber  23aroneß  b.  ©erSborf.  @S 
ift  bie  ©roßmutter  ginaenborTä,  beS  ©tifterS  ber  23rübergemeinbe  (31.  ©.  SB.  IX,  55). 
Unter  jeinen  getnben,  bie  iß.  „bon  3ahr  ju  Safcr  wiberleget",  ftnb  befonberS  ju 
nennen:  (SalixtuS  in  #elmftebt;  ber  einflußreiche  Vertreter  ber  lutbetifchen 
örtboboien  3ob.  griebr.  datier  in  Hamburg  (f.  b.);  ber  als  ftiebfertig  geltenbe 
3f.  gedjt  (f.  b.)  in  9tofio<f ,  ben  ?ß.  ben  gtoftocfifdjen  $et}ermac&er  nennt  unb 
gegen  ben  er  lateinifcfe  fdjrieb:  „Rana  coaxans  in  furiosissimo  haeretifice  Johanne 
Fechtio  ..-.";  enblicr)  (Srbmann  Dceumeifter  (f.  b.),  ber  auch  als  Sieberbidjter 
befannte  rechtgläubige  Sfjeotoge,  bem  5ß.  bie  ©djrift  entgegenhielt :  „3aum  unb 
©ebiß  bem  unseligen  Säfterer  ©rbmann  9teumeiftern  inS  OJcaul  geleget."  2ÜS 
2Jcat)er  in  Hamburg  eine  ÜtetigionSformel  (1690)  bertbeibigte,  bie  alle  ©eiftlictjen 
untertreiben  follten,  unb  bie  ben  SbitiaSmuS,  „er  ferj  subtilis  ober  crassus", 
berwarf,  berweigerten  brei  pietiftifdj  gefinnte  ©eiftlictje  in  Hamburg  bie  Unter= 
fdjrift:  ©pener,  ber  gegen  s])larjer  fctjrieb,  erflärte  fid)  entfctjieben  gegen  bie  Formel, 
unb  toie  *ß.  erjäblt,  rietfi  ©pener,  man  foltte  mit  iß.  ein  öffentliches  ßottegium 
galten,  auf  baß  man  erfahren  fönnte,  ob  biefe  Meinung  in  ber  fieitigen  ©ctjrift 
©runb  bätte  ober  nicfjt.  1695  erfctjien  bon  $.  jju  2ftagbeburg  feine  „33e^eugung 
bor  ber  ganfeen  ©bangelifdjen  Äircbe",  baß  feine  Seftre  nichts  gemein  fjabe  mit 
ben  „^rrtbümern  beS  ßerintbi  noch  mit  ben  ^übtfc^en  gabeln".  2IIS  bie 
Xfieologen  SBittenbergS  in  ibrer  „chriftlutberifcben  33orfietlung  in  beutticben  unb 
aufricbtigen  ©äfeen"  ©pener  angriffen  unb  ibr  Suthertbum,  nach  $art  «öafe'S 
SluSbrucf,  atterSfchwach  bertbeibigten,  erfchien  ^eterfen'S  „greubigeS  gujaucbfeen 
ber  erroe^lten  grembtinge  Ijin  unb  tjer  über  ben  ©ieg  D.  ©penerS  roieber  bie 
Ideologen  3U  äöittenberg."     SBerlin  1695  beb,  $r.  9tübigern. 

Srotjbem  baß  manche  ^Regierung  „bie  Äetjereien"  ^eterfen'S  feineSWegS  ber= 
bammle,  wagte  boch  feine,  ben  begabten  5Jcann  roieber  in  ein  2lmt  %u  fefeen. 
6r  tjat  fein  noch  übriges  Sehen  mit  eifrigen  ©tubien  unb  mit  2Xbfaffung  feiner 
ferjr  äatjtreictjen  ©ct)rijten  Eingebracht  —  im  S-  1717  Sätjlt  er  felbft  fchon  roeit 
über  100  ©djriften  auf.  lieber  33erleumbungen  unb  niebrige  DZacrjreben  tröftete 
it)n  roie  feine  f^rau  bie  treue  Slnbänglichleit  ber  ©önner  in  alten  Greifen,  häufig 
machte  er  Steifen,  meift  im  Sienfte  beS  ^ietiSmuS,  aucr)  nach  ©übbeutf ertaub.  2luf 
einem  3tuSfIug  nac^  Nürnberg  unb  Slttborf  würbe  er  bon  ben  ^rofefforen  gut 
aufgenommen,  befonberS  auet)  bon  bem  „berühmten"  OmeiS;  biefer  ^otnbiftor 
leitete  bon  1697  an  ben  bon  ^arSbörjer  gefluteten  33tumenorben  an  ber  Sßegnife 
(21.  S).  33.  XXIV,  347).  ©ie  nafimen  $.  toie  feine  grau  „in  bie  33lumen= 
gefellfcc}aft  ober  ^egnib=©ct)äfer  auf ,  ba  ich.  ben  tarnen  ^etroprjiluS  unb  meine 
Siebfte  ben  tarnen  ^boebe  befommen  bat".  3m  3-  1718  beftegte  er  mit  91.  $. 
grancEe  ben  ^efutten  ©ct)met|er  in  mebreren  3religionsgefprächen,  unb  eS  gelang 
ifjnen,  ben  ^er^og  53cort^  Söilbelm  bon  ©acf)fen=3^  3um  tutberiferjen  ©lauben 
3urüdEpfüt)ren.  ©ein  ©ut  bei  9Jtagbeburg  Jjatte  fy.  wegen  mancher  mißlichen 
SSerr)altniffe  berfauft;  er  30g  fich  nacl)  ^tjrnern  bei  3etf>ft  ^urürf,  too  er  bie 
lebten  S^e  feines  SebenS  äubrachte.  6r  ftaro  am  31.  Januar  1727.  s)lur 
brei  Sfarjre  tjatte  er  feine  grau  überlebt. 


512  ^eterfen. 

SDiefe  tjat  in  ifjrer  ©etbftbiograprjie  (f.  u.)  türmet  als  ber  ©ematjt  über 
ifjre  ©cfjitffale  berichtet.  Sine  ernfte,  fräftige  Statut,  bie  gegen  Süerfladjung  unb 
$orjrjeit  bet  3"t  fidj  auflehnte ,  mürbe  fie  burd)  ^arte  (Jrfatjrungen  jur  5ßer= 
fenfung  in  ifjr  inneres  getrieben,  ju  übertriebener  äöetiöeradjtung :  enbtid)  Warb 
fie  eine  überzeugte  unb  entfdjiebene  SInrjängerin  ber  „^ietät".  9cid)t  mit  Ünredjt 
fdjliefjt  ©uftaö  grerjtag  au§  itjrer  SSiograpfjie ,  bafj  fie  nid^t  frei  tum  @t)Tgeij 
unb  nidjt  ofjne  einen  Seifatj  öon  rjerber  Strenge  mar. 

SJon  zarter  Äinbfjeit  an,  fo  erzäljtt  fie  felbft,  tjabe  fie  ben  ©eift  ©otte§ 
empfunben,  aber  itjm  au§  Untoiffentjeit  oft  roiberftrebt,  in  itjrem  9lbelftanb 
.gjinberniffe  bereitet,  bi§  ber  SÖerftanb  Ijerbeifommcn,  „ba  1>a%  tjeilfame  äöort 
feine  fräfftige  Ueber^eugung  in  mir  gemürdet".  Sotjanna  (Heonore  ö.  9Jcerlau 
mürbe  am  25.  2lpril  1644  geb.  zu  granffurt  a.  9Jc.  2>ie  geliebte  Butter  ftarb, 
al§  fie  in§  neunte  Satjr  ging.  üDer  33ater  begegnete  itjr  tjart ,  ftrafte  oft  un= 
fdjulbig ,  „barüber  id)  foldje  fnedjtifdje  gurdjt  befam ,  bafe  id)  äufammenfurjr, 
roo  id)  nur  eine  ©timme  fjörte,  fo  ber  meinet  SSaterS  ätjnlid)  mar".  3roölf= 
jäfjrig  öcrliefj  fie  fcfjon  ba§  (JlternfjauS ;  al§  „Jpofjungfer"  tfjat  fie  in  gräflichen 
Käufern  2)ienfte.  gulctjt  fam  fie  ju  ber  Herzogin  öon  Jpotftein,  einer  geborenen 
ßanbgräfin  öon  Reffen,  ©ie  erzätjlt ,  bafj  fie  an  ben  ©itelfeiten  ber  2Selt 
©ejaEen  rjatte,  al§  gefdjidte  üLänjerin  öor  5lUen  ben  :$>rei3  gemann:  ein  un* 
glütflidjeä  2iebe3berrjältnifj  mit  einem  Dfficier  bradjte  fie  ju  tieferem  Wacfjfinnen. 
©ie  bemerfte,  bafj  „unter  ßbclleuten  großer  IKipraud)  märe,  fo  bem  (Stjriften* 
tfjum  gantj  unb  gar  ^umiber".  i^ljre  ©ebanfen  „roenbete  fie  üom  £)erjrat£)en 
gan|  ab".  Quin  ©eiftlicfjer  in  fjöfjerem  X'lmte  beroarb  fid)  um  fie,  fie  überlief} 
bem  Später  bie  (Sntfdjeibung.  ®a§  s3iein  beffelben  „naejm  jener  ©eiftlidje  an 
unb  gab  fidj  aufrieben."  $nbes  rjatte  fie  am  «g>ofe  alö  23raut  gegolten:  „ba 
tjatte  id)  mieber  eine  neue  ©djmadj  in  meinem  rjertjen." 

2Bie  in  bem  ßeöen  ifjreS  sJJtanne§,  mürbe  audj  in  bem  irrigen  ©pener  öon 
fjeröonagenbem  Güinflufj.  5Denn  auf  einer  Steife,  bie  fie  mit  itjrer  «^errfetjaft 
nad)  @m§  madjte,  mürbe  fie  mit  bem  „©ottegmann"  befannt.  Spener  ift  e§, 
öon  bem  fie  erzätjlt,  bafj  er  fo  grofje  (Sinfidjt  tjatte  unb  bi§  auf  ben  ©runb 
itjre§  ^erjenS  fefjen  fonnte.  S)er  „2lbfdjeu  öor  ber  2Öelt"  mürbe  immer  grüner 
in  ifjr.  „XUd),  bad)te  id)  offt,  bafi  id)  bod)  eineö  Söiet)=^irten  Sodjter  märe,  .  . 
eö  märe  fein  2luffer)en  auf  mid)."  (Jeft  entfcfjloffen  begehrte  fie  enblid)  itjre  @nt= 
laffung  öon  ber  itjr  lieben  ^erjogin.  S^^  ^^eD  Ue  n0(^  otei  S^'e,  Qu"  „atte 
öergänglid)e  lvuft  l)atte  fie  öon  fid)  abgelehnt".  S)er  3}ater  begehrte  fie  nad) 
bem  2obe  ber  Stiefmutter.  2)a  er  jebod)  ^ofmeifter  bei  ber  fjütftin  öon 
$f)ilipp§ed  tourbe,  befam  fie  greirjeit,  fid)  bei  einer  öornetjmen,  „gottfeligen" 
äöittme  „in  bie  ^oft  ju  begeben",  ©o  lebte  fie  fedjä  ^atjre,  ba  bemarb  fid), 
ttie  oben  er^ärjU,  5p.  um  fie,  „ber  mid)  etlidje  '^ar)re  juöor  in  ^anffutt 
gefetjen". 

S)te  rjimmlifdjen  Srleudjtungen  unb  „^Bezeugungen"  famen  beiben  ßtjegatten 
unabhängig  öon  einanber.  51od)  im  lebigen  ©taub,  erftärt  fie,  feien  itjr  mehrere 
©et)etmniffe  aufgefcfjtoffen ;  befonbers  beridjtet  fie  über  einen  £raum  im  ^.  1664, 
bie  S3efet)rung  ber  ^uben  unb  Reiben  betreffend  ©ie  fonnte  e§  öon  itjrer  früfjen 
Sugenb  an  nidjt  faffen,  „mie  @ott,  ber  bie  mefentlidje  Siebe  ift,  fo  biel  in  bie 
unaufrjörlidje  93erbammni^  öerbammen  follte". 

2Ba§  aber  ift  ber  ßern  ber  Sefjren  ^eterfen'S?  2)a§  taufenbjärjrige  9leid) 
ftetjt  nad)  ttjm  nod)  bebor:  in  nidjt  ju  ferner  3?it  tohb  6fjriftu§  erfdjeinen, 
bann  erfolgt  bie  erfte  5luferftetjung  ber  lobten.  Söeiter  aber  fam  5J}.  jux 
(Srfenntnife  ber  „Söieberbringung  aller  Singe".  SSorfjcr,  fagt  er,  rjatte  er  ge= 
meint,  ba$  bie,  fo  in  ben  feurigen  ipfufjt  fämen,  gar  feine  ©rtöfung  barauä  ju 
gemarten  fjätten.     sJtun  letjrte  er,  ba^  alle  S)inge  roieber  in  ben  ©tanb  fommen, 


qpetexfen.  513 

in  toelcrjem  fie  bor  bei*  ßntftetjung  beS  SBöfen  toaren.  2)a§  gan^e  5Jlenftfjen= 
gefcrjlectjt  toirb  <jur  ©etigfeit  gelangen ,  eine  SBufje  bei  Verbammten  unb  eine 
Srlöfung  bon  ber  £)öttenftrafe  fei  ju  ertoarten.  3fn  feiner  ©ctjrift  „Mysterium 
Apocatastaseos  ober  ba§  ©etjeimniä  ber  SBieberbringung  aller  S)inge"  ift  er  in 
ber  Vorrebe  be§  3.  33anbe3  überzeugt,  „bafj  biefe  2Bar)rt)ett  fo  roenig  at§  bie 
Sonne,  mann  fie  auffgetjet  in  itjrer  9Jtacfjt,  fann  aufjgeblafen  nocfj  untergebrucfet 
toerben".  ©egen  feine  ©egner,  i>h  „,$?et}ermacrjer",  tjebt  er  fjerbor  (©.  39  ib.j, 
er  tjabe  längfi  nebft  bem  ^>errn  Dr.  ©pener  feIig  betoiefen ,  bafj  bie  Setjre  bon 
bem  Stpocalrjptifcrjen  gefegneten  taufenbjätirigen  9ieicrj  in  bem  17.  Slrtifel  ber 
2tug§bur giften  ßonfeffion  nicfjt  berbammt  fei,  „toeit  icf)  toeber  ein  (Sertnttjifcfjeä 
nocb,  9Jcüntjerifcf)e5  üieict)  glaube". 

Unter  bem  üDrucfe  ber  3^  faßt  |>etber,  unter  ber  ©treitfuctjt  ber  9Jcäcfj= 
tigen  toie  ber  ©eletjxten  fat)  man  ba§  taufenbjäfjrige  9reicf)  narjen.  3Jcan 
toünfctjte  unb  berechnete  feine  Slnfunit.  $.,  ein  fjetter  $opf  bei  einem  fanften 
^>erjen,  fo  urteilt  er  ferner,  tourbe  burcrj  feine  Verfolger  batjingcbracrjt,  bafj  er 
einer  Hoffnung,  bie  itjm  fonft  angenehme  ijttootrjefe  geblieben  toäre,  ju  biet  Diaum 
gab  unb  fie  fictj  ju  natje  einbilbete;  itjre  3"t  aber  beftimmte  er  nie. 

Ob  an  ty.  übrigen^  biefe  fcrjon  öfters  bor  if)m  angebeuteten  Sefjren  burdj 
Ueberlieferung  gefommen  finb,  ober  bon  itjm,  roie  er  behauptet,  fetbfitfjätig  entbecft 
finb,  ba§  ift  nicrjt  ju  entfdjeiben. 

ty.  toar  ein  $Rann  bon  ©emütr),  ^fjantafie  unb  bon  bicrjterifc^er  Begabung. 
(Gegenüber  ben  ftarren  Vucrjftäblern  toar  er  gteicr)  Slrnolb,  ©pener  unb  Stnberen 
bon  ber  Ueberjeugung  burcrjbrungen,  bafj  bie  $ird)e  eine  Erneuerung  nöttjig 
tjabe,  bafj  bas  Grjrifientrjum  eine  Religion  be§  <g>er3en£  unb  ber  2rjat  toteber 
werben  muffe.  Qsr  gehört  ju  ben  Vertretern  beg  älteren  ^ietiSmuS,  toelctje  in 
©el)nfuct)t  nact)  einem  lebenbigen  ©tauben,  in  ber  tapferen  Vetjauptung  ber 
eigenen  fittlictjcn  unb  religiöfen  5perfönlicr)f  eit ,  in  itjrer  SBeife  einer  freieren 
3eit  oorgearbeitet  tjaben.  SBeniger  befonnen,  toeltgetoanbt  unb  mafjbott  als 
©pener,  aud)  toeniger  frei  bon  ©itetfeit,  toar  er  itjm  bod)  gteicr)  an  ütecfjttictjfeit 
unb  ©utrjerjigfeit.  (h  t)atte  toirflicf)  eine  „tiebreicfje  ßompterton",  toie  er  treu* 
r)er<sig  bon  fid)  fetbft  fagt.  Söenn  er  gegen  feine  ©egner  jjuroeiten  berbe  9Iu3= 
brücfe  gebraucht,  fo  mufj  man  an  bie  grobe  ©pradje  ber  ttjeotogifd^en  &topf= 
fecrjter  benfen,  an  bie  ©ereijttjeit  be§  böSticr)  Verteumbeten  unb  Verfolgten, 
©pener  bezeugte  nocr)  Iura  &or  feinem  1705  erfolgten  Xobe  bon  5ß.,  bafj  er  irjn 
für  einen  aufrichtigen  unb  frommen  5Jcann  tjatte,  ob  er  audj  „mandjeS  anberä 
bon  itjm  gefd)er)en  getoünfdjt ,  aud)  mit  einigen  SÜngen  jjurüd juljalten  geraten 
tjabe".  ©etoifj,  ©etbfttäufcb.ung ,  Söunberfuctjt  unb  Einbitbung,  ba^  bie  $or= 
fetjung  mit  befonberer  Vorliebe  für  ben  Siebling  in  iebe§  (Sreignifj  be§  ßebenö 
eingreife,  finb  aucrj  bei  ir)m  ju  finben;  „biet  Söortgeflingel  frommer  9teben§arten" 
auctj  bei  itjm,  toa§  $1.  ^afe  bon  ber  ganzen  9ticb,tung  äußert.  Slber  in  feinen 
©ebanfen  toie  in  feinen  ^panbtungen  finb  ber  menfd^enTreunbtictie  Sinn  unb  ein 
tiefeS  üBerfiänbnife  für  ba§  2öefentlict)e  aEer  religiöfen  Smpfinbung  nicb,t  3u  ber= 
fennen.  i>at  nicljt  Seibni^,  ^aben  nicb,t  ßefftng  unb  ^erber  ficr)  mit  Ütectjt  ber 
„Snt^ufiaften"  angenommen?  Von  ben  ©ebrecrjen  unb  fogar  ben  Saftern  beS 
fpäteren  5pieti§muS  ift  ty.  frei  ju  fprectjen.  Söir  fterjen  auf  feiner  «Seite ,  toenn 
er  ben  33erfolgung§eifer  ber  t)oct)mütt)igen  ©egner  gei^ett,  melcrje,  ftatt  ir)n  geiftig 
äu  betämpfen,  mit  toeltlictjev  ©etoalt  i^n  munbtobt  machen  toottten.  ^n  ber 
genannten  ©d^rift,  33b.  3,  §  46,  fprictjt  er  bon  bem  p^arifäifdgen  (Seifte  ber 
Äe^ermadjer ,  bie  mit  furjcr  ^anb  abfertigen  unb  au§  ben  ©renken  bertoeifen: 
unter  bem  ^>apfttb,um  fetbft  tonnte  man  feine  gefcfjitfteren  SBerfgeuge  antreffen. 

3Benn  {yriebxidtj  III.,  getreu  ber  Ueberlieferung  feines  ^aufeS,  Sulbung  übte 

2lßgem.  bcutfc^e  Sioarapfiie.    XXY.  33 


514  ^eterfcn. 

gegen  ben  als  Äejjer  Verfolgten,  fo  rjanbelte  er  nad)  bem  ©runbfafe,  weld)em 
fpäter  jein  großer  Sntet  im  „Anti  Macchiavell"  2Iu§brud  gab:  „laisser  ä 
chacun  la  libertä  de  conscience;  etre  toujours  roi  et  ne  jamais  faire  le  pretre." 
UJiit  bemfelben  Steckte  aber,  mit  bem  5tiebridj  III.  ty.  fdjütjte,  trat  ber  grofje 
griebrid)  gegen  bie  Ausartungen  unb  bie  ©treitfudjt  be§  jur  ^»cxr^aft  gelangten 
fpäteren  ^ieti8mu§  auf,  gegen  bie  ,,.!pallifd)en  Raffen". 

SDaS  Verbienft  VranbenburgS  erfennt  ber  unbeftoctjene  Berber,  wenn  er  öon 
jener  3«t  rebenb  unb  auf  5ß. ,  brande,  Slrnolb ,  2)ippel  fjtnweifenb,  äußert, 
Vranbenburg  rjabe  ftd)  jeit  ber  ^Reformation  in  Anfetmng  ber  Religionen  ebenfo 
weife  aU  gerecht  betragen,  „tiefem  (Seift  ber  2)ulbung",  fätjrt  er  fort,  „ftimmtc 
bamalS,  wie  immer,  ber  beffere  Xljeil  ber  ^Jtenfdjen  wenigftenä  inägetjeim  bei; 
be§  alten  2Bu(te§  im  SDogtnatifnen  unb  Verfolgen  mar  man  mübe.  9lud)  mo 
fie  unt>orfid)tig  irre  ging,  natjm  man  an  ber  £cnben3  jum  Reuen,  jum  5te^n, 
3um  Verftänblidjen,  jum  Veffern  in  ben  Sanbem  VranbenburgS  2lntt)eit." 

Jperber  urtrjeilte  aud)  über  s$eterfen'§  2)id)tungen  fet)r  günftig,  nidjt  minber 
ßeffing.  Slufjer  lateinifdjen  .»prjmnen,  Weld)e  in  beutfcrjen  Ueberfejjungen  aud)  in 
©efangbüctjer  übergingen,  üerfafjte  s^3.  eine  „Uranias,  de  operibus  Dei  magnis  .  ." 
(1720),  angeregt  burd)  Seibnij,  ben  er  in  Vertin  perfönlid)  fennen  gelernt  rjatte. 
6in  s21rt  poetifdjer  Xtjeobicee  unb  ^ugteid)  sDteffiabe ,  befingt  biefeS  (5ipo3  bie 
Söerfe  ©otte§  Don  Veginn  ber  Söelt  bü  jur  9lpofataftafi3.  3fn  ber  Vorrebe 
befennt  ^-  felbft ,  mie  toiel  er  bem  9tatt)e  unb  ber  Anregung  magni  illius  viri, 
illustrium  eruditorum  tacile  principis  ju  banten  tjabe.  Rod)  Rätter  gebeult  in 
einer  Otecenfiou  ber  djriftltdjen  ©popoe  ^eterfen'3  unb  ber  forgfamen  fteile 
ßeibnijen§.  „Voll  trefflidjer  ©teilen",  äußert  Seffing,  „ift  s.J}eterfenä  UraniaS; 
unb  roa§  fann  man  metjr  ju  itjrem  £obe  fagen,  al§  bajj  Seibnij  fie  ju  öer= 
bejfern  roürbigte  ?"  ^eterfen'ä  lateinifcrje  ©ebidjte  übrigens  rjatten  —  wie  Södjer 
mittfjeitt  —  Ven^lt)  in  £alberftabt  unb  Lüfter  in  Berlin  unter  bem  Xitel 
Carmina  Peterseniana  IjerauSgeben  Wollen ,  allein  ba§  Vorhaben  ift  nidjt 
ausgeführt. 

Sieutfd)  erfctjienen  öon  5ß.:  „SDer  (Stimmen  auS  3ion  Qsrfter  unb  3lnber 
Stt)eil :  $um  Sobe  beS  2lUmäd)tigen ,  im  ©eift  gefungen,  unb  nunmetiro  jum 
anbernmal  herausgegeben"  1698  o.  £).  (2)ie  erfte  Ausgabe  nad)  ©oebefe  1696.) 
gerner  „Reue  Stimmen  auS  S^on"  1701  o.  £).  S)iefe  profaifdjen  Sieber ,  roie 
Seffing  fie  nennt,  finb  freie  2)id)tungen,  nidjt  etwa  Bearbeitungen:  ein  jeber 
Stjeü  enthält  100  ^falmen,  im  ©anjen  300.  lieber  jebem  eine  Ueberfdjrift; 
eine  allgemeine  IMobie  ift  bem  erften  s.J}falm  beigefügt,  „nadj  ber  alle  anberen, 
roie  aud)  bie  ^falinen  5}atiib3,  fönnen  gefungen  werben"  (Vorrebe  ^ßeterfenl). 

©igene  @rfaf)rungen  unb  ßmpfinbungen  fprictjt  er  in  einer  fdjlidjten,  burd) 
fräftige  Vilber  belebten  Spradje  aus,  tapfer  für  feine  gottfetigen  Vrüber  ein» 
tretenb.  ©o  beginnt  gleid)  ber  -48.  ^falm,  mit  ber  lleberfcrjrift  gegen  bie 
SDoegiter,  bie  fo  freclj  unb  ftolj  ftcrj  gegen  bie  .ßinber  ©otteö  auflehnen:  „2öa§ 
tro^eft  bu,  o  Xtvcann,  unb  öerläffeft  bidj  auff  beinen  2lrm?  SBaö  fdjnaubeft  bu 
gegen  bie  Stillen  im  Sanbe?" 

^tandje  feiner  ©timmen  au§  3ion  taffen  ftd),  fo  fd)reibt  ^erber,  Wie 
^btjtten  lefen;  „lieblidje  Vilber  öoE  reiner  ©mpfinbung  unb  tjorjer  SBatjr^eit". 
%n  ^erber§  „6rjriftlid)en  ^tjmnen  unb  Siebern"  (©d).  ä.ßitt.  u.  Ä.  4, 141  f.)  finbet 
fid)  ein  ©ebidjt:  „®ie  ©emeine  be§  ^»errn.  ^Rad)  s$eterfen."  $n  ber  jtt)at  l^at 
^erber  ein  ßieb  beffelben  mit  nidjt  wcfentlidjen  Slenberungen  unb  Äürjungen  benutzt 
au§  5peterfen'§  „CCC  ©timmen  au§  3^on  •  •  •  nad)  gewöhnlichen  ^Jletobet)en  in 
förmlid)e  ßieber  überfe^et"  1721  o.  £).  Sie  oben  genannten  300  $faütien  in 
ungebunbener  ©pradje  ^at  $.  in  Verfe  gebracht :  wie  ber  3>nb,alt  finb  bie  Uebev= 
fdjriften  ganj  biefelben  wie  in  bem  oben   genannten  Söerfe.     Berber   r)at,   wie 


5ßetfum.  515 

ict)  ^ier  nur  Iura  bemerfen  fann,  baä  13.  Sieb  5ßeterfen'§  mit  bet  Uebcxfc^rift 
„S)te  rounberbare  ®emeinfd^afft  ber  oberen  $ircr)e  mit  ber  $irct)e  auf  Srben" 
u.  f.  m.,  ©.  41 — 44,  bor  klugen  getjabt. 

üDiefe  „förmlidjen  Sieber"  öerbienen  merjr  SBeactjtung,  al§  irjnen  biätjer  in 
ber  &itteraturgefdjicc)te  ju  Xtjeü  geworben  ift.  hieben  trefflidjen  ©teilen  fetjlt 
e§  freiticr)  büroeiten  auctj  ifynen  nicrjt,  roie  ben  pietiftifctjen  fiebern  überhaupt,  an 
©efcrjmacftoligfeit ;  man  tefe  3.  35.  ^fatm  96  be§  3.  £rjeite§,  entfprectjenb  bem 
profaifdjen  ^ialm  96  be§  3.  £ljei(e§  ©.  217.  91ttein  außer  Berber  Jat  nod) 
ein  großer  Kenner  $.  cor  unt-erbienter  (Seringfcrjätuing  gefdjütjt.  Seffing,  ber 
ganje  ©teilen  au§  «Pfalm  43  unb  82  ber  33eac|tung  feiner  Sefer  empfiehlt,  Der- 
gteutjt  s#eterfen'§  Sichtung  mit  Sßietanb'g  „(Jmpfinbungen  be§  6t)riften"  unb 
meint:  „Qöietanb  ift  retcfj  an  SBliimdjen,  an  poetifctjem  ©efdjmätje,  ^ßeterfen  an 
ftarfen  ©ebanEen,  an  großen  ©efinnungen,  ofjne  3mang,  °*)ne  ©djtoutft.  33eibe 
fjaben  bie  ©piacfcje  ber  t).  ©djrift  ju  brausen  gemußt,  nur  baß  fie  ^eterfen  in 
itjrer  ebetn  Einfalt  gelaffen  ,  Söielanb  aber  burcr)  affectirte  2iefftnnigteiten  .  . 
öerunftattet  tjat.  Unb  gteictjroofjt  ftnb  SPeterfen'S  Stimmen  gar  batb  beracrjtet 
unb  öergeffen  roorben.    S)enn  ^eterfen  mar  ein  ©ctjmärmer!" 

„2)a§   «eben  3o.  Söit^clmi  ^eterfen  .  .  1717  o.  D.   auf  Äoften   guter 

greunbe."     ^Set^eic^niS    feiner   ©djriften    ©.    368—394.  —  „«eben   grauen 

3ot).   ©teonora  ^eterfen  1718   o.   £).  auf  Soften    guter   greunbe"  (68  ©.). 

IL  Auflage  1719  (idj  fjabe   bie  erfte  benutjt).         Södjer,  2Ittg.  ©etetjrtenter. 

1751,  III,  1421—1423.  —  <£xfd&  unb  ©ruber  (oon  Döring),  III,  19.  Sfjeil. 

—  ^erjogl  3tea(=gncr;f[.,  11.  33b.  (1883),  ©.  499  f.  —  $od) ,  ©efd).  b. 
ÄircfjenUebS,  I,  6.  33b.  (1869),  ©.  121  f.  —  Ättrfd&nex,  Dr.  $.  20.  ^eterfen, 
Qutin  1862,  «ßrogx.  —  Ä.  ^>afc,  ßirdjengefcb,.,  1877,    10.  2lufl.,  ©.  506  f. 

—  %.  9titfct)t,  ©efä).  b.  «piettämuS,  I,  407,  II,  1,  (1884)  ©.  225  f.  — 
£irae(,  #attex8  ©ebictjte,  1882,  ©.  308.  —  ©uftaö  grerjtag,  Silber  a.  b.  b. 
23erg.,  IV  (1879),  ©.  27  f.  —  Berbers  2lbraftea,  äöerfe,  herausgegeben  öon 
©upfjan  23,  458  unb  491  f.  —  Sefftng'i  SBerfe  (Tempel)  IX,  51  f.  -  ®ic 
23ibiiotb,ef  bes  ^oacrjimStfjatfdjen  ©tjmnafium§  bei  Serlin  enthalt,  roie  mir 
Dr.  Sßolte  mitteilt,  Sßeterjiana  in  2  Sänben,  bie  Äfifter  gefammett  tjat.  — 

^Daniel  ^acobtj. 
^etfltm:  (ibjarb  Slbotf  t>.  s^.,  au3  DjifxicSlanb  gebürtig,  mar  eineä  ber 
gefjaßteften  SBcrfjeuge  ber  Regierung  Äart  Seopotb'3  (f.  %  2).  23.  XV,  308)  in 
sDcetftenburg,  roarjrfcrjeinlicrj  fogar  ber  SInftifter  unb  Urheber,  toenn  aucrj  nicrjt  ber 
einzelnen  (Beroaltttjaten,  bocfj  ber  gangen  fticxjtung.  $ft  auct)  ba§  böfe  Slubenfen, 
roelctjeS  ir)m  ber  nac§  ©etbftrjerrtictjfeit  ringenbe,  gegen  ben  ^per^og  burct)au§  auf» 
fäffige  2lbe(  beroa^rte,  in  feiner  2Beife  frei  öon  ©etbftfuct)t  unb  ißarteirjaß,  fo  fdt)eint 
bodt)  audj  in  5ßetfum^  auftreten  bei  Sntlaffung  be§  frütjeren  ^ammerpräfibenten 
S)ietricr)  3?oactjim  b.  Steffen  unb  beffen  (Jrfetjung  burctj  ben  in  mißrattjenen 
ginan^projecten  berühmt  geroorbenen  ßammerbirector  ßuben  b.  Söutfen  1715, 
fomie  in  bem  ÜteöerSoerlangen  bom  Slbet,  nad)  bem  3uge  be§  Sjaren  5ßeter 
burctj  "Dtecftenburg,  baß  er  am  auftreten  be§  offen  fict)  auftetjnenben  nad)  9ta^e= 
bürg  geftotjenen  „Sngeren  9tu§fct)uffe§  ber  9litterfct)aft"  nictjt  t^eittjabe,  nodj 
trjeitnetimen  motte,  ein  befonbere§  SBotjtgefatten  an  ben  tjerjoglicrjen  Maßregeln 
rjeroorjutreten.  S)urcr}  bie  oftfriefifcr)e  ©ematjtin  2Ibotf  griebridg»  mar  ein  ge= 
toiffer  3U9  bon  Oftfriefen  nact)  3Jcecftenburg  tjin  fctjon  frürjer  eingeleitet.  2Iu§ 
oftfrieftfctjen  unb  bänifögen  S)ienften  mar  b.  $.  1699  aU  Seöottmädjtigter  be§ 
^)erjog§  5IboIf  tyriebtidt)  in  bie  faifertictje  ßommiffion  eingetreten,  roetctje  bie 
ärgerlictjen  ^änbet  um  bie  SBeerbung  be»  ^er^ogttiumS  ©üftrom  fctjlictjten  fottte, 
unb  bractjte  ben  ^erjog  batjin,   ben  Hamburger  33ergteidj   bom  8.  Wäx&  1701, 


516  $etra  —  5pettafd). 

bet  baä  ^eijogttjum  2ttecftenburg=©trelit}  fd^uf,  anpne^men.  @3  toirb  behauptet, 
er  fjabe  baö  aui  SBeftedjung  burdj  £?rriebridj  2Bilt)etm  öon  ©dfjtoerin  getljan ,  ob» 
tootjl  er  be§  j?aifer§  günftigere  (Sntfdjeibung  fcrjon  fannte.  1704  bon  2lbolf 
griebricr)  in  Ungnabe  entlaffen,  tourbe  er  bon  Äarl  Seopolb,  ber  mit  feinem  älteren 
Vorüber,  bem  feit  1692  regierenben  ^ev^og  griebrid)  Söilfjelm,  ebenfalls  im 
Jpaber  lag,  in  j)icnft  genommen.  2lber  aud)  ber  letjterc  ernannte  ifjn  fetjon  am 
8.  2Ipril  1706  ju  feinem  ©ef)eimen  föatf).  ©a  trofcbem  b.  $.  ftetS  im  23er» 
trauen  unb  in  ber  ©unft  Äart  fieopolb'ä  blieb,  toirb  if)m  grabe  ber  für  biefen 
günftige  Apanage  Vertrag,  ber  „fürftbrüberlicfjc  llniom?t>ergleidj"  Dom  31.  3>a= 
nuar  1707  ju  banfen  getoefen  fein.  31I§  $art  l'eopolb  nacr)  bem  finberlofen 
Stöbe  feineö  33ruber§  am  31.  $uli  1713  jur  Regierung  fam,  blieb  ty.  fein 
£>auptratf)geber  unb  fetjürte  ben  fcrjon  unter  ber  Hörigen  Regierung  ertoacrjfenen 
|>af3  gegen  ben  ritterfcfjaftlitfjen  Mbet  unb  bie  ©tabt  ütoftoef  um  fo  mefjr,  alä 
ber  ^perjog  in  ifmen  ben  ^einmfdjuf)  für  bie  (htoeiterung  feiner  ©infünfte  er= 
fannte,  beren  er  jur  Ginfütjrung  ber  geplanten  ftetjenben  sDtilitärmad)t  bringenb 
beburfte.  21  m  •'!.  'iUai  1715  tourbe  ü.  ty.  erfter  9Jtinifiet  unb  riett)  nun  <}u 
ben  rücffidjtälofeften  ©etoaltmaferegeln.  2118  ber  |>erjog  enblid)  Por  ber  faifertidtjen 
(Jjecution  1719  baä  Sanb  Pcrliefc,  fanbte  er  ty.  Pon  93ertin  auS  an  feinen 
©enerat  ü..23ütoto  nad)  ©üftroro  p  weiteren  sJJcafjregeln.  2)a  legerer  aber  fidj 
ber  faiferlidjen  @ommiffion  gefügt  fjatte,  ging  aud)  ty.  an  beren  ©i£  nad)  Ütoftocf, 
Pon  bort  aber  nadj  ©d&lofjfelb  unb  feinen  angeblichen  ©ütern  in  Oftfrieälanb.  2118 
er  öon  bort  ju  feiner  gamilie,  bie  in  9toftocf  geblieben  mar,  jutürtfeljrte,  fiarb 
er  bafelbft  am  2.  «ölai  1721. 

Soll,  ©efd).  DtecflenburgS,  II,  201  ff.  —  £ifd),  Safjrb.  13,  ©.  207  f.,  221. 

ßraufe. 

$etra:  ^ermann  be  ty.  (Dan  ben  ©teen),  ßartrjäuf er ,  geboren  um  bie 
2Jlitte  be§  14.  Safjrfmnbertä  ^u  ©antborp  in  glanbern,  t  am  23.  2Ipril  1428 
au  23rügge.  @r  mar  29  Sfatjre  ber  geiftlicfje  Seiter  ber  Äarttjäuferinnen  ju 
©t.  2Inna  bei  33rügge.  ©ebrueft  ftnb  öon  ifjm  in  einem  goliobanbe  „Sermones 
quinquaginta  in  orationera  dominicam"  (Aldenardae  1480 ,  Lovanii  1484), 
nidjt  gebrueft  Sermones  de  tempore  unb  de  sanetis,  De  regimine  monialium 
über,  Tractatus  de  immaculata  coneeptione  B.  M.  V. 

ipaquot,  Mömoires  II,  604  sJteufd). 

^Ctrofd):  3ofef  ^ ret^err  b.  $.,  pf)itolog.=f)iftor.=  litterar.  ©dmftftefter 
unb  ^idjter,  geboren  <ju  93rob  in  ©labonten  am  19.  October  1714  al8  ©ob,n 
beä  bortigen  ßommanbanten  ©enerat  5Raj  ftreitjerr  ö.  5p.,  geigte  fetjon  in  ber 
Sugenb  bebeutenbe  Einlagen  unb  erhielt  in  ^olge  beffen  unb  ber  günftigen  S3er» 
mögen§umftänbe  feiner  Altern  eine  fet)r  forgfältige  (jrjiefjung  unb  Unterricfjt  in 
ber  lateinifdjen  ©pracf)e,  in  mobemen  ©praerjen  unb  in  anbem  SBiffenfctjaften.  dx 
tarn  hierauf  mit  feinen  Altern  nact)  Ctmü^,  ftubirte  bei  ben  bortigen  Sefuiten 
^Ijitofoptjie,  tourbe  jum  2)octor  ernannt,  manbte  fiel)  fobann  ber  9tect)t§geiet)r= 
famfeit  ju  unb  fetjte  bie  ©tubien  barin  auf  ber  Uninerfität  ^u  ßötoen  fort.  9tact) 
33o£tenbung  berfelben  machte  er  Reifen  buref)  bie  tjeröorragenbften  fiänber 
(üsuropa'ä.  %m  3».  1733  trat  er  in  ba§  |)eer  ein  unb  madjte  einige  f^elb^üge 
am  9tt)ein  al§  2lbjutant  be§  grinsen  (lugen  uon  ©aöo^en  mit.  2U8  ber  ßrieg 
äu  @nbe  toar,  fefete  er  feine  ©tubien  fort,  befud)te  einige  Uniberfiläten  2)eutfd)= 
lanb§,  mu|te  aber,  nacfjbem  fein  S3ater  unb  fpäter  feine  2Rutter  geftorben  roaren, 
nac^  Olmü^  jurücffefiren.  ©päter  öermätjlte  er  fieb^  mit  Antonie  ti.  ^ettergborf 
in  äöüraburg.  ©eine  weitere  SBcfd^äftigung  toar  ausfc^tiefelicf)  toiffenfd^aftlicb^er 
2t)ätigleit  getoibmet,  er  erlernte  bie  griecrjifctje  ©pract)e  unb  bereifte  aueb^  ©rieben* 
lanb  über  Italien  äurücftetjrenb,  too  ifjn  bie  gelehrten  ©efeUfctjaften  ju  5*0l'eni 
unb   Sortona  ^u  ifjrem   3Jlitgliebe  ernannten,     ^m   %.  1747   grünbete  ty.   in 


5Pettofä-  517 

Dtmüfe   eine  öelefrtengefeHfäaft  untet  bem  tarnen:    „Sie  Unbefangen".     SMj 
TOalieber  beritten  berfafcten  Staublungen,  bon  benen  aüe  Monate  ein  ©tu« 
unter   bem    SLitet :    „Wonatlicrje    2Iu§jüge    alter    unb   neuer   gelehrter   &ad&en 
(Dtmüfe,   Stantfutt   unb    2eip3iQ    1747-48)    eifäien      Sie    nwjlen  ^anb- 
Jungen  in  biefer  Seit^tiU,  ber  fl*  namhafte  (Mehrte  be3  3n=  unb  HuSlanbe» 
an&offen,   finb   bon  $.  fetbft   in  ber  Sform  bon  fteccnfionen  beiiafj    unb  be= 
treffen   bie  toer^iebenften  ©egenftänbe.     Sie  ©efettfcW  tote   bie  3eitWnTt  be= 
fan  en  übrigen?  nief/t  lange,  bem  bleibe,  ber  Kitgunjt  unb  ber t  Umtrieben  ej- 
iegenb,   unbV   mW  **««   ««!   Wn  «ut   *eufd)lofc   ^  «reu   äurutf. 
gr  mürbe  no*T  öonben  geteerten  ©eTetlf^aTten  3u  Kempten,  Hltoti  unb  2Iug§= 
buta   sum   «ölitaliebe,  üon   ber  testeten  1758  äum  ^räfibenten  ernannt,     Hu$ 
Kur    einer   in  SSien  *u  g?ünbenben  «abernte  .ber  ^iffenf  JaTten,  Jatte 
4   ber  Huffotbetung  be§  Winifterä  griebr.  2Bil$.  ©raf  b.  ©augwife  lotgenb  im 
3    1750   ausgearbeitet.     HUetbing«  ftetüen  ft<*  ber  ©tünbung  biefer  ^abernte 
ßmbetniffe   entgegen  unb   man   naf,m  babon   «anb.    .^-.ftarb  am  15.  Etat 
1772   au  9leuf5loB.  nod)   in  ben  testen  gebenden  mit  einer  9tetb>  geteerter 
gjlänner  im  regen  Sriefmectjfel  ftetjenb.  - 

Sie   littetatifäe  S^fttialeit  <pettaf#8   jerfattt  m   eine   ftreng  geteerte  unb 
in   eine  üoetifcfje.     2Ba§  bie   erftere    «hing  betrifft,     o   Jatte   er  betriebene 
nifiotifcfce    unb    anbete   ^uffä^e    unb    arbeiten,   aufcet   tn  ben   eben   ermahnten 
TOonatWn  2lu§3ügen",  aucr,  in  anbetn  beutfdjen  fotoie  m  italtemföen  3out» 
nälen    beröffentütf)  .     Sie   wenigften  erfreuen   unter  feinem  tarnen,  er  toaste 
geSu?S  baTlfeubonüm  <pett»8  Ginetu.  (*etet  »).    3m  %  1742  gab  er 
20  Ib^anbtungen   unter   bem   Eitel:    „Petri   Cineri   D-sertaüones    htteranae 
varia  hebdomade  publicatae."   Florent.  1742  $etauB.    SM  r,otte  ei :  eine  büho- 
otanbifdie   Arbeit    eine    „Bibliotheca  bohemica"   berjafet,   melier   bie  ©enjuibe- 
Sgung   be t   Sutbe    ba   aucr,   bie  Sötel  üon  ©Triften  gegen  bie  fteltgum 
nnb  ben  ©taatbavin  üer^ei^net  tnaren,    ein  mertmürbige*  3«$en  to»  * 
tt*er  Gntf eiaiflteit  ber  (Senfurberprbe.     Sie  boeti Wen  »Berte   f,aben  attetbing 
inen  geringen  äfit>etiftf,en  Söertr,,  finb  aber  immerhin  tut  ba8  beginnen*  ©ei tr- 
ieben Dejlettei*»  Beaei^nenb  unb  baljer  üon  Xittetarrjtflottf^em  »nteteffe     3uerft 
ebenen:    „SeS  »rn  Sofebr,  üon  <p.  fämmtlicf,e  Suitfpiele.  fcraujg.  üon 
ber  beutfd^en ^W  **  ^borf».    Nürnberg  "W.  bataun^ten:  »g 
©cfjaufpieie  5ur  Seffetung  ber  beutfcfjen  ©cfjaubütme.  3JI.  e.  »ottebe  ^ ®.  91. JDha 
3  ibe     1765  (!)     2lu§  biefen  Suftfpieten  feien   etttm  genannt:    „Itejgnnobei 
ba§   ©e^eimnifeboae"  -  „3>aä   Silanb   ber  SBudH^ten"   -   „®et  ©igtet     - 
„2)er  l^etli^e  ©rforfrf,er"  -  „Sie   altüdtterifc^e   eräiermng     -  -     5Det   «eb 
cfie"  —  „®et  J&of  ber   ©c|aufüieter"    -  „®er  Ungeiattige".  —  Sie   ©turf 
mürben   auf  ben  «ü^nen   8u  2Bieu,  ^refeburg,   !ßtag ,   Dtmüfe   unb  »ninn   mi 
Seifatt  5ur  2luffüt)rung  gebrad)t,  einen  befonbten  poeti^en  ©ettb,  laben  ]xe,  ttie 
Änt  nic^t,   unb   bemegen  fidi   auf  bem  ©ebiete   bet  ©tutfe  Sottftebd  unb 
aner%eitgenoffen.      Saffelbe    gilt    üon    $ettaf4'a    „Sammlung   üerfd^iebener 
beutfVf  «We   eines  ©claüonierS"  1767  unb  1768      «u.  Dem  ungebtudtei 
Dlacfetaffe  betraf ä)'Z  feien  uodi   ein  ©ebid)t   „Sie  Xräume",  ein  gtoman  w«tjace8 
freite  für  bie  ^ugenb,   fomie   bie  Ueberfetjung  be§  SBetfeS  yapzoqfo'l  über 


ben  mäbrifd^en  Slbet  in  bie  tateinifäe  ©Ütad^e  angeluvt. 

L.E  «eljel,  9lbbitbungen  bö^m.  unb  ntätjt.  ©ehrten  unb  Mnft  et 
nebft  Iurä.  9taÄ  ü.  it,r.  ßeben.  III.  %t)l  ?tog.  1777  -  gf.  $to<Ja8fa, 
De  saecularibus  liberalium  artium  in  Bohemia  et  Moravia  fatis  commentanus. 
Pragae  1787.  Pag.  405  f.  -  Dr.  ß.  £mei,  3o|eJ  b.  ^.  »«  .^VsBb 
©tubium  b.  neueren  ©brauen  u.  Sit.  b.  #erng.  XXI.  S^tg.  1866.  39.  SBb. 
©.  353  ff.  -  SBurabadj,  biogr.  Ser.  23b.  XX.  51.  ©d^Ioffar. 


518  3ßeträu3  —  5petre}u§. 

$ettält$:  M.  fticolauS  % ,  t  5.  Januar  1641  als  ©upeiintenbent  beS- 
$ürftentrjumS,  bamalS  nodj  33iStb,umS  Watjeburg,  tjiefj  eigentttd^  ^eterfen,  mar 
1569  in  £)ufum  geboren,  fdjon  als  Änabe  feit  1573  in  SJlagbeburg,  Söalfenrieb 
(tt)o  bodj  feine  ©djule  mar),  Slfelb  unb  Sraunfdjmeig  gerocfen  unb  befudjte 
bann  Sdoftocf,  .gjelmjiäbt,  ßeib^ig  unb  3fena,  mo  ex  1591  Magifter  mürbe;  ging 
aud)  nadj  (Srfurt.  5)aS  fdjeint  nidjt  öbttig  mit  einem  ^eugntfj  3u  ftimmen, 
metdjeS  ifjm  am  11.  9loüember  1597  bie  trjeologifcfje  ftacultät  <ju  9ioftocf  auS= 
fteEte  unb  roorauf  fjin  er  am  6.  SDecembcr  1597  als  ©uperintenbent  bom  2)om= 
capttet  in  föaüeburg  berufen  mürbe.  2)anad)  rjatte  er  länger  als  8  3ac)re,  atfo 
feit  1589  in  töoftocf  gelebt;  äöanbel,  Äenntnijfe  unb  baS  ©tubium  ber  ftorm 
ber  Geologie  „mie  fie  bie  $irdje  als  rccfjt  aufftettt",  merben  auSnefjmenb  gelobt 
unb  er  für  mürbig  erachtet,  „ben  ausgeaeidjnetften  $tat$  in  ber  Äirdje  einju* 
nehmen";  er  gerjörte  alfo  ber  ftarrcn  Drtboborje  ber  mccflenburgifdjen  Äircfje  an. 
Dftern  1598  trat  er  fein  2lmt  an,  nadjbem  SucoS  SSacmeifter  itjn  orbinirt  rjatte; 
1600  ernannte  it)n  bie  Üioftotfer  gacultät  jum  ®octor  ber  £r)eologie.  S)ie  ^txt 
feiner  ©uöerintenbentur  mar  eine  ber  müfteften  im  33iSttjum.  £)ie  letzte  ^eit  beS 
^er^ogS  j?arl  öon  $Red(enburg  als  9lbminiftrator  unb  SluguftS  öon  33raun= 
fcrjmeig»2üneburg  erfaufte  ©tcllung  als  (Soabjutor,  barauf  ber  ©treit  um  bie 
Slbminiftratton  jtoifcrjen  Sluguft  unb  ^er^og  3ob,ann  SUbredjt  öon  Medienburg 
zerrütteten  baS  gan^e  ßänbdjen,  über  meldjeS  nadjber  bie  ©eifet  beS  30jäfjrigen 
Krieges  öon  beiben  fämpfenben  ©eiten  tjereinbradj.  ty.  t)at  babei  fein  geiftlidjeS 
?lmt  mit  9tad)brurf  unb  SBürbe  aufrecrjt  erhalten.  Gr  fanb  bie  firdjlidjen  3u= 
ftänbe  burdj  feinen  Vorgänger,  ben  befannten  ©treitttjeotogen  Äonrab  ©d)tüffel= 
bürg  aufS  |)öd)fte  zerrüttet  bor  unb  überlief  fie  als  georbnete  feinem  9cad)folger 
MitrjobiuS  (%.  2).  58.  XXII,  12),  feinem  äöirfen  tjatte  er  bie  medlenburgifdje 
Äirdjenorbnung  ju  ©runbc  (}u  legen,  eine  Don  ifjm  entmorfene  ratjeburgifdjc  tjat 
bie  SBeftätigung  nidjt  erfjalten.  dagegen  mürben  bie  ber  Aitrdjenöifttation  bon 
1699  bon  ifjm  angehängten  „©eneralia  ober  gemeine  heftete"  beftätigt  unb  er= 
hielten  fo  ß>ef  eüeSf  raf  t ;  ätjnlidje  fdjloffen  fid)  aud)  an  bie  föätcren  Sifitationen ; 
fie  enthalten  jumeift  boliaeiticrje,  3.  £fj.  Ijarte  ^eftimmungen,  beren  2lufredjt= 
errjaltung  ben  *J3aftoren  unb  Äüftern  aufgetragen  mürbe.  SDie  mäljrenb  ber 
^>rebigt  auf  beut  Äirdjrjof  fterjen  unb  ©efäjmätj  treiben,  ober  öor  geenbigter  ^rebigt 
auS  ber  $irdje  laufen,  füllen  einige  ©tunben  anS  <£)atSeifen  gefdjloffen  unb 
au|erbem  in  ©etbftrafe  genommen  merben.  33on  3auc*ern.  Sßiden,  Söten  unb- 
ÄrrjftaUfeljen  roirb  öiet  berboten;  ber  ©uperintenbent  glaubte  alfo  aud)  baran. 
211S  ber  Slbminiftrator  3luguft  am  24.  ^uni  1622  ein  „Gonfiftorium  ober  ©eift* 
lidjeS  ©eridjt"  anorbnete,  mürbe  s43.  um  SBeiftber  ernannt.  sllcit  feiner  @t)efrau 
Äotrjarina  Söienfen  tegirte  er  am  8.  3uli  1640  ein  (Japital  öon  1500  3R. 
ßüb.  311m  Seften  ber  Äircrje  unb  ber  $ird)enbiencr,  im  2)om  ertjielt  er  ein 
S)enfmal.  33on  feiner  £>anb  Ijat  ficrj  bie  ?lbfd)iift  einer  nict)t  uumid^tigen  djvoni3 
califdjen  Quelle,  ber  (bis  1574  fortgefetjten)  „Lista  episcoporum  eccl.  Race- 
burgensis  et  eorum  facta"  in  ber  ißrobftcircgiftratur  3U  ^Ratjeburg  erfjalten.  Mit 
ber  9toftotfer  ^o^ilie  s4>etreiuS  tjängt  er  nictjt  ^ufammen. 

65.  M.  6.  gjlafd),  ©efd).  b.  SßiStt).  9lafeeburg.  ©.  VII,  20.  569  ff.  677  ff. 

706  f.     lieber   bie   bei   ber  3fteftauratton   nictjt   entfernten  Monumente  f.  ftt. 

20.  3t-  giidmann,   bie  S)omfirdje  au  9tafeeburg.    1881.  Traufe. 

^Ctrejltö :  Soljaun  ^.  (^anS  5peterlein),  berühmter  unb  gelehrter 
S3udjbruder  Nürnbergs  im  16.  ^afyrfyunbert.  ®r  ^ax  "m  oa§  S»^  1497  ju 
Sangenborf  bei  ^pammetburg  in  ^ranfeu  geboren,  ift  atfo  jebenfattS  mit  ber  in 
Safet  anfäffigen  S3udjbruclerfamilie  ^üxi  (f.  u.  ©.  520)  üerroanbt.  3u  Söittenberg 
tjatte  er  fidj  bie  SBürbe  eineS  Magister  artium  erroorben  unb  trat  bann  um 
1524  ju  Nürnberg   als  Sudjbrucfer  auf,   mo   er  nadj   J^obergerS  £ob   als  ber 


<ßetreu§.  519 

bebeutenbfte  unb  unterridjtetfte  Vertreter  feines  gacrjeS  Öa^-  %ti$t  nur,  bafj 
ifin  feine  tDiflenjc^afttic^e  93orbilbung  tjierau  befonberS  Befähigte,  famen  ibm 
aucb  feine  $enntniffe  ber  93iecbanif  ju  ftatten,  mit  beren  £>ilfe  ex  alle  3N"tru= 
mente  unb  ©acben,  bie  er  jur  üErucferei  nöt^ig  fyatte,  eigenbänbig  anfertigen 
tonnte.  (Sr  brucfte  biete  beutfcbe,  lateinifcbe  unb  grtetf)if<he  23üc|er,  \>it  öon  ben 
©etetjrtcn  fet)x  gefdjäfet  würben  unb  bie  ibm  bie  greunofchaft  manches  berbor= 
ragenben  9JtanneS,  fo  3.  33.  ^DtelancbttjonS,  erroarben.  Unter  feinen  23erlagS= 
werfen  mären  ju  ermäbnen:  fectjS  öerfcrjiebene  23ibelauSgabcn,  ein  Corpus  juris, 
nach  beut  Florentiner  Gobej  öon  ©regor  .gmloanber  berauSgegeben,  ju  beffen  <&er= 
ftettung  (1529  1530)  irjm  ber  9latr)  öon  Nürnberg  einen  3ufchuf$  geroäbrte, 
ein  33itrubiuS,  ben  er  auf  eigene  Soften  ins  Seutfcrje  überfefeen  unb  unter  2tuf= 
ficht  feines  ©chroagerS ,  bes  9tedjen=  unb  ©chreibmeifterS  3obann  9teubörfer 
(2t.  S).  23.  XXIII,  481)  im  Sabre  1548  erfchienen  liefe,  &uch  Etuftf  werfe  finb 
aus  feiner  £>rucferei  berborgegangen ;  fo  nodj  3U  feinen  Seb^eiten  bie  brei  erften 
Jfjeite  ber  berühmten  Sieberfammlung  öon  ©eorg  fyorfter  (f.  21.  25.  58.  VII, 
164),  bie  Sieberfammtung  öon  SBolrgang  ©crjtnelijet  1544,  bie  Trium 
vocum  cantiones  centum  a  praestantissimis  tliversarum  nationum  ac  liuguarum 
musicis  compositae,  1541 ;  bie  Harmoniae  poeticae  Pauli  Hofheymeri  (@om= 
pofitionen  rjorajifcfjer  Gben)  1539  u.  21.  ^etrejuS  Wotjnte  feit  1533  in  einem 
eigenen  £>aufe  unter  ber  33efte  an  ber  alten  ©cljmiebgaffe.  ©ein  2)rucfer3eidjen 
ift  ein  jroeifcrjneibigeS  nacfj  oben  gerichtetem  ©ctjWert  öon  glommen  umgeben. 
@r  ftarb  t)occ)geer)rt  unb  geactjtet  am  18.  9Jcär3  1550,  fein  ©rabftein  auf  bem 
SorjanniSfirdjrjof  (9lr.  772)  trägt  bie  in  Gür^  gegoffene  SJnfdjrift: 
„Innumeras  clarus  novit  Petreius  artes, 

Et  coluit  vera  religione  Deum. 
Profuit  officio  multis  et  vixit  .... 

Nunc  cubat  hie  corpus,  spiritus  astra  colit." 
Sie  ©rueferei  ging  in  ben  23efii3  feines  ©chwiegerfobneS  ©abriet  £>at)n  über, 
ber  fie  unter  bemfelben  3eichen  fortführte. 

9ceubörfer,  ^lacbricfiten  öon  Äünftlern  unb  Sßerfmeiflern  Nürnbergs, 
fjerauSg.  öon  ©.  2B.  $.  Socbner.  Söien  1875.  (Quetlenfchriften  3ur  Äunft» 
gefchiihte  23b.  X).  —  2OT  unb  mopitferj,  DcürnbergijcheS  @elebrten=2ericon. 

$a  tlmann. 
^CtrcUÖ:  -^einrieb  Sß.,  geb.  am  1.  Februar  1546  ju  ^arbegfen,  t  1615, 
ftammte  auS  einer  ^atricierfamilie  jener  ©tabt  unb  War  ber  ©otjn  beS  in 
2)ienften  ^er^og  CmchS  öon  23raunfdb/meig--J?atenberg  ftebenben  Hauptmanns 
§eifo  ^ßetreuS.  (Jr  befuebte  bie  ©chulen  3U  Simbecf,  $Rünben  unb  (niefit  bor 
1557)  bie  Älofierfchule  3U  Söalfenrieb.  darauf  bejog  er  juerft  bie  Uniöerfttät 
Sena,  bann  im  ©ommer  1564  bie  <$u  Seidig,  roo  er  insbefonbere  ben  Unter= 
riebt  bes  fünften  STiobefiinuS  *ßiftoriS  unb  beS  befannten  ^olrjfu'ftor  SamerariuS 
genofj,  unb  fc&liefewcrj  bie  3U  23afet,  too  er  nach  ber  33orrebe  feiner  Aulica  vita 
noch.  1575  Weilte.  @r  trat  bann  eine  ©teile  al§  ^ofmeifter  groeier  fränfifcher 
(Jbelleute  an,  bie  er  auch  auf  Steifen  in  bie  ©ebroeij  unb  in  Italien  begleitete. 
Surch  Vermittlung  feines  greunbeS  ^06.  Sicharb,  ber  ©tmbicuS  3U  gtantfurt  a.  SSR. 
mar,  erhielt  er  1577  öom  ütatfje  biefer  ©tabt  als  üiector  beS  SBarfüfjergtjmnafiumS 
eine  23eftaHung  auf  6  ^abre.  2I6ec  febon  öor  2lblauf  biefer  3"t  öerantafeten 
ibn  ©treitigteiten,  in  roelcrje  er  als  gtacianer  mit  ber  granfiurter  ©eifttiebfeit 
gerietb,  feinen  2lbfct)ieb  ju  nebmen,  ber  ibm  unterm  13.  5)tai  1581  erttjeitt 
mürbe.  23atb  barauf  toirb  er  an  bie  ©ebute  in  ©öttingen  gefommen  fein,  an 
roelctje  ifin  fefion  ^ersog  ßrieb,  b.  3.  (f  1584)  beruien  baben  foü.  2IIS  bann 
biefe  3u  einem  ^äbagogium  umgejtaltet  mürbe,  marb  ty.  am  28.  2Iprit  1586 
feierlich  als  erfter  'Jlector  biefer  2tnftalt  eingeführt;  er  übernabm  felbft  bie  ßebr- 


520  y*ixi- 

fädiet  ber  ßogif,  9ttjetorif  unb  be3  9ted)t§.  Slm  15.  Dctober  1590  erroarb  er 
•ju  Harburg  bie  juriftifdjc  2)octormürbe.  Da  bie  ©ötttnger  Sßrebiger  bie  2luf= 
fid^t  über  ba§  5päbagogium  für  fid)  in  2lnfprud)  nahmen,  iß.  irjnen  biefe  aber 
nid)t  jugefterjen  moEte,  fo  mufete  ba§  Sonfiftorium  in  SBotfenbüttct  ben  ©treit 
entfdjeiben.  üDie  9trt  unb  SBeife,  mie  t)ier  5ß.  feine  ©adje  perfönlidj  führte,  ge= 
fiel  bem  £>er,joge  £>einrid)  Julius  fo  gut,  bafe  er  it)n  balb  barauf  (im  $.  1591) 
atö  ,£>of=  unb  ßonfiftorialrattj,  fomie  al§  ^nfpector  ber  ©djulen  in  feine  2)ienfie 
nar)m.  ?lm  6.  Januar  1594  (1595?)  erhielt  er  bon  bemfelben  dürften  auf§ 
9leue  eine  33eftatlung  als  6onfiftorial=,  ^>of=  unb  ßanaleiratt).  3n  biefer 
Stellung,  in  melier  er  für  ©crjule  unb  ßitdje  be§  ßanbe§  eine  fegenärcierje 
Sttjätigfeit  entfaltete,  ift  er  ju  2BoIfenbüttel  am  22.  September  1615  geftorben.  — 
5ß.  ftanb  bei  feinen  3eitgenoffen  al§  bietfeitiger  ©ele^rter  mie  auet)  als  geroanbter 
lateinifdjer  2)idjter  in  t)ot)em  2lnfctm.  ©eine  Schriften,  bie  juriftifdje,  rjiftorifdje 
unb  anbere  ©egenftänbe  beljanbeln,  finben  fid)  öerjeicrjnet  in  (.^eumannS)  3^tt= 
unb  ©efcrjidjtbefdjreibung  ber  ©tabt  ©öttingen  93b.  IV,  ©.  33  ff.,  in  2)omeier§ 
©efd)icr)ic  ber  ©tabt  ^arbegfen  ©.  68  unb  bei  Södjer  93b-  III,  ©p.  1433; 
ebenba  ftnb  aud)  ftacrjridjten  über  fein  ßcben  au  finben.  ^etreu§'  erfte  ©emal)tin 
gftagbatene  geb.  3lbed,  bie  SBittme  beä  be!annten  ftlaciuS  StltoricuS  (f  1575, 
f.  21.  S).  33.  VII,  88),  meldje  er  am  23.  Dctober  1577  ju  granffurt  Ijeiratljete, 
bradjte  irjm  aufjer  bem  Vermögen  aud)  bie  an  foftbaren  .gmnbfdjriften  reiche 
23ibliotr)ef  beä  glaciu§  ju;  fie  ftarb  bereite  1579.  ^ene  33üdjerfammlung  ift 
bon  5ß.  1597  an  ben  |)eqog  ^einrieb,  Julius  berfauft  morben  unb  bilbet  nod) 
jetjt  einen  mertrjöolten  33eftanbtt)eil  ber  SSolfenbüttler  23ibliott)ef.  ©päter  ift 
*P-  eine  ^roeite  Stje  eingegangen,  über  bie  mir  ntd)t§  meiter  miffen,  als  bafj 
feine  Söittme  tt)n  bis  in  ben  September  1626  überlebte,  ©ein  ältefter  ©ot)n 
^einrieb,  5p.  jun.,  ber  am  1.  2)ecember  1604  ein  ßanonifat  beä  ©tiftS  ©t.  (Jrjriaci 
bei  23raunjd)tt)etg  erhielt,  errang  am  23.  3uni  1614  ju  Harburg,  mo  er  feit 
bem  8.  $uni  1613  ftubirte,  bie  iuriftifd)e  2)octormürbe  unb  mürbe  ©rjnbicuS 
ber  ©tabt  ©peier,  baneben  1622  aud)  föatb,  unb  ftbbocat  beS  .fjer^ogS  Qfrtebrid^ 
Utrid)  ju  33r.  unb  ßün.  für  feine  5ßroceffe  beim  ^eidjSfammergericrjte  bafetbft. 

IJJetri:  33ebeutenbe  33ud)bruderfamitie  in  33afel.  2)er  erfte  biefeS  ^RamcnS, 
^an§  $.,  ftammte  auS  bem  ©täbtctjen  ßangenborf  bei  .gmmmelburg  in  ^raufen, 
too  er  im  S-  H41  geboren  mürbe.  3fm  °$.  1488  mürbe  er  Bürger  ju  33afet, 
nadjbem  er  bereits  bor^er,  ungefähr  feit  1460  fid§  in  biefer  ©tabt  aufgehalten 
rjatte.  Um  1480  trat  er  in  ©efcb.äftggemeinfcrjaft  mit  .£mn§  2lmerbacr)  auS 
«Reutlingen  (%.  ©.  33.  I,  398)  unb  $acob  ö-  ^for^en  auS  Kempten.  (Sine  fetbft= 
ftänbige  33erlag8tl)ätigfeit  lä^t  fict)  bon  i^m  nid^t  naclimeifen,  bodj  mirb  if)m 
nachgerühmt,  ba|  it)m  bie  33afeler  33ucb/brucfereiL,n  biet  berbanften,  meil  er  burcr) 
feinen  fjlei^  unb  ©efcCjidfltd^feit  mehrere  aufgemuntert  unb  meil  er  öerfctjiebene 
33erbefferungen  erfunben  l)abe.  Wad)  bem  ^luöfcb.eiben  $acob  bon  $for^en§  au§ 
biefer  ©enoffenfdjaft,  um  1490  trat  ^ßetri'S  ßanbSmann  ^o^anneä  ^i-'ob'en 
(21.  ©.  33.  VIII,  127)  in  biefelbe  ein  unb  bcrblieb  in  berfetben  bis  311  be§ 
ße^teren  2obe.  $.  mar  ein  fctjlauer,  babei  ttjatfräftiger  5Jlann,  ber  burcr)  feinen 
UnternerjmungSgeift,  ben  er  auf  9leifen  unb  Neffen  bettjätigen  lonnte,  bie  ©eete 
ber  ©enoffenfcljaft  mürbe,  obmoljl  er  mitunter  aud)  etma§  bebcnftid)e  ©efdjäfte 
in  Anregung  bradjte.  93cr^eh*att)et  mit  einer  33afelerin,  33arbara  2RetIinger, 
tjinterlief}  er  bei  feinem  um  1512  erfolgten  2obe  fein  ©efdjäft  feinem  Steffen 
unb  ^flegefo^ne  Slbam  $.,  ba  feine  brei  ©ötjne  früfoeitig  geftorben  maren. 

2lbam  5p.,  im  $•  1454  ju  ßangenborf  geboren,  mürbe  bon  feinem  Dt)eim 
al§  fec^Sjärjtiger  Änabe  nad)  33afel  gebradjt  unb  in  bem  S)rudgemerbe  auf= 
etjogen.     3m  ^.  1507  ermarb   er  ba§  Siürgerrec^t  unb  jmei  ^a|re  fpäter  trat 


»4*etrt.  521 

er  3um  erftenmate  felbftänbig  als  Srucfer  auf.  9cacl)bem  et  bie  Srucferei  feine» 
DtjeimS  übernommen  fjatte,  entroicfette  et  eine  bebeutenbe  2ßitffamfeit,  bod) 
meiftenS  nur  als  Sotjnbrucler  für  anbete  Verleger  unb  als  eifriger  Dlacljbrucc'er 
üon  9teformationSfct)riften.  93on  1515—1519  ftanb  er  in  reger  Sefd)äitSüer= 
binbuug  mit  9Inton  ßoburger  üon  Nürnberg  02t.  3).  33.  XVI,  366),  ber  tljn 
mit  üerfdjiebenen  Srucfaufträgen  bebaute,  ©eine  2)rucfroerte  finb  t^eittoeife  mit 
.Öoljfdjnitten  nact)  Segnungen  .IpanS  ^>otbein§  gefctjmücft.  2tbam  $.  ftarb 
1525  unb  rjinterliefj  jroei  ©öfjne,  .ipteronrjmuS  unb  £>einricr),  üon  melden 
ber  leitete  bie  5Drucferei  fortfefjte.  ©eine  Söitroe  2lnna  geb.  ©über,  Xocfjter  beS 
5^otar§  SirtuS  ©.,  tjeirattjete  fpater  ben  gelehrten  ©ebaftian  9Jcünfter  (f. 
21.  2).  23.  XXIII,  30).  ©ein  S/rutferaeictjen  [teilt  einen  nactten  Knaben  bar,  ber 
auf,  einem  £öroen  reitet  unb  in  ber  linfen  erhobenen  ^panb  eine  ÄreuseSfafme  mit 
ber  ^nfdjrift  IHS.  unb  ADP.  tjält.  3U  Reiben  Seiten  beS  Söroen  ranfen  fidj 
Dtofenjtoeige  empor,  bie  bon  einem  9tenaiffance=9tunbbogen,  auf  ©duten  rutjenb, 
umgeben  ftnb. 

^  ein  rief)  *>#.,  ©ot)n  beS  23origen,  geboren  1508,  ftubirte  anfangs  'DJtebicin 
unb  erroarb  ftd^  ben  2)octorgrab.  9cad)  bem  2obe  feines  33aterS  übernahm  er 
beffen  ©efdjäft,  baS  er  mit  großem  @ifer  fortführte.  2llS  ein  befonbereS  ,3eicr)en 
feiner  gefct)äftticr)en  xtjätigfeit  toirb  ermähnt,  bajj  er  108  mal  bie  fyranffurter 
9Jceffen  befugt  tjabe.  ©ein  auSgebetjnter  33erlag  umfaßte  biete  fjtftorifctje  unb 
ptjilologifclje  2Berfe,  unter  benen  befonberS  bie  23üct)er  feineS  ©tiefüaterS  ©ebaftian 
fünfter:  beffen  breifpract)ict)eS  SZBörterbuctj  (öatetnifet),  (Sriectjifct)  unb  ^ebtäifct)) 
unb  beffen  befannte  ßofmograpfjia  in  itjren  Perfctjiebenen  ausgaben  IjerPorragen. 
6r  mar  aber  nietjt  nur  als  Verleger,  fonbern  auetj  für  baS  öffenttttije  ©emein= 
toefen  ttjätig,  inbem  er  3tatf)St)err,  £Jreterf)err  unb  ^Deputat  ber  .ftiretjen  unb 
©ernten  getoefen.  $n  teuerer  ©igenfetjaft  forgte  er  für  33ermet)rung  ber  llni= 
PerfitätSbibliottjef  baburcl),  bafj  bie  ^rebigerbibliotfjef  mit  berfetben  bereinigt 
tourbe.  ©eine  23erbienfte  rourben  Pon  $aifer  $arl  Y.  im  3f-  1556  butet)  @r= 
Hebung  in  ben  9titterftanb  getoürbigt.  3fn  ^olge  beffen  nat)m  er  unb  feine 
s3tacrjfommen  jur  llnterfctjeibung  üon  anberen  ^etri'S  ben  tarnen  |>enric=^etri 
an.  @r  mar  jroeimal  Pertjeiratfjet,  juerft  mit  9Inna  ^ütfdjin,  einer  ehemaligen 
9tonne,  bie  it)tn  jtoölf  £öd)ter  unb  fünf  ©öfjne  gebar.  3*°"  feiner  ©ötjne 
©irtuS  unb  ©ebaftian  rourben  ebenfalls  "Sruiier  unb  eine  feiner  Xöct)ter 
rjeirattjete  ben  Sucrjbtucfer  ^ietonrjmuS  Surto.  ©eine  jtoeitc  fixan  roar  Sarbara 
33rant,  Xocrjter  beS  33ürgermeifterS  £I)eobor  33rant.  Gür  ftarb  im  $•  1579. 
©ein  jDrucferjeicrjen  [teilt  einen  Reifen  bar,  bem  eine  auS  SÖotfen  IjerPorragenbe 
£)anb  mittete  eines  «Ipammer»  fteun  enttoeft,  baS  buretj  einen  gteicb^fattS  aus 
2Botfen   ^etPotttetenben   menfct)Iid§en    Äopf    angefaßt  roirb. 

©ijtuS  5]S. ,  fein  ättefter,  unb  ©ebaftian  ty.,  fein  jüngfter  ©or)n,  be= 
trieben  gteicrjfallS  ba3  SrucEgetoerbe,  boc§  feb^eint  ber  erftere  fiel)  nieb^t  lange 
bamit  befafjt  ju  ^aben,  ba  man  nur  roenige  S)rucfroerfe  Pon  iljm  fennt.  2)a= 
gegen  roirb  ©ebaftian  5p.,  ber  1571  jum  erj'tenmal  als  23uct)brucfer  auftritt, 
ber  9lact)fotger  feines  33atetS  geroefen  fein,  ba  er  aucl)  beffen  S)tuder3eict}en  führte. 
S)ie  bebeutenbften  2öerfe  feines  33ertagS  roaren  eine  beutfet)e  lleberfe^ung  üon 
©eiler  Pon  ÄaifetSpergS  5Ratrenfct)iff,  üerfcljiebene  tfjeotogifct)e  ©cl)riften  üon 
^acob  ©rtjneuS,  bie  23afeler  ßb^roni!  üon  ^0-cob  2Bur[tifen  unb  bann  nocl) 
mehrere  SluSgaben  üon  ©ebaftian  ^Jtünfter'S  .ffofmograptjie.  Sr  roar  mit  ©lifabett; 
Söffet  bertjeirattjet  unb  ftarb  im  ^.  1629.  9iact)  feinem  2obe  beftanb  bai 
öefctjäft  unter  ber  ^irma  <£)enric=5ßetrv'S  (Srben  nocl)  einige  S^1  fort,  üon  1660 
ah  getjt  baffelbe  aümätjücb^  in  ben  SSeftti  üon  ^acob  33ertfcb^e  über.  Ser  93erlag 
tourbe  an  bie  befannte  33afeter  33ertegerfamilie  ßönig  üerfauft.  S)ie  25rucferei 
erroarb   üon    S3ertfcrje  fyriebriel)   Sübin,  üon   biefem    fam   fie  in   ben   Sefitj  ber 


522  $etri- 

gamitie  ffiecfet  (f.  2t.  ©.  35.  V,  4).  2)icfe  Perfaufte  fie  mit  33eginn  biefes  3afn> 
Ijunberts  an  ©d)ött,  ber  fie  fpäter  Üljurneifen  überlief,  Pon  biefem  erroarb  fie 
tjierauf  bie  tjeute  nod)  befteljenbe  ©djtoeigtjaufer'fdje  33ud)r)anbiuug.  (Jin  feltenes 
ißeifpiel  ber  Vererbung  eines  400  ^aljre  alten  ©efdjäfteS! 

©totfmeper,  %.,  unb  23altt).  föeber,  Beiträge  jur  53afeler  33ud)brudcr= 
gcfdjidjte.  93afel  1840.  4°.  —  gtecrmimgsbud)  ber  groben  unb  (Spifcopius 
1557— 15G4.  herausgegeben  öon  föubolpt)  Söacfernaget.  33afel  1881.  — 
£>.  £>afe,  bie  ^oberger.    ^toette,  neugearbeitete  Auflage,   fieipjig  1885. 

!ß  all  mann. 
v4>ctri :  33ernt)arb  5ß. ,  Defonomieratf)  unb  ©utsbefifeer  &u  Hjerefienfelb 
in  2öiencr=sJteuftabt,  berühmter  ©crjafäüctjter,  geboren  am  2.  9Iprü  1767  in  3roei= 
brürfen,  f  1854  in  SHjerefienjelb.  23eftimmt,  einft  am  baierifdjen  ^)ofe  im 
gadje  bev  Detonomie,  foroie  über  bie  £)ofgüter  bie  oberfte  Leitung  ^u  übernehmen, 
erlernte  er  ßanbtüittr)f(f)aft  unb  ©artenbau.  SUsbann  begab  er  fid)  5  3>a^re 
auf  Steifen  nad)  ßnglanb,  ÖrranCreic^,  ben  'Jtieberlanben  unb  2)eutfd)lanb.  Quxüd* 
gefet)rt,  richtete  er  in  .Warlsfarg  bei  3roeibrüden  bie  ^ofgärteu  nad)  engtifdjer 
2trt  ein.  sjtadj  9lujlöfung  ber  tjerjogtidjen  Regierung,  jur  ^eit  ber  franjöfifcrjen 
SRePolutton,  roenbete  er  fid)  nad)  Cefterretd),  führte  bafelbft  bie  ferjöne  ©arten* 
fünft  ein  unb  mürbe  ©üterbirector  bes  dürften  Sotjanu  Pon  ßiedjtenftein,  als 
tt>eld)er  er  1803  eine  Steife  nad)  «Spanien  unternahm,  um  Pon  ba  9Jcerinofd)afe 
auf  bie  23efitmng  beS  dürften  ^u  bringen.  1808  fdjieb  er  aus  ben  iürftlidjen 
S)ienften  unb  begab  fid)  nad)  Üljerefienfelb,  roo  er  1804  Pier  öerfdjiebene  S3e= 
fitjungen  getauft  fjatte,  um  auj  jeber  berfelben  reine  ;3n<}ud)t  mit  ben  Pier 
sDJeitnoftämmen  ju  betreiben,  meld)e  er  aus!  (Spanien  für  fid)  mitgebracht  t)atte. 
2Ius  biefen  beerben  Perfaufte  er  altjäfjrltd)  anf efjnticfje  Transporte  in  bie  Per= 
fdjiebenften  Sänber.  Srfdjrieb:  „Sas  ©anje  ber  ©d)af<}ud)t",  1815;  „Aufruf  an 
alle  <£)etrfd)aits=  unb  ©djäjereibefi^er  bes  öfterr,  .ßaijertfjums,  bie  3iegrünbung 
Don  SBoflmärften  betreffenb",  1823;  „33eobad)tungcn  unb  ©rfarjrungen  über  bie 
SBirfungeu  ber  £örner=  unb  ^ärffeljütterung",  2.  2lufl.  1824;  „$l)t)fiotogifd)= 
comparatipe  Skrfudje  über  bie  Siatjrungsftä'ite  unb  (SigenfdjaTten  fet)r  ücrfdjicbrn* 
artiger  Jhitturgeroädjfe",  2.  2lufl.  1824;  „£)ie  marjre  ^fjitofopfjie  bes  sMerbaus, 
ober  ein  auf  bie  (Srfjörjung  bes  ©runbeigentfjums  gcftüijteä  ganj  neues  SDünger« 
ftjfttm",  1825;  „£>as  ©anje  ber  ©d)ajjud)t  für  £eut|d)tanbs  Siüma  unb  bas 
itjm  äfjnlidje  ber  angren^enben  Sänber",  3  £t)le,  1825;  „$ftittt)eilungen  bes 
^ntereffauteften  unb  Sceuefien  aus  bem  ©ebicte  ber  tjötjercn  ©crjaf=  unb  2öoH= 
funbe",  1829;  „33erg(eid)enbe  S)arfteflung  bes  5probuctionstoerif)cs  t>erfd)iebeu= 
attiger  ©eroädjfe  gegen  einanber",  1833;  „lieber  *ßflanjenernäl)rungs=©runb= 
fäfee",  1829;  „9Jiittf)eilungen  über  eine  nadjfjaltige  2öertt)ert)5f)ung  bes  ©runb= 
eigcntfmms",  1840;  „lieber  bie  2t)ercfienfetber  sJJtufterroirtf)fd)ait",  1841;  „lieber 
bie  bfonomifdjen  Aufgaben,  bie  in  ber  Stfjerefienfelber  lanbroirtrjfcfiaitlidjen  3Jtufter= 
anftalt  jur  rationellen  Söerbefferung  ber  Sanbmirtljfcrjajt  praftifd)  bet)anbe(t 
morben  finb",  1841.  ßöbe. 

v^Ctrt:  @  Ott  Trieb  (5rbmann5p.,  Dr.  ber  STfjeofogie  unb  ^^i!ofopt)ie, 
äuletjt  Äird)en=  unb  ©djulratf)  bei  ber  iheisbirection  in  Sauden,  eine  um  bie 
Jpebung  bes  S3otfsfd)utroefen§  in  ber  Dberlaufit}  Pcrbiente  -p^jönltcrjfeit,  geboren 
au  33aufcen  am  30.  3imi  1733,  f  am  22.  Cctober  1850  in  ©d)toerin.  ^. 
mar  ber  iüngfte  ©ot)n  bes  1818  als  2lrd)ibiafonus  an  ber  ^aupttirdje  ju 
©t.  $petri  in  33aufeen  Perftorbenen  ßtjriftian  3lbrar)am  ty.  S)en  erften  llnterridjt 
ertjielt  er  Pon  feinem  33ater;  feine  ©pmnafialbilbung  empfing  er  in  feiner  93ater= 
ftabt  in  ber  unter  bem  als  trefftidjen  ^äbagogen  betannten  9tector  ©ebide  öor= 
toaltenben  realen  9iid)tung.  1802  bejog  $.  bie  llnipeifität  Seipjig,  mo  er  fid) 
bem   ©tubium   ber   £t)eolegie   toibmete;   tjier  roaren  feine  Setjrer  in  ber  ^ßrjilo« 


^ßetri.  523 

fobtjie  Sptatner  unb  (Sarui,  in  ber  griecrjijcrjen  ßitteratur  .^ermann  unb  Schott, 
in  ben  trjeotogijcrjen  gäcrjern  23ecf,  JMger,  Äeit  unb  Sittmann.  %m  .IperBft 
1804  ertoarb  er  ficr)  bon  bet  bt)iiofobt)ifcb,en  gfacultät  ju  ^ena  bie  £)octorroürbe. 
©eine  Neigung  jutn  ßetjrerberuf  beroog  ifm  in  bemfelben  Safjre  in  bie  päbago= 
gifctje  SBirffamfeit  einzutreten,  inbem  er  ehe  Serjrftefle  an  beut  in  Slttenburg 
unter  33ergnei§  Leitung  Befterjenben  ßrzierjungiinftitut  annahm,  too  bie  S5e= 
fdjäftigung  mit  ber  bäbagogifcrjen  Sitteratur  unb  bie  Obliegenheiten  bei  (Srjierjeri 
itjn  mit  Stfjeorie  unb  5prajii  ber  ^äbagogif  beitraut  machten.  9cacrj  feinen 
berfönlictjen  2luf<jeicrjnungen  Brachte  er  t)tcr  zroar  bie  müfjeboitften,  zugleid)  aBer 
aucrj  für  fein  fpäterei  SBirfen  ftudjtfcarfien  3>ar)re  feinei  Sebeni  311.  9cocf)  bor 
ber  1807  erfolgten  9Iuftöfung  jenei  ^nftitutes  übernahm  Sp.  an  2öeifmatf)ten 
1806  bie  g-ürjrerfteüe  bei  bem  iüngften  ©ofjne  bei  ©etjetmratfji  ftreifjerrn  b.  SSeuft 
auf  ^Reufalja,  ben  er  auf  bai  afabemifcrje  ©tubium  borbereitete  unb  auf  bie 
Unibetfität  Begleitete.  5Jcacrj  bem  fctjon  1808  erfolgten  £obe  bei  jungen  2ftannc§ 
befanb  5p.  ficb,  noä)  einige  Monate  in  gleicher  ©tellung  Bei  einem  jungen  ©rafen 
bon  ber  ©cfjufenburg,  erhielt  bann  aBer  im  5Jtobember  1808  eine  ^Berufung  in 
bai  5prebigtamt  feiteni  feiner  Sjaterftabt,  roo  er  1809  ali  fuBftituirter  ßatecrjet 
unb  5prebiger  ju  ©t.  5Rarta  unb  9Hartt)a  fein  Slmt  antrat  unb  baffetbe  Bis 
1811  befteibete.  £ie  91usfid}t  auf  einen  größeren  unb  befonberi  aucf)  auf  bai 
©ebiet  ber  ©cfjule  ficb,  erftvecfenben  Söirfungifreü  Beftimmte  5p.  in  biefem  ^afjre 
baZ  51mt  einei  ßatedjeten  unb  gucrjtrjauebicbigeii  in  Zittau  anzunehmen,  mo 
eben  bie  ©rünbung  ber  allgemeinen  ©tabtfcfmle  jur  Setrjätigung  feiner  bäba= 
gogifcrjen  Neigung  bie  erroünfdjte  ©etegentjeU  Bot;  tjier  unterzog  er  fidg  in  Sßcx= 
Binburg  mit  bem  ©tabtfcfjulbirector  Ärug  bem  Auftrag  ber  Regierung  bie  @r= 
ricrjtung  einei  SanbfdjuUecjrerfeminari  burdjjufüfjren,  beffen  S£irection  er  bann 
Bii  äum  @nbe  feine«  bottigen  9tufentr)alte§  führte.  1816  rücfte  5p.  in  ba%  streite 
unb  in  gleichem  3at)re  in  bai  evfte  Siafonat  bor,  roobei  er  zugleicfj  bai  *ßfarr= 
amt  in  ,ßleinfcb,önau  in  elfjähriger  SSertbaltung  Beforgte.  S!ai  3Ircrjibiafonat 
befteibete  er  bafetBft  bon  1827  bii  1830  unb  rücfte  1831  in  bai  ^riinariat, 
in  toetcfjer  (Stellung  er  bei  ber  2tuffid)t  üBer  bai  ©rjmnafium  mitzumirfen  unb 
bai  5prebigeicoIIegium  ber  (Sanbibaten  ali  SBorftanb  ju  teilen  tjatte.  1832  roarb 
5$.  afi  JHrcf)cn=  unb  ©djulratfj  Bei  ber  Cbeiamteregierung  in  Sauden  Berufen, 
toetcrjei  2tmt  er  Bii  @nbe  Styiü  1835  Bei  biefer  Regierung  unb  bom  1.  5flki 
biefei  ^afjrei  Bii  ju  feinem  am  1.  Slbril  1849  erfolgten  (Eintritt  in  ben  9hit)e« 
ftanb  Bei  ber  fönigl.  ^reiibirection  bafetBft  berroattete.  5Jtactj  feiner  5ßenfionierung 
fiebelte  5p.  nacB,  ©cfjtoerin  über  3U  feiner  bort  berTjeirattjeten  5pftegetocr)ter,  roo 
ex   am  22.  CctoBer  1850   [tarB. 

5p.  Blatte  roä^renb  feiner  Unibeifitätiftubien  urfprünglicf)  bie  2lbficf)t, 
fidj  jum  afabemifcf)eu  Ceb.ramt  boräuBcreiten;  eine  am  ©raBe  feinei  eTft= 
genannten  Sieben,  bann  eine  fböter  in  StttenBurg  bon  it)m  gerjattene  unb 
Beifällig  aufgenommene  5prebigt  Beftimmten  ifm.  jebocl)  unter  bem  Ginftu| 
unb  mit  ber  Unteiftü^ung  ber  SJeuft'fdjen  gamiüe  1808  feine  ttjeotogifdöen 
©tubien  in  fieibätg  roieber  aufäunetjmen  unb  31t  boKenben.  9tacr)  feinem  Qnn= 
tritt  in  bai  5prebigtamt  BlieB  5petri;i  Sntereffe  tro^  feiner  eigentlichen  biet= 
Tadgen  2lmtegefct)äfte  bocr)  fteti  ungeminbert  ber  ©dgute,  itjten  geiftigen  unb 
materiellen  S3ebürfniffen  augeroanbt.  ©djon  in  3ittau,  roo  5p.  ali  Sirectot  bei 
bortigen  Se^rerfeminari  toirfte,  tjatte  er  in  ber  6rfenntni^,  bat3  ber  Serjrer  nur  im 
geiftigen  53erfei)r  mit  feinen  Slmtigenoffen  unb  in  ber  Aneignung  ber  allfeitig 
gemachten  Erfahrungen,  bie  für  bie  ©cfjule  unentBer)rlicf)e  gortentmidlung  ge= 
toinnen  fönne,  fidj  bie  SlufgaBe  geftellt,  folcfjei  gortfdgreiten  ^u  förbern  unb 
ätoar  B^auptfädjÜcf)  burdg  bai  23tittel  ber  feit  1812  bafetBft  unter  feiner  berfön- 
lictjen  Seitung  regelmäßig  ju  Beftimmten  3«tcn  ftattfinbenben  Konferenzen,  woran 


524  $«*"• 

fid)  eine  grofje  Slnjatjl  bon  ßer)rern  freiwillig  beseitigte  unb  Womit  et  aud) 
bie  ©rünbung  einer  päbagogiferjen  SMbliottjef  berbanb.  Seine  boEe  '£ljeilnab/me 
fonnte  aber  5ß.  ber  Sdjule  juwenben,  als  er  1832  mit  feiner  Berufung  als 
Äirdjeu*  unb  Scrjutratr)  nadi  23autjen  auS  bem  ^rebigtamte  fdjicb  unb  nun  bie 
Pflege  beS  VolfSfcrjutwefeuS,  fowie  bie  Skrbefferung  ber  focialen  Stellung  beS 
ßerjrperfonalS  unb  beffen  gottbUbung  feine  eigentliche  9lmtSaufgabe  geworben 
war.  fjaft  alte  auf  bem  ©ebiete  ber  SBolfSfdjule  in  ber  Dberlaufitj  wätjreub 
ber  ^eit  feiner  bortigen  Slmtlttjätigteit  feiten^  ber  Regierung  getroffenen  53er« 
befferungen  finb  auf  feine  Anregung  unb  5ücitwirfung  jurücfjuiürjren.  So  würben 
feit  1832  in  ber  Cberlaufitj  unb  feit  1835  bcfonberS  audj  im  Söe(\irfe  ber  ÄreiS* 
birection  j)U  23au|en  bis  1844  22  neue  Sdjulen  gegrünbet,  61  neue  Sdjut= 
tjäufer  gebaut  ober  eingerichtet ,  eine  <demlid)e  SXn^atjt  erweitert  unb  78  neue 
Setjrerftellen  erridjtet.  Sine  nad)b,altige  ^örbetung  fanben  bie  53eftrebungen 
5)3etri'S  in  bem  am  6.  sMa\  1835  erlaffenen  Slementar=S>olfSfd)utgcfe£  für  bie 
föniglid)  fädjfifdjen  ßanbc  unb  nod)  gan^  befonberS  burd)  bie  Sd)ulftiftung  beS 
1834  beworbenen  Hauptmanns  bon  s3coftit}  auf  SöeigSborf,  welcfje  bie  Glittet 
p  befferer  33efolbung  bon  ßetjrem  unb  jur  Sdjaffung  neuer  Setjrftellen  bot. 
sJlebcn  btefen  bie  äußeren  Ü8ert)ältniffe  ,}umetft  berüljrenben  Sinridjtungen  War 
$etri"S  9Iugenmerf  fortwätvrenb  jugleicf)  aud)  auf  bie  geiftigen  33ebürfniffe  beS 
SelrrerftanbeS  gerichtet,  auf  bie  Sßorbitbung  für  baS  Seminar  unb  bie  ?fort= 
bilbung  im  SBeruf.  9cad)bem  5ß.  fd)on  1836  jur  Vorbereitung  für  baS  Seminar 
in  Saufjen  eine  ^räbaranbcnanftalt  ettidjtet  tjatte,  fdjuf  er  1838,  geleitet  Don  ber 
gleidjen  2lnfid)t  unb  2lbfid)t,  wie  normal  in  3lttau,  jur  görberung  beS  geiftigen 
Streben?  ber  ßetjrer  nad)  ©eneljmigung  feiner  in  biefem  Sinne  gemadjten  $Bor= 
fdjläge  für  bie  Sdjullefyrcr  auf  bem  ßanbe  unb  in  ben  fteineren  Stäbten  16 
ßonferen^gefeüfcrjaften  mit  Xtjeilung  ber  größeren  in  ^artialbereine  bon  5  bis 
8  ßetjrern.  Sie  3ufamnien^ünfte  letzterer  fanben  alle  3  ÜEßocrjen  ftatt,  Wobei 
ber  'Steige  nadj  bie  einzelnen  ßetner  Üjt  Verfahren,  fowie  it)re  ütefuttate  ber  ge= 
metnfdjaftlid)en  33eurtt)eilung  unterwarfen  unb  bie  Srgebniffe  in  einem  5ßrotocolle 
aufgezeichnet  würben ;  aufjerbem  würben  iätjrlidj  mehrmals  nod)  Sonferen^en 
aller  ßetjrer  eines  GonferenjbiftrtcteS  abgehalten,  wo  bann  bie  Srlebigung  ftrittiger 
fünfte  unb  bie  Sefpredjung  ber  jubor  gefertigten  unb  in  Eircutation  gefegten, 
päbagogifdjen  Sluffäüe  betjufS  Ermittelung  beS  SlnWenbbaren  ftattfanb.  S)ic 
Eonferenjgefetlfctjafr,  beren  VerfammtungSort  Sauden  War,  leitete  ty.  perföntid). 
9Jlit  biefem  ^nftitut  war  wieberum  eine  33ibliotrjef  päbagogifdjer  SBerfe  ber= 
bunben,  bie  5ß.  feit  1839  in  14  ßefefretfen  in  Umlauf  tjielt.  9llle  biefe  Ein» 
ridjtungen  übten  itjren  bon  s$.  berechneten  Einfluß  auf  baS  geiftige  Streben  beS 
SeljrftanbeS  unb  baburd)  auf  bie  £>ebung  ber  Solfsfdjule  in  ftetS  june^menbem 
unb  erfolgreidjem  5üta^e.  —  2lud)  litterarifd)  War  5ß.  tljätig,  Wenn  aud}  meb^r 
auf  firdjlidjein  al§  päbagogifd)em  ©ebiete ;  eS  mag  t)ier  Erwähnung  finben  ein 
1827  erfd)ienencr  SBanb  „5prebigtcn  über  wichtige  3lngetegentjeiten  bc§  ^er^enS 
unb  SebenS"  jum  SSeften  be§  UnterftütjungSfonbS  für  bie  Söitwen  unb  SBaifen 
ebangelifdjer  SBollSfdiuUerjrer  in  ber  Dberlaufitj;  bann  beröffentlidjte  er  aufjer 
mehreren  Sieben  unb  einzelnen  5prebigten  nod)  Diele  Wiffenfdjafttidje  Slrtifel  in 
größeren  encrjclopäbifcljen  SBerfen,  fowie  ^luffätje  in  3eit^r^ften  unb  in  bem 
„Sonntageblatt  für  rjäuiticrje  Erbauung"  in  ben  Sfarjrgängen  1829  unb  1830. 
1839  erfctjien  bon  ir)m  bie  5promotionsfd)rift  „Quae  desiderentur  adiumenta  et 
praesidia  ad  augendam  ebristianae  religionis  vim  salutarem  in  civibus  patriae 
nostrae  Saxoniae"  unb  in  bemfelben  %al)xe  bie  Scfjrift  „S)ie  fdjwerften  Aufgaben 
in  ^irdje  unb  Sdmte."  2Bie  $.  ein  bon  ectjter  £t)eilnar)me  an  ber  ^ebung 
ber  SSoIfefdmle  erfüllter  unb  geleiteter  Crganifator  War,  fo  war  er  aud)  biete 
Satire  rjinburd)  ein  eifriger  Seetf orger  unb  ein  bon  ber  $raft  ber  eigenen  lieber* 


!|tetri.  525 

ijeugung  getragener  ^rebiger.  2Bäfjrenb  feiner  2tmtsfürjrung  at3  JHrcrjenratcj  tjat 
er  auc|  auf  Dem  firdjticrjen  ©ebiete  öieCfacfje  33erbefferungen  gefctjaffen.  9tad) 
feinen  perföntictjen  Slufjeictjnungen  erfdjeint  ty.  bei  ollem  fräftigen  Srnft  in  ber 
25urcrjfüf)rung  feiner  Üteformen  als  eine  im  23erfet)r  milbe,  für  jebeä  @ntgegen= 
fommen  fefjr  erfenntticfje,  üon  roatjrer  9tetigio|*ität  unb  üor  alten  üon  roirftidjem 
Sntereffe  für  bie  <£>cbung  ber  SJotEsbitbung  tief  burcfjbrungene  5ßerf  anlief)  feit. 

^erfönlicfje  Slufäeidjnungen  &.  6.  *ßetri'§  im  Äircfjenarcrjiü  ju  8t.  $etri 
in  Sauden  in  bem  23anb  betitelt:  „Catalogus  membrorum  societatis"  ©.  28 
unb  29.  St.-  @.  Hergang,  pbagog.  3ieal«<gncrjHoüäbte.  II.  33b.,  ©.  455 
unb  456.  33inber. 

^Ctri:  $acob  |>einrid)  5ß. ,  Sfjronift  ber  ofierelfäfftfdjett  ©tabt  2ftül= 
rjaufen,  ftammt  au§  einer  angefefjenen  23afeler  ©etet)ttenfamilte.  ©eboren  am 
7.  3)ecember  1593  Befugte  er  bie  ©cfjulen  feiner  SBaterftabt,  toibmete  ftdj  ber 
9tectjtstDifjenfcrjaft  unb  bitbete  ficrj  burdj  eine  ütetfe  nacf)  statten  1615  unb  burdj 
einen  Slufentfjalt  ju  ©peier  am  3teici)sfammergericf)t  1616  weiter  au§.  1620 
erfnelt  er  bie  ©tabtfdjreiberftetle  in  9Mlfjaufen.  33ierjig  $afjre  lang  bi§  j$u 
feinem  £obe  am  23.  sUlai  1660  mar  er  im  £ienft  biefer  ©tabt  tfjätig,  ad)t^e§n 
9flal  üerfaf)  er  ba§  5lmt  einc§  3Bürgermeifter§.  QBiebertjolt  üertrat  er  feine 
©tabt  auf  ben  Gibgenöffifdjen  Sagfatmngen  unb  fremben  -DMdjten  gegenüber  toie 
3.  35.  ben  ©ctjroeben.  2öie  er  ganj  in  ifjrem  Seben  aufgegangen,  ^eigt  am  beften 
feine  Gfjronif,  bie  fieben  23ücfjer  ^ftülfjaufer  <§)ifiorien,  bie  er  im  $.  1626 
ootlenbete.  ©ie  führen  in  fdjlicfjter,  ftarer  ©pradje  bie  Gürjdfilung  üon  ben  ®e* 
fcfjicfen  5Jtülr)aufen§  mit  toeiterm  ^luiBIicf  auf  bie  toeltgefctjtcfjtlicfjen  33egeben= 
fjeiten  bi3  jum  Ululbrucfj  bes  breifjigiäfjrigen  Äriegi,  öor  biefem  ungeheuren 
Greignifj  erlafjmt  feine  geber.  Gine  Unterfuctjung  ber  Quellen  unb  ber  ©taub= 
roürbigfeit  ber  ^etri'fcrjen  frtjronif  ftetjt  noctj  au§. 

SDer  ©tabt  iftültjaufen  ©efdjicfjten  bon  %.  <£>.  $etri,  t)erau§g.  bon  ©raf 
1838,  barin  eine  Sebenibefdjteibung  ^ßetriS  üon  feinem  geitgenoffen  unb  Sanb§= 
mann  3-  23ranbmütler.  —  21.  ©töber,  2>ie  bürgerlichen  Slufftänbe  in  ber 
©tabt  Dlülfjaufen,  1874,  barin  Slu^üge  aus  »petrt'3  rjanbfdjrtftlidjem  9lotiaen= 
bücfjlein.  2öieganb. 

^3etri:  Sfaaf  ^acob  Don  *ß.,  preufjifctjer  ^ngenieuroberft,  ber  jiingfte 
2of)n  unter  üierunbjtcanaig  j?inbern  be§  preufjifcfjen  ®enerat=Jh-ieg3commiffartu§ 
£> einriß  5ß.  üon  ©oomern,  beffen  33orfatjren  ber  Oteligion  roegen  i^re  Jpeimatf), 
bie  Dberöfatj,  öerlaffen  Ratten,  unb  toetcrjer,  toeit  bie  bortigen  ©üter  ber  5a^iHe 
oertoren  gegangen  waren,  ben  Flamen  bon  ©oomern  abgelegt  tjatte  unb  ft(i)  nur 
*p.  nannte,  mar  am  17.  ©eptember  1705  ju  Söefel  geboren,  ©ctjon  oor  feinem 
(Eintritt  in  ba§  ^ngenieurcorp§  naljm  er  unter  feinem  ©tfjtoager,  bem  bamaligen 
^ngenieurmajor  üon  ^ori§,  an  .einer  öeneralüermeffung  ber  5}roüin<5  s^teu^en 
ttjeil,  roarb  bann  bei  bem  genannten  6orp§  Gonbucteur,  fpäter  Sieutenant  unb  üon 
$öntg  griebridtj  3Jßi(l)elm  I.  jum  ^agbingenieur  ernannt.  i?önig  Ofriebricl)  II. 
fcfjidte  ib^n  al§  Ingenieur  üom  ^lat$  nac^  ^agbeburg,  roo  gürft  Seopolb  üon 
S)effau,  ber  bortige  Souüerneur,  felbft  ein  tüchtiger  Ingenieur  unb  Don  lebtjafteftem 
^ntereffe  für  bie  23efeftigung§funft  erfüllt,  il)n  pm  Slbjutanten  wählte.  2)er 
Sieutenant  5|3.  getjörte  ju  benjenigen  Dfficieren  feiner  Söaffe,  roelctje  ber  gfütp 
bem  Könige  bei  Stusbrucr)  be§  1.  ©djlefifctjen  Krieges  al§  jur  23erroenbung  bei 
ber  23etagerung  üon  geftungen  geeignet  nannte;  er  rourbe  inbc§  nictjt  ba^u  ge= 
braudjt,  fonbern  blieb  in  ber  Segleitung  be§  dürften;  1742  tourbe  er  ßapitän. 
9tad)  Seenbigung  jenes  Äriegei  beauftragte  itjn  ber  Äönig  mit  21u§arbeitung 
ber  (Sntroürfe  für  ia%  in  33erlin  rjer^uftellenbe  ^nüa(ibenl)au§  unb  betraute  il)n 
fpäter    mit    ber  ©rbauung   unb  ber  2lu§ftattung   beffelben;    1748    tjatte   er  fein 


526  y*[xl 

äöerf  bollenbet.   ^etjt  würbe  jetner  £f)ätigfeit  ein  ganj  anbereS  $elb  angewiefen : 
er  baute  juerft  ©djlcufen  am  ginnowfanal,  Weldjer  bie  |>abet  mit  ber  Ober  ber= 
btnbct,  unb  erhielt  bann  bie  Eingabe,  baS  am  Unten  Ufer  beS  leiteten  ©tromcS 
liegenbe   33rud)   ju  regütiren,   ein  Unternehmen,   meldjeS,  ber  bebeutenben  feiner 
23erwirftid)ung   entgegenfteljenben  ©d)Wterigfeitcn  megen,  anfänglidj   auf  grojjen 
äöiberfprud)  unb  ei^ebtirfje  Sebenten  ftiefj,  WeldjeS  er  aber  fdjliefjtid)  glüdtid)  gu 
ßnbe  füfjrte.     SS  macrjtc  eine  weite  ©treefe  wüften  9ttoor=  unb  ;J?rud)bobenS  ju 
fruchtbarem  2Ider=   unb  äBiefenlanbe.     %m  2.  $uti   1753  tourbe  ein  £muptftücf 
feinet  SBerfeS,  ber  neue  Dberfanal  äWifdjen  ©üftebiefe  unb  Dberberg,  bem  93er= 
fet)r  übergeben.     9luS  biefen  fricblid)en  23efd)äftigungen  rief  if)n  ber  ftebenj  ädrige 
$ricg   ab,  Welcher   einen   Stjeil   feiner  ©d)öpfungen  wieber  ,}erftörte.     ®r  würbe 
3uer[t  uad)  Siüftrin  gefaubt  um  bie  bortigen  bernad)läffigten  geftungSwerfe  wieber= 
fjerjufteHeu,    1758    aber  in   baS   föntglidje  Hauptquartier  berufen,   welchem    er, 
abgefeljen  bon  einer  Gmtfenbung  ju  ber  Sltmee  beS  ^rin^en  .£>einrid)  nad)  ©ad)fen 
im  3.  1761,   bis   ju  @nbe   beS   Krieges    angehörte.     Reiben   7Jelbt)ciren  leiftete 
er  SJienfte,   beren  äBertt)   [ie  miebcrljolt  anerfannten ;   1758  mar  er  bei  ber  23e= 
lagerung   bon   ©djweibnitj,    1760    marb    er   bei   Sorgau   am   gufje   berwunbet, 
wäljrenb   feiner  £>erftellung   baute    er  bie  (Slbbrücfc  bei  biefer  ©tabt.     Unmittel* 
bar  uad)  33eenbiguitg   ber  ^-einbfcligfeiten  entfanbte  it)n  ber  ffiflnig  mieberum  in 
bas  Dberbrud);   er  füllte   ftd)  alles  anfetjen  unb  berieten,  in  meldjem  3uftan°c 
bie   bor  bem   Kriege    ausgeführten   arbeiten    fid)   befänben.     %u]   ®runb   feiner 
Reibungen  erhielt  er  23cfet)l  rjevjuftellen,  maS  bie  geinte  unb  bie  3«it  bernidjtet 
tjatten;  ferjticfjtidj  frönte  er  fein  Söett  bind)  bie  ©rbauung  bon  fieben  proteftan= 
tifdjen    ßivdjen.     2llS    ber  Äönig    baS  ©efdjaffene   befidjtigt   t)atte,   äußerte   er: 
„Hier  ift  ein  $ürftentt)um  erworben,  Worauf  icfj  nid)t  nötljig  t)abe  ©otbaten  31t 
galten. "     S)ie  (Sommiffion,  weldje   auf  ^etri'S  Söunfdj   beffen  Üiedjnung  prüfte, 
fanb  alles  in  ber  beften  Drbnung;  bie  Millionen,  weldje  burd)  feine  $änbe  9C= 
gangen   waren,   fmtten  fämmtlid)  biejenige  SJerWcnbung  gefunbeu,  für  weldje  fie 
beftimmt   waren.     2)er   Äönig   gebadjte   nun   ifjn   au  einer   äl)ntid)en  Slrbeit  au 
gebraudjen,  inbem  er  baS  2Bartt)ebrud)  in  gteidjer  Söeife  umgeftaltete,  wie  eS  it)m 
mit  bem  ber  Ober  fo  gut  gelungen  War.    9113  er  aber  baju  metjr  als  eine  9JMH. 
Srjaler   fovberte,  bertraute  ber  .Uönig  bie  SluSfüljruug  bem  (Mjeimen  ginanaratt) 
b.  53renfent)of  (f.  91.  SD.  35.  III,  307)  an,  weldjer  mit  wenig  meljr  al§  einem  drittel 
biefer   (Summe   au^utommen   unb   biefclbe  fd)on   im   erften  ^aljre   ju  ber^infen 
berfprad).     S)ie  golge  babou  war,   bafi   bie  Anlage  fd)tiefjlid)  met)r  foftete  aB 
s$.  geforbert    tjatte   unb   ba§   tro^bem  bie  9tu£füt)rung   biet   ju   wünfdjen  übrig 
liefe;    in   ber  ,!pauptfad)e   aber  fjatten  ^etri'S  5ßläne   ber  Arbeit  ju  ©runbe  ge= 
legen.     (Srofjen  %U\^  berwanbte   er   jeitlebenS   auf    bie  Iwfidhmg  bon  harten 
unb  planen;   biete   berfelben  berbrannten   bei  bem  33ombarbement  bon  Auftritt 
burd)  bie  puffen,    eine   bon  itjm  t)erau§gegebene  Äarte   bon  ©ad)fen  erfdjien  im 
33ud)l)anbet.     $.  ftarb  am  16.  Slprit   1776  au  greienwalbe  an  ber  Ober.     %n 
ben   ^cangliften   bc§  3ngenieuiC0i:ö§   ^efe   ex  ^m  anfange  feiner  S)ienfttaufbat^n 
Sß.  II.;  <p.  I.  würbe  unter  ^riebrid)  2Bilt)clm  I.  bie  ©d)ulb  beigemeffen,  bafj  ein 
bon  i^m  erbautes  ^ulbermaga^in  einftürjte;  ber  ^önig  befaljl  (1.  9lpril  1737), 
man  foHe   ben  Ingenieur,  Welcher  fotd)eS  refpiciret  bei  ben  Orjren  netjmen  unb 
Gapitdn  ty.   Warb    infolge   beffen  berurttjeilt,   ben  ©d)aben,  ba  er  it)n  nid)t  er= 
fe^en  fonnte,  ju  ßolberg  „abaufarren".    S)er  Üönig  befahl  ben  ©prud)  in  33ott= 
äug  ju  fe^en;  als   er  fpäter  auf   2ßalraweS   93erwenbung,  welcher  bon  $.  auS= 
geführte   arbeiten  lobte,   biefen  begnabigen  wollte  (22.  9tobember  -1737),  war 
er  bereits  geftorben. 

(Äönig)  33iograpl)ifd)eS  Sejüon  aller  gelben  unb  5Jtilitärperfonen,  Welche 
fid)  in  preufjifdjen  S)ienften  berühmt  getnad)t  tjaben,  3.  Zfyii,  33erlin  1790.  — 


5ßetti.  527 

II.   b.   23onin,   ©efd)idjte   bei  SnQenieurcotps   unb   ber  Pioniere  in  ^reufjen, 
1.  2b>it,  Berlin  1877.  35.  $oten. 

1J?Ctri :  9ticolaui  ^ß.  bon  hartem  (de  Harlem  d'Hollandia  Almanus) 
mar  einer  ber  äarjlreictjen  -ftieberlänber,  roelcrje  bie  53ucr)bruderfunft  in  ben  crften 
Sfarjrjetjnten  nacf)  it)rer  Gürfinbung  in  Stauen  aulgeübt  tjaben.  (£1  ift  übrigen! 
nur  SBenigei,  roai  man  bon  itjm  roetfj.  3unäct)ft  ^eB  et  H<^  ™  ^>abua  niebcr, 
morjin  itjn  ofjne  ^Weifet  bie  grofje  Uniberfttät  gebogen  tjatte.  $m  $.  1475  mufj 
er  bafelbft  eingetroffen  fein;  benn  ber  erfte  Srucf,  roelctjen  man  bon  tf)m  fennt, 
bei  {yutginaS  ©entitii  Kommentar  Super  prima  fen  quarti  Canonis  Avicennae 
(£>ain  7565),  ein  größere!  2Serf,  ift  bom  Februar  1476  batirt.  23ermutr)iicr) 
aber  mar  ei  it)tn  nidjt  mögiicr),  mit  ben  anbern  bereits  in  $abua  borfjanbenen 
üDrucfereien  ju  concurriren :  fdjon  im  nädjfien  3tat)r,  1477,  finben  mir  itjn  in 
23icen3a.  SDort  tjat  er  in  biefem  Satjr  in  Söerbinbung  mit  bem  eben  bamali  ftcrj 
bafelbft  auf^attenben,  namentlich  als  3}enebiger  Srucfer  befannten  ,!permann  bon 
2icb>nftein  aui  (Söln  (f.  21-  ©.  33.  XYIII,  550  ff.)  jmei  Söerfe  bei  Antonius 
Stnbreä  tjetauigegeben,  bai  eine  babon  jebocr),  mie  el  fcrjeint,  nur  in  ber  Sigen= 
fdjaft  ati  23erleger  (|>ain  975,  991).  Weitere  £rucfe  fennt  man  bon  irjm  nidjt. 
9tur  ber  Guriofität  tjalber  fei  ermähnt,  bafj  bie  Vertreter  ber  Gofiertegenbe  *p. 
^u  einem  ber  ©erjitfen  bei  angeblichen  -gjarlemer  drfinberl,  \a  ati  9t.  ^ieterljoon 
^u   einem   2Inger)örigen   feiner   gamitie  gemacht  fjaben. 

23gl.  5ß.  (£.  ban  ber  SJceerfct),   Recherches  sur  la  vie  et  les  travaux  de 
quelques  imprimeurs  beiges,  Gand  1844,  p.  207 — 228.  (Steif f. 

^ctri:  ©uffribul  f.  ^etruö  u.  ©.  539. 

$Ctrt:  23ictor  g  rieb  riet)  Sebredjt  $. ,  geboren  3u  23ernburg  am 
21.  Februar  1782,  j  am  4.  gebruar  1857,  ©otm  3ob\  g*.  ^etri'i,  ber  noct) 
im  ftobember  1782  bon  23ernburg  ati  ^rebiger  ber  reformirten  ©emeinbe  nad) 
23raunfcb>eig  überfiebelte  (|  1830).  ^pier  befugte  »ß.  1790—97  bai  ©tymnafium 
Gatfjarineum  unb  barauf  baZ  Gtottegium  ßarotinum.  ©o  auf  bai  ©rünblicrjfie 
borbereitet,  bejog  er  betjufi  ©tubiumi  ber  2r)eo(ogie  unb  5|3t)tlotogie  bie  Uniberfität 
-jpelmftebt,  mo  er  am  9.  Slbril  1799  immatricutirt  mürbe  unb  inebefonbere  an 
£enfe'i  ©eminarübungen  fid}  beseitigte.  1801  ging  er  nacr)  ©öttingen,  mo  er 
ftdj  borjüglicrj  an  Slmmon  anfctjtofj.  ftadjbem  er  bann  bai  erfte  trjeotogifdje 
ßjamen  unb  eine  p£|t[ologtfc^=päbagogtfc^e  Prüfung  beftanben  blatte,  mürbe  er 
am  29.  ©ebtember  1802  ati  ßottaborator  am  ©rjmnaftum  ju  33ernburg  unb 
pgteid^  ati  (55et)ü(f5^rebiget  ber  Pfarre  2Balbau=^Ittenburg  angeftettt.  ©crjon 
9Jlict)aeti§  1803  ging  er  aber  als  Soüaborator  an  bas  ©Qmnafium  ju  Siraunfctjroeig 
über.  1806  beftanb  er  in  Sernburg  ba§  jmeite  tcjeotogifcb^e  Sjamen;  am 
21.  SJlärj  1808  mürbe  iljm  auf  eine  eingereichte  2lbrjanbtung  au§  ber  orien= 
talifctjen  Sitteratur  (in  Saadiam  Gaonem,  Jesaiae  Interpretern)  bon  ber  btjilo= 
fobb^ifdjen  ^acultät  äu  petmftebt  ot)ne  münblict)e  Prüfung  bie  Soctorroürbe  ber= 
lietjen.  3U  Aftern  beffelben  SfarjrcS  rüctte  er  jum  orbentlictjen  ßlaffenteb^rer  auf 
unb  1809  mürbe  er  auf  23erfügung  bes  nieberfäcrjfifdjen  ©t)nobatberein§  orbinirt, 
um  feinen  33ater  im  2lmte  ju  unterfiüijen.  daneben  fjielt  er  feit  Oftern  1815 
at§  ^ßrofeffor  am  doEegium  Sarolinum  53orIefungen  über  |)ebräifc§  unb  erftärte 
auct)  grie^ifd^c  ©ctjriftfteEer.  gu  Dftern  1821  erhielt  er  ba§  2)irectorat  bei 
^artini=©t)mnafiumi.  S)er  Sommiffton,  meiere  jur  SJerbefferung  ber  Unterricr)t3= 
anftalten  in  ber  ©tabt  SBraunfdjmeig  burd)  tftefeript  bom  16.  Januar  1827  er= 
nannt  mürbe,  gehörte  neben  23obe,  ^»enfe  unb  griebemann  audj  ^ß.  an,  unb  ber 
unterm  6.  S)ecember  bei  SatjreS  erftattete  6ommiffionlberid)t  ftammte  aui  feiner 
3fcber.  Dcactjbem  bie  ßommiffion  bie  ©djulreform  burcr)gefüb,rt  blatte,  fdjieb  ^ß. 
mit  ^teuiafjr  1828  ganj  aui  bem  ©d)utbienfte  aui  unb  befdtjränfte  feine  Seb^r= 
tb^ätig!eit    auf   bai    Kollegium  darolinum,    mo    er   fdjon  feit  ©cfjeffter'i   Jobe 


528  Sßetftna. 

(f  21.  $e&ruar  1825)  bie  3a^  feiner  33orlefungen  fiarf  üermefjrt  tjatte  unb 
Oftern  1827  9Jtitglieb  beS  2)irectoriumS  gemorben  mar.  (Seine  Vorträge  maren 
fetjr  mannigfaltig  unb  betrafen  bie  öerjctjiebenften  ©ebiete  ber  claffifctjen  *pt)ito= 
logie,  baneben  tjauptfädjlicf)  noct)  baS  £)ebräifdje  unb  Slrabifdje.  211S  nact) 
2Jtict)aeliS  1835  baS  SoHeg  umgestaltet  unb  eine  tjumaniftifdje,  tedmifctje  unb 
merfantilifdje  Slbttjeilung  gebitbet  mürben,  ertnett  ty.  baS  SDirectorium  bet  erften; 
3U  Weujatjr  1836  mürbe  er  .frofrattj,  ein  $atjr  fpäter  9JHtglieb  unb  am  16.  £e= 
cember  1813  ^rä[ibent  ber  (Sommiffion  jur  Prüfung  ber  Ganbibaten  beStjötjercn 
SdmtamtS;  am  1.  September  1853  enblidj  mürbe  it)m  ber  Uitet  eineS  geheimen 
,£ofratt)S  bertietjen.  2>ie  Unioerfität  (Söttingen  ernannte  itjn,  ber  ju  roieber= 
Rotten  diäten  (mie  1829  unb  1836)  firdjlictje  5lmtStjanblungen  in  ber  refor= 
mirten  ©emcinbe  auStjülfSroeife  übernommen  tjatte,  im  3».  1837  <jum  2)octor 
ber  Ideologie.  Crben  mürben  itjm  Pon  braunfctjmeigifctjer  nnb  antjaltifcfjer 
«Seite  üerlietjen.  Sein  TünfjigiätjiigeS  SlmtSjubtläum  geftaltete  fid)  ju  einer 
$eier,  toie  fie  faum  je  einem  ©eletjrten  in  33raunjd)meig  ju  ££)eit  gemorben  ift. 
9todj  bis  auletjt  förperlid)  unb  geiftig  frifet)  ift  er  am  -4.  Februar  1857  in 
ißraunfctjmeig  geftorben.  —  Seine  ©attiu  ßtjarlotte  Soptjie,  eine  Stoctjter  beS 
Dberprebigerö  5ßauli  in  Söattenftebt,  bie  er  am  8.  Dctober  1812  tjeimgefütjrt 
tjatte,  mar  itjm  bereits  am  3.  September  1846  im  Ütobe  üorauS  gegangen.  33on 
fünf  Söhnen  tjaben  öier  ben  33atcr  überlebt,  ebenfo  brei  Stöctjter.  —  $.  mar 
ber  letjte  bebeutenbc  Vertretet  ber  tjumaniftiferjeu  Sßiffenfctjaft  am  Garotinum, 
ein  lUtann  Pon  fetjr  ausgebreitetem  äöiffen  unb  ftaunenetuertfjer  Spractjfenntnifj. 
9lid)t  raeniger  als  öierjerjn  Sprachen  fott  er  ootlftänbig  betjerrfetjt  tjaben.  Schrift3 
ftetlerifctj  ift  er  Oettjättni^mäfeig  roenig  tjerDorgetreten;  auetj  ift  ber  ßinflu^  feiner 
SPerfönlicrjfeit  unb  feiner  münblidjen  Setjre  meit  bebeutenber  gcroefen,  als  feine 
33eröffenttictjungen  erfennen  laffen.  35ic  Slnftalt,  an  ber  er  Diele  S&^erjrite 
mirfte,  mar  itjm  feft  an'e  .£>erj  geroadjfen,  unb  nic^t  otjne  innere  (Sirregung  trat 
er  ftetS  mit  aller  (Sntfctjicbenrjeit  ben  Angriffen  entgegen,  bie  miebertjolt  gegen 
bie  tjumaniftifdje  9lbttjei(ung  beS  GottegS  erhoben  mürben,  melctje  feinen  2ob 
alterbingS  nidjt  lange  überleben  foUte.  Seine  miffenfdjaftlictje  Jtjätigfeit  be^og 
fiel)  bor  2lltem  auf  bie  altclaffifctje  unb  tjebräifctje  Sitteratur;  baneben  tjat  er  eine 
9teitje  Pon  ^rebigten  unb  ©elegentjeitSfcrjriften  tjerauSgegeben,  bie  fid)  jum  Stjeit 
auf  bie  Aufgabe  unb  ben  ^roed  beS  GarotinumS  belogen.  2reue  Eingabe  an 
feinen  ßetjrberuf  mürbe  itjm  burd)  innige  23erelnung  banfbarer  Sdjüter  bergotteu. 
5E)er  ©runb.jug  feines  SBefenS  mar  eble  Humanität,  fein  Söatjlfprucr) :  si  vis 
amari,  araa.  %n  religiöjer  ,£)infictjt  mar  er  ein  Slntjänger  ber  ^etmftebter  ratio= 
naliftifdjen  Setjute,  ein  abgefagter  fteinb  jeber  mt)ftifctjen,  fattjotifirenben  Stidjtung. 
2ro^  feiner  fonft  milben  SDulbfamfeit  fdjeute  er  im  Kampfe  gegen  biefe,  mie 
feine  Streitfdjrift  gegen  Dr.  ©eibel  in  Sübed,  ben  33atcr  beS  25id)terS  ©manuel 
©cibel,  bemeift,  felbft  eine  fdjarfe  ^olemif  nidjt.  Seine  Schriften  finb,  jebodj 
nidit  öollftänbig,  bei  5-  Süpfe  jum  2lnben!en  an  23.  f?fr.  2.  $etri  (33raunfc|meig 
1857)  öerjeidjnet,  mo  aud)  ßebenSnadjridjten  über  itjn  fiel)  äufammengefteüt 
finben,  bie  jeboct)  tiadj  Obigem  ju  berüollftänbigen  finb. 

$.  3immermann- 
^Jctvina:  Si-'anj  2lbam$ß.  (fpr.  ^etfe^rina),  geboren  am  24.  S)ecember 
1799  in  Semit  an  ber  %]ex  in  Sötjmen,  f  am  27.  3funi  (nicr)t  ^uti)  1855  in 
^rag.  5petvina'S  Lebenslauf  ift  Pon  3Gß.  dt.  SBeitenmeber  in  einer  Por  ber 
23öt)m.  ©ef.  ber  SCßiffenfdjaften  gehaltenen  Senfrebe  gefdjilbert.  S)emnact)  tjat 
fiel)  5p.  auö  ben  bürftigften  S5ertjättniffcn  tjerausarbeiten  muffen.  Sein  Söater, 
ein  armer  Söeber,  fennte  ben  fet)ntid)en  SBunfd)  feines  Sot)neS,  ftubiren  ^u 
bürfen,  nietjt  befriebigen  unb  ^.  mufjte  batjer  baS  ©efdjäft  feines  ätaterS  erlernen 
©rft  nacrjbem    er  in  feinem  17.  Sebeneiatjre  Söcbergefeß  gemorben  mar,  fanb  er 


$etnt§  gtabennaä.  529 

bie  Unterftüfeung  Junger  ^reunbe,  mit  beren  .gmlfe  eg  ifjm,  roenn  auctj  unter 
tjarten  (Jntberjrungen,  gelang,  fidj  pnäcrjfi  eine  gute  ©djulbilbung  $u  ermerben 
unb  bann  bie  Uniöerfität  5ßrag  befuctjen  ju  fönnen.  1832  mürbe  er  alg  2lb= 
junct  bei  ber  ^Profefjur  für  9Jtatf)ematif  unb  $f)rjfif  angcfteHt;  1836  promoöirte 
er.  SSalb  barauf,  1837,  mürbe  er  alg  3ßrofeffor  ber  iprjpfif  unb  angeroanbten 
9ttatr)ematif  am  Spceum  in  Sinj  angefteltt,  in  metdjer  Stellung  er  big  jum 
2Iuguft  1844  Perblieb,  um  bann  bie  ^rofeffur  ber  $fjt)ft£  an  ber  UniPerfität 
ißrag  ju  befleiben.  @r  mar  feit  1848  corregponbirenbeg  ^ftitglieb  ber  Sßiener 
2tfabemie  unb  orbentücf)eg  Sitgtieb  ber  33öfjmifcl)en  ©ef.  b.  äöiffenfdjaften.  5ß. 
tjat  fidj  burct)  @rj)erimentatunterfudjungen,  roetdje  faft  augfdjliefjlid)  bem  ©ebiete 
ber  (Sleftricität  angehören,  öortljeiUjaft  betannt  gemadjt.  Söieberljott  befdjäftigte 
er  fidj  mit  ber  elefhomagnetifdjen  9Jtafd)ine,  an  ber  er  üerfcrjiebene  S5erbefferungen 
anbrachte.  2fn  einer  feiner  erften  arbeiten,,  über  eine  neue  Sfjeorie  be§  @tef  tropf)  org 
unb  ein  neucg  ^avafudjen^leftrofcop,  ift  ber  tfjeoretifdje  grjeil  nitfjt  glücflidj, 
mogegen  bag  Porgefdjlagene  föleftrofcop  nodj  jetjt  SBeacfjtung  öerbient.  33on 
praftifdjer  S3ebeutung  mürben  feine  tlnterfudjungen  über  bie  Senutmng  öon 
3meigftrömen  in  ber  Selegraptjie  unb  über  bie  ÜJtögtidjfeit  bitxcf)  eine  einjige 
Leitung  gleichzeitig  t)in  unb  rjer  ju  tetegraprjiren.  (Sin  ^nftrument,  burdj  roetdjeg 
5ß.  fid)  alg  (Erfinber  ber  mufifalifdjen  Seteprjonie  eingeführt  fjätte,  ift  fo  mangel= 
tjaft  belannt  gemorben,  bafj  fict)  nidjt  angeben  läfjt,  big  mie  meit  bie  Slnfprüdje 
^ßetvina'g  in  ber  ©efdjidjte  ber  SLelepfjonie  genannt  ju  merben,  reichen.  ®ieg 
^nftrument  foE  eine  9lrt  5ßt)p§f)armonifa  fein,  melcrje  burdj  (Sleftromagnetigmug 
in  Function  gefegt  mirb.  $n  einer  Sümng  ber  SSölun.  ®ef.  bom  26.  ^uli 
1852  foE  eg  borgejeigt  fein,  mobei  ermähnt  mirb,  bafj  bie  £öne  rein 
unb  tjinreidjenb  ftarf  feien,  ferner,  bafj  biefe  Jone  auf  ein  gleidjeg  mit  5Drar)t= 
teitungen  berbunbeneg  ^nftrument  übertragbar  fein  füllten,  ©ine  befonbere 
Sonographie  beg  Snftrumenteg  foEte  Pon  bem  ^Ibjuncten  ^etrina'g,  einem  <£>errn 
9tott>äf  ^erau§gegeben  merben,  bodj  ift  bieg  nidjt  gefctjeJjen  unb  eg  fdjeint  jmeifel= 
Ijaft,  ob  bag  bon  einem  ^ftedjanifer  ©pitra  in  5ßrag  perfertigte  $nftrument  nodj 
bortjanben   ift. 

30.    9t.   äßeitenmeber,   SDenfrebe   auf    *)3rof.    gr.  2tb.  s4>etfina,    gesotten 

am    10.  S)ecember  1855.    —  Slbrj.   ber   fön.   böljm.  @ef.  ber  SBiffenfdjaften ; 

fünfte   ftotge   *Bb.   IX.    —  Dr.    ft.  $.  Stubnicfa,  S3erid)t    über  bie   matf)e= 

matt)ifcr)en   unb  naturmiffenfdjaftticfjen  ^ubticationen  ber  fön.  böfjm.  ®ef.  ber 

2Biffenfcf)aften,   ^prag  1855.    §  40.   —  Dr.  gfr.  3lb.  s^etrina  ©.  290—299; 

^oggenborff,  biogr.=titter.  ^anbm.=S5ud)  II,  416.  Äarften. 

■JktntS  Sftoöemia^,  auef)  ^ßetru§  Xt)omai  ober  £rjomafiu§  5ßettu8 

§ranci§cu§  unb  beffen  älterer  ©ot)n  5ßincentiu§,  Srfterer  ^urift  unb  £m= 

manift  be§  15.  Saljrlj.     s$etru§,  naefj  (Seburt  unb  33ilbung  Italiener,  berbracl)te 

feine  ^ugenb  unb  ben  größeren  Stjeil  be§  SanneäatterS  auf  italienifdjen  9lec^t§= 

'deuten,    ungefähr    im   51.    ßeben§|afjr   fam    er    al§    UniPerfitätSprofeffor    nact) 

2)eutfctjtanb ,   mo    er  big  3U  feinem  2obe  oerbtieb.     gfüt  bie  ©ete^rtengefc^ic^te 

2)eutfd)Ianbg  ift  fomit  nur  biefe  teuere  ^eriobe  Pon  unmittelbarem  Setange. 

£>er  Familienname  beg  betrug  ift  unbefannt;  SSaltVjafar'g  35ermutljung,  er  l)abe 

^oljanneg  Sßaptifta    ge^ei^en,   ift    ebenfo   grunblog,   alg   ber  Serfuc^,    aug  bem 

Seinamen  £r)omafi  auf  eine  Familie  „Srjontaftni"  au  fcf) liefen.    Söatjrfcljeinliclj 

rührte  er  alg  bon  geringer  ^»erfunft,  —    „ex  bassa  platea",   mie   er   fetbft  im 

Streite  gegen  ^octjftraten  („alta  platea")   einmal  lagt,    —   gleidj  feinen  ßltern 

gar    feinen    ©efdjledjtgnamen.      SBie    mir    aug  feiner    ©crjrift    „de   immunitate 

ecclesiarum"    erfahren,    ift    er  in  bem   an   meltgefcrjidjtticrjen   SSegebenrjeiten   fo 

reierjen  ütaPenna  etma  1448  geboren,  fjörte  bei  bem  gefeierten  9ttejanber  be  2ar= 

Qtagem.  beutfefte  »iosra^ie.   XXV.  34 


530  SPettitS  SRabennaS. 

tagmi  (nadj  feinem  ©eburtiorte  „ba  ^mola"  genannt)  fdjon  frühzeitig  bie  Ütecfjte, 
unb  trat  im  20.  %al)xe  ]u  s^abua  mit  ber  93et)auptung  auf,  bas  gefammte 
corpus  juris  auimenbig  zu  miffen.  21  m  Äatljarinentage  1468  lieferte  er  beiben 
UniDeviitäten,  ber  ber  ©djolaren  unb  ber  ber  9Jtagifter,  ben  öffentlid^en  23croei£, 
inbem  er  beliebige  uom  23ifct)ofe,  als  bem  Raupte  ber  Stuten,  bezeichnete  ©e= 
fetjeiftetlen  mörtlid)  miebergab  unb  fte  rjicrauf  aui  ben  summariis  bei  93artolus 
mit  allen  Stoffen  unb  91nfid)tcn  ber  Soctoren  gleid)  einem  geübten  römifdjen 
sjted)tslel)rer  aui  bem  ©cbäcfjtniffe  erftärte.  ©ein  Setjrer  3»mola  Ijörte  anfangt 
toie  oerfteinert  zu,  bann  fctjlug  er,  toie  jut  9lbmet)r  bes  93öfen ,  in  ber  ßuft  ein 
$reuz,  mätjrenb  bie  übrigen  fidj  beeilten,  ben  beglücften  Jüngling  zu  umarmen. 
5ß.  führte  auct)  roegen  feine*  ftaunensroertb,en  $ebäd)tniffcs  ben  Beinamen  „da 
memoria-,  nannte  ftd)  fetbft  auf  ben  93üd)ertiteln  gern  „memorabili  memoria 
praeditus"  unb  fctjrieb  eine  Einleitung  -mr  liebung  unb  ©ctjärfung  bes  ®e« 
t>äd)tniffe§  mit  ber  23ezeid)nuug :  „Petri  Ravennatis  libellus  de  artificiosa  me- 
moria, Foenix  dictus",  melcfje  2lbl)cinMung  am  10.  Januar  1491  bei  93emar* 
binus  be  (Stmrii  in  2Jenebig,  1500  in  Erfurt,  in  britter  Einlage  150S  zu  @öln 
unb  bann  mieberrjolt  als  iöeftanbtfjeit  ber  aurea  opuscula  gebrüht  mürbe.  @§ 
fctjeiut  aucf)  bas  berounbernimürbige  ©ebacrjtni^  öercint  mit  geroanbter  ütebegabe 
ber  -gmuptgrunb  bes  ausgebetjnten  iKutjmee  gcroefeu  zu  fein,  roelcfjcn  er  in  ganz 
Italien  genofj,  roäljrenb  foldjer  föutjm  mit  feinen  fcrjriftticrjen  arbeiten  uid)t  in 
üollem  ßinflaug  ftef)t.  Gitel  geroorben  burd)  ben  itjm  uerfdjmenberifd)  gcftreuten 
2öeit)rauct)  bereifte  er  fpäter  mehrere  Stäbte  Italiens,  trug  ©dmuftücfe  feines 
©ebädjtniffeS  bor,  erteilte  Wed)tsgutad)tcn,  zeigte  fiel)  auctj  als  f)öftfcf)er  S)id)ter 
unb  erntete  oon  dürften,  Staatsmännern  unb  tjolben  O^uen  @unft>  unb  (St)ren= 
bezeigungen-  (Sine  Hielte  überrafcfyenbcr  93etfpiete  ber  unüevgleidjtic^en  ©e= 
bädjtnifjtraTt  ^etrus'  liefert  ©irolamo  Jiiabofdji  in  feiner  Storia  della  lettera- 
tura  italiana,  T.  VI.  P.  II.  p.    544  U.  ff. 

äöenige  2Bocfjen  nad)  bem  ermähnten  Vorgänge  zu  Sßabua  mürbe  *ß.  bort 
,^ur  lectura  institutionum  ermät)tt,  las  üier  Satyxe.  als  auditor  juris  unb  ermarb 
im  24.  ;}at)re  bie  SBürbe  eines  Xoctors  beiber  Oiecrjte.  ($tmas  fpäter  t)iett  er 
in  93olcgna,  in  Spaöta  unb  ^ferrota,  aucf)  in  ^piftoja  mit  93eifall  Vorträge,  biC= 
bete  bismeilen  Scfjüler  unb  lehrte  Pon  1477  bie  (Sube  1479  gegen  ein  Stipen= 
bium  öou  355  (Bulben  in  Spifa,  too  er  an  2tbfaffung  bes  1.  93anbeS  ber  1480 
erfcrjienenen  atabemiferjen  Statuten  mitarbeitete.  91m  ©djlufj  bes  genannten 
3M)res  uerlieB  er  trolj  inftänbiger  93orfietluugen  unb  lorfenber  SBerfpredutngen 
ber  Sftectoren  Sßifo  unb  ging  mieber  nad)  s}$abua;  feinen  s]>ifaner  greunben  aber 
erroiberte  er  auf  ttjre  ruotjlmeiuenbe  2lbmalmuug  oon  feinem  unfteten  2ßanber= 
leben,  er  rjabe  ei  leidjter  als  anberc,  ba  er  ja  aEeS,  tuas  er  befifee,  mit  fiefj 
trage;  mobei  er  meuiger  auf  feine  befdjeibenen  ©tücfigüter,  aU  auf  fein  unöer= 
gtcicr)licf)ei  (Sebäctjtnife  anfpielte. 

2113  s^>.  ]um  zweiten  sDtate  in  ^'abua,  einer  ^pocrjfcrjule  ber  Ütepublif 
93enebig,  bie  ^rofeffur  für  fanoniferjee  9tecf)t  betleibete,  be^og  er  anfänglicr)  ein 
Honorar  oon  80  S)ucaten,  bas  megen  feiner  Unjutänglic^teit  1484  auf  150  erbötjt 
mürbe  unb  rooju  mit  9tücffid)t  auf  feine  nieten  ©ötjne  feit  1492  eine  ^jarjreözulage 
Pon  50  S)ucaten  trat.  —  3m  9toüembcr  1497  tjiett  fictj  ber  ^}ommernl)erjog 
SogiölaP  X.  (f.  21.  S).  93.  III,  48)  auf  ber  .peimferjr  au§  bem  gelobten  Sanbe  einige 
3eit  in  93enebig  auf  unb  rjörte  im  tjäufigen  9Jerfet)r  mit  ©eterjrten  unb  ®taatS= 
männern  baö  Sob  bei  Söunbermannei,  in  melcr)e§  auctj  bie  Pon  23ogi£taP  naclj 
$abua  entfanbten  93ertrauenimänner  ■ —  mar)rfcr)einlicfj  tropft  Martin  ^?arit^ 
unb  ©el)eimfct)reiber  S)atmer  —  nact)  itjrer  -Xüdfetjr  Pon  bort  cinftimmten.  S)a 
ber  Herzog  ber  bamati  t)errfd)enben  Meinung  b^ulbigte,  bafe  berühmte  91u§länber 
ben  ©lanz  beutfetjer  Uniöerfitäten  ertjöljen  (mefjrjalb  mir  bamali  unb  audb,  fpäter 


ißetrul  ftaoennaj.  531 

auf  benfelben  fetjr  häufig  franjöftfctjen  unb  toetfcf)en  tarnen  begegnen;,  toar  er 
tion  bem  lebhaften  Söunfcfje  befcelt,  %\  für  feine  junge,  aber  ber  Hebung  bringenb 
bebürftige  .£od)fcrjute  in  ©retfitoalbe  3U  gewinnen.  Ser  toanbemeubige  ^ro= 
feffor  fagte  aud)  fofori  311,  macfjte  aber  feinen  2Begjug  Don  ber  Srtaubnifc  bei 
Sogen  abhängig.  2(gofio  23arbarigo  trug  anfangt  Siebenten,  einen  ©eleijrten, 
beffen  2ob  in  ganj  Italien  toibert)attte ,  Reiben  ju  (äffen;  gab  jebod)  enbttcf) 
ben  üetfönlicrjen  Q3itten  bei  -"peqogi  nadj  unb  bie  8teHe  tourbe  §p.  bis  jur 
:Jtücffeljr  ini  33aterlanb  offen  gelaffcn.  Sogiilao  überfanbte  iljm  am  25.  5lo= 
oember  (1497)  100  Sucaten,  „um  ftdj  bamit  auiäuricfjten  unb  mit  naä)  bem 
Sanbe  Sommern  ju  reifen";  er  felbft  ging  mittlerweile  jum  53efucf)e  bei  ^apftei 
nad)  ftom.  $m  Sßorfrürjtutge  bei  näcrjften  Satjrei  (1498)  30g  5|3etrui  mit  feiner 
itueiten  ©attin,  ber  aärtlict)  geliebten  Sucretia,  mit  feinen  ©ordnen:  Sincentiui, 
ber  bereit!  Soctor  ber  3teci)te  mar,  unb  bem  jüngeren  Sodann  23aptifta,  mit 
feinem  Jödjterctjen  IDtarieta  unb  bem  Äoctje  Gijrifioffero  ba  ^ftabiano,  Pott  bei 
Sobei  über  bie  |mlb  feiuei  neuen  ©ebieteri  nadj  bem  fernen  ©reifitoalbe,  Piel= 
leicfjt  ber  „feltfamfte  Sßoget  9JiinerPa'i,  ber  je  über  bie  2(fpen  natf)  Seutfdjtanb 
geflogen".  Sogtifaü  ftanb  bamati  auf  bem  ©ipfel  ber  ^Jtacrjt  unb  bei  2ln= 
feljeni;  feine  £)eimreife  burd)  Stalten  unb  Seutfdjtanb  gticf)  nacf)  bem  2agebucr)e 
bei  ©erjeimfrf)reiberi  Salmer  unb  anberen  Stufjeic^nungen  narjeju  einem  2riumprj= 
pge,  toeit  dürften  unb  ©täbte,  toetcfje  ber  fjotje  ©aft  auf  feinem  SBege  befudjte, 
mit  greubenfeften  unb  ©tjrenbeäeigungen  toetteiferten,  an  benen  •$.,  als  im  un= 
mittelbaren  ©efotge  be§  Öerjogg,  in  ber  Siegel  trjeilnarjm.  Seffen  befonbere 
grtebniffe  erfahren  mir  aui  ber  1508  ju  6ötn  in  ber  Surfa  Änt»cE 
uerfaßten  ..Criticomastix  suae  peregrinationis"  bei  ÜJlagifter  Ortuinui  ©ratiui 
(f.  21.  SD.  93.  IX,  600),  bamati  ein  begeifterter  Slnrjänger  3ßetrui\  fpäter  bie 
3ietfctjeibe  bei  ©pottei  in  ben  befannten  epistolis  virorum  obscurorum. 
Sie  ßriticomafttr  tft  jur  SBibertegung  ber  fölnifdjen  ©egner  bei  %  abgefaßt 
unb  überquillt  auf  jeber  ©eite  bom  2obe  bei  ©efeierten.  (Sin  33rief  bei  £>rt= 
min  ©ratiui  bilbet  getoiffermafjen  bie  Sorrebe;  er  tft  im  gleiten  £one  tote  bie 
Griticomaftir  felbft  gehalten  unb  *ß.  toirb  bartn  ali  ber  ebelfte  unter  allen 
©eierten  unb  ati  ber  gelefjrtefte  unter  aßen  @beln  gepriefen!  9(m  ©cfjlufj  ber 
Slbrjanbtung  ift  bai  fef)r  toarm  abgerafjte  grtoiberungifcfireiben  unferei  ©elefvrten 
an  ©ratiui  angereiht.  $.  gibt  ib,m  rjierin  bai  ^eugnifj,  gut  unb  richtig  ge= 
fc^ilbert  ju  ()aben ;  „bocrj",  fä^rt  er  fetbftbetouBt  fort,  „unfere  Ueberfteblung 
öerbient  auc^  in  ber  2l)at  folcf)e  5(nerfennung".  —  Sie  Srtticomaftir  erjäfjlt 
tn  fefjr  breiter  Söeife ,  baB  beim  äBegjuge  bi^  5ß.  in  33enebig  toie  ^abua  unter 
allen  Männern  unb  grauen  tieffte  Trauer  getjerrfcfjt  fjabz  unb  bafj  bie  an  letj= 
terer  ^o^fc^u(e  ftubierenben  Seutfcf)en  i^rem  sUleifter  gefolgt  feien.  2lli  man 
nacf)  ä^nibrucf  tarn,  too  eben  sFCarimiliQn  I.  ^>of  fjielt,  tiefe  ber  ^önig,  obmo( 
unpäBticr),  jeboc^  begierig  ben  Soctor  fennen  ju  lernen,  biefen  noctj  jur  3iactjt= 
jeit  rufen.  %  fe^te  bie  aui  9totabe(n,  ©taatimännern  unb  ©cletjrten  beftel^enbe 
Q5erfammlung  burc^  feine  ©ebäcrjtnifjrunfte  in  ©taunen,  befang  fobann  in 
tateinifc^en  Werfen  be^  ßönigi  ßob,  mit  bem  er  bai  feines  neuen  ©ebteteri  öer= 
flodjt,  unb  fucf)te  jule^t  in  feiner  .^öftingitoeife  aui  ber  ©loffe  bie  2tbf)ängtgfett 
ber  europäifc^en  Könige  tiom  römif($en  ^aifer  bar.jut^un,  roorauT  er  mit  @f)ren= 
bejeigungen  unb  bem  Sitet  einei  .,eques  auratus"  tjutbüott  cnttaffen  tourbe. 
$.  ^at  fpäter  bie  in  ©egentoart  «Dflajimttian'i  aur  Ülac^tjeit  öorgetragenen  car- 
mina  a(i  33ei(agen  öerfc^iebener  feiner  Söerfe  öeröffentticrjt.  Wü  Sogiitaö  ge= 
langte  er  im  SipriC  1498  nac^  Sommern  unb  ©tettin  unb  tourbe  fobann  bom 
-iperjog  felbft  nac^  ©reifitoalbe  geleitet,  too  er  an  beffen  ©eite  einrttt,  öon  ber 
Gintoot)nerfd)ttft    freunblic^   begrübt.      2Benige    Sage    barnadj    (am   24.   3lpri() 

34* 


532  ißettttS  3tat>cnna#. 

mürben  ty.  unb  fein  ©ohn  93incentiu8  immatriculirt;  ber  (Hntrag  in  ba§  Uni= 
nerfität§album  burd)  ben  SRector  Sordmrb  23ecfeinann  au§  ©tralfunb,  (Sollegiat 
in  bcr  9Irtiftenfacultät,  lautet:  „Praestantissimus  perceleberrimusque  utriusque 
juris  interpres,  dominus  Petrus  de  Ravenna,  intitulatus  XXIIIj  mensis  aprilis, 
nihil  solvit. 

Egregius  ac  eximius  vir,  dominus  Vincentius  de  Ravenna,  praememorati 
domini  doctoris  Petri  filius,  utriusque  Juris  doctor;  nihil  solvit;  qui  quidem 
domini  Doctores  per  serenissimum  principem  nostrum  dominum  ac  ducem 
Bugeslaum  non  minimis  expensis  de  Italia  ad  nostram  almam  universitatem 
pro  reformatione  ejusdem  Universitatis  sunt  adducti. 

©leichjeitig  mürbe  auch  ber  $och  9flabiano ,  at§  jur  uniüerfität3juri§= 
biction  gehörig,  umfonft  mit  infcribirt. 

2113  gacultätgcottegen  hatte  ber  Sftaöennate  aujjer  feinem  ©ohne  ben  9lico= 
lau£  Souroc  au§  (Stettin ,  ben  Sovenj  33oft)olt  unb  ^einrirf)  33uforo  auS 
©reif§te>albe. 

©d)on  am  3.  9Jtai  beffelben  ^of)*^  würbe  s}>.  "0$  bamatä  befteljenber 
Hebung,  9ieuberufenen  ba§  9tectorat  anzutragen ,  jutn  SRector  erroäljtt ,  meld)e§ 
Stint  er  im  grüijjatjt-  1501  abermals  befleibete.  2ludj  ber  ©of)n  23inccntiu§ 
mar  jroeimal  mit  ben  9ftcctorat£gefcbäften  betraut;  ba§  etfte  93t  at  im  grühjaljre 
1499,  ba§  jmeite  93tat  im  ^rüt)ja^ve  1502,  nun  aU  .ftanonifuö  Bei  ©anct 
Nicolai  bezeichnet.  —  Unmittelbar  nad)  ber  ^mmatriculation  begannen  bie  Qjor= 
tefungen  über  beibe  9ted)te  —  ba§  römifche  unb  fanonifdje.  2Iuf  mieberholteS 
Slnfudjen  herüorragenber  ©reifgroalber  Bürger,  ein  ©utadjten  barübcr  abraffen : 
ob  flüchtige  23erbred)er  an  geheiligter  Stätte  «griffen  merben  bürfen?  fchrieb 
s$.  feine  Stotjanblung:  „de  immunitate  ecclesiae".  91m  ©<f)tuf;e  jagt  er,  im 
33efihe  roeniger  meift  neuerer  93ücb>r  rjabe  er  ba§  Weifte  au§  bem  ©ebädjtniffe 
fd)öpfen  muffen;  allein  er  miffe  eben  nebft  bem  corpus  juris  jroanjigtaufenb 
©teilen  gelehrter  S)octoren  unb  fiebentaufcnb  23ibelfprüche  auöroenbig.  $ie  Sl&« 
hanbtung  rourbc  JU  £übed  1499  in  golio  (50  581.)  mit  fchöncr  1Rönd)§fchriit 
per  niauistruni  Lukam  Brandis  gebrucft.  ^n  ben  erften  Octobertagen  1500 
fjictt  ber  daminer  23ifd)of,  Martin  ^arith,  eine  ©tjnobe  ^u  ©tettiu,  auf  rocldjer 
neben  liturgifdjen  fragen  bk  Äirdjenjucrjt  beljanbeit  mürbe.  $m  auftrage  be§ 
23ifcb,ofS  üerfafcte  ty.  eine  längere  Ütebe,  bie  er  bei  Eröffnung  ber  ©imobe  galten 
wollte ;  ha  aber  bieä  au§  ifm  unb  un§  unbc!annten  ©rünben  nicht  geftattet 
mürbe,  liefc  er  fie  in  feinen  „opusculis  aureis"  brucfeu.  2)iefe  Dtebe  bilbet  einen 
fetjr  anjichenben  Seitrag  jur  ©ittengefd)id)te  jener  3e**  un0  tx> i x*f t  ein  grelles 
Sicfjt  auf  ben  bamaiigen  loderen  Söanbet  be$  ßaminifd}en  (Stents,  ty.  eitert  in 
feinem  Vortrage  gegen  ba§  3U=  lin&  33ortrinfcn ,  gegen  SBürfel  unb  23ei* 
fdjläferinnen,  äugleid}  marnt  er  hör  Beherbergung  hon  £)tftrionen,  hör  mutf)= 
miHigen  ©djaufpielen  unb  bem  auftreten  berlarbter  ©eiftticfjer  bei  ^irctjenfeften ! 
1502  erfcljiencn  ju  ßeipjig  (in  ducali  oppido  Liptzensi)  bei  33accatarium 
3Bolfg.  5Jlonacenfem  bie  „aurea  opuscula"  (54  33t.  in  Cuart).  ©ie  enthalten 
1)  bie  oben  ermähnte  ©ljnobalrebe:  „Sermo  Dom.  Petri  de  Ravenna  etc.  quem 

habiturus  erat  de  mandato domini  Martini  dignissimi  Episcopi  Caminensis 

etc.  etc.";  bann  2)  eine  Sammlung  ..argumenta  et  responsa  juris"  nebft  einer 
Slntoeifung  über  ba§  33erfat)ren  beä  ©adjmatterS  bei  ©ericht.  3)  £>en  ©d)tu^ 
bilbet  eine  9teih^e  bon  jetin  lateinifcften  ©ebidjten:  9ln  bie  ^eilige  Jungfrau,  an 
bie  guijörer,  an  ^erjog  33ogielab  unb  bcffen  9lät^e,  an  ben  ^ropft  hon  Sübed 
unb  anbere  namhafte  ^ßerf önlidjf eiten ;  mc^alb  er  bemerlt:  ba§  93üd)tein  follte 
eigentlich,  libellus  florum  hjifjen. 

33or  Sßeröffentlidjung   biefe§   3Berfcl)en§   fmtte  ty.  auf  (Jintabung  Hamburg 
unb   Sübeci    befud)t;    bortfelbft   Responsa   erteilt    unb   ju   Hamburg    in    einer 


Petrus  ÖiaDenncü.  533 

(Siegte  bett  ftatt),  ju  Sübecf  ben  ^ropft  23orft)olt,  unb,  tvot}  fetner  ^atjre,  bie 
frönen  {yrauen  befungen.  (^n  ben  aureis  opusculis  finb  e§  bte  ©ebidjte  [III] 
9fr.  3,  4  unb  5.)  Um  jene  3eü  fdjrieb  tf)m  aud)  ber  Sänenfönig  ^orjann: 
SSeun  fein  (bes  Königs;)  9tame  bei  ty.  noci)  trgenb  toeCc^eS  2lnfeljen  genieße, 
möge  et  fofort  ju  itjm  fommen;  es  tjarrten  fetner  mannidjTadje  unb  fdjtnierige 
jurifiifcrje  Sltbeiten,  bte  feiner  fo  roie  er  jtt  löfen  öermöctjte  unb  |üt  beren  Gr= 
lebigung  ber  $önig  fetjr  banfbar  märe.  2ludj  bte  Jperjoge  öon  ^Jtedlenburg, 
Sodann  unb  Saltfjafar,  fanbten  Soten  an  5ß. ,  bie  bei  it)m  9latr)  erfjolten 
unb  it)n  einluben  in  Ijerjoglidje  S)ienfie  ju  treten.  $.  mar  tnbefj  burd)  bas 
bem  öer^og  Sogistaö  gegebene  2Bort  gebunben  unb  fonnte  befcfjalb  &en  freunb» 
liefert  2lufforberungen  feine  Ofotge  geben. 

Ürotj  be§  gemaltigen  ©egenfatje«  aroifcfjen  bem  Weiteren  füblidjen  Fimmel 
unb  ber  raupen  Dftf  eefüfte ,  3roifd)en  ben  blütjenben  ©tobten  Dberitaliens  unb 
bem  befdjeibenen  ©retfSroalbe,  ift  in  biefer  Oticfjtung  feine  Älage  bes  5ß.  laut 
getoorben;  er  ferjeint  fid)  in  feiner  neuen,  norbifdjen  £eimat  balb  unb  leidjt  3U= 
redjt  gefunben  ju  tjaben,  getragen  burd)  bie  befonbere  ©unft  bes  ^erjogs  unb 
ausgezeichnet  burd)  einen  ungeroöljnlid)  tjotjen  ©efjatt.  Severe  Umftänbe  mögen 
für  bie  älteren  ^rofefforen  eine  Duelle  bes  Leibes  unb  ber  ©djeelfudjt  getoefen 
•fein;  fie  führten  jebod)  3U  feinem  3erroürfniffe.  5ß.  ftanb  öietmeljr  mit  ber 
DJtetjr^arjt  ber  t)eT3ogtict}en  Dtätlje  in  fetjr  gutem  Sinöernetjmen,  namentlich  roaren 
er  unb  fein  ©ot)n  eng  befteunbet  mit  bem  ifjnen  gefinnung§öerroanbten  D.  ^orjann 
t).  ßitfdjer  aui  ^Reißen,  weldjen  33cgi§laö  in  ©adjfen  fennen  gelernt  unb  ju 
fiel)  als  SSerattjer  gerufen  tjatte.  Slber  aud)  *ß.  toutbe  fjäufig  in  organifatorifd)en 
unb  jutiftifdjen  fragen  ju  ©utadjten  aufgeforbert;  fo  toegen  3euSenDOi;tQ°un9f 
ber  s$rin,3effinnenfteuer,  tuegen  Ser)ent)eimfa£[g  u.  bergl.  m.,  lueldje  fünfte  ber  ©e= 
fragte  pm  Sßerbrufje  bes  2lbel§  ftets  im  (Sinne  be§  feinen  23ortt)eil  ausbeutenben 
^perjog*  entfdjieb. 

Sine  öerfjeerenbe  ©eudje,  toeldje  im  ©ommer  1501  2)eutfdjlanb  rjeimfudjte, 
unb  im  rolgenben  ^al)re  aud)  in  ^ontmern  auftrat,  betanlafjte  ben  9tector  mit 
mehreren  Uniöerfität§angel)örigen  nad)  bem  nat)en  SDöridjen  SJerfefoto  3U  fliegen, 
too  aud)  •}>.  mit  ben  Seinen  bi§  jum  Grlöfdjen  ber  ^ranfr)ett  blieb  unb  erft  im 
Cctober  1502  nad)  ber  ©tabt  aurüdfefjrte.  £rot$bem  fiel  fein  ütödjterdjen 
^Jlarieta  ber  tüdifdjen  $ranff)eit  am  25.  Cctober  1502  junt  Opfer.  2)ergeblidj 
tjatte  ber  fromme  Später  ben  ©djufcpatron  in  ^eftjeiten,  ©anet  9tod)u§,  in  einem 
(in  ben  aureis  opusculis  abgebrudten)  ©ebidjte  angefleht.  S5ie  äman^igiäfjrige 
2od)ter  rourbe  mit  öielem  ^3ompe  bei  ben  SDominifanern  beftattet  unb  mibmete 
it)r  ber  SBruber  SSincentiu»  im  Unit)erfität§atbum  einen  rüf)renben  3tad)ruf. 
tiefer  fctjmerjudje  Sßerluft  toedte  bei  ty.  unb  feiner  ©attin  Sucretia  bie  bisher 
3utücfgef)altene  ©el)nfud)t  nad)  ber  fernen  Heimat  mit  öotter  5Jtad)t.  Umfonft 
Uerfud)te  S3ogislaü,  umfonft  üetfudjten  bie  befreunbeten  9tätl)e,  befonber§  Sodann 
t).  ^itfdjer,  ben  gefd)ä|ten  Saft  aurütfpljalten ,  ber  nad)  ber  Sriticomaftir  in 
©reifsroalbe  „mehrere"  Äinber  berloren. 

%m  Slprit  1503  öerlie§  er  mit  feiner  (Sattin  unb  feinen  beiben  ©öf)nen 
(Skersroalbe.  Ser  .^er^og  befd)enfte  it)n  mit  einem  eblen  Ütoffe,  rjunbert  S)ucaten 
unb  lief}  iijm  ein  rütjmenbeä  @mpfel)tungsfd)reiben  aufteilen.  Äurfürft  griebrid)  öon 
©acr)fen  rjatte  eben  bie  tjotje  ©d)ule  ju  Sßittenberg  gegrünbet;  at§  er  unb  fein 
S3ruber  Sodann  öon  bem  53efd)luffe  bes  berühmten  Italieners  rjörten,  luben  fie 
il)n  burd)  abgefanbte  53oten  jum  S3efud)e  Pon  Söittenberg  ein,  empfingen  itjn 
nad)  Grtroins  3Serid)t  fd)on  öor  ben  2r)oren  ber  ©tabt  unb  geleiteten  ifjn  mit 
QToBem  ^pompe  in  btefelbe.  .ßurj  barauf,  am  3.  9ftai,  tjielt  er  an  ber  Unioer= 
fität  einen  ferjr  intereffanten  Vortrag:  über  bie  ©etoalt  bes  $ßapfte§  unb  be§ 
römifdjen  Äaifer§  (de  potestate  summi  pontificis  et  Romani  Imperatoris),  morin 


534  5Petru3  9iar»ennag. 

er  u.  91.  £etjterem  bie  33efugnifj  einräumt,   oijne  9JHtwirfung   bc*  sJ>apfteg  Uni* 
Perfitätcn  ju  grünben. 

Salb  entfpradj  er  aud)  bem  Wunfdje  ber  dürften,  an  ber  neuen  ^odjfdjute 
SefjrPorträge  3U  galten.  Sod)  fdjeint  er  toaljrjdjeinliclj  aug  5RüdEfid)t  auf  leine 
bisherige  ©teile  bei  93ogigtaö  fein  orbentiid)cg  8er)ramt  —  feine  lectura  ordi- 
naria  —  übernommen  3U  Ijaben;  beim  er  ift  Weber  bei  ber  Uniüerfität  im» 
matricuürt,  nod)  ift  er  irgenbmo  atg  Ordinarius  Witebergensis  auigefürjtt. 
dagegen  finbet  fidj  Sincentiug  im  Winterfemcfter  1503  4  atg  Vincentius  de 
Thomais  Ravennas  U.  J.  Dr.  Paduensis  in  ber  "üJlatrtfel  eingetragen,  unb  würbe 
nidjt  blofj  jum  ^rojeffor  ernannt,  fonbern  am  23.  Wai  ober  1.  i^uni  1504 
fogar  3unt  Slector  ermät)It.  Sod)  bewerft  23altf)afar  in  feinen  f)anbfd)riittid)en  3u= 
fätjen  3U  feinem  „Öeben  ber  ©reifgmalber  Suriften"  :  ber  fturfürfl  Ijabc  balb 
wahrgenommen,  bafs  33incentiug  in  feinem  Wanbct  fein  fo  öor^ügtidjer  $ftaun  fei, 
wie  er  bem  Äurfürjien  buref)  beffen  Statt),  2>octor  lötattinug  ^o'ttidjiug  9)cetter= 
ftabtiug,  bargefteüt  roorben.  9ilg  D.  «RicolauS  «Dtatfdjalf  öor  Oftern  1505 
Wittenberg  Pcrlieft ,  erlangte  33incentiug  bag  Drbinariat  beg  Gober.  unb  behielt 
e3  big  311  feinem  Wbjuge  im  Spiitfommer  ober  .sperbft  1506.  Um  Watpurgiö 
1507  erhielt  beffen  ^rofeffur  Dr.  .Oieronljmug  «Sdjüvpf-  — 

Ter  äJater  ty.  f)ielt,  raie  bereitg  ermäl)nt,  nur  auftcrorbentüdie  Sortefungen, 
inbem  er  an  ^efttageu  in  ©egenwart  ber  fflfftlidjen  SSrübei  feine  „sermones 
extraordinarii"  bortrug ,  bag  finb  24  Dieben  über  öerfd)iebene  religiöfe  unb 
moralifcfje  fragen,  meiere  (nad)  ßöfetjer)  bereite  1505  ju  Wittenberg  in  officina 
Trebelliana  im  2>rude  crfd)ieneti  unter  bem  litcl:  „Sermones  extraordinarii  et 
pulcherrimi  cum  multa  rerum  et  liistoriarum  copia  clarissimi,  —  —  miranda 
memoria  praediti  Doctoris  Petri  Ravennatis  Itali .  quos  diebus  festibus  suis 
auditoribus  pronunciavit  in  Universitate  "Wittebergcnsi  assidentibus  serenissimis 
principibns  lllustrissimis  Saxoniae  dueibus  Frederico  Electore  et  Joanne 
fratribns."  9fufjerbem  teerte  ty.  nad)  eigenen  Gompenbien  tömifdjes  unb  fano= 
nifdjeg  Ütedjt.  Sag  compendium  juris  civilis  erfd)ien  fdjon  1503  (Albiburgi.  4°); 
ber  erfte  3:t>ei(  beg  compendium  juris  canon.  „in  cpuo  innumerabilia  auiea  et 
elegantia  dieta  continentur"  cbenbn  am  20.  9Iprit  1504  mit  einem  Jpulbigungs= 
fdjreibeu  an  ben  Äurfütften  fdjliejjenb;  am  26.  2ljml  1506  folgte  31t  Seidig 
bei  SCÖolfg.  sDtonacenfig  ber  jroeitc  Xfjeit  biefeg  umfaffenben  Werfeg,  an  beu  fidj 
nod)  ein  britter  anreihte.  —  3>n  einer  fpäteren  Gölner  s.Huggabe  ift  bag  com- 
pendium in  3  partes  geseilt  unb  finb  bie  sJ3taterien  alptjabetifdj  georbnet. 
Pars  1  umfajjt  bie  Sucrjftaben  a  big  h;  P.  2  i  big  p.  ftol.  CCX  beginnt 
P.  3  bujus  utilissimi  compendii,  jutefet:  conclusio,  b.  f).  9lnrebe  an  bie  Qu= 
fjörer.  betrug  aätjtte  in  Wittenberg  mannen  ^reunb;  31t  biefen  gehörte  aud) 
^ticotauä  s)Jtarfd)atf ,  ber  bie  Söorrebe  311m  compendium  juris  civilis  »erfaßte, 
bann  Äitian  Leiter  aug  9ttetterftabt  unb  Jperman  Srebetiug  aug  Sifenadj,  weldje 
bie  Sßeröffentltdjungen  it)re§  ©önnerg  mit  ©ebidjten  fcfjmüdteit ,  wätjrenb  Ijin* 
wieber  biefer  bebadjt  mar,  bie  fädjfifdjen  dürften  unb  bereu  erfte  ^Beamte  in 
roof)tgefebten  Werfen  3U  befiugen. 

©0  günftig  fid)  tjiernad)  für  $.  bie  Singe  in  Wittenberg  gematteten  ,  fo 
mar  bod)  aud)  fjier  feines  33(eiben§  nicf)t.  3m  Sommer  1506  brad)  bie  5J5eft 
au§,  roefrfjalb  bie  Uniöerfität  am  4.  ^nti  (naef)  ^Jcutr)er  am  Utrid)itage,  beut 
7.  3Iuguft)  naef)  bem  £aubftäbtd)en  ^er^berg  berlegt  mürbe,  mo  fie  big  Anfang 
Secember  beffelben  ^afrreg  üerbtieb.  ?lud)  ty.  fd)(o§  fein  Kollegium  über 
(iiüifredjt  im  Quli  mit  ben  Worten:  „Wie  id)  ferje,  liebe  3U^^»  üertreibt 
ung  bie  s4>eft..  Bo  ©ott  roütt,  gebenfe  id)  feiner  3^it  bas  begonnene  Werf  311 
üoüenbeu!"  Siefer  iöorfafe  fam  jebod)  nie  jut  2lugfüf)rung ;  benn  $.  30g,  an 
mehreren   beutfdjen  tf)0cfjfcf)ulen   öorfpred)enb ,   auf   Umwegen   nad)  ßöfn ,   beffen 


^etrus  jRaDcmtas.  535 

UniDerfität  ficf)  gerne  bal  „beutfcfje  >ßaril"  nennen  fjörte,  obroofjt  beten  roifTen= 
icfjaftlicfje  Stiftungen  auf  biefen  fjoctjftrebenben  tarnen  bamall  feinen  Slnfprucf) 
mefjr  öerücfjen. 

S)octor  äHncenttuS  fdjeint  ben  Sätet  nidjt  begleitet,  fonbetn  SBittenbetg 
fpäter  öerfaffen  3U  fjaben,  unb  öon  t>a  unmittelbar  nacf)  Italien  jutücfgefetjtt 
3U  fein.  33afb  bataui  routbe  er  Ütubitor  bei  Garbinall  öon  <&t.  ©abina  in 
9tom,  unb  toar  nacfj  23erficfjerung  bei  Ratete  eifrig  bemüfjt,  allen  Seutfcfjen, 
bie  ficf)  am  päpptidjen  «£>ofe  an  ifm  toanbten,  fulireicrje  §anb  ju  bieten.  £ter= 
mit  fcfjliefjen  bie  ^tacfjricfcjten  über  33incentiul  unb  ift  uns"  über  beffen  fpäteve 
©djicffate  nicfjtl  befannt.  — 

5ß.  mar  na  et)  J?ötn  ein  gtänjenber  9tuf  öorangegangen  unb  man  faf) 
feinem  öffentlichen  2luitreten  mit  größter  Spannung  entgegen.  3Benn  mir  ben 
übertteibenben  ©djilbetungen  bei  Crtroin  ©ratiul  Stauben  beimefjen  bütfen, 
fonnte  bei  ber  erften  33ortefung  ein  jefjr  geräumiger  Saal  nidjt  bie  sDJlenge 
ber  ^lerbeiftrömenben  i äffen.  £icf)t  gebrängt  ftanb  man  bil  roeit  über  bie 
2tnne  fjinaul  noef)  im  freien.  3Jcand)er  fucfjte  ein  ^lärjdjen  auf  ben  tieften 
ber  öor  ben  {yenftern  befinblicfjen  Säume;  anbere  im  Sparrenroetf  bei  Sadjel. 
2em  gemaltigen  ©ctöfe ,  buref)  bie  Stnroefenfjeit  fo  Vieler  entftanben ,  folgte 
plöt?lid)  lautlofe  ©title.  s4>-  t001'  erfefnenen  unb  fmtte  ju  fpredjen  begonnen. 
3Bie  ein  majeftätifcfjet  Strom  ergofj  ficf)  feine  fftebe.  2lüel  laufd)te  mit  ungeteilter 
3tufmerffamfeit.  Unb  all  er  geenbet,  ertönte  ein  gematiiger  Seiialilfturm, 
mie  man  ifjn  ju  ßöln  faum  noef)  gefjört.  —  2)er  ütattj  ber  freien  5Reid)lftabt  be= 
eilte  ficf),  ben  ©elefjrten  für  bie  Uniöerfität  311  geminnen  unb  5ß.  übernahm  gegen 
ein  jiemlicf)  befcfjeibenel  Honorar  ben  Vortrag  in  beiben  Otecfjten,  morauf  er  am 
3.  jtecembeT  1506  immatticulirt  unb  ifjm  ..ob  reverentiam  personae"  bie  üb= 
ticfje  ^nfcriptionlgebüfjr  nacfjgelaffen  mürbe.  5£a  er  auef)  feine  sermones  extra 
ordinarii  jum  ©egenftanb  einer  23otlefung  macfjte,  beforgte  er  im  SBinter  1506  7 
eine  neue  Slulgabe  berfelben  unb  reifste  an  fie  brei  roeitere  ,  fefron  früher  öer= 
öffentticfjte  SBerfe ,  bie  „Repetitio  C.  inter  alia  de  immunitate  ecclesiae".  ben 
..libellus  de  potestate  Papae  &  Imperatoris",  enblid)  ben  „Clypeus  contra 
doctorem  Cajum  impugnantem  suum  consilium",  ber  bereite  12  Cal.  Julii  1503 
3U  SBittenberg  in  -i0  bie  treffe  öettaffen  tjatte.  2lm  ©cfjluffe  bei  SBucfjel 
tfjeitt  ber  Sßerfaffer  bem  Sefet  bie  biograpfjifd)  roicfjtige  >Jtacf)ricf)t  mit,  bafj  er 
unb  feine  ©attin  in  ben  Drben  ber  Jertiarier  öon  ber  9tegel  bei  fjeiligen  fjfran= 
jigcul  getreten  feien.  2>m  folgenben  ^afjre  (1508)  üeröffentlidjte  5ß.  fein  be= 
fanntel  ..Alphabetum  aureum'-  ( Alphabetum  aureum  famatissimi  Juris  utriusque 
Doctoris  et  equitis  aurati  dni  Petri  Ravennatis  itali.  quod  ob  publicam 
Scholasticorum  utilitatem  ac  ut  multa  ex  tempore  in  utroque  Jure  tum 
opponendo  tum  respondendo  tum  etiam  determinando  memoriter  pronunciare 
possent.  in  lucem  edidit,  atque  amplissime  Germanorum  universitati  coloniensi 
nuneupavit);  nacf)-  ber  Slntage  unferen  juriftifcfjen  (Jncnflopäbien  öergteicfjbar, 
aber  an  Umfang  unb  2iefe  bei  ©efjaltel  roeit  fjinter  biefen  jurücfftebenb ,  benn 
bal  SBucrj  entfjält  eine  ftjftemlofe  Slneiimnberreibung  jutiftifetjer  begriffe  unb 
Dtecfjtlf vagen,  fammt  beren  (Erläuterung  in  alptjabetifcfjer  Drbnung,  bereichert  buref) 
einen  grofjen  Gitatenfram  unb  beftimmt,  öon  ben  ©djüleru  aulroenbig  gelernt 
}U  merben.  9tur  buref)  ben  grofjen  5Ruf  bei  3}erfafferl  ift  cl  etftärticf),  ba§  biefel 
äöerf  in  öerfjältniBtnäfjig  rafcfjer  öfofge  öier  Auflagen  erlebte.  Sie  3roeite 
erfcfjien  in  bem  nämlicfjen  ^afjte  mie  bie  etfte,  1508  (impressum  Rotbomagi 
per  P.  Olivier);  bie  britte  am  6.  Februar  1511 ;  bie  oierte  beforgte  Dr.  ^ofjannel 
2f)iererj  ju  Srjon  1517.  S)em  9Ilpfja6ete  finb  noef)  beigegeben  bie  iroenige 
SSlätter  umfaffenben)  ..Dicta  quaedam  notabilia  quasi  extra vagantia  sine  ordine 
alphabeti" ;  bann  bie  ..Allegationes  et  conclusiones  in  materia  consuetudinum"  ; 


536  Petrus  JRabennal. 

toeldfje  unter  beut  2itel:  „Enarrationes  in  titulum  de  consuetudine''  audj  in 
befonberem  ©tucfe  ausgegeben  mürben.  $n  ber  3.  unb  4.  Kurtage  ift  bie  merjr 
erroäfmte  Griticomaftir  beS  Ortroin  ©rattuS  angehängt ,  nebft  befjcn  93rieie  an 
ty.  unb  bem  9lntmortfd)reiben  beS  9tabennaten,  roeldje  beiben  (Sd)riftftütfe  fd)on 
früt)er  fura  bcfprodjen  rouvben.  —  2>ie  günftige  Slufnatjme,  meldje  ber  2lnfömm= 
ling  fofort  bei  feinem  erften  (Srf djcinen  in  $öln  gefuuben  rjatte,  [inerte  itjm 
unter  ber  33ebölferung  jar)(reicf)e  9lnr)änger,  bereu  tarnen  mir  au§  ber  6riti= 
comaftij  erfahren;  mir  finben  unter  bieten  anberen  beu  *protonotar  beS  apofto= 
Iifd)en  StutjteS,  ^ropft  91nbreaS  be  33enroeb,  bie  SßÜrgermeiftcr  ©erwarb  b.  Söefet 
unb  ©ertjarb  SGßaffer,  ben  erjbifd)öflid)en  fiscal  Urban  be  33ierfen,  3of).  9ftincuS, 
ber  SßettuS  malen  unb  befjen  33ttb  in  feiner  SBotmung  au'tjängen  liefe,  ben 
©nglänber  -gmrifiuä,  ber  gleid)  einigen  g^niben  beS  $.  megen  nact)  $öln  ge* 
fommen ,  unb   mehrere  Slnbere. 

216er  aucr)  an  ©egnern  fehlte  eS  bem  roelfdjen  ©afte  nidcjt,  an  bcren  (Sbitje 
fein  ©cringcrer  ftanb  a(S  ber  üDominifanermönd)  $acob  .ipodjftratcn  (f.  31.  3).  23. 
XII,  527),  einer  ber  einflufjreid)ften  Männer  beS  tt)eologifd}cn  2)eutfd)lanb,  boct) 
fdjlimm  gefennjeicfjnet  in  jenen  epistolis  obscurorum  virorum;  mit  itjm  unb 
feinen  2lnl)ängem  geriet!)  s4».  in  eine  miffenfdjaftlidje  getjbe ,  bie  beiberfeitS  mit 
großer  3ät)igfeit  unb  fteigenber  Erbitterung  geführt  mürbe.  (Dr.  9ttutt)er  l)at  in 
feinen  Söorträgen  „9IuS  bem  UniberfitätS*  unb  ©etetntenleben  im  Zeitalter  ber 
Deformation",  <S.  99  u.  ff.,  unter  bem  £itel:  „9luSgang  beS  }}etruS  SiabennaS" 
ben  Verlauf  unb  bie  (Jinaeltjeiten  biefeS  r)ötf)ft  unerquirflidjen  (Streites  fer)r 
auSfürjrlid)  gefdjilbert.) 

Um  ^ofjanniS  1507  erfdjien  bie  arbeite  Ausgabe  beS  Jus  canonicum;  auS 
iljr  entnehmen  mir  2  (Streitfragen  ,  roeld)e  jmifdjen  s$.  uno  oen  Kölner  2tjco= 
logen  311  s3Jteinung§bcrfd)iebenr)eiten  geführt  blatten.  SS)ie  crfte  (Streitfrage  betrifft 
bie  "Jtatur  beS  Qetynim.  ^.  tiertritt  in  Uebercinfttmmung  mit  ben  Äanoniften 
unb  gegen  bie  9luS|ül)rungen  eines  ungenannten  2)octorS  ber  £r)eologie  ben 
Sat} :  bajj  bie  3cr)cnten  nictjt  juris  humani.  fonbern  juris  divini,  fotjin  unber= 
järjrbar  feien.  2)er  jroetten  ßontroberfe  lag  ber  concrete  ftatl  ju  ©runbe:  bafj 
bie  Verausgabe  beS  ßeicrjnamS  eines  reuig  am  ©atgen  berftorbenen  93crbred)erS 
betjufS  fird)tid)en  23egräbniffeS  berlangt  mürbe,  ty.  rjatte  bie  2Intmort  erttjeitt, 
bafj  bie  iUerroeigerung  biefeS  Verlangens  gegen  göttlidjeS,  menfd)lid)eS  unb 
natürliches  Atedjt  öerftofee  unb  forooljt  guter  Sitte  mie  2lnftanb  miberftreite!  .  . 
(Segen  biefen  SluSfprud)  richtete  nun  |)od)ftraten  anfangs  1508  ober  1509  bie 
(Streitschrift :  Justificatorium  prineipum  Alamaniae  a  Jacobo  llochstraten  com- 
pilatum ,  dissolvens  rationes  P.  Ravennatis  (s.  1.  e.  a. ').  daneben  beröffent= 
tid)te  ©errjarb  tion  3ütpt)en,  ber  freien  fünfte  unb  ber  Ideologie  ^rofeffor,  ben 
„Tractatum  de  cadaveribus  maleficorum  morte  punitorum  ad  considerationem 
Alamaniae  Prineipum  et  aliorum  Judicum.'"     (Colon.  1508.     4Ü.) 

S)a  $.  unb  bie  Kölner  Xrjeologen  übereinftimmenb  ber  papiftifd)cn  9ticrj= 
tung  rjutbigten  unb  bie  erroärmten  dontroberfen  als  tr)eologifcrje  im  ftrengeren 
9ßortfinn  nidjt  beacidjnet  roerben  fönneu,  mirb  man  faum  fel)l  getjen,  menn  man 
bie  eigentliche  llrfad)c  beS  3lr)'fte§  jmifdjen  ^ß.  unb  feinen  fölnifd)eu  3Gßiber= 
fadjern  auf  gan^  anberem  ©ebiete  fudjt.  Zweifellos  erregten  bie  burctjfdjlagenben 
(Srfolge  beS  roelfdjen  ©afteS  ben  51eib  unb  bie  ©d)eelfud)t  ber  @inl)eimifcr)en,  ju= 
mal  %y,  bon  Ueberrjebung  unb  (Jitelfeit  nidf)t  frei,  mit  einem  berletjenben  ©elbft= 
gcfül)le  aufzutreten  pflegte.  21uctj  DrbenSeiterfüd)teleien  mögen  eine  beadjtenS= 
roertt)e  Dotte  gefpielt  tjaben ;  menigftenS  maren  bie  2)ominifaner  fetjr  ungeljalten, 
i>a%  ^}.  unb  feine  grau  Sucretia  Sertiarier  geroorbeu.  211S  bie  Sractate  bon 
|)od)ftraten  unb  ©erwarb  erfdjienen,  mar  ^.  gerabe  bamit  befdjäftigt,  einige 
„dieta  uotabilia':  ju  feinem  alphabetum  aureum  jujammenjuftellen.    @r  benü^te 


Petrus  ftaberma?.  537 

biefe  ©elegenfjeit,  in  ben  dictis  bie  3Weite  Streitfrage  ,}u  berühren  unb  311  feinen 
©unften  bie  fctjwerwiegenbe  SCnfid^i  bei  gefeierten  fünften  $8atbu§  be  llbatbis 
in£  treffen  3U  führen,  $aft  gleichzeitig  trat  er  mit  einer  jjtoeiten  ©crjrift  gegen 
£)oct)ftraten  auf,  Welcfje  ben  Xitel  fütjrt:  „Yalete  cum  perpetuo  silentio  ad 
clarissimum  tbeologiae  professorem  magistrum  Jacobum  de  Alta  platea,  ordinis 
predicatorum .  Petri  Ravennatis  J.  U.  Doctoris  de  bassa  platea  etc." ;  ^etrus 
nennt  ftdj  t)iex  im  Söortfpiele  mit  ^odjftraten's  latinifirtem  tarnen  (de  alta 
platea)  „de  bassa  platea"  (öon  ber  nieberen  ©tra|e ,  b.  t).  Pon  geringer  ,!per= 
fünft),  unb  Perttjeibigt  feine  atterbings  berbe  ßampiweife  mit  bem  fwcbjafjrenben 
©egner  burd)  bie  ironifetje  Sefjauptung:  er  jei  eben  plump  an  Äörper  unb 
(Seift,  muffe  barjer  plump  öorgefyen,  Weil  plumpem  plumpes  gezieme.  Gr  motte 
fid)  inbefc  bei  bes  ©egneri  3llbernf)etten  nid)t  länger  aufhalten;  er  werbe  bas 
öon  Jpocrjftraten  ausgegebene  SBüdjtein  nebft  feiner  Entgegnung  in  Italien  bruefen 
taffen,  bie  italienifctjen  Sloctoren  mögen  bann  über  biefe  Umgereimttjeiten 
urteilen. 

$.  ftanb  in  ber  Ijeifjen  fyetjbe  nidjt  allein;  er  fanb  in  Crtmin  Pon  ©raes 
tränige  llnterftüfeung,  welctjer  in  ber  mefjrgenannten  (Sriticomaftir  (ad  Petr. 
Ravennatem  suae  peregrinationis  Criticomastix  ift  ber  bolle  Name  ber  2lbr)anb* 
lung)  für  ben  angegriffenen  in  bie  ©djranfen  trat,  beffen  23anberfd)aft  recb> 
fertigte  unb  in  atterbings  ftarfer  Uebertreibung  bie  Seiftungen  unb  Serbienfte 
bes  ty.  fjerPorrjob.  Drtmin's  Sßerfjalten  bleibt  jebod)  ebenfo  rätfjfeltjaft  als  auf= 
faßenb;  benn  wäfjrenb  er  1508  jene,  man  barf  fagen,  begeifterte  (Sc^n^fdtjrift  Per= 
öffentlid)t ,  finben  mir  ifm  1511  im  Sager  ber  ©egner  bes  Petrus,  ba  er  ber 
1511  erfctjienenen  britten  Slulgabe  Pon  ^octjftraten's  „Protectorium  prineipum 
Alamaniae"  ein  lobenbei  £)iftid}on  üorausfe&te  unb  bem  2)ominifaner  ©erarbus 
be  ^utpljania  eine  rjöcbjt  flosfetreicfje  ©rabfdjrift  roibmete.  —  (Sbenfo  rätfjfelfmft 
unb  auffällig  bleibt  es,  bafj  bie  bekannten  epistolae  obscurorum  virorum,  weldje 
an  3tuei  ©teilen  (33tief  20  unb  50,  SSanb  II)  bes  3taPennaten  gebenfen,  unb 
Ortwin  als  ..poeta,  orator  et  pbilosophus,  nee  non  theologus  et  plus  si  vellet" 
Perfpfmen,  Pon  jenem  sFieinungswec£)fet  feine  (Srroäfjnung  tf)un,  obtoot  er  für 
ben  Skrfaffer  ber  23rieie  eine  fefjr  brauchbare  SBaffe  gegen  ben  9ftagifier  ge- 
rn efen  wäre. 

Sie  beftänbtgen  Nörgeleien  unb  Eingriffe  bon  ©eite  ber  Sominifaner  Per* 
leibeten  $.  atlmäbjicf)  ben  Slufentljatt  im  „gtücf ticken,  beiligen  £ötn,  ber  be- 
rütjmteften  ©tabt  2)eutfd)lanbs",  unb  er  rüftete  fid)  jur  3lbteife  nadj  ber  erf efmten 
£eimat.  2lm  ©onntag  ^atmarum,  ben  16.  3lprit  1508,  fjielt  er  Por  einer 
grofjen  9Jtenge  in  ber  ^Rinoritenfirctje  feine  Slbfcbiebsprebigt  über  ben  2ob  unb 
Perliejj  unter  Ijet^en  Spänen  bie  Äanjel.  3lm  Sonuerftag  nad)  Dftern 
(27.  2tpriO  beftieg  er  ein  ©ctjiff  unb  fub>  einftmeiten  nad)  ^Jlaina ;  benn  bie 
fofortige  9tüdfef)r  ins  SSatertanb  mar  untlmnlicf) ,  weil  an  s$o  unb  Slbba  ber 
$riegslärm  tobte  unb  gerabe  bas  ^abuanifdje  ©ebiet  mit  feinbtidjen  Xruppen 
überwogen  mar.  3n  ^Jlain^  mürbe  bem  grembting  warmer  Söittfomm.  SBenige 
Sage  nad)  ber  Sanbung  fpradj  er  in  äatjlreidjer  ©eletjrtenüerfammlung  (welcher 
aueb,  ber  päpftlid)e  Segat  Pom  ^eiligen  Äreuje  anmofjnte),  unöorbereitet  über 
einige  itjm  angewiefene  ©teilen  be§  .gjebräerbriefes  unb  bie  ©eWalt  einel 
Segaten  a  latere.  worüber  letjterer  fic|  feljr  beifällig  äußerte.  S)ie  Uni= 
oerfität  übertrug  irjm  alebalb  bie  lectura  ordinaria  in  jure  canonico  unb  er 
la§  nod)  gegen  (änbe  bei  ©ommerfemeftere  1508,  wie  wir  aus  ber  Stu^eidmung 
eines  feiner  3ut)örer,  ^of)aune§  ©orbiüo ,  erfahren.  3m  Same  bei  ©ommerl 
öoltenbete  er  fein  ju  Äöln  begonnene!  ..Compendium  breve  in  materia  con- 
suetudinum  feudoruni  etc."  2)ie  SBibmung  1  praefatiuneula)  an  $aifer  5Jlaji= 
mitian  ift  batirt  aus  Äöln  am  13.  2tprit  1508  unb  flo^  aus  ber  fteber  feines 


538  '.JJettn*  MaDcnnac-. 

©d)ü(cr3,  be3  6ng(änber3  ©uilelmu3  £arifiu3,  jur.  wtr.  baecalaureus,  ben  mir  bereite 
in  $ötn  fennen  gelernt  fjaben.  —  %  bejeidjnet  im  Eingänge  biefe3  2Berf  au3= 
brücflid)  ali  fein  (et$te3,  ba  er  nad)  Pieleit  9Jlütjen  enbtid)  ju  rutjen  münfcfjc. 
^nbcffen  merbe  er  nid)t  üerfäumen ,  bem  Sfacob  £)od)[traten  ju  antworten ,  ber 
tiott  #odjmutlj,  2)reiftigteit  unb  (Sigenbünfet,  in  großer  Sgnorana  über  9ied)t3= 
matericn  getrieben  tjabe,  obtoot  er  jmifdjen  ben  Stementtnen  unb  bem  über 
sextus  faum  unterfdjeiben  tonne  unb  niemals  £örer  be3  9ied)t3  geroefen  fei! 

Setjtever  entgegnete  auf  ba3  ^öüdjtcin  „Valete  cum  perpetuo  silentio  etc' 
mit  ber  „Sd)otafiifd)en  Sßerttjeibigung  ber  dürften  2)eutfd)lanb§  barin,  bafj  fie 
bie  Sßerbrcdjer  unbeerbigt  am  öalgen  laffen",  ma()rfd)einlid)  nur  ein  ctroa3  Per= 
mehrtet  SBieberabbrud  be3  1508  erfdjienenen  Justiticatorium  Principum  Ala- 
maniae,  ba3  1511  mit  einem  £obgebtd)te  Drtroin'3  in  brittcr  Auflage  erfdjien, 
nadjbem  ,<pod)ftraten  mitttciroeile  jur  rotdjtigen  ©teile  eine§  inquisitor  haereticae 
pravitatis  ernannt  roorben  mar. 

2Bäljrenb  aljo  -£)od)ftraten  ben  Kampf  fortfetjte ,  fudjt  man  bergebenS  nad) 
ber  tion  ty.  im  comp,  feudoruni  in  SXu3ftd)t  gefteltten  @ntgegnung3fd)rift ;  er 
fd)eint  burd)  ben  Job  baran  öettjinbert  morben  ju  fein.  3lut  eine  fefjr  triftige 
.Cunberung3urfad)e  tonnte  bie  Gmüttung  ber  fe|r  beftimmt  gegebenen  ^ufage 
bcreiteln.  —  S)a  mir  nad)  bem  Sommer  1508  jebe  ©pur  unfereS  ©etetjrten 
Pertieren,  ift  mit  ©tunb  anmnetjmen,  bafj  er  in  ber  jroeiten  <g>äCfte  biefeS  ober 
anfangt  be3  näd)ften  ^atp-'cö  bae  3eittidje  fegnete.  SBir  tjaben  über  ben  2ob 
bc£  $.  feine  unmittelbare  9tadjtidjt;  Pon  Gelang  ift  ein  iörief ,  ben  9teud)tin 
am  1.  9toPembcr  1518  an  ben  Sarbinat  9Id)ilte*  be  Graffi3  riäjtete.  6r  fprid)t 
tjierin  bon  ."podjftraten ,  ber  fid)  rüfune,  $ettit8  Wabenna3  au3  Köln  beitrieben 
ju  tjaben,  unb  fdjreibt  bann  mörttid):  „£cr  göttlid)c  <ßetru8  föabcnnaS  ging 
burd)  biefe3  Ungeheuer  bon  Wenfcrjen,  Aschthrata  I.  R.  VII  (benn  fo  mirb  auf 
Sljalbäifd)  aud)    ber  Xeufel  genannt),    unter  —  au3  Kummer  (prae  maerore)". 

*p\  tjatte  1508  baS  60.  Sebensjarjr  überfd)ritten  unb  burd)  feine  unftäte, 
aufregenbe  SebenSmeifc  einen  guten  ll)eil  feiner  fttäfte  berbraud)t,  mefjljalb  ifm 
aud)  £)rtmin  at8  fef)r  gealtert  unb  geored)lid)  fd)ilbert.  63  ift  batjer  nidjt  un= 
roaf)rfd)eiulidj,  bafc  er  otjncbtefj  burd)  Sßerbrufe  unb  SIerger  über  bie  beftänbigen 
kämpfe  Porjeitig  aufgerieben  mürbe  unb  au3  Kummer  über  bie  erlittenen  Kram 
fungen  unb  böSmittigen  Angriffe  ftarb.  SÖenn  it)u  ^uttjer  in  feinen  „Resolutiones 
de  indulgentiis"  unter  bie  Beugen  ber  cPangelifdjen  SBarjrrjcit  fetjt ,  metd)e  um. 
biefer  mitten  üon  ben  Slntjangem  ber  römifdjen  (iurie  mit  ©eroalt  unterbrüdt 
mürben,  fo  Ijat  fdjon  Jpugo  in  feinem  ciPitiftifdjeu  6mfu3  (VI,  183)  bae  3frr= 
tt)ümlid)e  biefer  s43et)auptung  bargettjan,  meil  v|>.  bem  papiftifd)en  ©pjteme  rjutbigte 
unb  ber  5f^be  nid)t  ttjeologifdje  sJ3tcinung3Derfd)iebent)eiten(  fonbern  ganj  öor= 
miegenb  perfönlid)e  ©et)äffigteiten  ju  ©runbe  tagen. 

Zxofy  uuftäteu  2Öanberteben3  mar  unfer  ©eler)tter  ein  fet)r  fleißiger  unb 
nntctjtbarer  ©ctjüftftetter.  6r  tjinterticfj  ad)tjet)n  2Berfe,  Pon  benen  ba3  com- 
peudium  juris  canonici  mehrere  üt)eile  umtafet.  Sein  nun  fetten  gemorbeneß 
@rftting§mert  ift  bie  eigenttidj  au3  Dtei  Sftcben  beftetjenbe  „Oratio  pro  patria 
ad  illrhum  Principem  Nicolanm  Trunum  Venetum  Ducem",  metd)e  am  14.  Februar 
1472  pon  9ticolau3  ^enfon  ^u  93enebig  in  gotio  gebrudt  mürbe,  ßange  nad) 
feinem  £obe  erfd)ien  bie  „Constitutio  de  statutis",  juetft  1574  in  Königsberg,  bann 
10  ^at)re  fpäter  1584  got.  in  ^enebig.  Sie  mehreren  feiner  Söerte. beigegebenen 
lateinifdjen  Carmina  äeugen  Pon  bid)terifd)er  Begabung  unb  fidjerer  Seb,errfd)ung 
ber  ©pradje.  *|3rof.  Dr.  5Jcutt)er  t)at  at3  9Inrjang  ju  feinem  oben  ermärjnten 
Vortrage:  „3tu3gaug  be§  ^ehu3  9taöenna8"  (Seite  95  - 128,  bann  370  — 395), 
fämmttidje  Schritten  beffetben  forgfältig  jufammengeftettt,    unter   genauefter  3ln- 


$etru§.  539 

gäbe    bei-    einzelnen   Site! ,    be§   Snfjaltes  jeben   Sanbes  unb   ber   öerfctjiebenen 
Slusgaben. 

Ueber  bie  «periobe  in  Italien  bie  in  ©aöignn's  @efä.  bes  röm.  913.  im 
Mittelalter  33b.  VII  @.  253  Silierten,  bef.  gabronius,  Hist.  acad.  Pisanae 
T.  I  —  1t.  @.  Xirabosctji,  Storia  della  letter.  italiana  VI.  P.  III,  544—55.  — 
lieber  bie  ©reifsroalber  ^eriobe:  Äofegarten,  ®cf$.  b.  Uniöerf.  ©reifste,  k. 
8.  154—162.  —  Ueber  bie  Kölner  unb  5)tainäer  5ß,eriobe:  Dr.  «ötutyet, 
9h.  III,  „Ausgang  bes  Petrus  Sftaöennas",  ©.  95—128  n.  370—395  in 
bellen  Vorträgen:  2tus  bem  llnitoerfität§=  unb  ©elef)rtenleben  iE.  —  Gin  öolt= 
ftänbiges  Sebensbilb  gibt  §f.  SB.  Sßartt)olb ,  ©efefj.  ö.  öligen  u.  Sommern, 
%$l.  IV,  23b.  II,  ©.  7—17  u.  51—63.  ©ief»e  aud)  31.  Vatttjafar,  \itae 
J.Ctorum  Gripisw.  u.  beffen  t)anbftf)riftl.  Sufärje.  gifentjart. 

^Ctniö:  $.  Srjeobori,  Slftronom,  geb.  (um  bie  «ötittc  be8  XVI.  5a$t* 
fombettS?)  in  gmben,  t  am  1.  September  1596  auf  bem  ©djiffe  (im  inbifäen 
Ocean).  $.,  ber  in  bem  ©riginalbericf)te  über  bie  öon  ifjm  ausgeführten  Steifen 
ben  «Kamen  $eter  ©ird#a  Äerjfer  Türjrt,  fcfjeint  früfj  in  ben  nieberlänbifdjen 
©eebienft  getreten  ju  fein  unb  ben  Unterricht  be§  Stmfterbamer  9Jtatt)em  atifers 
^lancius  genoffen  ju  tjaben.  dt  befanb  fidj  auf  ber  ftlotte,  toelcrje  bie  erfte 
fionänbijdje  (Srpebition  natf)  £interinbicn  braute,  unb  erfreute  fiel)  bes  ftufes 
eines  befonbers  erfahrenen  Quoten.  53ei  ber  Dtüdfefjr  ber  (SScabie  tourben  bie 
aftronomiftfjen  Slufjeid&nnngen  bes  33erftorbenen  bem  ^tancius  übergeben,  ber  bie 
barin  enthaltenen  aftrognoftifd)cn  Neuerungen  rjotlänbifd)en  ©lobenöer'ertigern 
(#onbius  u.  f.  tt.)  mitteilte  unb  es  fo  bettirfte,  ba&  aud)  ber  Seutfdje  «Bapev 
Don  jenen  für  feine  „üranometria  nova"  «Jtufcen  &tyn  tonnte.  Q3aöer  bettelt 
ebenfo  toie  £outman  unb  Gaefiue  bie  Vejeicfjnungen  bes  5ß.  2t).  bei,  ber 
mithin  afö  ber  eigentliche  SBegrünber  ber  Slftrognofie  ber  ©übljalbfuget  gelten 
barf.  Sm  ganjen  tjat  er  bie  ^ofition  öon  121  Sluftratfternen  mit  ber  in  jener 
^eit  überhaupt  crreidjbaren  ©enauigfeit  beftimmt. 

Recueil  de  voyagea  qui  ont  servi  ä  l'etablissement  de  la  compagnie 
des  Indes  Orientaux,  1.  93anb,  »mjietbam  1717.  —  Dtbere,  Ueber  bie 
neueren  Stembilber,  ©cfjumaerjers  ^fironomifdjes  Sarjrbud)  für  1840.  ©.  239  ff. 

©  ü  n  t  t)  e  r. 

$dtH8:  ©ufftibuS  $.  <©joerb  $pieter§a),  friefiferjer  £ijtorifet,  geb.  am 
15.  3uni  1527  in  Seeutearbai,  [tubirte  in  Sötten,  tturbe  30  Satjre  alt  ^rofeffor 
ber  gricdjifäen  unb  tateinücfjen  Spraye  in  grfurt;  1562  Sicentiat  unb  SBiblio* 
tr)cfar  öon  ©ranöellc,  teofmte  fpätcr  in  Sötten,  tto  er  Sicentiat  ber  9tecf)te  tturbe 
unb  bann  bas  canonifdje  3fce$t  bocirte,  unb  ftatb  naef)  merjrfacrjem  2Bof)nttecfjfel 
in  Äöln  tto  er  öorfjer  ^roieffor  bes  ©riecf)ifd)cn  gettefeu  ttar,  at3  Ganonicus 
ber  Slpoftelfircrje  am  23.  Januar  bes  »es  1597.  «p.  ttar  feiner  3«t  ein 
angefeljcner  (Belehrter,  ber  eine  gettaltige  3af)l  öon  titterarifc^en,  jurifiifdjen  unb 
tjiftorifctjen  SBerfen  gefct)rieben  fjat.  3lber  it)m  fehlte  flriti!  unb  nod)  mefir  Siebe 
äur  2Batjri)eit.  ffim  namentlich  öerbanfen  bie  öieten  tollen  unb  fmnlofen  fabeln, 
ttelcfje  bie  friefifetje  (Befd)id)te  entftellen,  Ujie  Verbreitung,  benn  er  rebete  ber 
berüchtigten  Stjronit  be§  2lnbreas  GorneliuS  ba§  SBort  unb  fc^rieb  ein  eigenes 
Söer!  ..He  Frisiorum  antiquitate  et  origine  libri  tres,"  Colon.  1590,  um 
allen  Unfinn,  toetdjen  biefer  au§  feinen  angeblichen  Cueilen  t)eröorgebrac^t  Ijatte, 
ju  öertljeibigen  unb  bie  gctjttjeit  jener  CueHen  3U  betteifen.  ßm  3a^t  fpater 
fügte  er  bemfelben  noc^  ein  Seben  m\o'Z  ä«  unb  bef^ättigte  fid)  nod)  turj  öor 
feinem  2obe  mit  einer  „Apologia  pro  antiquitate  Frisiorum',  gegen  Ubbo 
gmmius,  tteterje  1603  öon  gfurmeriuS  beenbigt  unb  herausgegeben  tturbe.  dinen 
etttas    befferen    ©tenft    leiftete   er    ber   @efd)ic^te   buref)   feine    ..De  senptonbus 


540  3Jetfö  -  fettet. 

Frisiae  decades  XVI  et  semis",  Col.  1593,  in  toeldjem  ©ucfje  er  $toar  über 
aüc  bie  40  angeblichen  alten  £)iftorifer ,  auS  roelctjen  (SornetiuS  u.  f.  ro.  irjre 
gabeln  f)erborge3ogen  ju  tjaben  berftdjerten,  mie  roenn  fie  mirftid)  bageroefeu 
wären,  rebet,  bod)  über  fpätereS  tjie  unb  ba  einigen  nütjlidjen  2luffdjluf}  gibt, 
©eine  gortfetmng  bon  ©efa  unb  <$eba  unb  feine  „Gesta  Episcoporuni  Leova- 
nensium"  foroie  bie  21uSgabe  ber  Grjronif  beS  9Jtartinu§  £ßolonuS  unb  feine 
„De  illustribus  Ecclesiae  scriptoribus  auctores"  geben  feine  ©cronlaffung  3U 
Etagen,  tote  feine  Söerfe  über  friefifdje  ©efdjidjte,  roeldje  einem  berbienftboüen 
©elefyrten  ben  unauStöfd)lid)en  3JtafeI  ber  galfcrjung  unb  £üge  unb  ber  ©er= 
breitung  bon  ßügen  unb  gälfdjungen  aufgebtücft  Ijaben.  3ebod)  berbient  ßineS 
babei  als  Sutlaftung  angeführt  31t  roerben.  Iß.  glaubte  atleS  roaS  er  fdjrieb, 
unb  bertrjeibigte  auf  itjm  unroiberfptedjlicf)  fd)einenben  ©rünben  bie  gabeln  ber 
2tutoren,  bie  er  bertrjcibigte.  @r  meinte  geroifj  ein  sUieifterftüd  ber  rjiftorifdjen 
Ävitif  geliefert  3U  fjaben,  unb  roa-:-  faft  tnet)r  fagen  roitt,  baS  tjaben  aud)  feine 
3eitgenoffen  genieint;  unb  noer)  in  biefem  3tarjrt)unbert  fyaben  biete  friefifdje 
namtjafte  ©elerjtten ,  ©pradj*  unb  ©efdudjtSfotfdjer  fid)  nicfjt  entfdjliefjen 
fönnen ,  einem  fo  gelehrten  unb  fritifdj  berfarjrenben  2lutor  nidjt  roenigftenS 
tfjeilmeife  ©lauben  3U  fcfjenfen.  SlaS  fjat  ber  $ampf  um  baS  Oera  Linda  Bok 
beroiefen. 

©gl.  ©otrjuiS  van  3"burgl),  Kritick  der  Friesche  Geschiedssehrijving  I. 
—  be  äßinb,  Bibliotheek  van  Xederlandsche  Geschiedschrijvers.  —  2)ie  ßifte 
feiner  Söcrfc  fterjt  bei  bau  ber  2la.  —  Sf.  $.  2).  SRöfdmann,  flrttif  ber 
friefifdjen  ©efd)id)tsfd)reibung  u.  f.  m.  ßmben  1863,  ©.  38  ff. 

$.  2.  Füller. 

s^Ctfd):  $or)ann  griebridj  ty.  ift  ber  Siebter  „eines  fdjönen  crjrifttidjen 
SiebeS,  bon  bem  efjrroürbigen  .freuen,  2)octor  sDtarttno  ßut^ct,  unb  feiner  ßefjre",  baS 
im  $.  1546  balb  nad)  Sutfjer'S  £obe  3U  SBittenberg  bei  ©eorg  Üttjaro  erfdjien. 
SDer  SHdjter  ift  bermutrjlid)  ibentifd)  mit  bem  3>orjann  griebridj  s43et}fdj ,  ben 
ÄUiffttfi  Sofjann  griebridj  bon  ©adjfen  am  14.  üDccember  1545  Sutfjer  unb 
9JManct)tf)on  in  einem  ©riefe  an  fie  3ur  2lnfteflung  in  einem  $ird)enamtc  empfafjl ; 
mir  erfahren  auS  biefem  ©djreiben,  bafs  s^-  fvutjer  bom  .fhufürfteu  llnterftütmng 
3U  feinem  ©tubium  erhalten  rjatte,  bamalS  sUcagifter  mar  unb  fidj  um  eine 
2Inftellung  ober  meitere  ©eifteuer  3U  feiner  Unterhaltung  an  ben  ßurftitften 
Qemanbt  rjatte.  $m  2llbum  ber  ju  SBitteuberg  ^mmatricultrteu  fommt  fein 
'Jtame,  mie  e§  fdjeint,  nid)t  bor;  hingegen  ift  im  Slpril  1543  ein  ©eorg 
^etfd)  aus  SBeimar  infertbirt,  ber  bieüeidjt  ein  ©ruber  beS  unfrigen  ift.  (3ui 
^.  1539  ift  GaSpar  ^etjfdje  auS  Älaufenburg  inferibirt). 

Söadernagel,  baS  beutfd^e  ^?ird)enlieb  I,  ®.  423,  9lo.  78.    III,  ©.  975 

s)lo.  1159.  —  ©urftjarbt,    SutfjcrS   ©riefmedjfet    ©.    485.    —   goerftemann; 

album  academiae  Vitebergensis.  p.  203b.  (unb  177a.).  I.  u. 

^Cttcr:  Slnton  $ß.,  .^iftorienmaler,  geb.  am  2.  2lpril  1781  ju  2Bien  als 
®lieb  einer  gamilie,  meldje  eine  9ieit)e  Ijerborragenber  ßünftler  auf^uroeifen  ^at, 
ertjiett  feine  erfte  2IuSbilbung  in  fetner  ©aterftabt,  inSbefonbere  burd)  ben  GuftoS 
ber  faiferlidjen  ©alterte,  ßatl  iftufc,  mit  bem  ir)n  aud)  in  ber  golge  ein  gleidieS 
Streben  berbanb.  «^aum  25  3fab,re  alt  erhielt  Sp.  für  fein  grofjeS  ©emälbe: 
„2)er  tobte  31riftibcS"  ben  9teic£jet'fd)en  ßunftpreiS  juerfannt.  ©eine  meitere 
2luSbilbung  betrieb  er  in  Italien,  inSbefonbere  in  9tom  unb  mürbe  1814  3um 
9Jlitglieb  ber  2lfabemie  ber  bilbenben  fünfte  ernannt.  2)ic  2Ifabemieen  p  sIRaitanb 
unb  ©enebig  tjatten  5|3.  31t  intern  @r)reumitgtiebe  ernannt.  2llS  Srjtjeriog  ^or)ann 
bon  Defterreid)  ju  Einfang  biefeS  ^afrrrjunbertS  ber  baterlänbifd)en  öfterreidjifdjen 
f?unft  feine  befonbere  2lufmerffamfeit  3uroenbete,   richtete  er  auetj   feine  2(itTmer!= 


5ßettti$.  5  41 

famfeit  auf  $.,  beileibe  malte  eine  Dteifje  bon  Silbern  ffit  bas  ©d)loß  £t)ernberg, 
in  bem  ber  gffitfi  weilte,  fein  großes  Silb,  bie  Segegnung  ber  Brautleute  «Dlaj  I. 
unb  Sftaria  bon  Surgunb  barftellenb,  welches  am  ber  9lusftellung  bon  1816  bc= 
fonberes  ?lu<fe£)en  erWrcfte,  laufte  ber  (Sr^eraog  unb  fdjenfte  es  ber  ftänbifdjen  Silber 
gatlerie  in  ßraj.  ßr  War  e§  aud),  metdjer  ben ^Raler  aneiferte,  ©toff  e  aus  ber  <Sefd)id)te 
Defterreid)s  jum  SorWurfe  feiner  Silber  311  wäf)ten.  ©0  entftanben  im  3.  1822 
bas  großartige  ©emälbe,  roelc^e§  ben  Sriumpbjug  Etarmiilians  I.  in  ©ent  bar= 
fteEt,  wärjrenb  beffen  bie  ©emalin  bes  Äaifers  itjm  ben  injwifdjen  geborenen 
©orjn  $t)itipp  entgegenbringt,  im  3-  1824  bas  Silb:  3of)anna  bon  Siragonien 
mit  ifjren  ßinbern  an  ber  ßcidje  $t)itipp5  bon  Oefterreid),  im  3-  1828  einige 
©emätbe,  meldte  ©cenen  aus  ^nrfers  9tubotpr)iabe  barftellteu  u.  a.  m.  _2>as 
große  Silb,  roetd)es  Otubolf  Don  ^absburg  an  ber  Setcfje  Cttofars  barftettt, 
rourbe  Don  Stafius  ^»öfet  in  Tupfer  geftod)en.  $.  würbe  im  3-  1820  ^rüfeffor  an 
ber  Stfabemie  ber  bilbenben  fünfte  in  3Bien,  an  meinem  Snftitute  er  1828  jum 
Sirector  ernannt  rourbe.  <£r  ftarb  am  14.  9Jtat  1858  fjod)betagt  ju  Söien. 
qj.  geborte  burd)  feine  Silber  ber  fjiftorifdjen  Dtidjtung  ber  Äunft  Cefterreidjs 
an,  unb  jroar  ift  er  ben  Segrünbem  biefer  Äunftridjtung  beipäärjlen.  ©eine 
(Sompofüionen  jeigen  allerbings  nod)  bie  ©tciffjeit  unb  &ärte  jener  3eit,  allein 
eine  bortrefflidje  2ed)ni£  unb  effeetbottes  gotorit  weifen  trorjbem  in  allen  Silbern 
feine  bjerborragenbe  9fteifterfd)aft.  Sie  Silber:  S)et  ermorbete  SMcager,  SHci* 
biabes,  «ßfjaebra,  Sais  unb  Slriftipp,  unb  anbere  beroeifen  be§  ßünftlers  tüd)tige 
©tubien  aud)  auf  bem  ©ebiete  ber  ®efd)id)te  bes  claffifd)en  2lltertf)ums.  9Jtef)rere 
feiner  ©emälbe  entnehmen  if)re  ©toffe  ber  bibtifdjen  unb  öeitigenfjiftorie,  fo: 
ipagar,  Äönig  ©aul  bei  ber  ßeje  üon  gnbor,  eine  Sftabonna,  bie  heilige  ganulie. 
Son  ben  großen  l)iftorifd)en  ßotnpofitionen  fei  nod)  bes  Silbes :  dr^erjog  £art 
in  ber  ©d)lad)t  bei  Slfpern,  gebaut.  (Sine  große  3af)t  bon  Silbern,  Porträts, 
©cenen  aus  2)id)tungen,  Slltargemälbe  ic.  aus  Retters  ^infet  geigen  ben  außer* 
orbenttid)en  gleiß  unb  bie  ©emanbujeit  bes  unermübtid)en  ^eifters,  ber  m  ber 
£unftgefd)id)te  Defterreid)S  fid)  einen  bleibenben  Tanten  errungen  f)at. 

qSur^bad),  Siogr.  2er.  Sb.  XXII.  —  £)eficrreid)ifd)e  ütationat^ßncrjclo* 
päbie.     So.  IV.  ©•  196  u.  a.  £).  sdjloffar. 

^ettrtd) :  8  r  a  n  3  3  0  fj  a  n  n  51  e  p  0  m  u  t  %  (aud)  $etrid) ),  Sitbfjaucr,  geb.  am 
">9.  ?luguft  1770  (laut  2)catrifel)  3U  ^rebni^  in  Söfjmen  (^eitmer^er  Ärei§), 
f  3U  Bresben  am  23.  Januar  1844,  roar  ber  ©oljn  eines  ehrbaren  unb  Wegen 
feiner  fadjticfjen  Stüd)tigfeit  biet  befcfjäitigten  2ifd)terö,  ber  es  juglcid)  üerftanb 
ft^  im  „jungen"  einen  brauchbaren  ©el)itfen  für  bie  crforberlidjen  ©c^ni^ 
arbeiten  lieranäubilben-  mt  biefer  ßer^cit  ift  außerbem  eine  Srabition  oerfnüplt, 
roeld)e  barauf  r)intoeift,  baß  fid)  bei  5ß.  fdjon  frfilje  ber  ureigne  xneb  für  bitb= 
nerifd)e  ©eftaltung  äußerte,  ©ehalten,  bie  jutn  ßaulftanbe  gehörigen  ßub^e 
unb  Riegen  beim  ©rafen  ju  überroaerjen,  öertrieb  er  fid)  babei  am  tiebften  bie 
3eit,  feine  ©d)ürjliuge  auf  mitgenommenen  Srettdjen  ju  porträtiren.  S)iefe  tnel= 
fettig  bemerfte  Salentäußerung  führte  enblid)  aud)  baju,  baß  ber  Sater  öon 
feiner  Sortjerbeftimmung  abließ  unb  ben  ©oljn  einem  2eitmeri£er  ©temme^ 
91amen§  SBifüp  in  bie  Serjre  gab,  roo  biefer  bis  ins  17.  %ai)x  üerblub,  um  l)ier= 
nad)  als  „freigefprodjener  ©efelte"  behufs  roeiterer  5lusbilbung  bie  «Jöanberjett 
antreten  3U  fönnen.  ©ein  2ßeg  führte  ib^n  junädift  nad)  $rag,  bort  ju  einem 
3toar  untergeorbneten  Silbljauer  Samens  5]lolinsft),  ber  febod)  red)tfd)affeu  genug 
mar,  bem  begabten  unb  ftrebfamen  Jünglinge  beb^itflid)  ju  fein  Tür  ben  Ueber= 
tritt  an  eine  angemeffenere  Sitbungsftätte.  $.  roanberte  m  yolge  baoon  1.89 
nad)  Srcsben,  fud)te  t)ier  2lufnab;me  in  ber  Slfabemie,  Oerüolllommnetc  lid)  unter 
ßafanoba  im  3eid)nen  unb  3)lobeairen,  geroann  namentlid)  burd)  feine  gertig^ 
feit  in  legerem   bie  Zuneigung   bes  aofbilbf)auers  Sorfd),   ber   if)n  bercitmiUig 


542  ^etttid). 

tu   feine   SBertftätte    aufnahm   unb   bei  feinen   eben  im   ^uge   bcfinbltdjen   2luö* 
fiifjrungen   für   ben    ,°>mingerbau   mitbefdjäftigtc.    —    SDie    tjierbei    an   ben    2ag 
gelegte  üieiftuugöfäfjigfeit  ruirtte   bcnn  aud)    entfdjeibenb    für  bie  nädjfte  3ufunft 
^ettricb/ö.     ^turttäge  für  felbftftänbig  atiöjufüljrenbe  Söerfe  erfolgten,  eine  eigene 
SBerfftätte  fouute  eingeiidjtet  merben,  unb  maö  er  faunt  nod)  ab,nte,  üoll^og  fid) 
nad)   furjet  SBirffamfett:    .ftönig  ftriebrid)    9luguft  I.    ernannte   iijn    1795    <jum 
.pofbitbrjauer.  -     gafl  ju  tuet  beö  ©lütfö!    buvfte    er   fagen,   benn   fein  planen 
mar  mittlerroeile    ein   anbereö.     Widjt   biubeu   rooflte   er    fid)    fo    friitje    au    bie 
Sd)oIle,  fonbern  borerft  feine  Reifeprüfung  in  Italien  befterjen.  —  %n  aller  Offen- 
heit biefe  3lbfid)t  betn   tjulbooltcn  5)tonard)eu    bortragenb,    unb    auf  Verneinung 
gefaxt,  übetrafd)te   itjn   berfetbe    mit  bor   bollen  ^uftimmung,    überbieö   mit  ber 
bollen  ^ufidjevung  jeber  erfotberlid)en  33eir)ilfe.     JBoIlfommeu  beruhigt  bermodjte 
alfo  Sß.  1801  bie  Steife  nad)  Italien  anzutreten.  —  SBefannt  mürbe  bon  bort, 
bafj  er   fid)    beut    gleicbjärjrigen  2l)ormalbfen   anfdjlofj   unb   bereiut    mit  biefem 
unter    (Sauooaö    Leitung    9Jceifterfd)ait   in    ber    5ßet)anbluug    beö    sDtarmors    ju 
erlangen   fud)te.     3n(mnfd)eu   aud)    intim   geroorben   mit   9lömuö  6arften8,   ber 
jene  neue  .Hunftridjtuug,    bie    it>re    Sluöläufer   fanb  in    3öädjter,  ©djtcf,  .Wodj, 
Dberbed,    Cornelius   k.   k.  ,    anregte,    tjatte   fid)    ty.    'n    oa*   lei^x   3e^   öom 
frifd)irbf)üd)ften  fünftlerifdjeu  Schaffen  belebte  sJiom  berart  feft  cingefpomten,  bafj 
ein  2fat}Tjf^nt  barüber  (jinging,  bebor  er  an  bie  Mütffeljr   nad)  Bresben   bad)te. 
3)ie  ©emafjnung  baran  mar  freilief)  eine   äufeerft  rautje  —  bon  ber  2)eutfd)lanb 
fdjmer   tjeiinfudienbeu  .ffriegöturie  auögerjenbe.    $n  bie  allgemeine  93emegung  jur 
33atevlanböbertl)eiöigung    mit   einbezogen,    beburfte   es    bann    aud)    für    itjn    jur 
2Öieberaufnal)tne    fünftlerifdjer    Jtjiitigfeit    beö    Sßaiife?   tJfxiebenäfdjluffeS ,    nad) 
meinem    infolge    ber   '.Heugeftaltung    ber    ßunftafabemie,    p.    mit    Diaet    bom 
6.  3)ecember  1815,   an  Stelle   bes  t  35orfd),   in   bie  Sßrofeffur   für  iMlbfjauerei 
einberufen  mürbe.     SBirffam  in  biefer  bis  ju  feinem  Ableben,   nützte   er  ^ugteid) 
bie  itjm  befd)iebene,  feiten  gtütflidje  i'ebeusfteltung  mit   betn  .^evborbringen  einer 
üufjerft  ftattltcfjen  Steige  bon  Söerfen  au%.     33ebauerlid),   bafj  uirgenbö   ein  bot!» 
fiänbigeö    Sßerjeidjuifj    feiner    ©djaffenSfrttdjte    borfinblidj.      Srft    burd)     oitfatt 
mürbe  mir  eine  Wn^a!)!  aubetmeitig  nid)t  ber^eidjneter  befanitt.   So  in  ben  beutfd)= 
börjmifdjen  (Srenjftäbten  3hunburg   unb  Sd)öntinbe.     33efonberö   bielfad)   beauf- 
tragte il)tt  letjtere  Stabt.     ^lufjer  einem  lebenögvofjen  (Srucifiruö    mit  aubetenben 
(Engeln  jtt  Seiten   (in   lUctattgufj)    auö   bent  3-   1818,    auf   ber  Plattform   ber 
$ird)cnftiege  angebracht,  enthält  ber  atte,  bie  Stabtfirdje  umgebenbe  [yviebljof  noct) 
fecf)ö,   burd)  fünft(cvi}d)en  3Bertl)  Ijerborragenbe  ©rabbenfmate.     3)as  bebeutenbfte 
ift  jeneö  ber  grau  ütömifdj,  bie  ibeate  ©eftatt  ber  23erblicf)enen  auf  einem  Sar= 
fopI)ag  ru^enb,  l)ä(t  mütterlicher  ^nnigfeit  ba8  s^lbbilb  i^)re3  —  au  biefer  Stelle 
mitbegrabenen  —  Üödjterleing  umfdjlungen.     5Die  übrigen  berttjeiteu  fid)  auf  bie 
©rabftätten  ber  Marianne  5Jtat),  sJlpoflonia  ^Jlic^el,  2oni  3tö§ler,  ber  .£>anbel§= 
leute   ^adjariag   Vogler   unb    l'lbalbert   SÖünfdje.  —   SDie  Slabtfird)e  ju  9tum= 
bürg    befi^t   mieber    ein   intereffante^,    l)öd)ft    originell    componirteS   Jaufbeden. 
S)affetbe  gelaugte   laut   beö  Äird)en=vlUemoriale    am  Ö"l)arfamftage   beö  5-   1822 
bas  erfte  *JJtal  in  33raud),  unb  ift  bamit  auf   feine  Gmtftetjungsjeit  t)ingeroiefen, 
bie   übrigen*   nod)    burd)   ein   borliegenbeS  üDresbener  „sjlrtiftifct)e§  sJcott3enbtatt" 
sJlr.  20,  bom  31.  Dctober  1822  (herausgegeben:  6.  31.  Zottiger)  ertjärtet  mirb. 
£>er  ©enannte  berbreitet  fid)  im  -gmuptartifet :   ,,^rof.  ^ettricxjö  Jaufftein"  bor= 
netjmtid)  über  bie  Gonception  beffetben,  unb  fagt  u.  21.  ,,^id)t  bie  5)reifuftgefta(t  als 
©eftetle  beö  ÜaufbecfenS  ift  eö,  toeterje  alö  finn=  unb  bebeutungöbotl  in  biefer  $orm 
gelobt  31t  merben  berbient  .  .  .  baö  ©etftreidje  ift  bie  beiierjungsboEe^lnmenbung  beö 
uralten  £)rafelbrad)en  auf  baö  djttftltctje  Sogmaber  ©rbfünbe,  meldjer  bie  SBeilje  beö 
Ätnbeö  buret)  baö  Sacrament  ber  £aufe  entgegentritt".  $n  ?lntoenbung  gebracht  ift 


qSettricf).  543 

nämlicrj  bie  am  2ftittelftücf  steiften  bem  2)reifuti  fidj  nacb,  abmärtg  ringetnbe 
$arabiefe§fc&,tange,  gefennäeidmet  burct)  ben  im  Stachen  gehaltenen  9löfet.  2)en 
2tbfcr)tuf$  bei-  güfce  nacfj  Oben  bitben  anftatt  ber  antifen  Sutranien,  geflügelte 
6ngel§f opferen  mit  bem  Äreuaeäjeicfjen  an  ber  SBüfte  —  entföreetjenb  bem  am  33ecfen= 
f  reife  angebrachten  Sejjte:  „3m  tarnen  bei  Sater*,  be§  ©orjne§  k."  <£>er  ur= 
fprüngticfc,  mit  2tfantrju§  gezierte  SDedfet  fctfufyi  fpäter  eine  Stenberung  burdj  einen 
2tuffatj  mit  ber  trefftiefj  in  ^ctj  gefctjnitjten  unb  öergotbeten  ü5)arftettung  ber 
Saufe  ©Ijitjit.  3)i-eifuB  unb  Seelen  finb  bronjirt.  —  ®re§ben  felbft  befitjt  am 
9ieuftäbter  SegräbniBptaise  i>a%  fdjöne  9Jtonument  bei  ©enerafä  d^riftiani ;  am 
fatrjotifcfjen  griebrjofe  bie  üDenfmate  für  ben  Äriegsminifier  ginjenborf  unb  für 
ben  Slfabemiebirector  ßafanoüa.  25on  feiner  ^>anb  ift  ferner  ba§  at§  foloffates 
Relief  aufgeführte,  mettrennenbe  ^^eigefpann  an  ber  neuen  Sresbener  Üteitfcrjute. 
Setannte  unb  gewürbigte  2öerfe  öon  ib,m  finb  noeb,  „S)ie  öon  ber  ©otttjeit 
gefdjütjte  ©erecr)tigfeit" ;  „J^efeu§  ftnbet  ©ctjmert  unb  ©djurje  feinc§  Söater§"  ; 
„5Der  ©etbftmorb  be§  5ßnratno§  unb  ber  Stjisbe".  Sin  Srjriftuä  am  $reuje  öon 
befonberg  fetjöner  2tu§mt)rung  in  ber  fyrieb^ofefa^elle  ju  Srebnitj.  Sefonberes 
Stuffetjen  burefj  9catutmarjrrjeit  erregte  bie  naturgrofje  ©tatue  „@ine  f$fifcr)erin" 
benannt ;  burct)  geniale  (Sonceötton  wieber  ba§  .§ocrjrelief  „Um  einen  ßanbelaber 
tanjenbe  $inber".  —  Sebeutenb  mar  aueb,  fein,  jetjt  in  öerfcrjiebene  ©amm= 
lungen  <$erftreuter  9tactjlaf;  an  hobelten  alter  formen  fowie  an  3e^uungen.  — 
S5on  *p.  finb,  wie  mir  jüngft  mitgettjeitt  mürbe,  aucr)  bie  Entwürfe  Tür  ben 
,!pauötattar  in  ©ctjöntinbe,  unb  für  brei  Elitäre  unb  bie  Äanjet  in  ^ainSbacb,, 
(Seitmeriijer  SBejirf).  3uÖ^e^  ^eg^  ei°e  Angabe  öor  öon  mehreren  für  ©ctjfefien 
aufgeführten  ©rabbenfmaten.  —  2)ie  in  unb  nacr)  statten  gejdjaffenen  Söerfe 
^ettricb/S  ermeifen  burctjweg  jene  2Bejen3täuterung,  bie  faft  an  alten  Mnfttern 
warjrnefjmbar  wirb,  meiere  in  Serbanb  traten  p  ben  Seitern  ber  neuromantiferjen 
SeWegung,  bie  wätjrenb  ber  erften  ^afjrjerjnte  biefe§  $ar}rr)unbert§  —  eben  öon 
9rom  au§  —  über  9Jcüncb,en  uacb,  2)eutfcr)tanb  ifjren  3US  nafjm.  $ür  S)re§ben 
mar  $.  at§  ^taftifer  jebenfallä  ber  erfte  unb  würbtgfte  Oteüräfentant  biefer  ben 
^leng§:fcr}en  6ftefticismu§  au§  bem  gelbe  fcrjlagenben  Üunftreform.  ^erüorragenbe 
©cfjüter  öon  irjm  waren  fein  ©otjn  gerbinanb,  unb  Srjriftian  ©ottlieb  Äütjn. 
$.,  in  erfter  (Stje  öermä^t-t  mit  Caroline  S)ittricr)  au§  Sauden,  in  jtoeiter  mit 
Juliane  ©ottfcrjaE  au§  treiben,  befa^  öon  erfterer  jmei  £öcb,ier  unb  einen 
Sorjn;  öon  ber  anberen  eine  Socrjter.  Sie  ältefte  Xocr)ter  rourbe  ©emab^lin  be» 
1843  f  S)resbener  S3ilbt)auer§  ßtjriftoöb,  ^eub.äufer.  3}on  Söget  öon  Sogetftein 
ejiftirt  ein  SitbniB  ^ettricb.'g  au§  bem  3-  1813. 

9JteufeI§  Äünftlerlej.  —  Magier,  neue§  altg.  ^ünftterlej.  —  9JlüHer= 
Ätunjinger,  Äünfttertej.  —  SDlabacj,  5tttg.  b,ift.  Ä.  ßej.  —  Güigene  goTicb.ungen. 
gerbinanb  S.,  33itbb,auer,  ©or}n  bei  Vorigen,  geb,  ju  treiben  1798, 
t  ju  9lom  1872,  ging  au§  ber  Sorfdmte  be§  Sater§,  unb  nacb,  Slbfotöirung 
beS  St)ceum§,  1816  an  bie  ßunftafabemie  über,  öon  wo  er  unter  befonberer 
Segünftigung,  1819,  in  bie  ©efolgfc^ait  be§  Königs  Sinton  öon  ©aeftfen  für 
beffen  9teife  nacb,  Italien  aufgenommen  mürbe.  2)e§  Söeiteren,  bi§  1835  in 
9tom  ©erjüler  2f)ormaIbfen§,  folgte  er  noer)  in  biefem  ^ar)re  einem  9tufe  nacrj 
äöaf^ington  behufs  einer  bort  neujuerricrjtenben  ^unftferjute.  ©ein  erfolgreiche^ 
SBirfen,  wie  fein  allgemeine  Semunberung  ftnbenbe§,  fünftlerifct)e§  ©Raffen 
erregten  inbe§  ben  9teib  unb  bie  Ütactjfucfjt  ber  etnrjeimifcrjen  Silbljauer,  bie 
fcb.lie^lic^  nicfjt§  Geringeres  wie  feine  gemaltfame  SBefeitigung  ö^anten.  9ted)t= 
jeitig  baöon  unterrichtet,  entflor)  ^.  nad)  Srafilien,  Wo  fiefj  if)m  unerwartet  ein 
neue§  gelb  für  frud)tbare  2t)ätigfeit  eifcrjlo^.  S)enn  er  fanb  in  9tio  be  Janeiro 
nic£)t  allein  bie  gaftticrjfie  Slufnaljme,  fonbern  jur  2öertt)fcf]ätmng  als  ßünftler 
aucrj   bie   einer   folgen   entfpredicnben   Stufträge.     SSeften   Sewei§,    mit  welcrjem 


544  Sßettfäadjcr  —  ?Jk&ef. 

25ef)agen  er  jeijt  jugletc^  Otcbcnaietc  »erfolgen  formte,  geben  bie  ju  einer  ©amm= 
lung  angeroacrjfenen  9lad)bitbungen  inbianifdjer  ßfjarafterföpfe,  bie  irjn  benn 
aud),  als  er  fid)  jeiner  gefätjrbeten  ©efunbfjeit  roegen,  1865,  jur  Üiütffefjr  nad) 
9tom  bemüßigt  füfjlte,  für  ben  ÜKeft  feineS  £ebenS  forgloS  [teilte,  unb  jtoar  ba= 
burd),  bafj  bie  ©ammtung  gegen  eine  Leibrente  öon  ber  bäbftlidjen  Oiegierung 
erroorben  rourbe.  33on  ben  anberen  überfeeifdjen  äßerfen  *pettrid)'ö  ift  feine 
nähere  Äunbe  ju  unS  gelangt,  befannt  finb  bloS  mehrere,  toäbjenb  bcS  erften 
SlufentljaltS  in  Sftom  ausgeführte  ©ebilbe,  fo  baS  ,,^läbd)en  mit  ber  91ngelrutrje", 
bie  beiben  föeliefS  „Sag"  unb  „Wad)t",  (1823):  „53etifar",  „GrjriftuS",  „£obeS= 
enget"  (1828).  —  3fn  bie  näd)fte  f5rotöe,ieit  batiit  feine  sIRitarbeit  an  bein,  ringS  bie 
ganjc  SBanb  umaieljenben  ^JcarmorfricS  in  ber  2Ball)alla  (bei  JHegenSburg),  nad) 
ben  ßntmüvfen  öon  $Kart.  SBngner.  —  (Sin  befonberS  intcreffanteS  äöerf  beS 
MnftlerS,  batirt  9tom  1826,  befitjt  bie  ©tabtfirdje  in  ©djönlinbe  als  (Jbitapljium 
beS  öerftorbenen  ©tabtbedjantS  3fof.  ßubro.  ,£riibner  —  in  ©eftatt  bei  auf  bem 
Äreuje  fdjtummernben  2(efufinbeS,  rounberfcfjön  ausgeführt  in  carrarifcfjem  SRcmnox. 
—  S)ic  SBerfe  "JMtrtd)'*  fennjeid)uet  überhaupt  Wnmutf)  ber  gorm  unb  ebler, 
öon  sJcaturroat)rf)eit  burcfjbrungenev  ©tit. 

sJJtütter=^Iunjinger,  sJt.  -ß.  £er.  —    9Jceöer,   Sonti.«8es.  —  eigene  fjfor« 
fd)ungen.  ftttb.  Mütter. 

^ett|d)rtd)Cr:  Senebict  $.,  Söenebictincr,  t  am  \lb.  'Dtärj  1701  in  ber 
Abtei  ©t.  l'ambredjt  in  ©teiermarf,  roo  er  am  8.  5luguft  1654  bie  ©etübbe 
abgefegt  fjatte.  9tad)bem  er  einige  ^eit  in  ber  2tbtci  xHbmont  ^£)itofopf)ie  ge= 
tefjrt  fyatte,  mürbe  er  1666  2)octor  unb  Sßrofeffor  ber  2f)eologic  ju  Salzburg; 
1673 — 81  mar  er  föector  ber  bortigeu  33enebictineruniöerfität,  auletjt  ^3tior  in 
©t.  ßambredjt.  @r  üeröffentlid)te  unter  anberem:  „Tractatns  de  incarnatione", 
1673;  „Tractatns  de  sacramentis",  1675;  „Tractatns  speeulativo-practicus  de 
restitutione,"  1676:  „Opusculum  de  jure  in  comroani  et  in  specie",  1677.  $m 
auftrage  ber  ©afjburger  Unibcrfität  orbnete  unb  öeröoliftänbigtc  ber  Senebictiner 
Dbo  ©uetratf)  bie  gebrueften  unb  ungebrueften  Xractate  öon  ty.  <w  einer  „Theo- 
logia  universa  speculativo-practica",  roetdje  1743  ,}u  ©aläburg  in  brei  5°^°- 
bänbeu  erfd)ien. 

Historia  Universitatis  Salisburg.,  p.  304.  —  Bibliotheque  des  ecrivains 
de  1' Ordre  de  S.  Benoit  II,  379.  —  jgmrter,  Nomenciator  II,  617. 

fteufd). 

"^Ctjcf:  3>ofept)  21  u ton  ü.  5ß.(  3>urift,  geb.  1745  ju  Xrautenau,  t  am 
19.  ^ult  1804  ju  Söien.  6r  madjtc  feine  ©tubien  ju  Dtmütj  unb  ^rag  unb 
rourbe  1778  s4>rofeffor  beS  ÄirdjenredjtS  ju  greiburg  im  33reiSgau,  la§  bort  aud) 
jefm  Sfatjre  ö[terreid)ifd)eS  $J)ribatrcd)t  unb  mar  15  ^atjre  Süd)ercenfor,  rourbe 
1791  aud)  2Ippettation8gerid)tSratf).  2US  1799  bie  granjofen  einrüdten,  toerliefj 
er  greiburg  unb  rourbe  bann  1800  als  sJ>rofeffor  in  2Bien  angeftettt  unb  ge= 
abelt.  @r  öeröffentlid)te  1781  „Synopsis  juriam  communium  ad  titulos  in 
alphabeti  ordinem  redactos  aecommodata",  1783  eine  Süffertation  „De  potestate 
ecclesiae  in  statuendis  matrimonii  impedimentis"  unb  1787  eine  5?ertf)eibigung 
berfelben  („Yindiciae  dissertationis"  etc.),  1788  eine  f leine  „Unterfucfmng,  ob 
ber  Äircfjenablati  eine  9tad)taffung  ber  göttlichen  Strafen  fei",  fpäter  ,,©runb= 
fät^e  beS  borberöfterreid)ifd)en  5pribatred)tS"f  3  ©änbe  1792—94,  ,,©t)ftcmatifd)= 
djronotogifdje  Drbnung  aller  ©efet^e  unb  9)erorbnungen  für  bie  borberöfter= 
reid)ifd)en  Sanbe",  5  35änbe,  1794 — 97,  aud)  einen  „Äatalog  ber  1783^-94  in 
Defterreid)  berbotenen  Sücfjer"  (1794). 

(5.  .«lübfel,  Necrologium.  p.  292.  —  Sßur^bad),  Sej-ifon  22,  150. 

üreufd). 


Sßefcl.  545 

$e^I:  3fofep§  5p.,  £)iftotien=  unb  ©enremaler,  Würbe  al§  ©olm  einei 
fönigl.  ©eometerä  an  ber  ©teuerratafter=@ommiffion  am  23.  ©ecember  1803  ju 
$Ründ)en  geboren,  befudjte  bi§  ju  feinem  18.  3at)re  ba§  ©tjmnafium  unb  trat 
bann  unter  ^otjann  spetet  bon  Sänger  in  bie  Sllabemie,  um  fid)  ber  #iftotien» 
maierei  ju  tribmen.  2lu§  biefer  geit  flammt  ein  Slltarbilb  311  £ad)ing  unb  bie 
gtiefenfigur  eineä  ^eiligen  am  $ird)tt)urme  au  Xrubering.  Nebenbei  machte  5p. 
fleißige  Slbftedjer  nad)  ben  altbaierifdjen  Sergen  unb  nad)  Xirot,  mo  er  ba§ 
SotfSleben  ftubirte;  er  mar  einer  ber  erften,  meiere  bie  t)äu§Iidfc)en  ©cenen,  tänb= 
litten  3lu!äüge,  gefte,  ©cr;ü£enbilber  matte,  unb  bag  Hochgebirge  mit  feiner 
©rofjartigfeit,  bie  ftreuben  be§  fennigen  Sotfeä  bei  3ttb>rfbiel  unb  Sltmentiebern, 
aber  aud)  bie  ftätjrlidjfeiten  ber  3agb  unb  bie  ©djreden  ber  2Bitberei  3ur  ©ar* 
ftettung  braute.  5p.  30g  mit  ben  klugen  eine§  6utturt)iftorifer3  butdj  bie  Serge 
unb  Bannte  burd)  feine  farbige  ßunft  ba§  bamalige  ßeben  unmittelbar  in  feine 
«einen,  balb  bielbeget)rten  Silber.  ©0  Waren  bie  ,,©orfgefd)id)ten"  fct)on  längft 
erfunben  unb  gemalt,  efje  bie  ©idjter  an  foldje  ©toffe  bauten;  bie  anregenbe 
Söirfung  ber  Malerei  auf  bie  5poefie  ift  in  biefem  gälte  fogar  titterär=l)iftorifd) 
nad)$utoeifen.  «Dterfwütbiger  SBeife  fd)tug  5p.  einen  gana  anberen  SOßeg  ein  als 
bie  meiften  feiner  geitgenoffen;  wätjrenb  biefe  bamalS  au§  allen  ©egenben  nad) 
5ütünd)en  brängten,  toenbete  er  gerabe  ber  alten  Sfarftabt  unb  bem  bafelbft  neu 
anrjebenben  Äunftleben  ben  Dtürfeu,  unb  roanberte  gana  allein,  nad)  bamaliger 
©Ute  mit  bem  üränjel  auf  bem  9rüden,  nad)  Säumen,  ©adjfen  unb  «Jtorbbeutfdj* 
lanb,  au§  ©rang  au  lernen  unb  bie  SBclt  au  fetjen.  längere  3eit  weilte  5p.  ju 
Serlin,  Wo  er  1827  Ui  5profeffor  $art  SegaS  einige  ©enfation§bilber  malte: 
©emfenjäger,  2iro(er=Sanbe§bertt)eibiger  unb  gried)ifd)e  «palifaren  —  ledere 
natürlich,  nod)  otjne  bergleidjen  gefetjen  ju  b,aben,  gleid)fam  inftinetib  für  feine 
fpätere  Xtjätigfeit,  marjrfdjeinlid)  burd)  Söitfjelm  «ütüttet'8  „©riedjentieber"  an= 
geregt  unb  begeiftert.  5Jcad)bem  5p.  beinahe  ein  3arjr  lang  aud)  au  ©reSben 
geweilt,  bafelbft  namenttid)  in  ber  ©alterie  ftubirt  unb  au  feinem  2Beiter= 
fommen  neue  Silber  gemalt  rjatte,  ,30g  er  über  §annober  nad)  ©djteäwig,  blieb 
längere  3eit  in  ßopentjagen,  wagte  aud)  einen  2lu§ftug  nad)  ©d)Weben  unb 
lehrte  bann  über  Hamburg  unb  ©üffelborf,  überall  malenb  unb  mit  ben  fieften 
tarnen  in  berföntidje  güljlung  tretenb,  nad)  5Dlünd)en  aurürf  (1831).  §ier 
malte  er  3Wei  grofce  Silber:  eine  „2tuction"  (im  Sefi^e  bedürften  bon  Xfjurn 
unb  £ari§  au  gtegen§burg),  woju  bie  „2eftament§eröffnung"  bon  ©abib  Söilüe 
fid)tlid)  ben  3mpu(§  gegeben  l)atte,  unb  aU  5Jlad)Ilang  feine§  Aufenthaltes  in 
^orbbeutfdjlanb,  ba§  wot  combonirte,  gleichfalls  figurenreidje  ©enreftüd:  „(Sin 
SSillfommen  an  ber  breufjifdien  ©renje  aur  Seit  ber  Stjolera"  (lit^ograp^irt  Don 
Dt.  Seiter),  ein  föftlid)e§,  l)öd)ft  d)arafteriftifd)e§  Sitb.  ©ie  dontumaa  b^at  in 
ber  mit  ®l)otera=5)lffid)e  begangenen  2öirtl)§ftube  bie  öerfd)iebenften  Seute  sufammen= 
gebracht;  im  Sewu^tfein  feiner  Autorität  ft^t  mitten  im  breiteften  Otaume  ber 
äöirtr),  in  ^embärmeln,  ben  ©dmra  unb  bie  Dtaftrferbiette  öor,  befd)ienen  bon 
bem  fetten,  burd)  ba§  gfenfter  einfallenben  ©onnentidjte.  S)er  Sarbier,  ber 
hinter  ib^rn  fterjt,  ein  Äraftgenie  unb  bei  ber  brorjenben  ©efatjr  bie  wid)tigfte 
5perfon  im  Drte,  Wci|  fd)on  im  öorau§  atte§  Sebentlidje,  toa^  ber  alte  ®orf= 
fd)ulmeifter  eben  au§  ben  3eitungen  bortieft  unb  berfdjüttet  ba§  ©eifenwaffer, 
inbem  er  fid)  mit  bro^etifetjer  ©elbftgenügfainfeit  3U  bem  erfdjrodenen  5Rad)bar 
menbet.  °$m  ^intergrunbe  ^eidjnen  ©tubenten  unb  ^ünftter  bie  Ütoute  nad) 
Serlin  auf  ben  £ifdj ;  einige  ©en§barmen  forbern  bie  ©efunbl)eit§bäffe  bon  ^ol= 
nifdjen  ^uben  unb  «g>anbwerf§burfd)en ;  ein  ©eemann  im  Sorbergrunbe  labt  fid) 
an  2Bein  unb  ©djinfen,  I)inter  il)m  ftetjen  einige  gtafdjen  mit  6t)olera=5präfer= 
batiben.     3)ie  grau  unb  ^inbev  be§  SBirtb^eS  unb  ber  unbermeiblid)e  £au§ined)t 

magern,  bcutfdje  SßtoQra^ie.   XXV.  35 


546  W- 

beroegen  fid)  jiemlid)  gleichgültig  ^toifd^cn  allen  biefen  ißerfonen  unb  ber  .§au3= 
fpife  fjolt  in  aller  ©title  bem  lefenben  ©djulmeifter  fein  33rob  aui  ber  2afd)c. 
3)iefe  tjeitere  ©cene  rourbe  bas  Sorbitb  einet  ganzen  ßlaffe  bon  Silbern,  meldje 
balb  bei  2)onnetroettern  in  bcn  2llpen,  balb  in  (SifenbatjmSBärtefälen  u.  bgl. 
fpieten.  23efonber§  incifterrjaft  mar  bie  ©onnenbeleudjtung  lammt  bem  ©chatten 
bei  genfterfreuaftodei,  ber  mit  bem  babor  fjängenben  luftfdjtoaufen  ßaubmerfe 
auf  ben  brei  mittleren  Figuren  gittert.  —  ftad)  Sotteubung  biefei  mit  aufjer» 
orbent lidjem  glcifje  burd)gefül)rten  23ilbeä  ging  s}>.  im  £)erbfte  1832  nadj  Stalten, 
©dmn  fyatte  er  fiel)  für  längere  ^eit  &u  ütom  eingerichtet  unb  ©tubien  ju  malen 
begönnert,  ati  fiel)  bie  bertodenbe  (Gelegenheit  bot,  im  (Befolge  bei  .fiönig  Otto 
naef)  ©riedjenlanb  au  reifen  unb  nad)  bem  bamatigen  ©pradjgebraud)  „ba§  jur 
öoHen  greiljeit  erroadjte  ßeben  eineä  eblen  93olfeä  in  ben  erften  ^freubentagen  ju 
fdjauen".  ©leidjjeitig  mit  Ißetet  "£>efc.  ®™ft  bon  ßafaulj  unb  bieten  anberen 
futjr  ty.  bon  Neapel  über  bae  '•Dteer  unb  mar  am  30.  Januar  1833  ein  3cu9e 
ber  Sanbung  unb  bei  (Jinjuges  ju  9tauplia.  Sanb  unb  öeute  padten  irjn  unb 
riffen  irjn  fjin  jU  üCarftettungen,  meldje  bamali  ein  f)öd)ft  banfbareä  publicum 
fanben  unb  un§  tjeute  noef)  eine  faft  unbegreifbaie  ffot  bor  klugen  führen, 
©leid)  in  ben  erften  äBodjeu  begann  %  ein  23ilb  mit  „griedjifdjen  Häuptlingen, 
bie  fief)  im  2)iban  (}u  s.Rauplia  bie  *Proclamation  ifjreö  neuen  AiöntgS  bortefeu 
laffen".  'Me  Äöpfe  maren  £ßotttatt8  unb  mU  getungenfter  Gtjarafteriftif  mieber= 
gegeben.  Den  ^ftittelpunft  bilbet  ber  greife  9iotti3  Solaris,  iljm  junädjft  fterjt 
tm  ferjöner  blonber  Jüngling;  bie  anberen  it)re  pfeifen  raudjenb  fjören  aufmerffam 
3U.  2)er  Ort  ber  SBerfamntlung  ift  bag  alte  Gafi.' ;  Söafferpjeifen  ftetjen  auf  bem 
©efimfe,  Äoranfprüdje  an  ben  gfenftetn.  2Ute«i,  fctbft  ba§  fleinfte  Seimerf,  mar 
mit  größtem  ftleifje  gemalt;  bei  boÜem  fjfarbenretcfitrjum  mattete  bie  fd)önfte 
Jparmonie.  S)aö  SBilb  (im  Sefife  beö  Jperrn  Sänifdj  3U  Hamburg)  fam  nod)  im 
ßaufe  bei  2fal)reg  1833  nad)  9Mndjen  unb  erregte  bann  1834  auf  ben  $unft= 
auiftettungen  in  SBerlin,  ^annooer  u.  f.  to.  unb  <mlekt  nodj  1858  auf  ber 
großen  rjiftorifdjen  .Uunftaueftetlung  ju  9Hündjen,  ba§  berbiente  ^ntereffe. 
5)er  bietgefeierte  9teati§muä  mar  fdjon  längft  ba,  etje  bie  9leujeit  alfo  lärmenb 
feiner  gemafjr  mürbe,  b.  I).  mit  anberen  Söorten,  bie  fogenannten  „alten 
Ferren"  berftanben  fidj  fdjon  früher  barauf,  machten  aber  unter  fid)  fein  fo 
grofjes  -gmttorj  barüber,  berfeinbeten  fid)  nod)  nidjt  auf  2ob  unb  ßeben,  tjielten 
fid)  t)übfd)  einträdjtig  in  bem  s}tal)men  ber  ßunft  unb  Überliefjen  e§  ben  6pij 
gonen,  bie  Änoctjcn  beö  graffen  Oiaturali^mui  in  confequenter  SBeife  ^u  benagen. 
—  Söeitere  gat)rten  unternahm  ty.  uad)  ßatonien,  ^ttifa  unb  @uböa,  burd)  bie 
5)laina,  "Jlrfabien  unb  nad)  ben  (Jöclaben,  über  ^ßatmoä  unb  Spfara  jum 
SBeiramiiefte  nad)  Sonftantinopel;  obmot)t  er  eilig  reifte,  l)ielt  er  boer)  bieleg  in 
fet)r  fauberen  3^id)nungen  feft.  ©0  brachte  %  im  Het^fIe  1834  einen  9teidj= 
tl)um  bon  ©ti^en  ^urüd,  meldje  er  al§balb  fünftterifd)  berarbeitete  unb  bamit 
ba§  publicum  an  feinen  tarnen  feffelte.  $m  bunten  2öecf)fct  fcr)uf  ty.  balb 
©cenen  auä  bem  gried)ifd)en,  balb  auö  bem  türfifdjen  Scben.  66  folgte  bae 
„gried)ifd)e  Qrraucnfeft",  bann  bie  itjrcö  23räutigam§  tjarrenbe  ©riedjin  (,(?unft= 
blatt  1834,  ©.  19,  im  Sefibe  ber  ^ürftin  (Sagarin  in  ©t.  ^ßctergburg  unb 
fpäter  miebertjolt  für  bie  gürftin  föabäimitt  ebenbafelbftj,  ferner  bie  „fd)ad)= 
fpielenben  Surfen"  unb  „Surfen  unter  einem  3dt"  (1835).  (Sine  ©ruppe 
attifdjer  Ofi'ouen  am  Senfmal  be§  St)fifrate§  beim  Sinjug  bei  Äbnigi  Otto, 
„gefangene  ©ricd)innen  bor  einem  ^afetja"  u.  f.  m.  5£)a§  3»afjr  1838  brad)te 
eine  italienifdje  23olf3fcene:  bie  „Unterjeicfinung  eineö  H"l'a^§conii:acteg"- 
?tnbere  fteinere  S)arfteilungen  maren  mieber  bem  beutfdjen  ober  ungarifd)en 
SBotfileben  entnommen,  ju  lebteren  jäljlte  eine  „ungarifd)e  ^>odt)3eit",  ^u  erfteren 
ein    „tbroler  ßanbegbertt)eibiger",   ein    ,,©ebirgefd)ü^",    „^affetjerer  Sauern   auf 


«pefcmaijer.  547 

ber  äöacfjt",  „ftücfjtenbe  £broler"  (littjogr.  Don  3immermann),  ber  „^nbalibe" 
(littjogr.  bon  £orje),  bann  baä  figurenreicfje  ©enrcbilb:  „tote  ein  gorftmeifter  feine 
entführte  £ocl)ter  bei  einer  Sdjaufpielerlruppe  roieberfinbet"  (1837  unb  1841) 
unb  ein  grofje§  ©enrebilb :  „nrie  ein  Sftabenfjänbter  einem  Safdja  brei  2Jtäbcrjen 
borfüljrt"  (ftofenftein  bei  Stuttgart),  Seit  1837  gtücflicf)  berfjetratrjet  b>tte  fictj 
5ß.  <\u  9ftüncrjen  betjaglictj  feftgefetjt  unb  arbeitete  mit  Suft  unb  Siebe,  mobet 
iljm  bie  Weitere  Saune  gerne  bie  £>anb  leitete,  unb  fein  fcfjatftjafteä  fctjarffinnige§ 
2luge  immer  neue  Stoffe  entbecfte.  2lufjer  mehreren  Slbftedjern  naerj  Sübtirol, 
mo  er  biete  ^nterieurä  aß  Stubien  ju  fünftigen,  teiber  nie  ausgeführten  Silbern 
matte,  natjm  ty.  1844  einen  faft  fjalbjäfirtgen  Slufenttjalt  in  Senebig,  mobet 
burcr)  roettere  Delffijjen  unb  3eic§Itun8en  bie  ^ftenge  feiner  nocf)  jur  Slus» 
fütjrung  beftimmten  ^rojecte  errjeblictj  bermetjrt  rourbe.  Sefonbere  Slufmerffamfeit 
mibmete  er  bann  ber  Don  Süffeiborf  auägefjenben  S)icfjtung  unb  ber  neuan= 
tjebenben  belgifctjen  Malerei,  ^nbem  er  bie  Soqüge  biefer  Sdjulen  fiel)  anju= 
eignen  trachtete,  ba  fie  feiner  längft  angeftrebten  Smpfinbung  nad)  möglicfjft 
cotoriftifdjer  SBirfung  entfpradjen,  tjaite  er  fein  (Senüge  metjr  an  feiner  Arbeit. 
Söätjrenb  er  bie  berfdjiebenartigften  Stoffe  aujnal)m,  3.  33.  bie  beiben  Seonoren, 
ben  ©ang  <ju  einer  Äinbtaufe,  (Sinftcibung  einer  ^loöi^e  (geflogen  bon  Dfaab), 
Seidjte  einer  Römerin,  ein  grofje§  ©tfjü^fnfeft  (littjogr.  bon  Sorum),  ftetlte  er 
boct)  bie  meiften  Söerfe  unbollenbet  tei  Seite  unb  fdjliff  mit  bem  Simsftein 
unbarmherzig  über  bie  auf  baß  ^einfte  empfunbenen  Stellen;  unbefriebigt  unb 
unjuirieben  mit  fiel)  unb  feinen  Seppfungen,  fetjte  er  bie  meiften  feiner  Silber 
^urüct  bis  auf  »eitere  Drbre,  melcfje  nimmer  fam.  6s  mar  lein  Stiflefietjen, 
fonbern  ein  fortroätjrenbes  2Beiter|"treben,  feine  garbe  berfeinerte  fictj,  aber  tk 
llnluft,  nichts  meljr  ju  bollenben,  ober  bie  ßigentjeit  bas  Sotleubete  roiebet  ju 
jerftören,  gemannen  nur  ju  tjäufig  bie  Dberljanb.  darüber  rourbe  s$.  ieboct) 
fein  Äopftjänger  unb  2Jietandjotifer,  fonbern  blieb  ber  launigfte  ^»umorift  unb 
Sedjerfdjroenfer,  ber  befte  5l'eunb  ber  „güegenben  Stätter"  unb  bie  Seele  aller 
früheren,  roeltbefannt  unb  fpridjroörtlidj  geworbenen  "Iftüncrjener  Äünftlerfefte, 
beren  ^nfeenirung  $.  mit  einer  faft  leibenfctjafttidjen  ©eniatität,  mit  bem  Opfer 
feiner  beften  3"*  un&  Gräfte  betrieb,  fo  bafj  tjeute  nocl)  bie  Srabition  ba^on 
3u  berichten  roeijj.  5Da,}u  getjörte  jenes  „2Sattenftein= Säger",  bas  grojje  „Sürer* 
feft"  (1840),  bie  aierlictjen  Darren*  unb  «Dcasfenfdjer^e,  bie  «Ulai^uf.jüge,  „Sar= 
baroffa's  (Srroadjen"  (1848)  u.  f.  ro.  —  21m  2.  Dctober  1864  lätjmte  ein 
Sdjlaganfalt  bie  eine  Seite  bes  Körpers  unb  bie  tiebeboltfte  Pflege  fcfjien  |>off= 
nung  auf  Sefferung  ju  geben,  *>$.  ertjotte  fiel)  noctj  foroeit,  bafj  es  iljm  noct) 
einmal  gelang,  bie  9tunbe  ju  madjen  bei  allen  feinen  greunben  unb  (Senoffen, 
bie  itjn  einmüttjig  liebten  unb  efjrten,  gleitijbiel  roelcfjer  JRicrjtung  ber  ßunft  fte 
angetjörten.  Slber  bie  bleierne  <g>anb  ber  ßäljmung  griff  weiter  in  fein  ©ebäcfjtnijj, 
e§  mar  ein  tangfameS  traurige^  Srlöfcrjen,  bi§  er  am  24.  3lpril  1871  bötlig 
entfd)lummerte.  5J$.  mar  in  feinen  Silbern  immer  geiftreief)  unb  genial,  anmuttjig 
unb  <jart,  ernft  unb  launig,  ftet§  ftreng  in  gorm  unb  geidjnung,  oljne  je  fteinlictj 
unb  fnuifig  ju  toerben,  bamit  berbanb  er  ein  anfänglict)  etcoaä  IjarteS ,  balb 
aber  gtänaenbeS  Kolorit,  toelcf)e<s  tro^bem  nie  bunt  unb  fcrjreienb  mürbe. 

