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From the Library
of
SIR EDWARD BURNETT TYLOR,KNT.,
D. C. . F. RS.
The first Reader and Professor of Anthropology
in the University of Oxford.
Presented to the Radcliffe Trustees
by
DAME ANNA REBECCA TYLOR,
June, 1917.
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Geſchichte der Religionen,
von
C. Mein ers,
Königl. Geofötitannichen Hoftath, und ordentlichem Lehrer
der Philoſophie zu Goͤttingen.
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Zwebter Band.
a Han nover,
im Werlage der Helwingiichen Hofs Buchpandlung.
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Vorrede
sum zweyten Bande
gr: freue mich, und danke der Vorſehung für
die Vollendung auch diefes Wertes um deſto
mehr, Da ich in der Ausarbeitung bdeffelben
zweymal durch Krankheiten unterbrochen wur:
de, die meinem Leben drohten, und von wel⸗
hen ich mich langſam erhohlte. 0
Unter allen Büchern des eriten und zwey⸗
ten Bandes ift Feines, ich behaupte diefes mit
Zuverficht, in welchem nicht mehrere, über
der Geſchichte bisher ſchwebende Dunfelfeiten
wären zerftreut, mehrere bedeutende Zweyfel
gelöft, und eben fo viele verwirrende Irrthuͤ⸗
thümer vernichtet worden. Es würde mir ein
Leichtes gemefen feyn, mic) bey gemeinen Le⸗
fern wichtiger zu machen, wenn idy die Duns
kelheiten, welche ich zerftreute, die Zweyfel,
welche ich löste, und die Irrthuͤmer, welche
id) vernichtete, jedes Mahl hätte bemerflih
machen wollen. sch verfchmähte dieſes zu
thun, weil mich je länger, je mehr vor allem
unnöthigen, und . Geraͤuſch machenden Ges
ſchreibſel ekelt. Wenn man die Wahrheit hin
länglich Dargerhan hat; fo Fallen die ihr enfgegen:
gelegten Irrhuͤmer von felbit.uber den Haufen.
Es wird aufmerffamer® Lefern nicht ent⸗
gehen, daß durch. die ganze Reihe der. Unters
ſuchungen dieſes Werkes, ich weiß nicht,
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| J hen geiſtigen Sinn hineindeuteten. | Es war
Bu 7
iv — —
ich ſagen ſoll, eine auffoliende Analogie, oder
Harmonie herrſcht, vermöge deren die verſchie⸗
denen Theile gegenfeitig ſich entſprechen, oder -
mit einander zuſammenſtimmen. Voͤlker, Die
folche Götter anerkannten, mußten fie auf eine
| J ſolche Art verehren, und umgekehrt. Voͤlker,
die ſolche Begriffe von hoͤheren Naturen, und
deren Verehrung hatten, muften ſolche Tem⸗
pel und Altäre bauen, ſolche Priefter und.
Sn annehmen, oder wählen, an ſolche
orbedentungen der Zufunft glauben, endlich
gute Werke, und die Schieffale der Seelen nach
dem Tode fich fo vorftellen, als ich gegeigt habe.
Eine folche Analogie oder Harmonie, als wovon
ich jeßt rede, wird: man in den bisherigen For⸗
fehern der Religionen vergebeng fuchen. Es war
nämlich ein gemeiner Fehler faſt aller bisherigen -
Zorſcher, daß fie die Moͤtter ungebildeter Voͤl⸗
fer zu ſehr verherrlichten, .und Dann, meiftens
ohne es zu bemerken, in einen offenbaren Wis
—
derſpruch fielen, wenn fie geſtehen muften, daß.
man folchen Göttern auf eine ihren angeblichen
Vollkommenheiten ger nicht wuͤrdige Art gedient
Habe. Kinige nahmen wahr, daß die ver
.. meintlichen erhabenen DBorftellungen von Goͤt⸗
‚teen, welche fie diefen, oder jenen Voͤlkern hie:
ben, mit dem Dienfte derfelben nicht überein
ſtimmten. Dieſe brauchten gewöhnlidy den
Kunſtgriff, daß fe den rohen ſinnlichen Goͤt⸗
terdienſt fuͤr ſymboliſch erflärten, und einen bs
fafk
faft nicht möglich, Eine Religion, oder Emen
Ameig des Goͤtterdienſtes richtig darzuftellen,
f0 lange man nicht diejenige- Religion , denjes
nigen Zweig des Goͤtterdienſtes, welchen man
unterfuchte, mit allen übrigen Religionen, oder
Zweigen des Goͤtterdienſtes veralichen hatte.
Nur die Vergleichung mit allen übrigen Relis
gionen, oder allen übrigen Theilen des Götter
dienftes zeigte den rechten Sefichtspunct, aus
welchem man eine jede einzelne Religion, einen
jeden einzelnen Zweig des Gottesdienſtes oder
Goͤtterdienſtes zu betrachten habe.
Se mehr die große Menge von merkwuͤr⸗
“gen Factis, welche ich in diefer Gefchichte ger
fommelt , und die Refultate, welche ich dars-
aus gezogen habe, in die Waffe der gemeinen
Erkenntniß gebildetee Dienfchen übergehen wer;
den; deito mehr wird das Publicum im Stans
de ſeyn, wahre- Religion von falfchen,. und
verdorbenen Religionen zu unterfcheiden : defto
ehr wird es einfehen, daß man das Wefen,
oder die innere Beichaffenheit von Religionen
nicht nach der Einheit, oder Mehrheit von Götz
tern, welche fie verfündigen, auch nicht nad)
den pomphaften Nahmen, und Beynahmen,
welche fie der Gottheit, oder den Goͤttern ges
ben, fondern ganz allein nach dem Dienfte bes
urtheilen müffe, welcyen Voͤlker Einem Gott,
Dder mehreren Göttern erwiefen haben. Wenn
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Ein Gott eben fo verehrt wurde, als anderemo . -
Diele Götter; fo war der einige Gott fben fo
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wenig der wahre Gott, als es irgend Einer der vie⸗
len Goͤtter polytheiſtiſcher Volker war. — Auch
ſchmeichle ich mir, daß nach meinen Unterſu⸗
chungen kuͤnftige Forſcher es nicht mehr wagen
“werden, folche leere, auf allegorifche, oder ety⸗
mologifche Deutungen, und andere willführliche
„Vorausſetzungen gegründete Theorieen befannt
zu machen, als wodurch Jablonski, Boulans
ger, Volney, Jones, u. ſ. w. die Geſchichte
ber Religionen einzelner berühmter Voͤlker vers
wirrt haben. Sollten. aber dennoc) ähnliche
grundloſe Syſteme zum Vorfchein fommen, fo
ift das Publicum mit Hülfe der gegenwärtigen
Geſchichte im Stande, den Werth ſolcher Wer⸗
fe, oder vielmehr die Richtigkeit der darin vor,
getragenen Thatfachen, und Säge zu beurtheilen,
Die Geſchichte der Religionen macht Eis
nen der vornehmften Abfchnitte der Geſchich⸗
te der Menfchheit, oder der Achten Natur _
Geſchichte des Menſchen aus. sch habe mir
‚ vorgenommen, alles, was die Berfehung mir
noch von Muffe und Kräften gönnen wird, auf
pie forgfältige Ausarbeitung der eben genanıs '
ten Wiffenfchaft zu ‚wenden, wovon Die Ge⸗
fchjichte der Religionen nur ein Theil ift. Gerade
defiwegen aber, weil ich mit großer Sorgfalt zu
‚ arbeiten denfe, iſt es nicht wahrfcheinlid), daß
das letzte meiner wichtigern Werfe noch bey
meinen Lebzeiten werde gedruckt werden.
Goͤttingen am 5. Jenner 1807.
Inhalt
: . Dienern der Götter in religiöfen Abſichten darges
Sechstes Buch.
Geſchichte der Opfer und Gaben.
= >, PR Voͤlker erkannten nicht bloß höhere Naturen,
fondern ehrten fie auch. Keine Verehrung ber Göts '
ser war älter und allgemeiner, als bie durch Ge⸗
ſchenke, welche man ihnen barbrachte. Go bald
man fih mächtige Wefen mit menſchlichen Beduͤrf⸗
niffen und Neigungen, als bie einzigen Urheber
des Gluͤckes und Unglüces der Sterblichen dachte;
fo konnte es nicht fehlen, daß man fie durch die
Befriedigung ihrer Bebürfniffe und Neigungen zu
gewinnen und zu verfühnen geſucht hätte. Auch
findet man daher eben fo wenig ein Wolf, das den
Göttern nit Dpfer uud Gaben dargeboten, als
man jemahls Eins entdeckt hat, bad gar Feine Goͤt⸗
.ter erfannt hätte.
In einem allgemeinern Sinne bedeutet Opfer
ein jedes Geſchenk, mas den Göttern, ober ben
bracht wird. Im engern oder gewöhnlichen Sinne
‚verfiand man unter Opfern die Geſchenke verzehrs:
barer, ober genießbarer Dinge, wodurch cörperli:
he Beduͤrfniſſe der Götter befriedigt, ober ben Goͤt⸗
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tern finnliche Genüffe verfhafft, oder der Zorn und
die Rachgier der Götter befänftigt würden. In
biefer Bedeutung bed Wortes fprady man eben ff
wohl Yon Keufchheits « Opfern, und Räud: Opfern,
von Schuld⸗ und Sühnopfern, ald von Speifeopfera
und Trankopfern. Die eigentlihen Opfer unters
ſchied man in allen nicht ganz ungebildeten Spra⸗
chen von heiligen Gaben, Bergabungen und Stifs
tungen. : Man nahm die Leßteren Ausdruͤcke für
Geſchenke von ſolchen Dingen, wodurch von den
Göttern und deren Dienern entweder änßere Bes
ſchwerden abgewandt, oder Eitelkeit, Stolz, Bea
gierde nah Reichthuͤmern und Koftbarkeiten, und
andere Meigungen, welche man im den: Göttern
vorausſetzte, befriedigt würben. Wo man Gaben
von Vergabungen, ober Stiftungen untenfchied, da
bezeichnete man mit dem erſtern Worte die Gefchens
Se von beweglihen Dingen, von Kleidern oder
. ESchmuck, von Statuͤen oder Gemaͤhlden u. ſ. w.:
unter den Iegteren, Schenkungen von unbeweglis
„chen Gütern, oder von Fonds und ‚einträglichen
Rechten, weldhe Quellen beftändiger Einkünfte für
die Götter, ober deren Diener wurden. Wlan mag
die Wörter Opfer und Yaben fo genau beftimmen,
als man will; fo bleibt es doch in einzelnen Faͤl⸗
‚ Ien zweifelhaft, ob man gewiffe Geſchenke an bie
Goͤtter zu den einen, ober den andern zählen folle.
Man weihte den Goͤttern häufig ſchoͤne oder feltene
Thiere, indem man fich einbildete, daß bie Götter
an dem Anblicke derfelben Verguügen finden, oder
dieſelben zum Reiten und Fahren brauchten. Noch
häufiger fchenfte man den Goͤttern zarte Gewäns
der, Teppiche und Polfter, weil man die Meinung
begte, daß die Götter eben fo ven, ober ver:
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Secdhstes Bud.
Gefchichte der Opfer und Haben.
>, Völker erkannten nicht bloß höhere Naturen,
jondern ehren fie auch. Keine Verehrung der Goͤt⸗
ter war Alter und allgemeiner, als bie burdy Ges
ſchenke, welche man ihnen darbrachte. Go bald
man fi mädytige Weſen mit menfchlichen Beduͤrf⸗
aiffen und Neigungen, als die einzigen Urheber
des Gluͤckes und Ungluͤckes der Sterblichen dachte;
fo konnte es nicht fehlen, daß man fie durch bie
Befriedigung ihrer Bebürfniffe und Neigungen zu
gewinnen und zu verſoͤhnen geſucht hätte. Auch
findet man daher eben fo wenig ein Wolf, das ben
Goͤttern nit Dpfer uud Gaben dargeboten, ale.
man jemahls Eins entderft bat, bad gar kein Goͤt⸗
ter erkannt hätte. Ä |
In einem allgemeinern Sinne bedeutet Opfer
ein jedes Geſchenk, mad den Göttern, ober ben
Dienern der Götter in religiöfen Abfichten barges:
bradht wird. Im engern oder gewöhnlichen Sinne
verſtand man unter Opfern bie Geſchenke verzehrs.
barer, ober. genießbarer Dinge, wodurch cörperli:
heVeduͤrfniſſe der Götter befeieälgt, oder ben Goͤt⸗
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tern finnliche Genüfle verfhafft, ober ber Zorn und
die Rachgier der Goͤtter beſaͤnftigt wuͤrden. In
dieſer Bedeutung des Wortes ſprach man eben ſo
wohl von Keuſchheits⸗Opfern, und RaͤuchOpfern,
von Schuld⸗ und Suͤhnopfern, als Yon Speiſeopfern
und Trankopfern. Die eigentlichen Opfer unters
ſchied man in allen. nicht ganz ungebildeten Spra⸗
hen von heiligen Gaben, Bergabungen und Stifs
tungen. : Man nahm die Ießteren Ausdruͤcke für
Geſchenke von ſolchen Dingen, wodurch von den
Göttern und deren Dienern entweder aͤnßere Bes
ſchwerden abgemandt, ‚oder Eitelkeit, Stolz, Ben
‚gierde nah Reichthuͤmern und Koftbarkeiten, und
andere Meigungen, melde man im den Göttern
vorausſetzte, befriedigt würben. Wo man Gaben
von Vergabungen, ober Stiftungen untevfchied, da
bezeichnete man mit dem erftern Worte die Geſchen⸗
Se von beweglichen Dingen, von Kleidern oder
Schmuck, von Statuen oder Gemaͤhlden u. f. w.:
unter den Ießteren, Schenkungen von, unbeweglis
„hen Gütern, oder von Fonds und .einträglichen
Rechten, weldye Quellen beftändiger Einkünfte für
die Gätter, oder deren Diener wurden, Wlan mag
die Wörter Dpfer und Baben fo genau beftimmen,
als .man will; fo bleibt es body in einzeluen Faͤl⸗
‚ Ien zweifelhaft, ob man gewiſſe Geſchenke an bie
Goͤtter zu den einen, ober den andern zählen ſolle.
Man weihte ben Goͤttern häufig ſchoͤne oder feltene
Xhiere, indem man ſich einbildete, daß die Götter
an dem Anblicke verfelben Vergnügen finden, ober
> biefelben zum Reiten und Fahren brauchten. Noch
häufiger fchenkte man den Goͤttern zarte Gewäns
der, Teppiche und Polfter, weil man die Meinung
begte, daß die Götter eben fo weichlich, ober ven
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zͤrtelt, als bie Könige und Groflen der Erde ſeyen.
Soll man die angeführten Geſchenke Gaben, oder
Npfer nennen? Einen Hauptzweig ber verzehrba⸗
ten, ober genicfbaren Dinge, tie ben Göttern ges
fhenft wurden, machten die Thiere aus, welche
man barbracıte, bamit fie den Göttern zur Speiſe
dienen, ober ben Unmuth und bie Rachgier berfels -
ben ablühlen mödten a). Dieß Schlachten von
Opferthieren warb ein Merkma hl, nın welches wil⸗
Im man dad Wort Opfer aud) auf ſolche Thiere
übertrug , welche man in ganz entgegengefeßten Abs
fihten erwürgte. Man tödtete ſehr oft Thiere,
die ben Göttern vorzuͤglich werth waren, bald um
der Ohnmacht der Ießteren zu fpotten, bald um ber
underfönnlidsen Wuth böfer Gottheiten zu troßen 6).
Man nannte and diefe Ermürgungen don Thie⸗
sn Dpfer, weil fie in gottesdienſtlichen Abfichten,
oder in Beziehung auf bie Götter geſchahen. Wenn
man dieſe Art zu reden auch dulden will, fo muß _
man 00d nicht vergeſſen, baf das Wort Opfer in
den beyden letzten Faͤllen auf eine uneigentliche Art
gebraucht wird.
Es war- eine don Alters her unter. ben Gries
den berrfchende Meinung, duß die erſten Sterblis
hen Feine andere, als reine Dyier gebracht, und
daß ſie die Altaͤre der Götter nie mit dem Blute
— von
a) So dem Priap in Lampſakus Eſel, Lact. J. a1.
der Ceres und dem Bakchus Schweine and Zie⸗
genböde. Serv. ad Virg. Aen. II. ig0.
b) Man (. im erſten Bande die Abſchnitte von Feti⸗
fihen und vom Xhierdienfte,
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von Thieren befleckt hättene). Die Griechen naun⸗
ten ben Rekrops d), und die Roͤmer den Numach
| ale heilige und weife Könige, welche nur unblutige
, Opfer bargebradyt, und thre Zeitgenofien von bem
Wuͤrgen und Verzehren der Thiere abgewandt häts
senf). Man klagte bie fpäteren Dienfchengefchledhter
an, daß fie von ber urfprünglichen Einfalt und Froͤm⸗
| migkeit der Vorfahren abgefellen feyen, indem fie
aus Schlemmerey, oder Leckerhaftigkeit nach dem
J Fleiſche erwuͤrgter Thiere getrachtet, und dann die
u Vörter durch das Darbringen blutiger Opfer gleiche
ſam zu Theilnehmern ihrer Grauſamkeit gemade
-hätten ). Ben genauerer Unterfuchung ergibt es
jih, daß die Meinung von dem höheren Alters -
thume der unbIutigen Opfer eben_fo falfch.ift, ale
| die Sage, daß berühmte Könige der älteren Zeit
| den Göttern nur unblutige Opfer bargeboten haͤt⸗
I 1m Im Dur chſchnitt naͤhrte uud ergößte man -
\ von
-
— — — —
— —
e) Schon Komeyer de.luftrat. c. 24. p. 297. führte,
folgende Stelle aus dem fechöten Buche Der Gefegean:
. Tavyayrıoy unsousv 8v aAloıc, Orı ads Boos srwÄun-
uev ywaolaı, Jyusta Te uxyy rooı Joisı (am,
zıluve ds nal uchrı Kapam dsdavusyor,, Xu Toaura
alla dyva Fvnara, oxpnev d’arsıyovro, dc u
6cıov av scIaw, » de rac Tav Jswv Bmuss kinarı
| .: waren, Man f. auch dad Fragment des Theos
/ Be beym Porphyriue de ab, animal. II, L
= et
. d) Paulan, vu, 2.
e) Piutarsch, in Numa I], 259 p. Edit, Reiskii,
xD Dan f. auch Gaquet 11. 1. p. 75
8) Man f. bef, Theophraft 1. c.
£ 4
&
Unnter ben unblutigen Opfern waren die Spei⸗
feopfer,, wenn auch nicht. älter, doch allgemeiner,
als die erfien Trank, und Rauchopfer. Im Gans
zen opferte man den Göttern die freywilligeh Ga⸗
ben der Natur früher, als ſolche Probucte ber
Erde, welde bie Pflege und Wartung ber
Menfchen erforderten. Auch bot man den Göttern
‚ allenthatben vorzüglich diejenigen Gewaͤchſe, in
denjenigen Geftalten dar, welche, und in welden
die Menſchen fie am meiften liebten. Im fübs
lihen Europa alfo, im weſtlichen Afien, und
im nordweftlichen Afrika opferte man ben Göt:
tern zuerft außer füßen Eicheln die Früchte des
Weinſtocks, des Feigen : and Dehlbaumes und .
anderer Fruchtbaͤume: nicht weniger Zwiebeln,
Pflanzen, und Wurzeln, welche bie Erde aus ih⸗
rem fruchtbaren Schooße erzeusten) Nach ber
Erfindung der erfien Getraibes Arten bracdte' man
auch biefe auf die Altaͤre der Götter, Go lange
die Menfchen die Aehren von Gerfte und Weißen
entweder roh, odet ein wenig geroͤſtet aßen ; fo lans
WR opferten fie diefelben ben Göttern gleichfalls auf -
bie
a) Man f. Theophr,ap. Porphyr. II. 5. De Abſtin.
Theophraft redete nicht bloß nach alten Sagen,
fondern duch nad) leeren Theorien. Die Erde fagt
Theophraft, erzeugte zuerft Kräuter, und dann
Baume. Bäume eutfianden früher, ald die Mens
-
Knoblauch, Kürbiffe, und aͤhnliche genießbare
{hen Getraide bauen ernten. Mean opferte alfe -
den Göttern zuerft Pflanzen, daun Bayumfrüchte und
zufegt Getraide s Arten, Weber die älteften unbluti⸗
nen Eipeifeopfer fehe man vorzüglich Saubert, de.
- Sacrificiis 17% % p» 643 49.
⸗
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fuͤr die Quelle des Lebens gehalten, nund daß fie
diefee Gottheit deßwegen nur Raͤuchwerk, nice
aber lebende Thiere geopfert ' Isätten Ah). In
Delos hatte Apoli der Erzeuger einen Altar; auf
- weldem man nidt allein keine Thiere ſchlachtete,
and ‚Feine biutige Dpfer verbrannte, fondern auch
sicht einmahl Feuer anzündetes mefimegen man
Fruͤchte der Erde, oder Ruden, bie dem Gotte
beflimmt waren, bloß auf den Altar fegte, ohne
fie zu verbrennen 2). Auf dem Altar der Paphi⸗
fyen Denus zänbete man bloße reine Feuer an,
d. h. ſolche Feuer , die nicht durch blutige Opfer bes
fleckt wurden. Man begoß den Altar nie mit bem
Binte ber Opfertisieres allein man fhlachtete nichts
deftoweniger in der Nähe des Altırs Thiere, um -
aus ben Eingemelben derfelben den Willen ber Goͤt⸗
tinw zu ‚erkennen d). In Mom brachte man in Als
teren Zeiten dem Gott Terminus bloß unblutige
Dpfer H.. Auch enthielt man ſich an dem Gedaͤcht⸗
nißfeſte der Stiftung der Stadt von bein Schlachten . ° |
und Dpfern von Thieren m), Wahrfheinlich war - |
bie Seltenheit von Goͤttern, Altaͤren, und Feſten,
die Feine blutige Opfer zuließen, die Urſache, daß
unblutige Opfer für heiligen, alg andere gehalten
werben,
Ä Uns
KR) Sammt. / von Reifen, xvi. e. 8 |
i) Dingen, VIEL 9 13.
“ & Taeiti Hiſt. It. 36 Hoßiae nt. quoque vovit.
ſod mares geliguntur.. Certifima fides haedo-
rum fihris. Sanguinem arao aſfundere vetitum.
: Proeihue er igne purg altaria adolentur etc.
h) Lomeyer I. & P: eg
m) Plutarch. I. p- 9% -
|
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7 X
Unter den unblutigen Opfern waren die Spei⸗
fopfer, wenn auch nicht: Alter, doch allgemeiner,
old die erfien Trank⸗ und Rauchopfer. Im Gans
sem opferte man den Göttern die freywilligen Ga⸗
kn der Natur früher, als ſolche Probucte ber
Erde, welche die Pflege und Wartung ber
Menfhen erforberten, Auch bot man den Göttern
allenthalben vorzuͤglich biejenigen Gewaͤchſe, in
denjenigen Geſtalten dar, welche, und in welchen
. te Menſchen fie am meiſten liebten. Im ſuͤd⸗
lichen Europa alfo, im weſtlichen Aſien, und
im nordweſtlichen Afrika opferte man ben Goͤt⸗
tern zuerſt außer ſuͤßen Eicheln die Fruͤchte des
Weinſtocks, des Feigen⸗ and Oehlbaumes und
auderer Fruchtbaͤume: nicht weniger Zwiebeln,
Knoblauch, Kuͤrbiſſe, und aͤhnliche genießbare
Pflanzen, und Wurzeln, welche die Erde aus ih⸗
tem fruchtbaren Schooße erzeugten) Mad) ber
Erfindung ber erfien Getraides Arten brachte' man
and diefe auf die Altaͤre der Götter. Go lange
vie Menfchen die Aehren von Gerfte und Weißen
entweder roh, oder ein wenig geroͤſtet aßen ; fo lans
fe opferten ſie diefelben den Göttern gleichfalls Fri
€
x) Man f. Theophr.ap. Porphyr. II, 5, De Abſtin.
Theophraft redete nicht bloß nach alten Sagen,
foudern duch nach leeren Theorien. Die Erde fagt
Theophraſt, erzeugte zuerft Kräuter, und dann
Baume. Bäume eutſtanden früher, ald die Men
{hen Getraide bauen lernten. Man opferte alfe -
den Göttern zuerft Pflanzen, dann Baumfruͤchte und
julegt Getraide : Arten. Weber die älteften unbluti⸗
nen Speifeopfer fehe man vorzüglich Saubert, de.
Sacrificiis c. 2% P. 54349 |
/
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— — — —
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* — — — —— — —
7
Aegyptier opferten ber Iſis t), die Griechen und
/
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8 dena m
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bie eine, ober bie andere Art 0), Bis auf den
heutigen Zag werden in Afrika, Afien und Ame⸗
zica Reis, Hirſe und Maitz den Göttern entweber
roh, ober mit einer fehr geringen. Zubereitung vors
gefeßt p)., Nachdem man gelernt hatte, die geſaͤu⸗
‚berten Körner in Mehl zu verwandeln; und biefes
Mehl entweder roh mit Salz und Waſſer zu mis:
fen, oder zu einem Brey zu Fochen; fo ließ man
and) dieſe verbefferten Nahrungsmittel den Göttern
gu gute fommen g). Auf gekochten Brey folgten
‚in langen Zeiträumen ungefäuertes, und gefäuertes
Brot, auch alleriey Arten von Kuchen, die in den
erſten Zeiten vorzüglich aus Mehl und Honig, vers '
fertigt, und fpäter mic Wein und anderen Ingre⸗
bienzen verfeßt wurden 7). Die Aegyptier füllten
bie Opferthiere nicht bloß mit Brot, Feigen, Traus
ben, und Honig, fondern auch mit koſtbaren Spes
cereyen, und berbrannten fie aldbanı s). Die
Menſchen entfanten nach der Erfindung der volls
kommneren Zubereitungss Arten bem Genuſſe ro:
her, ober geröfteter Achren, oder des ungekochten
Mehls. Allein fie. wagten es nicht, den Göttern
das weni, Gute zu entziehen, wenn fie ihney
gleih das Beſſere im Weberfluffe darbrachten. Die
Roͤ⸗
e) 1l..cc. Schmidt de faerificiis Aegyptior. p. 2337-
p) Loyer p. 248, 249. de Bry VI. 20. Acoſta F. 207. -
9 Theophrafi, ap. Porphyr, II, 6. Saubert, 1, c,
pP» 551. .
r) Theopb, 1. e. 11 $. 6. Saubert.
653. | | |
s) 11, 40 Herod,
#) Schmidt p; 37, 41.
l. c. pı 561“
“
I
. — — 9
Römer, der Sonne, ber Ceres, und dem Bak⸗
dus entweder Garden von Gerfte und Weißen, ..
ser. Körbe voll Achren und Körnern, oder alle
Arten von rohen unbereiteten Crögemächfen, bie
ihnen felbft zue Nahrung dienten u). Auch machte
auter den Griechen und Roͤmern bis auf bie ſpaͤte⸗
ſten Zeiten Mehl mit Salz vermiſcht ein beſtaͤndi⸗
ges Voropfer vor dem Schlachten von Opferthieren
aus x) Die erſten unblutigen Opfer wurben
meiſtens verbrannt, woher im Griechiſchen bie Woͤr⸗
tee Iussv und Joa für Opfern und Opfer üners
baupt entfianden y). WBieweilen feßte, ober legte
man aber die Opfer auf Altaͤre, oder an anbere heis
lige Derter hin, und diefe Art zn opfern führte in
die Griechiſche, und Römifche Sprache die Aus⸗
drüdte ponere, imponere, anteponere, Iso’x,
wejscIu, und avaInuara ei Z).
=
Da alle Voͤlker überzeugt waren, daß bie
Götter nicht bloß Hunger, fondern auch Durſt em⸗
pfaͤnden; ſo brachte man denſelben eben ſo fruͤh
Trankopfer, als Speiſeopfer a). Die von den
Grie⸗
u) Porphyr, Il. $.7. Saubert l. c. p. 550,
x) Ueber die Mola falfa, und »Aoxguras, oder sAoyu«
rev, f. Theophr. ap. Porphyr. II, 6, und San- |
bert, p. 551.
y) Saubert, 1. c. p. 559. Theophr, VI, 5 ap.
Porphyr, Ä 0 ‘
2) Saubert, l. c p: 549,
s) Trankopfer, und Trankopfer bringen hieß im Gries
chiſchen amevdy, Adı3n, Adıdariov, im Rateiniihen, -
libamen, libati), libare, Saubert, c.e5. p. 578.
® v
‘ ⸗
10 XX EZB
- Griechen fogenannten nüchternen Tvanlopfer 6) wa⸗
ven unftreitig alter, und allgemeiner,. als die nicht⸗
nüchternen“ Go lange die Menfchen kein anderzs .
Getränk kannten, als reines Waſſer, ſo lange
brachten fie auch den Göttern bloß Libationen von
Waſſer. Diefe erften und einfachſten Trankopfer
.. behielten alle aroße Völker des Alterthums bis auf
die fpäteften Zeiten bey c), Man feßte entweder,
wie noch jetzt manche Meger thun, Krüge mit Wafe
ſer neben die Speifeopfer bin, oder man gof das
Waſſer an die Altäre und in's Feuer, oder. man
fhättete ed auf die Köpfe der Opferthiere aus.
Wahrſcheinlich dachten manche Völker nicht daran,
den Göttern Waffer s Libationen zu bringen, weil
fie glaubten, daß die höheren Naturen allenthal«
ben Waſſer finden, und ihren Durft nach Belies
ben Löfchen Pönnten. Auf die !ikationen von Wafs
fer folgten zunädft die von Honig, wenigftens in
allen ben Gegenden, in welden fih Bienen, und
wilder Honig fanden d). Später, als beyde, aber
boͤchſt wahrfcheinlich von gleidhem Alter waren bie
Zrankopfer von Milh und Blut, die unter noma⸗
diſchen Voͤlkern zuerſt entſtanden ey⸗ und in Ir |
fols
b) vr dar rien : E ‚ypuhsuen, Saub.
p. z88. 83. I
e) Ueber’ tie * s Pibationen der Aeayptier ſehe
man Schmidt p. 233. der Juden, Michaelis Moſ.
NMecht, IV. 44-49. €, der Griechen uud Römer,
Saubert 1. c. p. ı82. - 84.
d; 'Theophr. ap. Porphyr. II. 6. Saubert. l. c. p.
584
⸗VUeber die Rlntopfer int Afterthum-, Savbert. p.
580. Bi. uͤber dir Milchopfer 584. 85. Ueber
oo. die \
*
ffgenden Zeiten fortdauerten. Gewoöͤhnlich goß
mar die Milch, und das Blut auf, oder an die:
Altaͤre. Nicht felten beftrih man mit bem Blute
ſewohl die Statäen, als bie Altäre der Götter.
Ale Tatarifche uud Mongolifhe Hirtenvoͤlker bes
veiteten Yon undenklichen Zeiten her aus der Mil
ihrer Heerden, befonderd and Stutens Mild, einen
beraufchenden Trank, welchen fie Kumyß nennen.
Eie opferten auch biefes Lieblings ⸗Getraͤnk den
Göttern f} fo wie übırhaupt alle Nationen die von
. Ihnen erfundenen beraufchenben Getränke den Göts
r
tern darboten g). Vegetabiliſche Dehle, Biere,
und Meine- waren Produrte des Aderbaus, und
kannten alfo zuerft auch nur von ackerbuuenden Voͤl⸗
tern geopfert werden. Die Deutfchen Völker ers
freueten ihre Götter, befonderd den Odin, mit
maͤchtigen Bechern von ſtarken Bieren h). Unter
den Griechen und Römern waren die Libationen
von Deht vielleicht nicht Alter, aber doch in früs
beren Zeiten häufiger und reichlicher, als bie von |
ein 25 Wenn man es auch bezweifeln koͤnnte,
daß Romulus nur Milch, und Leinen Wein ges
opfert
die Milchopfer der Lappen, der Gibirifchen und
Mougoliſchen Voͤlker, des aͤlteren Gmelins Reiſ.
III. 22.23, 443. Pallas Mongol. WEL. S. 134.
*
Georgi's Beſchreibung der Nationen des Ruſſ.
Reichs ©. 14.
N Gmelin, und Dallas U. cc.
z5) So gießen die Americaner den Göttern von ihrem
Ebicai, die Negern, von ihrem Palmenwein, Die Chie
nejen von ihrem Arrack hin.
h) Keisler p 14%
j) Ueber die Fibarıonen von Debl, Theophr. ap. Por,
phyr. und Saubert, p. 586.
[4
19 E — u ⏑—
opfert, und daß Numa, wegen der Seltenhei⸗
des Weins, dergleichen den abgeſchiedenen Seelen
|. 38 opfern verboten habe k), fo kann man doch kaum
7 eine alte Gage verwerfen, welche faſt ale Roͤmiſche
Gefchichtfchreiber und Alterthumsforfcher aufbes
„wahrt haben. Dieſer Sage zufolge gelebte Papi⸗
rius Curfor in einem Kriege gegen die Samniter
dem Jupiter einen Meinen Becher Weins, wenn.
der Gott ihm den Sieg über, die Feinde feines -
WVolks verleihen würde I): zum ſichern Beweiſe,
dag man im hohen Alterthum aud eine geringe
Quantitaͤt von Wein für ein.ber Götter wuͤrdiges
» , Geſchenk hielt! In fpäteren Zeiten burfte den Goͤt⸗
le wie) bu rteen nicht jeder trinkbare, fondern nur reiner Wein
uff zehn geopfert werben, Der Bein war unrein, wenn
4 ba man ihn von unbefchnittenen, oder von foldyen Mes
ben gewonnen hatte, bie vom Blitze getroffen,
oder durch traurige Unfälle, 3. B. durch das Er:
henken von Unglücklichen befleddt worden waren
| Kür nicht weniger unrein hielt man ſolche Weine,
— welche Menſchen mit verwundeten Fuͤßen gekeltert,
oder worein man unreine Dinge hatte fallen baſſen m).
Einigen Göttern opferte man nicht Lautern, ſondern
bloß ſolchen Wein, der mit Waſſer gemiſcht worben
| u | war
I Es
„ua Artlı %
.) ⁊
4A,"
gest?
k) Plin. Hit, Nat XIV. i8. Romulum lacte, non:
vino libaffe, indicio ſunt facra ab eo inſtituta,
uae hodie -cuftodiunt morem,, Numae regis
Pofihumia lex eſt, vino rogum ne refpergico.
Quod lanxiffe illum propter inopiam vini, ne-
mo dubitet, -
Ib) 1. c.c. ı3. L. Papirius Imperator adverfus Sam-
nites dimicaturus votum fecit, ſi vicillet, lovi
\ pocillam vini.
J m) Plin. l. c. c. ig.
— — | 18
vn). Man feßte fogar voraus, baf es unter
den Göttern, mie unter den Menſchen, Weinhaffer
sehe. Nahmentlich bot man den Eumeniden, den
Toͤchtern der Nacht, niemahls Wein bar o).
Die Menfchen fingen nicht früher an, ihre .
Eßluſt und Trinkluſt mit Bergnägen zu fillen, als — —
ſie an wohlriechenden Blume balſami —E Hol: RN‘
oder berauf.henden Kräutern, Hoͤ e * —*
—— — „und einen gleichen | —* —3
ſchmack in den Goͤttern vorausſezten. Man kann „e
um befto weniger zweyfeln, daß Räuchopfer, oder Und‘ *
doch ſolche Dpfer, bie dem Sinne des Geruchs —2 73
chmeicheln ſollten, eben fo alt, als Speiſe⸗ und ” Ay fr
ranfopfer feyen, ba bie Wilden in allen Theilen —
der neuen Welt ihren Göttern Taback, und andere L
balfamifche Kräuter darbringen 2). Die Briechen
und Mömer opferten ben Göttern in Älteren Zeiten
entweder Bündel von Eiſenkraut g), ober Zweige nm um. *
und Fruͤchte von Lorbeeren und Myrten, oder klein⸗ er
| ges
n) Saubert, 1, c, 541. .
o)Lt, _
.p) Von den Norbs Americanifchen Wilden fagt dieſes
Charlevoix p, 348. von denen in Jucatan, die
hiſtory of the Boucaneers I, 107. von den Kloris
danern, Samınl, ver Reifen, XVI. 499 ©;
q) Verbena, isgoßorayov,, wiewohl Verbena in ber |
Folge alle heilige Zweige, felbft von Myrten, und
Lorbeeren bedeute. Saubert ' c, 24. p. 541.
549. j -
x
- 14 mn en ur
| gefchnittene wohlriechente Hölzer vr)... Die Mors
u .. genländer waren die Erfien, welche vor den Göts -
tern Poftbaren Weihrauch verkrannten, and mit
folhen Raͤuchopfern eine beynahe unglaubliche
Verſchwendung trieben, wenn e8 anders wahr iſt,
‚was Herodot erzählt, daß man an dein Fefte des
Delus in Babylon taufend Pfund Weihrauch vers
- brannt habe s). . Diefe Räuchopfer famen, wie
bie Eoftbare Waare felbft, fpät zu den Griechen
‚und Römern: weßwegen auch alle. Weltweiſe, wel⸗
che mehr auf die innere, als aͤußere Verehrung
hoͤherer Naturen drangen, das Verbrennen von
koͤſtlichem Weihrauch nicht weniger, als die thieri⸗
ſchen Opfer tadelten t). Eine viel ältere und lies
benswuͤrdigere Sitte der Griechen und Roͤmer war,
die Statuen, Altaͤre, und Tempel der Goͤtter
. entweder mit friſchen Zweigen, ober mit tiee chen
| Blu⸗
.
4
D7) Saubert. I, c. u. Theophraſt: ap. Porphyr. II, -
ry bs MapxXaoryTn Tav supyuevmv Junaparuv
zarıda ri av smıßlenfac, ori moAlos nu vor sr
Jvscı guyasnouusva Twv sumdwv EuAav Fıva,
‚s) I 183 cc. |
t) Theophr; I, c. Arnobius VII. 26c, frägt tris
- amphirend,, woher denn die neue Sitte gekommen
fen, koſtbare ausländiiche Raͤuchwerke in den Tem⸗
peln der väterlichen Götter Zu verbreimen, eine‘
Sitte, wonon weder dad alte Griechenland, und
Etrurien , noch and) Alba und Rom zu den Zeiten
ded Romulus und YIuma etwas gewußt häts
ten? Unde igitur coepta eſt ulurpatio ejus aſſu-
mi, aut in antiquam et veterem confuetudi-
\ nem quaenam irruit novitas, ut quod tempella
tibus tantis necellarium non fuit, locum ſume-
. rot in caerimoniis primum? - J
-
\ >
— — 15
Blumen, und Blumiencraͤnzen zu ſchmuͤcken, auch
ja gewifien, Zeiten Roſen, und andere Blumen
anf Die Gräber der Verſtorbenen zu ſtreuen #).
Wer kann fagen, ob dieſe Sitte einheimiſch ‚ ober
aͤgyptiſchen Urfprungs war? Die Denfmöhler ber
Aegyptier beweifen, daß fo wohl die Statien ih⸗
rer Götter, als die Häupter ihrer Priefter oft
wit $otoß = und anderen Blumen ummwunden was
ren x). \
Die erften und einfachften thierifchen Opfer
waren diejenigen, melde die Menfhen brachten,
bevor fie. Thlere gezähmt hatten, oder wenigſtens
bevor fie Heerden von zahmem Vieh unterhielten,
um die Milch und dad Fleiſch berfelben zu ihrer
vornehmften Nahrung zu machen. . Diefe einfachs
ſten thieriſchen Opfer finden noch immer unter ben
Fiſcher- und Jaͤgervoͤlkern in America, Sibirien, .
und Afrika Statt. Die Wilden im nörrlichen
America eſſen ſelten oder niemahls, halten wenig⸗
ſtens nach einer ergiebigen Jaad, oder einem gluͤck⸗
lichen Fiſchfange nie frohere Gaſtmaͤhler, ohne den
Goͤttern, oder den Geiſtern der getoͤdteten Thiere
etwas von der ‚erlangten Beute zu opfern y). Gie
find, wie alle übrige Völker, in Nöthen am freys
aebigften gegen bie Götter. Auf aefahrvollen
Megen and Strömen opfern fie. ganze Thiere, ents
weber Vögel ober Hunde, welche Iezteren ſie bis⸗
weilen Tebendig mit zufammengebuntenen Deinen _
aufhängen, und vor Hunger oder Wuth umlom: -
oo. | maen
u) Sanbert. de ſacrif. c. 24. 544 et.fq p. |
x) Schmidt I, c. p. 24.
y) Charlevoix lour, p. 118, 348
FIN
ern ann
16 — —
men laſſen 2). Wahrſcheinlich wiſſen die Ameri⸗
cauer ſelbſt nicht, warum ſie den Hirſchen und Baͤ⸗
ren Welſchkorn , und dem Welſchkorn Baͤrenfleiſch
opfern 22). Auf dieſelbige, oder eine aͤhnliche
"Art opfern bie roheften Meger » Völker a), die
. Kamtfchadalen, ‚und öftlichen Infulaner 5). Die
Kamtſchadalen bringen den Göttern gewöhnlich von
gefangenen Zifhen nur die Köpfe und Schwänze,
welche fie felbft nicht genießen. Ohne Wergleis
hung karger in thierifchen Opfern als bie meiften
Fifcher » und Jaͤgerhorden, waren! von jeher, und
ſind auch jezt roch bie roheren Hirtenvölker im
mittlern, im Öftlichen und nörblichen Aſien. Selbſt
noch zu den Zeiten des Herodot gaben die Perſer,
unter welchen die Haͤupter von Familien allein,
ober dody mit den Prieſtern gemeinſchaftlich opfer⸗
ten, von ben Opferthieren, welche fie fchlachteten,
ben Göttern nichts, ald das Blut, ober das Le⸗
ben c): Wenn bie Perfer, fagt Herodot, opfern :
wollen, fo errichten fie Feine Altäre, und zuͤnden
kein Feuer an. Gie fhmücen bie Opferthiere
nicht, und wiffen eben fo wenig von Voropfern als
von Tranfopfern, oder von gottesdienſtlicher Mu⸗
fit, weldye bie Opfer begleiten müßte, Wer ops
fern will, legt feine Feierkleider an, fuͤhrt das
| Opferihier an einen reinen Ort, und betet bey dem
Opfern zu den Goͤttern um die Wohlfahrt des
Koͤnigs nnud bed ganzen Dei ſchen Volks, inwels
| Gem
x) 1. c.
22) Losfiel ©. 53,
a) de Bry VI. c. ao. Mathews p. 65- 67.
db) Steller S. 465. Georgi’s Ruſſ. Boͤllerſch.
©. 373. |
€) I, 130. —
wma. - —“ 17
dem Gebet auch das: Wohl des Opfernden mit be⸗
griffen iſt. Wenn der Opfernde das geſchlachtete
Thier zerſtuͤckelt, und gekocht hat; fo legt er das
Fleiſch auf friſche und faubere. Blaͤtter, oder Kraͤu⸗
ter. Wey diefem Hinlegen fingt ein Priefler, aber
Magier ein heiliges Sieb ab, nach deffen Cinbis
zung berjenige, ‚welcher geopfert hat, alles Fleiſch
sufommennimmt, und nach feinem Gutduͤnken vers
wendet. Die alten: Slaven warfen nur bie ſchlech⸗
teſten Theile ber Opferthiere in's Feuer. Das
Beſte verzehrten ſie entweder ſelbſt, ober gaben
ed den Prieſtern. Die Benennungen ber Opfer⸗
thiere, der Opferaltaͤre und Opferprieſter, die
alle vom Speiſen, ober Freſſen abgeleited waren,
zeigten an, daß die Opfer nit fo wohl den Goͤt⸗
teru, als den Opfernden ſelbſt beſtimmt ſeyhen.
Alle Tatariſche, und Mongol iſche Horden in Si⸗
birien, in den Statthalterſchaften Orenburg, Ca⸗
ſan, und Aſtracan, geben den Goͤttern von den
Thieren, welche fie opfern, dieſe moͤgen nun in
Pferden und Kuͤhen, ober in. Schaafen und Rrnn⸗
thieren beſtehen, entweder nichts, als die Knochen
und Hoͤrner d), ober hoͤchſtens neben den Knochen
und Hoͤrnern noch die Koͤpfe, oder die Naſen und
Ohren, die Fuͤße und Gedaͤrme ). Die Lappen,
und -
d) So die Wogulen, Beorgi’s Reifen, & 599.
Die Lappen, Georgi's Ruſſ. Voͤlk. ©. 13. 389.
Die Buraͤten oder Bratskis, des älteren Gmelin's
Reifen, III. 24 ©.
e) So die Tſchuwaſchen, Vchetemiſſen uUnd Motte
e
alten, III, 360, Aytſchkow's Togehuh ©. .on.
. EEE Ze
und wahrſcheiunlich die meiſten Übrigen keäummten .
| I".
I
Voͤlker troͤſten ſich damit, daß bie Goͤtter die Ares
chen der Opferthiere ſchon wieder mit Fleiſch be⸗
‚Heiden wuͤrden. Vielleicht hegen bie ‚Neger in
Afrika, die den Goͤttern von Opferthieren auch
‚weiter nichts, als die Haͤute und Hoͤrner jukom⸗
„men laſſen f), ‚einen ähylidden Glauben. Die Ta⸗
tariſchen und Mongolifhen Hirten⸗ Voͤlker in Si⸗
birien opfern ben Goͤttern nur tin. großen Noͤthen
| ganze Thiere Er ‚oder. theilen die. Opferthiere mit
t
.
- “
.
—— — —
ben. Goͤttern. Dieß leztere thun..bie Tſcher emiſſen
bey gemeinſchaftlichen Opfern, die im Nahmen
Bon. ganzen Dorffchaften gebracht werben )). Das
im Nahmer von Allen gekaufte, und gefchlachtete
„D:pferthter, wozu man meiftens ein weiſſes Pferd,
.... ober/eine weiſſe Kuh wählt, wird unter die Anwe⸗
ſenden zu gleichen Theilen vertheilt. Ein Jeder
zerlegt feinen Antheil wieder in zwey Haͤlften.
Eine von dieſen Haͤlften behaͤlt man fuͤr ſich, die
andere legt man in einen großen Keſſel. Wenn
- ber Keffel vol iſt, ſo werfen die Tſcheremiſſen den
-Subalt deſſelben in’d Feuer, mit den Worten:
Feuer, bringe. unfer Opfer zu-Gott! Da faft alle
Völker bie den Göttern beftimmten. Opferthtere,
aber Theile von -Opferthieren verbrannten, fo was
| . ren
Müller in dem Voy. au Nord vm. 415. Steller
IL. c. jagt in einer Note von allen Aſiatiſchen Hei⸗
den, daß ſie den Goͤttern von den Thieren, weiche
J ſie opferten, nichts gaͤben, als was ſie ſelbſt nicht
brauchen koͤunten, hoͤchſtens die Koͤpfe und inte,
P Demanet I.40©.
, 8) Beörgt’s Ruß. Voͤlk. S. 389»
a) Ritſchkow J. o
R
T—— — 7777
-
— — | 19
ru fü wahrſcheinlich auch meiſtens gleicher Mel⸗
zung mit ben Griechen und Römern, welche annah⸗
men, daß die Götter fih vorzüglich mit dem Blute
ber Opferthiere, und dem von den verbrannten /
en _auffteigenden Dampfe nährten 5). Die
eltern wahren Nomaden im Op:
fern tft einzig und allein aus ihrer Artı zu Ieben er⸗
Hirbkar. Diefe Völker begnügen fich meiftens mit
der Milch ihrer Heerden, oder mit dem Fleiſche
ſolcher Thiere, bie verreckt, oder frank find. Ges
finde Thiere ſchlachten fie fehr felten, und wenn
fie alfo dergleichen den Göttern opfern, fo ift bie
Begierde nach einer beffern Nahrung fo groß, daß
fie faft alles, oder doch das Beſte für fih bes
halten. |
Ge karger die nomadiſchen beſonders die we⸗
niger gebildeten nomadiſchen Voͤlker, im Opfern
waren, deſto verſchwendriſcher wurden die acker⸗
bauenden Nationen, fo bald das Opfern ein Haupt⸗
geſchaͤft der Prieſter, und der vornehmſte Theil
des Goͤtterdienſtes geworden war * Es macht
den,
i) Lucian, II, 794. nalısa da ylovraı airansva Toy
su Tν Jvcimy HaMYoV RUTY AVICCY AYNVBYyUSVov, Ku |
roic Papas Jvoyrag
[4
ro dıuz ds Toy Iopuen, 6
repixesouv.
Selbſt unter den reichſten Volkern behielten die
Armen die alte Einfalt im Dpiern bey. So opfere
ten die armen Aegyptier nicht Schweine, fondern
Heine aus Mehl gehadene Bilder ı von on ;
6->
.
%
- Ba
,
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‚ ,
Pi
80 — —
den Griechen und Roͤmern Keine Ehre, daß fie
alle übrige bekannte Völker in zahlreihen Dpfern
übertrafen, und noch weniger, daß die gröfte Vers
ſchwendung im Opfern vorzuͤglich in die Zeiten fiel,
wo Die Griechen und Römer am meiften Kunſt
and MWiffenfhaft befaßen Nachdem Jaſon,
Herr von Theffalten, "ein: Zeitgenoß des Sokra⸗
ses, die höchfte Stuffe von Macht und Anſehen
erftiegen hattes fo befahl er allen ihm untermorfer
nen. Städten, daf fie, eine jede eine gewiffe Ans
zahl von großem und Meinem Vieh nräften follten,
bas würdig fey, dem Apoll geopfert zu werden /).
Er fegte derjenigen Stadt, die den fehönften Och⸗
ſen liefern werde, eine goldene Erone zum Preife
aus. Ungeachtet nah Zenopbons Bericht “Jar
ſon's Forderungen nur mäßig aewefen waren, fo
erhielt er body der gemeinen. Sage zffolge nicht
weniger, ‚als tanfend fette Ochfen, und zehntau⸗
fend Stück von Eleinem Vieh. Alerander opferte
nach dem Siege über bie Lacedämonier eine Heka⸗
. tombe m), und die Mutter Aleranders, bie Rös
nigin Olympias, opferte gewöhnlich bey taufens
denn). Die Römer gelobten in gefährlichen -Zeis
ten, und wenn ihre Wünfche erfüllt wurden, opfers
ten fie den Göttern alled, was in dem Frühlinge
eines gewiſſen Jahrs von Käldern and Lämmern,
von
—Uerdqàd. II. c. 4%. und die Chineſen opfern Wilder
von allerley Sachen aus Goldpapier. Dampier
II. Te et
I) Xenoph. Hiſt. Graeca VI, 4 pP. 404. Ed.
hieme:; on
m) Suidas in Voce Athenaeus,
2) Porphyr, II, $. 6.
n
.
— — 21t
von jungen Ziegen und Schweinen gebohren worden
wer 0). : Mod, häufiger gelobten die Roͤmiſchen
Feldherren, und opferten nad) srfochtenem Siege
hundert Ochſen 9). Nach dem Tode bes Tibe⸗
rins freuten ſich die Römer, und die dem Mömis
fen Scepter unterworfenen Voͤlfer über die Er:
bebung des neuen Beherrſchers fo fehr, daß fie in
den drey erften Monathen der Megierung des Ca⸗
ligula über hundert und ſechszig tauſend Ochſen
opferten 9). Antonin der Weiſe, und Julian
der Fromme, waren fo unmaͤßig im Opfern, daß
fie drüber felbft ihren abergläubigen "Zeitgenoffen
zum Gefpötte wurden, und Julian den Beynah⸗
men des Dpfers Schlächtere, oder victimarlus .
erhielt 7). Zu den Zeiten des Seſchichtſchreiben⸗
. CCa⸗
o) Liv. 28. 10. Quod ver attulerit ex fuillo, a-
villo. capreno, 'bovillo‘'grege, quaeque profana
erunt „ Jovi fieri, ex qua die [enatus populus-
que julferit, ® |
P 5 9%. Aemilius Daulus vor ber Schlacht mit
dem Perfeus. Plutareh, IL, a8r. |
g) Suet in Caligula c. 14. .. tanta publica laeti-
tik, ut tribus proximis menhbus, ac ne totis
quidem, [upra centum fexaginta millia victima-
yum caela tradantur. Schon unter dem Auguſt
wünfchte ein Senator Aufus an einem zabheihen -
Saftmahle, daß Auguft von einer angetretenen
Reiſe nicht glucklich zuriidiommen möge, und fezte
binzu idem omnes et tauros et vitalaa optare.
Senec. UI 27e, de Benef. v
Ammian. Mare XXH. 14. XXV:-4c. Aeſtima-
batar, fi redillet, “Julianss,) de Parthis boves
jam defuturos. Marc illius: ſimilis Caelaris,
in’ quem. id accepimus jactum : di Muxoi Pos
Ä | per
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x 4 ” .#
2 — ——
a f \ ' {
Capitolinus unterfhie man meine getsöhnliche Seas
tombe von einem Kaiferlihen Opfer. Als man,.
fagt Capitolin s), bem Balbin das Haupt des
Werimin bradte, war feine Freude fo groß, dag
er den Goͤttern auf der Stelle eine Hekatombe opferte.
Bey einer Hekatombe werden hundert Altaͤre von
Raſen nahe bey einander errichtet, und an dieſen
Altaͤren hundert Schweine, hundert Schaafe u. ſ.
w. geſchlachtet. Iſt aber das Opfer ein kaiſer⸗
liches Opfer, ſo toͤdtet man an den Altaͤren hun⸗
dert Löwen, hundert Adler, und andere aͤhnliche
Thiere. Die Griehen brachten vormahls foldye
. Dpfer, wenn fie von peſtilenzialiſchen Seuchen
heimgeſucht wurden ; und es iſt bekannt, daß viele
Keaeiſer dergleichen zebrocht haben t): Capitoli⸗
nus irrte gewiß, wenn er glaubte, daß ſolche
Opfer, dergleichen nach, ihm bie Kaiſerlichen wa⸗
ren, unter den Griechen, und ſelbſt in älteren.
Zeiten unter den Roͤmern gebraͤuchlich geweſen
ſeyen. Etwas gewoͤhnliches aber unter den Grie—
‚ den und Römern war es, daß Pi bie Staͤdte,
de
..IPl V
7
eine TO nalgapi“ av 00 —— qusic arme
ua. | " u
4). in Maximo et Balbino c. xi.
) L. c. Hecatombe autem tale facrificium ef.
, Centum araę uno in lgco celpititise eriguntar,
et adeas centumg (ges, ecentum oves mactan-
‚ tur. „Nam fi imperatorium lacrificium fit, cen-
tum leones‘, ‚aäntum.bimilae, et caetera: hujus
l
modi animalia ‚centehä feriuntur, . Quod. qui-
dem Grasci quondam feoiſſe dicuntars quum
c. poſtilentia laborarent, et.a multis imperptori-
bus id celebratum confiat,
„— — . 33
der Fuͤrſten und Felbherrn, ſondern felbft reiche
ser wohlhabende Privats Perſonen drey Stuͤck,
oder zwanzig Stuͤck von großem, ns kleinem Died
af einmahl barbracten u). - --
Bey den erften thierifchen. Opfern brauchte
man gewiß Feine andere Werkzeuge und Gefäße, .
ıld deren ſich die Hausväter und Familien fonft
bedienten. Nachdem man aber den Goͤttern be⸗
ſondere Tempel und Altaͤre errichtet, oder heilige
Opferplaͤtze geweiht hatte; fo Fam man auch balb-
dahin, daß man Snftrumente und Gefäße anfchafte,
die ganz allein zum Schlachten unb Wereiten ber
Dpferthiere. beftimmt waren. . Diefe Werkzeuge
und Gefäße waren anfangs Flein an Zahl, und ſehr
einfach. Die leßteren beftanden entweder ans Thon,
ober aus Holz. . Der Jehova ber Juden bingegen-
erhielt faſt lauter goldened Geräth, bevos man ihm
noch einen feften Tempel erbaute uw); und biefe That⸗
fahe allein laͤßt vermuthen, daß das Geräth ber,
Aegyptiſchen Götter nicht minder Toftbar geweſen
fy. Da der Gott Bel in Babylon ungeheure Tis
fhe und Statüen don gediegenem Golde hatte x);
fo kann man ‚nicht zweyfeln, baß die Opfergefäße
io dem Tempel diefed Gottes and demſilbigen Mies
tall gearbeitet waren. Dad Geräth in ben vors
nehmſten Tempeln der Griechen und Römer war
in ben fpäteren Zeiten entweder golden, ober ſil⸗
been, und fehr oft mit. Perlen und edelen Steineu
beſetzt. Nicht felten. übertraf die Kunſt, womit
die Kleinobe gearbeitet. waren, ben koſtbaren —
n
u) Sanbert, de Sacrif, c, 18. p. 39. 9
wu) Exod, c, 2
x) ;, ı81, 83 c, Herodot,
[4
N ö v
2
x
26 . m - wem
i h
*
rech⸗ fehr weit y). Sio.mie die beſſeren Opfer nicht
die ſchlechteren verdraͤngten; fo behielt man auch
in den .Zempelg..die irdenen, hoͤlzernen, ober ans
Weiden geflochtenen Gefaͤße bey, nachdem man die
Goͤtter mit goldenem. und ſilbernem Geſchirr übers
" . ‚flüflig verforgt hatte 2). Sa man hielt fo ger.
Das Ältere und einfarere Opfergeräch für heiligen,
atd das neuere koſtbarere und fihönere 2). j
Die Opferthiere waren eben fo verſchieden, ala
He Gottheiten, benen fie geopfert, und die Abfichs
ten und Perfonen, in und von welchen fie geopfert
wurden. Man nahm allenthalben- au, daß ber
„Geſchmack der Götter nicht weniger von einander
abweiche, als der Geſchmack der Menſchen: daß
die einen an dem Fleiſche dieſer, die anderen an dem
Fleiſche jener Thiere das groͤſte Wohlgefallen faͤn⸗
den: daß die einen junge, die anderen aͤltere: und
- ‚wieberum dieſe weiſſe und weibliche, andere ſchwarze,
oder männliche Thiere vorzoͤgen d). Diefelbigen Göts
v | ter
Yy) Saubert, c. 18.
2) Senec, Ep. 98.. Tubero paupertatem et le dignam
et .eapitolio jadicavit, cum fictilibus in publica
coena uſus, ohendit, debere hominem his elle
contentum, quibus dii etiam num nterentur, .
4) Porphyr. II. G. 18. de Abſt. anim. eJay 'xuı ra
walnrarn 704 xupanız, aa Eulıva Umapxovrz,
AaAMov Serum veronisas dım TS Tyy dANy na 77V aPe-
Asiay Ta TEXvIc. \
”
2) In den Gefegen der zwölf Tafeln hieß ed: Quae-
“ que cuigue divo decorae gratae fint hoflise pro-
‘ vidento, ap. Saub, c. 18: p. 366.-Arnob VII, 18.
Quae cß enim caufa, utille tauris Deus, has -
1
N
N Ze ' 235
ter erhielten andere Opfer, wenn man ihren Hum⸗
ger ſtillen, oder ihren Guumen kitzeln: andere,
wenn man ihren Zorn befänftigen, oder ihre Rach⸗
gier befriedigen wollte c). Bisweilen vereinigte
man an Einem DOpferfefte, zum Beyſpiel, an dem
Feſte der Artemis zu Paträ, nicht mar alle Ars
in Ton Früchten und genießbaren Thieren, fonbern
felbft mehrere Gattungen von Wildprett and wilden
Zhieren d). Diefelbigen Gottheiten erhielten andere
Dpfer, wenn ganze Staaten, oder Fuͤrſten und.
Gemwaltige: andere, wenn Arme und Geringe in
denfelbigen Abfichten opferten. Aus allen vielen.
Urfachen zufammen genommen kann man es erklaͤ⸗
ren, warum faſt keine Art von ungenießbaren Thie⸗
ren uͤbrig blieb, welche man nicht gewiſſen Gotthei⸗
3 . ten
dis alius honoreter, aut ovibus:. hic lactentibus
porcnlis, alter intonfis agnis: hic virginibus bu-
culis,' capris ille cornutis: hie fterilibus vaccu-
lies, at ille incientibus [crofis, hie albentibus,
ille tetris, alter foeminei generis, alter vero ani-
\
mantibus malculinis,
e) Servius ad Virg. Georg. II, v. igo. Vistimae
numinibus aut per fimilitudinem aut per contra.
rietatem immolantur, Per fmilitudinem, ut
nigram pecus Plutoni. Per contrarietatem, ut
Porcae, quae obeft frugibus, Cereri; et caper, .
qui obeft vitibus, "Libero; item capra Äefcula-
pio, qui eft Deus falutis, cum capra nunquam
fine febre fit, | | |
d) Paufan. VII. c. 18. sehxAlum yap 4 WUTRG scroy.
Bwnov, opvdag rs siwduns, mar .lupun Gpuog
erayra, arı ds do aypac, Am sAuPzerE au dopum-
dac, di ra nuı Äuxwv nu apurwv OXUnvaG, Ölds ab.
1x reisın Twv Iyoıwv, nararıyaxcı de awi vav‘ Ans
nov nal dsvdewy napmnv Tay YMSpRV.
-
3 ‘
-
+
— ——
J
26 — —
ten geopfert hätte; und warum: wiederum kaum
eine Art von genießbaren Thieren erfunden wurde,
Die nicht von gewiſſen Göttern wären verſchmaͤht
| worden ⸗2 ). Sm Durchſchnitt opferte man den
oͤttern, denen man eine wohlgefaͤllige Nahrung
verſchaffen wollte, ſolche Thiere, deren Fleiſch man
ſelbſt am meiſten liebte, oder am haͤufigſten genoß.
So wie die Griechen und Roͤmer meiſtens Ochſen und
Kälber, Ziegen, Schaafe und Schweine opferten );
fo die Maffageten, und andere, fowohl Tatari⸗
fhe, als Mongolifhe Hirtenvölker Pferde und
Hüllen g). Von der Zeit an, wo Laligula fid
als einen Lebenden Gott anbeten ließ, verlangte
dieſer Wüterih, daß ihm die Foftbaren Leckereyen,
' auf welche bie beruhmteften Schlemmer ben gröften
Werth feßten, täglich geopfert würden 5).
Es war den vielgöttifchen. Völkern nicht ger
| nug, den Geſchmack der Götter zu erforfchen, und
. einem Jeden die wohlgefälligften Ihiere zu opfern.
‚Man bemühte Yih auch, aus jeber Thierart die
groͤſten, Tchönften, fettefien, und "tadellofeften
Thiere auezuſachen; 3 und ſolche ſorgfaͤltig gewaͤhlte
Opfer⸗
0) Arnob. L c.- nat, ut fieri moris eft, obſer-
‘vationis Alicnjus, et religionis metu ille caprina
abſtinet fe carıe‘, porcinum alius execratur at-
. tactam, huic ovilla foetulenta funt vilcera ; ac
ne fiomachum fatiget invalidum‘, hic bubulam
eh, dnritiem vitat, et’lactentinm lenitatem , ‚m
digerat expeditius fumit,
DH Liv. 20, c. IV. Xenoph. Hiſt. Gr, vi. 6. 1.c.
6) 1. 216. Herod.
A) Sueton, in Calig. I. ſup. cit.
— — 27
Opferthiere wurden deßwegen victimae eximiae,
egrepiae, lectae genannt i). In Aegypten pers
naute man die Uuswahl, und Präfung von Opfers.
tbieren nicht den Dpfernden-au, fondern man lic
fe von ben Prieftern anftellen: ohne Zwenfel, weil
man glaubte, daß das Darbringen von tadelhaften
Opferthieren bie Götter nicht allein nicht gewinne,
sder verſoͤhhne, fondern fie vielmehr zum Zorn reitze.
Die Aegyptiſchen Priefter unterfuchten jedes Opfers
thier fo wohl fiehend, als liegend am gauzen Coͤr⸗
per, befonderd am Schweife, und an ber Zunge.
Ein einziges ſchwarzes Haar machte das fchönfte
hier zum Opfer untüdtig. Tadellos befunbene
Thiere zeichneten bie Priefter dadurch aus, daß fie
die Stirn. derfelben mit Byblos ummanben, und
ihnen ein Siegel aufdruͤckten. Wer andere, als
geprüfte und befiegelte Thiere opferte, war bed To⸗
des fehuldig k). - Moſes bequemte fi) nad) den
Begriffen, welche fein Volk in Aegppten!aufgefaßt
hatte,. indem er verordnete, daß nur vollſtaͤndige,
und mängellofe Thiere dem Jehova geopfert wer⸗
den ſollten 1). Sehr viele Voͤlker, und beſonders
die beruͤhmteſten Nationen des Alterthums, fingen
allmaͤhlich an, zu glauben, daß Thiere nicht bloß
an den aͤußeren Gliedmaaßen, ſondern auch an den
oo ins
!
3) Man f. die —* alter Schriftſteller beym Sau-
bert. c. 18. 364-68. p. und Lomejer c, 23. p. 283. -.
Dad Wort legere druückte das ſorgfaͤltige Auswaͤh⸗
len der Opferthiere aus. Thiere, die wegen gewiffer
Gebrechen zum Opfern untächtig waren, naunten
man “prin, rock, 17 EHFUDR. “
k) 11, 39. Herodot. u
h) Levit. XXII. v. 18. et ſq.
*
er ——
on ianern Theilen ohne das oeriadſte Gebreigen ſeyn *
muͤßten, um ber Goͤtter würtig zu werden. Man
erforſchte den immern Geſundheits « Zuftand der -
\ ‚Dpferthiere zuerſt dadurch, daß man ihnen entives
‚der $ Futter vorſetzte , oder daß man fie mit kaltem
Waſ. begoß m). Wenn die Thiere fraßen, oder
ſchauberten, fo ſchloß man, daß fie geſund ſeyen.
—Im entgegengeſetzten Fall berntuthete man innere
Gebrechen. Die Griechen und Römer durchwuͤhl⸗
ten nach dem Beyſpiele der Bewohner des alten
Orrients die Eingeweide der Opferthier⸗ ſelbſt. Wenn
alle innere Theile geſund, und vollſtaͤndig warenz
„fo nannte man Opferthiere, gluͤcklich, froh, oder
ſchoͤn n)3 im entgegengeſetzten Falle, unglücklich,
‚ raurig, und haͤßlich. Weil es oft begegnete, daß
die ſchoͤnſten und fetteſten Thiere an irgend einem
innern Theile ein kleines Gebrechen hatten; ſo hielt
man beſtaͤndig mehrere Opferthiere in Wereitfdaft,
wenn etwa bad erfte, oder die erften untuͤchtig be
funden wurden. Wlan nannte -folhe Opferthiere
hoftias fuccidanias 0). Es mwährte bisweilen nicht
bloß mehrere Stunden p) fordern mehrere Tage,
‘ bes
an) Lomejer 1. ce. Axtſchrow S. 87 von den Tſche⸗
remiſſen. Gmelin, III. 22. 23. von den Buꝛaͤten.
> a) Victimas fauflas, laetas, waäuc, |
0) Gell. IV. 6. Succidanise autem hoftiae dieun-
tar, elittera per morem compefiti vocabuli ini ..
litteram eommutata. Nam quali [uceaedaneaa .
appellstae: guoniam fi primis hoftüis litetum -
“non erat, aliac poft easdem ductae hoftiae cae- '
‚ debantur, Vide etiam Saubert. c. ı9. p. 423.
p) 3. B. vor ber Schlacht bey Plataa, Piutarch De
520. p.
\ um JE . 29
bevor man ein gluͤckliches Opfer traf y). Aemi⸗
lius Paulus opferte vor der Schlacht gegen ven
Derfeus zwanzig Ochſen, und erſt ber ein und zwans
jigfte bot ein glückliches Opfer bar 7). Caͤſar ließ
einft hundert Ochſen ſchlachten, ohne ein einziges
gluͤckliches Dpfer zu finden: s), Das Opfern eines
gluͤcklichen DOpferthiers druͤckte man im Griechiſchen
durch bad Wort zardspssoI, und im rateiniſchen
durch perlitare aus t).
Um auserwaͤhlte Opferthiere den Göttern
noch wohlgefälliger .zu machen, verfhönerte man fie
anf alleriey Art. - Man vergoldete ihre Hörner.
Man ummand ihre Häuptermit Binden, oder Eräns
zeu. Man feßte ihnen fo gar einen Kopfpuß auf,
ber ben Mitris ber Morgenlänbifäen Prieſter ähm
lid war 0).
Selbft bey dem Führen, und. Sqhlacten von
Dipferthieren bewies man eine Sorgfalt, oder viel⸗
mehr
9) Dertyliden | 3. B. fand erſt a am vierten Taae ein
frohes, v.er untadeliches Opfer. Xenoph. Hiſt Gr.
III. c. 1. x — 2 TETTRPWY ꝓaspœæ —— qu-
ousvos nala xuhseoc Dapuv,
- r) Plutarch. II, sgr,
s) Flor, IV; 94. j
‚ 6) Script. eit.
u) Man f. Saubert, 1, c. e. 18. p. 385, eıfq. zu
die zu die em Capitel ‚gehörigen. Kupfer. 'Plutareh.
in Aemil, Paulo lJ. Zır. uer@ ds Teras yyovro
KPUGORSp®. rpopinı Bass, dxarov Kom, pıTpac
JExyuayl Ka SERNaUIV, _
-
zo 0. RRX RnB
mehr · Angſtlichkeit, als wenn man nicht mit hoͤhe⸗
ren Naturen, ſondern mit den laͤunigſten, und reitz⸗
barſten Tyrannen zu thun gehabt haͤtte. Die Opfer⸗
thiere durften nicht gezogen, fondern nur an locke⸗
ren Seilen geführt werben, gleichſam, als wenn
ſie ſich freywillig den Göttern darboͤten x). Uns
vorhergeſehene, und unverſchuldete gleichzeitige Uns
fraͤlle vereitelten nicht bloß Opfer, und andere gots
tesdienſtliche Handlungen, ſondern verkehrten ſie ſo
gar in ſchwere Verſuͤndigungen. Während ber
Feier ber fo genannten groſſen Gpieley), bie im-
%.263. nad ber Erbauung Roms den Göttern zu
Ehren gegeben wurden, ließ ein Roͤmiſcher Haus⸗
vater einen Sclaven Von den übrigen Mitknechten
über das Forum geiffeln, und nachher umbringen.
Das Angſtgeſchrey, und die Eontorfionen des Ger
geiffelten erregten in vielen von. benen, die ben feſt⸗
üichen Umgang mithielten, Unwillen über die Haͤr⸗
te des Herrn, nnd Mitleiden mit dem Ungluͤckli⸗
“den, ber fo graufam gemißhandelt wurte, Nichte
deſtoweniger feßte man das Gepränge fort, nnd
feierte die Spiele, wie man fih vorgenommen
hatte. Nicht Yange nachher erhielt ein. gemeiuer
Mömer ein Zraumgefiht, im mweldem “Jupiter
ihm auftrug, ten Confuln gu fagen, daß ihm ber
Vortaͤnzer mißfallen habe, und daß die Stadt
Mom bafür büßen mwürbe, : wenn man nicht. die
Spiele von neuem auf das prächtigfte wieberhohle,2).
. Zu Der
2) Merula p. 26, © ©:
y) Ludi Magni, Liv. II. 56. Plut, in Coriol, II.
129- 3% oo
: 3) Livius 1 c. Aibiludis praelaltatorem diſplicuiſſe:
niſi magnifice inftaurarentur hi ludi, periculum
urbi fore, Iret, ea conlulibüs nunciaret,
!
— — J 31
Dee Traͤumer richtete. ben erhaltenen Auftrag nicht ˖
aus, weil er fuͤrchtete, daß die ganze Stadt, und
beſonders bie erſten Magiſtrats⸗Perſonen ver Re⸗
publik ihn für einen Phantsften halten wuͤrden,
Sem er feinen Traum bekannt made, Der Unges
berfam bes Mannes ward dadurch geftraft, dag
fin Sohn erfrantte, und in wenigen Tagen flarb.
Nach dem Tode des Sohns kehrte daffelbige Traums
gefecht mit der hinzugefügten Drohung wieber, baf
der Gewarnte noch härter werbe geflraft werben,
wenn er Länger zoͤgere, dem MWefehl dee Götter zu
geborchen. Da er dennoch Bedenken trug, ſich
bey den Sonfuln zu melden, fo warb er ſelbſt Yon
einer heftigen Krankheit befallen. Jezt erkannte
es die Hand der Gätter, ließ fich in den Senat
tragen, und erzählte, was ihm gefchehen mar.
Er hatte kaum feine Erzählung geendigt, als er
fh vollkommen gefund fühlte, und nah Haufe
ging, da er vorher Feius feiner Glieder hatte ruͤh⸗
ren koͤnnen. — Der Senat wußte atıfangs nicht,
was das. göttlihe Traumgeſicht mit den Wortäns
zer meine. Man faın endlich auf den Grund, und
erneuerte bie Spiele fammt den übrigen Feſtlichkei⸗
ten, die Damit verbunden gemefen waren. —
Plutarch preist nicht nur die Froͤmmigkeit bes -
Roͤmiſchen Volks, fondern auch vorzüglich Die Vor⸗
ſicht des Numa, der. bey allen gottesdienſtlichen
Handlungen von Prieſtern, und Magiſtrats-Per⸗
fonen einen Gerold Beitellte, welcher laut rufen
wußte: hoc age, um die handelnden Perfonen zu
einer befiäudigen Aufmerkſamkeit aufzufordern.
. Die geringfügigften Kleinigkeiten, ſezt Plutarch
hinzu, find hinreichend, um die Roͤmer zur Wie,
berhoblung Yon Feſten, Spielen und Opfern. zu
— EZ bes
4
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bewegen. Wenn 3, 8. an großen Feſten, wo ‚die
Bildniſſe der Götter, oder Andere. Heiligthuͤmer
in Karren gefahren werben, ein Pferd müde oder
‚fletig wird, oder Einer der Führer das Geil in
die linke Hand nimmtz- fo befhließt man angenz -
blicklich, das entweihre Teft noch einmahl zu ‚beges
hen. Um biefer, und ähnlicher Verfehen willen
ſind in fpätern Zeiten Opfer wohl dreyßig Mabhle
wiederhohlt worden a). Un 'einer andern „Stelle
führt -derfelbige Geſchichtſchreiber 6). guter den
‚Benfpiglen der puͤnctlichen Frömmigkeit ber Roͤ⸗
mer. noch folgende an. Um biefelbige Zeit, als
Scipio Naſica, und C. Martius wegen eines
kleinen bey ihrer Wahl begangenen Perſehens das
Confulat ntederlegen mußten, nahm man zwey ber
vornehmſten Nömer ihre Priefterwürde: dem Cor⸗
- nelius Ceihegus,- weil. er die Eingeweide eines -
Opferthiers nidt gebührend, auf den Altar gelegt
hatte: dem Quintus Sulpieins, weil ihm eine
Muͤtze, dergleichen die Flamines Digles führen,
während feiner Amtsverrichtung Yom Kopfe gefals
‚Ien war. Die Aenaftlichfeit ber Römer auch in
‚deu geringſten Kleinigkeiten artete nach Plutarche
—O
Urtheil nicht in Aberglauben aus, da ſie nie weiter
gingen, als ſie nach ihren vaͤterlichen Satzungen
| . . a ge⸗
5 Ev ds roic xxro xboroic PR Juasay ' Tpgneye
TORE smonsar „ RE TOR SAÄBINERTOG, 7 pe
. NpBuerug Yivaadıl donsvros, runurg kev —8
wpos ro Jaoy Pronaıw. |
u In Vita Mircelli "Open n. A0B - ap. Pe:
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— — 33
schen mußten d), an: den vůterſichen Satungen
ige aͤnderten. mr
Wenn ein: ‚Opferthier vor bem Altare ſtand,
fo‘ beobachtete an. noch mehrere Gebräuche, ehe
man es. wirklich ſchlachtete. Man .fireute demfels
ben Mehl mit Salz vermiſcht auf die Stirn, wel;
. ches im eigentlidhften Sinne des Worts immolare
hieß d)y. Man ſchnitt tem Opferthiere einige
Snrnheare wen ‚, uns warf die Haare in's Feuer,
Man detete, und goß bey, ober Eurz dor dem Bes
ten Wein zwiſchen die Hörner. Bisweilen flug
man auch mit Klappern an die Köpfe ber Opfers
thiere. Es mar eind der ungluͤcklichſten Zeichen,
bie fich ‚bey dein- Opfern ereiguen Fonnten, wenn
ein Thier vor dem Altar entfloh, beſonders / nach⸗
dem es verwundet worden ware 2
Gine alte, aber genif ungegrändete Eeg⸗ ers |
zählte, daß die Griechen nurſpruͤnglich ben Göttern
ganze, oder ungeiheilte Thiere ‚geopfert hätten e).
Eben diefe Sage. beihuldigte den Promerbens ale
den Erſten, der den Jupiter berüct, und ihm
bie beſten Theile von Opferthieren entzogen hä:
be 5). Die Griechen und Roͤmer opferten den
Goͤt⸗
ce) xy Tv 8 arv Aixpote anti oletzobrae
zdsuie mpoosuyvudaev deiswdäruoue, To undev ae
Aafrev, unbe wapskhaivay Fa) warpıwys
d) c. ıg. Saubert, p. 381.
#) Hefiod, Theögon. 555 et id.
f) Saub, XX c. p. 438. 29.”
, 7
u ! ‘
* C 9
“ ... 260 1 [X vu)
J
—
44 yA
Göttern nur ſehr ſelten ganze Thierr, welche die
Erſteren öAoxausa, ober rslsras, bie Anderen Pro-
tervias nannten g). Gewoͤhnlich theilte man’ bie
Dpferthiere mie den Göttern, welches profecare
bie 4). Von dem Ießtern Worte .entfprangen
bie Ausdruͤcke proficiae, und profecta, womit
man bie den Göttern beftimmten Theile bezöfchnete.
Weil diefe Theile meiftend in ben Eingeweiden,
und in ben mit der. Fethaut umwundenen Scheu⸗
. Selü der Thiere beftanden; fo nannte man fie im
: Griechtfchen unpim; unpus, im Lateiniſchen vifcera,
exta und particulas i). Das Hinreichen, „der
Hitwerfen.. der den Göttern beſtimmten Theile
‚ brüdten die Römer durch die Wörter reddere und
porricere, unb das Verbrennen, durch adolere
aus k). Aus der Afche der verbraanten Xheile
. errichtete man in mehreren Gegenden von Griechens
land Altäre, die für viel heiliger, ald andere ges
halten wurden. Der gröfte und berühmtefte unter
folhen Afchen : Altären war derjenige, ber dem
Olympiſchen Jupiter bey Elid geweiht. war 2).
Diefer Altar wur zivey und zwanzig Fuß body,
und hundert fünf und zwanzig Tuß im Umfange.
Frauen und Jungfrauen durften nur ben aͤußerſten
Saum des Altar beitreten, Zu ben höheren Stuf⸗
5 . oo. \ fen
®» l. e.
A) L. c. p. 451.
i) I. c. p. 43%
k) p..433. |
) Panfanias V. 18€. (in ähnlicher mar gu Pers
mus, nnd auf der Inſel Samos. Die Athenienfer
unnnten fie avrosxedag soxapns. ib, Ä
_ 35
Rahatten bloß Männer Zugang. Die Grieden
. mp Römer hoben häufig fo wohl bie Köpfe, als
. Ne Haͤute ber Opferthiere auf. Gie nagelten obıe.
; Angten die Köpfe in den Tempeln, oder an ander
ven heiligen Orten auf; und auf den Haͤuten liefen
fe Perfonen ſchlafen, welche gekommen waren,
un bie Götter um Rath zu: fragen m). Die Yes.
gptier verkauften bie Köpfe von Dpferthieren an-
he Griechen, ober warfen fie in ben Nil, weil fie
bey jedem Dpfer die Köpfe verfluchten, ober
wuͤnſchten, daß alles Boͤſe, was den Opfernden
ſelbſt, ober ihrem Vaterlande bevorſtehe, auf das
Laupt des Opferthiers fallen möge m). =
Die häufigen. und reihen . Opfer gingen unter
den Römern fehr früh in foͤrmliche Gaſtmaͤhler
über, zu welchen alle, oder body viele Goͤtter, und
-—m en a 2 a}
üc. anf ben Rath der Sibyllinifhen Bücher, um
eine ſchwere Peftilenz abzuwenden, welche Wens.
ſhen und Thiere ergriffen hatte o). Man bewir⸗
thete acht Tage lang ten Apoll und Herculee,
da Mercur und-LTeprun, bie Barona und Dias
na auf daß präctigfie. Eben fo lange ‚gleiten bie
b⸗
a) Wenn man dieß in dem Tenpel des Jupiter
that, jo nannte man ein ſolches Schlafen, in wel⸗
chem man weißagende Traͤume erwartete, incubare
Jori, Servins ad Aeneid, VII, 86 v,
n) II, 39. Herodot.
e) V. 13. Livis, Ss“ 5 sn
_ .. " “ ” n = \
Goͤttinnen in ihren Bilöniffen zugezogen, und bie "
lectifternia genanut wurden. Daß _erfle lectiſter ·
nium veranſtaltete man zu Rom im J. 356. ab _
—
N
— en ———— —
⸗
—5
36 er —
Römer offene Tafet, und ladeten Bekannte und
Unbekannte an ihre Tiſche ein. Man ſezte waͤh⸗
rend bdieſer Zeit alle Fetnbfeligkeiten aus, und .
loͤste fo gar die Schuldner, welde man in harten
Wander feftgehätten hatte 9): Man legte bie
Bildniſſe männlicher Gottheiten anf weiche, und
Pofibare Betten hin, Die Statuͤen Yon Goͤttinnen
Hingegen ſtellte man auf Seſſel, weil in aͤlteren
Zeiten bie, Fralin nicht, wie die Maͤnner, zu
Tiſche lagen, ſonderũ faßen ). Mean brhtelt die
elte Sitte bey den Göttimenn bey‘, ſelbſt nachdem
die Roͤmerinnen angefangen hatten, ſich gleich den
Maͤnnern zu Tiſche zu legen 2 J
Alle ‚feierliche Opfer, ſelbſt ſolche, welde
man den abgeſchiedenen Seelen von Verſtorbenen
gebracht hatte, waren mit Opfer: Mahlzeiten be⸗
gleitet, an denen man die, von den Opferthieren
zurückbehaltenen Theile, oder ganze Opferthiere'
mit den Göttern verzehrte. Unter den Opfers
"Mahlzeiten Yon Privat s Perfonen waren Feine
koſtbarer, ald diejenigen, die von ben vornehm⸗
ſten Römifchen Magiſtrats⸗-Perſonen gleich nad)
dem’ Antritte ihrer Aemter gegeben wurden 9).
. Die |
vi Manſ. auch xxu. 10. Liv.
9) Vater. Max, IL ı1..$. 8. .
T) I. c. Juno et Minerva in fellas ad coenam in-
vitantur. Quod genus ſeveritatis aetas noſtra
diligentits in Capitolio, quam in ſuis demibus
fervät, etc. - J
4) Man nannte fie coenas adjiciales, ober. adipialen
& 26, p. 699. Sanhert, Sie loſteten ſo viel, als
ein
⸗
—
— 37
Die oͤffentlichen Opfers Mahlzeiter wurden in ben
Tempeln ber: Götter gehalten, welchen man ger
opfert Hatte), und man darf ed ald Regel am
nehmen,. daß men bie Götter ſelbſt zu ſolchen
Mahlzeiten zugog. Zur Weforgung ber oͤffentli⸗
hen Qpferſchmaͤuſe waren in Nom die fo genannten
Fpulones befellt, deren anfangs nur drey, in ber
Folge fieben waren u). Die Epulones Yabeten
34 dag Öffentlichen Dyfer » Mahlzeiten, wie. an ben
leetiterniis, Diſchgenoſſen der Götter ein x):
Auch verordnete, ober wählte man durch das Loos
einen Trink⸗Meiſter, der die Meile ber Libatio⸗
nen, und Geſundheiten beſtimmen, beym Zutrin⸗
Een auf Zucht und Ordnung halten‘, und bie Wis.
derſperſtigen ſtrafen mußte 9). Die Griechen
DE ee | tran⸗
GE tn | .
Nein Römer befigen mufte, um znm orde equelirie
„zu gehören. Ep. 95. Senęec. Quid et coena
fumtuofa Aagitiofius, et equeſtrem cenlum con-
fumente? quid tam dignum: cenloria nota, fi
guis, ut ii ganeones Iaquuntur, Abi haec et
. genio. [uo praeftet? et toties tamen feRertio
‘.aditiales coenae frugalilfimis viris confiterunt.
Eadem res fi gulae datur, turpiseft: ſi honori,
reprehen&cneni effugit, ie
&) So heißt es in der Rede pro trjiumpho Aemilii. .
: Pauli ap, Liv, 45, c. 39. Tlas quidem epulas
fenatus, quae nec privato loco, nec publico
profano , led in eapitglio eduntpr, utrum ho-
minum voluptatis caufa, an deorum hominumi- _
que. ... . turbaturi eſtia?
u) Magifri-Epelonum, Saub, 15. p. 600, Gar.
x) Coepulones, parahiti ]. nn
"yIEPÄE : Magißer bibendi.
! fteria, len regna bibend! (obfewa voc
yon .
qui magi-
ulaa (alen-
/ nes)
u a nnd
36 2 —
Römer offene Tafek, und ladeten Bekanute und
Unbekannte an ihre Tiſche ein. Man ſezte waͤh⸗
u renb bieſer Zeit alle Feindſeligkeiten aus, und
0 Ibßte‘ fo gar Me Schüldner, welche man in harten
Banden feſtgehalten hatte 39): Man legte bie
Bildnilfe männlicher Gottheiten anf weiche, und
koͤſtbare Berten hin. Die Statuͤen Yon Göttinnerr
Hingegen ſtellte mitt auf Seſſel weil in alteren
Zeiten bie, Pralien nicht, wie ‚die Männer, zu
Tiſche Tagen, fondern ſaßen g). Man brhielt Die
| alte Sitte bey den Goͤttinenn Bey‘, felbft nachdem
| die Roͤmerinnen angefangen hatten, ſich stets ben
u Männern zu Tifhe zu legen ).
Age feierliche Opfer, ‚ felbft plche, welche
J man den abgeſchiedenen Seelen von Verſtorbenen
xı gebracht hatte, waren mit Opfer: Mahlzeiten be: _
| gleitet, an denen man bie von ben Opferthieren
zurückbehaltenen Theile, oder ganze Opferthiere'
- mit den Göttern verzehrte. Unter den Opfers
"Mahlzeiten von Privat» Perfonen waren feine
koſtbarer, als diejenigen, die von ben vornehm⸗
ſten Roͤmiſchen Magiſtrats⸗-Perſonen gleich nach
dem Antritte ihrer Aemter gegeben wurden f).
| Die
’
’
27
N
—— — ç — — —
J
— —— —
N
et aud) XXII. 10. Liv.
9) Vater. Max, II. 1. §. 2.
T) I. c. Juno et Minerva in ſellas ad coenam in-
vitantur. Quod genus ſeveritatis aetas noſtra
diligentius in Capitolio, quam in fuis demibus
fervät, etc.
) Man nannte fie coenas adjiciales, ober. adiialgs
6. 26, p. 699. Sauhert, Sie loſteten ſo viel, als
ein
⸗
— ⸗— 3
Di öfenstichen Opfers Mehtjeiten'marben In ben
Impeln ber Götter gehalten, . melden man ge
wert hatte 4), und man darf ed old Regel am
xhmen, daß men Me Götter felbf zu ſolchen
Mahlzeiten zuzog. Zur Beſorgung' ber öffentlis
sn Qpferſchmaͤnſe waren iu Rom die fo genannten
kpulones beſtellt, deren anfangs nur drey, in ber
“ Felge fieben waren u). Die Epulones labeten
: tg Öffentlichen Dyfer Mahlzeiten, wie au ben
leetilernmiis, Tiſchgenoſſen der GSoͤtter ein x):
Auch verordnete, oder waͤhlte man durch das Loos
Asen Trink⸗ Meiſter, der. die Meile ber Libatios
nen, und Geſundheiten beſtimmen, beym Zutrin⸗
In anf Zucht und Ordnung halten, und bie Wi⸗
kerfpeufiigen ‚firafen mußte 9). Die Griechen
u \ ’ ⸗ trans
.zu gehöreu. Ep. 95. ‚Senecr- Quid eſt coena
fumtuola itioßus, et equgfirem cenlum con-
famente? quid tam dignum. cenloria nota, ſi
quis, ut ii ganennes Igqunntur, Abi haec-ot
genio. [uo praeftet? et toties tamen feRertio
aditiales coenae frugaliffimis viris confiterunt.
Eadem res fi gulae datur, turpis el: fi honori,
| ein Römer befigen muſtenm zum. orde equeftrie
reprehenGohlem eflugit,
&) So heißt ed in der Rede pro trjumpho Aemilii. .
Pauli ap, Liv, 45. c. 39. Nlas quidem epulas
fenatus, quae nec privato loco, nec publico
profano , fed in eapit lio eduntpr, utrum ho--
minum voluptatis caufa, an deorum hominumi- _
Que ı or» turbaturi eßia? > s
u) Magifiri Bpelonum. Saub, Lę. p. 600, Gar.
x) Goepulonea, paraßtil. c. ** J
1ER. Magier bibendl, qui magi-
! fteria. fen regna Bibendi (oblewwa yocu aa. ſqlen-
et nes)
33 = | I u
tunen entweber-auf der. Reihe, oder Ereutzwetſe:
Das heißt, bew zuerſt Triukende, gab den Becher,
aus welchem er getrunken, ober den er geleert, und
wieber gefüllt hatte, mit ben Worten zyorwn we),
einem nächften Nachbar jur Rechten, ober dem .
a
- x
innen en — une
. ’
x
x
’
.
- v
-
.
-— Tr
ihm gegenüberfißenden; und biefer fahr fort, wie !
der Bortrinfer angefangen hatte, bis der Becher
Burdı bie Hände aller Tifchgenoffen ggangen war a). |
Man trank entweber ju Ehren der Ödtter, indem |
man zugleich ein Trankopfer brachte, oder auf bie
Wohlfahrt von Fuͤrſten und Mogiftrases Perfos
nen, ober von Freunden und Geliebten; und das
Butriufen an Opfermählern war daher eine gotteßs
dienfiliche Handlung, wodurch man bie Götter
felbft ehren, ober die Gnade und Wohlchaten ber
: Götter auf Vorgefeßte, oder Angehörige herab⸗
. Ieiten wollte. Die Römer nahmen das Zutrinfen
der Griechen ans welches man Graeco more bi-,
bere nannte 5). Ein aͤhnliches Zutrinfen fand
fih unter‘ allen Germanifhen, Celtifhen, unb
Seythiſchen Völkern c). Die Scandinavier *
| Ä 0 Sen
nes) tenebat., pocula e epulonibus propinabat.
Ipſe alias audivit Arbiter, Dictator, Modimpe:
rator: apud Graecos souurwampxys, Beaikeaug,
APATYY |
2 propino tibi,
#) Saubert, I, e. 600 p. W
5) Man |. das Zeugniß des Asconius beym Sau⸗
bertus p. 610. ae oo ie
*) Man ſ. bef. Pellontier Hilloire des Celtes IL,
"9 492 - 47% Dreyers verririchte Abhandi. 1.
u. f. E. und Meiskeri Antignit, 553 et ſq. p. u
N
-—— 39
Im zu Ehren ber Bötter, bänfiger obere zum Aus
denken beruͤhmter Helden, oder von Wohlthätern,
freunden nnd Angehörigen; . und folche Becher
warden bald Minnes Becher, bald Gebädtnigs
Becher - genannt. Unter ben alten Germaniern,
: mb Eelten war es eine eben fo große Veleibigung,
wenn man das Zutrinken von Jemandem verſchmaͤh⸗
te, ald wenn man jemandem einen Becher Weins,
oder Biers anbot, ohne vorher zugetrunken zu
haben; . una feldft Jungfrauen alfo mußten trins
‚Im, wenn fie vornehmen Gaftfreunden einen Pos
tel, ober ein Trink s Dorn, oder einen Trink⸗
Schedel darreichten. Die urfprünglie Abficht
des Zutrinkens erhellt aus einer Sitte, bie noch
za Xenopbons Zeiten unter den Thraciern übrig
mar. Als der. König der Thracier, Seurbes,
dem Eenopbon Beſcheid gethan, oder wieder auf -
Znopbans Geſundheit getrunken hatte; fo ſchuͤt⸗
tete er ben Reſt bed Weins auf bas Kleid feines
sähften Machbars, gleichfam als eine Libation,
um Heil und Segen auf die Tiſchgenoſſen kerabzus
ringen d ) .
Eine ber vornehmften Urfachen ber Opfer,
wie einer jeden andern Götters Verehrung war, bie
Gnade und MWohlthaten höherer Naturen, befons
bers Geſundheit und ein langes Leben, Reichthum,
Ehre und Macht, Sieg über. Keinde, und andere
irdiſche Güter: zu erhalten. Alle ungebikdete Voͤl⸗
fer, '
d) Delloutier l. 475 ©. hat die Stellen and dem
Athendus gelammelt, ſezt aber hinzu: l'ignore,
quel etoft le but de cet ufage, qui palloit pour
une Politefle parmi les Thraces,
—R — —
fer, und ig 8er gioße Haufe unter · mauchen ger
bildeten Nationen glaubte von jeher daß eSert⸗
heit eben fo wenig umſonſt was Gutes thue al
felhftfügjtige Menfgen: bag nam ben. Gitern ge⸗
ben muͤſſe, um wieder⸗zu erhalten: daß man ihre
Gnade in befto höheren Srabe erlamge/ jerreihlis
her man gebe: daß ‚fg die Froͤmmigkett vorzuͤg⸗
ih darin beftche, Eoftbare Dpfer und Geſchenke
barzabringen, um ihrer Cnade und Wohlthaten
in ausgezeichneten Gtade sehrtig zu werden, Menu
man beweiät, daß dieſe Denkart ſich felgft unter
den Griechen: und Mömern in den Zeiten ihrer hoͤch⸗
Rei Cultur fand; fo wird man es: um deſto wes
niger bezweyfeln, Daß fie ſich auch unter allen. übrie _
gen ielasttifz den Voͤlkern zefunden habe, und noch
finde. Sm Griechenlaiid baute Fein Voll ſo proͤch
tige Zempel: Erin Volk feierte. fo prächtige Feſte,
uͤnd brachte fo Foftbure Dpfer, als die Athenionſer #).
Da die Athenlenſer wußten, ſagt Aenophon, bei
nicht jeder Arme dergleichen thun koͤnnte, fo bau⸗
fen fie herrliche Tempel, opferten.und feierien Hefte
aus dem oͤffentlichen Schage, bamit auch der Ges
ringſte anfer den Mergnügungen und Vortheilen,
wilde die öffentlichen Jen nel, Feſte und ‚Opfer
gewährten, an bein Mervienfte Theil nehme, was,
man fih dadurch bey den Goͤtiern erweibe,. Sokras
tes und Plato /) ‚befämpften die gemeine Dentart
ber Athenienſer fo wohl durch ihre Reden und Schrif⸗
ten, ala durch ihre Art'zu handela. Sokrates
brachte von feinem geringen Vermögen ben Göttern
geringe Dpfey ben Er glaubte aber a
nicht
r) Xenoph de vepnbl, Athen, a: 4:
Fi; beſ. Ide Rep. IH. p. »72, Vol. I. Edit. Malley,
— — J—
ucht, ben den Goͤttern weniger Zu: gelten, als dit
Bornehmen, bie aud ihrem großen Vermögen de,
Ssttern prächtiger opferten g). : Die Götter, fagte
der Arhentfche Weile, würden dieſes Nahmens nirht
worth ſeyn, nenn prächtige Opfer Ihnen aefälliger
wären, als geringe, weil ed alodaun häufig ges
fheben Fönnte, daß Boͤſewichter, die reichlich opfer-
tm, mehr Gnade fänden, ald arme und fromme
Zugenthafte, die diefed nicht vermödhten. Das
teben der Menſchen wäre nicht Iebenswerth, wenn
die Götter jemahls die Opfer ver Böfen freundlis
Ger aufnähmen, als die ber Guten. Sokrates
war überzeugt, daß die Götter ſich über bie Opfer
der -Trommen am meiften freuten; unb- bag ein
Jeder den Göttern fo wohl, als den Menfchen
genug thue, wenn er den Sinen:und ben Anderen
nad Vermögen leiſte Er hielt einen Jeden für
einen tugendhaften und frommen Mann, der in
feinem Berufe, entweder als Arzt; oder ald Ötaatds
mann u. f. w. das ‚feifte, n was er r zu leiſten ſchaldig⸗
md im ‚Stande ſey h).
Wenn man von der Onttheit glaubt f (est
Plato 1), daB ſie um gewiffer Geſchenke willen -
fi ſelbſt vergeffen, und die Tugend, oder bie
Wohlfahrt ber Welt verrathen koͤnne; fo hat men
von ihr ſchlechtere Begriffe; als von guten Kisten,
Steuerleuten, und felbft von treuen Hunden, von
len Peiner um eines elenden Vortheus wilen
| | dos
) 3.3. 8. 3. Memorahı, Soctanig,
k) 1, nd 14 _ Memorah, Socrat, u
>) Man te meine Seſch der Wi I. 987 6
1
—
r
— —
. - .
-
———in
42 — —
das verraͤth, was ihm anvertraut worden. Uab
woas koͤnnen wir bean der Gottheit anbieten, was
fie und nicht ſelbſt geſchenkt hat? Iſt fie nicht
Dis. Geberinn aller ‚guten Gaben, ſelbſt deren,
womit man ſich einbilver, fie befiechen zu koͤnnen?
Der wahre Gottesdienſt befteht gewiß nicht in eis
sem. auf Eigennuß gegründeten Handel, oder in
einem Austauſch von Opfern und Gaben gegen
Güter des Leibes und bes Gluͤcks, ſondern im
einer Bereitwilligkeit, .ven Willen der Gottheit zu
erfüllen, und ſich und andere. durch tugendhafte
Handlungen gluͤcklich zu machen. Dieſe großen
Wahrheiten haben die Götter ſelbſt dadurch be⸗
ftaͤtigt, daß fie die Unternehmungen ber Spartas
ner vor allen anderen gefegnet haben, ungeachtet
dieß Volk nur kleine Opfer auf die Altaͤre der
Goͤtter legte, anſtatt dag bie Abrigen Griechen
zahlreiche Heerden ſchlachteten, die glaͤnzendſten
Feſte feierten, die praͤchtigſten Tempel bauten,
und dieſe Tempel mit den koſtbarſten Gaben aus
. füllten &). Um die Athenienfer zu demuͤthigen,
ſchilderte Plato die Opfer und Gebete ber Spars
taner, ober: Die WBegriffe der Spartaner von beys
hen diel vortheilhafter, als fie es verdienten H.
Bes
BD he, &, 401, Ex Plat, Aleib. II. page, Edit.Gr.
, Bal,. u | |
hy Ich halte es felbft für eine poetifche Fiction, was
Plato an der angeführten Stelle'von einem angeb⸗
lichen Orakel erzählt... Die Athenienfer, heißt eb, _
fonnten es nicht begreifen, warum fie gewöhnlid)
den Spartanern Tr „da fie doch ee um
empel und deren - Verzierungen, au Opfer und
Feſte verſchwendeten. Sie ſchicklen daher einen On |
- ., .. . ” 8
— ee "Te — ——
-- | a}
Bevor die Spartaner einen Feldzug "antraten,
spferte Der König dem "Jupiter: Sühret und ben
übrigen Böttern zuerft in Sparta felbft m), und
benn wieder dem Jupiter und der Minerva auf
ber Graͤnze. Wenn biefe Opfer glaͤcklich waren,
fo rückte man über die Gränze hinaus, und opferte
gleich wieder, um aud bie fremden Götter zu ges
winnen. Die Könige ber Spartaner opferten ims
mer fehr früh, um ihren Keinden zuvorzukommen n).
Auh die Römer fiengen alle wichtige Unterneh⸗
mungen mit Opfern, und meiftend mit Gelübden
an, in welchen fie ben Göttern neue Dpfer, oder
Sefte und Schaufpiele, ober Tempel und andere
Dentmähler, oder große Schäße in Gold und Sil⸗
bee verſprachen, wenn bie Götter ihre Unteruchs
mungen begluͤcken würben 0).
Zu den Dpfern, wodurch man bie Wehzitha⸗
ten ber Goͤtter zu erlangen hoffte, gehörten auſier
den Kenſchheits Opfern p) u. diejenigen, die 7
ſandten an den Jupiter Ammon ab, und ließen
dieſen fragen: woher es komme, daß die Spartaner
fo jehr von den Goͤttern beguͤnſtigt wuͤrden ? Und
der Gott antwortete: weil das Gebet der Spartauer
den Göttern angenehmer ſey, als die Opfer und
Feſte der uͤbrigen Griechen.
m). Xenoph, de rep, Lacedaem, ce. 13. GR
m Lc. 5. au de, Orav Juyras, apxsras usy Tara
, TB 8pY8 ari xvaPaoc. menden Buhouevac ryv
Tu Bss -suvosay.
0) Bon den Votis der Roͤmer werde ich im Abſchaite | |
vom Gebet ‚handeln.
y) Bon diefen habe ih in ‚dem Abſchaitt von dem
Phelus gehandeit, |
— — 2 u ne
|
|
!
2. Ban Nationen unterfudgen die Wahrfager alle Eins
. . 1
- mn u ar
Alterthum Frage⸗ Opfer, ober Wahrzagungs Opfer
genannt wurden g). Ge bald man bey. Gedapken
aßte, daß nur ganz vollſtaͤndige und unverdoxpent
Thiere der Goͤtter wuͤrdig ſeyen; fo mußte man
nothwendig auch zu glauben anfangen, daß die
Untadelichkeit von. Thieren ein Zeichen, aber sing
Wirkung der Gnade, jeder innere Mangel hiyges
gen. ein Zeichen, aber eine. Wirkung der Ungnade
pon Göttern ſey. Man fah je fonft alle abzige
Gluͤcks- vder Ungluͤcksfaͤlle für unittelbare Wir⸗
kungen von Goͤttern an. Wie haͤtte man alſo nicht
fließen ſollen, Daß auch bie Untadelichkeit, odex
Mangelhaftigkeit der Opferthiere von den Goͤttern
herruͤhree daß bie. eine. Gnade und Wohlthaten,
bie anders ben Zorn und die. Strafen von Goͤttern
anküntige! In der That waren die Frager Opfer
und das Wahrfagen and den Cingeweiden ber
Opferthiere nicht weniger allgemein, als die Meys
‚sang, dag man ben Goͤttern untabeliche Thiere
-Sarbieten müffe. Unser den Voͤlkern des Alters
thumo zogen Feine die Eingeweide der Ipfertbiere
aͤufiger, und, in wichtigeren Ungelegeubeiten zu
ath, als die Griechen und Römer. Unter beys.
geweihe, vorzüglich das Herz und die Leber. Gie
| ; thelten' bie ‘Leber in zwey Mäfften, wovon die eine U
J dem Feinde, die andere dem opfernden Wolfe Gluͤck
oder Ungluͤck verkuͤndigte 7). Go lenge bie Eins
on u ge⸗
9) Sacrificia divinatoria, victimae canfultatoriae,
videSaubert, c. 30. pı 446, 447, wo aud) die Gries
chiſchen Benennungen diejer Art von Opfern ange⸗
führt werden. j ö
r) Lueian. 1. 626. Serviua ad Aeneid, IV, 6. l.e.
Saubert. p. 449." Die Ylüdlichen exta wurben laeta,
oe ee - die
y ’ ” *
inside net guͤnſtig waren, To’ lange: yeiff mim
ben Feind nicht an, Die Gelegenheit mochte fo glich
lith ſeyn, als fie wollte. Ja man wehrte ſirh
ie einmahl gegen den herannaheuten Feind, iwenR-
man audi bataͤber in die größten Gefahren geriet,
Bey Plakaa drangem die Perfer in dichten Haus
fen auf das Griechifche Heer los. Manche Gries
hiſche Krieger wurden verwundet, ımd der Schöne
fie umter deu Griechiſchen Rünglingen fiel, von eis
dem toͤdtlichen Pfeile getroffen s). Dennoch gab
Paufentas nit dad Zeichen zum Angriff, weil
unter allen Opfern, welche er ſchnell hinter einander
(hladıten ließ, auch niche ein einziges guͤnſtig war,
In diefer Noth wandte fidh der Spartaniſche Koͤ⸗
nig mit Thränen, und dem inbrünftigften Gebet an.
die "Juno und andere Gottheiten des Platäenfis
ſchen Gebiets, Das Geber des Rönigd ward ers
hört. Die Eingeweide der Opferthiere verkuͤndigten
gnaͤdige Goͤtter und einen glorreichen Sieg. Die
Spartaniſche Schlachtordnung, die ſich bis dahin
unthaͤtig erhalten hatte, erhob ſich auf einmahl in
ihrer ganzen furchtbaren Kraft. Die Griechen
ſiegten, wie ihnen die Götter verheißen hatten. —
Der Spartanifche Feldherr Jerkyllidas zog ſich
vor eine Anoliſche Feſte, um ſie mit dem groͤßten
Nachdruck anzugreifen. Es lag ihm viel daran,
ſich dieſer Feſte ſo geſchwind „ als möglich, zu bes -
mähs
die ungluͤclichen triſtia genannt. Die verſchiede⸗
nen Grade ber guͤnſtigen oder unguͤnſtigen Vorbeden⸗
tungen druͤckte man durch die Bepmörter afguta,
sugalia, luftralia, clivia et peflifera aus. Sau-
- bert Lc. p.45%. |
$) II, 518, 819. Plutareli.
?
— mi
x
=
mächtigen, um vor ber Ankunft des berßepeileuben '
Pharnabazus Meifter des ganzen Aeolifchen. Ges
biets gu werden. Traurige Opfer hielten feinen uns -
gebulbigen Muth am erften Tage auf. Auch am
; gwehten und dritten Tage waren bie Opfer nicht
gzuͤnſtiger. Es kraͤnkte ihn tief, daß er bid ans
. Ende des vierten Tages marten mußte, bevor
die Eingeweide der Opferthiere Gluͤck und Segea
zu feinem Vorhaben anzeigten u). Xenophoꝛ
richtete ſich in allen ſeinen wichtigen Entſchließun⸗
gen nach den Ausſpruͤchen der Eingeweide von Opfer⸗
thieren, welche er eben ſo gut, als die Wahrſager
ſelbſt zu verſtehen glaubte x). Nahmentlich lehnte
er den ihm angetragenen Oberbefehl uͤber das Grie⸗
chiſche Heer ſtandhaft ab, weil die Götter ihn durch
fo deutliche Zeichen in ten Eingeweiben ber Opfers
thiere davon abgeſchreckt hätten, baß fie auch dem
Unfundigften auffallend geweſen feyen y). Unter
ben Griechiſchen Weltweiſen waren die Stoiker die
eifrigften Wertheidiger der Wahrfagereg aus ben
Eingeweiden ber Opferthiere. Sie behaupteten,
daß einem Jeden durch göttliche Kräfte, ober Fuͤ⸗
gungen folche DOpferthiere, beren Eingemeibe ihm
die Zukunft richtig anzeigten, zugeführt würben,
and dB auch durch dieſelbige Urſachen —
er⸗
u) III. 1. 6 14. nin. Graeca Xenoph. vol, III. De
[4
Jvousvos, paln xalsang Dapay,
-#) V, 6, 9. 15. Anabaf, p. 297. 98. Vol, II
„vn $. 21, Anabal, ze sun di Jon’ drwe @
roic lepoıg soyuyvar, aig war ıdımryy av Yywsaı, dr
rauryc 146 MOVmpXing arımgscdaı nadaı,
—
133. 134. Kas uaypı rerrapuv Ypapav sumprepe -
ee 47
Beränderungen in ben Eingeweiben ber Opferthiere
bervorgebradht werden Tönnten 2).
Die Mömer empfingen bie Ruf, aus bes
Eingeweiden ber Dpferthiere zu wahrfagen, ober.
de fogenannte Extifpicina von ben Struslenz
ud diefe extilpicina machte neben ber Kunſt, aus
tem keuchten des Blitzes, und aus widernatuͤrli⸗
den Erſcheinungen die Zukunft vorherzuſehen, bie
karufpicina aus a). Es waren von jeher unter
ven Römern, wie unter den Griechen Einige, bie
siht an die Wahrheit, oder Unträüglichfeit der
Eingeweibe von Opfertbieren glaubten. Gchon
tee ältere Caro Eonnte ſich nicht genug darüber
ummdern, daß ein Harusſpex bem andern begegne,
ohne über cinander zu lachen 6). Auch Cäfar
kehrte füch nicht an die Warnung bes erfien Harus⸗
per, der ihın fagte, daß er nidyt vor einem gewiſ⸗
| . fen
%) Cicer. de Divin. I, 52. II. 15.. . fed Chry- _
hppi, Antipatri, Pofdeonii, qui idem iftuc qui-
dem dicunt, quod ef dictum a te, ad hofliam
deligendam ducem elle vim quandam ſentien-
tem.et divinam, qnae tota confuls mundo At.
lad vero multo autem melius, quod et a te
üfarpatum eft, et dicitur ab illis;. cum immo-
lare quispiam vel:t, tum fieri extoram muta-
tionem, ut aut abfit aliquid, aut ſuperſit: doo-
rum enim numini parere omnia.
a) 1, ı9, de Divin. Il. 00. Sed quoniam de extis
et fulguribus ſatis eſt dilputatum oftenta reftant,
ut tota harafpieina At periracata,
b) II. 24. de Divinat, Verum illud Casonis ad-
modam ſcitum ef, qui mirari le ajebar, quod
m rideret harufpex,. harnfpigem cum - vi.
et. .”
8 W — — —
ſen Zelißpuncte nad Afrika übergehen möchte cd).
Nichts deftomeniger folgten bie Römer, und zwar
bie gebildetſten und vornehmſten Nömer felbft in
den Zeiten des Cicero den Vorbedeutungen der
Eingeweide von Opferthieren nicht. weniger, als
die Sriechen d). So gar Eäfar blieb nicht unbes
wegt, ald an dem age, wo et zuerft in einem
Hurpurfarbenen Kleide, und auf einem goldene
Seſſel erſchien, ein geopferter fetter Ochſe ohne
Herz befinden wurbe, und ber Haruspex Spu⸗
rinna daraus irgend ein großes Ungluͤck prophes
jeite e)y. Als Caͤſar am folgenden Tage das Fra⸗
‘ges Öpfer-wiederhohlte; fah man mit nicht gerins
gem Schrecken, daß an der Leber des Opferthiers
— ber
el Pr II. 24. Quid ? ipfe Caelar cuma fummo
haruſpice moncretur, ne in Africam ante bru-
nam transmitteret, nonne tranlmifit? Quod ni
fecillet, uno in Ioco omnes adverlariorum co=
piae convenillent,
- 8) Cicero fagt diefes in beyden Büchern de. divina-
tione. Ich führe nur folgende Stelle an 11. 04,
hoc eivili bello, dii immortales! . . quae no«
bis, in Graeciam Roma re[ponla haruſpicum
milla [unt? quac dicta Poimpejo? etenim ille
kdınodum extis et oftentis movebätur.
49) 1. 50. de divinat, . . Quod paulo ante interi-
“ tum Caelaris eontigit: qui cum immbolaret illo_
‚pufpurea velte proceflit, in extis bovis opimi
cor non fuit. „. Qua ille rei novitate percul-
. me et-confilium et vita deficerer, earnm ernim
: ' zerum htrumgque a eorde profitilci, poſtero die
„." put in pecore hom fuit. .
} -
‚.. die, quo primum in fella aurea fedit, et cum.
fus, cum Spurinnd diceret, verendum ellet,
on m
OO Be A MEO3 a TB
nn — — gr — —
— — 4ad
8
der Theil rel, wilqhen man das up
nannte F). | j
Eine zweyie Haupturſache von Opfern war
die Abſicht, den Goͤttern fuͤr zugewandtes Gluͤck,
oder abgewandtes Ungluͤck zu danken. Die wilden
Fiſcher⸗ und Jaͤger: Horden in allen Erdtheilen
opfern den Goͤttern nach einer. jeden gluͤcklichen
Fagd, und jedem gluͤcklichen Fiſchfange g). Alle
Hirten: Völker brachten von jeher den Göttern die .
Srftlinge ihrer Heerben dar. . Nach einem Befehle
Jehova's mußten die Juden nicht bloß die Erſtge⸗
burt von allem Vieh, fondern auch bie erſtgebohr⸗
nen Söhne den Herrn weihen, oder loskaufen,
weil der Gott Iſraels die Erfigeburt ber Aeghp⸗
tier erſchlagen, und fein Volk mir maͤchtiger Hand
and der Aegyptiſchen Dienftbarkeit befreyt hatte A),
Nah der Guͤndfluth baute Noah dem Herrn eis
nen Altar, nahm von allerfey reinem Vieh und rei⸗
nem Gevoͤgel, vpferte Brandöpfer auf dem Altar,
und der Herr voch den Tieblichen Geruch ). Nach⸗
dem die Juden im gelobten Lande den Adler. zu
bauen angefangen hattenz boten fie dem Jehova
auch die Erfilinge ihrer Früchte dar k). Zu ben
| | " Danbs
P) eapur. Ä
&) Charlevoix p. ı1B, Georgi’s Ra Böll, G. 388,
Valenyyn III 10 p,
4) 11.8. Moſ. C. 13.12 4. V. IV, 3. v. 18.
DVI. B. M. 8. v. æo. ai.
H Mich. Moſ. Recht IV. ©, 104.
D
. ⸗
x
+) a |
. ji n
1}
Dankopfern. ver Zuden gehörten diejenigen, welche
fie an allen hohen Feſten bradyten, und von wels
chen fie Opfers Mahlzeiten anftellten, wozu nicht
nur Witwen, Waiſen und Fremblinge,. fondern
‚auch die Knechte eingeladen wurden /), Die Grie⸗
- en und Römer vpferten deu ‚Göttern, gleich dem
Völkern des Morgenlandes, bie CErfilinge aller '
Früchte, welche Opfer unter den Griechen rayzzp-
96.Ivgıw, und unter ben Römern lanx fatura ger
nannt wurbenm). Viel Eoftbarer waren die Opfer
nach großen Siegen zn). Nach der rührenden Ers
zaͤhlung, ober vielmehr Erbichtung bed Renophon
hatte Cyrus im hohen Alter, da er zum letzten
Mahle nach Perfien zurück Eehrte 0), einen Traum,
in welchen ihm Jemand, der mehr, ald Menſch
zu feyn. ſchien, zurief: rüfte dich zum Abfibiede,
Kenn du wirft zu den Göttern gerufen werden! Da
ber Köntg merkte, daß fein Ende herannahe; fo
opferte er auf allen Höhen dem Jupiter, ber
Sonne, und’ den übrigen Göttern der Väter, und
betete: nehmet diefe Dpfer als Danfopfer für alle
die Wohlthaten an, welche ihr mir vor fo vielen
nt J au⸗
IV. 61. ..
m) Caſaub. de Satur. Roman. Edit. Ramb. p. 257.
Saubert. v. 24. p-539. 540.
æj So ſagt M.Servilius in der Rede pro triumpho
Aemilii Pauli ap. Liv. 45. c. 39. pars non mi-
nima triumphi eft victimae praecedentes, ut
appareat Diis grates agentem imperatorem, ob
rempublicam bene gellam redire. Omnes illes
victimas, quas traducendas in triumpho vindi-
tavit, alius alio caedente mactate, - °
0) Cyrop, VIII, 7, Se 1.
mu —— $1.
anderen Menſchen ermwiefen habe! Macht mein
Reb,. und wieine Kinder, : meine Freunde, na)
mein Waterland gluͤcklich, und fhenkt mir ein En
ve, dad meinem gluͤcklichen Leben entſprechend
ja!
' Die dritte und lezte Haupturfache von Opfern
war die Hoffnung, den Zorn der Goͤtter zu ver⸗
ſihnen, die Schuld von Sünden zu buͤßen, und
gegenwärtige, ober künftige Unfälle, welche man
für Wirkungen des göttlichen Zornd, oder für Koks
gen begangener Suͤnden hielt, abzuwenden, oder
dboh zu mildern. Alle Opfer, welche diefe Abs
fihten hatten, wurben Süßnopfer p) genannt.
Die Einrichtung ber Sühnopfer ſezt folgende
allgemeine Vorftellungen voraus. Alle ungewähns -
liche Begebenheiten find Zeichen, fo wie alle Uns
fülle,. Wirkungen bes göttlichen Zorns. Die Göts
ter werden durch unmifjentlihe und unvorfezliche
Handlungen eben fo oft, und eben fo fehr zum
Zorne gereißt, als durch bie gröbften und vorfezs
lihfien Verbrechen. Selbſt Boͤſewichter aber, '
welche durch ſchwere Miffethaten den Zorn der
Götter auf fit geladen, und ſich ber göttlichen
Strafen würdig gemacht haben, koͤnnen ohne Meue
und Befferung ihre Schuld auf eine doppelte Art
tilgen, und eben fo den Zorn ber Götter befänstis
gen, oder ihre Strafen abwenden: entweder, wenn
fie den Gsttern Dpfer und Geſchenke bringen, oder
wenn. fie Unſchuldige ſtatt der Sqhuldigen bügen
machen. - J
P) Sacrificia Sxpiatoria,
n 2
Wann
a
- en ee
x Ks
. Wenn die Neger 7), die Americaner r),. die
Sibiriſchen Heiden s), und die Oſtindiſchen Inſu⸗
Toner £) irgend ein Ungluͤck erfahren; fo fragen fie _
gleich ihre Priefter oder Zauberer, wodurch fie die -
Goͤtter beleidigt hätten, oder wodurch fie diefelben
verſoͤhnen Fönnten, und die Priefter, oder Zaubes
ver antworten: durch irgend ein Dpfer, oder Ges
ſchenk. Auf diefelbige Urt dachten, und handelten die
Griechen uno Römer. Schon Homer, und bie '
Alteften Dichter fagen, daß Menſchen, die etwas
verbrochen hätten, die Götter durch Gebete und
Dpfer beugen, ober ben Zorn der Götter brechen
koͤnnten. Nahmentlich beriefen ſich auf den Ho⸗
mer · die Betrüger, die ſich zu Plato's Zeiten für
Schuͤler des Orpheus und Muſaͤus aushaben u),
und ohne Scheu behaupteten: man koͤnne durch
Opfer, und andere gottesdienſtliche Handlungen,
bie an geheimen Feſten vorgenommen wärden, nicht
nur die Götter verfühnen, und die Strafen. ber
Sünde in biefer und einer andern Melt abmenden,
ſondern man Eönne auch die Götter felbft zwingen, .
| . den
. 9) de Bry VI, oo, Loyer p. 248,
r) Charlevoix p. 348. .
-, 9) Georgi's Ruß: Voͤlk. & 389.
Ey) Valentyn III, 10. Zu '
" #) Plat, de Republ. L. II. 102- 106. Edit, Maffey,
"Os de ryc ruv Iswv Um’ avIpwrwy mapaywyns Toy
. Duppov nuprupovray, Ori x ensıvos ame
» . Sperros ds ys xy Jsoi auror. '
N TEC AV Jvamımı xy suxgwäaig ayayyaı Aoıdy
. TE AVIGONTE TRPRTOWERG, avipure Aussonsvbi, ore
xivric Uaspdyn a MURpTy,
|
[2
— — u)
in Willen der Menſchen zu. erfällen 2 Unb
biefe Betrüger täufchten nicht bloß Arme und Uns
wiffende; mein, die Bornehmften und Reichſten
unter ben Griechen, ja felbft ganze Städte, Je
gefährlicher ober bedenklicher bie Zeitläufte waren, .
defto mehr fahen die Roͤmer Zeichen und Wirkume
gm des göttlihen Zornd y). Der Megel nad
füchten Die Conſuls auf Befehl bed Senats bie.
jürnenden Götter burdy größere. Opfer zu verfühs
sen z). : Wenn aber. Prodigia ganz ungewöhnliche
Schrecken erregten, oder fi) außerorbentlich Hufe
ten; fo gab man den Zchnmännern Befehl, die
Eiylinifäen Bücher einzufehen : : welqhe bann 8
ws ne
.
”.
x) 1. c. ayvpra; de a paursıc mi wAucıwv Jupas
iorac, ways Bc 55 Raps oPıcı duvapıc u
Yswy wong onery, Jugisic Ts a awadaıg, urs Te "
adınyur TE Yayoray aurs x Tpoyovay, any
peI’ Hdovay re um doprwv „ . wudovruc 8 pnayau
Wwrag alla xy moAlsıc, oc apa Avasıs NY Ne
Irpums adıynarav , dia Jvcımy x warding yo
dovov, dıcı usvarı Cwoiwv, sic. ds Na. TSÄSUTN-
wacıy. &c ds TElsras unÄscım, MITWV AXE KERNE
aroÄuscıy uac. |
y) Liv, 28 c. ı2. In civitate tanto dilcrimine '
belli follicita, guum omaiım [ecundorum ad-
verforumgue caulas Deos verterent, multa pro-
digia nuneiabantur. L. 29. c. 14. Impleverat
ea res [uperftitione animos, pronigue et ad
'nunciapda, et ad credenda prodigia erant: eo
plura volgabantur.
%) 28. €. at ‚tamen..., et , holiis majoribus procn«
rari. placuit. 1
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r * ‘ ’ ’ v —
1 J
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x .
54 Zr — _eum \
ambhnlich entweber Feſte, ober Gaben und Opfer a),
als Werföhnungsmittel der Götter vorſchrieben.
Im I 559. ab u. c. sreigueten ſich fo häufige
Erdbebhen, daß fo gar bie abergläubigen Römer fo
wohl. der Sache felbft, als der vielen Ruhetage,
. walde man deßwegen anfagte, überbräßig wurden.
Man konnte weber Senat halten, noch oͤffentliche
Angelegenheiten vornehmen, weil bie Confules
ſtets mit Opfern, und anderen Verfühnungen der
Götter befhäfftigt waren 5). Nachdem die Zehus
männer erflärt hatten, was man thun mäfle, um
led im Nahmen bed Senats bekannt, daß Nies
mank an ſolchen Lagen, auf welde Ferien anges
De worden, neue, Erdbeben melden folle c%
Die oben angeführten Beyfpiele von Opfern und
Feſten, welhe man um unbedeutender Verſehen,
‚ ober Unfälle willen wiederhohlte, zeigen,; wie leicht,
und wie oft die Mömer glaubten, daß bie Götter
zum Züsmen und Strafen bewegt werben koͤnnten.
Unter
a) Liv, 31. c. 12. L. 34. c. 55 \
. db) L. 34. 0, 55 . . terrae motus ita erebri nun-
ciabantur, 'ut non rei taritum ipfius, fed’ fe-
siarum quoque ob id indictarum homines
taederet. Nam neque ſenatus haberi ;. neque
respublica adminiftrari poterat; Iacrificando
sxpiandogue occupatis confulibus,
c) 1, c. ne quis, quo die terrae motu nunclato
- feriae indictae ns, eo die dlium terrae mo-
tum nuntiaret, _ Gi
-
‚ bie Goͤtter zu befänftigens fo machten die Confus _
‘ .
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BO DE u nn BD Mi. Bi - An ET 7 an -Ei- BB 4A Wi
— — 55
inter den Aegyptiern waren alle Opfer, auch
he, welche man brachte, um ben Göttern für
' Rohlthaten-.zu banken, ober Wohlthaten von ih⸗
mju erhalten, zugleich Suͤhnopfer. Wlan fprady
‚ ie ven Kopf eined jeden Dpfertbierd die Fluͤche
us, daß alle Uebel, die den Dpfernden ober dem
men Vaterlande begegnen koͤnnten, anf biefes
| Suipt fallen möchten d).. Moſes traf unter den
Soden eine ber aͤgyptiſchen Ähnliche Denkart m,
ud beftätigte fie darin. - Er theilte die Suͤhnopfer
. wSindopfer und Schnlbopfer ab e), welche beyde
viederum von ben fpäteren Gchriftgelehrten in
mehrere Unterarten jerlegt wurden f). Cs iſt
eben fo falſch, daß durch die Suͤndopfer unvorfeßs
lihe und Durch die Schuldopfer vorſetzliche Ver⸗
gungen gebüßt werden follten ), als daß man
fie erften für Begehung» Sünden, und die ander
‚ taflr Unterlaffungs s Sünten gebracht habe hy; _
: Wofes ſagt zwar, in welden einzelnen. Fällen
Sind: und in welchen Schaldopfer geopfert werden
ſellun; allein ex gab Kein allgemeines, und ſiche⸗
8 Merkmahl an, nad welchen man die Fälle
bite unterfcheiben. Einen, wo man bie einen, ober
die anderen zu bringen babe. Vielmehr belegte.
er tin und baffelbige Opfer bald mit dem Nahmen
ven Suͤnd⸗ und bald mitbem Nahmen von Schuld⸗
5 | opfer
q 11. 39 c. Herodot. Bu
) . v. M. 4 5.6. Cap.
N Outram 1. ©. 10.
6) Sykes S. 278. 79:
h Di glaubte Michaelis IV, 46, Moſaiſches
apfer ). Mean brachte beohe ſowohl fir ünwill⸗
kuͤhrliche Handlungen ober Veraͤnderungen, und
unvporſotzliche Vergehen, als für vorſetzliche Wers
hrechen, welche man bereute. Zu den erſteren ge⸗
hörten Ausſatz, Saamenfluß, Bluifluͤſſe, und
vorſetzliche Berührung oder Genuß von unreinen
Dingen; zu ben anderen, Borknthaltung von frem⸗
dem Gut, Meineid, Diebſtahl, Raub, und Ehe⸗
bruch k). Moſes ſelbſt erkannte durch die Ein⸗
ſetzung ber Suͤnd⸗ und Schuldopfer au, daß man
durch Dinge, welche man unvermeidlich, oder un⸗
vorſetzlich thue, ober Heide, fündigen: daß man
| die Schuld grober vorſetzlicher Verbrechen durch
eine Ark von Bußageld-) tilgen, oder fie auf Uns
ſchuldige uͤbertragen, und biefe ſtatt der Schuldi⸗
gen leiden laſſen koͤnne. Die groͤſten Schuldopfer
befianden bloß in einein Widder ohne Tadel, der
zwey Seckel Silbers werth war: die kleinſten, in
einem Paar junger Tauben, oder gar in einer klei⸗
gen Quantität von Mehl. Wenn mar zwey Tau⸗
ben darbrachte; fa war das Opfer ter. einen eine
poena vicaria, das der. andern, eine mulcta.
Der. Prieſter kneipte ber erſtern, bie gleichfam ſuͤr
den ſchul digen Opfernden buͤßte, den Kopf ab,
ſpreugte einen Theil des Bluts an bie Seiten beö
Kat, un N das aͤerige Blut am Fuße a.
> Dieß bemerkt ſchon Outram L.e 13. 68 Im
tamen, ut eidem victimae nomen utrymgque
ponnnmquam detur. Liv. 5 v. 6, °
H 3. B. M. 4. 5.6. a v. S. On-
wam k Gr 120 6. 3.
mulota.
!
| u 2° m u Be Ar
ze m.
’
ne u — XA >:
Atars auslanfen. Die zweyhte biente zum Brands
. spfer, und war gleichſam eine Strafſchuld, wie
das Schuldopfer von MWeißenmehl, wovon eine
Handvoll auf den Altar geworfen wurde, und der
Reft dem Prieſter als ein Speifeopfer zufiel. Die
gewöhnlichen Sündopfer ber Juden waren, gleih
den Dpfern ber Aegyptier, zum Theil Sühnopfer,
sum Theil Speife: oder Brandopfer m): Suͤhn⸗
opfer, weil man das Fell und Fleifh der Opfers
thiere, fammt dem Kopfe, ben Schedeln, ben
Eingeweiden und dem Unrath der Eingemweide außer
dem Lager, ober der Stabt verbrannte: Speiſe⸗
‚spfer, weil man dad Blut an die Hörner, und
ven Fuß des Altard goß, und alle Ferthäute
famt deri Nieren auf dem Altare anzuͤndete. Die -
merkwuͤrdigſten unter den Suͤndopfern ber. Tuben _
waren bie beyden Ziegenboͤcke, welche ber Hohen
-priefter an dem jährlichen großen Verſoͤhnungsfeſte
im Nahmen des ganzen Volks vor den Herrn flels
fen mufite »). Wenn dieſes geſchehen war, fo.
warf man das Loos über die beyden Boͤcke, ein
Loos ben Herrn, bad andere, bem Iebigen Bock.
Der Bo, auf melden das Loos des Herrn fiel,
warb von dem Hohenprieſter ald Suͤndopfer ges
pepfert, und durch das Plut beffelben, was der
Hohepriefter fo wohl gegen den Gnadenſtuhl, al
an die Hörner bes Altar fprengte, wurden bie
Huͤtte des Stifts, and das ganze Volk von allen -
Ihren Unreinigfeiten geſaͤubert. Nach dem Opfer
des erſten Bockes legte ven Mohepriefter beyde
m) In der erſten Rraͤckſicht poena vicaria, in Der
andern mulcta, u Zu
») UL, B. Moſ. Cap, 16.
ine
J
—— ——— —
*
N
‚Hände auf bad Haupt bes ledigen Bode, bekann⸗
te auf ihn alle Miſſethat der Kinder Iſrael, und
alle ihre Uebertretung in allen ihren Sünden, trug
diefe Sünden auf das Haupt ded Bocks über, und
ließ ihn dann in. die Wuͤſte fuͤhren. Wer diefes
gethan hatte, muſte feinen Leib, und feine Kleider
waſchen, bevor er wieber in bad Lager, ober ‚bie
Stadt zuruͤckkommen durfte. Der: Eine ber beys
ven. Sündenböde alſo litt ſtatt der Israeliten
und der andere nahm ihre Schuld auf ſich damut
ſie von ben Strafen berfelben befrept wuͤrden 0). -
| Die erften Gaben, welche man den Göttern.
brachte, waren faft noch kaͤrglicher, als die älte
ſten Opfer. . Die Neger p), die alten Peruaner
und andere Bewohner ber neuen Melt g), beſon⸗
ders
*
0) Dieſelbige Denkart dauert noch jezt im Orient
fort. Als Bruce vor dem Hafen von Jambo vor
Auker lag, bektiegten ſich die Türken, und die
Unterthanen bed Scherif. von Mekka - mehrere. Zas
: ge auf das feindſeligſte. Endlich wurden beyde
Fyarteyen des Streits muͤde, und kamen mit ein⸗
ander darin uͤberein, daß ſie einem Suͤnden⸗ Ka⸗
meel die beyderſeitige Schuld anflegen, und dann
vdas damit beladene Thier firafen wollten. Man
warf dem Kameel in langen Reden vor, daß es
Menfchen erihlagen, und gedroht habe, bie Stadt
anzuzünden, u ſ. w. Nachdem man alle Wors
wuͤrfe erfchöpft hatte, Durchflachen die Umſtehen⸗
den dad Thier mit ihren Lanzenz und die bisheri⸗
gen Feinde gingen verfühnt nach Haufe, Bruce
1. 151. 52. Neue Ausgabe. j
) Lugerp.2ß88.
M) Acoſia ſ. 206. 227. Charlevoix p, 348.
8
| — ——— ——
— 855
ind die Sibiriſchen Heiden ), fehenkten und fihens
In ihren Göttern felten: etwas anderes, als zer⸗
Iuhene Scherben, oder unbrauchhare Lumpen,
Etiefeln und Schuhe. Diefe Kaͤrglichkeit, ober
Einfale in heiligen Gaben erhielt fih bis auf
mfere Zeiten unter ben geringeren Volks: Elaffen
kr reichſten Europaͤiſchen Laͤnder. Kin neuerer
Reifendee traf in manchen Dratosien Staliend Eleine
Eike au, die bloß mit Sand und kleinen Stei⸗
wen gefüllt, umb Don bürftigen Froinmen ald Ge⸗
Thrule waren hingelegt worden )). Won bem Zeits
pncte an, wo mit den Meichthümern ber Völker
er. Aberglaube, oder eine falfche Frömmigkeit in
Heben Grabe zunahm, wurde die Verſchwendung
in Gaben ohne Vergleichung größer, ald in Op⸗
fm, weil edle Metalle und Steine. einen höheren
Beth hatten, und mehr gehäuft-werben konnten,
als untadeliche Opferthiere. | |
Man brachte Gaben aus eben ben Urſachen, |
ws welchen man opferte: eutweber um ben Goͤt⸗
teen für empfangene Wohlthaten zu banken, ober -
am fie zu bewegen, daß fie Gutes erweifen, ober.
Voſes abwenden möchten. Am Ganzen genommen
hotten die Gaben öfter, als bie Opfer, eine natürs
Ihe Beziehung auf ‚die Lage, ober Vebärfniffe,
und Münfche der Bebenden. Unter allen Völkern
vum Beyſpiel t) ſchenkten Kranke, oder Beſchaͤdigte,
die durch die Gnade der Goͤtter und Heiligen von
| . | Abe
r) Georgis Rufl. Bil. S. 389,
9) Voyage en ltalie IV. 95. I
l
Thomaf. de Donariis c. 7, Keisleri Antig. p.
hoc ig
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Rt nr — —
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% . .
ihren Uebeln waren geheilt worden, entweber gols
bene und, filberne, ober eherne and hölzerne Bil:
ber der miederhergeſtellten Theile, oder wenigſtens
gemahlte, ober geweihte Tafeln, auf meldıen bie
Webel und bie Mittel dagegen finulic, Yorgeftellt,
ober ausführlich befchrieben waren u). . Nach einer
“ alten Gage unter den Griechen fiudierte Hippo⸗
krates fleiffig die Tafeln von Geheilten, die im
dem Tempel des Aeſkulap auf der Juſel Kos.
geweiht worden waren, und fchöpfte daraus bie
erfien Elemente feiner Wiflenfchaft x). Gerettete
: Schiffbrüdhige mibmeten den Göttern aus Dank⸗
barkeit entweber die Kleider, in. welchen fie dem
Rode entgangen waren, ober ähnliche Tafeln, ders
gleichen von geheilten Kranken dargebracht wurs
den, und diefe Gaben dauern noch immer unter mehs
reren chriſtlichen Völkern fort y). Knaben, Jung⸗
frauen und in Freyheit geſeßte Knechte ſchenkten
den Göttern ihr Haupthaar: Juͤnglinge, die Erſt⸗
Hinge ihres Baartes 2). Vero legte feinen Pflaus
mens Baart im eine goldene WBüchfe, die mit den
koͤſt⸗
u) Strabo nennt beſonders die Tempel zu Epidaurus,
Kos und Tricca als ſolche, wo ſich viele Tafeln ges
‚funden hätten. VIII. 575p. Thomafinus führt
merkwürdige Beyſpiele von diefen tabulis votivie,
, bber ex voto at.
x) Plin, sgo ce. ı. Is cum fuillet mos, liberatos
morbis [cribere in templo ejus Dei, quid auxi-
liatum ellet, ut poftes Amilitudo proficeret, ex-
feripfille ea traditur, atque ut Varro apud nos
credit, jam templo cremato infituille :medici-
namı hane, quae clinicg vocatur,
y) Tbomafin, 1. c. Guys, 145, 146 p.
) Thomafin, c. 1, W
x
, .
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h
koͤſtlichſten Perlen befeßt war, und übergab bie;
fe Kleinod dem Capitoliniſchen Jupiter a). Men:
{hen aus allen Ständen ſchenkten den Göttern aus
Dankbarkeit die Werkzeuge, oder Waffen und Ars
beiten, benen fie, ihren Unterhalt, oder ihren
Ruhm, ober ihre Wohlfahrt zu danken Hatten.
Alte Fiſcher mweihten den Göttern ihre Nee, wie
die Schäfer ihre Flöten b), und Kämpfer, ober Krieger
die Waffen, womit fie geftritten hatten ch. Kuͤnſt⸗
le und Fünftliche Arbeiter boten den Göttern euts
weber die Inſtrumente, womit fie ihre Dieifters
werfe verfertigt hatten, oder eind nnd das aus
dere ihrer Meiſterwerke felbfiz ober menigftens
Symbole berfelben dar d). Dichter widmeten ben
Göttern ihre Gedichte, oder ihre Leyer: weife Maͤn⸗
ner ihre Denkſpruͤche: Philofophen und andere
Shriftfteller ihre midjtigften Werke e). Dieſe
Benfpiele fanden auch in neueren Zeiten viele Nach⸗
ahmer. Manche chriſtliche Autoren fehrieben ihre
Werke
a) Suet. c. 12. in Nerone. Gymnico, quod in (eptis
edebat - - - primam barbam poſnit, conditam-
que in aureaın pyxidem, et pretioſiſſimis marga-.
ritis adornatam Jovi Capitolino confecravit.
8) Virg. Ecl. VII,
e) Man ſ. Virg, Aeneid, I, 259, et ibi Servium.
4) Viele Beyipiele kommen in dem Berzeichniffe der
Schaͤtze ded Deiphiichen Tempels beym Paufanias
Or , Lib, Ä,. “ 9 et ſq. Thomaſ C· 34. Hip⸗
pokrates widmere dem Apoll zu Delphi ein Bes
rıppe von Erz, aus Dahtvarkeit für Die göttliche
— womit er zerbrochene Gliedmaaßen geheilt
atte.
¶ Hierüber ſ. man Geſch. der Wiſſenſch. J. 53 u. f. ©;
iog. IX, 6, Thomal, C. 25, |
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Werke entweder der heiligen Dreyeinigkeit, oder
der Jungfrau Maria und anderen Heiligen zu.
Lipſius hatte bie Eitelkeit, feine ſilberne Schreib⸗
feber einem berühmten Gnadenbilde der Mutter
. &otted anzuhängen f). Giegreiche Feldherrn end⸗
lich weihten den Göttern entweder goldene Cronen,
sder koſtbare von Feinden eroberte Rüftungen und
I Waffen, oder einen Theil der Beute, oder auch
alle drey zugleih g). Wenn der Waffen und Ruͤ⸗
ſtungen zu viele waren, fo las man bloß bie koſt⸗
barſten aus, um fie in den Tempeln der Götter
- anfzubängen. Die übrigen brachte man in Einen
‚Haufen zufammen, und zündete fie den Göttern
gu Ehren ale ein Brantopfer an h). Im Deient
wär ed uralte Sitte, ber Gottheit den zehnten
Theil der von den Feinden genommenen Bente zu
fihenifen i). Dieſelbige Sitte ward von den Grie⸗
‚Gen und Römern beobachtet i). Man kann Leicht
. dens
—
f ) Thomafin. 1.c. Divae Hallenfis appenfug ho.
+" dieque conlpicitur calamus [criptorius cx ar-
gento conflatus, quem aeterhitati vovit magnus
“:_ ile Liplus etc,
g) Thomal, c, 22. Ueber die Fofidaren Maffen und
Rüftungen der Earthaginienfer , weldye Timoleon
den Göttern widmete, ſ. man Plutarch. II. p. 233.
“über die der Perfer, welche Alegander der Mis
nerva weihte, Arsian, I. c. 16.. über bie [polia
S
i . opima der Römer Plut. II. 416, 417.
%) Sd machte es Marius mit den Waffen nnd Ruͤ⸗
ftungen der Eimbrer. Plut, Il. 845.44
. 3) Genel. e. 12.
k) © ſchenkten die zehntauſend Griechen den zehn⸗ |
"pen Theil der Beute dem Apoll zu Deiphi, und
oo rt na DE
“
BD
w
zn
u — — 6 3
| denken, welche ungeheure Schaͤtze ſich allein durch
dieſe Dankgaben von ſiegenden Feldherren in: den
Tempeln der alten Welt aufhaͤufen mußten,
Auch die Gaben, wodurch man die Goͤtter
bewegen wollte, Wohlthaten zu erweiſen, oder
Ungluͤck abzuwenden, hatten bisweilen eine Wer
jiehung auf die Wünfche der Geber. So ſchenken ‘
bie Neger in Afrika ihren Fetiſchen leere Kruͤge
wenn fie Megen brauchen: Saͤbel oder Dolche, wenn
fie in den Krieg: Graͤten, wenn fie auf. den Fifchfang
gehen, und kleine Scheeren oder Meſſer, wenn fie reiche
lich Palmwein zu erhalten wünfen?). In Griechen⸗
land boten zarte Jungfrauen der Venus meiſtens
Noaocxnetze und Bruſtbinden dar, damit die Goͤt⸗
tinn zum Wachsthum ihrer Haare und Bruͤſte
Gedeihen gebe m); mannbare Sungfrauen hingegen '
leibbinden, um bald Semanden zu finden, der ihh⸗
nen den Guͤrtel Iöfe n). Im Ganzen genommen |
aber fuchte man die Götter, welche man verföhr
nen, oder von welden man Wohlthaten erhalten
wollte; durch Eoftbares Geräth, durch Edelſteine
und Perlen, am häufigften durch Waffen von Gold
En - und
i JJ... — oo
der Diana zu Epheſus V. c. 3. Anabaf. Xendph,,
und Agefilaus. dei zehnten Theit der in zwey
Jahren von den Perſern genommenen Beute, der
über hundert Talente betrug c. 1. in vita Ageſilai.
D Loyei. p. cab.
m) Auch Pupas, Perſ. II. v. 70.
PDiſcite poutifices in ſatris qhid facit adrırgı ?
Nempe hoc, quod Veneri donatae a virgine
- ° ' - pupae, R ‚ | N. 5.
r
—
. Ten
n) c. 12. Tho mahn,
mn -
nm
Juͤglich, weil es nicht genug bewährt ift )). Deſto
unbezweyfelter ift der Heldenfinn, womit bie beys
den Decier fih für Ihr Vaterland, und befonders
für die Roͤmiſchen Legionen, und deren Bundes»
genoſſen aufopferten m). Beyde erboten fi, den
Zorn ber Götter durdy die Vergießung ihres Rluts
zu verfühnen n). Beyde ſprachen gräßliche Flüche
. über fich felbft aus, und Übergaben zugleich bie
feindlichen Heere, unter welche fie fich ſtuͤrzen wolls
ten, dem Zorne ber Götter, befonder6 der Ma⸗
ter Tellus, und der abgefhiebenen Seelen 0).
Beyde richteten wirklich den gefuntenen Muth der
Mömifchen Krieger wieder auf, und verbreiteten
Schrecden und Verderben unter die feindlichen
Heerfchaaren, melde fi dur dad Blut der ge:
fallenen Sühnopfer befledt, und ber Made der
Götter überantwortet glaubten. p). Ä
| Thiere
il) Liv. VII. 9 Cura non deellet, fi qua ad verum
via inquirentem ferret: Nunc fama rerum fan-
dum ef, ubi certam derogat vetuflas fidems -
'»< Et lacus nomen ab hac recentiore inägnitius
fabula eß. |
: u) Liv. VIIE 9, X. e8.
a) Liv. VII. 9. Vom Vıter Dectus ſicut coelo
miſſus piaculum omnis deorum irae,. . X. 28,
Datum hoc noftro generi ef, ut luendis pericu-
lis publicis piacula ſimus. u
J 0) U cc. Legiones auxiliaque hoflium, mecum _
... Diis manibus tellurique devoveo. . . Jam.ego
mecum legiones holtium mactandas telluri, ao
diis manibns dabo, on
p)1.c. Vom Vater Decius: Evidentifimum id
fait, quod quacungue equo invectus eſt et
Be 0 Band
wurde 5). Im Griechenland. waren feine Tempel
reiher, als tie zu Olympia, und vorzüglich zu
Delphi, von welchen ſchon Perikles vor dem Ans
fauge bed Peloponneſiſchen Krieges fürchtete, daß
fie durch die Lacedaͤmonier möchten geplündert vers
ten 2). Sm Zempel: zu Delphi lagen vor feiner
Beranbung turd die Phocenfer mehr Reichthuͤmer
an Gold und Silber, ald in ganz Griechenland
im Umlauf woren. Man fhäßte diefe Reichthuͤ⸗
mer auf mehr, als zehntaufend Talente, ober vier
und fünfzig Millionen Livres v). Die Phocenfer
unterhielten aus den Schäßen zu Delpht Sahre lang
aroͤßere Meere, als bie reichften und mädhtigfien
Freyſtaaten zu unterhalten im Stande gewefen was
ten. Der Tempel zu Delpht warb audy deßwegen
der reichfte in Griechenland, weil er nicht bloß von
Griebiichen Fürften. und Staaten, fondern au
son fremden Königen und Völfern große Gaben
erhielt x). Allem Unfehen nach übertraf ber Tem
pe
5) De Dea Syria, in op. Luc, II. 457. wu u
uns 0oAßs Tip, 89 Top syw oda, TpwWTov a6 wos
Yap aurolcı amınyvaosraı xpykara, au Te Apmßeac,
zu Fowmav, x Baßvioyıny, za aAix ax Kom-
zadonıns, ra de naı Kılınsc Dapacı, ra ds Agoupm.
sıdov de syw au Ta ev ra vw Audpy AronsaTaı,
eoI1Ta wolirv, nu alu; Ox0om a6 apyupov 7 86
xpucovr æroxsxpir ai.
t) Apud Thucydidem Lc. 143.
u) Voyage d'Anacharũs II. p.20. Ed. 4.
.) Man Iefe nur allein, was Herodot Über die Frey⸗
gebigfeit der. Lydiſchen Könige gegen ten Gore zu
Delphi ſagt. Herodot 1, ‘© 50, et lg. u
*
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PREe\ FIRE RX Be, u
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pel des Capitoliniſchen Jupiter zu Rom ſekbſt
noch den Tempel zu Delphi an heiligen Schaͤtzen.
Mod) ven Verſicherungen der Mömifhen Schrift⸗
ſteller war der Eapitolinifche Jupiter reicher, als
‚der. oͤffentliche Schaß, da biefer am reichften
war. . Jahrhunderte ang brachten friumphirende
Seldherren diefem Gotte bie geplünderten Kunfts
werke, und einen großen Theil der geraubten Schäße
überwundener Völker dar. Eben fo lange wetteis
ferten die mit den Römern verbändeten Könige und
Staaten in ber Herrlichkeit der Gaben, welche fie
dem vornehmſten Gott bed weltbeherrfchenden Vols
kes darboten y). Der Eapitolinifche Jupiter ers
hielt vorzüglich die Gaben, iveldye die Mömifchen
Feldherren, oder Magiftrarsperfonen bey dem Ans
fange von Kriegen, oder für die dauernde Wohlfahrt
bed Reichs, fpäter für die Wohlfahrt der Beherrs
her gelobten 2). Die unermeßlichen Reichthoaͤ⸗
mer des Gapitolinifchen Tempeld kann man allein
and ber Größe der Diebftähle abnehmen, melde
Eraffus und Caͤſar, als Conſules, an den verbor:
‚genen Schaͤtzen des Gottes begiengen. Der Erftere
vaͤmlich raubte zwey taufend 0), und der Andere
dreytanfend Pfunde ungemünzten Golded, bie in:
einem Gewölbe unter der. Schwelle des Tempels
“ Be 0 [as
y) Ein. Beyſpiel führt Cicero in der vierten Rede
gegen den Verres c. 28. 29. an.. nn
2)- &0 erhielt 3. ©. der Kaiſer Probue: von’ allen
Galliſchen Städten goldene Eronen, welche er dem
upiter umd anderen Göttern ſchenkte. Vopilcas
4
in ejus Vit. q. 15.
4) Plin. XXXIII. ı, ..
a
De
— — 62
lagen 6). Auguſt erſehte dieſes mehr, als fuͤnffach,
indem er außer funfzehntauſend Pfunden Goldeo
den Werth von mehr, als einer Million Thaler,
an koſtbaren Steinen und Perlen ſchenkte c)). Un⸗
tr den Machfolgern des Auguſt war Aurelian
der Einzige, ber ſich ihm durch feine Freygebigkeit
gegen den "Jupiter, und bie übrigen Roͤmiſchen
Götter näherte d), Wahrſcheinlich beſaßen alle
wegen ihrer Reichthuͤmer berühmten Gnavenörter
der Chriften nicht fo große Schäße in Gold und
Silder, in Perlen und. Edelfteinen, ald ein einzis
ger der Don mir genannten Tempel bes Alterthums
in ſich faßte. In den Hinterindifhen Reichen
vergraben die Könige und Vornehmen ihre Schäße .
in Tempeln, melde fie felbft gebaut haben e),
oder fie werfen ihre Gaben an Gold und Stiber
durch eine Deffnung in einen wegen feiner Heilig⸗
keit vorzüglich geehrten Tempel hinab. Dieß letz⸗
" tere
3) Sueton, in Cael. c. 54. In primo confulatu .
tria millia pondo auri furatus e capitolio, tan-
tnmdem inaurati aeris repoluit. |
e) Suet. in Aug. 6. 30. Aedes facras . , refecit,
easque et taeteras opulentifiimis donis adorna-
vit: utpote qui in -cellam Capitolini Jqvis fe-
decim millia pondo auri, gemmasyue ac mar-
garitas quingenties HS. una Jdonatione contu-
lerit.
d) Vopiſo.in Aurel, e. Su. Ulins donis, quae
barbaris gentibus mernit, refectum ef Capito-
lium: quindecim millia librarum auri ex ejus
liberalitäte' unum tenet templum, omnia in'urbe
fana ejus micant donis. oo
ı
1. 373. Loubire.
⁊
/ [2
68 | — —
tere geſchieht bey dem Tempel Digon, nahe bey |
Rangon, von deſſen Schage bewegen Sonnerat
glaubt, daß er einer ber reichflen auf dem ganzen
Erdboden fey. Einer der Gefandten, welche Luis
dewig XIV. nad Siam ſchickte f), war überzeugt,
bag fein König bie damahls fon auf Hunderte von
Millionen fleigende Summe von Schulden würde
„abtragen fönnen, wenn er fi) der in ben Siami⸗
fen und Peguanifchen Tempeln vergrabenen todten
Schaͤtze bemaͤchtigen wollte, oder bemaͤchtigen bürfte.
Alle bie Urſachen, um welcherwillen man an⸗
dere Opfer, und Gaben brachte, bewegten bie
Menſchen auch, entweder ſich felbft freywillig, oder
ihre Bruͤder gezwungen den Goͤttern als Opfer dar⸗
zubieten. Die Menſchenopfer waren von jeher
entweder freywillig, ober gezwungen. Die letzte⸗
ren waren viel allgemeiner, als die erſteren. Man
kann kaum irgend ein bedeutendes Volk nemen,
das nicht Menſchen geopfert hätte, oder noch
opferte g).
Li
| Wenn freywillige Hingebungen, oder gewalt⸗
fame Beraubungen des Sehens ben Nahmen von
Menſchenopfern verdienen ſollen; ſo muͤſſen ſie
nothwendig in gottesdienſtlichen, und zwar vorzuͤg⸗
J lich
De oere, doch Tanı-ich die Stelle
) Ueber die Menfchenopfer fe man vprzüglich meine
⸗ beyden Abhandlungen de ſacrificiis —** im
achten und neunten Bande der Commentationum
Societ. Scient. Goeiting. VILI. 68 et fg. IX. 65
et ig. p. 0 . on
“
Ih is folgenben Abſichten gefihehen, entweber, um
köurh die Gnade uud Wohlthaten ber Götter
merhalten, ober um ben Göttern fin empfangene
Bohlthaten zu banken, oder endlih um ihren
dorn zu verföhnen. Man kann ed daher nicht
Menſchenopfer nennen, wenn Perfonen aus Leber.
nf, oder aus Ruhmgier, oder aus Furcht vor
ter Schande, ober aus Sehnſucht nach gelichten
: Berftorbenen ſich felbft das Leben nahmen, ober
bvon Andern nehmen ließen. Unter vielen Wilden
in America bitten lebensfatte Greiſe, bie ben flars
len ind raſchen Sägern nicht mehr folgen Pönnen,
ihre eigenen Söhne, daß biefe ihnen den Ichten
Liebesdienſt erweiſen, und Tie von ber Laſt bed Les
berd befreyen wollen. Die Söhne erfüllen die
Bitten dee Vaͤter, ohne dag die Einen, unb bie
Anderen, bey dem, was fie wuͤnſchen unb thun,
die geringfte gottesdienſtliche Abſicht haben A).
Unter den nördlich» Deutfhen, und felbft unter eis
rigen Slaviſchen Völkern hielten Krieger es für
dad gröfte Ungluͤck, und für einen unauslöfchlichen
Schimpf, gleich Knechten und Weibern eines na⸗
Yrlihen Todes auf dem Krankenbette zu fterben.
Vem fie daher den Tod der Helden nicht in ber _
Sclacht finden konnten; fo erſuchten fie Freunde
oder Priefter, - oder gaben- ihren Feinden reiche
Geſchenke, daß dieſe ihnen das Schwerdt durch die
Vruſt ſtoßen, und fie dadurch der Gefahr eined
eutehrenden Todes entnehmen möchten 5). Unter
en
. 191, Voyag.au Nord III, 382, Robert-
fons Hißor. of Americ, I. p. 400. Ed, in 4. '
AM) Pelloutier I. ‚441. Moehſens Geſch. der Will.
I. 44. 50 .
4) Ei h;
Er WE: <> 2 Zune
en
.
und Danfbarkeit zu beweiſen. - Unter den 8 |
\ . | u \ | | . 5 n |
Bew Maffagrten undb Derbicen 6): hreifhte ber em
erklaͤrliche Wahn; daß Männer nicht länger, als
fiebenzig Jahre lrben arten; -- So bald alſo Je⸗
mand dus ſiebenſigſte Jahr erreicht, oder jurhd ges
legt hatte; fo ward er von ſeinen noͤchſten Bluts⸗
verwandten nicht Lkoß erwuͤrgt, ſondern fein Leib
wardmit Schaaffleiſch gekocht, und verzehrt, weil
man dtefe Art von: Beſtattung für die ehrenvollſte
nuter allen hielt. Unter allen edelmuͤthigen Voͤl⸗
kern begegnete cs Haͤufig, daß Liebende ſich an dem
Grabe der Geliebten, Krieger und Elienten am
vem Scheiterhaufen ihrer Feldherren, und Wohl⸗
haͤrer MD ſelbſt dad Leben nahmen, weil Ihnen: vie
Sehnſucht nad den Ubgefchiederen unerträglich
war Alle diefe, und ähnliche Aufopferangen des
Lebens kann man Feine Menfchenopfer nennen, weil
fie andere, als gottesdienſtliche Abſi se ober
N Bewegungegrunde hatten.
Ganz anders ſcheint es mir, Pr mit ben Bere
fuielen zu verhalten, mo Unterthanen ben dem
| \ Tode ihrer Fuͤrſten, Weiber bey dem Tode ihrer
Männer, Sclaven und Sclavinnen bey dem Tobe
three Herren oder Frauen fi ſelbſt das Leben
nahmen, um den Verſtorbenen in eine andere Welt
zu folgen, und ihnen dert, wie hier, ihre Liebe
k) $traha Al. 781. 791. p,
D 3. B. die Parther und deren Sclaven, Aenoph,
Cyrop, VII, e, 3, auchten dem gloteichen Tode des
Kaſeis Otho Tacit. Hiſt. II. 49.«.
Snbiern m), ben Thraciern =), und Geten.o) ver⸗
anlaßte der Tod von Ehemännerk einen heftigen
Streit der zurüdgebliebenen Ehefrauen, über bie
Frage, weldye von ihnen den verſtorbenen Gatten
am meiſten geliebt habe, und von ihm wieder ge⸗
liebt worden ſey? Diejenigen, denen ber Preis ber
thelichen Liebe zuerkannt wurbe, ſtiegen ſrahlockend
auf ven Scheiterhaufen, ber den Leichnam bed Ges
liebten verzehren follte. Ein aͤhnlicher Wettſtreit
findet bis anf ben heutigen Tag unter ben Weibern
und WBenfchläferinnen mancher Neger » Könige
Statt »). Su Hindoſtan ift es fahr gewöhnlich,
dag Sclapinnen fi mit ihren geliebten Frauen
verbrennen, und in Japan, daß Scladen ſich nad
dem Tode ihrer gütigen Herren ben Bauch aufs
fhneiden, um mit ihren Wohlthaͤterinnen ober
Wohlthätern angenblicklich wieder vereinigt zu wers
den q)._ Die Rechte vornehmer Japaneſen geben
ihren Herren noch bey ihren Lebzeiten das heilige:
Verſprechen, daß fie fich im Tode nicht von benfels.
ben trennen wollen. Unter den ehemahligen Nat⸗
chez baten viele Unterthanen ihre Fuͤrſten, ums bie
Ehre, bereinft mit ihnen fterben zu duͤrfen. Alle,
biefenigen, benen biefe Gnade zugeftanden wurde,
arbeiteten fogleich an Stricken, womit fie fidy über
den Gräbern ihrer Beherrſcher erbropeln laſſen
woll⸗
m) Valer. Max. II. 6.
n) Herod. V. 5
o) Mela Il, 2, |
p) Oldendorp I. 317. Cavazzi 1. 396.
M Bernier II. 113. Recueil des Voy. qui ent fervi
a Pétabliſſ. de la Camp, Holland, V, 338,
wenn -
+
wollten r). Die jest erwähnten freywilligen Hin⸗
gebungen des Lebens fheinen mir wahre Menſchen⸗
opfer zu ſeyn, bie theild aus zärtlicher Dankbar⸗
Leit gegen bie Verſtorbenen, theils in der Wbficht
gebracht wurden, ihrer in einer andern Welt fo
- zu genleßen, oder ihren ſo zu dienen, als fie bers
felten auf dieſer Erbe genoffen, ober Ihnen gedient!
Batten,
Wirliel unbezweyfelter waren die ‚eeproiltäen
Menſchenopfer, wie fie ſich vormahls fa wohl un⸗
ter mehreren Germ miſchen Voͤlkern, als unter
den alten Indtern fanden, und unter den heutigen
Hindus, und deren Machbaren, éeder Eolonien
noch jezt fingen. Die Weiber der Gothen gingen
freudig dem Tode entgegen, weil fie hofften, daß
‚fie aldbann mit ihren verfiorbenen Männern in die
Derter der Freude kommen, und in ber Geſellſchaft
threr Garten bleiben wuͤrden s). In berfelbigen
Hoffnung flürzten fidy die Rnechte der Gothen vom
Felſen herunter , oder ließen fid; mit ihren berfiors
benen Herren lebendig Verbrennen. Weiber, bie
ihren Mönnern, Knechte, bie ihren Herren nicht
tm Tode folaten, waren nad der Meinung der
Goͤthen anf ewig Yon der Gefellfhaft der Götter,
nnd den Seltakeiten des Valhalla ausgeſchloſſent).
Rach den Zeugniffen Griechiſcher Geſchichtſchreiber
war es in aͤlteren Zeiten gar nicht ſelten, daß
Brachwanen, oder Judiſche Prieſter fich in bren⸗
nende Scheiterhaufen warfen * Dieß thaten
r) Charlevoix Journal etc. p. gen vie
s) Schüge 262 u. f, S "
8) ido S. 271. 294.
u) Plut, 1, 195. Oneficr. ap, Lucien, DI, 338,
&
.®
_ — 73
be PVrabwizen in ber nenern Seit nit mehr.
Defto häufiger aber begegnet es, daß andere Hin⸗
dus ſich entweder von den ungeheuren Mädern bed
Wagens, auf welchem ber Gott "Jagrenar ums .
bergeführt wird, zerquetichen laffen, ober ſich auch
in den Ganges, und andere Ströme flürzen, um
anf einmahl mit den Öbttern vereinigt zu "werben,
oder zu höheren Graben ber Seligkeit zu gelan⸗
gen x). Dieſelbige Hoffnung iſt ed, bie bis auf
den heutigen Tag fo viele Tauſenbe von Indiſchen
Weiberny) entweder auf die Scheiterhaufen, oder in
die brennenden Pfuhle führt, wo bie Leichname der
Gatten in Aſche verwandelt werden yy). Die
Brahminen bilden‘ ben. unglücklichen Bethoͤrten
ein, daß biefe durch einen. glorreichen Tod derſelbi⸗
x) Bernier II. 103. Hamilton I. 384. 396 della.
Valle III. a8, 23. Tieffentbaler 1. 164.
y) Ein Engländer Chambers glaubte, daß ſich im
Bengalen allein jährlich) Funfzigtaufend Weiber frey⸗
‚willig:;verbrenuten. Papi bält zwar dieje Zahl für
zu groß, verfichert aber zu gleicher Zeit, daß man
die Zahl von Witwen, die mit’ ihren Männern freys
willig fiürben, in Bengalen allein wenigfiend auf
mehrere Taufende ſchaͤtzen könne. ‚II. 50,
yy) Bernierll. 109-119, Tavernier II. 162. Sons
ner I, 81-83. Wenn die Leichname von Männern
beerdigt werden, fo laſſen fi die Weiber bis an
den Hals lebendig begraben, und nachher dad Ge⸗
nicke brechen. Auf ähnliche Arten fterben die Weis
ber mit den Männern in dem Königreiche Azem,
auf den Inſeln Java, Pulo Roffa und Bali, wo
noch Ueberbleibſel Indiſcher Kolonien vorhanden
find. Tavernier II. 184 Recueil des Voy. et
o. 1, 42ı. Valentyn IV. <66. Forreſt p. 170
-
. — ——
⸗ J
⸗
J
74 [U] [5
x
gen Seligkeiten init ihren Ehrenmänner:thetihafe
tig werben, ober ſich gar ber Umarmangen Boden
Sdotier wuͤrdig machen würben, .n |
" Water ben Maratten verbrannten men vor eis
nigen Menſchenaltern mit den Leichjamen von Fuͤr⸗
ſten nicht nur nuͤtzliche Thiere, und Sclaven, fons
dern auch Weiber, wenn dieſe gleich einer ſolchen
Ethre gern uͤberhoben geweſen wären 2)... Auch uns
ter den Geten a) und alten Scandinavieru b) zwang °
man oft Franen, ihren verfiorbenen Maͤnnern ine
Tode zu folgen. Dieſer Zwang veraniste biswei⸗
‚Ten Koͤniginnen, ſich von ihren Chemablen zu ſchei⸗
den, wenn ſie fuͤrchteten, daß dieſe bald ſterben
wuͤrden. Solche Veyſpiele Eiunen allerdings die
Frage veranlaſſen, ob unter den alten Germaniern,
und Hindus bie gezwungenen Weiber-Opfer aus
ben freywilligen, ober umgekehrt entſtanden, ober
welche von beyden bie aͤlteſten ſeyen. Sch: glankte
vormahls, daß die freymwilligen auf\bie gezwunge⸗
nen arfolgt wären e). est flimme id; Adielern
bey d), ber bie entgegengefeßte Meinung hegte;
und zwar flelle ich mir bie allmählige Verwand⸗
Lung ber freywilligen Dienfchenopfer in gezwungene
anf f folgende Art vor. Urſpruͤnglich ſtarben die
Wei⸗
2) Hiſtor. fragmeni⸗ of the Mogul Empire, of
the Marsttoes, and of the Englılh Concerns in
Hindollan 1783. London p. 136%
e) Stephan, de Urbibus p. 971.
b) Schüge 2686. Keisler Ant, Sept. 147. 148, ©.
e) VIII. Comment, Societ. reg, $eient, ps 76, 77.
&) Antiq, Septentr. p- 1409.
— — — — — — — m 0. —
m m 75
Beiber unter ben Hinbdus, Gothen u. ſ. w.’ gern
nit ihren Männern, sbeild um mit dieſen ſogleich
pieder bereinigt zu werben, theils um höhere Se⸗
ligkeiten, als fie fonft hätten erwarten koͤnnen, in
mer Welt zu erlangen. Noch jezt haben’ die meis
fra Weiber in Hindoſtan, die fih mit ihren vers
ſerbenen Gatten verbrennen ,. eine ſolche Sehnſucht
u ſterben, daß fie durch Feine Bitten, und Gruͤnu⸗
de devon koͤnnen zurückgehalten werbens). ‚Untere
Kfeigen ben .Scheiterhaufen ungern. So balk
man diefed bemerkt, fo wendet man .alle Arten
ton Uebervredungskuͤnſten, und ſelhſt von Noͤthi⸗
gungen an, um bie Zoͤgeruden zu beſtimmen, und.
den Zagenden Muth: gu machen. Ohne aller
Zunfel fanden ſich zu allen Zeiten, wie euch je
uh in Hindoſtan, einzelne Wuwen, bie fi was
dr durch Witten, noch durch Zudringlichkeiten bes
tregen lieſten, ‚vielleicht wenig grelichten, ober gar
Chaßten Männern ihe Sehen aufzuopfern. Solche
Reiber nun waren allerbings in Gefahr, auch mis
der ihren Willen von den Soͤthnen, oder Anver⸗
wandten ber Verſtorbenen geopfert zu werben, mens
Nefe anders fuͤrchteten, daß bie abgefchledenen
Seelen die Nicht s Erfiheinung gelichter Weiber
u den Nachgebliebenen ahnden Fönnten. |
Die erhabenften unter den freywilligen Men⸗
ſchenopſern waren. diejenigen, wo edle Juͤngſinge
md Männer ihr Leben tn dem traurigen Wahne
hingaben, daß fie dadurch die Götter Verföhnen,
ad undermeiblichen Untergang, ober andere, große
Unfälle von ihren Mirbürgern abwenden würden,
Die Jahrbücher der Griechen und Römer enthals
| “ ren⸗
Rernier l. c.
.
- fi
, x
.
.
x6 .
— —4
m die raͤhrendften Beyſpiele ſolcher Aufſoplenages
fürs Vaterland. Als Epimenides Athen von den
Zilecken, oder ber. Schuld reinigen ſollte, von welcher
man vorausſetzte, daß fie auf ber Stadt liege; fo bot,
ſich ein ſchoͤner Jhagling mir Nahmen Rrarmus
zum Gühnepfer bar f). Inder Schlacht bey Platin
wehrten fich die Griechen nicht cher gegen bie Pers -
fer, als bis bie Eingeweide der Opferthiere gluͤck⸗
lich geworben, und ber Schoͤnſte unter den Gries
giſchen Jünglingen, Kallikrates, ala ein Sühn«
opfer aefollen war. ). Schon vor ber. Schlacht
= bey Plataͤa begegnete es den Spartauern Bäufiger,
als font, daß bie. Eingeweiße der Opferthiere dein
Sluͤck, ober Teine gnaͤdigen Götter: verkuͤndigten.
Diefe traurigen Zeichen erregten zuleßt die Ver⸗
muthung, daß bie Gbtter vielleicht bewegen zuͤru⸗
ten, weil man gegen alles Voͤlkerrecht die Geſaubd⸗
ten erflagen habe, weldhe Darius Hiſtaſpis abs
geſchickt hätte, um nad Perfifher Art za reden,
Kener und Waſſer, das heißt, Unterwerfung uns
ter. bie Herrſchaft der. Merfer zu verlangen h). Das
mit nun vor der Ankunft bed. Xerres bie auf dem
Baterlande ruhende Blutſchuld getilge, und ber
Born ber Götter verföhnt werde, ließ man Hffents
lich ausrufen, daß derjenige oder diejenigen, die
den Muth haͤtten, fuͤr das Vaterland zu ſterben,
frch melden möchten. Der Öffentliche. Herold hatte
dieſes Faum bekannt gemacht, als zwey ber anges
fehenften Männer fi als freymwillige Opfer dar⸗
Rellten. ‚ Die beyden Spartaner begaben ſich, ſo
ge⸗
5 Athenaeus XIII. c. 2. p. 6os.
&) Plutarch. II. 519.
. h) Herodot VII. c. 1354.
[}
Lu. — man nn Ai ——
Tg rn
geſchwind fie Eonnten , zum Rerres damit niefer
an ihnen thun moͤge, was bie Spartaner an den
Perfifchen Gefandten gethan hatten. Der König
der Perſer fügte ben edlen Männern kein Leid zu,
weniger aus Bewunderung ber heldenmüthigen Bas
terlands liebe, als in der Abfiht, die Spartaner
sit von ihrer Blutfhuld, und bem daher entflans
denen Zorne ber Götter zu befreyen. Als Thraſy⸗
bulus und feine Kreunde ihre Waterlaud von dem
Suche der dreyßig Tyrannen erretten, und bad
Heer der Untervrüder angreifen wollten; machte
ihnen ein Weiffuger im Nahmen der Götter kund,
daß fie nicht eher gegen bie Feinde in dichten Maus
fen anrücen follten, bis Einer aus ihrem Mittel
gefallen, ober verwundet worben fey. Thrafys
bulus war Einer ber vorberften Krieger, und ih
traf das Loos, daß er durd) fein Blut und Leben
die Götter verföhnen mufte i). So oft im Orie
chiſchen Maffilien eine verheerende Peſtilenz aus
brach, fo oft bot fih Einer der aͤrmeren Bürger
freywillig als ein Suͤhnopfer an. Man unterhielt
einen Solchen ein Jahr lang auf oͤffentliche Koſten,
führte ihn nach Art der Opferthiere geſchmuͤckt in
der ganzen Stadt umher, und ſtuͤrzte ihn, mit
den Fluͤchen und der Schuld der ganzen Gemeine
beladen, von einem Felſen herab k).
Wenn die freywilligen Menſchenopfer auch
unter den Roͤmern nicht ſo zahlreich waren, als
unter ben Griechen; fo ſind fie wenigſtens viel ber
ruͤhmter. Ich, übergehe .da8 Beyſpiel des Cur⸗
tius niht nur, weil es zu befannt, fonderg vor⸗
| ügs
i) Xenöph. IT, Co hr, Helen, ” s
„BR Petron, in ‚fine Saryıic. Br
.
! . .
Pr f .
r % 4.)
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zaͤglich, weil es nicht genug bewährt ift )). Deſto
umbezweyfelter ift der Heldenfinn, womit die bey⸗
den Decier fih für ihr Vaterland, und befonders
für die Nömifchen Legionen , und deren Bundes»
genoſſen aufopferten m). Beyde erboten fih, den
Zorn ber Götter durdy die Vergießung ihres Rluts
zu derfühnen 3). Beyde ſprachen graͤßliche Flüche
uͤber ſich ſelbſt aus, und uͤbergaben zugleich die
feindlichen Heere, unter welche ſie ſich ſtuͤrzen woll⸗
ten, dem Zorne der Goͤtter, beſonders der Ma⸗
ter Tellus, und der abgeſchiedenen Seelen 0).
Beyde richteten wirklich den geſunkenen Muth der
Roͤmiſchen Krieger wieder auf, und verbreiteten
Schrecken und Verderben unter die feindlichen
Heerſchaaren, welche ſich durch das Blut der ge⸗
fallenen Suͤhnopfer befleckt, und der Rache der
Goͤtter uͤberantwortet glaubten p).
Thiere
il) Liv. VII. ꝙ Cura non deeſſet, fi qua ad verum
via inquirentem ferret: Nunc fama rerum fan-
dum eft, ubi certam derogat vernflas fidem.
»- Et lacus nomen ab hac recentiore inßgnitins
fabula ek. |
“ 7) Liv. VIIE 9. X. 08.
na) Liv. VII. 9. Vom Vater Deciue ſicut coelo
miſſus piaculum omnis deorum irae,. . X. 28,
Datum hoc noftro generi el, ut Iuendis pericu-
lis publicis piacula fimus,
0) U cc. Legiones auxiliague hoſtium, mecum
Diis manibus.tellurique devoveo. .. Jamego
mecum legiones holtium mactandas telluri, ap
diis manibne dabo, |
"p)1.c. Vom Vater Decius: Evidentilimum id
foit, quod quacungue equo invectus efl ns
u er F . ’ ud
— — 93
ſchloß men, auf einmahl zweyhundert Kinder aus
den angeſehenſten Familien zu opfern. Außer die⸗
ſen Zweyhundert wurden noch Dreyhundert andere,
als freywillige Opfer von armen Eltern darge⸗
bracht. Der Gott begnuͤgte ſich nicht bloß mit
den Opfern. Die Väter, und Mütter muſteü
ihm ihre Kinder fo übergeben, ald wenn fie es
ohne Schmerz, oder mit Freuden thäten. Dumit
aber doch die Dpfer durch das Wehklagen der El⸗
tern nicht geftört würden ; fo machte man wähs
rend berfelben eine fo raufchende Mufit, dag man
Tein Jammergeſchrey, wenn ed auch erhoben wurde,
vernehmen Fonnte m).
Die Völker des Abendlandes verſoͤhnten ihre
Götter eben fo wohl durch Menſchenopfer, als die
des Morgenlanded. Die Zaurier opferten Schiffs
bruͤchige, beſonders, Griechen der Diana, ober -
wie Andere wollten, ber „Jpbigenia nn). Die
Suerifhen Völker feierten jaͤhrlich in einem heili⸗
gen Hain ein allgemeines Feſt, an welchem ein
Menſch geopfert wurde 0). Die alten Gothen
derföhnten ben Gott bes Krieges durch die Opfer
gefangener Feinde. te fezten diefe Opfer noch
eine Zeitlang fort, nachdem fie fchon die Chriftliche .
Religion angenommen hatten p). Die Gothen in
Schweden famen In jedem neunten Monden, und
beſonders in jedem neunten Jahr zu Upfala zuſam⸗
men,
| m) Diod, IL p. 416, Lactant. L. 29, Blut, VI, 633-
6535.
n) Herodot, iv. 103. Ä
- 0) Tacit. Germ. 9 390. - oo
X) Grotii Hiß, Goth, p, 617.
nn — —
“
, N
— — — — —
man bem Themiſtokles waͤhrend eines Frageopfers,
nen aus ihrer Mitte durch das Loos, und durch⸗
bohrten ihn mit einer Lanze, damit er dem Za⸗
molxis die Bitten bed ganzen Volks überbringe,
und bie Gnade des Gottes für feine Verehrer ges
winne. Die alten Scandinavier,, bie wahrfheins
lich aus den Wohnſitzen der Scythen ausgegangen
waren, gelobten dem Odin gefangene Feinde, wenn
er ihnen den Steg über ihre Gegner verſchaffen
werde 7). Ein Norwesifher Fürft Hacquin
opferte ver Göttin Thongerda Horgatroll zwey
hoffunngsvolle Soͤhne, um ben Sieg über Die
Dänen zu erhalten. Die graufame Göttinn war
mit diefem Opfer nicht einmahl zufrteben, fonbern
derlangte noch einen dritten fiebenjährigen Sohn,
der gleichfalls gefhlahter werden mußte ). Auf
eine ähnliche Art erfauften bie Scandinapier von
den Göttern ein langes Leben. Ein König Onus
opferte dem Odin neun Söhne, um burd einen -
Jeden derfelben eine zehnjährige Verläunerung bed
Lebens zu erhalten. Man gab vor, daß ber Ads
nig dad aͤußerſte Ziel des menfchlichen Lebens weis
überfchritten habe t). Unter den Griechen erzähle
ten es nicht bloß die Sagen ver Heldenzeit, daß
Könige und Heerführer ihre eigene Kinder, ober
ändere Menſchen geopfert ‚hätten, um durch bie
Gnabe ber Götter eine gluͤckliche Schifffahrt, oder
den Sieg über die Feinde zu erlangens fondern auch
die neuere Geſchichte bewahrte ähnliche Beyſpiele
auf. Kurz vor ber Schlacht bey Salamin brachte
| wor
7) Reisl, Antiq. Sept. p. 134.
s) Bartholin. p. 228. et fg.
) Baxthol, p, 700,
— — 81
wmit er beſchaͤffrigt war, drey vornehme Perſi⸗
(je Juͤnglinge, die ſich durch ihre außerordentliche
Chönheit nicht weniger, als durch die Pracht ihr
m Kleidung, und ihres Schmucks auszeichneten u).
By dem Anblick dieſer Gefangenen forderte ber
Beiffager Euphrantides ben Themiſtokles auf,
tie edlen Perfer dem Bakchus mit dem Beynah⸗
. men des Brimmigen zu opfern, inbem die Gries
hen alddann Heil und Sieg von dem Gotte erlans
gen würden. Themiſtokles fehauberte anfangs
dordiefer Zumuthung zuruͤck; allein da er bedach⸗
te, da der große Hrufe in gefährlichen Zeiten eher
and dem unvernünftigften Aberglauben, als aus
den teiftigften "Gründen Zutrauen und Hoffnung
füipfe; fo gab er zu, daß die Gefangenen geopfert
wirden, Aehnliche Dpfer finden noch jezt. oder
fanden vor nicht gar langer Zeit in allen Erdtheis
Im, außer Europa, Statt. Unter manden Ne⸗
ges Volkern opfert man bis auf ben heutigen Tag
biele Onnderte, und felbft Laufende von Gefangen
hen, weil man wähnt, daß man ſich Durch foldye
Opfer der Gnade der Goͤtter, und mit biejer, des
Gieges über die Feinde am unfehlbarften verfichern
Önmex), In andern Gegenden von Afrika ſchlach⸗
tet man bald Kinder, bald erwachsene Menſchen
aus eben dem Gründe y), aus. welchem man vors
wihls ein Gleiches in Peru that 2), und noch
on nn x. Tä
u) Plut. 1. 465. 66.
2) Projart ©. 269. 286. 299.
y) Voyages de Snellgrave; Introd,
2) Acoßa F, 229.
gg
"83 ' XX XXXX
jezt auf ben Inſeln der Südfee that 0): um das
durch die Wiederherftellung kranker Könige, oder
eine Verlängerung ihres Lebens zu erhalten. Auf
den Iufeln der Südfee wählt man zu den Men⸗
fehenopfern meiftens folche Perfonen, bie um ihrer
‚Verbrechen willen ſchon lange den Tod Yerbient
hätten. In Tunkin hingegen töbtet man jährlich
Kinder durch Gift, damit die Götter die Felder
feguen, und eine reihe Erndte ſchenken mögen b).
Auch in Laos baut man ben Goͤttern Beinen Tem⸗
‘ pel, ohne die zuerft Vorübergehenden in bie Fun⸗
bamente zu werfen, und dadurch gleihfam den
Grund und Boden zu heiligen c).
Zu den gröften Wohlthaten der Götter rech⸗
nete man unter allen unerleuchteten Völkern die Of⸗
: fenbarungen ber Zukunft, welche man daher eben
fowohl in den Eingeweiden von Menſchen, wie von
Dpfertbieren fuhte. Im alten Albanten verehrte
“man Vorzüglich den Mond d), Diefer Gottheit
waren viele Priefter geweiht. Manche von biefen
» Prieftern wurben von einer heiligen Wuth ergrifs
fen, und irrten, fo lange diefelbe dauerte, in Waͤl⸗
bern und Einsden umher. Won Zeit zu Zeit ließ
ber Hoheprirfter Einen und den Andern von fol:
den ſchwaͤrmeriſchen Einfiedlern einfangen, und ein
ganzes Fahr lang mit den ausgefuchteften Lecker⸗
biffen nährn. Wenn die Gefangenen genug ge:
möäftet waren, fo z0g man fie hervor, und —*
| 0 | ihnen
a) Cooks letzte Reif. I, 351. II, 39. 43. 203.
u 5) Ovington II, 52, ,
e; Sonnerat II, 39 ©.
d) Strabo XI. 768. Edit. Almel, _
“Anm eine Lanze durch das Herz. Go bald bie
durchbohrten fielen, fo traten Pricfter herzu, unb
gaben auf die Zuckungen der Sterbenden Acht, um
daraus den Willen der Götter zu vernehmen, ber
ad fo gleich Öffentlich bekannt gemacht wurde.
Die Halter fließen unglückliche Echlachtopfer von
hinten mit einem Schwerbte nieder, um aus ben
Convulſionen derfelben den glücklichen, oder ungluͤck⸗
ihn Ausgang von Unternehmungen gu erfahren e).
Die Simbrer brauchten weiſe rauen bazu,
am entweder dad Manfchen des Bluts, ober bie
Eingeweide erwuͤrgter Feinde zu deuten fl. In
ähnlichen Abſichten onferte man fowohl in Scandi⸗
nadien, als im alten Britannien, befonderd auf
der Infel Man, gefangene Feinde g). Unter
dm heitnifchen Slaven tranfen die Priefter bad
Blut geopferter Feinde, damit fie zu Weiffagungen
begeiſtert wuͤrden A). Won ben älteften Perfern
IR nicht befannt, daß fie dem Mithras menſch⸗
lihe Frageopfer gebracht hörten. Als aber bie
ferien des Mithras unter die Griechen und
Ömer kamen, und mit einer Menge von Gebräus
en überladen wurden, bon welchen man in Pers
nichts wuſte; fo gefchah ed nicht felten, daß
Man in diefen ſcheußlichen geheimen Feſten hen
en
e) III. 303. Strabo.
Hit vI. 457.
8) Barthol. 663 p. Maället Introduction dans U’hi-
foire de Dannemarcp, 84. Taciti Annal, XIV. 30,
h) Helmold p. 43. | _
0 5 2
u ne
%
+
u 2—
fen erwürgte, um aus ihren Cingeweiben .zu
wahrſagen. Wenigſtens fanden vie Chriften ‘zu
Alerandrien, bie unter Julians Regierung in die
Adyta des Mithras eindrangen, viele Gebeine und
Schedel, wahrſcheinlich von Unglücklichen, welche
man geopfert hatte i)y. Auch die Peruauer ſchlach⸗
teten ſowohl Menſchen, als Thiere, uni den Wil⸗
len der Goͤtter zu erforſchen. Wenn die erſten
Frageopfer nicht glücklich waren. fo fuhr man mit
dem MWürgen don Menfchen und Thieren fo lange
fort, bis die Eingeweide der Geopferten den Wuͤn⸗
fgen der Opfernden entſprachen k).
Die meilten Völker, bie den Göttern Mens
ſchenopfer fhlachteten, um ihre Gnade zu gewinnen,
brachten ihnen dergleichen auch, um ihre Dank⸗
barkeit für empfangene Wohlthaten zu beweifen.
So opferten die Scandinapifchen Helden dem Cdin
nad großen Siegen fehr oft gefangene Könige und
Fuͤrſten, und bisweilen gelobten fie fogar, fich felbft
ald Opfer darzuftellen, wenn der Gott ihnen den
Sieg gewähren werbe I), Auch die Gallier op⸗
ferten häufig nah großen Siegen Menfchen: bis:
weilen berbrannten fie bie ganze Beute, unter bie:
fen, Thiere und Menfchen, ben Göttern zu Ehrenm).
Faſt gewiß flürzten die alten Aegyptier jährlich, .
wenn ber Nil feine höchfte Höhe erreicht hatte, aus
Dankbarkeit eine Jungfrau in ben Strom, der ihre
Sels
i) Socrates Hill. Ecclef, IH. c. 0.
X) Zarate I. p+ 52. |
‘ I) Keisleri Antiq. $eptentrional, p. 134,
2) Diod. V. 355
— — -
‘ ®
selber und Gärten befruchten ſollte. Ein Beweis,
ad Ueberbleibſel dieſer Opfer tft die noch immer
frtdauernde Sitte, an dem Tage, mo bie Dämme
durchſtochen und bie Gewaͤſſer ded Nils über Yes
gypten gefeitet werten follen, das irbene Bild einer
Sungfrau in den Strom zu werfen n). Anne
fris, eine Gemahlinn des Xerres, ließ vierzehn
Kinder vornehmer Perfonen lebendig begraben, um
bem Gott unter ber Erde für das verlichene gluͤck⸗
Uche Alter zu danken 0). Die Jsraeliten gelobten
siht felten ganze feindliche Stäbte dem Jehova,
ud wenn fie fich berfelben bemädhtigten, fo brach⸗
ten fie darin alles um, mad Dbem hatte Ich
ſche keinen Grund, warum man ſolche Würgerepen
ht für menſchliche Dankopfer halten Fönnte p).
No viel graufamer, als die alten Juden, was
ten vormahls die Mericaner, und vor einem, ober
Anigen Mtenfchenaltern, mehrere menfchenfreflenbe
Neger: Völker. Die Mericaner opferten Men⸗
n aus allen Gründen, aus welchen man ber: .
gleihen geopfert hat: ‚unter anderen auch aus Dank⸗
barfeit für werlichene Siege, und andere Wohlthas
im. Alle Gefangene, welche man im Kriege ge:
macht hatte, wurden den Göttern zu Ehren ges
ſhlachtet; und man rechnete, daß bisweilen an
einem Tage in verſchiedenen Gegenden des Reichs
funf, ja zwanzigtauſend Menſchenopfer gebracht
worden ). Man führte die Schlachtopfer eins
nach
m) Savary I, 125-115, Sicart. p. 472.
o) Herodot, VII, 114,
r) Mißaelis wollte dieſes nicht. Mofaifch, Recht
‚ 129%
4) V. 19. 21. c. Acoſta.
85 nn —
sah den andern herbey, und legte fie auf einen
kegelfoͤrmigen Stein, durch welchen die Bruft, und '
ein Theil bes Leibed gehoben und aufgefpannt
wurden. Fünf Priefter hielten die Arme und
Beine. Der fechfte ſchnitt nit einem foharfen fleis
"gernen Meffer die Bruft auf, riß dem Verwun⸗
beten bad Herz aus dem Leibe, warf das rauchende
Gerz dem Gießen ins Geſi dt, und ließ den ent⸗
feelten Leichnam die Stuffen des Tempels hinab-
sollen. Wenn man eine Zeitlang Feine Menfchen
geopfert hatte; fo meldeten bie Priefter den Ads
vigen, daß bie Götter hungrig ſeyen. uf bicfe
Aufforderung fandten tie Könige ſogleich Schaaren -
nach allen Seiten aus, um Gefangene zu machen,
mit deren Opfern man deu Hunger der Goͤtter flil:
len könne, Was die Mericaner in der neuen Wels
waren, dad waren im mittlern und meftlichen
Ufrica die Anziger, Gager und Dahemes, alg
welche indgefammt ihren Göttern gefangene Feinde
bey Zaufenden opfertenr). Snellgrave felbft war
Zeuge, daß man in Einer Nacht Hiertaufend Ge: .
fangenen bie Köpfe -abgeichlagen, und aus dieſen
Köpfen Pyramiden ald Denkmaͤhler ber Tapferkeit
und Frömmigkeit errichtet hatte,
Eine dritte Haupt⸗Urſache gezwungener Men⸗
ſchenopfer lag in der Abſicht, verſtorbenen Anver⸗
verwandten, oder Beherrſchern, ſo wie Waffen und
Ruͤſtungen, Kleider, Geraͤth und Koftbarleiten,
alſo auch geliebte, ober brauchbare Thiere, und .
Menſchen nachzuſchicken, damit fie diefelben- in einer
andern Welt twieberfinden moͤchten. Die alten
Scythen erbroffelten an ben Gräbern verfiorbener
Kos
r) Projart ı. c. und Snellgrave p. 36. 54.
a Tr ——— — —
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Könige die gelichteften ber Kebsweiber fammt allen
den Perſonen, welche bie. Rönige in ihrem Leben bes
dient hatten; und warfen die Leichname bderfelben
in die Gräber der entfeelten Beherrſcher, gleich
den Leibpferden, Trinkgeſchirr und allen anderen
Dingen , welche fie lebend gebraucht hatten. Nach
einem Jahre tödtete man außer funfzig Pferben eben
fo viele Hausgenoſſen der verfiorbenen Könige, und
fpießte bie einen, und bie anderen fo auf Pfählen,
baß fie das Föniglihe Grab zu bewachen fchienen s).
Ich erwähnte fchon oben, daß es ſowohl unter
einigen Germaniſchen Mationen, als unter ben
Maratten alte Sitte war, die Gemahlinnen, und
Diener oder Sclaven von verſtorbenen Königen mit
den teichnamen berfelben zu begraben, ober zu ver⸗
brennen. Derfelbige Brauch fand wahrſcheinlich
feit undenklichen Zeiten in ber Mengoley und im
China £&), fo wie auf ben Dftindifhen und Suͤb⸗
©ee s Infeln Statt u). ‚Die Einwohner der Juſel
Borneo hegen bie Meinung, baß alle die Menſchen,
weldye fie gefangen nehmen, und mit eigner Hank
umbringen, ihnen in jener Welt als Knechte dienen
werben. Hieraus entftchen unfägliche Nachftelluns
gen, Menſchenraube und Meuchelmorde. er
keines Andern mächtig, ober habhaft werben Tann,
kauft todeswuͤrdige Verbrecher um einen hohen
Preis, um fie ſelbſt zu ermwürgen, und dadurch zu
feinen ewigen Sclaven zu machen.
Uns
s) IV. 7:1, 78. Herodot.
&) Voyage au Nord VII. p. 58.
#) Coo®e letzte Reif. III, 160. Sprengels Beyir.
Iii. G. 353. ' \ ’ v
ı | BE EB | |
-" Unter ben groͤßern Neger: VSlkern in Afrika
tft Feind, das nicht die Gräber verſtorbener Koͤ⸗
nige mit den Seichnamen ſolcher ‘Perfonen füllte,
von’ welchen man vorausfeßt, daß bie abgeſchiede⸗
nen Beherrſcher fie gern in einer andern Welt
wieder fehen werben x). Die Zahl der Wriber
und Sclaven, weldhe man erwürgt, .fleigt hin und
wieder bid zu zwey, jı bis zu vierhundert und
fünfhundert hinan. Damit aus dem Gefolge, das
den’ Rönigen in das Sand der Seelen nachgeſchickt
werden fol, Tih Niemand verſtecke, oder mit
der Flucht rette, fo verbirat man den Tod von
Färften fo lange, bis alle beſtimmte Schlacht⸗
opfer ergriffen und gebunden worden ſind. Hin
amd wieder nimmt man denen, die ſterben ſollen,
nicht mit Einem Streiche das Leben, ſondern man
Bricht ihnen Arme und Beine, ſetzt fie dann in die
"Gräber der Rönige, und reicht ihnen Speife und
Trank, bis fie dur die Folgen der Zerſchmette⸗
eung des Coͤrpers aufgeriebın werten. Unter
den Dahomes wiederhohlt man jährlich bie Men:
ſchenopfer an den Gräbern der nönige, wo wenig:
ſtens vierzig bis funfzig Sclaven umgebracht wers
den. Das Volk felbft hält diefe Dpfer für fo
nothwendig, dafl ed, wie man fürditet, gegen die
lebenden Beherrfher aufftehen würde, wenn biefe
es verfuchen wollten, die graufamen Opfer abzu⸗
ſchaffen yYy. Mir den Edrpern der Könige in
Peru, und Mexico wurden alle ven ihnen gefams
melte Schäße, alle ihre Kleider und Geräthe ae |
_ Ä er⸗
a) Cavaaai I, 391. II. 166. des Marchais I, 518,
* Projart lc. ©. 299. 329 Oldendorp I, 316.
y) Ifert, ©. 179. 180, Norris p, 100,
n ®
en |
— — 39
—
‘
derfonen, melde fie bebient hatten, unter biefen
elöft die geliebteften “Brüder entweber bearabem,
ter verbrannt 3). Sogar die Fürften der Trauças
glaubten nicht, ihrem Stande gemäß begraben zu
werden, oder in ber andern Welt zu erfcheinen,
wenn nicht die Erfte ihrer Frauen, die Bornehms
ften ihrer Bedienten, und. weniaftend zwanzig ihs
te Untertanen fie über das’ Grab hinaus bes
gleiteten a). : i | |
Die letzte und vornehmſte Urfache gezwunge⸗
ne Menfchenopfer war die Ueberzeugung, daß
man durch das Blut und Leben ber Menſchen ben
Zorn der Götter, ober der äbgefchledenen Seelen
am Fräftiaften ſtillen, und alfo aud die Wirkuns
gendes göttlichen Zorns am fiherften abwenden könne,
E iſt vi weniger'zu verwundern, daß man den
Unmuth abgeſchiedener Seelen durch die Erwuͤr⸗
gang von Feinden zu ſtillen geſucht, als daß man
dieſes nicht unter allen Voͤlkern gethan hat, da
man beynahe ohne Ausnahme die Manes fuͤr zuͤr⸗
nende Weſen hielt, die an Bkut und Martern ein
Iniges Wohlgefallen faͤnden. Am bekannteſten
ft es, daß die Nord⸗Americaniſchen Wilden ges
fangene Feinde unter unfäglichen Quaalen zu Tode
einigen, und bey viefen furchtbaren Hinrichtungen
bie Geiſter der gefallenen Krieger auffordern, hers
zuzukommen, und ſich fatt an dem Blute der Feinde
ihres Volkes zu trinken 5). In älteren Zeiten
ges
V Acoſta Lib. V. 8. F. 209. ↄ13.
a) Tonti in.den.Voy, au Nord v. p. ı0r,
b) Charlevoix Journ. P. 247.
—
9a — —
gehörte ed faſt zu ben Tobtenopfern griechiſcher
Kelben, baß man an ihren Gräbern gefangene Feinde
erwürgte 6). Alexander der Broße erneuerte
biefe Opfer, inbem er an bem Grabe feined Bas
ters alle diejenigen erwuͤrgen ließ, die an ber Er-
morbung beffelben Theil genommen, oder nur bas
sum gewußt hatten d). Unter ben Alteren Roͤmern
warb nicht allein Fein Mann, fonbern keine Iran
aus einem angefehenen Gefchlechte begraben e),
ohne dag man nit an ihren Grabmählern einige
gefangene Feinde, ober gekaufte Sclaven: geopfert
bätte. WM. und D. Juninus Brutus gaben zu
großen Verderben des menfchlidhen Geſchlechts de
alten Opfern eine andere Geſtalt. Sie waren bie
esftien, die im J. 488 ab u. c. bie zum Tode bes
ſtimmten Sclaven nicht, wie biöher, umbringen,fons
dern mit einander bis auf ben Tod kaͤmpfen ließen f).
Die Römer fanden an diefen blutigen Kämpfen
bald ein fo, großed Vergnügen, baß fie diefelben
allen übrigen Schaufpielen vorzogen. Chrgeizige,
bie ben Staat berauben ober. umkehren wollten,
ober beraubt und umgekehrt hatten, ſuchten fid)
ben verdorbenen Mömern dadurch zu empfehlen,
daß fie Hunderte von Gladiators Paaren auf eins
mahl auf die Arena brachten. Nach dem Unsers
gange ber Republik fahen fich die beften Katfer
gezwungen, tem felgen und graufamen Pöbel ſo⸗
Ä ges
- 8) Niad, XXUI, v. 179, Aeneid,X, 617,555. XII,
| 948-
—
&) Jufin, XL 2.
e) Servius ad Acneid. 1. 67. X. SıQ.
HMHN Freinseh, Suppl, Liv. XVI. 48, Servius Il, c«,
— *
geraunte manera zu geben, die Hunderten von
Menſchen Das Leben koſteten. Dieſe munera breis
teten. ſich von Rom über alle Provinzen aus, und
man kann mit Gewißiheit annehmen, daß unter
ben heidnifchen Kaifern jährlich viele taufende von
Sladiatoren bloß zur Buͤßung einer unnatärlichen
inft umgebradit worden.
Menſchliche Suͤhnopfer wurden den Goͤttern
ehne Vergleichung häufiger, als ben abgeſchiede⸗
nen Seelen gebracht; und es war vielleicht kein be⸗
deutendes Volk auf ber ganzen Erbe, wo derglei⸗
chen nicht Statt gefunden hätten. Zu KHerodors
Zeiten hatten bie Aegyptier fo lange aufgehört,
Menſchen zu opfern, daß er eine Griechifche Sage
"für durchaus unglaublich erflärte, nach welcher bie
Argyptier ben Herkules hätten opfern wollen g).
Und doch kann man nad den Zeugniffen anderer
Schriftſteller kaum zweyfeln, daß die Aegyptier in
älteren Zeiten Meunſchen mit rothen Haaren geopfert
haben, um die Götter dadurch zu befänftigen A).
Ald Zerres Griechenland mit Krieg überzichen
mollte, ließ er ben geltebteften Sohn eines Iys
diers Pythias, für melden der Vater um Ber
freyung vom Kriegsdienſte gebeten. hatte, fo von
einander hauen, ‚daß das ganze Perfifche Heer -
durch die beyden Haͤlften des Coͤrpers durchgehes
konnte 5): unſtreitig ein Suͤhnopfer, das fuͤr alle
Perſer buͤßen, und die Götter vefänfeigen follte.
Im
I. 4.
- k) Welleling ad Diod. I, p. 99. Schmidt de faeri-
ficiis Aegypt. p. 201. Auch Denon II, Zor,
;) VII. 39. 40,
Sm- ganzen Orient behielten die Phoͤnicier, und
beren Pflanzvoͤlker die menſchlichen Dpfer, beſon⸗
ders Suͤhnopfer, am hartnädigften by.“ Bey
der Belagerung von Tyrus durch den Alerander, '
glaubten viele Einwohner ber Statt, dag man
den Zorn ber Götter durch die Erneuerung der eine
Zeitlang audgefezten Mienfchenopfer ftilen müfle-
. Nur mit genauer Noth hielten vie Aelteren und
Weiſeren diefe graufamen Opfer zurüd k). Sn
Carthago dauerten die Menfchenopfer bid auf die
Zerftörnng diefer Stadt fort I). Während ber ‘
Belagerung von Carthago dur ben Siciliſchen
König Agathokles verbreitete fi der Wahn, daß
diefes Unglüd eine Wirkung ded Zornd des Sa⸗
turn fen, und baß der Gott deßwegen zürne, weil
man in ben lezten Zeiten bie Mienfchenopfer nicht
fo; wie von Alters her, gebracht habe. Nach
alter Sitte nämlich wählte man jährlich unter den .
Kindern der edelften Sefchlechter eine gewifle Zahl
aus, und legte fie auf eine folche Art in. die bes
wenlichen Arme ber ehernen Starte des Sarurn,
daß fie aus biefen in ein unten angezuͤndetes Feuer
rollten. Kurz dor der Ankunft des Agathokles
hingegen hatte man angefangen, Kinder armer El⸗
tern zu Faufen, und dieſe tem Gott anzubieten.
Um num die begangenen Sünden zu büßen, und
ben gerechten Zorn bed Gottes. zu befänftigen A bes
on kchloß
) Cortius IV. 4,
ı) Juftin XIX, 1, erzäßlt, daß ſchon Darius Ayı
ftaspie die Earthaginenjer verpflichter babe, Leine
Menfchen mehr zu opfern. Dieß ift eben fo unges
wiß, ald daß der König Gelo oder die Römer die
Aufhebung der Menfchenopfer zu Bedingungen von
Bündniffen, vder von Frieden gemacht hätten.
‚ \
)
ſchloß men, auf einmahl zweyhundert Kinder aus
den angefehenften Familien zu opfern. Außer dies
fen Zweyhundert wurden noch Drephundert andere,
ald freywillige Opfer von armen. Eltern darge⸗
bracht. Der Gott begnügte ſich nicht bloß mit
den Dpfern. Die Väter, und Mütter muften
- ihm ihre Kinder fo übergeben, ald wenn fie es
‚ohne Schmerz, oder mit Freuden thäten. Damit
aber Doc, die Dpfer durch das Wehklagen der El⸗
tern nicht geftört würden ; fo machte man wähs
rend Derfelben eine fo raufchende Muſik, daß ınan
kein Jammergeſchrey, wenn es auch erhoben wurde,
vernehmen Eonnte m).
Die Völker des Abendlandes verföhnten ihre
Götter eben fo wohl durch Menſchenopfer, als die
des Morgenlandes. Die Taurier opferten Schiffs
bruͤchige, beſonders, Griechen der Diana, oder -
wie Andere mollten, der „Jpbigenia n). Die
Sueviſchen Völker feierten jährlich in einem heili⸗
gen Hain ein allgemeines Feſt, an welchem ein
Menfh geopfert wurde 0). Die alten Gothen
derföhnten ben Gott des Krieges durch die Opfer
gefangener Feinde. ie fezten diefe Opfer noch
eine Zeitlang fort, nachdem fie fchon die Chriftliche .
Religion angenommen hatten p). Die Gothen in
Schweden kamen In jedem neunten Monden, und
beſonders in iedem neunten Jahr zu Upſala zuſam⸗
men,
n) Diod, IL p. 416, taeust. I, 20, Pius, VI, 635
635. |
n) Herodot. iv. 103, |
0) Tacit. Germ. 9. 39 c. ' ur
>) Grotii Hi, Goth, p, 617.
— — 93
— — —
.
94. — —
men, und opferten jedes Mahl ſowohl Menſchen,
als Thiere, an den neunjaͤhrigen Feſten, neun ge⸗
fangene Feinde, in Friedenszeiten neun Knechte ).
Die Daͤnen, und Normaͤnner opferten alle neun
Jahre, und zwar im Januar neun und neunzig
Menſchen, und eben ſo viele Pferde, Hunde, und
Hahnen r). So oft ſich uͤberdem ein großes, und
allgemeines Ungluͤck eraͤugnete, entweder Miß⸗
wachs, und Hungersnoth, oder peſtartige Seu⸗
chen, u. ſ. w.; fo ſuchten bie Könige unter ihren
Unterthanen bie erforderlichen Sühnopfer aus, oder .
die Könige felbft wurden von ihren Unterthanen
ergriffen, und al& die Urheber des Zorns der Goͤt⸗
ter den lesteren als Suͤhnopfer dargebracht 5),
Auf eine gleiche Art dachten, und hanbdelten die
Gallier. Wenn diefe im ſchwere Krankheiten fies
Ten, ober fonft in große Lebensgefahren geriethen;
fo gelobten, und brachten fie Menfchenopfer 2),
weil fie glaubten, daß das Leben eines Dienfchen
nur durch bad Leben eines antern Menfchen ers
kauft werben koͤnne u). Ihrer Meinung nach was
zen böfe Menſchen den ‚Göttern mohlgefälligere
Sühnopfer, ala ſchuldloſe. Wenn aber feine Vers
brecher zu haben waren, fo opferten fie unfchuldige
Derfonen, welche fie bisweilen in ungeheure, von
Zweigen geflochtene Bilduniſſe ſteckten, und mit
| . be
9) Mallet Introd, e 7.
7) 1. c. |
s) Barthel, p, 323. 393. 9%
6) Iufiin, 26. c. 9. Caelar VI. 16.
u) Caeſ. VI, 16. „ „ pro vita bominis niß vita ho-
minis reddatur, non polle deorum immorts
lium iram placarl, '
— — v 95
Hefen verbrannten. In dem Kriege mit dem An⸗
tigonus x) kuͤndigten die Eingeweide der Opfer⸗
thiere den Gallogriechen ſchwere Niederlagen au.
Dieſe Vorbedeutungen ſezten das aberglaͤubige
Bolk in eine ſolche Wuth, daß ſie Weiber, und
Kinder umbrachten, um den Zorn ber Goͤtter zu
verſoͤhnen. Die Roͤmer ſahen die Druiden als die
vornehmſten Urheber der Menſchenopfer an, und
deßwegen verfuhren mehrere Kaiſer mit grofiem
Ernſt gegen dieſe Prieſter der Gallier, und Bri⸗
tannier 4). Deſſen ungeachtet dauerten wahrſchein⸗
lich unter beyden Voͤlkern die menſchlichen Suͤhn⸗
opfer bis auf bie Einführung, und Befeſtigung ber
Ehriftlichen Religion fort. Unter den alten heid⸗
niſchen Slaven erhielten fi ſolche Dpfer viel laͤn⸗
ger. Noch im zehnten Jahrhundert ward tn Ruf
land jährli Einer durch das Loos gewählt, ber
die Sünden des ganzen Volks auf fi nehmen,
und durch fein Blut die Götter verfähnen muflez).
Auch in Griehenland war nicht allein Fein
Volk, fondern faft Feine Stadt, die nicht in großen
Nöthen und Gefahren menſchliche Suͤhnopfer ge⸗
bracht 4), ſo wie kein Orakel, das nicht ſolche
Opfer, als die ſicherſten Verſoͤhnungsmittel des
Zorns der Goͤtter angerathen hätte 63). Selbſt ie
als
x) Iuſtin. 1, c.
y) Tacit, Annal. XIV. 30. Sueton, in Claudio
c. 30.
z) Anton ©. 64
a) Porphyr. de Abflin, II, 54- 56, 9. Menıl, Lect,
Attic. IV, c. aæ.
b) Paulan. IV. 9. VII. 19. zz. VIIL a.
96. _- —
“alten. Spartaner pferten in den alteſten Zeiten
ber Diana jaͤhrlich eine Jungfrau Schon Ly⸗
kurg ſoll dieß Suͤhnopfer abgeſchaft, und ſtatt
deſſen die Sitte eingefuͤhrt haben, daß Knaben und
Juͤnalinge jaͤhrlich vor dem Altare der Goͤttin bis
aufs Blut gegeiſſelt wurden c). Als Ageſilaus
der Diana in Aulis eine Hindinn, und nicht eine
Jun frau opferte; ſo zerſtreuten die Anwohner das
Opfer, weil der Goͤttinn nicht Thiere, ſondern
Mienſchen geopfert werden müßten d). Um die⸗,
ſelbige Zeit ſuchte man den Pelopidas zu bereden,
daß er traurige Vorbedeutungen, die einen ſchwe⸗
\
zen Zorn der Götter anfündigten, durch Menſchen⸗
opfer abwenden möchte. Der Thebaniſche Held
‚verwarf biefen Rath mit Abſchen, und opferıe ein
weiſſes Pferd, indem er fagte, daß aute Goͤtter
an Merſchenblut fein Wohlgefallen finden koͤnn⸗
ten e).
Die aͤlteren Roͤmer brachten vorzuͤglich dem
Saturn jaͤhrlich Menſchenopfer. Nach einer Ue⸗
berlieferung, deren Dionys, und Plutarch ers
waͤhnen f), hob ſchon "Herkules dieſe jährlichen.-
Menfhenopfer auf, und erfezte fie durch den
Brauch, der nody zu Plutarchs Zeiten beybehals
ten wurde, jährlich dreyßig menfhenähnlidhe Bils
ber in bie Tiber zu werfen. Wenn es auch waͤhr
iſt, daß im J. 057 ab u. c. alle Meufgenopfes
ce) Meurf, Mifc. Lac n. c. 14. Crag, m. Tit, 9%
d) Plut, III. 625.
#) Pintarch. II. 366 - 368.
) Plutarch. VI. 102. 143, Dionyf, Antig, L 38.
Pas Lact, I, sı e,. u
h 7
-
ia Rom verboten worden; fo beobachtete man dies
ſes Geſetz eben fo wenig, als andere Gefeße, Zu
Caſars, und felbft zu Plinii Zeiten wurden ein
Grieche, eine Griechinn, and mehrere andere Ger
fangene aus Völkern, gegen welche bie Römer
kriegten, an einem öffentlichen Drte in Rom Iebens
dig Bearaben p). Plutarch erwähnt eines Ahnlis
hen Suͤhnopfers, mo man zwey Griechen und eben
fo viele Gallter erwürgte, weil drey Veſtalinnen
entehrt, und eine vierte vom Blitz getroffen wor⸗
-ben war h). Caligula ließ mehrere unſchuldige
Menfhen wie Dpfer ſchmuͤcken, und dann Son:
Felſen herunterwerfen , um dadurch fein Leben don _
den Göttern zu erfaufen i), oder vielmehr, umten
Zorn der Götter Yon fid) abzuleiten. Nero bes
fimmte bie -vornehmften Roͤmer als Suͤhnopfer
sum Tode, weil er von einem Öternbeuter Bas
bilus hörte, daß die Erſcheinung eines Kometen
den Göttern ber Erbe Gefahren brohe, und daß
folhe Gefahren durch erlauchte Söhnopfer abge
wandte werben könnten. Man erzählt vom has
drian, daß er bad Bringen von Wrenfchenopfern in
dem ganzen Umfange des Roͤmiſchen Reichs auf
das fchärffte unterfagt habe k).. Wenn ınan ed
auch in fpäteren Zeiten nicht mehr wagte, öffent
‚ben
lich Menſchen zu opfern, ſo unterließ man ed an
e) Plin. 28. 2. -
h) VII. 144. 148,
i) Pro falute principis.. Sueton, In ej. vn⸗ 2
k) Pallant, ap, Porphyr. h e. Lact. I, gi,
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neſen hauen Eins ihrer Kinder f
unm die Götter zu befänftigeit, über fie zu bewegen,
Opfer den Zorn bed Meers zu verſoͤhnen g).
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den geheimen Feſten, beſonders in den Myſterien
des Michras gewiß nicht, u |
Die Peruaner, bie Mexicaner, und die Ne⸗
| ger ſchenten, und fchonen des Menſchenblutes eben- .
ſo wenig, wenn fie die Götter verſoͤhnen, als
‚wenn fie biefelben gewinnen, ober ihnen banfen
wollten 2). Selbſt die Hindus, die es für eine
ſchwere Sünde halten, genießbare Thiere zu ſchlach⸗
ten, und für ein ganz unerlaßliches Verbrecheit,
einem Brahminen das Leben zu hehmen, felbft die
Hindus flürgen in Zeiten gefährlicher Kriege, oder
allgerneiner Seuchen, und Hungersnoth die Yors
nehmften Brahminen Son Pagoden herunter, um
baburd bei Zorn der Götter ju verſoͤhnen m):
Die Chineſen werfeh ihre Kinder ins Waſſer zur
Verſohnung der Geiſter dei —— n).. Die Tunti⸗
n bet Mitte durch,
daß fie ben übrigen nicht ſchaden wöllen 0), Ju
gleicher Abſicht bringen die Vewohner Kon Workes
von Zeit zu Zeit Menſchenopfer p). Go gar bie
Türken werfen bey gefährliche Siuͤrmen nicht nur
andere Eoflbare Sachen ; fondern auch wohl einen
Griechen, oder Juben über Bord, um durch ſolche
| | Meis
I) Acoßla, Oldendorp ‚% Loyer N, cc.
m) Sonnerat I, 186 ©.
n) Memoires cönc, les Chinoia II, 400%
0) Rhodes p, 119. | Ä
' p) Forreſt p. 368, a v
9 „Bleemanne Meife nach der Krimm ©, 240. neue
usg. |
- — — — — — —
— — — —
Meiner Meinung nach koͤnnen zu ben menfde
lichen Sühnopfern die unter vielen Völkern gebräuch:
lichen Ausfezüngen von Kranfen, und Gterbenben
aerechnet werden. Die alten Perfer und deren
Nachbaren ließen gefährlih Kranke von Hunden
jerreiffen 7), wahrſcheinlich um fie ben Göttern,
welche bie Krankheiten geſchickt hatte, als Suͤhn⸗
opfer zu übergeben, und eben biefe Götter nicht
burdy irgend eine ben Kranken geleiftete Hülfe zu
zeigen. Sollten die Hindus aus einem Ähnlichen
Grunde ihre ſterbenden Anverwandten an ben naͤch⸗
ſten Fluß bringen, ihnen Nafen, Ohren und
Mund mit Schlamm zuſchmieren, und fie in bies
ſem ſchrecklichen Zuſtande, ben Beſchwerden ber
Jahrs zeiten und Witterung ausgeſezt, huͤlflos ſter⸗
ben laſſen )? Allem Anſehen nach warfen vor⸗
mahls bie Kamtſchadalen aus eben ben Wahne
ſterbende Anverwandten aus ihren Huͤtten her⸗
aus, aus welchen fie ſich weigerten, Angehörige,
bie in's Waſſer gefallen, und nur kaum mit dem
Leben davon gekommen waren, wieder aufzuneh⸗
men 1), Man kann von der lezten Unbarmherzig⸗
[ £ } “ rn —
feit ſchwerlich eine andere gedenkbare Urſache ange⸗
ben, als die Furcht, daß man durch liebreiche
Dienſte, die man ben Opfern bes Zorns ber. Goͤt⸗
ter leiſte, bie lejteren gegen ſich felbft aufbringen
koͤnne. Gelbft die Griechen und Mömer hätten.
ähnliche Vorurtheile. Die Griechen hielten dieje⸗
Ä u | | nis
r) Mat S. meine ſchon mehrmaͤbl Gngeführte Abh. de
religione veterum Perlaruin, —
Tennants Indian Recreat. 1. 168
t) Steller ©: 211. J
G3
110 u F
welche fie berůhrten, hefleckten y. Die gatelln jü |
alicz am Duieſter inüffen bis an ben Hals in den
Fluß gehen, went fiegemanden erben fehen. Um
biefer Unannehmlichkeit auszuweichen, berlaffen fie
ihre fterbenden Anderwanbten, und bingen Talmu⸗
diſche Juden, daß ſie die Sterbenden verſorgen,
und die Verſtorbenen fo bald als moͤglich begraben u).
Den mittleren Perſern ſchienen alle Kranke unrein,
und Geneſete durften daher nicht eher ihre buͤrger ⸗
lichen Verrichtungen wieder anfangen, als bis ſie
von Magiern waren gereinigt worden x). Eben
die Morgenlaͤnder, die niemahls Bedenken trügen,
ſich Peſtkranken zu naͤhern, und die Kleider von
Peſtkranken anzulegen, oder zu kaufen, ſtimmten
von jeher darin uͤberein, daß die Leichname von
Menſchen und Thieren unrein ſeyen, und daß die
Beruͤhrung derſelben beflecke. Unter den Juden
waren Todtengraͤber nicht weniger unrein, als
die Aerzte, welche unreine Kranke behandelt hat⸗
ten ). Im alten Aegypten %) ließen alle, bie
ed kur einigermaßen vermochten, die Leichname vers
ftorbener Anverwandten einbalfamiren. Zu dieſen
Einbalſamirungen warb nothwendig erfordert, daß
biejenigen, welche fie verrichteten, die fo genaun⸗
ten Pollinctören, bie weicheren, ber Verweſung am
meiften unterworfenen Theile herauszogen, und
“dann bie ausgeleerten Leichname eine Zeitlang
5) Mid, 1. 6
u) Rohrer ©. 109.
&) Agathias II, €, 18;
y) Michael: Mof N 1. €.
#) 11, B6 et ig, & Herodot.
beiz⸗
v
— mm — — — — —
Siebentes Bud.
Geſchichte der gotteäbienftlichen Reinigungen.
Yußer den Dpfern, und Gaben bieten bie Re⸗
ligionen ungebildeter Völker noch vier große Mits
tel dar, die Gnade der Götter zu gewinnen, und
ihren Zorn zu verſoͤhnen: : Reinigungen, und Selbſt⸗
Peinigungen, Gebete und Feſte.
Gottesdienſtliche Reinigungen waren nicht we⸗
niger allgemein, als Opfer und Gaben; und diefe
Thatſache allein widerlegt ſchon die ſeltſame Mei⸗
nung einiger neueren Gelehrten, weiche behaupte⸗
ten, daß Reinigungen in allerley mwohlthätigen,
befonders: biätetifchen Abſichten, von Gefeßgebern,
und Reltgionss Stiftern eingeführt worden, Rei⸗
nigungen fcheinen von eines geroiffen Seite eben fo.
notärlih, als Opfer und Gaben: von anderen
Seiten hingegen weniger natuͤrlich, oder gar uns
natuͤrlich. Es waren höchft natürliche Gedan⸗
ken, daß man vor den Goͤttern eben ſo rein, und
ſauber erſcheiner muͤſe/ als vor Koͤnigen, und
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—— — 101
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J Fuͤrſten; daß alſe ale, die an ihrem Leibe, ader
an ihren Kleidern etwas unreines hätten, nicht
würdig fegen, fih den Bildniffen, Tempeln, und
Altären der Götter zu nähern; und menn Unreine
dieſes wagten, daß fie alsdann gegen die Götter
ie. eder den Zorn, und die Strafen berfels
en auf ſich zögen, Weniger natürlich, ober felbft
unnatuͤrlich war ber Glaube; daß man burh Nele
nigungen bie Gnade höherer Maturen erlange und
ihre Ungnade verfähne: daß man durch cärperlice
Meinigungen Flecken ber Geele,. ober bie gröffen
Verbrehen, und. Safer wegnehmen, und bie
Schuld derfelben tilgen: baß-man endlich Befleckte
durch eben die Gegenftände, und Handlungen rrints
gen fönne, melde man fonft für die größten Unrei⸗
pigkeiten, und Beruureinigungen hielt. Allee
dasjenige, was bem unbefangenen Forfcher in ben
gottesdienſtlichen Meinigungen unnatürlich, ober
wenige natürlich fheint, war, und. if eben fo
ſehr verbreitet, als dag, was man ald natürlich
gnzuerkennen geneigt iſt unb hieraus erhellt, ba
das eine nicht weniger, als das andere, in ben
Denkart uncuitioirter Völker gegründet. war,
Handlungen, woburh man entweder Menſchen,
pub Zhiere „ ober auch lebloſe Dinge von folden
fhtharen, eben unſichtbaren Flecken befreyt, welde
‚hie einen, und bie anderen zu gottegbienftlichen
Werrichtungen untoͤchtig machen. Go, maynichfals
tig die Meinigungen, und Reinigungsmittel was
gen; chen ſe Lerſchieden waren die Grade der Un⸗
| J | | - yela
are
A) yafageggz zalepat, Infirationen,
— — 103
reinigkeiten, und Befleckungen. Die meiſten Be⸗
fleckungen ſezten Unreine bloß außer Stand, got⸗
tes dienſtliche Handlungen vorzunehmen. Andere
ſchloſſen die Unreinen nicht nur von allen gottes⸗
dienftlichen Verrihtungen aus, fondern machten fie
auch zu Segenftänden bes Zornd der Götter, und.
des allgemeinen Abſcheus der Menſchen b).
Unter allen Voͤlkern der Erbe waren, wie
ih anderömo gezeigt habe c), bie alt: Europäis
f hen Nationen, mit Ausfhluß ber Griechen und
Römer, bie einzigen, melde die Weiber nicht als
unreine Geſchoͤpfe gering ſchaͤtzten, uud fie felbft -
nicht in den Zeiten der Reinigung und der Niedera
Eunft von ihrer Seite, ober von ihren Tiſchen, und
aus ihren Käufern verſtießen. Alle übrige Voͤl⸗
fer mißbanbelten die Weiber um befto mehr, je
nichtswuͤrdiger fie felbft waren; und entfernten fie
beſonders in ben, Zeiten der Reinigung, und ber
Moden, mande. fogar in, ben Zeiten ber Schwan⸗
‚gerfchaft mit unuͤberwindlichem Abſcheu: wahrſchein⸗
lich, weil man Reinigungen, Niederkuͤnfte, und
Schwangerſchaften, wie gefaͤhrliche Krankheiten
und den Tod, für Wirkungen des goͤttlichen Zorns,
oder für goͤttliche Strafen anſah. Die. heutigen
Morgenländer. .beharren umnerfchütterli in ben
Vorurteilen der Bewohner des alten Orients,
Weiber die ihr Monathlices haben, muͤſſen ſich
| nicht
&) Die Unreinen, der erftern. rt wurden bloß AaßyAoı
profani‘,“ die der lezteren adırıaoı und avaysıc
genaunt. Thucydides I. 126. 8
€) Im erſten Theile der Geſchichte der, Weiber.
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204 — —
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nicht nur von ihren Männern eutfernt halten, ſon⸗
dern fie dürfen auch Feine Moskern beſuchen, ja’
nicht einmahl beten, und faften d). Nicyt. weniger
unrein find Frauen gleich nach der. Empfaͤngniß: be:
fonders aber Wöcdhnerinuen, bie wenigflend vierzig
Tage lang abgefondert wohnen, und fidy aller gote
tesbtenftlihen Handlungen enthalten muͤſſen, bis
ſie die im Koran vorgeſchriebenen Reinigungen vor⸗
gepommen haben. Moſes ließ zwar vie Unreis
"nigkeit der Weiber in den Zeiten der Reinigung
beſtehen allein er milderte die Unreinigkeit von
Woͤchnerinnen, indem er die leztere, wenn ein
Sohn gebohren worten war, auf fieben, wenn eis
ne Tochter, auf vierzehn Tage beſtimmte z), Die
Griechen, und Roͤmer waren unter ben urfprüngs
lichen, Völkern unfers Erdtheils die einzigen, die
dad andere Geſchlecht auf eine der morgenlaͤndi⸗
ſchen aͤhnliche Art behandelten, und auch morgen:
laͤndiſche Vorſtellungen von ber Unreinigkeit der
Weiber hatten, Die Griehinnen, und Roͤme⸗
‚rinnen muften fich zu. befiimmten Zeiten reinigen,
ober reinigen Laffen, Fromme Männer führten
ihre Weiber, ihre Rinder, und deren Saͤugam⸗
sıen ıngnathli zu. heiligen Perfonen, um biefels
ben luſtriren zu laſſen F). Woͤchnerinnen maren
uns
FR Chardin wv. p 72- 78. Auf eine ‚ähnliche It
habanhelt man die Werber unter den Hindus,
Gensit & 95. den Ceylaneſen, Knox. p 94.
und den Parſis, Tavernier I, igꝗi.
e) IV. ↄga - 299. Michaelie Moſaiſches Recht,
u; ) Lomeyer o. 87. p- 33% Theophr, Charact,
Bälk Schneideri. 0. 2% ſonſt XVII. x Teseiy
a un
— — — —
— — 105
uter beyden Boͤlkern vierzig Tage unrein. Wer
ine Woͤchnerinn berührte, durfte am Altar ber
Diana eben fo wenig opfern, als ein Meuchel⸗
wörter. Auf der heiligen Inſel Delos unterfagte
man ſchwangeren Weibern eben fo ſtrenge, niederzu⸗
bemmen, als man es den Angehoͤrigen von Vers
ſtorbenen unterfagte, die Leichname der Ihrigen zu
begraben. Die Unreinigkeit ber Mutter theilte
ſich den Kindern mit. Neugebohrne Kinder wur⸗
den vnter de Griechen am fünften, unter den Kids
mern Maͤdchen am adten, Knaben am neunten
Tage luſtrirt g), Man bebiente fid) Dazu bed
Syeihele, dem man wunderbare Kräfte, bejonders
gegen Wezanberungen zutrante, und zwar um beflo
mehr, wenn man ihn mit dem Staube aus Baͤ⸗
dern vermifcht hatte. - Mit diefer ſchmutzigen Mis
(hang beftrih man die Lippen, und Stirn ter
Kinder, und bediente ſich dazu ded Mittelfingers,
weichen die Roͤmer infamem nannten, weil fie mit
diefem Perſonen, ober Gegenftände aufeine ſchimpf⸗
fie Urt bezeichneten k). Dir Tag der Reinigung
ward
!
Sousvoc mpos was OnPsorsiesec nara uva Kon
peusoYa nsrarne Yuvaınog’ auv de um axoAudy
j yury, Hera rns TIrINE n Tuv way,
$) Lameyer ©, 25. pP. 315. 316, c. 27. p. 327. 28,
Calaub, ad Perf. Sat. II. ꝑ. 2aı, Sueton, A
in Nerone,
b) Perfii Sat. II, 31 et fg. v. u
“ Ecce Avia, aut: metuens divam 'matertera
cunis *8
exemit puerum, frontemque udaque labolla
infami digito, et luſtralibus ante [alivig ex-
| u piat.
N
N
nn —
106 emo
‘warb dies luſtricus ſo wie der reinigende Speichel
ſaliva luſtralis genaunt. ** *
Die Bewohner des füblichen oͤſtlichen, und
nördlichen Aſiens fuͤrchten ſich vor der Unreinig⸗
keit der Weiber noch viel mehr, und wenden aiſe
auch viel härtere Reinigungs: und Verwahrungs⸗
mittel Dagegen an, als die Nationen bes Alters
thums, ober bed Morgenlandes. Die Siamefen.
halten Woͤchnerinnen einen ganzen Monath burd
an einem beftänbigen Feuer , und wenden fie haͤu⸗
fig von einer Seite auf die andere, damit fie deſto
gruͤndlicher gereinigt werden. Sie bekuͤmmern fich
nicht darum, daß Kindbetterinnen durch den Rauch
leiden, ber nur langſam aus einer Heffnung im
Dache herausfteigt. Die Peguaner Legen Woͤch⸗
nerinnen auf einen Roſt, unter welchem Feuer ans
gezuͤndet worden. Gluͤcklicher Weiſe dauert bie
Roͤlten wicht länger, als vier, ober fünf Tage.
Denn die Siamefen und Peguaner ihre Weiber
hinlänglich gereinigt glauben, fg banken fie dem
Feuer für die gefeiftete Reinigung , und ftellen ein
Dankfeft an, wo fie alle Gerichte dem Teuer Anbie:
ten, und nicht eher davon ‚genießen, als bis bie
Speifen eine Zeitlang am Feuer geftanben haben H.
Unter den Sibiriſchen Heiden, beſonders den Dfkias .
Ten, Samojeden, und Lappen, bannt man bie
Weiber während Ihrer Reinigung, und nad; ber
Niederkunft in abgelegene Hütten, wo Woͤchnerin⸗
gen ſich wenigftens ſechs Wochen, haͤufig zwey volle
Menathe aufhalten muͤſſen k), Wenr man, ber
gergiee atalten EN wia⸗
1. 204, Lonbers. u |
A) Voyag. au Nord VIIE p. 25, 407, Weber I,
197. GSeorgl'o Ruf, Völlerfy. 483.376 ©, og
ſtroͤm ©. 137. U
ö— — — — wir — — —s ————————— — —
— —— — ———— — — bi
y
= m 107
FHechnerinnen, und ſolchen Weibern, die ihr Mo⸗
nathliches haben, keine beſondere Hütten anweiſen,
eder erbauen kann; fo nimmt man ſich wenigſtens
vor aller Gemeinſchaft mir ihnen auf das ſorgfäl⸗
tiefe in Acht. Man leidet nicht, daß bie Unrei⸗
zen Speifen bereiten, ober bad Geräch, die Klei⸗
ver und Heerden ber Maͤnner berühren. Beſon⸗
ders ſucht man es zu verhuͤten, baf fie nicht Aber
das Feuer wegfihreiten, oder Aber bie Pfade ber
Männer, und ber Rennthiere gehen. Die Lappen
dulden es nicht, daß Weiber in den Zuſtaͤnden ber
Unreintgleit fich der heiligen Thuͤr bedienen, aus
welcher bie Männer geben, wenn fie opfern wollen.
Ehen fo menig geftatten fie, daß folche Weiber den
Weg betreten, welchen die Männer zum‘ Opfern
genommen haben: daß fie ſich den Altären, ober
Opferpläßen nähern, ober aus heiligen Seen fiichen. _
Unter den GSibiriſchen Heiden müffen Weiber, wels - |
de die Zeit: ber Unreinigkeit überfianden haben,
mehrmahl über ein loderndes Feuer fpringen, qm.
gereinigt zu werden. Die Mongolinnen hingegen’
reinigen ſich dadurch, bag he ſich mit yarmem
Waſſer waſchen I),
Unter den Negern in Mhiba, fing u. ſ. w.
hant man in einiger Entfernung von den Dörfern,
oder bewohnten Haͤuſern befonbere Nätten, wohin
ſich Woͤchnerinnen und Frauen ſowohl, ald Maͤd⸗
hen in den Zeiten der monathlichen Reiniguug be;
‚geben möäflen, Die Unreinen, werden hier von ala
ten Meibern bedient, und, bünfen nicht cher zu
ie n Männern aurhdlchren, a8 bis fie ofen
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1 Pallae, Monagl. Volterſch. 1. 166 ©,
.. 2108 — ——
tig gewaſchen worden. Die Neger verpflichten ihre
Weiber und mannbaren Toͤchter eidlich, daß ſie ihre
monathlichen Zufaͤlle nicht verbergen wollen. Eine |
Frau, die dieſen Eid braͤche, und im Zuſtande ih⸗
rer Unreinigkeit dem Maine Eſſen bereitete, wuͤrde
dafür am: Leben geftraft werben m). Selbſt die |
fauifhen Hottentotten fliehen ihre Weiber fomohl |
-in ben Zeiten der Reinigung, ald während und nach
der Entbindung, Mütter und neugebohrne Kinder
werben nicht eher rein, als bis man fie bepißt,
und mit Kuhmiſt uͤberſchmiert hat’ n).
Auch unter ben‘ Americanern müffen Weiber
während ihrer Reinigungszeit, und Wöchnerinnen,
‚bie feßteren,, vierzig Tage lang in abaefonderten
Hütten wohnen. Wenn die Zeit ber Unreinigkeit
verfloffen ift, und bie Gebannten in ihre Wohnun⸗
‚gen zurückkehren; fo Lift man das Feuer and,
ſchuͤttelt alles. Geräth des Hauſes, und zündet ein.
‚neued Feuer an 0). Die Nords Americanifchen
Wilden nähern fih ihren Weibern weder während
der Schwangerfihaft, noch. während ber Zeit be&
Stilens, das gemöhnlidh dvey Jahre dauert P)
Unter ben Wilden am Oronoko muͤſſen Bräute viers
sig Zage vor der Hochzeit fo firenge Faften hal⸗
ten, daß fe dadurch faſt ganz entfleiſcht werden. Man
legt
m) Des Marchais H. p. 180. und Eoyer p- 168, ı69.
il n'y va pas moins pour elles, que de la vie,
fi l’on P’apercevoit, qu'elles, accommodallent &
manger pour lenre maris. pendant ce tems.
n) Befchryving etc, 1. p. 273. 283.
0) Charlevdix lourn. p. 288
p)). c.
ER TE ru rn RT
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legt den Braͤuten riele harten Faſten in der Ab⸗
ſiht auf, um ſie von dem toͤdtlichen Gift zu rei⸗
sign, welches man in allen weiblichen Coͤrpern
nimmt g). , Man glaubt nämlih, daß alleg,.
vas von Weilbern während ihrer monathlichen Reis
sigung berührt wird, abflirbt, und bag den Mäns
een fogar die Beine anfchwellen, wenn fie an
derter Eommen, mo Weiber gewefen find, bie
br Mosiathlides hatten.
Hus eben der Urſache, aus weldyer man Wels
ber in gewiſſen Zuftänden ald Gegenſtaͤnde des goͤtt⸗
lichen Zorns verabjcheute, hielt man aud) Ausſaͤtzige
und andere Kranke, noch mehr aber Leichname,
Sterbehäufer und Gräber, fammt benen, welche die.
einen oder die anderen berührt oder geſehen hatten,
ja felöft foldhe, die den Verſtorbenen auf irgenb
eine Art angehörten, für unrein und befleckend.
Sm ganzen Drient erfannte man feine andere Krank:
beit fo ſehr ‚für eine göttliche Strafe, ald ben Aus;
ſatz. Der Juͤdiſche Geſetzgeber fand diefe Meynung
nicht nur unter ſeinem Volke vor, ſondern beſtaͤrkte
es darin; und deßwegen verordnete er, daß die
Ansſaͤtzigen, als Unreine, abgeſondert wohnen
ſollten, um Andere nicht zu beflecken ). Man
traf im Mittelalter ähnliche Anftalten, und hegte
aͤhrliche Worftellungen, indem man. befonders für.
| Ausfägige Seelens Bäder einführte s) Unter ben
Suden waren auch ſolche Kranke, die am Saamen⸗
fluffe litten, ſo unrein, daß fü ſ e ſelbt die Aerzte,
. wels
9 I. 248. 49: Gumiila, |
) Mich. Moſ. Ri IV, 22d n. f. G.
Balnea et relrigeris animarum. moſen &, 283.
0)
= x.
— — — — .
-
=
110 —— —
welche fie. beruhrten, befleckten >. Diestaraike ja jü
alicz am Duieſter inüffen bis an ben Hals in den
{uf gehen, went ſie Jemanden fterben feheh. Um
biefer Unannehmlichkeit auszuweichen, berlaffen fie
"Ihre ſterbenden Anverwandten, und bingen Talmu⸗
diſche Juden, daß ſie die Sterbenden verſorgen,
und die Verſtorbenen fo bald als moͤglich begraben u):
Den mittleren Perfern ſchienen alle Kranke utrein,
und Geneſete durften daher nicht eher Ihre buͤrger⸗
lichen Verrihtungen wieber Anfängen, als bie fie
yon Magiern waren geteinigt worden x). Eben
die Morgenländer , die niemahls Bedenken trügen,
ſich Peſtkranken zu nähern, und bie Kleider von
Peſtkranken anzulegen, oder zu Faufen, ſtimmten
bon jeher darin überein, daß bie Leichname bon
Dienfchen und Thieren unrein feyen, und daß bie
Berührung berfelben beflecke. Unter bein Juden
waren Todtengraͤber nicht weniger unrein, als
die Aerzte, welche unreine Kranke. behandelt hats
ten-y): Im alten Aegypten x) Tießen alle, bie
es nur einigermaßen vermochten, die Leichname vers
florbener Anverwandten einbalfamiren. Zu dieſen
Einbalſamirungen ward nothwendig erfordert, daß
j biejenigen, welche fie verrichteten, die fo genann⸗
ten Pollinctören, die weicheren, der Verweſung am
meiſten unterworfenen Theile herauszogen, und
“dann bie atögeleerten Leichname eine Zeitlang
Ä | beijs
t) Mich. 1, €. | |
u) Rohrer ©. 109,
&) Agathias II, e, 10.
y) Michael: Mof Ri LE.
xæ) 11, 86 et iq, &, Herodot.
. — — 111
beizten. So unentbehrlich abet auch die Pollinctoren
waren, ſo mied man fie nicht bloß als unrein, ſon⸗
dern man verfolgte ſie, und vielleicht heftiger, als
man Meuchelmoͤrder verfolgt haͤtte. Die Prieſter
tt Venus zu Hierapolis wurden nicht bloß durch
die Beruͤhrung, ſondern durch den bloßen Aublick
von Todten unrein. Wer einen Leichnam geſehen
hatte, mußte ſich einen ganzen Tag des Tempels
kathhalten, und durfte ſelbſt am zweyten Tage nicht
eher den Tempel betreten, als bis er ſich gereinigt
hatte. Die Anveriwandten von Verſtorbenen wur⸗
den dreyßig Tage unrein, und konnten alfo ebeii
fo lange keine gottesdienſtliche Handlungen verrichs
im a), Noch jebt glauben alle Mahomebaner,
dag tie Leichname von Menſchen fo wohl; als von
Thieren befleiden b). Die Priefter ver Parfen
werben fogar durch den bloßen Aublick von Todten
seranveiniigt c). Eben dergleichen fürdytete man in
Rom für die obetfien Prieſter. Wert daher bie
Kaifer als oberſte Priefter einem verſtorbenen
Blutsverwandten eine Lobrede hielten; -fo ward
bie Leiche, ober bie Aſche hinter einen Vorhang
geftellt, damit der Mebenbe fie nicht ſehen möchte d).
In Griechenland waren die Spartaner die einzi⸗
gen,. welche Gräber und Leichname wicht als ber
fleckend anſahen 5). Alle übrige Griechen hielten
nicht bloß leichname ı und Gräben, ſoroen ſelbt die
6%
) IT. 487. Lüclan.
b) IV. jg. 105. Chardiu.
e) Tävernier I, ıgt ©. en
d) Seneca de Tiberid in Conlol, ad Miete ih .
#) Piutarch, I, as.
N
>
B x “ . R .
123 — —“
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nicht einmahl auf die Straßen, um ben Mißhand⸗
lungen auszuweichen, welche fie fich Leicht dadurch
zuziehen können, baß fie Jemanden berühren. —
Nach diefen Datis ift es kaum nöthig, zu bemer:
Ten, daß die frommen Perſer Feine Speifen bes
rühren, bie von anderen Religions : Verwandten
* bereitet worden find: daß fie ſich auch weder bes
Geſchirrs verfelben, noch ihres Geräths bedienen.
In den Augen frommer Perfer find bie Türken,
bie Zataren, und andere Mahomebaner nicht wents
ger unrein, als die Juden, die Chriften, oder bie
Gögendiener”, | |
“Die Perfer behaupten, daß ber Wein son u
jeher verboten gewefen fey. - Wenn man die Büs
der Moſis für das Gegentheil anführt, fo ant⸗
morten fie, baf bie Juden und Chriflen fie vers
faͤlſcht: daß die Propheten, und Patriarchen nie
‚Wein getrunken hätten, daß alfo auch die Erzähs
Eung von Noahs Trunkenheit falſch ſey. Die
Perſer halten nicht bloß den Wein für unrein, fons
bern auch alles, worein, ober worauf Mein ges
fallen iſt: auch die Meinkeller, und Weinhaͤuſer,
bergeftalt, daß man Feine gotteddienftlidhe Hands
lung. darin. ausüben, ja nicht einmahl füh. darin
aufhalten darf”.
Die Perſer machen aus ber geſezlichen Rei⸗
nigkelt den vornehmſten Theil ihres Gottesdienſtes,
und die Vechta Glaͤubigen halten fo gar. dafuͤr, daß
De Beobachtung ber Vorſchriften über gottesdienſt⸗
liche Reinigungen ben Menſchen lauter, und heilig
mache. Sie haben befkändig ben Ausfprud ihres
Propheten im Munde: Die Religion ift auf Rei⸗
z | nig⸗
— — . ı13
Der. Anblid von Blut ift den meiften Men⸗
fhen zuwider, und ed iſt baher nicht zu verwundern,
daß man Das Blur für befleckend, und die mit
Blut Befprißten fir unrein hielt. So dachte man,
und denkt man nicht bloß im Drient m), fondern
eben fo bachten auch bie Griechen und Römer. Die
beyden letzteren Völker trieben ihren Abſcheu genen
Blut fo weit, daß felbft Helden, welde dad Bas
terland entweder von Tyrannen, oder von anderen
Störern der. öffentlichen Ruhe und Sicherheit bes
freyt, und ſich dadurch ‚unfterbliche Verdienſte um
ihre Mitbuͤrger erworben hatten, nicht eher wag⸗
tea, zu opfern, als bis ſie ſich von ben Flecken
des dergofjenen Blutes hatten reinigen laffen m).
Deo Japaneſen fcheint kein Blut befleckender, als
das, was fie ſelbſt verlieren 0). Die Hindus
baken einen ganz entgegengefeßten Glauben. Die
Iöteren würden um keinen Preis Blut, nicht eins
mahl von Thieren vergießen. Allein wenn fie felbft
ſterben muͤſſen, fo fterben fie keinen Tod lieber, als
einem ſolchen, bey welchem ihr Blut vergoffen
wird, weil fie hoffen, daß fie durch das Vergie⸗
fen ihres Bluts von allen. ihren Sünden werben -
gereinigt werden p). Keine, Todesart iſt ihnen
daher ſchrecklicher, ale das Henken.
| Dem
a) Chardin IV; or UU =
x) So Theſeus, Plutarch. I. 25.. Die Römer, wels
he die Tarquinier und deren Anhänger geſchlagen
hatten. Dionyl, I, 58.
0) Raͤmpfer L24 © \
‘p) Travels in Europ, Aſia ett. I. 335.
. N j j H 2*
1234 — — “
traͤgt, bamit man um deſto bequemer die Meinis.
gungen vornehmen. kann, weldye man in vier, und
. zwanzig Stunden wenigftens fünfmahl, dad heißt
eben fo oft vornehmen muß, als man zu beten -
hat: Die Safuiften Ichren zwar, daß man fi
‚ nicht reinigen bürfe, wenn man gewiß fen, daß.
man in ber Zeit, bie zwifchen zwey Gebeten ver»
fließt, ſich nicht befleckt babe, Allein es gehört
fo wenig bazu, ſich zu Verunreinigen, daß man
deßwegen nie ganz ficher feyn Bann”.
«Die gemeine, ober orbentlide Reinigung
“enthält zehn Puncte: fünf, welche den Kopf, umd
eben fo viele, die den übrigen Coͤrper betreffek.
Die fünf erfteren beftehen in dem Meiben ber Zaͤh⸗
ne, im Gurgeln, in dem Saͤubern der Naſe, ins
den man Waffer hineinzieht, und wieder zurück
fiößt, in dem Scheeren des .Kopfs, und tn dem .
Scheeren des Gefihts: die fünf anderen, in dem
einigen der Theile, wodurch bie Matur fich ers
leichtert, In dem Abfchneiden ver Nägel, in dem -
Ansreiffen der Haare zuerſt unter'den Armen, und
dann an ben Schaamtheilen, und endlich in ber
Befhneidung”.
Nach diefen Bemerkungen theilt Chardin
x
die Weberfeßung einer Schrift mit p), welche ein
"berühmter Schriftgelehrter auf Wefehf Abas des
‚Großen verfertigt, und eben deßmegen bie Sums
‚me, ober dad Handbuch bed Abas überfchrieben.
batte. Das Buch befteht aus fieben und dreyßig
Abſchnitten. Man gehe nur Einen diefer Abſchnitte
Pr p. pet iq. p.
durch,
— — 115
wegen an jedem Morgen, ſie mochten der Liebe ge⸗
noſſen und geträumt haben, oder nicht un).
Mehreren Völker fchienen gewiſſe Thierarten
fo unrein , daß fie dieſelben nicht allein nicht aßen,
der den Göttern opferten, fondern fie au nicht
einmahl berühren Eonnten , ohne fi) zu beflecken.
In diefern Grade unrein find den heutigen Maho⸗
medanern der Yund, und das Schwein, weldes .
leztere auch ſchon im alten Orient in gleichem Gras
deverabfchent wurde x): ben Pen ber Haaſe x),
ud den Sapanefen ber Fuchs y).
So wie man Vefleckungen für Sinden hielt,
{0 glaubte man, daß boͤſe Handlungen, befonters
das Vergiegen ven unfhulbigem Blur, und Ent⸗
weihungen heiliger Dinge befleckten yy). In dem
gröften Theile Yon Griechenland w.ren Moörder fo
rein, daß fie ſelbſt diejenigen befleckten,! ‚ bie mit
ih⸗
uu) Lomeyer 16. p. 218. Uuter den Mehomedas
nern ift der Urin nıcht weniger befledend, als dab
- Blut, Chardin IV, ı1ot,
#) Chardin IV. 101. Mich. Mof, Recht IV. 308.
22) Niebuhr II, 47 ©
y) Rämpfer, l. e.
M) Es war beſonders unter den Juden eine gemeine
Vorſtellung, daß Sünden befledten. Mınf. ke-
vit, 18. v. 20. Pſalm 106.. v. 39 Jeren. 20 23.
Led, 20, 7. 8. 36 AXlL, 3. |
H 2
' {
116 \ " anne m. |
ihnen umgingen 2). Als daher bie meuchelmoͤr⸗
deriſchen Kynether ſich an die Arkadiſchen Staͤdte
wandten; ſo gebot man ihnen allenthalben, die
Staͤdte zu raͤumen, und die Einwohner von Man⸗
tinea luſtrirten ſo gar ihre Stadt und ihr Gebiet,
“um von der Befleckung, deren fie durch bie Kyne⸗
ther theilhaftig geworden waren, befreyt zu wer⸗
den a). Die Verunreinigung flieg, wenn man
Blnt an heiliger Städte vergoffen, oder Beſchuͤtzte
yon Goͤttern umgebracht hatte, diefe mochten ſchul⸗
dig oter unſchnldig ſeyn. Die Griechen mähnten,
dag die Schuld und Befleckung eines folhen Vers
brechens von ben Thätern auf die entfernteften Nach⸗
kommen übergingen. Eben daher wurden in Athen
die Nachkommen derer, die den Kylon und beflen
Genoſſen getöbtet hatten, als hoͤchſt unrein und
anſteckend verabſcheut 5); und wenn ihre. Gegner
bisweilen die Dberhand behielten, fo wurden bie
Nachkoͤmmlinge der Mörber bes BRylon ald Fein
de der Götter am Leben geftrafi. Man grub fo
gar bie Gebeine ber WVerftorbenen aus, und warf
fie über die Graͤnze, damit fie bie vaterlänbifche
Erbe nicht beflecken a ce) Nach dem Abs‘
auge
2) Zenophon in Tyrannie, IV. 9. 4. — ds 'n.
romvras woAloı vonoy Ta Aiai Povſx unde rovu cur-
0VTR NRJTapsUsIV.
‚a) IV. sı, Polyb. Man vergl, Lomeyer c. 7 et 16.
3) Thue. 1. 1260, 20 ano Tara sraysıc au —R
ru Ja cxtuuo TE nalavro, xa To YaVoc To am axi-
vos. N
#) Piutarch, I, 335. Einer ähnlichen Sünde mach⸗
ten ſi ch diejenigen ſchuldig, welche den en
ichen
2
ç*
— — m7
inne der Perſer reinigten bie meiften Griechiſchen
Völker ihre Tempel, Altäre, und Statuͤen, weil
fie burdy die Barbaren waren beflecdt worden. Ct
um Goͤtterſpruche bed Delphiſchen Apoll zufolge
“ maften die Griechen, melde bey Pfatäa gefiegt
hatten, "Jupiter dem Befreyer einen Altar ers
richten. Auf diefeen Altare bunften fie aber nicht
cher opfern, als bis alles Feuer im ganzen Plas
tenfifchen Gebiet, als befleckt ausgelöfht, und
seines Fener von dem Altar zu Delphi gebracht
erben war d), |
Die Vorftellung von Sünden unter den Bll⸗
de ton Flecken, ober Unreinigkeiten veranlaßte
unter allen Völkern den verderblihen Schluß: daß.
man die Flecken der Sünde, - wie Befledungen des
Corpers, durch gettesbtenftliche Reinigungen wege
nehmen koͤnne. Die Orphiker ruͤhmten ſich nicht
bloß, dag ſie Lebende, ſondern daß fie fo gar Ver⸗
ſtorbene von allen Flecken der Suͤnde ſaͤubern koͤnn⸗
time. Die Griechen und Roͤmer behielten beſtaͤn⸗
dig Yon Suͤnden, und Reinigungen von Sünder
| Ä eben
.
fhen König Paufaniae in einem Tempel ermordes
ten. Thucyd, I. 128. 134,
4) 11507. Plutarch: — Ioni de un wporspov, y
‚To nur T79 Xupay up æros Accævracq, wc ano TV
‚ Pupßapuv psaonsvov, evavauedaı wuJapev er
Aeldwy ano rc neivns dsıne.
e) I], p. 104. de Republ. Ed. Malley. waTourec u.
yovov ıdıwrag, alla au zeAsıc, ac apa Ausus TE
a0 xaJappoı adınynaray = = = TI BY ATI CE.
u0ı ds x TEÄSUTYTEEW.
"ten fie aber mit bem Eſſen bis gegen Mutag , fo
kommen. Dicke Milch audgenommen, melde fie.
müffen fie wieber ihren ganzen Leib waſchen, abers
mahls ein ſauberes Kleid anlegen, dreymahl Waſ⸗
ſer in den Mund werfey, ſich von neuem zeichnen,
und Tiertum nehmen. Alle dieſe Handlungen wer⸗
den zum dritten Mahie gegen Abend wiederhohlt,
wozu noch Gebete und andere Andachts⸗Uebungen
für eine reine Götterkoft halten, effen und trinken
die Brahminen durchaus nichts in den Häufern
Kon anderen Hindus, nicht einmahl von Brahmis
nen, die don einer anderen Secte find. Wenn
die Brahminen Weiber aus einer anderen Caſte
haben, fo dürfen biefe nicht allein nicht mit ihren
Männern eſſen, fondern fie nicht einmahl eſſen,
ſehen. Ein Brahmin, der dieſes Gefeg uͤbertraͤte,
wuͤrde von allen uͤbrigen Brahminen als unrein
| geflohen werben 2).
Die Brahminen meiden bie übrigen Hindus
wegen ihrer Unreinigkeit nicht ſo ſehr, als alle
Caſten der Hindus die Europaͤer, und dann die
verworfenen Parias verabſcheuen. Die Hindus
verabſcheuen die Europaͤer nicht bloß deßwegen,
weil dieſe, gleich dem Paxrias, Wein trinken, und
Rindfleiſch eſſen, ſondern auch, weil fie in ben Haͤu⸗
fern, fo gar in deu Tempeln ausfpuden, beym
Trinken das Gefchirr an. bie Lippen haften, und
ben Mund mit ben Fingern wiſchen, fo, daß ber
Speichel fie verunreinigt u). Wenn bie Europäer
nicht bie maͤchtigeren waͤren, ſo wuͤrde man ſie
eben.
e) Kogess lc FOR
®) 1,49 Sonnen .
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— — — — Fr
— — 121
ſenen bloß unfaͤhig macht, gottesbienſtliche Hand⸗
lungen vorzunehmen, dergleichen das Leſen des Ko⸗
rans, das Beten, und Beſuchen von Moskeen iſt,
zu welchen eben ſo wohl eine leibliche, als geiſtige
Reiniakeit erfordert wird. Der Leib, ſagen die
Perſer, bietet ſich der Gottheit, wie die Seele
dar. Er muß daher rein ſeyn, um mit Gott zu
reden, ober einen feinem Dienſte geweihten Ort
zu betreten. Eins der haͤrteſten Schimpfwoͤrter,
was man gegen einen Perſer brauchen kann, be⸗
ſteht darin, wenn man Jemanden einen Uureinen,
oder einen Befleckten nennt”, Ä
“Die Perfer treiben die Sorgfalt für bie ges
ſezliche Meinigkett unglaublich weit; und wenn Alle
In diefem Stücke gleich pünctlich wären, fo wuͤrden
Bekenner von anderen Religionen gar nicht unter:
Ihnen wohnen Eönnen. Die Strengiten halten bens
jenigen fchon für befleddt, der einen Menfchen von -
einer andern Meligion, oder gar das, mad biefer
in Händen harte, berührt hat. Ich felbft war
Zeuge, daß ber verftorbene König von Perfien,
der fonft gar nicht abergläubig, und bisweilen
drey bis vier Tage hinter einander trunken war,
einen neuen Ring in Waffer werfen ließ, weil ein
Ehriftlicher Sumelirer ihn verfertigt hatte”.
“Die Perfer unterfcheiden unter den Dingen,
welche beflecken, die feuchten don den trockenen,
Indem fie vorgeben, daß bie feuchten denen, welche
fie berühren, einen gewiſſen Duft mittheilen, Wenn
td daher regnet , fo gehen die Chriften, die Juden,
und die Heiden nicht in die Mohnungen ber Mas:
Vomebaner, und fo viel fie es vermeiden. koͤnnen,
| 0 nicht
‘N . - ) \
123 —— —“
P3 ST
nicht einmahl auf die Straßen, um ben Mißhand⸗
lungen auszuweichen, welche fie fi Leicht dadurch
zuziehen koͤnnen, daß ſie Jemanden beruͤhren. —
Nach dieſen Datis iſt es kaum noͤthig, zu bemer⸗
ken, daß die frommen Perſer keine Speiſen be⸗
ruͤhren, die von anderen Religions- Verwandten
bereitet worden ſind: daß ſie ſich auch weder des
Geſchirrs derſelben, noch ihres Geraͤths bedienen.
In den Augen frommer Perſer find bie Tuͤrken,
die Tataren, und andere Mahomedaner nicht weni⸗
ger unrein, als die Juden, die Chriſten, oder die
Gögendiener”,
“Die Perfer behaupten, daß ber Wein von
jeher verboten gewefen fey. Wenn man die Büs
der Moſis für dad Gegentheil anführt, fo ants
morten fie, daß bie Juden und Chriflen fie vers
faͤlſcht? daß die Propheten, und Patriarchen nie
‚Bein getrunfen hätten, daß alfo au die Erzähs
kung von Noahs Trunkenheit falſch ſey. Die
Perſer halten nicht bloß den Wein fuͤr unrein, ſon⸗
bern auch alles, worein, ober morauf Wein ges
fallen ift: auch die Weinkeller, und Weiuhäufer, -
bergeftalt, daß man Feine getteddienftlihe Hands
lung: darin. ausüben, ja nicht einmahl ſich darin
aufhalten darf”. a |
Die Perfer machen aus ber gefezlichen Rei⸗
nigkeit den vornehmſten Theil ihres Gottesbienftes,
und die Aecht⸗ Glaͤnbigen halten fo gar dafür, daß
bdie Beobachtung ber Vorſchriften über gottes dienſt⸗
liche Reinigungen den Menſchen lauter, und heilig
mache Sie haben beftandig den Ausfprud ihres
Propheter im. Munde: Die Religion iſt auf Reis
I nig⸗
— ——“ 123
nigkelt gegruͤndet, und die Hälfte der Froͤmmigkeit
beſteht darin, recht rein zu feyn. Das große Ges
| wiht, was man auf Reinigkeit legt, erhellt allein
baher , Daß Reinigungen vor allen übrigen gottes⸗
dienſtlichen Handlungen hergehen muͤſſen. Gebete
zum Benfpiel, welche man verrichtete, ohne ſich
vorher gewaſchen zu haben, wuͤrden nicht allein 4
dergeblich, ſondern ſo gar ſtrafbar ſeyn. Eben ſo
waͤre es eine Art von Entheiligung, wenn man
den Koran nur mit der Spitze des Fingers beruͤhr⸗
te, ohne geſezlich rein zu ſeyn. Man findet daher
gemeiniglich auf dem Bande des Korans, ſo wie
der Sprüche und Thaten der Imams, die Worte:
berührt dieß Buch nit, wenn ihr euch nicht vor⸗
ber gereinigt habt! Auch behaupten tie Perfer, daß
Wabomer fulgende Lehre häufig wieberhohlt habe:
Die Reinigung ift der Schluͤſſel des Gebets. Gott
almmt ohne cörperlihe Meinigung fein Gebet
au.
u
. "Ste nennen bie cörperliche Reinigung Teha . |
tet, welches eine jede Säuberung bedeutet, fie ij
mag.mit Waſſer, oder mit Erde vorgenommen '
worden feyn. : Mach ihrer Glaubenslehre iſt die
coͤrperliche Reinigung fo nothwendig, daß ſelbſt
ein gänzlicher Mangel von Waffer die Unterlaffung
derfelben nicht. entfchuldigt ; denn wenn man kein
Waſſer hot, fomuß man fih der Erde bedienen,
Hierin Itegt der Grund, warum man in allen Haͤu—
fern bes Morgenlandes fo fehr dafür ſoragt, Waſ⸗
fer in großen Behältern zu haben. In allen Stras
den Läuft: Waſſer, wo man es nur irgend moͤglich
machen konnte. Alle Moskeen haben ‚mehrere .
Sehe, deren Tiefe mehr, als Manneshoͤhe be⸗
m trägt,
trägt, bamit man um beflo bequemer die Reini⸗
gungen vornehmen kann, welche man in vier. und
. zwanzig Stunden wenigftend fünfmahl, das heißt
eben fo oft. vornehmen muß, als man zu beten -
bat: Die Safniften Ichren zwar, daß man fi
nicht reinigen bürfe, wenn man gewiß fen, daß:
man in der Zeit, bie zwifchen zwey Gebeten ver»
fließt, ſich nicht befledit babe. Allein es gehört.
fo wenig dazu, fih zu verunreinigen, baß man
deßwegen nie ganz ſicher ſeyn Bann”.
«die gemeine, ober orbentlihe Meinigung
enthält zehn Puncte: fünf, melde den Kopf, und
eben fo viele, bie den übrigen Coͤrper betreffen.
Die fünf erfleren beftchen in dem Meiben ber Zaͤh⸗
ne, im Gurgeln, in den Säubern ber Nafe, ins
ven man Waffer hineinzieht, und wieder zurück
fiögt, in dem Scheeren des Kopf, und in dem .
Scheeren des Gefihts: die fünf anderen, in dem
einigen der Theile, wodurch bie Natur fich ers
leichtert, In dem Abfchneiden der Nägel, tn dem
Ausreiffen der Haare zuerſt unter den Armen, und
dann an ben Schaamtheilen, und: endlich in der
Beſchneidungꝰ.
Nach dieſen Bemerkungen theilt Chardin
die Ueberſetzung einer Schrift mit p), welche ein
berühmter Schriftgelehrter auf Befehl Abas des
Großen verfertigt, und eben deßwegen bie Sums
‚me, ober dad Handbuch des Abas überfchrieben.
hatte. Das Buch befteht aus fieben und dreyßig
Abſchnitten. Man gehe nur Einen dieſer Abſchnitte
| durch,
x) p. So et iq. p.
J
.— — — | in ©
x
us — | \ 1 135 ,
darch, zum Beyſpiel gleich den erften von ben Reis
nigungen ber Theile, woburd bie Natur fich ents
ledigt, und man wird darüber erſtaunen, auf wie
viele Dinge die Mahomebaner zu achten haben,
theild um nichts von dem zu umnterlaffen, was gu
einer gefezlihen Reinigung gehört, und theild um
nichts zu thun, wodurch eine ſolche Meinigung
wieder vereitelt, oder gar eine neue Befleckung
zugezogen wird. — Und mit allen dieſen bes
(bwerlihen, oder verberblichen Reinigungen, wo⸗
dur die Mahomedaner unaufhärlich geplagt, und
von aller genanern Gemeinſchaft mit Anderödens
kenden audgefchloffen werten g), eweichte ber Stif⸗
ter ihrer Meligion nicht einmahl fo wiel, daß feine
Anhänger fi einer wahren Meinlichkeit befleiffigs
tm. Die Unreinlichkeit fowohl, der Türken, als
der Einwohner Aegyptens in, Kleidern, Wohnuns
gen, und Stäbten ift die einzige Urfache der Uns
ausrottlichkeit der Peſt, und ihrer immer wiebers
kehrenden Verbreitung. In den äffentlichen Baͤ⸗
dern in Werften ift das Wafler mit einem fchmierts
gen Unrath bedeckt, der dem Schaum von Geife
gleiht, und aus dem Schmuße entſteht, welchen
die Sörper der Badenden zuruͤck laſſen. Wenn die
Perfer ihrem Gefeze zufolge den Kopf in’s Waſſer
Reden wollen; fo fchieben fie den oben ſchwimmen⸗
den Unrath mit ber Hand ein wenig auf bie Seite,
und tauchen dann ihr Haupt unter, Da Rranfe,
wie Geſunde die öffentlichen Baͤder befuchen, fo
geihieht es nicht felten, dag man in den Bädern
mit ſchmutzigen, ober gefährlichen. ‚Krankheiten ans
geſteckt wird nr). Die.
9 Man f. auch Niebubre Beſchreib. von Arabien
S. 46 und C Reiſen II. 164.
In, 285%, Chardin,
126 u
*
—
Die Reinigungen der Hindus ſind noch be⸗
ſchwerlicher und verderblicher, als tie der Mahos
medaner. ° Nur felten üben harte Herren gegen
nichtswuͤrdige Sclaven, und unverföhnliche Widers
ſacher gegen ihre Xodtfeinde einen foldhen Haß. und
fi felbft und gegen ihre eigenen Brüder üben,
Die Banianen, oder Indiſchen Kaufleute handeln
und reifen nicht bloß nad) Zeylan und andern ofts
indiſchen Inſeln, fondern aud nach Perfien und
Arabien, nach ber Bucharey und Rußland. Sie
mögen aber leben, wo fie wollen,- fo ziehen fie
ſich allenthalben, aus Furcht unrein zu werten,
Pd
Brahminen ein fanbered Kleid anzichen. Ein
don den Menſchen zuruͤck, unter melden fie fidy
aufhalten, und mit welchen fie zu thun haben, Es
geſchah mehrmahl auf Europäifchen Schiffen, daß
Indiſchen Banianen ihr. Vorrath von Waſſer und
Lebensmitteln ausging. Alsdann hungerten und
durfieten fie lieber bis zum Tode, als daß fie aus
ben Gefäßen der Chriften getrunfen, oder von ihs
ren Spyeifen genoffen hätten s). Die Brahminen
quälen fich felbft, und andere noch viel mehr, ale.
die gemeinen Hindus. Wenn die Brahminen aufs
geftanden find, welches gemeiniglicd, eine Stunde
vor Aufgang ber Sonne geſchieht; fo waſchen fie -
gleich ihr Geſicht, ihre Hände und Fuͤſſe Nach
dieſem erften Bade ſetzen fie. ſich auf ein Brett,
oder auf einen Teppich nieder, und fingen ein, oder
mehrere Loblieder. Den Lobliedern folgen Reini⸗
gungen der Zähne und des Mundes, und Näder
over Wafchungen des ganzen Cörpers: worauf die
Kleid
4)5) Grole I. 185, 188: Niebuhr il, gr
ſolche Verfoluungen aus, als die Nindus gegen
=
— — 127
Kleid iſt nur alsdann ſanber, wenn ed nad dem
letzten Mahle, wo man es getragen hat, gewa⸗
ſchen, oder wenigſtens in's Waſſer geſteckt worden
A Zum Gluͤck verlangen die Indiſchen Prieſter
diefes nicht von feidenen Gewaͤndern, weil fie fol»
de. ihrer Natur nad für reinliher halten, als
baummwollene. Nachdem fie ſich angekleidet haben,
fo feßen fie ſich auf dad Brett, oder den Teppich
nieder, auf welchem fie ſchon Ein Mahl fagen, hoh⸗
len ganz frifhes Waller, und rühren das ein,
womit fie fich bezeichnen wollen. Go bald dieſes
fertig ift, fo nehmen fie dreymahl Waſſer in die
Hand, werfen dad Waſſer in den Mund, obne
diefen mit der Hand zu berühren, fprecden die
vier und zwanzig Nahmen ber Gottheit aus, und
brtaften dabey eben fo viele Theile ihres Coͤrpers.
‚Hierauf bringen fie dee Sonne ein Zrankopfer, und
beten ihr gewöhnliched Gebet, meiftens eben fo
diele Mahle, als fie Kügelchen an ihren Moftns
Prinzen haben. Nach dem Gebet wafchen fie ihren
Fetiſchen, ein Pleines Bild von Stein, und heben
das Waſſer, womit fie ihn gewafchen haben, Tiers
tum genannt, forgfältig auf. Dann opfern fie .
0b einem Bilde von Erz, feßen. ſich neben das
Bild nieder, und fprengen von dem Waſſer Tier⸗
tum theild auf das Haupt, theild in den Mund,
und in bie Ohren, Sm. bie letzteren ſtecken fie auch
ach etwas. von einem Kraute Xoleje, weil fie
‚dadurch vor Unreinigfeit gefhüßt werden, wenn
fie zufällig etwas Unreines berühren follten, fo
wie das Wafler Tiertam fie von allen ihren Süns
den ſaͤubert. Ein leichtes Fruͤhſtuͤck macht eben
die Waſchungen nothwendig, welche fie Morgens
dlelh nach dem Aufftchen angeftellt haben. War⸗
. KeB.
"ten fie aber. mit dem Eſſen bis gegen Mittag, :fo
müffen fie wieber ihren ganzen Leib waſchen, abers
mahls ein fauberes Kleid anlegen, dreymahl Wafs
fer in den Mund werfeg, ſich von neuem zeichnen,
und Tiertum nehmen. . Alle diefe Handlungen wer⸗
den zum britten Mahie gegen Abend wiederhohlt,
wozu noch Gebete und andere Andachts⸗Uebungen
kommen. Dide Milch audgenommen, melde fie.
für eine reine Götterkoft halten, effen und trinfen
die WBrahminen durchaus nichts in den Käufern =
von anderen Hindus, nicht einmahl von Brahmis
nen, die Don einer anderen Secte find. Wenn
bie Brahminen Weiber aus einer anderen Caſte
haben, fo dürfen biefe nicht allein nicht mit ihren
Männern eflen, fondern fie nicht einmahl eflen ,
fehen. Ein Brahmin, der diefes Geſetz äberträte,
würde von allen übrigen Brahminen als unrein
geflohen werden t).
| Die Brahminen meiden bie übrigen Hindus
wegen ihrer Unreinigkeit nicht ſo ſehr, als alle
Caſten der Hindus die Europaͤer, und dann die
verworfenen Parias verabſcheuen. Die Hindus
verabſcheuen die Europaͤer nicht bloß deßwegen,
weil dieſe, gleich dem Paxias, Wein trinken, und
Rindfleiſch eſſen, ſondern auch, weil fie in den Haͤu⸗
fern, fo gar in den Tempeln ausfpuden, beym
Trinken das Geſchirr an. bie Lippen halten, und
ben Mund mit den Fingern teifchen, fo, daß ber
Speichel fie verunreinigt u). Wenn bie Europäer
nicht bie maͤchtigeren wären, fo wuͤrde man ſie
eben
e) Rogers I. c. 18.
”) 1.49, Sonner.
— —ñ—— —
— — | ag
en fo, ober nah fhltmmer, als bie Parias bes
handeln x). Die Parias muͤſſen nicht bloß vom
den übrigen Hiudus abgefondert wohnen , fonders
fe müffen ihre elenden Hätten in einer ſolchen Gute
fernung von Staͤdten und Dörfern anlegen, daß
der Wind den Einwohnern ber letgteren nicht ge
führlich werden Dann. Die Parts dürfen kein .
Waſſer aus öffentlichen, fondern nur aus ihren
tigenen Brunnen fchöpfen, die deßwegen durch eins
Einfaffung von Thierfuochen ausgezeichnet find. We
geguet. ein Paria einem Hindu der höheren Gaften,
fp muß er fitlle ſtehen und ſeich umwenden, bis
dieſer vorübergegangen iſt. Weber ein Hinda einen
Porta an, fo liegt diefem ob, den Mund zuznhal⸗
tn, damit fein Athem nicht beflecke. Die Hindus
köten es für ein verdienſtliches Werk, felbf ber
ſchoerlichem Ungesiefer und giftigen Schlangen. bad
teen zu retten. "Einen. Paria hingegen laſſen fie
Ueber umfommen, alt daß ſte ihm Huͤlfe leiſteten,
nd ſich dadurch befleckten. Edle Hindus wuͤrden
einen jeden Paria töbten, der fie nur unabſicht⸗
NG beruͤhrte. Wenn man bie Dieufle dee Pas
ad braucht, fo laͤßt man fie durch eine befonbere
ond s und eingeben. Bey tem Aut » und
Eingehen haben Die Parias nicht das Herz, bie
Angen aufzuſchlagen. Geſchaͤhe dieſes cinmahl,
fo wuͤrde man allen Hausrath als befleckt vernich⸗
ten muͤſſen. — Und dieſe bis unter das Wirk
eeniedrigten Parias find zahlreicher, als bie Hin⸗
WG allen Übrigen Eaftm! Rıs
“ib, © 4 48.
3
— — — —· 1— —
SI
130. | — — | |
Nachdem bie Gefahren, ſich gu verunreinigen,
‚fi ſo ſehr vermehrt hatten, daß Keiner ficher ſehn
Eonnte, ob er. nicht auf irgend eine Art befleckt
worden fey; fo hielt man ed für das befte, feine:
bedentende, weder öffentliche, noch gottesdienſtliche
Handlung vorzunehmen, ohne die handelnden Per⸗
ſonen, oder die Schauplaͤtze der Handlung vorher
luſtrirt zu haben. Luſtrationen gingen daher vor
Volksverſammlungen, wie vor Feldzuͤgen und
Schlachten her y). Man. betrat keinen Tempel,
- man begrüßte die Götter nit, und betete nicht
zu ihnen, man opferte nicht, und fragte bie Götter
nicht um Math, man feierte feine Feſte und Spiele,
befonderd lieg man ſich nicht in Myſterien ein⸗
weihen, ohne ſich durch Meinigungen zu allen bies
fen gottesdienftlihen Handlungen tuͤchtig gemadıt
zu haben 2). Vor allen Tempeln flanden Ges
füge, oder Behälter mit Waſſer, damit diejenigen,
welche ihre Andacht verrichten wollten, ſich auf der
Stelle reinigen Fönnten a). J
Mit allen dieſen Reinigungen glaubte man
noch nicht genug gethan zu haben, um ſich von je⸗
der Unſauberkeit zu befreyen. Man ordnete daher
beſondere Feſte an, an welchen man nicht nur ganze
Woͤlker, oder Armeen und Flotten, ober die Eins
wohs
| y) Pollax VIII. 9.24. Plutarch, II. 516, av duvapıy, .
fagt Aemilius Paulus, #v kaxsdoviz mapsAußov,
ua Tov aim Jora auvrelssag xuJapuov auryg BIC. -
2) Lomeyer &, 16. p. 195 et fg '
| «) Ein ſolches Gefäß hieß im Griechiſchen xepriys. .
* "im Rateinifhen labrum, 1,c. p. gor. j
—
— — — |
, j mm nn ’ \ 131
wohner ben Stoͤdten und Doͤrfern h), ſondern auch
Heerden c): nicht bloß Gärten und Aecker, Wein⸗
berge und Wieſen, fondern auch Berge, Waͤlder,
Scheidewege, und fo gar Quellen d): nicht bloß
yrofane, ſondern auch heilige Dinge, beſonders
bie Zempel und Biltniffe der Götter reinigte e).
Im Durchſchnitt waren bie Feſte, an welchen tie
Bildniffe von Göttinnen gewafhen wurden, gloͤn⸗
zender, als die Waſchungs teſte der Goͤtter In
Rom forderte man nach einer uralten Sitte von
denen, welche bie Reinigung ber Statuͤen von
Goͤttern übernahmen, Bürgfhaft f). Die nüßs _
Nlichſten, wenn audy nicht die glänzendften Meinis
gungsfefte, waren die luftra der Roͤmer, an wels
Gen fo wohl der fittlidye, als: politifche —
von Buͤrgern beſtimmt, und das ganze Volk dur
heilige Hantlungen mit den Goͤttern ausgeſoͤhnt
wurde 8
\
5) Un den Äußris, smburbialibus nd Palilibus
der Roͤmer. Lomeyer, c.28. et c. Sı. Varro am
veter. Gloflat. irı Cafaub, Natis ad erſium p.30.
€) Lomeyer 0.29.
d) An den ambarvalibus und Subvotauriibus, Bo
fpin. de Feflis p. 98. Lomeyer.c. Macrob, V. 1,
— de Leg. Il. c. 8. 9.
eo) Lomeyer c, 26. p. 320 et lg. P.
pP Pia. Quaeſt. Rom. 61. Lomeyer p. 326,
g).Livins I. c. 42. 44. Cenlum enim infituit
(Servius) rem faluberrimam tanto futuro imtpe-
rio: ex quo belli, pacisque munia non viritim,
ut ante, led pro habitu pecuniafum fierent,
WW J2
/
a
on | Mar
————
R 132 — —
Man Hann von den Reinigungomittelũ eben
Bas, was von ben Reinigungen felbft fagen. Die
Eluen waren fehr natürlich, andere, eben fo uma⸗
Shrlich; und dody waren die letzteren nicht weniaer
gemein, als die erfteren. Das natürlichfte unter
allen war reines Wafler ,. dad man bey den Reinis
Sungen auf verfchiebene Arten brauchte. Wald bas
bete man ſich mit dem ganzen Eörper in reinem
\ offer, und biefem Vaden entfprady dad Auswa⸗
von Kleidern, ober Geraͤth, bie gefänbert
‚werden follten 4). Wald wufch man einzelne Thei⸗
Io, befonders die Haͤnde, womit man heilige Dins
ge berühren, oder gotte@dienfiliche Handlungen
verrichten wollte. Wald befprengte man ſich bloß,
und zu biefen Wefprengungen brauchten die Gries
chen, und Römer Heine Beſen von Zweigen, bie -
vom £orbter s. oder Dchlbanın waren genommen
worden. Beſprengungen wurden, wie andere hei⸗
ge Handlungen, gemeiniglich dreymahl wieder
hohlt 5). Die Griechen ftechten in das Weihwaſ⸗
Ser vor den Tempeln häufig einen Brand vom Als
tar, weil man einfaches Waſſer für nicht Eräftig
un bielt 4). Noch viel gemifchter war das
eihwaſſer, womit nach Moſis Vorſchriften bie:
jenigen eatſaͤndigt wurden, ' welche einen Todten,
. ober Toben s Gebeine berährt hatten I). - Der
Priefter ließ eine rothe Kuh, an welcher kein F N.
war, anßer dem Lager ſchlachten. Die geſchlach⸗
W tet⸗
A) Lameyar c. 358.
) L. e. p. 445.
k} Athenae IX, c. 28, P. 409 _
DW. M. 619 -
ee. 138.
tete Kuh warb Orchranut; und zit übe zul Ge
⸗Holz, Yfopen, und rothe Wolle, welche bey
er auf Die brennende Anh warf. Wenn alı
es —* Aſche verwandelt war, fo faminelte
ein reiner. Mann die Aſche, und fdyhttete fie an ei⸗
nen. zeigen Ort. So oft num Jemand ſich durch bie
Berkchrung eines Tobten , ober Todtenbeind bes
fledit hatte; fo nahm man von diefer Aſche, miſch⸗
- te fie mit reinem er in einem Gefäß, und be bee
fprengte damit am dritten und fiebenten Tage, den⸗
jenigen, bee entfünbigt werben ſollte. Der Uns
reine warb durch biefe Beſprengung rein. Dieje⸗
nigen hingegen, welche bie Aſche berührt, und bie
Beſprengung —— hatten, wurden unrein
bis an den A Wer einen Todten beruͤhrt
kette, und r wicht entfünbigen wollte, befien
—* ſellu⸗ anggerottet werben aus ber Gemeine
Sc netärliie, ı wenn gleich sum Theil fit
fame Reinigungsmittel, waren das Säften,.
Schwenken. Das Reinigen daurch Lüften —*
bie Römer ventilatio per Vannum m), weil men
fh wahrfeinliä Dagu feldher Gefäße beviente, a8
womit ber Landmann bie ansgehrofchenen Körner
von ber Gpröu reinigtes Meine Leſer erinnern
fh, daß auch die Americanifgen Wilden alles
Hausgeraͤth läften, wenn gereinigte Kindbetterin⸗
nen in die Härten zuruͤckkehren. Ben dem Schwen⸗
Ten ſehten ſich zwey Perſonen auf Die beyden Eis
sen eines Breus, oder ment, Der an einem
Ä Baum
m) c, 18,
--
— — — ⸗—— RE - -
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Zn: 7 a en — —
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Baum beſeſtigt war, und hoben fi gegenſeitig
empor m.
Zu den fehr, natürlichen Melnigungen kann
man auch die durch das Feuer, und durch Raͤuche⸗
rungen rechnen 0). Bey den erſteren ſprang man
entweder uͤber ein loderndes Feuer weg, oder man
ging zwiſchen zwey brennenden Feuern durch. Im
vorhergehenden find ſchon Beyſpiele genug vorge⸗
kommen, daß ſolche Meininunger durch's Feuer
noch jetzt unter vielen Voͤlkern gebraͤuchlich find.
u ben luſtrirenden Mäucherungen brauchte man _
entweder Schwefel, oder mohlriechende Hölzer und
Kräuter, beſonders Lorbeeren, oder trocknes Stroh.
und Heu, ober endlich Weihrauch. Die Römer
verbanden beyde Meinigungen durch Waffer unb
Reuer fo wohl an Hochzeiten, als bey Leichenbes
gänaniffen. Wenn Braͤute heimgeführt wurden,
fo trug man ihnen Fackeln vor, und befprengte fie
mit'reinem Wıffer, oder wuſch ihnen bie Füße das
mit p). Bey Leichenbegängntffen ſprangen, oder
fihritten diejenigen, melde von biefer traurigen
Handlung zuräckkehrten, über ein breunendes Feuer, _
nachdem fie vorher mit reinem Waffer waren bes. -
ſprengt worden 9). |
De
. . N ü
—28— p. 200. Dieſe Art von Reinigung hieß aloil
atio. nn u
eo) 9 p 245 et Iq. |
pP) © 80, l. ©. I
gıl. +73
Ba Een 1 7
Da man Speichel; Kleyen, und’ einige Kraͤu⸗
ter brauchte, um Flecken oder Unſauberkeiten theils
von feinem eigenen Leibe, theils aus anderen Din⸗
gen wegzubringen; ſo kann man auch dieſe Reini⸗
gungsmittel nicht geradezu unnatürlid nennen 5).
Weniger natuͤrliche Reinigungs⸗ Mittel hingegen
waren Eyer 9), Honig, Honig mit Waſſer, und
Waſſer mit Blut gemiſcht. Eyer wandte man
vorzüglich. in den Myfterien ald Reinigungsmittel
an. Inden Geheimnifien bes Mithras goß man
Den Eingeweihten flüffigen Honig ſtatt Waffers in
bie Haͤnde, und forberte fie auf, daß fie die Hände
| vor allem, was unfauber, oder unerlaubt feh, bes
wahren möchten. Man bediente fi) neben dem
Teuer des Honigs, und nicht des Waſſers, weil
dieſes gleichſam ein natuͤrlicher Widerſacher des
Feuers fey £): eine Raffinerie, die nur von kluͤe
genden Betruͤgern erſonnen werben Tonntel -
Ganz unnatuͤrliche Reinigungs s Arten waren
‚bie durch das Umhextragen, ober Umherfuͤhr
von Thieren, noch mehr das Beſtreichen, oder
traͤufeln mit dem Blute von zum Theil anreinen
Xhieren, bie weder von Menfchen genoſſen, noch
den Goͤttern geopfert wurden. Man trug, oder
führte nicht bloß Dchfen ,. Schaafe und Gchmeine,
fondern Raben, Hunde und Löwen um Städte,
ober Gebiete, oder Aecker und andere Gegenftänbe
ber, welche man reinigen wollte, ohne biefe Thiere
gerade zu ſchlachtenz und mer wiederhohlie man
das
r) 6. 94. p. or 308:
sy) 0, 91,
6) © 20, Pr 257%
. .
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Ta Sm —,
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das Umhertvogen, ‚oder. Uwiherfähren grucbhnlich
derymahl u). Man feige hiebey ‚angenfheinlich
voraus, daß die laden von Dingen, die gerei⸗
ige werden ſollten, auf ble Auer, welche man
‚wunherteng, ober umherfuͤhrte, übergehen würben.
Das Umhertrager war bey den kafkratlenın fo ger
wohnlich, daß man ſtatt reinigen umhertragen füge
0), und faft alle Wörter, melde Reinigunger,
or Dinge, -vie ſich darauf Bezogen , andeuteten,
mis dem Worte war, umber, verband y). Mod
— gwmatärlider, ! als das Umherfaͤhren, oder Um
hertragen lebendiger Thiere, war das Beſtreichen,
web Betvraͤufrin mie dem Blate arbender, aber
feiſch geſchlachteter Thiere. Vorfetzliche, web aus
vorſetzliche Tedtſchlaͤger, die ſich in bie Eleuſub⸗
Aigen Dipften wollten einwehen al gen
u) upon ⸗. 2. pe aß af Bofgin. de fefis
— —D p. 43% Zu ben Morten dei
(ocios Fürs: circum tulit unda,
macht Setvius die Wenterfung : — |
puraait. 'Antiquam verbam e —
rvato te circumfersm.. id. 8 ‚te p
Kan Iafiratio a circumlatione dicta ef A ne
se, ve ſulphuris.
| | N Lomeyer Le. quiequid enim vel rei Iufrandse
. »applicabant, id in orbem ducebant, unde prae
.“ poßtio "sp: cum pleriegue huc pertinentibus
verbis eompanitur: ut Tepwiapxeg, TEpIBATTsG“
9a, upIuage, zepayıkar, ruf, ot
wegduncis, wepmalape, wupfmllsslar: Bap-
(ı 1778 .
Bi .
‘
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Bu N Gr © ⏑ ⏑—
' I
ib nor dabur eeieigen, daß fe. Ibeen
zauyen
$eib. wit. dem Blute eines jungen Schweine bee
figwmiezten.z)., «Swyden-Ießten Deiten.das Möınle
i 8 t
—— — ——
ersßeYpın. ip Baumte a) - Dice en bes |
Runden darin, daB Man eime tiefe Gruͤbe gruß,
und bie Grube mit ‘Bohlen bedeckte, in welche man
Viele Löcher gebohrt hatte. Der MPrießer, : eher
wer ſich fonft reinigen laſſen wollte, ſtieg in bie
* Grube hinab. Ueber der Grube durchſtieß man
einem Stier mit einer Lanze das Herz, fo daß das
Blut des Stiers durch die Loͤcher dar "Bohlen durch⸗
träufelte, und denjenigen , ber in der Grube war,
benetzte. Damen fonft alles Blur für befledend
hielt, fo wäre ed unbegreiflih, wie man jemahle
Dad Beſtreichen, oder. Beträufeln mit. Blut für
eine Reinigung hätte kalten können b); wenn man
nicht durch die gemeinen Worftellungen von Sühn:
opfern, und Sünden barauf geleitet worden wäs-
Man ſchlachtete unſchuldige Thiere und Diens
(ben, um fie für die Schuldigen Leiden gu Yaffen.
Zugleich fah man Günden als Befleckungen au.
Indem nun die Sühnopfer die Schuld von Andes
ren auf fi, nahmen, und buͤßten, befreuten ober
reinigten fie gleichfam diefenigen, für melde fie
litten, ober farben; und daher gefchah ed, da
man Suͤhnopfer häufig als Reinigungen, und ber:
Ä er
2). de la Croix p. 168.
4) ©. 85: p. 293, 194. Lomeyer, ..
») ) Euclen j. 556. wunderte ſich mit nedt dars
al > Se Den
⸗
u
138 \ ” . zn —
*
fiber zuletzt das Blut der Suͤhnopfer als dasjenige
—
⁊
betrachtete, wodurch die Schuldigen gereinigt wuͤr⸗
— den. Dieſe Begriffe waren ſelbſt unter den Ju⸗
den fehr gemein, und daher heißt es in dem ‘Briefe
-an die Mebräer: und wird faft alles mit Blut
gereinigt, und ohne Blutvergießen geſchiehet Feine
- Bergebung” ec). ' Bu
YIK, v. ↄ0.
[4
7
“
N
m» | — 139
Achtes Bud,
Sefchichte der Faſten, Enthaltungen, md
anderer Büßungen, auch des Moͤnchs⸗ und
Cinfi edler s Lebend. 2
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Diefelbigen Abfigten, welheman bey Opfern, _
. Gaben, und: Reinigungen hatte, fuchte man audy
durch Faſten, Enthältungen, und andere Büßuns
gen zu erreihen. Den Mahmen von Taften und
Euthaltungen verdienen ganz allein ſolche Verſa⸗
gungen von genießbaren. Nahrungsmitteln, und
erlaubter Liebe, welche man fich in gottesdienſtli⸗
en Abfichten auflegt, um dadurch höhere Natu⸗
ven zu. verföhnen, oder zu gewinnen.
So wenig es jemahls ein bedentendes Bolt
gab, das nit Opfer und Gaben gebracht, over
Auftrationen gefannt; eben fo wenig gab es eins,
das nicht Faſten, Enthaltungen, und andere Büßuns
gen geübt hätte. Im Durchſchnitt waren Faften
und Bäßungen häufiger, und härter unter ſchma⸗
den, ale
beſchraͤnkten, als unter gebildeien und geiftvollen : :
unter flarken: unter unmiffenden, und Ä
2 T Ze me
Bey aͤhnlicher Organtfation und Eultue; hänfiger .
und härter uuter ben Wölkern des heifjen Dtinmels "
Kris, ald unter ben Bewohnern der gemäßigten
Zone. Das einzige fihhere Verwahrunge s. und
Gegenmirtel gegen Faſten, und Enthaltungen iſt
bie wahre. Aufflärung, bie und ‚lehrt, baß ein
hoͤchſtes weiſes, und gütiges Weſen numoͤglich
—— fiuben kanne, dag Weſen, bie
zum Gluͤcklichſeyn erſchaffen worden, ſich unſchaͤd⸗ | |
Hd unb- heitfann Vergnaͤgungen verſagen, oder
J . gen durch unpörhige, anb:fchänfiche Entbehrungen.
uud. Büßemgen ihrer Defnadheit Schaden zufägen.
Bey übrigens aleichen Umſtaͤnden üben Völker um |
defto ſtrengere Faſten und Euthhaltuugen, je wenis
ger fie gebildet find. Die einzigen Ausuahmen
Don biefer Megel bieten ſolche Matlonen dar, welche
die Vorfigriften der Religionen, deren fie auhan⸗
gen, und unten biefen auch bie Aber Faſten und
Enthaltungen, entweber nie ganz kennen gelernt,
ober die Kenntniß derſelben ſo ſehr wieder verlor
vren haben, daß fie nicht recht wiſſen, was ihnen
obliegt, Das Erſte gilt don ben Kivgifen d), was:
Anbere, von ben Arabiſchen Bedninen ⸗). Wende:
find untoiffender, als die Türken, und fefken be
weniger firenge, als biefe:; die Araber auch deß⸗
wegen, weil fie glauben, daß Mahomet es mit
- feinen Landsleuten nicht fo gar - genam nehmen
wabef)
| | “
U Georg. Ruf. BIT. ©, 922. 293
0) Arvienx II, 176 175 -
NHbemrına
en —⏑⏑⏑⏑⏑⏑ĩò.Û.1⏑⏑VO
— | u.
Es iſt nicht gu verwundera, daß alle Volter
fi vor ihren zuͤrnenden Göttern demuͤthigten, und
fi ſelbſt durch Faſten, Enthaltungen, und andere
Seibft s Peinigungen flraften, um babardı bie be:
leidigren Götter zu befänftigen, und bie göttlichen
Strafen abzuwenden, ober zu erleichtern. Allein
hoͤchſt wunderbar [heine ed, daß man eben fo früh,
und eben fo allgemein Baften, Enthaltungen und
Bäßungen Äbte, um fig ber Cuabe von nicht⸗
zuͤrnenden Göttern würbig, ober würbiger zu ma⸗
hen. Wie konnte man glauben, daß nicht belei⸗
digte, ober gereißte Obtter an Faſten, und Ents
haltungen ein Werguügen finden: baf fie daher Fa⸗
Ken nud Enthaltungen ihren Verehrern als cin
großes Berdienſt anrechnen, und ihnen deßwegen
beſendere Wohlthaten zuwenden wuͤrden? — Viel⸗
leicht bietet und die Denk⸗ und Haudlungsart der
Americaniſchen Wilden ben Schluͤſſel zu dieſem
ſcheinbaren Raͤthſel bar,
Die urſpruͤnglichen Americaner legen aller⸗
dings ſich ſelbſt, und ihren Kindern auch bewegen
Faſten, und Buͤßungen auf, um zuͤrnende, ober
böfe Goͤtter zu verfähnen 8). Allein viel haͤufiger,
and firenger find diejenigen Faſten und Enthaltuns
gen, welche fie übernehmen, um ſich der Gnade,
und MBohltkosen der. Otter, befonders ihrer Ofs
fenbarungen,, und ihres beftändigen Beyſtandes
würdig zu machen. Wenn junge Wilbe fid ber
‚Seit der Mannbarkeit nähern, ober dieſelbe er⸗
reicht haben; fo müflen fie acht Tage faſten, um
j darch
¶) Charlevoix Journal p. Sao, Veyagen en Mord.
V. p. 24. Carver p. o85-
142 j — —
durch die Traͤume, welche fie in dieſer Faſtenzeit
gehalten, ihren Schutzgeiſt, ober Manitu zu ers
fahren ). Ein Jeder wählt nämlid das Xhier,
ser. benjeniaen Gegenftand zu feinem Mtanita, ber
-ı Akm. am häufiaften im Traume erfchtenen if. Im
Aunfange der Jagbzeit theilt ſich eine jede Wölfen
fhaft in mehrere Haufen, wovon rin Feder ben ges
ſchickteſten Jäger, und ben berühmteften Kricger
gzum ‚Anführer wählt. Alle Jäger haltın achttaͤgi⸗
ge Faſten, an melden fie gar Feine Speiſen, und
Getränfe, nicht einmahl einen Tropfen Waflers zu -
ſich nehmen 1). Mach den Faften giebt der Ans
führer feinen Genoſſen ein feitlibed Mahl, we .
zwar die Eingeladenen mäßig -effen und triufen, bee
Anführer ſelbſt aber fidy von allem enthält, weil er
fi) verbunden glaubt, etwas ungemöhnliched zu
thus, um die Gnade der Götter zu verdienen.
‚Die vornehmfte Abfıcht aud) ber Yaften von Jaͤgern
tft, mwahrfagente Träume zu erhalten, die ihnen
anzeigen, mo fie bie meiften "Bären, Büffel, und
anderes Wildprett finten und erlegen werben k).-
. — Jau
si
h) Charlevoix p. 346.
i) Charlevoix p. 115. Cette invitation . . . ef
faivie d’un jeune de huit jours, pendant les.
- quels il n’el pas möme permis de boire une
- goutte d’Eau: et je wous dirai en pallant, que
ce, que les Sauvages appellent jeunes, c’el ne
rien prendre du tout Carver p. 985 .. . they
totaliy abftain from every Kind either of vi
cruals ordrink. e |
x) Uchnliche Zaften halten die meiften Wilden, wenn
fie in den Krieg gehen, umd fügen wohl gar noch
Derwusduunen , und Werſtuͤmmelungen hinzu.
Perrin duLac p 27. ,_ - —
. ⸗
4
1
a | 143
Sa Guiana mögen ſolche Wilde, die zur, Würde
von Haͤuptern erhoben werben wollen, fih außer
. mannidjfaltigen Creußigungen auch langwierige Fa⸗
ften gefallen laffen /). In den erften Faſten, bie
ſechs Wochen dauern, reicht man ihnen weiter nichts,
als ein wenig Hirfe und Caſſave. In den zwey:
ten, bie nicht fo lang find, bringt ihnen von Zeit
zu Zeit Einer der Häupter, zu welchen fie ſich ges
fellen wollen, ein Stuͤck wilded Geflügel, um fie
ein wenig aufzurichten, Durch ähnliche, ober no
firengere Faſten bereiteten ſich von jeher die Zau⸗
berer in America zu ihrem Stande vor, und mad
ten fi ſowohl der Erſcheinungen, ats des Beb⸗
ſtandes ihrer Schutzgeiſter wuͤrdig. Junge Jon⸗
geurs ſchloſſen ſich vormahls in Louiſiana neun
Tage in eine abgeſonderte Huͤtte ein, wo ſie nicht
allein gar keine Nahrung zu ſich nahmen, ſondern
. aud) die ganze Zeit in unaufhoͤrlichen Gebeten, ober
Anrufungen ihres. Schyßgeiftes zubrachten, fo baf
fie auß einer exileptiſchen Auwandlung in die andere
fielen m). Die Zünger der Zauberer in Gulang
&
muften nach überftandener Lehrzeit, bie bisweilen
zehn Sahre dauerte n), ein ganzes Jahr faften, in.
welchem man ihnen nichts, als ein wenig gekochte
Hirſe und Eaffave gab. Diefe Faſten mergelten
diejenigen, welche fie hielten, fo ſehr aus, daß fie
Gerippen ähnlich ſahen, und nichts, als Haut
und Knochen behielten. Auf biefe erſten Faſten
folgten Peinigungen ‚, von welden man faum glau⸗
ben follte, dag ein Pferd, ober ein andere noch
ſtaͤr⸗
2) Biet II. c. 10. p. 377 ei ſq. p· 5
m) Voy, au Nord V. p. 22.
2) ‚Biel UL & 12, P 385 et fq. |
Märketeb, und weniger empfintlides Thier fie
ausdauern Pönne, Auch damit war die Vorweihe
wicht vollendet. Man verlangte bon untadelichen
iayes 0), daß fie noch drey Jahre fafleten: daß
e in dem erſten dieſer drey Jahre nichts, als
Hirſe und Brot: Im zweyten Brot, mit etwas
Fiſchen: und im dritten, dieſelbigen Nahrungs⸗
möttel, dann und wann mit einem Stuͤck wilden
. "Seflägels genoͤſſen. Wenn man, fagt Carver,
die Americantfhen Wilden frägt, warum fie fo
-harte und Tangwierige Faſten halten; fo antworten
fie, daß man dadurch böfe, oder zürnende Götter
verföhne, daß man ſich aber dadurch auch fähluer
mache, zu träumen, und durch Träume bie Ge
enden zu eatdecken, bie an Wildprett am reichften
—* p). Die Americaner machten alfo nicht bloß
die Erfahrung , ſoudern achteten auch darauf, daß
harte und anhaltende Faſten lebhafte Tränıne ers
regten. Da fie Tränıne für unmittelbare Wirkum
gen, ober Dffenbarungen von Göttern hielten; Ta
war es ein ſelbſt für Wilde nicht zu ſchwerer Schluß,
daß man ſich kur Faſten auch anderer Dffenbas
rangen, und Wohlthaten ber Götter würdig ma⸗
hen koͤnne. Strenge Faſten führten Enthaltungen
natuͤrlich mit fi. Wenn dieſes auch nicht
| en
0) &o nannte man in Guiana eben die Menſchen, die
im mörblichen America unter dem Rahmen von Jon⸗
\ ' gleurs bekannt find.
v) The reaſon, they give for ıhus falling, are,
‚that it enables them ireely to dream, in which
dreams they are informed, where ıhey [hall
find the greatefi plenty of game; and allo ıhat
it averts the difpleslure of the evil Spirits, and
änduces them t0 be propilious,
/
m
fen wire, fe hatten Enthaltangen von: eufauibteh
Liebe wit ben Enthaltungen don gefunden, -und
beilfamen Speiſen zu viele Achnlichkeit, als-duf
man nicht die erſteren aus bemfelbigen -Bruinkd
hätte uͤben ſollen, aus welchen nah dier letzeeren
hbte. Kein Wunder alſo, daß bie. Prieſtter vicht
war unter den Pernanern g); ſondern unter bey
nahe allen übrigen Voͤlkern vr) ſich, beſonders vor
Seften, Enthattungen und Fafſten anflegten, und
daß die Völker faſt durchgehende chren Prieſtern
nachahzuten. Die Aegyptier, : und beren Prieſtes
faſteten, uud creutzigten ſich vorzuͤglich am den Fe⸗
ſten der Iſis 5). Schon die aͤlteſten Fuden hatten
fo genannte Naſtraͤats⸗ Greluͤbde, vermoͤge derrn
fie gelobten, ſich eine Zeit lang don gewiſſen Ges
tränken, oder Gpeifen zu. enthaltm 2). Moſes
Heß diefe Geluͤbde unter feinem Volke beftchen,
Ga fpäteren Zeiten feßten die Pharifaͤrr, die Eſſe⸗
ner, und die Therapruten in Faſten, Enthaltan⸗
gen, und andere Buͤßungen einen großen, ober gar
ben gröften heit ihrer Frömmigkeit u), “uf *
9) Zarate 5; “ | on
“ 7) Mörin de Pülage Au jene chek bs Anciens par
-rappori ä la religion, ın den Memgires de l!’Aca-
demie des Infcriptions IV, 29. et Iq. p.-
. 3) Herodbt: IT, 40. IV: 196. Piatärchi VII. S8r, |
Schmitt p. 65 rl
4) Mich: Moſ. Recht II. 55. u. f. G.