Sgl.  21.  Semalb,  Panorama  bon  ^üncljen  1835.  II,  45.  —  DtacjtjnSfi, 
1836.  I,  357.  —  Vogler,  1841.  XI,  197.  —  S.  EtüUer,  £anbbttd)  bon 
DUtündjen.  1845.  S.  164.  —  Seit.  118  Sltlgemeine  Leitung  bom  28.  Slprit 
1871.  S.  294.  —  3Bocf)enberid)t  ber  Suropa  1871.  S.  294.  —  (Sottfdjall, 
Unfere  S^-  1871.  VII.  S.  430.  —  «Fcüncfjener  Äunftberein8=Sericrjt  für  1872. 
S.  67.  -&tjac.  |)otlanb. 

^Cßmo^er :  S  o§  ann  $.,  ^ittjerbirtuos  unb  Somponift,  geb.  18.  Januar  1803 
3U  3^er§borf,  bon  mo  fein  Sater  nacr)  2Bien  überfiebelte  unb  in  'Jteu^SerdjenTelb 


548  SPefcmaljet. 

eine  SöirtcjfcrjaTt  betrieb.  5Da§  ^au8  mar  mit  einem  „rjeiligen  ^otjanneS"  Bemalt 
unb  fjiefj  be£fmlb  furameg  auf  2Bienerifci)=£odjbeutfdj  „jum  £)eiling  3»ean".  2)er 
Sunge,  gteicfjfatlä  $ean  gerufen,  fottte  ba§  ©efdjäft  weiter  führen;  er  fpielte 
borerft  au§  eigenem  Ingenium  bie  Violine,  big  er,  fedjäerjnjärjrig,  zufällig  eine 
3itf)er  unter  bie  <§änbe  befam.  3rjre  Sßetjanblung  lernte  er  fcrjnett  unb  btjan« 
tafitte  barauf  otme  Stolen,  btojj  nad)  bem  ©efjör  unb  ma§  itjm  ba3  |)er3  eingab. 
2)a3  rourbe  balb  rudjbar  unb  ba§  ,!jpau3  bie  (Stätte  gemüttjlidjer,  frofjfinniger  Reiter» 
feit.  5Da3  längft  in  5llt6aiern,  £irol  unb  inäbefonbere  in  ber  ©teiermarf  rjeimatt)= 
berechtigte  ^nftrument  ber  Sllbenaitrjer  mar  barnalä  nod)  ein  boppett  gefdnueifter 
länglicher  ©djallfaften  mit  t)ot)en  ©eitentoänben  (3argcn)  unb  einem  mit  brei 
©tafjlfaitcn  bekannten  ©riffbrett;  f)ier  fbielte  man,  mittelft  eineg  eigenen  an 
ben  Daumen  ber  redeten  £)anb  beifügten  „©d/lagiingeä",  bie  bon  ben  5in9"-'n 
ber  £infen  ejecutirte  3JMobic,  roätjrenb  bie  übrigen  bier  Ringer  ber  Ütedjten  bie 
jur  Begleitung  unb  Harmonie  bienenben  näd)ftgereit)ten  10  bi§  12  Saiten  bear= 
beiteten  unb  toetften.  £et$tere  toaren,  etroa  biö  -jur  fiebenten,  üDarmfaiten,  bie 
übrigen  überfbonnen,  benen  <$ur  ©ctabe  be§  33affe8  eine  9fleffingfaite  beilief. 
ü£er  fdjrille,  burct)  bie  Q3ergeinfamfeit  roeitfjin  fctjatlenbe  ülon  madjte  baS  t)öd)ft 
bvimitibc  ^nftrument  ^um  cfjarafteriftifdtjen  ßieblinge  ber  9llpenbemotmer,  rccldtje 
mit  ifjren  fcfjmeifäEigen  £änbcn  bocf)  äufjerft  fubtil  unb  luunbeibarlid)  barauf 
ju  fingern  toiffen.  s^.,  bie  Sßorpge  unb  S^ler  biefeS  ^nftrnmenteS  erfennenb, 
trug  feine  äöünfctje  unb  Erfahrungen  bem  ^nftrutnentenbaucr  Atinbl,  einem 
SJteifter  feineä  fVadt)e§,  bor  unb  beibe  fctjufen  nun  bie  fiebenaefmfaitige  3itt)err 
roelcrjc  nicbere  ©eitenroänbe  ( Margen)  ertjiett,  nur  einfeitig  gefdjmeift  mar  unb 
bie  Sßeiboppilung  beä  33affe§  burd)  s3Heffingfaiten  berlor,  bafür  aber  an 
mufifalijdjer  Stimmung  gemann.  gerner  erfanb  5p.  bie  bon  itjm  benannte 
„©treidjäitrjer",  ein  gan,}  einfad)e§,  faum  rjalbmeterlangeä  ^nftrument,  mit  einem 
tjeräförmig  gematteten  ©cfmtlförper,  beffen  oberer  unb  unterer  23oben  (erfterer  mit 
xunben  offenen  ©djafltöcrjern  berfctjen)  fladj  ift;  in  ber  9Jcttte  läuft  ba§  ©riffbrett 
mit  brei  ©tafjlfaiten,  roelctje  mie  bie  brei  oberften  einer  23ioline  geftimmt  merben. 
Stuf  bem  unteren  ©djaEboben  finb  brei  furje  güfee  angebracht,  roorauf  baä  fleine 
Sfnftrumcnt  jur  Serftärtung  be§  JoneS  rjofjl  auf  ben  £ifd)  gefegt  mirb.  5JUt 
einem  getoötjnlicrjen  33ogen  geftridjen,  fam  ein  fo  jarter,  lieblicher  unb  bocfj  um= 
fangreidjer,  ju  einer  übcrrafdjenben  ©tärfe  anfcfjmetlenber  unb  ebenfo  leid)t  mieber 
berftingenbcr  ü£on,  rocldjer,  jumal  mit  gebätnpitem  ©cigenquintett  begleitet,  eine 
feinem  anbercn  3lnftrumcnte  genau  ju  öergtcict)enbe  2Birfung  übte.  9Jtit  einer 
aEe  3"t)örer  erftaunenben  ^ertigfeit  jauberte  5p.  Iang=au8get)altene  2öne  tjerbor, 
bafe  man  unroillfürlid)  badjte,  fo  muffe  ber  <5cf)n)ert=5iebetbogenftricr)  be§  auS 
bem  sJUbelungenliebe  befannteu  ritterfidjen  ©pielmanneä  33olfer  gelautet  Ijaben; 
bann  ätüitfcrjerten  minnefingertidie  2Beifen  mit  bebenben  ©djtoingungen,  fjimmelcjodj 
jaudj^enb,  jum  2obe  betrübt  —  baä  gan^e  fangen  unb  Sangen  einer  liebenben 
©eele  mit  toedjfelnbem  (£re§cenbo  unb  ®eficre§cenbo,  bi§  jum  feiig  geliipelten 
.^)aud)  bei  3arte[ten  @eftänbniffe§.  |)atte  er  rjier  alle  ©efüljte  in  Slufruljr  unb 
mieber  jur  9tul)e  gebracht,  fo  griff  er  jur  ©djtag^ittjer  unb  fpielte  fjer^erfrcuenbe 
ßänbter  unb  tieifjpulfirenbe  Söal^er,  mie  (ie  nur  ba§  edjte  3Biencr=S3lut  ju  erfinben 
bermag  mit  bem  nedifdjen  6mft,  ber  fcfjmadjtenben  ©cijalfljeit  unb  ber  fbrüfjen* 
ben  ©lutf)  be§  roaljren  2Bolfätrjum§.  5£)er  9iuf  biefer  unerhörten  ©rfdjeinung 
lodte  eine  Sln^al)!  bon  ©äften  nadj  bem  |)aufe  be§  „^eiling^ean",  beffen  "ftixina. 
al^balb  bem  neuentberften  Sirtuofen  beigelegt  mürbe,  melcrjer  biefen  3ufa|5  oer 
§au§marfe  ju  feinem  5am^ifn,iamen  toirflidt)  eine  3e^  ^an9  annatjm  unb  auf 
feinen  «ßunftreifen  al§  „^orjann  5Pefemat)er,  genannt  £>eiüng  3can",  nad)  einer 
übrigens  aud)  im  Mittelalter  üblidjen  ©itte,  fürjrte.  SBalb  lub  ber  2Ruftf 
liebenbe  Slbel  ben  jungen  S3irtuofen  in  feine  ©aton§;    bon   ba   führte  ber  Söeg, 


SPe&maget.  549 

-nat^bem  5ß.  fcfjott  1826  bei  alten  Erjtjerjogen  unb  it)ren  gamitien  ftdj  tjatte 
tjören  laffen,  1827  in  bie  3Ippartement§  be§  ^aifetS  fixan^.  9hm  toagte  fidj  ber 
^caeftro  auct)  auf  ßunftreifen :  1828  nadj  ©raj  unb  <ßeft,  too  er  1830  mit 
feinen  ungarischen  ftattonat-IDMobien  unb  =2änäen  bie  ftol^e  Slriftcfratie  jju 
4)b,renetifctjem  ßntfmiiaämuS  rjinrif!,  bann  nadj  Sinj  (1831),  Srünn  (1833)  unb 
ßrafau,  bon  too  au§  ber  „neue  2trton"  feinen  S3irtuofen=2riump£)iug  über 
Sreglau  nact)  Sertin  unb  burcrj  ganj  9corbbeulfcf)Ianb  au£bet)nte.  Stnfängticb, 
ftuijte  ba§  publicum  über  ba§  biStjer  nierjt  fatonfätjige  Sfnftrutnent,  braef)  aber 
alibatb  in  $ubet  au§,  toeterjer  an  ber  ©pree  unb  (übe  bem  magrjariferjen  Seifatt 
bie  ©bifee  bot.  ftacrjbem  <ß.  im  berliner  „CperurjauS"  feine  Sorbeern  gefammelt 
tjatte,  mürbe  er  am  4.  Februar  1834  in  ba§  „$atai§  ber  Sßrtn jeffinnen"  befohlen, 
mo  in  ©egenroart  be»  $önig§  griebrict)  SBilfjetm  III.  unb  be§  ganjen  §ofee  bie 
©ctjtoeftern  £t)erefe  unb  $annt)  Sinter  oberöfterrcictjifctje  Sänbler  unb  National« 
Sän^e  aufführten  jmm  ^ittierfpiete  ^efemarjer'g,  metetjer  fictj,  mie  auf  biefer  ganzen 
j?unftreife,  bon  feinen  Söiener  Sanbäteuten  x^xau^  £>eftner  auf  ber  Sioline  unb 
bon  '3t.  ©ctjmutjer  auf  ber  ©uitarre  begleiten  tiefe,  ^fannb,  6(feter'§  rtmttjmifctje 
©rajte,  getragen  bon  ben  feetenbolten,  tjeimifctjen  Stangen  bei  faitenfunbigen 
3auberer§!  Einige  ätoanjig  Satire  fbäter  fdjmebten  auet)  ©efiora  5ßebita;3 
@lfenfü^ct)en  in  granffurt  ben  ganbango  ju  ^etsmarjer'ä  3^et^^^  —  £)amat§ 
ejiftirten  noct)  feine  Sompofitionen  für  bie  gitb.er.  ©eit  ben  33efreiung§friegen  tmtte 
bie  ©uitarre  mit  einer  un§  !aum  metjr  ertnnerlictjen  Omnipotenj  get)eirfcrjt;  für 
fte  tourbe  gefctjrieben,  gefegt  unb  gebruett.  2ln  bie  Qxt^n  bactjte  früher  9ciemanb, 
ebenfomenig  toie  an  ba§  9tufaeict)nen  bon  SSotfäliebern  unb  9Jtelobien,  ober  an 
ba§  ©ammeln  ber  eckten  $otf§märct)en  unb  =  ©agen.  Erft  mit  bem  ftetigen 
Ermactjen  unb  Erftarfen  be§  beutfetjen  3Sotfsbetoufetfein§  toar  bergleidjen  mögtict) 
geworben  unb  roieber  in  weitere  Erinnerung  geraten.  5ß.  bereinte  bie  Eigen* 
fetjaften  be§  ©ammter§  unb  Eomboniften,  foraie  be§  2trrangeur§  unb  Sßirtuofen. 
33orfict)tige  ßritifer  erachteten  e§  für  ein  fieser  faüixenbeS  Söagnife,  mit  bem 
„fimblen  Ätimberfafien"  in  einem  großen  Eoncettfaate  aufzutreten.  5ß.  ber= 
nictjtete  aber  mit  feinen  aße§  eleftrifirenben  Erfolgen  bie  bagegen  borgebractjten 
SBebenfen.  £)ie  ©ctjtagäittjer  (fettfamertoeife  tjaftete  noct)  an  biefem  Keinen 
Sßerfäeug  ber  tecb.nifctje  2erminu§  be§  ,,©cb,tagens",  mie  an  bem  getoattigen 
Sau  ber  Drgel)  blieb  ber  Eiebting  unfere§  5Jieifter§;  bie  ©treictjjitljer  bagegen, 
5pe^marjer§  unbeftiittene  Erfinbung,  ba§  ecbjte  Äinb  feiner  ^ßrjantafie  (toenn  man 
toiE  bie  Oboe  neben  ber  ßtarinette)  beb.anbelte  5j5.  fpäter  aU  3lfcrjenbröbel.  Unb 
boer)  tjatte  er  aueb,  mit  i^r  feine  SBunber  gemirft  unb  bie  ^erjen  ber  3Henfcb,en, 
oft  noct;  tjärter  aU  Stein  unb  Sein,  getoeeft  unb  erfreut,  gerührt  unb  erferjüttert. 
©rofeei  Tutore  ermerfte  immer  fein  unnadjatjmtictjer  Vortrag  auf  einer  ©aite 
ber  ©treicrjjitrjer ,  roepalb  §ß.  aueb,  ber  ^agantni  feinet  ^nftrument§  genannt 
mürbe.  —  3}on  Serlin  bereifte  ty.  noct)  ba§  übrige  ^Deutfdjlanb  nacrj  5iorb  unb 
Söeft :  ^n  Hamburg,  ^annober,  9ttain3,  Seidig,  3uiau'  "i>ra9>  Erfurt  —  überalt 
fammette  er  1836  neue  Lorbeeren,  ^m  Seginn  be§  näctjften  Satjre§  ging  $. 
in  bie  9Jtittelftaaten  unb  concertirte  ju  ©otfja,  Eoburg  unb  ^Bamberg,  ^n 
teuerer  ©tabt  taufcb.te  feinem  ©biet  am  22.  unb  26.  Februar  1837  aud^  ^erjog 
5Jtarimitian  bon  Saiern,  toetetjer  fo  biet  ©efalten  baran  fanb,  ba§  er  5ß.  alö 
£efjrer  annahm,  unb  ^u  feinem  ^ammerbirtuofen  ernannte  (17.  Januar  1838; 
unb  in  ber  5°lse  5um  Begleiter  auf  alten  Reifen  toätjtte.  SBie  ernfttieb,  ber 
^jer^og  ber  Pflege  biefeS  ^nftrument»  oblag,  betoeift  ber  llmftanb,  ba^  ein  großer 
X^eit  feiner  in  ber  Deffentticrjfeit  ebirten  Sombofitionen  für  bie  S^er  gefegt 
unb  erfunben  finb.  5Der  tjotje  ©cb^üter  fpielte  mit  feinem  ßefjrer  batb  meifterlic|. 
fogar  auf  feinen  Steifen  im  Söagen  unb  tiefe  ficr)  im  engeren  Greife  feiner  ©^mbofien 
^ören.     2tuf  bieten  bureb,  2it^ograpr)ie  unb  ©atbanograptjie  roeitberbreiteten  $or= 


550  «Pejjmatjet. 

traitä  bon  (SorvenS,  SSiej,  ©djöninger,  £>anfftängl,  Söibenbauer  unb  2Bötffte  ift 
ber  £>er<}og  3i^ev  fpiclenb  abgebilbet.  ^.  trat  aud)  im  ©cfolge  feinet  mit 
iürftlidjem  ßbetmutt)  immerbar  itjm  gleicf)  geneigten  .frerrn  unb  'Dtaeccn,  als 
berfelbe  1838  bie  nad)  (Jgtjpten,  ^aläfttna,  .Wleinafien  unb  ©ricdjenlanb  pro= 
jectirte  Steife  antrat;  fein  3M)erfpicl  erflang  am  ftufc  ber  ^tjramiben,  berbufct 
t)ordi)te  ber  alte  23ater  9til  auf  bie  ju  feinen  @r)ren  benannten  2öatjer  beS 
beutfcfjen  ütonmeifterä ;  ^efcmarjerS  funftreidje  Söeifen  gitterten  burd)  bie  bom 
träumerifdjen  9Jlonbli<i)t  berfilberten  Xempelruinen  bon  ßuror  unb  .ftarnaf;  er 
brad)te  ben  beiben  $ftemnon'§  eine  ©erenabe,  fpielte  auf  ber  3fnfcl  ^ptjttae  unb 
über  ben  Äataraften ;  felbft  an  ber  ©rcn^e  9lubien§  äußerten  bie  braunen  ©ötjne 
ber  Sßüfie  freubigeä  (hftaunen  unb  Gmt^ücfen  über  baö  ©piet  beä  „beutfdjen 
$afd)a"  unb  feineä  Gapettmeifter§.  9taci)bent  5p.  im  Jperbfte  1837  bor  ber 
glän^enben  Sfürftenberfammlung  ju  £egernfee  mit  ungeteiltem  53eifatt  gefpielt 
unb  einen  borttjeittjaften  Eintrag  feine§  eben  in  ^art§  unb  Sonbon  bcfdjäftigten 
3rcunbe3  ©traufj  abgelehnt  tjatte ,  rourbe  bie  Qityn  ju  Wündjen  ßieblingg 
inftrument;  nidjt  allein  bie  ©lieber  bcö  itluftren  unb  balb  mit  europäifdjcn  fronen 
berfdjroägerten  tjerjogtidjen  -gmufeä  übten  biefe  ihinft ,  fonbern  metteifernb 
bannt  [tritt  fid)  bie  r)or)e  2lriftofratie  um  ben  sIReificr,  roelcr)er  ben  an  ttjn 
gefteHtcu  äBünfdjen  alä  8e$tei  faum  mrr)r  genügen  tonnte.  9Jtit  Goncerten 
würbe  ty.  rüdfyaltcnber,  aufjer  menn  er  mit  feinem  gnäbigften  $etat  au§wärt£ 
uadj  Stuttgart,  (Sannftatt,  5van^'ul't  a-  9Jt.,  2ßieebaben,  ^iffingen  ober  9tegen§= 
bürg  ging;  in  53tünc^en  liefj  er  fid),  trojj  bieten  23itten3,  immer  nur  nad)  ,jmet= 
jätjrigen  Raufen  ju  einem  öffentlidjen,  ftetö  mit  ftürmifdjem  Srfotge  gelohnten 
auftreten  tjerbei.  dagegen  bot  er  bei  ctjaritatiben  ^eden  Se™c  °'e  "S^nb;  fa 
grünbete  er  beifpielöweife  mit  bem  botlen  Ertrag  eineä  Goucertä  einen  f^veipla^ 
im  33linben=3>nftitnt.  ©päter  raufd)ten  feine  äBeifen  nur  merjr  im  ^ribat=  unb 
greuube§freife,  wofür  s^.  jebe§mat  bei  feinen  bertjejten  Serben  eine  fdjlaflofe 
9tact)t  eintaufdjte.  ty.  gab,  wie  jeber  ectjte  Äünftler,  fein  ganjeS  innere  unb 
legte  feine  ganje  ©eele  in  fein  ©piet;  fein  unnad)arjmlid)er,  unbefdjreiblidier  üton 
ergriff  unb  feffette  alle  3uf)örer  in  wirflid)  magifdjer  SBeife.  ©anj  in  feinem 
(Clement  War  ty.  mit  ben  edjten  ©ebirgSliebern  unb  Jansen,  mit  ben  feden, 
netfifdjen,  lebenäluftigen,  oft  aud)  elegifd)  flagenbeu  ^Jietobien  au§  ben  SBergen 
rton  ©teier  unb  Jirot,  foroie  au§  ben  metandjotifcrjen  ^ufjten.  2ßenige  Jafte 
genügen  unb  toie  burc^  ein  s33tärc^en  ftetjen  bor  un§  bie  reijenbften  SSilber  auS 
ber  ?Upenmett  mit  tannenbuftigen  Sßiübern  unb  Wattengrün,  mit  jaudi^enben, 
tan^tuftigen  ©ennerinnen  unb  eiferfücfjtigen  „SBuben",  mit  £>eerbcngeläute  unb 
©onntag^morgenftitle.  Unb  toie  birtuoS  rou|te  er  bie  einbringenbe  ©etuatt  ber 
btbrirenben  ©aiten,  ben  berfdjtoimmenben  Oladjftang,  ben  lauten  3lnfd)tag 
berfetben  mit  bem  gefüt)t§reinen,  mor)(berftanbenen  Sluffaffen  feine§  Irjema§  ju 
bereinen.  2Infänglid)  lie^  er  ficr)  nur  buretj  ©uttarre  unb  Biotine  begleiten, 
bann  erweiterte  ty.  ba§  Slccompagnement  ^u  einem  f leinen  Drdjefter,  jületjt 
fc^lo|  er  fid)  an  ben  Apoforganiften  S.  33lumfd§ein,  in  roelcf)em  er  ben  fein= 
fü^ligften  Slccompagnateur  auf  bem  ^ianofoTte  geroann.  —  9lacr)  einer  1878 
gezogenen  Silan^  getjörten  ju  5pe|mat)er§  Repertoire  27  grofje  „Goncertpiecen", 
75  gtomanaen  unb  ßieber,  58  „?l(penlieber",  34  SESa^er  unb  18  meift  felbft 
componirte  „Cänbler",  ba^u  tarnen  nod)  jab^tlofe  Potpourris,  Variationen, 
iDibertiffementS  u.  f.  tb.,  mit  benen  er,  ebenfo  roie  mit  feinen  freien  ^tjantafien, 
einen  gefeierten  Flamen  errungen  rjatte.  —  lieber  s^cbmat)er8  ©piel  befifet  bie 
^ünc^ener  ©taat§bibtiot^ef  einen  ganzen  Folianten  bon  53erid^ten  unb  Referaten, 
au§  roeld)en  t)ier  beifptel§roeife  einige  ©timmen  <)ur  weiteren  Gtjarafteriftit  folgen, 
©o  tjeifjt  e§  über  ein  im  Sluguft  1844  ju  (iannftatt  abgel)altene§  ßoncert 
(meld)cm  ber  berühmte  Söiolinift  ^)enri  SßieujtempS  beiroo^nte  unb  entfmfta3mirt 


$efcoIb  —  «ßefcolt.  551 

mit  $.  ©reunbfctjaft  fcrjtoß) :  „Süe  dgentlicrje  ©runbfarbe  bon  *petjmat)er'§  Spiet 
ift  ein  ibrjltifcrjer  ,£)umor,  betfdjmotjen  mit  einer  elegifdjen  *Dtelanct)otie;  ex  enttodt 
feinem  unfctjeinbaren  Snftrument  Jone,  beten  Sieblidjfeit,  Snnigfeit  nnb  Seele 
allen  jum  <g>erjen  brang;  feine  5Mobie  ift  ©efang,  ty.  raubt  un§  unfer  ^>erj 
nnb  bannt  e§  in  fein  ^nfirument.  9lur  ein  Sirtuofe  bon  tiefftem  ©efütjl  fann 
biefe  gfiorattonen,  biefeS  Schleifen  ber  "Jone,  biefen  berfcrjtoimmenben  9tadjttang 
unb  biefe  nur  öon  ber  menfdjlicrjen  (Stimme  erreichbare  Sefeetung  tjerborbringen." 
SDiefe  Sorjüge  raaren  e§  aud),  roeldje  ben  für  alte§  Sottfommene  fo  empfänglichen 
Äönig  2Jtajimilian  II.  berantaßten,  feine  -gmlb  bem  ^ünftter  aujutoenben.  — 
©aßt  man  atte§  aufammen,  fo  liegt  ein  Sergleict)  mit  gerbinanb  Staimunb  nab>. 
Seibe  repräfentiren  bie  alte  öfterreictjifdje  ©emütcjtidjfeit,  biefe  gleichmäßig  leidjt* 
lebige  $röt)lict)feit,  gepaart  mit  einem  ect)t  melancrjotifcrjen  ßrnft  unb  Sieffinn; 
beibe  finb  Slutobibaften  mit  allen  Sor^ügen  unb  (Scrjattenfeiten  eine§  folgen; 
beibe  gleich  große  9Jteifier  in  ganzer  SBiebergabe  be§  inneren  9Jtenfdj)en,  ectjte 
2)idjter,  toarjre  Äünftter.  9lur  baß  bem  Sinen  ba§  «Sctjitffal  ben  2eben§faben 
früher  äerfcrjnitt,  toätjrenb  ber  Stnbere  benfelben  roeit  in  ein  r)ot)e§  ©reifenatter 
fottfpann,  bi§  aucfj  biefer  am  29.  SDecember  1884  fein  Snbe  erreichte.  Qatyxnüjt 
s$ortrait§  tjaben  feine  äußere  ©rfdjeinung  fefigetjalten,  fo  bon  ^einrictj  b.  9Jcarjr 
(s$.  mit  bem  arabifdjen  ^e^  unb  ber  türfifct)en  pfeife  auf  einem  ^ameel  bie 
SCßüfte  burdjreitenb),  9ticf)arb  Säubert  (1854)  unb  Sobo  SBinfel;  (SorrenS  äeicx)nete 
unb  littiograptjirte  (1849)  ein  Portrait  in  fjatber  i$\$m.  Siele  Silbniffe  erfreuen 
in  &otjfct)nitt  (3.  S.  in  3tr.  542  ber  ßeipj.  Stfojh.  £tg.  bom  19.  ftoöember  1853) 
unb  *pt)otoQTap^ie  (bei  Gilbert,  ^öffenbacrjer,  Secrjteitner  unb  Lüfter). 

Sögt.  SBurabad),  Siogr.  Sejifon  1870.  XXII,  152  ff.  —  Seit.  43  2lttg. 
3tg.  bom  12.  Februar  1885.  §t)ac.  £ottanb. 

$e$ott>:  Stjriftian  $.,  geb.  1677  ju  ^önigftein  in  (Sacrjfen,  wirb  fcb>n 
1697  al§  lurfürftl.  fäcf)fif$er  unb  fönigt.  polnifctjer  Drganift  mit  50  Spater 
Söartcgelb  ermähnt  unb  tourbe  1709  jum  ßammercomponift  unb  roirtticrjen 
Drganift  beförbert.  @r  toirb  bon  9Jtattrjefon  in  feinem  boEfommenen  $apett= 
meifter  unter  bie  bezüglichen  £)rget=  unb  Stabierfpieler  feiner  3eit  g^ärjlt. 
ftür  biefeS  Urteil  fpridjt  ber  Umftanb,  baß  itm  sÄuguft  ber  (Starte  mit  einigen 
feiner  berüfnnteften  (Sottegen  bon  ber  Gapette  1714  nact)  $ari§,  1716  nact)  Sene» 
big  reifen  ließ,  tfjeilä  um  fiel)  bem  ©efotge  be§  jhtrprinaen  ftriebricrj  2Iuguft 
anjuf  et)  ließen,  trjeilS  um  fiel)  roeiter  ju  berbollfommenen.  Sludj  al§  Öetjrer 
6.  §.  ©raun§  toirb  er  genannt.  3lußer  mehreren  Sachen  für  ba§  ßtaüier, 
unter  benen  25  ßoncerte  befonber§  3U  ermähnen  finb ,  componirte  üp.  aucl) 
einiges  für  bie  Kammer  unb  ^tre^e ,  toobon  inbeß  menig  ober  nict)t§  ge= 
bruett  morben  ju  fein  fc^eint.  Unter  anberem  fc^rieb  er  bie  9ttuftf  ju 
bem  bom  ^ofpoeten  ^önig  terfaßten  ©ebictjt,  roeld)e§  bei  Gfinroeitmng  ber  bon 
©ottfrieb  (Silbermann  in  ber  <Sopl)ienürcrje  ju  S)re§ben  neu  erbauten  Orgel  am 
18.  9lobember  1720  aufgeführt  rourbe.  3Iußer  feinen  (Slabierconcerten  befi|t  bie 
^ufifalienfammlutig  be§  ÄönigS  bon  ©acljfen  nod)  folgenbe  ^Jtanufcripte  bon 
ib^m:  1  Suite  unb  1  Soccata  für  ßtabier,  1  SLito  für  Sioline,  £)boe  unb 
Saß,  1  2rio  für  Biotine,  ©töte  unb  Saß  unb  1  ©uite  für  Viola  d'Amour. 
5p.  ftarb  al§  ßammercomponift  unb  Organift  an  ber  ©opl)ientircl)e  in  Bresben 
am  2.  ^uli  1733.  ©ürftenau. 

^olt:  C>an§  % ,  neben  unb  nadj  äöenscl  Sammler  ^  ©.  sq.  XIII, 
691)  ber  bebeutenbfte  ©olbfctjmieb  in  Nürnberg,  1550  geboren  unb  1578  pnf= 
tig.  S)a  er  feine  fietjräeit  nietjt  orbnungSmäßig  beftanben  tjatte,  toar  er  nur 
„au§  ©naben  unb  nit  au§  ©eredjtigteit"  jum  SKeifterftüä  3ugelaffen  roorben. 
3n  ben  3o.b>n  1595—1614  ^at  er  biet  ütattjefilber  geliefert  (18  3tnana§= 
pofale,   64  biö.  fötale,  2  ©al^f äffer  unb   16  ©abetn) ,  melcrje§   aber  äerftreut 


552  ^eucet- 

ober  berloren  ift.  ^Dagegen  finb  etroa  20  üetfc^iebene  Xrinfgefcrjirre  mit  feinem 
©tempel,  einem  SÖibberfopf  in  ^ßrofit ,  nod)  tjeute  nadjauroeifen.  ©eine  präd)= 
tigften  ©tüde  befiuben  fid)  im  23efifce  ©r.  ^LRaj.  beS  beutfd)en  $atferS  unb  in 
bet  Sammlung  beS  beworbenen  33aronS  $arl  b.  Nott)fdnlb  in  gfranffurt  a  SDK. 
ßinen  befonberen  CUjaralter  erhält  feine  Äunftroeife  baburd),  bafj  er,  in  ber 
bellen  Nenaiffance^eit  lebenb,  ben  alten  gott)ifd)en  $8utfelbed)er  beibehält  unb 
Hjn  mit  ben  neuen  formen  berbinbet.  Heber  feine  üttjätigfeit  als  ^Jlebaitteur 
rjat  man  übertriebene  SBorftellungen  gehabt.  IJNeljrmalS  in  ben  Natb,  geroärjlt, 
ftirbt  er  1632. 

Nürnberger  ©ilberjettct,  ©tabtard)ib  Nürnberg.  —  Nürnberger  ©olb= 
fctjmiebemeifterbud),  Äunftgeroerbemufeum  33erlin.  —  5Doppelmat)er,  Nadjricfjten 
1730.  —  Nofenberg,  Samni^er  unb  ^efcott  im  ßunftgeroerbebtatt  1885.  — 
(grmami,  sDtebaitleure.  Nofenberg. 

"^CUCCr:  Caspar  ty.,  ber  ©djrotegerfotjn  9Neland)tt)ouS  unb  ßoufeffor  beS 
^eland)tt)oniSmuS,  3lr^t,  s;ßolt)l)iftor,  5Did)ter  unb  $ird)enpolitifer,  ebenfo  be= 
fannt  burd)  fein  bielfeitigeS  Söiffen  tote  burd)  fein  tragifdjeS  ©efd)td,  ift  geboren 
am  6.  Januar  1525  ^u  Sauden  in  ber  Dbertaufit},  f  am  25.  ©eptember  1602 
p  2)effau.  ©ein  Sßater  roar  ©regor  5ßeucer  (33euber,  Seufer,  Reuter),  ein  rootjl* 
Jjabenber  Bürger  unb  «gmnbroerfer,  feine  9Jtutter  Ottilie  geb.  ©imon  (f.  bie 
lateinifdjc  ©rabfdjrift,  bie  %  feinen  eitern  fefjte,  bei  £offmantt,  Scriptt.  rerum 
Lusatic.  I,  ©.  448).  9llS  förperlid)  gartet,  geifttg  begabter  .Wnabe  jum  ©tubium 
beftimmt,  befud)te  er  juerft  bie  ©d)ule  feiner  üöaterftabt,  bann  baS  unter  feinem 
berühmten  Nector  SJatentin  ^'iebtanb  bon  Irobenborf  btütjenbe  ©tjmnafium 
äu  (Mbberg  in  Nieberfd)lefien  unb  bejog  fünfjermjärjrig  im  %.  1540  bie  Uni= 
oerfität  SBittenberg  (immatriculirt  als  6aepar  Seither  f.  görftemannS  3llbum 
©.  202).  33on  feinem  Öeljrer  £rot$enborj  an  '•JJcclandjtljon  empfohlen,  teurbe 
er  beffen  begeifterter  ©d)üler,  |)auS=  unb  lifdjgenoffe,  erroarb  fid)  unter  feiner 
Leitung,  aber  aud)  im  93erfer)r  mit  £utt)er  unb  ben  anbereu  bamatigen  SBittenberger 
5ßerül)mib>iten  eine  bietfeitige  tjumaniftiferje,  pt)ilofopl)ifd)e,  f)iftorifd)e  unb  tt)eo= 
logifd)e  33itbung,  roibmete  fid)  aber  mit  befonberem  (Sifer  bem  ©tubium  ber  5Jlatt)e= 
matit  unb  Slftronomie,  ber  Naturroiffenfcrjajten  unb  ^Jlebicin  (worin  bie  ^rofefforeu 
sJJtilid)iuS,  NtjäticuS,  Neinl)olb,  ©tiefet  u.  a.  feine  ßerjrer  roaien).  Nadjbem  er 
1545  9Jtagifter  geworben,  1552  pro  liceatia  biSputirt  tjattc,  begann  er  mit  bielem 
Seifatt  au  lefen,  rourbe  1554  orbentlidjer  s$rofeffor  ber  sIflatt)ematif,  1559  aber 
nad)  3Jliüd)ius'  Job  ^rofeffor  in  ber  mebicinifetjen  gacultät  unb  Dr.  med. 
(30.  3an.  1560),  in  bemfetben  $af)r  aud)  Nettor  ber  Unibevfxtät.  ©d)on  am 
2.  3uni  1550  rjatte  er  fid),  25  3ab,re  alt,  mit  ber  bamals  19  jährigen  jüngften 
2od)ter  9Jteland)t{)onS  «ötagbalena  (geb.  19.  3uli  1531,  f  12.  ©ept.  1576)  ber= 
rjeirattjet.  Sr  roor)nte  in  feine§  ©d)roiegerbater§  £>auä,  fpäter,  als  für  bie 
roadjfenbe  3am^ie  ^er  ^Kflum  ju  eng  rourbe,  in  einem  angebauten  .gnnterljaufe, 
mit  bem  bon  ifjm  rjodjberefjrten  Seb.rer  unb  ©djroiegerbater  in  innigfter  S3ex= 
binbung,  als  beffen  bertrautefter  f^reunb,  3lr^t,  Seratljer,  Neifebegleiter  unb 
£f)eilnet)mer  an  feinen  t)äu§lid)cn  ©orgen  toie  an  feinen  roiffenfd)afttid)en  unb 
firdjlidjen  arbeiten  bis  an  beffen  SebenScnbc  (18.  5lprtl  1560),  roie  er  benn 
aud)  bem  Seiftorbenen  als  bamatiger  Nector  eine  alabemifdje  ©ebädjtni^rebc 
^ielt  unb  ib^m  burd)  Verausgabe  feiner  SBerte  unb  Briefe  (Opera.  Mel.  2öttten= 
berg  1562  ff.;  Epistolae  1565;  ftortfefcung  feiner  (SI)ronif  1562  u.  65)  ein 
SDenfmal  fe^te. 

S)urd)  3Jleland)t^onS  bieljäf>rtgen  ^«rtnb,  ben  furjürftlid)en  Natb,  Utrid) 
9Norbeifen,  fotoie  burd)  ben  banaler  ^ieferoetter  unb  ben  ©e^eimfdjreiber  ^enifd), 
rourbe  %  an  ben  ^urfürften  3luguft  bon  ©ad)fen  empfohlen  unb  trat  balb  ju 
biefem  toie  ju  feiner  ©ema^lin,  ber  Butter  3lnna,  unb  ju  bem  ganzen  S)reSbner 


5ßeucer.  553 

£of  in  bie  intimften  SSe^ieljungen.  ü£er  $urfürft  ernannte  ttjn  ju  feinem  ßeib= 
ar^t,  bebiente  fid)  feine§  9tatrjeä  aber  aud)  in  bieten  anbern,  befonberä  firctjlidjen 
unb  tüiffenfd^aftlid^en  3ftaScn»  mie  bei  33efetumg  ber  ßetjrftütyte  an  ber  Uniberfität 
SBittenberg,  bermetjrie  auf  feine  3m*fPracie  bie  (Sinfünfte  unb  Stipenbien  ber 
Uniberfität,  beauftragte  itjn  mit  ber  Dberauffidjt  über  ba§  ©eleJjrtenfdjutmefen 
$urfadjfen§,  tiefe  it)n  rjäufig  <m  fid)  nad)  5Dre§ben  fommen,  befudjte  it)n  1570 
mit  ber  Äurfürftin  in  Söittenberg  unb  bat  fljn  fogar  ^u  (Bebatter  bei  ber  Saufe 
beS  üprinjen  2Ibolf  1571.  $.  mar  ju  2lnfang  ber  70er  Statjre  eine  ber  etnfluf$= 
reidjften  ^erfönlid)feiten  am  furfürftlidjen  £>of  unb  benutzte  feinen  ©influjj,  mie 
aud)  bon  ben  ©egnern  anerfannt  mürbe,  in  uneigennütügfier  Söeife  trjeitä  jum 
33eften  ber  Uniberfität  unb  feiner  afabemifdjen  (Sollegen,  mit  benen  er  in  freunb= 
licrjftem  Sinbemetjmen  lebte,  tfjeitä  aber  alterbing§  aud)  <jur  görberung  ber 
pt)iüppiftifd)en  ^artei  in  ^urfadjfen  b.  f).  ber  an  9Jteland)trjon  fid)  anfdjliefjenben, 
ümifdjen  bem  ftrengen  ßutljertr)um  unb  bem  (Salbtni§mu§  bermittetnben  fird)= 
tid)en  unb  miffenfdjafttidjen  9ttd)tung,  mie  er  benn  in§befonbere  bie  tf)eologifd)en 
Set)rfteEen  in  Wittenberg  mit  entfd)iebenen  ^Ijilippiften  (mie  ^e^el,  ßruciger, 
Dotter,  SBibebram  u.  f.  m.)  ju  befetjen,  ftörenbe  Elemente  fern  <ju  Ratten  fuctjte. 
6inftuireid)e  35unbe§genoffen  rjatte  er  bei  biefen  SBeftrebungen  an  bem  ©er)eim= 
ratt)  ßraco,  bem  (Sdjmiegerforjn  23ugenr)agen£,  fomie  an  bem  furfürftlidjen  «!pof= 
prebiger  Sctjüij,  mufjte  fid)  aber  bamalä  aud)  im  mefentlid)en  (Sinberftänbnijj 
mit  bem  Äurfürften  Stuguft  felbft,  ber,  ofjne  tieferes  23erfiänbnifj  für  tljeologifdje 
fragen,  bod)  feinen  Stolj  barein  feilte,  feinem  ßanbe  ben  9luf  be§  reinen  ßutb,er= 
tf)um§  ju  magren,  bie  beiben  ifjm  gleid)  berrjafjten  ejtremen  9lid)tungen  aber, 
ben  $laciani§mu§  mie  ben  SatbiniämuS,  gletdjmäfiig  fern  ju  rjalten.  Safyxt  lang 
gelang  e§  benn  aud)  ber  pljitippiftif djen  Partei,  aU  beren  eigentlicher  gürjrer 
üßeucer  galt,  ben  Ihirfürften  bei  bem  guten  ©tauben  ju  ermatten,  bafj  bie  in 
feinem  ßanbe  borljerrfdjenbe,  1569  burdj  bie  ©infürjrung  be§  fog.  Corpus 
Doctrinae  Philippicum,  1571  burd)  ben  fog.  SBittenberger  $atedji§mu§  offteiett 
fanetionirte  9Jlelandjtrjonifdje  ßetjrmeife  mit  bem  edjten  ßutrjerttjum  ibentifd)  fei 
unb  eben  jene  richtige  3CRitte  amifdjen  ben  Sjtremen  be§  Satbini§mu§  unb  $la-- 
ciani§mu§  repräfentire.  «Seit  Anfang  ber  70er  Sfarjre  aber  ging,  ^roar  nid)t 
in  ben  Slnfdjauungen  $eucer'§,  moljl  aber  in  benen  be§  Äurfürften  eine  3öanb= 
lung  bor,  ba  bie  (Bnefiolutljeraner  in  9lorb=  unb  Sübbeutfdjlanb  immer  lauter  bie 
furfäd)fifd)en  Sfjeotogen,  befonberS  megen  jenes  bon  ^ßeucer  bebormorteten  unb  em= 
pfot)lenen  SBittenberger  Äatedji§mu§  bon  1571  unb  ber  pr  33ertt)eibigung  beffelben 
herausgegebenen  fogenannten  „SBittenberger  ©runbfefte",  ber  Slbmeidjung  bon 
bet  reinen  tuttjerifdjen  ßerjre  unb  ber  offenen  ober  tjeimlidjen  Hinneigung  jum 
6albini§mu5  befdjutbigten  unb  aud)  bem  ßurfürften  biefen  Sßerbad)t  beizubringen 
fud)ten.  58on  ber  im  Slprit  1574,  au§  3lntafe  ber  offen  calbiniftrenben  2lbenb= 
mab,t§fd)rift  Exegesis  perspicua,  über  bie  pt)itippiftifd)e  Partei  ptö|tid)  t)erein= 
bredjenben  ^ataftroptje  mürbe  aud)  sp.,  obmot  er  tangft  erttärt  tjatte,  bafj  er 
mit  tb,eotogifd)en  ^^aQen  fid)  nidjt  befaffe,  bod)  at§  einer  ber  tjeroorragenbften 
Seiter  ber  Partei,  mit  am  fdjmerften  betroffen,  ©er  Dftatt)  ßinbemann,  ber 
6ecretär  Senifd),  ber  ^rebiger  ßiftt)eniu§  unb  anbere  (Segner  ber  ^tjilipbiften 
mußten  bem  Äurfürften  (Sorrefponbenzen  bon  $•  in  bie  |)änbe  zu  fpielen,  au§ 
benen  ber  Äurfürft  ben  offenbaren  2)errattj  ber  brei  ^arteib^äupter  ju  erfennen 
glaubte.  3lm  1.  Slpril  1574  mürbe  5ß.  in  Wittenberg  behaftet,  feine  Rapiere 
meggenommen,  er  felbft  nadj  ©re§ben  gebrad)t  unb  it)tn  ber  5ßrocefe  gemacht 
unter  ber  Slnftage,  bafe  er  fid)  fortmätjrenb  tro^  ber  turfür[ttid)en  SSermarnungen 
in  t^eotogifdie  |)änbel  gemifd)t,  bafj  er  mit  |>ofprebiger  ©d)ü^  unb  (Seljeimratlj 
Sraco  fid)  berbünbet  tjabe,  um  burd)  geheime  ßonfpirationen  unb  ^raftifen 
frembe  facramentirerifdje  ßetjren   in   $urfad)fen   einjufü^ren,   bafe   er  au  biefem 


554  SPeuccr. 

groecf  gefährliche  ©djriften  berbreitet,  einfyeimifdje  unb  aufituärtige  Geologen 
beleibigt,  anbere  gegen  bie  fädjfifdje  ^trdje  aufgeb/kt  tjabe  u.  f.  ro.  ty.  lehnte 
biefe  Befdjulbigungeu  bon  fid)  ab,  liefe  fid)  aber  bodj  bap  beftimmen,  eine  Sr= 
flärung  an  ben  Äurfürften  ju  unterzeichnen,  in  ber  man  ein  ^ugeftänbnifj  feiner 
©djutb  fat).  S)a§  milbc  Urtfjett  be§  Sorgauer  £anbtag§,  ber  lebiglid)  beantragte, 
bafj  Iß.  auf  bie  ©tabt  SBittenberg  unb  auf  bie  9Iu3rid)tung  feiner  mebicinifd)en 
^rofeffur  befdjränft,  fernere  ßinmifeffung  in  fird)lid)e  S)inge  irjm  »erboten  roerben 
fotte,  rourbe  Don  bem  leibenfdjaftlid)  erregten  Äurfürft  caffirt,  5ß.  üielmcrjr  nad> 
toiebctt)olten  Betören  oljne  red)t§fcäftigen  Urirjetläfprud),  trofc  ber  Betreuerung 
feiner  Unfdjulb  unb  trotj  ber  bon  feiner  gamilie,  feinen  greunben,  roie  bon 
auStoärtigen  dürften  für  itjn  eingelegten  Fürbitten  unb  Berroenbungen,  ju 
föod)lifc,  geiü,  fpäter  auf  ber  ^(eifjenburg  in  Seipjig  in  äroölfjärjrigem  garten 
©efängnifj  gehalten.  6r  berbrad)te  feine  3eit  ttjcitö  mit  eifrigem  ©tubium  ber 
rjeiligen  ©d)rift,  tljeilä,  foroeit  itjm  ba§  bei  ber  (Sntjjiefjung  aller  Schreibmaterialien 
mogtid)  mar,  mit  ^Ibfaffung  bon  ©djriften  unb  ©ebidjten,  blieb  aber  trok  alter 
Berfudje,  itjn  jum  2Biberruf  feineä  angeblichen  SalbiniämuS  unb  gut  ?lnnatjme 
ber  1577  berfafjten  (Soncorbiemormel  p  beftimmen  unb,  trotj  aller  auf  Beran= 
laffung  be§  ßurfürften  bon  feinem  ßerfermeifter,  bem  Bürgermeifter  9taufdjer 
bon  2eip<$ig,  roie  bon  ben  beiben  Goncorbienmännern  2Inbreä  unb  ©elnerfer 
über  ifm  öerrjängten  Quälereien  unb  Befetjrung§berf ud)e ,  ftanbljaft  bei  feinen 
pb,ilippiftifd)en  Ueberjeugungen.  ©eine  ^rau,  bie  aUeS  gettjan  it)m  bie  greiljctt 
ju  erbitten,  ftarb  au£  ®ram  am  12.  ©eptember  1576,  feine  Äinber  rourben 
Zerftreut.  Qhft  nad)  bem  iobe  feiner  unDerfötjnlidjen  f$feinbtn,  ber  .Uurfürftin 
Slnna  (f  1585),  bie  c§  irjm  nid)t  ber^eitjen  tonnte,  bafj  er  in  feinen  Briefen 
fid)  fpöttifcfje  Bemerfungen  über  bie  am  2)re«sbner  .§of  Ijerrfdjenbe  ©tjnäfofratie 
erlaubt  Ijatte,  fd)lug  enblid)  für  s^.  bie  ©tunbe  ber  ©rlöfung.  2llä  ber  GOjätjrige 
$urfürft  roenige  sDtonatc  nad)  bem  ü£ob  feiner  elften  ©emafjlin  am  3.  Januar 
1586  mit  ber  13iäf)rigen  üßrinjeffin  2Igne3  -"jpebmig,  £od)ter  beä  dürften  ^ioadjim 
Srnft  bon  9lnt)alt,  einen  neuen  (Jfjebunb  fdjlofj,  gelang  e§  ben  getneinfamen 
Fürbitten  ber  Braut  unb  iljreä  Bater§,  bie  greitaffung  be8  unfdjutbig  (Befangenen 
3U  erlangen,  nadjbem  biefer  unter  Bürgfdjaft  feiner  ©öljne  unb  Berroanbten 
einen  eiblicrjen  9teüer§  ait§geftettt,  roegen  ber  ifpn  roiberfarjrenen  Beljanblung 
roeber  öffentlid)  nodj  fyeimtid),  roeber  münblid)  nod)  fd)riftlid)  an  bem  ^urfüften 
ober  feinen  Wienern  ftdj  räd)en  p  moüen.  3lm  8.  gebruar  1586  rourbe  ^?.  au§ 
bem  ©efängnife  entlaffen,  brei  ütage  barouf,  am  11.  3e^l*uQ1-*  ftai&  Äurftirft 
Sluguft;  fein  sJiad)f olger  ßurfürft  ßtjriftian  I.,  entbanb  ib,n  feineä  3<leberfe§  mit 
ber  Bitte,  irjn  nid)t  entgelten  p  laffen,  was»  er  bon  feinen  ©Item  tjabe  erleiben 
muffen.  £ß.  ging  naetj  S)effau,  rourbe  fürftlid)  antjaltifdjer  9tatt)  unb  öeibmebicu^, 
bertjehattjete  fid)  am  30.  9ttai  1587  im  63[ten  ßebengjarjre  jutn  jroeiten  ^Dtal 
mit  einer  SanbSmännin,  ber  roorjtb.abenben  Söittroe  be§  BürgermeifterS  Bergmann 
au§  Bautjen,  um  feinen  ^inbern  eine  zweite  Butter  ju  geben  unb  feinen,  burdj 
bie  lange  ©efangenfdiaft  jerrütteten  BermögenSbertjättniffen  aufzuhelfen,  unb  öer» 
lebte,  tfjeilä  in  treuer  Slrbeit,  ttjeilä  in  root)lberbienter  9iub,e,  bon  ben  ©einen 
geliebt,  bon  eitlen  geadjtet,  aud)  bon  au^roärtigen  dürften  unb  (Bonnern  mit 
(Sljren  unb  (Sefdjcnfen  überhäuft,  aber  aud)  feinerfeitg  gerne  bereit  5lnberen  ju 
Reifen,  mit  alten  unb  neuen  greunben  in  regem  perfönlid)en  unb  brieflichen 
Berfeljr,  nod)  fedjze^n  gtücflidje  ^atjre  bi§  p  feinem,  im  78ften  SebenSjaljre  am 
25.  ©eptember  1602  ju  S)effau  erfolgten  Job.  Bon  feinen  10  Äinbern  au§ 
etfter  Q^e  roaren  4  frü^eitig  geftorben;  bon  ben  übrigen  6,  pm  ©ötjnen  unb 
4  Södjtern,  erlebte  er  41  @nfel  unb  7  ©rofeenfel. 

5p.   ift,  roie  fein  ©d)toiegerbater  5)teland)tb,on,  bon  ber   Parteien  £af$  «nb 
©unft  in  alter  unb   neuer  3^it  fetjr  berfd)ieben  beurteilt  roorben.     ®en  Slurjm 


5ßeucer.  555 

eine§  SonfefforS,  eine§  9Mrtrjrer§  für  feine  Ueber3eugungen  mufjte  auctj  «ffurfürft 
2luguft  irjm  3ugeftef)en.  fanget  an  SBorfic^t  unb  9ttenfdjenfenntnifj,  Heber- 
fdjä^ung  feines  @inftuffe§  auf  bie  *ßerfon  be§  Äurfürfien,  Unbefanntftfjaft  mit 
ber  ©prjäre  ber  £ojluft  ift  nicfjt  ba§  ©äjlimmfte,  toaä  man  irjm  bortoerfen  !ann ; 
audj  bon  bem  23ortourf  ber  3toeiäüngigfeit  in  feinem  35ert)ältnif$  ju  bem  $ur= 
fürfien,  ber  Unreblicrjfeit  in  Verfolgung  feiner  ^axteiätoedEe,  ber  (Jitelfeit  unb 
(SelbfiüberhYbung  ift  er  nicrjt  freisufprecfjcn.  2öie  aber  audj  ba§  Urttjeit  über 
bie  2Irt  unb  ba§  -Dtaf}  feiner  SBerfdjulbung  ausfallen  mag,  {ebenfalls  unterliegt 
e§  feinem  3to"fe^  ba§  bie  33er)anbtung,  bie  itjm  getoorben,  bafj  inSbefonbere  baS 
perföntidje  35enetjmen  be§  Äutfürften  unb  ber  ihirfürfiin,  toie  ba§  ifjrer  £>elfer§* 
Ijelfer  gegen  itjn  in  einen  Slbgrunb  bon  Ungerechtigkeit,  9rorjeit  unb  S3ö§artigfeit 
tjineinblicfen  täfjt,  bie  nur  um  fo  toiberlidjer  unb  empörenber  finb,  je  metjr  fie 
in  ba§  fjeucrjterifdje  (Betoanb  ber  religiöfen  ^3c)rafe  unb  beS  firäjticrjen  ©iferi  fidj 
rjütlen.  £rot$  alter  23efdjönigung§berfucrje  alter  unb  neuer  Drttjobojie  bleibt  bie 
(Sefdjidjte  ber  fogenannten  crrjptocalbiniftifctjen  (Streitigfeiten  unb  mit  itjr  bie 
(Sefdjidjte  ^eucer'S  eine§  ber  bunfelften  33tätter  in  ber  ©efdjidjte  ber  luttjerifdjen 
Äirdje  toie  in  ber  (Sulturgefdjicrjte  beS  XVI.  3at)rtjunbert§. 

*ßeucer'§  3at)lreictje  ©Triften  finb  bei3eidjnet  hd  3öcrjer  =  9totermunb  III, 
1475;  V,  2115;  bei  9töfe  ©.454.  ©ie  finb  tljeil§  matljematifcrj-aftronomifcrjen 
(3.  58.  „Logistice  regulae  arithmeticae,  quam  Cossam  et  Algebram  vocant" ;  „Ele- 
menta  doctrioae  sphaericae" ;  „Theoria  planetarum"  etc.),  ttjeil§  mebicinifdjen 
(3.  55.  „Practica  s.  methodus  curandi  morbos"  ;  „De  ratione  discendi  medicinam'" ; 
„De  dignitate  artis  raedicae";  „De  peste,  asthmate,  febribus,  morbis  conta- 
giosis"  etc.),  trjeitS  t^eoIogifcr)en  ober  religion§gefctjidjtlidjen  (3.  93.  „Doctrina 
fidei  justificationis",  „Tractatus  historicus  de  Ph.  Melanchthonis  sententia  de 
controversia  coenae  Domini",  „Comm.  de  praecipuis  divinationum  generibus" 
SGßittenberg  1553  unb  in  toiebertjolten  Auflagen),  ttjeili  enblici)  fnftortfdjen  unb 
autobiograpf)ifdi)en  ^ntjaltS,  3.  58-  „De  origine  Mysorum",  „de  Friderico  Land- 
grafio  Tburingiae",  „Chronicon  Carionis  Lib.  IV  et  V",  befonberS  aber  feine 
„Historia  carcerum  et  liberationis  divinae"  tjerausgegeben  bon  feinem  greunb  unb 
ehemaligen  SBittenberger  Sollegen  Sljriftopb,  ^el,  3üridj  1605.  12°,  mit  bieten 
Slctenftücfen,  toorunter  audj  fein  im  (Sefängnif;  gefcrjriebene§  Seftament.  Slufjerbem 
finb  lateinifdje  <S$ebicf)te  bon  itjm  (3.  35.  „Idyllium,  patria  sive  historia  Lusatiae 
Superioris",  berfafjt  1583  im  ©efängnifj,  gebrucft  Sauden  1594)  unb  3atjtreidje 
33riefe  bon  itjm  unb  an  ifjn  tt)eit§  gebrucft  (3.  55.  im  „Corpus  Reformatorum" 
23b.  VII,  VIII,  IX,  bei  ©trobel  in  feinen  «miscetl.  lit.  ^ntjaltS  IV,  73  u.  110) 
tfjeitS  rjanbfdjriftticrj  (3.  33.  auf  bem  S)reSbner  <gmupt=©taat§arcr)ib,  in  ber 
9tbebiger'fcrjen  33ibl.  in  35reSlau,  in  ber  23ibl.  be§  9Jticrjaeli§flo[ter§  3U  Süne= 
bürg,  jetjt  in  ^annober  u.  a,  a.  £>.)  bortjanben. 

dben  biefe  feine  ©ctjriften  unb  23riefe  bilben  aucfj  bie  £>auptquette  für 
bie  (Sefdjicrjte  feines  SebenS,  ba§  bielfadje  monograprjifctje  23earbeitungen  in 
alter  unb  neuer  geit  gefunben  t)at,  fo:  23renbel,  2eid)ent>rebigt  1603;  — 
Stenii  Oratio  de  P.  1603;—  ßeupolb,  £eben  5J}eucer;§,  35autjen  1705;  —  gictj* 
ftäbt,  narratio  de  C.  P.  1846;  —  £eimburg,  de  C.  P.  ^ena  1842;  — 
6.  ftöfe,  6.  $eucer  1844  unb  in  @rfd)  unb  (SruberS  3lHg.  (5nc.  III,  19, 
©.  435  ff.;  —  gtettberg,  ebcnbaf.  ©.  457  ff.;  —  Äocb,,  de  vita  C.  P.  3Jlar= 
bürg  1856;  —  g.  ^enfe,  6.  ^eucer  unb  Ücic.  Ärctt,  Harburg  1856,  aud) 
abgebr.  in  beffen  Sammlung  bon  33orträgen  jur  neueren  $.  ®efii).  Harburg 
1866;  hattet  in  ber  3ieal=@nct)ft.  f.  brot.  ^eol.  unb  ^ird)e  2.  3lufl.  35b.  XI, 
©.  548  ff.  Slufjerbem  bgl.  M.  Adami  vitae  Medicorum  Germ.  ©.  376 ; 
—  Softer,  Historia  motuura  II,  III;  —  ^pianif,  ©efcr).  be§  prot.  SeljrbegriffS 
35b.  V,  2 ;  —  (Salinidj,  ^ampf  unb  Untergang  beS  2Relan(f)tr}oni§mu§  in  ^ur= 


556  ^eutfer. 

fachen.  1866  bef.  ©.  191  [f.;  —  ©tuet,  (Jratö  bon  Srafftfjeim  unb  feine 
ftreunbe.  ftranffurt  1860;  —  3ofj.  Sfanffen,  ©efd).  be§  beutfd)en  Sßotfg. 
33b.  IV,  ©.  343  ff. ;  —  ßlucfrjorjn,  ©tur^  ber  Jhpptocalbiniften  in  ©adjfen 
in  ©pbel'g  tjiftor.  3eitfd)r.  18,  77  ff.  9Mnd)en  1867;  —  Ueber  <p_eucerS 
rjiftorifdje  arbeiten  f.  SCßegele,  ©efd).  ber  b.  .guftoriograprjie.     ©.  209  fg. 

Söagenmann. 
^cutfer:  ßbuarb  P.  $. ,  preufjifdjer  ©enerat  ber  Infanterie  unb  preufji* 
fdjer  ©taatämann,  geb.  am  19.  Januar  1791  ju  ©djmiebeberg  in  ©djtefien, 
f  am  10.  gebruar  1876  in  SSerlin,  fjat  fidj  in  ber  ^ugenb  roärjrenb  ber  fjfrei» 
fyeitäfriege  in  r)ot)em  ©rabe  mititärifdj  ausgezeichnet,  in  reiferen  ^aljren  mit 
grofjer  Umfidjt  für  bie  ftänbige  Solijäljtigfeit  ber  preufjifdjen  SBaffen  geforgt, 
in  ben  beutfdjen  (SinfyeitSbeftrebungen  bon  1848  eine  rjerüorragenbe ,  fdjroierige 
»tolle  gefpielt  unb  im  SUtet  mefentlidjen  (Jinflufj  auf  bie  geiftige  unb  miffen= 
fdjafttidje  2Iu§bilbung  beö  preufcifcfjen  .§eere§  geübt.  sJtad)  9lblegung  ber  2lb= 
gangöprüfung  auf  bem  $ftaria='9Jtagbatena=©i)mnafium  in  23re3tau  ftanb  er  mit 
18  Satjren  im  Segriff,  betjufö  ©tubiumä  ber  9ted)te  bie  Uniüerfität  ju  bejietjen, 
aU  er  im  £mufe  eine3  Sermanbten  ben  ©eneral  ©neifenau  Pon  ben  planen  für 
bie  SBieberertjebung  beä  SatertanbeS  reben  fyörte.  &er  tiefe  (SinbrudE  be8  ©e= 
rjörten  mürbe  entfd)eibenb  für  feinen  SBeruf  unb  auf  Anregung  ©ncifenau'3  trat 
er  1809  alä  gvciröiniget  bei  ber  fd)lefifd)en  ?lrtitteriebrigabe  ein.  $u  feiner 
Seftürjung  mufjte  er  aber  bie  erften  5Dienfte  in  ©emeinfdjaft  mit  bem  geinbe 
be§  ßanbes  mad)en.  sJcad)bem  er  1811  pm  ©econbelieutenant  ernannt  tuorben, 
mar  feine  58attetie  bie  einzige,  meldje  au§  ©djlefien  jur  33ilbung  be£  preufjifdjen 
,!pUfäcorp«S  für  bie  franjöfijdje  tllrtnee  bermenbet  mürbe  unb  1812  am  ^elb^ug 
gegen  Stufjtanb  SEtjeil  naljm.  9Iuf  bem  Otücfyuge  mürbe  er  jum  sJIbjutanten  be3 
5öefet)tö^abet§  ber  StrtiHerie  beä  sJ)orffd)en  GorpS  ernannt.  3113  fotdjer  führte 
er  im  5etbiuge  bon  1813,  fuq  bor  ber  ©djtadjt  an  ber  Äatjbadj,  einen  fd)roie= 
rigen  Auftrag  megen  öefdjaffung  bon  ©ctjiefjbebarf  für  bie  fd)lefifd)e  3lrmee  au8 
bev  geftung  sJleiffe  in  fo  augge^eidjneter  SBeife  au§ ,  bafj  s^ßrirt3  3Iuguft  bon 
s4keujjen  am  29.  ©eptember  1813  fein  Seifpiel  als  dufter  auf  [teilte.  3iud) 
in  9)orf'ä  Seridjte  über  bie  ©djladjt  bei  *Dcödfern  rcurben  ^eutfer'S  roidjtige 
SDicnfte  fo  feljr  tjerborgetjoben ,  bafj  er  ba§  eiferne  $reua  2.  Stoffe  unb  ben 
ruffifdjen  Sßlabimirorbcn  4.  klaffe  erhielt.  $ür  jeine  Sökffamfcit  in  ber  ©d)lad)t 
bor  s43ariS  am  30.  5Jlärj  1814  roarb  itjm  bas  eiferne  Äreuj  1.  Glaffe  ju  üttjeil. 
91ad)bem  ferner  in  einem  53erid)te  über  ib,n  gefagt  mar,  bafj  er  fidj  burd)  Un= 
erfcrjrocfentjeit  in  ber  größten  ©efatjr  unb  burd)  äufjerfte  ^uberläffigteit  in  2Iu§= 
füfjrung  ber  33efet)[e  itjrem  ©inne  nad)  bie  2Id)tung  bc§  ganzen  1.  3lrmeecorp3 
ermorben  rjabe,  mürbe  ber  am  7.  ^uni  1815  jum  ^remierlieutenant  be= 
förberte  $.  am  16.  sDtai  1816  in  ben  Slbelftanb  erhoben  unb  im  3imi  in  bai 
Äriegäminifterium  Perfeijt.  Sei  beffen  Umbilbung  mürbe  er  am  4.  $ebr.  1822 
jum  sDlaior  ernannt,  1825  jum  Sorftanb  ber  sÄrtilIerieabtl)eiIung  beS  allgemeinen 
$rteg§bepartementä  beftettt  unb  mit  ber  Seitung  einer  burdjgreifenben  9ieugeftal= 
tung  bei  roidjtigften  Steige  ber  |)eere§bemaffnung  nad)  einb/itlidjem  ©t)ftem  be= 
traut.  $n  biefer  ©tettung  entmicfelte  er  eine  fetjr  erfolgreidje  SCßirffamfeit  be= 
^üglid)  ber  arttÜeriftifdjen  2Iu§rüftung  ber  Ölungen,  ber  Serbottfommnung  be§ 
SlrtiHeriemateriali ,  fottrie  ber  ©infütjrung  be§  3üubnabelgettierjre§  bei  ber  $n= 
fanterie  unb  legte  fo  ben  ©runb  ju  ber  in  fpäteren  ^^ügen  ju  £age  getretenen 
Ueberlegent)eit  ber  preu^ifdien  Sßaffen.  ^nibefonbere  Ijat  er  bie  ©infütjrung  be§ 
3ünbnabelgeme^re§  unb ,  fpäteren  anbermeiten  S3erfud)en  gegenüber,  beffen  2luf= 
red)tevr)altung  fid)  angelegen  fein  laffen.  1834  mürbe  er  aufjer  ber  9veilje  jum 
Oberftlicutenant ,  1836  ^um  Oberft,  1842  jum  ©eneralmajor  ernannt,  im 
Januar  1843  ^ur  Verfügung   be3   Ärieg8minifter§  b.  Sopen  geftettt,    im  Wpril 


Relief  er.  557 

1843  bet  Gommijjion  zur  Ausarbeitung  eines  neuen  SienftregtementS  beigeorbnet 
unb,  nadjbem  er  im  Januar  1844  ben  Slang  eines  ArtillericinfpectorS  errjalten, 
am  4.  Wlai  1848  jum  ^ilitärbebollmäcrjtigten  bei  bet  SunbeSberfammtung  be= 
ftellt.  SSalb  baraui  fdjiieb  er  „53eiträge  zur  SBeleudjtung  einiger  ©runblagen 
für  bie  fünftige  30ßeb>berfaffung  SeutfdjlanbS"  (1848).  Auf  SBunfdj  beS  9teicb> 
bertoeferS  trat  er  mit  Genehmigung  feines  -ftönigS  am  15.  3uli  1848  bie 
Stelle  eines  «ßrieglminifterS  bei  ber  probiforifdjen  beutfdjen  Gtentralgetoalt  an. 
AIS  foldjer  beanttoortete  er  in  ber  9lationalberfammlung  eine  grofje  3at)l  öon 
anfragen  über  mititärifdje  Singe  correct  unb  madjte  bort  9Jcittrjeitungen  über 
ben  Stanb  beS  beutfdjen  JpeermefenS,  ben  Ärieg  mit  ü£änemarf  unb  bie  £ienft= 
bertjältniffe  ber  Seeleute.  (Sifotgteict)  macrjte  er  baS  Anfetjen  ber  ßentralgetoatt 
geltenb  gegen  mititärifdje  Anorbnungen  beS  ÄönigS  bon  SBürtemberg ;  bagegen 
mürbe  feiner  Aufforberung,  toonact)  am  6.  Augufi  1848  aüe  beutfdjen  33unbes= 
truppen  im  SBaffenfdjmud  aunücfen  unb  burd)  ein  breimatigeS  <£)odj  bem  9teicf)S= 
bermefer  rjulbigen  füllten,  tfjeilS  unbotlfommen,  ttjeilS,  mie  namentlidj  in  ^reujjen, 
gar  nid)t  ©enüge  geleiftet,  infolge  befjen  $.  fdjon  am  5.  Auguft  jurücftvat.  3n 
23efämpiung  beS  SeptemberaufftanbeS  ju  granffurt  a.  9ft.  entfaltete  ty.  eine 
große  6ntfd)iebenr)eit  unb  am  18.  (September  narjm  er  aufSSunfd)  feines  ÄönigS 
baS  ir)m  mieber  angetragene  Amt  eines  OteidjSfriegSminifterS  an.  Am  8.  2ftai 
1849  äutn  preufjifdjen  ©eneraltieutenant  beförbert,  trat  er  nad)  ^reußcnS  Ab= 
lefmung  ber  9teid)Sberfaifung,  am  10.  5ftai  mit  ben  übrigen  SJtitgliebern  beS 
ÜJlinifteriumS  b.  ©agern  3urüd.  ^eucfer'S  minifterieße  2Birffamfeit  tjat  überall 
bie  günfligfie  53eurtt)eilung  gefunben,  am  meiften  bei  fiaube  (b.  b.  ^arl.  33b.  2. 
Seipj.  1849).  Am  10.  3uni  1849  tourbe  er  zum  commanbirenben  ©enerat 
beS  in  ©emeinfdjaft  mit  jtoei  preufjifdjen  GorpS  unter  bem  Cberbefeljl  beS 
5ßrinjen  bon  *)3reujjen  jur  SBefämpfung  beS  babifetjen  AufftanbeS  beftimmten,  auS 
berjd)iebenartigen  9teid)Struppen  gebilbeten  „ÜtecfarcorpS"  ernannt.  9iad)bem  er 
burd)  tit  treffen  an  ber  33ergftrafje  unb  bei  Sabenburg  bie  Aufftänbifdjen  auf 
Jpeibetberg  jurüdgetoorfen  unb  nacrj  einem  9Jcarfd)e  burrf)  ben  Cbentoalb  biefetben 
aud)  bei  ,ipirfct)tjorn  unb  anberen  Orten  beS  oberen  9lecfar  in  fjartnätfigen  ©e= 
fedjten  erfolgreich,  befämpft  r)atte,  bewirf te  er  burd)  feinen  $u8  an  0*e  9Nurg 
unb  bann  burd)  ben  Sdjtoarjtoatb  bis  Gonfianj  bie  böttige  Gnnfdj  tiefjung  ber= 
felben  aud)  bon  ber  ©ftfeite  unb  tjinberte,  bie  2Beifungen  ber  9teicr)Sregentfd)aft 
in  Stuttgart  unbeachtet  taffenb ,  bie  Sßeiterberbreitung  beS  AufftanbeS  nacr) 
SBürtemberg.  Sei  ©ernsbad)  tourbe  er  leicfjt  bertounbet.  Iftit  Ütürffidjt  auf 
biefen  gelbjug  ertjiett  er  Drben  öon  fieben  betfjeiligten  Staaten.  Am  20.  Ccto= 
ber  1849  tourbe  er  <jum  Sfjef  beS  ©eneratftabS  beS  ^rinjen  bon  ^ireufeen  als 
^Rititärgouberneurs  ber  ütfjeinprobinä  unb  äöeftfalenS,  am  19.  3anuaic  l850 
an  Stelle  b.  9tabotoit$'S  probiforifcf)  unb  am  31.  5Mtj  enbgiltig  jum  erften 
preuBifc^en  ^Ritgliebe  ber  nad)  Abberufung  beS  SleicrjsbertoeferS  bon  5]ßreu^en 
unb  Cefterreid)  eingefe^ten  ißunbeScentratcommiffion  ernannt  unb  am  30.  9tobbr. 
1850,  unter  33eiberjattung  biefer  Stellung,  infolge  ber  ^unftation  bon  Dlmüfe 
bon  SJtanteuffet  als  aufeerorbentlicfjer  SeboHmäct)tigter  ^reußenS  unb  feiner  33er= 
bünbeten,  jeboef}  ofjne  nähere  Snftruction,  naef)  Uur^effen  gefanbt  3U  einem  3>er= 
fuetje,  in  SJerbinbung  mit  bem  öfterreidjifcfjen  SBeboKmäcrjtigten ,  (Srafen  b.  Sei= 
ningen,  bie  bortigen  9]erfaffungSflreitigfeiten  beizulegen.  Stfefei  Aufgabe  t)at 
fid)  $.  mit  großem  ©efebief  unterzogen,  bie  £urcf)füt)rung  berfelben  ift  i|m 
aber  burd)  bie  ^olitif  beS  dürften  Sdjtoarjenberg  unmöglid)  gemadit.  ©eftü|t 
barauf,  baf$  eS  fid)  infolge  ber  Clmütjer  Abrebe  lebiglidj  um  53efo(gung  ber  3ln= 
orbnungen  ber  burd)  bie  beiben  SBebottmädjtigten  bertretenen  ©efammtrjeit  ber 
beutfdjen  ütegierungen  fjanbele,  fudjte  er  im  Secember  1850  bie  SSefjörbcn  in 
Reffen,  unter  ber  guiidjmmcj.   ba|  alsbann  ber   toeiteien  23efet$ung   beS   Sanbel 


558  ^euerer. 

burdj  bie  baierifc^en  Gruppen  Ginrjalt  getrjan  toerbe ,  jur  bortäufigen  tr)atfädj= 
lidjen  Befolgung  ber  ©eptemberüerorbnungen  $u  bewegen  unb  ba£  tjödjfte  ©eridjt 
ging  in  ber  33orau3fetmng  gemeinjamen  ^>anbeln§  ber  beiben  33eüottmädjtigten 
barauf  ein.  SBenn  barauf  ßeiningen,  unter  3)e3abouirung  aller  3ufagen  s}kuder'8, 
fid)  als  ben  allein  berechtigten  Vertreter  beä  23unbeötag§  erf Carte ,  fo  rourbe 
ßrfterer  burd)  ba§  2)cmütf)igenbc,  roeldjcS  für  s4keufjen  barin  tag,  perfönlidj 
empftnblidj  mitbetroffen.  @r  errjob  gegen  bie  öfterreidjifdje  23cfetmng  Äaffelä 
äkrroatjmug;  rourbe  aber,  nadjbem  ÜJlanteuffel  fidj  ber  ©ctjroaraenberg'fdjen  9lus= 
legung  ber  lUbrebe  Don  Dlmütj  gefügt,  angeroiefen,  bie  2)urd)füf)rung  ber  6je= 
cution  befdjleunigen  \u  fjelfen.  Jebod)  am  weiteren  ©djalten  &einingen§  in 
«ipeffeu  ift  ty.  oljnc  silntr)eil.  Jnbem  er  in  ber  Stellung  auStjarrte,  fudjte  er 
baä  (Jrniebrigenbe  berfetben  baburd)  ju  nüiibern,  bafj  er  mit  feinem  perfönlicrjen 
9lnferjen  ben  2lusfd)reitungen  be§  üebermuttjä  in  ber  9Iuäfürjrung  ber  9lnorb= 
uungcn  bes  33unbe§commiffar§  entgegentrat.  3)ie  23eoölterung  |>effen§  jottte 
itjm  2)an£6arfeit,  blidte  aber  mit  "Dtitleib  auf  bie  9toü.e,  au  roetdjer  er  ber= 
urttjeilt  roar.  Bürger  Oon  Äaffei  fpradjen  itjm  roiebertjolt  ba§  33ebauern  auä, 
bafj  er  ju  einer  fotdjen  Aufgabe  mifjbraudjt  roerbe.  Jm  ^ebrnar  1851  mürbe 
er  abberufen,  um  0.  Uljbeu  s$lak  &u  macfeen,  aber  erft  am  5.  Juli  tonnte  er 
jeine  Functionen  in  Frankfurt  a.  SIÜ.  an  ben  nunmerjr  erft  oon  ^reufjen  an= 
erfanntcn  33unbestag  abgeben,  hierauf  mürbe  5ß.  roiebcr  jur  Verfügung  gcfteüt, 
bis  er  nad)  föaboroitj'S  ütobe  am  ti.  Slpril  1854  jum  ©eneralinfpccteur  beg 
preujjifdjcn  ^ititärerjierjungS*  unb  s.J3ilbungsroefenä  ernannt  rourbe.  2113  fotdjer 
tjat  er  bie  burd)  föniglidjen  (htafj  öom  19.  2luguft  1858  angeorbnete  Um* 
roanblung  ber  ben  üeränberteu  33ert)ältniffen  nid)t  mct)r  geuügcnben  neun  2)iüis 
fionsfdjuleu  in  Jftriegßfdjuleu  bcroirtt,  in  roeldjen  bie  Äatrjebcrüorträge  burd) 
appticatorifdje  Uebungen  begleitet  merben.  Jn  biefem  ©inne  bearbeitete  er  aud) 
bie  33orfdjriften  öom  20.  sJJlat  1850  über  sDcett)obe ,  Umfang  unb  (SinUjeilung 
beö  Unterrichte  auf  ben  Jhieggfdjulen  unb  ließ  im  2lnfdjtuf$  rjieran  „(Senetifdje 
©fijjcn  be8  ÜerjrftoffesS  für  ben  Unterridjt"  in  ben  einzelnen  $ädjern  ber  sJJlilitär= 
roiffenfdjaften  bearbeiten,  um  bie  freie  £rjätigfeit  ber  ^u  2et)rern  berufenen  Dfp= 
eiere  in  großen  3u9en  äu  regeln.  sÄm  22.  9iooember  1858  rouröe  ty.  jum 
okneial  ber  Infanterie  ernannt,  $ür  fein  auf  umfafjenben  Stubien  berutjenbeä 
Söerf  „S)a§  beutfdje  ßriegSroefen  ber  Urjeit  in  feinen  2Bed)fe(be,jief|ungen  unb 
33erbinbungen  mit  bem  gleidjjeitigeu  Staate  unb  23otfsleben"  (3  2;tjle.  1860 — 
1864)  mürbe  iljm  ber  bei  ber  Jubelfeier  beS  Vertrags  oon  s^3erbun  üom  Könige 
für  2öer!e  jut  beutfdjen  ®e)d)id)te  auögefetjte  ©rjrenpreis  juertannt  unb  1860 
oon  ber  pt)ilofopl)i}d)en  gacultdt  ^u  ©erlitt  bei  ber  Jubelfeier  ber  bortigen  Unt= 
Oerfität  baS  2)octorbiplom  ju  2l)eil.  *Bei  ber  ®ebdct)tniBfeier  ber  (Srtjebung 
$reujjen3  mürbe  it)m  am  17.  Wäxfr  1863  ber  Sd)mar3c  Slbterorben  Oerlieljen. 
y3eim  150iät)rigen  Jubiläum  beS  JlabettencorpS  in  33erlin  am  1.  (September 
1867  mürbe  er  ä  la  suite  beffelben  gcftetlt.  sJtadjbem  er  am  24.  Juni  1869 
feine  60jät)rige  actiüc  ^tilitärbienft^eit  gefeiert,  mürbe  er  balb  barauf  burd)  bie 
(Ernennung  jum  au§roärtigen  ^itgliebe  ber  fd)roebifd)en  3ttabemie  ber  Ärieg§= 
miffenfdjaften  au§ge^eidjuet.  sÄuf  fein  S-Jlbjd)ieb§gefud)  mürbe  er  am  21.  sJioöem= 
ber  1872  burd)  eine  „ben  üoEfteu  3)anf  unb  bie  märmfte  s}lnerfennung"  aus= 
fpredjenbe  fönigl.  Orbre  mit  ^enfion  jur  Verfügung  gefteltt  unb  jum  ßtjef  beS 
fd)lefifd)en  $elbartiHerieregiment§  s}lr.  6  ernannt,  audj  am  24.  ^Roüember  1872 
in  ba§  JperrentjauS  berufen.  6r  ftarb  am  10.  gebruar  1876  in  Serlin  unb 
rourbe,  nad)bem  ber  $aifer  unb  bie  ^rin^en  beg  fönigüdjen  ^aufeS  ber  @infeg= 
nung  ber  fieietje  beigeroorjnt ,  am  13.  5ebi'uar  auf  bem  S)orottjeenftäbtifcr)en 
Äirdjtjofe  beerbigt.  @r  rjinterltefj  umfangreidje  ^Jlemoiren,  roetdje  jebod)  Oon 
!pm.  0.  ©djentf  auf  5^^^"9en  nod)  üertoatjrt  merben. 


beuget  —  5ßeurbad\  559 

£arjm,  b.  b.  9cat.=23erf.  33b.  1  (3frif.  1848)  6.  94.  —  £öuffer,  ©enfw. 
a.  ©efä.  b.  bab.  ftebol.  (£blbg.  1851).  —  ^reufc.  2miitar«2Bo<ienM.  1876 
9lr.  17  u.  18.  —  Sucftoik,  2)enftt>.  a.  m.  öff.  Seben  (Bremen  1877).  — 
©.  ftunbfdbau  b.  SXprü  1877,  ©.  135.—  ©lafenapp,  (Sigänj.  j.  @en.«StaB8- 
tDcrf  b.  1866  u.  70  71  (8fg.  1.  SBerl.  1879).  —  ©.  ftepue  1881.  33b.  1. 
(Srinn.  a.  b.  9toon'§  Dtadjlajj  übet  b.  bab.  [H&3U9-) 

ÜÖHppermann. 

beuget:  23enebict  5ß.  (audj  »Jtoiger  gefcbrieben),  fatboüfdjet  ©eiftticfjet, 
geb.  am  17.  2luguft  1755  au  Äeffen,  t  nad)  1828  in  *Dtündjen.  9Iu§  ben 
augenfcrjeinlid)  bon  ibm  fetbft  gefdjtiebenen  gtott^en  bei  gelber=2öaifcenegget  II, 
93  ift  #olgenbe§  3U  entnehmen,  ©ein  £auTname  mar  3fot)ann  23aptift,  1765 
nafjm  ifin  ein  geifttidjet  O^eim  in  ©alabutg  au  fidj.  @r  würbe  bort  1774  9Jcagifter 
ber  *pbitofopbie,  ftubirte  bann  bort  unb  in  ^nnebrucf  $ura,  trat  aber  12.  SIprit 
1777  in  ba§  ©tift  ber  regutirten  Gborb/rren  ju  ©t.  3eno  unb  erlieft  ben 
Crbeninamen  33enebict.  3m  £>ctbft  1778  toutbe  er  au  ©atjburg  jum  ^riefter 
gemeint.  Gr  war  bann  juerft  ^>rofeffot  unb  33tbüotbefar,  feit  1781  Pfarrer  in 
feinem  Stift,  1791 — 94  Sßrofeffor  ber  5pfiilofoptjie  am  Srjceum  in  llcüncrjen, 
1796—1800  ipfarrötcar  in  Neffen,  bon  1800  an  «Plattet  in  Äircbborf  (1803 
rourbe  bal  «Stift  ©t.  3eno  fäcutarifirt),  üon  1812  an  ^fartet  au  ©t.  Slnna 
in  s]Mndb,en.  «5r  tjat  eine  beenge  Don  fteinen  unb  jetjt  betfetjottenen  ©ctjriften 
beröffentlidbt.  $n  ben  ermähnten  ftotiaen  beraeietmet  er  bie  JÜtet  Don  22,  bie 
gebrueft  roaren,  bon  12,  beren  9Jtanufcript  bei  einem  33ranbe  Pertoren  ging,  unb 
t>on  13,  bie  er  feitbem  gefefirieben.  (Sinige  anbere  roerben  in  bem  Thesaurus 
librorum  rei  catholicae  beraeiefmet,  barunter  einige  (u.  a.  @ra§mu§  ober  gotbener 
©pieget  für  Scjeotogen  unb  ©eiftüctje),  bie  et  1824  untet  bem  tarnen  ty.  (Superg 
berau§gab.  S)ie  letjte  ift:  „Sie  götttiefie  Sinfetmng  ber  fatbotifeben  Sifctjöie", 
1828. 

Cberbeutfcfie  Sit.=3tg.     (©aljbutg)  1788,  753;  1791,  II,  1090. 

9teufd>. 

v$eurbadj:  ^olbann^.,  Slftronom,  geb.  am  30.  'Dftai  1423  in  bem  ober= 
öfterreicrjifcrjen  S)orfe  ^euerbadj,  t  am  8.  SIpril  1461  in  SBien.  3>en  gamilien* 
namen  be§  Cannes,  ber  aueb,  rool  all  *purbacfc,  ober  23urbacrj  in  ber  laren 
$ecbtfcr)reibung  jener  3e*t  un§  entgegentritt,  fennen  roir  niefit;  ebenfo  ftnb  mir 
über  ben  Verlauf  feiner  ^ugenbjafire  nur  ferjr  mangelhaft  unterrichtet.  S)ie  bei  ben 
geadjtetften  ©crjtiftftettern  au  finbenbe  Angabe,  eg  babe  ty.  bei  ^otjann  b.  ©münb 
in  Söien  getjött,  fdjeint  nacr)  neueten  Unterfucfjungen  fiel)  ntcfij  batten  au  taffen. 
$.  fetbft  etroarb  ftch  in  Söien  1440  (?)  ben  pbitofopb.ifdjen  9Jcagift ergrab  unb 
bamit  ba§  aftedjt,  33ortefungen  in  ber  SIrtiftenfacuttät  au  Ratten,  bod)  macfite  er 
bon  bemfetben  aunädjft  noch,  feinen  ©ebraucr),  fonbern  trat  erft  eine  gelehrte 
Steife  nac^  Italien  an.  .Ipier  fcb.to^  er  fyreunbfcfi.aftebünbniffe  mit  atoei  berbor= 
ragenben  ü)catbematifern,  mit  23iancf)ini  in  5er,;ai:a  un0  m^t  bem  beutfcr)en 
Garbinat  5Rico(au§  Gufanus,  ber  feit  längerer  3eit  in  9tom  lebte.  g3ianct)ini 
nötfiigte  ibn  fogar  baau,  an  ber  fteinen,  aber  burcr)  energifcb.es  ©treben  au§= 
geaeiefineten  llniberfität  fyenara  ©aftroüen  au  Scl^en  utl°  eini9e  33otträge  über 
Slftronomie  au  galten.  «Racfi,  Söien  1450  autücf gefebrt ,  begann  "Iß.  in  üblicher 
Söeife  93orlefungen  unb  llebungen  al§  9Kagtfter,  b.  b,.  fitenge  genommen  als 
^pribatbocent,  abaub^alten;  ^rofeffor  ift  er  nie  geroefen  unb  fonnte  e§  aueb,  ntd^t 
toerben,  ba  erft  ^aifer  ^IRajtmilian  I.  orbentlidjie  Se^tfanjeln  Tür  5Jlatt)ematif 
unb  Slftronomie  an  ber  SGßiener  ^ocfi.fcb.ule  begrünbete.  Uebrigens  mar  aud) 
IJkurbacr/3  afa'öemifdje  Sebrtb.ätigEeit  meb,r  eine  pbüotogifcbe ,  er  erf Carte  mit 
SBorliebe   bie  ©c^riftfteller   be§   ?ntertb,um§,   unb   lebiglid)   ba§  Kollegium   über 


560  5Peutbad). 

baS  ,,«£)orarium"  ober  „JMenbarium"  gehörte  ins  ©ebiet  ber  ejacten  2öiffen= 
haften.  9iur  burd)  5ßribatunterrid)t  roirfte  er  aud)  nad)  ber  letzteren  ©eite  t)in 
auf  einige  feiner  ©djüler  ein,  fo  (laut  'ütatrifelbud))  auf  Sodann  Reibet  aus 
ßubferberg  unb  nod)  roeit  meb,r  auf  Soljann  Mütter  au§  Königsberg  i.  %x., 
nadjmatS  SftegiomontanuS  genannt.  3>n  bem  biefem  2ttanne  geroibmeten  5lrtifel 
ift  bereite  auf  bie  jroifdjen  ifjm  unb  5ß.  obmattenben  innigen  SSe^ie^ungen  9tüd= 
fid)t  genommen,  unb  cbenbott  marb  eraätjlt ,  bafi  5p.  in  bemfelben  Slugenbtitfe 
Don  einem  blötjlidien  Stöbe  ereilt  mürbe,  als  er  fid)  %u  einer  in  ©emeinfd)aTt 
mit  föegiomontan  unb  SBeffarion  ju  unterneljmenben  jmeiten  SBelfdjlanbtaljit 
borbereitete.  Füller  Ijat  fid),  roie  mir  toiffen,  ber  iljm  als  Chbfdjaft  äugcfaHenen 
5ß.flid)ten  aufs  reblidjfie  entlebigt  unb  tootjt  nod)  mctvt  getfjan ,  als  fein  Setjrer 
felbft  äu  boHbringen  im  ©tanbe  getoefen  märe. 

©o  furj  5p.eurbad)'S  £eben  aud)  mar,  fo  t)at  er  bod)  reidjtid)  matfyematifcrje 
unb  aftronomifdje  Söeife  berfafjt,  bie  ifjrem  21utor  ein  bolteS  lUnredjt  barauf  ber» 
(eirjen,  unter  ben  SBiebererroedern  ber  2ßiffenfd)aften  im  Üvenaiffanceaeitalter  mit 
an  elfter  ©teile  genannt  ju  roerben.  3unäd)ft  tbä™  5U  nennen  bie  nur  aerjn 
golioblätter  umfaffenbe  ©djrift  „Quadratum  geometricum",  meldje  erft  lange 
nad)  ^eurbacb/S  ütobe,  im  $.  1516,  burd)  ben  faiferlidjen  .gmfmatljematicuS 
©tab  ju  Nürnberg  ljerauSgegeben  mürbe.  ^>ier  IBft  *p.  bem  ©inne  nad)  üöllig 
richtig  bie  Aufgabe  bie  lineare  Entfernung  jroeier  fünfte  aus  (Sinem  ©tanbe 
ju  meffen ,  eine  Aufgabe ,  an  beien  berbotlfommneter  unb  bercinfactjter  ßöfung 
bis  jutn  heutigen  Sage,  jumal  feitenS  ber  2Rilitäimiffenfd)aften,  gearbeitet  mirb. 
S)ie  ba^u  nötige  9tedjnung  letjrt  s}>.  aEerbingS  mit  einigen  Umftänben  auS= 
äufüljren,  benn  ba  eine  mögticbjt  einfache  23erjanbtung  ber  ©ad)e  ben  ©ebraud) 
ber  trigonometrifd)en  2angentcn  erfovbem  mürbe,  5p.  aber  nur  über  ©inuS  ber= 
fügt,  fo  mufj  in  jebem  einzelnen  $aüe  eine  .<pilfSrcd)nuug  borgenommen  merben, 
bie  bann  eben  ütegiomontan  burd)  Gonftruction  feiner  „Tabula  foecunda"  be= 
feitigte.  5peurbad)'S  ©inuStafel  fteEt  fid)  un«  als  eine  eigentfpimlidje  Sßerbinbung 
ber  bamalS  mit  einanbcr  um  ben  Sßorrang  fämbfenben  58rud)trjeilung«ft)ftcme, 
beS  beciiualen  unb  beS  fejagefimalen,  bar;  eS  ift  bort  als  „ÜtabiuS  totuS"  auf 
bem  Sßege  beS  CombromiffcS  bie  ^atjl  600000  angenommen,  unb  erft  5Regio= 
montan  berr)alf  ber  reinen  Secimaltrjeilung  jum  2)urd)brudje.  ©inen  guten  (Sin* 
blit!  in  Sßeurbadj'S  Trigonometrie  gemährt  baS  ebenfalls  boftrjume  SBerf  „Trac- 
tatus  Georgii  Purbachii  super  propositiones  Ptolemaei  de  sinubus  et  chordis, 
item  compositio  tabularum  sinuum  per  Joannem  de  Regiomonte"  (Nürnberg 
1541).  3unäd)ft  aeigt  fid)  I)ier  5ß.  jiemlid)  bertraut  mit  ben  DläljerungSroertljen, 
meld)e  bon  berfdnebenen  £$fad)mänuern  für  baS  Serfjältnifj  beS  ÄreiSumfangeS 
,]um  2)urd)meffer  borgefd)lagen  maren.  3Bctterl)in  ift  bemerfen§roertr) ,  roie  er 
bie  3?ered)nung  ber  ©inuS  auf  benjenigen  einer  „Karbaga",  b.  t).  eincS  2?ogenS 
bon  15  ©raben,  jurüdjufüliren  fud)t.  S)ie  fyormeln  ber  mobernen  Goniometrie, 
foroeit  fie  blo§  bie  5ultcii°nen  ©inuS  unb  ßofinuS  betreffen,  finb  itjm  burctjauS 
geläufig.  —  Gine  f leine  ©d)rift  „Elementa  arithmetices"  marb  1536  ju  S33itten= 
berg  auS  ^eurbadj'S  5Rad)laffe  herausgegeben. 

3öenn  mir  unS  ^u  5peurbod)'S  aftronomifdjen  ©d)riften  roenben,  fo  ift  ju= 
näd)ft  ber  „Tabulae  eclipsium  super  meridiano  Viennensi"  ^u  gebenfen,  melcrje 
bereit  ju  ben  aÜerfeltenften  Sit'cunabeln  gehören.  Sie  bon  s$.  unb  feinem 
grofjen  ©d)üler  gemeinfam  bearbeitete  „Epitome  in  Almagestum  Ptolemaei" 
marb  erft  1496  in  Sßenebig  gebrudt.  6inen  gerabe^u  burd)fd)lagenben  Srfolg 
aber  errang  $.  als  bibaftifdjer  ©djriftfteEer  burd)  feine  „Theoricae  novae  pla- 
netarum,  id  est  Septem  errantium  siderum,  nee  non  oetavi  orbis  seu  firmamenti" ; 
baS  S3üd)lein,  in  roeldjem  nid)t  ob^ne  ©lud  bie  ^erfteöung  einer  ßoncorban^ 
5mifd)en  ben  rjomoccntrifdjen  ©ptjären  ber  älteren  ©riechen  (ßubojuS,  SIriftoteleS) 


^eutinger.  561 

unb  ben  gpictjcetn  bei  $to!emaeui  angeftrebt  wirb  ,  erlebte  Taft  unjätjüge  Auf- 
lagen unb  warb  nocfj  lange  3at)re  nad)  bem  grfdjeinen  bei  mit  all  biefen  <g>r;po= 
tiefen  cnbgittig  aufräumenbeu  .ftauptmerfi  Don  (Eopernicui  ati  ©runbbud)  bei 
afabemijdjen  llnterrid)ti  in  beeret  2lftronomie  betrachtet.  -gmnbert  ^afjre  nad) 
i§rer  ßntftebjung  buxfte  nod)  ber  2Bittenberger  3reinb,otb  bon  biefer  ^arapfjraje 
jagen:  .Jncredibile  dictu  est,  quam  clariores  reddidit  sententias  dividens  eas  geome- 
trarum  more,  ut  et  apertius  intelligerentur  et  facilius  commendarentur  memoriae 
et  tenacius  haberentur."  —  3n  ber  25erjertigung  Don  £oro(ogien,  Sonnenuhren, 
äfirotabien  unb  mancherlei  ^üfämitteln  jur  Söeranfdjaulicfyung  ber  f)immüfd)eu 
Setoegungen  fott  nad)  aeitgenöfftfc^en  unb  fpäteren  Scripten  fic^  $.  ebeniatti 
fetjt  auigejeicb.net  tjaben. 

©affenbi,  Georgii  Peurbachii  et  Joannis  ßegiomontani  Astrouomorum 
celebrium  vita.  £aag  1655.  —  äBeibler,  Historia  astronomiae  sive  de  ortu 
et  progressu  astronomiae,  ©.  301  ff.  —  2Ifd)bad) ,  ©efc^te^te  ber  äBiener 
Unioerfität  im  erften  ^afjrtjunbert  ifjrei  33ejtet)eni,  ©.  479  ff.  —  SBolf, 
®efd)ict)te  ber  Slftronomie,  ©.  86  ff.,  108,  121,  126,  129,  211  ff.,  365.  — 
Äaftner,  ©efc^idjte  ber  9Jcatb,ematif,  1.  23b.  ©.  529  ff.;  2.  SBb.  ©.  319  ff., 
g.  526  ff.  ©untrer. 

Renting  er :  ßontab  $.,  Stabtftf>xei6er  ju  Slugibutg  unb  öumanift,  geb. 
am  15.  Octobet  1465  ju  Slugibutg,  f  bafetbft  am  28.  Xecember  1547. 
$.  ftammte  aui  einem,  feit  bem  Sab,«  1288  3U  Augsburg  angejeffenen  23ürger= 
gefd)led)t.  Cbroofjl  fein  «Bater,  Sofjann  $.,  frü^eitig  ftarb,  mürbe  bem  Knaben 
bod)  eine  bortrefftidje  graietjung  au  Stjeit.  Merbingi  teilen  uni  über  bie  3eit,  bte 
er  lernenb  in  ber  SBaterftabt  berbradjte,  jegücrje  Angaben.  Sagegen  ftet)t  ei  nad) 
einer  eigenfjänbigen  rjanbfcf)riftatf)eTi  SBemerfung  ^eutinger'i  feft,  bajj  er  im  3. 
1482  fidj  au  5ßabua  auffielt,  um  bort  3uri§prubena  au  ftubiren.  ©eine  Serjrer 
maren  bafelbft  unter  anbeten  >Dcattf)äui  Gottatiui,  ^etmotaui  Sarbaru»,  ^ettui 
Marcus  unb  ^afon  be  SJtaöno.  SSon  $abua  manbte  er  ftcf;  nad)  Sotogna, 
too  er  ^bjlippui  SBeroalbuS  rjörte,  unb  nad)  fttorena,  too  er  ficrj  an  peui 
o.  «ölitanbula  unb  Stngetui  5ßolitianui  anfdjioj.  3n  Stow  gehörte  er  au  oen 
©djülern  bei  ^omponiui  Saetui  unb  mürbe  offenbar  burdj  ifjn  füt  bie  Sefdja^ 
tigung  mit  ben  3nfd)riiten  gewonnen.  Studj  gelang  ei  ifym,  ben  bamatigen  $apft 
^nnocena  VIII.,  fomie  ben  jpäteren  $apft  SUeranber  VI.,  roeldier  in  jenen  Mren 
nod)  Garbinat  mar,  „anaujpredjen".  Sßann  er  nad)  ^ugiburg  jurürffet)rte ,  ift 
nid)t  mit  ©idjerfjeit  au  beftimmen.  Sebeitaüi  mar  er  im  $•  1488  roteber  in 
£eut|d)(anb,  ba  mir  it)n  im  ^uni  biefti  Mrei  ati  in  2Iad)en  befinblidj  nad)= 
meifen  fönnen.  #icr  tjötte  er,  bajj  Äönig  «Dcar.  Don  ben  bürgern  au  Srügge 
aui  ber  #aft  enttaffen  fei,  unb  metbet  biefe  fteubige  Üiadjridjt  fomrt  bem  Äanaler 
bei  beforgten  Äaiferi  fjfriebridj  III.  33alb  barauf  trat  «ß.  in  bie  ©ienfte  feiner  23ater= 
ftabt,  inbem  et  am  11.  S)ecbt.  1490  aunädjft  auf  bietete  ali  ber  „©tobt  Wiener" 
auigenommen  mürbe,  unb  a^ar  gegen  ein  ^ab^rgetb  öon  100  ft.  9cad)  SSerlauf 
berfetben  mürbe  er  auii  «Reue  angefteEt,  man  meit3  nieb^t,  in  rocldjer  eigenfdjajt. 
©eine  eigentliche  Berufung  aum  ©tabtfdjreiber  auf  Sebeniaeit  erfolgte  nämttd) 
erft  am  9.  ©eptembet  1497.  6t  etfjiett  für  feine  Semütjungen  einen  ©otb  unb 
^auiaini  bon  240  fl.  x^n.  „fampt  bem,  mai  mit  bon  SStiefen  au  fd)teiben  ge= 
jatten  mitbet."  ©eine  S^dttgfeit  in  biefer  ©teüung  mar  eine  ungemein  um= 
Taffenbe,  r)arrt  jebod)  nod)  immer  einer  cingefjenben  Sarftettung,  toeterje  ob^ne 
eine  erneuerte  SurdjTorfdmng  ber  3Icten  im  Slugiburger  5Ratb^iard)ib  md)t  aui= 
iütjrbar  ift,  benn  bie  fleißige  Arbeit  Jperberger'i  berührt  nut  einen  Ztyxi  bet= 
fetben,  fomeit  nämlid)  5ß.  im  Sicnftc  ber  ©tabt  mit  Äaifer  «ölartmttian  I.  tn 
33eaie§ung  trat.  2lii  ©tabtfdjreiber  blatte  5ß.  junäcbjt  bie  «ftat^protofolte  au 
beforgen,   bie  bieten  in  Drbnung   au   fjatten,    bie    eingetaurenen  ©^reiben  au 

atUgem.  beuti^e  SBiogta^^ie.    XXV.  36 


562  ^eutinger. 

beantworten  unb  bie  $auf=  unb  ©ctjutbbriefe  auS3ufertigen.  Aber  aud)  bie 
fctjwierigeren  9ted)tSTälle  gingen  burd)  feine  -Ipanb.  Sin  ber  im  3at)re  1507 
neu  erlaffenen  Orbnung  bes  ©tabtgerid)ts  batte  er  3.  33.  ben  größten  Anttjeil. 
.^etöovjufyeben  ift  aud)  fein  warmes  ^ntereffe  für  bie  gerabe  in  Augsburg  3U  feiner 
3eit  immer  bebenftictjer  werbenbe  £K'a9c  ber  Armenpflege,  ©r  befunbete  baffelbe 
unter  anberem  burd]  bie  im  $arjre  1524  oon  ü)m  beforgte  Ueberfetjung  einer 
©djrift  beS  Cecolampabius  über  bie  Vertljeilung  ber  Almofen.  (Von  bfjet)= 
lung  bes  Almufens ,  erftmalS  öon  Joanne  Oecolampabio  in  Satin  befdjribben, 
ünb  tjetj  burd)  boctorn  Srjunrabum  ^eutinger  öon  Augcpurg  oertütfcrjet  .  .  . 
M  L»  XXIIII.  Vafel,  burd;  Andreum  Cratandram  M  D  XXIIII  8°.  Sie 
r)öd)ft  fettene  ©djrift  befinbct  fid)  auf  ber  fönigl.  öffentl.  VibtioUjef  3U  Bresben.) 
SBidjtiger  nod)  als  biefe  Srjätigfeit  ntr  bie  inneren  ftäbtifdjen  Angelegenheiten 
erfd)eint  ^eutinger'e  Vertretung  ifvrer  ^ntcreffen  nad)  aufjen  tjin.  ty.  führte 
fowotjl  im  Auftrage  beS  sJtatl)eS  als  in  bem  bes  fd)wäbifd)en  VunbeS  eine  Stenge 
©efanbtfdjaften  au«.  ©0  mar  er  im  $arjre  1491  in  9tom,  um  Don  bem  päpft= 
lid)en  .s^ofe  bie  (Srlaubmfj,  Vürgerfötjne  in  baS  2)omcapitel  aufzunehmen,  ju 
ermirfen.  2Bal)rfd)einlid)  erlaugte  er  auf  biefer  Steife  ^u  ^tabua  ben  Soctorgrab, 
ben  er  jebeSfaüS  nidjt  fdjon  am  ©djluffe  feiner  italienifdjen  Stubienjeit  erworben 
rjatte.  2)a  feine  Miffion  ofjne  Grtolg  blieb,  ging  er  nad)  £in3,  um  bei  Maximilian 
.f)ülfe  3U  fud)en.  1496  lourbe  er  auf  ben  iReid)Stag  nad)  Siubau  gefdjidt.  1499 
war  er  Abgefanbter  beS  fdjwäbifdjen  Vunbes  31t  iulungm  unb  Üteuttingen. 
lieber  ben  Verlauf  beS  im  gleichen  3iat)re  abgehaltenen  VunbeStagS  3U  Solingen, 
auf  welchem  bie  Orbnungen  beS  Vunbes  neu  feftgeftettt  mürben,  erftattete  er 
einen  eingetjenben  Vertcfjt,  ber  nur  wenigen  rjodjgeftettten  ^erfönlid)feiten  ju= 
gängiid)  gemadjt  mürbe.  3m  folgenben  3at)re  taufte  er  für  ben  ßaifer  bas 
Meutingfdje  £muS  in  Augsburg,  mätjrenb  er  itjtu  1502  bei  Srridjtung  bes 
$ammergerid)tS  beigegeben  mar  unb  in  feinem  tarnen  bie  ©efanbten  (Spaniens 
unb  ber  Wepublif  Venebig  311  begrüben  Tratte.  Als  Maximilian  1504  mieber 
nad)  Augsburg  fam,  nal)m  ^.  bereits  eine  foldje  VertrauenSftelluug  bei  it)m  ein, 
bafj  er  magen  burftc ,  Ü)u  burd)  fein  PicrjälrrigeS  Södjterlein  Juliane  in  einer 
lateinifdjen  Üiebc  begrüben  3U  laffen.  1505  folgte  er  bem  $aifer  im  Auftrage 
bes  9tat{)cs  311m  ÜteicfjStag  nad)  $ö(n.  1506  finbeu  mir  itjn  mieber  bei  Mari= 
mitian  in  @ra3 ,  üon  wo  er  il)n  nad)  2Bien  unb  Ungarn  begleitete,  ©eine 
bamalige  Aufgabe  löfte  er  in  überaus  glätnenber  SBeife,  inbem  er  brei  mid)tige 
^rtbtlegien  für  Augsburg  3U  gewinnen  wujjte :  bie  #reic)eit  de  non  appellando, 
bie  gw^eit,  baf$  aud)  bie  faifcrlidjen  Siener  ber  ©tabt  3inspflid)tig  fein  füllten, 
unb  bie  greUjcit,  bafj  biejenigen,  weldje  baS  Vürgerredjt  aufgaben ,  in  3atjres= 
frift  itjre  liegenben  ©üter  oerfaufen  unb  brei  Wadjfteuetn  be3at)len  mußten.  Als 
Maximilian  im  3-  1^07  Don  ben  $au?(euten  3U  Augsburg,  Nürnberg,  Mem= 
mingen  unb  Otaüensburg  ein  Ijofjes  Anleljen  3um  9tom3uge  bertangte,  gelang 
es  5]3. ,  fie  roenigftenS  gegen  ätjnlidjc  f^orberungen  für  fpätere  $e\t  fidjer  3U 
ftellen.  Uebertjaupt  fcfjeute  er  fid)  nidjt,  gelegentlich  ben  Äaifer,  ber  ein  fäumiger 
Sdjulbensa^ler  mar,  an  feine  Verpflichtungen  3U  mahnen,  unb  feinen  ©influfj 
bei  ib,m  3U  ©unften  ber  großen  AugSburger  ^anbelsl)äufer,  nainentlid)  bes  it)m 
Permanbten  ber  2Belfer,  gelteub  3U  mad)en.  1513  reifte  er  in  bie  Taeberlanbe, 
um  auf  Vefetjl  bes  fd)Wäbifd)en  VunbeS  beim  ßaifer  bie  Veftrafung  ©ötj'S  öon 
Verlid)ingen  3U  beantragen.  1517  war  er  in  Mündjen ,  Wo  cS  ü)tn  gelang, 
ben  (Streit,  ber  3Wifd)en  Augsburg  unb  Vaiern  Wegen  ber  ßedjuferbauten  ent= 
ftanben  war,  3U  fd)lid)ten.  hieben  biefen  Reifen  im  Sienfte  ber  ©tabt  Per= 
wanbte  it)n  jebod)  ^aifer  Maj  ebenfo  häufig  in  feinen  eigenen  Angelegenheiten, 
inbem  er  ^eutinger's  ©efd)idlid)feit  nidjt  nur  für  feine  politifdjen  ©efd)äfte, 
fonbern   aud)  für  feine   priöaten  !ünftlerifdjen   unb  wiffenfcrmftlidjen  Neigungen 


tpeutiitger.  563 

in  Anfprudj  nafrn.  ©o  fjatte  $.  für  bie  großen  ^rad)tiDerfe ,  meld)e  3Jtart= 
mitian'S  3tur)m  in  aller  ©elt  öerbreiten  fottten ,  iortroärjrenb  bie  nötigen 
Mnftter  ju  begaffen,  toäfjrenb  ib,m  übet  bie  Ausführung  be§  faiferlicfjen  ©rab= 
malS  ju  3nnSbrud  gerabeju  bie  beauffic^ttgenbe  Oberleitung  anbertraut  mürbe. 
(SS  mar  bafjer  nur  eine  bittige  Anerfennung  feiner  Serbien  fte  unb  ber  ent= 
fpred)enbe  AuSbrutf  beS  tf)atfäd)lid)en  ©ad)berb,altS,  menn  ifjn  2flarimilian  3um 
faijertidjen  föatb,  ernannte,  um  fo  ntefjr,  als  $.  niemals  feinen  eigenen  3Sort|etl, 
fonbern  ftetS  nur  ben  ftu^en  ber  ©tabt  unb  bie  ©adje  fetbft  im  Auge  t)atte.  9fterf= 
mürbiger  SSeife  aber  tjat  ty.  fid)  biefeS  XitelS  roeber  in  feinen  ©djriften  nodj  in 
feinen  Briefen  jemals  bebient,  mäfyrenb  er  eS  nie  unterlaßt,  bon  feinem  Soctortitel 
Sebraud)  ju  machen.  ßineS  ätjnlidjen  Anfef)enS  erfreute  er  fid)  aud)  bei  ben 
übrigen  dürften  beS  föeidjeS;  bor  allen  aber  erroieS  ftd)  itjm  ber  Äutrürft  bon 
©ad)fen,  Srxiebric^  ber  Söeife,  ftetS  als  ein  moljtmoUenber  ©önner. 

©er  2ob  Äaifer  SJcarimüian'S  bebeutete  bafjer  für  $.  einen  ferneren  Ser= 
tuft.  S)od)  mar  er  nidjt  in  ber  Sage,  ftd)  ben  $flid)ten  feines  AmteS  au  ent» 
jiefjen,  fonbern  fat)  fid)  bielmeljr  unter  ben  immer  fdjmieriger  merbenben  Ser= 
rjältniffen  erft  redjt  in  Anfprudj  genommen.  3unädjft  befdjäftigten  if)n  bie 
Angelegenheiten  beS  fdjmäbifd)en  SunbeS,  me(d)er  fid)  gegen  bie  Uebergriffe  beS 
.£>erjogS  Uiridj  bon  SSürtemberg  aur  äöetjr  fe|en  mußte,  in  ungemöt)nlidjem 
lUaBe.  Salb  baraui  empfing  er  bie  Söetfung,  ftd)  au  bem  neuen  Äaifer  Äarl  V. 
nad)  Srügge  ju  begeben,  um  benfetben  im  Flamen  ber  ©tabt  au  begrüben  unb 
itjm  für  ben  ber  ©tabt  betreffs  bei  StutbanneS  erteilten  greif)eitSbrief  3U 
banfen.  gix  ben  föeidjStag  ju  SSormS  unterbreitete  er  bem  hälfet  eine  Üteifje 
bon  Sorfdjtägen,  meldte  ben  ©tänben  beS  9teidjeS  borgelegt  »erben  füllten. 
Gr  mar  fetbft  auf  bem  :)teid)Stage  anmefenb  unb  erhielt  am  21.  Sttai  1521  bom 
Äaifer  nid)t  nur  bie  Seftätigung  aller  bereits  beftefjenben  Sßriöüegten  ber  ©tabt 
Augsburg,  fonbern  aud)  bie  Serleitjung  einer  neuen  «IJcünageredjtigf eit ,  gegen 
roetdje  ber  Stfdpi  ©tabion  bergeblid)  bie  ^nterbention  be§  fd)mäbifd)en  SunbeS 
in  Semegung  fetzte.  Söeldje  bebeutenbe  SOBirffamfeit  5ß.  in  ©adjen  ber  bon 
Suttjer  ausgegangenen  Deformation  mätjrenb  biefeS  2Bormfer  9teid)Stage§ 
ausübte,  unb  mie  er  Suttjer  aurn  Söiberruf  au  bemegen  fudjte,  braudjt 
t)ier  nid)t  meiter  ausgeführt  au  merben.  ©eine  öermittelnbe  Gattung  trug  tfjm 
jebod)  nur  Unannefjmtid)feiten  au.  3n  Augsburg  erregte  biefelbe  bie  gröfjte 
Unaufrieben^eit  unb  man  eraäfjlte  fid),  s£.  fei  bon  ben  ^äpfttidjen  beftodjen 
unb  fjabe  als  Sofm  eine  gute  ^frünbe  au  2Bege  gebracht.  Sie  Unruhen  beS 
SauernfriegeS  unb  bie  in  engem  ^ufammentjang  mit  biefer  Semegung  ftefjenbe 
3ufammenrottung  ber  rabicaten  «Partei  in  Augsburg,  brachten  $.  eine  neue, 
nur  fdjmer  au  bemältigeube  Saft  bon  ®efd)äTten ,  ba  bie  peinliche  Unterfud)ung 
gegen  bie  23erfd)mörer  größtenteils  in  feinen  <!pänben  lag.  (Sin  officteEer  S3e= 
rid)t  ^eutinger'S  über  ben  üon  bem  Sariü&ermönd)  $ot)ann  ©d)illing  in  ©cene 
gefegten  Aufftanb  beS  S^teS  1524  befinbet  fid)  im  AugSburger  9tatb,Sbud)  ad 
annum  1524.  Sgl.  fyriebrid)  Dotb, ,  AugSburgS  9teformationSgefd)id)te  1517 
bis  1527,  »ndjen  1881,  ©.  127.)  ©ana  ätjnüct)  erging  eS  ib,m  einige  3afj" 
fpäter,  als  eS  galt  bie  2öiebertämer,  bie  fid)  in  Augsburg  bebenftid)  ausgebreitet 
Ratten,  au  öefämpfen.  Auf  bem  Deid)Stag  a"  Augsburg  im  3cd)re  1530 
bradjte  '£.  im  tarnen  ber  ©tabt  bie  entfdnebene  (Jrflärung  gegen  ben  befannten, 
ben  ^roteftanten  feinblid)en  9reid)StagSabfd)ieb  öor.  £od)  tonnte  er  ftd)  einige 
^ab,re  fpäter  nid)t  entfd)ließen,  ba§  etgenmädjtige  Sorgeb^en  beS  9tatb,S  in  3telt= 
gtonSfad)en  gut  au  b,etfseu.  (Sr  be^anbelte  bie  ib,m  üorgelegte  grage ,  ob  bie 
©tabt  berufen  fei ,  in  9tetigionSfad)en  Aenberungen  boraunefjmen  ,  in  einer  um= 
faffenben  3)entfd)rift  im  öerneinenben  ©inne,  inbem  er  bie  ungebutbigen  teuerer 
auf  ein  allgemeines  Goncilium  öermieS.     Sa   feine  Sorfd)läge  fein  ©ef)ör  mef)r 

36* 


564  ^cutinger. 

fanben  unb  er  auct)  fonft  mancherlei  3urüdfet3iing  erfahren  mufjte,  entfd)Iof$  er  fiel), 
tion  einer  weiteren  ©ettjeiligung  an  ben  öffentlichen  ®efd)äften  abzufeilen.  2>er 
erbetene  Slbfdjieb  mürbe  itjm  im  ^atjre  1534  in  allen  (Stjren  bennttigt ,  inbem 
er  mit  einer  33eret)rung  tion  600  ft.  in  ©olb  entlaffen  mürbe  unb  ben  5ort= 
bejug  feines  bisherigen  (SetjalteS  jugefidjert  ertjielt.  6ine  meitere  ^luSjeidjnung 
für  feine  ©erbienfte  mürbe  it)m  im  $•  1538  buret)  23erteit)ung  beS  ^ßatriciateS 
ju  Stjeit.  ©eit  feinem  austritt  auS  bem  ?lmte  lebte  *ß.  nur  noct)  feinen  miffen* 
fdjafttidjen  ©tubien,  tion  beren  2öeiterfüb,rung  irjn  ber  Stob  am  28.  2)ecember 
1547  abrief.  2öenige  läge  tiortjer  t)atte  itjn  nod)  .ffaifer  A?arl  V.  burd)  Gr= 
tjebung  in  ben  erblichen  2lbelftanb  erfreut.  (2)ie  barüber  ausgefertigte  ürfunbe 
tiom  1.  S)ecember  1547  ift  mitgettjeitt  tion  3oPt  tn  ben  ßitterarifdjen 
Stottern,  Nürnberg  1803,  Nr.  V,  ©p.  64-78.) 

©o  umfaffenb  unb  erfolgreich  aud)  s}kutinger'S  2t)ätigfeit  im  SDienfte  feiner 
ißaterftabt  mar,  fo  berutjt  bod)  fein  Nutjm  nidjt  in  erfter  ßinie  auf  il)r,  fonbern 
auf  bem,  maS  er  als  Immaniftifd)  gebildeter  ®elet)rter  für  bie  SBiffenfdjaft  unb 
$unft  feiner  $e\t  geteiftet  t)at.  3lber  aud)  auf  biefem  ©ebiete  mufe  eine  ©djil= 
berung  feiner  35erbienfte  untiollftänbig  bleiben,  tior  allem  befjfjalb,  meil  nur  ein 
Heiner  £t)cit  feiner  miffenfdjaTtlidjen  arbeiten  burd;  ben  2)rucf  befannt  gemorben 
ift,  mätjrenb  ber  anbere  größere  nodj  ber  Söeröffentlidjung  tjarrt.  2Bir  befifeen 
nietjt  einmal  eine  tiottftänbige  Sammlung  feiner  ausgebreiteten  ^ritiatcorrefpon* 
ben3  unb  muffen  annehmen,  bafs  eine  folct)e  nicljt  nur  eine  iltenge  biStjcr  über= 
fetjener  toiffenfd)aftlid)er  Sejietjungen  auibeden ,  fonbern  überhaupt  ^u  ben 
letjrreidjften  ber  3^tt  gehören  mürbe.  ,£nelt  fid)  bod)  5ß.  in  feinen  ©riefen  mög= 
lidjft  frei  tion  bem  s4>t)rafentljum  feiner  Inunaniftifdjen  3eÜ9enoffen ,  ba  eS  itjm 
roeniger  um  ben  motjlgefäHigcn  SluSbrud,  als  tiielmetjr  um  bie  ©adje  fclbft  3U 
tl)un  mar.  6r  t}atte  fiel)  für  feine  amtlid)en  ©djreiben  einen  trodenen,  ge= 
fdjäftSmäfjigen  üton  angemötjnt  unb  übertrug  bcnfelben  aud)  auf  feine  tiritiaten 
©riefe,  an  benen  ber  reidje  $ntjalt  mot)ttt)uenb  beiütjvt.  ^eutingcr'S  ^ntereffe 
für  bie  Söiffenfdjaft  galt  a6er  nidjt  etma  nur  einer  einzelnen  2>iSciplin  berfelben, 
fonbern  erfiredte  fid)  auf  faft  alle  it)re  3roe^9e-  W%  SSurift  Ijattc  er  fid)  eine 
tüdjtige  ßenntnifj  beS  römifdjen  NedjteS  ermorben.  Ulridj  3Qfiu3  3äi)lte  itjn 
batjer  ju  ber  geringen  ^a\)i  berjenigen ,  bie  mit  richtigem  Sßerftänbnif}  in  baS 
SBefen  beS  römifdjen  NedjteS  eingebrungen  mären  unb  erfolgreid)  für  beffen 
Sßerbinbung  mit  bem  eintjehnifetjen  gemirft  t)ättcn.  ®teidjmot)I  mar  *|3.  im 
©tanbe,  ein  breijäljrigeS  sUtäbd)en  lebenbig  begraben  unb  einen  jmölfjäljrigen 
Knaben  cntljaupten  ju  laffen ,  meil  gegen  fic  bie  9lnftage  beS  NtorbeS  erhoben 
morben  mar.  (Sine  bisher  überfetjene  ©d)rift  s4>?utinger'S  ^ur  (Sefdjicfjte  ber 
^uriSprubenj,  bie  otjne  eigentlichen  Xitel  1529  ju  Söien  erfdjien,  finbet  matt 
abgebrudt  im   Neuen  litcrarifdjen   3lnjeiger   1807,   Nr.  50,  ©p.  790—797.) 

Sßiel  met)r  als  bie  ^uriSprubenj  feffette  jeboct)  $.  bie  S3efd)äftigung  mit 
gefctjidjtlidjen  unb  antiquarifdjen  5oi*fct)ungen.  S)iefe  gemeinfame  £ieblingS= 
neigung  mar  eS  tiorneljmlicb, ,  bie  it)n  mit  93tarimilian  I.  berbanb.  ty.  Ijatte 
bei  feinem  9tufentt)alt  in  Italien  bie  ©ebeutung  ber  3fnfd)riften  für  bie  gefd)idjt= 
licije  6rfenntni|  fennen  gelernt,  ©eine  23aterftabt  Augsburg  bot  it)m  t)in= 
reidjenb  5Jcateriat  in  biefer  ©ejietjung ,  unb  er  lie^  fid)  eS  angelegen  fein,  alle 
nur  erreichbaren  Fragmente  attrömifdtjer  ^nfdjriften  ju  fammetn  unb  fie  in 
einem  befonberS  baju  beftimmten  ^ofe  feines  ^aufeS  aufpftellen.  3fm  3f.  1505 
erttjeitte  itjm  5Rarimitian  ben  Auftrag,  biefe  ^nfdiriften  ^u  tierbffentlidjen,  unb 
fo  erfdjien  benn  im  gleidjen  $ar)re  bie  erfte  bei  Srtjarb  Natolb  gebrudte  ©amut= 
tung  biefer  ?lrt  in  S)eutfd)lanb  unter  bem  Xitel:  „Romanae  vetustatis  frag- 
menta  in  Augusta  Vindelicorum  et  ejus  dioecesi".  3lKerbingS  umfaßte  baS 
SBert  nur  22  ^nfdjriften,  boctj  fe|te  5p.  feine  ©ammtung  unermüblid)  fort,  mobei 


SPeuttnger.  565 

er  burdj  ben  Äaifer  beftänbig  unterftütjt  rourbe,  bei*  ib,m  3ar)lreidj)e  ^Rün^en  unb 
3snfdt)i*tften ,  nidjt  minber  aucf)  atte  <£>anbfdt)riften  aU  „Q3eutepfennige"  sugetjen 
liefj.  Sic  ä^eite,  öermerjrte  unb  fceffer  auSgeftattete  2lu§gabe  btefer  3nfcrjriften= 
fammtung  eiferten  1520  bei  ©cfjöffer  in  2Rainj,  roätjrenb  bie  fpäteren  Sluegabeu 
Don  9Jtatj  SBelfer  beforgt  mürben.  S5g(.  Corpus  inscriptionum  latinarum,  vol. 
VI,  pars  I  (Berlin  1876),  p.  XLV1I  unb  vol.  III,  pars  I,  p.  XXXI,  roo  auf 
bie  b^anbfcfjriftlicr)  öon  $.  tjinterlaffenen  Snfdjriftenfammtungen,  bie  fitf)  meit 
über  ba§  2tug§burger  ©ebtet  rjinauS  erftreefen,  f)ingemiefen  ift. 

2ll§  $.  ficrj  1506  bei  9Jtajimilian  p  ütofterneuburg  auffielt,  ertfjeitte  ib,m 
biefer  ben  Sluftrag,  in  ©emeinferjaft  mit  ben  faiferlidjen  Stätten  bie  alten  Briefe 
be§  £)aufe§  Oefterreictj  3u  Berichtigen  unb  einen  2Iu§3ug  barau§  ju  öeranfialten. 
3u  biefem  groeef  rourbe  ib,m  ein  eigenes  ©emacb,  in  ber  äöiener  ^ofburg  ein* 
geräumt,  rootjtn  „fein  9Jiaiefiat  öon  allen  orten  Gronica  önb  Ijiftorien  bringen 
taffen".  $.  öertoanbte  brei  Monate  auf  biefe  Aufgabe,  fab,  fid)  aber  buret) 
bringenbe  üotitifcfje  ©efcfjäfte  an  irjrer  ®urcrjfüt)rung  öerrjinbert.  (Sbenforoenig 
tarn  ba§  Unternehmen  be§  fogenannten  „ÄaiferbucrjeS",  einer  2lrt  bon  9tegefien= 
fammiung,  ^u  ©tanbe,  obmol  *ß.  auf  feinen  bieten  Steifen  unb  buretj  jab^treierje 
jcfjrifttidje  Slnfragen  eifrig  für  baffetbe  ttjätig  mar.  6s  bjaben  ficrj  nur  einzelne 
auf  ber  Slugsburger  ©tabtbibtiottjef  aufberoab.rte  Fragmente  erhalten.  3Batjr= 
fdjeinticb,  b,at  3ß.  auetj  2luf5eicb,nungen  über  bie  ©efcrjicrjte  feiner  3eit,  namentlich 
über  bie  (Sretgniffe  in  feiner  Baterftabt,  tjintertaffen,  moju  itm  ja  fdtjon  feine  amt= 
lidt^e  ©telutng  öerantaffen  muffte.  Unter  feinen  greunben  menigftenS  tjatte  ftdj 
bie  5lact)ri(f)t  baöon  öerbreitet,  roie  eine  ©teile  in  ©djeurl's  Sriefbucf)  beroeift;  boer) 
bebürfen  bie  öerfctjiebenen  ^.  jugefcrjriebenen  ^anbfdjriftlicrjen  unb  gebrückten  ßb,ro= 
nifen  noct)  eingetjenber  Unterfuctmng,  et)e  feine  2Iutorfct)aft  als  gefiebert  gelten  fann. 

@S  mar  natürlich ,  bafj  $.  audj  auf  feine  nähere  Umgebung  anregenb 
für  bie  gefcrjidjtlict)en  ©tubien  mirfte.  Sr  braute  in  2lugSburg  nactj  bem  5)cufter 
ber  rfjeinifctjen  geterjrten  ©efetlfcrjaft  eine  äb,nticb,e  ju  ©tanbe,  beren  -ücitgtieber 
fidt)  auS  ©eifttierjen ,  9tatfjSt)erren  unb  rjerüorragenben  Bürgern  pfammenfefeten. 
(öeibex  liegt  itjre  ©efcrjicfjte  noctj  fetjr  im  2)unf et ;  man  f ennt  nur  bie  gatjt  unb 
bie  tarnen  fljtet  erften  IDcitgtieber,  meifj  aber  nictjtS  über  bie  SDauer  itjreS  S3e= 
ftanbeS,  nod)  über  bie  Männer,  melcfje  il)v  etma  fpäter  beitraten.  Sotter,  ber 
Biograprj  ^eutinger'S,  blatte  einft  bie  Slbfidjt,  itjrc  ©efd£)id£)te  ju  feb^reiben,  mu|te 
fie  aber  au§  fanget  an  Material  mieber  aufgeben.  35gl.  3^bi  im  ^enen 
literarifdjen  feiger  1807,  9lr.  8,  ©b-  113—118.)  S^e  Jpaubtaufgabe  be= 
ftanb  in  ber  Verausgabe  unb  Bearbeitung  wtcl)tiger  CueUenfct)riften.  ^.  befa^  fetbft 
eine  reiche  ©ammlung  beutfeb^er  ©efdjicfjtSquelten  unb  mar  mit  ^itfe  ber  ©efeüfcfjaft 
auf  it)re  Sbition  bebaut.  3m  ^.  1496  blatte  er  bie  Urfperger  6l)roni!  ent= 
becEt,  beren  erfte  2lu§gabe  im  ^.  1515  bureb,  feinen  greunb  $ob,anneg  ^Dlaber 
(goenifeca)  beranftattet  rourbe.  5ln  ber  Srudtegung  be§  öon  6ette§  aufgefun= 
benen  Sigurinu§  (1507)  blatte  $.  einen  mefentlicb.en  Slntb.eil,  märjrenb  er  Seatu§ 
Stb.enanuS  ju  ber  gbition  be§  $rocobiu§  anregte.  1515  erfdjien,  bon  ib,m  treff= 
lieb,  bearbeitet,  „Jordanis  de  Rebus  Geticis"  unb  nocl)  in  bemfelben  Sfafjr  eine 
2lu§gabe  öon  „Pauli  Diaconi  historia  Langobardorum".  dagegen  feb^eint  feine 
2tu§gabe  be§  5Jcacrobiu§:  „de  somno  Scipionis'"  nicf)t  fertig  gemorben  ju  fein, 
ßbenfo  fdjeint  bie  2iu3gabe  be§  3lntoniu8  ^Jcufa  unb  be§  SlputejuS  (5etfu8 
„de  herbarum  medicaminibus",  mit  ber  fieb,  $.  bereits  im  $.  1513  befeb^äfttgte, 
unüottenbet  geblieben  3u  fein,  obrool  ^iicfjaet  ^ummelberg  noct)  im  S-  1525 
an  33eatu§  9if)enanu§  metbet,  bafj  $.  biefe  ©Triften  öetöffentticfjen  roerbe. 
(5ßgl.  aueb,  «gjummelberg'ä  ©^reiben  an  9tf)enanu§  oom  29.  ^uni  1531.)  2>afj 
bie  öon  SetteS  entbeefte  unb  ^.  gefc^enfte  tabula  Peutingeriana  erft  fpät  nac| 
feinem  £obe  öeröff entließt  mürbe,  bari  all  befannt  öorausgefe^t  merben.     S5on 


566  SPeutingcr. 

tjotjem  ^ntereffe  für  bie  33euttf)citung  öon  ^euttngn'ä  fritifdjer  s.8efät)igung  finb 
feine  1506  öeröffent lidjten  „Sermones  convivales  de  mirandis  Germaniae 
antiquitatibus".  3Die  umfangreidjfte  Unterfudjung  in  biefer  ©d)rift  beljanbelt  im 
2lnfd)tufj  an  2Bimpfeling'S  gorfdjungen  bie  ^rage  nad)  ben  alten  ©renken 
©allienS  unb  ©ermanienS,  als  beren  ßrgebnifj  bie  33et)auptung  erfdjeint ,  baft 
bie  ©tobte  bieffeitS  beS  DtjeinS  öon  fäöln  bis  ©trafjburg  unb  einige  anbcre 
©täbte  öon  Gäfar'S  3eit  an  uno  idj°n  frütjer  nidjt  ben  ©afliem,  fonbern 
beutfdjen  Königen  unb  nadjtjer  ben  römifdjen  ifaifern  unterworfen  waren.  2llS 
beweis  bienen  jumeift  ©teilen  römifdjer  Tutoren,  in  benen  fid)  5ß.  fefjr  beWan= 
bert  jeigt;  gleichzeitig  muffen  aber  aud)  mobemere  ©efd)id)tfd)reiber  tjettjalten, 
wobei  eS  paffirt,  bafj  aud)  bie  Autorität  beS  fatfdjen  SBerofuS  angerufen  wirb, 
hingegen  jweifelt  $.  ftarf  an  ber  Gdjttjeit  beS  öon  feinem  5l'cunbe  £ritt)emiuS 
aufgebrachten  ^unibalb,  unb  ©aguinuS  erfätjrt  bie  itjm  gebütjrenbc  3lliedjt:: 
weifung.  ©elegentlid)  fefjrt  fid)  $.  aud)  gegen  feinen  ehemaligen  ßeljrer  $om= 
poniuS  SaetuS,  beffen  23et)auptung,  bafj  bie  iöudjbrurferfunft  tängft  ben  Italienern 
befannt  gewefen  unb  öon  ben  25eutfd)en  nur  neu  entbcdt  worben  fei ,  feinen 
patriotifdjen  30in  erregt.  23ieL  fürjet  wirb  bie  [yrage  erörtert,  ob  ber  ?lpoftel 
^autuS  öertjeirattjet  gewefen  fei.  sJß.  entfcfjcibet  fid)  unter  Berufung  auf  eine 
©teile  in  bem  33riefe  beS  ^gnatius  sEiartt)r  an  bie  ^(jilabelpfjier  für  bie  S3e= 
jafjung  berfelben,  mar  alfo  fütjn  genug,  feine  eigene  Meinung  ber  Jrabition 
ber  $ird)e  entgegen  ju  fetjen.  9ltlcrbingS  mufjte  er  um  biefeS  i5orget)enS  willen 
ben  Angriff  eines  5ftönd)eS  erfahren,  was  itju  jebodj  nidjt  fjinberte,  fid)  in  bem 
©treite  Deucrjlin'S  unb  ipfefferforn'S  auf  bie  ©eite  beS  elfteren  ju  ftetlen. 
ßbenfo  jeigte  er  ein  ungemein  tebenbigcS  ^ntereffe  für  bie  ©ad)e  ber  Defor= 
mation  unb  bie  firdjtidjeu  fragen  ber  ^eit.  sDtit  ftifet  tag  er  patriftifdjen 
©tubien  ob,  WaS  bie  jarjlreidjcu  Daubbemerfungcn  ber  in  feinein  Sefitje  beftnb= 
tid)  gemefenen  ausgaben  ber  Äirdjenöäter  bemeifen.  Offenbar  fjielt  ßaifet 
9Jlajimilian  aud)  in  biefer  öe^ietjung  grofce  ©türfe  auf  5J}.,  beim  als  er  auf  ben 
Einfall  tarn,  in  befonberen,  für  baS  Skrftänbnifj  beS  gemeinen  Cannes  geeig= 
neten  ©djriften  bie  ©etjeimniffe  beS  djrifttidjcn  ©laubenS  barlegen  31t  laffen, 
ertjiclt  aud)  s.p.  ben  Auftrag,  fein  ©utadjten  über  biefen  s$(an  abzugeben. 

(JS  ift  baljer  nidjt  ju  öermunbern,  bafj  p.  baS  auftreten  ßutrjer'S  anfäng= 
lid)  mit  greuben  begrüßte.  Wan  Weif},  mit  weldjer  greunMidjteit  er  jenen  bei 
feinem  33efud)e  in  SlugSburg  im  $.  1518  aufnahm.  (Jbenfo  unterhielt  er  ju 
CefotampabiuS  eine  3e'ltang  freunbfdjajtlidje  Se,}iel)ungen ,  bie  aud)  nod)  fort* 
bauerten,  als  biefer  9lugSburg  ben  Dürfen  gefefjrt  t)atte.  35od)  mürbe  man  fefjl 
getjen,  wenn  man  s}>.  für  einen  cntfdjiebcnen  ^Infjänger  ber  Deformation  anfeb^en 
Wollte,  (ürr  gehörte  ju  ben  Männern ,  bie  mit  einer  Deformation  im  ©inne 
beä  ßraSmuS  jufrteben  gcWefen  wären,  war  aber  nidjt  entfdjieben  genug,  öolt= 
ftänbig  mit  ber  römifdjen  Ähdje  ju  bredjen.  25iefe  ©cfinnung  tritt  am  beut= 
lidjften  auS  feinem  üermittelnben  Datr)  an  Suttjer  wätjrenb  beö  SBormfer  9teidj§= 
tageä  öon  1521  Ijeröor.  ©0  wenig  5p.  53ebenfen  trug,  in  einzelnen  fünften 
öon  ber  Setjre  ber  Äirdje  abpweidjen,  fo  wenig  war  er  gewillt,  einen  befonberen 
SBerttj  auf  feine  eigenen  3tnfid)ten  311  legen;  ütelmetjr  öerfidjerte  er  auSbrüdlidj, 
ba^  er  burdjauS  nid)t§  gegen  jene  betjaupten  wolle  unb  baljer  t)offe,  ©ott  weibe 
tt)m  etwaige  ungebüljrlidje  3teu^erungen  in  feiner  ©nabe  nadjfetjen.  S)en 
ÜJlännern  ber  burdjgreifenben  Deformation  crfdjicn  er  baljer  fdjon  in  ben  2ln= 
fangen  ber  Bewegung  als  un^uöertäffig ;  Ijeifjt  eö  bodj  bereits  im  „getjobelten 
6d"  öon  itjm,  ba§  er  öeränbertidjer  als  ein  Stjamäteon  fei. 

3sn  feinen  Neigungen  für  bie  rjumauiftifdjen  SQßiffcnfdjaften  aber  blieb  fid) 
5p.  bis  an  baS  Snbe  feines  SebenS  treu.  2)a  er  in  feiner  ^ugenb  feine  ©e= 
legentjeit  getjabt  rjatte,  ©riedjifd)  3U  erlernen,  mad)te  er  fid)  auf  ben  Datl)  feines 


Sßeutinger.  567 

fjfreunbei  üteudjlin  noct)  im  Sitter  öon  mefjr  all  öierjig  $at)ren  an  biefe  fct)roie= 
rige  Slufgabe  unb  erroarb  fidj  aucf)  auf  biefem  ©ebiete  tüchtige  Äenntniffe.  23ei 
biefer  ausgeprägten  Neigung  für  bie  Stubien  formte  ei  ty.  ali  einen  befonbers 
©tücf  öerrjeifeenben  Umftanb  anfet)en,  bafj  er  an  feiner  ©attin  2)targaretr)e  eine 
gteicfjftrebenbe  ©enojfin  ianb.  £iefelbe  roar  als  £ocrjter  bei  9Jcemmingifcf)en 
Stabttjauptmanni  Söelfer  am  14.  >)Jcärj  1481  geboren ,  öermätjtte  ficfj  am 
27.  jxecember  1499  mit  ty.  unb  überlebte  irjren  (Satten  um  \&a]  Jatjre,  ba  fie 
erft  1552  fiarb.  Sie  brachte  iljrem  ©atten  nidjt  nur  ein  anfet)nlicf)ei  Vermögen 
3U,  fonbern  jeict)nete  fidj  audj  burd)  eine  fjütle  rjäuilidjer  lugenben  aui.  ©leid)= 
jeitig  mar  fie  Bemüfjt  bte  Stubien  it)rei  ©emafjli  ju  jörbern,  ju  roeLdjem  ^toecf 
fie  bai  £ateinifct)e  erlernte.  Sie  fcrjrieb  felbft  lateinische  SBrtefe  unb  t)at  fiel) 
fogar  mit  einer  eigenen  2lbb,anblung  antiquarifdjen  3nt)atti  öeriudjt.  (Marga- 
ritae  Velseriae ,  Conradi  Peutingeri  Conjugis ,  ad  Cbristophorum  fratrem  epi- 
stola  multa  rerum  antiquarum  cognitione  insignis.  Quam  primus  typis  ex- 
scribendam  curavit  H.  A.  Mertens.  Augustae  Yindelicorum  1778,  8°.)  25ie 
mit  iljr  erhielte  Tiact)fornmenfcrjaft  peutingeri  roar  fet)r  ^atjtreict).  Sßon  feinen 
2öd)tern  finb  ätcei  in  ber  ©efct)ict)te  befannt  geworben :  Juliane ,  bie  im  Stlter 
Don  öier  Jatrren  Äaifer  5Jcaiimilian  mit  einer  lateinifcfjen  Slnrebe  begrüßte,  aber 
bereite  ali  Äinb  ftarb,  unb  Gonftantia,  oon  Jputten,  bem  fie  am  12.  Juli  1517 
bei  ber  2)ict)terfröuung  burci)  Äaifer  9)larimitian  ben  Sorbeerfranj  geflochten 
fjatte,  ali  bie  ferjönfte  unb  tugenbrjajtefte  ber  Slugsburger  Jungfrauen  gepriefen. 
S)a§  @rbe  öon  $eutinger'i  2lnfet)en  unb  ©eletvrfamfeit  trat  fein  ältefter  Sob,n 
Gtaubiui  $iui,  geb.  am  28.  Cctober  1509,  f  1551,  an.  3luf  bai  trefflidjfte 
öorgebilbet,  ftubierte  er  in  Orleans  unb  fjerrara  Jurisprubena,  um  nact)  feiner 
9tücfferjr  als  Srjnbicui  in  ftäbiijdje  SJienfte  ju  treten,  in  roetetjen  er  eine  ätjntict) 
roeitöerjroeigte  Srjätigfeit  roie  fein  üßater  als  tjäufiger  Stbgefanbter  ber  Stabt  unb 
fpäter  als  Slffeffor  am  9Jcatrimonialgerict)t  enttoicfelte.  2lucf)  Gt)riftopt)orui,  ber 
jroeite  Sorjn  3ßeutinger'i,  geb.  1511,  f  am  11.  2lprit  1576,  trat  in  ben  2>ienft 
feiner  23aterftabt  Augsburg  unb  bradjte  es  bis  jum  23ürgermeifter  unb  SSorfitjer 
bei  3ratt)es.  SBeniger  bebeutenb  roaren  bte  beiben  anberen  Söfjne  ^eutinger'i: 
Jotjannei  Gfjtrjfoftomus  unb  ftarl.  liefen  Söfjnen  öermadjte  iß.  in  feinem 
unb  feiner  @r)efrau  Steftament  bom  29.  ÜJcärj  1538  (abgebrueft  in  ben  2itte= 
ranfct)en  blättern,  Nürnberg  1802,  Dir.  XX,  Sp.  445—460)  feine  ieic£)r)attige 
58irJtiott)ef  unb  feine  fonftigen  Sammlungen  öon  Äunftgegenftänben  unb  2tnti= 
guttäten.  S)ie  23ibtiotr)ef  ging  im  J.  1715  burci)  ©efdEjent  bes  letjten  Sproffen 
bes  ©efcfj(ect)tei ,  bes  Ssnatj  ^eutinger,  in  ben  SSefi^  bei  Slugiburger  Jefuiten= 
ftofteri  über  (Gt.  ©.  b.  sBurr'i  Journal  ^ur  i?unftgefcf)ict)te  unb  jur  allgemeinen 
Sitteratur,  tljeil  XIII,  Nürnberg  1784,  S.  311—318:  ..Index  codicum  manu- 
scriptorum  bibliothecae  Peutingerianae  in  Collegio  Soc.  Jesu"  .  .  Augustae  Vin- 
delicorum) ,  nad)  beffen  2lufl)ebung  iljrc  Sctjä^e  pm  2t)eit  in  bie  Igt.  £)of=  unb 
Staatibibliott)ef  nact)  5Jcünd)en,  ^um  2t)eit  in  bie  neu  begrünbete  J?wi«=  unb 
Stabtbibtiotljef  3U  ^lugiburg  famen.  21ber  auct)  bie  SBiener  |)oibibliotf)ef  unb 
bie  fgl.  ^ßibtiot^et  ju  Stuttgart  befi^en  $eutinger'fcf)e  ^Dtanufcripte.  S)oef) 
mögen  auct)  fonft  noc^  in  ^riöatbefife  mancherlei  öon  iß.  t)errüt)renbe  ober  auf 
it)n  begüglidtje  Scljriitftücfe  ju  finben  fein.  Sögt.  3.  35.  ben  Äatalog  ber  Biblio- 
tbeca  Foeringeriana,  t)rg.  0.  ß.  fyr.  ^caner,  ÜMnct)en  1880,  S.  122,  5ir.  3229. 
Sai  ^auptroerf  über  ^.  ift  immer  noct)  bie  Historia  vitae  atque  meri- 
torum  Conradi  Peutingeri.  Post  Joh.  Ge.  Lotterum  edidit  Franc.  Ant. 
Veith.  Accedunt  Conradi  Peutingeri  et  aliorum  eius  aetatis  eruditorum 
epistolae  ineditae  LI.  Augustae  Yindelicorum  MDCCLXXXIII.  8°.  2luf 
söeitt)  ftü^t  fid)  im  roefentlict)en  ber  bistjer  nur  Don  53öcting  in  feiner  £)utten= 
ausgäbe  beachtete  umfangreiche  2lrtifet  oon  Ä.  Stfermann  in  ber  5tltg.  Snctjft. 


568  ^eutinger  —  ^erjer. 

bon  (hfdj  u.  ©ruber.  —  3Sefenttidj  DteueS  bringt  bagegen  SLtjeobor  .Iperberger, 
6.  ^euttnger  in  feinem  23ert)ättniffe  jum  $aifer  ^Jtajimilian  I.  3lug§burg  1851. 

—  Sögt,  ferner:  ^tterfroürbigfeiten  ber  3a^ftf<f>en  33ibliott)ef.  58b.  I.  3lug§burg 
1 788.  8°.  ©.  261—263 ;  288  -  301.  —  ©.  38.  3abf,  3lugäburgifd)e  33ibtiott)ef . 
33b.  I,  II.  3tug3burg  1795.  (ftegifter.)  —  $.  31.  (Srrjarb,  ©efd)id)te  bcä9Bieber= 
aufbtüt)en§  miffenfdjaftl.  33ilbung.   33b.  III.    «JJtagbeburg  1832.  ©.394—411. 

—  $.  SDöfttnger,  S)ie  Deformation.  33b.  I.  2.  3luft  9tegenö6urg  1851. 
©.  571 — 573.  —  $.  31.  Sier,  2)er  3lug3burgifd)e  -Ipumaniftenfreiä.  (3eitfd)rift 
b.  Jpift.  35er.  f.  ©djroaben  u.  Weuburg.  3Iugsburg  1882.  VII.  ^atjrg.  «g>e?t  1. 
©.  72  ff.)  —  ß.  ©eiger,  Denaiffauce  unb  ^umani§mu§.  (3lltg.  30ßettgefd)id)te, 
bon  2B.  Oncfen  II,  8.  SBerlin  1882.  ©.  370—372.)  —  2Segele,  ©efd)id)te 
ber  3)eutfdi)en  £)iftoriograbt)ie.  (©efdjid)te  ber  2Biffenfd^aften  in  SDeutfctjlanb, 
33b.   XX.)  SMndjen  1885.     ©.110-116.  &.  31.  ßier. 

^CHttligcr:  Ulrid)  ty. ,  33enebictiner,  geboren  am  8.  $uni  1751  -JU 
^nningen  bei  3lug«burg,  f  12.  2funi  1817  ju  $rrfee  bei  3lugsburg.  @r  legte 
22.  Wobember  1772  in  ber  33enebictiner=3lbtei  ^\x]n  bic  ©etübbe  ab,  rourbe 
1776  jum  -^riefter  geroeirjt,  toar  einige  Qi\\  s$rofpffor  ber  *pt)ilofobt)ie  in  3rrfee, 
1793—1804  33rofeffor  ber  Dogmatil  in  ©aljburg,  1804  in  bem  ©tifte  2öib= 
lingen  unb  fefjrte  bann  nad)  3Jtrfee  ^urüdE.  6r  bat  gefdjrieben :  .,-y.iuyoaqi'u 
universi  juris  canonici",  1779;  „Religion,  Offenbarung  unb  $ird)e  in  ber  reinen 
33ernunft  aufgefud)t",  1795,  „@cftf)id)te  ber  $ird)e",  1.  (einiger)  33anb  1802 
unb  einige  2)iffertationen,  bon  benen  bie  „De  mutata  theologia  et  immutabili 
ecclesiae  fide",  1797  bie  intereffantefte  fein  roirb. 

ßinbner,  ©d)riftfteÜer  beg  33enebictiner--Drben§  2,  174.  —  SBerner,  ©efdj. 
ber  fatf).  Itjeol.  ©.  252.  Deufd). 

^Ctjer:  3>ot)ann  Äonrab  53.,  3tr^t,  einer  bornetjmcn  gamilie  in  ©d)aff= 
Raufen  entfproffen,  ift  bafelbft  am  26.  2>ecembcr  1653  geboren.  (Jr  fjatte  juerft 
in  33afe(,  fpäter,  unter  Smbernerj,  in  tyaxtä  9)cebicin  ftubirt,  mar  bann  jur 
Qjoüenbung  feiner  ©tubien  nad)  33afel  jurücfgeferjrt  unb  tjat  tjier  1681  bie 
SDoctorroürbe  erlangt.  6r  tjabilitirte  fid)  barnad)  aU  Slr^t  in  feiner  33aterftabt, 
befteibete  gleichzeitig  ber  9teit)e  nad)  bie  2ef)rftüt)le  ber  sJtt)etorif,  Sogif  unb 
^ßljbftf  unb  ift,  bon  feinen  3eitgeuoffcn  rjodjgeetjrt,  bafelbft  am  29.  gebruar  1712 
geftorben.  —  5ß.  nimmt  unter  ben  3lnatomen  feiner  3^it  eine  fetjr  ad)ten<sroertrje 
Stellung  ein.  3lm  btfannteften  ift  er  burd)  bie  ©djrift :  „Kxercitatio  anatomico- 
medica  de  glandulis  intestinorum,  earumque  usu  et  adfectionibus  etc."  (1677). 
in  toeldjer  er  bie  bon  itjm  entbecften  unb  nad)  itjm  benannten  (33erjer'fd)en) 
©d)teimi)autfoIlilet  bei  3)ünnbarm3  befd)reibt;  roeitere  anatomifcfje  (Sntbedungen 
t)at  er  in  ber  bon  itjm  unb  $ot).  3af.  färbet  gemeinfdjafttid)  unter  bem  Stitel : 
„Paeonis  et  Pythagorae  (bic  tarnen,  roeldje  beibe  gorfdjer  als  \Witglieber  ber 
ßeobolbimfdjcn  3lfabemie  trugen)  exercitationes  anatomico-medicae  etc."  (1682) 
IjerauSgegebenen  ©djrift,  unb  in  „Parerga  anatomica  et  medica  VII"  (1681, 
1682)  niebergelegt,  ferner  in  ber  „Merycologia  s.  de  ruminantibus  et  rumina- 
tione  commentarius"  (1685)  intereffante  bergleid)enb=anatomifd)e  unb  =pt)t)fio= 
logifctjc  Unterfudjungen  über  bie  33erbauung§organe  ber  SBieberfäuer  mitgetl)eilt, 
fobann  in  „Methodus  historiarum  anatomico  - medicarum  etc.1'  (1678)  bei  ©e» 
legentjeit  ber  33efd)reibung  einer  anatomifd)  unterfud)ten  ^crjerfranfung  3}or= 
fdjriften  über  bie  3lugTür)rung  patr)ologifd)=anatomifd)er  Unterfudjungen  gegeben 
unb  eine  größere  3a¥  anatomifdjer,  batt)ologifd)=anatomifd)er  unb  tcrato= 
logifdjer  33cobad)tungen  in  ben  3]erl)anbtungen  ber  Seobotbtnifdjen  3lfabemie 
beröffentlidjt. 

<£Iot) ,   Dict.    histor.    de   la  möd.     «öconi  1778,    III,  536.    —    £atler, 
Bibl.  anat.  I,  640:  Bibl.  med.  pract.  III,  420.  3t.  &irfd). 


Sßeljpug  -  5ße3.  569 

$el)jM3:  griebrid)  %  (aud)  S3eüfu3,  2lrtemifiu3),  ein  geteerter 
SBudjbruder  unb  einet  ber  erften  ©ortiment§bucl)f)änbler  ju  Nürnberg,  folt  1485 
ju  <g>errnftabt  (©djlefien)  geboren  fein  unb  teufte  ju  Nürnberg  bon  ungefähr 
1510—35.  (Sr  rjatte  bie  53eftänbe  ber  ßnbe  be3  15.  SaljrtmnbertS  etlofdjenen 
Sreufjuer'crjen  ©ruderet  erroorben  unb  befaf;  aud)  Supen  ber  1504  bon  Äobetger 
aufgegebenen  SDruderei.  3im  $•  1515  erwarb  er  ba3  Sürgerredjt  ju  Nürnberg 
unb  in  bemfelben  3ar)re  finbet  er  fidj  al3  Sefttjer  eine3  23ud)laben3  am  SJcarfte 
im  Sßiobentjofe.  ©eine  ütljättgfeit  als  SDruder  beftanb  trjeüS  im  SBerfbrud  für 
Äoberger  unb  Seontjarb  5U  ber  2lid)  in  Nürnberg  unb  für  2ufa§  9ltantfee  in 
äöien,  trjeilS  im  Nadjbrud  bon  NeformationSfcrjriften.  SDurdj  biefe  miberrecrjtticrje 
33efdjäftigmtg  trug  er  biet  jur  Verbreitung  ber  Sbeen  ber  Deformation  in  fronten 
bei.  ©o  brudte  er  u.  31.  bereits  1518  orjne  (Maubnifj  be§  NatrjeS  auf  S3e= 
getjren  ber  Nürnberger  2Iuguftinermöncr)e  Sutr)er'§  beutfdjen  SLractat  gegen  ben 
Slblafj.  3fm  3f.  1524  brudte  er  2utb>r'3  Ueberfer^ung  bom  bleuen  Seftament 
nadj,  bem  er  im  fotgenben  ^atjre  ben  5ßfalter  folgen  tief*.  Slufjerbem  gab  er 
nodj  öerfctjiebene  (Schriften  bon  Sutrjer,  3Mandjtljon ,  23ugenr)agen  f)erau3. 
©ein  ©ignet  beftanb  in  einem  äßürfet  mit  ber  Sluffctjrift :  Ratio  vincit. 

2öitl  unb  Nobitfd),  Nürnberg.  (Metjrtenleriton.  —  «g)afe,  Sie  Äoberger. 
2.  2Iuft.     Seidig  1885.  $  all  mann. 

S$C$:  Semrjarb  5]}.,  geb.  ju  ^ßfö  in  Nieberöfterreidj  am  22.  Februar 
1683,  f  int  Ätofter  Welt  am  27.  ^ärj  1735,  ®efctjid)t3forfd)er.  —  ©ofm 
eine§  bemittetten  ©aftroirtr)3,  an  ben  ©rjtnnafien  in  Söien  unb  Ärem§  gefault, 
bertor  5ß.  früfj  ben  Sßater,  fanb  jebocrj  an  ber  Butter  bie  ©tütje  3ur  SSoüenbung 
ber  .gmmanitätSftubien  unb  fafjte  bann  ben  Güntfdjtufj ,  Äloftergeiftltdjer  ju 
roerben.  «Ulit  16  Sagten  trat  er  in  ba3  Ätofter  3Mf,"0.  S.  B.,  al3  Nobile 
ein,  um  tjier  pgteidj  im  §au§ftubium  ben  prjüofopfjifdjen  6ur3  ju  boEenben 
unb  1703  am  ©tiftSgrjmnafium  al3  Setjrer  ber  erften  ©rammatifalclaffe  35er= 
roenbung  ju  finben.  Slufjerbem  berlegte  er  fid)  mit  bietetn  (Stfer  auf  ba§  ©tubium 
ber  lateinifcfjen  unb  gnedjifdjen  dtaffifer,  ber  rjebräifcfjen  unb  ber  franjöfifdjen 
©brätle.  1704  rourbe  er  in  bie  trjeotogifdjen  ©tubten  nacr)  2Bien  entfanbt. 
25en  29.  9ttai  1708  IaS  er  al3  ^riefter  feine  erfte  «Dteffe.  äöie  begeiftert  er  für 
ba§  SInfetjen  unb  bie  (Rettung  feine§  £)rben§  mar,  jeigt  am  beften  feine  $ugenb= 
arbeit,  ba§  „Protrepticon  philologicum",  aber  ebenfo  ferjr  atrjmet  batin  ber 
(Sifer  für  bie  Pflege  ber  Satinität.  ®er  innerfte  SDrang  jur  ©efd^icrjtSforfdmng, 
—  al3  ©efdjidjtfdjreiber  berfucrjte  fidj  $.  bereits  früt)  genug,  inbem  er  unter- 
beut Namen  SernarbuS  3ftpontanu3  1709  ju  Söien  bei  ©eorg  ©crjteget  ba3 
58üd)lein  „De  irruptione  bavarica  in  Tirolim  anno  1703  a  Gallis  et  Bavaris 
facta",  libri  III  (12°),  erferjeinen  lie^,  —  geroann  an  bem  ©tubium  ber  bafjn= 
brecr)enben  SBerfe  ber  franäöftfd^en  £)rben§brüber  (^Nauriner),  inSbefonbere  eines 
^Jlabitton,  <!palt  unb  Nahrung  unb  beftimmte  itjn,  bem  ba§  2lmt  eines  Ätofter* 
bibliottjefarS  übertragen  morben,  jur  raftlofen  Slufnatjme  arcijibaUfc^er  ©tubien 
in  ben  Ätofterbücrjereien,  fo  äunät^ft  in  9Mf  unb  Söien.  @r  mar  e3  aud),  ber 
feinen  teiblicrjen  23ruber  unb  jüngere  Ätoftergenoffen  tjierfür  geroann.  2lbt 
Söerttjolb  geröät)rte  it)m  1715  einen  Urlaub.  (5r  toanbte  fiel)  nact)  ©eitenftetten, 
bann  nacl)  Dberöfterreict),  in  bie  Älöfter  ©arften,  ©leint,  ©.  Florian,  Ärem3= 
münfter ,  Sambacrj  unb  Saumgartenberg ,  um ,  roie  bie3  bie  >fltauriner  für  itjre 
Bibliotheca  ttjaten,  "üftabitton  buret)  fein  Iter  Germanicum  narje  legte,  bie  l)anb= 
fcrjrifttii^en  ©djätje  ber  öfterreicrjifcfien  Senebictinerftöfter  aufjufpüren  unb  jjut 
©eltung  ju  bringen,  mie  fid§  bie3  in  feiner  „Epistola  encyclica  ad  omnia 
ordinis  Benedictini  monasteria  .  .  .  .';  (Acta  erudit.  Lipsiens.  1716,  Sept.) 
au3gefprod)en  finbet.  2ln  biefem  ©treben  tjatte  audj  bie  ärotferjen  bem  33enebictiner= 
unb  3fefuitenorben  längft  borrjanbene  Niüalität  iljren  2lntf)eit.  —  ^m  S«  1714 


570  $e3- 

mar  ju  2Bien  auS  bcr  %e\>n  eine§  ^ejuiteu  ein  Söüdjlein  unter  bem  Xitel 
Cura  salutis,  sive  de  statu  vitae  mature  et  prudenter  deliberandi  methodus  .... 
erfdjienen.  SDeffen  ^n^alt  erfcijien  unferm  *p\  fo  berauäforbernb ,  bafc  er  nidjt 
fäumte,  im  $.  1715  eine  ausführliche  Apologie  be§  33enebictinerorben3  nierjt 
Mofe,  fonbern  aud)  ber  ßiftercienfer  unb  ^rämonftratenfer  unter  bem  ^feubontjm 
„ty.  9Jtellitu3  CratiuS"  alä  „^erausgebersi"  ber  „Epistolae  apologeticae  pro  ordine 
Sancti  Benedicti  R.  D.  P.  ßernardi  Pezii  Benedictini  et  Bibliothecarii  Mellicensis, 
adversus  libellum  »Cura  salutis  ju  febreiben  .  .  .  ."  3n  biefer  (303  Dctaöfeiten 
ftarfen)  SDrudfcbrift  erfebeinen  aunäcbft  ber  33rief  eines  geroiffen  SlntoniuS  ftlorbert, 
ber  in  ba§  23enebictinerflofter  5Retf  aU  sJcoöije  eintrat,  aber  nad)  ber  1Rü(ffec)t 
ju  ben  SBiener  tbeologifeben  ©tubien  burdj  bie  £cctüre  be§  33üd)leinS  Cura 
salutis  für  bie  33ertaufd)ung  br§  33enebictinerorbcnä  mit  bem  ber  ^ejuiten  Qc= 
toonnen  rourbe  unb  bie  törünbe  biefeä  <5tanbe§roecbfel§  bem  Helfer  $rofeffen 
unb  23ibtiotbefar  5ß.  funbgab  unb  ba§  beroufjte  U5üd)lein  feinem  ©d)reiben  (batirt 
nom  1.  %uü  1714;  beifd)lofj,  fobann  bie  10  Briefe  ^ej'ä  gegen  bie  äntofttfe 
ber  3jefuiten,  mit  erläuternben  Slnmerfungen  auägeftattet.  ty.  ,\eigt  fid^  ba  al§ 
belebter  unb  fadjfunbiger  33ertt)eibtger  bcr  i^cnebictiner  unb  ber  anbern  alten 
grofjen  £)rben,  foroohl  in  ^infiebt  ibret  33crfaffung  alö  aud)  ihrer  £hätigfeit 
auf  allen  ©ebieten  gcift(id)en  SBirfenfc.  S>etl  ©d)lu§  biefer  Apologie  bilbet  juni 
SBeroeife  be§  unentroegten  roiffcnftf)aittid)en  ©trebenä  ber  58enebictiner  ber  „Cata- 
logus  scriptorum.  qui  ab  anno  16«  »0  usque  ad  hoc  tempus  in  ordine  S.  Bene- 
dicti claruerunt".  2118  ßpilog  hat  bie  ,.Epistola  XU"  ju  gelten,  roorin  jener 
glorbert  erflärt,  burdj)  bie  Sltgumcntc  jpeg'8  über  baä  Wichtige  ber  3»efutten= 
ftrategie  roiber  ben  33enebictinerorben  belehrt  unb  für  ben  urfprünglichen  @nt- 
fchjufj,  beffen  ©enoffe  ju  roerben,  geroonuen  ju  fein.  —  @ä  ift  begreifttd),  bafs 
bie  Siefuiten  biefcä  23ud)  unfere§  $.  nid)t  unbeantwortet  liefen.  SBir  roerben 
feinerjeit  barauf  ju  fpredjen  fommen.  3|m  $.  1716  rüftete  fid)  *$.,  um  in  ®e* 
meinfefjaft  feineä  SSruberg  Jjpicronpmuö  bie  nieberöftcrreidjifdjen  Älöfter  ju  burcr)= 
Torfchen.  £)a§  gorfdjerpaar  begann  mit  ber  2)onaufarjit  nach,  Äloftemeuburg, 
einer  üteife,  bie  zufolge  eine§  fürdbtertieben  ©croitlerfturmeä  bei  ütüUn  (eid)t  einen 
tragiferjen  9lu8gang  finben  tonnte,  begab  fid)  bann  in  bie  9Jtaucrbacber  .War= 
tfjaufe,  nacrj  ^eiligenfreuj,  Älein'ÜJtariajeU,  Stlienfelb,  roo  fie  2lbt  GfjrrjfoftomuS 
mit  offenen  Firmen  aufnahm  unb  eine  reierje  gunbftätte  fidj  erfdjtojj,  ferner  nad) 
©öttroeig,  3roettt,  5Utenbura,  unb  s^ernegg. 

Stoifdjen  biefe  unb  bie  nädjfte  ^orfdjungSreife  fallt,  abgefeb.en  öcm  bem 
oben  bereite  angeführten  sJtunbfd)reiben  an  alle  Senebictinerflöfter  jur  Unter= 
ftü|ung  beg  öon  iljm  geplanten  litterargefcrjidjttidjen  SöerleS  unb  ber  ©djrifi: 
„Triumphus  castitatis  s.  acta  et  vita  venerab.  Wildburgis,  virginis  reclusae 
Samt-Florianensis"  (1715),  bie  „Generalis  Bibliotheea  Benedictina"  unb  bie  33er= 
öffenttierjung  beö  33ud)e§:  „Bibliotheea  Benedicto-Mauriana ,  seu  de  ortu,  vitis 
et  scriptis  Benedictinorum  e  celeberrima  congregatione  Sti  Mauri  in  Gallia 
libri  II",  roorin  5ß.  ben  Sßerbienften  ber  fran^öfifetjen  Drbenggenoffen  unb  it)re§ 
litterarifc^en  33erbanbe3  9iecijnung  trug ,  um  bie  öfterreidjifdjen  ^Jtitbrübcr  für 
eine  gleiche  2tjätigfeit  ju  geminnen;  anbterfeitS  gab  $.  ben  „Anonymus  de  scrip- 
toribus  ecclesiasticis"  au§  ber  Helfer  SSibliotbef  beraub,  ^ie  nädjfte  gorfcbung8= 
reife  ber  ©ebrüber  s4>e3  galt  ben  ^löftern  S3aiern§  unb  be§  ®crjroabcnlanbe§; 
boerj  fottte  aueb  ber  2Beg  burd)  Dberöfterreid)  unb  (Salzburg  nidjt  obne  3trbeit 
unb  ©eroinn  bleiben ,  roclcrjen  insbefonbere  bie  Älöfter  ?ambacb ,  5)tonbfee, 
anbrerfeitS  ba§  <5t.  ^3eter§tlofter  unb  bie  er^bifcrjöfticije  S3ibliotbe£  in  Salzburg 
abwarfen,  lieber  Xraunftrcijin  ging  e§  nun  in3  Saiernlanb ,  junädift  in  ba§ 
^lofter  ©eon,  nacr)  ßttal,  9tot.  93eibartingen  unb  3öet)ern.  Ungemein  lorjnenb 
roaren  bie  ßrgebniffc  in  Xcgernfee  unb  SBenebictbeuren,    gering   in  SBernrieb  unb 


$«3-  571 

Rötung,  bebeutenb  ju  äöefjobrunn.  Heber  Slnbecfjs  ober  -öeüigenberg  erreichten 
bie  gorfcfjer  9Mnct)en,  um  t)ier  bie  furfürftüctje  Sibtiotfjef  in  2tugenfct)ein  3U 
nehmen.  2)em  erften  Sefucfje  #reifing3  fdjtoB  ficfj  ber  SBefucf)  2öeir)enftephans 
an  unb  öon  r)ier  eüten  fie  nad)  yfreifing  jurücf,  in  ben  -gjanbfctjriftenmuft  bei 
ßapitelarcfjiög.  Sann  befuchte  ^}.  bas  '^rämonftratenferftift  ^eu=3e^  -  über 
SBeirjenfteprjan  baö  Ätofter  ©ctjenern  unb  fcblug  bann  bie  (Strafte  nact)  9Iug8- 
bürg  ein,  bie  ibn  über  £f)ierr)aupten  fübrte.  Namhaft  war  bie  2Iusbeute  in 
ber  Sombibtiotfjef  Augsburgs  unb  im  bortigen  23enebictinerffofter  ^um  r).  Ubatridj. 

Cbfdjon  s£.  öor  Segierbe  brannte,  bie  ©chä^c  öon  Sßeingartcn,  Cttobeuem, 
Sfteidjenau  unb  insbefonbeie  öon  ©t.  ©allen  ju  befeften,  fo  nötigten  ihn  bod) 
förperticbe  ©ebrechen,  ÜJcagenteiben  unb  ©djwtnbelanfäü'e ,  an  ben  ^eimmeg  ju 
benfen,  welchen  er  in  ©efettfchaft  feines  Sruberi  über  -Ipoi^en,  ©d)Wäbifctj= 
SBerbe,  SBettenburg,  Ütegcnsburg,  $riftingen,  Cberattaicfj,  SSinbberg,  ^Retten, 
3cieberaltaich,  ^affau,  J-ormbacrj  unb  öon  Sßaffau  aus"  in§  -Ipeimatfjtanb  einfchtug. 
Sen  ©djtuß"  ber  ergiebigen  ^orfcrjungsreife  mactjte  ber  2Iufentha(t  in  ber  2}ater= 
ftabt  tybhZ,  wo  er  feine  Butter  begrüßte,  um  bann  am  22.  September  wieber 
in  5)celf  einzutreffen,  baS  er  ben  3.  2Jlai  öertaffen. 

Um  biefe  $eit  mufjte  5ß.  eine  titterarifcrje  ^e^e  ausf  echten,  bie  irjrn  feine 
-Dcitttjeitung  in  ben  „Acta  erud.  Lipsiensium"  (Januar  1717)  über  ben  öon 
ty.  im  Siftercienierflofter  3ö3ettt  eingefefjenen  Codex  Udalrici  Babenberg.  episcopi 
}U}og.  5$.  hatte  in  jener  2JcittheUung  über  ben  Snfjalt  biefer  jpanbjc&nft 
alle  Urfunben,  33riefe  u.  f.  to. ,  bie  itjm  als  noch  ungebrudt  erschienen  maren, 
Don  ben  anbern,  bie  er  al§  befannt  wujjte,  burcfj  ein  ©terndjen  unterfchieben 
unb  baS  Vorhaben  geäußert,  ben  ganzen  350  Hummern  umfaffenben  Gober 
herauszugeben,  ©er  bamaüge  2)orfteber  ber  faifertichen  <£>ofbibtiotrjef  in  SBien, 
^enebict  ©entitotti,  bem  ein  zweites"  Gremötar  biefer  <§)anbfchrtft  öorlag  unb 
bereu  ttjeilmeife  23enutnmg  burch  ©reifer  unb  2engnagel  befannt  War,  öer= 
fdjanjte  fidj  nun  hinter  einen  angeblichen  93rief  feines  SanbSmanneS  unb  ©tubien= 
genoffen  „Stngeto  f^fontejo"  auS  Verona,  an  -}>rof.  Ssof).  Surfharb  9Jcentfen  in 
Öeipjig,  worin  fict)  3(ngeto  gontejo  PjJcai  1717)  in  3weiütid)tungcnüber  jenen  2tufjah 
unfereS  *ß.  abfällig  äußerte.  Grfifid)  habe  ty.  öiete  Urfunben,  ^Briefe  unb  anbere 
Senfmater  in  bem  bewußten  Gober  burd)  ©ternchen  als  noch,  nicht  üeröffentticht 
bejeicrjnet,  bie  e§  thatfädjtich  längft  bereits  wären,  unb  fürs  zweite  fei  fchon  au£ 
biefem  ©vunbe  ein  2lbbrucf  ber  ganzen  .ipanbfcbrift  überflüffig.  ^3.  beeilte  fid) 
nun,  in  ber  fyorm  eines  SrieieS  an  ©entilotto,  eine  auSfürjrtictje  ©elbftöertr)ei= 
bigung  (1717)  ju  öeröffentüctjen  unb  ©entilotto  gemiffermaften  at§  ©crjiebsridjter 
anjurufen.  ©entitotto  antwortet  barauf  mit  einem  langen  33rieie  be§  3lnge(o 
{yontejo  unb  einem  Vorworte  an  ^. ,  ba§  bei  atter  35erbinbüd)feit  unb  ©tätte 
ben  eigentlichen  3ad)öerrjatt  Wofjt  burcfjfctjimmern  täftt. 

Söic  au§bauernb  unb  rafer)  unfer  $.  ju  arbeiten  öerftanb,  beweift  bie  2bat= 
fad>e,  bafj  er  bie  fyrüctjte  feine§  (Sammeleifers  für  fein  namtjaftefte§  Cuettenwerf, 
ben  ..Thesaurus  aneedotorum  novissimus,  seu  veterum  mouumentorum.  prae- 
cipue  ecclesiasticorum,  ex  Germanicis  potissimum  bibliothecis  adornata  collectio 
recentissima",  bereits  1721  (1. — 3.  53anb)  ber  getetjrten  28e(t  unterbreiten 
fonnte.  Äaifer  ^art  VI.  berief  irjn  unb  feinen  Sruber  .pieronrjmuS  naefj  SBien 
unb  nabm  bereu  beiberfeitigen  9Berfe  mit  freunbtierjer  2tnerfennung  entgegen. 

bitten  in  biefe  rafHofen  unb  aufreibenben  $ub(icattonen  in  öerfcrjiebener 
9iicbtung  (1722 — 23  erjctjien  ber  4.  55anb  be§  Thesaurus  unb  2  33änbe  einer 
..Bibliotheca  ascetica.  antiquo-nova  .  .  .  .")  fällt  bas  SBieberaufftacfern  ber 
53enebictiner=  unb  ^efuitenfetjbe.  2t(S  Äämpe  be§  fe^tgenannten  CrbenS  trat 
bamalS  ber  atterbingS  fenntniftreicfje  unb  ftreitbare  CrbenSmann  5Jcarcu§  ipanfiä 
unter  bem  s£feubonrjm  „5Jcobeftu§  iaubengatt"  auf.    1723  erfdjien  nämlid;  unter 


572  la- 

bern jLitet  Modesti  Taubengall  Apologet icus  ädversus  Umbras  Oratii  Melliti 
pro  fama  A.  R.  P.  Gabrielis  Hevenessi  et  universae  Societatis  Jesu  in  causa 
libelli,  qui  „Cura  salutis"  inscribitur ,  praecipiens  methodum  de  statu  vite 
niature  ac  prudenter  deliberandi .  mit  bem  angeblichen  2)rutforte  33erona  ,  ein 
jiemlid)  umfangreidjeg  23üd)tein ,  ben  £)rben§genoffen  gemibmet.  üDarin  mürbe 
al§  Sjerfaffer  jenes  „beftgemeinten"  äBcrleS  Cura  salutis  ber  SSorftanb  bes  SSiener 
^rofefjtjaufes,  Gabriel  .»pebeneffi  (f  1715),  ein  unfäglidj  fleißiger  ^oltjtjiftor, 
entbüüt  unb  in  aüerbings  überfcrjroänglidjer  SÖeife  gegen  jeben  Anrourf  ber= 
tljeibigt.  Hatte  ^.  ben  93enebictinerorben  tCjunlid^ft  t»ert)errlid>t ,  fo  läfct  es 
„2aubengaH"  an  einer  faltigen  Apologie  bev  ©efettfdjaft  3fefu  nid)t  fctjten. 
£ß.  Derjicbtete,  auf  biefen  aiemlid)  tätigen  Singriff  ^u  antmorten,  inbem  er  blofj 
bie  ßrtlärung  abgab ,  bafj  er  an  bem  iljm  fälfcrjtictj  jugemutljeten  Libellus 
pro  defensione  Status  Petrini  ädversus  anonymum  Jesuitam  Viennensem  editum 
(gegen  bie  Cura  salutis  gerichtet)  cbenf omenig  ttjeilrjabc  a(§  an  ben  bezüglichen 
©treitfdjriften  be§  ^otj.  23artb-  Söerbinger.  Glitten  in  feine  meiteren  Arbeiten 
(1724 — 26  erfduen  ber  3. — 10.  23aub  ber  Bibliotbeca  ascetica,  2  93änbe  ber 
Bomiliae  be§  Abmonter  Abtes  ©ottfrieb ,  ber  5.  unb  6.  SSanb  bes  Thesaurus 
unb  bie  Ausgabe  ber  Opuscula  philosophica  be§  Abmonter  A6tes  Engelbert) 
fällt  ein  (heignifj  bon  entfdjeibenber  Siebeutung.  *ß.  erhielt  nämlict)  bie  6in* 
tabung  ,  ben  ^offanjlet  ©rafen  bon  ©iujenborf ,  sJJIanbatar  töaifer  $arlS  VI. 
3um  (Songreffe  öon  ©oiffong,  nadj  3ranfreidj,  bem  £anbe  feiner  roiffenfcrjaftlicfjcn 
©etjnfucbt,  ju  begleiten  (1728).  Hier  erfdjloffeu  fieb,  itjm  fruchtbare  93efannt= 
febaften  mit  roiffenfdjaftlicr)  bebeittenben  Drbenäbrübern  unb  anbern  ©eletjrten, 
einem  s)Jtontfüucon,  Marlene,  3)uranb,  gfratiQOiS  le  Sedier,  Aug.  Galmet,  3>aque§ 
9Jtattin  u.  21.  Alle  Orbenäbiblioirjefen ,  bie  er  befudjen  rooltte,  ftanben  itjm 
offen.  Auf  ber  ütüdreife  au§  granfreidj  bcfudjte  ty.  aud)  beutfdje  tölöfter ,  fo 
ba§  ^roiefattener,  (^ur  Grrgän^uug  feiner  $orfd)ungen.  @s  mürbe  itjm  aud)  balb 
bie  etjrcnbe  Aufgabe  ju  XfyH,  bon  bem  .^offanjler  nad)  SGÖien  eingelaben,  feine 
Meinung  über  ba§  feit  £eibnifc,  (f.  Artifel)  im  ^uge  befinblidje ,  aber  unöer= 
mirftiebt  gebliebene  ^rojeet  ber  Srridjtung  einer  faiferlidjen  Afabemie  ber  2üiffen= 
fdjaften  abzugeben.  Sßon  Sßien  in  fein  Älofter  tjeimgefommen  befdjüftigte  fictj 
s#.  mit  ber  Ausarbeitung  ^roeier  2)iffertationen  in  Briefform.  S)ic  eine  an  ben 
Siefniten  P.  9Jt.  Hanfij  (ben  unter  bem  ^feubonrjm  £aubengaU  berftedt  geroefenen 
aBiberfadjer)  gerichtet  (9Bien  1731),  mütjte  fid)  mit  ber  ©t.  Ütupertuäfrage  ab  unb 
ftiefj  auf  beffen  rjerben  äBiberfprud),  bie  anbere  mar  bem  Hofländer  ©inienborf 
3ugcbad)t  unb  betjanbelte  ben  9iamen  unb  Urfprung  ber  Habsburger  (SBien  1731). 
3mei  litterarifdje  Angelegenheiten  bereiteten  unferm  $.  empfinbücrjen  33er= 
brufe.  2)ie  eine  betraf  feine  ©d)rift:  „Vita  et  revelationes  Venerab.  Virg. 
Agnetis  Blanbekin"  (Ceben  unb  93ifionen  einer  SBiener  9ionne ,  gtitgenoffin 
ber  erften  Habsburger),  bie  bon  ber  Senfur  unterbrüdt  rourbe ,  meit  man 
barin  Anftöfjigeä  für  gläubige  ©emütc)er  entbedte.  S)ie  jmeite  tjing  mit  bem 
öon  Sp.  im  Älofter  ^tüief alten  gemachten  <}unbe  ber  Acta  St.  Trudperti  be§ 
6rd)anbalbu§  jufammen,  unb  jroar  mit  ber  barauf  fu^enben  Sdjrift  unferö  ty . 
über  ba§  3eitalter  beS  Ijetligen  Otupert,  beren  oben  gebadjt  mürbe.  JpanfU  ber= 
öffenttidjte  nämlid)  1731  eine  Responsio  ad  epistolam  P.  Bern.  Pezii  Bened. 
et  Biblioth.  Mellic.  super  vita  Sti  Trudperti  .  .  . ,  worin  er  junädjft  evflärte, 
ba$  er  baburd)  in  feiner  Annahme  Don  ber  3eit  ber  sIRiffion  beS  tjeitigen  Oiupert 
burcr)au§  nidjt  erfd)üttert  merben  fönne,  unb  überljaupt  bie  ßombinationen  be§ 
ty.  jiemlict)  erfolgreid)  anfod)t.  2öär)renb  5ß.  nadj  feiner  9tüdfet)r  üom  Sefudje 
beS  JllofterS  ©öttmeig  an  einer  au§füt)rlid)en  ©egenfd)riTt  ober  Apologie  arbeitete, 
überrafd)te  ben  Unermüblidjen  am  24.  9Jtär,j  1735  ein  cjeftiger  ^ranl^eitSanfatl, 
ber  aller  är^tlictjen  £)ilfe  fpottete  unb  irjn  am  27.  b.  9Jt.  im  53.  ^ab,re  auS 
einem  ber  2Biffenfd)aft  gemeinten  ßeben  ri§. 


$ea-  573 

2luS  bem  ftatttictjen  ftactjlaffe  erfcrjien  noct)  ju  Nürnberg  1736:  „Francisci 
Tagii,  Physici  et  equitis,  descriptio,  seu  liber  de  obsidione  urbis  Papiensis  et 
de  captivitate  Francisci  I  Regis  Galliae,  e  Bibl.  Mellicensi".  SaffentjafteS 
ÜJlateriat  tt>ar  für  bie  Bibliotheca  Benedictina  Generalis,  für  baS  Museum 
historico-tbeologico-asceticum  etc.  botbereitet,  beSgleidjen  eine  2lu§gabe  ber 
Comm.  allegorici  beS  Slbmonter  SlbteS  ^rinbert  unb  ja^Iteid^e  2lbfct)riiten  mittel 
alterttd^er  5Denfmä(er. 

©eine  litterarifctje  SSebeutung  rutjt  bornerjmticrj  barin,  bafj  er  mit  ungemeiner 
2trbeitStraft  unb  bielfeitigem  33ticfe  begabt,  baS  Streben  ber  Sautinet  nadj 
Defterreict)  ju  berpflanjen  bemüht  roar,  eine  $ülte  rjiftorifcfjen  SaterialS  ju  Sage 
förberte  unb  bie  ©efcf)tct)tSfunbe  beS  SittelalterS  in  Oefierreicr)  butct)  itjn  einen 
neuen  unb  nachhaltigen  2lnftof$  erfutjr,  abgefetjen  babon,  bafj  er  für  fie  feinen 
jüngeren  SBruber  «gueronrjmuS,  ben  getreuen  SlrbeitSgenoffen,  bauetnb  gewann. 

Jhopf  (fein  jüngerer  ^loftetgenoffe  unb  23ibltott)efat),  Bibliotbeca  Melli- 
censis,  s.  Vitae  et  scripta  inde  a  sexcentis  et  eo  amplius  annis  Benedictorum 
Mellicensium  ....  Yindobonae  MDCCXXXXVII,  p.  545—656.  —  2lrct)ib 
f.  @efdj.,  ©tatiftif  u.  f.  to.  t).  b.  #ormarjr  1810,  ©.  416—17.  —  <£rjd&  u. 
©ruber,  gncnjtop.  III.  ©.  20.  21)1.  u.  bem  ©tfjlagtoort.  —  äBurjbad)  im 
biogr.  8er.  XXIII.  (1870)  145—148.  —  2t.  Sarjer,  <8ef<$.  ber  geiftigen 
Suttur  9cteb.=Defierreict)S ,  1.  33b.  $gt.  auefj  bie  Sit.  bei  .sMerontjmuS  5]}e3. 
<£ieronrjmuS  ty. ,  ber  jüngere  53ruber,  Äloftet»  unb  2trbeitSgenoffe  beS 
23orgenannten,  geb.  ^u  2)bbS  am  24.  Februar  1685,  f  am  14.  Detobet  1762. 
2ßir  fjaben  in  ber  biograptjifctjen  ©ftjjje  SSernljarb'S  iß.  bie  gamUienoerrjältniffe 
bereits  angebeutet  unb  ebenfo  ber  gemeinfamen  ftorfcfmngSreifen  gebadet,  unb 
fönnen  biefe  biograptjifcrje  ©fi3<$e  um  fo  fürjer  Ratten,  je  geräufdjlofer,  otjne 
litterarifctje  s$otemi!  baS  Seben  biefeS  ©elerjrten,  trotjbem  eS  ungleich,  länger 
ttmfjrte,  berlief.  $n  ©emeinfdjaft  mit  feinem  33ruber  311  Söien  unb  ÄretnS  (an 
(euerem  Orte  bon  bem  ^efuiten  f^ranä  Söagner)  als  Srjmnaftaft  gefetjutt,  ab= 
fotbtrte  5p.  bie  prjüofoprjifcrjen  ober  ßfjceatcurfe  in  Sinj  2tm  26.  SDecember 
1703  legte  er  als  ^tobijc  beS  Helfer  ÄtofterS  bie  >ßrofeJ3  ab,  rourbe  ^tieftet 
bafetbft  (8.  September  1711),  nadjbem  er  brei  Satjte  im  ©tiftSgrjmnafium  unter» 
richtet  unb  ein  Sarjr  'm  grftetf,  brei  $at)re  in  SBien  SLtjeologie  ftubirt,  unb  ioib= 
mete  feine  ganje  Sufje,  auet)  ba  Apanb  in  -gmnb  mit  feinem  93ruber,  rjtftorifdjen 
©tubien  unb  rjiftorifctjer  gorfetjung.  Dlact)  bem  £obe  feines  SBruberS  Biblio- 
tbecarius  primarius,  1733  (ab et  nut  füt  ein  $ar)r)  Üiobt^meifter  geworben,  lebte 
unb  toebte  ty.  nur  in  bem  ©ebanten,  ber  baterlänbifcrjen  ©efdjictjte  eine  quellen* 
mäßige  ©runblage  3U  geben ,  unb  in  biefer  SSe^ieljung  roar  feine ,  innerhalb 
engerer  unb  fefterer  (Stehen  fiel)  betoegenbe  $orfcr)ung  an  ^lanmäfjigfeit  unb 
nadjtjaltiger  23ebeutung  ber  auf  teeiter  9rläcrje  fid)  beroegenben,  toafjrtjaft  maffen= 
tjaften  5|3robuction  feines  älteren  SruberS,  bet  um  breifjig  £$ar)re  frütjer,  mitten 
in  feinem  rafttofen,  bietfeitigen  ©ctjaffen  baljingerafft  rourbe,  überlegen,  roie  eng 
berroanbt  unb  einanber  ergänjenb  aucl)  fonft  bie  arbeiten  ber  Srüber  roaren. 
©ie  boten  ein  nierjt  eben  IjäufigeS  SBeifpiel  inniger  unb  fruchtbarer  2eben§= 
gemeinfdjaft.  ©eine  erfte  titterarifd^e  Arbeit  fnüpft  fiel)  an  ba§  S-  1713.  @S 
finb  bieg  bie  ftitifer)  erläuterten  Acta  S.  Colomani.  SDa£  leüte  Sirudroerf,  1746 
(16  S<*l|te  bot  feinem  Ableben),  ift  eine  Sonographie  über  Sarigraf  Seopotb 
ben  Jpeiligen  bon  Defterreict).  3^!^^  bie  beiben  fällt  bie  ^aubtarbeit,  fein 
eigentliches  ßebenSroerf,  bie  „Scriptores  rerum  austriacarum  veteres  ac  genuini", 
beren  1.  Sanb  ju  Seibäig,  bei  ©lebitfdj),  im  ^.  1721  erfcfjien.  S)aS  3iä  unb 
bie  Setfjobe  biefer  tt)atfäcl)licl)  batjnbrect)enben  CueEenpublication  finbet  fid)  in 
ber  I.  borangefteEten  SDtffettation  erörtert.  23efannterma^en  feien,  tjeijjt  eS  Ijier, 
bie   3lngetegenljeiten   OefterreicrjS   mit   benen  ©efammtbeutfd)lanbS  feit  mehreren 


574  SN- 

$ab,rf)unberten  fo  innig  uerfnüpft  unb  üermoben,  bafj  eine  erfcfjöpfenbe  Äenntnife 
ber  letzteren  nid)t  otme  umf affenbere  (SrforfdEjung  ber  erfteven  glüde ;  baljer  Ratten 
bie  Weimer  biefeä  ©ad)Derf)altes  bie  Ueberjeugung  geroonnen,  btefer  <Sd)trriprigEeit 
fönne  nur  baburcr)  abgeholfen  raerben,  menn  öon  einem  ber  2>inge  nidjt  Un= 
funbigeu,  gemiffentjaften  unb  red)tfd)affenen  Wanne  eine  ©pecialfammtung  ber 
älteren  ©efdj)id)tfd)reiber  £)efterreid)3  üeranftal-tet  mürbe.  s-öiä  jetjt  fei  bieä  nod) 
nidjt  gefdjerjen,  mie  fefjr  biee  aud)  üon  einem  Öambed  unb  SDaniet  Steffel  311 
hoffen  mar.  ©ein  geliebter  unb  ücretjrter  trüber  Sernrjarb  fei  benn  in  it)n  fo 
lange  gebrungen,  big  er  bie  eigenen  23ebeufen  übermanb.  —  St  l)abe  fid)  alfo 
entfd)loffen  ,  bie  ©efd)id)te  Ccfterreicb,§  im  Spiegel  lauterer,  jeitgenöffifcfjer  unb 
urfprüngticfjcr  Cuellcn  öorjufüfjren  unb  ju  biefem  ^mede  es  an  ber  2)urd)= 
forfetjung  öfterreid)ifd)er  unb  bairifdjer  s.8ibliotf)efeu  nid)t  fehlen  laffen.  Sr  fommt 
bann  auf  bie  Wirten  feiner  CueUen  3U  fprecfjen,  öermeift  aur  bie  2Bid)tigfeit  ber 
^affauer  Grjronifen  unb  Kataloge,  ber  Vitae  et  acta  SS.  bei  3.,  4.,  5.,  11. 
unb  12.  ;3at)rt)unbert§  ,  ber  Gfjronifen ,  ©eneatogien,  Dlefrotogien,  Oh-'GSMente, 
ber  Urfunben,  ^rimlegieu,  Sdjenfungcu  u.  f.  tu.  6r  betont  fobann  bie  9totr)= 
roenbigfeit  fritifd)cr  (Erläuterungen  unb  ridjtet  einen  Vlppetl  au  bie  Äloftetöor* 
ftänbe,  feine  fcfjmierige  Arbeit  tf)unlid)ft  ju  förbern.  Sin  befonbercs  (i)emid)t 
legt  er  auf  bie  Codices  traditionum  (©albücrjer) ,  bereu  5?enutumg  ib,m  au§= 
giebigft    gcmäbjrt    merben    möge.      SDann    folgen    5    ©iffertationen    unb    jmar : 

(I)  über     bie     üerfd)iebene    Benennung    Cefterreid)§    im    2öed)fel    ber    Reiten, 

(II)  über  bie  älteften  33emob,ner  Defterreidji ,  (III)  über  bie  erften  djriftlidjen 
©laubenäboten  in  biefem  l'aube,  (IV)  über  ben  (Eintritt  be§  erften  33abenberger§ 
in  bie  ©efdjidjte  £)efterreid)§  unb  (V)  über  bie  angeblichen  unb  rein  fabelhaften 
^Jliffetl)aten  ber  Sabenberger:  £eopolb  be§  ©cfjönen  unb  feinet  33ruber§  9tlbrecf)t.  — 
Dbfcrjon  bie  ©rgebniffe  fämmtltdjer  2lbt)aubtungen  üon  ber  ^eit  unb  5o*fd)ung 
übertjott,  üeraltet  finb,  fo  läfjt  fid)  bod)  an  fid)  ebenfomenig  ber  rjiftorifcfje 
äöafvrfjeitötrieb  alz  bie  umfaffenbe  23etefeuf)cit  be§  Tutors  üerfennen.  2)ie  in 
biefem  53anbe  aufgefpeidjerten  Duellen,  44  an  Qafyl,  fjaben  311m  ©djmerpuntt 
bie  Helfer,  Älofterneuburger  uub  ;-;raettler,  anberfeitl  bie  Saljburger  ßlrrono* 
graprjie  ober  2lnnatifiü\  fobann  bie  Gljronif  bei  2Siener§  ^attram  23aüo ,  ben 
fog.  Anonymus  Leobiensis  (in  ber  bamalä  nod)  uncrforfd)ten  5ßerquidung  mit 
ber  Gtjronif  3fol)aun§  Don  ^iftring),  bie  (beutfdje)  Grjronif  Ccfterreid)3  be§  fog. 
sJJlatf)äu5  ober  (Tregor  ^pagen  uub  9lrenpeds  Cbron.  Austriacum.  @in  Index 
rerum  et  verborum  macf)t  ben  Sd)luf;.  ®d)on  nad)  ,}mei  3fafjren  (1723)  mar 
ber  2.  Sßanb  ber  Scriptores  erfdjicnen.  (Er  enthält  57  ©tüde;  baruuter  aU  bie 
retatiü  namtjafteften :  bie  9Ibmonter  Gljronif ,  bie  ©aljbuiger  Wnnalen  be§ 
©t.  9iupertu8ftifte§ ,  ben  ßreiä  fleinerer  CueUen  jut  ©efcrjicfjte  «ßaifer  ^rieb» 
rid)§  III.  unb  cor  aEem  bie  grofje  ßb.ronif  6benborfer§  in  5  23üci)ern  (bi§ 
1463),  abgefebjen  Don  ber  bötjmifdjcn  (St)ronif  be§  9leptad)o ,  ber  beutfdjen 
„Stjronic   ber   ^eb^emen"  u    a. 

Wad)  längerer  gvift  erfdjien  1745  in  einem  anberen  Verlage,  @.  g.  S3aber 
3U  föegenäburg,  ber  3.  S3anb ;  er  befcfjcerte  un§  bie  ganje  üieimdjronif  DttofarS. 
SBemeift  fcfjou  biefer  33erlag3med)fel  bie  ©djmierigfeit,  fold)e  ^ublicationen  unter  bie 
treffe  ^u  bringen ,  fo  begreifen  mir  eben  fo  Ieid)t ,  ba§  eine  gortfetmng  be8 
llntemer)men§ ,  in  melcliem  ^arjr^eljnte  raft=  unb  fetbftlofer  Arbeit  ftafen,  an 
metjr  aU  einer  flippe  fcb.eitern  mu^te.  ^mmertjin  boten  bie  brei  goliobänbe 
ber  Scriptores  ben  ©runbftod  ber  ©efcljidjtfcrjreibung  in  unb  für  2)eutfd)=Defter= 
reid),  unb  menn  aud)  bann  bie  fieb,  tiielfad)  mit  ^ej'fdjen  Scriptores  berüb^renben 
unb  bedenben  Rerum  austriacarum  Scriptores.  t)erau§gegeben  öon  Slbrian  9taudj 
(1793  — 1794),  erfdjienen ,  menn  enblidj  bie  Monumenta  Germaniae  im 
11.    (9.)    Sßanbe   bie   öon    äßattenbadj   in   neuer   ?lnorbnung  unb   ©eftalt  ber 


SPejel.  575 

SGßiflenfc£)aft  befdjeexten  Annales  Austriae  exfcbloffen ,  fo  muffen  mix  bie  ^'fcrje 
(Sammlung  nod)  immer  jut  -grnnb  nebmen,  falls  eS  ftcb,  um  bte  öfterreidjifcbe 
Gtjronif  £)agen'S,  um  Strenpecf,  Sbenborfet  unb  bte  9tetmdjroni£  Dttotax'S  ban= 
belt.  SDex  banbfdjriftlicbe  Dtacfjla^  ber  93xübex,  moxin  bte  „Ephemerides  rerum 
in  Monasterio  et  Austria  uostra  gestarum  a  die  31.  Juli  1741,  quo  Serenissi- 
mus elector  Bavariae  Passaviam  occupavit"  unfexm  <!piexonrjmuS  angebölen, 
3eigt  am  beften,  mie  bielfettig  üjxe  gemeinfame  ©ammlexaxbeit  toax. 

Sgl.  ßxopf,  Biblioth.  Mellic.  (f.  o.)  p.  677—682  (bis  j.  3-  1746).  — 

SBuxjbad}   149 — 150   unb   bte  anbexn   bei   23exnb,axb  $.  'angefügten  SGßexfe; 

fexnex  Scriptores  ordinis  S.  Benedicti   qui  1750  a.  a.  1880   fuerunt  in  Im- 

perio    Austr.    Hungarico    (Vindobonae    1881)    p.    340    (23exnt)axb    $.    fet)lt 

boxt.)    —    ©in   genaue^,   djronologifdjeS  SBexjeicrjnijj  bex  äöexfe  bex  ©ebxübex 

^  f.  b.  Ätotf  a.  a.  £).  u.  3.  a)  beS  SSexnfeaxb  $p.  ©.  602—608.    (2lufeex= 

bem  brucEt   $xopf  (©.  609—656)   ab:   eine  Sfugenbatbeit  23exnf)axb'S ,  baS 

Protrepticon   philologicum    seu   disceptatio    literaria   in  qua   tria  potissimum 

examinantur:  I.   utrum  viri  eloquentes  in  ordine  Si.  Benedicti  ab  eo  condito 

usque  ad  a.  Domini  1400  floruerint  ?,  II.  quibus  ex  causis  cultura  latinitatis 

ab    bujus    ordinis    scriptoribus    neglecta    videaturV,    III.    Sitne    decorum   a 

Monastici  instituti  sectatoribus  splendorem  orationis,  et  latini  sermonis  coli, 

ac  illius  in   sacris  elucubrationibus  rationem  haberi '?    quae   singula   eo   fine 

proponuntur,  ut  intermissum  latini  sermonis  Studium  in  bujus  ordinis  civibus 

bac    maxima   aetate    redintegretur.    —   Personae    in    dialogo    colloquentes : 

Synegorus:     latine     defensor     Benedictorum;      Polemonachus :      Oppugnator 

Benedictinorum ;  Hieronymus:  Interlocutor  et  fautor  monachorum.)  —  b)  beS 

£uexonr;muS  *ß.  ®.  679—682.    —    lieber   ben  ftadjtafc  bex  ©ebxübex  f.  inS= 

befonbexe  &oxmaüxS  5lxd)ib  3.  1821,  II,  @.  516—518;  3.  1828,  «Rr.  148 

bi§  155.  ÄxoneS. 

^qel:   ßtjxiftoprj  5p\   xefoxmixtex  £b>ologe,   Segxünbex  beS  xefoxmixten 

23efenntniffeS  in  9taffau  unb  Sxemen,  geb.  3U  flauen  im  fäd)fifd)en  33oigttanbe 

am  5.  Wäx%   1539,    f  in  Sternen    am    24.  gebxuax  1604.     ©eine    ©tubien 

machte  ex  in  $ena,  mo  33tctoxin  ©txigel,  unb  in  äüittenbexg ,  too  9Jtelanct)tb,on 

fein  ^auptlefexex  roaxb.     hierauf   rouxbe   ex  Sebxex  in  feinex  23atexftabt,    1567 

abet  ^xofeffox  in   Söittenbexg,    mo   ex   bte  tbeologtfdjje   Doctoxmüxbe  annabm. 

©amalS  xegte   fidj   untex  ben  2b/ologen  äßittenbexgS  jene  xefoxmixte  Üticfjtung, 

roeldje  man  mit  bem  9Iusbxucte  ihrjptocalbiniSmuS  begeic^net  b>t.    Stuct)  5ß.  fiel 

bexfelben   ju.     9118  im  3.  1574  Äuxfütft   Sluguft   auf  Slnxegung  bex  lutbexifcf) 

gefinnten  £fjeotogen  gegen  bte  2lnr)ängex   biefex  faxtet  exbittext  auftxat,   rouxbe 

$.  mit  feinen  ^xeunben  gxicbxid)  SBibebxam,  £einxid)  Pollex,  ßaSpax  Gxucigex, 

äöotfgang  (SxclliuS  fofoxt  Oexbaftet,    einem  peinlichen  3Jexböxc  in  Sorgau  untex= 

jogen  unb    bann   übex  atoet  ^abxe    an  bexfcb,iebenen  Orten  in  gefänglicher  <g>aft 

gehalten.     3ux  SBiebexexlangung   feinex   (Sefunbbeit    begab    ex   fid)   nad)    feinet 

©nttaffung    mit   feinex  gamitie    nad)  @gex    in  23örmten.     $m  gxübjatjxe  1577 

folgte  ex  auf  (Smpferjtung  &xeE'S,  bex  fd)on  1574  ^nfpectox  in  ©iegen  gerooxben, 

einem  9htfe  beS  (Sxafen  ^obann  beS  9leltexen  bon  9taffau--$a|enelnbogen.    Siefex 

§exx,  ein  23xubet  beS  «prinjen  Söilrjetm  öon  Oxanien,  bereits  burdj  M.  ©exbaxb 

ßobanuS   ©elbenbauex,   genannt   ftobiomaguS    (f.  9t.  ©.  35.  XXIV,  47),   ben 

ex  1568  aus  Reffen  in   fein  Sanb   gebogen,   unb   buxd)  ©xaf  ßubmig  äu  ©atjn 

unb  SBittgenftein,  öoxbem  ©xo^bofmeiftex  grtebrt^S  III.  bon  bex  ^ßratä,  für  baS 

xefoxmixteSBetenntniB  gewonnen,  fucbte  jux  ginfü^rung  beffelben  in  feinex  ©xaf» 

fcb^aft  geeignete  ^exföntictjfeiten.    ©oldje  glaubte  ex  in  $.  unb  feinen  gxeunben, 

fomie  in  einigen  buxd)  bie  lutbexifdje  9teaction  SubtoigS  VI.  auS  bex  ^fata  öex= 

txiebenen  «ßrebigetn    3U    ftnben.     3tn   -^etbfte    genannten   Sfa^reS   folgte    nocb 


576  SM« 

Söibebram,  ber  ^nfbector  in  3)iej  rourbe.  $.  mofjnte  übet  ein  3iafjr  am  Jpoü* 
ju  2)iüenburg  unb  nafjm  mit  Söibebram  im  Wäx&  157S  an  bet  ©tynobe  ju 
sJteuftabt  a.  b.  ^paarbt  tfjeil.  21m  2.  OloDember  genannten  ;$ar)res  rourbe  et  in 
Seifein  beä  Runter  Ctto  Don  ©rünrabe  ]um  s$aftor  in  ^erbotn  eingelegt.  %n 
bieget  ©tabt  fütjrte  et  feineä  Sorgängers  s3coDiomagus  Süctf  rotiter,  befonbers 
fudjtc  et  burdj  Seleljrung  übet  baS  Srobbred)en  beim  ?lbenbmarjle  auf  feine 
ourjötet  einjutoitfen.  2lm  midjtigften  i|"t  jebod)  feine  s#bfuffung  bes  fog.  naffau= 
ijcfjen  Sefenntniffeä ,  roeldje«  bie  am  8.  unb  9.  Sinti  1578  pt  Sitlenburg  Der= 
fammelte  ©eneralfmtobe  acceDtirte,  rooburd)  bas  reformirte  Sefenntnifj  tuet  ju 
£anbc  eingeführt  roatb.  25iefc  Gonieffion  crfd)ien  1592  im  2)rude  untet  bet 
Ueberfdjrift :  „Sluf  richtige  9tcd)enfdjaft  Don  £e$t  unb  Geremonien,  fo  in  bcn 
(SDangelifdjen  föeformirten  Äirdjen,  nacrj  bet  s«Kid)tfd)nur  ©öttlicrjen  2öort§  an= 
geftellet."  Gä  füllten  batin  bie  Jpauptunterfdjiebe  bet  reformirten  unb  tutt)e= 
rifdjen  Serjte  bon  Gtjrifti  ^etfon  unb  bem  ^Ibenbmafjle  etöttett  unb  bie  liebet* 
einftimmung  bet  reformirten  .ßircfje  "Jlaffauä  mit  alten  tefotmitteit  ßirdjen  in 
unb  aufeer  5Deutfd)lanb  nadjgeroiefen  roetben.  2lbcrgläubifdje  Geremonien ,  mie 
Ginfegnung  bet  2Bödjnerinnen ,  bet  Serftorbenen ,  ba3  ©idjbefteujeu  u.  a.  roie 
aud)  bie  Elitäre,  ^erjcn,  Gtjorrötfe  werben  abgefd)afft,  ^vebigtterje  freigegeben. 
SBenn  auct)  feine  fpecieüe  Uebeifdni't  über  bie  s}käbeftination3lerjre  Dorfommt, 
meil  über  biefe  fein  (Streit  f)icr  obmaltete,  fo  ift  biefetbe  bod)  als  grunblegenbe 
2et)re  barin  enthalten ,  roie  u.  a.  bet  \>lrtifel  bon  ber  Äirctjc  biefe  befinirt  als 
bie  Scrfammlung  ber  "Jluerrroäljlten  unb  berer,  bie  ber  $ert  ifjm  fammelt  aus 
bem  menfdjlicfjen  ©efd)led)tc  füt  unb  u'tr.  S)ie  btftt  Erläuterung  rjaben  mit 
abet  in  bet  fog.  Grflärungsfdjrift  ju  unfern  Gomeffton,  bie  in  intern  lebten  ober 
2'.i.  Mrtifel  bie  ^räbeftinationslctjre  mit  atten  it)reu  Gonfcquenjen  enthält. 
Slttf  SÖunfcf)  ber  (Gräfin  9Jtuttei  Juliane,  metdje  fefjr  biet  auf  fy.  Ijielt, 
mufjte  biefer  alle  IHittrood) ,  roenn  er  jum  Gonfiftorialbertjöte  nad)  2)illenburg 
fam,  bafelbft  prebigen.  2lud)  follte  er  nad)  einem  (schreiben  beS  (trafen  an 
feine  ütätfje,  bat.  2lrnt)etm  ben  17.  Dctober  157'.',  nad)  beren  Sefinben  bie 
gräflichen  Iöd)ter  unterrichten,  ,,bamit  fie  ben  Stticul  Dom  "Jcad)tmat)l  unb 
mas  ümiferjen  ber  ^lugsburger  Gonieffion  unb  unferer ,  ber  reformirten  ^Religion 
^ür  Unterfd)icb  unb  bie  redjte  "lUeinung  fei,  reetjt  öerfteejen  möchten",  ?lus 
fotdjem  Vertrauen  fomie  au$  bem  Umftanbe,  ba^  it)n  ber  calDiuiftifdj  gerichtete 
@raf  3fof)anu  (^um  ©eueialfuperintenbenten  feines  fianbeö  gebrauchte,  getjt  eDibent 
(jetbor,  ba^  ty.  bereits  311  bcrfelbeu  ^)iid)tung  getjorte.  s]Jcef)rere  Socationen 
Don  aufeen  toaten  tjiet  an  ir)n  ergangen,  toieber()olt  Dom  Wagiftrate  ^u  33remen. 
2)er  @raf  fctjlug  itjnen  anfangt  ibre  Sitte  aus  Detfdjiebenen  ©rünben  ab ,  bar* 
unter  aud)  ber,  bajj  $.  rjier  3U  fianbe  bie  9leformation  in  jiemlidjcn  Fortgang 
gebrad)t  unb  barjer  unentbetjrtid)  märe ,  in  Bremen  aber  mären  nod)  Silber, 
GrorcismuS  unb  anbere  abergtäubifct)e  05ebräud)e.  Söoltte  s^3.  bagegen  prebigen, 
fo  mürbe  er  großen  Unbanf  Ijaben.  SDoct)  motte  er  irjnen  s^>.  auf  einige  Söodjen 
überlaffen,  menu  fie  itjre  papiftifdjen  Ueberrefte  aus  ben  Äitdjen  entfernen 
toottten.  5)er  ÜJtagiftrat  begnügte  fict)  bamit,  jumal  ^}.  mit  SBibebram  eintraf. 
9Kü  Meiern  ift  er  bann  in  angebeuteter  2Beife  in  Sremen  ttjätig  unb  fdjlidjtet 
mehrere  unter  ben  ^rebigern  ausgebroetjene  Setjrftrcitigfeiten,  befonbers  ben  buret) 
^obocu§  ®laneu§,  einen  ftrengen  SJnljänger  ber  Goncorbienformet  Ijerborgerufenen, 
roelctjer  auä  ber  ©tabt  meiert.  5iact)  feinet  9iüdfet)t  in  5laffau  r)ielt  bet 
^tagifttat  Don  Sternen  abetmalö  unb  jtoat  mit  allem  9iact)btud  um  ^3.  an. 
^in  5^ür)ling  1581  Derabfolgte  benn  enblid)  ©raf  ^orjann  bcn  fo  fetjr  Begehrten 
ber  Stabt  Sternen,  beten  ©ebiet  betfetbe  feine  ttjatfräftigen  S)ienfte  nun  bi§  an 
fein  Gnbe  mit  Slbmeifung  Derfcr)iebener  el)tenDoller  Berufungen  al§  Seiter  ober 
©uperintenbent   ber   btemifc^en   ®emeinben    unb    als  ße^ret  ber  üfjeotogte,  ©e= 


jpejolb. 


Ol  ( 


fdjictjte  unb  Sttjif  an  ber  am  14.  Cctober  1584  eröffneten  öodjfdjule  mibmete. 
2ftit  Umfielt  orbnete  er  bas  Äirdjenroefen  unb  ftxirte  bie  ßefjre  in  ber  Don  itjm 
»erfaßten,  auf  ftreng  calDinifcfjer  ^tnftfjauung  bafirenben  35remer  (Eomeffion, 
betannt  unter  ber  Slmfctjrüt:  Consensus  Ministerii  Bremensis  Ecclesiae  oon 
1595.  gür  bie  Solfsfctjulen  bearbeitete  er  ben  fog.  Bremer  Äatecßismus ,  ber 
in  ber  £et)re  mit  bem  .fteibetberger,  meierten  man  aus  Sßorfictjt  nictjit  fofort  ein= 
fütjrte,  fonbern  erft  um  1621,  übereinfiimmt.  9ftü  großer  @ntfctjiebentjeü  trat 
et  feinem  £anbsmann,  bem  Sßaftor  Sofepb,  9cafo  ^u  Sremen ,  melctjet  in 
ber  iau?e  mennonitifetje,  im  2tbenbmatjle  tjnperaminglifctje  Slnfctjauungen  oertrat, 
entgegen.  2luctj  in  Scfjriüen  trat  er  polemifctj  auf,  roie  gegen  -öamelmann, 
öefetjus ,  ßgibius  ^»unnius ,  Selnecfer  unb  $tjilipp  ^Dcarbactj.  gür  bie  refot= 
mirte  itiretje  tremens  rjat  '#.  ben  ©runb  gelegt,  auf  bem  bie  nactjTotgenbe  3eü 
roeiter  bauen  tonnte.  Sinex  feiner  Sötjne,  Tobias,  f  am  4.  2tprit  1631,  fjat 
ftdj  als  ^aftor  unb  $roieffor  in  Sremen  einen  nietjt  unanfetjnlictjen  tarnen  er* 
morben.  Sie  große  3a^  °"  Schritten  $e&el'§  t)at  Steubing  a.  a.  £.  auige= 
äätjtt.  Sie  meiften  finb  apologetifetjen  unb  potemifetjen  Gtjaracters,  bie  nur  [fix 
it)re  3eit  bebeutungsoolt  roaren. 

Steubing,  SBicgr.  ftacfjrictjten  aus  bem  XVI.  3>atjrt].  ©ießen  1790.  — 
Öerjog,  üteatencncl.  —  Sante.  —  Dtotermunb,  Sremifcfjes  @eletjttenterifon.  — 
Söremifctjes  ^atjrbuctj,  9.  Sb.  1877.  —  '^rinfterer ,  Archives  I.  7.  23b.  — 
Suno,  %ot).  ber  keltere  Don  9caffau=5Diüen6.  -öatle  1869.  —  |>eppe,  53e= 
fenntnißicfjriiten  ber  rtf.  fttrcfje  Seutfcfjl.  (£16.  1869.  —  Guno,  Blätter  ber 
(Erinnerung  an  Dr.  Gasp.  Cleoianus,   S.  110.  Guno. 

v4?C30lb :  Äarl  #  rieb  rief)  '#. ,  geteerter  Sctjriftftetter,  geb.  JU  Cttenbori 
bei  $irna,  nactj  Stusmeis  bes  bortigen  .ftiretjenbuetjes  am  27.  9Rat  1675  <  nietjt 
1678),  t  in  Seipjig  am  30.  2Jcai  1731,  mürbe,  nadjbem  fein  33ater,  31.  ©eorg 
fyriebrict)  %,  1686  als  Strctjibiat'onus  in  lorgau  geftorben  mar,  Don  beffen 
2(mtsnactj?otger,  bem  nachmaligen  ißirnaifct)en  Superintenbenten  %ofy.  Xao. 
Sdjmerbner,  erlogen,  ber  itjn ,  auefj  als  er  1692  bas  31mt  eines  gelbprebigers 
3u  Derfetjen  tjatte,  in  feiner  ftätje  behielt  unb  als  (yetbcantor  Dertoenbete.  Später 
mürbe  $.  aui  bie  Schule  }u  2Jcerfeburg  getieft.  %m  %.  1695  fam  er  als 
Stubent  nactj  Ceip^ig,  tjörte  tjier  tr)eo£ogifct)e  unb  pfjilofoptjifcfje  SSorlefungen  unb 
rourbe  am  25.  SJtai  1696  SSaccalaureus  öer  ^fjilofoptjie,  am  27.  Januar  1698 
9Jcagifier.  Sann  erhielt  er  ebenbort  1703  (nactj  ber  Angabe  bes  Unioerfal* 
lerüons  1701 1  bas  31mt  bei  brüten  Gotlegen  an  ber  »Jticolaifctjule,  1704  bas= 
felbe  2lmt  an  ber  3;tjomasfcfjule  unb  mar  eben  jum  Gonrector  an  ber  legieren 
Sctjule  ernannt  morben,  als  er  ftarb.  Sctjon  1710  tjatte  er  bie  SSürbe  eines 
Slffeffori  ber  ptjilofoptjifctjen  gacultät  in  Seipjig  erlangt.  Siejenige  tüterarifcfje 
3ltjätigfeit,  buretj  melctje  er  fictj  befannt  gemaetjt  tjat,  fnüpü  fic^  an  bie  mätjrenb 
ber  ^afjre  1716 — 1723  Don  itjm  beforgte  .perausgabe  ber  in  ^roölf  £änben 
erfctjienenen  ..Miscellanea  Lijjsiensia  ad  incrementum  rei  litterariae  edita" 
unb  tjängt  mit  feiner  Stellung  in  bem  1655  begrünbeten,  fpäter  Don  6t)r. 
f5frbr.  S5oerner  geleiteten  Collegium  Anthologicum  ^ufammen,  beffen  Senior  er 
Dier  ^atjre  lang  mar.  21ucf)  bie  „©eiefjrte  gama"  (68  itjeile,  1711—1718) 
fotl  Don  it)m  tjerausgegeben  morben  fein.  Seine  ^roölT  buret)  ben  SrucE  Der» 
öffentlictjten  Siffertationen  jeigen  in  ber  SSatjt  itjrer  2t)emata  mie  in  beren 
S3et)anblung  einen  mit  ©eletjrjamfeü  unb  gleiß  fammelnben  iColrjtjiftor ,  bem 
jeboef)  ber  Sinn  für  eine  in  fictj  jufammentjängenbe ,  nactj  35ertiemng  ftrebenbe 
miffenfctjaülictje  gorfetjung  abgetjt. 

UniDerfat=2ericon,  33b.  27,  Öeip^ig  u.  .§atle,  3e0^r  1741,  gel.  Sp.  1162 
bis  1165.  —  Gilbert  üD^biger,  SSeitr.  ].  GJeictj.  ber  gtitotaifctjule,  ßief.  1,  21bttj.2, 
ßeipjig  1826,   S.  19 — 21.  g.  Scfjuorr  Don  Garolsretb. 

«Ilgem.  heutige  SBiofitotiöie.    XXV.  37 


578  W- 

Ißejjl:    ^o^ann  ty.,    ptjilofoptnfdjer ,    topograptjifdjer   unb   belletriftifdjer 
©ctjriftftetler.      lieber    bie    Sebenäbcrfjältniffe    btefes    merfmürbigen    Cannes    ift 
biätjer  wenig   befannt   geworben.     6r    würbe   ^u  9Jtotlersborf  in  23aiem  im  3- 
1756  geboren,  ftubitte  in  ©aljburg  ^uriäpiubenj ,   lebte   fpäter   in  ber  ©djweifl 
unb  bon  1785  in  2Bicn,   wo    er    bie  ©teile    eineg  ©ecretärä  unb  SBibXiot^efarö 
beim  ©taatßfanjter  dürften  Äaunitj  inne    tjatte  unb  wo  er  fid)  aud)  bermätjlte. 
$m  $.  1791  mürbe  er  bei  ber  (Stjiffrenfanjlei  in  äöien  angeftettt.    £>b  *ß.,  wie 
ju  bermuttjen,  wirflid)  fid)  einige  $tit   lang   in   einem  Ätofter  befanb ,   worauf 
feine  1780    erjcfjiencnen    „Briefe    au§  bem  sJcobi<}iat"  fdt)üe^en   laffen,  ift   nidjt 
erwiefen.     6r  ftanb  iebeufattö  bem  Greife  bon  SBiener  ©djjriftfteltern  unb  S)icrj= 
tem,    bem    aud)    23tumauer    angehörte ,    natje   unb   War   biefem   2)idjter    felbft 
befreunbet,   Wie   beffen  1785    berfafjte    „Spiftel  an  tyiföl   auä  ©aftein"  erweift, 
aud)   bürfte   er    in   Sejierjungen    ju    ber    Söiener  £facimaurertoge    „<}ur  wahren 
6intrad)t",  meldje  im  ©runbe  genommen  otjneljin  eine  %xt  gelehrter  ©efeUfcrjajt 
war ,    getreten   fein.     9tid)t  einmal  ba§  5Lobe8jat)r  ^e^t'3  ift  mit  33eftimmtt)eit 
nadjgewiefen,    Döring    in  @rfd)  unb  ©rubere  6ncl)ctopäbie  feljt  1838  an,    nacrj 
^Inberen  fättt  ber  2ob  ^t^Vi  in  ba3  ^atjr  1823.   S)ie  (Schriften  biefeS  2ttanneS 
finb   ber  ßitteratur   beS  fog.  „Sluiftärungäjeitalterö"    in  Oefterrcidt)   beijuaäljten, 
fetjon   bie    erfte    berjelben,    bie    erwähnten    „^Briefe   au$  bem  9tobijiat"  (^üxidc) 
1780 — 83),  obwotjl  iebenfattö  nod)  nid)t  in  Oefterreidj  berfafjt,    finb  ganj  öon 
bem  2fojefinifd)cn  ©eifte    burdjwetjt,    welcher   fiel)   nad)   bem    '.Regierungsantritte 
beS  großen  $aifevS  überall  in  beffen  ßänbetn  gettenb  mad)te,  biefe  23riefe  Jollen 
übrigens  bem  ?lutor  eine  gerid)tlid)e  Unterfudjung  juge^ogen   tjaben.     ©ie  fdjil= 
bem   in   ber   jdjärfftcu    fattjrijdjen  Söeife    baS  sDlöndc)öleben    unb    liefern  33ilber 
auS  bemfelben ,   weldje   atlerbingS   biefeu  ©tanb   l)erab<}ufet}en  in   ber  Sage  finb, 
bie  jebod)  aud)  biet  SBatjreS  entcjalten  unb  unbebingt  baS  ßrgebnifj  eigner  9ln= 
fdjauung  ober  genauer  @rfat)ruug   genannt  werben  muffen.     Sn  bemfelben  frei» 
finnigen    (Seifte    berfafjt    finb    beS    SlutorS  „5Jcaroffanifd)e   Briefe.     2luS   bem 
Slrabijctjen"    ('Ofranffurt  u.  tfeipjig    1784),    in    roeldjeu    nietjt    nur    gegen    baS 
sJRönd)tt)um  geeifert  wirb ,   fonbern   worin   aud)   biele  anbere  (Sinridjtungcn  unb 
fociale  ^uftänbe  im  ©taate,   welclje   bem   2Öefen   beS   gc'tgeifteä   juwiber   finb, 
läd)ertid)  gemadjt  unb  mit  beifjenber  ©atrjre  betjanbelt  werben.     9JconteSquieu'S 
„Lettres  Persanes"     fdjeinen   ty.  bei   ber   sjlbjaffung   biefer   SBriefe   borgefdjmebt 
^u  tjaben,  weldje  als  bon  einem  9-Ritgtiebe  ber  im  $.  1783  in  SBien  anWefenben 
maroffanifdjen  ©efanbtfdjaft  berfafjt  in  ber  Sßorrebe  erflärt  werben.  —  5ßon  ben 
er^ät)lenben  äßerten  ^ejii'ö  oerbient  bor  allem  ^lufmerffamfeit:  „gauftiu  ober  bas 
b^ilofobtjifdje  ^atjrljunbert"  (^ürid)  1783  unb  fpäter  berfdjiebene  3luggaben  unb 
Auflagen).     SDaffetbe  fdjilbert  ben  Sebenötauf   eineö  Jpelben  5auftm  —  in  Wel= 
djem  ty.  wob,l    fid)    felbft  barftellen  wollte  —  ber  berfdjiebene  9teidje  @uropa'S 
buidjwaubcrt   unb   bon   ben  53eobad)tungen ,    bie    er  in  SSe^ug  auf  53ci|bräudje 
unb  Uebetftänbe   ber  ©eiftlidjleit   bemerft   ijatte ,   i?uube  gibt.     g<n*ftin  gelangt 
äule^t  nad)  äöien,  wo  er  fid)  ju  bleiben  entfdjlie^t,  Wobei  er  bie  Regierung  bee 
aufgellärten   ^Jionardjen   ^ofepl)  II.   im   ©djlufjcabitel    be§   SSudjeS    preift   unb 
ertjebt.     ^ej^l'g  „gauftin"    würbe   ein  bielgelefeneS   SSud)   unb  fo  beliebt,   bafe 
fdjon  im  2f.  1785  ein  jWeiteö  Sänbdjen  unter  gleichem  2itel  erfdjien,  ba§  aber 
nidjt  bon  5p.  b.errüljrt.  —  S3on  ben  übrigen  erjätjlenben  ©djriften  unb  Otomanen 
feien  nod)  angeführt :   „©inceruä,  ber  9ieformator"  (granffurt  u.  ßeipjig  [3üridj] 
1787),  „Ulridj  bon  Unfenbad)  unb  feine  ©tedenpferbe",   2  £fjle.  (2Bien  1800)r 
„©abriet    ober    bie   ©tiermutter  =  ^Ratur.     (Sin   jatrjr.  =  fomifd).  9toman",    (2öien 
1810),  alle  brei  reid)  an  ©attjre   unb   in   ätjnlidjem  ©inne  berjafjt  Wie  ^ejjl'g 
übrige  ©djriften.    —    S5a§    bebeutenbfte,    Wit^igfte    unb    bead)ten3wertt)efte  ^er^ 
Spcaal'8    ift    jebod)    feine  „©£%:   bon   2öien"    (2ßien    1786—1790)    6  £efte. 


Sßfaff.  579 

©affelbe  fdjitbert  bie  fftefiben^ftabt ,  itjre  33ett>or)ner,  it)re  fociaten  23erf)ä(tniffe, 
bie  ©ebredjen  unb  ßädjertidjfetten  berfelben  jur  3e^  bei*  Regierung  Sofepf)  II. 
in  öortreff Ud^er ,  trjeilS  fattjrifd^cr ,  trjeilS  aber  audj  etnfter  SÖeife,  eS  entwirft 
©piegetbilber  beS  Söiener  SebenS  in  fdjarfen  llmriffen,  eS  madjt  ben  Sejer  mit 
bem  äußeren  2tuSfer)en  ber  ©tabt  ebenfo  lote  mit  ben  inneren  Söertjältniffen, 
mit  ben  djarafteriftifdjen  (Sigenfctjaften  ber  23ürger=,  ^Beamten*,  2lbelS=  unb  fogar 
ber  .Jpoffreife  befannt,  eS  läßt  bie  toirtr)fdjaftlic|e  Sage,  bie  geiftige  SluSbitbung, 
baS  befonbere  ©efatlen  ber  9lefiben3  an  befonberen  Unterhaltungen  unb  3}er= 
gnügungen  Q$.  23.  bie  Srjiertjeije)  erferjen  unb  erfdjeint  batjer  üon  um  fo  rjötjerem 
cutturge|^ict)tlt(f)en  SBertl} ,  als  ber  Söerfaffer  öoflftänbtg  unbeeinflußt  feine 
©cfjilberungen  entwirft  unb  feine  oft  ftrenge  aber  niemals  ungereimte  Äritif 
ausübt.  Sie  „©ti^e  öon  Söien"  erfuhr  merjrfadje  Auflagen  unb  jarjheidje 
9tacr)at)mungen  in  ber  ^ßroüina,  fo  bie  „©fi^jen"  üon  $rag,  ßinj,  ©rä,}  ic, 
beren  mandje  üon  miijigen  Tutoren  üerfaßt  tourben,  unter  benen  aber  feiner  an 
Seift,  ©cfjarffinn  unb  getoanbter  SarfteltungSroeife  ty.  etreidjte.  Später  liefe  $p. 
eine  „9leue  ©fiäse  üon  äöien  unter  ber  Regierung  Sranj  II."  (äöien  1805—12, 
3  Jpefte),  erfdjeinen,  roetcrje  aber,  roorjt  Ijauötfädrjltcf)  ber  in<$roifcfjen  ftrenge  ge= 
toorbenen  Senfur  roegen,  bie  23ebeutung  beS  erften  SöerfcS  nietjt  erreichte.  3lucfcj 
als  eigenttidjer  £opograprj  ift  $.  in  feiner  „Sefcrjreibung  ber  -!paupt=  unb 
gteftbenjftabt  äöien"  (Söien  1806  unb  üiete  folgenbe  Stuftagen)  aufgetreten, 
©päter  erfdjien:  „Sie  Umgebungen  SöienS"  (Sßien  1807)  unb  „SBien  mit  Um* 
gebungen  unb  beffen  9Jterttoürbigfeiten"  (SBien  1821).  —  3)on  äöertt)  finb  audj 
bie  biograptjifdjen  arbeiten  beS  2lutorS  über  ßaubon  (1791),  ^rtnj  (Sugen  (1791) 
unb  £aifer  ^ofept)  IL,  le^tereS  unter  bem  Stiel:  „gljaraftertftif  Sofepl)  IL" 
(äöien  1790  unb  fpäter  oftmals  neu  aufgelegt),  fo  rote  bie  „ßebenSbefctjreibungen 
beS  dürften  $ftontetufuti,  beS  dürften  äBen^et  Sidjtenjtein,  beS  <ü?ofratt)S  Sgnaj 
öon  23orn"  (SBien  1792).  —  2)er  SSoÜftänbigfeit  roegen  feien  öon  ben  älteren 
©Triften  tytföl'i  nod)  angeführt:  „3Mfen  eines  *pr)i£ofopt)en  ober  Semerfungen 
über  bie  ©Uten  öon  Slfriia,  Slfxen  unb  SImerifa"  (©aljburg  1783),  weldje 
eigentlich  nur  eine  ^Bearbeitung  beS  SöerfeS  öon  ^oiüre  bilben;  ebenfo  tjat  fictj 
$.  in  ber  „Steife  nact)  Dfiinbien  unb  Grjina"  in  ben  $ar)ren  1771 — 1781  an 
©onnerat'S  franjöfifctjeS  Original  gehalten,  fo  roie  in  ben  „Steifen  buret)  Sßolen, 
Otußlanb,  ©djtoeben  unb  S)änemart"  (3ürict)  1785—1795)  eine  ^Bearbeitung 
öon  (£oir'S  SBerf  geliefert,  ftoct)  teuren  mehrere  berartige  Bearbeitungen  3U 
nennen,  feine  eigene  Sluffaffung  jetgt  tytföl 'S  „Steife  burdj  ben  barjerifdjen  IheiS" 
(©alaburg  1784).  —  (Sin  „Senfmal  an  Sftajimilian  ©tott"  (SDBien  1788) 
^at  5U.  Stumauer  herausgegeben.  —  S3ei  bem  Gfjarafter  ber  ©Triften  ^ej^rs, 
bei  feinem  -£>ang  jur  ©atö,re  unb  feiner  freifinnigen  Sluffaffung  ift  eS  begreiflicr), 
ba|  man  it)n  mit  Voltaire  öergtic^en  unb  biefem  <mr  ©eite  geftedt  Ijat.  ^nS= 
befonbere  in  ben  Romanen  f(f)eint  fiefc)  ber  5lutor  ben  großen  ^ranjofen  rohftict) 
äum  9Jlufter  genommen  au  tjaben.  3ttJeifeüo§  gebütjrt  i^m  eine  nidjt  unbe= 
beutenbe  ©tette  unter  ben  ©^riftftettern  beS  18.  ^arjrrjunbertS  unb  eS  ift  feltfam, 
baß  bie  großen  Sitteraturgefctjicrjten  (felbft  ©oebefe)  5J}e^rs  nietjt  gebaut  ^aben. 
Döring  in  @rfc§  unb  ©ruberS   @ncr;ctopäbie ,   III.  ©ect.  20.  3#eil.   — 

Defterr.  ^ational=@nct)clopäbie.   Söien  1836.    25b.  IV.  —  SBuräbacl),  S3iogr. 

Sej.  XXII.  SSb.  ©c^loffar. 

$f<tff:  5lbam  $.,  ^tftorifer  unb  ^ubtieift ,  geboren  am  1.  5Jlär3  1820 
3u  Gaffel,  f  am  23.  Januar  1886  ju  ßarfötu^e.  6r  mar  ber  ättefte  ©ol>n 
bes  SBaffenfdjmiebS  Slbam  «p.  ju  Raffet,  ©eine  erfte  2luSbitbung  erhielt  er  in 
ber  33ürgerfdjule  feiner  23aterftabt.  Söätjrenb  eines  met)riät)rigen  ÄranfentagerS, 
öon  bem  er  nad)  ber  (Konfirmation  betroffen  rourbe,  begann  er  baS  ©tubium  ber 
lateinifdjett  unb  griecejifetjen  ©prac^e,  ber  ©efc^icl)te  u.  f.  ro.,  trat  nad^j  gehobener 

37* 


580  Wti- 

ßranftjeit  als  ©ypebient  in  ben  ©ubaltembtenft  beS  ObergerictjtS  ju  Äaffel  unb  be= 
nutjte  feine  freie  3eit  fo  forgfältig,  bafj  er  1843  bie  ©rjmnafiat=9JcaturitätSprüfung 
befielen  fonnte.  Auf  ber  Uniberfität  9Jcarburg  roibmete  er  fidj  ben  ptjilologifcijen, 
ptjilofoptjifcrjen  unb  gefctjictjtlictjen  ©tubien.  Anfangs  1848  beftanb  er  bie  ©taat§= 
Prüfung  für  bie  Setjrer  an  ©etetjrtenfcrjuten,  in  bemfelben  ^atjre  mürbe  itjm  auf 
®runb  ber  2)iffertation  über  „bie  ftaatSrecrjtlictjen  Antiquitäten  beS  £>omer"  bon 
ber  Uniöerfität  Harburg  bie  ptjitofoprjifctje  ©octorroürbe  erteilt.  35aS  ^afjr 
1848  fütjrte  itjn,  roie  fo  biete  begabte  junge  Männer,  auf  baS  ©ebiet  ber 
s$olitif  unb  beS  öffentticrjen  SebenS,  bem  er  bis  ^u  feinein  Zote  feine  bottfte 
Aufmerffamfeit  unb  fein  tebljaftefteS  ^ntereffe  jugeroeubet  tjat.  SDurcrj  atte 
5ßtjafen  ber  Bemegungen  unb  Äämpie  bon  1848  big  1871  getjörte  er  31t  ber 
nationalbeutfctjen  Partei,  bie  in  ber  AuSfctjeibung  DefterreictjS  unb  in  ber  Qu* 
fammenfaffung  unb  Bereinigung  bei  übrigen  5£eutfdj)lanbS  unter  preufeifetjer 
©pitje  bie  einjig  mögliche  $orm  für  bie  |>erftetlung  ber  beutfdjen  (Sintjeit  er» 
blitfte.  SMefe  Auffaffung  tfjettte  ty.  in  boHftem  s)Jtafje  unb  er  tjat  baS  ^xti, 
fobiel  an  itjm  lag,  in  reblictjfter  Söcife  eijtreben  tjelfen.  £)aju  gab  itjm  feine 
(Stellung  als  9iebacteur  ber  im  $•  1848  öon  griebr.  Detfer  <ju  Raffet  gegrün- 
beten, biefem  3^  gemibmeten  sJteuen  .freffiferjen  3c^un9  uno  a^  bk]t  infolge 
beS  UmfiurjeS  ber  furtjeffiferjen  Söerfaffung  bon  1831  unb  ber  roüften  33unbeS« 
ejeeution,  bie  1850  über  ^urtjeffen  bertjängt  rourbe,  unterbrücft  mar,  feine 
Setcjeiligung  an  ber  2)eutfctjen  9teicrjS,}eitung  ju  Braunfdjroeig  unb  an  ber  nact) 
2Biebert)erftething  eines  leiblichen  föectjtSjuftanbcS  in  Äurtjeffen  um  1860  bon 
fjriebr.  Detfer  inS  ßeben  gerufenen  ^peffifetjen  9Jtorgenjeitung  reidjlictje  ®etegen= 
tjeit.  5p.  mujjte  gleictj  fjriebr.  Cetfer,  bem  er  bis  ju  beffen  £obe  ein  treuer 
greunb  unb  $ampfgenoffe  getuefen  mar,  (Jnbe  1850  infolge  bei  über  baS  ßanb 
bertjängten  $riegS<}uftanbS  unb  erhobener  Anflogen  fein  Saterlanb  mit  bem 
düjil  bertaufetjen.  %m  -fperbfte  1851  fiebelte  er  nactj  33rüffel  über,  mo  er  neben 
angeftrengtefter  journaliftifctjer  unb  litterariferjer  Xtjätigfeit  fein  Söerf  über  bie 
beutfetje  ©efctjictjte  begann,  bon  bem  bereits  1852  ber  erfte  33anb  erfetjeinen 
fonnte.  3m  grürjjarjr  1855  mürbe  er  als  ^rofeffor  ber  ©efcrjictjte  unb  ©eo= 
graptjie  an  baS  ÄantonSgrjmnafium  ju  ©cfjafftjaufen  berufen ;  er  natjm ,  um 
roieber  in  eine  fefte  geregelte  üEtjätigfeit  ju  gelangen  unb  eine  neue  Jpeimattj  ,ju 
gcroinnen,  ben  9luf  an  unb  tjat  biefe  ^rofeffur,  ber  1857  audj  noctj  bie  über 
fdjmeiaerifctjeS  ©taatSrectjt  tjin^utrat,  23  Safyxe  befleibet.  2Bie  er  biefetbe  be= 
fleibet  tjat,  mirb  motjl  am  beften  buret)  bie  5£t)atfact)e  bejeicfjnet  unb  bezeugt,  ba§ 
al§  er  jmei  auäroärtige  Berufungen  abgelehnt  tjatte,  bie  <2ct)afft)aufer  Regierung 
buretj  befonbere  Stnerfennung  ber  au§gejei(^neten  ßetjrerfolge  unb  buref)  23er= 
leitjung  beg  @rjrenbürgerrecf)tg  itjn  au§jeicr)nete.  Auct)  mätjrenb  biefer  3^it  mar 
iß.  neben  feinen  S3erufigefdl)äfteu  unauägefetet  journatiftifetj,  unb  ftet§  im  üDienfte 
jenes  oben  ermätjnten  3iel§  ttjätig.  @ine  befonbere  ©enugttjuung  mar  eS  itjm, 
als  er  im  ^rütjling  1878  auf  ben  2ef)rfturjl  für  (Sefdnctjte  unb  Sittetatur= 
gefctjict)te  an  ber  polrjteclmifcrjen  ^>ocr)fct)ute  ju  Äarlärutje  berufen  mürbe.  %xo^ 
28järjriger  Abmefcntjeit  mar  er  mit  ganzer  ©eele  ein  treuer  ©otjn  feine§  beut= 
ferjen  Baterlanbes,  für  ba§  er  gelitten  unb  unauSgefebt  gefämpft  tjatte,  geblieben; 
er  natjm  ben  9tuf  an  unb,  natje  bem  Abenb  feines  ßebenS ,  erreictjte  er  bie  @r= 
füHung  eine§  ^>er jenSmunfctjeS ,  inS  Baterlanb  jurüdfetjren  unb  itjm  feine  tefete 
Äraft  mibmen  3U  fönnen.  5ln  ©crjriften  ^at  s£.  tjinterlaffen :  S)ie  bon  ber 
Uniöerfität  Harburg  preiSgefrönte  Arbeit  über  „bie  £)omerifcrjen  Stubien  beS 
AriftoprjaneS"  auS  1847 ;  bie  fetjon  ermätjnte  Soctorbiffertation  über  „bie  ftaatS= 
rectjtltcr)en  Antiquitäten  beS  Corner"  auS  1848;  „S)aS  ^rauerfpiet  in  Äur= 
tjeffen";  bie  „^eutfetje  ©efcrjictjte",  bon  ber  1852  ber  erfte  unb  1864  ber  bierte 
Sßanb,  ber  bis  in  bie  Anfänge  beS  30  jätjrigen  JhiegS  reidjt,  erfctjienen  ift,  mätj= 


SPfoff.  581 

renb  für  bie  fpätere  geit  nur  ttjeiltüeife  ba§  Manufcribt  borliegt;  „©dt)ut$roef)r 
<jegen  bie  ©ociatbemofratie  in  Belgien" ;  Bearbeitung  ber  21.  Auflage  ber  Ent= 
bedEung  9lmerifa§  bon  Sampe,  au§  1868;  über  „ba§  (Staatsrecht  ber  alten  Eib= 
genoffenfdt)aft  bi§  in  ba§  16.  3far)rt)unbert",  au§  1870;  „föeben  unb  Strjaten 
ber  grande  nation",  au§  1872;  „8eben§gefd()idt)te  Mofer'ä,  Bauted)nifer§  ju 
©cfjafffjaufen",  au§  1875;  ,.,3ur  Erinnerung  an  gvtebrid^  Oetfer",  au§  1884. 

#.  Detfer. 
^foff:  SllejiuS  Burfljarb  Immanuel  ftriebrid)  *ß. ,  namhafter 
Mineralog  unb  ©eotog,  ^rofeffor  ber  Mineralogie  an  ber  llniberfität  Erlangen, 
toar  als  ©or)n  be§  MattjematiferS  3orj.  Mief;.  »nbreaS  $.  (f.  u.)  am  17.  3uli 
1825  ju  Erlangen  geboren  unb  roibmete  fict)  nact)  botlenbeten  Borftubien  an  ben 
llnterrict)t§anftalten  feiner  Baterftabt  ben  mattjematifctjen  unb  unter  b.  9taumer'§ 
Einftuffe  ben  mineralogifctjen  ^äctjern,  erlangte  ben  3)octorgrab  in  ber  ^t)ito= 
foptjie  unb  tjabilitirte  fict)  1853  al§  5ßribatbocent  an  ber  llniberfität  Erlangen 
mit  ber  ©dtjrift:  „©runbrifj  ber  mattjematifctjen  Bertjältniffe  ber  Ärrjftatte". 
Stuffetjen  erregte  ty.  juerft  burct)  fein  Budt) :  „2)ie  ©ct)öpfung§gefci)icr)te  mit  be= 
fonberer  Berüctfictjtigung  be§  biblifctjen  ©ct)öbfung§bericf)te§",  1855,  in  roelctjem 
er  berfuctjte,  bie  $orfct)ung§refultate  ber  geotogifd)en  2ßiffenfct)aft  mit  bem  ^nljatte 
ber  Bibel  in  berfötmenbe  Uebereinftimmung  ju  bringen.  2luf  gleichen  ober  ät)n= 
lictjen  ©tanbbunft  [teilt  fict)  ber  Berfaffer  auct)  noct)  in  ber  1882  erfdjienenen  3.  9luf= 
tage  feiner  „©<$öbfung§gefct)icf)te''  unb  in  ber  ©ctjrift:  „Sie  Entroicflung  ber  SBelt 
auf  atomiftifctjer  ©runbtage",  1883.  3u9^icf)  beifügte  er  aud)  bie  Untjattbarfeit 
ber  Sarroinifcrjen  Setjre  ju  erroeifen.  Slnbere  ältere  fct)ät}en§roertt)e  arbeiten  ^faff'S 
betoegen  fict)  metjr  auf  bem  ©ebiete  ber  birecten  Beobachtungen  unb  llnterfuctjungen 
tote:  „lieber  Dolomit  be§  fränfifdfcjen  3ura"  («Poqq.  Sinn.  82,  1851);  „lieber 
ben  fränfifcQen  ^urabotomit  unb  bie  llmtoanblung  ber  ©efteine"  (baf.  87,  1852); 
„Beurteilung  ber  2Beifrfct)en  ©runbgefetje  ber  mectjanifctjen  ©eologie"  Oft.  ^atjrb. 
1856  ©.  513  unb  1857,  415);  ,,©eologifct)e  Bebenfen  gegen  annodt)  ttjätige 
Monbbulfane"  (baf.  101,  1857);  „lieber  bie  Meffung  ebener  Är^flatttotnfel 
u.  f.  tu."  (baf.  102,  1857);  „lieber  eine  fetjr  fläct)enreid)e  ©d§roerfbatt)Combi= 
nation"  ;  „Unterfudjungen  über  bie  2lu§bet)nung  ber  Ärrjftatte  bürde)  Söärme" 
(baf.  104,  1858  unb  107,  1859);  „lieber  ben  Einftufj  be§  S)rut*3  auf  bie 
obtiferjen  Eigenfct)aften  bowelfcbredjenber  Abflaue"  (baf.  107  u.  108,  1859); 
„Ueberfictjt  ber  geognoftifdjen  Bertjältniffe  ber  llmgegenb  bon  Erlangen"  (Mittt). 
b.  brjtjf.  =meb.  ©oc.  in  Erlangen  1,  1858).  ^njroifctjen  mar  5ß.  1859  jum 
Sßrofeffor  ber  Mineralogie  an  ber  Uniberfität  ju  Erlangen  ernannt  tnorben ,  an 
toelctjer  er  bi§  311  feinem  am  18.  $uli  1886  bafelbft  erfolgten  £obe  erfolgreich 
roirfte.  5tuf  bem  ©ebiete  ber  Mineralogie  finb  unter  ^faff'8  fbäteren  *}}ubli= 
cationen  ber  1860  erfcrjienene  „©runbri^  ber  Mineralogie"  unb  eine  9teif)e 
roicrjtiger  arbeiten  über  ifrt)ftaftbl)t)fif  („lieber  ba§  obtifetje  Bertjalten  ber  fyelb= 
fbatb^e  unb  bie  £fd)ermaFfct)e  2§eorie"  im  31.  ^ab^rb.  1879  ©.  584) ,  nament= 
lid)  über  bie  Qäxie  ber  Mineralien,  für  beren  ejacte  S3eftimmung  er  finnreideje 
^nftrumente  conftruirte ,  anäufütjren.  ®iefe  5lb^)anblungen  ftnb  3.  2t).  in  ben 
©itmng§bericr)ten  ber  f.  b.  5lfabemie  ber  äöiffenfcrjaften  in  München  erfct)ienen, 
roeterjer  er  feit  1879  al§  au|erorbentlicr)e§  Mitglieb  angehörte.  3luct)  über  bie 
dt)emifdc)e  äöirfung  bei  rjob^em  S)ruc£,  über  ©dfc)idt)tenftörungen  fomie  über  bie 
©letfeljerberoegungen  unb  über  bie  Beränberung  ber  Sagen  ber  9lpfibenlinie  ber  Erb= 
batjn  unb  il)ren  Einfluß  auf  bie  Älimate  ftettte  $.  intereffante  llnterfucfmngen  unb 
5Beobact)tungen  an.  93efonber§  toicrjtig  finb  feine  arbeiten  über  ©egenftänbe  ber 
©eobljtjfif ,  roeldt)e  er  namentlich)  in  ber  ©crjrift :  „2)er  Mecr)ani§mu§  ber  ©ebirg§= 
bilbung",  1880,  betjanbelte.  hierin  erltärte  er  fiel)  nacrjbrüctlidt)  gegen  bie  fog. 
©d)rumbfung§tr)eorie  unb  gegen  bie  bon  £>eim  erfonnene  Slnna^me  einer  latenten 


582  SPfaff- 

^lafticität  ber  ©ebirgSmaffen  unter  cjotjem  2)rud  unb  baburdj  bemirfte  9lu§= 
mafyung  ber  ©efteinSfdjicfjten,  moburd)  man  bie  ßntftetjung  ber  ©ebirge  bei 
iortfcfjreitenber  (Haltung  ber  @rbe  3U  erflären  berfudjt  r)at.  dagegen  glaubte  er 
tjierfür  eine  (Srflärung  in  ber  2öirfung  beö  2Baffer§  in  Verbinbung  mit  iener  ber 
Sdjroere  finben  ju  fönnen.  Von  fonftigen  <Sd£)tiften  geotogifdjen  Sfn^attö  finb 
3U  nennen:  „S5ie  bulfanifdjen  Cürfcrjeinungen",  1872;  „allgemeine  ©eologie  als 
eracte  Sffiiffenfdjaft'',  1873;  „©runbrifj  ber  ©eologie",  1876;  „^etrog.  Unter* 
fudjungen  über  bie  eocänen  £b,onfd)iefer  ber  ©tarner  Sllpen"  u.  31.  ty.  mar 
aud)  im  Sinne  ber  djrifttidj  =  focialpotttifdjen  ^Ridjtung  befonberä  ttjätig  unb 
fud)te  burdj  Slbmffung  unb  Verbreitung  fog.  gemeinnü|$lid)er  Sdjrifteu  biefe 
Veftrebungen  ju  förbern.  2)at)in  getjihen  3af)lreid)e  *publicationen  unb  natur» 
roiffenfdjajttid)e  Vorträge  („3fji  bie  SDßett  bon  jctbft  entftanben,  ober  ift  fie  gefdjaffen 
morben" ;  „Einfang  unb  @nbe  unfercr  Sonne" ;  „2)ie  @rcn3en  ber  9caturerfennt= 
nifj" ;  „Ueber  ©rbbeben" ;  „Ueber  ben  (Jinflufi  bc§  25armini§mu§  auf  unfer 
ftaattirfjeö  Ceben" ;  „2)aä  2Baffer"),  fomie  enblid)  aud)  feine  Vettjeittgung  an  ber 
Verausgabe  ber  Sammlung  bon  Vorträgen  für  ba*  bcutfdje  Volf,  me(d)e  er  mit 
einer  9lbt)anblung :   „Ärafi  unb  Stoff"  eröffnete.  ö.  ©ümbel. 

^faff:  Sf)riftobt)  £  einrieb,  $.,  geb.  am  2.  Wärj  1773  in  «Stuttgart, 
f  am  23.  Slbril  1852  in  Äiel  (Vorname  nicfjt  Ü'fjriftian,  mie  bei  ^ogg.  im  bio= 
grapfüfetjen  .gmnbmörtcrbud)). 

5ß.  ftammte  au«  einer  alten  bürgerlichen  gamitte,  bereu  Stammbaum  fid) 
biä  jum  2lnfang  be§  fed)63ef)nteu  3tatjrfjunbert3  auf  einen  Sdjroei3er  3urüdfütjren 
läfjt,  ber,  mie  e§  fetjeint  au§  9teligion§rürfficfjten  bon  Slarau  nad)  aißürtemberg 
überfiebelte.  $faff'8  Vater  mar  ber  ©er).  £)berfinan3rattj  ftriebrid)  Vurftjarb  ty. 
in  Stuttgart,  feine  Butter  bie  2od)ter  beS  .tthcfjenratt)  Vranb.  2lu§  biefer  (Stje 
gingen  12  $inber  tjerbor.  Unfer  $•  mar  ber  fectjfte  ber  Söfjne,  er  mürbe  auf 
ber  .Wartgafabemie,  bie  er  bon  1782 — 1793  befuctjte,  erlogen.  £)ier  fnüpHe  er 
mit  bem  bier  $atjre  älteren  ®eo.  ßubier  bie  für  itjn  bebeutungsbott  gemorbene 
^reunbfcfjaftäberbinbung ,  metcfje  3unäd)ft  nad)  bem  Abgänge  ßubier'ä  bon  ber 
Slfabemie  bnrd)  einen  lebhaften  Vriefmedjfel  mad)  gehalten  mürbe  (f.  Vetm, 
Vriefe  (Subier'3  an  «jjfaff  au§  ben  Sauren  1788—92,  Äiel  1845).  3luf  ber 
?lfabemie  blatte  fid)  ty.  in  ben  legten  brei  $at)ren  befonberS  bem  Stubium  ber 
9Jcebicin  gemibmet.  (Sr  beftanb  Dftern  1793  ba§  fog.  examen  rigorosum  unb 
fdjrieb  für  feine  SDoctorpromotion ,  angeregt  buvd)  bie  bamatigen  großen  (5nt= 
bedungen  ©albani'e  unb  Volta'ä  eine  5)iffertation :  „De  electricitate  sie  dieta 
animali",  meldte  ein  unermarteteS  ©lud  mad)te.  j£>emnäd)ft  begab  fid)  ty.  3ur 
3luöbilbung  in  fetner  VerufSroiffenfcfjaft,  mit  melctjer  eä  nad)  feiner  eignen  9ln= 
gäbe  nicfjt  befonberä  ftanb,  nad)  ©öttingen,  mofetbft  er  big  ,^um  £)etbfte,  nament= 
tid)  unter  2id)tenberg,  Dfianber  unb  Jpal)nemann  ftubirte.  ^n  biefer  $eit  madjte 
er  aud),  auf  einem  3lu§fluge  nad)  ^elmftebt,  bie  Vefanntfdjaft  bon  Veirei§, 
bon  meldjem  er  in  feiner  Selbftbiograbt)ie  eine  ergötjlidje  Sdjilberung  entmirft. 
3[m  Spätfjerbft  1794  ging  ^.  nad)  ^opentjagen,  mo  er  fid)  bis  311m  Spät= 
fommer  1795  auffielt,  um  an  ben  fünifdjen  ^nftituten  ju  arbeiten.  2ßäb,renb 
beg  3lufentf)alte§  in  Äobentjagen  mürbe  er  in  bie  Familie  be§  ©rafen  Ücebenttom 
3u  Smfenborf  eingeführt,  maS  für  feinen  fotgenben  ßebenggang  entfd)eibenb 
mürbe.  3unac*)ft  toa^  er  oer  ärjttid^e  Vegteiter  be§  ©rafen  auf  einer  Steife 
nad)  Italien  unb  mätjrenb  be§  2lufentb,alteg  bafelbft  bon  1795—1797.  3n 
bem  te^teren  %afyxt  lie^  fid)  *|3.  al§  9h-3t  in  §eibenb,eim  nieber,  bradjte 
eö  aber  nidjt  meit  in  ber  ^ßrartS  unb  gab  biefetbe  gern  auf,  at§  il)m  burd)  bie 
Vemüb^ungen  feiner  ©önner,  be8  ©rafen  Siebentlom  unb  be§  2lrd)iatcr  Jpen^ter 
eine  Verufung  als  au|erorbentlid)er  ^rofcffor  ber  9Jtebtcin,  borerft  ob,ne  ©eb,alt, 
an  bie  Uniberfität  Äiel  3U  3:t)eil  mürbe.     ®iefe  Stellung  trat   er  im  ^rübjafjr 


$faff.  583 

1798  an,  bod^  fctjien  e§,  bafj  er  biefelbe  fcfmetl  rotebet  aufgeben  foüte,  ba  er 
eine  Berufung  nact)  SBürtemberg  aU  Sßergtatt),  an  Stelle  be§  berftorbenen 
Sßiebemann  erhielt ,  ju  beren  2lnnar)me  er  bon  feiner  Familie  gebrängt  mürbe. 
5Ea  trat  abermals  ber  (Braf  Stebentloro  ein  unb  beranlafjte  ty.,  mit  guten  (£m= 
bfefjlungen  berfefjen,  ficb,  erft  nod)  in  ^openfjagen  borjufteflen.  (Sr  mürbe  bort 
fetjr  günftig  empfangen,  unb  errjielt  ben  Auftrag  jur  Unterftütmng  bei  bamatigen 
$ßrofeffor§  ber  $f)rjfif  in  Äiel,  be§  alten  @tat§ratfj  Slcfermann,  bie  Borlefungen 
über  Sßrjrjfif  au  übernehmen,  toomit  augteicb,  ein  ©efjaft  bon  300  9tdt)§tf).  Sour. 
unb  ber  Eintritt  SPfaff'S  al§  orbentlicrjer  ^rofeffor  in  bie  pfjilofoprnfcfje  gacultät 
berbunben  mar.  Selben  biejem  Slmte  behielt  inbeffen  $.  aunädjft  nod)  feine 
ärjtlicfje  2f)ätigfett  unb  mar  namentlich  bei  ber  bamalä  eben  üon  Renner  em= 
pfotjtenen  SBlatterninocutation  mit  großem  (Jrfotge  ttjätig. 