#) Jofeph. Antiquit, Iudaic. XVIII. 2. de beilo Ju-
“
daico 11, 8, Porphyr, ap, Euleb,. de Y’raepar,
Evamgeli IX. 4. Bhilo, qupd'binmis. ProbubGt
über p, 876. Edit, Hoefchelii Francof, 1006.
D - 7
8... :..0
22 . 0.0.0.0... %
Ten
»
146 J [mm
chuliche Wet dachten, und hanbelteh hie geneke Ay
thagoreer, und Platoniker, uch nach dem Wen:
ſpiele der lehteren, die. erfien Ehriften x). Dis
Griechen und Mömer hatten von den aͤlteſten Dei .
een her nicht blaß heilige Jungfrauen; Die dad Ber
luͤbbe der Keuſchheit bewahren, und zu gewiſſen
Neiten faſten muſten y); ſondern fie forderten auch
von mehreren Prieſtern, die Ruͤmer nahmentlich
8
von dem Flamen diaſis, daß er: manche. unſchaͤde
liche Nahrungsmittel nicht beruͤhren, und. alfo.
auch nicht. genießen durfte 2). Unter keyden Voͤl⸗
kern übten die Laden von benderlen. Geſchlecht, {cha
kaͤnfig nicht bloß vor den Einweihungen in Myfer
rien, und den Befragungen von Orakeln, ſondern
auch dvor, und an manchen Feſten Enthaltungen
und Faſten, um ſich ber Amaͤherung zu den Goͤt⸗
tern, und der Wohlthaten derſelben deſto wärbl: -
ger zu arahen a). In Hindoſtan hat: jede große,
Pagobe einen oberfien Prieſter, der nicht heirathen,: .
und auch niemahls aus dem Tempel, in welchen
ee mit ben Göttern wohnt, bernusgehen darf >),
Die Brahniinen effen nicht allein gar Eein Fleiſch,
and trinken feine beraufchende Getränke ,, fondern
Be enthalten ſich auch von. manchen Frdgemäälen
at m. Sen: mangta Sebenäafen
% B
) .. y. A
R .
var GC I... 1
Wr „Den Sie ner Renz Platoniſchen Phil. Tun im.
, Hieronymus in Pauli. Vita -p, 349, Ar
liecia II, pı 055,
Mein Leben des heil. Martinug ızı' u. f. ©. Pel-
- 9) Meurfins Lect. Attic. IV, at. |
æ) Pintarch, vii. p..164..165, Gellius Ko nn
4) Motin u, Schmidt 1. ce, Loiheyet €; 38: '
) 1. 185. SGonnerat. |
!
— — 147
und Fruͤchten, die den uͤbrigen Hindus nicht vers
boten find c): ja fie dringen wenigſtens die Haͤlfte
des Jahrs in ten ſtrengſten Fafte zu. So wie
die Americaniſchen Wilden ſich durch langwi rige
Faſten zu Offenbarungen der Gotter in Traͤumen
vorberelten; fu bedienen ſich die Joguis der Faſten,
um in Entzuͤckungen zu fallen, und in dieſen Ver⸗·
zuͤckungen die Gottheit mit leiblichen Augen zu fe X
hen d).. Sie ſetzen ſich naͤmlich nach mehrtaͤglgeun
Faſten an einen einſainen Ort hin, und heften Ihre
Augen. ſo lange auf die Spitze der Maſe, ober auf | Y
die Gegend bes Nabels, bis fie die Gottheit ald |
- ein weißliches Licht erblicken. Zuverläffige Rei⸗
ſende erzaͤhlen Beyſpiele von Indiſchen Weibern
und Männern, die wicht. nur mehrere Wochen,
fordern vierjig, ja achtzig Tage fafleten, ohne et»
was anderes, als von Beit zu Zeit ein menta fris
ſches Waſſer zu nehmen e). And’ diefe Kaften ents -
ſtanden nicht aus krankhaften Coͤrper Zufländen,
deraleihen man auch in unfern Erdtheile biöweis
Ten bemerkt, und die mit einen unuͤberwindlichen
Bitderwillen gegen alle Gpeifen verbunden find,
(ndersi fie ſchienen garz ‚allein Wirkungen der Ue⸗
bang th den ohnedem Äuferft genoͤgſamen Hindus
zu feyn, Die Faften ung Enthaltungen ber Hin⸗
dus verbreiteten ſich, wie bie Meinung von ihrer
I .. - . . | R Ders
€) wiebuhrs Reif. u. go. | |
4) ‚Bernier II, 127. 128. Mignot in den Memoires
- de l’Academje des Infeript, XXXL 316, erlq. p. |
),Hamiltoh I. 62 153. Lioubere 3. 347. 348.
Rebaht IL. 9a, 73, & '
2 2 ur Due 2 * » r ., —
1194 bes _ 8 x RR. Ben t —WW N ⸗
* .
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Verdienſtlichkeit, wenn and, niht über alle, wer -
nigſtens über bie meiften Wölker.des ſuͤdlichen, und
oͤſtlichen Aſiens: doch mit dem merkwürdigen Mus
terſchiede: dag: man tm ſuͤdlichen und, oͤſtlichen Aſien
nur die Poiefter und Dxedensgeiftlichen, aber. nicht
die Layen dazu verpflichter glaubte f). In This -
ber gibt es in dem Prieſteramte kaum fo viele Stufe
fen von. Würden, eld. es unter den Orbensgrifkiis
„chen Grade ber Heiligkeit gibt, Die Grade her
Heiligkeit merken ganz allein nad ten Orades: ber
Gtrenge befiimmt, womit. die Ordensgeiſtlichen
Faſten, Enthaltungen und Büßungen uͤben. Die
Heiligſten unter allen find die fo genannten Vollen⸗
- beten, ober Wiedergebohruen, deren: Ordensregel /
ich weiß nicht, ob ich fagen full, fo unmenfchlic.
aber uͤbermenſchlich ift, daß ſelbſt Die geuͤbteſten
Buͤßer es kaum eher, als kurz vor ihrem Tode,
wagen, fid) dazu zu bekennen. . Huch werden biefe
Ä Vollen⸗
f) Ueber die Thibetaner, und die übrigen Lamgie
ſchen Voͤlker, Georgi Alpbab.. Thihet. p. 28:
246. Stewart p, 476. Lepechin 1. o80, De a6
—Beytraͤgel 215. ©. über die Parfen in Hindoſtan,
Chicks Collect, VE: 337. und eben die Zeugs
niſſe über die. Parfen auf ver Aufel Dlctra: ‚weiße
wegen man ſicher annehmen fann, daß Anquetil IM.
601, nicht recht untertichtet war, wenn er von
den Parfen erzählte, ‚Daß fie Balken nicht allein
nicht für verdienſtlich, fondern nicht einmahl für
erlaubt hielten 2’ üder die Ceyläneien , Hrnox-p 4.
/ über bie Ehineien, — Fdif. XVIII. 354. über
die Japeneſen BRaͤmpfer J262. 298, aa über
”. die — von — Voya Be Neatı.
325. 327. und Sumatra, Marsden p. 63, Die
letzteren faſten, um gitie6 Wetter zu erhalten. _
>
+
— — 149"
Bollenbeten,. wie wirkliche Goͤtter augebetet. Wenn
Layen ihnen auf der Straße begegnen, ſo werfen
ſie ſich dreymahl anbetend nieder, und ſchaͤtzen ſich
aͤußerſt gluͤcklich, wenn fie von ihnen ben Segen
empfangen. Waͤhrend dieſes Segens halten ſie
den Mund, und die Naſe mit ber Hand, ober
mit der’ Kappe za, bamit bie göttlichen Männer
nicht durch ihren Hauch beflecht werden. . Die Ta⸗
lapoinen in Siam g) erklären geradezu, wie bie:
Geiſtlichen unter den Drufen k), daß dad Weſen
ber Religton in Faften, Enthaltungen, und Büßuns
gen beftche: daß nur fie, und nicht bie Layen, zu
dic fen heiltgen- Werken ˖ derpflichtet ſeyen: daß bie
Layen vielmehr ungeſtraft ſuͤndigen, und dann ger
gen milde Gaben von ben Zalapvinen ben Webers
ſcouß ihrer guten Werke, und mit biefen, die ‘Bes
freyung von ber Schuld aller ihrer Sünden kaufen
Eönnten 1). Nach den Zeugniffen des fonft glaube
würbigen Mariny unt-rfchelden fi die Bonzen in
Zunfin und Laos von den Prieftern, und Ordens:
geiſtkichen der. übrigen Wölfer bes fürlichen Aſiens
anf eine. für fie hoͤchſt unruͤhmliche Art 2). Er
wirft Ihnen vor, bag fie die won dem Volke F
Vſau⸗
€) ‚Loubere L, 345, er fq. p. 387 et (q. p.
.h) Niebuhrs Reifeu IL. ug, |
i) 1 c, Selon eux le mä&tier des [ecnliers eſt de
‘ pecher, et celui de Talapoinas eft de ne paint.
pecher, et de faire penitence pour cenx, qui
'pechent. IHs eomptennent, camme nous, que
cenx, qui [ont deflines à 'expier- les pechez des
autres ... doiwent eftre plus purs, que les
autres .-. |
k) p. 166. 167. 404 405. u ..
\
}
un
150 — —
ſchlichenen —** in ſG igeriſcen Erin
verpraffen: daß fie Öffentlich mit Weibern, felbſt
mit Bonzinnen, ein unzuͤchtiges Sehen führen: baf:
fie ungeftraft au&- den. Shöfterm ‚in, die YBalt,-ıumbd.
aus ber Welt in ihre Eiäften: zustigkfchren.,. © Ein
ſolche allgemeine. Verdorbenheit von: Prieſtarn und
Moͤnchen iſt nirgend, unglanklicher, als im ſuͤdli⸗
hen Aſien, wo alle Voͤſker die Meinung hegen,
dos Prieſter, una. Moͤnche aicht nur.in ihrem eigen:
nen Nahmen, ſondern auch fm Nahmen der Layen
froemm ſeyn; muͤſſen. Wahrſcheinlich alſo machte
Mariny die Ausgelaſſenheit einzelner. Genoſſen⸗
ſchaften von Bonzen zu einam..allgemeinen Verder⸗
| Dun des garzen Stande, - ch
Eine zwehte Urſache von Faſten und Erthal⸗
tungen war. bie Abſicht, durch dieſe freywilligen
Strafen böfe oder erzuͤrnte Goͤtter gu eerſobnen/
ab die Font pon. Suͤnden zu buͤßen.
Unter ben Megern iſt keiner, der fi & wit
and Furcht vor böfen, oder exzuͤrnten Göttern vom,
dem Fleiſche gewiſſer Thiere, oder von gewiſſen
Fiſchen, Fruͤchten, und Gemuͤſen enthielte. Auch
fin» die Beyſpiele nicht ſelten, dag Juͤnglinge, und
Jungkfrauen ſich ihr ganzes Leben durch eine firenge '
Enthaltung Yon den Vergnuͤgungen der Liebe Aufs
legen f). Die Americanifchen Wilden faften und
enthalten ſich häufig, entweder um böfe und erzünns
te Götter, oder die abgefihiebenen Seelen von Fein⸗
ben und Freunden, ander Pie. Geifter der Thiere
zu verſoöͤhnen, oder nicht gegen ſich zu. reißen.
. Wenn ein Matches ı “iger vermahls ben erfien
Feind
2y Projart 1, 167. 70 E.
J
5 .
u m ur zur > sn “Er GEBE An
— 71
Feind ſealpirt; ober ben erſten Gefangenen gemacht
hatte; ſo aß er:in ſechs Monathen kein Fleiſch,
and fülief eben fo lange nicht bey feinen Weibern,
aus Furtht, daß:en von dem Geiſte des Erſchlage⸗
nen werbe-götddtet, daß er In der Folge kein Gtäd
Haben, uns dag” alle feine Wunden tboͤtlich werben
würden.m). : Die Auen faſteten nicht nur an dem
groͤßen Sutfihdtgungss Feſte n), ſondern fie tha⸗
ten‘ dergleichen auch im vierten, fuͤnften, ſiebenten
und zehnten Monath ihres Jahrs 0), Alle uͤbrk⸗
we Mlörgenländifhe Völker. beobachteten ſtrenge
Kaften und Enthaltungen, theils an Verſoͤhnungs⸗
und traurigen Gedaͤchtnißfeſten, kheils In Zeiten
‚ Ion großen Unfällen, und Veſorgniffen, bie durch
traurige Vorbedeukungen waren erregt worden p).
Daſſeldige geſchah unter ben Griechen und Römern;
und von folden Faſten fhloffen fi ſelbſt Männer,
wie Julins CAfar, und Auguſt nicht aus g).
Bey diefer Allgemeinheit von Kaften war nichts
natuͤrlicher, als dag auch die erftem Ehrifilicyen
Gerkeinden zu faften anfingen, Die älteften Chris :
Yon faſteten an den fogenannten Vigilien, oder in -
den Nächten, die vor großen Feſten hergingen,
m). Voyagen au, Nord IX. a4,
J — 3. B. M. 16. v. 29. 35.
0) Sacharia VIII. v. 19,
pP). Morin 1, c. p. 20, 33. |
Letzterer fchrieb einft an den Tiher: Sueten. In
Penn. 0.76. Ne a ee mi Tiberi,
taın diligenter fabbatis jejuninm ſervat, quam
ego hadie fervari, qui in balinea demum polt
horam primam noctis duas bucceas mandu-
cavi..
B »,_ Er Br
melde. wan In Srſang .nab: Mpbet: gubrachte · ).
Mielleicht hatten viele Fafen urfpränglidn nicht die
ht. Güpnen zu süßen, .fondenn fi zur: tgüne
cdigen Feler Dreh malzen Feftes verzuhereiden. Buͤn⸗
Jerh hingegen waren die Faſten ‚mt ben. ſogenann⸗
448: yajunlig quatuar tempeſtsobam. die in jedemn
Mirsteliahre.uyen Kuge danerten ke und daun Now
daͤglich in den Nuadragefimis,: melden Einige vor
dm, vierzigtaͤgiaan Faſten Mofs auf vera Berge
GSinai ableiteten:#},.: Umbere hingegen als. Zeitze⸗
denten anfabenz. walche aan den Gottheit von je⸗
dem Jahre Danbringen mäffe: In ber Morgen⸗
doöndiſchen Sirche faftete man lauge eben ſo wenig
an ben Sanxgheuden, als an den Senntagen. Je
Aleron Zeiten hohmen die Chriſten an Faſttager
bie zur neunten Etunde des Tages garnichts, nicht
onmaht eur Trypfen Waſſers zu. ſich. Um bie
' wennte Stunde een: fe bloſt Brat, mb trockene.
Fruͤchte. Die Abendlaͤndiſchen Chaiden milderiog
dieſe ſtreugen Faſten in fiebeuten Jahrhundert, im
bein fie an Faſttagen nit blog gekochte Demüfe,
ſendern auch Fiſche und Waſſervoͤgel zu. eſſen am
fingen u), ;, Wem and) dieſe genulderten Faſtes
. we hefhwerlid waren, der Fonnte fih vom Anfange
des drepzehnten Jahrhunderts an Leicht davon frey
machen, nachdem die Kirche das große Scheimmif
gefunden hatte, bie aufgelegten Bugen zu verwan⸗
bein, ober zu geſtatten, daß ein Ynberer an ber
Stelle des wirklichen Suͤnders buͤße. Man vers
| ee
7) Pelliccia . $. 25
s) lc...
Dhap san fe
2 u) Ps 246, 247
oo. — — a 353
minbekte Faſtcn in Odete, oder Bi liakyeben, and
Gichete :wiieber im milde Gaben, tie ben Armen,
geweiniglich dem Kirchen und Cläfteru gewotht und
ben x). Unter ben heutigen Chriſten faſten bie
Moergenlaäͤudiſchen ftnenger, als wie Abendlaͤndi⸗
ſchen, und unter den Abendlaͤndiſchen, die Griechi⸗
ſchen Ehriſten am ſtreagſten. Die Habeſſinier,
mb Kopten geniefen bis nahe an, oder gar erfl
‚wach Sonnen » Untergang ger nichts; und auch
hean nehmen fie wicht allein Beinm Hein, Bein
Flaiſch und Fiſche, fonderr auch ahcht einmahl
Dehl, Buster; und Eyer y). Poncet fand einen
den Aetthioxiichen Mind, der tn ſechs Jahren
mon nicht, als on den Wiättern des wilden Oehl⸗
beumo gelebt hatte 2). Menue die Aegyptiſchen
Mine ſech auch nicht qanz fo elend währen; fe
werben fie doch durch die häufigen Riederwerfangen
des Coͤrpers, und durch ihre ſchlechte Nahrung fo
egemagest, daß fie mie Gofpenſter auöfehen a).
L
Fuͤr
2) l. c. p. 6. 297. s5:. Weil man, ſagte Marks
graf Otte Il im J. 1190. den Himmel nur durch
. Beten, Saften, und adden erbalten könne, und
die Schwachheit feiner Natur ihm dieſes nicht ers
laube; To wollt er anderer frommer Männer Qunft,
and gıie Werke kaufen. Moyſen ©. I18.
y) Lobo.p. 97. Mailler H, 68
2) Lettres Edit, IV, i6q, en J
s) Vaneleb p. za1s. |
Sn
—
N
Lu ‚
j y
, ’
on Kari Mroeriten bie Erifcheu wit un
meniſchen Chriſten beftcht bie tige Haͤlfte des Fahre
ons fireugen Bußlaßen; und non dev andern weis
men Anbachik » oder. vervienfliche Faſten zinen
großen , over. gar ben größten Theil weg 5). Die
Bußfafken find: viel Irter ,. ald die verdieuſtlichen
Au ben erfieren genichen die Mergenlaͤndiſchen
Chrißen weder Wein, noch Fleiſch, und Fiſche;
oder andere arimaliſche Nahrungsmittel: alſo Auch
keine Gyer, Milch, Butter uud Kaͤſe. In ven
Audachts Faſtengibt ed gewiſſe Tage, wo man
ſich bloß von. Fleiſch enthält, oder wenn man auch
den Tag über nichts genießt, die Abende uud Nächte
an fehwelgerifshben ‚Tafeln zabringt? aus welchen
Ubwedslungen vom anhaltenden; Faſten, und ums
waͤßigen Schwelnedeyen aufmerkſame Beobachter
das aufgebuniene Weſen ber meiften Armenier abs
leiteten. - Die Diergenlänbifchen Ehriften find fü
unwiſſend, daß fie dad Chriſtenthum auger den
Vorgefchriebenen Gebeten und Meffen vorzüglich in
. bie Beobachtung ber Faſten fegen. Die Armeni⸗
ſchen Priefter ertheilen daher auch eher Vergebung
far-begangenen Mord, und andere grobe Werbres
chen, als für einen "Bruch der Faſten 5). Den
Morgenländifchen Chriſten kommen in Anfehung '
ı J J * a , x dee
2) Ruflel p. 124. Tourmefort II. 167. Beorgi’s
Muß. Voͤlterſch. 459 ©. bei. Chardin I. 218. 219.
Der letzteſe fast von den Armeniern: Outre ces
Jeünes d’obligatien, qui emportent la moitie le
Pannee, ily en a trois autres de devation, Char,
cun de einquante jouss, BE
6) Tournef. I, c. el
—
* J
x
ber Yaften bie Griechiſchen Ehriſten am naͤchſten q).
Die letzteren bringen wenigſtens ein Drittel, un®
wenn man bie freywilligen , ober «ld Buße anfges
legten Faſten mitrechnet.,. zroey Drittel des Jahro
in firengen Faſten zu, bie ſich von demen der mor⸗
genländifchen Ehriften bloß dadurch unterfcheiden,
daß man wenigſtens Linſen, und gefalzene oder gen
doͤrrete Fiſche genießen darf. Die verruchteſten
Menſchen brobachten tie Faſten nicht weniger ge⸗
nau, als die tugendhafteſten. Illyriſche Raͤuber
brachten einſt ihren Anführer um, weil ey durch
ben aͤußerſten Durſt genoͤthigt, an einem Faſttage
Milch getemnken-hatte e). Die Griechiſchen Min⸗
be leben, gleich ben Morgenlaͤndiſchen, das ‚ganze
Jahr durch eben fo, row bie. Sayen in der Faften⸗
yeit leben. Ge: find daher auch wegen der ſchlech⸗
ten mb unwerdaultchen Rathrungsmittel, auf wel
6: fie beſchraͤnkt find, gefaͤhrlichen Leibfehäben, Ob⸗
ſtructionen, uud anderen: Unvebnumgen der Singer
weide unterwerfen, In Rußlanud hat man wahrs
Knommmen, daß die gefährkichften Krankheiten: ge⸗
meiniglich am Ende, ober u den langen de
ausbrechet.
WMahometr maqhte ale anfehitien Faſten ext
kuͤrzer, als die Chriflichen Faſten feiner Zeit wa⸗
sen, und zwar nad ‚einen alten Legende * den
| A) Ueber die Kaften "der Griechen, ‚Ruffel &, 124;
—— 1l. 355. über die der Ruſſen, We⸗ |
ber II, 66, der Fuüyrier ‚Taube 1. 76. 94. der
“ Mingrelier und Beugle, Chardin 1. 74. 178.
375. Pe
*) Taube 1. 76. N
— — 158
236 ur | | — —
Mach bed · Stiſters der Chriſtlichen Religion fx
Als näurlih: der Prophet auf einem geflügelten
Thiere in dad Paradies getragen: wurde, umd von
Gott felbft fein Geſetz empfieng, verfpinch‘er ben
Gottheit, baß er das empfangene Geſetz fireng .
beobachten, amd daß er unter Anderen feiie Anhaͤn⸗
ger gehn Monathe Im: Fahre falten: machen .mollei
Ber des Ruͤckkehr aus dem Paradieſe verweilte
er. in vierten Himmel, und erzählte: Chriſtus/
was gwifchen ihm, und Gott vorgefallen war.
Chriſtus warf ihm ein, daß er bie gehn monatie
Uitchen Faſten nie durchſeßen werde, : und rieth ihm
deßwegen, daß er abermahlss in das Paradies. him⸗
aufſteigen, und Gott um die Verminderung der
Faſten bitten moͤge. Mabomet felgte tiefem gu⸗
sr Kath, nund echielt einen Machloß nen zwey.
Monathen. Diefe Verminderung ſchien dem Urs - -
heber des Chriſtenthums zu gering, und er vers‘
machte alſo Mahomes, ſich noch mehrere Mahle
| bern Zhene bed einigen. Gottes zu nahen, an auf
die fornere Milbernug der Faſten onzuinagen
Matten Mahe met endlich bie Fuſtengeis auf Ei⸗
nen Monath herab gebracht hatte ; fo wollte Jeſus
ihn zu quter LeBt bewegen, daß er bie Faſten auf
GSine Woche herabſehzen, ober fie während der Gas
Remiit nur bid am die meunte Stunde des Tages
banetw laffen moͤge. Alein Mahometr weigerte
ih, die göttlihe Barmherzigkeit weiter zu behelli⸗
gen ; und ed blieb alfo bey dem neunten Monden
des Mahomedaniſchen Jahrs, dem Meorath Ra⸗
umben ! ober Romejen.
Allein
.p» Chardin IV, 187. et fg. p. Ins
*
— N
u —c ⸗â⸗îïß —⸗ —ñ—N— — —
D
— — 157
Alein außer den Feſten es MRamabat bie
allen Glaͤnbigen vorgefchrieben worben find, gibt
es noch viele andere Faſttage und Faftenzeiten, wel⸗
che die Mahemedaner ſich ſelbſt auflegen, oder ven
ihren Geiſtlichrn auflegen laſſen, um :befkimmeg
Sünten gu bäßen, ober um .überverbienftliche
Werke zu kben 2). Die nicht vorgeſchrie benen Fa⸗
ſten fine nugleich zahlreicher, als Die geſeßlichen,
nicht bloß urter den großen mahomedaniſchen Dias
tionen , ſondern auch unter. den klaineren Irene
Danifhen Gemeinen im.:Mufffchen Reich: _
Zataren in. Caſan zum. Weyſpiel haben nciebem
Sabre über zweyhundert Faſttage, an walchen de
vor Sonnen: Untergang gar nichts genießen h).:
Wenn Die, gefetzlichen Fafte der Mahomeber
ner weniger lang find, ald die bee Miergenlänbis
fhen Chriften, fo: finb fie bogegen viel härter.
Die Mahemebaner dürfen im ‚ganzen Moyarı Ras.
madan, und chen fo anuch in den übrigen Faſtenzei⸗
ten Dom Ausgange der: Soune bis zu ihrem Unter⸗
gang nicht allein nichts effen, ober. trinken, oder
der: Liebe pflegen , fontern fie dürfen nicht einmahl
das Geſicht, oder den Mund waſchen, dürfen feine
Heilmittel nehmen, keinen Speichel hinunterfchlu: |.
en, oder nur ben. Mund in ber Abſicht öffnen,
um frifche £uft zu fhöpfen: viel weniger dürfen \fie “
ſich aͤppide Blicke, ober Worte, und Beruͤhrun⸗
gen erlauben. Fromme Derfonen fangen ihre Fa:
ftea nicht arit SornenAufgang, ſondern um
Mitternacht an, fo daß ſie in ben Sommer⸗ Mo⸗
nathen tatich zwauzig Stunden faſten. Die Nicht⸗
e— * diom⸗
5) Chardig', € c. 31 u
4a) Beorgis Ruß. Veilerſch· ©, 108. |
v'
i
t
ruͤckt halten füllte F).- !: Strenge Muſelmaͤnner ſe⸗
Ban? 7 Er |
Fromunen erhbhlen Mh iR der Rache Mieble Be⸗
ſchwerden, welche fle ben Tag über. undheftamden
haben, und bringen die maͤchtlichen Stundem In
Schmaͤuſen, und anderen Luſtbarkeiten zu” Wahre
fcheinlich zerſtoͤrt der ·ſchnelle Wechſel von Schlem⸗
wiege Faſten 1) die Seſundheit einey groͤßern
Hahl von Menſchen, als die uͤbertriebenen Faͤſten.
Einso der erlauchteſten Opfrr ber letzteren wur der
tzeoße Beherrſcher don: Hindvſtan, Auteng »-Bebik),
der vielleicht die meiſten Derwiſche durch feine ſtrenu⸗
gen Enthaltungen uͤbertraf. Die Faften bed Ras
maban hemmen bie Sefchaͤfte des bürgerlichen Les
bens, umd heben beſonders Handel und Wandel
faſt ganz anf. Was von ben. leßteren noch Abrig
bleibt, wird in der Macht getrieben, weßwegen
ie Buazars une’ Vuden in. dem Faſtenmonde unges
wo hultch erleuchtet find. - Selbft ſtarke Männer
worden burch die Faſten nicht nur ermatter, unb
deßwegen zu Geſchaͤften untuchtig, fondern fie‘ wer⸗
“den dadurch auch fü verdrießlich, daß man. nichts
mit Ihnen anfangen kaun,, und fie behnahe fuͤr vers
. hen-
nr
I
i) Touthefort IH, 45.-Ruffel p. 124 © '
. k) Taverniet II. 104, |
3). Chardin IV. 165 on a- heancoup de, peine en
. getems- lä à traiter d'aſfaires avec les. Perfans,
'ı ce jeäne les rendant' fi chagrins‘, et hi pen trai-
tables, Pparticulierement' vers Ja ‚fin du jour,
, quile paroillene aimme, des: extravegamn. “et
» atleges: aullı ne aeiajt il puesgueszien dpraus
. toat ce mois la, lurıout entire eux, ‚et des gens
"de contraire religion, gout ils n’ajment pas
d’&tre approchös, de ‚ queldtr atlonche-
| ENTER nt gi
* 6, ur
m om 1 Du
hen fo:gae bie Enthaftung von fl; weltlichen Ger
ſchaͤften, fo wie ven. weltlichem Pomp ,. und raus
fdrenden Vergnuͤgungen, als eigen Sei ber go»
fen anm). Mit den Derwifshen, denen ihr Gitauh
ein Ernſt ift, verhält ed ſich, wie mu den Mm
chen ber Moraenlaͤndiſchen Chriften: das heißt,
fie Leben befbänbig fo, wie bie Layen in, den Faſten
leben, und baher n) -fagen bie Perfer, ba ein
vollfommner Derwiſch fi in einem Juftande Yon
beftänbigen Faſten befinde. Herr Niebuhr a) ese
waͤhnt einer firengen Secte {in Moskat, der Beiaſi,
die fidy nicht nur von allen berauſchenden Getraͤn⸗
Ben, fondern aud vom Taback und Caffee enthals
ten, welche Icßteren für die übrigen Diahomebauge
faſt eben ſo nothwendige Beduͤriniſſe, als Brot
und Reis ſind. So wie die Faſten der Mahome⸗
daner überhaupt bald Buß⸗ und bald verdienſtliche
Faſften find‘, fo ſcheint os faſt, als wenn die Faſten
bes Ramadan beyde Abſichten erfüllen ſollen. Nach
den Ausſpruͤchen ber Schriftgelehrten ſind die Fa⸗
ſten das Thor, und der Eingang der Re
ee.
ment, ou leur haleine ne les font oux et Near
logis. .
m) 1. c. p. 158. Ts dißinguent trois- fortes: de
jeünes, qu’ile pretendent, qu'il fant oblerwer,
- tous trois, -ppyr- faire dignement lo, Cardme:.
‘Pun confifte, dang l’abflinence des alimens, er
* ‚des Attouchemens chärnels:' Pautre, qui con-'
filte dans l’abllinence du peche: et le troißeme,
i eſt de s’abltenir des ſoins temporels, et des
eis.de cette vi, nat e
mı c . “ a 3 5. | ;
oil, ge a
J
t
1. ee "u
Wer im Monath Ramabaun ſtirbt, kommt unfehl⸗
dar in das. Paradies; denn mir dem Anfange der
enzeit werden die Lhor⸗ des Paradieſes fuͤr alle
aͤubige geoͤffnet, und hingegen bie Ateee der
Fälle verſchloſſen pP). nn
Ans eben der Urfachen, aus welöen u mau
fiß von Nahrungdmitteln und: den Genuſſe bes
VKibe enthielt, übte man noch mancherley andere
Buͤßungen. Man zwang ſich zu ungeſundin, ober
angenießbaren, nicht menſchlichen Speiſen. Man
derfagte ſich ben Schuß, melden ſichere, und bes
queme Wohnungen, oder angemeffene Kleider ges
en die Unbequemlichkeiten der Jahrdzetten, ud '
itterung gewähren, oder, man mählte fie fo ſchlecht,
daß die Geſundheit darunter leiden muſte. Man
unterbrach, oder verkuͤrzte abſichtlich den Schlaf,
that auf alle Freuden der Freundfchaft, und Gefel⸗
Migfeit Verzicht, verwundete und verſtuͤmmelte ri
nen Coͤrper, oder entfräftete, und gerrüttete ben
ſelben durch unnaktuͤrliche Beſchwerden, und Marb.
ter. Dieſe Selbſt⸗Peinigungen fanden ſich, wenn
gleich nicht in derſelbigen Zahl, und denſelbigen
Graden, unter ganz rohen, wie unten halbgehildes
ten, und ſelbſt unter ſolchen Voͤlkern, die durch
Kunſt und Wiſſenſchaft beruͤhmt waren. Unter
ben Jaͤger⸗ und Fiſcher s Völkern find die Americas
niſchen Wilden, beſonders bie tm fuͤdlichen Ame⸗
rica diejenigen, welche entweder ſich ſelbſt, oder
ihre
—
p) p. 157. 1. c. LeiJeüne etia porte, et Vertrde
de la religion: tout homme, qui meurt dans le
tems du Jeune, eft bien - heureux, et va [üre-
ment en Paradis, ©
0 ⸗ - | . a1
thoe QAuptet Bub :Brnerer auf eine beynnhe wär
gtocbliche Urt: yeinigen. Waͤlresd ber ſecho woͤꝛ
chan tlichen Faſten, weiche bie kuͤuftigen Gäuptlinge
in Guiana halten: muͤſſen, merden se taͤglich zweh ⸗
wahl, Morgens und Abenda, von den übrigen
. Qäuptern beſenhn . Beßh jedem Beſuch muß ſich
Ber Canbibatnimdie Mitte er Hütte, die Haͤnde
uber dem Kopfe, higſtellen, ums won. einent jeden
ſeiner Pruͤfen Deren Hiebe mit einer ſchweren Peit⸗
She zu erhalten;/ die aub den Wurzeln des Palm⸗
umns gemacht iſt. Die Kuoten und Spitzen deu
Peuſchen, bean mil jeder Peitſche werden nun
brey Diebe eriheilt „ bringen fo tief in bie Bruſt,
ben Leib vund die Schenkel der -Gegeiff [ten ein, daß
‚tete: Dieb geführt mind, ohse Blut Aichen zu man -
der Wenn Die. ſechſswoͤchentlichen Faſten, und
die doppelten Geiſſelungen an allen Lagen. der Fa⸗
ſtengeit uͤherſtanden ſinp; ſo legt man den durch Ja⸗
ſten/ und Geiſſelungen enfchöpften, und zerfleifche
te Mann it fein Dongbert, knouͤpit dieſes an auzp
unbe Bäume, meh zuͤndet unter. dem Bett von ben
ſtuͤrkſten und ſtinkeudſten Kräutern .nder Hoͤlzern
- eis Feuer an, Der Geſtank des Rauchs, und die
Die bes Feners beingen in. deu, der fie duldet,
bald eine Art von Wuth, bald todtdaͤhrliche Ohne
machten hervor. Die Leßteren- verfpeikt' man durch
erquickende Araͤnke, welche man den Ohamaͤchtigen
reicht. Wenn bie Gemarterten ſich ein ‚wenig er⸗
babit haben, fo verdoppelt man ben Rauch und,
das Feuer, und mit beyden nehmen bie Wuth,
oder die Ohnmachten ber Ungluͤcklichen in: gleichem
„se: u. Zu a Ders
u Bier BE, CR RT =
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162. | . u ——
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14
iſſe * en Augeniticken, io da⸗
—ð entfliehen ſcheint, legt man den Sterben⸗
bden ein Halsband, und einen Guͤrtel um, viemit
BL N. 202 2
ſchwarzen Ameiſen angefälı find. Die giftigen
Biſſe diefer Ameifen vaufen wie: ſchon Sinaloſen in
das Leben zarück. Mac diefer legten Prüfung ges
ben die Würbigbefunbesen au den naͤchſten Fluß
oder Bach, und werben nad geſcheheuer Reiniguug
von den übrigen Haͤuptern alb Bruͤder anerfanut
Die künftigen Zauberer peitſcht man. zwar nicht fe
keftig, als die Haͤuptlinge; allein man laͤt fe.
nach uͤberſtandenen Faſten fo lange tanzen , bid fr
betaͤubt zur Erde fallen ⸗), und gibt ihnen als daun
einen Trank von Tabacksſaft, der heftiges Erbre⸗
den, ſelbſt Blutbrechen herdorbringt. Man wies
derhohlt dieſe Taͤnze, und dieſe Arzneyen mehrere
Tage hinter einander, und bewirkt ober verſtaͤrkt
- daburdy den Haug zus epileptifchen ‚Merzucdungen,
‚der einem jeden Zauberer fo nothiwendig iſt 5).
Man kann gar nicht zwenfeln, daß die fuͤrchterli⸗
hen Buͤßungen ſowohl ber Haͤnptlinge, als: ber. -
Zauberer in Gulana in gottesbienftlichen Abſichten
geſchehen, wenn man weiß, welche Zerfleiſchungen
be Erfteren au ſich ſelbſt, und die Wildinnen au ih⸗
ren Kindern bey anderen Gelenenbeiten ausüben. -
Ru der Zeit, als der Vater Gumilla unter den
Samos lebte „brach eine anſteckende Kraunkheit
aus, bie Merſchen von allen Altern ergriff 8 |
DRK.
8) Cette etrange medeeine le fait ler haut et bes,
“ luy fait vider le fang; esla durs ;luheuss
ours,
“
— — ——— — ——. 700 [—
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So ban die weiner merkten, oa ihre Kinber Hp _
nicht wohl befänbenz fo burchbehrten fie ihnen weit
einem fpißigen Knoden bie Runden, fingen.beif
He rvorſtroͤmende Mut mit ihrem Munde auf; und
ſpuckten es uͤber vie Coͤrper der Rinder vom Kopfe
558 zu den Ferſen bin. Sie erneuerten dieſe Wise
ben alle Diorgen, bis die Kinder entweder g
wourben, ober flarben. Um biefelbige Zeit waren
Die Haͤupter der Guamos verpflichtet, ſich jeden
Meorgen zu zerfleiſchen, nm mit ihrem Blute ben
Magen ber —** zu beſtreichen, die ihnen ge⸗
bracht, oder gu welchen fie hingeruſen wurden.
Wegen dieſes taͤglichen Blutverluſts ſahen bie ges -
ſunden Haͤupter blaͤſſer, und magerer, ald Wire
der Kranken aud. Aungenſcheinlich hatten bie Ver⸗
abuse. der Haͤupter, und ber Kinder Beine ans
dere Abſicht, ale die Goͤtter zu verföhnen, von
“ welchen man mähnte, baß tie ' Seanfgelten wären |
augeſchickt worden.
Auf ihonhe Arten fudite: man bie Obi
nicht nur in anderen Theilen von America, fonberm
auch unter den Megern, und ben Bewohnern ſo
wohl der Suͤbluͤnder, «ld ber. Ghbfer: Infeln: gs
verſoͤhnen. Die Floridaner hatten jährlich Buße
fefte, an welchen alle ohne Ausnahme fafteten, bie
Priefter in Wildniſſe flohen, und die Weiber ſich
derfenten, und bad Blut in bie Luft Meere 2)
»). Sam. der * xvi. * S. 504 Die, Bin
den. am Miſſuri follen jährlich Arı Gornenfefe,
8 |
üben Persia da Lac’ Erg men
1
(4
241 4 ...
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—8D
a6 L or ee \
Ee Mrfeſter —* Monche, ad delihen Zunge
fractan in Menien.a) - raten. die Naͤchte mh
Beas: ſchlaflos zu, weil fie außer anderen heiligeg
Qendlaugen fi bie Beine, ober. andere Theile
5 Leibes wit Kharfer Inftraͤmguten zexritzten
wrltche fie daux in: Keine Bündel yon Stroh ſteck5
Sk, damit das Bolt om dieſes blusigen Werkzeugen
iher Suͤßunges erkeynan koͤnne. Die Merigang
ſchen Prieſter geiffelton ſich an. manchen · Feſten nis
ſchweren und Inotigen. Peitſchen bis auf's Blut,
‚und Kierin ahmte ihnen, das · garze Volk uch, Viele
Geiſtliche gingen in ihrern Buͤſangen fo-weit, daß
ſes ihre Geſchlechtotheile mittou durchſchaitien, oder
fich auf andere Arten. verſtuͤrmel ten, um ſich zu
ven Vergnͤgungen dar Lebe afmalic untücsig
zurmachen. Foſt auf dieſelbige Her geiffslsen,. un
u ——— Fchedier Prieſter in Peru ). Mauqhe
‚ wen dieſen Prieſtern begaben ſich in ie oͤdeſten
Wildniſſe auf dem höchften, und unwirthbarſten
- Bergen, ober flachen fich die Augen aus, oder
ſtuezoa fi gar vor Fatſen in Naufenole Abgruͤn⸗
wdvertzineb 2). Doß die Beweohner. dar Suͤdlaͤndan.
wud Suͤdſee⸗VFJufeln ſich ſelbſt, ober: isn Hint
dern gur Verſoͤnnung der Goͤtter· lioder der fing
u ger abſchneiden, oder Zähne mwöfckkagen, ⸗0), ifk:
baanmn al⸗ dog. He Reger au be Sadtune
=) Acoba v. c ‚ 1% 17. F . 221, 83,26,
Wera — J
"16. et Zarate l: . 2 1
“ns; . à4 4
“ Cooks letzte 2er 1. 16: ©,
. ‘
Ah den Obreleib von der. Olulerhn Bikandie Dieb
ver erſchaeiden, am ihre Sünden ye bogen 9).
3: fg] —
. Unser den Voͤlkern bed alten ODeunto {deinem
bie "Yegpptier am mäßigfien,. bie Syrer hingegen
am ausſchweifendſten in veligiäfen Selbftpeinigume
gen geweſen zu ſeyn. In der Stadt Buftri wars
jaͤhrlich der. "Wis zu "Ehren ein Feſt gefsiest, je
welchem aus allen Gegenden von Aegyptena Sant
viele Myriaden von Maͤnnern und Welbbern as
ſfammenkamen. Ale diefe Myriaben warden maß
Sollbrachtem Opfer gegeiffelt. Die Kaviar, bie
fi) in Aegypten niebergefaffen hatten, begwägten:
ſich nicht mir dieſen Geiſſelnugen, ſondern vermnu⸗
deten ihre Geſichter mit Meſſern, ober Dolchen,
welche fie entbloßten; ein gewiſſer Bewals, fapb:
gerobor hinzu, daß fie Fremde, aub nicht Eier
gebehrne ſind c). Die Prieſter des Daal — |
gen zerfeßten fi mit Meſſern und Pfriemen, als
ihr Gott zögerte, ihnen burh ein "unter. ge‘
Höfe zu tomwen d). Die Bexchrer dev Eyes:
gr FNKen, oder der Venus tn Hierapolid Hlien >
em
Rn de Eıy India Orient, ©, 5%.
© U. 63, Spätere Schriftfieller ermäbnen eiferner
re weihe die Priefter des Saturn | ana '
E db, imd es einer Rinde, welche Me —*
ale gezogep hatten, Achmidt p, nn DI
‘ ei audı feinem Zweifel — * —8
bleibt man doch, in Anſehung der Urſachen des
ragens der Halsbaͤnder, und Nafenringe ungemiß.
‚No mehr kann man es bezweyfels, Ref Richt in
den aͤlteſten Zeiten geſchehen ſey. |
4, 1. 19. 28. Vuch der Koͤnige.
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"Mel vide vlaa bey: Berfegungen
- bon. eher heiligen Wuth *2 entmannter ſich /
und wurden von ben Beſitzern der Haͤuſer, in wel⸗
fehen. Wiele,
dpa: fir bie 'aligefiheittenen -Iihelle geworfen hatten,
weit: weiblichen Kleidern augetban dd). Die wos |
weh / und falſchen Prieſter der Dea Syria, und
Cybele, bie in den erſten Jahrhunderten nach
—— eure in: Griechenland und Italien ums
er. zungen; lockten die fiaunende Menge vorzüglich
dedurch an: fich", bag fie in Aufällen von heiligen
Maferey- 2m. Arme gerbiffen, oder. mit Meſſern
ten +). Bon ben Juden ik ed aus ber _
keifigen. Geſchichte bekannt, daß fie an ihren Buße
feſten barfuß, in Sacke nnd in ber Afche faßen, .
ud ſich geiffeiten. Die Pharifaͤer ur geiffelten ſich
wicht bleß au: den Vaßfeſten, ſondern zu einer je⸗
"den andern Jeit, vorzuͤglich auf volkreichen Stra⸗
Bew und Plaͤtzen, um durch ſolche überverbienfe
liche Werke den Ruf, und die Vortheile einer ſel⸗
temen Heiligkeit zu erwerben. Die Juͤdiſchen Bäs-
fungenn waren zu Plutarchs Zeiten muber dan Grie⸗
chen und Roͤmern fo gemein geworden, daß er dasg
im Sacke, oder in zerriſſenen Lumpen, das
Waͤlzen im Staube, das Wehklagen über ben
Genuß uoerlaubter Greifen und Geträsfe {u ben
s „ges
2) Da Den Syria In Luck, Oper m. Fame |
e) Martial, Epigram, XI, 85, Alba minus faexia
'Iacerantur brachia eultris cum furil ad Phrygios
euthea turba medos ; und Apulej. vıukp 14
Eolvi, Diuque capite demiflo , . . et —8
quam morübns Ar ineurfantea mufculos, ad
polremum ancipiti ferro, quod gerebant,
guisque brachis diffecant, . ‘ (us
⸗
. m bee
— — e,
—8
groben Kingerugen bed Werglaaben ſeiner
Zeitgenoſſen zaͤhlte f). Selbſt binsige Buͤgungen
waren nuter ben Ortechen und Römern fo alt, daß
man ihren Utſprung entweber gar nicht, oder nur auß
Weiligen Sagen angeben Tann. Die Prieſter der Dei
lona opfesten von jeher biefer Göttin ihr eigenes
Blut g). Einer alten Ucherlieferung zufolge vers
wantelte Lykurg bie Dienfchenopfer , * man
bis dahin bes Diana gebracht hatte, in Bintige
Geiſſelnagen, bie vor dem Altar ber Göttian am
Spartaniſchen Fänglingen vorgenemmen, und wos
darch der Altar. dev Goͤttum mit Bint beneßt wur⸗
de æ). Man erzaͤhlte noch gu ben Zeiten des Pau⸗
ſenias, ba, wenn bie Geiſſelnden aus Mitleiden
‚ ober and Achtung gegen 7
Geb Son Abmglingen eine gersiffe Schonung
gen viofe bendefen,, bie Obttien Ihren Zorn vr hs
eiue- feldie Wikive baburdh äußere," Baß- ihr fonft
Lleichtes Bild unerträglich fchwer werde; ES war:
eu eben fo natuͤrliche Denkart, daß man dur:
freywiliige Dchtigungen, als daß man durch Ehräs:
nen, Welliagen, und andere Merkmahle des in⸗
nigen Gefuͤhls goͤrtlicher Strafen der Zorn boͤerer
Natusen mſe koͤnne i).
-,
5) vi, 643 Edit, Baiskil..
2) Lactant, I. c. 21.
h) Paufanias III. 16,
) ges; Tufeul. Quaell, III. 29. Accedit laper.
Atio muliebris quaedam, Exiftimant enim,
- diis immortalibus fe facilins fatisfacturos, hi
eorum plaga perculG fucio⸗ fe et Araros elle
Sieantur. |
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» I. ig. Eap. Rogers, Auch Oringian TI. "4
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Bo mon anuehm⸗⸗ Dorf, A Be Keane
Bien. ber Himns zu der Zeit, aiE die nischen
yuerft mit dieſen Wolke befemit wurden, den
beusigan Goͤtterdienſt aͤhrlich warz fo Taun. man _
ſicher behaupten, daß. die Hindus van jeher im
Ruͤckſcht auf. velbhaewoͤblte Buͤßnogen elle uͤbriga
Moionen hinter ſich ließen, uber weriaflend DM
Inların andern Volke übertroffen nun: nass:
Senne: Banga: k) wird der Wagen. biefes Gets
tes Durch bie Stroßen, ober in der Nacbarſchaft
wo EStaͤdtarmunhergezogen. Ju de Mitte: 1)
Aseährficht ein hoher Pfahl aufgerkiter ,. durch
daffen; aberes Fude ein heweglicher Walken geht.
Ven der: Gpitze deßs Balkene hangen mohreen
GStricke mit Karken eiſernen Hakan herab, melde:
7 be Weibef fo wobl, ais Maͤnger Sch Ann,
fleiſch am den Schultern, oder gar. brands Abe
| —**— Rippen ziehen laſſen, bawit man fie vor⸗
mittel derſeiben emporheben koͤnne. ‚Arie in: Ime)
aſt Schwebenden sehen ‚vor, daß fie Keine Gchine
zeu gpfinden,: Um bie glauben au machen, ne}
ches fie allerlen Mranaben mit Degen, welche fie:
inter Hand haben, ober fie laden, ‚und ſchietzen
Gewehre, glelhfam zum Beihen der Freude ab.
Damit man aber doch das Jammern ſolcher, die
viellacht durch die Heftigkeit ber Schmerzen uͤber⸗
paͤltigt werben möchten, nicht hoͤre; fo un bie
‚ Winftehenden in wuͤthende Geſchreve and, Vie ſo
lange erneuert werben, bis man bie In ber Luft
an wieder “ bie kete herobgelaſfen
at.
Eben
\
“en ir Bameitdkn; welcher die erwahn⸗
tom freywilligen Marter ber Hindus zuerſt anfuͤhr⸗
ta, war Augenzeuge von folgenden ſchreckliches
Geist; Peiaigungen ). Er fand im J. 1604060
einer Meinen Pagode dor Parvati einen Brahmin,
Der unverruͤckt auf einer Gtelle ſaß, und füdy wie‘
zum Schlafen niedrelegte, ſoudern bloß ſcheub
fddfummıerte. In den Stunden des Wachens wur’
melte ber VBrahmin entweder die Nahmen des
Bowara, ‚oder andere Gebete her, fhmädte bay
Bild des Gottes mit Blumen, zuͤndete vor bems
ſelben ein Sicht an, und bramite Raͤuchwerk. Ron
Zeit zu Zeit forang er ploͤtzlich anf, und flellte fh
forgerade und unbeweglih, wie eine Wilbfänle,
auf:den Kopf. hin. Er erhielt fih in biefer Stels
. Jung fo lange, daß alle Zufchuuer dadurch in bad.
boͤchſte Erſtaunen verfeßt wurden, Bisweilen bes
gab er fich auf ben Hof der Pagode an einen Platz,
wo er Über einer Brube mehrere Bambus Stäbe
im. Form eines Galens errſchtet, und an den Aber
liegenden Querr⸗ Deab zwey Stricke mie Schlin⸗
gen beſeftlat hatte. Er zuͤndete alsdann in der»
Cube: ein Feuer an, und legte nm die Grube Rei⸗
= fen, oben Sracke von Dolg der. Men biefe gen ı
ſchehhen war ;: fs idee er die Yon dem obern
Dambg s Stabe herabhangenden Schlingen um .
femme Weine, und ſchwenkte fi mit dem ganze:
Ebeper eine haite Seunde laug bin und ber; fa
datj er min dem Mopf, und Geſicht beſtaͤndig durch
dit lodeynde Flamme fuhr: wobey eu unaufhoͤrtich
betote, und das Fener mit dem nut bie Grubee
liegenden Hetze anſchuͤrte. Ohngefaͤhr um dieſci
ige AB wrna ein auderer Vuͤßer einen Auanen -
urn . \ ' um
3) Roger U. 17. Gap: TE
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u Dr u
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28: . - ———.
ww den Hals, der aus eiſernen Bohen betand,
vier und zwanzig Pfund ſchwer war, und mie ein
Zaun den. augen Kopf einfäloß.: Der Taigens
beste -bu6 Gleläbhe getbam, „feine Wilede wicht chen,
abqnlegen; als bis ex fo viele Allmofen zuſammen⸗
gebracht habe, daß er eine Pagode erbauen koͤnne. —
we ſchleppten ſchwere eiſerne Ketten hinter ſich
ber, oder gingen auf Saudalen, aus welchen fharfe,
Spitzen hervbrragten, und wodurch bey jedem Tritt
die Fußſohlen verwundet wurden⸗ Noch mehr
wunderte ſich Rogers, als er einen Mann er⸗
blickte, der ſich mit einer ſtarken Kette: an einen
Baum hatte feſtſchmieden laſſen, um an dieſer
Stelle fein Leben unter allen Beſchwerden der Jahrs⸗
rn ‚zeiten, und Witterung, fo wie unser den befläuhte ..
gen Gefahren des Qungertobes zuzubringen. :
Die meiften und härteften Buͤter finden 77
‚unter ben Joghis, die ohne alle Bekleidung entwe⸗
Ver unter Bäumen, ober unter den offenen Hallen
‚ber Pagoben wohrnen m). Manche ven biefen Jo⸗
ghie haben Haare, bie bis auf die Ferſen herab⸗
fallen, und durch Mangel von Pflege fe verwirrt,
ober gufanmengefiebt ſiad, wie das Haupthaar der
Ungloͤcklichen, die eines Weichſelzopf Haben, Ber⸗
nier ſah au mehreren Orten Joghis, die einen oder
ten, daß dieſe Gliedmaaßes wie abgeforben wo⸗
sen, und weber zum Nehmen von Speiſe und
TDrank, noch zu anderen. Verrihtumgen gebraucht :
werden konnten. Diefe Büger wären in-ı Tuner.
Det verhungert oder verdurſtet, wem nicht
") Beroier IL. 138. er fq. D
beyde Arme fo Lange über dein Kopfe gehalten hate '
Ks
bächtige Perfonen ihnen bad Retlweꝛdi gun -
— — 171
Hätten: Wubeve ſtanden diele Tage-Tang aufreqht,
ohne ſich eine andere Ruhe zu erlauben, als melde
ihmen ein kurz dauerndes Hinſtuͤtzen auf ein dor ih⸗
wem ausgefpanntes Geil gewährte Die. Weine
ter freyem Himmeil ihr Geficht fo lange gen Him⸗
wel richten, daß fie baruͤber dad Vermoͤgen verlie⸗
ren, ihren Kopf in eine andere Stellung zu briu⸗
gen: : Der Hals folder Starrer ſchwillt fo gewal⸗
tig.an, dag er eine gleiche Dicke mit dem Kopfe
erhaͤlt a). Manche halten ihre Fäufte fo lange und
- feft zuſammengedruͤckt, bis die Mägel durch den
Rücken der Hand durchdringen 0). Beugnifle -
der nemefien Meifeuben beweifen, baß bie von mir |
erwaͤhnten Büßangen bis anf den heutigen Zag uns.
tee deu Hiadas fortbauern „), und daß fetbft die
. 40 den Küften der Jubiſchen Halbinſel ee:
| | are
1188, Hımilon, . Ze
.e) ib,
» Man f. bei. Niebuhr B. 1:75. Grofe }. s6. |
Fıyer p. 108. Gonnerak. I. zıg. 200, Turner
2. 510,211. Die Subiigen Fakirs haben in den
- Zumpen, womit fie fi dehaugen, fehr oft Gold
und Edelſteine verſteckt, weßwegen dev Kaiſer
rengzeb ihnen einſt aus fiheinbarer Miſdthaͤtigkeit
für ihre Lumpen neue Kleider ſcheukte. Tavernier
„Liefer Buͤßer wurden von dem Langen Stehen fe:
Du and aufgeſchwollen, wie igve Schenkel waren,
Aehnliche Wirkungen empfinden diejenigen, die ups.
lI. 33. 160, Ovington 1, zen: Selbſi die Ioguık
follen mit. Evelfteinen,, welche fie ig ihrem graͤßli⸗
Gen Hanraeditihe verftede hatren, einen Kandel
. weißen, Groſe I. 197%. .
oͤſtlichen Afiend :fäychreh fid die Ehimefen , aheii
1 2 "2
Parſen eiken'miäh. gerugen Tell — Br
der Hindus angenommen haben N \ TORE
Unter den aurigen Wotkern —* lachac ae:
ptelmehr bie Bonzen der Chineſen ben Selbſt⸗ Minen -
nigungen ber Hindad am mehflen mörkkeri Pi
Le Comte traf Bonzen an, welche arcadiche Meta:
ten, die dreyßig Fuß lang waren, mr einem Arme:
und Beine trugen, und: nue mie genkum Mühe:
durch bie Straßen ſchleppten. Andere (Blugen» -
niit großen Steinen fo heftig auf ihre Abpfe, Daß.
das Blut yon allen Geiten herabraun. (in juns
ger Wonze hatte ſich in einen Keſtg einfperren Laf
fen, der dicht mit fatior Nägeln befegt, oder:
ausgeſchlagen mar. Elnem Geluͤbbe gemäß wullte:
0 er wit eher and biefem Kefig heransgchen; abe.»
bitsß er einen jeden Nagel mit feinem Wlude Ben
an andaͤchtige Menſchen verkauft habe ). J
Wenn die Indiſchen Buͤßer jemahls neicht
wurden, ſo geſchah es durch die eifrigſten unter
den Ebhriſten, die durch ausgeſuchte Sewſtpeiu
gungen ihre Suͤnden zu tilgen, oder nad dieſen
Schen h che Grade der Seligkeit zu erlangen hof⸗
ten, Merkwuͤrdige Behſylele don Chriſtlichen Errumig
gungen werden bald nachher vorkommen. Bu den
allgemeineren Buͤßungen der Chriſten, die ſich
| nicht bloß auf Hedenogeiuis⸗ und Einſi A bes
9 Da engen Grein Reifen III. 43. S.
ach Le RÄT u. AN LE Memoiren fur les Chie |
„ E.
DEE. ———— ”
s
Sa
U — — 173
ſchraͤnkten, gehoͤrten das Tragen. von beſchwerli⸗ |
chen oder peinlisen Laften und, Kleidern, und dan
Geiſſelungen. Was andere Chriſten thaten;. un
ben Zorn dir Gottheit zu verſoͤhnen, oder um
ihre Önade. zu erlangen, das thaten. bie Mitter in
gleichen Abfihten um ihrer Schönen willen. Ei⸗
nige ließen fih eine Zeitlang Binden. über eing
son ihren Augen. legen. Audere trugen Ringe
und Ketten, weßwegen das Tragen von Ehren⸗
ketten bis auf ben heutigen Tag ald ein Beiden
von Srgebenheit betrachtet wird 8). elfjelungen
murden in den Chriſtlichen Abendlaͤndern nicht eher,
als im zehnten Jahrhundert bekannt. Der Uthe⸗
ber berfelben, war ein Einfiedier, Dominicus, mit
bem Beynghmen ber. Gepauzerne, weil er ein eifere
ned, mit Zacken verfehenes Panzerhemd auf be
bloßen Leibe. trug u). Das Beyſpiel des Eremi⸗
ten griff Ichneller. unb gewaltiger um ſich, als bie
gefährlichite Contagion. Es entitanden zahlreiche
Schaaren, xud faft. kann man fagen, Heerszuͤge
von — bie ganzen Ländern und Propius
en ben Untergang drohten, und nur mit ber äußere
Gewalt zepfirgut werben konnten. ' Deffensliche
Geifjelungen haben fih am längfien unter den Spas
niere und Portugieſen erhalten,. Noch im Anfange
des achtzehuten. Jahrhunderts zegen bie vornehm⸗
ſlen Maͤnner und Juͤnglinge in Spanien au feſtlichen
Tagen durch die Straßen der Staͤdte, geiſſelten
ſich, beſonders upter ben Fenyſtern ihrer. Schönen,
und.befprigten diefe mit dem Blute, was fie durch
bie Geiſſelungen hervorgelockt hatten x)... Wahr⸗
“
en u ſchein⸗
&) St. Palaye I. 190. 036.
u) Pelliccia II, 198-200.
“ x) Labat Voy. en Eipagne I, 18%. .
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fchetafich bereiteten ſich bie Spanier auf eine Ahnit
Ge Art, wie bie Portaglefen in Brafilien, zu ihreh
Blnttgen Gelffelungen vor y). Diefe Heßen naͤm⸗
lich am Tage vor ben Faſten, wo fie ihren Um—
gang und ihre Sffentlichen Geiſſelungen vornehmen
wollten, bie oberen Theile bes Coͤrpers burch Scheer
‚ \neffer over andere Inſtrumente verwunden, damit
bie Geiſſelungen die frifchen Narben aufreiffen, und
bas Bint um deſto zeichlicher fließen machen moͤcht
ten: Andere, bie ſich nicht griſſelten, trugen ſchwer⸗
Keten, oder Stüde Holz, ober Eränze von Dei
gen, deren Spigen gegen bie Bruſt gerichtet waren:
Ungeachtet die Mahomedaner anf die Faſten
einen noch hoͤhern Werth ſetzten, ala die Chriſten,
ſo waren fie doch von jeher. in allen uaͤbrigen Ar⸗
ten von Bägangen weniger eifrig, als biefe. Un⸗
ter den Perſern üben bio die vollendeten Lehrer,
welche fie Muchtehed nennen, die Rechte ber Geiſ⸗
ſelung gegen reuige Suͤnder aus. Wenn Jemand
tn irgend einer ſchweren Suͤnde, in Trunkenheit /
Blasphemie, dem Genuſſe unerlaubter Speifen
n. J. w. gelebt, und den ernſtlichen Vorſatz hat, fich
"gu beſſernz fo geht er mit mehreren Freunden, bie
gleichſam Buͤrge feiner Meue und Belehrung vers
ben, zu einem Muchtehed, beichtet biefem ſelne
Vergehungen, nnd bitter den Heiligen fußfaͤllig,
baß er tha freyfprechen well. Der Muchteheb
haͤlt als dann eine ernfiliche Strafprebigt, ermahnt
. ben reulgen Suͤnder zur Staudhaftigkeit im Guten,
gibt ihm mach Beſchaffenheit feiner Echuld mehr,’
ober weniger Streiche, und fertige ihm einen Abs
laß⸗
y) Barbinais uf. 240. 841, ein
In 15°
—
Lo ». Brief aus, ber aber zagleich ben Empfaͤn⸗
ger, wenn:er zuruͤckfallen ſollte, dem Zorne Och
tes undder Rache des Ali auf ewig uͤberantwortet.
Wem Voͤlker einmahl die Meinung gefaßt
hatten, daß man durch Faſten, Enthaltungen und
andere Büßungen die Gnade der Gottheit erlange,
und. ihre Ungnade verfühnes; fo konnte ed faſt nicht
ſehlen, daß nicht einzelne, aͤngſtliche, oder. übers _
“
fromme Perfonen zu dem Entfchluffe gekommen de
ten, ihr ganze& leben, oben doch einen beträcdhtii
ben Theil deffelben In Kaften, Euthaleungen amb
Buͤßungen hinzußtingen, um beyde erwähnte Zwecke,
ober doch einen berfelben zu erreihen. Die Auße
führung eines folhen Entſchluſſes brachte nothwen⸗
Dig eine Zaruͤckziehung von den meiften weitfühen
Berfireuungen, Freuden und Geſchaͤften hervor, auch
wenn bie Büffenden fortfahren, in bee Mitte ihrer
Familien und Mitbürger zu bleiben. Die ernſt⸗
lich Buͤßenden merkten es aber bald, daß ber Aufs
enthalt unter den Kindern der Welt zu viele Ver⸗
füdynugen, ober Aergerniſſe, oder wenigſtens Line
terbrechungen ihrer Andachten mir fi: führe 2) 3
und fie entflehhen vaher aus bem ect ah
de du um Urouswm Tic änaf Um Dias ayIsc
‘Alla reigus le wusres Tag durrpißng @v uywois
y'povaypınic, epymay usralinnörtäs. 8 din Tiya wugs
swırorydevonsıyv 'maayIparuas, alle Sn vag ı%
Try avouoes 70 yIas swilikung aÄverrrÄtig unı Min«
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reicher Gefell ſhalten in eiĩne * —— |
fie verbanden ſich mit: anderen von gleichen —* |
amgen, um nad gewiſſen Gefetzen, unb unter gew
willen Oberen ein heiliges Leben zu führen, und
KG gegenfeiig zur Warnung und Aufınamterung zu
dienen. Im ciften Falle entſtanden Einfiebler:
tm anderen moͤnchiſche Vereine. Veyde wavesn
MWirkungen allgemehner Anlagen ber menfchlidrem
Maturz;z und fanden ſich Daher umten den verſchier
Senartigften Voͤlkern, welche nie die.geringfie Gep
meinfchaft mit einnuder hatten: Wenn gleich Möwe
erey eben fo natuͤrlich iſt, als der. Stand bey
Mänfiedier ; fo faun man doch behaupten, daß bier
fen Älter und. ollaemeiner war, als jener, weil. des
Exrtſchlaß einzelner Menſchen hinreicht, Einſiedler
gu bilben, anſtatt daß zu moͤuchtſchen Vereinen eine
Bufammenfiimmung * mehreren gleichgeſnnten
Werfonen erfarbert wird: ..
Die U⸗terſuchangen uͤber die angeblichen Zau⸗
berer und Beſchwoͤrer werden lehren, daß Diane
che derſelben ſelbſ unter den reheſten Wilden ſich
eine Zeitlang in Einoͤden begeben, um ſich ferr. Don
> aller: wenſchlichen Sefellichaft: · dr. Umgenges, umh
Weyſtandes höherer Naturen würdig zu machen.
Im weſtlichen Afien waren bie Albanier das erfte
Walk, ober Eins: der erſten Völker, unter wels
chen die Geſchichte wahrer Tinfiedler erwaͤhnt. Die
Albanien verehrten vor allen anderen Goͤttern den
Mond. Der Hohepsiefter. des Mondes hatte in
Ruͤckſicht auf Rang. um Eiskünfte.nur den Koͤnig
über ſich. Seine Gewalt erſtreckte ſich nicht bloß
über. bie. großen Beſitzungen und Schaͤtze des Tem⸗
ple, fonbern auch über bie Egaenn der a
. wein:
>
| — | 11T.
geweihten, unter welchen Maunche ‚von. einem a
“ Yichen Geiſte getrieben wurden und weiſſagtzn a“.
Diejenigen,. welche der. Geift ber Weiflagung am
ſtaͤrkſten ergriff, ‚serliegen ihre. Brüder, und irra
ten. einzefp In, Bad: Waͤldern amber 6)⸗ Aehnliche
Tempel und Hohepriefter, auch aͤtznliche Schaaren
von Gottgeweihten beyderley Geſchlechts fanden ſich
zu Komana auf dem Antitaurus c), In einer Stadt
gleiches Nahmens im Pontus d) yud zu Peſſinus e).
Es iſt fehr.mahrfcheinlih, dag unter dieſen vie⸗
len Tanfenken: von Gotiesknechten Manche ſo
ſehr begeiſtert wurden, daß ſie, gleich den Albani⸗
ſchen, in Waͤldern oder Eiuoͤden umherſchweiften.
Ungleich merkwuͤrdiger, ols bie Albaniſchen
and andere Einſiedler im weſtlichen Aſien, waren
die. Therapeuten, die fat gewiß im dritten Jahr⸗
hundert vor Chriſti Geburt unter den Juden ent⸗
fanden, und fidy zu Pbilo’s Zeiten über alle heile
Bed Roͤmifchen Reichs, wo Juͤdiſche Cokonien
W u on wohn⸗
"a Strabö X. - 69... .* | 67 7 ispoduhuy; os a4
Gesiwar erh, ai wpoßyraiadırn. nr
by i.c, ds dtav aurwv er wÄsov nuraagerog yaya-
wevos wARvarRı KATE Tas —RXX te: Te
c) XIl. 809. wAusov usv TO TaV Yaopochrad' —*
Jos, au co Tu IspodsAwv 8v aury: . Der lezteren
waren mehr, als ſechſtauſend, ſowohl Weiber, als
Minner. 0 nn
" 3) 16.838, 369. Auch hier waren 6000 Inpößrrn
Lupe en,
. BR se wäh: Min, 2. N '\%
>
—
[2.3 "
eine heilige Ucebung war pn); ‚fo. ag die ni
| peuten micht cher,al® ayı Abend, andy deßwegen
nicht, weil fie die: Stillung ner coͤrperlichen Ber
duͤrfniſſe für Werke der Finſterniß hielten gi
Btre; Speife beſtand in :gefkuertem oder ungefämee: .
sem Brot, anb-ihe Trank in: Waffer, Selbſt ai
deu. froheſten. Feſten wuͤrzten⸗ ſier das erſtere nut
durch etwad Satz and. Iſopen 77. Manche faſte⸗
gen drey, je ſo gox ſechs Tage, ohne’ das geringftd
von Speiſe und Trankezutſich zu nehmen O. Ihr
een Wohnungen: und Mihruagsmitteln eutſprachen
bie Kleider. Die Therapeulen Irugen im Winter
Roͤcke von. graber Wolle ,. Im Sommeér san gemen⸗
ner Leinewand &:. Eben dire Therapeuten, irdelche
fen ſechs Tuge in der Woche in ihren Cellen ober
Gapellen eingefhkoffen hieftch‘; ohne. auch‘ nur cin
eimziges Maͤhls aͤber bie Schwelle zu kommen, vber
einer Blick in die Außenwelt su hun u), verfattd
wieen ſich am fiebenten Tage in gemeinſchaftli⸗
ben Bethaͤuſern, iwo die Aelteſten und Weiſeſten
entweder; heilige Reden hielten, über heilige. Schoffe
ser Borlafen: und auslegten, ober heilige Geſaͤnge
eisen aan weten" die: Uebrigen Thbeil naht
..
. * — m k m. men,;,
PR ’ . PR‘ r f ,
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v5 p. Ars; vo'de e£ kudıya aaxpı dc Soirapad dinerun Ä
SI gyurav.asıy avrags aanydis.
D) p. 476. exudy TO 18V Pirpsaqreıy. aEiay Parrog Apo ·
vagıy SM, xuorus ds ra —RXRXX nyaynas,
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E P- 476. . 22
2) pe 477. | 2
u) pı 476. on |
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— du . 199
Städte auf's tank, entweder in ſtille Gaͤrten und
Laudſche, oder .an kuhige Plaͤtze, too andere The⸗
rapeuten fody türdergelafien hatten, und wo fie alſo
vor den Anfälten vor Mänbern nicht weniger fiher .
weren, als vor ben ıböfen Beyſpielen verborbener
Menſchen m). Auch bann, wann fe ſich In ber
Mähe Yon Anderes anbunten, führten fie ihre Weh⸗
nungen nicht 'in Kichten Reiben auf. Jedes Haut
blieb von dem nächſten Durd einen gewiffen Raum
getrennt, Damit es gleichſam zu einer abgefchieber
nen Einfisdeley werde. Die Wohnungen der Tier
zapenten waren hoͤchſt einfachh, und dienten bloß
dazu, ihre Brfißer den Winter uͤber gegen die Kälte,
und im Sommer gegen den Brand ber Sonne zu
fhhßen. Bey aller Ihrer Einfachheit hatte. eine
jede Therapenten⸗ Wohnung reine Capelle w), in
welcher tie Therapenten fi ſechs Tage in der
Woche von Aufgaug ber Sonne bis zu ihrem te
dergang unaufhärlich mis dene Leſen heiliger Ws
cher, oder mtr GAbsten,: frammen Betrachtungen
und Geſaͤngen' befchäftigten a). : Man brachte. im
diefe Capellen weder Speife. und Trank, noch an⸗
dere Dinge, die ſichlauf den Coͤrper bezogen, den
zur Befriedigung coͤrperlicher Beduͤrfniſſe dienten.
Da in ven ſechs Tagen ter Woche die ganze Zeit
zwifchen dem Aufgange und Untergange ber Sonne
Be en ‚eine
MP.
a) Phbilo nannte diefe Hand = Kapelle ouvuiay und
KOvasypıoy, 09 Ü Aevamsyo Ty4 esuya ic abet:
: pa Torten, | 6
0) l. e.
—
.
,
a nn
133 —X
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wahre Einfiebler, Die burch. ihre Bißinngen und uͤbri⸗
gen. Andachtsuͤbungen entweber die Suͤnden des vor;
dergehenden Lebens zu tilgen, ober in einer beſſern
Welt ungewoͤhnliche Grabe von Seligkeit zu erlangen
koften. Zugleich Tann man fie wegen ihres Benfanis
menwohnens, ihrer gemeinfchaftlichen Bethäufer und
Andachten als Moͤnche anfchen. Die Therapenten
weren Muſter genug, um Andere fowohl zum eins
fieblerifchen, als zum Miöndötehen zu veißen,
Die erſten Nachfolger der Therapeuten. wa⸗
ren die Ebrifilichen Einficbler in Hegppten, bie
in dieſem Lande entſtanden wären, auch wenn
ihnen das Venfpiel der Therapenten nicht vor⸗
geleuchtet haͤtte. Als das Haupt der Chriſt⸗
lichen Einſiedler nannte man mit Recht ſchon im
vierten Jahrhundert den heiligen Paulus von The⸗
bene) Die Verfolgungen unter dem Decius unb:
Valerian noͤthigten ben funfzehnjährigen Juͤugliug,
feine Vaterſtadt zu verlaſſen, und auf feinem abs
‚ gelegenen Landgute einen Zufluchtsort zu fuchen d).
Weil er fuͤrchten mufte, daß fein eigener Schwa⸗
ger ihm bier verrathen werbe, fo entfloh er in die
Thebaiſche Wuͤſte, Die zwiſchen dem rohen Meer
uud dem oͤſtlichen Uſer des Mils liegt.“ Hier
lrrte er eine Zeitlang. umher, bis ei: endlich anr
Fruße eined Berges. eine Deffuuug ſah, Kie mund
ee Ze ein
e) Hieronym. in Pauli vita p.%4r, Amathas vero
et Macariue, dilcipuli Antonii, .: otiam uns
affirmant, Paulum quendam Thebaeum pringin
rem illius rei fuille, quod non tam noihind, .
. uam opinione nos quague comprobemns ıu
Abe | Br ac ve
)
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% .
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. men. Sie ‚lafen zürh. dentetan.bie ‚heiligen Schreiß
ten. nicht nach dem buchſtaͤblichen Sinn, ſondern
ſnchten ollenthalben einen geheimen, tief verſteckten
Sim auf. x). . Ste verglichen daher ein jedes. heis
Lige ‘Buch mit einem lebenden Thier, an welchem
der- buchſtaͤbliche Sim den Eörper, ber geheime
Sinn ‚hingegen :bie Seele ausmache. Noch ans
bäshtiger, als ben: fiebenten Tag, begingen fie den
fiebenmahl fichenten, und beſonders jeden funfzigb
zen Tag, von welchem ber vorhergehende nur ein
Berfefi.war.y). ; An biefen großen Feſten ders
einigten. ſich Männer und Weiber gu Einem lobfins
genden Chore æ), anftatt daß währen» den Andachs
ten des fiebenten Tages bie Weiber von den Mäns
nern abgefondert blichen a)... Die Therapentins
nen waren. meiſtens alte Jungſrauen, bie nicht ges
. zwadgen, wie einige. Griechiſche Prieſterinnen, fons
bern freywillig das‘ Geluͤbde tiner ewigen Keuſch⸗
heit abgelegt: nad vewaͤhrt hatten 5). : Die The⸗
rapeutinnen, fagt Phile, verachten bie fi nnlichen
Lüfte, aus Liebe zur himmliſchen MBeisheit, nach
weicher fie ſtreben. Sie wuͤnſchen nicht ſterbliche,
ſonderwunſterbliche Kinder, vergleichen Gott lie⸗
bende Seelen nur aus fich. ſolbſt gebähren können, _
wenn ber. Vater der Wetsgkit:-Btrählen feines
Lichts iu dieſelben audgeftvenar Bat. — Unläugs
| baroareꝛ Die Thgenpkuten om beyrerley Geſchlecht/
wahre
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wehre Sinfiebler,.die durch Ihre Buͤßnugen und uͤbri⸗
gen: Undahtsübungen entweder die Sünden bes vor:
bergebenten ‚Lebens zu tilgen, ober in einer beſſern
Welt ungewöhnliche Grabe von Seligkeit zu.erlangen
hoften. Zugleich Tann man fie wegen ihres Benfanis
menwohnend, ihrer gemeinfchaftlichen Bethaͤuſer und
Andachten als, Moͤnche auſehen. Die Therapenten
waren Muſter genug, um Andere ſowohl zum ein⸗
fiedleriſchen, als zum Möndgöleben zu reißen,
Die erfim Nachfolger der Therapeuten. wa ⸗
rou bie Ehriftlichen Einfichler im Aeghpten, die
in ‚biefem Laube entflanben waͤren, auch wenn
ihnen das VBenfpiel der Therapenten nicht vor⸗
geleuchtet hätte... Als das Haupt der Chriſt⸗
lichen Einſiedler nannte man mit Recht ſchon im.
vierten Jahrhundert den heiligen Paulus von The⸗
bene) Die Verfelgungen unter dem Decius und:
Valerian noͤthigten ben funfzehnjährigen Juͤugliug,
feige Vaterſtadt zu verlaſſen, und auf feinem abs
‚ gelegenen Landgute einen Zufluchtsort zu ſuchen d).
Weil er fürdten mufle, daß fein eigener Schwa⸗
aer: ihm bier verrathen werbe, fo entfloh er in die
Thbebaiſche Wuͤſte, bie zwiſchen dem rocken Were.
und dem dgſtlichen Ufer des Mils liegt.“ Hier
irete er eine Zeitlang umher, bis er eudlich am
Buße. eines Berges. eine Deffunug ſah, hie mei
Er ‘ em
e) Hieronym. in Pauli vita p,$41, Amathas vero
et Macariug, dilcipali Antonii. „s yetiam nung
affirmant, Paulum quendam Thebseum princi-
rem illius rei fulffe, quod non tam norhimd, _
quam opinione nos quogue comprobamps, u
d) l. e . | ua A (d “
Sana
nd er ı | . a85
‘
- allen Kräften: nah. . Der beilige Godrie zurn
._
Benfpiel, der im J. 1170. als Einſiedler in Eng
land farb, nutzte dreymahl ein eifeuneds Hemd ab,
daß er mnmittelbar am -Leibe tung: . Er Enet
Aſche in fein Brok, blieb. im ſtrengſten Winter
ganze Nächte im Waſſer ſtehen, und fireute Salz
in feine Wunden und Gefhwüre.m) Die heilige
Catharina von Corboba weidete gleich.den Thieren
bed Feldes, und zwar an Faſttagen weniger-,, :ol$
gewoͤhnlich 2). ur | Be;
Die Mahomiedaniſche Relinion formte ſich zu
fehr nach der Juͤdiſchen, und Chriſtlichen, als
daß nicht auch fie ihre Anachoreten hätte erholten
ſollen. . Die. Einſiedler unter den Zügfen..unp
Mauren werben Gantons genannta). Diefe Gag
tons find meiſtens Bloͤdſinnige oder Wahnfiuniag,
bie entiweber ganz nackt einher gehen, uber mit. Fe—
bern und Lumpen phantaſtiſch behängt find. Gie - .
smerfcheiben ſich Yon ben. Therapeuten," =“ ben .
N,
+‘ J »
v
“ m) Pennant's Scotl. p. 33.
n) St, Forx V, 88. Schon zu. Sieronymi Zeiten ger
hörte ed zn den Uebungen oder Büßungen deier, die
einen Schein von Heiligkeit zi Frlangen fuchten, daß
Männer fi) wie Weiber, Weiber, 'wie Männer
kleideten. Wie verfappten Weiber Ahmten Enten
. ,. und audere Nachtvoͤgel nad), Urad infantiam rei
geant, imitantur noctugs ‚gt buhancs, -. Die
,Mäuner aingen bartuf,. und (hisppten id. '
“Ketten, Plaee omnia, fadt Hieronymus, Bl
: tafgummenta Aiaboli, de Cüfadia Virfmit; p 468
ie) Pocockl. 14, Arvieux I, 208. 324. Hoͤſt 5.
219, nn Far
14 ⸗
>
x [}
„ .
. 2 J
u
off zu feiner Kleidung ber he Ueber der Ein⸗
fiedeley des heiligen Paulus ward nachher ein
Eloſter erbaut, das die Grotte in ſich ſchließt, and
bis auf den heutigen Tag won Koptifden Möns
Ahen bewohnt wird i). Das Elofter:und bie Grotte
Ttegen gleichfam in. dem Herzen des ‘Berges Colzim,
einige Stunden vom rothen Mieere, deſſen Anſicht
bad bie umgebenden Felswaͤnde gehindert: wird,
Pautus erhielt bald eine große Menge von
| Dradahmern.- Alle natürliche und künftliche Möhs
Yen in den Aeapptifhen und Arabiſchen MWüften
wurden mit Einfieblern bevoͤlkert. Viele Schwärs
mer, bie Feine ſichere oder unbefeßte Höhlen finden
konnten, bereiteten ſich beraleichen mie unfäglis
cher Muͤhe ſelbſt zu, ober fie treten beſtaͤndig in ben
Müften umber, und föhliefen, , Wo fie von der
- Macht uͤberfallen wurden. Man nannte die letzte⸗
ven Anamhoreten, : zum Unterfchiebe von den Eres
miten, melde eiwen feſten Aufenthalt hatten k).
Dirie erſten Nachahmer des h. Paulus begnigten
ich nicht damit, eben fo ſtrenge, ober noch firens -
ger zu -faften, als Ihe Worbild 5 fonbern fie legten
fh auch außerdem mehr, ober weniger ſtrenge
Wuͤßuagen auf /yJ. Den Eremiten des Morgen:
landes eiferten die khendlaͤndiſchen Einſiedler aus |
aueh
4 344. sd. RAR impicam abi vindicavit, qum
9a Spartarum modum de palmae foliis ipfe Abi
Gontexnerat,
x #) Sieard im 3. Bande der Lei. Edif, „M. B pr
gun et fq.
A) Sulp, Sever. Dial. 1. e. 19- 15, 15. 37.'Fa %
I) Hieronym. p. 344, 4i
—
allen Kraͤſten nach. Der hejlige Godrie zurn
Beyſpiel, der im J. 1170. als Einſiedler in Engs
land ſtarb, nutzte dreymahl ein eifeuued Hemd ab,
das er unmittelbar am Leibe trug: Er knet
Aſche in ſein Brot, blieb im ſtrengſten. Winter
ganze Naͤchte im Waſſer ſtehen, und ſtreute Salz
im feine Wunden und Geſchwuͤre m) Die heilige
Catharina von Cordova weidete gleich, den Thieren
des Feldes, und zwar an Faſttagen weniger,ols
gew oͤlhhnlich u)) ur En“
Die Mahenıebanifche Relinton formte ſich zu
ſehr nach der Juͤdiſchen, und Chriſtlichen, als
daß nicht auch fie ihre Unacereten hätte erhalten
folen. Die. Einfiedler unter den Xisken.-unp
Mauren werben Santons genannt 0). Diefe Say
tons find meiſtens Bloͤdſinnige oder MWahnfiusiae,
bie entweder ganz nackt einher gehen, aber mit (ker
bern und Lumpen phantaſtiſch behänge find. Gie
< amerfgelben ſich von den Therapeuten, und ben
' ze = Cbriſt⸗
m) Pennant's Scotl. p. 30.
n) St, Forx V, 88. Schon zu Hieronymi Zeiten ge⸗
hörte eR zu den Uebungen oder Büßungen deigr, die
einen Schein von Heitigkeit zu Friangen juchten, daß
Männer’ fid) ‘wie Weiber, Weiber, wie Männer
kleideten. Die verfappten Ariber ahmten Enlen
und audere Nachtvoͤgel nach. VUt ad infantiam rei
geant, imitantur noctuas gt buhoncs, -, Dig
""Mäuner gingen barfuf,. und ſchl⸗ppten ſich,
"Ketten, Hace omnia, ſagt Hieronymus Ba
“ „nafgusttenta Aiaboli, de Cuſtodia Virgmit, p 408.
6) Pocockl, 14, Arvieux ], 208. 326. Hoͤſt S.
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196 a Zee
Chriftlichen Ereniten am meiften darin, daß fie e
fich nicht an beſtimmten einfamen Plägen aufbals
ten, auch nicht das Geraͤuſch der Staͤdte fliehen, -
je nicht einmahl ſtrenge Enthaltſamkeit üben. Die .
Gartens führen ein unftetes Leben, und fommen
nicht felten in volkreiche Städte, wo fie, befons
ders von Weibern, als Heilige verehrt werben.
Reo der Afrikaner war felbft Zeuge, daß eik
viehiſcher Ein ſtedler eine ſchoͤne Fran oͤffentlich bes
ſchlief. Die Frau, die der Umarmungen bes
Santons genoſſen hatte, warb als eine Heilige ger
fan ‚ und felbft ihr Gatte wänfchte ſich deßwegen
Glaͤck p). Ein vollkommen aͤhnliches Beyſpiel er⸗
lebte, und erzaͤhlt Arvieur g). Wenn man ben
Sankons niqht don freyen Stuͤcken gibt, was fie
brauchen; fo nehmen fie alles, was ihnen gefällt,
Keiner widerfeßt fi ſich diefen Mäuberepen, ober ver⸗
langt bie geringfte Bezahlung '
Nach alten Sagen wanderten bie höheren Eds
fien ber Hindns aus dem weftlichen Aften, wahr⸗
fcheinlich aus ben Kaukoaſiſchen, oder benachbarten
ändern ein, wo die Priefter in großem Anfehen .
flanden, und unter den Prieſtern ſchwaͤrmeriſche
Buͤßer und Einfiedler waren. Es iſt daher nicht
zu verwunbern, daß fhon die Begleiter Aleran:
| ders unter ben fogenaunten Weltweiſen ber Indier
Büßer und Einſiedler fanden. Mad, ben Erzaͤh⸗
Yangen der Griechiſchen Geſchichtſchreiber wohnten
bie Drahmtmen in Gärten oder Hainen vor den _
Städten, führten ein ſtrenges und befchauliches Le⸗
ben, und enthielten ſich gänzlich von dem n.Omf
'») Delcr, Afric. fl, ws
? ll. ce.
Po wohl des Fleiſches, als der Lieber). Unter
beu Germanen ehrte man am meiſten biejmigen, ’
melde man Waldbruͤder nannte, weil fie fich bes
ſtaͤudig in Wäldern aufhielten, Yon wilden Fruͤch⸗
‘sen und Erdgewaͤchſen lebten, mwb Ihre Bloße mit
ben Blättern, oder der Minte, und den Fibern
Don Bäumen beberften s). Auch biefe verfagten
fi alle berauſchende Getränke, und die Wergads
gungen der Liebe, Kine gleiche Enthaltſamkeit
Abten die Weiber, welche man gu ihnen vechnete,
weil fie eine gleiche Lebensart erwählten. 2). Wo
Verden, den Brachmanen und Germauen suters
ſchied mean bie Pramner u), die wieder in mehrere
Secten zerſelen. inter diefen Gerten bewunderte
man borzhglich die Gymneten, ober die Mackten,
tie ganz unbebleinet einhergingen, ungeachtet fie
beſtaͤndig Unter regen Simmel als Krenge Büßer
Iebten. Die Griechiſchen Geſchichtſchreiber vebeten
am von weiblichen Giynmeten x): vielleicht, weil
fie Woaber, melde ſach an Die nackten Helligen
wandten, für ihre Genoffinnen: oder Schweſtern
weiten.
Im
| 2) Strabo ‘XV. 039. . |
:H he. p. 1090. Tas de yaoumwar, ruc nauwrium .
-tarus Tioßisc Dow evonxdseda, durrac su
Wars Ute, wa PuAkaiv zu Kapital æyplob, otc.
t) Zuuhilaugpev; Keviıs nu Yysaınac, J—
BR aurac appadıqavi .
w) 2 c, 1047. TONMYRR.. .
x) a Teva ds eu, TB Pros we
70466. a va 2. ‚ Yu \, nn
f; ‘
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UNE rain
138 g . nn... Ah .,
, 1 .
m heutigen. Hindoftan Tirfern vile Sacton
" amb::Gafben „Einfichkee son verfihledener Arty).
Dur ber’ Hleinfte, Theil ber Indiſchen Cinfiedler
Orte biefelbige Stellang oder lage behaupten, oder
wählt ſich einen feſten eiyſamen Aufenthalt. Dig
Man:bioß diejenigen, bie. Jahre lang an Einem
fl an einen Baum feſtſchmieden, oder ſich irgend⸗
wo⸗eingraben laſſen. Die meiſten. Jodiſchen Ein⸗
: Mebler ſind wandernd, und irren ohne alle ober
Himaͤngliche Bedeckung des Coͤrpers von einem
Orte zum andern umher, wobey ſie⸗ die ſtrengſte
Sutizaltſamkeit, und im Durchſchnitt die ſchrecktich⸗
ſten Buͤßungen üben. Auch in'Pegu 2), Siam e),-
Sorea: 5), und Japan c), ja:felbfl: auf den Sanb⸗
mich: Snfeln dd), gibt es Einſualer, und foıgar
Einfieblerinnen, die ſich beftänpig in, Wäldern, oder
Wil dniſſen aufhalten, und. nieriatie Städte, ober
amter die Menſchen kommen. - Die. Wald » Zalas.
poinen In. Stam führen.ein-fe ſtreges heben, Daß
=
es in einem jeden anderen wenigen heiſſen kande
ganz anertröglid ſeyn wuͤrde. 2 00 6
" a. &
f,
y) Sennerat I. 214. u. f. S. Nach einer Indiſchen
Schrift, welche Crawfordt anfuͤhrt, Sketehes
etc. $ 188 - 124 iſt zwar die Graͤnze der Joghis
un mid, Sa
Führen doch faſt durchgehends ein befchauliches Les
. ben, wobey ſie fo viel, als moͤglich uubeweglich
bleiben.
a "Ey Voyag. aux Indes Oriental. IE; 8 \
a). Loubere I, 342. 345. 46: 359: ' Iran
b) Voyag. au Nord IV. 305, “ \ „rt .7 .d IN |
J vs) Zamnfer I. 285.S. ne 28 re ie ee
4) Coafs letzte Reife III. 107 G. Eu
niaſſis nicht gertau beſtimmt. Allein jene
⸗
—“ 190.
"So mie:bi2 Therayentee DaB: Voeerud en
Ehriftlih:nEinfiepler. waren , for bie Eſſener, dent
Shrifliten. Moͤnche ). - Die. Effener thaten: ſich
unter. ben Juden wahrſcheinlich uns eben: die Zeil,
wie die Therapeuten. ader wie bie. Priefter :.Eierten:
der Pharifker, und Gadducder hervor. Philo
und Joſephus fhäßten die Zahl · der Effener aufß
vier taufend, Wenn dieſe Schaͤtzung richtig war,
fe: wurden die Eſſrner der Zahl nach von den The⸗
zapeuten tusit- übertroffen, '- Die Eſſener fuͤhrten
”
— — — —
-
s
nicht: ein beſchauliches oder iletrachtendes, ‚faonbeemı '
ein :thätige&, oder arbeitfemes deben, ie baue
ten das land, uad. trieben andere maͤtzliche Kuͤnſte,
des Friedens. Hingegen verabſcheuden fie die Ver⸗
fertigung van Wofhn imd Nehftwngen, Handel uudj
Gewerkr beſonders das Gewerbe von Wirthen,
als urmenſthlich, oder ſittenvexherbend. Sie;
wohnten in Doͤrfern, nicht in Gtäbten, weniger, ,
weit fie bie-WBeyfpiele dee Städten Bewohner:für, -
orrfünyerifh;histfen, al& weil fie gegen bie -Infber-
berfelben: einer Widerwillen hatten; Mit Am ⸗
‚Eintritt in eine Eſſener⸗ Gemeine hörte,alled. per⸗
ſoͤnliche Eigenthunmauf. Der Eintregende uͤbergab
fein, ganzes. Permoͤgan der Geſellſchaft, und erhielt,
dagegen die Verſtcherung,“ daß ar zu allen Zeiten, ı
und ia allen, Lagen, tote ein jeder anderer. Bruder,
werde ‚unterfläßt werden. » Jede Gemeinge nahın,
velfende Bruͤden mit ‚ber groͤſten Gaſtfreundlithkeit
auf: pflegis abre Kranken mod. lien Siem
* * 7 chen,
A ei ze won
) Ueber vie ii Phils‘ 1: 457. — et p. 6335
‚ex: Eufeb”!Prdep. ‚Evang. ferner Jölepk. - Antie'
“galt XVII, x, 95 5 et de bello Judsic, II.
BE BES Be:
190 . eu zu
hin, ober Abgelebten mit einer fo eifeigen Sorg⸗
falt, daß man unter den Eſſenern eben fo werig
Arme und Bettler, als Knechte fand. Kuecht⸗
ſchaft ſchien den Eſſenern mit ber natuͤrliches
GSleichheit der Menſchen, ober mit der Wuͤrde ber
menſchlichen Natur unvereinbar. Wer arbeiten
konnte, arbeitete aus allen Kräften, weil man.
nuͤtzliche Thaͤtigkeit für eine gottesdienſtliche Hands.
Yung hielt, und brachte ben Lohn feiner Arbeit im
den gemeinen Seckel, ohne irgend etwas für ſich zu
behalten. An Raͤckſccht anf Wohnung, Kleidung
mb Nahrung fand unter ben: Eſſenern bie gröfte
Einfachheit, unb Gleichfoͤrmigkeit Statt. Gie
wechſelten die Kleider nach den Fahrszeiten, tut
lgten fie nicht eher:ab, als bis fie zerriſſen, oder
gänzlich abzenutgzt waren. Sie ſahen warme Baͤo
ber, und: Satbangen des Ebrpers als Urſachen
nnd: Wirkungen von Weichlichkeilt an. Sie reinig⸗
ten ihre Leiber mit Faktem Waffer, bevor fir won
der Arbeit zum Eſſen gingen. Die Eſſener aßen
Mittags und Abends an gemeinſchaſtlichen Tafeln/
wo allen ohne Unmtetrſchted daſſelbige Brot, uund
dieſelbigen Speiſen vorgeſetzt wurden. So wie ſie
ihr Tagewerk mit Gebet anflagen, und endigten,
fo auch ihr Mittaas s und Abendeſſen.“ Die ächten‘
Effener heiratheten nicht, ſondern bewahrten ihr:
ganzes Leben dur eine unverbruͤchliche Enthalt⸗
ſamkeit. Mur Ein Nebenzweig hielt bie Ehe Kr
erlaudt und nothwendig, nicht um der ſinnlichen
Vergnuͤgungen willen, melde fie gewaͤhre, ſon⸗
dern zur Erhaltung des Menſchengeſchlechts 5).
So bald die verheiratheten Eſſener merkten, daß
ihre Frauen ſchwanger ſeyen; fo erlaubten fie ir
: . €
NM 1.8 $ 13. Iof. de bello Indaico.
n
ihre Umarmungen nicht weiter. Die Eſſener fchene
ten ſich am Sabbat no mehr, als die übrigen:
Juden, vor aller cörperlichen Arbeit, und weihten
ihn ganz ber. Andacht, ober dem Unterricht in bein,
Kigen Kenntniffen... Der. Unterricht: beftand vorzuͤg⸗
Lich darin, dag Einer irgend ein.heifiges Buch vor⸗
Las, und dann Diefer, oder Imer aus den Weis.
feften ber Gemeine bad Worgelefene erklärte, ober
anmandte. In ber Aufnahme neuer Mitalieber
waren bie Eſſeniſchen Gemeinden fehr vorfihtig.
Sie prüften einen eben, der ſich darbot, zuerk
Ein Jahr, und wenn er biefed Jahr ihren Erwar⸗
tungen entfprochey hatte, noch zwey Sabre, um
zu erforfchen, oh er tm Stande, ober wärtig ſey,
in ihre Geſellſchaft aufgenommen zu werden. Wer
is dieſer doppelten Prüfung gehörig beſtand, ward.
za ihren gemeinſchaftlichen Tafeln zugelaffen, und
als ein aͤchter Bruber anerkannt, wenn er vorher
bey ben heiligften und furchtbarſten Eiden gelobt.
hatte, daß er Gott ehren, frine Nebenmenſchen
lieben, und ihnen dienen, fid) dor allen Laftern,
und Verbrechen, . befonderd vor Lug und. Trug,
ober jeder andern Ungerechtigkeit forgfältig hüten,
feinen rechtmäßigen Oberen gehorchen, die Lehren:
der Eſſener unperänbert bewahren, und weder dieſe,
noch ihre heiligen Schriften irgend einem Ungeweih⸗
ten..mittheifen wolle. , Wit diefen Fiden, weldye
fie felbft von ben Singuweihenden forderten, ſtimmte
die Anmaßung niheuberein, bag man ihrem bloßen.
Worte eben fo fehr,. als den eidlichen Verficheruns
gen Anderer tranen folle g).. Die Eingeweibten.
wurden nach ber Laͤnge ber Zeit, welche fe in dem
Bunde zugebracht, und den Fortſchritten, meine |
ie
s 4
- | ’
—
*
192 J hu
Pl zemacht hatten, in vier Grade abgetheilt. Oie
Brüder bed unterften Grades ſtanden unter denen
Bes hoͤchſten ſo tief, daß wenn Einer ber Legteren
von Jemanden der Erfteren beruͤhrt wurde, er ſich
eben fo reinigte, als wenn er von einem Profanca
wäre befleckt würden. Die Effener erreichten mei⸗
ſtens wegen thred mäßigen und arbeitfamen, durch
Feine Laſter und heftige Leidenſchaften getruͤbten Le⸗
vens ein ſehr hohes Alter, und gingen dem Tode
nicht nur unerſchtocken, ſondern mit den froheſten
Hoffnungen entgegen, weil ſie überzeugt waren,
daß die von den Banden bes Eoͤrpers befreyten
Seelen guter und frommer Menſchen in einer beſ⸗
fern Wett den Lohn Ihrer Tugenden empfangen,
und‘ einet endloſen Seligfeit theilhaftig werden
würden.“ Nach den Erzählungen des Pbilo und!
Joſephus waren die Effener bey allen Veraͤnde⸗
. ringen, "melde Paldftina erfahren hatte; wegen
ihres tabellofen Wandels von den willkuͤhrlichſten
td granfamften Beherrſchern ruft Achtung behan⸗
dell ärworden. Nur in dem letzten Kriege mit den
Nöinern wurden fie fo wenig, als irgend ein an⸗
derer Theil ihres Volks geſchont. Die wuͤthen⸗
den Steger erſchoͤpften alle Marters Künfte, um:
die Eſſener zu zwingen , ‘daß fie entweder dem Ur⸗
heber ihres Bundes finden, ober irgend etwas
verbotenes effen möchten: Die Effener, weit eut⸗
ferät ‘zu klagen, vder zu winſeln, ober um Abkuͤr⸗
zung, und Milderung threr Quaalen zu bitten,
lachten nnter den ſchrecklichſten Folterungen, und
ſpotteten dadurch der Ohnmacht'ihrer Peiniger A):
Heiner meiner Leſer wird zweyfein, daß die vers!
ſchiedenen Gemeinben von Effenorn "eben ſo ae
8
rc. Sion ne,
— — 00199
Eiöfter waren, deren Mitglicher bie Geluͤbbe bey
Keuſchheit, dex Armuth und des Gehorſams abges
legt hatten, und die unter gemeinſchaftlichen Obe⸗
zen „. und nach gemeinſchaftlichen Vorſchriften ein
gemeiufames Leben führten. . .- nn
Penn man bedenkt daß die Ehriſten ſolche
Beyſpiele vor ſich hatten, dergleichen die Eſſeni⸗
fihen Bräderfhaften waren; fo fann man nicht ums
DL)
[4
Hu, fi zu wundern, daß unter ben Erſteren nicht
viel früher ähnliche Werbrüderungen. entftanben.
In Rom verfluchte man fogar die erſten Moͤnche
und Nonnen 5). : Unter ben Öriechifchen und Dlors : \
genländifchen Chriften fingen Jungfrauen viel früs
ber au, ala Jünglinge und Männer, feierliche
Geluͤbde abzulegen, daß fie ihr ganzes Leben in ber
ſtaͤndigen Enthaltungen, Faſten, und anderen
Buß: und Andachts-VUsbungen hinbringen woll;
ten. Diefe Gelübde find um deſto auffallender,
da fie mit der urfprünglichen Denfart fo mohl ber.
aͤlteſten, als der heutigen Morgenlaͤndiſchen Voͤl⸗
ker offenbar ſtritten. Die Orientaler hielten poy
jeher, und halten auch jeßt den ehelofen Stand .
von mannharen Sungfranen, und von zeugungs—
fähigen Weibern nicht allein für. keinen heiligen
ober gottgefälligen, fondern vielinehr für eiwen Stau
ber Verwerfung, fo wie Fruchtbarkeit, und eine
zahlreiche Nachfommenfchaft für einen großen goͤtt⸗
lichen
i) Hieronym. ad Paulam ps 169. hoc inter ſe po-
lus mullitabat »- . quousque-genus deteflabi-
e Monachorum non urbe pellitar? non hpidi-
bus obruitur? non praecipitstur in. fluctus Ti: »
MN vD ii’.
\
\ Li
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’ p 7 .
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, —8 N
194 4 : DU)
chen Gegen i). Die Therapentinnen hatten frey⸗ |
Ita) biefe alte und herrfchende Meinung bes Orients
ſchon erſchuͤttert. Allein wie Hein: war bie Zahl
ber Therapeutinnen gegen die Menge von Chriſtli⸗
. den Jungfrau, welche man fon im dritten
Jahrhundert als ben erlauchtern Theil ihrer Glau⸗
—— anſah /), und im Anfange des vier⸗
ten Jahrhunderts in Konſtantinopel allein bey Tau⸗
ſenden zählte. Im dritten Jahrhundert konnten
manubare, das heißt, zwoͤlfjaͤhrige Jungfrau
Das Gelübbe der Keufihhelt ablegen m).
Weihe beftanb darin, daß ein Biſchof, ober ie
dazu bevollmächtigter Presbpter einer gehbrig ges
prüften Jungfrau einer purpurfarbenen welleuen.
. Schleier reichte, welchen die Geweihte naher als
‚tin Merkmahl ihres Geluͤbdes auf dem Kopfe tragen
‚mußte, Cine förmlich geweihte Jungfrau durfte
nicht wieder in die Welt zuruͤcktreten, ſondern muß⸗
te das Geluͤbde der Keuſchheit unverbruͤchlich bis
an ihren Tod bewahren. Die erſten heiligen Junge
[even ber Ehriften führten Bein gemeinfames Les
en, fondern blichen in ihren Familien, wo fie
fi ch aber doch von allen weltlichen Zerfireuungen,
Ergoͤtzlichkeiten, und Gefchäften entfernt halten
mußten. Sie trugen einfadyere Kleider don beſchei⸗
deneren Farben, als die weltlichen Frauen unb
Jungfrauen, beteten, fafteren und arbeiteten.
Wenn bie Arbeiten ihrer Haͤude nicht J
» Mich. Mol, R, TIL 27. Montagn, I, 118 p.
‘ 3) Dleßrior. portio Chrißi, Cyprian, ap.
Pelliccia 1 oz5- — p
w)Pdih,e
men —— — — oo.
m FE , j ” 195
.
fie zu ernähren, fo erhielten fie Allniofen aus dem
Seckel ber Gemeinden, deren Mitglieder fie mas
ren. Eben die Männer, welche die erfien Moͤnchs⸗
Cloͤſter ſtifteten, ſtifteten auch die erfien Sungfrauens
Elöftern).
Der erſte Urheber nicht des einfieblerifchen,
fonbern des gemeinfamen Lebens Chriſtlicher Eins
ſiedler war der heilige Antonius, ber ſich ohnges
faͤhr ein Menſchenalter fpäter, als der heilige
Paulus, mit einigen Freunden und Schülern in dis
Thebaiſche Wüuͤſte begab, und dort nach Art der J
Therapeuten außer einem gemeinſchaftlichen Bet⸗
hauſe, kleine Cellen fuͤr ſich, und die Seinigen er⸗
baute 0). Antonius, und feine Freunde ſahen
m) Pelliccia 1, c. p. 158. -
0) Daß Antonius ohngefäßr ein Menſchenalter ſpaͤ⸗
ter in die Wuͤſte ging, ald Paulus, wird durch
folgende Umſtaͤnde dargethar. In feinem neundige _
ſten Fahre fiel der heilige Antonius auf den Ges
Bauten, daß. kein oolllommmerer Einſtedler, ale er,
fi in der Woͤſte niedergeläflen babe. Hieronym.
2, ec: p. 345. Haec in mentem ejus cogitatio in-
eidit, nullum ultra [e perfectum Monachum in
eremo confedifie. Kin Traum offenbarte ihm,
Daß ein noch viel vollkommnerer Einſiedler in der -
‚Mäfte lebe. Dieſem Traume 'zufolge fuchte, und
bh
“ altwar. Paulus entwih in die Wuͤſte als ein
funfzehns oder fechözehmjähriger Juͤngling. Wentz
man nun bad Wlter der beyden Einſiedier zu der
"Zeit, als fie ſich gegenfeitig keunen. lernten, mit
einander vergleiht, und dabey beveuft, daß Ans
tonius bey ſeiner Slucht in die Wuͤſte nicht ſo
Jung
x “ e.'x“ *
— . N⸗
f
.
— an — — —
⸗ [2
— — —
fand er den heiligen Paulus, als dieſer 113 Jahre
IE.
ſich felbft als vollkommne Einfiebler an, weil fie
. fern von Städten und Dörfern ein audaͤchtig⸗ buͤßen⸗
bes Leben in der menſchenleeren Thebaiſchen Wuͤ⸗
fie führten. Sie nannten fi daher ſelbſt, und
wurden auch von Anderen Moͤnche, oder Finfiebler
genannt p). Beil aber doch diefe Moͤnche zu gleis
der. Zeit nahe zufammenmohnten, unb unter ber '
Aufſicht, und nach ben Vorſchriften eines gemeim :
ſchaftlichen Vorſtehers g) ein gemeinfames anbäd):
tig buͤßendes Leben führten; fo nannte man fie auch
Zuſammenlebende, und bie Vereine felbft, Zufams
menlebungen 7). Die erfien Vereine, welde Ans
tonius, und deſſen Schüler, ober Nachahmer grüns
beten, wohnten nicht unter Einem Dache, fondern
in einzeluen zerſtreuten Cellen, bie um ein, aber,
- mehrere gemeinfchaftlide Bethäufer erbaut, und
“day woman Ueberfälle von Raͤubern zu fürchten
hatte, mit hohen Mauera umgeben waren: : Die,
erften Chriſtlichen Moͤnche in Aegypten gingen bars
fuß, und Eleideten fi) bloß in Gewaͤnder von gros
bem Zuche, ober fo genannte Cilicia s). Sie ai
Kels
| | kung war, ald Paulus; fo wird man kaum in
"2,0057 Mbrede feyn können, daß die Gtiftung der Mön-
cherey obngefähr ein Menſchenalter fpäter, als der
Stand der Epriftlichen Einfiedler erfolgte.
») Hieronym, 1, c, et Pelliceia I ug,
9) Im Sriechiſchen ABBac, im- Kateinifchen Pater,
A16 der h. Antonius von dem Beſuche des h.
, Paulus zurücdtebrte , redeten ihn zwey feiner
Schüler mit den Worten an: ubi tam Dia mo-
zatus es Pater? p. 351. Hieronym, :
r) Kewoßin „ Kowoßiran. Pelliccia I, ıso p
s) 1, ısa, Pelliccia, |
| io — 97
hielten fi von Wein, und Fleiſchſpeiſen gänzlich,
aßen in der Woche nichts, als Brot, und trock⸗
ne Früchte, und erlaubten fi bloß am Sonntage
gelohte Gemuͤſe. Die Natur der Dinge führte
dom Anbeginn an das herbey, was noch jeßt in
allen Morgenlaͤndiſchen, und Griechiſchen Eloͤſtern
Sitte iſt: daß naͤmlich die Neulinge, oder die jun⸗
*
.. gen Moͤnche mehr arbeiten, als beten, fingen,
und andere Andachts⸗ Uebungen halten mußten: ..
daß man die coͤrperlichen Arbeiten in ebem den Vers
häftniffe minderte, in welchem Mönde an Kräfe
ten des Leibes abs, und an geiftlichen Vollkommen⸗
heiten zunahmen: daß man endlih Schwache und
reife, die ihre ganze Zeit auf Beten, Singen,
und geiſtliche Betrachtungen mandten, von allen
Hands Arbeiten befreyte. Die anfangenden Moͤn⸗
che wurden zu fo ſchweren Arbeiten angehalten, daß
man fchreielige Hände ald ein charakteriftifche®
Merkmahl derfelten anfaht). Diejüngeren Brüs‘
der mußten nicht bloß für ſich felbft, fondern auch
für die Alten und Schwachen das Nothmendige ers
werben. Alle diejenigen, welchen Beine Arbeiten
auf dem Felde, oder in’ Gärten angewiefen waren,.
blieben gleich den Therapeuten, ſechs Tage lang.
in ihren Eellen eingefchloffen, und kamen bloß an.
Sonn s und Feſttagen zu gemeinfhaftlihen Andach⸗
ten In den Kirchen ber Cloͤſter zuſammen »).
Die jetzt vorgetragenen Nachrichten von Zeit
genoffen über: die erften Anfänge des Chriftlichen
Mönhswefend in Aegypten laſſen fih um befto.
weniger‘ bezweyfeln, ba die Cloͤſter des h. Antos
U — | nius
£) Hieronym. apud Pellier, I, c.
1, u ” Bu
ae
I,
2’) Ge — — ———
nius und Paulus, auch andere alte Cloͤſter im.
Aegypten, ‚und. ben benachbarten Landen ihre urs
ſpruͤngliche Einrichtung faft unverändert beubehals,
ten haben 2). Mach ber. Erzählung des Vaters
Siccard liegt das Clofter des h. Antonius am
| Fuße des Berges Eolzim im Angeficht des rothen
Meers. Vergebens ſuchte dieſer Reiſende und
deſſen Gefaͤhrte eine Pforte in den hoben Mauern,
womit das Cloſter umgeben war. Die Bewohner, _ |
aller Cloͤſter in ben Äegyptiſchen und Arabifhen -
Wuͤſten muͤſſen fih durch unerſteigliche Mauern,
‚bie gar keinen Eingang haben, ſchuͤtzen, wenn fie
- {ih nicht der beftändigen Gefahr ausfeßen wollen,
son raͤuberiſchen Beduinen überfallen unb audges
xluͤndert zu werden. Die Kameels Treiber, bie
ben V. Siccard bis an das Cloſter gebradt hat: .
ten, ferien fo lange und fo heftig, und warfen .
ſo. lange Steitne in den Garten des Cloſters bins
ein, bid man im Cloſter erfuhr, daß außerhalb
ber Dauer Meifende feyen, welche eingelaffen zu
werden wuͤnſchten. Es erſchienen einige Moͤnche
auf der Zinne einer hohen Mauer, und gaben durch
GBGeberden und Reden zu erfeunen, daß die Fremb⸗
Tinge willkommen ſeyen. Man ließ ſo gleich ein
Gefäß mit friſchem Waſſer herab, weil man weis,
daß alle diejenigen, die fi dem Cloſter naͤhern,
Fein dringenderes Veduͤrfniß; als das haben, einen.
„brennenden Durft zu ſtillen. Wald nachher ftieg
ein Eorbartiger Seſſel herab, in welden ſich bie
Reiſenden feßten, und womit fie vermoͤge einer
Winde bis an ein Fenſter, ober an eing Deffnung:
in der obern Mauer hinaufgezogen wurden. . 8*
us
=) Dan fu Siccard 1, fapra cit. bef 197 u. fe-&.
, .
⸗
in. . \
. x
x
.
un mu» . 199
Superior und bie äbeigen Mönde ſabeter bie Aus
koͤmmlinge zuerſt in bie Kirche, und dann in eine
zeinliche, aber aͤrmliche Celle, wo man ihnen einen
in. Sefam s Dehl gekochten Brey, über weldden man '
einige Löffel Honig hergegoflen hatte, auftrug, und
nad) bern Eſſen zwey Taſſen, bie Eine mit Wein,
die andere mit Eaffee, vorfeßte. — In der Mitte
des innern Hofes find zwey Kirchen, oder viels
mehr Gapellen, bie zwanzig bis dreyßig Schritte
Iang, viel weniger breit, unb durch eine kleine
Gallerie verbunden find. Neben den Kirchen ſteht
ein viereckiger feſter Thurm, deſſen Eingang ohn⸗
gefaͤhr drey Klafter von dem Boden entfernt iſt.
In dieſen Thurm retten ſich die Moͤnche, wenn
es ben Beduinen gelingt, bie aͤußere Mauer zu.
erſteigen. Derfelbige Thurm ſchließt auch bie
Handfhriften und heiligen Geräthe in fi, die
von einigem MWerthe find. Die Eellen ber Moͤn⸗ .
che find laͤngs der Inneren Mauer hergebaut, und
fa ohne Ausnahme von einander abgefondert.
Ste bilden mit den übrigen Haushaltunge ses
baͤuden eine Peine Stadt mitten in ber Wuͤſte.
Der Garten des Cloſters umgibt ben innen Hof,
und macht mit biefem ein Viereck von ohngefähr
neun:ober zehn Diorgen and. In dem Garten
zieht man außer alleriey Gemuͤſen und Huͤlſen⸗
früdgten, Dattel » und Deblbäume, Pfirfih » und
Aypricofen Bäume, endlich fo viele Rebſtoͤcke, daß
man eine mäßige Quantität Weins bereiten kann.
Diefen Wein hebt das Efofter bloß für Gäfte auf,
welde man befonder6 ehren will Die Mönde
trinfen dergleichen nur an den vier großen Feſten,
indem ihr gewoͤhnliches Getränk Waſſer ift, das
‚von dem Tuße des Berges Colzim durch u unters
ir⸗
\
ſrdiſche Möhren ins Cflofter geleitet wird. Im
Cloſter waren zu Siccard's Zeiten bloß funfzehn
Moͤnche vorhanden, unter welchen nur der Super
rior, und noch Ein Mönd die prieſterliche Weihe
hatten. Die Kleidung der Moͤnche beſteht in einem
Hemde von weiſſer Wolle, in einer Welle von
ſchwarzer Serge mit langen Ermeln, und in einer
Zunica von brauner Wolle: welche legtere ‚bie
übrigen Kleidungsſtuͤcke bedeckt. Auf dem Kopfe
tragen fie eine fhwarze Capuße, fiber ber Caputze
“ine rothe, oder blaue Müße von Wolle, die
wiederum mit einem blan und weiß geftreiften Tuv⸗
dan umwunden ift. Sie entblößen ihr geſchornes
Haupt nie, weder in, noch außer der Kirche. Die
Sandalen ſind roth oder ſchwarz. Struͤmpfe ken⸗
nen bie Moͤnche gar nicht. Die Hauptſtuͤcke ih⸗
rer Regel beſtehen darin, daß ſie die Geluͤbbe
der Keuſchheit, des Gehorſams und ber Armuth
bewahren: daß ſie innerhalb des Cloſters nie
Fleiſch eſſen: daß fie das ganze Jahr durch faſten,
= bie Eonnabende, Sonntage und Dftertage audges
nommen; daß fie ihre Horas fiehend fingen, und
ſich dabey hoͤchſtens auf einen Gtab lägen, ber
- oben ein-Queerholz, oder eine Handhabe hat: daß
fie um Mitternacht zu Chore gehen: daß fie anf
‚ einer bloßen Matrage ſchlafen: daß fie endlich
‚ale Abende hundert und funfzig Niederwerfungen
zur Erde vornehmen, und jebeB Mahl, wenn fie
fich wieber erheben, das Zeichen des Creuzes ma⸗
Ken, - In dem ganzen Convent waren brey, ober
vier Mönche, bie ein viel firengered und heiliger
res Leben führten, als bie fibrigen, ‘ Siccard
ſah diefe Buͤßer von höherem Range nicht, weil
ſie zuruͤckgezogener, als Andere, leben. Das Br
Ä j mahl
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wahl foldder Heiligen feh, fagte man Ihm, ein
febernes Pallium, ober Scapnulter, welches man
die englifche Kleidung, ober dad Gewand der Eur
gel nenne. Dieß Scapulier hänge mit zwry Ce.
den auf der Bruſt, und mit eben fo vielen Em
den anf dem Rüden herab. Man knuͤpfe die vier
Enden zuſammen, fo, daß fie Mb mehrma
durchereuzten. Zu ben höheren Hebungen ber Bol
endeten. gehöre befonders biefe, daß fie ſich an
jedem Abend dreyhundert Mahle mit ausgebret⸗
teten Armen auf den Boden werfen, und eben fb
oft Erenze machen müßten. Der Superior beB
Cloſters deB heiligen Antonius, ber den Vater
Siccard zum Eloſter des heiligen Paulus bis
gleitete, gab biefem die Nachricht, daß beide Eld⸗
ſter unter einem Superior generalis ſtuͤnden, der
in einem Dorfe, Bouche, an dem weſtlichen Ufer
bed Nils wohne, und die Eloͤſter mit den Noth⸗
wendigkeiten verſorge, welche ſie ſich nicht ſelbſt
verſchaffen koͤnnten. Beyde Elbſter find in gerader
Linie nur eine Stunde von einander entfernt. Nichts
deſto weniger muͤſſen Fußgaͤnger einen Weg von
zehn, und ſolche Reiſende, die zu Pferde, ober
"auf Kameelen reifen, einen Weg Yon funfzehn Stun⸗
ten machen, um and dem einen in das andere
zu Fommen, Das Cloſter des heiligen Paulus
liegt an dem weſtlichen, das des heiligen Anto⸗
nius an dem Ödftlihen Abhange bes Berges Eols
jim, ber ich zwiſchen benden” heiligen Dertern in
. ganz unerfleiglihen Kelswänden und Felsſpitzen
erhebt y);. und dadurch eine gerade Gemeinſchaft
zwiſchen diefen Cloſtern unnoͤglich macht. |
‚ 0 er >71
" en . 8
Y)1.c. p. 218, u
‚Das Wetele des h. Antonius ſtunmte ſo (che
mit dem Geifte ber Zeit überein, daß in wenigen
Fahren — aͤhnliche Cloͤſter nicht nur in Ae⸗
gyypten, und ben übrigen Morgenlaͤndern, ſondern
‘and felbft in Italien und Gallien entflanden z).
Masdge biefer Cloͤſter enthielten nicht bloß Hunderte,‘
“ Sondern mehgre Taufende von Mönchen; und der
Kegel nach fahen alle die Cloͤſter, die nach dem
Bexyſpiele Eines berühmten Mönche, ‚eines Anto⸗
nius, eines Pachomius, eines Serapion aeftife
tet wurden, dieſes Mufter als ihr gemeinfchafts
liches Oberhaupt an a) Die große Zahl von
Mönchen, welche einzelne Cloͤſter enthielten, und
bie große Zahl von Cloͤſtern, die Ein Oberhaupt
auerkannten, machten durchaus eine Mehrheit von
Vorſtehern von verſchiedenem Range, und Benen⸗
auugen nothwendig. Da bie Chriſten nicht mehr
verfolgt wurden, fo hatten die Moͤnche nicht nös-
thig, in ferne and duͤrre Wüften zu fliehen, Sie
wählten vielmehr in Hegypten vorzuͤglich die frucht⸗
. Baren Ufer bes Nils, und naͤherten ſich ſelbſt den
.Staͤdten je. laͤnger, je mehr. Ja die geiſtlichen
0b weltlichen Autoritäten drangen fo gar darauf,
daß die Elöfter in ber Nähe ber Staͤdte angelegt
werben möchten, weil man ibre Vewoboer als dann
ge⸗
=) Pellicsia I, Planks Geſchichte hte ber Chriſt⸗
1? ⸗ — —X—— Verfaſſung 1. 5
u⸗ f· S. Sulpicii Severi Dial. I, io. 27. Meine
Geſchichte des ti, Martinus ©. 147. ven h. Mars
©. 145.
tin begleiteten allein 2000 Mine au Seabe. .
e, 1 oe. —
— — 203
genauer beobachten kounte, ld in fernen Einoͤden b).
Die Werfegung der Cloͤſter in die Gtäbte ſelbſt
fand nicht cher, ala im ſechſten Jahrhunderte
Statt c). Wahrſcheinlich veranlaßte die Anuähes
zung, ober gar erſt die Werfegung ber Cloͤſter im
die ‚Städte bie wichtige Veränderung, daß bie
Moͤnche nicht in einzelnen Zellen, fondern daß alle
unter Einem gemeinfchaftlihen Dache wohnten d).
Nach den ausdruͤcklichen Zengniſſen von zuver⸗
laͤſſigen Geſchichtſchreibern e) fingen die Mönche
ſchon im vierten Jahrhundert an, geiftlihe Vers
richtungen vorzunehmen, und ſich in geiftlihe Aus
. gelegenheiten zu miſchen. Dieß war etwas fo uns
vermeidliches, daß ed von bem erften Aubeginn ber
Eisfter an gefchehen mußte: . Die Moͤnche wohne
ten freplich in einfamen Wuͤſten, allein fie führten
aichts deſtoweniger ein gemeinfaned chen, und ka⸗
men, wenn and) nicht alle täglich zu gewiſſen Stuns
den, doch in jeder Woche menigfiend Ein Wahl, |
naͤmlich mn Genutage zufammen, um oemenſc
3) Planf; ©. gro. J
®) Plank, u. Pelliccia 1, oc.
d) Auch der h. Martin erbaute ſich, ſelbſt nachdem
er zum Biſchofe von Tours gewählt worden war,
an eines einjamen, zwey Stunden von der Stadt
entlegenen, Drte eine hölzerne Hütte. Geine Juͤn⸗
ger., deren fich in kurzer Zeit achtzig um ihn vers
fammelten,, taten Deßgleichen,, oder arbeiteten fick
Eellen in den Feld hinein, an deſſen Abhange die
Hutter der He errichtet waren: Meben. deb 5.
Martiuus ©. 143. | Ä |
s) ap, Pellieciam 1, 123.
fr zu beten, gu fingen, das cm gu neh
inen, und geiſtliche Reben, ober Ermahnungen zw
hören. Um dieſes gemeinfihaftlichen Gottesdien⸗
ſtes willen mußte in jebem Eloſter wenigſtens Ein,
in größeren Cloͤſtern mehrere gemweibte, Prieſter
ſeyn. Alle Voͤlker hatten Jahrhunderte lang gu
ben Monchen ein groͤßeres Zutrauen, als gu: den
Weltgeiſtlichen; und es konnte alfo nicht fehlen;
daß nicht die als Prieſter ordiuirten Moͤnche häufig
aufſer den Cloͤſtern wären verlangt, und —— |
worden. Manche Biſchoͤfe begünfligten dieſes, bes
ſonders in Gegenden, mo die Weltgeiſtlichen no
in zu aeringer Zahl waren f). Die immer fleis
gende Aufnahme don Mönchen in dem Klerus, ja |
ſelbſt die allgemeine Vergeiſtligung ber ka
welche Gregor der Große durchſetzte g), .wub
DBonifas IV betätigte h) , würde der —R3
lichkeit keinen fo großen Abbruch gethan haben, als
ſie nachher wirklich: that, wenn bie Cloͤſter beſtaͤn⸗
bia unter der Auffecht, und in ber Getvalt der Bi⸗
f&dfe. geblieben wären. ULB aber- die Roͤmiſchen
Paͤbſte im zwölften Jahrhundert anfiengen, einzelne
Cloͤſter, und deren Vorſteher ber Gerichtsbarkeit
der Biſchoͤfe, in deren Sprengel fie lagen, zu chts
giehen, und im folgenden Jahrhundert elle Drbeuss
geiftliche-von bee . Gewalt ihrer biäherigen. welt,
geiftlichen Dberen befreyten; fo ward bie Ordens
geiſtlichleit die heftigſte, und sefätrligfe Wider⸗
fades
N Dianf 421. u. f. S.
. 8) Lib. JK. Cap. 13, ap. Pelliociam p. 128.
h) Diefer erflärte auf einer Roͤmiſchen Synode , daß
Mind zu allen Klerikaliſchen Verrichtungen Te
guam idonei ſeyen. Planf ©, 428. 5
Fan
=. — — — — — =
| — — “.˖ 205
ſacherinn ber Weltgeiſtlichkeit ). Die Roͤmiſchen
Paͤbſte beguͤnſtigten meiſtens die Ordens⸗Geiſtli⸗
chen gegen die Weltgeiſtlichkeit; und jene ergriffen
daher eine jede Veranlaſſung, um biefe, fo oft fie
Eonnten, zu kraͤnken, ober zu unterbrüden.
So wenig die große Dienge von ſtark bevoͤl⸗
kerten Eiöftern in den Morgens und Abenblänbern
ohne mancherley Beamte beftthen konnte; eben fo
wenig ohne eine Norm, ober Regel, die allen Mit⸗
gliedern und Angehörigen der heiligen Vereine vor⸗
ſchrieb, was fie zu thun, und zu laſſen haͤtten.
Wirklich entwarfen fhon ber h. Pachomine, ber
h. Bafilius, ber h. Augufiin und Andere &) foß
he Regeln für die Elöfter, bie von ihnen waren
: gegründet morben ,. oder fich ihnen unterworfen hats
ten. Unter allen biefen Regeln fand Peine. andere '
einen fo-allgemeiuen, und bauernden Beyfall, ald
welche der h. Benedict in ber erften Haͤlfte des
fechsten Fahrhunderts für fein Cloſter zu Eaffino
euffeßte, und die in ben folgenden Jahrhunderten
beynahe von allen Eldftern des Abendlandes anges
. nommen wurde /). Diefer allgemeine, und dauernde
Beyfall eutftand nicht fo wohl daher, daB Bene⸗
dicts Megel ganz neue und unerhörte Dinge enthale
ten hätte, als vielmehr aus bem Vorzuge, daß
fie elle bie zweckmaͤßigen Vorſchriften und Einrich⸗
tungen zuſammenfaßte, bie vorher nur einzeln, oder
gerfireut Statt gefünden hatten. Schon bie erſten
Aegyptiſchen Moͤnche arbeiteten, unb mußten er
ö) Pellicefa 1. c. p. 107- 129.
k)_Diant i. c. 407. 411. ia. |
I) Pelliccia I. sog. 130. Planb U c 414. fe ©.
-
wu.
u) Via Mu Lois B.- 0. To Tal
206 . — —
beiten, | wenn fie anders ihr Leben feiten wollten,
Es war gewiß Nachahmung Morgenlaͤndiſcher Mu⸗
ſter, daß der heilige Martin bie jüngeren Mönche
durch das Abſchreiben von Wuͤchern deichäftigte m).
Die erſten Moͤnche wurden genoͤthigt, Buͤcher ab⸗
zuſchreiben, weil ihre Cloͤſter zu arm, und Buͤcher
viel zu theuer waren als daß ſie auch nur die unent⸗
behriichfien haͤtten kaufen koͤnnen. Es laͤßt ſich enb⸗
lich kaum anders denken, als daß ſchon in den er⸗
Ren Cloͤſtern diejenigen Mitglieder, die zu geiſt⸗
lichen Berrichtungen beſtimmt waren, fleiſſiger,
als Andere ſtudierten, und wenn ſie unter den
juͤngeren ‚Stenlingen. hoffnungsvolle Sabjecte fan⸗
‚ben, dieſe zum Beſten ihrer. Cloͤſter, fo gut fie
konnten, unterrichteten.. Da im fechften Jahrhun⸗
dert alle öffentliche Schulen untergingen, fo was
zen die größeren Stifter und Cloͤſter gezwungen,
eigene Schulen anzulegen, in welchen ſie tuͤchtige
Maͤrnner ziehen koͤnnten. Durch dieſe nuͤtzlichen
Arbeiten erwarben ſich die Cloͤſter unvergeßliche
Verdienſte um alle Abendlaͤndiſche Reiche. Sie
bauten zahlloſe Gegenden von neuem, oder doch diel
beſſer an, als fie es bis dahin geweſen waren;
Sie vervielfaͤltigten die noch nicht verlohrnen Werke
des Alterthums durch ihre Abſchriften, und wur⸗
den daburch ihre Erhalter. Sie retteten endlich
durch ihre Schulen alle, was noch Yon fhönen
and nüglicdyen Künften, ober Kenntniſſen übrig war,
von einem fonft unvermeiblichen. Umtergange. Das.
nennte, zehnte, und eilfte Jahrhundert find derfe j
alge Zeitraum, in welchem die Eläfter bes Abeund⸗
Landes am meiften Gutes, und gm wenigfien-Bhs
ſes ſtifteten. Im zwölften und pe ahr⸗
un⸗
⸗
- =...
bunbert wurden nit nur bie Cloͤſter und geiſtlichen
Orden zu fehr vervielfältigt, fondern audy die meis
fien Elöfter zu fehr bereichert, als daß ſich die alte
Zudt, und bie damit verbundene nüßlicde Thaͤtig⸗
Leit ber Orbensgeiftlichen hätte erhalten können u).
Don ber Mitte des dreyzehnten Jahrhunderte an
taufchten die -meiften Cloͤſter bie nuͤtzlichen Kennt⸗
niſſe und Kuͤnſte, wodurch ſie ſich in fruͤheren Zei⸗
ten empfohlen hatten, gegen alle Arten von groben
Laſtern und Verbrechen aus. Die Bettelorden un⸗
terſchieden ſich nur eine kurze Zeit von den uͤbrigen
Moͤnchen durch beſſere Kenntniſſe, und Sitten.
Sie eilten ihren unwiſſenden und verdorbenen Bruͤ⸗
dern nicht nur bald nach, ſondern fo gar zuvor.
Die Bettelmoͤnche waren es vorzuͤglich, uͤber deren
Unwiſſenheit, Laſterhaftigkeit, und Uebermuth alle
Woͤlker, und Fuͤrſten unſers Erdtheils im Aufange
des ſechszehnten Jahrhunderts am meiften klagten,
und bie auch durch dieſe Unwiſſenheit, Laſterhaftig⸗
keit, und Uebermuth die Reformation vorzuͤglich
nicht fo wohl veranlaßten, ale ergwangen o) ·
Ein treues Nachbild der Berborbenkeit der
Ordensgeiſtlichen des Mittelalters findet man bis
anf den heutigen Tag in den Manns⸗ und Frauens⸗
Elöftern des Spaniſchen und Portugiefifhen Ame⸗
vice.
n) Man f. unter Anderen Gerberti Mißor, Nigrae
Syvae p. 205. 3826 - 327.
r
| 0) Dan f. meine hiftor. Vergleichung des Mittelal⸗
ters, u. ſ. w. IID. die beyden ſetzten Abſchnitt
umd m weinen Lrbendi i fepnitte,
ner -vorgiglich die keben von Aeugun
ia von Hatten. Zu
bungen beruͤhmter
*
⸗
— Rum an :
. . -
vo.
x r .
208 | — — a
step). Die Kirche überhaupt, und befonbers bie
Orrbensgeiſtlichkeit iſt nicht nur bie vornehmſte
Befigerinn Yon Grund⸗Eigenthum, und. Grunds
ginfen in den Spantfhen und Portugiefifhen Pro:
vinzen ber neuen Welt, ſondern auch ber beweg⸗
lichen Schäge von Edelfteinen und Perlen, von
Goold und Silber g). Die Orbdensgeiftlichen braus
chen alle Mittel, welche ihnen die Unmiffenheit und
after der Layen, fammt dem daher entfpringene
ben Aberglauben barbieten, um ihre bewegliden
und unbeweglichen Schaͤtze beftänbig zu vermehren.
Im Befiße und Genuſſe biefer Schaͤtze glauben
fie fih ‚von den Ordens⸗Geluͤbden der Armuth,
der Maͤßigkeit und ter Keufchheit gänzlich entbun⸗
ben. GSelbſt die Franciscaner und andere Bets
telmoͤnche flolzieren in Sammt und Seide, in
der koſtbarſten Leinwand, und mit den feinſten
Spitzen. Der Pracht ihrer Kleidung entfprehen
ihr Gefolge, ihr Haus⸗ und Tiſchgeraͤth, und ihre
Tafeln. Mönche und Nonnen halten Sclaven und
Sclavinnen, von welchen fie ſich bedtenenlaffen. Ihre -
Gellen find mir den gröften Seltenheiten, und ihre
Tafeln mit ben ansgefuchteften Leckerehen und Wei⸗
nen ber alten und nenen Welt verfehen. Die
Mönche haben eben fu öffentlich ihre Geliebten
— | | ee 7;
f >
p) Sierüber fehe man Gage I. 70. 71. 111.26 27.
"19, 161, 168, Fresier p. 408. 5. 409 - 312, 448.
Barbinais I, 140 - 148. III. 0089-10, Lindley
9) Man ſchlug den Kirchenſchatz, der an einem Zefl:
tage in ber Kirche bei großen. Franciscaner-Clo⸗
ſtere in Lime andgefellt wer, auf zeha Millionen
Piaſter an. I, 143. Barbintia.
— — 209
oder Wepfchläferinhen, als bie Nonnen ihre Lieb⸗
haber 7), und beyde erkennen ohne Gchen ihre
Kinder an. ° Barbinais war ſelbſt Zeuge, dab
ber fiebenzigjährige Superior eines Cloſters in
Lima in einer großen Gefellfhaft den Neffen des
Vice» Königd bat, daß biefer doch Yon der Vers
Bindung mit feiner Geliebten, welche ex fieben Jahre
unterhalten, und die ihm drey Kinder gebohren
habe, ablafien wolle. Er babe der Schönen alles
zugewandt, was ihm nur irgend aufzutreiben möge
lich geweſen ſey. Es würbe ihn gar zu fehr ſchmer⸗
jen, wenn ein jüngerer Galan ihm ein Gut raus
ben wolle, beffen ruhiger Beſitz ihn fo Lange glück;
lich gemacht habe. Der naive Antrag bed Super
riors gab nicht daB geringfte Aergerniß, weil man
an ähnliche Auftritte täglich gewohnt war s).
Die Mönde entfchuldigen Ihre Unenthaltfamfeit
'entweber damit, daß fie von ihren Cloͤſtern weiter
nichts, als Wohnung, Kleibung und Nahrung,
aber Feine Pflege erhalten, oder daß fie theilß nicht
bie Abſicht, theils nicht die Freyheit haben, fid)
in foͤrmliche Verbindungen mir Perfonen bed ans
dern Geſchlechts einzulaffen 2). Die Reden und
nn ‚. ©s
r) Frezier und Barbinais,
s) 1 147. 148. Barbin. . 2
6) Frosier p: Agı. Les Moines en eludun:
a * —,. de V’eglils) fur ce, gu»
n’etant par libres, ils ne font pas amancevez
"” dans 'tontes les formes, et que d’ailleurs ils
zz’ont pas l’intention de l’ötre: plailante defaite!
Amancebado nennt man in Peru denjenigen, Ter
mit einer Frauensperſon in einem Concubinat lebt.
ib, : | ur
nt Dre VE —587*
210 Du Ze EEE
Gefänge von Ordensgeiſtlichen ſind nit ‚weniger
ſchaamlos als die der Layen.,. Darbinais wohnte
am 24. Dec. 1718 der Mitternachts s Meſſe in
einem Frauen: Elofter zu St. Salvador bey. Die
Nonnen waren auf einem offenen Chore, eine jede
mit einem muſikaliſchen Inſtrumente verfeken. Ad
ber. geiftliche Director des Cloſters den Pſalw
‚ venite exultemus anftimmte u), fingen alle Non⸗
nen an, luſtige Lieder zu fingen, auf welde fie
fi) das ganze Fahr durch vorbereitet hatten,. und
begleiteten ihren Gefang eine jebe mit dem Inſtru⸗
'ment, das fie mitgebracht hatte Hieraus ent⸗ |
ftand ein Lärm, ber alle diejenigen, welche er nicht
betaͤnbte, zum lauten Lachen brachte. Nachdem
endlich der wilde Gefang, und bie wilde Mufik
aufhoͤrte, feßte fih eine der Nonnen In einen Lehn⸗
ſtuhl, und hob Eine luſtige Erzählung der Aben⸗
theuer aller der Perfonen an, die zum Hofe des
WVice⸗Koͤnigs gehörten. Zuletzt trat Eine ber.
Monnen auf, und machte einem Neffen bes Koͤ⸗
nigs die bitterſten Vorwuͤrfe darüber, daß ex ihr
ungetreu geworden ſey, und einer andern Dame in
der Stadt den Hof made. Der junge Cavalier
war Verfhämter, als die Nonne, und entfernte
fih plöglih aus der Kirche. Mach allen diefen
Scenen fang man eine Dieffe, worauf die Nonmen
insgefammt dad Abendmahl genofien. — Die un:
geiftlichen Lafter der Moͤnche tn Lima mindern‘ th⸗
zen. geiſtlichen Stolz nicht -alleftı nicht, - fohdern
feinen itmen vielmehr zu erhöhen x). |." Nice
zufrieden mit ben, tiefen ‚MWerbeugungen, welche
J on . "oc MAN
| - + A
) III. 407 et ſq. p.
=) Fresier p. 430. 451.
— — II.
man ihnen allenshalben macht, reichen fie fo wohl,
in den Straßen, als in den Kirchen die Ermel
ihrer Kleider zum Küffen hin. Sie thun dieſes
felbft während der heiligfien Handlungen, wo bies
jenigen, welche fie zum Ermels Kuſſe nöthigen;
dadurch in ihrer Andacht geftört werben. Gleich
den Layen tragen fat alle Moͤnche Dölde, une
bebienen ſich dieſer Waffen, wenn man fie iu ihren
Vergnügungen ſtoͤren will. Sie handeln, ober
ſchachern endlich nit bloß, fondern fcheuen fi
auch nicht zu ſtehlen, wo fie nur koͤnnen. Die
Franzoͤſiſchen Sciffahrer und Kaufleute, bie au
des -Küfte von Peru und Chili handelten, mach⸗
ten, bie unangenehme Erfahrung, daß beſonders
die Geiftlichen fehr behende Finger hätten y). .
Im Chriftlihen Europa find nod immer bie
Spanifchen. und Portugiefifhen Moͤnche die vers
berbenften und ſchaͤdlichſten 2): Die Griechiſchen
hingegen im Durchſchnitt bie unmifjenpfien und
unglüctichften. Die Spanifchen Mönde und None
‚nen wurben nicht bloß durch ihre eigene Eheloſig⸗
Leit eine Haupturſache der Entoölkerung ihres Was
terlandes-, ſondern am meiften dadurch, bag fie
fortfuhren, ‚immer mehr Güter anzufanfen. Die,
von Elöftern angelauften Guͤter wurden naͤmlich
von allen Abgaben frey. Die öffentlichen Laften
fielen daher je länger, je mehr. auf eine kleinere
Zahl von arbeitenden Menfchen, welde fie nicht
' —. Bu aufs
y) Frezier l,c.
2) Üeber die Portugieſiſchen ſehe man Chatelah 65;
"über die Spänifhen Plüers Reifen ©, 236.
O 2
[4
T
13 ——
aufbringen Eonnten, und trieben Die Verzweifelnden J
tm die neue Welt hin. — Ich ſage hier nichts
mehr von dem ſchrecklichen Faſten der Griechiſchen
Moͤnche, von welchem ſelbſt Katholiſche Ordens⸗
geiſtliche geſtehen mußten, daß ſie die Faſten der
ſtrengſten Orden ihrer Kirche weit uͤbertraͤfen a).
Wen ihrer ſchlechten Nahrung muͤſſen die Gries
Sifhen Mönche unaufhörlich entweder auf dem .
Kelde und in ben Gärten, ober am Webſtuhle
arbeiten; und wenn fie nicht fo viel leiften, als
ihre Dberen verlangen, ober biefen fonft nicht ges
‚nng thun, fo werden fie burd Schläge auf die
ßſohlen unbarmherzig gemißhantelt 5), Die
iechiſchen Patriarchen, an welche die Zurkifhen
Großen nnaufhörliche Forderungen machen, prefe
fen die Bifchöfe und Archimandriten aus, Die
Arhimandriten fallen über ihre Moͤnche her, und
Be Mönde wenden alle Arten Yon Künften an,
um wiederum ben Layen das Ihrige abzuloFen.
In dem Rufe der groͤſten Heiligkeit ſtehen das’
Griechiſche Cloſter auf dem Berge Sinai c), deſ⸗
ſen Bewohner aus Furcht vor den Beduinen be⸗
ſtaͤndig innerhalb den Mauern ihres Cloſters ein⸗
eſchloſſen bleiben, und dann die zwanzig Cloͤſter
auf dem Berge Athos, in wilden ſich ohngefaͤhr
5000
.
4) Lettr, Edit. II. 64. Rappellez - vous ce, gui
- fe pratique ò la Trappe, et a Sept- Fonds; onny .
voit rien de lemblable,
| ‚3) Man f. über die Griechifchen Moͤnche, Belon
37 u. & Tournefort I 34, 409. LettresEdit.
Ke Taube L, 89. 90. - Voiney IL, 326 et Iq. P.
e) Volney 1 c,. —
⸗
———— —
X
> 4 m —— R gi
\ . | pe" 7
sono Din adfhalten follen ch. Bon. der Seh
. An, wo die Türken den Moͤnchen anf ben - Athos
einen jährlichen Tribut von zwanzig- taufenb Die ©
fern aufgelegt haben, iſt bie alte Cloſterzucht ſehr
geſchwaͤcht, und die Sitten ber Mönche find auf
mehrere Urten verborben worben ). Um bie ſtets
wiederkehrenden Forderungen ber Türken, ober
ber höheren Geiſtlichkeit befriedigen zu könne‘; ehe
men die Elöfter gern reiche Novizen auf,
beträchtliche Wergabungen machen. Man belohnt
ſolche Vergabungen dadurch, daß man bie Wohls
thäter faft von allen firengen Vorſchriften dr Res .
gel tifpenfirt. Man übergibt ferner eingelnen
Mönden Landguͤter, ober geftattet- ihnen freyes
Handel und Gewerbe, um von ben Einen jaͤhr⸗
liche Pachtgelder, ‘von. den andern jährliche Ups
gaben zu erhalten, und beide nach ihrem Tode zu
‚beerben. Es iſt einleudhtend, daß man ſolche ſich
ſelbſt uͤberlaſſene Moͤnche nicht in der gehoͤrigen
Ordnung erhalten kaun. Enplich ſchickt man
Almofen: Sammler nicht nur durch ganz Griechen⸗
land, ſondern über alle Griechiſche Infeln aus, .
Dieſe Saminler werben auf ihren zuͤgelloſen Wan⸗
derungen meiſtens verderben, und bringen die ans
genomanenen Lafer unter ihre Bräter nrid
2) Belon, et Lettr, rai Dec,
0) Lettr, Edif. 1. c.
) In Stavonien arteten manche. Nonnen⸗ Elöfter,
die in tiefen Wäldern lagen, in Bordelle, manche
Mauns = Elöfter in Räuberhöhlen aus, Man ward
‚daher gezwungen, die einen und die andern aufzus
bheben. Taube 1. c. Die Aebte in Ningrelien find
even ſo ruchlos, als die Dive Lamberti'p, 165, |
4314 | — —
Bey dem harten Leben, welches die Griechiſchen
Mönche im Durchſchnitt wirklich führen, und ber
mod härteren Unterwuͤrfigkeit, in welcher ihre Obe⸗
gen fie halten, werben meine Lefer barüber er:
ſtaunen, daß die Slavoniſchen Lanblente fi aus
"allen Kräften bemähen, ihre Söhne in Elöfter -
zu bringen, und daß fo gar die von der Welt
ganz s"gefonderten 8) Mönche auf dem Ginat ſich
viel glüdlihher preifen, als die Kinder ber Welt.
Und doch haben die Einen und die Anderen Recht.
"Die gemeinen Griechen nähren fich nicht viel beffer,
und werben von ben Tuͤrkiſchen Befehlshabern und
Soldaten ohne Weraleihung mehr geplagt, ober
demißhandilt, als bie eingefihloffenen Moͤnche.
—
Die Mahomedaner erhielten eben ſo wenig, |
als die Chriften, gleich nach der Entftehung ihrer
Religion Moͤnche, ober Cloͤſter h), Nachdem
: fi aber das Moͤnchsweſen einmahl gebiltet hatte,
' fo verbreitete es ſich nicht bloß ſehr ſchnell, fon:
bern es entftanden audy allmählich manderley Drs
ben und Regeln, wovon bie einen firenger, als bie
anderen waren, ober die urſpruͤngliche Zucht beſſer,
als andere erhielten. Aus biefer Verſchiedenheit
ber Regeln, unb ber Bucht der Tuͤrkiſchen Elöften
muß man ed erklären, baf bie glaubmwärbigfien
‚Metfenden in ihren Urtbeilen und Nachrichten‘ über
die Derwifche ſo ſehr von einander abweichen. Sm
Ganzen legen die Derwiſche die Geluͤbde ber Keuſch⸗
heit,
‚m Taube und Valney I. co.
h) Man ſ. bierüber Ricaut p. 250 et fg, Arvieux
VI. 464, Taurnefort II. 89. Porter 1. 46. 4%
Grifirhe p. 86 et fq
x
Li, ı ı _L__
-
— * ar
gt ‚der Armuuth und des Gehorſams ab. Um
ferdeffen. follen manche Tuͤrklſche Mönche verheiras
ther feyn, und die Erlaubnig haben, ihre, Weiber,
bie freylich nicht in die Sr Femme. bürfen, bon.”
get, u. Zeit zu befuchen. . find die Gelübbe,
der erwifche nicht fo erh lich, als die der
riſttichen Ordensgeiſtlichen.
wiſch fuͤhlt, daß er das Geluͤbbe der Enthaltſam⸗
keit nicht beobachten Kinn, fo. entläßt man ihn Lies.
Ber aus dem Clofter, ald dag man feiner Natur.
Gewalt anthun follte.. Solche nüßlihe Arbeiten,
als wodurch bie Chriſtlichen Moͤnche ſich Jahrhun⸗
berte lang um das menſchliche Geſchlecht verdient
machten, fanden nie unter den Derwiſchen Statt.
Die Tuͤrkiſchen Moͤnche ziehen ihren Unterhalt aus
milden Stiftungen, und bringen ihre ganze Zeit im
Gebet, in heiligen Betrachtungen ‚. und anderen
Andachto, Üebungen, oder in träger Ruhe hin.
‚Die Votfieher der Elöfter halten gemeiniglich zwey⸗
mahl in der Woche an ihre Untergebenen heilige
Reden, oder erklaͤren dunkle Stellen des Korans,
‚und anderer heiligen Buͤcher. Nach der Endigung
diefer Neben, oder Vorlefungen heben bie Mönde:
- den berüchtigten Drehtanz an, wobey fie ſich mit
einer unglaublichen Geſchwindigkeit fo Lange auf ih⸗
(
ven Ferfen umher wirbeln, bis fie ſchaͤumend, und
athemlos zu Boden fallen. Manche feßen den
Drehtanz eben ſo lange, als diejenigen fort, die zu
Boden fihirzen, und bleiben auf einmahl fo unbe:
mweglich ſtehen, ald wenn fie eingewurzelt waͤren.
Viele Derwiſche wiſſen ſelbſt nicht, in welchen Ab⸗
ſichten der Dyehtang eingeführt worden. Hoͤchſt
wahrſcheinlich brauchte man ihn feit undenklichen
Zeiten in den Morgenlaͤndern als ein Mittel, in
Ver⸗
Penn ein Der⸗
\ D
0
-
’
' ‘
, \ ,
216, m —
—* F fallen,. und durib- Verzickuus m
ereinigung mit der Gottheit. zu gelangen. .. Auch
= D’e Sufis in Perſi en wirbeln ſich unter beſtaͤndigem
Shdhuͤtteln. bes Kopfes, und bem Ausrufen bee
Rahmens Sottes fo lange herum, bis fie ſchaͤn⸗
mepb' und athẽemlos zu. Boden ſtuͤrzen 5). . Sowohl -
die Sufis, „'als die Derwifche'bebienen fih no ela
—
nes andern Mittels, um ſich in Ekſtaſen zu ver⸗
ſetzen. Die erſteren heften ihre Augen fa, Tange »
an die Spitzen ihrer Naſen, bis fie in eine Art
‚von Betaͤubung verfinfen. Die . Anderen ‚faufen
enttocder Wein und Brantewein, ober genießen
Opium, bis fie das Bewußtſeyn ihrer Gelbft,
Noder ihres äußeren Zuſtandes verlieren. Wenig⸗
ft n8 verfihert Ricaut, daß bie Derwiſche zu ben
ſtaͤrkſten Trinkern, und Opium⸗ Eſſern in ber,
Tuͤrkey achören H. E8 gefchieht in ber Türken, "
was fo oft in der Chriftenheit gefhah. - Die Cloͤ⸗
Mer der Derwiſche werben bisweilen E hlupfwinkel “u
verbotener Lüfte, und firafbarer Verbrechen. Uns
ter Wrderen zerfiörte ber berühmte MWizier Au:
prinli ein fhön gelegenes Cloſter nahe bey Adriano:
pel, daß wegen bed Rufes der Heiligkeit häufig
Don vornehmen Tuͤrkinnen befuhht wurde. Man
entdeckte, daß die ſchoͤnen Pilgerinnen ihren gehei«
men Litbh bern an dem heiligen Orte Zuſammen⸗
kuͤnfte gaben N). Die Moͤnche eines gewiſſen Or⸗
dens nehmen gluͤhende Eiſen auf eine ſolche Art in
den Mund, daß man den a Speiäel ziſchen hört,
und
©) ur, : 211. 919, Chardin, |
Mpase a.
I) Ricaut p. 266.
u | 217
und B fake, fi eht, ohne im geringfien verletzt un"
werben m). Ich rechne diefen Gebranch von glüs
henden Eiſen nicht fo wohl zu ben Buͤßungen, als
zu den gaukleriſchen Kuͤnſten, wodurch die Moͤnche
bie Bewunderung. ber Li Mense zu erbalı
ten hoffen. . . .e
Winn unter den keinen Hindus die gehn
der Monchs orden auch nicht fo groß ſeyn follte, ale |
unter den Tuͤrken, und befonderd unter deu Chri«
a fo war.allem Anſehen nad die Zahl ber . |
Mönche von jeher unter ben erftern verhäftnigmägig
viel betraͤchtlicher, als unter den legteren n). Auch
weichen die Mönche der Hindus weit mehr von
einander ab, als die Chriſtlichen und Tüsfifcen.
Mönde. Nur die wenigften. Zubifhen Mönche
wohnen an Einem Drte unter ber Aufficht gemeins
ſchaftlicher Oberen beyſammen. Dich than fafk
ganz allein die Joghis, die ſoch in Gaͤrten vor ben
Staͤdten aufhalten, aber nie in die Staͤdte ſelbſt
gehen 0), und auch nicht iu Haͤuſern ſchlafen y)).
Die meiſten Indiſchen Moͤnche fuͤhren ein unſtetes
Leben, ober wohnen unter ben ihrigen. Die firem
geren Drden, 3. B. der. Joghis, ber Saniaſſis,
y. ſ. w. beobachten insgeſammi das Geluͤbbe der
Keuſch⸗ |
+
‘ zn) Ricant u. Griffitts I, 06,
7) Min f bei. Sonnerat.1, 214. u. f. ©. Bernier
II. 121. Leitr. Edif. IX. 282. et lg. p.
⸗
’e) Bernier ], 7
y) Anqueul p. 139. 366.
’
‘ f'
. a
216 m om
x .. ’
Verzuͤckung zu fallen, unb durch Perzuͤckung ar
seteiniaung mit ber Gottheit ju gelangen... And -
55 Sufiö in Perfien wirbeln ſich unter beftändigem,
Schuͤtteln des Kopfes, und dem Ausrufen des
Rahmens Goftes fo lange herum, bis fie ſchaͤn⸗
mepd’und athemlos zu. Boden ſtuͤrzen i). Sowohl
die Sufis, als die Derwiſche bedienen ſich poch eia
21
nes andern. Mittels, um ſich in Ekſtaſen zu ver⸗
ſetzen. Die erſteren heften ihre Augen fo. Tange »
an bie. Spitzen Ihrer Naſen, bis fie in eine Art,
‚von Betäubung verfinten. Die Anderen ‚faufen
enttocher Mein und Brantewein, ober genießen
Opium, bis fie dad Bewußtſeyn ihrer Selbſt,
oder ihres äußeren Zuſtandes verlieren. Wenig⸗
ſtens verſichert Ricaut, daß die Derwiſche zu ben
. ud
ſtaͤrkſten Trinkern, und Opium⸗Eſſern in ber,
Tuͤrkey gehören 4). Es geſchieht in der Türken,
was fo oft,in der Chriftenheit geſchah. Die EIds
‚fter der Derwifche werben bisweilen Schlupfwinkel
verbotener Lüfte, und firafbarer Verbredien. Uns
prinli ein ſchoͤn gelegenes Cloſter nahe bey Adriano:
pel, bad wegen bed Mufes der Heiligkeit häufig
don vornehmen Zürkinnen befuht wurd. Man
entdeckte, daß die. fhönen Pilgerinnen ihren gehei«
men titbh:bern an dem heiligen Drte Zuſammen⸗
kuͤnfte gaben ). Die Mönche eines gemiffen Ors
dens nehmen glähente Eifen auf eine folde Art in
den Mund, bag man ben Speichel zifdhen hört,
u eo | und
&) III, aıı. 219, Chardin, |
NP 254. . J
1) Ricaut p. 266.
ter Urbderen zerfiörte der berühmte Vizier Au: " .
1
- ten hoffen.
ı — 7 217
und ſchaͤumen ſieht, ohne im geringſten verlezt zu
werden m). Ich rechne —E— nt glüs
henden Eiſen nicht fo wohl, zu. den Buͤßungen, als
zu den gaukleriſchen Kuͤnſten, wodurch die Moͤrche
bie Bewunderung der flaunenten Menge zu erhal⸗
»
. Wenn unter den heidniſchen Hindus die Zah
der Moͤnchsorden auch nicht fo groß ſeyn follte, ala
unter ben Türfen, und befonderd unter bes. Chri« ".
fien;..fo war allem Anfehen nad die Zahl ber .
Mönche von jeher unter deu erftern verhältnigmägig
viel betraͤchtlicher, als unter den legteren n). Auch
weichen die Mönche der Hindus weit mehr Yon
einander ab, ald die Chriftliden und Tuͤrkiſchen
Mönde. Mur die wenigfien Indiſchen Mönde
wohnen an Einem Orte unter ber AUufficht gemeine
ſchaftlicher Oberen beyſammen. Dick than fa
ganz allein die Joghis, die ſich in Gaͤrten vor den
Städten aufhalten, aber nie in hie Staͤdte ſelbſt
achen 0), und auch nicht in Käufern ſchlafen y). |
Die meiften Indiſchen Mönde führen ein unftetes
Leben, ober wohnen unter ben thrigen. Die firene
geren Drden, 3. B. der. Joghis, ber Santafll’s,
u. fe w. beobachten indgefammt dad Gelübbe ber .
u i Keuſch⸗
J 2) Rlcant u Griffit I, cc,
n) Min f be . Sonnerat. I, 214. u. f. S. Bernier
II. 121, Lettr, Edit. IX. 282, et fg. p.
”
‘g) Bernier ], c.
pP) Anquetil p. 129. 366, a Sa
⸗ f] \
ug u 5
Keufähekt. Yübere Yingegen heſrathen. % es
gibt ſogar eine Moͤnchs-Eaſte, deren Mitglieder
aͤls Monche gebohren' werden, und bio Weiber
aus ihber eigenen Caſte heirathen g). Die Indi⸗
ſchen Moͤnche moͤgen aber feſte Sitze haben, und
heirathen, oder nicht; ſo behalten ſie immer die
weſentlichen Merkmahle des Moͤnchthums bey.
Sie ziehen ſich naͤmlich von allen weltlichen Ge⸗
ſthaͤften und Vergnuͤgungen zuruͤck, und bringen
nach der Regel, zu welcher fie ſich bekennen, ihr
Leben in beſtaͤndigen Buß⸗ und Andachts⸗ Uebun⸗
gen zu. Da die Religionen aller Voͤlker des oͤſtli⸗
Gen und ſuͤdlichen Aſiens aus Hindoſtan entſprun⸗
gen, oder wenigſtens mit dem Goͤtterdienſte der
Hindus ſtark vermiſcht worden ſind; ſo ſollte man
glauben, daß bad Moͤnchsweſen der erſteren mit
- bem ber Ießteren viel miehr übereinftimme, als es
wirklich Abereiuftimmt. In Xhibet, und im gan⸗
jen uͤbrigen oͤſtlichen ſo wohl, als füblichen Afien
Benne man nicht bloß Moͤnche, fordern auch Non⸗
nen, und unter beyben weniger eine Verfchiebenheit
von Orden, als von Graden. Moͤnche und Non⸗
nen, die in Thibet, gleichſam auf den 'uuterften
”
Stuffen des heiligen Lebens ſtehen, wohnen bei
den/ihrigen, und koͤnnen fich verheirathen, wann
fie wollen. So bald aber beyde einen gewiſſen
Brad von Vollendung erreicht haben; fo müflen fie
bad Geluͤbde der Keuſchheit ablegen, deſſen Ders
: Teßung unfehlbar mit bem Zobe beftraft wird, Die
Mann » fowohl, als die Frauen s Clöfter find
faft ohne Ausnahme auf hohen Bergen oder Zelfen.
ers
'g) Sonne. 1. . S. 217.
\ ,
\ ’
|
—
um v
/ ⸗
— — ⸗ 19
baute). An Siam, und wahrſcheinlih in allen
Vvbrigen Hinterindiſchen Reichen gibt es nicht bloß
Monche, oder Talapoinen, ſondern auch Nonnen,
oder Talapoininnen 5 Beyde möhnen in ben Be⸗
zirken, bie zu den Tempeln gehören, und mit Bams
bu⸗Pfaͤlen umzäumt find. Hoͤchſtens haben die.
Talapoinen thre Gellen an ber einen, und die as
Yapoininnen an der entgegengefeßten Seite der Bam⸗
bu s Zäune. Die Talapoininnen find meiſtens ſo
alt, daß man ſchon aus diefem Grunde einen:
Bruch des Keuſchheits⸗Geluͤbbes von ihnen befürchs. |
ten barf. Wenn unterbeffen eine Talapoininn eis,
sven: Tehltritt begeht, fo wirb fie zwar nicht am tes,
ben geftraft, wie Talapoinen, bie ſich einer aͤhnli⸗
en Sünde ſchuldig machen. Allein man ftößt fie ie.
aus der heiligen Schwefterfihaft aus, und übergibt
fie ihren Anvermandten ‚ bamit diefe fie nach Vers.
bienft zuͤchtigen. Die Talapoinen find nicht bloß,
Priefter, mie tie Chriſtlichen Moͤnche, fondern fie‘
ſind die einzigen Priefter der Wölfer des binteren
Indiens. Sie bedienen daher bie Götter, hüten
ihre Tempel, beſorgen Feſte und Opfer, und un⸗
terrichten zu gewiſſen Zeiten das Volk ſowohl in
ber Geſchichte der Goͤtter, als in dem, was man
den Goͤttern und ihren Dienern ſchuldig iſt. Je⸗
der Talapoin nimmt zwey, oder drey Kinder zu
‚Aid, und erzieht fie zu feinem Stande, wenn er fie
anders ruͤchtig dazu findet, Die Prieſter⸗ Mönde -
| le⸗
nn) Georgi p. an. Man vergleiihe Turner p. . 309-
1 |
s) Lombere I, 340- 59 Pr
sı0 Imre. 0
Gefänge von: Ordensgeiſtlichen ſind nicht „weniger
ſchaamlos, als die der Layer... Darbinais wohnte
am 24. Dec. 1718 der Mitternadits s Mefie in
einem Frauen: Clofter zu St. Salvador bey. Die
Nonnen waren anf einen offenen Chore, eine jebe
mit einem muſikaliſchen Inſtrumente verfeken. Als
ber. ‚geiftliche Director des Cloſters den Pſalm
venfte exultemus anſtimmte #), fingen alle Non⸗
nen an, luſtige Lieder zu fingen, auf welde fie
fi das ganze Jahr durdy vorbereitet hatten, und
begleiteten ihren Gefang eine jede mit bem Inſtru⸗
⸗
'ment, das fie mitgebracht hatte. Hieraus ent⸗
ſtand ein Laͤrm, der alle diejenigen, welche er nicht
betaͤubte, zum lauten Lachen brachte. Nachdem
endlich der wilde Geſang, und bie wilde Muſik
“aufhörte, feßte fh eine ber Nonnen in einen Lehn⸗
ftuhl, und hob Eine luſtige Erzählung der Aben⸗
theuer aller der Perfonen an, die zum Dofe.beg'
Vice⸗Koͤnigs gehörten. 'Zulegt trat. Eine ber.
Nonnen auf, und machte einem Neffen des Koͤ⸗
nigs die bitterfien Vorwürfe darüber, da ex ihr
ungetreu geworben fey, und einer andern Damme in
der Stadt den Hof made. Der junge Cavalier
war verfhämter, als die Nonne, unb entfernte
ſich plöglih aus der Kirche. Mac allen dieſen
Scenen fang man eine Wieffe, . worauf bie Nomen
insgeſammt das Abendmahl genofien. — Die un:
geiftlichen Lafter der Mönche tn Lima mindern ih⸗
zen geiſtlichen Stolz nicht alleia nicht; - fordern
feinen ihnen vielmehr zu erhöhen x). Nice
zufrieden mit ben, tiefen Verbeugungen, welche
un oe. 1. OMA
er
) iu. 207 et lq. p.
=) Fresier p, 430. 431.
R \
’ -
— — U 1
man ihnen allenshalben macht, reichen fie fo wohl
in den Straßen, als in den Kirchen die Ermel
ihrer Kleider zum Käffen hin. Sie thun dieſes
felbft während ber heiligfien Handlungen, wo bies
jenigen, welche fie zum Ermels Kufle nöthigen;
dadurch in ihrer Andacht geftört werben. . Gleich
den Layen tragen faſt alle Moͤnche Doͤlche, und
bedienen ſich dieſer Waffen, wenn man ſie in ihren
Vergnuͤgungen ſtoͤren will. Sie handeln, ober
ſchachern endlich nicht bloß, fondern fcheuen fi
auch nicht zu fiehlen, wo fie nur können. Die
Franzoͤſiſchen Schiffahrer und Kaufleute, die au
der Kuͤſte von Peru und Chili handelten, made
ten, bie unangenehme Erfahrung, daß pefonbere
bie Geiſtlichen ſehr behende Singer hätten y).
Im Chriſtlichen Europa ſind noch immer die
Spauiſchen und Portugieſiſchen Moͤnche die ver⸗
dorbenſten und ſchaͤdlichſten 2.). Die Griechiſchen
hingegen im Durchſchnitt die unwiſſendſten und
unglüdlichften. Die Spanifchen Moͤnche und None
nen wurden nicht bloß durd ihre eigene Eheloſig⸗
feit eine Haupturſache der Entvölkerung ihres Was
terlandes, ſondern am meiften dadurch, bag fig
fortfahren, immer mehr Güter anzukaufen. Dig
von Elöftern ‚angelauften Guͤter wurden naͤmlich
von allen Abgaben frey. Die oͤffentlichen Laſten
fielen daher je laͤnger, je mehr auf eine kleinere
aa don arbeitenben mh, welche fie, nicht
auf⸗
7) Fresier lc.
z) neber die Portugie ſiſchen ſehe man n Chatelek 655,
"über die Spänifchen Pluͤers Reifen ©. 236.
O 2
4
⁊
*312 m um
m
aufbringen konnten, und trieben die Verzweifelnden
In bie neue Welt bin. — Ich ſage hier nichts
meht von dem ſchrecklichen Faſten der Griechiſchen
Mönche, von welchem ſelbſt Katholiſche Ordens⸗
geiſtliche geſtehen mußten, daß ſie die Faſten der
ſtrengſten Orden ihrer Kirche weit uͤbertraͤfen a).
Wen ihrer ſchlechten Nahrung muͤſſen die Gries
Sifhen Moͤnche unaufhörlich entweder auf dem .
Kelde und in den Gärten, ober am Webftuhle
arbeiten; und wenn fie nicht fo viel Leiften, als
ihre Oberen verlangen, ober biefen fonft nicht ges
‚nng hun, fo werden fie dburd Schläge auf bie
zone unbarmherzig gemißhanbelt 5). Die
riehifchen Patriarhen, an welche die Tuͤrkiſchen
Großen unaufhörliche Forberungen machen, prefs
fen die Bifchöfe und Archimanpriten aus, Die
Achimandriten fallen Über ihre Mönde her, und.
Be Mönde wenden alle Arten Yon Künften an,
‚am wiederum ben Layen das Ihrige abzuloPen.
In dem.Mufe der gröften Heiligkeit flehen das
Griechiſche Elofter auf dem Berge Sinai c), deſ⸗
‚fen Bewohner aus Furcht vor den Beduinen bes
ſtaͤndig innerhalb den Mauern ihres Cloſters ein»
efgloffen bleiben, und dann bie zwanzig Cloͤſter
auf dem Werge Athos, im welden ſich ohngefähr
5000
4) Lettr, Edit. 11. 64. Rappolles-vous ce, qui
.“ Aber PP q
fe pratique 5 la Trappe, et aSept- Fonds; onny .
veit rien de femblable,
‚3) Man f. über vie Griechifchen Moͤuche, Belon
37 u. f. S. Tournefort I 34, 409. LettresEdit,
“ Le; Taube I, 89. go. Volney II, 326 et Iq. ..
e) Volnsy 1 c,. u
⸗
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I .
G- ⸗ m a . 1
R > Dr” "1
+
5000 Mind aufhalten follen d). Mon. ber Seht
‚an, wo bie Türken den Mönchen anf bem Athos
einen. jährlichen Tribut von zwanzig taufenb Pins
ſtern aufgelegt haben, iſt die alte Cloſterzucht fehr
sefhwädt, und die Sitten ber Mönche find auf
mehrere Arten verborben worden 5). Um bie ſtets
wiederkehrenden Forderungen der Tuͤrken, oder
ber höheren Geiſtlichkeit befriedigen zu koͤnne neh⸗
men die Cloͤſter gern reiche Novizen auf, bie
beträchtlihe Vergabungen mahen. Man belohnt
ſolche Vergabungen dadurch, daß man bie Wohls
thäter faft von allen firengen Borfchriften der Res .
gel tifpenfirt. Man übergibt ferner eingelnen
Minden Landgüter, oder geftattet- ihnen freyen
Handel und Gewerbe, um von den Einen jähr
liche Pachtgelder, von. den andern jährliche Ab⸗
gaben zu erhalten, und beibe nach ihren Tode zu
‚beerben. Es iſt einleuchtend, daß man ſolche ſich
felbft überlaffene Moͤnche nicht in der gehörigen.
Ordnung erhalten kaun. Knplih fdicdt man
Almofen: Sammler nicht nur durch ganz Griechen⸗
land, ſondern über alle Griechiſche Juſels aus. .
Diefe Sammler werben aufihren zägellofen Wan
derungen meiftend verderben, und bringen die ans
genommenen Lafer unter ihre Bruͤder zuruͤck Ri )
| Bey
&) Belon, et Lettr, Edif, Il, cc,
e) Lettr. Edif. 1I. c.
f) In Stavonien arteten manche Nonnen Eiöfter,
die in tiefen Wäldern lagen, is Bordelle, manche
Manns = Eiöfter in Raͤuberhoͤhlen aus. Man ward
‚daher gezwungen, die einen und die andern aufzus
heben. Taube 1. c. Die Yebte in Sinarelien find
eben ſo ruchlos, als die Bilchöfe. Lamberti'p. 165,
Ben dem harten Leben, welches die Griedjifchen
Mönche im Durchſchnitt wirklich führen, und der
noch härteren Untermürfigfeit, in welcher ihre Obe⸗
gen fie halten, werden meine Lefer barüber er:
Pausen, daß die Slavoniſchen Lanblente fich aus
allen Kräften bemähen, ihre Söhne in Cloͤſter
gu bringen, und daß ſo gar bie von ber Melt
ganz ;«"gefonderten ge) Moͤnche auf dem Sinai ſich
biel gluͤcklicher preiſen, als die Kinder ber Welt.
Und doch haben bie Einen und die Anderen Recht.
Die gerneinen Griechen nähren ſich nicht viel beffer,
amd werden von ben Tuͤrkiſchen Befehlshabern und
Soldaten ohne Wergleihung mehr geplagt, ober
‚ gemißhandelt, als bie eingefihloffenen Moͤnche.
Die Mahomebaner erhielten eben fo wenig,
als die Chriſten, gleich nad) ver Entftehung ihrer
Religion Moͤnche, oder Cloͤſter bh), Nachdem
fich aber das Moͤnchsweſen einmahl gebildet hatte,
. fo verbreitete es ſich nicht bloß ſehr ſchnell, fon:
Geanjen legen die Derwifche die Geluͤbde ri
u ya
bern es entftanden auch allmählich mancherley Drs
ben und Regeln, wovon bie einen firenger, als bie
anderen waren, oder die urſpruͤngliche Zucht befier,
als andere erhielten. Aus biefer Verſchiedenheit
ber Regeln, und ber Zucht der Tuͤrkiſchen Elöften
muß man es erklären, baf bie glaubmwärbigften
Keifenden in ihren Urtheilen und Nachrichten über
bie Derwifche ſo ſehr von einander abweichen, Sm
i) Taube und Velney 1. oo.
h) Man f. bierüber Aicaur p. 50 et ſq. Arvieux
VI. 464, Tournefort II. 89. Börter 1. 46, 47,
Griffrhs p. 86 er fq |
x
a
f u ” m.
beit,“ 'der Armeth und des Gehorſams äb. Um,
terdeffen follen manche Tuͤrkiſche Moͤnche verheiras
Über feyn, und die Erlaubniß haben, ihre Weiber,
die freylich nicht in die Cloͤſter kommen.bürfen, von "
Zeit zu. Zeit zu beſuchen. Auch find die Gelübbe,
der Derwiſche nicht fo unverbruͤchlich, als die der
Ehriſtlichen Ordensgeiſtlichen. Wenn ein Ders
wifch fühlt, daß er das Geluͤbde der Enthaltſam⸗
keit nicht beobachten Kinn, fo. entläßt man ihn lies
Ber aus dem Glofter, ald daß man feiner Matur.
Gewalt anthun follte. Solche nüßlihe Arbeiten,
als wodurch die Chriftlihen Mönche ih Jahrhun⸗
berte lang um das menſchliche Gefchleht verdient
machten,, fanden nie unter den Derwifchen Statt.
Die Türkifhen Mönche zichen ihren Unterhalt aus
milden Stiftungen, und bringen ihre ganze Zeit im
Gebet, in heiligen Betrachtungen, und anderen
Andachts, Uebungen, oder in iraͤger Ruhe hin.
Die Vorſteher der Cloͤſter halten gemeiniglich zwey⸗
mahl in der Woche an ihre Untergebenen heilige
Reden, oder erklaͤren dunkle Stellen des Koran,
und anderer heiligen Buͤcher. Nach der Endigung
dieſer Reden, oder Vorleſungen heben die Moͤnche
den beruͤchtigten Drehtanz an, wobey ſie ſich mit
einer unglaublichen Geſchwindigkeit ſo lange auf ih⸗
ren Ferſen umher wirbeln, bis fie ſchaͤumend, und
athemlos zu Boden fallen. Manche ſetzen den
Drehtanz eben ſo lange, als diejenigen fort, die zu
Boden fikrzen ‚, und bleiben auf einmahl fo unbe:
weglich ſtehen, als wenn fie eingewurzelt wären.
Viele Derwiſche wiſſen ſelbſt nicht, in welchen Ab⸗
ſichten der Drehtanz eingeführt worden. Hoͤchſt
wahrſcheinlich brauchte man ihn ſeit undenklichen
Zeiten in den Morgenlaͤndern als ein Mittel, in
’ er⸗
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Bahn F fallen,. un dur Verzuͤckung zur
Bereinigung mit der Gottheit j zu gelangen. , Auch
"rd Sufie In Perfien wirbeln fid, unter beſtaͤndigem
| stein. 5 bes Kopfes, und dem Ausrufen bes
ahmens Gottes fo Lange herum, bis fie ſchaͤn⸗
mepb"und Athöinlos zu. Boden ftürzen n). , Sowohl - -
die Sufis, „'als bie Derwifche bedienen ſich noch eia
nes andern. Mittels, um ſich in Ekſtaſen zu ver⸗
ſetzen. Die, erſteren heften ihre Augen fo, Tange
an bie Spißen Ihrer Nafen, bis fie in eine Art,
enttocder Mein und Brantewein, ober genießen
Spium, bis fie das Bewußtſeyn ihrer Selbſt,
“ oter ihres äußeren Zuflandes verlieren. Wenig⸗
ft n8 verfichert Ricaut, daß die Derwiſche zu den
ſtaͤrkſten Trinkern, und Opium⸗-Eſſern in ber,
Tuͤrkey gehören k). Es geſchieht in der Türken,
was fo oft,in der Chriftenheit geſchah. Die Cloͤ⸗
-
Ed
‚von Betäubung, verfinten. Die . Anderen faufen
ſter der Derwifche werben bisweilen Ehlnpfwinkel
verbotener Lüfte, und ſtrafbarer Verbrechen. Un⸗
ter Arderen zerſtoͤrte der berühmte Vizier Ru⸗—
prinli ein ſchoͤn gelegenes Cloſter nahe bey Adriano:
pel, dad wegen des Rufes der Heiligkeit häufig
Don vornehmen Türfinnen befuht wurde. Dan
entdeckte, daß bie. fhönen Pilgerinnen ihren gehei⸗
men Litbh bern an dem heiligen Orte Zuſammen⸗
kunfte gaben ). Die Mönde eines gemiffen Or⸗
dens nehmen gluͤhende Eifen auf eine foldye Art in
den Mund, daß man den » Speiäel ziſchen hört,
und
i) Ir, 211. 219, Chardin. u .
‚K)'p- 864. on
- 1) Ricaut p. 266.
L
und B könn eht, ohne im geringfien arelegt an |
werden m). Ich rechne diefen Gebrandy von glüs
henden Eiſen nicht fo wohl, zu den Buͤßnngen, als
zu den gaukleriſchen Kuͤnſten, wodurch bie Mönde
bie Bewunderung. ber Rama ‚Denge zu wel⸗
ten hoffen.
Wenn unter ben beibüifen Hindus die tehn
der Moͤnchsorden auch nicht ſo groß ſeyn follte, ale .
anter ben Zürfen, und befonder3 unter der Chris
ſten; fo war.alem Anſehen nad die Zahl ber . |
Mönche von jeher unter ben erftern verhäftnifgmägig
viel betraͤchtlicher, als unter den letzteren n). Auch
weichen, die Mönche der Hindus weit mehr ‚von
einander ab, ald die Chriſtlichen und Tüsfifhen
Moͤnche. Mur die wenigſten Indiſchen Moͤncha
wohnen an Einem Orte unter der Aufficht gemein⸗ |
ſchaftlicher Oberen beyſammen. Dieß ıhan faſt
ganz allein die Joghis, die fach. in Gärten vor ben
Staͤdten aufhalten, aber nie in die Staͤdte ſelbſt
gehen 0), und auch nicht in Haͤuſern ſchlafen y).
Die meiſten Indiſchen Moͤnche führen ein unſtetes
Leben, ober wohnen unter ben thrigen. Die ſtreu⸗
geren Orden, 3. B. der Joghis, ber Santafirs,-
u. fs w. beohachten indgefamms das GSelübbe der .
Bu | Lesſqh⸗ |
.. 2) Rlcamı u. . Grifis il, cc,
7) Min 9 bet. Sonnerat l. 14. u. f. €. Bernier
II. 221, Leu, Edif., IR 282. et fg. p.
⸗
8
'e) Bernier i. ©
) anqueu Pe 129 366, on
—
.
A
a... 5
Keuſchheft. Aübere hingegen heſrathen.“ Ja es
gibt ſogar eine Moͤuchs⸗-Eaſte, deren Mitglieder
aͤls Moͤnche gebobren werben, und bloß Weiber
aus ihber eigenen Eafte heirathen g). Die Indi⸗
ſchen Moͤnche mögen aber feſte Sitze haben, und
heirathen, ober nichts; fo behalten fie Immer die
wefentlihen Merkmahle des Moͤnchthums bey.
‚Sie ziehen ſich naͤmlich von allen weltlichen Ges
_ fhäften and Vergnügungen zuruͤck, und bringen
nach der Regel, zu melcher fie fich befennen, ihr
Leben in beſtaͤndigen Buß⸗ und Andachts⸗Uebun⸗
gen zu. Da die Religionen aller Voͤlker des oͤſtli⸗
hen und ſuͤblichen Aſiens aus Hindoſtan entſprun⸗
gen, ober wenigſtens mit dem Gotterdienſte der
Hindus ſtark vermifcht worden find; fo follte man
Hauben , daß das Moͤnchsweſen der erfleren mit
- dem ber Ießteren viel mehr übereinftimmie, als es
wirklich übereiuftimmt. In Thibet, und im gan⸗
jen uͤbrigen oͤſtlichen fo wohl, als ſuͤdlichen Aſien
kennt man nicht bloß Moͤnche, ſondern auch Non⸗
nen, und unter beyden weniger eine Verſchiedenheit
von Orden, als von Graden. Moͤnche und Non⸗
nen, bie in Thibet, gleichſam auf den unterſten
Stuffen des heiligen Lebens fichen, wohnen bey
den’ihrigen, und koͤnnen ſich verheirathen, wann
„fie wollen. So bald aber beyde einen gewiſſen
Grad von Vollendung erreicht haben; fo muͤſſen fie
das Celühbde der Keuſchheit ablegen, befien Ders
feßung unfehlbar mit bem Tode beftraft wird. Die
Mannd s ſowohl, als die Grauen + Cloͤſter find
faft ohne Ausnahme auf hohen Wergen ober Felſen
| | er⸗
! ‘
t
Al
'g) Sonner. 1. 0.6. 217%.
Y
_ 1...
— — J 219
‚ebautr). An Stam, und wahrſcheinlich in allen
" übrigen Hinterindiſchen Reichen gibt es nicht bloß
Mönche, oder Talapoinen, fondern au Sonnen,
oder Talapoininneh BY Beyde woͤhnen in ben Bes
giefen, die zu den Tempeln gehören, und mit Bam⸗
bus Pfälen umzaͤumt find. Hoͤchſtens haben die
Talappinen ihre Gellen an bei einen, und die Tas
Iepoininnen an berentgegengefegten Seiteder Bam⸗
bu s Zäune. Die Talapoininnen find meiſtens ſo
alt, daß man ſchon aus diefem Grunde keinen
Bruch des Keuſchheits⸗Geluͤbbdes von ihnen befuͤrchh
ten barf. Wenn unterdeflen eine Talapoininn eis
sen. Sehltritt begeht, fo wirb fie jwar nicht aın Le⸗
ben geftraft, wie Talapoinen, bie fi einer aͤhnli⸗
hen Sünde fhultig machen. Allein man ftößt fie.
aus der heiligen Schwefterfihaft aus, und übergibt
fie ihren Anvermandten, bamit biefe fie nach Vers
dienft züchtigen. : Die Talapoinen find nicht bloß.
Priefter, mie tie Chriftlihen Moͤnche, fonbern fre
ſind die einzigen Priefter der Wölfer des’ hinteren
Andiend. Sie bebienen baher die Gätter, hüten.
ihre Tempel, beforgen Feſte und Dpfer, und uns
terrichten zu gemifien Zeiten das Volk ſowohl in.
der Geſchichte der GStter, ald in dem, was man
den Göttern und ihren Dienern fhuldig iſt. Je⸗
ber Talapoin nimmt: zwey, ober brey Kinder zu
Ai, und erzieht fie zu feinem Stande, wenn er fie
andere tächtig dazu findet, Die Priefter: Mönche -
| | le:
y), Georgi p. sıs. Man vergleiche Turner p. 509-
314 | |
s) Lombere I, 43-59 p.
\
_ . —
8*
v „.» . R pi “
320 , mm
N nm
[eben zum Theil von ben. Sänbexenen , bie zu den
Tempeln ber GStter gehören., und welche fie durch
Selaven bearbeiten laſſen: vorzüglich aber von ben - -
Allmofen, welde fie felbft fainmeln. Gie fielen
ſich vor bie Thuͤren der. Häufer, und wenn man fie.
eine Zeitlang fiehen Läßt , ‚fo geben fie weiter, ohne
etwas zu fordern. Hamilton ruͤhmt befonders
von ben Talapoinen in Pegu, baß fie nicht bloß
alle Streitigkeiten unter Verwandten und Rachba⸗
ren beylegen, ſondern daß ſie auch gegen Fremd⸗
linge eine Menſchlichkeit und Barmherzigkeit uͤben,
die den Dienern der wahren Religion unter aufges
Härten Völkern Ehre machen würde. Nah ben.
Geſetzen des Landes find alle Ungluͤckliche, die ſich
aus Schiffbruͤchen an bie Ufer von Pegu retten,
: Gelaven bes Könige. Die Talapoinen vereiteln -
bieß grauſame Geſetz, indem fie ſich der Schiffs
brüchtgen annehmen, fie in ihren Zellen beherber⸗
gen, und fie mit Empfehlungsfcgreiben von Cloſter
zu Elofter bis zu einem Dafen ſchicken, wo bie
Empfohlenen Gelegenheit Anden, im ihr Vaterland -
uuruͤckzukehren t). |
Moͤnche wurden unter allen Völkern ale Lieb⸗
linge bed Himmels verehrt, und Nonnen wurden
haͤufig unter Ehriften Bräute, ober Werlobte des
Himmels genannt. Diefe Benennung koͤnnte leicht
AÄnlaß geben, daß man’fie mit anderen Frauen und
Mädchen verwechſelte, bie zwar den Göttern ger -
weiht waren, aber eine ganz andere Beftimmung
hatten, ale wahre Nonnen. — Unter allen gr0s
> gen
S
n. 6.6 p. a
—
gen vielgottiſchen Völkern ward von Njcher, ‚amd
wird auch jegt noch ein ſtark Befeßter Harem als
ein fo nothwendiges Merkmahl von. Macht und .
Reichthum angefehen, dag nicht bloß undermögenbe
Greife, ſondern gaͤnzlich⸗ Verſchnittene bergleichen
unterhalten. Solche Voͤlker mußten bald zu glau⸗
ben anfangen, daß man den Goͤttern eben ſo wohl,
als den Koͤnigen und Großen der Erbe einen Ha⸗
rem verſchaffen muͤſſe. — Unter allen großen
vielgoͤttiſchen Völkern finden ſich ferner Geſellſchaf⸗
ten, oder Schweſterfchaften von oͤffentlichen Weibs⸗
perſonen, oder ſogenannten Taͤnzerinnen, welche
den Genuß der ſinnlichen Liebe auf die ſchaamlo⸗
ſeſte Art darſtellen, und dann allen denen, An wel⸗
hen fie Begierden erregt haben, ben Genuß ihrer
Neiße überlaffen. Es ift bekannt, daß die ride
sigen Taͤnze ber Bayaderen bie vornehmfte Würze
aller Gaftmähler in Aſien, und Afrika find. Dias
nahm in den Göttern benfelbigen Geſchmack, wie
‚in ben Königen und Großen ber Erbe an, und lieg
entroeber bie Mitglieder des göttlichen Marems vor
ben Göttern tanzen, ober beftellte außer biefen bes
fondere Tänzerinnen, die bein Dienfte des Tempels
ausfchließlich gewibmet waren. Weine Leſer erins
- dern fi) aud dem erften Theile u), dag die Bräute
und Frauen der großen Schlange in Whida zugleich
‚den Dienft don Taͤnzerinnen verrichten müffen: daß
die Syrer, Affyrer und Phönicier in den Tempeln
des Daal- Peor ganze Schaaren von ſchoͤnen
, Mädchen, und Kuaben nicht blog zum Wergnägen
des Gottes, und ſeiner Prieſter ſondern auch
fe
u) 3, 208. 6
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— — Un nu
feiner Verehrer unterhielten; und daß felbfi die
Suden biefen. Beyſpielen ıhrer Nachbaren folgtenx),
Madyrden Erzählungen der älteren Reifenden find
große Indiſche Pagoden vben fo wenig ohne Täns
erinnen, als obie Priefter. Papi y) nennt biefe
änzertnuen die Frauen der Götter; ‚und zwax
nicht ohne Grund, weil die. Hindus überzeugt find,
Menſchen rigen. — | |
Im alten Peru waren. Einrichtungen, bie fi :
| daß die Bapaderen die Götter eben fo, wie bie
theils dem Harem ber großen Schlange in Whibe,
i
“tern aller Elaffen folde , bie noch nicht dad achte
theils der Schweſterſchaft der Veftalinnen in Rom
näherten 2).. Jede Provinz des Reichs hatte wes
nigftend Fin Cloſter, in welchem junge Maͤdchen
von älteren,. und erfahrnen Frauen, oder Jung⸗
frauen erzogen wurden. . Jedes Cloſter hatte einen
Vorſteher, ber die Macht beſaß, unter den Toͤch⸗
‘
Jahr erreicht hatten, und günftige Hoffnungen ers
regten, für fein Clofter auszuwählen. Hier wurs
ben .bie Kinder bie zum vierzehnten Jahre in. alle
dem unterrichtet, was fie vach ihren Fünftigen Be⸗
ſtimmungen zu wiffen brauchten. Go bald die
Maͤdchen daß pierzehnte Sabre zurück gelegt hatten,
fo fehichte man fie an den Hof. Der Hof widmete
* einige derfelben zum beſtaͤndigen Tempeldienſt, wos
bey fie ihre Jungfrauſchaft unverleglih bewahren
.. a Br mus
ie u. | | =
7) Ik 22. 57.
z) Acofa V. ch, 15. fol, ans, 2,
—W
— — 223
N
muſtes. Audere opferte man den Göttern, und
die übrigen. vertheilte man in bie Harems des In⸗
ca, und feiner Grogen. Wenn eine heilige Zunge
frau ſich verführen ließ, fo warb fie entweber le⸗
beudig begraben, oder mit einer andern ſchmaͤhlichen
Todesſtrafe belegt. Eben biefe Strafen ‚vollzog
man im gleichen Tal an den zweyhundert Jurg⸗
‚frauen ; die in älteren Zeiten zu Carangua der
Sonne geweiht waren a).
J Die Cloſteraͤhnlichen Inſtitute in ber Haupt⸗
ſtadt des Mexicaniſchen Reichs wichen von ven
Peruaniſchen nicht weniger, ald von denen in ans
deren Ländern ab. In dem Bezirk des vornehm⸗
ſten Tempels zu Mexico waren zwey Elöfter, eins
für junge Mädchen, das andere, für Knaben,
Die erften durften nicht älter, als zwölf ober drey⸗
sehn Jahre fenn, und wurden Töchter ber Buße
genannt b). Ihre Verrichtungen beſtanden barin,
daß fie ben Tempel .reinigten, «daß fie ſowohl die
Dpfer für bie Gottheit, als die Speifen für bie
Priefter bereiteten, und bie Decken ober Kleiber
für die Gottheit, und ihren Tempel verfertigten..
Ueberdem mußten fie den Andachten der Priefter,
ſelbſt den nächtlichen, beywohnen, -unb Ihren Leib
eben fo ereußigen, mie bie Priefter thaten. Ges .
woͤhnlich zerfegten fie fih Ohren und Wangen, und
mufchen dann das Blut in einem Pleinen Teiche ab, , -
ber zum Cloſter gehörte. Dieſes Cloͤſterliche Le⸗
ben dauerte nur Ein Jahr. Hatte eine buͤßende
| | | Jaung⸗
a) II. 55. | ü
a4) Aral l.c. | .
\ =
eu u
"33 oo = —_.
Fungfraũ bas Unglaͤck, bas Geluͤbbe ber Keuſchr
heit zu brechen, 'ober ſich nur den Verdacht davon
uzuziehen; fo warb fie ohne Erbarmung am Le⸗
ben peflraft; In dem männlichen Clofler waren
Fuͤnglinge von achtzehn Jahren, die ähnliche Ars
‚Weiten verrichten, "Ähnliche Enthaltung und Büpun
gen üben mußten, wie bie Sungfranen. .
eu
\
U) U Zu ang‘
Neuntes Bud.
Geſchichte der Gebete, Anbetungen; und
an , Eide. N u .
i
Sp wie niemahld ein Volk ohne Religien,
und Feine Religion, ohne Gaben und Opfer, ohne, |
Meinigungen and Büßungen erfunden wurde; fo. |
‚ ud) nie ohne Gebete und Anbetungen cd). Diefele
bigen Urſachen, welche die Menſchen zu Opfern u
and Gaben, zu Reinigungen, und Buͤßungen vers‘
anlaßten, bewegten fie auch zu Gebeten, und Uns
vetungen. Alte Völker hielten die Götter für bie '
‚ einzigen, unb unmittelbaren Urheber nicht bloß.
von glüdlihen und ungluͤcklichen, fondern ſelbſt
von allen nur einigermaaßen ungewöhnlichen Weges
benheiten. Sie mochten alfo im Gluͤck, ober Un,
| et gluͤ
©) Wenn Slacourt von den Nadegaſſen ſagte, 27 —
man unter ihnen weder Gebete, noch Anberungen
finde; p. 69 ſo beobachtere er fie entweder nicht ge⸗
nau genug, oder er nahm das More Gebet in cin |
nem’ zu eingefehränkten Siun.
u 0
236: ‘ on u
gluͤck ſeyn: mochten das eine hoffen; oder zu ers
langen, das andere fürchten, ober zu Vermeiden
"traten; fo waren ihre Gedanken, und Empfin:
‚ bungen beftändig auf die höheren Naturen gerichtet,
deren Onabe fie alles Gute, deren Ungnabe fie alle
Uebel zuſchrieben. Empfindungen und Münfde,
die an ‚höhere. Maturen in der Abfuht gerid)tet
werben, um ihre Wohlthaten zu erhalten, ober
ihre Strafen abzuwenden, ober. ihnen für zuge⸗
wandten Gutes, und abgemanbte Uebel zu danken,
‚ find Gebete. Wenn die an höhere Naturen geridy:
teten Anliegen und Wünfche nicht in Worten, oder
durch Töne, und Bewegungen ber Sprach⸗ Or⸗
gane ausgedruͤckt werden, ſondern im Innerſten
bed Herzens verſchloſſen bleiben; ſo nennt man ſie
ſtille Gebete. Diefelbigen Anliegen, und Empfin⸗
‚ bungen, bie in Worten ausgedruͤckt, Gebete hei⸗
gen, merben Anbetungen "genannt, wenn fie ſich
durch Mienen, und Geberden, ober. durch. gewiſſe
Lagen. und Stellungen bed Cärper& offenbar.
. Unbetungen Eönnen ohne Gebet: Gebet ohne An,
Betungen Statt finden Ernſtliche Gebete find,
ohne Ausnahme mit Anbetungen , wahrhafte Ans.
Betungen faft Immer mit Gebeten verbunden, weil
lebhafte Wünfhe und Empfindungen fih unfehls
bar durch Mienen und Geberden, meiſtens auch
durch Worte aͤußeren.
Die meiften Völker beteten Haut, nit nur,
wel lebhafte Wünfche und Empfindungen vermöge
‚ der Einrichtung der menſchlichen Natur in Worte
äberfirdinen, fondern weil ınan auch die Meinung
begte, daß laute Gebete cher gehört, und Worn
wuͤr⸗
ee 232
wuͤrden, als flille d). Diefer natürlichen Denkart
roher Menſchen ſtand eine andere nicht minder na}
tuͤrliche gerabezn entgegen: die Meinung nämlich,
daß mun durd lautes Beten, fo gar durch da&
Nennen von Nahmen, Götter, ober abgeſchiedene
Serlen beunruhigen, und zum Zorne teigen koͤnne.
Wenigſtens finde id; feinen andern erbenflichen
Grund, warum fo wohl die Otaheiter, als die
Buraͤten in Sibirien ey, bie Sonne in der gröften
Srille anbeten, und die leßteren fo gar bie Lippen
feft zufammendruͤcken, um ja fein Wort hervorzw
bringen F). Die Dftiafen bewegen beym Beten
bloß die Lippen, ober pfeifen, mie wenn man Hun⸗
den pfeift g). Die Gebete der Wogulen A), und
| Ä der
ch) Weber die Denfart der Morgenlaͤnder und Griechen/
Saedorf de Hyımis p. 3. der Neger, Olden⸗
op 1. 325. Selbſt die Ehriften bes vierten uud
fünften Jahrhunderts fchrieen an den Liebesmaͤh⸗
lern, weiche fie üt»r den Gräbern der Märtyrer
bielten , fo laut, ats fie fonntem, wert fie fuͤrchte⸗
ten, daß die abgeſchiedenen Seelen ber Heiligen
ihre Gebete ſonſt nicht vernehmen würden, Man fs
im erſten Theile, den Abſchnitt vom Todtendienſt.
4 ) Forſter 18, 149. Iebrand p. 64.
Mais ſerrant les dents, et ne prononçant
pas une parole, Wenigſtens findet bey dieſen
Voͤlkern der Grund nicht Etatt, aus welchem, wie
wir im folgenden Buche feben werden, die Hindus
daB geheime Gebet ihrer Secte in der gröften Stille
beten. Man f, vorläufig Sonnerat 1. 55 ©.
g£) l. ec. Toutes leurs prieres conſiſtent a faite
certaines grimaces les levres: et a hier, cam.
ine quand on vent appeller un chien,
A) Georgi’s Reifen 599 ©.
u Va
— —22 —
—
Eon
m.
⁊— — —
u u Barca —N . .
x
— — — —
= x _
ber Karakafſer, ‚ die ihrer Bebehrung angeachtet
doch immer noch der alten Vielgoͤtteren ihrer Vor⸗
i fohren. anhangen, beſtehen in bloßen Stopfänf
gern ; i)»
Man betete zu den Goͤttern aus ben | den
Gründen, und in eben ben Fällen, aus melden,
und in welchen man mächtige Menſchen anflehte.,
Man betete bald in feinem eigenen, bald in Aude⸗
rer Nahmen. Man betete bald, um den Göttern
für empfangene Wohlthaten,, oder die Ubwendung _
von Uebeln zu banken: bald, um gewiſſe Wohl⸗
- thaten zu erlangen, oder von gewiſſen Uebeln be⸗
freyt zu werben. Alle dieſe Urſachen von Gebeten
waren gleich natuͤrlich, und alle daher entfichende
Arten von Gebeten gleih alt. Wenn alfo auch
feine Art von. Gebeten in Ruͤckſicht auf Alter einen
Vorzug vor den uͤbrigen verdient, ſo kann man
doch mit Zuverſi icht ſagen, daß die Gebete um be⸗
ſtimmte Guͤter, und um die Abwendung von be⸗
fimmten Uebeln, und Gefahren don jeher die Haus
figſten, ober allgemeinſten waren. |
Ale Volker baten bie Goͤrter, bis anf bie
Entftehung des Chriſtenthums, bloß um zeitliche
Güter, und um bie Abmwenbung von zeitlichen Ue⸗
bein, Wilde Fifchers und Jaͤgervoͤlker Beteten zu
den Sonern, daß ſie den if u und bie Jagd k),
iv;
Ey Gesrgis Veſchreibuns der Soft Vollerſch.
©. 291.
x) B. die Tunguſen, des aͤltern Suelins Neiſen,
II. 251 Se
u 229
Hietenvolker m), 124 die Götter ihra · Weiden neh
Heerden, ackerbauende Mationen u), bag die Ghtr
ter ihre Gärten und Felder begluͤcken möchten.
Alle ohne Ausnahme baten um Geſundheit umb
Ianges Leben für ſich und die Ihrigen, um Reich⸗
thum, günflige Witterung und Gieg über die Fein⸗
de und Widerſacher 0). In Unfehung ber letzte
ven Witte bleiben die rohen Chriſten ia Mingre⸗
lien fehr weit: hinter ben nicht mehr gebildeten
Mohamedanern zuruͤck. Die Erfteren wuͤnſchen
in ihren Gebeten am bie heiligen Bilber, daß
biefe bie Feinde ber. Betenden, und alles, was
denfelben angehöre, Däufer, Heerden and Aecker
Yernichten wollen 3), anftatt daß die roheſten
Mohamedaner ihre Gebete für unwirkfam halten,i
fo lange fie ſich nie mit ben Widerfachern aus
. Ihrem Volke ausgeſoöhnt haben g). Unter Nation
zen, die unumfchränften Veherrſchern untertkau
waren, geſchah es häufig, daß man in alle Gebete
bie Wohlfahrt den Könige einfhloß, oder umter.
anderen Wohlthaten auch um bie Guade ber Abs.
nige flehte r). Dach herodots Bericht: burften
| bie Perſer. nicht für fi id, ober- bie. Zeriger
na
ın) 3,8. bie Holtentotten, Befchrysing IL I 206 p.
2) 3. 3. felbft bie Neger, Loyer p. 244. olden⸗
dorp 1. 305 S.
e) 11. ce, bef. EÜldendorp. und Loyer, auch Beorgr’6
Beſchr. Ruf. Böllerfh. ©. 391. Valentyn III. 6..
p) Lamberti p. 239, |
4) Tournefort 11. 40.
7) Bon den Perſern, Herodot 1 250. Von ben
Tunkineſen, Dampier II. 71
Fa
‚
au 77 zu —— |
- fondeen iflemnditen. die Götter .um bie Wehlfahrt
BE Königs: und des Perfifchen Volks anflchen,
indem tn wer. Mohlfaher der ganzen Nation auch
bie ihrige euthalten: ſey. Alle Volker betreten nie
fubruͤnſtiger, als wenn fie. entweder Unfälle anf
ber Jagd, oder dem Fiſchfarge, vber. in ihrer
Saͤrten und Keltern nügüufkige -Mätterung, oder
Niedberlagen und Verheerungen von Feinden, oder
Krankheiten und Tobesfaͤlle, oder Ueberſchwem
"mungen und Gewitierſchaͤden u: ſ. w. wirklich ers
fohren Yatten, :: ober noch erfuhren, oder in bey
Raͤthe fuͤrchneten. Daun klngten fie bin Goͤttern
under Henlen und Wehklagen ihre Roth. Dann
Masten ſie bie: Goͤtter winſelnd: was denn fie oder
bie: Ihrigen: denn Bhttern gethau hätten 5)2. Die
Griechen ind: oͤmer Beteten nicht allein nicht
wordiger, ſendern noch unwaͤrdiger, als die rohe⸗
flen Wilden. Mahmentlich waren unter beyden
Voltkern in ben Deiten der. Sittenverderbniß keine
Gebete häufiger, als die von Kindern um den
balbigen Tod ihrer Eltern ober. anderer nahen
Blutsverwandten. Daher die Klagen von Gife
tenrichtern und bie Derkſpruͤche von Sittenfehrenn :
Du, man den Göttern Wuͤnſche in's Ohr flüftere,
welche man -fih por den Menſchen anzuerkennen
fhener Faß man unter den Menſchen fo. Ieben
wuͤſſe, als wenn man bie Gettheit ſtets zur Zeus
ginn haben, und zu ben Böttem fo beten, als
wenn man veu allen Menſchen gehört weg. N.
— o⸗
‘
) Georgi und Dldendorp I. eo.
. 6) Soneea Ep, X. Sed nt more men enm alſque
munuleulo epiſtolam mittam , verum ef, gnad
\ / .. j ⸗ 0 ‚ap
“»
.
5
- — ——— 238 -
Sokrates wir unter den Srfeden ber Erſte N),
welder fagte, daß man bie Götter bloß um dab, .
was gut fey, bitten müffe, weil fie am beften
wüßten, waß einem jedem Menſchen Mußen dber
Schaden bringe. Wer zu ten Göttern um Reich⸗
thum, ober Macht, nder andere Dinge bete, bie
bald nuͤtzlich, Bald ſchaͤdlich feyen, der gleiche fols
ben Thoren, melde höhere Weſen um Wuͤrfel⸗
- fprel, oder Treffen und andere Dinge bäten, deren
Ausgang ungewiß, oder unbefannt ſey. GEs ift
durchaus unglanblih, was Plato den Sokrates
von den Lacedaͤmoniern fagen läßt x): daß fie
nämlich Fein anderes Gebet gehabt hätten, als
daß die Ödtter ihre guten Handlungen fegnen, en
e⸗
}
apud Atkinedorum inveni: tune ſcito, te efle
omnibus cupiditatibus folutum, cam eo per-
veneris, ut'nihil Deum roges, nifi quod ro-
gare pollis palam. Nunc enim quantz eſt de.
mentia hominum ? Turpiflima vota diis in»
_fafurrant : ‘Gi quis admoverit aurem eontice-
fcent, er quod lcire homisem nolunt, deo'nar-
zant. Vide ergo, ne hec lalubriter praecipi -
“ pofhit: fic vive cum hominibus, tanquam deus
videst : fic loquere cum deo, tangnam homi-
«nes. audiant. Petron, p, m. 247. 148. et Per
Aus Sat, H. V’9% N
u" Gbi introrfum, et fub Hngua knmurmn-
2. t:0o0 ß
ebullit patrui praeclarum funus... °
pupillumne utinam, quem proximus haeres
impello, expungam! eic, Ä
| u) I. 6.3, Xenophont, Memorab, |
2) pı ag, Edit, Bal, Graer, .
\
.
.
— — — —
22
738 — —
belognen möchten 4)... Rein Griechiſcher Schrilt⸗
ſteller ftellte fo oft, als Plato, bie Spartauer
‚hen übrigen Griechen, befouders ben Athenienſern
„entgegen, um biefe kemüthigen, und jene erheben.
zu können. Plato mag dieſes aus blinder Pays
‚ ‚teplichkeit für bie Spartaner, oder aus einer Art
von Erbitterung gegen die Arhenienfer gethan has
"ben; fo iſt nichts gewiſſer, als daß ex den Er⸗
ſteren viele unverdiente Lobſpruͤche beylegte. Zu
dieſen gehört unſtreitig auch das Lob ber Spar⸗
taniſchen Art zu beten. Der Goͤtterdienſt der
Spartaner war bem Götterdienfte ber übrigen
rtehen in ben meiften Stüden zu aͤhslich, ala
daß fie ‚gleihfow im Sakratiſchen Sinn hätten
beter koͤnnen. on |
Mean bat die Götter nit bloß um Dinge,
welche man Von. guien Menfchen zu. erbisten ſich
geſcheut hätte, fonbern man bat fie auch auf eine
Art, die für nicht ganz ſchlechte Menſchen empoͤ⸗
send gemefen wäre: Kein Volk hatte zu feinen
Goͤttern das Zutrauen, daß fie aus eigener Ben
wegung Gutes than wärben. Alle Volker alaubs |
ten vielmehr, daß bie Götter mur alddann Gutes
erwiefen, wenn man ihnen Dpfer und Gaben brius
‚ gen aber wenigſtens dergleichen vorſpreche. Eben
baher waren Gelübbe, ober. foͤrmliche Berfpres
dungen, in welden man fih gegen bie Götter
aubeiſchig machte, ihnen nach ber Erhoͤrung Fi
| 0 | ’ ⸗
*
YLe. zu ıdya au dunasız Äuasers mupmmigas
sUxXyYy uxavrei, vu Rain 0m reis ayaYoıs Tac Tisc
didorat aulsverrec au wPswın cwuras, vAger d' adsıc
RN ENBIVEY SULRuEvOYy AXSTEis.
I
N
Br
Gebeten etmas zu geben, cher gm: leiſten, eBin-fo
allgemein, als Gebete ſelbſt =). - Alle Keifende
bemerken von den Bilden in Amerika a), von
ben Negern 6) und ven Sibiriſchen Heiden +), *
fie ben Goͤttern nicht bloß geloben, ſondern ihre
Geluͤbde auch treulich, halten. Die Neger tragen
ſo gar eiferne Ringe, um ſich ſelbſe daran F go
Innern, daß fie Schuldner der Götter fegen. -
defto ſchaͤndlicher iſt es, daß die verdorbenen en
ſten in Mingrelien fehr häuftg Geluͤbde, welche
fie in Rranfheiten gethan haben, nach ber Wieder⸗
herſtellung nicht erfüllen, und zwar unter dem WVor⸗
wande, baf fie dieſelben bloß in der Angſt, oder
aus Furcht gethan hätten, von ben Heiligen Bils
dern getödter zu werden d). Die Griechen unk
Mömer Iteßen beynahe alle übrige Völker in Ruͤck⸗
fit anf die Schaͤndlichkeit ihrer Geluͤbde hinten
fh. Die Lokrier ‚gelobten in einem’ ungkückita
hen Kriege, den fie mit einem benachbarten Typs
sammen führten, daß fie an dem naͤchſten Feſte ben‘.
Venus als bre Soden Preis geben. wollten, wenn
bie
| 8 dNiedeck p. 96. ettlaͤrt Geluͤbde fehr richtig:- Sed
\ jam ad vote, quae in eo tantum a:petitoriis pre-
eibus differust, quod Deos auxiliatares vel de-
pulfores mali pollicitis donis .quibusdam obli«
gare haberentur ad exaudiendum petita: vorum
enim ef promiflio. facta diis pro obtinendo quo-
iam beneficio eum firmitate aliqua et obliga-
tione ad ilind, quod prins liheram erat agere,
8 Charlevoix p. 349.
5) Moore Travele P-9t
-«) Georgi's Reil. 599, 600 ©. -
d) Lambert, p, 233. j
\ B
t
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L
DE 17 ee
dle Ben nen ben a verleihe. Nach ers -
haltenem Siege zoͤgerten fie mit der Vollziebung
itzres Gelaͤbdes. Der araliftige Dionys brachte
hnen das, was fie. ber Goͤttinn verſprochen hats
ten, in's Andenten, nub beredete fie, ihre Frauen
und Toͤchter, praͤchtig geſchmuͤckt, im Tempel ver
Venus zu verfammeln, damit durd das Lood
‚ Hundert Jungfrauen ausgewählt waͤrden, ‚bie im
rahmen ber uͤbrigen den geichehenen Geläbde
genug thun koͤnnten. Die Lokrier folgten ben '
_ Wathe des Dionpfins, meil biefer zugleid den
Vorſchlag gethan hatte, alle Männer ſchwoͤren zu
laſſen, daß fie Feine ber hundert Jungfrauen be
" züihren wollten: Als die ganze Schaar von Frauen _
‚und Jungfrauen beyſammen war, ließ Dionypfins
den Tempel beſetzen, und die geſchmuͤckten Schoͤ⸗
nen ihrer Kleider berauben ). Zu einer andern
Bett brauchten bie Lofrier gegen die Krotoniaten,
mit welchen fie im Kriege waren, eine ähnliche
Liſt, als wodurch Dionye fie berüdt hatte, Sie
börten nämlich, - daß die Einwohner von Kroton
den Gott zu Delphi um Rath gefragt, und auf
- die Antwort: bie Feinde müßeen mehr durd; Ger _
übte, als durch Waffen Äbermunden werben f):
denm Apoll den zehnten Theil der Meute vers
ſprochen hätten. Um nun ihren Seinden ten Rang
abzulaufen, gelobten ſie beinfelbigen Gott ben
neunten Theil der Spolien, und hielten biefed Ges
Inbde ſehr geheim, bamit fie nicht. wieder von ben
Krotontaten überboten wärben, Die Me
’ W rü ⸗
) Juin. XX. 3. J
ib. RX. © 3. priun votie ‚haften, guam armia
vincendos,
8F
| — — 235
ruͤckten mit einer achtmahl ſtaͤrkeren Macht her⸗
an, als die Lokrier ihnen entgegenſehen konnten.
Die Wahrrehmung ihrer geringen Zahl brachte
die Lokrier zur Berzweyflung Die Verzwenflung
befeuerte ihren Muth, und. der Muth, womit fie
fochten, werfhaffte ihnen ben Ste. Ganz Grie⸗
chenlaud ſchrieb dieſen wundervollen Sieg dem. ber
ſendern Beyſtand der Goͤtter, und dieſen Bey⸗
ftand der Goͤtter dem heimlich gethanen groͤßern
Geluͤbde zu Man glaubte dieſes um deſto fe⸗
ſter, weil man anf ben behden Flügeln bes Lori
fhen Heers zwey Juͤnalinge von außerortentlicher
Größe anf weiffen Pferden kuͤmpfend gefehen hatte, '
die nach ber Schlacht verfhwunden waren, und
weil der Sieg ber Lokrier an eben dem Tage, an
welchem man gefochten hatte, in Korinth, Athen
und Sparta befannt geworben: war g).
Die Griechen und Römer mochten wuͤnchen,
ober unternehmen, was fie wollten, fo opferten
fie deu Göttern, aber gelobten wenigſtens, daß
fin, wenn. die Götter ihre Wüofche erfüllten, und
ihre Unternehmungen fegneten, Opfer und Gaben .
bringen, oder Feſte und Spiele feiern wollten.
Hierin ſtimmten alle Stände, alle. Geſchlechter
und Alter zuſammen h), Die feierlihften Ge:
lübte waren diejenigen, welche Feldherren im Ans
fange von Feldzägen und Schlachten, oft mitten
im gefabrdollen Raupe: und bohe Magiftrates
ur Jafin. 1.e.
A) Man ſ. Tomalıni lihram Gngalarom de denariis
et tabmlis vouvis. Im 12. Bande de6 Thelaurii
Ang. Rom, von Graͤvius.
Pers
——
\
J
! q
| | MPerſonen ber dem Antritt threr Aemter machten,
um von ben Göoͤttern einen glorreichen Sieg, oder
Did: unverrückte Dauer der Wohlfahrt des Vater⸗
Sande® und feiner Beherrſcher zu erlangen:i). Les
brigens unterfchieden. ſich diefe felerlichen Geluͤhbe
von ben. gewöhnlichen Geluͤbden einzelner Privat⸗
MPerſonen durch weiter nichts, als Durch die Größe
ber Berneiffungen, welche man ben ®httern machte.
Selbſt der Roͤwiſche Senat, ber Anderen rin gutel
Beyſpiel hätte geben follen, ſuchte ben "Fupiren -
durch tanfend Pfund Golides zu beſtechen, wie ihm
fo gar ein Satyriker vorwarf ik Wenn bie Roͤ⸗
miſchen Magifirats » Perfonen im Begriff. waren,
tn ihre Provinzen abzureifarz; fo ließen fie ihre
Geläbbe in Gegenwart von Zeugen anffchreiben,
und verfiegeltendiefe Schuld Berfchreibungen. Sols
he aufgezeichnete, und mit Siegeln verfchene Gen -
Kübde wurden vota nuncupata, et fignata ges
nannt ). Man übergab- die gefehriebinen unb
verſiegelten Geluͤbde ben Soͤttern, indem’ man fie
mit Wachs an Die Starten, meiſtens an bie Knie
ber Statuͤen Mebte m). Go lange jemand bad,
2,0 | Ä . - . was
i) Tomaf. e. :. 19.00,
k) Petron. Satyr. p. 148. Ipfe Senatus, recti bon
nique praeeeptor, mille pondo auri Capitolio
promittere folet: et ne quis dubiset peeunianz
soncupifeere, Jovem quoque peculig exorat.
.)) Tomal, c. 3. p. 750. Niedeck p. 77. Beyde
führen folgende Worte des Feſtus an: Vota nuncn.
ta dicuntur, guae Coſſ. Praſtores, cum in
rovinciam proficilcuntur, faciunt; es in ta-
‚bulas praefentibas multis referuntur,
mw) n. ec. Daher ſagte Juvenal Sat. X,
Propter quae fas eſt genua incerare Deorumꝭ
— — 237
was er den Goͤttern verſprochen hatte, nicht lei⸗
ſtete, warb er als ein Schuldner derſelben anges
ſehen, und voti reus genannt, Wenn aber das
Verſprochene geleiſtet worden war, fo nahm man
die Schuldverſchreibungen von den Knieen der Goͤt⸗
ter weg, und zerriß fie. Die Erfüllung von Ges
luͤbden bezeichneten bie Römer mit. den Worten,
vota teddere, folvere, diflolvere, perlolvere,
exegoi vata, liberari votis. Hatte man. einen
Altar, ober ein audereö Denkmahl gelobt, .fo bes
merkte man auf den Inſchriften, dag. man fein
Gelübde gern und um der Werbienfte der Götter
willen erfüllt habe m). Erfüllte Gelübbe, die .
auf die Erfüllung der Wünfce ‘won Gelobenden
folgten, bießen vota rata. Won den Gelobenden,
deren Wuͤnfche nicht erfüllt wurden ſagte man,
daß fie aus ihren Geluͤbden herausgefallen fegen o)3
ſo wie man von der Erfuͤllung der Wuͤnſche von
Gelobenden die Formel votis damnari brauchte.
Die Juden gelobten, wie die bielgöttifchen
Woͤlker, bald Gaben und Opfer, bald unfhäds
liche Enthaltungen, Woſes ließ dieſe Gelübbe
beſtehen p); allein er traf boch mehrere Einrich⸗
tungen, wodurch biefenigen, bie ſich äbereilt hats
. ten, erleihtert'wurben. Gelübbe waren nur alds
dann gültig, wenn fie foͤrmlich mit den Lippen
waren außgefprocdhen worden g). Wen es gereute,
ir⸗
i E:nbenz merito, bene merentibts. Il, ce, Auch
- Lomeyer de luft. c. 6. et Merula de facrif, p. 83.
6) votie cadere,
»r) Mid. Moſ. Recht Is f S. F
| 2 w. Doll 3.5.7.9 10. V. 2a5 44..
I
|
ET re —
4
irgend erwas gelobt zu haben; der konnte ſich nach
einer: mäßigen Schaͤzung lookaufen. Dieß war
feibſt denen geſtattet, die ſich dem Heiligthume als
Knethte gelobt hatten. Te mehr Moſes feinem
VBolke die Gelübbe erleichterte, deſto ımerbittficher
war er, wenn man feindliche Städte, oder Städte
abgoͤttiſcher Juden dern Jehova gelobt hatte. Dieſe
Geluͤbde, welche Cherem hießen, waren unerlaß⸗
Nr). Die gelobten Städte mußten vernichtet,
and alles, was in denſelben Leben hatte, dem Zors
ne des “Jehoon aufgeopfert werden. Der Jehova
u Menn bie Menſchen alaubten, daß die Goͤt⸗
‚ter ihnen Meohlthaten erwieſen, ober Gefahren;
und Uebel‘ ven ihnen abgewandt hätten; fo aaben
fie ihren Dan? anfer Gaben und Dpfern meiftens
auch durch Worte zu erfeunen. Wurden die Wors
te des Danks nicht bloß ausaefprochen, ſondern ge⸗
fo entſtanden Danklieder, oder Dankgeſaͤnge. Die
Dankgebete, und Danklieder waren ihrer Natur
nach Lobgebete, und Loblieder. Die Dankenden
prieſen die Macht und Gnade, womit die Goͤtter
fie beglückt, oder errettet hätten; und was mar da
natürlicher, als daß die Danfenben von dem, was
fie ſelbſt erfahren hatten, zu den übrigen preiswuͤr⸗
digen Eigenfchaften, Thaten, und Begebenheiten‘ -
ihrer erhabenen Wohlthaͤter übergingen? Man
that. dieſes nicht: bloß aus Dankharkeit, ſondern
auch vermoͤge der allgemeinen. Ueberzeugung, daß
die
G⸗
a
der Juden war allerdings ein ſchrecklicher Gott. Ze
‚ fungen, oder gar mit Muſik und Tanz begleitet;
N
7) 1II. B. M. 26. v. an Mic. Moſ. R. 14. 13 S.
SEE (eu
» -
« x ”
!
— — — a39
bie Goͤtter, gleich den Menſchen, an Schmeichel⸗
Mahmen, und Lobpreiſungen Wohlgefallen faͤn⸗
den 5). Die Griechen und Noͤmer brauchten nicht
nur von allen Goͤttern und Goͤttinnen gemeinſchafft⸗
liche, fondern fie legten beymahe einer jeben Gott⸗
heit eigenthümliche Schmeichel s Wörter, oder Bey:
wörter zu. Auch hier wandte man auf bie Goͤtter
an, was man an den Menſchen erfahren, battes _
af zwar alle an Schmeicheleyen Bergnögungen
faͤnden, daß man aber doch einer jeden Gottheit auf
eine eigene, ihr am meiſten wohlgefaͤllige Art ſchmei⸗
cheln muͤſſe. Dieſer Wahn war unter den Griechen
und Roͤmern fo herrſchend, daß fie ſich ſorgſaͤltig
huͤteten, den vornebmften Göttern, und Goͤttine
nen andere, als bie ihnen am meiften wohlgefaͤlli⸗
gen Nahmen, und Beynahmen zu geben. dene
fie diefes thäten, fürdhteten fie, fü werbe ihr Gebet
in Fluch verkehrt, und der Zorn der Goͤtter anf .
eine ſchreckliche Art gereißt werden t). Die boss
nehmften Schmeichel⸗Nahmen, und Bepnahmen,
womit die Griechen und Römer ihre Götter. und
Goͤttinnen anredeten, waren. folgende w): bie Seli⸗
Sn, ge u,
H Euripides laͤßt in feinem Hippolyt die Venus
felbft fagen: evası Yap dn xæy Iawv. [7:77 vods ri⸗
nAonacevo Kaıpzoıv aypmmiv Umo.
J N Arnob. III. 43. ÜUsque adeo res exigit proptia-
‚tim Deos [cirg, nec ambigere, nec dubitare de
uniußcojusque vi, nomine; ut ſi alienis ritibus,
et appellationibus fuerint invocati, et aures ha
- beant obfiructas, et. piaculis nos terrcamt in-
expiabilibus ‚obligatos.
Ss
u) Niedeck c. 3. p. 37. et a p. et —* I. c. 2
et ſq. de formul.
—
I
\
S_
N,
gen, .ımb Milden x, bie Großen und. PAIFFFERG
benn bie Beywoͤrter ber Sröfte- und Beſte wurden
bloß vom Jupiter gebraucht y): die Könige, und
Herren, bie Königinnen und Herrinnen 2): Wäter
und Mütter a), bie Erhalter, bie Guten, bie
Freundlichen, bie Gnaͤdigen und Schönen 5). Auch
die Juden nannten ihren “jehovab ben Großen
und Guten, ben Gerehten, ten Barmherzigen,
unb Heiligen c). Manche DBenennungen, ober
Weynahmen / von Göttern druͤckten nicht allein. feine
MWorzüge, ſondern große Gebrehen, aber ſolche
Gebrechen aus, auf weldye man glaubte, daß bie. .
Gottheiten ſtolz ſeyen. Homer nennt die "Juno.
fehr häufig die verfchmiste,, und den Wiars, den
Menfheiwürger, und Städte: Verwuͤſter, fo wie
die alten Scandinavier ihren Odin den Vater bei,
Wuͤrgens, ven Verheerer und? Morbbrenner nann⸗
zn d). Die vornehmften Gottheiten der Griechen.
and. Römer wurden meiftens. an jebem Orte unter.
dom befonbern Nahmen, oder Beynahmen u.
x) Aæxæapec, Beati, &yvas, Iperrupa, Almae,
y) ntegni, et Magnae „ Maximi, ‚Optimus, max
5 —* et Domini: Reginae ac Dominae,
@) Patres Matreequc,
8) Confervatores, Boni, Amici, propiut, pul-
chri,
.e) ib, |
d) Mallet 1. 52. Le Pere du Carnage,, le depopu-
Iatgur, lincendire, u. fe m .
in sar
. ehrt e). Unter mehreren Voͤlkern waren die Nah⸗
nen bon gewiffen Goͤttern fo heilig ober furchtbar,
daß fie dieſelben nicht auszuſprechen wagten, fd wie
noch jeßt die meiſten Wilden fi nicht unterſtehen/
gewiſſe Thiere, oder verſtorbene Anverwandte bey
ihren Rahmen zu nennen. "Die Phönizier, und
beren Pflanzuölker deuteten ben Saturn durch den
Beynahmen des Alten an; und mit eben dieſem
Beynahmen bezeichnen die Sibtriſchen Heiden den
Baͤren, deu fie ſich nicht ſchenen, umzubringen,
wohl aber ihn ga nennen, wenn Meihm göttliche
Ehre erweifen. B
Bey ber alten, und allgemeinen Meinung:
daß die Götter wicht weniger, als die Menſchen,
Lobpreiſungen, und ſelbſt Schmeichelehen liebten,
and daß elne jede Gottheit gewiſſe Mahmen, oder
| Beynahmen, ober bie Erhebung gewiſſer Eigen⸗
ſchaften, Thaten, und Begebenheiten vor llen and.
“deren gern höre, iſt es ſehr leicht zu erfiären,
haupt, beſonders bie Lob» und Dank» Gebete, oder
Lieder nichts, als Die Nahmen ober Bennahmen
von Göttern enthielten, und warum man gewiſſe
Gebete, über Nahmen und: Beynahmen Yon Goͤl⸗
tern fo oft wiederhohlte. So riefen bie. Priefter .
des
49
0) Man fi Brillon. de formul, 1.98 el e.
JIupiter unter den Beynahmen des Statoris, Fere-
trii, Elieii, Fauni, Lucetii, Victorie,. itiviäl,
‚. . ärbiträtoris, folpitatotis, lexvatoris,
zatorid, fulminaturis, u (ei, ”
ji 2 |
J —* 4 .. \ .832 und Ch
%
Fun
*
Viminij; Fagutalis * Latiaris, Hercei, Ppituih
P 4
.
.
—
9 ]
warum unter fo vielen Voͤlkern die Gebete übers
38.
Igbe
- — — —
8X
> :
|
2408
bes: Daal dieſen Gott vom Morgen bis an den
"Mittag unaufhärlid bey feinem Nahmen au f).
Wenn die Kunfteichter auch wicht über dad Alter
der fogenannten Orphiſchen Hymnen einig find; fo
flimmen fie twenigftend in bem Urtheil zufammen,
daß biefe Eleder um viele Jahrhunderte nach dem
Ospbene im einem ben älteren Griechen fremden
Geſchmack gebichtet worden, in dem biefelben faſt
nichts, als die verſchledenen Nahmen, und Beh
samen von Göttern in ſich faſſen. Die gewoͤhnli⸗
den. Gebete der Hindus beſtehen bloß aus ben
Mahmen, und Beynahmen von Göttern, die ſehr
oft wieberhohlt werben g). Die Mauren h), die
Türken d), und die Perſer k), wiederhohlen ents
weber bie Wörtes La illah, illah allah fo oft nad.
fo laut, bis fie ſchwarz im Geſicht werden, und
den Betenden der Athem vergeht, ober ber Diund
zu ſchaͤumen anfängt; oder. fie zählen die Vollkom⸗
menheiten Gottes in eben fo vielen Beywoͤrtern
. guf, und zwar jebedmahl mit dem Zuſatze: gelobt
fey feine W.isheit, feine Güte, u.f. w. Im
. Srabifchen find von dem Worte Alla, ober Allah,
welches fo viel als dienen, verehren, anbeten., bes
deutet, neun unb neungig Wörter abgeleitet, melde
mau bie ſchoͤnen, die lichenowurdigen nennt. m
on>
,
2
f) 1. 8. der Könige 19. v. 46.
..g) Rogers l, 16,
‘h) Tally p- 9% 94.
5) Joh 'Cotoviei Itiaer. Hicroſolym. e. 4. beym
Niedeck p. gi. gea. nn
u =) Chardia IV. p. 27%
1
2 — — — — AU. .
\
fonderd haben bie Mahomedaner /) eine Sameu⸗
lung, von taufend und Einem Nahmen, und Beys.
"nahmen ver Gottheit, wodurch bie Eigenſchaften,
oder. Vollkommenheiten derfelben ansgedruͤckt wer⸗
den. Man nennt dieſe Sammlung einen Panzer
oder Harniſch, weil man überzeugt ift, daß der
innere Menfh dadurch eben fo Eräftig, als ber
äußere durch den fefleften Harniſch geſchuͤtzt wer⸗
de., Dan has fie wach Zehnern abgetheilt, deren
Jeder ſich mit einem Reime, oder doch mit einem
abgemeſſenen Rythmus endigt. Das erſte Zehent
lautet folgentergeftalt: O, mein Gott! Ich rufe’
dich bey deinem Nahmen an! O Gott! O Geber!
O Goͤtiger! O Barmherziger! O ſtarker! O
Großer! O Ewiger! O Weiſer! O Vergeber! O
Heilender! Viele Menſchen tragen bie tauſend und
Einen Nahmen, oder Beynahmen Gottes, ald
einen Amulet auf der Bruſt, oder auf dem
Arme. |
Nicht weniger alt, und natärlih, als bad.
Aneinanderreiben der Nahmen, und Beynahmen
von Göttern, waren biejenigen Lob⸗ und Danke
Gebete, oder Gefänge, In weldhen man bie Gotts. -
beit durch die Verberrlichung ihrer Thaten, und
Schickſale pries. Diefe Hymnen, melde der zu
"früh verftorbene Snedorf fehr paſſend epifche
nannte m), fanden ſich von ben aͤlteſten Zeiten F
Zu | v
2) Chardin1. e. Selden, 1. &, p. 66.
m) de Hymnis vererum Graecorum feripſit Fride-
rieus Snedorf, Hafnienßs Hafniao et Lipf, 1796:
% pP 7. et ſq.
— W Q 2 \ u —
ı
U —
ſo wohl unter ben Vewohaern deb Orienis ale |
vorzuͤglich unter den Griechen, und Roͤmern. "Die:
Hinreiſſendſten unter Allen Lobgefängen waren une
ſtreitig die eines Moſes n), eines David, und
anderer Iſraelitiſhen Sänger vo); In Griecheddd
laund hatte eine jede Haupt⸗Gottheit —*8
Hymnen, die meiſtens mit eigenthuͤmlichen Nah:
men belegt würden p); Zu ben kaͤglichen Morgen⸗
Gebeten Indiſcher Brahminen gehört unter ander
ren Eins, in welchen gewiffe Wunder, vder wun⸗
dervolle Thaten des Viſten geprieſen werden —2 |
"Da alle Boͤlker die Meinung hatten daß die
Gottheit nichts umſonſt thue, daß man ihr ents
weder etwas geben und leiſten / oder das eine, und
das andere derſprechen muͤſſe, wenn ſie Wohltha⸗
ten erweiſen, und Uebel abwenden ſolle; fo mußte |
man auch nothwendig ‘bald atif den Gedauken om -
men ; daß die Gottheit nichts ungebeten thue, und‘
daß man alfo alled, mwas.man unternehme, mit
Gebet anfıngei muͤſſe. Diefet Getanke entwi⸗
ckelte ich fchon inter manchen ganz rohen Voͤlkern r).
Unter den ärößeren Stationen war er allgemein sy:
nirgend aber allgemeiner, als unter den Grieche
"und Römern, unter welchen deßwegen alle Dichter,
Red⸗
n) B. m. 2.6 7 ..
0) 8. d. Richter V.
p) Snedorfl. c. W |
9) L ı7. Rogers.
7) Georgi u. Oldendorp II. cc,
53.2. unter ben Juden, und im Orient, Ouiram
I. c. 15. p. 157
— Zu. 245
Nedner, und Geſchichtſchreiber ihre Werke wit
der Anxufung irgend einer Gottheit, oder ber uns
ſterblichen Goͤrrer überhaupt anfisngen. 2), Man
fagte fo gar dem Caͤſar nad, daß er nah einem
Unfalle, den er unter Weges erfahren hatte, ſich
nie in feinen Reiſewagen ſetzte, ohne dreymahl ein.
. „gewiffes Gebet auszuſprechen; eine Gewohnheit,
die noch zu Plinii Zeiten herrſchend war m). u
- Unter allen ungebildeten Voͤlkern ‚glaubten bie
Opfernden, daß fie durch Opfer; diejenigen, wel⸗
che ſich Tuftrirten, daß fie durch Reinigungen; die
Buͤßenden, daß fie durch Buͤßungen die Gnade der
- Gottheit erlangen, und ihre Ungnade verföhnen
Könnten. in gleiches fingen bie Petenden balb
“an, von Gebeten zu hoffen, in bem man wähnte,
daß man dadurch alles von ber Göttern erſchmei⸗
chelin, oder daß man fie ‚fo Tange durch Gebete ers
mänen koͤnne, bis fie bie. Wünfche ber Bittenden
erfällten. Um bie Gottheit zu ermuͤden, beteten
die. Priefter per. Juten Stunden lana, fo wie die
‚ Driefter. des Baal Stunden lang ſchrieen x). % ww.
‚der Schlacht bey, Platan waren bie Gebete, und
Opfer des Koͤnigs Pauſanias lange ohne Wir⸗
Zung. MB endlich die Gefahren Immer naͤber ber⸗
| ) an⸗
*
| — Ten ' WE R v
e) Plin, Xxvin., 9, ‚Brilon. de formalip I. 69. 0,
u) 1. c. Cakfarzın 'Aktavorenh poſt unum ancipi-
tem vehieuh cafım ferant femper, ut primum
confediflet , quod plerosque nunc facere [eis
“ "mus, carmine ter yepetito fecusitalemn Itinerum
aucupari folttam, © 0" Mur
2) Mathauso Vive 7: 1. B. der, Könige 18: Wo 26.
271
, 4
249 Ä — —
andrangen, , und dee König mit der groͤſten A
brunft zu den Gdttern des Plataͤenſtſchen Gebiets
Betete; Yo ließen. fi dieſe endlich erweichen. Die
Eingeweide der Opferthiere verfünbigten Sieg, und
das Griechiſche Meer fand muthig zum Kampfe
Yo. wfy) Der Gedanke, duß man Goͤtter durch
J Gebete ermuͤden koͤnne, war unter den Roͤmern fo
Eu gemein, daß man ihn bey allen Arten Yon Schrifts
41 Aftellern findet 2). Die. Heiligen unter ben erften
\ Ehriften hatten ein gleiches Zurrauen zu ihren Ges
‚beten. Der h. Martin fuͤhlte in feinem Gelfte a),
daß die Seuche, womit ein gewiſſes Haus heimge⸗
“fücht wurde, eine göttliche Strafe ſey. Um dieſe
Strafe, abzrwenden, betete, und faſtete er fieben
Tage, und Naͤchte, bis die Wortheit ſich erweichen
- JB, und fein Gebet erhoͤrte. Bey fo rohen Be⸗
| I ‚ berateichen ſchon die Ehriſten des vierten
- ⸗
.-..
-
en — ———— >
ahrhunderes von der Gotthite, und vom Geber
egten, hätte man glauven follen, daß fie früher
dahin aclangt wären, das Gebet für die Summe
be Religior zu halten, wodurch mon alle Tugen⸗
den und ha htetz erfeßen, und wlle Sünden büßen
Fönne” Allein die Kathofifihe Klrche fing erſt Im
zwölften Sera any don Gebeten und Alls
6 | mo⸗
.y° Pintareh. II, 519: 500,
u Niedeck p oʒ ‘8. Horst r. L 1.08, wi
"Pen yon
‚Virginee- —88* * audiontem
Garming Voſtam.
. Maeit. i. m. Hiß, Iguarun. interim ‚Hape ..
— fatigabat alieni jam imperii Deoo.
L . 0) Dising. Sntpit, Rev. BI. 0:14, w- ſuriin
oo fentis obat, diving numine verberari,
20
7
Tugend, und Froͤmmigkeit nicht gefährlicher hätte
ſeyn koͤnnen. Wenn einem Saͤnder die Faſten,
welche man ihm auflegte, zu beſchwerlich —
fo verwandelte man bie Faſten in Allmoſen, unb
konnte oder wollte er die Allmofen nicht geben, fo _
verwandelte man biefe in Yebete, und verband mit
tem Herſagen von gewiffen Gebeten einen Immer
ausgedehntern Ablaß 6).
Alle, auch bie roheſten Wölker, alerbten,
daß es Worte, und Charaktere gebe, wodurch
man höhere Naturen ſelbſt wider ihren Willen
zwingen koͤnne, dem Willen der Menſchen zu ges
horchen. Allein rohe Völker hielten ſolche Woͤr⸗
thigen koͤnne, die Bitten der Menſchen zu erhoͤren.
Von dem Augenblick an, wo man anfing, GSebete
überhaupt für Beſchwoͤrungen und Zauberformeln
zu halten, oder bamit zu verwechſeln, wurden die-
. Gebete, befonder® tie Öffentlichen, und feierlichen,
ter, und Zeichen für. Geheimniffe, bie blog ihren .
Zauberern, und Beſchwoͤrern bekannt feyen. Ans
rer ben größeren. Nationen hingegen fing man bald
an, zu glauben, daß man durch Gebite Goͤtter
nicht Bloß reißen, ober beivegen, ſondern auch nds
fiehende, ober unveränderlihe Yormulare, von
welchen man nichts wegzunehmen, und zu welchen
man nichts zuzufeßen wagte, weil man überzeugt
war, daß ihre ganze Kraft in ber Wahl, und
Folge der Worte liege. Bon nun an betrachtete
man es ald etwas durchaus gleichgültiged, mit
” welqhen Frog nd VOR melcher Perſonen
Ge⸗
⸗
5) pellicela ih 20
- mofen einen Gebrauch zu machen der für die achte
N
,
nenn erg
ed 2... PBlereV
54
,
22 fi „00.
# > 1}
2
m.
Eaete subgeferoden:. ja fo aan,.ob fie ansgefpene.
de · ober nur ſouſt in Bewegung gefeßt wuͤrden.
Man fand es im geringften nicht nothwendig, daß
Gebete in einer verſtaͤndlichen Sprache, oder in
——— Worten abgefaßt ſeyen. Vielmehr
arqute man manchen Gebeten um deſto mehr zu, je
„weniger fie Verftändlich waren. . Da bie Kraft von.
Gebeten bloß von ber Wahl, und. Folge son Woͤr⸗
‚tern und Sylben, nicht von den Gefinnungen, und
Perſonen der Betenden abhing; ‚fo betete man für
Andere, ſelbſt für Verſtorbene, und ließ Antere
für ſich beten. Man erfand Werkzeuge, vermoͤge
‚beren man die Zahl der hergeſagten Gebete erfahs
sen, ja fo ger fi bie Mibe des Vetens eigen
Zounte,
} Fa ,
.Alle Volter des Atierthume hatten he jebe
Gottheit, für ‚jedes Feſt, für 1 jede gottesdienſtliche
Handlung ftehende Gebetsformeln +). Unter als
fen dieſen Völkern ifk keins, deffen Gebete, und -
Art zu beten wir fo genau kennen, ald bie ber
‚Römer und eben daher feße ich vorzuͤglich Die
Eiurichtung der Roͤmiſchen Gebete aus einander,
Diejenigen, welche im Nahmen des Volka beteten,
mochten Prieſter, oder Magifirats :. Perfonen
mi fe Wurfia fi durchaus nicht aus ber un |
e Man f. Petit Leges Attic. p. a2ot. Galo ad, Jam.
bliehum p. 295. Briffon, de Formulis I. .c.9 9%
109 112 3 Niedeck c. 3 er 8. Plin. XXVHRL,
aatt Quippe vietimas caedi fine pre-
eatione npn videtur referre, neo Deos rite qon-
ſun. Practorea alia ſunt verba impetrantis, alia
! 0. "orja, alia commentationis. Vidimns cer
tie ‚Prosstionibus oblecrafle fummoe magißrarue,
>
| Ä
-.
dee Herzens, oder nach ben Eingebungen ihres eis
genen Geiſtes beten. Damit Fein Wort .ausgelafs
. fen, . ober. unrichtig .auögeiprochen werde; fo las
Jemand dem DBetenden bad Gebet nad einem ges
fchriebenen Formular vor. Man beftellte. ferner
einen Andern, ber Acht geben mußte, ob ber Be⸗
tende bie Woͤrte, bie ihm vornelefen wurden, rich⸗
tig nachſpreche. Ein Drittes forderte die Umſtehen⸗
ben auf, ba6 Geber ja nicht durch Gefpräche, wer
nigſtens wicht durch fo genannte unglückliche Worte
zu unterbrechen, ober zu entkraͤften. Aus Furcht,
‚daß die Umftehenden bad, der ergangenen Aufforbes
. zung nicht genau folgen, und etwas fagen möchten,
. wa8 ber Rraft des Gebets entgegenwirke, muſte
ein Trompeter. mährenb bed Gebets ‚blafen, weil
man nach den Büchern. der Auguren annakın, daß
ungluͤck liche Zeichen und Worte, melde man nicht
vernommen habe, ohne nachtheilige Wirkung blies
ben d). Fin einziges unglüc (iched, oder nur uns
sichtige® Wort koͤnne, dachte man, auf der Stelle
„ste ſchrecklichſten Wirkungen des goͤttlichen Zorns
Be 2 Then
og
4) Plin. 1, e. Etne guid verborum praetereatur,
aut praepoflerum dicatur, de feripte praeire
aliquem, rurlusque allum cuftodem dari atten,
dat, alium vero praeponi, qui fareri linguis
jubest; tibiginem canere ne quid aliud exaudia- .
. tur, .» In augurum certe difeiplina conflat,
. @eque diras, neque ‚ulla aufpicia pertinere ad
eos, qui quamgue rem ingredientes obfervare
fe ea negaverint:‘ quo munere divinae induk
gentiae majus. nullum ed, -Favere linguis bes
‚ deutete bald, daß man ſchweigeu, bald, daß man
.„.. Nine audere, 'ald gute uud ‚glückliche. Worte; aber
‚ Reben vorbringen ſolle. Rriſſon. Lo au a
Lv
250 j — —
Serworbringen,, fo tie oft durch einzelne Worte
bie Schickſale ganzer Reiche beſtimmt würden e).
Es gebe allerdings Worte und Gebete, fo wohl
Unrbmiſche, als Roͤmiſche, wodurch bie Götter
nicht bloß gereitzt, ſondern gezwungen wuͤrden;
und ſelbſt Plinins war zweyfelhaft, melde die
wirkſamſten ſehen f). Gerade deßwegen, weil es
eine alte, und allgemeine Meinung war, daß bie
Kraft der Gebere anf ben Worten bernhe, ans
welchen fie beftünden; gerade bewegen erflaunte
das Roͤmiſche Volk über die Kuͤhnheit des jüngern
Scipio, als er bie Gebets s Rormel abänderte,
welche er als Cenſor nach geendigtem Luſtro aud⸗
- fprechen follte. Er betete nit, wie feine Vorgaͤn⸗
-ger gethan hatten, daß die Götter das Roͤmiſche
Bolt noch immer gluͤcklicher, und mächtiger mas
chen, fonbern daß fie die Wohlfahrt deſſelben bauer:
haft erhalten möchten 2). Die Römer wähnten.
| fi,
e) I. e. Utrague memorls infigni, quoties ipfae
dirae obfirepentes nocuerint, quotiesve preca-
tio erraverit, ſie repente extis adimi capita,
vel corda, aut geminari victima flante . . .
multi vero magnarum rerum fata et oftenta ver-
bis permutari,
‚f} Neque ef facile dien, externa verha atque
ineffabilia derogent fidem validius, an Latina
inopinata, et quae ridicula videri cogit animus,
femper aliquid immenfum exſpectane, ac di-
gnum deo movendo, imo vero' guod Bumini
. Imperet, Zu den Zeiten des Arnobine brauchte
man beym Opfern mehrere ganz fremde Worier:
VII. 24. Quid, inqusm, fibl haec volunt apexa-
bo, ißeis, Äilicermia, longavo?
) Valer. Max. IV. c. 1. $. 10. No Africanus qui-
‚ Sem pofterlor now de le tacere patitur: qui en
u 9%
—
ſich, gleich den Griechen, im Beſitze Yon Gebeten,
oder Formeln, wodurch fie die Götter noͤthigen
Enten, bald gewiſffe Staͤbte, Tempel, und Sta⸗
tuͤen entweder gu verlaſſen, oder einzunehmen, bald
zu befhügen , oder zu verfolgen, und za Grunde
zu richten. Zu den erfieren gehörten die Formeln
der Epocat!;n, und Einweihung, beren ich im Ab⸗
ſchnitt von den Bildniſſen der Götter erwähnt has
am ein 251 )
be: zu den letzteren, die der Deiligung, und Mers -
fluchung bh). Es laͤßt fih kaum eine größere Ver:
blendung denken, ald dieſe, daß nicht bloß gute,
fondern felbft böfe Menſchen im Stande ſeyn ſoll⸗
ten
for, quum lufirum. conderet, inque folito fieri
“facrificio [criba ex publicis tabulis ‚folenne ei
‚precationis carmen praeiret, quo dii immoria-
jes, ut populi Romani res meliores ampliores-
- que facerent, rogabantur: fatis, inquit, bonae
et magnas funt, Itaque precor, ut eas perpe-
tno incolamtes fervent. Ac protinus in tabulis
pubiseis ad henc modum carmen emendari juf.
is. Qua votorum verecundia deincope capld-
zes in condendis lafiris uſi fant, ’
Aah Bravme glaubte, freylich unrichtig, day Confe-
eratio nur von Dertern, Plaßen uud Aeckern, de-
dicatio, von Tempeln, Altären und Statiien ara
‚brancht worden ſey. Man fa Erneli Clar. Cic,
in Voce conlecratin, Nichts deflo weniger mare
es gut geweſen, wenn man die Peiligung von Din⸗
gen, wodurch man ſie den Goͤttern zum Eigenthum
—
uud Schutze übecgab, von der Weihe, oder Eins
weihung ber Tempel, und Gtatien von Göttern
unterfehieden bitte. Ueber Die Leges dedicatio-
- nie ſ. man Brillon. 1, 194. über die formulas di-
rarum, exfecrationum, et devotionum, id, I,
384 0, Weber die Heitigung yon Elis, Plataa und
Be Yolyb, I. 73. Piutarchi Il. 329. ' Than
eyd. 1, 74 111, 50. \
— — —— —
— —
2452 — nz
ten „. oermoge. gewiſſer Worte und Gebeinche b6s
here Naturen zu Werkzeugen ihrer Rache gegen
Unſchuldige zu machen, und wenn. fie ihre, Gefine
‚nungen aͤnderten, pie Götter fa gleich nom fernen
Schabenthun.abzuhatten i . So bald „bie Decige
ſich ſelbſt verwünfdt hatten, fo konnten die Götter
nicht umbin, fie. zu vernichten 2). Das ganze
Roͤmiſche Volk mar überzeugt, daß. Ste HMiederigs
‚ge des Craſſus eine Folge der. Verwuͤnſchungen
ſey, weldye der Tribun Atejus gegen ihn audges
ſtoßen hatte I); und ſelbſt der Ngturforſcher Pli⸗
nius ſagt von ſich, und feinen Zeitgenoſſen: daß
ein Jeder ſich vor gräßlichen Berwinfgungen
‚ fürdte m). |
Die weniger gebildeten Shrißen, ünb Maho⸗
miebaner haben noch jetzt vom Geber dieſelbigen
Vorſtellungen, wie die Griechen und Roͤmer hat⸗
ten; und man darf ſich alſo nicht wundern, daß
die, Yintys und and:re ‚heibnifche Wolter in Afien
fi wicht zu .rie-tigenen Begriffen erhoben. : Die
Spanier und Portaraieſen in den Amerlcaniſchen
Colonien denken ginnt einmahl Baran , zu dem wah⸗
‚ven Gott zu Beten m), ſondern ſie worden fi oin⸗
und allein an die Muster Gottes und andere
Hei⸗
Ü) Ueber bar Inn dueben Son Zerniisfhungen fa
man meine verm. Kihriften HIT, 20% Sr
k) Livins VIH. 69. 10. X, 28.
2) Plutareh. II]. p. 440. nl
an) XXVIII 9. Defigi widem —ER
nemo non metuit.
n) Krerier P. 419-006, et p. Sn bel aa
/
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N
"me,
- x % ”
Ä ®
1 r ,
Heilige. Wenn ein Heilkaer ein Gebet nicht zur
rechten Zeit erhoͤrt; fü’ erflären fie, daß fie ihn
sicht weiter auruſen tollen d), und beten zu einen
andern. Eben ſo flehen fie, wenn bie Mutter
Gortes Hort‘ Beroe Carmel, ober vom Roſen⸗
cranze, vber Yon ber Wauͤſte an p). Der Gotted⸗
niert der Spanier und Portügiefen beſteht vorzuͤg⸗
lich in dem Beten des Mofehcranges g). Sie mur⸗
mein ihren Rofeneranz ohne tie geringfte Andacht,
murten unter den ſchluͤpfrichſten Gefpräden, und
ſeibſt in der Meinung bet, daß ber Roſencranz
ihnen in ihren." verliebten Unternehmungen helfen
an einem Altar, ober anf Dem Kirchhofe eins
Cloſters zu finden, weil fie hoffen, daß jie als⸗
dann um deſto mehr Antheil an ben Gebeten ber
o) ib. p. 248.
) De la Solsdad l,c, \
q)1.e p. Ag: WI ſemble, que töut fe teduit atı
zolaire „ ,'s !- —
5 ib, p. 419. 423. j’ai ſouvent teinafqus, qu’ile
y comptent anufh pour la reuffite de leurs intri-
werte r) Sie flirten nicht bloͤß Seelen Meffert -. -
für ſich und bie Ahriach 5), fonbern machen auch
groß? Vergubungen, um ein Grab entweder nahe
ues ainouveufes - - - ils nisrniotteilt fonvent -
© . za&mie leur chapelet, en eonreflant de #holes,
qui ve [ont gueres compstibles aveö de pieux
xercices, ' nn. '
N
.) Ueber. den Urſprung der Gesten Meilen, Pelliccia F
| er 5 1. 285.
J
⸗
2
*
\
Gottes von Bethlehem nicht hilſt, bie Mutter |
/
Ne 4
6
_
254 \ —
Glaͤnbigen haben erben 2). Wir follten hie
Sparniſchen uud Portngiefifhen. Chriſten nicht auch
N
glauben, daß man durch Gebete felige Geiſter
herablocen, oder herabnoͤthigen, und böfe Geifter.
vertreiben u): daß man durch Verwuͤnſchungen fos:
wohl ganze Völfer, ald einzelne Dienfchen dem Zorne
ter Gottheit und ber Heiligen übergebeg, fo wie durch
Segnungen alle Arten von Uebeln abwenden, und
ſelbſt lebloſen Dingen uͤbernatuͤrliche Kräfte mitthei⸗
Ien koͤnne? Glocken und anderes hzriliges Geraͤch,
Waffen und Kriegszeichen wurden vicht bloß im
Mittelalter x), fendern werben noch jeßt, mit
unzähligen anderen Gegenſtaͤnden unter dag mei⸗
ſten Chriſtlichen Voͤſkern eingeſegnet; und mie
lange mag es ſeyn, daß ber große Haufe ſelbſt
anter ben aufgeklaͤrteren Nationen anfers Erd⸗
theils zu glauben aufgehört hat: durch das Laͤuten
ben eingeſegneten Glocken könnten Hagelwetier,
und Blitzürahlen, Sturmgeiſter und andere Infts
maͤchte abgririeben, ober-. befänftigt. werben?
Die unerleuchteten DMahomebaner. haben vor .
ben unerleuchteten Chriften weniaſtens Einen uns
Iängbaren Vorzug, daß fie nämlich nicht bloß In
ber Einſamkeit, fondern auch an öffentlichen Plägen, -
und in großen Gefellfhaften mit einer Sammlung,
ober
t) p. 496, lc, plas ils fe font enterrer proche de
’autel; plüs ils partieipent aux ſuſffrages des
prieres des Fideles, . .
u) Coreal I, 79. 8r.
&) Man-f. Caffel im Alten und Neem der Herzage-
thlimer Bremen und Verden II. ©. 351, St. Pa:
| kayo J. 62 P. \
= — —— 235
oder Jabruuſt beten, die durch nichts, ſelbſt nicht
durch ploͤtzlich anſcheinende Gefahren zerſt reut wird y)..
Gin anderer Vorzug iſt mehr ſcheinbar, als wirk⸗
lich, dieſer nämlich: daß ſie ſich In ihren Gebeten
unmittelbar nur an Gott wenden, und daß weder
des Koran, mod) tie Ausleger bed Korans Gchete
an bie Heiligen gerabezu. vorfchreiben 2). Der
treffliche Beobachter, ber dieſes erzählt, kann
nicht laͤugnen, daß die Mahomebaner unzählige,
Mahle den Mahomed, Ay, Haſſein und aus
dere Heilige anrufen. Es laͤßt ſich kaum andere
denken, ald dag ber große Haufe der Muſelmaͤn⸗
ner biefes in eben der Abficht thur, in welcher es
die mngebildeten Chriften thaten, oder noch thun:
usb nicht bloß deßwegen, weil die Gottheit es
befohlen habe. —
Uebrigens halten die Mahomedaner mit den
ungebildeten Chriſten dafür, daß man taͤglich eine
gewiſſe Zahl von Gebeten verrichten muͤſſe, wenn
man fi) nicht die Ungnade der Gottheit zugichen
wolle, und bag man fi ber Gnade der Gottheit
- um
y) Chardin IV, mo. je ne puis m’empöcher de
dire encore une fois, gne la priere des Maho-
anetans Se fait avec une reverence inconcevable,
et qu’on ne pent regarder l'attention, qu’ils y
apportent, le Zeile, et l’humilite, dont ila Pac-
compagnent, fans admiration. Ils ne remuänt
pas les yenx, .. Ils prient Dieu à voix'entre--
conpe&, tantöt bas, tantöt haut, tantdt d’efprig:
fenlement; mais tout cela eſt & ponfe&, fi exact,
fi recueilli, ‚quiallurement ils noas font la der-
niere honte â nous autres Chrötiens. Ferner
Guys 1. 474. Lettr, Edif, IV; 274. 454. 456
2) WV. 191, 0m. Chärdin, * u.
|
- \ J “
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um deſto waͤrdlaer mache, je mehr Gebete man
uͤber die geſetzliche Zahl bete 0). Nach den ses’
genden ber Mahomedaner machte ihr Prophet fi
zuerſt gegen die Gottheit anheiſchig, daß feine Au⸗!
hänger alle vier ‚und zwanzig Stunden zu funfjtg'
verfchtedenen Mahlen beten follten. « Auf die Vor⸗
tkellungen ber älteren Prophetem, did vor ihm ers
ſchienen waren, erſuchte Mahomed tie Gottheit, !
"saß fie doc um der menfhligen Gebrechlichkeit“
willen etwas von ber Zahl furfzlg erlaffen wolle.
Die Gottheit feßte die fünfzig Gebete auf dreyßig
herab. Es zeigte ſich aber ſchon bey der Vers’
theidigung don Medina, daß auch drerfig täge'
‚ Vice Gebete zu viel feyen, Indem die Gläubigen
“prch die Gebete beftändig in ihren kriegeriſchen
Arbeiten unterbrochen wurden. Mahomed trug‘
dieſes der Gottheit vor, und brachte fie dahin,
daß fie Yon den mahren Glaͤubigen nicht mehr,
als fünf tägliche Gebete verlangte, bie am Mor⸗
gen, um Mittag, Nachmittags, Abends und-vor
dem Schlafengehen vertichtet werden follten. Da
es Reiſenden, Kriegern, und anderen ſtark be⸗
fihäftigten Leuten nicht ſelten unmöglich wird, ſelbſt
diefe fünf Gebrte zu den borgefchriebenen Zeiten
u verrichten; Te haben die Schriftgelehrten meh⸗
zere Mittel erfunden, bie. Pflicht des. Betens zu
. erleichtern: vorzuͤglich badurch, daß fieedfürerlaubt
erklaͤrten, zwey Gebete auf eiumahl zuſammenzu⸗
nehmen, und die Zeit des Betens um mehrere
Stunden zu anticipiren, ober zu verzoͤgern. Die
frommen Mahomebaner begnügen, ſich nicht mit
‚ ben" flinf gefeglichen Gebeten, fondern vermehren
fie nad dem Maaße ihrer Froͤmmigkeit mit einer
&) Chatdin 1, €, p. it eilg
‚dee
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kleinern ober groͤßern Zahl: uͤberverdienſtlicher Ges
bete, ‚die ſtets mit ben gefeßlichen zufammenges
betet werden. Mur das Gebet der Mitternacht
wird einzeln gehetet, weßmegen man auch dei
größten Werth daranf legt 5): - 77
Der Inhalt, fo wohl. der geſehlichen, als
der uͤberverdienſtlichen Gebete ift immer derſelbige,
ausgenommen, daß nicht ſtets eiherley Stellen
bes’ Korans abgelefen, oder hergefagt werben c);
Mur an befonderen Feten, vpder bey beſonderen
Gelegeuheiten hält man außerordentliche Gebete)
die von ben gemöhnlicden abweichen: Die Betend .
den wiederhohlen die Worte, aus welchen vie vr⸗
dentlichen Gebete beſtehen, mehrs ober wenigrre
Mahle, je nachdem fre bloß gefcßliche, uber außer
den gefeßlichen auch überverdienfiliche Gebete ver⸗
richten. Um bie Zahl der Wiederhohlungen zu
meflen, brauchen die Mahomedaner Rofencränze,
deren Kugeln meiftend aus heiliger Erde gemacht
find, die von den Gräbern uroßer Propheten ges
nommen worden. . Die Rofeneränze der Mahome⸗
daner enthalten nicht immer eine aleich große Zahl
von Angeln. Die gewöhnliche Zahl iſt neun un®
neunzig, inter, welchen ber Megel nach die drey
und dreyßigſte, und ſechs und ſechszigſte etwad
‚größer, als die Übrigen find. Die Betenden fas
gen bey den erfien drey und dreyßig: O großer,
Gott! bey den zwehten: Ruhm gebührt dem
großen Gott! ben ben drittens Gott fep gelobt!
Zu den Zeiten ber Creutzzuͤge lehrte Peter der
a Ä Ein⸗
53IL. c. p. 112. 113.
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258 — —
Einſiedler zuerſt dieCreutzfahrer nach ſolchen
Inſtrumenten zu beten, dergleichen die Mahome⸗
daner hatten, Ganz allgemein aber wurden dieſe
Werkzenge in der Abendlaͤndiſchen Kirche erſt durch
den heiligen Dominicus, der vorgab, daß die
Mutter Gottes ſelbſt ihm den Roſencranz als ein
herrliches Gnabenmittel übergeben babe.
Die Mahomedauer mögen bie geſetzlichen Ge:
bete fo inbruͤnſtig und genau, als moͤglich, und
der uͤberverdienſtlichen ſo viele, als nur immer
“möglich, gebetet haben; fo glauben fie doch mit
ihrem Propheten, daß alle dieſe Gebete vergeblich
feyen, wenn fie nicht in dem Anzuge, der Rich⸗
sung, den Stellungen und tagen, mit ben Bewer
gungen dee Hände und der Arme, mit einer fols
hen. Sauberkeit des Eörpers und des Bodens,
wie fie. im Koran vorgeſchrieben werden, gebetet
‚hätten a4). Auch Mahomet alſo dachte ſich ben
einzigen wahren Gott als einen ſtrengen Herrn, ober
eigenſinnigen Beherrſcher, der ſeine treueſten Knech⸗
te, oder Unterthanen verwerfe, wenn ſie ihm nicht
alle die aͤußeren Beweiſe von Ehrerbietung gaͤben,
welche er als Herr und Koͤnig verlangen koͤnne.
Weil
q) l. e. p. 114. Les Docteurs Perfans difent, qu'il
y a huit dilpoßtions requifes a l’orailon: ſix
interieures, - - et deux exterieures; l’une, la
nettete du corps, et de tout ce, qui y touehe,
- et qui l’environne; l’autre, le gelte du corps.
Or par le gefte du corps ils entendent beau-
coup de chofes, - =» - - comme d’£tre tuurne
vis -&« vis de la Mecque, le mpuvement des
bras et des mains, le proflernemen: du corpe,
et celui du front contre terre,
ma m". m.
, — — 259
. Weil ‚nun bie Mahomebaner überzeugt find,
dag Gott ‚eine gewiſſe Zahl von Gebeten zu be⸗
fimmten Zeiten bey Androhung feiner Ungsübe
fosdere: daB er um deſto mehr Gnade erweiſe,
je mehr Gebete man über bie geforderte Zahl bete:
daß man aber auch nur al6dann feine Schuldigkeit
thue, und ſich Verdienſt erwerbe, wenn man ges
nau fo bete, wie ber Prophet ed nach göttlichen
Befehlen vorgefchrieben habe; fo bleiben fie, we⸗
nigſtens die Ängftliben, immer äwenfelhaft, vB .
ſie ihre Schuld richtig abgetragen, ober fich fo viel
Verdienſt erworben haben, als fie fich hätten et;
werben mögen. Wegen dieſer Ungewißheit Fan:
fen fie bey ihrem Leben häufig bie Gebete von.
anderen Frommen und machen Stiftungen, daß
nach ihrem Tode, ober dem Tode ber Ihri⸗
gen im Nahmen ber Einen, oder ber Anderen ges
betet werde eo). Es gibt unter den Mahomeda⸗
niſchen Schriftgelehrten Einige, welche behaups
ten f), baß bie Gebete für die Verſtorbenen nur
ben Sebenden müßten, weil es ein Gott gefälliged
Merk, fey, ſich der Verſtorbenen auf eine liebreiche
Art zu erinneri. Allein bie meiſten Ausleger bes
Korans ſtimmen mit dem allgemeineit Glauben ber .
Mahomebanifchen Voͤlker zufummen: daß man
durch Gebete die Qudalen ber Verdammten lihs
bern, und die Seligkeiten der Erwaͤhlten echehen
Ä — u⸗
6) le. p. 155. Iis engagent des gens ponr eela
durant leur vie, et apres leur mort, a faire la,
priere accoutumée pour euk; en leur Abm, et
en leuf-place, etc,
Hai a —
Rs.
—
260 = - — —
koͤnne. Diele Mahomedaner beſachen die SEynege⸗
gen der Juden und, Chriſten, tim an den Gebeten
der Frommen unter Beyden Voͤlkern Theil zu neh:
men g). Eben fo häufig geſchiehtt es, daß fie
die Rollen von Papier, oder Pergament, welche
fie als Amulete zu tragen pflegen, nicht blog mit _
Sprüchen bes Korans und, den Gebeten von Mas
homebanern,. ‚fondern au mit den Gebeten von
ſolchen Juden und Chriſten beſchreiben laffen, die
in dem Rufe der Froͤmmigkeit ſtehen. Es iſt
einleuchtend, daß man keine richtige Begriffe vom
Gebet unter ſolchen Voͤlkern habe, wo man ans
nimmt, daß tie Gottheit eine beftiminte Zahl von
Gebeten verlange: dag man durch eine größere
Zahl von Gebeten die Gnade der Gottheit unfehls
bar. erwerbe: daß es beym Beten auf etwas ans
ders, als auf den innern Werth und die Gefins
ungen der Beenden ankemme: daß man für Ans
bere beten, und don Anderen für fi ich beten laſſen
koͤnne.
1
So falſch und roh auch die Vorſtellungen der
Chriſten und Mohammedaner waren, fo kommen
ſie doch bey weitem nicht den Vorſtellungen der
Hindus, der Thibetaner und ber übrigen großen
heidniſchen Nationen. im füblichen und oͤſtlichen
Afien gleich: welche man mit Recht als die aus
berſte — der Verkehrtheit im Beten anſehen
kaun k). Auch unter andern Voͤlkern glaubte
man,
. 8).Poiret, 1, 130.
A) Ueber dad Beten der Hindus Aogers . €. 16.
Beorgi’s Ruſſ. BÖLL 464 ©. Exout- Vedam I,
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man, ober mochte man glauben ; was die Hin⸗
das behaupten, daß man but) gewiſſe Gebete
- unb Gebräude, befonder& durch das Herfagen der
Nahmen und Beynahmen von Göttern, ohne Ruͤck⸗
fiht auf Leben und Geſinnungen, eine endlofe Ges
Tigkeit nadı dem Tode erhalten, ober verfchaffen
Fönne. Allein man hatte fonft nirgend dad Herz,
geradezu zu erklären, vo das Aus ſprechen des
Nahmens Eines Gottes feine übernatärlichen Wirs
kungen hervorbringe, wenn man es auch in der Ab⸗
ſicht thue, ſeiner zu ſpotten, wie die Hindus von
dem Ausfprehen des Nahmens des Diftun vor⸗
geben i). Einige Gebete der Hindus beftehen aus
ganz unverfläntlihen, oder vielmehr finnlofen
Worten und Sylben; und gerabe biefe Zauberfors
meln find ed, welche fie Gremben am mwenigften
wiittheilen, aus Furcht, bag ihnen alsdenn ber
Kopf zerſpringen möchte N Unm ber Wirkung
ihrer ‘Gebete gewiß zu ſeyn, mieberhohlen bie
Hindus dieſelben fehr oft; und damit fie bie Zahf
ber Wiererhohlungen genau erfahren, laſſen fie
bey . jedem . Geber eine Kugel, oder Eoralle an
ihrem Paternofter, oder Mofencranze fallen: ein
Werkzeug, welches fie nit nur allen Nationen
des oͤſtlichen und. ſuͤdlichen Aſiens, ſondern auch
wahrſcheinlich den erſten Mahomedanern mitge⸗ I
| we Born | fo wie aberhaupt ven den T as
€
9 rg Dee Thibetaner und Ealmmeen, Georgi MW
phab. Thiber, p. 248. 442. Pallas Keen, I.
Lepecbin 1, 280. Der Tunlinefen, _
2. 35Ar
" "Dampier IH, 91, Der Ehinefen ,- DobeS, 20%
» Esonr- Vedam I, a . —
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a, — — . ...
21 | ,
444 —
J homedaniſchen und Indiſchen Gehraͤuchen beym
| Keten eine kaum zu. verkennende Aehnlichkeit ift. 2),
2. Mag follte.eh kaum für möglich halten, dag man
| in Ruͤckſicht auf Beten noch gröblicher irren könne,
‘
\ “
268 die Hindus; und doch gingen, bie Schüler der
. Oinbuß, die Thibetaner und. übrigen Lamaifhen
Voͤlker noch um einen Schritt weiter. Die Hins
dus beten für Andere, und laſſen Andere für fid
bitten, fo mig bie Bewohner von Hinter Indien -
das ‘Beten, gleich anderen heilen des Goͤtter⸗
hienfked, ihren Prieftern überlaffen. Die Thibe⸗
faner und Calmycken finden auch biefes noch zu
hefchmerlich, aber zu koſtbar. Sie fchreiben das
ber. ihre Gebete auf Streifen von wollenen Zeus
‚gen, befefiigen dieſe an Stangen, und richten bie
Stangen quf eine ſolche Art auf, daß bie mit Ges
beten. beſchriebenen Streifen vom Winde bemegt
werden. Untere ſtecken ihre Gebete in ausge
Bu böhlte Cylinder, durch melde bewegliche Mäder -
‚ gehen. Wenn biefe Mäder, und vermittelfi ber
Mäder, die gefpriebenen Gebete umgebreht wer⸗
ben; fo bilten fi bie. Lamaifchen Wölter ein,
daß, bie Götter die bewegten Gebetäs Formeln
ſcchon leſen werben. | | —
—Eyx yerhielt ſich urſpruͤnalich mit ben Gebe⸗
ten, wie mit ben Opſern, Feſten m. ſ. ‚w. Die
einen, wie die anderen, waren lange unbeſtimmt.
So wenig die erſten Menſchen an gewiſſen Tagen,
und in gewiſſen Stunden den Goͤttern zu Ehren
epferten, oder Feſte felerten, To wenlg betéeten fie
uch. Vielmehr wandten fie ſich im eher an hör
SI Here Naturen fe oft fie noranglichee Släc, Me
ine
{
‘
— —— 263°
Ungfüd erfahren Hatten, ober das eine wänfdgten,
und dem anberen zu entgehen ſuchten, ober endlich
burch ungewöhnliche Erſcheinungen getroffen wor⸗
ben waren. Auf dieſe Art beten die meiften Wils
ben in allen Erdtheilen, felbft viele Neger⸗Boͤl⸗
fer m). Die älteften beflimmten täglichen Gebete
waren die Diorgens Gebete, in, welchen man ents
weber bie aufgehenbe Sonne, ober andere Gotthei⸗
ten um Gegen für bie Gefchäfte des bevorſtehenden
Tages aurief. So beten manche Neger alle Mor⸗
gen, aber nit zu anderen Tageszeiten; und auch
die Griehen, und Römer beteten ohne Ausnahme -
Morgens zu ben Göttern n). Auf die Morgen⸗
Gebete folgten zunaͤchſt die regelmäßigen Abend⸗
Gebete, die ſich {don unter einigen größeren Mes
gers Matienen finden, und auch unter ben Gries
hen und Roͤmern ſehr gewöhnlich waren o). Um
aber täglich mach oͤſter, als zweymahl, ober gar fo
oft zu beſtimmten Zeiten zu beten, wie bie Hindus,
unb Mahomedaner thun p), mufte man die Vers
gleiäung der Gottheit mir unumſchraͤnkten Be⸗
beyrfchern gleichfam vollendet, und aus biefer Sen
Bu 0 | glei⸗
m) Oldendorp I. 325. |
a) Niedeck c. 9% P.99 101. Oldendorp 1. c.
Die Römer glaubten den Göttern eben fo, wie die
Clienten ihren Patronen, Morgend aufwarten zu
- müfler Manche erfchienen zu diefen Aufwartun⸗
en früher, als die Tempel aufueichloffen wurden,
Senec. Ep. 95. Vetemus falutationibus matuti-
nis fungi, et foribus afldere temploram: hu-
mana ambitio iflis ofliciis capitur, I
0) ll. cc, _
9) Rogers uud Chardin ll, cc,
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eb: — —
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gleichimg ben Schluß grzogen haben, baf bie Bott
heit durch Lobpreifungen, und Aufwartungen nie:
gefärtigt werden Ehnner. daß flesan beyden um deſto
mehr: Wohlgefallen- finde, , je öfter fie wiederdoblt
— — — —
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würden,
Da man annehmen barf, daß Fuiſchen bie er⸗
fen, und allgemeinſten Götter ber Menſchen was,
ven; fo kann man auch voranbſetzen, Daß bie er⸗
fin Menfchen fi beym ‘Beten dahin wandten, wo
fie ihre Götter vor ſich fahen, ober wenigftens
glaubten, daß ſie gegenwärtig ſeyen. Erft mit
der Ontftehnng des Sternen s Dienfted, befonderd
ber Anbetung ber aufgehenden Sonne, ſcheint ed
unter den groͤßern Voͤlkern Sitte geworben zu ſeyn,
ſich bey allen Gebeten, und fetbft bey anderen gots:
teöbienftlichen. Handlungen gegen Morgen, oben:
Stationen des alten
Orients, unb nach ihrem Beyſpiele bie Grishen:
und Möıner. waren beym Beten ohne Ausnahme;
genen Dften gekehrt q ), Gerade. Begwegen, weil.
olfe Heidniſche Völker gegen Diowgen betsten, muß⸗
Aufgang zu richten. Die.
ten die Juden die entgegengefeßte Richtung gegen
Abend beobachten, Yon welcher Richtung fie nuv
alsdann abmichen, wenn fie.in. Abgoͤtterey zuruͤck⸗
firln nr). Die Mahomedaner mäffen fi während
des Betens gegen Das heilige Haus zu Mekka wen⸗
top) Dieß Heiligühum liegt den Mahomeda⸗
nern,
*
g) Taeit, Hin. IT. 6. 94 et Ibi Tip Niedech
€ 82, P. 19ä, et fg. p.
7) Niedeck 1. c. p. 197;
s) Chrdin l. .
| —— 265
nern, die in den weſtlichen Reichen Aſiens wohnen,
gegen Süden, wohin alſo auch bie Betenden ihr
Antlitz richten. Ganz anders, verhält es ſich mit
den Mahomedanern, die im ſuͤdlichen Aſien oder
Afrika, und felbft in den ſuͤdlichſten Gegenden von
Arabien leben. Well nun vie Mahomedauer in.
ben verfhiedenen Theilen ber Erde ſich nach einem
Puncte hinrichten, muͤſſen fie beym Beten noth⸗
wendig den entgegengeſetzteſten Himmels⸗ Gegenden |
zugewandt fiehen. Es’ war ohne allen Zweyfel
bloße Nachahmung der benachbarten mahomebanis :
fhen Zataren, daß die Heidniſchen Wogulen ſich
beym Beten gegen Suͤden wandten ).
So bald Fuͤrſten von ihren Unterthanen, oder
bdie Reichen und Maͤchtigen von ben Geringeren ver;
langten, daß dieſe nur auf eine gewiſſe Art -gepußt: '
unb gelleibes vor ihnen erfcheinen därften; ſo fin⸗
gen die Völker an, zu glauben, daß die Götter”
ähnliche Gorberungen machten, oder ähnliche Er⸗
wartungen hegten. Das Aeußere, unter welchem
die Verehrer der Goͤtter ſich dieſen naͤherten, war
verſchieden nach der. Verſchiedenheit der Geſinnun⸗
gen, und Abſichten ber Betenden: anders, wenn
man den Goͤttern ſeine Dankbarkeit und Ehrfurche
bezeugen, anders, wenn man ſie erweichen, und
verſoͤhnen wollte. Unter allen groͤßeren Voͤlkern
hielt man es zuerſt fuͤr unumgoͤnglich nothwendig,
daß man weder im. Gebet, noch in anderen religioͤ⸗
ſen Handlungen zu den Göttern anders, als mit
einem ſaubern, oder geſaͤuberten Coͤrper hinzutreten
doͤrfe Eben baher afngen. unten allen u |
⸗
) Georgi .e, |
” Niedeck €: 12 Ghardin and Key N, eq.
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- j ’ , \ " “>
266. ⸗ ne; —
Völkern vor dem Gebete Reinigungen her. eis
nizungen waren and) unter ben Griechen amd Rös
mern fo unzertrennlich mit Gebeten verbunden, dag,
menu fie irgend eine grobe, ober unserzeibliche Uns
ſchicklichkeit ausdruͤcken wollten, fie don dem, ber
‚gefehlt hatte, zu fagen pflegen: er habe etwas
‚ mit ungewafchenen Händen, und Füßen unternoms
men. Die Völker des Morgenlandes, und nach
ihrem Benfpiele, bie Griechen. und Römer bedeck⸗
ten von jeher, und bedecken noch jeßt beym Beten
ihr Haupt, entweder mit Capußen, bie fid an. .
- ben Gewaͤndern fanden, oder mit. Müßen, oder
endlich mit turbanartigen Binden, und Eraͤnzen x).
Die Römer entblößten anfangs, gleich anderen ur:
ſpruͤnglich⸗ Europdifhen Völkern, ihre Haupt,
. wenn fie fi den Göttern, ober foldyen Menſchen
naheten,, denen fie Ehrfurcht bewetfen wollten. In
ſpaͤteren Zeiten ahmten fie ben Drientalern, und
Griechen nah, und verehrten bloß den Sarurn
mit eutbläßten Haupte y). Die Perfer verhülls
ten. fo gar den. Mund, wenn ſie zu bem göttlichen
Feuer beteten, aus Kurt, die Meinkeit biefer-
Gottheit durch ihren Athem zu beflecken. Auf
gleihe Art verhoͤllen fig. die Thibetaner, wenn fie
or den Keiligften unter ihren Buͤßern nieberfale
len 2), Die Kleidung der Vetenden war unter den
Orientalern, auch unter den Griechen und Römern,
glei ben Bedeckungen des Haupts, mehr fauber
I le = | wu
a) Niedcka
u ?) Fintarch, in quaoſt. Romanis Oper, VI, y9-
. P
2) Man fe die Zeugniffe inden Abſchnitten nom Feuers
Dienſt, und von Bißungem *
\
wer ——
me 967
web demuͤthig, als prächtig: ensueben ganz weiß,
ober bon befcheidenen Farben a)... Gelb die vor⸗
nehmften Mahomebaner legen beym Beten alle ihre
Prachtkleider ab, und behalten nichts, als ein
weiſſes Hemd an, Äber melden fie bey kaltem Wet⸗
ter einen einfachen, mit Laͤmmerfellen gefütterten
Pelz bermerfen laſſen 4). Jn ſchwarzen, aıy
alten, und zerlumpten Kleibern erſchien man blog
aldbanı , wenn man die Götter ber Unterwelt vers
ehren, ober zürnende Götter ermeichen wollte c).
Zu ken allgemeinſten Merkmahlen ber Demäüthis
puus nor den Göttern gehörte bie gaͤnzliche Ent⸗
loͤßung ber Fuͤtze, oder menigffens das Ahlegeg
ber Sandalen und Schuhe, momit man bie Fuße
gewoͤhnlich zu bedeckan pflegte d). Die Vrabmi⸗
ven ziehen fo gar ihr Oberkleid aus, unb-Iegen ca
auf. bie Schulter, wenn fie in das Alleyheiligſte
der Tempel gehen wollen.
Ehen die Geſinnungen der Demuth, und Abs
ficaten der Demüthigung , welche die größern Voͤl⸗
ter auch buch ihre Kleidung zu erkennen: gaben,
drückten alle Nationen durch natärliche Geberden
aus: entweder durch das Niederwerſen bed ganzen
Coͤrpers auf die Erde, ober durch das Nieberſchla⸗
gen ber Augen, und das Senken des Haupts, over
durch das Hinſmken auf bie Aniee, ober durch bad
Aneftrecken der Arme und Haͤnde, bie unter eini⸗
| Ä gen
@). Niedeck e. 14,
3. IV. 115, Cherdia,
e) c, 14. Niedeck,
al,ch .
‚gen Voltern in formliche, oder Anbehufige Umarz
mungen äbergingen:
De allgemeinfte natürliche Ausdruck der De⸗
muͤthigung vor höheren Naturen, wie vor unum⸗
ſchraͤnkten Beherrſchern, war das Niederwerfen
bes ganzen Gbrpers auf die Erbe. Selbſt die ro:
hen Wogulen berährten vormals, wenn fie fih an
ihre Götter wanbten, ehrfurchtsbou die Erde, und
die Lappen warfen ſich, ſo bald ſie ihren Opfer⸗
platz erblickten, nieder, krochen zu ber heiligen
Staͤtte hin, und blieben waͤhrend des Gebets mit
bem Gefichte auf der Erde Liegen e).: Niederwers
fungen zue Erde während des Betens waren vor:
mahls eben fo wohl unter ben “Tuben, als unter
den Hetbnifchen Voͤlkern des Drients, und find
jeßt noch unter ben Mahomebanern und Morgens. -
landiſchen Chriften nicht weniger, als unter ben
vielgoͤttiſchen Nationen des fühlichen, und oͤſtlichen
Aſiens gebraͤuchlich 5). Auch die Griechen
RG
r
*) Bogſtroͤm ©. 203. Georgi's Beſchreib. Ruff,
” Voͤlterſch. & 13.
u; Nach der Weife feines Volks fiel € eiftus auf fein |
Antlig nieder, und betete. Matthaͤi c. 26, v. 39.
Dieſem Benfpiele folgten bie erften Chriften, Nie-
deck p. 177. €. 17. Ueber die Niederwerfungen
der Mahomedaner, Chardin IV, 120. Guys I, 4%
Lettres Edif, N. E. IV. 274; 4654. 458.
Hinbus, ib, und Rogers I. c. 16. auch Taver
nier Il. p. 334. Ueber die Riederwerfungen der
Koptifchen Chriften, und Mönche in's bejgndere
n- —* p · 205. im fünften Bande ber Letir, Edit,
x
— — | ’ 269
X
Rsömer warfen fi) Häufig bey dein Eintreten in eis
‚nen Tempel, oder bey der Berührung des Bodens
eined fremben Landes zur Erbe nieder, an. bie
Gottheit des Tempels, oder bie Goͤtter bed Lan⸗
bes anzubeten g). Wenn die alten Miorgenlänber,
"bie Griechen and Römer ſich nicht ganz zur Erbe
warfen, ſo fchlugen fie wenigſtens die Augen nies
ber , und fenften ihre Häupter 4). Mur bey ben
Aubetungen ber Sonne, und der himmliſchen Götz
tee richtete man die Augen, und das Geficht ges
gen den Himmel empor si). oo
Das Nieberfallen auf bie Rniee war, wenn
auch nicht fo gemein, ald dad Niederwerfen des
‚ganzen Coͤrpers, body fehr .hänfig unter den vers
ſchiedenſten Völkern. Die Einwohner von Hispa⸗
niola ; welde Columbus antraf, Enieeten vor ih⸗
ren Ööttern A), tie noch jeßt die Meger beym
Beten thun /). - Die Aegnptier ehrten dur
Knieen ihre Götter , wie ihre Könige, und baren
\ . ers
—
g) Niedeck I, c,
A) Die Kinder Iſrael neigeten fi) vor. dem Jeho⸗
vah, und bereten ihn an. 11. 8. M. IV. 3. es
hovah unterfaate Ihnen, ibr Haupt nicht vor Der
Sonne, dem Monde, und dem übrigen Öternens
heer zu beugen. V. B. M. 4. 19. Senec, Quaelt,
Natur. VII, 30. Si intramus templa compoſiti,
-fi ad lacrificium acceſſuri vnltum ſabmittimus,
togam addncimus, ſi in omne argumentum
modefliae fingimur, ete.
iy v. B. Moſes 4. 19. Niedeck p. 170.
By) Itinerar. [ecund. Chriſtoph. Columbi p, 66.
3) Oldendorp I; 325:
’
Ed . . » \
20. — —
Vertraute m). Die Griechen und Römer ließen
ſich beym Beten bald auf beyde Kniee, bald nur
auf Eins, entweder das Rechte, vder bau Linke
nieder n). Die heutigen Diahomebaner zuhen vor⸗
züglich auf ihren Knien, wenn fie ihre Anbetun⸗
gen verrichten, und die Erde mit ihrer Stirn bes
rühren 0). Die fo genannten Proftrationen hinges
gen nehmen fie fiehend vor, indem fie ben Cörper
‚ faft bis in die Gegend der Kniee herabbeugen, wos
bey fie ihre Hände auf bie Lenden flügen p). Die
erften Chriſten beteten häufig Enieend g). Im
. ‚vierten und fünften Jahrhundert kunieete man nicht
an Sonntagen und am Pfingfifefte, meil das
Knieen ein Zeichen von Reue und Buße, nicht von
Freude und Dankbarkeit ſey r). Die Juden burfs
ten fi) eben fo wenig, als die heutigen Mahome⸗
daner, beym Beten hinfeßen s), weil ber Wohl:
fand ed von jeher im Morgenlaude Par
E }
.
3 .
- . |
ne 7 —— —— — — — — ——
m) i. B. M. gr v. 43.
) Niedeck p. 180. 181.
a) IV. 190. Chardin. |
"p) \..c. Mais pour l'inclination da corps, qui ef
la profßtration proprement dite, elle fe fait &tant
debout, droit [ur [es pieds, appuyant les mains
‘ forle devant des cuifles, et penchant le corps
fi bas, que la tete vienne presque aux gendux,
et en [e relevant droit, et elevant les mains en
I hat, j
9) Nieder S. 181. 188: bat die Beyfpiele Ans den’
_ Büchern ded neuen Teſtaments gelammelt.
:r) Niedeek p. 182. 183. Hofp. de feſtis Chriſtian
p. 20% u
5) Niedeck p, 186. Chardin 1. c,
‘
\
— 275
daß Unterthanen ſich in Gegenwart ihrer Beherr⸗
ſcher, Clienten vor ihren Patronen, Weiber, Kin⸗
der und Knechte vor ihren Maͤnnern, Vaͤtern und
Herren niederließen.
Im alten Orient wie im alten Griechenlande
und Italien druͤckten von undenklichen Zeiten her
Unterthanen ihren Beherrſchern, Knechte ihren
Herren, Frauen und Kinder ihren Maͤnnern und
Vaͤtern Ehrfurcht und Ergebenheit dadurch aus,
daß fie ihnen entweder bie Hände, ober die Aniee,
und den Saum ber Kleider, ober endlich die Füße
kuͤßten. as Untergebene ihren Vorgefeßten thas
ten, dad thaten tie Menfchen überhaupt den. Goͤt⸗
tern. Sie kuͤßten alfo entweder die Hände, oder
die Kniee, ober bie Fuͤße der Bildniffeder Götter; _
nicht felten die Schwellen , und Pfoften der Tem⸗
pel, aud bie Erte, wenn fit entweder vach langer
Zeit in ihr Vaterland zuruͤckkehrten, oder in einem
fremden Lande glücklich anlangten 2). Die feeyen
Griechen, und Römer erlaubten fi fo gar, dab -
Kinn und den Mund von Statuͤen zu Eüffen, und .
eben daher gefchah es, daß dieſe Theile an beruͤhm⸗
ten Statüen durch das häufige Küffen ein wenig ab»
gefchliffen waren u). Wenn man entweder nicht
die Zeit harte, oder es nicht wagte, fi den Göts _
teen zu nahen, oder wenn man die Götter nicht ers
geichen konnte; fo fügte man bie Hand, gleichſam
um den Goͤttern die Küffe zugumerfn. Hiob
ruͤhmte von fi, baßer die Sonne, und den Mond
nuicht auf dieſe Art betehrt habe x). Die Roͤmer
6) Niedeck c, 25. p. 234.. et lg. p-
u) I. c. p. 154. | |
3) Cap. XXXL . a6 97,
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. — —— TRITT
nann⸗
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27% EZ eine — —
nannten ſolche Kuͤſſe oſcula labrata. Es if merb⸗
wuͤrdig, daß in allen Orientaliſchen Sprachen fo
wohl, als im Griedifhen und Lateinifchen die .-
Wörter, ‚welche Anbetung bezeichnen, vom Küffen.
hergenommen, ober abgeleitet worden find y).
Miicht weniger natuͤrlich, als bie bisher er⸗
waͤhnten Aeußerungen ber Demuth, der Ehrfurcht;
und Ergebenheit, war das Ausſtrecken ber Hände
‚und Arme, wodurch man bie zoͤgernden Wohltha⸗
ten, und in großen Noͤthen, die ſchleunige Huͤlfe
der Götter gleichſam herabzuziehen ſuchte. Da
ſelbſt die kalten Americaner bey ihren Gebeten,
und Anbetungen Haͤnde und Arme emporheben 2);
fo kann man mit Redit erwarten, daß alle übrige -
Voͤlker der Erde ein Gleiches gethan haben, ober
noch thun a). Die- Griechen and Römer umarm⸗
“ten haͤufig nicht bfoß die Altaͤre, oder Anice, fons
tern die Statuͤen ber Goͤtter ſelbſt, und. benetzten
Li
ſie mit ihren Thraͤnen, ſo mie Römerinnen in den
Zeiten. von greßen Noͤthen die Lempel. ber. Goͤtter
mit ihren Haaren reinigten )). Ä
Weniger natürlich, ‚und alſo aud) weniger ges
mein,’ und übereinfliimmen®, waren bie übrigen
Bewegungen ber Hände, und des Cörper& beumt
Beten, und Unbeten. Die Römer hoben beym
‚Bes.
y) Mignot in. ben Memoires de PAcademie des In-
Teript. XXXVL 88. etfQ,p , > Br
z) Carver p. 67. Lettr. Edifiant VII. 19. N. E.
a) Niedeck c. 71. p 203 et lg. - u
b) Niedeck c, as. et sg, Polyb, IX, 6.
\
⸗
_ El u ar.
mb Beſchwoͤrer einen gewiſſen Fleck gleichfam hei⸗
ligen, oder feindſeligen Beſchwoͤrungen, und Zau⸗
berwerken unzugaͤnglich machen wollten s).
Je genayer man die Natur bes Gebets ken⸗
nen gelernt hat, deſto Leichter wird ed, die Ar |!
ſichten, und Einrichtungen des Eibes unter allen ,
Völkern der Erde zu beurtheilen. Der Eipwar. +, -
anter Teiner Nation dad, was er nach ben Aus⸗
fprücen einer richtigen Vernunft, ober eines er⸗
Lauchten Chriſtenthums feyn follte #). Er befiand * .
vielmehr allenthalben in einer feierlichen Aufforde⸗
rung bed Zorns, oder der Rache höherer Naturen
gegen die Schwoͤrenden, wenn biefe entweder die -
Wahrheit wifentlich verhehlen, oder die Unwahrs
- heit wiffentlich fagen, oder gegebene Berfprehuns
‚gen wiſſentlich nicht halten würden. Die Auffor⸗ '
derungen ber göttlihen Mache gefchahen bald in -
Worten, bald durch gewiffe Handlungen, meiftens
Ä n
s) Pennants Voy. to the Hebrides II, 15.
8) Der ehrwürdige Böhmer fagte in feinen Prin-
-eipiis juris Canonici G. 399 - 332, Jusjuran-
dum eft afleveratio religiola, qua quis deum A
invocat tanquam teflem veri, et vindieem,: fi
feiens fefellerit, - - Vis et poteflas jurisjuran- .
di’conßftit in invocatione dei in tellem_et’vin-
dicem> - - In invocatione dei in teflem et.
vindicem perperam quaeritur execratio: aliud-
enim eft, fe fubjicere vindietae divinae, quod
Chrißiani ef; alind vero Gbimer aliisve mala
decernere, quod elle debet. a religione Chri-
ftiani alienum, - - Juramentum cui junguntur - -
“ exeCrationes,” vocatur execratoriun, quale ſo-
let eſſe jusamentum'Judaeorum,
*
N.
f
\
was ſie ehren wollen, beſonders als, was ‚ihren.
Königen angehört, über den Kopf erheben, oder
über bem Kopfe emportragen.
Unter den Merkmahlen der Andacht war mir
I; Feine laͤnger raͤthſelhafter, als diejenige Bewegung
poris nannten. Die Griechiſchen und Roͤmiſchen
Schriftſteller fuͤhren das Umdrehen des Eorpers
als eine bekannte Sache an, und die beruͤhmteſten
Alterthums-⸗Forſcher fellten die Zeugniffe der Als
ten neben einander, ohne ben Urfprung, und bie
Abficht ber gottesdienftlichen Umdrehung des Coͤr⸗
| pers befriedigend zu erflärenh). Diecircumactio
corporis beftand unter den Griechen, und Römern‘
darin 5), daß DBetende, nachdem fie ihr Gebet
| ” “verrichtet hatten, und bevor fie anbetend zur Erbe
N
fielen, fih breymahl Yon ber Rechten zur Linken
| rn amd rechten, anftatt daß die Gallier biefelbige Um:
— drehung in entgegengeſetzter Nichtung von der Un⸗
iv Ben gut Rechten vornahmen k). Babefäch
“
„ e) Erafinu⸗ Chil. I. Cent. I. in proverbio! ado-
rato circumactus. Niedeck c. 24. Pithoeus ad
cap. 9. Suet. Vitae Vitellii, ‘Brillon, de formülis
I. c. 58.
0 Unter den Symbolis der Pothagoreer war Einst
mpoouuvey wepıdspspevos. Nach ber Erzählung
welche Plutard von der Circmmactio Corparis
. macht , I. 277. 512. 873. follte man glanben, daß
vieler heilige Brauch nur den Römern eigen he⸗
weſen ſey.
‘a Plin, 28. e. 8, In adorando Bent ad ofen
lum refetimus, _totumque eorpus eircumagi- _
mus;
des Coͤrpers, welche die Römer circumactio cor-
a
N
u 23...
befchränkte fich die circumactio corporis bloß auf
ein dreymahliges Umdrehen des Görpers um feis
- nen Mittelpunct ,. fo oft die Gegenſtaͤnde ber Ans
betung nicht aegenmwärtig waren, oder eine fokhe
Sage und Stellung batten, daß man fie nicht ums
gehen konnte. Wenn aber ein Umgehen Gtatt
fand, fo breiten fich die Betenden, und Anbetens
den nicht bloß dreymahl um, fonbern umgingen
dreymahl die Statüen ober Ultäre, zu melden,
und dor weldhen fie beteten, ober anbeteten. Das
dreymahl Umgehen war von undenklichen . Zeiten
her in Afien ein heiliger Brauch, ben ınan fowohl |.
bey ben Anbetungen der Götter, als ber Könige
beobachtete : faft gewiß in d.r Abſicht, um alle bie f
Beſchwoͤrungen, oder Zauberwerke aufzufangen,
welche auf die einen, und die anderen fallen koͤnn⸗
‚ten, und gleichſam einen heiligen Kreis um. die⸗
felben herzuziehen. Wenn bie Brahminen Mor; J
gens ihren Goͤtßßen geopfert haben, fo gehen fine ;
nigftens dreymahl, "bisweilen noch öfter um denfel:
ben herum, und werfen fich eben fo oft mit ausges |
ſtreckten Armen zur Erde nieder /). Auf eine glei:
he Art, nämlid) durch ein dreymahliges Umgehen,
‚und Niederwerfen, ehrte man vormahls bie Rds“ _
nige von Perfien, und faft gewiß alle übrige Koͤ⸗
‚nige des Drientd m), Auch die Juden umgingen 1
den Altar, und andere heilige Oerter von der Died |
Ä Ä DE 7)
nm.
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müs: quod in ‚laevum fesifle, Galliae religios
‚ua credunt, u
H Rogers 1, c. 16,
g m) Della Valle Ill, Zei,
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lige Umhergehen im Kreiſe, woburd Zauberer,
—
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376 .. m mein . ' ut \ \
. , . , : -
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gen müßte, fie dofjelbe doc von dem Roͤmiſchen
Volke aufihn ableiten möchten; . fo wandte er ſich
dreymahl um, wobey er fiel, was die Umſtehen⸗
‚den für ein fehr traurige Zeichen: hielten p). Di:
‚tellius trug die Anbetung, weldye man bisher den _
Göttern allein ermiefen hatte, zuerft auf ben Cali⸗
gula über g). Das dreymahlige Umgehen erhielt
fidy ‚ohne Zweyfel unter. den nachfolgenden Roͤmi⸗
ſchen, und Griechiſchen Kaifern. Woher anders,
als aus einer Nachahmung diefer Sitte, folltedas -
‚fogenannte Berennen des Kaiſerlichen Lehnſtuhls
entſtanden feyny wobey die Vaſallen dreymahl um
das Geruͤſt ritten, auf welchem ber Kaiſer ſaß r)?
Eines gleichen Urfprungs fdeint mir das dreymah⸗
und
n) Niedeck 1, c, p. 250,
0) Plutarch, I. 277.
» I, 310. 13, Plut, Tevr, srav, xufurep eri —*
æÆiolę EIG BREVERKEVOIG - Ka wpeCKUvgCReW ei
defın afslırrav „ scoQaiy apıspefopssos. Li-
vius V. c. ar, n
| 0) Sueton. in Vitellio €. 2. Idem Miri in adu-
: dJando ingenii. Primus C. Caelarem adorari ut
deum inflitait, cum rever[ns ex Syria non ali-
ter adire-anfus ellet, quam capite velato‘, cir-
chmvertensgtre de, deinde procumbeng.: —
r) Schmidts Geſch. der. Deurfch. VII. 167 ©.
—
teen zur Linken n), "Die Römer gaben das Umdre⸗
hen des Coͤrpers beym Beten und Anbeten für eine .
Einrichtung des Numa aus 0). Als Camillus
nach der Croberung von Veji die Goͤtter bat, daß,
wenn auf dieſes große Gluͤck irgend ein Unfall fol⸗
v
\
"und Veſchwoͤrer einen gewiffen Fleck gleichſam hei⸗
ligen, oder feindſeligen Beſchwoͤrungen, und Zau⸗
berwerken unzugaͤuglich machen wollten 5).
Fe genaner man bie Natur bed Gebets ken⸗
nen gelernt hat, deſto leichter wird es, die Ab⸗
ſichten, und Einrichtungen des Eibes unter allen
Voͤlkern der Erde zu beurtheilen. Der Eid war
unter keiner Nation das, was er nach ben Aus⸗.
ſpruͤchen einer richtigen Vernunft, ober eines er⸗
lauchten Chriſtenthums ſeyn follte t). Er beſtand
vielmehr allenthalben in einer feierlichen Aufforde⸗
rung des Zorns, oder der Rache hoͤherer Naturen
gegen bie Schwoͤrenden, wenn dieſe entweder die
Wahrheit wiſſentlich verhehlen, oder die Unwahr⸗
heit wiſſentlich ſagen, oder gegebene Verſprechun⸗
gen wiſſentlich nicht halten wuͤrden. Die Auffor⸗
derungen ber göttlichen Rache geſchahen bald in
Worten, bald durch gewiſſe Handlungen, meiſtens
in
s) Pennants Voy. to the Hebrides II, 15.
4) Der ehrwürdige Böhmer fagte in feinen Prin-
-cipiis juris Canonici G. 329 - 338. Jusjuran-
dum efi afleveratio religiola, qua quis deum
invocat tanquam teflem veri, et vindicem, fi
feiens fefellerit, - - Vis et poteflas jurisjuran-
di conſiſtit in invocatione dei in tellem_etvin-
dicem> - - In invocatione dei in teflem et.
vindicem perpöram quaeritur execratio: aliud
enim eft, fe fubjicere vindictae divinae, quod
Chrißiani ef; alind vero Gbimet aliisve mala
decernere,. quod elle debet: a religione Chri-
4 [5 = 217:
fiani alienum, - - Juramentnm cui junguntur - -
execrationes, vocatur execratorium, quale ſo-
let elle jusamentum Judaeorum,
„IB. ee
in i Worten uud Thaten zugleich. Die Aufforderun⸗
| gen mochten. gefchehen, wie fie wollten; fo glaubs
ten alle Voͤller, daß die Gottheit dadurch ‚zum
Zorne gegen die Meineidigen nicht bloß. gereißt,
ſondern —— wurde; und man hielt daher
r Eide fo fehr, als irgend eine andere Art von Ges
betew, befontend von Fluch⸗ Gebeten, für Bes
Pwörungen, oder Bauber ⸗ Formeln, welchen
ſelbſt Götter gehorchen müßten u). Alle Völker
. Sloffen, und. beſchworen eher Bündniffe mit andes
ven Völkern, als fie orbentlide Gerichte, und
_ &erichts » Drbnungen hatten; unb man darf bahen
auch annehmen, daß Verfprehungs Fide aller
fepen, als Verſſcherungs⸗ Eide. |
& tie man von dem Herfagen ber Nahmen,
—— alle Arten yon Segnungen erwartete;
mußte man nothwendig alle Arten von Uebeln
fürchten, wenn man bey ben Mahmen ber Goͤtter
faͤlfchlich ſchwor; wenn man bie Götter feierlich
als Raͤcher des Meineides aufrief; wenn man ihs
ren heiligen Nahmen durch Meineit eatpelbte *
ge
) Diefe Vorſellungen waren den Juden mit allen
— uͤbrigen Voͤlkern des Alterthums gemein. Zeho⸗
pah ſelbſt beſchwor nicht bioß dad Bindniß‘, was
er mit Abrabam geſchloſſen, oder dad Veiſpre⸗
den, was er demſelben gegeben batte, ſondern er
ef fiid fo gar deim Durchwandeln durch die
alften nefchlachteter Opferrhierg: Gen“ KKIV. %,
AXVI. 3, Stäudlin ig der hiltoria jurisjur. biblieg,
die das 1 Programm er 1805. qusmachte
4.: offenbar um fich ſelbſt adutch unmiders |
Fe zu binden. ſeh #
/
md Beynahmen von Göttern in den Lob⸗ und
—
=
— — 285
Haare ohne Bedenken hir. Sind ſi e es ridt,
ſo geſtehen ſie gleich ihren Febltritt. Untreue
Weibtr, die Haare aus einer Baͤrenhaut anneh⸗
men, wuͤrden nach dem Oſtiakiſchen Volksglauben
unfehlbar in drey Tagen von eben dem Baͤren
zerriſſen werden, deſſen Haare ſie durch einen Meins
eid befchtmpft haͤtten y). An den Huldigungs⸗
Feſten, wo die Oſtiaken den Eid der Irene in Ge⸗
genwart ihrer Woiwoden ablegen follen, breitct
man eine Bärenhaut auf der Erbe aus, läßt
einen jeden Schwörenben auf biefe Haut hinfigen,
kaͤlt ihm außer einem Belle ein Stud Brot auf
‚ einem Meffer vor; und laͤßt in dann folgende Worte
nachſprechen: auf den Fall, dag ich meinem Herru
nicht treu bleibe, ober mich wiffentlich gegen ihn -
empoͤre, möge mich diefer ‘Bär zerreiflen:. bieß
Stuͤck Brot, was. id eſſen werde, möge mi
erſticken: dieß Meſſer möge mich umbringen, -unp.
dieß Beil mir den Kopf abſchlagen 2), - Unter
_ ‚ven alten Seythen ſchlachteten diejenigen, bie don
Maͤchtigeren Usrrecht gelitten hatten, und zu ſchwach
waren, ſich ſelbſt Genugthuung zu verſchaffen, einen
Ochſen, kochten das Fleiſch, und ſetzten ſich dann
auf bie Haut hin, um ihre Freunde und Bekannte,
ober anbere Freunde ber Gerechtigkeit zur Huͤlfe
aufzufordern a). Wer ſich entfchloß, dem tt
tenden beyzuftchen, trat auf bie Ochſenhaut, auf
. wilder: der Bittende faß, und legte baburch bep '
beiligſten Ei; ab, daß er aus allen Kräften. hel⸗
fen
9 ebrand pꝛ 44.
u 2) Muller fur les moeurs des Ofliakos p. —2* A.