35et  bem  b,of)en  Filter  be§  ^rofefforg  ber  Sfjemie  in  Atel.  $erften§ ,  mürbe 
5ß.  bie  2Iu§fitf)t  eröffnet,  nact)  beffen  £obe  bie  ^rofeffur  ber  Hernie  ebenfalls  ju 
erhalten.  5ß.  füllte  ficr),  obmotjl  er  ficb,  biet  mit  ber  Stjemie  befcfjäftigt  t)atte, 
bocr)  ber  Aufgabe  nid^t  gemacfjfen,  roenn  er  nictjt  jubor  (Gelegenheit  getjabt 
fjätte,  fiel)  praftiferje  Uebung  au  ermerben  unb  bie  Süden  feiner  $enntntffe  au§= 
jufüüen.  ipierju  fdjien  ein  9lufentrmlt  in  $ari§  am  ametfmäfjigften  ju  fein, 
meil  bamal§  bie  ßfjemie  bort  in  befonberg  fjorjer  SSlüt^e  ftanb,  unb  $.  burd) 
bie  Vermittlung  6ubier'§  erroarten  tonnte,  fdjneE  bei  ben  bebeutenbften  25er= 
tretern  ber  Sßiffenfdjaft  eingeführt  au  merben.  Siefe  Steife  trat  nun  aud)  *ß.  im 
grübjatjr  1801  an.  2Jtan  braucht  nur  an  bie  Flamen  ber  franaöfiftfjen  5tatur= 
forfdjer  Jener  Qdt  ju  erinnern,  um  31t  begreifen,  in  roie  rjofjem  93caafje  ein 
•D.lcann  bon  ber  geiftigen  (Smpfängticrjfeit  unb  bem  raffen  Serftänbnifj ,  mie  5j5. 
e§  mar,  angeregt  unb  geförbert  merben  mufjte.  2lufjer  an  Guoier,  ber  ir)m  in 
jeber  Seaierjung  hie  Söege  ebnete ,  benfe  man  an  Sabtace ,  (Stjaptal,  9Jconge, 
SSiot,  |>aurj,  £fj<marb ,  SBertbolIet ,  (Subton  =  9Jtorbeau,  gaujal  be  St.  gonb 
u.  b.  21. 

3ur  Sluäbilbung  in  ber  ßfjemie  bereinigte  fidj  $•  mit  einigen  jüngeren 
granjofen  jur  Einrichtung  eine§  eigenen  Saboratoriumä,  in  melcf)em  eifrig  ge= 
arbeitet  mürbe,  unb  bie  Stjeilnerjmer  abmecfjfetnb,  um  3llle§  grünblicf)  fennen  ju 
lernen,  fetbft  bie  fonft  ben  gemöfmlicrjen  Wienern  3ufommenben  .gmnbleiftungen 
übernahmen.  Bon  befonberer  äBidjttgfeit  mar  il ,  bafj  $.  Gelegenheit  errjielt, 
31t.  Bolta  perfönlict]  fennen  au  lernen,  ba  biefer  aur  Borfüfjrung  feiner  @nt= 
bedungen  bamal§  nact)  ^ariä  gefommen  mar.  $.  fmtte  ei  Subier  unb  Bolta 
felbft  ju  berbanfen,  bafj  er  p  ben  ©i^ungen  ber  (Jommiffion  äuge^ogen  mürbe, 
metetjer  bie  Prüfung  bon  33olta'§  Sntbectungen  übertragen  mar.  —  %m  ©pät= 
tjerbft  1801  berliefj  %.  ^ari§,  um  auf  ber  9rücEreife  nocl)  bie  miffenfc^aftticfjen 
^njtitute  S3rüffet§,  SeijbenS,  ^>arlem§  unb  2lmfterbam§  fennen  ju  lernen,  bei 
melier  SSeranlaffung  er  bie  Sefanntfc^aft  mit  ban  $Ron§,  S3rugman§,  Soer= 
tjabe,  ban  ^Jlarum  unb  ban  ©minben  machte. 

Sei  feiner  Utücffefjr  nact)  $iel  1802  übernaljm  $.,  ba  $erften§  insmifetjen 
berftorben  mar,  bie  5ßrofeffur  ber  ßfjemie  unb  trat  bamit  äugleicf)  in  bie  mebi= 
cinifcb.e  gacuttät  ein,  melier  bamal§  bie  ßljemie  jugerecljnet  mürbe. 

3m  3-  1804  mürbe  ein  <Sanitä't§coItegium  für  bie  ^erjogtliümer  errichtet 
unb  §.  trat  in  baffelbe  al§  5Hitglieb  unb  Secretär  ein;  1828  mürbe  er  SDirector 
biefe§  @ottegium§.  ®ie  micfjtigfte  Aufgabe  biefer  neuen  Sefjörbe  beftanb  in 
einer  burdjgreifenben  Organifation  be§  s2lbotf)efermefen§.  ^n  feiner  Stellung 
al§  S)irector  be§  6ollegium§  i)at  5]3.  bie  1831  erfdjienene  Pharmacopoea  Slesvico- 
Holsatica  berfa^t. 

Söier  Berufungen  —  |>alte  jmei  9flal  für  tfjeoretifct)e  sBcebicin  unb  für 
Srjemie,  Tübingen  für  ßljemie,  Sonn  für  materia  medica  —  lerjnte  5ß.  ab,   ba 


584  ^Pfaff. 

tl)tt  feine  Xfjätigfeit  in  $iel ,  treidle  allgemeine  9lnerfennung  fanb ,  beiriebigte. 
5iad)  einer  9lnbeutung  in  feiner  ©elbftbiograbtjie  fdjeint  c§  aud),  bafj  *$.  fdjon 
früt),  roof)t  fdjon  1806,  eine  9lbnaf)me  bei  ©etjbermögenä  bemerfte,  nnb  e§  audj 
au§  biefem  ®runbe  fdjeute,  in  neue  Söertjältniffe  %u  treten. 

SBenn  *)}.  nun  aud)  bi§  ju  feinem  (Jnbe  in  Atel  berblieb ,  fo  t)at  er  bod) 
roiebertjolt  Steifen  jur  Pflege  ber  alten  Sejietmngen ,  unb  um  neue  Anregungen 
ju  gewinnen,  unternommen.  %n  ben  ^a^ren  1809 — 18  reifte  er  merjrmalä 
nad)  ©übbeutfdjtanb ,  rcobei  er  u.  91.  in  SJerfetjr  mit  Dlberö ,  ©ömmering, 
©eljler ,  33er,}eliuä ,  ©itbcrt  trat.  (Später  madjte  er  eine  Steife  an  ben  Sttjein 
unb  in  bie  ©djmei,},  bie  i^n  mit  Rietet  unb  be  la  Stibe  in  33crüt)rung  brachte. 
©et)r  toicfjtig  mürbe  eine  Steife  nad)  ^ßarii  unb  ©nglanb  im  °$-  1829,  too 
namentlich  ber  9lufentr)alt  in  fionbon  burd)  ben  Serfetjr  mit  fyarabat),  Sranbe, 
^irout ,  ^»ottanber  u.  91.  für  itm  Don  befonberer  miffenfcfjaftticrjer  9lnregung 
mürbe.  s_Uad)b?m  er  fiel)  nod)  1830  an  ber  SBerjammluug  ber  beutfdjen  Statut" 
forfdjer  in  Hamburg  lebhaft  bettjeitigt  tjattc,  natmt  feine  9lugenfd)roäd)e  ftarf  3U. 
^)tmlt)  in  ©öttingen  erfannte  aud)  ben  beginn  einer  ©taarbilbung  unb  berorbnete 
ty.  ben  (Sebraud)  beö  2Jßaffer3  bon  .Vi  if  fingen.  2)iefe  SBrunnenlur  unb  eine  fid) 
baran  anfctjliefjenbe  Steife  in  bie  ©djmeij  ftärfte  ^.  fo ,  bafj  er  fid)  1833  nod) 
im  60.  2eben3jat)re  ju  einer  \meiten  S8ert)eiratf)ung  entfdjtofj.  9lu§  biefer  @t)e 
entfbrof;  ein  Sorjn ,  ber  fictj  fpäter  bem  juriftifd)en  Berufe  mibmete ,  jetjt  aber 
bereits  berftorben  ift.  —  sDtit  feiner  ^^au  unternahm  5ß.  eine  größere  Steife, 
beren  ßnbjtet  9Bien  mar,  mo  er  fid)  1841  einer  9lugenoperation  untermarf. 
3)iefe  rouibe  ^mar  bon  Säger  infofern  glüdtid)  botljogcn,  als  bie  (Entfernung  ber 
getrübten  9lugenlinfeu  gtücftid)  gelang.  2fnbeffen  erljielt  !ß.  bie  ©efjfraft  nid)t 
mieber,  benn  e§  jeigte  ftcf) ,  baf?  bai  Uebel  feine  tiefere  SBurjel  im  ©etjnerb 
felbft  tmtte.  1843  feierte  ^ß.  fein  50  jäljrigeö  2)octorjubiläum,  bei  metd)em  ifjiu 
bon  allen  (Seiten  bie  reidjfte  9lnerfennung  entgegengebracht  mürbe.  sJiod)mat3 
fud)te  er  bann  in  9Jtarienbab  unb  £eplit3  ©tärfung  für  feine  9lugen,  mufjte 
aber  bod)  1845  fein  Serjramt  aufgeben  unb  fonnte  aud)  nid)t  metvr  ttjätigen 
9lnttjeil  an  ber  in  $iel  1846  ftattfinbenben  Scaturforfdjerberfammlung  netjmen. 
sJiad)  einer  testen  Steife,  1847  nad)  ßiffingen,  bertebte  ty.  ben  9lbenb  feines 
£cben3  rut)ig  in  $iet.  Xrotj  feiner  gänjtidjen  ©rblinbung  blieb  ty.  bod)  nod) 
miffenfdjaftlid)  tfjätig.  IRit  lebenbigfter  £b,eilnat)me  berfolgte  er  bie  50rtfd)ritte 
ber  2öiffenfct)a?ten ,  über  meldje  er  fid)  beriefen  ober  burd)  bie  ^reunbe  9Jtit= 
ttjcilung  machen  lief;.  9tod)  1851  erfdjien  nad)  feinem  2>ictate  eine  ©djrift 
über  bie  afiatifd)e  ßfjotera  in  Atel,  ju  meldjer  ftatiftifd)e8  Material  nad)  feinen 
9lnorbnungen  gefammelt  mar.  2(n  ben  leüten  2eben§jar)ren  befdjäftigte  ifjn  feine 
©elbftbiograpljie,  metdje  nad)  feinem  2obe  üon  feinem  5"imbe,  bem  ^rofeffor 
Statjen  öeröffeutlictjt  morben  ift. 

SBenben  mir  un§  je^t  ju  ^faff'i  fd)riftftellerifd)er  unb  2el)r=2l)ätigfeit.  3>n 
beiben  SBe^iefjungen  ift  bon  einem  ungemein  reidjen  £eben  ju  beiid)tcn.  S)te 
ßntroictlung  feineä  öebenägangeö  bradjte  ei  mit  fiel),  bafj  ty.  al§  ßetjrer  ber= 
fctjiebene  äüiffenfd)aften  beitreten  mufjte,  für  beren  jebe  cinjelne  jetjt  minbeftenS 
ein  Söettreter  an  jeber  Uniberfität  nottjmenbig  ift.  ^.  flagt  felbft  in  feinen 
2eben§erinnerungen  barüber,  ba§  er  gleidjfam,  oljne  bie  redjte  SBet^e  bafür  bor= 
t)er  erljatten  ^u  b,aben,  auf  bai  Äattjeber  gefetjoben  morben  fei.  Ucberblidt 
man  bie  Sorlefungen,  meld)e  5)3.  feit  1799  gehalten  t)at,  fo  ergibt  fid)  iolgenbei 
ftauuenimertlje  SSerjcicfjnifj.  5ßorlefungen  über  5pf)t)fti  unb  Gf)emie  tjiclt  er  un= 
untevbrodjen,  rjäufig  über  beibe  3Biffenfd)aften  in  einem  ©emefter ,  fomoljt  über 
biefelben  im  ©anjen,  all  aud)  über  einzelne  2f)eite  berfelben ,  namentlich  über 
(55albani§mu§ ,  5Jcagneti§mu§ ,  6lectromagnetiemu§ ,  (Hectricität ,  Meteorologie, 
S)ampfmafd)inen.   5£)ann  bon  1821  an  über  anattjtifdje  6f)emie,  bf)armaceuttfd)e 


Wf.  585 

Eljemie,  Erjemie  ber  materia  medica,  £ojicotogie,  ©efcfjicfjte  bet  neueren  Efjemie. 
3fn  ben  etften  Sagten  laS  er  auct)  Mineralogie  unb  ©cotogie.  33iS  jum  $arjre 
1828  tjielt  ex  fortbauernb  5}orlefungen  über  allgemeine  unb  fpccielle  *pt)rjfiologte. 
<§)ier,}u  tarnen  Vorträge  über  ©alt'S  ©crjäbetletjre  unb  über  trjierifdjien  ,Iflagne= 
tiSmuS;  ferner  üon  1820  bis  jum  ©cfjlufj  feiner  üttjätigfeit  foldje  über  9Jtafro* 
biotif.  —  ^ßfaff'S  Vorträge  roaren  üöllig  frei  unb  er  üerftanb  baS  ^ntereffe  ber 
3ut)örer  in  tjotjem  9Jcaafje  ju  ertoeden  unb  ju  feffetn.  5)ieS  tourbe  it)m  burct) 
bie  v>lnt)ängüdt)feit  feiner  ©dfjüler  gelohnt,  roelcrje  itjre  üDanfbarfeit  nocf)  beim 
Jubiläum  $faff'S  aufs  ©ctjönfte  betätigten. 

kleben  biefer  gewaltigen  ßetjrttjättgfeit  t)at  $.,  ttrie  fcfjon  oben  ermähnt, 
auct)  nod)  eine  3eii  lang  als  üraftifcr)er  Slrjt  geroirft  unb  bie  jeitmeife  redjt 
umfänglichen  ©efdjäfte  beS  ©anitätScoltegiumS  ettoa  30  ^afjre  lang  geleitet. 

ftictjt  minber  umfaffenb  finb  aber  bie  Seiftungen  $faff'S  als  tt>iffenfcr)aft= 
lieber  ©ctjriftfteller  unb  nidjt  nur  umfaffenb,  fonbern  aud^  bebeutenb.  Sltlein 
üon  fetbftänbig  erft^ienenen  ©Triften  järjlt  3ß.  in  feiner  iBiograptjie  34  auf,  üon 
benen  fictj  übrigens  etnjetne  auf  anbere  als  fadjroiffenfdjaftlidje  üEfjemata  bejtetjen, 
3.  93.  eine  ErftlingSarbeit  öon  1792  über  neuaufgefunbene  ©ebidjte  OffianS  unb 
Jpotitifd^e  Sluffätje  aus  ben  Satjren  1815 — 20.  ©ana  aufcerorbenttidf)  grofj  ift 
aber  bie  $av)\  ber  in  üerfcfjiebencn  3citfc^tiften  üeröffentüdjten  2l6rjanb  hingen, 
rooju  bie  9tebaction  unb  2Ritarbeiterfd§aft  an  mehreren  3e^f(f)rtften  unb  Encrj= 
flopäbien  fommt;  üon  ben  erfteren  fei  3.  35.  bie  9tebaction  beS  s3torbifcf)en 
3lrcr)iü'S  für  9Mur=  unb  Slräeneitoiffenfdjaft  mit  feinen  gortfetjungen ,  öon  ben 
letzteren  bie  23ettjetligung  am  neuen  ©ei)ler'fcr)en  SBörterbudje  genannt.  —  $faff  S 
bebeutenbfte  arbeiten  liegen  auf  bem  (gebiete  ber  ^öfif.  SDßic  er  flcf)  burct) 
feine  ©iffertation  über  bie  fogenannte  trjierifcl)e  Electricität  glüdlid)  eingeführt 
tjat,  ift  bereits  oben  ermähnt,  ©eine  Unterfucrjungen  auf  biefem  gelbe  mürben 
fofort  öon  51t.  ö.  ^umbolbt  in  feiner  ©djrift:  „lieber  bie  gereifte  93hiSfet*  unb 
ilieröenfafer"  anerfannt  unb  finb  föäter  eingetjenb  öon  E.  bu  33oiS=9terjmonb  in 
beffen  berühmtem  SBerfe:  „Unterfuctjungen  über  ttjierifctje  Eleftricität",  geroürbigt. 
SDen  etectrifcrjen  Erfcfyeinungen  roibmete  %  üoraugSroeife  feine  Slufmerffamteit, 
roaS  um  fo  begreif lidjer  ift,  als  in  bie  Seit  feines  Eintrittes  in  bie  toiffenfdjaft= 
lidje  Saufbatjn  bie  grofje  Entbedung  33olta'S  fiel  unb  bann  föäter  bie  nidjt 
minber  bebeutenbe  Entbedung  beS  it)tn  befteunbeten  Derfteb  gerabe  in  ben  ^a^ren 
erfolgte,  in  benen  '$.  auf  ber  $tye  feiner  toiffenfc&afttidjen  STtjätigfett  ftanb. 
©0  befiijen  mir  üon  itjm  gegen  40  9lbt)anblungen  über  ©atüaniSmuS  unb 
ElectromagnetiSmuS.  9ftan  barf  über  bie  meiften  biefer  arbeiten  bie  befetjeibene 
©elbftfritif  Sßfaff'S  citiren,  toetd^e  folgenbermafcen  lautet:  „^dj  ^be  nie  fo  fetjr 
nact)  Originalität  geftrebt,  als  gern  auf  bem  ©runbe  ben  5lnbere  gelegt,  fort« 
gebaut  unb  immer  ben  rjiftorifdjen  ®runb  für  ben  jebeSmal  abgetjanbelten  @egen= 
ftanb  feftgeljalten.  25er  tiefer  Sinbringenbe  mirb  ba^er  leictjt  erfennen,  bafe  ber 
33erfaffer  metjr  empfangen,  aber  boctj  auc^  baS  Smöfangene  öerarbeitet  unb  bei 
ftdj  georbnet,  als  fetbftfd^ööferif($  erzeugt  fyahe."  S)ieS  ift  ritf)tig;  funbamentate 
Stljatfadjen  tjat  $.  in  ber  5p^t)jtf  nic^t  entbeeft,  aber  mit  großer  2lufmerffamfeit 
alle  goTtfdjritte  öerfolgt,  für  fid}  unb  3lnbere  fritifc^  öerarbeitet  unb  baburetj 
bie  SBeiterenttottflung  ber  SBiffenfcfjaft  ungemein  geförbert.  ©0  brachte  er  öon 
feinen  Reifen  ftets  eine  ^Jlenge  neuer  Erfahrungen  mit,  bie  er  fofort  bearbeitete 
unb  allgemeiner  äugänglidj  madjte.  S)ieS  mar  3U  feiner  Qtit  mictjtiger  als 
tjeutjutage,  mo  jebe  neue  Sntbectung  fogleicf)  überatt  befannt  mirb.  Ein  IjübfdjeS 
Seifpiet  liefert  feine  Zeitteilung  nac^  ber  Sonboner  9teife  1829.  Er  braute 
öon  bort  bie  Sljatjadje  öon  ber  träftigen  Zlagnetifirung  beS  öon  einem  gatöa= 
nifegen  ©trome   umfloffenen   EifenS   mit,   eine    Stjatfactje ,    toeltijc  bereits  1826 


586  Waff- 

üon  SBrewfter  nadjgewiefen  war,  aber  anfdjcinent)  auf  bem  kontinente  bis  ju 
^faff'S  lUittfjeilung  unbcfannt  blieb. 

2IIS  eine  fcljr  gut  burdjgetüfjrte  Arbeit  auf  einem  anbern  (Gebiete  ber  ^t)r)fif, 
ber  Qptif,  ift  feine  gegen  ©oettje  polemifirenbe  ©djrift:  „lieber  Wewtorr'S 
5arbentt)eorie"  ju  nennen,  lieber  bie  2tufnarjme,  meldje  biefe  Slrbeit  bei  ©oet^e 
fanb  („idj  legte  fie  gut  Seite,  bis  auf  fünftige  Sage,  wo  id)  mit  mir  jelbft 
üollfommcn  abgefd)toffen  rjätte" ),  äußert  fid)  ty.  *n  l^nn  Siograpfne  ferjr 
rjutnoriftifdj. 

^arjtreid)  finb  bie  anatütifctVdjemifdjen  arbeiten  ^faff'S.  ©ie  bejiefjen  fid) 
nun  großen  Sljeile  aui  Slnatrjfen  anorganifdjer  .Würper  ober  auf  Ülnmenbungen 
in  ber  £>eitmittettcf)re  unb  finb  f aft  fämmtlid)  in  ben  Journalen  Don  ©etjler 
unb  üon  ©djmeiggcr  üeröffentlictjt.  ©ein  in  jwei  Auflagen  erfdjieneneS  „<!panb= 
bud)  ber  anall)tifcf)cn  Grjemie"  ift  bei  ben  fdmetten  ftortfdjritten  ber  (Stjemie 
balb  üeraltet.  5Daffelbe  gilt  üon  bem  umfängticfiften  SQßerfe  ^ßfaffS,  bem  „©nftem 
ber  materia  medica  nadj  djemifdjen  ^rineipien",  weldjeS  er  in  7  SBänben  üon 
1808  —  21  Verausgab. 

$ftan  mürbe  aber  nod)  fein  üollftänbigeS  S3ilb  üon  ber  aufjerorbenttidjen 
2eiftungSfät)igfeit  ^iaff'S  erhalten,  menn  man  feine  lebenbige  irjeilnarnne  an 
bem  öffentlichen  Seben  unberürffid)tigt  laffen  mollte.  ©d)on  in  feiner  Sfugenb 
natjm  5ß.  an  bem  ©taatSteben  ein  befonbereS  2(ntereffe.  35er  ©runb  lag  üor= 
ÄÜgtid)  bavin,  bafe  ber  5lnfang  ber  franjöfifd^en  fficüotution  mit  bem  3e^punfte 
feinet  ßebenS ,  roo  bie  $ugenb  nad)  bem  Sbeale  ftrebt ,  pfammenfiel.  5Da<ju 
fam,  bafj  fein  eigentliches  ^aterlanb ,  Süürtemberg ,  fid)  bamalS  beS  SßorjugeS 
eine§  gemiffen  ^JtaafjeS  üon  conftitutionellen  ÜRecfjten  erfreute ,  moburd)  ber 
Staatsbürger  jur  ütrjeilnarjmc  an  bem  potitifdjen  £cben  aufgeforbert  mürbe. 

*ß.  nat)m  feine  ferjr  entfdjieben  liberale  ©efinnung  in  fein  neues  33aterlanb 
tjinüber  unb  folgte  allen  öffentlichen  ©reigniffen ,  üon  ber  50T*füt)rung  ber 
bänifdjen  f^totte  burd)  bie  (Jnglänber  unb  ber  33efeijung  £wlfteinS  burd)  bie 
©djmeben  bis  ju  ben  Anfängen  ber  ©djeibung  ber  bänifdjen  unb  beutfdjen 
3fntereffen  mit  ber  größten  ifjcitnaljme,  unb  natjm  burd)  Sßort  unb  ©djrift 
(j.  35.  burd)  Slbljanblungen  in  ben  „AHeter  '-Blättern" )  an  ber  SageSpolitif 
tfjeit. 

3fn  feiner  überfprubelnben  Öcbenbigfeit  unb  Offenheit  tjat  er  mit  üieten 
9lnbern,  um  nur  bie  2>at)lmann,  f5ratcf,  OtSfjaufcn,  ^pegemifd)  ju  nennen,  gewifj 
nid)t  wenig  ^u  bem  frifdjen  potitifdjen  £eben  beigetragen,  burd)  WetdjeS  fid) 
,tfiel  auszeichnete.  23on  ber  Unbefangenheit  unb  Offenljerjigfeit  mit  ber  er  feine 
©efmnung  äußerte,  aber  aud)  üon  ber  richtigen  äöürbigung,  wetdje  man  bamalS 
in  Sänemarf  für  freifinnige  Steuerungen  t)atte ,  giebt  bie  (jübfdje  Stnefbote 
3luSfunit,  meldje  6.  9Jc.  9irnbt  (in  ber  33rofd)üre:  Slnflage  einer  «DtajeftätS= 
beleibignng  tc.  ßeipjig  1851)  üeröffentlidjt  b,at.  3>er  betreffenbe  Vorfall  üertief 
nactj  ^faff'S  ßrjätjlung  fo.  V*ci  feiner  2lnroefenrjeit  in  S3onn  gab  er  in  33er» 
anlaffung  ber  berüchtigten  Semagogenüeriolgungen  öffentlich  feinem  llnmutt)e 
gegen  bie  preufjifd)e  Regierung  fräftigen  SluSbrud.  S)arauf  erfolgte  eine  S5e= 
fdjroerbe  beS  preufjifdjen  ©efanbten  in  ^openl)agen  beim  Äönig  ^yriebrief)  VI., 
roeld)er  aber  nur  ermiberte :  ^Rein  lieber  ©raf ,  ©ie  muffen  baS  bem  guten  ^. 
nidjt  weiter  anrechnen  —  er  glaubte  in  meinem  ßanbe  ,^u  fein.  —  (B  ift  fel)r 
ju  bebauern,  bafj  üon  bem  umfangreichen  33riefmed)fel  ^taff'S  nur  ganj  üer» 
einleite  Sriefe  üeröff entließt  finb  (im  3lnf)ange  jur  Sctbftbiograpt)ie),  man  würbe 
baburd)  erft  eine  jutreffenbe  SJorfteüung  üon  bem  aufeerorbentlid)en  öinfluffe 
gewonnen  rjaben ,  welcfjen  ber  fo  üielfeitig  begabte  unb  liebenSWürbige  5Rann 
ausgeübt  ^at. 


Gr.  G.  Xitzschii  memoria  Chr.  Ilenr.  Pfaffii.  Kiliae  1852.  —  2eben§= 
erinnexungen  bon  ßbriftoptj  ^einridj  Spfaff.  ßiel  1854,  enthält  jugteict)  bie 
erftere  Sct)xift.  —  ftefrotog,  2öef er  --  Rettung  2tprit  1852  unb  SUtonaer 
«Dlerfur  1852  ftr.  104.  —  SJoigt,  Steuer  9iefro(og  ber  £eutfä)en,  2öeimar 
1854.  —  Sübfer  unb  Säjröber,  Sertfon  Sct)testü.  =  ,öolft.  =  2auenb.  Scfjrift* 
fteüer  nebft  ftacljtrag ,  2Iltona  1829  —  31.  —  2Uberti's  Sejifon,  gortfetpng 
bee  bongen  2Berfes  II,  203.  —  Saltifen,  flttebicin.  S<$riftftetter  =  2erifon, 
^opentjagen  1830  —  45.  —  ©ergborj ,  Seipä.  Ütepertorium  1843  —  60.  — 
Teufel,  3)as  gelehrte  2eutfctjtanb ,  Semgo  1796—1834.  —  Sßoggenborff, 
23iogr.=litter.  -gmnbroörterbuct)  II,  418.  Warften 

"^faff :  G  t)  r  i  ft  o  p  t)  $ft  a  1 1 1)  ä  u  §  ^ß.,  einer  ber  getetjrteften  unb  angefetjenften 
proteftantifctjen  2t)eotogen  bee  18.  Satjrtmnberte,  Äan^ter  ber  Unioerfitäten 
Tübingen  unb  (Sieben,  geb.  am  25.  S)ecember  1686  in  ber  St)rifinacr)t  <ju 
Stuttgart,  f  am  19.  Dcobember  1760  in  ©iefjen.  —  2Il§  Soljn  bei  bamatigen 
5prebiger§  an  ber  St.  2eonl)arbsfirct)e  in  Stuttgart,  naerjmaligen  2übinger  5ßro= 
feffors  3ot)ann  Stjriftopt)  *ß.  (f.  b.  2Irt.)  unb  jetner  grau  2lnna  -Fcaria  geb. 
Stutber,  einer  Grnfetin  bes  jdjwä&ifdjen  3teformator§  ^attbäus  Slulber  (f.  #.  ®.  53. 
I,  178),  getjörtc  er  fctjon  burc^  feine  ©eburt  juieien  ber  geactjtetfien  fct)rüä&ifct)en 
£t)eologenTamitien  an.  2lugge3eict)net  burct)  eine  gtücfücbe  unb  bietfeitige  33e= 
gabung  unb  frütjreife  (Seifteiertttoicffung,  genofj  er  juerft  ben  Unterricht  bes  in 
feinem  ©eburt§jal)re  errichteten  Stuttgarter  (Sbertjarbsgrjmnafiums,  feit  1697  ben 
ber  anatoüfctjen  Sctjule  in  Tübingen  unb  rourbe  fctjon  im  breijetjnten  ßebens= 
jatjre,  1699,  ins  Uübinger  Sttit  aufgenommen.  s7leben  bem  Stubium  ber 
£t)eo(ogie,  in  tuelcrjer  fein  Sßater,  fjörtfc^,  üteuctjtin  unb  $äger  feine  Setjrer 
roaren,  befctjäftigte  er  fiel)  befonbers  mit  biblifct)er  *ßt)ilologie  unb  orientaIifct)en 
©prägen,  tjiett  als  16jäl)riger  Stubent  1702  eine  Siebe  im  Stift  in  famaritanifetjer 
Sprache,  rourbe  am  6.  September  1702  9Jcagifier,  öoEenbete  im  18.  £eben§jal)r 
fein  Uniberfitätsftubium,  beftanb  1704  mit  ©tan^  bie  ttjeotogtfctje  Prüfung, 
rourbe  SBicar  in  Suftnau  unb  1705  im  neunzehnten  Sebensjabre  Repetent  in 
Tübingen,  -öerjog  @bert)arb  Subroig  öon  Söürtemberg  (1677 — 1733),  ber  ibm 
frübe  feine  befonbere  Öunft  juroanbte,  bertiet)  itjm  ein  anfet)nüct)es  9teife= 
ftipenbium,  junäctjft  ju  bem  3toecE,  um  in  orientatifct)en  Sprachen  unb  $irct)en= 
gefct)ict)te  fiel)  weiter  ausjubilben.  6r  roeitte  juerft  1706  längere  3"t  in  spalte 
unb  Hamburg,  too  er  bei  ^otj.  ,£einrict)  9Jtict)aelis  unb  S.  Grbjarbi  bem  Stubium 
ber  rabbinifd)en  Sitteratur  fiel)  roibmete.  S)ann  befudjte  er  Sübecf,  SRoftocf, 
©reifsroatb,  2)änemarf,  ^otlanb  unb  ßngtanb,  too  er  befonbers-  in  Drforb  unb 
Gambribge  längere  3eit  berroeüte  unb  auf  33ibtiott)efen  toie  im  perföntietjen  33er= 
fet)r  mit  ben  ausgejeietjnetften  ©etetjrten  reietje  2öiffensfct)ärje  fammette.  £aum 
mar  er  öon  biefer  breiiätjrigen  Stubienreife  nad)  ^>aufe  jurücfge!et)rt  (1709),  fo 
rourbe  er  bom  ^erjog  jum  Begleiter  unb  9teifeprebiger  bes  roürtembergifcl)en 
(hbprinjen  griebrict)  Subroig  (geb.  am  14.  S)ccember  1698,  f  am  23.  9tobember 
1731.)  aueerfeljen.  DZacljbem  er  in  Stuttgatt  bie  Drbination  jum  ^rebigtamt 
empfangen,  traf  er  mit  bem  ^rin^en  in  Saufanne  jufammen  unb  begleitete  it)n 
junäctjft  nact)  2urin,  too  er  brei  %a$xe  bertoeilte  am  ^of  be§  bamaligen  -öerjogs 
bon  Saboljen  Sictor  Slmabeus  IL  ^Reben  aüen  ^"ft'-'euungen  eine!  giänzenben 
§ofleben§  fanb  5]S.  boct)  auet)  geit  ju  roiffenfcl)aftIict)en  Stubien  auf  italienifct)en 
33ibliott)efen ;  insbefonbere  gelang  e§  iljm ,  unter  ben  roenig  beachteten  Scljä^en 
ber  Muriner  Sibliottjef  einige  ungebruefte  patriftifetje  Stüdfe  bon  Sfvenäui, 
Sactanj  unb  ßt)rrjfofiomus)  auTjufinben ,  bie  er  fpäter  ttjeits  fetbft  tjeraulgab, 
tt)eil§  anbern  ©etetjrten  mittt)ei(te.  1712  fetjrte  er  mit  feinem  ^rinjen  über 
2flaüanb  unb  ^nnsbrud  nact)  Stuttgart  jurücf,   um  fofort  im  fotgenben  $at)re 


588  Wf- 

eine  neue  fteife  nad)  £>ollanb  unb  ^'anfreic!^  anzutreten,  ©djon  mäf)ienb  ber* 
felben,  im  3-  1714  mürbe  er  üom  £">erjog  jum  v$rofeffor  ber  Geologie  in 
Tübingen  ernannt,  trat  aber  feine  ©teile  etft  nad)  feiner  9tücffec)r  nad)  äBüttcm« 
borg  im  $.  1717  an  unb  ertoarb  fiel)  in  bcmfelben  %at)x  bie  u)eologifcf)e 
5£>octormürbe.  9tad)  bem  inbeffen  erfolgten  Xob  be*  s$rofeffor  $.  91.  §ocijftetter 
trat  er  als  britter  Orbinariu«  neben  feinem  Sater  unb  bem  .ftanjler  3f äger  in 
bie  gfacuttät  ein,  jcbod)  mit  £)ispenfation  öon  bem  mit  biefer  Stelle  fonft  öer= 
bunbenen  «prebigt«  unb  Pfarramt  (f.  2öeijfäcfer  ©.  99).  3m  3.  1720  rourbe 
er  öon  ber  Uniöerfität  3um  ftector  gemäht  unb  in  bemfelben  $atvr  nad)  bem 
£obe  feinet  25ater8  (t  am  6.  Februar  1720)  unb  be§  ßanjters  Säger  (f  im  9Ipril) 
jum  erften  tl)eologifcr)en  sßtofefloY,  tropft  unb  ßanjler  ber  uniöerfität  ernannt.  23eim 
eintritt  biefes  21mtes  tjielt  er  eine  föebe,  in  meld)er  er  bie  bamal«  rjerrfd)enben 
s)Jtifjbräudje  bes  llniüerfitätslebene  in  braftifdjer  SSeife  fdjilbert  unb  93orfd)täge 
jur  SBefferung  maerjt  unter  bem  litel  „De  universitatibus  scholasticis  emendamlis 
et  pedantismo  literario  ex  iisdem  eliminando",  Tübingen  1720  (aud)  in  beutfdjer 
Ueberfetmng;  9tu8jüge  barauö  bei  ftlfitfet,  ©efdjidjte  ber  Uniöerfität  lübingen, 
©.  146,  186).  (Sinige  3fal)re  fpäter  erft  entfdjloft  er  fid),  in  ben  (Sfjrftanb  ,}u 
treten  mit  einer  ^lugeburger  ^atricierstod)ter  illaxia  ©ufanna  b.  9tauner:  bie 
6t)e  blieb  finbertos. 

3n  Tübingen  entfaltete  ty. ,  ein  Jtjeotog  öon  umfaffenber  ©elefjrfamfeit 
unb  allgemeiner  33ilbung,  öon  imponirenber  ©eftalt  unb  öorncrunrn  lUanicreu, 
öon  grofjer  ©cmanbtbcit  im  münblidjen  Vortrag  mie  in  fdjriftlidjer  2)arftelluug, 
faft  öierjig  %at)xe  lang  eine  aufjerorbentlid)  reiche  unb  öielfeitigc  afabemifdje 
unb  (itterarifdje  Söirffamfeit.  ©eine  infjaltöreidjen  unb  formgemanbten,  frei  öor* 
getragenen  unb  gern  gehörten  Söorlefungcn  (»gl.  bie  lUnfünbigung  ^[aff's  für 
baö  Satjr  1722  bei  äöeijfäcfer  ©.  111)  mie  feine  fdjriftfteHerifdjen  Slrbeiten 
erftreeften  fid)  fafl  über  ba«  gaujc  ©ebiet  ber  ujeologifcrjen  2öiffenfd)aft :  er  las 
über  Gregefc,  ^otemif,  2)ogmatif,  'Etoral,  $ird)engefd)id)ti\  .Wird)eurecr)t,  "JJaftoral« 
unb  Gafualtrjeologie,  tl)eologifd)e  Iftettjobologie  unb  ßitterärgcfd)id)te.  9Iud)  an 
Äußeren  3eid}en  ber  Wncrfennung  fehlte  cö  if)m  nid)t:  fo  rourbe  er  1724  burd) 
Eaifertid^eS  2)ip(om  jum  Comes  Palatinus.  1727  öon  feinem  .^er^og  <jum  9Ibt 
beS  At (öfters  Cord)  unb  sJJcitglieb  beö  roürtembergifd)en  £anbtags,  1731  jum  9Jtit* 
glieb  ber  berliner  'ülfabcmte  ber  2öiffenfd)aTten  ernannt  unb  ftanb  mit  ben  aue* 
gejcicrjnetften  (Belehrten  beö  %n--  unb  iHuölanbe«,  mit  A?att)otifen  unb  9teformirten 
mie  mit  ^uujeranern  im  brieflichen  53erfel)r. 

©ein  trjeologifdjer  ©tanbpunft  mar  nid)t  berjenige  ber  ftrengen  lutr)erifd)en 
Orttjoboyie ,  beren  8e$rf&fß  er  in  Dielen  fünften  mobificierte  unb  abfd)mäd)te 
ober  bod)  nur  „cum  mica  salis"  annehmen  mollte.  3.Uelme1)r  jjeigt  fid)  bei  itjnt 
beutlid),  pmal  in  feiner  früheren  ^eit ,  ein  ßinflufj  beö  ©pencr'fd)en  unb  mür« 
tembergifdjen  Pietismus,  in  beffen  Greifen  er  aufgemad)ftn  mar,  fo  befonber«  in 
feiirem  tb,eologifd)en  .'paubtroerf,  ben  ..Institutiones  tbeologiae  dogmaticae  et 
moralis"  1719,  fomie  in  bem  mer)r  populär  unb  erbaulidj  gehaltenen  „.ffurjen 
91brife  öom  magren  6t)riftentl)um"  1720  unb  „.^eraenöfatecrjismuö"  1720.  3u 
fpäteren  3at)ren  aber  öerrätb,  er,  ba  fein  ftorfdutngshieb  unb  Untcrfudjungögeift 
ir)n  meb,r  ju  Jbomafius  als  ju  ben  ^aüe'fd^en  ^pictiften  tjinjog,  eine  immer 
ftärfere  Hinneigung  jur  2lufflärung,  obgleich  er  bie  öon  Ceibniü  unb  9Bo1t  aui* 
gegangene,  in  Tübingen  burd)  33ilfinger  unb  Sonj  repräfentirte  9tid)tung  öon 
feinem  merjr  empiriftifd^'ffeptifd^en  ©tanbpun!t  aus  befämpft  l)at.  Sr  mirb  bat)n 
öon  ben  ©inen  ju  ben  sJpietiften,  öon  ben  91nbcrn  ju  ben  2luiftärern,  öon  ben 
dritten  3U  ben  fogenannten  Uebergangö=  ober  23ermitt(ung3tt)eologen  be§ 
18.  Sa^'tjunbertö  gerechnet.  Otitfdjl  fierjt  in  ib^m  einen  ftepräfentanten  be* 
„meltförmigen  Pietismus",    ©eine  3eitgenoffen  meinen:  er  „inftinire  am  meiften 


$faff.  589 


pm  SfeütiaiSmui   unb  ßtBertiniSimtS,   aum  ©atantiämuS  unb  SingutanSmuS". 
^ebenfalls  fjaben  bie  üietiftifctjen  Ginbrütfe  leinet  ^ugenb  bei  if)m  fid)  me$r  unb 
mefjr   üerloren,    unb  er  bat   bem   Stanbpunft  ber   Slufftärung    tfjeotetifd)    unb 
üraftifdj  immer  fiätfer  fid&  angenähert:    „bie   gefäf)ttid)e  Union  üon  ftletfcb,  unb 
©eift   §at   bei  if)m",   toie  fein   Beitgenoffe   unb    Canbemann  %   3-  Etofer  ftd) 
aulbrüdt,  „einen  fcbUmmen  SluSgang  genommen".     Mebm   erregte   $.    neben 
feinen  fircb^ngefcbjcbUitfjen  unb  tfjeologifdjen  arbeiten  befonberä  bureb.  ^eiertet: 
för§  erfte  butd)  feine  fircbenrecbUidjen  2Infd)auungen  als  Vertreter  (md)t  Urheber) 
be§    fogenannten    SottegialfoftemS,    b.    fj.    berjenigen    firdjenredjtltdjen    2f)eorte 
meiere   in  ben   Äircben  freie,   bem  Staat    nid)t   unterroonene  Vereine  (collegia) 
fielst    meiere   bie  fitcbenregimentticfjen   9ted)te    (jura   in  sacra)   burd)    einen  au§= 
brücflidjen   ober   fiiiifdjtoeigenben   Vertrag   (ein   fogenanntes  Umone*  ober  Sub= 
iectionSüactum)    bem    SanbeSbmn    übertragen    fjaben    (f.    feine    Scbnit:    „De 
originibus  juris   ecclesiastici",    Tübingen    1719;     „Institutiones    juris    eccles 
1727:    „Slfabemifdje   fteben   über  ba§   proteftantifetje  ßircbenrecbj"    1742),  unb 
mefjr  noctj  burd)  feine  unioniftifd)en  Neigungen  unb  »eftrebungen,  b.  1).  bie  ju= 
näcbft  üon  feinem  (SoHegen  unb  Sd)tr>ager,  bem  Sübinger  ^rofeffor  3-  S.  ßlemm, 
ausgegangenen,  aber  bon  5ß.    (befonberS  in   feiner  Scbnft    ,Alloqumm  irenicum 
ad  Protestautes"   1720  unb   in   einer  9teit)e   üon  toeiteren  Sänften  unb  (Sorre= 
fponbenjen)  befürworteten  $8orfd)täge  w  einer  roenigftenl  tt)eitroeifen  Vereinigung 
ber  Sutberaner  unb  fteformirten,  -  Vorfrage,  bie  üon  Seiten  protetfanhföer 
ßöfe  unb  (Staatsmänner  üietfacb.  gebiEigt,   fogar   üon  ben  Vertretern  ber  eüan= 
aetifeben   ßirebe   auf   bem   ftegenäburgec   fteidjstag,    bem    fogenannten    Corpus 
Evangelicnm,    emüfobUn,    üon    ber    Werjrjab,!    üroteftantifeber    unb    befonberS 
tutberifeber  Geologen  aber  (Güürian,  Softer,   SBeiSmann,  ftembeef,  SBetnabotT, 
Vattbafar,  fteumeifter  u.  a.)  aufä  entfötebenfle  befämpft  würben  unb  bie  jeben- 
faüö   nacb   ber   bamatigen  Sage    ber  Verfjältniffe  au  feinem  ürafttfeben  ftefultat 
fübren  tonnten  (f.  befonberS  $?af?'S   gefammelte  Schriften,   fo   aut  Vereinigung 
ber   proteftantifcfjen  Äircfjen    abmieten,  £aEe  1723;   GtymanB    VrieTroecbfet    mit 
dbr    9Jc    Spfaff  in  Vereinigung  ber  eüangelifdjen  unb  reformtrten  Religion  l/^l 
unb  bie  übrige  ßitteratur  pr  ©efd)id)te  ber  fircb.ticb.en  Untonsüerfuc^e). 

^tber  nicfjt  blo&  biefe  unioniftifd)en  unb  irenifdjen,  au?  ^btdjroadmng  ber 
confeffionetten  ©egenfäfee  anritten  ßut&eranern  unb  9teformirten  rote  atmj*en 
2hote  tauten  unb  Antritten  unb  auf  allgemeine  retigiöfe  ^oterana  gerateten 
Snfcbauungen  unb  Veftrebungen  waren  eft,  toetdje  ben  9tuT  unb  bte JStrflamfeit 
beä  bin*  feine  üietfeitige  ©etefrrfamfeit  unb  burd)  feine  afabemifeben  (Snotge 
bocbberübmten  fotogen  beeinträchtigten.  6S  famen  nod)  tälunmew  Singe 
bimu  bie  feinen  guten  Ruf  untergruben  unb  aulefet  feine  Xubmger  Stellung 
unmöqtid)  matten.  @r  galt,  trob  beä  pietiftifcb.en  5lnftrid)§,  ben  et  n*  |u 
aeben  rou|te,  in  feiner  Umgebung  a»  ein  toettfinniger  »mann  als  jenuj- 
fücbtig  unb  geizig,  red)tf)aberifcb.  unb  unüerträglid) ;  ja  ein  fitttidjer  tfeb  tritt, 
bellen  er  fä  na$  i>em  Jobe  feiner  gftau  (t  1755)  fd)utbig  madite  nötigte 
itju  fd^tieBlid)  Tübingen  3u  bertaffen  (ügt.  barüber  bie  «nfiabe  Dettnger  t im 
einem  Söcief  an  ben  ©rafen  Saftett  bei  (Sämann,  Cehngerö  Setbltbiograpb,ie 
S  611-  ütitfcbl  S.  59).  Sd)on  feit  längerer  Seit  lebroebten  SBe^anbiungen 
äroifd)en>.  unb  bem  b^nnoüerfcfjen  3Jlimftet  üon  üJlün^aufra,  ber  ^niwj 
W^eimä  2ob  für  ba§  ßanjleramt  unb  eine  tb^eotogifc^e  sptoiejjut  m  ©ottmgen 
m  aeroinnen  fud)te.  %  roar  im  5loüember  1755  bereit,  ben  Uu]  anaunefjmen, 
ba  serfcbhigen  f^  pl&m  bie  Ver^anbtungen,  entroeber  roeit  %  ^orberungen 
aufteilt  auf  bie  man  in  |)annoüer  ni^t  eingeben  f  onnte ,  ober,  nad)  anbeten 
roabrfc&einüd)eren  «rieten ,  roeit  man  bort  aus  pberläfnger  Cuelte  bureb 
"nen  »riet \  %  3Rofe?S   an  ben   «ofiat^   Scb.eib   in  Äannoüer,    ungumtige 


590  $foff- 

9tad)rid)ten  über  $.  erhalten  fmtte  (f.  23üfd)ing  III,  287;  Ütitfdjl  6.  60;  bie 
bort  erroärjnte  Angabe  Don  Qftanf  flammt  auS  ,£>.  6.  ©.  $ßauluS'  Üteifejournal  unb 
berufjt  auf  blofjem  ^pörenfagen).  Dbgleid)  fid)  biefe  2luSfid)t  jerfdjlagen,  bertiefe 
s4).  bennod)  Tübingen,  roo  er  für  baS  ©ommerfemefter  feine  SBortejungen  metjr 
angefünbigt  t)atte,  am  9.  gebruar  1756,  nidtjt  otjne  bort  burdj  bie  ©rünbung 
eines  Stipendium  Pfaffianum  tt)eitS  für  ©tubirenbe,  ttjeitS  für  ©tabtarme,  fein 
unb  feiner  üerftorbenen  $rau  ©ebädjtnifj  bereinigt  ju  fjaben,  unb  überfiebelte  in 
ber  2lbfid)t,  fid)  tnS  ^iribatleben  ^urücfju^ietjen,  nad)  granfiurt  am  Potain. 
Unterwegs  aber  erhielt  er  ganj  unbermutljet  (ober,  wie  er  felbft  meint,  „burd) 
eine  wuuberbare  göttliche  Fügung")  üon  bem  ßanbgrajen  ßubwig  t»on  Reffen 
einen  9tuf  nadt)  (Sieben  als  ^rojcffor  ber  Srjcologie,  ©eneratfuperinbentent, 
SDirector  ber  tfjeologifdjen  gacuttät  unb  ß'anjter  ber  Uniberfität.  Sr  folgte  bem= 
felben,  obrool  jdjon  fieben,}igiät)rig,  unb  befleibete  feine  neue  (Stellung  nodj 
4  3faf)re  lang  bis  ju  feinem  am  19.  sJtoöember  1760  infolge  eines  ©djtagfluffeS 
erregten  £ob  (bgl.  über  bieje  ^eit  9titfd)t  ©.  60). 

S)ie  f<$riTtftellcriid)e  Jtjätigfeit  ^faff *ä  mar  eine  foloffale;  bie  wid)tigften 
feiner  ©d)rijten  finb  bereits  genannt;  ein  botlftänbigeS  Süerjeidjnijj  berfelben 
fiel)e  bei  9Jceujel,  ßejitoit  X,  ©.  353—373;  3öd)er=9totermunb  V,  2154; 
.gnrfdjing  ©.  80 — 98.  sJcad)rid)teu  über  fein  £eben  geben:  ßtjr.  ty.  ßeporin, 
sJiadt)r.  Don  ^iaff'S  Seben  unb  ©c^riften,  1726.  —  $•  $.  Sftofer,  Serifon  ber 
jetjtlebenben  £t)eotogen  II,  642  ff.  —  9tatt)IeT,  ©efd)id)te  je^tlebenber  @5e= 
letzter  II,  302  ü.  --  23üfd)ing,  Beiträge  U3b.  III.  —  §ftfdjing,  Jpanb&udj 
Ob.  VII,  2,  73  ff.  —  ©trieber,  £eff.  ©etcl)rten=©eftf)icf]te  X,  322  ff.  — 
£.  ©bring  bei  <Jrjc&,  u.  ©ruber  unb  Sei.  2£)eol.  beS  18.  Sfarjif).  33b.  III.  — 
©efd).  ber  Uniberfität  Tübingen  bon  33öf,  ßifenbad),  tötüpjel,  SBeijfäder.  — 
9tömer,  SBürtemb.  Äirctjengefcf).  —  ftranf,  ©efet).  ber  prot.  Xtjeol.  II, 
©.  216  ff.  —  ®af$,  ©efd).  ber  prot.  SDogmatif  III,  ©.  74  ff.  —  9titfd)l, 
®efd)id)te  beS  ^ictiSmuS,  Sb.  III,  ©.  42  ff.  —  ^reffet  unb  ßtüpfet  in  ber 
«Proteft.  fteat^ncpflopäbie,  1.  u.  2.  Stuft,  33b.  XI,  450  unb  554  ff. 

2Bagenmann. 
^faff:  ^p  einriß  Subwig  s^.,  geb.  am  3.  SDecember  1765  in  bem 
gotrjaifcfjen  9Jtarftfleden  .»perbSleben,  wo  fein  Qkter  ^ot).  ©amuet  ty.  feit  1757 
SDiafonuS  mar,  empfing  ben  erften  Unterricht  bon  bem  bortigen  Drganiften  unb 
©djultetjrer  21.  2.  ftagel  (nierjt  Sinbernagel),  ber,  claffifd)  gebitbet,  itjn  augleid) 
in  bie  latcinijdje  ©pradje  einführte,  wäfyrenb  fein  Sßater  bie  .ttenntnife  berfelben 
baburd)  förberte,  bafj  er  ib,n  bie  ,,©ottjaifd)e  politifd)e  3cüung"  überfein  lief}. 
3luf  biefe  äöeife  mit  ber  ©praetje  ber  sJtömer  jrütjjeitig  bertraut  geroorben,  be^og 
er  ba§  ©ijmnafium  in  ©ottja ,  roelctjes  bamatö  bon  bem  trefflichen  Otector 
5.  21.  ©trott)  geleitet  mürbe.  Jpier  ^eictjnete  er  fid?  buret)  ungemöcjnlid)en  ftUik 
au3,  ba  er  fiel)  bereits  mit  titterarifdjen  3u^unilgplänen  trug,  jdjmäc^te  aber 
aud)  buretj  fortgelegte  nädjtlictje  ©tubien  feine  ofmefjin  niefit  fefte  ©efuubtjeit. 
Ücactjbem  er  bie  ©cfiule  burd)laufen  rjatte,  mibmete  er  fiel)  feit  1784  in  $ena 
ber  2t)eotogie  unb  baneben  ber  liebgewonnenen  2lttertt)um§miffenfd)aft  unb  trat 
jugleict)  in  baS  bon  3f.  6§r.  S)öberlein  beauifiefitigte  ^rebigerjeminar,  fomie  in 
Ä.  fj.  2Öalcb/3  lateinifd)e  ©ejettfdjaft  ein.  ©eine  für  crftcrcS  aufgearbeiteten 
^rebigtentmürfe  betunbeten  fetjon  bie  bon  il)m  immer  feftgerjattene  9tid)tung  auf 
ba§  ^olfStljümticrje  unb  ©emeinüerftänblicf)e ;  ben  Anregungen  ber  lateinifdjen 
©efeUfdcjaft  entfprang  als  gfruc^t  ein  Kommentar  über  bie  4.  otrjmpifdje  £)be 
v4>inbar'S  („Pindari  Carmen  IV.  Olympicum.  Graece,  perpetua  aunotatione 
illustravit",  1787),  eigentlid}  eine  33atetfd)rift  an  einen  bie  Jpoct)fcf)ute  ber= 
laffenben  gi-'eutib ,  beren  ,3nf)alt  infofern  bon  ber  bistjer  üblidjen  afabemifetjen 
©itte  abmid),  als  er  ftatt  einer  roertfjtofen   poetifcr)en  ©pieterei   eine   gebiegenere 


5Pfaff.  591 

miffenfdjafttict)e  ©abe  barbot.  Site  5p.  nadj  bretjät)ttQem  Aufenthalte  tn^ena  mieber 
tjeimgeferjrt  mar,  erteilte  er  aunädjft  5prit>atunterricf)t,  bis  er  bann  eine  befol= 
bete  AnfteEung  an  ber  gotliatfdjen  j?nabenfct)ule  erhielt  unb  aumr  infolge  einer 
öom  ©eneralfuperintenbenten  3.  $.  ßfjr.  Söffler  getroffenen  Einrichtung,  monacrj 
fünfttg  nidjt  mefjr  ftänbige  Setjrer,  fonbern  (Eanbibaten  ber  Geologie  mit  bem 
Unterrichte  betraut  »erben  foEten.  Bon  ba  an  gab  er  fidj  ber  freilief)  nie 
unterbrochenen  fdjriftfteEerifctjen  ü£f)ätigleit  mit  berührtem  Eifer  tjin  unb  ber= 
öffentliche  mäfjrenb  ber  U)m  nodj  befdjiebenen  menigen  ßebenSjarjre  in  rafdjer 
golge  bie  nacrjbenannten  ©Triften:  „Berfuctj  einer  furjen  Betreibung  beS 
3uftanbeS  ber  ©itten  unb  ©ebräucrje  ber  Hebräer  für  Ungeteilte"  (1792),  ein 
SluSaug  auS  umfänglicheren  facb>iffenfc§aftlict)en  Söerfen  biefer  9lrt;  „Unter* 
f)altenbe§  Jpiftorienbudj  für  Bürger  unb  Bauersleute"  (1793;  5fteue  Ausgabe 
1800),  eine  AuSmarjt  Oon  97  ©efcf)icb>n  mit  fitttidjem  ^intergrunbe  unb  nactj 
ben  SDarfteEungen  ber  bamalS  beften  BotisfcljriftfteEer,  roie  9t.  3-  Betfer,  Gampe, 
b.  9lod)otD,  ©alamann,  3enenner  u.  21.;  „kleine  auSerlefene  liturgifdje  Biblio= 
it)d"  (1.  u.  2.  Bbdm.,  1793),  eine  Sammlung  bon  Formularen  für  geiftlidje 
AmtSf)anbtungen  bei  ber  Saufe,  in  Betftunben,  am  Äranlenbette  u.  f.  m.; 
„3eitung  für  Sanbprebiger  unb  ©crjuEefjrer"  (2  ^a^rgänge,  1793 — 94),  ein 
Unternehmen,  baS,  ebenfo  mie  baS  bortjergenannte ,  nacf)  5PfaffS  ütobe  toon  bem 
©arnijonprebiger  ßtjr.  ßubto.  @t)regott  ßrebner  in  (S5ott)a  nocl)  einige  ^afyxe 
fortgefefet  tourbe,  unb:  „©ebetbuä)  für  Bürger  unb  Bauersleute"  (1794;  2.  Aufl. 
1802).  Aufjerbem  mar  er  Mitarbeiter  an  $•  9t.  ®.  Berjer'S  „Allgemeinem 
Magazin  für  5prebigec"  unb  an  ben  „®otf)aifcf)en  geteerten  geitungen".  — 
äöaS  er  im  ©ctjulbienfte  unb  burdj  feine  Bücher  üerbiente,  teilte  er  mit  feiner 
©djmefter  unb  feiner  unterbefj  öermittmeten  5Ututter;  unter  ber  beftänbigen 
geiftigen  Anftrengung  aber  litt  feine  ©efunbljeit  immer  merjr,  fo  bafj  er  bereits 
am  9.  gebruar  1794,  erft  29  Safjre  alt,  auS  bem  Seben  fctjieb,  aum  aufriß 
tigen  Bebauern  AEer,  bie  feiu  anfprudjSlofeS  SSefen  unb  feinen  anregenben 
Umgang  fdjäfeen  gelernt  Ijatten. 

5i.  ©cf)licf)tegroE'S    5)tefrotog    auf  b.  3.  1794.    2.  Bb.    ©.  286-289. 

-  Inrfdjing,  ^iftor.=Utterar.  £anbbu<$.  7.Bb.  2.  Abtf)l.  ©.  99.  —  ©.  Baur, 

5)teueS  £iftor.=  Biogr.=  Siterar.  ^anbrnörterbutf).    4.  Bb.  6p.  321.  —  Teufel, 

Sejifon.  —  9totermunb  au  3öd)er.   -  £>.  ©bring,   Sie  geteerten  Geologen 

2)eutf$lanbS  im  18.  u.  19.  %a1)xl).     3.  Bb.  ©.  267  f.  —  @x|(f»  u.  ©ruber'S 

ßnctjftopäbie.     3.  ©ect.  20.  Zty.  ©.  103b— 104a  (&.  ©bring).  —  31.  Beet, 

(Srnftll.,  £eraog  ju  ©acb>n=©ott)a  unb  Attenburg.     ©otrja  1854.    ©.  137. 

-  Bgl.  aud):  ^nteEigenabtatt  b.  «Reuen  altgem.  beutfdjen  Bibliotfjet.  1794. 

5ftr.  16.  ©.  131.  ©erjumann. 

^foff:  Sodann  Sfjriftopt)  5p.,  lut^erifctjer  S^eolog  beS  17.— 18.  Mr- 

rjunbertS,  ber  Bater  be§  ÄanalerS  Sb^r.  «ötattt).  «Pfaff ,  ift  geboren  am  28.  Wlai 

1651   au  spfuEingen  im  |)eraogtb;um  äBürtemberg,   f  am  6.  Februar  1720  au 

Tübingen.   —   ©ein  Bater  mar  ^orjann  Silljelm  «Pfaff,  geboren  in  Ura$,  feit 

1649  ©tabtpfarrer  in  5ßfuEingen,  f  1663   als   ©pecialfuperintenbent    in   ®5p« 

pingen.     (3)ie  Familie  mar  im  16.  3fab;rb;unbert  aus  bem  Aargau  in  Söürtem« 

berg  eingemanbert;  ber   ältefte  befannte  ©tammbater  mar  (SaSpar  5p.,  Äupfer= 

fämieb,  aus  Aarau;   fein  ©ob,n  2öilt)etm  5p.,  ©eric^tSbermalter  in  Urad);   fein 

(gnlel  Sodann  5p.,  ©uperintenbent  in  VLxaä),   aule|t  2lbt  bon  tönigSbronn,   aur 

Seit  beS  brei^igiäl>rigen  Kriegs ;   fein   Urenfel  3fo|ann  Söil^elm  5p.,  ber  Bater 

beS   5profefforS,    ®ro|bater   beS   ÄanaterS.)     5)tac^    feines  BaterS  frühem    £obe 

burc^lief    S^riftopl)   bie  $tofterfd)ulen   au  ^irfcljau  unb   Bebenfjaufen ,   ftubirte 

1670  ff.  im  ©tift  au  Tübingen,   mürbe    1673  5ütagifter,   bann   9tepetent,  1683 

©iaconuS  in  Urac^ ,    1685  S)iaconuS  an  ber  ©t.  Seonf)arbS!irc^e  in  Stuttgart, 


592  SM- 

1697  orbenttid)er  5J3rofeffor  ber  s4}l)i(ofopc)ie  (ßogtf  unb  'DMapfjöfif)  in  lübingcit, 
1699  Dr.  theol.  unb  aufjerovb  entließet  ^3rofeffor  in  ber  tt)eologifd£)en  gacuttät, 
aud)  9lbenbptebiger  an  bei*  ©tiftäfird)e  unb  ©uperattenbent  beö  tr)eologifd)en 
©tipenbtums,  1705  2)ccan  unb  exfter  ©upetattenbent.  3fn  bietet  Stellung  blieb 
er,  öon  feinen  (Sollegen  geachtet,  öon  feinen  ©djületn  rjod)öerer)rt  wegen  feiueä 
gebiegenen  ttjeologifdjen  Söiffenä  unb  wegen  ber  tfauterfeit  jeineö  Gtjarafter*, 
big  ju  feinem  £ob,  nadjbem  er  wenige  ^arjre  juöor  (1717)  norf)  bie  greube 
erlebt,  feinen  einzigen  ©ot)n  (Strriftopt)  s.Dtattf)äuS  junt  ßoüegen  im  afabemifd)en 
£et)ramt  ju  ertjatten.  ©eine  £od)ter  ^otjanna,  bc8  Äanjletä  ältere  ©djmefter, 
War  bie  ©attin  bcsi  Tübinger  ^roieffors  Sotjann  Gtjriftan  Ätemm  (r  1754). 
s}}faff'a  afabemifdje  2el)r=  unb  fdjrifftellerifdje  ütrjätigfeit  erfttetfte  fid)  auf  öer» 
fd)iebene  tf)eologifd)e  3)iäciplinen,  inäbefonbere  auf  (Jrftärung  be§  Sitten  unb 
bleuen  Seftamentä,  auf  25ogmati!  unb  ttjeologtfdje  ^olemit.  ©o  fd)rieb  er 
2)iffertationen  über  baS  ©öangelium  'Dtatttjäi,  9lnmerfungen  jjut  ©tynopfe  beä 
Tübinger  £t)eologen  2t).  I|umm,  eine  „Sylloge  controversiarum".  2lbl)anb= 
lungen  de  theologia  mystica ,  de  ubiquitate ,  inibefonbere  aber  einen  33emei3 
für  bie  2Batjrt)eit  ber  eöangeüfdjen  Ajirdjenletjre  auö  bem  canonifdjen  Üied)t 
(„Dogmata  Protestantium  ex  jure  canonico  comprobata"   1712). 

ßine  furje  £ebenebefd)reibung  öon  il)m  lieferte  fein  ©ofjn,  ber  Äanjter, 
Tübingen  1720,  4U.  Slufcetbem  ögl. :  ©toll,  Sßüttemb.  lHagiftetbud) 
©.  297.  —  Seporin,  geben  ber  ©etef)rten  ©.  770  ff.  —  Bibl.  Brem.  IV, 
772  ff.  —  #irfd)ing,  £anbbud)  VII,  1,  99.  —  3öd)er=9totermunb  III,  1484; 
V,  2156.  —  S3öE=eifenbad)^lüpTel=2öei3fäcfer,  ©efd).  ber  lübinger  Uuiüetfität 
unb  ttjeol.  ^acultät.  SÖagcnmann. 

1>fflff:  3otjann  gtiebtid)  s.p-,  'DJlattjematifet,  rourbe  am  22.  2)ecembet 
1765  at§  ^Weitet  unter  ben  fiebcu  ©ötjnen  beä  ©et).  Dberfinanjrattjg  g.  58.  öon 
*Pfaff  in  Stuttgart  geb.,  f  am  21.  ^Iptil  1825  in  JpaHe.  W\t  9  Saroten  rourbe 
*P.  al§  ©otm  einer  rjod)gead)teten  Seamtenfamilie  in  bie  tjerjoglidje  $atl6= 
afabemie  aufgenommen,  an  weldjer  er  baä  juribifd)e  ©tubium  öoüenbete.  ©eine 
eigentlidje  Begabung  war  aber  eine  mat£)ematifd)e,  was  ben  ßeljrem  ber  Slfabemie 
nid)t  entging,  unb  auf  bie  tjerüorragenben  Särjigfeiten  bes  jungen  Cannes  auf= 
merffam  gemacfcjt,  fd)icfte  itjn  $crjog  $arl  1785  nad)  ©öttingen,  um  fid)  bort 
unter  .Uäftuer  unb  2id)tenberg,  ben  weithin  berühmten  £et)retn  ber  sUtatrjematit 
unb  ^Ijrjfif,  weiter  au^ubilben.  9cad)  etwa  jWeiiäfjrigem  2luientl)alte  begab  fiel) 
%,  immer  bem  2ßunfd)e  feines  fürftlidjen  ©önners  cntfpredjenb,  ju  S3obe,  bem 
berliner  s^ftronomen ,  öon  ba  nad)  2üien ,  unb  bort  erreichte  ben  eben  erft 
22jäl)rigen  jungen  ©etetjrten  eine  Berufung  als  orbentlid)er  s^rofeffor  ber  9Jtatfje= 
mati!  nad)  Jpelmftäbt  an  bie  ©teile  bes  ju  Dftern  1788  nad)  £atte  überfiebeln= 
ben  Flügel,  *p.  war  nämtid)  jetjt  fd)on  at§  bas  anerfannt,  ali  wa8  wir  it)n 
bezeichneten,  ©eine  „Commentatio  de  ortibus  et  occasibus  siderum  apud  auetores 
classicos  commemoratis"  War  1786  öon  ber  pt)itofopr)tfd)en  gacultät  in  ©öttingen 
mit  bem  greife  gefrönt  worben,  fein  in  ^Berlin  öevöffentlictjter  „Söerfud)  einer 
neuen  ©ummationämett)obe  nebft  anbeten  analt)tifd)en  3?emerfungen"  Ijatte 
getabe^u  ^uifeljen  erregt.  Jperjog  Äart  öon  äßürtemberg  Willigte  barein,  bafj 
^P.  in  bie  it)m  eröffnete  ©teile  eintrete,  unb  öon  nun  an  gefjötte  *p.  ungefähr 
ebenfolang  al§  fein  ftüfjetcä  ßeben  gebauett  tjatte,  big  ju  bet  1810  erfolgten  Sluf= 
tjebung  ber  llniöerfität  |>elmftäbt,  bem  Seljrförper  berfelben  an.  Sine  Berufung 
nad)  SDorpat  lehnte  er  1802  ah.  3m  $.  1800  üerfebte  i^n  bie  Weftfälifd)e 
Regierung  an  bie  llniöerfität  -^atte,  an  ber  er  bi§  ju  feinem  Sebenöenbe  witftc. 
Männer  Wie  ^oüweibe,  ©erling,  33artelö  gehörten  ju  feinen  banfbaren  ©d)üleru. 
©aufj  war  it)m  in  bet  Jpelmftäbtet  3eit  befonbeti  natje  getreten,  wenn  auefj  öon 
einem  Sßettjältni^  wie  öon  ©cfjület  au  ßefjrer  bei  biefem  frühreifen  ©eniu§  nid)t 


SPfaff.  593 

bie  9tebe  fein  fann.  tpfaff'ö  totffenfd^aftlid^c  ££)ätigfeit  äußerte  fidj  auct)  jc^rift= 
ftellerifcfj  meiter.  @r  öeröffentlic^te  1797  ben  I.  (einigen)  93anb  ber  „Disqui- 
sitiones  analyticae  maxime  ad  calculum  integralem  et  doctrinam  serierum  per- 
tinentes",  in  roelcrjem  unter  Slnberem  audj  lineare  2)ifferenttalgteid)ungen  3roeiter 
Drbnung  berjanbelt  finb,  eine  Vorarbeit  für  bie  gleich,  nadjrjer  ju  nennenbe  t)er= 
borragenbfte  £eiftung  ^pfaff'g.  @r  mar  eifriger  Mitarbeiter  an  |)inbenburg'S  Slrdjib 
ber  ^ftatfjematif,  für  roelcrjeS  er  3at)treictje  ^Beiträge  in  bem  combinatorifdjen 
©eroanbe  lieferte,  roeldjeS  gleictjfam  bie  Uradjt  jener  uniformirten  3eüfci)rift 
bitbete  unb  biefelbe  bem  tjeutigen  ßefer  fa[t  ungenießbar  madjt.  @r  beseitigte 
fictj  1810  bon  ^atte  aus  in  gadj'S  9Jtonatlicr)er  ßorrefponbenj  an  ber  ßöfung 
ber  bon  ©auß  aufgeworfenen  grage  ^a(f)  °^'  <Sttipfe  größten  ftläffyznxaumZ, 
roeld)e  einem  gegebenen  Sßierecfe  einbefcfjrieben  roerben  fönne.  @r  legte  enblid) 
1815  ber  ^Berliner  2I£abemie  feine  bebeutenbfte  Slbtjanbtung  bor:  „Methodus 
generalis  aequationes  differentiarum  particularum,  nee  non  aequationes  differen- 
tiales  vulgares,  utrasque  primi  ordinis,  inter  quoteunque  variabiles,  complete 
integrandi".  äBie  rafdj  bte  Sßicrjtigt'eit  biefer  5tbt)anblung  in  3)eutfcf)lanb  erfannt 
rourbe,  ift  fdjon  barauS  3U  entnehmen,  baß  Sofy  £obiaS  9Jtarjer  itjrert  £)aupt= 
intjatt  bereits  1818  bem  II.  *8anbe  feines  SBollftänbigen  SetjrbegriffS  ber  rjötjercn 
2lnatt)fiS  eintiertei6te.  Gjuropäifcfj  befannt  mürbe  fie  fveifict}  erft  nacrj  5)3faff'S 
Sobe,  unb  jmar  feit  1827  burd)  <L  &.  3-  3acobi'S  2lbfjanblung  in  GreüYs 
Journal  II,  317:  Ueber  bie  ^fafffetje  ^Jiettjobe  eine  geroörjnlicrje  lineare  SDiffe= 
rentialgteicfjung  sroifcrjen  2  n  SÖariabetn  buret)  ein  Softem  bon  n  (Steterjungen 
3U  integriren.  2>aß  ty.  fdjon  meit  früher  bon  ben  Slfabemien  in  Petersburg,  in 
©öttingen,  in  23ertin,  in  $ariS  tfjettS  jum  Gorrefponbenten,  ttjeitS  jum  9Jtit= 
gtiebe  ernannt  mürbe,  muß,  mie  eS  fdjeint,  auf  9tect)nung  feiner  fonftigen  Seiftungen 
gefegt  merben.  5Die  ^erfönlictjfeit  ^faff'S  mar  außerbem  nacr)  allgemeinem  Urtrjeile 
©egenftanb  innigfter,  meiteft  öerbreiteter  ^octjadjtung.  @r  mar  feit  1803  mit 
einer  Goufine,  Fräulein  SBranb,  berrjeiratrjet,  roeldjer  er  ^roei  Sötjne  hinterließ, 
©ein  äiemlid)  umfaffenber  SSriefmedjfel  ift  1853  tjerauSgegeben,  unS  aber  teiber 
nietjt  3ur  Verfügung. 

S3gl.  CmuYfdje  Sitteratur^eitung  1825  9lr.  112.  —  Steuer  ftefrolog  ber 
SDeutfdjen  III.  Safjrgang  (1825)  S.  1415—1418.  —  ^oggenborff,  33tograpt).= 
litterar.  ^anbmörterb.  3.  (Sefdj.  b.  erbeten  Söiffenfdj.  II,  424.  Santor. 
^faff:  Sofjann  2Bilrjetm  SinbreaS  $.,  9Jtatt)ematiier.  Süngfter 
SBruber  üon  ^ol)aun  griebriefj  ty.  (f.  b.),  mürbe  am  5.  5December  (nacr)  anbercr 
Angabe  am  8.  Secember)  1774  in  Stuttgart  geboren,  t  am  26.  $uni  1835 
in  (Srlangen.  Seichte  Sluffaffung,  ßebenbigfeit  beS  ©eifteS,  baneben  eine  gemiffe 
llnbeftänbigfeit,  bie  ntc^t  jugab,  baß  bie  gleiche  23efcr)äftigung  irjtn  lange  genügte, 
maren  feine  fennjeicrjnenben  'Dfterfmate.  S3or  Sottenbung  bei  17.  Seben§jatjre§ 
mürbe  er  au§  bem  Stuttgarter  ©tjmnafium  jum  fog.  Stift  in  Tübingen  entlaffen. 
S}on  bort  üromobirt,  ma<f)te  er  einige  Steifen.  3m  3-  1800  mar  er  Stift§= 
repetent.  %m  5luguft  1803  ertjiett  er  einen  9tuf  an  bie  neu  errichtete  Uniberfität 
5Dorpat,  bermutb^lid)  auf  (Smpfe^tung  feines  33ruberS  Sot).  ftxxtbx.,  ber  eben  3U 
jener  Qixt  bie  itjm  angebotene  ^rofeffur  ber  Mattjemattt  bafelbft  auSgefctjlagen 
blatte.  Söenn  ty.  aueb^  allen  ©runb  gehabt  blatte  über  bie  frürje  Seförberung, 
über  bie  Stellung  bie  fidj  itjrn  fomoljt  als  ^ofratl)  unb  Sternroartenbirector,  als 
feit  September  1804  als  ©emat)l  bon  ^autineb.  ^8atful  auS  bem  berühmten  tiblän= 
bifd§en  2lbe(Sgefd)lecf)te  öffnete,  rjocrjbeglütft  ju  fein,  fo  30g  eS  ifm  boct)  uumtberfte^lic^ 
nadj  feinem  beutfetjen  Süben.  j$n  SBürtemberg  fetbft  unter3ulommen  gelang  ib^m  tro^ 
roiebertjottcr  Semerbungen  nidjt.  @r  erhielt  aber  einen  9tuf  an  baS  9tealinftitut 
in  Nürnberg,  mob^in  er  im  Sluguft  1809  überfiebelte.     1817  ging   er  bann  als 

Stiigem.  beutfd&e  SioaraD'öie.    XXV.  38 


591  $fßff. 

UniPerfitätäprofeffor  ber  DJlatfjematif  nad)  SÖürjburg,  1818  nad)  (Hangen,  ^u 
Nürnberg  üertor  5ß.  am  15.  9Jiärj  1816  feine  ©attin.  3lnbertt)alb  3faf)te  barauf 
fdjlofj  et  eine  jtoeite  gtüdlidje  unb  mit  .ftinbern  gefegnete  Grrje  mit  i'uife  *ß(anf, 
ber  Söittroe  eincö  ®eiftlid)en.  3lu3  bev  etften  Gtje  mar  übrigen§  aud)  eine  £odjtcr 
am  Seben,  bie  aber  nod)  unücitjeiratljct  1832  ftatb.  ^faff'3  2ob  raurbe  1835 
unter  met)rmonatlid)em  fd)mcren  Seiben  butdj  fid)  miebertjolenbe  (Sdjlaganfätlc 
rjerbeigefürjit.  5ß.  mar  9Jtitglieb  ber  3lfabemieen  ju  Petersburg  unb  9Mnd)en,  ber 
pf)r)fifattfd)=mebicinifdjtm  ©efeEfd)aft  31t  3Jto§fau,  unb  fragt  man  nad)  feinen  eigent= 
lidjen  miffenfd)aftlidjen  Stiftungen,  fo  tjält  e§  fd)rocr  Jperüorragenbeä  auäfinbig  jju 
madjen.  33atb  feffelten  ifyn  <5an§fritftubien,  balb  ,!pierogU)pt)enbenfmate,  balb 
marf  er  fid)  gar  auf  3l|"trotogie,  bie  er  in  bie  Oteifjc  ber  2Biffenfd)aften  mieber  cinju= 
führen  beabfidjtigte.  3lm  merttjpollften  finb  nod)  aftronomifdjc  3lbtjanblungen 
3ur  ©törungSredjnung,  tueldje  *$.  für  t)crfd)iebene  ;}eitfdjriften  (Lobe'S  Sarjrbuä), 
üon  3ac*)'3  sUJonat(id)e  Gorrejponbenj,  Senffd)riTten  ber  fRündjenet  3lfabemie) 
betfafttf. 

Sgl.  Wen«  «Hefrolog  ber  Seutfdjen  XIII.  Sfaljtgang  (1835)  ©.  575—578. 
—  s4?oggenborff,  53iograpr).=  titterar.  .£>anbroörterb.  3.  ©efd).  b.  eracten  SCßiffen» 
fdjaft  II,  428—429.  Kantor. 

1>fflfp  Sfoljann  ßcontjarb  5ß.,  S3i|djof  bon  ^utba,  g.eb.  am  18.  3Iuguft 
1775  311  ,£)ünfelb  in  $urr)effen,  f  am  3.  Januar  1848  3U  gutba.  @*  mad)tc 
feine  ©tubien  3U  ftutba,  mürbe  bort  1793  Soctor  ber  ^^ilofopfjie ,  22.  ©ep= 
tember  1798  Sßriefier.  6r  mar  bann  ,yinäd)ft  (iaplan  bafelbft  unb  mürbe  1802 
4Jrofeffor  am  (SVjmnafium ,  1803  .^ofeaptan  unb  geiftlidjcr  Watt)  be§  Sfütjl« 
bifd)of§,  1804  Setjrer  be§  ßird)enred)tö  unb  ber  (Sregefe  au  ber  tt)eologifd)en 
Setjranftatt.  Ser  gftttftymmaS  Salberg  ernannte  it)n,  nad)bcm  fjfulba  bem  @rofj= 
rjerjogt^um  gftanfftttt  einverleibt  morben  (3t.  S.  33.  IV.  707),  1812  311m  Obetfdjul» 
unb  ©tubienratl),  bie  furrjeffifdjc  Ütegierung  18 IG  311m  Sirector  be§  £t)ceum§ 
unb  ©Pnmafiumä  3U  gutba.  1823  unb  1824  Perfafjte  $.  Ijauptfädilid)  bie 
23efd)roerben  beS  bifd)bitid)en  ©eneralüicariateä  31t  $ulba  (©eneralüicar  mar 
Sft.  ü.  .ftempff)  gegen  ba3  bie  Skrrjättniffe  ber  (mr  Siöcefc  fyulba  getjörenbeu) 
fatfjolifdjen  ßtretjen  unb  <2d)u(en  im  ©rofetjcr^ogtljum  <5ad)fen  =  2ycimar  bc= 
tveffenbe  ©efetj  Dom  7.  October  1823  (Sarmftäbter  attg.  Äirdjenjeitung  1823, 
sJir.  97—99;  bie  33efd)merbeu  nebft  anbeten  3lctenftüden  ebenb.  1824.  9lr.  139 
biä  141  ,  aud)  befonber§  gebtudt  3U  9flain3  1824).  @r  üeröffenttidjte  aud) 
„53emerfungeu  ju  bet  in  bet  5lHg.  ßitd)en3citung  1825,  9lr.  23 — 25,  ent= 
tjaltenen  33eleud)tung  ber  33orfteüungen  unb  58efd)merben  be§  bifd)5flid)en 
©eneraluicariatö  3U  gulba"  1825.  5ß.  ftanb  in  bem  Sßer^eidjni^  Von  14  (Seift= 
lidjen,  melcrje  1823  Don  föorn  au§  für  bie  fünf  SBiättjümer  ber  oberrl)cinifd)en 
.ftirdjenprotnnj  oorgefdjlagen  mürben  ($.  ßongner,  S3eitr.  jur  OJefd)id)tc  ber 
oberrb,.  ßhdjenpr.  <5.  256).  33ifd)of  üon  ftulba  mutbe  aber  182'.»  pnädjft 
3f.  31.  Sieger,  ty.  erhielt  bie  ^meite  SJom^ertnftelle.  sJlad)bem  bieget  am 
30.  3uli  1831  geftotben  roat,  mürbe  ^>.  am  15.  9cobember  3U  feinem  5iad)= 
fotger  geroäf)lt,  am  24.  gebruar  1832  präconifirt,  am  2.  «September  confecviit. 
(Sie  SBafjl  mürbe  öon  bem  $rofeffor  Butter  [31.  5D.  33.  XXII,  711]  otme  Erfolg 
beftritten,  roeit  ^mei  @f)tenbomt)erren ,  bagegen  nid)t  bie  Sompräbenbaten  mit= 
gemäht  tjätteu  unb  5ß.  feinen  afabemifd)en  ©rab  befifee;  3lfd)affenburger  Äird)cn= 
Leitung  1832,  Sitt.--33l.  Tit.  7).  —  «öltt  bet  fitt^effifd)eu  sJtegietung  l)atte  ip. 
roieber()olt  (Sonflicte  megen  ber  gemifd)ten  @fjen.  1837  meigerte  er  fid),  einen 
barauf  bejüglidjcn  ßrlafe  öom  21.  3lpril  jurüdiuncljmen,  unb  1843  proteftirte 
er  gegen  einen  ben  «Stänben  Porgelegten  ©efetjenttuurf  ($.  33rüd,  Sie  oberrl). 
.^ird)enproüiu3  @.  220).  Unter  bem  30.  Secember  1838  überfanbte  -ß.  bem 
©ro^erjog  öon  Sad)fen=2Beimar  eine  33orftellung  über   eine  Pon  bem  ©enera(= 


$?aff.  595 

fuberintenbenten  9töt)r  am  Dteiormationäfefie  gehaltene  ^rcbigt  (mit  ber  2lntmort 
be§  SttinifteriumS  bom  26.  gebruar  1839  abgebrucft  in  £)öningt)aus'  iHrdjen» 
jeitung  1839,  6.  187,  239).  3m  3.  1845  trat  et  gegen  bie  Seutfdjfatfjolifen 
auf,  meldje  in  Harburg  unb  -gmnau  2lnt)änger  gefunben  unb  benen  fidj  3toei 
(Seifilidje  feiner  Siöcefe  angef erhoffen  tjatten  (berliner  Äirdjenaeitung  1845, 
3fac  840);  er  tiefe  bamal§  audj  ein  ©ebictjt  bruefen:  „Sen  neuen  beutfdHatfjo= 
Uferen  ©emeinben  unb  itjren  gü^rern  djergfi  unb  9tonge"  (.juerft  in  bem 
-JRainjer  Sonntageblatt,  bann  auet)  befonbers). 

>#.  mar  ein  tüchtiger  Äanjelrebner;  einige  ©elegenb,eit»reben,  bie  er  al§ 
^BifctjoT  gehalten,  finb  gebrueft,  aufeerbem  einige  {(eine  GrbauungSfdjriften ,  ein 
©ebictjt  „Öeben  unb  SBirfen  be§  äöinfrieb  23onifaciu»",  1835,  unb  (anonrjm)  „Sie 
ctjriftlicrje  ©lauben§=  unb  Sittenlehre  in  itjrem  3uiammen^an9e  uno  m<$  oem 
Sinne  ber  fatfjolifcfjen  Äircrje  furj  unb  gtünblicf)  bargeftettt",  gulba  1820  unb 
ÜMndjen  1821.  3n  SDlaftiaur'  Sttteraturjeitung  finb  jmei  bon  it)m  in  elegantem 
Latein  gefdjriebene  Programme  be§  gutbaer  g^eumS  Don  1819  unb  1821  abge= 
brueft:  „De  probitate  morum  cum  literarum  studiis  conjungenda  prolusio"  (bei 
s2Jtaftiaur  1820,  ^nteHigenjblatt  9tr  4)  unb  „In  memoriam  J.  B.  Hillenbrand, 
Gvmnasii  Fuldensis  quondam  Rectoris"  (6ei  Dtaftiaur  1821,  3lx.  102 — 104). 
91.  «Refrolog  26  (1848),  47.  fReuf cj. 

'^foff:  föaxl  $.,  geb.  }U  Stuttgart  am  22.  gebruar  1795,  f  p  Gelingen 
am  6.  Secember  1866.  %m  ttjeotogiferjen  Seminar  unb  bem  Stiit  in  Tübingen 
gebilbet,  befeette  it)n  al3  Grbtrjeit  feine§  all  3lrdi)ibar  angeftettten  Saters  lebhaftes 
^ntereffe  für  bie  t)eitnifdt}e  ©efdjicrjte.  %m  3- 1818  an  ber  Sateinfctjule  in  Gelingen, 
jeit  1819  mit  bem  xitel  eine§  Gonrector§,  angeftetlt,  janb  er  5Rufee  genug, 
namentlich)  im  bortigen  fiäbtifctjen  Slrctjibe  unb  im  Staatsarcfjibe  ju  Stuttgart  eine 
erftaunticfje  Sülle  gefcrjidjtlicrjen  Stoffes1  ju  fammetn  unb  in  jarjlreictjen  Schritten 
unb  Sl&fjanblungen  p  berarbeiten.  Dieben  bem  großen  SammeifleiBe  äeidmet 
ifjn  bie  2iebe  jum  2}atertanbe  au§.  SBie  er  als  Setter  weniger  buret)  anregen= 
ben  llnterricrjt,  als"  bureb,  Gtmecfung  be§  Sinnes"  für  53aterlanb  unb  gteirjeit 
Giuftufj  ausübte,  fo  berfenfte  rr  fidj  mit  mariner  Neigung  in  bie  Grellheiten 
ber  rjeimifcrjen  ©efcfjidjte  unb  ftettte  beren  leuctjtenbe  Sorbilber  ber  9Jcitmelt  bor 
klugen.  So  mar  er  benn  aufrieben  mit  feiner  befdjeibenen  äußeren  Stellung  unb 
oerfuctjte  nur  einmal  (1845)  einen  itjm  angemeffeneren  SBirfungsfreiä  am  Staat§= 
ardfcjibe  ju  erfjalten,  eine  33emüf)ung,  meldje  roegen  feiner  bolitifcb/freifjeitticrjen 
Oticrjtung  feinen  Grfolg  fjatte.  Sie  letztere  madjte  er  namentlich  in  feinen  3Be= 
ftrebungen  für  bas  beutfcfje  Sängermefen  geltcnb.  5lls  er  1846  311m  SBorftanb 
be§  bon  it)m  mitbegrünbeten  Gfjlinger  2ieberEran3e§  geroäfjlt  mürbe,  übernahm 
er  bie  Aufgabe  im  .gunblicf  auf  bie  fociate  unb  nationale  SSebeutung  ber  Pflege 
bes  beutfetjen  Siebe§.  @r  mar  e§,  ber  1847  ba§  erfte  in  Seutfdfjlanb  abgehaltene 
Sängerfeft  ju  $lod)ingen  leitete  unb  im  Verlaufe  feiner  Stjätigfeit  jum  ^räfibenten 
beö  1849  äufammengetretenen  fctjmäbifcfjen  SängerbunbeS  beftellt  mürbe,  ßbenfo 
nabjm  er  eifrigen  SIntljeU  an  ber  ©rünbung  bee  beutfdjen  Sängerbunbe§  im 
^.  1862  unb  gehörte  beffen  SluefctjuB  an.  Sie  bieten  Üteben,  bie  er  bei  folgen 
heften  tjielt,  3eigten,  bafe  itjm  menigften§  ber  pahtotiidje  3wecE  biefer  SBcrcini- 
gungen  obenan  ftanb.  Seine  SBerbienfte  eb,rte  1841  bie  Stabt  Gelingen  buidj  33er- 
leit)ung  be§  Gb.renbürgerrec^tö ;  naef)  feinem  2obe  festen  if)m  bie  beutfetjen  Sänger 
mit  mof)(gelungener  efjerner  5Büfte  in  feiner  jmeiten  Söaterftabt  ein  Senfmal. 
Äurj  bor  feinem  Slbleben  übergab  er  ber  öffentlichen  Sibliottjef  in  Stuttgart 
feine  reiben  Sammlungen  mit  «öunberten  bon  |>anbfcr)riften  unb  Srucfen,  Ütegeften 
be»  mürtembergifetjen  gürftenrjaufe§,  bon  mefjr  al§  1000  dürften*  unb  Slbell» 
gefctilecfjtern,   bon  bieten   Stiften,   Älöftern  unb  Sfteidjgftäbtcn ,   sufammen  über 

38* 


596  Sßfftffinaei  —  ipfoffrab. 

40  000  Urfunbenaugpge,  fetner  ein  S)iplomatar  mit  gegen  9000  Urfunben* 
abtriften.  Seine  ©Triften  finb :  „@efcf)id)te  2öürtemberg8"  (1818—1820),  ,,«DH8« 
cetten  nu8  bet  mürtembergifd)en  ©efd)id)te''  (1824),  „SBürtembergifcrjer  s$lutard)'' 
(1830—1832),  „Sie  Duetten  ber  älteren  mürtembergifdjen  ©efdjidjte  unb  bie  ättefte 
s4Jetiobe  ber  mürtembergiferjen  t£)iftoriograpf)ie"  (1831),  „Urfprung  unb  jrürjefte 
©efd)id)te  be8  mürtembergtfd)en  gürftenf)aufe8"  (1836),  ,,©efd)id)te  be8  dürften» 
fmufe8unb  Sanbc8  Söürtemberg"  (1839),  „2öürtembergifd)e§  £etbenbudi"  (1840), 
„ftürftenfjauS  unb  Sanb  SBürtemberg  nad)  ben  .gmuptmomenten"  (1S41),  „Serfud) 
einer  ©efcrjicfjte  be8  geteerten  Unterrid)t8mefen8  in  2Bürtemberg  in  ben  älteren 
3eiten"  (.1842),  ,,©efd)id)te  bc8  9JWitärmefen8  in  Söürtemöerg"  (1842),  „Wrid) 
.^er^og  ju  2öürtemberg"  (3.  Sanb  ^u  ^et)b'8  2Bev!,  1844),  ,,©efd)id)te  ber  Otabt 
Stuttgart"  (1845—1846),  „®efd)id)te  ber  9teid)8ftabt@&lingen"  (1852),  „®efd)id)te 
"Üttöfjringeng  auf  ben  f^bern"  (1854),  ,,©efd)id)te  ber  Qfrauenfirdje  in  Gelingen 
unb  itjrer  Oteftauration"  (1863),  „Sie  ffünfiterf amitte SöBlinger"  (1864),  „2Bürtem= 
bergifdjc  Söeincrjronif"  (1865),  „2Bürtembergifd)e8  ©ebenfbud)  auf  atte  £age  be8 
3a^rS"  (1865). 

Sögt.  3ur  Erinnerung  an  ßarl  Sßfaff  (g&lingen  1867). 

6  u  g  e  n  S  d)  n  e  i  b  e  r. 

^fäfftllflcr :  urfuta  $.,  SlOtiflin  ju  gvauendjiemfee,  geb.  am  7.  September 
1463  auf  Sdjlofj  SBilbenrjeim,  mar  bie  Stodjter  be8  nieberbaierifcfjen  Grbmarfdjaüs 
©entiflor  ■$.  unb  eine  Sdjracftcr  be8  Gittere  £)egenb,art  ty.,  Secretät8  be3  $ur= 
fürften  griebrid)  be8  Sßeifen.  ftrüf)  fd)on  trat  fie  in  ba8  ermähnte  Stift  unb 
mürbe  bort  am  30.  Octobcr  14'.»4  jur  Sorfterjerin  gemäht.  3fn  biefer  Stettung 
entfaltete  fie  eine  feltene  llmficfjt  unb  Sljatfraft,  bie  ,}uma(  rjeroortrat  mätjrenb 
be8  pfäijifd)=bairifd)en  $riege8  öom  $.  1504.  3118  ber  ^einb  irjrcr  Sfnfct  att= 
mät)lid)  näfyer  fam,  tiefe  fie  biefetbe  mit  s^attifaben  befeftigen  unb  mit  getb= 
fdjlangcn  bemerjren.  So  tonnte  fie  einer  großen  3ar)l  Don  flüchtigen  gamiüen  auf 
irjrem  ßüanbe  ein  Slfpt  eröffnen.  S)a8  Stift  blieb  Por  fcinblicfjen  Stnfatten 
Perfdmnt.  2tbtiffin  Urfuta  lieferte  aud)  einen  Seitrag  jur  fteitgcfdjidjte:  fie 
fcrjrieb  ein  £agcbud)  über  bie  bamaligen  $rieg8ereigniffe,  melcfjc8  im  VIII.  Sanbe 
be8  oberbahifdjen  3Ird)iüe8  abgebrueft  ift.  So  ungünftig  irjre  Stettung  aud)  für 
ein  fold)c8  Unternehmen  fdjien,  jeigt  fie  fid)  allenthalben  at8  gut  unterrichtet, 
^fjrc  ^amitienbejierjungen  roufete  fie  ju  ©unften  i(jrc8  ÄlofterS  flug  ju  benutzen. 
So  bemittigte  ^eqog  Sßotfgang  Pon  Saicrn,  mie  bie  Urfunbe  fagt  „auf  Sitte 
unfev8  DtjeimS  be8  .Wurfürften  gtiebrid)  öon  Sad)fen"  bem  Stifte  ben  ©ebraud) 
einc8  grofjen  fjfifdjnetjea,  eine8  fogenannten  „Schöpfen" .  Urfuta  ^.  ftarb  am 
28.  Cctober  1528. 

3)eutinger8  Seiträge  I.     S.  362—377.  ©.  2Beftermat)  er. 


idjute  ^u  „ 

üorgebilbet,  ftubirte  er  feit  1586  ^tjüofoprjic  unb  Ideologie  ju  £)elmftebt,  mar 
ein  Sdjüter  ber  Geologen  %.  .^efrlmfen  (f  1588)  unb  S)anie(  ^»ofmann 
(f  1611)  unb  mie  lefjterer  ein  eifriger  2tnt)ängcr  ber  9camiftifd)en  5)3t)i(ofopr)ie 
unb  ber  tutrjerifdjeu  Drttjoborje  im  ©egenfats  gegen  bie  in  .ipelmftebt  aümärjlid) 
,^ur  ^errfdjaft  getangenbe  ^riftotelifct)  =  9Mand)tb>uifd)e  ütic^tung.  6r  mürbe 
1588  5^agifter  unb  SDocent  in  ber  pt)i(ofopt)ifd)en  gacuttät,  1593  aufjer= 
orbenttidier  ^rofeffor  ber  Geologie,  1598  Orbinariu8  unb  Dr.  theol.  33efon= 
bet8  betannt  ift  er  gemorben  burd)  feine  tcjcotogifcfje  5£)octorpromotion  am 
17.  gebruar  1598  unb  bie  bei  biefer  ©etegenrjeit  unter  £)ofmann'8  s43räfibium 
gesottene  2)i8putation  über  eine  Pon    teuerem   aufgeftettte   Ürjefenreifye   De   Deo 


«Pfalj  -  «Pfanber.  597 

et  Christi  tarn  persona  tum  officio,  bie  311m  Sluibruch.  beö  fog.  .gjofmannifcrjen 
Streite»  über  baä  2}ertjältnif$  ber  5J>f)itofopf)ie  unb  Rheologie  ben  erften  21nlat3 
gab.  Sßäbrenb  ^ofmann  itjn  prieS  ali  einen  ber  feltenen  Sttjeotogen,  bie  fiel) 
öom  fdjolaftifdjen  Sauerteig  lern  tjalten,  bie  ßinmifctjung  ber  menfdtjlicfjen  33er= 
nunft  in  ©lauben»fac6,en  jurücfroeifen  unb  it)re  Ütjeologie  aus  ben  lauteren 
Cuetten  ber  göttlichen  Offenbarung  fdjöpfen,  fo  mar  er  bagegen  ber  (Gegenpartei 
öertjafjt  ali  Sftamift  unb  $eräd}ter  bei  Slrtfiotetei ,  ali  geinb  ber  roabren  S3il» 
bung  unb  3ugteid)  als1  SIgent  unb  33ertrauenimann  bei  bamaligen  -gmuptei  ber 
ortljoboren  Partei  im  ^er^ogtrjum  33raunfch,rDeig=2Botfenbüttet,  bei  ©eneral= 
Superintenbenten  SBafttiuS  Sattler.  W\t  ©eoig  Gatijt  unb  feiner  feit  1614 
in  -g)elmftebt  jur  £errfchaft  gelangcnben  9ticbtung  mar  5ß.  nicbt  einöerftanben ; 
er  öertoeigerte  it)tn  bai  testimonium  sinceritatis  in  doctrina,  öermoctjte  aber  feine 
9lnftcttung  unb  feine  immer  einflußreichere  Sßirffamfeit  nicf)t  ju  binbern,  fütjtte 
fidj  batjer  in  feinen  testen  ^atjren  metjr  unb  mebr  öereinfamt  unb  öerftet  in 
■Iprjpoctjonbrte,  blieb  aber  bennodj  bii  au  feinem  £ob  im  Slmt  unb  in  fortgefeijter 
Dppofition  gegen  bie  IJfteh^abl  feiner  (Eoüegen.  —  Seine  Schriften  banbelu 
Don  ber  Stamiftifdjen  $bUofopf)ie,  öon  ber  ^ugenbev^iebung,  öon  ber  ßehre  öon 
ber  ßircrje,  Slbenbmahl,  betn  freien  2Bitten  fomie  öon  ben  Mitteln  jur  -Jperftetlung 
unb  Gürcjattung  ber  (Jinigfeit  aroifdjen  ber  tutljenfcrjen  unb  reTormirten  Äircfje.  — 
habere  Angaben  bei  Söcber-Ototermunb  III,  1485;  V,  2158;  bef.  aber 
bei  6.  £enfe,  ©eorg  Galijt  I,  S.  75  ff.  2öa  gen  mann. 

^falj:  5>.  öon  Strasburg  galt  ber  Srabition  ali  ber  2lbn  bei  Strafjbmger 
üfteiftergefangi :  roo  Stratjburger  Siebter  öer^eichnet  toerben,  finbet  er  feinen 
%la%  nod)  Dor  ben  üblichen  jroöti  alten  OJleiftern.  Sluch.  feine  Stelle  in  ben 
großen  S)icbterfatalogen  öon  50I3,  Nachtigall  unb  Soigt  fdjeint  ibn  nod)  in'i 
14.,  fpätefteni  in  bai  beginnenbe  15.  ^ahrhunbert  ju  toeifen.  Sein  Name  lebt 
einzig  fort  in  ber  20reitnigen ,  nocl)  im  17.  Sabrhunbert  t)iel  benutzen  9toljr= 
roeife  ( nicht  Gbormeife !),  bie  toatjifdjeinlich  niebt  einmal  fein  SBerf  ift:  roenigfteni 
roirb  fie  in  ben  älteften  ^anbfcfjriften,  bie  fie  enthalten,  in  ber  2Bittener  unb  ber 
§>reibener  M  13,  grauentob  jugeroiefen. 

Schnorr,   3ur   ©eferjichie  bei   beutfeben   9fteiftergefangi   S.    38,   33.  50; 
berliner  £f.  gol.  24,  331.  167a.  9ioetrje. 

^fQllbcr:  Äart  ©ottlieb  $.,  ein  33aiter  9Jtifftonar,  geb.  in  Söaiblingen 
in  äBürtemberg  am  3.  Nobember  1805.  S)ie  ^fanber  gehörten  ju  ben  angefeljenen 
unb  rooblfjabenben  bürgern  ber  Stabt.  3rt  ben  geierabenbftunben  er^lte  fein 
23ater,  ein  gemütrjöotler  33ädermeifier,  gerne  öon  allerlei  roiehtigen  (Sreigniffen 
feiner  33aterftabt;  3ung  unb  3ltt  r)örte  ihm  gerne  ju.  Seine  Butter  flammte 
aui  bem  nahen,  geiftlich  bebeutfamen  ftefl'bad).  @»  roar  eine  djarafteröoHe, 
roiHensftarle  ^rau,  bie  mit  fräftiger  £)anb  ba§  ^»auiregiment  leitete.  3f)re  neun 
Äinber  erjog  fie  in  einem  gefunben,  frommen  65eifte.  9tachbem  $.  bie  2atein= 
flaute  feiner  Sßaterftabt  bur4gemact|t  hatte  unb  confirmirt  mar,  erlernte  er  ba§ 
panbroetf  feines  3)ater§,  freilich  hätte  er  lieber  ftubirt.  Söeit  er  fdjon  öon 
Trübe  an  befonbere  ©aben  zeigte,  fo  brauten  feine  gttern  ben  lejä^rigen  Sohn 
naci  ber  neu  gegrünbeten  SSrübergemeinbe  i?orntbal  unb  übergaben  il)n  bem 
b ortigen  tüchtigen  Pfarrer  griebrictj  pt  ßrjiebung.  £>atte  er  fd)on  im  @ltern= 
häufe  biet  öon  ber  ^eibenmijfton  gehört,  fo  ta»  er  in  Äorntbat  eifrig  ba§  feit 
1816  in  SSafel  erfdieinenbe  ^Uffion§magajin.  Siamähticl)  enttoitfette  fich,  in  i^m 
ber  ©ebanfe,  fetbft  ^Riffionar  p  werben.  @r  melbete  fictj  in  bie  «JJtiffionlanftalt 
ju  Safet  unb  trat  1821  al»  frifcher  18jät)iiger  Jüngling  ein.  35i§  jum  äRdtj  1825 
lag  er  feinen  Stubien  bafetbft  nach,  SlumharbS  3eugni&  mit  treuem  ftteifee  ob= 
Namentlich  jeigte  fidb,  bei  il)m  au§ge3eidinete§  Sprachtalent.   S)ie  35a§ler  5Ri|fion». 


598  Sßfanbet. 

gcfcEf^aft  fjatte  fd)on  fett  1823  eine  Miffion  im  fübtidjen  Wufjlanb  in  bem  ®e= 
banfen  angefangen,  burd)  SBieberbelebung  ber  morgenläubifctjen  ß?irdjen,  namentlich 
ber  armenifdjen,  auf  bie  Miffionirung  bev  mofjamebanifdjen  Söelt  ^injumitfen.  5öe= 
veitö  mar  garemba  mit  einem  tüd)tigen  GJefäfyrten  (f.  Sebberljofe,  Seben  unb  2öitfen 
beä  9Jcif|ionar§  garemba,  53afel  1882)  nad)  Sübrufjtanb  abgereift,  Äaifer  9lleran= 
bct  I.  tuie  fein  trefflicher  IDliniftcr  ©ali^in  brachten  biefem  eoangelifdjen  2Jttfjtön8« 
roerfe  Söerftänbuifj  entgegen.  SDie  bciben  Männer  Ratten  reiche  (Srfotge,  befonbers 
unter  ben  Armeniern,  fo  bafj  fie  bringcnb  um  Mitarbeiter  baten.  63  mürben 
itjnen  alfo  3  anbere  Zöglinge,  311  tr>eld)cn  unfer  s4>.  gehörte,  gefdjidt.  Gr  faßte 
mit  3aremba  fogteidj  bie  ^tiffionirung  ber  Iftorjamebaner  in'ä  Sluge,  unb  lieft  fid) 
ju  bem  3roed  neben  ber  armenifdjen  Spradje  bie  (Erlernung  ber  türfifcrjen  unb 
perfifdjen  fefjr  angelegen  fein,  ^ugleid)  machte  er  fid)  mit  bem  .ftoran  bertraut. 
Sößcil  er  mit  „Saremba  befd)loffen  l)atte,  eine  größere  Weife  nad)  9torboften  in  bie 
^rotiinj  Sdu'rroan  3U  madjen,  fo  glaubten  fie,  eine  Sd)rift  an  bie  9ftol)amebauer 
abfaffen  3U  follcn.  s}}.  fdvrieb  fie  in  Briefform  unb  legte  barin  bie  ©runb= 
irrttjümer  beä  3t^tam  unb  bie  ©runbroarjrtieiten  beä  @bangeüum§  bar.  2)iefer 
Xractat  mürbe  unter  ben  Mobamebaneru  in  unb  um  Sd)ufd)a  tote  auf  ben 
Miffionäreifen  in  Armenien,  Mefopotanüen  unb  Sßerfieil  ücrttjeilt.  3n  s-l>erbinbung 
mit  bem  Armenier  Mirja  ^arud)  überfeine  er  ben  2ractat  axidj  inä  5perfifd)e. 
sJluö  bicfer  Keinen  Sctjrift  entftaub  nad)  unb  nad)  ^fanbcr'3  bebeutcnbfte*  Sßerf : 
„5Jlijan  ut  $aqq  ober  bie  2Baage  ber  2öat)rf)eit".  @r  mibertegt  barin  eingefjenb 
ben  3«lnm  unb  gitbt  eine  feine  Apologie  be§  toatjren  Gljriftentlnnnö.  ©ie 
falfctjen  33efd)ulbigungen  ber  Mofyamebaner,  als  Ratten  bie  (5rjriften  bie  Scfjriftcn 
beä  alten  unb  neuen  leftamentä  Derfälfdjt  unb  bie  in  benfelben  aiuieblid)  ent= 
tjattenen  äöeiffagungen  auf  sJitot)ameb  alä  ben  größten  s4>vopl)eteu  (KotteS  ttllS« 
gemerkt,  weift  er  auf  ba§  fd)lagcnbfte  jurücf  unb  legt  bar,  baß  nur  ba»  Gban= 
gelium  bie  tiefften  Secleubcbürfniffe  be8  Mcnfdjen  nad)  ^erfötjnung  unb  fyrieben 
311  befriebigen  unb  ein  tt>at)rt)aft  fitttidjeä  Seben  3u  fdjaffen  im  Staube  fei. 
Später  überfetjte  er  biefc  Sdjrift  in  ber  Stabt  2lgra  in  #intetinbten  aud)  in 
ba§  ,v>inboftani  unb  auf  feiner  letjten  sJJcif|ton§|"tation  in  ßonftantinopel  inS 
2ür!ifd)e. 

C^in  idjroerer  Sdjfag  traf  bie  33aster  Miffion  in  Sübruftlanb.  Sie  armenifdje 
Öeiftlidjfeit ,  meld)e  für  iljren  (yiuflufj  fürdjtete ,  betrieb  bie  2lufl)cbung  ber 
sJJiiffiou  unb  faub  bei  bem  ©eucralgouücrneur  üon  ©ruften,  bem  (Senerat  tion 
))io]cn,  tote  bei  Äatfet  'Jticolaiis'  bereitmillige  Unterftütmng.  2lm  5.  Sinti  1835 
erfolgte  ber  Ufa*,  ^m  3-  1838  trat  s}>.  mit  einigen  anberen  Miffionaren  in 
ben  SDienft  ber  cnglifd)--fird)lid)en  sJ.UifHon§gefettfd)aft ,  nad)  längeren  23evb/anb= 
lungen,  bie  fid)  auf  bie  bifd)öilid)e  Drbination  bejogen.  Sie  mottten  fid)  ber= 
fclben  nid)t  unterbieten,  ba  fie  bereits  in  ifjrer  ebangelifdjcn  .Speimatt)5fircfjc 
orbinirt  maren.  fß.  reifte  burd)  ba'Z  it)m  befannte  Reiften  nad)  Äatfutta,  erlernte 
bafelbft  bie  t)inboftanifd)e  Spradje,  unb  bollcnbete  einige  für  bie  Moljamebaner 
berfaßte  Iractate.  ^n  'ülgurpaljva  bei  ßalfutta  leitete  <yrau  äöilfon  ein  @r= 
Steljungstuftitut.  3in  bemfelbcn  lcl)rte  unb  prebigte  er  5  Monate.  1841  roarb 
if)m  mit  bem  Miffionar  Greift  als  Station  lUgva  angemiefen.  %fyc  Auftrag 
beftanb  t)auptfäd)tid)  barin,  unter  t>en  Moljamebanern  31t  miffioniren.  £a» 
traten  fie  treulid).  Sie  prebigten  ba§  ©öangelium  in  biefer  alten  Aiaiferftabt, 
Verbreiteten  djriftlidje  Schriften  unb  leiteten  bie  bortigen  Miffionöfdjulen.  5Der 
3tal)reöberid)t  ber  Sßailer  Miffion§gcfeüfcl)aft  bom  ^a^r  1844  fagt:  „^ruber 
Greift  trägt  ba§  2eben§mort  t)inau§  in  bie  Stäbte  unb  Dörfer  unb  läfet  bie 
frotje  ^otfd)aft  laut  crfctjalten.  (Srnften  ^ampf  fämpU  %  in  ber  großen  A{  aifer= 
ftabt  Slgra  felbft  mit  ben  moslemifdjen  ©elel)rten,  bie  e«s  aber  faum  mögen, 
ib^ren  j^oran  bem   Sßort   bom   Sreuj    gegenüber   3U    bertl)eibigen."      Miffionar 


^fonber.  599 

pöxnlt  fcgreibt  au§  2lgra  unterm  21.  Slpril  1845:  „33ruber  ty.  ift  forttnäfjrenb 
im  $rieg  mit  ben  2ftol)amebanern  unb  ftreitet  ritterlid)  gegen  bie  ^einbe  be* 
(Jbangelium§,  benen  e§  an  nichts  fetjlt,  all  an  äöaljrljeitsliebe.''  ©eine  öffent= 
liiijen  Simulationen  mit  mofjamebanifctjen  ©eterjrten,  benen,  roie  mir  mit  S5e= 
bauern  berichten  muffen,  fatljolifdje  Wiffionare  babei  2Berfe,  mie  ©trauß'  geben 
Sefu  aU  Kampfmittel  in  bie  -gmnbe  fdpben,  matten  im  %.  1845  gpodje.  Sie 
2)lor)amebaner  fauften  bie  33ibet  unb  anbete  djtiftlicrje  ©djriTten,  nicrjt  um  barin 
bie  2Bar)rf)eit,  fonbern  S3emet§grünbe  gegen  biefelbe  ju  fucljen.  $.  mußte  fie 
aber  nad)  unb  nad)  ^um  ©d)tDeigen  3U  bringen. 

1855  mürbe  s$.  nad)  ^ef^aroer,  ©tabt  unb  ßanb  gleiten  9iamen§  am 
ßabulfluffe,  ber  jum  3nbu§  aiefjt,  berfeijt,  um  bort  eine  ^Ütiffion  unter  ben 
2Ifgl)anen  ju  beginnen.  Sie§  mar  burd)  DJlajot  SbtoarbS  beranlaßt,  bcr  in 
einer  Dtebe  mit  9ied)t  gefagt  fjatte:  „(S§  ift  nid)t  bie  *ßflid)t  ber  Regierung  als 
folctje,  in  ^nbien  ^rofetbten  ju  rnadjen.  Sie  ^flicrjt,  ^nbien  p  ebangetifiten, 
ift  ^ribatfadje  ber  ßtjriften.  Ser  9tuf  ergebt  an  bie  ©eroiffen  ber  Sinjelnen,  an 
bie  Snergie,  ben  Sifer,  ben  cl)riftlid)en  ©inn  unb  Söanbel  ber  ßinselnen."  %n 
•^efdjaroer  gab  e»  toiel  Arbeit.  Srei  ©prägen,  roorunter  ba§  $ufct)tu,  mußten 
beroättigt  merben.  5]ßfanber'§  ©Triften,  befonberS  bie  „SBage  ber  2Bar)rf)eit" 
mürben  biet  berbreitet,  Sefudje  in  ben  Dörfern  gemacht,  in  ber  ©tabt  ©d)uten 
unb  Serfammlungelocale  gegrünbet  unb  eingerichtet.  Sie  Saufe  eine§  afgrja= 
nifdjen  Hauptmannes  Sitamar  1858  machte  großes  2luffer)en.  Söadere  Männer 
folgten  nad).  $.  fd)retbt  unterm  29.  Januar  1856:  ,,3d)  prebige  in  ber  2Bod)e 
regelmäßig  an  4  Slbenben  auf  ben  SSa^arS  ber  9JWitärftation  unb  2  $ftal  am 
borgen  in  ber  ©tabt,  trjeü§  in  r)inboftanifd)et ,  tt)eil§  in  perfifdjer  ©pract)e. 
Sfn  ber  ©tabt  aber  finb  bie  ^uprer  bis  jetjt  meiften§  feljr  ungeftüm,  unb  nur 
feiten  fommt  c§  bor,  baß  fie  eine  3eiüang  ruljig  prjören.  Ifteine  ©djrift,  Gr= 
roiberung  auf  bie  testen  fd)rifttid)en  Singriffe  ber  SelfjU  unb  2{gra=1ftoI)amebaner 
rjat  enblid)  bie  treffe  beriaffen,  fie  jjärjtt  152  eng  gebrückte  (Seiten,  ^cr)  Ijoffe, 
ba§  mirb  ba§  Setzte  fein.  $<£)  tjabe  nun  uidjt»  meiteres'  ju  fagen  unb  benfe, 
aud)  bie  9floljamebaner  merben  alle»  borgebradjt  rjaben,  roa§  fie  au§  unferen  im» 
gläubigen  ©djriftftetlern  aufgabeln  fonnten.  ©egenroärtig  befdiäftige  icr)  mid) 
nun  mit  bcr  Dtebifiou  meiner  ©crjriften  im  *ßetfifd)en;  e§  foE  nämlid)  eine  neue 
2tu£gabe,  bie  4.  perfifdje,  gebrudt  merben."  Söätjrenb  be§  ©ipob=2IUTftanbe§  im 
$.  1857  blieb  ^efcrjamer  unb  Umgegenb  rutjig  unb  bie  9Jtiffion§arbeit  fonnte 
ungeftört  fortgefetjt  merben.  9}od)  im  ^.  1857  mürbe  ir)m  ungefucrjt  eine  große 
^lu^eictjnung  ju  %^t\i,  inbem  iljn  ber  Grjbifc^of  bon  Ganterburrj,  bem  biefe§ 
afabemifct)e  Sorredtjt  aufteilt,  jum  Soctor  ber  2l)eologie  ernannte,  ©erjon  ein 
^al)r  fpäter  berfeite  itjn  feine  SefcHfcr}aft  nacl)  ^onftantinopel.  £>ier  Ijatte 
bamal§  ber  englifcfie  ©efanbte  ©iratforb  =  Ganning  ba§  Hat  Humajum  ermirft, 
jenen  Grtaß  be§  ©ultanl,  metetjer  ausbrucfttcl)  bie  3ufa9e  enthielt,  fein  ^Oslim, 
melclier  ß^rtfi  roerbe,  foüe  bafür  geftraft  merben.  SDie  firdc)Iid^c  ©efeHfc^aU 
glaubte,  baß  nun  für  fie  bie  ©tunbe  jur  ©rünbung  einer  cbangelifd)en  50tiffion 
unter  ben  Surfen  gefcfcjlagen  Ijabe  unb  baju  mar  rooljl  niemanb  geeigneter,  al§  5(J. 
^n  einem  Sorf  in  ber  5Rät}e  bon  ßonftantinopel  ließ  er  fiel)  gunäcfift  nieber 
unb  überfe^te  feine  brei  micrjtigfien  ©crjriften  in§  Sürfifclje.  5^ijan  ul  £>aqq  ift 
un§  befannt.  SDie  anbere  93iiftalj  giebt  eine  Darlegung  ber  Seljre  bon  ber 
Sreieinigfeit  unb  ber  G5ottl)eit  ßljrifti,  mit  Ütücfficfjt  auf  bie  fatfe^en  93or= 
fteßungen,  meldte  fiel)  hierüber  bie  2Jlol;amebaner  maeljen.  Sie  britte  Sarig 
berjanbett  in  ber  Setjre  bon  ©ünbe  unb  Srtöfung  bie  funbamentalen  Unter= 
fd)iebe  jröifdjen  bem  Güangetium  unb  bem  Äoran.  Ginige  £$al)re  fiüljer  Ijatte 
ein  amerifanifd^er  9Jliffionar  biefe  ©diriften  fommen  taffen,  aber  fie  mürben 
confi§cirt.     3e|t  paffirten  fie  ba§  S^fjaui  ungeljinbert.     Sa3  änberte  fid)  aber 


600  <Pfannt>crg. 

balb.  (Sin  türfifdijer  fprofeffor  unb  IDtitglicb  bes  6raiermngsratt)es  beröffentlid)tc 
unter  bem  £itel  „©onne  ber  SBa^r^cit ",  ein  Ü8udj  bott  ber  gtöbften  unb 
t^öricfjften  ©d)mät)ungen  gegen  bie  (Stniften  unb  ifrte  Religion,  @d  eifc^ien, 
nodj  efje  ein  einiges  türfifdjes  (hemplar  ber  ©cijrift  ^fanber's  in  Umtauf 
gefommen  toax.  2>ie  iird)lidje  9Jtiffionsgefetlfd)aft  gab  barauf  eine  furje  2Biber= 
legung  jener  mafetofen  Eingriffe  tjeraus.  SDiefe  ©djrift  mürbe  biet  gclefen.  2)as 
■■üUffionsmcrf  rjatte  feinen  füllen  unb  ruhigen  Verlauf,  ^löfcUd)  aber  änbertc 
fid)  biejer  guftanb,  als  ber  erfte  belehrte  9Jloslim  (2Billiams)  1842  getauft 
würbe.  6r  muibe  amei  1DM  bcrlmftet,  aber  burd)  bas  ßinfdjreiten  bes  Sonfuls 
betreit.  Um  biefelbe  3eit  würben  anbere  befefjrte  Surfen  feftgenommen  unb  in 
ein  ©efängnife  für  gemeine  ^erbrecfjer  gemorfen.  Sßeitere  Gnnferferungen  folgten. 
2)er  ©ultan  liefe  1864  bie  Käufer  ber  firdjtidjen  s)Jtiffionegefeüfd)aft,  ber  2lus= 
breitungegcfellfdjaft  unb  ber  33ibetgefettfd)aft  fcfjliefeen.  Spione  machten  jebe 
fernere  Slnnätjerung  bon  'üftoslims  unmöglich).  @tma  20  djrift  lid)  angeregte 
dürfen  mürben  berbannt  ober  auf  bie  ©aleeren  gefd)idt.  £er  2)rucf  unb  bie  6in= 
futjr  bon  türfifdjen  53üd)ern  muvbc  betboten,  fclbft  Uebcrfcljungcn  bes  .Zorans  mürben 
auf  bem  3otrf)aus  confiscirt  unb  ein  2ractat  über  (Stjriftus  fogar  bernicrjtet. 
Seiber  mar  ©tratforb=tfanuing  nid)t  mefjr  ba;  ber  nunmetjrigc  ©efanbte  Sic 
.£>enrt)  33ulmer  näherte  fid)  metjr  ber  türfifcfjen  ^luffaffung,  als  ber  ber  s]Jtiffionare 
unb  ber  ©ultan  liefe  eben  einfad)  bie  auegefprodjene  ßufage  oeö  Hat  Humayum 
fallen.  5ß.  30g  fid)  jetjt  nad)  ßugtanb  jurürf  unb  liefe  fid)  in  JRidjmonb,  ber 
rnumatl)  feiner  jmeiten  ©attin  in  ber  sMrje  bon  Bonbon  nieber.  Seine  evfte 
©attin  mar  ©opfjie  föeufe,  £od)ter  eines  ruffifdjen  Staatsrates  in  DJlosfau.  @r 
mar  mit  itjr  nur  10  Monate  beretjelidjt.  Sie  ftarb  in  Scfjufdja  am  12.  *Dcai  1835. 
©eine  jmeite  ©attin  mar  Gnnilie  ©mma  Sminburne.  5lus  biefer  (Jtje  finb 
mehrere  Äinber  Ijerborgegangen.  Gr  follte  aber  feine  lange  Oturjejeit  metjr  geniefeen, 
benn  fdjon  am  1.  £)eccmbet  1865  ging  er  aus  ber  ftreitenben  in  bie  ttiumprjirenbe 
tfirdje. 

Diacfj  fdjriftlidjen  'üftittljeilungen  bes  Pfarrers  ßppler  bon  23irsfetben  bei 

23afel,    melier    mit     einer     ausfüljrticfjen    ÜMograpt)ie    bes    9Jtiffionars    s}>. 

befdjäftigt  ift.  2ebbert)ofe. 

^failllbcrg :  £iefes  namljafte  fteiermärfifd)  =  färntnifcr)e  Slbetsgefdjledjt  ber 
mittelalterlichen  Crpodjc  barf  mit  aller  22)ar)rfd)einlicf)feit  als  urberraanbt  einer* 
feits  mit  ben  ©rafen  bon  ©oune,  anbererfeits  mit  ben  ©rafen  bon  3eltfcr)ad) 
bejcidjnet  merben ,  benen  aud)  bie  gütermädjtigen  ^eunburger  angehören,  3tjr 
älteres  SBefi^präbicat  mar  ^eefa  0}>edad)=s}>eggau  in  ©teiermaif).  2lls  ber  erfte 
biefes  Samens  erfdjeint  9tubolf  um  1136.  ©ie  fütjrcn  glcid)  ben  ifjnen  ftamm= 
bermanbten  ©anedern  ober  ©ounefern  (nadjtnals  ©rafen  bon  Gitli)  bie  9tang= 
beäeidjnung  „5reie"  (Liberi).  Unter  ben  Urenfetn  bes  oben  ermähnten  9hibolf 
bon  s4>etfadj  taudjt  neben  biefem  älteren  ^räbicate  bas  jüngere  „^faunberg" 
(^tjannenberc),  fo  tjcifet  nod)  l)eute  bie  Burgruine  in  ber  9Jät)e  bes  oberfteierifdjen 
gjlarltes  gro^nleiten ,  auf  unb  berbrängt  bon  1237  ab  bie  urfprünglidje  SBe» 
3eid)nung  s4>edac^=^egga.  2lls  bebeutenbfte  Vertreter  bes  5pfannberger  ©efd)ledjtes 
erfdjeinen  im  13.  unb  14.  3fafjrtjunbert: 

1)  Ulrid)  I.,  ber  etfte  ,,©raf"  (comes)  bon  5ß-,  urfunblic^  nocl)  im 
3f.  1236  (5.  Slpril)  als  „de  Pecka"  bejeictjnet,  1237  jebod)  in  ber  Söiener  Ur= 
funbe  Ä.  griebrid)  IL  (bom  gebruar)  fetjon  als  ,,©raf"  b.  ipfannberg  unter  ben 
Snneröfterreicrjcrn  an  erfter  ©tettc  angeführt;  ein  33en>eis  für  fein  Slnfcljen.  @s 
mar  bies  jur  3eit  ber  ferneren  ©ct)idfalsprüfung  bes  SBabenberger  ^erjogs 
f5friebrid)s  bes  ©treitbaren,  bem  bie  Stdjterflärung  bom  ^5.  1236  bie  £änber 
OefterreidE)   unb   ©teiermaif   gefoftet.  —  ?lts  biefem   ber  2öed)fel  ber  ©ad)lage 


SPfanribetg.  601 

unb  bie  eigene  ütljatfraft  1239  40  ba§  Sßerlorene  toieber  öerfdjafften,  finben  toir 
ben  ^fannberger  in  bet  namhaften  (Stellung  eine§  £)beift=8anbrid)tet§  (judex 
generalis  v.  supremus)  bet  ©teietmarf,  bem  ^erjoge  toieberfjott  jur  Seite;  fo 
1239,  1240  bei  beffen  9tunbreife  burd)  bie  ©teietmarf,  1241  ju  SöelS  in  -Ober* 
öfierreidj.  —  $n  ben  Sagen  be§  ^Interregnum^,  ba§  bem  21u§gange  be§  legten 
3Babenberget§  gefolgt  toar  (1246—1252),  etfdjeint  U.  aud)  al§  SSogt  (advo- 
catus)  be§  SU.  ©.  ^ßaul  im  Sabantttjale,  unb,  toa§  feine  politifdje  ^arteiftetlung 
betrifft,  al§  faiferlid)  ©efinnter,  ber  bie  ©tattfjatterfcfjaft  2fteinrjarb§  b.  ©örj 
anetfannte  (1248).  33on  1249  erlifdjt  feine  urfunblidje  ©öur.  23on  feinen 
4  nadjtoeisbaren  ©öljncn:  Ulrid)  III.,  ©iegfrib,  SBernrjarb  unb  |)einrid) 
füielen  bie  beiben  leiteten,  inebefonbere  ber  jüngfte,  bie  namrjaftefie  Ütotte. 

2)  §  einriß  ©raf  b.  $.  (f  24.  ^uli  1282).  6r  unb  fein  älterer 
SBruber  S3ernr)arb  geigen  fiel)  als  ©enoffen  einer  eifernen,  ben  SIbel  ber  (Steter* 
marf  burd)  bie  fte<f)t§unficr)errjeit  eine§  tjerrentofen  3uftari^eg  bemoralifirenben 
3eit,  in  einem  feineätoegä  günftigen  Sidjte.  1250,  1.  ^nni,  ftelten  fte  bem  ge= 
walttfjätigen  ©räbifefjofe  bon  ©alaburg,  bem  ©ponrjeimer  £)eräogsfof)ne  ^fjitibp, 
itj«  Sienfte  ^nx  Verfügung.  1251  ferjeint  ty.  für  bie  ungarifdje  ^ßartei  ge= 
toonnen  toorben  ju  fein,  1253  ftanb  er  jebod)  entfdjicben  auf  Seiten  Äönig 
£)ttofar§,  ber  bamal§  in§  fteierifcfje  Dberlanb,  nad)  ßeoben,  gefommen.  Sann 
fügten  fid)  bie  ty.  ber  arbabifdjen  2anbe§rjerrfd)aft,  ba  ber  Dfener  triebe  bon 
1254  eine  Stuäeinanberfetmng  ätoifdjen  Ungarn  unb  23örjmen  betoirfte.  2fn  btefen 
Reiten  ber  norübergerjenben  ^errfdjaft  Ungarns  erfahren  mir  au§  Urfunben,  bafj 
^einridj  b.  ^ß.  al§  (Schäbiger  be§  Ätoftetä  9tein  jum  ©djabenerfa^e  toerurtfjeilt 
tourbe.  ^ebenfalls  blieb  er  nicfjt  surüd,  alä  bie  Slbfdjütttung  ber  ungartfcfjeu 
£)errfcfjaft  bor  fid)  ging  (ß.  1259).  2118  Äönig  Ottofar,  ber  neue  Sanbesfjerr, 
6.  Dctober  1260  in  ©ras  toeitte,  befanben  fid)  rjier  aud)  bie  beiben  ^iannberger 
SBernfjarb  unb  ,§einridj,  roiber  toeldje  bamal§  ba§  5Uofier  ©t.  $aul  flagbar 
unb  al§  berechtigt  ertannt  tourbe,  feinen  Sßogt  fidj  ju  erroä^len,  ben  Kärntner 
^erjog,  Ulrid)  III.  ^ie^it  erfor.  2lud)  mit  bem  2M§trjum  ©urf  hatten  bie 
^fannberg'8  eine  lange  gebjbe  um  bie  ©djloperrfdjaft  2ltbed  auSjufedjten,  in 
toeldjem  |>anbel  ber  ^erjog  bon  Kärnten  (10.  Secember  1264)  ben  ©djiebfprud) 
fällte.  Sßerrjängnifetiott  foüte  fid)  jebod)  für  £einrid)  unb  beffen  Sßruber  23ern= 
ijarb  ba§  %.  1268  geftalten;  a(§  3cad)fpiet  ju  ber  im  ©efolge  be§  Sö^men» 
fönig§  Cttofar  1267  68  mit  anberen  fteierifc^en  Ferren  (f.  2trt.  Ulridj  ö. 
Siedjtenftein)  unternommene  $reutienfal)rt  erfolgte  irjre  SSerrjaftung  a(§  ©el)eim= 
bünbler  —  bie  äßirfung  ber  ?lnflage  be§  ^ettauer§  — .  Sernb^arb  tourbe  ouf 
©cfjtofj  ^ürglein  in  SBötjmen,  ^einridj  auf  ©djlofj  grein  in  ^äb^ren  gefangen 
gehalten.  Sie  f^xettjeit  erlangten  fte  1269  um  Cftem  gegen  2lu§lieferung  ber 
Burgen  ^fannberg,  ^ßeggau,  ©traffed  unb  ßöfdjentlial,  bereu  <Sd)leijung  Cttofar 
anbefahl.  5lufeer  biefen  S3urgf)errfd)aTten  gingen  für  fte  aud)  nodj  ©.  $eter 
ob  ^uoenburg,  Äaifer§berg  ätoifdljen  Seoben  unb  ßnittelfelb,  überbieS  $aben= 
ftein  berloren.  —  2öir  finben  fie  bann  toieber  im  ©efotge  beS  ßanbesfürften,  unb 
ba§  $.  1271  betoirtte  i^re  öoEftänbige  gtefjabilitirung.  ©ie  fjatten  fidj  nämlid) 
im  Kriege  Ottofari  gegen  Ungarn  tjeröorgetfjan,  inibefonbere  ^einric^,  ber  bem 
©üffinger  ©rafen  2»toan  mit  bem  ©djtoerte  im  3toei!ambfe  9lebe  äu  fterjen  ent= 
fdfloffen  toar,  oljne  baf$  ber  ©egner  jebodj  feiner  £erauäforberung  nad)fam.  — 
5ßon  1271  ab  (in  toeldjem  %a$xt  Sernfjarb  mit  bem  £obe  abging;  bie  beiben 
älteren  Srüber  toaren  fc^on  längft,  Ulrich  III.  bor  1255;  ©iegfrieb  bor  1264 
geftorben)  toertrat  £einrid)  auSfdjlietilicb;  fein  ©efd)lecb;t.  1272  madjte  er  bie 
^eerfaljrt  ©ttofarS  nad)  Kärnten  mit  unb  tourbe  1274  aud)  oon  bem  böl)mi= 
fdjen  Könige,  um  bie  embftnbung  früher  erlittener  Unbitben  austilgen,  unb 
anbererfeitl  um  feine  toadere  Gattung  im  Kriege  Dttofar§  gegen  Ungarn  (1273) 


602  ^fannbcrg. 

jju  entlohnen,  t)auptfäd)tid)  aber  mit  Ütüdfidjt  auf  bie  feit  Ütubolr  bon  .^abs6uvg§ 
.tfönigSroaljl  bebentlidje  Sachlage  unb  aui  baS  Slufetjen  beS  $faunbergerS  im  ßanbe 
3um  ^auptmanne  Kärntens  beftellt.  1274  mar  H-  bei  ber  großen  SJerfammtuug 
in  ©oefj  anmefcnb.  2IIS  bann  ber  grofje  Umfdjmung  bor  ficfj  ging,  feljen  mir 
Hetnricb,  glcict)  ben  anbern  SlbelSljerrn  im  9{eid)Sfriege  gegen  ben  SBötjmcnfönig  aui 
iftubolf  I.  Seite,  3unädjft  in  ber  33unbeSberfammtung  ju  Stein  (1276,  19.  (Sept.). 
IJJtit  jeinen  ©paaren  befetjte  er  ^ubenburg  unb  30g  bann  311m  £)cere  bei  #a63s 
bürgert  nad)  Oefterreid).  3(t)n  unb  ben  £>errn  griebridj  b.  $ettau  beftcltte 
•Wältig  Sftubolf  I.  (1277)  ju  oberften  SanbeSridjtern.  9ludt)  bei  ber  blutigen 
Gntfdjcibung  ö.  %.  1278  roirfte  er  mit.  SDie  9ceimdjronif  ((Sap.  150)  eqätjtt, 
er  unb  ein  ^ettauer  mären  aui  bem  gen  Sjebeufpeugen  borgcfdjobencnn  rechten 
Flügel  bei  HeereS  9tubolfS  bor  bem  geinbe  3urüdgcroid)en  unb  flüchtig  geroorbcu. 
Sie  fprid)t  nur  bon  einem  ®rafeu  b.  $.,  bod)  fann  baS  nur  unfer  H-  fein. 
2)ann  legte  er  fein  $mt  nieber.  2)aS  le^te  Wal  taudjt  er  im  ©efolge  beS 
JpabiburgerS  (1279)  aui,  als  biefer  in  baS  £anb  tarn.  S)er  Stob  fdjeiut  ifm 
1282  ju  SBien  ereilt  <fu  r)aben. 

Utrid)  V.,  Gnfel  Heinrich,  ©olm  Utrict)  IV.,  geb.  um  1290,  f  23.  Dct. 
1354,  ber  borletjtc  feines  .^aufeö  unb  ber  uamfjaftefte  unter  ben  ^iannbergem. 
S)eu  :Ritterfd)lag  berbiente  er  fid?  in  bem  Steffen  3mifd)en  ben  Ccfterreidjern 
unb  23aiern  bei  ©aminclSbori  (1313).  2)urd)  bie  Glje  mit  2lgneS,  ©drtnefter 
Utvidj  II.  bon  2BaHfee  (181  1 1,  berfippte  er  fidj  mit  biefem  bon  ber  ®unft  ber 
Habsburger  emporgehobenen ,  rjod)ftrebenben  ©efd)(ed)te,  unb  3U  ber  eigenen 
ererbten  ©cttung  unb  pcrfönticfjen  lüdjtigfcit  gefeilten  fid)  midjtige  33erufS= 
fteltungeu  unb  bie  ©elegenrjeit,  in  bemegten  Seitcn  e'nc  rjcrborragcnbe  Stolle  311 
fpiclen.  So  erflären  mir  unS  aud),  baf  lt.  an  bem  öftcneidjifdjcu  ©prud)bid)ter 
©udjenroirt  feinen  fiobrebner  ianb  unb  mir  in  beffen  üöerfen  roiUfommene  Sluf« 
fdjlüffc  über  baS  ^riegSleben  unferS  v4>iannbergerS  'n  bftl  Sfotjren  ber  lang* 
mierigen  kämpfe  beS  Haufc*»  Ha&*burg  mit  feinen  ©egnern  ertjatten.  1316 
madjtc  U.  baS  blutige  ©cicdjt  bei  (vfjling.cn  (19.  September)  mit,  30g  bann 
nod)  roicberljolt  bor  4>aoua»  ol"i)  nad)  SEoSlano,  Söaffcufaljvten ,  bie  in  bie 
Satjre  1317 — 1320  iaflen;  1328  ober  1329  iod)t  er  gegen  bie  Ungarn  bei 
tfittfee  (ßr)oc3e),  gab  beut  Hcr<i09c  Otto  bon  Oefterrcid)  baS  ©cleite  nad) 
33orberöfterreid)  gegen  Äönig  fiubmig  b.  33.  (1330)  unb  ßä^lte  3U  bem  ©d)icb§= 
gerid)t,  baS  (26.  9Zob.)  in  9lugSburg  ben  Wufprud)  ber  Habsburger  auf  bie 
ebentueüe  23clet)uung  mit  .Kärnten  entfdjieb.  5£)afj  ib,m  baS  ßanbmarfdjallamt 
OeftcrreidjS  übertragen  rourbe ,  fpvicfjt  laut  genug  für  fein  Slufeljen  bei  feineu 
dürften.  %n  bcin  Ätiege  gegen  S3öb/mcn  als  S3erbünbeten  Äönig  iL'ubmig  beS 
SaierS  (1331 — 1332)  mürbe  if)m  bie  Sßerroaljrung  beS  gefangenen  Hfinricb.S 
b.  Sippe  übermiefen.  9lud)  bei  ber  3frirt>enSbert)anblung  mit  S3öt)men  (^uli  1332) 
mar  U.  tl)ätig.  ?ltS  1335  ber  entfdjeibenbe  ?lugenblid,  bie  SUcrlet^ung  Kärntens 
an  baS  Hau^  Oefterreid)  eintrat,  mürbe  U.  b.  ty.  mit  ber  33otfd)aft  beffen  nad) 
Kärnten  betraut.  33ereitS  bor  3roei  S)ecennien  3um  Hiuptmanne  ber  ißamberger 
Hocb,ftiitSgüter  in  bem  genannten  fianbe  beftcÜt,  erlangte  nun  11.  b.  s£.  ben 
sJßfanbbefi^  beS  Hornberger  ßigenS  für  8000  Wlaxt  Silber  auf  8  $ar)re  unb  bie 
erfte  Stelle  im  Hct3ogtt)um  als  SanbeSljauptmann.  6r  machte  ben  Sommer* 
ielb3ug  gegen  S3öt)men  (1336)  mit,  ben  ber  Snnfer  fyvtebe  fcrjtofj,  übernat)m 
1338  eine  23otfdjaft  an  Äönig  Submig,  unb  mürbe  bon  HerJ°9  Sllbrcc^t  II.  bei 
beffen  Unternehmungen  gegen  ^Iquilcja  biel  bermenbet,  inSbcfonbere  mae  bic 
«efe^ung  $en3one'S  (1342)  betrifft.  2ßaS  feine  ©ütcrberljättnifje  anbelangt, 
fo  bitbet  eines  ber  roidjtigftcn  Momente  barin  ber  Slntfjeil  Ulrichs  b.  $. 
Sdjmefterfo^neS  Hcrniann  b.  H^unburg,  an  ber  großen  ßrbfdjait  ber  1322  im 
9ftannSftamm  erlofdjenen  Heunburger;  bie  eigentb.ümlidjen  Söermictlungen,  meld)e 


*Piannenfcf)mtbt.  603 

baburcr)  ätöifdjen  ben  mit  ^annberg  alterst)er  öermanbten  freien  ö.  ©aned  unb 
ben  Sluffenfieinem  rjeraufbefdjtöoren  tuurben  unb  grofje  Greife  beljerrfditen,  löften 
fid)  enblict)  1330 — 1333  burd)  Serträge,  bie  ben  ^fannberg'fcrjen  3tntt)ei(  an 
ber  «^errfdjaft  6iEi  an  Utridj's'  23etter,  gmbricf)  ö0n  ©anned,  ben  erften 
„örafen  ö.  dilti"  (1341)  brachten.  S)ie  testen  ßreigniffe  in  bem  bewegten  Seben 
tUridjs  b.  $.  finb  feine  SLrjeilnarjme  an  ber  öfterreicr)ifcrj=ungarifd)en  ®renj= 
beridjtigung  bom  25ecember  1345,  bie  Lüftung  ju  ber  Unternehmung  ^erjog 
5l(brecr)ts  II.  gegen  Senjone  1351,  unb  bie  23ermät)Iung  feinet  einzigen  ©otjnes 
§anns,  be§  letjten  feines  ©efctjtedjtes  (t  9lob.  1362)  mit  9Jtargaretrja, 
Softer  bes  ©rafen  <Rubolf  öon  ©d)aumburg  (1354).  —  lHricr)  ftatb  in  biejem 
3at)re.     ©ndjenmirt  mibmete  ifjm  eine  lange  2obtenftage. 

^rimiffer,  Sßetcr  ©udjentoirts  äöerfe  aus  bem  14.  Sarjrlj.  1827.  (XI.  ©e* 

bidjt,  2.  34—38.)  —  Hangt,  S)ie  ©rafen  öon  ^fannberg  in  3  3Ibtt).  I.  bis 

1237,   II.  1237—1282,  III.  1282—1362  im  31rd)iö  f.  Äunbe   oe.    @.=  CU. 

XYII.  XVIII.  33b.  33gt.  f.  21bt).  bie  ©rafen  ö.  £eunburg,   ebenba  XIX.  unb 

XXV.  —  SSenbrinsfr;,  bie  ©rafen  b.  5ptarjen=£>arbegg  (3311.  b.  33er.  f.  Sbsf. 

9lieber=£)e.  3-  1879,  1880).  —  2)ie  9Jconograpt)ien  Don  $ura,  3.  ®.  Cefter* 

reicfjs  unb  8id)nott>sfi,  ©efcr}.  beä  Kaufes  £>absburg  1 — 4.  —  9Jcud)ar,  ©efd). 

be§  §3.  (Steiermark  5. — 6.  33b.  —  jfrones,   bie  ,§>errfd)aft  Dttofars  IL    öon 

33öf)men  in    ber   ©teiermarf    (3Jtittt).   bes    t)ift.    33er.   f.    ©teiermarf   XXII. 

$.  1874).  —  Ärone§,   Sie  5^ien  öon  ©aned  unb  itjre  Grjronif  als  ©rafen 

b.  dilti  (1883).  I.  31btf).  Ärones. 

^faiuieitfdjmtbt:  Stbrian  3lnbreas  5ß. ,   (Senator  unb  gärbereibefiker  in 

©petjer,  t  1790.  —  3tm  24.  ^täq  1726  in  Cuebtinburg   geboren,   ergriff   er 

nad)  2tbtauf  ber   ©djuljeit   bas  gärbereigeroerbe,    unternahm   nad)  21bfotöirung 

ber  2et)rjarjre  berfdjiebene  Qnfiructionsreifen  unb  befdjtofj   feine  Sßanberfdjaft  in 

Speyer,   too   er   fid)    1755    als  gärbereibefifeer  etabtirte.     |jiet  toanbte  er   biele 

9Mrje  baran,  bie  öon  ifjm  in  33restau  fennengeternte  ürappfärberei  einzuführen 

unb  gleidjjeitig  auct)  bie  Ärappcultur,  toeldje  fctjon  im  17.  ^afjrrjunberte  auf  ben 

gluren  um  ©petjer  betrieben  roorben,    aber  in  Solge  friegerifdjer  33erroüftungen 

gänjtidj    eingegangen   mar,   mieber   in  Slufnatjme   ju  bringen.     9cad)  öielen  öer= 

geblichen  33emürjungen   gelang    es   ir)m    enbtid),  alle  ©d)mierigtdten,  meldje  fid) 

ir)m  bei  bem  fanget  an  dutturmitteln,  toie  an  fpecieüen  Äenntniffen  unb  dr= 

farjrungen  entgegenftellten,  gtüdlidj  p  überroinben  unb  auf  bem  3Bege  cmpirifctjer 

33erfuct)e  mit  ber  Pflege  bes  Ärapps  (rubia  tinctorum)  unb  ber  3ubereitung  ber 

Söurjetn  biefer  ^flan^e  befriebigenbe  9tefuttate  ju  ersieten.    5£)arauf  fidj  ftütjenb 

fuci)te  er  burcrj  3Jßort  unb  S3eifpiet  bas  Sntereffe  für  bie  Ärappcuttur  im  Greife 

feiner  Mitbürger   ju  ermetien,  unb   er  fcfjeute  fetbft  materieEe  Opfer  nicr)t,  als 

es  fiel)   barum  ^anbelte,  ber  Pflege  biefes  neuen  Sulturjmeiges  eine  rjhtreidjenbe 

3ar)t  öon  Anhängern  jujufüb^ren.     ^m  3f.  1769  öerfa^te  er  eine  fleine  ©crjrift, 

um    bamit    alten   unerfahrenen  ^ftan^em    eine  Untermeifung  im   ^rappbau   3U 

geben.     Siefer  ^ubtication   folgte   balb    eine  ^meite,  in  metetjer  bie  Sedjnif  bes 

9totf)färbens   mittels   ber  Ärapprouräel  betjanbett  mürbe.     Suvd^  beibe  ©Triften 

toirfte   er   fetjt   förbertid)    auf   bie  (Sntmitfüing  biefes  ^nbuftrtejtoeiges  in  feiner 

neuen  ^eimatt)  ein  unb  fürjrte  sugleicr)  eine  mefentlidje  Qrroeiterung  bes  9lbfaü= 

gebietes   für  bie   5ßrobucte   beffetben  herbei,  fo   ba|   biefe  balb    einen  mistigen 

^anbetiartifet  für  ©pener  bitten  füllten.    31uf  biefe  3J3eife  blatte  er  eine  fegens= 

reiche   grmerbsquelle   für   einen  größeren   Sb^eil  ber  ftäbtifcjen   (Stntoo^nerldöaft 

crfdjtoffen  unb  erntete  bafür  banfbare  33eref)rung  unb  ^ocijfc^ä^ung.     ©ein  9ruf 

als  fadjfunbiger  6ultur=   unb  gabriftec^nifer  brang  balb   in  roeitere  Greife  unb 

eröffnete  it)m  Siegelungen  nad)  ßnglanb,  ^rantreid)  unb  ber  ©c^meiä,  foroie  er 

aud)  mit  ben  angefetjenfien  Sanbmirt^en  feiner  3^t  eine  bezügliche  (Sorrefponbenj 


604  ^fannenfdjmibt. 

ju  unterhalten  Ijatte.  $on  bem  i?aifer  Pon  Defterrcidj  unb  fpäter  nodjmalS 
Dom  Sanbgrafen  öon  ,§effen=2>armftabt  aufgefotbevt,  fein  £)omicit  in  beren 
Staaten  ^u  Perlegen,  um  aud)  in  geeignete  2)iftricte  bet  öfterreidjifdjen  refp. 
rjeffifdjen  Territorien  ben  Jhappbau  einaufüfjren,  lehnte  er  jebod)  biefe  etjren» 
öoüen  Anträge  otjne  3°S£i:n  aD  un0  D^eD  Www  ätneiten  £)eimattj  treu,  ^n 
Anerfennung  beffen  unb  tt)egen  feiner  nieten  Sßetbienfte  um  bie  Hebung  be§ 
localen  ©rroerbS  überhaupt,  mürbe  er  1775  jum  (Senator  in  ©perjer  erroäljlt, 
roo  er  in  ber  gemofjnten  233eife  für  ba§  öffentliche  äöotjt  unOerbroffen  bis  ju 
feinem  Üobe  ju  roirfen  furfjte. 

33ergl.   31.  0.  Sengerfe ,    Sanbtüirtljfdjaftl.   GonüerfationStejicon  III.  93b. 

2  e  i  j  e  ro  i  tj. 
^foiUlCU|d)mibt :  $utie  s£. ,  als  ©djriftftelterin  befannt  unter  bem  tarnen 
3utie  iöuroro,  rourbe  am  24.  fjfebruar  1804  ju  Jüjbullen  im  ehemaligen 
9teu=Dftpreufjen  als  bie  Sodjter  beä  ©atjinfpectorS  53urom  geboren.  S)er  letztere 
rourbe  burdj  bie  in  Solge  be§  Silfiter  5l"ic^en^  eingetretenen  politifdjen  Um= 
geftaltungen  brotlos,  erljielt  aber  balb  barauf  eine  anbere  Aufteilung  in  (Slbing, 
unb  tjier  tierlebte  Sfutie  eine  troftlofe,  traurige  $ugenb,}eit.  9lid)t  allein,  bafj 
Mangel  unb  5iott)  ficfjenbe  ©äfte  im  (Jlterntjaufe  roaren,  fo  bafj  Sulie  fdjon 
als  elfjähriges  ßinb  felbft  ben  33erfud)  machen  mufjte,  itjre  Kleiber  unb  ©djul= 
büdjer  felbft  ju  erroerben:  aud)  bie  £erjen  ber  Gsltern  maren  fid)  fremb  ge= 
blieben,  unb  it)re  gegenfeitige  Abneigung  fteigerte  fiel)  in  bem  ©rabe,  baß  ^utie 
unb  itjre  üJlutter  181G  baS  (HternrjauS  öerliefjen  unb  ju  SBerroanbten  nad) 
Jilfit  jogen.  sJtadjbem  ^ulic  ty«  it)"  ©djulbilbung  Pollenbet,  fiebettc  fie  1819 
mit  ber  Butter  ju  einer  ©djmefter  ber  lederen  nad)  Saggarben  über.  S)a  aber 
Ijier  bie  Butter  Pon  einer  fdjmercn  -tfranffjeit  befallen  mürbe  unb  eine  erfolg* 
reidje  Sur  beren  Ucberfüljrung  nad)  Silfit  nöttjig  mad)te,  entfdjtofj  fidj  3fulie, 
eine  ©teile  atä  Ghjjierjerin  an3unet)men.  ©ie  fanb  eine  fotd)e  in  ^otjiebelö 
bei  9iaftcnburg  unb  fütjlte  ftd)  rooljl  barin.  i^nbeffen  ba§  .Ipeimroerj  unb 
bie  ©erjnfudjt  nad)  itjrer  Butter  madjten  fie  ernftlidj  franf,  unb  ba  um 
biefe  3eit  bie  Butter  fid)  entfdjloffen  Ijatte,  ju  itjrem  Satten  aurüdjufefjren, 
ber  alä  9iegierunggfecretär  in  2)anjig  ein  einträgliches  Amt  gefunben  Ijatte,  fo 
gab  ^ulie  itjre  Stellung  auf  unb  fehlte  ins  23atertjau§  juräd.  3fn  2)anaig 
lernte  fie  einen  jungen  23aubeamten,  namenS  $fannenfd)mibt,  fennen,  mit  bem 
fie  fidj  im  Januar  1831  Perrjeiratrjete  unb  bann  nad)  Weufatjrmaffer  30g,  too 
ber  ©atte  feine  Arbeiteftation  Ijatte.  Söieberljolte  93erfe£ungen  beS  lederen 
füfjrten  fie  aud)  nad)  Briefen  in  ber  9teumarf,  roo  fie  burd)  ten  ^ßrofeffor 
2BilI)etm  ßlutj  jur  6d)ri?tftetterei  angeregt  mürbe,  unb  fpäter  nad)  3üßid)au. 
|)ier  traf  bie  fjfamilie  ein  ©d)lag,  beffen  gröfjte  ©d)mere  auf  baS  .^aupt  beS 
|>au§bater§  fiel.  5Denuncianten  Ijatte  feine  politifdjen  ©efinnungen  öerbädjtigt; 
man  biSpenfirte  ben  tljatfräftigen,  an  Arbeit  getoöfjnten  2)iann,  mufete  it)n  aber 
nad)  adjtmonatlidjer  Cuäterei  mit  allen  6tjren  in  fein  Amt  mieber  einfetten. 
33alb  barauf  erfolgte  feine  Skrfetmng  nad)  33romberg,  unb  b,ier  Perlebte  $ulie 
in  unermübtidjer  Stjätigfeit  itire  ferneren  Satjve.  ©ie  ftarb  am  19.  Februar 
1868,  nad)bem  fie  toenige  ©tunben  oorb^cr  im  Ütjeater  üon  einem  ©djlaganfatt 
betroffen  morben  mar.  —  Au^er  einer  ©ammlung  Pon  „©ebidjten"  (1858),  bie 
in  3art  meiblidjem  ©inne  baS  Ijäuäiidje  Scben  unb  bie  Siebe  befingen,  Ijat 
Sfulie  ^p.  Potmiegenb  Nomone  unb  91oPeHen  gefdjrieben.  An  iljrem  erften  äöerfe, 
„StauenlooS"  (II,  1850),  roeldjeä  bie  ©teüung  be§  meiblidjen  ©efd)led)t§  in 
ber  bürgerlidjen  ©efettfdmft  unb  bie  ©raufamfeit  berfelben  gegen  bie  Gefallenen 
beljanbelt,  tjat  fie  aeljn  Sa^re  gearbeitet,  efje  fie  e§  ber  Oeffentlid)feit  übergab. 
S)ann  folgten  „Au§  bem  Seben  eines  ©lüdlidjen"  (III,  1853);  „gtoöeHen"  (II, 
1853);   „©in  Arjt  in  einer  fleinen  ©tabt"  (1854);  „Silber  au§  bem  ßeben" 


5ßfannfudje.  605 

(1854);  „©in  SebenStraum"  (III,  1855);  „(Erinnerungen  einer  ©rofcmutter" 
(II,  1856);  „2>er  Armutb,  Seib  unb  ©lud"  (III,  1857);  „£er  ©lüdSftern" 
(1857);  „SotjanneS  Kepler"  (III.  1857);  „ßebenSbitber"  (sJcooe£ien,  II,  1858); 
„ßünftlerttebe"  (1859);  „Saute  SBelt  —  ftilleS  -Öerj"  (1860);  „2)a8  ©lud  eines 
2BeibeS"  (1860);  „2Balter  Äüfrie"  (1860);  „An  ber  polnijd)en  ©renje"  (1861); 
„(Sin  Sürgermetftet"  (III,  1862);  „Sie  ßinber  bei  £aufeS"  (1863);  „$en 
^-rieben  finben"  Dcoüelle,  1861);  „AuS  ben  legten  lagen  ber  potnifdjen  föeoofo» 
tion"  (1864);  „Sie  ^reufcen  m  ^rag"  (1867)  unb  „3m  SBettenraufäen" 
(II,  1869).  Siele  ber  genannten  ©djriften  finb  nur  für  ben  Sag  getrieben 
unb  barum  aud)  mit  bem  2age  öerfcrjrüunben,  für  ben  fie  gefdjrieben  roaren; 
anbere  bagegen  üerbienten  wol  für  bie  •»Jtadjtoelt  ermatten  ju  toerben.  Suite  5ß. 
tjat  ein  unleugbares  Talent  für  ©arftellung  beS  gamitientebenS,  ber  einladen 
bürgerlichen  Serijättniffe,  unb  bat)er  Jjaben  it)re  Romane  unb  (Jrjdljlungen  auS 
bem  Greife  beS  fjfamitientebenS  ein  getoiffeS  Auifetjen  erregt.  „2SaS  fie  auS* 
3eidjnet,  ift  ein  burdjauS  gefunber,  praftifdjer  Sinn,  eine  DerftanbeSmäfjige,  natur« 
toiffenfctjaftlidje  Aufflärung.  3mar  Derbreitet  biefelbe  über  bie  ganje  (Sriften j 
eine  «Jlüdjternfjeit,  toetcfje  biete  ftiEC  toaltenbe  9Jcotiöe  ber  $oejte  auSfdjtieBt;  bodj 
getoinnt  bie  2>ar|"teHung  ber  Sdjriftftetlerin  baburd)  an  .ßtarfjeit  unb  Sidjerljeit, 
unb  ein  einfaches,  mit  feinen  toefentlidjen  ^ntereffen  öertrauteS  ©emütt),  beffen 
Söärme  alle  ifjre  äöerfe  belebt,  frfjü&t  fie  üor  att.ju  flauer  Serfanbung.  Sei 
aller  Strenge  ber  jittlidtjen  Senbenj  ift  inbeffen  in  ben  Romanen  eine  getoiffe 
Äeufdjtjeit  beS  Seelenlebens,  meldje  fid)  in  ber  Sommerung  toofjt  füf)lt,  ju  Der* 
miffen;  benn  bie  Sert)ättniffe  beS  2eben8  unb  ber  Statur  finb  .  bodj  nidjt  fo 
etiibent,  toie  fie  unS  in  ber  oft  aufbringlidjen  Seleudjtung  biefer  Sdjriftftettertn 
erfdjeinen."  Ser  tleinftäbtifdje  3ug,  ber  fid)  in  tfjren  iämmtlidjen  Söerten  ftnbct, 
erflärt  fid)  auS  ben  SebenSfdjidjalen  ber  Setrafferin,  über  roetdje  fie  in  bem 
„Serfudj  einer  Selbftbiograptjie"  (1857)  AuffdjluB  giebt.  9Jcet)rere  Anthologien 
ber  SDidjterin  —  barunter  einige  in  ijofjen  Auflagen  —  tjaben  itjre  3ugfraft 
bis  auf  bie  ©egentoart  behalten. 

3.  33.  £einbl,  ©alerte  berühmter  ^äbagogen  u.  f.  to.  9Jtünd)en  1S59, 
II.  Sb. ,  ©.  81  ff.  —  Sitterarifdje  (Erinnerungen  öon  gf.  Srunolb ,  3ürid) 
1881,  II.  Sb.,  S.  161  ff.  —  tu.  o.  ©ottfdjall,  Sie  beutfcfje  Dcationallitteratur 
beS  19.  Mrf).,  IV.  25b.  S.  291.  5ran3  Stummer. 

^fannfudje:  6 1)  r  i  f t  o  p  t)  ©ottlieb  %  ,  geboren  in  Serben  am  18.  «Uta! 
1785,  nourbe  am  6.  Suni  1806  bafelbft  jum  redjtsgeleljrten  Senator  ertoäf)lt, 
mar  toätjrenb  ber  ftranjofen^cit,  bie  Setben  jum  Äöntgreidj  SBeftfalen  gefdjlagen 
tjatte,  ^rocurator  beim  bortigen  Siftrictitribunal,  mürbe  1837  jum  Sürgermeifter 
gemäht,  am  25.  Januar  1838  als  fotdjer  eingeführt.  2öie  alle  Sürgermeifter 
ber  Sremen=Serbenfd)en  2anbfd)aft  (öon  Stabe,  Sujtefmbe  unb  Serben)  ertjielt 
aud)  er  nod)  in  bemfelben  Safjre  ben  %x\t\  eines  Sremen=Serbifd)en  2anbratf)S, 
trat  auf  feinen  SBunfd)  am  1.  Scoöembcr  1855  in  «penfton  unb  ftarb  unüet* 
mäb,tt  am  27.  gfebruar  1868.  Son  früher  ^ugenb  an  mit  ber  ©efd)id)te  beS 
SiSt^umS  uertraut  unb  felbft  in  Specialien  mie  fein  anberer  bemanbert  gab 
er,  3unäd)ft  um  ber  neu  begrünbeten  Sudjbruderei  öon  griebridj  Sauer  unter 
bie  Arme  ju  greifen,  Ui  biefer  1830  „2)ie  ältere  ©efdjicrjte  beS  öormattgen  SiS= 
ttjumS  Serben"  tjerauS,  meldje  bis  ^ur  «ftefignation  beS  Sifd)ofS  Sodann  III. 
(öon  A^el),  1470,  reicht.  Sa  fie  eine  fefjr  üerbiente  gute  Aufnahme  fanb,  tiefe  er 
fpäter  „bie  neuere  ©efd)ict)te"  u.  f.  to.  folgen,  toetctje  bie  drad^tung  bis  jum 
SBeftfdlifdjen  ^rieben  füt)rt.  §füt  bie  ^unbe  beS  2änbd)enS  unb  feiner  Sef)errfdjer 
ftub  beibe  SBerfe  unentbeb^rlid),  obgleidj  natürlid)  in  i5in3elb,eiten  burd)  urfunb= 
lidje  «publtcationen  (o.  öobenberg;  Subenbovf)  feitbem  mandjeS  aufgettdrt  ober 
gebelfert    ift.     Aud^    im  ~„Tieuen  Saterldnbifdjen    «JJtagajin"    etfdjienen    tteinere 


606  ^farmfudje  —  ^fannjdjmibt. 

9ltbeiten  ^fannfudje'ä,  toetcfje  bie  93etbenfd)e  ©efdndjtc  angeben.  Seine  93iblio= 
ttjef,  übet  2000  33änbe  Suchet  unb  9Jtanufctipte,  hinterließ  et  bet  SBibliothef 
beä  35omgt)mnafium3  feinet  Söaterftabt. 

$togr.  be§  fönigt.  £)omgt)tnn.   ju  Letten.     Cftetn  1868,  unb   ptibatc 
2Jcittb.  Ätaufe. 

s#famihldje:  <£>einridj  i$ftiebtid)  ^.,  geboten  am  28.  Dtobembet  1760 
ju  $itct)timble  im  93remifd)en,  ftubirte  t>on  1785 — 1788  in  $ena  unb  ©öttingen, 
roarb  jum  Dr.  pliil.  1794  promobirt;  war  feit  1797  tt)eologifcher  9tepetent  in 
(Söttingen;  1798  ©ubtectot  bcä  ^fotjanneum  in  93temen,  1803  otbcntlidjer  $ro= 
fefjor  bet  orientalifdjen  (Sprayen  unb  be§  91.  X.'ü  ju  ©iefeen,  1812  äugleid) 
Söicebivectot  be§  @i;mna|uim3  bafelbft,  1824  Dr.  theol.,  f  7  Cctobet  1833. 
(9lllg.  Gnct)cl.  III,  20  ©.  276,  too  9lnm.  2  nod)  anbre  biogtapifche  Duetten; 
bei  2Biner,  £anbb.  bet  theol.  Sit.  93b.  2,  ©.  705). 

@t  t>eröffentlidtjte  1 7 '.  >  1  ein  „Specimen  observationum  philologicarum  et 
criticarum  ad  quaedam  psalmorum  loca",  beten  toidjtigfte  man  bei  (Sidjfjorn, 
attg.  33ibt.  b.  bibt.  Sit.  33b.  5  ©.  534—538  finben  fann.  —  1794  fehrieb  er 
Exercitationes  in  Ecclesiastac  Salomoni  valgo  tributi  locum  vexatissimunv 
c.  11,7  —  12,7.  @t  finbet  t)iet  nidjt,  toie  man  bie  ©teile  gemölmlid)  netfteljt, 
eine  ©djilberung  bei  hcreinbretfjenbcu  9lltcr§,  fonbern  ]U  bejürcfjtenbet  fchidfalä= 
notier  läge,  maä  freilief)  nicht  otjne  grofje  ©emaltfamfeiten  hon  ifjm  burd)gefüt)rt 
roirb.  3ut  anbetmeiten  'L'ttteratuv  übet  biefeä  oft  untetfudjte  ©tüd  f.  jReufc, 
©efch.  beä  91.  %.'i  1881  ©.  546.  —  1796  erfolgte  eine  Slbfjanblumi  in  (5id)= 
Ijorn'S  altg.  SBibl.  b.  bibt.  Sit.  93b.  7,  ©.  193—203  betitelt:  „gttoa*  übet  ein 
paar  «Stellen  bet  neuen  gticd)iftfjcn  auf  bet  6t.  3Jcarcu8  33ibliottjc?  jit  3)enebig 
befuibtichen  Sßerfion  beä  91.  %.%."  Sie  llnterfudjung  Betrifft  bie  ©teilen  <3en.  22,  2 
unb  .'potjel.  7,  2,  bei  toetdjen  im  Graecus  Venetus  fid)  ein  tyaax  auffällige  9lb= 
toeidjungen  finben.  SDte  anbetmeite  äeitgenöffifdje  Sittetatur  übet  biefe  Uebet= 
fetutng  finbet  man  bei  9iofcnmüHet,  £)bb.  f.  b.  Sit.  bet  bibt.  Grit.  93b.  2, 
©.  470 — 473;  für  bie  ©egentuart  bgl.  ©ebtjarbt,  Graecus  Venetus,  Seipjig 
1874.  —  1797  erfchien  in  bet  ©öttinger  23ibl.  bet  neueften  ttjeot.  Sit.  93b.  3, 
6t.  4  ein  9luffah  übet  bie  „angelfäd)fifd)cn  Ueberfehungen  bc§  91.  £.'8".  1798 
fd)rieb  er  in  Gidjtprn'ä  äug.  93ibt.  93b.  8,  ©.  365—480  einen  Sluffafc:  Uebcr 
bie  paläftinifdje  Sanbeäfpradje  in  bem  3eitalter  (Stjriftt  unb  bet  9lpoftet",  roeldjet 
neben  bietem  Unt)altbaten  unb  93etalteten  bod)  für  bie  bamalige  Qnt  bai  33et= 
bienft  tjatte,  jum  etften  9Jtate  in  grofjen  3ügen  oen  s-ptoce^  bet  93erbtängung 
beä  9lttf)ebräifd)en  buret)  einen  atamäifd)en  üDialect  in  bet  3"t  öom  Sjil  bi* 
jum  legten  tiotdjtiftlidjen  3af)tt)unbett  ricfjtig  jut  2)ar[tettung  gebracht  3U  tjaben. 
%m  9lEgemeinen  ögl.  au  biefet  ^ragc  91.  9ceubauer,  on  the  dialects  spoken  in 
Palestine  in  the  time  of  Christ  (Studia  biblica  Oxford.  1885  p.  39—74).  — 
1800  etfdjien  bei  (Sidjtjotn  a.  a.  €).  93b.  10,  ©.  846—878  eine  9lbbanbtung 
übet  „bie  @ebet§fotmet  bet  2Reffiaäfäü(er  5Jtattb.  6,  9—13  unb  Suc.  11,  2—4", 
in  toetd)et  biefe  bibtifdjen  ©teücn  au§  tabbinifdjen  parallelen  alletbing§  mit  ^u 
roenig  .fhitiE  erläutert  toerben.  —  1803  etfdjien  bie  ©djtift:  „De  codicum  Mss. 
hebr.  V.  T.  et  versionum  chaldaicarum  in  lectionihus  antiinasorethicis  consensu" 
(UniöetfitätSptogr. ).  —  ©eitbem  fcheint  feine  tittetarifclje  2^ätigfcit  butd)  feine 
letjramtlidje,  melche  fef)t  erfolgreich  gemefen  fein  fotl,  beeinträchtigt  motben  ju 
fein.  —  6.  ©iegftieb. 

sJ>famifdjmibt :  Äarl  ©ottftieb  ^.,  ©efd)id)t§malet,  toutbe  geboten  am 
15.  ©eptembet  1819  -ju  5Jtüt)lt)aufen  i.  2t).  al§  ©otjn  eines  mot)tt)abenben 
Kaufmanns,  rocld)et  bet  @t}iet)ung  feinet  finbet  alte  ©otgfatt  angebeitjen  lie^. 
©d)on  frühzeitig  gab  ty.  93etoeife  feinet  SSegabung  füt  ba§  3e^nen»  toorin  et 
bon   bem    QzifyznUtyn   beg    ©tymnafiumä ,   ,u.  2)ettmann,    mit  (Sifet   gefötbett 


^fannfd)mibt.  607 

tourbe,  fo  bafj  attmätjtid)  in  bem  Änaben  ber  Gmtfdjtujj  reifte,  fiel)  bem  $ünftter= 
berufe  ju  toibmen.  $lux  3ögernb  gaben  bie  CSltern  bem  SBitlen  be§  Sot)ne§ 
nad),  roetctjer  im  5Jtär3  1835  nad)  Serlin  30g,  um  bort  auf  ber  Stfabemte,  ber 
3.  ö.  Sctjabotü  öorfianb ,  bie  angefangenen  Stubien  fori3ufetjen.  2ftit  einer 
Gümpfetjtung  an  feinen  8anb§mann,  ben  bamalä  fdjon  in  angefetjener  Stellung 
roirfenben  5lrd)iteften  5-  31«  Stüter,  öerfetjen,  tourbe  er  öon  bemfetben  ben 
^Dealern  $.  53iermann  unb  @b.  S)aege  äuge^ürjrt.  51ut  ber  5tfabemie  3eid)nete 
fid)  5ß.  al§  eifriger  unb  befähigter  Sctjüler  fo  au£,  bafj  Sdjaboro  bei  ber  S!urct)= 
fictjt  einiger  feiner  ßompofitionen,  unter  roeldjen  i£)tn  bie  3eid)nung:  „Ginzug 
Gtjrifti  in  ^erufatem"  befonber§  gefiel,  bie  anerfennenben  SCßorte  auSfprad) :  S)er 
Genfer)  t)at  ^tjantafie !  9cad)bem  5ß.  bie  elften  2>at)re  bei  33iermann  faft  au§= 
fdjliefjlid)  Sanbfdjaften  gematt  tjatte,  beftimmte  itjn  biefer  felbft,  in  richtiger 
(Srfenntnift  ber  toatjren  SBegabung  feineä  Sd)ü(er§ ,  fiel)  ber  ©efd)id)t§maletei 
unter  Saege'ä  Rettung  3U3uiuenben.  ©leid)  fo  bieten  fetner  J?unftgenoffen  30g 
e»  aud)  $.  nad)  OMndjen,  Gornelius'  SGBetfe  3U  fdjauen  unb  mit  bem  9Jletfter 
felbft  in  Serfefyr  3u  treten.  liefen  fottte  er  nietjt  metjr  bort  antreffen;  um  fo 
eingef)enber  betrachtete  er  feine  Sdjöpfungen,  trat  audj  mit  ^aulbact)  in  S3e= 
Ziehungen,  roetdjer  it)m  riete) ,  SorneliuS  fleißig  ju  ftubiren  unb  grünblid)  bie 
53ibel  ju  lefen.  3m  Jperbft  1841  traf  $.  in  Berlin  bei  bem  ßunftfreunbe 
©rafen  51.  ^ftacjrjnSfi  zum  erftenmat  mit  Gorneliu§  jufammen,  toelctjer  ü)m 
äurief :  2sct)  fenne  Sie  fdjon;  befugen  Sie  mid)!  2er  mit  biefem  Sage  be= 
ginnenbe  nat)e  $erfet)r  3toifctjen  SBetben  führte  batb  öon  Seiten  Gorneliue'  ben 
Auftrag  an  5ß.  rjerbei,  an  <5.  §ermann§  Stelle  bei  ber  5lu§fd)müdung  ber  3Sor= 
tjatle  be§  5Uten  2ttufeum§  nad)  Sd)infel'§  Cünuoürfen  mitzuarbeiten. 

5lud)  $.  30g  e§  mit  untoiberfter)ticf)er  ©eroalt  über  bie  Serge  nact)  bem 
getobten  Sanbe  ber  Äunft,  meiere»  er  fpäter  nod)  breimat  teieberfat).  S)en 
-Sinroeg  natjm  er  über  granffurt  a.  2Jc.,  Strasburg  unb  SSafet ,  burd)3og 
bie  ^»albinfet  öon  ben  51(pcn  bi§  nad)  Siciticn  unb  fetjrte  bann,  nact)  mefjr  als 
einjähriger  5lbtoefenl)eit,  mit  einer  reichen  ftrütle  öon  Cnnbrüden  unb  Stubien, 
im  §erbft  1845  nad)  Seutfdjlanb  3urüd.  2JUt  ber  ütütffeljr  ^rannfctjmibt'ä 
nad)  Serlin  beginnt  bie  erft  buret)  ben  £ob  unterbroetjene  ftolge  iener  teietjen 
fünftterifdjen  Stjätigf'eit,  roelctje  feinen  Flamen  ben  ßrften  auf  bem  ©ebiete  ber 
neueren  beutfetjen  religiöfeu  Maleret  betgefeilt.  £)en  3teftauration§arbeiten  an 
alten  SSanbgemätben  in  ber  ßiebfrauenfirdje  3U  ^atberftabt  (1847)  folgt  bie 
Mitarbeit  an  bem  ^'fsfogemälbe  $aulbacr)'§,  bem  2l)urmbau  3U  Säbel  im 
Sreppenfjaufe  be§  bleuen  5Jcufeum§.  Sarauf  fetjuf  er  ba§  ^reSfogemälbe  im 
9Jcaufoleum  in  ß^arlottenburg  (1850);  bai  5lbenbmal)l  in  ber  (Sapelle  be§ 
berliner  ©d)toffe§  (1851).  %n  gemeinter  Stätte  befinben  ficr)  ferner  in  SSertin 
öon  ^fannfctjmibt'g  ©emätben:  S)ie  ßreu3abna^me  in  ber  Gapelte  be§  ßranfen= 
IjaufeS  Setfjanien  (1870),  3roei  Sotiöbilber:  S^tiftuS  unb  ^Dtaria  (1875)  unb 
(It)rifiu§  unb  »Jlicobemu?  (1877)  in  ber  ÜJtattljäifh'dje,  ß^riftuS  unb  5Ragbatena 
am  Sluferfte^ungsmorgen  (1882)  in  ber  3toölfapoftetfird)e ,  Sie  Slnbetung  ber 
2ßeifen  au§  bem  IDtorgentanbe  (1885)  in  ber  ßapetle  be§  SomcanbibatenftiftS, 
an  einem  Erbbegräbnis  be§  S5reifattig!ettS!ird)r)ofg  mehrere  ^ofaitgemätbe  nact)  be§ 
ÄünftterS  ßnttoürfen  (1876).  6ine  bebeutenbere  Slnjo^t  feiner  Söerfe  fct)mücft 
Äircben  au^er^atb  25erlin§.  %n  Sctjtoerin,  Sartt)  bei  ©tralfuub,  Äönig§berg  i.  9t., 
5lltenftvdjen  auf  öligen,  S5en3in  bei  SBoIgaft,  «5ct)tobitten  in  3ß.  ty.,  S3ranben= 
bürg  a.  ^p.,  SBremen,  in  feiner  Saterftabt,  in  Semmin  3eugen  tiefempfunbene 
unb  fünftlerifc^  burctjgefütirte  5lltarbitber  öon  bem  frommen  Sinn  unb  ber 
s]Jteifterfctjaft  it)reS  ©ctjöpferS.  9kd)  gntmütfen  unb  ßartoni  spfannfdjmibt'S 
rourben  ©laSfenfter  au^gefütjrt  für  bie  Dtifolaifirctje  in  SSertin,  ben  S)om  3U 
•D^agbeburg,  bie  @arnifonfird)e  in  Stuttgart  unb  Äloftet  5ßree^  bei  Atel. 


608  45fannfd)mibt. 

9JkIjr  als  bei  ben  meiften  anbeten  Äünftfem  fpridjt  auS  ben  äöerfen 
sßfannfdjmibt'S  fein  eigenes  ßmpfinben  3U  unS.  2113  ftrenggläubiger  prote* 
ftantifcrjer  ßfjrift  erad)tet  er  eS  für  feine  fdjönfte  unb  tjödjfte  Aufgabe,  feiner 
tfirdje  burdj  feine  -tfunft  ju  bienen.  ©djtidjte  aber  ebele  Sinienfütjrung,  ruhiger 
©djmelj  ber  färben  genügen  itjm  für  feine  ©djilberungen.  2)urd)  ben  ^nfjatt 
öor  allem,  nid)t  burd)  äußere  farbige  Ütei^e  mitl  er  ben  Sefdjauer  feffeln,  it)n 
tröften,  mahnen,  befetjrcn.  ©efjljalb  griff  er  aud)  gern  3um  3eitf>f nftif t ,  um 
in  SSilberjolgen  ©cenen  auS  bem  alten  unb  neuen  üteftament  jur  2>arftettung 
3u  bringen.  2lu8  bem  ^atjre  1847  finb  bie  23lätter,  mcldje  ifjren  (Stoff  ber 
SdjöpfungSgefd)id)te  entnehmen  (im  $8efit}  ber  Familie  beS  $ünftter3).  Sin 
23tatt  auS  biefer  <5olge:  9toaf)'S  ßinjug  in  bie  5lrd)e,  übertrug  er  in  grofjem 
9Jtafjftab  unb  fdjirfte  ben  (Sarton  auf  bie  Slfabemifdje  2tu8ftetlung  öom  3af)rc 
1848,  moburd)  *j3fannfdjmibt'3  Warne  jum  erftenmat  meiteren  Greifen  befannt 
tourbe.  2)ie  atoeite  93ilbcrfolge:  S)ie  SluSfefcung  unb  2luffinbung  ^ojeS',  erftanb 
im  3.  1866.  3n  ed)t  fünftlerifdjer  Söeife  tjat  fjicr  $.  bie  ^nnigfeit  ber  9Jtutter= 
liebe  unb  »forge  jum  SluSbrua*  gebracht  (geftod)en  öon  ßubl)).  3n  bie  geit 
öon  1872 — 75  fallen  bie  ad)t  3eid)nungen.  meldje  ber  Äünftter  „$aS  Soeben 
beS  ©eridjtS.  ättecfftimmeu  aus  ber  Ijeiligen  ©djrift"  genannt  tjat.  6ble  Gom= 
pofitionen,  metdje  bie  sJJtatmung  3ur  6infel)r  unb  33ufje  in  pacfenber  2Beife,  toic 
3.  Sß.  in  ben  üDarftellungen  beS  armen  2a3aruS  unb  beS  reidjen  9Jlanne8  3um 
WuSbrucf  bringen  (herausgegeben  im  33erlag  ber  ^Berliner  >}}t)otograpt)ifd)en  <Se» 
f.Ilfd)aft  1887).  SDie  fönigt.  ftationalgaterie  in  93erlin  bcfitjt  bie  auS  fed)S 
blättern  beftetjenbe  gotge  öon  2>arftcttungen  3itr  6efd)id)te  beS  $ropt)etcn 
Saniel.  liefe  ber  ©mpfinbung  unb  meiftertjafte  9lusjür)rung  berteifjen  biefen 
Zeichnungen  einen  gan3  befonberen  ßunftmertt).  2tl3  bie  reiffte  $rud)t  feines 
<5d)affenS  auf  biefem  ©ebiete  ift  SDaS  Saterunfer  311  betrachten  (1880—83), 
gleichfalls  ad)t  größere  SBIätter,  burd)  ©ebaufentiefe  unb  -frotjeit  ber  fünftlerifdjen 
Sluffaffung  glcidj  Ijerüorragenb  (grojje  golbeue  Mebaitte  öon  1884,  nid)t  öer= 
öffentlidjt,  im  33eft^  ber  gamttie). 

*£.  mar  eine  öielfeitige  Äünftlernatur.  9tid)t  nur  auf  bem  ©ebicte  ber 
Malerei  mar  er  ein  2Retfter.  @r  öerftanb  eS  aud)  mit  ©efdjicf  bie  föabirnabel 
3U  fütjren,  in  2fjon  3U  mobettiren,  in  ^oli  3u  fcrjni^en.  ©ie  ^Jiufif,  befonbers 
bie  alte  proteftantifdje  ^irdjenmufif,  ^atte  an  ifjm  einen  marmen  Söcrctjrer ; 
bid)terifd)e  Begabung  mar  i()tn  gleidjfaHS  31t  tf)eil  gemorben.  ?lud)  aU  ©djrift* 
ftcller  t)at  er  fidj  mit  ©iücf  öerfudjt.  %m  efjriftüc^en  ÄunftMatt  1881  ^Jlr.  5 
finbet  fid)  öon  feiner  geber  ein  beadjtenSmertljer  SebenSabri^  feinc§  ©d)mieger= 
öaterS,  be§  Katers  6.  ^ermann.  2)ie  Stellungnahme  ^fannfd)mibt'8  3U  ber 
Äunftridjtung  unferer  Sage  mar,  mie  bieg  bei  feinem  @ntmirflung§gange  nidjt 
anberS  fein  fonnte,  eine  ablefmenbe.  Einige  Stuffäije  unb  ßrflärungen  finb  in 
biefem  Sinne  öon  ifjm  öeifa^t  unb  öeröffentlidjt  morben. 

6inem  Äünftler  öon  einer  foldjen  SBebeutung  unb  Sfjätigfeit  —  fp.  ftanb 
als  Setjrcr  an  ber  3lfabemie  ber  Glaffe  für  ^omöofttion  unb  ©emanb3eid)nen 
öor  . —  fehlten  aud)  bie  äußeren  6t)ren  nid)t.  @r  mar  fönigt.  ^ßrofeffor,  ^n= 
tjaber  mehrerer  Crben  unb  Gebauten,  s3Jlitglieb  ber  3lfabemien  3U  SSertin  unb 
Bresben,  ©eines  fünftlerifdjen  Seitat^eS  bebiente  fid)  lange  ^atjre  bie  grau 
Äronbrinjeffin  unb  gelegenttid)  ber  UniöerfitätSfeier  be8  SuttjerjubitäumS  (9.  ^0= 
öember  1883)  mürbe  il)tn  bie  feltene  3lu§3eid)nung  3U  21f|eit,  öon  ber  berliner 
tfjeologifdjen  gacultät  311m  6f)renboctor  ernannt  3U  merben.  ty.  lebte  in  langer, 
glücflidjer  unb  gefegneter  etje.  3m  $.  1881  fiel  er  in  eine  fernere  ßranf^eit, 
öon  beren  &otgen  er  fid)  nid)t  met)r  gan3  3U  erholen  öermod)te.  S)er  ^Jleifter  ftarb 
in  Serlin  am  5.  ^uli  1887. 

Sdjriftlidje    Mitteilungen   ber   Hinterbliebenen   beS   Äilnftterä    an   ben 


SPfatter.  609 

Unteraeid&ncten.  —  ©atjeim  XVII,  1881,  Dr.  16,  ©.  252  ff.  —  Dr.  <£. 
gfötp«,  Mittelalter  ober  Denaiffance?  (Seutfd&e  3eits  unb  (Streitfragen, 
^atjrg.  XI,  1882,  £>eft  173).  —  Äatalog  ber  fönigt.  «Rationalgalerie.  7.  2lufl. 
1885,  I,  237.  II,  167.  2Beinife. 

Pfarrer:  9Jcatt)iS  $. ,  2lmmeifter  unb  SSeförberer  ber  Deformation  in 
Strasburg,  ift  f)iefetbft  1485  ober  1486  geboren,  lieber  feine  ^ugenb  unb 
feine  innere  dntmicttung  miffen  mir  nicf)tS  ©tctjereS.  3tt§  Äaufmann  —  er  mar 
2uct)t)änblet  —  mufc  er  jtdj  balb  in  feiner  Satetftabt  einen  fo  guten  Hainen 
gemalt  tjaben,  bafc  it)m  ©ebaftian  SSrant  feine  Softer  @u^t)rofnne  jur  ©attin 
gab.  Söie  b,oct)  ifm  feine  Mitbürger  flauten,  gef)t  allein  barauS  tjerüor,  ba^ 
er  fieben  sDtat  —  fo  häufig,  mie  feiner  t»or  ifjm  —  jutn  Stmmeiftet  gemäht 
toorben  ift,  1527,  1533,  1539,  1545,  1551,  1557,  1563.  3n  biefer  tjotjen 
ftabtifdjen  Stellung  fjat  er  ber  Deformation  in  ©trapurg  mit  äum  ©iege  öer= 
Rolfen,  äöo  eS  galt,  muttjig  für  bie  Dectjte  ber  ©tabt  unb  für  bie  ©acf)e  beS 
GüöangeliumS  einautteten,  ba  mactjte  ber  Datt)  ifjn  —  oftmals  neben  3afob 
©türm  —  au  feinem  ©efdjäftsfüfjrer.  ©o  mar  *p.  fomot)t  auf  ben  beiben  Deicf)S= 
tagen  au  ©petyer  1526  unb  1529  als  audj  auf  bem  DeicfjStage  au  SlugSburg 
1530  einer  ber  ©efanbten  ©trapurg'S.  £>äufig  begegnen  mir  ifjm  in  biefer 
@igenfd)aft  auf  ben  Sagen  beS  ©djmatfalbifcfjen  SunbeS,  1531  unb  1536  in 
granffurt  a.  2fl.,  1538  in  Sraunfdjmeig,  1540  in  Naumburg.  S)ie  fctjmerfie 
■QJtiffion,  bie  er  im  auftrage  ber  ©tabt  übernommen,  mar  bie  im  3-  1547  — 
nact)  bem  unglüctlictjen  Ausgange  beS  ©djmaltalbifctjen  JhiegeS  —  aum  ßaifer 
nadj  Ulm,  um  mit  beffen  Dalben  über  bie  Sebingungen  au  untetfjanbetn,  unter 
benen  ©trapurg  Seraeitmng  ermatten  fottte.  2>ocb,  tonnte  ftc£)  $.  nictjt  ent= 
fctjliefjen,  als  ©efanbter  ber  ©tabt  mie  eS  ber  Datt)  münfdjte,  nact)  Dörblingen 
ju  getjn,  um  öor  bem  Äaifet  ben  Don  itjm  geforberten  ftufjfatt  au  tt)un.  28ie 
treu  er  bem  ebangelifctjen  ©tauben  augetfjan  mar,  bemieS  er  1550  bei  (gelegen* 
tjeit  ber  ginfütjtung  beS  Interims  in  ©trapurg;  lieber  als  bafj  er  ber  $er= 
tefung  beffetben  öor  ben  fünften  anmotjnte,  jaulte  er  eine  ©elbftrafe.  2ÜS  nun 
aber  1554  bie  Meeraal)!  ber  ©trapurger  Sßrebiger  unter  güfjrung  9flarbacb/S 
bie  Stbfdmffung  beS  Interims  ertrofcen  moEte  unb  bem  Datt)  ben  ©eljorfam 
auffünbigte,  ba  mactjte  er  bem  9Jtarbact)  megen  feiner  2luftef)ming  gegen  bie 
ftäbtifctje  Obrigfeit  tjeftige  Sßormürfe.  ty.  ftarb  am  19.  Januar  1568.  Sfön 
ctjarafterifht  fein  ^eitgenoffe  SotjanneS  ©türm  folgenbermafjen :  „£err  9Jtattt)eS 
5ß.  mürbe  bon  megen  feiner  greunblidjjfeit  bon  jebermann  fetjr  gertjümbt.  Sr 
mar  ein  rechter  Satter  unb  «gmnbfjaber  aller  armen  unb  betrübten  £eut.  SBenn 
jrgenbt  ein  Surger  etmaS  geringes  betbrodjen,  lief}  erS  füll  t)infct)leidjen,  unber= 
roeilen  oertrucft  erS,  etje  bann  einer  befjmegen  betlagt  mürbe,  Seibe  in  ©elt  unnb 
SeibSftraffen  mar  er  milt  bnb  gnebig.  Söann  er  bann  über  etmaS  feine  ftimm 
im  Daf)t  geben  fotte,  tfjat  erS  mit  foldjer  befcfjeibentjeit,  baB,  mann  er  fctjon 
etman  eineS  anbern  meinung  aumieber,  er  gteitfimol  bemfelben  nictjt  eraürnte  .... 
unb  gteict)  atS  ein  fdjöner  tjetler  ßarfunfet  unber  anbern  biet  gbelgefteinen 
fjerau|  fdfjeinnt  unb   glänzet,   alfo  teuctjtet  er  im  Datjt  für  fein  betfou." 

Joannis  Sturmii  Conamonitio  ober  SrinnerungSfcfjriTt,  Dteuftabt  a.  b.  £arbt 
1581.  —  Joannis  Pappi  defensionis  quartae  partes  tres  priores,  Tubingae 
1581,  p.20.  —  Beza,  Icones,  1580.  —  Pantaleon,  prosopographia  heroum, 
Safet  1566,  2.  III,  p.  366  (unbrauchbar).  —  &erfeog,  Chronicon  Alsatiae, 
©traBburg  1592,  acfjteS  Suctj,  ©.  94 ff.  —  Döfjrid).  ©efctjic^te  ber  Deformation 
im  (Slfaf},  1.— 3.  35b.,  ©trapurg  1830—1833.  —  Sirdf,  ^ßotitifcfje  6orre= 
füonbena  ber  ©tabt  ©trapurg,  1.  Sßb.,  ©trapurg  1882.  —  ^ottänber, 
©trapurg  im  ©ctjtnalfalbifdjen  Kriege,  ©trapurg  1881. 

D.  3oepffel. 

aiagem.  beutle  $8iogtaDf)ie.    XXV.  39 


610  ^fottiitS  —  Wm- 

^farrtUÖ:  töuftaö  Sp. ,  ein  beliebter  r^einifd^er  2)id)ter,  mürbe  am  31.  2)e= 
cember  1800  ju  .^ebbestjeim  bei  Äreu^nad)  als  ©orjn  beö  bortigen  eöangelifdjen 
Sßfatrerß  geboren,  f  ju  Äöln  am  15.  2luguft  1884.  ©eine  afabemifdjen  ©tubien 
begann  er  1818  in  £atfe  unb  fe^te  biefelbcn  auf  ber  Sonner  Uniöerfität  fort. 
(Elaffifctje  ^tjitologte  unb  ©efcr)id)te  waren  bie  bon  it)tn  erroärjltcn  gädjer.  1823 
erlangte  er  bie  üDoctorpromotion  unb  trat  bann  fein  erfteö  ßetjramt  beim  ©rjm= 
nafium  in  ©aarbrücfen  an.  1833  mürbe  er  an  baö  gntbricrj^Söit^etm^Ötjm^ 
nafium  nad)  $öln  berufen,  roo  er  30  3farjre  lang  als  ein  allgemein  geachteter 
Sefjrer  mirfte  unb  burdj  ben  ^rofeffortitel  unb  bie  SJerleirjung  be§  rottjen  2lbler= 
orbens  4.  Staffe  ausgezeichnet  rourbe.  1863  trat  er  in  ben  9turjeftanb.  ©eine 
crfte  bid)terifd)e  ©abe  mar  1833  „2)aö  sJtat)et^at  in  ßiebern",  1844  folgte  eine 
lt;rifd)=epifd)e  2)ic£)tung  „töarlmann"  ,  unb  1850  gab  er  bie  „3Batblieber" 
tjeraus,  bie  burct)  itjre  ^ifctjc  unb  ^fnuigfeit  eine  ungeteilt  beifällige  Slufnagme 
fanben  unb  in  mieberfmlten  ausgaben  evfdjienen  finb,  mobon  eine  mit  12  ©tcin= 
Stabirungen  öon  ©corg  ©fterwalb  iliuftrirt  mürbe.  1861  erfd)ien  ein  23anb 
gefammelter  „©ebidjte".  2Iud)  öerfuctjte  er  fein  Talent  auf  bem  ^elbe  et« 
jäljlenber  5Did)tung  öuref)  jroei  Woöellen  „krümmer  unb  (*pl)eu"  (1852)  unb 
„^mifdjen  ©oonwalb  unb  äÖeftridj"  (1861),  fomie  burd)  ben  Stornan  „©djjein 
unb  ©ein"  (1863).  ©ein  letjtes  äöerf  „Statur  unb  2ftenfd)enleben"  erfdjicn 
1869.     (üsinige  feiner  Siebet  finb  üolfßtfjümlid)  geworben.  c*    c*    ^ 

^fail:  Stjeobor  ^ßrjitipp  r>.  ty. ,  preufjifdjer  ©eneralmajor,  im  ^atjrc 
1727  ju  gftanlfuxt  a.  s]ft.  geboren,  trat  1742  beim  Infanterieregiment  bon  steift 
als  ©efreitcrcorpoiat  in  beu  preufjifctjen  S)ienft,  madjte  ben  ^weiten  fd)lefifdjen, 
in  weterjem  er  bei  $effelöborf  Derwunbet  mürbe,  unb  ten  fiebenjäl)rigeu  $rieg  mit 
unb  warb  roärjrenb  be§  letzteren,  im  $.  1760,  als  Quartiermeifterlieutenant  in 
bas  ©efolge  beö  Königs  aufgenommen,  ©ein  Slüancement,  roelctjeö  bis  bafjin 
menig  glänjenb  geroefen  mar,  befferte  fiel)  baburd)  nicfjt.  6s  bauerte  bis  jum 
©eptember  1770,  bafj  ber  Äönig  iijn  jum  sDtajor  ernannte.  SBorljer  rjatte  er  als 
gretitnttiger  mit  ber  ruffifetjen  2lrrrtee  am  JürEenfriege  1769  70  ttjeit  genommen. 
2)er  ßönig  fefjte  inbeffeu  grofjes  Vertrauen  in  feine  ^ätjigfeiten,  mätjlte  itjn  1778, 
bei  lUusbrudj  bes  baierifetjen  GürbfolgeEriegeS,  jum  ©eneraliiuartiermeifter  bei  ber 
xUrmcc  bes  ^rinjett  £>einridj  unb  madjte  itjn  1779  ju  feinem  glügelabjutanten 
öon  ber  Infanterie.  5rie0l''d)g  Wadjfolger,  ilönig  ^riebridj  Söilfjetm  IL,  gab  itjn 
für  bie  (Sjpebition  nad)  .^oüaub  im  3-  1787  bem  ©berbeferjtstjaber  ^erjog 
ßavl  SBitrjclm  gerbinanb  öon  Svaunfdjweig  an  bie  ©eite.  6r  fjat  biefen  ^itg,  in 
einer  reict)  mit  planen  auSgeftatteten  „©efctjidjte  bes  preufjifctjen  ^elb^ugeö  in  ber 
^roöinj  .g)oüanb  im  $.  1787",  Berlin  1700,  befdjricben,  meldte  in  bem  nämlidjen 
^atjrc  bort,  bureb,  g.  äö.  Sombarb  überfeijt,  in  fran^öfifetjer  unb  1702  ju  2lmfter= 
bam  in  rjottänbifctjer  ©praerje  erfctjien.  2)ann  madjjte  er  bie  fötjeincampagne 
gegen  bie  franjöfifctje  Stcpublif  mit.  2lm  12.  $uli  1794  marb  er  in  feiner 
©tellung  am  ©djän^et,  einer  l1  -i  s]Jteilen  fiibweftlidj  öon  Üleuftabt  an  ber  iparbt 
belegenenen  93ergfubpe,  beren  33efi^  für  bie  33er)auptung  einer  öon  ben  preu^ifcb.en 
Gruppen  eingenommeneu  ©ebirgepofition  öon  entfeb^eibenber  SOßicfjtigEeit  mar,  mit 
Uebermacljt  angegriffen.  31  n  ber  ©pi^e  bon  8  Bataillonen,  im  ©anjen  etma 
4500  9ftann  mit  9  ©efdjü^en,  öerttjeibigte  er  ftd)  tapfer  gegen  7000  ©egner. 
21  m  9lad)mittage  beß  13.  erlnelt  er  eine  töbtlidje  Söunbe,  melcrjer  er,  in  feinb= 
lic£)e  (Sefangenfcrjaft  gcrattjen,  alöbalb  erlag.  ®a§  ©djänjel  ging  berloren  (bgl. 
'DJhlitä^Söocb.enblatt ,  Berlin  1825,  9lr.  485,  1841,  9tr.  29;  Sufft,  baö 
©djänjel,  ÄarlSrulje  1885).  ©ein  ffreunb  unb  äöaffenbruber,  ber  öfterreidjifcb.e 
gelbmarfdjall  ©raf  äöurmfer,  lie^  bort  1796  „bem  Reiben  unb  33iebermann" 
5)5.  ein  Senfmal   erridjten.     5J}.  feb^rieb  ferner:    „SDer   gefdt)icfte   Eingriff  unb   bie 


Reffet.  611 

glürftidje  2lbt)altung  bei  geinbeS  Bei  ^Belagerungen",  ßöttjen  1757;  aud)  gab 
«r  eine  ßarte  bon  «polen  IjerauS.  Sie  SiMiotfjef  beS  ©rofjen  ©eneratftabei  ju 
üBerlin  fcefifct  eine  £anbfd)rift  «piau'i  über  „Manöbrei,  toetctje  bon  ben  faiferlid) 
öfterreidjifdjcn  Gruppen  erjntoeit  «Prag  gemalt  worben,  1777." 

58.  «Poten. 
Steffel :  6in  Minnesänger  rittertidjen  StanbeS,  ber  wärjrenb  bei  Regierung 
.^erjog  ftriebrid)S   bon  Cefterreid)   beS  Streitbaren  (1230—1246)  bidjtete.     ßr 
preift  biefen  in  feinem  erften  ©ebtdjte  als  ben  SBetfer  ber  ftreube,  bie  früher  in 
Defteireidj   lange   berborgen  gewefen   fei,   als   ben  Spenber  bon  «Reicf)trmm^alS 
ben   Iröfter  ber  Siedjen  unb  fnüpft  baran  bie   in  einen   äöunfdj    an  bie  ^rau 
Sffilde  eingefleibete  «Bitte,  aud)  itm  felbft  mit  einer  ©abe  ju  bebenfen.     $.  war 
banad)    ein  {yatjrenber,  ber  um  ßolm  bietete,  unb  gehörte  wie  ©ruber  äöerntjer, 
keinmal-  bon  3weter,  «Reibfjart  bon  «Jteuentf)at,  2annt>aufer  unb  SInbcrc  au  bem 
Stdjterfretfe,  ber  fid)  am  £ofe  beS  fangluftigen  testen  «BabenbergerS  berfammette. 
£b    er  felbft  aus  Oefierreid)  ftammte,    ift  jweifettjaft.     SDie  «parifer  «ieber^anb« 
fdjrüt,  welche  ifjre  £id)ter  nad)  Sanbfctjaften  ju  orbnen  pflegt,  fteüt  it)n  awtfd)en 
fdjroeijerifdje   «DUnnefänger   unb    aus  einer  «Bafeler   Urfunbe  bon   1243   tft   ein 
Heinricus  pheffili    miles  nadjgewiefen   (Sperjog,    ©ermania   29,    35):   man   fjat 
barauS   ben  ®$lufj   gejogen,   er  fei   ein  2llemanne  gewefen  unb  gleich  mandjen 
anbern    Sintern    bei    wefilidjen    £eutfd)tanbS   («.   SS-  Üieinmar    ber   Sitte   unb 
«fteinmar  b.  3weter)   in   bie   lebensfrohe   Cftmarf   eingewanbert.     6inc   gewiffe 
2ßarjrfd)einlid)feit    mufc    biefer    6ombination    jugeftanben    werben,    obwohl    bie 
Sbentitdt   bei  SidjterS  mit   feinem  urfunbtidjen  «Jtamenibetter,  wie  meifteni  in 
berartigen  gälten,  fid)  nid)t  beweifen  täfet.     Sai  «preiigebidjt  auf  griebrid)  ben 
Streitbaren   reist   übrigens  burd)   ben   beftimmten   Hinweis   auf   eine  fneblidje, 
fröi)lid)e  3«t,  bie  langer  Unruhe  unb  Trauer  ein  ßnbe  machte,  ju  bem  «Berfud) 
einer  genaueren  ©atirung.     <Sier)t  man  fid)  inmitten  ber  ftürmifdjen  Regierung 
griebiitf)3  nad)  einer  «paufe  um,   für  welche  «Pfeffel'i  Säuberung  paffen  tonnte, 
fo    bieten   fid)   brei   ^eitpunfte.     2)er   erfte,   bie   2BeIjrt)aTtntad)ung   bei  öerjogs 
Anfang   1232   bilbete   ben   feftlidjen  3lbfd)lufe   ber  gef)be   mit  ben   Äuenrmgern 
unb  leitete  eine  bis  sum  öerbft  Wätjrenbe  «Ruijeäcit  ein,  aber  ber  boraurgegangene 
Streit   war  bod)    ju   furj   unb  unbebeutenb,   um  «pfeffel'i  nadjbrüdlidje  2Borte 
bon  ber    lange  berborgenen  yveube  ju  rechtfertigen.     ®efä£)rlid)er  waren  fdjon 
bie  kämpfe  mit   ben   «ftad)b  arfürften  («Baiern,  «Böbmen,   Ungarn)   im  folgenben 
Saljre,   unb   baS   «Jtüf)ejaf)r  1234  tonnte   Wol  empfunben  werben  wie  bie  Bifida 
fetjr  beS  2ageStid)tS  nad)  langer  «Rad)t.     Möglid)  alfo,  ba£  ber  Stnlafj  311  bem 
©ebic^t   biefe    Seit  war   unb   bietteidjt  fpeciell   bie   am  1.  Mai  näcfjft  Stabtau 
bei   SGßien   gefeierte   «Bermärjhmg   ber   Sdjwefter   griebridjS,    Gonftanje  mit  bem 
Marfgraien  £einrid)  b.  Meißen,   ein  pruntbolleS   geft,  bei  bem  bie  Mutter  bei 
£eraogi,  2tjeobora,  fowie  biete  erlaubte  ©äfte,  barunter   bie  bisherigen  ©egner 
£önig  Slnbreai   bon  Ungarn   unb  2öenset  bon  «Böhmen,   ber  Sanbgraf  öeinrid) 
«Rafpe  bon  2b,üringen,   mehrere   SBifdjöie  unb    jat)freid)er   Slbel   3U9e9en  ®m™- 
«Biet  waljrfdjeinlidjer  inbef^  ift,  baB  ^Teffel-'i  «ßreiSgebidjt  m  ber  3eit  ent= 
ftanb,    alS  ber    für    Cefterreid)    tier^dngnifebottfte   £ampi,   griebndjS  Empörung 
gegen   ben  Äaifer,   ber  über   baS    Sanb    atte   ©reuet   be§  «BürgertriegcS  gebradjt 
fjatte,  enbtid)  geenbigt  war  unb  eine  neue  gpodje  ber  Sidjei^eit  unb  beS  tynebenS 
für  bie  fdjwer  geprüfte  Dftmarf  anbrad).     «Rad)  bier  Äriegäjaljren,  bie  reidj  an 
wunberbaren  SBedjfetiällen  gewefen  Waren,  fanb  fid)  §erwg  griebrid)  Wieber  als 
redjtmä&iger  Sefi^er   feiner  grblänber  anertannt,  ber  3teid)iadjt  tebig,  mit  bem 
ßaifer  in  befter    gfreunbfdjait  unb  feierte  am  «JBei^nadjtitagc  1239   Tefttidj  bie 
compositio  et  concordia.     «Betet)rt   buret)   bie  fd>weren    @rfaf)rungen   bei  legten 

39* 


612  Weffel. 

Krieges,  in  bem  jeine  eigenen  SSürger  unb  sDltniftctia(en  gegen  it)n  gefämpft 
Ratten.  bemüljte  er  fiefj  nun,  bie  33evooljner  feiner  .£>erjogtt)ümer,  bie  er  |o  lange 
burdj  äöillfürfjenfdjaft  aufgebracht  Ijatte,  ju  öerföljnen  unb  an  jeine  s4ktfon  ju 
fcffcln.  @r  getoä^rte  beäljalb  bamat»  unb  in  bem  nädjftfolgenben  3jal)re  ben 
^Bürgern  ber  ©täbte  roidjtige  Sedjte  unb  $reit)eiteu,  erleichterte  bem  3lbel  bie 
Wütffeljr  unter  feine  ."perrfdjaft,  allen  abgefallenen  rjotte  Slmneftie  ertljeilcub, 
unb  ertoieg  fidj  befonberä  ben  geiftlidjen  £)rben  freunblidj  burdj  23eftätigung 
früherer  Sßorttjeile,  burdj  neue  ©djenfungen  unb  3utoenl)un9  berfdjiebener  33e« 
günftigungen.  @r  cntmidelte  in  biefer  3"t  eine  öetfd)tüenbertfd)e  greigebigfeit, 
eine  erobernbe  SiebenSroürbigfeit  unb  sDlilbe  gau^  im  ©egenfafc  ju  feiner  biss= 
teerigen  rüdfidjtälofen  .ipätte  unb  ©djrofff)eit.  @r  burdjreifte  feine  uneber  ge= 
roonnenen  £änber,  überall  fidj  aU  gütig  fpenbenber  Dcrrfdjer  bemäljrenb,  traf 
in  20ßtener=91euftabt,  umgeben  öon  einem  gläu^enbcn  ©efolge,  unter  bem  fidj  bie 
2)idjter  Sroeftelein  unb  lltrid)  öon  ©adjfenborf  befanben,  mit  Utrid)  öon  ßid^tcn= 
ftein  jufammen,  ber  all  $önig  3lrtu8  umtjerjog  (^tauenbienft,  £ad)mann§  2lu§= 
gäbe  ©.  472  ff.),  unb  feierte  im  3>uli  1240  in  ©teiermarf  unter  grofjeu  geftlidj= 
feiten  bie  Äßicbcröereinigung  mit  feiner  ©cmafjlin  3lgne§.  3Sn  jene  Sage  neuer 
Hoffnung  unb  allgemeiner  g^ube  fetje  id)  ^feffel'ä  ©prud),  ber  bann  ^ug  für 
$ug  feine  unmittelbare  SBe^ietjung  auf  bie  gleichzeitigen  Vorgänge  l)at.  2>a$ 
©ebidjt  jeiflt  fidj  als  eine  nid)t  ungefdjidte  9kd)a()mung  öon  SBalttjerö  ©prud) 
auf  baä  SBiener  £>offeft  (ßadjmann'ä  3lu3gabe  20,  81).  (Sin  Reiter  ©prud) 
^feffel'i  trägt  in  alter,  Dolföttjümlidjer,  aud)  öon  SOßaltljer  (Sadjmann  22,  33; 
91,  17)  augeroenbeter  (Sinfleibung  einem  jungen  Planne  ßeljren  ber  ßebcn§= 
flugtjeit  öor.  £)aS  britte  ®ebid)t,  tueld)e3  mir  öon  *XS-  ^aben,  ift  ein  ßiebeslieb 
mit  gehäuften  trabitionellen  (Spittjetiä,  im  ©eleife  ber  getuöf)nlidjeu  Sobepoefie 
oljne  tiefe  innere  93eroegung,  aber  nid)t  ol)ne  3lnmutl).  2)er  SJidjter  ftel)t,  fo 
tneit  man  au3  ben  geringen  heften  feiner  s4>oefie  urttjeüeu  laun,  ber  älteren  üor= 
netjmeren  2)id)tung  ber  faljrenben  ©äuger  nätjer;  er  ift  einer  ber  begabteften 
©djüler  äBaltfjcr«  unb  tfjeilt  mit  feinen  oberbeutfd)en  ßanbäleuten  bie  öon  jenem 
gefdjaffene  Sßerbinbung  ber  ©ptud)poefie  unb  $ftinnepoefie  (ögl.  33urbadj,  9teinmar 
ber  2Ute  unb  2Öaltl)er  öon  ber  SJogcltoeibe,  Seipjig  1880,  ©.  83,  131  ff.  134); 
er  fdjeint  nodj  unberührt  öon  ber  ljöfifdjen  2>orfpoefie  9ceib(jart3  öon  Üteuentljal, 
ber  1230  nadj  Oeftcrreid)  fam,  unb  betaftet  feine  ©ebidjte  nod)  nidjt  mit  bem 
$ram  pljantaftifd)  abgefdjmatftcr  3lTtcrgelefjrjamfeit,  roie  jum  ütrjeit  fdjon  föeinmar 
ö.  ^eter,  nie^r  noc*)  2annt)aufer,  Soppe  unb  ©pätert\ 

33on  ber  £agen,  SJlinnefingcr  II,  145  III,  080  a.  IV,  461 ;— Kummer 

S)ie  poetifdjen  ©r^äljtungen  be§  ^perranb  öon  SBilbonie,  äßien  1880,  ©.  62;  — 

3lpfetftebt,    ©ermania    26,    224;    —   S3artfd),    Sic    ©c^roei^er   93tinnefänger 

(^ibliottjef   älterer  ©djrifttoerfe   ber  beutfdjcn   ©d)tt)eij  6),  5rauenfelb  1886, 

©.  XL1X  f.  71  ff.  421.  —  2)a3  Söefte  über  .$er,}og  griebrid)  ben  ©treitbaren 

in  ber  Sonographie  öon  ?lbolf  ftitfer   (3nn§brud  1884):    ögl.  ©.  20,  26  f. 

87  ff.  ®.  Surbad). 

Steffel:    ßljriftiau   griebrid)   ty. ,   ^iftorifer    unb    Diplomat,      ©ein 

unb  be§  5£)ic^ter§  ©ottlieb  ^onrab  ty.  S5atcr  toar  ber  ©of)n  eines  ^farrer§ 

ju  Sunbingen  im  93abifctjen;    at§  -g)auStel)rer   nact)  ©trapurg  gefommen,  trat 

er,   öom  $ntenbanten  d'Angervilliers  unb   bem  ^prätor  Älingtin  empiof)len,  al§ 

Jurisconsulte   du   Roi  in  ben   fran^öfifdjen  ®ienft  ber   au§märtigen  3lngetegen= 

Reiten   ein   unb   lie^   fidj   in  Golmar  nieber,   roarb  f)ier  ©tättmeifter  (©tabtöor» 

fterjer)    unb    fjeiratrjete    eine   junge  2Bittme.     31  IS   ättefter   ©ot)n  marb   ty.    am 

3.  Cctober  1726  geboren.  sJlac^  bem  ülobe  be§  ^BaterS  1738  öotlenbete  er  feine 

33orbilbung  nod)   in  Golmar  unb  be^og  1742   bie  Uniöetfität  ©trafeburg.     |)ier 

fdjlofe   er  fidj  befonberS   an  ©c^öpflin  an,   beffen  Xifdjgenoffe  er  aud)  eine  $t\t 


SPfeffel.  613 

lang  mar.     fyür  ©djöpflins  Alsatia  illustrata  macfjte  et  Cuettenforfdjungen  unb 
übernahm    bie    Leitung    ber   fjifiorifdjen    unb    politifdjen   ©tubien   mehrerer    an 
©d)öpflin   empfohlener  junger   (Jbelleute   bes"    Vlustanbä.     1749  nmnbte  ftd)  ber 
fädrjfifdje  £of  an  ©djöpftin  um  redjtägeleljrten  Setftanb  für  bie  Slnfprücfje  ©adjfenS 
auf   bie  ©raffdjaft  .£anau=ßid)tenberg:    mit  ©cfjöpflins  @mpfeb/(ung   ging  $.  ju 
biefem  3roecc  nad)  Spart«.    2)er  ©efaubte,  ©raf  P.  Soos,  erroirfte  1750  «pfeffete 
Ernennung   pm   ©efanbtfdjaftsfecretär.     3n   bie  näcfjftfotgenbe   3eit  fällt   feine 
erfte  litterartjdje  Xtjätigfeit.     sJtact)    bem  3)orbitb  eines  1752  in  4.  Auflage  er= 
fdjienenen  SBerfei  Pon  «Renault  ü6er  bie  franjöfifdje  ©efd)id}te  bearbeitete  er  bie 
beutfdje  9Utcfj8gefcf)icrjte  in  tabeHartfdcj'drjtonologifdcjer  gorm.    25iefe  ju  it)rer  geit 
mit  grofjem  Beifall   aufgenommene  Arbeit   erfcbjen  <$uetft  1754  ju  $aris,  unter 
bem  Sitel  ..Abrege  cbronologique  de  Fbistoire  et  du  droit  public  d'Aliemagne", 
in  4.  Slufl.  1777,  in  beutfdjer  Ueberfetmng  1761.   5|3.  roar  injroifcfjen  bem  ©rafen 
Soos  1753  nadj  Srcsben  gefolgt  unb  t)ier  in  bcn  2)ienft  bes  ©rafen  SBvü^t  ge= 
treten.     SDiefen  begleitete  er  1754  nad)  Söatfdjau  unb  mar  in  23rürjt'§  Auftrag 
für    jene    5ßolitif    ttjätig,    meldte    junt    jiefienjär)rigen   Kriege    führte.     Sei    ber 
Kapitulation  in  Spirna  1756  befanb  er  ftd)  im  ©efolge  be§  Äönig§.   S)ann  führte 
er  ben  jungen  ©rafen  33rüt)C  nad)  Strasburg  unb  befudjte  fetbft  $aris.     1758 
als  Segationsratb,  nad)  SBarfdjau  berufen,  Warb  er  burdj  ben  franjöfifdjen  2)cinifter 
33erni§    at§   franjöfifdcjer   Untertan   rectamirt   unb  in  franäöfifdjen  Sienften  an 
ben  9teictj§tag  in  9tegensburg  gefd)idt.    2tber  fctjon  1761  roarb  er  enttaffen  unb 
trat  nun   in   bie  25ienfie   be§  JperjogS  Pon  Sroeibrüden,   feines"  SauTpatljen,  ber 
irjn  3um  Üiefibenten  in  sDMncb,en  ernannte,   -Jpier  Perfcrjafften  ib,m  feine  rjtftorifdjen 
Unterfudjungen   jur   batjerifdjen   ©efd)idjte   1763    bie   SBatjl  jum   S)irector   ber 
tjiftorifdjen  (Stoffe  ber  neuenid)teten  5tfabemie.    5ln  ben  Monumenta  Boica  nar)m 
er   insbefonbere    burdj   (Srforfd)ung    ber  in   ben  ßtöftevn    Perroarjrten   Urfunben 
roefentticfjen  2lntrjeit.   %\n  erften  33anb  ber  Stbtj anbiungen  gab  er  eine  SDarfieltung 
ber  ©renken  beS   baprifd)en  9torbgau§   im   11.  ^arjrtjunbert   mit   Äarte.     1767 
toatb    er   roieber   nad)  Serfaiües   berufen  unb    erhielt  bie  einft  für  feinen  23ater 
gefdjaffene   ©teile   eines"    Jurisconsulte   du  roi.     911s"    foldjer   roar   er  namentüct} 
bei  ber  ©renjregulirung  gegen  bie  9iieberlanbe  unb  SDeutfdjlanb  tt)ättg.  Submig  XVI. 
tjiett  fefjr  Piel  auf  $.,  ben  ber  ^Rinifter  S3argenne§  mes  arcbives  Vivantes  nannte. 
$n  ber  ütrjat  r)at  biefer  nidjt    blos   als"  25ip£omat    im  Sienfte  granfreidjs  unb 
feiner  Sttliirten  beffen  ^ntereffen   treu,   biecret   unb  tr)ätig   Pertreten.     Studj  a!3 
^ublicift  ^at   er  in   ©djtöjerä  ©taatSau^eigen  Pom  IV.   bi§  jum  XIII.  Sanbe 
f5franfreic£)i    3}err)ättniffe,   insbefonbere  feine   finanziellen   unter   nieder  in  einem 
günftigeren  Siebte  erfcfjeinen  taffen,  at§  man  in  S)eutfd)tanb  nad)  ben  allgemeinen 
3tnfd)ulbigungen  burd^  Stouffeau  u.  a.  geneigt  roar  anpner)men.    ©o  fam  benn 
aud)    ber    „2luftrafier",    unter    toelctjem  Tanten   $.   ftd)   Perbarg,   mit  beutfdjen 
!ßubtici[ten  in  Gonflict,  in  toeterjem  ib,m  jebod)  bie  genauere  Äenntnifj  ber  roirf^ 
ticken  üßerrjältniffe   §ut   ©eite   ftanb.     Sine   rjiftorifdje   Darlegung  ber  Pon  ib,m 
erlebten  (heigniffe  leljnte  er  aud)  fpätcr  ab.    9U§  bie  9rePotution  ausbrach,  mar 
er  in  ©efd^äften  in  3tt>eibrüden;  fein  ©efudj  um  Gmtfaffung  1791  führte  1792 
jur  5lbfe^ung.   6r  roarb  auf  bie  ßmigrantenttfte  gefegt  unb  Pertor  fein  in  £anb= 
^ütern,   insbefonbere    im   Dberelfajj   angelegte»   Vermögen.     @r   lebte   bann   in 
^Rannb^eim,    bi§    ib,n    1799   ber  neuausbred)enbe  ^rieg  zrDtfdtjen  granfreieb,  unb 
•Cefterreidj   jur  Ueberfiebelung   nadb,  Nürnberg  Peranla^te.     1800  roarb  ifjm  bie 
9tüdteb,r   nad)  ^arü   gemärjrt   unb  Xallepranb  roar  bemütjt,  ib,n  für  feine  SJer= 
lüfte  3U  entfdjäbigen.    2lts  bitter  ber  (Jtrcenlegion  unb  5)titglieb  ber  Gommiffion 
für   ba§  Ott)einfcr)iffac)rt§octroi,  Perlebte   er  bie  legten  ^ab^re  in  ber}agltdc)en  35er* 
rjältniffen,  üon  feiner  trefflichen   ©attin  gepflegt.     25er  £ob  raffte  ibm,  ber  ftetS 
gefunb   geroefen   roar,  fanft   t)inroeg    am  20.  9ftär3  1807.     S3on  feinen  ©ö§nen 


6U  treffet- 

ift  S f) v i f t i a n  Jpubert  (33aron  s#.  öon  Äriegelftem),  geb.  311  Strasburg  1765, 
geftoiben  als  baierifdjer  ©efanbter  JU  ^3ariS  1835,  mit  bei*  SEfjefe  Limes  Galliae, 
Strasburg  1785,  fcfjriftftetlerifdj  aufgetreten. 

s)cad)ruf  öon  ©djlidjtegrotl  in  bei*  erften  öffentlichen  ©itmug  ber  Slfabemie 
ju  3Rttnc$en  nad}  iljrer  (Jrneuung  28.  Sept.  1807;  —  öon  9luguft  ©töber, 
Grjv.  gft.  ?pfeffct,  ber  £iftorifer  unb  ^Diplomat,  «Dtül&aufen  1859  loicbcr  ab= 
gebrudt,  jufammen  mit  einem  Üleholog  Don  Degetando  im  Moniteor  Universel 
1807.  —  lieber  6tjr.  ipubert  $. ,  f.  ©tobet  in  ber  Revue  d'Alsace  1859, 
©.  210.  ".IU  artin. 

Steffel:  Sott  Heb  Äonrab  «p. ,  etfäffifdjer  Sinter  unb  «JJäbagog.  ©e= 
boren  am  28.  $uni  1736,  öerlor  er  fdjon  im  feiten  3fat)tc  ben  Sater  (f.  unter 
Gtjriftian  fyriebvtcf»  Reffet);  boer)  füllte  bie  Butter  „ftreng  gleid)  einer  ©parterin" 
bie  (är^ietjung  fort.  1750  fam  er  in  baS  £>auS  bcS  ^ßfattetS  ©anber  in  Äön» 
bringen  bei  ©mmenbingen,  Wo  er  bie  Sorbilbung  Tür  bie  Uuiüerfität  erhielt,  audj 
in  ber  SBetSfnnjt  untenid)tet  mürbe.  %m  -$erbft  1751  bejog  er  bie  Uniöerfität 
JpaHe,  öon  beren  Öcfjrern  er  ben  ^Ijilofopljen  etjrtftian  2Bolf  befouberS  tieretjtte. 
gr  ftubirte  bie  Ütedjte,  inSbefonbcre  baä  ©taatSred)t,  um  fid)  für  bie  biptomatifdje 
Saufbatjn  öor\.uberciten,  welche  fein  älterer  ©ruber,  fpäter  audi  fein  greunb 
-.Uicolai)  mit  Srfolg  betraten.  Slber  ein  Slugenleiben,  burd)  übereifriges  ©tubiren 
öerfdjlimmert,  ,ywang  iljn  1758  bie  Untöerfttät  ju  öerlaffcn.  SßergeMidj  flickte 
er  aud)  in  ©reiben,  Wo  fein  Söruber  bamalö  öerweilte,  ärjttidjen  Statt).  1754 
fefjrte  er  nad)  Golmar  jurürf,  um  fid)  junäd)ft  leichteren  v^efd)äftigungen,  inS= 
befonbere  ber  5Dicfjtung  rjinjugeben.  33ei  feinen  Sefu$en  in  (Strafeburg  biente 
ifjm  eine  junge  Süerwanbte,  Margarete  £)iöour,  ati  ©ecretär:  it)r  bictirte  er 
1758  ben  ©rief,  in  weldjem  er  um  fie  warb.  „2)oriS",  wie  er  fie  in  feinen 
©ebid)ten  nannte,  roarb  1759  feine  (Jftau,  nadjbem  1758  fein  9lugentid)t  burd) 
eine  nott)Wenbige  Operation  ööllig  jerftört  roorbeu  mar.  3t)te  £iebe  unb  $ür= 
forge  erfeijte  ifnn  ben  23crluft.  ^u  fpäteren  3at)ren  fagte  er,  bafj  er  nid)t  nur 
bie  Saubljeit  für  ein  fd)limmereS  Hebet  fjalte  ati  bie  ÜBtiubtjeit,  fonbern  aud), 
wenn  er  bie  Söatjl  tjättc,  lieber  biefe  ertragen  wolle,  als  feine  rtjcumatifdjen 
©djmerjen.  3)ie  ©egenftänbe,  bie  er  üor  ber  ßrblinbung  geferjn,  ftauben  ifjm 
fein  Brf>en  lang  fo  ftar  bor  3lugen,  bafj  er,  an  bie  ©tätten  feiner  ^ngenbjeit 
,rurüdgefel)rt,  genau  bie  2lusfid)t  nad)  ben  üerfdjiebenen  ©eiten  t)in  bejeidjnen 
tonnte,  ©eine  Umgebung  feffette  er  burd)  feinen  liebebotlen,  munteren  Umgang 
au  fid);  ja  er  wußte  aud)  at§  £et)rer  ber  Sugenb  bie  tieffte  ©tjrfurcrjt  einju» 
flöjjen.  S)icfe  (Svjierjergabe  ju  betätigen  Warb  er  baburdj  öeranlafd,  bafj  bei 
bem  Jperantoadjfen  feiner  gamilie  er  barauf  bebadjt  fein  mutete,  fein  ßinfommcn 
ju  öergröfjern.  6r  tjattc  anfänglid)  als  Ueberfeüer  einen  s)cebenöerbien[t  gefudjt 
unb  aufjer  ben  fpäter  ju  nennenben  poetifd)en  Söerfen  namenttid)  ^^urrjS  $irdjeu= 
gefd)id)te  tn8  ^eutfdje  unb  33üfd)ingS  6vbbefd)reibuug  in8  granjöfifc^e  übertragen; 
aud)  eine  Slttgcmeine  s^3ibtiotl)ef  beS  ©d)önen  unb  ©uten  1764  begonnen,  aber 
nid)t  über  ben  2.  33anb  IjinauSgefütjrt.  911S  S)id)ter  fe^lt  cS  itjtn  uidjt  an  3ln= 
erfennuug,  namentlich  öon  ©eiten  beS  babifcfjen  unb  barmftäbtifdjen  ^)ofe§;  öon 
lefcterem  ertjiett  er  1763  ben  £ofratt)Stitel.  3lber  bie  päbagogifd)cn  s|ltäne  oer= 
fprad)en  ein  fid)ereS  SluStommen,  unb  fie  in  Angriff  3U  neljmen,  trieb  if)n  nod) 
befonbevS  ein  fdjmeratidjeS  Gieignife :  ber  1770  erfolgte  £ob  feines  ätteften,  früi> 
entwidelten  unb  ^ärttid)  geliebten  ©oljueS,  ben  er  unter  bem  Flamen  ©unim 
betfagte.  @r  woEtc  baS  5lnbenfen  feines  ©oljneS  eljren,  inbem  er  ben  Äinbem 
?lnberer  ein  $ater  würbe.  @r  erridjtete  eine  drjiefjungSanftalt  für  proteftantifd)c 
Knaben,  inSbefonbere  für  fotdje,  bie  fid)  bem  OTitärbienft  wibmen  wollten  unb 
bie  bod)  itjret  Religion  Wegen  öon  ben  franaöfifdjen  ©taatSanftatten  biefer  3lrt 
auSgefd)loffen  waren,     ©einen  ^>lan   legte   er  ©ali3=9Jcatfdjtin3  tior,  bem  S3or= 


«PfeffeC.  615 

ftetjer  eineä  bainati  bcrütjmien  Snfritutä  bei  Gtjur.  £urcrj  feinen  SBruber  öer= 
fd^affte  er  fict)  in  Sßerfaittei  bie  nöttjige  Grtaubnifj  unb  bie  Ecole  militaire, 
fpäter  aU  Academie  bejeictjnet,  trat  1773  in  Xtjätigfeit.  Dcactjbem  et  anfangt 
mit  einem  ehemaligen  franjöfifctjen  Militär,  SBeltefontaine,  fd^(edt)te  Gmatjrungen 
gemacht,  fanb  er  feit  1775  in  ®oettje;§  ftreunb  Seife  einen  auigejeictjneten  SDtit* 
arbeiter.  2Infang§  auf  12  Zöglinge  beregnet,  erweiterte  fict)  beren  Qafy  aul  40, 
felbft  auf  60,  abgefetjen  Don  ben  erlernen  2?efud)ern  be§  Unterrichte.  G§  waren 
nid)t  nur  Glfäffer,  aud)  granaofen,  ©eutfctje,  Schweben,  puffen  unb  befonber* 
©ctjWeijer.  3u  ben  letztgenannten  gehörte  aud)  Wellenberg,  ber  fpätere  SBegrünber 
unb  Seiter  ber  Grjietmngianftatt  <ju  ^ofwtjl.  S)ie  gan^e  Einrichtung  ber  3In= 
ftalt,  worüber  befonberä  fein  9ccffe  Gtjriftian  ^ubert  ba§  9cät)exe  mitgetrjeilt  tjat, 
war  mititärifd),  bie  Knaben  in  4  Gompagnien  gettjeilt;  bie  beften  bitbeten  bie 
Gtjrencompagnie.  Ueberall  würbe  ba§  Gtjrgefütjl  ^u  förbern  gefugt  unb  ben 
jungen  Beuten,  wenigftenS  fdjeinbar,  fict)  felbft  ju  leiten  geftattet.  SSou  ©ptadjen 
waren  nur  Sleutfct)  unb  granjöfifctj  obtigatorifd),  Sateinifct)  unb  Gngltfd)  facul= 
tatib.  Sie  förderlichen  Uebungen  würben  ftarf  betrieben,  aud)  ba%  leiten.  9lüe 
Waren  uniformirt,  wie  benn  $ß.  felbft  ein  gauj  befonbereg  Vergnügen  baran 
rjatte,  Uniformen  ju  erftnben.  gür  fict)  felbft  rjatte  5ß.  ben  Oteligionsuntcvrictjt 
öorbetjalten,  ben  er  in  einem  aufgeklärten,  ftreng  moralifcfjen  Sinne  erttjeilte. 
©päter  fafjte  er  feine  Setjren  jufammen  in  ben  „Briefen  an  Settina",  weldje 
inbcffen  erft  1824  (ju  23afel)  ju  einem  wotjtttjätigen  $tü?de  toeröffenttidjt,  balb 
barauf  auctj  in'i  ©ranäöfifcrje  überfetjt  Würben,  ©in  Sieberbud)  für  bie  Gotmaret 
ßriegsfctjule  erfctjicn  $öln  1778.  5JJ.  felbft  beteiligte  fict)  aud)  an  ber  reli= 
giöfen  Sieberbictjtung  unb  eine  ^)tjmne  bon  itjm  „Setjoöat)"  ift  im  (5tfa%  noct) 
jetjt  wotjlbef  annt :  f.  9tittelmerjer,  ^irdjenlieberbictjter  bei  ßlfaffei  (3ena  1855) 
©.  71  ff.  fyür  bie  «ftriegsfctjute  [teilte  er  noct)  ^ufammen  „Principes  du  droit 
naturel",  Colmar  1781.  Gine  Sammlung  öon  2lnefboten  für'  bie  ^ugenb, 
„Öiftorifct)e§  9Jcagajin  für  ben  SSerftanb  unb  ba§  <§er,5"  Strasburg  1782,  ift 
auct)  in  ber  franjöfifcrjen  Ueberfefeung  biet  gebraudjt  worben. 

S)urd)  feine  <5d)ute  warb  ty.  in  Weiten  Greifen  befannt  unb  itjretwegen  biet= 
fact)  aufgefuctjt.  Gr  felbft  fütjrte  feine  ©ctjüter  1777  ^ofept)  II.  in  fjf  reiburg 
cor  unb  erwarb  fict)  beffen  üotlen  SSeifatt.  S5on  au§länbifct)en  Gelebritaten  lernte 
er  Voltaire,  Sllfreri,  fpäter  auct)  ben  gleidjfatte  btinbeu  SDictjter  SeliUe  rennen. 
S5efonber§  nat)e  traten  itjm  ©djloffer  in  Gmmenbingen,  ben  er  üermuttjlid)  burct) 
Serfe  tennen  lernte  unb  mit  beffen  t)umait--fittlicrjen  ©runbfätsen  er  innigft  über* 
einftimmte;  ferner  ber  1784  nact)  greiburg  berufene  $otj.  ©eorg  ^acobi;  öon 
Sctjwei^ern  fiabater,  ber  itjm  bie  „Gmpfinbungen  eine§  »proteftanten  in  einer 
fattjotifctjen  Äirctje"  1781  peignete,  unb  ©arafin  in  Safet;  nur  ba§  er  bie 
fct)wärmerifct)e  9tict)tung  biefer  beiben  nictjt  ttjeilte.  Wü  ©arafinS  ©attin,  bie  er 
als  ©eraptjine,  fpäter  3oe  feierte,  War  er  natje  befreunbet,  wie  benn  innige 
Sünbniffe  mit  5^'ouen  jener  oeil  un^  $feffel§  eigenem  Gtjarafter  befonber§  ju= 
fagten.  Gbenfo  befreunbet  War  it)m  bie  ßattin  be§  ©öttinger  ^rofeffors,  fpäteren 
^oiprebigerS  ju  -!pannober,  Sottfrieb  SeB  (Serena).  ©opfiie  Saroctje  übergab 
itjm  einen  ©ot)n,  er  it)r  eine  2oc£)ter  jur  Gräietjung. 

*p.  rjatte  feine  er^ietjerifctje  S'tjätigfeit  nad)  20  ^atjren  ab^ufctjtteBen  gebaetjt: 
\>a$>  Gnbe  fam  ein  ^at)r  frütjer,  infolge  ber  7Jortfct)ritte  ber  franjöfifctjen  9te= 
Dolution.  5p.  war  immer  ein  Siberaler  geWefen,  fein  %beal  waren  bie  fctjweije^ 
rifdjen  S3erc)ättniffe.  1782  rjatte  er  ba§  G^renbürgerrectjt  in  SSiet  ertjalten.  Un 
ber  tjelüetifctjen  ©efettfetjaft  in  ©ctjinjnacr),  Dlten  unb  Slarau  natjm  er  metjrmals 
2t)eil,  unb  warb  für  1785  fogar  ju  itjrem  ^räfibenten  erwätjtt,  ein  2lmt,  ba% 
er  burct)  einen  launigen  Grlajj  an  feine  Untergebenen  unb  burct)  einen  Vortrag 
„über   bie   europäifetje   Jhiegsöerjaffung   bor   ber   Grfinbung   bei   fjfeuergewefjri" 


616  ^feffel. 

antrat.  2)ie  erften  ©ctjritte  ber  fran3öfifdjen  Weoolutiou  üeryolQte  er  mit  33e= 
gcifterung  unb  fpradj  ficrj  in  biefem  ©inne  in  (Spifteln  an  9iing  in  (SarlSrutje 
unb  an  (Staf  33rütjl,  ben  Gommanbeur  beS  Regiments  SHotjat  b'2llface  in  ©trafen 
bürg  au§.  3lber  fdjon  bic  nad)  bem  10.  2luguft  1792  tjeimferjrenben  ©djroeiäer= 
garbett  begrüfetc  er  burd)  ein  f«mpatt)ifcrjeS  ^ieb ;  bie  Einrichtung  ÖubmigS  XVI. 
betrauerte  er  Her.  2)ie  ©djredenSberrfdjaft  bebrotite  audj  Um.  9lber  im  £>eparte= 
ment  Dbertljein  geftattete  man  (JulogtuS  ©djneiber,  ber  mit  ber  ©uittotine  um« 
rjerjog,  ben  Eintritt  nidjt.  s43feffetö  greunbe  unb  ©djüler  fielen  anbertoärtS  bem 
©ctjaffot  jum  Dpier,  fein  33ruber  warb  projcribirt.  6in  ©olm  Steffels,  ber  jur 
Wrmee  gegangen  mar,  erlag  ben  ©trapajen.  ©ein  Vermögen  marb  burd)  bie 
Mffignatenwirtrjfcrjait  auf  ein  fünftel  .uttürfgebradjt :  tange  ^eit  Ic&te  *>cl*  ®rci* 
mit  feiner  Familie  in  watjrer  SDürftigfeit.  3Bie  t>or  ber  Segrünbung  ber  ©djule 
mufete  ber  Ertrag  feiner  ©Triften,  bie  er  je^i  bei  Gotta  in  beffen  ©ammtung 
glora  erfdjeinen  liefe,  if)iu  ©elb  nerfctjaffen. 

@rft  bie  wieberfeljrenbe  Drbnung  fud)te  itjn  ttjetlroeife  ,}u  entfdjäbigen.  Xer 
gelehrte  Dtoel  natjm  alö  $räfect  $.  jjum  secrrtaire  interprete,  unb  bicfer  ent= 
tebigte  fid)  feiner  Slufgabe  bie  WegierungSerlafje  ju  üerbeutfctjen  mit  ©orgfalt 
unb  ©efdjicf.  Napoleon,  beffen  Slbfidjten  übrigeng  %<.  fdhon  1798  gut  burd)* 
fcfyaut  tjatte,  öerlietj  itjm  otjne  fein  ^utljun  1806  eine  «ßenfion.  v^efonbere 
greube  mad)te  es  5ß.  bei  ber  äötebertjerftetlung  ber  ©djute  unb  namentlich  audj 
ber  Ätrdje  augSburgifdjer  Gonfeffion  mitjuroirfen.  ($r  marb  1806  in  baS 
SDirectorium  biefcv  $ird)c  geroätjlt.  91udj  an  auswärtigen  gtjrenbejeigungen 
fetjlte  eS  tfjm  nictjt.  3Bie  er  fctjon  1788  (Stjreumttglieb  ber  berliner  "ülfabemie 
ber  Äunfte  geroovben  mar,  fo  wählte  ihn  1808  bte  «IJtfindjner  9lfabemie  jum 
ßtjrenmitglieb  an  ©teile  feines  uerftorbenen  23ruberS.  ©djon  öor  biefem  über- 
hatte er  feine  greunbe  baljin  fterben  gefeljen  unb  fein  Filter  mar  tängft  ein  be-- 
fctjroerticrjeS,  fctjmeqerfütlteS  geroorben.  Wadjbem  er  eben  nod)  feine  golbene 
-£>och>it  hatte  feiern  fönnen,  ftarb  er  am  1.  'DJlai  1809.  «Pfeffete  Sßüfte  hatte 
ber  Äönig  Don  SÖaiern  burd)  Ghriften,  einen  ©djüler  GauoöaS,  in  Marmor  auS= 
führen  laffen,  ein  anbereS  iöruftbilb  marb  1811  im  Golmarer  öijceum  aufgeftettt. 
1859  enthäute  man  in  Golmar  feine  ©tatue,  bie  ber  Söilbtjauer  31.  griebrid) 
gefchenft  hatte.  Sie  elfäffifctjen  Sh'chter  bereinigten  fidh  bamatS  3U  einem  SPfeffel» 
atbum;  insbefonbere  hat  2lug.  ©töber,  baS  fkttjenfinb  ^reffelS,  feinein  ßeben 
unb  feinen  2Berfen  ein  pietätStiotleS  ©tubiunt  gemibmet. 

%U  3ct)riftftencr  erjcfjeint  ty.  im  öoüeu  ©inne  als  Iräger  jener  3)ermittetung 
^mifetjen  ©eutjdjlanb  unb  ftvanfreidj,  roeldtje  fo  üielfad)  in  neuerer  S^  a^  SÄwf" 
gäbe  ber  6  tf  äff  er  bejeidmet  roorbeu  ift.  ©einem  ®efd)mad  entfpradj  bat)er  audj 
ööftig  jenes  bid)terifc^e  ©treben,  metcfjeS  in  feiner  Sfugenbjeit,  in  ben  50er  ^atjren, 
noct)  am  meiften  SInerfennung  in  S)eutfct)tanb  gefunben  tjatte  unb  meldjeS  fittlid)* 
religiöfen  ®rnft  mit  ©lätte  unb  Älar^eit  beS  Vortrags  ju  öerbinben  filmte. 
Steffels  ^orbitb  mar  ©eüert,  ben  er  fetbft  1754  in  Seip^tg  aufgefud)t  tjatte. 
ÄlopftotfS  ®röfee  liefe  er  gelten  unb  fam  fpäter  audtj  mit  äaeobi,  mit  93ofe  in 
ireunbfdjafttidje  Se^ieb^ung.  dagegen  blatte  er  über  ©oettjeS  jugenblidtje  Mentalität 
fetjon  mätjrcnb  beffen  ©trafeburger  3eit  abgeurttjeilt.  an  feiner  @raät)tung 
„6ato"  1781  nannte  er  2öerttjer  einen  Sotterbuben;  ©ötj  fe|te  er  unter  bie 
.»pcrmannSfcrjladjt.  ÄlingcrS  rotje  Stjafefpearefctjroärmerei  empörte  itjn;  mit  Senj, 
ber  1777  in  feinem  Jpaufe  Permeitte,  füllte  er  SRitleib.  SeffingS  Fragmente 
öerroarf  er  unb  blieb  audj  gegen  .^perberS  frütjere  2öerfe  fritifetj  geftimmt;  bodj 
erbaute  er  fid)  nod)  in  feinen  legten  ©tunben  an  beffen  Jpomilien.  ©egen  Äant 
trat  er  auf  ©djtofferS  ©eite.  93on  gfwjofen  famen  glorian,  iBerquin,  ^))tar* 
montel  audj  perfönlidj  in  Sejieb^ung  ju  itjm :  bodj  blieben  biefe  33errjättniffe  metjr 
äufeerlid),    mef)r   auf   baS  arbeiten   in   gleicher  9iid)tung  beidjränft,  roätjrenb  er 


pfeifet-  617 

ber  heutigen  Sitteratur  jum  £b>it  mit  tiefer  ©nmpatfjie,  aum  anbern  Streit  mit 
heftiger  Abneigung  gegenüberftanb. 

Von  ^feffelS  litterarifdjen  Seiftungen  finb  bie  Dramen  am  menigfien  Pon 
Vebeutung  unb  öon  ifjtn  felbft  aucrj  fämmtticf)  bei  ber  fpäteren  Sammlung 
feiner  ©driften  auSgefd)toffen  morben.  £ier  mar  %  meift  als  Bearbeiter  fran* 
3öft|d)er  ©tütfe  aufgetreten :  fo  in  ben  „Srjeatralijcfjen  Verfügungen",  bie  au 
gfranlfuxt  1765—1774  erfcfyenen  unb  in  ©oebefe'S  ©runbrifj  1.  Stuft.  ©.  644 
aufgejagt  finb.  ^ßfeffelS  2luSmaf)l  befcf^ränfte  fid)  auf  fotdje  ©tüde,  bie  nod) 
nid)t  inS  Deutfdje  üoerfefct  maren.  ©elbftänbig  finb  ^feffelS  2rauerfpiel  in 
einem  Slufaug,  „ber  ginfiebler"  1761,  fein  ©djärerfoiel  „ber  ©dm£"  1762,  fein 
©d)aufpiel  „^^iiemon  unb  Saude"  1763.  lieber  bie  beiben  crften  t)at  Seffing 
in  ber  £amburgifd)en  Dramaturgie,  am  ©bluffe  beS  14.  ©tüdeS,  ungünftig,  aber 
nicfjt  ungerecht  geurttjeitt  unb  bes  Dietere  2lbfid)t,  bie  poffenlmften  91ad)fpiete 
burd)  ernfte  au  üerbräugen  3urüd geroiefen :  eS  märe  immer  nodj  beffer  Pom  SBeinen 
jum  Sachen,  als  aum  ©ärjnen  überaugeljen.  3ubem  ift  baS  erfte  meines  bie 
Ütüdferjr  eines  Verbannten  unb  bie  Vermählung  feiner  Softer  fd)ilbert,  nur  in 
Veaug  auf  bie  2lbfid)t  au  rühren  ein  Srauerfptel.  Veffer,  ja  in  ber  gorm  un* 
tabeltjaft  ift  baS  brüte  ©tüd,  toeldjeS  «p.  für  bie  ^arfgräfin  toon  Vaben  bietete. 
9cid)t  in  SUeranbrinera ,  fonbern  in  $rofa  finb  bie  „bramatifdjen  Äinber» 
fpiete",  ©trapurg  1769  öerfafjt:  Dämon  unb  ^titrjiaS  u.  f.  m.  ßauter  männ= 
lid&e  Collen  entr)a(tenb  finb  fie  bie  Vorläufer  ber  gegenwärtig  merjrfad)  Per= 
tretenen  ©tüde  für  ^ünglingSPereine.  Verquin  t)at  fie  inS  granaöfifd)e  überfefet. 
Die  «profaeraö^tungen  ^sfeffelS  gehören  gröfjtentrjeitS  feinem  Sitter  an,  ber  £eit 
ber  errungenen  gjlu^e  nacfj  Sluftöfung  ber  Gotmarer  ÄriegSfdjute.  Snbem  «p. 
fie  im  Greife  feiner  Familie  bortrug  unb  feine  gutjörerinnen  über  ben  Ausgang 
befragte,  melden  er  feinen  ©efd)id)ten  geben  fottte,  tjaben  fie  einen  frauenaimmer= 
liefen  gtjarafter  erhalten.  Die  9tüf)rfeligfeit  ift  Porfjerrfcfjenb ;  baS  dufter 
9ticrjarbfonS  ift  attju  fid&tfcar.  Daf;  ©etbberrjältniffe  eine  für  unfer  ©efüf)l  attju 
grofee  9totle  fpielen,  bemertt  ©euerer  mit  9tect)t,  ber  in  ber  ©efd)id)te  bcS  (SlfafjeS, 
3.  Stuft.  ©.  400  ff.  «p.  ferjr  ftreng  beurteilt  tjat.  Slber  audj  baS  r)ebt  er  tjeroor, 
mie  öortrefftidj  in  „Sina  bon  ©aalen",  ein  alter  ©eneral,  mit  meinem  •'perjen 
unter  raupet  Schale,  in  bie  fonfiige  3cttfjrung  ein  rjumoriflifd)eS  Clement  einmifdjt. 
SllS  geitbilber  intereffiren  aud)  mol  bie  ©cenen  auS  ber  ©djredenSaeit ;  bie  Ve= 
arbeitungen  elfäffifdjer  ©agen  auS  ber  ftitteraeit  prätubieren  ber  fpäter  reid)= 
gepflegten  Dichtung  über  biefe  ©toffe.  Sitte  <Sraät)lungen  ^feffelS  finb  in  ben 
„*Profaifd&en  Verfugen",  ©tuttgart  1810—12,  10  Vänbe  bereinigt.  ©bemallS 
bei  Gutta  erfdjienen  bie  „«poetifäen  Verfuge",  auch,  in  10  Vänben,  1802-10. 
Unter  bemfelben  Stitel  mar  «pfeffelS  (SrftlingSbidjtung  b>rborgetreten,  in  3  Büchern, 
granffurt  a.  2ft.  1761;  aud)  eine  breibänbige  ©ammtung,  Vafel  1789— 91. __  Da 
$p.  bei  ben  ©ebbten  baS  3at)r  ber  ßntfte^ung  immer  öeraeicfjnet  b^at,  ift  eS 
leicht,  feine  ßntmictlung  auf  biefem  ©ebiete  au  Perfolgen.  Da§  ättefte  ©ebidjt 
ift  üon  1754.  Die  ©ebiete  ber  älteften  ©ammtung  finb  3.  33.  noerj  fetf  unb 
berb;  bei  ber  fpäteren  SluSmab^t  ift  $.  ftrenger  gemefen.  SÖäb.renb  er  an= 
fangS  nod^  Oben  unb  £pmnen  bietet,  befc^ränft  er  fidtj  fpäter  auf  baS  itmt 
angemeffenere  ©ebiet  ber  gabeln  unb  @raäf)iungen;  nur  bie  (Spiftet  pflegt  er  auetj 
fpäter  noc^,  auct)  hierin  ein  Vertreter  beS  franaöufcrjen  ©efc^macfS.  granaöftfc^ 
finb  auc^  öielfad)  bie  Quellen  feiner  gabeln,  mefjr  als  ber  Dieter  felbft  eS 
burc^  feine  Angaben  erfennen  läfet,  mie  eine  ©trapurger  Differtation,  Pon  ^ott 
1887,  nac&meift.  ßS  mar  beS^alb  eine  fonberbare  Unternet)mung,  ba^  $aul 
Setjr  'auci)  öon  biefen  ©tücfen  eine  Slnaatjl  inS  granjöfifc^e  aurüffüberfe^t  tjat. 
9ft.  felbft  l)atte  übrigens  SicfjtmerS  gabeln  inS  granaöfifc^e  übertragen,  1762.  3n 
feinen  Bearbeitungen  ift   er  nid)t  immer  glüctüc^.     Snbem  er  buret)  erfunbene 


618  »el  -  Wffer. 

Umftäube  bie  gäbet  localifirt,  jiebt  er  bie  Slufmerffamfeit  be§  ßcferS  Pon  ber 
.gmuptfadje  ab.  $0311  fommt  jein  aü\n  glatter,  correcter  Stil,  ben  (Htinger 
(3acr)erä  3eitfd)r.  17,  314)  gegen  ben  öon  ©eitert  unb  öidjtroer  tjerabfetjt. 
©Charte  epigrammatifdje  äöenbungen  ietjten  aber  bei  ^.  burdjaus  nid)t.  9ttanct)c3 
Stüd  biefer  gabeln  unb  ßrjäfjtungen  ift  nodj  jetjt  roofjt  befannt,  öor  aüem 
„bie  SabadSpfeife",  in  tuetctjer  fid)  Jfeffetö  fotbatifcrje  Neigungen  in  öott§tb,üm-- 
lidjer  SluibrutfSroeife  toortxeffUcf)  barftetlen. 

©tjrenfrieb  Stöber,  Stätter  bem  9Inbenfen  ^TeffeCö  geroibmet,  Strasburg 
unb  $ati8  1809.  —  3for).  3ac.  lieber,  ®.  6.  0?effet,  ein  biograpt)ifd)er 
Serfud)  (Supplement  J«  ^pfeffetö  Serfudjen),  Stuttgart  unb  Tübingen  1820.  — 
ÄUß.  Stö6er,  ßlfäff.  ^eujatrrsbtätter  1843.  —  25er  j.  ©■  6.  $feffet8  (Spifiet 
an  bie  sJtadjroelt  mit  Xnm.  Gotmar  1859.  —  SJetf.,  @.  6.  Steffels  53er= 
bienfte  um  Grjieljung,  Sdjule,  .stirere  u.  1*.  f.,  Strasburg  1878.  —  Mine. 
Lina  Beck-Bernard,  Theophile  C.  Pfeifet,  Souvenirs  biographiques  recueillis 
par  son  arriere-petite  rille,  Lausanne  1866.  $ftartin. 

Steffel:  3o^ann  Snbieaä  %,  Äupferftedjcr  unb  Serlcger,  geb.  1674  ju 
Sifcrjoffingen  bei  Sreifad),  bilbete  fid)  auf  ber  Nfabemic  ju  SÖien  unb  erhielt 
ben  2itel  eine8  faiferlidjen  £)offupferfted)er8,  liefj  fid)  bann  in  2tug*burg  nieber, 
roo  er  einen  fdjroungfjaften  $unftl)anbet  betrieb.  3n  feinem  Sertag  cifcrjien  ba8 
feiner  3eit  berühmte  Sibetocrf  be8  3of).  3Jaf.  Scfjeucbjer  unb  anbere  äöerfe, 
roofür  er  üerfdjiebene  Steuer,  barunter  audj  feinen  gleichnamigen  Sofjn  ,  geb. 
1715  ju  Augsburg,  v  1768,  berroanbte.  ©et  Sater  $.  ftarb  im  3.  1750. 
(Sr  ftadj  im  Sinne  feiner  3eit  aflc8  Dlöglidje:  Porträts,  Slnfidjten,  Decorationen, 
Irjefen  ic.  Sa  biefe  Stätter  fid)  feineäroegs  ü6er  baä  ©eroöfjntidje  ergeben, 
genügt  es  auf  Wagter's  Äünftlerlcrtfon  ju  üerroeifen,  roo  eine  föeifje  aufgeführt  ift. 

2öilf).  Sdjmibt. 

Pfeffer :  3  o  r)  a  n  u  s£. ,  ^roieffor  ber  Stjcotogie  ,ju  greiburg  im  Sreisgau, 
t  nact)  beö  9lbte8  irittjemius  Angabe  im  3-  1493.  6r  mar  ein  graute  au8 
3öeibenbevg  in  ber  ©iöcefe  Samberg,  ber  er  aud)  burd)  bie  sl}riefterroeitje  an= 
geborte,  ftubirte  unb  leljrte  juerfi  au  ber  Uniüerfität  peibelberg ,  an  beren 
Mrtiftenfacultät  er  im  3.  1434  immatriculirt,  am  31.  Januar  1436  jum 
-öaccataureuS,  am  17.  3Rfttj  1439  jum  ßicentiaten  unb  am  1.  $uti  beöfelben 
^atjreö  jum  ^tagifter  beförbert  rourbe.  2tl8  er  im  $■  1447  an  ber  nämlidjeu 
gacuttät  al8  Siecan  fuugirte ,  ljatte  er  aud)  febou  ben  ©rab  als  Saccalaureu8 
in  ber  Jbeotogie.  Seine  l'et)rtt)ätigfcit  in  öeibelberg ,  roänrenb  roeterjer  er  nodj 
pm  ttjeologifdjen  ßicentiaten  aufftieg,  bauerte  bis  1460.  3n  biefem  ^abre  trat 
er  an  bie  neugegrünbete  Uniüerfität  greiburg  i.  Sr.  über,  eröffnete  bafelbft  am 
28.  2lpril  feine  Sortefungen  über  bie  Sentenjbüdjer  be8  Sombarben,  naljm  jebod) 
ben  <!peibetberger  Unioerfitätsftatuten  gemäß  beu  ttjeotogifdjen  2)octorgrab  nod) 
3U  ^peibetberg  am  6.  Dctober  besfetben  ^afireS.  @r  roirtte  nun  at§  erfter  unb 
buref)  längere  3eit  al§  einziger  Drbinariu§  ber  2t)eotogie  }u  greiburg,  befteibete 
bi§  pm  3-  1470  mermal  baö  Ütectorat  (1461,  1463,  1466  unb  1470),  fdjeint 
im  3-  1471  3ttter§  tjatber  abgetreten  ^u  fein,  rourbe  aber  1479  roieber  ^ur 
3lu«r)itfc  berufen  unb  1481  feiner  Serbienfte  roegen  jum  ftänbtgcn  iUitgtiebe 
beS  llniüerfitätSfenatei  ernannt.  3fm  S-  i486  fdjieb  er  befinitiö  au§  alten 
biefen  Stellen  unb  ftarb  1493  in  tjorjem  Sttter.  ßr  toar  eine  3'"be  ber  Uni» 
öerfität,  ein  f enntnifjreictjer ,  fittenreiner  unb  uneigennütziger  sIRann,  bem  fein 
3eitgenoffe  2ritb,emiu§  gro§e§  öob  ert^eitt.  @§  erfdjienen  Pon  ib,m  jroei  Söerfe 
im  S)rud:  „Direktorium  sacerdotale"  1482  (orjne  9tngabe  be§  5Drudorte§  unb 
2)ttufet8),  entftanben  au§  feinen  Sorträgen  über  bie  Sriefe  be§  2tpoftct§  ^iaufu» 
an  2imott)eu§  unb  2itu8,  unb  „Tractatus  de  materiis  diversis  indulgentiarum" 


Pfeffer  —  «Pfefferfotn.  619 

(orjne  tneiteve  üDrudangabe) ,  Peranlajjt  burd)  ben  Stbtaß ,  meieren  ©ijtue  IV. 
bem  ^reiburger  fünfter  betjufs  bes  (Stjorbaues  auf  3  3ufjre  gemätjrt  tjatte. 
Slufjerbem  befinben  fidj  noefj  f)anbfd|rift[icf)  auf  ber  #reiburger  UnioetfitätsbibCiotfjef 
85  ißuBpiebtgten,  bie  er  als  ßicentiat  ber  2rjeotogie  im  $.  1456  gehalten 
fjaben  fott. 