'#) U. 2 Lucian in Toxari.
nl „3
Ei Vu. ⸗
!
7
!
* J
‘ * a
" 290 rt " u u er
"andere, als ihre Kinder haben wolle d). Als
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Faſt noch öfter, als bey den Göttern feldfl,
ſchwor man bey heiligen Dirigen, deren Entwei⸗
hung durch Meineid Die Götter, wie man glaubte,
nothwendig an den Meineidigen ahnden wuͤrden,
and ahnden muͤßten. Selbſt die Jnden fingen
in ſpaͤteren Zeiten an, bey dem Himmel und der
Erde, bey Jeruſalem, und anderen heiligen Or⸗
ten, ben dem Tempel und wor bem Altar bes
Tempels zu fhwören a). Die Schwörenden bes
Aruͤhrten ſtets bie heiligen Dinge, bey welchen fie
ſchworen, wenn fie anders erreichbar waren, Konns
Ite diefes- nicht gefchehen, fo ftredte m
ſtens vie Mände gegen. dief:!ben ans 5b), Man
feßte, daß’ die Schwoͤrenden fih um deſto mehr
ſcheuen würben, heiline Dinge durch einen Mein⸗
eid zu entweihen. Hamilkar ließ feinen Sohn
qannibal auf einem Altar ſchwoͤren, baf er einen
unaueloſchlichen Haß gegen die Römer hegen wolle c).
Ein ruchloſer Prolemaͤer ſchwor ben dem Altare,
dem Bil;niffe und Giße des Jupiter, daß er
Fih ehne Trug mit feiner Schweſter vermaͤhlen,
daß .r keine andere Gemahlin nehmen, und Feine
die
4) Matthäl v. 34 u. f. S. Stäudlin L.e. p. 1418.
5) Seibſt die Juden ſchworen beym Jehova mit aufs
vebobener Hand, Stäudlin I.c, pe 4
e) Polyb, III. 11.
d) XXIV. ↄ2. Iuſtin. Quo perducto in [anetillimum
‚‚ Jovis templum, veterrimae Macedonum religio-
nis, Prolemacus fumtis in manus altaribus, con-
tingens ipla fimulacra et pulvinaria deorum,
inauditin, ultimisque exſecrationibus adjurat dic, .
n
drang anf. diefe Verährungen, weil man borauds
N
die Haͤupter ber Sainniter ihre Juͤnglinge zu eineın
unbedingten Gehorfam’ verpflichten wollten, ließen
fie Einen nad bem Andern an einen Altar tres
ten, und bey dem Altar unter den ſchrecklichſten
Verwuͤnſchungen gegen ſich ſelbſt und die Ihrigen
ſchwoͤren, daß ſie ihren Feldherren jederzeit ge⸗
horchen, daß ſie ſelbſt nie aus der Schlacht wei⸗
- hen, und einen jeden Fliehenden toͤdten wollten ).
Andere Völker fihmoren bey ben Gräbern ihrer
Vorfahren. Dieß thaten in Älteren Zeiten bie
Scythen, indem fie die Srabmähler ber durch
ihre Gerechtigkeitsliebe am meiften berühmten
Männer berührten f), Eben diefed thun noch
jegt die heidnifchen Einwohner von Sumatra g).
Miel allgemeiner war das Schwören bey Waffen,
- Krieadzeihen und Müftungen, die entweder felbft
als Fetiſchen verehrt, ober body als gewiffen Goͤt⸗
tern heilig betrachtet wurden. “ Die Griecchifchen.
‚ Könige der Heldenzeit ſchworen bey ihren Zeptern,
N x v
, .
, *
ausm / BB \ 881
welche man allerdings als eine Art von Waffe
anfehen kann ). Die Griechen, bie dem jüngeren
Eyrus gefolgt waren, ſchworen nach dem Tobe
biefes Helden, daß fie einander nicht verlaſſen;
— und
e) Livins X, ce. 38. Admovebatur altaribus mi-
les - - - dein jurare. cogebatur diro quodam
carmine in exfecrationem eapitis familiaeque et -
firpis compoßko, ni iffet in praelium, quo
imperatores duxillent: et fi aut ipfe ex acie fu-
"gifet, aut fi quem fugientem vidillet, non
- -extemplo excidiller. “ |
MV Heredor, IV. 170 .. rw ruußav draus —
g) Marsden p. 189. 205. 204. _ 0
M) Ariſtot. Polit, III. c, 10,
368 — —
und bie Barbaren, daß fie treue Wegweiſer ſeyn
| wollten. Die Griechen berührten bey dieſem Schwur
4 "ihre Schilde mit dem Degen, unb die Barbaren
mit ber Lanze 5) Nicht Lange nachher beftätigten _
dieſelbigen Griechen eine. mit: ben Mabronen ges '
. teoffene Webereinkunft dadurch, daß fie von diefen
- einen Spieß annahinen, und ihnen ‘einen Gricdis
Shen Spieß zurücdgaben ). Mac der Erobe⸗
rung von Neu⸗Carthago machte Seipio bekannt, .
daß er demjenigen, ber bie Mauer ber Stadt
‚ zuerft erffiegen babe, eine Mauer-Crone zur Be
lohnung feiner Zapferkeit ſcheuken wolle. Auf
dieſes Ehrenzeichen. machten zwey Auſpruch: Ei⸗
ner von der Flotte, und ein Centurio der vier⸗
> ten Legion. Für ben Einen nahm die ganze Flotte,
für den andern alle Segionen den Lebhafteften Theil.
Beyde Parteyen wollten bey allen Göttern ſchwoͤ⸗
ven, daß der von ihnen Begünftigte des Ehren⸗
zeichens allein wärdig ſey. Laͤlius meldete dies
ſes dem Scipio, und bat feinen Freund, daß er
die aufgebrachten Gemuͤther befäuftigen möge, das
mit nicht die Einen, oder die Anderen ſich felbf, . -
die Adler und Übrigen Kriegszeihen mit einem
Meineide belaften, und bie Heiligkeit des Eibes
entweiben möchten 7). Es iſt bekannt, De die
. ' 20x39
) Xenoph, Anabal, VI, 6. 2. $ 5 Pı 86,
j k) ib. IV. e,8. 6.5. | J
Livius XXVI. c.48. Stare hinc legionarios mi-
"tes, hinc elaflicos , per omnes deoe paratos ju-
‘rare magis, quae velint, quam quae ciant vera
elle: et obftingere perjurio'non fe lokım,.[uum-
que caput, led figna militaria, et aquilas, facra-
mentique religionem. Die Roͤmiſchen Kriege h
. ruhrs⸗
J
— — 283
Dr 2
1
Germanier, die Gallier und andere ait⸗Europaͤi⸗ u.
ſche Völker bald das Schwerdt, bald ihre Kriegs⸗
zeichen als wirkliche Gottheiten, ober als heilige
Dinge verehrten m). Daher die allgemeine Sitte,
auf Schwerbter und Kriegszeihen, befonderd von
Kriegern, ſchwoͤren zu laſſen: eine Sitte, bie in
Holſtein bis in das fiebenzehnte Jahrhundert forts
bauerten)! Die Tſcheremiſſen, Ifhuwafden und -
Wotiaͤken legen ihre Eide über. zwey Creutzweis
gehaltenen Säbeln ab 0). Ich bür ungewiß, ob
deßwegen, weil fie die Saͤbel für etwas Heiliges
halten, ober um dadurch anzuzeigen, daß fie im
Falle des Meineides mis diefen Saͤbeln möchten
getsotet werben. Die Chriftlihen Völker ſchwo⸗
ven vormahls, und. fihmören zum Theil noch jet
auf Reliquien, oder auf die Bibel, ober auf Hei⸗
ligenbilder p); die Mahomedaniſchen auf dem Ko⸗
van 4). Auch bie Neger in Guinea, bie fonft
| ; bey
rührten nämlich, wenn fie einen Eid ablegten, ihre-
Kriegszeichen. Saubert, de facrif. p. 118. 115.
Die Worte obflingere - - - fapramenti religionem
find fehr merkwuͤrdig. ’
m) Man ſ. den Abſchnitt von den Fetiſchen, u. Caefar
de hello Gall. VIl, se.
P) Man I. Dreyers Anmerkung von der in Holftein
ehedeſſen üblihen Gewahnheit, die Eide an ber Kling
ge des Degens abzulegen. 4. 173 urf. Si vermilcte
Abhaud!, i on
e) Gmelin I. 81 5
p) Pelliccia II]. P. 2. P- 350. Lamberti p- 156.
g) Chardin If 410. Dieß thun ſelbſt die Tartaren
tn Sibirien. Gmelin I. 21 S.
— — —-
—⸗⸗
—*
284 BE _ —
7
| ben ber Ablegung von Einen Fetiſchen genießen,
oder kuͤſſen, fchwoͤren häufig bey der Bibel, wel⸗
che man ihnen vorlegt, ober an ben Kopf und die
Bruſt hält #), fo wie die heidniſchen Einwohner
Son Sumatra, bie gewoͤhnlich auf ben Gräbern
ihrer Vorfahren ſchwoͤren, eben biefes auch bey
dem Koran der Mahomedaniſchen Malayen thuns). -
Die Hindus ſchwoͤren gewöhnlich bey der Kuh, und --
- halten: bisweilen während der Ablegung des Eides
J
) Chardin III. 411. della Valle III. ı7,
- ein Meſſer in der Hand: wobey fie wünfchen, daß
das Meſſer das heilige Thier töbten möge, wenn -
fie falſch ſchwoͤren #). Die rohen Galler in Afrika
beſchmieren den Kopf eined Schaafs mit Butter, . _
und legen dann während des Schwoͤrens ihre Haud
„auf ben befirthenen Kopf u). Die Buräten’ ver
‚ehren vorzüalih einen hohen Felfenberg an dem
Ufer des Baikal⸗Sees. - Diejenigen, welche einen
Gid abzulegen haben, müffen diefen heiligen Berg
befteigen, und auf bem Gipfel deſſelben fchwören.
Die Vuraͤten haben den feften Glauben, daß feis
ner, der den heiligen Berg durch‘ einen Meineid
entweihe, wieder berunterfomme, fonbern viel⸗
mehr getödter werde x), Oſtiaken, melde ihre
Weiber der Untreue argwöhnen, bieten denfelben
eine Handvoll, Haare aus einer Baͤrenhaut an.
Sind. die Frauen unfhuldig, fo nehmen fie die
—— "Dass
I
r) Bosmann S. 166, - -
4) Marsden Il. CC
u) Lobo p. 30.
#) Isbrand im 8. Banbe.der Voy, au Nord p, 6.
- Dallas Mongol. Volk, I, 18 &, _ |
4
Haare ohne Bedenken hin. Sind ſie es nid,
“fo geftehen fie gleich Ihren Febltritt. Untreue
. MWeibsr, die Haare aus einer Baͤrenhaut anneh⸗
men, würden nad) dem Oſtiakiſchen Volfsglauben
unfehlbar in drey Tagen von eben dem Bären
“ zerriffen werben, deffen Haare fie durch einen Deine
eid beſchimpft hätten y). An den Huldigungs⸗
Feſten, wo die Oſtiaken den Eid der Treue in Ge⸗
genwart ihrer Woiwoden ablegen follen, breitet
man eine Baͤrenhaut auf der Erbe aus, Tat
einen jeden Schwörenden auf biefe Haut hinfigen,
bölt ihm außer einem Belle ein Stuͤck Brot auf
‚ einem Meffer vor, und läßt ihn baun folgende Worte
nachſprechen: auf den Fall, dag ich meinem Herru
nicht treu bleibe, oder mich wiffentlich gegen ihn
empoͤre, möge mid, diefer Bär zerreiffen:. bieß
Stud Bröt, was ich een. werde, möge mid
erſticken: dieß Meffer möge mich umbringen, und
‚bieß Beil mir den Kopf abſchlagen 2). Unter
‚den alten Seythen ſchlachteten diejenigen, bie Yon
Maͤchtigeren Unrecht gelitten hatten, und zu ſchwach
waren, ſich felo Genugthuung zu verfchaffen, zinen
Ochſen, kochten das Fleiſch, und ſetzten ſich baum
auf die Haut hin, um ihre Freunde und Bekannte,
ober anbere Freunde ber‘ Gerechtigkeit zur Huͤlfe
aufzuforbere a). Wer ſich entſchloß, bem Bit⸗
tenden beyzuſtehen, trat auf bie Ocſenhaut, auf
welcher ber Vittende faß, und legte baburch deu
beiligſten ei: ab, daß er aus allen Kräften. hel⸗
fen
n lebrand p. 44.
%) Muller far les moeurs des —E p. —* A. |
'6)- U. 84 Lucian in Toxari.
en ⸗ñ >
fen wolle b). Auch unter den Seythen ion war |
vie Haut eines aefchlachteten Thiers ein Fetiſche,
den man beym Schwoͤren beruͤhrte, und: von wels
cheim man „glaubte, daß er ben Meinetbigen ſtra⸗
fin werde. an '
Bau Eben bie. Volter, , welche bey ben Göttern,
»ber.:ben heiligen Dingen fd;mworen, legten ſehr
Paͤufta Eide entweder bey. einzelnen Verfonen ‚ober
bey ihrem eigenen Leben und Gliedmaßen, ’ oder
endlich bey ſolchen Gegenſtaͤnden ab, von melden
hrs Wohlfahrt abhing, oder wovon ‚man wenig⸗
Rene verausfegte, :daß fie ihnen fehr theuer ſeyen.
3548 irgend inöglid, war, beruͤhrten die Schwös
erben bie Perfonen ,' oder Theile und Gegenfikas
De, be: weldyen fie ſchworen; und zwar inmmerrki
ber Metnung, daß..ter-Mieineld auf das, mus
man berührte, den wöttlidhen Forn und göttliche
Sıpafen herabbringen werde. ‚Die: Buben: [chwos
Hen in ſpaͤteren Zeiten nicht bloß bay ihrem Haupte,
vie die Griechen c), ſondern auch: bey dem Leben
dr: Könige, gleich ben Perſern and ben fpäteren
imern, welchen Ießteren ber Eid 'per genium
Sfiricipis , ber per falutem: Caefaris als in Ma⸗
jeſtkess Verbrechen unterfagt wurbe, weil man
flaͤrchttee , daß die Beherrſcher ſtatt der Teichtfene
niyen ober boshaften Meineidigen koͤnnten geſtrafe
werden 4). Hiervon waren bie Scothen zu he⸗
rodore Zeiten fo feſt uͤberzeugt,v duß fie bey je
der
5) L. e. To yap krißgvai ryc —E —x —
ng Meſ. Du V. 247. 218; Athenae. 1
x . “ na * or. S
d) ne
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ten "werben f).- Auch bie Oſtindiſchen Voͤlker triu⸗
ken Fluchwaſſer, ober ſolches Waſſer, in welches
man vorher einen Fetiſchen, z. B. einen alten
Dolch, ober einen Flintenlauf eingetancht hat g).
Wenn Schwoͤrende bey der Ablegung von
Eiden keine heiligen, oder verwuͤnſchten Dinge ge⸗
noſſen, ſo nahmen ſie meiſtens gewiſſe Handlun⸗
gen vor, wodurch angedeutet wurde, welchen götk:
lichen Strafen fie fih im Falle des Meineides un:
teriverfen würden, oder. ausgefeßt glaubten. Uns
- tee den Juden geſchahen die heiligften Eibe bey
Dpfern. Man ſchlachtete gewöhnlich fieben Opfers |
thiere, woher das Schwoͤren im. Hebraͤiſchen den
Mahmen Siebenen erhielt. Die gefchlachteten
Thiere wurben in zwey Hälften zerlegt, und ber
Schwoͤrende ging durch bie beyben Hälften ber zer⸗
legten Dpferthiere durch, um baburch anzuzeigen,
‚daß er, wenn er meinelbig ſey, ober werde, glei - |
ben Opferthieren zerflücelt werben wolle. Das
Durchgehen durch bie- beyden Hälften gerftüchelter
DOpferthiere war bey der Beſchwoͤrung von Buͤnd⸗
niffen unter allen Völkern des Alterthums, au
unter ben Griechen und Römern gebraͤuchlich, und
eben daher entflanden unter den beyden letzteren
Nationen die Medensdarten dıaIzuy, und foedus
inire, wodurch!: man Vuͤndrife— und das Schließen
von
‚f) Loyer p. 258. Cavazai I. 304. 310. Marmol
© gt Labat I 413, Flacourt I. 99. Römer
74.
g) Von den Siamelen, Loubere I, 247. Von den
Einwohnern von Sumara, Maisden p, 204.
— — 293
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allein ausgerottet wuͤrden )). Nach dem en
0. . Ä | ins.
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son Buͤndniſſen bezeichnete 4). Die: Berfwere
nen, welche die verjagten Tarquinier -zurücfühs
dem Blute eined geſchlachteten Dienfchenopfers,
deſſen Eingeweide fie berührten i). Als Arijtideg
im Rahmen ſeines Volks das Buͤndniß mit den
Aſiatiſchen Griechen ſchloß, die‘ vorher unter ber
Herrſchaft der Perfer gewefen, oder deu Sparta:
nern gefolat waren, marfen er fo wohl, als bie
Abgeordneten‘ ber Bundesgenoſſen Kugeln, ober
Maffen von glühentem Eifen ıin’d Meer, mit ber
Berwünfchung, daß diejenigen, welche das Bünds
aiß braͤchen, gleich den Eifenmaflen möchten weg:
arworfen, und aufgelöfcht werben 2). Gebietende
Umſtaͤnde nöthigten in ber Folge die Arhenienfer,
das befchworne Buͤndniß zu brechen; und nun gab
Ariſtides ihnen felbft den Math, daß Me bie Stra⸗
fen des Meineides über ihn allein Fommen laſſen
möhten. Nach dem Polybius machten bie Roͤ⸗
mifchen Feciales bey der Beſchwoͤrung von Bünbs-
wiffen ftetd die ausdruͤckliche Bedingung, daß,
wenn bie Roͤmer eidbruͤchig werben follten, nur fie
RR Sofes ©, 231. Michaelis Mof. Recht II. 9
Vi: 147,
’ Ö) Plutarch, I. 39x. in vita Publicolae.
' k: Piutarch. IL, 236,
HIN. os. Si fidem fervallo, nach ber Ueberſetzung
des Eafautonus, tum me dii sdjuvent, Sin
fciens fefellero, tum ego lalvis cacteris.omni-
bus, in [uis patrüs, -fuis legibus, ſnis penati-
"* bus, Iscris, fepulcris, folus extermincer, ut his
nünc lapis. —
ven wollten, ſchworen ſich gegenſeitige Treue bey
—
u | — 289
Beklagten in der. Hand, ald wenn der wahre Eid
dieſelbige Wirkung hervorbringen wuͤrde, welche
man ſonſt nur don dem Meineide erwartete 0).
Fremdlinge ließ man bey den Gtabtheren ſchwöͤ—
ven p), deren Sicherheit oder Integrität die Schwös
renden wenig interefliren kennte. Als Alarich
und Chlodewig einen gefchloffehen Frieden bes
ſchworen; fo ſaßten dieſe Könige ſich nicht ein es
ber bey feinenn eigenen Baart, fondern Alarich
berührte den Baart ded Chlodewig pp). '
Sn eben ber Abſicht, in welcher man bey den
Nahmen von Göttern und bey Heiligthuͤmern, oͤder
wenigfiend bey theuren Gegenſtaͤnden ſchwor, af
und tranf man bey der Ablegung von Eiden, bald
heilige, bald verfluchte Dinge, von welden man
glaubte, daß jie unvermeidliches Verderben uͤber
den Meineivigen bringen wuͤrden. Bisweilen,
ſcheint es, genoß man gewoͤhnliche Speiſen und
Getraͤnke, uͤber welche man vorher weder Segen,
noch Fluͤche ausgeſprochen hatte, und ſtieß dann
beym Genug graͤßliche Verwuͤnſchungen aus, daß
dieſe ſonſt geſunden Speiſen, und Getraͤnke den
Schwoͤrenden erſticken, oder rötten möchten, went
er fi eined Meineides ſchuldig m 9). Allein
ed
0) Dreyer lc,
v)ıc ..
‚pp) Aimon, Gel. Franc, I. c. 20. Pellontier], 356,
9) So nimmt in gewiffen Gegenden von Sumatra
der jenige, der ſchwoͤren foll, ‚bloß. etwas Reis in
den Muund, und wuͤnſcht, daß dieſer Reis zu einem
Steine werden moͤge, wenn er falſch ſchwore.
Marsden pP: 309 |
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290 m. . . , s
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ad tft ſehr ſchwer, den Genuß von Dingen, ber
Bloß eine fombolifhe Bedeutung hatte, von dem
Genuffe heiliger und verfluchter Dinge gu unters
ſcheiden, da unter aberglänbigen Wölkern eine‘
‚Kleinigkeit hinreiht, etwas zu einem Fetiſchen,
ober Zauberwerke zu machen. Zu den Dingen,
welche man bey der Ablegung von Eiden genoß, ges
hörte zuerft das Blut der Schwoͤrenden. Bey ver
Schließung von Buͤndniſſen war es zu Herodots
. ‚Zeiten unter den Scyhthen Sitten), daß bie Ab⸗
geordneten fich Fleine Wunden an einem beliebigen
Theile ihres Coͤrpers ‚machten, und. einige Tro⸗
pfen Bluts in einen. Becher voll Weins fallen
ließen. Dian tauchte in den mir Blut gemifchten
Wein, alle Arten von Waffen ein, Säbel und
Dfeile, Aexte, und Wurffpiege, und trank dann
‚ben Becher unter den ſchrecklichſten Verwuͤnſchun⸗
gen aus. Die Scythen flifteten noch zu Lucians
Beiten auf die jeßt befchriebene Art die beiligften
Helden : Freundfchaften s). Bey dem Buͤndnuiſſe,
welches bie Mieder und Lyder unter dem Aftyas
es und Cyaxares fchlofien, beſchworen ober bes
340 die Abgeordneten den neuen Bund dadurch,
daß fie ſich kleine Wunden am Arme machten, und
Einer des Andern Blut aufleckte 2). Auf eine
ähnliche Art verwunden ſich noch jetzt Schwörende,
und trinken das vergoſſene Blut auf der Inſel Ce⸗
ram, auf den Philippiniſchen Inſeln, und unter
manchen Negern u), In Tunkin trinkt man beym
wand
7W. 10.
9) Luc, in Toxari II, 548.
&) Herodot; I. e. 74
>
u) Valentyn III. 10. Argenfola I, zog, Fermin |
163 p.
.
— ——— ——— ——
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fey, die Hüften ſchwinden, und ber Leib auffchmels
— — 291
| Schwoͤren das mit Arrack gemiſchte Wut einer
Kenne x) , und in Amboina Kaßenblut y), das
mit Salz, Erde und anderen Dingen vermifcht ift:
wobey man wuͤnſcht, daß die Geifter aller birfer
Dinge den Schwörenden, wenn er meineidig fey, .
oder werde, plagen mögen. Die Tüngufen floßen .
einem Hunde ein Meffer in’s Herz, und fangen
da6 hervorfirömende Blut ein 2).
Einer‘ der furchtbarſten Eide, bie unter ben. -
. Völkern bes Alterthums geſchworen wurden, war
der Reinigungs: Eid, melden nah Moſis Vors
fhriften die des Ehebruchs verdaͤchtigen Feraelis
finnen ablegen mußten a). Wenn ein Sude feine
Kran bed Ehebruchs aramöhnte, fo führte er fie
nad; Jeruſalem, und flellte fie vor ben Priefter.
Der Priefter entfchleierte das funft verhüllte Ange⸗
ficht ber’ Befchuldigten, band ihre Haare los, und
legte ein Rüge s Opfer anf ihre Hand. Zu gleis
her Zeit fchrich er gräßliche Fläche auf einen Zets
. tel, wuſch diefe Flüche mit Weihwaſſer ab, dad
mit dem Staube aus dem Tempel gemifcht war,
und ließ die Beſchuldigte dieß Fluch- Wafler trin⸗
fen. Die Fluͤche, oder Verwuͤnſchungen beffanben
barin, daß der Schwoͤrenden, wenn fie ſchuldig
len
æ) Valentyn III. zos. ”.
Y)H.mle . —
2) Isbrand p. 85. |
a) IV.9. Moſ. 5. 12 u fr V. Mid Mofaifches
Necht V: 211 u. f. ©. | - |
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len ſolle, da hingegen das Fluchwaſſer ihr nicht
ſchaden werde, wenn ſie unbefleckt ſep·
Die Ehriſten des Mittelalters "nahmen bey
der Ablegung von Eiden haͤufig das Abendmahl,
und Ritter ſchworen uͤber einem gebratenen Pfau,
ber nachher zerlegt, und vertheilt wurde db). Ein
Zatarifcher Knaͤs, ber ben Eid ber Treue ablegte,
verfluchte ſich felbft in Diefem, und dem Künftigen
Leben, wenn er den Eid der Treue nicht halten
follte. Zugleih trank er. eine Schaale Brantes
wein, und wuͤnſchte, daß diefed Getränk ihm im
Halſe ſtecken bleibe, und fein Herz verberben mös
ge, wenn er fich des Meineides ſchuldig niade c).
Ale Zatarifche Völker, die dem Ruſſiſchen Sceps
ter gehorchen, die Tſchuwaſchen, Theremiſſen, Wos
tiaͤken u. ſ. w. eſſen beym Schwoͤren entweder
Brot und Salz, oder Mehlkloͤße, wobey ſie Salz⸗
waſſer trinken: alles mit dem Wunſche, daß das
Genoſſene ihnen im Halſe ſtecken bleibe, wenn ſie
| falſch ſchwoͤren d). Huſtet ein Tſchuwaſche bey
dem Trinken von Salzwaſſer, ſo wird er fuͤr mein⸗
eidig gehaltene). Die meiſten Neger in Afrika
eſſen und trinken allerley, was von ihren Gangas,
ober, Fetiſchirern beſchworen, ober bereitet worden:
in der feften Ueberzeugung, daß die genoffenen Fe⸗
tifchen, ober Zauberwerke den Meineidigen töds
fen
6b) Selchov Element. Jur, German, p. 825. St, Pa-
laye III, 11p. nu
€) Sifcher 8. 639.
8) Pallas Reiſ. L 95 Muͤllers Samml. IR. 365.
14) Paua⸗ l. ©.
.
. , — am 293
ten werben f).- Auch bie Oſtindiſchen Boͤlker triu⸗
ken Fluchwaſſer, oder ſolches Waſſer, in welches
man vorher einen Fetiſchen, z. B. einen alten
Dolch oder einen Flintenlauf eingetancht bat g).
Wenn Schwoͤrende bey ber Ablegung bon |
Eiden Beine heiligen, oder. verwünfchten Dinge ge: .
nofien, fo nahmen fie meiftens gewiſſe Danbluns
gen vor, wodurch angedeutet wurde, welchen götk:
lichen Strafen fie ſich im Galle des Meineides un:
teriverfen würden, oder ausgefeßt glaubten. Uns
tee den Juden geſchahen bie heiligfien Eibe ben
Opfern. Man ſchlachtete gewöhnlich fieben Opfers |
thiere, woher das Schwören im. Hebraͤiſchen den
Rahmen GSiebenen erhielt. Die gefchlachteten
Thiere wurden in zwey Hälften zerlegt, und ber
Schwoͤrende ging durch die beyden Hälften ber zer⸗
legten Dpferthiere durch, um baburch anzuzeigen,
daß er, wenn er meineibig fey, ober werde, glei - .
ben Opferthieren zerflückelt werben wolle. Das
Durchgehen durch die begden Hälften gerftückelten
Dpferthiere war bey der Beſchwoͤrung von Buͤnd⸗
niffen unter allen Völkern des Alterthums, auch
unter ben Griechen und Römern gebraͤuchlich, und
eben baher entfianden unter ben beyden leßteren
Nationen die Redensarten dıaYyuy, unb foedus
inire, wodurd man änbaife, und das Schließen _
non
f) Loyer p. s5s. Cavazei 1. 30%. 310. Marmol
ee 119, ‚Labat k ‚413. Flacourt J. 99, Römer
74.
5) Yon den Siameſen, Loubere I, 247. Von den
Einwohnern von Sumatra, Marsden p, 204...
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mon Buͤndniſfen bezeichnete h). Die Verſchwore⸗
men, welche die verjagten Tarquinier zuruͤckfuͤhh⸗
ren wollten, ſchworen ſich gegenſeitige Treue bey
dem Blute eines geſchlachteten Menſchenopfers,
deſſen Eingeweide fie beruͤhrten i). Als Ariſtides
im Rahmen ſeines Volks das Buͤndniß mit den
Aſiatiſchen Griechen ſchloß, bie‘ vorher unter ber
Herrſchaft der Perfer geweſen, oder den Sparta:
gern gefolgt waren, warfen er fo wohl, als bie
Abgeordneten: der Bundedgenofien Kugeln, ober
Maffen von gluͤhendem Eifen in's Meer, mit ber
VWerwuͤnſchung, daß diejenigen, welche dad Bünds
aiß bräcen, gleid ben Eifenmaffen moͤchten weg⸗
| armorfen ‚ und aufgelöfaht werben 2); Gebietende
Amſtaͤnde nöthigten in der Folge die Athenienſer,
daB beſchworne Buͤndniß zu brechen; und nun gab
Ariſtides ihnen felbft den Rath, daß fie bie Stra⸗
fen des Meiueited über ihn allein kommen laffen
möhten. Nah dem Polpbius machten bie Roͤ⸗
miſchen Fecialed bey-der Veſchwoͤrung von Buͤnd⸗
siffen ſtets die ausdrückliche Vebingung, daß,
—
wenn die Roͤmer eidbruͤchig werden ſollten, nur ſie
‚allein ausgerottet wuͤrden I). Nach dem —
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1 Ste 8, zzi. michaelis Moſ. Recht II. 8.
1) Plutareh. I. 391. in vita Publicolae,
. Piutarch. II, 536,
118, 05, Si fidem fervallo, nad) ber ueberſehung
des Caſaubonus, tum me dii adjuvent. Sin
fciens fefellero, tum ego falvis caeteris.omni-
bus, in fuis patrüs, fuis legibus, fuis penati»
r bus, lacris, fepulcris, folus exterminer, ut hic
münc lapis.
von Vündniffen nicht blog einen Stein weg, fon
dern fchlugen mit dem Steine, ben fie in der Hand -
22 295
hingegen warfen die Feciales bey der Beſchwoͤrung
hatten, eine Sau, und wuͤnſchten, daß das Volk,
welches das abgefchlofjene Buͤndniß breche, auf
eine gleiche Art von den Goͤttern moͤge geſchlagen
werben m): Go wie bie alten Franken bey ber
Ablegung von Eiden einen Stock wegwarfen n); fo
ſchneiden die Einwohner von Borneo ein Bambus
Mohr entzwey 0), und die Chinefen ſchlagen einem
Huhn ober Hahn. den Kopf ein, ober drehen eis
nem folchen Thiere ben Hals um p): alles unter
der Verwuͤnſchung, daß dem Schwoͤrenden eben fo
geſchehe, wenn er die Unwahrheit ſage, oder ſein
Wort nit halte. Die Calmycken g), die Java⸗
ner, und Malayen 7), laſſen ſich ben der Ables
gung von Eiden einen entblößten Saͤbel in ben
Nacken legen, ober berühren mit dem Munde, ober
ber Zunge bald die Mündung eines Feuergewehrs
ober Rugeln, bald bie Spige eined Pfeiles, oder
Dolches; wobey fie den Fluch audfpreihen, daß ..
fie, wenn fie meineibig würben, durch diefe Waf—⸗
fen möchten 'getöbter werden. Unter einigen Me:
gern
m) IX. c. 5 Per quem populum fiat, quo minus
‚, legibus dietis hetur, ut eum ita Jupiter feriat,
. quemadmodum a fecialihus porcus feriatur,
7) Dreyer). c. 6,1006
0) Sprengele Bept. 1,255.
7) Valentyn III, 20, Rarrow p. 54.
Pallae Reifen I, 33%. deſſen Mongol. Voͤlkerſch.
— 220.. —
7) Vogel & 299. Marsden p- 309.
!
B N
niß zur Ranzion, theils von ihren. Anverwandten
bie erforderlichen $öfegelder auszumirken.. Der
Senuat ſchlug aller Bitten, ımd Worftellungen uns
geachtet die Erlaubniß, ſich loszukaufen, ftanbhaft
46, Die Abgeordneten kehrten baher in das Pu⸗
nifche Lager zuruͤck, tie fie dem Hannibal eidlich
verſprochen hatten: einen einzigen ausgenommen,
ber gleich nach der Abreife aus bem Lager unter _
bem Vorwande,“ etivad vergeſſen zu haben, zuruͤck⸗
aegangen war, und durch diefe Ruͤckkehr feinen‘
Eide genug gethan zu haben glaubte. Diefe unroͤ⸗
miſche Schlauheit erregte einen. fo beftigen Unwil⸗
Ien, daß der Senat den Eidbrüdigen erareifen,
und gebunden zum Hannibal zurüdführen ließ n).
Wenige Mienfchenalter nach bem Polybius vers
Iohr fi die Ehrfurcht gegen den Eid in eben dem
Verhältniffe, in welchen Treue und Redlichkeit
verfhmanden 0). Die Treuloſiakeit der verdorbe⸗
nen Römer ging bald zur ihren Siegern, ben Gers
manifchen Nationen über. Wenn ed au nicht alle
Geſchichtſchreiber des Mittelalters bezeugten, ſo
‚würden es allein bie aͤlteſten Geſetze ber bentfchen
Völker darthun, daß Meineid, und Wortbruͤchig⸗
feit kaum jemahls unter den Griechen und Roͤ⸗
mern berrfchender waren, ald unter ben eben fo
roben, als verdorbenen Chriſten der fiuſteren "han
uns
n) VI. 56. Bolyb. Gellius erzäbft biefelbige Bear:
benbeit mit etwas veränderten Umſtaͤnden: VII,
18 ©. wobey er frenfich einen ſebr wichtinen Ge⸗
währsmann ben Cornelius tIepos. anführt.
0) Man f. die oben angeführte Stelle des Civius.
%
—
— — 2333
hunderte p). Die Leichtigkeit, ſich von der Säulb
des Meineides zu befreyen, ober von der Befle⸗
ung beffelben reinigen zu laffen, war unftreitig
eine Haupt⸗ Urfahe der häufigen Meineide unter
den Völkern bes Mittelalters, fo wie unter den
- verborbenen Juden, oder ben Kaufafifchen Chris
fen, und den DMegern in Afrika. GSelbſt nad’
den Mofaifchen Gefegen Fonnte man die Schuld
bed Meineides durch ein Opfer abFaufen 4). Die
Juden fahen den Meineid bloß als eine Beleidi⸗
gung ber Gottheit an, und belegten ihn deßwegen
nicht allein nidye mit bürgerlichen Strafen, fondern
nicht einmahl mit allgemeiner Schande vr). Unter
den Mingrelifhen Chriften fürchten ſich Einige vor
dem Schwören auf. Heiligenbilder fo fehr, daß fie
nie, aud nicht in der gerechteften Sache, einen Eid
ablegen s), Weit größer ift die Zahl derer , bie
Fein Bedenken tragen,. falfhe Eide zu ſchwoͤren,
entweber weil fie glauben, baß bie Heiligenbilder
ben Meineid nicht fo Abel nehmen werben, oder
dag man fich mit ihnen abfinden Fönne. Die Min⸗
grelier ſchwoͤren am Liebften auf foldhe Bilder, die
eine fanfte Miene haben, ober denen fie vorher ihre
Abſicht, falſch zu ſchwoͤren, mit ber Bitte, biefes
nicht übel zu deuten, und dem Gelübbe eines Op⸗
fers
») Man fe im erften Bande meiner hiſtor. Vergl. des
Mittelalters, die Abſchnitte von den Sitten, den
Geſetzen und der Gerichte: Verfaffung-
- g) Mich; Mof. Recht V. 206.
r) Mich. 1. c. Staendlin p. 11.
s) Voyages au Nord VII. 156. 051= 38,
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298, — —
n den Juden lietzen zwar bie Eſſener einen Jeden, den
ſie in ihre Gemeinſchaft aufnahinen, einen fuͤrchter⸗
lichen Eid ſchwoͤren. Allein nad der Aufnahme in
bie Gefelifchaft war den Eingeweihten der Eid auf
das ſtrengſte unterfagt. Auch unter ben Schrift⸗
gelehrten der Juden erklaͤrten manche den Eid übers
haupt für unerlaubt, ober bedenklich 4). Selbſt
der Stifter der Chriſtlichen Religion wuͤnſchte, daß
feine aͤchten Anhänger ſich des Eibes. überheben
möchten e); und dieſen Gefinnungen Chrifti zufols
ge legen die Quacker nie einen Eid ab. Philo
uw
der Jude hielt es gleichfalls für das Beſte, daß
man gar keine Eide ſchwoͤre. Wenn man- aber
ſchwoͤren wolle, oder muͤſſe, ſo ſolle man es nicht
bey dem Nahmen Gottes thun, ſondern entweder
bey ber Wohlfahrt, und dem Andenken der Eltern,
oder. bey dem Himmel und. ber. Erde, ber Sonne,"
und dem Weltganzen f}.
Der Eid war allen unverberbenen Völkern
heilig. So bald aber Sucht nach finnlichen Vers
gnuͤgungen, und nad ben Mitteln, ſich biefe zu
verſchaffen, herrfchend wurde; fo verſchwand bie
J Ehrfurcht gegen den Eid, Nationen mochten gebil⸗
bet oder ungebildet fedn, mochten Einen, oder
mehrere Goͤtter anerkennen. - Die Ehrfurcht gegen
ben Eib wurde viel feltener durch Unglauben, als
turd einen aus bem Gittenverberben entfpringens
‚den Uberglauben getoͤdtet: das beißt, man warb
nicht eidbruͤchig, teil man ber Götter fpettete,
ſon⸗
ap 16. Sueudlin ı, . —
e) le, p. 17. k
| B he. pP» 16.
& [3
a — 299
ſondern weil man Mittel gefunden zu haben glaub⸗
te, die durch den Meineid beleidigten Goͤtter zu
verſoͤhnen und ihre Strafen abzuwenden. Unter
. Teinem Volke blieb der Eid laͤnaer heilig, als uns
ter den Römern g); und eben befiwegen war ber
Eid einer der ftärkften Zügel, womit bie Haͤupter
des Volks felbft den murrenden, und aufgewiegels
di
ten Pöbel im Zaume hielten. Schon in früheren
Zeiten verließen einft die Legionen ihren Conful,
einen Sabier, mit welchem fie unzufrieden waren,
indem fie fich weigerten, den von ber Reuterey
ſchon aefcdylagenen Feind zu verfolgen Ah). Die
Sgeerfährer des naͤchſten Jahrd, unter welchen wies
der ein Fabier war, hielten deßwegen ihre Krie⸗
ger ftetö im Lager zufammen, ald wenn fie ihrem
Muthe niht trauten. Die Feinde benußten diefe
Ruhe des Roͤmiſchen Heer⸗ und naheten ſich dem
Roͤmiſchen Lager mit einem immer kuͤhnern, und
bitterm Hohn. Der Hohn ber Feinde ward ben
Legionen bald unerträglih, und fie forberten alfo
laut, und in Haufen, daß man fie in bie Schlacht
führe. Der Eonful M. Sabius that dieſes nicht
eher, als bis ſeine Krieger geſchworen hatten, daß
fie aus dem Kampfe nicht anders, als ſiegend zus
ruͤckkehzren würden. Der Full eines Fabiers, ber
einige Jahre vorher Eonful gemwefen war, machte
einen Theil ber Legionen fo beftürzt, bag fie ihres
Eides uneingedenk zu weichen anfingen. Nun er:
ianerten die Sabier die Weichenden an ben abaes
legten Eid, Diefe Erinnerung ftellte auch aleih
ben Muth der Römer wieder her, und verfchafte
ihnen
n Montesquien Efprit dee Loix VII, 33.
h) Livins 1, 0,43-46 — —
Sn
302 — —
niß zur Ranzion, theils von ihren Anverwandten
die erforderlichen Loͤſegelder auszuwirken. Der
Senat ſchlug aller Bitten, und Vorſtellungen uns
geachtet die Erlaubniß, ſich loszukaufen, ſtandhaft
db. Die Abgeordneten kehrten daher in das Pu⸗
niſche Lager zuruͤck, wie fie dem Hannibal eidlich
verſprochen hatten: einen einzigen ausgenommen,
der gleich nach der Abreiſe aus dem Lager unter
dem Vorwande, etivad vergeſſen zu haben, zuruͤck⸗
acgangen war, und durch dieſe Ruͤckkehr feinem’
Eide genug gethan zu haben glaubte. Dieſe unroͤ⸗
miſche Schlauheit erregte einen ſo, heſtigen Unwil⸗
len, daß der Senat den Eidbruͤchigen ergreifen,
und gebunden zum Hannibal zurädführen ließ n).
Menige Mienfchenalter nad dem Polybius vers
lohr ſich die Ehrfurdt gegen den Eid in eben dem
Verhältniffe, in welchen Treue und Medlichkeit
verfhmanden 0), Die Treulofiakeit ber verdorbe⸗
nen Römer ging bald zur ihren Siegern, den Gers
manifchen Nationen über. Wenn ed auch nicht alle
Geſchichtſchreiber des Mittelalters bezeugten, fo.
würden es allein bie Älteften Geſetze ber beutfchen
Völker darthun, dag Meineid, und Wortbruͤchig⸗
keit kaum jemahls unter den Griechen und Roͤ⸗
"mern berrfchender waren, als unter den eben fo
BE sahen, als verdorbenen Chriften ber fiufteren. Jahre
hun.
n) VI. 66. Polyb. Gellius erzäbtt biefelbige Beae⸗
benhelt mit etwas veränderten Umſtaͤnden: VII.
18 ©. wobey er freylich einen ſebr wichtigen Ges
waͤhrsmann ben Cornelius LIepos anführt.
0) Man ſ. die oben angeführte Stelle des Livius,
‘ !
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—
hunderte p): Die Seichtigkeit, ſich von der Sqchuld
des Meineides zu befreyen, ober von ber Befle⸗
ckung deſſelben reinigen zu laſſen, war unſtreitig
eine Daupts Urfahe der häufigen Meineide unter
den Völkern des Mittelalters, fo wie unter den
verborbenen Juden, oder den KRaufafifhen Chris
fin, und den Negern in Afrika. Selbſt nad
den Mofaifhen Gefeßen konnte man die Schuld
bed Meineides durch ein Opfer ablaufen g). Die
Juden fahen ben Meineid bloß als eine Beleidi⸗
gung ber Gottheit an, und belegten ihn bewegen
nicht allein nicht mit buͤrgerlichen Strafen, fondern
nicht einmahl mit allgemeiner Schande ri. Unter
den Mingrelifchen Chriften fuͤrchten ſich Einige vor
dem Schwören auf. Heiligenbilder fo fehr, daß fie
nie, auch nicht in der gerechteften Sache, einen Eid
. ablegens), Weit größer ift die Zahl derer, bie
kein Bedenken tragen, falfhe Eide zu ſchwoͤren,
entweber weil fie glauben, daß bie Heiligenbilder
den Meineid nicht fo Abel nehmen werben, oder
dag man fich mit ihnen abfinden koͤnne. Die Mins
grelier ſchwoͤren am Liebften auf ſolche Bilder, bie
eine fanfte Miene haben, ober denen fie vorher ihre
Abſicht, falſch zu ſchwoͤren, mit ber Bitte, biefes
nicht übel zu beuten, und dem Gelübbe eines Op⸗
fers
p) Man ſ. im erften Bande meiner hiſtor. Vergl. des
Mittelalters, die Ubſchnitte von den Sitten, den
Geſetzen und der Gerichte = Berfaffung.
- g) Mich, Mof. Recht V. 206.
r) Mich. 1. c. Staendlin p. 11. E
s) Voyages au Nord VII. 156. 231= 58,
\
x
— —— — *
: 1) —
entwickelten ſich nur allmählih. Die erften Men:
ſchen opferten, und beteten zu ben Göttern, büß:
ten, oder reinigten ſich zu jeder unbeſtimmten Zeit,
wenn ihnen ein Gluͤck, oder Ungluͤck widerfahren
war, wenn fie von den Göttern Wohlthaten erlans
‚gen, oder beh Zorn berfelben verſoͤhnen wollten.
Die Verrichtung einzelner gotteddienftliher Hands
Yungen führte nicht gleich, und nicht nothwendig
die Enthaltung von den gewoͤhnlichen Geſchaͤften
mit ſich. Schon unter vielen wilden Volkern aber
bildete ſich der Gedanke aus, daß ınan Götter in -
gewiffen ,, weiftend jährigen Zeiträumen ehren
müffe. Unter manchen Natibnen ward zugleich
mit den jährigen Zeiträumen auch bie Jahrszeit
beftimmt, in welcher man Feſte feierte. Selbſt
nachdem man bie Zeiträume, innerhalb welcher,
und die Fahrszeiten, in welden man Feſte beges
hen muͤſſe, beftimmit hatte, dauerte es fehr Lange,
bevor man die Tage feftfeßte, too Feſte begangen -
werden follten. Da bie Menſchen ben Göttern
eben fo fruͤh für empfangene Wohlthaten dankten,
als fie von denfelben Wohlthaten zuerlangen, oder
ihren Zorn zu verſoͤhnen fuchten; fa barf man mit
Auverfiht behaupten, daß Freuden und Dankfe⸗
. fe, Buß⸗ und Verfshnüngs s Fefte gleich alt, und
allgemein waren. So wohl bie fröhen, als bie
traurigen Gedaͤchtniß⸗Feſte Taffen fih ohne Zwaug
zu den. einen, und. ben Anderen rechnen, Benz
man fie aber unterfcheiden willy ſo muß man nicht
darg:fjen, daß die Gedaͤchtniß⸗ Feſte im Durch⸗
ſchnitt jünger waren, als die aͤlteſten Dank⸗ und
Freudenfeſte, oder Buß⸗ und Verſoͤhnungsfeſte.
Die gottesdienſtlichen Feſte waren eben fü menig
alle
— — — — — — —
Dartey fie gerecht hielten. Mad) ben Grfegen
der älteren. beutfchen Völker mußten bie ſtreiten⸗
ben Parteyen nach der Verſchiedenheit ihres Stau⸗
bed, und der Wichtigkeit des Streits bald ſechs
oder zwoͤlf, bald vier und zwauzig, zwey und ſie⸗
benzig, ja bis dreyhundert Mitſchwoͤrende ſtel⸗
Im y). Man mochte bie Zahl von eidlichen
. Zeugen fo fehr vermehren, als man wollte; fo ers
reichte man doch feine Abficht nicht, bie Mahrheit
berauszubringen. Ganze Gemeinden, oder Ges
ſchlechter waren mit einander bahin verbruͤdert, daßz
fie in allen Sachen Einer für den Antern —2*
ren wollten. Unter den Calmyken läßt man Per⸗
fonen, bie eined Diebftals, ober eined andern
Verbrediend beſchuldigt werben, nie felbft zum Ei⸗
de zu, fondern fordert entweber ihre Saiffane,
oder Nachbaren, und Anverwanbten auf, baß fie
bie Unſchuld der Beklagten nad) ihrem beften Wifs
fen eidlich erhärten mögen z). Tragen biefe Be⸗
denken, einen ſolchen Eid abzulegen, fo erflärt ber
Michter denjenigen für ſchuldig, gegen deſſen Uns
ſchuld alle, welche ihn am genaueſten kennen, ge⸗
gründete Zwenfel hegen. Die Geſetze ber Be⸗
wohner von Sumatra fließen zwar bie Ange
klagten felbft nicht vom Reinigungselde aus.
Allein fie fordern in zwepfelhaften Fällen auch
bie Miteide ber Anverwanbten ; und wenn biefe _
ben
y) Meine Bergleichung des Mittelalt. I, 581. 482.
2 Pallas Mongol, Voͤlk. I, 218, 280,
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i ‚und zwar alsdann fefigefeßt, wann eine jede Fa⸗
’
| rc pflegt. Die Familien, bie zu einen Dorfe,
310 ' u —
Unter ben heidniſchen Volkern Stliciend, forscht
Tatariſchen, als Mongolifchen. Urfprunge, zu
welchen leßteren man auch bie öftlichen SSufulauer
zählen kann, finden fidy mehrere,. deren Feſte ins⸗
gefammt unbeftimmt find, weil bie Feſte bey als
lexrley zufälligen, bald gluͤcklichen, bald unglücs. |
lichen Gelegenheiten gefeiert werben d). ° Unter
ben meiften Sibirifhen Nationen iſt noch jeßt,
ober war wenigſtens vor einigen Menfchenaltern
ber gröfte Theil ber Feſte unbeſtimmt. Zugleich
aber hatten ſie gewiſſe jährliche Feſte, Die entwe⸗
der im Fruͤhling, oder im Herbſte und Winter
gehalten würden. Die Fruͤhlingsfeſte feierten nicht
bloß tie Teleuthiſchen, Wotiaͤkiſchen, Tſchuwaſchi⸗ |
ſchen nnd Tſcheremiſſiſchen Tataren, fondern auch
die Jakuten und Buraͤten: lauter Hirtenvoͤlker,
welche Heerden von alleriey Bieh, befonders von
Pferden unterhalten e). Die Belt, ober der Tag
der Fruͤhlingsfeſte wirb.unter ben einen von Scha⸗
manen, unter anberen- von ben Aelteſten des Volks,
milie einen gewiſſen Vorrath von geſaͤuerter Pfer⸗
demilch, ober ſogenanuten Kumyß beyſammen hat?
welches gewoͤhnlich gegen Ende des Junius zu ge⸗
ober
4) So ſagt z. B: mauer von den Oſliaken, mad ge⸗
wiß auch von den Samojeden nnd anderen Binnis
ſchen Stämmen gilt: Voyages au Nord VIH. sı1..
Ile n’ont'ni jours, ni heures regiez pour leure
lacrifices.
4) Man. f. des älteren Smelins Reif. I. 296, IL,
361-635. 11. Borr. ©. 8. Müller’s Ruf. Geſch.
ll, 349.359. Rytſchkovs Rage -©. ‚9 9. Pal:
.. Ja6 Re el. 90, 91.
-
- -
— — — — — 2
4
m 0,307
Zehntes Bud).
Geſchichte der gottesdienſtlichen Feierlichkei⸗
= | ten, und Feſte. un
Erſter Abſchnitt,
Geſchichte der oͤffentlichen Feierlichkeiten,
und Zeſte. | | |
Han kann alle gottesdienſtliche Handlungen,
welche ich bisher unterfucht habe, Gaben und Ops
fer, Reinigungen und Büßungen, Gebete und
Anbetungen, religioͤſe Feierlichkeiten, oder Ges
. Bräuche, und Caͤrimonien nennen, In biefer Ber
dentung find Feierlichkeiten eben fo. alt, und allges
- mein, ald Meligionen ſelbſt. Ganz. anders vers
haͤlt es ſich mit Feſten, wenn man darunter folde
Tage, oder Zeiten verſteht, an, und in meiden
man fich von feinen gewöhnlichen Arbeiten enihält,
um fie ganz, ober vorzüglich ber Verehrung höher
rer Naturen, ober gottesdienſtlichen Handlungen, -
and. Betrachtungen zu weihen. Feſte entftanden
fpäter, als Felerlichteiten und beſtimmte Feſte
I 2 ent⸗
5 308 . u u — |
entwickelten ſich nur allmaͤhlich. Die erften Men⸗
ſchen opferten, und beteten zu ben Goͤtiern, buͤß⸗
ten, oder reinigten ſich zu jeder unbeſtimmten Zeit,
wenn ihnen ein Gluͤck, oder Unglüd widerfahren |
war, wenn fie von den Göttern Wohlthaten erlans
gen, oder ben Zorn berfelben verſoͤhnen wollten. .
Die Verrichtung einzelner gottesdienſtlicher Hands
Yungen führte nicht gleich, uͤnd nicht möthtdendig
die Enthaltung don den gewoͤhnlichen Gefhäften .
mit fih. Schon unter vielen wilden Völkern aber
bildete fi der Gedanke aus, daß ınan Götter in
gewiffen ;_ meiſtens jährigen Zeiträumen ehren
müffe. Unter manden Natibnen ward zugleid
mit ben jährigen Zeltraͤumen auch bie Jahrszeit
beſtimmt, in welcher man Feſte feierte, Selbſt
nachdem man die Zeitraͤume, innerhalb welcher,
und die Jahrs zeiten, in welchen man Feſte bege⸗
ben muͤſſe, beſtimmt hatte, dauerte es ſehr lange,
bevor man die Tage feſtſezte, wo Feſte begangen
werden ſollten. Da vie Menſchen den Göttern
eben fo früh Für empfangene Wohlthaten dankten,
als fie von denfelben Wohlthaten zu erlangen, ober.
ihren Zorn zu verſoͤhnen ſuchten; fa barf man mit
Zuverſicht behaupten, daß Freuden⸗ und Dankfe⸗
fie, Bags und Verſoͤhnungs⸗Feſte gleich alt, und
| allgemein waren. Sp wohl bie fröhen, ale bie -
traurigen Gedaͤchtniß⸗Feſte laſſen ſich ohne Zwang
zu ben einen, und ben anderen rechnen. Nenn
man fie aber unterſcheiden will; To muß man nicht
verg:ffen, daß die Gedädtnigs Feſte Im Durch⸗
ſchnitt jünger wären, als die aͤlteſten Dank⸗ und
Greudenfefte, oder Buß⸗ und Verſoͤhnungsfeſte.
Die gottes dienſtlichen Feſte waren eben ſo wenig |
u | allle
— — — 309
alle traurig, als froͤhlich a): am menigften trans
sige Gedoͤchtnißfeſte der Suͤndfluth, wie Bou⸗
langer mit einer muͤhſeligen Gelehrſamkeit, und
vergeblichem Scharfſinn zu beweiſen ſuchte. Im
Ganzen uͤberwogen der Zahl nach die frohen Feſte
die traurigen; und ſelbſt viele tranzige Feſte waren
mit wilden Froͤhlichkeiten verbunden. Alle jetzt
von mir vorgetragene Saͤtze werben, durch folgende
Zeugniſſe über bie Wefchaffenheit der Feierlichkei⸗
ten und Feſte unter den roheſten Voͤlkern der Erde |
oußer Zweyfel gefeßt.
Die Americaniſchen Wilden, fügt Senmepin d),
haben Feſte des Abſchiedes und des Dankes, des
Friedens und bed Krieges, Heiraths⸗Geſund⸗
beit » und Zobtenfefte: das heißt, die Wilden
bringen bey ben genannten Veranlafiungen den Goͤt⸗
tern Dpfer, und fielen Opferſchmaͤuſe an, die
Einen, oder mehrere Tage dauern. Alle biefe
Feſte find fo unbeftimmt, als die Gelegenheiten,
welche dieſelben veranlaffen. Die einzigen bes:
ſtimmteren Fefte find. die Traumfefte und bie Tob⸗
tens efte, von. welchen jene jährlih, dieſe alle
acht, ober zehn. Jahre gehalten werben. Die Als
ten bellimmer worerbeꝛde die Zage biefer Feſte c).
Un⸗
4) Das letztere behauptete ber Verf. des Buche fur
le.genie des Natione, p. 75. Daß erftere Bon-
langer in ten Antiguitee devoilden £ 106 ©. und.
an vielen anderen Stellen.
8) V. ag.
6) Charlevoix Jonrnat pı 356. 57. 377. Weber die.
Feſte der Earaiben und der Böiter am Orauoco, du
Tetre IL 387. Labat VI. 116. Gumilla r 267%...
Ueber die Feſte der Ehiuenſer, Fresier pP, 307. 128,
Su
——
\
—
ſchehen ren Die Femilien, die zu einem Dorfe,
310 — —
Unter den beibnifchen Völkern Stbiciers, ſewohl
Tatariſchen, als Mongoliſchen Urſprungs, zu
welchen letzteren man auch bie oͤſtlichen Inſulaner
zaͤhlen kann, finden ſich mehrere, deren Feſte ins⸗
geſammt unbeſtimmt ſind, weil die Feſte bey al⸗
lexrley zufälligen, bald gluͤcklichen, bald ungluͤck⸗
lichen Gelegenheiten gefeiert werden dy. Unter
ben meiſten Sibiriſchen Nationen iſt noch jetzt,
oder war wenigſtens vor einigen Menſchenaltern
der groͤſte Theil der Feſte unbeſtimmt. Zugleich
aber hatten ſie gewiſſe jaͤhrliche Feſte, die entwe⸗
der im Frühling, ober im Kerbfle und Winter
‚gehalten würden. Die Fruͤhlingsfeſte feierten. nicht
bloß die Teleuthifchen, Woliaͤkiſchen, Tſchuwaſchi⸗⸗
ſchen nnd Tſcheremiſſiſchen Tataren, fondern auch
die akuten und Buraͤten: lauter Hirtenvoͤlker,
- welche Heerden von allerley Bieh, beſonders von
Pferden. unterhalten 5). Die Zeit, ober ber Tag
der Fruͤhlingsfeſte wirb.unter ben einen von Schas
manen, unter anberen von ben Aelteſten des Volks,
und zwar alddann fefigefegt, wann eine jede Fa⸗
milie einen gewifien Vorrath von gefäuerter Pfer⸗
demilch, ober fogenannten Kumyß beyfammen bat?
welches gewöhnlich gegen. Ende des Junius zu ges
ober
4) & fagt 3. 8: muuer von den Oſliaklen, was ge⸗
wiß auch von den Samojeden und anderen Finni⸗
ſchen Staͤmmen gilt: Voyages au Nord VII. sıı,
Ts n’ont'ni jours, ni heures reglez pour leurs
ſacrifices.
.e) Man ſ. des aͤlteren Gmelin⸗ Reiſ. I. 296, IL,
361-653. 1II. Borr. ©. 8. Müllers Ruf. Geſch.
1ll, 349.359. Rytſchkovs vage ‘©. 9 9}. Pals
las Refendl. 90, 91.
x 1
“ " ’
, ’ at
st , „RE , 3 1
v .
‚ober einer. Horde gehören, verfammeln id zur be⸗
ſtimmten Zeit an einem gleichfalls beſtimmten Orte,
und Bringen ihre Worräthe Yon Kumyß mit. . Den
. Anfang des Feſtes macht ein Schaman durch drey
feierliche Libationen, durch welche man unter den
Jakuten ſagt, daß die Goͤttert gefuttert werden. |
Nach vollbrachten Libationen fängt zuerſt der Sha .;
man an, zu trinken. - Bon dem Schaman geht
- ber. Schlau, oder bad Gefäß ber Reihe nach uns
ter ben Übrigen Verfammelten umber, unb wird
fo oft wieder gefüllt, bis kein Kumyß mehr übrig
tft, und Weiber und Männer, Alte und Junge
ſinnlos liegen bleiben. Man opfert an ben Fruͤh⸗
lings s Feften die Erfllinge bed Ertrags ber Heer⸗
ben, um ben göttlichen. Gegen für bie Erhaltung
und Vermehrung ber. Heerden zu erlangen. Die
Tſcheremiſſen, die mit dem Hirtenleben ſchon sts
was Werbau verbinden, fleben die Götter: zus
gleich an, daß diefe auch ihre Aecker fegnen mollen.
"Bey den akuten wird bloß getrunfen, Unten - |
ben Tataren hingegen, und ben. Buräten werben
meiſtens einige Schaafe,.oder auch größeres Vieh
geſchlachtet, von welchen man bad Fleiſch verzehrt,
und die Haͤute, Hörner und Knochen den Göttern
opfert. Die Kamtfchabalen ſammt ben Übrigen
Anwohnern des öftlihen Oceans, und ben oͤſtli⸗
chen Juſulanern f) hatten Feine Frühlings, Fefte,
fondern Winterfeſte, zu melden man gewoͤhnlich
ben ganzen December beftimmte, nachdem alle Wins
ter : Vorraͤthe gefammelt worben waren. Einzelne
— Famftien und ganze Dorfſchaften beſuchten ſich ges
» Beösevs Ruf BA, a 3710373. ort s.
‚327: 331.
4
—
«+ x
— J 3
9 18 ’ : X
n ; ,
genfeitig, und brachten die feſtliche Zeit in beſtaͤn⸗
digen. Schmänfen und anderen Ergößungen zu. Uns
ter den übrigen zufälligen Feſten waren keine fros
ber, als diejenigen, welche man nad dem Ans
treiben, ober der Erlegung von Wallfifchen und
anderen großen Seethieren hielt. Ein folder Fand,
ober Fang warb als ein gemeinfchaftliches Gut,
oder Gluͤck ganzer Inſeln, oder Diſtriete angefes
ben. Dan. blieb fo Lange beyſammen, bis alles
verzehrt war. : Doc) fing man nicht eher an, zu
ſchmauſen, als bid man ben Gottern ein Dank⸗
vpfer gebracht hatte.
Wenn manche Neger i in dem Theile des Goͤt⸗
ur terdienſtes, der in Feſten und gottesdienſtlichen
Feierlichkeiten beſteht, um einige Schritte weiter
worgerückt find, als bie rohen Bewohner ber neuen
‚ Welt, und des: nördlichen und oͤſtlichen Aſiens; ſe
muß man ben Grund davon in den Bepfpielen
yon Mahemedanern ſuchen, mit welchen fie umges.
ben, ober doch mittelbar befannt geworben find.
Auch die meiſten Feſte der Meger find eben fo
gufällig , als die gluͤcklichen oder unglücklichen Be⸗
gebenheiten,. welche fie zu. Opfern und Opfer: Dahl»
zeiten veranlaffen g)- Außer dieſen unbeſtimmten
Feſten begehen bie meiften Negervoͤlker ein jährliches
Feſt, das dem Traum s efte- der Umericaner aͤhn⸗
lich iſt. Die jährliche Feſt dauert acht. Tage,
ad enbigt fi) am letzten Tage mit der feierlichen
Austreibung des boͤſen Gottes, den man durch hefs
tiges Geſchrey, durch das Werfen. van: Gutun
Ä — un
9) Bosſsmann ©. 186
und allerley. Unrath verjagen zu koͤnnen glaubt A).
Unter anderen Üteger » Völkern ift ber Geburts⸗
Tag für einen Jeden ber feftlihfte Tag, an weils
chem man fich felbft, ünd ben Fetiſchen mit. weiſſen
Farben bemahlt i). Auch diejenigen Neger, die
ihren Geburtstag nicht als ein jaͤhrliches Feſt be⸗
gehen, opfern haͤufig in jeder Woche an dem Tage,
an welchem fie gebohren worden find, und dann
noch an einem andern Tage, meiſtend am Frey⸗
‘tage k). Sie enthalten ſich an beyten Tagen vom
Palm: Wein, und anderen beraufchenden Getränken, -
Die, Feier der Geburtstage fowohl, «ld die bea
fllmmten woͤchentlichen Feſttage ſcheinen mir bloße
Nachahmungen Mohamebanifcher Einrichtungen
zu ſeyn. Die Hottentotten haben wenigſtens einen
fe großen Hang zu gottesdienſtlichen Feſten, Schmaͤu⸗
ſen und anderen Ergoͤtzungen, als die Neger; al⸗
fein ihre Feſte ſind ohne Ausnahme unbeſtimmt.
Alle Geueſſen eines Kraals kommen zuſammen, ober
werben eingeladen, wenn Jemand van einer Krauk⸗
beit: geneſen, oder ‚einer ‚großen Gefahr entgangen
iſt: wenn man Juͤnglinge in die Zahl der Maͤn⸗
mer aufnehmen, ober einen Haͤuptling erwaͤhlen
will: wenn man gefährliche reiſſende Thiere erlegt,
ober ein Kraal die Abficht hat, feinen Wufenthale
zu veränbern., _ober bie Schutzgottheit des Mondes
zu perſobuen h. In den angefürten unk anderen
| aͤn⸗
B) ib. €. 192. 193.. Wahrſcheinlich fd? efendas
Seit, ‚weldyed Ifert das Neujahrsfeft. neunt, und
daß in den Auguſt fallen ol. So c12.”
ö) Loyer p. 546.
k) Boemann, Loyer und Iſert Il, ec,
I) Beichryving etc. I, aso er fq. p.
— — 313
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Ahnlichen Falln ſchlachtet man den fetteſten Och⸗
‘fen ober Büffel der Gemeine, und geht nicht cher
aus einander, ald bi bad Dpferthier verzehrt tft.
In den Zwifchenräumen des Gchmaufend unter
halt man ſich mit Rauchen und Gefpräden, mit.
Geſaͤngen und Zänzen. Go fehr bie Hottentetten
ftarke Getränke Tieben, fo nehmen fie dergleichen
an ihren. Feſten gar nit, uber mit ber gröften
| Mäßigung zu fih: eine Enthaltfamkelt, welche
ich gleichfalls für Mahomedaniſchen Urfprungs
halte. Sie drücken das Begehen von Feften durch
die Holländifchen Wörter anders maken aus, und
beuten dadurch au, daß fie an ben Feſten nie
ihre gemöhnlichen Arbeiten üben. So wie bie
Feſte unter ben Hottentotten befchaffen find, ſe
auch unter ben Amboineſen, unb anderen Oſtindi⸗ |
fen Inſulanern m).
Zu den aͤlteſten beſtimmten Feſten achort die
Feier des Reumondes, die faft gewiß unter ale
len Voͤlkern entſtand, fo bald man bie glänzens
ben Coͤrper bed Himmels zu verehren anfing. Man
betete den Mond nicht früher, als bie Sonne an;
allein wahrſcheinlich widmete man denſelben frühen j
beftimmte Feſte. Die Sonne ging alle vier und
zwanzig Stunden Ein Mahl unter, und flieg auch
wieber über ben Horizont herauf. Wenn man
vdie Sonne auch jeden Morgen und Abend anbetete,
. fo Eonnte man ihr zu Ehren doch nicht täglich
we Feſte begehen. Der Mond verſchwand in jedem
Monath auf laͤngere Zeit, als wenn er nicht wie⸗
derkehren werde; und um deſto lebhafter war die
‚Freude, wenn man ihn zum erften Mahle jung,
oder
m) Valentyn II. 6.
— ———
\
| der . uengebohren: wieder erblickte. Schon die
Buraͤten feiern die Erſcheinung des Noumondes
ſo regelmaͤßig, daß ein neuerer Reiſender dieſes
Feſt den Sonntag ber Burdten namıten).. Die. |
Zeit bed Neumondes iſt in Congo das einzige bes
FHimmte Opferfeſt, da bie übrigen Dpfertage eben
fo unbeflimme find, als bie Urſachen, wodurch
man zum Opfern: bewegt. wird. Selbſt Moſes
ließ die Feier ded neuen Lichts befteben, und: zeich⸗
nete bad neue Licht. des fiebenten Monden dadurch
and, daß die Süden ſich von aller Arbeit, wie am
Sabbath, enthalten muften 0). Gleich den Abri:
. gen Völkern des Alterthums opferten aud ‘die
Griechen und Römer an den Neumonden p).
Wenn es irgend ein frohes Feſt gibt, was
der Feier des Neumondes bad höhere Alterthum
fireitig machen Bann; fo iſt es das Menjahrsfef,
wo man fich über bie Wiederernenerung, ober Ver⸗
jüngung der Natur gegenfeitig freute und Gluͤck
wuͤnſchte, auch. zugleich die Gottheit um Gegen
für das kommende Jebr, beſonders für. die Tamm
rndte
‚n) Beorgi 1. 299 ©. Ä
0) Michaelis Mof. Recht IV. 169 5171.
. p) Hofpin. de feflis p. 83- 85. Boulanger II.
2854-45 Der legtere beweist, daB mandye Natio⸗
nen auch die Zeit des Vollmondes feftlich begangen
baden. Weil die Yauzvımı der Griechen eher mit
den Nonis, als mir ven Calendis der Römer zus.
fanmentrafen, fo entfiand Dabee die ſprichwoͤrtliche
| Medendart: ad Calendas graecas, Holpin |, c.
"Die Einwohner der Maldiven begrüßen den Neu⸗
mond noch jeßt mir manchen zeichen von ı Froͤlich—
keit, Pyrard pe 200.
—
»
PT» FORDERT ur ee — —
“ ‘
.
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1 ———
Jahrs war der Frühling, oder bie Zeit, wa bie
Erde ihren Schooß wieder oͤffnete, wo friſche Graͤ⸗
ſer und Blumen hervor keimten, und die Baͤume
ſich mit Blaͤttern und Bluͤthen bekleideten. Da
die Verjuͤngung der Matur nach der Verſchieden⸗
beit der Klimate in ſehr verſchiedene Zeiten fällt,
und auch bald von ben erſten, bald von mehreren,
und gleichſam den unbezwenfelten Merkmahlen ders
felben angerechnet werben kann; fo läßt es fich
begreifen, warum, das Neujahrfeft-unter einigen
Völkern im Januar, oder Februar, unter anderen.
im Diay und Aprik, oder noch fpäter begangen,
wurde, ungeachtet alfenthalben dieſelbige Ahſicht
zum Grunde lag. - Schon die Wilden in Florida
kommen im Arfange, oder ben der Rückkehr der
ſchoͤnen Jahrs zeit Doͤrferweiſe zuſammen, um fi.
ſich unter einander zu freuen, und gleichſam mit
der Ernenerung der Natur auch Ihre Freundſchafto⸗
Buͤndniſſe zu erneuern ). Nach Herrn Beorgi r),
feiern alle Sibiriſche Heiden außer den. Trinkfeſten,
beren ich vorher erwähnt habe, befondere Frühlings :
eher Meujahrsfefte, wo fie den Goͤttern das erfte
Gras und die Erfilinge der Heerden, vorzuͤglich
Milch opfern, und fi für bad Tonmende Jahr
ben Segen ber Göster erbitten. Moſes nannte
ben erfien Mond bed Jahrs nicht, mie bie übrigen
Orientaler, Niſan , ſondern den Aehrenmend sr),
weil er verorbnete, daß an dem ſechszehnten dieſes
| | | Mon⸗
M Adair p. TI. A | —
r) Beſchr. ver Ruſſ. Bölferfh. ©. 33
s) IV, 165. 70. 71. Michaelis Mof. Recht.
— Erndte anflehte. Der natarlichſte Anfang des
n
Menden, der unfern April entſprach, dem Je⸗
hovah bie erften Aehren geopfert werben follten.
Das ältere Jahr der Hebräer, fagt Michaelis,
fing‘ mit dem neuen Dionde bes fiebenten Monaths
an, der in den Ditober fiel. Moſes lieg dieſen/
Anfang ded Jahrs nach, wie vor beftehen, weil
berfelbe für Kanf und Pachtung von Gütern am!
bequemften, und ben wenigſten Ausnahinen unters !
worfen war. Wie fam aber, muß man neths
wendig fragen, ein Hirten⸗Volk, dergleichen bie) -
Juden noch zu Moſis Zeiten waren, zur Beſtim⸗
mung eined -neuen Jahrs, bie allenfalls für aders
Bauende Nationen, im geringften aber nicht für)
Momaden paſſend war, unter welchen udch jest
bie vornehmften Eontracte über das Miethen von .
Heerden, vber-über die Vertheilung ihrer Probucte
im Fruͤhlinge, und- für den nächften Sommer ges .
ſchloſſen werden? Die Aälteften Perfer feierten ben
Anfang des Fahre um die Fruͤhlingsnachtgleiche.
Da diefer Zeitpunct mit dem Anfange. der Mo⸗
hamedaniſchen Jahre nit zufammenfiimmtz fo
ward das alte Tlenjahröfeft nach der Einführung
der Mahomedanifhen Religion eine Zeitlaug abs
geſchafft. Allein man ſtellte es in der Folge als
ein bürgerliches Feſt wieder ber, und beging es,
die gotteßbienftlihen Handlungen audgenommen,
wie die Vorfahren es begangen hatten... Zu Char⸗
din's Zeiten ſchmuͤckte fi In Perfien ein Jeder
am Neujahrs: Felt ſo gut er konnte: weßwegen
die Perfifchen Bauern es daß Feſt ber. neuen Kleiber
Hannten. Die Vornehmiten Beamten wuͤnſchten
dein Könige, Elienten ihren Patronen, Unterges
bene ihren Vorgefeßten Gluͤck, und machten ihnen
Geſchenke. Die Könige, Patronen und Vorge⸗
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. feßten bewirtheten biejenfgen ‚ bie ihnen Gläl gu
wuͤnſcht und Geſchenke gemacht hatten. Unter
den Geſchenken, welde Freunde und Bekannte
einander ſchickten, waren Feine häufiger, als bes.
mahlte und vergölbete Eyer. An einigen Eyern
war die Mahlerey fo kuͤnſtlich, und die Vergol⸗
dung. fo koſtbar, bag fie mit drey Ducaten bes
zahlt wurden. Nach einer alten Gage befchentte
man ſich in Perfien von jeher am neuen Sabre
mit Eyern, weil dad Ey anf den Urfprung, ober
Anfang aller Dinge -hindeute 2). Diefe Sage iſt
nicht ganz verwerflich. Selbſt die Mahomedani⸗
ſchen Perſer feiern das Neujahrsfeſt als eine Wie⸗
dererneuerung ber Natur u); und bie Gebern als
ein. Gedaͤchtnißfeſt der Schöpfung, oder des Urs
fprungs. aller Dinge x). Im ganzen öftlidhen
und fühlichen Afien feiert man dad Neujahröfeft
zwar nicht im April, oder um die Nacqhtgleiche,
aber body in ber Nähe derſelben, nämlich im Fe⸗
bruar: um welche Zeit die Natur fi in dieſen
Laͤndern zu verjüngen anfängt, ober ſich ſchon merk;
lih verjängt hat y). Dad Neujahrfeft ift im
| oͤſt⸗
t) Chardin I, 239. 2440.
s) 11.035. parreque ce jour ef comme le renou-
vellement de la nature, chaque chole repre-
nant une nouvelle vie a l’approche du Soleil,
4) Anquetil III. 574
y) Die Calmylen am Neumonde des Aprils, Pallas
Reifen], 353. Die Thibetauer, Chinefen und übris
\ gen ſaͤdlichen Aſiaten im Februar. Georgi p. 461.
u oyag. au Nord VIII. 146. Gmelins ci 1.,
449. 450. Gobien Hilft, de [Edit de l'Emperenr
. e
und daß bie vornehmſten Magiſtrats⸗ Perfoner
nes de
J aſtlichen und füblichen Aflen das groͤſte und allges
meinfte Volkofeſt, das wenigftens vierzehn Tage,
meiſtens dreh bis vier Wochen dauert. Menſchen
von allen Staͤnden, Geſchlechtern und Altern op⸗
fern nicht bloß den Goͤttern, um ihre Gnade und
Segnungen für das neue Jahr gu erlangen, ſon⸗
dern ſchmuͤcken, begluͤckwuͤnſchen ober beſchenken
ſich gegenſeitig, und uͤberlaſſen ſich allen Arten
von Ergoͤtzungen. Die Chineſen trinken und ſpie⸗
len nie unmaͤßiger, ald während bes Neujahr⸗
feſtes. Wenigſtens waren bie Chinefen, welche
Gmelin bey Kiachta fah, einen ganzen Monath
durch nicht nuͤchtern 2). Die Tunlinefen halten
ed für eine wefentliche Worbereitung zu dieſem
Feſte, dag fie ſich mit ihren Widerſachern auss
föhnen, und für einen weſentlichen Theil deſſelben,
daß fie befonders in ben erſten brey Tagen bed
neuen Jahrs Niemanden beleibigen a). Von den
Römern iſt es allgemein befaunt, daß fie das .
neue Sayr init. dem Januar anfingen : baf fie bie
Calendas Januarias eben fo feierten, als alle
übrige große Völker der älteren und neueren Zeitz
m
de la Chine P- 8, du Halde Il. 110. LeGom-
te l. 874 erla.p. Mariny 459 et ſq. p. RA
m
pfer H.45. Turner p. 144. hält die Fruͤhlings⸗
fefte in Hindoftan und Thiber, an weichen fich als
les freut und net, für Satur nalien. In Habeſſi⸗
nien feiert man das neue Jahr am 28. ober 29.
Yugufl. Bruce hatte ſchwerlich Recht, wenn er.
: fügte, daß ale Drientalifche Voͤller ein Gleiches
. thun. V. 36. N. Ausg.
le...
4) Mariny-l, e.
320 — —
am erſten Tage des Jahrs Ihre Aemter antra⸗
. ten b)., Die Chriſtlichen Kirchenlehrer des vier⸗
- ten und fünften Jahrhunderts erklaͤrten diejenigen
für Heiden, oder bed Shriftlichen Mahmens un⸗
würdig, welche die Feierlichkeiten, Thorheiten und
Ausſchweifungen des heidntfchen Neujahrsfeſtes ans
nehmen, oder nachahmen wuͤrden. Auch dieſes
Eifern war fruchtlos. Die Chriſten thaten alles,
and faſt noch mehr, als was bie Heiden getham
hatten, und gaben tem Feſte bloß einen andern
Nahmin: nämlich ber Befchneitung Chrifti c).
ZIn China, und bem ganzen übrigen füblihen
- Afien tft Bein Tag ber ganzen Meujahrsfeier glaͤn⸗
gender, als derjenige‘, anf welchen das fogenannte
Lampenfeſt faͤllt 4). An dieſem Lampenfeſte wer⸗
den, vorzügfi in China, nicht nur unzaͤhlige
Feuerwerke, und Freudenfeuer abgebrannt,: und
nicht bloß die Häufer und Straßen der Stäbte und
Dösfer, fondern auch Gaͤrten, ja fo gar Sfennche
| 5 on es
: 8) Holpin, de feſtis Ethnic. p.60.91.90._
e) Holpin, de feſtis Chrifiian, p. 40 et fq. p. und
‚den Vater Zampi in der Relation de la Mingre.
lie im 7. Bande der Voy. au Nord p. 283, wo ee
u nnter anderen folgende Stelle des Lertullian an⸗
- führt: plures jam invenies ethnicorum fores
-. fine lucernis et laureis, quam Chrillisnorum,
Die heidniſchen Römer ſchmuͤckten naͤmlich au dea
Calend, „Janzar. ihre Thüren mit Lorbeer⸗Rei⸗
ern.
a) An China faͤllt das Lampenfeſt anf den 15. Tag des
erſten Monden, du Halde und Le Comte Il. cc, .
Ueber die fampenfeite in Pegu, Becueil des Voy,
aux Indes Orient. 111.62. in Siam, Loubere I, 147,
iu Geylon, Knox p. 81,
—
' BL — | 3ar
Wege, und Wälder, in ber Nähe von Städten
und Wegen mit Millionen -von Lampen, oder La:
ternen behangen: wodurch ganze Landſchaften das
Unfehen von bezauberten Gegenden erhalten. Die
reihen: und vornehmen Chinefen wetteifern mit eins
ander in der Groͤße und Koftbarkeit von Laternen,
welche man am Lampenfeſte zu Erleuchtungen
braucht. An einigen Laternen iſt die Vergoldung,
das Schnitzwerk, und der Lack fo koſtbar, daß ſie
auf zweytauſend Thaler zu ſtehen kommen e). Man
macht diefe Maſchinen ſo groß , daß fie fünf und
zwanzig bis dreyßig Fuß im Durdmeffer haben,
und daß man darin eſſen, ſchlafen, Beſuche anneh⸗
men, ja fo gar Luſtſpiele und Ballete aufführen
kann f). Das Lampenfeft , weldes die Aegyptier
der Minerva in Sais zu Ehren feierten g), war
dem Chinefifchen Sampenfefte fo aͤhnlich, daß man
fi nit wuntern darf, daß faft alle Alterthums⸗
. forfcher beyde für einerley gehalten, oder gar bad
eine von dem andern abgeleitet haben. Es iſt aber
mehr, als zwenfelhaft, daß tas Aegyptiſche Lam⸗
penfeſt ein Theil der Neujahrsfeier geweſen ſey,
weil Herodot erzaͤhlt, daß die Urſache, um wel⸗
cher willen man die Nachtfeier zu Sais, und im
ganzen übrigen Aegypten begche, nur in einer ges
hei⸗
| e) Le Comte I. 275,
l,c. - - de forte. que vous ſeres etonnee,
Madame, d’apprendre, qu’x Is Chine on’ peut
manger, epucher, recevoir des vihites, repre-
fenter des: Comedies, ei danſer de⸗ Ballets
"dans une lauterne,
2) Herodot. II, 62. ——
u . nn x wu) ‘ : [5 \
ı .
—
*
nd rn — —
⸗
— ur RE
F 1 7 Zr
heimen ‚Sage ‚mitgetheilt werde. Freylich kann
man nicht wiſſen, ob nicht die heilige Sage, deren
Herodot erwaͤhnt, denen aͤhnlich war, aus wel:
chen man in China den Urſprung des Lampenfeſtes
erklaͤrt, und unter denen eine ſo dichteriſch und
ſinnvoll iſt, daß ich es bedaure, fie ber Kürze we⸗
. gen nit anführen zu Eönnen h). In Öriechenland, |
und Rem, feierte man mehrere nächtliche Feſte
burch Umgänge mit Fackeln: befonderd ber Ceres
und Droferpine, der Sebrus, und ben unterirbie«
ſchen Göttern zu Ehren: welche Heidniſche Feſte
die Chriſten in das Feſt der Reinigung Mariä
umbildeten 5). . Viel merfwürbiger iſt es, daß
bie Heidniſchen Römer an, dem Neujahrsfeſte die
Zhuren ihrer. Daufer mit Laternen erleuchteten,
und daß die Chrijten bie Erleuchtung zugleich mit
dem Feſte annahmen k).
Ohne bie Aus ſpruͤche der Geſchichte koͤnnte es
Niemand dermuthen, daß ſolche Feſte, dergleichen
die Saturnalien der Griechen und Roͤmer waren,
zu den aͤlteſten, und allgemeinſten froͤhlichen Feſten
gehoͤrten. Unter beyden genannten Voͤlkern fanden
ſich mancherley Sagen über den Urſprung, ober
die Veranlaſſung ber Saturnalien /). Alle biefe
Sagen vertienen wenig, ober gar feinen Glauben.
Die wahre Urſache der Saturnalien muß man in
der
A) Le Comte I, egt et fq. pe |
'ö) Hofpinian. de fell, Chriſtian. p. 68. 83.
k) Man fe das vorher angeführte Zeugniß des Ter⸗
tulliau.
I) Holpin, de feſt. Ethnic. p. 237 et [q.
ber allgemeinen Anlage unſerer Hate fchen,
bermöge deren bie Menſchen, ohne es felbft zu wiſ⸗
fen, angetrieben werden, ſich zu gewiffen Zeiten
don allen ihren gewöhnlichen Ürbeiten, fo wie von
ben Geſetzen des gemeinen Wohlſtandes loszureiſ⸗
fen, und alle Unterſchiede ber Stände, ja in fo
fern es moͤglich iſt, alle Unterſchiede der Geſchlech⸗
ter, und Alter aufzuheben, um ſich ihrer Freude,
Ihren Launen, und ſeibſt ihrem Muthwillen ohne
Zwang, und, ohne Furcht vor Ahndung, und Strafe
überloffen zu koͤnnen. Unter allen Völkern ber
Erbe find eine trübfinniger, Feine weniger zur
Freude und zu Scherzen geneigt, als die urſpruͤng⸗
lichen Americaner; und buch bildeten ſich unter eis
nem großen Theile der Rord-⸗ Umericanifchen .
Wilden, die ſchon vorher genannten Traum Feſte.
So bald dieſe Feſte ausgerufen, oder verkuͤndigt
worden find m); fo brechen Männer, Weiber, und
Kinder aus allen Cabanen heraus, und zwar faſt
ganz nackt, die Kälte mag fo ſtark ſeyn, als fie
- will, Die Umherirrenden laufen, oder taumeln,
als wenn fie trunken, oder hicht recht bey Sinne
ſeyen; und man rechnet daher Niemanden at, was
er in dieſem Zuſtande aageblicher Trunkenheit, 6 oder
Verwirrung vornimmt.
Die Einen uͤberſchuͤtten einen Jeden, der * |
hen begegnet, mit kaltem Wafler, vber init bei
fer Aſche. Andere werfen glühende Kohlen, ober
Brände nad) ben Köpfen von Bekannten und. Ye
bes
in) Charlevoik p. 356. 333. nad) den Ersäbtungen
des P. Dablon,
“a
‘ ,
B P ‘ “.
bekannten. Diele dringen in bie offenen Hütten
ein, ftoßen oder fchlagen Alle, vie ihrer Wurh
nicht ausweichen, zerbrehen den Hausrath, der
ihnen unter die Hände kommt, ' ober drohen gar die
Hütten nieberzureifien, oder zu verbrennen, oder
Diefen und Jenen umzubringen, wenn man nicht
ihre Träume erraihe, oder enträthfele. Auch bie .
Neger in Achim, und mwahrfcheinlidy noch mande _
andere Neger » Völker feßen jährlich, acht Tage
zum freyen Ausbruche einer jeden Art von Muth:
willen aus n). In diefen acht Tagen Fann ein Ser
der fingen und tanzen, fagen und necken, wie, und
was, und wen er will, Es gibt Fein anderes
- Mittel, ſich von Spottreden, oder Spottliedern,
und anderen’ Neckereyen zu befteyen, als daß man
den Spottenden, und Neckenden reichlich einfchenft:
wodurd die Spöttereyen fo. gleich in Lobreden, und
Lobgeſaͤnge umgewandelt werden. Im alten
Orient, wenigſtens im alten Babylonien, Aſſyrien,
und Perſien, feierte man ſo genannte Sakkea, oder
Sakkiſche Tage o), an welchen man nicht bloß die,
„Ungleichheit ver Stände aufhob, fondern fo gar bie
Mollen ver Herren und Snechte, der Herrſcher und
Beherrſchten umtauſchte. In Perfien befreyte man
unter den todeswuͤrdigen Verbrechern,, "welche man
in Ketten und Banden hielt, Einen aus feinem
Gefängniffe und von feinen Feffeln,. reichte ihm
alles, was er verlangte; gab ihm bie fhönften .
Kebsweiber, und feßteiihn fo gar auf einen koͤnig⸗
lichen Thron. Am Ende bes Feftes aber zug man .
dem verkappten Könige feinen koͤniglichen Schmuck,
und feine Koͤniglichen Kleider wieder aus, und
voll⸗
n) Bosmann ©. 192. 193. —
) Berofus ap, Arhenacum XIV, «. 10.
-
-
- 0. 323
vollzog an ihm bie. Strafe, welche er verdient.
hatte: wahrſcheinlich um dadurch anzudeuten, daß
nun alles wieder in die alte Ordnung zuruͤckkehren
muͤſſe. Spuren der alten Sakkiſchen Tage haben
fid) unter ben Parfen in Kirman erhalten p). In
Aegypten übten beyde Gefchlechter an dem Feſte,
welches der Diana zu Bubaftid gefeiert wurde,
nicht weniger Muthwillen aus, als die übrigen
Morgenländer an den Sakkiſchen Tagen, und die
Griechen und Römer an ven GSaturnalien. Man
Tann dieſes nicht bloß aus ber DBefchreibung des
Herodot, fondern aud) aus ber von diefem Ges
ſchichtſchreiber angeführten Nachricht fchließen g):
daß man an biefem Feſte allein mehr Wein zu ver⸗
zehren pflege, als in dem ganzen uͤbrigen Jahre.
Nichts deſto weniger ſcheint dieſem Feſte Einer der
Haupt s Charaktere der alten Saturnalien gefehlt
zu haben: die Aufhebung der Ungleichheit der
Stände. Auch war das ein mit ber Natur der
Saturnalien nicht aut zu vercinigender Umftand,
daß dad Feſt der Diane nur in Einer Stadt Ae⸗
gyptens gefeiert wurbe, und daß biejenigen, die
Theil daran nehmen wollten, nach Bubaſtis wall:
fahrten mußten. Die eigentlihen Saturnalien
wurden von den älteften Zeiten her fo wohl in Gries
henland, als in Stalien, doch vorzüglich in Ita⸗
- lien gefeiert ). Sie hatten ihren Nahmen vom
Saturn, von welden alte Weberlieferungen in
Griechenland, und Stalien erzählten,. baß er die
| ro⸗
. p) Anquetil III, 581,
g) 11. 60.
r) Lucian. Saturn, in Oper, Iil. 3856-95. Macro- |
bii Saturn. I, c. 7, et 10,
— vi rn \
_ ⸗
g06 or a.
rohen Vorfahren in ben Känften bed Selb: unk
Gaͤrtenbaues unterrichtet, oder daß ey Über Itae,
lien geherrfcht habe: dag während feiner Regierung
die goldenen Zeiten geweſen ſeyen: daß die Sterb⸗
licen ohne Arbeit alles im Ueberfluſſe gehabt, und
bdaß man weder Kriege, noch andere Streitigkeiten,
weter Herren noch Knechte gekannt habe, Dig
Saturnalien dauerten in Älteren Zeiten nur Einen
Tag. Nah der Verbeſſerung des Ealenders un⸗
fer dem Julius Chfar verlängerten fie ſich bis zu
drey Tagen, und nodyfpäter bis zu fünf, und fies,
hen Tagen 2). "Der Anfang der Saturnalien fiel
in Rom auf den ſiebenzehnten December. Waͤh⸗
rend der Saturnalien nahmen die Griechen und
Roͤmor nicht allein keine ernſtliche haͤusliche, oder
öffentliche Geſchaͤfte vor, fondern e8 war Ent:
- weinung ber heiligen Zeit, wenn man bergleichen vors
nahm, Man fah die Saturnalien als eine Nuhes
zeit an, bie ganz ber Freude, und dem Scherzo
gewidmet fey. Man Eonnte fiih an ben Saturna⸗
lien niele® erfauben $ man mußte an den Saturna⸗
Tien piele® dulden, was man ſich fonft nicht erlane
ben, oder nicht dulden burfte, Man deutete es
nicht nel wenn feltft gefeßte Männer an den Gas
turnafien laut fangen, oder ſchrieen; wenn fie nicht
bloß tranken, fondeyn ſich betranfen: wenn fie in
- Mürfeln um Möffe, nur nicht um Gelb fpielten ı
wenn fie ſich dan Geficht mir Muß beftrichen, ober
fih ensfleideten, und ganz nackt 'mit einer Spies
. Yerinn auf dem Nacken um ein Haus bertanztent
wenn fie eidlich Bekannte, und Unbekannte Ir
als
/
Du ee und Hofgin. de feftie Erhnieorum 226,
«fg p.
N
— — rn
kaltem Waffer befdyütteten. Freunde und Anver⸗
wandte bewirtheten einander; und an ſolchen frohen
Schmaͤuſen wurden Könige des Fefted gewählt.
Die Reihen und Bornehmen kleideten, : ober bes
fhenkten die Arnien und Geringen. ‚Herren fpeiss
ten mit ihren Anechten, oder warteten gar ihren
Kuechten bey Tifhe auf, und ließen fih die Scherze -
derfelben gern gefallen 2). _ Die Gaturnalien was
ren ein fo allgemein belichtes Volksfeſt, daß fie
fi mit der Verbreitung der Chriftlicden Religion
nicht ganz verlieren Bonnten. Nur der Nahme
verſchwand. Das Feſt felbft blieb, ober mobelte
ſich nad) dem Geiſte der neuen Religion um, unb
erſchien unter allerley nenen Benennungen wieder.
Es ift faft feinem Zweifel unterworfen, baß aus
den Saturnalien der Roͤmer die Marren » unb
Eſelsfeſte, die Feſte der Unfchuldigen, und felbft
die Faſtnachts-Luſtbarkeiten ber Chriftlichen Voͤl⸗
fer des Mittelalters entfianden find u). Die
Narrenfeſte, die Efelöfefte, und die Feſte her Uns
fhuldigen wurden entweder gleih nah Weihnach⸗
ten, oder am Neujahrötage, oder um das Feft der
heiligen Dreykönige in allen Kirchen und Cloͤſtern
ber Chriftenheit begangen. So wie an ben Gas
turnalien ber Römer bie Knechte bie —
er⸗
£) im defto TAcherticher war ed, daß Boulanger'
nicht bloß Die Neujahrsfeier, fondern aud) die Sas
turnalien der Alten zu einem traurigen Bedachtniß⸗
feſte der Suͤndfluth machen wollte. T, ch. 6.
u Mau % Du Tilllor Memoires pour fervie a Phi-
ftoire de la.fete des fous p ı-4. p. 37 et ſq.
auch Holpinian, de feltis Chriſtianorum p. 59
u
u
828 u . — —
Herren ſpielten; ſo thaten an dem Narrenſeſte die
Subdiakoni, und andere Unter-Bediente von
Kirchen und Cloͤſtern, was ſonſt nur ihren Haͤup⸗
tern zu thun erlaubt war. Je nachdem Kirchen
unter Biſchoͤfen, oder Erzbiſchoͤfen, oder gar un⸗
mittelbar unter dem Pabſte ſtanden, waͤhlte man
aus der niedern Geiſtlichkeit, oder Dienerſchaft eis
- sen Biſchof, oder Erzbiſchof, oder Pabſt, und in
Slöftern, einen Abt ter Narren. Man führte .
den gemählten Abt, oder Bifchof, oder Erzbiſchof,
oder Pabſt mit den Inſignien ſeiner Wuͤrde ange⸗
than; in die Kirche, und ließ ihn hier vor den Au⸗
gen des ganzen Volks alle die heiligen Handlungen
ber Perfon vornehmen, welche der Verkappte vor:
ſtellte. Seine Begleiter waren auf mancherley
Arten vermummt, die entweber Jadyen, oder Schres
‚Ken erregten. Beyin Eintritt in dad Chor fing
das Gefolge des Abtes, ober Biſchofes der Mars
ven an, zw tanzen, und fchmußige Lieder zu fin
gen. Während ber Meile aßen die Einen vor den
Augen des Priefters Wuͤrſte. Andere fpielten auf
ben Altare in Wiürfeln, oder Karen. Mob ,
Andere warfen in das Rauchfaß altes Leder, oder
"andere: uͤbelriechende Dinge. Mac der Meſſe lief,
und tanzte man in ber ganzen Kirche umher, . wos
hey Einige fich gänzlich entEleideten. Bey bem
Au⸗gange aus der Kirche feßte man ſich auf Dreck⸗
karren, aus. welchen man Unreinigfeiten auf die
Vor ernehrnden warf, Man lief bie Karren
bisweilen file halten, um allerley unzuchtige Re⸗
den und Bewegungen vorbringen, und- machen zu
Fönnen. Die Ausgelaſſenſten bes Poͤbels aefellten
fih gu ver auögelsffenen Geiſtlichkeit, meiſtens in
| geiſt⸗
— — 329
geiſtlichen Trachten x). In einigen Kirchen und
Tloͤſtern tanzten tie Biſchoͤfe, oder Erzbiſchoͤfe,
and Aebte ſelbſt mit ihren Domherren, und Gons
ventualer in ber Kirche, oder ſpielten Kegel, Ball,
Mürfel und Karten; und diefe Ergößungen nann⸗
‘4° man ganz nad) der Weife der alten Saturnalien
die Freyheit des Decembers y), Hin und wieber
ward dad Eſels⸗- Feſt zugleich mit dem Narren
Gefte gefeiert. Andersſswo beging man ed allein,
oder ftatt dee letzteren. An dem Eſelsfeſte führte.
man einen Efel, der ein geiſtliches Biret anf dem
Hrücken trug, in bie Kirde, nnd fana theild am
Eingange der Kirche, theild auf dem Chore luſtige
Lieder, befonderd einen Fomifchen Lokaefang auf
ben Efel ab, in welchem jede Strophe fi mit
ben Worten envigte: He, fire Ane, hé; wo
benn bad ganze Volk in ben fingenben Chor eins
flimmte 2). Diefelbigen Ausgelaffenkeiten, welche
man an dem Feſte ber Narren, ober der unfıhuls
digen Kinder übte, wieberhohlte man an manchen
Orten auch in anderen Zeiten bed Jahrs: befon:
ders im Unfange der Faften, und am erfien May.
Rod ju Hoſpinians Zelten waren die Faſtnachts⸗
| Luſt⸗
x) 1. c. p. 6.
y) p. 7. Et - » ce divertillement s ppelloit la li.
berte de Decembre. Horat, Il, Sat. 7.
Age, libertate Decembris,
2) L. e. p. 14. 15. Ih will die erſte Girophe her⸗
ſetzen:
Orientis partibus
adventavit alınus
Pulcher et fortiſſimus
Sarcinis aptifltimus,
Hs, Sire Ane, be,
-
30 00 [u
Luſtbarkeiten dee Kirchen ungleich fittenlofer, als.
bie Saturnalien ber Heidniſchen Roͤmer. Geifts °
liche und dayen, Weiber und Männer, Alte unb
Junge ſchwaͤrmten in lächerlichen, oder ſcheußlichen,
ober unehrbaren Masken an heiligen und unheiligen
Orten umher. Man ſang und tanzte, man führte
£uftfpiele und Trauerſpiele auf, nicht bloß auf oͤf⸗
fentlihen Straßen und Pläßen, fondern in Kirs
chen und in fremder Käufern, in welde man mit
Gewalt eindrang. Diefe Zänze und Echaufpiele
waren meiftens eben fo ſchaamlos, als die Schmäufe
unmäßig waren a). Am erften May zogen in Als
teren Zeiten die Domherren felbft, in fpäteren, bie
Chorfänger, und Chorfhüler, auch die Lehrer und
Schüler der Burfen auf hohen Schulen, paarweiſe
in Proceffion in einen benachbarten Wald, um
grüne Zweige zu hohlen, womit man bie Statuͤen,
und Altäre der Heiligen fhmüden koͤnne. Bey.
dem Anszuge, und Einzuge wurde mit allen Gl
den fo heftig geläutet, daß nicht felten Glocken
‚und Menſchen befhädigt wurden, Bey der Ruͤck⸗
Eche waren die Mitglieder der Proceffionen ver⸗
mummt, warfen den Umftehenden Kleyen, oder
Sand in’d Geſicht, Tießen fie tanzen, oder ie |
Ä Be⸗
«) i.c. Nonnulli in divitum aedes [efe ingerunt,
comocdias vel’tragoedias,. easque non omnino
turpitndine vaeantes exhibituri. Saltationes
porro iisdem diebus fiunt admodum Inbricae '
et impendicae pars in foro et in plateis, pars
in domibus privatis, et noctu perinde ag inter-
dia. Aceedınt luxuriofa ac temulenta convi-
vis ad intempellam noctem, A non al cre-
pulculum protracta Ubi obſecro, tam mulıa, .
tamique varia,ab Ethnieig facta leguntur,
> — 331
Beſen ſpringen, u. ſ. w. 5). Dieſe, und bie abri—
gen Arten von Narren: Heften wurden zwar in als
. ken Jahrhunderten von einzelnen Bifhöfen, oder
Mäbften, und Kirchen s Werfammlungen verbotens
allein fie wurden nicht eher, als im funfzehnten und
ſechs zehnten, zum Theil erft im fiebenzehnten uud
achtzehnten Sahrhundert wirklich abgeſchafft. Ce
‚gen diefe Abfayaffung feräubten fi Feine mehr,
al& die Geiftlichen ſelbſt. Man behauptete, daß
das Narrenfeft eben fp wohl von Gott eingefeßt
ſey, ald das Feſt der Empfängnig Mariaͤ c).
Unſere Vorfahren, faaten die Freunde ber Narrens
fefte, erlaubten dieſe Feierlichkeiten. Lafſet uns,
wie biefe guten, und großen Männer, leben, und
eben das thun, was fie thaten. Was an’ den
rarrenfeften gefhieht, gefchieht nicht im Genft,
ſondern im Scherz, um und nad alter Weiſe zu
ergößen, und ber und natärlichen Thorheit wenige
ftend Ein Mahl im Sahre einen Ausgang zu ver⸗
ſchaffen. Weintonnen wuͤrden berfien, wenn-man
fie nicht bisweilen Sffnete, und ihnen Luft verſchafte.
- Mir find alte, ſchlecht gebundene Faſſer ,‚ welche
der Mein der Weisheit fprengen - ‚würde, wenn
wir ihn in einem unaufhörlichen Eifer im Dienfte
Gottes fortaähren ließen. Wir weihen daher eis
nize Tage Spielen und Scherzen, um mit befto
mehr Frende zu den Studien, und zu dem Dienſte
Gottes zuruͤch zu kehren. Die Narrenfeſte ſtrit⸗
ten nicht mehr mit dem aͤchten Chriſtenthum, als
ein Feſt dev Molacks, zu Gurat, wahrfcheinlid
einer ausgearteten Ser bon Mahomedanern, mit
den
5) L «. P» 16. 17.
) o. p. go. | —
!
332 , f —
den Religionen, ja mit dem ganzen Geiſte der
Morgenlaͤndiſchen Voͤlker ſtreitet. Die Molacks kom⸗
men jährlich zu einer gewiſſen Zeit, welche fie kei⸗
nem Profanen bekannt werben laflen, zufammen,
‚ and bringen den Tag in Fröhlichkeit zu. Genen
Abend vereinigen fi Männer. und Weiber in einem
großen uuerleuchteten Zimmer, defien Boden mit
—
Teppichen bedeckt iſt. Jedes Weib läßt. ben
.Mann, welchen der Zufall ihr zufuͤhrt, zum Ge
nuſſe ber hoͤchſten Gunſt⸗Bezeugungen zu. Das
mit die Frauen ihre Beyſchlaͤfer wieder erkennen,
fchenft eine Jede dem ihrinen ein Schnupftuch, ober
ein anderes Andenken. Es geſchiebt an diefen Fe⸗
firn des gemeinen Genuffes nicht felten, daß Vaͤ⸗
ter bey ihren Töchtern, "Brüder bey ihren Schwes
ftern Schlafen. Solche Verbindungen, melde
man zu jeder andern Zeit als blutſchaͤnderiſch ders
abfchenen würte, fcheinen den Molacks an bem-ers
wähnten Feſte vollfommen erlaubt 4). Sollte
nicht auch dieſes Feſt durch ſolche Vorſtellungen |
veranlaßt worben fenn, bergleichen gewiß bey den
Bakchanalien, und anderen aͤbbelichen Feſten zum
Grunde lagen?
Von gleichem Alter mit den bisher anterſuch⸗
ten froben Beften waren die Dank: und fFreubenfefte,
0
welche man den Goͤttern zu Ehren fuͤr ſolche Wohls.
thaten feierte, bie den meiften Völkern in gewiſſen
Jahrszeiten vorzüglich zu Theil wurden... Jaͤger⸗
»ölfer haben Zeiten, wo bie Jagd e), Se
Er . . . Is
d) Hamilton I. 149.
e) Charlevoix Journ. p. 118 Carver p. 2:6, 87-
&
-
x oO euer nn 5 er EEE > - Den — — mm —
-- 0. '333
Voͤlker andere Zeiten, wo der Fifchfang im gan; |
zen Sahre am einträglichften iftz und wo daher -
ganze Voͤlkerſchaften und Gemeinheiten ihren Bor:
rath für ben Winter, ober doch für mehrere Mo:
niathe einfammeln f). Sägers und Fiſcher⸗-Voͤl⸗
ker fiellen nah großen Jagden und gluͤcklichen
Sifhfängen feftlihe Zufammenkünfte an, an weh
- den fie ſich nicht nur der gewonnenen Beute freuen,
fondern aud) den Göttern für das empfangene Gute
danfen. Die meiften Jäger s. und Fiſchervoͤlker
bauen entmweber felbft, oder burd ihre Weiber
gewiſſe Getreide s Urten, oder genießbare Wurzeln
and Früdte, die ihnen neben ben Fiſchen, oder
dem MWildprett zur Speife dienen. in gleiches
- thun mande Nomaden, befonders biejeniger, die
‚wie die Zatarifchen Völker in den sftlihen Pros -
pinzen des Europaͤiſchen Rußlandes, ben Winter
über in feften Dörfern wohnen, und nur im Som⸗
mer mit ihren Heerden umher ziehen g),. Eben
daher fielen dieſe Zataren, wie die meiften Ne⸗
ger: Völker in Afrika h), Erndte⸗Feſte an, die
eben fo wohl Dank s als Freudenfefte find. Bey
ben eigentlichen ackerbauenden Nationen hing nicht
bloß die Zeit, fondern auch bie Zahl ber Erndte⸗
Feſte davon ab, ob fie bloß Getreide, oder außer.
bein Getreide auch den Meinftod, den Oehlbaum
and andere Fruchtbäume bauten. Ackerbauende
Volker, die bloß Getreide und keinen Weinſtock
bauten, harten und haben gewhnlich nur Ein jaͤhr⸗
i li⸗
u: Steller und Georgi II. ce.
g) Georgi's Beldbr. ©. 386. 83, Pallas I L, gr.
918. Rytſchkovl. c. ©, 42.
h) Oldendorp L 33 0.008
—— — —
35% u an —
rn l .
liches Erndte⸗Feſt tad nach ber vollendeten Ge j
trelde : Erndte gefetert wurde i). Solche Nationen
hingegen, die fi) auf den Weinbau, den Oehlbau
u. ſ. w. eben fo fehr, ober noch mehr legten, als
anf ben Getreites Bau, glaubten ſich verpflichtet,
| den Göttern nicht weniger für die Weinlefe und
andere Baumfruͤchte, als für die Getreide-Erndte
su danken. Go feierten die Juden das Erndtefeſt
am funfzigſten Tage vom ſechs zehnten des erften
Monden angerechnet, und dad Lauberhütten, Feft
am Abend des vierzehnten Tages des fiebenten
Monden k). - Das Lauberhuͤttenfeſt war bad Dank⸗
feſt für. die Obſt- und Weinleſe. Dieſen beyden
Feſten entſprachen die Freuden⸗ und Dank⸗Feſte,
welche de Griechen und Roͤmer der Ceres und dem
Bakchus zu Ehren feierten )3 welde Sefte in
der Folge meiſtens in geheime Fefte, oder in Ges
bächtnißfefte übergingen, und daburd) eine ganz ans
en u, GEHE "GE
*
EI
dere Richtung erhielten, als fie urſpruͤnglich gehabt |
hatten,
. Weniger alt, als die Feier des Neumondes
und des. neuen Jahre, oder die Saturnalien und.
Erndtefeſte, waren alle, ober body die meiften fros
hen Gedaͤchtniß⸗ Fefte, an welchen man fid) bald der
gluͤcklichen Wenebenheiten, bald ber glorreichen u
Thaten von Östtern, Helden, Religions, Stiftern,
Heiligen und Vorfahren, oder auch der Wohlthar
. ten. mit Freude und Dankbarkeit erinnerte, welche
die
i) So die alten Slawen, Anton G. 77
Michaelis Moſ. Recht IV. 141. 1q.
) Holſpin. de feſtis p. aug.
— —
——ü — RT u m wm
7
— — 2336
die lebenden Verehrer ber Goͤtter ſelbſt empfangen
hatten. Viele Voͤlker feierten, und feiern noch
jetzt die Geburtstage ihrer Goͤtter und Religions⸗
Stifter m). Vielleicht waren bie Geburtsfeſte ber
Götter die Veranlaffung, dag die Menfchen au
ihre eigenen und ber Shrigen Geburtstage feierten,
fo wie gewiß bie Feſte ber Heiligen bie Feier ber
Nahmenstage veranlaßt haben. Un ähnlichen
Feſten erneuerte man das Andenken glädlidyer, '
ober Iuftiger Vegebenheiten, glorreicher oder wun⸗
dervoller Thaten von Goͤttern, Helden. und Pro:
pheten. So bezeugten die Juden an dem Paſcha
dem Gotte der Väter ihre Freude und Dankbar⸗
keit darüber, baß er fein Volk mit mächtiger Hand .
aus der Aegyptiſchen Dienftbarkeit errettet hatte m).
Unter den Griedyen und Römern waren bie meiften
frohen Fefte, nahmentlich die zarnyupsss ber Erſte⸗
ren 0), und die Ludi ber Letzteren, befonbers bie Ludi
circenfes p): Megalenies PP) und florales 2. bie
udi
m) Ueber die Meburtskeſte der Legyptiſchen Goͤtter
Plutarch. VII. p. 402. Des Geburtsfeſtes, oder
der Gott-⸗Erſcheinung des Apis habe ich fon uns.
“ter Dem Abfchnitt vom Tbierdienſt erwähnt, Ueber
das Geburts-Feſt des Viſtnu in Hindoſtan, Ro⸗
gers II. c. 12. Des Tenſio⸗Dai in Japan,
Rämpfer I. 223 S.
rn) Michaelis IV, 14r.
0) Diony[. Halicarnafl, V. 520, Iſocr. I. 1. ‘Ho-
fpin. 119, 270,
p) Holpin. p, 64.
pp) ib: p.245. '
g) Lactant, I, io, Val, Mas, I, 10. $. 8.
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— çú r—cr—
336 - —— —
Ludi Saliorum r) et Lupercorum ı Ss), religioͤſe Ge⸗
daͤchtniß⸗ Feſte. Als der juͤngere Caro einft den
Spielen der Slora zufah, ſcheute fi) das Roͤ—
mifche Voll, die Entblößung der Mimarum zu
fordern, welche man mit den Tänzerinnen in Afien
vergleihen kann. Go bald Caro durdy feinen
Freund Savonins erfuhr, daß er bad Vergnuͤ⸗
gen ber Römer ftöre, entfernte er fih, und kad
ganze Römifche Volk klatſchte ihm Beyfall ned.
Noch miderfinniger, als die Flora s Spiele der
Römer, wenn auch weniger unfittlid, war das
Feſt, was man dem „Herkules jährlich in Lindus
- feierte, und deffen vornehmfte Feierlichkeit in Fluͤ⸗
chen, ober Verwuͤnſchungen beſtand: zum Anden⸗
ken der Fluͤche, welche ein Bauer wegen zwey ge⸗
raubter Ochſen gegen den Herkules aus geſtoßen
hatte 1). Die Mahomedaner haben mancherley
Feſte, wenn gleih nit fo viele, als vormahls
bie Chriften hatten, an melden fie fi die Aben⸗
theuer, ober die Siege und Wunder ihres Relis
gions Stifters und anderer Propheten, und Heiligen
zurhdiufen u). Ich bin ungewiß, ob bie beuben
Bairams Feſte auch als Gedaͤchtniß⸗ Fefte anzus
ſehen ſind x). Die heutigen Perſer feiern an
| meh⸗
r) Livius 1. ao. Dionyf. u. 10, Hofpin. p. 183,
8) Hofpin. p. 101.2.
8) Lactant. Inftit Div. 1; c. 2ı, - oo
#) Chardin IV. 200 ct ſq p. |
æ) Chardin 1.c. p. 198.199 Ricaut p. 29. Eben
ſo ungewiß him ich, ob das Sonnenfelt im:- alten
Perſien Athen! X. co, und die Feſte der Sonne
ı Heltopoiik, und der Latona zu Buto, Hero-
‚dor, 11, 63 c. Gedachtniß s Zefte waren,
'
— — | 337
mehreren Feſten das Andenken der Schoͤpfung der
verſchiedenen Theile det Welt, beſonders des Mens
ſchengeſchlechts 4). Die Athenienſer veranſtalteten
bis auf die ſpaͤteſten Zeiten Freuden⸗ und Dank⸗Feſte
an den Tagen, an welchen fie in denZeiten ihres Ruhms
und ihrer Größe bie herrlichſten Siege uͤber ihre
Feinde, beſonders über tie Feinde ter Griechiſchen
Freyheit bey Marathon, Salamin und Platäa -
erfodhten hatten 2). Zwar nicht fo berühmt, aber
eben fo merkwuͤrdia, als die Siegesfefte der Athe⸗
nienſer, war ein Gedächtnißfeft in Argos. Der
Spartanifhde König Bleomenes ſchlug die Ars
giver auf’s Haupt, und drang mit feinen fiegret:
hen Kriegern bis an bie Mauer, fein Mitfönig
Dematarus fo gar bis in die Stadt Argos vor.
Die Niederlage der Männer erweckte auf einmahl -
den Muth der Frauen. Durch dad Beyſpiel der
Dichterin Teleſilla angefeuert, legten die Argive⸗
rinnen Waffen und Ruͤſtungen an, und hielten
nicht nur den Rleomenes von ben Mauern ber
Stadt ab, ſondern trieben auch den Demaratus
zur Stabt hinaus. Zum Andenken dieſes Siegsess
ſtifteten fie dem Mars ˖ einen Tempel, und zus
gleich ein jaͤhrliches Feſt, an welchem bie Weiber
maͤnnliche Kleider und Waffen, die Männer weib⸗
liche Gewänder und Schmud trugen, Die übrig
ge
| ” ‘
y Angnetil II. 574. Niebuhrs Reifen IL 49 ©.
2) Plutarch VII. 378. 379. nennt genau die Monds
she und Tage, an welchen dieſe edaͤchtniß⸗ Feſt
begangen wurden, raura 3 wolıs dopragsı, a
Unsp army Ivaı Toig Isoic.
2
-
'
y
| gebliebenen Urgiverinnen vermählten fi & wicht mit
ihren Knechten, fondern mit ben angefehenften Eins
. wohuern ihres Gebiets. - Um aber diefe neuen
Bürger, und deren männlihe Nachkommen ſtets
an ben Adel, der Bürgerinnen von Argos zu er⸗
inneren, machten fie das Gefeß, daß die Braͤute
‘in ber Hochzeitsnacht mit Baͤrten verſchen ſeyn |
‚. folten a). u
Dioiie meiſten Völker glaubten nicht bloß, daß
fie ſich an den Freuden⸗ und Dankfeſten allen Ars
ten von Vergnuͤgungen uͤberlaſſen koͤnnten, ſondern
daß fie ſich denſelben bis zum Uebermaaße übers -
laſſen muͤßten; und ſie hielten daher an Feſten für
gotteöbienftliche Handlungen, was fie zu einer jes .
ben ‚anderen Zeit als unerlaubt, oder gar als ents
ehrenb verabfchenten. Dian übertrieb die Bezeu⸗
gungen der Freude, wie die der Traurigkeit, theils um
in höheren Naturen deſto eher die Meinung zu
‚erregen, daß die einen und bie anderen recht ernſt⸗
US ſeyen, theilß, weil man uͤberzeugt war, daß
die Götter gleich rohen oder vertorbenen Menſchen
an unmaͤßigen finnlicher Genüffen, ober an ben
Schaufpielen folder Genuͤſſe Mohlgefallen hätten.
Die Juden feierten -ihr Paſcha durch Opfermähs
ler, durch Geſang, Spiel und Tanz. Selbſt
‚David tanzte vor der Bundeslade, welches ihm
Wichpael übel nahm, weil der Tanz von jeher im
Orient ald eine unſchickliche Bewegung ehelofer
Leute betrachtet ward-b)., Im -alten Perfien war ,
es Sitte, daß ber, Köniz am Feſte der Soͤnne
nicht
«) Pintarch de Virtut. Muller. VII, p. 10. 11. |
. 5) IV, 146-148, Michael. |
| — — 439
nicht bloß tanzte, ſondern ſich auch berauſchte c).
In Sriechenland und Italien hielt nicht bloß
das Volk eine allgemeine Berauſchung für einen
weſentlichen Theil der Bakchus, Feſte, fondern
ſelbſt die ſtrengeren Weltweiſen, die den unmaͤßi⸗
gen Genuß des Weins als hoͤchſt gefaͤhrlich für
Leib und Seele tadelten, erlaubten denſelben an
ben Feſten des Gottes, welchen man als den Ges
ber des Weins verehrte d). Meine us werben
ſich noch der ſchaͤndlichen Umgaͤnge, Schauſpiele
und Caͤrimonien erinnern, die ſewohl an den Fe⸗
ſten des Bakchus, als der Ceres vorgenommen
wurden, ‚und von welchen ich in dem Abſchnitte
don dem Dienſte des Phallus geredet habe. He—
rodot rechnet es den Aeghptiern und Griechen zu
einem großen Verdienſt an, daß ſie ſich nicht, wie
die meiſten übrigen Voͤlker, gleihh den Thieren in
den Tempeln vermiſchten; und ſich, wenn ſie ihren
Weibern beygewohnt haͤtten, vorher reinigten, be⸗
vor ſie die Tempel der Goͤtter beſuchten. Alle
übrige Voͤlker, ſagt Herodot «), glauben, daß
es ſich mit den Menſchen, wie mit dem Vieh
verhalte, und daß den Menſchen erlaubt ſey, was
"die Bdtter den Vögeln und Thieren gefkatteten.
Diefe pflegten der Liebe in Tempeln und heiligen
Dis
e) Athenae. X, 10, ‚
d) Plato p, 415. 525. 564. Edit. Baf. Graec, Un
der letzten Stelle heißt es: mıvav de sic nadyy, are
aAlkodı wa wear, wÄNv Ey Tag TE Ton eivov dov-
roc Jan doprug, ur’ noPalss,
0) 11.64, |
9a
7 ⸗ - 3
3. oO ! a -.-'
4 j
. -
Hainen; und eben deßwegen Könnten die Menſchen
ein Gleiches thun. Auch die Aegyptier aber bes
gingen das Feft ber Diana zu Bubaſtis mit einer.
wilden Schaamlofigfeit und Voͤllerey, welchen man -
fi) Bloß deßwegen überließ, weil man wähnte, daß
fie von dem Dienfte der Goͤttinn unzertrennlich
feyen 5). Die älteren Chriften fahen den Sonn⸗
tag, und bie großen Feſte allerdings als Tage ber
Freude und des Danfes an; und fie fafteten das "
ber an dieſen Togen nicht, weil. Faften ein Zei;
chen ber Buße war. Allein fie Außerten ihre Freu:
de und Danfbarkeit nicht du ch unmäßine Schmäufe
and Gelage, oder durch fehlüpfrige Taͤnze, Ges -
ſaͤnge und Schauſpiele. Vielmehr waren derglei⸗
chen auf das ſtrengſte verboten 6), Dieſe ſtille
Feier der Sonntage und Feſttage dauerte nicht
lange. Im Gegentheil bemaͤchtigte ſich ſehr bald
aller Chriſtlichen Voͤlker des Mittelalters eben
die Meinung, die noch jetzt unter den roheren
Chriſtlichen Nationen herrſcht: daß man Sonn⸗
tage und Feſttage nicht wuͤrdiglich begehe, wenn
man ſich nicht mit allen Arten von ſinnlicher Luſt
uͤberfuͤlle 1). Die Spanier und Portugieſen find.
zwar nicht die enthaltfamftrn, aber.gewiß bie ms
ßigſten und nuͤchternſten Völker unfers Erdtheils.
Und diefe Portugiefen und Spanier tanzen. nie
ſchaamloſere Taͤnze, fpielen nie ausgelaffenere :
| 7 Schau⸗
[ ’ ,
f) I. 60, ü \ —
4) Polliecia Il. p. 47. —
A) Man ſ. meine Vergleich. des Mittelalters in ven
Abfchnitten von der, Religion und den Sitten der
Voͤlker des Mittelalters: aud) das Leben Ulrichs
‚von Hutten an vielen Stellen.
—*
um—— —— --
‘
— — 34 ,,
Schauſpiele, halten ale ummäßigere Schmäuf e
und Trinkgelage, als gerade an Sonntagen und
Sefttagen, befonders an ben Feten ihrer Heiligen;
und zwar find bie Kirchen meiftens bie Schaupläge
dieſer Tänze, Schaufpiele und Schmaͤuſe i). Die
befehrten Indianer ahmen den Alts Chriften in
feinem anderen Stüde fo treulih nah, ale in
der Feier ber Feſttage. Ulloa erzählt k), daß.
die Indianer in Quito oft ſechs Wochen hinter
einander vom Morgen bis an den Abend burd
- die Straßen tanzen, und daß fie nicht cher zu
faufen aufhören, als bis alle Worräthe, alles
Geld, ja felbft aller Credit gänzlich erfhöpft. find.
Die Griechiſchen Chriften halten fih zu ähnlichen
Ausſchweifungen an den großen Feflen berechtigt,
‚ober vielmehr verpflichtet. Die eigentlichen Ortes _
chen betrinfen fih nicht bloß-an ihren Feſten, felbft
an dem Worabende bes. Öfterfeftes, unb am heis
ligen Grabe zu Serufalem, fondern treiben auch
unfäglihen Muthwillen, prügeln, ja morben eins
‚ ander fo gar in Unfällen Yon fanatifher Wuth N).
Die Diingrelier erflären das Schweinefleiſch⸗ Effeu
und‘ Meintrinken für bie einzigen ſicheren Kenn⸗
“zeichen des Chriftenthums m). Selbſt ein Kas
tbolifo oder Patriarch in Georgien fagte zu. einem
Vorgefeßten der Capuziner, daß Einer, der fih
an den großen Feſten beſonkers an Oſtern und
u Piing⸗
u) uuoas Nachr. I. g6. 026. 25% 508, sg. Dam- |
pior I. 165. Barbinais Ill. 193. 207.
| k) , c c ’
3) Haffelqui ©. 63. 15% Mariti I: 243.
m) Zampi in Voy, au Nord VII, 275, 274.
dere Unfälle ihr. Leben ein, wenn fie im Rauſche
342 — —
Pfliugſten, nicht ganz vollſaufe, kein achter Chriſt
fey, und excommunicirt zu werden verdiene n).
Die gemeinen Ruffen, vorzüglich die Sibiriſchen
Ruſſen, thun ed im Saufen, Yuren und anderen
Rügellofigkeiten, denen fie fih an den großen und
fleinen Feſten überlaffen, allen ihren Glaubendges
noſſen zuvor. Alte Deutſche Reiſende, welche
Sibirien in den beyden letzten Menſchenaltern ber
ſuchten, ſchilderten die Voͤllerey der Sibiriſchen
Ruſſen an ihren Feſten als ein anſteckendes hitziges
Fieber, von welchem alle Staͤnde, Geſchlechter und
Alter ergriffen würden, und in welchem fie Tage
.: und Moden lang zu rafen fortführen. - Diefe
Krankheit, fagt ber ältere Bmelin ; bricht ſchon
aam zweyten und dritten Chriſttage aus, und bauert
in gleicher Stärke bis zum Feſte der heiligen drey
Koͤnige fort 0).. Es iſt aͤußerſt felten, in diefer
ganzen Seit einen nüchternen Menſchen zu fehen:
und. nor) feltener , irgend einen Handwerksmann
zu ir gend einer Arbeit zu bringen. Man trinkt
nicht etwa ben Abend, oder die Nacht, ſondern
man ift den ganzen Tag über befoffen. . Diefels
bige Saufwuth äußert fi wieder in der Woche
vor ben Hierzigtägigen Saften, in der Ofterzeit, in
den Pfingften und an den Heiligen: Tagen. Man
. begnügt ſich nicht damit, an den Feſten felbft zu
faufen. Man geht, wie man in Sibirien zu fas
gen pflegt, _den Heiligen entgegen, und begleitet .
fie auch wieder. Männer und Weiber faufen fich
häufig zu Tode, ober bügen durch Kälte und ans
bins
rn) Chardin. 1. 174.
0) 1. 148. II. 172 J Georgi 1, su
— 0.0.0038
| hingefallen und legen geblieben. find. Wem die
Jakuten und andere Sibiriſche Heiden ſich an ih⸗
ren Feften auch eben fo. von Sinnen faufen, als
die Ruſſen p)y fo halten fie wenigſtens nicht fo.
viele Sauffefte, als dieſe. Die einzigen Voͤlker,
welche vieleicht felbft noch die Sibiriſchen Muffen
im Trinken an ihren Feſten übertreffen, find bie
Milden, fo wohl im nörbliden, als im fünlichen
America. Die Chilienfer unternehmen nichts, ohne
vorher eine Feſtlichkeit, oder ein Feſt anzuftellen.
Diefe Feſte beſtehen vorzuͤglich in Singen, Tan⸗
zen. und Saufen. Ein jeder bringt mit, was er
an Chica, oder Wein vorraͤthig hat. Man geht
nicht eher aus einander, als bis alles verzehrt
iſt; und dieß dauert bisweilen zehn bis 14 Tage.
Wer beraufcht niederfällt, Liegt fo lange in feinem
Unrath, bis er den Rauſch ausgefchlafen hat, fängt
dann gleich wieder an zu trinken, und läßt ſich mes
der durch die heftiaften Megen, noch andere Veräns
derungen ber Witterung irre machen. Nicht We⸗
nige bleiben als Opfer ihrer Unmaͤßigkeit auf dem
Platze 4). Dieſelbigen Graͤuel erzählen andere
Reiſende von den Caraiben 7), und von faſt allen
Nord-Americaniſchen Wilden, unter welchen ber
Brantewein , oder wie fie-fagen, das Feuer Wafs-
fer nicht weniger Verrheerungen angerichtet hat,
und Immerfort anrichtet, als die Blattern, die
7) Gmelin 11, 365. |
4) Fresier p. 115 116. D’autres ſ ’enyvrent d’une
‚ telle force, et pendant tant de jours de fuite, _
u’ils en crevent, ainfi qu’il arriva à laleie. dont
je parle, ete.
#) Du Tetre ei 587. Labat VI. 216,
En
EEE —
"+ Ahnen don ben Europäern mitgetheife worden fi NY Ä
un noch mitgetheilt werden.
Alle Voͤlker beugten ſich vor den Göttern, und
5 derföhnten bie Götter eben fo früh, als fie dieſel⸗
ben zu gewinnen fuchten‘, und eben daher waren bie
älteften unter ben beſtimmten Buß: ober Verſoͤh⸗
sungsfeften, und Todtenfeften nicht weniger alt,
als die beſtimmten frohen Feſte. Ungeachtet man
hoͤhere Naturen auch durch Faſten, Enthaltungen,
nud Buͤßungen zu verſoͤhnen hofte; fo kann man
doch Buß⸗ und Verſoͤhnungsfeſte unterſcheiden.
Bußfeſte waren traurige Feſte, an welchen man
die Gottheit allein, oder vorzuͤglich durch Faſten,
Enthaltungen, und andere Selbft : Peinigungen
verſoͤhnen, und ſich dadurch von der Schuld feiner
Mergehungen befreyen wollte. Ich habe nicht nös
thig, hier von folden Bußfeſten befonders zu re⸗
ben, da das Wichtigſte, was id, davon zu fagen
hatte,. in den Unterfuchungen über Faſten, Ent⸗
. haltungen, und andere Creußigungen vorgekommen
it. Man verföhnte aber die zärnenden Götter,
und abgefchtebenen Seelen nicht bloß durch Buͤßun⸗
gen, fondern aud durch Gaben und Opfer, burd
Sıhmäufe, Schaufpiele, Tanz, und Geſang,
welche man alle als Eräftige Mittel anfah, die,
Goͤrter, wie die Menſchen, zu erheiteru, ober ihr
sen Unmuth zu zerfireuen. Aus biefem Grunde
gefhah es, daß viele Werföhnungss und Tobtens
feſte entweber ganz fröhliche, - ober doch eben fo
wohl fröhlihe, als traurige Feſt⸗ waren. Die
Americaniſchen Wilden ſchreiben Krankheiten, mie
andere Unfälle, dem Zorne ber Manitus zu. Um-
biefen Bon, und bie Wirkung dieſes Zoruas abzu⸗
| 7 weis
|
en se 55— 575 57
2
l
1
—
wenden, ſtellen Kranke häufig Spielfeſte an, is
ber Meinung, daß die Manitus dadurch werden
erfreut, und ben Kranken zu fchaben aufhören wer⸗
ben 5). Go oft unter den Griedden, und Römern
gefährlihe Seuchen ausbrachen, wogegen alle
menfhliche Qülfe zu ſchwach war, oder ſich hinters
einander viele traurige Vorbedeutungen eräugneten;
fo brachten beyde Voͤlker entweder reiche Gaben
und Opfer, ober fie verordneten Lectifternta und
Schauſpielet). Gelbft die Griechen und Römer
boften, daß Spiele und Tänze bie Goͤtter um befto
eher; befänftigen wuͤrden, je poſſenhafter die Einen,
und je üppiger die Underen ſeyen. Arnobius
fragte daher mit Recht: warum habt ihr die Spies
Ie der Stora, die Megalenfifchen und andere Spies
le, die von den Ödttern ihre Nahmen haben, eins
geführt? Weil, antwortetihr, die Ghtter eben . .
fo fehr dadurch ergößt, als geehrt werben, und
alle
-$) Charlevoix Journal p. 362.
e) Sch führe nur folgende Stellen bes Livius an:
‘ VIE «©: Es quum vis.morbi, nec humanis
ennhliid nec ope divina leyaretur, victis ſuper-
- Ritione enimis, ludi quoque [cenici, nova res
bellicofo populo - - inter alia coeleflis irae pla-
“ camin« inftituti dicuntur... Lib, 21. c. 65, Ro-
mae "aut eirca urbem multä ea hyeme prodi-
gi facta - - - jam primum omnium urbs Iu-
rata eſt, hofliaegue majores, quibus editum .
eft, diis caelse, et donum ex auri pondo qua-
draginta Lanuyiom ad Junonis, portatum ef... -
et lectifternium Caere - - imperatum; et fuppli- ,
catio fortunae in Algido: Romae quoque et
leetiſternium Juventuti, et fapplicatio ad aedem
Herculis; nominatim deinde univerfo populo,
«irca omnia phlvinaria indicta, etc,
5 .
0
»
ern men
"SI nie Du
‘
—
*
' ‘
u ——
alle Reſte des Zorns, welche fie gegen bie Men⸗
fchen noch haben mögen, ablegen u). Wird, ers
wibert Arnobius, Jupiter defwegen aufhören,
zu zuͤrnen, wenn ber Amphytruo bed Plautus
aufgeführt, und.er felbft dem Wolke als ein Ges
genftand bed Gelaͤchters, und Abſcheus dargeſtellt
wird? oder wenn man feine Abentheuer mit ber
Leda, ber Europa, ber Diana und dem Bas
nymedes in fhaamlofen pantomifchen Tänzen und
Schaufpielen wieberhohlt x)? Gerade fo, wie
Ä man bie übrigen Götter verföhnte, verföhnte man
j andy bie abgefchiebeuen Seelen an den Gedaͤchtniß⸗
| Tagen des Todes verſtorbener Anverwandten, und
daraus ſchloß Varro ſehr richtig, dag man alle
. Marxres für Götter halte y). - Die öffentlichen
Soelenfeſte ber Römer waren entweder traurig,
| ober gehörten wenigftend zu den unglücklichen Ta⸗
gen,. von welchen ich bald nachher reden werde,
An den fogenannten Lemuribus, bie in den May
fies.
a) VII. 33. Honorantur, inguit, hisdii, et&
quas ab hominibus eontinent offenfonum me-
morias illataıım, abjleiunt, ekeludunt, red.
duntgue fe nobis redintegrata familisritate fau-
tores. tr DE BE
x) Ponit animus Jupiter, ſi Amphytruo fuerit
"actus, pronuntiatusque Plautinus? aut ſi Eu-
ropa, fi Leda, Ganymedes fuerit [altgtus, aut
Danae, motum compelcit irarum ?
y) Auguſt de Civit, DeiV!Il.o6e, ' Omitto, quod
: - Varro dicit, omnes ab eis mortuos exiflimari
Manes deos, et probat per ea facra, quae om-
. aibus fere mortuis exhibentur, ubi et ludos
ceommemorat funebies, tanquam hoe fit maxi-
mum divinitatis judieium, quod non foleant
- Wudi, nif numinibus celebrari,
tn — 35 347
fielen, fanden die Hausvaͤter um Mitternacht auf,
ohne bie, Füße zu bedecken, wuſchen die Hände mit
frifhem Brunnenwoſſer ab, und offenburten ihre
Gegenwart durch Schneller, melde fie mit dem
Daumen, und den beyden Vorderfingern machten,
Sie gaben hörbare Zeihen, um nicht unverſehens
auf Einen der umhergehenden Schatten zu floßen,
und dieſen dadurch gu beleidigen. Mad) den ers
waͤhnten Vorbereitungen warfen fie ſchwarze Boh⸗
nen hinter fi, und fugten dabey neunmahl, dag
fie mit. diefen Bohnen ſich felbfi,. und die Ihrigen
gleichfam auslösten, .oder freykauften. Go balı
"der Bohnen: Wurf gefchehen. war, wufch man fi)
abermahls, ſchlug auf eherne Becken, und bat bie
Lemures, daß fie nun das Haus räumen mödhten..
Un den drey Tagen, an welchen man die Lemuria
feierte; wurden feine Tempel geöffuet, fo wie in
dem ganzen Monat Diay Feine Ehen vollzogen z),
weil man fürdytete, daß die unherwandelnden Dias
ned alles beflecken moͤchten. Das Eröffnen. der
Tempel, und die Feier von Hochzeiten waren auch
"an den feralibus verboten, die in ben eilf legten
Tagen bes Februard begangen wurden. Während
diefer Serlenfefte brachte man die fogenannten Si-
licernia, ober Trankopfer auf. bie Gräber, _ die.
meiftend. aus Honig, Wein und Milch beſtanden a).
Noch unglüclider, als die-Lemuria und Fera-
" Jia, waren die drey Tage int Fahre, afı welchen
die Römer glaubten, oder fagten, daß die Unter -
welt offen ſtehe 5). Während dieſer drey Tage
| . E mas
2) Hofpinian, p. 166. 167. |
a) ib. p. 106. 107.
b) Mundum patere. Macrobii Satorn. j. c 19,
.Hofpin, p, 220, - . N
4
ET — — |
waren nicht bloß bie Tempel verſchloſſen, "und bie
Heirathen verboten, fondern man wagte auch nicht,
bie Jugend zum Kriege aufjubieten,. ober Heere
gegen ben Feind und in die Schlacht zu führen,
nicht einmahl eine Schifffahrt anzutreten c).
WVon den traurigen Gedäaͤchtnißfeſten gilt fo
. wohl das, was ih von ben frohen Feften Diefer.
Art, ald von manchen Zobtenfeften bemerkt habe.
..: Sie waren alle, ober doch nieiftend jünger, ale
die Bußs ober Verföhnungsfefte, und Tobtenfefte;
und. waren häufig ans Freude und Leid, aus Murhs
willen und Wehllagen gemifcht. . Die Myſterien,
deren Einrichtung ich befdnders unterſuchen wirde,
- waren. indgefammt traurige, ober gemifchte Ges
. daͤchtnißfeſte. Unter. den großen Feften der Aegyp⸗
Her war Eind, das Feft der Iſis zu Bufiris, ein
trauriges Gebaͤchtniß⸗Feſt, und ein anderes, bag |
des Wars zu Papremis, ein Feſt gemifchter Na⸗
tur 4), Un dem Fefte der Iſis würden viele
Myriaden don Männern, und Weibern gegeiflelt. .
Hetodot hielt ed für unrecht, zu fagen, um wef:
fentwillen biefed gefchehe. An dem Feſte des Mars
führte ein Theil der Prieſter die Statuͤe des Got⸗
tes, die ben Tag vorher aus bem Tempel an eis
nen anderen heiligen Ort gebracht worben war,
0 wie:
e) Macrob, 1. c. Unde Varro ita ſeribit: Mundug
cum patet, deoram trifium atque inferum
quali janua patet, propteres non modo prae-
lium Commjtii, verum etiam delectum rei mi-
Jitaris caula habere, ae militem profieilei, na-
vem folvere, uxorem liberum quserendorum
cauſa ducere, religiolum ef, ete.
d) 11. 61-64. Herodot,
DE En. DE —5 Du
‘
— — | 329
wiederum dem Zempã zu. Andere Prieſter, mit
Knitteln bewaffnet, ſtanden am Eingange des
Tempels, um dem Gott den Zutritt zu verwehren.
Es erhob ſich eine Schlaͤgerey zwiſchen den beyden
Parteyen von Prieſtern. Diejenigen Prieſter,
die den Gott wieder in ſeinen Tempel einſetzen woll⸗
ten, erhielten beſtaͤndig eine Verſtaͤrkung von meh⸗
reren Hunderten von Maͤnnern, die zu dieſem
Dienſte beſtellt wurden, und erfochten alſo auch be⸗
ſtaͤndig den Sieg. Bey bieſer Schlaͤgerey wurden
Manche ſehr ſchwer verwundet, wie es hieß, fo.
ſchwer verwundet, daß ſie an den Folgen ihrer
Wunden ſtarben, wiewehl die Aegyptier dieſes
nicht zugeben wollten. Die Prieſterſchlacht ward
jaͤhrlich zum Andenken eines gewaltthaͤtigen Uns
griffs wiederhohlt, den Maro auf die Keuſchheit
feiner Mutter gemacht, und den die Diener der
Mutter zwar eine Zeitlang abgewehrt, aber doch
zuletzt nicht hatten hindern koͤnnen. Die Adonia,
wie man ſie in Phoͤnicien, Aegypten, Italien,
und Griechenland feierte, waren bald durchaus
traurige, bald gemiſchte Feſte ey: Im erſten Falle ber
meinten die Weiber den Tod des fchönen Lieblings
der Venus, und gaben ihr Beyleid badurd zu ex⸗ |
Tennen, daß fie ſich ſelbſt verwundeten, und fo ger
ihre Haupthaar abſchnitten. Diefe legte Verun—
ftaltung konnten die Schönen in Byblos dadurch
. abwenden, daß fie Einen Zag lang ihre Reiße im
Tempel der Goͤttinn feil boten, und den Preis ihn
rer Gunft: Bezeuaungen in den Seckel des Tem⸗
pels legten, In Byblos wehklagte man zwar
auch Einen Tag über den Tod des Adonis; allein
am zweyten Tage feierte man mit lautem Zubel die
Miles -
e) De dea Syria in Lucian, Operiban IL, 45%
Holpinlan. P» 188. 189. -
4
4—
ET Ze
Wiedererweckung dei ſchöuen Junglinge. Den
Feſten des Adonis waren diejenigen ſehr aͤhnlich,
welche bie Verehrer der Rhea, ober ber Dea Na:
ter zum Andenken des ſchoͤnen Attis begingen F).
Eins der beruͤhmteſten Gedaͤchtnißfeſte des Alter⸗
thums war das Feſt der Hydrophorie, an welchem
diele Myriaden von Pilgrimmen Waſſer in Kruͤ⸗
gen aus bem mittellänbifhen: Meere hoblten, und
dieß Waffer in. den Zempel ber Denus, ober.
Juno zu Dierapolis, ‚ober vielmehr in einen
- Schlund goffen, der ſich unter dem Tempel befand.
Dig Waffertragen gefchah entweder zum Andenken
der Suͤndfluth, oder zum Andenken eined großen
Erdfalls, der alle Gewaͤſſer der ganzen Gegend
zu verſchlingen drohte g). Sn Athen gab es kein
traurigeres Gedaͤchtnißfeſt, als die der Minerva,
geweihten "Auvdzpie. Außer ben geheimen Feier⸗
Tichleiten, bie an dieſem Feſte vorgenommen wur⸗
den, bedeckte man die Statuͤe der Goͤttinn, und
zog ihr ihren ganzen Schmuck ab k). Alcibia⸗
des kehrte nach feiner Verbannung gerade an Dies
ſem Fefte zuruͤck, und hieraus nahm bad Athe⸗
nienſiſche Volk die’ traurige Vorbedeutung, daß
‚bie Schutzgoͤttinn ber Stadt die Ruͤckkehr des Ber:
bannten nicht gern gefehen habe: Zu den traus-
rigen Gebähtvißfeften ber Ehriften und Mahome⸗
daner gehören außer ber Feier der Leiden des Hei:
landes alle die Tage und Zeiten, bie dem Anden⸗
Een der Leiden der Märtyrer beyder Religionen ges
. wids
f) De dea Syria l. e. 461 p.
e&) 1. e. p. 459.
%) II, Ju. Plutarch,
| 2 — — 351
wibmet waren, ober noch gewidmet find. Unter
den Gedaͤchtnißfeſten von Märtyrern wurden und
werben Feine mit einem foldyen Pompe, und mit
einer ſolchen Innigkeit begangen, als bie Feſte
des Hoſſein und Haſſein von den Schiiten in Per⸗
ſien, Hindoſtan u. ſ. w. begangen werden i). Bey⸗
de. Märtyrer waren Söhne bes Ali und ber Fat⸗
me; einer Tochter von. Mahomet, und blieben
in einer Schlaht, weldyeihnen Nezid, Chalif von
Damascus, bey Keibela, nicht weit vom alten
Babylon, lieferte. Das Feſt des Hoſſein und '
Haſſein dauert zehn Tage, und macht immer den’
Anfang bed Mahomedanifhen Tahgs. Während
diefer ganzen Zeit fcheeren bie Schliten weber ihren
Baart, noch ihren Kopf, nehmen feine Baͤder,
und geben entweder, die Schaamtheile ausgenom:
‚men, ‘gang macht, ober tragen wenigſtens bunkels
farbige Kleider. Die Vornehmen feiern das. Felt
durch das Hören von ‚heiligen Reden, und das
Lefen von heiligen Schriften, in welchen die letz⸗
ten Thaten und Leiben ber Märtyrer vorgetragen
‚werben. . Der große Haufe hingegen ftellt bie
Thaten und Leiden der Märtyrer in öffentlihen
Umgaͤngen, ober an Öffentlichen Plägen dramatiſch
vor. Die Schaufpieler fowohl, als bie Zufchauer,
weinen bey den Meden und Gcenen, welche bie
geiden der Märtyrer verfinnlichen, fo bitterlich,
beulen und fchreien fo jämmerlich, zerraufen und .
verwunden ſich fo graͤßlich, ahmen endlich die Zer:
fleifhungen und Todesangft des Koffein und Hafe
‚fein mit einer fo ſcheußlichen Natürlichkeit. nach,
daß
P) Man fs befonderd Chardin II, 244 - 250. Nie⸗
buhrs Reifen IL. 199 ©. 5
. -
”
— —
352 72 — ur
daß die rubtgſten Beobachter baburd erſchuͤttert
wurden H).
Den frohen und traurigen Gerachtrißleſten
waren bie gluͤcklichen und ungluͤcklichen Tage ähns
lich, dergleihen man unter allen Völkern annahm,
oder noch annimmt. Man that diefes zuerſt deß⸗
wegen, weil man aud mehreren glücklichen oder
unglücklichen Begebenheiten, die an geiwiffen Tagen
vorgefallen waren, den Schluß zog, baf die Goͤt⸗
ter an ſolchen Tagen Vorzüglich gnaͤdig, uber uns
gnaͤdig feyen, und daß fie eben deßwegen die Un:
ternehmungen ber Mienfchen mehr, als fonft, bes
guͤnſtigten, ober vereitelten. An den unglüdlis
chen, oder wie die Römer auch fagten, an ben
ſchwarzen Tagen enthielten fich dieſe fo wohl, als
die Griechen, von allen Öffentlichen und haͤusli⸗
‘den, gottes dienſtlichen und ‚profanen Handlungen,
4
denen fie einen auten Ausgang wuͤnſchten ). Man .
opferte alſo nicht allein nicht, ſondern man ſprach
nicht
k) Chardin L. c. p. 244. 45 Je n'aurois jamals cru
la douleur, que le peuple fait parötre, Elle et
inconcevable, Ilse fe battent la poitrine: ils
font des cris, et des hurlemens, les femmes
fur tout, ſe dechirent, 'et pleurant ä chaudes
Jarmes. - - On en trouve d’autres; - tirant
la langne comme des gens pames, failant des
poftures, et des contorkons de delſeſperés.
)) Was amo@padss Jusos feyen, erklaͤrt Lucien
ſehr gut in Pfendologifta oper. T. III. p. 172.
eray ‚nqre 1 apa xoyuærdus unre u0aywyı=
um dı dınsı Bo, unyræ Ta ispa ispspyyrai, und
ÖAwg TI TOV misiwy Telyraı, «Urn nuodpac Tuspk.
Man vergleiche hiermit Macrobii Saturn, I. c. 16.
niht einmahl ben Mahmen: von Göttern aus.
Man heirathete nicht allein nicht, ſondern mar
wagte auch nicht einmahl, den DBerftorbenen zu
parentiren, weil man in den Lobreden auf Verftors
bene bed "Jupiter und "Janus erwähnen muſte m).
In allen Kriegen, wo die Roͤmer der angreifende
Theil waren, und die Wahl bed Kampfes hats
ten, durften ‚fie an fchwarzen Tagen Eein Treffen -
eingehen. Allein in Vertheidigungss Kriegen liefen
fie ſich felbft nicht dur ſchwarze Zage abhalten,
ihre eigene und ihred Reiches Wohlfahrt mannhaft
zu [hüßenn). Die Römer hielten alle fo genannte
Dies poftridianos, das heißt, alle Zage, bie
‚unmittelbar auf die Kalendas, Nonas und idus
folgten, für ſchwarze Tage, weil fie an foldyen
Tagen häufig unglücdlic im Kriege gewefen was
ren o). Faſt eben fo ungluͤcklich ſchien ihnen
jeder vierte Tag vor den Calendis, Nonis und
idibus, denn an einem folchen Tage hatten fie bie
große. Niederlage bey. Cannaͤ erlitten p), Ders.
gebens fuchte Doulanger g) barzuthun, daß man
ale unglücliche Tage bloß deßwegen ald unglüds
En
m) Maerob. 1,c. quia tunc quoque Janum Jovem-
que praefari necelle eſt, quos nominari atro die
non oportet,
n) At cum exciperent bellumg nullum obfitiffe
diem, quo minus vel [alutem ſuam, vel publ-
cam deienderent djgnitatem, 1, c.
0) ib, j
») ib.
g) 1. 301 5°
s
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regen Mn — — —
” . w
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Ne a
lich angefehen habe, weil fie Gedaͤchtnigtage der
Suͤndfluth geweſen ſeyen. Allein darin hatte
dieſer Schriftſteller Recht, wenn er behauptete,
daß man im Ganzen den Tag für gluͤcklicher, als
"die Nacht, den Miorgen für gluͤcklicher, als dem
Abend, ‚die erſten Zage eines Monden, oder Jahre,
oder Cykels für glücklicher, als die legten gehul:
ten habe: wiewohl die Spartaner nie mit zuneh⸗
menbem Monde, fondern erft nad) dem Vollmoude
in den Krieg zogen r).
Die zweyte Haupturſache der Eintheilung der
Tage und Stunden in gluͤckliche und nugluͤckliche,
oder wie auch die Perſer ſagen, in weiſſe und
ſchwarze, Liegt iu dem Wahn, daß die Schickſale
und Handlungen der Menfchen von den Stelluns
gen und Bewegungen ber himmlifchen Coͤrper ab:
‚ bangen, und daß biefe bald günftig, bald ungüns
ſtig ſeyen. Dieſer Wahn herrſcht noch jetzt unter
allen großen Völkern des Orients eben fo maͤch⸗
tig, als er vor Jahrtauſenden herrſchte; und eben
deßwegen thun bie Araber und Perſer s); die Hin⸗
dus und Seylanefen 3), die Siamefen und Tunis
nefen #), bie Thibetaner und Calmyken x) nichts,
was
r) Boulanger III: 198. 197. »7s. Herodo: v1. 106,
Die Schottlander naltch, den 14. May für unglüds
lich, Pennant’s Hebr. II. 47. und die Wallachen
den Dienſtag. Ollervaz. intorno la Valachia P
37
s) Nie buhro Beſchr. von Arabien, ©. 129. Char-
din I . 24%, 43.
£) Bernier I. 212, Rogers 1. 14. 15 €, Mariny
- P 168.
“ w Mariny 1. c, Loubere I, coı.
3) Pallas Beyty5. 1. 2i6. Deflen Reifen I. 353. 354-
-
— — 355
was bon einiger Vedentung ift, ohne vorher Sterns
deuten, ober die Wahrfagungen von Sternbeutern
zu Rath gezogen zu haben. Es entfteht nothmwens .
dig ſchon ein unfäglidder Schade daher, daß man über
den Fragen und Antworten ber Sternbeuter fehr
oft die glüclichften Zeiten zum Handeln verliert,
und baf man ben Ausgang feiner Unternehmuns
gen nicht Yon feiner Klugheit, feiner Thätigkeit,
feinem Muthe, fondern von den Geſtirnen erwars
‚tet. © Diefer Schade wird um deſto größer, wenn
die Hälfte, oder gar der größere Theil des Jahre
aus ungluͤcklichen Tagen befteht, wie in Thibet y)
und Madagascar 2). Der erwähnte Schade ifl
aber nicht die. einzige traurige Folge bed Glau⸗
bens an Sterndeuterey, Wenn Menſchen, die
bem aftrologifhen Aberglauben ergeben find, zu
fürdjten anfangen, daß unternommene Handkun⸗
gen in unglüdlidhen Stunden ausgeübt worden,
oder daß fonft frohe Eräugniffe in unglüdlichen
Stunden begegnet feyen, fo fuchen fie die einen
und die anderen, fo viel an ihnen ift, ungefchehen
zu madhen. In Tunkin trennt man Chen, wenn
es ſich ergibt, daß Eheleute unter feinbfeligen Ges
flienen gebohren worden a). In Ceylon und Mas
bagascar töbtet man, ober feßt man neugebohrne
- Kinder aud, von welchen Sterndeuter verfichern,
daß fie in unglaͤcklichen Stunden das Licht der
Welt erblickt haben b). d
Die
y) Pallas L, c.
2) Flacourt p. 92. Pages II. 06.
4) Mariny l,c.
5) ib, et F lacourt 1. €,
33
|
te
=
— Dun wi...
0}
36 7 2.0 u
Die Römer und viele andere Völker fahen
Ruhetage, an melden man ſich bon’ feinen ges
woͤhnlichen Arbeiten enthält, als Feſte an c),
und bie Mömer verordneten daher unter 'anderen
Verföhnungsmitteln ber Götter auch Ruhetage.
Der Dpferfönig und die Flamines in Rom durften
an Ruhetagen nidt allein felbft nicht arbeiten,
fondern audy nicht einmahl arbeiten fehen. Die
Ruhetage oder Ferien wurden daher in Rom oͤf⸗
fentlich angekuͤndigt. Wer ohne Abficht einen Rus
hetag brach, oder wie die Römer fagten, befleckte,
- ward geftraft, und muſte feine Schuld übertem
durch das Opfer eines Schweine abkaufen. Der
abſichtliche Bruch eines Ruhetages Eonnte nad) der
Meinung eines Pontifex Scävola gar-nicht aus⸗
geſoͤhnt werden d). Andere Rechtsgelehrte hin⸗
gegen, und unter dieſen ſelbſt ein Scaͤwola, bes
haupteten, daß man an Muhetagen alled thun
koͤnne, deffen Unterlaffung Schaden hervorbringen
\
würde e). Es ſey alfo fein Bruch der Ferien,
wenn man einen Ochſen, ber in eine Grube ges
fallen, herausziehe, oder ein Haus, das umzu—
ſtuͤrzen drohe, Füße Die Kalendae und idus
ge⸗
.c),Macrob. Saturn, I, c. ı6, feſtis inlunt ſacrificia,
epulae, ludi, feriae, — Sacra celebritas eſt, vel
cum l[acrificia diie offeruntur, vel cum dies di-
vinis epulationibus celebratur,- vel cum ludi
in honorem aguntur deorum, vel cum feriae
' oblervantur, |
d) Macrobius I, c. 16. Qui talibus diebus-impru- -
dens aliquid egillet, porco piaculum dare de-
bere: prudentem expiare non pofle Scaevola
“pontifex afirmabat,
e) l.c. quod praetermillum nocet,
— . ’
- — — = 357
gehörten zu den fiehenden Muhetagen f), unb deß⸗
wegen burfte man an biefen „Lagen Feine jungs
frau, wohl aber Witwen heirathen, weil ber erfte
Benfhlaf mit einer Jungfrau entweder als eine
Arbeit, ober als eine Gemaltthätigfeit angefehen
wurde, dergleichen man an Ruhetagen nicht außs
üben bürfe g). Im älteren Zeiten gehörten bie
nundinae auh zu ben Ferien h), Die Lex
Hortenfia. hingegen verordnete, daß die Sanbleute,
die an diefen Tagen nay Rom kaͤmen, nicht bloß.
Faufen und verkaufen, fondern auch bey dem Praͤ⸗
tor Mecht fuchen könnten. Schon Numa i) theilte
‚ bie Tage in fees, profeftos und intercifos ab,
Die erfteren waren den Göttern, die anderen den
Angelegenheiten des menſchlichen Lebens, und bie
dritten zum Theil den Göttern, ‚zum Theil ben
Menſchen gewidmet. An den diebus intercifis
war ed in gewiſſen Stunden erlaubt, Recht zu
fprechen und zu ſuchen: in anderen nich. Man
Fonnte ed nicht in der Zeit, wo ein DOpferthier. _
geſchlachtet und verbrannt wurde. Man Eonnte es
| in
f) Feriae ftativae.
8) I. ı5. Macrob, Hi autem dies praeter no-
nas feriati ſunt. Feriis augem vim cuiquam
“ fieri, piaculare el, Ideo tunc vitanter nuptiae,
in quibus vis virginibus fieri videtur. Sed
Verrium Flaccum juris pontificii peritifimum _
dicere folitum refert Varrq, quia feriis veteres -
foſſas tergere liceret, novas facere jus non ellet;
idee magis viduis, quam virginibus idoneas
effe ferias ad nubendum,
| h) I, 16, Macrob,
j )1c.
358 | — —
in der Zeit, die zwiſchen dem Schlachten und Ver⸗
brennen verfloß, kK). Den diebus ipterciſis glis
den bie drey hohen, oder fiebentägigen Fefle der
Suden, und bie berühmteften Wallfahrts s Tefte
der meiſten Völker. Un dem Pafcha :, dem
Erndtes und tauberhütten „Feſte der Tuben waren
bloß ber erfte und Ießte Tag Gabbarhe, und zwar
Feſt⸗ Sabbathe, an welchen : man zwar keine
gewöhnliche Arbeiten, wohl aber die zur Berei⸗
tung der Speiſen nöthigen Verrichtungen vornehs
men Fonnte )). An den fünf übrigen Tagen was
sen Arbeiten, wenigſtens Handel und Wandel
nit verboten. ° Auf diefelbige Art verhält es
‚fi mit ben Wollfahrts s Feften in Mecca, und
an anderen Önaben: Dertern der Mahomedaner,
und. felbft der Chriften: weßwegen folde Walls
fahrtöfefte von. jeher ald bie reihfien Meffen be:
trachtet wurden m). Unter den Negern in Güis
—nea iſt gemöhnlich der dritte Tag der Woche Ruhe⸗
tag n), anftatt daß die Parfen gleih ben Mas
homedanern ben Freytag ſowohl zur Ruhe, ale
zu gottesdienſtlichen Handlungen beſtimmen 0).
So
A) L. c. Cum hofia . eseditur, fari nefas et: inter
caela et porrecta fari licet: rurlus, cum ado-
letur, non licet,
5 Mid. Mof. Recht. IV. 142 uf. ©,
. m) Chardin IV, 176 et (q, pP.
n) de Bry VI, so cc,
0) Chardia II. 183 p.
— — 359
So wie man bie Ruhetage zu den Feſten
zählen kann, fo bie bürgerlichen Kefte zu ben Rus
hetagen. Bürgerliche Fefte find ſolche Tage, a
welden man fi aus Froude über gegenwärtige,
odaer vergangene glückliche "Begebenheiten von feis
nen gewöhnlichen Arbeiten enthält, ohne zu gete -
tesdienftlichen Kanblungen verpflichtet zu ſeyn, ober
dergleichen auszuuͤben p). Die Römer unter»
fchieben Volks, Tefte, Familien s Zefte und per»
fönliche Feſte oder Ruhetage g). Auf gleiche Art-
Tonnen auch bie bürgerlichen Feſte abgetheilt: wers
den. Solche bürgerliche Feſte waren tin Alter
thum das Gedaͤchtniß⸗Feſt des Sturzes ber Dias
gier unter. den Perfern vr), an welchem ſich bie
Magier forgfälttg zu Haufe halten mußten, und.
‚in Hindoſtan das jährlihe Feſt, an weldem ber
Kaifer gewogen wurde s). Eben dergleichen ſind
‚jest das Nil⸗Feſt in Aegypten 8)2 bas Mofens
re iu Peaſte u): ba6 Neujahrs/ Feſt der Ma⸗
ho⸗
7 Die Roͤmer unterſchieden ferias und dies ſollem-
nes, Macrob, I. c. 16, Quod autem:nundinas
‚ferias dixi,. poteſt argui: quia Titius de feriie
feribens nunSinarum dies non inter ferias retu-
lit, fed tantum folemnes vocavit. Die bürgerlichen
Feſte find Ruhetage, aber nicht alle Ruhetage
koͤnnen buͤrgerliche Feſte genannt werden weil eini⸗
ge Ruhetage traurig ſind.
) Maerob, l. o. zer SE
#) Herod. IH,.79. | |
s) Bernier II, p. 56.
„© Mallet 9.78. Haſſelquiſt ©. ga.
u) della Valle III, A, BE Ze
\
360 — — .,
bomedaner x), bie Gedaͤchtniß⸗ Feſte von Gebur⸗
‚ten, Hochzeiten und Befoͤrderungen: von gluͤckli⸗
“den Ankuͤnften, oder Niederlaſſungen und Croͤnun⸗
gen: die Feyer der Mannbarkeit von Kindern bey⸗
derley Geſchlechts y), der Aufnahme in Orden und
andere gefchloffene oder privilegirte Geſellſchaften |
u |. w.
Nicht alle Rahetage waren eigentliche Feſte.
Allein Feſte waren unter ben größeren Voͤlkern
faſt ohne Ausnahme Ruhetage, weil, wie ſchon
Strabo richtig bemerkte, die Natur ſelbſt den
Menſchen lehrte, ſich von ſeinen gewoͤhnlichen Be⸗
ſchaͤftigungen zu enthalten, um ſich heiligen Be⸗
trachtungen und Handlungen deſto inniger uͤber⸗
Iaffen zu koͤnnen: weßwegen auch dieſer Erdbeſchrei⸗
ber das Ruhen an Feſten als die Wirkung eines
Naturgeſetzes anſah, die Griechen und Barbaren
gemein fey.2). Die neueren Perſer find vielleicht
das einzige große Volk, das feine wöchentlichen
und jährlihen Feſte nit zu Ruhetagen gemacht
hat. Die Perfer ruhen am Freptage gewöhnlich,
und beſuchen vr die Moskeen; een fie
als
\ x) Chardin IV. 106.
)) 3.8. unter den Parfen, Anguetil III. 576 p.
2) X. 716. ı7. Kowov ds Faro x ru, Eiinvov as
ruv Bupßapwv ssı, TO rac lsporang PETE aYSdswGg
doprasınye moIsioya = = Ku Tar’ Quaic Sruc Uma-
yopsvsi, TE Yap' Mvagig Tov vav aræve aro TOV av.
Ipwrıuwv aosxgoAyuärwev, rev ds drug vay porn
wpos ro Iov. a,
— — — m rg — —— — —— — — —
vr
halten beybes nicht für nethwenbig 0), Wenn
dringende Gefchäfte vorfallen; fo fegen bie Rich⸗
ter ihre Sißungen an Freytagen, wie an anberen Ta⸗
gen fort. Dur bie. großen Kaufleute fchließen
ihre Laͤden. Die Kandwerfer, und Krämer arbeis
ten, und verkaufen wenigſtens am Morgen; und
die Buben der Gewürzhändler und Baͤcker bleiben
das ganze Jahr Durch offen: Auch ift der Frey⸗
tag bas ganze Jahr durch ber vornehmfte Markt⸗
tag. Allen übrigen großen Nationen ſchien das
Muhen. an Fefttagen fo nothwendig, daß fie bie
Verrichtung gemögnlicher Arbeiten als hoͤchſt ſtraf⸗
bare Entweihungen von Feſten anſahen )). Im
Alterthum uͤbertrieb kein Welt dad Ruhen an
Feſttagen mehr, als die Juden, und in der nene⸗
ren Zeit keine Secte mehr, als die Puritaner in
Connecticut. Jehovah ſetzte den Sabbath als
einen Zag des Herrn ein, an weldem nicht bloß
die Hausvaͤter felbfi ruhen, fondern auch ihre
Kinder, ihre Knechte und Maͤgde, bie Fremblins
ge, die unter ihnen wohnen würden, ja felbit das
arbeitende Vieh ruhen laſſen follten: zum Andens
fen, daß bie Israeliten einft Knechte in Aegppten⸗
| u | land _
@) Chardin IV. - - 1a Religion Mahomedane a fon
jour de repos. C’eft le Vendredi, mais le repns wy
eſt non plus d'obligation, que les jours de Fetes.
5) Noch mehr aber die Ausübung von Oewaltthätigs
keiten. Ju Athen waren die Seite des Bakchüs bes
fonderd heilig. Man verurtheilte einen gewiffen
Ktefikles fo gar zum Tode, weil er während der
Batchiichen Zefte einen Feind mit der Peitſche ges
fchlagen hatte. Hoſpin de fellis in Epift, dedi-
cat P 4. Demolt, contra Midiam p. 410. Edit,
11,
Woltii,
——— — —
x
\ .
" J
land geweſen ſeyen, und baß der Herr fie mit maͤch⸗
tiger Hand aus der Dienftbarkeit errettet habe c).
Während der langen Babylonifchen Gefaugenſchaft
entwöhnten die Juden fich ganzlih vom Kriege,
und fingen an, richt bloß das Angreifen von Fein⸗
ben, fonbern auch vie Bertheidigung gegen Feinde
ald Urbeiten zu betrachten, imoburd ber Sabbath
entheiligt werde. Dieſe verkehrte Denkart bes
außte Pompejus, indem er gerade während des
Sabbaths an den gefaͤhrlichſten Belagerungswer⸗
ken arbeiten ließ, und eroberte daruͤber den Tem⸗
pel d). Da die Juden es. nicht einmahl wagten,
ſich gegen. Gefahren zu fhüßen, bie ihnen und ben
Ihrigen den Tod, ober bie Knechtichaft und ben
Verluſt ihred ganzen Vermögens drehten; fo kann
man es ‚nicht befrembend finden, baß fie ſich wei⸗
.gerten, am Sabbath Menfhen und Mich, die im
Gruben gefallen waren, zu retten, frifche Wunden:
zu verbinden, ‚und andere mothwendige Arbeiten
zu verrichten. Die Ruben behielten dieſes wider:
finnige, ober unmenſchliche Ruhen am Sabbath
bis auf die neueren, zum Theil felbft bis auf bie
genenwärtigen Zeiten bey —). Roch ſchaͤdlicher,
ald das Muhen ber fpäteren Juden am Sabbath,
waren die Gabbathe : und. Tubels Fahre, wie fie
vom Moſes felbft maren angrorbnet worden f).
| In jetem ſiebenten Se durften die Juden ine
u al⸗
e) V. B. Mo; 14. 15. |
q) Mid. IV. 130: 138 ©.
e) Hofpinian p 2ı. 28, de felflis fährt merkwuͤrdige
Beyſpiele an
5 Hoſpin. de feltis c. g. et 9. p. 9 435:
_— — 363
allein ihre Felder und Gärten nicht bearbeiten, |
fondern auch Feine Schulden einflagen, ober eins
treiben. In jedem funfzigften, oder Subeljahre
wurben alle Knechte freygelaſſen, alle Gefangene
befreyt, ale Schulden aufgehoben, und alle vers
Taufte, oder verpfaͤndete Guͤter Fehrten zu ihren en:
ſten Befißern zuruͤck. Den fpäteren Juden eiferten in
ser Feier des Sabbaths die Puritaner in Conne⸗
etieut nah. Die Puritaner unterfägten alles Reis
fen am Sonntage, alle Bereitung ven Speifen,
alles Aufräumen von Häufern. Sie firaften einen
Prediger, weil er am Sonntage eine Locke feiner
Peruͤcke audgefämmt hatte, “und gu ſchnell in bie
Kirche gegangen war. Man erlaubte an Sonns
und Fefttagen den Gebrauch von Trompeten, von
Zrommeln und Maultrommeln, aber nit von
anderen muſikaliſchen Inſtrumenten. Man unter:
fagte nicht ‚bloß das Kartenfpiel und andere Er⸗
gößungen, fondern.man hieltes ſchon fuͤr einen Bruch
des Sabbaths, wenn Muͤtter ihren Saͤuglingen
Liebboſungen erwieſen 8)
Nach ben Dpfern und Opfermahl geiten mach⸗
ten Schauſpiele und Proceſſionen, die beyde ge⸗
woͤhnlich mit Tanz, Geſang und Muſik begleitet
waren, die vornehmſten Feierlichkeiten von Feſten
aus. Schauſpiele hatten einen doppelten natürs
Lihen Grund, Man veranftaltete fie zuerfi, weil
- man glaubte, daß fie höheren Maturen eben fo
viel Vergnügen gewährten, als den Menſchen.
Dieß iſt im Worhergehenden ſchon duch fo viele
Beyſpiele bewiefen worden, daß ich mich der fola
genden gang überheben Könnte, - Nicht bloß die-
3 ya \ T-Spas |
5) Sprengelo Beytr. II. 184. 198.293,
⸗ J
=
u ns RENT UT >
.
‘
\
|
‚
*
‚Spanier in’ ber neuen Welt führen‘ alle Schats
fpiele in Kirchen auf, und ziehen die Mutter Gots
tes zu allen Baͤllen oder Stiergefechten zu h), fons
"dern felbft bie Spanier in. Europa ließen nod in
den zwanziger Jahren des vergangenen Sahrhuns
dertö vor dem Auͤerheiligſten, Zigeuner mit Ca⸗
ſtagneten die unzuͤchtigſten Taͤnze tanzen, und Bil⸗
der von Rieſen ſowohl, als von Zwergen hertra⸗
gen, welche die Stelle von Marionetten vertra⸗
ten 5). Ein anderer natuͤrlicher Grund gottes⸗
dienſtlicher Schauſpiele war der urſpruͤngliche Hang
der Menſchen, ſich alle Thaten und Begebenhei⸗
“ten, deren fie ſich lebhaft erinnern, durch drama⸗
tifche MWiederhohlung zu verſinnlichen. Die Schaus
fpiele, beren Hauptabſicht in der Verfinnlichung
des Vergangenen befand, waren bald geheime,
bald öffentliche Schaufpiele, und wurben. bald Von
einer kleiuen, oder beftimmten Zahl. ven Schau:
fpielern, bald von ganzen Völkern, oder Gemein⸗
den aufgeführt. Beyſpiele der einen und der an⸗
deren haben meine Leſer in dieſem Abſchnitt ge⸗
funden k), und werden dergleichen noch in dem
naͤchſten finden. Wenn ganze Voͤlker, oder Ges
- meinden an Schaufpielen Theil nahmen, fo bes
fianden fie meiftens in Proceffionen, oder waren
wenigſtens mit Proceffionen verhunden, und Eine
Abſicht alfo gottesbienftliher Umgänge war uns
läugbar bie dramatiſche Darftellung ber Thaten,
oder
! s \
I
h) Gage 1.63. Pages I, 108,
. 3) Montgon II. 276.
x) 2% die Chinefen führen baͤufig Sauſpie vor
ihren Goͤttern auſ. Eckeberg ©, 97.
— — 365
oder Begebenheiten von Goͤttern, Helben, oder
Heiligen. Man denke nur an bie gotteöbienftlis
hen Umgänge an den Welten bes Oſtris, der
ie, des Wars und anderer Gottheiten in
Aegypten ID): an bie Tefte des Bakchus, der Car
ves und faft aller übrigen Götter der Griechen
und Römer: an die Gebähtnißfefte der Stifter
and Märtyrer der Chriſtlichen und Mahomedart—⸗
ſchen Religion m).
Eine andere Urſache gottesdienſtlicher Proceſ⸗
ſionen war die Abſicht, den Goͤttern und Heiligen
bad Vergnuͤgen einer Spaßierfihrt, oder eines
Spaßierganges zu verfihaffen, und fie von Zeit zu
Zeit dem anbetenden Volke barzuftellen. Man
wanbte auch hier auf bie Götter an, was bey den
Königen gewöhnlid war. Die Könige bed Mors
genlandes waren den gröften Theil des Jahrs durch
in. ihren unzugänglihen Pallaͤſten eingefchloffen.
Allein zu gewiffen Zeiten erfchtenen fie, um fi
dem Wolfe zu zeigen, und um bad Vergnügen ber
Jagd, oder ber Meife. in fhönen Jahrszeiten und
Gegenden zu genießen n). Gleich den Königen
hohlte man die Bilbniffe dee Götter, oder Heilis
gen zu gerolffen Zeiten aus dem Dunkel der Tem:
pel berver, and trus, oder fuͤhrte ſie auf Waͤgen
durch
| l) Herodot. I. c.
m) N, fupr. eit, Auch Safeiquin S. se Mariti
‚1. 248 p.
j n) Man f. z. B. Ehardin II. 375. uf. S. von,
den Königen in Perſien. Eben fo war es in Hindos
ſtan, und ift ed noch jetzt in China und allen
dinterindiſchen Reichen.
4
rn nn
. —
66° — —
buch die Straßen, oder umliegenden Gegenden
von Staͤdten. Sole Umgänge, oder Umfahrten
. mit Götter: und Heiligen: Bildern gefchahen häus
fig in Aegypten, Griechenland und Stalien o),
und gefchehen noch jeßt häufig nicht: blog in Hin⸗
doftan und anderen heibnifchen Ländern p), fonbern
auch unter den meiiten Ehriftlichen Völkern. Selbft
in ben neueften Zeiten band man ben Bildern ber
Helligen, welche man zu Neapel tn Proceffionen
umhertrug, Goldfinfen und andere Singvoͤgel an
die Finger, damit diefe. durch ihren Geſang
‚die Beluftigung ber Heiligen erhöhen moͤchten 9).
Su Peru und dem übrigen Spaniſchen America
ſtatten bie Hetlinen an ihren Nahmends Zagen
anderen Heiligen feierliche Beſuche ab. Die Hei⸗
ligen, denen eine ſolche Ehre zugedacht iſt kom⸗
„men ihren Bruͤdern anf halbem Wege entgegen.
Wenn die Gefolge der einen und der anderen ſich
‚einander nähern, fo machen die Heiligen gegenfeis
tige Verbeugungen, und begrüßen ſich durch Mes
ben, ‚die von ihren Begleitern gehalten werben.
Die Bildniffe der Meiligen find an folhen Freu⸗
bentagen auf dad prächtigfie geſchmuͤckt, oder laſ⸗
fen wenigftend alle Reihthämer ihrer „Kirchen vor _
fih hertragen. Rieſen und andere Ungeheuer,
Marionetten; und Engel verherrlichen den Zug, fo
wohl auf dem Hunwege, als auf dem nteg r).
an
e) Schmidt p, so2- 904; Apulej. X. p. 201. Ho-
fpinian, p. 207,
p) Sonnerat 1. 188. Kämpfer 1, 45.
9) Twill p. 174.
r) Frezier p. 385.
u 367
Man rechnete, daß folhe Prunkfefte in Lima
bisweilen funfzigtaufend Piafter Eofteten 5). Im
Mittelalter ‚hielt man feine feierlichere Umgänge,
ald bey der Verfrgung der Gebeine von Maͤrty⸗
rern und anderen Reliquien aus einem Orte an
einen andern 2). Man ging den Heiligen, oder
ihren Weberbleibfeln entgegen, und begleitete fie,
wie man Könige und Fürften zu empfangen und
zu begleiten pflegte. | |
Eine dritte Urſache gotteöbienftlicher Um⸗
gänge war bie Hoffnung. durdy das Umhertragen
der Bilder, oder Reliquien von Heiligen, und
durch die Gebete und andere Andachts- Uebungen
ber Umgehenden greße Unfälle abzumenden, oder
wichtige göttlihe Wohlthaten zu erlangen. Schon
im vierten Jahrhundert ftellten die Chriften unter
dem Abfingen von Pfalınen, und dem Umbertras
gen des h. Creutzes, ober-heiliger Reliquien Pros
ceffionen an, bald damit Seuchen, Erdbeben, Ues
berfhwenmungen, oder anhaltende Dürre aufhd:
ren, bald damit die Gottheit eine. gedeihliche Wit:
terung, oder ein fruchtbares Jahr ſchenken wolle u).
Eben dergleichen geſchieht bis auf den heutigen
Tag nicht nur unter den Chriften x), fondern aud)
’ uns
9) L. c. p. 357. - - mais il leur refle encore, (aux
Moines du Couvent de Saint- Francois) de quoi
faire des depenfes de pure oftentation, qui ont.
monte'quelquefois jusqu’a 50008 piaflres du bien
des Pauvres etc. \
&) Pellicciz I, c.327 p.
u) Pelliccia lc.
x) Gage Ill. 161, 165.
>
36 =—
Die geheimen gottesdienſtlichen Feſte unt Feier⸗
lichkeiten muͤſſen ſorgfaͤltig, ſo wohl von den gehei⸗
men Lehren, welche die Vorſteher oder Mitglieber
einzelner Secten und Verbruͤderungen vortrugen, |
ald von ben . geheimen” Gebraͤuchen unterfchieben
werben, unter, welchen einzelne Secten und Vers
brüderungen Mitglieder aufnahmen, ober befoͤrder⸗
‚sen. Wenn mair gleich alle geheime Gebräuce
. ‚und Schren einzelner Verbrüderungen und. Secten |
Mofterien genannt.het, und nennen will; fo darf -
man doch nit aus.der Acht Laffen, daß fie bie:
fen Nahmen nad der urfpränglichen Bedeutung
des Worts nur. alddann verdienen, wenn bie ers.
2 ‚Seren einen oder mehrere der eben erwähnten gots
esdienſtlichen Zwecke haben, und menn bie anbes
“. | ren
—— 42 !
geheimen ‚Seierlichleiten der Orphiker und Pythago⸗
reer nicht mvonpım, oder Telery, ſondern opyın;
IE 810 OpoAoysscı ds rayra racı Oppriaoisı xu-
Acousvois us IlvIayopsiası. ds Yap raray ruv
5 OpYumv HETEXOYTA 6010v Es: CV epivugoei —RX TaD-
"var, und ſcheint alfo zwifchen Myfterien, oder Tes
" Ieten-und Orgien einen Unterſchied zu machen: viels
leicht, meil.die Seierlichkeiten der Orphifer und Py⸗
thägoreer feine. Volksfeſte, oder nicht als Theile von
‚ Boll: Religionen öffentlich autberifist waren "Ja
ſpaͤteren Zeiten wurden die Wörter pusrpıx, Teiler
‚und opris ald ganz gleichbedeutend genommen. vid.
Diod. Lib I. p. 19. Edit. Rhodomanni.de a. 1604,
Bo u Tu: dilmag,. s£ Aiyurts TapsıÄnDorag
rA WEpI TIGE OPYIRTLEC, HR Ta Kapi Tag ÖIOVOcI“-
"RE TEÄBTEG, ul To ONYIR TIREY TETO TO MopIov 8y
To Tas .MUSNPIOIG,, Ku ræic TE Js» TETE TEÄSTAIG
Texas Juasaıg, oyounlovrss auto Daddy,
. ia 8: r
Ed
— — | 877
ren mit gotted dienſtlichen: Feierlichkeiten and Feſien
anzertrenulich verbunden find» un
2 Unter "allen Schriftſtollern, die biaher von
ben Myſterien gehandelt haben, iſt auch nicht Eis
55 ner, der einem unterrichteten und unpartheyiſchen
higen Hrn Pro’ Wegſcheider Progiainm de.Grae.
| Forſcher genug thun kaun ). Alle ohne Aus⸗
nan:
H Die öfteren Gchriftfieller über Mufterien habe ich
An meiner Abhandlung, die im dritten Bande meiner
. vermifchten philoſophiſchen Schriften S. 164 u. f. S.
ſſteht, angezeigt und beurtheilt. Zu dieſen kommen
noch der Baron de Sainte- Croix,, der Verfaſſer der
Memoires pour [ervir äjl’hiftoire de la Religion
" feerete des anciens peuples, oü Recherehes hii
Nomiques et critiques fur les Mylieres da Haga-
.nilme; Paris 1784 8: dann die Commentatio
Johannis Baptiſtae Calparis d’Auffe de Villoilon
deẽ triplici Theelogia Myfteriisgye Veterum, wels
che de‘ St. Croix in feine Sihrift 221,u. f. S, eins
geruͤckt bat: ferner die Schrift des Herrn Profeffors
Yrüller de hierarchia, Hafniae 1803. und des je⸗
corum Myſteriis religioninon obtrudendis. Goet-
'tingae 1304. Hi Muüller hat ©. 131 und Hr.
Wogſcheider S. 79. 80. uoch mehrere neuere. öchrifte
- -fleller. genannt, die aber weniger in Berrachtung
-Tommen. Ich. nehme meine frühere Urbeis gar nicht
von. dem ÜUrtheile and, welches ic) jeßt ber alle
biöberige Unterfucher der Myfterien fälle. Schon
der kurze Abſchnitt über die Myſterien in meinem
Srundriffe de: Geſchichte aller Religionen konnte
einen Jeden überzeugen, daß ich damahls, als ich
diefen Grundriß entwarf," über manche die Myſte⸗
: ziert‘ betreffenden Puncte anders dachte, als zu der,
"Zeit, da ich die frühere Abhandlung in den vermiſch⸗
ten philoſophiſchen Schriften ausarbeitet, Und
| Boch fuhren auch die neueften Schriftſteller, welche
2 ri» Die
‘
«
—
*
724
%
‚318 — —
nahmie achteten nicht genug auf bad Alterthum, und
bie Zuverläffigkeit ber Quellen, aus melden fie
ſchoͤpften. Sie führten vielmehr bie jüngften und
imglanbwärdigfien Autoren mit eben dem Zutranen,
unterfchieben nicht einmahll die Urtheite oder Mei⸗
nungen ber Schriftfteller von ihren Zeugniflen, oben
voy ben Factis, welche dieſe vortrugen, ſondern
bezogen ſich auf die einen, wie auf bie anderen, als
wenn beybe einen gleichen Werth hätten. Haft alle.
gingen von Hypotheſen aus, aus melden: zwey
ganz entgegengefeßte Parteyen und Reſultate ents
fanden. Die Einen fuchten zu beweifen, daß bie
Dinfterien bie Abſicht gehabt haͤtten, die Volks⸗
Religion zu untergraben: die Anderen, daß gar.
Teine geheime, Yon der Volks⸗Religion verſchie⸗
bene Lehren damit verbunden gemwefen feyen. Die
Anhaͤnger der erfieren Partey wichen wiederum
wie die älteften und glaubwärbigfien am Ja fie
fehr in ihren Meinungen ab. Einige glaubten
entbedt zu haben, daß man in ben Möſterien
bie Einheit Gottes, und die übrigen großen Wahrs-
heiten ber natürlichen Religion vorgetragen: Ans
dere, daß man ben Pantheiömns gelehrt, ober
alle Volksgoͤtter auf die einzige Gottheit der Nas
tur zuruͤckgefuͤhrt habe. Eo fiel kaum Einem ein 2),
nach ben natürlichen Urfachen zu fragen, welche
die erſte Entſtehung von geheimen Volkofeſten vers
9p nn ans
J die Materie von den Myſterien beruͤhrten, immer |
fort, meine erflen. jugenduchen Xeußerungen als
weine noch immer fortdauernden Meinungen zu be⸗
fireiten. " . vo. .
2) Sr. Wiäller beruͤhrt dieſe Frage pr 290. nur mit
° wenigen Worten,
L
Tr
- — Tr; SE TTV ⏑
\
. — — | ö 5 319 |
anlaßt haben koͤnnten, ober warum geheime Volks:
feſte ſich nur unter einigen wenigen, nicht unter
alleti großen Nationen bed Alterthumd fanden.
Keiner endlich nahm genug auf die wichtigen Um⸗
fände Ruͤckſicht, daß de Slteften Sriechifchen My⸗
— fterien fremden Urfprungs , und daß biefer aͤlteſten
Mofterien nur fehr wenige waren: daß bie My⸗
ſterien ſich erft in fehr fpäten Zeiten in Griechens‘
land vetolelfältigten, und bag nun mehrere frem⸗
de Götter in Griechenland Myſterien erhielten,
bie dergleichen in ihrem Baterlande ale gehabt |
hatte.
Die alteſten Myſterien in Griechenland waren
ohne allen Streit bie dem Bakchus, der Ceres
und den Labiren gemwibmeten geheimen Feſte a).
Die Machrichten über die Zeiten, in welchen, und
über bie Perſonen, von welchen diefe älseften My⸗
ſterien geſtiftet worden ſind fo ſtreitend, daß es
beynahe unmoͤglich iſt, bie einen und die anderen
mit Gewißheit zu beſtimmen. Nicht weniger
ſchwer iſt es, die urſpruͤngliche Beſchaffenheit die⸗
‚fee Möiſterien genau und vollſtaͤndig darzuthun.
Nur fo viel’ if außer Zweyfel, daß die berahm.,
teten unter den älteren Myſterien ber Griechen,
die ber Ceres und des Bakchus, Aegyptiſchen
Urfprungs, oder wenigſtens nach Aegyptiſchen Mu⸗
ſtern gebilder waren 5). Mir Kennen den Inhalt
der Aegyptiſchen Mpfterien noch, weniger, al6 ben
e) Ach führe bloß die Veweisſtellen de aͤlteſten und u
zuverläffigften Geſchichtſchreibers an, Herodot. IL
49.51. 6%, 171.
2 Nerodot. I, ce,
>
⸗
- .
-
—— — — ü—
ss ERL
dver Briediifigen;- ah Bier Zeiten. ſawahl, ak die
Neranlaſſungen - ihrer -Gtiftung: tparen. allen Yus
fehen nad felbft den Aeghptiſchen Prieſtern ſchon
demahl® unbekaunnt, als Herodot die Ufer bes
Nils beſuchte. Nichts iſt daher einlenchtender,
als daß wir die Urſache der Entſtehung der Ae⸗
gyptiſchen Myſterien nicht aus hiſtoriſchen Denk⸗
maͤhlern erlaͤutern koͤmnen. Eben deßwegen bleibt
und nichts uͤbrig, als dieſe Urfgrhen,theils in
ber menſchlichen Natur über Aupt , theile in ber
eigenthuͤmlichen Sinrichtung ber Aegyptiſchen Mes
ligion aufzufuchen, und dann bie Mefultate, mel«
de biefe Unterfuchungen geben, mit bem zu vers
gleihen, was. uns: die den Aeghptiern ſo aͤhnlichen
Hindus, und die dem Aegypptiſchen Goͤtterdienſte
fo aͤbrliche Religion. ‚der Hindus barbieten.
Ale Woͤlker, und ‚unter blefen auch zi⸗ Yu
gyptier, und Hindus, ‚waren übergenak,. bafl. fie
burch die Gaben und Opfer, welde fie. öffentlich
bradyten, burc bie Reinigungen und Buͤgungen,
welche fie öffentlich wornahmen, durch Gebete und
Znbetungen, welche ſie Öffentlich verrichteten, durch
Feſte, Schauſpiele und Umgaͤnge, welche ſie öffent
lich anſtellten, den Goͤttern danken, die Gnade der
Goͤtter erlangen, und die Ungnade derſebben ver⸗
ſoͤhnen koͤnnten. Wie kamen bie. Yeguptier: und
Hindus, oder deren. Priefter darauf, geheime Feſte,
ader gottesdienſtliche Handlungen anzuordnen, big
auch Feine andere Abſichten haben Eonnten, als die
den Goͤttern zu danken, oder ſie zu gewinnen und
au ve rn
I:
ur
s
Ä ——2281
Man kaum nicht ſagen, daß geheime Feſte uns
ter den Aegyptiern und Hindus aus dem Grande
geſtiftet worden, aus welchem bie erften Chriften
in den Zeiten der Verfolgung, und nach der Aus⸗
breitung. des Ehriftenthums,. manche von ber rechts
glaͤubigen Kirche abweichende Secten‘, thre Lehren,
Zufgnmenfünfte und Andachts⸗Uebungen verſteck⸗
ten: aus Furcht nämlich, entdeckt und beſtraft zu
werben, Die Myſterien der Aegyptier und Hindus
.- waren, und find nicht Heimlichkeiten, ober Geheim⸗
niffe wenig zahlreicher Secten und Bruͤderſchaften,
fondern Fefte und Feierlichkeiten, zu welchen Per -
fonen von allen Geſchlechtern, oder wenn aud) nur
von Einem Geſchlecht, wenigſtens aus allen Altern
and Ständen nach gehöriger Vorbereitung zugelaſ⸗
“ fen, und die von ber hoͤchſten Gewalt nicht bloß
anerfannt, fondern auch als wichtige Beſtandtheile
der Volks⸗Religionen beſchuͤtzt wurden.
Wenn man ſolche Feſte und Feierlichkeiten,
dergleichen tie Aegyptiſchen und Invdiſchen. Myſte⸗
rien waren, oder noch jetzt ſind, mit dem Schleier
des Geheimniſſes bedeckte; ſo konnte dieſes nur
aus Einer von folgenden Urſachen geſchehen:
entweder, weil man fuͤrchtete, daß Feierlich⸗
würdigen entweiht werden:
⸗
keiten und Feſte ſonſt moͤchten geſtoͤrt, ober von Uns
oder weil man glaubte, oter glauben- machen
. wollte,‘ daß man aufferordentliche Gnadenmittel
beſitze, an melden nur die Verehrer Liefer uber
jener Gottheit Theil nehmen föllens >.
= ger
.
EICH
„ —X
*
34 —
on ]J
das Jahr, und gewiffe Epochen bes Jahro richtig
beſtimmen zu koͤnnen: ba fie, wenn fie auch dazu
geſchickt wären, keine Ealender haben, und bekannt
madjen: ba fie endlich den Anfang und das. Ende
von Feften nad ber Erſcheinung des Neumondes
feftießen &); fo geſchieht es häufig, daß: diefelbigen
Feſte in benachbarten Gegenden an verſchiedenen
Tagea gefeiert werben. Ä oo
.6) Niebuhrs Reifen II. 65. 161 S. Als Bruce in’
Farſchut war, entflanden wegen des nicht gleichen
Anfanaed des Ramadan blutige Gtreitigkeiten.
wo Travels II. 26 Ed. 1805. in & BE
J Zweyter
gleich bedentende Aus druͤcke
| Bwesten Kfguitt,
Sei: der Moſterien, oder der gebeimen deſte und
Zeierlichkeiten.
Ungleih ſchwerer zu beſchrelben and zu ers
klaͤren, als die bisher unterfuchten, find die ges
heimen Feſte und Feierlichkeiten: das heißt, bier
jenigen Gaben und Opfer, Reinigungen und
Buͤßungen, Gebete und Anbetungen, Shane
ſpiele und Umgaͤnge, zu welchen man nur nad
vorhergegangenen Prüfungen und Morbereituns .
gen, und unter bem Geluͤbde einer unverbruͤch⸗
lichen Verſchwiegenheit zugelaſſen wurde, und die
zugleich einen der folgenden drey gottesdienſtlichen
Zwecke hatten: entweder ben. Göttern zu danken,
oder ihre Gnade und Wohlthaten zu erlangen, oder
. Ihre Ungnade und Strafen abzuwenden. Die Yes
gyptier nannten foldye geheime. Hefte Myſterien u).
Die Griechen nahmen diefe Benennung an, brauch⸗
ten aber zugleich die Wörter reAsry und opyim als
u). \ Herodoi; HM, 191. ev de rg Asıyy rxury ra ds
Ac Tv raSaav aUTE YUnTog TUsUs, Ta —RR
augypia Anrra..
2) Herodot. 1, e. 20 176 Aykıpos relarıy von ry⸗
7 —— Ieryapopıs —RBR Herodot nennt die
| ge⸗
2
Di
x
36 =
Die geheimen gottesdienftlichen Feſte unt Feier⸗
lichkeiten müffen forgfältig, fo wohl Yon ben gehets
men $ehren, welche die Vorfteher ober Mlitgligder
einzelner Secten und Werbrüberungen vortrugen, .
ald von ben geheimen Gebräudeti unterfchieden
werden, unter. welchen einzelne Secten und Vers
brüderungen Mitglieder aufnahmen, ober beförders
sen. Wenn man gleich alle geheime Gebraͤuche
‚und Lehren einzelner Verbrüderungen und. Secten
Mofterien genannt hat, und nennen will; fo darf
man boch nicht aus der Acht laſſen, daß fie Dies
fen Nahmen nad ber urfpränglihen Bedeutung
de6 Worts nur. alddann verdienen, wenn bie ers
Seren einen oder mehrere der eben erwähnten gots
desdienſtlichen Zwecke haben, und wenn die anbes
% ig
- geheimen Beierlichleiten der Orpbiler und Pythago⸗
reer nicht wuenpin, oder 7sÄezy, fondern opyın;
IE 81. OpoAoysscı ds rar racı OpPtxoisı na-
Aecousvoici um IluSayopsiosı. ade yap rarav ruv
opyImv narsxpyra daiv cs av'spivsosı diuacı TaD-
"Sepvas, und fcheint alfo zwifchen Myfterien, ober Te⸗
leten ˖und Drgien einen Unterſchied zu machen: viels
leicht, meil. die Feierlichkeiten der Orphiler und Py⸗
thägoreer feine Volksfeſte, oder nicht als Theile von
Voilks-Religionen Öffentlich authorifirt waren "Fa
ſpaͤteren Zeiten wurden die Wörter zuszpix, TsAeras
.. „und opyie al& ganz aleichbedeutend genommen. vid,
Diod. Lib I,p.ı9. Edit. Bhodomanni.de a. 1604.
dio Hu Tec SAlnsug, set Aiyuxru wapuAyDorag
FR WED TAG OpylInausc, Na Ta Map Tac dIOVocsK-
RE TOÄBTaG, ‚nal Fr ONYIR TIaYy TETO TO Kopiov 6V
,. 18 Tols .HUSNPIOIG.y Ka Teig TB Isz TETE TEÄAETAK
vaxaı Juninıg, ovouadovrag auro Dadlkoy,
ur."
——
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— — | 877
ainzertrenulich verbunden find.
. Unter allen Scriftfiellen, bie Biöher von
den Myſterien gehandelt haben, tft auch nicht Eis
ner, ber. einem unterrichteten und unpartbenifchen
Forſcher genug thun kann 9). Alle ohne Aus⸗
nah:
y) Die ätteren Schriftſteller über Myſterien babe ich
in meiner Abhandlung, die im dritten Bande meiner
vermiſchten philofophifchen Schriften S. 164 u. f. S.
ſteht, angezeigt und beurtheilt. Zu dieſen kommen
noch der Baron de Sainte- Croix,. der Verfaſſer der
Memoires pour [ervir ail’hiftoire de la Religion
" feerete des anciens penples, oü Recherehes hi:
. .Rowigmes et eritiques fur les Myflteres da Yaga-
- .nilme;,, Paris 1784 8: dann die Commentatia
“Johannis Baptiftae Calparis d’Auffe de Villoilon
- „de triplici Theelogia Myſteriisque Veterum, wels
the de‘ St. Croix in jeine Schrift 221 u. f. ©, eins
geruͤckt bat: ferner die Schrift des Herrn Profeſſors
Yrüller de hierarchia, Hafniae 1805. und des ra
tzigen Hrn Pro’, Wegſcheider Programm de Grae-
corum Myſteriis religioninon obtrudendis. Goet-
tintzae 1304. He. Muller hat ©. 131 und Hr
Waogſcheider S. 79. 80. uoch mehrere neuere Schrift⸗
ſteller genannt, die aber weniger in Betrachtung
..kommen. Ich nehme meine frühere Arbeit gar nicht
von. dem Urtheile and, welches ich jet uber ale
biöherige Unterjucher der Myfterien fälle. Schou
der kurze Abſchnitt über die Mofterien in meinem
Grundriffe de: Gefchichte aller Religionen konnte
einen Jeden überzeugen, daß ich damahls, als ich
dieſen Grundriß entwarf, über manche die Myſte⸗
rien betreffenden Puncte anders dachte, als zu der,
"Zeit, da ich die frühere Abhandlung in den vermiſch⸗
ten pbilofophifchen Schriften audarbeitet, Und
5 Boch fuhren auch die neueflen Schriftfieller, welche.
| or. rem DIE
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gen: mit gottesdienſtlichen: Feierlichkeiten und Feſten
N
ii Tueumın .
nahe achteten nicht genug auf das Alterthum, und
bie Zuverlaͤſſigkeit der Quellen, aus welchen fie
ſchoͤpften. Sie führten vielmehr bie jängften unb
inglanbwuͤrdigſten Autoren mit eben ben Bulranen,
wie die älteften und glaubwärbigften am Ja fie
unterfchleben nicht einmahl die Urtheile oder Mei⸗
‚ mungen ber Schriftſteller von ihren Zeugniffen, oder
%
.. bie Materie von den Myſterien berüheten, immer
fort, meine erſten jugendlichen Aeußerungen als
voy ben Factis, welche dieſe vortrugen, ſondern
bezogen ſich auf bie einen, wie auf bie anderen, als
. wenn beyde einen gleichen Werth hätten. Faſt alle.
gingen von Hypotheſen aus, aud melden zwey
ganz entgegengefeßte Partegen und Reſultate ents
fanden. . Die Einen fuchten zu beweiien, daß bie
Myfterien die Abficht gehabt harten, bie Volks⸗
Meligien zu untergraben:. die Unberen, baß gar.
Leine geheime, von der Volks: Religion verſchie⸗
bene Lehren damit verbunden gemwefen ſeyen. Die
Anhänger ber erfieren Partey wichen wiederum
fehr in ihren Meinungen ab. Einige glaubten
entdeckt zu haben, daß man in ben Myöſterien
bie Einheit Gottes, und bie übrigen großen Wahr⸗
heiten ber natürlihen Religion vorgetragen: Uns
dere, bag man den Pantheismus gelehrt, ober
alle VPolksgoͤtter auf bie einzige Gottheit der Nas
tur zuruͤckgefuͤhrt habe. Es fiel kaum Einem ein 2),
nah ben natürlichen Urfachen zu fragen, welche
die erfte Enifehung von geheimen Volksfeſten vers
on ' ana
meine noch immer forsbaueruben Meinungen au be⸗
ſtreiten.
2) Se. Möller Beräßrt dieſe Frage p. 190. nur wit
wenigen Worten.
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Ten ..
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— — 379
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anlaßt haben koͤnnten, ober warum geheime Volks:
fefte fi nur unter einigen wenigen, nicht unter
allen großen Nationen des Alterthums fanden.
Keiner endlich nahm genug auf die wichtigen Um⸗
fände Ruͤckſicht, daß bie älteften Griechiſchen My⸗
ſterien fremden Urſprungs, und daß dieſer aͤlteſten
Myſterien nur ſehr wenige waren: daß die My⸗
ſterien ſich erſt in ſehr ſpaͤten Zeiten in Griechen
land vetvielfaͤltigten, und daß nun mehrere frem⸗
de Götter in: Griechenland Myſterien erhielten,
‘
hatten,
‚Die Alteften Myſterien in Griechenland waren
ohne allen Streit bie dem Bakchus, der Ceres
und den Cabiten gewibmeten geheimen Feſte a).
Die Nachrichten über die Zeiten, in welchen, und
über bie Perſonen, von welchen biefe aͤlzeſten My⸗
ſterien gefliftet worden, find fo ſtreitend, daß es
beynahe unmöglich ift, bie einen und die. anderen.
mit Gewißheit zu beſtimmen. Nicht weniger
ſchwer iſt ed, bie urfprüngliche Beſchaffenheit dies
‚fer Myſterien genau und vollftändig." darzurhun.
Mur fo vlel iſt außer. Zweyfel, daß bie beruͤhme
teſten unter ben älteren Myſterien ber Griechen,
die der Ceres und des Bakchus, Aeanptifchen
Urfprungs, oder wenigſtens nach Aegyptiſchen Mu⸗
ſtern gebildet. waren 5). Wir kennen ben Inhalt
der Aegyptiſchen Mpfterien noch weniger, als ben
ST 2 | ber.
⸗
49: 61. 58, 171.
5) Herodot. Il, ce.
>
die bergleihen in ihrem Vaterlande ute gehabt
⸗
H Ich führe Bloß die Beweisſtellen bed ältehen und
guverlaͤſſigſten Gefchichtfchreibers an. Herodot. II.
-
— ———
ss ———
‚ver Seicchiſchen nah Die, Zeiten. ſewohl als die
Werenlaffungen - ihrer -Gtiftung waren, allem An⸗
. .fehen nad felbft den Aeghptiſchen Prieftern fihon
damahls unbefannt, ald «erodor die Ufer des
Nils beſuchte. Richts iſt daher einleuchtender,
als daß wir die Urſache ber Entſtehung des Ae⸗
gyptiſchen Myſterien nicht aus hiſtoriſchen Denk⸗
mählern erlaͤutern Eönnen, : Eben deßwegen bleibt
end nichts uͤbrig, als dieſe Urſachen theile in
ber menfchlichen Natur überhaupt, .theild im der
eigenthuͤmlichen Einrichtung ber Negyptifhen Res
ligion auſzuſuchen, und dann die Reſultate, wels
de diefe Unterfuhungen geben, mit dem zu vers
gleichen, was uns die-deu Aegyptiern ſo aͤhnlichen
Hindus, und die dem Aegpptiſchen Goͤtterdienſte
ſo Ahnlige Religipn- der Hindus barbieten. -
| Ale Woͤlker, und ‚unter dieſen auch öl Ye
ayptier, und Hindus, waren übergengkr- bafl. fie
burch bie Gaben und. Opfer,. melde fje Öffentlich
brachten, durch bie Reinigungen und Buͤßgungen,
welche fie öffentlich voruahmen, durch Gebete und
Anbetungen, welche ſie öffentlich verrichteten, durch
Feſte, Schauſpiele und Umgaͤnge, welche fieöffents
lich anſtellten, den Goͤttern danken, die Gnade der
Goͤtter erlangen, and. die Ungnade derſelben ver⸗
ſoͤhnen koͤnnten. Wie kamen bie: Aeghptier und
Hindus, oder deren Prieſter barauf, geheime Feſte,
ader gottesdienſtliche Handlungen anzugrbnen, big
auch Feine andere Abſichten haben Eonuten, ald bi
den Göttern zu vanfen, ober fie zu gewinnen und
ne
wu verföhnen? — | AN
.... Man
u em . 381
Man kaum nicht ſagen, daß geheime Feſte un⸗
ter den Aegyptiern und Hindus aus dem Grunde
geſtiftet worden, aus welchem bie erſten Chriften
in den Zeiten der Verfolgung, und nach der Aus⸗
breitung des Chriſtenthums, manche von der recht⸗
glaͤubigen Kirche abweichende Secten, ihre Lehren,
Zuſommenkuͤnfte und Andachts⸗Uebungen verſieck⸗
ten: aus Furcht naͤmlich, entdeckt und beſtraft zu
werben, Die Myſterien der Aegyptier und Hindus
waren, und find nicht Heimlichkeiten, ober Geheim⸗
niffe wenig zahlreicher Secten und Brüberfchaften,
ſondern Fefte und Feierlichkeiten, zu welden Pers
fonen von allen Gefchlehtern, oder wenn aud nur
von Einem Geſchlecht, wenigftens aus allen Alter
and Ständen nad gehöriger Vorbereitung zugelaſ⸗
“ fen, und die Yon ber hoͤchſten Gewalt nicht bloß
anerkannt, ſondern auch als wichtige Beſtandtheile
ber Volks⸗Religionen beſchuͤtzt wurden.
Wenn man ſolche Feſte und Feierlichkeiten,
dergleichen bie Aegyptiſchen und Indiſchen Myftes
rien waren, oder noch jetzt ſind, mit dem Schleier
des Geheimniſſes bedeckte; ſo konnte dieſes nur
aus Einer von folgenden Urfagen geſchehen:
entweder, weil man fuͤrchtete, daß Feierlich-
keiten und Feſte ſonſt moͤchten geſtoͤrt, oder von Un⸗
wuͤrdigen entweiht werden:
oder weil man gläußte , oder glauben machen
. wollte, daß man anfferordentliche Gnadenmittel
befige, an melden nur die Verehrer dieſer oben
jener Gottheit Theil nehmen ſolltu?:
eher
BER‘
Aaml Lo L_L.T 7
—
XE—
3823 — —
ober, weil ſich gewiſſe Wirkungen nicht anders,
als an beſchraͤukten Plaͤtzen, und unter dem Schleier
ber Nacht, ober dem Schimmer einer magiſchen
Beleuchtung hervorbringen liegen? "
| ober" endlich, weil man angeblich uͤbernatuͤr⸗
liche Triebwerke anwenden, durch angeblich uͤberna⸗
tuͤrliche Erſcheinungen taͤuſchen wollte, die das Licht
des Tages nicht ertragen konnten?
Wir wollen ſehen, aus welcher von dieſen
Urſachen ſich die Myſterien der Aeghptiſchen, und
Indiſchen Religion mit der gröften Webrſqhein⸗
lichkeit ableiten laſen.
J Nah ben wiederhoblten Zeugniſſen des Hero⸗
dot, welchem ich vorzüglich folgen werde, laͤugne⸗
ten die Aegyptier, und die Aegyptiſchen Prieſter
durchaus, dag Götter ſich jemahls mit. Menſchen
vermiſcht hätten, oder daß Menfchen jemayle zu
Helden, oder Goͤtter wären erhoben worden cy.
Nichts deſto weniger nahmen bie Aegyptier drey
Dynaftien von Goͤttern an. Die erſte dieſer Dy⸗
naſtien beſtand nur aus acht: die zweyte, aus
zwoͤlf: die dritte, die von der zweyten erzeugt w⸗
den, aus einer unbeſtimmten Zahl von Goͤttern.
Diefe auf einander folgenden Dpnaftien von Goͤt⸗
tern herrfchten über Aeghpten, bevor biefes Reich
Yon Menſchen bewohnt wurde; und in jeber Dynas
flie war immer Einer ber Vornehmſie. Wenn
glei die Götter der zwehten Dpnaftie denen ber
euſten, unb bie ber Dritten benen ber Zweyten Dy⸗
naaſtie bie Herrſchaft entriſſen; fo beraubten ſie |
els
‘e) IL 145 145 €.
u DE Et DE En *
ſelben deßwegen ihrer zöttlichen Verzig⸗ und
Ehren nicht. Man betete zu Herodors Zeiten fo
wohl den Dan, als den Herkules an, vom wel⸗
hen Jener zur erfien, und Diefer zur zwepten Dys
naftie der Bötter gehörte d). Unter den Göttern
aller drey Dynaftien wurden keine in ganz Aeghp⸗
ten ale allgenseine Volkogottheiten verehrt, benn
allein Iſis und Oſiris, die jüngften, oder viel⸗
snehr bie vorlegten ver Götter, welche über Ae⸗
gupten s Land herefchten e)._ Die Aegpptifchen
Prieſter felbft fagten, daß Ofirie der Bakchus,
and Iſis, die Ceres der Griechen fey f). Oſi⸗
ris zeugte mit feiner Gemahlinn Iſis den Horus
oder Apollo, und bie Bubaftis, ober Diana g).
Während der Zeit, wo Dfiris über Yegypten: Land
herrſchte, empörte ſich Typhon gegen feinen Brus
der Dfiris, überfiel und ermordete ihn, gerftüdlelte
feinen Coͤrper, und zerſtreute bie zerſtuͤckelten Glied⸗
maaßen, damit ſie nicht wieder gefunden, und ver⸗
einigt werben moͤchten. Typhon ſuchte auch den
Horus auf, um dieſen Sohn des Oſiris gleich:
fall6 zu vernichten. Allein Iſis vertraute den
Horus, und. die Bubaſtis ver Larona bey Buto
an, welde die Rinder auf einer fhwimmenden Ius
ſel gegen bie Nachftellungen des Typhon verbarg, .
und in der Stille auferzog h). Nachdem Hokus
| das
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0) L. e. et e. 40 — FR Yap du u Tuc nurac Amar.
Suowg Ayurrioı osßovrm, .wıyy Isios Ts u. Or - |
Bidoc. row ds Asvudoy syn Asyuei,
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g) a 166.
A)le.
384 . DE
das maͤnnliche Alter erreicht hatte, machte er ſich
gegen den Mörder feines Waters, und ben Raͤu⸗
ber des väterlichen Reichs auf, überwand, und
fürzte den. Typbon, ‚ohne ihn ganz zu vernich⸗
ten i)._ Horus war ber leßte unter ben Goͤttern,
bie über Aegypten herrfchten 4). Da nicht bloß
„bie Uegyptifchen Priefter, fondern auch Herodot
überzeugt waren, daß Dfiris und Iſis dem Bak⸗
chus und der Ceres ber Griechen entfpräden, und
daß fo wohl die öffentlichen, als bie geheimen Fe⸗
fie der erſteren Gottheiten mit ben Feften ber- leg:
teren übereinflimmten 5 fo Eönnte- man ſchon hiers
aus allein mit Sicherheit fließen, mas auch alle
fpätere Sefhichtfchreiber bezeugen, daß bie Aegyp⸗
tier, wenigſtens zu Herodots Zeiten, bem Oſi⸗
ris und der Iſis aͤhnliche Wohlthaten zuſchrieben,
dergleichen bie Griechen dem Backchus, und ber
Ceres zueigneten. Die Aegpptier glaubten naͤm⸗
lich, daß Oſiris und Iſis die erſten Menſchen,
bie unter ihrer Regierung entſtanden ſeyen, in ben
Künften des Aderbaus unterrichtet, und fie zus
gleich durch weiſe Geſetze zu einem geſelligen Leben
gewoͤhnt, oder in feſte Gefellſchaften vereinigt haͤt⸗
ten I): in welchen großen Wohlthaten unftreitig
der _
« .
i) c. 144. vsarov ds .auryc Banılsvom Aw r roy
N
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Osıpivg wyda, Tov Arollwva EAAyusaovouadzcı, _
$- Faro NATETaUCayTra TUußuve J Pasıkevom
un VERTDS Aryurzs,
Fr ib,
h Zu Diodors Zeiten riefen die Aegyptiſchen Land⸗
leute bey dem Schneiden der erfien Barben die Iſis,
als die Geberiun der Früchte an. Auch wehriags
ten
| oo 0...
der Grund lag, warum Oſtris und Iſis unter
allen Göttern, bie einft über Aegpptens Land ges
herrſcht hatten, allein als allgemeine Volksgoͤtter
verehrt wurben. Die Aegyptier feierten dem Dfis
vie, und ber Iſis zu Ehren, theils öffentliche,
sheild geheime Feſte; und faft fcheint ed, als
wenn bie leßteren, gleich ben vornehmſten Gries
chiſchen Myſterien, zum Theil aus öffentlichen,
"und nur zum Theil aus geheimen gottesbienftlichen
Handlungen beftanden hätten. Zur Zeit des Bolls
mondes opferten bie Aeguptier dem Bakchus,
und dem Monde Schweine, welde Thiere fie fonft
auf dad aͤußerſte verabfheuten m), Von ben
Schweinen, welche fie dem Monde zu Ehren ſchlach⸗
teten, verbrannten fie bie Dintertheile, die Milz,
bie Fetthaut, und alles Fett, was bie geopferten '
Thiere an ben Nieren hatten. Das übrige Fleiſch
verzehrten fie felbfi. An den Selten bed Bak⸗
chus hingegen ſchlachteten fie während der rel
‚ mahl⸗
ten ſie und geiſſelten ſich, um der Goͤttinn ihre
Theilnahme an ihren, und des Öfiris Leiden zu ers
Bennen zu geben. In manchen Städten trug man
an den Feſten der is Wannen, die mit Weizen
und Gerſte angefüllt waren, in Öffentlichen Umgans
gen umher. Diod, I. p. 13. srı yap any wur um
Ta TOV Japıauoy TEC TPWTSG auyIsvrag saxyuc Jay-
Tag TuG ayIpwwug nowrseIm mAycıov 7a dpayus-
rocʒ, nu. ryv laıv avanuisıc9a, u Taro Tparrev
ATOVEUOVTRG TIunv 74 Jew Twv Ävponavav zAure
vov ebapxyc Ts dupsasus zuıper. „ „ Osıvay de
Pæos nu yauss 1yv low eic.
») II. 47. 48.
Bb
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J
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386 — —
mahlzeit, welche ſie vor ihren Thuͤren hielten,
ein Jeder ein Schwein, und gaben dann das ger
ſchlachtete Schwein dem Schweinehirten zuruͤck, der
es geltefert hatte. Herodot erfuhr die Gründe, .
warum man in Aegypten nur dem Bakchus, umd
dem Monde Schweine opfere: warum ınan der eis
nen, und ber anderen Gottheit diefe Opfer auf bie
befchriebene Art bringe; allein’ er hielt’ fih nicht
für befugt, das, was er gehört hatte, bekannt zu‘
machen. Die Datchus : Fefte in Aegypten m)
waren den Sriechifhen in allen übrigen Stuͤcken
gleih, nur nicht in Anfehung der Chöre, und beb
Phallus. Statt des Phallus trugen die Aegyptis
ſchen Weiber an den Feften des Gottes Meine cus
bifalifhe Statüen, mit faft eben fo großen beweg⸗
lichen Zeugungs⸗Gliedern. Ein Flötenfpielerführte
den Zug au, und die Weiber fangen Licher auf
den Bakchus ab, Warum bie kleinen Statüen
fo große Zeugungsglieder hatten, und biefe Zeus
gungsglieder allein beiweglich waren, lernte Kyeros
dor aus einem heiligen Mythos, den er eben bes
wegen nicht mittheilte. Mac der Meinung bes
Herodot Iehrte Melampus außer vielen anderen
Dingen, welche er in Aegypten gelernt hatte, bie
Griechen zuerft ben Nahmen des Bakchus, bie
Art, wie diefem Gotte geopfert,‘ und ihm zu Eh»
ren ber Phallus umgetragen werden müfle 0).
Derſelbige Sefchichtfchreiser glaubte, daß Wies -
lamp den Dienft des Backchus von dem Tyrier
Kadmus, und den Begleitern befjelben vernoms
men habe, bie aus Phönicten nad) Boeotien ges
Tommen feyen: eine Vermutbung, von welder
' \ 2 — N man
n) c 48.
0) Ce» 49%
— 387
man Faum abfieht, wie fie ſich mit den zuerft ans
geführten Machrichten uͤber den Melampus vereis
nigen laffep). Herodot nennt ben Melampus
einen weifen Mann, der ſich die Kunſt der Wahrs
fagung eigen gemacht, und ben Griechen den Dienft
bed Bakchus zuerfi verfündigt habe, welcher
Gottes dienſt aber in der Folge von anderen meifen
Männern nod ausführlicher, und genauer geoffens.
bart wordeng). Man kann faft mit Gewißheit
annehmen, daß Herodot unter den weifen Mäns
nern, welde nad) dem Melampus bie Griechen
in dem Dienfte des Bakchus unterrichtet hätten,
den Orpheus, und Muſaͤus, oder wenigſtens bie
Nachfolger bed Erſtern verftanden habe. Zu ben
größten Geheimniſſen der: Myfterien des Bakchus
gehörte ber Org, mo Iſis bie geſammelten Glied⸗
| maaßen ihres zerſtuͤckelten Gemahls bengefeßt hat:
te, um fie ber unverföhnlihen Wuth des Typbon
zu entziehen. Zu den Zeiten bed Diodor 7), des
j Stra:
|
» Diefe Vermutung ift nicht die einzige Gonders
J harkeit in dem 49 Capitel des zweyten Buchs. Die
uͤbrigen raͤthſelhaften Aeußerungen wird jeder auf—
merkſame Leſer leicht ſelbſt finden.
9) syw nav vuv Oym, usAauroda Yevonevov avdpm.
00PoVv , Mayrınyv TE dauru Wusmadyı, xy wuJons-
vov ar’ Ayumrs alla ra woAlz sonyyaaeduy AA:
‚Aysı,. 20 ramspı Aovuoov... . OTpSNSWg HEV # Fay- !
: sa ovAlaßuv rov Aoyov sdyve. all ds sriysvons
os raeru Tod medovwnc seeßyvar,
., m Ip 19. 24.
Bhz
Sy
388 . 0
Sırabo s), und Plurarch £) machten viele Städte
Anfprüdhe auf die Ehre, die Weberbleibfel bes
Oſiris zu befißen, Allein die beyden erſteren
Schriftſteller, die felbft in Aegypten geweſen waren,
bezeugen, daß dad wahre Grab des Gottes unbes
kannt fey. Um dieß große Geheimniß nicht zu Her:
zathen, fagt Herodot in der Beſchreibung des
Zempeld der Minerva zu Sais: "An biefem -
Tempel, ober vielmehr. hinter biefem Tempel
"längs ber ganzen Mauer her find die Gräber deß⸗
jenigen, deſſen Nahmen bier auszufprechen eine
große Sottlofigkeit wäre Auch findet ſich hier ein
kreisfoͤrmiger, mit Steinen eingefaßter Teich, auf,
oder in welchem man Nachts die Leiden des göttlis
chen Ungerannten vorſtellt: welche Vorſtellungen
man in Aegypten Mofterien nennt. Ungeachtet
id, weiß, wie fich alles dieſes verhält, fo noge
id) eben fo wenig, es zu erzählen,. als bie
fehaffenheit der geheimen Feſte, welche die Öriehen
Tchesmephorien nennen u). Eudoxus war wenis
ger gemwiffenhaft, ald Herodot. Kr erzählte ohne
Scheu, was er in Aegypten gehört hatte, daß das
Grab des Ofiris fich zu Buſi ri6 finde *) Das
Feſt,
s) XVII. 1155.
£) VII. p' 440. de Ifide et Ofiride.
u) Il. 170. 171. usı de na dı ra Te am daiov
KOISUMM ET TOMTS KENYuaTı BLRYeDSUNY TEYOLL&,
.. u Zu, 0 ro Ipw ns Adyvayg . + ev da rn Auvy
vaury Ta Üsınylın Tv TaJeny AUTE YUNTOE. Kolsvch,
ra nalsscı RUSApIM. Napı usv vuv vurwy, dor:
no awı aA00y os dxasa aurav 8x8, BU“
26öν
x) Apud Pintarch, 1, e. VII. 41%
Papremis ⸗).
— 38)
Ver, welches man der Iſis zu Buſiris feierte,
gehörte nicht weniger zu den jährlichen großen Fer
fien ber Aeguptier, als das Feſt der Minerva zu
Sais, mir welchem bie Vorftelungen der Leiden
des Oſtris verbunden waren y). An bem Feſte
‚ber fie wurben nach dem Opfer viele Myriaden
von Meyſchen gegeifielt. Es fchien dem Herodot
eine Ruchloſigkeit, zu ſagen, um welches willen
dieſes geſchehe z): ein faſt untruͤglicher Beweis,
daß auch dieſes Feſt feine Gehetinniffe hatte! Oſi⸗
ris und Iſis waren allerdings bie einzigen Gott⸗
heiten, denen zu Ehren man in Aegypten die vors
nehmften geheimen Feſte, oder gleichfam Nationals
Miyfterien feierte Wahrſcheinlich aber waren
ähnliche, weniger allgemeine, Feſte und Feierliche
" Zeiten allen den Gottheiten gewidmet , deren Dienft
man dem Herodot nur in isposAoyais mittheilte a),
und von welchem baher biefer Geſchichtſchreiber
nicht fo offen redete, wie von dem Dienfte des Ju⸗
piter In Theben b), oder von bem des Mars zu
| a
y) u. SQ,
2) C. 61. Turrovre navy yap dy para vv Jvamie
raurec x way, Aupimdsc nupra wolly av) pn -
zuy. rev de (beffer ro da) rumrovray, u nor Ociov
ssı Äsysıy. |
u a) 3. DB. bed Pan, u. 46. der Cabiren, Herod, in,
6, 37. mehrerer heiliger Thiere, c. 65
5) 11,4% ö |
c) IE. GA. c.
399 7 7
7: Mach den Aegyptiern waren die Hindus bdas
einzige Volk des Alterthums, das in Caſten abge⸗
theilt war. Dieſe Abtheilung in Caſten brachte
nothwendig unter beyden Nationen manche gemeiins |
ſchaftliche fo wohl politifhe, als gottesdienfkliche
Einrichtungen hervor. So wie die Aegyptier uns
ter allen menſchenaͤhnlichen Goͤttern nur den Dfis
ris und die Iſis als allgemeine. Volfsgoͤtter aube⸗
teten, fo erwiefen die Hindus nur dem Drums,
dem Viſtnu, und dem Schiwen, oder Eswara
gleiche Ehre d). Unter biefen drey Nationals -
Gottheiten fuchte ſich nach den heiligen Sagen ber
Hindus Bruma über den. Vifchnu zu erheben.
Hieruͤber entſtand zwifchen dem Bruma, und bem
Viſchnu ein furchtbarer Kampf, nad melden
Bruma felbft den Schiwen zu: berüden ſuchte.
Wegen biefer legten Uuthat ward Bruma verſtei⸗
nert, und vom Schiwen verfludt. Da Bruma
ſich demuͤthigte, fo erlaubte Schiwen zwar, ba
an ben Druma Undachten von ben Brahminen ges
richtet würden ; allein er nahm den Fluch nicht zus
ruͤck, nad weldhem Bruma der Ehre beraubt warb,
in befonderen Tempeln göttliche Ehren zu empfans
. gen. Unterbeffen ftellt man ben Bruma noch jeßt
in manchen Tempeln zugleih mit dem Viſtnu und
Schimwen unter einem menſchenaͤhnlichen Bilde
mit brey Köpfen vor, und betet ihn nicht weniger,
— — ⸗-
als
4) Die Gottheit, welche Sonnerat I, 128. 129. 135.
166. 171. und Untere Schiwen nennen, nannte
der Brabmin, weichem Aogers ſeine Nachricht zu
Ben hatte, Eswara. l.c. 1. Ilc.ı,
-
ı
ı .
—
F — PORN gr -
als den Viſchnu und Schiwen an e). Aller⸗
dings aber weiben fi bie meiften Hinbus, und
deren Brahminen Einen der beyben leßteren Goͤt⸗
ter auf eine ſolche Art, daß biejenigen, welche ben
Einen anerkennen, ben anderen perachten, und vers . .
abfeuen, und biefe Verachtung,/ unb Abſcheu
aud) auf die Verehrer bes Einen, oder des ande
ren übertragen f). Die Brahminen, melde Prie⸗
fler des Viſchnu find, zeichnen ihr Geſicht ganz
anderd, und tragen andere Symbole an ihrem
Coͤrper, als biejenigen, die ben Schiwen, ober
Eswara als den vornehmftien Gott verehren.
‚Die Anbeter bed Schiwen hören nicht den Nah⸗
men des Diftnu, ohne auszufpucden, und umge⸗
kehrt. Auch leiden bie Anhänger des Einen Gots
tes micht, daß die Anbeter des Anderen durch ihre
Quartiere ziehen. Beyde Gottheiten haben ihre
Gemablinnen, Kinder und Diener, benen man.
gleihfalld mehr, als menſchliche Ehre erweist.
Bon beyden erzählt mar mancherley Vercoͤrperun⸗
‚gen, wo fie unter menfchlicgen und thierifdyen Ges
ftalten erfchienen feyen, und merkwürdige Thaten
gethan, oder merkwürdige Schickſale erfahren häts
tn. Beyde Götter haben ihre Myſterien, bu
- weis
e) U. ce. Zu Rogers Zeiten fprach man zwar auch
von einer Strage weiche Bruma wegen feiner Ue⸗
berhebung vom Eswarg gelten babe; allein der _
- Dienft ded Vrahma ald einer großen Nationale
. Sottheit war damabis noch nicht abgeſchafft. II. E. -
Auch geſteht Sonnerat ſelbſt, I. 129 S. daß
Bruma in vorigen Zeiten eben fo wohl ſeine Tem-⸗
pel hatte, alt Viſchnu und Schiwen.
f) Sontzerat, und Rogers ll. ec.
89% — —
welche man in ihren Dienſt eingeweiht wird. Die
Arhaͤnger des Viſtnu fuͤrchten, daß der Dienft ih⸗
res Gottes eben fo koͤnne vernichtet werden, als
der des Bruma, ſo wie Schiwen vormahls auch
den Viſtnu, wenn gleich nicht fo tief, als den
DSruma gedemuͤthigt habe 2).
Beypde Voͤlker alſo, ſowohl die Aegyptier,
als die Hindus, beteten nicht bloß mehrere Volko⸗
goͤtter an, fondern glaubten au, baf ein. Gott
den andern überwinden , und feiner göttlichen Eh⸗
ren.ganz ober gröftentheild berauben koͤnne. Ty⸗
phon erwürgte ven Dfiris, und ward wieder vom
Horus überwältigt. Die Verehrer ber Iſis und
ded Oſiris verachteten, und haßten den Typbon,
als den Feind von beyden. Nichts. beftomeniger
hielten fie den Typhon nicht für ganz vernichtet.
Es gab Zeiten, wo man den Typhon dadurch zu
verföhnen fuchte, daß man angebetete Thiere miß⸗
handelte, oder gar tödtete 4) Wenn man dem
. Typbon and Feine befonbere Tempel errichtete;
fo erfannte man body heilige dem Typhon geweihte
Pläge, und zwar in der Nähe von “iss Teıns
yeln s). In Hindoſtan verlohr Bruma feine götts
lichen Ehren, ‚wie manche ältere Götter in Aegyp⸗
ten fie eingebäßt hatten ; und ward dennoch von den
Hindus nicht ganz vergeſſen. Schiwen begna⸗
| | digte
4) M. ee. | “
Ak) Plut, de Ißde, T. VII, p. 431. 495.
DB in Tentyra. Die Tentyriten, ſagt Strabo,
verehren die Venus. Hinter dem Tempil ver
!
Venus ift ein Tempel der Iſis: Ioidoc ssyy ip’
ura Tupwvsia uulsusye, XVII. 1169 -
nn
N
bigte den Viſtnu. Die Verehrer beyder Götter
ale die zwifchen benfelben vorgegangene Aus⸗
föhnung nicht für aufrichtig. Die Anhänger des
Schiwen wuͤnſchen, daß ihr Gott feinen Neben
- kubler gänzlich außrotten möge. Die Anhänger
bed Difchnu fürchten, daß dieſes geſchehen könne,
Kein Wunder, daß die Einen die Anderen haſſen,
ober verachten, und daß ſi ſie ſich gegenjeitig zu ſcha⸗
ben fuchen!
Wir wollen jeßt fehen, durch welche der oben
angefuͤhrten Urſachen unter Voͤlkern, die ſolche
Götter glaubten, wie die Aegyptier und Hindus,
geheime. Fefte und Feierlichkeiten entfichen konnten.
Erſtlich alfo: Laͤßgt ed fih mit Grunde dem
fen, daß die Aegyptier, und Hindus gewiſſe Feſte
und Feierlichkeiten in Myſterien verwandelt haben,
damit diefe Kefte und Feierlichkeiten nicht möchten
gerftört, oder entweiht werden? — Mir mäflen
antworten: allerdings.
Die Iſis machte ben Ort, mo fie die Gebeine
ihres Gemahls beygeſetzt hatte, zum gröften Ges
heimniß, damit Typhon ſich berfelben nicht abers .
miahls bemädhtigen möge. Auch blieb es. bis auf
die fpätefien Zeiten ungewiß, wo das wahre Grab
"des Dfiris ſey. Wenn alfo bie Werehrer diefes .
Gottes an dem wahren Grabe beffelben klagen:
wenn bie Priefter beffelben bie Leiden des Gottes
vorfiellen wollten; fo mußte beydes in geheimen
nächtlichen Feſten geſchehen, damit nit Typhon,
wenn er fi) etwa wieber erhöbe, bie Ruheſtaͤtte
feis
_—— 398 |
| —— — ——
_ -
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, .
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——
394 — —
ſeines Beuders erfahre, und an ben Sebien 6 ef
felben Bon neuem Rache uͤbe.
Wenn die Hindus, welche den Schiwen,
oder Viſchuu als den vornehmſten Gott verehren,
auch nicht fuͤrchten duͤrfen, daß man ſich gegen die
von ihnen angebeteten Heiliathuͤmer Gewaltthaͤtigkei⸗
sen erlauben werde; fo haben fie doch Urfache ge:
nug zu der Beforanif ‚ daß die. Widerfacher ihres
Gottes den Dienft befjelben entweihen, entweder
nachaͤffen, oder. verfpotten Fönnten. _ Um: biefen
Gefahren zu, entgehen, haben fo wohl bie Prieſter
und Anhänger ded Schiwen, als die des Viſtnu
den Dienft diefer Gstter in Myſterien verwandelt,
Keine von diefen beyden Secten läßt: Semanden zu
‚ ben vollftändigen -Dienfte ihres Gottes zu, ohne
ihn vorher geprüft, und förmlidy eingeweiht zu ha⸗
ben: Die Prfungen-beftehen in Meinigungen, Fa⸗
fien,. Allmoſen, vorzüglich aber in ber Unterfus
hung: ob ed dem Einzuweihenden ein Ernſt ſey,
alles das zu leiſten, was ber Dienſt des Gottes
verlange. Wenn man ſich der Geſinnungen des
Aufzunehmenden verſichert hat; ſo wird ein Tag
zur feierlichen Einweihung beſtimmt. Die Ein:
weihung iſt mit Gebeten und Opfern begleitet.
Der Prieſter, welcher den Hierophanten macht, _
unterrichtet ben neuen Bruder in bem Dienfte bed
Gottes, -weldhem biefer ſich bingibt, und theilt ihm
hefonderd. ein geheimes Gebet mit k), Die Kurdt
sor Entweihung, die hoͤchſt wahrſcheinlich Kine
der Urſachen der Indiſchen Myſterien war, veran⸗
Faß: nicht bloß bie Therapeunten und d Sfiener , fons
dern
k) Sonnerat I. 54- 56 ©,
—
dern and bie Chriften des vierten, und ber folgens
den Jahrhunderte, ihre Lehren, und Gebräuche in
undurchdringliche Geheimniffe zu huͤllen. In Au⸗
fehung der Therapeuten und Eſſener Tann ich mid
"auf das begiehen, was ich Yon beyden unter dem
‚Abfchnitt Yon gottesdienſtlichen Büßungen vorge
bracht habe, Won den Myſterien ber älteren Chris
ſten will id nur dasjenige anführen, was zur Er⸗
I&uterang, und Beſtaͤtigung meiner Gedanken über
die geheimen Feſte, ober Feierlichkeiten der Ae⸗
gyptier, und Hindus dient. Da die Chriften gar
nicht mehr nöthig hatten, die Rache, und Verfol⸗
gung heidnifcher Kürften, und Obrigkeiten zu fuͤrch⸗
ten, fonbern vielmehr die herrfchende, und beguͤn⸗
fligte Religions » Partey ausmachten; fo fuhren .
fie dennoch Zahrhunderte Lang fort, mande ihret
Sehren, und Gebräuche ald Geheimniſſe zu betrach⸗
ten, und denen, welche fih zum Chriſtenthume bes
fennen wollten, nur fiuffenmweife, oder nach mans.
cherley Prüfungen mitzutheilen )). Die Pruͤfungs⸗
‚zeit dauerte nad) der Verſchiedenheit der Subjecte
halt nur wenige Tage, ober Wochen, bald mehres
‚ve Jahre. Man nannte diejenigen, bie in ber
Prüfungszeit begriffen waren, Katehumenen, und
theilte diefe wiederum in brey Grade ab: in bie
der audientium ,„ der fubltratorum, unb ber.
electorum oder Competentium. Wenn ein Hei⸗
be fein Verlangen zu erkennen gab, in bie Chrifts
liche Kirche aufgenommen zu werden; fo zeichnete
ihn ein Biſchof ober Prieſter mir dem Zeichen des
Creutzes, trug ihm die Hauptſtuͤcke des Glaubens
und Gefeget der, und fragte ihn: ob er bie einen -
F am
3) Pelliecia I, p. 2. et fa.
I
ET Wade
a
x
*
7
x ’
J
*
annehmen, und bie anderen erfüllen wolle? War |
die Antwort bejahend, ſo ſetzte man ihn in bie um
terſte Elaffe der Katechumenen: nämlich in bie.der
Hörer. Die Hörer wurden von Einem der. unte
een Geiſtlichen unterrichtet, -und auch zu dem gets
teöbienftlichen Werfammlungen zugelaffen, aber
nur fo lange, ald man Pfalmen fang, die heiligen
. Schriften vorlas, oder der Biſchof predigte. Nach
der Predigt fiieg ein Diakonus auf die @anzel,
and rief Laut: entfernt ench, ihr Hörer, entfernt
euch ihr Ungläubigen! Wenn die Hörer ſich ents
fernt hatten, fo forderte ber Diafonus bie ſubſtra-
tös und Competentes auf, mit den Gläubigen zu
Beten, morauf ber: Biſchof ben Segen ertheilte,
und dann auch bie fubltratos und competentes mit
den Worten entließ: gehet hin in Frieden! Kein
Katechumene durfte der Taufe, ber Eonfirmation,
- Ser Ordination und anderen -Sacramenten beywohs
nen. Man theilte fe gar bie Lehre von ber Drey⸗
einigleit, den Chrifllichen Glauben, und das Ges
bet des Deren den Katechumenen nur wenige Zage
vor der Taufe mit, wenn fie die Zeit ber Pruͤ⸗
fung beynahe ganz überflanden hatten, und ale
Aus erwaͤhlte angefehen wurden. or ber Taufe,
melde man entweder am Dfter s ober Pfingſtfeſte
vornahm, gingen noch fo genannte Scrutinia her,
Die, wenn die Taufe in den Oftern gehalten ‚werben:
“follte, auf fieben beftimmte Tage der Faſten fielen.
Die Erwaͤhlten muſten an biefen Tagen in einem
einzigen Gewande, barfuß, und mit. verhülltem
Antlitz erſcheinen, damit ihre Augen und ihre Ans
dacht nicht zerſtreut würden. Man lehrte, fie das
Geheimniß der Dreyeinigkeit, das Bekenntniß des
Chriſtlichen Glaubens, und das Gebet des Herrn.
Man
a.
en AL.
‚-.— 00397
Man trieb endlich aus ihnen ben böfen Geiſt aus,
indem Geiſtliche ihnen dreymahl in's Geſicht blie⸗
ſen, ihre Ohren und Naſen mit Speichel beſtri⸗
chen, und bie Exorciſations⸗ Formeln herbeteten.
Von der Zeit an, mo die Chriſtliche Kirche keine
aͤußere Feinde mehr zu fürchten hatte, baute man
neben ben Kirchen Zaufs Sapellen, welche Bäder,
oder Becken mit Waſſer enthielten, zu denen man
auf mehreren Stuffen hinabſtieg. Männer und
Weiber mußten fi, die Einen dem Biſchofe, ober
feinen Diafonen, die Anderen, Diafoniffinnen,
darftellen. Bevor man fie dreymahl untertaudhte,
Legte man ihnen die Frage vor: ob fie dem Teufel,
der Welt, und den weltlichen Lüften entfagten-?
und falbte fie am gangen Leibe, ober wenigſtens
am Kopf, an den Ohren, und anber rechten Hand,
Nach der Eintauhung falbte ein Priefter den Ka;
techumenen, fo lange biefer noch in dem Taufbecken
fand, die Füße, und den Mirbel des Hauptes.
Der Biſchof bededite das Haupt deſſelben mit eis
nem Tuche, und legte ihm ein weiſſes Kleid. an.
Wenn die Getauften bekleidet waren, ſo fuͤhrte ein
Driefter fie mit einer brennenden Tadel, ober
Kerze in die Kirche, wo fie dann bie Eonfirma:
tion und das heilige Abendmahl empfingen. Nah
diefen heiligen Handlungen nannte mon bie Einge⸗
weihten nicht mehr Katechumenen , fonbern Meos
phnten, ober Meugebohrne. ALS foldye gingen fie
in der Ofterwode in ihren weiffen Kleidern einher,
befuchten täglich bie Kirche, genoflen täglich das
"heilige Abendmahl, und murden ohne Zurüdhals
tung in allen Geheimniflen des Chriſtenthums un: -
terrichtet. Mach ber Oſterwoche legten bie Meos
pliyten bie weiflen Kleider ab, und wurben von.
nun
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— Paz
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— 2432
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nom an ben Glaͤubigen zugezaͤhlt. — Man hat
es ſchon lange bemerkt, daß die aͤlteſten Kirchen⸗
lehrer ſehr viele Gebraͤuche der Heidniſchen Ein⸗
weihungen entlehnten, und daß fie bie Lehren, und
Sacramente der Chriſtlichen Religion den Kate⸗
chumenen nur ſtuffenweiſe anvertrauten, weil Je⸗
ſus ſi ſ ch denſelben noch nicht auvertraut habe m).
Die zweyte Urſache, von welcher wir gewiß
wiſſen, daß ſie geheime Feſte und Feierlichkeiten
veranlaßt hat, und von welcher man alſo auch
moͤglicher Weiſe aunehmen kann, daß ſie die aͤl⸗
teſten Aegyptiſchen und. Indiſchen Myſterien vers
anlaßt haben koͤnne, iſt der Glaube, oder das
Vorgeben, hoͤhere Gnadenmittel, oder außerordent⸗
liche Wohlthaten einer Gottheit zu beſi itzen, wel⸗
de man zwar den aufrichtigen Verehrern einer ſol⸗
chen Gottheit, aber nicht den Profanen, das heißt,
Menſchen mittheilt, welche die Urheberinn der
Gnadenmittel entweder nicht anerkennen, oder gar
verachten und verfpotten. So bald man glaubte,
ober nur vorgab, in dem Befiße außerorbentlicher
Wohlthaten Einer; ober mehrerer Gottheiten zu
feun, fo war nichts netärlicher und felbft noth⸗
wendiger, als ſolche Wohlthaten zu verheimlichen,
theild um fie nur ben Wuͤrdigen zukommen zu
laſen,— und die Unwuͤrdigen davon auszuſchließen,
theils
2) Pelliccia ], c. p. 5. ex Augnſtino. Cum ita-
que Jelus non adhae fe credidillet eis, Cate-
Ehumeni expertes erant myferiorum Baptilmi, _
Gonfirmationis, [serae ordinatiönis, allerum-
Er: (acramentorum, auie iie praelentihug ne-
as erat miniſtrare.
.
— — —— —
.—— 399
theils um durch den Reitz des Geheimniſſes den
Werth der göttlihen Wohlthaten zu erhöhen, und .
ein Tebhafteres Verlangen darnach einzuflößen.
Kann eb bewiefen, oder wahrſcheinlich gemacht
werben, baß die Urheber, oder Vorſteher der Als
teften Aeghptiſchen und Indiſchen Geheimniffe ſich
ruͤhmten, außerordentliche Gnadenmittel zu befißen,
und daß fie dieſe Gnadenmittel in geheimen Feſten
mittheilten, um ſie nur den Wuͤrdigen zuzuwenden,
und die Unwärdigen davon auszuſchließen? —
Man leſe, was folgt, und man wird kaum einen
Zweyfel uͤbrig behalten, daß das Vorgeben hoͤ⸗
herer Gnadenmittel bie Entſtehung derjenigen Ae⸗
gyptiſchen Myſterien, welche das Vorbild der Eleu⸗
finiſchen Geheimniſſe waren, hervorgebracht, und
zur Entſtehung ſowohl der Bakchiſchen, als der In⸗
diſchen Geheimniſſe mitgewirkt habe. Wenn die
Eleuſiniſchen Myſterien nach den Geheimniſſen det
Iſis in Aegypten gebildet waren, wie das ganze
Griechiſche Alterthum behauptete; fo muß mar
annehmen, daß bie Vorftcher der Ießteren den Eins
geweihten ähnliche Verheiffungen machten, als wos
mit bie Vorſteher der erfteren die Myſten und Ep⸗
opten anlockten, tröfteten und äufrichteten.. Dan
erregte in benen, melde ſich in die Eleufinifchen
Mofterien einweihen liefen, tie frohen Hoffnungen,
daß fie von ber Schuld aller ihrer Sünden wür:
den befreyt, und bes befondern Schußes der Los
res und Proferpine würden gewuͤrdigt werben:
daß fie dem Tode mit Zuverficht entgegen gehen,
and. nad) dem ode eine felige Unfterblichkeit ers
"nes warten koͤnnten, anſtatt daß die Ungemeihten tn
Dexter ber Quaal, ober der Finfternig würden bins
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40 — — ——
abgeſtoßen werben n). Die Vorſteher der Bak
biſch⸗ Orphiſchen Myſterien ſpannten die Erwar⸗
tungen ihrer Juͤnger noch höher. ie verſpra⸗
den denſelben nicht bioß ben beſonderen Schuß, .
fondern fogar die Herrſchaft über bie Götter: nicht
bloß Defreyung ven allen Sünden, und nach dem
Tode eine felige Unfterblichkeit, ſondern auch eine
folde Unfterblichkeit, die in einem unaufhörlichen
Genuſſe der lebhafteſten finnlichen Wergnägungen
beſtehe 0). — Die Aegyptiſchen Priefter konuten
gar kein Bedenken tragen, denen, welche ſie durch
die Einweihung in die Myſterien bes Oſiris und
der Iſis dem Dienſte dieſer Gottheiten widmen
wuͤrden, ähnliche göttliche Wohlthaten fowohl in
‚biefer, als in einer anderen Welt vorzuſpiegeln.
Oſiris und Iſis waren die vornehmſten Nationals
Gottheiten, die in dem Reiche der Schatten nicht
weniger mächtig, als auf biefer Erbe herrfchten p).
"Die Indiſchen Myſterien find noch jegt, was bie
älteftien Aegyptiſchen und Griechiſchen Mipfterien
waren: förmliche Aufnahmen und Uebergebungen _
in den Dienft einzelner. Gottheiten unter der Vers
heiffung und Hoffnung außerordentlicher göttlicher
Wohlthaten. Und wenn alfo auch nicht die Furcht
vor Eotweihung die geheimen Feſte und Feierlich⸗
keiten der Hindus hervorgebracht hätte, fo würde
das Verfprechen ynb bie Hoffnung von höheren Gna⸗
"Benmitteln fe gewiß geſchaffer haben. Die groͤßte
Wohl⸗
m) Man ſ. meine Abh. über die Myſterien 234 u. f. ©.
0) Plato de Rop. Tom, F p. 100 106. Edit. Maſſoy.
g) Herodot. II. c. 123. apxqysrevav de Tav ware
Ayurrwv Asyssı Ayuyrpa x Asovuoay, .
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Wohlthat, bie den Hindus waͤhrind ber Einwei⸗ J
hung widerfaͤhrt, iſt ein geheimes, oft nur aus
einer oder zwey Sylben beſtehendes Wort, ivels
ches ber Hierophont dem Einzumelhenden ftill in's
Ohr jagt, und mas diefer eben fo ſtill wiederhoh:
Yen muß, damit der Priefter erfahre, ob fein Schüs
ler das Wort richtig gefaßt habe. Dieſes ges
heime Wert macht das einzige Gebet aus, was
die Hindus täglich hundert, ober tauſendmahl hers
ſagen muͤſſen. Sie dürfen dieg Wort feinem ans
deren Menfchen, felbft nicht anderen Eingeweibten
entdecken. Um fi nicht zu verrathen, beten fie
es ſtets fo ſtill, daß man nicht einmahl bie Bes
wegungen der Lippen bemerkt N- Höchftens iſt
- e8 erlaubt, einem Bruder, ber in ben lebten Züs
gen liegt, dad Zauberwort. in's Ohr zu flüffern,
damit der Sterbende durch die Anhörung diefed
Gebets felia werde, Es verſteht ſich, daß eine
jede Secte ihr eigenes: geheimes Wort hat, wos
durch fie ſich einbildet, ben Gott, welchen fie dient,
umviberftehlich zur Huͤlfe auffordern, ober gar nds _
thigen zu Eönnen,
Die bisher ängeführten: Uefachen Ans voll⸗ |
kommen hinreichend, bie Entſtehung der Älteften
Aegyptiſchen und Griechiſchen Geheimniſſe zu ers. .
klaͤren. Die Vorausfeßung, daß man fehon in
den älteften Aegyptiſchen Myſterien die Freuden
ind Leiden einer andern Melt vorgeftellt habe,
führt auf eine dritte Urſache, wie wir gleih ſehen
werben, auf die Unmoͤglichkeit, ober Schwierigkeit,
folge Schauſpiele oͤffentlich und bey Lase zu ge
| ot ©. 55. Soniiat u U
"Tau
| | Unter den alteſten Aegyptiſchen Moſterien waren
dhoͤchſt wahrſcheinlich keine, in welchen man von
Anbeginn an Triebwerke gebraucht, und Schauſpiele
— —— — — —
⸗
—
—
ten; fo wuͤrde man ſolche Schauſpiele eben ſo wohl,
des Fegefeuers beruͤchtigt wer 7). Nach der Le⸗
hatten. |
Zwey Stunden oͤſtlich von Dungall i in Irland
findet ſich ein kleiner See, in deſſen Mitte eine In⸗
—
40 — —
aufgeführt ‚hätte, bie für uͤbernatuͤrlich gehalten
werden ſollten, und deßwegen das Licht ded Zageh
nicht ertragen Fonnten. Eben fo wahrſcheinlich aber
iſt es wiederum, daß man allmaͤhlich in den aͤlteſten
Myſterien uͤbernatuͤrlich ſcheinende Kuͤnſte anzuwen⸗
den anfing, um diejenigen, melde ſich einweihen
: ‚Tießen, in gutgemeinten, oder böfen Abfichten zu
. taͤuſchen. Ich fuͤhre die Abſicht, Menſchen durch
uͤbernatuͤrlich ſcheinende Schauſpiele zu täufchen,
als eine beſondere Urſache von Myſterien an, weil
es ſich ſehr wohl denken laͤßt, daß dieſe Abſicht
Myſterien hervorgebracht habe, oder hervorbringen
koͤnne, ohne daß eine der uͤbrigen von mir erwaͤhn⸗
ten Urſachen Yon geheimen Feſten und Feierlichkei
ten mitwirfte. Hätte man zum Benfpiel in der bes
ruͤchtigten Höhle ded H. Patricius nur Einige ber
Schaufpiele gegeben, melde einzelne in diefe. Höhle
eingefchloffene Perfonen erfahren zu haben betheuers
als. die Erxrfcheinungen in ber -Höhle des Tropbos
nius zu den. geheimen Feierlichkeiten rechnen müfs
fen, die der Abficht, durch uͤbernatuͤrlich ſcheinen⸗
de Kuͤnſte zu taͤuſchen, ihren Urfprung zu banfen
/
fel liegt, die Jahrhunderte lang als des Eingang
gens
n Man vergleiche das, was ber ehemahlige Bibllothe⸗
tar Sinner in Bern in feinem Ellai far les dogıhes
de
⸗
nl — n 403 .
‚gebe des H. Patricius beſtaͤtigte dieſer Heilige
das Wort Gottes, was er den heidniſchen Irlaͤn⸗
dern predigte, vergebens durch eine Merge von
Wundern. Selbſt die Freuden des Himmels und
die Quaalen ber Hoͤlle, melde er den Unglaͤubi⸗
gen auf das Iebhaftefte fchilderte, machten auf biefe
tohen, oder verhärteten Dienfhen wenig Eindruc,
Sie würden, antwortrten fie, feine Lehren nicht
eher glauben, als bis fie daß, was er ihnen ver:
heiffe und androhe, mit eigenen Augen gefehen hät:
ten. Der heilige Mann wandte fich durch Faſten,
Nachtwachen und Gebete an Gott, um burd hoͤ⸗
here Hülfe in Stand gefeßt. zu werben, bie Her⸗
zenshärtigkeit der Irlaͤnder zu überwinden, Hier⸗
auf erfchlen ihm der Heiland, führte ihn an einen
‚ einfamen Ort, und zeigte ihm eine Höhle, mit den
‚Worten: Ein Jeder, ber feine Sünden aufrichtig
bereut, und flandhaft im Glauben iſt, wird, wenn
er ſich vier und zwanzig Stunden in diefer Möhle
aufhält, von allen feinen Sünden gereinigt werben,
und wird nicht nyr bie Quaalen bed Fegefeuers,
fondern aud die Freuden . der Seligen erfahren.
Nah dieſer Dffenbarung baute ver h. Patrik in
der Nähe der Höhle ein Dratorium, in welches
er regulirte Chorherren feßte, derſchloß tie Höhle,
welche er in den Kirchhof des Stifts hineinzog, -
mit einer Thür, und verordnete, daß ein Jeder,
ber die Höhle beſuchen wolle, fi bie Erlaubniß
Das.
- de %& Metempsychofe ie. Berne 1771. 8. anf der
137 und den folgenden Seiten zum Theil aus Hands
fohriften hat abdruden laffen, mir der Erzählung °
des Matthäus von Patis ade, 1253.
Ca.
’
» [1
— — —— — — ——
408 — —
dazu © von dem Biſchoſe des Orts nebſt einer Em⸗
pfehzlung an den Prior des Stifts ausbitten ſolle,
damit dieſer ihn nad aehoͤriger Vorbereitung in
die Höhle einführen koͤnne. Die Legende des Hei⸗
a ligen erzählt, daß zu ben Zeiten deſſelbe ı fehr viele
in die Höhle eingegangen feyen, und daß fie inds
gefammp fowohl unar sfpredliche Matter, als Freu⸗
den barin empfunden hätten.
Unter der Regierung bed Könige Stepban
‚von England, fo berichtet Matthaͤus von Par
ris, bat ein Ritter Denus den König, dem er
lange gedient hatte, um die Erlaubniß, in fein.
Vaterland Irland reifen zu därfen. Nicht Lange
nad) feiner Ankunft fing der Ritter an, feine vies
fen und füweren Sünden, befonders bie an geifle
lichen Perfonen und Gütern begangenen Gewalts
thätigfeiten ernftlih zu bereuen. Er beichtete feine
. Sünden einem frommen Bifchofe, der im nicht
verhehlte, daß er die Gottheit höchlich beleidigt
‚habe, . Da der Bifchof umberfann, meldje anges :
meffene Buße er dem Sünder auflegen wolle, ers
klaͤrte dieſer auf einmahl, daß er freywillig bie
fawerfte unter allen mähle, indem er die Abficht
habe, die’ Höhle des h. Parricius zu befuchen.
der Entſchluß des Mitters fe fen; fo gab er
ihm ein Schreiben an den Prior, ber. ihn in bie
Höhle einführen ſollte. Der Prior ließ den Rits
ter funfjehn Tage und Nächte in der Kirche ſei⸗
nes Stift beten, wahen und faflen, reichte
ihm am Morgen des fechözehnten Tages das Abend⸗
mahl, und begleitete ihn bis an ben Eingang ber
Höhle, mir bee Warnung, muthig fortzugeben,”
. . bis
—
Naͤdchdeum der Biſchof fi ch überzeugt hatte, daß
— — —— 405
Bia er auf freyem - Felde ein großes Gebäude faͤn⸗
dwo er weitere Meifungen erhalten werde, Der :
Ritter that, wie man ihm gebeiflen hatte, Er
Fam auf ein offenes Feld, und entre Fte in einem
dämmernden Lichte ein Clofterartiged Gebaͤude,
wo fünfzehn, wie Moͤnche gekleidete, und gefchors
ne Männer ihm wegen des Entſchluſſes, dur⸗
De Beſuchung bed Fegefeu⸗ro feine Suͤnde
gefeuer zu beſuchen. Dieß Anerbieten dürfe er -
‚bey Berluft feiner Seligkeit nicht annehmen. Er -
müffe vielmehr alle6 über ſich ergehen laſſen.
%
2 Mile»
buͤßen, Gluͤck wuͤuſchten, aber denfelben zug ih
warnten, daß er an Jeib und Seele verlohren ges .
hen koͤnne, weun er ſich nicht unter den Prüfunuen,
bie ihm bevorftänden, ftandhaft halte. In wenis
gen Augenblicken würden fidh ganze Schauren von
Teufeln feiner bemächtigen, ihm alle Arten von
Martern anthun, oter androhen, und jedes Mahl
bie- Anerbietung machen, baß fie ihn unverleßt
wieder an bie Thür ber Höhle zurück bringen wolls
ten, wenn er bon dem Vorfaß abſtehe, das Fe:
Wenn er mitten in deu groͤſten Quaalen ben Nah⸗
men bed Herrn anrufe, fo werbe biefer ihm Tor
glei. Rettung, oder Linderung verſchaffen. ‚Die
funfzehn Unbelannten hatten di ſes faum gefagt,
und fih entfernt, als viele Zaufente von böfen
GSeiftern in allerley ſchrecklichen Geſtalten unter
dem furchtbarften B:fchrey hereinbraden, und den -
Mitter deßwegen verfpotteten, taß er fich lebend
in thre Gewalt übergeben welle, da ihre uͤbrigen
Diener diefes erft nach dem Tode zu thun pflegten,
Der Ritter beobuchtete bey allen Spoͤttereyen und
Anerbietungen der Teufel ein werachtendes Still⸗
ſchweigen. Bi brachte die Hubolbe fo fehr A
\ ⁊
J N . =
’ —
406 ⸗ — —
—
daß fie ein heftiges Feuer. anzuͤndeten, und ben an
Haͤnden and Fuͤßen gebundenen Ritter mit eiſernen
Haken durch den brennenden Scheiterhaufen zogen.
So bald der Ritter die Pein der Flammen fühls
te, rief er den Mahmen bed Heilandes an. Der
Wunder-⸗Nahme loͤſchte augenblicllih das Feuer
. and, und ftillte eben fo ſchnell die Schmerzen des
- Nitters,. der um befte muthiger den Übrigen Pruͤ⸗
fungen entgegen ging. Die Teufel führten ben
Ritter durch eine sde Gegend , die mit Finſter⸗
hi bedeckt war, und brachten ihn bahin, wo bie
Sonne im Sommer aufzugehen pflegt. Hier war
ed dem Ritter, ald wenn er das Jammergeſchrey
einer ganzen Welt hörte. Er ſah Menfhen von
allen Ständen und Geſchlechtern mit glühenben
Spießen an den Boden gebeftet, Anden Einen
nagten Kröten, ober Draden: an ben Anderen
‚Schlangen. Auf allen fprangen Zeufel umher,
um fie mit fchmeren Geiſſeln zu geiffeln. Hier .
hingen Unglüclide an eifernen Ketten und Haken,
die um und durch allerley Gliedmaßen gefchlagen
waren, in brennende Schwefelfchlünde hinab, Dort
waren "Andere an glühende Mäder gefeffelt, bie
von Teufeln mit unglaubliher Geſchwindigkeit ums
4
hergetrieben wurden. Nicht weniger Pein flanben
biejenigen aus, die an Spießen gebraten, und mit
arfhmolzenem Bley beträufelt, oder in Keffeln von
Schwefel und Bley gekocht wurden. Die Teufel
madıten Unftalt, dem Ritter alle diefe Duaalen
anzuthun. Der fromme Krieger rettete fih, wie
er beh bem erften Verſuch gethan hatte. Aus
den bisher befchriebenen. Marterfelde verfeßten die-
Zeufel den Ritter auf einen hohen Bera. Hier
faß eine große Menge von Menfhen nadt auf ben
. o⸗
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ben, mit: einem Ausdrucke von Augſt, als wenn
fie augenblicklich den Tod erwarteten. Auf ein
mahl erhob fi) ein heftiger Wind aus Mitternacht, .
und warf die Sißenden, fammt den Teufeln und
dem Ritter in einen Ealten und ſtinkenden Fluß. _
Der Ritter ſaͤumte niht, den Nahmen Chriſti
auszuſprechen, und erreichte bald wieder das Ufer.
Hierauf zeigten die Teufel ihm einen Feuerſchlund,
aus welchem nackte Menſchen wie Funken ausge⸗
worfen wurden, und dann wieder in den Schlund
zuruͤckfielen. Dieß iſt, ſagten die Teufel, der Ein⸗
gang in die Hoͤlle. Wenn du in dieſen Pful hin⸗
ab ſteigſt, fo wirſt du ewig verlohren ſeyn. Wir
rathen dir daher, zuruͤckzukehren, woher du gekom⸗
men biftl. Da der Ritter dieſem Math nicht folgte,
fo ſtuͤrzten fih die Teufel mit ihm in den Schlund,
Je tiefer er ſank, defto größer wurden feine Schmers |
zen. Die Deftigkeit der Schmerzen mar Urſache,
daß- er eine Zeitlang feines Schoͤpfers vergaß.
So bald er diefen angerufen hatte, fland er wie:
der an bem Mante des Schlundes, mo anbere -
Teufel ihm befannten, daß ihre rüber ihn bes
trogen hättens daß der Eingang der. Nölle hier.
nicht fey: daß fie ihn aber jeßt hinführen wollten.
Die neuen Feinde fihleppten ihn an einen breiten
und ftinfenden Strom, tin weldem Feuerflammen
fi, wie Wafferwogen, mälzten, und gahllofe
Teufel umherſchwammen. Weber ben Strom ging
eine Brüde, die fo fihlüpfrig war, daß es uns
möglich ſchien, einen feften Tritt darauf zu thun, -
fo ſchmal, daß es unmoͤglich fhien, nur einmahl
darauf zu ‘haften, und fo bo, daß es unmöglih
fihien, nit vom Schwindel ergriffen zu werden.
Die Teufel kuͤndigten dem Ritter an, daß er uͤber
—
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J viefe Bruͤck⸗ gehen mäffe, unb wenn er von der⸗
‚ felben binabfalle, daß er alsbann der Hölle und
Ihren Bewohnerg werde uͤberantwortet werden.
Der Chriſtliche
eld trat muthig den Weg uͤber
die Bruͤcke an. Er ging anfangs bedaͤchtlich. Je
weiter er kam, deſto breiter und ſicherer ward die
Bruͤcke. As die Teufel ſahen, daß der Ritter
| k zuverfichtlich auf Ber Brüde einher fhritt, bruͤll⸗
ken die Einen vor Wurh, und Anbere, bie unten
ſchwammen, warfen glaͤhende Haken nah ihm,
am ihn fallen zu machen. Go 'fehr dad Ges
bræulle ihn aud erſchreckte, fo machte ed ihn doch
mide irre. Nachdem er fih von den WVerfolguns
gen ber. unveinen Geifter frey fühlte, fo ging er
getroffen Muthes bormärts, bis zu einer hohen,
Mauer, die nur eine einzige Thür hatte. Die
Thuͤr war von unvergleichlicher Schoͤnheit, und
glaͤnzte von den koſtbarſten Edelſteinen. Von der
Thuͤr her wehten ihm fo ſuͤße und ſtaͤrkende Duͤfte
entgegen, daß dadurch auf einmahl alle Nachem⸗
pfindungen der ausgeftandenen Marter weggenoms
men wurden. Die Thür öffnete ſich, und aus
der geoͤffneten Thuͤr zog eine feierliche Proceſſion
hervor, die nicht bloß aus Geiſtlichen von aller⸗
len Claſſen, ſondern auch aus Perſonen von ans
deren Ständen und Geſchlechtern beſtand. Die
Proceſſion begruͤßte den Ritter freundlich, ‚und
führte ihn durch die Thuͤr in ihre Heimath cn.
Hier fand der Ritter die fchoͤnſten Wiefen mit
den herrlichſten Bänımen und Blumen geſchinuͤckt.
Hier war fein Wechſel von Tag und Nacht, von
Kige und Kälte. "Hier herrſchte vielmehr ein
ewiger Srähling, und eine milde Heiterkeit. Alles -
‚ ertönte den den Heften Melodien, die den Schör
ae
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vler der Welt verherrlichten. Ale freuten ſich wie
nur ihres eignen Gluͤcks, ſondern auch des Gluͤcks
der übrigen, bie in dieſen ſeligen Gegenden wohnten,
beſonders der Neu⸗ Ankommenden. Einige fromme
Biſchoͤfe ſagten dem Ritter: bier iſt das irdiſche
Paradies, aus welchem die erſten Menſchen um
ihrer Sünde willen vertrieben wurden, und wohin
wir burd die Gnade unferd Herrn Jeſu Chriſti
wieder zurücgefehrt find, Da wir in Günden
waren gebohren worden, und nicht ohne Suͤnde
gelebt hatten;_fo konnten wir hieher nicht anderg,
als durch bie Derter ber Reinigung und Pruͤfung
kommen, durch welche auch du hieher aelangt bjſt.
Es vergeht Bein Zag, wo nit Einige von benen,
deren Marter du gefehen haft, befrept, und zu
und verfammelt werden. Keiner don und weifl,
wie lange er hier bleiben wird. Wir leben bier
in Ruhe und Freude, find aber noch nicht werth,
‚zur hoͤchſten Geligfeit ded Himmels erhoben zu
werden. Kin Seder von und wird nicht eher in
bad himmlifhe Paradies eing ben, als bie bie
"Zeit da iſt, welche bie göttliche Güte ibm’ beſtimmt
bei. — Mad biefer Erläuterung führte man den
Ritter anf einen Hügel, und gebot ihm, aufwärts
gu blicken, und zu fagen, wie er hier die Farbe
bed Himmels finde? Gleich dem Golve, Bas im
Ofen glüht, war die Antwort. Was du hier
ſiehſt, fagte man bem Ritter, ift der Eingang in
dad bimmlifche Paradies. Diejerinen, die und
verlaffen, fieigen von hier zum Himmel hinauf,
So lange wir aber hier bleiben, fpeift uns täglich
bie göttliche Guͤte mie himmlifcher Speiſe; und
du wirft: gleich ſelbſt erfahren, wie biefe Speiſe
beſchaffen iſt. Diefe Worte waren kaum gr
er | pras
—
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*
J
ſprochen, ae ein Fenerſtrahl 6 von oben herab ſtieg,
das ganze Paradies bedeckte, und gleichſam über
dem Haupte eines Jeden ſtehen blieb, oder ſich
vielmehr in Jeden hinein ſenkte. Der Ritter em⸗
pfand dabey ein ſolches Entzuͤcken, daß er nicht
wußte, ob er tobt oder lebend fen. Die. Speiſung
dauerte eine Stunde; Lie fo fehnell, wie ein Aus
genblick vorüber flog. Der Ritter wäre gern
beftändig hier geblichen, wenn er geburft hätte,
Allein man Tündigte ihm an, baß er ſich jeßt wies
der entfernen. müffe, nachdem er ſowohl bie Mars
‚ter des Fegefeners, als bie Freuden des Paradies
ſes empfunden habe. Der Ritter nahm unter
Thrömen und: Wehklagen Abſchied. Bey dem
Ruͤckwege burd das Fegefeuer flohen, ober fürdhs
teten ihn die Teufel; und die Quaalen befjelben
hafteten nicht an ihm. Als er ben Eingang ber
. Höhle erreichte, brach bie Diorgenröthe an, ‚und
der Prior öffnete die Thür. Das, was er waͤh⸗
rend feines Aufenthalts in ber Höhle erfahren
hatte, machte einen fo tiefen Eindruck auf ihn,
daß er ſich bein geiftlihen Stande widmete, und
den Reſt feines Lebens in mufterhafter Frömmigs
keit hinbrachte. Er erzählte die Geſchichte der
Höhle nur einigen Vertranten unter dem Siegel
des Stillſchweigens; und wenn er dieſes that,
fo that er ed immer unter heiſſen Thraͤnen der
Sehnſucht nah den Freuden, welche er gekoſtet
und wieder verlohren hatte.
Es iſt einleuchtend, daß das, was dem Rit⸗
ter Oenus in der Hoͤhle des h. Patricius begeg⸗
nete, in bloßen Viſionen beſtand. Daraus folgt
aber nicht, daß die Moͤnche, welche die Aufſi cht
uͤber
x
m—irn
— — 411
über die Heohle hatten, ſich Beh Yen anf bi Staͤr⸗
ke, oder die Illuſionen der Phantaſie der Einge⸗
henden verlaſſen haben. Es iſt vielmehr wahr⸗
ſcheinlich, daß die Moͤnche Einige von denen, wel⸗
che ſich meldeten, die Quaalen des Fegefeuers,
wenn auch nicht die Freuden des Paradieſes haben
empfinden laſſen. Die Moͤnche bereiteten die Neu⸗
glierigen, oder Schwaͤrmer, die ben Verſuch ber
“Höhle mahen wollten, nicht auf biefelbige Art
vor, und behandelten fie alfo wahrſcheinlich in der
Höhle felbft nicht auf einerley Art. Geſetzt aber
auch, was man nach der Vertreibung ber Moͤnche
bemerkt haben will, daß die Hoͤhle nicht geraͤumig
genug war, um theatraliſche und magiſche Kunſt⸗
ſtuͤcke anzubringen, ſo iſt doch nicht zu laͤugnen,
daß es den Geiſtlichen des Mittelalters eben ſo we⸗
nig ſchwer werden konnte, die Quaalen des Fege⸗
feuers und bie Freuden bes Paradieſes, als ed
den Vorſtehern der Eleuſiniſchen, und Backchiſchen
Myſterien in Griechenland war, bie Quaalen des
Tartarus, und bie Freuden Elyfinms vorzuſtel⸗
Ins). Die Quaalen bed Tartarus, und die
Freuden Elyſiums machten einen Zheil der Go
ſchichte der Gottheiten aus, bie in den Myſterien
berfelben verfinnlicht wurde. EB ift freplich nicht
bekannt, daß das Hinabſteigen in bie unterirdiſchen
Derter zu den Schickſalen ber Iſis, und des Oſt⸗
ris, wie zu benen der Ceres, ber Droferpine und
- bed Badchus ‚gehörte. Dennoch iſt es nicht uns
w_——
er Zu — u
f
wahrſchelnlich ‚ daß bie er Peiefter bie
Vor⸗
9 Ueber vie Worſiclungen in om Eteuf wifhen My⸗
Air . man meine Abh. ©. 276. 77. in den |
achiſchen, St, Croix p. 349.
_
— ve
een u.
413 — —
Vorſtellungen ber Schickſale yon Frommen, und
Gottloſen nach dem Tode mit den Diyfkerien: der
Iſis und des Oſiris bloß deßwegen verbunden bu
ben, um den Aegyptiern eine heilſame Furcht vor
den Strafen, und ein heilſames Verlangen nach
ben Freuden eines andern Lebens einzuflößen. Wer
dieſes annimmt, der darf auch behaupten, daß die
Abſicht, Dinge zu verſinnlichen, welche man an
‚Öffentlichen Feſten nicht taͤuſchend vorſtellen konnte,
eine Miturſache der Einfuͤhrung von geheimen Fe⸗
ſten in Aeghpten geworden ſey. Die Darſtellun⸗
gen der Freuden Elyſiums, und der Quaalen des
Tartarus erforderten nothwendig eine gewiſſe Ent⸗
fernung ber Hoͤrer, und Zuſchauer von den Schau⸗
platze, und eine ſorafaͤltige Einrichtung des Schau⸗
platzes ſelbſt: biſonders eine abwechſelnde kunſtvolle
Erleuchtung fo wohl ber Bühne, als d.r Schau⸗
ſpieler. Sie konnten alfo auch nit an oͤffentlichen
Feſten, nicht auf öffentlichen Plaͤtzen und Thea⸗
tern, fondern bloß in eingefchloffenen Tempeln,
und in ber Dunkelheit der Nacht Statt haben.
Die Darflellungen ber Duaalen bes Tartarnd, und
ber Freuden Elyſiums ließen unter allen geheimen
Feierlichkeiten der Eleufinifhen, und Backchiſchen
Minfterien die tieffien Einprücke in den Gemüthern
ber Menfchen zuruͤcf. Um ihrentmwillen nannte
man diefe Minfterien zugleich die ſchauderhafteſten
‚und frendenprllften. Sehe 4) Um threntwillen
fagten felbft Männer, wie Iſokrates, und Cices
so, son den Eleuſiniſchen Myſterien, daß man
darin nit bloß lerne, glüdlih und vergnuͤgt zu
leben, ſondern auch mit den froheſten Hoffnungen
zu
t) Meine Ubh. S. ar. | |
4
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zu ſterben u). Unter. den Kroͤſtungen, wodurch
Plutarch -feine Gattinn x) wegen des fruͤhzeitigen
Todes einer Tochter zu berubigen fuchte, erinnerte
er die Trauernde an bie geheimen Feierlichkeiten der
Bakchiſchen Myſterien, aus welchen ſie beyde ge⸗
lernt hätten, bag die Seelen ber Menſchea wi
mit ben Cörpern untergingen, -.
Wenn meine Vermuthung richtig iſt, — ſtell⸗
ten bie Aegyptiſchen Prieſter urſpruͤnglith bie.
Schickſale, und Thaten des Oſiris, und der
Iſis aus bloßer Furcht vor dem Typhon in
nächtlichen geheimen Feſten vor. ‚Ein Gleiches ges
ſchah in den:älteften Myfterien ber Ceres, und des
Baldyus in Griechenland, weil dieſe Myſterien
Nachbildungen der Aeayptiſchen waren. Von dem,
Zeitpunete an, wo man naͤchtliche, und geheime
Feſte feierte muſten ſich die Vorſteher, und An⸗
ordner derſelben nothwendig uͤber kurz, oder lang
gereitzt fühlen, wundervolle, und uͤbernatuͤrlich
ſcheinende Auftritte zu veranſtalten, um dadurch
den geheimen Yoften eine groͤßere Feierlichkeit, und
Wirkſamkeit zu perfhaffen. Es iſt ausgemacht,
daß ſolche Auftritte ſo wohl in den Eleuſi niſchen⸗
als
5 iloer. in Panegyr I I. i30. Aypyrgos yao-adınvo-
Asyy sı6 y⸗ xvwoas quuv u 0 + GENE. 00 TV
raÄsryVy, 460 HETSKLOVTEG RED! TE TYC TE Bis ve -
Murnyc, 0 TE GUHKAYTOG MiImvac 70185 Tag sirıdag.
.. sxsew. Gicer, de Leg. Il. 14. Initiaque, ut ap-
. pollantnr,. ita revera principia Vitae Cognovi-
mus: -neque ſolum cnm laetitia vivendi,. ad
etiam «um [pe-meliore moriendi.
. £) Confol, ad | Uxörem Og, VII, Zu
\
— te Zt
414 | ' —
als in den Bakchiſchen Myſterien vorkamen, un⸗
| geachtet man nicht beftimmen fann, wann fie zuerſt
in die einen, und bie anberen eingeführt worden y),
Dad Ohr der Einzumeihenden wurde, wie vom
Donner, ihr Auge wie von Blitzſtrahlen getroffen. -
Manche wurden ergriffen, ,. gefchlagen und niedergen
worfen, ohne zu. wiffen, ober zu entdecken, von
. welchen Händen. Dan fah ungeheure fhrecflicdhe
—ã ‚und helles Licht wechſelte mit dicker Fin⸗
ſterniß ab.
Saft gewiß ſtimmten bey dem erſten Urſprun— |
ge der Myſterien die dramatifhen Borftellungen
derfelben genau mir den allgemein bekannten. Ges
ſchichten der Götter, ober den Volks > Segenden -
zufammen. Diefe Uebereinſtimmung der geheimen, .
. und ber Öffentlichen Gefchichte hörte in der Folge
auf. Aus ähnlichen Gründen, aus welden man.
uͤbernatuͤrliche Auftritte mit ben Myſterien ver⸗
band, um naͤmlich den geheimen Feſten eine hoͤhere
Heiligkeit, oder einen eigenthuͤmlichen Reitz von
Neuheit zu geben, fing man allmaͤhlich an, in den
meiſten Myſterien Thaten und Schickſale der Goͤt⸗
ter zu dramatiſiren, von welchen die Volks⸗ Les
genden nichts wuſten, oder die dieſen wohl gar
entgegengeſetzt waren. Man zeigte heilige Dinge,
die ſich auf die geheime Geſchichte der Goͤtter be⸗
zogen. Man oͤffnete den Eingeweihten das Aller:
heiligfie, das den Profanen verfchlofften war, und
ließ fie Bildniffe von Gottheiten anbeten, die den
Ungeweihten Reis unzugänglich blieben, und. deren
Of⸗
) Man ſ. meine Abh. ©, 215, 216, de St, Croix .
P. 435.
*
AM — — — m —
— — 415
Dfenbarungen gleihfani als wirkliche Gott» Ers
ſcheinungen betrachtet wurden 2),
| Der Raub der Proferpine burd ben Pluto,
das Verſchwinden des Aungfrauens Räuberd mit
feiner fhönen Beute, bie Irſaͤle der trauernden
Mutter, die Tröftungen, welche bie "hoffnungslofe
Leres zuerft in Attika gefunden, und die Wohlthas
ten, welche die getröftete Söttinn den Einwohnern
pon Attila erwiefen habe, wurden zwar: nit in
ganz Griechenland auf diefelbige Art erzählt, aber
doch im MWefentlichen fo angenommen, wie wir fie
von Dichtern, Rednern, Gefhichtfhreibern, und
Kirchenlehrern vorgetragen finden a). Man ftellte
auch dieſe allgemein bekannten, unb geglaubten
Abentheuer in den Myſterien ber Ceres vor; allein
außer dieſen boten die heiligen Schaufpiele zu Eleu⸗
fiß den Eingeweihten die geheime Geſchichte der
Göstinnen dar. Man geigte 5), wie "Jupicer de:
0 | 0 es
2) Die Schlachten der Giganten und Zitanen, ſagt
Plutarch de If. et OL. VII. 423 424, die Miffe:
tbaten des Saturn, die. Kämpfe des Apoll und
Python, die Irſale des Backchus und der Ceres
bleiben hinter den Ofiriſchen, und Typhoniſchen
Abentheuern nicht-zurüd... cex Ts, fegt er hinzu,
uusixcic ispoig MSDINLÄURTOHEVE KU TEÄSTAIC, Mp-
pyra diaewlare; ny ajenru wpos Tas wollsc, Ö-
noiov 8xes Aoyov. — Man hörte, und fah alfd
in den Mpfterien'vieled von den Göttern, wad dem
ungeweihten großen Haufen ganz unbelannt war.
4) Cicer. in Verrem IV, 48. 49 V. 78. Diodor. V.
288. 89. 336. 337. Clemens Alex, Protr. p. 13.
Arnob, V. 23-25. Jul, Firm, &7
6) Clem, Alex. p, zu;
. - V
\ \ oo u
Ceres bie leBten- Gunſt⸗ Bezeugungen abgezwun⸗
gen: wie derſelbige Gott aus verſtellter Reue ſich
ſelbſt entmannt, und die Hoden eines Bocks in
den Schooß der Ceres geworfen: wie Ceres die
Proſerpine gebohren: wie Jupiter auch dieſe ſei⸗
ne Tochter in Geſtalt eineg Schlange entehrt, und
wie die Proferpine den Jackchus zur Welt ges
bracht habe. Co fehr die allgemein befunnte, und
bie ‚geheime Geſchichte der Ceres und Proferpine -
von einander abwichen; eben fo fehr unterſchied ſich
der Bakchus, welden man in allen Griechifchen.
Staaten als Volksgott verehrte, von dem "Jack:
chus, oder dem Bakchus, der in den Kleufinis
{hen Myſterien eine fo wichtige Rolle ſpielte.
Man erkannte fchen im Altertkum, daß der Volks⸗
gott Bakchus, und der Jackchus der Eleuſini⸗
{chen Myſterien faft gar nichts mit einander gemein
hätten c)5 und dieſer Meinung traten bie gelchrtes
ſten Geſchichtforſcher der neuern Zeit bey 4). Auf
die geheimen Thaten und Begebenheiten der Goͤtter
bezogen ſich die meiſten Inſtrumente und aM
ins
6) Ariftophanes läßt den Jackchus vor dem Zack:
chus tein;en, als wenn der Geſang diefen nichts
angebe: In Banis 326, 401 v. und Cicero de Nat.
Deor. ſagt Il: 24. Hunc dico Liherum, Semele
g. natum, non eum, quem noftri majores "apgufle,
fancteque Liberum cum Cerere et Libera eon-
feeraverunt: quod quale fit, ex myfteriis in-
"telligi potel, ud IH, 23. -Dionylos multos
‚habemus, ‚primum e Jove et Prolarpina na-
tum, Ä '
d) St, Croix p. 121. 183, u. Sreret, welchen de
n St. Croix anfuͤhrt.
6
’ .
od
—
— — 4
Dinge, welche man als Heiligthoaͤmer in bin Migs
. ferien fehen ließ, und in geheinen Kiffen 'unfbes
- wahrte‘s).. Es war natuͤrlich, bag diefe "ellige
thümer eben fo mannihfaltig. waren, als bie geheis
men Gefihihten der Götter‘, bie man in Myſterlen
vorſtellte F). Zu den letzten, und prächtigften
Auftritten in den Myſterien gehoͤrte die Eröffnung
des Allerheitigften, und die Darftellung ber allexs
heiligſten Statäen ber Gottheiten, bie entweder
koſtbar geſchmuͤckt, oder mit einem Zauberfchims
mer umfloſſen, oder von! den gewöhnlichen Wilds
niſſen der Goͤtter, und Goͤttinnen gänzlich verſchle⸗
den waren g). Eu —
Die
+) Ich muß, ſagt Klemens, die angeblichen. Heilige
thümer entlarven, und die angeblichen Geheinmife
bekauut machen. p. 14.1, 6; "8 Oydapıy raurz wuy
.Mupaundss, zu rolumgy ku worave woAvsugai,
xovdpo re dimv, 204 Idaxav, dpyiov Asvusa Bag-
eos; ui da poiy mpogroicdk, xy xucdıh, yap-
Innsc Te, x wırras; wpog de zıy Pos, x dr
x
KuveG; Taur, asıy Kurav Pa dyım,
f ) e. x wpoossı 176. Osudoc ra —ED—
“ Poha, optyavav, Augvos, giPos, arg Yurgvaaög..
) Man |. die in meiner Abhandlung angeführten
Zeugniffe ©. 274 278. 80. Seneca kuite in ben
oft angefüßrten Stelle Nat, Quaeſt. VII. 31, außer
anderen Heiligthünern hoͤchſt wahrſcheinlich die: ges
heimften Statuen der Gortheiten im Sinne: Elen-
fis fervat, quod oftendat rerifenitibus:,, . -, ‘s]lle
arcana non promilcue, nec omnibus patent: .
. reduela, et in interiore faerario claufs Ann
Dur TTS
a. “ \
+ ” \ ’
‘ ” f ‘
ae Die beruͤhmteſten Myſterien würden mehrere,
wiahmentlich bie. großen. Eleufinifihen Geheimniſſe,
zuenn Tage geftiert. bh), Mar ein kleiner Theil dies
fer. fefklichen Zeit warb in geheimen. gottesbienftlis
rchen Handlungen hingebracht. Die übrigen Tage,
and Stunden füllte man mit oͤffentlichen Opfern,
and Proceffionen, mit gymniſchen, ober anderen
Spielen, und Ergößungen aus. Vieh merkwür—⸗
biger iſt dieſes, daß viefelbigen Thaten und Schick⸗
: "fale von Göttern, : welde man an item, ober
mehreren Orten in geheimen Feſten vorfielite, ans
chberöwn an Öffentlichen Feſten vorgeftellt wurden.
Der Dienft ver Ceres, und Proferpine war. in
Ensa, und Syrakus, wo man biefe Goͤttinnen
"bon den älteften Zeiten her, und mit ber gröften
Pracht verehrte, Fein geheimer, ſondern ein oͤf⸗
fentlicher Dienft; und man ftelte jährlich an öfs -
‚fentlichen Feſten vor, was biefen Goͤttinnen in der
Gegend von Enna, und Syrakus begegnet war i).
Nur in Catina war der Dienſt der Teres ein ge⸗
heimer Dienft, welchen bloß Frauen und Jungs
- frauen verrichteten ). Anftatt daß die. Statüen
ber Ceres und Proferpine in Enna einem Jeden
‚zugänglich waren kk), hielt man das Bildniß der
Cetes zu Catina fo forgfältig in dem Allerheilig⸗
Ren verſchloſſen, daß die Männer. kaum wu
| WMWB J da
2 MSk Croix i01- 204 p.
7) Cicer, et Died, 1. ce.
A) |
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Ban. "Ei Su abe —
4 x
daß ein ſolches vorhauden ieh 13. "Die Kreter be |
haupteten, daß der Jakchus, ein Sohn bes Ju⸗
biter, and. der Proſerpine, .auf-ibrer Juſel ge
bohren worden; und daß alle Begebenheiten Diefed
Gottes in Kreta geſchehen ſeyen m); Sie firliten
daher bis auf die fpäteften Zeiten die Schickſale bed ,
Jatchus an oͤffentlichen Feſten vor und ruͤhmten
ch ſo gar, daß man alles dad, was mau in Sa—
nothrachen,; and Eieuſis, als die gröften Gehelm⸗
niffe zeige; In Kreta ohne Hinderniß ſehen koͤnne.
Die Kieter zogen hieraus den Schluß; baß bie
Feſte der Ceres; der Proſerpine, und bed Jak⸗
chus ; fo inte diefe Goͤtter ſelbſt, und bie meiften
übrigen Gottheiten der Griechen, aus ihrer Infekt -
dudgegangen ſihenn. u
5 .1217
Die geheimen Feſte, welche man benfelbigen
Gotthetton in verſchiebenen Getenden don. Grie—
-
”
’
chenland feierte; wichen nicht wenidzer von eingndes
üb; als die oͤffentlichen. Der erſte rund. hirvon
lag in der Verſchiedentzeit ber heiligen Geſchichten,
bie. don den aͤlteſten Jeiten hei. nuter verſchiebenen
Voͤlkern umhergiugen. Man wereiitee faſt kein
Geitheit, von weicher nicht mehrere Städte vor⸗
gaben; daß dieſelben innerhalb ihrer Mauern ges
bohren, oder begraben worden ; ober baß fie. zur
5. re u eit
. 46. In eo facrario intime fuit Agnam Cero-
"gie —— quod virf,. "bon. imods 'Wajus-
modi ellet, fed na elle quidem Iciebant. aditue
enimi inid facrarium non eſt Yiris!’ fatra “per
mulieros et virgines eönfiet folehn‘ -..ı: {\
4) Diodor. V. S4d- 44; Jul. Firm..6;6;-
u. . De —A Pr .: 2 x
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R . - Ss .
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aumeh. in 4 19 f
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3 . D .
Zeit dr Worlahren diefes ober jenes methan, und
erlebt dgabe a). Dieſe urſpruͤngliche Verfhieben — .
beit heiliger Geſchichtan warb heite dutch die Fictios
sen der. aͤlteſten Dichter, theils durch bie. Lehren,
anh. Bagungen. der aͤlteſten Propheten und Myſte⸗
rien « Stifter jws umendlide vermehrt. Die My⸗
ſterien des Bakchus, welche Orpheus «inführte,
ober .bie, wenigfiene: vom Orphaus den Nahmen
hatten, wichen in manchen Stuͤcken von den My:
ſterien bed Melampus ab o). Beyhe unterſchie⸗
den ſich wieder ſo wohl von den, Myſterien des
Bakchus Sabaſius a), als von denn, welche
ein gewiſſer Pegafes in Athen einfegte.g). Die
ſelbigen Goͤtter vervielfaͤltigten ſich nach Maaßgabe
der Geſchichte, welche man von, ihnen erzählte,
und der Dienfie, welche man ihnen einrichtete n.
„ir Alter allen ‚gakeiinen Feſten. ber Griechen war |
gewiß: keins, das uicht in dem Laufe von Jahrhun⸗ |
ZZ derten. große Veränderungen gelitten hätte. Doch |
r waren nicht. alle. Myſterien in gleichen. Graben warn: -
nelbar. Am .wenigften waren es biejanigen, die,
inde ı bie Myſterien . Bruf i6,,. au Serämten Or⸗
> WE - in,
aus " " ‘ a . ’ j oo
|
04
ey Mehn veraleiche nur allein die Anlpriche, und u
GSagen der Bicilier, der Athenienſer, der Kreter,
und Urgiver über die Ceres, und deren Hefte, an
... den augefüirten. Stellen des Diodor, des Rle⸗
eu BEN ,. des Sicero; und Paufanias 1, 7 |
5 u, 49. Herd, 0...
u 8 nt s
p) Cicer, de:Nat, Deot. III. 03. de Leg. u. 15
9) Pauf,Dl, al re en
r) Cicer, de Nat Deor, ui. a1 23.c.
I
v
— — — — — — —
-
. nt8"Ausgelöfiht wurben 3), um auch ben ſteteren,
"oder feſter gegründeten Myſterien eine andere Ger
ftalt zu geben. Gelbft die Samothraciſchen Mp⸗
—
— gan
ten, und zu beſtinimten @üiren gefeitrt wurden,
auch ünter ber. Aufficht ſolcher dornehmen Ge⸗
ſchlechter ſtanden, dergleichen Me Eumolpiden in
Athen waren 1). Unterdeſſen brauchte es nicht
einmahl ſolche Revolutionen, als wodurch vie!
Ihesmophoxien in dem gröften Theile bed Pelopon⸗
fterien wurben zu wieberhohlten Mahlen faft ganz
umgewandelt u). Aehnliche Veraͤnderungen er⸗
fahren die Myſterlen der Ceres, welche Kauko
von Eleuſis nach Meſſene verpflanzt hatte, zuerſt
durch einen gewiſſen Lykus, und bann durch einen
Athentenfer Merhapus, Yon welchem Paufanias
fagt, daß er der⸗Grfinder von manchen geheimen
Feſten, und Feierlichkeiten geweſen ſey x).
Den hanfigſten, und ſchnelkſten Umwaͤlzungen
waren diejenigen Myſterien unterworfen, die nicht
an beſtimmten Orten, nicht zu beſtimmten Zeiten,
nicht unter der Aufſicht vornrhmer Famillen, und
Magiſtrats⸗ Perſonen, ſondern von umherziehen⸗
den Myſtagogen gefäterf wurden, wie bie Orphi⸗
Bu und Sabaſiſchen Myſſerlen ſchon zu ben
eiten dea Diary, und Ariſtophanes. Dieſe
Myſterſen urteten daher guch am fruͤheſten aus,
tn |
4) St, Croix p. 1350, un
6) Herodor. Ih a 0.000000.
#) Man ſ. Dioder, V. 340. 25, de St, Croix
P MM. RE *
x) IV. 1. 666 ustanoc yarag usv 29 AYyuag, vos
Mrijc xoq Opyımy Mayramıy GUVIETYG.
rt. -
U 4*
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un Mn. un 1a...
mer
ned erregten bie arſten lauten Angen En Don
that-den Vorfichers der wahbpinden
Fein Unrecht, wenn man annimmt, daß page ohne:
Antinahme. verſchmitzts Weträger waren, melde:
ihre Geheimniſfe zur. Befriedigung won Hablucht,
und anderen böfen MWegierben mißbrauchten. Eins
bdor erſten, und zuglgich daß fehracklicfte Bepfpiel
unerhörter Greuel , bie in Myſterien — wor⸗
jden, Tiefeen die Vakchiſchen Geheimutffe, welde
ih I 566. nad ‚Erbauung der Stade Row,
IE [N un guärostete 3. Der Urheber die⸗
ferien war ein unbekaunter und hungriger
£y der fie in „Deirneien eimführte: don wo
and fie fi in wenigen Jahren über ganz Stalin
" Yerhreiteten a). "Die geheimen Mafpanalien war
ren anfangd nur für -Perfonen:. bed: andern Ger
ſchlechts beftimmt, und wurden jährlid nur an
vi Tagen, und zwar bey hellem Batuan ge
. iert.
Si Kiegen det ab
E ale mm Pie gm ei
—88 — nn pri befen m
Böen % ei d
Ihe. 1% Nora vero deos, et in
en ocrarnas pervigilationes fe: Ariko-
Phanee . . voxet, nt apud cum Sebsaine, et
<iantur, °
2) Livius wese
#) 1. . Graecns ignahilie in Etrariam primus
8 . faerifä es — —S ee
religiöne pro et quaefium, er dileli —
proliteado In horrore imbusret, .06-
« paltoram antiltes crorum, ö ee.
verhaßt, Liecer.
ü di peregrini jadicati © civitate | ir “
= on 2 — | u.
folert. - Eine: Campaniſche Prieſterinn, Paculla
Nimia, aͤnderte, wie ſie vorgab, auf göttliche.
Eingebung bie ganze urſpruͤngliche Einrichtung dee
Bakchiſchen Gehelninife B);. andgennnmen,- daß
fie die Suftrationen, und: zehntägigen Enthaltun⸗
gen bor:der Einweihung beftehen eg. Paculla
Minia verordnete, daß die Bakchiſchen Moſte⸗
rien nicht mehr bey Tage, ſondern Nachts, daß
ſie. fünfmaht in jedem Monathe, und zwar nicht
bloß von Weibern, ſondern auch Don Männern ges
feiert werden ſollten. Zwey Jahre vor der Ent⸗
deckung machte man noch das Geſetz, daß keine
Mannsperfon, die Über zwanzig Jahre alt ſey,
aufgenommen, ober. eingeweiht werde. Don tem
Augenblick an, we bie erwähnten Veraͤnderungen
gemarht wurden, wrteten bie Bakchiſchen Myſterien
Getoͤſe von Pauken, und Trompeten 5) Wenn
in eine Werkſtaͤtte nicht bloß von Ehebrächen, und
gewaltfanen Schänbungen ſchoͤner Knaben, und
Jungfrauen, fondern von falfchen Zeugniffen, uns
tergefchobenen Teſtamenten, Giftmifchereyen, Mens
ſchenopfern, und anderen Meuchelmorden aus.
Man gab ſich nicht die Mühe, die Unfchuild zu
‚ verführen. Man brauchte offenbare Gewalt, und
bamit man bie "Klagen ber Ungluͤcklichen, an wel⸗
chen man Gewalt übte, nicht höre, erhab man
ein ungeheures fanatifched Geſchrey, oder heftiges
ne eins
u rn j ’ ı, a ur
5b) e. c. 23, - - tauquam deum monitu,
Jap Additae voluptates religioni vini.et epg- -
larum, quo plurium animi illicerentur. Qoum
' yinum animos et. nox, et milli foeminis mares,
aetatĩs tenerae majoribus, .dilerimen omne pu.
doris exltinxiflent, corruptelae primum omais '
*8 * Zu ur
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g N N —— U z
. ’
elngelat Perſenen ſich au ‚heftig wißesfügten ‚’ oder
Bahr: waß ihnen geſchehen war, zu tief empfunken
gzu haben schienen ;.fo fhlachtete man fir als Men⸗
fhenopfer, oder warf fir in tiefe Schluͤnbe; und
Damı hieß eb) daß ſolche Verſchwundeue ven ben
Goͤttera geraubt worden d). sd bringt ber. Polls
zey der Roͤmer wenig Ehre, daß biefe Grenuel ſich
fo weit verſreiteten, daß fie ſo lange: umentdeckt
blieben, und daß ein bloßer Zufall, Die Liebe einer.
öffentlichen Weibs perſon für ihren jungen Liebha⸗
ber, den feine. boshafte Mutter einweihen Lafer
wollte, fie der höchften Obrigkeit. belannt machte.
Dieſer Vorwurf ift.um deſto gerehter, da wähs
gend ber nächtlichen Feſte Männer ſowohl, ale
Weiber, wie Rafende, die Weiber mit brennenden
Fackeln umberliefen, und die ganze: Stadt mit ihr .
vrem Geſchrey, oder mit ihrer wildes. Duft 7,
.. ‘ » ... — BUJ.
’ x
8 21
genôéris fieri coeptae: quo ad id quisque, quo
natura pronioris libidinis eſſet, paratam vo-
luptote in haberet. Nec unum genus noxae,
ſtupra promilcua ingenuoryum- fogemingrumque
erant: [ed fallı teles, falla Siena, tellimonia-,
que ef indicia ex eadem ofhicina exibant. Ve-
nena indidem, intellinseque caedes? ita ut ne
corpora 'quidem interdam ad fepultüuram exſta-
rent. Aulıp. dolo,. pleraque ‚per ‚vim endcban-
tur Oecculebat vim, quod prae ulglatibus,
tympanorumque et eymbalorum firepitu, nulla
vox quiritantium inter Aupra et caedes exan-
diri poterwe. . ER EEE Een EEE
. "We. 13. Si qui minus patientes dedecoris Gpt. «
provictimisimmolari‘..„. Raptos a diis homi-
’ 'nes dici, quos machinde illigatos ex éonſpettu
in abditos fpecus abripiant. , 2
b
.
' , “ 0, R .
dlten ). Der Senat trug den beyben Konfule-
| bie ſchaͤrfſte Unterſuchung gegen tie Ungeheuer auf,
welche ſich gegen die öffentliche Unſchuld, Ehre,
und Sicherheit. verſchworen hatten. Man behaup⸗
tete,daß über ſiebentauſend Maͤnner, und Wei⸗
ber in Die ſcheußlichen Myſterten eingeweiht wor⸗
den. Alle, welche unnatuͤrliche, oder gewaltthaͤti⸗
| ge Lüfte gebt, oder ſich falſcher Zeugniſſe und Te⸗
i Ramente, ‚ober gar des Meuchelmords ſchuldig ges
macht hatten, wurben am Sehen gefiraft. Die
Mebrigen , beren einzige, aber vornehmſte Schuld
| barin beftand, an den Myſterien Theil genommen.
| zu haben’, mußten ihre Neugierde, oder Schwach⸗
heit durch ein kuͤrzeres, oder laͤngeres Gefoͤngniß
buͤßßen. Der Roͤmiſche Senat erneuerte das oft
guuͤbte Recht, fremde Götter, Goͤtterdienſte, und.
Goͤtterdiener zu verbieten f ), und unterfagte- bie
| Feier geheimer Bakchanalien vicht bloß in Rom,
ſondern in ganz Italien 8): doch mit dem. milden.
Zuſatze, daß, wenn Jemand fid In feinen Gewiſ⸗
ſen verbunden achte, bie an den Babkchanalien ges
braͤuchlichen Opfer, und andere gottesdlenſtlichen
Hanblungen nicht zu unterlaffen, biefer fich bey
, bein Prötor urbanus melden möge. Der pru
7 olle
3 ur
” %
-
e) ib, e. 13, 15.
5) Die Conſul Poſtumius faate in feiner: NRede an
das Volk J. c. c.:16; Onoties hoe: patsum avo-
».. rumgue aetato, negotium ef magifinatibus'da-
: tum, ut ſacra externa: fieri vetarent, faorifien-
:: das‘, watesque foro. eirco,. urbe probibereut,
vaticinos libros conguirerent, combnrerenimue, -
_ omnem dilciplinam ,facrificandi prasterquam
‘ ’
more Komano, aboleren:?
5) c. 18 5 |
J
2.7 Selle die Bitte vor den Senat bringen‘, wenn wüht
weniger, als hundert Senatoren gegenwärtig feyen,
und wenn der Gtnat:idie Witte gewaͤhre, fo folle
das Opfer erlaubt ſeyn. Nur buͤrften ſich dabey
nie mehr, als fünf Perſonen einfinden: auch duͤrfe
nie eine gemeinſchaftiiche Caſſe, oder ein Priefter
und Myſtagog vorhanden feyn. — Aehnliche
Unordnungen, bergleichen die Bakchanalien in Ita⸗
lien hervorbrachten, veranlaßten ben Diagondas
von Theben, alle naͤchtliche Feſte zu unterfagen k).
Das allgemeine Sittenverderben, was bie Gries
hen und Roͤmer ir Ben letzten Zeiten ihrer Frey⸗⸗
heit, und beſonders nach dem Verluſt derſelben
“etgriff, drang auch In viele Myſterien, und unter
bdiefen fölbft in folche: ein, welche man viele Sahrıs
hunderte Tang als die heiligfien , und underletzlich⸗
fien verehrt hatte. Zu den Zeiten bed Juvenal,
und Apulefus: waren nicht bloͤß die Geheimniſſe
der Dea Water i), oder der Cotytto, und "Milo,
- fondern auch felbft der Dea Bona in Rom, ab
bie Thasnophorten in Athen als Schulen ber groͤbe
ſten Unmaͤßigkeit, und Unzucht beruͤchtigt h).
Die
| #)-Cicer. de Leg. II: 16. Atqne ommia noetur-
"ma, ne nos duriones Sorte videamur, in media
Graeccia ‚Diagondas Thobanus lege perpetua
. fangirit, Dieb: Verbot war⸗ vorzuͤglich gegen: die
Myſterien der Eabiren gerichtet, welche Meshapug
jr Theben eingeführt hatte, Panfan. IV. .
i) Apulej. Metamorph, VI, gr. VI, 14%
. k) St, Croix 391. 405. 490 Pe
\
: Die Moſterien der Ceres in Eleuſis waren
vielleicht die einzigen, die nie weder durch Voͤlle⸗
rey, Unzucht, und heimliche Verbrechen entweiht,
noch auch mit ſolchen peinlichen, oder beſchwerlichen
Caͤrimonien uͤberladen wurden, wie alleübrige Miys: -
ferien in Griechenland, und SStalien. Die Deis
iigkeit, und Ehrwirdigkeit der Eleufinifhen Ge⸗
Erfindung des Ackerbaus m). |
beimmiffe erhielt fich bis auf bie. leßten Zeiten, und.
ihre Bewunberer wieberhohlten ſtets den alten
"Ruhm, baß die Dienfchen durch fie gemildert, oder
3u einem geſetzlich gefelligen Leben hingeführt wors'
ten)... Diefer Rahm war meinem Urtheile nad) :
nie verdient. Die Urheber deſſelben verwechſelten
die Wirkungen dee Wohlthaten der Ceres, deren
Andenken man in den Eleuſiniſchen Myſterien ers
neuerte,- der Erfindung bed Aderbaus, und ber:
| Gebung weifer Gefege, mit den Wirkungen der
Elen ſimiſchen Geheimniſſe. Die Myſterien zu:
Eleußs waren ben übrigen oͤffentlichen, und. ges
heimen Feſten der Griechen zu ähnlich, als daß fie.