3)gt.  Trithemius,   de   seriptoribus  ecclesiast.    n.    888    u.    de   illustribus 

viris  Germaniae  n.  235.    (Cuette  für  bie  übrigen  älteren  Sitterarfjiftorit'er.J  — 

Otiegger,  Amoenitates  literariae  Friburgenses.     Fase.  1,  p.  35.  —  ©djreiber, 

©eftf).    ber   ©tabt  u.    Unit»,   greiburg  i.  23r.     1857,   II.  1.   ©.    109  ff-  — 

2oepfe,  Sie  «matrifcC  ber  Uniö.  ^>eibet6erg.    1884,  I.  ©.  203  u.  II,  ©.  385 

n.  389.  P.  SInt.  2Beis. 

Pfeffer:   Marcus  §ß.,   beutfdjer   2>ramatifer   aus    gatfenau   in  Sö^men, 

Perfafjte  1621  als  ©ctjreib*  unb  9tectjenmeifter  ^n  Sraunfcbtoeig  eine  „fetjr  fcfjönc 

lieb*,  nüt}=  unb  träft  tidje  Gomoebie   aus  bem  SSucfje   Gftrjer",   bit  er  mit  feinen 

©djütern  jur  Sluffütjrung  brachte.     Sie  ift  bem  größten  2tjei(e  nadj  aus  Saiten 

2)oitt)'s  ©piet  (9Jcagb.  1538)  unb  aus  Slnbr.  ^jeilfdjmibt's  (Sfttjer  (1555)  ent= 

letjnt;    nur    ^rotog,    SBorrebe    unb   Gpitog    finb    fein   Sigentfjum,   unb   in    ben 

nieberbeutfetjen  ©cenen   ift    er  Pon  9licotaus  Sode   (Gomöbie   Pom   ungeratenen 

unb  Perlornen  ©otjn,  1619)  unb  burd)  biefen  Pon  ©abriet  9toltenr)agen  (Amantes 

amentes  ober  ©piel  Pen  ber  ßöffeterj,  1609)  abhängig.     3?m  übrigen  maetjt  bas 

Srama  einen   unerquidtidjen  ßinbruef   unb  nimmt   in   ber   0teifje   ber  Sramen, 

toclctje  ben  fonft  fetjr  beliebten  ©toff  betjanbetn,  ben  niebrigften  5ptatj  ein. 

©aebertj,  ©abriet  Mentjagen  (ßeipa-  1881)  ©.  71.  —  -öolftein,  21rd)ip 
für  ßittetaturgefd).  XII,  46;  —  3eitfd)riTt  f.  beutfdje  ^tjitotogie  XX,  232 
bte  237.  •<?.  #o  Ift  ein. 

^fefferforn:  ©eorg  9Jcid)aet  $.,  ePangetifdjer  2tjeotog  unb  $irdjjcn= 
(ieberbidjter,  geb.  1646  im  eifenadj'fdjen  Stmte  ftreu^burg,  roo  fein  Sßater  ©eorg 
$.  (f  1677)  feit  1622  Pfarrer  mar,  erhielt  feine  SJorbitbung  in  ßreujburg 
unb  auf  bem  gottjaifdjen  ©tjmnafium,  an  beffen  ©pitje  bamats  Stnbreas  9tet)tjer 
ftanb,  unb  lag  bann  in  $ena  unb  Seipjig  ben  ttjeotogifdjen  ©tubien  ob.  1666 
^tagifter  getoorben,  übernahm  er  nad)  SJoÖeubung  berfetben  eine  ^nformatorftette 
in  SUtenburg,  tcrjrte  feit  1668  an  ben  beiben  oberften  Ätaffen  bes  bortigen 
©nmnafiums  unb  trat  1673  in  bie  ©ienfte  bes  neuen  Sanbestjerrn,  £evjog  Grnft 
bes  frommen,  inbem  er  tootjt  juerji  in  Sittenburg  unb  t)ierauf  in  ©ottja  bie 
brei  jüngften  ©ötjne  beifelben  unterrichtete.  1676  ertjieft  er  burd)  ben  Totgenben 
«gjerjog  griebrtdj  I.  bas  Pfarramt  in  griemar  unb  äugteid)  t)ii  93eforgung  ber 
Stbjuncturgefdjäfte  in  ber  SDiöcefe  sFcotfd)teben,  ba  ber  bisherige  Snjjaber  an 
Slttersfdjroddje  titt.  1682  berief  it)n  ber  genannte  gürft  nad)  ©räfentonna, 
bem  £>auptorte  ber  am  4.  Dctober  1677  Pon  bem  ©rafen  (£tjriftian  ßubmig 
Pon  2Batbed  fäuftictj  erworbenen  -gjerrfdjaft  2onna.  2lm  3.  Cjiertage  jeneä 
3at)re3  (18.  5Iprit  a.  6t.)  in  fein  IHmt  eingemrjrt,  trat  er  auetj  in  bas  aus 
früherer  3"t  ^er  noc§  beftefjenbe  Gonfiftorium  ein,  Permenbete  aber  feinen  (Sin= 
flufe  ju  ©unften  feiner  Serroanbten ,  fo  baß  ftd)  ber  ^erjog  1695  PerantaBt 
fat),  bie  toidjtigften  Steckte  biefer  Söe^örbc  bem  Cbcrconjtftovium  in  ©ot^a  ju 
übertragen.  SBegen  june^menber  Grbtinbung  mußte  er  feit  1721  einen  6an= 
bibaten  ber  J^eotogie  at§  ©etjitfen  anftetlen,  worauf  bann  feit  1729  fein 
©djroiegerfotjn  5DaPib  93emegger  in  bem  gteietjen  2Imte  folgte.  53ei  feinem  2obe 
am  3.  ^Fcärä  1732  ^intertie^  er  eine  2Bittroe  unb  Pier  Äinber,  mar  alfo  nid)t 
finberloi,  mie  5ifd)er  (a.  u.  a.  D.  I,  359;  aus  einem  feiner  geifttid)en  ßieber 
fd^lieBen  toill.  Seine  erfte  ©attin,  ©ibntte  ^olmann,  bie  er  1672  in  2ltten= 
bürg  gef)eiratt)et  fjatte ,  Pertor  er  fdjon  nad)  Sarjresfrift  bei  ber  ©eburt  eines 
©of)nes;  etma  je^n  ^arjre  nad)§er  Peretjelidjte    er   flcf)   mieber  mit  Subitf)  ©ut= 


620  ißfeffetforn. 

bier,  bie  it)in  jroei  ülödjter  unb  3ttjci  ©öljne  fdjenfte.  2)er  ältere  ©oljn,  gleich 
bem  &ater  ©eorg  9Jtid)ael  gc^ei^eu ,  ftarb  am  26.  Dctober  1733  aU  Pfarrer 
3u  ©tufebauS  im  2l)üvingev  2Balbe.  —  ©d)on  in  jungen  Sfafyren  begann  ty. 
mit  fd)riftftelierifd)en  arbeiten  tyerborautreten.  (Hncr  ©ammlung  bon  ©ebidjten: 
„^oetifdje  unb  pb,ilofopb,tfd)e  7Jeft=  unb  Söodjcnluft",  bie  bereite  1666  erfdjien 
unb  ifym  ben  Xitel  eines"  faiferlidjen  gefrönten  $oeten  eintrug,  liefe  er  uod) 
folgen:  „9tntueifung  3ur  Söersfuuft"  (1669);  „Sefuitifdjet  ©utfudStuf,  ober 
15  üieligionSfrngen  bei  bem  Slbfall  ber  fd)roebifd)cn  Königin  Gtjriftina"  (1671); 
„Cytticf)er  2utl)eraner,  roie  aud)  roibriger  Dicligionebermanbtcn,  als  ^apiften,  6al= 
biniften,  Surfen  unb  Reiben,  gute  Urtl)eile  öon  Cuttern,  feiner  2cb,re  unb 
©djriftcn"  (1671;  „am  aubevn  ebangelifd)--tutb,eiifd)en  ^ubelicfte  in  ctmas  ber= 
meint  herausgegeben"  1717);  „2cid)enabbaufungcn"  (1672,  1677  uub  1689); 
t,9JTerfroürbige  unb  9luserlefcnc  ©efd)id)te  bon  ber  berümten  2anbgraffdjaft 
üMjüringen"  (1684;  mieberrjolt  1685),  bie  jroar  eine  unfritifdje  ^ufammen» 
ftellung  ift,  aber  roegen  itjvrö  9ieid)tr)ume  an  Wnefbotcn  gern  gelefeu  mürbe 
unb  bereu  jmeite  9lusgabc  gebier  unb  Sltotermunb  irrig  einem  9tamenSbctter, 
bem  ©uperintenbenten  %o§.  Wboli  ty.  in  Ätanidjfelb  (t  1698),  3ugefd)rieben 
tyabcn;  .ȧurje  Wnmeifung  3U  beutfdjen  2eid)cnrebcn"  (1690  unb  1705); 
„^leifenifdje  (Hjrcn  fraise"  (1701),  fomie  uod)  mehrere  fleinerc  (Hnaclbrude.  — 
2)auernber  uub  bis  auf  untere  Seit  Ijat  fid)  fein  vJcame  bind)  bier  ttirdjenliebev 
erhalten ,  bon  benen  befonberä  bas  erftc  in  jafylreidje  2ieberfammlungen  über* 
gegangen  ift:  „SGas  frag'  id)  nnd)  ber  2Belt  !  Unb  allen  ifjren  ©dj&fcen* 
(8  ©tropfen);  ,,?ld),  toie  betrübt  finb  fromme  ©eelcn  |  2llll)ier in biefet Jammer* 
melt"  (7  Strogen);  „Wein  8eraüt$,  mie  fo  betrübt,  |  2öas  ift 's,  bas  bid) 
traurig  madjt"  (5  ©tropljen)  uub:  „%&)  miH  bind)  mein  ganjeS  Seien  |  ©tets 
mit  bem  aufrieben  fein"  (7  Strophen).  (Jublid)  bjat  %\.  aud)  bas  befannte  2ieb : 
„2Ber  roeift,  mie  natje  mir  mein  önbe"  als  fein  (vigenttjum  in  Wnfprudj  ge= 
nommen,  unb  es  ift  bestmlb  im  borigen  3ial)rl)unbevt  ein  heftiger  ©treit  gerüfjrt 
morbeu ,  bon  bem  t)ier  nur  in  mögtidjftcr  Stützt  gctjanbelt  merbeu  fann.  — 
9cad)bem  bas  2ieb  juerft  anonljm  im  föubolftäbter  ©efaugbud)  bon  1688  er« 
fduenen  mar,  miebcrljolten  es  anbere  ßieberfammluugen  anfangs  ofjne  Flamen, 
balb  barauf  aber  (©aalfelber  ©efeingbud)  bon  1698)  mit  bemjenigen  ber  (Sräfin 
äemifie  Juliane  bon  ©d)mar3burg--ftubo(|tabt  (f.  SÄ.  %.  SB.  I,  127);  1710  fdjreibt 
es  bas  ^mirfauer  Öefangbud)  bem  ©ebeimenratf)  unb  flanjlet  öett  Subroig 
bon  ©edenborf  ju;  1714  mirb  nun  elften  sUlale  s$fefferfonv's  'Jiame  genannt 
unb  jroar  infolge  eines  bon  biefem  an  ben  ."ptymnologen  $ol).  OlbenariuS  in 
©d}tnalfalbcii  gerichteten  unb  in  beffeu  „SieberfatedjiSmus"  (1714)  beröffent= 
lid)ten  ©dvreiben* ,  in  roeld)cm  er  bie  in  bem  „©cfjmartjburgifdjcn  2>cnfmaf)l 
einer  E^rifKStfiflidjen  2ammes--ftrcunbin"  (1707)  intmifdjen  geäußerte  23eljaup= 
tung,  bajj  Slemitie  ^u^nne  bie  SBetfajfetin  fei,  beftritt  unb  erftärte,  bafe  er  baS 
2ieb  nad)  bem  plö^tid)en,  auf  ber  äiagb  erfolgten  lobe  beS  £>eqog§  3fol)aun 
©eorg  bon  ©ad)fen=(5ifenadf)  uub  auf  Anregung  bei  genannten  b.  ©edenborf  im 
Dctober  1686  gebidjtet  fjabt.  ©iefeS  ©djreiben  beantmortete  uod)  im  gleichen 
Saljre  ber  33orbcnd)t  au  „©et  f^reunbin  be§  2amme§  ©ciftlicfjer  33rautfdja^';, 
iubem  er  bie  9Infprüdje  ber  ©räfin  nad)brüdtid}  unb  mit  einleud)tenben  ©rünben 
berttjeibigte.  ©a  bei  ber  ^ortfetjung  beS  ©treiteS  bon  feiner  ©eite  ueueS 
Material  beigebracht  mürbe,  fo  fann  fjiet  beffen  meiterer  Verlauf  übergangen 
uub  einfad)  auf  bie  unten  berjeidmeten  Duellen  berroiefen  to erben.  2)af  aber 
nidjt  ip.,  fonbern  bie  ©räfin  ba§  Sieb  berfafet  b.at,  ergiebt  fid)  ameifelloS  aus 
beren  cigenb,änbiger,  in  ber  ©craer  .^irdjenbibliotfjef  bermab,rten  unb  bon  3Uber= 
läffiger  £>anb  beglaubigten  ^iebcrfd)rift  mit  bem  ©atum:  w5]eub,au|  b.  17.  ©cpt. 
1686",    nad)    meldjem    alfo   bal    Sieb   3U   ber   3"t'    ha   e8  %   gebid)tet  f)aben 


^fefferforn.  621 

wollte,  bereits  bortjanben  toar.  SBenn  eS  noct)  eines  ferneren  iöeweifeS  für  baS 
gute  Ütetfjt  ber  ©räfin  bebürfte,  fo  fönnte  aud)  an  benjenigen  ^afig'S  (f.  unten) 
erinnert  werben,  ber  audj  auS  inneren  ©rünben,  b.  f).  auS  bem  ganzen  £on  unb 
bem  fbracrjlictjen  2lu§brucfe  beS  Siebes,  üBerjeugenb  bargelegt  t)at  f  ba|  teueres 
feinem  anberen  SSerfaffer  als  ber  ©räfin  jugefjören  fann. 

SBefcel,  £iftor.  SebenS=23efcrjreibung  II,  293—307.  —  3ebter'S  Unioerjat« 
Sejifon.  27.  23b.  ©».  1322.  —  Stößer  u.  ftotermunb  ju  Söcf)er.  —  (S-  ©• 
23rücfner,)  Atrien«  unb  ©cfjutenftaat  im  £erjogtlj.  ©otfja.  II.  Zty.  2.  ©tücf. 
©otfia  1758.  ©.  43;  III.  £fjt.  4.  Stütf.  (1761.)  ©.  80—82.  —  &ir= 
f^ing,  £iftor.=titterar.  £anbbucf).  7.  33b.  2.  2Ibtf)(.  ©.  116.  —  (Srftf)  u. 
©ruber'S  (Sncrjftoöäbie.  (SBon  £.  21.  (Bewarb.)  —  ©oebefe,  ©runbrtfe  II, 
526.  —  a.  23ecf,  (grnft  ber  fromme.  2.  £f)l.  äöeimar  1865.  ©.  52.  — 
<L  Äe^r,  ©er  ctjriftl.  9tetigionSunterricf)t  in  ber  SBotfSfcfjule.  2.  Stufl.  2.  23b. 
©otrja  1870.  ©.  359.  —  $otf),  ©efd)icE)te  b.  ÄirdjentiebS.  4.  23b.  ©.  63 
bi§  65  u.  567.  —  gifetjer,  Äir$enlieber»8ertfon.  2.  £älfte.  ©.  462b— 463a 
u.  unter  ben  cinjelnen  Siebanjängen.  —  Sögt,  aud)  3.  ©•  51.  ©aüettt ,  ©e= 
fdiicbte  b.  ßerrfäaft  £onna.  £onna  1777.  ©.  65  u.  ©efdjidjte  u.  23efd)ret= 
bung  b.  $erjogtt).  ©otr,a.  4.  SLf)I.  ©otfm  1781.  ©.  118.  —  ߣ>r.  &.  Sorenj, 
©efd)id)te  b.  ©tmmafiumö  3u  SUtenburg.  2Utenb.  1789.  ©.  278.  —  Ueber 
baS  Sieb:  „SBer  Weiß,  wie  ncrfje  mir  mein  (Snbe"  f.  3-  8.  ipafig,  ©er  ©raftn 
2lemilie  Juliane  bon  ©d)War3burg=9tubolftabt  geiftt.  Sieber.  (%.  \*£> 
©eiftlic&e  Sängerinnen  b.  djrifit.  Äirdje  beutfdjer  «Ration,  rjrSg.  ü.  Sötlt). 
©d)ircfS.  1.  £eft.)  &alle  1856.  ©.  XXIII-XXXI.  —  3t  Sausmann 
bei  M  a.  a.  £).  8.  93b.  ©.  637-646.  --  gif<$er  a.  a.  £).  II,  365 
bis  369b  ©djumann. 

^fefferforit:  SofjanneS  $.,  geb.  1469  (bie  Angabe  1476  bei  23öcftng 
unb  ßracauer  beruht  auf  einem  ftedjenferjler),  t  nactj  1521  (ßifdjetnungSiatjr 
feiner  lefeten  ©$rift),  bor  1524  (»gl.  ©erjabe,  ©atiren  unb  ^aSquiüe  auS  ber 
3tejormationSäeit  III,  126).  (Sr  toar  bon  ©eburt  3ube,  führte  als  $ube  ben 
Vornamen  3ofef,  flammte  öietteidjt  auS  Nürnberg,  Wo  er  wenigftenS  eine  geit 
lang  lebte  unb  übte  baS  ©dE)läcrjter=  («üle^ger«)  fcanbwerf  m  ber  böfjmtfctjen 
©tabt  Sadjau.  ©ort  Würbe  er  beS  ©iebftatjlS  bejid&ttgt,  mü)  3a$lung  einer 
©etbfumme  bom  ©rafen  bon  ©utenftein  auS  ber  $aft  entlaffen,  er  führte  einige 
Satire  ein  2£anberteben,  in  Welkem  er  laut  feiner  ©elbftanflage  m  fbateren 
jubenfeinbtidjen  ©Triften,  auef)  SBufyr  trieb  unb  trat  1505  in  fiöln  mit  grau, 
ßinbern  unb  einigen  greunben  jum  Sfjriftentrjum  über,  ©eine  grau  2Inna 
wirb  in  ben  „©unfetmännerbtiefen"  ftarf  berfbottet  unb  wegen  emeS  unftttlidjen 
SJerrjättniffeS  mit  Ortuin  ©ratiuS,  bem  „$oeten"  ber  Kölner  berbääjtigt ;  einer 
feiner  ©ötme  SaurentiuS,  wirb  bon  itjm  genannt  unb  als  »Btagtlier  be^ 
«tAnct.  3ß  felbft  lebte  feit  feiner  Saufe  bis  ju  feinem  £obe  m  Äbln  unb  war, 
wenigftenS  feit  1513,  ©bitatmeifter  bafetbft.  Ott  l)atte  fief)  als  3ube  nur  eine 
aeringe23ilbung  angeeignet  -  aüerbingS  berfuct)t  er  in  feiner  felbftlobenbenJRamuer 
feine  ©eteBrfamfeit  ju  greifen  — ,  feine  Äenntniffe  beS  ^ebraifc^en  waren  «ftenS 
mittelmäßig,  lateinifcf)  berftanb  er  nietjt,  im  beutfe^en  SluSbrutf  war  et  ungewanbt. 
Ueber  feine  moratifetjen  unb  geiftigen  Gigenfcfjaften  m  urteilen  ift jel)r  fdjwer  weil 
feine  ©eqner,  bie  faft  auSf^liep^  über  ilm  bericl)teten,  ab^t  t^  33ejc^ut= 
bigungen  alter  Slrt  auf  i^n  Ruften  unb  Weit  er  felbft,  in  golge  femeS JpangS 
mr  Uebertreibung  unb  ©elbftbeweit)räuct)erung,  fein  unbcrba^tigeS  3eugmB 
liefert  Sie  unter  feinem  Warnen  erftf)ienenen  tateiniferjen  ©cl)ri!ten  be^.  lieber» 
fetumgen  fjat  er  nitfjt  »erfaßt;  feine  Angabe,  er  t)abe  bie  (Sbangetien  mS 
öebräifcfie  überfefet  ober  überfein  WoEen,  barf  man  nicf)t  o^ne  SBeitereS  _ab= 
weifen-    5u  ber  taafjme,   er  fei   an  ber  Slutorfcfjaft  feiner  beutfcfjen  ©^ten 


622  ^Pfefferforn. 

gar  nid)t  ober  nur  in  geringem  $ftafje  beseitigt,  Ijttt  man  burctjaus  feinen  förunb. 
%'\t  mannigfachen  Auflagen  gegen  feine  moratifdje  5üf)rung  nad)  unb  tfjeilmeife 
öor  feiner  Saufe  finb  nidjt  ju  bcmeifen  —  roiemeit  ber  -Ijpafj  feiner  ©egncr  ging, 
^eigt  fiel)  in  bem  33erid)te,  er  fei  1514  ju  .£>aÜe  megen  totrf ergebener  Verbrcd)eu 
üerbraunt  roorben  —  auef)  bie  Vefdjulbigung,  er  tjabe  au§  fdjtedjten  Biotinen 
bie  Saufe  angenommen:  au£  eitler  ^3rat)lerei,  ober  um  Verfolgungen  berauben 
311  entgegen,  ober  gcrabeju  um  ©clb  ju  erlangen  fdjeint  mir  unhaltbar  unb 
nod)  meniger  roirb  man  Tagen  bürfen,  er  fei,  nadjbem  er  einmal  bie  Saufe  an* 
genommen,  ein  fd)led)ter  Gfjrift  gemefeu.  Stjatfacfje  ift  nur,  baß  5ß.  ein 
^anatifer  mar,  ber  feine  berbeiblictjcn  ^icle  mit  allen  Mitteln  ju  erreichen 
ftrebte,  ein  statin  größter  £eibenfd)aitlid)feit,  ber  feine  ®egner,  bon  benen  er 
nidjt  eben  jart  befjanbelt  mürbe,  mit  allerlei  ^edjterfünften  3U  befämpfen  unb 
ju  bernid)ten  ftrebte.  2)er  Sraum  feines  Gebens  aber  mar  bie  Vefetjrung  atter 
feiner  ehemaligen  G5lauben2genoffcn  jum  Grjriftentljum  unb  bie  Vernichtung  ber 
33 ü et) er  ber  $uben,  tueldje  baä  größte  £)inbernife  ber  allgemeinen  Vefetjrung  bil= 
beten.  Um  biefeu  Sraum  ,511  berroirflidjen,  fdjrieb  *p.  eine  Sln^atjl  (Sdjriften  unb 
entfaltete  eine  große  praftifcfje  äßirffamfeit.  SDie  lebten1  bleibt  f)ier  unerörtert,  fo= 
meit  e§  fict)  um  bie  eigentliche  (ionfiScation  ber  33üd)er  tjanbelt,  meit  ^iefferforn'S 
übrigens  ganj  erfolgtofe  Stjätigfeit  nur  bie  eine§  Beauftragten  ift.  (S)et  ©egen= 
ftanb  ift  überbiee  ganj  neuerbingö  bon  Äracauer  in  ber  unten  anjufüt)reuben 
©cfirift  genau  nad)  ben  Cuetlen  bargeftellt  roorben.)  S)ie  fdjriftftetterifdje  Arbeit 
muß  aber  erörtert  merben. 

Sdjou  bie  evfte  ©djrift:  „ber  ^ubenfbiegel"  1507  [teilt  ba§  Programm  auf, 
ba£  fict)  in  ben  fpäteren  ©djriUcn  immer  met)r  bcrfd)ärfte:  SBegnarjmc  ber 
S3üd)er  ber  Suben,  Verbot  bc§  Söudjcrä,  ferner  ber  auf  fie  ju  übenbe  $roang, 
d)riftlid)e  ^rebigten  ju  befudjen.  Sd)on  in  biefer  ©djrift  gibt  er  ben  Sfnoen 
erbitterte  ^einbfcrjaTt  gegen  baä  Gf)riftentt)um  fctjulb,  leugnet  aber  it)re  ernfte 
unb  innerliche  5lnr)änglict)feit  an  it)ren  angeftammten  ©lauben. 

2ßoüte  Sp -  bie  SEurd)fül)rung  feinet  ^rogrammeö  buxd)  bie  -Cbrigfeit  er» 
reichen,  fo  mußte  er  biefe  unb  feine  nunmehrigen  ßtaubeuSgenoffen  überhaupt 
bon  ber  £äd)erlid)feit  unb  Verberblidjfeit  ber  jübifd)en  2lnfd)auuugcn  unb  ©e= 
bräud)e  unb  bon  ber  Gtjriftenfeinbfdjaft  ber  3>uben  überzeugen.  S)a§  erftere 
berfudjte  er  in  ber  „3iubenbeid)te"  1508  unb  im  „Dfternbud)"  1508;  ba§  letztere 
im  „^ubenfeinb"  1509.  $)ie  beiben  erfteren  Sdjriften  füllen  bie  St)ort)eit  ber 
an  ben  großen  jübifdjen  .'perbft*  unb  Dfterfciertagen  gebräud)lid)eu  Geremonien 
geigen,  bie  nur  bann  einen  Sinn  l)ätten,  menn  fie  „geiftlidj"  gebeutet  mürben, 
meil  fie  bann  mit  djriftlidjen  fiebren  fjarmonirten.  S)ie  letztere,  auä  bereu  6in= 
teitung  unb  SBibmung  petft  bie  natje  Verbinbung  ^fcfferforn'ä  mit  ben  Kölner 
sIRönd)cn  fjerborgetjt,  fud)t  bie  (St)rifttnTeinbfd)aft  ber  3iuben  3U  ermeifen  au§ 
it)rer  täglid)  erneuten  Verfbottung  Gfjrifti  unb  ber  ßtjrifien,  au§  ifjrcm  2ßud)er, 
aul  itjrer  jum  Sdjaben  it)rer  sBtitmenfd)cn  geübten  33efd)äftigung  mit  ber  Slrjnei. 
S)ie  Verbinbung  mit  ben  Kölnern  Ijatte  ffit  %  ben  großen  praftifdjen  Söertt), 
ba^  er  burd)  fie  ber  .fiunigunbe,  ber  ©djmefter  beä  ^aifer§  ^[Rajimilian,  unb 
burd)  biefe  bem  Äaifcr  felbft  empfohlen  mürbe.  Von  Seüterm  erfjiett  er 
(Sluguft  1509)  ben  gemünfd)ten  SBefe^l,  bie  Vüdjer  ber  ^uben  ^u  confisciren, 
fct)ritt  p  beffen  3tu§füt)rung ,  mürbe  aber  balb  an  ber  Vefriebigung  feiner 
6onfi8cation§getüfte  burd)  llriet  bon  ©emmingen,  ben  6räbifd)of  bon  5Jtainj  ge= 
t)inbert,  ber  nun  (ftob.  1509)  feinerfeit§  bie  Seitung  ber  ganzen  Angelegenheit 
bom  $aifer  übertragen  erhielt.  Um  trob  biefeö  elften  Mißerfolges  ben  Äatfer 
unb  aüe  ©tänbe  beS  9teid)§  für  ftd)  3U  geminnen,  beröffentlid)te  5>.  eine  Sd)rift 
unb  ließ  r)anbfd)riftlid)  eine  anbre  curfiren.  S)ie  erftere:  „3fn  lob  bnb  eer  bem 
at(erburd)leud)tigften   ^arimilian"    ift  baju   beftimmt,    ben  Äaifer  bei   bem  be= 


SPfefferfotn.  623 

gonnenen  Unternehmen  ?eft}ufjalten  unb  in  ber  Sfusfütjrung  }u  ftärfen,  alle 
@rünbe,  bie  man  }u  ©unften  ber  3uben  anmfjren  tonnte,  ju  enthaften  unb  bie 
Vorwürfe  ,}urücf}uroeifen,  bie  man  ctroa  gegen  feine,  5ßfefferforn's  ^erfönlicfjfeit, 
trieben  möchte.  Sie  letjtere,  ein  „2Iusf cfjreiben  an  alle  ©eiftlicfje  unb  SBeÜlirfje", 
gleichfalls  eine  (Ermunterung  }ur  gortfetjung  bes  löblichen  2öerfes,  mar  befonbers 
für  bie  au?  bem  2fugsburger  rReicfjetag  oerfammelten  dürften  unb  Ferren  be= 
ftimmt  unb  foffte  ein  Öegengcroicfjt  bitben  gegen  Üielb  unb  Ueberrebung  ber 
jübifcfjen  2lbgeorbneten  aus  ?vranffurt.  Veibe  Scfjriften  fjatten  teine  unmittelbare 
Ginroirfung;  burcfj  neue  periönlicfje  Unterfjanblung  6eim  Äatfer  beroirfte  |J.  ein 
neues  an  ben  Gr}btfcfjo?  bon  'Utain^  gerichtetes  üJtanbat  (3nlt  1510),  bas 
biejen  beauftragte,  Don  binc  Unioerfitäten  unb  einigen  ^rioatperfonen,  barunter 
9teucfjtin,  ©utacfjten  über  bie  Stngelegenfjeit  ein^ufjoten  unb  Iß.  ben  Vefefjt  gab, 
Mefe  ©utacfjten  bem  Äaifer  ju  überbringen.  Otts  23ote  fjatte  er  fein  Jtecfjt,  bie 
ifjtn  ü6ergebenen  Gutachten  $u  lefen,  als  Vertrauensmann  unb  als  Beamter 
feines,  bas  ifjtn  anPertrautc  6ut  }u  benutzen,  er  beging  batjer  ein  boppeftes 
Unrecfjt,  ats  er  in  feinem  „£anbipieget"  1511  Oteucfjtins  öutacfjten  befämp'te, 
roefcfjes  freitief)  feine  bücfjerfeinblicfjen  -^läne  Pötfig  ^u  üernicfjten  brofjte.  >p. 
benuncirt  Oteucfjlin  roegai  feines  ßutacfjtens  als  3ubengönner,  fpricfjt  it)m  Äenntniß" 
bes  jübiicfjen  Scfjiifttfjums  ab,  greift  ibn  periönlicfj  tjeftig  an  unb  befjarrt  in 
leinen  Singriffen  gegen  bie  ^uben  unb  ifjre  Literatur.  Oteucfjlin  roies  in  feinem 
„2lugenipieget"  bie  gegen  ifjn  erhobenen  Angriffe  bes  „gemeinen  unb  efjrtofen 
Vöferoidjts",  roie  er  feinen  Gegner  mit  Vorliebe  nennt,  ^urücf,  Pon  roelcfjen  ifjn 
jtoei  fjauptiäcfjlicfj  erbittert  fjatten,  nämlicf)  ber,  er  fei  oon  ben  $uben  beftocfjen 
unb  ber  anbere,  er  fjabe  bie  unter  feinem  Dlamen  ausgegangenen  Scfjri'ten  nicfjt 
Peraßt.  Sie  große  geiftige  Veroegung,  bie  Pon  bem  „2tugenipieget"  ausging, 
ber  Streit  ^roiicfjeu  Jpumaniften  unb  ^ntitjumaniften  fann  fjier  nicfjt  eqäfjlt 
roerben,  nur  ■X;?e'ferforns  roeitere  Hfjätigfeit  ift  fjier  für}  baquüctlen. 

Gr  prebigte  roäfjrenb  ber  DJceffe  (11.  September  1511)  in  gfranffurt  Por 
bem  Votfe  roiber  bie  3uMn  un&  i^te  Bonner  unb  peröffentticfjte  (1512)  ein 
ißampfjtet  „Vrantfpiegel"  ,  roelcfjes  bie  gän^licfje  Vertilgung  ber  3uben  an= 
rätf)  unb  bie  fjeftigften  Vefcfjimp'ungen  fteuctjlins ,  freilief)  }ur  Slbroefjr  ber 
Pon  bie]"em  roiber  ifjn  ausgeflogenen  Vetcibigungen,  entfjätt.  3u  biefem 
^rioatftreite  ^roifcfjen  ^roei  fo  ungleichen  ÜJtännern  ge6ot  ber  Äaifer  in}roifcfjen 
Stitlicfjtoeigen  <3uni  1513);  bie  älngelegenfjeit  ber  ^ubenbücfjcr  mar  ^u  Un= 
gunften  !£fefferforn's  beenbet,  ber  burcfj  ben  „Sfugenfpiegel"  erregte  Scfjri'ten« 
fampf  unb  ber  roiber  benfefben  ge'üfjrte  ^receß  bauerte  ?ort.  Sine  birecte  35er= 
antaffung  lief)  in  jenen  titerariicfjen  .ftampf  >}u  mifcf)en  tjatte  iL-,  nicfjt.  3roar 
pon  gelegentlichen  Sdjmäfjungen  roiber  ben  „getauften  3uben'  tjatte  es  in  ben  Pon 
ben  -^umaniften  an  itjren  ^Jceifter  gerichteten  ^rie'en  nicfjt  gefefjtt,  —  aoer  es 
ift  u-aglicfj,  ob  er  Pon  benfefben  rechtzeitig  .ftunte  erfjiett.  2ßiber  bas  Verbot 
bes  Äaifers  Peröffentticfjte  er  (1514)  eine  neue  Streitfcfiriu  gleichmäßig  gegen 
bie  „treulofen  Suben",  roie  gegen  ben  „alten  Sünber"  sKeucfjlin  „Sturmgtocf", 
roetcfje  fjauptfäcfjlicf)  ba^u  benimmt  roar,  bie  unterbeß  gegen  ben  „2lugen= 
fpieget"  gefällte  Gntfcfjeibung  ber  Variier  Uniperfität  in  beutfcfjer  Spracfje  ju 
Perbreiten. 

Xie  -pumaniften  nafjtnen  an  bem  Qtinbt  ifjres  ÜJceifters  erbitterte  5Racfje; 
.^utten  fcfjrieb  ein  ßebicfjt  in  roefcfjem  er  fingirtc,  ty.  fei  roegen  fcfjmäfjlicrjer 
Verbredjen  ^u  -öalfe  fjingcricfjtet  roorben;  unb  ber  erfte  xfjeil  ber  „£unfel= 
männerbriefe"  (1515)  fjötjnte  ifjn  mit  ben  Kölnern  überfjaupt  unb  ertaubte  fief; 
feefe,  roafjrfjeitsroibrige  Verfpottungen  feiner  ^noatDerfjältniffe.  3ß.  Deriucfjte 
biefe  Angriffe  in  ber  „Vefcfjrjrmung"  (1516)  ab^uroefjren,  oon  ber  gleictj^eitig 
eine    bem  Sfutfcfjen  in   piefen  fünften   gteicfje   tateinifcfje  Bearbeitung  crfcfjien : 


624  Sßfefftofler. 

Defensio  contra  famosae  epistolas  ( i?e^tcre ,  ueugebrutft  öon  Körting,  Opera 
Huttcni  vol.  VI).  Sie  eigentliche  93ertt)eibigung  ift  matt  unb  ber  Söetfud), 
ffieudjlin  ptn  Söcrfaffer  ber  Sriefe  ju  ftempeln,  geiftCoS  unb  oerfetjtt ;  ber  2Sertt) 
bcr  ©d)rift  beftefjt  in  bcm  reichen  Urfunbcnmatcrial  jur  ®efd)idjte  beS  i}£eud)= 
lin'fdjen  ©treiteS,  baS  fie  enthält.  ©leidjmllS  burd)  urfunblicr)eS  ÜJlaterial,  aber 
merjr  |ür  5ß.  fetbft  unb  fein  früheres  £eben  ausgezeichnet  ift  baS  nadj  bem 
jmeiten  ültjeil  ber  2)unfelmännerbriefe  unb  j)ut  Sntfräftung  ber  in  bemfelben 
Dorgebrad)ten  Angriffe  Derüffentüdjte  „©treitpuedjlrjn"  (1517),  baS  tjauptjäd^licf) 
feine  perfönlictje  (Stjre  reinmafdjen,  bie  2üac)rr)eit  feines  ßtjriftentImmS  bezeugen 
foü,  aber  aufs  sJieue  9ieud)lin  angreift,  unb  gelegentlich;  auch,  SraSmuS  befehlet, 
roaS  bieder  fefjr  empfinblidjc  Kämpfer  nidjtungealjnbet  lief;.  2ln  ben..Lamentationes", 
ber  fctyroadjen  (Jrmibcrung  ber  ftölner  auf  bie  Epistolae  obsc.  vir.  mar  5ß.  nicrjt 
beteiligt;  für  bie  „Sunletmannei"  ergriff  nun  .frodjftratcn  bog  SBort  unb  ty. 
fdjmieg,  ba  ber  neue  -Raubet  ifjn,  ben  Erreger  beS  alten,  uidjtS  meitcr  anging.  9tuv 
einmal  nod)  erljob  er  feine  Stimme,  als  am  23.  x\uni  1520  bie  enbgüüige 
päpftlicfjc  ©ntfdjeibung  gegen  WeudjlinS  „Wugenfpiegel''  gefallen,  sJteud)lin  ^u 
emigem  ©tillfdjmeigen  unb  ^u  53e^a^lung  fämmtlid)er  Soften  üevurtrjeilt  morben 
mar.  5)a,  in  bem  2Bal)ne,  einen  großen  perfönlidjen  Triumph;  über  feinen  alten 
©egner  errungen  \u  t)aben,  öetBffentüdjte  et  feine  letjte  ©djrift:  „Gin  mtttcljb« 
tidje  claeg".  ©et  Setlagte  mar  natürlid)  fteudjlin,  feinet  feine  ©ctjüter  unb 
(Bonner,  unter  benen  nun  aud)  ßutrjer  erfdjeint;  5ß.  ift  ber  Iriumptjirenbe,  ber 
in  ftol^cm  ©elbftbfroufjtfein  alle  feine  gteunbe  unb  ^cfdjüfcer  auT,\äf)lt ,  alle 
roiber  ib,n  auSgefprodjencn  33efcf)ulbigiingen  botlfommen  ^urürfgefdjlagcn  ju 
r)aben,  ber  als  gtänjenber  ©ieger  auS  bem  lang  bauernbeu  .Rampfe  r)erbor,\.u= 
gefjen  toermeint.  3)aS  Urtb/il  ber  Wadjmett  aber  r)at  biefe  ©elbfttäufdjung  beS 
eitlen  ganatiferS  nid)t  beftätigt. 

8.  ©eiger,   3ot).  SPfeffertom   in   ?lbr.  ©eiget'8   jüb.   ;-}eitfd).   f.   äöiff.  u. 

«eben  VII,  1869,  ©.  297—809;  —  berf.  3ot).'sJteud)lin,  ßeipj.  1871,  passim 

unb  bie  bort  angeführten   ©djttften.  — $.    Äracauer,    ®ie   (tonfiScation   ber 

fyebräifdjen  ©Stiften    in  gftanlf.  a.  s3Ji.    1508   unb    1510    in:    Seitföt.  f.  b. 

©efd).  ber  gilben  in  2>eutfd)lanb,  1886,  I,  ©.  160—176,  230-248.  — ftür 

baS  Sibliograplufdje  Pgl.  33ötfing,  Index  scriptorom  causam  lleuchl.  Bpectantinm 

tu  Opera  Butteni  VII  (snppl.  vol.  II  i   p.  53  ff.   unb   $.  ©oebefe ,    ©runbr. 

2.  Bearbeitung  I,  ©.  451  —  454.  £ubmig  ©eiger. 

^fcffilincr:    3 o  tjann  es  sl>.    ift   einer   ber   gebiegenften   unb  eljrmürbigften 

Männer  ber  WcformationS.Kit.     ©ein  ^cben  erftredte  fid)  bis  in  baö  80.  $afjr, 

jerfäEt  aber  in  btei  üerfcrjiebcne  Venoben :    bie   elften  37  Jatjre  laffen   fid)  als 

feine  Öetn^eit  Dejcidjnen;  bie  mittleren  12  3ar)re  bilben  eine  mec^feluolle  3.^anber= 

,jeit  als  ^vebiger  beö  Güangeliumö;  ber  (ctjte  ^Ibfc^nitt,  88—34  ^atjre  umfaffenb, 

mar   bi§   an   fein   Gnbe  ber  ©tabt  Seipjig   unb   itjrer  Umgebung  in  Piclfeitiger 

Arbeit  be§  Äircf)enbienftes5  unb  Äircrjenregimenteg  geroibmet.     Sß.  mürbe   geboren 

am  Sage  be§  3lpoftetS  3fof)anneö,    ben  27.  SDccember   1493   ju  äßafferburg  am 

3tnn  in  23atern.    ©eine  ©Item,  ehrbare  unb  gottesfüid)tigc  23ürger8leute,  roottten 

ir)m    eine   gute   ©djulbilbung   ju   Üljcil   merben    laffen,   unb  gaben  it)n,   ba  ber 

Unterrid)t  an  Crt  unb  ©teile   ungenügenb  mar,   nad)  2lnnaberg   in  bie  ©djule. 

£)ier  lernte  unb  übte  er  fid)  mit  folctjem  Slei^,    ba§   feine  ©efunb^eit  barunter 

litt.     S)e§t)alb  mürbe   er   aud)   nid)t   einem   JHofter   übergeben ,    foHte  öielmel)r 

bem  Unterricht  fid)  mibmen.     3llö   inbefj   feine   ©efunbb.eit   mieber  geftärft  mar, 

manbte  er  fid)  bem  clericalen  ©tanbe  ^u :  noct)  im  Jünglingsalter  erhielt  er  bie 

nieberften  SBeib^en  als  CftiariuS,  ©joreifta  unb  ßector,   im   22.  Jab^re  mürbe  er 

^Icolutrjue,  unb  als  er  baS  24.  Jab^r  erfüllt   fjatte,    ettjielt   er  ju  ©aljburg  bie 

©ubbiaconatsmeitjen ,    nac^  Dftern   1518  bie  ^rieftermeib^e,    nac^  Gintjolung  beS 


SPfcffingcr.  625 

nötigen  S)i§penfe§.  tiefer  feiner  rechtmäßigen  2ßeit)e  Ijat  er  fid)  fpäter,  römifdien 
2lnfec£;tungen  gegenüber,  gerne  gehaftet,  9lad)bem  er  jutn  ^riefter  gemeint 
toar,  machte  er  e§  ficb,  pr  reblicfjen  Aufgabe,  ©ott  unb  ber  ßixfyt  redjtfdjaffen 
äu  bienen,  befonber§  in  ber  ^rebigt,  fo  baß  er  batb  ein  beliebter  ^ßrebiger  tourbe. 
3uerft  tourbe  er  nacb,  9teid)enb,alt  gefanbt,  1519  nad)  ©aalfelben  im  ^m^gau, 
einige  ©tunbcn  füblict)  bon  föeidjentjatt,  1521  nadj  ^Jaffau ,  too  ir)m  bie  «Stelle 
eine§  ©tiftäprebigerä  ju  £t}eit  tourbe.  lieber  bie  9Mb,e  unb  Arbeit  an  biefen 
£)rten  ftagte  er  fpäter  oft,  unb  meinte,  ba§  fei  Stoßarbeit  getoefen:  man  Ijabe 
fein  richtiges  Sorbilb  gehabt,  batjer  tjabe  e§  große  9Mr)e  gefoftet,  eine  ^rebigt 
aufarbeiten ;  nadj  ber  Arbeit  in  ber  ^auütfirci)e  galt  e§,  in  ben  £od)terfirdjen 
ben  SDienft  $u  berridjten,  toa§  in  gefreiten  üjm  redjt  ferner  getoorben.  S)a= 
burd)  mürbe  aber  feine  2trbeit§!raft  gehärtet  unb  geftä^tt.  Sei  bem  attem  ftanb 
ber  junge  ^ßriefter  nocrj  böttig  auf  römifcrpfattjolifctjem  Soben.  dürft  all  in 
äöittenberg  ßutf)er  unb  5}|etanc£)tt)on  bie  Seb.re  bon  bem  alleinigen  35erbienft 
Sefu  6t)rifti  an  ba§  ßidjt  gebraut  Ratten,  gerietb,  er  in  S^eifel  unb  inneres 
©Amanten.  SDa  gelangte  er  benn  mit  ber  3eit  (früt)eften§  im  3af)r  1522), 
burd)  fleißiges  ^orfdjen  in  ber  Schrift,  namentlich  in  ben  paulinifd)en  Briefen, 
befonber§  im  9tömerbrief,  p  ebangelifdjer  ©infidit  unb  Ueberjeugung.  2Ba3 
feinem  .^er^en  teuer  getoorben  mar,  babon  rebete  er  aud)  mit  feinen  21mt3= 
genoffen,  unb  berfünbigte  e§  in  feinen  'ißrebigten.  S)a§  50g  bie  ßeute  bermaßen 
an,  baß  fie  fid)  ju  feinem  33eidjtfiut)l  brängten,  unb  it)m  häufig  boppeüeä  S3eid)t= 
gelb  gaben:  ba§  eine  follte  er  mit  feinem  Pfarrer  Reiten,  t)aZ  anbere  für  fid) 
behalten.  ®ie  ftolge  mar  ^Jletb ,  QHferfudjt  unb  Slnfdjutbigung  fetjertfd)er  3ln= 
fidjten.  ©eine  greunbe  mürben  ber  ©efatjr,  bie  itjm  brot)te ,  erjer  inne  al§  er 
felbft;  unb  ba  fie  ©runb  Ratten  5U  befürchten,  man  toerbe  itjn  bertjarten,  brangen 
fie  in  ib,n,  fid)  ju  flüchten,  unb  berfdjafften  ib,m  ein  $ferb.  ty.  gab  itjren  $or= 
Stellungen  nad),  berließ  1523  'ißaffau,  unb  nat)tn  feine  3uflud)t  birect  nad) 
Söittenberg,  too  itjn  Suttjer,  23ugent)agen  unb  9Mand)tf)on  gütig  aufnahmen, 
lieb  getoannen,  unb  tfjm  lebenslängliche  Sichtung  betoatjrten  unb  it)re  greunbfcfiaft 
mit  ber  £b,at  erzeigten,  toie  benn  er  felbft  ftetS  als  eine  große  ©nabe  ©otteS 
\)a%  erfannte  unb  fiel)  beffen  freute,  biefe  fjorjen  Söerf^euge  ©otteS  gefeiten  unb 
gehört,  itjren  Umgang  genoffen  ju  tjaben,  unb  ir)rer  greunbfdjaft  getoürbigt 
toorben  ^u  fein,  ©egen  bier  ^atjre  lang  genoß  er  in  Sßittenberg  nidjt  nur  ber 
9tutje  unb  ©idjerb,eit,  fonbern  toibmete  ficb,  aud)  bem  ttjeotogifdjen  ©tubium 
auf§  neue  unb  legte  erft  reerjt  feften  ©runb  ebangelifdjer  ©efinnung  unb  @r= 
fenntniß.  hiermit  fdjloß  biejenige  8eben§3eit,  toeterje  toir  feine  Seb.rjeit  nennen 
3U  bürfen  glauben. 

5Die  5Jleere§ftiüe  unb  gtücftidje  ^ab,rt  ging  au  (Snbe.  Sm  ^.  1527  fam 
an  iljn  bie  Berufung  jum  Pfarrer  in  ©onnetoalbe,  fe^t  ^ur  preußifdjen  9lieber= 
läufig  gehörig;  ein  9tuf,  ben  er  nad)  bem  9tatb,  feiner  Seb^rer  unb  ©önner  an- 
nahm, ^n  ©onnetoalbe  arbeitete  er  mit  treuem  ftleiß  unb  führte  einen  gott= 
feiigen  SSanbel,  fo  baß  er  große  ©unft  unb  2Infef)en  bei  ber  ©emeinbe  erlangte. 
9ll§  it»n  nun,  eb,e  ein  botfeä  ^ab,r  um  toar,  bie  antjaltifdje  ©tabt  StxW  3"m 
Pfarrer  begehrte  unb  mit  ßutt)er'§  3uftimmung  Berief,  fanbte  bie  ©emeinbe 
©onnetoalbe  fdjteunigft  eine  Deputation  an  Sutfjer,  mit  bem  ©efud),  er  möchte 
ib^nen  boct)  ib,ren  Sßfarrb.errn  belaffen.  2113  biefer  fa^,  toie  emft  e§  biefen  ßeuten 
fei  unb  toie  lieb  fie  ifyren  Pfarrer  tjatten,  betoilligte  er  i^r  ©efud)  unb  madite 
ben  Stuf  nadj  Qtxbft  rüdgängig.  Um  aber  5p.  befto  getoiffer  behalten  3U  bürfen, 
toarben  bie  ©onnetoalber  für  ifjn  um  bie  2od)ter  einer  geachteten  borneb^men 
äöittwe  in  ber  ©tabt,  glifabetb,  Äübtftein.  «ülit  ib,r  beretjetidtjte  er  fieb,  1528 
unb   fie   tourbe  iljm  eine  fromme,    tugenbfame   ©attin,   32   ^ab^re   lang  feineä 

3(ttgem.  beutf^e  SBiogra^fiie.    XXV.  40 


626  SPfeffinget. 

,§aufeä  @f)re  unb  Ävone.     ©ie  fcfjenfte  itjni  brei  ©öfjne,   i^oljanneä,    s}>aul  unb 
Martin,  unb  eine  ütod)ter  (Slifabett).   sUtartin  ftarb  in  früher  Äinbfjeit,  ^oljanneg 
im  22.  Safjr  als  9Jtagifter  an  ber  Unioerfität  öeip^ig;  s}3aul  mar,  alö  ber  2)ater 
ftavb,  ^jatrer  unb  ©uperintenbent  in  2)elitjfd);  ©lifabetf)  bererjelidjte  fid)  mit  bem 
Dr.  theol.  Jpeinrid)  ©almutf),  5paftor  ju  ©t.  Jfjomä,  ber  nad)  ^fcffinger'ö  £obe 
|ein  9lad)folger  in  ber  ßeipjiger  ©uperintenbeutur  unb  im  Pfarramt  ©t.  Nicolai 
rourbe.     allein  in  Sonnemalbe  t)attc  ^feffinger  nidjt  lange  9tuf)e  unb  ^rieben; 
er  mürbe   burd)  Ütänfe   toon   römifdjer  Seite   öerbrängt,   unb  mufjte  1530  nebft 
feiner  f)od)fd)roaugeren  (Sb/frau  meieren,  ein  ©djitffal,  in  baä  er  fid)  mit  mann= 
fjafter    Ergebung   fd)idte.     2lber  ßurfürft   3ol)ann  ber  SBeftänbige  ernannte  itjn 
jutn    Pfarrer   bc5  .Sitoftetö    6id)a  bei    DtaunJjoi  unb  SUbredjtätjain ,  4  ©tunben 
öon  ßeipjig  entfernt,  einem  bis   bafn'n   beliebten  Söattfafrrtäort.     9cun  aber  ptt= 
gerten  jafylreidje  greunbe  be«s  ©Dangeliumg  auä  bem  2übertinifdjen  Setp.jig  nad) 
(Sicfja,  um  bie  ü^rebigt  beä  reinen  ©öangeliums  ju  l)öreu  unb  baä  tjeitige  2lbenb= 
matjl    unter    beiberlci    fteftalt    yi    empfangin.     ©o  mürbe  *ß.  fd)on  bamatä  ge= 
miffermafjer  ^rcbigcr  unb  ©eetforger  für  i-'eipjig.    5)a  aber  ber  römifdjen  $ird)e 
ftarfer  Wbbrud)  burd)  itm  gefdjatj,   fteüten  fid)  aud)  rjier  »Hnfcinbungen  unb  ®& 
fär)rbungen  feiner  Sßetfon  ein.     SDefjfjalb  öerfetjte  it)ii  ber  Äurfürft,    et>e  er   l1  2 
^atjre  in  @id)a  geftanben  fjatte,  nad)  Weigern   an   ber  (Hbe  (jmifdjen  s)3tül)tberg 
unb  £orgau)  unb    übertrug   il)in   ba3  Pfarramt  bafetbft   im  3faf)r  1532.     Jpier 
burfte  er  unter  furiürftlidjem  ©d)utj  in  ^rieben   feine»  Xmtefi   märten ,    maö  er 
mit    Ireue    unb  ^leifj   1 1) a t ,    fo   bafj  itnn  Siebe  unb  £md)ad)tung  ber  ©emeinbe 
reid)tid)  ju  Ifyeil  mürbe.     6r  münfd)te  fid)  uidjts  anbereä ,  alä  in  Setgeru  fein 
ßeben   aufbringen.      VI  ber    ber    lUenfd)    bentt    unb    (Sott    tenft.      Rid)t    uofle 
8  ^atjie  buifte  er  bort  bleiben.     ü£ie  mecfjfelöolle  2Banber,}eit  ging  aber  ,51t  (Snbe. 
Radjbem    <£)erjog  (Seorg    am    17.   2fpril    1539    in  Shesben  geftorben  mar, 
unb  fein  eöangelifdjer  iöruber  .<petnrid)  bie  Regierung  ber  meißner  unb  trjüriuger 
öanbe    angetreten    fyatte,    mürbe  <ui   4>ftugften   bie   Reformation   in  ßeipftig  ein= 
geführt,  mobei  öuttjer  felbft  unb  Sjuftuä  3(ona8  bie  erften  epangelifdjen  ^rebigten 
in  ßeipjiger  .$pauptfird)en  fetten,  unb  .£>crjog  .«peinridj  bie   erften  ©d)iittc  ttjat, 
um  ebangelifdjcä  Söefen  in  ber  ©tabt   ju  begrünben.     SJiit   bem  tropft  SfuftuS 
3tonas  unb  bem  äöittenberger  ^rofeffor  ber  Xtjeologie  Äafpar  ßruciger  (ßreu^iger) 
fanb   fid)  gveitag   bor  ^fingften,   ben  23.  s]Jtai,    aud)  Pfarrer  fy.  au§  93elgem 
in  ßeipjig  ein,  mät)renb  Pou  ©ottja  l)er  am  gleidjen  jage  im  ©efolge  beä  jlur= 
fürften   ^ofjauu  griebrid)    beffen  .g)ofprebiger  griebrid)  SRecuut  ^Dct)coniu§)  ein= 
traf.     ^)Jtit   ber   nad)l)erigen  bauernben    Drbnung   ber   fird)lid)en  ^erljältniffe  in 
Seipjig  mürbe  nad)  bem  ©utadjten  ber  Reformatoren  auf  ben  SBunfd)  beg  ^>er= 
3og§  «g)einrid),  mit  Genehmigung   bes  ßurfürften,  näd)ft  ßruciger   unb  ^Jlecum, 
ty.  beauftragt.     6r   fügte   fid) ,   im  Ooerjorfam    gegen  feinen  fianbeärjerrn  unb  in 
(vjemä^tjett  bc%  Rattjeä  unb  ^ufprud)^  öon  Sutr)er   unb  s}Jteland)trjon.     Sfmmer« 
l)iu  faf)  er  biefen  Auftrag   nur  al^  einen  einftmeiligen   an ,    mät)renb    er  Pfarrer 
ju  Selgem  bleiben  mürbe.     $n  ber  Zfyat  ferjrte  er,  fpäteftenä  im  5luguft  1539, 
äufjerft  oerftimmt,  unb  entfd)loffen,  in  feinem  $a£te  in  Seipjig  ju  bleiben,   nad) 
93etgern  3urüd.     Cfjne  3tüeifeX  ift  irjm  ber  t)eimtid)e  SBibermitte,  auf  ben  er  bei 
einem  grofjen  Jtjeil  ber  SePötferung   ftiefj,   bie   Pielfadje  g^ction  bei  9Jtagiftrat 
unb  llniöerfitdt,  bie  römifd)e  Senfart,   mit   ber  er  ni  ttjun  befam,  ju  ftarf  ge= 
mefen.     allein  im  ©eptember  beefetben  3af)res>   mu|te  er,   infolge   furfürftlidjen 
23efet)lä,  fid)  mieberum  nad)  Seipjig  begeben,   um  ba§  eöangelifdie  Äirdjenmefen 
bafelbft  3U  orbnen.     Neffen  ungead)tet  faf)  er  biefen  Auftrag  aud)  jetjt  nod)  als 
einen  interimiftifd)en    an,   roetdjer  f)öd)ften§  3»at)r  unb  ü£ag  bauern  foüte.     @rft 
im  vv!aufe  bei  3>a^re§  1540  fe^te  e§  ber  SJlagiftrat   mit  -g)itfe  ^er^og  ^>einrid)'i 
burd),  ba^  berßurfürft  ifjn  feines  9lmte§  in  Steigern  befinitiö  entbanb,  unb  tr)m 


SPfef  finget.  627 

befahl,  ba§  Stmt  eines  Pfarrers  au  ©t.  Nicolai  unb  ©uberintenbenten  über  ßeipjtg 
anjuttcten.  @r  toottte  fid)  biefem  fftuf,  ber  il)m  biel  au  §odj  unb  roidjtig  erfdjten, 
aud)  jetjt  nod)  ent$iet)en.  allein  2utt)er  unb  $l)itibb  9Jteland)tt)on  ermahnten  ifjn 
nad&brüälidj,  biefer  «Berufung  nictjt  au  miberftetjen,  in  it)r  bielmet)r  ben  äöittcn  ©otteS 
au  erfennen,  ber  itjn  au  feinem  9tfiftaeug  für  biefen  Soften  auserfetjen  f)abe.  ^n 
ber  £t)at  r)aben  biefe  feine  etjrmürbigen  ©önner  geholfen,  ben  testen  9Jtann  auf 
ben  testen  $lafc  au  ftettcn.  $•  f)at  baS  in  itjn  gefegte  Vertrauen  im  Saufe 
bon  meljr  als  30  Sagten  in  jeber  Scaiecjung  boltftänbig  gerechtfertigt. 

«ß.  mar  ein  9)lann  öon  l)erborragenben  ©aben  2eibe8  unb  ber  ©eele:  bei 
anfetjnlictjer  ftattlidjer  ftigur,  befafj  er  träftige  bauertjafte  ©efunbrjeit,  fo  bafe  er 
biet  2Mrje  unb  Arbeit  ertragen  fonnte  bis  inS  fjorje  ^Iter;  er  mar  bon  offenen 
fctjarfen  ©innen;  ben  2öot)lHang  feines  DrganS  (vocalitas)  rüt)tnt  2utt)er  ein- 
mal gelegentlich ;  bafj  er  f et)r  berebt  gemefen,  toirb  mef)rfacl)  beaeugt.  ©ein  ©etft 
mar  bon  burdjbringenber  Älarljeit,  er  mar  im  ©tanbe  baä  Sunfle  fdjti^t  unb 
beutlid)  au  erftären,  baS  «BermicMte  au  töfen  unb  ftar  au  legen,  baS  äBeitläufige 
!ura  au  faffen,  inSbefonbere  bie  Stnmenbung  ber  3öat)rf)eiten  au  aeigen,  eine 
©abe,  metcrje  Sutrjer  an  ir)m  tjocrj  fcfjd^te  unb  rühmte,  «ß.  rjatte  bon  £>aufe 
aus  ein  frifdjeS  frörjliccjeS  ©emütt);  fein  §anbeln  aber  mar  atlenttjalben  mot)l 
überlegt  unb  borfid)tig,  im  Umgang  freunblicr)  unb  tplbfelig,  friebfam,  aber  ftetS 
aufrichtig  unb  ber  2Baljrt)eit  unb  Sittigfeit  treu  gegen  ftreunb  unb  geiub,  mtlb 
unb  boll  S3arml)eraigleit  gegen  bie  Firmen,  bon  £eraen  bemütfjig,  gotte8ffir$tig, 
in  feinem  2Banbel  unfträflidj ,  ein  SSorbilb  feiner  ©emeinbe.  Sin  feinen  «ßre- 
bigten  rühmte  man,  mie  leicrjt  fie  au  faffen,  mie  biel  Sel)re  unb  Sroft  barauS 
au  fctjöbfen  gemefen. 

©eitbem  er  nun  Seibaig  böttig  angehörte,  toanbte  er  alten  gfleifc  unb  Sirene 
baran,  bie  ebangeliftf)e  IHrdje  t)ier  au  erbauen:  alt  fein  5Den!en  unb  ©tubiren 
bei  Sag  unb  «Rad&t  ateXtc  bat)in,  bie  ©eelen  auf  ben  ©runb  bibttfdjer  SBa^r^eit 
au  fteEen;  babei  rief  er  unabläffig  ©ott  um  (Erleuchtung  unb  #ilfe  an,  unb  be= 
flifj  ftä),  ber  ©emeinbe  mit  frommem  Sugenbmanbel  boranaugeljen  für  feine 
«ßerfon  unb  mit  feinem  ganaen  £aufe,  morin  ©otteSfurdjt ,  3ucl)t  unb  ©tubten* 
fteifj  ber  ©ötjne  molntte.  Somit  er  fein  rjotjeS  Slmt  als  Oberpfarrer  unb 
©uperintenbent  mit  befto  merjr  äöürbe  unb  Sluctorität  führen  möchte,  mürbe  er, 
nacrjbem  bie  Seipaigex  Uniberfität  erneuert  unb  reformirt  morben,  am  6.  ©eb= 
tember  1543  aum  Sicentiaten  ber  Geologie,  fobann  TOtrooct),  ben  10.  Dctober, 
mit  nocf)  bier  anberen,  unter  benen  nur  ber  mit  irjm  innig  befreunbete,  um  bte 
Uniberfität  rjocr)berbiente  (Safbar  SBorner  genannt  fein  möge,  aum  2>octor  ber 
Ideologie  promoüirt.  $on  ba  an  rjtett  er  benn  aud)  trjeotogifdje  «öorlefungen, 
auerft  unb  aumeift  über  9Mand)tt)on'S  Loci  theologici,  bie  er  aufcerorbentltdj 
r)od)  f dtjä^te;  fobann  erftärte  er  aud)  baS  (Sbangelium  9Jtattl)ät.  «ßfeffmger  8 
Söorlefungen  über  «Uletancljt^on'S  Loci  mürben  gana  befonberS  als  meifter^aft 
anerfannt.  t 

©^toierige  unb  traurige  Seiten  mu^te  er  nac^  ßutljer'S  Sobe  erleben, 
gßd^renb  bes  ©c^malfalbifc^en  Krieges  martete  er  feines  5lmteS  treu  unb  be= 
ftänbig,  unter  fleißigem  ©ebet,  ba^  ber  erbarmungSreic^e  ©ott  fetne  ßtrctje 
erhalten  unb  baS  Sanb  ni$t  gänalic^  mit  bem  Sänne  fd&lagen  rooEe  9118 
aber  bie  ßriegSnotrj  borüber  mar,  mufcte  $.  bon  ©eiten  ferner  gfetnbe  ftcj  ber= 
bärtigen  taffen,  als  l)ätte  er  gegen  feinen  2anbe8rjerm,  ben  ie|tgen  Äurfuriten 
gjlori^,  nictjt  treu  unb  tobal  fic^  gehalten,  ^nbeffen  liefe  fiel)  ber  Äurfürft  md)t 
gegen  il)n  einnehmen,  erjeigte  i^m  bielmet)r  bei  einem  ©aftmarjt  m  ber  spiexBen» 
bürg,  moau  er  i^n  geloben,  alle  fürftlid)e  ^ulb.  35alb  barauf ,  mot  nod)  im 
Saufe  be8  Mre8  1548,    erging  an  il)n   ein  el)renbolter  Auf  uact)  Breslau  al8 

40* 


628  umfinget. 

SPfarter  ^u  ©t.  Waria  9JJagbalena ,  ber  nadj  bcn  betrübenben  Gmafjrungen  ber 
jüngften  3e^  n^  roenig  SertotfcnbeS  für  itm  fjatte.  3Wein  Weil  ib,m  bie 
morjtmollenbe  ©efinnung  beS  Äurfürften  für  J¥ird)e  unb  ©djule  gemiß  geroorben, 
unb  Weil  ber  Wagiftrat  Don  Seipjig  tr)m  tjoljcS  Vertrauen  unb  ©unft  erzeugte, 
fo  lehnte  er  ben  9tuf  ab ,  um  jetner  ©emeinbe  unb  ber  Uniöerfität  ferner  ju 
bienen.  ,3nbeß  trug  er  bafür  junädjft  toenig  3)anfS  baöon.  2)enn  baß  er,  näd)ft 
sDMand)tl)on  unb  Sugcntjagen,  in  ©ac^en  beS  Interims  unb  einer  ermäßigten 
gaffung  biefeS  33ergletd)S  (ßeipjig,  2>ecember  1548)  mit  3U  Ütattje  gebogen 
morben  mar,  mürbe  il)m  burd)  Männer,  meldje  allein  bie  berechtigten  drben 
(utt)erifd)en  ©eifteS  ju  fein  bermeinten,  als  Verleugnung  ebangelifeljen  33efennt= 
niffeS  unb  als  Sefürmortung  ber  päpftlidjen  9Jteffe  aufgelegt  unb  Derurtljeilt. 
$a  felbft  ber  Umftanb,  baß  ifjm,  als  ^rofefjor  ber  Ütjeologie,  im  $.  1549 
ein  ßanonicat  am  üDomftift  &u  ^Reißen  ju  Xljeit  mürbe,  mäfrrenb  er  als  *ßro= 
feffor  bi§  barjin  gar  feinen  ©eljalt  belogen  ljatte,  rourbc  it)m  Derbad)t,  als  märe 
bau  eine  Selorjnung  gemefen  für  feine  Semüljung  um  SBiebereinfütjrung  ber 
NJJteffe  in  ben  eDangetifd)cn  ©otteSbienft. 

SBäljrenb  eS  fiel)  im  $.  1548  ff.  um  Stjorröde  unb  anbere  „Witteibinge" 
gefjanbelt  Imtte,  marf  fiel)  bie  SInfeinbung  gegen  $.,  als  ©djüler  $Mand)tt)on'S, 
fpäter  auf  baS  ©ebiet  ber  fiebere.  5ß.  öertf)etbigte  nämlid)  in  mehreren  afabe= 
miferjen  Sttjefen  (themata  betitelt)  Dom  29.  9Jtai  1551  unb  2.  2)ec.  1552,  ferner 
in  „Propositiones  de  libero  arbitrio"  unb  in  ..^uaestiones  quinque  de  libertate 
voluntatis  humano"  Dom  $.  1555,  bie  9lnfid)t,  Wcld)e  11Jceland)tl)on  in  beut  ^weiten 
©tabium  feiner  Loci  aufgeftellt  tjatte,  baß  nämlid)  im  2Berf  ber  Sefeljrung  ber 
fjeitige  ©eift  nicfjt  ausfdjtießtid)  tfjätig  fei,  fonbem  baß  ber  Wenfd)  felbft  babei 
mitttmfen  fönne,  benn  ber  Ijeilige  ©eift  berfaljre  mit  it)m  nict)t  wie  ein  Silb= 
fdmitjer  mit  einem  .gmtjblod  ober  mie  ber  ©teinmetj  mit  einem  ©teine.  ©egen 
itjn  traten  £)ofprebiger  ©tottj  in  SSeimar,  9ticolauS  Don  9lmsborf,  sDlattf)iaS 
glaciuS  unb  ©uperintenbent  ©alluS  ju  Ütegensiburg  auf.  S)ie  ^otemif  mürbe 
fo  tjifeig  unb  getjäffig  geführt,  baS  $.  aufs  äußerfte  Derläutnbet  unb  fittlid)  miß= 
tjanbelt  murbc.  5DaS  fränfte  it)n  tief,  meniger  um  feiner  eigenen  ^erfon  mitten, 
als  roeit  bie  Äirdje  burd)  foId)eS  Slergerniß  entftellt,  ber  f^ortfcfjiitt  beS  @Dan= 
geliumS  gehemmt,  bie  Seute  pr  Seradjtung  Don  ©otteS  SBort  unb  ©acrament 
Oerteitet  mürben.  %m  ^.  1558  ließ  sJcicolauS  bon  3lmSborf  ^u  ^ena  erfdjeinen 
ein  rjaubtfädjlid)  gegen  ^.  geridjteteS ,  beutfd)  gcfdjriebeneS  „Dffentlicl)eS  33e= 
fenntniß  ber  reinen  Sare  (sie)  beS  (Sbangelii  unb  Sonfutation  ber  itiigen 
©cfjmermererj".  SDiefe  ©treitfd^rift  öermirft  s^feffinger'S  nngeblidje  3(rr(el)re, 
meldje  berfelbe  in  feiner  S)iSputation  auSgefprocljen  Jjabe,  bat)in  gef)enb,  baß  ber 
2Renfd)  mit  feinen  natürlichen  Gräften  bem  SBorte  ©otteS  53eifall  geben  unb 
fidj  jur  33efel)vung  anfdjiden  unb  bereiten  fönne.  25a  fonnte  ty.  nid)t  länger 
fcfjmeigen.  Sr  gab  ju  feiner  Stedjtfertigung  ^mei  ßrmiberungen  gleid)jeitig 
IjerauS,  bie  eine  lateinifd)  für  bie  ©eletjrten,  bie  anbere  beutfd)  für  bie  ©emeinben. 
2)ie  lateinifd)e  ©djrift  ift  betitelt:  „Demonstratio  manifesti  mendaeii.  quo 
infamare  conatus  Doctorem  Joannem  Pfeff.  (sie)  libellus  quidam  maledicus 
et  sycophanticus  germanice  editus  tituli  Nicolai  ab  Amsdorf  etc."  Witteb. 
1558.  ^>ier  ift  nur  S3or=  unb  9tad)mort  neu;  ben  .gmupunfjatt  bilbet  ein 
mörtlid)er  Söieberabbrud  ber  oben  genannten  Quaestiones  quinque  de  libertate 
voluntatis  humanae  Don  1555,  morauf  3lmSborfS  Eingriff  fid)  bejog,  4  Sogen 
fl.  4°.  S)ie  beutfd)e  Entgegnung  iüfjrt  ben  Xitel:  „Slntmort  D.  ^ofj.  ^feffinger'S, 
^aftoriS  ber  ßirdjen  3U  ßeipjtg.  5luf  bie  , Öffentliche  SBefenntniß  ber  reinen 
Öare  —  ©d)mermeret)',  ^ietafen  bon  SImbSborff."  äötttenb.  1558.  5  Sogen 
fl.  4U.  2)icfe  für  baS  33olf  beftimmte  ©treitfdjrift  ift  offenbar  feljr  rafd)  ge= 
fdjrieben,  unb  madjt  ben  ßinbrud  eines  feiner  guten  (Ba<i)t  gemiffen,  in  ber  3u= 


5Pfefftnger.  629 

berficl)t  eines  guten  ©emiffenS  feften,  aufrichtigen  ©Ijrenmanneg,  ber  fidj  fdjliefj» 
lict),  jumal  gegen  ben  ©crjlufj  f)in,  grober  2Iu§fätte  atterbingS  nid)t  enthält,  3.  S. 
man  möge  „bem  alten  $ftann  feinen  2lbermÜ5  3U  gut  galten",  ober,  man  merbe 
ftnben,  bafj  „beS  bon  SlmSborff  Jamben  eitel  giftige  Salumniae  ober  aberroitjige 
trunfenbolbifctje  SBort  finb".  2öa§  it)n  am  meiften  empört,  ift  ber  Umftanb, 
bafj  2lmSborff  bie  angeblichen  Srrtetjren,  bie  er  ifjm  ft^ulb  gibt,  ntctjt  in  feiner 
SiSputation  nacbjumeifen  bermoctjte,  fonbern  auf  eigene  f^auft  formulirt  tmtte, 
moju  er  bie  ©cfjlufjmorte  fügte:  Haec  ille,  si  recte  memini.  5Darauf  fommt 
S.  mieberljolt  jurücf,  unb  erflärt:  roenn  man  bei  fdjarfer  Prüfung  feiner  S)i§= 
putation  baSjenigc  barin  finbe ,  toaä  2lmSborf  ifjm  fctjulb  gebe ,  fo  motte  er  eS 
leiben,  bafj  er  bon  jebermann  für  einen  ^rrletjrer  gehalten  merbe,  motte  feinen 
Irrtum  belennen,  bemjenigen,  ber  ifjm  ic)n  nactjmeife,  bafür  banfen,  unb  ben 
^rrtlmm  öffentlich  miberrufen;  fo  S.  III.  ^üt  feine  ^ßerfon  tröftete  er  ftdj 
mit  ^elanctjttion'S  SBort:  „äßenn  bu  eine  Seteibigung  ©ott  antjeimftettft ,  fo 
ift  er  fetbft  Ütädjer;  tuenu  einen  ©traben,  fo  ift  er  Söiebererftatter;  roenn  einen 
©c^merä,  fo  ift  er  Slr^t;  menn  ben  £ob ,  fo  ift  er  e§,  ber  aufertoecft."  3U 
fotctjen  Prüfungen,  meiere  il)n  at§  ©lieb  be§  firdjlicljen  ©emeintoefenS  trafen, 
t am  auet)  fyamtüentrauer  unb  «^auSfreuj :  toie  oben  ermähnt ,  bertor  er  feinen 
erftgebomen  ©ofm  ^o^anne§,  toeldjer  Bereits  9Jtagifter  gemorben  unb  mit  Erfolg 
an  ber  Uniberfität  tljätig  mar,  am  3.  (September  1551.  SDer  tief  betrübte 
Sßater  richtete  fiel)  an  ben  Serljeijjungen  unb  troftreidjen  9lu§fprücr)en  ber  fjeiligen 
©ctjrift  auf,  roorauS  fein  „Sroftbücfjlein"  entftanben  ift.  Sinigen  (Srfat}  unb 
(Srquidung  gemährte  ifjm  5  %<rt)ie  fpäter  bie  Promotion  feinet  jroeiten  ©otjneS 
$aul  jum  9Jtagifter,  roelctjer  fpäter,  im  %ol§x  1562,  ^um  Pfarrer  unb  ©uper= 
intenbenten  in  üDetitjfdj  berufen  mürbe. 

©anj  aufjerorbenttidje  Unruhe  unb  (Sorge  tourbe  ifjm  baburdj  bereitet,  bafj 
er  entbeefte,  mie  ein  9Jtügtieb  ber  ebangetifdjen  ©eiftlidjfeit  in  ßeipjig  bie  refor= 
matorifdje  ©runbleljre  bon  ber  ütedjtfertigung  bor  ©ott  burefj  ben  ©tauben  allein, 
ofjne  Serbienft  ber  Söerfe,  unter  ber  -£anb  ju  entftetten  unb  <}U  berfätfdjen  an* 
fing.  SDiefer  ©emtjr  trat  er  fofort  rectjtjeitig  entgegen,  inbem  er  im  $uni  1556 
ein  ftareS  unb  iefte§  Sefenntnifj  bon  ber  „©ereäjtfertigung  (sie)  be§  9ftenfcrjen" 
entmarf  unb  feinen  5lmt§brübern  in  Seip^ig  borlegte,  teorauf  biefe  fämmtlictj  btö* 
felbe  3U  unteiäetdjnen  Ijatten  unb  fiel)  beipflichteten,  in  ber  ^ßrebigt  unb  in  allen 
itjren  9leufjevungen  fidj  beftänbig  baran  p  galten.  Siefem  Sefenntnifj  gab 
'DJWancfjtJjon  feinen  rücüjaltlofen  35eifall.  Sor  ber  |)anb  mürbe  burdj  biefeS 
Sorgeljen  Siefftnger'S  ber  ^rrlefjre  gefteuert  unb  Slergernifj  in  ber  ©emeinbe 
berfjütet.  3>ebod)  mactjte  fidj  bie  ^frrle^re  fdjon  nadj  roentgen  5ftonaten  mieber 
bemerflid},  fo  ba|  im  Dctober  be§felben  ^at)reä  bie  Slufftellung  eine§  etmas 
au§fül)rlicr)eren  SSe!enntniffe§,  melcr)e§  gleichfalls  unterjeicrjnet  merben  mu^te, 
notb^menbig  mürbe.  2>a3  ^ab^r  1560  brachte  il)m  ein  boppelteS  §erjeleib:  ben 
Sob  9Mancr)tl)on'£  unb  ben  feiner  ß^efrau.  3Der  Heimgang  beS  il)m  fo  innig 
öerbunbenen  Mag.  5ßl)iltppuS  ging  if)m,  um  be§  SSeften  ber  eoangelifcrjen  Äircrje 
mitten,  fo  fefjr  ju  §erjen,  ba^  üon  Oielem  äöeinen  feine  klugen  mehrere  3Jtonate 
lang  aufjerorbentttcr)  angegriffen  maren.  5£)er  Serluft  feiner  ©attin ,  bie  am 
29.  September  1560  ftarb,  mar  für  ben  nab^u  67jatjrigen  ein  unau§fprecr)ticfr,er 
Scljmer^.  Sie  einzige  Soctjter  erzeigte  it)m  bon  ba  an  berboppelte  !inbtid)e 
Siebe  in  feiner  Pflege  unb  ber  güljrung  beS  ^auSb^altS.  Sei  pnelimenbem 
?llter  fdjenfte  itjm  ©ott  boct)  fo  biel  Äraft  2eibe§  unb  ber  (Seele,  bafs  er  feinem 
3lmte  nodj  borftel)en  unb  beffen  5|3fticr)ten  erfüllen  fonnte.  Sorpglicr)  aber  mürbe 
fein  ©ebet  je  mel)r  unb  meb^r  anljattenb ,  feine  gürbitte  für  bie  Ätrctje  ßljrifti, 
für  ©tabt  unb  Sanb,  unb  fein  ©ebet  für  fiäj  fetbft,  pmal  um  ein  feligeS  6nbe. 


630  Wcffingcr. 

2lm  Sonntag  Kantate  be§  Sfa^rei  1568  beging  er  ba§  50jär)rige  ^ubi(aum 
jetner  erften  9Jteffe  mit  £ob  unb  SDanf  gegen  (Sott  in  ©egemoart  et(id)er 
greunbe  fotüte  einiger  9Jtitglieber  bc§  9Jtagiftrat8.  2lber  aud)  je|jt  nod),  ja  felbft 
nacr)  einer  lebenSgefäfjrlidjen  Jhanttjeit  im  $.  1571,  arbeitete  er  treu  unb  un= 
ermüblid)  fort,  ^m  Dctober  beä  genannten  iSafyreg  rool)nte  er,  auf  s-8efet)l  ber 
furfürftlidjen  Regierung,  einem  Jrjeologenconöente  ju  2)re3ben  bei,  als  eine  Sterbe 
biefer  23erfammlung ,  öon  ber  ficf)  ber  78jät)tiQe  fcfjtiefjlicrj  in  erbaulicher  unb 
rütjvenber  SBeife  bcrabfdjiebete.  21  m  4.  2lböeutäfonntage  1572  prebigte  er  in 
ber  sJlico(aifircrje  jum  legten  1)Jtal  uor  feiner  ©emeinbe.  $mei  ütage  barauf  befiel 
it)tt,  be§  ©tcineä  falber,  ein  ftieber,  meldjeä  otjne  fonberlicfje  ©djmerjen  unb  mit 
Raufen  jeljn  Sage  roärjrte.  2lm  9ceujaf)r3tag  1573  entfdjlief  er  WacfjmittagS 
3  Utjr  fanft  unb  ftitte,  nadjbem  er  feine  ©eete  in  ^efu  £>änbe  befohlen  rjattc. 
6r  ftanb  im  80.  £cbenäjat)r,  im  55.  beä  geiftlicrjen  2lmte§,  im  34.  feiner  Sintis* 
fütjrung  in  Seidig.  SDie  Sürgerfdjaft  £eip,}ig§  blatte  big  jum  $.  1539  um  ber 
ebangelifcfjen  2öat)rf)eit  mitten  jmanjig  3fat)ve  lang  fo  biet  getrjan  unb  gelitten, 
baf$  fie  einen  fo  gotteäfürcfjtigen,  treuen  unb  trefflichen  9Jcann,  mic  $.  mar, 
at§  erften  eöangelifrf)=tut^erifci)en  Pfarrer  berbicnte. 

5Die  urfunbtid)ften  unb  älteften  Wacrjricrjten  über  ^fefftnger'S  ßebenSgang 
unb  ßt)arafter  gibt  bie  ber  „Seidjprebigt"  beS  2)iaconu3  Sorenj  sUlatf)efiu§ 
(am  3.  Januar  157:;  gehalten)  borauögcfdjidte,  bem  9Jtagiftrat  üon  £eipjig 
gemibmcte,  mit  bem  Silbe  s4$ieff"tger 'd  in  ^otjfctjnitt  gefdunüdte  2luf,jeid)= 
nuug  au$  ber  3?eber  beä  Lic.  Theol.  unb  ©uperintenbcuten  3U  ©rimma, 
Sattfjafar  ©artoriuä.  2)iefelbe  ift  batirt  ben  1.  2lprü  1573,  umfafjt  6  93ogen 
!(.  4°,  unb  oerbient,  ba  ber  53erfaffer  als  ©djroiegerforjn  ber  einigen  :Iod)ter 
5ßfcffinger'§ ,  ber  Deretjelidjten  ©atmutf),  fict)  barauf  beruft,  bafj  er  oftmals 
it)n  tjabe  öon  feinem  ßcben  erjagten  l)öven,  üotlfommenen  ©tauben. 

©.  2ed)ter. 
^fefftltger :  3 ob,.  5 riebrieb;  ty.  mürbe  am  5.  9Jhi  1667  5U  ©trafeburg 
als  ©orjn  eines  ßeberbereiterS  2)aniel  ty. ,  ber  einer  früher  fet)r  angefefjeneu 
gamitie  entflammte,  geboren,  f  1730;  feine  9Jtutter  ©ufanne  Sßebel  mar  bie 
Sodjter  eineS  äöeifjgerberS  unb  bie  ©cijroefter  beS  ©trafjburger  SßrofefforS  23altl). 
SBebel.  Sr  befucrjte  baS  ©rjmuafium  feiner  3kterftabt  unb  trieb  bann  auf  ber 
bortigen  Uniberfität  prjitofopfu'fcrje,  gefcrjidjtticrje  unb  rec^tSröiffenfdjaTttictje  ©tubien. 
@r  fetjte  biefclben  feit  bem  ©ommer  1687  in  Seipjig,  inSbefonbere  bei  bem 
Suriften  Seonrj.  33aubifj,  fort,  bis  ib>  1690  ber  9tuf  $onr.  ©am.  ©djurä* 
fteifdj'S  nacf)  Söittenberg  30g.  S)ocr)  mar  l)ier  feines  33leiben§  nieb^t  lauge,  ba 
ib^n  balb  ber  (Settifcrje  Sicefaniler  b.  ftahxki  jum  ^ofmeifter  feines  älteften 
©ob>e§  getoann.  2)icfe  ©tettung  mährte  biäßnbe  beSSa^rcS  1692.  5tm  12.  Januar 
1693  fam  er  al§  5profeffor  an  bie  föitterfcrjute  (^u  Lüneburg,  bie  1712  jur  ?lfa= 
bemie  erhoben  mürbe.  S&itx  lehrte  er  junädjft  5Ratt)ematif ;  1708  mürbe  er 
^ufpector  ber  Slnftatt.  5DaS  SSibliotb^eEariat  in  £>annober,  ba§  ib^m  nad)  (Sccarb'S 
Sntroeicb.en  1724  angeboten  mürbe,  lehnte  er  feineö  2Itter§  unb  feiner  ©efunb= 
b^eit  megen  ab.  Einige  3fat)re  fpäter  nöttjigte  ib^n  ein  ©teinteiben  feine  S5ienft= 
enttaffung  ju  f orbern,  nacrjbem  er  bi§  3um  September  1729  feine  ®efd)äfte  mit 
größter  ©emiffenb^aftigfeit  beforgt  t)atte.  Unterm  16.  £)ctober  1729  mürbe  ifjm 
ber  5lbfcl)ieb  unb  al§  2Inerfennung  feiner  2b^ätigfeit  ber  Srjarafter  eines  fönigl. 
grofjbritannifcfjen  9tatf)§  bcrlieb^en.  21m  27.  Üuguft  1730  mad)te  ber  falte 
93ranb  im  5Jtagen  feinem  ßeben  ein  6nbe.  93erl)eiiat^et  mar  ^ß.  feit  1709  mit 
ber  2Sittroe  feineS  2lmtsüorgänger§  %\).  ©.  9tofenf)agen,  einer  geborenen  ©ietierS, 
bie  irjn  überlebt  tjat.  Äinber  finb  ber  @|e  nietjt  entfproffen.  5ß.  mar  ein  9Jtann 
öon  redjtfcfjaffenem  Gfjarafter  unb  großem  5^i§e.  ©eine  roiffenfdjaftlidje  2l)ätig= 
teit  mar  eine  feejr  bielfeitige;  fie  umfaßte  bie  matljematiferjen  aBiffenfcrjaften,  bie 


Pfeiffer.  631 

©efctjicfjte,  inibefonbere  bie    ©eneatogie,    fotnie   bai   beutjrfje   Staatsrecht.     3luf 
lefcteiem  ©ebiete   fdt)uf    er  fein  §auptroerf,    ben  „Yitriarius  illustratus".     @s  ift 
ein   ßommentar   bes  jus  publicum  bei   Serjbener  ^roieffor'i   5ptj.  9t.  SBitriartus 
(f  1717).     Sie  elfte  Sluigabe   erfcfjien    1691,    eine   neue   fiarf   tiermerjrte   unb 
tierbefferte  in  2  Sänben  1698  unb  1699  (3.  Stuflage  1712  unb  1718),   benen 
ficr)    1725   noct)   ein  bxitter   unb    1731    ein  nacf)  bem  Jobe  bei  Serfafferi  tion 
©ebt)aibi  fjerauigeg.  öierter  SSanb  anfcfjtoffen.    ßin  bie  Sraucfjbarfeit  bes  Söetfes 
fefjr  ertjörjenbei  ftepertorium   über   basfetbe   rjat  6t).  &.  Üticciui  1741  geliefert. 
SEßar   ei  fctjon   an   fict)   ein  tierferjlter   gebaute,    bafe    33itriariul    fein   beutfdjei 
Staatsrecht  nactj  3trt  brr   bürgerlichen  ©efefee  $uftinian?i   einrichtete,  fo  mufete 
biefe  mangelhafte  Anlage  in  ^feffingeri  äöerfe,  melcfjei  ben  lert  jene!  mit  5ln= 
merfungen  unb  jum  sfett  fef)r   eingetjenben  2lusfüt)rungen  begleitete,   noctj  roeit 
ftörenber    fjertiortreten.     Sag   33uctj    erhielt  baburct)    etroai   plantofei   unb    mar 
otjne  genaue  9tegtfter  nur  fefjr  fettet  au  benufeen.    Jrofcbem  fcrjuj  %.  burcrj  bie 
ücei^altigfett  ber  mit  gewaltigem  gteifje  unb  großer  35elefenr)eit  aufgearbeiteten 
2Inmerfungen,  bie  inibefonbere   bie   einfcfjlagenben  gefcrjicijtücfjen  33err)altnifie  be* 
leuchteten,  ein  äöerf  tion   lang   bauernbem  SÖPtttje.     Sie   „^iftorie  bes  23raun= 
f$röeigifcr>Süneburgifd&err  Kaufes  ic."  ift  1731—1734  tion  feinem  Neffen  3ofj. 
8fr.    $ß.    in    fefjr   ungenügenber    Söeife    rjerausgegeben.     (Sr   ljat   bie  jum  Xtjeit 
mertcjooEen  Soüectaneen   feines  Ctjeims   unter   3ugrunbe(egung  bes    lejtei  ber 
gfterjtmeierfcrjen   S^rcmir    in   nacr)täffiger ,   gebanfenlofer  SDSeife   au   einem   äöerfe 
«erarbeitet,    mit  bem   er  bem  fturjme   feinei  Dt)eimi  einen  jdjledjten  Sienft  er= 
toiefen    rjat.      ©erjr  aafjtreicrj    roaren    bie    rjintertaffenen    £)anbfcrjrifttict)en    2Iui» 
arbeitungen   ißfeffinger'i,    barunter   inibefonbere  foldje  über   bie   ©efdjidjte   ber 
Süneburger  ©efcr)lecr)ter  unb  £f  öfter.     (Sin  Sfjeit  biefer  «öcanufaipte  mürbe  fctjon 
tion  bem  1734  in  Hamburg  tierftorbenen  «Reffen  öetaufeett;   bie   übrigen  Ratten 
fpäter  baifelbe  Sctjictfal.     Sie   genealogifdjen  Scrjrtften   erwarb   ber  ©erjeimratrj 
tion  Sßraim.     ßine   lleberficrjt   über   biefe   £anbfcfmTten   fotoie   über  bie  übrigen 
SrucTwerfe  ^feffinger'i  ftnbet  fictj  nebft  biograprjifcfjen  9lad)meifen  in  (Set&ner'g) 
gtieberjadjf.  bleuen  3eitungen  tion  ©elerjrten  Sachen  auf  b.  3.  1730  6.  664  ff. 
unb  in  $.  gr.  ^ugter'i  Setiträgen  jur  juriftifcfjen  «iograptjie  33b.  IV,  ®.  161. 

5ß.  3immcnnanrt- 
Pfeiffer:  Stuguft  $.,  berühmter  Drientatifl,  als  <5of)n  einei  rjeraoglkrjen 
3oüeinnerjmers  in  Sauenburg  am  27.  Octooer  1640  geboren,  fe^te  nactj  216» 
foltiirung  bei  ^orjanneumi  in  Hamburg  feine  Stubien  in  äßittenberg  fort, 
rourbe  fcfjon  im  erften  afabemifetjen  3af)re  1659  lltagifter  unb  fjiett  ^riöattior= 
lefungen  über  orientalifctje  Stirad)en.  (Sin  furjürftlictjei  ©tipenbium  fe^te  ib,n 
in  ben  Stanb,  fid)  bem  Stubium  berfelben  ganj  p  mibmen.  Cbfctjon  1665 
jum  Professor  orientalium  ernannt,  natjm  er  bennoef)  Dftern  1671  eine  33e* 
rumng  beS  ^er^ogg  ©qtbiuö  Ofriebrictj  tion  Cels  sum  Sßaftor  in  ^ebaibor  unb 
Slffeffor  bes  Sonfiftoriums  in  Oeti  an,  meiere  ©tette  er  1673  mit  bem  ^aftorat 
in  ©troppen  tiertaufct)te.  £ier  nab^m  er  Slnbreas  Slcoluttjus  all  ©d)üler  in  fem 
,g)au§  auf.  2tl§  ehemaliger  furfürfttietjer  Stipenbiat  rourbe  $.  1675  nactj 
©actjfen  unb  aroar  jum  ^ßaftor  an  ©t.  3Ifra  in  5JceiBen  jurüctberufen  unb, 
nactjbem  er  eine  Sßocation  alä  (Seneratfuperintenbent  nactj  Sauenburg  aus= 
gefcfrjtagen  unb  auf  Soften  bes  flutfürften  fictj  bas  Soctorat  ber  Ideologie  er= 
roorben  rjatte,  1681  als  Strccjibiaconus  an  bie  Srjomasfirclje  in  Seipug  tierfe^t 
unb  augleictj  sunt  auBerorbenttictjen  ^rofeffor  ber  Ideologie  ernannt.  9cact) 
acrjtjäb,riger  2ef)rtf)ätigfeit  in  Seipaig  folgte  er  einem  Ütufe  bei  Sübecfer  9tatf)i 
jum  ©uperintenbenten  über  bie  bortigen  ßircfjen.  %n  biefem  SImte  ift  er  am 
11.  Januar  1698  geftorben.  ^reiffer's  2l)ätigfeit  all  Sctjriftfteller  mar  feb,r 
umfangreich).    2eufd)ner  3ät)tt  mefjr  all  50  (Schriften  beifelben  auf.    ßinen  nietjt 


632  Pfeiffer. 

fleinen  Xheil  bitben  feine  ©treitfcbriften.  ©egen  bie  bon  bem  2fe|uiten  9lrnolb 
finget  „auSgeftreute  gunbamentalfragcn  tüibcr  bie  lutl)erifche  Religion"  trat  et 
1679  mit  feinem  mehrfad)  anfgetegten,  auch  ncuerbingS  mieber  •  abgebrudten 
Sractat  „ßutljerthum  öor  fiuther",  begleichen  gegen  ben  in  beutfdjer  lieber 
fetjung  üerbreiteten  Iractat  s4>oiret'S  „1k  Klugheit  ber  ©erechten ,  bie  ftinbn 
nach  ben  mabren  ©rünben  beS  (ShriftenthumS  ju  ergeben",  1694  mit  acht  ^re= 
bigten  unb  einer  „epistola  apologetica"  in  bie  ©chranfen.  Severe  braute  itjn 
mit  ©pener ,  ben  er  früher  in  ber  33orrebe  ^u  feiner  „Güangelifcben  6t)riften= 
fchule"  al§  hodjüeibienten  theologus  getobt  tjatte,  in  Gonflict,  ber  fid)  burd) 
mehrere  3ahre  in  ©treitfchriften  fortfpann.  33ei  meitem  mtchtiger  als  feine 
polemifcben  unb  aScetifd)en  ©chriften  ftnb  ^feiffer'g  gelehrte  arbeiten  über 
©jegefe,  ftritit  unb  ,£)ermeneutif  beS  alten  £eftameutS.  S)ie  „Exercitationes 
biblicae",  „Dubia  vexata",  „Introductio  in  orientem",  „Critica  sacra",  „The- 
saurus hermeneuticus",  „Dcscriptio  rituum  antiquorum  gentis  Ebreae"  würben 
mieberholt  aufgelegt.  (Sine  ©efammtauSgabe  feiner  gelehrten  Söerfe  erfcbien 
1704  in  Utrecht. 

Augusti  Pfeifferi,    thcologi  Lubecensis,    memoria   e  filiorum  moestissima 

pietate  exstructa.     Lub.  1699.  —  Leuschncri   Spicilegium    XIX.  —  äöatdj, 

Üteligionsftrcitigfeiten.  ©  cb  i  m  m  e  l  p  f  e  n  n  t  g. 

Pfeiffer :  3lugufi  <yriebrid)  ty.  roarb  als  ber  ältefte  ©ohn  öon  3oad)im 

ehrenfrieb   s4$.    (j.  ©.  039)    am  18.  Januar  1748  au  Erlangen   geboren.     Stuf 

bem  2t)ceum  <>,u  (Sulmbad)  unb  bem  ©t)tnnafium  ju  Erlangen  öorgebitbet,  ftubirte 

er  in  biefer  feiner  SJaterftabt  feit  1765  Rheologie  unb  toarb  bafetbft  1769  311m 

mag.    theol.    promoüirt.      "Jtachbem    er    nod)    orientatiftifebe    ©tubien    gemacht, 

habilitirte    er    fid)    1770   als»    tf)cotogifd)cr    2)oceut,    marb    1776   ^rofeffor   ber 

orieutalifchen    ©prachen,    1805    Sibliotbefar    unb    ftarb    am    15.    $uli    1817. 

(ättg.  ßnctjfl.  III,  20,  ©.  332—334,   too  in  Slnmcrtung  11  nod)  weitere  bio» 

graprjifchc  Cuellen  311  finbeu.) 

&U8  feinen  a.  a.  D.  angeführten  Söertcn  oerbienen  .£)erüorbebung :  ber  bon 
ibm  üeranftaltete  2luS(utg  aus  äffemani'8  orientalifd)cr  93ibliotbef,  1.  £h(.  1776, 
2.  2hl.  1777  (f.  b.  2itel  bei  Weftte,  Brevis  linguae  Syriacae  litteratura  1881 
p.  1).  6r  fiatte  bierin  3iigteid)  eine  beutfd)c  Ucberfeljung  ber  frjrifcben  ©teilen 
gegeben  unb  überhaupt  bie  ©djähe  jenes  äöerfeS  aus  ber  ft)rifd)en  l'itteratur 
leichter  zugänglich  gemacht  (ügl  s]Jtid)aelii,  Oriental.  33ibl.,  33b.  XI,  ©.  41—46, 
unb  (Sicrjborn,  Kiepert.  f.  bibt.  u.  morgenl.  ßitt.,  ©b.  I,  ©.  19'.»— 217,  too 
eine  jrucite  genauere  Uebetfehung  ber  Ghronif  üon  (Jbeffa  nad)  bem  ©rjrifdjen 
gegeben  ift).  —  ßbeufo  mar  für  feine  oeit  eine  „(Jbräifdje  ©rammatif"  1780, 
2.  2lufl.  1789,  3.  2Iuft.  1803,  ein  red)t  nüfctidjeS  unb  gern  gebrauchtes  8ebr= 
bud)  (ügl.  «Bleuer,  ©efd).  b.  ©ebriftetflärung,  58b.  V,  ©.  133;  bei  tieftet,  ©efdj. 
b.  3t.  23.,  ©.  566  ügt.  801,  ift  baS  33udj  fälfchlid)  bem  Joachim  gbrenfrieb  ty. 
jugefdjrieben  worben).  Später  fdjrieb  er  als  lej-ifalifche  (hgänjung  baju  ein 
„Bibliorum  hebraicorum  et  chaldaeorum  nianuale",  1809.  ©efeniuS'  grofje 
©djöpfungen  auf  biefem  ©ebietc  machten  atlerbingS  bie  arbeiten  biefer  Vorgänger 
rafd)  oergeffen.  —  ©tue  f  leine  ard)äotogifd)e  Arbeit  mar  bie  „lieber  bie  9Jtufi! 
ber  alten  Hebräer",  1779,  ügl.  äöiner,  33ibl.  9teatmörterbud)  II,  122.  —  ©eine 
toidjtigfte  Slrbeit  ift  bie  unüoEenbet  gebliebene  SluSgabe  ber  äÖerfe  ^h^ito'S: 
„Philonis  opera  omnia  graece  et  latine  ad  editionem  Th.  Mangey  collatis 
aliquot  Mss.  edenda  curavit",  1785—1792,  2.  Stuft.  1820,  5  33be.  ©eine 
Seiftung  bezeichnete  um  be^millen  einen  gortfd)ritt  über  fanget)  hinaus,  als  er 
burd)  TOtbeitung  ber  michtigften  Varianten  beS  codex  A  (Monacensis)  bem 
Sefer  bie  9Jcögtid)feit  getoül)rte,  menigftenS  bei  ben  michtigften  gälten  eine  ältere 
unb    beffere    Xertgeftatt    fennen    3U    lernen,    als    fte   fanget)    geboten    blatte. 


Pfeiffer.  633 

Sögt,  hierüber  3.  ©.  ÜMtfer,  ®eä  3uben  «ß^ito  33udj  öon  ber  äöettfcfjöpmng, 
1841,  ©.  18—28,  insbef.  ©.  21  u.  27.  lieber  bie  ^tjilorjanbfdjriften  im  atl= 
gemeinen  unb  bie  fjier  ju  leiftenbe  Aufgabe  f.  £ifd)enborf ,  Philonea  inedita, 
1868,  p.    V— XX,  unb  6.  ©iegfrieb ,  $rjilo  öon  Sllejanbrien ,    1875,   ©.  28. 

@.  ©iegfrieb. 
Pfeiffer:  SBurffjarb  SBilljelm  %,  ^effif^i  ^ubticift  unb  töed&tS» 
gelehrter,  geb.  am  7.  9Jtai  1777  in  Äaffet  al§  ältefter  Sorrn  be§  ^oljann 
Safob  p.,  melier  1769—1779  «ßrebiger  an  ber  bortigen  Dberneuftäbter  @e= 
meinbe,  bann  *}3rofeffor  unb  ^äbagogardj  in  Harburg,  1789  Sonfiftorialratt)  unb 
^nfpector  ber  reformirten  ©emeinben  be§  b,effifdjen  DberfürfientrjumS,  auch,  9leligion§= 
leerer  be§  ßrbprinjcn,  nact]t)erigen  Äutfürften  SGilcjelm  IL,  mar.  Sie  Butter 
mar  Sucie  Üiebeffa  geb.  Dtüpüel.  Ilad)  Seenbigung  be»  9ted)teftubium§  erhielt 
$.  jmar  1803  bie  ©teile  eine§  ©taat§anmalt§  in  Raffet;  bei  feiner  früt)  ^u 
Sage  tretenben  £üd)tigfeit  aud)  in  anberen  £yäd)ern,  mürbe  er  aber  im  $uli 
1805  aum  £>of=  unb  im  9toöember  1805  pm  roirfl.  Regier  ungäardjiöar  in 
Gaffel  beftettt.  daneben  blieb  er  jebodj  ber  Ütedjtimiffenfdjaft  treu.  SDen 
„23ermifd)ten  Slujfätjen  über  ©egenfiänbe  be§  römifdjen  unb  be§  beutfdj)en  Sßtioat= 
9tedjt8",  meldje  er  fdjon  1802  in  Harburg  herausgegeben  fjatte,  lief*  er  1806 
eine  ©djrift  „lieber  bie  ©renken  ber  &iöit=$atrimonial=3urisbiction.  ©in  23ei= 
trag  jum  2!erritoriat=©taat§recI)t"  (©öttingen)  folgen  unb  gab  1808,  nadjbem 
bie  franjöfifcrje  ©efetjgebung  in  Reffen  eingeführt  morben,  mit  einem  jüngeren 
23ruber  „sJtapoleon'§  ©efetjbudj  nad)  feinen  Slbmeidjungen  öon  S>eutfd)lanb§  ge= 
meinem  9tedjt"  (2  33änbe,  ©öttingen)  rjerau§.  SDie  golge  mar,  bafj  er  mieber  in 
bae  ^uftiäfadj  äurüdlam.  Sr  mürbe  1808  ©teltöertreter  bes  ©eneralprocuratorä 
beim  2lppeltationsgerid)t  in  Gaffel.  91adj  bem  @nbe  ber  gremMjerrfcrjaft  öer= 
menbete  ifm  bie  Ijefftfdje  Regierung  al§  9tatfj  in  ber  Sßermaltung.  sUlit  ganjem 
-•perlen  ber  bamatigen  liberalen  ^eitftrömung  äugettjan,  erregte  er  1816  in  mei= 
teren  Greifen  Slufmerffamfeit  burd)  feine  ©djrift  „Sbeen  du  einer  neuen  ©efet$= 
gebung  für  beutfdje  ©taaten".  1817  trat  er  abermals  in  ba§  ^ufti^f  ad)  jurüd, 
inbem  er  jum  Dtat^  beim  9lppeflation§gericrjt  in  Gaffel  beftellt  mürbe.  2lls 
foldjer  gab  er  eine  „fteue  Sammlung  bemerlenSmertljer  Gmtfdjeibungen"  biefes 
@erid)t§  tjerauS  (4  Söänbe,  £annober  1818—1820).  lim  biefe  £eit  mürbe 
Äurrjeffen  lebhaft  bemegt  burcrj  bie  ^rage  ber  redjtlidjen  folgen  öerfdjiebener 
1ütaf$nat)men  ber  mcftfälifcfjen  ä^ifcljenregierung.  ^urfürft  äöitljelm  I.  rjatte 
buretj  33erorbnung  öom  14.  Januar  1814  alle  mätjrenö  ber  ^wifd^enjeit  ge= 
fdjefjenen  SBenacrjtrjeiligungen  be§  ©taats,eigentb,um§  für  nidjtig  erflärt  unb  biefe 
Sßerorbnung  am  31.  $uli  1818  im  ©efetjblatt  autljentifdj  batjin  erläutert,  bafj 
bie  1806  erfolgte  Ueberaielmng  ^»effenS  burdj  fvanjöfifd^e  Sruppen  nid)t  ben 
6l)arafter  einer  Pölferrecrjtlicrjen  Eroberung,  fonbern  ben  eine§  ^iaub^ugg  gehabt 
Ijabe  unb  bafj  ba|er  aud)  alle  Serfügungen  über  bie  uorrjer  au§  ben  ©taat§caffen 
ausgeliehenen  Kapitalien  ungittig  feien.  üSamit  mürben  biejenigen ,  melcrje 
Kapitalien  äurüdgejjarjlt  Ijatten,  fdjmer  betroffen,  ^n  beren  ^utereffe  gab  ty. 
1819  bie  bem  Äurfürften  gemibmete  ©djrift  l)erau§:  „^nmiefern  finb  9tegie= 
rungSljanbtungen  eine§  Swifd}enl)errfcrjer§  für  ben  redjtmäfsigen  Regenten  nadj 
beffen  Ülüdfel)r  Perbinblicrj1?"  S)arin  madjte  er  namentlidj  barauf  aufmetlfam, 
ba^  ber  33unbe§tag  am  30.  $uli  1818  fidj  für  eine  entgegengefefete  2lnfict)t 
au§gefprod)en  ju  Ijaben  fdjeine.  ®a§  DberappeUationSgericrjt  in  Raffet  fat)  fidj 
genötijigt,  im  ©inne  ber  futfürfttieljen  Erläuterung  p  entferjetben,  5p.  aber, 
metdper  biefem  ©eridjt  angetjörte,  geriete)  nun  in  eine  fdjiefe  ©teHung,  unb  natjm 
bal)er  1820  bie  ©teile  eine§  5Jlitgtieb§  be§  Dberappellation§gerid)t§  in  Sübed 
an.  ^n  Slnbetradtjt  feiner  beroäfjrten  2üd)tigfeit  rief  iljn  jebodj  Äurfürft  2öil= 
b^elm  IL    gleid)   nad)  feiner  S^ronbefteigung  1821  jurüd.     SBieberum  5Jlitglieb 


634  Pfeiffer. 

beä  rjödjften  ©eridjtSrjofä  ßurrjeffenS,  gab  $.  1824  eine  ©djrift  über  „ba§ 
tRecfjt  ber  $rieg3eroberung  in  39ejug  auf  ©taat3capitatien"  (.^annoüer)  unb 
1825 — 1841  „s4>raftifd)e  Ausführungen  au§  allen  Reiten  ber  9tedjt8roiffen= 
fdjaft"  (8  Sänbe,  ^anuoöer)  tjerauS.  2)urd)  biefeä  SBerf  erlangte  3$.  og3 
größte  9lnfefjn  in  ber  rjefjtfcrjen  ^uriftenroett  unb  lange  3e^t  gab  e3  mot  feinen 
praftifdjen  ^uriften  in  Reffen,  roeterjer  fief)  nidjt  in  Befiü  biefer  ft-unbgrube  beä 
2Biffenä  gefegt  t)ätte.  1820  folgte  ^feiffer'3  ©djrift  „lieber  bie  Drbnung  ber 
9tegierung3nad)folge  in  beutfdjen  ©taaten  überhaupt  uub  in  bem  fjerjoglidien 
(Befammtrjaufe  ©acrjfen=©ottja  inäbefonbere"  (2  23änbe ,  -gmnnooer).  @§  fonnte 
nidjt  fetjlen,  bafj  ein  9flann  öon  biefer  jurifttfdjen  Befähigung  unb  jugteid) 
liberaler  föidjtung  bei  ber  1830  beginnenben  Weugeftattung  ber  öffentlidjen  23er= 
tjältniffe  be§  l'anbe§  ßinflujj  geroann.  @r  gab  junädjft  eine  glugfdjrift  t)erau§, 
mit  ber  9Jcac)nung,  in  9Mfjigung  ben  93erfaffung§entrourf  ber  Regierung  im 
roefentlidjen  anjunetjmcn.  Söätjrenb  ber  bann  folgenben  SBerfjanbtungen  ber  alten 
©tänbe  mit  ber  Regierung  ftanb  ^.  bem  9}err)alten  be§  fltegierungebertrcterl 
ßggena  fetjr  natje ,  roeterjer  ba§  größte  33erbienft  am  3uftanbefommen  ber  33er= 
faffuug  öon  1831  tjatte.  3fn  bem  erften  auf  Örunb  berfelben  berufenen  ßanb= 
tage  erfdjien  $.  als  Vertreter  ber  2)iemetgegenb  ,  rourbe  öom  ßurfürften  junt 
s4>väfibentcn  au3erfetjen,  mufjte  aber  jurücftreten,  ba  bie  2öac)l  für  ungiltig  erflärt 
rourbe.  SBiebergeroätjlt,  fonnte  er  um  fo  beffer  fidj  an  ben  Bertjanblungen  be= 
ttjeiligen.  Gr  ttjat  bicä  bei  allen  balb  folgenben  (Streitfällen  mit  ber  Regierung 
in  ©inne  einer  entfctjiebenen  (Mtenbmadjung  ber  Sßerraffung§beftimmungen. 
SDiefeS  3kl  öerfolgte  er  audj  in  feiner  „©cfdjictjte  ber  lanbftänbifctjen  Berfaffung 
in  Äurtjeffen"  (Äaffel  1834).  $ür  ben  (Sintritt  in  ben  jroeiten  Sanbtag  rourbe 
itjm,  angeblidj  megen  llnabfömmlidjfeit  im  Beruf ,  bie  Genehmigung  üerfagt, 
obgleictj  er  fictj  in  ber  fiänbifdjen  3lnflage  gegen  £>affenpflug  megen  feiner  frütjer 
al§  Iftitglieb  be§  permanenten  ©tänbeau§fdjuffe3  entmicfelten  Stjätigfctt,  im  tjödjften 
©eridjte  ber  Stimme  enthielt.  3>n  Ungnabe  gefallen ,  mürbe  er  audj  bei  ber 
SSHeberbefetmng  ber  ©teile  eine§  s4$räfibenten  biefe§  (5krictjt§  übergangen ,  obmol 
er  beffen  ältefter  Üiatr)  mar.  9lm  13.  Sunt  1843  in  Stutjeftanb  tierfct^t ,  natjm 
er  fdjriftftellcrifdj  noctj  totclfadt)  an  öffentlichen  fragen  ütfjeil,  1848  ftanb  er  bem 
tjeffifdjen  s3JJärjminifterium  fetjr  nalje,  1849  gab  er  „Fingerzeige  für  alte  beutfdjen 
©tänbeberfammtungen"  (Gaffel)  tjerau§;  jur  $e\t  bei  93erfaffungäftreit§  mit 
£)affenpftug  fpractj  er  fid)  in  einer  ©djrift  „3ur  SMrbigung  be§  93unbeätag§= 
befctjluffeg  öom  21.  (September  1850"  im  Sinne  ber  Sanbftänbe  über  bie  (Steuer* 
frage  au§;  ätjnlictjer  £enben(}  mar  feine  ©djrift  „®er  alte  unb  neue  Bunbeätag 
nadj  itjrer  Söirffamfeit  für  bie  2luf\cctjtertjaltung  beä  altgemeinen  s,Recl)t§juftanbe§ 
in  2)eutfctjtanb"  (öeipjig  1851).  Sie  ^eit  ber  Bunbcierecution  rief  feine 
©djrift  über  „"Sie  ©elbftänbigfeit  unb  llnabljängigfeit  be§  9tid)teramt§"  (©öttingen 
1851)  tjerbor.  ©eine  „^ßraftifdjcn  3tu§für)rungen"  fürjrte  er  bte  1846  fort- 
@ine  Bearbeitung  öon  fiebber^ofe'S  furtjeffifetjem  «^irdjenrec^t  gab  er  1821  (U[Rar= 
bürg)  tjerauä.  Sine  Otettje  Don  juriftifcr)en  9luffäfeen  legte  er  nieber  in  ^ntjig'ä 
9lnnalcn  ber  griminalredfjtgpflege,  gBeiSfc'8  9tecf)t§lerifon,  gicrjf^er'S  u.  2ßitba'§ 
3eitfd)r.  f.  b.  9ied)t,  im  9lrc?io  f-  cioilift.  ^rajii  unb  in  ßinfe'S  3eit!^r-  !• 
6iöitred)t  u.  «procefj.  %  ftarb  am  4.  Dctober  1852  in  Raffet,  «ermaßt 
mar  er  feit  1801  mit  Souife,  2ocrjter  be§  bortigen  ßrieg§ratt)§  imrnier. 

©trieber,  Jpcff.  ©eteijrtengefc^.  95b.  XIV,  XV,  XVII ;  ^ufti'S  gfortf.  berf. 

(1831)  u.  @crlanb'8  Sortf.  berf.  (Äaffet  1868).  —  Söippermann,    Äut^effcn 

feit  ben  grei^eitöfriegen  (Äaffet  1850).  2Bipp ermann. 

Pfeiffer:  ßtjriflopr)  $.,  Siebter  geifttidjer  ßieber,  tourbe  am  £age  ©ato- 

moni§  (b.  Ij.  am  3.  Februar  —  ober  foüte  ber  13.  531ärj  gemeint  fein?)  1689 

31t  Del§  in  ©d)lefien  geboren,  at§  ©otjn   eineg  2ucr)macrjer§.     ^acrjbem  er  ^mei 


«Pfeiffer.  635 

Satyre  5lbjunct  311  2)irSborf  getoefen  mar,  roarb  er  am  28.  9Mr3  1719  auf  bie 
Pfarre  ju  SDittmannSborj  im  gürftentf)itm  5CRünfterBcvg  berufen;  öon  tjier  tarn 
er  im  £>erbft  1746  als  Sßaftor  nad)  ©tolj  (nid)t  ©tolb)  bei  granfenftein  im 
9ftünfterbergfdjen.  #ier  ftarb  er  in  feinem  70.  SebenSjarjre  am  23.  SDecember 
1758.  3n  ber  Äird&e  be§  Umgenannten  OrteS  fnng  nod)  im  3.  1868  (unb 
tjängt  bort  toatjtfdjeinlidj  nod))  fein  lebensgroß  in  Del  gemaltes  Vüb.  — 
$j$.  tjat  ftf)on  al§  ©tubeut  geiftlidje  Sieber  gebietet;  im  3.  1719  erfd)ien  bann 
fein  „ßöangelifdjer  ©abbatb/,  in  meinem  fidj  91  Sieber  über  bie  ©onntagS= 
ebangelien  befinben,  roetdje  jum  Sttjeil  mit  mandjen  Siebern  öon  Benjamin 
©djmotd  eine  große  Slerjnlidjfeit  tjaben.  Später  öeröffentlidjte  er  unter  anberm 
audj  nod)  eine  größere  Sieberfammlung  (85  Sieber),  „(SJeiftlidje  ^eierlleiber"  ge- 
nannt, 1732.  (Sinige  feiner  Sieber  rjaben  eine  roeitere  Verbreitung  gefunben, 
ttjeiltoeife  fogar  in  ©übbeutfdjlanb. 

äöefeel,  Hymnopoeographia  IV,  ©.  397  f.  —  ütotermunb  jum  Sfödjer 
V,  ©ö.  2193  f.  —  Äo$,  ©efd)id)te  beS  ÄirdjentiebS  u.  f.  f.,  3.  2Iuf(., 
V,  ©.  492  ff.  —  Vobe,  £>uetfennad)tüeiS,  ©.  128  f.  (.  u. 

Pfeiffer:  SraSmuS  $.,  beutfdjer  2)ramatifer,  ©ecretär  beS  ^erjogS  ^uliuS 
(Swift  öon  Vraunfdrtr-eig,  fdjrieb  1631  „Pseudostratiotae,  ein  teutfdjeS  ©biet  un= 
artiger  Sebiggänger,  benen  baS  ©aufen  öon  itjren  Sßßeibern  unb  ber  Müßiggang 
auf  SanbStnedjtSart  getrieben,  öon  Säuern  rool  öerfatjen  roirb",  baS  er  in  bie 
öon  trjm  beforgte  2IuSgabe  ber  (ateinifdjen  lleberfe|ung  beS  ©obb,oHeifd)en  SXiay 
burd)  Sofepj)  ©catiger  (1587  auf  bem  ©traßburger  Sweater  aufgeführt)  einfdjob. 
$.  berfurjr  burdjauS  unfelbftänbig.  ©ein  ,,3roifd)enfbiel"  ift  nur  eine  2tfieber= 
Rötung  ber  Ueberfetjung  ber  Pseudostratiotae  beS  £mrlemer  ülectorS  GorneliuS 
©djonaeuS  (1592),  bie  1607  Valtf)afar  ©d)nurr,  Pfarrer  ju  2Im(iSt)agen,  ber= 
anftaltet  Jjatte.  Von  ben  neuen  ©cenen  beS  am  (wibe  befinbiidjen  ,,©olbaten= 
föieleS"  finb  bie  öier  nieberbeutferjen  ©cenen  eine  öerfificirte  Bearbeitung  öon 
Sof).  gttft'S  3renaromacrjia  (1630);  bie  fünf  rjodjbeutfdjen  ©cenen,  in  benen 
baS  fjarte  Äriegäleoen  iener  3eit  gefdjitbert  roirb,  fdjeinen  einem  älteren  Srama 
entnommen  3U  fein.  S5aS  Sob ,  baS  ben  jroar  berben  unb  roljen,  aber  natur= 
getreuen  nieberbeutferjen  Vauernfcenen  geföenbet  roerben  muß,  gebütjrt  alfo  bem 
|>oifteiner  SRift. 

©aebetfc,  Satjrb.  beS  Vereins  f.  nieberb.  ©üracrjforfcrjung  VII,  106;  berf. 
2)aS  nieberbeutfdje  ©djaufbiel  (Verlin  1884)  I,  41.  —  Volte,  3ab,rb.  beS 
V.  f.  nieberb.  ©öracfjforfdjung  XI,  157.  £.  $0 Ift  ein. 

Pfeiffer:  ©ranä  $.,  beutfdjer  5]3t)itolog,  ift  geboren  am  27.  Februar  1815 
3U  Vettlad)  bei  ©otottjurn ,  als  ©otm  armer  keltern,  ©ein  Vater  rjatte  in 
einem  franjöfifdjen  Steiterregimente  gebient  unb  erhielt  nun  fidj  unb  bie  ©einen 
öon  bem  root)t  färgtidjen  @infommen  als  ÜJtuftfuS  unb  9Mitärinftructor.  3n 
©olotrjurn  empfing  $.  ben  erften  Untexrtcrjt  im  Slttbeutfcrjen  burd)  «ßrofeffor 
SBeiStjaubt.  %m  %.  1834  bejierjt  er  bie  Uniöerfität  9Mnd)en,  roo  er  fid)  au= 
nädjft  ber  ^lebicin  ^utoenbet,  gleidjaeitig  aber  aud)  Waßmann'S  (Soüegien  be= 
fudjt.  ©urd^  le^tem  gebrängt,  jidj  für  ein  beftimmteS  ©tubium  ju  entfdjeiben, 
gibt  et  bie  9flebicin  auf  unb  toibmet  fidj  ööllig  bem  3lttbeutfd)en.  Von  feinem 
(gifer  für  biefeS  legt  ^eugniß  ab,  baß  er,  nod)  3toifd)en  beiben  VerufSftubien 
fcb.roanfenb  ,  im  3-  1835  feine  erfte  3Ibfd)rift  eines  aübeutfdjen  ©ebid]te§,  be§ 
5lntid)rift  auS  bem  6gm.  574  gfol.  87  f. ,  öerfertigte.  Slbfd)riften  finb  für  bie 
nädjften  Mre  feine  £auötbefd)äitigung ,  eine  große  Steife  öom  (Sommer  1840 
bis  SJläta  1841  roarb  allein  ju  bem  ^roeefe  unternommen,  2tbfd)riften  attbeutfd^er 
äöerfe  ^erbeipfc^affen.  «p.  enttoidett  tjierin  einen  gleiß,  ber  unS  oft  in  (5r= 
ftaunen   öerfe^t.     ein  buntes   Vielerlei  öon   altbeutfd)en   ©Triften   ift  bamalS 


636  Pfeiffer. 

burd)  feine  £)anb  gegangen,  ein  günftigeS  ©efcfjid  rjat  ifjm  einen  Umiang  bon 
Söelefentjeit  berfd)afft,  beffen  bamalS  ftet)  menige  rüfjmen  fonnten.  SieleS  auS 
feinen  2lbfd)riften  rjat  er  im  Saufe  ber  3eit  fetbft  beröffenttierjt ,  manches  marb 
üon  anbetn  benutjt.  3n  biefe  3eit  faßt  aud)  ber  eine  unb  ber  anbere  ^lan, 
ber  fpäter  ausgeführt  roatb,  feit  1838  fammett  er  3U  feiner  Ausgabe  beS  6d= 
Ijart,  183y  bentt  er  bereits  baran,  33ertf)otb'S  ^ßrebigten  fjerauSjugebeu.  3fn 
Raupt'S  unb  |)offmaim'S  altbeutfdjcn  SSlätteiu  unb  in  beS  erftern  ^eitfe^rift 
für  beutfdjeS  SUtertljum  crfdjieuen  fleinere  unb  gröjjete  ^IMtttjeitungen  auS  £)anb» 
fünften,  ttjeitS  in  btofjem  Slbbrud,  tfjeüS  in  normalifirten  2ejten.  %n  ben 
Mren  1842—1844  Veröffentlichte  er  in  ber  23ibtiotrjef  beS  Iitterarifd)en  Söer= 
eines  ju  Stuttgart  allein  fünf  ^änbe  bon  Rammen  über  taufenb  «Seiten,  barunter 
bie  SÖeingartner  unb  bie  alte  Jjpeibelberger  Siebertjanbfcrjrift,  ferner  bie  Iibtän= 
bifdje  9ietmd)ronif.  Setjtere  im  ©runbe  nur  ein  auS  einer  ^eibelberger  Jpanb= 
fdjrift  ergänzter  unb  audj  fonft  üerbefferter  9leubrutf  ber  alten  23ergmaun'fct)cu 
SluSgabe  üon  1817.  $in  $•  1850  crfdjien  feine  letjte  ^3ublication  in  biefem 
Vereine,  bie  fdjroierige  SluSgabe  beS  fjabSburgifd)=öfterreidnfd)en  UrbarbudjS. 
SDer  erftc  2)td)ter,  roeldjem  s4-*-  f°rgfättige  2Iufmerffamfeit  fdjeufte,  mar  sJlubolf 
üon  6mS.  ©einen  Sltejanber  unb  Sßiltjetm  befafi  er  in  3lbfd)riften,  ber  gute 
©erwarb  lag  itjm  in  ber  forgfättigen  Ausgabe  Raupt'S  bor.  $u  ben  gelehrten 
Sinnigen,  herausgegeben  üon  "iUitglicbern  ber  föniglid)  bairifdjen  Mfabemie  ber 
2Biffenfd)aften  1842,  lieferte  er  eine  58ejpred)ung  biefer  91uSgabe,  bie  Raupt'S 
öeitatt  taub  unb  bereu  roidjtigfte  Wejultate  üon  letzterem  in  feiner  ^citfdjrift 
III,  275  f.  abgebrurft  mürben.  184:5  eifcfjien  ^feiffer'S  SluSgabe  üon  9hibolf'S 
JBattaam  unb  ^ofaptjat,  feinem  ©önner  bem  Q-reüjerm  üon  Safjbcrg,  ber  ü)n 
auf  ber  'DteerSburg  fo  freunblid)  aufgenommen  tjatte,  geroibmet.  9iafd)  folgten 
1844  ber  (Sbelftein  Don  lUrid)  iöoner,  1845  ber  erfte  SBanb  ber  sIRt)ftifer/ 
neben  .permann  üon  fjritölar  unb  WicolauS  üon  ©trafjburg  als  Sln^ang  2)abib 
bon  2IugSburg  entrjattcnb,  184(5  sIftarienlegenben,  1847  SBigaloiS,  1848  Wlai 
unb  23eafIor,  1852  .'peinjeteiu  bon  tfonftanj,  1854  ausgemalte  Stjetle  auS  ber 
6t)ronif  beS  beutfdjcn  DrbenS  bon  s.)ticoiauS  öon  ^erofdjiu.  23iSt)er  tjatte  man 
fid)  in  ber  mitteümdjbeutfdjeu  s^rofa,  üon  2B.  Sßadernaget  abgcfefjeu,  mit  bloßen 
9lbbrütfen  begnügt,  in  bem  ^Beginnen  s$feiffer'S,  bie  9JU)fttftr  fritifd)  l)erauS«= 
zugeben,  lag  eine  (Jrmeiterung  beS  Arbeitsgebietes  ber  beutfdjeu  s})rjilologte. 
(Sine  fernere  tag  in  ber  SluSbetjnuug  ber  ftriti!  auf  mittctbeutfcfje  ©prad)benf= 
mäler.  3fm  (Sbelftein  beS  ©djmetjerS  53oner  Ijat  *ß.  bie  ©prad)e  nod)  ^iemlid) 
untritifd)  bet)anbelt.  2)ie  Unterfud)ung  über  s43oner'S  ©prad)e  marb  für  „ge= 
gebene  ©etegenrjcit"  gefpart.  ^n  ber  liülänbifcfjen  9icimd)roni£  gibt  er  cbenfaES 
ungenügenbeS  übet  bie  ©pracfje,  ber  £ej;t  ift  normatifirteS  ^tittelb.oc^beutfcr). 
örft  im  fotgeuben  %a\)xe  (1845)  bringt  ber  erfte  Saub  ber  5Ri)ftifer  eine  „Ueber= 
fid)t  ber  Saute"  beS  5Rittetbeutfd)en.  sJ3taud)e  biatectifdjc  Sigentt)ümlid)feit  mar 
erft  nad)  2tbbrud  beS  2>j;teS  gefunben;  bie  „Ueberfidjt"  felbft  ift  erft  nad)  3Ib= 
fdjlufe  beS  ©an^en  begonnen  unb  barum  auf  ©runb  beS  2ej'tfS ,  nid)t  ber  2ln= 
methingen,  benen  fie  im  SDrurfe  bod)  nadjfotgt,  aufammengeftettt,  mefer)atb  fie 
auS  biefen  ergänjt  merben  mu|.  @S  fdjeint,  bafj  beS  Herausgebers  3Iufmerf= 
famteit  erft  mät)renb  beS  2)rurfeS  gefd)ärft  mürbe.  SÖUrjelm  ©rimm  taS  feine 
^•tbcjanblung  über  ^It^iS  unb  «propf)itiaS  im  beginne  beS  Sfa^reS  1844,  ber 
S)rud  ber  Slbtjanblung  1846  nimmt  auf  bie  Ausgabe  ber  9Jh)ftifer  9tüdfid)t. 
2ö.  ©rimm  unb  $.  maren  feit  1840  in  93erbinbung  getreten,  ein  Sinflu^  beS 
erftern  ift  in  ber  Seftimmung  beS  ^ittetbeutfd)en  bab^er  nid)t  ganj  abjumeifen. 
3in  ben  anbern  ausgaben  fefct  ty.  baS  üon  ßadjmann  unb  Jpaupt  begonnene 
fort,  ©ie  fanben  Raupt'S  Beifall,  D^üHentjoffS  unbefc^ränfte  SInerfennung. 
2fu  bem   maS   reidje   ©rfab.rung  unb   umfaffenbe  Setefentjcit  lehren  fann,  über= 


«Pfeiffer.  637 

tagt  $p.  3.  33.  feinen  Setter  Söcafcmann.  2ßaS  aber  ben  «sinn  für  ^nbibibuelteS 
anlangt,  fo  ftef)t  iljm  Ä.  3t.  £ab,n  toett  borauS.  3m  SBaxlaam  ma$t  er,  bex 
Kenner  ftubolf 3 ,  nicrjt  ben  Anfang  äu  bem,  was  £arm  mit  biel  geringeren 
«Kitteln  für  £onxab'3  Otto  geteiftet  fjatte.  2113  fdjwadje  Seite  ber  «Ausgaben 
«Pfeiffex'8  l)at  fcrjon  Haupt  bie  «ütetrtf  erfannt.  «JJ.  behält  fiel)  ni(i)t  bon  borne= 
herein  ableljnenb  gegen  2act)mann'3  «Dtetxif.  @x  beffext  in  Haubt'3  ©erwarb 
eine  (Schreibung  nad)  2adjmann'3  ftrenger  goxbexung.  %m  #einaelein  bon 
Äonftanj  bewegt  er  fiel)  gana  in  ben  Sahnen  ßad&mannifdjer  «ÜMi'ü*.  3n  biefex 
2lu3gabe  beftxebt  er  fiel)  aufjexbem  beutlid),  ben  ftrengen  «itnfoxbexungen  an  einen 
Herausgeber  gerecht  31t  wexben,  fogar  in  2leufjerlid)feiten  fd)tiefjt  er  ftdj  an 
Raupt'S  ausgaben  an.  Sinen  Slbfdjlufj  feiner  mittelbeutfdjen  ©tubien  bttbet, 
nicb,t  olme  einen  fjoffnungSb  ollen  SluSblicf  auf  »eitere  gorfcrmngen  au  gewähren, 
fein  3erofd)in.  %m  $•  1853  erhielt  «p.  Holkmann'S  Unterfudjungen  über  baS 
«ftibelungenlieb  im  «JJcanufcribte  mitgeteilt.  (£r  trat  rafd)  ber  neuen  Slnfidjt 
bei.  ©ie  befreite  itjn  unb  anbre  bon  bem  gewaltigen  ®rude  ber  «ßerfönlidjfett 
2ad)mann'3.  9ttan  meinte  nun  mit  ben  Nibelungen  fertig  au  werben,  atme 
2ad)mann  auf  ben  bielbexfd)lungenen,  befdjw erliefen  Sßegen  nachfolgen  ju  muffen. 
@3  mar  eine  natürliche  ftotge,  bafc  man  nod)  meljx  aufgab.  «mit  biefer  Söen- 
bung  beginnt  eine  neue  «Pexiobe  in  «Pfeiffcr'S  Stjätigfeit.  «ücandjeS  früher  be= 
gonnene  wirb  nod)  au  (änbe  gebraut,  $m  3.  1857  erfd)ien  bie  erfte  «llbtfjettung 
be3  3roeiten  «BanbeS  ber  «mbjtifer,  «üteifter  ©dfjart  entyaltenb,  2ejt  oljne  2ln= 
merfungen  unb  2eSaxten,  bie  nie  exfcfjienen.  $m  %  1861  baS  tängft  borbereitete 
«Budj  ber  Natur  bon  Äonrab  bon  «Dcegenberg,  enblict)  1862  nad)  rafetjem  6nt= 
fdjtufj  ber  erfte  SBanb  ber  «ßrebigten  «Bertfwtb'S  bon  «RegenSburg,  ebenfalls  blofe 
2ejt.  «Pfeiffer'S  Arbeit  Wenbet  fid)  nun  anbern  Sielen  ju.  6r  fagt  fid)  offen 
bon  2ad)mann  I08,  bxidjt  brieflich  ben  «Berfef)r  mit  £aubt  ab.  %n  feinem 
«8üd)lein  3ur  beutfetjen  2itteraturgefd)id)te"  1855,  ba8  2Beit)nacrjten  1854  er= 
fäien,  Beginnt  er,  in  feinem  «ttuffa^e  über  greibanf  bie  «ffialtfjer^retbanf-- 
l)t)pott)efe  SB.  ©rimm'S  betämbfenb,  bie  «potemif  gegen  2ad)tnann;  aunadjft 
gegen  beffen  «fltetrif.  «Utit  2luSnaf)me  ber  SCßiberlegung  ber  Hrjbotfjefe  20.  ©rimm'S 
ftefien  bie  «Jkfultate  feine8  «»uffa^eS  au8  biefem  ©d)riftd)en  mef)r  fidjex.  68  ent» 
Mit  aufsex  bex  «Äbtjanblung  übex  greibanf  bie  über  «Blicfer  bon  ©temad)  unb 
Äonrab  Steif.  ®er  «BeWeiSgang  be§  «Suffa^eS  über  Stiefer  ift  beseiermenb  für 
spfeiffex'S  litterart)iftorifd)e  «Utet^obe.  ©ottfrieb  bon  6tra|burg  lobt  Sticter'8  ©cbict)t 
Umbeb^ang  unb  nennt  ben  Sinter  neben  §artmann  bon  2tue,  ^einric^  bon  3}elbefe, 
Weimar  unb  Söaltrjer  bon  ber  «Bogeltoeibe.  @r  gibt  JBxu^ftütfe  eine8  alt= 
beutferjen  ©ebic^te8,  in  benen  fic^  eine  «JJieifterfc^aft  betraf,  „mie  icf)  fie  aufcer 
bei  ©ottfrieb  bei  feinem  altbeutfäjcn  S)icf)ter  fonft  gefunben  fjabe".  Nubotf  bon 
@m8  bringt  in  atoeien  feiner  2BerIe  S)idjterberäeidjniffe.  (58  ift  fä(e<$texbtng8 
unmöglid),  ba^  i^m  ein  ©ebictjt,  ba8  fold)e  üBorjüge  befi^t,  unbetannt  geblieben 
fei.  §at  er  e8  aber  unb  feinen  SSerfaffex  gelaunt,  fo  fann  e8  nux  ber  Um= 
bedang  SSticEer'8  fein.  S)enn  bie  anbern  bon  Nubolf  berjeidjneten  ©ebtdtjte  be= 
fiben  toir  entloeber  noef)  ober  mir  erraten  iljren  Sntialt,  bex  auf  unfere  SBxudj« 
ftücfe  ntd)t  pa^t.  ^m  3.  1856  grünbet  $.  bie  „©ermania,  S5ierteliat)i8fct;rtft 
für  beutferje  3ltterti)um8!unbe".  2luf  bem  ©ebiete  ber  beuten  5ßtjitotogie  fott 
bie  &exxf$aft  bcr  Autorität,  ba8  ^tnfet)en  ber  ©ctjule  eine  .^öl^e  erreicht  fjaben, 
bie  nict)t  meljr  förbernb,  fonbern  b,emmenb  toirfe  unb  mit  freier  $o*fctjimg,  unb 
rüdfic^t8lofem  Sefenntni^  ber  Sßat)xt)eit  unberträglid)  fei.  S5a8  fei  ber  ©runb, 
warum  eine  neue  3eitfc^rift  gegrünbet  Werbe.  ©d)ücf)texn  Wagt  fiel)  in  ba8 
5ßxogxamm  bexeit8  bie  neuexe  Sittexatuxgefcfjic^te.  „S)ie  neuexe  Sittexatux,  fo  weit 
fie  ©egenftanb  äftfjetifc^ex  SSetxa^tung  unb  Söüxbigung  ift,  liegt  natüxticb,  aufeer-- 
Ijatb  unje«8  ÄreifeS,  aber  bie  ©xenjen  tonnen  nt^t  ftxeng  genug  gebogen  Wer= 


638  Pfeiffer. 

ben."  2luS  ben  arbeiten  ^feiffer'S  in  biefer  geitfdjrift  finb  bie  bebeutcnbften : 
Söernljer  üom  Nieberrljein  unb  ber  tnitbe  Mann  1856.  lieber  ©ottfrieb  bon 
Strasburg  1858,  beibe  auf  ©runb  bon  fteimbeobadjtungcn ,  teuere  aufeerbem 
auS  ©rünbcn  bev  9Retti!  bidjtcrifdjes  Gigentfjum  fd)eibenb.  SDie  jroeite  2lbb,anb= 
lung  unb  eine  über  Sernrjarb  5re^nn^  1857  enthalten  fdjarfe  s4>olemif.  ©egeu 
fiadjmann'S  Metrif  menbet  fid)  %>.  tu  bent  ^lujfa^e  über  ©ottfrieb,  in  bem  er 
nadjjuroeifen  fudjt ,  mas  uiemanb  geleugnet  t)at  unb  er  felbft  1852  in  feinem 
Jpein^clein  fdjon  temfjte,  bafj  nidjt  alle  attbeutfdjen  üDidjtcr  bie  r»on  Sadjmann 
beobachteten  Regeln  befolgten.  2>ie  ©ermania  tritt  aufjerbem  polemifdj  auf 
gegen  £>aupt  unb  Müttenljoff.  23atb  finbet  ty.  Mitarbeiter,  tueldtjc  fid)  beftreben, 
eS  iljm  in  biefer  s$otcmif  gteid)  ju  tfjun.  Ginige  Male  treten  fic  paarroeife  auf 
ben  $tan.  GS  fällt  in  biefen  >4>olemifen  bie  ©ereitfljeit  unb  «üpeftigfeit  beS 
Jones  bei  geringer  fadjtidjer  götberung  auf.  GS  fällt  auf ,  bafj  ber  ßefer  nur 
2abel  bon  Ginjetljeiteu  tjört  unb  nirgenbS  bon  ber  ©efammtleiftung  ber  2ln= 
gegriffenen  erfährt.  Man  bermuttjet  unfd)tüer,  bafj  cS  Giuflüffe  bon  aufjen  l)er 
finb,  toeld)e  bie  ©egenfäke  berfd)ärfen.  2luf  foldje  roenigftenS  fdjeinen  ^feiffet,8 
Sßorte  au  beuten:  „2Ber  ....  bon  ben  5ad)3enoffen,  bie  nidjt  in  feinen,  fon= 
bern  lieber  eigene  2Bege  gerjen,  mit  fo  offener  Söcgtoerfung  als  bon  .!panb= 
langem,  sl>fufd)cr  unb  Dilettanten  feit  langem  fpridjt  unb  nun  aud)  fdjreibt 
.  ."  —  sJlad)bem  s$.  längere  3*ii  in  Stuttgart  in  ber  bcfdjeibeucu  Stellung 
eineä  jjroeiten  33ibltott)efarS  an  ber  föniglidjen  öffentlichen  StMiotlje!  gctüirft 
tjatte  unb  mit  bem  Stitel  eines  !|hcofejfot8  ausgezeichnet  roorben  mar.  folgte  er 
im  £)erbfte  1857  einem  Stufe  als  orbentlidjer  Sßrofeffoi  an  bie  Uniuerfität  äöien. 
GS  tritt  t)ier  in  feinen  arbeiten  ein  getoiffev  pofitiöer  ^ufl  in  ben  33orbergruub. 
sXn  ber  Stelle  beS  geftürjten  ©ebäubeS  follte  ein  neues  aufgeführt  merben.  5Der 
freilief)  nid)t  bcrftanbeneu  bisherigen  Sluffaffung  ber  mittelbeutfdjen  l)öfifd)en 
Spracfje  wirb  1861  eine  neue  cntgegengeftellt.  2>en  „roiebergemonnenen" 
Nibelungen  toirb  ein  Didjter  jugeroiefeu  1862.  Die  Ausgabe  SBaltrjer'S  bon 
ber  33ogelroeibe  1864  foUte  geigen,  mic  ausgaben  attbeutfctjer  Did)ter  befdjaffcn 
fein  müßten.  Dicfelbe  Ausgabe  bringt  eine  Darftetlung  ber  Mehif,  gereinigt 
bon  Sad&mann'jdjer  „äöiHfür".  Das  3af)r  1866  fteflt  ben  Spradjproben 
Sftüflentjoff'S  baS  altbeutfdje  UebuugSbud)  entgegen,  groifdjen  tjinein  fallen 
Gonjecturen  ju  Grec,  311  SBaltljer  bon  ber  Sßogelroeibe,  2luSgaben  feinerer  alt= 
t)od)beutfd)er  Deufmätev,  eine  „Rettung"  beS  berüchtigten  SdjlummerliebeS  u.  a. 
Sie  ftreitljafte  ^olemif  unb  baneben  bie  pofitibe  9tid)tung  mirften  auf  bie 
Sfugenb,  bie  ^.  3U  i^rem  £et)rer  l)atte.  Gine  abfterbenbe  Sdjute,  bie  fidj  burc^ 
taufenb  ^fäb,le  ben  äßeg  jur  meiteren  gorfc^ung  öerrammett  t)attc,  bort  — 
freie  23alm  für  ben  Strebfamen  b,ier  —  fo  erfdjienen  bem  Sfüng^nS  unter  oem 
Ginbrucl  bon  ^?eiffer'S  SBort  unb  Schrift  bie  beiben  miffenfdjaftlidjen  9ticb,tungen, 
üon  benen  er  erfuhr,  tiefer  frifdtje  3ug  t)at  manche  junge  Seele  getoeeft.  Unb 
rjat  ber  eine  ober  ber  anbere  aud)  fpäter  mandjeS,  ja  üieleS,  toaS  er  einft  freubig 
aufnatjm,  als  ^rrt^um  erfannt,  banfbarer  Grinncrung  blieb  unb  bleibt  ty. 
fidjer.  Gin  gnäbigeS  ©efcrjicf  lenfte  burdj  baS  lehte  58ud),  an  bem  ^.  arbeitete, 
ben  „58riefmed)fet  jmifdjen  ^ofepf)  5teif)errn  bon  2a|berg  unb  Subtoig  Uljlanb", 
äöien  1870,  feinen  33tid  auf  bie  fdjöne  ^eit  ber  3iugenb  prücf.  SDie  MeerSburg 
flieg  aus  ben  bunleln  5ernen  roieber  auf  unb  bie  ^üüe  ber  Grinnerungen  be= 
grub  alt  baS  Scib  unb  Gittere,  baS  bie  ^a^e  ib,m  gebraut.  So  fdjlofj  fid) 
über  it)m,  als  er  am  29.  Mai  1868  nad)  langem  Seiben,  bodj  eines  ptötjlidicn 
XobeS  ftarb,  baS  ©rab. 

3um  2lnbenfen  gran]  ^feiffer'S.  Gin  9tad)ruf  bon  ^anS  ßambel  (S5ei> 
tage  ^ur  ^gemeinen  Leitung.  München  1868,  Nr.  189,  190,  191).  — 
$ranj  «Pfeiffer.     Gine  53iograpf)ie  uon  Äarl  Sartfd)  im  „33riefroed)fct  amiferjen 


Pfeiffer.  639 

Sofebft  greiberrn  öon  ßafjöerg  unb  Subroig  Ubtanb."  £erau§gegeöen  öon 
granj  «Pfeiffer.  Söien  1870,  ©.  XVII— CVII.  —  gfrana  Pfeiffer  unb  feine 
2£tberfac6er  öon  gm(il)  Ä(u§).  Äaifetl.  SBiener  3eitung  1870,  «Jlr.  138, 
141,  144.  («Beruht,  obne  bafj  ber  33f.  eä  anmerft,  äum  großen  £rjeit  auf 
fcbriftücfjen  «Dtittfieilungen  fr  ^feiffer'S.)  Sofepij  ©trobl. 

Pfeiffer:  %ba  «p.,  f.  am  ©d)luffe  biefeö  «Banbe§. 

$fctffcr:  Joachim  ßbrenfrieb  $.,  ber  SJater  Sluguft  griebrid)'§  (f.©. 
632),  roarb  am  6.  September  1709  ju  ©üftroro  in  «Jttetflenburg  geboren,  ©eine 
erfte  2Iu§bilbung  empfing  er  in  feiner  Jpeimatb,  bann  auf  bem  ©tjmnaftum  p 
©tralfunb.  (Sr  ftubirte  feit  1728  ju  «Jtofiocf,  warb  fd)on  1730  mag.  phil., 
ging  bann  nad)  3ena,  roo  er  fid)  1737  habititirte  unb  über  bebräifd)e  ©praetje 
unb  Sitteratur  las.  ©eine  Erfolge  maren  fo  gute,  bafj  bie  tbeologifcfee  gacuttät 
ibn  bafetbft  ju  ibrem  2lbjunctu§  ernannte.  1743  roarb  er  als  au£erorbenttid)er 
«^rofeffor  ber  Geologie  nad)  (Mangen  berufen,  roo  er  im  Satjre  1744  nod)  ein 
«Jßrebigtamt  bap  übernahm.  1745  roarb  er  aufjerbem  nod)  ©d)olard)  ber 
©rjmnafien  öon  23aireutfo  unb  Erlangen  unb  1748  am  lefcteren  Drte  aud) 
©uöerintenbent  unb  erfter  «profeffor  ber  Geologie.  @r  ftarb  am  18.  ßctober 
1787.  («Mg.  ®nc#t.  III,  20,  ©.  334,  335,  roo  befonber§  «#nm.  7  nod)  roeitere 
biograörjtfcfje  Quellen  angegeben  finb;  Teufel,  Serjfon  33b.  X,  ©.  381.)  — 

Sie  Stenge  ber  amtlichen  Aufgaben  unb  fbäter  ber  örafttfd)  fird)lid)en 
Snterefjen  madjt  e§  erflärlid),  roenn  feine  äablreicfien  ©Triften  ejegetifd)en  unb 
bogmatifdjen  ^nbaltä,  roelcbe  er  nebenher  öerfafjte,  niebt  gerabe  öon  befonberer 
£iefe  unb  ©rünblicfifeit  ^eugen.  «Ulan  febe  ba§  33eräeidmifj  berfelben  bei  Teufel 
a.  a.  £).  ©.  382—386  unb  in  ber  Mg.  ßncrjti.  a.  a.  £).  ©.  334  9Inm.  1,  2 
u.  ©.  335  5lnm.  4.  —  ©eine  ftanbfiafter,  fubjectiö  fer)r  ebrenroertfier,  lutberifctjer 
6onfeffionali§mu§  öerleitete  it)n  fogar  1743  ju  einer  „Dissertatio  trinitatem  per- 
sonarum  in  unitate  dei  ex  oraculis  V.  T.  probans".  —  33on  Jjöljerem  2Bertb 
finb  nur  feine  «Arbeiten  jur  biblifcfien  ^ermeneutif :  „Elementa  hermeneuticae 
universalis"  1743  unb  föäter  „Institutiones  hermeneuticae  sacrae  veterum  atque 
recentiorum"  1771.  «Namentlich  ba§  ledere  äöerf  3eic£>net  fid)  burefi  grofje 
«Jteid)I)attigfeit  be§  ©toffeg  au§,  ift  aber  lebiglid)  öom  ©tanböunfte  ber  ftrengften 
«-öerbalinfbiration  au§  entworfen.  5It§  ^auötregeln  gelten  bie  folgenben:  1)  an 
feiner  ©teile  ift  ein  ©inn  jujulaffen,  roeld)er  gegen  bie  analogia  fidei  öerftöfjt; 
2)  jeber  ©teile  ift  ber  mögliebft  öoEfommene  ©inn  beizulegen;  3)  atte§  ift  auf 
bie  äkrberrlidjung  be§  (£rlöfung§toer!e§  ju  beliehen,  ©onft  öergleidje  über  bie 
Einrichtung  be§  2öerte§  SJlerjer,  33erfuc6  einer  £ermeneutif  be§  31.  28.  1799. 
«8b.  I,  ©.  89-91.  <£.  ©tegfrieb. 

Pfeiffer:  Sodann  $ftiHöÖ$-,  Sp^ilologc unb  Sbeologe,  1645— 1695.  ®r 
roarb  in  «Nürnberg  als  ber  ©ofin  be§  faiferlicfeen  Notars  unb  9tatfi§=©ecretariu§ 
<£>einricfj  $.,  eine§  gele&rten  unb  fiocfjangefebenen  5Ranne§,  am  19.  Februar  1645 
geboren,  befucfcte  öom  7.  2eben§jarjre  an  bie  ©t.  Sorenjfcrjule  unb  föäter  ba§ 
©ömnafium  feiner  S3aterftabt  unb  erroarb  fcfjon  fjier  einen  ungetoöbnticrjen 
Umfang  öon  «^enntniffen,  namentlich  im  ©riectjifctjen,  ^ebräiferjen  unb  in  ber 
©eograöbie.  ^n  2lttorf,  roobin  er  fiel)  1663  roenbete,  sogen  ifin  öoräug8roeife 
pbilofopbifcrje  ©tubien  an;  er  Ia§  2lriftotele§  unb  beffen  Sommentatoren,  aucl) 
bie  mittelalterlichen;  baneben  befetjäftigte  er  fictj  mit  ben  ^ircfienöätern  ein= 
gel)enb.  9lad)  nur  einjährigem  2lufentljatte  in  5lItorf  öerroeilte  er  1664  einige 
3eit  in  «JtegenSburg,  um  bort  bie  fJteic6§öerfaffung  unb  =23erroaItung  ju  ftubiren, 
unb  in  Nürnberg,  öerlie^  bie  £)etmatl)  aber  batb  roieber,  um  auf  einer  größeren 
«Jteife  eine  2!n<jafil  anberer  beutfe^er  Uniöerfitäten  fennen  ju  lernen.  @r  befuefite 
©rfurt,  3ena,  Seiöjig,  SBittenberg,  ^elmftäbt  unb  fam  enb(ict)  1665  „divino 
prorsus  instinetu"  nact)  Äönig§berg,  roo  er  hlith  unb  fid)  nun  eifrig  roieber  mit 


640  Pfeiffer. 

$ßr)ttofopt)ie  unb  spatriftif  befdjärtigte.  1666  im  ©eptember  mürbe  er  jum 
9Jcagifter  ber  ^rjitofoptjie  promobirt  unb  begann  nun  SUorlefungen,  befonberä 
pf)itofopr)ifd)en  unb  pfjilologifdjen  ^fntjaltö.  3)er  £ob  fetneö  Söateri  rief  iljn  1669 
nad)  -£>aufe,  aber  bie  9Inerbietungen,  roeld^e  irjm  bort  gemaetjt  würben,  if)n  alä 
*J3rofeffor  in  Sittorf  ober  in  einem  anberen  2Imte  in  Nürnberg  fetbft  anjuftetlen, 
lehnte  er  trotj  ber  33itten  ber  Butter  ah;  er  glaubte,  nur  in  Königsberg  leben 
5u  tonnen.  1671  ernannte  ir)n  ber  Kurfürft  griebridj  Söilrjelm  ^um  *pro?effor 
ber  griedjifdjen  ©pradje;  er  trat  biefeä  2lmt  mit  einer  2)i3putation  „de  variis 
signiticationibus  vocis  fuxovofiiag  apud  veteres"  an  unb  fjielt  bann  3ai)l= 
reidje  23orlefungen,  roetdje  fid)  —  ben  9lnfd)auungen  ber  $eit  entfprecfcenb  — 
Dornerjmlicfj  auf  @pictetu§,  £l)eopl)raftu§ ,  s4>b,oft)libeg  unb  ätjnlidje  ©cfjriftfteller 
erftredten;  Daneben  laS  er  aucrj  grammatiferje  Gotlegien  unb  gab  pijitologifdje  @r» 
flärungen  fcfjroieriger  ©teilen  bei  IReuen  Seftamenteä  unb  auägenmr)tter  SMdjter« 
[teilen.  2lm  bebeutenbften  roaren  feine  Vorträge  über  griedjifdje  2lltertf)ümcr, 
au§  benen  ba§  ^auptroerf  feines  ßebenä,  bie  „Antiquitates  graecae",  t)crüor= 
gegangen  ift.  1673  mürbe  ifjm  bie  Leitung  ber  2üaltenrobe*fd)en  Q3ibliotrjef 
übertragen,  1679  rourbe  er  furiürftlidjer  Söibliottjefar.  %m  folgenben  Sfarjre  er= 
nannte  ber  Kurfürft  irjn  aud)  jum  s4>rofcffor  ber  2r)eologie;  aber  ber  Söiberftanb, 
roeldjen  bie  trjeologifdje  gacultät  biefer  Ernennung  entgegenfetjte,  mar  grofj 
genug,  bie  Uebernafimc  beö  neuen  2lmteä  burd)  ty.  toottc  4  $af)rc  fjinburcr)  ju 
üerrjinbern.  sJftan  traute  feiner  Wedjtgläubigfeit  nid)t,  unb  aU  if)m  bei  ber 
gelegentlich,  fetner  Promotion  jum  Dr.  theol.  1685  gehaltenen  2)iöputation 
einige  fdjarfe  9lu3brüde  über  jöte  luttjcrifcrje  Kird)enlet)re  entfallen  maren,  begann 
bamit  eine  jdjniäljrige  s^3eriobe  unerquicflid)ftcr  ©treitigfeiten  mit  feinen  ttjco^ 
logifdjen  (Sollegen,  bie  erft  mit  feinem  Wütftrittc  enbigte.  ^raar  r)atte  ber 
Kurfürft  irjn  1685  jum  £)ofprebiger  ernannt,  er  ucrmod)te  aber  aud)  in  biefer 
Stellung,  ba  eä  irjm  an  ©efdjid  jum  obigen  gebrad),  feinen  redeten  33oben  <}U 
finben;  merjr  unb  merjr  trat  bei  irjm  eine  Neigung  jum  Kattjoliciätnuä  Ijerbor, 
befonberö  nadjbcm  er  1689  feine  trefflidje  ©attin  —  feit  1672  —  2)orotf)ea 
Canbenberg  burd)  ben  ütob  öerlorcn  tjatte.  2US  er  1692  bei  einem  Slufenttmlte 
in  2)anjig  bie  Unüorfidjtigfeit  begangen  Ijatte,  ben  9lbt  be§  KlofierS  Dtiba  3U 
befudjen  unb  fid)  öon  biefem  fcftlid)  bemirtrjen  ju  taffen,  brad)  in  Königsberg 
ein  ©türm  ber  ©ntrüftung  gegen  ibn  lo«;  feine  ©tetlung  mürbe  gan,}  unhaltbar; 
im  3Jtai  1694  enthielt  er  feine  (Sntlaffung  at§  ."pofprebiger ,  s$rofeffor  unb 
SSibliotfjefar.  (£r  begab  fid)  nun,  einer  früheren  (Sinlabung  beä  i8ifd)of§  bon 
6rmtanb  folgenb,  nad)  A^eilSberg,  bem  .'pauptorte  beä  33igtt)um§,  mürbe  f)icr  mit 
befonberen  ®t)ren  empfangen  unb  trat  am  25.  %\ili  1694  mit  feinem  ©otjne 
unb  feinen  beiben  ermadjfenen  2öd)tern  jum  fattjolifct)en  ©lauben  über.  SSatb 
barauf  begleitete  er  ben  33ifcr)of  nacb,  SGßarfdjau,  too  er  tion  König  ^otjann 
überaus  gnabig  empfangen  mürbe,  lehnte  eS  aber  nad)  feiner  9türffe(rc  ab,  eine 
Stellung  in  ber  Umgebung  be§  SSifcIjofS  anjunetjmen,  nab,m  juerft  eine  5|}farr= 
fteHe  in  ©et)ber§malbe  an,  unb  30g  fiel)  bann,  Dom  SSifdjofe  mit  einem  Kanonitat 
auägeftattet,  im  Januar  1695  nad)  bem  bifd)öflicr)en  ©täbterjen  ©utftabt  ^urüd, 
mo  er  am  10.  ©eptember  1695  ftarb.  ©eine  ^ebenSgefcrjid^te  tjat  fein  ©d)mieger= 
fob,n,   ber  sJlr3t  Dr.  Stjriftian  ^etmid)  gefcfjrieben.  Sßon   feinen   äarjtreidjen 

©treitfdjriften  ttjeologifd^en  ^nrjaltä  ift  feine  befonberer  6rmär)nung  mertfj,  audj  bie 
fleineren  pljilofoprjifdtjen  unb  ptjilologifdjen  arbeiten  (.,an  liber  de  mundo  Aristo- 
telis  sit";  „de  cura  virginum  dissertationes  duae" ;  „de  Poenice  ave"  u.  f.  ro.) 
bieten  faum  nodj  ein  3»ntereffe  bar;  bagegen  tjat  fid)  *$•  in  ber  ©efd^idjte  ber 
$f)itologie  ein  bauernbcS  SDenfmal  burd)  fein  gröfjte§  Söerf,  bie  „Libri  IV  anti- 
quitatum  graecarum  gentilium ,  sacrarum ,  politicarum ,  militarium  et  oeco- 
nomicarum"  (1689;  2.  Auflage  1707)  gegrünbet.  3fn  biefem  auä  feinen  5Bortefungen 


SPfeiffer-  g41 

Ijerborgegangenen  Söerf  e  toirb  3um  erflen  Mate  ber  SBerfud^  gemalt,  „ein  bottftänbigeS 
Sehrgebäube  ber  gried&ifäen  Slltertfcümer  ju  conftruiren.  5ß.  fbridjt  in  ber  SJorrebe 
leine  2Ibfid)t  über  ben  »egriff,  bie  Aufgabe  unb  bie  Stellung  ber  ^tnlotogie  auS. 
<£r  erflärt  fie  at8  bie  Äenntnif}  ber  ©brachen  unb  ber  alten  ©efcr)ici)te  im 
toeiteften  ©inne  („linguarum  et  änaor^  a^/uwXoytuc  h.  e.  antiquitatis  et 
historiarum  verarum,  fictarum  notitia")  unb  betrachtet  fie  junädjft  als  #ilf8» 
toiffenfdjaft  für  bie  berfd)iebenften  anberen  SötffenfdEjaften,  tjeilige  toie  profane, 
ift  inbeffen  ntctpt  abgeneigt,  Hjr  geroiffermafjen  auch"  bie  SSebeutung  einer  fetbft* 
[tänbigen  SBtffenfcJaft  *U3ugeftet)en  („est  namque  et  ipsa  Philologia  suo  modo 
quaedam  scientia"  unb  ,,quae  omnia  .  .  argumenta  sunt,  Philologiam  esse  in 
numero  scientiarum  reponendam,  ad  minimum  earum,  quae  .  .  .  adiumentum 
aliquod  conferunt  superioribus  scientiis  tum  profanis  tum  sacris").  3n  bem 
Söerfe  fetbft  berjanbett  er  in  erftcr  Ucet^e  bie  gotte§btenfilidjen  2lltertljümer 
(Opfer  unb  gefte),  im  Reiten  bie  ©taatS=  unb  9tecf)tg=2lltert!)ümer  mit  @in- 
fcfctufj  ber  Metrologie,  im  britten  ba§  ÄriegStoefen,  im  bterten  ba§  häuslidje 
ßeben  ber  alten  ©rieben,  überalt  auf  ©runb  felbftänbiger  unb  umfaffenber 
Oueltenfiubien,  6efonber8  ber  alten  ©rammatifer  unb  ßertfograpljen,  aber  in  fetjr 
ungelenfer  ©arftellung,  oljne  alle  griffe,  ofoie  Kare  Slnfcfmuung  be§  antifen 
griec&ifdjen  8eben§  unb  olme  33erftänbni&  für  ben  tjetlenifcrjen  (Seift  nur  an 
ben  2leuBerIidf)feiten  tjaftenb"  (Surjtan).  —  Sie  bon  $.  tjanbfdjriftHdj 
Ijinterlaffenen  „Explieationes  philologicae  dictorum  N.  T.';  finb  nicht  mm 
2)rucfe  gelangt. 

Vita  Joh.  Phil.  Pfeifferi  scr.  Christ,  de  Helwich,  Med.  Dr.    2lbgebrudt 
in  Sljrift.  ©ttjpt)iug,   vitae   selectae  (1739),  ©.    581—600;  bafetbft  befinbet 
fid)  aud)    ein  3$eraeid&nifs   ber   Heineren  ©c&riften  Sßfeiffer'8.    —  Rödler    (Sei 
Sej.  III,  ©p.  1493  ff.  —  Surften,  ©efch.  ö.  ^fiilot.  ©.  322. 

m,  ._        _    „  9t.  ^odje. 

^fetttcr:  Sodann  griebrid)  b.  $.,  (Sameralift,  geb.  1718  ju  SBerlin, 
t  am  5.  ^Jcärj  1787  in  Mains,   flammt  au§  einer  ©c^toetaerfamUte,   trat  früfj 
in    preufjifctje  ÄriegSbienfte ,    najjm    all   Offtcier  an  ber   ©bracht   bei    Molmifc 
(10.  2lprit  1741)  £t)eil,  mürbe  l)ernadj  ÄriegScontmijfar,  Ärieg8=  unb  ®omänen= 
ratfi,  mar  1747—1750  a(8  SJirector  ber  2lu§eiuanberfefeung3commiffion  unb  ber 
neuen    (Stabliffementg    in    ber  Äurmarf,   aulefet   mit   bem   Xitel   eine8  geheimen 
9cat$e8,   ttjätig  unb   legte   toätjrenb   biefer  geil  150  Dörfer  unb  GtaoliffetnentS 
tn  ber  Äurmarf  an,  tourbe  aber  jutefet  megen  2Jerbad&t8  eine8  Unterfchleifö  beim 
^ol^anbel  in  Unterfudjung  gesogen   unb  nach"  ©panbau  gebracht.     Obroot  un-- 
fdjutbtg  erfannt,  berliefc  5ß.  boctj  ben  preufcifdjen  ©taat8bienft,  burd&toanberte  in 
einer  9teih>  bon  Mren  ©djlefien,  SSranbenburg,    Mecklenburg,  ©actifen,  Defter» 
reid),    Saiern,    bie    ©djtoeij   unb   mehrere   fleine  beutfcfje  tfänber,    in   benen  er 
borübergehenb  für  mehrere  9ceid&8fürften  (Sefd&äfte  beforgte,  lebte  feit  1769  suerft 
im  £o§enlo$ef$en,  bann  in  £anau,   fl&eils   auf   eignen  Sanbgütern,   t$eil8  auf 
tjerrfdjaftlichen  Domänen,  too  er  fidj  mit  praftifctier  8anbtoirt§fd&a?t,  Manufactur* 
angetegentjeiten ,    chemifctjen  Sßerfudjen    unb    litterarifcrjen   arbeiten    befdjäftigte 
mufete  §anau  1782  megen  Serbriejjlid&feiten  mit  einer  Maitreffe  berlaffen    ging 
nad]  f^ranffurt  unb  mürbe  noct;   im  felben  ^a^re,   obtoot  «proteflant,   an   bie 
Uniberrttät   Mains   al8  «ßrofejfor  ber   6amerallt)iffenf($aften  berufen   unb   ftaro 
als  foldjer  1787. 

©eine  fdjriftfteEerifc^e  Sßirffamfeit  beginnt  erft  1768,   alfo  im  50.  üehetä-- 
ja^re,  ift  aber   bann   eine  aufjerorbentlidj  reiche  unb  Dielfettige,     ©eine  |>aubt= 
merfe   finb:   „Se^toegriff   fämmtlidjer  öfonomifd)er   unb    6ameraltoiffenfd^aften" 
4  23änbe,  1770  ff.,  bon  3eitgenoffen  als  baS  borpglid)fte  Sud)  biefer  3lrt  fierbor= 

3lEgem.  beutfc^e  SBioötap^ic.    XXV.  41 


642  Pfeiffer. 

gehoben;  „©runbrifj  ber  toasten  unb  fallen  StaatSfunft",  2  53änbe,  1778; 
„^iatürttd^e  au§  bem  Snbjmed  bet  ©efeltfcrmft  entfterjenbe  allgemeine  s$oli3ei= 
roiffenfdjaft",  2  23änbe,  1779;  „©runbrifc  ber  fJinanjttHffenfdjaft'',  1781; 
„©runbfätje  ber  unitierfal=Sanm-alroiffenfd)aft'\  4  Xtjeile:  StaatSregierungSfunft, 
ißolijeimiffenfdjaft,  StaatSöfonomie,  iyinanattnffenfdjaft,  1783,  neben  toeldjen  in£= 
befonbere  nod)  feine  „tritifdjen  ©tiefe",  „tiermifdjte  33erbefferung3tiorfd)täge  unb 
freie  (Gebauten"  unb  ber  „2lntipt)t)fiofrat"  ju  erwähnen  finb.  $•  ^-  s)Jtofer  Ijat 
au£  feinem  s]tad)laffe  nod)  „©runbfätje  unb  :liegc(n  ber  Staatömirtt)fd)aft''  1791 
herausgegeben.  s$.  mar  einer  ber  bcbeutenbften  unb  tiietteid)t  ber  am  meiften 
d^atafteriftifrf)c  Vertreter  ber  fpecififd)  beutfdjen  Gameralroiffenfdjaft ,  reid)  an 
pofititien  Äenntniffen  unb  Srfatjrungen  fotuol  auf  bem  tedjnifcrjen  mie  bem 
praftifd)=öfonomifd)en  ©ebiete  ber  Sßiffenfdmft ,  babei  nidjt  otjne  ©eift  unb 
£5fäfjigfeiten ,  aud)  allgemeine  principietle  ©ebanfen  ju  entroideln ;  aber  ebenfo 
unptjilofopljifd)  voie  unjuriftifd)  unb  untjiftorifdj ,  ein  reiner  (Smpirifer ,  ber  eben 
befjtjatb  auef)  beu  grofjcu  Seroegungen  ber  ©elfter  feiner  3^tt  burdjaul  ableljnenb 
gegenüberftanb ;  ieftgerannt  in  bie  Routine  ber  33erroaltung  kleinerer  beutfd)er 
Staatsmefen,  begriff  et  beu  ^ImfiofratiSmuS,  ben  er  immer  fo  lebhaft  befämpfte, 
ebenforoenig  tuie  bie  ^oftulate  ber  pt)ilofopt)ifd)en  Staatslehre  feiner  3eit.  ütro^ 
feiner  litterarifd)en  ftrucrjtbarfcit  l)at  er  boct)  auf  bie  äöeiterbilbung  ber  politifdjen 
Defonomie  feinen  Sinflufs  gehabt. 

Teufel,  l'ejifon  ber  tion  1750 — 1800  tierftorbenen  Scfjriftftetler. 
%.  ©.  31.  £öd,  2lltg.  litt.  äna.  1797.  —  Strieber,  ."peffifdjeS  ©elet)rten= 
tcrifon.  —  (Srnefti  in  vnrfdjing's  .ftanbbud)  3?b.  VII,  too  aud)  reidje  litte= 
rarifdje  .öintoeife.  —  2BiH,  5yerfud)  über  bie  ^tjtifiofratie.  —  Ütojdjct,  ©e» 
fd)id)te  ber  sJtationatöfonomif.  —  iöilbniffc  tion  Ärüger  im  32.  Steile  ber 
ti.  $rünitj'fd)en  ©nctjllopäbie  1784  unb  tior  '^feiffer'S  ©runbfätjen  ber  Staats* 
wirtt)fd)aft  1791.  Snamo. 

Pfeiffer:  Äarl  .ö ermann  ty.,  $upferfted)er.  '-Rad)  äöuqbad)  märe  er 
in  granfiurt  a.  sJJt.  1769  geboren,  aber  bie  bieten  ber  SÖiener  llnitierfität  unb 
f^uefjti  geben  biefe  Stabt  als  feine  Heimat  an,  letzterer  Sdjriftftetler  beftimmt 
bie  3eit  blo§  „um  1766".  Gnu  Sdjüler  beS  älteren  Sranb  ertjielt  er  1784 
ben  afabeinifcrjen  tyxeiZ  für  eine  nad)  einem  Delbilb  feine§  ßetvcerS  ttjeils  ge= 
ftotf)ene,  tljeits  rabirte  t'anbfdjaft.  @r  bebiente  fid)  tierfdjiebener  Xedjnifen,  mit 
Sßorliebe  aber  ber  'Spunttirmanier  im  Gljarafter  ber  englifdjcn  Slätter,  benen 
feine  ßeiftungen  gleidjfommen  an  ©efdjmad  unb  gierttdjfeit.  2luä  bem  Sebcn 
beS  $ünftler$  ift  feejr  menig  befannt,  fein  Später  flammte  au§  ^ranlfurt  a.  9fl. 
unb  mar  ju  äßien  Secretär  in  einem  abeligen  .ftaufc.  3)ie  3a*)t  ber  tion  ■$. 
gelieferten  Stätter  ift  aufjeroröentlid)  grofj,  fo  bafj  l)ier  nur  einige  fjertiorragenbe 
angegeben  merben  tonnen,  «gnftorie,  ÜtetigiöfeS,  ^CRntcjologie  ic. :  ^Jlaria  mit  bem 
ßinbe,  nad)  ^ÜQ^;  3*"  anberc  Wabonnen  nad»  Sartolomeo  beEa  s^?orta  unb 
Saffoterrato  für  ba§  ©alerieroerf  tion  ."paae;  33enuS,  aus  bem  S9abe  fommenb, 
naci)  ©iuliano  ba  $arma ;  Jupiter  auf  bem  3ba,  nad)  fienS;  9Jcabonna,  nad) 
2JlengS;  Urttjeil  SalomoniS,  nad)  ^ouffin;  9lriabne  auf  9iajog,  nad)  Süger. 
Porträts :  ©r^er^og  ÄatI,  nad)  ^ßifani;  gürft  ^ol)ann  ju  lHd)tenftein ,  nad) 
bem  älteren  ßampi;  $aifer  ^"3-  nac^  3f-  ©•  33auer;  5Prin3  ©on^aga  6a= 
ftiglione,  nad)  Sdjröber;  Äaiferin  ^Dlaria  2t)erefta,  bie  ©ematjltn  granj  1.,  nad) 
Äreu(unger;  gütfttn  Xt)erefe  ^inSft),  nad)  ©raffi;  gürft  ^arbenberg,  nac^  Sieber; 
Napoleon  unb  53tarie  fiouife  im  Äaiferornat ,  nad)  ßober;  ^er^ogin  5}iaria 
93eatrice  b'Sfte,  nad)  ßaucig;  (£arbinal  XrauttmannSborff,  nad)  Stieler;  gürftin 
^auline  Sd)mar]enberg ,  nad)  Delentjainä ;  9ltbred)t ,  Jperjog  tion  Sad)fen= 
£efd)en,   nad)   3fßD^;    gran^   3aune^"   öon   i^elpatan,   nad)    33.  ti.  Sdjrötter; 


«Pfeiffex.  643 

ftranj  (Sbler  öon  9Jlad,  nad)  $itfel;  Dr.  23rambilla,  nadj  Sambi;  ,g)offc§au= 
fpieler  Sänge,  nadj  Sßolf;  äöotfgang  2lbt  öon  ÄremSmünfter,  nact)  ßaptün. 
anbete  33tätter  finb  baS  2)enfmat  ber  gamilie  9Jtad  in  .RatfSburg  Bei  äßien, 
jcueä  beS  gelbmarfd)att=SieutenantS  £>.  be  ©djmibt  in  ÄremS,  öerfctjiebcneS  in 
bem  genannten  ©alerieroerf  unb  ein  3eid)enbudj  für  2)amen,  30  33lätter  3beal= 
töbfe  nad)  älteren  ^Jleiftexn.  3n  ber  Sitteratur  werben  itjm  mehrere  arbeiten 
3ugefprod)en,  roeldje  inbefj  öon  einem  f$.  Pfeiffer  b>rrül)ren,  ber  gleichfalls  in 
äßten,  nod)  um  1809  gelebt  t)at. 

Söeinfoöj,  SBeför.  b.  f.  f.  Slfabemie  b.  bitb.  Äünfte.  «Reue  StuSg.  2Bien 
1875,  ©.  77,  83.  —  gue&li ,  Sinnalen  I,  ©.  57.  —  9ta<$tr.  3.  Äünftlet« 
terüon  II,  ©.  1078.  —  Oefterr.  9lationaI=<£ncnf[opabie  IV,  ©.  201.  — 
SBurjbad)  XXII,  ©.  184.  21.  31g. 

Pfeiffer:  Subroig  «p. ,  geb.  ju  Raffet  am   4.  3uti   1805,   f  ebenbafelbft 
am  2.  October  1877,  mar  braftifdjer  Slrjt  unb   auf   bem  Gebiete  ber  3oologie 
unb  SSotantf  mit  (Srfolg  fdjriftftellerifd)    ttjätig.     9cad)  Slbfotüirung  feiner  mebi= 
einigen   ©tubien  ju  ©öttingen   unb  Harburg   unb  erfolgter  Promotion,  begab 
ftdj   5ß.   Behufs   meiterer   toiffenfdjaftlidjer  SluSbilbung   nad)    5ßariS   unb  Sertin. 
2km  bort  im  §erb[te  1826  nad)  Raffet  äurüdgefeljrt ,   begann   er   feine  ärätlidje 
$rajiS.     ^m  3.  1831   folgte  er  einem   öon  $olen   auS  an  beutfd^e  Geräte  er= 
laffenen  Aufrufe  unb  toirfte  als  ©labSa^t  in  Sajienfa,  ^omorce  unb  2Barfd)au. 
2In  legerem  Orte  entfaltete  er  gelegentlich  einer  bafelbft  ausgekrochenen  (Spolera« 
epibemie  eine  aufobfernbe  Stjätigfeit.     Sie  daöitulation  Söarfcfjau'S   öeranlajjte 
it)n  sur  ftüdfeljr  nact)  ber  Heimat,   ba   er  eS  öerfdjmärjte ,  bem  anerbieten,  in 
ruffifdje    Sienfte    ju    treten,    golge   ju   leiften.     ©einer   lleberjeugung   öon  ber 
9tid)tübertragbarfeit  ber  (Spolera  gab  er  in  einer  Keinen  ©djrift  SluSbrud:  „Sv= 
faljrungen  über  bie  Spolera,  gefammelt  im  ^oSpitale  ju  äöarfdjau  im  ©ommer 
1831".     93alb  barauf  gab  er  feinen  ärjtlidjen  Seruf  ganj  auf,  um  ftdj  ungeftött 
naturtoiffenfdjafttidien    ©tubien    unb    fdjriftfteHertfdjer    2f)ätigfeit    ju    roibmen. 
Dtadjbem   er  junädift   mit   einigen   Ueberfetmngen  mebicinifdjer  ©djtiften  an  bie 
£)effenttid)feit  getreten  toar,  öerfafjte  er  eine  lange  9teib>  eigner  arbeiten,  äoolo= 
giften  unb  botanifdjen  3nf)altS.     3Jletjrfa$e  Reifen  burd)  2)eutfcb>nb,  bie  ir)u 
bie   öorpgtidjften   botanifdjen  ©arten  ber  ^auptfiäbte   !ennen   letjrten,   lieferten 
if)tn  baS  Material  ju  einigen  ^ublicationen  über  bie  Familie  ber  Sacteen,  unb 
eine  größere  fteife  nad)  Guba  roäb>nb  beS  äßinterS  1838  39  öerroertljete  er  für 
bie  Veröffentlichung   feiner  aoologifdjeu  gorfdjungen.     S)urd)  (Srcurfionen  inner* 
rjalb  feines  engeren  VaterlanbeS  öerfdjaffte  fid)  $.  eine  grünblid>e  tenntniß  ber 
^effifdtjen    ^flanjenroelt ,    meiere    in    ber    Verausgabe     merttjöütter    floriftifd§er 
arbeiten  ju  Sage  trat.     9tactjbem  er  feinen  jüngften  ©ob^n  1870  auf  bem  gelbe 
ber  ßtjre   in  granfreic^  öerloren  ^atte,    begann    ber  bis  bafnn  ferngefunbe  unb 
fräftige   Wann  $u  fränfeln.     3mar   fonnte   er  1874  nod)  eine  atoeimonatlic^e 
ffteife  nad)  Satalonien  unternehmen,  boc^  festen  bie  früheren  Gräfte  nidjt  roieber 
unb    er    erlag,    72    3ab>e    alt,    einem    ftetig   fortfdjreitenben  Sungenleiben   am 
2.  Dctober  1877.    3mei  3al)re  öor  feinem  Sobe  blatte  er  nodj  bie  greube,  auS 
Slnlaß  feines   fünfjigiäb^rigen  S)octorjubiläumS,   fein   mebicinifdjeS  S)octorbiölom 
erneuert    unb    außerbem   mit   ber    prjilofoörjtfcfjen  Soctormürbe   fic^  bebadt)t   3U 
feilen,     ^ß.  roar  ein  öielfeitigeS  Talent,     ^eben  feinen  toiffenfc^afttidjen  ©tubien 
fanb  er  noeb;  ßeit,  fic^  mit  3eid)nen  unb  namentlich)  mit  sIRufif  in  b^erborragenber 
SBeife  ju  befdjäftigen.     6in  ©c^roager  beS  ©omponiften  ©po^r,    feilte  er  beffen 
iunftlerifcrje  SBeftreÖungen  unb  roirfte  aud)  felbft   bei  mufifalifc^en  Aufführungen 
toieberljolt  als  auSübenber  Äünftlex  mit.    hieben  ber  auf  bem  ©tjmnafium  ertoor* 
benen  gertigfeit  im  ©ebraueb^e   ber  claffifdien  ©brauen,   t)anbb^abte  er  aud)  baS 

41* 


644  Pfeiffer. 

granjöfifdje,  (Sngtifdje,  $olnifd)e  unb  ©panifdje  mit  Ceicfjtigfeit.  Den  bei  rueitem 
größten  9taum  unter  'ißfeiffer'g  ©djriiten  nehmen  feine  joologifdjen  Nbfjanblungcn 
ein,  bie  fid)  iaft  auäfdjliefclidj  auf  ßondjtjliologie  bejieb,en  (bergt.  Catalogue  of 
scientific  papers  vol.  IV,  p.  872  sqq.).  93on  feinen  botanifd)en  9lrbeiten  ev= 
fd)ien  juerft  1837  eine  „Enumeratio  diagnostica  Cactearum  hueusque  cognitarum" 
unb,  in  etttmä  Deränbertcr  Raffung,  unter  bem  beutfdjen  Xitel :  „53efd)reibung 
unb  ©rjnonrjmtf  ber  in  beutfdjen  ®ärtcn  lebenb  borfommenben  Gacteen".  Den 
^roed,  roetcfjen  biefe  ©djriften  berfolgten,  burd)  eine  üergleidjenbe  3ufammcnr 
faffung  ber  über  biefe  ^amitte  in  ber  botanifdjen  ßitteratur  ^erftreut  fid)  bor= 
finbenben  Definitionen  unb  SBefdjreibungen ,  foroie  burd)  eigne  93efd)reibung  ber 
nod)  nid}t  Deröffentlid)ten  2trten  eine  Ueberfidjt  über  ben  jeitmeiligen  ©tanb  ber 
ßenntnifj  biefer  eigentümlichen  •Jpflanjenformen  au  geben,  Ijat  ber  SBerfaffet 
öottfomtnen  erreid)t.  6r  f)at  bie  in  ben  größten  botanifdjen  ©arten  Deutfdj* 
lanbä  cultiöirten  9lrten  an  bem  tebenben  Material  felbft  unterfudjt  unb  aud) 
bie  reiben  Erfahrungen  beS  dürften  bon  ©atm=9ter)fferfdjeib=Dr)d ,  bc§  erften 
^ennerg  ber  fuecutenten  ©eroadjfe,  burd)  perfönlid)en  'üJteinungäauätaufd)  fid)  $u 
tRufeen  gemadjt.  Unter  2Jerroerfung  ber  Decanbofle'fdjen  (Jintbeilung  ber  Gacteen 
in  bie  Unterfamilien  ber  Opuntieae  unb  Bhipsalideae,  bringt  er  bie  gfamitie  in 
10  gleid)rocrtt)ige  (Gattungen.  9todj  einige  9luffäfce  in  ber  ßinnäa  (33anb  XII, 
1838)  unb  ben  Steten  ber  ßeopolbina  (1839)  fjanbetn  über  bie  Gacteen.  Den 
9Ibfd)tuf}  mit  biefer  Familie  mad)te  %  burd)  bie  ,£)crau§gabe  eineö  größeren 
itluftrhten  2ßerle§:  „9lbbilbungen  unb  93efd)rcibungen  blütjcnber  Sacteen" 
(Figures  des  Cactees  en  Heur  peintes  et  Lithographiöes  d'apres  nature),  beffen 
erften  93anb,  bon  1843  an  in  6  ßieferungen  erfd)ienen,  er  gemeinfam  mit 
Sfriebrid)  Otto  bearbeitete,  roäljrenb  er  ben  jroeiten,  beffen  ©djtufjbeTt  1850 
fjerauäfam,  allein  berfafjte.  3m  ganzen  enthält  ba3  3Ber£  60  cotorirte  lafcln 
unb  ben  befdjreibenben  £ejt  unb  empfte^tt  fid)  burd)  genaue  unb  elegante  3Iu§= 
füljrung.  23on  anbern  s^flan3enfamitien  roaren  es  bie  Cuscutaceen  unb  Nym- 
phaeaccen,  mit  benen  *p.  fid)  fpecteüer  befdjäftigte  unb  über  meld)e  er  berfebie-- 
bene  2luffäfce  in  ber  iöotanifdjen  Rettung  (1843,  1845,  1846  unb  1854) 
beröffentlid)te.  ©eine  ftoriftifd)en  ©tnbien  begannen  mit  einer  botanifd)en  @v= 
forfdjung  be§  llleifjner'ä,  über  beffen  fubalpine  glora  ev  in  einer  1844  erfd)ie= 
nenen  Subiläumäfdjrift  berichtete.  3fm  auftrage  beS  33ereinS  für  rjeffifdje 
©efdjicrjte  unb  ßanbesifunbe  unternahm  «p.  unter  9Jtittt>irfung  öon  3-  -&•  6affe= 
beer  bie  Bearbeitung  einer  „Ueberfidjt  ber  biSljcr  in  .Wurbeffen  beobachteten 
milbroadjfenben  unb  eingebürgerten  ^flan3en",  mobon  bie  erfte  Slbtbeitung  1844 
JjerauSfam.  Diefe  umfaßt  bie  pf)anerogamen  ©eroädjfe  unb  bon  ben  $rt)pto= 
gamen  bie  ©efäfjpflanjen ,  IRoofe  unb  9l(gen,  im  ganzen  1852  SIrten.  3n  ber 
jroeiten  2lbtt)eilung  fottten  bie  fttedjten  unb  ^il^e  nadjfolgen.  Ob  biefetbe  je 
beröffentlidjt  toorben,  ift  afferenten  unbefannt  geblieben.  Die  ^Reihenfolge  ber 
angeführten  ^flanjen  gefd)ieljt  ob,ne  roeitere  Äritif  in  alpfjabettfc^er  Crbnung, 
neben  bem  tarnen  bie  Eingabe  be§  gunb=  unb  ©tanbortc§  unb  be8  ginber§ 
bringenb.  'üRit  einem  5lu§rufung83eid)en  finb  biejenigen  s4>flan3en  be^eidjnet,  für 
beren  9tid)tigfeit  bie  Sßerfaffer  glaubten  einfielen  ju  fönnen.  Diefe  ©d)rift  mar 
ein  Vorlauter  einer  größeren  ßloxa,  roeldje  at§  „glora  bon  5Rieberb,effen  unb 
Mnben"  in  2  SSänben  bon  1847—1855  crfd)ienen  ift.  Seit  $Roend)'§  unboE= 
enbet  gebliebener  glora  bom  %af)Te  1777  (bergt.  91.  2).  35.  XXII,  163)  ift  für  ba§ 
angegebene  ©ebiet  ^fciffer'S  Slrbeit  bie  erfte  Neubearbeitung.  6r  Jjat  ba§  t)terin 
niebergelegte  ^flanäenmateriat  pm  größten  Xb.eite  fetbft  unterfudjt,  aber  aud) 
bie  Angaben  anberer  Tutoren  berücf|"id)tigt.  ^m  ganzen  folgt  er  in  ber  Um« 
grenjung  ber  ©pecieS  335.  ^od)'§  berühmter  ©t)nopft§.  9lud)  bie  gemöf)nlid)ften 
Gulturpflanjen   ftnb   ertoäbnt.     ßinem  ©d)lüffel   jum  Stuffinben  ber  Gattungen 


Pfeiffer-  645 

nadj  Sinnet  ©rjftem  folgt  bie  Aufteilung  ber  Arten  nadj  natürlichen  ftamitien. 
©ie  in  beutfc^ey   Sprache   berfafjten   ©iagnofen   finb   red&t  au£füt)rtid),    faft  ge= 
brängte   SSefcEjteibungen ,   bagegen  finb    ©nnonrjme   unb    Sitate   nur  in  geringer 
3af)t  aufgenommen,     ©ie  genaue  ^enntnife  be§  SBerfaffetS  mit  ber  ^loxa  feiner 
£eimat   gibt   bem   SBerfe  ben  Sßertf)   eineS  guten  SeitfabenS,   ber   für    ben  ®e= 
braud)  auf  (Spulen  unb  junt  ©etbfifiubium ,    worauf  ber  Sitel  r)inweift,   wobt 
geeignet  erfdjeint.     2Rit  ber  grage  ber  botanifd)en  ©rjnonrjmie  unb  Nomenclatur 
tjatte   fidj   *ß.   fctjon   längere  3eit   befctjäftigt.     ©ie  führte  iijn  fdjtiefclid)  3U  ber 
Ausarbeitung  eines  fet)r  nükticrjen  93ud)e§,    ba§    1870   im  ©rud   erfcbien  unter 
bem   Sitel:    „Synonymia  botanica   locupletissinia   generum,   sectionum  et  sub- 
generum    ad    finem    1858    promulgatorum.     In    forma    conspectus   systematici 
totius  regni  vegetabilis  schemati  Endlicheriano  adaptati."    3Jlit  großem  (Srfolge 
fuctjte  fy,  in  biefem  äßerfe  feinem  äJorbilbe,  ©t.  (änbtidjer'S  Enchiridion  botanicum 
(1841),   al§  beffen  gortfetmng,   beaierjungSWeife  Neubearbeitung  bie  Synonymia 
aufzuraffen  ift,  nadjjuftreben.     Die  in  evfterem  noctj  mit  angegebenen  gfamilien» 
djaraftere  bat  $.  fortgetaffen,  in  ber  Aufjätjlung  ber  Namen  felbft  bie  peinlidjfte 
©enauigteit  befolgt,  fo  bafj  beifpielSWcife  bie  berfcrjiebenften  ©djreibweifen  eines 
unb  beffelben  ^flanäennamenS,  mitunter  auS  S)ruc£fet)tern  entftanben,  unter  forg= 
faltiger  Ermittlung  ifjrcS  Urhebers  als  neue  ©rjnonrjma  notirt  finb.     ©ie  Sitte» 
ratur  ift  mit  t)inreidjenber  SJotlftänbigfeit  benufet  unb  audj  bie  ©Triften  älterer 
Autoren,  wie  ^JcidjeU,  Rätter  unb  ©tebtftf)  f)at  ber  Serfaffer  eingefeben.    2Burbe 
bie  JBiaudjbarfett  biefe§  äöerfä  öon  jebem  23otanifer,  ber  fidj  mit  faftematifdjen 
Arbeiten  befcrjäftigt,  rütjmtidjft  anerfannt,  fo  mürbe  ee  mit  nodj  größerer  ^reube 
begrübt,  al§   5ß.   fidj    entfdjtofj,   einen   größeren   botanifdjen  Nomenciator  feiner 
Arbeit    folgen   ju   laffen,    ba   ber   fanget   eines   folgen  fidj  allgemein  fütjlbar 
machte,    bie    Verausgabe   beffelben    aber   toegen  ber  immerhin   ermübenben  unb 
trodnen   Arbeit,   neben   großer   ©adjfenntnife   ein   fjorjeS  «Dtafc  bon  ©ebutb  unb 
Aufopferung  erforberte.     %   bat   in  feinem   legten  unb  umfaffenbften  2Berfe  bie 
Aufgabe,  melcbe  er  fidj  gefieüt,  trefftidj  gelöft  unb  ben  ©auf  ber  SBotanifer  fidj 
erworben.     @S  erfcbien  in  jwei  SSänben,   jeber  2  Sfjeite  entfjattenb ,   1873  unb 
1874  unb  füfjrt  ben  Üitet:   „Nomenciator  botanicus.     Xominum  ad  finem  anni 
1858  publici  juris  factorum,  classes,  ordines,  tribus,  familias,  divisiones,  genera, 
subgenera    vel    sectiones    designantium    enumeratio    alphabetica.     Adjectis   auc- 
toribus,  temporibus,  locis  systematicis   apud   varios,  notis  literariis   atque  ety- 
mologicis  et  synonymis".   @£  werben  in  bem  Söerfe  fämmttidje  in  ben  hi%  1858 
erfdjienenen   botanifdjen   äöerfen ,   pm   Xtjeit   audj   nodj  auS  ber  öorlinneifdjen 
3eit,  publicirten  Namen  ber  ©attungen,  fyamilien  unb  Orbnungen   atter  pbane* 
rogamen   unb   crrjptogamen   ©emädjfe   in    atpbabetifdjer   Neitjenfolge   aufgellt. 
_©em  Namen  be§  AutorS   folgt   bie   Angabe   ber  ißublicationSaeit   unb  bie  forg« 
faltige  Zitierung  berjenigen  SSerfe,  in  benen  bie  ©attung  in  bemfelben  Umfange 
Wie  öom  Autor  aufgefaßt  ift.    hieran  Jdjltefsen  fidj,  nad)  ber  3eit  georbnet,  bie 
Gitate   ber   Tutoren,    meldje   ben  Segriff   beS  betreffenben   genus  erweitert  ober 
eingefdjränft,  ober  bemfelben  eine  anbere  ©tellung  im  ©rjfteme  angewiefen  tjaben, 
al§    fie    in   ber  urfprüngtidjen  Auffaffung   beS  AutorS   lag.     gnblidj  folgt  bie 
Anfürjrung    ber   ©attungsftjnonrjme   mit   Angabe   beS   Autors  o^ne   Gitat,  roaZ 
jeöodj  an  ber  bem  ©rjnonrjm  jutommenben  Stelle  ber  atptjabetifdjen  Auf^ätjlung 
gefunben  wirb.    SSRan  finbet  fomit  in  gebrängter  Ueberfidjt  eine  PoUftänbige  ©e= 
fdjidjte  ber  einzelnen  ©attungen.   ©er  ©rud  unb  bie  AuSftattung,  für  ein  Nadj= 
fcblagebudj,  wie  ba§  öorliegenbe,  nidjt  unwefentlidj,   finb  bortrefflidj.     5>feiffer'g 
Name    ift    baburdj    mit    ber  93otanif   untöSlidj  üerfnüpit.     ^Nöge  fid)  balb  ein 
Nachfolger  finben,  ber  eS  unternimmt,  bas  2Berf  audj  auf  bie  nadj  1858  öeröffent= 


646  ?!«& 

listen   ^flanjennamen    au§<utbef)nen.     $.    fjat   e§    geplant,    fein    lob    aber   bie 
3tu3füf)rung  betfjtnbert. 

SPrifcet,  Thesaurus  lit.  bot.  —  3eitfchrift  ber  ßeopolbtna  1878. 

@.  28  u  n  f  dt)  m  a  n  n. 
yl>jcil:  Gfjrtftopl)  Äarl  Subroig  föei  djäfteiberr  h.  s£. .  befannter 
üDiplomat  unb  ungemein  fruchtbarer  Sänger  geifttidjer  Öicber,  mürbe  am 
20.  Januar  1712  ^u  ©rünftabt,  einer  gräflicf)  8einingen'fd)en  93efitmng  untoeit 
SBormB,  geboren,  ©ein  93ater,  üuirin  ."peinridj  ö.  sJ!feil ,  ber  ^utetjt  roürtem* 
bergifcfjer  £)berf)ofgerid)t3ratf)  ju  Tübingen  unb  Oberamtmann  ju  Suftnau  mar 
unb  im  $.  1722  ftarb,  mar  ein  Sd)üler  9tuguft  ^ermann  ftrancfe'ä;  unb  int 
grancfe'jd)en  s^ieti§muä  marb  auet)  unfer  5ß.  erlogen.  9cachbem  er  feine  ©ttcrtt 
frütj  üerloren,  nat)m  ficr)  ber  jüngfte  93ruber  feineö  5ßatev§,  ber  Pfarrer  SfuftuS 
©ottlieb  ö.  5p.  (f  1748  alä  Oberpfarrer  in  sj:)cagbcburg)  feiner  an.  @r  befucf)te 
bann,  um  3uri3prubenj  ju  ftubiren,  com  3fat)re  1728  an  bie  Uniüerfttät  spalte; 
hernaet)  ging  er  nach  Tübingen.  Sine  afabemifdje  Treibarbeit  „über  bie  9Jer* 
bienfte  beä  ^>aufe§  äöürttemberg  für  bal  beutfehe  Wcid)",  bie  er  hier  in  latei» 
nifdjer  ©pradje  berfafjte,  mact)te  trjn  in  ben  Stuttgarter  Jpoffreifen  befannt.  St 
mürbe  heranlaßt,  fie  inä  2)eutfche  }u  überfeinen;  unb  fie  fanb  fotet^e  33emunbe= 
rung,  bafe  er  noct)  aU  ©tubent  (17:31)  beauftragt  marb,  baä  Jeftament  beS 
■£>crjogä  ©berharb  £ubmig  t.u  oerfaffen.  $m  folgenben  Starjre  marb  er,  20  3ar)re 
alt,  äum  SegationSfccretär  beä  roürtembergifdjen  ©efanbten  in  9tegen6burg  er= 
ttannt,  unb  bamit  begann  feine  biplomatifd)e  Söirffamfeit.  9tid)t  lange  barauf 
berlobte  er  fid)  mit  einem  einfachen  ^Jtäbcrjen,  baS  er  bor  ber  -Ipocf^eit  (am 
12.  October  1734)  noctj  im  Älofter  Wiebermünfter  ju  9iegensburg  aushüben 
liefe;  fpäter  ergab  fich,  bafj  feine  Tjfrau,  bie  als  SBaife  hon  23ürgerg(euten  in 
ütegenSburg  aufgenommen  mar,  au8  abeliger  gantitie  (eine  Xodjtcr  beä  dürften 
hon  Äupferberg  unb  ßeulenborf  in  ©cfjlefien ,  bie  auf  einer  Steife  beibe  @ttem 
an  ber  tpeft  herloren  tjattej  fei,  roa§  bann  feine  fjrreunbe  mit  biefer  iierbiitbung 
auBfötjnte.  Um  biefe  ^eit  ftanb  $.  auch  in  23cifef)r  mit  bent  ©rafen  äin^en- 
borf;  er  mar  fogar  eine  3eit(ang  mit  bem  ©ebanfen  umgegangen,  felbft  feinen 
Söohufih  nach  £>errnhut  ju  öcrlegen.  £ och  löfte  fich  biefe§  93ert)ältntfe  unb  ,jmar 
nicht  jiim  minbeften  bon  SßfeifS  Seite  mit  beärmlb,  meit  ber  ©raf  3in,}cnborf 
fid)  über  ^fcil'6  23er£)cirati)ung  mit  einer  „^Bürgerlichen"  überaus  geringfdjätjig 
geäußert  chatte.  5p.  manbte  fich,  barauf  merjr  bent  mürtetnbergiferjen  Pietismus 
ju  unb  Jctjlofj  fich.  befonberä  an  Johann  albert  23engel  (f.  21.  £.  23.  II,  881) 
an,  beffen  apotalhptifche  ©tubien  ihn  ganj  befonberä  anzogen.  Stlä  .£>er,}og  Äart 
ttubolptj  öon  2Mrtemberg  =  9ceuftabt  (f.  31.  ®.  58.  XV,  872  ff.,  bef.  375)  2tb= 
miniftrator  be§  .^er^ogtrjitmä  mürbe,  ernannte  er  5ß.  gegen  @nbe  be§  3far)reä 
17:17  jum  3ttfti5=  unb  9tegierung3ratb,  fo  i>a§  ty.  im  §.  1738  nach  Stuttgart 
überfiebelte.  2öäl)renb  ber  3^it  ber  SRegentfchaft,  metche  im  2f.  1738  ^erjog 
Äarl  gfticbridtj  hon  2Bürtemberg»DeU  übernahm  (a.  a.  D.  S.  :''7»'>),  hatte  s4>. 
als  JRegierungäratt)  faft  mit  alten  3roe'9e«  ber  Sermattung  ?u  tb^un;  befonberö 
mirb  fcfjon  in  biefer  3«t  feine  Jtjätigfeit  für  ba§  go^wefen  gerütjmt;  im  %. 
1748  gab  er  bann  eine  Ueberficrjt  über  bie  fämmtlicrjen  gültigen  fjorftgefehe 
unb  =öerorbnungen  rjerauS  („jRealinbej:  ber  mürtemb.  ?Jorftorbnung").  3ll§  -'perjog 
Äar(  ßugen  (f.  91.  S).  S5.  XV,  176  ff.)  im  S-  1744  nach  feiner  Sottiähvigfett^ 
erflärung  bie  IRegierung  übernommen  Ijatte,  marb  ^.  1745  aucr)  3;utelarratr)§= 
präftbent;  bom  ^atjre  1749  an  marb  er  in  Staat^gefdjäften  an  berfdjiebene 
.steife  gefanbt;  im  %.  1755  ernannte  ttjn  $art  (Sugen  jum  ÄieiSbitectorial» 
gefanbten  am  fchmäbifchen  Kreistage.  Heber  feine  tüdjtige  2lrbeit§fraft  unb 
feine  ©emiffent)aftigfett  in  allen  ihm  übertragenen  Remtern  ift  nur  eine©timme; 
aber  bie  furchtbare  ^ifemirthfcl)aft,   bie  nun  einbradj,    fonnte  auch  er  nicht  ah= 


5ßfctX.  647 

toerjren;  ja,  er  mufjte  e§  fid)  gefallen  (äffen,  Dom  ©rafen  Don  lUlontmartin 
(f.  31.  S).  33.  XXII,  204)  erft  (1758)  jum  Serjeimen  Segation§ratb,  unb  fobann 
(1759)  jum  ©erjeimen  9tatlj  ernannt  ju  toerben.  3l)m  roarb  fein  SDienft  immer 
fcefdjtoertidjer,  jumat  er  bei  Dieten  in  ben  9tuf  tarn,  9)tafjrege(n  ju  bittigen,  bie 
er  nur  nidjt  tjatte  tjinbcrn  fönnen;  unb  fo  fudjte  er  benn  roiebertjott  feine  @nt= 
taffung  au§  bem  ©taat§bienfte  nad),  bie  er  enbticfj  unter  bem  13.  Slprit  1763 
ertjiett.-  Sine  ib,m  Dom  ^erjog  angebotene  ^enfion  lehnte  er  ah.  (Sr  30g  fid} 
nun  auf  ba§  Rittergut  3)eufftetten,  im  2tn§bad)ifd)en  3tnifcf)cn  Jh-aitstjeim  unb 
2)infet3büt)t  getegen,  ba§  er  fcrjon  im  3.  1761  getauft  tjatte,  jurücf.  9todj  in 
bemfelben  $at)re  trat  er  jebod)  in  bie  SDienfte  griebrid)  be§  (Srofjen,  ber  itjn  in 
ben  erften  Sagen  be£  (September  (bie  93egtaubigung§fd)reiben  finb  Dom  5.  ©ep= 
tember  1763)  3U  feinem  9Jlinifter  bei  bem  fränfifdjen  unb  fdjttmbifdjen  -ff reife 
ernannte.  Cbfdjon  ba§  preufjifd)e  ©efanbtfd)aft§quartter  in  Nürnberg  errichtet 
toarb,  btieb  bod)  üDeufftetten  5pfeil'3  gerüötjntidjer  SSotjnfit}.  6r  tjat  in  biefer 
©tellung  merjr  für  SSürtemberg  tfjun  tonnen,  aU  in  feinen  roürtembergifdjen 
Siemtem,  inbem  er  aufjer  ^ßreufjen  aud)  bie  beiben  anbern  ©aranten  ber  tanb= 
ftänbifdjen  unb  9ietigion§Derfaffung  2Bürtemberg§,  HDänemarf  unb  (Jngtanb ,  3ur 
«Öülfe  tjeranjog.  ©0  gelang  ir)m  benn  audj,  9Jlontmartin  ju  ftürjen  unb 
SJtofex'S  Befreiung  au  ertohfen  (f.  5t.  SD.  93.  XXII,  380).  $n  fpäteten  Satiren 
tjat  er  Diet  Don  ßranftjeiten  3U  teiben  gehabt;  er  ftarb  am  14.  gebruar  1784. 
—  33on  feiner  frütjften  ^ugenb  an  bi§  in  fein  fpäteS  Sitter  fyat  5p.  fortrüafjrenb 
©efänge  unb  Sieber  berfafjt.  Sitte  feine  Srtebniffe  unb  Erfahrungen  fprad)  er 
in  53erfen  au§ ;  aber  aufjerbem  tjat  er  aud)  eine  aufterorbentlid)  grofje  Slnaaljt 
eigentlicher  geifttidjer  Sieber  gebidjtet.  £)et  poetifdje  SBerttj  berfetben  ift  nidjt 
fetjr  grofj;  bie  bei  toeitem  meiften,  namentltdj  bie  erjärjlenben,  finb  nidjt  öiet 
metjr  alä  gereimte  5ßrofa;  aber  e§  fpridjt  fidj  in  atten  ein  ebter,  frommer  ©inn 
unb  ein  gläubige^  ^erj  au§ ;  itjm  fetbft  gemährte  e§  in  ferneren  ©tunben  2roft 
unb  (Srquidung,  toa§  feine  ©eele  bettiegte,  in  btefen  SJerfen  augjufpredjen.  33on 
feinen  Siebern  finb  nad)  Äodj'fc  Angabe  (ögt.  unten)  940  gebrudt.  Siefe  er= 
fdjienen  in  bier  ©ammtungen,  Don  tüeldjen  bie  beiben  erften  Don  üjß.  fetbft  r)er= 
ausgegeben  mürben ,  bie  beiben  anberen  aber  Don  anbern  befcrgt  finb.  3uerft 
gab  er  im  ^.  1741  ,,  Sieber  Don  ber  offenbarten  3u^unft  unb  <!perrlid)feit  be§ 
^>errn"  b,erau§,  ju  metdjen  bie  93enget'fdje  ©rflärung  ber  Offenbarung  ^ot)anni§ 
itjn  begeiftert  tjatte;  biefe  Sieber  erfdjienen  Dermetjrt  unter  bem  SEitel:  „3tpofa= 
ll)ptif(^)e  Sieber"  im  ^.  1749  unb  bann  in  3.  Stuft.  1753.  @ine  ameite  ©amm= 
tung  tie^  er  im  $.  1747  unter  bem  £itel:  „ßDangetifc^er  Sieberpfatter"  er= 
fcrjeinen;  ju  biefer  fctjrieb  ^.  9t.  93enget  eine  33orrebe.  S)ie  Don  anberen  t)erau§= 
gegebenen  ©ammtungen  3ßfeit'fd)er  Sieber  finb  ba§  fog.  „^Remminger  ©efangbu^", 
im  S-  1782  öon  %  @.  ©ctjet^orn  auf  ^feit^  2Bunfcrj  Deranftattet,  unb  „S)e§ 
yteicrj^freiljerrn  Don  !)3feit  eDangetifdje  ©tauben§=  unb  Aöer^enggefänge ,  tjerau§= 
gegeben  Don  einer  ©efettfdjaft  c|rifttid§er  gveunbe",  S)infet§büf)t  1783,  ba§  fog. 
„S)infelSbüt)ter  ©efangbudj".  9lu§  biefen  ©ammtungen  finb  eine  größere 
9tnjab,l  getfttidjer  Sieber  in  ©emeinbegefangbüdjer  übergegangen;  einzelne  be= 
finben  ftctj,  ttjeitmeife  in  fpäterer  Ueberarbeitung  Don  anbern,  tjier  unb  bort  nodj 
in  itjnen. 

^peinrid)  lütera,  5Daö  Seben  be§  c^riftticb.en  2)id)ter3  unb  5Jcinifter§  6§ri= 
ftopb,  $art  Subttig  Don  Spfeil.  Stuttgart  1863.  —  Äo$ ,  ©efc^tc^te  be§ 
$ird)entieb§  u.  f.  f.,  3.  Stuft.,  93anb  5,  ©.  176  ff.  —  gifctjer,  Äir^entieber« 
teriton,  2.  £ätfte,  ©.  463  a.  —  «Bleutet  X,  ©.  392. 

t.  u. 
^fcil:  ^t anj  %•>  9ied)t§geletjrter  unb  ©taat§mann.     ©eboren  ju  «ölagbe= 
bürg,  wibmete  er  fid)  ber  föedjtSunffenfcrjaft  unb  rourbe  Dor   1542  Dr.  jur.  utr. 


648  SPfett. 

3n  gebacfjtem  ^a^re  finben  mir  itjn  ata  .Uanjler  bes  23ifdjoTS  bon  Naumburg 
(^eitj),  Wtcolaus  bon  2lmSDorf,  nadjbem  jubor  bie  ©tabt  53remen  feine  2ienftc 
bergeblid)  geroünfdit  fjatte.  ^m  $.  1,r,45  tourbe  er  als  ©vmbicus  nad)  £)am* 
bürg  berufen,  in  beffen  juriftifdjen  unb  biptomatifdjen  SDienften  er  erfolgreich 
mirfte,  burd)  Leitung  reid)sgerid)tlidjer  ^rocefje  ber  ©tabt,  foroie  burd)  mid)tige 
©efanbtfdjajten.  ©o  gelang  es  it)m  im  $.  1547  ben  ju  "Mrnbetg  meüenben 
Äarl  V.,  meldjer  ber  ©tabt  Hamburg  roegen  itjres  33eitritt8  ^um  ©djmatfal* 
bifdjen  23unbe  jürnte,  miebcr  ju  berföljnen  unb  jeine  23erjeit)ung  ju  etroirfen. 
1548  glürfte  es  irjm ,  mit  bem  <£>erjoge  bon  ^raunfd)meig=2üneburg  einen  23er= 
trag  inbetreff  ber  l'anbfdjaft  9Jioorburg  au  ber  (Sibe  bei  Harburg  ab,}ufd)lief}en. 
3m  $.  1^52  mar  er  in  Bonbon,  um,  neben  einem  2überfifd)en  Wefanbten,  mit 
ftönig  Gbmarbs  VI.  s3Jcinifteru  ]ü  berfjanbeln  inbetreff  ber  fjaufifdjeu  £)anbels= 
pribilegien.  %m  fotgcnbcu  %crt)xe  tiertief}  er  Hamburg,  um  baö  ©bnbicat  feiner 
SSatetftabt  ^tagbeburg  ju  übernehmen ,  meldjcs  er  nod)  lauge  ^eit  rütjmlid) 
berraattet  f)at.  6r  fott  gegen  fenbe  bes  3at)rb,unberts  berftorben  fein.  ©crüljmt 
mürbe  Dr.  *ß.  öon  feinen  ^citgenoffen  als  gefd)irfter  Diplomat  mie  als  tüd)tiget 
Surift,  beffen  ©djriften,  j.  23.  feine  Responsa  ober  consilia  juris  (erfdjienen  in 
5)tagbeburg  1600),  mctjrfadje  Auflagen  erlebt  tjaben;  gebadjte  Responsa  finb  in 
fyranffurt  1670  neugebrurft  roorben. 

3.    .pamb.    ©djri'tftcUcrleriton     VI,     51.    —    £appenberg,    Xratjigers 
Grjrouif,  Sortoort  XXI,  XXII.   --  Voller,  Cimbriu  literuta  11,  642  ff. 

33  e  n  e  f  e. 
s^fCtl:  ^riebrid)  2Bilf)etm  Veopotb  5p\(  Tvorftnionn,  geb.  am  28.  gftärj 
1783  ju  sJtammelburg  (am  ^par^e),  r  am  l.  September  1859  im  33abe  SBarmbrunn 
bei  -gnrfdjberg  (©d)lefien),  geljött  mit  ju  ben  f)erborragfnbften  ©eifern  auf  forft» 
lidjem  ©ebiete.  33ei  einer  befferen  tl)eoretifd)eu  GJrunblage  mürbe  er  es  fogat 
bielteidjt  jum  elften  gorftmanne  5>eutfd)laubs  gebracht  fjabcu.  s4>-  tierlebte  als 
©ofju  augefehener  Gltem  eine  glüdlidje,  an  ©inbrüdcn  ber  betfdjiebenften  9Itt 
reidje  .tfinbtjeit.  ©ein  33atet,  Sfolmnn  ©ottlob  ^Benjamin  s4>-  (f.  u.  ©.  655),  mar  für« 
fürftlid)  fäd)fifd)er  ^uftijamtmanu  unb  jugleid)  (^eueralbeboUmädjtigter  ber  23e= 
fitmngen  ber  ftreitjertlid)  tion  ^riefen'fcrjen  gamitie;  feine  sUlutter  (jrocite  grau 
bes  Sßatets),  eine  geb.  (SJödiugf,  mar  bie  Sdjraefter  bes  fpäter  geabelten  preufjifdjen 
©etjeimen  Dberfinanjrattjs  unb  befannten  2)idjters  (t  1828).  9ld)t  Äinber 
maren  biefer  glüdlicfjen  @b/  entfprungen,  bon  roeldjen  SÖittjelm  bas  biette  mar. 
6r  follte  eigeutlid)  9ted)t3=  unb  (Sameralrciffenfdmit  ftubiren  unb  be^og  batjer, 
bi§  ju  feinem  14.  ^atjre  burd)  «5)auste()ier  borbereitet,  1797  bas  Gymnasium 
Stephaneum  311  Vlfdjerslcben.  S)er  im  October  1801  erfolgte  piötjlidje  %ob 
feines  23aters  beraubte  itm  jebod)  ber  &ux  go^'tfehung  ber  bejüglidjen  ©tubien 
erforbertidjeu  sDtittel  unb  jtoang  il)n,  frd)  einer  anbeten  ßaufbaljn  (^umenben. 
©djon  bon  früljefter  Sfugenb  ab  Ratten  SBalb  unb  %aa\>  fein  ^auptbergnügen 
ausgemad)t,  rooju  motjl  bie  fd)öne  malbrcidje  Umgebung  feines  (Geburtsortes  bie 
näd)fte  23erantaffung  gemefen  mar.  6r  menbete  fidj  batjer  nun  bem  forftlidjen 
SSevufe  ju  unb  trat  ju  biefem  ^mede  nad)  bamatigem  ©ebraudje  ju  Anfang 
9lobembet  1801  bei  bem  preufeifdjen  Dberförfter  Werften  311  ^önigstjof  (bei 
(Slbingerobe)  in  bie  forftlidje  Set)te.  ©einen  bafigen  Stufeuttjalt  unb  feine 
fpätere  Seb.r^eit  fdjitbert  sJß.  in  bem  Slrtüel:  5Die  ße^r^eit  (Ärit.  Stattet  füt 
goxfl«  unb  ^agbmiffenfdmft,  27.  53anb,  1.  #eft,  1849,  ©.  135—206)  in  fo 
überaus  anjietjenber  SBeife,  ba^  es  ein  matjrer  ©enu^  ift,  fid)  in  bie  Seetüre 
biefer  (Spifobe  ^u  bertiefen,  meldje  un§  tjödjft  tt)pifd»e  23ilbet  au§  bem  ^äget= 
leben  bergangener  3eiten  borfütjrt.  Werften  mar  al§  ©djüter  be§  alten  üDbbel 
ein  guter  Säger,  meldjer  bon  23üd)ern  unb  ©djutmeistjeit  nidjtS  miffen  mollte 
unb  unferen  ty.  in  biefem  ©inne  erjog.     S)er  ©d)merpuntt  mürbe  auf  bie  2lus= 


$fett.  649 

bitbung  in  bei-  £agb,  toe(^e  j,er  Principal  als  Sienftgefdjäft  —  nic^t  als  iöer= 
gnügcn  —  auffafjte,  gelegt.  Sas  füttern  ber  Sagbrjunbe,  Sauberhalten  bet 
©djiefjgetoetjre,  Stbfpüren  unb  Spfirfdjengefjen,  bae  Sauern  auf  ber  gudjstjütte  Bei 
2Binb  unb  äöetter  unb  bergt,  unter  Anleitung  bes  Cberförfters  fetbft  unb  bes 
3ägerburfdjen  £off,  roetdjem  ber  junge  Sefjrling  in  erfter  Sinie  anbertraut 
roorben  roar,  bitbeten  feine  -Ipauütbeidjäftigung.  „£er  23tid  #offs,  toenn  ein 
unüorfidjtiger  Sritt  bes  Sefjrtings  ein  ©eräufdj  madjte,  ein  9teis  fnidte,  ein 
3roeig  raupte,  ein  Steinten  fnirfdjte,  roar  unnadjafjmtidj.  2lerger,  Srofjung 
unb  SBeradjtung  lagen  gleidjmäfjig  barin."  2)as  einzige  forfttidje  23udj  im 
gorftrjaufe  roar  $r.  5t.  2.  bon  S3urgborf's  gorfifjanbbud),  unb  aud)  biefes  mar 
erft  auf  ©tunb  björjeren  Seferjts  angefdjajft  roorben.  Sas  ^önig§t)ofer  Gebier 
roar  in  ber  .«paubtfadje  ein  gidjtenroalb  bon  ben  einfadjften  roirtt)fdjaftlid)en 
Sertjältniffen.  (Sines  £ages  erflärte  batjer  ber  alte  Werften  feinem  Setjrtinge, 
bafj  er  nun  bei  itjm  nichts  toefentlidj  bleues  metjr  lernen  fönne,  fidj  bietmefjr 
auf  ein  Saubfjolarebier  begeben  muffe,  unb  brachte  it)n  gegen  @nbe  bes  3af)res 
1802  felbft  ju  bem  Sanbjäger  $auti  nacrj  £fjate.  Siefer  roar  in  oielen  Singen 
ber  gerabe  ®egenfa£  311  Äerftcn.  6r  tjatte  früher  als  gorftgeometer  unb  Sarator 
unter  £ennert  fungirt,  ^olatjanbet  auf  9tedjnung  ber  Slbmimftration  betrieben, 
unb  galt  für  einen  gelehrten  gorfimann.  Sie  3agb  hingegen  ftanb  bei  irjm 
nidjt  i)od)  in  ßljren,  unb  feine  ßiebtingsbefdjäftigung  (bie  Äunfttif gieret)  tiefj 
itjn  toenig  in  ben  SBalb  fommen.  Sio^bcm  lernte  5|}.  audj  bei  irjm  $Randjes, 
namentlich)  ©efdjäftsfüf)rung  unb  braftifdje  2Jlatl)ematif ;  aufjerbem  madjte  er 
roäljrenb  feines  2tufentt)atts  in  2fjale  bie  23efanntfdjaft  bes  bei  ber  «öatberftäbter 
Kammer  angefte'llten  Cberforftmeifters  0.  .gmnerbein,  roeldje  nidjt  orjne  folgen 
blieb,  ©eine  ©djreibtuft  unb  fein  öoetifdjes  latent  bradjen  fidj  fdjon  bamats 
Q3aljn,  inbem  er  als  Mitarbeiter  an  einem  in  £atberfiabt  erfcfjeinenben  ljalfi* 
fritifdjen  Söodjenbtatte  auftrat,  in  meinem  u.  21.  audj  mandj  launige!  ©ebidjt 
aus  feiner  geber  erfdjien.  9tadj  einjährigem  Shifenttjalt  in  Ibjale  beteiligte  er 
fidj  1803,  unter  Seitung  bes  reitenben  gfetbjägers  gtjber,  au  ber  ißermeffung 
bes  9teöier8  ©efjtbe  (im  |)ilbest)eim'fdjen)  unb  tjatte  bann  bas  ©tuet,  Oon  feinem 
©önner  0.  .gmnerbein,  melier  beauftragt  roorben  roar,  bie  bamats  ju  ^reufjen 
gehörigen  ©taatsforfte  bes  gürftenttjums  Oceufctjätel  unb  Sßatangin  einer  3n= 
fpection  unb  eftebifion  p  unterjieljen,  mit  in  bie  ©djroeia  genommen  ju  roerben. 
■gnerburdj  lernte  er  nidjt  nur  bie  ^auöitljeile  biefes  frönen  (Mirgstanbes,  fon» 
bem  aud)  einige  fübbeutfcfje  ^rorfte  fennen,  roeldje  ^ünerbein  bei  biefer  (Belegen* 
^eit  mit  befudjte.  9ladj  feiner  3urüdfunft  beenbigte  er  feine  formelle  Serjrjeit 
bei  bem  Sanbjäger  ^äb^ne  3U  ^önigSttjal  (©raffdjaft  |)ot)enftein),  roetcfjem  er 
bereits  5Ritl)ülfe  bei  ben  fct)rifttict)en  arbeiten  3U  leiften  Oermodjte.  Scfjon  feine 
£erjr3eit  bot  tjiernad)  eine  getoiffe  SUelfeitigfeit  bar,  toetetje  er  geroiffenb^aft  aus= 
3ubeuten  fud)te;  ba  aber  jeber  feiner  brei  Setjrrjerren  nadj  geroiffen  Stiftungen 
^in  Süden  im  SBiffen  ober  können  geigte,  fat)  er  fidj  frü^eitig  auf  eigenes 
©efjen  im  Söalbe  tjingetoiefen  Siefer  Umftanb  erroedte  unb  reifte  in  it)m 
tinen  geroiffen  fritifdjen  ©inn,  roetcfjen  er  fpäter  in  ausgebeb^ntent  9Jcafje  be= 
tfjätigte,  aber  leiber  nidjt  immer  im  Sienfte  edtjter  2Biffenfd)aft.  Äaum  tjatte 
er  ausgelernt  (im  grübjarjr  1804),  als  fidj  it)m  fogleidj  ein  llnterfommen  unb 
jroar  ats  gorftaffiftent  auf  ben  t)er3ogt.  furtänbifdjen  ©ütern  in  ©djtefxen  bot. 
©ein  ©önner  b.  ^ünerbein  tjatte  audj  Ijier  roieber  bie  Jpanb  im  ©piete  getjabt; 
jubem  roar  einer  fetner  Dnfel  ©eneralbeDotlmädjtigter  ber  ^rinjeffin  Sorottjea 
uon  flurlanb.  2tls  SBo^nfi^  tourbe  itjm  Äteini^  (jur  |>errfdjaft  Seutfdj» 
233artemberg  gehörig)  angeroiefen.  ©ein  Söorgcfe^ter,  gföxfter  Duoert  au  ©ebqtjn, 
roar  ein  alter  Sefuitenaögling  o§ne  jegtidje  forfttietje  Sitbung  unb  fdjon  gegen 
80  ^a^e  alt.     $.    erhielt  ba^er  fo    ju   jagen   ben   ganjen   tedjnifdjen  betrieb 


650  S-Pfeil- 

übertragen.  25aS  Üieöier  war  etwa  14  000  IDtorgen  grofj,  bot  äicmlid)  unge» 
orbnete  93ert)ättniffe  unb  t)atte  ftarf  unter  ben  Eingriffen  ber  polnifdjen  35et>öt= 
ferung  <}u  leiben,  fobafj  er  mannen  gefäfjrlidjen  ©traufj  mit  «g»ot^=  unb  2öilb= 
bieben  befterjen  mufjte  (ögt.  ben  Elrtifel  „5£)ie  Sernjcit"  in  ben  Akitifdjen  blättern 
f.  3f.  u.  3-,  33.  33anb,  2.  £e?t,  1853,  ©.  186—225).  «Dlit  rafttofem  (gifer 
warf  er  fid)  auf  fein  neues  gelb,  aumal  nadjbem  er  nad)  Dubert'S  ^}enfionirung 
(1.  SJtärj  1806)  jurn  föeoierbermatter  aufgerticft  unb  nad)  ©ebcjtm  übergefiebelt 
war.  jDurd)  feine  SSertjeiratcjung  mit  Ellbertine  SBeate  "Dtowad,  Softer  beS 
DberamtmannS  ju  ^eterSborf ,  grünbete  er  nun  aud)  einen  eignen  cjäuSlidjen 
§eerb  ($uli  1807),  aber  er  mufjtc  fid),  wegen  feineS  fnappen  (SinfommenS,  ju= 
nädjft  fetjr  einfdnänfeu ,  jumat  ba  in^Wifdien  ber  SBüdjerburft  in  it)m  erwadjt 
war,  ju  beffen  Sefriebigung  mit  ber  ^eit  eine  fteine  33ibliotf)ef  nottjwenbig  würbe. 
Um  fid)  ungeftört  bem  ©tubium  Eingeben  ju  fönnen,  richtete  er  ficr)  ein  Siebet* 
ftübdjen  unter  bem  5Dad)e  feinet  befcfjräuften  2Bor)nt)aufe8  ein;  wie  befd)eiben 
biefeS  ßtborabo  war,  getjt  barauS  tjerüor,  bafj  er  baffetbe  nur  mittels  einer  Seiter 
öon  aufjen  erfteigen  tonnte.  35er  2Balb  ging  itjm  jebod)  nad)  Wie  öor  über 
EllleS ;  fein  Söatjlfprud) :  „graget  bie  Säume  fetbft,  Wie  fie  erlogen  fein  Wollen-, 
fie  werben  @ud)  beffer  belehren,  als  bie  SBüd^er  eS  tt)nn"  fennacidjnet  bie  9tid)= 
tung ,  meldjer  er  bis  jum  letjten  Elttjemjuge  treu  blieb.  @r  burd)ftreifte  ben 
gorft  £ag  unb  9tad)t,  um  aderwärtS  Crbnung  p  f et) äffen  unb  ber  ftatur  iljre 
©etjcimniffe  ab^ulaufctjen  unb  bracrjte  eS  burd)  feine  unermüblidje  (Suergie  aud) 
batjin,  bafj  bie  gorft=  unb  SBilbfreöet  mit  ber  ^eit  faft  ganj  aufhörten.  2ßof)t= 
trjueub  berührt  in  feiner  ©clbftbiograpfjie  bie  grofee  Offenheit ,  mit  welcher  er 
bie  bamalS  öon  itjm  begangenen  mirtljfdjaftlidjen  ÜJHfjgriffe,  namenttid)  im 
ßutturwefen,  befpricfjt.  @S  war  lebiglid)  eine  ßonfequen^  feincS  rein  empirifdjen 
EluSbilbungsgangeS ,  bajj  er,  feine  be^ügtidjen  (hfafjrungen  öom  ,£>ai\}e  ot)ne 
SöeitereS  auf  baS  ganj  anbere  33err)ältniffe  bietenbe  ©umpfrebier  ©ebcjtm  über= 
tragenb,  (iulturen  unb  fonftige  Operationen  ausführte ,  bereu  (Sirfolg  weber  ben 
Soften,  uod)  ben  Erwartungen  entfprad).  35ie  fveirjeitlidje  Bewegung,  weldje 
baS  beutfetje  58olf  in  ben  $af)rcn  1813—15  ergriff  unb  gegen  ben  fran= 
jöfifdjen  Ufurpator  ju  ben  SSaffen  rief ,  brüdte  aud)  ifjm,  obwohl  er  nie= 
malS  jubor  ©olbat  gewefen  war,  baS  ©djmert  in  bie  ,£>anb.  35ie  fd)te= 
fifdjen  ©tänbe  wätjlten  itm  burd)  patent  bom  12.  $uni  1813  fogar 
jum  Hauptmann,  unb  als  fold}er  foerjt  er  1813  unb  1814  in  ben  ©d)tad)ten 
bei  ©rofjbeeren  unb  äöartenberg  mit,  beteiligte  fid)  aud)  an  ber  33e= 
lagerung  uon  äßittenberg.  sJtad)  bem  erften  ^arifer  f5^ieben  entlaffen,  fetjrte 
er  wieber  in  feinen  früheren  SöhfungSfreiS  unb  ben  Sd)o|  feiner  Familie 
jurücf.  EllS  3ei<i)en  i^tw  v°)Ufriebenl)ett  lie|  it)m  feine  fürft lidje  ^ienfttjerrin 
am  5.  Januar  1815  bie  33eftat(ung  jum  fürfttid)  furlänbifdjen  „Oberförfter" 
ju  £t)eil  werben,  Woburd)  fid)  übrigens  fein  SöirfungSfreiS  ntd)t  änberte.  9iod) 
in  baffetbe  3af)r  fiel  bie  äkröffenttidjung  feiner  erften  felbftänbigen  ©d)rift : 
„(Srjatjrungen  unb  Semertungen  über  bie  ßultur  ber  2Batbungen  in  ©d)lefien 
unb  in  ben  Warfen  nad)  ^artig'S,  Surgborf'S  unb  Äropf^S  ©runbfä^cn".  1816 
folgte  baS  äöerf:  „Ueber  bie  Urfad)en  be§  fd)ted)ten  3uftanbeS  ber  ^orften  unb 
bie  allein  möglichen  Glittet  it)n  ^u  öerbeffem,  mit  befonberer  9lüiffid)t  auf  bie 
s$reuf$ifd)en  ©taaten".  %n  biefer  „freimütigen  Unterfud)ung"  trat  ber  S3er= 
f affer  mit  grofjer  ©d)ärfe  unb  in  geiftreid)er  SBeife  gegen  ben  StaatSWalbbefitj 
auf,  waS  bei  ber  bamaligen  ^eitftrömung  großes  Etuffe^en  tjeröorrufen  unb  bie 
Elufmerffamfeit  ber  gadjgenoffcn  auf  irjn  lenfen  mu^te.  ilurje  3cit  barauf 
(nod)  im  $.  1816)  erfolgte  burd)  feinen  Uebertritt  als  gorftmeifter  in  bie 
35icnfte  beS  dürften  Jpeinrid)  Äarl  Srbmann  ju  ßarolatt)  =  Seut^en  eine  Wefent« 
lid)e  SBerbefferung  feiner  äußeren  Sage.     SDte  betreffenbc  SiienfteSftetle  war  nid)t 


$fct(.  651 

nur  olänjenb  botitt  (ba3  idtjrlidje  ©efammteintommen  inet,  bet   fetjr  reid&lidjen 
Stccibentien   toirb   in   bet   allgemeinen  gorffc  unb  ^agbaeitung,  1874,    ©•  28« 
auf  2000  2blr.  beziffert) ,   fonbern   aueb,  fetjr  felbftänbig,  ba  er  ba§  botle  Süer* 
trauen    feineä  Sienfttjerrn    genofs.     56  000  «Morgen   2Balb    unterftanben  feiner 
SSetmaltung;    nebenbei   würbe  er  auet)  mit  ber  Dberauffidjt  übet  bie  gortfe  beS 
fteicMgrafen  bon  «pütftet-üJluSfau   bettaut.     1819   fottte   et   bie  ©trection  übet 
bie  tefeteren  auäfcfjliefelicl)    übernehmen,    allein  bie  beaügtid)en  Untertjanblungen 
aerfcfiluqen   fiel).     «pfeil'S  £t)ättgteit   in  garotatf)   roar   aunä^ft   ber   »etmepng 
unb  33etrieb§einrict)tung   ber    juget)örigen   gfotfte  augemenbet.     <£r  braute  lerner 
Orbnung  in  bie  ^erfonalberfjältniffe  unb  legte,  aufcer  anberen  Kulturen,  nament= 
liefe  auet)  einige  (Sicfjenfaaten  an,  jebodt)  mar  fein  gefammteä  «Strien  rjter,  ba  balb 
ein  Söenbepuntt  in  feiner  «aufbatjn  eintrat,  bon  ju  furaer  Sauer,  all  bafc  Jtct? 
mefenttiebe  Spuren   beff elften   t)ätten  aeigen  fönnen.     ©cfjon  Trütjer     namentlid) 
aber  in  Garolatrj,  mar  er  tnetfacrj  mit  t)o^ftecjenben  unb  einflußreichen  «mannern 
in  «Berührung  gekommen,   fo  u.  31.  mit  bem  Oberlanbforftmetfter  ©.  2.  £arttg 
unb  bem  (Sei).  ©berfinanaratt)   Sfjilo.     Berbern   blatte   et   auef,   [etne_ ©c|rtTt= 
fteHetet  miebet  aufgenommen  unb  1820  eine  «Brofefjüre:   „Ueber  TOTltttHjlenJdjaTt* 
liebe  «Bitbung  unb  Unterricht   im  allgemeinen ,    mit  befonbetet  «ntoenbung  auj 
ben  Preußen  ©taat"  ic.,   fonrie  in   ben  beiben   Safjren   1820  unb  1821    ein 
arö&ereS   forftencbtlopäbifcfjeä   Söert:    „«öottftänbige  Anleitung  äur  «Berjanblung 
Senkung  unb   ©cfjätutng   ber   Sotten"    (2  Sänbe,    1    *b.  $olafenntm*  unb 
ftoüeraierjung;    2.  93b.  ^otftbefcfjütuing,  gintidjtung  unb  ©Jafcung,  »enufcung, 
©eteebtfame  Je.)  beröffentlicrjt.     m  e§  fiel)  ba^et    um  bie  Seimig bet_  art  bei 
Uniberfität  Berlin  neu  au  errictjtenben  ©teile  eine§  Sehtet«  ber  fSorttun)ienfäa?t 
banbette,   marf   man   fein  2luge    auf  $.     ©teicfjjeitig   ging  itrni  bon  ©annopet 
au§  ber  Antrag  au,    aß  Setter    an   ber  fyorftfctmle ,    meiere   au  6lau8t|al  tn» 
ßeben  gerufen  metben  follte,  eintreten.     $    m  ***"*"'>  ^  5!Ä8?f 
tufung  borttjin  bewerte  fiel)  aber  au§  begebenen  ©rttitben  biö  ß|tern  1821. 
©  in  WuungBbecret  (bom  7.  «Kprit  hattet)   lautete  auT  ben  ^«"bnen^*™ 
«Brofeffor  an   ber  Uniberfität   mit   bem  Xitel  „Dberforltratt)"  unb  2000  3$aler 
©ebatt.     ®a  er,  um  al3  «Jhofeffor  an   ber  Uniberfität  auTtreten  au  tonnen,  beS 
SoctorgrabeS  beburfte,  ermarb  er  fiefj  benfelben  auf  ©runb  einer  mit  & « Jmigung 
ber  pr,ilofobt)ifcr;en  ffacnltti  bentfcl)  gefctjriebenen  SDiffertation :     Uebet  bie  «Jfotfc 
menbigfei/bie  Sforfhoiffenfäaft  mit  bet  ^ationatöfonomie  m  Uebetem  timmung 
Z  Bringe«."    ®a§  betr! Diplom  mürbe  irmt  butd,  ben  berühmten  |egel  (bamalB 
Secan   bet    p^itofoprjifcfjen  gacultät)   überreizt.     9U8   ©pecialracfjet  mahlte   er 
aunäe^ft    gfotjtgefWte     unb    ©taatSfoif  mittbjcfjaftsterjre       £>atte     nun     au* 
»    feinen  äßunfcl),    als   ®ocent   mirfen  au    tonnen,   enblidj    erreijtjo  iteNen 
RA   bo«   im  Saufe   ber  Seit    begebene  Umftänbe    unb  «ßettjaltntlie    fjerau§, 
IIW  %m   ben   3lufentb,alt   in  SSerlin   attmä^   berleibeten.     ®er   Unternjt 
tonnte  fid),  in  Ermangelung  na^er  gforjte,  nic^t  genug  an  ben  SBalb  anlehnen. 
Son  bell  Vertretern  ber  ©runb=   unb  $ül?8toiffenfäaTten   toutbe  ju  biet  geboten 
unb  auf  bie  noct)  jugenblictie  5oxfttDiffeufcl)aft  mit  ©eringltfäjjung   tierabgeleb.en 
l    Mb  t   mochte   fU   bei   feinem  rein  autobibattife^en  auBbttbungSgange  aumat 
unter  ben  Vertretern   bet   ®eifte§miffenf*aften  mie  ©aut   unter   ben  ^topjeten 
fübten.     Snblicf,  geftaltete  fi*   aud,   fein  »etfjältnif;   au  ©.  2-  ©«  ig  mit  bei 
Sri    immer  trüber,     ©o    lam    e*,    ba^  -  ofme  ^eirel^auptfacl,^    in  olge 
feiner  »emüb,ungen  -  bet  foifUifr  Unterricht  1830  bon  »«{VÄ^lari« 
(SbetStoalbe  betlegt  mürbe.     Sie  ßinricfjtung  ber  neuen  21mtalt  blieb    Ijm  att e tu 
überlaffen;    bie  Eröffnung  berfelben   fanb    am   3.  «ötai  b.   g.  S-  Jptt     „4Meu 
ba  7 mW,    toas  er    gemoüt  tjattc.    bie  Sfolirung  ber  Sor,tunHeni«aTt  wn 
bem  geiftigen  ©efammtleben  ber  Seit,   feine   eigene  2o§löfung  bon  bem  grofjen 


652  SPfeH- 

Gentrum  ber  SBiffenfdjajt ,  in  bem  es  ifjm  nidjt  tjatte  gelingen  wollen,  bcr  bon 
Ujnt  öertretenen  äöiffenfctjaft  unb  fict)  fetbft  ben  gebütjrenben  Sßlatj  3U  erobern" 
(23ernt)arbt).  $m  herein  mit  Sftatjeburg  unb  Sdmeiber  terjrte  unb  roirtte  er 
al§  S)irector  ber  neuen  f5rorftafabemic  faft  30  ^aljre,  inbem  er  gleichzeitig  eine 
umfaffenbe  fctjriftftetlerifcfje  jfjätigfeit  entfaltete.  £u  jeinen  ßieblingserfjolungen 
gehörte  bie  ^agb  auf  9tott)milb,  meldjer  er  namentlich  öon  feinem  3agbl)äuäcf)en 
auf  bem  2)ambacl)Sfopfe  bei  üttjale  aus  mit  Vorliebe  nachging.  $on  1856  ab 
begann  er  ju  fränfetn,  lehrte  aber  trotjbem  nocf)  3  3>at)re;  etft  am  20.  ^uni 
1859  erfolgte  auf  sJtacf)futf)en  feine  *}}enfionirung,  unter  ^erleitjung  bei  ^>räbicat© 
„©eljeimer  Dberforftrattj".  6r  beabfidjtigte,  ben  9teft  feiner  Jage  in  Jpirfdjberg 
(Scrjlefien)  p  »erleben,  meil  fjier  feine  (üert)eiratr)cte)  Jocfjter  lebte,  unb  meil  er 
öon  bem  ©ebraucfje  bes  nahegelegenen  23abes  SCßarmbrunn  auf  Sinberung  feiner 
gidjtifdjen  ßeiben  tjoffte.  2fn  aller  Stille  reifte  er  bafjer  uactj  bem  Stfjtuffe  ber 
Sommerborlefungen  (Anfang  September)  atsbatb  nad)  Söarmbrunn  ah ,  ftarb 
aber  ftfjon  am  Jage  nacb,  feiner  Anfunft.  (Sine  Slrterienüertjärtung  tjatte 
fein  Gmbe  tjerbeigefüt)rt.  8eine  irbifcrjen  Ueberrefte  mürben  am  7.  September 
1859  nad)  Jpirfdjberg  öerbracrjt  unb  auf  bem  eöangeliftfjen  griebtjofe  bafelbft 
beftattet. 

2öilt)etm  iß.  mar  ein  9Jiann  öon  fcfjarfem  Skrftanbe,  tüchtigen  forftticljen 
$enntniffen,  guter  ^Beobachtungsgabe,  reictjer  praftifdjer  (hfafjrung  unb  eminenter 
Arbeitsfraft;  er  entbehrte  aber  leiber  ber  <jum  Setjrberufe  erforberlirfjen  natur= 
miffenfctjaTttitfjen  unb  matfyematifcfjen  ©runbtage.  Sein  ganzes  Seben  mar  eigentlich 
ein  itjm  rool  unberoujjter  $ampf  gegen  biefe  Surfe,  beren  Ausfüllung  il)tn,  aller 
5ftüt)e  ungeachtet,  nirfjt  gelingen  mottte.  äöenu  er  trotjbem  als  Sctjrer  grojje 
(Jrfolge  erreichte,  fo  mar  bieö  lebiglidj  feiner  Originalität  —  man  fann  fogar 
jagen  ©enialität  —  <ju  oerbaufen.  @r  belämpfte  nämlicf)  mit  bcr  itnn  eigenen 
@ntfcr)iebeu()eit  bie  bamats  öorrjerrfcfjenbe  bogmatifcfje  9itcJ)tung,  bas  Ausroenbig= 
lernen  beftimmter  formen  nactj  Autoritäten,  bie  ^artig'fctjen  „©eneratregeln". 
<Jr  oertrat  bietmetjr  ben  Stanbpuntt,  bafj  jebeS  forftlicfje  äöirtt)fci)aft»Uerfaf;ren 
ben  @igentt)ümltcl)feitcn  bes  StanbortS  unb  ben  fonftigen  örtlichen  Sertjättniffen 
angepaßt  toerben  muffe,  unb  bafj  ber  gorftmann  in  biefer  33euef)ung  burdj  leine 
9tegel  gebunben  fein  bürfe.  ^>anb  in  Jpanb  mit  biefer  inbiöibuatifirenben  9iicf)= 
tung  ging  eine  t)od)grabigc  Öcfätjigung ,  bie  3ufjörer  anzuregen  unb  beren 
Urtfyeilsfraft  3U  fdjävfen.  Sein  Vortrag  entbehrte  jroar  ber  ftreng  togiferjen 
Crbnung  unb  gleichmäßigen  33et)anbtung  ber  einzelnen  ©egenftänbe,  ba  er  eS 
liebte,  Dom  eigentlichen  Stjema  abauftfjmeifen ;  balb  mürbe  er  ju  ausfütjrticrj,  balb 
p  aprjoriftifrf)  —  je  nactjbem  irjn  eben  fein  eigenes  3intereffe  auf  ben  (Hegen* 
ftanb  Einleitete  ober  fern  rjierüon  Ijielt.  216er  bafür  lag  in  feinen  2Borten  eine 
fytttte  üon  ©ebanfen  unb  praltifcrjen  ginger^eigen ,  unb  fein  (Jifer  im  2)ociren, 
fomie  bie  feinen  Vortrag  burrfjbringenbe  Siebe  jum  SBatbe  mirften  fo  mäctjtig 
auf  feine  3ucJ&rer  ein,  ba^  biefe  über  bie  oft  mangelhafte  Segrünbung  ber  ge= 
botenen  Setjren  tjinroegfarjen.  Setjr  ^u  ftatten  fam  it)m  tjierbei  fein  [tauneni= 
mert^ee  ©ebäcfjtni^ ,  fein  fdjarfer  ^Blirf  unb  feine  burd)  tjäufige  Reifen  unb 
©rcurfionen  erlangte  Sefanntfcrjaft  mit  bem  äßalbe.  (Jr  Ijatte  für  alles ,  mas 
er  fagte ,  belegenbe  SSeifpiele  jur  Stelle.  Seine  Srfjüter  lernten  tjierburctj 
benlen  unb  felbftänbig  urttjeilen;  fie  öermoc^ten  infolge  beffen  ba§  geringe  pofi- 
tiüe  Söiffen,  melcljeg  fie  aus  ben  Vorträgen  mitnatjmen,  burci)  Ijäusticljes  Stubium 
auffüllen,  ty-  fpracl)  fcljnell  unb  öiel;  bie  ^been  übertjolten  meift  feine 
"Borte.  5ll§  fleine  Aeufjerlictjfeiten  feines  Vortrags  feien  ermäljnt,  bajj  er  bas 
„ei"  faft  mie  „eu"  ausfprarf)  unb  bie  2lngemot)nrjeit  befafj,  jmei  Negationen 
öemeinenb  3U  gebrauchen. 


SPfeü.  653 

Spfett'i  fcrjriftftelterifcrje  Stjätigfeit  toar  eine  gana  tjeröorragenbe.  Slufjer 
ben  bereits  genannten  ©ctjriften  öerfafjte  er  (in  crjrGnotogifctjer  9hit)enfotge)  bie 
nactjfterjenben  SBerfe:  „Safein  über  ben  fubifetjen  ^ntjatt  be§  runben  ©tamm= 
IjolaeS  öon  1  — 60  gufj  Sänge  unb  1  — 48  3ott  mittleren  3>urt$meffer"  (1821); 
„lieber  ^Befreiung  ber  2Bätber  öon  ©eröituten  im  allgemeinen,  fotoie  über  ba£ 
babei  nötige  unb  atoecfmäfjige  SJerfatjren  nacr)  Söorfdjrtft  unb  Anleitung  ber  in 
ben  öreufjifdjen  ©taaten  be§r)alrj  erfdjienenen  ©efetje"  (1821);  „lieber  bie  33c= 
beutung  unb  SBidjtigfeit  ber  toiffenfctjaftlicrjen  StuSbilbung  beä  gorftmanneS  für 
bie  (Srtjötmng  be§  ^ationattoorjlftanbeS  unb  SBolfägttideS"  (1822);  „©runbfätje 
ber  gorftmirtrjjdjaft  in  Sejug  auf  bie  9tationatöfonomie  unb  bie  ©taat§= 
ftinanatoiffenfcf)aft"  (I.  93anb  1822,  II.  93anb  1824);  „Sie  93et)anbtung  unb 
©djä^ung  be§  9Jtitteltoalbe§"  (1824);  „Erfahrungen  unb  93emcrfungen  aur 
befferen  (Suttur  ber  äöatbungen"  (1825);  „lieber  ^nfectenfetjaben  in  ben 
Söälbem,  bie  bittet  ü)m  öorjubeugen  unb  feine  ^tactjttjeile  ju  öerminbern" 
(1827);  „Anleitung  aur  Slblöfung  ber  SJßalbferöitute ,  mit  befonberer  ftücffictjt 
auf  bie  «preufcifäe  ©efe^gebung"  (1828;  2.  Stuft.  1844;  3.,  gänatict)  umgear= 
beitete  Sluflage  mit  neuem  Stitel  1854);  „fteue  öoflftänbige  Anleitung  jur 
93et)anblung,  Senutmng  unb  ©cfjätmng  ber  gorften"  —  (btefeS  .panbbucfj  [2.  SluS* 
gäbe]  erjdjien  in  5  Slbtrjeitungen ,  öon  meieren  jebe  mehrere  Auflagen  erlebte. 
Sie  betr.  Abteilungen  führen  bie  £itel:  „SaS  forftlicrje  Serratien  ber  beutfcfjen 
äöalbbäume  unb  irjre  @r}tet)ung"  [1829,  2.  Stuft.  1839,  3.  Slufl.  1854]; 
„$ritifcrje§  gteüertorium  ber  gforfittuffenfdjaft  unb  it)ver  ,plf§toiffenfrf)aiten'' 
[1830,  2.  Stuft.  1855];  „fyorftfcfju^  unb  gorftöotiaeitetjre ,  im  Stntjange  bie 
Dlacfjtoeifung  ber  öreufsifdjen  gorftöoliaeigefefee"  [1831,  2.  Stuft.  1845];  „gor|t= 
benutmng  unb  gorftteämologie"  [1831,  2.  Stuft.  1845,  3.  Stuft.  1858];  „Sie 
3forfttaration"  [1833,  2.  Stuft.  1843,  3.  Stuft.  1858])  — ;  „Sie  ftorftroirttifcljaft 
nadj  rein  praltifti^er  Slnfictjt,  fo  toie  fie  ber  ^riöatforftbefi^er  ober  33ertoatter 
führen  mufe"  »c.  (1831,  2.  Stuft.  1839,  3.  Stuft.  1843,  4.  Stuft.  1851; 
5.  Stuft.  1857,  6.  Stuft,  [öon  9ft.  9t.  ^refjter  im  (Sinne  be§  9teinertrag8tt>alb» 
baue§  reöibirt  unb  ergänjt]  1870);  „ffurae  Slntoeifung  jur  Sagbtoiffenfdjaft  für 
©ut§befifeer  unb  gorftliebtjaber"  (1831);  „Sie  gorftöoliaetgefefce  Seutfct)tanb§ 
unb  $ranfreitf)§  nadj  itjren  (Srunbfäfcen  mit  befonberer  9tüctjicf)t  auf  eine  neue 
5orftöo(ijei  =  ©efe|gebung  spreufjenS"  (1834);  „Stnleitung  aur  gfcftftettung  ber 
öom  ftorftgrunbe  au  erf)ebenben  ©runbfteuer"  (1835);  „Sie  gorftgeföidjte 
5ßreu^en§  bis  jum  3af)re  1806"  (1839);  „SJoEftänbige  Slntoeifung  aur  $agb= 
öertoaltung  unb  Sfagbbenu^ung  mit  ftücffictjt  auf  eine  atoectmäfjige  3agböoliaei= 
gefefegebung"  (1848);  „Stnleitung  aur  SluSfüfjrung  be§  SagböotiaeigefefeeS  für 
^reufeen  öom  7.  9Jtära  1850"  (1850);  „Sie  beutfcr>  ^olajudjt,  begrünbet  auf 
bie  gigent^ümticf)feit  ber  ftotftrjölaer  unb  ü)t  Serratien  au  bem  öerfd&iebenen 
©tanborte"  (1860,  nad)  feinem  £obe  öon  feinem  ©ofme,  ©taatSantoatt  «ßfeil, 
herausgegeben). 

Slufeerbem  gab  «p.  öon  1822  ab  bie  Settfdjrift :  „£ritifct)e  93(ätter  für 
gforft-  unb  Sagbtoiffenfdjaft"  tjerauS,  toeldje  er  aum  bei  weitem  größten  2fjetl 
mit  eigenen  Stbtjanblungen  unb  titterarifcf)en  23erict)ten  füllte.  93iS  au  feinem 
2obe  erfct)ienen  41  Sänbe  a  2  £efte  unb  öom  42.  93anbe  baS  1.  ^peft  (1859). 
©eitbem  übernahm  ^.  ^örblinger  bie  ftebaction  bti  aum  ^ab^re  1870,  in 
toelijem  ber  52.  unb  tefete  33anb  biefer  f.  3.  biet  getefenen  3eitfct)rift  erfd)ien. 
@r  toar  früher  aueb,  Mitarbeiter  an  ©.  2.  ^artig'S  Journal  für  baS  gorjl», 
^agb=  unb  gifcb,ereitoefen  unb   an  beffen  gorft*  unb  Sagb=Strctjiö   öon    unb  für 

Sie  $ict)tungen,  toeteb^e  $.  in  biefen  ©Triften  l)auptfäct)ttd)  öertrat,  toaren 
bie  iorftpolitifclie  unb   bie   toalbbaulidje.     3n  93eaug   auf  forfipolitifclie   fragen 


654  Spfeit- 

mar  er  ber   erfte  gorftmann,    toetc^et  —  im  öegenfatje  <ju  ben  Vertretern    ber 
absoluten  f^oxfitjo^eit  —   auf    bem    Soben    be3  ©mitbyfdjen   ©nftemä    ftetjenb, 
freieren  sÄnfdjauungen   rjulbigte.     %m  ©egenfatje   ya  ©.  2.  |>artig    mieS  er  mit 
(£ntfd)iebenf)eit  auf  bie  Unrid)tigfeit  ber  S$irtf)fdjaft  be§  größten  9ftaffenertrage§ 
J)in  unb  betonte  ^uerft  bie  9totrjroenbigfeit  br§  33etrieb§  Ijöcrjfter  Rentabilität.    6r 
mar  fid)  aber  —  infolge  feiner  mangelhaften  mattjematifdjen  ^enntniffe  —  nidjt 
Etat  über  bie  Sonfequenjen  feiner  gorberung,  benn  alä  ^3refjler  fpäter  bie  SSege 
jur  ütealifirung  biefeä  *princip3  jeigte,  trat  er  fjieräu  in  Dppofition.    Ueberrjaupt 
öermidelte  er  fid),  ba  er  ju  menig  grünbtid)   unb  ju  rufet)  arbeitete,  namentlich 
Ui  ber  SBürbigung  ber  tmlf3roirtt}fd)afttid)eu  (Seite    be§   forftüdjen  ©emerbcä  in 
üielfactje    Söiberfprüdje ,    metd)e    it)m    mand;e   titterarifdje    ger)be   aujogen.     %n 
malbbaulidjer  SSe^iefiung  ift    „Sie   beutfdje  ."pol^udjt"    al§  feine    befte  Seiftung 
ju  be^etdjnen.     2)iefe3   (tetjte)  Söert   repräfentirt  gemiffermafjcn  ba§  $acit  feineä 
ganzen  forftlidjen  SöiffeuS  unb  .ftönnenä;  e§  ift  ber  @itxact  ber  gefammten  foift= 
miffenfdjaftlidjen  Vibliotljef,  meldje  er  in  einem  tjalben  $ar)rf)unbert  in  bie  SBett 
gefcrjtdt  t)at.     9lm   au3füt)rlid)ften    tjat    er    tjier    unb   in  anberen  matbbaulidjen 
©cfjriften  bie  norbbeutfdje  $iefernmirtt)fd)aft  berjanbett.    ^n  ber  33orfenfäferfrage 
tjulbigte  er  —  geftii^t   auf   bie  ßeljren    be»  alten  Werften  —  ber  richtigen  9ln= 
fid)t,  bafj  ber  Sßorfentäfer,  menn  mau  itjn  ungeftört  fid)  entmicletn   laffe,  julefet 
audj  ganj  gefunbe  Veftänbe    angreife    unb    fcfjüefjlid)    ju  tobten   öermöge.     S)ie 
ßnergie,  mit  roeldjer   er  in   ben   bezüglichen  ©treit   eintrat,   mar  Vcrantaffung, 
einer  neuen  ©pecieä   ben  Hainen  Bostrichus  Pfeilii   beizulegen.     SDer  3öatbfelb= 
baubetrieb  jätjlt  itjn  ^u  feinen  (Segnern.     ©eine  9lnfdjauungen  in  ber  forftlidijen 
Unterricrjtäfrage    machten    berfd)iebene    äßanbtungen    burd).     2lnfang§    für    ben 
forftlictjen  Unbiüerfität§unterric£)t   eingenommen,    üertrat   er  zulefet   ba§  s4kincip 
ber  ifolirten  gad)fd)ule,  meiere  feine  allgemeine  23ilbung  geben  bürfe.    angeregt 
nacr)  ben  mannigfaltigften  Richtungen  tjin  l)aben  f.  3-  °tte  *>iefe  ©djriftcn;  aber 
e§  geljt  itjnen  bodj  ber   nadjl)altige  2Bertf)    ab ,    meit  *ß.  nid)t  im  ©tanbe  mar, 
frjftematifcf)  unb  mettmbtfcrj  ju  arbeiten,  unb  meil  er  —  frembe  Seiftungen  miß1 
adjtenb  —  alleä  auä  fid)  fetbft  t)erau£  eutmicfeln   mollte ,    anftatt   auf  ben  toon 
ttjeoretijct)  beffer  gefdjulien  gadjgenoffen  gelieferten  fjfunbamenten  meiter  311  bauen. 
Um  9tad)roirfenbe§  ju  liefern,  reidjt  aber  blofje  ©enialität  ot)ne  pofttibeä  äöiffen 
nidjt  au§.     2öenn  ty.  trotjbem  lange  $eit   auf   bem  ©ebiete  ber   gorftlitteratur 
eine  tonangebenbe  (Stellung  eingenommen  ^at,   fo    erflärt  fid)  bie§  rjauptfäd)tid) 
burcl)  bie  rüdfid)t§lofe  Verfolgung  gegnerifd)er  Ueber^eugung  mit  fd^arfem  ©potte, 
melcrje  iljm  faft  ein  Scbürfnife  mar.     %n    feinen  „ßritifd)en  blättern"  marf    er 
iebem    anberö    ben!enben  5lutor    ben  3fer)bel)anbfc^u^   l)in,    tiefe  fid)    aber  teiber 
bann  nid)t   auf   meitere  Söerttjeibigung  einer  einmal   angeregten  (Sontroberfe  mit 
miffenfe^afttic^en  Söaffen   ein,   fonbern   mürbe   tjödjften§   perfönlid).     23on  |>auä 
au§  mar  s^.  eigenttid)  gar  nidjt    fritifcl)  angelegt,   benn    e§   fehlten  itjm  grünb= 
lidje  Silbung,  Üiefpect  bor  ben  miffenfdjaftlidjen  arbeiten  Slnberer  unb  Dbjectibität 
im  Urteile;    aud)   frantte  er  —  jumal  mäb.renb   feiner  S)ocirjeit  —  etma§  an 
Eigenliebe.     5lber   feine  gemanbte  unb   namentlich  ben  (Smpirifern  fdjmeidjetube 
(jünftige)  ©direibmeife ,   feine   maffenfjaften   unb  oft   feljr   berben  2lu§fätte,   fein 
beifeenber   |>ot)n    unb    feine   ©efdjtdlidjfeit ,    einzelne   ©cb^mäerjen   feiner   ©egner 
r)erau§3ugrcifen  unb    fid§    in    fattyrifetjen  SGßenbungen  hierüber  3U    ergeben ,    ber= 
fdjafften     itjm     [tetg     ein    grofjeä    Sefer=    unb    ßadjerpublicum.     sJtur    menige 
roagten  feiner  oft  red)t  feilten,  ja  fogar  ben  ©actjberrjalt  entfteltenben ,   aber  in 
äöorten  fdjarfen  «^ritit  ju  miberfprec^en.     ©0  fdjmetterte  er  namentlidj  manches 
jugenblictje,    eben    aufftrebenbe  Talent    3U   SSoben   unb    r)at   bab^er  al§   ^rititer 
(SHejet    nannte    irjn    fc^erjtjaft    „Zeus  oninipotens   Ebei^valdensis!")    bielleictjt 
meb^r  gefetjabet  at§  genügt,     ©eine  3lufeenfeite  mar  audj)  im  münblidjen  SBerfetjr 


$fttt  655 

rauf)  bod)  roat  er  gegen  feine  ©d)ütet  geregt  unb  fogat  toorjtraottenb,  toenn  et 
beme'tfte,  bafe  fte  es  mit  itjten  ©tubien  etnftlid)  meinten,  Wetrrere  Drben§aus= 
3eid)nungen  fd)tnüdten  feine  Stuft;  aud)  mar  et  TOglieb  ja^teict)et  getestet 
Sereine.  Seine  ©d)üler  (et  unterrichtete  beten  roätrcenb  emet  38iät)ttgen  2et)t= 
trjätigfeit  im  ©anjen  1272)  unb  greunbe  festen  itjm  au?  bem  ®ambad)ifopie 
(bei  Xtjate),  feinem  Siebtingiptä^djen,  ein  ©enfmal,  roetd)e§  am  3.  3ult  1865 
enthüllt  mürbe,  «öle^r  als  biefei  äufcere  (ätinnetung^ei^en  wirb  abet  ben 
fünftigen  ©efd)led)tern  baijenige  $en£mat  eraätjten,  toeld)e§  fid)  biefer  immerhin 
bebeutenbe  unb  eigenattige  gorftmann  in  feinen  SBerfen  fetbft  gegtunbet  f)at. 

Äritifdje  Stattet   Tut  ftotft=   unb  Sagbtoiffenf^aft ,    27.  Sanb,   1.  ^>ert, 
1849    ©.135  (Sie  Sefoeit);   baf.  33.  Sanb,  2.  fieft,  1853,  ©.  186  (Sic 
Setnaeit):    baf.  41.  Sanb,    2.  fieft,    1859,    ©.98    (Sie  Sociraett) ;    baf. 
42    Sanb,   2.  fielt,  1860,   ©.  1    (3um  Slnbenfen  an  «Pfeil,    öom  f.  preu|. 
Gorpiaubiteur  TOatcatb);  baf.  45.  Sanb,  2.  fieft,  1863,  ©.  197  müdbtide 
auf   bie  forftltctje   periobifd)e  Literatur  ic,    öom  Dbetforftratf)  öon  »ctg).  — 
allgemeine   gfocfb-  unb  3tfgbaeitung ,    1859,   ©.  441  (£obe§nad)ud)t); ,    baf . 
1860,  6.  115    CSeraeict)niB   feinet   ©Triften);    baf.  1861,    ©.   /9    (üteplit 
Dr    Sbeobor  fiartig'e,  gegen  ©runert  gerietet);   baf.  1874,  ©.  28y  («Pieil  8 
Sefolbung  in  CXatotatr;,   b.  SB.  «.);    b^  1879-  ©•  40S  (»«trftge  aur  $to- 
grapbic  «Bicil'g   roärjrenb   feinei  «Aufenthaltes   in  ©ebcjnn  unb  Satolat^i.  — 
Sof»  3eitung,  1859,   9tr.  226  (ftefrotog,  öon  gtafeebutg).  -  ©Reibet, 
Sollt-  unb  Sagbfatenbet   für  «Preußen,    1860   («Racrjrul).  -   Serrjanbtungen 
ber    21.  Serfammtung    bet    beutfd)en    8anb=    unb    ftorftwtrtrje      18b0     - 
3Ronatfärift   für   ba§   goxjfc  unb  3agbu>efen,   1860,   ©.  2  ^a|eburg).  - 
©tunett    gotfUe  Stattet,   1.  fielt,  1861,  6.  1  »fett ,  feine  ©  deutet  unb 
bie  ftorft^erjranfialt  au  <Jteuftabt=<£bexän>atbe  nad>  feinem  a.obe) ;  baf.  2.  fieft, 
1861    ©.  223  (fiampf  gegen  2Binbmfi$len;  gegen  £t)eobor  fiarttg  gerietet); 
baf    3.  fieft,  1862,    ©.  202  (Had&ttag   au  $Teü'8  ©dnilern).  -  »wd|au«- 
eonöetfation^etifon,  XL  Sanb,   11.  Sluft.    ©.609    -  8fraa8     ©eld^te 
bet  Sanbbau-  unb  gotfhDiffenfäaft,  1865,  ©.  492  493,  558,  559,  o 60  unb 
606.  —  gt.  ö.  ßöffel^olä-Golberg,    ftorftltcrje   (Irjreitomattne ,   II,   6.  319, 
Sir    687  u.  638;  ©.320,  Sem.  265a;    baf.  III,  16.  683    Sem    761b; 
baf    IV    ©.  345  (Mträge,    Grgänaungen  unb  Serbe^rungen) ;    ha).  V,  l, 
©   15    9lr  69-  ©   57    5Rt.  213  unb  ©.  67,  9ftr.  251.  -  ©•  ö.  ©cfroataer, 
Siograpljieen,  ©.21  (als  Sobeitag  urirb  untätig  ber ± .  Dctober  1858 1  ange- 
geben).  -  «Katjeburg,  5or|tmiffenfd)afttid)es  @^Ttpetterleiifon    ©.  899    - 
Sernf)arbt,    ©efd)id)te  bei  äBalbeigentrjumi  ic,   II,    ©•  2o4    279    290    294 
337,  364    397,  401  unb  402;    baf.  III,   ©.  66,  88    129    ^1    153_ 161 
bi§  184  (Sioarapbie)     220,  228,  232,  240—242,  245,  260,  272,  285, 
287    297    302-30i;  322.'323, '327,  328,  333,  335,  336  347  848,  350 
353'    358     392,  395,  396  unb  400.  3ubeid),    Seutfdjer    tfotjt.    unb 

3agb.fialenbet,  1876,  IL  Sanb,  ©.  5  (3ubei$).  --  ®.  8.  ©attig ,2eW 
füt  Säget,  1.  Sb.,  10.  «ufl.  1877,  ^etauegegeben  öon  Dr.  %%  fiatttg  ©.  27. 
-  9tot^,  ©efdiidite  bei  gotft-  unb  Sagbmefeni  in  Seutdjtanb  ,©•  651- 
3eitfd)rit  für  g?orft-  unb  Sagbmefen.  15.  Sanb  1883,  ©.  288  (^eit  S 
|ri S  lOOiä^riger  ©ebuttitag).  -  fie&,  ßebenibilbet  ^ctö orragenb er  ^orft- 
mannet  ic,  1885,  ©.  269-274.  fiiet  finbet  n4  aucf)  bie  bai  ^entmal 
betteffenbe  Journal  =  2itteratur  («uffotberung  3U  Setträgen,  Seraeidniifi  ber 
Seiträge,  giectjnungiablage,  (Sn^üttung  bei  ffienftnalB  ic)  öeraetdjnet.^^^ 

Isfcü:    Sodann  (Sotttob   Senjamin  5p.,  ^rijtnettet  (ni^t  ju  »er- 
»ed)felu  mit   bem  «ßtebigei  ^o^ann  ©eb^arb  SPfeU.   roie  feit  teufet  *i»  18/8 


656  $feil. 

tjäufig  gefd)er)en  ift),  mürbe  geboren  ju  greibcrg  ben  10.  ftobember  1732,  genofj 
feine  ©timnafiatbilbung  in  Stjemnitj  unb  ftubirte  feit  1752  $ura  in  Seip^ig, 
rooljin  er  1763  nad)  einem  un§  entjogenen  2itteraten=  unb  ^nformatorleben  aU 
«gjofmeifter  beä  jungen  gfreiljerrn  kaxl  Sluguft  b.  ^riefen  3urüdferjrte.  9lm 
©djönfopndjen  2)tittag8tifdj  lernte  irjn  ©oettje  fennen  unb  empfing  oon  $. 
ftiliftifdje  Anregungen,  roofür  ifjm  in  „5Did)tung  unb  äöarjrrjeit"  (Tempel  21, 
52  f.)  ein  SDenfmal  errietet  roirb.  ©einen  Vornan  erroärjnt  ©oetfje  fdjon  in 
einem  Seliger  23rief  an  ßornelie  (@oett)ejaljrbud)  7,  17).  1768  jum  Dr.  jur. 
promobirt,  rourbe  5ß.  balb  barauf  3"ftiäanitmann  3u  9tammelburg  im  £>ar3,  roo 
Qrriefen'S  begütert  roaren,  Ijeiratfjete  ^otjanna  ©rofi  (©rofjin)  au§  ßeipjig,  bie 
am  17.  Stuguft  1777  ftarb  unb  3toei  Äinber  rjinterliefj.  2tm  29.  ©eptcmbcr  1778 
fdjlofj  ty.  eine  neue  6tje  mit  6öa  Glara  ^otjanna  fieonarbine  ©ödingf,  be§ 
befannten  2id)ter§  ©djrocfter  (f  am  5.  SDecember  1792).  ©eine  jnjeite  ©attin 
brachte  itjm  ein  anfetmlidjeä  Vermögen  unb  gebar  fieben  $inber,  bon  beuen 
<5riebridj  äBilljelm  ßeopolb  (f.  o.  ©.  648)  fict)  ata  $orftmann  einen  tarnen  ge= 
madjt  unb  burd)  ben  Sluffatj  „©oetfje'g  (Sfjarafteriftif  be§  2Bud)fe§  ber  6id)e" 
(Äritifdjc  Sßlätter  für  3forft=  unb  Sagbroiffenfdjaft  XXXVII)  bie  @oetf)etitteratur 
bereichert  tjat.  $n  bem  gaftlidjen  ©djloffe  föammelburg  ift  aud)  Bürger  mit 
greunb  ©ödingf  eingeteert.  9Uö  „roofjlbeftattter  Ijodjfreirjerrtid)  ^riefifd)er  unb 
rjodjgräflid)  £)opfgart=©d)aurottifd)er  Amtmann  be§  rooljllöblicrjen  2tmte§  9tam= 
melburg"  ift  ty.  am  28.  ©eptember  1800  ptö^lid)  einem  ©d)lagflufj  erlegen  unb 
am  1.  Dctober  auf  bem  narjen    ftrieäborfer  J?ird)f)of  beftattet  morben. 

©eine  fpäten,  3.  Xtj.  mastirten  ©driften  iuriftifdj=cameraliftifd)en  unb  tt)eclo= 
gifcfjen  SfnrjaltS  berühren  un§  nidjt.  9tber  ^.  berbient  einen  $lat$  in  ber  ©efcfjidjte 
ber  tion  Grngtanb  infpirirten,  in  5Deutfd)lanb  burd)  ©eitert  eröffneten  bürgertictjen 
2)idjtung.  1755—57  erroeift  er  fid)  frudjtbar  unb  fudjt  bie  füt)renben  ©tfmftftellcr 
fofort  burd)  Häufung  unb  Sßerftärfung,  b.  ().  Sperrung  ber  'üftotiöc  3U  übertrumpfen. 
„9ftifj  ©ara  ©ampfon"  erfcrjeint  1755  —  %  öeröffentüdjt  in  ben  mit  ber 
englifdjen  Sitteratur  Itcüäugelnben,  aber  ganj  fritif=  unb  r)altung§lofen  „bleuen 
Srtoeitcrungen  ber  (hfenntniä  unb  be§  Vergnügens"  ©tüd  31.  einen  Sluffatj 
„Vom  bürgerlichen  £rauerfpiele",  ber  tuet  SSerfetjrteS  unb  einiges  ©ute  enttjält. 
5ß.  bcferjbet  bie  „9Jtorbgcfd)id)ten"  ber  (Snglänber,  alfo  SiÜVä,  mit  itjrem  ©algen, 
berlangt  2tu§fd)lufj  be§  niebcrn  Sßolfes,  oertritt  eine  ftarf  moralifirenbe  Senbenj 
unb  nennt  ßafter  bie  .£>auptquellc  tragifdjer  Vegebenljetten.  ©ein  Qjempel 
baju  tjei^t  „ßucie  Söoobbit",  auöbrüdüd)  aU  „ein  bürgerüd)e§  Srauerfpiet  in 
fünf  |)anblungen"  bejeidjnet,  als  „eine  ©crjrüefter  jur  ©arab/  au§gefd)idt,  1756 
in  ben  „bleuen  6rroeiterungen"  ©tüd  -42.  (3>uni)  unb  feparat  erfduenen,  roieber= 
Ijolt  1769  im  „2t)cater  ber  S)eutfd)en"  III.  unb  im  ©d)neiber'fd)en  33crtag 
ßeipjig  1786  (Xitel:  1787),  1787  öont  Serfaffer  al§  „unreife^,  längft  ber= 
bienterroeife  üermoberte§  ^robuct  meiner  Sugenbiatjre"  berurtrjcitt ,  aber  1756 
burd)  grofjen  S^eatererfolg  (3.  S3.  3ldermannö  in  Sandig)  augge^eiclinet  (bgl. 
5leue  ©rroeiterungen  ©t.  48.).  Sngtanb  ber  ©cfjauplat).  S)ie  Söirfung  liegt  in 
©reuein,  bie  ty.  3.  21).  ber  antifen  Xragit  caritirenb  abborgt.  £u  befannten 
ßonflicten  —  eine  fd)roangere  ©eliebte,  2)oppetneigung,  5ßer3id)t  ber  ^weiten  — 
treten  fraffe  Ulotibe:  unroiffenttidje  33lutfd)anbe ,  Vergiftung  be§  Sitten  burd) 
fein  unet)elid)e§  Äinb  roegen  ftittfdjroeigenber  93erroeigerung  be8  5Bunbe§,  6nt= 
Ijüllung  bei  ©etjeimniffeS  burd)  einen  -gmuifreunb ;  Sucie  betennt  fid)  al§  Sater= 
mörberin,  erbotctjt  erft  bie  bekommene  3ote  S3cttt)  al§  Slnftifterin  unb  bann  fid) 
felbft,  it)r  Sruber  unb  33ut)le  toirb  röatjnfinnig.  ©out^roell  entfprid)t  bem  alten 
fd)toad)en  ©ampfon,  ^arl  bem  ^Rellefort,  Sucie  ift  ein  übleS  3lmatgam  au§ 
©ara  unb  ^arrooob,  Slmalie  eine  blonbe  £ugenbprin3efj  nad)  9tid)arbfon§ 
9Jtufter,  iljr  55ater  Robert  ein  farbtofer  SSiebermann,  ^acob  ber  üblidje  2Roral= 


SPfeitföifter.  657 

rebner  in  bet  Sibree,  iBettt)  bie  roeiblicrje  Gontraftfigur.  S)ie  (Sintjeit  ber  3eÜ 
unb  beS  DrteS  ift  betDafjrt ,  bie  Spracfje  nictjt  fo  breit  roie  in  ber  „Sara". 
Robert  fcrjliefjt:  „Somm,  meine  5lmalia,  tajj  un§  mit  einer  ftiflen  dljrmrcrjt 
bor  biefer  ©erecfjtigfeit  gittern ,  bie  aucr)  bie  geringften  3)erbrect)en  nidjt  unge= 
rod)en  täfet.  Safe  un«  aus  ÄartS  unb  SudenS  unglücfticfjem  Seifpiele  lernen, 
bafi  bemjenigen  baS  größte  Softer  nicfjt  roeiter  ju  abfcrjeulicb,  ift,  ber  fid)  nictjt 
fcrjeut,  ba§  attergeringfte  auszuüben." 

2Bie  „Sucie"  aur  „Sara",  fo  bert)ä(t  fid)  „bie  ©efd)id)te  be§  ©rafen 
bon  %"  (Seipjig  in  Sanfifdjens"  23ud)t)anbtung  1756,  gleichfalls  anonntn, 
röieberf)ott  aufgelegt)  au  ©etlert'S  „Scf)roebifcr)er  ©räfin".  ÜJcit  einem  Seiten« 
t)ieb  gegen  (hebttlon  nennt  ty.  in  ber  SBorrebe  biefeS  $d)romanS  9tid)arbfon 
unb  5ßreboft  feine  2Jtufter.  2>aS  21)ema  ift  „Sd)mad)t)eiten  beS  menfd)= 
Itcfjen  ,§>eraenS"  in  ifjren  abenteuerlichen  Qfotgen  au  fcfjitbem.  £er  -£)etb,  ein 
junger  fäcfjftfcfjer  ©raf,  nictjt  fd)led)t,  aber  bjattloS,  erlebt  in  ftxantxeid)  unb 
Sad)fen  bie  berroicfettften  Siebesmirren,  wobei  ein  *ßenbant  aur  unbergängtidjen 
9)canon  SeScaut  fid)  breit  mad)t.  Reben  ii)m  ftefjt  ein  ibeater  IDletitot  unb 
ein  ebler  ©ngtänber,  ber  aucr)  SöunberjameS  burcfjgemad)t  t)at  unb  jpäter  gleid) 
feiner  ©attin  unb  einer  einfügen  tugenbrjaft  gefallenen  ©eliebten  bes  unter 
furchtbaren  gfawilienintriguen  batjeim  berfjeirattjeten  ©rafen  fammt  ifjrem  Sofjne, 
ber  nun  beinahe  als  moberner  OebipuS  bie  Butter  freit,  nad)  2)eutid)lanb  ber= 
pfianat  toirb.  ®aS  ähicfj  ift  biet  r)anblungSreid)er  als  baS  ©eüett'fcrje,  baS  ifjm 
jum  5)cufter  gebient  t)at ,  füt)rt  aber  bod)  einen  SBattaft  oberftäcb.Ucijer  et^ifc^er 
Dreflerjonen  unb  fetjt  fid)  mit  etenber  23erfö£mlid)feit  über  alle  SluSfcrjroeifungen, 
Ordnfe,  9Jcorbanfcfjläge  u.  f.  m.  fjinroeg.  @S  folgten  1757,  gleichfalls  anonnm,  bie 
bon  Sßietanb  angeregten  „2}erfud)e  in  moralifctjen  grjätjtungen",  bie  nict)t  nur 
metjrfad)  aufgelegt  unb  nactjgebrucft,  fonbern  aucr)  in  granfreicrj  bon  'HJcercier 
geplünbert  rourben  (Le  sauvage),  roogegen  $.  im  Januar  1787  öffentlid) 
proteftirte. 

b.  Sßiebermann,  ©oettje  unb  Seipjig  1,  71  f.  (Silhouette  $feit;S,  Seipj. 
^lluftr.  Seitung  1884,  9cr.  2147.  „Sd)attenbitber  au»  ©oetb>'S  Seipaiger 
Stubienjatjren"  an  a<^nter  Stelle).  —  Sauer,  3.  2S-  ö-  23rame,  Duetten  u. 
^fOtfcrjungen  30,  1878,  S.  82  u.  ö.  mit  ber  aud)  bei  Äoberftein  5,  89,  365, 
©oebefe,  b.  Soeper,  Sünder  auftretenben  2Serroed)Slung.  —  ^ttt  Ätarftettung : 
©oebefe,  3lrcftib  für  8itteraturgefd)ict)te  7,  524  ff.  unb  b.  Soeper  ebenba  8,  223; 
$röl)te,   5ßoffifct)e  3eitung  1879  %lx.  21.  Sonntagsbeilage  3h\  3. 

©riet)  Sd)mibt. 
^fcilfdjiftcr :  ^o^ann  SBaptift  b.  $.,  Sitterat,  geb.  am  27.  September 
1793  ju  ©Öfen  bei  Gtjam,  f  am  16.  5Jiobember  1874  au  ftegensburg.  DZact) 
2tbfo(birung  be§  ©nmnafiumS  3U  Straubing  ftubirte  er  1810—13  ju  Sanböb^ut, 
barauf  ju  5j|ünc^en  ^tjitofopb^ie ,  ©efc^ic^te  unb  3ura.  ®*  fing  feb^on  at§ 
Stubent  an  ju  fcb)riftfteHern.  1816  ging  er  3u  ^.  'Spotte  nad)  Starau,  mar 
eine  3eit  lang  Mitarbeiter  ber  Slarauer  3eitunQ/  0Q"n  oe§  3"  Sßeimar  erfdr)ei= 
nenben  „£)ppofitionsbtatte§",  arbeitete  aud)  für  Srocf^aus'  6onberfation5terifon 
unb  bie  „3eitgenoffen".  1817  begrünbete  er  bie  3eitfcfjrift  „3eitf Urningen", 
bie  erft  ju  3ena,  bann  ju  Seip^ig,  autelt  au  tfranfjurt  a.  W.  erjcb.ien,  b>r  im 
September  1819  in  2.  35örne^  ^)änbe  überging,  bann  aber  balb  unterbrücft 
mürbe  (f.  91.  ©.  SS.  III,  167).  1820  machte  er  eine  Steife  nad)  £otlanb, 
grantreid)  unb  Spanien  unb  coriefponbirte  bon  b^ier  au§  für  bie  Slugsburger 
„3tagemeine  3eitung".  1822  nact)  ^ranffurt  aurücfgeteb^rt,  grünbete  er  bie  3eit= 
fd)tift  „S)er  Staatsmann",  meiere  feit  1831  at§  „3ufcfjauer  am  ÜJcain"  bis 
1838  erfdjien.     @r  bertrat   fortan    eine   ftreng   conjerbatibe   unb   noeb^    ftrenger 

2Ül9em.  beutft^e  IBiograpfite.    XXV.  -42 


658  ^feilfdjmibt  —  ^fenninger. 

fattjotifcfje  Didjtung.  1825  erhielt  et  öon  bem  fattjotifd)  geroorbenen  <£)erjog 
gerbinanb  öon  9lnt>alt:.ftötl)cn  (f.  91.  2).  03.  VI,  671)  bcn  Xitel  ßegationsratp 
unb  1829  mürbe  er  üon  bemfelben  geabett.  93on  1830  bis  1840  lebte  er  meift 
im  Sommer  in  9lfd)affenburg,  im  Söinter  in  931annt)eim ,  üon  1841  big  1851 
in  äöttrjburg,  bann  in  Sarmftabt.  SDer  1829  öon  ifjm  unb  2lbam  ü.  9Rütter 
(f.  21.  2).  93.  XXII,  501)  begvünbete  „Sitteratttf  unb  .tfitd)eu  =  (£orrcfponbent" 
ging  nad)  sJJtüücr's  Ueberfiebelung  nad)  2Bien  balb  roieber  ein.  23on  1831  bis 
1837  mar  er  ber  Jpaubtrebacteur  ber  2lfd)affenburger  „  Wat()olifd)en  Äirdjcnjeitung", 
üon  1837  bis  1841  bes  „.fterotb  bes  ©laubens".  1837  bis  1839  gab  er  and) 
ein  retigiöfes  £afd)enbud)  „Göleftine"  b,eraus.  @r  fdjrieb  aud)  für  ben  „Äattjotif" 
unb  anbcre  ^eitfdjriüen  unb  üeiöffentlidjte  flttnfdjcn  1830  unb  1846,  ttjeilroeifc 
anonvjm  ober  pfeubontim,  eine  Steige  Don  f feineren  ©djriften,  u.  a.  „2)enfroiirbig= 
feiten  aus  ber  Ö5cftf)icf)te  ber  Meoolution  in  ©panten",  1836;  „9Jlittb,eitungen 
aus  ©panien",  1837 ;  „93etrad)tungcn  ü6er  bie  Devolutionen  in  ©panien,  ^ox* 
tugal"  u.  f.  ro.,  183;»;  „Sßolitifdje  ©tubien",  1839;  „93iograpr)ien  benfroürbiger 
Sßriefter  unb  ^Prälaten"  uub  „^apft  ©regor  XVI.",  1846  (beibe  unter  bem 
Tanten  $•  ©.  9Bagner).  yJtad)  langer  Uuterbred)ung  Deröffentlidjte  ty.  1861 
bas  erfte  93äubd)en  eines  „93aierifd)cn  ^Uutard)",  bem  aber  fein  ^mcites  folgte. 
@r  übernahm  bann  Tür  einige  ^eit  bie  iKebaction  bes  ,,3Bcftfätifct)en  9Jterfur" 
unb  üerfndjte  bie  93cgrünbung  eines  „$atf)olif  dien  fttr$enMatte&  .  Ter  (Srrolg 
feiner  fd)viftftellerifd)en  £t)ätigfeit  entfprad)  nid)t  [einen  (hmartungen.  9Jon  feinen 
©cfjriften  l)at  feine  einen  bleibenben  9Bevtl). 

2JI.  ©tü$l,  ©efd).  ber  fattjolifdien  Literatur  £cutfd)lanbs,  1854,  6.792. 
—  ßiterarifdjer  .£)anbtueifer  1875,  20. 

Deufd). 

^fetl|ri)HÜöt :  9lnbreas  Sß.,  beutfdjer  2)ramatifer ,  aus  Bresben,  ©eiger 
unb  93ud)binber  ju  ßorbad) ,  üerfafjte  ein  'ünfactigee.  Btamo  öon  ber  ßflljer, 
bas  öon  ber  93ürgerfd)ait  in  Sorbad)  aufgeführt  mürbe  I  (jftanffutt  a.  9Jt.  1555) 
unö  in  ffötn  eine  neue  9luffül)rung  burcf)  bit  bortige  SBiirgerfdjaft  erfuhr,  tooga 
ein  anonymer  Deubriuf  öerauftaltet  muvbe  (©trafeburg  1581).  2)er  9Jeifaffer 
beuutjt  jtoar  bie  biblifdje  93orlage,  aber  nid)t  fo  fctaüifd)  als  £>ans  ©ad)S  unb 
SJoitti;  bafjer  foinmt  bramatifd)e  ^'ebenbigfeit  in  bie  ^anblung,  bie  befonbers 
burd)  9Jorfüt)rung  oon  ©aftmäfjlern  crt)öl)t  mirb  2)ie  Xeufcl  üben  itjre  3QÖttf= 
famfeit  an  ben  beiben  Kämmerern,  bie  einen  9lnfd)lag  auT  bas  Beben  brs  .ftönigs 
mad)en ,  finb  aber  bem  üerbrcdjerifdjen  Jjpaman  gegenüber  madjtlos  uub  muffen 
öor  bem  gottesfürdjtigen  ©inne  Ittarbadjais  unb  (Sftljers  meidjcn.  £)ie  einzelnen 
©cenen  werben  burd)  93ül)uenanroeifungeu  fenntlid)  gemad)t ,  ber  bramatifdje 
9Iufbau  ift  etma«  breit,  nameuttid)  leiben  bie  9lrguiueute  au  übergroßer  2lus= 
fütjrlidjfeit.  3>n  ber  elften  9lusgabe  finbet  fid)  am  ©djlufj  ein  afroftidjifdjes 
©ebidjt  auf  bie  ©räfin  9lnaftafia  öon  Söalbetf ,  bev  aud)  bas  S)rama  gemibmet 
ift,  mäf)renb  bie  jtocite  Ausgabe  am  ©d)lut3  ben  124.  ^}falm  in  ber  S)id)tung 
bes  ^uftus  3onas  (2Bo  ©ott  ber  jperr  nit  bei  uns  fjätt)  enttjätt.  ^ür  bie 
(Sefd)id)te  bes  bcutfdjen  S)ramas  ift  5|J.  infofern  öon  3Jßtd)tigfeit ,  als  er  nid)t 
bem  gelehrten ,  fonbem  bem  bürgerlidjen  ©tanbe  angehörte  unb  roal)rfd)ein(id) 
aud)  bie  mit  ©efeEen  unb  93urfd)en  öeranftaltete  2luffüf)rung  feiner  „6ftt)er" 
felbft  leitete.  5Das  ©türf  mürbe  öon  3Rarcu8  Pfeffer  (1621)  faft  ganj  aus- 
gcfdjrieben. 

©oebefe  2,  362.  #.  $o  Ift  ein. 

^feiuiiugcr :  3fol)annes  ^. ,  IDtater  unb  ©ted)er,  geb.  in  ©tära  am 
20.  Februar  1765,  f  ^u  3üxi&)  am  81.  Secember  1825.  ^.  t)atte  bas  Un= 
glüd,   fein  Sebentang   unter  ber   9Jtasfe   ber   5Itenfd)enfreunbtid)feit   öon   feineu 


ipfennitiger.  ■  659 

Hftitmenfcfjen  ausgenutzt  311  werben.  $aum  actjt  3at)re  alt,  1773,  fam  er  3u 
feinem  ©ebatter  ^otjanneä  ©djultljej},  ber  Hafner  in  ©täfa  War  unb  bie  fünft= 
lerifdjen  Einlagen  be§  Änaben  entbedte.  33ei  ic)m  lernte  er  bie  s<!lnfang§grünbe 
im  ,geid)nen,  ging  aber  nebenbei  immer  nod)  jur  ©d)ule.  @r  erhielt  SSfätter 
unb  33lumen  3U  copiren,  unb  fd)on  nad)  Verlauf  eines  3at)re§  ernannte  ber 
.^afnermeifter  ben  Knaben  3U  feinem  Ofenmater  unb  fonnte  be§  eigentlichen 
©efetlen  entbehren.  ^.  berbiente  jetjt  wödjentlid)  etwa  einen  ©ulben  unb  mufcte 
nad)  Lüftern  bon  2lug§burger  unb  Nürnberger  ßubferftidjen  arbeiten.  (Srft  ber 
1778  erfolgte  £ob  be§  «UlalerS  ßötta  in  ©täfa  unb  ba§  ©tubium  feiner  SBerfe 
liefj  ben  anget)enben  Jüngling  bie  ©ntbedung  mad)en,  bafj  e§  nod)  etwa§  JjpötjereS 
a(§  bemalte  Cfenfadjetn  gäbe  unb  fpornte  ir)n  3um  2öeiterftreben  an.  ©ein  aBunfd) 
ttmr,  bei  fjüfjli  in  Q&xiä),  oem  33ater  bon  SRubolf  unb  £etnrid)  ftüfrli,  in  bie  ßet)re 
3U  treten;  güfjli  jebod)  riett)  5ß.,  trofc  feinel  Talentes,  ^auptföd^Uc^)  ber  großen 
Soften  tjalber,  entfd)ieben  ah,  sJJtaler  3U  werben,  ©arouf  nahmen  fid)  3catfj§t)err 
Dr.  ßabater  unb  Pfarrer  ßabater  5pienninger'3  an.  Sefeterer  lub  it)n  3U  fid) 
ein  unb  macrjte  ben  bergebtid)en  23erfud),  tl)n  in  flöten  bei  Sib§  unterbringen, 
dürft  im  ©ommer  be§  folgenben  3at)re§  gelang  e§  Ujm,  ^.  bei  feinem  ©d)wager 
©djmott  in  Urborf  3U  blaciren.  ©ort  cobittc  er  *ßrei8ler'§  Anleitung  3UC 
3eid)enfunft  unb  übte  fid)  im  Stufdjen;  baneben  würbe  eifrig,  für  ba§  ©ebenen 
ber  Äunft  3u  eifrig,  gejagt,  ßabater.  bem  bie  geringen  $ortfd)ritte  ^fenninger'3 
auffielen,  entfd)tofj  fid)  balb,  ben  jungen  ßünftler  gan3  3U  fiel)  3U  nehmen.  93ei 
irjm  follte  er  btjrjfiognomifdje  SDinge  3eid)nen  lernen  unb  aufterbem  bie  ©teile  be§ 
©ecretät§  berfetjen.  Watürtid)  brängte  ba%  ©djreiberamt  noct)  met)r  at§  ba§ 
Sagen  bie  $unft  in  ben  ^pintergrunb,  unb  *J3.  fonnte  Jdjliefjlid}  noct)  bon  ©lud 
fagen,  bafc  fein  geteilter  ^rotector,  auf  fein  bringenbeä  Sitten  tun,  itjm  Wenig* 
ftenS  gewährte,  täglidj  3Wei  ©tunben  bei  ^Srof.  33uttinger  3U  nehmen.  3wei 
boHe  ^atjre  ift  s£.  im  §aufe  ßabater'S  geblieben,  bann  bejog  er  eine  felbft^ 
ftänbige  äöotjnung  unb  gab  Unterridjt  unb  3eid)nete  ©djattenriffe  für  Sabater'S 
^tjtjfiognomif.  ©0  trieb  er  e§,  bi§  ein  in  Saüatcr'8  -gmufe  wotjnenber  $nx, 
9trmbrufter,  ben  Äubferftedjer  b.  9)ted)el  beftimmte,  it)n  mit  nad)  53afel  3U 
nehmen.  Üieue  Hoffnung,  aber  fein  neue§  Seben!  3n  SSafel  tjatte  er  3War  bie 
greube,  mit  Männern  wie  ,*pübner  unb  ©metin  3U  berfet)ren,  inuBte  im  übrigen 
aber,  3U  feiner  Söerjröciflung,  bom  borgen  bi§  3um  2lbenb  illuminieren  unb 
in  ber  3mifd)en3eit  für  £abater  fortarbeiten,  auf  beffen  SJerwenbung  l)in  er  bann 
nad)  3Wei  Sauren  Wieber  nad)  3üx\§  enttaffen  würbe.  &mfyt  3UtücfgeE_ec)tt, 
Würbe  er  abermals  bon  ßabater  ins  $oct)  gefbannt  unb  ging  mit  it)m  auf  bie 
©ud)e  nad)  neuen  te^nifdjen  S3erfat)ren.  ®ie  2Bad)§materei  lernt  er  burd)  Sip§ 
fennen,  in  ber  Ölmalerei  giebt  it)m  ^rof.  Söürfd)  au§  ßu3ern  Einleitung,  ©ein 
erfter  Sßerfucl)  war  ba§  SSilbnife  feine§  35ater§.  (Sinen  ereigniBbollen  2öeube= 
bunlt  in  feinem  ßeben  be^eidjnet  ba§  ^ar)r  1793,  in  Weldjem  er  —  e§  War  im 
Nobember  —  über  ben  ©ottljarb  nad)  s)Jtaitanb  unb  5com  30g,  Wo  er  bie  @r= 
morbung  33affebiHe'g  mit  erlebte.  9taftlo§  3eid)nete  er  je^t  im  SSatican  nad) 
ber  Slntife,  3.  35.  ben  $obf  be§  VLpott  bon  33elbebere  (,f?ün|tlergut  ;]uxid). 
^aterbud).  93b.  6.  53latt  22)  unb  bie  Saotoongrupbe.  2tuBevbem  berfud)ie  er 
fid)  at§  Öanbfctjafter,  im  Entwerfen  eigener  ßompofitionen..  in  ber  sminiatur= 
materei  unb  als  ^üuftrator.  6arfteu§  unterftü^te  it)n  mit  feinen  9latt)fd)(ägen, 
unb  fo  Wäre  er,  Wenn  Italien  ifjn  bauernb  t)ätte  fejfetn  fönnen,  fdjüefjlid)  bod) 
nod)  ein  tüchtiger  unb  angefetjener  ^Jleifter  geworben.  Mein  bie  unfidjereu 
a3erf)ättniffe  trieben  $.  1799  bod)  wieber  in  bie  ©d)Wei3  3urücE.  S)te  9lüdreife 
bauexte  3el)n  äöodjen  unb  würbe  gemeinfam  mit  bem  Stuttgarter  ^artmanu  unb 
bem  berliner  Äuf)beit  au§geiüt)rt,  ben  ©lanjpunft  berfelben  bitbete  ein  längerer 

42* 


660  SPfewtinger. 

2tufentt)att  in  Perugia  unb  g-lorenj.  $n  ber  £>eimatt)  mar  5ß.  tialb  ein  ge- 
fügter Porträtmaler  unb  Serjrer.  @r  porträtirte  biete  Officiere  brr  öfterreidjifdjen 
2lnnee,  j.  33.  ben  gelbmarfdjall  ©rafen  b.  -Jpabbid;  fein  befter  ©d)üler  ift- 
©oniel  Gilbert  greubmeiler  gemefen.  5ß.  mar  aroeimal  bett)eiratr)et  unb  t)atte 
au§  beiben  6t)en  £inbcr;  ein  ©d)tag  machte  feinem  Seben  ptö^lid)  ein  @nbe. 
5Die  Sßerfe  Spfenningcr'S  lernen  mir  am  tieften  im  ß'ünfttergute  ju  Qi\x\ä) 
fennen,  roofelbft  im  ahmten  ©aale  be§  @rbgefd)offe§  (sJcr.  11)  fein  £>auptbilb,  bie 
23ermät)lung  be§  jungen  £obia3,  tjängt.  S)er  Sntrourf  ju  bemfelben,  in  2öaffer= 
färben  ausgeführt,  tiefinbet  fid)  im  5.  23anbe  be§  9)calerbud)3  (23tatt  10).  23on 
3>ltuftrationen  ju  Seiner  nenne  id)  bie  ^tnfunft  be£  erfteit  ©djifferfi  in  ber 
-Ijpütte  ber  ©emira  unb  lUcliba  (9Jtalerbud) ,  23b.  4,  231.  19,  Jheibejeidjnuug) 
unb  2lbam  unb  (Jüa  bei  ber  £eid)e  9IbetS  (Waterbud),  23b.  5,  231.  35,  ©epia). 
3)em  23itbnifj  be8  3bt)üenbid)ter§  begegnen  mir  im  7.  23anbe  be§  9Jcaleibud)6 
(231.  13,  $reibeäeid)uung)  unb  im  5.  23anb  ber  Jpanbjeidjnungen  gürdjer 
Äünftlet  (231.  19,  .«reibe),  ©toffe  auS  ber  l^ttjologie  unb  bibttfd)cn  ©efd)id)te 
tiefjanbclt  $.  im  5Dtalerbud),  23b.  4,  231.  37  (äJenuS  unb  21mor,  21quarctli, 
23b.  6,  231.  45  (Jupiter  bei  «jtyitemon  unb  23auciä,  ©epia),  23b.  7,  23t.  49 
(Aperfuteä  am  ©erjeiberaege,  ©epin;  gehört  jum  23eften  bc£  $ünftter8;  im  $inter» 
grunbe  ber  23eftatempct  bei  ütiooli),  23b.  6,  23(.  5  (Sie  5l'°uen  am  ©ratie 
Sefu,  Aquarell ).  ©crjroad)  finb  meiftenö  feine  allegorifdjen  ßompofitionen ,  roie 
j.  23.  Sie  (Srroartunq  (9Jtalcrtiudj,  Sb.  7,  SSI.  29),  3>ie  23tumen  ftreuenbe 
Aurora  PJJtaterbud) ,  23b.  9,  231.  24,  ©epia  ,  ©ortbertraiien  (3Jb.  9,  23(.  44, 
2lquarelt),  ba§  burdj  ©aturn  enttjültte  Hntlifc  ber  6efd)id)tc  PMerbud),  23b.  10, 
23t.  17),  geiftreid)  bagegen  feine  motjt  burd)  Ufteri  infpirirten  Satiren,  ©orootjt 
S)er  Porträtmaler  nad)  ber  sDcobe,  infd)rifttid)  1813  entftanben  (sDcalerbud), 
23b.  8,  23t.  19,  ©epia),  als  aud)  £cr  ©rofcmütljtgc  (23b.  8,  23(.  34,  ©epia) 
jeugt  com  Junior  bee>  ÄünjiterS.  s)cod)  fei  auf  23b.  3,  23t.  15  ber  ^>anb= 
jeidmungen  $ürd)er  Äünftlet  (Butter  mit  itjrem  ftinbe  gen  Fimmel  ftrebenb, 
Aircibcaeidmung),  auf  23b.  10,  23t.  40  unb  23b.  12,  23t.  32  ber  2Jtalertiü<$tt 
f)ingeroiefeu,  ba%  jutet^t  genannte  23tatt,  5Da8  ©djieffat  beä  Gtjaron,  mürbe  nadj 
bem  Üobe  Spfcnninger'S  bon  2B.  ^üfeti  eingelegt.  23on  ben  bon  ty.  nad)  eigener 
3eid)nung  geftodjeneu  23erträtä  fei  baesjenige  ber  9ftab.  be  ßrübener,  be6  5Jkof. 
ber  Ö5efd)id)te  3».  $.  Äörner  unb  baö  23ilbnife  bon  $•  3f.  ^e^  ermähnt,  bon 
leinen  23itbern  in  ^ürdjer  5]3ribatbefitj  ba§  .'perrn  ^eftatojji^Söifer  geljörenbe  £)et= 
gemälbe:  ©ofrate§,  ber  bon  feinen  ©djülern  2lbjd)ieb  nimmt.  ^.  tjatte  Talent 
unb  ßiebc  jur  ßunft  unb  mar  uuermüblid)  fleißig;  ba^  iljm  bie  nöttjige  ^reitjeit 
Tetjtte,  beuteten  mir  fcfjon  an.  SebenfatlS  mürbe  er,  roeun  er  im  ßcben  metjr 
fid)  felbft  angetjört  t)ättc,  eine  ungteict)  t)öt)erc  ©tufe  erftommen  fjaben. 

©.  9teuiat)reblatt  ber  3ürdtjer  Aiünfttergef.  b.  1827.  —  IRagter'ä  Äünftler» 

2ej.    23b.  11,    ©.  214.    —   (Srfd)  unb  ©tutier'S    21.  (Sncbjl.    b.   2B.    u.   ^. 

©ritte  ©ectiou.  XX,  358  (2lrtifet  grenzt ).  6art  %tnn 

^fenntnger:  3ot)ann  Äonvab  ^ß.,  geboren  am  15.  9iobemtier  1747 
ju  3ürid)  alg  ©otjn  be§  Pfarrers  am  grauenmünfter  (Saspar  $.,  ftubirte  in 
^ürid)  üttjeologie  unb  ftanb  Jobann  bafetbft  in  berfdjiebenen  geiftlid)en  2lcmtem, 
5uerft  an  ber  SEÖaifenrjauäfirdje  (1775  ®iafonu§,  feit  1778  ^aftor)  unb  r}ernad) 
an  ber  $eter8fird)e  (feit  1786).  6r  ftarb,  erft  44  Sa^re  alt,  infolge  eine§ 
Iji^igen  fyicberS  am  11.  ©eptemtier  1792.  ty.  ift  befonber§  befannt  al§  einer 
ber  intimften  ^unbe  fiabater^.  3roeimQ^  roar  er  beffen  jüngerer  ©pcciaU 
College,  1775 — 1778  am  2Baifenrjaufe  unb  1786  htä  ju  feinem  £obe  an  ber 
N4>eter§fird)e.  Sa  2abater§  Butter  (Regula)  unb  «ßfenningcr'g  Butter  (@lifa= 
bett))  beibe  eine  geborene  @fd}er  maren,  fo  finb  Sabater  unb  5)3.,  mie  e§  fdjeint, 


«Pfefi  —  «pfeufer.  661 

Sertoanbt  unb  bietfetdjt  fetter  geWefen  (f.  91.  3).  So.  XVIII,  783  tmb  ©d)lid)te* 
groll,  ftefrolog  auf  ba$  3aljr  1792,  II,  158).  ^ebenfalls  fjatte  ßabater  am 
«Pfenninge^  2lnfid)ten  einen  großen  CiinfluB,  unb  $.  r)at  für  feine  Verbreitung 
unb  3)erttjeibigung  ßabater'fdjen  Meinungen  oft  geinbfdjaft  unb  «Spott  erbutben 
muffen-  sJteligiöfe  äöarme,  inniger  6ifer  Tür  atle§  ©ute  unb  @ble,  berbunben 
mit  großer  S3efc£)etbencjeit,  widmeten  it)n  au§.  @r  t)at  eine  üteitje  meift  erbau» 
lieber  Schriften  bruden  laffen.  Stn  feinen  „Sammlungen  p  einem  djrijttidjen 
9flaga}in"  (1781—1783)  befinben  ftdj  aud)  gcifttidje  lieber  bon  iljm. 

ßabater,  G?tma§  über  «Pfenninge™,  3  £efte,  3üric^  1792  unb  1793.  — 
©d)(id)tegroll,  «Refrolog  auf  ba§  ^r  1792,  2.33b.,  ©otlja  1794,  ©.153  ff. 

—  beulet,  ßejifon  X,  ©.  396  ff.   —   «Jtotermunb  sum  Rödler  VI,    ©p.  15. 

—  Döring,  Sie  gelehrten  Geologen  2)eutfdjlanb§,  3.  53b.,  Oieuftabt  a.  b.  C. 
1833,  ©.  287  ff.  —  £odj,  ®eftf>-  be§  Ätr$enüeb3  u.  f.  f.,  3.  2Iufl.,  6.  33b., 
©.  512  f.  I  u. 

$feft:  ßeopotb  2abi3lau§  5ß.  Würbe  am  15.  ftobember  1769  5U 
3fen  unweit  Gürbing  in  Dberbaiern  geboren,  roo  fein  33ater  fürfttict)  grebfiug'» 
fetter  ütatt)  unb  Beamter  ber  #errfdjaft  33urgrf)ain  war.  Gsr  ftubirte  an  ben 
©dmten  in  grebfing  unb  wibmete  [idj  bann  auf  Der  Unibeifttät  ©atpurg  erft 
ber  £tjeotogie,  bann  ber  Sturteprubenj.  2luf  Ginlabung  be§  bamaligeu  ©al^» 
burgifdjen  ^offanaterS  greitjerrn  b.  Äürfinger  unb  beä  ©tabtfrmbtfu§  ßoe§  trat 
er  in  ©atj&urgifdje  ©ienfte,  toutbe  1791  2tcceffift  beim  ©tabtftjnbifat  in  ©at^» 
bürg,  1793  Anwalt  bafelbft,  1797  TOterfd)reiber  in  tamarft,  1798  Ober» 
fcrjreiber  in  SRattfee,  fam  1800  in  gleicher  öigeufdjaft  nad)  Sßaging  unb  1802 
nad)  ©aatfetben  im  ^injgau.  33atb  nad)  ber  eingetretenen  Slegierungsberänbe» 
xung  würbe  5ß.  am  1.  Januar  1804  Slbminiftrator  be§  «pfleg»  unb  2anb» 
gericrjtS  >Jteuc)au3  unb  übernahm  am  1.  ge&ruar  b.  $.  aud)  nod)  bie  SIbmini» 
ftration  be§  gleiten  @erid)t§  ju  ©laned  unb  bann  bie  be§  33erggerid)t§  ju 
•Oberatm.  2U3  fdt}on  im  fotgenben  Sfatjre  bie  2tuff)ebung  be§  $fleggerid)t§ 
(SJtanecf  erfolgte,  würbe  !ß.  jum  furfatjburgifdjen  Ütatrj  unb  jum  Pfleger  in 
9teuf)aus  (Sanbgeridjt  Salzburg)  ernannt.  2tm  30.  ©ebtember  1810  fam  ba§ 
dürften  tr}um  ©al^burg  an  bie  Ärone  33aiern  unb  $.  würbe  nun  fgl.  bairifdjer 
ßanbridjter  in  ©atjburg,  unb  aCi  am  1.  9Jtai  1816  ©aljburg  wieber  an 
Oefterreid)  prüdfiel,  erhielt  *ß.  feine  33eftaftung  aU  öfterreid)tld)er  2anbrid)ter, 
in  Wetter  @igenfd)aft  er  aber  fd)on  am  3.  October  1816  ftarb.  $.  war  ein 
feljr  bielfeitiger  ©d)rift[telter  unb  Mitarbeiter  an  einer  Stenge  ^eitfd^riften,  für 
bie  er  befonberS  fjtftorifd)e  unb  titterarf)iftorifd)e  2trbeiten  lieferte.  2l(§  2id)ter 
üeröffenttid)te  er  „(Sebidjte"  (1804),  „Epigramme"  (1811),  „Sie  Mre^eiten, 
eiue  Sieberiefe  für  fyreunbe  ber  9latur"  (1812),  fammeite  bie  „3:ifd&=  unb 
Srinftieber  ber  Seutfdjen"  (II,  1811)  unb  eine  „Antkologia  epigrammatica 
latina,  e  poetis  post  renatas  scientias  ad  nostra  usque  tempora  claris".  üon 
Wetcfjer  fd)ä^enswertfjen  ©ammtung  aber  nur  ber  erfte  Öanb  (1805  er» 
fdjienen  ift. 

6t.  2U.  S3aaber,    Sejifon   öerftorbener  baierifd)er   ©diriitfietter.     2lug§= 
bürg  1824,  I.  33b.,  2.  2fjeit,  ©.  141. 

f5fran3  33rümmer. 

$feitfet:  ÄatI  ü.  $.,  Slrat,  ©o^n  oon  Sfjriftian  %,  3lrat  unb  ehemaligem 
^rofeffor  ber  «ölebicin  an  ber  Unioerfität  in  Bamberg,  ift  bafetbft  am  22.  S)e= 
cember  1806  geboren.  @r  fjatte  juerft  in  ©rlangen,  fpäter  in  SBür^burg  sDcebicin 
ftubirt,  nadj  abgelegtem  Gramen  längere  3*'\t  al§  Slfjtftent  in  ber  ©djöntein'» 
fdjen  Äünif  fungirt  unb  war  Ijier  1831  mit  einer,  ba§  gewöfjntidje  9Jiaa^  afa» 
bemifdjer  ©iffertationen  weit  überragenben  ©cfjrift   „Beiträge  jur  ©efd)id)te  bei 


Q62  SPfinßften. 

^etedüaltrjprjuä"  promobirt  roorbcn.  —  9ftit  einem  ©tipeubium  bon  ber  baie= 
rifdjen  Regierung  au§geftattet,  machte  er  im  |uTbfte  bcffelbcn  3af)te8  eine  Reife 
nad)  9lorbbeutfd)lanb,  um  bie  bafetbft  epibcmifdj  fyerrfdjenbe  Spolera  ju  ftubiren 
(ber  Sömdjt  über  bie  ftefuttatc  feiner  Veobactjtungen  ift  in  ber  Beilage  ju  9h.  19 
ber  baierifd)tn  SInnalen  bom  3at)rc  1833  üetöjfentlidjt),  unb  Ijabilitirte  fid) 
barnad)  in  «Dlündjen  atä  praftifd)er  Slr^l.  —  Vei  bem  SluS&tudjc  ber  Spolera 
im  $.  183G  in  Vaieru  mürbe  er  alö  9iegierung§commiffar  nad)  bem  bon  ber 
ßrantyett  b,eimgefud)ten  Orte  9)tittenmalb  ^ur  Vefämpfung  ber  ©cudje  gefetjirft 
unb  im  September  bc§  fotgenben  SatjreS  erhielt  er  eine  Slnftetlung  als  2anb= 
gerid)t§arät  in  ber  9Mnd)encr  Vorftabt  SAU.  —  3m  $.  18-10  folgte  er  einem 
föufe  als  «profeffor  ber  mcbicinifdjen  Älinif  nad)  3ürid)  an  ©teile  feincä  nadj 
Berlin  abgegangenen  Seb,rer§  ©djöntein,  1844  fiebelte  er  in  gleidjer  ßtgerifdjaft, 
unb  jtoat  gemeinfam  mit  feinem  greunbe  unb  ^üridjer  Kollegen  ^)enle,  uadj 
.s^eibelberg  über,  berroeitte  rjier  adjt  3fal)re  unb  übernahm  bann  (1852)  bie 
fiinifdje  Sßtofeffut  au  ber  jroeiten  mebicinifd)en  SlbÜjeilung  im  allgemeinen 
Ahanfentjaufe  in  9Mncr>n,  mit  meldjer  it)tn  gleid)jeitig  bie  ©tcllung  beS  är^t» 
lidjcn  Referenten  im  flflinifterium  beä  Innern  übertragen  morben  mar.  9Juj 
bem  £)eimroegc  bon  einer  6rt)olung§reife,  mctd)e  er  im  Sommer  1869  mit  feiner 
Familie  nad)  ^evtiöau  (am  $d)enfee)  unternommen  tjatte,  erlitt  5p.  einen 
©d)laganf  all ,  ber  feinem  an  praftifdien  Erfolgen  reidjen  Seben  am  13.  ©ep= 
tember  ein  plöfclidjeg  ©übe  madjte.  —  ty.  gehört  ju  ben  fabcutenbften  ©djülern 
©djöntcin'S  unb  ben  mürbigften  Vertretern  ber  bon  bemfelben  mefentlid)  gcjör* 
berten  neueften  $t)afc  in  ber  miffenfd)afttid)en  ßntmirfetung  ber  beutfdjeu  Webicin, 
btö  größte  Verbienft  um  fein  engereg  Vaterlaub  aber  tjat  er  fid),  neben  feinen 
f)od)gefd)öt3ten  Seiftungen  alä  flinifdjer  Sehtet  unb  praftifdjer  Slr^t,  burd)  bie 
Slefoimen  erroorben ,  meldje  er  in  bem  baierifdjen  s}Jlebicinatmefeu  herbeigeführt 
unb  mit  melden  er  biete  berattete  Vornrtrjcile  unb  'iJJtifsftänbe  übermunben  tjat; 
nad)  12iäf)rigen  Vemülnmgen  mar  eS  ifjm  gelungen,  bie  ftreigebnng  ber  ärat- 
tieften  $rarj§  in  Vaieru  ju  erzielen  unb  biete  neuere  mictjtige  Verorbnungen,  fo 
u.  a.  über  bie  obligatorifcfje  ©djutjpocfenimpfung,  über  ben  ©ifttjanbet,  finb 
fein  Söerf.  —  2>ie  litteravifdje  Srjätigfeit  ^feufer'S  ift  eine  fetjr  befcrjränfte  ge= 
blieben;  anfjer  ben  oben  genannten  arbeiten  fyat  er  einen  „Vcridjt  über  bie 
@ljoIera=(§bibemie  in  TOtenmalb"  (1837),  fobann  eine  Heine  ©djrift  „3um 
©dmfce  miber  bie  Spolera"  (1849,  in  3.  2tufl.  1854),  meiere,  ein  dufter 
populärer  Slarfkltung  mcbicinifdjer  $™9cn,  CUXi  0Cl*  erften  ©teilen  unter  ben 
jal)lreicrjeu,  biefen  ©egenj'taub  berjanbclnbcn  unb  bamalg  erfdjienenen  ©Triften 
einnimmt  unb  eine  meitc  Verbreitung  gefunben  t)at,  enblid)  mehrere  Journal» 
artifel  meifl  praftifdjen  3nl)altä  in  ber  bon  irnn  in  ©emeinfdiaft  mit  £)en(e  in 
ben  Sauren  1844—1869  rjerauägegebcnen  „geitfdjrift  für  rationelle  93lebiciu" 
bciöffenttid)t.  —  SSRit  einem  reid)en  poetiferjen  Talente  begabt,  Ijat  ^.,  ein 
ft-reunb  be§  2)ic^ter§  $laten  unb  drbc  be§  titterarifdjen  5tad)laffe8  beffclben, 
„$tatcn§  Sagebuc^  (1796—1825)  mit  einer  Vorrebe  berfetjen"  (1860  ©tutt= 
gart)  herausgegeben. 

©ei^,    Viogr.    Sesifon    ber    rjerborragenbften    Sieräte    aller    3eiien    l«nfc> 

Vbtfer.     SBien    1884  —  86.     Vb.  IV,    ©.  553    (nad)   ßerfdjenfteiner ,    2)a§ 

53eben  unb  SCßirfen  be§  Dr.  Ä.  b.  $•     2tug§b.  1871). 

91.  ^irfd). 
^filigftcn:  ©corg  äöilb^etm  ty.,  2aubftummenterjrer.  6r  mar  geboren 
in  ber  ©tabt  ßiel  am  5.  gjlära  (ober  3.  9Jtai)  1746.  ©ein  Vater  lebte  bort 
at§  Tambour.  5tac^bem  er  eine  gute  ©djulbitbung  erlangt,  berfucb>  er  in 
berfc^iebener  SBcife  fein  gortfommen  in  ber  Sßelt.  6t  mar  nad)  ©t.  5Jkterg= 
bürg  gegangen,  otjne  31t  erreidjen,   ma§  er  fudjte,   fehlte  nad)  Hamburg  jurüd, 


SPfingftcn.  663 

wo  es  i^m  auct)  nid)t  gelingen  Wollte  unb  etablirtc  fid£)  enblicfj  als  ^erücfen» 
macfjer  in  ber  ©tabt  SübedE,  roo  er  fid)  auct)  Derrjeiratcjete.  31(5  nun  bie  ^erücfen 
aus  ber  $ftobc  gingen,  mufjte  er  barauf  SBebacfjt  nehmen,  in  anberer  SBeife  feine 
gamitie  ju  ernähren  unb  Derfucrjte  es  äunädjft  mit  2Jhifl!=  unb  üLanjunterrictjt. 
23on  £)aus  aus  mufifalifdj  unb  nameuttid)  geroanbter  £rommelfd)läger,  marr  er 
fid)  mit  9Jiad)t  auf  biefe  i?unft.  SDies  fürjrte  ifjn  jur  ©rfinbung  ber  friegerifcfjen 
©ignatfpracfje.  Nebenbei  fjatte  er  Don  jetjer  eine  befonbere  Vorliebe  für  bie 
Xaubftummen  unb  als  fertiger  £rommelfd)täger  Derfudjte  er  es  mit  ©lud  biefe 
Äunft  beim  Unterridft  ber  Xaubftummen  in  Slnmenbung  ju  bringen.  1786 
rourbe  ir)m  ber  erfte  taubftumme  Zögling  anDertraut  unb  er  Derroanbte  feine 
gange  Äraft  an  bie  Slusbilbung  beffelben.  35aburd)  30g  er  bie  2tufmerffamfeit 
bes  größeren  3ßublicums  auf  fiel).  1790  roarb  er  Dom  Sübetfer  9Jtagifirat  jum 
Crganift  unb  Öefjrer  im  lübedifcrjen  SJorfe  ^amberge  ernannt  unb  t)at  fjier 
acf;t  Safvre  ejinburef)  nebenbei  priDatim  taubftumme  Zöglinge  ausgebilbet.  2>ie 
3a£)l  berfelben  flieg  bis  auf  neun.  1799  legte  er  rjier  fein  ©cfjutamt  freiroiltig 
nieber  unb  fiebelte  nad)  feiner  SSaterftabt  Atel  über,  roo  er  mit  Unterjlflfcung 
ber  Regierung  ein  £aubfiummeninftitut  erridjiete,  bas  buret)  patent  Dom 
8.  ^JloDember  3U  einem  fönigt.  ^nftitut  erhoben  mürbe.  Sie  3arjt  ber  3ög^"Öe 
nafjm  immer  ju  unb  flieg  bis  40.  1810  rourbe  bie  Slnftalt  nad)  ber  ©tabt 
©d)lesmig  Derlegt.  $.  faufte  ein  Haus  im  ^riebricfjsberg  bafelbfi,  bas  nadjfjer 
@igentfjum  ber  Regierung  geroorben.  1809  mar  als  Reiter  Sejjrer  ber  Cand. 
jur.  £.  |>enfen  itjm  jugeotbnet  roorben,  ber  ifjm  fpäter  abjungirt  Warb,  nacfjbem 
er  auclj  fein  ©djwiegerfofjn  geroorben.  (Später  fein  9cad)fotger ,  geftoiben  als 
fönigt.  ßtatsratr),  ^roftffor  unb  bitter  Dom  Sanebrog  am  20.  9toDbr.  1846.) 
2)ie  s3lnftatt,  neuerbings  um  ein  (Sjternat  Dermetrrt,  ftefjt  nod)  in  33tütf)e. 
^fingften's  Serbienfie  finb  allfeitig  anerfannt.  (£r  roarb  1812  gum  ^rofeffor 
ernannt,  aud)  1816  Don  ber  9ßatriotifd)en  ©efeüfcrjaft  in  2Iltona  ausgezeichnet. 
1825  roarb  er  auf  fein  2lnfucf)en  penfionirt  unb  ftarb  am  26.  9ioDbr.  1827. 
#ud)  als  ©djriftfielter  in  jeinem  gaef)  fjat  $.  fid)  nidjt  unerrjebtidje  SBerbienfte 
erworben.  „Sßieljätjrige  Grrfafjrungen  über  bie  ©efjörfefjler  ber  £aubftummen  als 
Söinfe  beim  ©atDanifiren  ju  gebrauchen."  Äiet  1802.  „©etjörmeffer  ^ur 
llnterfucfjung  ber  ©efjörfärjigfeit  galDanifirter  Saubftummen  in  befonberer  ftüd- 
ftefjt  auf  bie  Erlernung  ber  artifulirten  2onfprad)e."  ©af.  1804.  „23emer= 
fungen  unb  ^Beobachtungen  über  ©efjör,  ©efübt,  2aubt)eit,  beren  Abweisungen 
Don  einanber  unb  über  einige  llrfacfjen  unb  Heilmittel  ber  ledern."  1811. 
3n  ber  3eitfcfjrift  (Sunomia,  Satvrg.  3  ©ept.  ©.  215:  „lieber  bie  Söirfungen 
bes  ©alDaniSmus  auf  bie  laubftummen."  ®iefe  S3eröffentlid)ungen  Deranla^ten 
feine  Ernennung  jum  correfponbirenben  ÜJcitgtieb  ber  galDanifd)en  ©efeüfcfiaft 
in  ^>aris.  „lieber  ben  ^uftanb  ber  Saubftummen  ber  alten  unb  neuen  3«*." 
®cf)lesmig  1817.  2lud)  gab  er  als  Seljrmittet  fjeraus:  „^lusmabt  bibtifctier 
grääfjlungen.  ^unädjft  für  bie  3ögtinge  bes  Saubftummen^nfiitiüs."  ©ct)les= 
mig  1820—23,  2  23be.  unb  „^ülfsbucl)  für  taubftumme  jum  richtigen  35er= 
fteben  unb  llnterfdjeiben  ber  Dielbeutigen  äBörter,  bie  aus  einerlei  bauten  unb 
33ud)ftaben  befteljen,  aber  fefjr  Derfc^iebene  Sßebeutung  enthalten,  ^n  alpfjabet. 
Orbnung."     ©cfjteSroig  1825. 

!Q.  Safjbe,  ^ortraiter  meb  33iogr.  ^open^.  1806,  |).  6,  ©.  71  mit  feinem 

Silbni&.  —  S.  =  |).  ^roDin^iatber.  1811,    2,   ©.  191.   —  &ad) ,    ©ejcfjidjte 

b.  ©tabt  ©d)lesroig.    1875,  ®.  236.  ßarftens. 

^ftligftcn :    ^ofj.  Jp  er  mann  $.,    geb.  ju  Stuttgart  am   16.  9Jtai  1751, 

©orjn    eines    bortigen   ^Dtateriatiften.     ®t   mar   balb   an   ben  UniDerfitäten    in 

Halle,  Tübingen,  Erfurt,  in  geletrrter  9ticf)tung,    balb  in  ©cbemniö  m  Ungarn, 

im   §erjogtl)um  ^Jtagbeburg  unb    gürftentfjum  .spalberftabt ,   in  ©acf)fen  =  ®otfja 


664  Wnjjtng. 

unb  lUainj  in  ptaftifdjer  Üiiditung  ttjätig,  bis  "  er  1794  nad)  (Sonftantinopel 
ging,  ot)ne  baß  fein  toeitereS  ©djicffal  befannt  wate.  3ubem  nmr  cr  *m  fnid)t= 
batet  ©djriftftetter  im  ©ebiet  ber  Mineralogie  unb  beä  33ergbau§,  ber  Gtjemie, 
Sotanit,  2lt-<meilet)rc,  aud)  Mebicin,  ^tjtjfiologie  unb  ^>ft)d)ologte,  @amcral=  unb 
SßotiäeimiffenfdCjaft,  fowie  nodj  einiget  weitetet  gädjer. 

Sgl.  9tteufel,  3)aS  gelegte  ©eutfölanb.     Semgo  1798.  VI,  88—90.  — 
©rabmann,    SDa8  gelegte  ©djmaben.     ©.  453—455.  ty.  Stalin. 

WillfeitlQ:  9Jteld)ior  $.  würbe  am  25.  ftoöcmber  1481  fdjwerlid) 
1488,  wie  eine  Mebaiüe  angiebt)  $u  Nürnberg  geboten,  Wo  fein  Sßater 
©enator  unb  Saumeiftet  Wat.  ©eine  ftamilie  gehörte  ju  ben  älteften  unb 
öorneljmften  $atriciergefd)led)tern  bet  ©tabt.  3n  Söien  fanb  et  an  bem 
tirolijdjen  $o']tan$ln  Gppriau  öon  'Jiortljeiin  genannt  ©erntein  einen  (Sonnet, 
auf  beffen  ©mpfetjlung  et  in  bie  3&t)l  ber  unmittelbaren  ©ecretäre  Äaifet 
3Jla|imitian8  aufgenommen  mutbe.  ©dmctt  unb  bauetnb  erwarb  et  fidj  ba§ 
öolte  Vertrauen  feines  ^ettn,  wie  baS  nod)  $arl  V.  lange  nad)  spftninng'ä 
Sobe  rücft)altlo§  anetfannt  t)at:  biefem  Sertraucu  banttc  et  Öebcnsftelluug 
unb  litterarifctjen  gtuljni.  Stuf  9Jlarimitiang  äöunfd)  fefcte  bet  9tütnbetget 
©enat  itm  um  fo  tiebet  1512  in  bie  ettebigte  4>topftei  öon  ©t.  ©ebalb  ein, 
atä  babutif)  Sorfcrjtäge  be8  Sifdjofg  öon  Bamberg,  bet  ein  23efet3ung§red)t  für 
bie  ©teile  beanfprudjte ,  am  leidjteften  au  befeitigen  waren.  2)odj  machte  itjn 
ba§  neue  Sfatt,  baä  iljm  Nürnberg  jum  regelmäßigen  äöcttjnfifc  anmie»,  bem 
Stfenfte  beö  Ataiferä  nidjt  untreu.  6r  begleitet  Um  1512  auf  ben  9teid)3tag 
(}u  Äöln  unb  wirb  1513  öon  ttjtn  jut  2Bat)lbeftätigung  beä  SBifdjofä  öon  ©peicr, 
^fulipp  I.  öon  fltofenberg,  entfenbet.  ©er  Sitet  eine§  faiferlictjen  9tatt)ä  loljnt 
ilwi  im  felben  3afjrc  bie  neuen  S)ienfxe :  ferner  wirb  er  1517  ^ropft  be§  <Ritter= 
ftifte§  ©t.  Sllban  3U  Wtaina;  aud)  mit  Ganonicatcn  ju  Orient,  au  ©t.  ©teptjan 
in  Bamberg  unb  (}u  11.  ß.  $•  ab  ©rabu3  in  Main^,  fowie  mit  bem  Decanat 
3U  ©t.  Sßictor  ebenbort  begabte  ifjn  ba§  2öotjlwollen  beg  $aifer§.  @tft  feit  bem 
Stöbe  sJJtajtmilian§  fd)eint  ty.  ben  .{pofbienft  aufgegeben  unb  nur  nod)  feinen 
getftlidjeu  Slemtern  gelebt  31t  Ijaben;  baß  er  jemals  <£wfcaplau  ftarlS  V.  wat, 
Wie  man  aus  bet  Sßibmung  bes  Xljeucrbanf  etfctjtoß,  ift  ganj  unwa^rfdjeintid). 
2)er  ©ieg  ber  Üteformation  in  Nürnberg  üeranlaßte  t^n  1521 ,  feine  bortige 
©teüung  gegen  eine  geringe  ^enfion  ^u  quittiren  unb  nad)  9Jiain3  ju  jteljen, 
Wo  er  am  24.  Woücmber  1535  geftorben  ift.  —  23om  1.  Wärj  1517  unb 
auä  sJiürnberg  batirte  $.  bie  SBibmung  be§  pielbeWunberten  epifdjen  ©ebidjtö 
„2)ie  geuerlid)eiten  önb  etn§  taiU  ber  gcfd)id)ten  be§  loblidjen  ftreitbaren  Pnb 
tjodiberümbten  ^>elb§  Pnb  föitterä  2eWrbanncft)§."  S)a§  SBerf  fdjilbert  eine 
große  $ai)[  üon  Slbenteuem  unb  ©efaljren,  bie  ffaifer  3ttajimilian  auf  3fagben, 
bei  kämpfen  unb  fonft  burdjgemactjt  Imtte:  in  fteifer  unb  ungefd)iclter  Allegorie 
werben  fie  bargeftellt  al§  entfprungen  ber  Sostjeit  breier  ^auptleute,  gürwittig 
(jugenblidjer  5Jorrot§),  llnfalo  (Unfälle)  unb  !Jleibelt)art  0)lad)ftellungen  ber 
Leiber  unb  ^einbe),  bie  ben  eblen  bitter  2euerbant  Pergeblid)  rjinbern  Wollen, 
gut  Königin  <St)rcnTcidt) ,  feinet  beftimmten  Staut,  3U  gelangen.  £>afj  5ß.  mit 
äßiffen  unb  äßiücn  be§  ÄaiferS  fidt>  bie  Slutotfdjaft  be§  ©ebidite§  beilegte,  ift 
außer  Zweifel.  3lbcr  fd3on  ein  Worjtuntcrricrjteter  Seitgcnoffe,  (iufpinian,  nennt 
ben  Äaijer  felbft  al§  Serfaffer,  unb  feitbem  ift  e§  lange  $e\t  eine  PieletWogene 
©treitfrage  geWefen,  ob  5p.  Don  5Rarimilian  nur  Porgefdjoben  Würbe,  um  ein 
bem  eignen  9iur)me  gewibmete§  2ßct!  nid)t  mit  eignem  Flamen  beefen  ju  muffen, 
obet  ob  jenet  Wirllid)  3lutor  War.  ©ie  f^rage  Wirb  entfdueben  burd)  brei  §anb= 
fdjriften  ber  Söiener  ^)ofbtbtiotr;ef,  bie  ba§  ©ebicljt  in  einer  öon  ber  gebrückten 
©eftalt  Wefentlid)  abweid)enben  gorm  enthalten,  tt}eil§  öon  bcr  ^anb  unb  mit 
bem    tarnen    be§    faifertidjen    ©ecretärS    3Jtatr  Srei^fautWeiu,    t^eitä,    wie    e8 


^finfctng.  665 

fdjeint,  t>om  £aifer  felbft  gefcrjrieben.  S5em  $aifer  alfo  unb  jenem  anbern  Reifet 
banft  bas  65ebid£)t  3bee ,  Anlage  unb  erfte  9tor;ausfüt)rung.  2Bas  5p.  baran 
gettjan  t)at.  lerjrt  bie  Söergteidmng  jenes  ljanbfd£)tifttt(f)en  SEerteS  mit  ber  beftnt» 
tiöen  ©eftalt.  ßeiber  toaren  mir  bie  «gmnbfcfjriften  nierjt  augänglicfj,  unb  idj  mu| 
^fintjing's  Sfjätigfeit  nadj  wenigen  groben  beurteilen,  bie  ,<paltaus  in  feiner 
Ausgabe  bes  £euerbanf  mitteilt,  $.  legt  ben  ,£>aupttoertf)  auf  bie  bibaftifcfje 
unb  retigiöfe  Seite  ber  SJid^tung.  £atte  fetjon  9Jcarimitian  in  bem  (Streben, 
feine  SDarfteüung  nact)  bem  dufter  mtttetalterlicfjer  Sftitterfagen  p  mobein,  bie 
©raärjlung  ber  einzelnen  Slbenteuer  fo  farblos  unb  allgemein  gehalten,  roie  mög= 
lief),  fo  erf)öf)t  *ß.  biefen  unerfreulichen  Ginbrucf  baburefj,  bajj  er  am  Slnfang 
unb  ©djlufj  ber  Kapitel  breiter  moralifirt,  bafj  er  bort  bie  ©ebanfen  unb  hieben 
ber  ^anbelnben  umftänbüctjer  unb  babei  in  ermübenber,  ftets  ftdj  roiebertjolenber 
©nförmigfeit  ausführt.  5Die  ans  Silberne  ftreifenbe  2lrgloftgfeit ,  mit  ber  ber 
§elb  immer  roieber  auf  bie  plumpen  Slnfcrjläge  feiner  ©egner  hereinfällt ,  roirb 
buret)  bie  befliffenere  9ftotiüirung  boppelt  fühlbar.  Sler  böfe  (Seift,  ber  unter 
ber  s2ftasfe  eines  trjeotogifctjen  üDoctors  ben  üTeuerbanf  in  eine  fo  überaus  burdj» 
fictjtige  SSerfuctjung  fütjrt,  bafj  felbft  biefer  fie  burcfjfcrjaut,  ift  ^ßfinijing's  Grftn* 
bung :  er  tjat  ben  engüfdjen  ©eift  eingeführt ,  ber  ben  gelben  ju  einem  3uSe 
gegen  bie  Ungläubigen  malmt,  er  rjat  bie  9totte  bei  Gijrentjolos,  bes  treuen 
^Begleiters,  reierjer  gemacht;  ben  brei  pm  ü£obe  öerurttjeilten  ^pauptteuten  legt 
er  lange  reueboEe,  moralifcfje  üteben  in  ben  9ttunb,  bie  ben  verwarteten  35öfe= 
toictjtern  übel  genug  aufteilen.  9lu§  eigner  $enntnife  ber  Grlebniffe  9Jtarimiltans 
fjat  er  manches,  namentlich  ©emfenjagben,  hinzugefügt,  faft  burctjroeg  geringe 
unb  unintereffante  Variationen  bon  bereits  erjagten  Slbenteuern.  SDabei  roirb 
fo  manerjes  gebanfenlos  bem  Unfalo  jugemiefeu,  bas  bem  SBefen  ber  Slüegorie 
nacl)  an  ben  $afj  bes  gürroittig  getjört:  bodj  fjatte  in  biefer  33ejiet)ung  fetjon 
^cajimilian  fiel)  bieles  p  ©Bulben  fommen  laffen.  So  erjätjlt  5)).  bas  2lben= 
teuer  auf  ber  5ftartinsroanb  im  20.  Gap.  als  Söerf  bes  ^ürroittig,  im  62.  ganj 
ätjnlicrj  als  Slnfctjlag  bes  Unfalo.  ®ie  ©efatjren,  in  bie  ungeftfjicfte  Sterbe  ben 
Äaifer  bringen,  fjat  erft  5)}.,  toie  es  fcb,eint,  eingefügt.  5Die  böfe  SBafferfa^rt, 
bie  $.  Gap.  72  berietet,  ift  ben  anbern  (32,  43,  64)  fo  äl)nlid§,  bafj  felbft 
bie  Steigerung  ber  Sctjiffleute,  bei  bem  borausficrjtlicrj  fcrjtimmen  äöetter  p 
fahren,  nicfjt  fetjlt.  ©elang  es  ferjon  2Jtajitnilian  nidjt  immer,  roirflicfje  Unfälle 
fo  barjuftetlen,  als  toären  fie  bas  Söerf  ber  böfen  ^auptleute,  fo  fteUt  $.  an 
ben  ^)örer  Gap.  52  eine  befonbers  ftarfe  gumuitjung:  oort  ferjidt  Unfalo  ben 
gelben  auf  ein  freies  f^elb  in  ber  35 or ausfielt,  bafj  ein  Unmetter  lo§brect)en 
unb  ebenba  ber  23litj  einfdjtagen  teerbe.  Slucl)  ber  Äaifer  rjattc ,  toieber  burc^ 
ba§  SSorbilb  ber  mt)b.  Romane  oerfürjrt,  bialeftifctje  unb  rjolfsttjümtidfcjc  2Ben= 
bungen  tuöglicfjft  fern  gerjalten:  $.  fctjreitet  auf  ber  abfcljüffigen  33ab,n  biefer 
fteifen  Sangeroeile,  bie  er  root  für  üorne^m  l)ielt,  munter  fort.  23efonbers  aber 
nal^m  er  fiel)  ber  metrifcfjen  gorm  bes  ©ebtdjts  an.  S)ie  2Biener  ^anbfe^riften 
roeifen  gut  lesbare  öter^ebige  SJerfe  auf,  bie  unbebenflict)  mebrfilbige  ©enfungen 
äulaffen.  3Rit  pebantifc^er  ©eroiffenljaftigfeit  regelt  $.  bie  ©ilbenplii:  in  ber 
großen  We^rja^l  ber  Gapitel  ^aben  bie  5}erfe  je  8  ©Üben  erhalten:  nur  in 
ben  üorberen  Partien  bes  ©ebicljts  ^at  er  ptoeilen  6=  ober  Tfilbige  SSerfe  in 
größeren  ©ruppen  angeroanbt.  91ac^  bem  ^rineip  ber  ©ilben3äi)lung  beurtfieitt 
finb  ^fin^ing's  S5erfe  rool  ausnahmslos  correct,  nur  ba^  nic^t  jebe  ©imfope 
unb  Verfctjteifung  in  ber  ©ctjrift  ausgebrüdt  ift.  Sesbarer  aber  finb  9Jtarimi= 
lians  S)erfe  bei  toeitem.  ^.  %at)lt  bie  Silben  ah  olme  jebe  9tücffict)t  aui  bie 
2Bort=  unb  ©a^betonung:  9leime  roie  ^)err:  leiber,  Älaftör:  mer,  2Baff6r:  ^>eer 
finb  in  feinen  Slugen  burerjaus  unauftöBig:  fo  mec^anifcl)  unb  ftubenmäfjig, 
fo  ot)ne   jeben  Sinn   für  Ätang   unb  Ürtj^trjmus  tjaben  roenige  beutfelje   Sictjter 


666  Wfl«- 

ifjre  äkrfe  gebaut:  aber  bet  neunjäbrige  ^offmannltoalbau  fonnte  roorjl  im 
Steuerbanf  lernen,  ©Üben  <m  aätjten.  Söäte  es  nicrjt  ein  offenes  ©etjeimnifj  ge= 
roefeu,  bafj  ber  Äaifer  felbft  93erfaffer  unb  Oetb  be§  Seueibanf  jei,  märe  nid)t 
bie  pradjtüolle,  aud)  lünftlerifdj  nidjt  roertljlofe  Ausstattung  beg  Söerfeä  b,in3u= 
gclommen,  —  ^fintjing'ä  äkrbienft  ift  es-  geroifj  nid)t,  ba&  ba£  langmettige  unb 
fteifleinene  9Jtad)roer{:  feiner  $eit  fo  unbegreiflichen  23eifall  gefunben  tjat.  — 
©cfjon  ber  erften  Aufgabe,  aber  nid)t  allen  ßremplaren,  tjat  ty.  einen  bürftigen 
©djlüffel  beigegeben,  ber  bie  Allegorie  erflärt  unb  ganj  fur^  niittheilt,  mo  fid) 
bie  einzelnen  ^Begebenheiten  zugetragen  f)aben. 

litj,  l)i<4iüsitio  de  inclyto  libro  jioetico  Jb/uerband,  Altborf  1737.  — 

b.  Äfjautj ,   äkrfud)   einer  ©efd)id)te   ber  öfterreid)ifd)en  ©eleljrten ,    granfiurt 

1755,   ©.  90  fg.    —   SUill ,  9türnbergifd)c§  ©eteljrtcn  =  2erifon  III,  152.  — 

9Jcit  ausfürjrlidjer  unb  gelehrter  (Sinteitung    ift  ber  Jheuerbanf  fyerauögegeben 

Don  ffiatl  .£>altauä,  Quebtinburg  1836;  ßarl  ©oebefe  tjat  itjn  in  ben  10.  JBb. 

feiner  beutfdjen  SDidjter  beä  fecfyjefmten  Slarjrljunbcrtß  aufgenommen;  Dgt.  aud) 

Ut)lanb§  ©djriften  II,  255  fg.     2>ie  oben  merjrfad)    citirten  ^>anbfd)riften  ber 

Wiener  ^ofbibliotfyef  finb  bie  Codd.  bist.  prof.  148   (jefet  2806),    149  (jefct 

2867),  488  (jetjt  2889).  ttoetfje. 

s|>fijtcr:    Albrcd)t  unb  griebrid)  %"•  !■  am  ®d)fuffe  beä  SBanbe*. 

$fiftcr:    gerbinanb  o.  5ß. ,   furfürftlid)  t)effifd)er  sDlajor,  mürbe  atö  ber 

®oI)u    bcß    erften    (Seiftltdjen    an    ber   Afird)c    ^u   ©t.  s]Jcartin    in   Gaffel    am 

22.  Januar    1800    geboren.     Sic    »Jett    ber    §rembl)cnfd)aft,    in    melctje    feine 

Äiubl)eit  fiel,  (^og  in  itjm   ben   beutjdtjen   (Sinn  unb   Die  8ie6e   für  bie  £)eimat(j 

grofj.     |}rül)  tövperlid)  fräftig,  trat  er,  alö  nad)  ber  leipziger  <5d)lad)t  in  Reffen 

ütruppeu  jum  .Wampfe  gegen    bie  Jran^ofen   errirfjtet  mürben,    als-  ^5a t)nenjunf ex 

bei   einem  üauoroetjrvegimente    ein ;    feine  fölteni    hintertrieben    inbeffen   bie  @r» 

füllung  feineS  ätfunfdjes,  mit  in  ben  fttieg  \kl)tn  ju  bürfeu.    6r  fetjrtc  utnädjft 

auf  bie  ®d)ulbant  (}urütf,  raurbe  1816  Stüdjunfer  bei  ber  furljcffifcrjen  Artillerie, 

am  13.  ©ecember  1819  ^ortepee^tüdjuufev,    am  21.  3Jlai  1821  Officier  unb 

1835  Hauptmann,    (iinige  $al)re  fpäter  marb  bie  Aufnahme  unb  fartograpljifcfje 

2)arftellung  bes  AUtrfürftenttjums    in  Angriff   genommen.     S)ie  Seituug  ber  Ar= 

beit  mar  bem  Cbtrft  im  Ükneralftabe,  ÜBicgrcbe,    einem  auäge^eidjneten  ^Dcatb;e= 

matifet   unb    ©eobäten,    übertragen.     ^Imi    trat  als  ©ection«cr)ef  ber  siRefjtifd)= 

aufnähme  "4>-  3ur  Seite.     2öa8  fie  fetjufen,    ift    ein    berüorragenbcS  SBerf ,    bem 

überall  bie  t)öct)fte  Anerfennung  ju  2beil  gemorben  ift;  in  roeldjcm  Anfetjen  bie 

l'eiftungeu  ber  t)ejfifd)en  ü'aubcöüermeffung   ftanben,    bemeift   ber    Umftanb ,    ba^ 

^reufeen  Cfficiere   flu   it)rer   eigenen  Slusbilbung  an  ben  Arbeiten  ülrjeil  nehmen 

liefe-     ^fifter'ä  Jtjatigfeit  bei  berfelben,  melcf)e  Dom  23.  October  1840  biß  jum 

27.  gebiuar  1851  bauerte,  mar  eine  tjaüorragenbe.     „S^m  roaren  bie  ,\pori3on= 

taleu  (Sflibeaulinien)  nidjt  ber  alleinige  ^metf,  fonbern  baz  sJJtittel  für  bie  matf)e= 

matifdje  £egiünbung  ber  gtädjenbilbungen  t>c%  ©elänbes;  fein  angeborener  nnb 

gebilbeter  53lid  für  Die  (h-fennung  ber  formen  behütete  il)n  öor  SdjematiSmuä", 

fagt  ein  im  5Jtilitär=2Bocrjenblatt  sJtr.  41    üom  15.  5Jcai  1886  il)m  gemibmeter 

5cad)\uf;     s3Jleifter  im  Grofiren   unb  .^eidjnen ,    arbeitete   er   anfange   felbft   mit, 

fpäter  mirfte    er  namentlid)    burd)    feine   Snfptcirungen    auf   ben  50l'tflang    be§ 

äöerfeö.     3iei   biefen  (Gelegenheiten    regte    er    gleichzeitig   &u   gefd)id)tlid)en   unb 

matrjematiferjen  ©tubien   unb   zur  23efdjäftigung   mit   ber  Sanbeäfunbe  an,    für 

meldje  er   Don  jerjer   ein  regc§  ^ntereffe   getjabt  rjatte.     3fafob  ©rimm  ermätmt 

in  ber  ^orrebe  ju  feiner  „5£eutfcfjen  ^Jirjtljologie"  banfenb  ber  ^)ilfe,  meldje  ein 

junger  Slrtillerieofficier  itjm  au%  rjeffifeben  Cuellen  geleiftet  fjabe ;   biefer  Officier 

mar  5ß.;    feine  „^'anbeSfunbe  Don  Äurtjeffcn",   meldje   1840   in   zmeiter  Auflage 

crfdjien,  legt  gleichfalls  3eugnife  ab  Don  feinem  $ntereffe  Tür  bie  engere  £)eimatt). 


Pfift«.  667 

SEa  iü^iten  bic  9iad)Wet)en  bes  Sturmjafrreg  1848  für  ba§  Dfficiercorpg,  meldjem 
*ß.  angehörte,  burd)  beS  «riegiminiftere  $a)?nau  ungefdjidte  Dtüdfidjtetofigfeit 
eine  fdjrocre  3«t  tjerbei.  SDie  TOglieber  bcffetben  farjen  jtdj  üor  eine  <5ntfc^ci= 
bung  gcfteltt,  Weldje  bie  $Kel)rdaf)l  üon  iljnen ,  barunter  ben  1849  jum  ü)lajor 
6eförbcrten  5ß.,  üeranlafde,  ifjren  Abfd)ieb  ^u  erbitten;  tf»re  unfelige  SBeeibigung 
auf  bie  Söerfaffung  War  bie  Duette  bes  3roiefpalt§.  9cur  Wenigen  Warb  bie 
Entlüftung  ju  33jeil;  für  bie  übrigen  orbnete  ber  Äurfürft  im  3-  1851,  burd) 
bie  33unbescommiffäre  üerantafct,  eine  neue  23creibigung  an,  buvd)  melcfje  bas 
©elöbnifj,  bie  33erfaffung  ju  beobachten,  bcfeitigt  würbe.  $.  tonnte  biefe  Aenbe* 
rung  bee  üon  ifjm  geteifteten  GibeS  mit  feinem  ©emiffen  unb  feinen  Anfielen 
über  -^flidjt  unb  @t)re  nictjt  üereinigen;  er  forbcrte  üon  neuem  ben  Abfd)ieb, 
welchen  ber  Äurfürfl,  ^u  bem  er  in  ben  ^afaen  1848  unb  1849  in  ein  itat)cS 
perfönlidjes  33erb,ältnijj  getreten  mar,  bewilligte.  Sofef  ü.  Stabowiij,  fein  früherer 
Äamerab  unb  Setjrer,  unternahm  e§,  für  5ß.  eine  Aufteilung  im  preuBifdjen 
£eere§bienftc  ju  erwirfen;  fein  balb  barauf  erfolgenber  £ob  trat  ber  93erwir£* 
Iid)ung  bes  planes  in  ben  2Beg.  }>.  öerlicfj  nun  Reffen  unb  übernahm  eine 
©teile  im  Skrwaltungsrattje  ber  Ütjfiringifdjen  (Sifenbatjn ,  lehrte  aber  1860  in 
bie  .Ipeimatrj  ^urüd  unb  erlebte  bort  bas  3aljr  18C6,  beffen  ßreigniffe  er  al§ 
treuer  Anhänger  be§  itjm  ttjeueven  StaatsmefenS  feines  engeren  23atertanbes\ 
aber  auef)  als  guter  üDeutfdjer,  fid)  üottjieljen  fat).  SDie  Umwälzung,  tneldje  baS 
3»atjr  fjcröorrief,  bradjte  itjm  ein  ©nabengetjatt;  bie  preufjifdje  ütegicrung  be= 
mittigte  es  in  33erüdfid)tigung  bee  auf  ben  feiner  geit  0^ne  ^ßenfion  Gntlaffenen 
ausgeübten  ©emiffensawanges.  —  Aufjer  auf  ben  borgenannten  ©ebieten  mar 
5ß.  aud)  al§  ^tititärfcfjriftftetter  ttjätig,  abgefetjen  bon  Auffätjen  in  3eüjd)riiten  ic. 
erfdjieneu  üon  itjm  1839:  „SSctradjtungen  über  bie  SBidjtigfeit  ber  ftetjenben 
|)eere";  1845  „SDer  getb^ug  be§  9regiment§  Sprinä  «art  bon  Jpeffen  auf  ÜJlorea 
1687 — 88,  jur  Erinnerung  an  beutfd)e  üttjaten,  befonbers  als  Seitrag  jur 
tjeffifdjen  Äriegsgefd)id)tc" ;  1864  ber  1.  93anb  eine?  SBerfes  „SDer  norbameri= 
fait'fd)e  Unabf)ängigfeitstrieg,  als  Beitrag  jur  £)eeresgefd)id)te  beutfetjer  Gruppen", 
ein  $3ud),  f)erüorgegangen  au§  ^fifter'S  rebüctjem  (Sinne  unö  feinem  Streben  nad) 
2£arjrrjctt;  eis  fottte  ber  üielüerbreiteten  Süge  üon  bem  SJerfaufe  ber  Untciifjanen 
3um  Sorttjeit  be§  tanbesfjerrtidjen  SärfelS  entgegentreten;  1879  „Öanbgraf 
^riebrid)  II.  unb  fein  Reffen",  üon  welchem  SQBerfe  nur  bie  1.  Lieferung  „SDer 
Chbprinj"  erfdjienen  ift.  Anbcre  Arbeiten  fotten  r)anbfd)riitlid)  in  ^fifteiJS 
9cad)laffe  fid)  finben.  ^n  feinen  legten  fieben  2eben§jat)ren  tjatte  tiefe  ^infterntjj 
feinen  ©eift  umnadjtet,  meldjen  ber  überaus  fraftige  Äöiper  nod)  auf  Chben 
jurüdfiiett;  öon  fd)meien  Seiben  brachte  ber  am  1.  9Jtai  1886  ju  SBolfsanger 
bei  Raffet  erfolgte  Job  bie  Grlöfung.  —  Aud)  feine  Sötjne,  ^ermann  unb 
9tuboli,  finb  al§  SRititärf d^rif tjleEer ,  jener  auf  organifatorifd)em  unb  frieg§= 
gefd)id)tlid)em ,  biefer  auf  artitleriftifctjem  ©ebiete,  aufgetreten.  SD  er  erftere  ift 
aud)  bind)  feine  SBeftrebungen  für  bie  Reinigung  ber  bcutfd)en  ©prad)e  üon 
fyrembmörtern  betannt  gcroorben. 

^>ejfifd)e  «Dlorgenäeitung  (Abenbaugg.)  9lr.  215,  «äffet  10.  $Rai  1886.  — 
Attg.  3Kilitär=3eitung  9tr.  57,  ©armftabt  17.  Suli  1886.  33,  ^oteu. 
Stifter:  ^oljann  S^tiftian  (b.)  $.  mürbe  geboren  am  11.  «Dtärj  1772 
in  ^teibelel)eim,  mürt.  D.  A.  ^tarbad).  6r  burdjtief  bas  niebere  Seminar  unb 
ba§  2übinger  Stift,  mo  er  fid)  enge  an  ben  fpätereu  s^l)ilofopl)en  Sd)elling  an= 
fd)lo^.  Seine  Neigung  311  gcfd)id)tlid)en  govfc^ungen  führte  iljn  1803  auf 
einige  Neonate  nad)  äBien  unb  r)tcr  mit  Sotjanncs  ü.  Füller  aufammen.  S)er 
Ginbrud,  ben  er  burd)  biefen  erhielt,  beftimmte  feine  9tid)tung ;  als  ©egenftüd 
ju  3JlüHei,S  ©efd)id)te  ber  Gibgenoffenfctjaft  wollte  er  bie  be§  alten  Atemannien 
bet)anbeln.    Sd)on  1803  erfd)ien  ber  erfte  Jtjeil  feiner  ,,©efd)id)te  üon  Sd)waben", 


668  $f»3«- 

bie  er  1827  big  jum  3>at)re  1496  führte,  rodljrenb  bte  „Ueberfidjt  ber  (Sefdjtdjte 
bort  Sdjtuaben"  (1813)  big  jum  @nbe  beg  18.  2fafy$unbert8  Verabreicht,  Sßfiftet'S 
Streben  ging  bafjin,  möglidjft  biet  auf  bie  Quellen  jurflcfjugeljen  unb  bieje  Tür 
fid)  felbft  reben  3U  laffen.  Sba^u  fanb  er  in  Söien  reid)lid)e  ÖJetegentjeit ,  nodj 
mefjr,  a(g  er  bon  ber  Regierung  ben  Auftrag  erhielt,  bie  9lrd)ibe  ber  an  2öür= 
temberg  gefallenen  föetdjgftäbte  unb  Abteien  Oberfdjraabeng  311  burdjmuftcrn  unb 
für  ba'g  Staatgardjib  augjufdjeiben.  ftretfid)  fütjrte  ü)n  biefeg  Streben  bielfacl) 
auf  ben  9lbroeg,  bafj  er  metjr  2lctenau§jüge  lieferte,  atg  mirttid)e  ®cfd)id)te  unb 
bajj  er  alleg,  mag  er  in  feinen  Duellen  taub,  gern  alS  gteid)  mtdjttg  beljanbelte 
unb  bamit  auf  Ueberftd)tlid)fett  ber-\id)tcte.  31m  mentgften  jeigt  fid)  bieg  bei 
feinem  (Srftlinggmerf,  am  meiften  bei  feiner  ein  ftetnereg  Gebiet  berlaffeuben 
,,©efd)id)te  ber  Seutjdjen"  (1830—35),  meldje  bie  elften  33änbe  ber  bon 
beeren  u.  Ufert  (jevauggegebenen  „®efd)id)te  ber  europätfdjen  Staaten"  bilbetc. 
SBürtembergifdje  ®efd)id)tc  befjanbetn  ferner:  „$)eufmürbigfeiten  ber  mürttem= 
bergtfdjen  unb  fd)roäbifcr)en  9teformationggefd)id)te"  (1817  mit  ^rälat  Sdjmib 
fjerauögegebcn),  „#etaog  (iljriftopl)  31t  2Bürttemberg"  (1819—20),  „(£berl)arb 
im  53art,  erfter  .<per3og  üon  Söürttemberg"  (1822);  allgemeiner  finb  bte  „6r= 
innerungen  aug  ber  mürttembergifd)en  ©efd)id)te  ober  mag  f»at  2Mrttemberg 
für  ©eutfdjtanb  getfjan?"  (1814).  ©eine  bolitifd)--fird)lid)e  Stellung  —  $. 
mürbe  1806  311m  2)tafonug  in  Vaihingen,  1813  junt  Pfarrer  in  Untertürttjeim, 
1832  3um  Prälaten  unb  ©encralfuperintenbenteu  in  Tübingen  ernannt  —  gab 
itjm  Slnlafj,  fid)  mit  Söerfaffungsfragen  3U  befd)äftigen;  er  beröffenttid)te  einen 
„.ftiftovifdjen  23erid)t  über  baö  2Befeu  ber  23erfaffung  beg  ehemaligen  &er3og= 
tfjuing  SBürttemberg"  (1816),  „2)te  ebangelifdje  $ird)e  in  Söürttembcrg,  itjre 
btgljertge  Söerfaffung,  il)rc  ueueften  SBerijättnifle  unb  ^orbcviutgen"  (1821),  unb 
nad)  feinem  £obe  erftfjien  eine  „®efd)id)te  ber  Sßcrfaffuug  beg  mürttembergifdjen 
|>aufe§  unb  Canbeg"  (1888).  3>u  feinen  ?lnfid)teu  allem  ßjtremen  feinb,  mirfte 
er  in  ber  Kammer  ber  Wbgeorbneteit,  ber  er  alg  Sßrälat  angehörte,  für  greitjeit 
ber  treffe,  9luff)cbung  ber  Genfttr  unb  eine  fel6fttiubige  Vertretung  ber  eban= 
gelifd)en  ^irct)e.  2Bät)reub  feiner  9lmtgtt)ätigfeit  befiel  itjn  in  Stuttgart  ein 
fjter  tjerrfdjcnbeg  lieber  unb  raffte  itjn  am  30.  September  1835  Ijinmeg. 

2öürttembergifd)e  ^atjrbücfjer  1835,  188.  6ugen  Sdjnetber. 

^ftjer:  $aul  ?ld)atiug  $.,  geboren  am  12.  September  1801  ju  Stutt= 
gart,  f  am  30.  ^utt  1867  3U  Tübingen,  mar  ber  Soljn  üon  (Sari  Immanuel 
©ottlob  s4>. ,  bamalg  9lmtgfd)reiber,  fpäter  Dbertribuualbirector  31t  Stuttgart 
(t  1844)  unb  bon  (Sljartotte  geb.  ^et)b.  23ig  3um  18.  Starre  brachte  er  feine 
^ugenb  im  elterlichen  <£mufe  in  Stuttgart  ju  in  ben  einfachen  $8ert)ättutffen 
eineä  luoljlgeorbneten  33eamtenl)au§l)a(teg;  ^mei  33rüber,  3mei  Sdjtueftern  bilbeten 
ben  übrigen  ©efdjmifterfreiS ,  alle  burd)  rjerborragcnbe  geiftige  Begabung  au§gc= 
^eidjnet;  ber  23ater  mar  ein  feJjr  tüdjtiger  grüublidjer  Ütedjtggeteljrter  unb  rüdte 
aEmätyiid)  ju  einer  ber  l)öd)ften  ricfjterlidjen  SteEen  feiner  Jpeimatt)  empor.  3fn 
ber  Familie,  bie  3U  ben  angefet)enen  be§  2anbe§  gehörte,  Venfd)te  rege§  geiftige§ 
Seben,  bie  neuen  @rfd)einungen  ber  Sitteratur,  bie  mid)tigen  ©reigniffe  ber 
^olitif  fanben  in  bem  tüd)ttgen,  bem  ^bealen  ^ugemanbten  Greife  lebl)afte§ 
dd)0;  geiftige  Unabljängigfeit,  marmer  patriotifdljer  Sinn  aeidjneten  ferner  ben= 
gelben  au§.  Sfn  bem  ©tjmuafium  feiner  3$aterftabt,  ba§  er  bom  ^al)re  1807 
big  1819  befud)te,  mar  ber  aufjerorbentlid)  reid)  begabte,  mit  borjüglidiem  ©e= 
bäd)tniB  au§gerü|tcte  ^nabe,  nad)  bem  treffenben  3lu§brud  eines  2llter§genoffen,  bag 
^beat  unb  bie  ^eqmeiflung  feiner  ßameraben.  @g  gab  fein  gad),  für  meld)ee 
er  befonbere  Vorliebe  gezeigt,  befonbere  2ln[trengungen  fid)  ^ugemutljet  l)ätte, 
mit  einer  gemiffen  fpietenben  Seid)tigfeit  madjte  er  fiel)  alle  2ßiffenggegen= 
ftänbe  beg  (Stymnafiatunterridjtg   untert^an,   unb   toenn  bie  fömpfängtidjfeit  für 


Wa«.  669 

SJtatljematif  bielleidjt  etmas  geringer  mar,  als  bie  für  anbete  fjädjer,  fo  mar 
er  bod^  oudj  hierin  Bei  »eitern  ber  Srfte.  ©eine  Ueberfetiungen  ins  Sateinifdje 
maren  muftergültig ,  Den  gricdjifdjen  ©idjtern,  bie  er  in  ben  Dberclaffen  mit 
Vorliebe  las,  trug  er  bas  botle  Sßerftäubnifj  eines  tief  poetifdj  angelegten  ©e= 
müttjes,  eine§  für  bie  ©djönljeit  unb  ben  2öot)lflang  ber  ©pradje  empfängtidjen 
£)tjre§  entgegen;  nodj  in  fpäteren  Rafften  roufjte  er  lange  Stellen  aus  feinem 
ßiebling§bidjter  Jpomer  im  Urteile  anaufürjren  unb  ber  formbotlenbete  9trjrjtt)mu§ 
feiner  Sprache  berrätt)  bie  grünblidje  ©djulung  burd)  bie  claffifdjen  9Jieiftev. 
Sodj  ^at  er  einmal  bei  ber  ©egenübeijtettung  bon  Gfafficisnius  unb  9teali§mu§ 
fpäter  ein  tjerbes  Urttjeit  über  ben  elfteren  gefällt;  beim  Sefen  bon  Ofens  Uni= 
berfum  empfanb  er  fdjmeratidj  bie  Süden  feiner  realiftifdjen  SSilbung,  meldte 
ber  botlgcpfropfte  claffifdje  ©djulfad  nidjt  ausfüllte  (in  83rief  18  bes  SSriefmedjfets 
1.  Slufl. ,  in  ber  2.  2lufl.  fep  ber  ganae  Slbfdjnitt).  ftadj  bem  53orbilb  bes 
Katers  unb  bes  älteren  Arabers  (Äarl  Spfoer,  t  1878  als  ^räfibent  bei  £)ber= 
trtbunats  au  Stuttgart)  mätjlte  er  bie  ^urisprubena  ju  feinem  33erufsftubium, 
otjue  eigentlid)  eine  befonbere  Vorliebe  baju  au  empfinben,  unb  in  ben  erften 
©tubienjatjren  befdjäfttgte  er  fid)  nur  fomeit  bamit,  at§  es  bie  23orlefungen  mit 
fid)  Brachten,  mätjrenb  er  tjödjft  umfaffenbe  ptjilofoptjifdje  ©tubien  trieb,  in  ben 
bisher  aurüdgeftetiten  9taturmiffenfd)aften  fid)  umfai),  u.  a.  audj  eine  anatomifdje 
Qjortefung  tjörte.  «Saut  unb  gidjte  mürben  gtünblidt)  getefen,  mit  all  ber  <£)in= 
gebung  feines  tiefen  (Seifies'  berfentte  er  fid)  in  ©djettings  9taturpt)ilofopt)ie, 
neben  meldjer  £)!en  ben  Bebeutenbften  ©inbruef  auf  it)n  machte.  -Ipeget  jog  itm 
nid)t  an,  ber  gormali§mu§  feine§  ©rjftems  [tiefe  itjn  aB.  9)tit  22  ^arjren  Be= 
ftanb  er  mit  ?lusaeidjnung  bas  juriftifdje  ©tarnen,  unb  mürbe  fogleid)  (9luguft 
1823)  als  ©ecretär  in  ba§  Sfuftijminifterium  berufen,  beffen  23orftanb  b.  9Jtaucler 
it)m  fetjr  Batb  großes  Vertrauen  fdjenfte;  eine  größere  Oieife,  mie  es  fonft  ©itte 
mar  nad)  23ollenbung  ber  ©tubienaeit,  unternahm  er  meine§  Söiffens  nidjt.  5Die 
Bei  ©djmaben  t)äufig  fid)  finbenbe  UnBetjolfentjeit  unb  ©djmeifäÜigfeit  trat  bei 
5]3.  in  berftärftem  ^Jtafje  tjerbor,  in  fid)  aurüdgeaogen,  gern  fdjmeigfam,  aeigte  er 
ben  reichen  ©djai}  feine§  ©eifte§  unb  ©emüttjes  nidjt  gern  überatt,  mätjrenb  er 
fid)  einem  engern  greunbestreife  boE  erfdjlofe.  5£)er  mafello§  etjrentjafte  ßt)a= 
latter,  ber  burdjbringenbe  2)erfianb  unb  bie  feine,  meite  ©ebiete  umfpannenbe 
S3itbung  tjo&en  ben  Befdjeibenen  füllen  Jüngling,  ber  aber  feines  bollen  9Jtanne§= 
merttjes  fid)  ftet§  bettmfjt  mar,  überall  in  bie  erfte  ©tellung.  Selber  erfdjmerte  eine 
angeborene  ftarfe  nerböfe  üteiabarfeit  ben  Umgang  mit  it)m  unb  madjte  itjm 
felbft  bas  ßeben  fdjmer,  fie  etfüEte  bie  9Zärjerftet)enben  mit  banger  Sltmung,  bie 
fid}  nur  allaufetjr  bema^rl)eitete,  bafe  ein  fctjmereg  ^opf leiben  fid)  baraus  ent» 
mideln  mödjte,  meld)e§  aud}  auf  ba§  für  ernfte  ©inbrüde  fe^r  empfängliche 
©emütt)  berl)ängnifebott  einmirten  mürbe. 

S5en  ^otjen  auf  itjn  gefegten  (Srmartungen  tjatte  ty.  Bistjer  nidjt  in  gleichem 
2Hafee  entfprod^en,  er  tjatte  roeber  in  ber  $t)ilofopl)ie  nodj  in  ber  ^urisprubena 
burd)  ein  tjerborragenbes'  2ßer!  fid)  einen  tarnen  gemadjt  ober  ber  2Biffenfcr)aft 
eine  neue  23at)n  eröffnet;  feine  ©tärfe  lag  auet)  nidjt  in  biefen  Beiben  ©eBieten, 
in  ber  $t)itofopt)ie  mar  er  ©fleftifer  unb  an  einem  äöeiterbau  bon  SdjeEing'S 
9tatuvpl)ilofopl)ie  modjte  i^n  bodj  fein  amtlidjer  Seruf  ^inbem,  meldjer  einer 
ausgiebigen  33efdjäftigung  mit  ben  ^aturmiffenfdjaften  im  2Bege  ftanb.  9ludj 
in  ber  ^urisprubena  behielt  er  fidj  (fomeit  idj  es  beurtljeilen  fann)  reeeptib, 
feine  bolle  geiftige  Ävaft  fefcte  er  audj  nidjt  in  bie  Sßetjerrfdjung  unb  görberung 
biefer  ©isapün  ein,  mätjrenb  bie  genaue  Äenntnifj  ber  redjtlidjen  3>er^ältniffe  bodj 
bie  unumgängtidje  Sorbebingung  mar  für  feine  fpätere  lanbftänbifdje  unb  fdjtift= 
ftellerifdje  2^ätigteit.  9118  er  im  ^erbft  1826  aum  2lffeffor  an  ben  Tübinger 
(Seridjtsljof  Beförbert  mürbe   unb   biefe   ©teile   Januar  1827    antrat,    fdjien   er 


670  SPftaer. 

tjoltftänbig  in  bie  getoöfmltdjc  mürttembergifdje  s-öeamtentaufbal)n  Ijineingeftettt 
ju  fein,  mo  er  mit  regelmäßigem  Sdjritt  bie  tjödjftcu  (Stufen  berfetben  erflommen 
|ätte.  Unb  bod)  tobevte  In  bem  ftitten  Jüngling  ein  ungefülltes,  ins  Unenb= 
litfje  ftrebenbeö  Seljnen,  baS  toett  entfernt  üon  gemötjnlidjem  Strebertljum  meber 
im  Berufe  noct)  in  ber  ^t)itofopt)ie  feine  Sefriebigung  fanb  unb  nur  in  tief 
empfunbenen,  oft  fdjmermütljig  flingcnbeu  (Öebidjten  fid)  offenbarte.  2fn  ben 
frönen  ßranj  begabter  Dieter,  tueldje  ben  Stolz  Württembergs  bamatS  bitbeten, 
Ub/tanb,  SufiinuS  ferner,  (Suftau  Sdunab,  $arl  datier,  ftriebridj  Dotter, 
SBitbelm  unb  .^ermann  £>fluff,  Söitt)e(nt  äöaiblinger  u.  f.  m.  trat  aud)  er  mit 
feinem  jüngeren  trüber  ©uftaö  $.  (geb.  am  29.  ^uli  1807,  nod)  lebenb  als 
SProfcffov  a.  2).  in  Stuttgart)  als  üollberedjtigtcr  ©enoffe  ein.  @fje  er  mit 
Utjlanb  nätjer  betannt  rourbe,  ftanb  ü)m  ftriebrtd)  Dotter  (f.  91.  2).  55.  XXIV, 
44  f.)  am  nädjften,  U)m  übergab  er  1823  ein  langes  6poS  in  tabetlofen  -!peya= 
metern:  ^ermann  ber  SfyeruSfer.  9cotter'S  leifer  £abel,  ber  baS  antife  5ßerS= 
majs  als  menig  geeignet  für  baS  beutfdje  Stürf  bezeichnete  unb  Slnftofc  naljm 
an  einem  ßiebeSüertjältnifj ,  baS  mit  einer  für  ben  'Jiorben  faum  möglid)en 
©lutt)  ge^eic^net  mar,  beftimmten  ben  leidjt  Söertetjbareu ,  baS  sUcanufcript  zu 
toernid)ten;  baz  gleidje  Sctjitffat  Chatte  eine  Sragöbie:  „ftrebegunbc"  auS  ber 
„s-8Iut  unb  s)Jcorb  trunfeticu  Ökfdjidjte  ber  9Jccrominger" .  (B  modjte  eine 
fcfjmer.ilidie  (Snttaufd)ung  für  s|s.  fein,  als  it)m  auf  biefe  Söeife  flar  rourbe,  bafj 
er  zum  eigenttidjen  grofjeu  2)id)ter  nidjt  gefd)affeu  fei;  eS  ift  mir  nidjt  befannt, 
bafj  er  aud)  [pfttet  nodj  ben  frifdjen  Sprubet  feiner  23egeifterung,  feiner  tiefen 
unb  reidien  Sßljantajte,  feines  fet)tienbeu  @emüt$e8  in  einem  größeren  (Sebid)te 
ergoffen  rjiitte;  bie  "OJtufe  blieb  i|m  aber  treu,  t>on  feineu  Ivjrifdjeu  Ökbidjten, 
metdje  ba  unb  bort  zerftreut  fitib  (j.  SB.  im  2lnt)ang  jum  33riefmed)fet  zweier 
SDeutfdjen)  unb  oou  melden  manche  nod)  im  Wanufcript  unueröffentlidjt 
nort)anben  finb,  tragen  einige  ben  «Stempel  t)o()er  (Ironttüotteubung,  geiftreidjer 
s^uffaffung  unb  ebteu  SdmnmgS  (z.  s43.  „(Sinft  unb  jetjt",  „ber  "DtejfiaS").  Stber 
baS  eigentliche,  feinem  SBefen  entfpredjenbe  gelb  feiner  £f)ätigfeit  lag  nid)t  in 
biefen  ibealen  Gebieten,  bie  ganze  Äraft  feines  SöiffenS  unb  9lad)benfenS,  bie 
©lutl)  feiner  Seile  unb  bie  Sicfjerrjeit  feines  llrtfjeils  offenbarte  fid)  auf  bem 
prattifdjen  Gebiete  beS  politifdjen  £ebenS  in  einer  ber  t)öd)ften  fragen,  meldje 
baS  beutfdje  Soll  bewegten. 

g-rütjjafjr  1881  erfdjien  bei  @otta  anonym  fein  erfteS  unb  bebeutenbfteS 
äöert:  „Sriefmedjfet  zweier  3)eutfd)en".  2}ou  mäßigem  Umfang  (1.  Slufl. 
356  S..  2.  Sluft.  434  S.)  mar  berfelbe  auS  einem  mirflidjen  33riefroedjfet  ent= 
ftanben,  melden  ^.  unb  sJcotter  in  ben  Sarjreu  1827—29  miteinanöer  geführt 
tjatten  unb  in  me(d)em  bie  rjöcfjften  Probleme  ber  äBiffenfdjaf t ,  bie  bamatS 
bebeutenbften  Strömungen  ber  i3itteratur  befprodjen  mürben.  s$.  arbeitete  bie 
Briefe  um,  ermeiterte,  änberte  manches  unb  ftellte  fie  als  eine  s2lrt  einfütjrenbe 
Einleitung,  als  tljeovetifdjen  3:t)eit  einer  zweiten  föeifje  öon  ©tiefen  üoran,  meiere 
irjn  attein  zum  5ßerfaffer  Ratten  (mit  ^luSnabme  eines  Keinen  Slbfc^uitteS  über  bm 
Dcationalcrjarafter  ber  S)eutfd)eu  im  14.  93rief)  unb  meiere  ben  ^uftanb  ®eutfd)= 
lanbS  in  iöezie^ung  auf  Sitteratur,  ßirdje,  Staat  unb  fieben  fc^ilberten  unb  mo  er 
uad)  einem  gjxurS  über  ^oSmopolitiSmuS  unb  «Rationalität  zu  ber  g-rage  über  bie 
Zukünftige,  ben  mat)rcn  Sfntercffen  SeutfdjlanbS  am  meiften  entfpredjenbe  ©eftattuug 
ber  großen  potitifcf)en  ^er^ältniffe  beS  bcutfd)en  ißatertanbeS  überging  unb  biefe 
bamit  löfte,  ba^  eine  Trennung  £)efterreid)S  bon  bem  übrigen  2)eutfd)lanb  unb  bie 
9)erzid)tleiftung  bon  Seiten  ber  Heineren  beutfdjen  dürften  auf  einen  £t)eil  irjrer 
Souberänität  ^u  (fünften  ^reu^enS,  ber  nationalen  beutfd)en  Sßormadjt,  geforbert 
mürbe.  5Die  Schrift,  beren  gorberungen  in  fotd)  merfmürbiger  Söeife  fid)  erfüllt 
Ijaben,   ba^   man  ty.  mit  9ted)t  ben  $ropl)eten  beS  neuen  beutfdjen  Üteidb.eS  ge» 


^fijer.  671 

uannt  Bat,   ift   aud)   jefct  nod)   in    tjofiem  Wafce  inteteffant  au  W*\    nad)  ber 
gjotrcbe  *ut  2.  Stuft,  wählte  bet  SBerfafler  bie  ftotm  be§  3nuegefprad)8,  um  ben 
qettaqcnen   £on   einer  pt>itofopl)ifd)en    unb  ftaatSrc^tli^cn  2lbf)anblunq  ^ i  toey 
meiben  unb  bem  £auptgegenftanbe,  ber  ©ad)e  2)eutfd)tanb8  burd)  ba§  mbtöibueue 
ßolorit  unb  bie  leibenfdjaUürfjere  Haltung,   roeldje  ein  2tu§taufd)  3101  d)en    amei 
PerfcBiebenen  2ßetfönlid)feiten    naturgemäß  mit  fid)  bringt,  melyr  i^tlna^me  3u 
öer  dbaffen.     Unter    bem   tarnen  ftriebrid)    ift  $.,    unter  Sßttrjetm  «Rottet  »et- 
ftanben,   aber   abgelesen   öon   einer  freunbfd)aftüd)en  gourtotue,  mit  melier  $. 
einem  GJeqnet  &Hli)elm    bie    ttefften,    rocittragenbften  ©ebanfen   m   ^n   ^mib 
legt  unb   if)n   pm  £auptträger   feiner  Sbeen   mad)t,    liegt  eS   in .bet =  ©wWht 
bei  Hu>iegefpräd)8,  ba§  im  ©runbe  ein  unb  berfelbe  Autor  mit JicB,   tjatt ,   bafc 
bie  ftteunbe  fte  unb  ba  it)te  flotten  ettoaS  tiettaufdjen.     aa8  ©mj,   getrieben 
im  Ion  unb  ©til   eines   poetifd)  BegaBten,   mit   allen  Weiftettoetfen  ber    alten 
unb  neuen  Seit  betttauten  GeifteB.  ift  burd)toel)t  öon  bem  mo&ttyienbiten .  J>aud)e 
patriotifd)er  SBegeiftcrung;   toorjt   t.etftet)t   et   bie  ©eifcel  5u   fcPromgeu   übet  bie 
GeBtefrn  bet  Seit,   übet  bie  Untugenben  feine§  SöolteS,    abet   aud)   n>enn  irjni 
ba§  ßeia  roattt  übet  bet  Surüdfetmng,  toeU&e  bet  Seutfäe  im  »uSlanb« :  etTaJtt, 
übet  bie  nut  attaubjäufige  Verleugnung   bet   eigenen  «Rationalität ,   burd)  meiere 
biefet  Tid,  |etb[t  Branbmarft,   ber  bittere  £on  tritt  b  od,  aunid  Jln*«  >"  lt0*e" 
ftifWn  ^offuung  für  be8  SöatetlanbeS  S^untt,  meldte  uberatt  burd)ftingt^er 
innere  qeiftige  fteid^um,  melden  ber  Serfaffer  burd)  feine  umtaffenber ijutibifäen 
unb  prjilofopVfdjen  ©tubien   gefammelt,  wirb  bem  Seiet   mit   Wbiflet  £anb 
öorgelegt,  ab  t     ebe  3eile   Jeugt    and)   Pon   bet   fernen .  ^d)tung   bet  Be- 
fte^nben  SBet^ttnilfef  es   fei   nut  etinnett   an  baS  W^t  Urzeit  über  £)efter= 
ieid)§  ttniafimV   ben  *?ern  ber   neuen  ©eftaltung  fttt  ©entlaub   »u  Bt  ben, 
an  bie  baran  fid,  fd)lief5enbe  treffenbe  ©d)ilberung  öon  SSteu&en,  618  an  feinem 
©pftem  bet  SolfeBemaffnuno,  „ba§  in  feinen  (Stunbfä^en  getestet  unb  in  feinen 
Solgen  roirffamer  unb  imponirenbet  ift,  als  irgenb  «nMilttatfeitem  GutopaS  . 
^  iencr  «etimmtb,ett,    mW   ifcen    (Stunb  nid)t  Bio i  «  b«  Tonnen^en 
Älatfcit  politfdjet  ©tunbfäfee  t)at,   fonbetn    in   bei :  (gntfd&teben^eit  eines       ten 
Stattet",    bem   e§  nidjt   um  tfcotetifdje   Äe^aBetet       nerneraf» 
SetMtigung   au  trrnn   ift,   toitb  übet  Oefterreid)  bat  Urzeit  ge|ptod)en,    aber 
3  ir  9t?präfentatiUfteme    feine    ©d)toäd)e    »°^^  J^f* 
<\b7en  Mit  er  fid)  fem,  bie  2ria§ibee    wirb  m  it)tet  ©c&ablutfeit   unb  »tg- 
W    batqe  ettt.    ®a8  Sud),  bie  gtänaenbe  grudjt  reifen  ^benfenS  unb    taata- 
mänmfd et  SBettp^t  unb  Stiax%tit,  Bilbet   einen  Warffiein  m  ber  entmirftunfl 
ÄtSea 1  Cin^ittibee.     ®em   potitifd)en   Seben   ber  Nation,   W  M  ta 
naturaemäW   Ctfmlaffnnq  nad)   ber   furchtbaren   Slmregung   ber  ^reiljeitstnege, 
bnSTe  LttBabÄWftffe  «■   te    ftumpfe   ©leidjgüttigfeit   öerfunfen   mar, 
Bäte    bk  3«litewlntion    neue  antriebe    gegeben;    bie    boppelte  Strömung  ber 
Sei t  unb  ber  @inl)eit,  nad)  conftitutioneüen  9ted)ten   unb  nad)  einer  engeren 
Erbin  ung  b  r  beutf^en  SBunbeftftaateu  ergoB   Qtt  3Beüen  mieber   bottet  butd) 
bi    beuSn  Sanbe,   bet  beutfd)e  33unb   Bot   ben  beulten  Jattioten  md)t  bie 
gemSfe  |otm  be't  neuen  ©e^altung  be8  »««  ««**  «aj  bem  Jufammenj 
Btud)  be8  alten.     3n   biefem  ®äB,tung§ptoce^   gebüßt  ^.  ba8  »etbtenlt ,   mtt 
ftaatSmaumWer  ©d^ärfe  unb  Ata**  bie  (Srunblinien  gejeidjnet  3u  $abe*    auf 
Ken  Hei)  ein   beut^ea  9teid)   in    gefunber  gntmidtung    auiBauen    fönne,   w 
SÄ  SBeife   feigen   bie   öot|anbeneii  Quellen  baru  et     »™  M» 
^hee  m  biefem  SBerte   aefaftt,   ob    äußere   Anregungen    babet  wirtfa m  geraejen 
Rnb  J    äBn    "bei  bet  Janjeu  «iflenatt  be8  «DtanneS  ift   aber   ein  *i«Mj °« 
KetnffitReü^  bie   «^ünbung  feinet ^^bee  f« 

aÄ  2u5Sme  au8(  ba^  *    buid)   bie   commeraieEe  gjtad)tftellung  angeregt, 


672  Pfto«- 

meiere  ^3reufjen  burd)  bie  ©rünbung  unb  2luSbef)nung  fetneö  3oüüerein§  fidj 
erroarb,  btefen  ©cbanfen  auf  baS  polittfd£»e  ©ebiet  übertrug.  SDiefc  potitifdjen 
©ebanten  finb  SPfljjeic'g  perfönltdjeS  ©igentijum,  fie  finb  bie  grudjt  feines  Vlad)* 
benfenS;  baS  $nnerfte  feines  SöefcnS,  feiner  potitifdjeu  Ueber^eugung  fjat  er  bamit 
gegeben,  unb  menn  er  mit  ber  2luffteflung  ber  preufjifdjen  «Hegemonie,  mit  ber 
gorberung  öon  DefterreidjS  2luSfdjeiben  fütmer  bie  ßonjequenjen  gebogen  b,at  als 
alle  Uebrigen,  meldje  in  einem  ätjnlidjen  ©ebanfenfreife  fid)  beroegten,  fo  l>at 
bie  ©efdjidjte  feine  gorberungen  mat)r  gemalt,  feine  Söeiffagung  erfüllt. 

äöie  öorauS^ufetjen  erregte  baS  33ud) ,  beffen  2>rudE  ©.  Scfjroab  bei  ßotta 
öermittelt  blatte,  grofjeS  Stuffetjen  narf)  öerfdjiebenen  Widmungen;  eS  brücfte  ^mar 
nidjt  baS  auS,  maS  in  aller  ©ebanfen  tag ;  bei  ber  Web^a!)!  ber  liberal  gefinnten 
ßefer  befonberS  in  ©übbeutfdjtanb  mürbe  bie  ^ertiorfetjrung  ber  preufjifdjen 
©pifee  überfein  gegenüber  ben  liberalen  Mnfctjauungen  überhaupt,  bie  barin  fjer= 
öortraten;  in  Defterreicfj  mürbe  eS  begreiflidjerroeife  öerboten;  meiere  Sßcadjtung 
eS  in  ben  leitenben  Greifen  ^reufeenS  fanb ,  ift  nidjt  ju  erfetjen ,  für  ben  2$er= 
f  äff  er  tjatte  feine  Sßeröffentlidjung  meittragenbe  g-olgen.  SDer  fdjüdjterne  fülle 
llcann  ftanb  nun  auf  einmal  ba  nid)t  etma  als  eine  Sinkt  &e§  9tid)terftanbeS, 
fonbem  als  fjeröorragenber ,  ja  genialer  ^ublici[t,  als  politifdjer  Sdjrtftfteller 
im  beften  Sinne  beS  SBorteS,  als  $orfämpfer  für  freiheitliche  unb  nationale 
^been,  er  Ijatte  ben  23oben  betreten,  auf  meinem  er  mädjtigeS,  unöergänglidjeS 
leiften  fonnte,  aber  im  roürttembergifdjen  StaatSbienfte  mar  junädjft  feines 
23(eibenS  nidjt  metjr.  2>ie  ftorberuug,  bafj  bie  anbern  beutfdjen  dürften  au 
©unften  *Preu£senS  auf  einen  ütfjeil  it)rer  ©ouöeränitätSredjte  öer^idjtcn  foulen, 
tjatte  ben  roürttembergifdjen  £)of  aufs  peinlidjfte  berütjrt;  öon  feinem  ätorgefefeten 
über  Stenbena  unb  Snfyatt  feiner  ©djrift  befragt,  glaubte  *p.  biefe  anfrage  mit 
ber  Sßitte  um  feine  (Snttaffung  beantmorten  ju  muffen.  5lm  19.  ^uni  1831  er» 
folgte  biefelbe.  2)ie  grage  fdjeint  (nadj  Dotter)  öon  bem  $.  rootjtgefinnten 
SepartementSdjef  nidjt  fo  geftcllt  morben  ju  fein,  bafj  ber  austritt  auS  bem 
Staatebienfte  ein  notfjroenbigeS  ©ebot  ber  ßljre  geroefen  märe;  ty.  fdjeint  ben= 
felben  aueb,  fpäter  bereut  ^u  tjaben,  ber  S3eruf  beS  9tidjterS  mar  als  regelmäßige 
Sefdjäftigung  ber  angemeffenfte  für  feine  Dtatur;  ^olitif,  ^oefie  unb  Stubium 
mären  in  ben  1)Jtu£eftunbeu  noct)   ööllig  ju  itjrem  9ted)te  gefommen. 

Sin  reidjer  ©rfa^  für  bie  aufgegebene  Stellung  mürbe  ifjm  babureb,  ju 
Xtjeil,  ba§  er  im  Secember  1831  öon  Tübingen  (©tabt)  als  it)r  Vertreter  in 
bie  Kammer  ber  5lbgeorbneten  gemäfjlt  mürbe;  in  ber  3toif^en3e^  bi§  ^um 
3ufammentritt  ber  Stänbe  gab  ty.  bie  beiben  ©djriften  IjerauS:  „©ebanfen 
über  ba§  Qid  unb  bie  Aufgaben  beS  beutfetjen  Liberalismus",  Tübingen  1832 
unb  „lieber  bie  ftaatSrecrjtlidjen  23ert)ältniffe  Württembergs  ^um  beutfdjen  S3unb", 
Strasburg  1832.  ^rem  innerften  Söefen  nad|  ift  bie  erfte  nidjtS  als  eine 
feljr  etnbringlidje  SBarnung  an  ben  beutfdien  SiberatiSmuS,  tro^bem  ba^  baS 
unbeutfd)e  Oefterreid)  unb  baS  abfolutiftifdje  5|}reufeen  bie  Hoffnung  auf  bie 
2Biebergeburt  ber  bürgertidjen  g^eit,  auf  3tnnat)me  conftitutioneEer  ^rineipien 
meiter  als  je  in  bie  gerne  rüden,  fidj  nidjt  in  bie  5lrme  öon  granfreieb,  ju 
merfen;  bie  jmeite  erhielt  itjre  S3eleud)tung  burd)  bie  „Lotion",  meiere  5p.  am 
13.  gebruar  1833  in  ber  mürttembergifdjen  Slbgeorbnetenfammer  ftettte.  @in 
fyödjft  peinlicrjer  3toifd)enfall  öergätlte  ib,m  ben  Eintritt  in  biefelbe;  als  fte  am 
15.  Januar  einberufen  mürbe,  liefj  Äönig  SBitb^elm,  in  beffen  g>anb  ieber  neu= 
eintretenbe  Slbgeorbnete  ber  S)erfaffung  gemäfe  ben  6ib  abzulegen  blatte,  unter 
ber  £>anb  bie  anfrage  an  $.  ftellen,  ob  5ß.  nicb.t  auS  ber  (SJröffnuugSfümng 
megbteibe,  ba  ber  $önig  eS  nid)t  öermöge,  if)m  perfönlidj  bie  ^anb  ju  reichen. 
NidjtS  lag  ty.  ferner  als  £rot|  ober  .^afcjen  nacb^  roob^lfciter  Popularität;  feinem 
unbeugfamen   9ted)tSfinn   miberftrebte   aber  baS  233egbteiben   ob,ne   eine   amtlidje 


^faer.  673 

fönigtidje  ©rflätung  unb  ba  er  biefe  nidjt  erlangen  fonnte ,  tfjeilte  er  fdjriftlidj 
bem  Könige  jeinen  2)orfatj  mit,  ber  Eröffnung  anjumoljnen ,  roorau?  ber  Äöttig 
megen  Unmotjlfeing  megbtieb  unb  bie  Eröffnung  burrf)  ben  ^Jiintfter  (Sc^tarjer 
oornetjmen  tiefe.  5ß.  ftanb  nun  in  ber  öorberften  föeitje  Der  liberalen  mürttem* 
bergifdjcn  ©ppofition,  Seite  an  (Seite  mit  Uljlanb,  bem  er  nodj  mäfyrenb  feineä 
Tübinger  2lufentt)alt3  burdj  ©.  Sdjroab'§  Vermittlung  natje  getreten  mar  unb 
in  beffen  .gmufe  er  jeitbem  tjäufig  öerfefjrte,  mit  Stömex,  21.  Sd)ott  unb  anberen; 
„ber  2)idjtergarten  in  ber  Kammer",  auf  toetdjen  ba§  fcf)triäbif<$e  Sßotf  mit 
innigem  SBorjtbefjagen,  mit  maljrem  Stola  bliäte,  erfüllte  nad)  beften  ÄräTten 
feine  politifctje  Slufgabe;  für  $.,  meldjer  bas  ibeenreirfje  -öaupt  ber  SSerfamm* 
tung  genannt  merben  fann,  mar  nun  bie  ^nt  eingetreten,  ba  er  bie  Ginljeit^ 
gebanfen  in  ben  ^intergrunb  meifenb,  für  conftitutionelle  Sftedjte  unb  greifjeiten 
fämpfen  mufete,  bie  er  feine§meg§  gering  adjtete,  a6er  bod)  fidtjer  nid)t  in 
bie  erfte  Sinie  gcfieltt  tjatte.  @3  lag  in  ben  bamaligen  3eitbexljältniffen ,  bafe 
eine  Stärfung  be§  Gonftitutiona(i£mu§  in  ben  fleineren  Staaten  notrjroenbtg 
jugleid)  eine  beö  *]3articularismu§  mar,  ferner  genug  empfaub  5j3.  bie  gan^e 
ü£ragif  biefer  33err)ättniffe  unb  feiner  eigenen  Stellung,  eine  atterbingg  nur  t>or= 
übergetjenbe  Xrübung  feiner  urfprünglidjen  9lufidjt,  mie  er  fie  in  bem  S3xtef= 
toecfjfel  au§gefprod)en,  mar  bie  natürlidje  SotQe  babon.  2lm  13.  gebruar  1833 
[teilte  %  ben  befannten  Antrag,  bie  fedjS  Slrtifel  ber  23unbe§befd)lüffe  öom 
28.  $uni  1832  gur  lanbftänbifdjen  Sßerabfdjiebung  ju  bringen,  etientuett  bie= 
felben  als  ein  für  SBüxttembexg  nidjt  geltenbeS  ©efetj  au  betrauten.  9tod}  t)atte 
bie  ftaatStedjttidje  Gommiffion,  beren  SBorftanb  Utjtanb  toar,  itjren  SSexidjt  bar= 
über  nierjt  erstattet,  at§  ber  ©etjeime  Sftatf)  unter  bem  27.  Februar  jenen  Grlafe 
ergeben  liefe,  in  meldjem  einzelne  Behauptungen  ber  Lotion  at£  „ungegxünbet 
unb  ebenfotoenig  mit  ben  SBertjältniffen  be§  $önig§  ^um  beutfdjen  33unbe,  alg 
mit  beffen  Souberänetät§ted)ten  bexeinbax"  beaeidjnet  unb  bat)ex  gegen  bie  Äam= 
mer  bie  Sxmartung  aulgefprodjen  tourbe,  fie  merbe  bie  ^ßfijer'fcrje  Lotion  „mit 
öerbientem  llnmilten"  jurüdraeifen.  Ut)tanb;3  Slntroort  an  ben  ©er>imen  ütatl) 
roie§  bie§  Stnfinnen  entfdjieben  juxütf  (7.  gjläxj) ,  in  mürbiger  gebanfenretdjer 
Otebe  begxünbete  $.  am  11.  attarj  feine  Elution,  nad)  fiürmifd)en  Debatten  be= 
fdjlofe  bie  Kammer  mit  53  gegen  31  Stimmen  bie  s3lnnat)me  berfelben  am 
13.  9Jiäxa,  bie  Slnttoort  ber  Regierung  mar  bie  Slupfung  ber  Kammer  (22.3Jt«a). 
S)iefe  golge  ber  Lotion  mar  Dorau§aufeb,en  gemefen  unb  Dticmanb  meniger  al§ 
*p.  fjatte  fid)  barüber  getaufdjjt,  aber  menn  er  fie  bamal§  [teilte,  am  23.  «ötai 
unter  Oexänberten  3ßert)ältniffen  abermals  einen  Slntrag  auf  geftftettung  ber 
[taat§red)tlid)en  $ext)ältniffe  äöürttembergi  aum  beutfetjen  Sunbe  einbrachte, 
am  17.  3u!i  motiüirte  unb  in  ben  ^afjren  1835  unb  1838  benf einen  toieber- 
x)otte,  erfolglos,  inbem  bie  anberS  jufammengefe^te  Kammer  if)n  für  unbegrünbet 
erllärte  unb  ignovirte ,  fo  gefdjarj  bie§  bod)  nidjt  au§  blofeer  Üif^t^aoerci ,  e§ 
mar  Oielmeb.r  fein  politifd)es;  tiefgetranftel  ©emiffen,  meldjei  fid)  tjiexin  Suft 
machte,  fo  biete  beerbe  gnttäufc^ungen  er  baburd)  erfuhr,  e§  mar  ber  qSroteft 
einei  äd)ten  5BaterlanbSfxeunbe§  gegen  bie  Unnatur  unb  Sroftlofigfeit  ber  ba= 
matigen  Söer^dltniffe.  £)uxdj  einen  prad)tbolten  filbernen  tyotai  baufte  bie 
Sübinger  2öät)terfd)aft  iljrem  ^bgeorbneten ,  ein  glei$e§  efirengefcb.enf  mürbe 
ib,m  fpäter  Oon  Stuttgart  ju  Sljeil. 

Sn  bie  auf  ben  20.  Etai  1833  aufammen  berufene  Kammer  mar  $.  bon 
feiner  getreuen  Stabt  Tübingen  abermals,  menn  aud)  nad)  hartem  aßab.lfampT, 
gemäht  morben;  bie  liberale  faxtet  blatte  abtx  in  bexfelben  nidjt  metjr  bie 
Majorität,  ber  ßampf  gegen  bie  Regierung  mürbe  unerquidtid)er,  aud)  oon 
Seiten  be§  mürttembergifdjen  55ol!e§  mit  menigex  Sljeilna^me  Pexfotgt;  %  felbft 

3ia(icin.  beutfdje  Stograpfiie.    XXV.  43 


674  SPfiacx. 

würbe  burd)  bie  Sage  bcr  Slinge,  burd)  ba§  $eftljatten  an  ben  conftitutionetleu 
3fted)ten  unb  Sfteitjeiten  in  eine  fd)tefe  Stellung  gebracht,  toelcije  mit  bem  eigent* 
liefen  $ern  feinet  9lufid)ten  nid)t  übereinftimmte.  So  fam  e§,  bafj  er,  ber  bie 
äBidjtigfeit  bess  pteuf}tfd)en  ^ottoereineg  für  bie  Einigung  2)eutfd)lanbg  flar 
genug  erfannte ,  bod)  mit  ben  übrigen  9Jtitgliebern  bcr  Dppofition  gegen  ben 
Slnfdjlufj  2Bürttcmberg§  an  benfelben  ftimmte  au§  conftitutionetten  ©rünben. 
SBenn  er  bei  ber  23eratt)ung  be§  Strafgefetjeä  fidj  bon  ber  liberalen  3)octrin 
trennte  unb  im  'tßrineip  für  bie  ^Beibehaltung  ber  £obe§ftrafe  fid)  auäfprad),  fo 
mar  er  um  fo  metjr  mit  feinen  ^atteigenoffen  einig,  at§  am  18.  3fan.  1838  ber 
b,annoberfd)e  SBerfaffungäftveit  3ur  Sprad)e  fam;  er  unterftütjte  ben  Antrag  auf 
einen  öffentlichen  2lu6brud  be§  23cbaucrn§,  freilidj  nid)t  otjne  bitteru  ,£>inmei§ 
auf  feine  eignen  ticrgeblidjen  Slnftrengungen  jur  2Bal)rung  ber  DerfaffungSrnäfjigen 
sJled)te  ber  württeinbergifdjen  Stänbe.  (5r  felbft  mar  ber  parlamentarifdjen 
üttjätigfeit  grünblid)  überbrüffig;  er  tjatte  fie  nie  gefudjt  unb  feinen  ytugenblicf 
gemünfd)t,  fie  ftimmte  mit  feinem  ganzen  SBefen  menig  übercin;  an  ber  JHcprä* 
fcutatiDücrfaffung  ber  fteinen  (Staaten  fjatte  er  eigentlich  menig  greube  unb  bod) 
mufjte  er  fie  oerttjeibigen  gewiffermafjen  al§  ben  testen  -$ort  ber  ^Vvei^eit.  @r 
mar  fein  Parlamentarier  im  eigentlichen  Sinn ;  ber  lcid)te  Sflufj  be§  geborenen 
sJtebner§  ftanb  iljm  nid)t  ju  ©ebot ,  ebenfomenig  bie  fdjarf  jugefpitjte  epigram= 
matifdje  .Umift  be§  SDebatterä.  21(3  Karex  Äopf,  al8  ftreng  gefdjulter  ^urtft 
ftclltc  er,  wenn  er  baS  Söort  ergriff,  feinen  sUtaun,  furj,  bünbig  unb  fadjtid) 
maren  im  SBortgefecfjt  feine  Einträge  unb  (Srmiberungen,  feine  eigentlichen  9teben 
beburften  aber  längerer,  forg'ättiger  Vorbereitung,  3eid)neten  fid)  bann  aber  aud) 
auö  burd)  ben  tfteidjttjum  ber  ^been ,  ifjren  fotmüollenbeten  'Mbet  in  s)lußbrucf 
unb  Stil;  ber  SDid)ter,  bem  bie  Sprache  ifjre  beften  Sdjätje  jur  Verfügung  ftclltc, 
ber  unerfctjrotfene  eble  Wann ,  ber  nur  um  feiner  lleber^cugung  mitten,  nur  ber 
Sadje  wegen  fprad),  berleugncte  fid)  aud)  in  ben  Äammerreben  nietjt. 

"JJtübe  ber  unfruchtbaren  kämpfe  naf)tn  ty.  fein  neues'  9Jtanbat  in  ben 
Sanbtag  meb,r  an,  junädjft  wibmete  er  fid)  ber  publiciftifdjen  Stfjätigfeit,  wetd)e 
atterbingS  aud)  Wäl)reub  ber  parlamentarifd)en  nidjt  gerufjt  tjatte.  1835  erfdjien 
feine  Sdjrift:  „lieber  bie  Sntmidlung  bes  öffentlichen  9tect)t§  in  5Deutfd)lanb 
burd)  bie  Verfaffung  bes  Vunbcä",  eine  fd)avf finnige  ^eyglicberung  ber  33er= 
faffung  be§  beutfdjen  Sßunbeä ,  beren  llnt)altbarfeit  unb  ^Hänget  mit  roeitem 
ftaatsmännifdjem  Solide  bargelegt  werben;  aud)  in  biefer  Sctjiift  ift  ^ßreufeenS 
beutfcfye  Vefiimmung  flar  au§gcfprod)en,  bie  (Sriminalunterfuctmng,  in  wetdje  ty. 
wegen  ber  Sdtjrift  öerwidett  würbe,  enbete  mit  bölliger  greifpredjung.  (Sine 
metjr  locate  5^ge  erörterte  bie  9lbt)anblung :  „®a$  9ted)t  ber  StcueiöerwiUigung", 
1836,  eine  ^ufammenfaffung  feiner  2lnfid)ten  gab  ba§  jmeibänblge  SOQerf:  ,,©e= 
banfen  über  9ted)t,  Staat  unb  Ätrtrje",  Stuttgart  1842.  Sc^öpferifd)  neue 
(SJebaufen  fiub  nidtjt  barin  auSgefprodjen,  bie  Rechtfertigung  be§  conftitutionelten 
*Princip8  ift  weit  entfernt  Don  ber  SBerttjeibigung  eine§  nur  formalen  2iberati§mu§, 
mit  jener  ©ereeb^tigfeit,  Weldjc  alle  Schriften  ^ßfi^er'g  au^eic^net,  erfennt  er  aueb^ 
ba§  SBatjre  in  ber  üDemofratie  an,  überall  aber  merft  man  bem  SBerfaffer  an, 
bafj  c§  ir)m  nid)t  um  trjeoretifdje  3luöeinanberfe^ungen  5U  tl)un  ift,  fonbern  baf$ 
er  einen  praftifdjen  3^ed  babei  öerfolgt,  ber  in  bem  IV.  5lbfdjnitte,  bem 
„SJaterlanbc"  3U  Sage  tritt.  3fn  boräügtidjer  äöeife  wirb  Ijier  bcr  Slmrafter 
ber  S)eutfd)en  gefdjilbert,  ber  ^Hanget  eincg  gemeinfamen  S5aterlanbe§  beflagt, 
über  bie  £roftlofigfeit  ber  Äleinftaaterei  unb  ber  potitifdjen  ®leid)gültigfeit  unb 
Unflartjeit  ein  fct)arfe§  ©ertd)t  gehalten;  aber  ber  Sd)mer3  be§  Patrioten  fangt 
nidjt  berjweiflunggbotl,  überall  brid)t  bcr  ©laube  an  bie  einfüge  ©röfje  unb 
s]Jtacbt  be§  geeinten  S3aterlanbe§  b^eröor,  ber  ßiebling§gebanfe  ift  aud)  tjier,  ^reufeen 
als  conftitutioneUcn  Staat  an  S)eutfd)lanb§  Spi^e  ^u  fetjen.  S)ie  2Ibl)anblung,  1845 


^fijer.  675 

autfj  fepatat  crfc£)ienen,  wirft  jefct  nocrj  tu  ifjren  allgemeinen  Steilen  begcifternb 
burd)  ifyee  2Bärme,  bie  eble  Spraye  unb  ben  fiegreidjen  Ion  überjeugenber 
«Bhrjrtjeit.  $n  bem  «JJtaBe,  wie  bae  2Berf  berbiente,  toarbc  eä  nicfjt  beamtet  (e8 
bürfte  ntdt)t  unerwähnt  bleiben,  baß  am  3.  «Äprü  1849  beim  (Empfang,  ber  ßaifer» 
beputation  in  Berlin  bie  bamatige  ^nnjefftn  bon  $reuBen,  bie  je^igc  Äaiferin 
Slngufta,  bie  e3  mit  lebhaftem  Sntereffe  gelefen  fjatte,  ben  äBerfafier  grüßen  (ie|). 
«4*.  bejanb  ftdj  auf  immer  einsameren  Stäben,  nur  }u  fefjt  erfüllte  fid)  an  tt)tn 
fein  eigenem  Söort:  ber  befjere  teufet)  fü^tt  fid}  gelungen,  atteä  «eben  unb 
©treben  ferner  unb  ernftfmft  5U  nehmen,  ©eine  fefnTtftetlerifdje  2tjatigfeit  fjatte 
ifjn  atoor  in  bie  öorberfte  Sinie  ber  «pubtieiften  geftettt,  aber  fie  bemebigte  ifjn 
nitijt ,  erje^te  nidjt  ben  Mangel  einer  regelmäßigen  2fjätigfeit ,  geroäfjrte  ifjm 
audj  nur  geringen  materiellen  SBortljeu.  ©o  griff  er,  wot)t  wiberroitlig ,  jur 
«Ibbocatur,  gab  fie  aber  balb  wieber  auf  (1843  4);  1846  bot  ifjm  «JJltmfter 
(5cf)tat)er,  ber  fo  biet  bon  ifjm  befämpfte,  bie  burd)  9tob.  «mofjt'i  2Ibgang  erlebtgte 
«Profeffur  be§  Staatsrechts  in  Tübingen  an,  «£.  füfjtte  fid)  förpertid)  fdjon  au 
leibenb,  woEte  aud)  in  fein  Sl&fjängigfeitsberrjättniß  treten  unb  lehnte  bie  Stelle 
ah.  Sagegen  natjm  er  1846  bie  eine!  red)töfunbigen  Sefjtlun  be§  Stabtfc^utt= 
Reißen  in  Stuttgart  an,  aber  bie  Stelle  blieb  eine  untergeorbnete  unb  ba§ 
gntfdjeiben  über  «Bagatellfällen  mar  feiner  Begabung,  fomie  ber  ganzen  Stellung, 
treibe  er  bisher  eingenommen  fjatte,  unmürbig.  ®ie  Sitmngen  be§  Stuttgarter 
@emeinberatb>,  au  beffen  «Dcitgtieb  er  gerodelt  mürbe,  befudjte  er  regelmäßig, 
ebenfo  mie  er  bi§  aum  3at)re  1848  bie  «Borftanbfdjaft  be§  neugegxünbeten 
£anbeläfd)ieb3geri(f)tä  gerne  befteibete.  Xa§  _gr)renbürgerre$t  ber  Stabt  Stutt- 
gart  mar  ber  ßorjn  feinc§  gemeinnützigen  SBirfenS. 

«mit  bem  Sturm  be§  3af)re§  1848  fd)ien  bie  Seit  gekommen  ju  fem, 
meiere  nid)t  nur  feine  Söünfdtje  unb  Hoffnungen  eine§  einigen  «BaterlanbeS  er« 
füllte,  fonbern  ebenfo  itjm  bie  gebütjrenbe  Stellung  braute;  fem  «Jtame  bom 
bejten  Älange  mar  eine  «Bürgfdmft  bafür,  baß  eS  ber  württembergifd)en  «Regierung 
mit  ber  «ßilbung  eine§  liberalen  «JJcinifteüums  ®mft  fei,  ebenfo  galt  feine  nie 
bezweifelte  Sogalitat  für  eine  Stü^e  bei  SljroneS.  Sein  ftreunb  Subernot)  ber= 
langte  feinen  gintritt  in  ba§  neujubilbenbe  («3Jlävä=)^iniftfttum ,  am  8.  «JJtarj 
mürbe  er  bon  Tübingen,  mo  er  fid)  aufätlig  auffielt,  burd)  einen  Eilboten  nad) 
Stuttgart  befd)ieben,  übereinftimmenb  mit  ©ubernoi)  berlangte  er  3fr.  «JtomerS 
Eintritt,  welcher  bem  «minifterium  feinen  «Kamen  gab  (9.  «Utäta).  £a§  «Programm, 
mit  meinem  ba§  neue  «ücinifterium  bor  ba*  «öolf  trat  (11.  «Mrji,  mar  bon  ty. 
berfaßt-  er  tjatte  ba§  ßuttuSminifterium  übernommen,  aber  bieje  «tfuigabe  ging 
Weit  über  feine  förperlictjen  Gräfte,  er  oermodfjte  bie  Saft  ber  emftürmenben  ®e= 
fd)äfte  nid)t  ju  überwältigen,  ba  bie  neue  3eit  neue  Drgamfattonen  (a-  35. 
«»Iblöfung  ber  3er)nten  u.  f.  m.)  berlangte.  «8ebenflid)e  fdjlagartige  3lntaHe 
trafen  ifm,  meiere  if)m  ba§  «Arbeiten  beinahe  unmöglich  maßten  unb  ben  perjon-- 
lid)en  «Bortrag  beim  Könige  berboten.  «Äu^  im  «Borparlament,  wie  ber  ftranf; 
furter  «Jtationalberfammtung  fetbft,  wotjin  er  als  «Äbgeorbneter  bon_  Stuttgart 
gef anbt  würbe ,  fpielte  er  feine  «Rotte ,  er  trat  ui$t  aU  «Rebner  au?  unb  bem 
berfaffunggebenben  5tuifd)uß  gehörte  er  nur  furje  3eit  an.  jöht  Sanftem 
Äopfe,  aiemlicb,  t^eilna^mlog,  fab,  man  i^n  in  ben  Stangen  ber  «Paul5firct)e,  bis 
ein  neuer  ßrantf)eit§fatl  nötigte,  itjn  nac^  Stuttgart  au  berbrtngen.  ^m 
13.  «Äuguft  bat  er  um  feine  gnttaffung  au§  bem  «ölmiftertum ,  welche  ijm 
bon  Äönig  «Eßi^elm -unter  freunbti(f)eu  S)anfe§bejeigungen  gewaljrt  würbe;  ber 
«Rücftritt  in  ben  StaatSbienft  würbe  i^m  offen  behalten,  bie  angebotene  «JJennon 
tetjnte  er  ah.  ßerbft  1851  metbete  er  fi$  um  bie  Stette  eines*  D6erju|ti5ratrje§  beim 
OJeri^tä^of  in'jübingen,  er  erhielt  fte,  aber  fcfjon  am  1.  Slug.  1858  muBte  er  fie 


676  Wa«- 

Wegen  juneljmenber  Jhänflidjfeit  triebet  aufgeben;  mit  geringer  ^penfion  bebadjt, 
berbradjte  er  cinfam,  bon  nmerjmenben  förpertid)en  Seiben  gebrüdt,  ben  2lbenb 
feinet  ßebenS  in  Tübingen;  bie  t)ot)e  fdjlanfe  ©eftalt  war  etwa§  borgebogen, 
ber  Äopf  mit  ber  mafftgen  ©time  fdjien  unter  fortwäljvenbem  2)rude  <ju  leiben, 
ba§  Sluge  Ijatte  einen  ftarren  5tu§brud  angenommen,  ben  fpredjenbcn  3eu9en 
eines  ferneren  sfterbenteiben§,  WetdjeS  atlmäfjlid)  feine  ©efunbtjeit  untergrub. 
216er  aud)  in  biefen  letjten  3iar)ren  narjm  er  lebhaften  2tntl)eil  an  ber  Güntwirf» 
lung  ber  beutfdjen  Sertjältniffe,  wie  früljer  fudjte  er  burd)  fdjriTtftetterifdje  £r)ätig= 
feit  5U  wirfen,  e§  gab  Reiten,  in  Weidjen  fein  (Seift  fo  frifdj,  fdtjarf  unb  ftar 
wie  früljer  fid)  in  feinen  ©djriften  geigte.  1848  berlangte  er  in  ber  SBrofdjüre: 
„Beiträge  jur  f5eftfteüung  ber  beutfeijen  9teidj§gewalt",  bafj  bie  Oberleitung  ber 
beutfdjen  Angelegenheiten  borerft  (bis  1851)  ber  preufjifdjen  Regierung  über» 
tragen  werbe,  bie  ftcigenbc  s)Jtad)t  ber  S)emofratie  in  ©übbeutfdjtanb,  ber  Sobel- 
in ber  ftationalberfammlung,  beren  9ttadjtlofigfeit  offen  nt  Sage  lag,  ba8  S5er= 
tmtten  ber  Defterreidjer  in  jjrantfurt  unb  bie  Unterbrüdung  ber  ftebolution  in 
Oefterreidj  tonnten  baS  Vertrauen,  Wefdjes  er  auf  ^reufcen,  als  ben  Grinigung§= 
punft  fetzte,  nur  ftärfen.  Sin  ber  Söetfammlung  in  ©otlja  am  26.  $uni  1849 
tonnte  er  wegen  Äränftidjfeit  nidjt  tljeitnefjmen,  baä  bort  formulirtc  Programm 
War  im  ©runbe  fein  anbereS,  al§  ba§  bon  it)m  feit  3at)ren  berfünbete;  in 
einem  offenen  23riefe  au  «£>einrid)  b.  ©agem  empfarjl  er  aud)  bie  2lnnat)me  ber 
preufjifdjen  SßerfaffungSborfdjIäge  unb  in  bem  2lujfatj:  „*preufjen  unb  Defterrcid) 
in  itjrem  Söertjältnifj  ^u  2)eutfdjlanb"  (in  ber  ©ermania  1851)  fodjt  er  aber= 
mala  lebtjaft  für  sJ>reufjeng  «Hegemonie.  S)ie  Wadjgibigfeit  biefer  ®rofjmad)t  in 
ber  fdjleäwig=ljoIfteinfd)eu  fixa^,  bie  üDemüttjiguug  bon  DImüt},  ber  9lbfotuti3muä 
öon  "Dcanteuffet,  fd)ien  feine  ^Behauptungen  unb  ^yorberungen  böltig  ßügen  ju 
ftrafen,  in  ber  ©djvift:  „2)eutfd)lanb§  3lu§fid)ten  im  gebruar  1851"  mad)te  er 
feinem  tiefen  Unwillen  £uft,  ber  ©laube  an-  ^preufjcnS  '»Dtiffion  fdjien  aud)  irjm 
für  ben  Slugenblid  gefd)Wunben  ^u  fein.  üDie  Sdjrift  war  fo  fdjarf,  bafj  fie  in 
^reufjen  berboten  Würbe,  ©in  botteS  $afjraer)nt  rutjte  ^fijer'3  Jyeber;  bie  @r= 
eigniffe  bon  1859,  ber  2lnfang  ber  Einigung  Italiens,  bie  SBeränberungcn  in 
^reufjen  bcrantafjten  ir)n  1862  nod)  einmal,  ba8  SBort  ju  netjmeu  in  ber 
frifdjen,  bie  alte  «Jhaft  berratljenben  33rofdjüre:  „3ur  beutfdjen  33erfaffung§= 
frage".  Stuttgart  1862.  Söteberum  fei  SDeutfdjtanb  bor  bie  21lternatibe  ge= 
fteEt:  ^reufjen  ober  Defterreidj ;  alte  mefentlidjen  ©rünbe  fprerfjcn  für  ^reufjen 
unb  felbft  Wenn  *Jkeuf$en  riet  gefünbigt  unb  berfäumt  l)abe,  fo  bleibe  bod)  fein 
3iel,  auf  wetd)c§  bie  2öeltgefd)id)te  einmal  Einarbeitete,  unerreid)t  unb  e§  wäre 
wiber  bie  Statur  ber  menfdjlidjen  SDingc,  wenn  bie  gau^e  gewaltige  Bewegung 
nad)  ber  beutfdjen  ©inljeit  für  immer  in  ben  ©anb  berliefe.  — 

Siiefe  frolje  Hoffnung,  metd)e  ty.  aud)  in  ben  trübften  3"ten  feftllielt, 
täufdjte  nid)t;  c§  war  il)m  bergönnt,  1866  ben  £riumpf)  ber  Sad)e  $reu^en§ 
3U  erleben,  bott  empfanb  er  bie  53ebeutung  jener  3cit  Wenn  er  aud)  ^u  fd)Wad) 
war,  in  irgenb  einer  SBeife  biefem  ©efüfjle  öffenttid)  2lu8brud  ju  geben.  Sin 
einfamer  Staugner,  wie  er  fid)  felbft  genannt,  bon  fteigenben  Reiben  gequält, 
brad)te  er  feine  S£age  in  feiner  fel)r  befdjeibenen  Söofjnung  in  Tübingen  ju; 
mit  llrjtanb  ftanb  er  im  näd)ften  Sßcrfeljr,  bie  treue  ^teitnbfct)aft  ber  Seiben 
tjatie  burd)  bie  33erfd)iebent)eit  ifjrer  potitifdjen  2lnfidjten  in  Se^ieljung  auf  bie 
preuBifdje  33orrjerrfcl)aft  feineu  ©tojj  erlitten,  kleine  Reifen  (nad)  ^artlbab, 
2Bie§baben  unb  3U  ben  in  Stuttgart  lebenben  ©efdjwiftern)  boten  t)ie  nnb  ba 
3lbwed)*tung  in  bem  Einerlei  biefe§  einfamen  Öebeni  Oß.  war  nie  bermäfjtt), 
aber  immer  tiefer  fenfte  fid)  bie  geiftige  Umnadjtung  auf  ben  retdjen  ©eift.  3lm 
30.  3uli  1867  9tad)mittagä  jwifdjen  2  unb  3  Ufjr  ftarb  er  nad)  furjer  Äranf* 


Wm-  677 

tjeit;  am  1.  Stuguft  rourbe  er  beeibigt ,   bie  beutfctjen  färben  unb  ber  mob,(öer= 
biente  ßorbeer  firmierten  mit  ftecfjt  feine  letzte  9tutjeftätte. 

$.  ift  ber  bebeutenbfte  öolitifctje  Genfer  ©übbeutfctjlanbS  in  biefem  3ar)r= 
rjunbert;  feinen  originalen  großartigen  toeitausbticfenben  ©ebanfen  Braute  eS 
feinen  Slbbrud),  bafj  er  fein  ö^aftifcrjer  Staatsmann  mar,  feine  Sfjätigfeit  roar  ber 
£auötfacf)e  nacfj  nur  eine  öubliciftifcrje,  aber  fie  mar  eine  reiche  unb  mistige;  er 
ftreute  mit  üotten  £änben  jene  $been  auS,  nietete  immer  mefjr  (Semeingut  eines 
großen  StjeilS  ber  Nation  mürben  unb  bie  jetjt  gefommene  GürfüUung  öorbe= 
reiteten  unb  mögtiä)  matten:  mit  9tect)t  jiert  fein  93ilb  baS  (proöiforifc^e) 
OteicfjStagSgebäube  beS  neuen  beutfdjen  9teictjeS,  benn  öon  ben  9Jtännern  ber  geber 
rjat  er  am  meiften  jum  guftanbefommen  beff etBert  Beigetragen.  (Sine  reizbare 
öertjängnifJDotle  Xiefe  beS  ©emüttjeS  lief;  ben  &eidj)tr)um  beS  ganjen  SBefenS  nie 
jjur  öolten  Entfaltung  fommen  unb  fütjrte,  öerbunben  mit  ben  äußeren  5ßer= 
fjättniffen  jenes  llnbefriebigtfein  Ijerbei,  roelcrjeS  biefem  Seben  ben  tjarmonifcfjen 
ßinbruef  raubt;  aber  entfcrjiebener  UnabfjängigfeitSfinn,  tjeröorgegangen  au§ 
jcrjroäbifcfjem  g:rei^eit§=  unb  altroürttembergifctjem  SkcrjtSgefütjl,  öerbanb  fiefj  bei 
it)m  mit  reifer  SJaterlanbSliebe,  bie  ftrengfte  9iecrjttici)feit  unb  Uneigennütsigfeit 
gierte  ben  Gtjarafter  ebenfo  tüte  bie  reichten  ©aben  ben  ©eift. 

Sine  feiner  roürbige  SBiograprjie  f)at  ty.  noefj  nietjt  gefunben;  baS  3}or= 
ftetjenbe  ift  befonberS  entnommen  bem  genauen  'Jlefrolog,  ben  $r.  Dotter  öon 
it)tn  gab,  ©tf)toäbiJct)er  Sfterfur  1867.  gtjronif  9tr.  213  u.  214  unb  bem 
öortreffticfjen  Silbe  ^f^er'3  öon  233.  Sang  in:  S3on  unb  auS  ©cfjttmben.  <£>.  1. 
18S5.  Srjeobor  Schott. 

$flatt$:  Senebict  SltoiS  $.,  fatfiolifcrjer  ©eiftlictjer,  geb.  am  25.  «Jto* 
öember  1797  ju  @fpad£)tDeiler  im  Oberamt  SUroangen ,  f  am  24.  9toöemöer 
1844  ju  ©erjöraingen  im  Dberamt  ©paicejingen.  @r  mactjte  feine  öorbereitenben 
©tubien  1808 — 15  an  bem  ©tjmnafium  unb  ßöceum  ju  Sllnmngen ,  begann 
bann  feine  trjeologifdjen  ©tubten  an  ber  bortigen  fattjolifc|=tf)eotogifcf)en  ^yacuttät 
unb  fiebelte  mit  biefer  1817  nacr)  Tübingen  über,  mo  er  äugleictj  ^tjilologie 
ftubirte.  $m  $•  1819  trat  er  in  baS  ©eminar  gu  9ftottenburg  unb  rourbe  bort 
am  20.  September  1820  jum  ^ßriefter  gemeitjt.  91acr)bem  er  einige  ^atjre  als 
,£ülfSgeiftli<i)er  unb  -gmtfStetjrer  am  ©ümnafium  beferjäftigt  getoefen,  mürbe  er 
1826  ^räceptor  unb  1828  ^rofeffor  am  ©ümnafium  ^u  Dtotttoeit.  1831  unb 
1833  mürbe  er  bort  jum  Slbgeorbneten  für  bie  roürtembergifcfje  Kammer  geroätjlt. 
(5r  beseitigte  ftcr)  tebtjaft  an  ben  S3ertjanbtungen  über  firdjticfje  fragen,  nament= 
lief)  über  ben  Antrag  auf  Sluffjebung  beS  fattjotifetjen  ÄirctjenrattjeS,  öeröffent= 
licfjte  auet)  1833  eine  ©crjrift  „lieber  bie  Ausübung  beS  ©crjut3=  unb  DberamfictjtS= 
recfjteS  pi-oteftantifd^er  dürften  über  itjre  fatfjoüfcrjen  8anbe§fircrjen  burd)  eigene, 
aus  Äattjolifen  befteljenbe  (Kollegien,  mit  befonberer  9tücfficr)t  auf  SBürtemberg". 
(änbe  1836  mürbe  er  Pfarrer  ju  SJloosljeim,  im  £$K'ül)jar)r  1843  ju  ©cljör^ingen. 
ip.  ift  einer  ber  testen  litterarif^en  Vertreter  ber  SBeffenbergifc^en  Ütidjtung  unter 
ben  fübbeutfdjen  ©eiftlict)en ,  namentlictj  als  Herausgeber  ber  „^reimütb.igen 
33tätter  über  Geologie  unb  ,^trd)entt)um",  bie  1830  öon  einer  ©efellfcfjaft  be= 
grünbet  mürben,  roeldje  fictj  noer)  in  bemfelben  ^aljre  mieber  auflöfte,  unb  bie 
$.  bis  ju  feinem  2obe  leitete  (ber  1844  erfcrjienene  letjte,  27.  ober  ber  bleuen 
fyotge  24.  SSanb,  entljält  ©.  343  feinen  9Zefrolog).  2lu|erbem  öeröffentlicfjte 
er:  „lieber  baS  retigiöfe  unb  firdjlictje  Seben  in  ^fraufreic^",  1836  (nacr)  einer 
9teife  naä)  $ariS  unb  ber  ^ormanbie  im  $.  1835  gefd)rieben);  „S)er  römiferje 
©tu^l  unb  bie  Kölner  Angelegenheit",  2.  5lufl.  1838;  „Dr.  fyribolin  ^uberS 
(f.  21.  2>.  35.  XIII,  231)  Seben  unb  titterarifcrjeS  233irfen",  1839. 

Dteufcf). 


678  Sßfleibetet  —  ^flug. 

^flciöcrer:  Gtjriftopfj  griebrid)  t>.  $.,  9ftatt)ematifer,  geboren  am 
20.  DctoB«  1736  in  $ird)l)eim  unter  £etf  (SBürtemberg),  r  am  27.  Sebtbr. 
1821  in  Tübingen.  <Solm  beS  9lmt§d)irurgen  (Sfjriftopr)  5p.#  Weffc  bei  5ßrä* 
ceptor'S  ATaifer,  erhielt  s}>.  eine  gtünblidje  tSd)utbitbung,  bie  er  in  SBlaubeureu, 
Sabenfjaufen  unb  in  Tübingen  oerDoIlfommnete.  Sein  ßetjrer  in  ben  matfje* 
matifcfjen  Söiffenfdjaften  mar  3ot)ann  ÄieS  f.  51.  3).  SB.  XV,  725),  unter 
beffen  33orfit$  er  1757  mit  einer  aftronomifetjen  ?Ibt)anbtung  promotmte.  2)ie 
folgenben  fünf  Sarjre  brachte  s4>.  in  Tübingen  ttjeilS  im  Seminare,  tl)ci(S  als 
£)auS(el)rer  ju,  1768  begab  er  fidj  nadj  ©enf  ^u  bem  berühmten  s)JJatl)ematifer 
Sefage.  2luf  bei  8ejj>teTen  @mprel)lung  fam  ^.  1766  nad)  SBarfcfjau  an  bie 
bort  neuenidjtete  9)cilitärafabemie.  1774  tierbanb  er  mit  feiner  bisherigen 
sßrofeffur  bor  Watb/matif  unb  ^rjtjfif  bie  Ditection  be3  fönigt.  potnifdjen  @a= 
bdtcncorpS.  (Jbenfo  mürbe  er  Witglieb  einer  jut  2tbfaffung  unb  *ßififung  öon 
Sdjulbüdjern  eingefetjten  (Jommiffiou.  1781  erhielt  $.  einen  9ruf  nad)  lübingen 
($ieS  mar  am  29.  ^uli  biefeS  3nl)VfS  geftotben),  unb  in  fo  angenehmen  95er« 
fjültniffen  er  anctj  in  s}?o(en  lebte,  mo  er  ber  .podmdjtuug  unb  Zuneigung  bei 
Königs»  StaniSlauS  2luguftuS,  foroie  2Uler,  mit  benen  er  in  95erfer)r  mar,  fid) 
erfreute,  <$ögette  er  bed)  feinen  21ngenblief ,  in  bie  ^eimatt)  jurütfjufetjren.  6r 
gehörte  nun  ncd)  40  3lat)re  ber  .£od)fd)ute  an,  öon  ber  er  als  junger  Soctor 
ausgegangen  mar.  Sie  etften  jefjn  Slatjre  kohlte  er  in  frtfd)efter  ©cfunbljeit. 
1791  befiel  it)n  nad)  bem  £obe  eines  geliebten  3ot)neS  ein  rjeftigeS  (sd)(eim= 
fieber,  unb  öon  ba  mürben  ÄranftjcitSanfäfle  immer  häufiger  bei  tt)m.  ©ie  tjer= 
modjten  feine  ßerjrtfjätigfeit  nicfjt  311  ()emmeu;  ja  a(S  fpäter  förperlicb/ 3d)roäd)e 
unb  fd)rainbenbeS  2lugentid)t  it)n  am  2luSget)en  öerljinberten,  fetjtc  er  feine  95or= 
lefuugen  ju  <£)aufc  fort.  Unter  ben  öcrfd)iebenen  ?lu*}eid)uungen,  bie  er  erhielt, 
öerlief)  ber  Drben  ber  2Bürtcmbergifdjen  Ärone  irjm  ben  2tbel.  $.  mar  in  ber 
*Dtatr)ematif  ali  ßefjvet  roie  als  (Sdrriftftetter  borjugSrueife  ©eometer  ber  antifen 
©d)ule.  %m  befannteften  fiub  feine  2lnmerfungcn  ju  ben  (Elementen  bei  (Juflib, 
meldje  evftmatig  burd)  ■)>.  felbft  in  aflmätjlid)  erfdjeinenben  £>eften,  bann  roirber= 
tjolt  1827  unter  Benutzung  beS  (janbfcfjriftlidjen  OiadjlaffeS  burdj  .£>aubcr  (f. 
2t.  2).  33.  XI,  38)  fjerausfgegeben  mürben.  „Sie  ebene  Trigonometrie  mit  2tn= 
meubungen  unb  Bcnträgeu  jur  ©efdjidjte  berfelbrn"  ('Tübingen  1802)  fennt 
^oggenborff'S  93iogr.=  titetar.  Jpanbroörtcrbud)  jur  ®efd]id)tc  ber  ejacten  28iffen= 
fdjarten  II,  432  nidjt.  ©leidjmol)!  ift  ei  ein  bortrefflidjeS  33ud) ,  auS  beffen 
jab,treici)en  2(nmcrfungen  insbefonbete  man  auef)  bleute  nod)  red)t  ^ietrS 
lernen  fann. 

9?gl.  2öürtembcrgifd)e  Sfaljrbüdfjer  für  oaterlänbifdje  ß>efcf)id)te,  ©eograptjie, 
Statiftif  unb  2obograbf)ie,  IjerauSgegeben  öon  3f.  2).  ©.  2Remminger.  3ar)r= 
gang  1823.     ©.  61 — 66.  dantor. 

^f(ug:  Sodann  53abt.  s^.,  „fcfimäbifdjer  ©enremaler",  geb.  als  ©ot)n 
acfjtbarcr  Bürgersleute  am  13.  gebruar  1785  unb  f  ben  30.  Wai  1866  ju 
93iberacr)  in  Oberfdjmaben,  ber  ehemaligen  9teie^S=  jt|t  mürttcmbergifd)en  £)ber= 
amt§=®tabt,  auS  melier  fcf)on  fo  fiele  namhafte  Äünftler  tjeröorgegaugen  ftnb ; 
befuc^tc  3unäd)ft  bie  ©djulen  feiner  95aterftabt.  Scl)on  frü^eitig  regte  ficr)  in 
bem  aingeraecften  angetjenben  2ateinfd)üter  ber  unmiberftetjlic^e  —  root  burd)  bie 
öielen  in  buntem  28ed)fet  fief)  üolljietjenben  Sruppenburdj^üge  gemedte  —  -^ang 
jum  3cict)nen  unb  9ftalen,  obmol  ein  eigentlicljer  3eid)nungSunterrict)t  in  Siberaci) 
bamalS  noci)  nierjt  beftanb,  inbem  er  tür  feine  $)Htfdjüler  burcfjäietjenbe  ©olbaten  ic. 
abjetdjnete,  auri)  in  färben  barfteüte  unb  fo  ein  fleineS  2afd)engelb  ficr)  t)er= 
ferjaffte.  daneben  fjatte  er  auet)  an  Wu]\t  unb  ©efang  gro^e  greube  unb  baS 
rourbe  infofern  für  it)n  bon  53ebeutung,  als  er  3unäcf)ft  unter  bie  „©ingfnaben" 
fetner  9Saterftabt   unb   im   $.  1797   unter    bie  „ßrjorfnaben"    beS  53encbictiner= 


^Pffog.  679. 

reidjsfiifts  SBeingarten  aufgenommen  mürbe,  rooburd)  für  iljn  jugteid)  bie  2Ius= 
fidjt  ficf)  etöffnete,  in  ber  bortigen  fiarf  befudjten  unb  mit  einem  ^enfionat  öer= 
bunbenen  -ßlofterfdmte  foftenfiet  bie  ÜBorftubien  jutn  geifttidjen  ©tanbe  treiben 
p  fönnen.  ©et  Ijier  burd)  ben  P.  3tup.  S5icf  erttjeitte  3eidjenuntenid)t  be= 
frfjränfte  ftd)  jUoar  einzig  auf  2trd)iteftur,  allein  ber  „Ätofterftubenl"  fetjte  neben 
feinen  eigentlichen  Stubien  für  fid)  feine  geidjnereien  unb  Malereien  fort,  moju 
itjm  nictjt  bloß  bas  eine  SBelt  im  steinen  bilbenbe  JHofterleben  felbft ,  bie 
feierliche  33ottentfaltung  bes  fattjolifcrjen  (lultus  in  ber  majeftätifdjen  Stifts* 
firdje,  bie  ^roceffionen  unb  5ßaffion5fpiele,  ber  granbiofe  „Stutritt"  lt.,  fonbern 
aud)  bie  nafjen  kämpfe  unb  <Sd)lad)ten,  bie  Pielfad)en  iruppenburcrjmärfdje, 
fo  namenttid)  im  3-  1799  bas  ÄorfafotD'fdjcn  Slrmeecorps  mit  feinen  tfofafen, 
Äalmücfen,  uralifdjen  2ataren  u.  f.  ro.,  mo  er  u.  3t.  ben  greifen  «ftriegstjetben 
Sumaroro  auf  feiner  Äibitte  burd)  Söeingarten  fahren  fat),  reiche  Anregung 
gaben  unb  ü)tn  eine  9Jcenge  neuer  düinbrüde  brachten.  Sa  erfolgte  im  3.  1803 
plötjtid)  bie  Slufrjebung  ber  9ceid)sabtei  unb  bie  Suisftdjt  auf  baß  äöeitetftubium 
unb  bereinft  auf  ben  geiftlidjen  (Staub  mar  itjm  benommen.  2>a  aber  regte 
fid)  ber  S>rang,  fid)  ganj  ber  $unft  ju  toibmen,  mit  einem  ^JJlale  erft  red)t  in 
itjm.  Slllein  feine  (Sltern  beftimmten  irjn  ju  bem  bamals  einträglichen  ©eroerbe 
eine§  SBortenroirfers.  ®o  mußte  ber  bereite  mit  einer  tüchtigen  allgemeinen 
SSorbilbung  öcrferjene  $unftjünger,  ben  ßunftbrang  im  ^er^en,  mifcmuttüg  unb 
Perbrofjen  ein  trauriges  ^atjr  in  ber  Setjre  pb  ringen,  in  tocldjer  er  übrigens 
bie  fyreiftunben  immer  mit  ^eicljnen  unb  9Jcaten  in  Söafferfarben  ausfüllte  unb 
tjatte  als  23ortenmad)erler)rling  auf  einige  $eit  bie  nictjt  minber  fdjtoere  .rtunft 
ber  ©ntfagung  p  üben.  Sa  trat  unPertjofft  eine  günftige  Söenbung  feines 
©efcrjicfes  ein.  ©er  nad)  9lufrjebung  bes  Sudjauer  Türftticfjen  ®amenftifte§  in 
SSiberadj  lebenbe  ©efjeimratlj  Sdjeffolb  roarb  bei  einem  33efud)e  im  >pftug'fd)en 
<§>aufe  pfätlig  auf  bie  3eitf)nunQen  oeg  jungen  Cannes  aufmerffam  unb  er= 
fannte  alsbalb  beffen  feimenbcs  latent.  <5r  bemog  bie  Gittern,  it)n  feinem 
Steter,  einem  Äircrjenmaler,  in  bie  2er)re  p  geben,  mätjrenb  ber  ©etjeimrau) 
felbft  itjm  in  ber  Xljeone  unb  ben  -ipülfsroiffenfcfjaften  ber  2Jcaterei  Unterroeifung 
gab  unb  feinen  ©efdjmacf  p  bitben  fuctjte.  Sltsbatb  —  motjl  ettnas  311  Tritt}  — 
mact)te  ber  Jüngling  fict)  ans  Sopiren  Pon  Silbern  trjeits  aus  ber  odjeffolb'fdjen 
©emälbefammlung,  in  roelctjer  fid)  meift  ©enreftüdfe  eines  Katers  ^ermann  aus 
^reiburg  i.  33.  befanben ,  ttjcils  aus  ber  anferjnlidjen  gräftid)  Stabion^fdjen 
(Saterie  in  bem  narjen  SBartrjaufen.  Namenttid)  tjatte  er  fid}  burd)  bie  Gcpie 
eines  originellen  ©emälbes  tion  unbefanntem  'JDccifter  bemerflid)  gemactjt,  roelctjes 
bie  „fünf  Sinne"  burd)  attegorifcfje  lebcnsgroBe  fytguren  in  fet)r  realiftifdjer 
fräftig  toirfenber  Slusfü^rung  baxfteHte :  ©efcrjmad  unb  ©erud)  burd}  einen 
faljtföriftgen  Sitten,  ber  eine  -pfeife  raud)t,  mä^renb  ein  ^>unb  an  itjm  auffpringt; 
bas  ®efü^l  burd}  einen  33urfdjen  ber  eine  S)irne  umfaßt,  (Sefidjt  unb  (Betjör 
burd)  jroei  3J{ufifanten,  öon  benen  ber  Sitte  begefjrtid)  in  feinen  Sierftug  fctjaut 
toärjrenb  ber  junge  bie  ^töte  bläft.  Sfftit  bem  aus  biefen  ßopieen  getoonnenen 
©elöe  tonnte  er,  nadjbem  er  oon  einer  fdjon  bas  ^a^r  juPor  in  biefer  Stbüdjt 
bortljin  unternommenen  Dieife  infolge  bes  Krieges  blatte  roteber  jurücffe^ven 
muffen,  im  $.  1806  fid}  beljufs  feiner  weiteren  Stusbilbung  nad)  s33cünd)en  auf= 
madjen,  toofelbft  er  nad)  erftanbener  Prüfung  unb  2)orroeifung  einiger  feiner 
bisrjerigcn  Seiftungen  in  bie  bamals  unter  ber  Seitung  bes  Silbr)auers  Vornan 
23oo§  ftetjenbe,  freitid)  nod)  in  befdjeibenen  5lnfängen  fid)  ^attenbe  Slfabemie  ber 
bitbenben  fünfte  als  gögting  aufgenommen  mürbe.  #ict  roarb  mit  allem  Srnft 
unb  glctf;  bei  xag  nad)  ber  5tntite,  Slbenbs  nad)  bem  tebenben  sDcobell  ge= 
jeidjnet  unb  nebenbei  in  ber  unter  6f)riftian  ö.  ^Ranntid)  unb  bem  ^nfpector 
Srultiot  ftetjenben  ©emälbegalerie,  ju  ber  ty.  gleichfalls  3utritt  erhalten,  meiere 


680  S-Pflug. 

aber  fteilidj  bamats  nur  ein  ©Ratten  öon  bem  mar,  raas  fie  Ijeute  ift,  bie 
SieblingSmeifter  junt  ©tubium  ausgefudjt,  um  nad)  itrcem  33orbilb  berciuft 
feinen  eigenen  28eg  einjufdjtagen.  yiad)  nid)t  langem  ©djmanfen  äroifdjen 
£>iftorien*  unb  ®enre=9ftalerei  Ratten  e§  itjm  befonbers"  bie  in  ber  ©alerie  bamals 
fdjon  gut  öertreteuen  „sJciebertänber",  „meiere  ben  öierten  ©tanb  in  bei  $unft 
etft  etfcfjaffen  fjaben",  mit  üjret  9caturmatjrt)cit  unb  bem  3QU^C^'  i&A'^  6olorit§ 
angettjan,  unb  mar  fomit  bie  ©ntfdjeibung  getroffen.  3uerft  ging  er  an  bie 
Silber  öon  Jeniers,  bann  an  Dftabe  unb  Sroumer,  meitert)in  an  ©ert).  2)oro, 
fttanj  «DtieriS,  ©er!).  Setburg  unb  Äafoar  sJtetfd)er  ic.  unb  bemühte  fid)  burd) 
fleißiges  (Stubiren  unb  Gopiren  in  it)ve  @igentt)ümlid)feit  einzubringen.  23alb 
mar  er  mit  ben  in  ber  ©alcrie  arbeitenben  Katern  befannt;  mit  mannen,  mie 
mit  ben  Sörübern  Slngelo  unb  2)omenico  Quaglio,  in  beren  elterticfjem  £mufe 
er  biet  öerfctjrte,  mit  ftranf,  ^ilott),  s3llbred)t  2lbam,  ©trij;ner  ic,  öerbanb  U)n 
fyreunbfdjaft  (Sogar  ber  bamatige  $ronprinj,  nadjmalige  Äönig  Submig  1,  ber 
grofje  Äünfttermäcen  intereffirte  fid)  für  ben  jungen  $Jiann.  ©o  lebte  er  in 
3far«3lttjcn  ein  frofyes  ßünftlerleben,  lebte  unb  mebte  in  ber  Äunft  unb  Per* 
meubete  fold)en  gleife  auf  bie  Gopien  feiner  Sßorbitbcr,  bafj  er  auf  biefetben  al8= 
balb  felbft  in  Sftündjen  söeftettungen  erhielt,  rooburd)  fo  mie  burd)  anbete 
gelegentlict)  gefertigte  33ilbniffe,  er  bie  Mittel  bes  Unterhaltes  Permefjren  unb 
feinen  Slufcuttjalt  in  ber  tfunftftabt  toerläugern  tonnte.  2ÖtS  1809  blieb  er  in 
bem  bamals  politifd)  bebeuteub  ettegteu  sJMud)en;  in  biefem  3>al)re  öertrieb 
itjn  ber  Äviegäfturm,  infolge  beffen  u.  8.  bie  Silber  geflüchtet  mürben,  ju  ftütje 
für  feine  nod)  uid)t  öolltnbete  Slusbilbung.  3n  ber  .£mmatt)  angelangt,  be= 
fdjäftigte  er  fid)  eine  3eitlang  mit  ^otttätnmlen,  mit  Softfimbilbern  in  ber  9lrt 
ber  „ftieberlänber",  fafjte  aber  nod)  im  felben  3fat)re  feiner  ÜtüdEctjr  ben  @nt= 
fcrjlujj,  auf  Reifen  (u.  91.  aud)  und)  SBien)  31t  gel)en,  allein  —  es  foltte  anbers 
fommen.  s3iod)  im  September  bes  %.  1810  mürbe  er  als  3eid)nungslet)rer  in 
feiner  SBatctftabt  angefteüt,  mobei  irjm  neben  einet  gefiederten  Ejtflenj  nod)  3C^ 
genug  für  bie  Äunft  übrig  blieb.  3roei  3fat)re  barauf  öerel)elfd)te  er  fiel)  mit 
ber  eljrfamen  Jungfer  £rjerefia  Ääufer,  ber  ehemaligen  ßammerjofe  ber  legten 
iöudjauer  gürftäbtiffin,  ber  geiftretd)en  ©räftn  'üJtanmüiana  öon  ©tabion,  einem 
maderen  unb  intelligenten  2Befen,  roetetjeä  ganj  p  iljm  pafjte,  ifjm  aud)  gar 
s3Jcand)es  öom  35ud)auer  £>ofe  ju  etjäfjleu  mufjte  unb  beten  Sßtlbnife  in  ber 
bamatigen  reichen  obcrfcrjroäbifcrjeu  £rad)t  er  nod)  im  gleichen  3af)re  malte. 
5Die  9lnftcllung  unb  bie  ©rünbung  eines  eigenen  -jpausftanbes  liefen  irm  nun 
nid)t  metjr  öon  feiner  SSatetftabt,  an  meldtet  mie  überhaupt  an  feiner  obet= 
fd)mäbifd)en  .gjeimatt)  er  mit  allen  gafern  feines  ^erjenä  b^ing,  lo^fommen.  ©0 
roar  er  barauf  angeroiefen,  in  bcm  bamatigen  engbegren^ten  ©tillebeu  einer 
Äleinftabt  unb  in  einfad)=bürgerlid)eu  Söetb^ältniffen  für  feine  $unft  eine  ent= 
fpredjenbe  3tid)tung  311  fudjen.  Unb  ■ —  biefe  fanb  er,  burd)  ba§  ©tubium  ber 
„9lieberlänber"  öon  felbft  barauf  b.ingefüljrt,  mit  gtüdlid)em  ©riffe  im  eigenen 
^anb  unb  Sotfe,  in  beffen  Sieben  unb  treiben,  ©itten  unb  33räud)en,  babei 
inbefj  feinegmeg§  mit  blinber  ftadjaljmung  öerfaljrenb,  fonbetn  gan^  felbftänbig 
feine  eigenen  S3al)ncn  manbetnb.  2Ber  meifj,  ob  es,  mie  man  fd)on  l)in  unb 
roieber  gemeint  tjat,  nur  gut  für  s4>-  unb  feine  fünftlerifdje  gnttuidlung  gemefen 
märe,  menn  er  feiner  ^eimatl)  ben  SRtttfcn  geteert  unb  eine  anbere  2ßirfung3* 
ftätte,  etroa  in  einer  größeren  ©tabt,  fid)  auegtfud)t  blatte!  5tad)  feiner  eigenen 
iBerfidjerung  bot  fid)  ir)m  baö  Öebcn  fo  reid)  bar  als  ben  „IRieberläubern",  faft 
nod)  mannigfaltiger;  er  griff  3U,  roo  es  it)m  gefiel;  mol)t  !onnte  er  bann  unb 
mann  öerrounbert  fragen,  mie  es  bod)  fomme,  bafe  man  neuere  $ünfiter  oft 
über  Mangel  an  ©toff  flogen  tjöre,  ba  \a  bie  Scobadjtung  bes  Sebens  um  fie 
l)er  iljnen  benfelben  in   fo  unerfd)öpf!id)er  Q-üKe  liefere.   —  3unäd)ft   boten  bte 


sWug.  681 

itjm  bon  frütjer  3ugeno  an  gebliebenen  ©inbrütfe  unb  Erinnerungen  an  bic  be= 
roegten  langen  ÄriegSjeiten  unb  an  bie  alte  9teict)sftabt  Anregung  genug  für 
feine  9Jcalettf)ätigfeit  unb  reict)licl)e  Sßorroürfe,  —  t)atte  er  bocl)  feit  bem  3-  1793, 
tt>o  juerft  Ihoaten,  „9totrjmäntet"  unb  ^ßanburen,  burct)  33iberacl)  unb  Dber= 
fdjtöaben  marfctjirten,  bis  jutn  $•  1815,  forool  in  feiner  Sßateiftabt,  bor  bereu 
Sfjoren  er  fetbft  itn  3?.  1796  einen  fertigen  $ampf  mutzen  fatj,  als  ju  2Bein= 
garten  unb  9Jtündjen  Gruppen  aller  3lrt,  bie  fetige  9ieicf)sarmee,  Cefterreidjer, 
SDeutfdje,  gran^ofen,  Italiener,  Spanier,  Muffen  mit  ifjren  nod)  rjalbroitben 
23ötfern  beinahe  in  einem  fort  unb  im  bunteften  233ed)fet  an  fiel)  borüberjietjen 
fetjen!  Söie  biefes  militärifctje  Seben  unb  treiben  fcijon  in  bem  Knaben  bie  erfte 
Suft  jum  9Jcaten  geroecft  tjatte,  fo  reicfjie  es  aud)  bem  angetjenben  Äünftler 
(Stoff  um  ©toff  für  fein  ©fi^enbud).  Sine  Stenge  folbatifetjet  ©cenen  ging 
aus  biefer  3lnfctjauung  tjerbor,  batb  roenige  Figuren,  balb  gan^e  3£rupp§,  im 
©efecrjt,  Sibouac,  Sager  ober  auf  bem  9)carfct),  alte  in  Uniformirung,  Haltung 
unb  9cationalit)pus  bis  ins  ©in^etufte  naturgetreu  bargeftettt.  2lts  größere 
(Sompofitionen  entftanben  fo:  „(häfjerjog  Äarl  in  ber  <5ct)tacrjt  bei  9lfpern", 
(auf  ßotj  unb  im  Sefitje  bes  ©raren  Sfteuttner  b.  2Bet)t  in  9ldjftetten),  birtuos 
bis  auf  ben  testen  Änopf  unb  bie  letzte  Sorte  gemalt  unb  root  bas  befte 
©ct)lact)tenbilb  bes  äMfietS,  öon  itjm  fetbft  in  feinen  Iftemoiren  (II,  ©.  110) 
brillant  befdjtieben;  ber  furj  bor  feinem  Slbleben  im  garbenbrud  bcrbielfältigte 
ebenfalls  in  ben  Memoiren  (II,  ©.  110—12)  erflärte  „ßriegsratfj  be§  @T3= 
tjer^ogs  $arl  in  bem  §aufe  bes  ©ölbners  ^efdjeler  ju  Cttersroang  im 
SÖtarj  1799",  für  roetctjes  fe^t  im  füiftlidjen  §ot)enaottetnfdjen  9Jtufeutn  ju 
©igmaringen  befinbtictje  Silb  fy.  immer  eine  grofje  SSorliebe  fjegte  unb  öon 
roeldjem  er  fiel)  jeittebens  nietjt  $u  trennen  bermodjte;  „alle  bie  ©efütjle —  fagt 
er  fetbft,  —  bie  ict)  öon  $ugenb  für  biefen  gelben  tjatte,  mit  ben  geroiffen= 
tjafteften  *pinfelftrid)en  t)ab'  ict)  fie  t)in  ein  gern  alt" ;  „ber  9ttjeinübergang  ber 
äöüvttemberger  bei  £et)l  im  $.  1815"  in  ber  fönigl.  ©taatsgallerie,  bas  ftguren* 
reidjfte  feiner  mititärifdjen  ©tüde;  „bie  ©ct)tacl)ten  bei  Dftractj  unb  ©todact)  zz." 
Sodj  finb  bieg  feine  ©ctjlactjtenbilber,  roie  fie  in  neuer  3^tt  3-  S.  bon  ben 
23ataittematern  31.  b.  SBerner,  Sleibtreu,  damptjaufen,  gaber  bu  gaut,  ß.  Sraun, 
granj  Slbam,  £einr.  Sang,  «öteiffonier,  2ltf.  be  Üteubitte,  SDuprab,  SDetaitle  k. 
gefdjaffen  roorben  finb.  ßs  fommt  $.  nietjt,  roie  ben  leiteten,  auf  eine 
mögtictjft  naturgetreue,  lebenbige  SBiebergabe  bes  ©ctjtactjtfelbes  unb  eines  ent= 
fetjeibenben  Slugenblides  im  Kampfe  an,  fonbern  auf  bie  Sarfiettung  bes  ibealen 
Silbes,  baö  er  fiel)  bon  ber  ©djladjt  maetjt,  roie  er  ja  auclj  ben  meiften  bon 
ifjtn  bargefteüten  kämpfen  perföntic^  nietjt  angeroorjnt  bjat.  Sineö  tritt  unber» 
tennbar  in  biefen  Silbern  tjerbor  —  ber  (Sebanfe,  altöfterreictjifctjer  Sap'erteit 
unb  jh'iegerutjme  ein  Senfmal  3U  fetjen  unb  bor  Slltem,  feinem  unb  ber  Ober* 
fctjtoaben  Liebling,  ben  gr^erjog  Äart  3U  bertjerrtietjen  — ,  fatj  ber  mit  feinen 
2anb§leuten  aüejeit  gut  faifertictj  gefinnte  Patriot  ^.  boeb  in  biefem  gelben, 
an  beffen  «perjon  ficlj  in  23orberöfterretcf)  bie  testen  9tationatgefüf)te  unb  ftaifet* 
gebanfen  mit  einer  ^nnigfeit  unb  ©ctjroärmerei  Ijängten,  roie  fie  einft  nur  bem 
„^rinj  @ugen,  bem  eblen  glittet"  entgegengebracht  roorben  roaren,  ben  testen 
Gonnetable  bes  untergetjenben  t)l.  römif(f)en  9teiclje§  beutfetjer  Nation.  5Diefe 
öfterreict;ifd)en  Jrabitionen,  in  roetetjen  s4>-  nufgeroad)fen  mar,  führten  ifjn 
fpätertjin  bon  felbft  ben  grojjbeutfdjen  Stnfd^auungen  3U,  roelctjen  er  3"t  feines 
Öebens,  roenn  er  audj  an  ber  ^olitif  feinen  actiben  2lntt)eit  natjm,  jugettjan 
blieb.  Sie  öftetreidjifdj--italienijdjen  gelb^tige  bon  1848  49  unb  1859  brachten 
fein  patriotifcfjes  SBlut  nod)  mäctjtig  jum  Söalten;  ba  —  im  ftelbtager 
9tabe^fi)Js  roäre  ber  „Sitte"  am  «ßla&e  gcroeftn!  allein  —  teer  badete  ba  an 
ben  ftitlen   befetjeibenen,    freitid}    auet)    fd)on    tjod)    betagten  $.V.  —  «Roct)  eine 


682  $flu8- 

Steige  tteineter,  gleichfalls  meift  patriottfc^  gehaltener  JhiegSfcenen  unb  ©cfed)tS= 
bilber  Waten  rjettiorjuljeben,  rote  3.  33.  bie  „^lünberung  beS  ^ßfarrborfeS  2ltbcr= 
teilet  burd)  bie  granjofen" ;  ber  „ftütfaug  bev  Tranaöftfdjen  Sttrmee  auS  ©eutfdj- 
lanb  im  3f.  1796";  „®efed)t  äWifctjen  republifanifdjeu  Gruppen  unb  (Sonbeern 
am  Dljreuter  See  bei  Sd)uffenrieb  im  3-  1799";  „?tu«tt)eilnng  ber  Veteranen» 
mebaitten  bei  2aupertSf)aufen  im  S.  1843";  „2anj  alter  Veteranen  in  9iing= 
fdjnait",  ein  rüljrcnbeS  33ilbdjen  —  wie  baS  2aupertSt)aufer  meljt  ein  militärifdjeS 
©enreftüd.  $n  biefen  Silbdjen  rjerrfdjt  gröBtentljeitS  ßebeu  unb  Bewegung 
in  einer  äöeife,  bie  an  bie  beften  italienifcfjen  unb  franjöfifdjen  sDteifter  bicfeS 
$ad)eS  gemannt.  3)aju  nidjt  wenig  >)Mitärfcenen  in  91quaretlmanier,  in  meldjer 
ty.  gleichfalls  mit  (Jrfotg  arbeitete  unb  Oon  welchen  mir  nur  eine,  bie  bvaftifdj* 
reichhaltige ,  nidjt  otjne  polenüfdje  lenbcuj  gehaltene  (Sompofition  mit  s}}flug'S 
eigener  Unterfdjrift :  „@o  würbe  oon  ben  Weufranfen  im  %.  1796  bie  gfreifjett 
im  Sdjwabcnlanbe  üerfünbigt!"  mit  anberen  im  Sefifee  Don  ©rat  9teuttncr 
nennen  wollen.  3af)tloS  üoÜenbS  waren  bie  gemalten  «Stilen,  wetdje  er  öon 
einjelnen  Ätiegetn  üerfertigte.  2)enn  balb  würbe  eS  unter  ben  burdweljenben 
AhiegSbölfem  befannt,  bafe  fid)  in  Siberadj  ein  sJJtater  befinbe,  ber  trefflid)  ab= 
pbiiben  Oerftel)e;  unb  ©eutfdje,  puffen,  Söljmen  unb  „ftottjmäntel"  fugten  ben 
Aiünfttev  auf  unb  bebrängten  ifjn,  fie  „abjufdjreibeu"  unb  au  ©ufcenben  wanberten 
bie  lleincn  >>5ilbd)en  in  bie  ferne  -jpeimatt).  Sind)  bie  Offiziere  fprad)en  fleißig 
bei  it)tn  üor,  liefen  fid)  malen  ober  lauften  fertige  Silber  oon  irjm.  —  Unb 
als  ber  .ÜriegSlärm  enbüd)  ücrraufdjt  war,  bot  fid)  irjm  ein  neuer,  eine  Zeitlang 
mit  Vorliebe  beljanbelter  Stoff  bar,  auf  we(d)en  er  fdjon  burd)  ben  bämonifdjen 
„■Jftatefiaidjeuf"  mit  feinem  Saunet«  unb  ©auner-Sdjloß  ju  Dberbifdjingcn 
(b.  i.  ben  fteidjSgrafen  8franj  Subwig  Sdjenl  ü.  Gaftetl ),  einen  ber  originettften 
Ätaftmenfdjen  unb  „©ewaltigeu"  beS  tjorigen  3af)rt)unbertS,  weichet  eS  bem  ^. 
gana  befonbetS  angetfjan  tjatte,  aufmerffam  geworben  war,  —  baS  ÜtäuberWcfen 
als  böfe  funterlaffenfdjaft  jener  langen  ßrießSjeiten,  fpeciell  jene  Ütäuberbanben, 
weldje  nod)  mitten  im  (jergcftetlten  ^rieben  i|t  Unmefen  im  „Dbettanb"  trieben. 
SnSbefonbere  war  eS  bie  ju  feiner  3«t  t)aufenbe  33anbe  beS  burd)  ©uftaö  Sdjwab'S 
üRomanae:  „ber  Sünberttjurm"  in  weiteren  .^reifen  befannt  geworbenen  „fdjwaraen 
SBere"  (eigentlich  Sab.  -froljenlcitnet  auS  ütummetStieb),  Weldje  feinen  *ßinfel 
feffelte  unb  weldje  er  in  einigen  fet)r  fräftigen,  marfigen  (im  fürftlidjen  Sdjtoffe 
3U  2Bolfegg  befinblidjeu)  Aquarellen  fowie  in  einem  Delftücf  barftettte. 

Sein  .paitptfdb  lag  aber  auf  bem  ©ebiete  ber  cigcntlidjen  ©enremalctet, 
beren  Vorwürfe  et,  ot)nc()in  ein  begeiftettet  gteunb  feinet  obetfdjwäbifdjen 
^eimatt)  unb  SanbSleute,  beinahe  burdjweg  beren  V?eben  unb  Sitten  entnatjm. 
^)ier  wat  er  jo  ganj  in  feinem  (Elemente  unb  zeigte  fid)  fein  Talent,  feine 
felbftänbig--fd)öpferifd)e  teidje  ^t)antafie  unb  @igcnatt  unb  fein  breitetet  Junior 
am  entfd)itbenften.  Selbft  ein  edjteS  Äinb  beS  SSolfeS,  liebte  et  eS,  in  fteten 
unmtttelbaten  Sßerfe^r  mit  bemfclben  in  feinen  üerfdjiebenen  Stänben,  befonbetS 
mit  bem  Sanbüotf  tu  feiner  täglichen  Arbeit  unb  feinem  Öebenagenu^  ju  treten. 
2Bie  nid)t  teid)t  jemanb  war  eS  ifjm  gegeben,  mit  bem  23auernbolf  einfad)  unb 
natürtid)  umaugefjen,  fein  Vertrauen  311  eiwerfen,  feine  ßtirürffjaltung  ju  über= 
winben,  eS  jur  «Dlttt^eilung  feiner  ©ebanfen  unb  ßrfebniffe,  jum  51uSfid)^erauS- 
get)en  ju  beranlaffen  unb  feine  v'trt  unb  2öefen  ju  ergrünben.  gür  alte  33or= 
fommniffe  beS  SebenS  fowot  im  gamitienfreife  als  aud)  bei  ber  Pflege  gemütfj= 
lidjer  breitetet  ©efeüigfcit  rjattc  et  einen  empfänglichen  Sinn  unb  ein  geübtes 
5luge;  unb  was  et  etfdjaute,  wufcte  et  finnig,  gutmütig  unb  wolWoüenb,  ju= 
gleid)  abet  mit  fdjatfljaitem  Sd)etj  unb  in  d)atafteriftifd)en  o^gen  auf  ber 
^eiwanb  nadijubilben.  gror)gemutlj  jog  er  rjinauS  3U  £ird)Wetl)en,  .§od)3etten, 
lanjbeluftigungen,  Sd)eibenfd)iefeen,  Äegelfdjieben,  Sarjrmärften  unb  SolfSfeften 


$ffog.  683 

jeber  Art  unb  lebte  fid)  recfjt  inS  oBevfc^tüäbifd^e  SolfSteben  ein,  manberte  mit 
bei-  Wappt  unter  bem  Solf,  toetdjeS  er  junäd&ft  auf  bem  atlmöcfjenttidicn  flatf« 
Befugten  Siberactjer  2Jcaifte  am  beften  bor  ftdj  tjatte,  umtjer,  belaufdjte  beffen 
@igentt)ümlid)feiten  in  ben  anmuttjenbften  gügen  unb  trat  in  ber  gtücfüdien 
Sage  mit  iebetmann  freunbtid)  au  betören,  balb  überalt  im  „Dbcrlanbe" 
betannt  unb  als  attenttjatben  gern  gefeljener  SanbSmann  unb  grcunb  ebenforool 
in  bie  Jpütte  be§  SanbmanneS  ein,  als  in  bie  Gsbelfitje  beS  oberfd)roäbifct)en  Abels. 
9ticrjtS  entging  ba  feinem  beobadjtenben  Auge,  nidjt  „bie  Spieler  in  ber 
Sdjenfe",  nidjt  „ber  $farrt)err,  ber  feinen  Säuern  bie  3fitung  borlieft",  nidjt 
„bie  jum  Sifdjgebet  berfammelte  ^amitie",  nidjt  „ber  ©rofjbater  als  Äinber» 
tüärter",  niifjt  „bie  Anfertigung  ber  AuSfteuer",  „ber  Aufbutj  ber  Sraut"  unb 
it)re  „Abfahrt  mit  bem  Seautroagen",  nidjt  ber  mistige  Alt  ber  „,£>au§mäjd)e", 
nidjt  bie  flotten  Sauernburfdjcn  im  SonntagSftaat  mit  ben  „©etblebernen",  ben 
Ijotjen  -Ipüten  unb  ben  ferneren  Mänteln  am  tjetfjen  Sommertage,  nidjt  ber 
graue  Seteran  inmitten  ber  bratten  fnfdjen  SDtrnen  beim  „-(patmentan^",  nidjt  ber 
jobiale  ßanbbaron  mit  ber  „®näbigen"  unter  bem  refbectbott  bei  Seite  tretenben 
Sauernbolt,  nidjt  bie  „Sdjnurranten  unb  Saganten",  nictjt  „ber  Jpanbelljube", 
ber  „9Jtufierreiter",  „ber  @t)ninger  Krämer",  ber  „altroürttembergifdje  ©djretbcr", 
nidjt  „bie  gigeuner  unb  baS  luftige  Stubentenbolf",  nictjt  „ber  Jhautfdjneibcr"  unb 
„ber  Sbinbetmann",  nidjt  „ber  Harfner"  unb  „ber  SäntYlfänger",  „bie  harten* 
fdjtägerin",  „bie  Äunftreiter"  unb  „ber  Seiltänzer",  nidjt  „ber  Sdjneiber  unb 
Sdjufter  auf  ber  Stör"  —  lauter  föfttidje,  beinahe  mit  bl)otograbljifdjer  £reue  bon 
it)tn  bar  geftettte  oberfdjroäbifctje  ©eftalten,  ob  beren  Anbtid  bem  Äenner  baS  i^erj 
im  ßeibe  lacfjt.  SBaS  auf  biefem  ©ebiete  lag  unb  ju  roaS  er  feine  Äraft  auS= 
reidjenb  glaubte,  baS  fiel  feinem  sßinfet  anleint,  roobei  itjm  bie  reiche  nidjt  un= 
fdjöne  Üradjt  fetjr  ^u  Statten  fam.  „$dj  ftoarte  nidjtS  babei"  —  fagt  er  fetbft 
einmal  —  meber  fRu^e  nodj  Arbeit,  mar  ganj  bergnügt  babei,  otjne  anbere 
SJleifter  nadj^uatmien  ober  etmaS  bon  iljnen  ^u  entteljnen;  idj  ging  meine 
eigenen  Söege  unb  fudjte  meinen  eigenen  3Ber!en  eine  geroiffe  Originalität  <ju 
bemat)ren".  (Qu  bgt.  feine  eigenen  Semerfungen  über  feine  tunftletifdje  (Unit* 
roidelung  in  ben  5)cemoiren  I,  S.  159  u.  160;  II.  Qiap.  „$.  unb  feine  ihinft", 
©.  64—126,  inSbef.  S.  74,  75,  86;  roeiter  S.  37—42,  53,  54).  —  Sei 
feinem  Seftrebcn,  überalt  baS  Gtjaraf  teriftifdje ,  baS  ttnterfdjeibenbc  ber  ber= 
fdjiebenen  Stänbe  unb  SerufSarten,  bie  im  SotfSleben  obwattenben  (Segenfätje 
au§3ubrüden,  fetjlte  eS  nidjt,  ba^  in  feinen  Sompofitionen  bie  ßoutrafte  mandjmat 
fcätjari  unb  burdjfdjtagenb  tjerbortreten;  bem  gefunben  Junior  ftettte  er  gern  ben 
büftern  @rnft  gegenüber,  bem  gotbenen  ^»intergrunbe  eine§  unbefümmerten  fröf)' 
ticken  S)afein§  bie  gemitterbuntte  Sdjattenfeite,  bem  gutgearteten  Sob^n  ber 
9catur  ben  bertorenen  —  ben  3)agabunben,  ben  Räuber,  häufig  finben  ftdj  in 
feinen  Su|et§  bürre  unb  beteibte  5|3eifonen  sufammen;  ßanbteute  unb  ipanb= 
merfer;  3lnfäf|ige  unb  Sanbfatjrer;  Arme  unb  3fteidje;  Abel  unb  (Setftlict)feit; 
Sauern,  Sarone  unb  (Srafen;  Sdjutäen  unb  Süttet,  Settter  unb  geftrenge 
Sögte;  9lät)vftanb  unb  3Ber)rftanb;  Stubenten,  Sd^ulmeifter  unb  ^>anbroer£§= 
burfdjen;  Sauernmabet  unb  Stabtmamfett  ic.  So  entftanb  öfters  Silb  unb 
©egenbitb ,  ba§  ^ßenbant  im  eigentlichen  Sinne  be§  SßorteS,  mie  „bie  9ceu= 
roürttemberger  in  Attmürttemberg" ;  „bie  Attmürttemberger  in  ^ceuroürttemberg" ; 
„bie  ebangetifdje  unb  fatltjolifctje  ^farrftube"  (mobei  bie  erfte  eigentlich  bie  Äinber= 
ftube  ift);  „bie  AuSfaljrt  be§  proteftautifd)en  unb  fot^olifc^en  Pfarrers"  (letztere 
aüerbing»  etma§  b0^0^^1)-  S)urdj  biefe  (Segenfätje  entftanb  ein  nid)t  un= 
angenehmer  2ßed)fel  ber  Sinien  unb  Figuren  unb  mürbe  fo  nid)t  nur  ber  @in= 
förmigfett  entgegengeronft,  fonbern  auc§  nidfjt  fetten  eine  Eomtfctjc  2Birtung  t)erbor= 
gebraut.     3)abei  berfutjr  er  übrigens  meift  mit  9Jtäfjigung  unb  überfdjritt  fetten 


684  ^flu3- 

bie  ©renken  bcg  Gürlaubten.  (£r  r)at  fid)  überhaupt  metjr  bei*  foliben  (Seite  bes 
SJolEstebens  augeroanbt  uub  feine  Sluffaffung  bicfeg  Sebens  ift  ferngefunb,  tote 
bag  23olf,  unb  barum  audj  botfgtljümlid),  burdjaus  matjr  unb  ungefünftelt, 
unb  ein  poetifdjer,  juroeilen  bon  Socalpatriotiämug  angemerkter  Haud)  burd)* 
bringt  meift  bte  ganje  SDarftetlung.  Seine  Silber  fnüpfen  fid)  meift  an  be= 
ftimmte  Orte;  Ijaben  in  ber  9teget  entmeber  bic  ßirdje,  ein  ©d)lof$  ober  irgenb 
ein  ftatttidjeg  Söirttjstmug  jum  9Jtittetpun£t  ber  ©cene  unb  jum  ^intergrunb 
ben  „33uffen",  ben  t)t.  33erg  £)berfd)tt>abens  ober  tint  ber  um  33iberact)  ge= 
legendi  2lnl)öt)eu.  ©o  tjat  er  aud)  in  biefer  (leidjt  berfütjrerifdjen)  9tid)tung 
feine  ©elbftänbigfeit  gegenüber  ben  9ticbertänbern  geroatvrt,  unb  fid)  bon  beren 
äxt,  merjr  bie  tuüften  «Seiten  beg  SSotfs  in  Ujret  braftifdjfteu  ©eftalt  t)erborju= 
teuren,  ferngehalten;  unb  ba  fietjt  man  nidjt,  mie  3.  33.  bei  Dftabe,  -ülenierg, 
Q3roumer  tc,  fo  biete  miberlidje  anftöfjige  fyiguren,  fonbern  mottjabenbc  tebens= 
frol)e  Sanbleute  Ijatten  tjier  im  fteftgeroanbe  tl)eil§  am  eigenen  Heerbe,  tt)eits 
unter  freiem  Himmel  iljre  altt)ertömmtid)en  Söolfgfefte  in  einer  Söeife,  baft  felbft 
bie  fogenannteu  Honoratioren,  Pfarrer,  Üteutmcifter,  ^örfter,  ja  ber  gnäbige 
Herr  fetber  eS  nid)t  berfdjmät)en,  Ifjeil  baran  311  nehmen,  mie  mir  aud)  itjre 
^erfon  (tjäuftg  jogar  im  ^orträt)  auf  feinen  Silbern  angebradjt  finben.  2lu§ 
ber  reidjen  3a$  Don  Gittern  biefer  2lrt  taffen  fid)  aufeer  ben  bereits  ermähnten 
nodj  befonbeis  anführen:  „bie  Sauernljod)3cit  311  9Jnüelbibcrad)"  (bie  fogenannte 
„Söogtei"),  mit  Wingfdjnait,  ÜReinftetten,  einem  ber  ßieblinggorte  ^flug'g  (tion 
itjm  in  ben  „Grinnerungen"  II,  ©.  65  —  67  fetbft  befdjricben) ;  „bag  Äegcl* 
fdjieben  in  Stcinftetten"  (ebenbafelbft  ©.  81,  82);  „©tubenten  unb  Sauern  in 
einer  Kneipe"  (and)  unter  bem  £itet:  „ber  ©tubentencommerg"  ober  „ber  ^füvft 
b.  ünjorn");  „eine  betrunfene  ^Jlctte"  in  folio  (alle  3  ©tücfe  im  fönigl.  ©d)tofj 
ju  Stuttgart) ;  „^irdjroeitje  311  ßaupertsljaufeu" ;  „ßirdjröctrjfcene  in  £)ggel$= 
Raufen" ;  „^aljrmarft" ;  „ftornmarfi  in  SBatbfee" ;  „geetjcnbe  dauern  im  $aber« 
rjäuöte  in  Sirfeuborf"  ;  „bie  ©idjeltjäuge  $u  Dggelsbeurcn",  „bic  Äunftbube" ; 
ein  Sabinetftütfd)en  ift  bag  in  Aquarell  ausgeführte  „(hntefeft  3U  Siberad) 
ben  28.  ^uli  1817",  nadj  ben  Hun^i0*)"11  bon  1816  17.  —  ©atan  reifte 
fidj  nod)  eine  weitere  (4.)  tteinere  ©nippe  bon  ©emälbtn,  meldje  man  mit  bem 
9lamen  Sanbfdjaftsbilber  bejeidjuen  föunte,  obrool  es  nid)t  Sanbfdmften  im 
eigentlichen  fünftlerifdjen  (mobernen)  ©inne  finb.  Unter  benfelbcn  mären  nament= 
tid)  4  für  bie  ©räfin  d.  33rüt)t  gefertigte  (jet^t  im  ©djloffe  ju  ©orau  6eftnb« 
lidje)  „tänblidje  2lnfid^ten  au§  bem  ©d)uffentt)al"  foroie  einige  rjübfdje  (meift 
in  ?td)ftetten  befinbtid)e)  Aquarelle  bon  oberfdjmäbifc^en  uub  elfäffifdjcn 
©djtöffcrn  tjerbor.jutjebeu.  —  (Jtroas  auffaüenb  mag  fein,  ba^  ty.,  ber  bod) 
lange  3e»l  Säger  unb  5'ifd)el'«  übeiljaupt  ein  großer  greunb  ber  31atur  mar  — 
bon  alterbings  (im  ©egenfa^  ju  feinen  metjr  ober  meniger  etroaä  fteif  au§ge= 
faüenen  sterben)  meift  gelungenen  ba  unb  bort  auf  feinen  ©enreftürfen  ange= 
brachten  Jpunbegeftalten  (©pi^en,  ^intfdjern)  abgefe^en  —  fid)  bem  eigentlichen 
SC^iet-  unb  ^agbftüd  ferne  tjielt.  —  ©eine  meiften  23itber  finb,  um  benfelben 
gröfjere  Sauer  p  geben,  in  ©el  auf  Hot3  "»o  gematätcö  ßifenbted),  meniger 
auf  Seinmanb  gematt;  ein  fleinerer  2l)eit  ift  in  2lquarctt=  unb  ©ouad)e=sIRanier 
auögefütjrt.  3luc^  pflegte  er  feinen  ©emälben  ein  äiemlid)  fteine«  S01-'010^  b^ 
geben,  meil  Heinere  ©tüde  leidjteren  3lbfa^  fänben  mie  gröfjere.  —  SDurd)  bie 
Xiitrjograptjie  mürben  au^er  einzelnen  Silbern,  mie  „bie  ©pieler"  unb  „bie  |)ciu§= 
mäfdje"  —  bie  „länbtidjen  ©ebräudje  in  2Bürttemberg",  in  12  ©arftcllungen : 
„$ird)meit)feft,  ©id>ell)änge,  ©djeibenfeftie^en ,  Güierlefen,  ^Jcaientag,  Sidjtfarj, 
©d)äferlauf,  Sßeintefe,  Sformnnisf eier ,  HQ^nentanä ,  ^od^äeittoagen,  (Sannftatter 
S3ol!öfeft"  mit  2ert  bon  (Sourector  Sßfaff  ((Stuttgart  bei  ebner)  berbielfältigt, 
moju   nur  bemerft  fein  tnödjte,   bafe  ty.   als  „Dberlänber"    bon  S3eib  unb  ©eete 


im  aitwürttembergtfdien  „Unterlanb"  Bei  weitem  nid)t  fo   au  £aufe  ift  tote    in 
Dbetfd)Waben.    ferner  tarnen  nod)  bon  ib>  (in  ber  *B.  Salden  23ucfjtjanblung 
au  Stuttgart)  „Silber  au  UtjtanbS  ©ebbten",  2  ^>efte  in  8  33t.  IjerauS,  welche 
ber  befannten  9tomanaenreif)e  bon  „@bert)arb   bem  ftaufdjebart"    gemibmet   ftnb 
unb   je  3  Scenen   auB   ber  <Sd)lacrjt  Bei   3teutlingen   unb  SDöffingen   fowie   bie 
3  Könige  ju  £eimfen"    unb    ben  „Ueberfatl  im  Söitbbab"    barftetten.     (£mtge 
Äteinigfeiten   tote  baB  ©egenftüä  „fteuroürttembergfd)er  $alllet)enbaucr   unb  ber 
attwürttembergfdje  ©runbbefitjer",  bon  $.  felbft  auf  Stein  Qeaeidjnet,    erfcfjienen 
in   ber   2lutenriett)'f($en   Jhmfttjanblung   in   Stuttgart,     Vlaä)   Jemen  Onginal= 
aeicrmungen  mürben  fpäter   in  ber   <Btanct'fd)en  Sdjrift:    „®ic   testen  Diauber* 
banben  in  ObetfcfjWaben  in    ben  Mren   1818/19"   bie   SBilbniffe   ber  £aubt= 
berfonen  biefer  SSanben  in  §otafcfmitt  gefertigt.  —  ©aneben  r^at  ber  Weijtcr — 
gana    abgefetjen    bon   feiner   langjährigen    bis   1856   Wätjrenben   üerbienftbollcn 
äßirffamteit  als  ftäbtifdjer  3eid)nungStet)rer  -  biete   talentbotte   junge  Jänner 
in  bie  ßunft  eingeleitet;    eine  «fteirje  namhafter  Mnftter   ift   auS  fetner  Sctjule 
berborgegangen,  fo  3.  SB.  Wagg,  SDBäfd&et,  Ä«l  b.  (SberSberg  (t  1880  3u  ®raj) ; 
weiter  ber  burd)   feine   eminente  «Befähigung   für  baB  SanbfdwtSmd)   rutjmlijlt 
befannte   @berb>rb   (Smntinger,    einer  ber   legten   großen  «öteifter   m  ber  iutr;o= 
arabfne;    beffen  «ruber  gonftantin  (Smminger,  ber  Water  permann  «botj,    ber 
früt)b«ftorbene   talentbotte  X.  goerg,   bie   Malet  3-  $abent   unb  ©obenmutter 
unb    bor   »Hern   ber    feiger   au   fo   9™&em    9tufe    gelangte    Sfjiermaler  Ulnton 
SB^ai+b    —    meift,    rote    ber  „SHte"    mit   @enu£    unb    nicfjt    ofmc    etn  geWiffeS 
Setbftgefüfjl   betonte  -   SBiberad&er   SanbSIeute.     2)od)   fann   man    bon    einer 
Scfiule    im    eigentlichen  Sinne  bcS  äöorteS,    bie  $.    rjinterlaffen   unb  bte    baB 
fcbwäbifd^e  ©enrefiüd,  wie  er  eS  bejubelte,   frjftematifd)   Wetter   gehegt    r,atte, 
nicbt  wot  teben,  ba  biefer  2ht  bon  Malerei  mit  bem  Sluftören  ber  $otfStrad)ten, 
Sitten  unb  ©ebräudje    bon   felbft  ber  ©oben   entaogen  werben   tfi;    nod)   am 
meiften  fiatte   —   bon   einigen  $erfud)en  (SberSbergS  abgefetjen  —   fem  SanbS- 
mann,  ber  originelle  Waletautobibaft  3<4  ®ö.  ©öfer  —  in  femer  Sugenb  ein 
gpßaanex   — ,   auf   welchen  $.   jebenfaltS  bon   großem  (Sinfluffe   War,   bon   trmi. 
mt  man  fiet)t,  War  5B.    aufceiorbentlitf   tt)ätig   unb   brobuchb    -    eine  Sfolge 
etnetfeitS  feine§  unermübeten  ^teifeeS  unb  fetner  ungemeinen  aroettBtrott,  anbem- 
feitB  feiner  raffen  Stuffaffung.     So  fdjarf   er   beobachtete    fo   fdmelt   erw&te  ei 
übcraE  bae  e^aratteriftifc^e,  fo  rafcf,  geftattete  fi«  tjm   ba8  fejrfeili iMW 

fünftlerifc^en  ßornbofitton 3^  äetc^nete  -  fo  fprtcf)t  er  )xä)  ]Al)t  einmal 

über  feine  SBrobuctionStoeife  au§  -  bie  ^enfclien,  o^ne  ba|  fie  eB  bemerken, 
anbete  fa^en  mir;  boc^  War  mir  ftetä  bie  elftere  3lrt  beB  «nfne|men8  lieber. 
2)a  warf  icr,  benn  bie  giguten  f*nett  rjin.  oft  nur  mit  ein  ?aat  Strien ;  t* 
fuefite  me^r  beren  6^ata!tw  barauftellen,  all  bie  2Iefmttd]fett.  mt  bei  ^ett 
rauben  feine  Seiftungen  bie  berbiente  Slnertennung;  ging  e8au$  im  Anfang  feines 
UaffenB  liiert  fo  rafd)  mit  bem  »efannttoetben  unb  Slbfa^  fo  foüte  tfjni  bteB 
fpäter  um  fo  reicher  bafür  l,ereinfommen.  Seinen  etften JStu]  begtunbete  r 
burefe  ba§  im  3.  1825  gemalte  unb  im  3-  1830  im  Württembergtfd)en  Äunfl- 
öerein  auBgefteHte  «Botttät  feineB  «DlütterleinS,  wie  biefclbe  im  eimafrburgei« 
ticken  ©ewanbe  an  bem  %i]ä)  ber  2öot)nftube  fl|t  unb  arbeitet  -  ein  bon  b« 
innigften  Siebe  3ut  Butter  befeelteB  LBilb  S)en  (Sebanten,  »^e  ^n J6"1» 
Walen  beffelben  bewegten  unb  welche  bem  Sefer  am  beften  eine  «BorlteHung  bon 
bem  „Wenfcfjen"  Sß.  geben,  t)at  er  folgenben  2luBbrud  bertte^en  a.  a.  O.  u, 
<B    91)  „Streng  genommen,   liebte  \%  ba§  «Borträtireu  ntc^t  .  .  .  •  Jim, 

bei  einem  unb  aroar  bei  jenem,  wetc^eB  mein  3JlüttexIein  borjtellt  malte  i«  mit 
«iebe  unb  30g  ben  Schein  ber  ©onne  ^crein  tnB  enge  ®ema4  wo  fte  mit 
©ebanten  unb  ftittet  Slrbett  befc^äftigt  ift.  ®enn  eB  get)t  ntd,tl  im  geben  über 
ein  ^tutterfjera ;   ift  baB  im  2obe  gebraten,  bann  Wirb  baB  teilte  ®afetn  am 


686  SPflug. 

SOßüfte :  fetbft  bei  ber  (Erfüllung  unterer  fd^önften  2Bün|d)e  mufj  eä  un»  bann 
immer  fehlen!"  9ttd)t  minber  jcidjnet  fict)  baS  um  bicfelbe  3*it  gematte  Silbnifj 
feineö  SaterS,  be§  et)rfameu  Sibcracfjer  ffflfctmetflerS,  tt)ie  berfclbe  im  ^anb= 
metfergeroanbe,  umgeben  Don  Raffern  unb  .ficflergeroötbcn,  eben  im  Segriffe  ftetjt, 
feinen  gfrütjtrunf  3U  fid)  311  nehmen,  burd)  d)arafteriftifd)e  Auffaffung  unb 
äujjerft  forgiättige  unb  jugteid)  haftige  Arbeit  auS.  2)aS  „9Jcorgenblatt",  ber 
„9Jtercut",  bie  „Stuttgarter  Stabtpoft"  unb  anbre  öffentlidjen  Slättcr  brachten 
bie  günftigften  Sefpredjungen  über  biefe  anmutt)SPollen  gemütl)lid)en  Porträt* 
bitber  beS  .ftünftlerS.  S)er  mittterroeile  im  $.  1827  gegrünbete  mürttembergifdje 
$unftbcretn  trug  nicfjt  roenig  ba^u  bei,  irjm  Hainen  unb  Stellung  ju  Pcrfdjaffen; 
gleid)  nad)  ben  elften  AuSftcHungen  gefielen  feine  Silber  fef)r  unb  mehrere  ber= 
fetben,  barunter  bie  „Äartenfpieler",  eine  „.£)od)-ieitSfceiie",  bie  „$iinftbube", 
ber  „Sänfelfänger"  unb  bie  „233äfd)e"  mürben  jut  Sertoofung  angefault-  ÜJlc^r» 
fad)e  Aufträge  üon  «Seiten  $önig  2öill)clmS  üon  Söürttembcrg,  beS  l)ot)en  unb 
nieberen  Abels  folgten ;  unb  balb  liefen  Pon  allen  Seiten,  Pon  bieten  reietjen 
^riPaten,  f)of)en  9JcilitärS,  auS  9tat)  unb  $em  Seftettungen  ein,  eine  foldje 
3ugfra|t  übte  bie  forgfältige  Ausarbeitung,  9taturrüal)rr)eit,  förifdjc  »nb  2)urd)= 
fictjtigfeit  feiner  Silber,  inSbefonbcre  auet)  ber  ädjte  unöerroüfttid)e  in  it)nen  ju 
Jage  tretenbe  .gmmor  auS.  %n  ben  fpäteren  3at)ren  l)örte  bie  SdjaffenSluft 
infolge  cineS  fid)  einftelleuben  AugenlcibenS  allinätjltdtj  auf.  2Bic  faft  bei  allen 
ßfinftlew,  fo  ift  aud)  bei  9p.  bie  $ritif  oft  fefjr  öerfdjicbcner  Meinung  unb 
l)aben  bie  .£>enn  Alunftreceufenten  aud)  an  feinen  Stiftungen  aIXerrjanb  auSju= 
fetjeu.  'Xen  Gnnen  finb  feine  Silber  ju  bunt ;  fie  finben  ju  Piele  Nuancen  in 
ben  ßoealfarben,  ju  Piele  tjöctjfte  Cidjter  u.  f.  ro.,  anberen  —  unb  bicS  ift  feine 
gan3  unbegrünbete  AuSftetlung  —  finb  feine  (Jompofitionen  311  flein  unb  ge* 
brängt  gehalten ;  ja  einige  getjen  fomeit,  biefetben  als  trorfeu  unb  eibid)t  (!) 
<m  be^eicrjncu  —  furj  bie  roiberfprecf)enbfteu  Urttjeitc  tuerben  nid)t  feiten  gefällt. 
Üiidjtig  mirb  |oPiel  baran  fein,  bafj  cS  ty.  atterbingS  an  ber  „Sd)ulc"  etroaS 
fetjlt  unb  bieS  fid)  namentlid)  in  ber  £ed)nif  fühlbar  mad)t.  |)in  unb  roieber 
nimmt  man  auf  feinen  Stücfen  Scrftöfje  gegen  bie  ©efetje  ber  ^erfpectibe  roatjr 
unb  ift  nid)t  baiür  Sorge  getragen,  bafi  fict)  bie  einzelnen  ^ifl"^"  fräftig  unb 
plaftifd)  Pon  einanber  abgeben.  91id)t  minber  läfjt  hie  garbengebung  oft  fcljr, 
befonberS  im  93ergteict)e  mit  ben  mobernen  Söleifiem  beS  (SoloritS  ju  roünfdjen  übrig, 
unb  ift  uidjt  immer  eine  gtüdlidje.  2)ann  finb  bie  Silber  bon  fet)r  ber= 
fd)iebenem  2Bertl)e  unb  Ausführung;  einigen  fietjt  man  bie  (Site  rool  an,  mit 
ber  fie  p  Stanbe  gefommen  finb.  Aud)  glaubt  man  biefetben  ÜJcotiüe  in  feinen 
Gompofitionen  etroaS  ju  t)äufig  fict)  tuiebert)olen  <m  fefjen.  @r  felbft  empfanb 
bieS  Allc§  rool  unb  beftagte  bann  unb  mann  tief,  bafj  feine  SitbungSlaufbarjn 
fo  fpät  begonnen  f)abe  unb  in  ber  teilte  burd)  ben  $rieg  öon  1809  rüiebcr  ab= 
gebrod)en  morben,  unb  ba^  eS  it)tn,  mie  er  fo  fet)ntid)  gemünfd)t,  nict)t  Pergönut 
geroefen  fei,  bie  grofjen  SJlcifter  an  ber  Quelle  ju  ftubiren  unb  namentlid)  bie 
©einälbegaterien  in  "-Belgien  unb  <£>oJIanb  au|5u|ud)en.  3)arin  ftimmen  aber 
alle  übereiu,  ba|  er  baS  fd)roäbifd)e  SotfStebeu  in  feiner  Stiefe  5U  erfaffen  unb 
im  Silbe  ju  bergeiftigen  öerftanben,  ba^  er  burd)auS  origineE  in  feinen 
ßompofitionen  ift,  ungemein  fruchtbar,  feine  3e^nun9  "m e i f ±  pünftlict)  unb  fein 
s4>infel  leidjt  unb  feef  ift.  (Jberbarb  p.  2Bäd)ter  fällt  über  it)n  |olgenbe§  Urteil : 
„Seine  Silber  finb  mit  grofjer  lleberlegung  componirt,  Pcrftänbltct)  unb  ftar, 
bie  Figuren  Pol!  (5r)arafter,  bie  ^öpfe  öoü  AuSbrucf  unb  meifterr)aft  ausgeführt." 
9Jtan  roirb  noct)  beifetjen  bürfen,  ba$  er  bei  feiner  mäßigen  AuSbitbung  unb  ber 
Sefdjrönftf)eit  feiner  Serl)ältniffe,  in  meldjer  er  fict)  auf  roirftid)  bemunbernS= 
mertf)e  2ßeife  jured)t  ni  finben  mu^te,  möglid)ft  biel  geleiftet  t)at  unb  feine 
Seiftungen    eine    bleibenbe    @rrungenfd)aft    für   bie  $unft    unb   6ulturgefd)ict)te 


$ffog-  687 

h'xibcn.  Dcicfjt  leicht  ift  eine  bcftfjränfte  Spfjäre  fo  mit  feinem  Sinn  unb  treuer 
tiebeüotler  Eingabe  erfaßt  unb  ausgebeutet  toorben,  mie  üon  irjm;  ebenso  roirb 
man  nietjt  oalb  eine  fo  üoHfommene  -öarmonie  jmiferjen  bem  Äünftler  ali 
folgern  unb  ali  ^enfdjen  unb  feinen  Söerfen  finben,  mie  bei  iljm  —  biefe  bie 
getreuefte  Sarftellung  feines  innerften  SBefeni,  er  ber  lebenbige  Kommentar  ju 
feinen  Silbern,  in  melctjen  er  Tief)  fo  öott  unb  gan3  gibt,  mie  er  ift,  lebt  unb 
benft.  llnb  —  roer  nodj  (Sinn  für  bai  Grigenttjümlrcrje  bei  oberfctjmäbifdtjeu 
Solfitebeni  unb  für  bie  üolfittjümlictje  £unft  überhaupt  t)at,  roirb  bie  an= 
mutagen,  gemütrjüdjen,  eft  üon  fdjalt^aftem  ^jumot,  ja  ausnar)msweife  üon 
©Reimerei  burcfjroerjten  rjer^erfreuenben  Silber  mit  innigem  SBoIgcfatlen  be= 
tracrjten  unb  bem  Mnftler,  bem  ei  gelungen,  äße  biefe  üielen  bunten  3u9e  mit 
bem  Sßinfel  feft^utjatten  unb  auf  ber  £eintoanb  nacfßujaubern,  umfomerjr  Sauf 
roiffen,  ali  teiber  bai  Scben  unferes  Solfei  in  bem  batjinrafenben  6iienba£)n= 
Zeitalter  buret)  baz  SeifctjrDinben  ber  rjergebracfjten  Jradjten  unb  ©ebräudje  üiel 
üon  feiner  llrfprüngticrjfeit  unb  frrifetje  oerloren  tjat  unb  biefe  SarfteHungen 
balb  nur  merjr  ber  Vergangenheit  angehören.  Katrin  finb  längft  bie  fetjönen 
oberfctjtoäbifcrjen  Solfsfefte  mit  ber  ftattlidjen  unb  jugleictj  öfonomiferjen  Solfi= 
traerjt,  toelctje  it)m  fo  reierje  ausbeute  für  feine  Silber  lieferten;  unb  üon  bem 
fo  fetjönen  ädjten  Solfeteben,  rote  ei  in  ben  beften  ^atjren  unferes  Äünftters  in 
ganj  Dberfcrjroaben  ^u  ,öaufe  mar,  ift  wenig  met)r  übrig  geblieben!  2Bäre  ei 
möglich,  bie  überallhin  jerftreuten  —  nebenbei  bemerft,  fet)r  gefugten  unb  ^eut= 
jutage  ferner  unb  menn  überhaupt  nur  ju  t)or)en  greifen  erfjältliötjen  —  Silber 
ober  menigfteni  eine  ?Iuitt>atjt  berfelben  in  irgenb  einer  ber  Serüielfättigungi* 
arten  nacrjjubitben  unb  in  einem  2U6um  ju  üereinigen,  fo  Ratten  mir  eine  Siar* 
fteUung  bei  oberfdjroäbiicfjen  Sotfilebeni  üon  bauernbem  cufturfriftorifcrjem 
2Bertt)e  unb  feltener  Sollftänbigfeit  —  unb  jugleictj  ein  äebt  fcrjmäbifcrj^nationatei 
Spractjtmerf !  !p.  gehört  3u  ben  fettenen  "Dcenfcrjen,  bereu  -})erföntict)feit  auf  jeben, 
ber  ifjm  natje  fam,  eine  unmiberfief)licfje  2In}ier)ungih-aft  auiübte.  Seine 
§erjenigüte,  fein  ungefjeucfjettei  SBolrooÜen  gegen  fsebermann,  fein  achtes  bieberes 
JKinftlergemütrj,  fein  lebhafter  (Seift,  fein  unübertrefflicher  imtnot  mußten  ir)m 
jebei  <!per3  gewinnen;  infonbert)eit  mar  ber  tiebensmürbige,  angenetjme,  befdjeibcne, 
anfpructjilofe,  babei  aber  üon  3£itj  unb  Saune  fprubelnbe  ^tann  in  feiner  ^eimatt) 
unb  ganj  Dberfcfjmaben  eine  allgemein  beliebte  unb  geachtete  'jßerfönlictjfeit,  ein 
fetjr  gefurfjter  CBefettfdjaftet.  ©et  finnige  Seobadjter  bei  Solfilebens,  ber  üon 
^reunblictjfeit  gegen  ben  ©eringften,  üon  aufrichtig  gutmütiger  Seftnnung  gegen 
feine  $>citmenfcb,en  erfüllte  Grjarafter,  ber  meittjerjige  unb  milo  gegen  3lnberi= 
benfenbe  gefinnte  ty.  mar  aber  in  ber  2r)at  eine  äufjerft  moltfjuenbe  (hfetjemung. 
Siaju  fam  eine  ungemötjulictje  Äraft  bei  ©ebäctjtniffei,  üermöge  melcf)er  er  noerj 
ali  Slcrjtiigjätjriger  bai  gängft*  unb  Siel=ßrlebte  bü  in  bie  fteinften  SHe  fcfc 
jurjalten  raupte;  unb  jene  munberbare  &ale  bei  Qjrjäfjleni  forool  aui  alten  üer= 
gangenen  ali  aui  neuen  3^iten,  roetdje  ben  Umgang  mit  irjm,  ber  an  ber  SBenbe 
ätoeier  $ar)rr)unberte  ali  aufmerffamer  Seobactjter  geftanben  unb  eine  ber 
mictjtigften  ^erioben  ber  SBeltgefctjicrjte  fetbft  miterlebt  rjatte,  fo  überaui  genufj= 
reictj  ntacfjte  —  ein  äctjtcr  9Jcann  ber  „guten  alten  3eit ' "  3fa  biefer  feltenc 
?Jcann  Ijat  nietjt  bloi  ali  Walex  bai  oberfcfjmäbifctje  Solf  in  feinem  Jfmn  unb 
treiben  betaufetjt  unb  bie  djarafteriftifcfjen  SH^  feinet  Söefeni  naturgetreu 
miebergegeben,  fonbern  er  fannte  auet)  fein  Seben  unb  feine  ©efdtjictjte  in  @egen= 
mart  unb  Sergangentjeit,  mar  ein  feiner  Solfelenner  unb  befaß  eine  bemunberui= 
merttje  ®abe,  aüei,  mai  er  muf3te,  in  anmutluger,  launiger,  feffelnber  unb  lebend 
üoE  aufgefaßter  SBeife  5lnbern  mitjutfjeiten.  6t  mar  ein  matjrer  (Srjäcjler  üon 
91aturanlage  unb  Dleigung;  bai  grjäfjlen  mar  if)m  Sebürmi^,  feine  greube, 
feine  6rf)otung;  unb  5Piandt)ei  baüon  ift  in  ben  irjm  abgelaufenen  „Erinnerungen 


688  W"9- 

eineS  ©djtoaben"  (2  Sänbe,  IjrSg.  tion  3.  @.  ©üntfjert,  "Jtörblingen,  1874  u.  1877) 
uns  überliefert  unb  ertjalten  geblieben,  roetdje  einen  fdjätjenSroertrjen  Beitrag  3ur 
oberfcfjroäbifdjen  ©itten=  unb  £ocnl=©efd)icl)te  unb  jugleidj  ben  beften ,  weit 
lebenbtgen  ßommentar  &u  ^ffug'ö  Silbern  geben.  ^flug'S  35aterftabt  bat  jum 
fjunbertjärjrigen  ©ebädjtnifj  feinet  ©eburt  an  feinem  ©ebuttSfjaufe  im  Sommer 
beS  $.  1886  eine  ©ebenltafel  anbringen  [äffen  unb  mit  beren  ßinroeitjung  in 
finniger  SBeife  eine  SluSfteHung  Don  (ca.  120)  Dtiginalgemälben  auS  feiner 
•Öanb  Derbunben. 

9lufjer  ben  bereits  angeführten  „Erinnerungen  k."  Wetrotog  im  „©ctjroäb. 
«ötercur"  9bc.  148  ü.  24.  3uni  1866  )U  bgl.  mit  ftr.  155  0-  4.  3uli  1886: 
Otefrotog  im  „©taatSan^eiger  für  SBürttemberg"  sJtr.  141—143  unb  149 
0.  1866;  St.  %.  Beilage  9lr.  19  D.  20.  SJecember  1885,  ©.  292—297.  — 
©d)Iief}lidj  führen  mir  nod)  an,  bafj  ein  in  Gel  Don  feinem  ©djüter  (JberSberg 
gut  gemaltes  93ruftbilb  ^flug'8  borrjanben  ift.  ty.  93  ed. 

"J3flU{J:  SultuS  tion  5ß.,  leistet*  fatfjolifdiet  23ifd*of  Don  3laumburß»3e^. 
geb.  ju  s4>e9au  ober  (Srjtljra  1499,  ©olm  GaefarS  D.  fy.,  beS  tjerjogtidjen 
GommiffarS  unb  ^räfibenten  auf  ber  Seidiger  Disputation,  ju  Scipjig  ©d)üter 
beS  ^etruS  DltofeflanuS,  in  $abua  oc^  ßfl3  iöuonamico,  beenbete  feine  ©tubien 
in  Bologna  unb  erhielt  nacrj  ber  §eimte|x  Don  feinen  Steifen  ,$u  ben  früher 
Derlieljenen  Dompräbenben  ju  SJtainj  unb  Naumburg  bie  ^ropftei  Don  ^eiis 
unb  bie  Dombedjanei  3U  s)Jceifsen.  ©eine  Dornerjme  ©eburt,  feine  toiffenfdjaft* 
lidje  Silbung ,  feine  mtlbe  unb  Detföljnlidje  ©efinnung  unb  fein  bcfonbcreS 
©efdjid  in  ber  Aütnft  ber  Söerfjanblung  tieft  irju  feinen  ßanbeSrjcrrcu ,  ben 
Jperjbgen  Don  ©adjfen,  befonberS  aber  bem  .Uaifer  bor  anberen  befähigt  er= 
fdjeinen  bei  ben  2luSgteid)ui*gSüerfud)eu  jrotferjen  @Dangelifd)en  unb  .ftatljottfdjen 
mitjuroirfen.  2)aS  ©treben  nadj  Söermittelung  bet  großen  reügiöfen  ©egenfätje 
öertei^t  feinem  S)enfen  unb  äöitfen  ben  ©runbdjarafter.  (JS  gibt  in  biefer  3ert 
roenige  firdjtidje  Sßerrjanblungen  unb  ©efprädje  in  Deutfdjlaiib,  an  benen  er 
nidjt  teilgenommen  blatte,  ©o  etfdjeint  er  neben  Garlonnlj,  SöetjuS  unb  Xüxt 
gegenüber  s)lMaud)tb/on  unb  S-Brüdi  auf  bem  ©efpräd)  ju  tfeipjig  1534.  3fn 
gleicher  2Beife  Dermenbete  irjn  ber  33ifd)of  Don  2Jteifjen,  als  1539  baS  SöiSttntm 
burdj  ^etjog  ^einrieb,  Don  ©adjfen  eDangelifdj  gemadjt  roerbeu  foütc.  $m 
auftrage  beS  33ifcb,ofS  Derfafste,  roie  eS  fdjeint,  $.  mit  ^otjann  2Biccl  bie©d)t*ift: 
„(Sine  gemetnfdjaftüdje  Sdjte  Don  Dier  Slrtileln,  bie  einem  jeben  ©Triften  jju 
roiffen  Donnöt()en".  ©ie  ift  trenifd)  gehalten  unb  beftimmt  fdjon  äiemlid)  genau 
bie  ©renken  ber  ^ugeftänbniffe,  bis  ,ju  benen  man  auf  ber  päpftlidjcn  ©eite 
aud)  fpäter  ju  getjen  ftdj  geneigt  erflätte.  2iber  fie  tjatte  feinen  ©rfolg,  eben= 
foroenig  biefenigen  ©dritte,  roelcfje  5p.  mit  Jpeinricf)  D.  ßarlotoi^  perjöntid}  beim 
Jper^oge  unternafjin.  ^ac^  biefer  3e't  fdjeint  er  feine  engere  -£>eimatr)  Derlaffen 
3U  tjaben.  6r  rourbe  tDatjifdjeinlicf)  bem  .Uaifer  empfohlen  unb  Don  biefem 
fomol  roegen  feiner  reügiöfen  Stellung  als  wegen  feines  biplomatifd^en  ©efctjideS 
für  geeignet  befunben,  „bie  fatferlictje  Otefotmation"  burd)  3]etrjanblungen  mit 
ben  @Daugelifcr)en  jjur  S)urc^füljrung  ju  bringen,  ^n  ©emeinfdjaft  mit  (fd 
unb  ©ropper  Dertrat  er  bie  fattjolifdje  ^artei  auf  bem  OteligionSgefprädje  ju 
ÜtegcuSburg  (Mprit  1541).  —  Äurj  Dörfer  mar  er  Dom  5Domcapitel  au  9taum= 
bürg  ,jum  53ifc^of  geroärjlt  roorben,  aber  ber  ,<?'urfürft  3>ot)ann  griebrid)  bon 
©ad)fen,  ber  baS  5MStt)um  einjuaieljen  münfdjte,  trat  itjin  entfcrjieben  entgegen 
unb  fefete  9lic.  d.  SlmSborf  als  ebangetifdtjen  s^3ifd§of  ein.  $.  rief  bie  ^itfe  beS 
Äaiferä  an,  ber  ^urfürft  Derftdjerte  fid)  ber  Unterftü^ung  ber  @Dangelifcr)en; 
aüe  geinbferjaft  ber  beiben  gegneriferjen  Parteien  brol)te  ficr)  an  biefem  ©tteite 
jum  t}etten  33ranbe  ju  entjünben.  ^$nbeS  30g  fictj  ber  3luSbrucrj  beffelben  nod) 
länger   rjin,   ba   ber  uaifer    bie   3eü    ä^   friegerifdjem  Eingreifen  noer)  nidjt  ge= 


»g.  689 

fommen  glaubte;  aucf)  bie  üon  *ß.  nactjgefucfjte  Vermittlung  be§  Äunürften  üon 
23ranbenburg,  be§  -öerjogs  5Rörife  üon  ©acfjfen,  be§  Öanbgra'en  üon  ipeffen  unb 
enblid^  (1542)  bei  Reichstages  üon  ©üener  bractjte  feine  ßntfcrjeibung.  6tft 
1546  tarn  biefelbe  burd)  ben  ©djmalfalbifcrjen  $rieg.  $ftit  ben  üorbrtngenben 
Sruüüen  bei  .gjerjogi  9ttorit}  tarn  5ß.  in  fein  SSiStfmm;  er  mufjte  e§  jroar  fdron 
im  Januar  1547  bei  bem  (Immarfcrje  bei  $urfürften  üon  ©adjfen  trieber  üer= 
taffen,  aber  ber  ©ieg  bei  $aifer§  bei  9Jcüt)tberg  (24.  Slüril  1547)  fetjte  ifjn 
enbticr)  in  ben  bauernben  93efitj  beffelben.  ©eine  Sage  mar  trotjbem  fctjroierig 
genug:  Taft  alte  3Jnfaffen  ber  (Stiftet  Naumburg  unb  3e^  fjulbtgten  offen  ober 
inigetjeim  ber  eüangetifctjen  ßetjre;  fein  roettlictjer  SBeiftanb  toar  ber  eüangelifctje 
Äurfürft  ^Jcoritj  üon  ©actjfen.  $ein  Söunber,  roenn  er  batjer  in  feinem  Sprenget 
mit  großer  33orftcrjt  unb  unter  milber  33erücfficf)tigung  ber  üorgefunbenen  S5et= 
rjättniffe  auftrat.  5Eer  fatt)otifct)e  ©otteebienft  rourbe  nur  im  3)ome  ju  9laum= 
bürg  unb  in  ber  ©tiftifircrje  ju  ^eit;  toteber  fjergeftettt ;  bie  .ß (oft er  blieben  auf= 
gerjoben  unb  irjr  SBefitj  mürbe  jum  ^ammergute  gefct}tagen.  9tömifc£)erfeit§ 
beutete  man  bieg  3}erf) alten  bei  SBifctjofi  als  ©ctjtoäcfje ;  man  ermog  babei  roeber 
feine  äußere  Sage,  noct)  feine  innere  Stellung  jur  Reformation,  ©ein  J?atr)oli= 
ciimui  mar,  menn  aucr)  immer  römifct),  boct)  roefentlid)  anbcri  geartet  als  ber 
feiner  Jabter,  inibefonbere  eines  @cf.  teuere  (mie  ^»ergenröttjer  unb  ^aftor) 
tjaben  nictjt  gan^  Unrecht,  menn  fte  feine  unb  Gontarinii  9ticr)tung  als  „.vkrjüto^ 
lutfjeraniimui"  bejeictjnen.  2Iber  jtoeifelloS  entfprang  biefetbe  nictjt  aus  ber 
©cfjmäcrje  beS  ßrjarafterS,  fonbern  auS  feiner  Ueberjeugung,  bie  im  33erfef)re  mit 
ben  ©üangelifctjen  unb  burctj  bie  fjäufige  Prüfung  ifjrer  ©taubeniteljre  atlmärjticrj 
geläutert  morben  mar.  S)arum  marb  er  audj  auf  ßmüfefjlung  gerbinanbi,  bei 
römifcrjen  Königs,  üom  3?aifer  ^ur  Mitarbeit  an  bem  „StugSburger  Interim"  (1548) 
berufen.  üDer  (Snttourf  beffelben  flammte  mot  üon  ber  eüangetifctjen  ©ehe,  üon 
bem  ^urfüiften  üon  SSranbenburg  unb  feinem  ehrgeizigen  unb  üerblenbeten  £of= 
ürebiger  2Igricola ,  aber  bie  Ueberarbeitung  bcffelben  übernahmen  im  2lu*trage 
bei  Äaifeti  $.  unb  9Jiicrjaet  §elbing  in  ©emeinfctjaft  mit  SIgricola.  >£.  fcrjien 
um  fo  etjer  geeignet,  ati  er  felbft  frütjer  einen  ätjulicrjen  (Jntrourf  üerfa^t  tjatte. 
Slenberungen  bei  urfprünglidjen  Wertes  unb  ber  Ueberarbeitung  finb  üielfacfj  Dor= 
genommen  morben;  bie  3lrbeit  ber  Sinjelnen  tft  batjer  nictjt  metjr  311  erfennen. 
Stber  an  ber  ftarf  fatfjolifcrjen  Färbung  bei  ganjen  5ftacb>erfi,  an  ber  mög= 
tieften  SSerbunfelung  unb  Stbftumpfung  aUtZ  Güangetifc^en  in  bemfelben  fmt 
gemit}  auct)  ^.  feinen  Slnttjeit.  Sennocf)  erfuhr  er  nidjt  menigrr  al§  Slgricota 
bie  Ijeftigften  Sßormürfe  megen  ber  SBerteugnung  ifjre§  SefenntniffeS  üon  ©eiten 
ber  ©lauben§genoffen.  Stgricola  aflerbing§  mit  metjr  9tecrjt  al§  -^.,  benn  biefer 
unterließ  nictjt  feiner  ßhdje,  bej.  bem  Raufte,  bie  le^te  gntfctjeibung  anfjeimju^ 
ftetten.  Slber  be§  ÄaiferS  ©unft  blatte  er  ficf)  in  tjotjem  9Jtatie  ermorben,  rtic^t 
meniger  bie  be§  Äurfürften  5Jlori|.  @g  mar  eine  gemiffe  geiftige  Sßermanbtfdfjaft, 
bie  itjn  mit  biefen  üerbanb.  5Jtori^  bebiente  ficf)  be§  gcmanbten  Unterb,änbter§ 
fofort  in  ber  .§eimatt)  ^ur  GrinTüfjrung  bei  Interim!  im  Äurfürftenttjum  ©actjfen, 
aber  jugteictj  auc^  feines  unb  feiner  ©enoffen,  bei  33ifcf)ofc§  üon  s!l}eif$en,  3ßiber= 
fpruct)e§  gegen  bie  barin  enthaltenen  ©ä^e  üon  ber  ^riefteretje  unb  bem  2aien= 
teldjje,  um  bem  ^aifer  gegenüber  ba§  Interim  in  ber  gegebenen  fjform  al§  un= 
annehmbar  barauftetlen  (Sag  üon  £egau,  22.  5tuguft  1548).  ©0  geroarjrte 
^ftug'i  Stjeitnatjme  an  ben  23erb,anbtungcn  für  9Jtori^  bie  nötfjige  Rücfenbecfung 
gegen  ben  ßatfer  megen  ber  Slenberungen  an  ber  2lug§burger  formet  unb  ju= 
gteictj  bie  ermünfctjte  5]ßreffion  auf  bie  luttjerifcrjen  Ifjeologen  jur  grtangung  üon 
^ugeftänbniffen  an  bie  fattjolifetjen.  Sarurn  rourbe  er  auetj,  nactjbem  $ftori£  3U 
2orgau    unb  Seite    9Mand)tb,on    unb    feine  ©enoffen   buretj    feine  föättje    rjatte 

-Mgem.  beutfe^e  Siogta^ie.    XXV.  44 


690  WH- 

l)inlänglid)  bearbeiten  uub  einfctjüdjtetn  taffen  au  ber  23efpted}ung  Iftoutj'ä  mit 
^oacfjim  bon  23vanbeuburg  au  ^üterbogt  (©ecember  1547)  tjinaugeaogeu,  um  tjier 
baä  gemeinfdjaittidje  23orget)en  beiber  dürften  in  (Saiden  beä  Interims  forootjl 
itjrcn  Stänben  mie  bem  töaifer  gegenüber  ju  rechtfertigen  unb  bie  aud)  et* 
fdjienenen  SBittcnbetger  mit  itjten  (Sinroütfen  unb  >4>roteften  im  Sdjad)  ju 
tjatten.  SllleS  ging  nactj  SBunfdj  unb  fdjon  naef)  roenigen  Etagen  (21.  25ecem= 
ber  1548)  nahmen  bie  turfäctjfifdjen  Stänbe,  berroirtt  burd)  bie  ^otitif  tt)re§ 
dürften  unb  betlaffen  bon  itjren  Geologen  bie  neue  Drbnung  an.  ^3.  inbeffen, 
ber  ebenfalls  bort  mar,  beutete  fidj  rool,  für  fidj  metjr  au  berfpreetjen,  al§  roa§ 
ba§  ütegenöburger  Interim  nact)  bem  23efd)tuffe  be§  ütribenter  Gonciti  itjm  ge- 
mattete. —  2)on  jetjt  ab  mibmete  er  fid)  faft  auäfdjtiefjlid)  ber  gürforge  Tür 
leinen  Sprengel.  @r  fdjeint  anfangt  ernftlid)  bie  2tbfid)t  getjabt  ju  tjaben  mit 
.ipilfe  be8  ^nterimi  fid)  ber  ebangelifdjen  ©eifitid)en  in  feinem  23i§tt)um  ^u 
entlebigen.  ^ebenfalls  bertrieb  er  alle  biejenigen  —  unb  e§  toareu  itjrer  fet)t 
biete  —  meiere  bie  Üiegensburger  Ofotmel  nietjt  untctfctjrieben  hatten,  bor  altem 
ben  M.  2)eutfd)mann  unb  bie  beiben  S)iafone  ber  2öenjcl§fird)e  au  Naumburg 
(1550)  auS  ifyren  Stellen.  2tber  er  fjatte  bod)  feine  Gräfte  überfdjäfet;  er 
mujjte  balb  triebet  eintenfen.  Sd)on  1555  fe^te  e3  ber  Üiatt)  burd),  ba^ 
üDeutfdmtaun  jurüdberuren  mürbe  unb  mit  ihm  fet)tten  biete  ber  übrigen  23er= 
triebenen  aurüd.  3a  er  mufjte  e8  erleben,  otjne  bafj  man  auf  feinen  Söiber* 
fprud)  töütffidjt  natjm,  bafj  bom  Äutfütften  Sluguft  bon  Saufen  in  Stty,  bn 
bifchöftidjen  ftefibena,  ein  ebangetifetjes  ßonfiftotium  eiugefetjt,  unb  ber  5)om  in 
Naumburg,  bie  bifd)öflid)e  $atf)ebrattird)e  bem  Simultangebraudj  übetroiefen 
mürbe.  So  mürbe  ber  fattjolifdje  ©ottesbienft  überhaupt  nur  nod)  in  2  Äitdjen 
abgehalten  unb  bon  feiner  bifdjöjlidjen  ©croatt  blieben  unter  biefen  llmftänben 
nur  roenige  reliqaiae  ecclesiae  Xumlmrgensis  übrig,  mie  tpapft  ^ßiui  IV.  feinen 
(Spiäcopat  richtig  bejeictjnete.  2Bie  biet  babei  feiner  $ftilbe  unb  ©ebutb,  mie 
biet  bem  ^roange  ber  Umftänbe  auauredjnen  mar,  mirb  fid)  nidjt  böttig  fidjer 
ausmachen  (äffen;  offenbar  aber  roareu  ihm  bon  feinen  meltlidjen  Nachbarn  bie 
."pänbe  fetjr  gebunben.  S)at)er  täufdjte  man  fid)  aud),  roenn  man  au§  bem 
refignirten  2krf)alten  beS  23ifd)oie£  in  ben  testen  3at)ren  feines  2eben§  fchlof}, 
er  getje  mit  bem  ©ebanfen  um,  jur  ebangetifchen  $itd)e  überzutreten.  @r  mar 
erft  1557  auf  bem  Söormfer  ©efptäd),  bem  er  präfibirte,  ben  s4$toteftanten  nodj 
einmal  feljt  beftimmt  gegenübergetreten.  2)on  ba  ab  freilid)  blieb  er  ftiü  unb 
jurüdge^ogen.  6r  ftarb  am  3.  September  156 1  ,}u  ,Seiü  unb  mutbe  in  ber 
bortigen  ©tiitSfirdje  beigefeüt.  S)er  2)om  bon  sJcaumburg  befiüt  eine  Statue 
unb  ein  33ilb  bon  if)m.  —  6in  33erieidjni&  feiner  Sdjriften  ftnbet  fidh^  in  @rfd) 
unb  ©ruberö  allgemeiner  (5nct)flopäbie  ber  äöiffenfcrjaiten  unb  fünfte,  Sectio  III. 
23b.  21,  S.  256;  ebenba  S.  248  ff.  audj  jmei  biograptjifdje  S)arfteUungen  mit 
litterarifc^en  Dtac^roeifen. 