ſolche eigenthümliche Börtheile, dergleihen Mynen '
Cicero in der angeführten Stelle zufchreibt, haͤt⸗
‚gen herdorbringen Finnen. Auch erwähnt Iſo⸗
. Brates ber Entwilderung der Menfchen nicht, als
einer Frucht der Feier der Myſterien, fondern ber
Je
D) Cicero de Leg. II, c. 14. Nam mihi cumi mul-
ta eximis divinaque videntur. Athense tuae pe.
perille, atque in vitam houiirium attulile, tum .
nihil melius. illis 'myfteriis,, quibus ex agrelti,
immanique vita exculti ad‘ humanitstem, et
mitigati ſumus. \
m) 1. 132. may duanc dupanc' dirraug, direp her
ruyxævueciu Son, TEC TE Naprac, O Ta u Anpiq.
dœc Syv qjuac urioqi vevovædi.
u
I
x
.
%
> . _
rn — — —
⸗
4428 — —
Fe mehr, die meiſten uͤlteren Moflerlen ders
dorben, und übel beruͤchtigt wurden 5 deſto mehr
nahm die Zahl der Myſterien, und der Hang zu
ben Myſterien zu, deſto zufammengefeßter, und
beſchwerlicher, oder peinlicher wurden entweder die
Worbereitungen zu den Myſterien, oder die Stufe
fen, welde man zu erfleigen hatte, Faſt ſcheint
ed, als wenn im erften, zwehten, umb dritten
Jahrhundert alle nur irgend bedeutende Gotthei⸗
ten, bie bergleichen vorher nicht hatten, einen ge:
heimen Dienft erhiekten, weil man ben geheimen
Dienſt für heiliger und wirkſamer, als den oͤffent⸗
lichen achtete. Man glaubte ſich um deſts gluͤckli⸗
cher, und froͤmmer, in je mehrere Myſterlen man
I eingeweiht worden war, und je hoͤhere Stuffen,
ober Wuͤrden man in ben geheimen Getierdieuſten
erſtiegen hatte. Man hielt die Einweihusngen, and bie
, Stuffen ber Ein weihung fuͤr etwas ſo wichtiges, daß
man fleauf Grabmählern,. und andern Denbmählern,
als die gröften Ehren der Verſtorbenen bemerkte m)...
. M Der
u) Unter den Beyſpielen, welche Here muuor 1. c.
P u07. 109. gegeben hat, jchreibe ich nur ſelgeus
FF 062 ab: . si 4 Fe , & u Zn *
Fabiae. kconise. - Pauline ©,.,F.- . _
Sacratae, Apund. Eleufinam.
Deo, Baccho: Ceresj. Es Core
Sacrstae. Apnd, Lernam. Deo
Libero. et Careri. Ex Corae, . _
‚ Saeratae, . Apnd. Aeginam : ——
. , Deabus. Taurobojitae, Lfiacae,
Hieropbantriae. Deae. Hecatae, _-
Graeco. Sacratae., Deze,;, , .
- " Cereris, |
‚ -Ble
| PP: 206. Quod enim fedulo percontaveram, dif-:
cil
Der Geiſt der Zeit, der den geheimen Goͤtterdien⸗
firn fo günffig war, druͤckt fig nirgend deutlichen,
als in der vom Apulejus erzählten Fabel bes Lu⸗
cius and. Nachdem der lehtere endlich durch bie
Gnade der Iſis feine menſchliche Geſtalt wieder
xrlangt hatte, forderte ihn ein Prieſter der Goͤt⸗
in auf, ſich Yon. nun an dem heiligen. Dienſte
ber "Wis zu weibhen, und ihr Joch freymillig auf
fih zu nehmen, weil er alsdann feine Freyheit
um befto mehr fühlen werde 0). Lucius miethe⸗
te ſich eine Wohnung innerhalb bes “Bezirks, der
zum Zempel ber Iſis in Korinth gehörte, um
ver Goͤttinn deſto anhaltender dienen, und bes
Umgangs ihrer Priefter genießen zu koͤnnen. Es
verging feine Nacht, . wo. er nicht göttlihe Ge⸗
ſchte und amfmunternde Dffenbahrungen erhielt.
So groß auch feine Begierde nach den Minfterien
der Iſis war, fo zögerte er doch immer mit bes
Einweihung, weil er fi vor ben Enthaltungen
unb anderen ſchweren Pflichten fürchtete, welche
der Dienft ber Goͤttinn ihm auflegen werde m
| Er
Alle Schriftſteller, denen wir die meiſten NRachrich⸗
ten über die Myſterien zu danken haben, Diodor,
Pauſanias, Plutarch, Apulejus, und Clemens
von Alexandrien waren in mehrere, oder gar in
viele Miyſterien eingeweiht. =
0) Apnl, Lib XI. Metamorph. p. 214. Edit. Cal
vii. Quo tibi tamen tutior fis, atque munitior,
da nomen huic [anctae militise - - teque jam
nunc oblfequio religionis noſtrae dedica, et mi:
nifterii juogum fubı voluntarium, nam, cum
‚ coeperis Deas fervire, tunc magis [enties fru-
ctum libertatis tuae,
e roligionis oblcquium, et eaimonloruım
. ı . , ’ g \
Items — a Na
- -
— ⸗ç-
Er überwand. endlich -biefe Vebenklidikeiten; nnd '
"bat ben oberften Prieſter um die Gnade dei Eins
weihung. Der Priefter autwortete freundlich, daß
2
1 J
I nen .
J
ren, wenn bu es etfahren bürfteft: Um dic aber
he; denn die Goͤttinn ſekbſt beſtimme durch goͤtt⸗
liche Winke nicht nur bei Tag, an welchem, ſon⸗
bern auch ben Prieſter, von welchem, und ben
Aufwand, mit welchem Jemand eingeweiht wer⸗
ben ſolle ). Nach bieſem Beſcheite erwartete
Lucius ruhig, was die Goͤttinn über ihn verfüs
gen werde, Die erhabene Wohlthaͤterinn ließ
Ihren Verehrer nicht lange ſchmachten. Sie ofs
fenbarte ſowohl deni Lucius, als ihrem oberften
‚ Pieter, Mithras, den Tag; wo die Einmeis
hung: Horgenorkiheh werben folle. Der leßtere las
dem Lücius aus einem in Hieroglyphen geſchrie⸗
benen Ritual vor; was er anzuſchaffen, und wie
er ſich vorzubereiten habe, Zu ben MWorbereituns
gen gehörten Waſchungen und zehntaͤgige Faſten,
in welchen der Einzuweihende weber Fleiſch, übch
Wein genießen durſte. An dein Abend des Eins
J weihungstages ergriff der Hoheprieſter den Lucius
bey dee Hand; und führte ihn, mit einfachen Ges
ändern angethan, In das Allertheiligſte. Du
fraͤgſt vielleicht, ruft Apülejus aus, was bier ges
ſagt und gethan worden ſey. Ich würde eb bir
ſagen, wenn ich es fagen:. du wuͤrdeſt ed erfah⸗
nicht
abſtinentiam fatis- arduam, cautoque eircum-
fpectu vitam, quae multis caſibus ſubjacet, elle -
muniendam, etc;
9) 5 208. Sumptug etiam, caerimonüis necellas
rios, Amili praecepto dellinari,
4 R FR
U}
’
nicht gang mnbefriebigr zu laſſen, vernimm folgen⸗
des, was mir zu offenbaren vergönnt iſt. Ih
kam an bie Graͤnze, ober Pforten des Todes; mb
nachdem ih die Schwelle der Proferpine betreten
- hatte, kehrte ich durch alle Elemente zuruͤck. Ich
ſfah; mitten in der Naht die Sonne von wrißli⸗
"dem Lichte ſchimmern, und -betete die Götter ber
Dbers und der Unterwelt iu ber Nähe an. Gegen
Morgen waren bie Feierlichkeiten geendigt,: unb
num Fam ich aus bem Allerheiligfien mit zwölf
heiligen Gewaͤnderü zurück: in welchen ich nad
Wegziehung bes Vorhangs dem Volke dargeftellt
farb. Ich felerte hierauf den erſten Geburtstag
meiner Einweihung in angenehmen Gaftmahlen
nund anderen Luſtbarkeiten; unb auch der dritte
Tag- ward theils in gotteöbienftlichen Handlungen,
theils in Ergößungen zugebracht. Mad wenigen
Tagen genoß ich die unausfprehlihe Wonte des
göttlihen Blidniſſes vr). — Lucius ging Yart Kos
tinth, wo er eingeweiht tvorden war, nad Nom;
und wunterlieg nicht, bier feine Andacht in dem
Tempel der Göttin mit dem Beynahmen Cam-
penfis gü verrichten. In Mom erfuhr er zu ſei⸗
. nem Erftainen, daß er zivar in die Geheimniffe
der Iſis eingeweiht fey: daß er ſich aber noch in
die Gehzeimniſſe des Oſiris einweihen Taffen müſſe.
Denn ungeachtet beyde Gottheiten auf Bad innigſte
verbunden ſeyen; ſo finde doch unter ihren Geheim⸗
niffen ein großer Unterſchied Stats ). Ju der
*2 naͤch⸗
.) Inexplicabili volupiato Ammulicri divinj perfrue- j
bar. p. Sır. |
s) p.2ı2, Novum mirumque tomperior: Deas
quidem me tantum lacris imbutum, ae .
an XX 431 .
®*
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' . ‘ .
’.. .. \
433 u — —
FI
vwaͤchſten Nacht ſab Lucius im Traum das: Ge
ſicht eines Priefters, der Thyrſen und Epheu⸗Zweige,
nebſt anderen Heiligthuͤmern vor ſeine Mahnung
hinlegte, und ihm die Einweihung in. den gehei⸗
men Dienſt bes Oſiris gleichſam anſagte. Lu⸗
cius erkundigte ſich am folgenden Morgen unach
einem folchen Priefter, dergleichen ihm im Traume
erfchienen war. Er entdeckte ihn bald unter ven
Paſtophoren bed Gottes, und hörte von. dieſem,
daß Dfiris ihm die Ankunft eines Fremdlings aus
Madaura angezeigt, und ihm befohlen habe, der
Fremdling unverzüglih aufzunehmen. Der Aufs
nahme ſtand nichts entgegen, als die große Ars
muth ded Lucius, ber nicht einmahl im Stande
war, ben mäßigen Aufwand, welchen die Einwei⸗
hung :verlangte, zu befireiten. Unterdeſſen drang
die Gottheit immer nachdruͤcklicher auf bie Eins
weihung 2). Lucius verkaufte zulegt, da er ſich
nicht ander® zu helfen wußte, feine nür irgend
entbehrlichen Kleitungaftüdke ; und zwar auf aus⸗
druͤcklichen Befehl des Dfiris. Du würbeft, warf
ihm ber Gott im Traume vor, beine entbehrlidgen
Sachen nicht fchonen, ‚wenn ed um; irgend .eine
große £uftbarkeit 3a thun wäre; und du trägft
ı Bedenken, bid) davon los zu machen, um folder
erpabenen Feierlichleſten metaſts zu —
u⸗
dei, deumuue famıpi. ‚parantis, nvieti Ofrie
necdum facris illnßratum. Quamgnam enim
connexa, imo vero unica ratio numinis, reli-
‚ gionisque ell — tamen teletae dilcrimen‘ inter-
e maximum. .
. 0 p. 213. Nec fecius tarhen idemtidem ‚wominis
„pemebaivinlandn, wei
1
⏑— — wen —
2 7
— go
1
— 4309
Lxuciu⸗ ward hierauf nicht. bloß in bie Scheim⸗
niſſe des Oſiris, ſoudern auch des Serapis ein⸗
geweiht. Nicht lange nach dieſen Einweihungen
forderten ihn goͤttliche Befehle noch gu einer *
ten Einweihung auf. Lucius wüßte nicht, was
biefe neue, oder letzte Einweihung bedeuten folte
Er fing gar an, zu glauben, daß die Priefter .
‘der Iſis und des Dfiris ihm etwas möchten vor⸗
enthalten haben. Hieruͤber berubigte unb unters
- richtete ihn eine nächtliche. Erſcheinung, bie Ihn
überzeugte, daß es eine beſondere goͤttliche Suabe
fey, einer dreyfachen Einweihung gewuͤrdigt zu wer⸗
ben, da viele nicht einmahl zu einer einfachen ges
- Tangten.. Wenn er fi abermahls nicht in die
Myſterien ber "is Campenſis einweihen fe! |
fo Eönne er ihren geheimen Feſten nicht beywoh⸗
nen, und nicht das heilige Gewand ber Goͤttinn
thige mehr nach Maaßgabe feiner Frömmigkeit,
ald feines Bermögend an.u). Ihn reuten bie
Gottheiten, deren Diener er. war, fegneten feine
Arbeiten, melde er als Auwald verrichtete, reihe
lich. Oſixris ſelbſt erſchien ihn im Traume, und
nahm ihn nicht nur in das Eolleglum feiner Pas
ſtophoren, ſondere. auch unter die fünſjährigen De⸗
curionen auf.
> | . u | — Die
= p. sı5. Largitus ex Radio pietatis gie, quam
nienlura rebus collatie,
Ee
tragen. Lucius bereitete ſich zu ber legten Eins
weihung durch noch ſtrengere Enthaltungen, als
bie erſten Mahle vor, und ſchaffte das dazu Ni
leszten Opfer nicht, bie er gebradt hatte Die
-
—
a.
®
.
,
.
‚ waren unläugbar darauf angelegt, bie Woruehmen
und Reichen, oder Wohlhabenden anzulocken, weil
33434.. ——
Die Myſterlen der fie, bes Cſtris und des
Serapis, in welche Apnlejus fi einweihen ließ,
bie: Einweihung mit betraͤchtlichen Koſten verbun:
ben war, ‚und immer nur eingelne Perfonen eins
geweiht wurden. . Won einer ganz anderen Art
- waren bie Myſterien des Alexander, befien Ger
ſchichte zeigt, was verfhmißte Betrüger ſchon In
der Mitte des zweyten Sahrhunderts wagen, und
der Aberglaube ber Griedyen und Roͤmer ertragen
Fonnte, Die Myſterien des Alerander waren,
wie: bie aͤlteſten Gcheimniffe ver Aeghptier und
Griechen, für den großen Haufen berechnet, und
befianden baher in geheimen Schauſpielen, die drey
Tage, ober vielmehr Nächte hinter einander ges
geben. wurben 8). - Am erfien Tage flellte ‚man
‚bie Nieberkunft der Latona, bie Hochzeit ber Ro⸗
romis, und die Geburt des Apollo und’ Askle⸗
Vertrauten Aerander fih ansgabs am dritten
dier Liebe der Luna und bed Alerander. Alexan⸗
der. fhlummerte, wie Künftler und Dichter den
ir
pius vor: am zweiten bie Erſcheinung und Ge -
bunt bes Glyko, beßjenigen Gottes, für deſſen
Endymion ſchilderten, und eine ſchoͤne Frau, Rus
tilia, ſtieg als Diana vom Himmel herab, um
‚den Geliebten zu umarmen. Alexander zeigte bis⸗
weilen in feinen Myſterien die goldene Düfte, der⸗
gleichen man in ſpaͤteren Zeiten auch dem Pytha⸗
goras zugeſchrieben hatte.
| | | - Un
4) Lucian, Opera II. 244-246, |
EEE EEE — —
———44443245
"Unter allen fremden Moſterien erhielten keine
einen ſo hohen, gewiß nicht einen hoͤhern Grad
von Anſehen, als die angeblichen Myſterien des
Michras. ‚Die ſogenannten Myſterien des Mi⸗
thras wurden faſt gewiß nie im eigentlichen Pers
ſien gefeiert, ſondern wahrſcheinlich von den See⸗
säubern erfunden, welche in ben letzten Zeiten der
Mömifihen Republik alle Deere und Küften uns
ſicher machten und ausplünderten y)._ Man feierte
diefe Myſterien nur in natuͤrlichen, oder kuͤnſtli⸗
Gen Höhlen. . Wer eingeweiht werben wollte, mufte -
achtzig Tage lang immer fieigende Prüfungen aus⸗
halten, unter welchen Manche ven Geift aufgaben.
Man präfte die Afpiranten durch Faſten und Geifs
felungen, durch Feuer und Waſſer. Diejenigen,
weldye: alle vorgefchriebene Prüfungen muthig über:
fanden. hatten, wurden als würdige Krieger bed
Mithras ‚aufgenommen und:anerfamt 2. 66
wie bie Vorſteher der Myſterien bed Mithras
bie firengften Pruͤfungen verlangten, fo führten
fie auch die meiſten Grabe unter den Eingeweihten
ein. Jeder neue Grab war gleihfam eine neue
Einweihung, und folder Grade waren allem Aus
fehen nad; fieben, in deren Jedem man einen ‚ans
bern Rahmen, und andere heilige. Kleidungsoſtuͤcke
erhielt, - Dom Krieger flieg man zum Grabe bed
Loͤwen: vom Loͤwen zu dem bed Raben: vom Raben
zu
⸗
y) Man ſ. meine Abh. 340 u. f. S.
2) Philippus a Turre in Monum. veteris Antu
7221 ot fg, de St, Croix p. 458 et ſq. J
Ges
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‘ Ta r fi . ,
ju dem eines: Perfers ? vom Perfer zu ‚beit bed
Bakchus, oder der Some: vom Bakchus zu
dem eines Vaters: und dom Vater zu bem eines
Waters ver Väter hinauf. Man opferte in den
Mithriſchen Geheimniſſen Menſchen, um aus ihren:
Eingeweiden die Zukunft, oder ben Willen der. Goͤt⸗
ter zu erkennen. Die Strenge der Prüfungen, und
v4
\
BR
die große Zahl von Graden waren wahrſcheinlich
bie Haupturfachen, daß fi bie Geheimniffe des
‚Michras über dad ganze Roͤmiſche Reich berbrei:
teten. Auch traf man Denkmaͤhler diefer Moyſte
rien nicht bloß in Italien, ſondern in der Schweiß,
in Frankreich, und ſelbſt in Deutſchland an c33.
Zchh kann die Unterſachung über bie Myſterien
nicht ſchließßen, „ohne kuͤrzlich die Frage zu berühe
"zen, ob man in ben Älteren Myſterien eine geheime
—
Lehre, vorgetragen, "und worin dieſe geheime. Ichre .
elwa beſtanden habe?
Gelbſt diejenigen Schrififteller J bie von einer
geheimen Lehre der Myſterien, beſonders von eis
ner mit ber Volks⸗Religion ſtreitenden Lehre
nichts wiſſen wollen, geben zu, dag man in ben
‚Eteafinifchen ; und Anderen älteren Mufterien bie
| Be Einzuweihenden nicht bloß in fo genannten Syms
*
0) U. cc. beſ. St, Croix 455. 56,
bolen, das heißt, in Erkennungo⸗ Worten, ober
Formeln, fondern auch in gewiſſen Pflichten uns
terrichtet habe: beſonders, welche Speifen, Klet:
dungsftücke, und Hanblüngen die Einzumeihenden '
zu meiden, und welde fie hingegen zu wählen hät;
ten.
x
— m m as
ten. \ Acq Khunen biefe Söeiftfteller nicht in Abe,
zebe ſeyn, dag man in den Myſterien heilige den
Profanen unbekannte Hymnen abgefungen, und
daß die Myſtagogen Yon ben myſtiſchen Schauſpie⸗
len Erklaͤrungen gegeben haben d). Villoiſon ©),
und de Ste Eroip d) Iäuguen, bag men in ben
Eleuſiniſchen, und Samothraciſchen Beheimntffen.
ben wahren Gott veifünbigt; zugleich ‚aber halten
fie dafür, daß bie Moftagogen die geheimen Ges
ſchichten der Götter, bie tin den Myſterien dra⸗
‚matifch vorgeſtellt worden, nad ber Weiſe der
Stoeiker gebeutet 2 daß fie baher die Goͤttergeſchich⸗
"ten in eine Art Bon Kosmegonie verwandelt ‚ und
bdie Götter ſelbſt ſammt ihren Thaten, und Shids
ſalen auf bie Matur, auf Kräfte und Veränderuns
gen der Natur zuruͤckgebracht hätten. So viel ih
| urtheilen kand, läßt ſich Teine biefer Behauptun⸗
...gen vertheidigen. Wenn mat auch den. übrigen
Steilen der Alten, die auf eine geheime Lehre ber
Eleuſintſcher, und Samothraciſchen Myſterien
binzumelfen fGeinen , eine andere Deutung geben
kann; ſo tft hiefes bach bey mehreren nicht moͤg⸗
lich, "ie ich au einem andern Drte beweifen wer⸗
de e). Auf ber andern Seite iſt es nicht —
nicht
&) Mäller un ef. m u
ur p. 244. 974; 377. 330.
4) p. a218. 346. 360. 366.
*) In zwey Vorleſungen, welche fuͤr die koͤnigliche
SBGeſeliſchaft der Wiſſenſchaften in Bringen, bes
. ſtimmt find.
Dur? Ve SE Ze
nicht erweislich, fondern nicht einmahl gebenkbar,
daß allen Myſten und Epapten, die den heiligen
Schauſpielen in Elenſis beywohnten, ſolche Deus
tungen derſelben, dergleichen Villoiſon, und de
St. Croix aunahmen, witgetheilt, und daher
alle Eingeweihte in. einer Art von Spindzismus,
ober Pantheismus unterrichtet, worden... Man
kann die angeführten Miderfprüäce nicht anders . -
vereinigen ‚ und die über ber Geſchichte der Myſte⸗
rien noch immer ſchwebenden Dunfelheiten mit ans
ders zerfizeuen, ald durch folgende Bemerkungen,
Schon die älteren Myſterien waren im wefentlichen
von einander verſchieden: indem die Einen für das
Volk, andere, für Kleine Geſellſchaften befkimmt
waren: und alfo in bie erfteren bloß zahlreiche
Haufen von Menſchen in Maſſe, in die andern, -
wenn audy biöweilen größere Haufen, der Regel
nach nur einzelne Perfonen, oder Heine Gefelfhaf:
‚. sen eingeweiht wurben 5). Selbſt diejenigen My⸗
ferien aber, die für bad Volk beſtimmt waren, .
und beftimmt blieben, geftatteten. zu einer gewiffen
Zeit auh Einweihungen von Individnen, und, wur⸗
ben in ſolchen Faͤllen den Mipfterien ähnlich, die’
urſpruͤnglich wur für eingelne. Menſchen, ober für.
- Heine Geſellſchaften eingerichtet waren. In allen
Myſterien, wo man bloß, ober ber Megel nad
einzelne Perſonen einweihte,. fand viel eher eine
| ges
fd &0 waren die Orphika. Pla, de Rep. N. T. l.
104. Ed, Maſſey . ne dc Jumwolscı, Ku.
“ Joyreg 8 wa. ıdiwrag, aAAR xy wohn .. * de
wohsug xuteow, ’
,
— —a443
gehefme tehte Statt, als in denen, am melden
jedesmahl Hunderte und Zaufende Theil nahınen.
Auch läßt es ſich beweiſen, daß bie erſteren viel
früher, als die leßteren, geheime Lehren enthal⸗
ten haben. Ich bin feſt uͤberzeugt, daß in den
Elenſiniſchen, und Samothraciſchen Myſterien, fd
lange, und ſo oft ſie vor dem Volke geſpielt wur⸗
‚den, nie vom geheimen Lehren bie Rede war. Dars
aus aber folgt wicht, daß die Myſtagogen bergleis
‚hen nicht vorgetragen haben, wenn fich einzelne
merfwärbige, ober vornehme Perſonen einweihen
ließen. Manche Gecten von fogenannten Ketzern
hatten Gcheimniffe, die in heibnifchen,, ober abs
görtifchen Gebraͤuchen, und Meinungen beftanden.
Warum hätten bie Vorftcher der zahlreichen My⸗
fterien unter den Griechen, und Roͤmern ſich nice
entweber den Weltweiſen, oder gar den. Chriften
nähern Tonnen? Die Chriſtlichen Kirchenlehrer
waren fehr aufgebracht baräber, daß die Priefter
bes Mitchras fo vieles von den Chriſten entlehns
tn, und baß fie fo gar vom Wiichras fagten,
U er ſey ein Chriſt 8). Man denke nur an bie Schil⸗
berungen, welche Apulejus im eilften Buche feiner
Verwandlungen Yon ber Iſis, und dem Oſiris
macht; und dann an die ſogenannten Orphiſchen
Fragmente, die ſchon von Schriftſtellern des zwey⸗
ten Jahrhunderts angefuͤhrt, und in welchen balb
die Einheit Gottes, bald die Goͤttlichkeit der Na⸗
tur verkuͤndigt, Salb einzelne Götter bis zu hoͤch⸗
fin Gottheiten berberrliht. werben A). Den
ann
Phil, a Tarre op. 10,
A): Orphica, Edit. Hermanni p, 449. et ſq.
‚ferien der damahligen Zeit gebraucht worben.
., hingewworfenen Gehbanken gehört nicht hieher, unb
en |
Yan kanm zweyfeln, daß biefe Lieder in den My⸗
Allein ‚Die weitere Ausführung der Burg von mie
bleibt einer andern Zeit, und dnen andern -Orte
u Vorbehalten. ‘
Eiiftes
7 sea a Ze
*
Eilftes Buch.
Hiſtoriſche Betrachtungen uͤber gute Werke,
beſonders über die guten Werke bey den Ges
busten von Kindern, und bey ‚Hochzeiten,
auch über Wallfahrten.
Au⸗ nicht⸗ aufgeklaͤrte Völker nannten bie
Gaben und Opfer, die Reinigungen und Buͤßun⸗
‚gen, bie Gebete, und Anbetungen, die Feierlich⸗
Zeiten und Feſte, von welchen ich bisher gehandelt
habe, bald ihren Gotteſs⸗ oder Goͤtterdienſt, bald
gute, verdienſtliche, gotteabienftliche Werke, oder
Handlungen. Man feßte dem Goͤtterdienſt, ben
guten, oder verdienſtlichen Werken, böfe Werke,
ober Suͤnden, d. h. Beleidigungen hoͤherer Natu⸗
ren entgegen, wodurch man ihrer. Gnade, und
Wohlthaten verluſtig, ihrer Ungnade, und ihren
Strafen audgefeßt werde. Mad der Denkart
aller nicht s aufgeflärten Voͤlker waren die foges
ne Aultaz=und ——— von guten, und
ieden: das heißt
von folgen Yanblungen, —* die Wohlfahrt
anderer Raften abſichtlich befördert ‚ ober. went 5
wird,
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wird, Nah der herrſchenden Meinung aller Zei⸗
ri — — —
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.
ten,. und Völker konnte man durch viele gleidhgäls
tige Handlungen, welche auf das Gluͤck der Men⸗
ſchen weder einen guͤnſtigen, noch einen unguͤnſtigen
Einfluß hatten, die Gottheit bald gewinnen, oder
verſoͤhnen, und bald beleidigen. Ja man konnte
ſo gar durch die tugendhafteſten Handlungen die
Ungnade, durch bie groͤſten Verbrechen, bie Gna⸗
de, und Wohlthaten der Goͤtter verdienen. So
lange die Menſchen ſolche Begriffe von der Gott⸗ |
heit, und ihrem Dienfte, von Opfern und Gaben,
von Reinigungen und Buͤßungen, von Gebeten
und Anbetungen , von Feierlichkeiten und Feften
hatten, als fie Jahrtauſende hegten, und faft als
‚gemein noch jetzt hegenz fo lange mar es unmöga
ie daß fie zu richtigen Vorſtellungen von guten
und böfen Handlungen nun Derbienf, unb Gh, .
don Zuxechnung · und. Vergeltung gefarigten.
groben Irrthuͤmer über die Natur der Gottheit,
and ihrer Verehrung führten unvermeiblid ähnliche
Serthümer in der Schäßung bed Werths, und
Unwerths menſchlicher Sefinnungen und Handlun⸗
gen mit ſich. Dieß beweist die Geſchichte keiner
Religion unwiderfprechlicher, als die Geſchichte
ned Chriſtenthums. Die heiligen Buͤcher der
‚Chriften Iehrten genan, und vollſtaͤndig, aber
vergeblich, wie man den wahren Gott ehren, was
man thun und laſſen müffe, um ſich ber Gnade
beffelben. wärdig zu machen. :, Schon die Chriften
ped_pierten Jahrhunderts fingen an, zu glauben,’
baß man bie Gottheit durch viele an fich gleichguͤl⸗
tige Handlungen entweder verfühnen und gewinnen,
ober befriedigen koͤnnen. Die Chriften bes fiinften,'
trau⸗
und der folgenden Jahrhunderte fielen balb in dem’
die erhabenften Zugenden fehr oft durch die Uns
gnade, und trafen, die gröften Miffethaten,
durch die. Gnade und Wohlthaten der Gottheit
dergolten würden. Wenn die Ehriften ber vorigen
Zeiten auch in einzelnen Fällen angaben, daß gute
Handlungen zugleich gute Werke, böfe. Handlung
gen, böfe Werke feyen; fo hieften fie ſich deßwe⸗
gen nicht verbunden, bie einen aus zuuͤben, und die.
‚ anderen zu meiden. Sie waren vielmehr übers
zeugt, dag man tugenbhafte Handlungen durch ans
dere, die es nicht feyen, erſetzen ‚oder dad Ver⸗
dienſt derſelben kaufen; ſo wie auf der anderen
Seite, daß man die Schuld und Strafen böfer
Handlungen auf Andere übertragen, ober durch
Gaben, Reiniqungen, Buͤßungen, und andere Ges
bräuche, welche weber Reue und Beſſerung bed
Sänders, noch Genugthuung der Weleidigten vers
fhaffen, tiigen, nnd abwenden könne. Da ich an
‚ einem andern Orte ausführlich dargethan habe a),
daß die Chriſten des fünften, und der folgenden
. Sabrhunderte eben, fo falfche Begriffe von Froͤm⸗
migkeit, und Gottlofigkeit, von Tugenden und far
ſtern, von Belohnungen und Strafen, ald don
der Natur der Gottheit hatten; fo bleibt mir jet
weiter nichts übrig, als zu ‚eigen, daß alle nicht
aufgelärte Chrifiliche Voͤlker bis auf den heutigen
Tag auf eben die Art irren, wie ihre Vorfahren
vor Jahrhunderten, und ſeit Jahrhunderten irrten.
Zu⸗
— ihn bes munltat, u wo
1. 195: 298 ©.
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traurigen Wahn, hit bloß, bag man Fromm
ſeyn könne, ohne tugendhaft zu. feyn, fondern dag
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I Zaerſt ſind die Sriechiſchen, und Morgenlaͤn⸗ |
biſchen Chriſten ohne Ausnahme uͤberzeugt, daß
man aller. Tugenden entbehren, allen Laſtern ſich
ungeſtraft hingeben, und dennoch der Gnade, oder
Belohnungen der Gottheit fo mohl in dieſem, ale
in einem andern Leben verfihert ſeyn Tinne, wenn .
man nur gerolffe Gaben, und Opfer, oder gewilfe
Meinigungen, und Buͤßungen vornehme. Die
Johannis⸗ Chriften In Aſien feßen das Weſen des
Ehriſtenthums in bie jährliche Feier eines Reini⸗
gungs⸗ Feftes, das fünf Tage dauert, und kr wel⸗
diem Mänger, Weiber und Kinder in einen Fluß
getaucht, ober mit fließendem Waſſer befprengt
werben; und dann in bad Opfer einer „Menue, und,
seines Wirrer⸗ b). Alle Morgenlaͤndiſche, und
auch die Griechiſchen Chriſten haben ein unbegraͤnz⸗
tes Zutrauen zu zwey gleich kraͤftigen Gnaden⸗ und
Entſuͤndigungs⸗Mitteln: "zu ben heiligen Feuer,
was am Morabende bed Dpferfeftes Dur ein YBuns
der in dem heiligen Grabe zu Jerufalem entzündet:
wird, und bann zu dem heiligen Oehl Myrone,
welches die Patriarchen.an bie ihnen untergeorbnen
ten Geiſtlichen, und die Geiftlihen an bie Layen
‚verkaufen ce). Die Mingrelter, und Georgier ges
hören nidt bloß zu ben verdorbenſten Chriften,
fondern zu ben verborbenften Voͤlkern, beren bie
ältere und neuere Geſchichte erwähnt. Hurereh
und Ehebruch, Meineid und. Verraͤtherey, Mens
fhenraub, und Meuchelmorb, Lügen und Truͤ⸗
sen, Wucher, umd gemaltthätige. Unterbrüdungen
ſin errſcherde Laſter aller Gerade, aan
» Chardin im. 431 p.
#) Mariti III. 267. Chardia III. 1, 336, 237.
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fo wohl dei Drvensgeiftlichen, als der Weltgeifts
lichen dY. Ein Mingrelter oder Georgier mag
befhwert ſeyn, mit fo vielen, und fo groben La⸗
ſtern, und Verbredien, als er will; fo hofft. er
von der Gnade Gottes, und der Heiligen Berge:
bung aller feiner Sünden, ja die hoͤchſten Beloh⸗
nungen Achter Tugend, und Srömmigkeit, wenn -
er nur bad Zeichen bes Creutes häufig macht, wenn
er Schweinefleiſch igt, und Wein trinkt, wenn es
bie Faſten treulich beobachtet, wenn er eine Kirche, -
oder Gnadenbild beſchenkt, oder gar nur ein Körm
hen Weihrauch ind Keuer wirft, und das Feuers.
becken brey, ober vier Mahle um ben Kopf ſchwingt ⸗).
Der geöfte Theil der Geiftlichen fo wohl, eis der
| ayen
d) Chardin ı. 170. Ne Font fourbes, fripons,
perfides, traitres, ingrats, [uperbes. ls ont
une. efironterie ineoncevable a nier ce, qu’ils |
ont-dit, et ce, quwils gi fait, A avancer, ot _
demander plus, qu'il
ſoutenir des faulletes
ne leur eft dü, &ä.[nppofer des faits, et à fein-
dre. . .„ Outre ces vices ils ont ceux de |la
Ienfnalire les Pie (altes, laveir, livrogsuerie,
et la luxure, Jls ſe plongent d’autant plus avant
‚dans ces [aletes, qwelles Iont communes, «€
nullement deshönnktes en Georgie. Les Gens
d’Eglile, comme les autres, lenivrent, 'ettien-" _
nent chez eux de beiles Elelaves, dont ils fong -
des concnbines,
— 6) Man ſ. Chardin l. e. auch P. 74. 94. Voyages
au Nord VII 165. 273. 74 Ils ont, heißt es
VII 165. V. au N., une auise manijere encore
plus ailee de purger leur confcience, c’et de
jetter un grain d’encens dans le feu apres !’avoir
| portd trois oùà quatse tois à l’entour de leur
Nöte, — a
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und Staͤnde, ſelbſt ber Geiſtlichen, ünd zwar eben
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Layen hätt ed für äberäff ĩg, zu beichtene die Ei |
nen, um ihre Schwacheiten ben Amtöbrüdern -
nicht befannt werben: gu laflen: ge Anderen, weil _
die Beichtvaͤter beträchtliche Summen für bie
Abfolution fordern, ober wenigfiend erwarten f).
Nur einige wenige Reiche, und. Vornehme laſſen
es ſich große Summen koſten, um einen allgemei⸗
nen ſchriftlichen Ablaßbrief entweder von einem
Patriarchen, ober Katholikos, oder Biſchofe ſo
wohl für die ˖bisher begangenen, als für die kuͤnf⸗
tig zu begehenden Suͤnden auszuwirken. Wenn
ber Beſitzer eines ſolchen Ablaßbriefes bein: Tode
nahe iſt; ſo gibt man ihm die Urkunde in die Hand,
in der feften Ueberzeugung, daß die Vorzeigung
berfelben dem Werftorbenen einen ungehinberten
Eingang in das Paradies verfchaffen werde g).
Vielleicht geſchieht noch jeßt in Rußland eben das,
was ımter der Regierung Peters des Broßen ge⸗
ſchah. Zu Druce’s Zeiten ‚nämlich Ah) ‚ertheilten
‚bie Ruſſiſchen Priefter gegen die- Gebühr einem jes
den VBerflorbenen ein Eertificat, im melden ed
hieß, daß Worzeiger dieſes ein frommes Leben ges
führt, und die Abfolution erhalten habe. Der
* heilige Petrus möge daher denfelben ohne Hinder⸗
niß in den Himmel eingehen laſſen.
| Diefelbigen Irrthuͤmer finden ſich, oder fan⸗
ben ſich in den letzten Menſchenaltern unter allen
nicht⸗ erleuchteten Katholiſchen Serien. Een
A Chardin I, 74. 94. 98.
5) p. 108,
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din i) traf in Mingrelien vier Theatiner, ald
wahren Glanben gewonnen hätten, indem man fie
in Mingrelien nicht einmahl für Chriften halte,
weil die Zheatiner nicht fo firenge faſteten, nichs
- fo viel Wein tränten, und ſich wicht fo vor ben
Heiligenbildern fürchteten, als die Wlingrelier,
. Die einzige geiftliche Erndte, welche fie biöher ges
macht hätten, befiche in dem Laufen don Kindern,
Chardin ſelbſt mar. mehrere. Mahle Zeuge von:
der Urt, wie der Präfeet der Theatiner das Gas
. erament ber Taufe verwaltete. Wenn man dieſen
SGeiſtlichen zu irgend einem kranken Kinde rief;
ſo ließ er ſich Waſſer bringen, um bie Haͤnde zu
waſchen. Er wuſch die Haͤnde, ohne ſie zu trock⸗
nen, beruͤhrte die Stirn des Kindes mit einem
ſeiner naſſen Finger, wie er vorgab, um die Krank⸗
beit kennen zu lernen, in ber That aber, um das
Kind zu saufen: In gleicher Abſicht ſchuͤttelte er
bie naffen Hände über gefunden Kindern, welches
Schuͤtteln die Eltern für einen bloßen Scherz hiel«
ten. As Chardin diefed zum erſten Mahle fah,
amd den Theatiner fragte, warum ex bey.-dem
Haͤndeſchuͤtteln gelächelt, und was er während Dies
.- fer Bewegumg hergemurmelt habe; fo antwortete.
der Miſſionaͤr: es iſt ein Gluͤck, daß wir in diefes' Ä
Haus gekommen find, in dem ich die Kinder ges
tanft babe. Auf die fernere Frage: welche Nah⸗
men er ben’ Kindern gegeben? ermiederte eu: gar |
keine, denn ſehr oft wiſſe ex nicht,. ob er Knaben,
oder Maͤdchen taufe. Die Gebung des Mahınend
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Miſſionarien an. Dieſe Bekehrer geſtanden auf⸗
richtig, daß ſie auch nicht Einen Menſchen fuͤr den
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Jann Tau uoepfein, def biefe Lieder in ben My⸗
ſterlen ber damahligen Zeit gebraucht worden.
Allein die weitere Ausführung ber kurz von mir
., kingeworfeuen Gehbanken gehört nicht hieher, unb
bleibt einer andern Zeit, und einem andern Orte
vorbehalten. |
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Eilftes Buch.
| Hiftorifche Betrachtungen üser gut Werke,
befonders über die guten Werke bey den Ge⸗
burten von Kindern, und bey Hochzeiten,
M auch über MWallfahrten.
Au⸗ nicht⸗ aufgeklaͤrte Wölker vannten bie
. Gaben und Opfer, bie Reinigungen und Buͤßun⸗
‚gen, bie Gebete, und Anbetungen, die Feierlich⸗
keiten und Feſte, von welchen ich bisher gehandelt
habe, bald ihren Gotteſs⸗ oder Götterdienft, bald . _
gute, verdienſtliche, gotteöbienftliche Werke, oder
Handlungen. Man feßte dem Götterdienft, ben
guten, ober verdienſtlichen Werken, böfe Werke,
ober Suͤnden, d. h. Beleidigungen höherer Natus
ren entgegen, wodurch man ihrer: Gnade, und
Wohlthaten verluftig, ihrer Ungnabe, und ihrem
Strafen audgefeßt werde. Nach der Denkart
aller nicht s aufgeblärten Voͤlker waren bie foges
mern — — — — — ——
nannten-äutep,-und köfen Werke von guten, und
Shfen Kaublungen gänzlich werfhleben:. das beißt
- von folchen Handlungen, woburd die Wohlfahrt
anderer Meqqen abſichtlich befördert, ober AR
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wird. Na der herrſchenden Meinung aller Zel⸗
ten, und Völker konnte man durch viele gleichguͤl⸗
tige Handhungen, welche auf das Gluͤck der Men⸗
ſchen weder einen guͤnſtigen, noch einen unguͤnſtigen
Einfluß hatten, die Gottheit bald gewinnen, ober
‚ verföhnen, und bald beleidigen. Fa man Fonnte
fo gar durch bie tugenbhafteften Handlungen bie
Ungnabe, durch die gröften Verbrechen, bie Guas .
be, und Mohlthaten der Götter verdienen. Go
lange die Menſchen ſolche Begriffe von der Gott⸗ |
heit, und ihrem Dienfte, von Opfern und Gaben,
von Reinigungen und Buͤßungen, von Gebeten
und Anbetungen, von Feierlichkeiten und Feſten
hatten, als fie Jahrtauſende hegten, und fat alle
. gemein noch jcht hegen; fo lange war ed unmoͤg⸗
I daß fie zu richtigen Vorftellungen von guten
und 'böfen Handlungen —— und Schuld, .
von Aurehuung-und-Wergeltung gefarigten. DIE
groben Irrthuͤmer über die Natur der Gottheit,
und ihrer Verehrung führten unvermeidlich ähnliche:
Jerthuͤmer in der Schäßung bed Werths, und
Unwerths menſchlicher Sefinnungen und Handlun⸗
gen mit ſich. Dieß beweist die Geſchichte keiner
Religion unwiderfprechlicher, als die Geſchichte
bes Chriftenthumd. Die heiligen Buͤcher der
‚Chriften lehrten genau, und vollfiändig, aber
vergeblich, wie man ben wahren Bott ehren, was
man thun und laſſen müffe, um fi) ber Gnade
deſſelben wärdig zu machen. Schon die Chriften
des vierten Jahrhunderts fingen am, zu glauben,
baß man bie Gottheit durch viele an ſich gleichguͤl⸗
tige Handlungen entweder verföhnen und gewinnen,
ober befriedigen koͤnnen. Die Chriften des fünften,
. und der folgenden Sahrhauberte fielen bald in dem
raus
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— — 443
traurigen Wahn, ice Stoß r bag man Fromm
ſeyn könne, ohne tugendhaft zu feyn, fondern daß
die erhabenſten Tugenden fehr oft durch die Uns
gnade, und Strafen, die gröften Miffethaten,
durch die Gnade und Wohlthaten ber Gottheit
vergolten würden. Wenn die Chriften ber vorigen
Zeiten.auch in einzelnen Fällen angaben, daß gute
Handlungen zugleich gute Werke, boͤſe Handlung
gen, böfe Werke feyen ; fo hieften fie fich deßwe⸗
gen nicht verbunden, bie einen außzuüben, und die.
‚ anderen zu meiden. Sie waren vielmehr übers
zeugt, daß man tugenbhafte Handlungen durch ans
dere, die es nicht feyen, erfegen, ober bad Per:
dienſt derfelben. Kaufen; fo wie auf ber anderen
Seite, daß man bie Schuld und Strafen böfer
Handlungen auf Andere übertragen, ober durch
Gaben, Reinigungen, Buͤßungen, und andere Ges
brauche, welche weder Reue und Beſſerung des
Suͤnders, noch Genugthuung ber Beleidigten vers
ſchaffen, tilgen, und abwenden fönne. Da ich an
. einem andern Orte ausführlich dargethan habe a),
daß die Chriſten des fünften, und der folgenden:
Jabrhunderte eben, fo falſche Begriffe von Froͤm⸗
migkeit, und Gottlofigkeit, Yon Tugenden und Las
fern, von Belohnungen und Strafen, als von
der Natur der Gottheit hattenz fo bleibt mir jetzt
weiter nichts übrig, als zu selgen ‚, daß alle nichts
aufgeflärte Chrifiliche Voͤlker bis auf den heutigen
Tag auf eben die Art irren, wie ihre: Vorfahren
vor Jahrhunderten, und feit Jahrhunderten irrten.
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Zuerſt ſind die Sriechiſchen, und Morgenlaͤn⸗ |
bischen Chriften ohne Ausnahme -überzeugt, daß
man aller Tugenden entbehren, allen Laſtern ſich
ungeftvaft hingeben, und dennoch her Gnade, . ober.
Belohnungen der Gottheit fo mohl in biefem, ale
in einem andern Lehen verfihert ſeyn Lönne, wenn
man nur gewiſſe Gaben, und Opfer, oder gewiffe
Reinigungen, und Büßungen vorncehme. Die
Sohannts s Chriften in Afien feßen das Weſen dee,
Chriftenthums in bie jährliche Feier eines Reini⸗
gungs⸗ Feſtes, das fünf Lage bauert, und in wels
dem Männer, Weiber und Kinder in einen Fluß
getaucht, ober mit fließendem Waſſer befprengt,
werben; und dann in das Opfer einer „Menue, und:
seines Wirrer⸗ b). Ale Morgenlänbifge, und
auch die Griechiſchen Ehriften haben ein unbegränzs
- ted Zutrauen zu zwey gleich Eräftigen Gnaden⸗ und.
Entſuͤndigungs⸗ Mitteln: "zu dem heiligen Feuer,
was am Vorabende be& Opferfeftes durch ein YBuns -
der in dem heiligen Grabe zu Jerufalem entzuͤndet
wird, und bann zu bem heiligen Dehl Myrone,
weldes bie Patriarchen.an bie ihnen untergeordne⸗
ten Geiſtlichen, und die Geiſtlichen an bie Layen
verkaufen. ce). Die Mingrelter, und Georgier ger
hören nicht bloß zu ben verdorbenſten Chriſten,
fondern zu ben verborbenften Völkern, beren bie
ältere und neuere Geſchichte erwähnt. Hurereh
und Ehebruch, Meineid und. Verraͤtherey, Men⸗
ſchenraub, und Meunchelmord, Luͤgen und Truͤ⸗
gen, Wucher, und gewaltthaͤtige Unterdruͤckungen
ſin errſchende Lafter aller er , Alter,
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3) Ehardin im. up .
#) Mariti Ill. 367. Chardia UI, 1,336, sm.
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und Stände, felöft der Setftlichen, und zivar eben |
fo wahl des Ordensgeiſtlichen, als ber Weltgeiſt⸗
lichen d). Kin Mlingrelter oder Georgier mag
beſchwert ſeyn, mit fo vielen, und fo groben Las
ſtern, und Verbrechen, ald er will; fo hefft ee
von ber Gnade Gottes, und der Heiligen Werge:
bung aller feiner Sünden, ja die hoͤchſten Beloh⸗
a
nungen Achter Zugend, und Frömmigkeit, wenn -
er nur das Zeichen bed Creutzes häufig macht, wenn
er Schweinefleifh it, und Wein trinkt, wenn er
"bie Faſten treulich beobachtet, wenn er eine Kirche,
‚oder Gnadenbild beſchenkt, oder gar nur ein Koͤrn⸗
hen Weihrauch ind Feuer wirft, und das Feuers,
becken brey, ober vier Mahle um den Kopf fhmingte).
Der gröfte Theil der Geiftlichen fo wohl, «ls der
Zu Layen
4) Chardin ı, 170. ‚Is ont fourbes, fripons,
perfides, traitres, ingrats, ſuperbes lls ont
une. efironterie inconcevable a nier ce, qu'ils |
ont-dit, et ce, quwils gt fait, à avancer, eta |
demander plus; will
ſoutenir des faulletes
ne leur et dü, à [uppofer des faits, et & fein-
dre, © . Outre ces vices ils ont ceux de la
lenfnalit& les plus ſales, [aveir, livrognerie,
et la luxure, 113 ſe plongent d’autant plus avant,
‚dans ces [aletes, quwelles [ont communes, «t
nullement deshonnttes en Georgie. Les Gens
WEglife, comme les autres, Denivrent, et tien-"
nent chez eux de bellos Elslaves, dont ils font 5
des concubines,
©) Man f. Chardin I. e. auch p. 74. 94. Voyages
. au Nord VII, ı65. 273. 74 Ils ont, heißt es
VII. 165. V. au N,, une auise maniere encore
plus ailee de purger leur confcience, e’eft de
jetter un grain d’encens dans le feu apres l’avoir
paris trois oü quatse tois à l’entour de leur
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Sayen hält es für überfläffig, zu befchtenz: die Ei⸗
nen, um ihre Schwachheiten ben Amtöbrüdern
nicht bekannt werden zu laffen: bie Anderen, weil _
die Beichtvaͤter beträcdhtlide Summen für bie
Abſolution fordern, ober wenigfiend erwarten f).
Nur einige wenige Reihe, und Vornehme Lafien
es fih große Summen koſten, um einen allgemei⸗
nen ſchriftiichen Ablaßbrief entweder von einem
Patriarchen, ober Katholifod, oder Biſchofe fo
wohl für die-bisher begangenen, als für die kuͤnf⸗
tig zu begehenden Sünden auszuwirken. Wenn
ber Beſitzer eines foldhen Ablaßbriefes. dem Tode
‚nahe ift; fo gibt man ihm bie Urkunde in die Hand,
in ber feften Meberzeugung, daß die Worgeigung
berfelben dem Verſtorbenen einen ungehinberten
Eingang in das Paradies verfhaffen werde g).
Vielleicht geſchieht noch jeßt in Rußland eben das,
was unter ber Regierung Peters Des Broßen ge>
ſchah. Zu Sruce's Zeiten naͤmlich A) ‚ertheilten
‚bie Muffifhen Priefter gegen die-Gebühr einem jes
den VBerftorbenen ein ECertificat, in mweldem es
hieß, daß Worzeiger dieſes ein frommes $eben ges
führt, und die Abfolution erhalten habe. Der
* heilige Petrus möge daher denfelben ohne Hinder⸗
niß in den Himmel eingehen laſſen.
| Diefelbigen Irrthuͤmer finden fi, oder fane
ben ſich in den letzten Menſchenaltern - unter allen
nicht⸗ erleuchteten Katholiſchen Epriften. Chan
| A Chardin I, 74, 94. 96.
€) l. e.
A) pP: 108,
| din i) traf in Mingrelien vier Theatiner, als
Miffionarten an. Diefe Bekehrer geftanden aufs
richtig, daß fie auch nicht Einen Menfchen für ben
wahren Glanben gewonnen hätten, indem man fie
in Mingrelien nicht einmahl für Chriften halte,
„. weil bie Theatiner nicht fo firenge fafteten, nichs
- fo viel Wein tränten, und fi uicht fo vor ben
Heiligenbildern fürdhteten, als die Mlingrelier,
. Die einzige geiftliche Erndte, welche fie biäher ges
macht hätten, befkche in dem Taufen von Kindern.
Ehardin felbft war mehrere Mahle Zeuge von
ser Urt, wie ber Präfect ber Theatiner das 6a
crament der Taufe verwaltete. Wenn man diefen
Seiſtlichen zu irgend einem kranken Kinde rief;
ſo ließ er. ſich Waſſer bringen, um die Haͤnde zu
waſchen. Er wuſch die Hände, ohne fie zu trock⸗
nen, berührte die Stien bed Kindes mit einem -
naffen Finger, wie er vorgab, um bie Krank
heit Eennen zu lernen, in ber That aber, um das
Kind zu taufen In gleicher Abſicht ſchuͤttelte er
die naffen Haͤnde über gefunden Rindern, welches
Schätteln. die Eltern für einen bloßen Scherz hiel«
im. Als Chardin diefes zum erſten Mahle ſah,
und ben Theatiner fragte, warum er bey. dem
Haͤndeſchuͤtteln gelächelt, und was er während dies
- fer Bewegumg hergemurmelt habe; fo antwortete
ber Miſſionaͤr: es ift ein Gluͤck, daß mir in dieſes
Haus gekommen find, in dem ich die Kinder ge;
tanft babe. Auf die fernere Frage: melde Nah⸗
men er ben’ Kindern gegeben? erwiederte ex: gar
kelne, denn ſehr oft wifle er nicht, ob er Knaben,
oder Maͤbchen taufe. Die Gebung des Nahmens
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| RL) * 104.
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. fep nicht nethwendig. Es (ep geung, wenn man
einen Tropfen Waſſers anf ein Kind fallen laffe,
and in ‚Gebanfen die: Zaufformeln herfage. —
Es iſt bekannt, daß in den großen Städten von
China an gewifien Tagen Karren umherfahren,
welche bie ausgefeßtin Kinder aufnehmen, unb vor
den Thoren abladen. Die Karholifchen Miffionas
rien unterhielten zwey Chinefen, bie ben Kateche⸗
- ten melden muften, : wenn Haufen von Kindern,
oder and) einzelne Kinder waren abgeläben, ober
andgefeßt worden. Auf biefe Nachricht eilten bie
‚ "Ratecheten,, fo viel fie Eonnten, am den flerbenden
Kindern die Tanfe zu. geben,. in der tröftenben:
Hoffnung, daß alle diefe Kinder, die fonft wären
verdammt worden, bed Himmelreichs theilhaftig
werden würben k), Selbſt die Chriften de6 Mit⸗
‚telalter6 waren faum fo verborben, als es bie Por⸗
tugieſen, und Spanier in deu Colonien bar neuern
Welt find /). Im Spanifchen, und Portugiefis
fen America findet noch eben das GStätt, mad
man bon ben Chriften bed Mittelalters fagen kann:
daß nämlih die Geiſtlichen Lafterhafter , als
die Layen, unter Geiftlichen die Moͤnche Lafterhafs
ter. als die Bifchöfe und Priefter, und unter ben. . J
Tönen endlich bie Bettelmoͤnche bey weitem bie
‚Lafterhafteften find. Die Franciscaner, und Dos
‚ minfcaner tragen gar Fein Bedenken, bie Gelübbe
ihrer Orden mit dem aͤrgerlichſten hrevel vor Bi
N) Lettr, Edif. XIX. 249. 50... . la eonlolation,
de placer chaque aunee un ‚grand nembre d’en- -
fans dans le ciel.
2 Barbinais 1. r5ı - 254, III. 193. 2 69 ot
p. Frezier4 9.533 et ſq. _
\
Angen ber gangen Welt gu brechen, und ſich öffent
lich in allen groben Saftern, und Verbrechen ums
herzuwaͤlzen. Meuchelmord, Chebruch, Hure en,
je felbft Gotteslaͤugnung, oder Schändung des
göttlichen Nahmens find ‚in den Augen biefer vers
ruchten Menſchen elende Kleinigkeiten. Allein tes
beswürdige Verbrechen find ed, wenn man an ber
Unfünblicyfeit des heiligen Stanciscus, "ober an
irgend einem feiner zahllofen Wunder nur einen
Augenblick zweyfelt m). Die Poringiefen, und
Spanier in der neuen Welt mögen gelebt haben,
wie fie wollen, fo halten fie fi nad dem Zode -
. nit nur der Crlaffung ihrer Sünden, und ber
Strafen ihrer Sünden, fondern auch der ewigen
Seligkeit unfehlbar verfiert, wenn fie nur an
ihrem Roſencranze gebetet, bie Fefte ber. Heiligen
präditig gefeiert, Seelenmeſſen geitiftet, Kirchen
oder Cloͤſter begabt, und befonbers ſich an heiliger
Stätte, und in dem Drdensfleide bed heiligen
Stanciscus haben bearaben laſſen 2). So ſeht
ed au die Kirchen : VBerfammlung zu Baſel vers
boten hat; fo fahren bach die Franciscaner in den
Spaniſchen, und Vortugiefifhen Befißungen der
neuen Welt keck fort, zu behaupten, daß ter h.
Franciscus alle Sahre Ein Mahl in das Fege⸗
feuer
m) Barbinais l. e. Que l'on renie dien: que l’en
blaspheine, que les adulteres, et 'des lacrileges
publics reftent inpunie , ce ne font, que des
vetilles dans ce pays; ‚mais attaquer St. Fran-
coie, le Taumaturge du Perou, dire... qu’il
a pü pecher . loreqm'il etoit fur la terrey c’ell
un crime digne du feu, -
| n) U. ce.
Ff.
2. —
450. —— —
feuer hinabſteige, um alle diejenigen zu befreyen,
die fi in feinem Ordenskleide hätten beerbigen
laſſer. Das Hinabfleigen diefed Heiligen in dad .
Fegefeuer zur Befreyung ber Seelen ift Einer der
bornehmften Gegenfiände, bie auf den Gemaͤhlden
- in den Kirchen, und Elöftern der Franciscaner. vor: .
geftellt werden. Die übrigen Drden ermangeln .
nicht, ihren Stifter ähnliche Verdienſte zugufchreis
ben 0). Noch jet verkauft man fo wohl in Spas
nien felbft, als in ben Spanifchen Befißungen zum
Beſten des Königlihen Schatzes nicht bloß Todten-
Bullen, oder Einlaß⸗ Zettel in dad Parabies,
fonbern aud fo genannte Abfindungs s Bullen p).
Zür die leßteren erlegt man ſechs von jedem Hun⸗
bert aller Capitalien, welche man ungerechter.
Weife, es ſey, dürch heimlichen Betrug, ober.
burch offenbare Gewalt, an ſich gebracht bat.
Die Mahomedaniſche Religion verkehrte die
Begriffe von Recht, und Unrecht, von Verdienſt,
und. Schuld nicht weniger, als das ausgeartete
Chriſtenthum. Es erhellt ſchon allein aus dem.
Mahomedaniſchen Glaubens⸗-Bekenntniſſe, daß
— I— man
0) Frezier l. c. p. 425 26.... et quelgues au- -
Ä tres r&veries, qui furent condamnees au Con- .
eile de Basle dans le quinzieme fiecle, à quoi
ces Moines ont eu peu d’egard au Perou, et
dans ce, que j’ai vü de Colonies Portugailes;
car leurs Egliſes font encore pleines de Tableaux,
goi repre[entent cette annuelle delcente de St.
rancois au Purgatoire; les autres ordres ne.di-
fent par meins de leur Patriarche,
p) Bulles de morts, Bulles de compoßtion, de
Eops. III. 38-41, p, | \
=
— — 451
man alles bas, was biefes enthält, annehmen,
und thun Fann, ohne Eine aͤchte Tugend zu ber
fißen, ‚oder Einem Lafter zu entfagen. Nach dem
Symbolo der Sunniten muß man zuerſt glauben;
daß Fein anderer Gott, ald Gott, und daß Mahomet
fein Prophet, oder Geſandter fer. Dann muß
man fünferlen Dinge thun: nämlich die vorgeſchrie⸗
benen cörperlihen Reinigungen vornehmen, zur
rechten Zeit beten, Allmofen geben, in Monath
Ramadan faften, und wenn man ed irgend ver:
mag, nad) Mekka wallfehrten. Die Schiiten füs
gen noch einen achten Artikel hinzu: daß nämlich
Aly der Statthalter Gottes ſey g). Unter allen
Mahomedanifchen Völkern ift nichts gemeiner, als
unnatürliche Siebe, Worenthaltung und Entwer⸗
dung andertranter, ober Öffentlicher Gelder, fals
fe Zeugniffe und Eide, Beftechlichkeit von Rich⸗
teen, Menchelmord und Manb, Unterdrückung
und Verfolgung von Anvdersdenkenden. Die Dias
homebanifchen Scriftgelehrten unterfagen dieſe Las
fer und Verbrechen nicht allein nicht, fondern mas
hen fogar bie gehäffigften derfelben, falfehe Zeugs
nifie und Eide, Bundbrüdigkeit, Meuchelmorb;
und Verfolgungen zu verdienftlichen Werken, wenn
fie gegen Chriften , und andere Ungläubige, befons
bers gegen die Perfer, geübt. werden vr). Diejeni⸗
gen , die nach dem Ruhme einer befondern Froͤm⸗
migfei ſtreben, beten haͤufiger, und faſten ſtren⸗
g8gier/
9) Chardin IV. 4 Tournefort II, 40. SR ©,
204 - 208,
r) ghardin III. 48. Ricant p. 40. 174. 219 et
in P.
Sf2
452 , —
ger, als das Geſetz verlangt, in ber Meinung,
daß ſie ſich dadurch außerordentliche Verdienſte er⸗
werben. In derſelbigen Abſicht übe man auch
Werke der Mildthaͤtigkeit, und unternimmt Waͤll⸗
fahrten. Zu den erſteren rechnet man die Er⸗
bauung von Moskeen, und Caravanſerai's, von
Baͤdern, VBrüden und öffentlihen Wegen: die
Srrihtüng von öffentliden Brunnen, Schulen,
und Hospitaͤlern: von Buben, Speifeanftalten
und Wohnungen für Arme. Die Schulen, Nofpis
taͤler und Speifeanfialten für Arme’ find meiflend
mit reihen Moskeen, die leßteren bisweilen auch
mit den Earavanferai’S, oder Hand verbunden s).
So gemeinnüglih mande Yon biefen Stiftungen
auch find, foift es nichts defto weniger eine gerechte
Klage aller guten Beobachter, daß durch die unges
meſſene gotteädienftliche Mildthaͤtigkeit der Maho⸗
medaner der Muͤſſiggang von vielen Tauſenden
nichtswuͤrdiger Bettler unterhalten, und befoͤrdert
wirdet). Faſt für noch verdienſtlicher, als die
Werke der Mildthaͤtigkeit, haͤlt man Wallfahrten
nach Mekka und anderen heiligen Oertern. Pils
grimme, welche die Wallfahrt nad) Mekka, und
. Serufalem gemacht haben, werben als Heilige
verehrt u). Da bie menigften Mabbomedaner TA)
N . J €
\
/
s) Ricaut p, 209, Rleemann ©. 7,
£) Chardin IV, 149 In’ a pas de pays au
monde, ou l’on voye plus de Pauvres, que dans
les Etats Mahometans; et pärmi tous les autres,
la Perle en a beaucoup, queigu’un peu moins,
qu’aux Indes, qu’on peut dire, qui eftle Pais
des Pauvres, | |
‚ a) Lettr, Edif, IL, 1702. N. x.
Mekka wallfahrten koͤnnen; ſo beſuchen ſie entwe⸗
der andere Gnadenoͤrter, ober fie kaufen auch von
Pilgrimmen das Verdienſt, was mit der. Wall⸗
| fahrt nach Mekka verbunden iſt. In allen Maho⸗
|
‚ mebäntfchen Ländern, befonberd aber in Arabien,
finden ſich viele Gräber von Heiligen, welche io
aus nahen, und fernen Gegenden beſucht.
“mehrere ſolcher Gräber haben fich —S —
Städte, unter anderen Loheja, und Beital Fakih
gebildet x), Man mag aber die Wallfahrten nah
-Mekla,. und anderen fehr entfernten Gnabendrtern
in Perſon machen, oder das Verdienſt berfelben
von Anderen kaufen; fo fehaden ſolche Wallfahrten _
nicht bloß dadurch, daß fie indenen, melde fie vers -
‚sichten, ohne bie.geringfie Sinnes- Aenderung,
und Lebend⸗ Beſſerung einer Wahn von Meinigs
Zeit, und Öottgefälligkeit erzeugen. Sie zerflös .
ven Aberbem das häusliche Suͤck, die Geſundheit,
and das Leben von vielen Tauſenden, ober begüns
ſtigen wenigſtens den Hang zum frommen Muͤſſi⸗
gange, ber ohnedas ſchon unter. den Morgenlaͤndi⸗
ſchen Voͤlkern ſtark iſt y. Die Schriftgelehrten
der übrigen Mahomedaner behaupten, daß das
Gebot, nah Mekka zu wallfahrtea, alle diejenis
gen verbinde, bie ſich an einem Stabe erhalten Eins
nen, wenn fie auch gar nichts, oder nur fo viel
im Vermoͤgen hätten, als ein einfaches. Trink⸗
Geſchirr werth ſey 2 Die Peſiſchen Ausleger
des
æ) Niebuhrs Reiſen J. 3z18.
y) Chardin IN. 174, 175 Niebuhrs Reiſen II.
178. ©
2) IV. 174.
’
“ ‘ 4‘
des Korand hingegen‘ baſcheinken die Pflicht —9—
Mekka zu wallfahrten, auf mancherley Art, weil
die Perfer fo wohl von ben Türken, als von ben
Arabern/ bey jeder Gelegenheit gemißhandelt, und
anögepländert werben. Nach den Ausfprüden
ber‘ Imans, odey der erfien Nachfolger Maho⸗
mets verbindet das Gebot des Propheten, Mek⸗
ka zu beſuchen, nur diejenigen, die in vollkomm⸗
ner Geſundheit ſind und Vermoͤgen genug be⸗
ſitzen, um alle ihre Schulden zu bezahlen, um den
Zrautes oder die Ausſtattung der Frau, und
den Unterhalt ihrer Familie fuͤr ein ganzes Jahr
zu ſichern; um fuͤnf hundert Thaler auf die Reiſe
mitzunehmen, und außer dieſen fo viel Geld übrig
zu behalten, als noͤthig iſt, das unterbrochene Ge⸗
werbe wieder anzufangen. Mer nicht fo viel Ver⸗
moͤgen beſitzt, daß er alles dieſes leiſten kann, bat
gar nicht noͤthia, Mekka zu befuchen. Wenn es
. mand zwar hinlaͤngliches Vermoͤgen, aber nicht
Geſundheit genug hat, um die langwierige und bes
ſchwerliche Reife zu machen; fo muß er einen Ans
dern in feinem Nahmen nach Mekka ſchicken, oder
son foldhen, melde die Wallfahrt ſchon gemacht
haben, bad dahurch erworbene Verdienſt kaufen.
Es finden ſich in Perſien, wie in anderen Maho⸗
medaniſchen Laͤndern, zahlreiche Haufen von Muͤſ⸗
ſi agaͤngern, die Hr ganzes Leben damit hinbringen,
daß ſie im Nahnen von Anderen nach Mekka wall⸗
fahrten. Alle Pilgrimme, beſonders diejenigen,
die im Nahmen von Anderen, oder auf Specula⸗
tion nah Mekka wallfahrten, laſſen ſich in der
heiligen Stapt‘ foͤrnliche Documente daruͤber aus⸗
ſtellen, daß ſie ihre Pilgrimmſchaft gehoͤrig volles
det haben. Der Ankauf ſolcher Documente, und
des
— — | 455
des damit verbundenen Verdienſtes koſtete zu Char
din's Zeiten fiebenhunbert bis taufend Franken a).
Faſt fcheint es, als wenn der Preis biefes heilis
gen Werks in neueren Zeiten fehr gefallen fey, weil
Herr Niebuhr erzählt, daß man damahls, als
er in. ben Morgenlaͤndern war, flellvertretende
Wallfahrter für eine Kleinigkeit erhalten konnte b).
Wenn Jemand ftirbt, ber die Wallfahrt nach Mek⸗
Ta nicht gemacht hat, und Bermögen genug nach⸗
laͤßt, um einen Andern die Wallfahrt machen zu
- Yaffen; fo beforgt die weitliche, oder geiftlihe Dbrige
Feit dieß heilige Werk im Nahmen des Verftorber
nen, gefeßt auch, daß die Anverwandten nicht gea
neigt ſeyn follten, es zu thun. Perſer, melde zu
Chardin's Zeiten die Wallfahrt nach Mekka in eis
gener Perfon machten, brauchten zu biefer heiligen
Reife wenigſtens zweyhundert Louisdor: Vorneh⸗
me und Reiche, hunderttauſend Livres, und noch
mehr, wegen der vielen Allmoſen und Abgaben,
bie unter Weges gegeben, und entrichtet werben
müflen.
Kein anderes Volk ber Altern, unb neuer
Zeit mar fo religiös, und bey aller feiner Religion
ſitaͤt fo tugendleer, als die Hindus c). Auch diefe
religiöfen, und tugendleeren Hindus glauben, daß
fie. nur duch Werke der Mildihätigkeit, und froms
Ä me
5) 3, 198, Reifen 5 |
ey Weber den Charakter und die Eitten der Hindus
fehe man meine Betrachtungen über die Fruchtbar⸗
keit, u. ſ. w. von Aſien J. 250 u. f. &, Ton-
pauit I. 368. II, 374. 375,
t ı°
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⸗
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ERDE PS AEE ZREEN ww...
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me Stiftangen, durch Reinigungen und Bükunden,
durch ‚Gebete, und Anbetungen, durch Feſte und
Wallfahrten die Gnade der Götter erfangen, und
die Ungnade derfelben verföhnen Tonnen. Wenn
auch die Hindus in Allmofen, und gostesdienftlis
Hei Stiftungen hinter anderen Nationen zuruͤck⸗
bleiben, fo kann man dodyguperfichtlich behaupten,
daß ſie durch die Menge, und Beſchwerlichkeit,
oder Peinlichkeit ihrer Reinigungen, und Buͤßun⸗
n, ihrer Gebete und Anbetungen, ihrer Feſte,
und Willfahrten alle uͤbrige Voͤlker der Erde ohne
Vergleichung uͤbertreffn. Die Hindus begnügen
ſich nicht damit, Walliahrten zu unternehmen, bie
Tauſende von Stunden betragen, und während bies
fer Wallfahrten ihre Weiber und Kinder zu vers
off n, ihre Gefchäfte, oder. Memter zu vernach⸗
Yöffigen. Si: machen Wallfahrten von drey huns
dert Stunden in unaufhoͤrlichen Profternationen d),
fo, daß fie immer den Fuß da hinfeßen, wo fie
mit dem Geſichte die: Erde berührt haben. Die
großen Caravanen, bie jährlid) aus Afrika, und
Aſien nah Mekka aufbrechen, beftehen freylich
auch aus Hunderttauſenden von Pilgrimmen. Al
lein in Hindoſtan ſchwaͤrmen unaufhoͤrlich Hundert⸗
tauſende, ja Millionen von Fakirs, und anderen
Buͤßern umher, deren ganzes Leben eine ewige
Pilgrimſchaft iſt, und ganz allein entweder bard)
Allmoſen, ober durch offnbaren Raub gefriftet
wird. Das Betteln.der Indiſchen Büßer ift fehr
oft von offenbarem Raube bloß durch deu Nahmen
bverſchieden. Sie ſetzen ſich nicht felten vor bie
Haͤuſer von Reichen und Wohlhabenden hin, und
freien fo- lange, bis die Eigenthuͤmer ſi ſich m
thnen
4) Lettr, Edif, xu. 4. N, X.
| | 7;
timen- abgefunden haben pr). Zu ben berühmteften |
Wullfahrts :Dertern firbmen das ganze Sahr durch
täglich viele Laufende von Pilgrimmen zufammen,
and man rechnet zum Beyſpiel, daf in dem Tem:
pel des Gottes Jagrenat allein täylih zwanzig
Tauſend Pilgrimme gefpeist werben. Die Schaa⸗—
ren von Fakirs, und anderen Pilgrimmen, die
von Jagrenat zuruͤckkehren, verheeren, oder brand⸗
ſchahen ganze Provinzen. Da bie Pilgrimme, wie
alle übrig: Hindus, von verſchiedenen Secten find,
fo liefern fie einander bisweilen biutige Schlach⸗
ten f). Mir Redt alfo fahen die neneften, und
ſcharfſinnigfſten Beobachter bie sahllofe Menge von
umbherftreifenden Büßern, als eine Haupturfache
bes Elendes ber meiften Provinzen von Hindoſtan,
und als Eins der vornehmſten Hinderniffe des mies
‚beraufblühenden Wohlftandes biefer von der. Ma}
tür fo fehr beguͤnſtigten Länder ang). Man muß -
daruͤber erftaunen, daß bie Hindus ihre beſchwer⸗
n, oder peinlichen Reinigungen, Buͤßungen,
Willfahrten und Anbetungen fo hartnaͤckig beybe⸗
halten, da ihre Religion ihnen ſo viele andere
leichtere Mittel der Entſuͤndigung, und der See⸗
ligkeit darbietet. Jeder Hindu kann ſicher hoffen,
von ſeinen Suͤnden befreyt, und nach dem Tode
ſelig zu werden, wenn er entweder an Einem der
vielen heiligen Oerter, oder mit einem Kuhſchwan⸗
ze in der Hand ſtirbt, oder wenn er ſterbend mit
halbem Leibe in den Ganges gelegt, oder mit ei—
— nem
e) Niebuhrs Reifen II. 73 ©.
N Vtiebube lc, Daw V. IL DIE; pı,7. et fg
Tavernier II. 69. 78.1758,
g) Tennant II. a462. |
433 — —
nem Zweige bed Baumes Tuloschi beſpreugt, oder
‚ nad. bem Tode in den Ganges geworfen wird h). -
Die heiligen, Oerter, die den Sterbenben unfehlbar
die Seligkeit verfchaffen, find nicht alle von gleis
chem Umfang, und gleicher Wirkfamfeit. Einige
haben nur eine Wiertel s Mteile, Andere zwölf
‚Meilen im Durchmeſſer. Die einen verfeßen in
‚bie niederen, die anderen, in höhere, ober hie
hoͤchſten Stuffen ves Himmelsi). Auch die Bei -
te, als Entfündigungs s Mittel if den Hindus
nicht unbefannt k). In dem Chriftentkume, wel:
ches Europaͤiſche Miffienarien dem Auswurfe aller
Indiſchen Eaften verkünbigten, hatte nichts einen
fo mächtigen Reig für dieſe Verftoßenen, als bie
Beichte uub Abſolution. in Indiſches Weib
wunberte fi nicht wenig, als ein Miffionar ihr
nach der Beichte nicht gleich die Abſolution ertheil⸗
te. Warum, fragte fie, fol ich denn beichten,.
wenn ich nicht nad; Belieben fündigen darf? Aehn⸗d
liche Allmofen und Stiftungen, Reinigungen, un®
Büßungen, Gebete und Anbetungen, Feſte und
MWallfahrten, auch ähnliche Begriffe yon allen dies
fen gottesdienftlidyen Handlungen, wie unter ben
Hindus, fanden, und finden fich unter den Thibe⸗
tauern, und anderen Voͤlkern des sftlichen Aſiens l),
‚unter den Parfen in Hindoſtan und Perfien m),
| Z. uns
A) Ezour- Vedam II, 19t, Rogers II. i8 C.
Hm 0.
k) Lettres Edif, IX, p, 54. 235. .
. 2) Georgi p. 458, Carpin p. 340. —
m) Churchill VI, p, 336. Hanvay I, 263. Tavers
nier I. 397. —
,
BE Ve Tee
= u...
unter den Siameſen, Peauanern, Chineſen, und
Sapanefen.n). Nach den Hindus ift kein Volk des -
Sftlichen, und fühlihen Aſiens gottesdienſtlichen |
- Wallfahrten mehr ergaben,. als die Japaneſen.
Die meiften Wallfahrten geſchehen nach Isje, dem
Geburts s.und Sterbeorte bed vornehmften Natio⸗
nal⸗ Gottes Tenfio s Dai. Die frommen Vers
.ehrer diefed Gottes machen biefe MWalltıhrt jährs
ud), oder doch in, ihrem Leben Ein Mahl, - Die
Pilgrimme, melde nady Asje kommen, erhalten
als Ablaß, oder ald Urkunde einer vollkomme⸗
neu Entfündigung laͤnglichte Kaͤſtchen, vol von
Heinen hölzernen Stäben, Ste mit Papier umwun⸗
den find. Aus begreiflichen Gründen behalten dieſe
Köftchen ihre fündenreinigende Kraft nur auf Ein
Sahe. Wer dur Krankheit, ober andere Urfas
—
chen gehindert wird, den Ablaß in Isje ſelbſt ab⸗
zuhohlen, kann ſich denſelben gegen gebuͤhrende
Zahlung ſchicken laſſen; und die Ablaß⸗ Kaͤſtchen
von Jsje werben daher durch das ganze Reich vers
Jandt 0) Die Mongolen, welche Carpin im
dreyzehnten SSahrhunbert befuchte, machten ſich gar
: fein Gewiffen daraus, zu. morden, zu rauben, und
andere Ungerechtigkeiten auszuüben 2). Allein ſie
| vie au
n) Loubere L: 58:1. 387. 393. IL, 28. Hamilton II.
56. Le Comte I. 167. Rämpfer, 262. sTB- 208.
⸗ 299.
0) Bämpfer 1. ce.
\ J
| p) VII 340, Voy. au Nord. Mais de tuer les hom-
mes, d’envahir les ‚pays d’autrni * de faire in.
jure, et tort aux autres,. - ils n’en font aucu-
che.
‘
ne conlcience, et ne tiennent point cela a pe-
460 — —
hielten es fuͤr ſchwere, ja ſelbſt tobeswuͤrdige
Suͤnden, wenn Jemand ein Meſſer in's euer
ſtecke, oder das Feuer im Geringfien damit bes
ruͤhre: wenn man Fleiſch mit einem Meſſer aus
dem kochenden Keſſel hohle, ober in ber Naͤhe des
Feuers Holz hacke: wenn man ſich auf eine Peit⸗
ſche ſtuͤtze, oder Pfeile an eine Peitſche bringe:
wenn man junge Voͤgel fange, oder ein Pferd mit
dem Zügel ſchlage: wenn man einen Knochen mit
einem andern breche,. oder Mil und auberes Ges
J traͤnk verſchuͤtte, oder Fleiſch auf die Erde werfe:
wenn man endlich innerhalb ſeiner Wohnung ſein
Wuaſſer laſſe. |
Die Neger 4), bie Kamtſchadalen rn); und
man fann fagen , alle übrige wilde Voͤlkerſchaften
wiſſen Bis auf den heutigen Tag, wußten mwenigs
ftens bis auf die Bekanutſchaft mit den Europäern
—
‘ .
— —— — —
— —
- s
nichts davon, bag Mord, und Zodtfhlag, Ehe⸗
bruch, Hurerey, und felbft unnatärlihe Luͤſte,
Raub und Diebftahl, Meineid und MWortbrüdigs
"Leit unerlaubt feyen. Dagegen glaubten bie Ne⸗
ger, ſich fehr ſchwerer Sünden theilhaftig zu mar
‘hen, wenn fie von verbotenen Fleifh Aßen, und
bie Kamtſchadalen, menn fie in heiffen Quellen bas
beten, ober nur nahe hinzugingen : wenn fie außers
halb der Wohnung ben Schnee mit Meffern von
deu Schuhen abſchabten: wenn fie im Winter mit
bloßen Füßen aus ihren Jurten herausträten:
wenn fie eine Kohle mit einem Meſſer .anfpießten,
um Taback anzuzuͤnden: wenn ſie Fiſche, und
Fleiſch
) Bosemann S. 189. '
r) Steller ©. 274 275: 099: 205,
> ’
\ . { u f . .
ale CX 461 ⸗
| leiſch in Einem Keſſel kochten: wenn ſie den er⸗
en Fuchs in die Huͤtte truͤgen, und dem erſten
Seebiber nicht gleich den Kopf abſchnitten: wenn
fie bey dem Hereintragen eines friſchen Zobelfells
‚tn die Hütte ſaͤngen: wenn fie eine Otter in bie
Jurte trügen, und nicht hereinfchleiften: \ wenn fie
anter Weges ein Meffer, ober ein Beil ſchaͤrften:
wenn fie im Winter naßgewordene Schuhe an einen
Pfahl ſteckten, um fie zu trorkknen: wenn fie in die
Fußſtapfen eines Bären trätens wenn fie. dem
Beyſchlaf in einer horizontalen, und nidt in einer
fehiefen Lage, mie die Fiſche verrichteten, u. f. w.
Die Kamtſchadalen hielten alles dieſes für Sünde,
weil ihrer Meinung nach bie Götter dadurch beleis
digt, und dann Yon den erzürnten Göttern entwes
der Sturmwinde, ober Krankheiten erregt, ober
Jagden und Fifchfänge vereitelt wuͤrden.
Unter den glücklichen Begebenheiten des menfihs
\ lichen Lebens, welche man höheren. Naturen zus
fehrieb, veranlaßte Feine andere eine fo große Man⸗
nichfaltigkeit von guten Werken, oder von gottes⸗
Bienftlichen Handlungen, als bie Geburt von Kin⸗
bern. Kine der natuͤrlichſten und allgemeinſten
Wirkungen waren Dantopfer, . welche man bald
guten, bald böfen Goͤttern brachte, den erfteren,
weil fie die glüädliche Geburt von Kindern befoͤr⸗
dert, den anderen, weil fie diefelbe nicht gehindert
hätten; und dann Opfere Mahlzeiten, an welchen
‚man fi) mit feinen Angehörigen, Freunden, oder.
Rachbaren bes Glücks erfreute, welches die Goͤt⸗
ter den Eltern hatten wiederfahren Laffen. Selbſt
bie röheften Völker vpferten, oder wpfern nach den
. ‚ 1 z “ Sa
Pr
- x
463. b | — — u
Geburten von Kindern 5); und halten feſtliche Freu⸗
denmaͤhler. Die Freudenmaͤhler dauerten fo wohl‘
‚unter ben Mahomedaniſchen, als Chriſtlichen Voͤl⸗
Teen fort, nachdem die Dankopfer ſelbſt lange auf⸗
gehoͤrt hatten. Die Mauern ſchlachten am ſieben⸗
ten Tage nach der Geburt von Kindern ein Lamm,
und verzehren ed mit ihren Anverwandten. Die
Mingrelier halten feftlihe Schmäufe für einen fo
‚wefentlichen Theil ber Taufe, daß fie ihre Kinder
nicht eher taufen laſſen, als bis fie dem Geiftlis
ben, und ihren Anverwandten und Freunden mes
nigſtens ein Schwein zum Beten geben Tonnen.
Die. Kinder von Armen bleiben daher häufig unge⸗
tauft, weil felbft die Geiftlichen die Taufhandlaung
nicht vornehmen, wenn fie nicht wach Wären bes
wirthet werben H·
N Nicht weniger allgemein, and naturrlich als
Dankopfer, und Freudenmaͤhler, warm nad ben
Geburten von Kindern gottesdienftlihe Reinigun⸗
gen, weburd) man ſich von ben zugezogenen Flecken
zu fäubern glaubte. Wenn die älteren, und neues-
zen Völker in Anfehung der Reinigungen nad): ber
‚Geburt von Kindern von einander abwichen; fo
war es vorzüglich darin, daß die Einen nur bie:
Mütter, und Kinder, Andere auch die Haͤuſer,
unb das Haudgeräth reinigten: daß ſie die —*
| nerin⸗
s) Die Neger, Bosmann ©, 524. Die ameriea⸗
ner, Charlevoix Journal p, 289, Die Heidniſchen
fo wohl mongolifchen, ale Xatarfchen Völker in
Sibirien, Muͤller II, 375. Georgi's Reiſen
©. 13. 310. 597. 600.
D\ Voy. au Nord VI]. 247.
nerinnen nicht all gleich lange für unrein hielten:
daß Einige die Reinigungen der Kinder glei u),
Andere erfi.eine gewiſſe Zahl von Tagen nach ber
Geburt dornahmen x): Daß man enblid in ei:
nigen Gegenden Mütter und Kinder bloß durch | |
Mafchungen, ober ‚Untertaudhungen, anderswo
auch durch Weihrauch, und andere Reinigungsmits
- tel luſtrirte j)). Manche Meger erkennen Reini:
gungen ihrer Frauen ſchon alsdann für nöthig,
wenn fie die erften ficheren Kennzeichen von Schwan⸗
gerfhaft in ihnen entdecken. Mad) diefer Gewiß⸗
heit führen fie ihre Frauen an dad Meer, um fie.
unterzutauchen. : Die armen Weiber müfjen fi ges
fallen laſſen, daß fie während des Hinganges au
das Meerufer von ben jungen Leuten benderley
Geſchlechts mit alleriey Unfauberkeiten beworfen
werben. 2). Die Brahminen halten Ihre neugebohr:
nen Kinder gehn Lage lang für fo unrein, daß fie
dieſelben von Riemanden, als von denen, welche
die Kinder warten muͤſſen, beruͤhren, auch Nie⸗
manden in ihre Haͤuſer kommen laſſen. Am zehn:
ten Tage laſſen fie alle weiſſe Kleidungsſtuͤcke war
ſchen, alle irdene Gefaͤſſe zerbrechen, und die me⸗
tallenen ſorgfaͤltig ſaͤubern. Am zwölften Tage
machen ſie ein Feuer an, in welchem Weihrauch,
2) 3. B. die Neger, Moore p, 92. 94.
x) Man ſ. den Abjchnitt von den Reinigungen, auch
Naogers I, c. 7. von den Keinigungen der Kinder
ber Brahminen: über die Reinigungen der Kinder
im alten Scandinavien, Maller p. sog. fo wie der
Parien, Tavernier 1. 391,
y) Dow ‚"Preface p. 33,
2) Bosmann 250 ©. | u
|
und
|
|
| |
[4
|
%
464 . \ — um
And andere Dinge verbrannt werben... Men ficht
die Erlöfchung dieſes Feuers gleihfam als die Voll⸗
endung der Luſtration bes Kindes an a).
t
Sehr allgemein waren ferner ſolche gottes—⸗
dienſtliche Handlungen, wodurch man von neuge⸗
bohrnen Kindern boͤſes Zauberwerk, und andere
Unfaͤlle abzuwenden, oder Gluͤck und Heil auf die⸗
ſelben zu bringen hoffte. In beyden Abfichten be⸗
haͤngten faſt alle Voͤlker ihre neugebohrnen Kinder
mit Fetiſchen, ober Amuleten 6), und bewteſen
die groͤſte Sorgfalt in der Auflegung von Nah⸗
men, indem man uͤberzeugt war, daß gewiſſe Nah⸗
men Gluͤck, andere hingegen Ungluͤck braͤchten.
Einige Nationen gaben ihren Kindern bie Nahmen
von Göttern, in der Meinung, daß bie Götter
ſolche Kinder in ihren befondern Schuß nehmen,
würden c): Andere, von Thieren, deren gute Eis -
genfchaften fie den Kindern wünfchten d): ober von
- Nahrungsmitteln, um ihnen einen Ueberfluß des |
von zu verfchaffen 2): oder endlich bon Voreltern,
‘ damit die Geiſter derfelben die Kinder bealücken,
oder ihre Tugenden auf bie Kinder übergeben möchs
| | Ä ten.
F Kogers 1. c
5). Hiervon wird unten gehandelt werden. Man f.
vorläufig von den Hindus, Dow I, e. von den
Negern, Bosmann, 154 ©
ce) Somneratl,12.6. .
d) Die Nege:, Botmann ©. ar. Cavazzi 1. 376.
Die Americaner , Charlevoix p. | die Oſtiaͤken
Voy. au Nord VIII, 394, P Pr ‚
4) Cavazzilıc, :
_
— — —t
[4
ten fi Br Hinter. uunruhtg find; oder krank
werben, fo fuͤrchtet man häufig, daß biefes vou ih⸗
ren Nahmen herruͤhre, ober daß: fle ‘von ben Wels
ſtern dei Vorfahren; und Xhleve, derin Nahmen
fie tragen, "geplägt werben g). Wlan ändert als⸗
doun bie Nahmen, und ſchafft wohl gar einzelne
. Mahmen, denen man große Unfälle zuſchrelbt, zaͤng⸗
lich ab. In eben der Abſicht, in welcher man
Kinder von Goͤttern, oder von Vorfahren benennt,
nehmen‘ die Maͤmer unter den- Negern 4), und
den Caralben i), die Nahmen vornehmer, oder
beruͤhmter, und mächtiger Europäer an. Der
Wahn, das Gluͤck, was mit gewiffen Nahmen vers
bunden iſt, gu geben, und zu erhalten, iſt faſt ges
wiß Ser Grund der befannten Sitte der Suͤd⸗See⸗
Inſulaner: ihre-Nahmen mit den Nahmen yon
Europäern, die zu ihnen kommen, zu bertaufchen.
Unter den meiften rohen Völkern herrſcht die Ger
mwohnheit, daB Männer ven merfwärbigen Tha:
ten, welde fie verrichten, ober von merkwuͤrdigen
Begebenheiten, bie ihneh auffioßen, Nahmen ers
halten, ober ſich fetbfk beylegen k). Die Amiale
nie von neuen Rahmen geht befonberd unter den
Negern ſo weit, dag] Einige zwanzis, und md
x »
f ) Charleroix I, e. -
g) Stelles, Bomann, u. Charlevoiz u. ec;
A) Bosmann, und Cavaszi ll. cc, Sn
3) Labat VL 135
k) Unter ben Ne den —— den Eins
wohnern von Sumatra, ſ. Bobmann umb Char
-levoix li. cc. Märsden p. 249. -
W 88
st
- ie
. ” 1 [4
” .
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⸗
- ” x , \
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‚ » ‘ -
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— — 264663
— PR U I ze
rexa Nahmen führen. Die Traͤger folder Ehrem
anhmen. nennen ſich ſelbſt falten, erwarten aber von
Anderen, daß bdieſe ſie bep.benfelben aeunen. Hin⸗
gegen redet man faſt: unter allen rohen Nationens
Befauyte ſelten, ober. memahls bey ihren erſten,
aber wahren Rahman, ſondern bey irgend einem
Verwandtſchofts⸗Rahmen, als: Better, Schwa⸗
ger, Geyatter, n. ſ. w. an. Man flirchtet, bag
bie, Geiſter der Vorfahren, ober bee Thiere, der
sen Nahmen Perſonen führen, gerade in dem Aue -
genblicke, wo man ihre Rahmen ausſproͤche, das
durch koͤnnten gereigt werden. Viel ſchwerer zu
axklaͤren, als alle bisher erwähnte. Gewohnheiten/
ſſſi die Sitte, vermoͤge deren bie Vaͤter, ud Min -
ter anf Qumatwar ſo hald fie Shhmeruib: Töchter
exhalten, ‚Ihre bisharigen Nomen ablegen, nu
ſich von ihren Kindera, Vater. deß nad deß, Mut⸗
ter den und der, gun nennen anfangen. ). Wenun
may unter ungebildeten Völkern überhaupt unbes
deutende Nahmen, das heißt, Tele Mahınen
wählt, wodurch man.den Kindern weten Glück zus
wenben, aoch Unglück von ihnen abwenden will; fo
find es biefenigen,. welche mas entweder von den
Raugarbnung, in welcher Kinder gebohren were
den, oder von irgend einer Eigenheit derfelben her;
genommen hat, und hernimmt m).
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h Mndnlu cc.
m) So z. B. die Oſtiaken. Voy. sa Nord, €. Quel-
qQuefois ils les nomment fuivanı le rang de leur
°” "nailfahce, V’aine, celni du milieu, le plus jeu-_
De, le‘quatre, le ting, et ainG du refle lelon
leur äge, Drautres enfin les diffinguent par
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Mater den Unfällen, weiche man. 20. .nengek
bohruen Kindern abzumenben fuchte, füribtete man.
beint mehr, als ben. Neid, ober bie Race, und:
das Unwillen zuͤrnender, oder böfer Götter. Nur
ein. uud das andere Volk wagten es, boͤſen Göttern:
muthig entgegen zu treten, und ihre Beſchaͤdigun⸗
gen darch offenbare Gewalt zuruͤckzuhalten. Sv
Iaufen: bie: Calmycken waͤhrend ber Niederkunft ih⸗
ver Weilber mit großem Geſchrey, und dem dro⸗
henden Schwingen von Knitteln um die Zelte her,
um bie baͤſen Geiſter wegzuſchrecken, die den Muͤt⸗
tern, : aber ‚den Säuglingen Ichaden koͤnnten n).
Die meiften Nationen. hielten es für das fiherfte,
ſich zu demuͤthigen, und die zürnenden, oder ‚mens.
J ſcherfeindlichen Götter dadurch zu verſoͤhnen, dag
man entweder an ben neugebohrnen Kindern ſelbſt,
oben on den, Vätern allerley Verwundungen, oder
‚andere Selbſte⸗ Peinigungen ausübe, wodurch bie
suenenbese, ‚ober. menſchenfeindlichen Götter befrie⸗
bdigt werden koͤnnten. Man vermundete nenges. . -
bohrne Kinber zur Verfähnung der Götter an allen
Theilen des Coͤrpers, vorzuͤglich an bei Zeugungs⸗
glebern, weil man dieſe als die Werkzeuge des
Daſcurs „und ber Geburt von Kindern anfah, am
allermeiſten an der Vorhaut, meil. biefe bach mit
Den geringſten Gefahren eingefchnitten, oder vers
nn | fm
» quelgue defant asturel, ot quelgue ghalite re-
: marquable, connme beiteux, - courte us, tete
"blonde, t&te ronlle ee, x ee
‚E30, pauas weile."
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ftuͤmmelt werden konnte: "Later allen’ Caſten ber
Hindus iſt ed Sitte, daß neugebohrnen Kindern’
entweder gleich nach der Geburt, oder eine Zeit⸗
lang nachher die Ohren durchbohzrt werben. Dieg
geſchieht, wie Rogerius ausdruͤcklich erinnert o),
nicht defimegen, bamit man ben Kindern Ohrges
ſchmeide einhangen koͤnne, fondern um die Kinder
entweder dem Wiſtnu, oder den Kowara zu
übergeben. Die Mexicaner machten außer dem
Einſchnltten in bie Ohren auch Einſchnitte In bie
Zeugungsglieder, wie ed fiheint, nicht bloß in bie
>. Vorhaut p). Die Galivad am Dronofo verwun⸗
deten Knaben und Mädchen acht Tage nad) ber Ges
burt fr ſchwer an den Geſchlechtotheilen, daß mans
de Kinder an den Folgen der Verwundungen ſtare
ben 4). Die Wilden an den Fluͤſſen, die in den
Apure fallen, verwundeten bie Kinder nicht nur.
an den Geſchlechtötheilen, ſondern auch an ben
. Armen, und an anderen Gliedmaaßen des Ebr⸗
pers fo tief, daß die Narben ber Wunden fih da6
ganze Leben durch nicht wieder verloßren.. "Man
unternahm biefe Meßeley an Kindern gewoͤhnlich
nicht vor dem zehnten, ober zwoͤlften Jahre, das
mit fie im Stande ſeyn möchten, ben Blutverkaſt
zu ertragen, welchen oft hundert, unb mehr Wun⸗
N 7
)L.Eer v
9) I. V. 0..97. 246.. ge inciloient les oreil-
. „Je, et ia memhre v
. veaux-nez, .
isil aus polits enfans nou-
g) I, 183. Gumilla, Les Salivas, . ‚circoncifeient
leurs enfans le huitieme jour, [ans ein excepter
les filles, et celä d’uge maniere fi cruelle, qu'il
on monroit plußeusg 96 l’un er de l’autre ſexo.
__ —
den versuchten. Mau Beraufihte ,. ober betaͤubte
bie Kiader, bevor man zu den graͤßlichen Operatior A
nen ſchritt. Bumilla felbft traf in den Wäldern
ein ‚zerfeßted Kind au, deſſen WBunben ſich gefährs
lich entzündet beiten 7). Die Tapujas in Braſi⸗
lien durchbohrten neugebohrnen Kindern die Ohren
und Unterlipgen, und ſteckten in die verwundeten
Theile Eleine Hölzer, damit die gemachten Eins
ſchnitte offen erhalten wurben s). Die Bewohner
der Inſel Capul, Einer der Philippinen, trieben
durch die Eichel eines jehen neugebohrnen Knaben
einen kleinen Nagel von Zinn 5), Die Wunde
heifte in Eurzer Zeit wieber zu, wie wohl man bie
gemachte Deffnung fo erhielt, daß man ben Magel,
ſo oft man wellte, hineinftecden konnte. Die Hot⸗
tentotten fihnitten vormahls allen nengebshrnen
Knaben Einen Hoben aus: eine Verſtuͤmmelung,
die noch immer in vielen. Familien vorgenommen
wird u). Die Neu s Holländer unterbinden bie
Finger neugebohtner Kinder fo ſtark, daß nad -
wenigen Merathes bie unterbundenen, und abge⸗
ſtor⸗
) I. 284. 285. ib,
s) Baro p. 234. Die Worte diefes Reifenden, fa
wie derer, welche ich gleich nachher nennen werde,
habe ich in meiner Vorlefung de circwmeißonis
“ origine et caufis anaefübrt, im 14 Bande der
Comment. Societ. reg. Scient. p. 215. -
-
.£) Olivier de Noort dans le Rec, des Voy.. get ont _
ſervià Yetablill, de la Comp, des Ind, Orient...
. Befchryring van de Kaap de goede. Hoo VoLi. ĩJ.
Pr 286. Lavalllant facond Voy. en Afrigus U.
| p- 299. * DR
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ſtorbenes Glieder ohne Schmerz; Hauer abzelset
werben 'x). Be: ee Ze
Man kann um deflo weniger beswenfeln, daß
bie Verwundungen, und unter biefen, audy bie Be⸗
ſchneidungen der Kinder urſpruͤnglich die WVerfähs
nungen höherer Naturen zur Abficht atten, da uns
! ter inandyen Americaniſchen Wilden auch bie Bir
>. ter neugebohruer Kinder ſich aͤhnliche Büßungen
n freywillig auflegen, oder nah der Sitte ihres -
Volks auflegen müffen ). So bald eine. Carai⸗
vbinn niedergekommen iſt, begibt ſich der Vater des
Kindes in ein Hangbett, und nimt fünf Zage lang
weber Spetfen , noch Getränke zu ſich. In den :
1. fünf folgenden Zagen genießt er bloß flüffige Nah⸗
rungamittel, und vom To: 14 Tage etwa Caſſave.
Mac vierzig Tagen werben die Väter mir fpißigen . .
Zähnen am ganzen Leibe verwundet, und -daun mit
J einer Piment⸗Bruͤhe eingerieben, die noch heftigere
Schmerzen, als die zugefuͤgten Wunden, verur⸗
ſacht æ). Aehnliche Faſten, und Verwundungen
muͤſſen ſich die Maͤnner unter den Wilden in Para-
J guap, und Guiana gefallen laſſen 0). Die Väter
„in Guiana werben noch oben darein hart gegeiſſelt,
ES ur 2 und
—* ) Hunter’s Hiſtorieal Journal of the Transactions
..a8 Port Jackfon, etc. p. 610.
7) Man ſ. meine Vorleß, über die Beſchneidung 8S.
216. und dann meine Abhandlung über die Mänz .
4. 3 im erſten Baude de: Goͤtting. hiſtor.
\ 1
kagazins 30: u. fe, ®.
z) N. 371. 373. Dutertre, - "
a) Charleveix I. 184. Defcript, de n Guiane
P- 233. Barrere ©. 167. Ener
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und dann gezwungen, einige Monethe bey eine |
alten-Indianer in Dienfk zu treten, wo fie, wir
Sxlavın. arbeiten mäflen. Ganz andere Abfichten,
Weiber Wochen, oder Monathe Lang ſich von har⸗
Ruhe, und Pflege des Waters dem Kinde au Gute
komme. Man that das erflere, weil man fürdr
tete, daß heftige Anftrengungen, und harte Spei⸗
der Thiere mittheilen werbe b). .
Die Abſicht ber Verwundungen theils neugen'
bohrner Kinder, thells der Vaͤter derſelben wird".
um deſto auffallender, wenn man erfährt, daf die
verſchiedenſten Völker ähnliche Werwundungen, und,
Buͤßungen vor, und nach allengluͤcklichen Unter⸗
nehmungen 2) , beſonders aber bey den erſten Zel⸗
hen der Maunbarkeit von Toͤchtern, und bey den
Verheirathungen ſowohl von Soͤhnen, als von
Toͤchtern vorgenommen haben. Unter den Wilden
in Guiana hängt man Mädchen. au melden man
die erſten Zeichen der Mannbarkeit bermerft..hatı
EEE Zn 3 Was! a N
8) Die Veyſiele amp Zenaniffe. keimnman in der Abh ·
über die Maͤnnerwochen vor MEER ur
OR tie "139 über die Mänserwe
u rt .
als diefe Buͤßungen, hatten bie fogenannten Mäns .
ners Wochen unter vielen Völkern, während wel⸗
Ger bie Väter gleich nach ber Niederkunft ihrer
sen Arbeiten, und ſchweren Speifen, befonder& |
. von dem Fleiſche mancher Thiere enthielten, Sr
fich anch-auf das forgfältigfte pflegen ließen. .
. thaten daß letztere, weil man ‚glaubte, dag ee .
fen. die Geſundheit, und das Leben ber Kinder im .
- Gefahr feßen, oder daß ber muß bed Fleiſche
von gewiſſen Thieren den Kindern bie Uniugenden
— — — —
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| ‚in Hamacs, ober Hangwatten oben in der Hauten
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. bohren Neu⸗ Verlobten die Wangen, und blafen
auf, und läßt fie ſtrenge Faſten beobachten. Nach
der Endigung dieſer Faſten reißt man ihnen den
Leib an allen Seiten mit frigigen. Graͤten, und
Knochen auf 4). Die Wilden in Paraguay übers
aben reife Moͤdchen alten Frauen, welche ſie acht
None lang hart faften, und faft bis zum Tode ar⸗
beiten liefen e). Die Tapujas in Brafilien durch⸗
Rau hinein f). Die Inſulaner nicht weit von
Garcias de Dios durchſtechen, .ober verwunden
Zur; vorher, ehe fie ſich verheirathen wollen, ihre .
Zeugungsglieder g). Wenn die Nord⸗ Americas
nifhen Völker ſich auch nicht vermunbeten; fo übs
‚ten fie doch aus berfelbigen Urfache mehrere Mo⸗
nathe, oder gar ein Bahr laug nach ber Heirath
die firenafte Enthaltung von bes Verguägungen ber
. erlaubten ehelichen Liebe aus h). Im KAbnigreie
Carnatic in. Hinboftan ziehen "Bräute, und Braͤu⸗
tigame aus ber Caſte ber Lanbleute feierlich In ben
enpel befjenigen Gottes, dem fie vorzüglich Dies
Bey: Inffen ſich durch den Schnitt einer großen
Scheere zwey Finger abhacken, und opfern dieſe
bem Gotte, ber verſoͤhnt werben ſoll. Man kann
bie Verſtuͤmmelung ber Finger bloß dadurch abs
menden , daß man der Gottheit goldene Abblldun⸗
ges
4 Barrere ©; 163.
— Charlevoix I, 190. 85.
f) Baro p. a4ı.. Zu
9) HR. of tho Boucan, 1. e 41.
AV) Charlevoix p. 286,
ee Be .
!
u 03.9478 °
| . gen Yon zwey Fingern ſchenkt 5). In der: Cafe
der Schutres hingegen iſt es Gitte, daß die Muͤt⸗
ter ſich bey ber Verheirathung ihres. erſten Kindes
die beyden vorberſten Glieder der letzten Finger abs
ſchneiden laſſen k). Nur die Frauen von Fuͤrſtin ..
: ven haben das Recht der. Gottheit zwey ‚goldene
- Ginger anzubieten, und fi dadurch gleichfam bon
”
der Verſtuͤmmelung loszukaufen. J
9
. Die Befchueidung war ſo weit über alle Theile
der Erde verbreitet, daß man möglicher TBelfe kaum
annehmen kann; fie ſey vor undenklichen Zeiten uns
ter Einen Wolle entſprungen, und habe ſich alls.
maͤhlich zu den übrigen Voͤlkern fortgepflanzt I).
Wenn man auch zugeben. wollte, daß fie aus Afri⸗
ka nach Afien, oder aus Afien nah Afrika geloms
men, and im letztern Falle durch Croberungen, -
ober Wanderungen, und Bepfpiele bis an. bie ents
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fernteften Rüften ded legtern Grbtheild darchge ⸗
drungen ſey; fo iſt es doch kaum begreiflih, wis
derſelbige Brauch durch dieſelbigen Mittel das ſuͤd⸗
liche America, und die Juſeln der Südfee habe.
erreichen Einen. Freylich war, und iſt die Be⸗
ſchneidung unter verfchiedenen Nationen ſehr vers
ſchieden. In den meiften. Ländern beſchnitt —* |
3—
_ä) Letir. Edif, XI. 208, , |
ib XL.
"man in der Borlefung de. Circumcifionis origino
“
€ wer —
3), Ein Verzeichniß der Voͤlker, unter welchen die Bes |
ſchneidung gebräuchlich war. oder noch ift, findet °
72 908« 815; ſo wie auch Die Zemgniffe für Die. Res
tin, weiche ich in diefem Abſatze tyrz anfühten
—
!
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37% - \ — —
bloß Knaben: in einigen wenigen, entweber allein
Maͤbchen m), oder neben den Knaben auch die Maͤd⸗
chen n). Faſt alle Voͤlker, welche Mädchen ber
ſchnitten, thaten dieſes, um gewiſſe Auswuͤchſe,
oder Verlaͤngerungen ber Haͤute an den weiblichen
Geſchlechtstheilen zu verhuͤten, oder wegzuſchaf⸗
. Men: o). Dieſe Auswuͤchſe find nirgend haͤuftger,
und länger, als unter den Hottentottinnen p), und
boch behalten. diefe fie beftänbig bey, weil die HA
sentotten folche Monſtroſitaͤten nit fo wiberlih -
finden, als die Kopten und Habeſſinier. Unter
ben meiften Völkern befchnitt man die Kinder balb
nad) der Geburt, untes anderen hingegen um bie .
, Zeit, ober kurz vor ber Zeit ihrer Pubertät g).
Man hielt, wieich gezeigt habe, vie Reife, und
Verheirathung von Kindern für gluͤcktiche Bege⸗ |
benheiten, bey welchen man eben fo wohl, als bey
. der Geburt von Kindern, die Götter zu verſoͤhnen
füchen muͤſſe. Kein Wolf konnte den Zeitpunct, in
wethem, ober bie Urfachen, aus welchen bie Be⸗
ſchneidung eingeführt mworben, mit Zuserläffigkeit
. - . u ‚ , aAaAue
bu 2
: X
”
: m), Ende Pands in ber Provinz Maynas, Veigl
I 7.
») So die Aegyptier, und Habeſſinier Niebuhrs Bes
ſchr. von Arabien, S. 76: 80. Sonnini Il, 37,
. 38. Bruce III, p. 348. V.28 N 9 Die Neger
in Bambud, Voy. au Pays da Bamibounc p, 48.
2 u. ſ. w.
J 0) Bruce l. e. V. 33.
y) Cowley p. s51. de Pauw II. 134. et ſq. p.
d) Man f. meine Vorleſung, p. sıo, Note a. u
.
®
— — 479
angeben DW Nur unter” Einigen brachte man.
Gruͤnde, ober Vermuthungen vor, welche die Be⸗
ſchneidung veranlaßt haben koͤnnten. Dieſe Ver⸗
anlaſſungen fand‘ man in einer beſondern Sorgfalt
entweber für bie Reinlichkeit, oder für die Geſund⸗
heit des Coͤrpers. Im heiffen Gegenden gefchehe
eb nämlid, bisweilen, daß fi) unter der Vorhaut
entweder ein ſcharfes Smegma ſammle, oder Ges
ſchwuͤre bildeten, welche man beyde durch Die Bes
ſchneidung verhuͤten koͤnne. Auch treffe man von
Zeit zu Zeit Männer an, deren Vorhant entweder
zu enge, ober zu lang ſey, und die befiiyegen den
Beyſchlaf entweder gar nicht, oder nicht. ohne große -
Schmerzen verrihten Eönnten, -Unter allen diefen :
Thatſachen, and Vermuthungen ſcheint mir Feine _
hinreichend zur Erklärung einer fo weit verbreites
ten Sitte, als die Befchneibung ift s). Die
laͤßt fich zuerſt fehr Leicht von der angeblichen Sorg:
falt für cörperliche Neinlichkeit darchun. Faftalle
Völker, unter weldien bie Beſchneidung uͤblich
war, ober noch ift, badeten oder wuſchen fih tag:
lich mehrere Mahle, entweder um fich in ihrem : _
brennenden Klima zu erfrifchen, oder um den Vor⸗
fchriften ihre? Religion zu gehorchen. Webrigens
aber waren, und find eben dieſe Voͤlker fo unfaus
ber, daß man ihnen’ eine Verftümmelung aus blos⸗
fer Sorgfalt für Reinlichkeit nicht zutrauen kann.
Die Reiſenden, welche des Smegma, oder ber -
Geſchwuͤre erwähnen, geftchen,, daß das eine, nnd. -.
die anderen burd häufige Waſchungen verhütet
werben Finnen. Man babete, oder wuſch ſich nir⸗
gend
r) Meine Vorleſung aii et ſq. p..
s) So urtheilte auch Bruce I. c. V. a8-· 351.
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. — — — —— —
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| Dans Granken in einer gewtſſen Periode der Revo⸗
gend häufiger, als unter ben beſchnittenen Vollbern3
man hatte alſo nicht noͤthig, die Beſchneibung zu
Huͤlfe zu nehmen, wo bie Baͤder, oder Waſchun⸗
gen. allein wirkſam genug waren. Die Monſtroſi⸗
töten von zu engen, ober zu langen Vorhaͤnten find
nicht nur fo felten, daß man ſchwerlich behaupten
Darf: die Furcht vor denſelben habe eine allgemeine
Verſtuͤmmelung ſelbſt der natuͤrlich⸗ gebohrnen
nach ſich gezogen, ſondern ſie zeigen ſich geiviß un
ter allen Völkern; und wenn alfo dieſe unnatürlis
chen Bildungen der Borhaut die Urſache ber Bes
ſchneidung gemefen wären, fo müfte bie Ießtere
girl allgemeiner. geworben fegh ‚ als fie jemabls
war, ober noch jeht iſt.
- Man.follte denken, bag Hochzeiten ‚ ober bie
| effentlichen Anfänge von Chen wenigftend eben fo
allgemein mit gottesbienftlichen Handlungen, ver⸗
- bunden geweſen feyen, als bie Geburten von Kin⸗
"dern; und doch lehrt die Geſchichte das Gegentheil.
Es gab zuerſt Völker, unter welchen Feine eigent
liche dauernde Ehen Statt hatten, ſondern Juͤng⸗
Nlinge und Maͤdchen, Männer und Frauen ſich nad
Welieben vereinigten, und auch wieder trennten 9.
In dieſen Zuſtand von Ungebundenheit ſanken
hoͤchſt verdorbene Völker herab, menu unter ihnen,
wie dieſes unter⸗den Roͤmern in ben erſten Jahr⸗
honderten nach Chriſti Geburt u), und unter den
lutlor
5 3. B. die Sorten, und öftlichen Inſulaner, Ge
orgi's Beſchr. S 78 Die ertinnt, Curtis in
" Sprengele Beptr.L 110, _
| =» do Raehr p 20. :...°. -
w_
| —a4n47
lntion der Fall war, Ehefcheldungen fo leicht und
Häufig wurden, daß bie Weiber beynahe in enrm
beſtaͤndigen Umlanfe waren, und wenn faſt alle
Unterfchefbungs s Zeichen zwiſchen Ehe and Eonens .
‚binat aufhörten. Es gab ferner, und gibt viele.
Boölker, wo Hochzeiten zwar bürgerliche Feſte, aber -
von keinen gottesdienſtlichen Feierlichkeiten begleitet
waren. Unter den Tuͤrken, und anderen Maho⸗
mebanern werden Ehen gültig, wenn der Braͤuti⸗
gam, und der Vater ber Braut zum: Kabt gehen)
und biefem die Wedingutigen erflären, unter weis
chen der Erſtere feine Braut. heirathen, der Auber—
feine Tochter ausgeben will x): wiewohl andy ie
- einigen Oegenden ber Türfey bie Heirathzs⸗ Con⸗
tracte por einem Iman gefchloffen, und dabey Stel⸗
len aus dem Koran dorgelefen werden y) Selbſt
anter den Chriſten ließen die Puritaner ihre Kin⸗
der nicht durch Prieſter, ſondern durch Maglſtrats⸗
Perſonen verheirathen, damit die Kirche Chriſti
um deſto weniger geärgert werde 2). Unterdeſſen
machten die Nationen, unter welchen: entweber gau. -
- Beine Öffentliche Hochzeiten, : ober: die Hochzeiten
ohne alle reltgiöfe Gebroaͤuche waren, verhättniße
mäßig immer nur eine Meine Zahl aus. Die mein
ſten Bölker-nahmen bey den Anfängen von Ehen
J gottesdienſtliche Handlungen vor, entweder um ben
Göttern: für das Gluͤck, was fie verliehen Härten,
zu danken, ober um bie Bränte zu ſtandhafter
Treue zu verpflichten,“ ober um Zell und Gegen
asf bie. Verlobten herabzubriagen un an
2) Ricant pu 24. u.
y)Rulelp.um
z) Sprengels Bept. II, 193 6.
x
— — =)
⸗ — '
Ülnfäßle dou Alven-abgammiden,, beſonders um zuͤr⸗
nenbe, ober.böfe Götter zu verſoͤhnen, daß ſie die
Sreuden ber Hochzeit, und das acid der. Eb⸗
wicht ſtoͤren mochten.
.. 2 Die ollermaifize ſelbſt chen Volter —*
| flalteteg a an Hachzeiten auffer anderen ‚Juftbarkeiten
Schmaͤuſe, zu weldhen Anverwandte, Freusde,
und Nachbaren eingeladen, und wo zugleich ben
Goͤttern Opfer, oder Gaben dargebracht wurden 4).
Die · Schmaͤuſe erhielten ſich auch unter. ſolchen Ras
tionen, die in der Folge von dem Gepraͤnge, ode :
ber Feier von. Gehzeit alle goutesdienſtliche a
braͤnche trennten b).
un Biel weniger geniein, als. Opfer⸗ Mehlzeie
ven, und Opfer, waren foldhe gottesdienſtliche
Dandlungen, wphurd man bie gegenfeitige Treue
der angehenden Ehsleute, oder wenigſtens die
Treue der Braut gegen ihren Fünftigen. ‚Chenann.
. zu feſſeln hofte. Wenn unter. ben Negern in. Kinn:
ber Bröntigem, und bie "Braut, ſammt beren
Eltern über den Che» Eonufract . einig. geworben.
Lau w eſſen ſa nommen einen Betten, wodurch
*. Be > die
#4) Unter dem Griechen, "Römern, und, retten,
Dionyf. Halicar, II, 25. de.Roehr p. 2
... Son. de ritib,,nupt, P. 1018. den: Deutſchen, und
Scandinaviern, Tacit. de Mor, Germ. ce. 2
U Mallet p. 20%: den Istraeliten, Mich. Moſ.
. II, 132. den Slawen, Anton S. 128. den Chine⸗
fen, Le Comte Il. 80. den Negern, Moore p. 93.
den Americauern, Wafer p.-065. bier‘; ter
>
en
Voͤlkern, Muͤller III. 366. Brihtape —*
5) 3. B. unter den Zirken, - Kelpe..
mehrere Beyſchlaͤferinnen halten Fam io). . -:
* Bu: den natuͤrlichſten religioͤſen Gebraͤuchen
— 2479
die Braut ſch gegen ihren künftigen· Ram , ch
aber diefer. gegen feine Frau, zur Treue virpflich⸗
tet, indem ein Ehemann neben feiner Ehefran no
bey Hochzeiten gehören: diejenigen, wodurch man
glanubte, den Segen der Götter anf bie neuen Chen.
Leute herab zu leiten, und alles abzuwenden, was -
Bas Gluͤck der Ehe, beſonders die nahen Freuden‘
des Hochzeitbettes vereiteln koͤnnte. Die Meiſten
auter ben zahlreichen Eurimonien der Hindus 49,
haben eine von dleſen beyden Abſichten. ‚Die Hin⸗
rem· Zauberwerk, wodurch die Mannheit des Braͤu⸗
tigams geluͤhmt, und bie Vollziehnng der: Che ge⸗
hindert werben koͤnnte. Dieſelbige Furcht herrſchte⸗
unter allen größeren Voͤlkern der aͤltern und aenernn
Zeit unter ‚den letzteren, zum Theil bis auf bie:
gegentoßrtigen Zeiten herab. Man nannte dieſe
Art von Bezauberung, bis einen Bräutigam hin: _
derte, Feiner Braut zu. genießen, in mehreren. Laͤn⸗
bern: bes: Knoten knuͤnfen. Auf dieſe Rebensart
| bezieht ſich wahrfcheinlid die noch jetzt in Haas
ſchottland fortdauernde Sitte, vermöge deren nn
alle
ben Brautleuten während ber Eopulation’
Schleifen, oder Ktioten am ganzen Leibe auflöse,
aid nad) der Eopulation wieder zufammenzicht ⸗).
*
Eheleute in manchen "Gegenden uͤbernehmen, und
’ drins .
Die Buͤßungen, und. Sühnopfer, welche junge
) Loyerp. is. ..
d) Sonnerat I, 65- 70. AogerssL.& ıı.
. Wejtdazusıt II, ge.
en Dub.
1
nern nn a
.
. ” x 0
- . "
4808 4J m
J
bringen mußten, find kan; vorher erwähnt worden.
Es iſt ſchwer zu beſtimmen, ob bie Keuſchheits⸗
Opfer, wo Braͤute mit der Bewilligung, oder auf
Verlangen ber Bräutigame ihre jungfräulicen
Craͤnze den Göttern, ober. ben Prieftern, und
Bertreuten.der Götterdarböten, zu ben Dankopfern,
oder Suͤhmopfern zu rechnen waren. Die Könige
son Calicnt machten vormahls den vornehmſtes
Brahminen betraͤchtliche Geſchenke, bamit fie Ihre
Gemahlinnen in die Geheimniſſe ber Che einweihen
möochten f). Die Wilden in Mubalufien uͤberließen
die Freuden ber Brautnacht ihren Piayen, ober
Bauderern, weil fie es für eine große Sünde gehals
ten hätten, ber erfien Umarmungen ihrer jungen.
Gattinnen zu genießen 2). Eines ganz anders‘
Urſprungs war die Sitte, mach melden: Braͤnti⸗
geme. fo wohl an ber Mlalabarifchen Kuͤſte, als
auf ven Antillen Vornehmere, ober Verfonen von
aleichem ‚Stande einlabeten,. ihre Stellen in ber
Hechzeitsnacht bey den Wräuten zu vertreten A).-
Man fah , wie es fcheint, eine foldhe Stellvertre⸗
tung eber für einen Licheöblenft an, ber Dank ven.
biene, als für eine Ehre, welche man Anderne ers:
wieſen habe:
"FI Sonnerat 1. 57. 68.
1, Coresl 1, 140. Car on afare chex les Indiens,
ue c’eft un grand erime, de ne pas ceder aux
retres Cette, kenr hi chöre et ſi rare en nos quar-
tiers.
- &) Sonnerat l. c. und Coreal I, ı0, a,
— nu
Audiftao
. ° , ” ä
\ - t \
x J
3woͤlftes Bud.
Geſchichte der Zauberer, Beſchwoͤrer, und
Prieſter. |
ı
| Alle nicht gebildete Voͤlker hielten. die gluͤck⸗
lichen, und unglüdlichen Begebenheiten. ohne Aus⸗
nahme für unmittelbare Wirkungen entwebes ven
guten und böfen Göttern ſelbſt, oder von. Bers
trauten und Gehuͤlfen, ober Werkzeugen guter, und
böfer Goͤtter. Der Glaube an bie übernatürlichen
Kräfte von Vertrauten, und Gehülfen, ober Werk⸗
zeugen ber Goͤtter war nicht weniger alt, und alls
.. „gemein als die Vorftellungen son höheren Natu⸗
‚ren, und deren unmittelbaren Wirkungen a). So
| | wie
a) Sorſter Voy. I. 520. fagt, baß er und feine Rei⸗
fegefährten Feine Zauberer unter den Neus Gee»
laͤndern bemerkt hätten. Dieß tft fein Beweis, daß
dergleichen nicht vorhanden waren. Die Wogulen
verficherten Georgi, daß unter ihnen niemahls weder
Hrieſter, noch Zauberer, geweſen ſeyen. Reiſen
S. 597. Georgi verſtand entweder die Woguͤlen
nicht recht, oder dieſe ſagten ihm nicht die Wahr⸗
heit.⸗
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—9 ” -
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blog Knaben! in einigen wenigen, ‚entweber allein: .
Maͤbchen m), ober neben den Knaben auch die Maͤd⸗
denn). Faſt alle Voͤlker, welche Mädchen bes.
ſchnitten, thaten biefed, um gewiſſe Auswuͤchſe,
ober Verlaͤngerungen ber Haͤute an den weiblichen
.
Gefſchkechtstheilen zu verhüten, oder wegzuſchaf⸗
fen’ 0). Dieſe Auswuͤchſe find nirgend haͤuſtger,
und länger, als unter den Hottentottinnen p), und
doch behalten. diefe fie beftänbig bey, meil die Hs
sentotten folche Monftrofitäten nicht fo widerlich
finden; als die Kopten und Habeffinier. Unter
ben meiften Voͤlkern befchnitt men die Kinder balbd
nad) ber Geburt, unter anderen ‘hingegen um bie
Zeit, ober kurz vor ber Zeit ihrer Pubertät g).
Man hielt, wie ich gezeigt habe, die Meife, und
Verheirathung von Kindern für gluͤcktiche Bege
benheiten, bey welchen man eben fo wohl, als bey
des Geburt von Kindern‘, die Götter zu verſoͤhnen
fuchen muͤſſe. Kein Volk konnte den Zeitpunct, in.
weichem, oder bie Urfachen, aus welchen bie Be:
ſchneidung eingeführt worden, mit Zuverlaͤſſigkeit
2 u. ſ. We u .
27
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2.0). &0 die Pands in ber Provinz Maynas, veigt
no: .67.
| n) So die Aegyptier, und Hnbeffinier Niebuh Be⸗
ſchr. von Arabien, & 76« 80. Sonnini u, 37.
38. Bruce III. p. 348. V.28. Rn 4. Die Neger .
in Bambuck. Voy. au Pays do Bambouc p, 48
,,0) Bruce l..c. V. 33
g) Man ſ. meine Vorleſung, p. 210, Note... ,
⸗
m .
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— — 2
)
> .
u 479
qugeben . Nur unter Eiaigen brachte man
Gruͤnde, ober Vermutgungen bor, welche die Bes
fchneibung veranlaßt haben koͤnnten. Dieſe Vers
anlaſſungen fand: man in einer befondern Sorgfalt.
eutweder für bie Reinlichkeit, oder für die Gefund⸗
heit des Coͤrpers. In heiffen Gegenden gefchehe
es naͤmlich bisweilen, daß ſich unter ber Vorhaut
entweder ein- ſcharfes Smegma fammle, oder Ges
ſchwuͤre bildeten, welche man beyde durch die Be⸗
ſchneidung verhuͤten koͤnne. Auch treffe man von
Zeit zu Zeit Männer an, deren Vorhant entweder
zu enge, ober zu lang fen, und die beftwegen den‘
Beyſchlaf entweder gar nicht, oder nicht ohne große -
, Schmerzen verrichten Fönnten. Unter allen diefen:
Thatſachen, und Vermuthungen ſcheint mir Feine
bihreichend zur Erklärung einer fo weit verbreite⸗
ten Sitte, als die Befchneibung ift s). Die
laͤßt ſich zuerſt fehr Leicht von der angeblichen Sorg:
falt für coͤrperliche Reinlichleit darchun. Faſt alle
Voͤlker, unter welchen die Beſchneidung uͤblich
war, ober noch iſt, badeten ober wuſchen ſich taͤg⸗
lich mehrere Mahle, entweder um ſich in ihrem
brennenden Klima zu erfriſchen, oder um den Vor⸗
ſchriften ihrer Religion zu gehorchen. Uebrigens
aber waren, und ſind eben dieſe Voͤlker ſo unſau⸗
ber, daß man ihnen’ eine Verſtuͤmmelung aus blos
fer Sorgfalt für Reinlichkeit nicht zutrauen kann.
Die Reiſenden, melde des Smegma, ober der
Geſchwuͤre erwähnen, geftchen, daß das eine, nnd.
die anderen durch häufige Waſchungen verhütet
werben Eönnen. Man babete, oder wuſch fih nirs
0 gend |
r) Meine Vorleſung au et ſq. p.
5) So urtheilte auch Bruce h c. V. a8-· 33.
a
— — — — —⸗
Dans Granten in einer eigen Perigbe der Medos
=) de Raehr p. aoo. 0, on
gen häufiger, ald unter ben beſchaittenen —*
“man hatte alſo nicht noͤthig, bie Beſchneibung zu
Huͤlfe zu nehmen, wo bie Baͤder, oder Waſchun⸗
gen allein wirkſam genug waren. Die Monſtroſi⸗
töten von zu engen, ober zu langen Vorhaͤnten find
nicht nur fo felteu, daß man ſchwerlich behaupten.
Darf: bie Furcht. vor benfelben habe eine allgemeine
Verſtuͤmmelung felbfi ber natärlih « gebohrnen
nach fid) gezogen, fondern fie zeigen fich geivig um:
ter allen Völkern; und wenn alfo diefe unnathrlis
chen Bildungen der Borhaut die Urſache der Bes
ſchneidung geweſen wären, fo müfte bie letztere
wiel allgemeiner. getvorden ſeyn, als ſie jemahls
war, ober noch jegt iſt.
- Man. follte denken, daß Hochzeiten ‚ oder bie
bffentlihen Anfänge von Chen wenigitend eben fo
allgemein mit gottesdienftlihen Handlungen ver:
- bunden gewefen ſeyen, als bie Geburten von Kins
dern; und doch lehrt die Geſchichte das Gegentheil.
Es gab zuerſt Völker, unter welchen keine eigent;
liche dauernde Ehen Statt hatten, ſondern Juͤng⸗
Nlinge und Maͤdchen, Maͤnner und Frauen ſich nach
VWelieben vereinigten, und auch wieder trennten 9.
In dieſen Zuſtand von Ungebundenheit ſanken
hoͤchſt verdorbene Voͤlker herab, menu unter ihnen, u
wie dieſes unter⸗ den Römern in ben erſten Jahr⸗
hunderten nach Chriſti Geburt u), und unter den
_ Tution Ä
5 3. B. die Ant ‚ und oͤſtiichen Inſulaner, Ge
orgi's Beſchr. S. 371. Die Eelinee, curti⸗ in
SGyÿrengels Veyir. 1100, _ \
— — —
ö— — —— 7
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ae :
lution der Gall war, Edefcheldungen fo leicht und
Häufig wurden, daß bie Weiber beynahe in einem
beſtaͤndigen Umlaufe waren, und wenn faſt alle
Unterfcheldungs s Zeichen zwifden Ehe und Conen⸗
binat aufhörten. Es gab ferner, und gibt viele.
Bolker, wo Hochzeiten zwar bürgerliche Feſte, aber
-. von Peinen gottesdienſtlichen Feierlichkeiten begleitet -
waren. Unter den Türken, und andern Wehe
mebanern werden Ehen gültig, wenn der Braͤnti⸗
gam, und der Vater ber Braut sum: Kabt gehen)
- and biefem die Wedingungen erflären, unter weis
chen der Erſtere feine Braut. heiraten, der Audere
feine Tochter ausgeben mil :x): wiewohl auch iv
- einigen Gegenden ber Türfey bie Heiraths⸗Con⸗
tracte vor einem Iman gefchloffen, und dabey Stel⸗
len aus dem Koran vorgeleſen werden yy. Selbſt
anter den Chriſten ließen bie Puritaner ihre Kin⸗
der nicht durch Priefter, ſondern durch Magiſtrats⸗
Perſonen verheirathen, damit die Kirche Chriſti
um deſto weniger geärgert werde 2). Unterbeſſen
machten die Nationen, unter welchen entweber gau.
keine Öffentliche Hochzeiten, - ober: die Hochzeiten‘
ohne alle religibſe Gebräuche waren, verhaltniß⸗
mäßig immer nur eine Mefne Zahl aus. Die mein
fen Völker -nahmen bep den Anfängen von Chen
gottesdienſtliche Haudlungen vor, entweber um ben
Göttern: für bad Gluͤck, was fie Verlichen hätten,
zu danfen, oder um die Braͤnte su ſtandhafter
Treue zu verpflichten,“ oder um Zell und Segen
auf bie. Verlobten berabzubringen,. und et
1 m . 3 488
'x) Ricaut p. 214. 215,
y) Rufe! pP. —R |
z) Sprengels Beyt. II, 193 6.
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a wu me *
, ’ 0A
. ’ 4 x f)
%
Unfäte dor ikuen-ahgamanden., beſonders um zuͤr⸗
nende, ober.böfe Goͤtter zu; verfühnen, daß fie bie .
Freuden der —— und das Aid ber. - Ehe
Ä eicht ſtoͤren möchten. © . nt ii \
Die allerwaiſte Per rohen Voner vera
u kaiteten an Hachzeiten auffer anderen Luſtbarkeiten
Schmaͤuſe, zu welchen Anverwandte, Freußsde,
und' Nachbaren eingeladen, und wo zugleich ben
Goͤrtern Opfer, oder Gaben dargebracht wurden a).
Die Schmaͤuſe erhielten ſich auch unter ſolchen Nas
tionen, die in der Folge von dem Gepraͤnge, ode
ber Feier: Yon Sodeiten ale gottesdienſtliche Ser
braͤuche treunten b). 2
| Viel. weniger Leimin, als Opfer. 3 Mahlyeir
ten, und Opfer, _waren foldye gottesdienſtliche
Handlungen, »moburd man ‚bie gegenfeitige Treue
bes ongehenden Eheleute, ober. wenigſtens die
Treue der Braut gegen ihren kuͤnftigen· Ehemann
zu feſſeln hofte. Wenn unter. den Negern in Iſſiny
ber. Bräutigam, und die Braut, ſammt deren
GEltern über den Che» Contract - einig. geworden
m # ofen ſe sefanımen einen Sen —
die
un
4) Unter den Griechen, Romern, und. —*—*
Dionyſ. Halicar, Il, 25. de.Roehr p. Briße
.. Ion. de ritib,,nupt, p. 1018. ben. Dentfafen, und
Scandinaviern, Tacit. de Mor, Germ. c.
Mallet p. 207: den Söraeliten, Mich. Moſ. F
U. 133. .den Slawen, Anton ©, 128. deu Chine⸗
fen, Le Comte ll. 80. den Negern, Moore
den Amerisauern, Weafer p.-065, der ben Sibihfhen -
Völkern, Müller III. 368. — Eusio, _
5) 3. B. unter den Wirken, - Milpi. . oo.
!
J Eheleute in manden Gegenden übernehmen, und
’ drins .
— — 479
die Braut’ fi gegen ihren Ehuftiden Ram , wich
aber biefer. gegen feine Frau, zur Treue virpflich⸗
tet, indein ein Ehemann neben feiner Ehefrau noch
mehrere Beyſchlaͤferinnen halten kann DEE
ve Bu bin natuͤrlichften reltgibſen ¶ Grbraͤuchen
bey: Hochzeiten. gehören diejenigen, wodurch man
gtaubte, den Segen der Götter auf bie neuen Ehe⸗
leute herab zu leiten, und alles abzuwenden, was: -
das Gluͤck der Ehe, beſonders die nahen Freuden:
des Hochzeitbettes vereiteln koͤnnte. Die Meiſten
auter ben ‚zahlreichen Ehzeimonien der Hindus 49,
7 abe eine von diefen beyden Abfichten. ‚Die Hin⸗
deostfuͤrchten fig vor been: boͤſen Blick, und ande⸗
rem Zauberwerk, wodurch die Mannheit des Braͤu⸗
tigeıd'gelkhint, und bie Vollziehnng ber Che ges
hindert werben Könnte, : Diefelbige Furcht herrſchte⸗
unter ofen größeren Voͤlkern der Altern und nenn:
Zeit? unter den letzteren, zum Theil bis auf die
gegenwaͤrtigen Zeiten herab; Man nannte Tiefe:
Art von Bezauberung, die einen Braͤutigam bin: _
derte, ſeiner Braut zu genießen, in mehreren. Laͤn⸗
dern: ben Knoten knuͤnfen. Auf dieſe Mebensart:
bezieht fi wahrſcheinlich die noch jetzt in: Das
ſchottland fortdauernde Sitte, vermoͤge deren man
ben Brautleuten während der Copulation alle
SGchhleifen, oder Knoten am ganzen Leibe. auflosſt,
wid nad) der Eopulation wieder zufammenzieht ).
Die Buͤßungen, und. Suͤhno fer, welche junge
€) Loyerp. 158. """ - .
d) Sonnerat I, 65- 70, Rogers & ı. -
J Wejtdarusı ra t II, go.
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bringen uußten, find Eur; vorher erwähnt worden.
Es iſt ſchwer zu befiimmen, ob bie Keufchheites
Opfer, wo Bräute mit ber Bewilligung, ober auf
Verlangen ber Bräutigam ihre. jungfräulichen
Craͤnze den Göttern, oder. ben Prieftern, und
Bertrauten.der Götter barböten, zu ben Dänlopfern,
ober Sühnopfern zu rechnen waren. Die Könige
von Calicut machten vormahls den Yprneinnften
Brahnruünen beträchtliche Geſchenke, damit fie Ihre
Gemahlinnen in die Geheimniſſe der Ehe einweihen
möchten f). Die Wilden in Andalufien uͤberließen
’ bie Freuden der Brautuacht ihren Piayen, oder
Baubderern, weil fie es für eine große Suͤnde gehal⸗
sen hätten, ber erſten Umarmungen ihrer jungen.
Gattiunen zu genießen 2). Eines ganz andern
Urſprungs war bie Sitte, wach welcher Wekure
game fo wohl au der Malabariſchen Küfte, als
auf ven Antillen Vornehmere, ober Perfonen von
aleichem ‚Stande einlabeten,. ihre Stellen in der
Hochzeitäünacht bey den Bruͤuten zu verireien A).-
Dan ſah, wie es fcheint, eine ſolche Stellvertre⸗
tung eher für einen Licheöbienfl au, der Dank. vers:
Diene, ald für eine Ehre, welche man Anderen. exe:
wieſen habe: a
F) Sonnerat 1.57. 68. | |
&) Coreal I, 40. Car an aflure chez les Indiens,
ue c'eſt un grand erime, de ne pas ceder aux
retres cette, leur fi clöre et ſi rare en nos quar-
tiers. |
. b) Sonnerat 1. c. und Coreal I, 10, 1.
U —
. Bubiftes
| Zwoͤlftes Bud.
Geſchichte der Zauberer, Beſchwoͤrer, und
. . Priefler. |
Alle nicht gebildete Wölker hielten. die gluͤck⸗
lichen, und ungluͤcklichen Begebenheiten ohne Aus⸗
nahme für unmittelbare Wirkungen entweder ven
guten und böfen Göttern ſelbſt, ober von Ver⸗
trauten unb Gchülfen, ober Werkzeugen guter, uud
böfer Goͤtter. Der Glaube an bie übernatürlichen
„Kräfte von Vertrauten, und Gehülfen, oder Werk⸗
zeugen ber Götter war nicht weniger alt, und alls
. gemein, als die Vorftellungen von höheren Natu⸗
ven, und deren unmittelbaren Wirkungen a), So
Ä ‚wie
2) Horſter Voy. 1. 520. fagt, baß er und feine Re
fegefäbrten Feine Zauberer unter den Neus Seen
ändern bemerkt hätten. Dieß tft Fein Beweis, daß
“ dergleichen nicht vorhanden waren. Die Wogulen
verficherten Georgi, daß unter ihnen niemahle weder
« Yriefter, noch Zauberer, gewefen feyen.. . Reifen
&. 597. Georgi verfiand entweder die Woguͤlen
nicht recht, oder diefe fagten ihm nicht die Wahr⸗
heit.
98
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482 v Side ie
r
wie Begriffe von höheren Naturen
da ſeyn muß:
ten, bevor es ſterblichen Menſchen einfallen konnte,
ſich ſelbſt für uͤbermenſchliche Weſen auszugeben;
ſo ging auch gewiß der Wahn, daß Menſchen Ver⸗
traute von Göttern ſeyn, und durch die Huͤlfe von u
Göttern außerordentliche Dinge verrichten koͤnnten,
vor den Anmaaßungen ber erften Betrüger her, bie
ſich faͤlſchlich ruͤhmten, daß fie durdy die Verbin:
dung mit höheren Weſen vieled vermoͤchten, was
- die Kräfte gewöhnlicher Menfchen überftetge, Frey⸗
\
4
SGute hindern koͤnnſen. Des Argwohn, daß Men⸗
En
lich folgte allenthhalben ber: ſchlaue Betrug dem ur:
ſpruͤnglichen Aberglauben der erften Menſchen fehr
ſchnell, und gleihfam auf dem Fuße nach. Der
ſicherſte Beweis hievon ift diefed, daß bie Zauberer
. anter allen Völkern, felbft den elendeften Wilden |
ein eintraͤgliches Gewerbe treiben, und daß fie key
diefem Gewerbe. offenbar betruͤgeriſche Künfte üben.
Wollte, ober koͤnnte man .alfo die urfprüngliche,
-Vefchaffenheit von Zauberern, und Beſchwoͤrern
nach ihrem gegenwärtigen Zuftande in allen Enten .
der Erde beurtheilen; fo würde man allerdings
ſagen müffen, daß diefe angeblichen Vertrauten ber
Götter ihr Daſeyn nicht dem Aberalauben, nicht
dem Mangel einer richtigen Kenntniß der Natut,
fondern dem vorfeglichen Betruge zu banken hätten.
Man fürdhtete, oder verabfchente Menſchen, welche
man als Gehuͤlfen böfer Götter in Verdacht hatte, -
eben jo-früg, old man Andere verehrte, denen
man Verbindungen mit guten Goͤttern zutraute.
Nicht weniger alt, und natuͤrlich war der Gedanle,
“daß es Menſchen gebe, welde durch die Hülfe hoͤ—
herer Naturen bald Gutes hervorbringen, und
Hebel abwenden, bald Boͤſes bewirken, und das
chen
“ °
. . ’ —
35 R
⸗ \
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| ‚fürn durch hoͤbert Kraͤfte, ober Untergang des
ſchadet hätten, oder ſchaden koͤnnten, entfland vors
güglich aus Traͤumen, dann aker audy aus unzähli:
gen anderen, gar nicht aufzuzählenden, oder zu.
beſtimmenden Beranlaffungen. Die entgegengefegte
u guͤnſtige Vermuthung ward von jeher allenthats
ben, und wird aud) jetzt noch durch ein natuͤrliches
großes Gebrechen erregt: durch epileptiſche Zuckun⸗
gen, und Verzuckungen. Man betrachtete zu als’ _.
len Zeiten Zuckungen, und Verzuckungen ald Zus
ftände Yon Goͤttlichkeit, oder Heiligkeit, und dies .
jenigen, die oft und leicht in folche Zuftände fielen, -
als Giünftlinge guter Götter. Da Weiber ſowohl,
als Männer epileptifken Zuckungen, und Vers
zuckungen unterworfen waren: fo muften nothwen⸗
dig beybe als adttliche Perſenen, als Vertraute
Auter Götter angefehen werben. Unterbeffen ers
rente, oder fafite Bas ftärfere Geſchlecht unter den‘
meiſten Völkern die Meinung, daß Männer haͤnfi⸗
“ der, als Weiber der Einwirkung, und Mitwirs
kung guter Götter gewürdigt, und Weiber Hinges
gen öfter, ald Männer, von böjen Göttern zu
Werkzeugen ihrer feindfeligen Abſichten gebraucht
wuͤrden. Die erfte, und allgemeinfte übernatärs
liche Wirkung, welche man von den Wertiauten
‚ guter ‚Götter erwartete, war bie Heilung von.
Krankheiten, und anderen cörperlichen, Schäben,
fo wie die erflen und allgemetnften Nachtheile, wel⸗
. he man von den Vertrauten böfer Götter fürditete,
in Krankheiten und Tod beftanden. Zu dieſen ers .
ſten, und allaemeinften übernatürlichen Wirkungen
geſellten fehr bald ſowehl ter herrſchende Aberglau⸗
be ver Völker, als die Argliſt derer, bie für Ver:
traute ber Götter gehalten fern wollten, andere _
2 2 . Wun⸗
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Wunbergaben und Wunderthaten: vorzůglich die
Entdeckung verborgener Dinge, bie Hervorrufung
und Bändigung von Goͤttern und Geiſtern, bie
Verſetzung in entfernte Gegenden, die Hervorbrin⸗
gung, oder Abwendung von mancherley natürs
lichen Guͤtern, und Uebeln, von guͤnſtiger, oder
anguͤnſtiger Witterung, von Gluͤck, oder Ungluͤck
im Kriege, auf der Jasd, oder dem Fiſchfange,
u. ſ. w·
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Es ift fehr leicht darzuthun, daß eben die
| Urſachen, welche die Vorſtellungen, und Vereh⸗
rung hoͤherer Naturen hervorbrachten, auch den
Wahn von gewiſſen Vertrauten der Götter, und
ihren Wundergaben erzeugten: daß alſo nicht Be⸗
trug, ſondern der Aberglaube der Menſchen die er⸗
ſten Zauberer, und Beſchwoͤrer ſchuf. Es gab
zwar, wie wir in den Unterſuchungen des naͤchſten
Abſchnitts über Zauberey, und Beſchwoͤrungen ſe⸗
hen werden, viele Beyſpiele, daß Maͤnner und
Weiber ſelbſt glaubten, mit boͤſen Göttern ober
Geiſtern in genauer Gemeinſchaft zu feyn, und
. bar diefe Gemeinſchaft großen Schaden geſtiftet
zu haben, oder ſtiften zu koͤnnen. Allein die mei⸗
ſten Ungluͤcklichen, welche man. einer Verbindung
mit boͤſen Göttern, ober Geiſtern argwohnte, woll⸗
ten nichts davon wiſſen, und hätten ben Verdacht,
welchen der Aberglaube ihres Volks auf fie warf,
. . gern don fiih.abgemälzt, weil dieſer Verdacht ent⸗
weder unvermeidlichen Tod, oder body eine beſtaͤn⸗
dige Unſicherheit des Lebens nach ſich zog. Die
Jongleurs im. noͤrdlichen America behaupten auf
das beſtimmteſte, daß fie nur des Almgangs mit
guten Göttern, oder Geiſtern genießen, und vers
Bi vwab⸗
wahren ſich forgfältig gegen ben Verdacht, mit boͤ⸗
fen Geiftern zu thun gu haben. - Vielmehr ruͤh⸗
men fie ſich, daß fie mit Dülfe ihree Manitus die
Urheber von böfer Zauberey entdecken, und bie
Wirkungen : von Zauberwerken aufheben Tönnen,
‚Ihren Angaben nach find es faft ohne Ausnahme .
alte Frauen, melde Krankheiten, ober andere
"Un’älle veranlaffen: eine Schuld, welche bie Ans .
— geflagten mit bem Leben büßen mäflen 6). Die
Angebots der Groͤnlaͤnder beſchraͤnken ſich, gleich
ben Jongleurs in Tanada, bloß auf bie Bekaunt⸗
ſchaft mit guten Goͤttern, und klagen die Illiſeet⸗
ſak als ſolche an, welche durch die Mitwirkung
von boͤſen Geiſtern Krankheiten und andere Unfaͤſe
hervorbraͤchten. Die Illiſeetſaks in Groͤnland be⸗
ſtehen groͤſtentheild aus alten Weibern, welche bes
wegen ohne Umflände tobt gefdylagen werben ©).
Wenn die Neger in Afrika auch die Gangas, oder
Fetiſchirer non beyderley Geſchlecht, die mit. guten
und böfen Gbttern in Gemeinfchaft find, nicht
buch Nahmen unterfheiden; fo unterfcheiden fie
tdieſelben doch durch die That. Sie ehren, und
belöhnen die Einen, vertilgen hingegen bie Anbes
ren
S5 Charlevoix Journ. p.360. Les feuls ſoreiers...
palſent. . „ pour etre en cemmerce avec les
"manvais (genies), et ce font furtout les fem-
mes, gni exercent ce deteliable metier. Les
. jongleurs de profefhon. non feulement ne s’un
melent pas, au moins ouvertement,. mais ils
font une etude particuliere pour [gavoir décou-
yair les forte, os en’ empächer les pernicieux
effets. |
'e, Cranz 274 ©.
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7
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‚ken, fo bald fie dieſelben kennen lernen d). Es |
iſt merkwuͤrdig, daß unter allen urfprüngliden .
Voͤlkern unfers Erdtheils fo wohl in ben aͤlteſten
Beiten, ald im Mittelalter, vorzüglid Weiber in
bdenm Verdacht waren, daß fie mit böfen. Göttern,
ober Geiſtern vertraut feyen, und ſich h fo gar fleiſch⸗
lich mit denſelben vermifchten e). In vielen Ges
enden Eonnten diejenigen, die ſich eines genauen .
mganges mit guten Göttern rühmten, fo fehr fie
es auch gewollt hätten, nicht den Verdacht abhal⸗
ten, daß ſie gleichfalls mit boͤſen Göttern Gemein⸗
ſchaft haͤtten, und auf Antrieb, oder mit Huͤlſo
derſelben Schaden anrichteten. Dieſer Verdacht
batte für fie die traurigften Folgen, Die Fuͤrſten
der Caffern, und Mottehtotten laſſen haͤufig in haxt⸗
naͤckigen, ober gefährlichen Krankheiten alle Zaube⸗
rer, beren fie fidy bemäctigen koͤnnen, ober doch
5 diejenigen, welche fie als die Urheber ihrer Uebel
argwoͤhnen, todt ſtechen. )). Auf eben die Art
verfahren tie Voͤlker in Guiana und Paraguah
x Nah dem Tode von Fürften, und beſonders ben
herrſchenden Krankheiten. Als einſt die Blattern
große Verheerungen aurichtetens: fo befahl‘ cin
MPatagoniſcher Fuͤrſt, dag man alle Zauberer töb:
ten folle, meil die mörderifche Seuche alsdann
vielleicht aufhören werde g). Die Chiquites in
Paraguay rotteten vor nicht gar kauger Zeit alle
Zauberer aus, weil ſie gefunden zu haben re
8
a) Oldendorp I, 303 ©,
e) Keisleri Antig. 456 et fg. m
f) Sparrmann ©. 198. 199.
g) Falkner p. 317, Barrege ©. 139.
Dt ne oe .-
.
x
durchous keine Banberer anerkennen, Diefer der
daß dieſe Meeſchen weſeh, ober weit mehr Abſes⸗
als Gutes flifteten.h). Selbſt nach ver Auſsret⸗
tung ter Zauberer aber dauerte der "Wahn fort,
daß alle Krankheiten durch Zanbereh,- oder Zanber⸗
- werke erzegt worden. Der Verdacht ber Zauberey
mag anf Maͤnner, oder Weiber fallen; fo werden
die. Geargwohnten auf der Stelle umgebracht. Da⸗
mit das Volk der Huͤlfe, welche bie vernichteten
u Zauberer geleiſtet haben moͤchten, nicht beranbt
werbe; fo übernahmen bie Caciquen bad Gefchäft
ber Heilung von Krankheiten, und zwar auf. chem
bie Art J wie-die Zauberer es geübt hatten. DE
e
Calmycker und Lappen ſind überzeugt, da ihre
Schamauren. eben fo oft ſchaden, als helfen 5).
Wenn banbe. Völker es gleich nit. wagen, ſich an
diefen Vertrouten der Götter zu vergreifenz fd
meiden fie biefelben, ober vrrabſcheuen fie bei.
Die Sappen a einen, ſo hohen. Begriff von der
Macht der Schamanen, daß ſie glauben: die Reit
würde vor ihrer. Zauberey vergehen, menn nicht
die Schamatgen von bem Douner rate, und Ki
fig getroffen wuͤrden.
Ein anderer untruͤglicher Beweis, daß der
allgemeine Aberglaube den erſten Bauberein bie
wohlthaͤtigen, wie bie ſchaͤdlichen Wundergahen
aufgedrungen habe, liegt in dem goͤttlichen Beruf,
auf welchen noch jetzt alle ruhe Volker bey ihren
Zauberern Ruͤckſicht nehmen, und ohne welchew⸗ſie
vo
i) Datıae Reifen I, 20 George Beſchr. S. 13.