Cuellen:  Slufjer  ben  bei  6rfct)  unb  ©ruber  ermätmten  Sdiriften  bgl. 
®.  £t).  Hergang,  5)a8  ÜteligionSgefpräd)  ju  ÜtegenSburg  im  ^.  1541  unb  ba§ 
3tegenSburger  Suctj.    Gaffel  1858.  —  9t ante,  ©eutfdje  ©efc^.  33b.  5  unb  6. 

—  SB.  9ftaurenbred)er,  Äart  V.  unb  bie  beutfdjen  s4>roteftanten  1545 — 1556. 
Süffeiborf  1865.  —  ^.  ©.  Srobfen,  ©efetj.  b.  ^reufe.  s^olitit.  Seipaig  1859, 
II,  2.  —  21.  b.  ©ruffel,  23riefe  unb  Sitten  aut  ©efdt;.  be&  16.  ^a^r^.  53b.  III,  1. 
9Jtünd)en  1865.  —  ®.  2}oigt,  «Dlorife  bon  Saufen  1541—1547.   Seip^ig  1876. 

—  ©.  «ßlitt  „Interim"  in  ^erjog'g  9teat=gnctjclopäbie,  2.  2lu§g.,  23b.  VI, 
771  ff.  1880.  —  Xt).  23rieger,  De  formulae  concordiae  Ratisbonensis 
origine  atque  indole.  Halis  1870;  berfelbe,  ©.  Goutarini  u.  b.  sJlegenSburger 
ßoncorbienmert.     ©otfja  1870;    ©etf.  3o%    ©robbet  in  ßrfdj  unb  ©rubet'S 


$flug.  691 

(Sncpclopäbie,  ©ect.  I,  £f).  92.  1872.  —  ß.  $aftor,  b.  firdjlidjen  9teunion8-' 
beftrebungen  märjrenb  b.  Regierung  Äarl'8  V.     greiburg  1879. 

93  red)  er. 
^flug:    Äa8par  b.  5ß. ,    &err  au  ftabenftein,  ©ofm  £intfd)e8  III.  ö.  5JJ-. 
le^ter    ©profj    be8    bötnuifdjen    2Ibel§gefdjted)te8    b.   $•,    reifer    ebangelifdjet 
©tanbestjerr   mit    au8gebetmten   Bedungen   im  (Stbogener   unb  «ßUfenet  Ätcife, 
befonber8  um  ©cfjladenroalb,   ^etfdjau,    gattenau,    Dtabenftein,  £ad)au,  Äutten« 
plan    unb   ©iejjtjübet,    oberfter  getbrjauptmann    ber    eüangelifdjen   Söhnen   im 
©d)malfatbifd)en  Äriege  1547  unb  1548.     ©eine  Aufgabe   al8  fotctjer  mar  eine 
boppelte,  einmal  ben  Slnmarfd)   be8  ÄaijetS  Äatt  V.  au8  ©übbeutfdjtanb   gegen 
Äurfadjfen  aufjut)alten,  fobann  bie  Bereinigung  bes  £eraog§  9Jcori£  oon  ©ad)fen 
mit  bem  Börjmenfönige  gerbinanb   ju   tjinbern.     2tber  beibe8  gelang  itmi  nid)t. 
6t  fetbft  fdjeint  nid)t  ber  9Jtann  gemefen  ju  jein,  bie  leicht  erregbaren,  aber  in 
ben  $rieg§leiftungen   überaus  fdjmierigen   unb   faumfeligen   böfjmifcrjen   ebange* 
lifdjen  ©tanbe8=  unb  ©lauben§genoffen  jut  Energie  unb  Opjermiltigfeit  au  ent- 
flammen.   2)enn  feine  Partei  bereitete  ifjm  aud)  burd)  3erfaf)renrjeit,  $teinmutf) 
unb  ^nbolena  bie   größte   ©djmierigfeit,   bor   altem    burd)    3urüd£jattung    ber 
friegerifd)en  «Kittel   an  ©elb   unb    $Renfd)en,    burd)   roetdje   er   allein  fein  3id 
tjätte  ereilen   tonnen.     Ueberbie8   maren   bie  gütjter   nod)   !eine§meg8   mit   fiel) 
einig  über  bie   gtedjtmäfjtgfeit    it)te8   Unternet)men8.     2>er  fpätere  ©reif§malbet 
23ürgermeifter  93artr)olomäu8  ©aftroto,  roetetjer  bamal8  al8  politifdjer  2lgent  ber 
pommerfct)en  £>eraoge  in  bas  faifertidje  &oflager  ging,  begegnete  $.  in  Seitmerifc. 
„Sie  müßten  fester  nierjt",  fo  geftanb  if)tn  $.  offentjeraig,  „metcf)c8  au  ttmnam 
fidjerften  unb  ratt)famften  märe;  benn   auf  ber   einen  ©eite   märe   ber  Äuttütft 
öon  ©adjfen  itjr  95unbe8genoffe,  mit  if)nen  einer  Religion,  ben  tonnten  jie  md)t 
öetlaffen,    auf    ber    anbeten    märe  gerbinanb    itjr   ®önig,    pericultirte   alfo   be8 
9teid)e8  ftreirjeit  unb  angenommene  Religion."     ©o  tarn  man  nad)  feiner  ©ette 
üormärt8   unb    begnügte   fid)  ju   bemonfttiten.     Unterbefj   f)atte   fict)  «ötotifc  mit 
gerbinanb  bereinigt  unb  mar  ber  ßaifer  nad)  ©ad)fen  gelangt.   Umfonft  fenbete 
ber   Äutfütft  3ot)ann  griebrid)  öon   ©acrjfen    £tjum8r)irn  mit   einigen   Saufenb 
<fliann  an  bie  böf)mifd)e  ©tenje,  um  ben  fid)  um  «p.  fammetnben  ©djaaren  sum 
©tü^punft  au   bienen   unb   nad)  ber  Bereinigung   mit   itjnen  eine  Siüerfton  im 
dürfen  be8  £aifer8  au  machen  ober  bie  £itfe   gegen   einen  Angriff  befielben  an 
ber  <5Iöe  au  bieten.     2lber   aÜe  Bemühungen  $[lug8,   biefe8  giel   a"   etteic^en, 
maren  umfonft.     ©eine  «ßerbünbeten  meigerten   ben   £uaug   unb   öerfteeften  lid) 
rjinter  allerlei  3lusflüd)ten.     @r  fetbft  tjatte  taum    2000  «ücann  beifammen  unb 
litt  Mangel  aEer  9ltt,  befonber§  am  Selbe.     Sennod)  magte  er  eine  S3ormart8= 
bemegung;  er  gelangte  bis  ÄönigStoatty ;  aber  bie  Bereinigung  mit  2f)um8fHrn 
tarn  nid)t  au  ©tanbe  (16.  Slpril).     68  märe   aud)  je|t    a"   JPät  gewefen^  benn 
fdjon  am   24.  5lprit    fam    e8   bei   ^lüPerg    yix   ©d)tad)t.     Sodann  gfttebtij 
tjatte  fid)  leiber  bi8  aum  testen  Slugenbtitfe  burd)  bie  Hoffnungen  au|  bot)tnifct)e 
Äütfe  täufdjen  taffen;    er  mufete  barum  im  entfetjeibenben  Slugenblide  fogar  bie 
Untetjlüfeung  2ljum8c)irn8   entbehren.   —  $.  mürbe   öon   ftömg  Setbtnanb  ge- 
ästet;  ein   ^rei8  öon  5000  ©djod   «Ulei^enet  ©rofdien   marb   au?   feinen  flopT 
gefegt.     5tber  er   enttarn  feinen  Berfotgern ,   gelangte  glüdlidj  nadb,  «IRagbebutg, 
roo  er  fid)  bem  £>ome   gegenüber    ein    prädjtige8  |>au8  baute,    unb    fetjrte  üom 
Äaifet  «Utasimilian  II.  begnabigt   unb   aum  5tt)cit    mieber    in   ben  SBeftfc    Jemet 
@ütet   gefegt  nadj  Böhmen   autütf ,    mo   er   1576  au  galtenau  ftarb.     ßr  mar 

^BgL  ben  Slufjafe   bon  b.  ©tramberg  in  @rfd)  u.  ©ruber'8  (Sncoclopäbie 
bet  So.  u.  S.     ©ectio  III,  £f)eil  21,  ©.  241  ff.  S3ted)er. 

44* 


692  SPffaflfiaiipt  —  SPffogf. 

^flligfjailpt :  Stöbert  •$.,  ein  trefftidjer  ^ianift  unb  gebilbeter  $ftufifer, 
geboren  am  4.  2luguft  1833  ju  Berlin,  t)atte  baS  Unglütf,  anmngtiti)  unter 
Üljeobor  ßeften'S  Seitung  ^u  fommen  unb  mar  auf  bem  beften  äöege,  feinem 
SBorbilbe  in  feister  9)htftf  nad^ufolgen,  bodj  nod)  jur  redjten  3eit  t^ite  er 
um  unb  begab  fid)  unter  bie  ftrenge  3ud)t  ©.  20.  SDefyn'S,  beS  befannten  üTt)eo= 
retiferS  unb  ßuftoS  an  ber  Berliner  fönigl.  23ibtiott)eE.  ^ier  lernte  er  aud) 
feine  fpätere  grau  fennen,  bie  auf  fein  ßeben  unb  ©treben  einen  fo  bebeutenben 
(Sinfluf}  ausgeübt  tjat:  ©optjie  ©tfdjepin,  S£od£)tet  cineS  ruffifdjen  ©eneralS,  bie 
beljufS  itjrer  weiteren  SluSbilbung  ebenfalls  bei  ©et)n  Unterricht  natjm,  bereits 
aber  als  $labierbirtuofin  fid)  eines  9tufeS  erfreute.  91(8  fie  roieber  nad)  9tufj= 
lanb  jurüdfefirte ,  folgte  ir)r  $.  nad),  mürbe  ein  ©djüler  9lbotf  -gjenfett'S  unb 
führte  nad)  mandjen  kämpfen  1854  bie  Braut  t)eim.  Iftun  tourben  gemeinfame 
GoncertauSflüge  unternommen,  big  fie  in  Söeimar,  bamatS  burd)  ßifjt'S  (Segen* 
mart  bem  ßlborabo  jebeS  ßünftlerS,  ein  neues  ^>eim  fanben.  «Später  begaben 
fie  fid)  roieber  auf  Äunftreifen,  bod)  bie  fdrtoanfenbe  (Sefunbljeit  ber  grau  be= 
ftimmte  it)n  1862,  fid)  in  9tad)en  nieber^ulaffen.  6r  gehörte  <ju  ben  menigeu 
©tüdlidjen  unter  ben  ßttnftlern ,  bereu  $unft  nidjt  juerft  nad)  Brob  311  gelten 
brauet,  ©ein  |>auS  roarb  balb  ber  9Jtittelpunft  aller  eckten  Äunftbeftrebungcu 
unb  ftetS  bereit,  feine  eigene  ^ßerfon  einjufefcen,  geroaun  er  einen  bebeutenben 
(Sinftufj  auf  bie  Pflege  ber  ßunft.  9lls  aber  am  10.  Wobember  1867  feine 
grau  ftarb,  30g  er  fid)  bon  allem  Berfetjr  jurüd  unb  lebte  in  ber  turnen  ©panne 
3eit,  bie  ifjm  nod)  gemährt  toar,  nur  ber  (>ompofition  unb  einigen  ir)tn  lieb 
getoorbenen  ©djülcut.  %m  12.  $uni  1871  ftarb  aud)  er  an  ber  Bruftroaffer= 
fudjt.  911S  ßomponift  t)at  $.  nur  einige  ßiebertjefte  unb  mehrere  ©alonftüde 
Peröffenttid)t  unb  ift  nidjt  über  DpuS  20  r)inau§gefommen.  <§ieiin  mar  er  nidjt 
berufen,  fid)  ber  2öelt  nütjlidj  ju  machen,  ben  (Sinflufj  aber,  ben  er  auf  feine 
Umgebung,  feine  ©d)üter,  auf  fein  Soncertpubticum  ausübte,  ift  fetjr  r)od)  an= 
jufdjtagen,  benn  t)ier  roirfte  er  burd)  fein  eigenes  Beifpiel  betebelnb  unb  frud)t= 
bringenb  in  roeite  Greife  tjinauS  unb  fein  2)ar)infdjeiben  empfanb  man  in  9lad)en 
als  einen  Sßertuft  für  bie  gan^e  mufiftiebenbe  ©tabtgemeinbe.  ©ein  Xeftament 
jeigt  uns  aber  ben  j?ünftter  noct)  bon  ber  ©cite  beS  9Jtenfd)enfreunbeS,  benn  er 
bermadjte  fein  nidjt  unbeträdjtlidjeS  Vermögen  bem  allgemeinen  beutfdjen 
^tuftfberein,  roeldjer  bamit  ben  ©runb  ^u  einer  Bcett)oben=©tiftung  legte. 

9tob.  @itner. 

^flug!:  ^luguft  Julius  (Sbmunb  $.,  namhafter  ^ilotoge  unb 
©cb.ulmann ,  1803—1839.  3fn  Srjdjen,  einem  ©täbtcb.en  in  ber  Ufevmarf, 
mürbe  er  als  ber  ©olm  eincS  ©teuerbeamten  am  21.  9tobember  1803  geboren, 
genoB  feine  ©djulbilbung  in  ^Rartentoetber ,  mo^in  ber  33ater  berfe^t  mar,  unb 
feit  1816  in  ©anjig  unb  jroar  ^ier  3unäct)ft  auf  ber  Dberpf anfaule  ju 
©t.  5Rarien,  feit  9tobember  1817  auf  bem  auS  ber  Bereinigung  ber  5Jtarieu= 
fcr)ute  unb  beS  Gymnasium  academicum  l^erborgegangenen  neuen  ftäbtifctjen 
®b,mnafium.  Stuf  biefer  2lnftalt,  bereu  ßeitung  3luguft  ^Jteinefe  übernommen 
Ijatte,  ermavb  er  fid)  unter  biefeS  trefflidjen  3JtanneS  ßeitung  ein  für  einen  ©djüler 
ungemö^nlictjeS  9Jtafj  bon  ßenntniffen,  bornefimlict)  aber  „jenes  lebenbige  ^nter= 
effe  für  baS  Sllterttjum,  melc£)eS  fpäter  bie  greube  feines  ßebenS  unb  baS  33anb 
mar,  moburd)  aucf)  er  feine  ©djüler  untoiberftetjlictj  an  fid)  feffelte".  @ineS 
feiner  ©tjmnafialiatjre  bractjte  er  im  -£>aufe  beS  Damaligen  Oberpräfibenten 
b.  ©cfioen  als  ©enoffe  bon  beffen  gleichaltrigem  ©ob,ne  ju.  $u  2RicrjaeliS  1821 
bertie^  er  bie  ©ctjute  unb  begab  fict)  nad)  SSerlin,  um  bort  ^P^ilotogie  3U  ftubiren; 
eS  gelang  iljm  balb,  au  SBöcft)  unb  ^beler  in  ein  nätjereS  33erl)ältni^  ju  fommen, 
metdjeS  für  feine  toiffenfd)aftlic^e  (jmtroidtung  bon  mefenttid)er  5Bebeutung  mürbe 
(f.  33oedl)'S  ^Bemerfung  über  iljn  in  ber  Praef.  aum  Corp.  Inscr.  p.  10).    Waü) 


5ßfnor.  693 

breiiärjrigem  ©tubium  fefjrte  et  $Ridb,aelis  1824  nacf)  Sandig  jurücf  unb  trat 
fogletct)  als  ■gnlfstetjrer  am  ©bmnaftum  ein;  bereits  Cftern  1825  tourbe  er  als 
orbentticf/er  Setter  angeftellt  unb  mit  bem  gefdjicrjttidjen  Unterrichte  au?  ber 
oberften  ©tufe  Betraut,  1826  tourbe  er  ^rofeffor,  feit  1833  nur  mit  prjito* 
logifcfjem  Unterrichte  in  ben  Dberclaffen  befestigt.  „Söenn  eS  bic  rjödjfte 
Aufgabe  beS  8et)rer§  ift,  nictjt  baS  einzelne  Söiffen,  fonbern  baS  ^ntereffe  an  ber 
SöifienfcrjaTt ,  nictjt  ben  einzelnen  (Erfolg,  fonbern  bie  £ücr)tigfeit  beS  ganzen 
©trebenS  in  bem  ©cfyüter  ju  beförbern,  unb  baS  nic^t  burcf)  äufjere  Mittel, 
fonbern  burcb,  bie  ^Jtittrjeilung  feiner  eigenen  Begeiferung  für  bie  ©adje,  fo  t)at 
er  biefe  Slufgabe  in  i§rem  ganjen  Umfange  gelöft"  OUtarquarbt).  Seiber  tourbe 
feine  fo  ausgezeichnete  Söirffamfeit  balb  burcb,  ein  förberucrjeS  Seiben  beeinträd)* 
tigt,  toelctjeS  —  burct)  übermäßiges  arbeiten  unb  ^tactjttoacrjen  Ijerborgerufen 
unb  fortbauernb  genährt  —  ifjn  immer  rjäuftger  unb  auf  längere  3"*,  nament* 
lieb,  1831  unb  1832,  feinem  Berufe  entzog;  eine  Babereife  naefj  2eüli|  1834 
rjalf  roenig,  bodj  fcfjien  fein  3uftanb  ftcb,  fpater  ettoaS  3U  beffern.  Siner  blötj= 
lidjen  Unterteiblfranttjeit  erlag  er  am  15.  üDecember  1839.  ©eine  ©djüler 
fiaben  ib,m  ein  üDenhnat  auf  bem  ©rabe  errichtet.  —  S)ie  früheren  Slrbeiten 
*j3flugf'S  roaren  im  Söefentltdjen  auf  alte  ©efcrjidjte  gerietet:  „De  Theopompi 
Chii  vita  et  scriptis"  1827  (..elegans  libellus"  Bödb,  a.  a.  £).)  unb  „Rerum 
Euboicarum  speeimen"  1829,  big  eine  Slufforberung,  in  ber  ©otfjaifctjen  Biblio- 
theca  Graeca  ben  (Juripibee  tjerauSjugeben ,  itjn  bon  feinen  tjiftorifcrjen  Unter* 
fuerjungen  abjog  unb  irjn  au§fdfcjtiefetic^  fpracrjticbjeR  unb  fritifct)en  ©tubien,  für 
bie  er  befonbere  Begabung  befafc,  zuführte.  Bon  1830  an  erfcrjienen  6  ©tücfe 
in  feiner  Bearbeitung;  baS  fiebente,  ber  Hercules  furens,  erft  nacb,  feinem  £obe 
1841;  aufjerbem  eine  große  'fteicje  fleinerer  arbeiten  über  ©opfjofleS,  ^lutarctj, 
SDio  GljrrjfoftomuS,  2lrtian,  2>ionr;S  bon  .^aticarnafi,  2)io  SafftuS  unb  befonbers 
auetj  3U  SacituS,  trjeilS  in  ©crjulprogrammen ,  tfjeilS  in  gelehrten  3e^fcr)riften. 
©ein  roerttjbotter  ungebrudter  litterarifctjer  9tacrjtaf5  befinbet  ftdj  in  ber  23ibtiotr)ef 
beS  Sandiger  ©bmnafiumS;  feine  (Smenbationen  $u  S)io  GaffiuS  unb  p  üpiutarcb/S 
ÜJloratia  fat  SJtarquarbt  1846  unb  1848  beröffenttierjt. 

Programm  beS  ©nmnafiumS  zu  Sianjig  1840,  ©.  5  ff.  —  9Jtarquarbt, 
21.  @.  pflügt  unb  fein  titteratiferjer  ^acrjlafj,  in  ber  ,,©t)mnafial  =  3eitung'\ 
Beiblatt  jur  3eitfcb,rift  für  2lttertbyum§roiffenfcb/aft ,  1841,  9er.  34,  ©.  276 
bis  280,  too  fiefj  auefj  ein  bottfiänbigeS  Bezeictjnifj  feiner  ©Triften  befinbet.  — 
dürfet),  ©efetj.  beS  S)anäiger  ©nmnafiumS  feit  1814,  ©.  41 — 43  (in  ber 
^ubiläumsfctjrift  ber  2lnftatt  bon  1858).  ^    öoebe 

^3fltor :  ^ob,ann  2Bitfjelm  ©ottlieb  *ß. ,  lUtecfjanifer ,  geboren  als 
©ot)n  eineS  b/ffiferjen  Beamten  ju  2)armftabt  am  19.  S)ecember  1792,  f  bafelbft 
am  9.  $uni  1869.  Stuf  bem  ®r;mnafium  feiner  Baterftabt  borgebilbet,  bejog 
er  1810  bie  Uniberfttät  ©ie^en,  too  er  fiel)  bem  ©tubiura  ber  Samera(n)iffen= 
f haften  roibmete.  ^m  %  1813  tourbe  er  Stcceffift  unb  batb  barauf  ©ecretär 
unb  ^rotocoüift  bei  ber  ^»offammer  ber  ^robin^  ©tarfenburg,  bann  bei  ber 
Oberfinanäfammer  unb  fcrjtiefjtidj  bei  ber  Dberforft=  unb  ©omänenbirection  ju 
Siarmftabt.  Stüdbjtige  matb,ematifct)e  .ßenntniffe  unb  meetjaniferje  ©efcb.idlicrjfeit 
führten  itjn  früt)  ju  tecbynifcbyen  arbeiten,  hei  beren  2öat)(  oft  rein  äufjertidje 
Umftänbe  beftimmenb  roaren.  ©o  brachte  ib.n  ein  3ufall  auf  bie  ^>ot^fcl)neibe= 
fünft.  ®r  erlangte  barin  nietjt  nur  bebeutenbe  gertigfeit,  fonbern  erfanb  aueb^ 
bie  für  Berbielfdttigung  bon  ^oljfcrjnitten  fo  wichtige  Glicrjirmafcfjine.  S)abei 
rjatte  er  fiefj  burct)  baS  (Einatmen  bon  Slntimonbämpfen  eine  $ranff)eit  juge= 
jogen.  tiefer  Unfall  üeranlafjte  itjn  jur  Srfinbung  beS  ©ctjriftgiefjeroienS, 
ber  ben  Arbeiter  bor  ben  gefätjrlicrjen  2öirfungen  beS  5JletaHbunfteS  fc|ü^t.    ©eit 


694  5ßfod>en. 

1825  Betrieb  er  gemeinfam  mit  Sairljoffer  in  granffurt  jur  Sßertdelfättigung 
jeiner  ^oljfrfjnitte  in  Gtidjemanier  eine  ^oltjtrjpcngiefjerei  unb  erfanb  bei  ber 
£f)ätigfeit  in  biefem  gadj  ein  neucä  öercinfad)te§  <Steteott)prjer|af)ren,  eine 
£etterngiefjmafd)ine,  eine  ©crmftftnnpelfd)neibmafd)ine  unb  ein  neue§  öerbefferteS 
SBeriatrcen  für  Suntbrud.  Weben  biefen  Seiftungen  auf  bem  Gebiete  ber  £t)po= 
graptjie  unb  Snlograüfjie  toanbte  fid)  fein  erfinbungsrcidjer  (Seift  nod,  anbern 
gelbem  ^u.  6r  erfanb  eine  fünftlicfje  ipanb  aU  ©rfatj  ber  menfdjlidjen ,  fpäter 
aud)  ein  fünftltdjeg  Sein.  3>ie  @infttf)rung  beS  3acquarb'fd&cn  SOBebftu^tcS  in 
Reffen  führte  itjn  auf  eine  toidjtige  Serbefferung  beffelben,  burd)  metdje  eä  mög= 
lid)  mürbe,  otjne  £ilfe  ber  Sacquarb'fdjen  Äarten  nad)  jebem  beliebigen  dufter 
p  roeben.  äBeiter  erfanb  er  einen  tierbefferten  Stubenofen  (fogen.  Tiaffauer 
Ofen),  eine  2Rafd)ine  jur  #erfiettung  progreffiüer  3üge  in  güntenläufen,  einen 
■jRumeriräärjtapparat  jur  Serfjütung  öon  lluteijcfjteif  bei  ber  <j3apiergelbbereitung, 
einen  fünfttidjen  Stutiget  unb  eine  5Jlctl)obe  3um  (Stimmen  ber  ÖHoden.  Ser= 
fd)iebene  biefer  (Srfinbungen  maren  geeignet,  bei  gefdjidter  2tu3bcutung  ibjen 
Urheber  juni  reiben  9ftanne  ju  machen.  *$.  trug  feinen  ©eroinn  babon.  2)ie 
größten  Hoffnungen  rjatte  er  auf  Serroertlmng  feiner  Serbefferung  be£  3acquarb'= 
fd)en  2öebftuf)te§  gefegt.  <5r  begab  fid)  fetbft  nad)  s^ari8,  um  feine  (Jrfinbung 
ju  berfaufen,  blatte  aber  feinen  Srfolg.  (SS  fehlte  ifjm,  toie  bieten  bebeutenben 
«Dtenfc^en,  bie  faufmännifdje  Setriebfamfett,  bie  gäfjigfeit,  ben  Moment  auS^u* 
nu|en.  SieteS  tjat  aud)  bie  ^eit,  in  ber  er  lebte,  an  ifjm  oerfdjulbet.  ©o 
blieb  er  bi§  $u  feinem  £obe  ein  fleiner  ^Beamter  in  befdjeibenen  23erl)ättniffen. 
Slber  er  befafj  eine  gtüdlidje  Statur;  ber  Mangel  an  peeuniären  Srfotgen  ber= 
modjte  nidjt  tfjn  au  »erbittern. 

©criba,  ßejifon  ber  ©djrijtfteller  beg  ©rofefjeraogtt).  Reffen  II,  558.  — 
ftefrolog  bon  gerb.  SDieffenbad)  in  ber  2)armftäbter  Leitung  1869,  9fr.  182, 
©.  756,  miebertjolt  in  g.  £>ieffenbad),  £a§  ©rofetjeraogtrjum  Reffen,  ©.  534, 
2.  Stuft.  ©.  652.  2lrtf)ur  2Böfj. 

^fodjeit:  ©ebaftian  $.,  Sfjeotoge  unb  s$f)itotoge  be£  17.  Sar)rt)unbertä, 
mürbe  balb  nad)  1600  au  griebberg  in  ber  2Betterau  geboren,  erhielt  fjier  aud) 
feine  ©cfjulbilbung  unb  eignete  fid)  fdjon  fefjr  jung  bie  (Elemente  ber  tjebräifdjen 
©pradje  burd)  ben  Umgang  mit  griebberger  3>uben  an.  2lnfd)einenb  burd) 
feinen  2anb§mann,  ben  ^t)ilologen  ©eorg  s}Jafor  auä  ßttar  in  Ücaffau  bemogen, 
machte  er  feine  ©tubien  unter  beffen  befonberer  ßeitung  in  granefer,  mo  jener 
s4Jrofeffor  ber  gned)ifct)en  ©pradje  mar,  unb  lebte  fpäter  in  Slmfterbam.  9läf)ereä 
über  fein  Seben  ift  nid)t  befannt.  3m  S-  1629  gab  er  eine  Don  grofjer  33e= 
lefenljeit  in  ber  griedjifctjen  ßitteratur  jeugenbe  ©ctjrift  ljerau§:  „Diatribe  de 
linguae  graecae  N.  Testamenti  puritate,  ubi  quam  plurimis,  qui  vulgo  finguntur 
Hebraismis  larva  detrahitur",  in  meldjer  er  buret)  ^peranaiel^ung  einer  grofjen 
^lenge  öon  ©tetten  au§  ben  öerfdjiebenftcn  griedjifdjen  ®id)tern  unb  $rofaifern 
bie  (itafficität  ber  ©pradje  be§  ^i.  2eftamente§,  aud)  ber  bebenflidjften  ©teilen, 
nadjäumeifen  fud)te.  2)aä  Sud)  fanb  in  ber  trjeologifd)en  2Belt  Diel  Seifall; 
bereits  1633  erfdjien  eine  neue  öerbefferte  2tuflage.  2>er  befannte  englifdje 
Geologe  £f)oma§  ©ranader  tiefe  1648  in  ßonbon  eine  umfangreiche  ©egenfd)rift 
„de  novi  instrumenti  stylo"  gegen  3ß.  erfdjeinen ,  raeldje  aber,  menigften§  in 
£>eutfd)lanb  unb  ^poEanb,  nur  geringe  Söirfung  fjeröorbrac^te  unb  nidjt  öer= 
f)inberte,  bafe  ^fodjen'S  S3ud)  nod)  in  einer  Quartau^gabe  in  granffurt  a.  b.  i_ 
1691  mieber  aufgelegt  roerbe. 

Sorrebe  ^sfoct)en'§  jur  „Diatribe^- ;  einjelne  ©teilen  in  ©ranader'S 
©djrift.  —  ßurje  9lotiä  hti  Södjer,  ©et.=2ej.  III,  ©p.  1500,  unb  bei  ftotcr* 
munb  VI,  ©p.  31.  fö.  ^odje. 


^fotbten.  695 

^forbtett:  8  u  b  to  i  g  Äarl#eintidj  3freit)err  P.  b.  $.,  geteerter  3urift  unb 
Staatimann,  rourbe  geboren  am  11.  September  1811  in  Rieb,  ber  -gmuptftabt  bei 
bamali  bairifctjen  ;j>nnfreifei.  @r  mar  ber  ältefte  Pon  fecfji  Söhnen  bei  im  $•  1828 
Perftorbenen  bairifctjen  2anbricf)teri  öeinridg  £ubroig  P.  b.  $.  ©eine  Butter  mar  eine 
geborene  @ber  (f  7.  3funi  1856).  2)en  erften  llnterricrjt  ertjiett  er  in  33urg= 
ebract)  in  Cberfranfen,  tootjin  ber  2)ater  üerfetjt  morben,  nadgbem  bai  ^nnöiertel 
1816  mieber  an  Defterreicr)  gefallen  mar.  Sßom  freisinnigen  Sefan  ßlarui  im 
narjen  Bamberg  roeiter  erjogen,  fiubirte  er,  nactj  bem  Sefuctje  bei  Snmnafiumi 
in  Nürnberg,  1827 — 1830  in  @rlangen  bie  Recrjte.  Sobann  fiebelte  er  nacfc) 
»peibelberg  über,  mo  er,  öon  Jrjibaut  unb  Iftittermaier  jur  Ohgreitung  bei 
afabemifcfjen  Serjrfactji  aufgefordert,  mit  ber  in  aßen  jurifiifdjen  greifen  roof)!* 
befannten  Siffertation  „De  praelegatis"  (Srtangen  1832)  promoüirte.  2snt 
begriff  fidj  in  9Jtünct)en  ali  ^ßriPatbocent  nieberjutaffen,  jog  er  itjm  bie  an* 
gebotene  Stellung  einei  Referenten  in  ber  9Jcinifteria(commiffion  }ur  23eratf)ung 
ber  materiellen  ^ntereffen  bei  Sanbei  öor,  gab  fie  aber  ali  nicrjt  einträgtict) 
genug  fctjon  im  Jperbft  1833  mieber  auf  unb  tief?  fiel),  bem  Siebtingirounfdje 
folgenb,  in  Söürjburg  ali  ^ßribatbocent  Tür  römifcfjei  Rect)t  nieber,  nactjbem  er 
bie  (JrtaubniB  rjier^u  für  ^Jcüncrjen  nicfjt  rjatte  erlangen  fönnen.  3in  SCßürjburg 
macrjte  er  \xd)  buret)  Sluffätje  in  juriftifdjen  3eitf^iften  in  ber  geteerten  2öelt 
meiter  befannt  unb  mürbe,  banf  feiner  rafdj  beroätjrten  auigejeictjneten  Setjrgabe, 
bereits  im  Secember  1834  pm  aujjerorbentlicben  ^rofeffor  für  römifcfjei  Recfjt 
unb  bairifdjei  GiPilrecrjt ,  1836  jum  orbenttieb/n  Sßtofejfot  ernannt.  1837 
mürbe  er  93titglieb  bei  afabemifdjen  Senati,  1839  mar  er  Sefan,  18-40  roarb 
er  ^Jtitglieb  bei  Serroattungiratrji  ber  Uniüerfität.  Sein  9Infet)n  ali  jurtftifcfjer 
ScrjriTtfteHer  flieg  befonberi  buretj  feine  „2Ibfjanbtungen  aui  bem  5panbeftenrecf)t" 
(6rl.  1840).  2IÜ  £et)rer  ^eicrjnete  er  fict)  burcr)  anregenben  Vortrag,  n:eunb= 
tidjei  SEßefen,  in  fircrjlictjen  SÜngen  -  er  gehörte  ber  eüangelifcfjen  .ftiretje  an  — 
burdj  eine  freifinnige  Ridjtung  aui.  SBegen  biefer  rourbe  er  1841  Dom 
9Jcmifterium  21bet  ber  SSirffamfeit,  in  roetdier  er  feine  ganje  33eirtebigung  fanb, 
plöfelid)  entjogen  unb  aß»  Stppetlaiionigericrjtiratrj  naef)  SÜfdjaffenburg  Perfefet. 
2)er  elfteren  marb  er  jebocrj  fcfjon  1843  mieber  prücfgegeben,  inbem  er  auf  Gm= 
pfetjlung  be§  nad)  Berlin  berufenen  $ucrjta,  ali  beffen  Radjfotger  auf  ben  2ebr= 
ftutjt  für  römifcfjei  Stecht  naefj  8eip^ig  berufen  rourbe.  33ei  ben  am  12.  Sluguft 
1845  tjier  fiattgerjabten  Unruhen  a(§  3tector  ber  Unioerfität  ju  ftrengen  s3Jta|= 
regeln  gegen  bie  Stubirenben  mitberufen,  oerftanb  er  boef),  ficr)  beven  Vertrauen 
unb  ben  Ruf  liberaler  ©efinnung  }u  ermatten.  @r  rourbe  Mitarbeiter  ber  1^47 
oon  Seröinu§  gegrünbeten  „®eutfcr)en  3eitung"  unb  neben  ben  flfütjrcrn  ber 
.ffammeroppofition,  tro^  feine§  ^oivatrjstitele,  ein§  ber  rjerüorragenbften  9Dlit= 
glieber  ber  liberalen  Partei  Sacr)fen§.  Sie  Petition  ber  Uniöerfität ,  burcrj 
meldte  bie  im  Wäx$  1848  geftetlten  yorberungen  ber  ©tobt  Seipjig  fo  fräftig 
unterftütjt  mürben,  mar  Pom  llnioerfitätirector  5ß.  öerm^t.  6§  roaren  barin 
Reformen  ber  23erroattung,  ber  treffe,  Recf)t§pflege  fotoie  Regeneration  be§ 
beutfcfjen  Sunbe§  geforbert.  Rodj  im  «Dlätj  1848  rourbe  er  für  mehrere 
Stellungen  in  Slusfictjt  genommen.  SBä^renb  Seipjig  ib;n  jum  SBürgermeiftcr, 
bie  UniPerfttät  ifjn  ju  iljrem  Vertreter  in  ben  Öanbtag  roünfcrjte,  rourbe  er  am 
13.  9JtäiV  oom  .ßönig  griebridg  Sluguft  II.  Don  Sacf)fen  jum  SKmtfter  bei 
Innern  unb  öorläufig  auetj  bei  2Ieu|em  im  liberalen  ÜJttnifteiium  55raun  er= 
nannt.  Rad§  Oberlänberi  eintritt  in  baffelbe  übernafjm  $.  ftatt  bei  Sleufeern 
noef)  bai  ^Jcinifterium  bei  6u(tui  unb  Untetrtdjtä.  3^r  Sejeic^nung  bon 
^fotbten'i  bamatiger  Richtung  bient,  ba^  biefei  üJlmtftertum  feine  erfte  Sorge 
fein  (ie^,  bie  in  feinem  Programm  Percjeifeene  S5ereibigung  bei  Militari  auf 
bie  Sßertaffung  burd§jufüb^ren.     SSergeblicf)  ermarteten   bie  gemäßigteren  Slemente 


696  $Pfotbten. 

©adjfenä,  bafe  ty.,  bie  bcbeuteitbfte  ^erföntidjfeit  beä  9Jtinifteriumä,  in  bemfelben 
ben  weitgetjenben  Sorberungen  ber  3tabicaten  beaüglid)  ber  inneren  Vertjaltniffc 
entgegentrete,  greitidj  ftanb  er  mit  bem  9Jtinifter  ©eorgi  bem  bemofratifdjer 
gefilmten  (Sottegen  Dbertänber  gegenüber;  aber  er  zeigte  fid)  öon  ber  Vefürdjtung 
erfüllt,  im  (Sinne  ber  rabicatei  werbenben  Dberftrömung  ben  9tuf  ber  grei* 
finnigfeit  einjubüfeeu.  ©o  gab  er  im  April  1848  bem  Verlangen  ber  bemo= 
fratifdjen  treffe  nadj  Vitbung  einer  Gommunalgarbe  in  jeber  ©emeinbe  al§ 
Vorbereitung  einer  allgemeinen  Votföbemaffnung  nactj  unb  in  ber  beutfdjen  fjrage 
proteftirte  er  im  3uni  1848  gegen  bie  in  ber  sJcationalüerfammlung  aufgetauchte 
5-orberung,  bafe  bie  beutfdjc  Verfaffung  ben  Sanbtagen  ber  6in<jelftaaten  jur 
Vefdjlufefaffung  borgelegt  werben  müfje.  ftod)  in  jeiner  ^Beteiligung  an  ber 
firdjlidjen  £obtenfeier  für  Robert  Vtum  in  ©resben  (19.  9loö.)  glaubte  man 
fid)  berechtigt,  ein  3eid)eu  jeiner  fortbauernb  freieren  Stiftung  ju  erbtiefen.  5Eer 
3wiefpalt,  in  toetöjen  bat  'DJcär.uuinifterium,  nadjbem  itjm  im  übrigen  bie  25er* 
einbarung  jeitgemäfecr  ©efetje  mit  bem  ßanbtage  gelungen  war,  im  Januar  unb 
gebruar  1849  mit  ber  neuen  bemofratifd)  gefilmten  2.  Kammer  geriete),  würbe 
befonberä  burdj  ^jovbten'6  föbcraliftifdjcn  ©tanbpuuft  berfdjärft,  Wegen  beffen 
er  fdjon  im  'JUlai  1848  öon  ben  9Jtittelftaaten  als  SJcitglieb  be§  bamatä  am 
Vunbeätage  beantragten  £riumöirat§  in  Auäfidjt  genommen  war.  SDen  t)eftigften 
kämpfen  in  ber  2.  Kammer  ausgefegt,  befämpfte  er  tjier  mit  grofeer  9lul)e  unb 
©ebutb,  bal  Verlangen  nadj  llebertragung  ber  öölferredjtlidjen  Vertretung  in 
bie  £änbe  ber  Weidjsgewalt  unb  nadj  Verfünbigung  ber  „®runbred)te".  $n 
bem  neuen  Kampfe  jebod),  wetd)er  nadj  Ablehnung  beö  @ntlaffung§gefudj3  be§ 
sHtinifterium§  (26.  Januar  1849)  mit  ber  2.  Kammer  begann,  erwieg  fidj  ty. 
unentfcrjieben.  3ur  Rettung  VtumS  Ijatte  ^.  Energie  entwicfelt;  aber  gegenüber 
ber  Erregung  ber  2.  Äammcr  Wagte  er  Weber  ben  ©efanbten  öon  Äönnerijj  in 
2öien  gegen  ben  Vorwurf,  ba§  ni  biefem  3metf  Wöttjigc  unterlagen  ju  Ijaben, 
in  ©dju|  ju  nefnuen,  nod)  aud)  bem  Verlangen  nadj  beffen  Abberufung  Sfolfle 
3U  geben,  ©er  föberaliftifd)e  ©tanbpunft  v4>forbten'ö  begann  altmät)lidj  it)n 
öom  ßiberatiSmuä  to^utöfen.  ©ein  fütjness  (Eintreten  für  biefen  ©efidjtspunft 
Ijatte  ben  Vlid  be§  Königs  9)iaj  II.  öon  Vaiern  auf  irm  gelenft.  2)enn  nadj 
bem  ©erweitern  bee  SBerfe  ber  ftationalöerfammlung  war  biefer  $önig  auf  eine 
gortfetmng  ber  Verjudje  ju  einer  beutfdjen  Reform,  jebodj  oljne  s}keufeen§  S3e= 
rufung  an  bie  ©pifee  unb  momögtidj  unter  ©dmffung  einer  felbftänbigeren 
Stellung  Vaicrnö  im  Vuube  bebaut.  Vietteid)t  tiefe  fid)  in  biefer  Ve^ierjung 
öon  einem  geborenen  Vaier  etwa§  erwarten,  weldjer,  nodj  im  9f£ufe  beä  ftrei= 
finnä,  jene  sJtid)tung  merjr  als  ein  anberer  ©taatSmann  jener  3eü  bertrat. 
5Dem  Äönige  feit  1840  perfönlid)  befannt,  folgte  ty.  fdjon  balö  nad)bem  er  mit 
ben  übrigen  fädjjifdjen  ÜJltniftern  (25.  Qfebruar  184(J)  jurüdgetreten  war,  einer 
ßintabung  beffelben  nadj  lUljmpljcnburg  ju  nertraulidjen  Verätzungen.  s3iadjbem 
auf  »pfcrbten'S  9tatl)  am  10.  Slprit  bie  Vertagung  be§  bairifdjen  2anbtag8  biä 
jum  15.  9Jlai  Perlängcrt  war,  würbe  er  an  ©teile  be§  ©rafen  Vrat)  am  19.  Slpril 
3um  sJJtinifter  be§  fönigl.  .^aufe§,  be§  Aeufeern  unb  bc§  ^janbelS  ernannt;  ttjatfädjlidj 
war  er  jebod)  Seiter  be«  ganaen  ^Jcinifteriums,  wenn  aud)  bie  ^3räfibentjdjaft 
beffelben,  beren  £erftetlung  öon  iljm  3ur  Vebingung  be§  ©intrittg  gemad)t  War, 
au§  formellen  ©rünben  iljm  erft  am  22.  Secember  1849  übertragen  werben 
tonnte.  3lt§  ^roteftant  unb  Siberater  ber  ultramontanen  Jjpofpartei  nid)t  geneljm, 
liefe  fid)  biete  il)n  bod)  gefallen,  Weil  fie  in  it)m  bie  geeignete  ^erfönlidjfeit 
erfanute,  um  5ßreufeen  entgegen  ,^u  treten.  $.  war  in  ber  £t)at  m  biefer  2luf« 
gäbe  wie  gefdjaffen.  2)ie  Vorliebe  für  fein  $eimatl)lanb  unb  ber  SBuitfd),  beffen 
©teüung  in  ©eutfdjtanb  meljr  gehoben  ^u  fefjen,  beftärften  feine  Votftellung, 
bafe  ba§  fd)Wierige  Problem  ber  ginb,eit  S)eutfdjtanb§  in  mögtid)fter  Vertlieitung 


^fotbten.  697 

ber  $ftad)t   an   bie   beuten  SBolföftdmme   au  finben   unb  beäfjafb  baö  Streben 
nacf)  23efd)ränfung  ber  ©ouüerainität  ber  SunbeSftaaten,  fowie  ba§  Uebergewicfjt 
eines  berfetben  ju  befämpfen  fei.   2>er  Abneigung  weiter  Greife  ©übbeutfd)lanb§ 
gegen  «preufcen  fid)  bewußt,  gebaute  er  ben  (Segenfa^  jwi^en  biejer  9Jtad)t  unb 
Cefterreid)   ]u   benufeen  um  Saiern   an   bie  ©pi£e  beä  übrigen  £eutfd)tanb  au 
[teilen  unb  irjm  fo  eine  entfdjeibenbe  Stolle  aujut^eilen  ober  irjm  wenigftene  bie 
güf)rerfc§aft  öon  ©übweftbeutfcfjlanb  au  öerfcfjaffen.    %n  biejer  «potitif  f)at  $.  baä 
«Dtöglidjfte  geleiftet  unb  War  infofern  ber  angefefjenfte  Vertreter  bes  beutfd)en  »Parti» 
culariSmuS.    Sie  bon  ifjm  eriunbene  £ria£ibee  fjat  er  unüerbroffen  p  öerfduebenen 
Seiten  praftifd)  gettenb  au  machen  gejuxt,  bi§  er  fie  nacf)  (Mangung  feines  größten 
(grfolgä  iür  immer  begraben  fet)en  mufete.    ©ein  erfter  ©djritt  in  biejer  Ühdjtung 
war   bie    gegen   ba§   SBerf   ber  beutfcfjen  ftationalüerfammtung  genutete   «Jtote 
öom  23.  Slprtl,  in  welcher  35aiern§  taufenbjäfjrige  ©efcfndjte,  feine  ©röfje,  ferne 
eigentfjümfidjen  3uftänbe   fjeröorgefjoben  waren.     6t  tonnte  fic^  fuerbei  am  bie 
Kammern   ftfifcen,   welche   fid)   nod)  !ura  auöor  gegen  Trennung  öon  Detterretdb, 
unb  gegen  ©rünbung  eine§  (grbfaüertfjumS  au§gefprodjen  Ratten.    Seauglid)  be8 
bie  Fortführung  ber  fteformfrage  betreffenben  2Xufrufe§  be§  ßönigS  öon  Spreufeen 
Dom  15.  9Rai,  fucfjte  *p.  aunäcfjft  eine  ©tü^e  in  SBien;  l)ier  wollte  man  jebocb, 
Don  feinen  $orfd)tägen  im  ©inne   einer   SrtaS  nichts  wiffen.     dagegen  gelang 
e§  ifim     in   ba§  SteifönigSbünbmfe   öon  Dorntjerein   ben  Äeim   be§  Verfalls   au 
legen    '  9Ud)t   nur    bafe    er   Satcrn  fern   rjiett,   fonbern   er   bewirfte    aud),  bafe 
©acfcfen   unb   £>annoDer   it)r  Verbleiben   beim   Vünbniffe   bon  Vaiernä  Eintritt 
abMngig  matten.     3n  gehobener  ©timmung  §iett  er  batjer  am  4.  3um  1849 
in  ber  atoeiten  Kammer  eine  ürebe  gegen  biefe§  «öünbnife  unb  gegen  ba8  lieber* 
aemicfit  be«   Sorbens  über  ben  ©üben,     tiefer   Stuäfprucf)   in  Verbmbung  mit 
feiner  programmartigen  (SrHärung,  ba£  Saiern  DorauggWeife  bie  Slujgaöe  tjabe 
als   britter  ©taat  £>eutfd)tanb§  atotf$en   ben  erften   beiben  au  bermittetn,  blieb 
nicbt   obne   beftedjenben  ©inbrud  im   Sanbe.     2)af)er   wagte   er   aud),   bie  2Im= 
löfunq  ber  arbeiten  Äammer  am  10. 3um  bamit  au  begrünben,  bafc  Ue  in  ttjrem  -üe« 
idilufee   über   bie  unbebingte  ©ettung  ber  fteidjiOerfaffung  unb  ber  6runbre$te 
bie    ©elbftänbiqfeit   S3aiern§   ben   SBcfd^tüffen   ber   giationaloerfammlung   unter* 
aeorbnet  babe.   Sie  3}ert)anblungen,  we^e  %  um  «Kitte  ^uni  1849 -m  »ertin 
über  eine  neue  proöiforifege  Sentralgewalt  unb  SBaiernS  «nfcjfa6 ;  an  bie  preu^ 
fc&en  gteiormbeftrebungen   pflog,   ergaben  atoar    einen   grunbfä^en   (Segenlab 
oüten   jeboc^    aueb,   nacf)  «pforbten'8   Sttreife    (4.  ^uti)  rortgefefet  werben.     31» 
aber  fura   barauf  Defterrei^  burd)  gtiebertoerfung  Ungarns  ]reiere  ^anb  ertuelt, 
trat   3ß.   mittelft  9cote   öom    12.  3uü  offen    a(S  ©egner  «preufeenS  auf    htm  er 
ben  SBruA   be§  SJertragS   bon  1815   üormari.     ^n  einer  3cote  ©c^teinife  e  öom 
30    Mi   würbe   biefe  S3efd)utbigung   unb  23aiern§  Angebot   einer  Vermittlung 
awifd)en   «Preußen   unb   Defterreid)   in  Reiben   SluSbrüden  aurüdgewiefen.     Sme 
nocbmatigl  unb   cntgegenfommenbe   Stufforberung  «prcu^enS,   bem   ^aibunbnille 
beiTutreten    wie§  $.  am  8.  ©eptember  unter  «Berufung  auf  S3aiern§  ©e(bi,ianbig= 
feit   aurüd'     3m   «eftreben,   biefe   aud)    Defterreid)   gegenüber   an   ben  ^ag  au 
legen     öeraögerte   er  bie  ^uftimmung  au  bem  in  Folge  baüon  ofme  SBaiern    am 
30.    ©eptember   gef ^offenen  Snterim.     Segreifüd)    wirfte   es  febr  ermut^tflenb 
aui  %    ate  im  ßerbft  1849  bie  Haltung  ber  Äammern  3eigte,  bal  ferne  ^olitif 
weit   entfdjiebener    af§   früher   auf  bie   Unterftüfeung   be§  SanbeS  rechnen  fonne, 
unb  mit  ©elbftbeWuBtfein  erftärte  er  am  7.  flooeinber  m  ber  5tteiten  Äammer : 
S)a§  Siel  ber  baierifcfjen  $ofitU  barf  gana  allein  bie  SluSbttbung  ber  baienfc^en 
©ouüefainität  fein."     3lm   28.  ^oöember  1849  würbe  ifjm  ba8  ®ro|f reuj  b« 
SJerbienftorbenS   ber   baierifäen   Ärone   üertiefjen.     Um    2lngeltd)ts   bes  3tx}aU$ 


698  5jßforbten. 

ber  Union  bem  in  33aiern  laut  geworbenen  SSebenfen  ju  Begegnen,  bafe  in  ber 
beutfcrjen  <&ad)t  nichts  ju  ©lanbe  fommen  roerbe ,  regte  er  ben  unter  bem 
tarnen  be§  SierfönigSentrourfä  öom  27.  Februar  1850  Befanntcn  ^Vlan  an. 
9cadj  beffen  ©djeitern  unterftütjte  er  aufä  lebljaftefte  DefterreidjS  33eftrebcn,  bie 
^nitiatibe  in  ber  beutfcrjen  ^rage  5ßreufeen§  .^änben  (^u  enttoinben.  @r  moljnte 
am  11.  Dctober  ber  gegen  ^rcuBc"  gerichteten  9ftonard)en=3ufatnmenfunft  in 
öregenj  bei,  förberte  alle  (Schritte  Defterreid)§  3ur  Söieberbelebung  beg  23unbe§= 
tag§  unb  tiefe  bei  bem  als  ^r0De  iur  Mfen  ßebenäfäljigfeit  bienenben  (Jinrüden 
in  ß?urrjeffen  bairifdje  Sruppen  fiel)  beteiligen,  ©eine  Semütjungen  auf  ben 
3)re3bener  Gonferenjen  megen  9Ienberung  ber  93unbe§öerfaffung  im  Sinne  ber 
SriaSibee  roaren  erfolglos.  (Sbenfo  mifetang  fein  Sßerfud),  bei  ben  3onoerein§= 
öerljanblungen  oon  1852  burd)  Slufnafjme  DefterreidjS  in  ben  3°üüerein  olc 
fjanbelSpotitifdje  ^üfjrerfdjaft  *preufeenä  ^u  befeitigen  unb  bei  bem  baburd)  cnt= 
ftetjenben  Dualismus  ben  IKittelftaaten  ein  gröfeereS  Ökroidjt  -\u  öerleiljen.  ßinen 
meiteren  2Inlafe  fjierju  ergriff  er,  als  eS  roärjrenb  beS  orientalifdjen  ihiegS  im 
Wäx$  1854  für  Defterreidj  öorübergeljenb  gelegen  mar,  ben  bcutfdjen  ^3unb  an 
feine  ©eite  311  jierjen;  bod)  fjatte  er  hierbei  feinen  Qrrrolg,  ba  bie  öon  ben 
Dtittelftaaten  am  25.  3iuni  1854  in  Bamberg  aufgeteilten  toeitgefjeuben 
f^orberungen  auf  3friebridj  2Bitf)ctm  IV.  ^ufammenfunft  mit  bem  $atfer  öon 
Defterreidj  in  £efd)en  jurücfgcmiefen  tourben;  bie  Kammern  freilief)  bemiUigten 
ty.,  naef)  Stellung  ber  Vertrauensfrage,  ben  (Erebtt  für  ßriegSrüftungcn,  unb 
Äönig  Iftar  erfjob  ifjn  am  11.3luguft  1854  „unter  Erneuerung  unb  33eftätigung 
beS  öon  feinen  Voreltern  inne  gehabten  alten  (BefdjledjtSabelS,  jutn  s)Jterfmale 
feineä  äöorjtroottenS  unb  in  Vlucrfeiinung  feiner  ^erbienfte  für  fief)  unb  feine 
erjelidjen  sJtad)fommen  in  ben  erbltcfjcn  greifjerrnftanb".  Sßergeblid)  fucfjte  er 
im  Dctober  1854  in  SBcrlin  eine  Serftäubigung  aüer  beutfcrjen  ©taaten  in  ber 
Drientfrage  zu  erzielen  unb  erfolglos  maren  aud)  im  Dctober  1855  feine  33e= 
müf)ungen,  im  mittelSbacfj'fdjen  3»ntereffe  Napoleon  III.  für  bie  Slngelegenfjeiten 
GJriedjenlanbS  günftig  ju  ftimmen.  9luf  ber  9iücfreife  öor  ^ariS  gab  er  bei 
SiSmard  in  granffurt  a.  sIJc.  bem  Unrottten  über  bie  geringe  33ead)tung,  roeldje 
93aiem  als  ©rofemadjt  gefunben,  burd)  9Inflagen  gegen  ben  S3unb  MuSbrud  unb 
jeigte  fid)  öon  SaicrnS  Vebeutung  bod)  nod)  fo  fefjr  erfüllt,  bafe  er  feiner 
SBorausfagung  öom  Untergange  beS  beutfcrjen  s-8unbeS  fjin^ufügte :  „Wögen  bann 
biejenigen,  roeldje  auf  eigenen  ftüfeen  nidjt  ftcfjen  fönnen,  fetjen  mo  fie  bleiben ; 
SBaiern  mirb  fid)  fd)ou  burd)f)elfen."  liefern  Unmitlen  liefe  er  aud)  am  23unbeS= 
tage  bejüglid)  ber  "-Befjanblung  beS  s4>arifer  5rieocn§öetira9§  öon  1856  2luSbrud 
geben,  nacrjbem  biefer  an  ©aiern  nid)t  juöor  mitgetljeilt  mar.  2lud)  in  ber 
neuenburger  5^'age  bemirfte  ty.,  nad)  S3i§mardS  33erid)t  öom  31.  Dctober  1856, 
am  Söunbe  eine  niifetid)c  Verzögerung  burd)  bie  ^artnädtgfeit  be§  S5crlangen§, 
ba^  ber  33unb  bie  ^veigebuug  ber  ©efangenen  forbern  fotle.  %m  Innern  folgte 
5ß.  ganj  bem  3ll9e  ber  Oteactiongjeit.  1855  geriete)  er  mit  ber  jtoeiten  Kammer 
in  melcf)er  er  Nürnberg  öertrat,  in  ©treit  über  33erfaffung§fragen  unb  über  baS 
infolge  fetner  äufeeren  s4>otüif  geftiegene  33ubget.  5luf  bie  ©treitigfeiten  mit  ben 
Kammern  öon  1858  folgte  am  19.  9Jtär3  1859  bie  Slbreffe  ber  jroeiten  Äammcr  an 
ben  «^bnig  mit  ber  53efd)ulbigung  gegen  ty.,  in  23ejug  auf  bie  fdj(eäroig=rjol= 
ftein'fd)e  xSxaqt  ein  Söerfaeug  ber  ruffifd)en  5politif  ju  fein  unb  im  (Streite 
Defterreid)S  mit  ^anfreid)  auf  be§  festem  ©eite  ju  ftef)en.  3>n  feiner  9ted)t= 
fertiguttg  mie§  ty.  jmar  nad),  bafe  er  bie  bänifd)e  ^otitif  in  ben  ^er^ogttjümern 
ftets  befämpft,  93aiernä  beitritt  juiil  Sonboner  Stractat  öon  1852  öerf)inbert 
unb  s$reufeen  jum  Qinftefjen  für  Defterreid)§  ^fntereffen  in  Italien  aufgeforbert 
fjabe;  bie§  genügte  jebod)  ber  jmeiten  Kammer  nicf)t.    2)ie  ^Rittelftaaten  mollten 


SPforbten.  699 

fidj  bie  gegen  »Preußen  miBtrauifd)  geroorbene  liberale  gartet  in  2!eutfd)lanb 
nictjt  öerfeinöen.  ßönig  Max  erftärte,  er  motte  ^rieben  tjaben  mit  feinem 
SJolfc,  unb  fo  trat  5p.  am  26.  ÜRärj  1859  jurücf.  9lm  1.  5Dcai  jutn  ©efanbten 
am  SBunbcitage  ernannt,  futjr  er  tjier  unter  jeinem  5Jtad)JoIger  ö.  Sdjrend  fort, 
im  Sinne  feiner  Bisherigen  beutfdjen  5potitif  ju  roirfen.  1861—63  mofmte  er 
ben  Gonferenaen  Bei,  auf  roeldjen  bie  leitenben  ÜJlintfter  öon  Saiern,  2Mrtem= 
Berg  unb  Saufen  gegenüber  5preufjen  in  öerfdjiebenen  Sunbeireformfragen  «Stellung 
narjmen,  unb  im  Sunbestage  entfaltete  er  1863  eine  rege  2rjätigfeit  als"  fReferent, 
namentlidj  üBer  ben  Sarmftabt'fdjen  Antrag  bejügltd)  bei  5ftationalöereini  unb 
für  bie  fcrjiegroig^otfteinfiije  Sad)e.  Sgl.  5pforbten'i  „33otum  über  bie  Srbfotge 
in  Sdjteiroig=£>olftein''  08raunfd}toeig  1864).  Stuf  bem  gürftentage  in  graut* 
fürt  ftanb  er  bem  Äönig  5Dcar  im  Stubium  ber  fragen  bei  23unbeired)ti  bei 
unb  trat  rjier  jur  SBabrung  bei  lefetern  gegenüBer  öfterreidjifdjen  ^rojecten  ent= 
fcfjieben  auf.  Sluctj  beteiligte  er  fidj  im  gebruar  1864  an  ben  Gonferenjen  in 
SBürjburg,  auf  roeldjen  bie  5Dtittelftaaten  otmmädjtige  33efdjlüffe  für  bai  alteinige 
9tedjt  bei  33unbei  in  ber  ^rage  ber  .^perjogtrjümer  faxten.  üDurdj  bai  gemein* 
fame  Vorgehen  ber  beutfdjen  ©rofjmädjte  in  biefer  Sadje  erlitt  bie  burdj  5p. 
öertretene  5politif  ber  "D3cittetftaaten  öollcnbi  bie  größte  5ftieberlage.  ©ennod) 
gelang  ei  itjm,  nadjbem  er  am  4.  2>ecember  1864  öom  £önig  Subroig  II. 
mieberum  an  bie  Spitje  bei  5Dcinifteriumi  geftettt  mar,  eine  geroiffe  formelle 
Einigung  ber  5ücittelftaaten  ]U  Stanbe  ju  bringen,  fobafj  fie  bie  5}lbftimmungen 
im  23unbeitage  betjerrfdjten.  £)iei  fcfjeint  itjn  ermuttjigt  ju  tjaben,  aucf)  Beim 
^erannatjen  beS  3eTtourfnine§  ättiifdjen  5preufsen  unb  Defterretct)  eine  befonbere 
tRoUe  für  SSaiern  aufjuberoarjren.  9Iui  lebhaftem  5DHf$trauen  gegen  Oefterreidji 
9lbftd)ten  für  £eutfd)tanb  unb  Sßaiern  lehnte  er  im  5JJtai  1865  öon  23euft'i 
93orfcr)lag  aB,  gemeinfam  in  2Bien  anjuratfjen,  mit  einem  populären  5ptane  jur 
beutfdjen  Reform  5preuf5en  juoorjufommen;  üielmefjr  fjiett  er,  nadj  ö.  Äönneri^ 
33eridjt  öom  12.  $uni  1865,  bie  ^erftettung  eines*  Beftimmten  üöerfjättniffei 
Sd)teiroig=«£)otfteini  ju  ^reuften  für  Billig  unb  unbebenflidj.  Sie  Unterrebung, 
roeldje  5p.  am  23.  $uli  1865  mit  5Bümard  in  SaljBurg  üBer  bie  grage  ber 
Neutralität  ber  beutfdjen  Sunbeiftaaten  in  einem  &eöorfterjenben  preuj3tfd>öfter= 
reid)ifcf)en  Kriege  tjatte,  fajjte  er  ali  (Sintabung  ^u  einer  Vermittlung  auf,  roai 
fidj  Batb  ali  Jäufdjung  erroiei.  2lui  ben  öom  fädjfifdjen  5JJtinifter  ö.  ^riefen 
öeröffenttidjten  23erid)ten  bei  fädjfifdjen  ©efanbten  in  SBien  getjt  rjeröor,  bajj 
5p.  nodj  im  sIftär3  1866  ber  Meinung  mar,  Cefterreidj  fei  potitifdj,  mtlitärifdj 
unb  finanziell  nidjt  in  ber  Sage,  einen  folctjen  Ärieg  ^u  führen,  fonbern  tl  treffe 
bie  Vorbereitungen  ba^u  nur,  um  bie  tJlittelftaaten  öor^ufc^ieBen,  fie  im  testen 
SlugenBlirfe  „fiben  ju  laffeu"  unb  ficr)  auf  beren  Soften  mit  5preu§en  3U  öer= 
ftänbigen.  %\t  (SinöerteiBung  ber  ^eijogtljümer  in  5preuften  rjielt  er  „immer 
nod)  für  baS  Sßeftc"  unb  meinte,  §ranfrcirfj  fjefee  in  Berlin  jum  Kriege,  um 
babei  bie  baierifd)e  5pfat3  ju  ermerben.  2rc^  biefeg  ©tanbpunftö  erflärte  er 
im  3Jldrj  1866,  ißaiern  werbe  ftd)  jur  grfüüung  feiner  S5unbe§pflid)ten  am 
Kriege  an  ber  Seite  DefterrridjS  beteiligen  muffen,  lieber  beffen  5lrmee  äußerte 
er  aber  fdjon  mieber  in  einer  5Rote  öom  4.  3lpril  nad)  ©reiben,  biefelbe  fönne 
gegen  bie  preufjifdje  nidjts  au§rid)ten.  5p.  entfd)lo§  ftdj  nun  ju  einem  2}er= 
mitt(ungsDorfd)tag,  monad)  ber  33unb  in  brei  gto^e  Gruppen  geteilt  merben 
unb  beren  eine  au§  Sübbeutfd)lanb  unter  baierifdjer  Oberleitung  unb  mit  bem 
ßönig  öon  Saiern  als  SBunbeSfelbb^errn  ftct)cn  fottc.  Seöor  er  jebod)  mit  biefem 
35orfd)lage  auftrat,  tourbe  berfelbe  fc§on  infolge  bei  öon  5Preufjen  am  Sunbe  ge= 
[teilten  9leformöorfd)tag§  unterbrüdt.  Iber  nod)  auf  ber  Samberger  Sonferenj 
öom  13.  unb  14.  5fl*ai  1866  tjiett  5p.  an  ber  Sermittlungiibee  feft  unb  am 
17.  «Diät  riett)    er  nod)mali  in  SBicn  jur  SBcrftänbigung.     S)aB  ber  roeftmäd)t= 


700  5ßfurbten. 

lid)c  Sßorfdjlag,  biefe  burd)  einen  eurobäifdjen  ßongrefj  ju  berfudjen,  für  roeldjen 
man  in  granffurt  5p.  bereits  als  Vertreter  beei  SBunbeä  ins  5Jluge  gefaxt  Ijatte, 
bon  Defterreid)  abgelehnt  würbe,  erbitterte  5p.  fo  feljr,  baft  er  es  am  7.  3funi 
für  roieber  fraglid)  bezeichnete,  ob  58aiem  fiefj  in  einen  «ftrieg  ju  ©unften  Dcfter» 
retcfjö  einladen  bürfe.  infolge  biefes  5Utangels  an  fteftigfeit,  über  roeldje  fidj 
©raf  93cuft  in  feinem  tjintertaffenen  Sßerfe  (I.  ©.  425)  närjer  ausgelaffen  t)at, 
ift  it)m,  3.  5B.  in  ber  ©djrift  „TJreiljerrn  b.  b.  4>fort>ten"s  SBirfen  unb  2öir= 
fungen"  borgetoorfen,  nidjt  zeitig  unb  genügenb  für  ben  Ätieg  geforgt  ^u  rjaben. 
Bebor  ber  58unbestag  auf  58aierns  Eintrag  am  14.  3fum  b\e  5Dtobilifirung  gegen 
5preufjen  befdjtofj,  hoffte  Saufen,  unb  nad)b/r  t)offte  Defterreid)  bergeblid)  auf 
mititärifd)e  .<pülfe  Baierns.  jDiefes,  erflärte  5JS.,  fönnc  ©adjfen  birect  gar 
nid)ts,  inbirect  nur  burd)  Slufftctlung  eines  Gorps  bei  Goburg  nütjen.  (Sine 
golge  babon  mar  ber  5Kbzug  ber  ©adjfen  nadj  Böhmen.  2>er  fobann  bon 
baierifdjen  5Dtititars  in  2Bien  berabrebete  5ptan  einer  Bereinigung  bes  batertfetjen 
^eereg  mit  bem  öfterreid)ifd)cn  in  33öl)tnen  rourbe  bon  5ß.  roieber  umgeroorfeu. 
SBenn  Defterreid)  fid)  5preufjen  gegenüber  für  ju  fdjroad)  Ijatte,  fo  fei,  meinte 
5p.,  gcrabe  bies  ein  ©runb,  fid)  ü)tn  nidjt  anzufctitiefjen ;  23aiern  roerbe  fidj 
Defterreid)  nidjt  unterorbnen,  roeldjes  immer  glaube,  über  33aiern  roie  über  eine 
5probinj  beifügen  «ju  tonnen.  5!lud)  bas  burd)  33aron  b.  ^offmann  gefteflte  Ber= 
langen,  bie  «fpälfte  ber  baierifdjen  Srupbcu  nadj  Böljmen  zu  fcfjtcEen,  rourbe  bon 
5p.  mit  bem  Scmerfen  abgelehnt,  bafj  bann  bie  anbere  ^älfte  bon  ben  5preufjen 
rourbe  gefangen  roerben.  (91.  ftreie  treffe  9er.  7604  bom  29.  October  1885; 
gfr.  ©djütj:  „5!lus  bem  öeben  bes  33aron  b.  £)offtnann.  5)cadj  3lufjeid)nungen 
beffelben.")  33ielmef)r  t)iett  es  5p.  für  angemeffen,  aus  bem  beborfterjenbeu  ;,u= 
fammenbrudjc  in  erfter  £inie  für  Baiern  befonberc  33ortt)eite  zu  ertjafdjen:  S5cr 
Umftanb,  bafj  5p.  bidjt  bor  ber  Gntfdjeibung  in  ber  beutfdjen  ©adje  einen  fetb= 
ftänbigen  jübbeutfdjen  Bunb  unter  Leitung  Baicrns,  mit  eigenem  3otlberein 
unb  einer  Bunbesarmee  unter  baierifdjem  Oberbefehl  nochmals  erftrebte,  erroedte 
im  übrigen  ©übbeutfd)tanb  lUifjtraueu  unb  trug  jur  ©djroädjuug  ber  ©cgner 
5preujjens  bei.  5Rad)  beffen  (Siege  roarf  5p.,  roie  b.  £$ftiefe"  berichtet,  alle  ©djulb 
am  Kriege  auf  b.  Beuft,  ber  feine  auf  mititäriferje  ©utadjteu  geftü^ten  Wü* 
madjungen  nidjt  beachtet  Ijabc.  5p.  erfctjien  nod)  bor  3lbfd)(ufe  ber  5präliminarien 
mit  -Defterreid)  in  5ftifol§burg,  um  bie  Beteiligung  ber  jübbeutfd)en  Staaten 
am  SBaffenftiEftanb  ju  erroirfeu,  rourbe  aber  abgeroiefen  unb  am  2.  9luguft  jum 
5}lbfct)tu^  für  Saicrn  jugclaffen.  lieber  eine  abentcuerlid)e  5}ht,  roie  5p.  in  <£>or)en= 
fctjroangau  bie  3u^immung  bes  i?önig§  jur  Qinftellung  ber  ^einbfeligfeiten  er= 
langt  ^abe,  l)at  33.  ©rtanger  in  bem  5Reuen  SBienct  lagebtatt  berichtet.  Bergt, 
^ranff.  ^tg.  170  bom  25.  ^uni  1886.  s.Uad)bcm  5p.  ben  5rieben§=  unb  ben 
geljeimen  Sünbnifebertrag  unterzeichnet,  fucfjte  er  am  25.  5}luguft  in  ber  aroeitert 
Kammer  nadjjuroeifen,  baft  it)m  gelungen  fei,  berr)ältni^mä^ig  günftige  33e= 
bingungen  ju  erhalten.  S)en  ju  5)iifot§burg  borgefetjeneu  fübbeutfd)cn  Sunb  er= 
Härte  er  für  ein  bon  gnutiKid)  aufgenötljigteä  5project,  für  tocldjrS  in  Süb= 
beutfd)lanb  roenig  5Reigung  tjertfdje.  5Hm  29.  2)ecember  1866  trat  5p.  au§  bem 
5}lmt  unb  in§  5pribatteben  zuiüd.  3n  ber  balb  barauf  erfdjieneneu  (Sdjrift  über 
fein  2Birfen  rourbe  il)tn  eine  (Stjarafterlofigfeit  fd)ulb  gegeben,  beren  3^ge  in 
ber  roanlelmütt)igen  ^luffaffung  bon  5Recfet§tt)eorien,  in  eilfertigem  -gmfdjen  nact) 
Popularität,  in  Unfd)lüffigleit  in  entfdjeibenben  5?lugenbliden  unb  in  plötjlidjem 
reuebotten  6rfd)reden  bor  feinen  eigenen  5Dcad)roerfen  beftänben.  Bluntfdjli  er- 
teilte über  itjn:  „er  ift  d)olerifd)=fanguimfd) ;  er  fpielt  ben  Staatsmann  unb 
läfjt  fid)  immer  bon  ben  Söallungen  unb  Stößen  feiner  Seibcnfdjaft  leiten,  oc)ne 
bie  objeetiben  Berrjältniffe  ju  erroägen."  %n  bie  Oeffentlidjfeit  trat  5p.  nur 
nodj  burd)  Verausgabe  feiner  „©tubien  3U  Äaifer  ^ubroigs  oberbaierifdjem  ©tabt= 


«Pforx.  701 

unb    2anbred)tM    ($)cündien  1875).     (Sr    ftarb   in   peinlicher    33ereinfamung    in 
«Ölungen    am  18.  21uguft  1880.     2Iuf   leinen  2ßunfd)   fprad)  Sefan  23ud)rurfer 
am  21.  Stuguft  in  ber  Seidjenrebe  ntdtjt  öon  feiner  öffentlichen  3H)ätigfeit.    _£ie 
giefrologe   in   ber  treffe  roaren  einftimmig   in  ber   23erurtt)eitung  feine«  2Ibiatl8 
öom  Liberalismus,   feiner  Haltung  in  ber  beutfd)en  fjrage  unb  feineä  Mangels 
an  geftigfeit  in  entfdjeibenben  Slugenbliden.     Sie  SBiener  „Neue  greie  treffe" 
(5739  u.  10)  t)ob  befonberS  bat,  öerbiente  tragifd)e  ©efdjid  t)erbor,  bafe  $.  baS 
flagliäe   3erftieben   be§   3ietS  feineS   ganzen  ©trebenS   erlebt  tjabe.  -   $.  war 
feit  181-4   bermät)lt   mit  Slbelgunbe  «Btarr   (geb.  1823),  2od)ter  etnei  23anfterS 
in  2eip3ig,  mit  tuetdjer   er  brei  ©ör)ne   unb  eine  2od)ter  tjatte,  unb  meldte  am 
22  3ult  1873  auf  bem  Söatjnrjof  in  SBeefen  in  ber  ®<$toeia  töbttid)  oerungludte. 
©renaboten  1849,  1  Sem.,  53b.  1,  ©.  201  („3).  <ütin.  b.  b.  $f.");  - 
©teqerS  @rgän5.-33l.  3Bb.  4  (8p3-  1849>;  —  ©egenmart,  23b.  5  («P3.  18q0). 
©     614-  —  $reuB.    23odjenbl.    1856,   9fr.  21    <„2).  «Dein.  r>.  b.  $?.  u.  b. 
2.  baier.  Kammer");  1859,  9tr.  50-52;  1860,  9er.  42,  45,  46; -Jpamb. 
Dtacfir    1860    9tr.  77;  —  »Mrnb.  Gorrefp.  t>.  2Inf.  2Iprit  1860  („$.  ^anjer 
b    ßtn.  b.  b.  SB.");  -  $*eufc.  3at)ib.  1859  53b.  1,  1865  33b.  2;  -  Sätet. 
2öc4enfd)r.    1862    23b.    2,    ©.    567;    -   b.   b.   $?.'*  SBhfen    (^rauentelb 
1867V  __  S3iebermann,  23eitr.  3-  ©efä-  *>•  Sfranff.  $arl.  u.  fcittor.  lafdjenb. 
f    1877  ©    137;  —  Revue  des  Deux  mondes  1878,  ©.  131;  —  0.  ^riefen, 
(irinn.  a.  m.  «eben  (Srelb.  1880;;  —  9Jcebing,  «ötemoir.  23b  1    ©.  15J  ;  - 
D.  lodjmuS,   gej.   ©Triften,   23b.  3  (Spj.  1883);    -  Sluntl^tt    Senfto.  a. 
m    Seben,   23b.  2  (Körbt.  1884)    ©.    112;  — .  23iebermann,  m.   Seben  u    e. 
©iüd  ^eitgefeb.    23b.  1  (23reslau  1886)    ©.   260,   275-298;    -  2lus  bret 
©«telfaHunbexten.   SBon  fr.  gerb,  ©rat  c  SBeuft.   23b.  1  (©tattgatt  1887) 
©    41    87,  141,  433,  455.  —  <£b.  ©tepl)ani.    (Sin  23eür.  3.  3"tge|d).  öon 
23oettcber    '(2p3.'l887j  über  $.  in  ©adjfen  u.  auf  b.  SreSb.  60m. 
<juClity  co  äötppermann. 

töforr  Antonius  t».  $.,  au§  einer  33reifadiifdien  ^atricierfamilie  (3Rone, 
Seitfern:  13,  50.  Cuettenfammlung  3,  256.)  erlernt  1458  als  getftt.  ftatt) 
|er  og  ©iegmunbS  unb  1477  als  $farrf)err  3u  6t  Mortui  in  ^ttenburg. 
Gr  ift  ber  Ueberfefeer  beS  „23ud)eS  ber  23eifpiete  ber  alten  äüeifen  (IjerauSg.  f. 
§oEanb,  ©tuttg.  1860),  toie  baS  5tfro[tid)on  aeigt. 
Pfeiffer,  ©ermania  IX  226,  X  145. 

Ißforr:  3 0 bann  ©eorg  $.,  Tiermaler,  geboren  am  4.  Januar :  1745 
m  Ulfen  in  Kiebert)effen,  übte  fid)  früt)  im  3eu$nen  unb  fefete  bteS  aud)  Tort, 
uadibem  er  »ergmann  in  bem  23ergroerfe  3*  9tid)etSborT  geworben  mar  ®er 
beff  febe  gmnifiet  b.  2Sai^  mürbe  auf  ba§  Talent  be§  lungen  «KanneS  auf» 
m  fam  gemacht  unb  »Raffte  i^m  eine  ©teile  att  «da  an  ber  gafieler 
$013  ttanmanufactur.  S)iefe  »ef*&?tigung  fagte  tt)m  iebocto  am  bie  Sauer  n«J 
3U  meBDalb  er  fie  naci)  einigen  Sauren  amgab,  3u  fernen  gltern  prudfe^rte 
unb  bann  einen  SBerttmlterpoften  auf  einem  großen  t)errfd)aTthdien  ©ute  uber= 
«nL  ÜII8  iebod)  im  X  1777  bie  Safieter  ^Dcalerafabemte  errietet  tourbe, 
Ä\tift  »e  att,  dl  ©*««  borten  unb  «fit  bereit,  bei  ber 
? rften  auSfteünng  im  %  1778  ben  $tei3  lür  ein  Oetgemalbe,  tobte  üleb^nei 
noxfteatr  ®eiftbet  Wettung  im  rotgenben  ^at)re  mürbe  er  als  VM&A 
Ser  Semie  aufgenommen.  <Sr  MW  in  daffet  Steunb^att  mit  bem  ©alerte, 
in fnector  Sodann  ©einriß  2ifd)bein  iun.,  beffen  ©djtue,ter  ^ot)anna  er  aud, 
l^TriÄ,  nähern  er  fd^on  1781  nad^  Sranfrurt  a.  TO.  ubergefrebelt  tr-ar- 
»entfaltete  in  ber  <Dcainftabt,  aud)  perföntid)  fetjr  angeferjen,  eine  reidje  unb 
anertannte  2t)ätigteit,    bi§  er  ben  9.  2Juni  1798  an  einem  Sungenleiben  itaxb, 


702  W°rt- 

311  bem  bie  anftrengenben  arbeiten  in  feinet  Sergmannaeit  bereits  ben  ©ritub 
gelegt  Ratten,  ©ein  ^orträt  in  nod)  jungen  Sauren  (Profit)  ift  unä  in  einem 
anonymen  llmtißftid)  erhalten;  unten  fterjt  GEORG  PFORK  unb  bet  ©prud) : 
©et)t  tjier  ben  tfünftter  ftatttid^  efjtenroeljrt,  ber  Slnfang  bie  SoUenbenbe  geleljtt. 
ÜJ}.  matte  mit  Sorliebe  ^ferbe,  bie  et  auä  bem  ^unbamente  fannte;  jebod)  aud) 
anbete  Xtjiete;  überhaupt  bitben  bie  £f)iere  aud)  ben  £)auptgegenftanb  feiner 
öemälbe,  roeldje  mit  Sanbfdjaftcn  gehievt  finb.  ©ein  Stufjm  roar  feinet  3«t 
fo,  baß  man  itjn  ben  beutfdjen  Söouroerman  nannte,  .ipeut^utage  attctbingS 
urtfjeilt  man  fügtet,  ty.,  tote  bie  Äünftler  feinet  3^*.  ftaf  immet  nod)  in  ben 
£rabitionen  bet  Wiebertänber  beä  17.  ^arjttmnbcttS  unb  bei  $.  £>.  9tooä;  überall 
bilden  biefe  Ijerüor,  fo  baß  feine  Gilbet  etroa§  Gonüentioneltes  fjaben;  befonbeti 
finb  feine  compomtten  ©adjeu  baüon  fef)t  beeinflußt,  roätjtenb  et  in  anbetn 
roieber  metjt  unbeeinflußt  fein  tüdjtigei  9taturftubium  jeigen  fonnte.  6t  malte 
in  Del  unb  ©ouadje,  jeicrjnete  in  ©epia  unb  Xufdje  unb  tabivte  üerfdjiebene 
glättet:  Sine  golge  oon  16  Stoti  311  .püneräborf'i  Anleitung  Sampagnepfcrbe 
abjutidjten  (1792);  bie  öoi\\ügtid)ftcn  v4>ferberaffen,  12  Statt,  rooPon  5ß.  fetbft 
bei  feinem  £obe  nut  11  PoÜenbet  fjatte;  ©tute  bei  bem  auf  bem  Ütüdfeu  liegen* 
ben  @fel;  ^)alt  eincä  Steuer»  im  ©olbatencoftüm  bei  17.  3tacjrljunbcrtö  üor 
einem  2anbroirtt)3t)aufc  ( 178!»  1;  bet  Sßfttbeinartt.  .£).  8d)%  3.  ©.  Steinljeimet, 
,£>.  %.  ©djulj,  ty.  ©petf),  ©ufemit)l,  ©djroetjet  unb  91.  Sartfd)  ftadjen  nad)  ifjm, 
bet  letzte  eine  fdjöne  ^otge  Oon  6  Statt:  Ungarifdje,  ruffifdje,  fpanifdje,  pol« 
uiferje,  engtifdje  unb  arabifdje  Sßfetbe.  $n  fjfranffurt  (©täbelfd)e§  3fnftitut), 
Sarmftabt,  ^tannb.eim  finb  Silber  oon  5ß.  in  ben  ©aletien. 

Sgl.   übet  biefen   Äünftler  (SJroinner,  ilunft   unb  Äünftler   in  granffurt 
a.  m.     1862.  2Öilt).  ©djmibt. 

v^forr:  5tanj  5p.(  93tatet,  ©otjn  bei  Zotigen,  geboten  am  7.  Elpril  1788 
in  ^tanfjutt,  ertjielt  nod)  üon  feinem  Sater  bie  etfte  Einleitung  311m  3^tf)nen- 
fam  bann  ISOl  ju  feinem  Dtjeim  lifdjbein  nad)  Gaffel  unb  im  <£)erbfte  1805 
auf  bie  Sßienet  3lfabemie  ju  Trüget.  Set  etroaä  fpätev  nad)  2Bten  fommenbe 
Düerbetf  fdjloß  einen  engen  greunbfdjaftibunb  mit  it)m,  unb  bie  beiben  jungen 
9Jtalct,  ju  beten  $teiä  nod)  2.  Söget  aus  3ürid),  3.  ÜJßintergerft  aus  SUroangen, 
$.  ©uttet  au8  ßinj  gehörten,  fanben  fid)  nidjt  Oon  bet  sJtid)tung  5üger§  be= 
ftiebigt.  Qtä  fam  jum  Sructje  unb  bie  2lfabemie  nötigte  fie  jum  Elustritt. 
2)a$  roar  bie  ©ebuttsftunbe  bet  neuen  romantifdjen  Malerei.  s45?ott,  Düetbed, 
^jottinget  unb  Söget  roanberten  1810  gemeinfam  nad)  Ütom.  ßeiber  fonnte  $. 
nut  fuqe  3eit  ^e"  Soben  bet  eroigen  Äunftftabt  betteten ;  fdjon  in  3)eutfd)lanb 
btuftleibcnb,  mußte  et  im  Tjtürjjaljte  1812  9tom  Oetlaffen,  um  in  Eltbano  eine  6fete= 
mildjeut  ju  gebtaudjen;  jebod)  beteitä  am  16.  ^uni  be§  gleichen  3arJree  vaff te  itjn 
bet  2ob  roeg.  Cl)ne  ^roeifel  Ijat  bie  tomantifdje  ©d)ute  an  it)tn  ein  tjetüottagenbeä 
2alent  üetloten.  (Sine  3lnjat)t  oon  ßompofitionen  unb  |)anb,}eidjnungen  ließ 
bet  gtanffurtet  «Üunftüetein  in  jroei  heften  etfd)einen  (gtanffutt  1832,  1834, 
1835;  bei  ©roinnet  beö  ßinjetnen  befd)tieben).  ^fott'S  Celgemätbe,  Dtubolf 
Oon  |>ab§butg.  bet  fein  Stoß  bem  ^tieftet  fdjenft,  blieb  unüotlenbet;  ei  bepnbet 
fid)  im  ©täbelfcfjen  5Jlufeum.  3fn  feinet  ftüfjeften  3cit  r)atte  er  fid)  aud)  im 
Statoren  üerfudjt.  9teber,  ©efd)id)te  bet  neuetn  beutfd)en  ,^unft,  2.  2lufl.,  Sb.  1, 
©.  263,  uttljeilt  üon  unfetm  Äünftlet:  „3»n  feltenet  Söeife  ein  feinfüljtenbee, 
teidjei  Semütt)  mit  Älattjeit  bet  2lnfd)auungcn  üetbinbenb,  babei  feine  fünftle* 
tifdjen  3^  möglid)ft  tjod)  fe^enb,  tjatte  et  bie  (Sntroidlung  Doetberfi  motalifd) 
roefentlid)  gehoben  unb  ben  fd)üd)ternen  ©enoffen  ^ur  (Entfaltung  unb  (Erprobung 
feiner  Talente  ermuttjigt.  ©id)  felbft  nidjt  leidjt  genügenb  unb  atlei  üielmeljr 
ali  Sorbereitung  unb  rocitere  2tuöbitbung  feinei  fünftlerifdjen  Sermbgeni  be= 
tradjtenb,  befdjränfte  er  fid)  faft  ganj  auf  ©fi^jen  unb  ßompofttionen.  —  9tid)t 


5ßfotettf)auer.  703 

fo  eng  in  feinem  ftofflidjen  ^orijont,  toie  fein  Berühmter  greunb,  übertraf  er 
biefen  aucrj  an  9teid)trjum  feiner  $r)antafie,  toie  benn  aucfi  bie  Anregung  jur 
©ruppe  DberbetfS  „^talia  unb  ©ermania"  bon  einer  fctjon  1808  in  SBien  ent= 
ftanbenen  3eidmung  pforr'S  ausging."  2Bilrj.  ©djmibt. 

^fotCHÖaucr:   (Srnft   $  rieb  rieb,    ty.,   ftedjtlgetefrtter ,    geb.  am   1.  3uni 
1771  3U  Setikfdj  bei  Seipjig  als  ältefter  ©ofjn  bon  adjt  ßinbern  beS  bamaligen 
borttgen  SanbricrjterS,  fpäteren  2lmt£infpector§  s$.  in  äöermSborf.    9tasf>  tüchtiger 
Vorbitbung  in  9ßforta  bejog  er  5ftid)aeli  1789   bie  llniberfttät  Wittenberg,  be= 
ftanb  t)ier  1792  fein  examen  pro  cand.  et  praxi,   tjielt    7.  Januar  1793  feine 
erfte  afabemifcfje  2)orlefung  über  rbmifcrje  ^nteftaterbfotge  unb  bertfjeibigte  1795 
feine   Sioctorbiffertation    „De  judiciis,    a   quibus  et  ad  quae   provocare  licet  in 
terris    Electori   Saxon.  subjectis".     91ad)   fur<jer   ^rajiS    als  «IpofgeridjtS*   unb 
Gonfiftorialabbocat  tourbe  er  1797  aufjerorbentticrjer  ^rofeffor  unb  aufjerorbent= 
lieber  Seifiger  ber  ^uriftenfacultät,  rücfte  1800  in  eine  orbenttidje  33eifi|erftette 
auf,  tourbe  1802  orbentlictjer  5)ßrofeffor,  1803  £of  geriet)  tSratt)   unb  Slffeffor  be§ 
©d)öppenftut)t§.     3ui°*9e  oer   häufigen  ©urc^märfetje  franjöfifd^er  Gruppen  unb 
2Bieberf)erfteltung  ber  Söittenberger  geftungStoerfe  im  ^.  1812   fetjaffte  er  feine 
gamilie  nad)  SBermSborf,  toäljrenb  er  felbft,  nadj  DZieberbrennung  ber  Sßorfiäbte, 
mit    mehreren    Gottegen    (Alien,    Stnbreä,    ©rünbler,    ©crjtnibt)    1813  fid}   nad) 
ßemberg,  bann  nad)  bem  abfettS  ber  -Ipeerftrafje   gelegenen  ©djmiebeberg  3urüd> 
30g.     <g)ier   fammette   fid)   unter   feinem   Ütectorat   ein  novemviratus  academicus 
unb  eine  Slnjarjl  ©tubenten.     %m  Dctober   1815   folgte  er   einer  2Iufforberung 
be§  preufjifd)en  ©oubernementö  in  ^erfeburg  jur  Uebernarjme  be§  2)irectorium§ 
eines  interimi[nfd)en  GotlegiumS    für  bie  ^uftijfac^en  ber   neuen  ^roöinj,  ging 
aber  im  2lpril  1816  als  ^rofeffor  nad)   ^aHe,    auS  toeldjer  ©tellung  er  1825 
auSfdjieb,    um    fidj    fortan    ber   Bearbeitung   ber  3at)treic^en   ©prudjfactjen    beS 
©djöppenftufjtS  ju  wibmen,  in  toetdjer  9tid}tung  er,  öermöge  feiner  auSgebefmten 
©eletjrfamfeit  unb  feines  eifernen,  rafttofen  gteifjeS,  IjerborragenbeS  leiftete.    Ilad) 
bem    Sobe   3eperni(fS   (1839)   tourbe    er  ©irector   beS    ©d)öppenftut)lS ,  erhielt 
1841    in    Stnerfennung    feiner    geleifteten    Sienfte    baS    patent    als    geheimer 
^uftiaratlj,  tourbe  am  7.  Januar   1843   bon  bieten  ©eiten   burdj  ©lürftoünfdje 
unb  Deputationen  geehrt  unb  berftarb  an   einer  9Jtagen=  unb  ßungenbertjärtung 
am   23.   Sluguft   1843.     911S    afabemifdjer   Server    ffatte    er  über  ftatur*   unb 
Sßölf erregt,    fäd)fifd)eS    Staatsrecht,    Snftitutionen,    ^anbecten,    gemeinen    unb 
preufeifetjen  ^rocefj,  9teferir=  unb  Secretirfunft,   fotoie  über  preufjifctjeS  Sanbredjt 
bi§  in   bie   lebten   ^arjre   mit   großem  Erfolge  (Sottegien   gehalten.     S3on  feinen 
bieten  ©Triften  ift  namenttid}  tjerboraurjeben   feine   burd)  eine  neue  toiffenfd&aft* 
lierje  Slnorbnung  ausgezeichnete  „Doctrina  processus  cum  germanici  tum  saxonici" 
1795 — 1797,    3   23änbe   mit   ©upptementen,    in   2.  Ausgabe   bon   Siebemann, 
Öeipjig    1826—1827,    rjerauggegeben.     2tt§   g?ortfe£ung   fd^tieBt  fid^    tjieran  bie 
„^tb^anbtung    über   ba§   geric^tlidie  Seriab.ven   in  ©adjen,    toeld^e  ben  neueften 
SSefi^  betreffen",  ^eipjig  1797.     Vloä)   feien   genannt  baä    „^anbbud^   ber   bon 
1770   bi§  auf  bie   neuefte    Seit   im   ßönigreid)  ©ad)fen   erfcfjienenen   ßriminal-- 
gefe^e",  SBittenberg  1811,   unb  bie  ©djrift:    „S)ie   ©traf barfeit  ber  öffentlichen 
Verbrennung  ber  S)rudfd)riften  2lnberer  unb  bie  3uläffigfeit  ber  SBiberflage  bei 
bem   2)enunciation§=   unb   llnterfud)ung§proceffe",  ^aüe  1819.  —  ^3.  liebte  bie 
SBarjrrjeit  unb  Offenheit  über  alle§  unb  freute  fid]  nitf)t,  bie§  offen  3U  befennen. 
©ein  2Bar)lfprud)  toar:    Tu    ne  cedo   malis,   sed   contra  audacior   ito;  in   ber 
2Bal)l  bon  ftreunben  tie^    er  fid^    bureb  ben  ©afe  leiten:    Diu  cogita,    an  tibi 
aliquis    in    amicitiam   reeipiendus   sit;    cum  placuerit  fieri,   toto  illum  pectore 
admitte. 


704  oranger  —  ^friemb. 

9lacr)  ber  33iograpf)ie  be3  ©ot)ne£  (Sb.  'ißfotenrjauer ,  langjährigen  *ßro= 
feffor§  beä  ©ttafred)tS  in  Sern  (geb.  18.  ©ept.  1802)  in  ber  (Jncbftopäbic 
bon  @rfd)  u.  ©ruber,  III.  ©ection,  £t)eil  21,  Seipaig  1846. 

£eid)mann. 

^frOltgcr:  ^oljann  ©eorg  %  mar  am  5.  2luguft  1745  ju  Jpitbburg» 
tjaufen  geboren.  s.)cad)bem  er  in  3ena  Geologie  ftubirt  fjatte,  mürbe  itjm  ba§ 
Pfarramt  in  bem  unmeit  feiner  3iaterftabt  gelegenen  Sorte  ©treffentjaufen  über= 
tragen.  ©ct)on  1777  aber  berief  itjn  ber  ^er^og  Äarl  bon  ©ad)fen=9Jceiningcn, 
roeldjem  er  alö  Äanjelrebncr  unb  ©d)riftftcller  —  1772  bereits  mar  ein  Setjr* 
gebidjt:  „bie  33orfefjung"  öon  iljm  erfdjienen  —  befannt  geroorben  mar,  ju 
feinem  £)oiprebigcr  in  bie  JRefibenjftabt  "Uceiningen.  ©päter  aud)  jum  Gon= 
fiftorialaffeffor  ernannt  ftarb  er  am  10.  ^uli  1790,  toou  feinem  gürftenrjauä 
mie  bon  feiner  ©emeinbe  in  gleidjem  ©rabe  gefd)ät;t  unb  geliebt.  2öie  er  fid) 
aber  im  engern  Greife  burdj  feine  SBirffamfeit  als  "ßrebiger  unb  ©eelforger  bie 
aEgemeinfte  v.Jld)tung  ermorben  tjatte,  fo  berbieut  fein  Warne  aud)  in  ber  ©e= 
fdjidjte  ber  geiftigen  53eroegung  ber  lefcten  ^atjrjetinte  beä  oorigen  3fat)rrjuuberte 
genannt  ju  merben.  otnar  fein  oben  erroät)nteä  ^etjrgebidjt  unb  feine  1794  in 
ätoei  rafd)  aufeinanber  folgenben  Auflagen  tjerauggegebeneu  bermifdjten  ©ebidjte 
ergeben  fict)  nicfjt  fefjr  über  bas>  ©emötjnlidje  unb  ftnb  mofjt  aud)  tautn  meit 
über  bie  ©renken  feines  engern  SBaterlanbeä  öerbreitet  morben.  (Sbenfo  fann 
t)ier  nur  borübergerjenb  feiner  üttjätigteit  bei  ber  Ütebaction  eines  neuen  ©efang= 
bucfcjeö  gebadjt  merben,  roeldje  itjm  bon  feinem  dürften  übertragen  morben  mar. 
9tidjt  nur  formte  er  eine  grofje  9lnjat)l  älterer  jfirdjenlieber  nad)  bem  bamatigen 
geitgefdjmade  um,  fonbem  fteuerte  aud)  felbft  gebidjtete  reidjlid)  bei,  bie,  menn 
aud)  juroeilen  etroag  troefen  unb  nüchtern,  bod)  oft  aud)  burd)  eine  rjeralidjc  unb 
gemütfjreidje  fteligiofttät  anfpredjen.  3}iel  bebeutenber  aber  mürbe  ty.  burd)  ben 
©egenfatj,  in  melden  er  ju  ©.  6.  ßeffing  ^u  treten  magte.  %m  3.  1779  mar 
beffen  9catf)an  erfctjienen ,  in  roeldjem  ty.  fo  wie  mandje  anbere  bie  ci)riftlid)e 
Religion  in  itjrer  (Jljre  beeinträchtigt  fat).  @r  bidjtete  batjer  in  bramatifcfjer 
gorm  feinen  „Oitöud)  oom  Libanon"  alä  ©egenftürf,  ober,  mie  er  eä  felbft  be= 
äeidjnet,  als  9tad)trag  unb  gortfetjung  be§  Dtattjan.  ©an^  richtig  fpridjt  fidj 
ein  geiftbotler  Ärititer  ber  neuern  3eit  über  ^franger'S  2)id)tung,  an  beren  2Iuf= 
fütjrung  übrigens  bon  bem  2)id)ter  felbft  nicfjt  im  entfernteren  gebadet  mürbe, 
fotgenbermafjen  auS:  „@S  mar  ein  fd)mierigeS  ilnternerjmen,  einem  ©eifte  mie 
ßeffing  mit  einem  ©egenbilb  bon  djriftlict)  firdjlidjem  ©tanbpunft  entgegen= 
5utreten,  unb  bie  ©djroierigfeit  mürbe  in  bem  oortiegenben  f^atl  nod)  baburd) 
bergrö^ert,  ba^  ty.  e§  bor^og,  ba§  bon  ßeffing  fo  großartig  entmorfene  ©emälbe 
meiter  au^ufüljren ,  ftatt  bemfelbcn  ein  boltftänbig  neue§  gegenüber  ju  fteEen. 
@^  fann  fein  3tüeif d  fein,  auf  roeldjer  ©eite  ber  größere  ©eift  ober  audj  nur 
ba£  größere  bramatifdje  ©efdjicf  ift.  ftur  ba^  man  fid)  bon  ber  augenfälligen 
Uebertegenr)eit  beg  ßeffingifdtjen  ©eniu§  nid)t  bi§  ju  bem  ©rabe  tjinreifeen  laffc, 
um  barüber  gegen  feinen  ©egner  unbillig  ^u  merben.  ^3franger'§  2)rama  ent= 
f)ält  biele  tief  gebadjte  unb  geiftreidje  ©teilen  unb  madjt  burd)  bie  lieben§= 
mürbige  ^Jcilbe  ber  ©efinnung ,  meld)e  fid)  burd)  baffelbe  t)inburd)3ier)t ,  einen 
burdjauä  motjüb^uenben  ©inbrud."  S)er  9Jtönd)  bom  Sibanon  erfdjien  in  ®effau 
1782,  bie  2.  Stuflage  1785,  bie  3.  in  Seipjig  bei  Sartt)  1817  mit  einer  93or= 
rebe  bon  Sofj.  2lmab.  äöenbt.  ©djaubadj. 

^friemb:  ^ofepb,  $. ,  ^efuit,  geb.  am  21.  Wai  1711,  i  nad)  1771. 
6r  trat  am  14.  $uli  1732  in  ben  Crben  ein,  mar  1748—49  *Profeffor  ber 
Strjif  unb  ^3fjl)fif  5U  >))caina,  1750—61  ^rofeffor  ber  Geologie  ju  Bamberg, 
bann  Ütector  beS  6oHegium§  ju  ©petjer,  bon    1771  an  Sßrofeffor  ber  2f)eologie 


$fuel.  705 

ju  #ulba.  3U  s2ftatnä  t»eröffentüd£)te  et  juetft  eine  2)iffettatton :  „Unde  terrae 
motus,  quibus  urbs  Lima  in  America  australi  a.  1746  prope  eversa  fuit,  ortuin 
ducant",  1749,  bann  eine  Streitfcbtüt  gegen  ben  33enebictinet  9lnbtea6  ©otbon 
in  (Srfurt,  beffen  5polemi£  gegen  bie  fd)olafiijd)e  öogif  unb  $bt)fif  bamalä  2luf= 
feljen  enegte.  (Sotbon  tptte  1745  unb  1747  jtoei  alabemifdje  :Jieben  gehalten  übet 
bie  Themata :  Pbilosophiam  novam  veteri  praeferendam  unb  Pbilosopbiam  novam 
utilitatis  erga  amplectendam  et  scholasticara  philosopbiam  futilitatis  causa 
eliminandam.  dagegen  ttaten  btei  ^efuiten  auf,  Sucas  DpU'tmann  ^u  Stfutt 
(f.  21.  S.  S.  XXIV,  367  ,  feine  Schrift  routbe  am  7.  ^ebtuat  1749  öon 
5Rector  unb  Senat  betboten),  $eter  (Sifenttaut  ^u  SBüt^butg  unb  ty.  in  bet 
„  Apologia  qua  errores  R.  P.  Andreae  Gordon  contra  pbilosophiam  scbolasticam 
in  duplici  schediasmate  commissi  proponuntur  et  vindiciis  petitis  contütantur". 
Sorbon  liefj  fie  mit  feinen  Sieben  unb  einet  Entgegnung  abbtucfen  in  ben 
Varia  pbilosophiae  mutationem  spectantia,  1749.  Iß.  antwortete  in  bet 
„Dissertatio  irenica  contra  Grordonum",  1750.  —  3u  Samberg  öeröffentlid^te  ty. 
„Reflexiones  politicae,  historicae  et  morales  catechismo  Canisii  adjectae",  1753, 
unb  „Consuetudines  patriae  Bambergenses  de  conjugali  bonorum  ac  praecipue 
prolium  unione",  1761.  2)iefe  Schrift  routbe  öon  bem  gürfibijcfjof  2lbam 
^tiebtid)  öon  Seinsbeim  übet  genommen  unb  fcheint  feine  dntietnung  oon 
Samberg  oetantafct  ju  haben.  Spatet  ctfchjen  noch,  ju  Sambetg  eine  „Disser- 
tatio de  festivitatibus  Hebraeorum",  1765. 

Satfet   öetjeidmet   irrig  jmei   (gleichzeitige)  ^efuiten  biefeä  ftamenä  unb 

gi6t  als  ©eburtsort  be§  einen  (nach,  teufet,  £erifon  X,  408)  Sßiefenttjeib  in 

^raufen,   beä   anbetn  (nacb,    $M ,    ^anttjeon    S.    862)   £>eubacb,    an.     Uebet 

ben  (Stfutter  Streit   f.  Acta  Erud.  1749,   143,  438.  —  ^rerje  Urteile  unb 

ttacht.    (.pambutg)    1749,    St.    23,    S.    183.    —    $en.    ©et.    3tg.    1750, 

St.    46,    76.    —    >meufet,    Serifon   IV,    289.   —    Söetnct,    ©efch.    bet   fatb. 

It)coi.  ©.  163.  gteufcb. 

^fucl:  (Stnfi  Jp  ein  tief)  2lbotf  ö.  $. ,   preufjifdjet   ©enetat  bet   3nran= 

terie,    'JJlinifterptäfibent   unb    Ätieg3minifter ,    geb.    am    3.    Jlooembet    1779  ju 

^ahnsfetbe  bei  Dcündjebetg  im  Steife   2ebuä   be§   preufjifcfjen  ^Regierungsbezirk 

g-tanffutt  a.  b.  £>.,  ftammte  au§  einet  utalien  gamitie  bet  'ülatf  Stanbenburg, 

toelctje   int   Sanbe   Sebui   unb  Samim  angefeffen  ift.     25er  Sätet  Scnft  Öubrotg 

D.  $.  (geb.  am  1.  sJftai  1718),  ©tbbett  aur  ^atjnsielbe,  t)atte  in  ben  fcblefifcben 

Stiegen  mit  2tus^eicJ)nung  geformten  unb  1779  als  Dbetftlieutenant  im  pteuBifcfyen 

Äütaffietregiment   9tr.  6  roegen   Setfagung  be§   |)eitatb§confenfes   ben   Mbfcbieb 

genommen.      Gut   lebte  feitbem  auf   bem  ©ute,   roatb   abet  1784  Don  gworid} 

bem  (Stoßen  jum  .£>ofmatfcf)all  be§  bamaligen  ^tin^en  öon  ^teufjen  unö  fpätet 

öon  biefem  (al§  Äönig  gftiebtidi)  SGßitfjetm  II.)  311m  ©eneralmajor  bet  ßaöattetie 

unb    Stjef    bet    2.    'iCbttjeitung    bes    Dberftiegscollegs    ernannt.      @t   [tatb   am 

22.  3uti  1789.     Sie   s33cuttet  S^^anna  Sopbie,   geb.  Jhanfe,   mar   bie   fochtet 

eines  ftegimentedjitutgs  unb  [tatb  fchon  1783.     *ß.  genoß  ben  etften  Untetrtcht 

im  elterlichen  £aufe;  ba  aber  bet  Sätet  bienfilict)  Dielracb,  in  s$otsbam  auroefenb 

fein  mufjte,  routbe  et  nebft  bem  jüngeren  Stuber  gtiebtidj  ,jum  ^ofratb,  Seud)et 

in  Setiin  in  ^enfion   gegeben,    öon   roo   et  bie  Ürealfcfjule  befucbte.     ^ad)  bcg 

Satetö    lobe    übernabm  Stiminattatb    Sc^eebe,    bann    ^ufttjtatb    ©tattenauet, 

fpätet   auf    Sitten   bet   Knaben   ^>evt  ö.  Srieft    auf  sJtennbaufen  bie  Sotmunb= 

fcbaft.     3ll§  fy.  in  bet  ftealfcbute  bie  sJleife  für  Secunba  etbatten  blatte,    mutbe 

et  1792  in  bas  6abettencotp§  in  Setiin  aufgenommen.  .£)iet  gebötte  et  balb  ju  ben 

Sejäbigteten,   meldte   1793  in  bk  Ecole  militaire  übergeben  burften.     sDtacb  ber 

ßnttaffung  au§  biefet  Slnftatt  toutbe   et   am  12.  9ttätj   1797    al§  Ofäbntid)   in 

2lflgem.  beutiefie  Siograpöte.    XXV.  45 


706  *fuel- 

baS  Sfniantenercgtment  9tr.  18  nad)  *)}otSbam  berfetjt,  beffen  6f)ef  ber  König 
mar.  |ner  war  er,  neben  ben  ü£)ienftobticgent)eiten,  eifrig  beftrebt,  ben  llebungen 
int  Seiten,  ©djroimmen  unb  klettern  bei  Offtcicien  unb  9Jiannfdjaften  Eingang 
ju  öerfdjaffen.  9tad)bcm  er  aber  fid)  lebtjaft  für  ptjilofopfjifctje  unb  matt)e= 
matifdje  ©tubien  ju  intereffiren  begonnen  ,  geroätjrte  it)m  baS  mectjanifdje  ©e= 
treibe  beS  praftifetjen  2>ienfteS  feine  Vefriebtgung  met)r,  fo  bafj  er  im  fjfrürjjaljr 
1803  um  Abfdjieb  bat.  9tad)bcm  biefer  mehrmals  abgelehnt  mar,  begab  er  fid) 
in  Urlaub  nad)  2)reSben  ju  bem  ttjm  feit  1801  befreunbeten  ^einrieb,  b.  Kteift. 
,£>ier  erljielt  er  burd)  einflufjreidje  Verroenbung  tjotjer  ©önner  am  18.  $uni  1803 
ben  Slbfdjieb  als  ©econbelieutenant.  33atb  barauf  unternahm  er  mit  steift  eine 
9ieife,  meift  ju  fjfujj,  nad)  ber  ©djroei,).  ©ie  meilten  längere  3eit  w  23ern  unb 
am  ü£t)uner  ©ce,  befudjten  Iftailanb  unb  SSenebig,  ©enf  unb  Srjon  unb  mieteten 
bann  eine  gemeinfame  Söotjnung  in  $ariS,  mo  fie  SJorlefungen  bei  ßuöier  u.  31. 
tjörten.  3ludj  nad)bem  ffleijt'g  beginnenbe  ©eifteeftörung  311  einer  Trennung  ber 
greunbc  geführt  t)atte,  fetfte  5p.  bie  ©tubien  in  *J3ariS  fort.  2)ie  ßrtjebung  einer 
Keinen  Krbfctjaft  madjte  feine  3lnrocfent)eit  in  ber  £eimat  nöttjig  nnb  tjier  be= 
ftimmten  ttjn  bie  Angehörigen  junt  Söiebereintritt  in  ben  'DJtüttärbienft.  ©eine 
beStjalbige  Sitte  mürbe  am  11.  3lprit  1805  burd)  Verfetmng  in  baS  ju 
SotjanniSburg  in  Dftpreujjen  Itegeubc  ^üfitierbataitton  sJtr.  23  erfüllt.  3IIS  bie 
oftpreufjifdjen  Gruppen  im  |)erbft  1800  an  ber  Söeidjfel  äufammenge^ogen 
tourben,  mürbe  s$.  als  Slbjutant  bem  ©enerat  unb  'SiöiftonScommanbeur  ©rafen 
ö.  ©djmettau  augcttjeilt.  3ln  beffen  ©eite  befanb  er  fid)  in  ber  ©djladjt  öon 
3Iuerftäbt.  Von  tjier  mit  ben  Krümmern  beS  Speeres  jurüdjieljenb ,  mürbe  er 
nad)  ©tettin  öorauSgefanbt,  bon  mo  er  für  ben  ^.Uan  einer  (Sinfdjiffung  beS 
S3lüd)er'fd)en  Korps  in  Üioftod  tljätig  mar.  @S  fam  jebod)  nid)t  t)ier<m  unb  fo 
geriet!)  er  burd)  bie  Kapitulation  öon  9tatfau  bei  £übetf  mit  in  ©efangenfdjaft, 
aus  ber  er  jebod)  gegen  Kfjrcnroort,  in  biefem  Kriege  nidjt  roieber  gegen  fyranf= 
reid)  ^u  Eämpfen,  enttaffeu  mürbe.  %n  ber  Hoffnung,  buref)  3luSroed)felung  feinem 
^Berufe  balb  miebergegeben  3U  merben,  fdjiffte  er  fid)  im  ©ommer  1806  in  ßübed 
nad)  Dftpreufjen  ein,  tonnte  bort  aber  ben  Söunfd)  nid)t  geltenb  madjen.  3n 
ber  Hoffnung,  biefeS  3iet  öielteidjt  burd)  bie  in  ber  ÜJlavf  unb  ©djtefien  auf= 
getaudjten  fJreicorp§  311  erreichen,  begab  er  fid)  öon  Königsberg  mit  Jq.  ö.  Kleift 
äu  Öufj  über  ©tettin  junädjft  nad)  Berlin.  2Bät)renb  tjier  Kleift  als  öerbäd)tig 
bertjaftet  unb  nad)  g^onfreid)  gefdjidt  mürbe,  entging  S}L  gleichem  ©d)irffal  burd) 
einen  Vefud)  in  Wcuntjaufen.  S)ie  Vertjältniffe  in  ber  Jpeimat  ermiefen  fid)  un* 
günfttg  unb  fo  begab  er  fid)  roieber  öon  ßübed  ju  ©d)iff  nad)  Königsberg  unb 
fcljtojj  fid)  ber  öon  «JJtcmel  unb  tyiVLau  nad)  Vorpommern  unb  3tügen  beftimmten 
©rpebition  an.  SJiefe  lanbete  tjier,  aber  ba  ber  triebe  öon  2ilfit  jebe  9IuSfid)t 
auf  friegerifdje  5Lt)ätigfeit  abfdjnitt,  fo  bat  er  roieber  um  (Jntlaffung,  bie  it)m 
am  8.  October  1807  ju  Xtfcil  rourbe.  S)urd)  Vermittlung  bc§  itjm  öon  ber 
©arnifon  in  ^otöbam  r)er  befreunbeten  roeimarfdjen  ^tajorS  9tüt)le  öon  Milien* 
ftern  erhielt  ^.  in  Bresben  Slnfteüung  aU  l^erjrer  in  ben  KriegSroiffenfdjaften 
für  ben  ^rinjen  33erntjarb  bon  SBeimar.  ^n  Bresben  ftanb  er  in  Verfetjr  mit 
bebeutenben  Männern,  roeld)e  öon  bem  2Bunfdje  nad)  Befreiung  nad)  Vaterlanbes 
bereinigt  mürben.  silud)  fanb  fid)  ber  au§  ber  ©efangenfdjaft  cntloffcrie 
.^>.  d.  Kleift  t)ier  ein.  9Jcit  ir)m  unb  3Ibam  9Jcütter  plante  er  bie  ©rünbung 
einer  23erlag§bud)t)anblung  unb  bie  Verausgabe  eines  Kunft Journals  „s^t)öbus". 
2lud)  gemann  er  tjier  gtofjen  @inflii§  auf  ben  adjtjctjnjätirigen  5:tjeobor  Körner, 
^m  ifrüt)jat)r  1808  öertjeirat^ete  fid)  $.  mit  einer  £od)ter  beS  ©eneralS 
b.  SBtjem.  Sluf  Slnerbieten  beS  itjm  in  Bresben  befreunbet  geroorbenen  fur= 
t)effifd)en  3Jlajor8  ©rafen  Karl  b.  «Roftij  trat  er  ben  13.  ma\  1809  als  gfüjrer 
einer   Kompagnie   in   bie  öon   jenem   im   gürftentljum   SSaireutb,  für  ben  öfter* 


5ßf»el.  707 

reidnfdjen  ©ienft  gebilbete  fog.  fränfifcfje  Segion  unter  ©enerat  Ütabojoritfdj,  mit 
metd)er_  er  an  unbebeutenben  ÖJefed^ten  bei  ßger  unb  in  Saufen  Srjeil  naf)m. 
$n  Auftrag  begab  er  jidj  nact)  2Bien,  um  über  ben  bortigen  Staub  ber  2)inge 
3U  berieten,  entging  fjier  aber  nur  burd)  glüdlicb>  ^ufälligfeiten  ber  (gefangen* 
natjrne  feitenä  ber  batb  barauf  eingerücften  franjöfifdjen  Gruppen  unb  gelangte 
nur  auf  großem  llmmege  nad)  33öb,men  jurüc!.  9tad)  bem  Sßiener  ^rieben  Dom 
Cctober  1809  tarn  ^J3.  al§  Hauptmann  in  SSrij  hn  £epli£  in  ©arnifon  unb 
braute  in  Urlaub  an  tetjterm  Orte  längere  Qext  ju,  mo  er  mit  bem  ^erjog 
bon  Sßeimar  unb  ©oetrje  t»etEet)rte.  9tad)  Stuflöfung  ber  Segion  mürbe  $.  im 
(September  1810  in  ba§  öfterreidjifdje  Infanterieregiment  Sr^eraog  Rainer 
nad)  ^ßrag  berfetjt.  .frier  fudjte  er  ba§  ©införmige  be§  2)ienfte§  baburd)  ^u  be= 
leben,  bafj  er  bei  Cfficieren  unb  9Jlannfd)aften  ba§  ^ntereffe  für  grjmnaftijcrje 
Hebungen,  namentlich  für  ba§  Scfjmimmen,  ju  ermeden  mujjte.  SBie  er  felbft 
im  SDecember  1811  bei  feiner  Verfe^ung  nact)  SBien  fctjrieb,  natjm  bie  bon  ir)m 
in  ^ßrag  gegtünbete  Sdrtoimmanftalt  ben  glänjenbften  3Iuffd)roung.  6r  gab 
möcrjentltd)  ^mei  grofje  $robuctionen,  mobei  er  150  Sdjmimmer  manöbriren  liefj. 
2)em  £)offrieg$ratt)  fanbte  er  ein  ^roject  ein,  monad)  er  im  folgenben  Sommer 
30  000  Sdjmimmer  abridjten  motte.  3n  Ißrag  mac  s$.  in  intime  Ve^ietjungen 
•ju  bem  im  Suni  1810  bortfjin  übergefiebelten  ^reirjerrn  0.  Stein  gefommen. 
$nt  ^cobember  1811  mürbe  er  beim  Kriegs  ard)iö  in  SBien  unter  Seitung 
9tabetjfy§  angeftettt.  @r  fdjrieb  tjier  mehrere  Sluffätje  in  <£)ormat)r§  r)ifto= 
xifdjeS  ütafdjenbudj  unb  berferjrte  mit  ütljeobor  Körner ,  ber  fjier  feine 
litter arifdjen  arbeiten  üeröffentlicrjen  wollte.  Von  Söien  au§  blieb  $.  in  Ve= 
Verjüngen  pm  greifjerrn  b-  Stein  unb  liefj  fid)  im  Mai  1812  mit  einer  Ve« 
ftimmung  für  bie  Sdjmimmanftalt  nad)  ^rag  jjurüdöerfeijen ,  um  mit  Stein 
närjere  Verabrebungen  inbetreff  ber  Vorbereitungen  jur  Srrjebung  gegen  bie 
grembrjenfd)ait  3U  treffen.  $.  roünfdjte,  um  balb  gegen  biefe  fämpren  $u 
!önnen,  bem  Veifpiel  öieler  preufjifdjer  Dfficiere  ju  folgen,  metdje  infolge  be§ 
preufeifd)--franäöftfd)en  Vertrags  oom  24.  Februar  1812  ju  biefem  3mecf  S)ienfte 
in  9hifjlanb  nahmen.  Dtacrjbem  er  am  28.  $uti  1812  ben  öfterreidjifdjen  Sienft 
öerlaffen,  gelang  e§  irjm,  nad)  mandjerlei  abenteuern  über  Slltona,  $openfmgen 
unb  darläfjam  in  Sdjmeben,  oon  tjier  auf  einem  Vombenjdjiff  ber  engtifdjen 
glotte  nad)  9tiga  ju  fommen.  3n  Petersburg  überreichte  er  bem  gretfjenn 
b.  Stein  einen  ausführlichen  Seridjt  über  bie  politifd^en  Serrjältniffe  in  öielen 
fetten  S)eutfd)tanb§.  3lm  9.  September  trat  er  in  ba§  ruffifctje  |>eer  unb 
3toar  unter  bem  tarnen  0.  ©ierjlSborf,  um  nidjt  mit  bem  in  Ungnabe  gefallenen 
©eneral  b.  $p§utt  üerroecrjfelt  ju  merben.  Sd}on  am  9.  Dctober  al§  ßapitän 
in  ber  beutfctjen  Segion  im  Auftrag  be§  ÄaiferS  an  gelbmarfdiatt  .ß'utuforo  ge= 
fanbt,  erretctjte  er  beffen  Slrmee  bei  ^aluga  unb  blieb  roärjrenb  be§  ganzen  3elb= 
jug§  bon  1812  im  grcjjen  Hauptquartier.  @r  teilte  bie  großen  SSefdjmerben 
be§  ruffifd^en  §eeve§f  eutging  in  ber  Sdjlacfjt  Oon  53calo^aro§Iamec3  am 
24.  Cctober  mit  5tottj  ber  franäbfifdjen  ©efangenfd^aft,  marfdjirte  mit  ber 
Slrmee  über  ÄremenSfoie  unb  ^elnia,  rootjnte  am  16.  unb  17.  9coüember  ben 
©efed)ten  Oon  ^rasnoi  'bti  unb  gelangte  über  9tomanoroo  unb  Äoprjl  am 
S)njepr  an  ber  Spi^e  ber  Gruppen  am  10.  üDecember  nad^  2Bilna.  (Sine  bon 
ifjm  fogleicr)  ^ier  üerfa|te  2)enffd)rift  über  bie  ÄiiegSereigniffe  mar  bie  erfte 
glaubhafte  2Rittl)eilung  bon  ruffifcrjer  Seite  unb  berfolgte  jugleid^  ben  3roecf, 
bie  Vernichtung  ber  fran,$öfifdjen  3Irmee  bei  Sortierung  be§  Kriegs  für  Äaifer 
2ilej;anber  fo  <jur  tiollen  ®eroi§l)eit  ju  madjen,  bafj  bie  ©v^ebung  be§  beutfdjen 
VoIfS  immer  mar)rfd)einlid)er  mürbe.  @r  überreichte  bie  S)enffcl)rift  bem  in 
Söilna   eingetroffenen   ^rei^errn   b.  Stein ,   burd)   meldten   fte   ber  (Jjar   erhielt. 

4-->  * 


708  ?f«tl- 

tiefer  liefj  itjm  am  28.  ©ecember,  unter  33eförberung  jum  ^Rcjor  im  ©eneval= 
ftabe  ö.  93enuigfen'ä,  als  ^eicfjen  feiner  ^ulb  einen  SStittanittng  überfenben. 
3n  SÖitua  fcfyrteb  er  aud)  „Beiträge  jur  ©efdjidjte  beS  leüten  rujfifd)=iianiö[ifct)en 
Kriege",  moöon  jcbodj  nur  .g>eft  1,  enttjattenb  ben  föücfjug  ber  ^ranjofen  bis 
3um  Giemen,  erfcrjien  (33erlin  1814).  ©obann  bem  ©treifcorpS  feine?  2fTeunbe3 
Settenborn  als  ßtjef  be§  ©eneralftabS  äugetrjeilt,  burdjeilte  er  an  ber  ©pitje  eineS 
ÄofafencorpS  bie  öftlidjen  ^hoöinjen  ^reufjenS,  mar  am  20.  gebruar  1813  bei  bem 
Angriff  auf  23erliu  trjätig,  mo  er  mit  ben  tftofafen  burd)  ba§  ©djöntjaufer  Ütjor 
einbvang,  unb  befetjte  bann  mit  bem  ütettenborn'jdjen  Corps  Hamburg  (s43cr^(  ßeben 
©tein'S,  II,  ©.  659),  mo  er,  am  24.  ?lpril  juni  Dberfttteutenant  beförbert,  einen 
Auftrag  be]üglidj  ber  33efe|"ttgung  Hamburgs  unb  ber  33ilbung  einer  tjanfeatifcfjen 
Segion  ertjielt;  jebod)  Hamburg  mürbe  balb  aufgegeben.  $n  einer  Couferenj 
mit  SBaEmoben  unb  Claufcnntj  Por  bem  ©efecfjt  an  ber  ©ötjrbe  mürben  bie 
Vorzüge  öon  $fuefS  5)iSpofitionen  anerfannt  unb  in  biefem  ©efedjt  Pont 
16.  ©epteniber  führte  er  bie  tuffifd)=beutfd)e  Segion.  9lm  15.  Dctober  mar  er 
beim  Angriff  auf  ^Bremen.  9caci)bem  er  mit  £ettcnborn,S  Corps  bis  ^ütlanb 
öovgebrungen  mar,  macrjte  er  audj  befftn  rafetjen  3U9  bou  ba  nad)  ^ranfreid) 
mit,  unb  jroar  als  Cberft  unb  311m  erften  'ütale  mieber  unter  feinem  eigenen 
Wanten,  $m  2BinterfeIb(\uge  öon  1814  mürbe  ein  franjöfifdjeS  Corps  bei 
(5ljateau=Xt)tevxt)  unb  SDormauS  unter  ^fuel'S  3?üc)rung  geworfen  uuö  am 
21.  ÜJtärj  fdjlug  er,  Cperuai  befeüenb,  ben  ©eneral  Vincent.  Otad)  bem  .Kriege 
traf  er  in  £ßatüi  mieber  mit  ©tein  pfammen,  ber  fid)  in  öieten  roidjtigeu  fragen 
feines  ütattjS  bebiente.  £aS  anerbieten  jum  Eintritt  in  bie  ruffifdje  Sltmee 
ablerjnenb,  trat  er  als  SefcrjtStjaber  eines  Regiments  in  bie  ruffifd)  beutfdje 
i'egion  ^urüdf,  erhielt  ben  rufftfdjeu  9tnnenorben  2.  Stoffe  in  -Brillanten  unb 
üom  Äönig  Pon  *pveufjen  am  28.  2)ecember  1814  ben  Drben  pour  le  merite. 
hierauf  im  prcufeifiijeu  ftme  mieber  angefteUt,  mürbe  er  in  ben  ©eneralftab 
33lüd)er'S  naef)  fiüttidj  üerfetjt,  mo  er  am  2.  s]Jcai  1815  ben  Slufftanb  beS  fäd)= 
fifd)en  Corps  untcrbvütfte.  21  IS  baS  franjöfifcfje  $eex  jurn  CntfdjeibungSfampf 
tjeranrüdte,  mürbe  er  mit  ber  2)Mbung  tjieröon  an  SBeHington  nadj  Trüffel 
gefanbt  unb  am  18.  3»uui  mürbe  er  nadj  fttifdjemont  öorauSgefdjidt,  um  genaue 
.Uunbfdjaft  über  baS  ttan^öfifdtie  ,§eer  einjujietjen.  S)ie  Cntfdjloffeutjeit  unb 
Umfidjt,  tuetdje  er  in  ber  ©cfjladjt  öon  SÖatcrloo  unb  bei  ber  Verfolgung  beS 
geinbeS  gezeigt,  fanb  53lüd)er'S  unb  ©neifenau'S  t)öd)fte  2luerfennung;  ber  H?önig 
öerlict)  itjm  baS  eifeme  j?reu^  2.  Claffe.  2)ie  Pon  Studier  am  19.  %m\\  auö 
(>>cnappeS  erlaffene  ^roetamation  an  bau  ^>eer  ber  sJticbeitt)eins  ift  Pon  ty.  üer= 
fa^t.  9118  23lüd)er  unb  2öeEington  ben  ©eneral  p.  ^Jcüffling  ^um  ©ouüerueuv 
öon  ^ariö  ernannt  tjatten,  rourbc  bie  ©tabt  in  jtoei  burc^  bie  ©eine  getrennte 
33ejirfe  geteilt ,  in  beren  einem  ber  engtifdje  Dberft  33arnarb ,  im  anbern  $. 
Commanbant  murbc.  ©eine  2Bot)nung  im  <£)otct  Safitte  mürbe  ber  ©ammetplatj 
ber  bebeutenbften  ^erfonen  biefer  3e^-  Cr  benu^te  biefe  ©tettung  u.  a.  3ur 
Stuöräumung  beö  3lrtiHerieniufeum§  unb  ^ur  3ul-'üdnarjme  ber  entführten  .Viun|t= 
gegenftänbe  au*  ben  5)lufeen.  5Jcit  großer  6ntfd)iebent)eit  trat  er  in  s#artS 
gegen  bie  burd)  Singriffe  auf  preufjifdje  Patrouillen  Peranlajjten  ©trafeenaufläufe 
auf.  yiad)  bem  ^rieben  ertjielt  er  als  Se^rer  bei  ber  $riegefd)ute  in  23erlin 
eine  irjm  fet)r  jufagenbe  iBefcijäftigung.  6r  öeröffentlidjte  eine  überfic^tlidje  S)ar= 
ftellung  ber  gelb^üge  ber  33erbünbeten  öon  1813 — 1815  im  „berliner  fji[tor.= 
genealog.  Äalenber  für  1817",  tjiett  Por  größeren  Dfficierfreifen  93ertinS  S3or= 
tiäge,  meiere  fpäter  Pom  ©eneral  S)eder  unter  bem  2itel  „Slnficfjteu  bet 
^viegf Urning  im  ©eifte  ber  3e^"  rjerauSgegeben  mürben.  3jm  übrigen  lie|  er 
fid)  mieber  bie  Verbreitung  gpmnaftifdjer  Uebungen,  befonberS  ben  llnterridjt  im 
©cfimimmen   angelegen   fein,    mobei   ii)m   bie  ©tabt  33 erlin   burd)  Uebermeifung 


Sßfuel.  709 

eines   öaffenben  «piafceS    in    ber    oberen   ©pree    au   £ilfe   fam.     infolge   beffen 
rourben  aucb  in  Wagbeburg,  Äötn  unb  Bieten   anbeten    größten  ©tabten  foldje 
Malten   mit   ßrfotg   angelegt.      1818   mürbe   $.  auui   St)ef  beS  ©eneralitabS 
beS  8    9trmeecoröS  in  ßobtena  ernannt  unb  1825  auui  ©eneralmajor  beiorbert. 
1826    folgte  feine   (Srnennung    3um   ßommanbeur   ber   7.   2anbn>e&,rbrtgabc   m 
Waabeöurg  unb  am  1.  SJecember  1828  bie  3um  Witgliebe  ber  Sommtfnon  für 
bie  Prüfung  mititarifd)  miffenfd)afttid)er   unb    teefcniföer  «egenftanbe  unter  bem 
Sornfa  be8  Vinacn  Huguft  öon  ^reufeen.     1830  ertjiett   er  baS  ßommanbo  ber 
15    iiöifion  unb  bie  Stellung  eines  ßommanbanten  öon  fföln.     Jöalb  tnernadj 
toarb    ibm    ein    befonberer    Auftrag  be3üglicl)  beS   prftentrmmS  Nienburg  ju 
£beit.    $en  SBeftrebungen  auf  SoSreifeung  öon  ^reufeen,  toel^e,    feit  1830  Tan 
in  ber  ganjen  ©d)roeiA.  ber  Äompf  gegen  ben  SunbeSAufianb  öon  1815  begonnen 
Tmtte    feit  1830  bier  offen  berüorgetreten  maren,  glaubte  man  m  SSerlm  traniger 
entgegen   treten   au    muffen,    jumal  bie  föniglid)  ©efinnten  bort  ber  Regierung 
bm   lorrourf   ber   ©cb.mäc^e   gemalt   Ratten.     Sie  »nfpracfc ,   m   mefcb,er   ber 
ßönig  öon  ^teu^en  am  20.  «pil  1831  ben  öon  ber  neuenburger  Seöolferung 
am  1    aRäw  au8ßcfPto4enen  äöunfd)  na«  einer  bolfet$ttmlu*en  «ertretungsart 
qenebmigte,    fünbigte    aucb,   bie   ©enbung  $foel'l    als   GommiflartuS   mit   mei - 
abenben  Soumac#en  an.     tiefer  tarn  am  13.  3ftai  tu  Neuenbürg  an,  bereute 
baS   Sanb,   um   »toerben  über  rjerrfäenbe  Wifeftäube    entgegen   au   nehmen, 
nabm  ber  nad>  ber  neuen  SDBa^lorbnung  getoäcjlten  Solfebertretung  am  11.  *$uli 
ben   Cib "ber   Irene   ab   unb   begab   fid)   nad)   ©d)lufe   be«  SanbtagS   forme  im 
©tauben     bie   ©emittier  berutjigt   3u  t)aben,   nad)  «ßreufcen  jurntf.     Sie  Äube 
mar  aber  nur  f «einbar  bergeftellt.     9tacb,bem   ein   6orö§  .bemanneter  ßanblente 
am  13   September  fi$  ber  ©tabt  Neuenburg  bemächtigt,  eine  SBoHäberfamuilunfl 
bier  bie  Trennung   öon  $reufeen  ausgebrochen  unb  bie  j<f>tDciaerifct)c  a:agfa)ung 
?ir :   ©«inribung   fernerer f  geinbfeligfeiten   baS  Sanb   öorlänfig   blatte  militarifd, 
bdefefn  7  fen     traf    $.    mieber    ein    unb    fünbigte    mitteilt    2lnfpracr,e    öom 
25    Octob     an,  er  fei  öom  Äönig  geftidt,    um   bie  »ebeOionm  ij«  Duette 
au  erft  den      äugleift   W   er   bie   öon  ben  fc^tDei3erilcfjen  »euottiuadjltgten  ju- 
aefiS  rte  "imnlme  mieber  auf,  morauf  alte  Semeinben  unb  bie  »er  beS  tuf- 
lantTibn    bie    »erlangte    Untermerfung    anzeigten.     @r    entliefe    fobann    ben 
©taaSratr  berief    einen   neuen    auS   ÄöniglüSgefinnten ,    liefe   jat) Ireifr   Unter» 
Wungen ^nb  Wartungen  öornetmien,  befeftigte  nad,  Slbjug  ber .  fdjmeiAerifdjen 
S  bie"    ©tabt    Neuenburg    unb    organifirte    bie    ÜJlo n ar Rillen    au    einer 

lüraerroebr.  H18  hierauf  bie  erbitterten  gtepublitaner  einen  «ujltanb  erhoben 
eSTbaS  Sanb  in  ÄriegSjuftanb  unb  jerfprengte  am  18.  Secember  1831 
bie  Slufftdubifcben  im  2ßal  be  üraberS,  morauf  er  am  24.  Secember  lernen  Civ 
Jua  in  TufSatel  Dielt,  ßönig  griebrieb,  SBil^elm  III.  fagte  ijm  unterm 
31  iecember  grofeen  Saut  für  feine  gefaxte  ßeitung  5lud,  erhielt  er  ba8 
eimenlau?  am  Drben  pour  le  merite  unb  marb  äum  ©ouöerneur  öon  9teui» 
AateT  nnanr  meiere  ©teile  er  bis  1849  betleibete.  (Er  £elt  tt*  ba^er  Tag 
iähri  cb  eine  Äiit  lang  bort  auf  unb  mar  tjier  jetjr  beliebt.  2>em  Äomge  fpra* 
f  ftcb  übriaenS  Uon  1832  über  baS  Sebenflic^e  ber  Soppelftettung  beS  Pnjen- 
bumS  aus  In  bemfelben  Sab,te  äum  ©enerallieutenant  ernannt  najm  er  feinen 
Xnfife  in  ftöln.  S)afe  U)m  als  bärtigem  ßornmanbanten  bie  gef  naljme  unb 
SÄ6we«of»  im  Dtoöember  1837  o*ne  *rit«e  «uTreguug  er 
SfVii  fleIana  touibe  ibm  öon  ben  «UUniftern  auSbrücfticb,  gebanft.  2ln= 
f  t  1R?8  mürbe'  5B  um  commanbirenben  ©eneral  beS  7.  SlrmeecoröS  n 
Se  er  ann  1^40^  mürbe  er  nac^  ^ariS  gefanbt,  um  bem  ^önig  ßubmig 
Sr  ben  gteaierungBtoe^el  in  «preufeeu  anju^eigen.  1841  Jatte  er  bie 
ItnbeSconUngente   Jon' teufen,   iu   unb    ßujemburg   5u  b e^ttgen  unb 


710  S-Piucl- 

1842  geleitete  er  ba§  ÄönigSpaar  nad)  Steufdjatet.  1844  Ijatte  er  bem  Aiöuig 
OSfar  I.  bon  ©djweben  ein  SeileibSfcljreiben  be!  Königs  wegen  3Ibteben8  $arl 
SfofjannS  XIV.  ju  übetreidjen  unb  erhielt  er  ben  fdjwarjen  Stblerorben.  3fm 
9Jcärä  1848  Würbe  er  an  ö.  9Jtüffling'S  ©teile  jum  ©ouöerneur  öon  ^Berlin  unb 
3itm  ©eneral  ber  Infanterie  fomie  jum  ßrjcj  be§  13.  Infanterieregiment!  ernannt, 
lieber  bie  furje  3eit,  in  Wetdjer  $.  ©ouöerneur  öon  Serlin  war  (11.— 24.  9J(ärj 
1848),  finb  t)anbfcl)riftlid)c  Slufjeicljnungen  nad)  feinen  @rdäb,lungen  bortjanben,  in 
weteijen  bie  Vorgänge  im  föniglidjen  ©d)tofj  fetjr  genau,  unb  unter  9Jtittt)eitung 
einiger  neuen  fünfte  bargefteüt  finb.  £iefelben  erfdjeinen  jeboef)  gegenwärtig 
(1887)  noct)  nid^t  jur  Sßeröffentliduing  geeignet.  @r  Würbe  biefer  ©tellung  auf 
feinen  SBunfd)  enthoben,  nactjbem  itjm  ber  Oberbefehl  über  bie  Gruppen  wat)r= 
fdjeintid)  burdj  ben  (Sinflufj  bon  Greifen  entzogen  mar,  bie  mit  feiner  Haltung 
am  15.  9ftära  fid)  fefjr  un^ufrieben  gejeigt  Ratten.  6r  mürbe  jum  ßommanbeut 
ber  3.  Slrmeeabttjeitung  ernannt  unb  im  Slpril  in  ba§  ©rofecjer^ogttjum  ^ofen 
gefanbt,  wo  infolge  einer  am  24.  M&x^  erteilten  föniglicrjen  3ufQ9e  Wegen 
einer  nationalen  föeorganifation  biefe!  SanbeStljeitS  reöotutionäre  3uftänbe  ent» 
ftanben  waren,  gegen  weldje  5p.  entfdjieben  auftrat,  hierauf  Würbe  er  nad) 
Petersburg  gefdjitft,  um  bem  Äaifer  'ifticotauS  über  ben  Verlauf  ber  (heigniffe 
in  üpreujjen  genaue  2lu!funft  ju  geben  unb  mit  "Jceffelrobe  inbetreff  ber  fd)te!= 
Wigfdjen  ^rage  öertraulidje  23efpred)ungcn  ju  führen,  Wactjbem  er  bann  ben 
Sluguft  1848  in  granffurt  a.  23t.  .mgebradjt,  um  fiel)  ein  33itb  öon  ber  beutfdjen 
"ftattonalberfammlung  ju  madjen,  begab  er  fid)  jut  (hfjotuug  auf  fein  ©ut 
föanbau  bei  9Jtagbeburg.  Slber  fd)on  am  12.  (September  würbe  er  öom  $önig 
nad)  ^otSbam  berufen  ju  einem  neuen  wichtigen  Auftrag,  mit  welctjem  feine 
2au?bal)ii  enbet.  Slud)  über  biefe  3e't  bis  (Snbe  9loöember  1848  liegen  l)anb= 
fcfjriftlidje  9toti,$en  nadj  ^fuel"§  @r,jäfjungen,  meldje  für  bie  ©cfdjidjte  biefer  3"* 
öon  SGßcrtt)  finb,  bor;  bodj  fann  aud)  au!  biefen  gegenwärtig  (1887)  öieteS  uodj 
nid)t  öcröffentlidjt  Werben.  9lad)bem  ber  *ßtan  ber  S3ilbung  eine!  SJtimfieriutnS 
Sederatlj  gefdjeitert,  übernahm  ty.  bie  33itbung  eine!  neuen  9Jcinifterium!  au! 
SßaterlanbSliebe  unb  um  bem  Äönig  feinen  guten  äöiHen  ju  feigen,  namentlich, 
aber  aud)  in  bem  bei  it)m  feft  begrünbeten  ©tauben,  bafj  ber  $önig  ber 
liberalen  unb  conftitutionellen  9tid)tung  tjulbige,  ju  Welcher  er  felbft  fid)  be= 
fannte.  6!  ftettte  fiel)  aber  fdjon  balb  IjcrauS,  ba|  er  nicljt  ber  für  bie  Sage 
ber  SEinge  geeignete  5ftann  war.  3lm  21.  ©eptember  1848  jum  3JlinijlcT« 
präfibenten  unb  ÄriegSmiuifter  ernannt,  würbe  ba§  SJcinifterium  iljm  metjr  ge= 
bitbet  als  bafj  er  e!  bilbete.  (SS  erfdjeint  tabctnSwertf) ,  bafj  er  nicljt  fogleid) 
auf  bolle  $lart)eit  über  bie  $roedt  be§  Acönig!  brang;  toa^,  er  aber  felbft  für 
entfdmlbigenb  tjiett,  Wirb  fpäter  ol)ne  gweifel  anerfannt  Werben.  SSon  bemo= 
fratifdjer  Seite  Warb  er  at!  „^Jtann  be!  alten  Regime"  begrübt,  aber  fein  erfte! 
Sluftreten  wirfte  bcrfölinenb.  9lad)  bem  Programm,  weldje!  er  am  22.  ©ep= 
tember  in  ber  preufjifdjen  sJtationatöcrfammlung  öortrug,  moEte  er  jWar  bie 
^Rectjte  unb  SBürbe  ber  ihone  öerttjeibigen ,  crtlärte  fiel)  aber  aud)  „feft  ent= 
fdjtoffen,  auf  bem  betretenen  conftitutionellen  Söege  ju  öertjarren,  bie  erworbenen 
greitjeiten  ju  bewahren,  alle  reactionären  33eftrebungen  ^urürfjuWeifen,  in  allen 
Zweigen  bee  5ffenttid)en  Slienfte!  für  ^Befolgung  ber  conftitutionellen  ©runbfä^e 
©orge  ju  tragen,  bie  Dtedjtc  unb  greiljeiten  be!  Sßotf!  Ijeilig  ju  Ijalten".  32Bie 
Oleumont  beridjtet,  würbe  ber  Äönig  Ijierüber  in  eine  tjalb  gereifte,  Ijatb  nieber= 
gefdjlagcne  ©timmung  öerfe^t.  2>a!  sUti^trauen  ber  S!emofraten  wieb^  botlenbS, 
als  5JJ.  in  ber  9iationatöerfammlung  am  25.  ©eptember  auf  anfrage  beru^igenbe 
Chflärungen  ab^ah  über  Sörangel'S  fd}on  am  15.  ©eptember  erfolgte  @r= 
nennung  jum  33efef)t!l)aber  in  ben  starten  foWie  beffen  unb  ©eneral  ©raf 
33ranbenburg;!  aufregenbe  Strmeebefe^le.     Sarauftjin   jerftreuten  fiel)  bie  Solf!» 


5Pf«el.  711 

maffen,  welche  in  (Srroartung  einer  ungünftigen  Slntroort  ben  Strafjenfampf  bcr= 
bereitet  Ratten.  SBeiter  geroann  er  bei  jener  23erfammlung  buTcf)  bie  3ufage, 
bie  preufcifctje  9Jcilitärmadjt  am  Dttjein  ber  beutfcfjeu  Sentralgeroalt  für  ben  gatt 
Don  Unruhen  ;jur  Verfügung  3U  ftettcn  unb  ben  UMagerungiutftanb  über  ^ofen 
auftjeben  5U  motten,  ©rofceä  Sßerbienft  aber  erroarb  er  fid^  in  ben  Slugen  ber 
iBolfsbertrctung  burcr)  feine  einer  Deputation  gegebene  (Srflärung,  fein  2lmt  fo= 
fort  nieberlegen  ju  roolien  ,  falls  man  iijm  jumuttje,  ben  conftitutioneUen  2Beg 
ju  üerlaffen ,  foroie  baburdj ,  bafj  er  bem  33efct)luffe  ber  SSerfammlung  bom 
7.  September  burd)  einen  bon  b.  Unrub,  entworfenen,  bie  Güfjre  bee  Speeres  mög= 
lictjft  roatjrenben  ßrlafj  an  bie  (Sorpscommanbanten  nactjfam,  in  roelctjem  alle 
anticonftitutionetten  SBeftrebutigen  mr  unüerträglicb,  mit  ber  Stellung  eines* 
preufjifctjen  Dreiers  bejeidmet  Würben,  infolge  biefer  Haltung  rourbe  s£.  hti 
ber  sIRenge  öorübergetjcnb  populär,  roätjrenb  bie  ^ofpartei  fictj  in  ben  auf  ifjn 
gefegten  Gürroartungen  fet)r  getäufetjt  fat).  Sa  er  aber  ber  3ufammen,jierjung  t>on 
Gruppen  um  Serlin  fein  jpinbcrnifj  entgegengefetjt  t)atte ,  fo  geriet!)  er  in  eine 
unhaltbare  Sage.  Volfstjaufen  in  33erlin  fugten  i'tjn  burefj  Umtjertragen  einer 
it)n  barfteüenben  ^uppe  in  ben  Strafen  311  bert)öt)nen  unb  rabicale  berliner 
23läiter  brangen  auf  Entfernung  eines  „fo  unbetjilflicrjen  alten  Cannes".  2ln= 
beverfeits  rourbe  er  auetj  bei  -Jpofe  immer  mißliebiger,  3umat  nadjbem  er  bie 
fcrjrcffe  Slnttnort,  roeldje  ber  Äönig  am  15.  Dctober  auf  bie  Geburtstags» 
©ratu(ationsanfprad)en  bes  ^häfibenten  ber  Nationalberfammlung  unb  bes  Sße= 
ierjtstjaberä  ber  Sürgerroetjr  erttjeitt,  getabett  blatte.  2lud)  üerübette  itjm  ber 
Äönig,  bafj  er  am  16.  Dctober  gegen  ben  bie  Vereinbarung  ber  Sßeriaffung  r>er= 
roerfenben  Sefctjlufj  ber  9tationalberfammlung  nur  fctjroacfjen  SBiberfprud)  erhoben 
unb  bie  Streidjung  ber  33e3eidmung  „bon  ®ottes  ©naben"  im  Xtiet  bes  Königs 
einfad)  Eingenommen,  aud)  ber  Slufforberung  bes  Königs,  ben  3ufamnlenft0i3 
ber  berliner  33ürgermet)r  mit  (Sanalarbeitern  jur  Vertjängung  bes  ^Belagerung!* 
}uftanb3  über  33erlin  ju  benutzen,  nidjt  nadjgefommen  mar.  3>n  roeld)  tjorjem 
©rabe  itjn  bie  fdjiefe  Stellung,  in  roeldje  er  gerattjen ,  unfdjlüffig  gemacht 
tjabe,  ift  bom  ©enerat  ö.  SSranbt  tebrjaft  gefdjilbcrt.  21m  16.  Dctober  bat 
bas  $Rinifterium  um  Sntlaffung.  S>a  fidj  bie  2lntroort  Derjögerte,  rourbe 
ba%  ©efud)  am  21.  Dctober  bon  $.  roieberrjolt.  SDer  $önig  genehmigte  es, 
auf  feinen  2Bunfd)  fütjrte  aber  üß.  bie  ©efdjäfte  noer)  bi§  3U111  1.  91or>ember 
roeiter.  2tm  31.  Dctober  ftimmte  er  in  ber  9tationatberfamtntung ,  toelctjcr 
er  feit  bem  2-4.  Dctober  als  Slbgeorbneter  be§  ßreifes'  Birnbaum  angehörte, 
Tür  ben  ^8efctjlut3  ju  ©unften  Don  Schritten  ber  beutfe^en  Gentralgetoalt 
jum  ©c^u^  ber  Nationalitäten  in  Defteneictj.  ®a  iljin  out  fein  ©efud)  um 
Urlaub  auf  6  3Bocf)en  ein  folc^er  auf  6  Monate  ju  lljeil  roarb,  fo  evbticcte  er 
rjierin  ein  3t\d)m  bon  Ungnabe  bes  Königs ,  natjm  ben  21bfct)ieb  unb  30g  jtdj 
auf  fein  ©ut  JRanbau  jurücf,  berlegte  aber  Snbe  Dctober  1854,  nad)  bem  xobe 
feiner  streiten  ^rau,  einer  gebomen  D.  Sltöcnsleben,  feinen  SßoI)nfi^  nac^  '-ßerlin, 
too  er  mit  Sßorliebe  miffenfäjaftücrje  33ortefungen  befud)te  unb  2Jlitglieb  mehrerer 
miffenfctjaftlic^er  ©efeüfctjaften  mürbe.  1856  bcfud)te  er  $aris  unb  Bonbon, 
1859  bereifte  er  Sübfranftetd)  unb  Dberitalien,  1860  meitle  er  als  begeifterter 
Sln^änger  bes  erfteb^enben  italtenifdcjen  Staats  längere  3"*  in  Neapel.  £)er 
1866  crfolgenbe  2ob  feinet  älteren  Sorjns1  unb  ein  anberes  (Sreigniti  in  feiner 
gamilie  roirtten  fo  erfetjütternb  auf  it)n  ein,  bafe  er  am  3.  Seäember  1866  in 
Serlin  ftarb.  6r  ift  in  ber  Familiengruft  3U  3aljn3felbe  beigefefet.  —  ^n  ben 
„©ren^boten"  rourbe  ^ß.  1848  gefcljilbert  als  ein  miffcnfdjaftlid)  in  fo  tjorjem 
©rabe  gebitbeter  Militär,  mie  feiten  einer  in  ber  alten  Scrjule;  baneben  toirb 
iljm  bort  Einlage  ^um  Sonberting  nactjgefagt:  fein  geiftüollcr,  unbeugfamer  Äopf 


712  $?ueI- 

Ijabe  ben  SltttagSjuftänben  roiberftrebt  unb  fo  t)abc  er  fid)  toon  jerjer  jur 
oppositionellen  9lufflärung  geneigt.  ©totfmar  bejeidmet  ir)n  als  ^erftreut  unb 
meint,  fein  2lrmeeerlafj  Dom  ©eptembet  1848  fei  eine  cjalbe  sÖtafjregel  ge= 
roefen,  „tjerborgegangen  aus  ber  gurdjt  bor  emer  ganjen".  iKeumont  be= 
^eictjnet  tljn  mit  53cjug  auf  1848  als  einen  sD<cann,  ber  fid)  überlebt  fjabe; 
ein  Militär  aber,  roelcrjer  itjin  nal)e  ftanb ,  nennt  it)n  geiftig  tjocrjbegabt, 
öon  fdjarfem  SSevftanbe,  umfnffenben  $enntniffen ,  t)ot)er  Energie,  t>on  ftoljem 
©inne  für  gfreüjeit  unb  einem  unerfdjtitterlidjen  Gtjarafter.  5ß.  fdjrieb  9luf« 
fätje  „über  ©djroimmen  unb  ©dimimmfcfjulen"  (1810),  „über  eine  Dianöber» 
fd)ule"  (1834),  „über  Slenberung  ber  fn-iebenSorganifation  bcS  ©eneratftabe" 
unb  ein  „Memoire  über  bie  ©djtoeij"  (1847).  ©ein  „föücfjug  ber  ^'ansofen 
auS  9tu|tanb"  ift  in  3toei  Auflagen  mit  „©ebenfntffen"  auS  ^ßfuel's  ßeben  tjer« 
ausgegeben  öon  (5fr.  ftörfter  (33erlin  1867).  2)iefem  Sßerfe  ift  aud)  ein  Kapitel 
„3ur  @t)arafterfd)ilberuug  bei  (Sen.  6.  ö.  5ß."  beigefügt.  (Sine  SBüfle  SPfuel'S 
ift  am  2.  «uguft  1867  in  ber  ö.  ^Jfuel'fdjen  ©d)roimmanftalt  &u  Berlin  am« 
geftettt.  (SBoffifdje  3eitung  9h.  181  tiou  1867.)  —  33orftel)enbeS  ift  jum  Xtyil 
bearbeitet  auf  ©runb  jatjlreidjer  f)anbfd)riftltd}er  Uvfunben  unb  gfamitien- 
nad)rid)ten. 

3m  übrigen  bergt:  ^citgmoffeu  8b.  2  («pj.  u.  «lt.  1818)  8.  175.  — 
Senftuürb.  2krnf)agen'S  53b.  3,  ©.  169,  234;  Sb<  7,  ©.  145.  —  ^anber, 
©efd).  b.  JhiegS  a.  b.  Oiieberclbe  im  $.  1813  (Cüneb.  1839).  —  «Partei), 
Sugenbcrinncr.  -  @.  sDl-  Slrnbt,  Srinn.  a.  b.  äufe.  ßeben  (ßp,v  18 
©.  172.  —  'JDlarteuS,  2)entroütb.  a.  b.  frieg.  u.  pol.  Üeben  eines  alten  Crfic. 
(A'P,\.  1848).  -  ©verboten,  1848,  2.  ©cm.,  53b.  4,  ©.  167  („8ur  Gl)araft. 
b.  ©en.  $.").  —  ö.  Uiuul),  ©fiajen  a.  ^reufe.  ueuft.  ©efd).  (<Magb.  1849), 
©.  69—105.  —  $erfc,  Beben  b.  SDcht.  o.  ©tein,  33b.  3,  3.  126.  —  Stab,!, 
©efd).  b.  preufe.  Oteöol.  (Dlb.  1850),  ©.  512.  —  SJlemoiten  b.  Jpauptm. 
b.  töeidje  (ßtoj.  1857).  —  £.  b.  ßleift'S  »riefe  au  f.  ©djroefter  Ulr.,  l)ev. 
ü.  X.  Äobcrftein  (S3erl.  1860).  -  ©artenl.  1865,  ©.  762  („(Sin  berfajfungS- 
treuer  JhicgSmin."  0.  ©d)mibt=2Bcif3cnfetS).  —  2)eutfd)e  9tunbfdjau,  U3b.  11, 
£eft  P.  ©ept.  1877  („SBerl.  cor,  unter  u.  nad)  b.  Iftin.  üßfuel,  3uli—  £>ct. 
1848"  aus  b.  SDenfro.  b.  ©eu.  b.  3m.  Dr.  £.  ö.  SBranbt).  —  9teumout, 
2luS  Äön.  gr.  Uöilt).  IV.  gef.  u.  iranf.  Sagen  (Spj.  1884). 

28  i  p  p  e  r  tu  a  n  n. 

vJ>iucl:  Jürgen  Vlbam  ti.  ty.,  turtürftlid)  branbenburgifdjer  ©eneratmajor, 
auS  altem  märfifdjen  «belSgefd)led)te,  beffen  'Jiame  aud)  ^Httjl,  ^tjuH  ic.  ge= 
fd)rtebeu  wirb,  roatjrfdjeinlid)  am  15.  sJtoüember  1618  geboren,  tarn  burd) 
5ftarie  Steonore,  bie  ©emaljliu  ©uftaö  Slbolf'8,  eine  branbenburgifdie  s4>rinjeffin, 
nad}  ©djroeben  unb  als  s^age  biefeS  Königs  nad)  S)cutfd)lanb  ^urürf.  sillS  ber= 
felbe  gefallen  mar ,  geleitete  er  bie  ßeidje  nad)  2ßolgaft  jur  (*infd)iffung  unb 
biente  bann  unter  feinem  ^ermanbten  Slbam  ü.  ty. ,  einem  berütjmten  .ffriegS» 
manne,  weldjer  als  33aner,  ber  ®emat)t  fetner  ©d)tt>efter,  geftorben  mar,  grofje 
Jpoffnung  l)atte,  beffen  Wacrjfolger  im  Dberbefef)l  ju  werben,  1542  aber,  ba 
aud)  als  33icegeneraliffimuS  ein  ©ditoebe,  ßiflieljöef,  il)m  öorge^ogen  rourbe,  feinen 
?lbfd)ieb  natjm  unb  1659  als  bänifdjer  ©eneralfriegsratt)  auf  bem  tion  iljm 
erfauften  ©ute  ^oüeben  in  ber  ©raffd)aft  sFianStelb  ftarb.  Jürgen  ^>.  teljrte 
nad)  91bfd)lufj  beS  toeftfälifd)eu  ^riebenS  als  Dberftlieutenant  in  feine  §cimatl) 
^urüd  unb  folgte  1656,  als  fein  ßanbeSrjerr,  ber  gro^e  Äurfürft ,  juni  Kriege 
gegen  fyoUn  roaib,  bem  Ütufe  beffelben  jum  (Eintritt  in  baS  junge  branben* 
burgifd)e  |)eer.  6r  rourbe  jum  Dberften  ernannt,  ftellte  ein  OteiteiTegiment  auf, 
roeldjeS  am  6.  3uii  bei  ©torforo  gemuftert  mürbe,  jog  in  ben  Ärieg  nad)  si>olen 


spfutf.  713 

unb  madjte  1658,  ä"m  ©eneralnmjor  beförbext,  ben  3UÖ  m$  Sänemarf  gegen 
bte  ©djmeben  mit.  @r  würbe  bann  Sommanbant  öon  Spanbau  unb  ftarb  im 
3uni  1672.  ©ein  ©ut  SSurfom  fam  burdj  SBertjeiratfjung  feiner  lodjter  an  bic 
gtemmings. 

(Saufje,  Slbefelejifon,  Seidig,  1.  Sfjeit  1740,  2.  Sfjeit  1747.  —  (Äötiifl) 
2Biograpt)ifd)es  ßerjfon  alter  gelben  unb  TOitärperfonen,  meldje  fid)  in 
preufeifdjen  SHenften  berühmt  gemadjt  Jjaben,  3.  Xfjeit,  ^Berlin  1790. 

58.  «ßotcn. 

^fllljl:  Grnft  ßubroig  ö.  $.,  preufeifdjer  ©eneral,  marb  am  8.  Secember 
1716  ju  ^lagom  in  ber  ^ieumarf  geboren,  im  ßabettencorps  erlogen  unb  1739, 
als  Äönig  griebrid)  2Bilfjetm  I.  erfuhr,  bafe  er,   als  ftreicorporal  auf  Söerbung 
gefanbt,  eine  öfterreidjifdje  Dbertieutenantsftelle  ausgefdjlagen  tjatte,    meldje  ifjtn 
unter   ber   SBebingung    angeboten    morben    mar,   bafe    er   fatfjolifd)    mürbe,  junt 
ftärjnricf)  ernannt,  nafjtn   an   beiben   fdjlefifdjen   unb   bem  fiebeniäfjrigen  Kriege 
tb>il,  ^eiermetc  fic£)  meljrfad)  aus  unb  trug  SBunben  baöon,  erhielt  aber  tro&bem 
erft  1758  eine  (Sompagnie.     Sine  namfjaite  Söaffentljat,  barin  beftetjenb,  bafe  er 
einen  öon  ben  Kroaten  angegriffenen  Srobtrausport,   metdien  fein  9tegiment  öon 
Seitmerifc  nadj  ftotlenborf  geleiten  fottte,  nidjt  im  ©tidje  tiefe,  fonbern,  roäfjrenb 
bas    Regiment    nad)    auriicfQefdf)tagenem  Angriff   abmarfdjirte,    glüdtidj  an  Ort 
unb  ©teile  bradjte  unb  babei  nodj  ein  ©efd)ü£  rettete,   trug  it)m   feitens  feiner 
S&orgejefcten    eine    Slmjiffrafe    megen    Ungehorsams    ein.      ®önig   griebridj    ber 
©rofee  fjob  biefe  freitid)   auf   unb    berfprad),    bafe  er  an  Sß.  beuten  motte,  biefer 
fam  aber   baburd)   nidjt   meiter.     <£rft  1760,    als   $.   unter    fdutrierigen    Um* 
ftanbea    ein    öon    ifjm    commanbirtes    Sataitton,   roeldjes   äroifdjen   £öptimoba 
unb  fttifee    öon  einer  überlegenen    «Dtadjt   auf   bem  9Jlarfdje   angegriffen  mürbe, 
glürflid)  nadj  teuerer  gfeftung  geführt  blatte,  ernannte  griebrid)  ir)n  5um  9Jtajor 
unb  gab  iljm  ben  Crben  pour  le  merke,    ^nbeffen  bauerte  es  nodj  immer  fieben^etm 
Safjre,  bis  $.  bem  Könige  nätjer  trat.     &s    gefdtjat)  1777,    als  biefer,   bamals 
«ftegimentecommanbeur,  aus  SBeftfaCen  nad)  ^otsbam  commanbirt  mar,  um  bas 
bort  eingeführte  ©jercittum   fennen   ju  lernen.     ©er  Äönig   30g  it)n  jefct  rjäufig 
in  feine  ©efettfebaft  unb  gab  ib>   öietfadje  Semeife  feines  2öofjlmoHens.^   ftodj 
merjr  gefdjatj  teueres  nadj  bem  bairifdjen  ßrbfolgefriege,  in  meldjem  9ß.  ftdj  öon 
neuem   bemäbrt"  tjatte.      2ln   ber   ©pi£e   einer  Srigabe   ber  Slrmee  bes  ^rinjen 
£etnrid)  tjatte  er,  beim  Otüdjuge   bes   ^ötlenborf'fdjen  ßorps  aus  SBöfjtnen,  bei 
9Hfolsburg  ein  rutjm=  unb  erfolgreiches  gtacfjfjutgefedvt  beftanben ;  mie  im  fieben= 
jährigen   Kriege  tarnen   feine   guten  folbatifdjen   unb   menfdjtidjen  (Sigenfdjatten 
aud)  tjter  unter  mibermärtigen  SBerfjältniffen  jur  ©eltung.   ©leid)  nadj  ftriebens= 
fdjtufi   roarb    er   ©eneral    unb    Stjef    bes    in    Berlin    garnifonirenbeu    5üfxlter= 
xegiments    9lr.  46,     1784    ©ouöerneur  öon    ©panbau   unb  balb    barauf  $n= 
fpecteur  ber  märfifdjen  Infanterie,     ©eit   bem   31.  9Mrj  1783   mar  er  9tmts= 
Hauptmann  öon  ^otsbam.    „&#  ftänbe  er  unter  ^futft's  ^urisbietton" ,  äußerte 
griebridj     „benn    er  felbft  fei   nur  ginmofmer   öon  ^otsbam".     s&m  28.  ^Jtat 
1786  üb'erfanbte  er    „bem  lieben   unb   e^rlidjcn  $."    ben   fdjmarjen  3lbterorben 
unb  nodj  in  bes  Königs   le&ex  Ärantfjeit  tiefe   biefer  i^n  t)äufig  nadj  ^otsbarn 
fommen.     53ei  einem  anberen  ©efetjenfe  fagte  ber  Äönig:  „2Bas  idj  r^m  füinttg 
gebe    ift  für  feine  $inber,   bamit   aud)  fie  fagen  tonnen,   ber  Äönig  ift  unferem 
Sßater  gut  gemefen".     1794  jum  ©enerat  ber  Infanterie  ernannt,   marb  %  tm 
2)ecember  beffetben  ^aljres  penfionirt  unb  ftarb  am  5.  9Jlorj  1798. 

Mitärifdjer   2:afdjenfalenber,   93erlin   1789.    —    «Militär  =  2BodjenbIattf 
Berlin,  14.  3uti  1838,  «Jtr.  28.  sg#  »Tjoten. 


714  iPfunb. 

^fuilb:  ty.,  ßeibhitfdjer  f5friebrid)'ä  beä  ©rofjen,  toeld^er  jahrelang  be§  ^önigfc 
SBagen  lenJte  unb  ben  sJftonard)cn  aud)  bann  fufyr,  wenn  berfeibe  mit  $or= 
fpannpferben  reifte ,  ift  bev  ©egenftanb  bieler,  oft  fetjr  plumper  Anefboten, 
wahrer  unb  falfcijer,  geworben;  einen  £l)eil  ber  leiteten  mag  er  fclbft  erbadjt 
r)aben,  um  fid)  ein  Anfetjen  ^u  geben,  nad)  wetdjem  er  ftrebte.  @r  würbe  jer)n 
bi§  jWölf  $ar)re  bor  beg  ßönigä  ü£obe  au§  bem  2)ienfte  enttaffen;  fein  33er» 
fdjulben  mufj  ein  fdjWereg  gewesen  fein,  ba  feine  Sßerabfdjiebung  otjne  ^atjrgelb 
erfolgte.  (Sr  beftürmte  nun  ben  $önig  fdjriftlid)  unb  mtinblicfy  um  eine  Unter» 
ftütjung;  auf  bie  5^'bitte  be£  Dberftaltmeifter§  ©raf  Schwerin  gewährte  itnn 
berfelbe  eine  sJ>enfion  bon  monattid)  7  ££)atern;  al$  griebrid)  1781  in  Sßotsbam 
eine  größere  $al)l  öon  Käufern  bauen  liefe,  erhielt  aud)  ty.  etn§  berfclben. 

^reufj,  ^riebrid)  bec  ©ro&e,  I,  396,  Berlin  1832  (nad)  91.  $.  SBüfdjing, 
3uberlaffige  Serjträge  auä  ber  9tegierungä=©efd)id)te  Äöntg  fjricbrid)  II, 
ijtftoriftfier  Anfang,  Seite  29,  Hamburg  1790).  95.  «poten. 

^fllllb:  $ot)ann  ©abriet  $.,  üBotanifer  unb  Afrifaretfenber,  geboren  am 
8.  9tobember  1813  in  Hamburg,  f  am  21.  Auguft  1876  ju  61  $afd)er  in 
2)arfur.  2>er  SBater  ^funb'g  war  Ar^t,  bem  ärjtlidjen  23eruf  fotlte  fiel)  aud) 
ber  ©otm  wibmen,  Welcher  jcbod)  fetjon  frütje  eine  fo  lebtjaftc  Neigung  für  33o= 
tanit  empfanb,  bafj  er  nad)  iöecnbigung  ber  mebicinifdjen  ©tubien  fiel)  ganj 
biefer  2JÖiffenfd)aft  tjingab.  (Jine  Aufteilung  al§  ßuftoS  am  botanifd)en  ©arten 
ber  ^rager  Uniberfität  führte  ifm  tiefer  in  ba8  ©tubium  ber  reichen  fjlora 
93öl)men6  ein  unb  eine  (eiber  nie  jur  Söotlenbung  gebiet)ene  glora  bon  53öt)men 
wirb  oon  gadjfunbigeu  als  eine  boqügtidje  Arbeit  bejeidjnet.  Materielle 
(borgen  liefen  ty.  ber  rutjigen  Pflege  ber  Sßiffenfdjaft  fid)  nid)t  bauernb  wibmen. 
SBir  finben  tfjn  in  ben  bier^iger  Sauren  in  Aleyanbrien ,  Wo  il)n  eine  au§= 
gebet)nte  är^tlidje  sßxaitä  ernäljrte,  ot)ne  bafe  er  babei  ben  botanifdjen  Neigungen 
3U  entfagen  brauchte.  %n  ben  27  ^atjren  feinei  Aufenthalte^  in  biefer  ©tabt 
brachte  er  ba§  botlftänbigfte  Herbarium  ber  $lora  ber  Umgegenb  bon  Alejan» 
brien  ^ufammen.  s)cad)bem  er  etwa  jefjn  $arjre  laug  eine  ergiebige  £f)ätigfeit 
atä  Ar^t  in  Alejanbrien  entfaltet  tjatte,  würbe  ein  Jpofpitat  für  ©eeleute  ge= 
grünbet  unb  %\.  faf)  bie  Gnnnatjmen,  meldje  befonber§  bie  .ipafenprari«?  irjm  ge= 
boten  tjatte,  jufammenfdjwinben.  ©tue  (Jrbfdjaft,  wetetje  beim  Ableben  feiner  in 
Hamburg  lebenben  s3Jhitter  itjin  angefallen  war,  fdjicn  irjm  neuerbinge  bie  lange 
erftrebte  Unabtjängigfeit  bom  Cnwevbe  be§  ü£age§  3U  gewähren,  aber  nnd)  einigen 
Sauren  ging  audj  biefer  s.8cfik  im  93anferott  einei  ^aufmanngefcljäftee  gänjlid) 
berloicn.  9Jtit  sJJtül)e  würbe  für  s|v  eine  ßeljrerftetle  au  einer  ©d)ute  au§= 
gewillt  unb  auf  Slkrwcnbung  33rugfd)  ©c^8  würbe  er  öon  ber  ägtjptifdjen 
Regierung  beauftragt,  ein  Herbarium  ägt)ptifd)cr  ^flanjen  für  bie  Söiencr  2Göett» 
au§fteüung  ju  fdjaffen.  ty.  tjielt  fiel)  mit  biefem  gelungenen  SöerEe  1873  in 
ÜBien  auf  unb  tjatte  bie  fjreube,  baffetbe  prämiirt  ju  fetjen.  Tcact)  ber  ütüdfe^r 
empfing  er  bie  Aufforberung ,  fictj  ber  großen  (Jjpcbition  an^ufdjliefjen ,  welche 
6nbe  1874  nad)  bem  ©uban  abging.  SÖ3ir  finben  ^.  @nbc  1874,  nidjt  eigenem 
triebe  fotgenb ,  fonbem  ber  91ott)  getjordjenb ,  auf  bem  2Bege  nad)  Songola. 
Auf  bem  9tit  am  8.  2)ecember  1874  fcljrieb  er  an  feine  ©attin:  @§  ift  ber 
Sinn  be»  grof3en  £)pfer§,  weldjeS  id)  meiner  goniilie  nod)  im  61.  3tai)re  bringe, 
bafj  id)  fixem  unb  Äinb  ju  leben  fd)affe.  5Jcit  tragifd)em  ©efütjl  folgt  man 
nun  beu  Sßegen  be§  gealterten  9Jlanne§,  ber,  um  feiner  gamitie  einen  $efyx= 
Pfennig  ju  ^interlaffcn ,  fid)  mit  SSerettwilligfeit  allen  ©trapaien  unterjie^t, 
benen  jüngere  au§weid)en.  ©eine  geograprjifd)en  Auf^eidjnungen  unb  botanifdjen 
Sammlungen  finb  öon  ben  ©ad)t>erftänbigen  al§  uortrefflic^  anerfannt.  Aud) 
Wenn  fie  e§  in  geringerem  ^flafje  Wären,  würben  fie  3U  ben  ttjeuerft  erworbenen 
3U  rechnen  fein,     ©ie  finb  bie  grudjt  einer  unter  ben  fdjwierigften  Sertjättniffen 


jPfunb.  715 

mutfjig  geübten  *pflicljterfütlung  unb  einer  mitten  in  ben  Sorgen  be§  gemeinen 
Sebeni  nidjt  }u  ertöbtenben  Siebe  ]ux  SBiffenfdjaTt.  Iß.  mar  alg  Strjt  unb 
Naturtorfdjer  bem  Sefetjlstjaber  ber  Subänerpebition,  Dberft  6olfton,  ^ugemiefen. 
Seine  Sljätigfeit  mürbe  in  beiben  Nidjtungen  ftarf  in  3lnfprudj  genommen, 
als  ber  Nil  bei  2öabi  .Ipalfa  Perlaffen  unb  ber  Steppenmeg  nad)  Songota 
betreten  mar.  Solfton  felbft  erfranfte  in  Songola,  meldjei  am  5.  ^e&ruar 
1875  erreicht  mürbe,  fo  fctjmer,  bafj  er  nur  be§  „bemunberniraerttjen  braPen  alten 
Soctors"  Pflege  fein  ßeben  ju  berbanfen  glaubte.  S)er  jtoeite  Gfjei  ber 
6rpebition ,  üfteeb ,  mufete  franf  aurücffefjren  unb  an  feine  Stelle  trat  Cberft= 
ticutenant  $rout.  Serjon  Pon  Songola  auf  fanbte  ty.  feine  erftc  $ifte  bott 
Naturalien  unb  ^ierogttjptjenabflatfcrje  nad)  6airo.  Son  Qehbe  au§  mürbe  ba§ 
SBabi  5ftelff)  unterfudjt  unb  mit  ber  crtjebtidj  gefcrjmäcfjten  ßrpebition  aniang§ 
i^uni  ba3  ÜMitärlager  Surrar)  bei  61  Cbeib  erreicht.  Son  festerem  Orte  au8 
madjte  *ß. ,  mälirenb  bie  Grpebition  ruljte,  bom  Sluguft  an  eine  miffenfcfjaftlicfje 
Unterfucrjunglreife,  meldjer  6rnft  Carito  fidj  bis  Sfctjebel  9tbu  £arrafi  anfdjlofj 
unb  bie  audj  Statin  eine  Strecfe  begleitete,  ^n  Dmlubie  empfing  5ß.  am 
24.  Sluguft  bie  Nadjridjt,  bafj  feine  ftrau,  bie  in  6airo  geblieben  mar,  itjm  ein 
Söfjncfjen  geboren  tjabe.  S)a  einer  feiner  Segleiter  nact)  bem  anberen  erfranfte, 
berliefj  $.  bie  biiljer  innegerjaltene  Norbmeftricrjtung  unb  ging  oftrochts  nadj  ber 
Jpocfjebene  Pon  2lbu  Snun,  traf  in  ben  Sergen  öon  $atul  unetmaitet  mit 
>ßrout  unb  ITiarno  .jufammen  unb  ging  bann,  nadjbem  $rout  if)n  mieber 
Pertaffen,  über  Äaga,  nact)  Surug  im  ©renjgebirge  öon  Sarfur,  roeldje§  er  in 
berfctjiebenen  Nictjtungen  burc^jog.  3Rit  ber  faft  jugenbüctjen  Unternefjmungeluft 
unb  ber  naipen  greube  an  *>ei'  6rforfcf)ung  be§  Neuen,  metdje  feine  ©efatrrten 
auf  biefer  Üteife  an  iljm  rüfjmten,  bvang  *ß.  nod)  über  fein  3^  f)inau§  nadj 
Sarfur  por.  Sie  ßrmattung  feiner  Sfjtere  unb  bie  6rfdjöpfung  feiner  Sorrätfje 
äroangen  it)n,  Pon  meiteren  planen  abjufetjen  unb  nad)  61  Cbeib  äurücfjuferjren, 
mo  tjäufige  6rfranfungen  im  6rpebition§corpg  feine  Slnroefenljeit  notljmenbig 
madjten.  6r  traf  am  10.  Dctober  t)ier  ein,  ging  aber  fcf)on  am  28.  an  ber 
Spifee  nner  neuen  6rpebition  buret)  bai  toegen  feiner  räuberifdjen  Saggara* 
bepölferung  ber-nnene  (Sebirge  Äorborans  über  Sfdjebet  Hin  nacl)  Sirfet  ütarjat 
unb  2>fd)ebel  SDetr.  2lm  6.  Nobember  nact)  (St  Cbeib  äurücfgefetnt,  begleitete 
*ß.  feinen  Cberft  nad)  Gfjaitum  unb  trat  bann  am  19.  5Jlärj  1876  mit  sJ?rout 
feine  lefjte  Neife  an,  meiere  it)n  nadj  ®arfur  führte.  5lm  3.  Slprit  tra^  er  am 
gu|  ber  Serge  Pon  Sfogeb,  mit  33maet  ^af^a-  bem  elften  ägpptifcb.en  £ofumbar 
öon  ©atfut  jufammen.  Ser  SBcg  tütirte  über  Sir  et  <g>eHa  unb  Gl  Slbiab 
nact)  gl  3fafc§er,  ^a§  «m  2^.  Slprit  erreicht  mürbe.  Son  fjier  au§  fottte  nun 
ba§  eben  gemonnene  3)atfut  ätjnticr)  geograptjifct)  aufgenommen  roerben ,  mie  im 
öergangenen  %afyxt  ßorbofan.  *$.  unb  ^rout  trjeilten  fxc^  in  bie  2lufgabe  fo, 
baB  biefer  junäctjft  ben  Söeften,  jener  ben  Sorben  in  Eingriff  uatjnt.  Sie  ülaft 
Pon  menigen  2öoct)en  in  bem  unrotttfitierjen,  müftentjart  gelegenen  unb  feit  ben 
kämpfen  mit  Siber  t^alb  jetftörten  61  (jfafc^cr  t)atte  5p.  mit  feinem  geroof)nten 
gleiBe,  ber  feine  Segleiter  3u  bringenben  9tatt)fc§lägen  beranlafete,  menigfteni 
bie  Nachtarbeit  aufzugeben,  benütet,  um  nutzere  arbeiten  abjufct)tie§en.  Setbft 
«plan  unb  3[nfic^t  ber  19  5pt)Tamiben  bon  'iDteroe  [teilte  er  in  6t  Saferer  fertig, 
flagte  aber  babei:  SBären  nur  meine  2lugen  nietet  um  bielee  älter  als  ict)! 
Stm  2.  ^uni  berliefj  ^J.  bie  ^auptftabt,  ging  norbroärts  über  ^telitt  nact) 
Öeüa  Jager  unb  Äobbe  unb  fef)rte  am  16.  %uü  nact)  61  gafct)er  jutücf.  Sein 
fester  Srief  ift  au§  biefem  Orte  unb  bom  22.  ^uü  batirt.  6r  fagt  u.  a. : 
Öeute  noef)  requirire  id)  neue  Äameete,  um  in§  (Gebirge  ITJarra  aufjubreerjen. 
Siefer  $tan  mürbe  nict)t  mtfyc  ausgeiütjrt.  5ß. ,  ber  feit  feinem  9lu'entr)altc  in 
Sarrur,  mo  er  feine  Neifcn  otjne  alle  eurepäifetje  Segleitung  mad)te,  nietjt  met)r 


716  <ßfünbel  —  ^Pfijffer  öon  -freibegg. 

ganj  bie  alte  Spanufraft  in  fidj  füllte,  trotjbem  aber  feinen  *ßflid)ten  mit  @nt= 
fdjtofftntjeit  unb  betuunbernSroertrjcm  Onfer  nacfjfam  (er  fdjreibt  am  30.  Mai : 
id)  feije  mein  £eben  nie  nutjloä  ober  unftnnig  auf§  Spiel;  aber  id)  fdvrerfe 
aiid)  tior  feiner  ©efabr  aurüd,  menn  bie  $ftid)t  ober  ein  roiffenfd)aftlid)e3 
Sntereffe  mid)  ruft),  erhanfte  unterroegä,  fehlte  ferjr  gefd)mäcr)t  nad)  6t 
^ajd)er  prüd  unb  erlag  balb  barauf  bem  gieber.  *ß.  mar  ein  Mann  tion 
ftarfem  ftörper,  fcfjarfem  Serftanb  unb  glüdtidjem  £mmor.  2öai  er  auf  brr 
einzigen  großen  roiffenfdjajtlidien  9tei|e,  meldje  buidjjufüfn-cn  it)tn  tiergönnt  mar, 
ertragen  unb  gcleiftet  tjat,  lä|t  erfcnnen,  bafj  bie  beften  Elemente  eines  tücrjtigen 
3lfrifareifenbeu  in  feiner  9tatur  bereinigt  maren.  Sßaul  Slfdjerfon  rürjmt  bem 
Herbarium,  ba§  ty.  in  JTorbotan  unb  2)arfur  3ufammenbrad)te,  nad),  bafj  e§  an 
trefflidjer  Sonfertiirung  ber  ^Pflaiijen  mit  ben  beften  Herbarien  au§  biefen  2än= 
bem,  benen  tion  iMfd)t),  Sdjimper,  Sd)roeinfurtl)  ju  tiergleidjen  fei.  *ßrout 
unb  Maino  haben  bie  SSorjüglidjfeit  feiner  fartograpt)ifd)en  Materialien  ge= 
priefen.  Sein  Üteifetagcbudj ,  ba§  mit  Sorgfalt  geführt  rooiben  ^u  fein  fd)eint, 
ift  nidjt  jur  5Beröffentlidmng  gelangt,  aber  bie  ^ritiatbricfe,  melcfje  S.  ^rieberidjfen 
in  ben  Mitteilungen  ber  geograplufcfjen  ©efelifdjatt  flu  Hamburg  für  1876  77 
öeröffentlidjt  Ijat,  geben  menigftenö  einen  Ütjeil  ber  Ginbrüefe  mieber,  meld)e  ber 
fdjarf  bcobadjtcnbe  9lrjt  unb  sJiaturforfd}cr  in  ben  oftfubanifdjen  Säubern  em= 
pfing  unb  laffen  feine  raftlofe  unb  grünbtidje  9lrbeit§roeife  erlernten,  ipaul 
Slfctjerfou  t)at  in  ben  Mitteilungen  berfelben  ©efetlfcfjaft  für  1878' 79  ben 
botanifd)en  Söertt)  biefer  ©tiefe  gemürbigt.  S)ie  ägt)ptifd)en  Setjörbeu,  meiere 
fid)  ihr  (Sigenttjuinärecfjt  auf  bie  Slufjeidjnungcn  s^funb'§  ftreng  mährten,  tier= 
öffentltdjten  feine  täglichen  meteorologifd)en  ^Beobachtungen  al§  Essai  mötöoro- 
logique  (1877)  unb  baS  33er,\cid)nife  feiner  botanifdjen  Sammlungen  al§ 
Rapport  fait  ii  S.  E.  le  Gönöral  Stone  Pascha  sur  les  speciinens  botaniques 
coli,  pendant  les  expöditions  ögyptieimes  au  Kordofan  et  au  Uar-Four  Com- 
manders par  le  Col.  Colston  etc.  par  le  Dr.  Pfund.  Naturaliste  (187'.M. 

Quellen:    Mittbeilungen    ber   ©eogr.    ©ef.    au    Hamburg   187677    unb 
187879.     3m  elften  Sanb  SMlbnifj.  ftrtebrid)  ftafcel. 

^fünftel:  üobiaä  s^.  au£  flauen  gab  als  Organift  ju  2Bet)ba  im 
SBoigtlaube  eine  gegen  bie  caltiiuiftifd)e  s2lbenbmablelehre  gerichtete  Streitfchrift 
in  bramatifdjer  ftorm  tjerauö:  „(Sin  ü£ialogus  Ober  ©efpred),  barinnen  ber  $u* 
ftanb  ber  Gtvrifttichen  .Uirdjen  angebeutet  mirb ,  (Somoebien  meifj  gar  fürtjlich 
befdjrieben".  $ena  1602.  4°.  2)erb ,  aber  nidjt  ungefd)ttft,  fd)ilbert  er,  mie 
•jmei  öon  bem  roiebererftanbenen  £utt)er  unb  einem  ^Dtagiftex  unterroiefene 
dauern  ihrem  caltiiniftifdjen  Pfarrer  mit  ©rünben  unb  bann  mit  Schlägen  ju 
ßeibe  gefjen  unb  it)n  tiertreiben.  Söahrfcheinlich  ift  er  ber  Sotjn  beö  Sd)ul= 
meifterö  Martin  ty. ,  ber  1566  in  Söittenberg  ftubirte,  1600  in  flauen  eine 
$omöbie  „auS  ber  ©rammatif"  (öon  $.  ©itttjaufen1?)  aufführte  unb  1612  eine 
„Oratio  de  Luscinia"    tjerauSgab. 

Sögt.  8eitfd|tift  f.  beutfdie  ^bitotogie  XX,  82.  —  ^öc^er  III,  1500.  — 
ftotermunb  VI,  37.  3-  «ölte. 


(er  öon  £ciue0g:  Slloiä  3of.  M.  «apt.  9Ilpf)on§  «p.  ti.  $., 
fct)meijerifd)er  Staatsmann.  @in  Sotjn  be§  Sd)ultl)ei§en  3»o-.  3gn.  datier 
ty.  ti.  £>.  unb  ber  Marg.  Subiii)  %at.  23altl)afar,  muibe  er  geboren  ^u  ßu^em 
am  5.  September  1753.  5)}.  roibmete  fid)  anfäuglid)  bem  Mititärbienfte  unb 
mar  Sieutenant  bei  ber  Sdjroeijergarbe  in  $ari§,  trat  bann  aber  in  ben  Staate 
bienft  über,  mürbe  1774  ju  ßujern  in  ben  ©ro^en  9vatl)  gemätjlt,  marb  1783 
Stabtfdireiber  in  SSiÜifau  unb  1789  Staatsfdjreiber  in  £ujern.  3118  bie 
ariftolratifc^e  Regierung  ben    31.  Januar   1798    abbanfte   unb   bie   äßarjl   öon 


SPfaffet  Don  9Utt§f)ofen.  717 

23otfSrepräfentanten  anorbnete,  narjm  5)3.,  ein  feuiiger  2lnt)änger  ber  franaöfifdjen 
3been,  an  ber  politifdjen  Bewegung  mit  SBort  unb  SdjtiTt  tebfjafteu  Sintijett. 
@r  warb  üon  bev  SBürgcrfc^aft  ber  Stabt  ßuaern  als  etfleö  «ütitgtieb  jum 
SSolfSrepräfentanten  gewählt  unb  bann  ben  30.  9Mra  in  ben  r)e£üetiftf)en  Senat. 
31  ad)  ber  Gonfiituirung  ber  tjeloetifctjen  «Rcpublif  üon  ben  gefcijgebenben  9tätl)cn 
in  Slarau,  tarn  5ß.  am  18.  9lpril  als  fünftes  «üUtgtteb  in  baS  erfte  tjelüetifdje 
(Qfünfcr)  rSirectorium.  S)a  er  fid)  jebod)  in  biefer  Stellung  burdjauS  nidjt  üon 
ber  ©efü^igteit  geigte,  bie  fid)  bie  franaöfifdjen  Iftadjttjaber  Don  it)m  üerfpradjen, 
erawang  ber  Sommiffär  «Jtapinat  ^ftiffer'S  unb  feines  Goltegen  23at)  (ftetje  biefen) 
austritt  auS  bem  2>irectorium  (29.  ^uni).  $•  trat  nun  in  ben  Senat  jurüd 
unb  warb  bann,  nad)  bem  StaatSftreidje  üom  8.  5tuguft  1800,  sJJcitglt?b  beS 
„gefetjgebenben  9ratr}eS".  2(n  biefev  Stellung  uatjm  «ß.  befonberS  tätigen  3ln= 
thetl  am  Streite  über  bie  SJerfaffung  öom  29.  9Jtai  1801  (gntmurf  üon  Wal* 
maifon),  inbem  er  energifd)  für  bie  üon  ber  tjetDetifdjen  ;£agfatuing  bom 
7.  September  1801  aufgearbeitete,  ganj  unitarifdje  23erfaffung  eintrat.  2öieber= 
tjott  ergriff  er  in  ber  benfwürbigen  Sttmng  öom  28.  Qctober  für  biefelbe  baS 
SBort.  9Jcit  biefev  (Jpifobe  fdjüefjt  «ßftiffer'S  £t)ätigfeit  auf  bem  ©ebiete  ber  eib= 
genbffifd)en  «ßolitif.  $n  bemfeloen  9Jtonate  ging  ber  nad)  bem  Stücftritte 
3£.  N43ronner'S  (fietjt  biefen)  oon  it)m  rebigirte  „ftretjtjeitSfreunb"  ein  unb  1802 
treffen  toir  «ß  in  Supern  als  „*ßrocurator".  @r  mibmete  fid)  nun  ber  2lbüocatur, 
„tjatte  bagu  aber  nid)t  großes  ©efctjid,  inbem  fein  ©eift  ftetS  fort  in  rjötjern 
{Regionen  fcljmebte"  (ff.  Sßfoffer.  ©efdjidjtc  beS  ffantonS  ßuaern  II,  166).  9cad) 
bem  2obe  beS  Sdjulttjeifj  ßru§  (f.  21.  S).  23.  XVII,  253)  warb  er  üon  bem  Stabt= 
quartiere,  in  bem  er  wotjnte,  nochmals  in  ben  ©rofjen  9ratt)  gemätjtt ,  oerblieb 
aud)  in  bemfetben  bis  aum  Sturze  ber  ßuaerner  «DcebiationSregterung  (16.  \$et)x. 
1814),  natjm  jebod)  an  ben  öffentlichen  $raSen  tonen  bffonbeven  9lntt)eil  mer)r. 
Seinen  politifdjen  ^bealen  aber  blieb  er  treu  bis  jum  2obe ,  ber  ben  in  bür?= 
tigen  SJertjältniffen  lebenben  ©reis  am  9.  SIpril  1822  inS  SenfeitS  abrief. 
3ß.,  als  ^olitifer  boctrinar,  war  ein  „«JJcann  üon  üielfeitiger  93ilbung,  t)ot)er 
Dtedjtfcfjaffenrjeit,  gemeinnützigem  Sinne  unb  eblem  Gtjarafter"  («Reue  3üvcfjcr= 
Leitung  1822,  9cr.  44,  13.  Slpril).  $ubliciftifd)  tt)ätig  war  93.  jur  Seit  ber 
fjelüetifd)en  Dteootution  burd)  bie  23rofd)üren:  „2BaS  ift  gret)t)eit?"  (ßuaern 
1798.)  —  „3JBaS  ift  eine  23o(feregierung?"  (ßuaern  1798.)  —  „3ft  bem 
ffaifer  ju  trauen?  ober  Aufruf  an  alle  rjetbetifdjen  Bürger."  (1799.)  Sein 
«Porträt,  gemalt  üon  $.  9Jc.  SBrjrfd) ,  befinbet  frei)  im  gfamUtenbefifce._  @in 
anbereS  in  ber  ^porttätgaletie  ber  33ürgerbi6liottjef  üon  Suaern.  @in  ßupferftid) 
üon  Jpeinrid)  ^fenninger  batirt  üom  ^.  1798. 

Slufeer  ben  allgemeinen  SBerfen  über  bie  ^elüetil  ü.  Sittier,  ÜJIonnarb, 
Sdjuler,  ^)iltü  u.  a.:  Sufe ,  «Utoberne  Siograpljien.  —  ^.  qßfijffer,  ©efdjidjte 
b.  Ät.  ßuaern.     2  S3be.  —  3ceue  3ürd)er=3eitung  1822,  9er.  44. 

Sdjirfm  ann. 
^f^ffer  Don  ^tltt^ofcn:  (Safimir  %  b.  31.,  üRed^tSgeteljrter  unb  a^otitifer 
in  ßuaern,  geboren  am  10.  Cctober  1794,  t  am  11.  9coüember  1875,  ift  einer  ber 
namtjafteften  fd)Weiaerifd)eu  3uri|ien  ber  breifeiger  3af)re,  bie  it)r  ^beal  in  ber  ftrengen 
S)urd)füt)rung  ber  ©runbfätje  ber  9tepräfentatiübemotratie  fanben.  Waä)  glänaenb 
abfolüirten  ©rjmnafial=  unb  ßücealftubien  befud)te  «]}.  üon  1813—14  bie  Uni= 
üeifität  Tübingen,  prafticirte  üon  1814—20  als  SlnWalt  in  feiner  93aterftabt, 
promoüirte  im  9Kai  1821,  nacfjbent  er  baS  %al)x  üortjer  nod)tnaIS  in  |>eibetberg 
iuriftijdjen  Stubien  obgelegen,  in  Tübingen  als  doctor  juris  utriusque  unb  würbe 
bann  üon  ber  Regierung  üon  ßuaern  auf  ben  im  3-  1819  am  bortigen  ßüceum 
errid)leten  Se^rftutjl  beS  9ted)tS  unb  ber  üaterlänbifd)en  ©efcl)id)te  berufen,  ^te 
23orlefungen  begannen  im  Dloüember  1821  unb  würben  üon  itjm  felbft  „ßeitfaben 


718  5Pfoff«  bon  9Uti3t)o[en. 

pm  Unterricht  in  ber  Ned)tSroiffenfcr)aft''  genannt,  fie  gaben  eine  encr;flopäbifd)e 
Ueberfidjt  über  baS  Gibilrecrjt  unb  ben  Gibilprocefj  mit  befonberer  9lüdfid)t  auf 
ßu/jern  unb  bauerten  bis  1824,  roo  f&.  feine  ©tetlung  aufgab.  Um  2Cßeit)nad)ten 
1826  tourbe  ^.  jutn  slititgtieb  beS  ©rojjen  StattjS  geroätjlt,  bem  er  bann  un- 
unterbrochen big  1867  angehörte.  2)ie  SBerfaffungSberänberung  bon  1829,  roeldtje 
bie  'ütacrjtbotlt'ommentjeit  beS  täglidjen  Statt)«!  befdjränfte  unb  bie  Trennung  ber 
©eroalten  auSfprad) ,  mar  b,auptfäd)lid)  fein  unb  beS  nachmaligen  ©d)uttt)eifjen 
$atob  Äopp  2Bert  unb  als  bann  faum  nad)  $nhafttreten  ber  neuen  Sßerfaffung 
(Steujafjr  1830)  bie  9iacr)roirfungen  ber  franjöfifd)en  ^utirebolution  auf  bie 
©djroeij  fid)  jeigten,  ftettte  fid)  mieberum  5J3.  neben  ©crjulttjeifj  ?lmrc)rjn  an  bie 
©pi^e  ber  liberalen  Partei  unb  fütjrte  mittels  Ausarbeitung  berfdjiebener  orga* 
nifdjer  ©efetje,  burd)  roetd)e  namentlid)  bie  politifdjen  ober  @inrooljner=  im  ©egen= 
fatj  ju  ben  DrtSbürgergemcinben  neu  gefdjaffen  mürben,  bie  23erfaffung  bon  1831 
inS  ßeben  ein.  2)a  bie  neue  Drbnung  ber  2)inge  gleich  bon  Anfang  an  3at)t= 
reidje  ©egner  rjatte,  fo  unternahm  ^3.  in  ßujern  bie  ©rünbung  beS  fogenannten 
©dtjutjbereinS ,  ber  laut  ben  Statuten  jum  3roecfe  blatte,  bie  auf  ben  ©runbfatj 
ber  politifdjen  9iect)tSgleict)t)eit  bafirte,  repräfentatib=bemofratifd)e  Skrfaffung  beS 
SantonS  ßujern  unb  bie  auS  biefer  Söerfaffuug  rjerborgegangene  Regierung  beS= 
felben  ju  fdjü^en  unb  nöttjigeniaHS  mit  ben  SBaffen  ju  berttjeibigen  unb  auS 
bem  bann  ber  fogenannte  ßangentljaler*  ober  fcr)roeijerifd)e  ©djutjberein  eniftanb, 
roeldjer  leitete  bann  aufjert)alb  beS  (SautonS  ßujem  eine  biet  giöfjere,  atterbingS 
aud)  bebenflidjere  Sebeutung  erlangte  als  am  Orte  feiner  ©rünbung.  2>er  bon 
^ß.  berfafjten  ©djrift:  „3uruf  an  ben  eibgenöffifdjen  Söorort  ßujem  bei  lieber- 
uat)me  ber  ßeitung  ber  23unbeSangelegent)citen",  ßu^ern  bei  Xaber  sJJlet;er  1831, 
ber  erften  geroidjtigen  ©timme,  roeldje  an  ber  ©teile  beS  33unbesbertrageS  bon 
1815  eine  neue  SunbeSberfaffung  berlangte,  liefe  ber  33erfaffcr,  als  gegen  feinen 
23orfd)tag  eingeroenbet  mürbe,  man  gelange  auf  biefem  SBege  jur  rjetbetifdjen 
(JinfjeitSrcgierung  jurüd,  eine  „fur^e  sJtecr)tfertigung"  folgen,  in  ber  er  ausführte, 
bafe  ein  grofeer  Unterfdjieb  malte  jroifdjen  jener  SintjeitSberfaffung ,  bie  jebe 
ßantonaljouberäuetät  berfdjtungen  unb  bem  borgefdjlagenen  SunbeSftaat,  in  bem 
baS  felbftäubige  ßeben  ber  (Santone  roie  biSljer  Stnerfennung  finbe,  unb  unter- 
ftütjte  feine  Sluffaffung  burd)  33ergteidt)e  aus)  ber  WtebiationSjeit.  3ln  ber  aufeer- 
orbenttidjen  ütagfatjung  bom  SQtfttj  1832,  an  roeldjer,  atterbingS  aufeer  bem 
©djoofee  ber  ütagfatmng,  baS  fogenannte  ©iebnerconcorbat  abgefd)loffen  unb  ber 
(Sntrourf  einer  fd)roei,jerifct)en  SunbeSberfaffung  ausgearbeitet  roorben ,  blatte 
$.  neben  feinem  33ruber  (Jbuarb  unb  bem  nacbjtjerigen  ©djutttjeifeen  %atoo  Mopp 
tl)eilgenommen,  fbrad)  fid)  bann  aber  im  ©rofjen  Statb,  beS  SantonS  ßu^ern  für 
3)ermerfung  beS  bon  ber  aufjerorbenttict)en  2agfa§ung  bon  S^rid)  (1833)  be= 
ratrjenen  SntmurfS  au§  bem  ©runbe  auS,  meit  gemä|  bemfelben  gleidje  9teprä= 
fentation  ber  ßantone  in  ber  oberften  SunbcSbeb.brbe  feftgefep  roorben,  barjer 
bie  2)tinbcrt)eit  in  bie  ^Jtögtid)feit  berfe^t  fei,  ber  Majorität  ba$  ©efe^  borju= 
fd)reiben  unb  jubem  bie  biSt)erige  ©teEung  Neuenbürgs  beibehalten  fei.  Nad}= 
bem  ber  (Sntrourf  am  7.  3uli  1833  in  ßujern  berroorfen  roorben  roar,  roirfte 
ty.,  bon  ber  ftaatSredjttidjen  33etrad)tung  auSgetjenb ,  ba|  bie  Sinfüljrung  einer 
bom  Sßolfe  gerodelten  berattjfc^tagenben  i?örperfct)aft,  bie  einen  Seftanbtljeil  ber 
centralen  ©efetigebungSgeroatt  auSmadje  unb  bie  Nation  als  ©anjeS  repräfentire, 
baS  l)auptfäd)lid)fte  Kriterium  beS  ^BunbeSftaateS  im  ©egenfal^  ^um  ©taateubunb 
bilbe ,  in  Dppofition  gegen  feinen  SSruber  (Sbuarb  für  Berufung  eineS  eibge= 
nöffifdjen  35crfaffungSratb,eS  foroo^t  im  ©rofjen  Statt)  bon  ßujern,  roetdjer  fid) 
1835  roirflict)  für  ben  SöerfaffungSratt)  auSfpradt),  als  auc^  an  ber  £agfatjung. 
SllS  elfter  ©efanbter  feines  dantonS  auf  ber  £agfat$ung,  berfodjt  er  jenen  ©e* 
bauten   in  3ürid) ,  roo  er  1834  ben  eibgenöffifcfjen  ©ru^  entbot,    unb  1835  in 


$ft)ffer  üon  2llti§t)ofen.  719 

33em.  @r  t)ielt  tjier  eine  auSfürjrtidje  «Rebe  über  bie  SunbeSrebifion  unb  natjm 
aud)  Itjeit  an  bem  bom  fd^toeiäeriydjen  ©crjutjberein  ben  26.  gebruar  1834  in 
goftngen  gegrünbelen  Wationalberein  für  «Schute,  Äirdje  unb  ©taat,  ber  fidj  $ur 
Aufgabe  gemadjt  tjatte ,  auf  eine  neue  23unbeSberfaffung  ljtnjuarbeiten.  Sßet 
ben  äaf)treid)en  ftrd^Udjert  gelben  ber  Sreifjigerregierung  brängte  jidj  5p.  nie 
in  ben  Sorbergrunb.  (Er  fat)  biefetben  nad)  feinem  eigenen  ©eftänbnifj  nidjt 
gern,  tjiett  eS  aber  für  feine  ^3flidjt ,  bie  einmal  jur  Söatjrung  ber  ftaatlidjen 
£ol)eit§red)te  gefaxten  9tegierungSbefd)tüffe  nad)  Gräften  ju  unterftütjen,  unb  ber= 
ttjeibigte  aud)  bie  biel  angefochtenen  33abener  (Souferenäartifel,  nad)bem  biefetben 
einmal  befdjloffen  maren ,  obmotjt  feine  2lnfid)t  anfänglid)  batjingegangen ,  ber 
(Staat  foüe  feine  9led)te  ber  $ird)e  gegenüber  btofj  im  gegebenen  galt,  aber  bann 
mit  aller  Energie  rjanbtjaben.  IßfrjfferS  Stellung  in  fird)tid)en  Singen  mar 
überhaupt  feine  offenfibe  ober  ber  fau)olifd)en  $irdje  feinbfelige,  fonbern  biel= 
metjr  eine  befenfibe,  meldje  fiel)  barauf  befdjränfte,  liebergriffe  ber  Äirctjengetoalt 
in  baS  ©taatSleben  jurücfyumeifen.  ©ett  1831  ^räfibent  beS  tujernerifdjen  3tp= 
toellation§gerid)tS  fcf)tug  ty.,  an  ©teile  feines  am  11.  Secember  1834  berftorbenen 
SSruberS  Sbuarb  junt  ©ctjultrjeifjen  geroärjtt,  biefe  letztere  ©teile  auS,  um  bie  bon 
ü)m  begonnene  ^teorganifation  bei  ^uftijmefenS  burdjjufürjren,  moju  er  alle  er= 
forbertierjen  (Stgenfdmften  für  eine  nadjtjatiige  unb  erfolgreiche  SBirtfamfeit  in 
ftet)  bereinigte,  ©ein  imponirenbeS,  auf  uncrfd)ütterüd)en  ©runbfätjen  rutjenbeS 
äöefen  mar  geeignet  aud)  äufjerlid)  bie  Autorität  feine«?  2lmteS  ju  ertjötjen, 
ibäfjrenb  baS  23emufjtfein  ber  t)ob,en  SSebeutung  ber  3fufÜ3  ini  ©taatSleben, 
ber  ©inn  für  9ted)t  unb  ©ered)tigfeit  bie  ©ignatur  feines  geiftigen  SebenS  mar 
unb  itjn  bor  bitten  jum  ©efetjgeber  feines  £>eimatt)ScantonS  gefdjaffen  blatte. 
SBotjt  nirgenbS  ift  bie  Slbneigung  gegen  formale  ^uriSpruben^  ftärter,  ber  Ürieb 
•jum  ruhigen  getjen  laffen  größer  als  in  ßujern,  unb  boef)  berfetjaffte  ty.  bermöge 
ber  itjrn  innerootmenben  ?lutorität  bem  ßanton  ben  ©egen  einer  ftjftematifc^en 
©efefegebung.  Unter  feinem  Sinfluffe  gelang  bie  5lbfaffung  eines  bürgerlichen 
©efetjbudjeS  (1831 — 39),  fomie  biejenige  eines  neuen,  milbern  ©trafgefefcbudjeS 
unb  ©traTberf  atjrenS ,  meldieS  1836  an  bie  ©teile  beSjenigen  bon  1827  trat. 
ty.  marb  aud)  in  biefer  Sßertobe  mit  ßnttnerfung  beinahe  aller  anbern  ©efefee 
betraut,  modjten  aud)  bie  9Jcaterien  nod)  fo  toerfc^ieben  fein,  9cid)t  minbere 
SSerbienfte  erwarb  fiel)  *)>.  um  bie  praftiferje  9ted)tSpflege.  @r  forgte  für  eine 
mürbige  Haltung  beS  ©eridjtSfjofeS  fottjol)!  materiell  in  feinen  ßntfdjeibungen, 
als  aud)  formell  in  feiner  äußern  Haltung  unb  übte  über  bie  Untergeridjte,  bie 
früher  oljne  alle  Slufftdjt  unb  Seitung  amtirt  tjatten,  eine  ftrenge  ßontrole  auS. 
Sn  berfdjiebenen  ifjm  burd)  baS  Vertrauen  feiner  Mitbürger  übertragenen  com* 
munaten  23eamtungen  berblieb  er  anfangs  ber  breifjiger  ^ab^re  nur  fo  lange, 
als  er  eS  für  nötljig  eracr)tete ,  bie  ©runbfäfee  ber  neuen  ©taatSberfaffung  audb 
nad)  biefer  9ticf)tung  tjin  jur  ©ettung  3u  bringen.  3um  ®n»fe  für  all  bieS 
berbienftbolle  äöirfen  beim  9tegierungSmecl)fel  bon  1841  bon  feiner  ©teile  als 
StbeltationSgeridjtSbräfibent  entfernt  unb  burdj  einen  beS  ÜtecfjtS  bötlig  untun= 
bigen  £anbetSmann  eifert,  ertrug  «J}.  ben  Söedjfel  beS  ©efc^idS  mit  ©leic^mutl) 
unb  fc^toB  bie  le^te  ©ifeung  beS  ^pbeüationSgericliteS  (14.  ^uni  1841)  mit  ben 
fcfjönen  Söorten:  „5Die  Wiener  ber  ©ered)tig!eit  b^aben  fid}  mit  ber  2ld)tung  ju 
begnügen  oljne  je  auf  Semunberung  ju  rechnen:  benn  fie  tjaben  nidjtS  ^u  er= 
ringen  unb  ju  berfdjaffen,  fie  fabelt  nur  baS  iljrem  ©cfjufee  anbertraute  §eitig= 
tljum  be§  9led)tS  treu  ju  beiualjren  unb  babon  ^ebem  gemiffenb^aft  jujuerlennen, 
roaS  i§m  gebührt.  Sie  ©eele  ü)reS  2BirfenS  ift  nierjt  jene,  baS  ^ufätfige  bt* 
ad)tenbe,  nad)  3^tt  unb  Umftänben  fid)  bequemenbe,  gefd)meibigc  ^lugfjeit,  bon 
toeld)er  bie  ©taatSbermaltung  notb^menbig  geleitet  mirb  —  fonbern  allein  jener 
einfadje  ©inn,  ber  nirgenbS  tjin,  als  fjinauf  3um  ©efefee,  unb  bon  ba  jur  tb^at 


720  *-Pfoff«  öon  Alti§t)ofen. 

tjerunterblidt,  —  jene  Üiecfjtlicrjfeit  bcv  ©efinnung,  roetdje  unbefangen  als  9ted)t 
auSfprid)t,  roaS  fie  als  baS  Sterte  evfennt;  jene  ©tärfe  beö  Söillene,  roeldje  mit 
feftem,  feinem  Sinflufj  roeidjenbcm,  burd)  feine  ©eroalt  p  beugenbcm  9fon  bie 
äßaage  ber  ©eredjttgteit  ftets  im  fidjern  (Sleidjgeroidjt  tjätt."  3nS  ^rioatlebcn 
3urüdgefet)rt  grünbete  5JJ.  mit  ^ubroig  sJßtajib  sUletjft ,  getoefencm  ©taatSanroalt 
unter  ber  SJreifeigetregierung  (f.  b.),  ein  Aböocatuibüreau,  nat)m  aber  gleid)= 
ido^I  als  ^Jtitglieb  beS  @ro|en  3iati)S  an  ben  öffentlichen  Angelegenheiten  Ieb= 
tjaften  Autfjetl,  fämpfte  für  bie  'Jreirjeit  ber  treffe,  bie  ev  fd)on  auf  ber  2ag- 
fa^ung  Don  1829  ftegreid)  oerfod)teu  unb  judjte  oergeblid)  bie  Berufung  ber 
^efuiten  unb  bie  (SJrünbuug  beS  ©onberbunbeS  ju  oerfunbern,  oljne  fid)  irgenbroie 
Dom  Söobeu  beS  Ütectjts  ju  entfernen.  2)iefe  ftreuge  9ted)tlid)feit  Ijiuberte  aber 
nidjt,  Jonbern  reijte  bie  ©egner,  it)n  planmäßig  in  ben  s4k'°JeB  über  bie  6r= 
morbung  £eud  (1845),  roo  er  nad)  brei  3Bod)en  .gmft  gegen  Kaution  eutlaffen 
rourbe,  ^u  Derroideln.  sJcad)  bem  %aHe  beS  ©onberbunbS  roirfte  5ß.  als  Dcttglieb 
ber  Dom  ftegierungSratt)  beS  (JantonS  £ujern  aufgehellten  (Sefetjgebungscom* 
uiijfion  bei  ber  Ausarbeitung  bei  ©efeüe  über  bie  ©cfjulbbeitreibung,  bin  (SoncurS, 
ben  (SiDil*  unb  fpäter  ©trafprocefj  mit.  —  ©djon  bei  Anlaß  ber  üleDifiou  beS 
eibgenöjfifdjen  vDlilitärftrafgefc^bud)eS  burd)  bie  Xagfatjuug  in  bie  biesfatlftge 
(iomuuffion  unb  nad)  Annahme  biefeS  ©efetjbudjcS  jum  eibgcnöffifdjen  Dberft 
im  ^uftiiftab  ernannt,  befleibete  s4>.  in  ben  ^atjren  1837  unb  38  bie  ©teile 
eines  ^räfibenten  ber  eibgenöjfifdjen  .ftriegSgelber.  Sr  naljm  Don  1848—1863 
als  sJJtitglieb  unb  1854  als  ^räfibent  beS  fdjroeijerifd^eu  9cationalratl)s  leb= 
Ijafteu  Anteil  an  ber  Aufteilung  ber  Dielen,  jur  2)urd)füt)ruug  ber  neuen  s43unbeS= 
Derfaffung  nottjroenbigeu  ©efeije  uub  funetionirte  iu  ber  ^eriobe  öon  1848-1863 
fünfmal  als  s4h'ä|ibent  DeS  fdjroeijerifdH'U  ".BunbeSgeridjtö  unb  getreu  feiner  Vor- 
liebe für  baS  3fuftiiroejeu  leimte  er  1855  bie  il)tn  nad)  bem  Xobe  ^JtunjingerS 
jugebad)te  ^unbeSratfjSftetle  ab,  um  bann  1857  fid)  aus  ber  AbDocatur  in  oaS 
lujevuenfdje  Dbergerid)t,  bem  er  bis  1871  angehörte,  jurüdjujieljen.  Dbrool)t 
ein  ftrammer  Anhänger  ber  sJteprüfentatiDrepublif  unb  Qfreunb  inbirecter  ißkf)len, 
foroeit  biefe  letjtem  burd)  SBatjtcollegien  ftattfanben  unb  nidjt  auf  bem  ^rincip 
bei  ©elbftergänjung  beruhten,  toar  s4>.  bod)  ein  aufrichtiger  2)emofrat,  ber  ade 
SDiplonuteufünfte  Derfd)mät)te  unb  ber  allen  ftänbifdjen  23orurtt)eilen  abtjotb, 
feine  ©rljolungsftunben  meift  im  Greife  einfacher  Bürger  Dertebte.  (Sin  eifriger 
greunb  bes  äkreinSroefenS  eröffnete  ty.,  1831  jum  ^räfibenten  ber  tjelDetifdjen 
©efellfd)aft  erroäfjtt,  biefelbe  am  4.  9Jlai  mit  einer  ftebe:  „lieber  bie  folgen 
ber  neueften  ©taatsformen  in  ber  ©djroeij  in  |)iu|"id)t  auf  ^olitif  unb  ßuttur" 
unb  befudjte  regelmäßig  bie  fd)rocijerifd)eu  ©änger=  unb  ©djüüenfefte,  au  benen 
er,  toie  an  ben  großen  VotföDerfatnmlungeu  öon  Reiben  oom  21.  Auguft  1836 
unb  ©urfee  oom  3.  October  1862  als  beliebter  unb  gefeierter  SßolfSrebner  auf= 
trat.  sJieben  feiner  potittfdjen,  gefe^geberifdjen  unb  rid)terlid)en  2t)ätigfeit  fanb 
s4$.  nod)  3eit  ^u  fefyt  bebeuteubeu  publiciftifdjen  unb  fd)iiftftellerifd)en  Arbeiten, 
öon  benen  mir  feine  ^roei  33änbe  ,,©efd)id)te  beS  Santons  £u,}ern"  (3ul*i^  °" 
Orett,  güßli  &  (Sie.,  1850  unb  1852)  als  bie  erfte  äufammentjäugenbe  ©efd)id)te 
biefeS  (SantonS,  fpeciell  Ijeröortjeben.  SS  bürfte  tjier  befonberS  ber  2.  £tjeit,  roo 
ber  Verfaffer  bie  ©efd)id)te  feiner  3£it.  i-n  ^er  e*  in  fo  tjeröorragenber  Sßeife 
ttjiitig  geroefen,  er^ätjlt,  oon  bteibenbem  tjiftorifdjem  3Bertt)e  fein.  3fn  bem  t)i= 
ftorifd)=geograptjifd)=ftatiftifd)en  ©emälbe  ber  ©djroeiä  tjat  5ß.  ben  ßanton  Supern 
in  jroei  Sänben  bearbeitet  unb  toxi  nennen  oon  feineu  übrigen  literarifdjen  äöerfen 
Ijier  nod):  „^HedjtSfreunb  für  ben  Santon  Supern",  bie  in  ©emeinfd)aft  mit  ^otjann 
Ü3aptift  ^urgilgen  (1843—46)  Derfaßte:  „Anleitung  jur  güfrrung  oon  llnter= 
fud)uugen  in  ©traffad)en".  „Erläuterungen  beö  bürgerlid)en  öefe^budjeS"  (3  53änbe, 
1832—39).     „Dr.   ^afob    sJtobert  ©teiger   unb    beffen   ©tiafprojeß   in    ßujern. 


^frjffer  tum  Sltttefjofen.  721 

6in  Seitrag  ju  ber  ©efctycfjtc  ber  jüngficn  Greigniffe  im  Ganton  ßu>,ern."     „$et 
Sempacrjer  Ärieg,"  Supern  1844.     „TOne  Beteiligung  an  ber  3tatb>t)err  Seu= 
fcfjen  üJlorbgefcrjicfjte",  fpäter  notf)  ein  Üiadjtrag  tjier^u,  unb  enblicfj  „Beleuchtung 
ber  3lmmannifd}en  Unterfucfjungsmettjobe  unb  Betrachtungen  über  bas  Strafoer* 
fahren    überhaupt",     daneben    Berfafjte   B.    nod)    Betriebene    Strttfel    für    baZ 
StaatSlertfon  Bon  lÄottecf  unb  SBetcfer,   für  bie  fritiföe  ^eitfcfjriit  für  9tecf)t§= 
tDtffenfd^afi    unb    ©eferjgebung   be§   SluSlanbeS   unb   Tür   Semmee    Stnnalen    ber 
GriminatredfjtSpflege ,    gab    enbtid)    im   3ab>    1866    eine    Sammlung    Keinem 
Sdjriften  nebft  (Erinnerungen  au§  feinem  Seben  rjeraus ,   bie  roertrjBolle  Beiträge 
3ur   3eitgefcf)icfjte    entljattenb,    fer)r   lidjtbofle  Bticfe   in   ba§   confequente,   über* 
jeugungitreue  Streben  be§  Berfaffere  geroätjren.    Niemals  raftenb,  mar  B.  felbft 
in   rjotyem  Silier   nocrj  litterarifdj  tfjätig ,  roie  bie§  ba§  r)übfctje  Bücfjlein:    „Sie 
ötaatßBerfaffungen  be§  Ganton§  2u3ern  unb  bie  gteform  berfelben"  (1869 1  unb 
bie  inb>ti§Botte  Schrift  „9lu§  bem  Seben  \>e%  roeitanb  ©rofjratl)  2ubroig  Bla^ib 
3fterjer",    unb    nodj   Berfdjiebenc   anbere  Heinere  Schriften,   ber  ^frjffer--2lmtefjen= 
rjanbel  ic,  bemeifen.    Btyfferg  bteibenbe  Bebeutung  für  ben  Ganton  C'ujern  liegt 
auf    bem  ©ebiet  ber   ©efetjgebung   unb    ^Rechtspflege.     2Bäf)renb    feine  politifdje 
Irjätigfeit  in  ben  breifsiger  ^arjren  Bon  einer  aufrichtig  patriotifd)en  ©efinnung  ge= 
tragen,  attjufefjr  Bon  format=juriftifd)en  ©eficf)tfpunften  au§geb>nb,  ben  Ijiftoriidjen 
Berrjättniffen  BieUeicrjt  nidjt  genug  Oiecfmung  getragen  Ijat,  Bertrat  B.  in  juriftiftf)= 
tec^nifc^er  Bejtermng  unbebingt  bie  9iitf)tung,  ber  bie  ^ufunit  gehört,    in  ©teile 
be§  ©eroorjnrjeitsrecrjti  ift  bas  ©efet;  getreten  unb  biefe§  fott  ftreng  formal,  rein 
bebuctiB  auf  bie  concreten  Srjatbefiänbe  angeroenbet  roerben.    ^eut^utage,  roo  bie 
focialen  g^gen   cor  3lttem   ba§  3«tintcrejje   in   Slnfptucfj   nehmen,   fudjt   man 
oietfacrj    bie    juriftifctjen   Begriffe    burdj    roirt^cfjaTtlic^e ,    politifcfje   unb    ettjijcfje 
Bfrrafen   %u   erfeijen   unb   e§  mag  biefe  inbuctiBe  Stiftung  für  bie  ©efetjgebung, 
bie  fte  mit  neuem  Sfarjalt  bereichert,  Bor  ber  §anb  eine  geroiffe  relatiBe  Berect)* 
tigung  tjaben,   für  bie  BrariS  bagegen,  bie  nidjt  mefjr  roie  ^ur  3ett  *>er  9tömer 
bae  gettenbe  3xect)t  aus  bem  Begriff  ber  aequitas  fortjubilben  f)at,   fonbern  Bon 
bem    befierjenben  ©efetj  ausgebt,   ift  ba§  bebuctiBe,    formale  ober  abftracte  Ber= 
fatjren  ba§  einzig  richtige.     S)en   nicrjt  immer  togi|d)  abgeftärten  2tusfprudj  be§ 
©efe&eS  rjat  ber  juriftijcrje  Sdjeibefünfiter  auf  feine  Elemente  jurücfyufüfjren  unb 
biefe   formale   Seite    ber  praftifdjen   ^urilprubenj   fanb   in    B.    einen   Borjüg= 
ticfjen  Bertreter;  bei  ir)m  etfcfjien  ba§  ©efetj  in  feiner  ganzen  SÖÜTbe  unb  öotjeit 
al§  bie  erfte  unö  oberfte  9ttdjtfcrjnuc  für  bie  Sntfcf)eibung  be»  5Ricf)terö  unb  ent= 
gegen  einer  jet^t  nocrj  befte'r)enben  rcmantifcljen  9ticrjtung,  bie  in  ber  ©efe^gebung 
nur  eine  Reffet  für  bie  miffenfc§aftlicr)e  ^-reitjeit  be§  üiicrjters  erbtieft ,  faej  ip.  in 
Gobificationearbeiten   unb   ftrammer  ©eferje^anroenbung    bie   roarjre  Aufgabe  be§ 
praftifetjen  fünften.     Sfn  ber  gegenroärtigen  $eit,  roo  ^uftijfragen  im  ©egenfatj 
5U   ben   bxet^igex  $acjreu  ba§  allgemeine  ^ntereffe  nur  metjr  fet)r  toenig  in  9tn= 
fprud)  neljmen  unb  Biete  bie  ^uftij  für  einen  Soften  galten,  ben  man  möglicrjft 
bei  Seite  ju  fcfjieben  fyahe,  ift  e§  getoif}  fet)r  angezeigt  auf  hochbegabte  Männer 
roie   B.   rjinjuroeifen,    bie   irjr   ganje^   bebeutungsBolles    Seben    ber  3M"ti3    unb 
©efe^gebung  getoibmet  unb  barin  eine  roürbige  Berroenbung  if)re§  £afeine  erblicft 
rjaben,  benn  ftets  bleibt  roarjr  bas  alte  9Bort :  Justitia  fundamentum  regnorum.  — 
9tect)t§fctjuten  unb  Otecijteliteratur  in  ber  Sdjtoeij  Born  @nbe  bes  5)cittel= 
altera  bi§  ^ur  ©rünbung  ber  UniBerfitäten  Bon  3^^  uno  53ern,   fyeftfctjrift 
Bon  Dr.  2llot)§  Bon  DreÜi,  ßüxidi  1879,   S.  69  unb  70.  —  Baumgattner, 
£ie  Sdjroei,}  in  ir)ren  kämpfen  unb  Umgeftattungen  Bon  1830 — 1850,  Bb.  1 
unb  2.  —  5-  81.  Bupifofer,    3fofj.  ^afob  Jpefj  al§  Bürger  unb  Staatsmann 
be§  Stb§.  3üticrj  unb  eigen öffiferjer  Bunbe§präfibent,  Qüxid)  1859. 

5Jcet)er   oon   Sdjauenfee. 

ülllgent.  beutf^e  JBioaroD^ie.    XXV.  46 


722  $foff«  öon  9llti«t)ofen. 

$ft)ffcr  ÜOH  SUtiöljofcit:    (Sbuarb  %  ti.  21.,  fdjweiaerifcrjer  Staatsmann, 
SBruber  oeS  ßafimit  (f.  b. ),  geb.  am  13.  October  1782  ju  9tom,  gehörte  feinen 
tiolitifdjen  SInfdjauungen   nad)   toefentlid)   berjenigen  Partei  an,  bie  bie  Reform 
bc§  MreS  1829,    weldje   bie  für  ©tabt  unb  2anbfd)aft  je  auf  bie  -frälfte  feft« 
gefe|te  Dtetiräfentation  beibehielt ,    aber  bie  9Jtad)tbefugntfe   beS  täglichen  9tatt)S 
befdtjränfte   unb   bie  Nennung    ber  ©ewatten  betfügte,  herbeiführte  unb  in  ber= 
felben  metjr  ober  weniger   it)r    tiotitifdjeS  $beal  im  ©inne    eines  ©Ieid)gewid)tS 
ber  ^ntereffen   tion  ©tabt  unb  i'anb  erbücfte.     $.,    ber  feine  2luSbilbung  mcift 
in  ftom  burd)  $ritiatunterrid)t  erhalten,   bereits   als   fecrjaerjniätjriger  Jüngling 
unter  ber  tjelüetifdjen  Gentralregierung  ein  Sfatjr    lang    bie  ©teile  eines  JfriegS* 
commiffarS   beS  iiftrictS  ßujern   betleibet,    unb   fidj    Dom  ^atjre  1803    an  mit 
SluSjcidjnung    ber  2lbtiocatur    gewibmet    tjatte,    würbe    im  3-  1814   nadj   bem 
gewattfamen    ©turje  ber  sJJtebiation§regierung   in   ben    täglictjen  9iattj   gemärjtt, 
wo  er  balb  eine  tjertiorragenbe  ©tellung  einnahm.   Dberamtmann  tion  1814—17 
im  ßnttebud),   tion  1821—27    in   ßujem   unb   tion  1821  bis  ju   feinem  £obe 
*Potiäeibirector  beS  ÄantonS,   tjat  fid)  $.  fpeciett   als  93iitglicb   beS  SrjietjungS» 
rattjeS  bteibenbe  Söerbienfte  um  baS  tujernerifdie  ©d)ulmefen  erworben.   9US  jebodj 
bie  Berufung  £rorterS  als  ^roiefforS  ber  ^ilofotitne  nad)  ßujern  2lnlafe  ju  einer 
^Bewegung  gegen   bie   in   ber   ©tabt   tiorljerrfdjenbe   clerifate   unb   ariftofratifd)e 
9tid)tiing  gegeben  unb  bie  Regierung  bie  2lbfetjung  Sroi-ter'S  wegen  ber  ^eraus= 
gäbe  feiner  ©djrift  „^ütft  unb  SBolf  nad)  SudjananS  unb  5JtiltonS  Setjre"  oljne 
beffen  tiortjerige  (Sintiernatjme    tierfügte,    würbe    aud)  ber  ßinflufe  ^ftiffer'S,    ber 
1821    bei    einer   ßrneuerungsroarjl   in   ben    6rjiet)ungSratt)    übergangen    worben 
unb  gegen  ben  bie  ftautonSgeiftlidjfeit  Älage  erhoben,   tiorübergeb/ub  erfdjüttert. 
Sßom  (SrjtermngSratb,  benncd)  als  Referent  für  baS  2anbfd)ulwefeu  mit  beraten* 
ber  ©timme  beibehalten,    liefe   fid)   ty.  in   feinen  23emüt)ungen   für  Hebung   beS 
©d)itlwefenS  nidit  abfdjredcn  unb  eS  erfolgte  im  9Jtai  1830,  tion  if)tn  bearbeitet, 
ein    umfaffenbeS   (Sr^ietjungSgefetj ,    burd)    weldjeS    bie  ©ecunbarfdjulen  —  ;jwar 
fdjon  1813   befdjtoffen  —  nun   wirflidj   eingeführt ,    alle  SBitbungSanftatten   beS 
«Staates  in  ein  ©an^eS  äufammengefafet  unb  bie  2luffid)t  unb  Dbforge  über  baS 
©d)utmefen,  baS  bisher  faft  auSfdjtiefetid)  in  ben  .fränben  ber  ©etfttidjen  gelegen 
l)atte,    unter   bie   ©ebitbeten   jebeS  Berufes   tievttjeilt    Würben.     Obwotjt  grunb= 
jätetief)  auf  bem  SBoben  ber  Üteform  üon  1829  ftetjenb ,   befreunbete  $.  fid)  bod) 
leidet  mit  ber  SerfaffungStieränberung  tion  1831  unb  fanb  ftd),  nad)  bem  ©iege 
ber  liberalen  Partei  für  1832  jutn  ©d)ultb>ife   gewählt,    ba  Supern  Söorort  ge- 
worben, an  bie  ©pifce   ber   eibgenöffifdjen  ©efdjäfte   gefteHt.     2)ie  beiben  aufeer= 
orbentlidjen  Sagfafcungen  tiom  9Jtärä  unb  9Jtai  1832  befaßten  fid)  t)auptfäct)ltcb 
mit  ber  33aSterfet)be  unb  eS  lag  5ß.  jubem  bie  (Eröffnung  beS  ferner  Eintrages, 
betreff enb  Befreiung  Neuenbürgs  tion  fürfttierjer  «g)errfct)aft  ob,  beffen  er  fid)  auf 
bie   für  ben  ©taub  Neuenburg   benfbar   freunblicfjfte  äBeife    entlebigte.     %n  ber 
gjtäqfifeung  leitete  $.,  aÜerbingS  aufeer  bem  ©d)oofee  ber  2agfafeung,    bie  33er= 
tjanblungen  über   baS  ©iebnerconcorbat  unb   ben  (Entwurf   einer    fd)Weijerifd)en 
SunbeStierfaffung,  Weld)  letzterer  ©egenftanb  bann  hie  am  2.  3uli  öon  ty.  feier= 
lid)  eröffnete    orbeuttid)e   2;agfa|ung   befdjäftigte.     @S   würbe   bann  wirtlid)  bie 
9tetiifion  befdjtoffen  unb  biefetbe  einer  ßommiffion  übertragen,  bie  nact)  bem  am 
9.  Dctober  ftattgeljabten  ©d)tufe  ber  orbentlidjen  2agfa|ung  fdjon  am  29.  £)c= 
tober  unter  bem  Söorfit;  @.  ^ftiffer'S  in  ßujern  ^ufammentrat  unb  it)re  S3eratf)ung 
bis  3um  20.  2)ecember  fortfebte,  wät)renb  in  bie  gleidje  3"t  bie  (Sntftefmng  ber 
fog.  ©arnerconferenj  fällt.     Über  ißunbeSentwurf ,   in    bem  alte  Äantone  gteidtjeS 
©timmrod)t  erhielten  unb  Supern  als  SunbeSfi|  beftimmt  war,   Würbe,    auf  ber 
^agfateung  tion  3ürid)    tion    1833,    an    ber    $.  NamenS    beS    ©tanbeS  Sujern 
ben  eibgenöffifdjen  ©rufe  entbot,  ,$u  ®nbe  beratt)en,  gleid)jeitig  tion  ben  rabicalen 


spfof?«  t>on  Sütüfjofen.  728 

ütebotutionären   unb   Dort  ber  3Iriftofratie   unb  ®eiftlicf)feit   betämpft   unb   Dom 
SJotfe    beS  ßantonS    Suaern    am    7.  J3ult  1833    mit    11,412    (Stimmen    gegen 
7307  berworfen.     Von  nun  an  mar  «ß.  Wieber  tjauptfäcfjüc^  im  @r.jief)ung8To4e 
unb  fpcciett  bei  ber  fteorganifation  ber  tljeologifcfjen  Serjranftalt  trjätig.     »m 
e§  mürbe  t)ier   ein   entfd&iebener   Efcijjgriff  burdj    bie  Berufung  beS  bert)ängm&= 
botlen  Grjrtftopt)  5ud&3  (f.  51.  ©.  33.  VIII,  156)  begangen.    SBeil  (^nftopf)  $u$* 
no$  in  bie  ©uSpcnftonSgefc^t^te  beS  9I(ot»8  5u$«  (f.  31.  3).  33.  VIII,  156;  ber* 
wicfelt  mar    erhielt  er  bie  bifctjöflicfje  Abmiffion  in  bie  Siöcefe  33aje(  nidjt,  unb 
eine  ftolge   babon    mar  bie  SSabener  Sonierenj.     Stn    unb    Tür    ficf)    maren  bte 
©runbfäfce,  meiere  5p.  unb  mit  ifjm  nocf)  anbere  Staatsmänner   m  ber  SBabener 
(Sonierena  aufftettten ,   eineS   freien  Zottel  roürbig   unb   jte   ftanben   mett   t)inter 
bem  jurücx,    was    biete   fatyolifäe   Surften   feit    langer  3«t  in   itjren  Staaten 
eingerührt  tjaben,  allein  man  überfat) ,  mie  Subwig  «ötetier  b.  ßnonau  in  lernen 
©enfroürbigfeiten   fetjr   richtig   bemerft  fmt,    bafc   in   bem  fog.  Ubligenfäwnler» 
Raubet  bon  1725  unb  1726,   melier  9ß.  in  erfter  Sinie   öorfätoebte ,   baS  Volt 
felbft  gegen  ben  (EleruS  unwillig  geworben  mar,   wärjrenb  jur  Seit  ber  3-abener 
ßonferena  eine  ftarfe  Partei   im    eigenen  Sanbe   ber  Cbrigfeit  entgegenftanb.  — 
$    trat    als  entfdjicbener  ftreunb  ber  Reform  unb  ©egner  ber  Stebolution ,    er= 
macfit  b'on  bem  fdjönen  Xraum  ber  ßintjeit,  wie  er  fict)  ausbrücfte ,   m  bem  am 
7    SJlai  1834  bei  Beratung   über  bie  eibgenöffifcrje  23unbeSremfion  tm©ro&en 
föatf)  bon  Suaern  gehaltenen  Vortrag,   ber   red)t   eigentlich    als   fem  ®$u>anen» 
aefana  gelten  tann ,   ber  3bee   eineS   eibgenöjjtfäen  SBerfaffungirat^eS   auS  aüen 
Gräften  entgegen,  inbem  er  bafür  tnett,  ba£  biefer  Söeg  nur   mittels  einer  m- 
Polution,  beren  folgen  3um  Voraus  nictjt  beftimmt  werben  tonnten,  ju  betreten 
fei      Hufcer  bem  ßraietjungSfacrj  unb  ben  eibgenöffifcfjen  Angelegenheiten  mar  4*. 
nok)  auf  bielen  anberen  ©ebieten  ber  Verwaltung   tfjätig ,   namentlich    aucfj  als 
njtitalieb    beS    burcfj    baS  VormunbfcfjaTtSgefefe    bon  1819    eingelegten   „Armen* 
unb  Vormunb^aftSrailjeS'',  präfibtrte  1825  bie  Sonferena  ber  «bgeotbne ten  ber 
©tänbe  megen  beS  großen  ©aunerrjanbetS ,  auS  bem  bann  ber  «procefe  betrettenb 
bie    Grmorbung   beS    <5<$utt$et&en  fetter    ausgetrieben    unb    bie    Sprung    ber 
Unterfuctmng   ber    Regierung    bon   Sftti*    übertragen    mürbe    unb   geborte    als 
Etitqlieb  berfctjiebenen   gemeinnützigen  Vereinen  an,   fo   ber   lanbrntttr^aitlicrj-- 
öfonomifd&en  ©efeUf^aft  beS  ÄantonS  Suaern,  ber  ftfnieiaerifäen  gemeinnützigen 
©efeüfctiaft,  bie  il)n  bei  if,rer  MreSberfammlung   in  Suaern   im  3.  1825  jum 
SBruftbenten  gemäht  unb  präfibirte  1826  bie  r)elPettfdt,e  ©efelllcfmtt  m f&W^- 
%m  %  1826    bemühte   fi$  $•    fet)r   für   ginfüt)rung   beS  ebangelifcfjen  ©otteS= 
bienfteS  in  feiner  Vaterftabt  trofc   einer   fiel)   b>gegen   geltcnb  ma^enben  fxarfen 
Cppofition,  inbem  er  fiel,   tjiebon   manches  ©uteS  »erfpra$   unb    augleufc   ranb. 
baB  Humanität  unb  ©erec^tigfeit   biefetbe   forberu.     Sony,  rühren    au*   awei 
Mbföe  23iograpf)ien  über  »Ufäultfcifc   $.  Ärauer  unb  Stabtpjarrer  SfmbbauS 
TOtter  ber     $.,  ber    in    jener    fritifc^en  3eit.    »o    er   m  ^itung   ber  eibge- 
nöjfifc^en  Angelegenheit  berufen  mar,  eine  glücke  «Kitte  eingenonimen  mtä™ 
bei  gjtagiftraten  ber  alten  unb   ben  ftabicalen   ber  a.rojler'fcjen  Schule     t,atte 
Suaern  in  ber  Cibgenoffenfc^aft  biete  ©btnbatrjien  ermorben     fo  bafe  ® tabt  unb 
ftanton  Suaern   beftimmt   f^ienen ,    ^cittetbunft   eibgeuöfn^en   SebenS   a^en 
ben  inneren  unb  äußern  Kantonen  3u  werben  unb  eS  ift  Saumgartner  re« :  8u 
neben    wenn  er  fngt,  eS  fei  bie  Verwerfung  ber  SöunbeSurfunbe  bom  Mre  18o3 
in  Suaern  eine  bon  meieren  Urfac^en,  warum  fpäter  biefer  Äanton  bon  fetterem 
Unalücf  beimgefucljt  worben.     ^.   genoB   wegen   feine»   milben  unb   ireunblicrjen 
K  dner9feltmen  Popularität  unb  eS  würbe  fein  Job    ber  am  11.  5December 
1834  auf   ber  greife  bon  ÄartSiu^e  in  Dtten   ptöfelid)   eiiolgte     im  ganaen 
Danton  Suaern,  ber  in  if)m  feinen  gewanbteften  unb  er?olgretcl)ften  (Staatsmann 

46* 


724  $foff«  *>on  SlttiS^ofen  —  spfoffer  bon  2£i)l)er. 

Betrauerte,  al§  ein  Wationalunglücf  emtofunben.  2)er  ©laube  roar  fbäter  aflgc= 
mein  Verbreitet,  bafj  e§  $.  mit  feinem  fidjern  £qct  unb  bem  grofjen  Vertrauen, 
beffen  er  fid)  überalt  erfreute,  bei  längerem  Seben  geglücft  märe,  bie  23ermid= 
hingen  ber  ©onberbunbäberiobe  ju  berfjüten. 

©efd)id)te  be3  $anton§  Supern  bon  Dr.  (Safimir  «pjüffer,  3ürid)  1852, 
2.  SBb.  -  S)ie  ^efuiten  in  ßujern,  mie  fte  famen ,  mirften  unb  giengen  bon 
3ofef  3mf)of  (bfeubonbm  für  ^ropft  33.  Seu).  ©t.  ©allen  1848.  —  Äurje 
2eben3befd)rcibung  be§  ©d)ultf)eifj  ©buarb  ^fljffer  feiig  bon  Dr.  %aloh  Robert 
(Steiger,  ©urfee  1836.  —  ©djultrjeifj  ©buarb  ^frjffev  bon  ©tabtpfarrer 
2öalbi8  1836.  —  Seben  ber  beiben  3ür($)crifdt)en  23ürgermeifter  SDabib  b.  3Büfe, 
Sßater  unb  ©otm,  gefd)ilbert  bon  «ßrofeffor  ftriebrid)  b.  Sßbfj,  3ürid)  1886, 
2.  33b. ,  ©eite  514  unb  530.  —  SebenSerinnerungen  bon  ßubmig  Met)  er 
b.  tnonau  1769-1841,  ^rauenfclb,  Verlag  bon  $.  J&uBer  1883,  ©.  405  f. 
—  £>ie  ©djmeia  in  itjreu  kämpfen  unb  Umgeftaltungen  bon  1830—1850, 
geferner) tlidj  bargefteltt  bon  alt  Sanbammann  SfaEob  33aumgartner,  3ürid) 
unb  Stuttgart,  1.  unb  2.  33b.  1868. 

M  e  t)  e  r  bon  ©  dj  a  u  e  n  f  e  e. 

9$foffer  öon  aitt^oftn:  ftrana  Sab  er  Greift.  *p.  b.  31.,  ^efuit, 
Äanjjelrebner.  Wettefter  ©olim  beS  Stjriftoprj  $.  unb  ber  Maria  am  W)\)n, 
geboren  ju  ßujern  am  21.  2lpril  1680.  Mad)te  feine  ©tubien  in  feiner  33ater= 
ftabt,  berjidjtete  aus  Siebe  jum  geiftlidjen  ©tanbe  auf  feinen  g-tbeicommifjtitel 
auf  bie  #crrfdjaft  2lltiät)ofen  unb  trat  1695  ju  9tom  in  ben  ^efuitenorben. 
SOßar  bann  mefrrere  ^atjre  ^ßrofeffor,  fpäter  einige  $al)re  .^ofcaplan  beim  fur= 
bfätjifcrjen  £)ofe  unb  Ijernad)  28  Sartre  2)omprebiger  in  2lug§burg,  mofelbft  er 
am  29.  Märj  1750  an  einem  ©crjlage  ftarb.  23on  feinen  aafjlreidjen,  je^t 
bergeffenen  ©Triften  berbient  bie  nad)  feinem  £obe  btranftaltete  ©ammlung 
feiner  ^ßrebigten  (2lug§burg  1752.  $ol.)  befonbere  (h-toätjnung.  ^n  biefen 
jeigt  fidf)  ty.  al§  geroanbter  ^olemifer,  ber  bie  fattjotifdEje  ßetjre  mit  reidjem 
ttjeologifdjem  SGÖtffen  unb  33erebfamfeit  berttjeibigt ,  unb  bie  SBärme,  mit  ber 
biefe  gefd)ief)t,  beweift  un§ ,  bafj  er  ein  glaubenätreuer  ©ofjn  feiner  $ird)e  mar, 
mie  er  benn  aud)  für  einen  ber  befteu  Äan^elrebner  feiner  3^it  galt. 

g.  33altt)afar,  Materialien  j.  ßeben§gefd)id)te  berühmter  Sujemer.    M§3. 

ber  33ürgerbibliotljef  Sujern.  —  «gmrter,  Nomenciator  theol.  cath.  II.  2.  1267. 

-  33.  gieifälin   in   ben  „Monatärofen".    1885  86.    566.    91.  57.  —  2iug. 

unb  211.  be  33atfer,  Bibliotheque.    äöofclbft  and)  ein  SSer^eicfmifi  f.  ©djriften. 

©djiff  mann. 

^fljffer  Mit  SiMjIjer:  ^ranj  ßubmig  *ß.  b.  SB.,  fönigt.  franaöfifdjet 
©cnerallieutenant ,  fdjmei^erifdjer  Xobograpr);  geboren  in  Supern  am  18.  5Rai 
1716,  f  ebenbafelbft  am  7.  ^obember  1802.  —  (Sin  ©oljn  be£  fran^öfifdjen 
33rigabier8  Soft  %.  b.  SBbfjer  in  Sujern  unb  ber  21.  sFcaria  SPfrjffer  b.  2Uti§= 
l)ofen  erhielt  ty.  feine  @r$ier)ung  in  einem  6abcttenl)aufe  in  gfranfreid),  trat 
1733  al§  ßabett  in  bie  ©d^lneijergarbe  in  $art§  unb  madjte  in  berfelben,  im 
9tange  auffteigenb,  bie  ^elb^üge  be§  polnifd)en  unb  be§  öfterreid)ifd)en  @rbfolge= 
friege§  1733—1747  mit.  33or  ^Renin,  2>re§,  greiburg  i.  S3r.  unb  bei  9fcocroi 
unb  ßaufelb  fid)  au§3eidmenb.  1742  9titter  unb  1776  ßommanbeur  bei  Drben§ 
bon  ©t.  Soui§,  1748  (10.  Mai)  Maröchal  de  Camp,  1763  ^nrjaber  eine§  ©djroei^er» 
regimente§  in  ^ranlreid),  1768  (1.  Januar)  ©enerallieutenant ,  naljm  er  1769 
feinen  2lbfdjieb  unb  teljrte  für  bteibenb  —  nad)  ber  £$familtentrabttion  1772  — 
in  bie  «gjeimatr)  jurüc! ,  bie  er  beinahe  attiätjrticf) ,  oft  in  ©efellfdjaft  feineg 
3Baffen!ameraben,  be§  S)id)ter§  ©ali§,  im  Urlaube  befudjt  ^atte.  ©ctjön  1736 
mar  «p.  in  Sujern  pm  Mttgliebe  be§  @ro^en  9latl)eg,  1752  3um  Mitgliebe  be§ 


^rtjffer  oon  Söttet.  725 

engetn  ober  kleinen  9tatf)eS  (ber  «Regierung)  ernannt  roorben;   er  befCeibete  jefct 
aucf)  nod)    anbere   Remter,    würbe  1788  Senner    unb    bei   ber  ®ntftet)ung   ber 
„#elüetifc£)en    militärifdjen    ©efellfcf)aft"    1779    beren    erftcr  ^räfibent.      ©eine 
«JJtuße  in  Urlaubsreifen  aber  unb    nact)    feiner  bteibenben  Stnfieblung  tn  Sujern 
toibmete  er  mit  unauSgefet^tem,  fteigenbem  @ifer  ber  StuSfüfjrung  beS  juerft  öon 
ibm  gefaxten  ©ebanfenS,  bie  fäjweijerifcfjen  «Alpen  au?  ©runbtage  öon  «JJceffungen 
unb    3'ei^nungcn   ptaftifct)   batjuftetten.     3n    bietjatjriger    eijemer    perforierter 
Arbeit   fct)uf    er   baS   erfte   topograpf)ifct)e   9telief   ber  ©entratfctjtDet^    baS   feine 
3eitgenoffen   üiet  bewunberten   unb    noct)   bie   ©egenwart   mit  banfbarer   2lner= 
fennung   unb   regem  ^ntereffe   betrautet.     Sie   erfte  3bee   jur  Anlegung   etneä 
MefS  fott  in  $.  burä)  bie  Collection  des  reliefs  des  places  fortes  de  France 
bei  ben  Sntmtiben  in  s£ariS  erwecft  roorben  fein;   {ebenfalls  würbe  fie  aber  be-- 
ftärft  unb  Don  $.  juerft  näfjer  auSgebilbet  burct)  ben  2tnblicf  bei  «PitatuebergeS 
bei  Su3ern,  ben  er  öfter  als  ixgenb  ^emanb  beftieg,  Betrachtete  unb  fcf)on  1756 
in  einer  anjieljenben  „Promenade  au  mont  Pilate"  in  greronS  Journal  oranger 
befcbrieb.     @r  uerfertigte  ein  «Relief   beS  SergeS  in  «Pappe  f   baS  2lufmerffamfett 
erregte  (f    ©.  @.  $attet,   Sb.  X,  430  oben,    „Serfuct)  eineS  fritifdjen  Serjeicf)* 
niffeS"  ic.  1759,    I.    139,    unb    Sibliotfjef   b.  Scb>eiaergefcf).    1785.    I.   435). 
S)er  erfolg  gab  $.  ben  @ntfcf)tuß  ju  einem  größeren  2öerfe  ein;  er  entwart  ben 
«Rlan   eine§   «Reliefs    ber    ganzen   Sentratf^weij    unb    färitt    jur   «Jlusmrjrung. 
«Racbbem  er  fiel)  in   ben  erforbertiä)en   geometrifdjen  tfenntniffen  berbollfommnet 
fcatte    bereifte  er  bie  ©ebirge  unb  freute  feine  «ütüfje  unb  ©efatrr,   um  bie  bar» 
äufteäenben  (Segenben  bis  in  alle  Sinietrjeiten  genau  fennen  ju  lernen  unb  au]« 
lunebmen      «Jtod)  fehlte  eS  im  ©anjen  burcfjauS   an  jureic^enben  garten;    alles 
mußte  er  fetbft  tljun,  fetbft  „feftlegen".     Sie  ©cl)Wierigfeiten  ber  umgäbe  wur= 
ben  buref.  baS  «Dtißtrauen  err)öt)t,    womit  bie  auf   itjre  f5freit)eit  eiTerfuc^tige  söc- 
Pötferung    ber  ©ebirgSfantone    jebe  aufnähme    beS  5anbeS     öon    ber    emjt   ein 
fteinb  9tufeen  äiet)en  möchte,  betrachtete;  gtoei  «Uta!  würbe  %  Tötmli*  al« >©pton 
anaebatten.   Siele  arbeiten  machte  er  bafjer  in  monbtjetlen  «]cäct)ten.    @r  befugte 
£f)äler  unb  ©ipfet,  bie  für  unzugänglich  galten;  üier  flcal  6e|tieg  er  ben  xitliS 
tobet  binauf,    a(8   fonft  ©emSjäger   9u  flettern  pflegten.     Sei  längerm  2lu;ent- 
batte   in    ©egenben,    wo   feine   SebenSmittet   ertjälttict)  waren,    Uflegeet  einige 
Riegen  mitpnetjmen,  oon  beren  Met)  er  fiel,  näfjrte.    Sei  feinen  »tbei  en  fjatte 
er  als  ©etnitfen  bie  längfte  Seit  fjuibutd)  nur  feinen  © lener  pajtb >  Saliner  aus 
bem  (Snttebucf) ;  in  ben  legten  Mren  t)alf  ifjm  einigermaßen  fem  (Snrel  Jo]t  $mn, 
nac^matS   fctjweijerifdjer   Slrtiaerieoberft.     Sei   ber  ^aftif Jen  JluSarbeitung  bei 
grforfdjten  fuebte  «p.  ber  ©eftalt  aüer   einzelnen    mobeEirten  Xljeite  babureb,  bie 
mögliWte  «tigfeit  W  geben,  baß  er  biefelben  beuten  ber  betrejtenben  ©egenben, 
Sauern  unb  ©emsjägern,  OorwieS,    fie  3u  genauer  «Prüfung  jeber  natfgebtibeten 
Formation  bee  SobenS  einlub  unb   nacl)    il)ren  Semerfungen  oor^anbene  fteljler 
oerbefferte.     ©0    entftanb    fein    großes    Ütetief,    baS    in    einem   ÄecfcteÄe    oon 
6  61  Weter  Sänge  auf  3,89  «Dieter  Sreite  bie  ßantone  ßujern  (mit  ;3luSnat)me 
einiger'weitlictjer   ober  norbweftlicfjer   ©renäftric^e),    Unterwalben,   Un,   ö um. 
^ug   unb '  angren^enbe    Steile   ber   fiantone  Sern    unb  3ün*    b«|teEt.     ffiaS 
©anje  umfaßt   ungefähr   180   fd)Weiäerif^e  Duabratftunben    8anbe      wobei  ber 
angenommene  3Jtaßftab  für  bie  tjorijontaten  ßntTernungen  1  :  125  000    mr  b 
oetticalen  Hebungen  1  :  10  000  betragen  äu   ^aben   fc^emt      ®aß  bas  ©anje 
auf  wirflidben  geometrifcb.en  Sermeffungen  beruht,  ift  au8j;erglei*cnben  ^eliungen 
na^  bem  SBerfe  felbft    mit   ©ic|er^eit   3u   etfennen.     S)ie  TOatfe.    au»  »e  Jet 
baS3telief   geformt  ift,    befteljt    naef)  ^inffer^    eigener   toBerung   auS  Söac^S 
^ed)  unb  einem  Äetne  oon  «Poppe.     Sie  Oberfläche  jeigt   m  5orm  unb  »arte 
baS  natürlid)e?tuSfel)enbeS3:errainS:  bewohnte  Orte,  angebaute?  Sanb,  Söatber, 


726  S-PM"  b0»  2B^«. 

getfen  unb  ©tetfdjer,  ©etoäffer  allev  Art,    ©trafcen  unb  gufcbfabe.     2Bie  lauge 

3eit  bie  ^erfteüung  bog  ©anjeu  in  Anfbrud)  natym,  läfet  fid)  barauS  abnehmen, 

bajj  baS  9ietier  im  ^erbfte  1765  (ftäfi,    ©taatS--  unb  Srbbefdjreibung  bev  fd)tr>. 

(Jibgen.  23b.    2 ,   23orrebe  ©.  3)   bie  Serge   am  23ierroalbftätterfee ,    einen  itjeil 

bet  UntcrtDalbnergebirge  unb    bie  Cujern    ^unäd)ft  liegenben  Sßogteieu  bei*  ©tabt 

umfaßte;    bafj  eS  1776  (6oje,  Travels  in  Switzerland  1,  150.  165)  fdjon  im« 

geiofjv  60  Cuabratftunben  begriff,   roäljrenb    für  eben  fo   biet  weitere  ©egenben 

bie    grunblegenben  3c^nun9en    tneit    Waren;    bajj    ©auffure  (Voyages  inödits 

IV.  119)    1783    ungciäljr    100  Cuabratftunben    im   Relief    bottenbet    fab,    unb 

ßefetercS  1786   feinen   botten  Umfang  erreid)t    rjatte.  —  2)aS  SBerf    mad)te  auf 

bie  ^eitgenoffen,  bie  eS  fafjen ,    einen  überroättigcnben  ßinbrutf.     2)iefj  bezeugen 

nidjt  nur  bie  bemunbernben  Aeufjerungen  bon  Männern  wie  doje  unb  ©auffure 

(a.  a.  £).),  fonbern  aud)  bie  überaus  aarjtrcidjen  ©rtoärjuungen  unb  23efd)mbungen 

beS  Reliefs  in  ^fitfctjriftcn,  in  biograprjifdjen  unb  in  Oteiferoerfen  ber  bamaligen 

3eit ,    Wie    3.  53.   in   ^urlaubenS   Tableaux   topograpliiques  etc.    de   la   Suisse, 

$ariS  1780  88,    Heiners'    Briefen  über  bie  ©djroeij,   23ertin  1785,    II.  127, 

§r.  2.  b.  ©tolbergS  «Reifen,    Königsberg  1794,  I.  121  u.  St.  m.     SDie  $erfön= 

lidjfeit  *Pft)ffcr*Ä  trug   au   ber  2Birfung   beS   bon   itjm    ©efdjaffencn   bei.     ffienn 

ben    'Dflann,    ber    mit   größter   ©efäfligfeit   ^ebermaun    ben  Zutritt   ju   feinem 

Kunftroerfe  eröffnete,  zeichneten  mannigfache    äußere   unb  innere  23orjüge,   Kraft 

unb  ©efunbtjeit  beS  üieibeS  unb  ©etfteS,  ein  leutfeligcS,  offenes,  altfcfymeizerifdjeS 

SBefen   unb  augleid)    feine   roettmännifdjc   23ttbuug    in    glütflidjfter   2öeife   aus. 

©et    Hamburger   Senator   ©üntfjer    (f.  31.  3).  23.  X,    174)    erjärjU   in    feinen 

„Erinnerungen"  (©.  289),    bafj  ^.,    obrootjl   er   bei  23oIlenbung    jeineS  Reliefs 

im  fiebjigften  3ab>  ftanb ,  fid)    nod)   mit  bem  ©ebanfeu  trug,    baffelbe  auf  bie 

ganje   übrige   ©djroeiz   auSaubebmen   unb   bafc   nur   23cbenflid)feiten   bon  3ürid) 

unb  23crn  gegen   bie   auf    itjrem  ©ebiete   boraunetjmcuben   Skrmeffungen  5ß.  toer= 

rjinbeiten,    an    biefe    weitere  Arbeit    au    fdjreiteu.     sJftit    ber    ßebljaftigfeit    unb 

ßnergic,    bie   it)m    eigen   war,    rjatte  <p.  fid)   übrigens    aud)    au   ben  politifdjen 

©reigniffen  beteiligt,  bie  ßujern  in  ber  3«t  bon  ^ftiffer's  boüfter  Kraft  bewegten. 

AIS  1769  baS  (Srfdjeinen  einiger  ©d)riften  gegen  bie  geiftlidjen  Crben  bie  bittern 

©treitigfeiten  unter  bem  ^atriciat  in  ßujerti  rjerborrief ,    in  benen  cS  ftd)  in  bie 

gegnerifdjen  Parteien  ber  „Sonföberirten"   unb   „Siffibcntcn"  fpaltetc,  ftellte  fid) 

<J3.,  obWoljl  biStjer  an  firdjlidjcn  Singen  wenig  beteiligt,  als  (Segner  23alentin 

sEtet)er'S   (f.  A.  2).  23.  XXI,  616    oben)    entfdjtoffen    in   bie   föeirjen   ber   6on= 

föberirten.     23ei  einer  Uebung  ber  Artillerie   bor  3at)lreid)er  ©efeÜfcrjaft  fetjob  er 

eincS  SageS   eine  jener   berrjafjten  ©djriften   in   bie   s]Jtünbung    einer   gelabenen 

Kanone  unb  reid)te  bie  brennenbe  Sunte   feiner   neben   itjm  ftetjenben  ©ematjlin, 

bie  auf    fein  ßommanbo    baS   ©tüd   abfeuerte.     23on   ba   an    ^Ite  ty.  ju  ben 

^äuptem   feiner  ^artei.  —  2}eibienftlid)er   blieb   bie   militärifd)e   unb   topogra= 

pt)ifd)e  SBirffamteit  beS  ausgezeichneten  Cannes,  ber  bis  <ju  feinem  im  86.  %a$xt 

erfolgten  Ableben  üoEfter  ©efunbtjeit  unb  beS  üerbienten  9lnfet)enS  geno§.   ©ein 

Relief,   otjne   beffen   23efid)tiguug  fein   üteifenber  Supern   bertieB,    gab    aud)   ju 

bitblid}cn   Sarftellungen    beS    betreffenben    SanbeS    burd)    bie   §anb    gifd)idter 

Künftter    Anta^.     ©dt)on    1777    erfdtjiencn    in    3lu^au^en'^    ermätjntem    2Berfe 

3tnei   in   $ariS   geftodiene   23lätter   nad)  geidjnungen,    bie  51.  A.  S)under  (geb. 

in  ©tralfunb  1746,    f  in  23ern  1807)   nad)  s$f^ffer;S   Relief   angefertigt  tjatte. 

@troaS  fpäter  Veröffentlichte  ber  3"Qet  Kupferfted)er  %.  %.  ßtauSner  (geb.  1744, 

t  1795)  ein   ätmlicrjeS ,    unter  ben  Augen  beS  ©eneratS  ty.  berfertigteS  23tatt. 

6t)r.  gjledjel  in  23afet  gab  1786  bon  2>under'S,  1799  bon  (SlauSner'S  23lättern 

^ad)bilbungcn    tjerauS.     2)aS   Relief    felbft    benubte    ber    franjöfifdje   ©eneral 

Secourbe  1799  beim  ©ebirgSfriegc   in  ber  ©djroeiä   gegen   bie  Oefterreidjer  unb 


*fi3ff«-  727 

Muffen.  9cod)  1803  30g  baffelbe  bie  2lufmerifamfeit  ber  franjöfifdjen  Regierung 
auf  fid).  ©eneral  9tet),  bamalä  ifjr  ©efanbter  in  ber  Scrjrceij,  liefj  ficf)  üon 
bem  franaöfifdjen  ©enierjauptmann  Sofepb,  Sßirüauj  einen  SBeridjt  über  Spfüfferg 
Söerf  erftatten,  roobei  ber  Söcrfaffcr  einen  Stnfaui  beä  fRetief^  fftt  Sfranfteidj 
befürwortete,  ©tüdlicrjerroetfe  für  Sujern  nnb  für  bie  Scrjtoeij  tarn  bas  ©efdjäft 
nidjt  3um  Slbfdjlufj.  £)a§  Relief  blieb  im  Sßefifce  ber  gamilie  $füffer  unb  würbe 
1865  üon  bem  bamaligen  erbberechtigten  (Sigentrjümer  Dr.  med.  0it)ffer=©egeffer 
ber  SBürgergemeinbe  Supern  3U  -gmnben  it)ret  öffentlichen  Sibliotrjet  gefdjenft, 
bie  aud)  bie  Süfte ,  ein  Porträt  bee  ©eneratg  unb  73  feiner  2lufnar)meblätter 
(©efcfjenf  üon  £errn  3foft  $tüffer--©ölblin)  befifet.  Snt  Sefifce  ber  Familie  be* 
finben  fidj  aroei  üßorträts1,  öon  benen  ba§  eine,  roafnfdjeinlid)  üon  9teüu)arb  ge= 
malt,  3ß.  in  feinem  53ergreifecoftüm  barftellt.  ©eit  1873  ift  baä  Relief  ler)ens= 
toeife  bem  Sßefitjer  be§  „©tetfdjergartenö"  in  Supern  jum  SBerjufe  ber  33e[icfjtigung 
burcr)  grembe,  anüertraut;  ebenbafetbft  roerben  Sßfrjffer's'  33ergftod,  ber  mit  einer 
SSorridjtung  für  bie  3lufnarjtnen  üerferjen  ift,  unb  bie  ©anbaten  gezeigt,  beren  er 
ficrj  bei  feinen  SBanberungen  bebiente.  Unter  ben  üielen  neuern  58efcr;reibungen 
be§  9tetief§  ift  al§  eine  ber  trefftidjften  biejenige  üon  9Jtac  ©regor  (Note-book 
^Switzerland]  ßonbon  1835)  ju  ermähnen.  — 

Duetten:  üDie  im  £erte  genannten  ©djriiten.  —  .§etüetia,  geitfdjr.  üon 
Mtfjafar,  gujern  1823.  I.  ©.  205.  —  Stob.  SSotf,  Siograpfjien  jur  fdjroei;}. 
£ulturgefd)id)te.  ^toeiter  (Srjcluä.  3ürid)  1859.  S.  231.  —  33.  Stuber, 
©efd)id)te  ber  ptjt)fifd}en  ©eograptn'e  ber  ©crjroeia.  ^ütitf)  1863.  —  ©anj 
üor^üglirf)  aber:  9t  SBolf,  ©efdjicrjte  ber  SSermeffungen  in  ber  ©djtüeia.  4°. 
3ürict)  1879.     ©.  117  ff.  Sdjiffmann. 

^fyff CV  :  *2  u  b  ro  i  g  «p. ,  ©diuttrjeifs  ju  Sujern,  geb.  1524,  t  am  17.  gjldra 
1594.  —  (hft  1483  roar  ba§  ©efdjledjt  ber  SßTrjffer  burd)  Sluinafjme  be§ 
SofjanneS  *ß.,  ber,  üon  9totfjenburg  in  ber  Cujerner  Sanbfdjaft  gefommen,  in 
ber  ©tabt  ein  Sucrjgeroerbe  betrieb ,  in  ba§  ^Bürgerrecht  in  Supern  feftgeroactjfen. 
9lber  fcfjon  biefer  Sorjannes\  ber  1508  in  ben  kleinen  föatrj  tarn  unb  erft  1540, 
102  Satrre  alt,  ftarb,  ftieg  ju  einer  anferjnlidjen  ©teflung  empor.  Gin  ©orjn 
erfter  @tje,  2 e ob e gar,  ber  ba§  bebeutenb  erweiterte  ütudjgefdjjärt  antrat,  würbe 
©edetmeifter.  5tu§  ber  brüten  (Srje,  weldje  ganj  befonberä  Üteidjtljum  unb 
5tnferjen  gebraut  rjatte  —  mit  2Jtargarett)a  fticl,  ber  ©djroefter  bc§  1569  3U 
SSafet  üerftorbenen  ^umaniften  Subtoig  Äiet  ober  Garinu§  —  tjintertif^ 
Sotjanne§  üier  ©ötjne,  unb  üon  biefen  rourbe  Soft  (ber  keltere)  1558  ©c^ult= 
fjeifj,  Äafüar,  ber  jüngfte,  1585  "Ülitgiieb  be§  steinen  Srat^es.  ©d)ultt)eiB 
Soft  rjatte  gleich  1559  bie  ©teile  be§  3lu§tr)eiler§  ber  ^eufionen  üon  ber  fran= 
3öfifd)en  Sotfc^aft  errjatten  unb  roar  nun,  feit  1563  in  ben  franjöfifc^en  2tbel§= 
ftanb  erhoben,  in  feiner  einflußreichen  Stellung  in  bie  Sage  gefegt,  tf>eit§  ba§ 
Uebergeroic^t  ber  franjöfifcten  Snteteffen,  t^eite  bie  ßinroitfung  ber  eigenen 
gamitie  in  immer  au§brüdlid)erer  Söeife  in  Supern  ju  begrünben.  —  Submig 
toar  ein  ©o'b.n  bei  Seobegar,  unb  er  betrieb  aU  junger  ÜJiann  mit  feinen 
23rübem  ba§  üom  ©roßüater  unb  33ater  ererbte,  burd)  eigene  ©efetjäftereifen 
ftetS  metjr  erroeiterte  Stuctjgefc^äft.  5lu|erbem  rourbe  er  1548  5Jlitglieb  be§ 
©rofien  3latt)§,  üerroaltete  bann  jroei  Heinere  23ogteien  be§  Sanbgebietes.  ©at* 
auf  gab  er  ben  ^anbelsbetrieb  auf  unb  roibmete  fid)  im  S-  l553  ,  an  beffen 
Gmbe  er  aud)  in  ben  kleinen  9latr)  gelangte,  bem  Äriegsgeroerbe ,  inbem  er  ein 
exfted  3Jlal  al§  gfä^nbitc^  in  ßönig  ^cinrierjö  II.  S)ienft  nad}  granfreid)  30g. 
@rft  im  ^erbft  1557  erfc^eint  s$.  nadjroeigticft  roieber,  unb  3toar  jefet  als  ^oupt* 
mann  eines  Sujerner  gäl)nlein§  im  9regimente  Sucaö  Ütitter'g,  in  ber  ^icarb«: 
er  nafjm  an  ber  6innat)me  üon  Galai»  unb  üon  ©uinei,  im  S<muar  1558,  X^til. 
3tber  audj  in  ber  ^etmatfj  ftieg  er  bajroifdjen  3U  immer  t)ö£)eren  Slmtgfteßen  empor, 


728  SPfoff«. 

fo  1558  ju  bev  Verwaltung  öon  V3iHisau,  bei  Widjtigfien  fiujerner  Sanböogtei; 
anberentl)eils  begann  er,  als  Slbgeorbneter  ßu^erns  bei  eibgenöffifd)en  ^ar)i= 
redjnungen  ober  bei  politifdjen  5Dliffionen  mit(mwirfen.  2)od)  bie  grofje  gtoüe, 
welche  $.  bann  in  gtantmdi)  ju  fpielen  berufen  War,  fcfct  nidjt  öor  bem  £obe 
£)einrid)s  II.  ein.  Erft  unter  beffen  ^weitem  5ftad)fotger,  $art  IX.,  mit  bem 
öolten  5>tusbrud)e  ber  franaöfifdjeu  5Keligionsfriege,  würbe  es  ben  £>itf£truppen 
bet  fatfjolifcfjen  Äantone  möglief),  in  ben  inneren  kämpfen  confeffionetler  Färbung 
bem  Äönigsfjaufe  ber  Valois  fid)  in  fo  wcfentlicfjem  5Jflafje  nüjjlidj  ju  machen 
2tts  Hauptmann  be§  Mujerner  f$fäf)nteins  beim  ^Weiten  2Iufbrudje  bes  $af)res 
1562,  Glitte  Dctobev,  tarn  5p.  nad)  Vurgunb  unb  rourbe  ba  gteid),  als  fid)  bie 
gefammten  ftäljntein  nad)  eibgenöfftfcfjem  Vraucfjc  jum  Regiment  orbneten,  3u 
beren  Dberften  erwä()lt,  fo  bafj  burd)  ifjn  bie  "Äbtfjeilung  bem  fcfjon  im  3funi 
abmarfdjirten  Regiment  grötjtid)  nad;  «pari«  augefütjrt  rourbe.  ©ie  Vereitelung 
ber  öom  Springen  öon  (Vonbe  beabfidjtigtcn  Vefetmng  öon  Gorbeit,  23.  5)lobember, 
roar  bie  erfte  glüdlid)e  5JBaffentf|at,  bei  roeldjer  5p.  ein  gröfjres  ßommanbo  inne 
tjatte.  5ftad)  ber  Vereinigung  ber  Verfiärfung  mit  bem  5Regimentc  f^i'ötjttct)  ging 
freilief)  ber  Vefel)l  an  biefen  weit  älteren,  im  franjöfifcfjen  SDienfie  fdjon  lange 
erprobten  ©olotfjurner  Officier  über.  Slber  fcfjon  am  4.  SJecember  erlag 
grötjlid)  einer  fur^e  ^eit  bauernben  .Wranfrjeit,  worauf  ber  ßujerner  2am= 
mann  ben  Vefefjl  über  bas  bereinigte  Regiment  antrat.  91m  19.  fam  es  bei 
Vlainöille  —  bie  Ve,}eidjnung  beö  (JreigniffeS  nad)  ber  ©tabt  üDreuj  ift  weniger 
genau  —  ju  ber  blutigen  ©djlacrjt,  wetdje  burd)  bie  tapfere  aber  öerluftreidje 
«Haltung  ber  (scfjweijer  einen  günftigeu  Stusgang  für  bie  Äöniglicfjen  natjm. 
Slud)  Sammann  roar  unter  ben  (Gefallenen,  unb  nun  rourbe  5p.  öon  ben  £)aupt= 
leuten  als  Statthalter  für  ben  oberften  Vefefjl  befteüt.  5ftad)f)er,  1563,  beteiligten 
fid)  bie  ©djroeijer  nod)  an  ben  Belagerungen  öon  Orleans  unb  öon  -£>aöre,  bas 
infolge  bes  Vertrages  ber  Hugenotten  mit  ber  .Königin  (Slifabcttj  burd)  bie 
(Sngtänber  befetjt  roorben  war;  aber  im  2>ecember  bes  3af)ws  würbe  bas  9tegi= 
ment  in  5ftad)Wirfung  bes  griebensfcfjtuffes  öon  Slmboife  enttaffen.  —  ^urüd* 
gefefjrt  rourbe  5p.  jur  oberften  friegerifdjen  Veamtung  feiner  |)eimatt),  berjeuigen 
bes  5pannerf)errn ,  erljoben,  unb  1566  mar  er  einer  ber  ©efanbten  gemeiner 
ßibgenoffen  auf  bem  Dtetdjstage  ju  Augsburg  beljufs  Vcftätigung  ber  greiX}eiten 
öon  Seiten  Jnfaifer  5Dtajimilian's  II. ,  wobei  biefer  ben  ßujemer  5)lbgeorbneteu, 
befonbers  aud)  burd)  Verleitjung  ber  5Jtitterwürbe,  öor^üglid)  auszeichnete.  "Mein 
5Pft)ffer's  ^ntereffen  waren  bod)  ftets  öoran  mit  ^nmfmcf)  öerbunben:  —  er 
antwortete  einem  2lnfud)en  VenebigS ,  ba^  er  „alä  ein  ßriegemann  aud),  ein 
Wiener  bei  Königs  fige,  bem  er  bieuen  Welle,  unb  feinem  anbern  -g>errn". 
50tod)te  aud)  bie  Erneuerung  ber  1564 ,  fünf  $af)re  nad)  ^>einrid)g  II.  £obe, 
^u  6nbe  gegangenen  Veretnung,  mit  $arl  IX.,  fid)  ntdjt  jum  minbeften  Wegen 
ber  längeren  3urtici,f)Qitung  Su^erns  fdjwieriger  geftaltet  fjaben  —  benn  burd) 
bie  weitgefjenbe  5Jlid)terfüUung  umfangreid)er  ^nan^ielter  Verpflicfjtungen  ber 
fran3öfifd)en  .ftrone  waren  in  erfter  ßinte  bie  ßu^emer  Dbrigfeit  unb  rnafc 
gebenbe  5perfönlid)feiten  bafelbft  in  Verlegenheit  gebracht  Worben  —  fo  würbe  bod) 
am  21.  3uli  1565  ju  5))lont  <5t.  5üiarfan  in  ber  SaScogne  burd)  Soft  5p., 
al§  ba§  |>aupt  ber  eibgenöffifd)en  ©efanbtfd)aft  an  ^arl  IX.,  ber  Vertrag  bis 
auf  baß  fiebente  3af)r  nad)  bes  Königs  Sobe  neu  befcfjWcren;  aud)  5p.  fjatte, 
jwar  of)ne  amtlidjen  S^arafter  *  ber  Votfcfjaft  fxd)  angefdjloffen.  Unb  fo  Wie 
er  nad)  Gräften  ju  ber  Erneuerung  mitgewirft,  öerftanb  es  fid)  aud)  öon  felbft, 
ba|j  er  1567,  als  bie  Verfjättniffe  in  granfreid)  ben  3lufbrud)  einer  neuen 
Stüftung  erforbertid)  mad)ten,  bas  Regiment  befehligte.  3Rtt  biefem  2lufbrud)e 
im  3uli  1567  beginnt  ber  wid)tigfte  2lbfd)nitt  in  5pfö/ffer's  Seben. 


$foffer.  729 

S)ei  „ftteng  ernft^aftige  tüadjtmuntete  <£>ei-t,  bet  in  finem  9tat  unb  2In= 
fcb/legen  nit  ftrublet ,  funbeti  tool  beftnnt,  t)tt  nit  balb  mit  einet  Sadj,  alles 
mit  gutem  9iat ,  fjalt  gut  unb  fdjatpf  Regiment ,  tjatt  alt  unb  moletfatne 
ßtiegelüt  in  fjodjcn  (Eten,  bulbet  Sptllet  unb  anbete  unnü^e  Süt  unbet  finem 
Regiment  unb  Saget  nit ,  nam  roolerfatne  ^ouptlüt ,  fo  ein  Uptud)  in  bet 
(Sibgnofdjaft  bejdjaf)"  —  fo  fdjitbett  Jpaffnet,  Sdjteibet  beim  Solotlmtnet 
ftätjntein  (f.  31.  35.  33.  X,  317  u.  318),  ben  Dbetften  —  fanb  fcfjon  bot 
Slbtauf  bei  jtDeiten  Monate  nad)  bem  5tufbtud)  bon  Gtjatoni  fut  ©aone,  wo 
bet  ©ammelplatj  toat,  ©elegent)eit,  fidj  auf  bai  ©tänjenbfie  jju  etptoben.  2)enn 
nut  bet  tootjlgelungene  (Jilmatfd)  bon  Gtjateau  Jtjiettb,  nad)  TOeauj,  in  bet 
etften  2ageif)älfte  bei  26.  Sept.,  toobutd)  ei  ben  Hugenotten  bettoefjtt  mutbe, 
bai  ungefdjütjte  fönigtitfje  Jpoflaget  in  5Reauj  ju  überrumpeln,  unb  Hjernadj, 
am  29.,  bie  gefdjloffene  Sd)lad)totbnung,  innerhalb  beten  bet  Jg>of  feinen  9tütf= 
jug  nad)  ^arii  betoerfftettigte ,  burdjfreujten  ben  tnotjtangetegten  *ßlan  bet 
lugenottifdjen  Partei,  ben  <!pof  in  ifjre  0ete>alt  ju  bringen.  Sagegen  nahmen 
bie  ©djtbeiäer,  obfdjon  in  bet  ©djladjtotbnung  fteljenb ,  am  10.  >Jlobember  am 
Steffen  Don  <St.  SDenii  feinen  tljätigen  SInttjeil ,  ba  baffelbe  roefentlid)  ali  ein 
fReitergefectjt  berlief.  £)bfd)on  nun  infolge  bei  ^Jcifjerfolgei  biefei  2agei  bie 
Hugenotten  bie  53elagetung  bon  *ßatü  aufhoben,  tourbe  bod)  bie  23erftärfung 
be§  3tegimenti  $.,  bie  fdjon  bortjer  in  2luifidi)t  genommen  mar,  betoetfftetligt 
—  tt>äf)tenb  be§  ereignifjlofen  SBinterfelbaugei  ftiejjen  am  28.  SJecembet  breijetm 
gätjnlein  au  23ittt)  te  irangaü  jum  föniglidjen  -Ipeere  —  :  abet  mit  bem  ^rieben 
öon  Songjumeau,  am  23.  Wäx%  1568,  mürbe  biefe  Sermefjrung  bet  ©olb= 
truppen  ttiiebet  entbefjrtid) ,  unb  am  2.  2lpril  entließ  bet  Äönig,  untet  grofjen 
Sobfprüdjen  füt  bie  mätjtenb  bet  ihiegibauer  geleisteten  Sienfte  aller  ©ibgenoffen, 
biefe  bretae^n  gätjnlein.  —  3m  batauf  fotgenben  Herbfie  —  beim  abermaligen, 
btitten,  Jhiegiauibrudje  —  tourbe  5ß.  bet  öom  53tubet  bei  Königs,  Heinrid), 
Herzog  öon  Slnjou,  geführten  Sirmee,  füt  ben  fübtoeftlicfjen  jhiegifdjauplatj  ien= 
feiti  bet  Soire,  augetfjeilt;  abet  etft  bie  ^loette  ipälfte  biefei  Söintetfelbjugel,  in 
ben  etften  Monaten  bei  ^atjteS  1569,  brachte  eine  tuicfjtigete  friegetifdje  6nt= 
fdjeibung.  2öät)tenb  bet  ftiegerifdjen  Operationen  an  ber  Gtjatente ,  in  benen 
ei  galt,  ben  Hugenotten  oen  28e9  na($  Of*«i,  an  oie  °&exe  2°ire'  3U  betlegen, 
ftiefjen  am  13.  sDlärj  bie  beiben  s#tmeen  bei  ^atnac  auf  einanbet,  unb  Gonbe 
fttbft  fiel  in  bet  füt  bie  Jpugenotten  eine  enbgüttig  ungünftige  Söenbung  an= 
bab^nenben  Sc^Iacfjt:  mochten  auc^,  nad)  ^fnffet'i  eigenen  2Botten  au  fdjtiefjen, 
bie  ßibgenoffen  ntd)t  jum  eigentlichen  §anbgemenge  getommen  fein,  fo  fdjtieb 
boct)  ein  banfenbet  SSricf  bes  $önig§  nacft^et  einen  Hauptant^e^  am  ®i£9e  ?>• 
felbft  äu.  5lbet  ma§  butd)  ben  ®tfolg  bei  ^atnac  ehielt  fcb^ien,  ging  nunbutd) 
bie  ungenügenbe  gü^tung  bet  anbeten  auf  bem  öftlidjen  Ätiegifct)aupla|  fteb,en= 
ben  föniglic^en  Sltmee,  untet  bem  Herä°9  öon  Slumale,  füt  ben  Moment 
toiebet  Petloten.  2)ie  Stimmung  bet  ©cfjtoeijet,  raelcfje ,  mie  biejenige  bet 
fönigtid)en  Stuppen  übetl)aupt,  ungebulbig  auf  einen  butd)fd)tagenben  Äampf 
gerichtet  mar  —  $.  tt3ünfd}te  in  feinem  S3etid)te  öom  25.  ©eptembet,  aui  ß.tjinon, 
ba^  (Sott  unb  9Jlatia  bem  jungen  gütften  unb  ifmen  ©nabe  geben  möchten, 
„bamit  mit  einmal  ein  Snbe  madjen"  —  fanb  etft  am  3.  Detobet  in  bet 
©dllacfjt  öon  9Jtoncontout  Seftiebigung.  Sutd)  ba§  Eingreifen,  bee  Regiments 
^.  in  ben  föeitetfampf,  in  metd}em  bet  Her3°9  öon  Slnjou  in  fe^r  gefcujtbetet 
Sage  fid)  befanb ,  bann  and)  gegen  bas  fjugenottifdje  guBDotf,  ttmtbe  übet 
Golignt)  bet  üoüftänbigfte  Sieg  ettungen.  ^etföntidje  Slngcteg^nfjeiten  äteangen 
abet  fnetauf  atibalb  $.,  fid)  nad)  Sujetn  ju  begeben,  toob^in  ÄatI  IX.  ben  um 
feine  <5ad)t  fo  öetbienten  Dbetften  in  jmei  Scfjteiben  bom  9.  Cctobet,  an  bie 
(Jibgenoffen   unb   an   ßuäetn,    auf  bas   mätmfte  empfahl.     £od)   betblieben  bie 


730  Wtff«- 

beiben  eibgenöffifdjeu  Regimenter  überhaupt  nur  nod)  bi£  jum  18.  unb  20.  3e= 
bruar  1570  im  föniglid)en  2)ienfte,  inbem  fic,  beffelben  mübe  gemorben ,  einer 
neugefdjaffenen  £5fül)rung  batb  überbrüfftg ,  il)re  ©ntlaffung  »erlangten  unb  er» 
fnelten.  3mar  traten  fd)on  im  9Jtärj  jmei  anbere  Regimenter  —  Sdjorno  unb 
|>eibt  —  an  itjre  ©teile;  aber  rafd)  erlahmte  ber  Ärieg,  unb  nad)  bem  ^rieben 
oon  ®t.  ©ermain  en  2at)e,  8.  2luguft,  erfolgte  aud)  itjre  2lbbanfung. 

2)urd)  eine  gegen  ben  Orjeim  Söffet«,  ben  Sdjultfyeifjen  Soft ,  aber  aud) 
gegen  ben  (Sinfluß  ber  gamilie  "$■  überhaupt  gerichtete  innere  23etoegung  in 
ßuje;n  mar  5p.  bemogen  morben,  feine  glänjenbe  ftiegerifdje  Saujbafjn  ju  öcr= 
laffen.  Rad)  feiner  2öal)l  jum  Sd)ultf)eißeu,  1559,  mar  eä  Soft  gelungen,  bie 
Rioalität  ber  nad)  Safyl  unb  ^arteifteüung  midjtigften  ßu^evuer  @efd)ted)ter  burd) 
eine  engere  33erbinbung  bon  fed)3  ber  angcfctjenften  Männer  beiber  Parteien,  ber 
franjöfifd)  gefinnten  unb  ber  in  faiferlid)=fpanifd)en  Sntereffeu  ftetjenben,  ju  be= 
feitigen,  burd)  eine  3Jerbinbung ,  mcld)e  mit  Redjt  mit  bem  Stato  ber  großen 
Familien  ju  (Tflorenj  unter  (Sofimo  unb  Sorenjo  *Dcebici'8  ^ütjtung  in  parallele 
gefegt  morben  ift.  Soft  unb  fein  Reffe,  eben  ßubmig  5JK,  oertraten  bie  *$. ;  bie 
(Gegenpartei  mar  üoran  burd)  ben  Schultheißen  Riflau«  2lmlel)n  bargefteüt,  ben 
©djtnager  beä  in  ben  ßänberfantonen  t)erDorragenb  einflußreichen  Ribtualbncrö 
>JJMd)ior  Öuffi  (f.  %.  ffi.  33.  XIX,  f,57— 660).  ©od)  mußte  jebe  Trübung  ber 
auemärtigen  23cjiel)ungeu,  jmifdjen  ftranfreid)  unb  Spanien,  3.  SB.  1564,  ben 
v.öeftanb  biefer  23erbinbung  gefätjrben,  unb  ber  Jßrud)  jmifcfjtn  Soft  ty.  unb 
Slmlebn  entftanb  int  SBinter  1568  au?  1569  megen  ber  gragc  über  bie  bon 
Spanien  gemünfd)te  23emitligung  öon  Solbtruppen  311m  Sd)ufce  ber  greigraifdjaft 
s-8urgunb,  einer  Sad)c,  in  ber  fid)  y^.  —  nad)  5lmtetm'ö  nad)t)er  eingereihten 
.JHagartifetn  —  fo  gezeigt  tjabe,  „baß  er  ein  ©efdjroorner  beö  $önigä  (Äarl  IX.) 
ift  unb  irjrn  be§  Äönig*  6f)re  lieber,  als  fltoet,  sBt.  #.,  2Bor)lftanb".  Stabil 
unterlag  2lmlet)n  gegenüber  Soft  $.  Tür  1569  in  ber  Sd)uttr)eißen=3öal)l.  2>od) 
nun  bereitete  Slmterjn  ben  Angriff  üor,  juerft  fd)on  baburd),  1)a$  bie  Verfügung 
über  bie  v,Huätl)cilung  ber  fran.^öfifdjen  *penfionen  %  entzogen  unb  boüftänbig 
in  bie  Jpanb  ber  orbenttietjen  23el)örben  gelegt  mürbe ,  bann  burd)  bie  2Iuöar= 
beitung  ber  am  15.  Suni  1569  eingereichten  4o  .Ulagartifet.  Sd)on  am 
24.  Suni  mürbe  bei  ber  regelmäßigen  ^lemterbefejmug  Sd)uttf)eiß  Soft  Sß. 
fuäpenbirt,  bagegen  gegen  ben  ^auiierfjerrn,  ben  nod)  in  öfranfteidj  abmefenben 
öubroig  5ß.,  bie  Suäpenfion  nidjt  aussgefprodjen ,  in  richtiger  Qrrfenntniß ,  mie 
gegenüber  ben  33ermittelungSüerfud)en  ber  biet  Drte  au§gefprod)en  mürbe,  baß 
ber  frembe  ^rieg^bieuft  unb  feine  SDiääptin  nid)t  geftört  merben  bürften.  Slber 
nadibem  nun  gegen  Soft  *$.,  ber  fid)  nad)  feiner  ©rftärung  megen  ßranf^eit 
nad)  23aben  begeben  tjatte ,  am  12.  September  ein  feine  bürgerliche  Stellung 
öernidjtenbeä  llrt^etl  ergangen  mar,  ftanb  für  ßubmig  5p.  pbiel  auf  bem  Spiele, 
aU  baß  er  länger  rjätte  fern  bleiben  bürjen;  benn  gegen  it)n  mar  ba§  Urtt)eil 
„bis  uff  fin  «Ipeimfunjt"  öerfdjoben.  So  fetjrte  er  benn  au§  granfreid)  jurücf 
unb  trat  am  7.  5cobember  Oor  ben  Ütatl),  unb  am  18.,  nad)bem  er  feine  33er= 
tf)eibigung  borgebradjt,  mürbe  ir)m  jmar  eine  33uße  auferlegt,  bod)  ber  Sib  im 
Statt)  unb  ba§  Jänner  gelaffen.  —  35od)  mä^renb  beS  folgenben  S^e§  1570 
manbten  fic^  bie  5Dinge  öoüenbg  ju  ©unften  ^füffer'S.  (^in  menn  auc^  nidtjt 
birect  öon  Slmlefm  angebettelter ,  aber  bod)  aud)  gegen  Soft  $•  fi^j  tic^tenber, 
atterbingS  rafet)  befdjmidjtigter  3lufftanb  auf  ber  Sanbfdjaft,  ber  3totl)enburger 
^lufru^r  öom  21.  gebruar  1570,  3eigte  bie  geiä^rlict)e  Üragmeitc  ber  burcr) 
innere  3tt)"trad)t  erhielten  Sd)mäd)uug  ber  obrigfeittic^cn  Autorität;  2lmtef)n 
fclbft  t)atte,  inbem  er  bei  ber  Sdjultljcißenmarjl  für  1570  unterlag,  nur  einen 
tjatben  Sieg  baöongetragen ,  unb  feine  Slnt)änger  traten  bon  it)m  jurüd.  So 
famen  bie  5ß.  Don  feuern  äum  Uebergemicijt,  unb  auf  2ßeif|nad)ten  1570  mürbe 


5Pfoff«.  731 

^>.  al§  3(i)uttf)eiB  jfit  1571  als  ,<paupt  beS  t)eimifd)eu  StaatewefenS  erhoben. 
2Iud)  Sfoft  3p.  fonnte,  als  iljn  ber  9tatl)  toieber  in  feine  (Jfjren  eingefefct,  ©nbe 
1571  jurücffetjren,  unb  nadjljer  manbte  fid)  bis  jum  Jperbft  1573  baS  33latt 
fo  ööltig  gegen  ?lmleb,n,  bat}  biefer  flüdjtig  roerben  unb  bie  jßerurtfjeituug  über 
fid)  ergeben  taffen  mufjte.  SlHetn  aud)  nad)bem  Tür  it)n  eine  9Jtilberung  einge= 
treten,  bie  SftfidRelji  ermöglicht  morben  mar ,  fam  er  nie  mieber  311  einer  öffcnt* 
litten  Stellung,  mätjrenb  3 oft  ^>.  fdjon  1573  toieber  in  ben  steinen  9tatf)  ge= 
tt>at)lt  morben  mar.  greitid)  blieb  fortan  Submig  ty.  an  ber  Spitje  ber  TJ-amilie, 
bie  nun  immer  metjr  nad)  biefer  ^perfteEung  bes  SlnfeljenS  ju  eigentlicher  Supe= 
riorität  in  Sujem  gelangte.  Submig  *ß.  fautte  aud)  1571  öom  2>eutfd)orben  bie 
©eridjtStjerrfdjaft  9llttSt)ofen  in  ber  Sujerner  Sogtei  äBitliSau  an,  nad)  melier 
fid)  ber  öon  it)in  abftammenbe  3ro"9  oex  $•  !°riari  benannte.  2tber  anberer= 
feitS  öcrftanb  eS  5ß.  aud),  bie  ©treitigfeiten  innerhalb  ber  an  ber  Regierung 
beteiligten  ^amitien  gurüdjubämmen ,  inbem  er  in  ben  inneren  unb  äußeren 
fragen  eine  confeffionette  fpolitif  auSfdjlietitidjer  2lrt  tfjathäftig  in  bie  £anb 
natjm  unb  fo  ein  gemeinfameS  ^ntereffe  in  baS  Seben  rief.  Sßon  1570  an  be= 
ginnt  für  ifm  in  ben  fatfjotifdjen  Kantonen  überhaupt  jene  mafjgebenbe  Stellung, 
bie  ifjm  ben  tarnen  beS  „<5d)mei3er--£önigS"  in  ber  Xrabition  gefdjaffen  tjat. 

*ß.  fud)te  in  biefen  ^aljren  in  unb  für  Supern,  unter  beftimmter  ^eftljattung 
ber  auf  ben  Sribentiner  2Befd)tüffen  berufjenben  firdjlidjen  Reform,  als  ein  auf* 
richtiger  2)erebrer  ber  päpftlidtjen  Oberleitung  ber  £ird)e  unb  baneben  bod)  ent= 
fd)ieben  für  bie  Setjauptung  ber  gtedjte  ber  Dbrigfeit  tfjatig ,  eine  ifteitje  flar 
erfaßter  ©ebanfen  burd)3ufüt)ren.  Sie  fatljoliJdje  Sugenb  follte  einer  ber  pro= 
teftantifdjen  @vjief)ung  ebenbürtigen  fjötjeren  Silbung  ttjeütjaft  toerben  ,  unb  fo 
ftanb  %  an  ber  Spi^e  ber  eifrigen  SBtftre&ungen  ber  üornefjmften  ferner 
Familien,  ooran  feines  eignen  ©efdjledjteS,  ein  Soltegium  ber  ^efuiten  äu 
grünben.  1574  tarnen  bie  erften  ^efuiten;  1577  mürbe  ber  Vertrag  törmlid) 
abgefd)loffen ;  bis  au  feinem  SebenSenbe  blieb  $.  ein  freigebiger  Sonne:  unb 
manbte  bei  30  000  ©ulben  an  baS  Gotlegiutn.  daneben  befd)äftigte  iljn  auf 
bem  23oben  ber  £ird)enpolitif  ein  allerbingS  nid)t  aur  SBottenbung  gebrad)teS 
«projeet  einer  «Reugefialtung  ber  ftaatSfud)lid)en  23ert)ättniffe.  £>urd)  bie  23e= 
treibung  biefeS  fogenannten  3uriSbictionSgefd)äitS  gebaute  $.  bie  factifdje  Söfung 
beS  Su^erner  (ScbieteS  öon  ber  Gonftanjjet  Xiöcefe,  bie  (Jrndjtung  eines  apofto» 
lifd)en  SHcariateS,  einer  eigenen,  unmittelbar  unter  9tom  ftefjenben  geifitidjen 
Autorität  au  erreichen.  2>urd)  biefe  SÖertjanblungen  fam  eS  menigftenS  feit  1579, 
PottenbS  feit  1586,  burdj  bie  Senbung  juerft  Santonio'S,  bann  ^araöicini'S 
3ur  ©eftaltung  einer  ftänbigen  Nuntiatur  mit  bem  ©ifce  in  Suaern.  5Jtod)te 
nun  aud)  biefe  Söfung  bem  urfprünglidjen  SBegc^rcn  SujcrnS  nid)t  entfpred)en, 
«p.  felbft  anfänglid)  gerabe  öon  ^araöicini  ftdj  jurüdfjalten ,  fo  ergab  fid)  bod) 
balb  atuifdien  bem  Nuntius  unb  bem  ©djultfjeitien  ein  enger  Serfefjr. 

©an3  befonberS  jebod)  trat  feit  bem  £obe  ßarlS  IX.,  wäfjrenb  ber  9tegie= 
rung  beS  legten  Königs  öom  ^aufc  SatoiS ,  £>einrid)S  III.,  eine  2lenbaung 
in  ben  SSejic^ungcn  ^tnffefS,  ber  Suaerner  ^otitif  überhaupt  gegenüber  \5xant* 
reid)  ein.  Sei  ber  SSeglürftoünfdjungSbotfdjait  ber  gefammten  6ibgenoffenfd)aft 
an  ben  neuen  ßönig,  1575,  mar  3ioar  $.  £aupt  unb  Spredjer  ber  fatl)otifd)en 
Drte,  unb  1576  ging  er  mieber  felbft  an  ber  Spitze  eineS  SruppencorpS  nad) 
granfreid).  Senn  mie  eS  1572,  nad)  ber  23artt)olomäuSnad)t,  WartS  IX.  evfte 
Öanbtung  gemefen  mar,  in  einer  neuen  fdjmeiaerifdjen  Lüftung  auöerläffige, 
attein  auf  feinen  S)ienft  öerpflict)tete  Sruppen  b.eranauaieb.en ,  toeterje  öon  ben 
Parteien  im  Üteidje  unabhängig  toären,  fo  mottte  aud)  ,<peinrid)  III.,  mod)te  aud) 
bei  ber  mad)fenben  Sßernad)läffiguug  ber  finanaielten  Drbnung  bie  Summeber 
nid)t  beiriebigten  f^orberungen   auS   ben    auicinanber  rolgenben  ^lufbrüdjen  ftetS 


732  WWf» 

metjr  anfteigen,  folctje  frembe  ©ötbner,  auf  toetdje  ficb,  im  Augenbtirf  ber  ©efatjr 
bie  föniglidje  Regierung  fluten  tonnte.  2)er  fünfte  ftetigionSfrieg  —  in  ben 
gebruar  1576  fiel  ber  Aufbruch,  ber  Pon  *ß.  gerührten  Wannfdiaft  Pon  6000  — 
brofjte,  ba  unter  bem  ^jalagrafcn  ^orjann  Saftmir  Serner  Gruppen  auf  feinb= 
lieber  ©eite  ftanben,  Semaffnete  beiber  Goufcffionen  auS  ber  ©cfjmeij  auf  frem= 
bem  Soben  jufammenftojjen  ju  taffen ;  allein  ber  am  6.  sJJtai  gefcfjloffene  griebe 
(Paix  Monsieur)  —  über  ben  ty.  entrüftet  nad)  £>aufe  fdjrieb:  „SGßir  tjetten 
mögen  Inben,  ba£  3fr  3Rt.  ee  ben  Krieg  an  bie  |>anb  tjettc  genon,  benu  ben 
gruben"  — ,  führte  bis  jum  6.  (September  bie  (Jntlaffung  beS  ÜtegimentS  tjerbei. 
Aber  eben  biefe  sßotitif  beS  franjöfifdjen  Königs,  roelcfje  in  5ß.  3roeifel  an  ber 
mannen  ©efinnung  £)einrid)S  III.  für  bie  fattmlifcrje  ©acf)e  road)  werben  tiefe, 
bebingte  bie  nad)  unb  nad)  ju  £age  tretenbe  Seränberung  ber  Auffaffung  beS 
ßujerner  (Staatsmannes.  SJaju  tarn,  bafj  $.  als  Beauftragter  ber  (Jibgenoffen 
märjrenb  biefeS  Aufenthaltes  in  granfreid)  jmei  'Wkie  am  £ofe  in  ^iemtid^  un= 
ummunbener  2Beife  bie  großen  Stüdftänbe  betonen  unb  für  ben  galt  ber  9licrjt= 
erfüüung  mit  ber  Söfuug  ber  Sercinuug  brotjeu  mufcte.  greittefj  tag  anbercrfeitS 
in  biefer  großen  ©djulb  —  rürfftänbiger  ©olb,  nidjt  bejatjlte  bertragSmäfjige 
^ßenfionen,  unter  Sürgfdmft  erhobene  fönigüdje  Anteilen  eine  Aufforderung, 
an  bem  Sunbe  mit  granfreidj  jeftjufjalten .  roeit  ein  Srudj  für  eibgeuöffifdje 
Orte  unb  für  ^viüatperfonen  bie  allerbebenttid)ftcn ,  ^errüttenbften  öfonomifdjen 
golgen  nad)  fid)  gejogen  fjätte.  3(mmerrjtn  mar  üp.  jetjt  gemittt,  nad)  anbereu 
äufjeren  Stufen  für  bie  üon  itjm  beabfid)tigte  Gattung  ber  s$olitif  feines  ©taatS= 
mefenS  fict)  umjujetjen.  —  Alle  biefe  fragen  mirften  fdjon  gfeid)  in  ber  nädjften 
3eit  nad)  bem  griebenSfdjtufj  Oom  lUai  1576.  Söäfjrenb  in  grantretet)  bie 
fatrjolifcfjen  Sntereffeu  burd)  bie  Silbung  ber  ßtguc  eine  ber  2>rmaftie  fetbft 
entgegentretenbe  Drganifation  gemaunen,  fteüte  ficb,  für  bie  tattjolifdje  ©djmetj 
©aüorjeu  infolge  ber  Gattung  beS  Tranjöfifcrjcu  £)ofcS  gegenüber  biefem  ©taate 
in  ben  Sorbergrunb.  $atte  .^er^og  (Smanuet  s.ßt)ilibert  i^)011  tängft  gemünferjt, 
bie  älteren  Sejiefjungen  311  ben  Gnbgenoffen  burd)  ein  Sünbnifj  mit  möglidjft 
öielen  Orten  ju  befeftigen,  fo  mufjte  bie  burd)  ben  ©djuttrjeifeen  s$.  felbft  fdjon 
im  £)crbft  1575  an  ben  in  Supern  refibirenben  tjerjoglicfjen  ©efaubten  gerichtete 
Pertraulidje  Anfrage,  meffen  man  fid)  im  gälte  eines  Kriegsausbruches  bon 
©aPonen  ju  üerfel)en  l)abe,  ir)n  hierin  beftärfen.  ü&er  £>er(\og  begann  bemnad) 
1576  über  ein  £efenfiübünbnifj  mit  ber  gefammten  Sibgenoffenfdjaft,  nicf)t  blofj 
ben  fatcjolifc^en  Orten,  ^u  Perfjanbeln,  begnügte  fid)  aber  balb ,  ba  bie  Unmög= 
lid)feit  rjierPon  crfid)tlid)  mar,  mit  ber  ©eminnung  ber  fcdjS  fatrjolifdjen  Orte 
—  ber  fünf  Orte  unb  greiburgS  — ,  fo  ba&  nad)  ber  Aufrichtung  beS  S5unbeS-- 
PcrtrageS,  Pom  8.  9Kat  1577,  31t  2urin  im  £erb[t  beS  barauf  fotgenbeu 
^afjreS  bie  feiertidje  Befdjroörung  erfolgen  tonnte.  sJttd)t  toenig  ^atte  jur  33e= 
fd)(eunigung  ber  ©adje  ber  jubiingticfje  unb  auma^enbe  Jon  ber  franjöfifdjen 
23otfd>aft  beigetragen,  metdje  fid)  fef)r  ernftt)aft  bemüht  ^atte,  biefe  grantreid} 
unetmünfdjte  Annäherung  ^u  burcb.treuäen.  Sotdje  33erte^ung  beS  ©ctbftgefütjlS 
mar,  PoIIenbS  für  bie  bemotratifetjen  Orte,  nur  geeignet  gemefen,  ben  3ufammenfc^luB 
ber  fünf  Orte  unb  nun  aud)  fdjon  ber  ©tabt  greiburg  um  bie  Pon  $.  geleitete 
^olitif  ßujernS  ^u  beförbern.  greilid)  gefdjat)  barauf  t)in  ein  franjöfifdjer 
©egenfdjacfßug  in  bem  am  9.  9Jiai  1579  abgefd)loffenen  Vertrage,  burd)  meldjen 
bie  Krone  granfreic^  bie  eb>matS  franjöfifdjen,  burd)  Eroberung  an  Sern  über= 
gegangenen  Sefitjungen,  fomie  inSbefonbere  bie  ©tabt  ©enf  in  ben  emigen 
grieben  aufnahm,  fic^  jur  (Garantie  ber  ftaattic^en  S5ert)ättniffe  biefer  ©ebiete 
öerpftidjtete.  Aber  fo(d)e  Annäherung  beS  fat^otifc^en  Königs  an  Sern  beant» 
raorteten  tjinmieber  bie  fatrjotifcfjen  Orte  burc^  ib,r  SünbniB  mit  bem  Sifdjofe 
Pon  Safet,  unb  abermals  roar  5ß.  ber  erfte  ber  (Befanbten,  meiere  am  13.  Januar 


üPfoffet.  733 

1580  ju  «Bruntrut  an  biefer  beuttid)  gegen  bie  Gier  reformirten  ©täbte ,  ooran 
gegen  Sern  unb  «Bafel,  beregneten  feierlichen  Vefd)Wörung  fid)  beseitigten.  — 
Sergeftalt  tjatte  bie  ber  confeffionett  =  fat^olifcrjen  «Bolitif  berbäd)tig  geworbene 
Haltung  Äönig  &einrid)S  III.  jur  beben£üd)en  Verfcfjärfung  ber  confeffioneüen 
©egenfä^e  in  ber  @ibgenoffenfd)aft  fetbft  beigetragen.  SWerbingS  ein  grienen 
ber  Vereinung  mit  ftranfteid)  fonnte  aud)  öon  Supern  unb  bon  feinen  bie  tat^o- 
lifd)en  Sntereffen  betonenben  näcbjten  ©efinnungSgenoffen ,  fd)on  um  ber  bereits 
erwähnten  materiellen  fragen  mitten,  nict)t  begehrt  »erben. 

Siefe  fragen  würben  burd)  ben  1580  eingetretenen  3Bed)fet  ber  Regierung 
in  ©abotjen  infomeit  gefäl)rtid),  als  ber  neue  $erjog  Äart  Gmanuel  jmar  gegen* 
über  Sern   bie   bunbeSgenöffifdjen   Veaiel)ungen    aufregt  an  ermatten  fud)te    ba= 
gegen  bie  2lnfprüd)e  auf  ©enf  toieber  l)erborr;olte.    Veunruf)igt  burd)  neue  Solle 
an  ber  ©renae  ©abobenS  unb   bie  eingriffe  r)eräogIicr)er  Veamter  in  bie  ©emer 
^unSbiction,    manbte    fid)  ©enf    1582    flagenb    andern,    meiert    nun,    burd) 
Lüftungen   be§  &eraogS   aufgeregt,    gleichfalls  «rgtoo^n   fafcte;    aber   aufcerbem 
fcfjeinen   aud)  gemiffe  Greife    in  Sern    felbft    fid)    mit   bem  $tane   getragen  ju 
baben,    offenfit)    boraugeb/n    unb    burd)    bie  äöiebererooerung    ber  1564  jurud= 
gegebenen   ©ebiete   öon    ©er.    unb    (SrjablaiS    ©enf   enbgüttig   ?u   fiebern.     2>er 
ßeraoq  feinerfeitS  erfud)te  im  3uni  1582   bie  fünf  Orte   um  Vewiffiqunq  emeS 
SruppenanfbrudjeS,  unb  unter  auSbrüdtid)er  Villigunq  SBfoffer'3  gingen  bie  lünr 
pfjntein  atSbatb   nad)  $iemont   c^).     Swifdjen    ben  confeffioneüen  ©ruppen  m 
ber  (gibgenoffenfdjaft   fd)ien    eS  jum  Äriege   fommen  au    fotten,    b\§  burd)  eine 
entgeqenlommenbe  Grflarung   bom  22.  3uli   ber  #eraog   feine  £ruppen  bon  ber 
©renae   aurfiäauaie^en   fid)    erbot  unb   bie  Vermittlung    ber   unparteilichen  Orte 
bie  unmittelbare  ©efa^r  befeitigte.    3»ar  bauerte  eS  bis  1584,    ebje  ein  neuerer 
2lbfd)lufe    erfolgte,    allerbingS    mit  «uSnatjme    ber   Slnftanbe   jmifd)en   ©aoouen 
unb  ©enf;    aud)    bie  ptmlein    ber  fatt)otifd)en   Orte,    Weldje    im  3um  lo82 
einiqe  Beit  nur   eine  ©tunbe   bon  ©enf   entfernt  gelagert   Ratten,   waren   fd)on 
am  (Snbe  beS  »eS    wieber    entlaffen    worben.    —    Sie   biptomatifcjen  Veaie= 
bungen  gfranfceic$8  Ratten  bon  Anfang  an  für  Vermeibung  bon  SeiubfeUgfeiten 
im  Innern  ber  gibgenoffenfd)aft  gemirft;    benn  ^einrieb)  III.  Wünfjte   bie  Xex- 
einunq  mit  ben  (Jibgenoffen  au  erneuern.     MerbingS  War  gerabe  5B.  W  unge» 
Balten  über  bie  Spaltung  ber  franjöfif^en  Regierung  unb  blatte  ber  au&erorbent- 
lidjen  franaöfifd)en  SBotfäaft    $eioe   Vorwürfe    gemad)t,    bafc    bet  Äomg    „bieje 
faule  ©tabt  ©enf  unb    ein   fo  gottlofeS  ©efinbe"    in   feinen   ©d)irm   genommen 
halt:  benn  man  wußte  aud)  fonft  bon  «p.r  bafc  er  in  ©enf  ein  gana  befonbereS 
ßinbemil  für  bie  fatljotifdien  Sntereffen  erbtidte.     2lber    bie  SotfäaTt  arbeitete 
unermüblid)  bafür,  ben  Voben,  welchen  ©aboben  in  biefen  legten  Sauren  in  ber 
©cbweia   gewonnen    tjatte,    toieber    einauengen,    bagegen   für   fid)   ben  #cet3  Der 
VunbeSgenoffen  in  berfelben,  gegenüber   bem    Vertrage   bon  1564     weiter  je$t 
eben  1582    u  (5nbe  ging,  au  erweitern.     2Iud)  bie  fatt)otifd)en  Orte  burjten   td) 
übrigens  nid}t  allau  fet)r  autflctytltenb  aeigen,  bamit  nidjt  ein  etnfettiger  WfcTOs 
ftranfreid&S  mit   ben   reformirten  Orten  barauS   erwad)fe.     ©o    faai,    mit  bem 
22   fvuü  als  Saturn,  bie  Vereinung  au  ©tanbe,    unb   obfd)on   )id)  ßuaern   mit 
feiner  t^athaf tigeren  Raffung  ber  Vcbingungen  aurüdgewiefen  gefel)en  t)atte,  war 
bod)  SB.  ber  Söortfüb^rer   ber  ©efanbtfd)aft   ber  elf  Orte    unb   ber ^ugf^nbten, 
wetebe   am  2.  Secember  ben   Vunb   in  $ariS  befdjwur.     ©ana  befonberS  ^atte 
bie  franaöfifd)e  Diplomatie  nod)  barin  qefieqt,   ba£  je^t   aud)  Vern,   ireilid)  m 
einem   befönberen  Vertrag,   ber  Vereinung   beitrat.     2>od)    erregte  gerabe  biefer 
llmfianb   anbererfeitS  ben  Verbad)t  ber  fatrjolifdjen   Orte   gegen  gtanttet*  m 
nod)  ftärferem  ©rabe. 


734  VWf«- 

33om  2>ecember  1582    an   narjm  5p.  burdjauä  gegen  ^einricrjä  III.  ^otitif 
in  ber  ©djmei,}  Stellung,  unb  baö  burfte  er  tragen,  ba  er,  modjte  er  bem  Röntge 
nod)  fo  öerrjafct  fein  unb  burd)  beffen  ©efanbten  nod)  fo  fetjr  angefeinbet  Werben, 
feiner  Stellung  al§  Setter  ber  ^olitif  ßu,jern§  ööttig  fidjer  mar  unb  bie  anbercn 
fattjoltfdjen  Orte,    aufeer  ©olotfjurn,    roo   gfranftcid^    im    Ginfluffe    blieb,    fict) 
immer  näb,er   an  ßu^em    anfcfjloffen.  —  3uerft  1585  fteüte   fidj  ty.  entfdjieben 
auf  bie  ©eite  ber  franjöfifdjen  ßtgue  gegen  ben  Äöttig,  unb  e§   gelang  it)m,  bie 
inneren  Orte,   menn  aud)  ©crjmrjj  unb  llntermatben  fid)  anfangt   jurüdfjietten, 
mit  fid)  ju  jieljen.     äöäljrenb   bie  'DJtetjrtjeit   ber    mit  £)einrid)  III.    öerbünbeten 
Orte   einen   Sruppenaufbrud)   beroiüigte  unb    biefcn    Glitte   sJJtai   abgeben  liefe, 
bradjte  $.,  inbem  er  feinen  ganzen  (Sinflufj  einfette,   bie   fünf  Orte  jur  @rftä= 
rutig,  bafe  ,}ut  23efd)irmung  beä  alten  fatt)olifd)en  ©laubenS  eine  eigene  Ütüftung 
nad)  fjfranlretdj  nöttjig   fei,   unb  er  felbft  übernahm  bie  $üt)rung  ber  7—8000 
gjtann,    meiere  am  24.  Sfunt,  auf  meitent  Ummege  über  ben  ©t  ©otttjarb,   ben 
9ftarfd)  antraten.     2lbcr   e§   tarn   ju    feinem   friegerifdjen  3ufammenftofj ;    benn 
ma3  $.  gehofft  unb  tjatte  erreichen  moHen,  gefdjal),  nämtief),  „bafj  Sfc.  9ft.  fidj 
mit  ben  dürften  Perglidjen  mürbe  unb  2ltteä  Gin  ©ad)  merbe",   buref)  ben  %fc 
fdjlufe    be§  SEractateg  Pon  ftentour«,    7.  ^uli,    amifdjen    ^einrieb,  III.    unb  ben 
dürften  ber  ßtgue,  aber  boeb,  in  anberer  Söeife,  ata  eä  in  ^föffer'ä  SBiüen  gelegen 
blatte.    3)enn  tuäfjrenb  er  ermartete,  mit  ben  burd)  it)n  nad)  fjranfreidj  gebrad)ten 
Gruppen  an  einem  Stiege  gegen  bie  Hugenotten  ttjeilneljmen  ,511  fönnen,  beftanb 
nun  ber  .ftönig    barauf,    bafe    biefe    für    bie  ßigue   gefd)et)ene  Lüftung    alöbalb 
entlaffen  metbe.     ©0    mar  s}>.   Pon    biefem   feinem   letjten  ^uge  nad)  $ranfreid) 
fcfjon    im  ©eptember    mieber   ^urücfgefebjrt.     9lber    biefe    ausgeprägt    fatfjolifdje 
Äunbgebung  ßu^ernä  blatte  nierjt  blofj  ben  .stönig  nod)  bjefttger,  mie  biätjer,  gegen 
*ß.  gereijt,  fonbern  aud) ,    entfpredjcnb  beut  allgemein  beftetjenben  ©egenfatje,  bie 
©eiatjr    eines    confeffionellen  Krieges    in    ber   Gibgenoffenfdjaft    felbft    abermals 
ert)öt)t,  unb  aufjerbem  mar  ber  s-Hoben  geebnet  für  ben  meiteren  1586  folgenben 
©d)rttt  beS  Slbfdjluffeg  be§  golbenett    (ober,  marjrfdjeinlid)  erft  feit  1655,  fo  ge* 
tjeifjenen  borromeifdjen)  33unbe§.     G§  mar  fdjon   länger   ein  leitenber  politifdjer 
©ebanfe  Spftjffex'S   gemefeu ,   bie  ©täbte  greiburg  unb  ©olotrjurn  enger  mit  ben 
fünf  Drten  ju  üerbinben,  fie  öon  ber  älteren  U>erbtnblid)feit  gegenüber  33etn  %\\ 
(Öfen,  unb  bae  gefdtjat)  nun  am  5.  Oct.  1586  int  2lbfd)lufj  beS  gotbenen  23unbe§. 
2>ie  paci§cirenben  fieben  Orte  ftellten  alä  3tt,c^  bcffelben  bie  ?lufred)tf)attung  unb 
öerttjcibigung  be§  fatljolifd&eu  ©taubenS  öoran,  unb  fo  maren  jene  ^roei  ©täbte 
bem  ©nfiem  ber  fünr  Drte  gemonnen,   ganj  befonberä  aueb)  ©olotb^uru  —  benn 
bie  ©enfer  ^QÖen   ftanben    aud)   bjier   mieber    in    oberfter   drmägung   —   bem 
©erjirmpertrage   für  ©enf    trjatfädjlid)    entzogen      5Die    ftrdjltcb.e   Gonfraternität 
mar  —  ein  öon  ben  ^efuiten,  auf  0ie  «p.  jo  piet  tjielt,  befonber§  ftarf  betonter 
©ebanfe  —  auf   eine   midjtige  pottttfcb.e  Sßerbinbung    angemanbt.    S)od)  erft  bie 
^Inletjnung  an  eine  au§märtige  grofee  sütad)t  fonnte  biefem  SJertrjeibigungäbünbnifj 
öotle  33ebeutung   öerteit)en ,   unb   ber   öon  $.  öertretene  SBunfd)  ber  ßöfung  ber 
fatb/olifd)=fcbymei3ertfd)en  ^olitif  öon  ßönig  ^einrid)  III.  fanb  erft  feinen  ganzen 
3lu§brud  in   bem  33unbe    mit  ^önig  $t)ilipp  II.  Pon  ©panien,   öom   folgenben 
3al)re  1587,  beffen  Slbfcb.tufe  aunädjft  aüerbingS  nur  ein  folgenbc§  ©lieb  in  ber 
Äette  ber  feit  1426  mit  ben  ^erjogen  öon  93tailanb  abgefdjloffenen  eibgen5ffifcr)en 
6apitutate    bilbete.      ^ujern    mar    bei    biefer    3lngclegenl)eit   entfdjieben    Poran 
gegangen,  unb  *p.  fjatte   im  5)lärj   ju   Supern   Por   ber   Perfammelten  ©emeinbe 
fetjr   berebt   ba§   23ünbnife   jur   2lnnat)tne  empfof)ten.     @i   mar   bie  S3eftätigung 
ber    gänjtidien   ?lbmenbung    öon   granfreidj ,    bafe  ty.  an   ber  ©pitje    ber   fed)§ 
fatfjolifcb.en  Drte  —  ©otottjurn  fd)lofe  fidg  fjier  au§  —  am  16.  9ftai  be8  näd)» 


SPfoffer.  735 

ften  Satjreä  1588  bett  Sdjmur  ouf  ben  fpanifetjen  23unb  im  2>ome  öon  9Jlailanb 
ablegte. 

^njwifetjen  tjatte  $önig  ^peinritf)  III.  1587  einen  grofjen  (Srfolg  gewonnen, 
baburct)  bafj  bie  ^nöafion  bei;  beutjctjen  proteftantifetjen  Koalition ,  an  ter  fiel) 
auetj  eine  Lüftung  ber  reformirten  fefjweijerifctjen  Drte  beseitigte,  eine  gänjlictje 
3urücfweifung  erfuhr,  freiließ  nirfjt  jutn  fc§lie|lidjen  SJorttjeile  ber  ßigue,  beren 
dürften  ben  (Sieg  eigentlich  ffit  ben  $önig  gewonnen  Ratten,  3m  ©egenttjeit 
fpifclte  ftec)  1588  ber  ©egtnfatj  jmifetjen  -^einrieb,  III.  unb  öerjog  ^einrieb,  üon 
©uife  ftet§  tnet)r  ju,  unb  am  23.  SJecem&er  biefe§  SfafjteS  nturbe  ber  ^erjog  ^u 
33toi§  ermorbet.  $.  War,  gteictj  bem  önbe  1587  in  Sujern  eingetroffenen,  itjm 
&atb  befreunbeten  Runttuä  be§  *ßapfte§  ©ijtu§  V.,  ^aratiieini,  mit  bem  -^erjog 
in  lebtjafter  ßorrefponbenj  gemefen,  fo  ba%  biefe  ©ewatttljat  in  Sujem  bie 
b,eftigfte  (Erregung  tjerüorrief.  3fet$t  boüenbs  wollte  ty.  öon  Eröffnungen  be§ 
franjöfifctjcn  SBotfdjafterS  nictjtä  metjr  tjören,  um  fo  weniger,  ba  itjm  felbft  fogar 
im  Januar  1589  bie  SOßarnung  jutam,  bafj  auetj  gegen  fein  eigenem  Seben  ein 
2lnfctjtag  im  ©ange  fei,  obfcljon  noct)  immer  mit  itjtn  untertjanbelt  würbe.  2lt§ 
bann  im  g^^uar  Sancti  in  befonberer  2)tiffion  nact)  ber  ©etjweij  tarn ,  ttjeill 
um  Gruppen  hotj  ber  ©ctböerlegentjeit  be§  Königs  für  beffen  Stfenft  ju  gewinnen, 
ttjeitg  unb  gan^  befonber§,  um  gegen  bie  SSegünftiger  ber  Sigue  öor^ugetjen  unb 
gerabeju  ^füffer's  (Sinflufj  ju  jerftören,  mar  ty.  gelungen,  ber  Stuf  tage  be§ 
33otfcf)after3  SiEertj  unb  biefe§  aufjerorbentlictien  ©efanbten  öffentlich  in  einer 
fdjriftlictjen  23erantwortung,  am  27.  Tläx^,  entgegenzutreten,  buret)  Welche 
WenigftenS  bie  ©efanbten  ber  tattjotifetjen  Drte  ganj  befriebigt  3U  fein  erttärten. 
GS  getang  ferner  5ß.,  für  bie  Sigue  jWei  fattjolifetje  8ct)Weiaer  Regimenter  auf= 
zubringen ,  welche  iftarjenne  jueitten,  wätjrenb  3U  gteict)er  3eit  ©anet)  öier  refor= 
mirte  jum  Könige  brachte:  —  ba  würbe  Apcinriet)  III.  am  1.  Stuguft  ermorbet, 
unb  baburetj  gewannen  bie  franjöfifcr}en  Slngetegentjeiten,  weit  jetjt  $önig  <£)einrict) 
öon  Raöarra,  ^einrieb,  IV.,  mit  bem  9lnfpructj  auf  bie  Ractjfolge  auftrat ,  eine 
ganj  neue  ©eftalt.  2)enn  jener  9lufbruct)  ju  9Jcaöenne  war  in  feinen  Anfängen 
auf  ber  Erwartung  gegrünbet  gewefen,  $apft  ©irtus  V.  Werbe  burclj  ben  wegen 
be§  2ttorbe§  öon  Sötoiä  über  -^einrieb,  III.  auSjufprectjenben  Sann  fiel)  gan3 
öom  Könige  lo§fagen  unb  bergeftatt  fictj  unweigerlidj  für  bie  Sigue  erklären,  unb 
$.  tjatte  für  biefen  galt  fogar  einmal  öerfprodjen ,  trotj  feinet  tjötjeren  Stlterä 
nodjmalS  felbft,  bie  Pfe  auf  ber  Sctjutter,  mit  10  000  3ttann  in§  gelb  ju 
jietjen.  S)er  3ßapft  l)atte  aber  biefe  Hoffnung  nicljt  erfüllt,  unb  an  bie  Spitje 
be§  einen  ber  beiben  Regimenter  war  bei  bem  2lufbrucl)  Anfang  Suni  ^föffer'§ 
füngfter  23ruber  Rubolf  getreten.  Runmel)r  erft,  nactj  ^einrictj^  III.  Jobe,  War 
für  bie  fattjolifctje  Partei  in  ber  Sctjweiä  bie  ©ituation  eine  ganj  ffare  geworben. 
(Sleictj  $t)tlipp  II.  falj  fie  nun  in  bem  feit  bem  Attentate  öon  SBlotö,  £ecember 
1588,  aHerbing§  gefangen  liegenben  (Sarbinal  öon  35curbon  ben  ^önig  granf= 
reictjS,  Äart  X.,  unb  $.  l)ielt  bafür,  bafj  je^t  bie  53ereinung  ber  (Sibgenoffen 
mit  ber  ^rone  öon  granfreicrj  fetjlectjttjin  nur  für  biefen  ßönig  gelte.  —  Toctj  bie 
5Dinge  nahmen  eine  gan^  entgegengefe^te  2Benbung.  S)ie  «Scljweijer  Regimenter, 
welche  ^einrieb,  III.  gebient,  anerfannten  ben  ßönig  öon  Raöarra  at§  ^einrictj's 
Ractjfolger,  unb  fo  tjatte  ^einricl)  IV.  eine  gefiederte  friegerifetje  Stellung  gegen* 
über  9Tcat)enne,  wetclier  al§  ©eneralftatttjalter  für  feinen  .Viönig  Äarl  X.  auftrat, 
aber  buret)  feine  ©etböertegentjeit  nactj  aßen  Seiten  getjcmmt  war.  2)oHenb3  ber 
entfctjeibenbe  ©ieg  £einrict)§  IV.  bei  ^örö ,  14.  Wäx^  1590,  füfjrte  auet;  bie 
Kapitulation  ber  beiben  5Raöenue  bienenben  tatt)olifct)en  Regimenter  5pfnffer  unb 
23erotbingen,  auf  bem  <&ctjtacl)tielbe,  tjerbei;  aber  aufjerbem  war  öon  biefem  Jage 
an  £einrict]§  IV.  Uebergewic^t  im  gelbe  ^ugeftanben,  ber  2Beg  gur  allgemeinen 
3tnerfennung  feiner  ^ronrectjte  für  itjn  aufgefctjtoffen,  jumal  ba  auetj  fein  Otjeim 


736  3ßfoffet. 

unb  (Segenfönig  Äarl  fdjon  am  3.  s]Jtai  ftarb.  ^m  April  famen  bie  nad)  itjrer 
föefangennatjme  aufgelöften  beiben  Regimenter  in  ftägtidjftem  3uftanbe  nad)  ber 
Scrjrocij  <$urüd  unb  öerbreiteten  in  ben  fünf  Orten  eine  tjödjft  aufgeregte  Stim= 
mung,  t>a  irjrc  Solbanfprüdje  ungetilgt  geblieben  roaren. 

©erabeju  roar  aud)  für  bie  ^otitif,  toeld)e  ^3.  feit  ben  legten  ^atjren  fo 
beftimmt  öertreten  tjatte,  biefer  jag  öon  ^ört)  eine  bleibenb  ungünftige  SBeU' 
bung,  unb  nur  burdj  SBerbinbung  größter  JHugrjett  unb  £t)atfraft  öermod)te 
berfelbe  eine  nod)  bebenflidjere  ©cfjroädjung  ber  buret)  itm  öertretenen  fatcjolifcrjen 
(Sefid)t§punfte  in  ber  Spaltung  Su^ern.g  unb  ber  inneren  Sd)roei3  überhaupt  ju 
Oermeiben.  ©anj  abgefetjen  baöon,  bafj  er  felbft  erneuerten  Anlodungen,  bie 
aus  ftranfreid)  famen,  roegen  Abtrennung  öon  ber  £igue,  feft  roiberftanb,  mufjte 
er  fteigenber  ^Jiifjftimmung  unb  Sntmutrjigung  entgegenarbeiten.  S)ie  unbe^atjU 
gebliebenen  Sotbforberungen  ber  beiben  entlaffenen  Regimenter  riefen  ^atjre  lange 
Beunruhigungen  in  ben  fünf  Orten  rjeröor,  unb  ba  bie  unbefrtebigten  Oberften 
unb  ^auptleute  fict)  an  ben  päpftlidjen  £)of  glaubten  galten  ju  bürfen,  rocit 
(Sarbinal  (SJaetano  eine  33ürgfd)aft  für  bie  Verpflichtungen  übernommen  fjabe, 
fo  ergaben  fict)  93erroidlungen  aud)  nad)  biefer  «Seite  tun.  $.  felbft  fud)te,  <$.  35. 
am  10.  9Rai  1590  buref)  ein  ©(^reiben,  baS  er  mit  Umgebung  beS  RuntiuS 
unmittelbar  an  ben  Garbinatnepoten  sJJlontalto  richtete,  bafür  ju  mirfen,  bafe 
bie  päpftltdje  Regierung  toenigftenS  ben  guten  SBillen  beroeife,  bamit  nidjt  bie 
tattjolifdje  ^artei  über  biefer  3frage  fid)  jerftürfele  unb  eine  3utDenoun9  oer 
Stimmung  ju  ^einrid)  IV.  eintrete.  AIS  bann  ^apft  ©regor  XIV.,  in  roeldjem 
bie  ©ebanfen  einer  uniöerfalen  fatr)o(ifd)en  Ißolitif  lebhafter  öorroogeu,  als  baS 
bei  Si;rtuS  V.  ber  ftaU  geroefen,  felbft  einen  ütruppenaufbrud)  öon  0000  9Jtann 
begehrte,  jum  3wede,  ben  franjöfifdjen  fattjolifetjen  ©täuben  aur  (htoätjhmg 
eines  fatr)olifd)en  Königs  bebütflid)  ju  fein,  t>a  foüte  roieber  üß.,  öon  Anfang 
1591  an,  als  Ratrjgeber  beS  Nuntius  babei  Reifen,  roeil  über  bie  nod)  ftetS  nid)t 
bejarjlten  Solbrüdftänbc  bie  sDtifjftimmung  anbauerte,  (SS  roaren  Satjre,  in 
roeldjen  s$ft)ffer'S  ganzer  politifd)er  (Sinflufj  auf  beut  Spiele  ftanb,  gegenüber 
ben  fteten  33erfud)en,  ben  „Raöavrifdjen  Ißrafttfen"  ber  ©efanbten  .'peinridjS  IV., 
bie  1586  im  golbenen  33unbe  gefdjloffene  Einigung  ber  fattjotifdjen  Orte  ju  er= 
fdjüttern.  daneben  fetjlte  eS  nidjt,  bafj  ^ßf^ffer'ö  Rame  überhaupt  in  allen 
roid)ttgen  eibgenöffifdjen  Sreigniffen  biefer  3e*t  m*t  hineingezogen  mürbe,  fo  aud) 
bei  ben  5Rüf)lf)aufer  Söirren  öon  1590,  t)infid)tlid)  beren  freilief)  5ß.  im  Januar 
1591  auf  ber  ütagfatjung  «}u  23aben  bie  ©runblofigfeit  ber  Anfd)ulbigungen 
glänjenb  barplegen  öermod)tc. 

9iod)  einmal  gewann  ty.  1593  einen  politifdjen  »Sieg ,  als  ber  ©efanbte 
^tjilippg  IL,  ^ompejuS  be  (Svuce,  fdjon  tängft  fein  öertrauter  5reu"b,  eine  S3e= 
miEigung  öon  6000  9Jtann  in  ben  fpanifetjen  SDtenft  üerlangte.  3fe  mel)r  $. 
bie  gänjlid)e  ^erfd^metterung  feiner  Hoffnung  tjinfid)t(id)  ^ranfreidjS,  ba8  unab= 
menbbare  @nbe  ber  Sigue,  öorauefat) ,  um  fo  me^r  roottte  er  bie  SSerbinbung 
mit  Spanien  befeftigen.  23i§  Anfang  Februar  1594  maren  bie  93ebingungen 
be§  Aufbruchs  aufgefteüt;  biefen  felbft  erlebte  5|3.  nid)t  mefjr.  Aber  er  fatj  aud; 
nid)t  metjr  ben  ööttigen  3ufammenDVU(^  bc*  ßigue ,  mie  berfelbe  am  17.  sJMr3 
biefe§  Sa^eS,  mit  £)einridj§  IV.  (Sin^ug  in  $ari§,  eintrat.  2)ie  Ic^te  Radjrictjt 
au§  ^ran!reid),  bie  ^ß.  nod)  erhielt,  öon  bem  Uebergang  öon  ßrjon  an  ^einrid^  IV., 
traf  itjn  freilid)  ebenfalls  fctjmer  genug  —  benn  nod)  fur^  öorfjer  tjatte  er  in 
einer  ßonferenj  mit  einem  gm&ru'cjn-'  Abgcorbneten  bie  grofje  SBid)tig!eit  biefeS 
5ßla|eS  für  bie  fatrjolifdje  Saccje  betont  — ,  aber  aud)  perfönlid),  ba  einer  feiner 
Sör)ne  ju  ben  in  Srjon  ftetjenben  ßujerner  ."pauptleuten  jaulte.  @r  felbft  roar 
ganj  unentroegt  geblieben ,  ftanbljaft  gegenüber  ,g>etnrid)£  IV.  fortgefefeten  33er= 
fudjen,   ben   mafjgebenben  Su^erner  Sc£)uUc)ei|en   auf   feine  Seite  ^u  äietjen.  — 


$f)cuettatu§  —  Käufer.  737 

Tiodj  am  14.  Wäx^  motjnte  er  einer  ©itmug  be»  föattjeä  bei,  erfäüete  ftdj  bann 
aber  3Ibenbä  auf  ber  .Vpofbrütfe,  roäfjrenb  einer  längeren  Unterrebung  mit  bem 
©efanbten  be§  Herzogs  öon  ©aöorjen,  unb  30g  fidt)  bie  .ftranffjeit  ju,  roeldje  ifyn 
am  brittfotgenben  Sage  nod)  au§  ber  öotten  Äraft  roegraffte.  (Sein  £ob  mürbe 
allgemein  al§  ein  ©reignifj  mistiger  3lrt  angefefjen ,  mit  jefjr  ungleichen  @m= 
pfinbungeu  aufgenommen.  S)enn  nicfjt  ber  ^mar  gelehrte  unb  äufeetft  arbeit3 
fame  ©tabtfdrreiber  Grjfat  (f.  31.  S).  33-  IV,  669  unb  670),  mochte  er  aud) 
^frjffer'ä  Vertrauter  gemefen  fein ,  fonbern  ganj  allein  ^.  mar  bie  bclebenbe 
lhaft  in  ber  fattjolifctjen  ^otitif  ber  (Sibgenoffen  ju  feiner  3e»t.  $•  rjinterliefj 
neben  Apäufern  in  ber  ©tabt  unb  ©runbbefitj,  befonber§  ben  Herrfcfjaften  3ltti3» 
rjofen  unb  SBytjer,  ein  fetjr  bebeutenbeä  Vermögen  (über  230  000  ©ulben)  an 
SBert^eictjen  unb  ©elb,  otjne  bie  3lnfprüd)e  an  bie  franjöfljctje  jhone  unb  anbereu 
„ungemiffen  ^orberungen".  23on  öierjerjn  $inbern  au§  jroei  (Jrjen  —  öier 
aufjererjelictje  anerfannte  er  mit  3lusfteuer  —  überlebten  ir)n  fünf  ©ötjne  unb 
eine  £od)ter. 

$gl.  ba§  umfaffenbe  äöert  öon  Dr.  3t.  $t).  ö.  ©egeffer:  Vubroig  ^frjffer 

unb  feine  $eit;    ein  ©tuet  fran^öfiferjer  unb  fdjmei^erifcrjer  (SJefc^icfjte  im  fed)§= 

Sehnten  3at)rf)unbert,  33b.  I— III.  (33ern  1880—1882). 

sUl e t) e r  ö.  Änonau. 

^QrctratHÖ:  ^Dl i dt) a el  $.,  tatein.  25ramatifer.  ©eboren  um  1575  $u 
s31euftabt  a.  b.  £>rta,  ftubirte  in  3ena,  mar  1598  ütector  ber  ©tabtfd)ule  feiner 
33aterftabt,  1606  Pfarrer  au  Sßeiba,  ftarb  1632  infolge  graufamer  3ftiBrjanb(ung 
buretj  bie  Kroaten.  (§r  üerfafjte  eine  lateiniferje  2ragicomöbie  „Jeremias  pro- 
pketa  captivus",  meldje  am  12.  ^uni  1598  in  Dleuftabt  aufgeführt  mürbe,  ©ie 
bttjanbelt  biejenigen  3lbfcrjnitte  au§  bem  i'eben  be§  $roprjeten ,  in  benen  er  bie 
größten  ©d) märjungen  als  (Sfjalbäertnedjt,  33aterlanbäöerrätr)er  unb  Stempel* 
fcfjänber  p  erbutben  fjatte.  63  fommen  tjierbei  befonberS  bie  Gapitel  27,  28, 
37  unb  38  be§  biblifcfjen  33ud)e§  in  S3etrad)t.  3tud)  im  ©efängniffe,  in  baS 
itjn  ber  Honig  3e^eI'a  werfen  liefe,  erfdjeint  ^eremiag  at§  ber  tröftenbe  ft-reunb 
feinet  33olfc§,  bem  er  amar  feine  äöegfütjrung  nact)  33abel  üerfünbet,  aber  aud) 
bie  einfüge  9^üdte§r  üertjei^t.  ©0  fafjt  $.  bie  Situation  auf.  ©nblidj  mirb 
ber  5ßropf)et  fogar  in  eine  mit  ©ctjlamm  angefüllte  ©rube  gemorfen,  au§  ber 
itjn  ber  3Jtot)r  (Slimeted),  ber  Äömmerer  beä  Königs,  befreit.  33eelaebub  b,ört 
nidjt  auf,  bie  $einbe  beä  ^roprjeten  aufjuftaerjetn ,  ber  toie  eine  ^otjannesfeele 
im  feften  Vertrauen  auf  bie  göttlichen  Verrjeifjungen  atte§  ßeib  erträgt.  SDie 
Hauptfigur  be§  ©pieleä,  baS  \ien  ßljaratter  einer  Sragöbie  fjat,  ift  gut  gejeidjnet; 
potemifetje  33e,}iet)ungen  auf  bie  päpfttidje  3lbgötterei,  mie  mir  fie  in  9caogeorgö 
gleichnamigem  2)rama  finben,  fet)ten  gän,5ticf).  —  $.  öerfaBte  nodj  metjrere 
trjeologifdje  ©Triften:  „Zelotes  pastor"  (^ena  1619),  „33efcfjreibung  be-5  33eict)t= 
ftutjle§"  (^alle  1622)  unb  einen  „Tractatus  de  nobilitate  in  honore  et  pretio 
habenda"  (Lips.  1622).  Der  tefeteren  ©c^rift  fügte  er  eine  ftamentafel  ber  @bleu 
öon  Siranbenftein  bei,  benen  er  fein  lateinifdjeä  2>rama  mit  einem  aäclepiabeifcb.en 
©ebicb,te  getuibmet  tjatte. 

Söd)er=9totermunb  6,  44.   —   ©oebefe  2,  144. 

-&•  H0M"iei«- 

Käufer:  ^ol)ann  ©ebaftian  ty.  r)at  fief)  eine  ©teile  in  ber  beutfdjcn  @e- 
fcb,id)te  alg  Hofptebiger  ^tajimilian§  II.  ermorben.  6r  mürbe  1520  in  «ßoftnitj 
geboren,  lieber  feine  ^ugenb  miffen  mir  nichts.  9iad)  bem  fdjmaltalbifdjen 
Kriege  treffen  mir  ir)u  in  ©terjing  in  ürol  aU  Pfarrer.  31(8  ^Jlidjael  ©ei,}» 
fofler  öon   ber  Uniöcifität   nad)  Jpau^e  fam ,   fiteste   s^.  it)n   oft  b^eim  unb  öer= 

«attgem.  beutle  SSiograpfiie.   XXV.  iT 


738  Raufet. 

natjm  gern  auS  feinem  2Runbe,  wie  eS  in  SÖittenberg  unb  ßeipzig  zugegangen 
fei,  unb  was  Sutljier,  s]Jielandjtl)on  unb  anbete  öffentlich  geprebigt  rjaben.  @t 
tljeitte  baS  9lbenbmaf)l  nutet  beiberlei  (Beftatt  auS  unb  fpracij  gegen  bie  ßctjren 
beS  5>apfttl)umS.  @r  war  ein  tüdjtiger  Äanzetrebner;  auS  weit  entlegenen  2)ör= 
fern  gingen  öiele  ßeute  zu  ü)tn  in  bie  $ird)e,  unb  oft  blieben  teifenbe  J?aufleute 
am  ©onntagmorgen  in  Sterling,  um  feine  frönen  ^tebigten  zu  tjören  (SQBolf, 
ßufaS  ©ei^foftet  p.  19).  33ei  bem  empfinbtidjen  fanget  an  foldjen  Sßrieftetn, 
meldte  beS  SBorteS  mädjtig  Wären  unb  buret)  ein  frommes  ßeben  erbauen  tonnten, 
Würbe  ty-  bem  Könige  fterbinanb  empfohlen;  biefer  nat)m  it)n  —  wir  miffen 
nicxjt  ju  meldet  3eit  --  in  Dienft  unb  mar  audj  red)t  aufrieben  mit  iljm;  aber 
er  entlief}  irjn,  toeil  bcrfelbe  tyertjeiratt)et  mar  unb  ftcf)  öon  feinem  Söeibe  nidjt 
trennen  modjte.  Wadj  einiger  $nt  berief  ^ftajtmilian ,  beS  römifdjen  fföntflS 
ältefter  ©ot)n,  ^)3.  jU  fiel),  unb  ber  Vater  liefj  eS  gefdjeljen,  ofjne  ©djtimmeS 
ju  afjuen.  2ltS  nun  bie  Äunbe  fid)  öerbreitete,  '»Ucarimilian  ()abe  bie  eöangelifdje 
ßetjre.  angenommen,  begab  fidj  ber  bötjmijdje  Srubcr  93tat)oStam  nad)  SBien, 
um  fid)  öon  ber  3Baf)rl)eit  beS  ©evüct)te§  zu  überzeugen.  ®r  ging  am  10.  sJftärz 
1555  in  bie  Äirdje,  too  $.  prebigte,  unb  fucfjte  il)n  aud)  perfönlidj  auf.  6r 
fanb  in  iljm  einen  s]Jtann,  weldjer  feine  Stellung  jmifdjen  ben  beiben  großen 
religiöfen  Parteien  genommen  zu  fjaben  fcfjien,  jebotf»  feine  eüangelifctje  ©efinuung 
burdjbliden  tiefe.  $.  erzählte  öiel  öon  9Jtarimilian ,  mie  fromm  er  fei,  wie  er 
baS  ©ute  liebe  unb  bie  SBatjrljeit  feurig  üertrete.  S5ie  ^efuiten  aber  maren 
roadjfam,  unb  SanifiuS  öetflagte  beu  Thronerben  unb  feinen  -frofprebiger  bei 
gerbinanb,  melier  einen  ttetd)Stng  in  Augsburg  abhielt.  2ludj  .Marl  V.  erfuhr 
Unangenehmes  über  s])ta;rimilian  unb  fdjidte  beStjalb  ben  ©panier  3uan  be  5löala 
uad)  2Sien,  um  (Srlunbigungeu  an  Ort  unb  ©teile  einzuziehen  unb  bie  sJtadt)= 
rieft ten  lauteten  nid)t  günftig  für  bie  tatfjoltfdje  $ird)e.  ©a  mufjte  !p.  ben 
|)of  öerlaffen  unb  mürbe  nad)  ©teiermarf  üetbannt.  silbet  9Jcajimitian  legte 
fiel)  in8  Glittet,  unb  er  fetjrte  mieber  §urüd.  iyerbinanb  öerlangte  nun  öon  iljm 
meljr  ftcdjtglaubigfeit,  eS  famen  redjt  l)eftige  Auftritte  zwifdjen  beiben  öor,  unb 
bie  ^efuiten  fomie  5lnbere  bereiteten  it)tn  sJcad)ftettungcn.  „3dj  rann",  fd)ricb 
er  am  3.  gebtuat  1556  an  SlafjoSlaro,  „in  2Bac)r£)eit  miber  bie,  weldje  nadj 
meinem  SBlut  auf  baS  graufamfte  ledjien,  mit  (JtiaS  ausrufen:  ,,Sd)  bin  allein 
übrig  geblieben,  unb  fie  fterjen  banad),  bafj  fie  mir  mein  ßeben  nermien."  Un= 
getrübt  beftanb  bagegen  baS  innige  33ett)ältnif}  zwifdjen  «Dlajimilian  unb  $. 
fort,  ^ener  tröftete  biefen  roegen  ber  Verfolgungen,  bie  er  leiben  mufjte.  „®ott 
lebt",  fdjrieb  er  il)m  einmal,  „bie  Ungerechten  unb  ßttgner  werben  umiommen." 
2)er  .!pofprebiger  roieberum  nennt  il)n  in  Briefen  ben  ftarfen  2)aniel,  ben  ftarfen 
ßömen ;  fid)  felbft  bezeichnet  er  fdjerztjaft  als  ben  berühmten  Äeber.  (Segen 
($nbe  be§  3a^re8  1558  begab  fid)  gerbinanb  nact)  SlugSburg  auf  ben  9teic£)3= 
tag.  Jpier  empfing  fein  .jpofprebiger,  ber  Sifdjof  ö.  (Surf,  öom  ©rzbifdftof  öon 
©alzburg  im  Januar  1559  einen  Vrief,  in  roeldjem  biefer  febrieb:  „mie  iljm 
beridjtet  merbe,  l)abe  s4>.  am  öierten  ?lböentfonntag  unb  am  Tage  be§  3lpoftet8 
Sol)anneS  fo  ärgerlicf)  unb  leidjtfertig  miber  ben  römifdjen  ©tul)l  unb  bie  fat()o= 
üfdje  Äirdje  geprebigt,  bafe  bergteicf)en  in  3tDinQÜ'fcr)en  ©täbten  unb  Orten 
nidjt  gebutbet  merbe."  S)ie  9lac|ridöt  ift  bem  üaifer  o^ne  ^roeifet  mitgeteilt 
toorben.  3l(S  er  im  anfange  beS  ^erbfteS  nad)  SBien  zutüdfefjrte ,  brang  er 
ftävfer  als  öortjer  in  feinen  ©ob^n,  ben  fdjlimmen  ^rebiger  megzutb^un.  6r  öer= 
tjanbelte  beinahe  täglicr)  mit  Ujni  barüber,  unb  als  er  mit  Sitten  unb  3flel)en 
nid)tS  ausrichtete,  roarb  er  heftiger  unb  fdjroffer.  @r  gelangte  enblictj  im  Januar 
1560  fo  meit,  bafe  bem  |>ofprebiger  ©d)roeigen  auferlegt  unb  feine  gänzliche 
Entfernung  erwartet  würbe.  2öirflidj)  mufete  ^arimilian  fid)  bazu  öerfteljen. 
9lod)  gab  er  bie  Hoffnung  nict)t  auf,  i^n  wieberzuerb^alten ;  „inzwifc^en",  fctjrieb 


^Hjtltfctt,  2Jtorfg.  t>.  SSaben.  739 

er  am  12.  2Jcärj,  „muffen  mir  e§  unferem  eigenen  9Jlitt(er  befehlen  unb  ©ebutb 

tjaben ©eib   gehaftet   unb    gebenft,   bafj  wir,  fo  ßtvriftum  befennen, 

muffen  berfolgt  fein  unb  ba§  $reu<}  leiben  unb  tragen."  2tm  fotgenben  £age 
wenbete  fidj  s]Jcorjmiüan  an  Grjriftopr)  bon  2öürtemberg,  um  bem  Vertriebenen 
ein  Unternommen  311  berfdjaffen,  unb  ber  iperäog  berfpract)  eö  audj.  2Iber  *ß. 
erfcfjien  nicfjt  bei  irjm,  bietmefjr  erfuhr  ber  ©ifctjof  «£ofiu§  bon  Srmelanb,  wetcfjer 
atS  Nuntius  bom  Zapfte  nadj  SÖien  gefenbet  roorben  war,  um  ^arimüian  ju 
betören,  bafs  ber  unjücrjtige  b.  r).  berfjeiratfjete  *Priefter  bie  (Jrbtanbe  noct)  gar 
nid)t  bertaffen  t)abe,  fonbem  fidj  in  einem  Ätofter  bei  Söien  aufhalte.  9H§  er 
biefe  fi^mevjtictje  $unbe  bem  Äaifer  mttgett)eitt  tjatte,  fcfjicfte  biefer  jjWei  %fc 
gefanbte  uad)  bem  6  leiten  entfernten  Softer.  Sie  fanben  ben  2Ibt  fdjon  bon 
allem  unterrichtet  unb  borbereitei.  $nbem  er  gettenb  mactjte,  bafj  er  nictjt  unter 
bifctjöfticrjer  ©ewalt  fianbe,  wollte  er  lief)  feiner  Unterfudjung  unterwerfen;  aber 
bie  ^Beauftragten  beriefen  ftdj  auf  ben  23efet)l  be§  $aifer§  unb  bes  9tuntiu§. 
2)a  rjotte  ber  \>lbt  ju  feiner  Sertrjeibigung  ein  ©cfjretben  ^Dlarimilian^  fjerbor, 
in  Weldjem  er  bringenb  aufgefordert  roorben  roar,  bem  -ipofprebiger  einen  3uflucrjt<j= 
ort  ju  gewähren.  s3tun  mufjtc  biefer  wirftict)  fortäieüjen.  9Jtajimitian  fcfjrieb 
für  it)n  an  ben  £>erjog  bon  äöürtemberg  unb  an  ben  ^fatjgraien  Don  5fteu= 
bürg.  $n  bes  Meuteren  ©ebiet,  in  Sauingen  an  ber  2>onau ,  würbe  $.  eöan= 
gettfdjer  v^aftor  unb  ©uperintenbent  uub  lebte  bort  bi§  ju  feinem  Xobe,  ber 
am  6.  $uni  1569  burcb,  einen  ©cfjtagftuB  erfolgte. 

üteimann ,   bie   religiöfe   (Sntwicfetung   9Jcarimi(ian»  II. ,   in  ben  |)iftor. 
3tfd&r.  XV,  1  ff.  91  ei  mann, 

^fjtltbert,  *ötarfgraf  bon23aben*93aben,  ©ofjn  üJtarfgraf  23ernrjarb§  III. 
unb  ber  lujembuTgijcrjen  granjisfa ,  bie  fiel)  nactjtnatS  in  ^weiter  (Stje  mit  ©raf 
Slbolf  bon  sJiaffau=2öie§baben  bermafjlte,  roar  am  22.  Januar  1536  geboren,  5 
Monate  bor  bem  £obe  feinet  SJatcrS.  Seine  ©ormünber  würben  5pfa(3graf 
3tor)ann  II.  bon  ©immern,  ©raf  SBUtjetm  üon  Sberftein  unb  an  ©teile  be§  bon 
feiner  Butter  borgefcrjtagenen ,  bon  9Jcarfgraf  (Svnft  bon  SSaben  ■  S)urlacr) ,  ber 
fetbft  bie  ©ormunbfcfjaft  über  feinen  Dceffen  beanfprucijte,  wegen  feine§  luttje* 
rifdjen  SBefenntniffeä  aber  angefoijtenen  ^faljgrafen  Dtuprecr)t  bon  Setbenj,  ^er^og 
3Bi(tjelm  IV.  öon  Saiern,  ber  ©emafjt  feiner  S3afe,  ber  «ölartgrafln  ^acoba  bon 
Saben.  S)ie  %a$xe  ber  SBormunbfctjaft  waren  ausgefüllt  burcrj  ©treitigfeiten 
mit  bem  genannten  sUcarfgrafen  ßrnft  (f.  31.  S).  S.  VI,  243),  bie  tb^eitweife  noef)  au3 
ber  3eit  f)errüt)rten,  ba  berfelbe  mit  ^fjiUbtrt'ä  5ßater  bie  @rbfct)aft  eineä  brittm 
SruberS  IDIarfgraf  «ß^Ui^p-'S  I.  geteilt  tjatte.  @rft  atlmäf)lict)  gelang  e§  buret) 
eine  9teit)e  bon  Sin^eioerhägen  ba§  SerrjättniB  ber  beiben  babifetjen  Sinien  ju 
einanber  ^u  einem  einigermaßen  leiblicfjen  ju  geftalten.  2) er  <£>er<}og  bon  Saiern 
benu^te  feinen  Sinflufc  at§  Söormunb,  um  bie  tutrjeriferje  Setjre,  bie  unter  33ern= 
t)arb  III.  in  ber  9Jtarfgraffd)aft  Eingang  gefunben  tjatte,  im  ßinberftänbnifj  mit 
ber  s3Jcar!gräftn  SBittroe  attmäfjltdj  wieber  ju  üerbrängen.  $.  fetbft  warb  im 
ÄatfjoIiciSmuS  erlogen;  butefj  Reifen,  fowie  einen  längeren  Slufentfjalt  in  2)6te 
würbe  für  feine  weitere  Stulbitbung  geforgt.  1556  legte  3of)ann  bon  ©immern 
bie  SJormunbfdjaft  nieber,  im  fofgenben  ^atjre  auet)  ber  iperjog  oon  SBaiern  unb 
ber  ©raf  bon  ßberftein;  5p.  trat  bie  fetbftänbige  Regierung  an.  ©djon  oorrjer 
War  jwiferjen  itjm  unb  feinem  jüngeren  ©ruber  Gfjriftopt)  ein  Uebereinfommen 
über  bie  Xtjeitung  be§  üäterlicr)en  grbe§  getroffen  worben.  $.  ertjiett  bie  s2Jtarf= 
graffefjaft  S3aben=Söaben  im  engeren  ©inne  unb  ben  babifcfjen  Slnttjeit  an  ber 
©rarfcfmft  ©pontjeim,  fein  ©ruber  bie  luremburgifdjen  Sanbe,  9lobemacfjeTn, 
Ufetbingen,  9teicf)ersberg,  .^erfpringen  u.  f.  w.  $Rit  ben  teueren  Sanben  würben 
bie  beiben  ^Dtartgrafen  gemeinfam  1562  bon  ©panien  betefjnt.     Sie  Rettung 


740  5ßt)tltbcrt,  9Jtarfg.  b.  Habenseiten. 

f elbft  würbe  bie  Urfadje  Jahrelanger  unerquitflid)cr  S^iftisfeiten  ber  beibcn 
jungen  dürften ,  ba  901.  (5f;tiftop£)  fet)r  Batb  fict)  überbortf)eitt  wätjnte  unb 
fovtgejc^t  bei  berfdjiebcnen  Gelegenheiten  gegen  jenen  33eürag  bon  1556 
proteftirte.  1557  Ittjnte  5ß.  bie  itjm  bon  ^erbinanb  EL  angebotene  ©teile 
cineS  Äammeuidjtevä  ab,  ba  eine  langete  Wbmefentieit  bon  feinem  £anbe  für 
it)n,  at§  einen  Weuting  in  ber  Regierung,  unttjunlict)  fei.  £$m  gleichen  3atj« 
tjatte  er  bie  SEodjter  SBiltjetm'S  IV.  bon  s-8aiern  at§  feine  ÜJematjtin  heimgeführt. 
ty.  begann  balb,  nactjbem  er  bie  Regierung  übernommen  blatte,  troü  feiner  fatt)o= 
ttfdjen  Srjietjung  bie  (Sinfütjrung  ber  Deformation  in  feinen  ßanben.  lUöglid), 
baf$  bie  Qnnbtüde,  bie  er  wätjrenb  feiner  'ilumefenrjeit  auf  bem  Üteidjetag  bon 
1555  empfangen  tjatte,  it)n  tjieivju  betbogen,  möglid)  auet),  bafj  ber  ©üiflufj  beg 
einen  ober  beä  anbem  feiner  9iätt)c,  unter  benen  £angenmantet,  Sarnbüljler  unb 
fein  ehemaliger  (Srjiefjet  Dr.  Sßiuttjer  tjerbortreten,  babei  mitwirfte.  SDie  9tefor= 
mirung  ber  ^arfgraffetjaft  ging  freitief)  nur  fetjr  attmätjlid)  bor  fiel).  5Die  9tüd» 
fidjt  auf  ben  eng  befreunbeten  bairifdjen  -!pof,  auf  Herzog  Sllbredjt  IV.  bor  altem, 
ber  nact)  Unterbrüdung  ber  reformatorifdjen  ^Bewegungen  im  eigenen  ßanbe  fd)on 
bamatö  all  eine  «g>auptftü^e  ber  fattjolifdjen  gartet  im  iReidje  baftanb,  mußten 
ty.  bon  au  entfdjtebcnen  unb  fdjroffen  ^Jtafjregetn  abgalten.  .Uoctj  1568  mar  in 
Steinbad)  ein  tat()olifd)er  (Setftlictjer.  Sie  Tonnen  be§  natje  bei  23aben  gele= 
genen  $lofter§  ßidjteutljal  blieben  ermatten,  aud)  nadjbem  bie  Waifgräfin  sDtect)= 
titb,  bie  bei  itjnen  ifjre  Anbadjt  311  beiridjten  pflegte,  geftorben  mar.  33on  tjier 
ging  nact)  Sptn'lioert'S  frühem  iobe  bie  fattjotifdje  (Gegenreformation  ber  baben* 
babifdjen  £anbe  au§,  bie  unter  bahifdjem  Sctjutj  gar  balb  grünblid)  unb  für 
immer  bie  bon  jenem  in  reformatorifdjcm  (Sinne  getroffenen  öintidjtungen  jer= 
ftörte.  3"  ben  übrigen  proteftantifdjen  Stäuben  mar  ty.  in  fein  näljeres  33er» 
rjältnifj  getreten;  er  befud)te  nur  äufjcrft  feiten  itjie  Jage,  unb  auet)  auf  ben 
^eid,ötagen  fdilofj  er  fid)  an  fie  nietjt  an.  @S  waren  baran  fid)er  in  elfter 
Sfteitje  feine  fdjlecfjten  Sejietjuugeu  ^u  .£>erjog  Gtjriftopt)  b.  Äöürtemberg  Sdjutb, 
mit  bem  er  ^aljre  lang  in  tjertiger  geinbfeijaft  lebte  Wegen  liebergriffe,  bie 
berfetbe  fict)  atä  33ogt  ber  ßlöfter  ^errenatb  unb  Üteidjenbad)  gegen  iljn  tjatte 
511  Sctjulben  fommen  laffen.  Wact)  bem  £obe  feiner  ©ematjlin  fämpfte  ty.  ,ju= 
nädjft  15G6  in  faiferlicrjem  Xienfte  in  Ungarn  gegen  bie  dürfen.  %m  fot= 
genben  3>at)re  fctjtofj  er  fict)  bem  .Speere  an,  ba§  ^fal^graf  ^otjann  Safimir  ben 
Hugenotten  jufüljrte.  Sie  3l&mot)uungen  frerjog  Sltbrectji'a  bon  33aiern  unb 
feiner  Butter  ^Eaccba  tjatten  aber  aur  <}o(ge,  bafj  er  fid)  balb  wieber  bon  bem= 
fetben  trennte.  Sd)on  im  näctjften  ^aljre  lieft  er  fict),  biesmal  bon  ßarl  IX.  bon 
Jranfretd)  felbft  werbf.n.  (Segen  ein  SBartegelb  berfpradj  er,  bemfelben  auf  feinen 
Söunfd)  mit  einer  vJtu,ml)t  Leiter  ju^ietien  unb  itjm  gegen  jebermann,  aulgenommen 
gegen  $aifer  unb  üReidt)  unb  t)it  9lugäburgifd)en  ÜteligionsberWaubten,  beijuftetjen- 
3u  ben  Sedieren  rechnete  natürlict)  s$.  ebeufowenig  wie  ber  franjöfifdje  ,ftöuig 
bie  calbiniftifd)en  .^ugenotten.  ®em  SalbinilmuS  [taub  er  übertjaupt  feinbfelig 
gegenüber,  Wie  ba§  bor  allem  auä  feinen  Briefen  tjeiborgetjt,  in  benen  er  mit 
ber  Ijöctjften  ©ibitterung  bon  ber  Sinfütjrung  be§  reformirten  SefenntniffeS  buvd) 
fiurfürfi  fjriebtidt)  III.  bon  ber  ^falj  in  ber  ib,m  mit  biefem  gemeinfamen  ®raf= 
fd)aft  Spontjeim  fprid)t.  1569  jog  ip.,  bem  9tufe  Äart'8  IX.  folgenb ,  nadj 
grantreid),  nacfjbem  er  fdjon  boitjer  feine  unmünbigen  ßinber  bem  Sd)ube  itjier 
©ro^mutter  3facoba  bon  33aiern  empfotjlen  tjatte.  @r  fetjrte  nidjt  metjr  autüd. 
3n  ber  Sctjtadjt  bon  ^Jlontcontour  ift  er  am  3.  Dctober  1569  gefallen.  Sein 
Seidjnam  Würbe  auf  bem  Sd)(ad)tfelbe  nidjt  gefunben,  fein  Job  aber  buid)  bie 
^tulfagen  bon  Augenzeugen  au^er  3i°eilet  gefteüt.  Sein  ©rabmal  in  ber  Stifte 
firerje  in  ^ßaben  bon  Söittjetm  b.  Jrarbad)  ift  ein  (Seuotapt).  ^n  ber  Regierung 
folgte  itjm  fein  Sob^n  5ptjitipp,  junädjft  unter  bairifdjer  33ormunbfr^aft. 


Sßfjüibert,  ^rinj  t>on  Dranien.  74 1 

2Ird)ioalifd)es  Material  im  ($eneraf(anbeSard)ib  in  tfarllrufie  unb  im 
bairifd)en  9teid)sard)tb  in  9Jcünd)en,  2t6tf)eilung  SBaben  A. 

ßrieger. 

^(jtltbcrt,  ?Prina  bon  Dranien  (Uranien)  ober  Drange  in  ©üb  =  granf= 
ieid),  aus  bem  £>aufe  @f)don,  bon  bem  bas  @5efd)ted)t  aud)  nodj  ben  Flamen 
unb  bas  äßappen  führte,  obgleich  bie  £errfd)aTt  feit  1327  in  anberen  |>änben 
mar,  geb.  1502,  7  am  3.  Sluguft  1530.  Qx  mar  ber  ©otm  bes  ^rin^en  $0= 
r;ann  bon  Dranien  unb  beffen  ©ernannt  ^iliberte  bon  Suremburg.  ©as 
gürftentfmm  Dranien  ift  ^mar  nid)t  grofj,  aber  fruchtbar;  3ugteid)  mit  öem* 
fetben  erbte  $.  9lnfprüd)e  auf  bie  ©rafjd&ait  @enf  unb  bas  güriientfjum  9ceuen= 
Burg  unb  SBattengin.  Sei  bem  £obr  feines  Söaters  mar  er  erft  roenige  äöcdjen 
att,  bod)  erhielt  er  bereits  in  feinem  fiebenten  2Jtonat  bie  ©tatttjalterfdjait  bon 
SBurgunb.  91  m  fran3öfifdjen  £ofe  erjagen  unb  motjtgelitten,  fdjien  er  beftimmt, 
roie  feine  3}orfat)reu,  feine  reiben  ©oben  bem  SHenffc  ber  franjöfifcrjen  ßrone  3U 
roibmen.  2tber  roeit  er  bort  ftdj  berieft  glaubte  unb  ber  ©emarj!  feiner  ©djmefter 
Gtaubia,  (Sraf  -Jpeinrid)  öon  ftaffau,  in  bem  erften  Kriege  Raxl'i  V.  mit  gran3  I. 
im  S-  1521  bas  Gommanbo  ber  SIrmee  führte,  metdje  bon  Belgien  aus  in 
granheid)  einbrechen  foflte,  trat  er  in  faiferlidje  2)ienfte,  roas  it)n  3unäd)ft  feine 
ererbten  2?efitmngen  fofiete,  unb  jeidjnete  fid)  balb  im  Kriege  aus.  3n  ber 
©eefdjlacfjt  toibet  SInbreas  S5oria  mürbe  er  jtoar  gefangen  genommen  (1524), 
bod)  burd)  ben  Vertrag  bon  5Jtabrib  erhielt  er  feine  greifet  unb  fein  gffttjten* 
tfjum  jurüd.  (Sfje  er  jebod)  ben  SBefefjt  53urgunb  31t  befe^en  tjatte  ausführen 
fönnen,  brad)  ber  jtoeite  Äiieg  aus,  an  me(d)em  unter  $art  bon  23ourbon  ttjeil* 
3unerjmen  er  nad)  Italien  eilte.  9Jcit  biefem  30g  er  nad)  33efefcung  bes  9Jlai* 
länber  ©d)toffes  gegen  üiom  unb  leitete  nad)  beffen  Job,  ben  er  auf  gefdjidte 
2Seife  ben  Solbaten  berbarg  (er  bebedte  bie  Seicrje  mit  beut  2Jcantel),  bie  gr= 
ftihmung  ber  eroigen  ©tabt,  orjne  freilid)  ben  babei  borfommenben  ©räueln 
(Sinfjalt  ttjun  3U  fönnen;  bann  fcfjlofj  er  mit  bem  in  ber  (Jngetsburg  belagerten 
Zapfte  bie  Kapitulation ,  infolge  bereu  berfelbe  feine  greirjeit  ttjeuer  erfaufte. 
93cinber  gtüdüd)  mar  ber  9tnTang  be§  unmittelbar  iolgenben  getb3uge§  in  Neapel; 
erft  naefj  mancherlei  SJerluften  unb  großen  2Infirengungen  gab  ber  Uebergang 
bes  ©enuefen  SInbreas  2)oria  3um  £aifer  unb  eine  betfjeerenbe  $ranf()eit  im 
Sager  ber  ftran3ofen  bem  Kriege  eine  beffere  SBenbung  unb  im  3.  1529  ber 
©amenfriebe  ein  ertoünfdjtes  @nbe.  S)od)  rief  b<:n  *)3rin3en,  roeldjer  als  2)ice= 
fönig  öon  Neapel  in  Italien  blieb,  atsbatb  neuer  Äampf  nad)  £ofcana;  er  fottte 
ben  Uebermutl)  ber  Florentiner  unb  ber  mit  itjnen  berbunbenen  ©täbte  [trafen. 
3n  einem  treffen  mit  iljrem  Hauptmann  gerucci  traf  it)n  eine  33üd)feufuget, 
toeldje  it)n  tötete.  S)a§  ^>eer,  erbittert  burd)  ben  Job  be§  geliebten  jugenblidjen 
gelbrjerrn,  erfod)t  einen  glän3enben  ©ieg,  meldjer  bie  ©tabt  ?fforen3  nötigte,  ben 
SHeffanbro  bon  9Jcebici,  ©emaf)l  bon-^arls  natiirltdjer  2od)ter  Dcargaretfye,  al§ 
^errn  aut3unel)men.  ^um  Grben  fjatte  ^fjitibert  ben  (Sof)n  feiner  ©djmefter, 
9tenatns  bon  9iaffau,  eingefetjt,  meldjer  benn  auef)  über  bem  ©rabe  ^r)itiberts 
als  ?Prin3  bon  Dranien  ausgerufen  mürbe  unb  fortan  £itel,  SBappen  unb  ^eöijc 
fütjrte  unb  fpäter  mit  benen  bon  9iaffau  bereinigte,  ©effen  @rbe  mürbe,  als  er 
1544  bei  ©t.  S)t3ier  fiel,  fein  elfjätjriger  35etter  SBilljelm,  ber  fpätere  „Scfjmeiger"; 
bon  bei  2>ebife  ,.je  maintiendrai  Chalon"  tiefe  er  bas  Dbject  toeg,  unb  fo  rourbc 
ba§  einfadje  je  maintiendrai  ©ebife  ber  Dränier. 

G.  gjcünd),  ©efd)id)te  bes  ^aufe§  9caffau=Dranien ,  III.  ©.  235  —  251. 
—  ^.  b.  Strnolbi,  ©efd)id)te  ber  oranien=naffauifd)en  Sänber  unb  ifjrer  9te= 
genten,  II.©.  231-239.  g    Dtto> 


742  SPfyüicinuS  —  ^l)üipb,  töin.  St. 

$J>tUcimi8:  betrug  $.,  tat.  ©tatnalifer.  ©eb.  1515  $u  «KiraS,  feit  1544 
geltet  ju  Söindje  im  £>ennegau,  würbe  bafelbft  $edjant  unb  ftatb  1568.  2)ie 
Comoedia  tragica  bon  ber  „Magdalena  evangelica" ,  bic  et  bereite-  fttttjet  in 
jambifdjen  £imetern  toerfa^t  tjatte  unb  bie  nad)t)er  bon  ßebin  23red)t  in  bic 
5orm  einer  Jlomöbic  gebracht  war,  erfd;ien  1544  ju  ^Introerpeu,  nad)bem  er 
burd)  bie  $eft  au£  93ind)e  bertrieben ,  ^u  <£>am  in  ber  ^icarbie  sfltufje  gefunben 
tjatte,  fte  umzuarbeiten.  3u  fünf  bieten  fdjitbert  er  im  tffjarafter  bcS  ^affionals 
baS  ßrfdjeineu  ber  ^aria  s))tagbalena  mit  9Jlaria  ©alome  unb  SJtatia  ^acobi  am 
©rabe  3ie|u,  irjre  Stauer  um  ben  2?erluft  bee  §errn ,  irjre  ftreubc  über  ba£ 
SOßieberfetjen  bes  geliebten  9Jteifter8,  ber  itjr  in  ber  ©eftatt  eincS  ©ärtnerfi  be= 
gegnet.  SBarme  (hiibfinbuug ,  tieftnnigeS  ©etüljl  ^eierjuen  ben  Stjarafter  ber 
grauen,  befonber§  ber  9ftagbalena,  au§.  Sitjre  Älagen  finb  fo  einbringenb,  bafj 
fagar  bie  2£äd)ter  bc»  ©rabcg  babon  ergriffen  unb  in  9)tit leiben jdjaft  gebogen 
werben.  2>cm  gegenüber  erfcfjeint  bie  Aalte  unb  bie  ."parttjerzigfeit,  gur<$t  unb 
ßleinmüt bigfeit  ber  .£>otjenpriefiev  ß'aipfjag  unb  .{panna  feljr  wirfungSbotl.  Stud) 
SPetxttS  unb  Sfotjannes  finb  mit  liebebotter  Ifjeilnafjme  für  ba§  ©d)icffat  icjteS 
$errn  erfüllt.  Gtjriftus  felbft  crfdjeint  in  ber  ©torie  beä  9luferfianbencu,  mitb 
unb  fauft,  tröftenb  unb  ftärfeub.  91m  ©djtufj  fügt  Benin  33rcd)t  ein  ^ubellieb 
ber  ^agbalena,  nad)bem  ben  SBeinenbcn  Gt)riftu§  am  ©rabe  erfdjienen  ift.  $. 
fdjrieb  ferner  einen  „Dialogus  de  immolatione  Isaaci"  (2tntW.  1544),  fowic  eine 
2ragöbie  bon  ber  ©ftfjer  (5lntW.  1564)  unb  gab  feines  ftreunbeS,  be§  9tbte& 
fiubw.  SBlofiue  (Abbas  Lanbiensis  ei  Broniensis)  äöerfc  heraus.  5Die  ßuefteu 
nennen  ifju  einen  Wann  bon  großer  Jpeüigfett  beS  Gebens,  gaftlidjem  Sinn, 
Sauterfeit  be8  (Stjaraftere,  allen,  tjocl)  unb  uiebrig,  gtcidjmäfjig  ttjeucr. 

x'lnbreä,    Bibl.   Belg.  756.  —  SfoppenS,  Bibl.  Belg.  1002.  —  3-ödjer  3, 
1516.  -     «Rotermunb  6,  65       ■    ©oebete  2,   187.  £>.  $olftein. 

s}M)tlipp,  römifdjer  Äöntg,  als  jüugfter  ©otju  .Waifer  griebtictjS  I.  unb  ber 
burgunbifdjeu  SBeattij  um  bie  ^cit  bee  griebenS  bon  Sßeuebig  (9liiguft  1177) 
geboren,  am  21.  ^uni  1208  ^u  Bamberg  ermotbet.  5ßon  feinem  SJater  für  ben 
geiftlidjen  ©tanb  beftimmt,  würbe  er  rjon  einem  fülnifdjen  ©eifttidjen  erlogen; 
fdjon  1189  erfdjeint  er  aU  ^ropft  bon  2lad)en.  ©ein  ©ruber  .^einricl)  VI. 
öerjd}affte  it)m  1100  ober  1191  bie  (Srwätjluug  jum  Stfdjofe  bon  äBür^burg, 
unb  al§  biefe,  watjrfdjeinlid)  wegen  beS  Ülltevsbefects,  nidjt  aufred)t  getjalten 
werben  tonnte,  liefe  er  ifpr  in  ber  Glitte  bc§  3Qr)trö  1193  übertäubt  in  ben 
Weltlichen  ©lanb  jutfidtteten.  2Bie  ^fjilipb  fetjon  1191  ben  erften  3ug  ^ein» 
rid)S  VI.  nad)  Italien  mitgemad)t  tmttc,  fo  begleitete  er  itm  aud)  1194  auf 
bem  ^weiten,  weldjer  bie  Eroberung  beS  ^lormannenteidjS  ©icilien  jur  $olge 
blatte,  unb  würbe  im  9tbnl  1195  bon  if)rn  auf  bem  $eid)Stage  ju  SBott  mit 
bem  £)erjogtt)um  Juecien  unb  bem  Sanbe  ber  ©täfln  9Rot^)ilbe  auegeftattet, 
alfo  mit  ©ebieten,  in  Wetdjen  bie  Slnfprüdje  be§  9teicf)S  unb  ber  Ändjc  fid) 
treusten  unb  ^tjitibb  in  fdjarfein  3uflrc^en  unzweifeltjaft  metjrfad)  ber  teueren 
ju  natje  trat.  @r  foll  als  33er(e^er  bc§  ÄirdtjcngutS  fogar  bom  ^apft  (Joe* 
teftiu  III.  gebannt  Worbeu  fein,  waä  er  felbft  ireilid)  beftritt.  3n,5luijd)en 
tjatte  fid)  bie  gafyl  ber  faifertid)eu  SBtübet  bctriidjtlid)  bermiubert  —  -^eqog 
griebrid)  bon  ©d)Waben  war  am  20.  Januar  1191  geftorben  unb  ^erjog  Äon- 
rab  bon  Rotenburg,  ber  iljin  in  ©djWaben  nad)fo(gte,  am  15.  3luguft  1196 
ermorbet  worben  — ;  aufeer  bem  s4>fat3gvafen  Otto  bon  U3urgunb,  Weldjer  burdj 
feine  3u9ftlofigfcit  fid)  felbft  bon  alten  ^ufunUäbcredjuungen  Apeinrid)§  VI.  au§= 
fdjlofe,  war  nur  nod)  ^^ilipp  übrig,  ben  bann  £einrid)  für  ben  %aU  feiueg 
eigenen  2obc§  feb^r  früf)  fid)  atg  Vertreter  ber  ^)au§intereffen  unb  als  S3ormunb 
be§  fiaiferformee  griebrid)  II.  (f.  3t.  3).  U3.  VII,  ©.  436)  gebad)t  ju  Ijaben 
fd)eint.     6r  errjielt  nun  1196    aud)   ba§   ertebigte   ^erjogttjum    <Bd)rDaUn   unb 


5ßf)ilipp,  rollt.  #.  743 

\ed^tfexttQte  foglcid)  bal  Vertrauen  bei  53ruberl,  inbem  er  einen  großen  Slntfjeil 
baran  tjatte,  bafj  ber  junge  gtiebrtcr)  jetjt  fdjon  jutn  91ad)folger  bei  SSaterl  et= 
toä^tt  Würbe.  @r  fetbft  Ijatte  fid)  fdjon  früher  mit  Srene,  ber  Üodjter  bei 
gried)ifd)cn  -ßaiferl  Sfaat,  Weldje  all  äBittWe  bei  ficitifcijen  3toger  III.  in  bie 
©efangenfdfiaft  ber  üDeutfdjen  geratt)en  War,  Deilobt :  nun  all  .^er^og  Don  <Scf)tüa= 
ben  feierte  er  %u  «ßfingfien  1197  auf  bem  Sanbtage,  beu  er  am  ©unjented)  bei 
Sluglburg  abhielt,  feine  -"podjjeit  mit  ber  33rj,jantinerin,  weldje  ifjren  Diamen  gegen 
ben  ber  |eiligen  Jungfrau  Deriaufd)tc,  mit  „ber  Üiofe  otjne  dornen,  ber  Jaube 
oljne  ©alle",  wie  äöalttjer  Don  ber  Q)ogelweibe  fie  feieite.  3U  gleicher  3^it  lief} 
5pi)itipp  fid)  Werjrtja't  machen.  3m  September  rief  aber  ber  SSefetjt  feine! 
SBruberl  it)n  wieber  nad)  Stauen,  um  ben  Steffen  3ur  Krönung  nad)  £)eutfd)tanb 
ab^utjolen;  er  mar  bil  9Jcontefialcone  gefommen,  all  bie  9tad)tid)t  Pom  lobe 
feineS  93ruberl,  bei  Äaifeil  (28.  September),  unb  bie  plöt$lid)e  Don  9ftom  aul 
genährte  (htjebung  bei  &anbel  gegen  bie  Seutfdjen  il)n  ^ur  ^eimferjr  jwang, 
bie  fetbft  nur  mit  ©efatjr  bewerffteltigt  werben  fonnte. 

2lber  aud)  in  Seutfdjlanb  löften  fid)  nad)  bem  £obe  Jpeinrid)!  VI.  alle 
SBanbe  ber  Drbnung  unb  bie  ^ugenb  unb  2lbwefentjeit  bei  erroatjlten  Äönigl  liefen 
balb  Zweifel  auftommen,  ob  ein  foldjcl  Äömgtfmm  ben  Umftänben  genügen 
fönne,  wärjrenb  an  anberen  ©teilen  fdjon  bie  ©ültigfeit  fetbft  feiner  2Bat)l  be= 
ftritten  mürbe.  $t)ilipp  trat  atterbingl  aunädjft  mit  altem  1Kad)brutfe  für  ba! 
9ted)t  feine§  Dieffen  ein,  mufjte  jebod)  balb  erfennen,  bafj  bie  Dppofition,  beren 
ßeitet  ber  mächtige  grabifdjof  öon  £ötn,  2lbolf  Pon  S3erg  war,  mit  grieörid) 
bal  ftaufifcfje  £aul  überhaupt  oon  ber  £rone  aul3ufd)lief$cn  beftrebt  mar,  unb  et 
gab  beerjatb,  im  ^ntereffe  bei  £aufel,  feine  gufiimmung  baju,  baft  bie  ^reunbe 
belfelben,  obenan  (häbifdjof  Subolf  Pon  531agbeburg,  iljn  felbft  an  bie  ©pitje 
bei  9tetd)el  fteltten.  21m  6.  9Mt3  1198  ju  3d)terlrjaufen  amifd)en  Erfurt  unb 
SIrnftabt  einigten  fie  fid)  über  feine  Sßatjt,  bie  bann  am  8.  ju  9Mt)trjaufen 
förmtid)  Donogen  Warb.  2>od)  fd)dnt  $t)ilipp ,  meuigftenl  aufänglid) ,  fein 
Äönigtt)um  nur  toie  eine  ©tettpertretung  für  gtiebrtdj  aufgefaßt  ju  tjaben. 

Slbolf  Don  Äöln  unb  feine  «Partei  waren  weit  baDon  entfernt,  fid)  biefer 
SBafjl  p  fügen.  ©ie  Ijatten  fd)on  Dortjer  it)r  Slugenmerf  auf  ben  ^erjog  33ern= 
tjavb  Pon  ©ad)fen  gerietet,  ber  jebod)  jebe  SBatjl  ablehnte  unb  fid)  Dietmetjr 
$t)ilipp  anfd)tofj.  Sann  toar  mit  Otid)arb  Sömenfjerj  üer^anbelt  moiben 
toegen  ber  Söat)l  feinel  älteften  Neffen,  bei  rf)einifd)en  ^faligvafen  ^einrid)  öon 
5Braunfd)toeig,  unb,  all  beffen  9iüdfe^r  aul  bem  ^eiligen  2anbe  fid)  öeraögerte, 
mit  bem  £>erjoge  ^Bevt^olb  V.  Pon  3^110^.  ocr  iu  oer  ^at  anfangl  auf 
hm  S3orfd)tag  einging,  bann  aber  bebenfltd)  mürbe  unb  enblidj  burd)  «ptiilippl 
Stncrbietungen  gän^Iid)  fid)  Don  ber  Cppofition  trennte.  Sie  ©rgcbnifjlofigfeit 
biefer  S3emü^ungen  fd)eint  1)ä  $I)ilipp  beu  ßinbrüd  gemad)t  ju  b^abeu ,  all 
mürben  feine  ©egner  ,  meld)e  et  bei  energifdjem  23oiget)en  bamall  motjl  nod) 
leid)t  I)ätte  erbrüden  tonnen,  fdjliefdidj  in  grmangetung  einel  anberen  ßanbi= 
baten  fid)  it)m  fügen.  6t  liefe  ilmen  fo  ru^ig  3eit,  fid)  anbermeitig  um^ufdiauen, 
unb  fid)  enblid)  auf  ben  jüngeren  SBruuber  bei  ^fal^grafen,  Otto  Don  ^oitou,  ju 
einigen,  für  ben  aud)  bie  ©unft  fprad),  in  welcher  er  bei  9tidjarb  Don  (Snglanb 
ftanb,  unb  bie  grmartung,  bafj  teijterer  nidjt  fargen  merbe.  Um  ^fingfien  fam 
Ctto  nad)  ßüttid),  würbe  in  Üöiw  fefttid)  empfangen  unb  am  9.  3uni  bort  all 
erwählter  Äönig  aulgerufen,  ©änjtid)  auf  bie  Unterftüfeung  feiner  2lnt)änger 
angewiefen,  mufte  er  fie  mit  gugcfiänbniffen  nad)  aßen  ©eiten  b,tn  ettaufen; 
in  biefer  SCBeife  bemühte  et  fid)  aud)  bie  Stnexfennung  bei  ^?ap|tel  ^nurcenj  III. 
ju  gewinnen,  bet  afletbingl  füt  feine  itatienifd)en  iöeftrebungen  bei  bem  SBelfen 
auf  gröBerel  öntgegenfommen  rennen  burfte  all  bei  bem  ©taufer,  bem  "Raty 
folger  einel  griebrid)  I.  unb  ,!peintid)  VI. 


744  ^t)Üippr  tum.  Si. 

Unzweifelhaft  War  s}Jl)itipp  öon  öornfjcrein  feinem  sJiebenbul)(cr  an  9)tad)t 
überlegen :  bcr  ganje  Dften,  ber  gaiijje  ©üben,  im  EBcften  bev  3ufammcnl)ängeube 
©trid)  Pon  ßltttidj,  S-tter  unb  Boxringen  [tanb  ifjin  3ur  Verfügung ,  mälvrenb 
Dtto  nur  bcu  SRorbtoeften  au|  feiner  ©cite  tjatte  unb  feine  fonftigen  Elnfjänger, 
ber  Eüfdjof  öon  ©traßburg,  ber  ^fatjgraf,  ber  tfjüringifdje  Sanbgraf,  in  ifjrer 
Vereinzelung  wenig  Elusficrjt  fjatteu,  fid)  gegen  bie  ftaufifdje  Uebermadjt  ju  be= 
Ijaupten.  Elber  (entere  mürbe  einigermaßen  burd)  bie  größere  9iür)vigfcit  außge= 
glichen,  Wctdje  Dtto  entfaltete.  Elm  10.  Sali  erzwang  er  fid)  bcu  Eintritt  in 
Eladjcn  unb  fonnte  fid)  fo  am  12.  an  ber  rechten  ©tätte  frönen  laffen ,  3War 
nur  mit  uadjgemadjtcn  SJnfignien,  aber  bod)  burd)  ben  (Jr^bifdjof  Pon  $öln, 
mäfjrenb  JßljUipö,  ber  allerbings  bie  9teid)ßiufignien  befaß,  feine  Krönung  erft 
am  8.  ©epicmber,  bap  nur  in  9Jfain<$  unb  nur  burd)  ben  (Jvjbtfdjof  bou  jarcm 
taife  in  Sßurgunb  Oorncl)mcu  31t  (äffen  im  ©tanbe  mar.  ©0  rfidjte  cß  fid),  baß 
er  ber  treuen  EJürgerfdjaft  bon^  Eladjen  nidjt  ju  £)ülfe  geeilt  mar,  fonberu  in 
berfelben  $titt  ba  bicfe  ben  Eingriffen  Dtto'ß  uod)  miberftanb ,  ben  93ifd)of  öon 
©traßburg  l)cimgefud)t  tjatte,  otjnc  itjn  3ur  Untermerfung  Urningen  311  fönnett. 
Sind)  ein  größerer  ftelbjug  im  £>erbftc  an  ben  Dtiebcrrfjein ,  3U  metdjem  ber  in 
9Jlaiu3  mit  ber  fiöuigßfronc  beguabigte  Dttofar  öon  E3öfjmen  baß  <!pauptcontin= 
geut  geftellt  tjatte,  jüt)vte  311  feinem  cutfdjcibenbcn  (hgebniffe.  Otto  räumte  3War 
nad)  einem  Kampfe  an  ber  liefet  baß  gelb  unb  30g  fid)  bor  ^fjilippß  Uebet» 
mad)t  nad)  Wötu  jutücf,  aber  s4>ljilipp  magte  bod)  feinen  Eingriff  auf  biefe  ba= 
male  uod)  nid)t  einmal  mit  ÜJcauern  umgebene  ©tabt,  bereu  ßinnaljme  mafvr* 
fdjeiulid)  ben  ganzen  E3ürgcrfrieg  beenbigt  l)aben  mürbe,  ©ein  ütürf^ug  nad} 
EJermüftitng  beß  platten  ßanbes  enuutl)igte  ben  SBetfen  nun  feinerfeitS  311111 
Eingriffe  überzugeben:  er  Ijalf  bem  Springer  bie  ;Keid)<.fiäbtc  feines  SBeretdjS 
uutermevfeu  unb  marf  fid)  bann  auf  baß  reicfjc  ©oßlar,  Wetdjeß  in  feiner  33e» 
bväuguiß  fid)  «ju  ergeben  Pcrfpradj,  menu  bis  311m  6.  Januar  fPjn  @ntfaü  fomme. 
SDieemal  mar  nun  ^fjilipp  redjt^eitig  jut  ©teile.  @r  traf  am  5.  in  ©oßlar  ein 
unb  Pcrfaf)  cß  mit  genügenber  Vefatntug,  aber  [taub  audj  tjier  Pon  einem  Eln= 
griffe  auf  23raunfd)Weig  ah,  wofjin  Dtto  3iirütfgewidjeu  mar. 

|>attc  baß  3af)v  1198  feine  Gntfdjeibung  gebrad)t  unb  jroar  f)auptfäd)Iid), 
meil  *J3fjilippß  ©töße  ber  2Bud)t  unb  Scadjljaltigfeit  ermangelten,  fo  nat)in  baß 
3uljr  1199  ein  anbereß  Elußfel)cn  au.  ^Ijilipp  Perfidjerte  fid)  aunädjft  £ricrß, 
beifügte  feine  (Stellung  am  IRittelrtjein  unb  raffte  fid)  bann  ju  einer  Stcifje 
größerer  Unternehmungen  auf,  beten  Surdjfütyruug  cß  fpüven  läßt,  baß  bem 
Könige  jetjt  ber  bcwätjrte  fyclbtjauptmaun  feine*  SßaterS  unb  ©rubere,  bcr  Weidjß* 
Ijofmarfdjall  #eiuric$  bon  .Wölben,  meldieu  bisset  ein  Äreujjug  ferngehalten 
Ijattc,  jjut  ©eile  getreten  mar.  SRun  würbe  im  ©ommer  bei:  93ifd)of  Pon  ©traft» 
bürg  jut  Äntei'tocifung  gibrad)t  unb  bcr  ßanbgrof  Pon  springen  burd)  bie 
llcbcilaffung  Pon  ^orbbaufen,  5Dlüt)l6,aufen  it.  El.  auf  ^Ijilippß  ©eite  l)crüber= 
gebogen  unb  bann  im  ©cptember  ein  neuer  3Jcimüftuugß(uig  in@  ^öluifd)e  unter» 
uonimcn,  bem  Dtto  nid)t  311  toeJjre«  magte.  2)a  beffen  Eliißfid)ten  obenbrein 
burd)  ben  31ob  9tid)arbß  Pon  Gnglanb  (6.  Elpril)  fcl)r  getrübt  waren,  foll  fogar 
Eibott  0011  ftöltt,  bem  er  Povnel)iulid)  bie  Xivone  Pcrbaufte,  bamalß  fd)on  baran 
gcbad)t  Ijabcu,  il)n  311  Perlaffcu.  %n  ©ad)fen  aber  betrachtete  man  Dttoß  <Baä)t 
alß  eine  Perlorcne,  mic  ber  glän3enbe  ßreiß  Pou  gciftlid)en  unb  meltlid)en  ftür= 
ften,  ©rafen  unb  ©belli  3eigt,  Welcher  mit  5pl)itipp  baß  2ßcil)iiad)tßfcft  1199  in 
9Jlagbcburg  feierte.  93iaunfd)Weig,  pon  Wo  Dtto'ß  ©ruber  ^ialjgraj  «gieinrid)  bie 
ftaufifd)  gefinnten  91ad)barn  gelegentlid)  mit  einjäflen  l)eimfud)tef  $Öln,  ber 
gewöfjnlidbe  Elufentljalt  Dttoß  felbft,  unb  ber  ^erjog  Pon  33rabant,  mit  beffen 
Stodjter  er  fid)  bei  feiner  Elad)ener  Ärönung  Pcrlobt  tjatte,  bitfe  leüten  ©tütjen 
beß  ©egenföuigtfnitnß  nieberjutoerfen ,   mar  onfd)eiucub   feine   311   große  Elufgabe 


$f)ilipp,  röm.  tf.  745 

für  bas  folgenbe  3ahr,  befonbers  ba  ber  neue  ßönig  Don  Gngtanb  Johann  bas 
veidje  Segat,  welches*  $id)arb  feinem  Steffen  ausgefegt  hatte,  jutudTjteU   unb  fid) 
in   bem    ©tiflftanbe ,  welchen   er   mit   «ßbüippS  SSerbfinbeten,   bem  Könige   öon 
ftranfreid)   Icblofe,    öicHeic^t   nidjt  ungern  bie  Sebingung  aufnötigen  liefe,    an 
Otto  weiter  feine  Unterftüfjung  ju  gemäßen.     „Seit  bem  2obe  meines  CbcintS 
$id)arb    fd)rieb  Otto  bem  «papfte,  leib  3frr  mein  einiger  Xroft  unb  SBeiftanb". 
3ludj  ^fnlipp  t)atte  ntdjt  öerfäumt,  fid)  mit  bem  «paffte  in  23erbinbung  ju 
Jefcen;  nur  ba%  feine   barauf   gerichteten  Sßerfudje   wenig   ermutf)igenb    ausfielen. 
£er  $3ijdjo?  Don  ©utri   mar   halb   nach   bem  £obe   bes  ßaifers    an   tbn   abge-- 
orbnet  wotben,  um  bie  greilaffung  ber  com  ßeftorbenen  nad)  2)eutfd)lanb  abge* 
lüften  ©rofcen  Siciliens  au  evwirfen,  unb  fie  Würbe  gewährt,   ^frilipp  liefe  fid) 
burd)  benfetben  aud)   Dom  Sänne   löfen,   bem  er  wegen  feiner  tu^cijdgen  Ueber= 
griffe    Pcrfatlen  fein  fotlte,  unb   beOollmächHgte    bann    fcinerfeits    ben    Sifcfcof, 
melier   nad)    ber  ^Rainjer   Ahonung   surüdreifte,    311    $erhanbtungen   mit_  bem 
Zapfte.     3u  fotd)en  fam  es  inbeffen  gar   nid)t,   ba  Snnocenj    ben  Sifchof   be* 
fd)utbigte,  mit  jener  Slbfotution  jeine  33oifmad)ten  Übertritten  au  haben,   unb 
ibn  mit   lebenslänglicher  (Sinfperrung   ftrafte.     Sie   ©enbung   bes  ©trafcburger 
Ükopftes  ftriebrid)  im  3at)re  1199  t)atte  feinen  fcefjeren   (hfotg.     Snnocenj   be= 
bauerte  in  feiner  Antwort  auf  beffen  anbringen  bie  Zwietracht  bei  Reiches,  be= 
tonte  aber,  bafe  bie  <5ntfd)eibung  berfetben  ber  ßircfje  juftetje,  meiere  bas  ßai]er* 
thum  Dom  Often  aui  ben  äßeften  übertragen    unb   bie  ßaiferfrone   ju  »ergeben 
habe.     3n  ber  £t)at  hatte  ^nnocena  fdjon  längfi  nicht  bloss  innerlich   Tür  Otto 
Partei  ergriffen,    fonbern   aud)    in  feinen   nad)  2)eutfd)(anb    gerichteten   ©chrirt: 
ftücfen    Söünfcbc  für    bas   G5ebeif)en    beffetben    ausgebrütft,    immer    aber    bod) 
peimieben,    bie  öon    Otto   unb    feinen    m'eunben    angefirebte    förmliche   Aner= 
fennung  aussprechen,   weit  fie  fowohl  feinen   ßnbjwed   als   6d)iebSrid)ter    im 
Sbronftreite  angenommen  ju  werben,  öereitelt  haben  mürbe   als   auch  ©e|abren 
in  liefe  fchloB    folange  bie  Angelegenheiten  Otto!  nicht  beffer  gingen  als  biSber. 
(5ine  Weitere  ©cbwierigfeit  fam  hin.su.     dämlich  ber  GrjbifchoT  Don  «ülainj  Äon* 
rab  t>on  äöittellbad),  welcher  jugleid)  ßarbinalbifchof  ber  Sabma  War,  3etgte jtet) 
bei  einem  Sefuche,  ben  er  im  £erb)te  1199    auf  ber  £eimreife  aus  ©nrten  bem 
Zapfte    mad)te,    burcbau§    uiebt    geneigt,    bie    Politiken   5ßtäne   beljefbcn    ju 
förbern      (5r  war  wo^t  Wie  ber  $apft  gegen  Sß^ilippS  Äönigttjum     aber :  barum 
bod)  niebt  für  Otto,  fonbern  oietmebr  für  ben   1196    erwarten   m'tebud),    ob= 
wobt  bag  ^urüdgreifen  auf  biefen,  weteber  päpftltcber  Se^nSföntg   üon   ©teilten 
aeblieben  war    wieber  bie  ^erfonatunion  ®icitien§  mit  bem  Äatjerreicbe  »erwuf= 
liebt  baben  würbe,    in   ber   Snnocenj   bie  größte  ©efafjr   für  bie  ^acljtltetlung 
beß  «ßapfttbumS  unb  por  2Mem  für  ben  burd)  @ewatt  gefebatfenen  ilirdjenltaat 
erbtirfte      Snbeffen  bie  ^aeification,  wie  fie  ber  äBittetebadjer  plante  unb  toeldje 
bie  Abbanfunq  beiber  ftreitenber  Könige  aut  Sorauefe^ung  bdte,  f cbetterte  gteid) 
baran    baf;  Otto    fid)    auf    feine  Söertjanblung    über    fein  X^ronrec^t    einfallen 
wollte' unb  ber  bisber  im  Uebergewicbte  gebliebene  ^Utpp  natürlid)  nod,  wem- 
oer    surüd^utreten    badjte,    Da    ber  Gavbinal    natürlich   feine  SurgjcbaU  Hellen 
tonnte,    ba*    bann   bas    ^önigtf)um   gfrtebri^S   nid)t    weiter   be|tntteii i  werben 
mürbe      21(3  bann  ßonrab  ben  33orfd)lag  eine§   fürftlid}en   ©d^iebsgertdjtö   oul= 
braefete,  fo  ging  3war  Otto  barauf  ein,  weil  er  Dorn  $apfte  «»ortete, j bat  bet- 
felbe  bie  ©d,ieberid)ter  au  feinen  ©unften  beeinfluffen  werbe;  bie  itoufi^e Rottet 
bagegen,  welche  fieb  erft  fürali«  8u  mannhaftem  (Jinfte^en  lür  «Philipp  Perppt(36 >  et 
hatte  unb  mit  einiger  3uterfid)t  auf  feinen   oottflänbigen  Sieg  rennen    bunte, 
lehnte  foldjeö  ©cfiiebögericbt  runbweg  ^.     Äonrab  erregte  mit  feinen! S«^ 
benuljungen  nur  baS Vne,  ba^  wenigftenS  für  ba»  »mlanb   ein  ®*\(«*f 
ftaub  abgefcbloffen  würbe,  bei  bem  fowobl  Otto  als  «pbiltpp  ibte  Rechnung  jn 


746  WttpPf  ™nt.  ®- 

finben  glaubten.  £er  2lbfd)tufj  biefer  üon  .ffonrab  üon  SBittelsbad)  angeregten 
ä}ert)anb(ungen  tuirb  bie  ©efammtertlärung  bet  ftaufifd)  gefinnten  dürften  unb 
Magnaten  auä  ©pcier  üom  28.  Üölai ,  wie  idj  an^unebjmen  (Srunb  b,abe ,  bes 
3at)vel  1200  jein,  bereu  SBebeutfamfeit  jcbod)  nid)t  üerringert  Wirb,  wenn  fie 
fctjou  1199,  tote  üon  nnbever  Seite  gemeint  wirb,  an  ben  »ißapft  gerichtet  fein 
joflte.  3ene,  welche  bie  grofjc  SJtcljrljeit  ber  gteidjsftanbe  in  fid)  oerförperten, 
bezeugen  fjier  bie  töedjtmäfeigfeit  ber  Söaljl  ^tjitippö,  üerfidjern  bie  9icd)te  ber 
Strdj'c  achten  ju  wollen,  aber  warnen  aud)  ben  Sßapft,  mit  beutlidjem  Jpiublide 
auf  feine  Söefijjnaljme  bet  mütelitalifdjen  9teitf)Slänber,  feine  #anb  nad)  9ted)ten 
bes  9icid)es  auSjuftrecfen,  unb  fie  füubigen  eublid)  an  ,  bafj  fte  bemnädjft  mit 
aller  ^Jtadjt  nad)  9tom  jie^cn  »erben,  um  i()rem  ßrtod^tten  bie  Äaiferfrone  ju 
üerfcfjaffen.  2Benn  bie  Anhänger  s4>t)itipps  bann  aufeetbem  feüjr  cntfdjieben  fict^ 
ju  (fünften  9Jtarfmatb8  üon  IHnweiler  ausfpradjeu,  ber  burd)  Snnocena  aus  feinen 
üon  $einrtdj  VI.  ifjin  üerlietjenen  9cetd^@let)en  in  2JHttelitalien  Derbrängt  morben 
mar  unb  eben  bamale  beS  $j}apfte8  SBormunbfdjaft  über  ben  jungen  ftriebrid)  üon 
©icilien  mit  ben  Söaffcn  in  ber  £)anb  befämpfte,  fo  ift  es  ftar,  bafj  ^nnocen^, 
Wenn  er  aud)  nod)  uuparteiifd)  bem  bcutfdjen  Sljronftreite  gegeutibergeftanben 
Ijätte,  unmöglich)  auf  p)ilipp*  Seite  feine  :Ked)uung  finben  tonnte.  Seine  Slnt« 
Wort  auf  bie  ßrflärung  Don  ©pcier,  er  roiffe,  wem  bie  apcftolifdje  ©unft  3Uju= 
menben  fei  unb  er  »erbe  Don  fid)  aus  hm  rcdjtmäfjig  ermatten  Äönig  jur 
Äaiferfrönung  berufen,  mar  eine  un$»eibeuttg«  Ulbfage  an  Sjßljitipp  unb  beffen 
fjfreunbc,  unb  nod)  beutlidjet  ipvad)  er  in  ber  Beglaubigung  eines  im  Sommer 
1200  nad)  ®eutfd)tanb  entfenbeten  Soten  baüou ,  bafc  bie  2Bal)l  „be?  einen" 
ber  ftreitenben  Äönige,  nämlidj  ijiljUippS,  üon  bornljercin  ungültig  fei,  »eil  er 
buref)  Stnna^me  berfelben  an  gfriebridj  eibbrfld£)ig  gemorben  unb  ßberbieä  jur 
3eit  ber  2Bat)l  fid)  im  Sänne  befunben  Ijabe. 

Sfnnocem  fdfjetnt  mit  bevartigeu  Sleuferungen  einen  SDrud  auf  bat  burd) 
Äonrab  üon  SJtainj  angeregte  furfttidfje  Sd)iebSgcrid)t  bcabfidjtigt  311  fjaben,  üon 
beut  er  freilief)  nod)  nid)t  »iffen  tonnte,  bafj  es  überhaupt  nid)t  ,}u  ©tanbe  ge= 
fommen  mar.  Iroübcm  »ar  bie  unüerfennbare  Parteinahme  ber  oberften  f ivcr)= 
lidjeu  Autorität  für  ben  Söelfen  ein  entfd)iebener  9iad)tb,eil  für  s$t)i(ipp  unb  fie 
fiel  um  fo  fernerer  ins  (Memid)t,  aU  feine  Unternehmungen  im  3>al)re  1200  nid)t 
üon  6rfolg  begleitet  waren,  ©ein  mit  grofcen  gurüftungen  unternommener 
fommerlidjer  [Jfelbjug  gegen  33raunfdj»eig ,  weldjes  Dtto'ö  ©ruber  oertbjeibigte, 
fdjcitcrte  üollftänbig.  ©ann  ftarb  Äonrab  üon  SJtatnj  am  20.  Dctober  1200 
unb  ^b^ilipp  feüte  jroar  bind),  bafe  bott  üon  ber  s)Jüt)rl)eit  ber  Oäcit) (berechtigten 
ber  it)m  perfönlid)  jugettjane  ©ifd)o'r  üon  SDBorni8  ^.'upotb  üon  ©djeiufelb  er* 
mäf)tt  mürbe.  916er  bie  9Jtinberl)eit ,  meldje  fid)  üor  it)iu  nad)  Singen  aurüd= 
gebogen  f)atte,  lie^  fid)  nidjt  einfct)üd)teru :  fie  »atjtte  ben  Sompropft  ©igfrieb 
üon  Ctppenftein  unb,  faum  tjatte  ^§ilipp  biefen  Wegenben  ben  dürfen  gemanbt, 
fo  erfct)ien  ©tgfrib  mit  Otto*  Jpülfe  üor  SRainj,  bemächtigte  fief)  ber  ©tabt  unb 
gab  fo  bem  SBelfen  einen  mistigen  ©tüüpuntt  für  weitere  33orftöfee  gegen  ben 
ftaufifdfjen  ©üben.  5Die  dürften,  welche  üon  Otto  ]u  5)3t)itipp  übergegangen 
Waren,  fat)en  fid)  mit  ^irdjenftrafen  bebrot)t  unb  beS  leütereu  2lnb,aug  im  Dften 
litt  unter  bem  ©treite,  in  weldjeu  Dttofar  üon  Summen  mit  Xietiid)  üon 
2tteifjen  getanen  »ar,  baburd)  ba§  er  ?lbeta  üon  s3Jteifeen  oerftofeen  unb  fid) 
mit  Äonftan,\e  üon  Ungarn  üermät)lt  rjatte.  ^n  jeber  ©e^ieljung  alfo  t)atte 
^tjitippö  ©tettung  fid)  üerfd)(ecr)tert,  unb  im  legten  ©runbe  ^auptfä^Iidj  barum, 
Weil  bie  bureb,  Äonrab  üon  s)Jtainj  aufgebrachten  i>err)anbtungen  bie  red)tjcitige 
sXuenüt3ung  ber  frütjer  gewonnenen  Sßortr)eile  üertjinbert  Ratten. 

©iefe  ©ad)lage  ermutigte  ben  "ißapft  einen  ©d)ritt  weiter  31t  get)en.  Vlm 
5.  Sanuar  1201  geigte  er  ben  beutferjen    dürften  an,    ba|    er    3»ei   6arbina(= 


5ßf)Uipp,  röm.  Si.  747 

bifdjöfe  ©uibo  bon  ^raenefte  unb  Octabiau  bon  Dftia  mit  bcm  auftrage  nacb, 
2eutfd)(anb  fenben  roerbe,  bie  dürften  3U  bcfiimmen,  bafj  fie  itjre  Stimmen  auf 
einen  folgen  bereinigten,  roetdjem  bie  Äaiferfrönung  ju  Streit  werben  fönne,  ober 
fid)  ber  päpftticfjen  (hüfcfjeibung  unterroürfen.  23ebor  inbeffen  noct)  biefe  Negation 
in  SBtrffamfeit  trat,  beftimmten  Dcactjridjten  über  Dttoä  roeitere  ßrrotge  am  Dber= 
rrjcin  ben  tyap]t,  auf  bie  bod)  ferjr  jroeifelfjafte  Unterwerfung  ber  dürften  unter 
feinen  ScfjiebMpvud)  3U  berjicfyten  unb  am  1.  5)Mrj  einfach  bon  fid}  aus  ben 
SSetfen  aU  Äönig  anjuerfenuen,  ^fjüipp  aber  unb  feinen  2lnfjang  $u  bannen. 
@§  fann  nun  fjier  nicfjt  ausgeführt  werben ,  wie  ^nnocenj  nad)  biefem  6nt= 
fdjluffe  aüc  |)ebel  in  unb  aufserfjaib  jDeutfdjlanbi  anfe^te ,  feinem  Sdjüfclinge 
3um  Siege  p  berrjelfeu,  ber  obenbrcin  am  8.  ^uni  bie  bom  Zapfte  in  Italien 
gefdjaffene  Drbnung  tücEtjattetoe  anerfannte  unb  auch  burd)  anbere  3ugeftänb= 
niffe  fiel)  banfbar  erwies.  $tm  3.  ^uti  berlünbete  ber  Öegat  ©uibo  —  Dctabian 
fanb  in  frranfreidj  Scfdjäftigung  —  3U  Äöln  bie  päpftlicrje  Gntfcbeibung  unb 
offen  unb  insgeheim  wurbe  nun  baran  gearbeitet,  ihr  Sichtung  ju  beschaffen, 
bor  Sltlem  bei  ben  beutfd)en  53ifchöTen ,  welche  in  ihrer  großen  9Jechrf)eit  bis» 
baejin  3U  Philipp  gehalten  Ratten.  £)er  grcfje  Oreicrjetag  ju  Bamberg ,  melden 
^hitipp  im  September  abhielt,  bie  gfänjenbe  Sdjaar  linfsrljeinifdjcr  unb  bur= 
gunbifcher  6ro£en,  weiche  fidj  bei  ihm  ju  -£>agenau  im  SLeccmber  berfammelte, 
unb  ber  £ag  ju  ^aEe  im  Januar  1202,  auf  welchem  ein  Sßroteft  gegen  baö 
Verfahren  be§  Segatcu  bercinbart  unb  eine  3lborbnung  an  ^mocena  befdjtoffen 
rourbe,  —  2?erfamm(ungen,  auf  Wetdjen  gerabe  bie  geifttichen  dürften  jahtreid) 
beitreten  waren  —  föunten  ben  ©tauben  erweden ,  bafj  fie  nid)t  baran  badjten, 
itjre  bisherige  «paltung  aufzugeben.  Stber  mir  miffen  aus  ber  Gorrciponbenj  bee 
*papftcs,  ba%  biete  bon  itjiten  fdjon  im  (Scheunen  mit  ber  (Gegenpartei  in  S3c= 
jietjung  getreten  roaren  unb  nur  auf  eine  Grftarfung  ber  9Jcadjt  Dtto's  roarteten, 
um  ju  bemfetben  überzugeben.  %ud)  jetjt  wieber  toar  bie  gröfjere  ürühngreit  auf 
Seiten  Dtto'3  unb  man  mufj  itjm  baS  3eugnifj  geben,  ba%  er  es  berftanb ,  aus 
ber  gtütftidjen  Söenbung,  roelcrje  bas  (Eintreten  ber  oberften  fachlichen  9Iutorität 
für  fein  jtöniglhum  bebeutetc,  9lu%en  ju  aier)cn.  9Jcit  #iifc  berfetben  jcffelte  er 
ben  fchen  unfidjer  geworbenen  9corbmeften  roieber  an  fiefj,  machte  ben  jdjroer  3U 
befriebigenben  (Srzbifchof  bon  ßöln  burch  ein  23ünbnifs  mit  ber  mädjtigen  33ürger= 
fc^ait  biefer  Stabt  unfdjäbtid),  gewann  bie  Unterftü^uug  ber  Dänen,  roeldje  mit 
33enu^uug  bee  Srjronftrcitä  bi§  3U  Gnbe  1201  ^»otftein  erobert  tjatten ,  gegen 
flippe  2tnrjänger  im  Sorben,  bon  benen  bie  roid)tigften,  roie  ber  ßrjbifdjoi  oon 
SSrcmen  nod)  im  Saufe  bt:z  %at)xe&  1202  jur  Unterroerrung  gebraut  rourben, 
unb  tjatte  enbtictj  bie  ©euugtrjuung,  ba^  fein  Cfjcim  ^o^ann  bon  ßnglanb,  oon 
bem  er  bieljer  gänätid)  bemact)täffigt  roorben  roar,  jetjt  ba  er  roieber  mit  5™^= 
reid;  ^rieg  3U  führen  Ib.atte,  bie  S^erbinbung  mit  itjm  fud)te,  ein  <5d)u^  unb 
SrupüubniB  abj^toB  unb  itjm  einiger  9Jiaf5eu  mit  Ö5e(b  311  ^ütie  fam.  s4>t)ilipp 
aber "tjat,  roäfjrenb  Dtto  t)aitbelte,  in  auf'allenber  Untrjätigteit  berb,arrt  unb  erft 
bann  fid)  aufgerafft,  als  es  taft  fdjon  ju  fpät  roar,  al«  eine  ^erfdjroörung  bei 
S3ifd)of©  ^enrab  bon  aBür^burg,  be§  Sanbgraten  .^ermann  bon  it)üringcn  unb 
bee  5Böt)tnenfönig§  ifjn  au§  slHittetbeutfdb,Ianb  ju  berbrängen  brorjte. 

£)tto!ar  bon  SBö^men  beburfte  roegeu  feines  6tjeb,anbetg  ber  Geneigtheit  beä 
s43apfte5,  roetdjc  nur  burc^  Slnfdjtufj  an  ben  Scrjü|ling  beefetbeu  ju  gewinnen 
roar.  ^ermann  bon  £fjüringen  mochte  fid)  für  feinen  9lbratt  bon  Dtto  uidjt 
genügenb  betotmt  unb  größere  Sorttjeilc  burd)  ben  Hücftritt  ju  Dtto  cinju= 
Ijetmfen  gtauben.  ßonrab  ben  SSürjburg  aber,  flippe  ^aujter,  fd)eint  fc^on 
1201,  al§  Snnocenj  if)tn  bie  Slnna^me  bc§  früher  abgefprodjeneu  2Bürjburger 
33iötrjum§  gemattete,  fid)  bem  ^apfte  berfaurt  311  b.aben,  unb  wenn  er  tro^bem 
bi§  in  ben  September  1202  bin  ein  fidj  im  Vertrauen  $t)itipp§  ertjiett,  fo  jeugt 


748  WlipP,  töm.  $• 

bog  nur  öon  ber  ©efd)id(id)feit,  mit  roeldjer  bie  melfifd)=päpfttid)e  Agitation  bn§ 
ftaufifdjc  $önigtt)um  untergrub.  @rft  $onrab8  3ufammenfünfte  mit  bem  Banb« 
grafen,  ber  fdjon  burd)  33efel)bung  beS  öon  s^f)tlipb  anerfannten  ©i^bifcfjofS 
£upolb  feine  maljre  öefinnung  toervietr),  öffneten  bem  Könige  bie  9lugen:  im  Dco= 
öember  fammelte  er  baä  Jdjtüäbijdjc  Aufgebot  gegen  aBür^burg.  9118  er  bort 
anlangte,  mar  $onrab  aber  fdjon  bind)  Tienftmannen  auä  bem  |>aufc  9taöen§-- 
burg  ermorbet.  @ä  ift  begreiflidj,  bafe  biefer  bem  ^ntereffe  beä  $önig§  f)öd)ft 
gelegen  fotnmenbe  SobeSfall  t)ier  unb  ba  ben  33erbad)t  ermedt  t)at,  bafi  ^tjitipp 
bemfelben  nid)t  fem  geftanben  t)aben  mag,  unb  ber  Umftanb ,  bafc  öon  feiner 
(Seite  feine  SBerfotgung  ber  ^Dlörbrr  ftatt  tjatte,  mar  nur  3U  fern-  geeignet,  fotdjen 
SJerbadit  5U  nfttjten,  ber  jebod)  öor  ber  Ütjatfadje  meidjen  mufj,  bafc  fetbft  3nnocen3, 
meldjer  aÜeS  batan  jejjte  ben  politifdjen  ©egner  ju  üernidjten ,  öon  biefem  53er= 
backte  feinen  ©cbraud)  madjte.  9ln  $onrab§  ©teile  trat  in  SMrjbiug  ein  ber 
©ad)c  ^Ujitipp*  ergebener  sJJiann. 

Ter  ©d)tag  gegen  Illingen  unb  33ör)men  mufjte  auf  ba§  nädjfte  3at)r 
öerfcfjoben  roerben.  3m  3l>ni  1203  brad)  s£t)itipp  in  ütjüringen  ein  unb  bcr= 
müftete  ba3  ßanb  fo,  baf?  ber  ßanbgraf  einen  ©tiüftanb  erbat.  5pt)ilipp  be* 
willigte  i£)n,  aber  nun  tarnen  \>ermann$  SUerbünbete  rjerbei,  ^pfal^graf  .frcinrid) 
öon  sPraunfdjtücig  unb  Ottofar  öon  33ö()iueu  mit  einem  gemaltigen  #eere,  ju 
mcldjem  auf  antrieb  bc§  s4>apfte6  aud)  Ungarn  einen  ©djroarm  ber  milben  ^0= 
lowjcn,  Qcfrjjirft  l)atte.  Ta  bcrmodjte  s^f)itipp  öor  ber  Uebcrmadjt  ba§  gelb 
nidjt  merjr  3U  behaupten:  er  30g  fid)  erft  nad)  (hiurt,  bann  nad)  ÜJIeifjen  jurüd 
unb  fonnte  e§  nidjt  rjinbern,  bafj  Otto ,  ber  nun  fetbft  nad)  2t)üringcn  fam, 
9Jcerfeburg  eroberte,  mit  ©Ulfe  ber  Sööfjmen  bie  fübtidjen  Ifjeilc  beö  Gn'3bi§tl)um§ 
9ttagbeburg ,  fpäter  aud)  ba*  .palbeiftäbtifdjc  öcimüftete.  ßrfl  at§  Otto  nadj 
23raunfd)meig  unb  bie  S3öl)tneu,  öon  benen  ba8  befrennbete  Kjüringcn  nod)  metjr 
ju  leiben  gehabt  l)atte  als  öon  ben  ©taufifdjen ,  nad)  .fraufe  gebogen  mar, 
fonnte  ^rjilipp  fid)  ben  föüdrceg  burd)  Stjüringen  bar)uen.  Ter  5c^3ug  war 
für  ttjn  gäi^tid)  üerloren,  bie  9.*erbinbung  mit  feineu  ^nl)ängern  im  9corboften 
burd)bvod)en. 

s4>t)itipp  fdjeint  übrigens  fdjon  flu  ber  $t\t ,  als  bie  Untreue  be§  2öür3= 
burger  $ifd)of3  fid)  enthüllte,  ju  ber  Ueber^eugung  gefommen  p  fein ,  bafj  er 
fid)  gegen  ben  SDßiöen  be£  ^apfteä  uid)t  mevbe  fjalten  fönnen.  Turd)  einen 
Wand)  öon  ©alem  tief*  er  bie  elften  Eröffnungen  an  ^nnocenj  gelangen,  ber 
feinetfeitS  bann  ben  s^rior  ber  Gamatbutenfer  Dflatttn  öerantaftte,  fd)einbar  au8 
eigenem  eintriebe  ju  i^ilipp  ,Vi  getjen.  S)a§  ©rgebni^  ber  fo  angefnüpften  93er« 
l)anblungen  mar  (etma  im  sDcai  1203)  eine  Urfunbc,  in  metd)er  viU)i(ipp  fict) 
allerbing§  ^u  bebeutenben  ^ngeftiinbniffen  an  ben  s|'apft  tjerbeilie^.  (5r  öers 
•  fprad)  ©enugttjuung  für  bie  au§  ber  $tii  feiner  53ermattung  2u*cien§  tjer* 
rü()renben  33efdjroerben,  einen  flreujjuß,  lUitmiifiing  jux  Untermerfung  ber  grie= 
d)ifd)en  j?ird)e ,  falls  ©ott  if)m  ober  feinem  ©djruager  ^ttciioö  basf  grieri)ifci)e 
^aiferttjum  öerleitje,  preisgäbe  be§  ©polienred)t^,  ö5Ilige  g-reitjeit  ber  fircl)= 
lid)en  SBatjlen,  @infd)iänfung  ber  iHofteröögte  unb  ein  Sieidjsgefetj,  ba^  ber  ©e= 
bannte  aud)  ber  meltlidjen  %ä)t  öerfaüe.  9lUee  Tinge,  bie  un^meifelfjaft  ben 
Beifall  be§  ^apfte§  Ratten,  aber  ba  fie  311111  SErjett  aud)  fonfi  fid)  erreichen 
liefen,  3um  Strjeil  anä)  fd)on  öon  Otto  3ugeftanben  maren,  boci)  nid)t  im  ©taube 
maren,  ben  5papft  für  5t>l)ilipp  31t  geminnen  unb  um  fo  meniger,  ba  biefer  mit 
feinem  SBorte  au|  eine  ?lnerfennuug  be»  öon  ^nnocen3  gefdjaffenen  ^ird£)en= 
ftaateS  anfpielte,  ber  bod)  öon  Otto  fdjou  anevfannt  mar.  il^ot  ^t)ilipp  au|er= 
bem  bie  |>anb  einer  feiner  ütödjter  für  einen  Steffen  beg  ^apfte§,  fo  ^attc  aud) 
ein  fol(J)e§  Angebot  menig  33erlortenbe§,  al§  naei)  bem  ^ci^Hngen  be§  tt)ürtn= 
gifd)en  f^^tb^ugeö    fein  Dciebergang   entfd)ieben   3U  fein   fd)ien.     Tiefe  Sßerljanb* 


-ptjiiipp,  röm.  tf.  749 

(ungen,  für  metd)e  3nnocen3  nactjhägtict)  ben  Vermittler  berantmorttict)  mactjte, 
maren  am  gnbe  boctj  nur  ein  3?emei3,  bafc  ^tjilipp  fetbft  fein  tcrfjteä  Vertrauen 
met)r  auf  ben  (Sieg  feiner  Sact)e  t)atte,  unb  menu  er  nidjt,  mie  Ratten  feine  2Xn= 
tjänger  ein  foldjeg  fjaben  fotten?  Sie  311  ifjm  fjattenbcn  33ifd)ö?e  mürben  aÜ= 
mätjlid)  mürbe.  S>urd)  päpftticfje  Agenten  bearbeitet,  in  ^roceffe  bei  ber  (Surie 
bermidett,  beren  (Sntfctjeibung  fiel)  gan^  nad)  itjrem  Politiken  S5ert)atten  rict)= 
tete,  in  itjrem  ©eroiffen  burdj  ben  33ann  bebrücft,  fjaben  fie  fict)  immer  metjr  311 
bem  ©etöbnifj  berftanben,  bem  tpapfte  auet)  in  ber  Steidjlangetegentjeit  gef)or= 
famen  ju  motten.  (B  ift  roafjr,  bie  meiften  berfetben  fjaben  e§  aud)  mit  biefem 
©ttöbniffe  nidjt  a!d]uernft  genommen  unb  itjre  Stjtnpatfjien  blieben  naefj  roie 
bor  ^fjitipp  jugefetjrt ;  ober  fie  ju  betätigen  mürbe  boppett  gejäfjrlicf) ,  als  ba3 
ihiegägtücf  bem  Könige  itjrer  SBafjt  ben  9tüden  toanbte  unb  bie  ^ufunft  bem 
Könige  bon  bc§  ^abfteä  ©naben  ju  gefjören  fcEjien.  Otto  berichtete  am  Gnbe 
be§  3far)rc§  1203  bem  ^ßapfte,  bafj  im  näcrjften  Sfatjre  ein  gelbpg  nactj  Sdjroaben 
ber  Sadje  be§  StauferS  ben  £obeeftofj  berfetjen  merbe;  er  berfpradj  fdjon  feinem 
Dfjeime,  ifjm  gegen  ^ranfreief)  3U  ipülfe  ju  ^ietjen.  (£1  mar  auf  feiner  Jpötje 
angelangt:  bon  tjier  ging  e§  rcifjenb  abmatte. 

^Jlodjte  *)3tjilipp§  21nt)ang  aud)  in§  Sdjmanfen  gerattjen  fein,  er  berfügie 
bod)  bermöge  feines  §aulgute§  über  bebeutenbe  9Jcacfjtmittet,  roätrrenb  ber  2Belfe 
ofjne  bie  Unterftütjung  feiner  21ntjänger  fo  gut  mie  9lid)tS  mar.  ©ein  trüber 
toar  ber  erfte,  ber  ifjn  bertiefj,  ofjne  3b3eifel  ^unädjft,  um  burdj  ben  Uebertrttt 
3U  s$fjitipp  bie  rtjeinifdje  ^Tat^graTfdjaft  ^urüd^uerljatten,  für  beren  SSerluft  rootjl 
eine  Qmtfdjäbigung  au§  bem  melfifdjen  (Srbgute  mögtidj  gemefen  märe,  aber  bon 
Otto  berroeigtrt  morben  mar.  2er  ^faljgraf  natjm  bann  fogleid)  an  5ßfji(ipp£ 
^weitem  ^elbjuge  gegen  Jtjüringcn  (^uti  1204)  Jtjeil,  bei  metdjem  ber  2anb= 
graf  gfeictj3eitig  bon  allen  Seiten  angegriffen  mürbe  unb  fiel)  in  Söeifjenfee  ein= 
fdjtiefjen  mufjte,  bis  bie  börjmifd)e  -gmlfe  cjeranfommen  fonnte.  J?önig  Dttofar 
tiefj  allerbingS  aud)  bieSmat  nicrjt  auf  fxdj  märten,  roagte  aber,  meit  er  bie 
tlebcrlegenfjeit  bcS  "Jteidjsrjeeres  erfanute,  feine  Sdjladjt,  fonbern  30g  bafb  mieber 
nad)  33öfjinen  jurütf.  Sa  blieb  bem  Sanbgrafen  nidjt§  übrig,  a(§  *TJfjiüpp§ 
©nabe  anzurufen  (17.  September):  er  fonnte  fror)  fein,  bafj  er  mit  bem  Sßerluft 
be§  für  feine  erfte  Untermerfung  überlaffenen  9fteid)sgutcs  babon  fam,  unb  feinem 
$8eifpiete  folgte  nun  auet)  ber  Vöfjmenfömg.  tiefer  mufjte  fict)  3U  einer  bebeu* 
tenben  3a^unS  art  ^en  Äönig  unb  jur  9tufnat)me  ber  berftofjenen  3tbela  ber= 
ftetjen,  ot)ne  roeld)e  ^mifdjeu  it)m  unb   ben  SBettinern   fein  ^rieben    fein  fonnte. 

2öät)renb  5]3tjilipp  fo  feine  Stellung  in  sIRittelbeutfct)lanb  befeftigte,  bereitete 
fict)  audj  im  eigenften  5Bereict)e  Gtto'S,  im  ftorbmeften,  ein  Umfdjmung  '}u  feinen 
©unfien  bor.  ®urct)  ben  tjottänbifctjen  Srbfolgeftreit  ging  bie  bon  bem  päpft* 
lietjen  Legaten  mütjfam  ,]ufammengefittete  Einigung  ber  nieberlänbifd)en  ©ro^en 
auf  ba§  melfifctje  Äönigtfjum  in  bie  33rüd)e.  Slbolf  bon  ^ötn,  bem  Otto  feine 
@rt)cbung  berbanfte,  fat)  fict)  bon  it)m  jur  Seite  gefefjoben,  unb  ber  «iperiog 
.£htnrid)  bon  Trabant,  mit  beffen  £od)ter  Ctto  ficij  öerlobt  tjatte,  mufjte 
einen  Angriff  be%  mit  ^tjilipp  befreunbeten  granfreid)  befürchten,  gegen 
tt>e(d)en  meber  bie  eben-  in  biefer  3e^  bottftänbig  bpfiegten  ©nglänber  nod) 
Otto  itjn  3U  fdjütjen  bcrmodjten.  Siefe  beiben  dürften  maren  fetjon  im 
Sommer,  mätjrenb  ^tjilipp  nod)  in  Stjüringen  ju  ttjun  fjatte,  jum  lieber^ 
tritte  entfctjloffen  unb  fie  bottjogen  it)n,  allen  Söarnungen  unb  S)rol)ungen  be§ 
$apfte§  3um  ^rofe,  am  12.  s^obember  ju  Äoblenj,  inbem  fie  bem  Staufer  2reue 
fcf)muren  unb  fiel)  bon  it)m  beletjnen  tiefjen.  5iun  fonnte  ^tjilipp,  beffen  ßtö= 
nung  unter  SInberm  audj  barum  bon  ^nnocenj  bemäfelt  morben  mar,  meit  fie 
nietjt  an  recfjter  Stelle  unb  bon  bem  rectjten  ©ribifdjofe  boßjogen  fei,  bie§  mett= 
madjen.     2ltn   6.   Januar  1205   mürbe   er   unb   feine  ©ematjlin   ^Jiaria  buret) 


750  WtiW,  töm.  8. 

IHbotf  im  9ladjcner  2)ome  gehont.  93on  bei  an  t)ät  Otto  fein  Sdjitffat  nicf)t 
merjr  ,\u  meuben  üermodjt,  obtuotjt  bie  Unterftühung  beö  ^ßapfteä  ifjm  nod)  \ux 
Seite  blieb  uiib  in  ßöln  eine  sJteumar)l  belohf te ,  burd)  weld)e  an  ©teile  be8 
für  feinen  Wbfatt  abgefegten  "Jlbolf  am  25.  ^uti  ber  bisherige  Sßropft  bon 
5Bonn,  93runo  bon  Sain,  an  bie  Spitje  be3  6rjbi8t§um3  trat,  ^nbefjen  2Ibolf 
und)  nidjt  unb  bie  lötnifdje  8anbfct)aft  fjiett  unter  betn  (Sinfluffe  feiner  mächtigen 
Familie,  ber  ©rafen  öon  SBerg,  im  allgemeinen  \u  tljm,  fo  baß"  93runo  f)auptfäd)= 
lid)  auf  bie  burd)  bie  papftlidje  Agitation  gan,}  fanatifirte  SBftrgerfdjaft  bon 
ftöln  befdjränft  blieb  unb  bie  Stellung  be§  SCßelfeu  burd)  feine  (Jinfehung  feine?» 
rueg§  üerbeffett  würbe.  Sludj  für  it)u  Ijing  alle«  baöon  ab,  tüte  lange  $ötu  Ujm 
treu  fein  toerbe.  (Sin  größerer  gfelbjug  4>t)ilippö  gegen  biefe  Stabt  im  September 
1205,  bie  fünftägige  üBerennung  berfelben,  bie  fernere  Sßerwunbung  OttoS  bei 
einem  ausfalle  bermod)ten  allerbiug«  bie  SEteue  ber  Bürger  nod)  nid)t  JU  et« 
fd)ütteru;  aber  ba  bie  nähere  Umgebung  grenzenlos  bertjeert  mar,  bie  Burgen 
im  Umf reife  in  ber  ,£)anb  ber  ©taufifdjen  maren  unb  bie  ^ufutjr  beu  3tf)ein 
aufwärts  f e t)v  erfdjmert  mürbe,  als  $()ilipp  aud)  Oieufj  befeljte,  mar  ber  Anfang 
öom  @nbe  unftreitig  gefommeu  unb  eä  madjt  bei  Muebauer  bev  Finger  afte 
frfjre,  baß  fie  trotjbein  ba3  Günbe  t)inau*ynögern  mußten.  Sie  befanben  fidj  in 
äljnltdjer  ßage  tote  im  Dfien  baS  |"tanfifd)c  ®08lar,  weldjeS  Don  melfifdjen  23ur= 
gen  umfd)loffen,  atlmatjltdj  fjerunterfam  unb  enbtid)  bon  Dttofi  Irudjfefj  ©un= 
jjelin  üou  SBolfenbüttel  am  8.  Jfuni  1206  erfittrmt  marb. 

S)a§  mar  ber  tet.Ue  Stfolg,  wetdjen  Dtto  im  Sürgerfttege  gegen  lUjitipp  \u 
Uerjeid)ucu  l)atte.  3C(8  s^f)tlipp  im  Sommer  1206  mieberum  am  ÜRieberrtjein  er» 
fdjien,  mürbe  Otto  am  27.  3uli  bei  üiBaffeubcrg  an  ber  9toer  öottftäubig  ge= 
fdjlagen.  93runo  mürbe  gefangen,  Otto  felbft  entfam  fd)mer  bertounbet  nad) 
Äötn.  ©in  iU-rfiid)  ^(jilippö,  in  einer  peiföuUdjen  3ufammenfunft  mit  bem 
nal)  bertoanbten  (Gegner,  biejen  initi  iRüifttitte  \\i  beftimmen,  führte  ju  'Jtid)t§, 
"Da  fo  lauge  Äöln  fidj  t)ielt,  aud)  er  fid)  galten  unb  auf  irgeub  eine  günftige 
SBenbung  feinet  ©efcfjicfs  öom  Zapfte,  öon  Snglanb,  Don  ©ftnemarl  f)er  ober 
fonft  irgenbmofjer  märten  tonnte.  Aber  balb  jetgte  e§  fid),  bafj  $öln  felbft  ber 
Wadjt  ber  £fjatfad)en  fid)  fügen  mußte.  Sm  11.  Woüember  fd)(oß"  e3  mit 
^t)itipp  einen  Vertrag  über  feine  Uebergabc  unb  bie  SBebentung  biefe«  SöertragS 
mirb  baburd)  nidjt  abgefdjroädjt ,  baß"  bie  Bürger  fid)  bie  Serfdjie&ung  ber 
.jjpulbigung  bis  jum  9Rara  au8bebingten,  wafjrfdjeintidj  med  fie  barauf  regneten, 
baß"  aud)  3fnnoceni  fid)  iuiroifdjen  öon  ber  Uninög(id)feit  meitereu  3Btbetftanb8 
gegen  baä  ftauftfdje  ßönigttjum  überzeugen  unb  bie  bem  äöetfen  geleifteten  ßibe 
löfen  werbe.  vJl^  baö  nid)t  gefdjaf),  t)aben  fie  fid)  aud)  um  ben  ^ßapft  nid)t 
meiter  gefümmert  unb,  nacrjbem  Otto  nad)  bem  SBraunfctjtoeigifdjen  entwichen 
War,  ^f)itipp  gel)ulbigt  unb  it)u  bei  feinem  einfüge  am  21.  ^Iprit  1207  mit 
aßen  erbenflidjen  ©qren  begrübt.  sDtit  ber  einnähme  biefer  Stabt,  in  Weld)tr 
ba8  wetfifdje  @cgenfönigtt;um  geboren  warben,  war  ber  SSürgerfrieg  Ü)atfäd)lid) 
beenbet;  Otto  auf  einen  2l)eil  ber  welfifd)en  Qrblanbe  befd)rdnft,  fonnte  wo()t 
!aum  nod)  lange  fein  sJted)t  auf  bie  Äronc  Dertyeibigen ,  obgteid)  nun  äöalbe= 
mar  IL  bon  ©änemarf,  gefränft  über  bie  burd)  ^t)i(ipp  im  Stprit  bott^ogene 
aufnähme  ber  beutfd)en  Kolonie  an  ber  2)üna  iu8  fteid),  einige  Gruppen  nad) 
93raunfd)meig  fd)idte  unb  ^o()ann  öon  (Snglanb  in  letzter  Stunbe,  als  fein  9teffe 
felbft  in  if)m  ^erüberfam,  fid)  ju  weiteren  .^ülfSgetbern  an  ifjn  entfd)loB.  ?iucr) 
3fnnocenj  gab  beu  Söetfen  |ebt  berloreu. 

^nnocenj  fjat  fid)  begreiflicher  SCßeife  nid)t  Ieicfjt  in  bie  feit  bem  3faf)re  1204 
ganj  beränberte  ©adjlage  fyneingefunben,  bereu  9f{ücfwirfung  auf  Italien  fo  ganj 
feinen  2Bünfd)en  entgegen  fein  mußte.  Jpatte  bod)  ^l)ilipp  felbft  in  ber  3eit 
feiner  größten  SSebrängniß  bei  ben  im  Sommer  1203  geführten  Ser^anbtungen 


IJJfjUipp,  röm.  fi.  751 

burdjaui  feine  «Seneigtfjeit  gezeigt,  auf  bie  9fted)te  be§  Sdeti^ö  an  ben  bom  ^apfie 
annecttvten  ^ßrooinjen  Qlncona ,  ©poleto  unb  anbeven  ]u  beraten,  bielmcljr 
gleicfj  nad)  bem  SIbbrucrje  jener  Serfjanblungen  ben  Sifcrjoj  ßupotb  bon  SBormi 
nadj  Italien  gefanbt,  um  btefe  ftecrjte  na^bvücftirfjft  jur  ©ettung  311  bringen. 
35tfdE)0T  £upofb,  beffen  SBafjt  jum  3ftatn£er  (jsrjbifcrjofe  ücu  ^nnocenj  oerworten, 
beffen  Scharren  am  biefer  2Batj(  mit  Sann  unb  Sfbfetjung  geftraft  worben  mar, 
ofjne  bafj  er  ficfj  barum  flimmerte,  fjat  offenbar  fowofjl  mit  jiemficrjem  Serjagen 
ali  auctj  mit  (Srfotg  an  ber  (Sirfcrjütterung  unb  Sefeitigung  ber  päpftfidjen  Jperr* 
fdjaft  im  ßirdjenftaate  gearbeitet.  Sie  Ueberfegentjeit  ^fjiüppi  macfjte  ficrj  aljo 
im  £aufe  ber  $atjre  1204  unb  1205,  Weldje  feinen  Sieg  für  xeutfcfjfanb  ent= 
Rieben,  aucrj  in  Italien  füfjlbar  unb  er  burfte  mit  Jfiecrjt  erwarten,  baß  etwaige 
antrage  bon  feiner  «Seite  jetjt  nidjt  mefjr  bon  ^nnccenj  fur^er  |)anb  (yarüdge= 
miefen  werben  würben,  bejonberi  ba  er  mit  ber  3urücf 6erumng  Supolbi ,  ber 
gerabe^u  berfetjenb  gegen  jenen  aufgetreten  War,  beutüd)  befunbete ,  bafj  ei  itjm 
ernfitictj  um  Rieben  <ju  trjun  war.  So  fam  es  ^wifcfjen  ifjnen  im  Sommer  1206 
p  neuen  Serfjanbfungen ,  ju  wetdjen  ^nnocenj  ben  ^atriardjen  SEßotfger  bon 
Slquileja  unb  wieber  ben  G'amatbutenfer  Martin  benutze ,  unb  in  ftolge  beren 
bann  Sfjilipp  ein  auitüfjrficrjei  Schreiben  an  ben  ^apft  richtete,  mit  einer  Wafjr= 
fjeitigemäfjen  2)arftetfung  feiner  2öafji  unb  bei  bisherigen  Serlaufi  bei  2fjron= 
ftreits  unb  mit  beftimmten  2Inerbietungen,  Wetdje  als  Safte  einer  weiteren  5In= 
näfjerung  bienen  foHten.  ^nnocenj  narjm  nun  aöerbings  bei  Königs  Ser= 
ficrjerungen  feiner  ©rgebenfjeit  wohlgefällig  auf,  aber  beffen  3Inerbietungen  fdjienen 
itjm  bodj  nidjt  auireidjenD  unb  bie  Sreiigebung  Dtto's  nidjt  aurroiegenb;  er 
fjoffte  audj  wofjl  nodj  auf  irgenb  einen  Umfdjmung  }u  (fünften  bei  festeren  unb 
lief;  beifjalb  bem  Staufer  borfdjlagen,  er  möge  mit  Dtto  auf  ein  Safjr  Stittftanb 
fdjliefjen,  wäfjrenb  beffen  er,  ber  $apft  Gelegenheit  finben  werbe,  bem  3teidje  in 
fjeilfamer  Söeife  ^rieben  ju  fcfjaffen.     6r  wollte  offenbar  $tit  gewinnen. 

9lber  bie  Sdjtadjt  bei  SBaffenberg,  Dtto'i  gffudjt  a"3  ^°*n  un0  oet  Ueber= 
tritt  biefer  öodjburg  bei  welftfdjen  .ßönigtfjumi  ju  ^Ijilipp  beWiefen,  bafj  mit 
Dtto  nidjt  mefjr  ju  redjnen  war  unb  baß  es  nur  nodj  barauf  anfommen  tonnte, 
bie  nun  bodj  unpermeibticfj  gemorbene  Slusetnanberfetmng  mit  sl>rjitipp  mögtidjft 
bortfjcilfjaft  Tür  bie  ßurie  ju  geftalten.  Sine  foldje  ju  finben,  warb  bie  ?iuf-- 
gabe  ber  beiben  Legaten,  bei  Sifdjori  Jpugo  üon  Dßia  (bei  fpätecen  ^apftei 
©regor  IX.)  unb  bei  (£arbina(piesbQteri  ßeo  pon  ©.  6roce ,  weti^e  im  Sluguft 
1207  auf  einer  großen  3teid)iuerfammtung  in  SBormi  ^^Uipp  junäcfjft  üom 
SSanne  (öften.  2Iut  itjr  Serfangen,  ben  gegen  Sraanfcfjweig  üorbereiteten  gelb= 
jug  aui.jufe^en,  fonnte  biefer  um  fo  feicfjter  eingefjen,  ati  bie  Legaten  if)rerfeiti 
ei  übernahmen,  Dtto  jur  2tufgabe  feiner  i?rone  p  bewegen  SiaQ  öermocfjten 
fie  nun  alferbingi  nicrjt  unb  ebenfowenig  fjaben  bie  überaui  günftigen  Angebote 
SßfjiUpps,  ber  im  September  jwei  v]jtal  Port  Gueblinburg  aus  mit  Dtto  ju= 
fammentraf,  beffen  Starrfinn  erjdjüttert.  2Benn  tro^bem  ^fjifipp  auf  einen 
Stiüftanb  bii  311m  ^ofjanniitage  bei  näcfjften  %af)xtä  einging,  wäfjrenb  er  bodj 
unäWeifetfjaft  bie  ^acfjt  befafj,  bie  ©adfje  ju  Snbe  ju  füfjren,  fo  War  biefei  <3in= 
gefjen  auf  bie  SBünfcfje  bei  spapfteS  Wofjt  geeignet,  biefen  in  ber  Hoffnung  ju 
beftärfen,  bafj  ifjm  fcfjlieBticfj  fogar  bai  bon  jefjer  angeftrebte  Scfjiebiricfjteramt 
im  Srjronfireite  jugeftanben  werben  würbe.  3n  ber  Jrjat,  bai  innerfjalb  ber 
ftaufifctjen  Partei  borfjanbene  griebenibebürfnil ,  bie  ©efmfucfjt  nacfj  friebficfjer 
Seenbigung  be^  Srjronftreitei ,  wetcfje  bei  Dtto'i  (Sigenfinn  nur  mittefi  bei 
5|3apftei  erreicht  Werben  ju  fönnen  fcfjien,  füfjrten  baya,  bafe  auf  bem  Üreicfjstage 
3U  5fugiburg  (30.  Olob.j  bai  päpftticfje  Scfjiebigencfjt  angenommen  würbe,  bem 
jpäter  bann  aucfj  Dtto  pftimmte.  Unb  aucfj  in  anberenSe^iefjungen  gab  ^fjilipp 
nacfj.     6r  entließ  ben  bei  Söaffenberg  gefangenen  Sruno  bon  $ötn  aui  ber  §aft, 


752  s^)ilipp,  xbra.  Ä. 

Wogegen  bann  2lbolf  oon  Äötn  buvd)  bie  ßegaten  Dom  Q3anne  befreit  würbe; 
er  miberrief  bie  33eter)nung  SupolbS  mit  ben  2Jtainjet  Regalien  utib  üeranlafjte 
benfelben,  auf  ade  aus  feiner  sDcain(\er  ^arjl  [tanuuenben  9ted)te  ju  Perjidjten, 
um  burd)  folct)e  (Sefügigfeit  fidj  oictteicfjt  nod)  [ein  alteS,  itjm  Dom  ^apfte  ab= 
gefprodjenes  s43ietf)um  QBoimS  ^u  retten.  3)arnad)  war  nid^t  meb,r  jtoeifet^oft, 
baft  bie  (Sutjdjeibung  beS  Streites  um  Warn]  nnb  ,f?öln  auf  bie  förmlidje  9lner= 
fennung  bort  SigfribS  üon  Sppenftein  unb  tjier  53runoS  Pon  Sain  tjinauslaufen 
werbe,  unb  baS  s-8etnür)en  beS  Königs  fonnte  nur  uodj  barauf  gerietet  [ein,  für 
bie  um  feinetmitten  aus  jenen  (gribisttjüniern  ju  ßntferneuben  möglidjft  günftige 
^ebingungen  beim  Zapfte  ,\u  ermiifen,  ber  [idj  benn  anefj  barin  nietjt  fdjwierig 
geigte. 

SBerrjanblungen  jU  sJtom,  weldje  ettoa  feit  beut  Sftdrj  1208  QBolfger  üon 
?Iquiteja  an  ber  Spitje  einer  fönigtiefjen  Öefaubtfdjaft  unmittel6ot  mit  bem 
^apfte  führte,  öottenbeten  baS  griebenäwcrf.  C6  es  nod)  \u  einem  förmlichen 
Sd)iebsfprud)e  bei  letzteren  gefommeu  ift,  miffeu  ruir  nicfjt ;  a&er  inbem  3nnocenj 
Derfprad),  wenn  "^Ijilipp  uad)  Italien  fomme,  werbe  er  itjm  bie  .ftaiferfrönung 
nietjt  üerfagen,  erfannte  er  it)u  als  ben  redjtmäfjigen  $önig  2)eutfd)lanbS  an. 
Stanb  ^tjilipp  ferner,  wie  eS  fd)eint,  üon  feineu  früheren  iJetfudjen,  in  bem 
päpftlidjen  Met)uStouigt()um  feines  Neffen  griebrid)  einen  teitenbeu  C^inftufe  ,}u 
ü6en,  jetjt  cubgültig  ab,  fo  tjat  umgcferjrt  naef)  ber  glaubmürbigen  9Jlittt)eitung 
ber  llrfperget  (irjronif  3unocen\  bei  jenen  römifcfjcn  9Jerr)anb.tungen  bie  fd)lief$= 
lidtj  bod)  nur  ,}u  Unrecht  befeffeneu  mittelitalifdjen  9ieict)3lanbe,  alfo  ben  größten 
It)eit  feincä  neuen  tfirdjeuftaateS,  wieber  faxten  [äffen.  Ter  jyriebeu  ;mifd)en  itjneu 
war  fo  uotlftünbig  als  möglict)  unb  jut  SBefefligung  bejfelbeu  foftte  eine  lodjter 
}U)ilippS  mit  einem  Steffen  beS  SPapJleS  üermäljtt  unb  ber  (entere  bann  mit 
^fyilippS  eigenem  .£>erwgttjume  SnScten  beleljut  werben.  ^tjilipp  (jatte  in  Sattem 
nachgegeben,  nur  nid)t  in  s-8emg  auf  fein  Äönigtljum  unb  bie  Oiedt^te  bei  WeidjS, 
Wie  umgefetjrt  Sfnnoceii},  als  bie  5)urd)fel$ung  feiner  firdjlidjeu  Autorität  nietjt 
mer)r  in  5rage  geftellt  war,  in  eine  (Sinfdjränfuug  ber  frütjer  tton  irjiu  unent* 
bctjrlid)  erachteten  wetttidjeu  Machtmittel  beS  ^apfttfmmS  willigen  }u  fönnen 
glaubte. 

3ux  (*utfd)äbigung  Ötto'S  bürte  mieber,  wie  bei  ben  Üuebliuburger  Q}er= 
fjaublungen,  feine  33err)eiratt)ung  mit  einer  lodjter  ^rjilippS  unb  feine  1Jtad)folge 
im  Oteid)  in  Musfidjt  genommen  worben  fein  unb  bie  Garbinäle  \pugo  unb  2eo 
würben  wieber  nadj  \Dcutfd)lanb  abgeorbnet,  um  itju  \\n  gügfamfeit  in  baS 
jeljt  nod)  metjr  als  im  oorigen  ^atjre  llnuermeiblidje  ^u  beftimmen.  Sie  waren 
am  80.  3nni  bis  md)  OJcautua  gefommen,  als  fie  l)ier  bie  'Jcac^rid)t  traf,  ba§ 
$öntg  N|>ljilipp,  bem  jener  ben  ^la^  räumen  follte,  nict)t  metjr  unter  ben  Öebenben 
weilte.  s^l)ilipp  rjatte  feit  beginn  beS  grüb^lingS  im  Apiublid  auf  ben  Ablauf  be§ 
©tittftanbeä  unb  aur  Otto'S  Stanföpfigfeit  überaus  ftarf  gerüftet.  33on  aüen 
Seiten  fetjten  fictj  bebeutenbe  Jruppenmaffen  gegen  "■örauufd)Wcig  in  "-Bewegung, 
Wo  Dtto  nur  nod)  tjoffen  fonnte,  in  erjrenöollem  3öiber[tanbe,  aber  bod)  als 
,Uöaig  ^u  fallen.  s$rnlipp  felbft  feierte  auf  bem  Söege  nad)  Sorben  am  21.  3funi 
in  ^Bamberg  bie  Ood^eit  feiner  sJtid)te  SSeattij,  ber  Srbin  beS  im  3fat)re  1200 
öerftorbenen  s^fal]grafeu  Dtto  Pou  "öurgunb,  mit  bem  it)m  immer  getreuen  £>er= 
joge  Otto  öon  hieran.  vJlm  Ocadjmittage  biefeS  2ageS,  als  ber  ^?önig  im 
bifdjöflidjen  ^atafte  auSrutjte,  braug  ^fal^graf  Dtto  Pou  äöittelsbad)  inS  ®emad) 
unb  töbtete  it)n  buret)  einen  ScfjWertftreidj  in  ben  .OalS.  S)er  2)erbred)er,  ein  an 
fiel)  )U  ©ewaltttjaten  geneigter  iHanu,  fdt}eint  baburd)  gereift  gewefen  ju  fein, 
ba^  ber  $önig  bie  Verlobung  einer  feiner  Södjter  mit  it)m  rürfgängig  gemadjt 
t)atte,  Wa^rfdjeinlicr;  um  fte  lieber  mit  bem  Steffen  beS  ȧapfteS  \n  Ucrbinben. 
@S  gelang  itjtn  für  ben  3lugenblid  ^u  entfliegen;   aber  öon  Dtto  IV.,    wetdjen 


$f)Uipp,  tönt.  $t.  753 

ber  £ob  «Philipps  nicfjt  nur  öon  aller  «Jtotl)  befreite,  fonbern  in  ßur^em  audj  an 
bie  ©bifje  beS  9teid)eS  braute,  tourbe  er  geästet  unb  !p^)itipp»  ©etreuer,  ber 
«jJtarfdjatt  Reinritt)  öon  halben  rüfjte  nidjt,  bis  er  bie  ^td£)t  an  bem  «ütörber 
öoEftrectt  rjatte.  £at  man  als  ^CRittDtffex  ber  £f)at  ben  33ijcr)of  Gfbert  öon 
«Bamberg  unb  ben  «Dtarfgrafen  ,£>einricr)  öon  Sftrien ,  feinen  SBruber,  auS  bem 
-Ipaufe  «ilnbedjS  ober  «Dteran  befctjulbigt,  fo  fdjeint  ber  gegen  fie  rege  geworbene 
Sßerbadjt  bocrj  nur  auf  einem  gufammentreffen  äufäEiger  llmftänbe  ju  berufen 
unb  nur  begtjalb  aufgebaufcrjt  roorben  p  fein ,  toeil  eS  Seutc  gab ,  toeldje  tote 
ber  ^er^og  Subtoig  öon  Saiern  auS  ifjrem  33erberben  «Jtutjen  ju  ^ietjen  ge= 
bactjten. 

$f)ilipp  ^Qt  ein  gutes  SInbenfen  tjinterlaff  en :  ein  „füfcer  junger  9Jcann", 
toie  iljn  SBalttjer  öon  ber  Sßogeltoeibe  nennt,  toirb  er  felbft  öon  feinen  ©egnevn 
gelobt.  2ln  ^örperfraft  unb  ©röfje  bem  äBetfen  nictjt  getoaäjfen,  fam  er  it)m  an 
gapferfeit  gleidj  unb  er  übertraf  it}n  in  ber  ftaatSmännifcrjen  f5äf)tgfeit,  mit  ben 
Umftänben  ju  rennen,  3ft  am  anfange  beS  SrjrcnftreitS  eine  getoiffe  Unent= 
fd)toffenl)eit  ifjm  rjinberticrj  getoefen,  fo  tourbe  er  im  Saufe  ber  %ai)it  unb  be= 
fonberS  burtf)  bie  trüben  Erfahrungen  öon  1202  unb  1203  botf)  ttjatfräftiger 
unb  äielbetoujjter.  £>er  SBürgerfrieg  unb  bie  aHmärjticrje  @rfcf)öpfung  feiner 
Glittet  burcfj  benfelben  brachte  eS  mit  fid),  bafj  er  9ted)te  unb  ©üter  beS  «JteictjS 
toie  feine§  £>aufeS  nicrjt  fcrjonen  burfte,  toenn  eS  fiel)  barum  rjanbelte,  Slnljänger 
äu  getoinnen  ober  ju  feffeln,  obtootjt  eS  übertrieben  ift ,  toenu  bie  llrfperger 
@§roni!  ifjm  gulefet  nur  wenig  übrig  bleiben  täfjt.  2Iutf)  bie  ©eiftlidjteit  feinet 
33ereicf)S  mufjte  ftarf  tjerangejogen  toerben,  unb  e§  föricljt  öietteicfjt  am  Reiften 
für  feine  «perfönlicfjfeit  unb  feine  ©aetje ,  ba|$  trotjbem  itjm  auS  ifjren  «Jteiben 
faft  überfdjtoänglidie  SobeSetljebungen  ^u  £t)eit  tourben.  2ltteS  in  Willem  toar 
fein  £ob  ein  fcfjtoereS  UnglücE  für  2)eutfd)lanb  unb  nict)t  bloS  beStjalb,  toeit  eine 
gräutierje  Slnarcrjie  bie  unmittelbare  $olge  beffelben  toar. 

«PrjilibpS  ©emarjlin,  bie  SBöjantinerin  3rene=«JJiaria,  ftarb  fdjon  am  27. 
Sluguft  auf  ber  SSurg  ©taufen  in  einem  öerfrül)ten  Sßocrjenbette.  S3on  itjren 
Xödjtern  —  ©ötme  tjatte  fie  nicf)t  geboren  —  toar  bie  ältefte  iöeatrir  toorjl  jur 
SBiaut  Ottos  IV.  beftimmt,  für  ben  %aU,  bafc  er  fiefj  auf  ben  ^rieben  einliefe, 
toie  benn  Otto  in  ber  Stjat  fid)  naef)  bem  £obe  «Philipps  mit  if)r  üertobte  unb 
1212  Derrjeiratrjete;  fie  ftarb  furj  barauf.  @ine  anbere  Softer  $sf)ilipbS  «ötaria 
tourbe  1207  mit  bem  eben  geborenen  ©otme  beS  £>eräog§  öon  SSrabant  öerlobt 
unb  ftarb  1235  als  ©ematjlin  biefeS  ^einric^  II.  (Sine  brüte  —  bie  SllterS= 
folge  ift  nidjt  fietjer  — ,  genannt  ^unigunb,  tourbe  ebenfaES  1207  bie  SSraut 
beS  ätoeijä^rigen  SBenäel,  ©olmeS  OttofatS  I.  öon  Summen  unb  ftarb  1248:  fie 
warb  bie  «Kutte*  OttofarS  II.  2>ie  öierte  2ocl)ter  ^^ilippS,  toelc^e  toie  bie 
ältefte  SSeatrij  t)iefe,  ift  bo($  tool)l  bie,  welche  urfprüngtic^  bem  2BittelSbaä)er 
öerlobt  unb  bann  bem  «Reffen  beS  «ßapfleS  beftimmt  toar.  ©ie  fam  mit  i^rer 
älteften  ©cfjtoefter  unter  bie  Sormunbfctjaft  unb  Dbt)ut  OttoS  IV.  unb  nactj  beffen 
2ob  in  bie  ©etoalt  feines  SruberS  ^einrict)  öon  35raunfä)toeig.  ®urc£)  i^ren 
«Better,  Äönig  griebrid)  II.,  1219  mit  bem  Könige  ^erbinanb  III.  öon  gaftitien 
öerljeirattjet,  tourbe  fie  bie  «Dtutter  beS  fpäteren  römifdjen  ÄönigS  UfonS  X.  öon 
Saftilien. 

Sgl.  Söljmer,  Regesta  imperii  V.  1198—1272,  neu  bearbeitet  öon  %. 
SicEer.  1.  2lbtrj.  ^nnSbruc!  1881  unb  Don  Darftellungen  (ögl.  auef)  bie 
Siteratur  bei  Otto  IV.)  «Abel,  ^g.  ^rjitipö  ber  ^o^enftaufe.  SSerlin  1852.  — 
Sfra-  SBiefer,  S)ie  Sannung  «Philipps.  «Programm  öon  SSrünn  1872.  — 
«ftieberlänber,  De  Philippi  Staufensis  interitu  eiusque  causis.  «Programm 
öon    «Mnftereifel    1872.    —    äßinfetmann,     5pfjitipö    öon   ©djtoaben    unb 

StUflem.  beutfdöe  aSiogra^^te.    XXV.  48 


754  ti*£)itipp,  8.  t>.  CSaftitten. 

Ctto  IV.  öon  23raunfd)rocig.    I.  Sanb.    Äönifl  ^bjtipp  1197—1208.  2eip3ig 

1873.   —   ©djroemer,    ^nnocen^  III.    unb    bie   beutfdje  Äirdje    roätjrenb  be§ 

£bronftrcite§  öon  1198  —  1208.     ©trafjburg  1882.  —  ^fjüippä  Slntfjeil  am 

öierten  Ärcu^ug  ift  öiet  betjanbett  roorben.     9Keine  ^(uffaffung,    bafj  ^tjüipp 

bem  3u9e  im  Sfntereffc  bcv  5Drjnaftie  9Ingelo§  bie  entfdjeibenbe  SOßenbung  gegen 

Äonftantinopel  gegeben,  mürbe  unterftütjt  unb  roeiter  ausgeführt   öom  ©rafen 

*ß.  9tiant ,  Innocent   III. ,    Philippe   de   Souabe   et    Boniface  de  Montferrat. 

Paris  1875;    Le  changement    de    direction  de  la  4.  croisade.     Paris  1878; 

befämpft  aber  unter  auberen  öon  8.  ©treit,    33enebig   unb  bie  Söenbung  beä 

4.  Äreu^jugeS.   ^Inflam  1877,  ber  bie  Söeuetianer,  unb  öon  Tessier,  Qaatrierae 

croisade.  La  diversion   sur   Zara   et    Constantinople.     Paris    1885,   ber   ben 

^ufatt  öerantroorttid)  madjt.  Söinfelmann. 

ityiliW  ber  ©djöne,  (Sqberjog  öon  Oefterreictj,  Honig  öon  Gaftitien. 

5ß.  mar   ber  ©ot)n    be§  Sr^erjogS   "Dcarjmilian    öon   Deftcrreidj    (fp.   beutfd)en 

HaiferS  sDkj  I.)  unb  ber  sIftaria  öon  s-öurgunb,  geboren  am  22.  $uli  1478  in 

33rügge.     9tacb    bem    frühen    £obe   feiner    "ütutter   (27.  Wäx\  1482)   ging    bie 

(Srbfdmft  ber  burgunbifcrjen  ftieberlanbe  auf   ben  breijätjrigen  Knaben  über;    für 

ben  ©ob,n  unternahm  e§  ber  Sjatev,  SJlajtmitian,  bie  Söormunbfcrjaft  unb  9tegcnt= 

fdfjaft  ju  fügten.     3lber  ©ent  unb  anbere  Stäbte  unb  ©tänbe  fügten  ficb,  nidjt; 

ber  feinbfelige  Sinflufj  graufreidja   ftärfte  biefe    Oppofition.     (Jrft   nacfi  langem 

9tingen  gelang  e3  ÜJtaj,   ben   öon  ftänbifcöer  Seite   gebilbeten  föegentfdjaftäratr) 

^u  überroinben    unb    feine  Wncrfeimung    als   Söormunb    bes  8anbe*rjenu    burd)= 

äufefeen  (1485),    bann    lieft    er   ben  ©obn   in    s)Jtecbeln  2Öof)nung    nehmen   unb 

übertrug  feine  (hjietjung  ber  Wutfidjt  ber  alten  ^erjogin  ^Jcargarethc  öon  fyott, 

ber  äöittroe  J?arl3  be§   $ül)nen.     äöecbfelöoU   mar   ba£   ©efebief   ber  oormunb* 

fcfiaftlic&en  9tegierung,   bie   fieb   jroifcfjen   ben  Angriffen   ber  gran^ofen   unb  ber 

Dppofition   ber   9liebertänber   in   eine   böfe    l'age  eingrflemmt   fanb.     ^^iebens= 

fchlüffe    roecbfelten    mit   ßriegöerbcbungen   ah;    bie  ©tabt   Brügge    bielt   einmal 

Monate  binbureb  ben  Dtegenten  ÜJiay  in   ibren  dauern    gefangen.     3u^^t  fam 

9Jtar.  auf  ben  ©ebanfen,  ben  ©otjn  fchon  febr  irüfj^eitig  für  grofcjährig  erflären 

ju  laffen  unb  bamit  einen  ©djein   felbftänbiger   Regierung    unb    eigener   ^otitif 

ben  ^Riebcrlanben  ^u  getoätrcen.     Sem  günfeermjärjugen  rourbe  barauf  im  Saufe 

beä  2fab,re§  1494  öon   ben   öeifdjicbcnen  ^ßtobingen  gebulbigt.     2)er  neue  §err= 

feber  fnüpite    in   feiner  Regierung    an   bie   Ürabitionen   feinet  ©rofeüaterä  Wart 

beS  .Würjncn  an;  er  betätigte  baZ  feiner  Butter  abgerungene  fog.  ©rofce  ^ßviöi= 

legium  ber  ©tänbe  nietjt;  er  fteüte  ben  fjöcbjten  ©ericht§t)of,  bie  rjödjftc  2anbc8= 

betjörbe   in   bem  ©rofeen  9tatt)e   roieber    ber,    bem  er  ^Recbeln   als  ©iü  anroieS. 

©etjr  erroünfibt  unb  förbertid)  mar  ber  Ajanbclsüertrag,  metdjen  ^.  am  12.  ^t= 

bruar  1496    für  feine   9iieberlanbc    mit   ßngtanb    abfcrjloft;    er   gctoäfrcte   bem 

niebertänbifcf)en  ^panbel   anfebnlidje  SBort^eite.     S)ic   furje  3iegierung^eit  ift  im 

ganzen  rul)ig,  o'b.ne  errjebtietje  ©törungen  ober  Slnftbftc  öetlaufen;  il)re  eigentliche 

Ü3ebeutung  für  bie  allgemeine  ©efebiebte  beruht  barin,  baft  fie  ben  ©runb  gelegt 

^u   bem  SJetljältniffe   jmif(ben  ^pabsburg    unb  ©panien,    melcf)e§    bem    näibften 

^aljrljunbert  feinen  bjftorifdjen  S^arafter  aurgeprägt  ^at.    %tx  ©egenfab  ätnifiben 

ber  frau(iöfifdjen  s3Jiacf)t  unb  ben  Seftrebungen  be§  ^>aufe§  «gmbSburg,  mie  9Jlaj  I. 

fie  öerfolgte ,   fjattc   ^u   ber  Slbficbt   einer    engen  ^amilienöecbinbung  ber  £mbg= 

burger  mit  ©panien  geführt:  eine  ®oppeleb,e  follte  bem  politifdjen  23ünbmfj  ber 

''JJläcbte    gegen    granfreieb   ben   fefteften  $itt    öerteib^en:    ^ß.  follte  eine  fpanifdje 

^ßrinäeffin,  bie  ^meite  am  6.  9coöember  1479  geborene  Üocbjer  gferbinanbS  unb 

äfabella'S  ^obanna   (Juana   la  loca),    ber   fpanifdje  Äronprina   follte  ^^ilipp'S 

©djroefter  SJcargaretrja  b.eirat^en.     ©o  tourbe  in  bem  Vertrag  öom  5.  Dtoöember 

1495  feftgefetet.     3fm   Sluguft   1496    öerliefj   bie   fpanifebe  Sraut  ifire  $eimatb, 


^fjilipp,  Ä.  t>.  ßoftüien.  755 

am  21.  De  tob  er  fanb  bie  «"podjjeit  fiatt.  SDaraur  ging  auetj  im  gebruar  1497 
9Jcargaretf)a  nactj  ©panien;  aber  fe§r  fctjnetl  würbe  fie  äöittwe.  2>ie  fpanifetje 
@rje  bes  nieberlänbifdjen  dürften  trug  nodj  ganj  anbere  grüßte,  als  man  Pon 
irjr  ge?orbert.  3n  Spanien  mar  fcfjon  im  Dctober  1497  ber  Äronprinj  3uan 
geftorben,  auetj  9Jcargarett)e'§  ©öfmetjen  tjatte  nur  wenige  ©tunben  gelebt:  bie 
ältefte  üodfjter  ber  fpanifdfjen  ftönige,  bie  mit  bem  Könige  pon  Portugal  Per« 
fjeiratfjet,  ftatb  balb  naef}  ber  ©eburt  eine§  Knaben,  bem  nur  einige  Neonate 
ßebenefrift  gegönnt  Waren:  an  ^otjanna  fam  baljjer  fdjon  im  Sommer  1500  ber 
21nfprucf) ,  Svbin  ber  fpanifdjcn  ßänber  bereinft  $u  werben.  S)iefe  Stusficljt  ber 
fpauifetjen  GrBfd^aft  mürbe  feitbem  ber  beftimmenbe  ©eficr)t§punft  für  alle  Sdjritte 
be§  nieberlänbifdjen  £>errfc£jerpaare§;  biefe  Hoffnung  erfüllte  Pollftänbig  ü)r 
Renten.  @§  galt  jjunäcljft,  fidj  in  Spanien  PorjufteHen;  fobatb  Soljanna'ä 
guftanb  nad)  itjrem  brüten  2Botf)enbett  el  geftattete,  machte  man  fict)  auf  ben 
2Beg.  3U  feinem  Vertreter  beftettte  ^ß.  ben  ©rafen  Engelbert  Pon  9taffau.  Die 
©r^er^oge  peiliefeen  am  4.  9toücmber  1501  33rüffel;  fie  reiften  burci)  granfreicrj, 
mo  i^nen  Äönig  Subwig  XII.  gtänjenbe  gefte  gab;  im  ÜJlai  1502  langten  fie 
in  Spanien  an;  fie  empfingen  am  22.  2ttai  in  £olebo  unb  am  27.  Dctober  in 
93arcelIona  bie  .gmtbigung  ali  (hben  ber  fronen  Gaftitien  unb  Aragon.  ^m 
SBinter  aber  Perlangte  5ß.  fjeimjuferjren ;  ba  feine  grau  wegen  it)rer  erneuerten 
Sdjwangerfcrjnft  itjn  tttdtjt  begleiten  fonnte,  liefe  er  fie  bei  ben  (Sttem  jurücf, 
obwohl  fie  tjeftig  fid}  gegen  biefe  Trennung  fträubte.  2)a§  23errjättnife  ber  Satten 
tjatte  ferjon  eine  eigenttjümtietje  Färbung  angenommen.  3}on  ieibenfdjaftlidjer 
Siebe  unb  3ärtlidj£eit  war  Sofjanna  erfüllt,  in  einem  folgen  ©rabe,  bafe  itjr 
33enetjmen  oft  an  Söatjnfinn  grenjtc.  ©puren  geiftiger  Störung  traten  fdjon 
bamak  an  ben  Sag  unb  natjmen  feitbem  in  immer  bebenflicr)erer  Söeife  p. 
*p.  bagegen  War  ein  fet)r  fcfjöner  9Jcann,  ber  audj  anberen  SBeibem  aU  ber  eigenen 
©attin  gefiel  unb  allerlei  Siebelabenteuer  aufjufudjen  nierjt  Perfdjmät)te;  fein 
ßeidjtftnn  entfalte  in  ber  ©attin  3lu§brüdje  rafenber  Siferfudjt.  *p.  machte 
feine  Sftücfreife  au§  Spanien  1503  buret)  ben  ©üben  Pon  granfreidj,  bann  burdj 
£irol  unb  Db  erb  eutfd)lanb ;  erft  im  DcoPember  1503  war  er  wieber  bat)eim  in 
ben  ftiebertanben.  3 in  grütjjatjv  1504  beeilte  feine  ©attin  fiel),  itjn  bort  wieber 
auTjufuctjen.  ^m  £erbft  1504  rüftete  <p.  einen  neuen  ßriegsjug  gegen  ©elbem, 
beffen  $erjeg  ßarl  Pon  ßgmonb  ber  gefäfjrCitfjfte  yiadjbax  unb  unermüblidjfte 
fftutjeftörer  ber  9iiebertanbe  war;  er  braute  im  ^uli  1505  eine  fdjeinbare  Unter« 
Wertung  beffelben  ju  ftanbe;  aber  gefiebert  waren  biefe  33erf)ältniffe  nod)  feine!« 
Weg*.  *ß.  würbe  bamalS  burefj  feine  fpanifdjen  2lofid)ten  Pon  ber  nieberlänbi« 
fdjen  Aufgabe  abgerufen. 

Königin  ^fabella  Pon  Gaftilien  war  am  26.  9coPember  1504  geftorben; 
nun  mufete  ßaftilienä  tfrone  an  bie  ©emaljlin  ^fjitipp'ä  fallen.  3^ar  fjatte 
bie  alte  Königin  Por  if)rem  Xobe  noctj  angeorbnet,  bafe  wätjrenb  ber  ^bwefenfjeit 
^ofjanna'ö  unb  für  ben  gatt  einer  S3erl)inberung  berjelben  —  bafj  bie  geiftige 
©törung  i§re  £odj)ter  ^ur  Otegierung  unfähig  machen  würbe,  ftanb  für  3Efabetla 
feft  —  Äönig  g^rbinanb  Wie  6i§t)er  bie  Regierung  weiterfüljren  follte.  gerbinaub 
felbft  war  bereit,  bie  9tegierungsweife ,  bie  ben  fpanifcfjen  ©taat  in§  Seben  ge= 
rufen,  fortpfe^en;  er  behielt  bie  3u9e^  ^n  oer  -^anb.  s^Dei"  aui  einc  l°^e  ^°s 
tretung  ober  Leitung  ber  ©ewalt  liefe  ty,  fiel)  nidgt  ein;  er  betrachtete  ficrj 
felbft  atä  ben  natürlicf)en  Sßormunb  ober  Vertreter,  febeniallä  a(§  ben  nicfjt  ah= 
pweifenben  5)citregenten  feiner  grau,  ßr  tjatte  fdgon  1502  in  Saftilien  allerlei 
Se^ierjungen  angefnüpit,  inlbefonbere  ju  jenen  ©rofeen,  roelctje  mit  gerbinanbs 
gtegiment  verfallen  waren.  ^Ijm  War  in  ben  9cieberlanben  einer  ber  ^olitifer 
aus  5erbinanb§  ©t^ule,  S5on  Suan  Manuel,   ber   atS   fpanifd&er  ©efanbter  bei 

48* 


756  Wl'PP/  #.  ö-  Gaftüien. 

$aifer  «ERajimittan  getoejen  unb  als  foldjer  aud)  ^ß.  fenneu  gelernt,  narje  ge= 
treten;  nadjbem  berfetbe  mit  fjrerbinanb  PöHig  gebrochen  tjatte,  arbeitete  er  auf 
gferbinanbs  ©turj  mit  allen  Mitteln  rjin.  @s  begann  ein  eifriges  ©piel  biplo= 
matifdjer  unb  potitifdjer  ^nhigucn  um  bie  |>errfct)üft  über  Gaftitien ;  ber  2anbes= 
abel  roar  in  eine  rjabsburgifdje  unb  eine  ferbinanbeifdjc  Partei  gefpalten;  bie 
©egenftellung  ber  europäifdjen  ^Jlädjte  mürbe  in  bieten  3mift  hineingezogen, 
anfangs  behauptete  trofc  aller  SCBütjtereien  ber  nieberlänbifd)en  Agenten  in 
Gaftilien  fjrerbinanb  fiel)  im  33efiü  ber  Sftadjt;  bann  jd£)tofe  er  mit  bem  Vertreter 
feineö  ©djmiegerfotjnes  in  ©alamanca  am  24.  WoPember  1505  einen  SBergleidj 
batjin  ab,  bafj  bie  Regierung  über  (Saftiticn  gemeinfdjaftlid)  Pon  ^oljaiina,  ^pf)i= 
lipp  unb  gerbinanb  geführt  merben  foUte;  bafj  bem  erfahrenen  Staatsmann 
babei  bie  (£ntfd)cibung  jufallen  mufjte,  fcfjien  fetbftPerftänblict).  darauf  erft 
machten  ficrj  bie  nitberlänbifdjen  .£>crrfcf)er  felbft  auf  bcnSBeg;  fie  maren  9Jlonate= 
lang  bind)  bie  mieberljolte  ©d)roangerfd)aft,  bann  burd)  bie  fünfte  öntbinbung 
ber  .Königin  in  ben  Diicbertanbcn  ,uirürfgctjaltcn.  (hft  am  10.  Januar  1506 
ftacfjcn  fie  Pon  9ttibbelburg  aus  in  ©ec,  nad)bcm  !ß.  fluni  ©cneralftatttjattcr 
äBiltjelm  Pon  Grol),  £>erjog  Pon  Gl)iernes,  befiellt.  £ie  Steife  ging  nidjt  otjne 
<£)inberniffe  Por  fidj.  SBibriger  Söinb  ticifd)tug  bie  ©djiffe  an  bie  engtifdje 
j?üfte.  |>einridj  VII.  empfing  jroar  fjöflid)  unb  gaftlidj  ben  £)errfd)er  ber  lieber« 
lanbe,  mit  bem  er  fetjou  1500  einmal  in  Galais  eine  Begegnung  getjabt  tjatte; 
aber  nid)t  otjne  3ugeftänbniffc  an  bie  englifd)en  .£)anbetsintcreffeu  tieft  er  il)n 
wieber  ab^ietjen.  SDie  ©afifreunbfdjaft  fat)  bismeiten  mie  eine  SUt  öktangenfdjaft 
au8.  (Srft  am  26.  9lpril  gelangte  %\  mit  feinem  ©efolge  uact)  £a  Gorufia. 
9lun  traten  aus  ben  'Keinen  bei  caftilifd)cn  Abels  immer  inetjr  s}krfouen  auf 
feine  ©eite:  ber  Ijabsburgifdje  Anljang  mudjs  pfetjeubs:  freigebig  mürben  bie 
©aben  fönigtidjer  ©unft  ben  Anhängern  gefpenbet  otjne  jebe  sÜürffid)t  auf  bas 
bleibenbe  ^ntereffe  bei  Saubes  ober  bie  2)auert)aftigfcit  bei  neuen  ^uftanbes. 
©djamlofe  unb  regellofe  Scrgeubung  einerfeits  unb  tjarte  beutegierige  Grpreffung 
anbererfeits  djarafteriftren  ben  Einfall  ber  nieberlänbifdjcu  Abenteurer  auf  fpa= 
nifdjen  93oben.  Unb  bod)  fat)  gerbinanb  \\d)  ju  einem  ^crjidjt  auf  feine  ©tel= 
lung  in  Gaftilien  genötigt;  im  Vertrag  Pon  Sßillafafila  am  27.  ^uni  1506 
räumte  er  ty.  unbebingt  bie  föegentfdjait  über  (iaftilien  ein.  3Rit  abwartenber 
Sift  30g  er  ^unärfjft  überhaupt  aus  Spanien  meg;  er  glaubte  fid)  feinesroegs  an 
ben  Vertrag  gebunbeu  ju  Ijalten,  aber  er  lieft  für  ben  Slugenblirf  iß.  gemäljren. 
llnorbnungen  unb  Unruhen  ermattete  er  bemnäd)ft  ausbrechen  ju  fetjen,  bie  it)m 
ben  Antaft  jur  üiüdfefjr  unb  Ginmifdjung  mieberum  perfdjaffeu  follten.  ©o  meit 
fam  es  nidjt.  ty.  felbft  erfrantte  plötjlidj  am  11».  ©eptember  an  einem  tätigen 
lieber,  bas  im  ßanbe  f>errfd)te ;  fetjon  am  25.  ©eptember  erlag  er  ber  Äranffyeit 
—  im  Sllter  Pon  28  Salden.  2Benn  bie  sJtieberlänber  Pon  ©ift  gefprocl)en,  als 
ber  Urfadje  feines  lobes,  fo  liegt  bod)  gar  nichts  Por,  berartigen  3krbad)t  ^u 
begrünben;  bie  finnlictjen  2lu6fdjrocifungen,  in  benen  er  feine  ütagc  Perlcbte,  er= 
flären  Pollftänbig  ben  2ob  an  einem  burd)  2lnftedung  ^erPorgerufenen  lieber, 
äöenig  rüljmlicb)  ift  bas  3lnbenfen,  bas  $.  in  ©panien  unb  ben  3iiebertanben 
l)interlaffen ;  feine  einzige  33ebeutung  berutjt  barin ,  ba|  er  ber  SÖater  Äarls  V. 
gemefen.  3fn  ber  6lje  Ijatte  itjm  übrigens  bie  ©panierin  fedjS  ^inber  geboren: 
1)  Seonor,  geb.  am  30.  91oPember  1498  in  Srüffel,  2)  Äarl,  geb.  in  ©ent  am 
24.  Februar  1500,  3)  Sfabclla ,  geb.  in  »rüffel  am  27.  ^ult  1501,  4j  fter= 
binanb,  geb.  in  3ltcala  am  10.  ^Jlätj  1503,  5)  9ttarie,  in  S3rüffel  geb.  am 
13.  ©eptember  1505  unb  6)  ^atljarina,  nad)  bem  2obe  bes  Saters  geboren  in 
Sorquemaba  am  14.  gebruar  1507.  —  S)ic  Äönigin  ^oljanna  ift  nad)  bem 
2obe  ibjres  ©atten  me^r  unb  meb>  ber  9lact)t  bes  SBatjnfinnes  üeriallen.  %$x 
5lame  blieb   an  ber  ©pi^e  aller  officiellen   9tegierungsacte   ftetjen,   aud)   in  ber 


^Philipp  L,  3Jtotfg.  ö.  SBaben.  757 

3eit,  in  ber    ifjr  Sofjn  $axl   fd)on  bie  Ärone   trug,     dürft  am  12.  Slpril  1555 
tourbe  fie  aus  biefem  Seben  ertöft. 

lieber  3ßt)itipp's   mebertänb.  Regierung   geben  bie   gleichzeitigen  Tutoren 

Sluffctjlujj:    9Äolinet,   Chronique   unb  2ftacquerau,   Traitö  de   la  Maisou  de 

Bourgogne;    auf    ifmen    beruht    -gjeuterus,    Rer.   belg.  historia   (1598).  — 

Salaing,    Yoyage   de  Pbil.    le   Bei   en   Espagne    unb   Deuxieme  Yoyage    de 

Phil..  beibes  in  ©adjarb,  Yoyages  des  Souverains  des  Pays-bas  I.  (1876). — 

liebet  bk  fpanifdjen  Sreigniffe,  in  bie  5]ßbi(ipp  Perroidelt  ögl.  bie  gleichzeitigen 

33erid)te  öon  Petrus  ^Rarttjr,  Garöajat,  SUcocer,  9ßabttla,    Sernatbea  unb   bie 

ettoaä   jüngeren   IDarftellungen   Pon  ©ome^   unb  3ur^a-     Sluct)   bie  ÜMation 

be§  33enettaner§  Cmirini  Pon  1506  ift   fe^r  letjrreicrj.     Slctenftüdfe   in  Gfjmel, 

Urf.  3.  ©.  sMax.  I.  (1845),  in  Seglat),   Negociations   diploraatiques    (1845), 

in  33ergenron),  Spanisb  Calendar.  Supplement  (1868).  —  23on  neuexen  2>ar= 

fteüungen   genügt  es   auf  *pre»cott  unb  Jpefete .   £>enne   unb  Söen^etburger  ju 

PertDeifen.     Sgl.  aud)  -gmbter,  Streit  [yerbinanbs  be§  Äattjol.  unb  $f)iüpp  I. 

(Setpjtg,  ©tff.  1882).    ""  ajtaurenfiredjer. 

^bilijjj)  I.,  ^arfgraj  Pon  23aben,  ber  fünfte  Pon  ben  Söhnen  2Jtarfgraf 

djriftopcj'S  I.,  tourbe  am  6.  ^oPember  1479  geboren.     %n  feiner  Sfugenb  natjm 

er  an  ben  getbpgen  ber  fttanjofen  in  Italien  trjeil ;  beim  Singriff  ber  2}enetianer 

auf  2esbo§  1501  ttjat  er  fid)  burd)  feine  Sapjetfeit  rübmlict)  IjerPor.    9lad)bem 

er  bann  nod)    eine  9teife    nad)  Spanien   gemacht   blatte,   febrte   er  1502  in  bie 

^eimatb  jurücf.     %m  ^axuiax  bes  fotgenben  3a£)tes"    Petmät)lte   er  ftdj   mit  ber 

Sodjtcr  bes  Äutfütften  ^bilipp  Pon  ber  $fala,  Stifabetf),  ber  Söittoe  bes  £anb= 

grafen  Sßütjelm  III.  Pon  Reffen.    SDiefelbe  btacfcjte  itjm  als  2Ritgi|t  ben  babifcfcjen 

3lntbetl  an  Sd)(oB  unb  Stabt  Äteujnad),    fotoie    an    allen   anbern   Schl5ffetn, 

Stäbten  u.  f.  tu.  in   ber   oberen   unb  porberen  ©rajfdjaft  Spant)eim,   ben  einft 

Dftarfgraf  ,ftart  I.  öon  Saben   nad)  feiner    9tieberlage   bei  Secfent)eim  1463  an 

$uifürfi  yriebrid)  ben  Siegreichen  Pon  ber  *ßfala  blatte  Perpjänben  muffen.     Sftn 

3ufammenbange  mit  biefer  33ermäblung  gefchaf)  es,  bafj  2ttatfgtaf  (5f)tiftopl)  in 

einer   befonberen  llrfunbe  ^bitipp   atä   por    allen   feinen   anberen  Söhnen  toelt= 

liefen  Stanbes   jum   Regieren   befonbets   gefdjidt   unb   tauglid)   bezeichnete  unb 

ü)m  für  ben  galt  feines  eigenen  Slobes  bie  alleinige  «g>errfc^aft  in  ber  $ftarfgraf= 

fetjaft  Saben,  bem  babifeben  Slntljeil  an  ben  ©rajfcbaften  ©panbeim  unb  6ber= 

fiein  unb  in  ber  §errjd)aft  Slltenfteig  äujtdjette,  roärnrcnb  er  feine  übrigen  Söfjne 

burd)  bie  anbern  bem  |?aus  S5aben  gehörigen  Jperrföt)aften  unb  ©üter   aufrieben 

ju  fteEen   gebaute.     2öäb^rcnb    be§   ßanbstjuter  grbfotgefrtcg§  befam  ^itipp  I. 

Porübergel)enb   bie  gan^e   ©rarfefjaft  (äberftein   in  feinen  Sefitj ,   bie  itjm  Äaifex 

2Rarimilian,   naebbem   er   ben  ©rafen  Sernb^arb  III.  Pon  (jberftein  alä  8ebens= 

träger  unb  Slntjängei  Pon  ßurpjalj  geästet  Ijatte,    1504  übertrug.     Raü)  b?m 

^riebensfcljtuB  gab  er  btefetbe   roieber   b^erauö.     1510  traf  fein  Stotet  Stjtiftopr) 

eine  neue  6rbbi§pofition;   ty.  erhielt  burd)  biefelbe  anftatt  Spanl)etm,  Sberftein 

unb  Slttenfteig  bie  sl^arfgraifcbaft  .Ipadjberg,   bie   £errfd)aiten  Ütötteln,   Sau|"en= 

berg  unb  Sabentoeiler  unb  bie  ©tabt  ©dppfljetm    ^ugeroiefen.     2)od)  auef)  biefe 

Slnotbnung  blieb   niebt   befielen.     1515    natjm  'Dkrfgraf   6f)riftopb^    eine  brttte 

unb  (ctjte  Teilung   ber  babifeben   Sanbe    unter   feine   ©öljne  por.     ty.   erhielt 

biefes  5Ral  auf^er  ber  '»]Jlarfgratfd)ait  Saben  b^auptjäcb.li_d)  Slltenfteig,   SBeinb^eim, 

bie  Orte   3teuenburg  unb  Söeingarten,   bie   l)albe  ©raifd)aft  gbexftein  unb  bie 

£etrjd)aiten  ßab^r  unb  5^al)tberg.     9tod)  im  nämlicben  ^atjte  trat  er  bie  ötegie* 

rung   in   biefen   Sanben   an,    junäcbft   freilid)    als  Statthalter  feinei  erfran!ten 

3}aters,  ber  aber  bei  ber  tafeben  2lbnat)tne  feiner  geiftigen  Gräfte  niemals  meljr 

im  Stanbe  mar,  bie  SH^  oer  -Öerrfd)ait  felbft  mieber  in  bie  ^anb  ju  nebmen. 

2lls  nad)  bem  2:obe  ^lartmitiani  I.  bie   neue  Äaifermaljl   in  ben  Sorbergrunb 


758  '•Philipp  !•/  Wotfg.  r>.  SJabcn. 

trat  unb  bie  bciben  33eroerber  um  bie  beutfd^e  Jhone,  bie  Könige  Don  Srauf* 
rcidj  unb  (Spanien  fid)  einen  mögtirf)ft  grofjen  9lnb,ang  unter  beu  beutfdjen 
dürften  3U  öerfdjaffen  juchten ,  t>a  fanben  fid)  audj  bei  s)JJarfgraf  s}>.  Agenten 
iSfran^'  I.  öon  ^ranfreid)  e'n-  *$•  oenutjte  bie  ®elegenb,eit,  um  alte  ftorberungen 
aus  ber  3cit,  ba  er  nod)  im  fran,}öfifrf)en  peere  gebleut  tjatte,  bei  bem  Könige  geltenb 
311  madjen,  begnügte  fidj  im  übrigen  aber  bamit,  ju  erttären,  er  roerbe  bie  2Öat)t 
ber  Äurfürfteu  abwarten  unb  erft  bann  fid)  entfcfjeiben.  dagegen  fd)tofj  er  balb 
barauf  mit  ben  Gommiffatien  ÄarlS  öon  Spanien,  mit  bem  baS  .£>au§  SBabcn 
burd)  feine  tuyemburgifdjen  SBefitjungeu  jdjon  in  näherer  Söejictjung  ftanb  unb 
ber  einige  3e't  Porter  einem  SBruber  ^IjitippS  ben  Orben  öom  gotbenen  ißliefj 
öertietjen  tjatte,  ein  ©ctjufc*  unb  Srutjbünbuijj  tür  bie  öorberöfterreid)ifd)eu  ßaube 
unb  erbielt  babei  eine  jäljrlicrje  ^enfion  öon  3000  ©utbcu  3ugefid)eit.  3m 
?tnfdjluf}  baran  rouvbe  itjiu  fur.je  3eit  nad)(jer  bie  Oretbt)auptinannfd)aft  in  ben 
öorberöfterreid)ifd)en  ßanben  übertragen,  fjfortan  fdjtofj  fidj  IDtarfgraf  ^t)itipp 
eng  an  ba§  .£>au3  »pabsburg  an,  roie  baS  fdjon  fein  SBater  Gtjriftopf)  unb  fein  (Srof}= 
Pater  $art  getljan  Ratten.  SD  er  .Waifer  ermieS  ftd)  erfenntlidj.  WlS  er  1521  öon 
Äöuig  l'ubmig  Pon  Ungarn  um  .£)itfe  gegen  bie  Surfen  angegangen  muibc  unb  fetbft 
3U  gleicher  3e't  b°n  Sfranfrei«^  bebrobt  mar,  roanbte  er  ftrfj  aud)  an  sJJlartgraf 
5ßf)itipp  um  SRattj,  roaS  er  unter  biefen  Umftänben  a(S  römifeber  $aifer  3ur 
Rettung  ber  (5 fjrifttntjeit  tfjun  Eönne.  9fa|  ben  WeicrjStagen  ber  folgenbeu  ^atyre 
erfdjieu  ty.  öfters  atö  faifcrlidjer  (Sommiffar.  1524—1527  öerfalj  er  baS  9hnt 
eineä  faifertidjen  ©tatttjatterS  im  fteidjsregiment;  er  tjatte  fidj  3ur  Uebcrnab,me 
beffetben  burdj  (J^tjerjog  Qferbinanb  bou  Defteneid)  beftimmen  lafjen.  ©ctjon 
im  erften  3af)re  feiner  Amtsführung  fab,  er  fid)  auf  bie  bitten  fterbinanbS  öer= 
anlaßt,  auf  feinen  eigenen  CsJefjatt  311  Pcrjidjten,  nur  bamit  bie  ungebutbigften 
ber  <ifteid)8regiment3=  unb  WeidjSfammcrgcridjtSrätlje,  bie  nid)t  länger  auf  bie 
rüdftänbige  Se^atjlung  märten  motlten,  befriebigt  merben  fonnten.  @§  mar 
toorjl  eine  (Sntfdjäbigung  für  biefeS  ober  ätjnlidje  materielle  Dbfer,  bie  s}>. 
in  feiner  ©teflung  gebradjt  tjatte,  menn  ber  Äaifer  ir)m  ücrfdjiebene  ßib/n  über* 
trug,  unter  benen  bie  ®raffd)aft  blufft)  im  Suremburgifdjen  in  elfter  SRei^e  \u 
nennen  ift.  ($3  mar  mäfjrenb  feiner  Amtszeit,  ba  baä  iReidjSregiment  SBeran* 
taffung  natjm,  gegen  bie  (Jinfütjrung  ber  Deformation  in  ber  ©tabt  Strasburg 
aufzutreten,  ty.  fetbft  mar  öerföntidj  nidjt  burdjauS  ber  neuen  Sefjre  entgegen; 
er  mar  öon  ber  Dcottnuenbigfeit  burdjgreifenber  Reformen  auf  tircf)tid)em  (Gebiete 
überzeugt,  ©ein  ©tanbpuntt,  ben  aud)  fein  flanjtet  Dr.  93eb,u8  bertrat,  at§  er 
auf  bem  SÖormfer  s}ieid]§tag  öon  1521  in  einer  5jerfamm(ung  öon  3teicf)8fürften 
ben  Sßcrfud)  machte,  burd)  güttietje  lleberrebung  ^'litfyer  jut  'DJadjgtebigfeit  31t 
bemegen,  mar  ber  beä  9teformfat()o(iciSmu§.  SJorübcrgeljenb  b,at  er  fid)  mof)t 
audt)  31t  jiemtid)  meitgetjenben  ßonceffionen  an  bie  neue  Stiftung  öerftanben.  ^m 
9Md)  b,at  er  ftet§  3mifc^en  ben  proteftantifdjen  (Stänben  unb  itjren  fatf)olifcb,en 
Gegnern  3U  öermittetn  gefugt;  befonberä  1526,  ba  er  a(S  einer  ber  taiferlidjen 
9teid)8tagScommiffare  für  ein  freies  ©eneral=  ober  ^ationalconcit  eintrat ,  mie 
aud)  1529,  ba  er  auf  bem  Oteidjätag  3U  ©peier  ju  öerfdjiebenen  Beaten, 
menn  audj  öcrgebtid) ,  einen  2lu§gteidj  3mifcb,en  ber  fatfjolifdjen  Majorität  unb 
ber  eöangetifcrjcn  iicinoiität  t)eibei3ufüf)ren  fid)  bemühte,  ^n  feinem  eigenen 
Sanbe  bemie§  fidf)  <p.  anfangs  atS  görbetcr  gemäßigter  fivd)lidt)er  ütefovmen. 
<5d)on  naef)  ben  9teid)t§tagSbefcb,tüffen  öon  Nürnberg  (1522  unb  1524)  geftattete 
er  in  feinen  ßanben  bie  ^rieftereb,e.  ^u  OefolampabiuS  unterhielt  er  SBe= 
3iecjungen.  ^renifuS,  ber  in  Stttingen  als  Pfarrer  tt)ättg  mar,  ftanb  bei  itjm 
in  tjotjer  ®unft  unb  begleitete  itjn  1526  auf  ben  Üteidjgtag  nad)  ©peier.  @r 
befctjräntte  bie  5Reffe  in  feinen  ßanben,  tiefe  3U,  bafe  in  benfetben  reformatorifetje 
©Triften  gebrudt  mürben,    unb   öerantafjte   fetbft  1529    in  35urfad)  ben  5Drucf 


^ittpp  IL,  Wattg.  ö.  23aben=33aben.  759 

eines  £r)eiles  bet  tutt)eiifd)en  ©tbetüberfeijung.  Setb|t  ber  Sßauernfrieg,  ber 
auct)  feine  ©ebiete  rjeimfudjte,  fjatte  feine  nachteiligen  folgen  für  bie  2lus= 
breitung  ber  neuen  Setjre.  (Jrft  gegen  bas  dmbe  bon  ^fulippö  Regierung  erfuhr 
biefetbe  bebeutenbe  SSefdjränfungen.  Ser  Gsinflufj  $önig  gerbinanbä  unb  be§ 
23ifdjofs  gaber  öon  SSien,  nidjt  meniger  aud)  bie  (Sorge  bor  ber  Ungnabe  bes 
j?aifers,  ber  fctjon  1527  feine  Unäufiiebenfjeit  über  bie  SSegünfiiguug  ber  9teior= 
mation  burcr)  ben  9Jlarfgrafen  geäußert  unb  bon  feinem  ©ruber  gerbinanb  aus" 
biefem  ©runbe  bie  Entfernung  beffeibcn  öon  ber  (5tattt)atlerfd)aft  bes  9teid)S= 
regiments  öerlangt  tjatte ,  beroirftcn  einen  Umfdjmung  in  ber  ©efinnung  be§ 
dürften.  SDaju  tarn,  bafj  es  itjm,  ber  ftets  ben  Weicfjstagsbefdjlüffcn  fidj  ju 
fügen  gerootjnt  mar ,  äufjerft  ferner  fallen  mufjte ,  nactj  ben  ber  Deformation 
ungünftigen  ÜBefdjtüffen  bon  1529  unb  1530  feine  bisherige  Gattung  ju  be= 
roafjren,  jumat  ba  er  felbft  früfjer  geroifj  nie  an  einen  förmlichen  Uebertritt  <}u 
ber  neuen  Setjre  ernfilidj  gebadjt  rjatte.  2>od)  blieb  märjrenb  ber  ganzen  9tegie= 
rungg^eit  bie  ^rieftererje  in  5pl)itibbs  Sanben  geftattet.  2lber  bie  ftreng  refor* 
matorifd)  gefinnten  ©eifitidjen  ^ogen  attmäfjlid)  fort;  unb  bie  eöangelifdje  Se^rc 
mufjte  für»  erfte  toieber  bem  alten  ©tauben  s$tai$  machen.  —  1531  unb  1532 
roar  5ß.  fc^roäbifdjer  ßreisoberft.  ßr  ftarb  am  17.  (geötember  1533  unb  raurbe 
in  ber  ©tiftstirctje  in  ©aben  begraben.  S5on  fed)s  Äinbern  überlebte  it)n  allein 
feine  ättefte  £od)ter  Safobea,  bie  1507  geboren,  feit  1522  bie  ©emafjiin  <£erjog 
äBitrjelms  IV.  öon  ©aiern  mar;  fie  ftarb  erft  1580.  2)urd)  it)xe  ©ermarjlung 
mar  ber  ©runb  311  jener  bor  allem  im  16.  ^arjrrjunbert  folgenreichen  ©erbinbung 
ätoifcfjen  ©aiern  unb  SSaben  gelegt.  Sie  Sanbe  $b,ilibös,  3"  oenen  bas  1463 
ebenfalle  bon  tfarl  I.  an  Äurpfalä  üerüfänbete,  bon  5ß.  mieber  um  25  000  ©ul= 
ben  eingelöste  ©efigljeim  ge!ommen  mar,  fielen,  ba  burd)  bas  Apausgcfet}  5Qtat£= 
graf  6f)rifioörjS  I.  bie  meibticb,e  Erbfolge  ausgefdjloffen  mar,  an  feine  beiben 
©ruber  ©ernfjarb  unb  (Srnft.  Ser  ledere,  ber  bereits  ,!pad)berg,  Stötteln, 
©aufenberg  unb  ©abenmeiler  befafj,  erhielt  burd)  bie  Teilung  ben  unteren 
2beit  ber  ^arfgraffdjaft  ©aben  mit  ^for^eim ,  Surlad) ,  Wutjlburg  u.  f.  ro. ; 
er  mürbe  ber  ©egrünber  ber  Surladjer  ßinie  bes  Kaufes  ©aben.  Scr  ältere 
©ruber  ©erntjarb  III.  befam  in  ber  £auötfad)e  ben  oberen  Xtjeit  ber  5Dlarf= 
graifdmft  mit  ©aben,  9caftatt,  Ettlingen  u.  f.  m.,  ba^n  ßafjr  unb  9Jcarjtberg 
unb  anberes  metjr.     ©on  ir)m  ftatnmte  bie  baben=babifd)e  Sinie  ah. 

©ierorbt,    ©efd)icb,te    ber    ebangetifdjen  $ird)e    in   bem   ©ro^exiogttjum 

©oben,  I,    an   berfcfjiebenen  Orten.  —  3lrd)iöatifctje§   DJlaterial   im  ©enerat= 

lanbesardjib  in  ^arlsrutje  unb  im  Sairifcrjen  9reicb,earcfjib  in  ^Mnctjen ,  SM* 

Leitung  Saben  A.  Krieger. 

WltW  IL,  5Dlar!graf  bon  5Babcn  =  S5aben,  mar  am  19.  gebruar  1559 

geboren.     6r  mar  erft   toenig  über  10  %afyt  alt,   als  fein  3)ater  ^tjitibert  im 

Cctober   1569    in   ben   ^pugenottenfämpfen  granlreicljö   ein   frühes   @nbe   fanb. 

Sa  feine  ebenfalls  ferpn  tobte  Butter,  bie  9Jtartgräfin  ^mecf)tilb ,   eine  bairiferje 

5prin3effin    gemefen    mar,     gelang    es    beren    S5ruber   ^erjog   2llbred)t  V.  unb 

feiner  Butter,  ber  ^erjogin  ^afobea ,    Ui  Äaifer  5Dcarimilian  IL   burctjsufe^en, 

ba^  ifinen    beiben   unb    bem   (Srafen   ^arl  öon  ^otjenjottern  bie  33ormunbfc|aft 

über  ty.  unb  feine  brei  ebenfalls  nodj  unmünbigen  ©cfjmeftern  übertragen  mürbe, 

unb  bie  Slnförüdje   bes  5Jcarfgraien   ^arts  II.   öon  23aben  =  Surlacf)    unb  feines 

SSetters,   5)iarfgraf  6f)riftoöb,s  öon  91  ob enm ackern,   bes  SBrubers  ^fjiliberts,    auf 

bie  Sormunbfdmft  unberüc!fid)tigt  blieben.   211s  bas  ^auptaiet,  bas  biefe  bairifc^e 

Sßormunbfdjaft  öerfotgte,  ermies  )\ü)  alsbatb  bie  3teiatrjotifirung  ber  unter  ?Uarf= 

graf    ^rjilibert   bem  5|5roteftantismus   faft    gänälid)    gewonnenen    9}Urfgraffd)aft 

S3aben=93aben.     Sie  fpärtidjen  9tefte  bes  !atf)olifd)en  ©laubens   im  fianbe  felbft 

bienten  babei  als  2(ulgangs=  unb  ©tü|öun£te.     £a  fid)  hierbei  jebodt)  batb  ber 


760  WlipP  H-i  ^Qtfg.  ü.  ütfabemSöaben. 

Ginfprud)  ber  beiben  genannten  proteftantifdjen  sJRarfgrafen  $arl  unb  Gf)riftopt) 
a(§  äufecrft  (aftig  er»ie§,  fo  be»irfte  £)erjog  9llbred)t  beim  Äaifer  fd)on  im 
Sluguft  1571  bie  $ftajorennitätserf(ärung  beä  jungen  $.  ^atürlirf)  founte  Pon 
einer  »irflidjen  Uebernaljme  ber  9tegieiung  burdj  ben  erft  jmölfjäljrigen  dürften 
aud)  jefct  nid)t  bie  föebc  fein.  9lad)  einem  furjen  Slufenttjatt  öerliefe  er  iöaben 
unb  begab  fid)  für  längere  3^it  nad)  3fngolftabt,  »o  ber  tropft  Martin  (Sifengrün 
unb  bie  3iefuiten  f«ne  »eitere  (Sqiecjung  übernahmen.  35er  bairifdje  (Sraf  Ctto 
|>einrid)  Pon  Sd)»ar,}enberg  fütjrte  bie  Regierung  »ie  biörjer  im  Flamen  ber  33or= 
munbfdjaft,  fo  jetjt  in  bem  beä  9Jtarfgrafen  »eiter.  35ie  SJtefattjolifkung,  geleitet 
bon  bem  bairifdjen  <£)ofprebigcr  unb  3fefuitenpatcr  Seorg  (Sd)orid),  machte  rafdje 
$ortfd)ritte.  S)ic  epangelifcfjen  ^häbicanten  mußten  au§»anbern,  bie  proteftan= 
tifdjen  Beamten  fatf)olifd)cn  »eidjen;  öor  allem  »urben  bie  marfgräflidjen 
Scatljftetlen  öon  ben  5ßrotcftanlen  gefäubert.  3)er  SQßiberftanb  im  3*otf  »er  im 
ganzen  unbebeutenb ;  »o  er  größeren  Umfang  an^unerjmen  brotjte,  ba  genügten 
Ctfe»altmafiregcln,  meiffrntljeiUs  aud)  nur  Sholjungen ,  um  itjn  rafd)  ^u  unter» 
brücfen.  9113  6d)ortd)  ©übe  1573  ftarb ,  fonnte  bie  föefattjolifirung  »enigftcnä 
au&crlid)  für  bollenbet  gelten.  3lber  freilief)  nur  ciufjertid);  inögcfjeim  jätjlte 
bie  ebangclifdje  l'eljve  nod)  mand)e  Wnrjäuger,  unb  %s.  felbft  blieb,  al8  er  enblidj 
bie  ^Regierung  tt)atfäd)lid)  antrat,  nod)  genug  ju  ttjun  übrig,  um  bie  neuen 
(iinridjtungen  ,}u  befeftigeu  unb  itjre  9lHetnl)etrfd}nft  ju  ficfjern.  1577  erridjtete 
er  nad)  baierifd)cm  dufter  ein  aus  bret  geiftlidjeu  unb  brei  »eltlidjcn  3Ftätr)en 
jufammengefetjtes. ,  unter  ber  Leitung  bis  ©raren  P.  Sd)»ar<}enberg  ftetjenbes 
Gonfiftorium ,  bas  ot)nc  Seiratt)  ber  Picl  311  getinben  33ifd)öfe  pon  Strasburg 
unb  Speicr  .ßirdjeuPifitutioncn  anorbnete ,  perbädjtige  Meiftlidje  einfperrte  ober 
abfdjaffte.  Wber  tro£  aller  sDlafcregeln  gelang  es  bod)  nur  ganj  atlmätjlidj,  bie 
proteftautifd)  gefilmten  Elemente  oollftänbig  ju  unterbinden.  2)a3  bemeifen 
beutlid)  Il)atfad)en  »ie  bie,  bafj  nod)  nad)  1581  ber  marfgräflidje  .<pofprebiger 
Dr.  i$xan]  23om  Pon  IDiabrigal  burd)  eine  piipftlidje  s-8ulle  bie  ßrtaubnifs  et» 
l)ielt  allen  benen,  bie  if)re  .ft'etjerei  abfd)»uren  unb  jur  C£int)eit  ber  fatljolifdjen 
,Sl\xd)(  jurütffeljrten,  alle  SßÖMtenjen  ju  ertaffen.  2>ic  3'ejuiten  fjatten  in  SJcart» 
grar  *ß.  einen  ganj  befoubereu  (Bonner  unb  gfteunb.  61  unterftütjte  itjie  33et= 
fudje,  fid)  ber  Sencbictinerabteien  Sd)»ar,}ad)  unb  (St.  Grubbert  31t  bcmädjtigen. 
St  reifte  felbft  nad)  ;Rom  unb  ermirfte  pon  s4>apft  Tregor  XIII.  eine  5ßuHe, 
burdt)  »etdt)e  bie  Um»anbtung  ber  5lbtei  ®d)»ar3act),  beren  2lbt  .ffaipar  s-8runncr 
üor  ben  ^Infeinbuugen  ber  3(efuiten  tjatte  »eierjen  muffen,  in  ein  Stefuitenfeminar 
befohlen  »urbe,  fonnte  freiließ  bann  bod)  nietjt  bie  ättöfü^tung  biefcö  ^efctjles 
gegen  ben  Vereinten  SSiberftanb  beä  (Jrjbifc^ofg  bon  ^JJlainj,  beö  s-Bifcfjof3  Pon 
Strasburg  unb  be^  sJteid)sfaminergcrid)tö  burdjfehen.  Seine  firdjticrje  ßefinnung 
tjiett  it)n  übrigen^  »eber  ab,  feine  lanbestjerrlidjen  9ted)te  aud)  gegen  $löfter 
mit  6ntfd)iebenf)eit  geltenb  ju  madjen,  »ie  ba§  fein  Söertjalten  gegen  $taiienalb 
unb  Öteidjenbact)  beroieö,  nodtj  aud)  in  feinen  Söerorbnungen  t)in  unb  »ieber  auf 
rein  lird)lid)e8  ©ebiet  ftBetjugreifen,  »ie  ba§  3.  33.  gefdjat),  aU  er  ben  Pfarrern 
feine!  SanbeS  ben  S3efel)(  erttjeilte,  iürbertj'n  nur  nod)  nad)  bem,  auf  feine 
Slnorbnung  gebrudten  .ffated)i«mu8  ben  Unterricht  in  ber  Religion  ju  ertljeilen 
unb  bie  ?luerül)rung  biefeö  23efel/l§  buref)  feine  »eltlidjen  Beamten  über»act)en 
lie§.  3fn  Se^ug  auf  feine  übrige  ^Regierung  Perbient  Por  allem  feine  gefe^= 
geberifd)e  Xtjätigfeit  S3ead)tung.  Qx  r)at  nief)t  nur  nacti  »ürtembeigifcl)em  9)lufter 
ein  feine  eigenen  »ie  feiner  Vorgänger  93erorbnungen  in  fünf  ^>aupttt)eiten  um= 
faffenbeä  Sanbted^t  aufarbeiten  lafftn,  bag  1588  Pollenbet ,  jeboct)  nidjt  burr^ 
ben  S)rurf  publicirt  toorben  ift,  fonbern  er  tjat  auef)  Ȋlirenb  feiner  ganzen 
Regierung  burd)  eine  lilenge  Pon  grlaffen,  bie  ftd}  auf  faft  alle  ©ebiete  be§ 
öffentlichen    Seben§    erftredten,    Pon    fid)    nuä    in   bie    Pertoirrten  guftänbe   bes 


SJHjütpp  SBittjelm,  OJtorfg.  to.  23tartbenbutg=®d)toebt.  761 

£anbe§  Crbnung  ju  bringen  gefugt.  ,!panbtoerferorbnungen  folgen  im  bunten 
Söedjfel  auf  umfaffenbe  SSorfdjrtTten,  tote  man  ber  Sßeft  begegnen  folle,  auf  poli= 
äeilidje  93lafjregeln  gegen  ba§  llmficfjgrcifen  be§  33ettter=  unb  2anbftretdjer= 
unmefen§,  auf  gfotftebicte  u.  f.  m.  9118  1586  jur  ©tärfung  ber  fatfjofifdjen 
Kirdje  in  ber  ©tobt  93aben  bei  bem  Stifte  bafelbft  ein  ©eminar  erridjtet  mor= 
ben  mar,  in  meinem  junge  Seute  au§  ber  9Jtarfgraffcfjaft  ftubiren  fottten,  erging 
an  bie  einjelnen  Amtleute  ein  marfgräflidjer  93efef)l,  au§  jebem  2Imte  einen 
tauglichen  jungen  ftct)  ju  öcrfd^affcn ,  ber  bann  in  studio  auferjogen  unb  ma§ 
(Sffen  unb  Srinfen  belangt,  feinen  Mangel  tjaben  fotle.  1583  führte  5ß.  ben 
gregorianifcf)en  Kalenber  in  feinem  Sanbe  ein,  roärjrenb  in  ber  proteftantifd^en 
9ttarfgraffcf)aft  23aben  =  Surlacf)  ber  jultanifc^e  audj  nocf)  fürberf)in  beibehalten 
mürbe.  *p.  mar  auigejeidjnet  burcf)  eine  rege  Vorliebe  für  Äunft  unb  3Stjfen= 
fdjaft.  Su  93aben  liefe  er  ba§  ©cfjlofj,  ba§  einft  SJtarfgraf  6f)riftopf)  I.  gebaut 
fjatte.  burcf)  ein  neueä  ptäcf)tigere§  erfetjen.  Sie  9)tufif  liebte  er  fefjr  unb  fucfjte 
erprobte  SJtufifet  an  feinen  $of  ju  jiefjen.  3fn  feinem  9lacf)laffe  fanb  jidj  eine 
ganje  (Sammlung  ber  berfcfjiebenartigften  9Jcufifinftrumente.  1585  fdjicfte  er 
5ufammen  mit  9Jlarlgra?  Srnft  griebricfj  bon  23aben  =  Surlacb,  einen  ©efanbten 
nacfj  23enebig,  ber  mit  llnterftütjung  be§  Sogen  in  ben  Älöftern  unb  9lrcf)tbcn 
SöeronaS  nad)?orfcf)en  unb  nadjforjdjen  taffen  foüte,  roann  unb  mie  lauge  bie  babifdjen 
gürftcn  bie  ÜJtaifgraifdjaft  Verona  befeffen  f)ätten,  ma§  mätjrenb  if)rer  Regierung 
SenftoürbigcS  toorgefaHen  unb  anbereS  meljr.  ©cfjon  1584  tjatte  er  mit  9tücf> 
fidjt  barauf,  bafj  fdjon  längft  bie  üJtarfgraffdjaft  ^adjberg  mit  ber  93tatfgraf= 
fdjaft  SBaben  berbunben  mar,  fiel)  ju  bem  jitet  eines  ÜJlarfgrafen  bon  33aben, 
audj  ben  eine§  «Dtarfgrafen  bon  £ocf)berg  beigelegt,  nacrjbem  er  baju  bie  ßin= 
roilligung  ber  beiben  Wlarfgrafen  (Srnft  griebridj  unb  Safob  III.  bon  35aben= 
Surlacf)  erlaugt  blatte,  benn  bie  3Jlarfgraifdjait  <£>ad)berg  befanb  fiel)  feit  ber 
©paltung  be§  £>aufe§  93aben  in  3tt>ei  Sinien  im  SBejifce  ber  Surtadjifd&en  Sinie. 
*p.  ftarb  am  11.  3uni  1588  in  ber  Stütze  feiner  Mre.  SJurcfj  eine  ber* 
fdjroenberifdje  -gjoffjattung,  fofijpietige  23auten,  au§gebefjnte  Reifen  naef)  Italien, 
nadj  hen  sJiiebertanben  u.  f.  to.,  burcf)  feine  5Mf;eiligung  am  Kölner  23i3tf)um» 
ftreit  fjatte  er  allmäfjticrj  eine  ungeheuere  ©cfjulbenlaft  auf  fein  2anb  gehäuft, 
bie  mit  ber  Regierung  auf  feinen  Setter  unb  ftadjfolger  9Jiarfgraf  Sbuarb 
ftortunat  bon  9tobenmacf)ern  (%  mar  unbermärjlt  geftorben)  überging,  ber  fiel) 
freilief)  ber  ifjm  barau§  entftef)enben  Aufgabe  nicf)t  geroacfjfen  geigte  unb  feine 
llnfäfjigfeit  balb  mit  bem  SJerlufte  feine§  SanbeS  bü^en  mutste. 

Sßierorbt,  ©efcf)icf)te  ber  ebangelifcl)en  Äird^e  in  bem  ©xojjrjeraogtl&um 
SBaben  I.  u.  IL  —  3eitfcf)rift  für  ®efcf)icf)te  be§  Oberrf)ein§  XXIY.  u.  XXX. 
—  SlrdfjitoaftfdjeS  Material  aufeer  im  ©enerallanbe§arcf)ib  in  Äarl§ruf)e  i}aupU 
fäcfjticf)  auef)  im  93airifdf)en  g{eicf)§arcf)ib  in  ^üncfjen,  9lbtf)eilung  93aben  A. 

Krieger. 
Wlty$  Stl^elm,  ^arfgraf  bon  93ranbenburg  =  ©cr)roebt,  preutsifcljcr 
©eneratfelbaeugmeifter,  ©ofjn  be§  ©rotjen  Äurfürften  griebrief)  2Bilf)elm  bon 
SBranbenbuxg  unb  feiner  3meiten  (Semab,tin,  ber  Sprinjefitn  S)orotf)ea  bon  ^olflein« 
©lücfSburg,  mürbe  am  19.  Wlai  1669  ju  Königsberg  i.  «pr.  geboren,  dt  mar 
ber  Siebling  feines  SJaterS,  roelcrjer  an  bem  fjübfcf)en  aufgemeeften  Knaben  biet 
©efaHen  fanb ;  als  1682  ber  ^erjog  bon  23raunfcf)meig  in  SBerlin  einäog,  berlief) 
ifjm  ber  Kurfürft  eine  Sompagnie  ber  Seibgarbe  ju  sterbe  unb  freute  ftcf)  ber  fol= 
battfäen  Haltung,  meiere  ber  ^rinj  an  ber  ©pi^e  berfelben  jeigte.  2tt§  ber  33ater 
geftorben  mar,  berglicf)  fein  «Jlacfjfolger  Kurfürft  ^riebtief)  III.,  «pijUipp'3  ^)alb= 
bruber,  melcfjer  be§  3}aterö,  ben  Kinbetn  Reiter  (Sf)e  unb  bereu  Butter  günftigea, 
aber  ben  §au§gefetjen  äumiberlaufenbe§  Xeftament  nicfjt  anerfannt  f)atte,  fiel) 
mit  ben  übrigen  grben;  «p.  erhielt  burcf)  Vertrag  bom  3.  ^tärj  1692  bie  £err= 


762  s-ßf)MpP  !•»  4?er3-  3U  23raunid)toeig  it.  Lüneburg. 

fdjaft  ©cfjmebt  unb  marb  ber  (Stifter  ber  nadj  biefem  Drte  benannten  marf= 
gräftierjen  Sinie,  metdje  am  12.  2)ccember  1788  mit  feinem  Soljne  Jpeinridj 
fjfriebridj  ausgeftorben  ift.  9lad)bem  er  an  feines  Srubers  Kriegen  gegen  <$ranf= 
reid)  trjeitgenommen  fjatte ,  mürbe  er  am  26.  Cctober  1697  als  ©eneralfetb= 
^eugmeifter  an  bie  Spitze  ber  Slrtitterie  gefteltt,  melier  ber  $önig  burd)  bie 
Ernennung  eines  ^Jrinjen  &u  itjrem  Grjej  einen  Semeis  feiner  2ld)tung  geben 
unb  melcfje  er  baburdj  tjeben  mottle;  ty.  mibmete  üon  nun  an  ben  £>auptU)eil 
jeiner  Ärafte  ber  (Sintmicftung  biefer  SBaffe.  @r  mar  beftrebt,  berfelben  bas 
^anbmerlsmäfjige  abzustreifen ,  mas  ifjr  infolge  itjres  £>erüorgel)ens  aus  einer 
3unft  anftebte,  unb  fie  ju  einem  nülitävifd)en  @orps  ui  machen,  daneben 
jorgte  er  für  bie  tedjnifd)e  unb  für  bie  roiffenfdjaTtlidje  Slusbitbung  bes  ßorps. 
2>ie  Dfficiere  ftotjirten  in  gotbbovbirten  Stoffen  einher,  mie  bie  ÜJlagifter  trugen, 
unb  maren  eingebilbet  auf  irjre  ©elerjrfamfeit  unb  auf  itjren  Srjei,  tuetcfjer  fid) 
fetbft  an  bie  Spike  einer  ßeibbombarbiercompagnie  ftettte,  unb  unter  bem  bas 
Gorps  üon  798  Äöpfen,  metdje  es  1689  aärjlte,  auf  jetjn  Gompagniett  üermeljrt 
rourbe.  Son  irjm  flammt  bas  MrtiUerieregtement  üon  1704,  in  roelcfjem  3>arjre 
er  einen  ftänbigen  Sik  im  ÄriegsTatlje  errjielt.  2lud)  mar  er  Kector  magni- 
ticontissimus  ber  Uniüerfität  .Stalle.  <5r  mo()nte  in  bem  Söeiter'fdjeu  Calais 
unter  ben  Üinben,  ba  mo  jefet  bas  Calais  Äaifet  SMrjelms  ftctjt,  mar  mit  einer 
Sdjmefter  bes  dürften  ßeopotb  üon  ^nfjalt  =  S)effau  üermätjlt  unb  ftarb  am 
19.  ©ecemBet  1711  ju  Serlin.  ©eine  Vorliebe  für  grojje  ßeutc  reijte  König 
fjrriebrid)  I.  unb  ben  ^etbmarfcrjatl  ©rumbfom  jiir  ^ladjafjiuung  unb  marb  gruub= 
tegenb  für  biefe  unter  griebrid)  SBiltjelm  I.  nod)  mein-  Ijerüortretenbe  ®efd)mads» 
ridjtung.  (Sin  fdjlimmer  äöiberfadjer  mar  il)iu  ber  Dberft  Sdjlunbt  (f.  b.).  sJadjt 
ju  oermedjfeln  mit  feinem  ©ruber  ftaxi  Philipp,  melier  Ijeimlid)  mit  ber 
fpäter  bem  furfädjfifdjeu  gelbmarjdjalt  ©tof  SÖaderbartb,  üermäfylten  ©räfiu 
Satmour  üerrjeiratrjet  mar  unb  am  28.  3>uli  1693  \u  San  ©ermano  bei  Gajate 
in  Sßicmtmt  ftarb  (ügl.  Dr.  $•  [\riebtanber,  sJJtarfgraf  $arl  ^tjitipp  bon  58ran= 
benburg  unb  bie  ©rafin  Satmour,  Serlin  1881 1. 

$.  30.  ö.  Sdjöning,  .!piftorifdj  =  biograpf)iid)e  9iad)ridjten  jur  ©efdjidjte 
ber  branbenburgifd)=preufjiid)en  Artillerie,  1.  Saub,  Berlin  1844.  —  ü.  sJJca= 
(inomsfi  unb  ü.  33onin,  ©efdjidjte  ber  branbenburgifd)  =  preu^ifd)en  Artitterie, 
»trlin  1842.  SB.  ^oten. 

v^l)ilipp  I.,  ^per^og  \u  3?raunf djmcig  unb  Lüneburg,  au£  ber 
®ru[H'n()ageuer  Öinie,  Sofjn  .^erjog  lUtbrccrjts  III.  (t  ^mildjen  bem  17.  lUprit 
1485  unb  1.  9Jtai  1486)  unb  beffen  ©etnatjltn  (Stifabetcj,  einer  Zofytn  beö 
©rafen  5ßotrab  öon  9Batbed  (i'  nad)  1512),  mürbe  tiermutb^tid)  um  baö  %at)x 
1476  geboren.  3118  ber  üttefte  ber  ben  5ßater  übertebenben  Sör;ne  folgte  er 
biefem  anfangs  unter  SBormunbidjatt  feines  Setters,  Oer^og  .^peinridjs  IV.,  bann 
metjr  unb  meljr  unter  ber  feiner  5Jcutter  in  ber  Regierung,  bis  er  biefetbc  roob^I 
im  %.  1494  fetbftänbig  übematjm.  2)a  fein  iüngftev  SBrubet  ßrnft  fdjon  1498 
ftarb,  fo  tjatte  er  bie  Jperrfdjaft  nur  mit  @rid)  ^u  tljciten,  ber  feit  1500  bie= 
felbe  mitfütjrte,  üon  1508  an  aber,  mo  er  bie  33ist£)üuier  Osnabrüd  unb  ^}aber= 
born  errjielt,  fie  bem  Söruber  fo  gut  mie  ganj  übertaffen  ju  tjaben  fdjeint. 
5tadjbem  aud)  fein  Setter  |jeinrid)  IV.  am  6.  Secember  1526  finbertos  ge= 
ftorben  mar,  tarnen  aud)  bicjeiugen  5janbestt)eite,  roetdje  1481  bei  ber  üEtjeilung  mit 
2U6redjt  III.  ib^m  jugefaüen  maren  ( Batjber^elben  unb  bie  |)älfte  bes  ©ruben= 
b^agen),  an  5ß.,  ber  nun  bas  ganje  ©rubentjagener  ©ebiet  unter  fid)  üereinigte. 
S)ie  Regierung  ^ßfjilipp's  mar  im  ©an^en  eine  friebtidje  unb  fegensreidje.  2lu8» 
märtigen  ^)änbeln  fudjte  er  nad)  93cögtid)feit  fern  ]u  bleiben;  mie  nidjt  fetten 
tjier,  fo  mar  er  aud)  im  Innern  feines  Öanbes  überaE  beftrebt,  bie  @intrad)t 
5U  ermatten,     ^n  Dfterobe  madjte  fid)    fdjon  im  ^.  1492  eine  Semegung  gegen 


$t)ttipp  I,  ^)erj.  31t  33raunfct)tt>eig  u.  Sünebutg.  763 

ben  Statt)  bemerkbar,  meldte  5ß.  bergebtict)  ^u  befchmichtigen  fucb,tc.  2IIS  biefetbe 
bann  1510  in  mitben  2lufrur)r  überging,  tonnte  ber  ^»erjog  nut  burct)  ftrenge 
9Jcafjrege(n  bie  Drbnung  tnteber  tjerftetten.  Kriege  tjat  ty.  toenig  geführt.  (Stner 
©renaftreitigfeit  tjalber  unternahm  er  1500  eine  $ebbe  gegen  bie  ©raren  Don 
•£>onftein.  Sann  Beseitigte  er  fict;  feit  bcm  SÖinter  1513—14  an  bem  ^dt)= 
juge  -^erjog  ,£>einrict)ä  b.  2te.  gegen  bie  SButjabtnger  unb  ben  ©rafen  ©tmrb  bon 
DftfrieStanb ,  ohne  jebocf)  für  fich  aufjer  bem  Ditterfcrjtage,  ben  it)m  <!pcr(}og 
©eorg  bon  ©actjfen  ertfjeitte,  irgenb  roetctje  Vorteile  babou  ju  tragen.  S)er 
firchlidjen  SteformationSberoegung  ftanb  er  anfangs  tljeitnaljmtoS  gegenüber, 
roenn  it)m  auch.  Sutljet'ä  auftreten  in  28orm§  gut  gefallen  tjaben  fott.  ^mx)t 
jeigten  fid)  in  feinem  Sanbe  bei  (Sinbecf,  etroa  feit  1522,  bie  Spuren  ber  neuen 
ßeb,re,  bie  halb  in  ber  ©tabt  äarjlreidje  2lnt)änger  fanb.  2)a  $.  zögerte ,  auf 
bie  hierüber  erhobenen  Etagen  ber  borttgen  Stifter  einjufihreiten ,  fo  roanbten 
biefe  fid)  an  feinen  SSruber,  SBifdjof  Gürid),  ber  bie  2Iu§meifung  ber  lutt)erifcr)en 
^rebiger  burcbjefete  (1525).  Didjt  lange  barauf  mürbe  *p.  fetbft  —  mir  roiffen 
nictjt  burd)  roelc§e  Qsinftüffe  —  für  bie  eöangetifcrje  Sad)e  gemonnen.  $m  3uni 
1526  trat  er  ju  2Jtagbeburg  bem  urfprünglid)  in  Sorgau  gefctjloffenen  unb  jefet 
erneuerten  33ünbniffe  ber  8utl)eraner  bei.  ü£)a§  b,ob  ben  9Jtutb,  ber  6bangetifcb,en 
in  Sinbecf.  Sie  gemannen  bie  £)bert)anb  im  Statte,  unb  biefer  berief  jur  5lu§= 
arbeitung  einer  $irct)enorbnung  TticolauS  bon  9tm§borf  unb  ftettte  ebangelifdje 
*Prebiger  an.  3fm  3f-  1529  fcrjeint  bie  Deformation  ber  ©tabt  fo  gut  roie 
burcbgefürjrt  ju  fein.  Sa  bie§  Streitigfeiten  mit  ben  ©tiftern  berurfactjte ,  fo 
»ermittelte  ty.  jjmifcrjen  biefen  unb  bem  Datfje  am  19.  Dobember  1529  einen 
Vertrag,  nad)  meinem  bie  Stifter  bei  bem  tatr)otifd)en  Söefen  üerrjarren  burften, 
bie  angeftetlten  ebangelifchen  *J)rebiger  aber  ebenfalls  il)re  ©teilen  behalten  unb 
im  übrigen  ^ebetmann  frei  ftetjen  foEte  in  bie  $ird)e  p  gefjen,  mo  er  motte, 
„dewile  de  gelove  von  gode  komen  moth  unde  mit  geboden  edder  verboden 
nicht  mach  gegeven  werden",  äßie  bie  ©tabt  (Sinbecf,  fo  fd)toft  fid)  aud)  *ß. 
1530  bem  33ünbniffe  bon  Schmalfalben  an.  (£§  bertauteten  fogar  ©timmen, 
bk  ii)m  ben  Oberbefehl  über  bereu  bereinigte  Strettfräfte  ^u  übertragen 
roünfchten.  Ob  ber  milbe  ©inn  Sßhilipp'S,  ber  Diemanb  S^ang  antbun  mottte, 
ober  ber  Gnnflufj  feines  ftreng  fatbolifdjen  SruberS  eine  energifchere  Surchfübrung 
ber  Deformation  gebinbert  bat,  mag  babin  geftettt  bleiben.  33efonnen  mar  ba§ 
Vorgeben  3ßbi(ipü'§  in  jebem  ^atte,  aber  nac|  bem  3lobe  6rid)S,  ber  am  14.  $ftai 
1532  ftarb,  boch  entfehiebener  als  borfjer.  @r  fchritt  jefet  aurb  jitt  ©äcutari= 
fation  ber  Älöfter,  noc^  1532  ju  ber  Äat(enburg§ ,  mo|t  im  Totgenben  3at}xe 
äu  ber  ^öbtbe§.  21m  20.  3^uni  1537  tarn  unter  Vermittlung  furfäcbfifc^er 
Stbgefanbten  amifchen  bem  dürften  unb  bem  Datrje  ber  ©tabt  ßinbeef  ein  3}er= 
trag  ^u  ©tanbe,  naefi  bem  auef)  t)tev  in  ben  ©tiftern  ber  eoangetifdje  ©ottesbienft 
eingeführt  merben  foHte.  2tm  6.  Sunt  1538  fmt  tp.  bann  ,ju  @inbecf,  mie  i% 
febeint,  einen  förmtidjeu  Sanbtag  abgehalten,  auf  bem  bie  päpftttebe  Seb.re  für 
abgefebafft  erftört  mürbe,  ^n  bemfetben  3a^re  f)at  er  eine  bislang  noch  unbe* 
fannte  ßirerjenorbnung  erlaffen,  ber  1545  eine  jroeite  für  bie  ßinbeci'fcrjen  Stiftet 
erlaffene  9teformation§orbnung  folgte,  ^m  3-  1546  naljm  ^ß.  an  bem  ftelbpge 
ber  ©cbmalfatben  %f)di,  ber  bor  ^ngolftabt  erfolglog  enbete.  @r  50g  fidj  ba* 
burefi  natürlich  ben  3orn  Äaifer  ÄatlS  V.  ju,  ber  ib,n  jeboch  nach,  gänzlicher 
Diebermerfung  ber  (Sbangetifchen  am  20.  $uni  1548  gegen  2lu§ftettung  eines 
9teberfe§  in  einer  förmlic£)en  Urfunbe  bon  aller  ©träfe  frei  fprach.  —  ©ein  Sanb 
bat  5p.  noch  nach  altrjerfömmlicber  SBeife,  aber  gut  unb  forgfam  berroattet. 
2Bieberr;olte  Sränbe  b.aben  bemfelben  argen  ©chaben  bereitet.  21m  4.  9tobember 
1510  brannte  fein  ©cblo§  ^er^berg  ab,  fo  ba^  er  faum  fein  unb  feiner  ©attin 
geben  rettete;  auch  fein  5trchib  mürbe  jum  großen  Steile  ein  Cpter  ber  flammen. 


764  ^ilipp  9flagnu3,  $.  31t  iBrcuinjctmmg  n.  Lüneburg. 

1540  bernidjtete  baS  geuer  faft  bie  901131'  Stabt  (StnbecC ,  1545  Dfterobe.  $. 
ift  am  4.  September  1551  311  ^crjberg,  geftorben  unb  in  ber  2legibienfircf)e  3U 
Cfterobe  begraben.  Vermätjlt  mar  er  mit  .Üatrjarine,  ber  lodjter  beS  ©raren 
©ruft  II.  Don  'iDcanSfelb,  bie  1535  geftorben  ift.  ©ein  Sot)n  ßrnft  (f.  .SC.  ©.8*. 
VI,  258)  folgte  itjm  in  ber  Regierung,  nad)  beffen  lobe  (1567)  fein  Sofrn 
2Bolfgang.  9ltS  aud)  biefer  otjne  männtidje  Wactjfommenfdmft  am  14.  9ttär3 
1595  ftarb,  fam  $l)ilipp'S  jüngfter  gteidjnamiger  Sot)n  s43f)ilipp  II.  jur  .<perr= 
fdmft.  2)od)  nur  auf  fur^e  Seü  •  oa  ct  am  *«  ^Iprit  1596  bereits  öerfdjieb. 
ÜJlit  irjm  erlofd)  ber  IttanneSftamm  ber  ©rubenfmgener  ßiuie  beS  JpaufcS 
Vrauuicf)roeig.  <£>er3og  .^einrid)  Julius  öon  Vraunfd)roeig=2Bolienbüttel  bemäd)= 
tigte  fid)  i^teS  ©ebieteS,  baS  jebod)  fpätcr  an  bie  Süueburger  ßinie  fam.  Von 
ben  anberen  .Uinbcrn  iJitiiUpp'S  I.  fiub  brei  in  irütjer  ^ugenb  geftorben.  Seine 
Sötjne  9llbrcd)t  unb  Sforjann  fanbeu  ben  lob  auf  bem  Sd)tad)tfclbe;  erfterer 
fiel  am  20.  £)ct.  1546  im  Ireffen  bei  (Stengen,  letzterer  ftarb  am  2.  September 
1557  an  feinen  bei  St.  Quentin  erhaltenen  Söunben.  Seine  loctjter  Äattmrina 
t)eiratr)ete  in  erftcr  Gfje  (1542)  ben  öer^og  ^orjann  (Srnft  öon  Sadjfen  Aloburg 
1  i  1558),  barauf  1559  ©raf  s}>f)ilipp  II.  oon  Sd)roar3buvg  =  ^eutenberg  unb 
ftarb  am  24.  Februar  1581.  $.  3i  mmer  mann. 

vJ>l)iltpp  Wnpiltf,  $eraog  311  Braunf djroeig  unb  Lüneburg,  rourbe, 
roenn  mir  öon  bem  fvüt)  geftorbenen  älteften  Soljue  WubrcaS  abferjen,  als  Jtoeitet 
Sotjn  .£>er,jog  §einri<$8  beS  Jüngern  unb  beffen  erftcr  ©emafjlin  9Jtarie,  einer 
lodjter  beS  ©rafen  |>einrid)  oon  VMhteiuberg ,  am  26.  3uni  1527  geboren, 
f  1553.  Irotjbem  bafj  feine  3tugcub  bei  ben  jatjlreidjcn  <yet)ben  beS  VaterS 
in  eine  ftütmifdjc,  fampferfüllte  ^eit  fiel,  crfjielt  er  bod)  eine  für  bie  bamaligen 
Vertjältniffe  auffalleub  tücljtigc  trnffcnfd)aftlid)e  Vilbuug.  ftod)  fpäter  erinnerte 
er  fid)  mit  innigem  Saufe  als  feines  3ugenbler)rerS  beS  ^uriften  2(Gcob  ."jpeuniua, 
tfatuitianuS.  3118  £erjog  #eintidj  öor  bem  SlnrfldEeti  ber  Sd)iuatfatben  fein 
Saub  öerlaffen  ntufjte,  begleitete  it)u  $ß.  1U.,  roätjreub  bie  Vrübcr  beffelbeu,  .Wart 
Victor  unb  Julius,  anfauglid)  in  ©auberSfjeim  jurücf  blieben.  GS  ift  befannt, 
bafj  bie  .jpoffnung  Jpeinrid)ö,  bie  fatl)oli)d)c  Partei  für  fid)  in  Verocgung  ju 
fetjen,  eine  eitle  mar.  $.  IR.  öertoanbte  batjer  bie  uujveiroillige  Klüfte  feiner 
Verbannung  311  meiterer  miffenfcrjaftlidjer  MuSbilbung.  1544  fiuben  mir  it)n 
311  bem  (Snbe  in  s4>abua,  Doli  guter  .^offnung ,  ba§  ©ott  ber  gerechten  Sad)e 
feinei  £)aufeS  ben  enblid)en  Sieg  öerleiljen  merbe.  $m  folgenben  SMjre  ge» 
ftaltete  ficr;  bicfelbe  jebodj  nod)  ungünftiger.  5ltS  -£>einrid)  fid)  mit  SBaffen» 
geroalt  roieber  in  ben  sJ3efi^  feines  SanbcS  fe^en  rootlte,  rourbe  er  bei  §öäel$eim 
uidjt  nur  gejcrjlagen,  fonberu  mitfammt  feinem  älteften  Sotme  $art  Victor  ge» 
fangen  genommen.  5ß.  Wl.  richtete  nun  mit  feinem  Vruber  3ulia^  ei"e  gemein^ 
fame  SBittfdjiift  an  ben  .Uaifer,  um  biefen  3U  einem  ©infctjrciten  für  i()ren  Vater 
311  öermögen ;  ja  er  reifte  fclbft  nad)  'Xom,  um  bort  ^)ülfe  für  it)n  3U  erlangen. 
VeibeS  otjne  Srfolg.  6rft  als  bie  Sdjmalfalben  nad)  ber  3d)lad)t  bei  5)tül)t= 
berg  gänjUdf)  3U  Voben  gefdjtagen  roareu ,  ertjictt  ^peinrid)  feine  ^reitjeit  un^ 
feine  ßanbe  3urüd.  Von  ferjt  ab  fet)en  roir  ^>-  9^.  in  ber  SMtung  ber  9tegie= 
xung  unb  ber  ftüfjrung  ber  Iruppen  feinem  Vater  fräftig  3ur  Seite  ftet)en.  9llS 
^einrid)  1552  nact)  Whfy  3um  Äaifer  reifte,  um  oon  biefem  Jpülfe  gegen  bie 
Eingriffe  VolrabS  öon  9]tansielb  3U  erbitten,  ernannte  er  9ß.  SSR.  311  feinem 
Statthalter.  %m  folgenben  2far)re  leitete  biefer  im  Verein  mit  Vatttmfar  bon 
Stedjoro  ben  Streif3ug  gegen  bie  Stifter  DSnabrüd,  fünfter  unb  sJ)tinben,  ber 
mit  bem  Ver3id)te  beS  Vtfd)ofS  fixari]  auf  IJJUnben  3U  ©unften  bon  öer3og 
ApeinridjS  jüngftem  Sotjne  Julius  enbigte.  211S  batb  barauf  ein  großer  Vunb 
gegen  ben  ^Jlarfgrafen  ?ltbred)t  öon  Vranbenburg  3U  Stanbe  fam,  fürjrte  5ß.  sDt. 
bie  2Bolfenbüttler  Iruppen  nact)  ^anfen,    roo    fid)    bie    fadjfifcrjen   unter  .gjanS 


^<f)ilipp  L,  Sanbg.  t>.  Reffen.  765 

Pon  .ipeibetf  mit  itjnen  bereinigten.  £)a  Sllbredjt  ben  .$hiegsfdjauptat$  nad) 
9Ueberfad)fen  üerlegte,  fo  mufjte  aud)  5p.  $ft.  nad)  Sorben  jurüäfetjren.  Unweit 
9cortf)eim  ftiejj  er  mit  bem  £>eere  ber  Söerbünbeten  jufammen.  5lm  9.  $uü 
!am  e§  bann  amifdjen  biefen  unb  2(tbred)t  bei  SiePeiStjaufen  ju  einer  entfetjet* 
benben  Sdjladjt,  bie  ^mar  mit  einer  ^ieberlage  bes  Sefetcren  enbete,  aber  aujjer 
bem  «ßurfürften  SRoritj  Pon  <Sad)fen  ben  Beiben  älteften  Söfjnen  ^perjog  £)einrid)s 
bas  Seben  foftete.  Sie  fielen  im  ^auptheffen  ber  (Sdjtadjt,  als  fid)  ber  Sieg  fd)on 
au?  bie  Seite  2llbred)ts  neigte,  bis  it)m  ber  re^tjeitige  Slngtiff  beS  bie  Wad^tjut 
be'etjligenberi  Sotjann  Pon  äSuüen  benfelben  mieber  entrifj.  2lls  bem  Sßater 
bicf)t  nad)  ber  Tcadjridjt  Pom  ^infdjeiben  feinet  jüngeren  Sofmes  aud)  ber  %ob 
feines  älteften  gemetbet  mürbe,  preßte  it)m  ber  ©djmerj  nur  bie  Söorte  IjerauS: 
„es  ift  3u  Piel".  Sein  <2tot,3  unb  feine  greube  mar  mit  biefen  beiben  ©öfmen, 
bie  in  politifdjer  mie  religiöfer  SBejietjung  treue  ©efinnungigenoffen  beS  2)aterS 
maren,  pernid)tet;  fein  jüngfter  ©oem  Julius  mar  ber  itjm  Peitjafiten  ePange= 
tifdjen  ©adje  jugeirjan,  melier  er  (f.  51.  £>.  33.  XIT,  667;  balb  baraui  in  feinem 
Sanbe  3um  ©iege  Perb,elien  foUte.  Ser  bebeutenbere  ber  gefatlnen  Grübet  unb 
ber  Liebling  bes  23aterS  mar  jebenfaltS  *ß.  3Jc.,  auf  meldten  biefer  feine  ganjc 
Hoffnung  gefetjt  Ijatte.  3t)  m  fuctjte  Ipeinrid)  batjer  aud) ,  bem  öon  ifjm  mit 
5)cürje  burdjgefetjten  Pactum  Henrico  -  Wilhelminum  entgegen,  bie  9tegierungs= 
nadjfolge  jujumenben.  6r  trug  fid)  eine  3ett  lang  mit  ber  2lbfid)t,  feine  Sanbe 
3U  ttjeilen,  ober  fie  bon  feinen  beiben  älteften  ©ötjnen  gemeinfam  regieren  $u 
taffen.  Sann  aber  beftimmte  er  (1552)  *ß.  9Jt.  au  feinem  alleinigen  9iad)folger, 
3umat  biefem  für  ben  galt  ,  bafj  er  regierenber  Sanbestürft  toÜTbe ,  bie  -gmnb 
ber  ©crjmefter  beS  SßfaljgraTen  2llbredjt  Perfprodjen  mar;  Tür  bie  SBtüber  tourbe 
eine  entfpred)enbe  ßntfd)äbigung  feftgefettf.  $.  9)1.  mirb  in  alten  23erid)ten  als 
„ein  freubiger,  anfermtietjer ,  perftänbiger  §ert"  gefd)ilbert,  ber  in  ritterlichen 
Äünften  feines  ©leidjen  fudjte.  Sabei  mar  er  aber  aud)  in  ben  SBiffcnfdjaften 
für  einen  gürftenfotm  ber  geü  ungemöfmlict)  bemanbert,  menn  aud)  fein  latei= 
nifdjer  Stil  feinesroegS  fetjletfrei  ift ;  fedjS  ©pradjen  foll  er  fertig  t)aben  reben 
tonnen.  ©cfjriftftelierifd)  ift  er  mit  einer  Uebetfegung  Pon  de  Avila's  Comen- 
tario  de  la  guerra  de  Alemania  hecha  de  Carlo  Y.  en  el  anno  1546  et  47 
l)eiPorgetieten,  melctje  er  nad)  einer  franaöfifdjen  Bearbeitung  beS  fpanifdjen 
58uct)e§  aur  2Bunfctj  feine§  S3ater§  periertigte.  S5ic  Arbeit  mar  am  13.  Sinti 
1551,  ber  £rud  am  21.  3ttli  1552  in  SCÖolTenbüttet  Pollenbet. 

ty.  3i  ntm  er  mann. 

^f)tlt{){)  Pon  StePe  f.  (£lcöe,  $f)Uipp  S3b.  IV,  ©.  330. 

^IjtltPJ) :  $.  I,  ber  ©rofjmütcnge,  2anbgraf  Pon  ^ ef  f  en ,  geboren  ju  Harburg 
am  13.  giooember  1504,  f  ju  ßaffel  am  31.  Sttära  1567.  —  3m  fünften 
Sebenejacjre  burcr)  ben  2ob  be§  SSaters,  Sanbgraf  3ßilr)etm  II.  Pon  Reffen 
(f  11.  3uli  1509),  3ur  ^errfd^ait  berufen,  meldte  juerft  ein  51usfd)UB  ber  |ef= 
fifetjen  Sanbfcfiaft  unter  bem  ßanbtjofmeifter  Submig  Pon  Bonncburg,  feit  1514 
aber  bie  9Jlutter  51nna  öon  9)cedlcnburg  für  5ß.  ausübte,  mürbe  biefer  fdjon  am 
16.  äJcärj  1518  Pom  £aifer  für  münbig  unb  regierungsfähig  ertlärt  unb  trat 
alsbalb  bie  ^perrfcb,aft  im  eigenen  tarnen  an.  Sie  33ernad)läffigung,  meldte  er 
namentlich  in  ben  Seiten  ber  Utegentfdiaft  33opneburgs  an  Körper  unb  ©eift  er= 
fahren  tjaben  foE,  ncrmocrjte  feine  bebeutenben  Anlagen  nid)t  ju  erftiden,  bie 
Pielmetjr  nur  um  fo  efjer  reiften.  Sie  9tad)rid)ten  über  irjn  au§  feiner  Knaben* 
jeit  fiub  aÜerbings  feljr  bürftig;  Don  feinem  SilbungSgang  toiffen  mir  fo  gut 
mie  nichts;  faum  metjr  al§  ein  paar  Tanten  feiner  Öetjrer.  Unb  audj  im 
übrigen  merben  uns  nur  ganj  Perein^elte  3üge  beridjtet,  meldie  aßerbings  5Dtutter= 
mife  unb  fdjarfen  Söerftanb  Peirattjen;  aud)  erfahren  mir,  bafj  $.  trürjjeitig  mit 
ber  33ibel  befannt  rourbe  unb  an  bem  gormetmefen  be§  t)errfct)enben  ©otte§= 
bienftes  feinen  ©efaüen  fanb.     daneben  ftetjt  eine  gro^e  Seibenfcfjaft  jur  Sagb, 


766  Wipp  !•<  ^.'aiibg.  x>.  Reffen. 

bie  faft  als  ber  l)erüorfted)cnbfte  ^ug  im  SBefen  bes  jungen  gfurften  erfctjeiut. 
9lber  bas  ßeben  natjm  biefeu  irüt)jeitig  in  bie  Sdjule.  $aum  tjatte  ^.  bie 
Ütegicrung  angetreten,  fo  fat)  er  fein  ßanb  unter  nichtigem  Söorroanb  üon  bem 
Ütitter  örtanj  üon  Sidingen  überwogen  unb  üon  ber  eintjeimifdjen  9titterfd)aft 
preis  gegeben,  bie  tjinter  ben  SBätlcu  üDarmftabts  Sd)iits  fudjenb  itjrem  dürften 
bie  ßinmittigung  ju  fd)impflid)em  Vertrage  abnötigte.  216er  üon  nun  an  er« 
l)ebt  fid)  ber  junge  ßanbgraf  31t  wirflidjer  Selbftänbigfeit.  2öeber  ben  ßanb= 
ftänben,  beren  jeit  ber  3cit  bei  Stegentfäjaft  gefteigerten  9lnfprüdjen  er  nod)  im 
$.  1518  auf  einem  ßanbtag  mit  s)tad)brud  entgegentrat,  nod)  feinen  9tätr)eii, 
bie  er  aüerbings  3U  fd)äijcu  unb  an^utjören  üerftanb,  tjat  er  je  einen  überwiegen- 
ben  (Jiuflufj  auf  fid)  unb  bie  9luge(egcnl)citen  ber  Regierung  ]ugeftanben,  fonbern 
alle  tüidjtigevcn  fragen,  bie  an  il;n  tjevautraten,  felbftänbig  erwogen  unb  felbftänbig 
entfdjieben,  wie  bie  jatjllofen  0>utad)ten,  bie  üon  feiner  .£>anb  nod)  Oorliegcn,  unb 
feine  ausgebreiteten  ßorrefponbenjen  gut  (Genüge  erWeifen.  Unb  ptauüoll,  mit 
einem  feinen  3at)ren  weit  üorancileuben  Ueberbtid,  gcl)t  SJ3.  üon  Einfang  an  bor. 
Seine  näd)fte  (Sorge  nad)  ben  unruhigen  Reiten  ber  53ormunbfd)a?t  unb  ben  ©e= 
fahren  bes  Sitfingcnfdjen  Ueberjugs  liefe  er  es  fein ,  bas  ßanb  iuuerlid)  <ui 
fid)crn,  junädjfl  unb  box  allein  burd)  Säuberung  bcr  Straften  uou  ben  iet)be= 
luftigen  Stiftern,  bie  and)  nad)  Sidingen*  Wbuig  bas  ßanb  beunruhigten,  —  unb 
feine  Stellung  nad)  aufjen  rjin  311  l)ebcn.  (Jr  trat  in  ben  fdjmäbifdjcn  93 unb 
ein,  erneuerte  bie  alte  (hbeiuigung  feines  .jpaufes  mit  Sadjfen  unb  gewann  fid) 
<&i^og  ^eiurid)  b.  3.  öon  SBolfenbüttel  jum  ftreunbe.  2>ann  exfäjien  er 
K3jäl)iig  ju  äUorms  au?  bem  9ceidj8tage  (1521),  natjm  feine  8et)en  bom  Äaifex 
unb  üertrug  fid)  t)icr  mit  bem  feinbfeligen  3Rain&,  fowic  mit  bcr  SPfaty,  mit 
ber  üon  ben  Reiten  bes  pfatj6aieiif(t)en  ©rbfolgcfriegcs  t)er  eine  ftarfe  Spannung 
obwaltete.  2lud)  mit  bem  (Jrjbifdjof  öon  Iricr,  Widjarb  üon  ©teiffenflau,  ber 
fdjon  auf  bem  SlugSbuxgex  SfteidtjStage  Don  1518  ba'z  ^ntereffe  bes  üon  Sidingcn 
üergeroattigten  ßanbgrafcn  eifrig  üertveten  t)atte,  bitbete  fid)  jetjt  ein  enges  freunb* 
fd)ajttid)es  ßinbernetjmen,  weldjes  fdjon  im  nädjften  3  a  Irre  fid)  in  folgeureid)fter 
SBeife  betätigte.  3118  bamals  (1522)  5*an.i  üon  Sidingen  bem  StjDifcijof  geljbe 
antiinbigte  unb  it)n  in  feiner  ,£>auptftabt  Irier  belagerte,  toax  üor  allen  anberen 
Surften  ßanbgraf  iß.  ttjätig,  bem  93ebroI)teu  (ui  -Ipilfc  31t  fommen.  $u  ü)tn 
lebte  ber  ©ebanfe  ber  Solibaritat  ber  füxftltdjen  ^ntereffen,  ben  er  mcf)ifad) 
in  feinem  Sebcn  bind)  §üfeleif}ung  an  bebrot)te  Staubesgenoffen  betätigte; 
aufjerbem  räd)te  er  eigene  9Meibigung.  So  fel)cn  mir  it)n  mit  Stier  unb  ^fatj 
üereint  im  3-  1522  bie  93unbesgenoffcn  Sidingeus  bemüt()igcu  unb  im  folgen* 
ben  ftrütjling  ben  Ritter  fclbft  in  ßanbftul)!  belagern.  Sn  ber  Xrad)t  eines  Sanbä» 
fned)ts  mar  ber  eifrige,  junge  fyüvft  überall  jut  Stelle.  So  marb  Sidingen  be« 
mältigt;  bie  Stauern  feiner  93urg  erlagen  bem  Sombarbement,  bie  erwarteten 
3ujüge  blieben  au«;  enblid)  marb  Sidingen  fclbft  töbtlid)  üermunbet.  "Jim 
6  5)cai  capituliitc  er,  fdjon  im  Sobestampfe;  aud)  feine  übrigen  93urgen  fielen; 
bie  Sieger  aber  tt)eilten  bie  93eute;  bod)  t)at  '$.  fpäter  feinen  5lnt^eil  au  ßanb 
ben  alten  3l^)aöern  aurüdgcfteüt.  ^intertjet  faljen  fid)  übrigens  bie  ,fhiegs= 
fürften  nod)  in  einen  Streit  mit  bein  9ieid)sregimente,  meldjes  fid)  ber  2lufpi'üd)e 
einiger  ber  Oiittcr  annahm,  üermidclt,  bod)  gingen  fic  aud)  aus  biefem  Streit 
als  Sieger  Ijerüor.  Sie  üerftärften  bie  3a^)1  oei'  ©egner,  mcld)e  fidj  bas  9legi= 
ment  gemacht,  unb  trugen  bind)  it)re  93efd)Werben  miber  baffelbc  üieüeidjt  am 
meiften  ju  beffen  Sturze  Anfang  1524  auf  bem  brüten  Nürnberger  föeid)5tage 
bei.  So  mar  il)r  Unternehmen  auf  allen  Seiten  üon  mid)tigen  potitifdjen  5°^8en 
begleitet;  ber  ßanbgraf  aber  t)atte  bie  Sdjarte  ausgetoetjt,  bie  it)m  in  ben  3l'üen 
r)ülflofer  ftinbtjeit  gefd)lagen  mar,  unb  ftanb  jetjt,  nod)  nid)t  20 jährig,  geachtet 
unb    gefürdjtet   im   9veid)e   ba.     3lls   einen   ^riegsmann   bejeidjnet   itjn  ßut^er, 


SP&üipp  I.,  Sanbg.  ö.  Reffen.  767 

öon  ^etfon  Hein,  aber  in  ftatf.  unb  «öexftanb  mächtig  unb  gtücffetig.  3n  ber 
£b>t  tonnte  bie  in  einer  entfcb>ffenen  £anb  aufammengefafcte  3Jta$t  £>efien§ 
Wobt  nadj  mannet  ©eite  f)in  ben  2lu§fcfjlag  geben. 

Um   biefetbe  Seit   trat  $.  in  enge  S5ejiet)ungen  au  bem  £exaog  ©eorg  bon 
(Sac^jen,    beifen  ©orjn  Sodann  mit  ber  einigen  ©cf)Weftex  ^fjitipp  8,  bex  etwas 
älteren    ßlifabetf),    oexmäbtt    mar.      3c^t    1523    öexmäb,tte   fic£>  «p.    felbtf   mit 
(Jbxiftine    ber   Softer   ©eoxge.     2>od)    foulen   bie  Sahnen  ber  beiben  «ötanner 
batb  gän«  auseinanbeigerjen,  inbem  fiel)  $.  fcfjon  1524  ben  Slnfjängern  SutfarS 
mit   öoEex  @ntfcf,iebenf)eit  angefeilte,     ©ein  Uebextxitt  erfolgte  rafd),   aber  mdjt 
unöorbereitet.     ®a§  Sibetjtubium   bes  iungen  Sanbgrafen,  beffen  mir  gebadjten, 
fiatte  obne  ^meifel   bereits   ben  SBoben   in   itjm   bereitet,  mbem  e§  Jemen  Elia 
für   ba§  UnWefenttic^e,    menn   nicfjt  9)ci&biäuct)iict)e   mancher   ginrnfctungen  ber 
befteljenben  tattjotifc^en  j?ixcfje  Warfen  mufcte.     Sann  faf)  unb  rjörte  er  öutyer 
fetbft   auf   bem  9ieicf)ötage  ju  2Borm§  1521  unb    natun  Snterefie  an  ibm.     Gr 
befugte   ben  «Reformator  in   feiner   Verberge.     Unb    ber  ßtnbrucf,   ben  J.   bon 
SBormS  naef;  £aufe  braute,  mar  ftarf  genug  um  ifm  ju  öexmbgen,  bie  fragen, 
Wetcbe  bie  3eit  bewegten,  an  ber  £anb  ber  te?oimatorifct)en  unb  ©trettfcb>Tten  au 
ftubixen  unb  au  übexbenfen.     Sen  2Iu§fct)tag  für  ^itipp-S  förmltcrjen  Hnfd&lufj 
an  bie  ©ad)e  bex   teeret  gab  bann  aber,  joroeit  mir  fet)en,  «DcetancfcjtcjonS  au? 
be§   Sanbgxafen  ©rforbexn  öexfafcte   unb   biefem  gemibmete  „fcumme  bet  djnjt« 
lieben  Sebxe,  bie  ®ott  iefet  miebexum  bex  SEÖelt  gegeben  fjaf'  (1524).  ttonn  bie 
©excebtigfeit  buxet)  ben  ©tauben  im  (Begenfafe  aut  Sefce  öon  bex  »«btenltli(3JJeit 
bex   guten   Söexfe   befjanbett  mixb.     Sex   Sanbgxaf   max   übexaeugt.     ®utfe|lict) 
exfcbien    trjm    fortan    bie   SinmaBung   ber  äird&e,   gegen  unb  über   bie  Gebote 
©otteä  binauS   bie    ©ewiffen  ber  9Jcenfct)en  au  tieften  unb  btefe  m  bte  allein 
mebr  obex  minbex  wiflfürlidjer  ©afcungen  unb  Seretnonien  au  fdjtagen,  wogegen 
ex  bie  ecfjte  biblifcfje  unb  cfjxiftlicfje  2ßeist)eit  in  bem  was  Sutfjer  lehrte,  wtebex- 
fanb.    Sen  eigenttiefj  bogmatifcfjen  (fragen  unb  ©xübeleien  ftanb  ^  lexnex    mie 
benn   auch,    fpätex  bie  einfadjere  2Ibenbmaf)fsteb;te  SuringU'a  *em  °TTene_n.  ©mne 
be§  Sanbgtafen  beijiänbticbet  unb  baxum  fömpatrjifcrjet  max  als  bex  «DtölticiSmuö 

U     äßie  abex  ben  jungen  dürften  mebet  bie  Slbmarjnungen  bet  eigenen  «Dtuiter 
noeb  bie  Stübung  fetneS  33ext)ältniff^  3u  feinem  öätextid)en  Sxeunbe  ^xg  bon 
©aebfen  in  feinex  Haltung  erfd&fitterten,  fo  lieft  ex  fid)  auefj  buxd)  ben  «ntd) 
bea  »auetnftiega  (1525)    ben  \a  bie  ©egnex  tebiglid)  als  gxucrjt  bex  Intern  cfjen 
ßebxen  au  beaeiebnen  feinen  2lnftanb  nahmen,  nidjt  ixxe  mad)en.   4>.  max  ?a)t  Dex 
elfte  unter  ben  pxften,  bex  nefj  mannhaft  exb^ob.     9ta*bem  er  an  ben  ärenaen 
ßeffenS    ben  2tufftanb   rafet)  au  «oben  geworfen  unb  baburet)  ba§  eigene  bebtet 
bor  bem  ©ctjrecfen  ber  ßmpöxung  faft  PöEig  bemalt  %attt,m  «  "J*  A\unn8en 
ben  fachen   Surften   au  ©ftlfe.   too   unter   feiner   tjättgen   futt)eitna|me  ber 
©ieg   öin  Sranfen^aufen    erfochten   unb   bie   ©tabt   «Raufen,   ber  ©tfe   be§ 
©ÄtoärmerS   Bornas   «ötünaer,    eingenommen   mürbe      te   um   fo    mebr  aoer 
traten   ietjt,  nacb,   ber  9ciebcxwetfung  öe§  Stufftanbea   bex  Untertanen,  bie  con- 
fefftonenen   ©egenfd^e   bei  ben   Cbrigteiten    fetbft   t»erbor.     ©eraog    ©eorg    ber 
emotive  ©egner  ber  Sßerfon  unb  2et,re  SutM.  ^ef  bie  ^urTürften  joad&tm 
pon  Sranbenbuxg  unb  «Ibrei^t  bon  ^Dcaina  unb  bie  ^exaöge  fcemruS  unb  W 
öon  SBxaunT^toctß  aum  19.  Sult   nact)  ©effau,   wo  man  es    um  tun  igen  <£m- 
pbxungen   bex   Untertanen   borbeugen  au  tonnen,   Tür   unertoftli*  erflorte,   baB 
Sox   aEem   bie    „Pexbammte  (utfjexifctje  ©ecte",    als  SBurael   be«  Äufxu^B   auj. 
aexottet  werbe.    2>iefe  (Sxtläxung  würbe  bann  flutfac^fen  unb  Reffen  niügett)eilt ; 
man    mochte   troffen ,   bie   beiben    pxften   einflüstern   3u  tbnnent    9lUem  bte* 
^oigerjen   bet  Setbünbeten   t»atte   bei   $.  unb  Sodann  bon  ©acfjfen  getabe  bie 


768  ^t)ilipp  I-,  2cmbg.  ti.  £effen. 

gegenttjeiltge  Söirfung.  @ö  beftärfte  biefe  nidjt  nur  in  ber  2lntjänglidjieit  an 
bie  Reform,  fonbern  gab  itjnen  aud)  9lntafj  nunmehr  itjrerfeitS  auf  Sßertljeibigung 
unb  3utanimenfafjung  ifjrev  -Strafte  ju  benfen,  roaS  um  fo  notfjroenbiger  fdjien, 
als  turj  barauj  ein  neues  9teid)StagSauSfd)reibeu  bcS  ÄaiferS  beffen  unüeränbert 
feinbltcEje  (Stellung  jur  Steuerung  ftavtegte  unb  fdjon  forooljl  bie  Seffauer  33er= 
bünbeten  wie  bie  Sapitel  ber  s)Jtainjer  Srjbiöcefe  ben  $aifer  angingen,  roiber 
bie  teuerer  offenfio  einjufdjreiten.  2)em  gegenüber  fudjte  nun  ßanbgraf  ^ß.  bor 
allem  engften  Slnfdjlufj  an  baS  $urf)auS  ©adjfen.  ©djon  im  ^rüf)ttng  1525 
fjatte  er  ©elegenljeit  genommen,  auf  einer  ^ufammenfunft  i^ofjann  üon  ©adjfen 
feiner  Slnrjängtidjfeit  an  baS  ßbangelium  JU  berfidjern;  im  £>erbft  fnüpfte  er 
aufS  neue  an,  lub  ben  «fturprinjen  $of)aun  ^riebrid)  ju  fid)  nad)  ^rieberoalb  unb 
bradjte  enblidj,  gebruav  1526,  in  einem  9lugenbtid,  ba  ber  $aifer  burd)  ben 
^rieben  üon  sJJtabrib  freie  -£>aub  toiber  bie  teuerer  j)u  getoinuen  fd)ien,  auf 
einer  ©ottjaer  3ufaminenutnft  ein  förmlidjeS  53ünbnif>  mit  bem  jhtrfürften  jum 
©djutj  ber  eöangelifdjen  Seigre  au  ©taube,  roeldjeS  ben  s3luSgangSpunft  für  eine 
allgemeine  Bereinigung  ber  gefammten  eüangelifdjen  ©tänbe  bitben  follte.  $n 
ber  ütt)at  gelang  eS  bem  Ihirfürften  bon  ©adjfen,  eine  9teil)e  norbbeutfdjer 
©tänbe  3um  Eintritt  in  baS  33ünbnif$  ber  ßoangelifdjeu  ^u  bringen,  dagegen 
tjatte  £anbgraf  s$.  bei  ben  obcrbeutfdjcn  ©täuben  feinen  (Srfolg,  bie  namentlid) 
nod),  etje  fie  öerbinblidje  ^ufagen  crtfjeitten,  ben  2lu3gang  beS  auf  ben  5ruf)= 
fouuncr  1526  auSgrfdjriebenen  ©peicm  WeidjStageS  abroarten  wollten.  $n 
©peier  erfdjien  bann  aud)  X"  9fo  bei  ©piije  oon  jroeitjunbert  Gittern  30g  er 
am  12.  3futi  in  bie  alte  9icid)sftabt  ein,  in  biefelbeu  färben  gefletbet  roie 
3otjann  bon  ©adjfen,  ber  am  2<>.  ^uli  anlangte,  unb  mit  bcmfelbcn  s,Hb(}eid)en 
roie  biefer  (ben  9lufangSbud)ftaben  bcS  eöangelifdjen  Siniifprudjcs  Vcrbum  domini 
manet  in  aeternum)  oeifehcn.  Unb  toäljreub  fid)  bie  beiben  Surften  über  bie 
gaftengebote  ber  fatljolifdjen  .ß'irdje  offen  tjtnroegfeüten,  berfüubeten  ifjre  ^rebiger 
unter  gcroaltigem  Zulauf  in  täg[id)en  Sßrebigten  bie  eüangelifd)e  ßc^re;  oor  allem 
aud)  mad)te  ty.  felbft  burd)  feinen  gfeueteifet  für  bie  öon  ifym  als  recfjt  erfannte 
©adje  unb  feine  23elefenf)eit  in  ber  S3ibel  ben  größten  (Sinbrud  bei  ^yreunb  unb 
5einb;  in  faft  atten  9luSfd)üffeu  beS  9teid)StageS  finben  toir  Reffen  öertreteu;  bei 
ber  2Baf)l  beS  „grofjeu  SluefdjuffeS"  oereinte  $.  fogar  bie  relatib  größte  ©timmen» 
ja^l  in  ber  fürftlidjen  Gurie  auf  fid).  Unb  fo  bebeutenb  roareu  bie  t>luSfid)ten 
ber  ßoangclifdjen  in  ©peier,  bafe  Srj^erjog  fterbinanb  enbtid)  als  äufecrfteS 
■•Bcittel  eine  faiferlid)e  (hfliiruug  mitteilte,  bie  bem  9fieid)Stage  jebe  ^lenberung 
be§  fird)tid)en  ^ettommenS  ftricte  uuterfagte.  ©0  rourbe  aderbingö  ein  3lb= 
fd)ieb  ^u  ©unften  ber  Neuerung  hintertrieben;  bod)  befd)(offen  bie  ©tänbe,  ben 
Äaifer  um  sJlenberung  feiner  äßetfungen  31t  erfudjeu,  bis  batjin  aber  ben  Status 
quo  aufrechtzuerhalten.  3lber  s^>.  blieb  hierbei  nid)t  ftel)en^  burd)  ben  allerbingä  etroa§ 
.jroeibeutigen  äßortlaut  ber  formet  beS  sJteid)«abfd)iebeS,  roonad)  fid)  feber  ©tanb 
fo  galten  foüte,  roie  er  e§  Oor  ®ott  unb  bem  $aifer  berantroorten  fönne,  glaubte 
er  fid)  pr  förmlichen  Umgeftaltuug  ber  ^irdje  feines  ÖaubeS  berechtigt;  unter 
ouftimmung  beS  ^anbeS  felbft,  auf  einem  Sanbtag  ober  einer  ©tjnobe  ju  ^om= 
bürg  in  fiebert) effen,  rourbe  bereite-  im  Dctober  1526  baS  2Berf  in  Angriff  ge= 
nommen.  5p.  felbft  erfdjien  in  ber  Söerfammlung,  umgeben  üon  feinem  Dertrauten 
9catr)e  33altt)afar  bon  ©djrautenbad),  bem  Äanjler  ^oljann  $eige  bon  ßidjtcnau, 
bem  ^ofprebiger  Slbam  ßrafft  bon  gulba  unb  bem  granjofen  ^ranä  Lambert 
oon  'ilüignon,  roeldjer  eljematS  ^'önciScanermönd),  bann  für  bie  9teformation 
geroonnen,  nad)  roed)felbotten  ©djidfalen  bon  ^.  Euq  jubor  nad)  Reffen  berufen 
roar,  roo  er  bann  bei  bem  Ütefotmroerf  bie  eigentlid)  leitenbe  9toüe  fpiette.  @r 
legte  ber  ©onobe  jetjt  158  bon  il)m  aufgeftetlte  reformatorifdje  2l)efen,  „Para- 
doxa'", por,  auf  beren  (Srunb  in  breitägigen  23erljanbtungen,  bei  benen  aud)  bie 


s.pt)iiipp  L,  Sanbg.  t>.  Reffen.  769 

altgläubige  Oppofition  p  äBorte  gekommen  mar  (bie  fid)  atterbingS  im  roefent» 
Itcfjen  barauf  befdjränft  rjatte,  bem  Surften  unb  ber  ©tjnobe  bic  äöejugnijj  pr 
Sßornafjme  ber  Reform  p  beftreiten),  eine  üteformationSoibnung  öereinbart 
würbe,  roeldje  bie  tjeffifetje  Äirctje  öon  ©runb  au§  umgeftattete.  2)urctj  frei* 
tntHigen  beitritt  füllten  überall  ebangeliftfje  ©emeinben  fief)  öitben,  je  öon  einem 
SSifc£)of  al§  ©eelforger,  Sletteften  (^ßre§bt)texri)  jur  $ufrect)terf)altung  ber  2ef)re 
unb  S)iafonen,  tjauptfäcrjticrj  pr  .gmnbcjabung  ber  Armenpflege,  geleitet.  ©ämmt= 
CtdCje  93ifctjöfc  aber  unb  ein  Söertreter  jeber  ©emeinbe  bilben  sufammen  mit  bem 
Surften  unb  ben  ©rafen  unb  Ferren  be§  8anbe§  bie  ©tmobe,  bie  iafjrticr)  ju= 
fammentritt,  um  über  alle  fircrjticrjen  Angelegenheiten  ju  beratljen,  fotoie  einen 
StuSfccjufc  gur  ©efctjäftSteitung  unb  brei  SBifitatoren  p  toätjten.  S)iefe  Seftim* 
mungen  traten  bann  jreilicf)  toeber  auf  einmal  noct)  überhaupt  ganj  in  biefer 
SBeife  in§  ßeben.  üDa£  Sibeal  ber  freien  eöangelifctjen  ©emeinbe  lie|  fid)  fo,  toie 
e§  bem  Sanbgrafen  unb  feinen  9tät1)en  anfangt  öorfdjtoebte,  nid)t  öertoirflictjen; 
*p.  felbft  richtete  fpäter  al§  ©runbtage  für  bie  firctjlidje  GHntfjeilung  beS  ßanbeS 
fed)S  ©uperintenbenturen  ein.  $m  übrigen  erhielt  bie  ßirdje  i£>re  toeitere  9lu3= 
bitbung  namentlid)  (Snbe  ber  30  er  3a§xe  auf  ©runblage  ber  Söittenberger 
Goncorbie  unb  unter  öortoattenbem  Gnnflufj  93tartin  23ucer§.  —  2ln  öielen 
Orten  fanb  ber  ßanbgraj  mit  feiner  Neuerung  bei  ber  SBeöölferung,  felbft  bei 
ü(eru§  unb  9Jcönd)en,  baZ  bereittoiltigfte  Gmtgegenfommen;  anbererfeitS  fehlte  e§ 
auetj  nietjt  an  Söiberfetilidjfeit,  bie  p  befiegen  5ß.  jum  £t)eil  erft  natf)  längerer 
ßeit  gelang,  fo  namentlich)  bei  bem  mächtigen  in  Reffen  reid)  begüterten  Orben 
ber  2)eutf<f)c)erren.  dagegen  brachte  er  fetjon  1528  ben  fircrjlicrjen  Oberen  be§ 
größten  ü£f)eile§  öon  Reffen,  ben  (Srjbifdjof  öon  5Jlain^  jum  Söerjictjt  auf  feine 
9ied)te.  S)ie  überflüffig  getoorbenen  ^cefjgerättje  ic.  famen  großenteils  in  bie 
allgemeinen  2lrmen=  ober  ©otteSfaften ;  ba§  ©ut  ber  aufgehobenen  ober  auf  ben 
Auefterbeetat  gefegten  Älöfier  aber  fanb,  nadj  ben  33efd)lüffen  eineS  ^affeler 
SanbtageS  öon  1527,  feine  SBertoenbung  3itm  üErjeil  als  AuSftattung  ber  auS= 
tretenben  unb  Unterhaltung  ber  im  JHofier  öerbteibenben  OrbenSperfonen;  ferner 
übertoieS  man  bie  ©tifte  Äauffungen  unb  Söetter  ber  9titterfd)aft  beS  SanbeS 
jum  gtoect  ber  AuSftattung  armer  Kräutern  öon  Abel;  fobann  begrünbete  ber 
Sanbgraf  p  ^aina,  9Jcer£rjaufen ,  |)oct)t)etm  unb  ©ronau  öier  große  ßanbeS= 
rjofpitäler.  ©ie  merftoürbigfte  Stiftung  aber  ift  bie  ber  Uniöerfität  Harburg, 
roeterje  al§  elfte  auf  ber  33afi§  ber  eöangetifdjen  Serjre  gegrünbete  §ocf)fcljute, 
reictj  au§geftattet,  fcfjon  1527  eröffnet  merben  fonnte;  unter  ben  erften  ^3ro= 
fefforen  begegnen  bie  Stjeologen  ßambert  öon  9löignon,  5lbam  Ärafft  unb  ©rrjarb 
©ctjneöi  öon  ^eitbronn ,  ber  ^urift  ^oljann  @ifermann  öon  Slmöneburg 
(SerrariuS  sDcontanu§,  elfter  Otector),  ber  5Jtebiciner  @uriciu§  Sorbu§,  unb  unter 
ben  fect)§  ßetjrern  ber  ©praerjen  unb  freien  fünfte  ^ermann  öon  bem  33ufdje.  — 
Sluctj  für  bie  Hebung  ber  ©ittlidjfeit  im  Sanbe  mar  ty.  beforgt;  ben  reforma= 
torifetjen  (Einrichtungen  geljen  öerfdjiebene  fittenpoliäeiticlje  Sßerorbnungen  gegen 
ba§  Sutanlen,  glucljen,  gefccjtedjtlicrje  2lu§fcf)meifungen,  fotoie  gegen  übermäßigen 
2uju§  u.  f.  ro.  pr  ©eite.  —  ^nbem  bergeftatt  ty.  ba§,  toa§  er  at§  feine  obrig= 
feitlictje  5pflictjt  eractjtete,  mit  Energie  unb  Solgericljtigfeit  angriff  unb  burdj= 
führte,  übermarf  er  fiel)  freitict)  non  ©runb  au§  mit  feinem  ©c^roiegeröater  ^erjog 
©eorg.  Uebercjaupt  aber  Ijatte  bamal§,  nactjbem  ber  ©peierer  5Reid)§abfcrjieb  öon 
1526  bie  allgemein  tjerbeigefelmte  ©ntfctjeibung  in  ber  firdjlidjen  ^xa%t  nierjt 
gebracht  rjatte  unb  febe  3lu§ficljt  auf  ein  allgemeines  ober  nationale^  (Soncit,  an= 
geficf)t§  be§  erneuten  ^ampfe§  ber  Söeltmädjte,  gefctjrounben  toar,  bie  Unftcrjerfjeit 
unb  Unttarljeit  ber  SSerrjältniffe  nur  noerj  pgenommen;  jebe  Partei  beforgte 
öon   ber   anberen  öergetoaltigt   ju  roerben,    aumal  aber  geberbeten  ficrj  bie  2111= 

5lllgem.  beutfdje  SBtogra^ie.    XXV.  49 


770  Sptjilipp  I.,  tfanbg,.  D.  Reffen. 

gläubigen  burdrroeg  fo  feinblid)  unb  trofcig,  bajj  bie  Slngabe  eines  ungetreuen 
SSeamten  Jpetjog  ©eorgs  bon  ©ad)fen,  Dr.  Ottos  bon  s$acf,  bafj  im  sUtat  1527 
ju  Breslau,  roo  bamals  einige  bet  etfrigften  unter  ben  altgläubigen  ©tänben 
bcifammm  geroefen  waren,  ein  Offenfibbünbnifj  zur  93ernid)tung  bes  ßuttjerttjunis 
unb  feiner  f)auptfäd)lid)ften  s-8efenner  abgefd)loffen  werben  fei,  bei  bem  8anb= 
grafen  ©tauben  ianb  unb  itjn  bemog,  nad)  SBerftänbigung  mit  .fhniürft  i^ofjann, 
um  bem  brotjenben  Eingriff  zuborzufommen,  fd)leunigft  zu  ruften  unb  zunäd)ft 
bie  33ifd)öfe  öon  Bamberg  unb  äöürjburg,  roeldtje  zu  ben  ütfjcilnetjmern  bes  iMtnb« 
niffeä  gehören  füllten,  anzugreifen,  inbem  er  zugleid)  bie  Söünbnifeurfunbe  nad) 
einer  s<!lbfd)rift,  bie  ifjm  s}htf  geliefert  t)atte,  beröffenttidjte  (IJcai  1528).  allein 
ber  einftimmige,  entfdjiebene  ^roteft  ber  fämmtlidjen  angeblichen  £t)eilnef)mer 
madjte  ben  l'anbgrafen  ftubig;  ofjne  ben  ©tauben  an  bie  2öaf)rl)eit  ber  eingaben 
^atfs  ganj  aufzugeben,  faf)  er  bod)  ein,  ba%  er  fid)  öon  feinem  gfeuerei'ei  }u 
Weit  fjabe  fütjren  laffen ;  bie  überzogenen  $ifd)öfe  mußten  freilid)  feinen  2lnQriff 
mit  ojelb  abfauien ;  aud)  mit  bem  Garbinal  Don  $Jcainz  rechnete  ber  ßanbgvaf 
bei  biefer  Öelegenfjeit  ab ;  bann  aber  legte  er  bie  borfdjnell  ergriffenen  SBaffen 
aus  ber  £>anb.  s^arf  würbe  in  föewafjifam  genommen,  nadjbem  ein  93erl)ör 
aber  feine  Ätartjeit  gebracht  blatte,  entlaffen;  mit  £>erzog  ©eorg  tarn  erft  nad) 
Monaten  eine  äufjcrtidie  Derföfjnung  zu  ©tanbe;  ber  fdjmäbifdje  33unb,  ber 
eine  brotjenbe  Haltung  gegen  ben  ßanbgraien  annahm,  lief}  fid)  enblid)  aud) 
befd)mid)tigen.  ©o  gingen  biefe  ^nicf  fri)en  Oänbel  ofjne  bebeutfamere  O^lflen 
borüber;  fie  ittuftrirteu  bie  preeäre  ßage  bes  i)teid)S\  aber  fie  überzeugten  bie 
9lnl)änger  be§  alten  Stiftern«  feiuesmegs  öon  ber  9totf)Wcnbigfcit,  mit  itjren 
ebangelifdjen  sJJUtftänben  ein  frieblidjes  3lusfommen  ]u  fndjen.  sJiod)  immer 
bad)te  man  baran,  bie  reformatoufdje  Bewegung  mit  <£>ilfe  be$  $aifers  untere 
brüden  zu  fönnen.  2)as  zeigte  fid)  fdjon  au?  bem  zweiten  ©peierer  Oteidistage, 
Weldjer,  allerbtngs  nod)  in  9lbmefent)eit  bes  mit  bem  Raufte  auis  neue  berbün» 
beten,  toiber  5TaHfteid)  fiegreidjen  Äaiferö,  im  ^rüfjling  1529  zusammentrat 
unb  in  feinem  9lbfd)ieb  bie  33eftimmungen  öon  1526  auftjob,  bie  33ornat)tne 
fernerer  Neuerungen  berbot,  bagrgen  auebrücflirf)  ftatuirte,  bafj  niemanb  am  ÜJceffe= 
galten  berrjinbert  unb  fein  geiftlidjer  ©taub  in  feineu  Otedjteu  Bericht  werben  bürfe. 
2)urd)  3uftimmung  zu  biefen  ^öefdjlüffcn  einer  altgläubigen  Wefvttjeit  mürben 
bie  Sbangelifdjen  ftd)  felbft  aufgegeben  fjaben;  unter  Sßorantritt  bes  ^anbgrafen 
erflärten  fie,  bafj  ein  9ftajoritätsbefd)tufj  in  ©adjen  bes  ©emiffens  feine  ©tatt 
tjaben  fönne.  91ls  aber  itjre  Dorftellungen  unget)ört  bertjattten,  traten  bie  eban^ 
gelifdjen  dürften  am  19.  2lpril  mit  einem  ^roteft  fjerbor,  ben  fie  zu  ben  bieten 
bes  Reichstages  zu  nefjmen  erfudjten.  ©ie  erflärten  barin,  bafe  ber  ^bfdjieb 
bon  1526  nid)t  einfeitig  aufgefjoben  werben  fönne  unb  bafj  fie  ba()er  iortfarjren 
mürben,  nad)  beffen  2öorttaut  fid)  mit  itjren  Untertfjanen  in  Jpiufidjt  ber  ÜJMigion 
fo  zu  bertjatten,  roie  fie  es  gegen  ©ott  unb  ben  Äaifer  zu  beranttoorten  fid) 
getrauten,  ©iuige  Sage  fpäter  traten  bieqetjn  'Heidjsftäbte  bem  *|3roteft  bei, 
ben  bann  ber  ßanbgraf,  ba  bie  ftcidjstagsmetjrfjeit  bie  Slnnafjme  berroeigerte, 
fd)on  am  5.  Wax  burd)  ben  S)rud  beröffentlidjte.  3[nzmifd)en  aber  liefjen  fid) 
bie  llmftänbe  immer  gefatjrbrofjenber  für  bie  „^roteftanten"  —  bas  mürbe  t)in= 
fort  if)r  'Jcame  —  an.  35er  $aifer  gelangte  im  ßaufe  be§  ©ommers  nid)t  nur  zu 
einer  botleit  Serftänbigung  mit  bem  *papft,  fonbern  aud)  —  in  bem  2)amenfrieben 
bon  ßambrai  —  mit  f$rvanfreid).  6r  erhielt  bie  «g)änbe  frei  unb  fonnte  enblid) 
©panien  berlaffcn.  3U  Bologna  tra?  er  mit  bem  ^ßapfte  zufammen,  ber  if)m 
l)ier  am  24.  gebruar  1530,  am  ©eburtstage  ,$?arls  unb  bem  3>af)restag  bes 
©ieges  bon  $abia,  bie  faiferlidje  A{rone  auffegte,  in  2lbmefenf)eit  faft  fämmt= 
lidjer  beutfdjer  ^ütften,  beren  ©teüe  italienifdje  ©rofec  unb  fpanifdje  ©ranben 
einnafjmen.    ©d)on   bortjer   tjatten   bie  ^roteftanten   fid)   an  Uarl  gemenbet  um 


5ßf)Uipp  L,  Sanbg.  t>.  Reffen.  771 

%  Sßerrjalten  bor  ifjm  311  terfjtfetttgen ;  allein  ifjre  ©efanbtfdjaft  fanb  aumal 
infolge  ber  Ueberreictjung  einer  Sonfeffionifdjrift,  bie  ber  unerfcrjrotfene  Sanbgraf 
mitgegeben  tjatte,  einen  fetjr  ungnäbigen  Smpfang;  bte  ©efanbten  fdjätjten  fidfj 
glütfticrj,  otjne  ©djaben  an  Seib  unb  Seben  mieber  jurücfyuferjren.  ty.  meinte 
ätoax,  ei  fei  beffet,  bafc  ber  $aifer  bergeftatt  feine  9lbfid)ten  enthüllt,  ati  roenn 
er  einen  „falben  gnäbigen"  Sefcrjeib  gegeben  tjätte;  anbererfeiti  fdjien  bann 
bod)  bai  Äuifcrjreiben,  burdj  melcrjei  Äarl  bie  9teicf)iftänbe  nadj  Slugiburg  ein- 
berief, ben  SBunfd)  bei  Äaiferi  jn  befunben,  auf  (Srunb  unparteiiferjer  Prüfung 
unb  nactj  Slntjören  beiber  Steile  bie  firdjliclje  3mietracf)t  beizulegen,  gaft  bott* 
3äf)tig  erfdjtenen  bie  froteftantifetjen  dürften  in  ^erfon  ju  Slugiburg.  9lm 
12.  9Jtai  ritt  ber  ßanbgraf  mit  150  reifigen  Begleitern  ein;  atibatb  mürbe  ber 
ebangelifdje  ©otteibienft  in  Slugiburg  eingerichtet,  nietet  metjr  mie  bor  bier 
Sauren  ju  ©peier  in  ben  Verbergen  ber  dürften,  fonbern  in  mehreren  ßirerjen 
ber  Stabt.  2)odj  mu|te  bai  beim  ^erannatjen  bei  $aiferi,  toelcrjer  am  15.  ^uni 
eintraf,  abgeftellt  toerben;  bagegen  berblieben  bie  ^roteftanten  auf  itjrer  2öeige= 
rung,  fidj  an  ber  grorjnleidjnamStoroceffton  (16.  3uni)  ju  beteiligen.  2)iefe 
fefte  Haltung  beroarjrten  fie  bann  audj  in  ben  55ert)anblungen  bei  9teictjitagi 
felbft.  (Si  fcrjicn  bai  fogar  auf  ben  Äaifer  nidjt  ofjne  Gsinbrucf  ju  bleiben,  ber 
am  25.  3funi  bie  Sßerlefung  ber  bon  9Manc£)tt)on  berfafjten  „(Sonfeffton"  ber 
ißroteftanten  in  feiner  ©egenroart  juliefs.  allein  man  fonnte  boct)  nidjt  lange 
barüber  3tt>eifelt)aft  bleiben,  bafj  $arl,  ben  SSorten  bei  2luifcrjreibeni  Stoiber, 
bie  Angelegenheit  bei  ©laubeni  nur  nact)  borgefafjter  Anfictjt  3U  befjanbeln 
milleni  fei.  Bereiti  brannte  bem  ungebulbigen  Sanbgrafen  in  Äugiburg  ber 
SSoben  unter  ben  5uBen;  er  Öm9  oen  ®0Li\n  um  feine  Günttaffung  an;  ali  $art 
biefetbe  berfagte,  30g  *p.  nicrjti  beftomeniger  am  6.  Sluguft  tjeimlict)  bon  tjinnen. 
3)er2luigang  bei  3Reict)§tagö  beftätigte  feine  Sßorauifictjt.  2)er  i?aifer  unb  bie  9Jter)r« 
Jjeit  ber  ©tänbe  erachteten  bie  (Sonfeffion  burclj  bie  „Sonfutatio"  ber  fatfjotiferjen 
Srjeologen  für  mibertegt;  9Jtelancrjtf)on§  „Apologie"  blieb  unberücEfict)tigt  unb 
ber  üteicrjiabfcrjieb  bom  19.  9tobember  1530  bertoarf  alle  Abmeierjungen  bon 
ber  rjerrferjenben  ßerjre  ber  ^iretje  unb  berlangte  ben  ben  $roteftanten,  ftdj  ber 
©ntfccjeibung  einei  künftigen  Sonciti  ju  untermerfen,  bii  3U  beffen  3ufammen= 
tritt  aber  fietj  alter  Steuerungen  3U  begeben;  anbernfatt§  bxotjte  ber  ßaifer  ju 
t^un,  toa§  feines  2lmte§  fei. 

S)ie  5lnttt>ort  ber  ^roteftanten  auf  ben  9teicf)§abfcr)ieb  bon  3lug§burg  toar 
bie  Aufrichtung  bei  ©crjmalfalbifcrjen  SSunbei.  Ratten,  mie  mir  faljen,  fcljon 
feit  1525  inibefonbere  ^urfactjfen  unb  Reffen  ben  gufammenfdjlufj  aller  ebange* 
lifc^en  9teicrj§ftänbe  jum  3wecf  ber  35ettt)eibigung  ifjrei  ©taubeni  in§  s3luge  ge= 
fafjt,  fo  mar  biefer  ^tan  bon  feiner  SSerroirflicfjung  nocl)  toeit  entfernt.  $a, 
e§  mar  fogar,  inbem  Sutljer  feit  1526  mit  ber  jjminglianifcfjen  Auffaffung  be^ 
Slöenbma^li  unb  einiger  anberen  ^ßun!te  in  (Streit  gerattjen,  eine  innere  Spal= 
tung  im  ^roteftantümui  entftanben,  inbem  3tt>tngti  namentlich  in  Dberbeutfc§« 
lanb  biete  2lnt)änger  gefunben  Ijatte,  mäljrenb  $urfad)fen,  SSranbenburg,  9cürn= 
6erg  u.  a.  ftreng  lutrjerifdi)  bauten.  9lur  ber  ßanbgraf  befa^  freien  SSliti  genug, 
um  eine  bermittelnbe  Haltung  ju  behaupten :  er  fuctjte  bor  allem  bie  ^Beilegung 
bei  Streitei  im  ^ntereffe  bei  engen  3ufarnmengef)eni  aller  ebangetifetjen  @le= 
mente  rjerbeiäufütjren,  2luf  feine  Sintabung  famen  im  ,!perbft  1529  ju  5Jlar= 
6urg  auf  bem  tanbgräflicfjen  «Schlöffe  ßuttjer  unb  3wingli,  jeber  bon  ben  an= 
gefe^enften  ^räbicanten  feiner  ^artei  umgeben,  jufammen,  um  über  bie  unter» 
fdjeibenben  fünfte  itjrer  Serjren  ju  bübutiren.  3tber  bie  Einigung  fetjeiterte  an 
ber  llnbeugfam!eit,  mit  ber  Sutljer  an  feiner  Slnfidjt  bon  ber  realen  ©egentoart 
bei  Seibei  S^rifti   im  2lbenbmal)l  feftljielt.    S)a  mar  benn  aud§  fein  politifcfjei 

49* 


772  Wlipp  I-,  Conbg.  ü.  Reffen. 

3ufammenget)en  möglid).  Wod)  auf  bem  "Dlugsburger  9teid)*tage  mußten  bie 
äroingtiantfd)  gesinnten  «Stäbte  (Strasburg,  ßonftan^,  Ulm  unb  Reutlingen  in  ber 
fog.  letrapotitana  ifjre  eigene  ßonjefftonäfcfjrijt  einreichen.  Orjnetjin  tjattc  bet 
Bünbnifjgebanfe  ben  33eifatt  £utr)er§  nid)t,  ber  ;}umat  bie  ©egenroetyr  miber  ben 
Äaifer,  bie  bon  ©ott  eingcfetjte  Cbrigfeit,  als  undjriftlid)  öerroarf  unb  in  bitjer 
Slnjidjt  QucJj  bei  ßurfacrjjen  unb  ben  Uebrigen  ^uftimmung  fanb.  Wut  2anb= 
gtaf  5ß.  badjte  anbet§.  @r  lebte,  bejonberS  jeit  bem  Watburger  Religion^» 
gefptädj,  in  bem  ©eDanfen,  alle  bem  Äaifer,  aii  bem  £>auptgegner  ber  @t>ange= 
üfdjen,  feinblicfjen  Elemente  in  (Europa  ju  einem  großen  s-8ünbnife  ]u  bereinigen. 
*ß.  ftanb  fn'er  jumal  unter  bem  (Sinftujj  ber  mächtigen  ^crjönlidjfcit  ^roingli % 
mit  bem  er  bon  bem  JKeligionigefpräd)  biö  311  beffen  lobe  einen  bertraulictjen 
politischen  SBriefroecrjfel  unterhielt,  <"pier  ridjten  fid)  bie  ©ebanfen  auf  bie  ge= 
jammte  Sage  ber  2Eelt;  bie  naljen  unb  bie  roeiteften  $uie  tuerben  neben  einanber 
inS  2luge  gejagt:  ein  rjejftfcfHdjrueijerifcrjes  ^ünbnifj,  metdjeä  benn  auch,  burdj 
ben  ßintritt  s-j.U)üipp'ä  in  ein  fogenannteä  iöurgredjt  mit  Bürtdj,  23afel  unb 
Strasburg  (Wobember  1530)  angebahnt  mürbe,  unb  bie  rKürffüIjrung  Ulrid)'ä 
toon  3öürtemberg  in  fein  2anb ;  bie  .ipineinjietjung  beä  ganzen  Sorbens  2)eutfd)» 
lanbä  in  baä  fd)tt>ei}erifd)e  5J3uvgred)t,  93ert)anbtungen  mit  33enebig,  mit  2)äne= 
marf,  mit  ^franfreicr),  ein  3?unb  ber  ganzen  nid)tf)abäburgijd)eu  SBett,  getragen 
bon  bem  ©runbgebanfen  beä  (Jbangeliumä  unb  be*  Okgenfatjes  gegen  bie  fpanijdj» 
rjabsburgifdje  üJconardjic,  bie  man  jerhürnmern  toittj  plant  man  boerj  fogar, 
bem  .Uaijcr  ben  (Eintritt  in  2)eutjd)lanb  ju  jperren.  'Merbingä  blieben  biefe 
©ebanfen  nieift  auf  bem  ^apieic;  ihre  "Jlue'üftrung  jd)eiteite  bejonbers  an  bem 
aufänglid)  Tiiebfcrtigen  ©ebabreu  beö  Äaifers  unb  beut  jdjroffeu  Verhalten  bet 
£utrjerifd)en  gegen  bie  ^roingltaner  unb  Cberbeutfdjeu.  Stet  uod)  auf  bem 
2Iugsburger  föeicrjötage  jelbft,  alä  bie  ^lusfidjt  aui  eine  Berftänbigung  mit  ben 
j?atl)0iijd)en  fitf)  immer  mer)r  trübte,  fanb  eine  Annäherung  ^roifdjen  ben  ©acfjfen 
unb  ben  Cberbeulfdjen  ftatt.  %'\e  ttjeologijdjen  Siebenten  ßuttjerä  über  ben 
2Btberftanb  gegen  ben  Äaijer  traten  bor  ben  Anjidjten  ber  fünften  unb  Staate 
männer  jurütf.  ©adjjen  regte  jefet  eine  ©efammtberbinbung  ber  cbangelifdjen 
Partei,  bie  eS  früher,  ,uunal  jdjon  in  Speier  1529,  .yirürfgeunejen  fjatte,  feiner» 
feitö  an.  (5§  roaren  nietjt  bie  auöfdjroeifenben  ©ebanfen  eiueö  33unbe§  mit 
öfranfrcidj  unb  Benebig,  eineä  Cffenfiotviegeä,  einer  ^Ibfperrung  Xeutfdjlanbä 
gegen  bie  fattjolijdje  Söeltmonardjie;  mol  aber  eine  3ufammenfaffung  ber  ge« 
fammten  germaniierjen  ptoteftantijcrjen  äöett  unb  ber  2ßille  entjcr)lof|en[tcr  ge» 
metnfamet  '-üertljeibigung.  ©0  fam  am  81.  2)ecember  1530  auf  einer  ütag|at)rt 
ju  ©djmalfatben  ber  Sntrouri  eineS  Sftnbnijfel  ju  ©taube,  ^tuifd^en  ben  dürften 
bon  «Sachen ,  Lüneburg,  53ranbenburg»sJlu5bact) ,  Reffen,  x'lnljalt,  unb  fünf- 
^n  ttjeilä  niebet»  tyeitS  oberbeutfdjeu  9ieid)ö|"täbten  (barunter  aüc  öiet  Unter» 
jeidjner  ber  Xetrapolitana,  bie  fid)  atlerbingö  jum  Irjeil  ben  befinitioen  beitritt 
noctj  öorbetjielten),  aunädjft  jur  ^erbeifütjrung  einer  ^Jlitberung  be§  sJ(ugs>burger 
^Ibfdjiebcs,  aber  aud)  jur  @rf)attung  ct)ri[tlid)cr  Sßarjrtjeit  unb  griebenä  unb 
jur  Slbroeljt  unbilliget  ©eroalt.  3fn  bet  5°tge  mutbe  bann  übet  ben  beitritt 
bet  eüangelifdjen  Sctjroeijet  ju  bem  ©ejammtbünbni^  unb  äugleid)  übet  if)re 
bogmatiferje  Bereinigung  mit  ben  Äatt)olifd)en  au]  (Srunblage  einer  bon  33ucer 
abgejagten  oermittelnben  ^o^'^el  bertjanbelt;  aber  3rom9u  un*>  bie  Seinen 
tonnten  fic^  nid)t  jogteid)  entjerjüe^en,  bie  gebotene  |)anb  anjuneljmen.  S)oc^ 
rjielt  ty.  an  ber  2}erbinbung  mit  ben  ©djroeijern  feft,  burcr)  bie  er  au?S  neue 
mit  fjftaufteid)  anfnüpien  liejj,  roät)renb  et  felbft  ftd)  bem  mit  £>abebutg  rioati= 
jirenben  Jpauje  33aiem,  melctjeg  an  bet  Anfang  1531  gegen  ben  ^roteft  Äut» 
jactjjenl  erfolgten  2öat)l  ^f^binanbö  jum  römifetjen  Könige  ben  gtöfeten  SInftofj 
natjm,  nätjette.    SIbet  jetjon  im  Dctobct  fteujte  bie  ^ataftroprje  in  ber  ©djtoeijj 


5ßtjütbb  I.,  Sanbg.  to.  Reffen.  773 

—  ber  £ob  ßtoinglt'ä  unb  ber  ungünfitge  triebe  bon  Äabbel  —  bie  $läne 
be§  unermübtidjen  dürften.  £)amit  mar  ber  ©ebanfe  be§  ebangelifdjen  ®e= 
fammtbünbniffe§  befinitib  aufgegeben;  bie  ©efdjicfe  ®eutfcl)tanb§  fd)ieben  fid)  — 
unb  ätoot  für  immer  —  bon  ber  ©cljmeiz.  S)ic  oberlänbifdjen  ©täbte,  melclje 
bi§  baljin  nad)  ber  ©cljmeiz  grabitirt  Ratten,  berloren  mit  3mingli  itjren  beften 
9tüdft)a(t ;  fie  maren  fortan  auf  ben  ©cljmalfalbifcljen  SSunb  angemiefen,  bem  fie 
bann  aud)  im  SDecember  1531  auf  einer  zweiten  SSerfammlung  zu  gfranffurt  in 
aller  gorm  beitraten,  ©o  fdjien  ©ad)fen  unb  baZ  ßutr)ertl)um  über  ben  ßanb= 
trafen  unb  bie  Dberbeutfdjen  gefiegt  zu  Ijaben.  ©elbft  ber  Äaifer  fal)  fid)  fd)on 
1532  bemogen,  in  bem  fogenannten  Nürnberger  9£eligion§frieben,  unter  bem 
düinbruä  einer  neuen  Unternehmung  ber  dürfen,  ben  ßutl)erifd)en  ba§  zu  ge= 
toäljren,  tt>a§  er  in  2lug§burg  1530  berfagt  tjatte:  einfimeiftge  £>utbung;  freiltd) 
aud)  nur  ben  ßutt)erifd)en,  ben  Qlnfjängern  ber  (Sonfeffio  9luguftana,  unb  aud) 
biefen  nur  bi§  auf  weiteres  unb  otme  bafj  etma§  barüber  ausgemalt  mar,  ob 
joldje  ©tänbe,  bie  fid)  tunftig  zum  ßuttjertfjum  befennen  mürben,  in  ben  ^rieben 
eingcfctjloffen  fein  fottten.  Unter  biefen  Urnftänben  ftröubte  fiel)  ber  ßanbgraf 
anfangs  biefem  beizutreten  unb  berichtigte  bie  (Saufen  fd)imbftid)er  9lact)giebigfeit. 
SBenn  er  fiel)  bann  aber  aucl)  notljgebrungen  anfdjlofj,  fo  gab  er  feine  meiter= 
geljenben  päne,  in  benen  er  lebte  unb  mebte,  feine§meg§  auf.  9iur  um  fo  eifriger 
fud^te  unb  unterhielt  er  23eztel)ungen  zu  ben  rl)einifd)en  Äurfürften,  ben  ^eraögen 
bon  35aiern,  zu  SDänemar!=|>olftein  unb  $ranfreid).  %m  ^Jlittelbunlt  feiner 
SBeftrebungen  aber  ftetjt  bon  jetjt  ao  ba§  $roject  ber  9tüdfüt)rung  be§  ber= 
triebenen  Herzogs  Ulrict)  bon  äöürtemberg  in  fein  ßanb,  melct)e§,  ben  Jpab§» 
burgern  überliefert,  bie  öfterreidjifdje  9flad)tftetlung  in  £)berbeutfd)tanb  ert)eb= 
lid)  berftärtte.  SDem  flüchtigen  Herzog,  ber  fiel)  inzunfetjen  ben  (jbangelifdjen 
angefd)loffen  tjatte,  gemätjrte  ßanbgraf  5ß.  fetjon  feit  1527  Dbbad)  unb  ©ctjut}; 
längere  3^it  trug  er  fiel)  auet)  bereits  mit  bem  ©ebanlen,  Ulrict)  tjerzufielten ; 
tbätjrenb  ber  ^ad'fcljen  £mnbel  fomie  nad)  bem  ©beierer  9teict)§tag  bon 
1529  unb  bei  anberen  Slnläffen  mar  ernfttjaft  babon  bie  Uebe.  $ei$t  aber 
mar  bie  3eit  gefommen.  2>en  unermüblictjen  9lnftrengungen  *pt)tlibb§  gelang 
e§  junäctjft  ben  ©d)roäbifd)en  SSunb,  obmot)l  ber  Äaifer  beffen  Erneuerung 
münfd)te,  3U  fbrengen.  gerner  fucljte  er  inSbefonbere  aud)  SBaiern,  meld)e§ 
Ztoifdjen  ber  SBeforgnifj  bor  ber  t)ab§burgifd)en  ÜJlacijt  unb  bem  Söunfdje  ben 
$attjotici§muä  aufred)tzuert)alren  unentfct)ieben  t)in=  unb  t)erfd)manl:te,  p  ge= 
«innen  unb  roenigften§  fo  biel  mürbe  erreicht,  bafj  33aiern  bie  Oieftitution  UtrictjS 
plie^;  birecte  §ilfe  bagegen,  menn  aucl)  nur  in  ©eftalt  bon  ©elb,  berfbrad) 
Ä.  fixanfr  bon  fttantxeiü),  mit  bem  ber  ßanbgraf  Anfang  1534  in  Skrlebuc 
eine  ^ufammenfunft  abhielt,  nicl)t  um  fiel)  ben  planen  franjöfifcljen  Stjrgei^eS 
pr  Verfügung  ju  ftellen,  fonberlict)  lebiglict),  um  ben  fd)nöben  9tecl)t§brud)  ber 
Habsburger,  iljre  S5erle|ung  beutfetjer  9teict)ifreit)eit  ju  atjnben.  S)er  fran3öfifcl)en 
Sunbe§genoffenfcl)aft  fic|er,  trat  bann  $.  im  2lpril,  mutljboE,  menn  aucl)  oljne 
fiel)  über  bie  ©djmieiigfeiten  be§  Unternehmens  ju  täufd)en,  feinen  3U9  nacl) 
Süöürtemberg  an.  5Jlit  etma  24  000  ^Jlann  brang  er  in  ba§  ßanb  ein;  bei 
ßauffen  unmeit  ber  ©ren^e  fteltte  fiel)  i^m  ber  ©tattljatter  gerbinanbS,  5pfalä» 
^raf  Sßtjilibb,  ber  ruljmbotte  S3ertt)eibige  r2öien§,  bom  Satjre  1529  entgegen,  freilid) 
mit  unzulänglicher  ^ac^t.  $n  einem  elften  ©ctjarmütjet  am  12.  gjiai  mürbe 
ber  $PfaI<jgraf  bermunbet;  am  näctjften  Sage  folgte  bie  @ntfctjeibung :  ein  rafct)er 
glanlenangriff  be§  ßanbgrafen  beroog  bie  ©egner,  melclje  in  einem  engen  £t)at= 
leffel  zmifetjen  Nedar  unb  3aber  aufgefteEt  maren,  um  nicljt  umzingelt  zu  merben, 
einen  gebeerten  9tüclzug  anzutreten,  ber  bann  aber,  burcl)  bie  Ijeffifctjen  Leiter  beun= 
ruljigt,  in  eine  berluftreictje  gluckt  ausartete  unb,  o^ne  bafj  e§  zu  e^er  eigent= 
lidjen  ©djlacljt  gefommen   mar,  bem  ©ieger  ba§  ßanb  öffnete.     Ulrict),  ber  fid) 


774  WKPP  !■,  tfanbg.  ü.  Reffen. 

in  ^erfon   beim   £eere  befanb,   fonnte   faft  miberftanbälog  öon  feiner  £>errfdjart 
93efi^    nehmen;   bie   iBeöölferung   mar    ofjneljin  bem   öfterrcic^tfd^en   Negimente 
gram  unb  begrüfjte  ben  angestammten  dürften  mit  fr^uben.    ©elbft  bie  geftungen 
gingen  rafd)   über.     Unb   fdjon   am  21).  3funi  fam  eä  unter  Vermittlung  Änt« 
fad)feng  unb  anberer  dürften   «jum  ^rieben  mit  gerbinanb  ($u  $aban  bei  Anna= 
berg  in  23öb,men)  roonacb,    Ulrid),  atterbingä  unter  Vorbehalt  ber  öfterreidjifdjen 
D6ertet)nör)extlict)feit,  fonft  aber  mit  ben  9ted)ten  eineä  Neidjäfürften,    2öürtcm= 
berg  äuiütfertjielt.     Aufjerbem   mufjte   gerbinanb  —  gegen    Anerkennung   leinet 
römifdjen  .ftönigttjumä  buretj  bie  ©cfjmalfatbener  —  biefen  bie  Qrrrungenfdjaftcn 
beö    Nürnberger    griebenS    fanetioniren    unb,     mag   über   biefen   Rieben  nod) 
r)inau§ging ,    bem  ^erjog  öon  Söürtemberg  bie  ßrlaubnifj    jur  $irdjenreforma= 
tion    im   miebererlangten   ^er^ogttjum  gemätjren,  eine   (Jrlaubnifj,   öon   melier 
Ulrid)    natürlich    alöbalb    ©ebrauet)    machte;     aud)  fein    fattjotifd)      erlogener 
©ofjn  Gtjriftopb,  mürbe  in  ber  i5fotge  für  bie  eöangelifcrje  2ef)re  getoonnen.    ©o 
mar  in  bie  öfterreicfjifdje  Ncadjtftellung  in  £berbeutfd)lanb  ein  gewaltiger  Äeil 
eingetrieben   unb  jugteidb,   bem  ^roteftantiömuS   bafelbft  eine  fidjere  ©tätte  unb 
ein   5ftittclpunft    für   meitere   Auebetmung  bereitet,    ein  (Srgebnifj,    metdjeS   ber 
fütjnen  Sfnitiatibe   be§  Sanbgraien  ty.  in  erfter  ßinie  ju  banfen  mar.     Nictjt  fo 
gtücflicrj   mar  s^.  in  feinen  Jpoffnungen,   ben   93ifd)of   öon  fünfter,  Sfranj  öon 
äöalbecf,  burd)  Unterftü^ung   gegen   feine   aujftänbifdje   .ipauptftabt,    in   ber  bie 
ÜZÖiebertäufer  bie   Dbertmnb   erlangt,    für  ba8   ©üangelium   ju   geminnen;    ber 
©tur,}   ber   lederen   30g  fner  bie  Ncftitution  bei  fcfjroffften  Äattjoliciämuä  nacr) 
fid).    dagegen  gelang  Üß.  ein  anbereg  ungleich  roictjtigercö  2Bcrf,  nämlid)  bie  reli= 
giöfe  Vereinigung  aroifcijen  ben  (Söangelifdjen  Nieber*  unb  £)berbeutfd)lanb3.    Unter 
feinen    Aufptcien    grofjentb/ilä    mürben    bie    33erf)anblungen    betrieben,    meiere 
fcrjtiefjlid)   batjin   führten,   bafj   ßutrjer  eine  öon  23ucer  auigeftellte,  ber  feinigen 
angenäherte  fjformel   über  bie  Sebeutung  ber  @infefcung«morte  beä  AbenbmatjlS 
annahm  unb  barauftjin  bie  Oberlänber  als  33rüber  auerfannte;  le^tere  nahmen 
bann  bie  AugSburgifdje  ßonfeffiou  unb  beren  Apologie  al«s  ba§  eigene  SBefenntnifj 
an;  fie  fielen  alfo  fortan  aud)  unter  bie  ÜBeftimmungen  beö  Nürnberger  ^iebcnS,. 
bem   man   je^t   unter  ßonniöenj  5e*binanb3   unb   be§  $aifer8  bie  Ausbetjnutig 
gab,   bafj   aud)   bie   jur  ßonfeffio  Auguftana  neu  fnnjutretenben  ©tänbe  eilige* 
fdjloffen  feien.    Auf  biefer  ©runblage  breitete  fid)  ber  ^rcteftantiämuä  in  £)bev= 
roie   in  Nieberbeutfdjlanb  gemaltig  auä;    im  SBefonberen  fam  ben  Neugläubigen 
ber  Stob  $oad)im§  I.  öon  Sranbenburg  (1535)  unb  @eorg§  öon  ©adjfen  (1539) 
ju  ftatten,  ba  beren  Nachfolger  in  turpem  ber  eöangelifdjen  Vefyre  in  ben  beibeu 
ßänbevn  jum  ©ieg  öerfmljen;    fetjon   etmaä  früher   mar  aud)  ber  33unbe8genoffe 
beS  ßanbgrafen,  ßönig  G'Ijriftian  III.  öon  5£)änemarf,  biefcä  ßanbeö  öötlig  $nt 
gemorben   unb    Ijatte   ebenfalls  bie  neue  ßeljre   burd^gefüfjrt.     S£ie  ^roteftanten 
fonnten    e§    jefet    unbebenflid)    magen,     bie    Semütjungen   be§    neuen    ^aöfteä 
v^aul   III.  (feit  1534)   um   ba§  3uftan^efonimen   twä  Goncitö,   melctjeg  it)nen 
leine  ©arantie  unöartciifdjer  Prüfung  itjrer  Setjren  bot,  31»  öermerfen;  aud)  ber 
Nürnberger  93unb   ber  fattjolifcb.en  ©tänbe  öon  1538  fcrjrecfte  fie  nidjt ;  in  ber 
S^at  mufete  iljnen  in  bem  granffurter  „Anftanb"  öom  April  1539  ^ugeftanben 
merben,  ba^  bie  NetigionSproceffe,  mit  benen  ba8  Äammergeridjt  bie  üßroteftanten 
3U  öerfotgen  nid^t  aufhörte,  auf  adtjtje^n  Monate  eingeftellt  unb  injroifcfjen  ber 
Verfuctj   gemalt   mürbe,   bie   firdjlidje  3fi*age   ftatt  auf  bem  SGßege  bee  ßoncilä 
burd)  eine  rein  beutfdlje  interne  ßöfung  jum  Abfdjtu^  ju  bringen.   %m  ©ommer 
1540  foEte  ein  Ausfdmfi  öon  ßaien  unb  ©eleljrten  bie  Verrjanbtungen  barüber 
beginnen.     2)ocr)  mar   auf  ben  Äaifer,  beffen  Anfunft   man  bamal§  mieber  ent» 
gegenfat),  fein  SBerlafe.    5Nit  granfreid§  feit  1538  im  ^rieben,  mit  ber  Gurie  aufö 
neue  in  enger  SJerbinbung,  meigerte  er  auf  äöunfcg  berfelben  bie  Ratification  be8 


5pf)Uipp  I.,  Sanbg.  t>.  Reffen.  775 

fjfrantfurter  9lnftanbei.  S)a  mußten  bie  !$:roiefianten  mot  beforgt  fidj  fragen, 
mai  feine  5lnfunft  im  Oteictje  iljnen  bebeuten  merbe.  2Wein  fie  ftanben  nid^t 
meljr  allein  mie  öor  jjetjn  ^arjren.  $n  gan<j  SDeutfdjtanb  fonnte  einjig  <£>cr,jog 
.gjeinrid)  bon  SBolfenbüttel  ali  s2lnt)änger  bei  ^aiferi  gelten,  fonft  mar  biefem 
Silier  Stimmung  entgegen.  2Jtan  roünfcfjte  im  9teidje  auf  beiben  Seiten  ben 
trieben,  bem  nur  bie  äkrgröfjerungigelüfte  bei  öaufei  |)abiburg  entgegenju» 
ftetjen  fd)ienen.  3uma^  °*e  ©elüfte  $arli  au?  ©eibern  mußten  roeitfyin  33eforg= 
nifje  ermeden  unb  SBiberftanb  tjerporrufen.  9ftit  ©eibern  tjätte  £art  nictjt  nur 
am  Unterrtjein  bie  bet)errfd)enbe  5ßofition  gemonnen,  fonbern  er  märe  in  9corb= 
beutfdjlanb  überhaupt,  too  foeben  ber  ^>roteftantümui  ju  DoEer  (Sntjaltung  ge= 
fommen  mar,  ber  mäd)tigfie  £)errfd)er  gemefen.  5ludj  mar  <$u  besorgen,  bati  er 
bei  ©eibern  nid)t  ftetjen  bleiben  mürbe.  «!patte  er  foeben  bie  23iitf)ümer  Utrecht 
unb  Süttid)  eingebogen,  fo  traute  man  iljm  bie  2lbfid)t  ju,  bie  2Mitt)ümer  bei 
9teidji  überhaupt  $u  fäcularifiren  unb  ir}re  potitifd)e  sUcad)t  an  bie  ®rone  ju 
nehmen  —  eine  ©efarjr,  ber  gegenüber  in  bem  beutfdjen  (jpiicopat  fogar  bie 
$bee  einer  Ummanblung  ber  Stifter  in  meltlidje  gürftentfjümer  auftaudjte. 
2lber  aud)  bie  auimärtigen  2Jtäd)te,  ßnglanb,  granfreict),  S)änemarf  tonnten 
bie  brotjenbe  Sluibetjnung  ber  burgunbifd)en  $ftad)t  nidtjt  gleidjgittig  anfetjen ; 
jumal  ^einrieb,  VIII.  mactjte  5Riene  eine  fold)e  nid)t  ju^ugeben;  er  Permätjlte 
fidj  eben  bamali  mit  Slnna  üon  ßleDe,  ber  Sdjmefter  bei  bom  Äaifet  bebrotjten 
£)er3ogi  Söilljelm  öon  3ülid)=6lePe  unb  ©eibern.  So  fehlte  ei  nid)t  an  Gräften, 
bte  bem  Äaifer  feinblid)  maren;  unb  ei  märe  nur  baraui  angetommen,  btefe 
alle  unter  fid^  ju  berbinben,  ju  einem  großen  Schlage  ju  Dereinigen,  ^n  biefem 
©ebanfen  aber  erfcfjeint  nun  öor  allem  mieberum  Sanbgraf  $.  ttjätig.  @r  ftetjt 
in  ber  Glitte  aller  biefer  SBünfctje  unb  S3etfu(i)e ;  öiele  gingen  bon  iljm  aui ; 
anbete  gelangten  an  itjn,  bamit  er  itjnen  Verbreitung  unb  Sluüürjrung  Der* 
fdjaffe;  mit  allen  Parteien  ftanb  er  in  SSerbinbung,  mit  ben  Scfjmatralbenern 
unb  ben  fatt)ottfdjen  5uxfIen  unb  23ifd)öfen,  ebenfo  mie  mit  ben  auimärtigen 
-Dtäctjten,  ben  «Königen  Pon  f^ranfreicrj,  Gmglanb,  £>änemarf.  Slber  bie  3^s 
flüftung  unb  bie  auieinanbergetjenben  ijfntereffen  ber  einzelnen  9Md)te  ermiefen 
fic|  als  ju  ftarf;  nad)  ben  eifrigften  Sßerrjanblungen  falj  fid)  *ß.  im  grürjling 
1540  eben  fomeit  mie  im  £erbft  1539,  ober  Pietmetjr,  ei  tjatte  fid)  injmifdjen 
gezeigt,  bati  eine  23erbinbung  aller  biefer  tjeterogenen  Elemente  miber  ben  $aifer 
unmöglid)  fei.  guretjt  unb  2Kititrauen,  ßleinmuttj,  Selbftfudjt  t)errfd)ten  im 
proteftantifetjen  mie  im  fairjotifcrjen  2ager;  bie  33ifd)öfe  tarnen  bon  ib^ren  9leform= 
unb  Ummanblungübeen  ^mücf,  SBaiern  ermiei  fid)  boppel^üngiger  unb  b,inter= 
faltiger  ali  je;  eine  Senbung  nad)  (Snglanb  mifiglücfte  poEftänbig;  bie  33ei= 
legung  ber  Errungen  unter  ben  perfd)iebenen  Stänben  jeigte  fid)  auifid)tiloi. 
Saju  fam,  bat3  etne  unmittelbare  ©efarjr  nid)t  Poväuliegen  fdjien.  S)er  Äatfer 
lieti  m  eDen  ie^t  oa  e*  $ü)  oem  3^eid)e  nätjerte,  ungemein  frieblid)  Pernerjmen 
unb  menigfteni  bie  beutfd)en  Stänbe  t)ätten  ei  bod)  immerhin,  fo  Diel  Urfadje 
fie  aud)  tjatten,  ber  Spradje  bei  ^aiferi  ^u  mifitrauen,  am  liebften  gefetjen, 
menn  fie  im  ^rieben  mit  kaxl  tjätten  ausfommen  fönnen.  S5or  allen  ßanb= 
giaf  Sp.  felbft.  ^n  iljm  lebte  ber  9leid)igebanfe,  ber  Sinn  für  bie  2lufred)t= 
erljaltung  Pon  Äaifer  unb  9leid) ;  er  tjat  fteti  bie  ^ugetjörigEeit  jum  9teid)c  ali 
eine  perfönlidje  3}erpfltd)tung  gegen  ben  töaifer  gefüllt.  UnD  nadjbem  er  jeiner 
$fliä)t  gegen  Ulrtd)  oon  äßürtemberg  genügt,  mar  ei  bai  ^oeat  feinei  Strebeni, 
im  S)ienfte  bei  Äaiferi  bie  9ieid)ifeinbe,  momöglid)  bie  türfifd)en  SBebränger 
bei  d)rifttid)en  ©laubeni  ju  befämpfen.  Sd)on  1535  ging  er  felbft  nad)  2öien, 
um  feine  SHenfte  anzubieten.  Jpier  traute  man  juerft  ber  anfdjeinenb  fo  plö^= 
lidjen  unb  unPermittelten  Sdjmenfung  be^  Sanbgrafen  nid)t;  man  beforgte  eine 
Sift.    31li  man  fid)  freilief)  Pon  feiner  3luirid)tigfeit  überzeugt  tjatte,  metteiferten 


776  '-MilipP  I.,  ^aiibg.  b.  Reffen. 

bie  ^ab§burgifd£)cn  ^Diplomaten  förmlid)  if)n  feftjutjalten  unb  ju  befinden. 
Safjrelang  fjielt  man  ben  Slrglofen  mit  ben  todfenbften  SluSficrjten  r)in,  um  ifm 
fcfjtiefjlid)  ju  berberben.  $>ie  3fteife  nad)  2öien  mar  bet  erfte  (Schritt  ^ljitipp'3 
auf  ber  fdjiefen  23atjn,  bie  ifm  inä  Verberbeu  brachte,  3m  3iat)re  1539  freilid), 
unter  dinroirfung  ber  gefdjilberten  ©adjlage,  fdjien  ber  ßanbgraf  bie  ©triefe 
aerriffen  ^u  Ijaben,  bie  irm  feffeln  fottten.  Sr  ftanb  at§  güf)rer  unb  Vermittler 
im  Zentrum  aller  antit)ab8buvgifct)en  Seftrebungcn.  2iber  baS  9}hfelingen  aüer 
feiner  Sttnftatten,  bie  9lbrocifungen  bie  er  babei  fogar  bon  ben  beften  greunben 
erfuhr,  führten  itjn  umfometjr  in  bie  alte  SSafjn  jjurüd.  ©d)on  im  Anfang 
5Rärj  1540  fetjen  mir  einen  bertrauten  9tatt)  *pf)itipp'3  mit  bem  faiferlidjen 
9Jlinifter  in  $ötn  conferiren.  Unb  in  bemfelben  s^lugenb(id  ttjat  5ß.  nod)  einen 
anberen  folgenreichen  (Stritt.  6r  betrog  (4.  5Rärj  1540)  feine  bietberufene 
9lebenerje  mit  bem  fadjfifctjen  Apoffräulein  9Jtargarett)a  bon  ber  ©aal.  5)3. 
tjatte  fdjon  feit  langem  nidjt  metjr  bermodjt,  feiner  ©ematjlin  Grjriftine  bon 
©adjfen,  bie  bem  adjt^erjnjätjrigeu  angetraut  roorben,  bie  erjelidje  Stcue  ju  bemalten ; 
er  t)at  aroar  bon  itjr  fieben  J^inber  erhielt,  aber  fie  genügte  feinen  ©innen  nidjt. 
SlnbererfeitS  fdjäbigten  irjn  feine  91u§fd)roeifungen  an  Körper  unb  ©eift ;  förper» 
lictjer  $ranff)eit  gefeilten  fid£)  bittere  ©eetenquaten  Ijin^u :  er  fürcfjtete  baS 
Apimmelreid)  ju  berliereu;  freiwillig  fdyiofe  ex  fidj  bom  ©cnufj  bcS  9lbenbmar)lS 
aus,  fdjon  feit  1525,  fo  fdjroer  eS  ifjn  anfam.  S)a  er  an  ©djeibung  bon 
Gljriftiueu  nidjt  benfen  tnodjte,  fo  mürbe  feine  ßage  uadjgerabe  unerträgtid), 
bis  er,  ber  eifrige  Vibellcfer,  auf  ben  ©ebanfen  berfiet,  eine  ^toette  grau  fjcim* 
jufüljren,  mie  bic  ^atriardjen  beS  alten  üteftamentS.  Unb  er  fanb  aud)  im 
neuen  £cftament  fein  Verbot  ber  Sßigamie.  ty.  roanbte  fiel)  an  bie  SBittenberger 
jltjeologen,  um  ü)re  ^Billigung  feines  planes  ju  erlangen.  Dtatürlid)  erfdjrafen 
fie  tjeftig  unb  roiberrietben  ben  ©d)ritt;  ba  fie  aber  ty.,  ber  fogar  anbeutete, 
bafj  er  anbevnfaltS  fid)  an  ben  Ataifer  menben  merbe,  entfdjloffen  faljeu,  gaben 
fie  nad);  ebenfo  ber  Äurfürfl  bon  ©adjfen.  ftur  beftanben  alle  auf  größter 
©erjeimljattung.  ?lber,  nadjbem  ber  ßanbgraf  bie  6b,e  eingegangen  mar,  tonnte 
bodj  baS  ©etjeimnifj  nidjt  burdjauS  gemafjrt  bleiben;  meuigftenS  ($erüd)te  babou 
famen  inS  publicum,  ty.  felbft,  in  feinem  ©eroiffen  über  bie  föcdjtmäfjigtcit 
feiueä  ©djritteö  beruhigt,  tooüte  fid)  faum  jur  Slbleugnung  berfteljen.  9Jber 
roenu  baS  ©erjeimni^  an  ben  2ag  fam,  bebrofjten  ben  dürften  nid)t  bie  ©trafen, 
bie  bie  bciulidje  ^)alSgerid)t§orbnuug  ÄarlS  auf  Vigamie  gefetjt1?  ©S  mar  flar, 
bor  ber  Söelt  tonnte  i^n  nur  ber  Ataifer  bor  ben  5°^9en  feineö  StljunS  frühen. 
Dtmeejin  gerietl)  ber  ßaubgraf  mit  ben  ©einen,  feiner  ©djrocfter  ber  Apcrjogin 
bon  föodjliij,  mit  bem  .^urfürften  bon  ©adjfen  in  bie  ärgcrlid)ften  ^^nfereien ; 
ba  lag  eS  benn  um  fo  nätjer,  bafe  5|}l)itibb  feinen  Apalt  an  bem  A^aifer 
fud)te,  beffen  ^Jlinifter  irjm  fo  freunblid)  entgegenfamen.  ©o  trug  ber  (S^eljanbel 
be§  ßanbgrafen  nidjt  menig  baju  bei,  biefen  einer  Verftänbigung  mit  bem 
$aifer,  ber  fortfuhr,  feine  frieblidjen  auf  SluSgteid)  ber  ÜMigion  gerichteten  ?lb= 
fid)ten  ju  betonen,  geneigt  JU  madjen.  ?luf  bem  9leid)Stage  ju  9tcgenSburg 
1541,  mo  ber  Äaifer,  nadjbem  bie  üteligionSgefbrädje  gu  Apagenau  unb  SöormS 
(1540)  unb  in  9tegenSburg  felbft,  mo  ber  Sanbgraf  bie  Sßertjanbtungen  mit  bem 
größten  @ifer  betrieb,  trok  anfängtidjer  3lnnät)erung  jrotfdjen  ben  ^arteten 
refultatloS  bertaufen  maren,  ben  ^roteftanten  eine  „S)eclaration"  gemätjrte,  mo= 
burd)  bicfelben  im  93efi^  ber  eingebogenen  Alirdjengüter  fid)ergeftettt  unb  ber 
fünftige  3uh'itt  ^u  tt)rei  Religion  freigegeben  mürbe,  fdjtofs  %  feinen  ©onber* 
bertrag  mit  bem  Äaifer  unb  berfbrad),  baS  3ufammengef)en  ber  ©djmatfatbener 
mit  ??ranfreid)  unb  ßnglanb  ju  hintertreiben,  mofür  ifjn  ber  A^aifer  in  feine 
gveunbfdjaft  unb  feinen  befonberen  ©djub  aufnat)m.  S)amit  mar  aber  ty., 
bie   eigentlid)    treibenbe    Äraft    im    ©djmalfalbifdjen   Sunbe,   lahmgelegt    unb 


^fjütpp  L,  Sanbg.  ö.  ©effen.  777 

biefer  aufjer  ©tanb  gefegt,  bie  SBerlegenrjeiten,  in  toelc^e  bei-  Äaifer  in  ben 
folgenben  Salven  burd)  Dtieberlagen  in  Ungarn  unb  Sllgerien  unb  burcr)  ben 
SÖieberausbrucr)  beä  Krieges  mit  $ranfreicfj  geriete),  im  ©inne  bauernber  <Sicf)e= 
rung  ber  ^pofition  beä  $roteftantiömu§  im  Steidje  üoH  au§3unu£en.  6inen 
(hfolg  freilief)  gemährte  bie  ©unft  ber  Sage.  6§  gelang  ben  ©ctjmalfalbenern, 
itjren  grimmigften  ©egner  in  i)corbbeutfd)Ianb,  ^erjog  ^etnridt)  bon  Söotfenbüttct, 
unb  bamit  ben  einzigen  beutfcfjen  dürften,  ber  bem  tfaifer  unbebingt  ergeben 
mar,  ju  beseitigen.  2)er  Srud)  mar  über  bie  ©tobte  ©oslar  unb  23raunjcr)meig, 
Sftitgtieber  be§  ©djmatfalbifcfjen  23unbe§,  erfolgt,  meiere  ^einrid)  unabläffig  be* 
brängte  unb  feiner  ,!por)eit  ju  untermerien  trachtete.  ©d)liejjticr)  mar  bom 
Äammergericijt,  meldjeä  alter  an  bie  ^roteftanten  ergangenen  3ufid)erungen  un= 
geartet  fortfutjr,  miber  proteftantifdje  ©tänbe  einjufcfjreiten,  über  ©oelar  bie 
2td)t  auggefprocfjen  unb  ber  ^erjog  mit  ber  ©jeeution  beauftragt  morben. 
freilief)  mürbe  bann  au?  Setreiben  be§  ßaiferS  bie  2ldjt  fuSpenbirt,  aber  -gmnricf) 
achtete  beffen  nid)t.  ©d)on  entfpann  ftdj  ein  letbenfcfjafttidtjer  geberfrieg  3ttnfd)en 
ben  Häuptern  be§  ©crjmaifalbifcfjen  S3unbe§  unb  bem  SBelfen,  bem  ehemaligen 
Vertrauten  f$reunbe  be%  Sanbgrafen.  Vergebens  legte  bann  in  9ftegen§burg  ber 
Äaifer  beiben  SLtjeilcn  ©cfjmeigen  auf.  £)einricr)  futjr  fort  bie  Stäbte  ju  be= 
brängen,  bie  Scfnnaliatbener  aber  fcrjritten  jur  £t)at.  3?m  3uli  1542  über* 
fanbten  fie  bem  ^er^og  itjren  fterjbebrief,  bem  fie  mit  ftarfer  5Rad)t  auf  bem 
gufje  folgten,  $n  furjem  mar  ba§  ganje  «öerjogttjum  in  itjren  .Ipänben;  felbft 
SBolfenbüttel  ergab  ficr)  nad)  fur^er  Sefcrjiefcung.  (Sine  gemeinsame  furjäd)fijcr)= 
rjeffiferje  Regierung  mürbe  eingelegt  unb  Sugentjagen  berufen,  um  ba§  Sanb  jur 
^Reformation  überzuführen.  Vergeben«  fudjte  ber  ^»erjog,  roeldjer  ftietjenb  ba3 
Sanb  feiner  SBäter  bertaffen  t)atte,  bei  ben  fattjotifdjen  9}läd)ten  «£>itfe;  ber 
ßaifer,  ber  nod)  immer  nic£)t  ben  Slugenblicf  gefommen  far),  um  bie  93ta§fe  ab* 
jumerfen ,  regte  feine  -£>anb  für  i^n.  Snblid)  im  i^arjre  1545  bertangte  ber 
^tonard),  bajj  irjm  bag  Sanb  in  ©equefter  gegeben  merbe.  2lber  bamit  mar 
•^einrieb)  am  menigften  aufrieben;  er  modjte  an  Sßürtemberg  benfen;  fo  rüftete 
er  auf  eigene  |)anb  unb  fiel  mit  einigen  taufenb  Änecrjten  im  ^erbft  1545  in 
fein  <£)eräogtf)um  ein,  melcrjeä  er  im  erften  Slugenblid  otjne  Söiberftanb  einnahm ; 
nur  äßolfenbüttel  behauptete  fiel).  Slber  fdjon  eilte  ber  Sanbgraf  Ijerbei;  fäc^= 
fifetje  Gruppen  Dereinigten  ficrj  mit  it)m  unb  am  21.  October  fam  e§  narje  9iort= 
rjeim  jum  Steffen.  ^>einricrj§  ©ölbner  rjielten  nicr)t©tanb;  er  fafj  ficr)  öerlaffen 
unb  bon  ben  ieinblictjen  ©cljaaren  umzingelt  unb  ergab  ficr)  mit  feinem  ©orjne 
Äar'l  33ictor  bem  Sanbgrafen,  ber  irju  in  ber  rjeffi)d)en  $e|"tung  3ie9en^a^ 
interniren  lie^. 

Snjmifctjen  aber  bereitete  ber  Äaijer  ben  entjcfjeibenben  Schlag  ferjon 
bor,  ben  ^u  führen  ib,n  bor  allem  bie  2)ertrauen5feligfeit  ber  ©d§mal= 
falbener  in  ben  ©taub  gejetjt  rjatte.  Sanbgraf  5)3.  felbft  rjatte  bie  Slujnarjme 
beS  «!per3og§  bon  ^ülicr)  unb  ©etbem  in  ben  ©cr)malfalbifcr)en  Sunb  fjintertrieben; 
bie  ^olge  mar,  baf}  ber  Äaijer  im  ^erbfte  1543  über  ben  allfeitig  bertaffenen 
dürften  rjerfaüen  tonnte.  SBilljetm  mu|te  ©eibern  abtreten  unb  ^um  Äatr)otici§mu8 
jurüdfefjren.  S)a§  mar  ber  erfte  grofje  Striumpr),  ber  nietjt  nur  bie  Sage  be§ 
ßaifer§  mejenttief)  befferte,  fonbern  biefem  aueb)  bie  Ueberjeugung  gab,  ba^  er 
eS  nicr)t  minber  mit  ben  ©cfjmaltalbenern  merbe  aufnehmen  fönnen.  3lber  bor= 
erft  beburfte  Äarl  ber  ^)ilje  ber  ^roteftanten  uoer)  miber  5ranfre^;  f°  brachte 
ein  ©peierer  9ieicr)§tag  jenen  neue  3uÖefiän^niffe :  ^^e  ©eroäfjrleiftung  ib)reg 
firerjüetjen  33efi^ftanbe§  unb  bie  3uu3)ei:unÖ'  ^aB  ^ie  Beilegung  be§  retigiöfen 
gmiefpalti  auf  einem  freien  (Soncil  ober  einem  9teicrj§tage  erfolgen  fotle  (3uni 
1544).  ©egen  5]5.  bon  Reffen,  bem  ber  ^aifer  ben  Dberbeferjl  für  einen  bem= 
näcfjftigen  SLürfentrieg  in  2luSficb)t  ftettte,  ermie§  fiel)  Äarl  in  bem  Sftafje  jubor= 


778  WlipP  '•»  ^anbg.  t>.  Reffen. 

fommenb,  bafj  jener  fid)  fdjon  atä  Vermittler  aroifdjen  <<pab§burg  unb  ftranfreidj 
träumte:  er  rjtett  bamalä  für  möglich,  bafj  ber  Äaifer  9Jlailanb  an  granfreidj 
abtrete  unb  fid)  bafür  an  ben  päpftlidjen  Sefitjungen  fdjabloä  Ijalte.  2lber  ber 
unerwartet  fdjnelle  grieben§fd)lufj  mit  ^antreief)  (ju  (Srcäprj  September  1544), 
in  meld)em  biefe§  u.  a.  feine  $Rttmirfung  jur  SBieberöereinigung  ber  Grjriftenfjeit 
öerfpradj,  änberte  bie  ganje  ©adjlage.  68  folgte  bie  Berufung  ein  3  GoncilS 
bind)  ißapft  ißaul  III.  nad)  ber  ©tabt  Orient  unb  ein  ^friebensfdjlufe  be§  Äaiferä 
mit  ben  Surfen,  fortan  ftanb  eä  für  ßanbgraf  iß.  feft,  bafj  über  furj  ober 
lang  gefd)lagen  »erben  muffe.  Unb  mieberum  finben  mir  it)u  in  biefen  $at)ren 
nad)  allen  ©eiten  raftloS  tt)ätig  bei  ganj  ober  rjalb  gewonnenen  ©laubenägenoffen 
mie  bei  fatfjolifdjen  ©tänben,  unb  emfig  bemütjt  ber  nab/nben  ©efatjr  einen  ge» 
nügenb  ftavfen  Damm  entgegensetzen.  Sin  öon  bem  ßanbgrafen  im  <£erbfte 
1545  projeetirter  allgemeiner  beutfd)er  ^ürftentag  fam  freitid)  nid)t  ju©tanbc; 
bod)  eröffneten  fid)  bem  ©djmalfalbifdjen  $3unbe  unb  bem  ißtoteftantiämuä  eben 
bamalä  nod)  grofec  Sluäfidjten.  ^ermann  öon  $öln  trat  offen  auf  bie  «Seite 
ber  Weugläubigen  unb  bemütjte  fid),  fein  ©tift  eöangelifd)  ju  madjen,  unb  ber 
nidjt  ot)ne  sDcitmirfung  ißljilipp'S  erhobene  neue  ©rjbifdjof  öon  s)3tainj,  Sebaftian 
öon  ^eufenftam,  fd)ien  ^ermannä  iBeifpiel  folgen  ju  motten.  Der  jfuriürft* 
ißfaljgraf  griebrid)  II.  öertjanbelte  über  feinen  Zutritt  jutn  ©djmalfalbifdjen 
23unb.  allein  in(^mifd)en  traf  aud)  ber  $aifer  feine  Üftafmatymen ;  fein  23unb 
mit  ber  Surie  feftigte  fid),  aumal  ba  bie  ißroteftanten  baß  £ribcntiner  ßoncit  nidjt 
als  baä  itjnen  öertjeifcene  freie  allgemeine  ßoncil  anerfennen  rooHten ;  granfreid)«" 
mar  ber  .tfaifer  umfomeljr  fid) er,  als  e§  bamals  mit  (Jngtanb  nod)  im  Kriege 
lag;  SSaicrn  rourbe  burd)  bie  2luöfid)t  auf  bie  pfäljifdje  $ur  gemonnen;  felbft  pro» 
teftantifdje  Elemente  fdjloffen  fid)  bem  Äaifer  an.  @ä  fehlte  auf  proteftantifdjer 
©eite  an  feftem  ^ufammenb.alt ;  üor  allem  gefäfyrlid)  mar  bie  Spannung,  roelcrje 
über  territoriale  unb  jurißbictionelle  fragen  aroifcfjen  bem  Äurfürften  öon  ©ad)fen 
unb  bem  jungen  tjodjftrebenben  Sllbertiner  «^er^og  Iftoritj  beftanb.  Der  l'anbgraf, 
beffen  ©dtjroiegerfotjn  ÜJtoritj  mar,  erroies  fid)  jmar  unermüblid)  in  58ermittlung«= 
öerfudjen,  aber  ber  tfurfürft  mar  ebenfo  eigenfinnig  mie  9Jcorifc  eljrgeijig  unb 
auf  bie  J?urlinie  eiferfüd)tig.  Um  fo  beffer  gelang  eö  ber  überlegenen  faifer» 
lid)en  Diplomatie,  9Jtorifc  <}u  umftriden.  2luf  bem  Wegenöburger  9teid)Stagc  im 
5rül)fommer  1546,  ber  auf  baß  ergebnijjlofe  ©peierer  Oteligionßgefpräd)  im  Utärj 
gefolgt  mar,  fam  ein  fefteß  Sünbnifj  jmifdjen  $arl  unb  sUtori^  ,ju  ©tanbe,  bem 
für  tf)ätlid)e  ^)ilfe  im  Kriege  bie  fäd)fifd)e  $ur  in  9lußfid)t  gefteüt  mürbe.  Der 
faifer  aber  befcfjlofj  jetjt  unöerjüglid)  loäjufdjlagen.  (Sr  madjte  lein  ^>el)l  metyr 
au§  feinen  3lbfid)teu  unb  nod)  auf  bem  9teid)2>tage  erfolgte  —  otjne  öotgängigeä 
9led)t8öerfat)ren  —  bie  faiferlidje  5ld)t8erflärung  gegen  ^o^ann  ^ttcbrtd^  unb 
$.  als  pflid)t=  unb  eibbrüdjige  Ütebeüen  unb  aufrüt)rerifd)e  Verleger  faiferlidjer 
«ülajeftät  (20.  3uli  1546).  9lber  ber  Äaifer  fa^  fid)  nid)t,  mie  er  gehofft 
fjatte,  ^mei  öertaffenen  dürften,  fonberu  bem  größeren  Jfjeile  beg  auf  bem  ^öoben 
bei  6öangelium§  geeinten  Deutfd)tanbä  gegenüber.  Die  ©djmalfalbener,  bie 
fid)  in  letzter  3eit  aüerbingS  troh  ber  unabläfftgen  Warnungen  s43^itipp'ö  fe^r 
lau  gezeigt,  erflärten  jetjt  ben  $rieg  aU  9leligion8fad)e  unb  bamit  für  SunbeS» 
pflid)t.  Unb  $arl,  beffen  Söerbungen  nod)  nidjt  abgefdjloffen  unb  beffen  «^>ilf3» 
öötfer  nod)  fern  maren,  lag  mit  ein  paar  taufenb  $t;ed)teu  bei  9tegen«sburg,  al§ 
bie  ©d)malfalbener  bereits  50  000  9ftann  in  äöaffen  Ratten.  <5d)on  6nbe  3fuli 
erfd)ienen  ^o^ann  griebrid)  unb  iß.  mit  öereintcr  iDladjt  am  üftain;  ba§  |>eer 
ber  oberlänbifdjen  Stänbe  aber  operirte  im  äufjerften  ©üben  mit  ©lud,  bemüht 
bie  ißäffe  ^u  fperren,  burd)  meld)e  bie  faiferlid)en  unb  päpftlid)en  ,£)ilfätruppen 
au§  Italien  r)eranjiel)en  füllten.  2lber  bie  fur^fidjtige  ßriegsleitung  rief  fie 
jurüd,  aus  Sßeforgnife,  SBaicrn,  an  beffen  Neutralität  man  nod)  glaubte,  al§  e§ 


$f)itipp  L,  Sanbg.  ö.  fceffen.  779 

tängft  feinen  <öettrag  mit  betn  *aiftt  gemalt  Ijatte,  8u  Perteben.  ®o  coft- 
Ä    fid,  bie  oberlanbifdje  Äriea8ma*t  bei  Sonaumörtb,  unb  £r  fliefeen 

S        n   it)r  -  abermals    ein  fernerer  ftrategifjer  getfer;  toarei, ijte  b«e  t 
Säen  toaenöbuta   otogen   unb   Ratten   bort   ben    Dbetlanbern   bie  £anbe   ge= 

S,  ÄbeVV ftailer  fic*  unmöglid,  ^^n,^^^^5"^^^.  an 
aemann  Äail  Reit,  bie  italifcben  unb  bie  niebertänbilcrHpanifcrjen  $ili8?o Her  an 
ITT  An .Mit  biefen  aber  mar  et  ben  ©egnern  gemäßen,  mo  mdjt  über« 
legen       Knifcto*    manöorierten    beibe   fceete   ein   paar   Monate   lang    toibet 

Sauber,    Sie  l$malfalbener  boten  aoql  Die  @4(ad,t,  aber  einer,  emiten  8ln- 
flxTuntetna^men  jte  nict)t.     einmal,  am  SO.  Slugult,  mar  ei  nabe  batan;  b 
iLaltatbener   Ratten   in   günftiget  «ßofition  eine   ^eittge  Äanonabe   toibet  be 
Jean«  eröffnet ;   bex  ßanbgtaf  brang  auf  einen  5lngnrj  mit  gefamm  ter iflRaft, 
aber  bie^ebäc^  igteit  besJurfürften  unb  ber  Ahiegirätbe,  an  beten  gjtitnurrnna. 
»i    bei  ,4btuna   be8  Cberbeieb,!*   gebunben  mar,   tiefe   ei   nu*t  bajn  fommen. 
io    tarn    ber    lpätf,erbft    beran;    bie   Iruppen    litten   unter   ber   Ungunst  ber 
SBitt  rung     me^r  jreilii   bie  fremben  MMte  im  fatferfid&en  Säger  att  bie 
beut Wv    Wannen   ber   Scfjmalfalbener.     Srobbem   betmoftte   ber   Äaifei ;    f  e  n 
SriSl!  länger  beijammen  ju  erhalten  all  biefe,  juma    ba  bie  ob «lanbif*en 
©tobte   in  unfertiger  ©parfamfeit  mit  Darbietung  ber  eriorberlic^en  ©elbmittet 
Ta  g n.  Va/u   tarn   bie  ttafrW.  bab   £er3og   M*.   bem  m»»iften    pom 
Malier  bie  fad,»  £ur  in  aßet  5orm  snflefidjert  tootben  mar    in  bie  Änttnnbe 
einaefatten    ei  unb  biefelben  großenteils  eingenommen  $abe.    ©o  lofi    n*  *** 
3Sr  fieet  auf;   nidjt  einmal  tonnte  man,   mie  amangs   geplant    eine 
g     Äi«  »taget  galten.     KU«  ging  an»  einanber      J)«  «aikt 
faTni  iefet  in  ber  Sage,  bie  oberlanbifcfcen  ©tobte  unb  ben  £et^ j  non  Söü  t em- 
berVehieln   «w  Untermerfung    }tt  bringen;   bann   m   et  im  j$tubtmg  lo4, 
na«  Äi  6g  gen  SoDann  Iriebrid),    bem  es  gelungen  mar,  <üconb  surua^ 
treibe ,      &  batte  be    Äntfttrft  es  abermals  nid)t  Per,tanben,  leinen  Sortbe  l 

u  oeSf'otgTn; faf    mebrlos  mürbe  er  Pom  Äaifet  bei  «tberg  an    er  ßlbe  er= 

beaauÄe  berbanblnnaen  mit  bem  Äaifer,  ernftlitfct  mürben  bleiben,  un 
SSLfl bis  neuen  Äurfürften  3Roti|  unb  3oae*tm.  »on  SJran  enburg    fei 
bStopfie   bon  Wühlberg  betrieben;    aber  ber  Sanbgrat   tonnte  neb  lange 
n4t  Ä  ieB  n    bie  SBebinanngen  bei  Eifers    me  leb,  er  bie  3Iu5lielerung  attei 
5?         bie  ©«Ieimnft   aller  geftungen   bis   aul  eme,  ba*u  eine  @t  taT- 
!nmm?oon  150  000  (Llben   unb  eine  förmlidje  Untermertung  au*  ®nabe  unb 
Ungnabe  Perlangte,    an3uneb;men.     Wo  abet  b«  »exmjttelnben  ^  ^  ^e 
biefe   lebte  »ebingung   ben   Sanbgtaren  bat,m  berühren.  baB ;    et  an  te  b  uno 
®nt  nilt  befttaft    au%  nitbt  mit  ©efängmB  belegt  »erben  fotte    na^m   er,  um 
fernem    «anb     bie  6*recfen   eine§   Serjmeiflungetampreö   ju   erfparen,   ba«  bon 
ben  SnrlüS  n     m  «amen   be§    Äaifers  aulgefteüte  ©eleit  an,    am  na^ .  ^ 
«nb  M  poi  bem  Äaifet  am  bie  Ante,  mat)renb  bet  neben  ib,m  fmeenbe  Äan8ler 
ffiünbe robe  bie  Iwü     oerlao,    aur  bie   bann   bet  faiferlidje  Äanäler  mit  einer 
ISA    n9    antmo'tete    monac^'  bie  Ergebung  be*  fanbgra^  angenommen  unb 

*X£?Ato    M  bem  er  als  Saft  oetmeitte,  bafe  et  ba*  ^  m«t 


780  Sß&HiPP  l->  Öanbg.  t>.  Reffen. 

Pertaffen  bütfc.  *ß.  mar  gefangen,  üfeerXiftet  bom  Äaifer.  Söot  fjat  btefer  nie 
förmlidj  bie  3ufage  gegeben,  ben  ßanbgrafen  ntdt»t  einige  $eit  gefangen  ju  Ratten; 
ganj  im  .©egentfeil  Ijatte  er  anfangs  ben  bermittelnben  gürten  es  als  feine 
9lbfid)t  erflärt,  5J3.  baffelbe  ©djitffal  wie  bem  entfetten  Äuvfürften  ju  bereiten ; 
aber  in  ben  fpäteren  33ert)anblungen  War  babon  nid)t  nur  nid)t  nterjr  bie  9lebe 
gewefen,  fonbern  in  ber  fd)liejjlid)  bereinbarten  Kapitulation  waren  2)inge  ent= 
Ratten,  Wetdje  bie  atsbalbige  ütüdfefjr  bei  ßanbgrafen  jur  SSorausfetjung  ju 
tjaben  fd)ienen,  fobafj  bie  bermittelnben  Äurfürften  uidjt  anbers  glaubten,  als 
bafe  ber  itaifer  auf  feine  anfängliche  ^orberung  Perjictjtet  rjabe;  fie  Ijatten  batjer 
bem  ßanbgrafen  aud)  feine  unberjüglidje  <£>eimfer)r  in  ber  beftimmteften  SÖeife 
gemäljrleiftet  unb  3War  eben,  wie  wenigftens  ^.  nidjt  anbers  annehmen  fonnte, 
im  Warnen  bes  $aifers;  biefer  freilid)  fannte  it)ren  Sfrrtljum,  rjütete  fid)  aber 
Wotjl,  fie  aus  bemfetben  ju  befreien,  ©inb  batjer  bie  $urfürften  bon  Unbor* 
fidjtigfeit  nidjt  freijufpredjen,  fo  nod)  biet  weniger  ber  Äaifer  bon  fdjnöber 
«gnnterlift ;  nur  burd)  betrug  ift  er  bes  Sanbgrafen  -!perr  geworben.  Unb  über 
fünf  3at)re  I;at  ber  Surft  in  ber  ©efangenfdjaft  eines  unPerfötjnltdjen  ©egners 
fd)tnad)ten  muffen,  ber  es  barauf  angelegt  3U  tjaben  fd)ien,  burd)  unWürbige 
33et)anblung  unb  Kntbetjrungcn  aller  2lrt  fein  Opfer  förpertid)  unb  geiftig  p 
fdjwäctjen.  @s  War  bergebene,  bafe  bie  $urfürften,  bie  fid)  betrogen  unb  an 
it)rer  ßtjre  berieft  fütjlteu,  bem  ßaifer  bie  briugeubften  Söorftetlungen  madjten ; 
bafj  bie  ©attin  bes  ßanbgrafen  ßtjriftine  einen  Sufcfafl  por  bem  $aifer  tt)at; 
bafj  $.  aud)  bon  feinem  ©efängnifj  au«  bafür  forgte,  bie  33ebingungen  feiner 
Kapitulation  pünftlid)  3U  erfüllen  unb  fid)  nod)  barübcr  fjinaus  ju  ben  gröBten 
Opfern  unb  üDienften  erbot;  bafj  er  fogar  bas  Wugsburger  Interim  rüdtjaltstos 
annafjm  unb  beffen  ßinfüljrung  in  Reffen  betrieb  unb  aubcfaljl:  er  blieb  gefangen 
unb  mufjte  fogar  bem  Äaifer  in  bie  9lieberlanbe  folgen,  wo  er  erft  ju  Dubenarbc, 
bann  ju  sJfted)etn  gefangen  gehalten  würbe,  ber  SBittfür  übermütiger  fpanifd)er 
Officiere  unb  iljrer  rofjen  ^ftannfdjaiten  preisgegeben.  3umal  uadjbem  ein 
Sludjtplan  bes  (Befangenen  entbedt  worbcn  war,  l)atte  er,  in  eine  enge  Per* 
gitterte  Kammer  gefperrt,  Unfäglid)es  ju  leiben,  ßrft  nad)  unb  nad)  gewann 
ber  leibenfd)afttid)c  Surft,  p  beffen  ßeiben  fid)  nod)  bas  peinigenbe  bittere  ©e= 
füt)l  gefeilte,  nur  burd)  2rug  unb  ^interlift  in  eine  fo  unWürbige  Vage  gebradjt 
3U  fein,  bie  innere  9hit)e  unb  Ergebenheit  in  fein  ©efd)id.  ©eine  Hoffnung  unb 
fein  Vertrauen  auf  ©ott  fetjenb,  wollte  er  anfangs  bon  ben  9)lad)inationen  feines 
©oljnes  unb  bes  ßurfürften  9Jtoritt,  bem  ^aifer  feine  ßrtebigung  abjujwingen, 
nid)t  biet  Wiffen ;  bod)  würbe  er  auf  anberem  Söege  fd)Werlid)  bie  f5reif>eit  wieber 
erlangt  tjaben,  ba  bielmetjr  ber  .tfaifer  bereits  bie  3lbfid)t  t)atte,  it)n  nact)  ©panien 
führen  ju  laffen,  Pon  wo  er  Wol  fd)WcrIid)  je  wieber  jum  53orfd)ein  gefommen 
fein  Würbe.  2lber  bie  Empörung  bes  Äurfürften  5Rorife  unb  bes  jungen  Sanb* 
grafen  äöilt)elm  unb  itjrer  S^erbünbeten  im  3f.  1552  wenbete  aud)  5pi)ilipp'i 
©efd)id;  in  bem  2lugcnblirf,  als  Aiarl  ben  ^paffauer  Vertrag  befinitib  annahm, 
gab  er  aud)  Söefetjl,  ben  (Befangenen  ju  ertebigen.  ©ofort  !e^rtc  ber  ßanb= 
graf  in  fein  ßanb  ^eim;  am  12.  ©eptember  traf  er  in  Gaffel  ein. 

^Randjertei  Aufgaben  l)arrten  feiner,  foWor)l  in  feinem  ßanbe  wie  aud)  im 
9ieid)e,  wo  bie  3uftänbe  aud)  burd)  ben  ^affauer  Vertrag,  ber  bem  Wiber* 
ftrebenben  .fiaifer  müfjfam  abgerungen  war,  unb  ber  überhaupt  nur  ein  5proPifo= 
rium  fd)uf,  nod)  burd)aus  nict)t  gefeftigt  waren,  ©etbft  ber  9lugsburger  9tetigions= 
friebe  1555  fieberte  bie  ©tellung  ber  @Pangetifd)en  im  9tcid)e  feineswegs;  War  man 
bod)  in  jwei  ber  Wid)tigften  Materien  nid)t  einmal  ju  einer  äu^erlidjen  S3er= 
ftänbigung  gefommen.  Unb  aud)  bie  folgenben  S^re  bradjten  feine  33eruf)igung; 
bas  alte  sJ)lif$trauen  JWifdjen  ben  ßonfeffionen  blieb  beftetjen;  bie  ferneren  9}ex= 
judje  einer  Beilegung  bes  ©d)ismas  auf  bem  Kolloquium  3u  SBorms  1557  unb 


Wttpp  *••  2anbs-  ö-  €>eiien-  781 


unb  Umgebung  be*  9Wigionsirieben§.  2Öät)renb  aber  unleugbar  bte  ^oh!en 
ber  ?tÄtWn  ¥«t«  an  Wa*tmittelu  nidjt  fle»a* 1«  w «*.  * " 
k-oteltan  en   unter   inneren  Spaltungen,  toelcfje   je   ta*  f™**  *»* ™ad) 

mmmmwm 

Sunaen    pma    bic  ^etan^onil^c  «tung  in  Sittenberg  unb  bie  ober. 

rnncnbften  «ertretet  biejer   Ginungetenbensen   nef)  fieberten     3m  ipecuuen  od  er 
i  &♦.    5?  t       iulhi    ber    fteligionsfriege   in   granfretcf)   ben   Apugenotten, 

Ä  iit  1«Ä^ 

Sp   1  ntYrfiütmna   be§   üroteftanti^en   £eut  c£)lanb§   äujutoenben.     Unb    er   r^t 

b  nn  audfn  d)  unenblicU  *nfttengungen  bürdete*    bog  ^ttSubte 
e§  Denn  amn   n ^  j  ;        Seutjcfrjlanb  juram;   $.  jelblt  aber  beurlaubte 

SÄ  ÄÄÄÄ^Iää 

legen   ober   auef;    nur   ir)«  ©ertiflfeit    u  m  Ibevn    no*  au«g         p 

9e!et3t   toorben,   ben   e§  Tretlufc  nur  biB  1552W Raupte  c.  \a^a!1au 

tUbtungen  W*i  ^ann  aber  UM£«J ^"SÄfAen  ©ttabe  eine  namhafte 
mit  600  000  ©ulben  (5u  bereu  ^^bun9unS  ^e  V  bie  fa^ene(nbogifct,e 

Zranfjieuer  betoüliflte^ 

griftait  nunmehr  geniert.   SM  bie  ^9  n   ta^  f™  '^Z  5u  beseitigen;  |o 
i=i47  bem  Sanbarajen  in  leinem  Sanbe  gebraut,  roar  er  oemugi  J"  ©Ann 

IU « £  SSWW-  5*Vr  «r »n  »SS . Ä"  "Ä 

1559  bei  ber  erneuten  SBeletjnung  $&tltpp  3  burcq  tfewmaiiü      »        ■        .  . 
üleftitution   aller  rei^^ürfttid^en  ®ere«t|ame   erlangte   er  au«   bie  alte  .eim* 


782  ^5t)ttipp  I.,  Sanbg.  r>.  Reffen. 

tjerrlictjfeit  über  bie  ©rafen  bon  föittberg,  ©d)aumburg=ßippe,  .gwrja  unb  3Mep» 
I0I3  jurürf;  er  mar  bann  aud)  mit  (hfolg  bemüht,  im  übrigen  bie  ßer)n*  unb 
©djutwerrjältniffe  (3.  93.  mit  ©olmS,  ,£>enneberg,  Sßalbed,  ©tift  (Sorbet)),  Weldje 
ber  sIHadjtfprud)  beS  ÄaiferS  unb  ber  Ärieg  aufgelöft  ober  errüttet  tjatten, 
wieber  anknüpfen;  ebenjo  behauptete  ber  ßanbgraf  bie  fäculartfirten  Älöfter 
beS  ßanbeS  unb  erlangte  bie  fteubeletmung  bon  5Rainj  (@rjbifd)of  5)aniel 
Sßrenbet  bon  Jpomburg  aus  Reffen),  gulba  unb  £)erSfelb ;  mit  2lbt  *D3iici>aet  bon 
£erSfelb,  ber  fid)  einen  ebangelifcfjen  .gwfprebiger  rjielt,  ftanb  $.  im  engften 
dinüernerjmen.  9tur  ben  Söiberftanb  beS  3)eutfd)orbenS  bermod)te  ty.  nidjt  böHig 
ju  brechen,  bod)  tonnte  biefer  SBiberftanb  bie  23efeftigung  ber  $ird)enreform  im 
ßanbe  um  fo  weniger  tnnbern,  als  5)3.  $eit  feines  ßebenS  ber  Don  iljm  gegrün= 
beten  t)effifd)en  ebangelifcfjen  J?ird)e  fein  befonbereS  Slugenmerf  juwanbte,  toie 
er  benn  nod)  in  feinem  legten  ßebenSfaljre  —  inSbefonbere  roorjl  aud)  um  ben 
inneren  |>aber  bon  itjr  fernhalten  —  eine  feljr  auSfüljrlidje  $irdjenorbnung 
beröffentlidjte,  bie  lefcte  in  ber  föeilje  ber  bon  %  rjerrüfjrenben  ßanbeSorbnungen, 
Wetdje  alle  ©eiten  beS  öffentlichen  unb  bürgerlichen  ßebenS  betreffen  unb  ben 
23eweiS  liefern,  bafj  ty.  bie  Slngelegenfyeiten  feinet  ßanbeS  unb  feiner  llnter= 
tljanen  über  feinen  allgemeineren  fielen  nid)t  berabfäumte.  9ludj  bezeugt  er 
felbft  in  feinen  üteftament,  bafj  unter  itpn  fid)  bie  ,<pülfSquelten  beS  ßanbeS  ber» 
mefyrt  unb  beffen  (£rträgniffe  getjoben  Ijätten.  ©0  mod)te  ber  ßanbgraf  am  3lbenb 
feineä  ßebenS  mit  ^ufriebentjeit  auf  fein  üBirfen  unb  feine  (Srfolge  aurücfblitfen. 
33cr  allem  mar  fein  unabläffigeS  Semüljen,  baS  Wiebergebradjte  ©otteSWort  auS= 
^ubreiten  unb  jur  Slnerfennung  flu  bringen,  obwol)l  er  felbft  barüber  jutn 
9Jtärtr)rer  geworben,  nicfjt  bergebenS  gewefen:  ber  s$roteftantiSmuS  blatte  jWar 
nidjt  bie  SlHeinrjerrfdjaft  im  Üieidje,  aber  bie  faft  böHige  ©leidjftellung  mit  ber 
alten  ßefjre  erlangt  —  ein  (Srfolg,  ,^u  bem  ber  ßanbgraf,  als  ber  begabtefte 
unb  tfjatfräftigfte  Vertreter  ber  eigentlid)  entfdjeibenben  sDlad)t  im  9teid)e,  näm= 
lid)  beS  territorialen  ftürftenttjumS,  faft  metjr  als  irgenb  eine  anbere  einzelne 
^erfönlidjfeit  beigetragen  Ijat.  ©ein  Warne  erfdjeint  bafjer  mit  ber  ©efd)id)te 
ber  Anfänge  beS  ^roteftantiSmuS  aufs  engfte  unb  unzertrennbar  berbunbcn. 
2lud)  perföntidj  aber  ift  £ß.  eine  tjerborragenbe,  erfreulid)e  Srfdjeinung :  offen 
unb  juberläffig,  marmtjerjig  unb  grojjmütt)tg  ftettt  er  fid)  bar;  freilidj  erfdjeint 
er  aud)  —  fjierin  ein  ed)teS  ßinb  feiner  ,^eit  —  berb  unb  ftnnlidj  angelegt; 
aber  burdjmeg  jeigt  er  fid)  bon  großer  ©efinnung  unb  auf  baS  Sßal)re  unb 
6bte  gerichtet,  mit  einem  ibealen  Anflug  in  allem  roaS  er  unternimmt,  furdjt» 
I08  unb  burd)  feine  niebere  9türfftd)t  ^urücfgetjalten  in  ber  Vertretung  beffen, 
roaS  er  für  9ted)t  erfannt  t)at,  babei  aber  bod)  in  feltener  2Beife  bulbfam  gegen 
SlnberSbenfenbe,  leutfelig  unb  ^ugänglid)  —  alles  in  allem  eine  ebenfo  be- 
beutenbe  roie  an^ieljenbe  ^erf5ntid)feit.  — 

(Sine  reiche  sJiad)£ommenfd)aft  ift  ^p.  (^u  £t)eit  geworben.  5ßon  ßb.riftine 
b,atte  er  fünf  2öd)ttr,  bie  er  in  bie  Jpäufer  ©ad)fen,  ^fata,  ^olftein  u.  a.  bcr= 
mäf)lte,  unb  bier  ©ö^ne:  SCßiltjetm,  ßubmig,  ^t)ilibp  unb  ©eorg,  unter  roeldje 
er  fein  ßanb  tljeilte,  unb  bon  benen  ber  ältefte  unb  ber  jüngfte  bie  ©tamm» 
bäter  ber  ßinien  |?effen=  Raffet  unb  Jpeffen  »'Sarmftabt  geworben  ftnb.  —  IJflit 
SJtargaret^a  bon  ber  ©aal  erhielte  er  aufeer  einer  £od)ter  fieben  ©öb,ne,  weld)e 
ben  Xitel  ©rafen  bon  S)ie^  führten,  inSgefammt  aber  oljne  s)cad)fommenfd)aft 
ftarben. 

S)aS  -gmuptmaterial  jut  ©efd)id)te  «Philipps  liegt  im  tjeffifdjen  ©taatS» 
unb  ©ammtardl)ib  ju  Harburg,  aus  bem  berf)ältnifemä^ig  wenig  beröffent* 
lid)t  ift ;  am  wid)tigften  ßenj,  Sriefwedjfel  ßanbgraf  ^ßt)ilipp  beS  ©roBmütl)igen 
bon  Reffen  mit  33ucer  I,  1880  (^ublicationen  aus  ben  I.  preufj.  ©taatS« 
ard)iben   V).   —  3luS    ben   «Materialien   in   Trüffel  unb    S)armftabt    2)uUer, 


9tacf)trag:  #ra&.  783 

9teue  ^Beiträge  jur  ©efd^td^te  ^rjitippi  be§  (Srofjm.,  ßanbgrafen  Pon  #effen 
(Briefe  ^r)itipp§  unb  fetner  ^eitgenoffen)  1842. —  (Sin  retdjtjaltigeS  Material, 
roiemotjt  nact)  feiner  Dtictjtung  Ijin  erfdjöpfenb,  Perarbeitet  kommet  in  feiner 
2Biograpf)ie  $f)üipp§  (&effifd)e  ©efcfjicfjte ,  Zty.  III,  1  unb  III,  2;  aud) 
©onberau§gabe  in  2  ütfjeiten;  baju  at§  britter  ein  Urfunbenbuctj,  ©iefjen 
1830).  —  einzelne  Slbfcfjnitte  be§  ßebenä  s4$f)iüpp3  betmnbeln  auf  urfunb« 
lieber  33afi§  u.  a.  ßena,  gtoinglt  un0  ßanbgraf  ^bitipp  (in  33rieger§  3eitfcr)r. 
f.  £ircf)engefd).  III,  28  ff.,  220  ff. ,  429  ff.);  —  2öitte,  ^tjilipp  ber  ©rofe- 
mütfjige  Pon  Reffen  unb  bte  9teftitution  lUrict)§  Pon  2Bürtemberg  1526 -1535. 
1882;  —  ^eibenrjain,  S)ie  UnionSpolitif  ßanbgraf  ^fpüppS  be§  ©rofjm.  Pon 
Reffen  unb  bie  Unterftütmng  ber  Hugenotten  im  erften  9teügionSfriege.  1886.  — 
©inen  jettgenöffiferjen  23iograpr)en  tjat  5ßl)iltpp  an  2Biganb  Sauje  gejunben: 
ßeben  unb  üttjaten  .  .  .  Philippi  Magnanimi,  ßanbgraffen  bon  Reffen  (f.  21. 
SD.  35.  XVIII,  80,  Slxt.  ßauje).  ftrtebenäburg. 


$rafc*):  $ob,ann  $afpar  $. ,  3fefuitenmiffionar  unb  «JJcärtPrer  in 
jtongfin,  geboren  3u  ©oljtjeim  bei  5£)üren  im  alten  ^erjogtfjum  ^ülidj  am 
14.  September  1698.  ©eine  Gültern  raaren  fdjlidjte  ßanMeute  unb  in  itjren 
SBerufäaxbeiten  auf  bie  Unterftütmng  itjrer  Pier  Äinber  angenriefen.  (Srft  nad) 
bem  2obe  be§  33ater§  im  Filter  Pon  15  3af)ien  gelang  e§  bem  jüngften  ©otjne, 
$of)ann  $afpar,  feinem  fetjnlidjften  äöunfctje,  ju  ftubiren,  nätjer  p  treten,  inbem 
er  auf  bem  ^efuitengtjmnafium  ju  SDüffetborf  unb  in  bem  mit  bemfelben  Per- 
bunbenen  (Sonüicte  Slufnaljme  fanb.  9tact)  Sßottenbung  ber  Ijumaniftifcrjen  ©tu= 
bien  tjörte  er  bei  ben  granjisfanern  in  SDüffelborf  ^tjitofopfjie  unb  übernahm 
äugteidj  eine  Jpau§tetjrerfteEe.  3II§  ^ofmeifter  einer  abetigen  Familie  reifte  er 
mit  berfetben  1721  nadj  9tom,  bann  nact)  9Jlabrib,  ßiffabon  unb  *ßari§,  unb 
nact)  längerem  5lufentt)atte  in  biefen  ©tobten,  tooburdj  er  ber  italienifctjen, 
fpanifetjen ,  portugiefifdjen  unb  fran<5öfifcfjen  ©praetje  Poüftänbig  mächtig  mürbe, 
fet)rte  er  1726  in  bie  «gjeimatb,  äurücf.  SDoct)  bie  einmal  in  Ü)m  ertoactjte 
9teife=  unb  SCÖanbertuft  tiefj  ifjn  t)ier  nict)t  lange  9tut)e  ftnben  unb  fetjon  im 
folgenben  ©ommer,  nactjbem  er  fictj  ali  Officier  für  bie  oftinbifdje  Kompagnie 
tjatte  anwerben  laffen,  fdjiffte  er  fict)  in  Slmfterbam  nact)  SataPia  ein.  SDie 
xeltgiöfe  llnbulbfamfeit  ber  £>oIIänber  ben  $atf)olifen  gegenüber  liefjen  e§  it)n 
aber  balb  bereuen,  fict)  auf  fectj§  fefte  $atjre  bei  ber  Ijollänbifctjen  Regierung 
gebunben  <m  traben,  jebodj  gelang  e§  itjm,  nact)  ©erlauf  Pon  biet  3at)ren  einen 
etjrenboHen  2lbfct)ieb  ju  ertjalten  unb  in  33ataPia  mit  einem  befreunbeten  fran* 
jöfifetjen  Kaufmann  pfammen  ein  ©efetjäft  anzufangen.  2lber  auet)  tjier  mar 
feineä  33teiben§  für  itjn,  ba3  tobbringenbe  Ätima  fctjien  alle  feine  SebenSfräfte 
aufje^ren  ju  motten,  unb  at§  im  5Rai  1730  ein  portugiefifct)e§  ©crjiff,  auf  bem 
fid)  ein  rt)einifcr)er  ^efuit,  ein  SanbSmann,  at§  5Jliffionär  an  S3orb  befanb,  auf 
ber  ^a^rt  nact)  9Jtafao  ben  ^afen  berührte,  benu|te  er  bie  (Megentjeit  unb 
fd§iffte  fict)  ein.  5Docr)  er  mar  nun  be§  äöettteben§  fatt  geworben,  morauf  ber 
bertraute  Umgang  mit  ^ßater  5pt)itipp  ©ibin,  feinem  r^einiferjen  ßanbSmanne, 
auf  toetetjen  er  auf  bem  ©crjiffe  angemiefen  mar,  mob^t  nietjt  otjne  @influ§  ge= 
blieben  ift,  unb  am  27.  October  1730  trat  er  in  'UJcafao  in  ba§  ^opijiat  ber 
©efeüfctiaft  3efu.  2lm  28.  October  1732  legte  er  bie  erften  (Selübbe  ah  unb 
empfing  am  28.  Dctober  1733  bie  Stonfur  unb  niebern  SBeitjen  unb  nad§  SöoH= 


K)  3u  Sanb  XVII,  ©.  57. 


784  Ärai<- 

enbung  feiner  pf)i(ofop^ifd)en  unb  tfyeotogifdjen  ©tubien  am  24.  2)ecember  1734 
bie  ^riefterWeitje.  ©eine  Sßertrautfyett  mit  fo  bieten  ©pradjen  tjätte  eS  wat)r- 
fdjeintidj  gemadjt,  bafj  er  bem  Drben«r)aufe  ber  ©tabt  lUafao,  in  meld)er  bamalS 
wegen  itjrer  Sebeutung  für  ben  europäifdjen  unb  inbifefj  =  d^tnefifd^en  Raubet 
£eute  alter  Nationen  berfeljrten ,  ^ugejeüt  geblieben  märe,  aber  ber  (Sinn  beä 
jungen  DrbenSmanneS  ftanb  auf  -VpöfjereS.  6r  erbat  unb  ert)iett  bie  ßrlaubnifj, 
fid)  ber  gefärjrlidjen ,  baS  s]Jtartt)iium  berfpred)enbeu  s.Dciffion  in  ütongfin  ju 
mibmen.  %m  13.  iHai  1735  f ci)iff te  er  fiefj  mit  Pier  portugiefifd)en  s4>atrc8 
unb  einem  eingeborenen  Öaienbruber  nadj  Jongfin  ein.  Tod)  nod)  elje  fie  bie 
Äüfte  betreten  tjatten,  mürben  fie  Pon  ber  ^oflwadje  entbeeft  unb  baS  ©d)iff  in 
$3efd)lag  genommen,  ©lürflid)erWeife  getang  eS  ben  gefangenen  Stefuitenmiffio» 
niiren  bieSmal  mit  bem  Cebeu  babon  311  fommen.  ©ie  mürben  ,}U  2ar.be  mit 
ifyren  Begleitern  Don  ^orf  <ju  ffiotf ,  öon  ©tabt  311  ©tabt  unter  militärifdjet 
(Slcorte  jur  portugieftfd)cu  Eolontatgren^e  geiüljrt  unb  bort  entlaffen.  ©ie  famen 
am  24.  üecember  17^5  imd)  fiebenmonatlidjen  ©trapajen  unb  Reiben  wieber 
in  sIftafao  an.  9lber  bie  feeleueifrigcn  ^riefter  ianbeu  feine  9tulje,  bis  fie  bon 
neuem  fid)  beut  iijnen  gefttjteu  oirle  mibmen  tonnten,  unb  nadjbem  fiel)  ihnen  nod) 
ein  fechfter  i^efuitenpater  jugefettt  hatte,  machten  fie  fid)  am  LO.  'OJlärj  1736 
t>on  neuem  auf  ben  2öeg  nad)  longfin  unb  uoar  bieemal  auf  bem  i3anbmege, 
bcinfelben,  auf  welchem  fie  bot  nicht  brei  konnten  ,}Wang*meiie  uirütfgefüljrt 
morbcu  Daten.  9lniang3  ging  bie  Weife,  menn  aud)  unter  ftetrr  (Befahl  erfanut 
unb  gefangen  311  metben,  glürflid)  öon  (Statten,  unb  mit  großer  $reube  mürben 
bie  Wiffionare  Pon  ben  heimifdjen  I5hriften  empfangen  unb  begrübt,  ^roei  vmn 
ben  "JJatreS  blieben  mit  bem  l'aunbruber  in  2o  fyu  bei  ben  bortigen  (il)riften 
jurüd,  bie  übrigen  Pier  OJliffionare ,  moruuter  s}Jater  $.,  festen  bie  ÜKeife  fort, 
gerieten  aber  bereits  am  12.  ^Ipiit  1786  in  einen  Ointeibalt  unb  mürben  ge- 
fangen. sJ3tit  bem  $ang  unb  ferneren  Letten  belaben,  mürben  fie  unter  junger 
unb  ©utß  unb  2)rangfalen  aller  Sltt  nad)  muffeligem  Warfdje  ,mr  fltefibenj 
gefd)teppt,  mo  fie  am  28.  Stprit  anlangten.  3)ort  mürben  fie  mel)rfad)en  ftrengen 
33erf)ören  unterworfen  unb  bereits  am  8.  2Jtai  jum  2obe  burd)  bas  ©djmert  Per- 
urtbcilt.  "iibcx  erft  nad)  neunmonatlidjer  harter  ©efaugenfdjaft  unb  großen  ßeiben 
würbe  ba§  Urtfjeil  am  12.  Januar  17o7  Ponogen.  Sie  einheimifdjen  (Stjriften, 
welche  ungefannt  ber  Einrichtung  ber  $atrefi  beigewohnt  t)atten,  brachten  ihre 
fterblidjen  Ueberrefte  in  Sicherheit  unb  ifjrc  blutgetränften  Kleiber  nad)  s]Jtafao,  wo, 
als  am  2  1.  'Jluguft  1737  bie  Wadjricht  Don  ihrem  sDtartertobe  eintraf,  bieS  mit 
feierlichem  ©lodengeläute  beajüfjt  würbe.  2)ie  tarnen  ber  brei  JobeSgefäfyrten 
beä  s^ater  $.  Waren  s}3ater  ^Bartholomäus  SUbateg,  ber  Obere  ber  s3)tiffionare, 
^ater  (Immanuel  be  ^Ibreu  unb  93incentiuS  be  Guntja,  fämmtlidt)  s^ortugicfen. 
®er  SSeatificationcproce^  ber  ^Jlärturer  mürbe  gteid)  nad]  itjrem  2obe  begonnen, 
aber  burd)  bie  ?luff)ebung  beS  ^efuitenorbenS  zeitweilig  unterbrodtjen.  2fu  2)üren 
unb  Umgegenb  ift  ba8  9lnbenfen  beä  ^[Rärtt)rerS  lebenbig  geblieben  unb  auf  bem 
^farrtjaufe  feineS  <\peimatf)Sborfe3  ftet)t  man  nod)  bleute  fein  in  Gel  gemaltes 
SBitbnifj,  weldjeä  bie  ©rinncrung  an  if»n  nid)t  erlöfdb^en  lä§t. 

5Bergl.  Francisci  Ortmann,    S.  J.  presbyteri,  Liber  de  vita  et  pretiosa 
morte  V.  P.  Jo.  Caspari  Cratz  ex  agri  Jaliacensis   oppido  Goltzheim.    Ger- 

mani,   ac  sociorum   ejus fklei   christianae   odio    in   Eegno    Tnnkini 

obtruncatorum  die  XII.  Jannarii  anno  Domini  MDCCXXXVII.  conscripta 
ex  litteris  ipsius  Ven.  Martyris  ad  suos  familiäres  et  aliis  gravium  virorum 
testimoniis,  qui  omnium  erant  conseii.  Augustae  Vindel.  et  Oeniponti  1770, 
12°,  243  ©.  —  gto§,  Sofjanu  Äafpar  Ärah  (in  ben  Mnnaten  beä  f^iftor. 
Vereins  für  ben  ^ieberrtjein,  «b.  35,  ©.  93-134). 

Söinanb  33irnid). 


Otto  IL,  .g>.  r>.  ^ommetn.  785 

CttO  IL,  <£>erjog  Don  sßommern,  geb.  etma  1375,  unb  (£aftmtr  VI., 
Sötjne  bes  jperjogS  Smantibor  III.  unb  ber  2lnna,  £octjter  be£  23urggrafen 
2Ilbrectjt  bes  Sctjönen  Don  Nürnberg.  2Bte  ein  rottjer  #aben  jieljt  fictj  burctj 
bie  mittelaücrlictje  ©efctjictjte  2ßommerns  ber  $ampf  gegen  23ranbenburg,  tcctc^ei 
bie  Üteictjeurnnittetbarfeit  bes  nrictjttgen  Äüftenlanbes  nictjt  actjtenb  (Dgt.  23ogi3= 
IaD  I.  21.  %.  23.  III,  40),  bie  Dberletjnstjerrfctjaft  über  baffelbe  erftrebte.  lieber 
bie  ©rünbe,  bie  im  einzelnen  fjfatte  ben  Parteien  bas  Sctjmert  in  bie  £>anb 
ga6en,  mag  oerfctjieben  geurtfyeitt  merben,  bie  mirren  3uftänbe  Olorbbeutfctjtanbs  im 
14.  unb  15.  ^atjrtj.  forberten  rafctjes  energifdjes  <g>anbeln;  für  Sommern  aber 
roaren  biefe  kämpfe  ein  fingen  auf  geben  unb  £ob ,  bas  Don  feinen  dürften 
unter  mannigfachem  Söectjfel  bes  (hfolges  mit  aller  gäfyigfeit  burctjgefütnt  mürbe. 
2Bas  im  14.  Saint).  Jperaog  Otto  I.  (f.  2t.  S>.  23.  XXIV,  719)  unb  fein 
[heilbarer  Sotjn  Barnim  III.  (f.  21.  S>.  25.  II,  74)  fieguetct)  errungen  Ratten, 
bie  Unabtjängigfeit  ^ommerns  Don  Subroig  bem  23aiern,  bas  tjielien  ju  2Infang 
bes  15.  %Q$xi).  Dtto  IL  unb  (Safimir  VI.  bem  ungleich  mächtigeren  ©egner 
gegenüber,  ber  in  bem  erften  ."pofjenjollern  itjnen  ermactjfen  mar,  mit  Srfotg  feft, 
bis  enblictj  am  dnbe  bes  15.  ^atjrtjunberts  <£>eraog  23ogistaD  X.  (f.  21.  3).  23. 
III,  48)  bie  Selbftänbigfeit  bes  Sanbes  enbgültig  befeftigte.  —  £).  mar  in 
jugenbtictjem  2Uter  Don  einer  bem  beutfctjen  Drben  feinblictjen  Partei  jutn  Srj» 
bifctjof  Don  9tiga  gewählt  unb  1394  burctj  j?önig  2öenjet  audj  befiätigt  toorben. 
3u  Dftern  1396  begab  er  fictj  nactj  2)orpat  unb  fctjlofj  bort  mit  bem  ©rofj= 
fürften  SBitotrb  Don  Sittauen  ein  23ünbnifj  gegen  ben  Crben,  bas  inbefj  feine 
roeiteien  folgen  tjatte.  }iactj  einem  balb  barauf  erfolgenben  2Iusgleictj  jmifctjen 
bem  Crben  unb  feinen  Segnern  ift  Don  Dtto'8  geiftlictjer  2J3ürbe  nictjt  metjr  bie 
9tebe,  er  mirb  batjer  in  bie  |)eimattj  äuvücfgefetjrt  fein,  Gtafimir  tjatte  im  2tnfang 
bes  15.  $atjrtj.  an  ben  kämpfen  bes  £)rbens  gegen  s$olen  5tr)eil  genommen, 
mar  in  ber  Sctjlactjt  bei  2annenberg  gefangen  morben  unb  tjatte  eben  bie  £$frei= 
tjett  mieber  erlangt,  als  «gjerjog  Smantibor  III.,  bisfjer  bes  9Jcarfgrafen  3fobfi  Statt= 
fjalter  ber  2JHttelmarf,  burctj  23eftattung  bes  23urggrafen  ^rriebricf)  Don  Nürnberg 
(f.  21.  2).  23.  VII,  464)  jum  oberften  23erroalter  in  ben  starten  Don  Seiten 
bes  neugemätjlten  Königs  Sigismunb  ttjatfäctjlictj  feine»  2tmtes  enttjoben ,  un= 
muttjsDoU  nactj  Sommern  äurücffetjrte,  bie  Regierung  bis  ^u  feinem  im  näctjften 
i^atjre  (1413)  erfolgenben  Üobe  feinen  beiben  Sötjnen  überlaffenb.  ^>atte 
^riebrict)  alsbalb  in  bas  alte  ££af)rmaffer  branbenburgifctjer  s$oIitif  gegen  |om= 
mern  eingelenft,  fo  mar  ben  beiben  pufften  üfi  äßefl  um  fo  metjr  Dorge^eictjnet, 
als  ein  Stjeil  be§  märfifctjen  2lbet§  bie  pommerfctje  ©tatttjalterfc^aft  nodj  aner= 
fannte.  3uoem  *°ax  ^er  33ertuft  ber  Don  ben  Sötjnen  ßubroig§  be§  23aiern 
feiertictj  an  üßommern  abgetretenen  unb  biefem  burctj  Äaifer  ^arl  IV.  juge= 
fproctjenen  Utfermarf  ^u  befürctjten.  33on  ber  mit  griebrict)  Dermanbten  raol= 
gafter  Öinie  mar  feine  Unterftü^ung  ju  fjoffen,  O.  unb  6.  Derbanben  ftctj  batjer 
mit  bem  märfifctjen  2tbel  unb  rücften  @nbe  Dctober  1412  mit  einem  «g>eer  in 
bie  5ftarf.  2lm  24.  Cctober  fam  e§  jur  Sctjlactjt  am  Gremmev  Samm ,  too 
bereits  ber  ©ro^Dater,  ^erjog  23arnim  III.,  fict)  2orbeexen  erroorben  tjatte,  unb 
menn  uns  auct)  über  bie  tjier  fictj  gegenüberftetjenben  ©treitfräfte  feine  2lactj= 
richten  aufbetjalten  finb ,  fo  tjanbelt  e§  fictj  bodj  otjne  allen  3^eÜeI  um  cine 
regelrectjte  8ctjlactjt  größerer  ^eertjaufen,  nictjt  um  räubcrifctjen  UeberfaE.  ^n 
biefer  Sctjtactjt,  nictjt  aber  burctj  ^Jteuctjelmorb ,  fiel  £$friebrictjs  2lnfütjrer,  ber 
©raf  ^otjann  Don  |>ot)enlot)e,  bem  an  ber  Stelle  ein  S)enfmal  errictjtet  ift,  unb 
jtoei  fränfifctje  @ble.  %u  feinbtictje  Stellung  ber  toolgafter  Sinie  unb  ein 
23ünbnife  griebiictjs  mit  ben  mecflenburgifctjen  ^Mten,  barunter  £)tto;s  eigenem 
Sctjmager  lllrictj  Don  5Jtecflenburg=Stargarb,  Dom  15.  2luguft  1414,  Derfnnbette 

Stügem.  beutfdöe  aJtoara^öie.   XXV.  50 


780  -tto  II.,  .<>.  b.  ^Dimiietn. 

nid)t  nur  bie  Muänutmng  beä  ©iegeä,  fonbern  e3  gelang  bem  sDtarfgraien  fogar, 
roegen  Regung  beS  flüchtig  gemorbenen  ßanbfricbenbrectjerö  üDietrid)  Oon  Qutyott) 
bie  Serljängung  ber  sJteid)§act)t  über  Q.  unb  C.  }u  ermirfen  (Goftniü,  1<».  IJtai 
1415).  Um  baüon  frei  ju  merben,  traten  fie  am  10.  2)ecember  beffelben  ^atyree 
ju  (Ibcrsraalbc  iljre  sJlnJprüd)e  an  bie  Ucfermarf,  Sotyenblttg  unb  ^efjbenif  luv 
4000  unb  200(>  ©djotf  Öhojdjen  an  ^riebrict)  ah.  3Bat  bamit  bie  märfifd)e 
Ofrage  erlebigt,  Jo  blieb  ber  ,'^roift  roegen  ber  "Keid^uumittelbarfeit  beftefjcn,  benn 
alö  £)•  am  81.  "JJcai  1117  )U  C>  oftuitj ,  rootjiu  er  ftet)  perfönlid)  begeben  hatte, 
nur  novbebaltltcb  ber  l)tcd)te  bcö  sUtarfgraJen  bie  Selebuuua,  erlangte,  wäbrenb 
Tür  bie  roolgafler  Settern  bieje  tüaufel  roegfiel,  erflärtc  er  fid)  bei  ber  'Rüdfetjr 
für  uidjt  gebunben  burd)  bie  faifcrlidje  (Jntfdjeibuug.  Dafl  Ucbergeroidjt  5rie= 
brid)ö  im  Sorben  mar  mittlerweile  Jo  brobenb  geroorben,  bafj  bie  gemeiujame 
©etatir  \u  einer  (Einigung  jroüdjen  ben  beiben  pommerfdjen  ^etjogSlinien  unb 
bett  uerroaubteu  mecßenbutgtfdjen  dürften  Uiljrte,  bereu  ©pitje  fid)  gegen  Staltbett" 
bürg  ridjtete.  3Cm  21.  Robem&et  llls  mürben  |tl  llrfermünbe  unb  am  24.  ge» 
bruar  1419  Jtt  Stettin  Sertrtige  \u  gegeujeitiger  .pütfe  gefdjlofjen,  unb  ba 
.perjog  Johann  Don  1)cerflenburg=3targarb  eben  in  märfifetje  ©efangenfetjaft  ge= 
ratlini  mar,  Jo  brang  D.  )ll  feinet  Befreiung  alc-balb  in  bas  üunblidje  @ebiet 
ein  unb  eroberte  na  et)  üergcblidjer  Selagevuug  Strasburgs  i.  11.  Sßteitylau.  Det 
ßrfolg  mar  aber  nid)t  Oon  üDauer:  als  D.  gegen  ben  'K a 1 1)  bc^  Srubcrs,  eben 
burd)  5000  9Rann  potniföei  püik-uöifer  uuterftütjt,  feinem  im  §dblo|  gu  Singet« 
münbe  eingefdjloffeucn  Hauptmann  3ot)ann  oon  Briefen  (Jntfatj  bringen  moUte, 
erlitten  bie  ^ommeru  in  einem  erbitterten  ©trafjcufampf  burd)  ivriebrict)  Jelbft 
eine  oöllige  sJcieberlage,  bie  ben  Serluft  ber  ganzen  Ucfertnarf  uact)  fid)  \og. 
(Sine  anjdjauticrje  ©djilberung  be8  Sorgaugs  üom  braubcuburgijdjen  ©taub« 
punft  aus  ift  in  einem  ^eitgenöjjijchen  Siebe  erbauen.  "Jim  23.  Vluguft  1420 
mürbe  3U  ^erteberg  burdj  Sermitteluug  beö  .per^ogö  Söilhelm  Oon  iöraun- 
fdjrocig  ein  breijärjriger  Sßaffenftitlftanb  üereinbart,  alö  anbete  Steigttiffe  bie 
Sage  ooEftänbig  iinberten.  2>as  bisb/rige  Jreunbjdtjaitlidje  Serljältnifj  jroijct)cn 
bem  Äaijer  ©igismunb  unb  bem  ilurjürften  griebridj  toar  naef)  bem  ungünftigen 
9luögaug  bes  böl)mifd)en  ftetbjugeö  in  gegenjeitige  Abneigung  oerroanbelt,  bie 
©tatthalterfdjaft  be8  Scheren  in  ber  yflaxt  l)örte  auf  unb  bie  sDcad)tOerb/ältniffe 
ber  Parteien  gegeneinauber  äuberteu  fid)  roefentlid).  Unter  Sermitteluug  it)te8 
Setterö,  be§  Äönigt)er^og§  (Jrid)  (f.  sJl.  ©.  S.  VI,  206)  öeteittigten  Jid)  am 
16.  ©ept.  1423  bie  pommerjetjen  ^er^oge  beiber  ßinien  mit  beut  beutjdjen  Orben 
^u  einem  gegen  griebrid)  gerichteten  SünbniB;  unb  notf)  giinftiger  mürbe  bie 
Sage  für  Sommern,  al§  am  17.  gebruar  1424  ber  Äaifer  ju  Dfen  ben  ^periog 
ßafimir  mit  au  feinen  Säubern  belctjnte  unb  baburd)  in  Scftätigung  ber  am 
21.  $uni  1355  burdt)  tfaifer  Äarl  IV.  erteilten  Seteljnung  (ügl.  Sogislab  V. 
in  tU.  2).  S.  III,  45),  bie  bem  tfurfürften  ^riebrid)  erttjeitte  Se^nggeredjtigfeit 
über  Sommern  b.injäüig  machte.  sJllöbatb  entbrannte  auet)  mieber  ber  ÄampJ: 
^ren^tau,  1425  burd)  Ueberrumpelung  oon  D.  unb  Safimit  gemounen,  ging  im 
näctjften  Mre  auf  biejelbe  äöeije  mieber  üerloren  unb  biejeä  medjjelnbe  Ailüd 
madjte  beibe  2t)eile  einer  Scrftänbiguug  geneigt.  "Jladjbem  bereits  am  1.  fjrebr. 
1426  griebridj  einen  Sßaffenftitlftanb  ^u  Ütatljenom  angeboten  ()atte,  jeigten  fid)  im 
Jolgenben  Sfafjre  mit  ben  pommerfdjen  dürften  aueb,  bereu  merflenburgifctje  Sex* 
bünbete  au  Serljanblungcn  geneigt.  2lm  22.  *Dcai  fam  ju  91cuftabt=ebergmalbe 
ein  Vertrag  ju  ©taube,  in  meldjem  bie  pommerjetjen  ^eraoge  auf  9tngermünbe, 
ber  Äutfütft  auf  Öreifenberg  i.  U.  Octji^teten.  3ur  fjeftigung  ber  neuen 
ßinigfeit  mürbe  bem  ©otjne  .per^og  (SafimitS,  ^oad)im ,  bie  SEoctjter  ^otjann§ 
be§  ^IctjUmiften,  Sarbara,  oertobt  unb  ferner  am  16.  ^uni  1427  ju  2emplin 
ein    ßanbfrieben§büubniB    fämmtiidjer    pommerjetjer   dürften    mit    griebrici)    ge= 


Otto.  787 

Stoffen.  —  2lm  27.  SJtära  1428  ftarb  £).,  ber  in  ünbertofex  @t)e  mit  £>er3ogin 
eignes  öon  9ftetf tenburg  =  ©targarb  gelebt  tjatte;  Wenn  er  auet)  in  ben  mär* 
lifctjen  Kriegen  wenig  an  Sanb  unb  Seuten  gewonnen  tjat,  fo  fjat  er  bod)  gegen 
bie  oberter)n§t)errlicr)en  2lnförüct)e  be§  alten  ©egneri  ficrj  mannhaft  unb  mit 
Erfolg  berttjeibigt.  —  ßafimir  übernahm  nact)  bei  23ruber§  £obe  bie  Unterbrüdung 
eine»  in  Stettin  wegen  ©ctjofjertiörjung  unb  um  ba§  ©tabtgeridjt  entftanbenen  5luf= 
tuljr§,  in  bem  bie  2öogen  ber  Empörung  fo  tjod)  gingen,  bafj  bereits  öon  dürften* 
morb  offen  gerebet  Warb.  9JKt  2Jcül)c  gelang  e§  Safimir,  bie  ©tabt  ju  öertaffen, 
über  toetd^e  ein  ftrengei  Strafgericht  öerf)ängt  warb:  bie  9täbel§fütjrer  mürben 
Eingerichtet,  bie  ©tabt  mufjte  12  000  9Jtarf  ©träfe  jagten  unb  büftte  itjre  bt§= 
Ijerige  (Stellung  in  ber  §anfa  ein.  2lm  13.  Slöril  1434  ftarb  aud)  Gaftmir, 
etma  50  $at)r  alt,  ber  in  erfter  @t)e  mit  $att)arina  öon  33raunfd)weig=2üneburg 
(t  nad)  6.  9Jtai  1429),  in  ^Weiter  mit  (Stifabetr),  Softer  £>er3og§  (Srid)  öon 
23raunfd)weig=@rubenl)agen  (t  1454)  öermätjlt  getoefen  mar.  9tur  ber  erften 
SJerbinbung  entflammten  Äinber,  barunter  fein  einziger  ©otjn  unb  9iad)folger 
^oadjirn  L,  ber  bereits  1451  ftarb. 

SBarttjotb,    ©efd).   öon  9tügen   unb  ^ommern.  —    Sronfen,    ®efd).  ber 
öreufj.  ^otitif,  23b.  1.  —  Urlauben  bei  ©taat§ard)ib§  ju  ©tettin. 

ö.  33üloW. 
£)tto*):  Marcus  £).,   ober  wie  er  fid)  fetbft  gewötjnlid)  nennt,    *Ucarr. 
Ott,  Woljt  ber  bebeutenbfte  ©trafjburger  SDiötomat  im  17.  $arjrt)unbert,  mürbe 
^u  Ulm  am   20.  Dctober   1600   geboren.    (Siner,   mie  e§  fdjeint,   menig   Wot)t= 
|abenben,  jebocrj  angefer)enen  33ürger§familie  angetjörig,   befud)te  er  äunädjft  ba§ 
©rjmnafium  feiner  33aterftabt.     %m  ijj.  1619  bezog  er  bie  ©trapurger  Uniöer= 
fität.     £>ier  t)örte  er  bis  in  ben  ©ommer  1621   tjinein  p^itofo^>^ifdt)e  unb  pt)t= 
totogifdje  Gottegien,  mürbe  im  Srütjjatjr  1620  mit  2lu§3eicrjnung    jutn  magister 
liberalium  artium  creirt  unb  manbte  fiel)  bann  mit  öolter  Energie  bem  ©tubium 
ber  i^uriSörubenz  ju.    2)tit  |)ülfe  frember  Unterftüijungen  mürbe  eS  itjm  möglich, 
bemfelbcn    bi§    jum   ©d)lufi    be§  ^a^'e§  1622    in   ©trafcburg    obzuliegen   unb 
ernftlid)    an   eine   größere   Steife   für   feine   weitere  2lu§bübung  au  beulen.    SDa 
entriß  bem  in  bie  Jpeimatr)  3urüd£Qefe^t)rten  im  9Jtärz  1623  ber  £ob   ben  Sßater 
unb  bie  ©orge   um   feiner  9Jtutter  drjftenz   unb   feine   eigne  Qulunft  tjielt   itjn 
faft  ein  öolle§  3^ar)r  gefangen.     9Jtit  ber  Berufung  in   eine  £ofmeifterftellung 
unb  bem  Stuftrag,  ben  ^ögüng  nad)  Strasburg  ju  geleiten,  befam  fein  ©efdjid 
eine   unöertjofft   günfttge  SBenbung.      ©d)on   im  Dctober  1624  erlangte  er  öon 
ber  ©trafjburger  juriftifdjen   f?facuttät  bie   Srtaubnifj ,   ^riöatcottegien ,   3)i§öu= 
tationen  unb  Sfcepetitorien  ju  l)alten,    aud)   lernte   er   eine  Dteitje   frember  Uni= 
öerfttäten  tennen,  ntcrjt  nur  bie  nädjftgelegenen  23afel,   greiburg  unb  Tübingen, 
auet)  Söien,    $rag,  ßeiö^ig,   SBittenberg  unb  ^ena.     9tac^bem    er  im  ©ommer 
1629    ba§    juriftiferje   ©octorei'amen   abgelegt   unb    feine  Snauguratbi§öutation 
„de  repressaliis*'  geljalten,  begann  er  am  9teid)§fammergericr)t  ju  ©petjer  fiel)  in 
bie  aböoeatoriferje  $rari§   einzuarbeiten^     ^n   ber   ^ü^rung   eine§   it)m  öon  ber 
©tabt   Dffenburg   anöertrauten   $roceffe§,    ben   biefe    gegen   ben   ßanböogt   ber 
Drtenau   angeftrengt   tjatte,   War  D.  auet)  längere  3eü  am  laiferlid)en  ^>ofe  ju 
SBien  t^ätig  unb  fanb  ©elegen^eit,  tjier  feiner  55aterftabt  wie  ber  ©tabt  ©trafj= 
bürg  erförie^liclje  ©ienfte  ju  leiften.   ^ebenfalls  in  3lnerfennung  berfetben  würbe 
er  öon  ber  letjtern  im  Dloöember   1630    in    bie  ftäbtifdje  S5ermattung   berufen 
unb    3unäct)ft    al§    @jtraorbinariu§    für    ba§  2lrct)iö   in  Seftaßung  genommen. 


*)  3u   S3b.  XXIV,   ®.  761.     £a§  bom   ^etrn   SBetfoffer  tid^tig    eingefanbte   etfte 
3Jlanufcribt  biefe^  ?ltttfel§  ging  leibet  berloreit.  2).  3teb. 

50* 


788 


Otto. 


1632  jum  geheimen  ©ecretariuS  foroie  311m  Wbjuncten  beS  ©tabtfdjreiberS,  1653 
jum  9teferenbar  beim  grojjen  Ütatt)  beförbert,  rourbc  et  balb  mit  triftigen  bipto= 
matifdjen  Wiffionen  beauftragt,  ©o  führte  er  in  ben  3al)ren  1685  nnb  1636 
bie  Untertjanblungen  ber  ©tabt  mit  bem  sDtarfgraien  äiMUjelm  Don  33aben,  bem 
Äurfürften  Don  ©ad)fen  unb  bem  H'anbgrafen  Don  -peffen,  bie  fiel)  um  bie  5™Se 
breiten,  ob  Strasburg,  Dom  faifertidjen  Weneral  ©aüaS  bebrängt,  bem  fraget 
^rieben  beitreten,  fid)  Don  bem  fd)mebifd)eu  SJtinbnifj  löfen  unb  bem  Äaifer 
näljern  foüte.  9118  biefelben  fiel)  jerfdjlagen  f)atten ,  erfdjien  ben  ©tiafeburgern 
bie  ".Neutralität  um  jeben  "^reiS  als  ber  eiujige  WettungStueg  auS  itjter  Don  ben 
öftanjolen,  ©cfjmeben  unb  ben  Cefterreidjern  bebrobtru,  in  ber  £t)at  fel)r  eypo» 
nirten  politifdjen  ^age.  3>n  biefem  ©inne  tiertrat  lUarcuS  £>.  bie  ©tabt  auf 
bem  bie  griebenSöerljanblungen  einleitenbeu  "Jiegenflburger  "Jieidjstage  1641,  ju 
bem  fie  übrigens  Dom  $aifer  nid)t  einberufen  mar  unb  Don  beffen  33ert)anblungcn 
fie  aud)  auSgefdjloffcn  blieb,  gür  biefe  s])Uffiou  mar  er  furj  bortjer,  am  30.  $0" 
tiember  1640,  jiim  :Katl)  unb  SlbDocat  ber  ©tabt  ernannt  morben.  ör  mujj 
bem  fdjroierigen  Auftrag,  ber  ein  befonbereS  biplomatifdKS  (Mefdjid  etfoiberte, 
jur  Dotten  ^'u'ficbentjeit  feiner  Oberen  gerecht  geroorbeu  fein,  burd)  biefc  unb 
anberc  1  teufte,  fomie  burd)  feine  1687  gefd)loffenc  8$e  mit  3Ratgaxet$e  ©alabiu, 
ber  ü£od)ter  cineS  ©trafjburger  Slpotliefeve ,  l)attr  er  fid)  jebeniallS  aud)  in  ben 
Jpcrjen  feiner  iUitbürger  baS  tiolle  ©trafcburger  ^ürgerredjt  ermorbeu,  tuxy  tx 
mürbe  atigemein,  als  ber  Tyriebcnscongrcjj  Don  lUüufter  unb  DSnabrürf  eröffnet 
roerben  fotlte,  als  ber  "Hertrauenamauu  ber  ©tabt  bejeidjnet,  ber  fie  altein  mürbig 
an    bem   europäifd)en   3lrcopag    üertreten  fönnte. 

9lm  15.  ÜJtfttj  1645  trat  er  feine  Keife  rtad)  D*nobtttd  an,  am  81.  Ja- 
nuar 1649  fef»rtc  er  jurürf.  Xiefe  bin  %a\)xt  bejeid)ucu  unftreitig  t)tn 
^)öt)epunft  in  Ctto's  ßeben.  ©eine  U3evid)te ,  bereu  er  prai  miubeftcn  in  ber 
2öod)e  einen,  oft  jtoei  an  bie  ©trafjburger  Regierung  fanbte,  liegen  unS 
bis  jum  ©d)lufe  beS  ^atjreS  1647  Dollftänbig  erhalten  tior.  ©ie  finb  rein 
fad)tid)  gehalten  unb  informiren  bortrefilid)  über  ben  Verlauf  ber  einzelnen 
großen  ©treitfragen ,  meld)e  ben  (Songrefj  beroegteu.  $m  Söorbergruub  ftetjen 
bie  ©rabamina  ber  9teid)3|täube ,  bie  religiöfen  fragen,  bie  Wmneftie,  bie 
"Jieftitution  u.  f.  m. ,  bie  9)ert)anbluugen  ber  fatljolifdjen  unb  ber  eoange= 
lifd)en  ©tänbe.  ibefonbereS  ^ntereffe  erregen  nod)  tjeute  bie  sI)cittl)eilungen 
über  bie  ^jorberungen  ber  fronen  granfreid)  unb  ©djroeben ,  Dor  Willem  über 
bie  satisfaetio  Gallica.  ilout  elften  Wugenblirfe  ab,  mo  bie  i*orfd)läge  (Vranf* 
reid)5  befaunt  merben,  Dom  Cctobet  1645  ab  geigen  fid)  ber  ©trajjburger  Oiatl) 
mie  fein  ©efanbter  Don  untilgbarem  9)lif$traueu  gegen  bie  "Jlbiid)teu  biefer  sJ)kd)t 
erfüllt,  baS  fid)  am  beften  in  bem  oft  auSgefprod)eneu  ÜÖorte  tierbidjtet: 
„Francum  amicum  habeas  non  vioinuin".  S)ie  roeiter^ielenbeu  $(&ne  ber  ^fran* 
jofen  entfd)leiern  fid)  ben  ©trafjburgern  fef)t  balb,  fie  finb  fid)  bemußt,  bafj  fie 
gegenüber  ben  anbern  elfäjfifdjen  Weidjeftäbten  feineu  aubevn  $}ortt)cit  tjätten 
als  baS  „beneficium  Ulissis  Don  beut  Polyphemo".  ÖJegen  bie  belanntc  jroei« 
beutige  Glaufel  ..ita  tarnen  etc."  im  §  87  be*  [yiiebenSinfttumeute  Dcrmat)ren 
fie  fid)  beftimmt;  inbefe  bei  allen  ^eftrebungen,  fid)  gegen  bie  gefät)rlid)e  Wad)* 
tiarfd)aft  ^u  fidjern,  fo  taut  fie  aud)  ifvrc  'KeidjSangetjörigfeit  betonen ,  für  bie 
fie  bei  ben  fdjmebifdjen  ©efanbten  Dor  allem  Ütürftjalt  fud)en ,  niemals  magen 
fie  bie  ^reunbfd)aft  O^anEreidjS  gerabeju  51t  Derfd)er^en.  sJfur  einmal  ertb,eilt 
D.  bem  franjöfifdjen  33otfd)after,  bem  ©rafen  b'^lDaur,  ben  flarcn  33efd)eib : 
„mir  ferjen  2eutfd)e  unb  reben  leutfd)."  ©inen  burd)fcl)lagenben  ßrfolg  tonnte 
bie  ©trafeburger  sJteutralitätSpolitit  natürlid)  auf  biefem  ^oben  evft  redjt  nid)t 
erringen,  meber  tonnte  O.  bie  untlare  Raffung  beS  SfwbenSDeitrageS  be^üglid) 
ber  elfäffifd)cn  Abtretungen   Dert)inberu,    nod)   bie  ©arantie   ber  politifdjen    unb 


5paü.  789 


religiöfen   ftedjte  ber  «^unmittelbaren  ©täube   im  Glfafc   jur  *»  unb  3lu*- 

"^W-  Em'  *egen*burger  %ei«8taSe  bei  <Mte»  lW,!«}!* 
iübrun be Seftimmungen   bes   2BeftTatifd,en    Rieben!    ftoM    «    l  ö£ 

£>  nod)  einmal  bie  ©tabt  Strasburg  öertreten.  Sßon  ba  ab  fäemt  ex  p 
Sofie  en  politifdjen  Mfionen  nidjt  metjr  üermanbt  morben  }u Jem  6en  to 
flufunb  feie?  beutung  fdjeinen  ftdj  aber  erjer  nod)  Seftet9ert  3u  ^  »enn 
Kr  eÄten  baft  im  3  1664  ber  ©trafeburger  SBif$of  yranj  (Sgon j>on  Surft  n- 
?ia  O    be?'bem  ÄQtfie  befcbutbigte,  er  t,abe  bie  Untertanen  bei  ©$maxjmalb= 

fie  mit  bem  ©emid)t  feiner  iurifttfdjen  Katalase '  «MW    3Jer ,^b  ^   ^ 
geben*   blieb    öon  SBetrübni*   nidjt   frei.      ffiemßltenS    erjagt   «**"' 5fa* 
bürget  (£r)romft  fteiffeiffen ,    bafe   bie  ©«lebeten,    »el*e   im  ffiinte x  1671 
™ilfi72  überall  in  ber   ©tabt   verbreitet    mürben   unb    al8   beren «Autor  öa 
Ccu    tor@eogCbre^  «mittelt  unb  gerietet  mürbe    ben  «mutet*« Steht* 
ff  Aus  V    anariffen      9ta$ere3  über  ben  Malt  biefet  ^asquitte  Ht  n  d)t 
tan!!*  ^n^Xr  be^tigL  fie  beibe  Banner  b*®^  ^  M«. 
ftabt      (Sin  bitterer  Unbanf   fftt   treue  Xienjte  mochte   ficrj   nid)     leu^t  nnoeu , 
Itr  bie  allgemeine  $od)a*)tung  feiner  Mitbürger  l«*^*** 
firb  in  ben  lrauerqebid)ten  unb  8ei$enreben  bei  leinem  -^obe,  ber  am  5.  JtorjemDti 
1674  erolat ^    unöeSnbar  au8.     SBenn  ifjn   eine  berfelben   mit   bem    großen 
äÄfÄ»   be»    16-   »bmnbert*   Safob    ^urrn   in   Serg leid) 
feb     io  maa  berfelbe  gelten,  menn  man  ben  grunbberfötebenen  ®^raftn  be  ber 
Podien  auV  an    biefen   beiben  Männern   mi|t:    bort  ^ fd)bpieri d)e  3nrtt       e, 
gSibeaT^ele..    bjex    ,.*e  ©e*an  Weit ,    ««o«nbt^t  in  leinen  Wt  dn 
nSAfterreicbbare    toecle.     2lus    ben   erhaltenen   Silbern  Otto  5   lpudjt   ^Jüibe, 
ml  or/nV  einen   Anflug  *on  Steigt,    am   anmuttjenblten   mirfen  bie  grofjen 
f lugen  klugen  mit  ben  tjodjgefdjroungenen  SBrauen.  gyj.  göieganb- 

<Bntt*)      Tineen*   %   öon   ^alt^aufen,     baixifdjex    Hrcfcwai    unb 
«orife?,   am  22   Sannar  1759  5u  greifing    uon  bürgertid)en   «ttern,  »eU*e 
fem   Samen  Bali    führten ,    geboren,     t   ju    üRündjcn    am    9.   Sluguit    1817. 
ßr  beulte   ©Aulen   unb  ßnceum   feiner  »aterftabt,    trat  1779    als  ttomae  tu 
t u ,6Ä ÄS«  3u  iegernfee!  .erliefe  aber  batb  miebex  ben  ttonbent unb 
b^aab  fid)  nad)  Wundjen,  mo  ex  am  Stjceum  feine  ©tubien  »ottenbete    bann  bei 
*SmM$*£atoo«i«i    in   ^ranS    trat.      1785    mürbe    er    ato    flejetmet 
SanTtift  angefteHt,  1792  pm  geheimen  üregiftratox  m  bei :  ötaatsregi  txatux  be- 
förb    t   unb9bon   Äurmrft   ftail  3*eobot  mdDrenb   bes   *ei4.bicanatt   m i   ben 
Stftanb   mit  bem   ^räbicat   Sblex  üon  ^aEb.aufen   erhoben  _  1.9b  totete  et 
We  Rtudjtung.   be§  3lrd)it)i  nad)  ©ad)fen,    1797   narjtn   er   ate  ^f^o^b 
bargen  @e  anbtfcfeaft  am  5rieben8conflreB  8u  «aijatt  % Jnt    na$  b«  «u«^t 
179Q   mürbe    er   mm   gel).   Staat§ard)iüar   unb    gteid)jeitig    am   feiunb   jemer 
S  ita?en    auf   beni  Gebiet   uaterlftnbif^e«  ®efc^id)tSiorfd)ung_  |um  orbent  id)en 
5? tflß?b   ber  Wbemie   ber  2öiffenfd)aiten   ernannt      ttr   öerTaBte   meb,re  :    g e- 
rAÄtliAe  2ebr=   unb  Sefebüdjer,    löfte   5mei   üon   bex  «Kabemie  fleitettte  ^reiS- 
Ä  en  üb     bie  Safauitat  ber  9teid)Sftänbe  in  Saiern  (1788,  ^»MUbna 
S  1803  public«)  unb  über  Segriff  unb  ©renken  bei  alten  Otoricum  (1796). 
Sdn     Idjrirt    über    „©aribatb,    erften    ^önig  Sojoaneni,    unb    feine  2od)tex 


*)  3u  SSb.  XXV.  6.  81. 


790  Pauli. 

Ütjeobelinbc,  erfte  .Königin  in  Italien,  ober  bic  Urgefd)id)te  ber  Baiern"  (1810) 

berWitfelte  it)n  in  eine  litteravifdjc  getjbc    mit  beut    befauutcu  Rittet  Don  fc.'ang, 

bie  in  einen  erbitterten  Streit  jioiidjen  ben  altbahifdjen  5lutod)tt)oucn,  in  beren 

Flamen  %*.  baS  Söort  führte,  nnb  ben  „Üteubaiern"  aus  grauten  unb  Schwaben 

ausartete.     33on  feinen  jatjlreidjcu  übrigen  Sdjriften  fei  nod)  „Bojoari&e  'J'ojio- 

graphia  Romana-Celtica  ober  Baieru,  wie  eS  in  ben  älteftcu  §t'\itn  nun"  (1816) 

namtjaft  gemacht;  aud)  Ivier  nod)  luelt  er  mit  ^äljigfeit  fe|"t  an  ber  berfdjrobenen 

.<pt)pott)efe  bom  feltifdjeu  ürfpruug  bei  Saiern,  bie  itjm  als  bie  ans  33ojot)emum 

burd)    bie  sJJiarfomannen    berbrängten  Boier  galten,     hieben    feinen  ^orjerjungö- 

arbeiten   befcfjäftigte   fid)    s|*.    mit   allerlei   tedmifdjen  s-l*erfud)en ;    u.  Ä.  mar  er 

bemütjt ,    ein   beffereS  Berfatyren ,    mittels  beffen   ber  ganje  Sdjrütfat}   am  einet 

einzigen  platte  unter  bie  Bud)brutferpreffe  gebracht   merben  fönnte ,  ju  erfinben, 

unb  legte  1801  ber  SHabemie  eine  wotjlgeratrjene,    fleine  Stereotvjpeuptattc  bor. 

6in  Berjeidmif}  feiner  Sdjritteu  ift  einem  "Jiefrotog  in  ber  ^eitfdjrüt  Tür  Baiern, 

3al)rgang  1817,  3.  lob.,  6.  249,  beigefügt. 

Baabcr,   ßerrton   bair.  Sdjriftfteller ,    1,  2,  129. 

£  e  t  g  e  l. 

$auli*):    ilarl   ftrie brid)  $.,    geboren   <ju  ©aalfelb    in    $teu|en    am 

4.  September  1728,  t  am  9.  ftebruar  1778.  Sl  ftubirte  feit  174<>  \u  ßöuigS» 
berg  unb  feit  1742  ju  £>alle  bie  iKedjte  unb  ermarb  l)iev  17  17  ben  (Mrab  beS 
2)octotS  ber  sJted)te  unb  sDtagi[terö  ber  ^t^ilofoptjie  (£iffertation:  „<le  jure 
prineipis  circa  res  nullius  in  genere  et  in  Bpecie  regia  Bonusorom  circa  res 
nullius  in  Borussia").  1751  rourbe  er  aufeerorbentlidjer  ^rofeffor  beö  Staats- 
rechts unb  ber  @$efd)id)tc  in  Jpalte,  1765  orbcntlidjcr  jßrofeffoi  ber  s|U)ilofopl)ie 
unb  (Mefd)id)tc.  —  lUufecr  einer  "Jluja^l  uou  Stffettationen  unb  Heineren  arbeiten 
publiciftifcfjen,  gefd)id)tlid)en ,  militärgefd)id)tlid)eu  unb  biograpl)ifd)eu  3nr)altS 
fdjrieb  er:  „Meben  großer  Jpelben  beö  gegenwärtigen  Jhicge«",  9  H)eile  1758 
bis  1764,  unb  bor  allem  feine  ..Vlllgemeiue  SßteufifäV  Staatsgefd)id)tc,  fammt 
aller  ba,ju  gehörigen  J?önigreid)S,  £r)utf ürftenttmiuy ,  .freraogtcjümet,  dürften* 
ttjttmet,  @raf=  unb  Jperrfd)afteu ,  auö  bewährten  Sdjriftftellern  unb  Utfunben 
bi§  auf  gegenwärtige  Regierung."  8  SBänbe,  gr.  4",  1760 — 69.  Irotj  aller 
lUängel,  weldje  biefeu  2ßerfen  fdjon  jur  3eit  '^rcö  Grfd)cimne  nttn  Borwutf 
gemacht  würben,  ber  Breite,  ber  gefdjmarflofen  2)arftellung,  ber  Unfelbftänbigfeit 
ber  ftorfdjung,  beS  pareutationsmä&igen  loneS  ber  Biographien  u.  f.  w.,  erfdjeint 
bod)  üp.  in  ifjnen  als  einer  ber  tüd)tigften  Vertreter  beö  »HuffdjWungeS ,  ben  in 
ber  6pod)e  griebrid)S  beö  ©rofjeu  unter  bem  (yiiibrurf  Cjrofjet  Hinten  unb  (£nt« 
widlungen  bie  preufcifd)e  ®cfd)id)tfd)reibung  narnn.  2>cr  „^rcufjifdjcn  Staats- 
gefd)id)te"  barf  man,  wie  Siegele  (@efd).  b.  2).  ^iftoriograpb.ie,  S.  044)  be» 
merft,  bod)  nadjrüb^men,  bafj  fie  bei  bem  5ßerfud),  ein  au8fft$rli$e8  SBttb  ber 
Sntwidlung  beS  preufeifd)  =  Lnanbenburgifdjen  Staates  ju  ^eiefjucn,  bou  einem 
felbftänbigen  ©ebanfen  ausgebt.  S5ie  Söiograptjien  ber  gtibericianifc^en  (Seneräle 
finb  aud)  tjeute  nod)  nid)t  gan^  werttjloS. 

SBeiblid),    Succefpon    berer    iRedjtSgcl.    auf    ber   Uniberfität   311    ^)alle. 

S.  50  f.  —  S.  S.  @.  ßerjmann'S  Irauerrebe  nebft  Seben.     ^>aüe  1780.  — 

Semgoer  S3ibl.  33b.  13,  697.  —  «teufet,  Cejifon. 

^CtCrmann**):    2luguft  ty.     3)a  baS  ÜJcanufcript  unS   beim  Sd^lufe  beS 

BaubeS  nur  tb^eilweife  zugegangen  war,  tonnen  wir  ben  Slrtifet  evft  in  33b.  XXVI 

bringen.  -, .     m    v 

ö  ^teiRebaction. 


*)  3u  @.  262. 
**)  3u  ®.  431. 


Pfeiffer.  791 

Pfeiffer*):  3b  a  ty.,  berühmte  Oteifenbe,  geboren  am  14.  Dctobex*  1797, 
t  am  27.  Dctober  1858  ju  Söien.  ©ie  mar  bie  Üoctjter  eine§  angefetjenen 
Kaufmanns  Sftamene  Oterjer,  aue  einer  noctj  jetjt  btütjenben  Familie,  Dertjeirattjete 
fictj  in  itjrem  äroeiunbjmanaigfien  Sebenejatjre  mit  einem  Öemberger  SlbDocaten 
9iamene  Pfeiffer,  erlebte  aber  in  biefer  Sfje  manntgjaetjen  ©tücfetuectjfet  unb  Un= 
gemaetj.  %m  Filter  Don  45  ^atjren,  al§  fie  bereite  Butter  ermactjfener  ©ötjne 
mar,  ermatte  bei  itjr,  aunäctjft  angeregt  buretj  eine  Steife  nactj  Srieft  unb  ben 
Slnblicf  bee  sDceetee,  eine  unbeäätjmbare  Suft  }u  großen  Reifen.  SlHerbinge  mar 
fcfjon  in  itjrer  Äinbtjeit  ein  3^8  W  abenteuerlictjen  Unternehmungen,  eine  männ= 
tietje  ©nergie  unb  Utjatenluft  bemerfbar  geroefen,  meiere  ber  ßrjietjung  ©ctjmierig= 
feiten  bereitet  tjatten.  2)urctj  ben  (Srnft  unb  jum  Stjeit  bie  9cottj  bee  2eben§ 
jurücfgebrängt ,  gewannen  biefe  Neigungen  fetjt  nactj  ber  93ottenbung  ber  (5r= 
jietjung  itjrer  ©ötjne  unb  bem  Söiebereintreten  georbneter  33etmögen§Dertjättniffe 
abermals  bie  Cbertjanb.  %m  $.  1842  reifte  fie  angeblich  jum  23efuctje  einer 
greunbin  nactj  Gonftantinopet ,  bann  aber  meiter  nactj  ©rjrien,  5ßaläftina  unb 
Stegrjpten.  Stuf  Setreiben  irjrer  greunbe  Deröffenttictjte  fie  itjr  föeifetagebuctj 
unter  bem  ütitet  „9teife  einer  Söienerin  in  ba$  Zeitige  ßanb"  (2  2Mnbe,  SBien 
1843;  4.  Stuft.  1856).  Sic  ©Witterung  ift  fdjüdjt,  öfter  faft  naiü,  otjne  jeben 
2tnfpructj  auf  2öiffenfctjaftlictjfeit ,  ober  auf  ben  Ühitjm  geiftreietjer  Siamenfcrjrift* 
ftetlerei.  S)er  gute  (Srfotg  biefer  erften  3teife  unb  irjrer  23efctjreibung,  roelctjer 
itjr  bie  9Jtögtictjfeit  ermiefen  tjatte ,  fetbft  mit  itjren  befetjeibenen  Mitteln  grofje 
Unternehmungen  ju  Dotliütjren,  unb  aufjerbem  ®ei\>  3U  neuen  Reifen  Derfctjafft 
tjatte,  ermuttjigte  junt  ^ortfcfjreiten  in  ber  eingefd)tagenen  Ütictjtung.     3>m  Stprit 

1845  bradj  3-  $.  nacrj  ^slanb  auf,  erftieg  ben  faetla  unb  fetjrte  über  Gtjriftiania 
unö  ©tocftjolm  jurücf.  S)ie  23efct)reibung  erfolgte  unter  bem  £itel  „Üteife  nactj 
bem  ffanbinaDtfdjen  Sorben  unb  ber  ^nfet  i^elanb",  *|$eft  1846,  2  9Jbe.    ©djon 

1846  reifte  fie  abermals  unb  ^mar  über  Hamburg  nactj  Srafitien,  bon  ba  nactj 
Gtjtle,  2at)itt,  Stjina,  ©ingapore,  Gerjlon,  5Rabvae,  buretj  bae  ©angeälanb  nactj 
©ombarj ,  meiter  nactj  Iftefopotamien ,  unb  über  Urumia  nactj  2äbrie\  Surctj 
£ranefaufafien  unb  ©übrufelanb  fetjrte  fie  nactj  ,}meieintjalbiätjtiger  Slbmefentjeit 
nactj  2öien  jutütf.  („6ine  ftrauenfafjvt  um  bie  SBelt",  SBien  1850,  3  33be.) 
Obmol  nactj  ben  aufjerorbentlictjen  Strapazen  biefer  testen  Üteife  eine  3eit  lQn8 
ber  Söunjctj  nactj  ütutje  fict)  geltcnb  mactjte,  übermog  boctj  nactj  furjer  @rfjolung 
abermale  bie  alte  Öeibenfctjaft,  unb  1851  mactjte  fictj  3».  s$.  abermale  ju  einer 
Sßeltrcife  auf  ben  2öeg.  lieber  ßonbon  unb  bie  Gapftabt  ging  fie  nactj  ben 
©unbainfeln,  metetje  ber  ©ctjauplatj  itjrer  fütjnften  llnternetjmungen  mürben, 
©ie  bereifte  ben  nörblicben  £f)eil  Don  93orneo,  bann  ©umatra  unb  ^atia,  mobei 
fie  fictj  mit  roatjrer  Jollfütjntjeit  in  bie  ^)änbe  Don  iiopfabfctjneibern  unb  ffanm= 
balen  begab,  otjne  jebod)  irgenbmie  $u  ©ctjaben  ^u  fommtn.  ^m  ©ommer  1853 
überquerte  fie  ben  großen  Dcean ,  befuctjte  ©an  graneteco ,  bann  Manama  unb 
^eru.  ^tjr  Sorfatj ,  nactj  lleberfctjrettung  ber  Gorbitlere  ben  Slma^onae  Don 
ber  Quelle  bie  jur  ^cünbung  ju  Derfolgen,  blieb  unburctJTütjrbar,  fie  fetjrte  batjer 
nactj  Olorbamerita  jurüct  unb  hurctjreifte  bie  Union.  Qrrft  6nbe  ÜJlai  1855  er= 
reictjte  S-  ^-  nactj  einem  Stbftectjer  nactj  ben  Sljoren  Suropa  mieber.  („kleine 
jroeite  OBettreife",  2ßien  1856,  4  93be.j  Slber  fetjon  im  9Jtai  1856  bractj  fie 
abermals  auf ,  um  9Jcabagaefar  <ju  befuetjen.  %n  ©efettfetjart  eines  granjojen 
(Lambert)  aue  9Jlaurittu3,  ber  auf  ^Jlabagaefar  eigenttjümtictjC  *piäne  Derfolgte, 
gelangte  fie  nactj  JananariDo,  mo  fie  Don  ber  Königin  gut  aufgenommen  rourbe. 
£octj  bie  auf  einen  2tjronmect)fet  abjielenbe  Unternehmung  itjree  ©efätjrten 
fetjeiterte  unb  ^.  $.  unb  Sambert  mußten  fictj  glücftictj  preifen,  mit   bem  Seben 

*)  £u  @.  639. 


792  WWw- 

bat>on  ,^u  fotinncn.  2>ie  Strapaum  bcv  Wücfveife  oon  bev  £)auptftabt  uir  ftüfte 
untergruben  aber  %  Sßfeiffer'g  Wefimbbcit,  |o  baft  fit  nad)  längerem  Wuieutfjalt 
in  SWautitiuS  nad)  ßuropa  unürffehren  iuuf;te ,  mo  fie  einer  fc.'ebevfranfl)cit,  bic 
fid)  nuö  beiu  gfiebet  eutmirfclt  |otte,  erlag. 

^ba  »Pfeiffer'«  „latent  ui  retfeit"  BHtt  faft  eben  fo  grofj  als  iljre  töeifetuft 
uub  Äüf)iif)eit.  ®a  fie  fclbft  ber  miffenfd)aitlid)eu  ÜMlbung  entbehrte,  fo  et- 
mangeln  aud)  il)re  33efd)reibungeu  eigentlid)  roiffenfd)a'tlid)er  JRefuItatc.  SHc 
öon  cdjter  9Ba$r$eit8lieBe  erfüllten  fd)lid)teu  t*r}ät)limgcn  ibver  (hlcbniffe  in 
feiten  betretenen  Säubern  wirb  aber  Wicmanb  ohne  ^uteveffe  lefeu,  wie  aud)  bie 
bebeutenbe  Serbrcitiing  unb  bie  roiebevboltcn  Staffagen  ihrer  SBette  bemeifen. 
SBefoubere  als  3ugcnbieetiue  toaven  fie  cinft  nidjt  unbeliebt.  3«  s£.  mar  uon 
unanfet)nltd)er  Öeftalt,  bcfdjeibcn  unb  anfötudj8to4  in  it)rem  "Jluitvcteu ,  toenn 
aud)  fpäter  uidit  ohne  2elbftgefüt)l ,  bas  bind)  bie  chrenbc  Snetfennung  $utn* 
bolbt's  uub  Mitter's ,  foruie  ber  geograpbifdjen  ötefellfdjaTten  in  Berlin  unb 
sparte,  meiere  fie  lum  (Hjrcnmitglicbe  ernannten,  mefentlid)  gehoben  mürbe. 

^iogvaptyie   v    2().    nad)    eigenen    Angaben    bearbeitet    Don    it)rem    Sohlte 
Oscar  %l  in  „Steife  nad)  Wabagascav",  SBien  1861.  »141 

Stifter  * ) :  v'llbrcdjt  5ß.,  berühmter  S-J3ud,  Müder  ui  Bamberg,  ber  lange  3^it 
unb  üielfad)  für  ben  Grftnber  ober  IHiterfinber  ber  3Jud)brucferfunft  gehalten 
mürbe,  ift  um  1420  geboren  unb  um  117«'  geftovben.  So«  feinen  ßebtn*^ 
umftänbeu  ift  nid)ts  9lut$entif$e8  befaunt;  bod)  ift  er  roalivfdjeinlid)  bev  3ol)u 
UUrid)  '^fifter's,  meldjer  als  „Cocleitc-gelbner"  ani  ber  Tyvanfnivtcr  -JJteffc  in  einer 
Urfunbe  öom  %al)xe  1110  öortommt.  6r  mar  an'änglid)  jyornifdjnciber  unb 
Sßriefbruder,  mie  aus  ben  üerfebiebeneu  feinen  SBevfeu  beigegebenen  §otgf$nitten 
b,erüorge()t,  fing  aber  fd)on  fiivie  Qtii  nad)  bev  (hfinbung  Wittenbergs,  unb  tmar 
nod)  mäbreub  ber  iljätigfeit  bes  (nfiubcrs  in  9Jtain,},  bic  Ausübung  bev  2vurf= 
fünft  in  Bamberg  an ,  moburd)  biefe  ©tabt  ber  Seit  nQ(*)  an  °if  ©pittf  ber= 
jenigen  beutfdjen  <5täbte  )U  ftchen  fommt ,  in  meld)en  bie  neue  .ttnuft  uierft 
©ingang  faub.  SBei  bem  lUaugcl  ivgeub  roeldjer  urfuublid)en  sJtad)rid)tcu  über 
ben  tt)pograpl)ifd)en  s-l?itbungsgang  iififtcr's  läfjt  es  fid)  miv  üermutljen,  bafe 
©utenberg  fein  ^Dteifter  mar,  in  meldjem  fvalie  er  atlerbings  SJtainj  lux)  nad) 
bes  Meuteren  Ircnuung  öon  $uft  uub  lange  uor  ber  (Einnahme  ber  ©tabt  uer= 
taffeu  t)aben  mufj.  ffiie  mibefte  "Jtadiricfit  über  Bambergs  erfteu  Xvudev  uer= 
bauten  mir  einem  bötjnüfdien  Welelirten,  Dr.  "iUiul  üon  "|Uag,  meld)er  um  1459 
auf  bic  Uljte  Seite  eineä  ©loffariumö  bie  Kotij  fdjrieb ,  ba^  ui  feiner  ^eit  in 
Bamberg  ein  9Jtanu  gemefen  fei,  ber  bie  gan^c  ©ibel  abgebvnrft  liabe,  momit 
nur  Mlbvedjt  ^.  gemeint  fein  fann.  i<erfd)icbene  feiner  Xmrfe,  unb  befoubevö 
bie  P)6^eilige  33ibei,  tjat  mau  tjäufig  bii  in  bie  ueuefte  .'U'it  als  lyv^eugniffe  ber 
©utenberg'fdjcn  treffe  bcieidjnct,  aber  fo  lange  nun  bie  ©elet)tteu  unter  fid) 
felbft  uod)  uneinig  finb  über  bie  ^eit  be^  ©rfdjeiuene  biefet  '-i3ibel,  unb  fo  lange 
biefes  53ibelmert  üon  ebenfoüiel  5orfd)ern  bem  2llbred)t  ^.  in  Bamberg  uige« 
fdjrieben  mirb,  mät)renb  bie  ^Inberen  (fit  Öutcuberg  ftinuuen,  fo  lange  mirb 
man  biefeö  etjrmürbige  2)rudroerf  bemienigen  Bruder  überlaffcn  muffen,  ber 
nad)meiätid)  unb  unbeftritten  eine  ganje  ^Keit)c  anberer  SBerfe  mit  ben  gleichen 
2t)pen  in  Bamberg  gebrurft  tjat.  2)enn  eö  ift  eine  unumftöfjlid)e  Iljatfadje, 
bafe  ba§  „s-8ud)  ber  uier  Jpiftorten"  tion  1-462,  in  meld)em  fid)  'Jllbred)t  %  auös 
brüdlid)  als  S)rucler  genannt  t)at,  mit  ben  It)pcn  bev  :it'.\eiligen  iöibel  gebrudt 
ift,  unb  ferner  ftet)t  ei  feft,  bafe  bie  2t)pen  biefeS  5)rucfeS  genau  mit  benen 
anberer   äöerfe    übereinftiiumen ,    bie    bereits    früher    entftanben    finb.      3lu^cr 

*)  3u  ©.  666. 


stiftet.  793 

Sonaten  unb  fonftigen  ©ebet=  unb  ©cfjutbüctjern ,  feinen  erften  trjpograprjifcrjen 
grjeugnifjen ,  fennt  man  au§  ^ftfter'3  Söerfftatt  nodj  eine  gan^e  Slnjaljt  Don 
Srucfen,  bie  für  bie  ©efdjicVjte  ber  Srucffunft  Don  befonberer  äöicfjtigfeit  finb. 
Sie  Ablaßbriefe  Pon  1454  unb  1455,  toetdje  $apft  9lifolauS  V.  \a  ©uuften 
be§  öon  ben  Surfen  cjart  bebrängten  ÄönigS  ^otjann  IL  öon  Grjpetn  fdjrieb, 
toeifen  in  einzelnen  feilen  bereits  Stjpen  auf,  bie  in  £$form  unb  ©röße  benen 
ber  36äeitigen  23ibel  entfprectjen.  @s  finb  bis  jetjt  gegen  20  fotcfjer  Ablaßbriefe 
befannt  getoorben.  „drjn  manung  ber  ctjrifientjeit  roibber  bie  Surfen"  ift  öon 
1454 — 1455  ebenfalls  mit  ben  ülrjpen  ^ftfter'S  gebrucft,  aber  bennodj  mefjrfadj 
©utenberg  <jugefcrjrieben  toorben.  Siefeä  frütjefle  batirte  Srucfbenfmat  [teilt 
eine  2lrt  $alenber  für  bas  ^at)r  1455  baT,  öerbunben  mit  einer  geiftlidjen 
Gmuafmung  gegen  bie  Surfen ,  roelctje  bamat§  gerabe  Gonftantinopel  erobert 
tjatten  unb  i>a%  crjriftlictje  Europa  ju  überfcfjtoemmen  brorjten.  Sa§  33üctjlein, 
toeldjeS  Pon  Socen  in  bem  ^efuitenflofter  ju  Augsburg  aufgefunben  würbe, 
befinbet  fictj  jetjt  al§  llnicum  in  ber  ©taatsbibliottjef  ^u  ^ftüncfjen.  9JUt  ber= 
felben  2t)pe,  toie  öorftetjenbeS  ©djriftctjen ,  ift  bie  „Biblia  sacra  vulgata"  um 
1457 — 1460  öon  Sß.  in  Bamberg  gebrucft.  Siefe  fogenannte  36äeilige  Sibet, 
aucfj  bie  Sdjetfjorn'fctje  genannt,  toeit  ein  ©eletjrter  biefeS  9tamen§  fie  junt  erften 
5ftale  befctjrieben  fjat,  toirb  felbft  Pon  ©oldjen,  toeldje  bie  „^Ratjnung"  bem  ty. 
laffen,  für  bie  erfte  ©utenbergbibel  gehalten,  fie  bermögen  aber  eine  ßrflärung  für 
bie  Sppengfeictjrjcit  nidjt  beizubringen.  Sie  33egrünbung,  baß  ©utenberg  mit 
einer  ätjnticrjen  ütrjpe  feine  erften  Sonate  gebrucft  rjabe,  ift  gegenüber  ber  £tjat= 
facfje,  baß  *ß.  eine  ganje  9teitje  Pon  äöerfen  mit  berfelben  Srjpe  gebrucft,  burcrj= 
au§  nidjt  ftidjfjaltig.  $Ran  fann  wofjl  annehmen,  baß  5)3.,  fofern  er  ein  «Schüler 
©utenbergä  mar,  bei  feinem  Fortgänge  öon  9Jtainj  einen  Srjeil  ber  Sppen  Pom 
ßrfinber  fäuflicfj  ertoorben  tjabe.  Aucfj  ber  llmftanb,  baß  in  ^Bamberg  unb 
beffen  Üiäfje  bie  jetjt  noctj  Porfjanbenen  11  (Sjemplare  aufgefunben  mürben,  läßt 
nictjt  ettoa  nur  ben  ©cfjluß  ju,  mie  öon  ben  Verfechtern  ber  58tbel  für  ©utenberg 
behauptet  toirb,  baß  jtoifctjcn  5ß.  unb  ©utenberg  toirflidj  nähere  Se^iefjungen 
beftanben  fjaben  muffen,  fonbern  er  ift  üielmefjr  ein  ©runb  ju  ber  Annatjme, 
baß  5J3.  ber  Srucfer  biefer  SBtbel  mar.  Ser  Äalenber  mit  ber  $atjr<5afjl  1457, 
ber  mit  ber  fogenannten  fleineren  Iftiffattrjpe ,  äfjnlicfj  berjenigen  ber  363eiligen 
3?ibel  gebrucft  ift,  gehört  ju  ben  batirten  Srucftoerfen,  toetdje  aller  2öarjrfdjein= 
lidjfeit  nact)  au§  ^fifter'§  treffe  fjerPorgegangen  finb;  ein  ©leidjeS  gilt  aucfj 
Pon  bem  „Sonatus",  öon  toelcfjem  öon  1458  —  1460  einige  Aufgaben  mit  ben 
SLtjpen  ber  metjrgenannten  Sibet  gebrucft  tourben.  s}tod)  beutticfjer  als  biefc 
fpridjt  „Soner'i  Gcbelftein  ober  gabelbucfj",  baä  1461  mit  botter  Nennung  be§ 
OrteS  unb  SafjreS,  unb  mit  ben  gleichen  Settern  gebrucft  ift,  für  5p.,  als  ben 
Srucfer  ber  ^Bibef.  Siefeg  erfte  33uctj  in  beutfdjer  ©practje,  toelctjeS  beuttidj 
Srucfort  unb  Srucfjafjr  angiebt,  fjat  bie  befannten  85  gabeln  (f.  21.  S.  33. 
III,  121)  mit  je  einem  ^otäfctjnitte  Perfetjen.  (J§  tourbe  fange  ^eit  für  ba§ 
ältefte  beutfctje  Suct)  mit  ^otäfcfmitten  getjalten,  boct)  gebütjrt  bie  Priorität  in 
biefer  .^inftcfjt  unftreitig  ben  „Sieben  greuben  3Jlati&"  unb  ber  gleichseitigen 
„SeibenSgefctjtcrjte  ^efu",  bie  beibe  fdjon  öor  bem  ftabtlhuä)  au§  ber  treffe 
^ftfter'8  t)erPorgegangen  finb.  ^ebenfalls  mar  5p.  ber  erfte  ütrjpograpt) ,  toelctjer 
feine  Srucfe  mit  Slbbitbungen  ju  fd)mücfen  begann.  3ft  e§  fetjon  angeficcjts  ber 
bisher  aufgeführten  Srucfe  ^fifter'e'  unbegreiftictj ,  mie  man  bi§  in  bie  neuefte 
3eit  bie  3lnfrctjt  Perfectjten  fonnte ,  bie  metjrfacf)  genannte  Sßibet  fei  nictjt  auS 
ber  treffe  5}]fifter'i  IjerP orgegangen,  fo  muß  biefe  Meinung  noctj  unPerftänblictjer 
erfetjeinen,  toenn  man  in  23etradjt  jiefjt,  baß  bas"  „35uctj  ber  Pier  ^)iftorien", 
toetcfjeg  im  ^.  1462  erfcfjienen  ift,  in  bemfelben,  in  bem  Permuttjlicfj  auet) 
„Selial  ober  ber  üEroft  ber  ©ünber"  bie  treffe  tpftftet'§  öerlaffen  t)at,  unjtoeifet» 


794  WP» 

tjaft  mit  ben  £t)pen  ber  23ibel  gebrudt,  bie  tjieiin  atterbingä  fd)on  etwas  bc» 
beutenb  abgenu^t  erfdjeinen ,  unb  babei  am  (jnbe  genau  SDrutfftnua,  Ott  unb 
^ab^al)!  genannt  ift.  3118  weitere  (Sr,\eugniffe  ber  ^fiftet'fdjen  Srucfcrei  finb 
nod)  3»  nennen:  „®ie  Allegorie  auf  ben  Job",  ber  „s}ted)t8ftreit  be8  s])lrnfd)cn 
mit  bem  Jobe"  unb  bie  „Slrmenbibel",  fowie  bie  lateinifdje  3lu8gabe  berfelben, 
bie  „Biblia  paapernm",  bie  fämmtlid)  um  1462  erfdjienen  finb.  Sflad)  biejem 
3af)re  fommen  feine  SIrutfwerfe  mit  feinem  Manien  mefjr  bot,  aud)  ift  ber  Crt 
unb  basi  %afyx  feineä  Stobe8  unbefaunt.  3febenfatt8  rjatte  ty.  feinen  bleibenben 
Vlineuttjalt  in  Bamberg,  benn  wie  Hefte  e8  ftdj  fonft  erflären,  bafc  Don  1462 
bi8  1481  au8  biefer  @tabt  feine  neuen  2)rnde  Ijeröorgegangen  finb.  $ann  man 
ty.  aud)  nid)t  unöebingt  aU  einen  gleichzeitigen  (Jrfinber  ber  £t)pograpl)ie  ruf)« 
men,  welche  6f)ie  ifjm  mefjrfad)  c}ugcbad)t  würbe,  fo  bleibt  ifjm  bod)  ba§  9Jer- 
bienft,  ber  erfte  beutfdje  U3ud)bruder  aufjerfjalb  Sfaiitj  gemefen  311  fein. 

Sgl.  Söetter,  «efd)id)te  ber  $ud)bruderfunft.    «Dia  inj  1886.  —   galrfen» 

ftein,  53ud)bruderfnnft.     ßcipjig  1840.   —    %atd ,  3Ubred)t  Stifter  unb  beffen 

sJiad)f olger.     Bamberg  1835.  —  Sprenger,    Weltcfte  2Jud)brudergefd)id)te  öon 

^Bamberg.     Nürnberg    1800.    —    6amu8,    Notice    d'un    livre    imprimä  par 

A.  Pfister.     tyaxii  1791.   —    ßlemm,    Katalog   beä   Sibliogr.  9Jtufeum8  I. 

S)re8ben  1884  ic.  3-  Staun. 

Stifter:    fjfriebrid)   $.,    ber   ©ofjn   bes   berühmten   33amberger  SDrurfers 

Sllbrccfjt  s4>-,  wirfte  in  Otegenaburg  als  ^ud)brurfer  unb  33ud)fül)rer,  wo  er  1487 

al8  23ürger  ber  Stabt  genannt    wirb.     £as    fünftlid)e   £rurfmerf,    weldjeö  ben 

Xitel  fütjrt:   „S)ifj  buef)  ift  genannt  bie  öier  tmb  Ijweujig  alten  ober  ber  gulbin 

tron  gefettet  öon  bruber  Dtten  öon  paffowe"  (f.  sJl.  ©.  v^.  XXIV,   Tili,  ofjne 

Angabe  be8  Oitc8  unb  ber  3al)qat)l  mit  26  $ol}fönttten,  trügt  sJtlbred)t  ^fifter'8 

3eid)en,  fjat  jebod)  anbere  It)peu,  unb  fdjeint  ans  ber  !ßteffe  fjfriebrid)  sj.tfifter'8 

(fjäufig  irrtijümlidj  ©ebaftian  genannt)  1470  rjeröorgegangeu  ju  fein.     6r  war, 

gleid)  feinem  3Jater,  ein  tfjätiger  Wefd)äft8manu  unb  Ijatte  fdion  \u   be«   0fürft- 

bifdjof  Jjpeinrid)  öon  Sttbäberg'ö  Reiten   für  bie  ftegenäburger  2)iöcefe  Staufbüdjer 

gebrudt.     6r  beabfidjtigte   aud)   grofce  ©ebetbüdjer    \u   bvuden,   bod)   erljielt   er 

nid)t  nur  fjierju  feine  (Genehmigung,  fonbern  e8  würbe  fogar  1495  fein  „Diur- 

nale"  ben  Weiftlidjcn  ju  taufen  üerboten,  fo  bafj  fid)  ber  Watf)  feine«  s]Jcitbnrger8 

anjuneljmcn  genötfjigt   fal).     sJiad)    fjfriebridj  ^fiftcr's   Job   ging   feine  2)rurferei 

an  feinen  ©ofjn  ^>an8  über.     9lu8   feiner  Dfficin    finb  (^wei  foftbare  S)rudwcrfe 

befaunt:    „Primnm  mandatnm    I».  Johnia  Adminiatratoru    de   disciplina  cleri- 

corum"  oon  1508  unb  ..Constitutio  Joan.  admin.  reanarios  nee  non  collationem 

pro  redemtione  bellue  papalia  concessai'  concernens".    Xie  3leufeerung  in  einem 

bef)örblid)en  ©d)reiben   öon   1519,    e8    befönbe    fid)    bereit    feine   35rutferei   in 

9iegen8burg,  lö^t  öermutf)en,  ba^  s43.  bamalö  geftorben  ober  weggezogen  war. 

3Jgl.    ^angfofer    unb    ©djuegvaf,     ©ejdjidjte    ber    33ud)bruderfunft    in 

9tegen8burg.     Otegenäburg  1840,  (5.  24,  25.  :c. 

3.  93raun. 


JBttfa%e  unb  Ueridjtiguttgen. 

SSanb  II. 

©.  181.  3-  17  b.  u. :  ^acbjutragen  ift,  bafe  er  im  3.  1576  al§  „Tobias 
Baumeister  Kochstedensis"  in  ftranffurt  a.  £).  immatrtculirt  ift 
unb  bafj  er  am  19.  September  1581  in  greiburg  promobirt  rjat. 
3um  faifertidjen  ^fatägrafen  ift  er  am  5.  $uti  1594  ernannt, 
©ein  Seftament  bom  28.  September  1609  unb  ein  ßobicitt  bom 
12.  3uni  1616  berufen  abfdjriftlicr)  im  (Setj.  Staatäard)ibe  3U  33ertin. 
5Dic  fönigt.  35ibtiottje£  in  |)annot)er  beroafjrt  feinen  35riefmect)fel  mit 
bem  berühmten  §einiid)  Meibom  bon  1596  big  8.  ^uli  1616,  ber 
aud)  ein  lateinifcr)e§  Spitapt)  auf  £obia§,  beffen  $rau  unb  beffen 
einzigen  Sotjn  berfafjt  tjat. 

33ergt.  über  it)n :  Stin|ing,  ©efcfj.  ber  ftedjtätoiffenfcrjaft  I. 
S.  671.  —  ^ötfjer,  ®etet)rten=ßej-ifon  s.  v.  unb  Joann.  Ant.  Mar- 
tens,  Meraoriam  Tobiae  Paurmeisteri  a  Kochstedt  .  .  .  resuscitat  .  . 
simulque  lectiones  publicas  Albertinae  stud.  ad  diem  XXIV.  Apr. 
MDCIX  indicit  .  .  .  Friburgi  1609.  4°.  ftatf)  ben  Angaben  beS 
Setjtcren  ift  35.  im  $•  1608  geftorben,  roa§  mit  ben  oben  mitge* 
tr)eilten  £f)atfad}en  nidjt  in  (Sinftang  fterjt.  SFr. 

SSanb  XI. 

<5.  784.  3-  4  b.  u. :  Statt  „gröfjtenttjeüä"  mufj  e§  richtiger  tjeifjen:  „nur  p 
einem  geringen  STtjeile".  3)a§  3-  3  ö.  u.  angeführte  Sieb  ift:  „SCßer 
toeifj  toie  natje  mir  mein  Günbe ,  ob  tjeute  nidjt  mein  jüngfter  Sag" ; 
nidjt  ju  berroectjfeln  mit  bem  berühmteren  Siebe  gleichen  Einganges 
ber  @räfin  5temilie  Juliane  b.  Scr)maräburg  (j.  91.  ©.  35.  I,  127): 
„ÜEßer  roeifj  roie  nat)e  mir  mein  Qünbe,  tjin  getjt  bie  3^it,  tjer  lommt 
ber  £ob".  —  3ur  Sitteratur  für  |)enrici  ift  nod)  tjin^upfügen :  3ö> 
ben§,  Sejicon  33b.  2,  S.  349  ff.  I  u. 

S5anb  XIII. 

S.  75.  3-  23  b.  u.:  @§  ift  faum  bentbar,  bajj  SSijdjof  Jperimann  bon  2lug§= 
bürg  (1096—1133),  ber  ba§  SSiätrntm  um  50  Satente  getauft  tjatte 
unb  e§  mit  bem  Äaifer  gegen  ben  ^apft  tjiett,  bor  feiner  2lu§föt)nung 
mit  bem  5ßapfte  (1123)  einen  foldjen  Eiferer  gegen  bie  Simonie,  roie 
-£)onoriu§  e§  mar,  a(§  SctjolafticuS  feiner  2)omtn:dje  gebutbet  tjätte. 
9Jtan  lefe  fein  Offendiculum,  3.  35.  bie  Stelle:  Qui  aliunde  ascendunt 
per  pecuniam,  non  sacerdotes ,  sed  fures  sunt  et  latrones.  Et  licet 
centum  infulis  decorentur,  .  .  .  canes  sunt  etc.  (Revue  des  sciences 
eccles.  1877.  I,  547,  bgt.  ib.  II,  59.  64).  (£3  bleibt  iebod)  bie 
3Jtögtidfjfeit ,    bafc  £onoriu8  nad)  bem   ftütftritte  <Sert)or/§  (um  1123 


796  ;',uiat;c  11  n t»  SBerid)tigungen. 

ober  112  1 )  2>omfd)olafticu»  botl  SugSburg  mürbe,  in  toeldje  ^eit  and) 
fein  SBert  „De  lamiDaribas  Ecclesiae"  fällt,  worin  cv  fid)  biefen  Xitel 
beilegt.  Vlber  and)  in  bem  T^allc,  bafj  unter  Augustodunum  Vlutun 
öerftauben  roerben  mü&te ,  bürite  man  bie  anfange  feiner  fd)riftfteUc= 
rifdjen  SBirffamfeit  nidjt  bat)in  oerlegen.  25er  fird)lid)c  StituS  bei 
feierlichen  .1pod)ämtern ,  tuie  itjn  ber  gleichzeitige  ^ifdjo?  Don  Vlutun, 
©tepljau  uon  Sauge*  (1112  1189),  in  feinem  Tractatns  de  Bacra- 
mento  altaris  (Migne  172,  127:;  ff  |  fdfcjilbett,  tneidjt  Don  bem  in  ber 
Gemma  animae  bes  £>onoriu8  betriebenen  in  einzelnen  ©tücfen  ab, 
namenttid)  barin,  ba|  nad)  ©teptjanue  I.  c.  cap.  XI  bat  Pallium  illis 
solis  pontifieibus  datur,  qui  b  Bede  apostolica  mittuntur,  n>&t)renb  jp. 
baffelbe  nur  bem  Zapfte,  ben  ^Patriarchen  nnb  Qr^Dtfc^öfen  ,uigeftel)t 
(Gemma  animae  I.  c.  186,  221  ff.  i  2öenu  bemnadj  0.  jemals  in 
Slutun  alg  Xomicfjolafticus  gemirft  tjat,  fo  tonnte  biefes  nur  fpiiter 
ber  Tyafl  fein,  nad)bem  er  fein  fiebeutes  äöerf ,  bie  Gemma  animae 
bereits  üermfjt  batte. 

©.     75.    ;',.   15  ü.  n.:    Ter    nachhaltige    (*influfj    beB    Q  ,    namentlid)    feine« 

Speculum  ecclesiae,    auf    bie    latciuifd)e  nnb  beutfdje  ^rebigtlitteratur 

feiner  nnb  ber  nädjftfolgenben  Qui  ift  erft  in  ben  letjten  .vVil)ren  bnrd) 

bie  Sorfdjungen  bon  ©djerer,  ©djöubad),  6.  Sdjr&ber,  C'mel ,  Stufen* 

matjr   n.  S,U.    uadigemiefcn    morbeu.     5d)on    fein    ^eitgenoffe    Söerner 

üon  3t.  SBlaflen   entnahm   für  [eine  Defloration«"«  b,  Patrum  bem   .fp. 

üolle  18  $rebigten.     S>eutfdje  Homileten  bagegen   entlehnten  iljra  ge» 

mölmlid)  einzelne  Iljeile,  voont  fid)  namentlich  bai  in  fid)  abgefdjloffene 

Exordinm  ober  bie  l'egenbe    eines   heiligen   ober    ein   thempel    eignete. 

Sögt.   Ktuel,    Gfefcrj.    ber   brutfdjen  ^rebigt    im    3R.«.    144  f., 

156,   169,   171.   188,   198,  208.  ßinfenmatit,    (Mrfd).    b.  $teb. 

in  S)eutfd)laub    194  —  200,    214,    218,  252.  S.  Sdiröber  tm 

änjeiger  f.  bcutfd)e*  Vlltevtljuiu  VII,   178-  - 

©.  75.  3-  11  u.  u. :  Ter  Warne  Simon  finbet  fid)  nid)t  ctma  blofe  in  einer 
|)anbfd)Tift,  mit  ©djröbev  a.  a.  C.  meint,  fonbern  iuol)l  in  ben  meiften. 
©iemer,  meldtet  früher  gleichfalls  einen  Sdjreiöfeljler  ümnutbet  tjatte, 
überzeugte  fid)  bei  einem  Sefud)e  üon  üier  öfterreid)ifd)eu  nnb  einer 
fteirifd)en  (äbmont)  iüibliotbef,  bah  bie  Expositio  in  cantica  in  bieten 
■Öanbfd)nfteu ,  barunter  einige  felbft  am  bem  12.  x\aljrl).,  bortjanben 
ift  nnb  bafj  in  allen  otjne  3lu?nat)me  in  ber  SBibmung  ber  Warne 
„Sönton"  ftct)t  iSüuiugsberidjte  her  faii  Vlfab.  b.  2i*iffenfd).  in  Söien, 
28.  58b.  2.  356).  l'lud)  baS  Giftercienferftift  9tein  bei  ®xa\ 
befitjt  jroei  {panbfdjriitcu  biefes  Kerfes  uub  in  beiben  finbet  fid)  ber 
Warne  ©ömou.  —  3fn  bem  "Kamen  ©ottfdjalf  bermutijete  20.  ©djerer 
ben  gleidjnamigen  Vlbt  üon  $eitigentreuj  (1186—1147).  dagegen 
luenbct  ©diröber  ein,  bas  Inevitabile  fei  eine  ^ugenbarbeit  be8  .£)., 
»ätjrenb  ©ottfdjalf  erft  1136  jur  Slbtmürbe  erhoben  mürbe.  Mein 
bai  bem  töottfdjalf  gemibmete  IBert  de  libero  arbitrio  (bei  Migne 
col.  1223)  ift  Dom  Inevitabile  (bei  Migne  col.  1192)  rootjl  zu  unter= 
fd)eiben.  Ta  ei  im  äBerfe  de  luminaribus  ecclesiae  nod)  nidjt  er= 
roätint  roirb,  fo  ift  es  [ebenfaHa  nad)  1123,  möglid)ermeife  erft  nad) 
1186  berfa^t  roorben.  53ebeutfamer  ift  bie  dtnmenbung  sBattenbad)'^, 
ein  tropft  fei  eben  fein  "Jlbt.  Tod)  tonnte  man  entgegnen,  bafc  ei 
a.  a.  D.  nid)t  einfa^^in  Godescbalco  praeposito,  fonbern  G.  fide  et 
opere  sndanti  in  saneto  propoaito,  verbo  et  exemplo  gregi  ('liristi 
praeposito  fjeifjt ,    in   meld)em  3lliaininen^)an9e  eS  redt)t  gut  im  aüge= 


3uiät$e  unb  ^eticfcttgungen  797 

meinen  einen  SBorgefefeten  bebeuten  fann,  um  |o  nubr,  ba  ber  Stuibrucf 
offenbar  ju  bem  3tt>ecfe  gemahlt  mürbe,  bamit  er  fidj  mit  bem  bor= 
bergebenben  proposito  reime. 

©.  75.  3-  10  *>•  u-  :  ®ie  Ütebeniart  gratiam  apostolici  nominis  sortitus  be= 
beutet  mabrfcbeinticf)  nickte  meiter,  at§  bafj  ei  eine  ©nabe  ift,  ben 
Flamen  einei  Stpofteli ,  nämticf)  be§  beil.  ibomai  ju  füt)ten.  ©0 
lagt  ©t.  2lugufiin,  ber  SHebtingeauctor  bei  |>onoriui  De  civit.  Dei  lib. 
15.  c.  23,  X.  1:  Vlalachias  Propheta  propria  quadam  i.  e.  sibi  pro- 
prie  impertita  gratia  dictus  est  angelus. 

©.  75.  3-  6  D.  u. :  25er  9lacbiolger  bei  im  $•  1126  auf  ben  2tugiburger 
Sifdjofifitj  erhobenen  ST6tc§  6uno  ju  ©iegburg  fjiefs  gleidjfatti  Suno. 
Sgl.  ©gröber  a.  a.  £5. 

©.  77.  3-  16  0.  0.:  Sinen  menigfteni  als  terminus  ante  quem  non  brauct}= 
baren  cbronotogifcben  s2lnt)altipunft  bieten  bie  2ßorte  in  ber  Gemma 
animae  I,  120:  Xoviter  Urbanus  II.  Papa  undecimam  (praefationem) 
de  S.  Maria  addidisse  non  ignoratur,  quae  a  pluribus  ubique  frequen- 
tatur.  ©iefe  ^ßräiaiion  fott  auf  ber  Snnobe  bou  ^iacen^a  1095 
eingeführt   morben   fein.     ,£>efele,  ßoncit.  ©efcfj.  V,  218.  2.  Stuft. 

S.  77.  3-  1-i  ö.  u- :  Sener  Stucibariui ,  roelcber  bereiti  im  12.  Sabrt).  ini 
2)eutfcf)e  übertragen  roorben  mar ,  unb  in  biefer  Ueberfefeung  noct) 
brei^ebn  SJructauigaben  evtebt  tjat,  ift  ein  anonnmei  lateiniferjei  Jpanb= 
büdjlein  ber  -#atur=  unb  Söettfunbe  aui  bem  12.  ^afyify.,  metebei 
jeiuen  Jitet  unb  feine  ©efpräcbiform  bem  tbcologifctjen  Elucidarium 
bei  .ponoriui,  aber  au  et)  feinen  ^nbatt  fjauptfäcfjlicf)  beffen  natur= 
gefd)ict)t(icf)en  SSerfen  enttetjnt  bat.  (Sruet,  ©efeb.  b.  beutfeb.  *)ßrebigt 
im  3Jt  2t.  124.) 

©.  78.  3-  26  0.  0. :  Die  Scala  coeli  minor  ift  nur  eine  ©eparatabfdjrift  bei 
(Srorbiumi  ber  3ßrebigt  auf  Quinquagefima  im  Speculum  ecclesiae  bei 
|)onoriu§.  Stucb  bie  furje  Slbbaublung :  de  X  plagis  Aegypti  finbet 
fich  in  fefjr  üerfürjter  ©eftatt  ati  SSeftanbttjeil  ber  ^rebigt  auf  ben 
7.  ©onntag  nact)  ^fingften  in  bem  gleichen  Söerfe. 

©.  78.  3-  20  ü.  it.:  "Sie  Qiuestiones  in  duos  Salomonis  libros  finb  jroar  ein 
bureb  menige  Umftetlungen  unb  v2lenberungen  fcblecbt  berbütltei  Plagiat 
aui  ©atoniui,  einem  ©d)riitfteller  bei  5.  ^atjrtji.  2>ocb  ift  biefei 
fein  ©runb,  um  itjre  @cf)tt)eit  ju  bejroeifetn.  9tuct)  feine  Summa  totius 
ift  gröfjtentbeili  aui  ben  Ütofenfetber  Stnnalen  auigefchrieben  morben 
unb  anbere  ©chriftfietter  finb  mit  ben  Söetfen  bei  <ponoriui  auf 
äbnlicbe  2ßeife  beriahren.  ©tanonif. 

Sanb  XXIV. 

©.  269.  3.  11  0.  0.:  ?ibam  Oteariui  ift  ati  am  16.  Sluguft  1603  getauft 
im  ©t.  ©tepbanifircfoenbud)  ju  ^tfeberiteben  eingetragen.  2rot$bem 
feine  ^)intertaffenen  1599  al^  ©eburtijabr  auf  feinem  ©rabbenfmale 
angeben  tieften,  ift  bemnaefa  faft  jmeifettoi,  baß  ati  ©eburtijarjr  1603 
anzunehmen  fei.  $gt.  Dr.  gbuarb  ©roff e ,  2tbam  £).  ßeben  unb 
©Triften.     Ütealfc&.^rogramm  Stfctjeriteben  1867.  SR. 

&anb    XXV. 

©.  369.  3-  5  ö.  0.:  ..The  Academy  of  ancient  Musicu  mürbe  1710  im  ©aft= 
tjaui  ..Crown  and  Anchor"  bon  einer  Stnjarjt  Dilettanten  im  Sßerein 
mit  bamati  bebeutenben  2Jtujtfem  in  ber  9Ibficbt  gegrünbet,  ber  berein* 


79g  3ufÄfee  ll,ib  SJeridjtigungen. 

bredjenben  ^h»1*)  moberncr  sUUifif  (rooju  in  bicfer  $e\t  aud)  bie 
£mnbel'fd)e  \til)ltei  einen  £amm  entgegenaufetjen.  IRit  s}*epufd)  maren 
an  bet  ©rünbung  augleid)  ttjätig  .£>.  sJteebter,  ©aüiarb,  Dr.  Maurice 
©reene,  33erub,.  ©ate«  n.  a.;  bie  Gfyöre  Don  St.  ^nul'ä  unb  ÜioVjal 
Gtjapel  untersten  bie  Aufführungen.  8m  1.  jjuni  1727  toaste 
bie  Academy  „nomine  contradicente"  ben  berühmten  I».  Wgoftino 
©teffani,  s-öifd)of  Don  ©piga  (t  1730),  311  itjrcm  üpräfibenten.  @r  blatte 
iljr  tüiebcr^olt  feine  beften  Söetfe  unter  bem  ^feubonpm  „s|UDa"  \u- 
gefdjidt.  3m  3.  1731  trat  infolge  Don  3nnftigfeiten  Dr.  ©reene 
mit  feinen  Gtjorfnaben  aus  bem  Stareine  unb  rief  eine  neue  im  ©aft= 
tjau*  „Devil  Tavern"  (Temple  Bar  im  9lpoflofaal>  fid)  üerjammelnbe 
mufifalifdjc  ©efeüfd^aft  inä  ßeben.  Raubet  foll  bei  biefer  ©elegeub,eit 
gejagt  Ijaben:  „Dr.  ©reene  ift  jum  £eu;et  gegangen."  5)ief er  herein, 
aud)  „Apollo-Society"  genannt,  führte  ntetft  baß  Don  -"jpänbel  1 7 2 < > 
auf  2Bunfd)  beö  .frerjogss  Don  tffyanboö  componirte  unb  mit  1000  s#fb. 
fyonorirte  Oratorium:  „OMtljer"  öffentlich  am.  JKe  prädjtige  s-8iüa 
be«  $eqog8  (+  1747)  ui  Cannonft,  bie  230000  $fb.  ©t.  gefoftet 
tjatte,  mürbe  brei  3a^'c  nfld}  »f)rc*  23cfifcerg  Üobe  um  11  000  sJtfb. 
St.  bettauft.  53on  bei  ganzen  bamaligen  £>errlid)feit  tjat  fid£)  bi* 
^eute  nur  bie  äBf)itd)urd)  (,ui  bei  f.  8-  bie  Dornebme  2öelt  Bonbon» 
t)inau8ful)r,  um  bie  in  ihrer  Sit  einzigen  Wiidjenmufifen  ju  Ijören), 
tjeute  $fait!it$e  be«  Soiie*  (frbgroare,  crt)alteu.  -  3m  3-  1784  30g 
fidt)  aud)  OJatce  mit  ben  f.  ftapellfuabcn  Dom  Vereine,  ber  nun  einen 
fdjroeren  ©tanb  um  feine  djifteuj  \u  Miljren  Ijatte,  juviief.  S)ie  Aca- 
demy löfte  fid),  nad)  [oft  100 jährigem  Befielen,  anfangt  biefeä  %a\)x* 
b/iinbert«  auf.  3$«  foftbave  ÜMblioüjef,  ber  f.  3-  flud)  silepufd)  feineu 
^Jtufifalieubefi^  Dererbt  tjatte,  warb  in  alle  äöinbc  jerfheui  (£in  Don 
Zt\.  .gnibfon  gemalte«  unb  Don  8C.  Dan  paeden  fil)t  fd)i>u  geftodjeneä 
©djttmrjfunftblatt,  giebt,  toie  e«  fdjeint,  ein  fpred)cub  ät)nlid)ee  $ortt&t 
Don  "^epufd).  £a8  Dofle  ®eftd)t  Ijat  einen  freunblidjen  unb  tn 0 1) l = 
moHenbeu  Wufcbrurf,  bie  Singen  blicfen  fing  unb  ernft  unter  ber  großen 
?ldongeperüde  unb  in  feinem  ©taatsgemanbe  \cigt  fid)  uns  ein  sDUinn 
Doli  SOßürbe,  ber  aber  nid)t  oljuc  Selbftbcwufjtfein  ift;  bie  ftigur  ift 
frä'tig,  ftattlid)  unb  brcitfcfjulterig.  ©d)l. 


Seme  ti  nn  g  ber  9t  e  b  a  c t  i  0  n. 

2ßit  l)aben  im  Siaufe  tiefet  3<ibre*  wegen  ?et)lenber  unb  ju  jpät  einaeliefettet 
9Jtanufcriptc  ben_£rurf  ber  x'lllg.  I.  ^iogrnptjic  in  rutiber  Summe  roaljrenb  jtoölf  9Boä)eu 
rutjen  laffen  mfiffen;  fed)*  bntion  fyaben  mir  aUetbinai  biirdj  eine  für  bie  JHebaction  tote 
für  ben  gettn  Setleget  erbriiefeube  ftSufung  ber  Vlrbcit  miiljrcnb  ber  übrigen  v°,eit  triebet 
eingebracht.  äBcnit  mir  troimem  bcbauerlidier  SSeife  nod)  eine  Snja^l  imn  Virttteln  nie 
9iad)träge  brueten  tüffen  müfien,  io  meiien  OJebaction  unb  Setleget  bie  SBrtanttoottung 
bafür  Don  fid)  ab;  fie  t)flben  ba§  3^iflc.  um  biefem  Ucbelftanbe  Dorjnbeugrn,  tmllanf  obet 
ftud)tlo§  gettjan. 


^ieicr'idie  ^ofluid'brucfctei     ©teptjan  ©etbel  A  (5o.  tu  »Jlltcnbutfl. 


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