Hogſtroͤm S. 15. | f
488 1 — —
are * —* oder erworbene Lechtigkeit,
ie Zeckungen, und Verzuckungen, ober Ekſtaſen
gu mlen. Alte Sthammifche Heiden in Sibirien
Rinemen barinkberein, daß Peiner ſich ſelbſt zu eis
um Schamans nischen koͤnne, fondern ba er von
sen: Gott Dazu: erwaͤhlt werben müffe k). Die
Wahlr ber Goͤtter erkeunt man an Kraͤmpfen, mb
Packungen M3 : Da 'epileptifhe Zufaͤlle meiſtens
rrdlich ſind, ſo geföhteht es micht felten, daß bie
BSaqamanen⸗ Würde vier, bis ſechs Zeugungen
vurch; von: den: Vaͤtern auf die Kinder uͤbergeht.
Echamanen find um deſto angeſehener; je laͤnger
Hr Voreltern ſchamaniſirt haben my Wenn
ESchamanen ſelbſt keine Kinder haben, welche bie
usthigen Gaben yaflßen’; fo nebmen fie andere ept:
- Ürptifche Kiuber : zu re und erjiehen‘ fte ju ihren
Mahhfolgern a). Auch die Patagonier fehen epi⸗
Sehrifche Kinder als ſolche an, die von Geiſtern bes
foffen fegen, und dadurch zu ihren Wertrauten er⸗
Fahuen würden e).. Bell epileptifche Knaben meis
end vom eiuen ſchwachen Coͤrperbau find, fo hält
man fie früß an, Weiberkleider anzulegen. gu
Ä | as
4) mn IV; sog ı fi
1 Seorgte Bahr. &. 376. © 0000:
m) Gmelin I. 332... u
: =) Georgi .c.
o) Falkner p. ı17.: They who are: "feinet with
. fite of the falling Geknels, or the chorea faneti
viti, are immediately felected for tbis employ-
ment as chofen by tbe demons themlelves:
whom they fuppofe to poflels ihem, and to
eaufe all thoſe convulfions and diftertions com-
' mon in epileptic paroxy ln,
— I: Pergfrhn u Foiugen A —— 3 A Po
ei En FIT Ge —— ZA
on =. 13
Vatagoniſchen Zauberer muͤſſen dieſe Kleider be⸗
ſtaͤndig behalten, und duͤrfen ſich auch nicht verhei⸗
rathen. Die Augekoks in Grönland haben einen,
‚ oder mehrere Schäler, mozu fie ſolche Kinder währ
fen, bie epileptifchen Anwandlungen unterworfen
find p). Die Grönlänver erkennen keinen für eis
nen Angekok, ber nicht eine Seitlang in Einöven '
‚gelebt, durch Gebete, und Feften die Gnade des
Gotted Torngoneſuk zu erlangen geſucht, amd
dann durch gräßlihe VBerbrehungen, und Verf
ckungen auf eine feierliche Art bargethan hat, daß
ihm von biefem Gott: ein Zorngaf, ober Schutz⸗
- geift zugeftanden worden. Solche Probeverzuchun⸗
aen find nirgend hinreichend. Einer allgemeinen
Denkart zufolge koͤnnen Zauberer in ben wirhtigfien
Angelegenheiten, daß, was ınan von ihnen erwar⸗
tet, nicht anders, als in Verzuckungen, oder nach
‚vorhergehenden Zuckungen leiten. Schon hieraus
[
allein wäre man bereihtigt, zu nn daß alle -
Voͤlker epileptifche Peg eytrante don wife 8
—
Goͤtter etrachteten!
Een Sinn kam, fich außerordentliche Kräfte
anzumaafen: daß alfo auch eitı dem Menſchen na⸗
türlicher Aberglaube , und nicht Betrug bie "erfle
Urfade ber Entftehung von Zauberern war.
Allem Vermnthen nad waren diejenigen,
welche man zuerſt zu Vertrauten ber Goͤtter erhob,
eben ſo feſt, als ihre Landsleute oder Zeitgenoſſen,
berzeugt, daß fie wirklich von höheren Naturen
beſeſſen, und. getrieben wuͤrden: daß fie beſonders
+
- alled das wirklich empfänden, erführen, und thä«
X
ten,
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) Cranz S. 268. 270.
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{nem diefer Kran⸗ And “ a
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ten, was ihre zerrůttete Phautaſte hnen waͤhrend
ihrer Verzuͤckungen vorſpiegelte. Allein dieſe Ue⸗
„berzeugung feßte fie nicht gleich in Stand, dad zu.
%
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me aa —— von
N. *
leiſten, was man. von ihnen erwartete, ober ver⸗
langte: naͤmlich zu jeder Zeit in Verzuckungen zu
‚fallen, Rranfheiten zu heilen, verborgene Diuge
gu entdecken, Eünftige vorher zu Jagen, gute Götz
ten und Geiſter herbeyzurufen, böfe zu vertreiben,
ober zu vernichten, a. f. w. So bald die erfien
- Bertrauten der Götter ben Verſuch machten, auf
bdbie Bitten von, Anderen die Wundergaben, welde
man ihren, und auch, fie ſelbſt fih zufzauten , auds
zuuͤben; fo mußten fie. —— a ober Pr:
JlbE mußten, daß.
geben , wovon ſie
fen, als ſie ea pon ——— —————
und ber Betrug geſellte ſich alſo u zrirs
Nlichen Aberglauben in eben de
lchem das Zaubern, und —— Su
be wurde, Der allgemeine Betrug ber. angebs
ichen Zauberer ift unverkennbar in der Art, wie
fe ſich zu ihren Verzuͤckungen vorbereiten: in ih⸗
vom Beschmen während ber Verzuͤckungen: in
ben Gauckeleyhen, welche fie damit verbinden: in |
deu Ornat, ober der Zauberrüftung, melde fie
‚anlegen: in ihrer Methode, "Krankheiten und
ESchaͤden zu heilen: in ihren MWahrfagungen fo
jr
wohl, als in ben Erzaͤhlungen deſſen, was ihnen
‚ während ihrer Ekſtaſen begegnet ſey: in dem Bun⸗
de, welchen fie unter vielen Völkern mit einander.
geſchloſſen haben, fo wie in den Prüfungen ‚und
Einweihungen, welche fie mit ihren Juͤngera, und
künftigen Amtsgehülfen vornehmen. . Die Zaube⸗
ser aller Völker, und Zeiten waren, und find eins _
- ander in ihren Küuften fo auffallend ähnlich, daß
man
N
— — 491
man ‚zu glauben verſucht wird, fie ſeyen aus einer
gemeinfhaftlihen Schule ausgegangen, ober von
gemeinfchaftlichen Lehrern unterridytet werben. Diefe
allerdings vermundernsiwäurbige Aehrlichkeit beweist
weiter nichts, als daß ähnliche Sagen und Abfich⸗
ten ähnliche Handlungsarten veranlaſſen.
-: Man hielt die erſten Zauberer für. Vertraute
ber Götter, weil fie zu gewiſſen Zeiten in Zücuns
gen und Verzuͤckungen fielen, oder gefallen waren.
Sp lange ſolche epileptifche Perfonen die Natur .
allein malten ließen; fo konnten fie die Unwands .
lungen ihrer Krankheit eben fo wenig herbeyrufee,
als zuräc halten. Weil man aber allenthalben
vorausſetzte, dag epileptifhe Männer and ‘Weiber
nur in ben Zeiten wirklicher Kuckungen und Ver⸗
zuckungen mit ber Gottheit erfüllt feyen, ober übers
natürliche Kraͤfte befüßen; und ſolche Zufälle ſich
“nicht gerade alabann. einftellten, wenn man fie um
Kath und Hülfe aufprah; fo wurden die Einen
und bie. Anderen bald genoͤthigt, ber Natur zu
Huͤlfe zu kommen, und das: gu erfänfteln, was
die Natur ſelbſt nicht geb. Man kann auf eine
gereiffe Art fagen, daß bie Natur felbft die Mit⸗
gel, oder Künfte anwies, womit man fie nachäffen
oder ihre Gebrechen und Aeußerungen hervorrufen
Ed
.
— ——
.
RVW
koͤnne. Dieſe Mittel waren heftige Verdrehungen /
bed Eörpers, heftiges Springen und Tamen, hef⸗
tiges Schreyen und Srüllen jo lange fortgefeßt, -
bis die Sinne vergingen, ber Nund ſchoͤumte, und,
der erfhöpfte Coͤrper in finnlofe Betäubung, ober _
in wirkliche Convulſionen dahln fand, Wie ma
tuͤrlich dieſe Mittel feyen, Verzuckungen zu er:
kuͤnſteln, erhellet allein daher, daß fie .
u F | anus
—
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bis des Getroffene die ſchrecklichſten Convulſionen
49? | — —
Zauberern aller Voͤlker gebraucht wurden, und
noch gebraucht werden. Die Jongleurs fo wohhl
. im nördlichen, als im fühliden America verdre⸗
.
. .
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hen den Coͤrper fo fürchterlich, und erheben fo gräßs
liche Geſchreys, daß fie nicht bloß die Zuſchauer
mit Entſetzen erfuͤllen 9), ſondern ſelbſt denen in
einiger Eutfernung zuhoͤrenden Weibern und Kin⸗
dern Convulſionen zuziehen nr). Bey Einigen tritt
‘bie epileptiſche Verzuckung früher, ‚oder leichter,
bey Anderen ſpaͤter ein. Carver war Zeuge, daß
ein aͤlteres Mitglied der ſo genannten Seſellſchaft
des Geiſtes si einen jungen Mann, der aufgenom⸗
‚men werben follte, blog mit-einer Bohne, - ober
‚mit etwas warf, mas durch Farbe und Form einer
Bohne glih. In dem Angenblicde, we der Wurf
geſchah, fiel der junge Mann ploͤtzlich zu Boden,
ald wenn er todtgefchoffen waͤre y. Es dauerte
lang, bis ber Erftarrete nach den ftärkften Rei:
bangen, und felbft Schlägen wieder zu fi kam.
Auch kehrte das Bewußtſeyn nicht eher zuruͤck, als
aus
9) Charlevoix Journal p. 361. 362. ... on les y
“ voit entrer dans des «onvullions, et des euthon-
': fiasmes, prendre des tons de voix, et faire des
= actions, qui paroiflent au- dellus. des forcasjhu-
maines, et qui infpirent aux fpeetateurs les
plus prevenus contre leurs impoltures une bor-
reur, et un laiſſiſſement, dont ile ne [ent pas
les muitres. . Rue
r) Leri p, 2402-47. 298.
0) Pe-978, Ihe friendly ſociety of the ſpirit. RL
t) p 274... be inftanty fell ss motipnlils, as -
if he bad been [bot, |
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'
ausgeftanden hatte. Diejenigen, Zauberer, welde
die Verzuckungen befchleunigen wollen, trinken ent⸗
. weder Tabacksſaft, ober entEräften fi vorher '.
durch Dampfbäber, welche nus urfprüngliche Ame⸗
| sicaner aushalten können n).: Die Verzuͤckungen,
denen bie Zauberer fi überlaffen mäßen, find fo
ermattend, dag manche fi) ungern dazu verfichen,
wenn man fie auch noch fo gut bezahlen will x). .
Die Schamanen in Sibirien y) und bie Fetifchirer
in Afrika 2) bereiten fih durch ähnlihe Sprünge
und Geſchreys zu Verzuckungen vor, wie bie “Sons
gleurd in America. Gelbfi-der ältere Gmelin
konnte kaum begreifen, wie .einige Zauberer, de⸗
sen Schamanereyen er beywohnte, die ungeheuren
Anftrengungen, welche fie fidy gaben, auszuhalten
vermoͤchten a). Die häufigen Verzuͤckungen greis
fen den ganzen Eörper, befonderd.bie Augen bey
Sibirifhen Schamanen fo fehr an, daß Mande
daruͤber dad Geſicht verlieren. Selbſt diefe Blind
heit ift ein nener Grund, wodurch bad Anſehen
von Schamanen vermehrt wird 6). Ginige Schar
. nianen trinken ein Deesct von Fliegenſchwaͤmmen,
oder den Urin von Perfonen, bie fi durch Flie⸗
geuſchwaͤmme betäubt hatten, um deſto geſchwin⸗
der -
u) Charlevoix ], e.
x) ib. p. 360,
7) Georgis Dr S. 330. 377. 78.. Emelin’s
Reifen 1 225. 397. 398. Jobrand in den Voyages.
au Nord VII, 56. 57 p. N
=) Römse 6. 57. Bosmann ©. 260,
| e) II. 363. Ä |
6) Georgi l.e.
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— 8 N ⸗
494 — — —
der in Verzuckurgen zu fatlen 9. Die Ferifäte
ver bereiten einen Trank, melden fie entweder
Schwörenden bey der Ablegung von Eiden, oder
denen, welche wegen ſchaͤdlicher Zauberey verdaͤch⸗
tig find, als eine Gottchprobe zu trinken geben d).
Wahrſchelnlich nehmen fie eben biefen betaͤnbenden
Trank zu Hülfe, wenn fie fürdten, daß die Wers
zuckungen, in welche fie übergehen, zu lange and:
bleiben koͤnnten.
Wenn auch der Aberglaube des Volks hin
und wieder, wie in Patagonien ‚ bie Vertrauten
der Götter nöthigte, ſich durch eine befondere Tracht
auszuzeichnen; fo ift Doch zugleich unläugbar, daß
ber Zauber : Demat, oder die Rauker : Ruͤſtung,
welchen bie Vertrauten ber Götter in allen Thetz
len ber Erbe bloß zur Zeit ihrer Operationen ans
legen, abfichtlich. gewählt worden, um die Sinne
‚ ber Umftehenden zu rühren, und fie defto mehr
mit Graufen zu erfüllen. Die Zauber: Rüftung
| befteht faft durchgehende in Zauber » Mänteln und
_ Bauber » Trommeln. Im: öftlicdien Aſten find bie
Kamtſchadaliſchen Schamanen und Schamaninnen
“bie einzigen, die ihr Gewerbe, ohne Mäntel‘ und
Trommel treiben e). Unter allen übrigen Sibis
riſchen Völkern tragen die Schamanen und Scha⸗
maninnen während ihrer Amts-Verrichtungen Zau⸗
bermaͤntel und Zaubertrommel, ober doch flatt der
legten, br v5 lange mit Soͤten behangene Si
7;
e) Georgi ©. 329. Benioweky I, 286 p-
d) Proiart I. 3276,
*) Weller ©, 277.
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— — Du ⏑ GE
.
D
5 Georgi Veſchr. ©. 378. Gmelin I. ag, -
.. N). Geongil.c. und ©, 13. und Gmelin H 49.
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—
— 40
be, auch Heine Fahnen und Pferdeſchweife f). Die
Trommeln find eyförmige Siehe oder, Schachteln
von derfchiehener, Größe, nur an einer Seite mit
einem Felle beſpannt. Meiftens ift dad Fell, oft
auch der Rand der Trommel mit allerley Figu⸗
ren bemahlt, fo wie das Innere berfelken, burdj
welches eine Stange geht, mit Gößen und anderem
Klimperwerk behangen. Die hölzernen Schlegel,
womit die Trommeln gerührt werden, find mit
einem Haaſen- oder‘ anderem Fell überzogen, und _
bisweilen noch mit einigen Zinken, oder Hoͤrnern
geziert. Der wahre Zweck ded Gebrauchs der
-. Trommeln, beym Zaubern war die phnfifihe betaͤu⸗
bende Wirkung, melde das dumpfe Geröfe dieſer
Änfteumente hervorbrachte. Won biefem wahren
Zwecke find die angeblichen Abfichten der Trom⸗
meln und des Xrommelnd ganz verfdieden, Die
Schamanen und Schamaninnen geben vor, daß
die Götter, oder Geifter das Gersufd der Trom⸗
‚mel lieben, und daß man fie nur durch dad Ruͤh⸗
ren ber Trommel, oder wenigſtens leichter, als
font, herbenrufen könne g). Sie trommeln alfo
auch defto flärfer, ‚je länger die Götter, oder Geiz
Be ſter aushleiben: das heißt, je länger ſich ihre Wers
zudlungen verzögern. Eine andere angebliche Abs
fihe des Gebrauchs der Trommel iſt das Mad:
fagen von vergangenen, und das Morherfagen von
künftigen Dingen. Wenn man die Schamanen
der Lappen und anderer Heiden in Sibirien uͤber
vergangene, ober künftige Dinge frägt; fu legen
fie einen Ring auf die Zaubertrommel, thun eine
ge⸗
—
._ — — — —
496 mu | |
' gewiffe Anzahl von Schlägen auf dieſes Inſtru⸗
ment, and geben Acht, auf welchem Bilde der
bemahlten Trommel der hüpfende Ding liegen
bleibt. Jedes Bild hat ihrem Vorgeben nad
feine eigene Bedeutung. Da die Bedeutungen
. bee Bilder nur ihnen befannt find, fo koͤnncen fie
‚ihre Antworten jimmer nad) Belieben einrichten.
Die Teleutifhen, Sajaniſchen und Abinziſchen Weis
- fen werfen etwa vierzig Stäbe auf die Zaubers
srommel, und beurtheilen dann aus ber Sage, ober
bem Fall der Stäbe, was zu thun fey 4). Nur
unter ben Karfchinzifchen ‚Tataren find bie Zaus
bermäntel aus Kitaika, ober einen baummollenen
Chinefifhen Zeuge s). Der zarte Stoff biefer
Maͤntel verträgt ‚Beine ſchwere Verzierungen, und
beßwegen behängt man fie bloß mit leichten Fetzen
und Muſcheln. Unter den übrigen Sibirifchen Vol⸗
Fern find die Zaubermäntel, welche meiftens bie
auf die Füße herabgehen, von Leber.
Diefe Iebernen Zaubermäntel find mit mans
cherley Inſtrumenten, und anderem Geräth aus
Eifen, feltener aus Meffing, mit den Köpfen,
‚Klauen und Häuten von alleriey Thieren, vor⸗
züglidy mit Adlersklauen und Schlangenhäuten mehr -
bedeckt, als befeßt A). Die Schamanen ; —
| — pe
A) Beorgi's Belchreib. S. 395.
. 3) Smelin III. Vorrede ©. 6,
‚k) Beorgi’s Belchr. 377 S. Isbrand 1, e. p. 66.
Gmelins Rei. 1..397. 99. IL 83. Sch ſchreibe
wur folgende Worte von Isbrand ab: C’eteit une
forte de eafaque garnie de figures de fer pen-
dantes, qui reprelentgient toutes. fortos d’oi- ·
eau2,
ı 5,
EEE EEE
X
+ I
— — 407
—hhaben ein ſolches Gewicht, daß ein ſtarker Mann
fie nur kaum, ober auch gar nicht mit ber Hand
aufheben ann ). Sie erregen bey den gewal⸗
tigen Sprüngen, melde die Schamanen und Ciba:
maninnen maden, ein fo furchtbares Gepraffel,
bag man, wie Ömelin fagt, alauben follte, einen
mit Ketten und Banden gefeffelten Teufel vor ſich
zu fehen m). Zu den Mänteln gehören leberne-
‚Bauberftiefeln und Zaubermüßen, ſehr oft auh _
Zauberhandſchuhe. Die Stiefeln haben ähnliche,
Anhängjel, wie die Mäntel. Die hohen Mügen
find wenigſtens mit Eulen, und Adlersfedern, ſehr
oft mit Schlangenhäuten und gräßlichen Hirſch⸗
artigen Hoͤrnern geſchmuͤckt y). Jsbrand fah
- einen Schaman, deſſen Handſchuhe zwey Baͤren
vorſtellten. Selbſt die abentheuerlichſten Schama⸗
nen in Sibirien muͤſſen den Thibetaniſchen Zaube⸗
rern, ober Cickhings weichen 0). Die Cickhiongs
werfen zuerft über ihre gewöhnliche Kleidung eineri
Zn | - les,
feaux, de poillons, de b£tes feroces; des fle-
ches, des [cies, des marteaux, des fabres, des
maflues, et g&neralement tous les objets ef-
frayans, qu’on peut imaginer. Nur nuter einie
gen Mationen ſind die ledernen Amtskleider ber
Schamanen kürzer; oder fie beftehen bIoß in den
gewöhnlichen Kleidungsſtuͤcken, die beym Zaubern
mit Sehen von Pelzwerk und anderen Lumpen, auch mit
Goͤtzen und Schellen behangen werden. Georgi l, c.
3) Jebrand und Gmelin Il, cc.
m) 1. 398.
n) U, cc,
0o) Alphab, Thibes, p. 243. 244.
Ji
A .
u 4 5
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—
ledernen Rock von’ grüner, ober blauer Farbe,
dem allerley goldene Zierrathen eingedruͤckt ſind;
und ziehen dann einen weiten, aus Seide koſtbar
—
gewirkten Mantel an. An dieſem Mantel haͤn⸗
gen oberhalb und unterhalb der Schulter vier Slüs -
gel, oter Streifen herab, bie über und über ftark
mit Federn befeßt, und an den Rändern mit Ads
lersfedern verbrämt find. Die Muͤtze befteht aus
fünf Menſchenſchedeln. Der oberfie diefer Schäs
bel ift mir einer Löwenhaut ummunben, welde
mit goldenen Schnüren befeftigt, und mit Hahnen⸗
federn beſteckt wird. . Ueber ber Muͤtze ragt ein
Schirm hervor, deſſen Spiße einen goldenen Kreis.
bildet, und theild Buͤſchel Von Adlerfedern, theils
vier Bleinere, vorn und hinten herabflatternde Fluͤ⸗
. gel, oder Streifen in fidy ſchließt. Auf der Bruft
der Eickhiongs glänzt vor allen Dingen ein goldes
ned, mit Zauber: Charactern befchriebened Blech.
Unter dem Bleche erblickt man ‚fünf Streifen ton
.. verfihledenen Farben, nebft einem weiffen Schleier,
der bis auf die Knie herabgeht. Mit alle dieſem
magifehen Prunfe, zu welchem noch ein Zauber
Inſtrument, Torceh, in ber Rechten hinzukommt,
den, Was fie von diefen Waffen ergreifen, wers
bewegen fidy die Thibetaniſchen Zauberer fo leicht,
ald wenn fie vom Winde getragen, ober. getrie
ben wuͤrden. Sie tanzen, heulen, fehreien und
fhäumen, mie ihre Brüder in Sibirien y)). In
ſolchen Anfaͤllen von Wuth greifen fie, von Zeit
zu Zeit in Kaͤſtchen, die mit Eleinen Dolden und
Lanzen angefüllt find, und ihnen nachgetragen wers
fen
pP) l.c. Saltitat, torguetur in ommes partes, fre
mit, furit, Aridet, ululat, etc, | l
x
‘ L ! u.
- -_
.
Las)
— — 0.49
fen ſie e unter die Menge. Diejenigen, welche ver⸗
wundet werden, muͤſſen ſich vor den Raſenden bis
zur Erde neigen, damit die Zauberer ihr Haupt
niedertreten koͤnnen. In eben ben Abſichten, in
welchen ſich die Sibiriſchen und Thibetaniſchen
Schamanen auf die befchriebene Art ausftaffiren,
werfen die Zauberer unter den Gagern und andes.
ren Megers Völkern in Afrika 4) ben ihren Oper
rationen Haͤute von Löwen und Tigern um, ober
fdymieren ſich das Geſicht mit weiffer, und den
übrigen Cörper mit anderen Farben, oder beftreuen
ben ganzen, vorher mit 'einem Leim überzogenen
Leib mit Federn, nachdem fie die Stirn vorber
Mit großen Hörnern geſchmuͤckt haben. Biswei⸗
len behängen ſich die Zetifchirer mit kleinen Schel⸗
len, oder mit den Köpfen, Klauen und Fluͤgeln
von allerley Wögeln, oder mit Trommeln, Wafs
fen und Hörnern, oder mit Kräutern, Zweigen
und Wurzeln; In der neuen Welt ‚gehören vie
Bewohner von Californien, von Braſilien, und
bder Erdenge Darien zu ben roheſten Wilden.
Selbſt die Zanberer diefer Wilten machten bie.
Entdeckung, dag man burdy dad Ruͤhren von Trom⸗
meln, oder durch das Schuͤtteln von Calebaffen,
welche kleine Steine und ‘Bohnen enthalten, ober
durch Das Aneinanderfchlagen von Knochen, bes
fonders durch das Anlegen von Zaubermöänteln bie
Sinne des großen Haufens erfhüttern, und. fie
dadurch gleidhfam im Glauben an bie Zauberer und
5 ihre Dperationen, oder Rathſchlage ſtaͤrken koͤnne —
/
g) Cavazzi II. 183. 196, 25.
r)- Beger S. 142. 159. 165. Leri pP: 248. . 4. *
Waier Pa 170,
ts. >.
Die Zaubermäntel in Californien waren and laus
ter Menfhenhaaren mit gräßtiger Kunft zufams
| mengenaͤhzet.
Auch das ganze übtige Benehmen ber Zauberer. '
fo wohl kurz vor, als in den Verzuckungen bietet neue
Beweiſe dar, daß bie angeblihen Vertrauten ber
Götter in den erkänftelten Ekſtaſen ihr volles
Bewußtſeyn behalten, oder nur auf kurze Zeit
verlieren: baß fie. eben deßwegen fehr wohl wiſſen,
was fie tun, und daß fie nicht ſowohl getäufchte,
als vorfeßlihe "Betrüger find. Die Schamanen
und Schamaninnen in Sibirien machen ohne Aude
nahme ihre Dperativnen bloß bey Naht, meis
ſtens in Jurten, die bloß von einem Iobernden
Feuer erleuchtet werden, oder auf Vorhöfen, auf
welchen man Feuer angezündet hat. Die ſchwache
Erleuchtung eined brennenden Feuers in ſonſt fin⸗
fteren Wohnungen reicht hin, um die Bewegun⸗
gen der Schauſpieler bemerklich, nicht aber, um
fie, und die fie umgebenden Gegenſtaͤnde genau
beobachten zu machen s). Viele Schamanen in
Sibirien neben ſich nicht einmahl die Mühe, in
eine fcheinbare Verzuͤckung zu fallen; fondern
ihre Zauberey befteht bloß in Spruͤngen und ans
deren Kontorfionen, in Gefhreys, Pfeifen u.
em tb) Wenn fie ed aber bis zu Verzuͤckungen
kommen laflen, fo find biefe wahrſcheinlich mei⸗
ſtens verſtellt. Auch in den Fällen, wo fie nicht
verftellt find, hört ber Betrug nur mit dem leßs
ten Yugebiie bes verſchwindenden Bewußtſeyns
. auf,
H GSeorgi und Gmelin Il. cc.
w >) Gmelin I, 285. 397. 98, II, 149 ©,
v
.. . ‚ ! v
. BR Du 301
1)
auf,.und fängt gleich wieder mit den erften Aus
genblicken des wiederkehrenden Bewußtſeyns an.
Die Schamanen und Schamaniunen ahmen die
—Geſchreys von allerley Thieren, von Bären’ und“
Achſen, von Katzen, Hunden u. f.w. nad. Ja
“ fie geben vor, ſich mit Göttern ober Geiftern zw:
unterreden, und zeigen oder fpringen gegen bie
Seiten hin, wo bie einen, oder bie anderen fi
. finden follen u). Unter alle diefe Gaukeleyen
mifchen fie. wahre Zafchenfpielerfünfte, Sie was
{hen fih mit Feuer, gehen über glühende Kobs
len, und ftoßen ſich Pfeile, oder auch Meſſer in
ben Leib x). Bey dem Feuerwafchen wiſſen fie
- Kohlen und Aſche fo fehnell von einander zu fons
bern, baß fie fih nur mit der letztern, und nicht
mit ben-erfteren reiben. Das Saufen über Koha
len ift ganz gefahrlos für die Schamanen, weil
fie durch das heftige Springen, und durch das
häufige WBarfußgeben eine fo harte Schwarte an
den Fußfohlen erhalten, baß kurze Berührungen:
von brennenden Kohlen ihnen nichts anhaben koͤn⸗
nen y). Dad Stechen eines Pfeils, oder Mefferd
in den $etb machen fie fo wenig geſchickt, daß nur
ſtupide Wilde dadurch getämfcht werben koͤnnen.
Da eine Jakutiſche Schamaninn merkte, daß fie
ben berühmten Bmelin, und deſſen Retfegefährs
ten Muͤller nicht hintergehen koͤnne; fo flach fie
ſich wirklich fo ernſtlich in den Leib, daß das Net
her⸗
u) Gmelin II. 194. 494. 98. |
=) Smelin 11, 87. Vorrede des 3 Th. S. 7. und
III. 78. j
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hervordrang. Sie ſchnitt das hervorgetretene
Stuͤck des Netzes ab, briet es auf Kohlen und
fraß ed auf. Die Wunde. bedeckte fie mit. einem
Pflaſter aus dem Marze bes Lerchenbaums, und
verband fie dann mit Virkenrinde, und anderen
Lumpen 2).
In America ſind, ſo viel ich weiß, die (den
che erwähnten Meitalieber einer Geſellſchaft
des Geiſtes die ninzigen Beſitzer höheren Gaben,
welche ihre wundervollen Verrichtungen. bey hellem
Taae vornehmen. Sn diefer Gefellfihaft iſt es fo
gar Negel, daß fie nie anders, als ben hellem
Zuge, und hriterem Himmel zufommen kommt a). .
Freylich beft: ben die Dperationen diefed Bundes
bloß darin, daß derjenige, welcher einen Candida⸗
ten onfnimmt, ſich ſelbſt in Convulſionen verfeßt,
und bag der Candidat, wenn er don einer Bohne
getroffen werden, fo gleich ohne Bewegung zu Ber
ben fällt. Im ganzen übrigen America jongliven
: bie Zauberer nur bey Nacht, entweder in ganz
S
dunklen, oder. in ſchwach erleuchteten Hätten, un)
Zelten.b). . Die Angekoks in Grönland behaupten,
daß fie nur in 2 erbſt s und Winternaͤchten, nie
aber bey Tage in: den Himmel fahren Fönnen.
Wenn fie eine foldye Fahrt antreten wollen, fo laſ⸗
fen fie fih am Eingange eines Hauſes von ihren
Schülern’ den Kopf. zwiſchen die Beine, unb bie
Haͤnde auf den Mücken binden, alle Lampen aus⸗
loͤſchen,
2) II. 494. 95. 1. c. | u x
#) Carver p, 97%
5, Von den Grönländern, Eranz 1, c, Von ben
Wilden in Guiana, Biet 387 p.
Lan u SE Ve ⏑—————
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EEE — „DEE
—6 Fin Tanne. ER EL GE 0——
[2
I
trommelt, und erzaͤhlt dann, was er r geſchen, und
ge⸗
—
⸗
loſchen, und ſelbſt Die Fenſter behängen, inbem
Niemand den vertranten Umgang eines Angekoks
mit ſeinem Geiſte ſehen, Niemand ſich ruͤhren, ja
nicht einmaht ben Kopf kratzen Darf, damit bet
Geiſt nicht gehindert, oder verſcheucht werde. Der
gebundene Angekok ſingt zuerſt einen Geſang, wel⸗
hen alle Anweſende mitſingen, fängt dann allmaͤh⸗
lich an, zu fenfgen, zu ſchnauben, und zu ſchaͤu⸗
men, und fordert feinen Geiſt Iinmer- dringender
auf, daß er kommen möge: Wenn der Geiſt zoͤ⸗
gert, ſo faͤhrt die Seele des Angekoks ans, um
ibn zu hohlen. Waͤhrend der Abweſenheit ber
Seele liegt der. Eötper des Angekoks, wie tobt, -
da. Nach einer Meinen Weile kommt ‚die Seele
wieder. Der Angekok erhebt ein lautes Freudens _ |
Gefchren ; "and nian hoͤrt: ein Geräufch, ale wenn
‘ einige Wögel:erft uͤber dem Dache, und dann inner;
halb. deffelben umherflatterten. Dierauf befpricht
fi der Angekok mit feinem Gotte, uber Torugak
‘über das, was die Groͤnlaͤnder zu wiſſen verlan⸗
gen. Man vernimmt deutlich zwey“ verſchiedene
Stimmen, die Eine im Imern, Lie andere am
Eingange ded Houſes, wo ſich der Augekok findet.
Die Antworten des Torngak fird meiſtens dunkel,
‚ ober zweydeutig: vorzuͤglich, wenn ſich ein anderer
Torngak, ale der, welder vom Angekok gerufen
worben, eingeſtellt hat. Bisweilen macht der Ans
gekok mit feinem Torngak eine zweyte Meife in das
Land ber Seelen, ober nach ben Oertern ber Quaal.
Auch dieſe Metfen dauern: nur eine kurze Zeit. Der
Angekok, der ſich unterdeſſen losgemacht hat, ober
durch ſcinen Juͤnger losgebunden worden iſt, erhebt
abermahls ein graͤßliches Geſchrey, ſchaͤumt und
+
\r
‚ -
!
aehoͤrt als 86 gibt unter den Angekoks Grabe,
Wenn Einer die hoͤchſte Würde erlangen will, fo
gibt er fein Geſuch in einem dunkeln Hauſe dem
Gotte Torugazfuk fingend, und trommelnd zu exs
kennen. Wird die. Bitte erhört, fo. kommt ein
weiſſer Bär, fchleppt den Angekok in die See, und
verzehrt ihn mit Huͤlfe eines Wallroſſes. Beyde
Thiere ſpeien aber bald nachher ihren Fraß an eben
der Stelle, von welcher der Baͤr den Angekok weg⸗
gehoͤhlt hatte, wieder and. Der Geiſt des Ange⸗
kols ſteigt gleichfalls wieder aus der Erbe hervor,
und belebt die Krochen von neuem: durch welche
Auferſtehung die bobe Wuͤrde des 6 Argekots vollen⸗
det wird *
Auch die Zauberer in Merieo j “und Gniana
lichten und lieben bry.ihren Operationen. bie tieffle
Nacht, . oder eine ganz unerleuchtete - Finfterniß.
Wenn man die Jongleurs in Dierico am die Ents
wender von perlohrnen Dingen fragte; fo antwor⸗
teten fie nicht eher, als bis fie fid mit ihrem
Schutzgeiſte unterredet hatten, Dieß gefchah an eis
vem dunkeln Orte. Man hörte mehrere Stim⸗
men,. allein man virſtand nicht, was gefprocden
wurde d). In Guiana loͤſchen die Piayen vor ihr. -
ren Unterredungen mit Goͤttern, und Geiſtern nicht
pur alles Feuer und Licht in ben Haͤuſern aus, in
. "welchen fie fich ſelbſt aufhalten, ſondern fig errich⸗
ten auch ein Pleines Zelt für den Gott, ober Geiſt,
der ba kommen fol. Um den Gott herbey zu zies
bin, leuſen ſie mit Calebaſſen, welche kleine Siei⸗
n4
e) Cranz 268 71 ©.
4) V.26, 245. Acofla,
—
— —— — 605
ne enthalten, nuud mit Heinen Schellen um die
Hütte her, rufen den Gott mit heftigem Geſchrey,
und ſtampfen mit ben Füßen auf die Erbe. Nur
fie allein fehen ed, wenn ber Gott fi eingeftellt
hat. Auch Untere aber tönnen bie helle Stimme
hören, womit der Gott antwortet. Sie geben
vor, daß fie bisweilen Yon dem gerufenen Gotte
ſtark gefehlagen werben. Ein neued Verdienſt in
den Augen derer, zu deren Beſten ſie ſich ſolche
Mißhandlungen gefallen laſſen 5)!
Unter den Zauberern der Neger behaupten
Einige, daß die Götter oder Geiſter, welche ſie
anrufen, in ihren Leib fahren, ſie in Verzuckun⸗
gen ſetzen, und waͤhrend bieſer Verzuͤckungen aus
ihnen’ reden. f). Andere faffen bie Götter, oder
Geiſter zwar nicht ſichtbar, aber hoͤrbar erſcheinen,
und nech viel ſtaͤrkere Dinge verrichten, als die
Sibiriſchen Schamanen, und die Americaniſchen
Jongleurs ihren Göttern, und Geiftern zuzumu⸗
then wagen g). Die Exfleren, welche Götter unb
Geiſter in ſich felbft aufnehmen, und dann tim
rahmen derfelben reden, haben nicht nöthig, ſich
fo fehe zu beobachten, als biejenigen, die ihre Goͤt⸗
er und: Geifter in eigener Perſon erfcheinen, reden
and handeln laſſen. Die Singhilis der Gager,
N
usid. anderer größeren Dieger » Bölker brauchen weis
ter nichts, als füh in Berzuͤckungen zu verſetn
0) Biet p. 387.
—
| fr & die Einghilis unter den Gagern, in Mataw⸗
"da, und anderen größeren Reichen, Cavazai ll.
\ 538» 936 P.
e) Remer ©. 49⸗ 5%
‘
‘
-
en DE OR.
aud darin im Nahmen des Gottes oder Geiſtes, ber.
fie erfüllt, zu fagen, ‚was ihnen gut dünft. Da
ditſe Singhilis mitten unter den fürcterlicften
\ “
-
t,
..r
6 J .. v
30 - 6— nd \
- - . . _ _
Berdrehungen, oder. Convulſionen lange Reden
alten; ſo iſt es einleuchtend, daß ſolche Convuls .
ſionen nur erkuͤnſtelt, oder fimulirt find A). Die
Fetiſchirer an ver Küfte von Guinea machen es alle
- Zuhre feierfid) Fund, an welchem Tage, ober viel⸗
mehr in welcher Nacht der Gott. Giemawong In ber
ihm gewidmeten Hätte exfcheinen werde, - Viele
Zaufende von Megern kommen zu- der beflimmten
Deit zuſammen, uud. lagern ſich andaͤchtig um die
Huͤtte her. Der Gott ſtellt ſich gemeiniglich Mor⸗
gend um drey Uhr ein. Bey feiner Annäherung
Hört men in der. Luft ein Geraͤuſch, dad dem Ger
ſchrey ver. wilden Gänfe aͤhnlich iſt; und bey dem
Herabſteigen in vie Huͤtte erbebt fo. wohl: diefe, als
die Erde weit umher. Auf die eben: berährten
Zeichen fallen alle Unmefende anbetend anf ihr Ge⸗
fit, und begründen ben Bott, indem fie leiſe in
Pie Hände ſchlagen. ‚Steh nad feiner Ankunft
- fängt Biemawong. an, laut zu, reden, die Guten,
und Frommen zu loben, den Gottloſen anb:Wöfen
Worwuͤrfe zu machen, oder ſie zu Sebrahen: ‚Der
goͤttliche Redner macht von Zeit zu Zeit Beine
Pauſen. Doch basern die abgebrochenen Reben
wenigſtens anderthalb Stuaben. Wenn der Gott
zu reden aufgehört hat.;. fo bieten die Neger, Ei⸗
ner nach dem andern, dem Fetiſchirer, der zunächft
an ber Thür fißt, ihre Dpfer an, die meiftens in.
Brantewein befiehen. Der. Gott Läßt ſich dieſe
Gaben fo wehl gefallen, daß man das gierige Trin:
h) Cavazzi ll, cc, | £ ind
fen
e
nn
\ u — , 607
Brantemein. auf einmuhl vertragen könne, als zwey
| bunbert Neger. Nachdem der Gott die bargebotes
win Gaben angenommen, und verzehrt hat; fo ent⸗
fernt er fih mit eben dem Geräufch, und demſelbi⸗
gen Erbeben der Erde, mit welchem er ſich herab⸗
Zeſenkt hatte; und hinterläßt einen von ihm. be⸗
geifterten Fetiſchirer, welchen bie Neger faſt chen
fo, wie den gegenwärtigen Bott verehren. Die
Fetifchirer. geben den Negern an dem Tage der Er⸗
ſcheinung des Gottes alle zwey Stunden ein Ges
faͤß voll Urin, der von dem Gott herruͤhren fol,
Die Neger tunfen mit der gröften Begierde die: Fin⸗
ger in den Urin, und fangen fir ab. Es wäre eiw
Wunder, wenn unter. Voͤlkern, die ſolche Dinge
glauben. und thun, mie hie Neger-in Guinea, nicht
| grobe Betrüger entflanden wären.
Dies auffallenbften Proben von Trug offenba⸗
ren ſich in deu Künften, wodurch die Zauberer als
ler Exhtheile Krankheiten, und Schäden heilen zu
koͤnnen vorgeben. ie leiten Krankheiten, und
Schaͤden. entweder unmittelbar Yon erzuͤrnten, ober
böfen Goͤttern ab; oder fie erklaͤren fie auch für
Wirkungen von Zauberwerken, welche boͤſe Men⸗
ſchen, als Vertraute böfes Götter, auf die Krans
Ten.gemesfen haben. Im erſten Fall fuchen fie bie.
göttlichen Urheber von Rrankheiten bald zu verſoͤh⸗
nen, bala mis Huͤlfe ihres Schußaottes zu vertrei⸗
: beny wohl gar zu vernichten. Wenn ein Jakute
ſehr krank ift 5), fo wenden fi die Angehörigen
| — bdes
9) Smelin II. 359. 360,
‚ Een. beſſelben vor der Thuͤr hoͤren Fan. Sin
Verehrer behaupten; daß Giemawong mehr
‘
N
u
\ ! '
08 ! . —
’ 0
bed Rranten an einen Schaman, um zu erfahren,
was geſchehen muͤſſe. Der Schanian antwortet ger
wöhnlih, daß bie. Krankheit. daher rühre, daß
ein böfer Gott die Seele des Kranken fchon geftohs
len habe. Der Kranke werde alfo unfehlbar ſter⸗
ben, wenn ber Dieb nicht bewegt werden Eönne, feis
nen Raub zurücdzugeben. Um nun den böfen Gott
beranszubringen, ber bie Geele des Kranken weg⸗
genommen hat, frägt der Schamian feinen Schuß«
geift in einer Verzuͤckung. Go bald er den Nah⸗
men des böfen Gottes Tennt, fo macht er Anftalt,
demſelben nachzureiſen, fordert aber und packt vor⸗
laͤufig die Gaben zuſammen, woburch er ſich mit
ben böfen Gotte abzufinden.hoft, Diefe Gaben
ehen der Regel nah in Pelzwerk. Wenn ber
| m Gott. gegen bie angebotenen Gaben die Seele
nicht ausliefern will, fo nimmt ber Schaman es
auf ſich, demſelben ein Pferd zu verfprechen. Die
Pferd: muß unfehlbar gefchlachtet werben, wenn
der Kranke feine Gefundheit - wieber erhält, —
Die Zauberer, und Zauberinnen ber Neger A), der.
Grönländer F), und anderer Americaner rathen
sen. Kranken, oder ihren Angehörigen ähnfiche
Berföhnungen bee Götter durch Opfer, und Ges
luͤbde an. Den Zauberern, welche erzürnte, ober
boͤſe Götter felbft verföhnen, ober gu oerföhnen
anrathen, wird ed am leichteften, ihr Anſehen zu
retten, wenn, Krankheiten einen übeln Ausgang
nehmen. Sie fügen aldbann, entweder daß bie
Gi bie Gaben verſchmaͤht oder vr file biefels
‚ben .
5 Romer S. 58.
h Cranzʒ l.e.
!
.,
-— — 517
Man hörte hierauf ein heftiges Raten, wie eines.
| gierig ? Senden, wirwohl die bargebrachten Opier
⸗
nicht beruͤhrt wurden. Wenige Augenblicke nach⸗
her Tieg der Gchußgeift mit eben dem Geraͤuſch,
mit welchem er ſelbſt gekommen war, einen zwey⸗
ten Geiſt, ben Schutzgott des kuͤnftigen Piaye
herabſteigen. So bald dieſer angelangt war, warf
fi der Einzumeihende demuͤthig zur Erbe, und
flebte unter den Verſprechungen des trenften Diens
ſtes, daß der Geift ihm gnaͤdig ſeyn, und feine
Huoͤlfe, ſo oft fie don noͤthen ſey, nicht verſagen
molle. Der angerufene Geift gab die tröftende
Antwort, daß er feinem neuen Elienten ſtets zur
Seite ſeyn, und ihm zu allen Zeiten, zu Wafler,
wie zu Lande ‚_ beuftehen werde, wenn der junge
Piaye ihm anders tren diene. Im entaegengefeßs
ten Fall werde er über fein unverföhnlichfter Feind
‚werden. — Mit diefen Worten verſchwanden
die Senden Schußgeifter, und nun liefen bie Umftes
henden eilig nad) dem Schauplatze der ‚soll endeten .
den Sünger ohne Bewegung auf der Pak liegend
fond.’ "Wenn die Fetiſchirer in Afrika, und die
Schamanen in Sibirien auch nicht in geſchloſſenen
Geſellſchaften vereinigt ſind, fo. nehmen fie. werigs
ftens Schüler an, und unterrichten diefe fin ihren.
Künften: Der Unterricht in den Zauberfünften
- wird aerabe unter den Mener : Bölfrn nicht um:
‚ fonft gegeben, unter welchen die Fetiſchirer, aleich
den Rongleurs und Piaven in der neuen Melt,
eine gefchloffene: Geſellſchaft ausmmachen 9.
Viele
;, IL’a20. Cavazai. Man ſehe ferner I. 294 p. ib
v
—
N
RB öä— — —
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en herauszubringen. Gewoͤhnlich fragen die Zau⸗
berer uͤber dieſe beyden wichtigen Puncte ihren
Schußtzgott in einer Verzuͤckung, und wenn fie den
Rath deſſelben/ eingehohlt haben, ſo blaſen fie ent⸗
weder den Kranken da an, wo das Zauberwerk ver⸗
borgen liegt, oder ſie ſaugen, reiben, oder druͤcken
dieſe Stelle ſo lange, bis es ihnen gelingt, das
Zauberwerk heraus zu ziehen, Das Zauberwerk,
welches fie ausſpucken, ober von ſich werfen, be
echt bald in Haaren, oder Städen von Fellen,
bald iñ Meinen Steinen, ober Hölzern, und Dors
nen, bald in Knochen, oder Schlangenzaͤhnen p),
Die meiften Jongleurs in America verbinden mit
"den Entzauberungen ber Krauken gemwiffe Arzney⸗
‚ mittel, ober fhreiben ihnen eine gewiſſe Lebensart
> Vor. Gtirbt der Kranke der Operationen bed Zaus
berers ungeachtet, fo heißt ed, daß der Verflors
bene bie Arzneymittel nicht recht gebraudt, oder
die angeordnete Lebensart nicht gehörig beobachtet
habe. Wenn fie befonders merken‘, daß es mit
einem Kranken zu Ende geht, fo machen fie ſolche
Vorſchriften, denen der Kranke unmoͤglich nachle⸗
ben kann. Sie fordern zum Beyſpiel, daß Einer
ſich, wie ein Verruͤckter geberden, oder daß er hef⸗
| tige
») Bon den ongleurd der Grönländer, Cranz 2705 '
74 der Californier, Beger S. 143. der Ylordames
ricanifben Wilden, Charlevoix 264- 268 Hen⸗
nepin in den Voy, au Nord V, 295. ver Natchez
Petit p. 86, in Neu: Andatufien, Coreal I. ı4r.
In Guiana, brfonderd unter ben Caraiben, Bier
p. 387. Gamilla II. 185. Du Tertre II, 366; 67.
In Brafilien, Leri p. 242 - 47,
Du
‚tige Tänze tanjen folle N) Es ift zu verwundern/
‚ daß die Heilung von Schäden und Krankheiten
durch das Herausziehen von Zauberwerken, die
über ganz America verbreitet iſt, van den Fetiſchi⸗
— rern in Afrika, und den Schamanen in Sibirien
felten, oder niemahls geübt- wird. Unterbeffen
brauchen die Aerzte der Neger annähernde Mittel,
die noch ungleich peinlicher, und gefährlicger, als
bie Saugereyen, Preffungen, und Reibungen der
Americaniſchen Jongleurs ſind. Die Neger s Aerzte
behaupten bey allen Krankheiten, bag die Urfache,
ober die Wurzel terfelben an einer beftimmten
Stelle des Coͤrpers, und zwar zwifchen dem Flei⸗
ſche, und der Haut verſteckt ſey: dag man alfo
auch die Krankheit heilen werde, wenn man bie .
Wurzel derfelben herausziehe, ober über den ganz
zen Cörper vertheilen Fönne. Um bas Eine, ober
das Ahdere zu erreichen, begießen fie die Kranken
zuerſt mit kaltem, ober lauem Waffer, reiben fie
dann vom Kopf biß zu Fuß mit Dehl ein, laſſen
fie ein Kraͤuterbad nehmen, und feßen fie endlich
ben brennenten Strahlen der. Sonne aus. Ans
derswo ummickeln fie die Kranken mit Fnotigen
Stricken, und Schnüren fo feft,. daß die Striche,
‚oder Schnüre in das Fleiſch einfchneiden. Sie
fangen dieſe Cinfhnürungen an der Bruſt und ben
Armen an, ruͤcken am Unterleibe und den Lenden
hexab, und feßen fie bis zu den Füßen fort, wenn
die
J 9) Charlevoix p. 368. Dis qu'ils voyent un Ma-
ladoe tourner a la mort, ils ne manquent jamais
de faire une ordonnauce, dont l'execntion efk
- . fidifficile, qu’ils ont A coup für leur recours
* fur ce, quelle n’a pas eté exactement fuivie,
‘ a
- .
.
—
512 — —
die Kranken fie anders fo fange anhalten Binnen,
Sehr oft aber find die Schmerzen, und Beſchwer⸗
ben bed Verbandes fo unerträglih, daß tie Krans
Ben Beſſerung vorgeben, um nur von ihren Striden,
und Schnuͤren frey zu werden
Die Zauberer der meiften Völker Übernehe
“men nicht bloß die Heilung von Krankheiten, ſon⸗
dern zühmen fih au, unguͤnſtige Witterung, Uns
glück auf der Jagd, auf dem Fifchfange, und im
Kriege abwenden, günftige Witterung, oder Glück
auf der Jagd, auf dem Fifehfange, und im Siriege
verfchaffen zu koͤnnen 5). Ich uͤbergehe bicfe Un:
maaßungen, um ihrer Mahrfagerenen, ihrer ges
ſchloſſenen Verbindungen ‚ ihrer Einweihungen,
und Prüfungen in ber Kürze zu erwaͤhnen.
Die Sibiriſchen Zauberer. wahrfagen nicht
bloß vermittelft ihrer Trommeln, ſondern auch
auf viele andere Arten. Einige werfen Bohnen.
Untere befhauen Waſſer, was fie in ein Gefäß
. gegoffen haben ty. Die Zungufifben Schamanen
beuten das Schwirren abgefheffener Pfeile, oder
bie Schwingungen gefpaunter Bogenfehnenu). Die
- Sakutifchen geben ben Fragenden eine Münze, oder
einen Ring in die Hand, und leſen dann bie vera
borgene Vergangenheit, oder Zukunft in den Zuͤ⸗
gen
r) Cavazzi L 471. 478.
9) Man ſ. alfe angeführte Schriftfteller.
e) Unter ben Ticheremiffen. Rytſchkows Tageb.
u . 9% ' -
u) Beorgi’s Beſchr. ©. 395.
. — — | 513
| gen der Sans; weiheöte Mönze,'. ober den. Ming
hält x): Die Kirgifen, und. Krasnobarskiſchen
Zataren wahrfagen aus den Kiffen und Flecken
von. Knochen, welche fie in das Feuer werfen, oder,
halten y), ‚eben fa zuverläffig, als die Hunnen des,
Attila daraus walrfagten 2). Wenn Europaͤer
bden Sibiriſchen Schamanen Fragen vorlegen, bie
dieſen verfaͤnglich ſcheinen; fo ſagen bie ſchlauen
Betruͤger entweder, daß ihr Schutzgeiſt jetzt nicht,
kommen wolle, oder daß das, was man wiſſen
möchte, zu entfernt ſey, als daß ihr Gott dahin
reifen, und Nachricht davon erhalten fönne 4).
Die Nordamericanifchen Jongleurs zerrieben Kob⸗
len von Cedern⸗Holz zu feinem Pulver, zuͤndeten J
den Kohlenſtaub an, und gaben Acht, welche
Richtungen das Fener nahm 6). Die Angekoks
iu Grönland bedienen ſich eines ganz einzigen Mit⸗
tels, um zu erfahren, ob ein Kranker genefen, oder.
ſterben werde. Sie ſchnallen dem Kranken einen
Riemen um den Kopf, und ſtecken durch den Ries.
men einen Sto ‚mit weldem fie ben Kopf bes,
Kranken balb. aufheben, bald fallen laſſen. Eh |
ber Kopf leicht, fp wird ber Kranke gefund.
entgegengeſetzten Fall ftirbt er. Auf eine Shulide
Art erforſchen fie, ob. Jemand, der nicht zu rechter.
Zeit zurickkeert auf der See umgekommen, ober
aRoch
| =) ib.
y) Georgi 3.994. Artfitowe —* S.“ 353.
2) Goguet I. P. II p. 322.
4) GSmelin 398 99: Negnard 16. ©,
b) Charleyoix P 30. . Ko
SR E ;
. 2
— TITTHM
—— — —
\ 1
‚ . )
2 ‘ fi ’ s
514 u: un N
uoch am Leben iſt. EU haben den Kopf Des uk
ſten Anverwandten auf, und ſehen zugleich m dw
. Gefäß mit Waller‘, wo ſich ihnen ber Abweſente
entweder aufrechtſitz end, ober ulrgefchüngen, unb
auf der Seite liegend darbietet ce). Es iſt kaum'
gu verzeihen, daß fo wohl in Sibirlen und Ame⸗
vica, als Mm Afrika 4) Europäer erfanden wer⸗
Ben, welche an die Wahtfagereyen und magiſchen
Kuaͤnſte dir Zauberer glauben, | |
Die Zanberer machten allenthalben einem be:
‚fondern Stand aus, der das Zaubern, Beſchwoͤ⸗
sen und MWahrfagen als ein Gewerbe trieb, und
6 für feine Bemühungen von einem Jebden, ber
fie anſprach, bejahlen ließ. Am reichlichſten wer:
Ben die Zauberer unter den größeren Völkern in
Afrika, dm maßigſten in Sibirien belohnt ).
Die Sibirifchen Shämanen würden nicht beſtehen
koͤnnen, wenn fie nicht neben Ihrem Zander, Ser
werbe auch noch die Jagd, ober ben Fifchfaug uͤb⸗
ken. Die Zauberer einiger Boͤlker haben Kine ei:
denthämlidye Sprache, die den Layen ganz, oder
groͤſtentheils unverſtaͤnblich iſt ). Allein Vermu⸗
then uach findet eine ſolche eigenthuͤmlicht Sprache
unter diel inehreren Voͤlkern Statt, als von wel⸗
- den eb ausdruͤcklich beinetkt worden., Man ſollie
bdenken, daß eine gewiſſe Zuſammenſtimmung in
den
«) Cranz 273 ©. u
d) Admer S. 80 uf, 6. Fer Er !
e) Cavazzi, und Georgi's VYeſchr. u. ec.
) Bon ven Fetiſchiren der Neger, RJoͤmer 1. q. von
den Angekoks der Grönläuder , ranz |, Bi und
Bifchof Egede S. 122 x a
un — 514
den‘ Zauber s unb Wahrſugungs⸗ Kuͤnſten zur. Gr⸗
haltung des gemeinſchaftlichen Auſehens der Zaus
berer noch nothwendiger wäre, «l& eine gemeine
fchaftliche geheime Sprade.. Um deſto fonderbas
rer ift ed, daß in mehreren Gegenden des ſuͤdli⸗
chen America die Zauberer, und Zauberinnen ein⸗
ander nicht nur häufig widerſprechen Nſondern auch
heftig mis einander zanken, ja fo gar ſich gegen⸗
ſeitig bis auf's Blut mißhandeln g). Unter meh:
reren Mationen bilden die Zauberer nicht bloß einen
abgefonderten Stand, ſondern einen geheimen Bund,
oder Orden, bes Fein neues Mitglied anerkennt,
bas nicht vorher eine Zeitlang geprüft, dann gehoͤ—⸗
sig umterrichtet, und nad) den erforderlichen Prüs
fungen, und Welehrungen feierlich aufgenommen
worden h). Die Prüfungen beftehen in langwie⸗
zigen Faften, in heftigen Taͤnzen oder Contorfiunen,
und indem häufigen Trinken von Tabacksſaft:
welche Prüfungen insgeſammt die Abficht haben,
‚De Anlagen zu eriiepefien Convulſionen, und
Ver⸗
), Die Bauberinnen unter den Abiponen, Dobrizbö.
. 84 und die Piayen unter den Caraiben.
Dr —* II. 368. S’il arrive, qu’ une perfonne
invite plufeurs Boyez, et gu’ils fallent venir
ehscun leur Dieu, c’eft pire, gqne la diablerie
de Chaumont; car ces diabies o entredilputent,
et ſe difent mille injures , et melme au dira’leg
Sauvages, s’entrebatent fi rndement, etc, .
A) Meber diefe Buͤndniſſe fo wohl im nördlichen, als
füdlichen Unserica , ſehe man Carver 1. c. Charle-
. — 363. du Tetre II. 367. 369. Biet ILL, IV.,
, 386. 387.. Lafiteau I. Fer 344. eng *
| BL Schriſten IE, 177. u.
gt:
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x Sit l N an u . » ,
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Verzoͤckungen zu. verſtaͤrten. Die Prüfungen, und
der damit Verbundene Unterricht dauern bisweilen
aur Ein Nahr , biöweilen mehrere, wohl gar zehn.
Fahre Die Earaibifgen Piayen nahmen vors
mahls nicht leicht einen Jünger als vollendeten
Zauberer auf, der nicht das fünf und dreyßigſte,
, ꝛder doch das dveyßigſte Jahr erreicht hatte. Wenn.
der Zeitpunet herannahte, wo ein altır Zaudrrer
einen biöherigen Jünger für würdig erk annte, fein
Geneſſe, vber Bruder zu werden; fo fhritt man-
zur Einweihung , die nirgends feierliher, ald un.
ter den Caraiben war. Die Einweihung geſchah
immer nur bey Nacht in einer bunfeln Hütte, in.
welche fich der Lehrer, und Juͤnger allein- begaben.
Die Uneingeweihten bliehen in kleineren, ober groͤ⸗
geren Entfernungen, wo fie. zwar hören, aber nit:
ſehen Eonnten, was in ber bunfeln Mütte vorging.
Gewöhnlich fing ber alte Zauberer, ale, Myſtagog,
die heilige Handluag damit an, baß er einen lau⸗
‚ ten Zaubergefaug. anflimmte, und feinen Schutz⸗
gott aufforderte, zu erſcheinen. Der Säußeeift
gehorchte der Stimme des Zauberers, und flürzte
fib mit einem bomnerartigen Gepraſſel durd das
Dad ber Hütte herab. Der Geift fragte mit ver:
nehmlicher Stimme feinen Vertrauten, mas fein
Begehren ſey. Der alte Zauberer antwortete:
feine Bitte, beſt che darin, daß der Gott dem ges
genwaͤrtigen Jünger gleichfalls einen. Schupeift
‚ verleihen wolle, welchem der juhge Mann eben fo
diepen koͤnne, wie er. dem feinigen gebient hehe»
Mit diefer Bitte verband er eine andere, daß naͤm⸗
lich der Schutzgeiſt dad ‚Speife » und Trankopfer
nicht verſchmaͤhen moͤge, was man auf einem Eleis
nen Altar, ober Tife für ihn bereitet —8*
Man
Mar körte hierauf ein heftiges Raten, wie eines
gieria 3 Sffenven, wirwohl die bargebrachten Opier
‚nicht berührt wurden. Wenige Augenblicke nach⸗
her To der Gchußaeift mit eben dem Geraͤuſch,
mit welchem er ſelbſt gekommen war, einen zwey⸗
ten Geiſt, ben Schutzgott des kuͤnftigen Piaye
herabſteizen. So bald dieſer angelangt war, warf
fich der Einzuweihende demuͤthig zur Erbe, und
flehte unter den Verſprechungen des treuſten Dien⸗
ſtes, daß der Geiſt ihm gnaͤdig ſeyn, und feine
-Bilfe, To oft’ fie von noͤthen fey, nicht verfagen
wolle. Der’ angernfene Geiſt gab die tröftende
"Antwort, daß er feinem neuen @lienten ſtets zur
Seite ſeyn, und ihm zu allen Zeiten, zu Wafler,
wie zu Lande ‚_ beuftehen werde, wenn ber junge
N iıye ihm anders tren diene. Im entgegengefeß>
ten Fall werde er über fein unverföhnlichfier Feind
werben. — Mit biefen Worten verſchwanden
" die Seyden Schutzgeiſter, und num Hefen die Umftes
enden eilig nach dem Schauplatze der vollendeten
Weihe, wo man dann fo wohl ben Lehrer, als
den Sünger ohne Bewequna auf der Erte liegend
fon. Wenn die Fetiſchirer in Afrika, und die
Ehamanen in Sibirien auch nicht in geſchloſſenen
Geſellſchaften vereinigt find, ſo nehmen fie werigs
ftens Schüler an, und unterrichten diefe in, ihren
Künften: . Der Unterrict in dem Zanberkünften
- wird gerade unter den Meger-Voͤlkern nicht um:
‚ fonft gegeben, unter melden die Fetiſchirer, aleich
: den Jongleurs und Piayen in der neuen Welt, |
eine geſchloſſene Geſellſchaft auswnacher i).
| ur = Viele
| a IIr 00. Cavazai. Mon fehe ferner 2. 294 p. ib
—
sis , — — er
Biele rohe Bölker hatten. Feine Rrieſter, ſon⸗
| dern bloß Zauberer, ‚und ‚zwar ſolche Zauberer, |
velche wahrſagten, Rranfheiten hielten, und. ans |
ders angebliche Wunder verrichteten, ohne jemahla \
zu opfern. Go mar es vor eintien Menfchenals |
ermn im noͤrdlichen America. Die, Jongleurs fag: |
| en, wie man bie Goͤtter verſoͤhnen, oder gewin⸗
uer folles allein ſie opferten nicht. Vielmehr
opferten · im Nahmen des Volks die Haͤupter der⸗
elben, und im Nahmen der Familien, die Haus⸗
vaͤter, oder die, Vornehmſten der Cgzbanen E).
Ein Gleiches aelhah nnter den Tſcheremiſſen, und
‚anderen. Tatariſchen Voͤlkern im oͤſtlichen Europaͤi⸗
ſchen Rußlande. Die Wahrſager thaten Fund,
welche Opfer gebracht werden muͤßten; und die
Aelteſten der Gemeinde ſchlachteten, und theilten I
das Opfervieh 1). Anderswo waren auch nur
Zauberer, und keine Prieſter; ‚allein bie Zaubere
befahlen nicht bloß, zu.opfern , fondern aerrichtes: -
‚sen auch) felbft die Dpfer. So iſt ed noch jetzt um:
‚ser manchen Sibiriſchen Heiden m),. unter den Kirs
| giſen. n), und unter vielen Negern 0); unter wels
BE Gen alfo die Beubenen | ig einer gewifien Ruͤckſi cht
aauch
m Charlevoix Jonrn, p. 364. Les Prätres parmi
’ En ‚eux ne [ont jamais les Jongleurs: dans lesl ce-
iréemonies publigties , ce [orit les chefs, et dans
le domeflique , ce font ordinairement les Pares
‚de :Famille, ou à leur defaut le eins. confidera-
bie de la Cabana, _
D Ryıfblowts Tage. 8.92. '93.
m) Gmelin II, 359. 360.
n) Palas Reifen I. 393. 394.
0) Oldendorp 1.339, -
.
u and Beſchwoͤrer
abgefondert. Di
Pr and vormohls
p) Pallas Reifen I. 369
— — . 5:3
| ud Prieſter find. "Unter vielen großen Boͤlkern
entſtanden neben ben Zauberern auch rieſter; al⸗
Jein-die Verhaͤltniſſe dieſer bopben Staͤnde waren,
nd ei in. berfehlebener Laͤnde ſabr amglei-
It
und findet jeht noch — Feng)
and unter manchen Regern Stett.g,). . DB Bey!
beser-und Piriefier, getxennt ‚blicken, ‚ha beizaäntete
man die letzteren ald Öffentlich agggerbnete , ‚ober
‚anerkannte Perſonen, bie,hen. Göttern auf eben. p
Urt dienten, wie freue. und erfahme Höflinge ih⸗
ven Fuͤrſten, oder tyeue und orgfäftige Knechte ih⸗
ven Herren dienen. Als Dienern der Götter lag
x
- A
>
daher ben. Prieftern sr bie. Stetäen ‚der Götter .
zu Heiden, zu ſchmuͤcken, upd,zu geinigen, auf. fie
‚zu tragen, ober gu begleiten, fo oft die Goͤtter ihwe
Sige verliegen: die Kleider, ımb den Schmuck,
das heilige Geraͤth, und das übrige Eigeuthugs
der Götter, unter dieſem befonders die Tempel,
und Altäre, gewiſſenhaft zu bewahren: die Gaben
und Opfer, ‚die den Goͤtiern erbracht wurben, im
Nehmen berfelben, gugnuchmen: hie Gpeifes und
Trankopler. guf zine den. Göttern, tzohlgetallige Art
‚suaubagiteng bie, Feiplgunger und, Büßungen, die
Beibete nuhnluhetungen „ ‚hlenäpfte, uud. Feicrlichtei.·
ten ſo he. ap „habrzh ‚Me, Gyabe der
Goͤtter gewetznen, oder, fhre.. Ungnade verſoͤhnt |
wer;
g) Oldendorp l.c.
werde: endlich ben 1 Göttern die Anliegen ber Men)
ſchen, und den Menfrben ven Willen der Gstter |
‚ bekannt‘ zu machen. Unter ben meiften größeren Ä
Nationen eigdeten fi entweder die Zauberer le
errichtungen von ‚ ober die Pri-fter
nf, 4 erhoben ſi⸗ h langſam uͤber ihre aͤltern Bruͤder, und
” ‚ riffen die Beſchaͤfte der Zauberer und Beſchwoͤrer .
an ſich. Einer, oder ber andere dieſer Fälle trug
ſich ünter allen Völkern bes Drients, unter den
-, arfprünglicen Nationen unfers Erdtheils, den |
Galltern, Germuntern, u. f. w ‚unter den Chri⸗
fen des Mittelalters, quch unter ven größeren |
Voͤlkern in Afrika und Amerika zur). Es ift
meiſtens ſchwer zu beſtimmen, wo die Zauberer ſich
‘allmählich zu Prieſtern erhoben, und mo bie Prie⸗
"fer ihre Vorgänger, die Zauberer nnd Beſchwoͤrer
verdrängt, oder unterbräcdt haben. Gelbſt da,
wo bie Priefter zugleich Zauberer waren, fonnten
fie nicht bindern;; daß nicht meben-ihnen Andere,
fie Feine Priefter waren, bald oͤffentlich, Bald ing |
geheim einzelne Zweige ber Zauberen, ber Beihwds ° |
— "unge: und Wabrſager⸗ Kunſt getrieben hätten s). |
an. De manche Völker ſchon in ihrem roheften
Zuſtande bie angeblichen Zauberer nicht bloß frage
“Teh, wie man höhere Naturen gewinnen, und vers
-föhnen folle , fondern auch dieſen "Wertranten der
0, VWötter erlaubten, ober aufteugen, Vie ben leBte«
9 ren beſtimmten Gaben und Opfer darzubringen; ſo
bdhdaͤrf man wohl annehmen, daß bie” ‚Erhöhung von
ji Keuheꝛcen au Pritern die aͤlteſte, went‘ ehe
.
> . -
— — ——
=
x
r) Cavazei 1,955 et ſq. p. Acoßa V,e,26 4,
„) Man f. Acoſta, u, Cavazi ll. &o, '
— — 31
die allgem emeinfte Entftehnngdart de Peieſterihums |
ſey. Es ſcheint nämlih, als wenn unter ben mefs
fen Nationen Jahrhunderte Lang bie Haus vaͤter
im Nahmen der Ihrigen, und bie Fuͤrſten im Nabe
men der Volker ven Goͤttern geopfert, und andere
gettesbienftliche Handlungen verrichtet hätten: das
“heißt, als wenn bie Hausvaͤter die Priefier ihrer
Familten, und die Fürften, bie Priefter ihrer Voͤl⸗
Ber gewefen feyen, ‘Die erſte und Sornehmfte Pflicht,
‘ober Beſtimmung ber Fürften war allenthalben die
AUnfshrung ihrer Unterthanen im Kriege. Die
Ausübung diefer erften und vornehmften: Pflicht
machte nicht felten eine kürzere, oder längere Eut⸗
fernung von der Heimath, oder ben Tempeln ber
väterlichen Götter nothwendig; und hinderte alſo
die Fuͤrſten eben fo oft in ihren prieſterlichen Ber⸗
rihtungen, Damit nun ber Dienft ver Götter über
‚ven Dienften, welche das Vaterland forderte, nicht
- verfäumt werde; -fo ermwählten die Könige Stell⸗
Vertreter ,- melde während ihrer Abweſenheit im
Nahmen des Volks beten, opfern, und andere
‚heifige Handlungen vornehnien koͤnnten. Beveder
Vergroͤßßerung don Völkern traten bald, feldft im
tiefſten Frieden, Umſtaͤnde ein, welche bie Bürften,
als Diener ber Götter, wuͤnſchen machten, oder
nörhigten, ſich felbft Gehuͤlfen an die Seite zu ſetzen.
Mit dem Fortgange der Macht, der Eultur, und
des Wohlfiandes von Mationen nahmen die, Zahl
bee Görter, bie Menge und Pracht von Guben,
ib Opfern, don Feſten und Feierlichkeiten mit je⸗
dem Jahre, ober doch mit jedem Menſchenalter zu.
Bey dem immer zunehmenden Götterbienft warb -
es den Königen, ober Fürften bald unmöglid, als
lein ale das zu thön, was den Goͤttern im Rah⸗
41
“uud EA. _.
men
— ——— —
— —
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_ “ 4 4
—.5
men des Volks geleiflet werben: mafte: ... Sie erb⸗
meten daher Stellvertreter oder Gehaͤlfen an, wel⸗
che ihnen einen Theil der gottesbienſtlichen Ver⸗
wichtungen abnehmen, und an ihrer Statt im Nah⸗
mm ber Voͤlker den Göttern-dienen.muften. Aus
eu leßtern ber beyben angeführten Gruͤnde beftellte
figen Romulus ) : aus dem erſten, Numa, Pries
fer in Kom m). Man ſchließt gewiß nicht zu
kauͤhn, wenn man: vorausſetzt, daß ähnliche Um⸗
Muaͤnde unter allen, oder ‚ben meiſten Völkern bes
alten Orients, anter.ben aͤlteſten Griechen, ende
lich unter allen größeren Nationen der neuen Welt,
wo die Könige, ober Fuͤrſten zugleich die erſten
Die⸗
0) Pin, Hiſt. Nat. xVIII. 3. Arnorum facerdo-
tes Romulus in primis inſtitnit, feque duode-
cimum fratrem appellavit inter illos, ab Acca
‚ * Laurentia nuttiee’ina genitos, [pieea.corens,
guae vifta alba enlligeeetur, in -fagerdolio eis
ypro religioh/Emo infgai- data, ‚quae prima,apnd
| \
.Romanos fuit eorona ; etc.
0), Dionyſ. I. 64. Livius I, e..s0. .Tum [acer-
otibus creandis. animum aljecit; quamquam ;
” äpfe facra plurima obibat; ea maxime, quae
nuine ad Dialem flaminem pertinent, : Sed
??" , quia in eivitate bellicofa pluses Romuli, quam
ae fimiles reges putabat fore, iturosque
ipfos ad bella, ne.lgcra regiae vicis delereren-
. „tar, flaminem Jovi aſſiduum [acerdotem crea-
2erit: änfignemque eum veſte, et curwli regfa
Bells. sdornavit, Huic ıduns flamines ‚adjecit,
J I gaum, ‚alteram. Qgiriao. ‚Virginegqgue
'. „Neflae.keit.. . Saliog item duodecim Marti Gra-
divo legit ... Pontificem deinde Numam
* tMarchum . . 'exPatribus legit, eique facra -
»'* ‚@rbiiiaieitfcröpta „ eßgnatague.attribuit: ‚quibus
- shaliis, quibue diehns, ‚ad quas templa fscra .
‚. ferent. ..-
vo J
| "Unter allen Wölfen waren won jeher die
regierenden Familien, unter vielen, felbft die koͤ⸗
vigliche Würde, ‚großen Mevulutiopen unterwor: -
fen. Die Bewohner von Griechenland gehorchten
in’ den älteften Zeiten ohne Ausnahme Königen.
"Die meiften Griechiſchen Völker wurden, die einen
früher, bie anderen fpäter, der Herrſchaft der Koͤ⸗
nige uͤberdruͤſſig, und fthaften daher die Föniglihe
"Gewalt ab, ohne deßwegen die bisherigen xegie⸗
senden Geſchlechter zu verjagen, und ihres Vers
'mögend zu berauben. Vielmehr ließ man diefen
Fawitien "das Hoheprieſterthum mit allen Ehren:
zeichen der verlohrnen Roͤnigswuͤrde: d. h. mit
denn Rechte, Purpur und Scepter zu tragen,
au m vöffrutlichen Kampffpfelen ben Vorſitz zu
äfähren X). Die Römer vernichteten nicht bloß das
Roͤnigthham, ſondern verjagten auch die Familie’
des Ießten regierenden Koͤnigs. Damit aber ber
Diteruſt wer Götter nicht leiden möge, fo ernann:
ren ſie kin Opfetkoͤnig, der’ bie gottesdienftlichen
in Wereldytatigen "übernehmen msfte, welche ſich die
Indem die Griechen and’ Römer ſich aͤngſtlich huͤ⸗
te:
-
„eo
ae . r
&)’Sträbg XIV. 938.’ Plut. VII. p. 128.
N \
5) Plutarch nennt den Opferlönig Ic, oyk oaxpu-
peu Livius regem lacrificulum. Lib, 11. c,
2 .. et quia quaedam ‚publica ſacra, per ipläs
reges factitäta erant, ne-Ubiubi regam defide-
Yumisfit, rVegem'Tacrificntum"creint. ‘Id fa.
cerdotium pontsfici fubjeeexs ‚(meradeitus no-
mini honos aliquid.libertati .. ofhceret, .
— ——428
Diengr-ber Sötte waren, die Beftellang von Prie⸗
ſtern veranlaßt haben... .. . — J
324 u)
x
> -
— — —
un .
” L ,
—
"teten, den Göttern und dem Dienſte der Götter
den geringften Abbruch zu thun; brauchten fle zu⸗
gleich ‚die kraͤftigſten Maaßregeln gegen ben Ehr⸗
geiz der Dpferkönige, Beyde Völker machten es
zum "ewinen Gefeße, daß die Opferkönige Peine
andere oͤffentliche Äemter beBleiden, und hie zum
‚ verfammelten Volke seven durften. Wenn daher
"der Mömifise DOpferfönig an den Eomitien gewiſſe
"Opfer verrichtet hatte; fo entfernte er ſich nicht
nn
bloß, fondern entfloh fo ſchnell, als möplih, vom’
VForo, ober bem Berfammlungsplaße des Volks 2).
Unter manchen Völkern blick die, Königpe
.. würde unerſchuͤttert, allein die Thronen der herr⸗
ſchenden Geſchlechter wurden von einheimiſchen,
. oder. fremdın Uſurpatoren umgeworfen, und die⸗
jenigen, welche bisher die hoͤchſte weltliche und
geiſtliche Macht vereinigt hatten, in bloße Hoher
priefter verwandelt. Es iſt allgemein bekannt, daß
. die erfien Nachfolger Wahomers unumſchraͤnkte
Beherrſcher und zugleich Hohepriefter v aren. Die
Schwaoͤche und Weichlichkeit der Ehalifen in Be⸗⸗
dad gaben den Befehlshabern der Tuͤrkiſchen Leib⸗
wachen ven Muth, ‚dp fie die Chalifen von den
Herrfcherfigen berbrängten, und ihnen weiter nichts,
als vie boheprieſterliche Wuͤrde uͤbrig liegen Auf.
eine ähnliche Art wurden bie großen Lamas in
Thibet, und bie Dairi's in Japan ber hoͤchſten
weltlihen Mocht beraubt, und anf ben Befig ber
bohenprieſtetlichen Wuͤrde ee a). '® u
ent
’
z) Pigt, Le si yay rie ww ayops wa: rin Aeyopsyw
Kouꝝriu rarpioe, iv Jusag s Praha xxra Te
x are Duyav sd ayopas ·
a) Die Vewerspeuen reerden gleich vetiommen,
}
hatte b). » Bey der Werfegung der Eumolpiden
—
Hein bas Prieſterthum auf keine der bis⸗
her angezeigten Arten entſtanden wäre; fo wuͤr⸗
den Prieſter, als eine befondere Volks s Kiafle
unter manden Völkern, durch eine von folgenden -
beyden Urfadyen gebildet worden feyn: entweder
dadurch, Daß Gottheiten, welche man vorher bloß
in einzelmen Familien verehrte, zu National⸗Goͤt⸗
tern erhoben wurden, ober daß Fürften nnd Ges
feßgeber ‚bald gauzen Stämmen, bald einzelnen
Gefchlechtern ‚dad Prieftertuum als eine erbliche
Woͤrde ertheilten. Nach alten Ueberlieferungen,
welche die glaubwuͤrdigſten Schriftſteller aufbe⸗
wahrt haben, waren die Eumolpiden ein here
ſchendes, oder doch maͤchtiges Geſchlecht aus Thra⸗
cien, das: ſich zuerſt in Eleuſis niedergelaſſen
nach Athen nahmen die Athenienſer die beyden
Familien⸗Gottheiten ber neuen Bürger als Nas
tionals Gottheiten auf, und übergaben ben bishe⸗
tigen Verehrern ber Ceres uub Proferpine das
Prieſterthum diefer Goͤttinnen, weil fie glaubten, u
daß bie Eumolpiden allein den Dienft der Got⸗
tinnen verftä :den, oder dag ihr Dienfl allein ben
Goͤttinnen angenehm fey. — Kin jeder weiß aus
der häligen Gefchichte, bag ber Gefeßgeber der⸗ |
Juden dem Stamme Levi den Dienft ded Jeho⸗
va als eine erblie Wuͤrde verlich, aus Dank⸗
barkeit fuͤr deu Eifer und Muth, womit dieſer
Stamm eine: gefaͤhrliche Empörung im Volke ger
' dämpft hatte. Moſes ahmte nur dad nah, was
ee range | vor tom Irgenb ein Seſchau
ber,
je |
5) Thucyd, u, e. 16. Mocrates I, p. 158, Paulan.
I 6 3%
—
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ber, ober Beherrſcher in Aegypten "geihan, und
deſyfen "fortbauernde. Einrichtungen er in biefem
' \
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N
Lande Bennen gelernt hatte. Die Örganifation
des Priefter s Drbens in Hinboftan war ſchon feit
Juhrtauſenden dem Priefter s Orben in Aegypten,
und meter ben Juden fo aͤhnlich, daß man noths.
wendig eine gleiche Entfichungsert vermuthen muß.
Auch unter. anderen Bölkern trifft man Bey⸗
ſpiele an, daß entweder bie Nationen ſelbſt, oder
Berem Beherrſcher einzelne Familien ausfchließlid
J
zum Dienſt gewiſſer Gottheiten beſtellten. Da
bie uͤbrigen bald nachher vorkommen werden; fo
führe ich hier bloß folgende® an: In Mexico
hatten gewifle Familien bad Recht, die Priefter .
des Getes Vimilipusli ber Meike nach herzu⸗
geben. Weunn dieſer Gott außer den augeſtamm⸗
ten Peteftern noch andere brauchte; fü fuchte man
, dergleichen durch freye Wahl unter ben Dienern
ber. uͤbrigen Götter ans, ober man beförberte
ſolche, die won ihrer erfien Kinkheit: an dem Diens
fe des Vigiipusli waren getveiht twerben.c).
And ben verfchiebenen Entfirhungserten bee
Prieſterſtandes kann man es am beſten erklaͤren,
warum bie prieſterliche Wuͤrde unter einigen Voͤl⸗
kern erbli, unter den meiften hingegen: nicht -erhs
lich iſt. Die Erblichkeit der Priefterwürbe iſt
ba am feftefien gegründet, mo nad) einer alten.
usb allgemeinen Meinung ded Volks die Priefter
entweder Leibliche Nachkemmen von Goͤttern, oder
wenigſtens von ber Gottheit felbft zu ihrem‘ Dien⸗
| fie
«) Acofla V, 6, IPRFTER nr
I:
- — 5:3
fe beſtellt werben find. In den känbeom;. in wil⸗
des das Prieſterthum nicht erblid, war, wurden
die! Priefter bald von den Koͤnigen, bald von dem
Voruehmſten des Volks, bald Yon dem Volke
ſelbſt, und. bald endlich won den Prieſtern erkoh⸗
ren. Die Könige waͤhlten bie Prieſter unter eis
len ben Nationen, mo bie Könige uuſproͤnglich
bie einzigen. Hohenprieſter geweſen waren, oder
das Moheprieftertkum, wenigſtens deſſen Vorrechte
an ſich geriſſen hatten. Der erſte dieſer Faͤlle
fand im alten Rem zur Zeit ber Rönige, der auu⸗
dere im ſpaͤtern Rom zur Zeit ber Imperatoren
Statt, Es war natürlich, dag die Könige, wel
he die Prieſter als ihre Stellvertreter nad Ger
huͤlfen zuerſt .eingefeßt hatten, aud in ver Fo
. fortführen, ober bad Met behielten, bie: Diener
der Goͤtter zu ernennes. Eben fo natuͤrlich war
es, daß nicht die Koͤnige, ſondern die Vornehm⸗
Ä | ſten des Wolks die Diener ber Goͤtter ermählten,
— u en "
y .
— —
wo entweber die Optimaten die hochſte Gewalt
beſaßen, ober wenigſtens die Fuͤrſten nicht ohne die
Zaſtimmung berfelben vornehmen durften, wie in
mehreren Kömigreichen ia Afrika, nahmentlich im
Iſſiny. St dem Könlgreiche Iſſiny ift außer bew
Zauberern und Wahrfagern nur Ein Priefter vors
handen, deſſen Hauptderrichtung darin beficht, daß
er bie oͤffentlichen, oder Volks⸗Fetiſchen macht,
oder beſtimmt d). So bald ein ſolcher großer
Fetiſchen⸗ Macher ſtirbt, ſo ruft ber Koͤnig die
Wornehmſten ſeines Reichs zur Wahl des Nach⸗
folgers zuſammen. Der Erwaͤhlte wird mit dem
Zeichen ſeiner Wuͤrde, naͤmlich mit einer großen
Men⸗
3) Loyet p Ze En
., 538 ' Tuer —
Menge von Fetiſchen dehangen, und im ganzer, |
Lande umhergefuͤhrt. Das Bolk ſelbſt wählte.
die Prieſter in allen‘ tänbern, wo es von Anker
giin an die. hoͤchſte Gewalt gehabt, ober die hoͤch⸗
fig Gewalt den Rönigen und Optimaten entriſſen
hatte: wo es alfo nicht bloß Geſetze gab, Krieg
und Frieden beſchloß, fondern auch feine vornehm⸗
ſten Beamten erkohr: zu welchen letzteren bie
Diener der Goͤtter gerechnet wurden. Im freyen
Rom hing, wie in den Griechiſchen Democratien,
- die. Wahl ber vornehmften Priefter, von dem
Willen ded verfammelten Volkes ab ec) Selbſt
in Democratien aber entfogte das allgemwaltige
Bolk feinem Recht, die Diener und. Vertrauten.
b, der Goͤtter zu wählen, wenn man bafjelbe uͤber⸗
redyn Eonnte, dag zus Wuͤrde ſolcher heiligen Pers
ſonen Kenntniffe und Fertigkeiten erfordert wuͤr⸗
"den, welche nicht die Layen, fondern nur die Dies.
wer und Vertrauten der Götter ‚beurtheilen koͤnn⸗
sen, Eben das Römifche Volk, welches den Pons
tifer Marimus und die übrigen vornehmſten Prie
ſter frey wählte, gab zu, daß bie Auguren nur
von Auguren erfohren würben f). So fer ad
bie Alts Europaͤiſchen Völker fhon zu den Zeiten
des Caͤſar und Tacitus in Rürkfipt.ibrer Vers -
faffungen. von einander akwichen; fo flimmten doch
alle, ſelbſt diejenigen, welche ihre‘ Fuͤrſten, oder
- ihre Heerfuͤhrer und oberfien Richter frey waͤhl⸗
|, ten,.barin überein, daß Priefter nur von. Prie:
u ſtern koͤnnten unterrſchtet, gepruͤft, gewaͤhlt pr
es
’ x Pr;
—
| e) Saabertus de lzeriieli⸗ c. 6.
f) Cic, de Leg. II. 10, 18, _Saubert 1 e.
»
— — 529
befördert werben ). In Gallien und Britan
nien war bie. Meinung von der Weisheit der Druis
den fo groß, daß freye, edle, und felbit erlauchte
Juͤnglinge fih gefallen ließen, manche, biöweilen .
zwanzig Jahre in einem Zuſtande Yon Vorberei⸗
tung, oder Süngerfchaft zuzubringen, um nur in -
den Stand. der Priefter aufgenommen zu werben,
Gewoͤhnlich flieg man, wie es ſcheint, dem Alter
nad) von ben unterften Stufen zu den höheren bins
auf. Wenn fih um die Würde des oberften Druis
ben Mehrere von gleichen Anfehen bewarben; |
ſo entſchied bie Stimmen s Mehrheit ber Druiden,
bisweilen aber die Gottesprobe bes Zweykampfs A).
Das Vorrecht ber Druiden, fich felbft zu ergäns
zen, hatte einerley Grund mit ben Anmaßungen .
der. Jongleurs unter vielen Americanifhen Voͤl⸗
tern, ihre Nachfolger, oder künftigen Amtsbruͤder
prüfen, unterrichten, und feierlich einweihen zu koͤnnen.
Die Ehriften waren nicht bloß zu verſchiedenen
Zelten, ſondern find auch jeßt noch in verſchiede⸗
nen Ländern in fo verſchiedenen Lagen, baf ihre
Priefter bald von dem Wolfe, oder den Gemein -
ben, benen fie vorſtehen follen, bald Don Königen _
und Fuͤrſten, bald von den Optimaten, unb bald
0 a von
g) Tacit. de Mor. Germ. c. 7. 11. Caeſar de bello
Ganic. VI, 13. 14 | |
A) Caelar. 1. c. . His autem omnibus Druidibua,
praeeſt unus, qui fammam inter eos habet
auciöritatem, Hoc mortno, Gi quis ex reliquie
. ‚excellit dignitate, [uecedir: aur fi ſunt plures
pares, (ufragio Druidum allegitur. Nonnun-.
3
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quam etiam armis de principatu contendünp, J
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- 2
1
se _
von ihren eigenen Amtsbruͤdern und Worgefeßten
ermählt wurden, und eswählt werden.
Ich zeigte kur; vorher, daß bie Zauberer
ſelbſt unter deu roheſten Boͤlkern fich entweder
beſtaͤndig, oder werigſtens während ihrer. Amts⸗
Verrichtungen durch befonbere Kleidung und Schmuck
unterfchieden. Meine Lefer werden fich ferner er»
innern, daß unter allen nur einigermaafien gebil⸗
beten Natioren ein Jeder, der ſich den Goͤttern,
ihren Tempeln, Statüm und Altären nähern wolls
te, fish forgfältiger reinigen, und anders kleiden
mußte, al& er im gewöhnlichen Seben, und unter
feinen täglichen Verrichtungen nöthig hatte. Aus.
biefen Almftänden allein kann man ſchon vermus
then, was. auch bie ganze ältere und neuere Ges
ſchichte Ichtt, daß bie Diener der Goͤtter ſich nicht
weniger, als bie Diener der Fuͤrſten, durch Wohs
sung, Kleidung und Pu, befonders burd ihre
‚ganze Art zu leben, von den Lapen, ober Nichts
Prieſtern andzeihneten. Freylich fanden unter
ben Dienern der Goͤtter aͤhnliche Unterſchiede, wie
unfer den Dienern ber Färften Statt. Die Einen
dienten ben Göttern ohne Unterlaß; und biefe
Aurften ſich alfo nie Von den Tempeln entfernen,
auch Teine andere Aemter und Gefchäfte übernebs
men, Manche Priefter hingegen hatten nur zu
gewiffen Zeiten Verrichtungen; und folden Prie:
ſtern wax e8 daher erlaubt, dem Waterlande fo
wohl im Frieden, aͤls im Sriege zu dienen. . Dan
nahm allenthalben an, daß bie Diener ber’ Götter
wicht weniger, als die Diener der Fuͤrſten belohnt
werden müßten; und man wies ihnen baher biefe
Belohnungen entweder aus den Cinkünften ber
Tem⸗
— 7}
Tempel an, ober mah verpflichtete bie Verehrer
der Götter, .daß fie den Dienern derſelben ihre
Verrichtungen vergelten muſten. Unter eiyigen
Völkern glaubte. man, daß diejenigen, welche ſich
dem Dienfe der Götter rinmahl gewidmet häbs
ten , in biefem Dienſte bis an ben Tod beharren
müßten. Anderswo fand man es natürlicher, daß
man dem Dienfte der Gdtter, wie dem der Fuͤr⸗
ſten gu jeter Zeit entfagen, .fo wie: die Goͤtter
und Fürften ihre Diener nach Belieben entlaffen
koͤnnten. Kinige größere Mativiien machen vom
der fonft allgemeinen Denkart der Menſchen über ’
ben Dienft und die Diener der Goͤtter merkwuͤr⸗
dige Ausnahmen, Die Priefter der Sintes⸗Re⸗
ligion in Japan unterfheiden fi von 'den Layen
gar nicht, weder in ihrem Aeukern, noch in Ihrer
Art zu leben, oder in ihren Befchäftigungen ).
Auch in dem nenen oder Mahomedaniſchen Perfien
iſt das Prieſterthum mehr ein Gewerbe, als ein
Amt, ober .eine heilige Würde. Die Mollas
No '
a L_ ou
- . _
Un. Alaay |
z
dee Perfer werden weder geweiht, voch feierlich
eingeführt 4). Wer fih dem priefterlichen Leben
wibmet, fängt damit an, daß er fi ein bes
chei⸗
5h Raͤmpfer lc
k) Chardin II. 295. Aint le NMiniſtere ecciößie.
ftique eſt une rofeffon, non unofliee, ches‘ _
les Mahometans, On ne lacte, ni.n’infalle- les
gens d’Eglile; et ils n’ant point de caractere,
comme nous difons, ni ne font point obliges
de plus 4 en fuivre la profellion toute léur
vie, mais chäcun Is. quitte, comme bon luk
fembie.
$le
. zuruͤckkehren, wann es ihm beliebt.
s33 — —
ſche idener, ale Andere. Fleibet inbem er einen
weiſſen Turban und ein Gewand: von Camelot an⸗
legt: daß: er fleißig ſtudiert, Unterricht in ben
Häufern g bt, ſich vor allen Aergerniſſen huͤtet,
und eine - Wallfahrt na Mekka, odrr einem ans
deren berühmten Gnadenorte macht. Nach dieſen
Vorbereitungen braucht einer nur mit eiuigem Bey⸗
fol in Caffeehaͤuſern und auf oͤffentlichen Plägen
. zu predigen, oder fein Gebet pünctlich in den Mos⸗
Feen zu verrichten, um entweder aus dem geiſtli⸗
> den Öute eine Penfion zu erhalten, ober bey einer
reichen Moskee angeftellt gu werben. Wenn ein
angeſtellter Molla feiner Verrichtungen uͤberdruͤſſig
wird, oder ſein Gluͤck auf eine andere Art beſſer
Ni machen glaubt; fo kann er in die Layen-Welt
Die Vorrechte, die Macht, und das Anſehen
von Prieftern waren unter verfchiebenen Völkern,
und fo gar unter benfelbigen Nationen zu vers
ſchiedenen Zeiten ſehr verſchieden. Am groͤſten
wæaren ſie in den Laͤndern, wo bie Prieſter nicht
bloß Vorſteher der Religion, und nicht ſowohl
Diener der Götter, als felbft lebende Götter war
zen, weil man fie entweber für- Beſitzer und Er⸗
ben göttlicher Geifter, ober für Iciblihe Nach⸗
kommen und Mepräfentanten von Rational » Gott:
heiten hielt. _ Aus beyben Gründen erweifen bie
Kapanefen ihrem Dairi; ober Hohenprieſter götts
liche Ehre. Sie glauben von dem Dairi nit
bloß, daß er ein leiblicher Nachkomme bed Get»
td: Tenfiodai, fonbern auch der Erbe feines goͤtt⸗
lichen Geiſtes, ober feine gotlichen Eigenſchaften
ſey
—8
. — — 0.933
fey I). Als Erben göttlicher Geiſter betet man
fo wohl den Bogdo » Lama. und die Kutuchten der
Salınylen, als den Dalai⸗Lama in Thibet in der _
Mongoley, und felbft in China an m). Gleiche
UAnbetungen bezrigte man -vormahls den Intas in,
Peru, den Haͤuptern ber Natchez, und derer von
Bogota ald Kindern ber Sonne, . und al leben⸗
den Stellvertretern diefer -Rasionals Gottheit 2).
In Peru, fagt eif berühmter Geſchichtſchreiber, war
bie ganze Verwaltung auf Religion gegründet 0).
Der Inca erfhien feinen Untertsanen nicht bloß
ale Geſetzgeber, fondern auch als Gefandter bed -
Himmels, Seine Befehle wurden nicht bloß ald .
Gebote eined Obern, fondern ald Gebote ber Gotta
beit betrachtet... Das Seſchlecht der Incas war
hochheilig, und damit es vor aller Vermiſchung
mit weniger eblem Blute bewahrt werbe, ie
: DD Rämpfer 1. 194 © Die Urt, wie rer Dairi ver⸗
ehrt ».rd, habe ich ſchon im erfien Wande 336. '
337 ©, erzähit. Ze Be
m) Weber die Anbetungen diefer Hohenpriefter im oͤſt⸗
lichen Aßen f. den erſten Baut J. c. und ron du
Walde IV. 51, ı02. 1923. 573. 576. 76. Muͤllers
Sammi. Huf. Sich. I. 124. 25. 438 IV.azı und
for les Ofiiskes m 2% Bunde cr Voy au Nord
425. . Relation de la Grande Tartarie p. 78. 10%
108; 106. Lepechins Rein 4. 279 Pallas
Beytraͤge L 207. 20% 218. 917. Pallas .Kıen
L 339, 958. Seibſt Stewart uno Turner füs
‚gen zu den Nachrichten dieſer aiteren Schriftſteller
‚nichts neue& von Dede ıtung hinzu. ’
\
- 7) Robertfon’s Hif, of Americk Il, 1235, 194. mi.
| 195-195: Basler Ausgabe, * |
- o) Robertl, hc.
-\
—
Te — —
cheten· d die Eohie bes erften Inca ihre eigenen.
Schweſtern. Auch ward in ber Folge Feiner zum
Zhrone zugelaffen, der nicht in gerader Linie von
ben erfien Sonnenfohne abſtammte. Aus diefen
Morkiellungen floß die unbegraͤnzteſte Wacht aus,
welche jemahls ein Volks⸗Beherrſcher befeffen hat,
Weil man die Befehle des Fuͤtſten ale göttliche
Veſchluͤſſe anſah; fo betrachtete man Die geringfte
Widerfetzlichkeit nicht bloß als Ungeborfam, fons
dern als Verbrechen ber beleldigten göttlichen Mas
eflät, Blinder Gehorſam warb heilige Meligionds
flicht, und die tiefſte Knechtſchaft, Unterwerfung
unter ben Willen der Gottheit. Um ihre‘ Ehr⸗
furcht gegen bie Ineas, ale höhere Wefen, zu ers
kennen zu geben, erſchienen bie Groͤſten bed Wolle
tor ihren Behervſchern nicht anders, als mit. ſchwe⸗
ren: Laſten auf den Schultern, welche Laſten aus
beuteten, baf fie Yon ben Ineas, und um der ns
eas willen gern alled dulden, unb übernehmen
wollten. Die Intas hatten mie GSewelt voͤthig,
um.ihre Befehle vollziehen zu laſſen. Ein jeder
koͤniglicher Bedienter, der nur eine Schnur aus
bem heiligen Hauptſchmuck der Jucas in der Hand
hatte, konnte von einem Theile bed Reichs bis
. zum andern dad Leben, die Kinder und die Guͤ⸗
ter bey Unterthanen nehmen, . akte- den: geri often
Widerſtand zu finden. Alle Verbrechen und Ver⸗
- Behjungen wurden, die leichteren, tie: bie ſchwere⸗
ren ohne Vinterfihieb mit vem Toede gefträft, weil
n bie Sehlenden ald Mebertreter und Veraͤchter
Stiller Gebote anfah, - Die Religion hatte in -
Den, unter ten — und denen Yon Vo—⸗
i
nfluß. auf das Ynfes
gora einen nicht geringen
‚hen der Beherrſcher und bie Untenalrfgte —*
_ Pr EEE
| = — — 538
Unterthanen; allein fie allein wirkte ſchwerlich fo
allgewaltig, als Robertſon fi einblldet. Man
hieit Die Hohenprieſter in Japan, in Thibet, und
in der Mongoley nicht bloß fuͤr Machkommen von
Göttern, ſondern fuͤr lebende Gottheiten, fie dſe
Beſitzer von himmliſchen Geiſtern. Selbſt diefe
GSöttlichkeit aber ſchuͤtzte fie nit gegen ale bie
Gefahren, ' denen: and; andere nmimfchrändte Ber
herrſcher ununterworfen find.‘ Die angebeteten
Hohenprieſter wurben. häufig richt blog Ihren werk
lichen Macht beraubt, fondern auch verjagt, ents
ſetzt, und fo gar umgebtacht. |
Die Brahminen der Hinduͤs geben vor, daß
fie aus: bem Haupte, bie übrigen Caſten hinge⸗
gen nur aus dem Rumpfe, so den Fuͤßen bed
Brimda entſtanben ſeyen. Faft alle Befäyreiber -
von Hindeſtan find geneigt, die Vorrechte und
Vorzüge. der Brahminen vor ben Abrigen Caſten
ber Meinung von dem höhern Urfprunge derſelben
zuzueignen 9). Ich trage Bebenken, diefem Ur:
theile beyzuftimmen, Das Vorgeben eines höhern
Urfprungs Bonnte nicht eher eutfichen, als nach⸗
bem bie Brahminen ihre anerfannten geſchlichen
Vorrechte erlangt hatten. Wenn der Wahn vor
einem hoͤhern Urſprunge jemahls von einigem Eins
fluſſe war; fo war. ed nur fo lange, als Brimha
für einen der großen Natioml⸗Goͤtter ber Hindus
gehalten wurde. Das: Rad der Brimha hat
Yange aufgehört pp), und die Meinung alfo, aus
feinem Haupte entfprungen zu feyn, kann me |
p) Dow Preface und Tennant 1. 175 et fg. p.
pr) Man fi die Unterfuchungen über die Mofterien,
536 — ——
lich jetzt nech etwas Bebentendes zu dem Anfcheh
ber Srahminen betragen. Die wahre. Quelle
ihrer Vorzüge und Vorrechte ift eben diejenige, aus
welcher die Driefter in- Yegupten , und bie Leviten
. .ngter den Juden bie ihrigen erhielten: . ber . Wille
irgend eines Religions, Stifterd, oder Gefeßges -
ders, der fid) einen mächtigen Stamm dur bie.
Ertheilung außerorbentlicher. erblicher Praͤrogati⸗
Ben verpflichten, und. ihm zualeih feine Danfbars
keit fuͤr große erwiefene Dienſte begeugen wollte.
Die Prieſter in Wegupten q) machten bie er»
‚fte, oder vornehmſte der Gaften. aus, in welche
bad Aegyptiſche Volk eingetheilt war. Die Prie⸗
fter : Safte beſaß den dritten, ober body einen wich⸗
‚ tigen Theil ber tragbaren Länberenen, ohne davon
die geringften Abgaben zu entrichten. Andy erbielt fie
außer ben Einkünften der Itegenden Gründe sägiich
eine unfäglide Menge von Speiſe⸗ und Trank⸗
opfern : weßtwegen. Herodot es als einen ber gros
Ben Vortheile der Priefter'anführt, daß fie für ih⸗
gen, Unterhalt gar nichts aufzuwenden ‚brauchten,
fondern alle. Arten von genteßbarem Fleiſche im Ue⸗
berfluß hätten. - Wahrſcheinlich zerfiel die Pries
fter: &afte, gleich den übrigen, in mehrere Unter:
Caſten, und eine jede dieſer Unter : Eaften war.
auf gewiffe Werrichtungen befchräntt, die vom Wa:
ter auf Sohn forterbten. Eine ſolche Erblichkeit
von Verrichtungen in den en prieſterlichen Unter⸗ 33
en
) Man ſ. Herod. u 37. 164 - 168€. Strabo xvii.
1138 et ſq. p. Diodor. I. 86. 87 Plutarch. VII.
391 et c* p. Schmidt de ſacerd — p. 10-
‚80 et ſq. J
0087
fien Tann man ſchon allein begmegen annehmen, |
weil Herodot berichtet, daß den Prieftern eines
jeden Gottes, oder Tempels ein Hoheprieſter vors
fiehe, und wenn biefer fterbe, daß aldbenn ber
Sohn dem Vater folge vr). Der gröfte Theil ber
Männer und Juͤnglinge, die zur Priefter- Caſte
nebörten, war wirflih im Dienfie ver Götter.
Die Zahl der Priefter in Argypten mufte die Zahl
der Priefter in Griechenland ohne Vergleichung
übertreffen, ba Herodoi es ald etwas auferors
dentliches ermähnt, daß einem jenen Aegyptiſchen
Gott nicht Ein, -fondern tele Prieſter dienten.
Diejenigen Mitglieder der WPriefter s Eafte, die
nicht im Dienfte der Götter angebracht werden konn⸗
ten, befthäftigten fich entmeber mit der Berwals
tung der prieſterlichen Güter uud Einkünfte, ober
tie dem Leſen und Abfchreiben ber priefterlichen
Schriften, ober mit dem Unterrichte der Tugend,
oder mit der Heilung von Krankheiten ‚ oder end⸗
lich mit öffentlichen Angelegenheiten. Go mie. die
-Priefter bie einzigen Lehrer und Erzieher der Koͤ⸗
niglichen Prinzen waren; fo waren fie auch bie
einzigen, oder vornehmſten Rathgeber, und Beam⸗
ten der Könige. Wenn Könige nicht in dem Sinne
ber Prtieſter regierten; fo färzten diefe bie Erſte⸗
ren nicht felten vom Throne „und erhoben bagegen
Andere, ſelbſt ans ter Prieſter⸗ Caſte. Die
Prieſter⸗Caſte allein gab Richter und Aerzte,
Sterndeuter und andere Wahrfager, Zauberer und
Beſchwoͤrer her. In ben beyben erſten Eigenfchaf:
ten waren die Mitglieder der Prieſter⸗ Cafte Her⸗
ven über das Sehen und Vermögen, über bie Ehre
und
_ 1.37. | 0.
I x
FE a on
und Fregheit der YWegnptier. Fu den übrigen hat⸗
ten fie bie maͤchtigſten Leidenſchaften ven Vorneh⸗
men und Geringen in ihrer Band; und es warb
ſchwerlich irgend eine wichtige Entfchließung gefaßt,
oder Unternehmung angefangen, zu welder Pries
ſter nicht mitgewirkt hätten. Die Uegsptifchen
Prieſter fühlen die Macht, uud das Anſehen,
welches ihnen ihre Befigungen, und Einfünfte, ihre '
Aemter und Verrichtungen verfehafften, noch durch
eine gewiſſe Heiligkeit des ‚febens, und durch bie
Ehrwuͤrdigkeit ihres Aeußern zu erhöhen. Gie
trugen . Feine anbere Kleider, ald Yon Aegypti⸗
ſcher Leinwand, und Feige andere Schuhe, ald von -
Boblos, oder Schilf. Sie foren alle brey Tage |
den ganzen Leib, damit ja nichts Unfauberes daran
bafte; und wuſchen ſich nicht nur an jedem Tage
zwey Mahle, ſondern auch eben fo. oft in jeber
Macht: Sie enthielten fih von mehreren animalis
ſchen und vegetabtlifhen Speifen, bie für unrein
geachtet wurden; doch entſchaͤdigten fie fi. für
dieſe Entbehrungen dadurch, daß fie Wein
tranken, ungeachtet der Wein kein einheimiſches
Gewähs war. Indem Herodot ber. viermahligen
täglichen. Waſchungen ber. Aegyptiſchen Prieſter ers
waͤhnte, feßte er hinzu, daß die Prieſter noch uns
+
zaͤhlige andere beſchwerliche Gebraͤuche hätten s).
Allen Anfehen nach war der Dienft ber Aeghpti⸗
ſchen Prieſter eben fo zafammengefeßt, und laͤſtig,
als der ver Indiſchen Brahminen,
Wo—⸗
| DD“ 37.1. eAdug Ta Ipyanuıng puping swireissn,
wc BIa5V A0Ym. - £ u
-
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N
— I
_ ‚
—W — — 339
Moſes vichtete "den Prieſterſtand unter der
Jubden unlaͤugbax nad) dem Muſter bed Negypti
ſchen eine), Er ertheilte einem ganzen Stamme,
der zu feiner Zeit über 22000 Perſonen männlis
then Geſchlechts enthielt, das Priefterthum als
. fine erbliche und ausſchließliche Würde. Da er in
der Wuͤſte den Leviten wicht ſolche Laͤndereyen ans
weiſen konnte, dergleichen die Prieſter in Aegypten
hatten; ſo ſchenkte er ihnen dafuͤr den Zehnten al⸗
les deſſen, was die Heerden, und kuͤnftig die Aecker
und Weinberge ber Ifraeliten bringen wuͤrden.
Durch dieſen Zehnten erhtelt ein einziger Levit, ohne
die Arbeit und Koſten des Ackerbaus, fuͤnfmahl
fo viel, als bie mit der Hand arbeitenden Sfraelts
ten einerndteten. Meberbein gad Moſes ben Levis
ten alles Berbannte,. nub Gelobte, das Loͤſegelb
ber Erſtgeburt, einen beſtimmten Antheil nicht nur
au jedem Opferthier, fordern auch an allem uͤbrigen
Viehz, mas geſchlachtet wurde: endlich die Erſt⸗·
linge der Fruͤchte, welche im Durchſchnitt ben. ſechs⸗
zigſten Theil der Erndte betrugen. Selbſt vie Ar⸗
beiten, welche Moſes den Leviten fuͤr biefe unvers
haͤltnißmaͤßigen Einkuͤnfte auflegte, waren eben:
fo viele ehrenvolle Praͤrogativen, bie in Verbin⸗
‚bung mit den einträglihen Rechten bie Leviten zu
einem arblichen, uͤber das ganze Bulk hervorragen⸗
ben Adel machten. Das vornehmſte GSeſchaͤfft der
Leviten war der Dieuſt bed Jehova, ober ber
Dienſt der Stiftshuͤtte, ſpaͤterhin des Tempels
und bed Altars. Diejenigen, welche zum Dienſte
des Jehoya erkohren wurden, machten theils ben
2
m Qutram I, 0. 4; p. 4. migeelis Mol. N L
. 197:157 ©
on, ’
Hoef, theils die Leibwache des Gottes der Wäter, .
. und feiner Wohnung aus. Als’ die Hoͤflinge und
teibwädter bed Jehova Iagerten ſich die Leviten
beftändig um die Hütte des Stifte, und als folde
‚ wuften fie, mie die Höflinge und Trabanten der
Morgenlaͤndiſchen Könige, ohne Zehl, oder. ohne
alles leibliche Gebrechen feyn u). So zahlreich
auch die Dienerſchaft des Jehova war; ſo konn⸗
ten doch nicht alle Leviten, als Prieſter angeſtellt
werden. Moſes ſorgte daher für bie uͤbrigen Le⸗
viten auf eben die Art, wie die Urheber der Ver⸗
faffungen in Aegypten, und Hinboftan für die nichts . |
prieftenlihen Mitglieder ber. erften Caſte geforgt
hatten. Cr beftellte nämlich die Leviten nicht bloß
zu Dienery des Jehova, ſondern;auch zu. Huͤtern,
Leſern, und Auslegern der Geſetze: zu Schreibern
Mad Richtern: zu Aerzten, und Aufſehern uͤber
Maaß und Gewicht. Als Schreiber wurden die
Leviten in allen Privat s und öffentlichen Unter
handlungen eben fo unentbehrlich, und wichtig; ale
die Chrifilichen Geiftlihen in ben Jahrhunderten
des Mittelalters, wo die Kunſt zu fehreiben beys
\
nahe ein ausſchließliches Geheimniß der. Diener -
- ber Kirche war. Moſes ſetzte den Mohenpriefter
nicht bloß dem Michter an die Seite x), ſondern
ordnete ihm fo gar den oberfien Feldhern Joſuas
‚auf eine gewiſſe Urt unter y). Wenn weder ein
. Richter , noch ein König in Iſrael war, ſo ward
ber Moheprichter dad Haupt bed ganzen Wolke,
und übte bie hoͤchſte meltliche, wie die hoͤchſte geifl-
. liche
WED Moſis 41. v. 17 u. f.
x) 5. B. M. XVII. ia. |
9 HB M. xxvii. ar.
|
—n ——7 2—
— — 341
Le Macht aus. In ſpaͤteren Zeiten machte man
den Tempel des Herrn zu einer feſten Burg, und
zu einem Waffenplatze, to unter andern die Vers
ſchwoͤrung gegen die Koͤniginn Athalja von dem
Prieſter Jojada entworfen, auch mit Huͤlfe ber
Seiten gluͤcklich angefangen, und ausgeführt
wurde z).
Mit den Brahminen der Hindus verhielt es
| ſich ſchon ſeit Jahrtauſenden eben ſo, wie mit den
Prieſtern in Aegypten, und unter. ben Juden.
Die Brahminen bilden die vornehmſte Caſte ihres
Volks, die felbft vor der Eafte ver Fuͤrſten, und
edlen Krieger viele und große Vorrecdhte hat. Die
wichtigſten Vorrechte der Brahminen vor den Fürs
fen und Edlen beftehen barin, baß fie allein den
- Göttern dienen, auch allein die heiligften Schriften
leſen dürfen, und in Unfehung ihrer Perſonen uns
deriehlich find a). Man kann Brahminen, bie
große Verbrechen begangen haben, ber Freyheit,
‚und bed Geſichts berauben. Man barf fie fo gar.
verſtuͤmmeln, aber ihnen unter keinem Vorwande
bad Leben nehmen, weil daß Umbringen eineſß
Brahminen für eine der fuͤnf großen unerlaßlichen
Suͤnden gehalten wird. Die Brahminen brauhen _
dieß Vorurtheil von ihrer Unverletzlichkeit nich
nur dazu, ſich die Bezahlung gerechter Forderun⸗
gen zu verſchaffen, ſondern auch manchmahl, um
die unverantwortlichſten Erpreſſungen auszuuͤben.
Sie ſetzen ſich nämlich den Haͤuſern von Vorneh⸗
men und Reichen gegenuͤber: mit der Drohung, zu
ſterben, wenn man nicht ihren Willen thue. —*
a in⸗
2) 2. B. der Könige XI.
a) Rogers I, 2. |
342 Zn —— | u
Hindus opfern alles anf, um. N. efi ſolches unerſetz⸗ |
liches Ungläd abzuwenden. So greofi die Gdhuld .
ift, welche man durch die Beleidigung von Brahs
minen auf ſich ladet; ſo groß ift das Verdieuſt von
Wohlthaten, die Brahminen erwiefen werden,
Mer für einen Brahmin fein Leben aufopfert, .
Fommt augenblickiich in das Paradies; und alles
übrige Gnte, was man ben Brahminen erzeigt,
wird yon Ben Goͤttern angefehen, al& wenn man eg
Ihnen ſelbſt erwiefen hätte db). Die vornehmfte
Beſtimmung der Brahminen ifi der Dienft, den fie
ben Göttern, ober in den Tempeln, und bey dei
Altaͤren dee Gotter zu leiften haben. Der Göts
terdienft in großen Pagoden erfordert eben fo viele
Menfchens Hände, als der Dienft in ben Pallds
ſten großer Beherrſcher. Es gibt, ober gub wes
nigſtens vor nicht gar langer Zeit Pagoden, in
- welchen 40000 Brahminen zufammen wohnten.
Eine fo zahlreiche Dienerſchaft der Götter macht
außerorbentlihe Einkuͤnſte nothwendig. Es war |
eine Zeit, wo man den Brahminen nachfagte, daß
fie den dritten Theil aller Einkünfte. des Landes |
zögen dd). Wenn auch die Reichthuͤmer ber Indie |
ſchen Prieſter feit einigen Menfchenaltern um .vies |
„led geſchmaͤlert worden find; fo bleibt es doch im⸗
mer wahr, daß die meiſten, beſonders die be⸗
ruͤhmten Pagoden weitlaͤuftige Beſitzungen haben,
und daß die Vedams es den Fuͤrſten zur Pflicht
machen, die Pagoden, und ihre — * reichlich |
8
0144
U
‘
) L. c. u. c. 5. 6; auch Tennant J. 175. et X r
| .) 1,6, wagen
EEE Zu Ze 343
zu begaben d). Außer den Pachtgeldern oder
©rundzinfen von Länderenen heben die "Brahminen
meiftens Zölle won mehreren eingehenden, ober
ausgehenden Waaren, auch. andere Steuern, nahs
.mentlich fünf von jedem Hundert ber Mitgaben,
ober Ansftattungen von Bräuten ©). Wenn alle
biefe Hölfsquellen zum Unterhalt ber Brahminen
sicht hinreichen, ‘fo brauchen fie das ihnen zuſte⸗
hende Recht, Allmoſen zu fordern, bie ihnen nicht.
verweigert werben dürfen. Das Recht ber Brahs
minen zu fordern, und die Pflicht der Layen zu
geben, iſt fo volfommen ‚ „ daß Manche der Erf
ren, befonders die fo genannten Gurus, felde
Hindus, die ſich zu ben verlangten Gaben nicht
verſtehen wollen, durch Schläge miffhandeln, ober
ihnen das Geſicht mit Koth befhmieren, und fiein
eine niedrigere Caſte hinabſtoßen F). Die Brah⸗
minen, die nicht zu der Dienerſchaft irgend einer
Pagode gehoͤren, beſchaͤftigen ſich entweder mit dem
Unterricht der Jugend, oder ſie treiben Handel,
‚oder üben die Arzneykunde, ober laſſen ſich als
Schreiber, oder als Geſandte, und Raͤthe von
Fuͤrſten brauchen. Man behauptete ſonſt, daß die
| Brahminen weder Koͤnige, noch Feldherrn ſeyn
dürfteh Fa) Allein die Peiſchwas ober Haͤupter
l
der
d) Sevagi, Haupt der Maratten, ſchentte den
„. Brabmiren fo viel. Gold, als er ſchwer war. Hi-
“ Barical ‚Iragments p. 60,
a4)—- Tennant II. 201.
f) Leitr. Edif, XIII, 144.
&) Sonnerat Lı1 ©,
.
er
\
544 " m u J
ber Maratten waren ohne Ausnahme Brahminen 4),
und in ben leßteren Zeiten fehlte es auch nicht au
Beyſpielen, daß Brahminen ald Feldherren, oder
- Anführer in ben Krieg gingen, und Schlachten lies
ferten. Kein Brahmin barf fidh zu irgend einem
Handwerk, und noch weniger zu knechtiſchen Diens
ſten, felbft bey den mädhtigften Fuͤrſten, berabs
laſſen. Auch der aͤrmſte Brahmin, der ſich gluͤck⸗
lich ſchaͤtzt, als Schreiber bey einem reichen, oder
‚vornehmen Hindu anzukommen, vergißt ſich nie ſo
ſehr, daß er mit ſeinem Herrn und Wohlthaͤter,
‚und wenn er ein Raja der Rajaͤs wäre, am einer.
Tafel fpeisten. Xhäte er ed, und es würbe be: >
kannt, fo wäre die umausbleibliche Folge danın
biefe, daß er aus feiner Caſte geſtoßen, und ber
großen Vorrechte feines Geburtsatel® beraubt
würde 5)...
Hindus von allen Caſten ergoffen fich vor uns
denklichen Zeiten weit, und «breit nad Weſten,
Süden, und Dften hin. Es iſt alfo wicht zu vers
wundern, daß man Mefte Indiſcher Eolonien, und
Spuren von Indiſcher Religion auf deu fernften
Ehlanden der Suͤbſee, und an ben beyben Küften
von Afrika antrifft. Die fhönen Bewohner ber
Südfee s Snfeln ftammen ohne Zweyfel von ben
höheren Saften in Hindoſtan ab. Einer der Be;
weife diefer Abſtammung liegt darin, daß das
Priefterthum auf den Soͤdſee⸗Inſeln auf eine
ähnlide Art, mie in Hindoftan, eingerichtet ift.
Die Hohenpriefter auf den Eylanden ber Sübfe |
Te, En |
sinn \ °
h) Niebuhr 1. 7 S. ” . |
i) 11: ee. F
x
— 4446
werben nicht weniger verehrt, als die oberſten Brah⸗
minen in Hindoſtan. Man glaubt von ihnen, wie
von dieſen, daß ſie vertraulich mit den Goͤttern
umgehen, daß ſie ſo gar Beſuche von den Goͤttern
erhalten, ungeachtet die höheren Weſen den Augen
gemeiner Menfhen nicht fihtbar werden k). Viel
merkwuͤrdiger iſt es, daß religioͤſe Einrichtungen
der Hindus ſich bis zu mehreren Völkern an ber
Weſtkuͤſte von Afrika fortgepflanzt haben. : Su
Eongo, ?Fida, und anderen Neger s Neichen iſt
das Prieſterthum erblih, und bie Perfunen ber
Driefter , wenigften der Hohenpriefter, find eben
‚fo heilig, oder unverleglih, als in Dinboftan d). .
Ich habe von den hohen Vorrechten der Prieſterin⸗
nen, und der Frauen der unſchaͤdlichen Schlange
in Fida ſchon an einem andern Orte gerebet; und:
berühre defwegen hier ‚blog das Wichtigſte von
dem Anfehen, und den Vorrechten des Hohenpries:
ſters oder des Chitome in Congo m)... Man ehrt:
in dem Chitome nicht fo wohl den erfien Diener der
Götter, als Vielmehr einen Lebenden Gott. Seine '
Perfon iſt ohne Vergleichung heiliger, feine Macht
größer, und feine Wohnung: unzugaͤnglicher, als
bie irgend eined Könige, oder Khrften in Afrika.
Er mag begehen, welche Berbrechen er nill; ſo
Tann ihn Niemand zur Verantwortung ziehen, viel
ky Forßer II, 155. 154. Freville I, 458.
2.) Bosmant 463. 64 ©. Des Marchais II. 195.
‘144. Smith p. 198. Oldendotn d, 508. Cavan-
4
il, 0254-61. 11.099. et Iq. ' "
in) Cavansi I, 054. et lg. er j .
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Ann
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549 — —
wenigrer varbalten, ‚ober ſtrafen m). , Olpie- feinen.
Willen hingegen , und Veyfall Hürfen-Kie. Könige,
nichts wichtiges unteruehuep, Ant; Bein Befehls⸗
haber, ober Statthalter fein Ams,amtreten, Die,
nau „ernannten Stagthalter begehen: firh.,doher mit,
einem großen, Gefolge zus Wohnung de Chitome,
we, bitten. min demuͤthigen, oder wehmuͤthigen Eig«-
ſcoreys, daß ber. Hoheprieſter ihren dhe Gnade er⸗
welſen mögen ſie vorzulaſſen. Dieſe Bitten wer⸗
ben wie zum erſten Mahle erhoͤrt. Der Chitome
Tag die Statthalter fo lange warten, bis ſie ihre
Rissen mit.ſo vielen Goſchenken untenſtaͤt hahen,
alé er zu erhakten wuͤnſcht. Winn:die Habſucht
ben; Chitoms heiriediat iſt, ſo Fouant. erenblich
außigeiner Hoͤne hepyor, beſpritzt die Bittendan.
mic Waſſerbeſtyeut ſie mit Spauin, oder Erde, |
unbubefichlt- ihnen, datß ſie ſich anf. dan. Raͤcken
hinfrgan · Sa dioſer Lage tritt: an ihnen meltene.: |
Meahla auf den Leip:n: Juan Zeichen, Aaß- bie wir“ |
Fosed getretencu feine Auecte kopen, mud-Tiße fie.
ala aun. [hmwöreg.,..dnß fieidem- Chätsiwe: in-alken.
Geben gehorchen, ader feige: Befehle augenblick⸗
lich wollſtredes. wollen. Die Gedenuͤthigten ian⸗
nen fſich glaͤcklich ſchaͤßes, ‚wein. dev Hohepriefens
ihnen zum Gegengeſchanb elven Brand von Dem. |
halligen Feuer :giht, das er. heftaͤndig. Im feine“
Mahnung unterhält, und dad eine Hauptquele
W ſei⸗
r, en
Aue 3 en d An Der
=) ee Sechs tten Die Hohenhrigſter in Fi⸗
F ar. S —— iu Fi —— * |
Zeiten eine Wr Weryug gegen.den König angeze-·
telt hatten; ſo machte diefer, mit Zuftimmung feis |
‚ner Großen, eine Aunahme von derh dfken Gefdge,
und firafte die Schulßi en, der Hochheiligkeit ihrer
VPerſonen ungeachten. Bosmann I, c..
s
. “. m — 54
feiner Einkuͤnfte iſt, indem man häufig Brände bed
heiligen Feuers als Heilmittel, oder Berwahrungss
mittel gegen allerley Unfälle Fauft. Dem Chitome
gehören ferner die Erſtlinge aller Krüdyte, und Fein .
Meger. wagt es, von irgend einem Product feiner
Aecker, oder Goaͤrten das Geringſte zu genießen,
bevor er nicht den Hohenprieſter gezollt hat: Weil
man dem Shitome mehr, als menfäliche Ehre ers
weißt; fo.glalibte, ober fügte man wahrſcheinlich
Som the, . wie Hot dem großen Lama in Thibet,
daß er unſterblich ſehd, oder daß ſein Geiſt unmit⸗
telbar in felnen Nachfolger uͤbergehe. Dieſe, oder
eine aͤhnktche Vorſtellung hat in Congo allmaͤhlich
eine feltfanie Wendung genommen, wenn anterd
Cavaz zi die Sache richtig gefaßt, und vorgetragen:
hat. Die Einwohher von Congo halten e8 nad
dem Vericht des Miſſienars für eind der gtoͤſten
Vorrechte bes Chitome, Haß er Feines natuͤrli⸗
chen. Todes ſterben duͤrfe; denn wenn dieſes qeſche⸗
be, fo wuͤrde die Welt untergahen, bie Blog dunch
ſeine Macht erhalte werde So bald alfe eiik .
Chitome ſo geikhrlich Frank wird, daß man Ur⸗
ſache hat, an feinem Aufkommen zu zweyfeln; ſo.
beingt fern: Rachfolger mis eifler Keule, ‚und eis,
em- Striche bewaſnet in fein Haus, und ſchlaͤgh.
ben Kranken teds, oder erwuͤrgt ihn, wie er ch.
am bequeniſten findet. —Unter den Rramantis,;
u wo bie Yrieorliche Würde: auch erblich fe folge
inter beit verſchiedenen Söhnen eines verſtorbenen.
Prieſters derjenige nach, der den Muth hat, demi
Verſtorbenen gewiſſe Körner aud. dem Munde zit
teiffen, ind gleich in feinen Mund zw ſtecken.
Maui al daß bie todten Prieſter den Mund
ſihr fe fliehen, aud deß Ai üngersöhutiche
| Mn Kraft
548 — — —
| Kraft dazu gehoͤre, ihnen die Koͤrner abzuzwingen,
welche: fie nicht fahren Laffen wollen 0). Fre
U
. Unter den übrigen größeren- Völkern, wo
man bie. Priefter weder für Abkömmlinge, und
“ Mepröfentaaten der Götter hielt, noch auch die
prieſterliche Würde erblich war, hatten bie Diener
der Götter bey übrigens gleichen Umftänden um
dbeſto mehr Gewalt, Unfehen, und Einfünfte,: je
” -
> .
\
" — — ——
e
weniger die Völker , und deren Veherrfcher gebils
det waren. Ich fage mit Fleiß: bey übrigens gleie
hen Umfländen, weil ber unumfchränkte Despos .\
tismus, felbfk unter wenig gebildeten Völkern, feis |
ner Natur nach ben Ufurpationen der Prieſter ent
ı
gegenwirkt. 0
Ungeachtet die Magier ber Älteften Meber, |
und Perfer nicht fo viele angebohrne Vorrechte hat
ten, als bie Priefter der Aegyptier, und Hindus;
fo waren fie doch fo wohl bey ben. Königen, als
bey dem Volke nicht weniger angefehen, als bie:
fe p). Sie waren die unzertrennlichen Gefährten
und Rathgeber der Könige im Kriege, wie im
Frieden, ‚weil fie Träume, und andere Zeichen:
x beuteten, die glückfihen und ungluͤcklichen Tage, |
oder Stunden für alles, was man unternahm, bes’
fimmten, und bey allen Opfern gegenwärtig fon _
mußten. Gewiß ruͤhmten fie ſich auch ſchon in den
|
7270) Oßendorp Le,
) Man f. über die die Magier vor allen anderen, '
Herodot I, 120, 132. 140, III, 6r et lg. Plin,
ARK ce. 1. et ſq. Diogen: I, 6. et iq. S, Cortius
4, 3 . — ——
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aͤlteſten Zeiten, mit ben Göttern umzugehen, und
fo wohl diefe, als bie Geiſter ber. Verfiorbenen
an rufen zu koͤnnen. Als ber Mediſche König
Aftyages bie Diagier auf ihr Gewiſſen fragte, 0b
der Traum, weßwegen er feinen Enkel, den jun⸗
gen Cyrus, umzubringen befohlen hatte, erfüllt
fey ; fo antworteten die Magier: mir fagen bir ges
*
wiß auch um unferntwillen die Wahrheit. Unfere .
eigene Wohlfahrt verlangt, daß wir dein Meich zu u
erhalten, unb zu befeftigen fahen, indem wir, als
beine Landsleute, Theil an ber Megierung haben,
und von bir- große Belohnungen, empfangen g).
Wenn hingegen die Herrſchaft zu ben Perfern übers.
ginge, fo wärben wir al6 Fremdlinge nicht bloß ge⸗
ring geſchaͤtzt, ſondern auch dienſtbar werden. Das,
was die Mediſchen Magier nicht ohne Grund ge⸗
fuͤrchtet hatten, traf dennoch nicht ein. Cyrus un⸗
terjochte die Meder, und die Mediſchen Magier eye
‚ hielten am Perfifchen Hofe eben ben Einfluß, den
fie in Mebien gehabt hatten. Als Rambpyfes ben
Zug gegen Aegypten unternahm, übergab er bie
Beſorgung feiner haͤuslichen, und wichtigften Ans
. gelegenheiten einem Magier Patizithes. So bald
biefer erfuhr, daß Kambpfes feinen Bruder
Smerdes habe umbringen laſſen; fo faßte er ben J
Euntſchluß, ſich gegen ben Bambpfes zu empören,
und feinen Bruder Smerdes, der dem ermerbeten
Bruder des Königs von Geſtalt, nicht weniger,
als durch Nahmen glich, anf den Perfifchen Thron
zu feßen. Er führte bie Vorhaben. wirklich aus;
. und der r Medifäe Moglet Swerdes regierte ſieben
‚Mes
2 L aso, Herod, xt apyopas ro wapog, Ba Ting
J "206 co asyalac axouν.
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450 — — |
Mongathe ang ruhig fiber das Perſtſche Neich,
Als aber bald nachher die Hornehmften Perier ers
fuhren, bag Smerdes, ber Sohn des Cyrus;
auf Befehl des Kambyſes getöbtet werden, und
u daß der. regierende Smerdes der Magier gleiches
Naͤhmens fen, melden auf Befehl bed Cyrus
die Dhren abgefchnitten worden; fo verfchmoren fie
fe gegen ‚den Betrüger, bradıten ihn und feinen
Bruder um, und forderten die Perfer auf, bafl
fie ſich der ſchmaͤhlichen Herrſchaft der Magier
entziehen möchten. Das Wolf r) ſchloß ſich au
ſeine Befreyer an. Man brachte alle Magier um,
welche man antraf, oder auffinden konnte. Wenn
nicht die Nacht dazwiſchen gekommen wäre, ſagt
&erador, fo würde fein Magier am Leben geblie⸗
ben ſeyn. Der Gedaͤchtnißtag ber Befreyung von
ber Herrſchaft der Magier warb in der Folge bee
ſtaͤndig gefelert; und an kiefem Feſte durfte ſich
Fein Magier fehen Kaffen. Nichts beftomeniger exe
langten die Magier bald nachher eben das Anſehen
wieder, was ſie fonft gehabt hatten; und behielten
es and) unter allen Revolutionen Werfiend bie an
den Jeitpunct, wo bie fiegreihen Mahomebaner
ihre Religion mit Feuer und Schwerdt verkuͤndig⸗
gen, und bie Anhänger ber alten Meligion mig
Feuer und Schwerbt wertifaten, Was die Magier
Int alten Medien und Perften waren, das maren
bie fogenannten Ehafdser im alten Babylonien rs),
Hub fahen die Griechen nnd Mömer tie Känfte
der halben und Magier als vollkommen gleiche
eder aͤhnlicht Känfe an > FR
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Herod. I. e. 6. 99,
. #5 Awian. VI, 6..Strgbo xvi or
u rin, j
u u Dir Morgenlaͤndiſchen Vöolker waren Yon br
„ fhwörer, fondern fie waren auch die höchften Ri»
— — 81
Her'der Traumdeunterey usb Sterndeuterey mehr
‘ergeben, als die Abendlaͤndiſchen; und es Kann
daher tobt fpn, daß die Magier der Perſer, und
die Chaldaͤer in Babylon ald Traum⸗ und Stern⸗
deuter, welche bey allen Gelegenheiten zu Mathe
gezogen wurben;, ein eben fo großes Anfehen, bid⸗
weilen einen noch größern Eiufluß hatten, als die
Druiden Set Alts- Earopäifiken etionen. Wenn
man aber bieſes auch zugibt, fo kann man zu glels
Ger Zeit nit verkennen, daß .die Europaͤiſchen
Druiden ungleich größere geſetzliche Vorrechte hats
ten, aldö-bie Magier und Chaidaͤer in Afien. Die
Prieſter in Britannien, Gallien und Gerinaniten
wären nicht bloß Diener der Goͤtter, und als fol:
che bey allen Opfern, und anderen aottesbienftli-
hen Handlungen unentbehrlich: nicht bloß Weiſſa⸗
ger and Wahrſager, Aerzte, Zauberer und ‘Bes
ter in bürgerlichen fowohl, als in peinlichen Sa⸗
den: fehr oft Schiedsrichter zwiſchen Fürflen und
Voͤlkern 8). Wer fih ihren Ausſpruͤchen nicht
a un⸗
u) Caeſar de bella Gall, VI, 13. 14. Tack, Annal.
XIV. 30. Hiſtor. IV, 54 de Morib. Germ. 7 et
sı c. Strab, IV..p. 302. Plin, Hif, Nat, XKX, 4,
Die Druiden waren nicht die einzigen, fordern die
hoͤchſten Richter, die letzte Inſtanz. Dieb zeigen
felßft die Werte des CAfars: Nam fere de omni-
bus eöntreverliie publicis privatisque cönfi«
tuunt: et i quod ef admillum facinas, fi cae-
des facta, fi de hereditate, de finibus eonıra-
verſia eft, iidem decernunt, praemia poenas-
que conllituung. . . Hi certo.anni tempare
in finibus Carnutum, quae rogio totius Gallisa
mes -
‘ . \
\
. 533 | — —
unterwarf, ward in den Bann gethan, d. h. er
„warb von allen gottesdienſtlichen Zufammenkänfs
„ten, und Handlungen ausgefchloffen, ‚und für einen
Feind der Götter erklaͤrt. Man floh folde Ges
- bannte, ummicht durch fie befleckt, oder durch ihre
Schuld angeftecdt zu werben. Man ſprach ihnen
kein Recht, und bielt fie aller Öffentlichen Ehren
unwürbig x). Die ‚oberfirihterlihe Gewalt vers
ſchafte ven Druiden, in Verbindung mit der Gase
zu mwahrfagen, ben mächtigfien Einfluß auch auf
‚bie Verfammlungen des Volks, und auf alle oͤf⸗
feutliche Angelegenheiten, die bort entfchieben wur⸗
den. Sie allein geboten in ben Volks⸗Verſamm⸗
Yungen Stillfchweigen; un» fie allein hatten das
Recht, Unruhige zu feſſeln und felbft zu geiffeln y).
Je nachdem fie entweder aus ben Eingeweiden von
Dpfern, oder aus anderen Zeichen die Gnade, ober
Uugnabe, günftige ober ungünftige Antworten vom
| Da "Yu
meai⸗ habetnr, eonfidunt in loco eonleerato:
hue omnes undique, qui controverhas habent,
‚eonveniunt, eerumque deerctis, judiciisgue
ie parent, .
2) Caelar l. c. Si quis aut privatus, aut publi-
. eus eorum decretu non fieterit, [acrificiis in-
terdicunt, Haec poena apud eos eſt graviffima,
Quibus its efl interdietum, ii numero impie-
rum, ac leeleratorum habentur: iis omnes de-
eedunt, aditum [ermonemque defugiunt, ne
quid ex contagione incommodi accipiat: ne-
. que iis petentibus jus redditur, neque honos
‚ wllus communicatur, oo. |
y) Tac. I. c, Silentium per facerdates, quibus
nm et coercendi jus et, imperstur. Ceterum
neque animadvertere, negne vincire, ne ver-.
berare quidem, nifi facerdotibus. permilum, -
—— — 553
@öttern verkuͤndigten, wurden Könige, und Heer⸗
- führer entweder erwaͤhlt, ober verworfen, Krieg,
aber Friebe beſchloſſen, Befeße angenommen, oder
abgeſchafft. Liber 2), Elaudiusa), und andere -
Mömifche Kaiſer würheten mit Feuer und Schwerbt
gegen bie Gallifhen und Britannifchen Druiden,
und deren heilige Haine. Allein die Druiden, und
das Anſehen ver Druiden erhielten ſich noch Jahr⸗
hunderte lang aufrecht. Die Ebrpfoftomus fagt
Yon ben Druiden feiner Zeit, daß die Könige ohne ' -
die Druiden nicht allein nichts unternähmen, fons
‚dern auch nicht einmahl über etwas rathfchlagten,
ohne diefelben zu Mathe zu ziehen: daß im Grunde
bie Druiben vegierten, und daß die Könige meiter
nichts, als bie Diener und Zrabanten ber Priefter
feyen 6). Die Druiden genoffen von ben älteften
Zeiten ber eine Befreyung von allen öffentlichen
Laſten ed. Ungeachtet es fich nicht von allen Zeiten. -
fo firenge bemweifen läßt, als. die Immunitaͤt ber
Druiden; fo fheint e8 mir doch nicht weniger ges
wiß, daß bie Priefter der alts Europäifchen Voͤl⸗
Ber ähnliche Einkünfte, wie die Könige und Fürften
Ä Ä ng
z) Plin. 1. c. J
ay Sueton. in Claudio c. 25.
5) Die Stelle aus der 49. Rede des Tiion führen Koi
ler Antiq, Sept. p. 84, und Dreyer iu feinen vers
‚mifchten Abhandlungen, letzterer auch noch mehrere
Zengniffe über das große Anfehen der Priefter unter _
den Burgundern, den Franken und den noch freyen
Slaven an. II. 650, 631. .
4) Caeſar 1, c. Druides a bello abelle conlwere-
rant, negue tributs una cum reliquis pendunt:
“ militise vocationem, ommpiumquererum habent .
immunitatem. |
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gehabt haben. So lange man ben Koͤnigen, ober
Dergögen bloß freywillige Geſchenke bradyte, fo
Janze erhielten bie Druiden auch dergleichen. Bad
- dem aber ordentliche Abgaben, wie ſchon zu Cäfars
Zelten unter den Galliern, eingeführt wurden; fo
wied man ohne Zwenfel den Prieflern, mie ben
Fürfien und Richtern, beftimmte Finfünfte an.
Die Hobenpriefter in Galatien, oder Gallogräcten
gehörten nicht bloß zu ben angefehehften, fonbern -
auch zu den reichften in MWorber s Afıen d) Wie
- sollten die Gallier in Aſien darauf gekommen feyn,
ihre Hohenpriefter fo fehr zu erheben, und zu bes
reichern, wenn nicht ihre Druiden urſpruͤnglich aͤhn⸗
liche Vortheile im Waterlande genoſſen hätten?
Wenn man weiß, was bie Prieſter ber Eu⸗
rophifchen Voͤlker ſchon in ben aͤlteſten Zeiten vers
mochten; fo wundert man ſich um befto weniger,
daß ed ter Chriſtlichen Geiſtlichkeit, und befons
ders den Bifhöfen in Rom gelang, eine fo-unges
heure Macht, und folde ungeheure Reichthirmer
zu erlangen, und beyde fo viele Rahrhunderte durch
auf eine fo ungeheure Art zu mißbrauchen, als bes -
ſonders Gregor der fiebente fie im eilften, Adrian
der vierte im zwölften, Bonifaz der achte, und
Johann der zwey und zwanzigſte im pierzehns
"ten, ja felbft noch die Päbfte im erfien Viertel bes
ſechszehnten Jahrhunderts mißbrauchten e). Die
Fomaafungen: Gewaltthätigfeiten, ab Gr
ung
A) Sera An. zg. r
© Ben ſolchen notorifchen Faetis hot man nicht nös
thig, Zeugniſſe anzuführen, Jedes Compendium
der Reichsgeſchichte bietet die Deweiöftellen dar,
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— — 68
ſungen der Paͤbſte, und Grigen Geiſtlich keit erreg⸗
ten ſchon im eifften und zwölften Jahrhundert nie. -
bloß Laute und- drohende Klagen der Fürften und
Völker, ſondern auch muthige Vertheidiger der
Rechte yon beyden. Die Klagen der Färften und
Völfer wurben Jahrhunderte Tang troßig, oder
leichtſinnig verſchmaͤht: die. Widerſacher der Paͤbſte,
and der Geiſtlichkeit mit Liſt oder Gewalt aus dem
Wege geräumt, bis daß Licht der’ immer zuneh?
menden Aufklärung bie Reformation herbepführte,
nnd die ſchwerſten Feſſeln zerbrach, in welchen die
Seiftlichfeit, und deren Häupter bie 'ebelften Nas.
tionen der Erbe fo lange gefangen gehalten hätten.
Was die Päbfte für die Katholifh » Ehrifklichen
Voͤlker waren, dad waren bie Patriarden in
Moscau, für die Ruſſen f), und dad würden bie
Griedifhen und Armenifcheh Patriarchen für bie
Griechiſche und Armenifhe Kirche fegn, wenn
nicht bie Ießteren fo oft von dem Tuͤrkiſchen Ges
twalthaber beraubt, und entfeßt würden 8). Es
At allgemein bekannt, daß die Griechiſchen, und
Armenifhen Patriarchen ihre Würden faufen, und
daß Feiner auf den Thron des Hauptes feiner Kir:
he kommt, der nicht feinen Vorgänger durch Raͤn⸗
Fe, und VBeltehungen verhrängt hat, Was ein, |
jeder Patriarch feinem Vorgänger gethan hat, das
zeſchieht Ihm in kurzer Zeit ſelbſt wieder, und es
iſt gar nichts ſeltenes, daß in fuͤnf Jahren eben ſo
viele Patriarchen geſtuͤrzt, und wieder erhoben
werden. Dieſe offenbaren Beſtechungen, ‚und dieſe
große Unſicherheit der Patriarchen ſchaden ibser
Ge⸗
NM Wenige, |
gs, Taurnefort J. 39. Span. I. 217, 219. i
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Gewalt, und ihrem Anſehen, allein ſie ſcheinen
zugleich ihre Raubſucht zu veigen. Die Patriar⸗
hen prefien die Bifhöfe, die Biſchoͤfe fo wohl die. _
Archimandriten, als bie Papas, und beyde prefs
ſen wiederum bad Volt aus h). Die Biſchoͤfe laſ⸗
ſen die Papas, fo wie die Archimandriten ihre
Moͤnche bis aufs Blut prügeln, wenn bie Einen,
und die Anderen das nicht leiften, mas Yon ihnen
berlangt wird. Die Priefter, und Mönche miß⸗
—* wieder die Layen auf gleiche Art, oder
ſtellen fie gar an ben Pranger, wenn dieſe nicht
geben, was man von ihnen fordert. Selbſt bie
reichfien Griechen find den unverantwortlichften Era
preffungen ber vornehmen Geiftlihen andgefeßt.
Der Verfaffer der Beobachtungen über die Walla⸗
hey, und Moldau erzählt davon ein merfwürbiges
Beyſpiel i). Ein angefehener Griehe von Jani⸗
na, der an gewiſſen Haͤndeln in der MWalladey und
Moldau Theil. gehabt katte, wurde auf Befehl. des
Kaiſers WMuftapba in den ſchrecklichen Kerker zu
| Conftantinopel, il forno genannt , eingefperrt k).
- So fürchterlich auch bie Befchwerben, und Quaa⸗
- Yen waren, melde der Gefangene hier ausſtand;
fo waren doch alle feine Gedanken aufein Liebliugs⸗
pferd gerichtet, für welches er auf das zaͤrtlichſte,
feldft von feinem Kerker aus, forgte. Nach ſei⸗
ner Befreyung war bie erfte rende, welde er
ſich machte, biefe,. daß ex fein Pferd auffuchte,
und auf de das Inbrünftigfie berzte. Bald nachher
ſchickte
9 Boſcorich p. 247. Taube, 88. 06. Oflervas
sioni.intorno alla Valachia 239 et ſq. p.
i Oflervasioni p. 340- 245,
k) Ollervaz. I. c.
— — 537
ſchickte ein Biſchof aus Afien, ber in ſeinen Spren⸗
gel zuruͤckkehren wollte, zu dieſem Griechen, und
ließ ſich das Lieblingspferb zum Geſcheuk ausbit⸗
ten. Der Grieche machte allerley Schwierigkeiten,
bdas geliebte Thier auszuliefern. Als aber ber
u Biſchof ſelbſt kam, und ihn mit feinem Fluche,
ober dem Bann byohte, wenn er das Pferb nicht -
bergäbe; fo ließ er es augenblicklich verabfolgen.
Aller dieſer Erpreſſungen ungeachtet kuͤſſen die
vornehmſten Griechen und Griechinnen ihren Bi⸗
ſchoͤfen die Hand, ja werfen ſich vor ihnen fo gar
auf das Angeficht nieder ). Auf eben die Art,
wie die Griechiſchen Geiſtlichen ben Layen begeg⸗
wen, behandeln. die Portugiefifchen und Spanifchen
Geiſilichen die bekehrten Indianer in beyden In⸗
bin m). Die Prieſter wagen immer um deſto
mehr, je ungebildeter, oder Traftlofer bie Voͤl⸗
Wem Priefter in uncultivirten defpotifchen
- Reihen eben fo viele, ober noch mehr Macht. .
mb: Unfehen erhalten follen, «ls fie unter den
tapferen und freyheitliebenden Völkern bes aͤltern
und wittlern Europa hatten; fo muß entweder das
Prieſterthum erblid feyn, mie in Aegypten und
Hindoſtan, oder bie Beherrſcher müflen die höchfte
‚weltliche und geiftliche Macht vereinigen, wie bie
erſten Nadyfolger von Mahomed, oder bie Pries
- fer und Hohenpriefter müflen für Nachkommen von
Gaoͤt⸗
ib) ib, j - nf N
m) Außer den in ben Unteriuchungen über das Moͤnch⸗
thum angeführten Zeugniflen |, man noch Le Gentil
AU. 67. ꝛ13. TTV |
—
Göttern, ober faͤr die Erben himmltſiher Geiſter ge⸗
halten werden, Zrtst Feiner von dieſen Faͤllenein, fo
unterjocht bie unnmſchraͤakte Macht des Defpoten und
| feiner Diener das Prieſterihnm und. bie Priefter ; und
bie: Ießteren gelten,. und haben nur. fü virl, als
bie. erfiexen gut fenten. Ungeachtet alfo die mar
homebanifben Völker, und’ noch mehr bie heidni⸗
ſchen Nationen des ſuͤdlichen Afiens nicht einmahl
fo gebilbes find, als die Ehriften des Mittelal⸗
ters; fo haben doch die Geiſtlichen unter den er⸗
ſteren bey weitem. nicht fo viel Anfehey und Reich⸗
‚ thümer, als fie unter ben leßteren batteir 5).
. Der Mufti iſt unter ben Tuͤrken, und ter Eedre,
ober Sebre unter den Perſern das Haupt der
Retigion. Allein wie unentlih weit ſtehen beyde
in Anſſhung der. Macht und der Einkuͤnfte hinter
ten. Päbften des. Mittelalters zurück! : Die un⸗—
umſchraͤnkten Beherrſcher der Mahomebautfhen
Völker geben zu, bag der Koran bie einzige Quelle
und Richtſchnur wicht nur des wahren &tanbeng,
fonden auch des Rechts ſey. Die Mahomedani⸗
u) Warum, wird man fragen, ſchraͤnkte der Morgen⸗
laͤndiſche Deſpotismus die Prieſter in älteren Zeiten
nicht ehen fo , wie in fpäteren, ein? = Weil, aut⸗
worte ich, die unumfchränften Könige-ded Morgens
landes in alten Zeiten milder regierten, als in den
neueren, Wie biihend war Aſien unter. den Lydi⸗
ſchen, Mdiſchon und. Perfiichen Königen !- Wie vers
vdet ift es jest ſchon ſeit Jahrhunderten! = Das
actum iſt unlaugbar, Nach den Gruͤnden dieſer
Thatſache ſuche ich ſchon lange. — Noch Eim Um⸗
ſtand iſt nicht aus der Acht zu laſſen. Die alten
Magier, und Ehaidier waren vorzuͤglich als Stern⸗
: beuige Misbtige. See iß die Gterndehteren bon
| Prieſterthum abgeſondert. *
— — — .
— — ——0
fen Geiſtlichen, welchen die frommen Mahtmeba⸗
ner beyſtimmen, zielen. hieraus die Foige, def
albe Gerichtabarkeit, ja die gauze weltlicheMact
ejgentlich ber Geiſtlichkeit und Dem Haupte derfel⸗
ben zukommen. Allein die Beherrſcher und ihre
Dienrdr laͤugnen diefe Folgerung, und auch die
Maqhomedaniſchen Voͤlker glauben mit ihren Bes
herrſchern, daß bie Könige Stellvertreter Gottes
und der Propheten ſehen: daß Die Geiſtlichkeit ſich
mit woldlichen Angelegenheiten nicht Befaffen bhrfer |
daß vie geiſtliche Gerichtsbarkeit dem koͤniglichen
Anfehen,; felbft in Relizionsſachen untergeordnet
ſeyn mouͤſſe 0), Es find. alfe auch bloß todte
Worte, wenn ed unter den Türken heißt, - bei.
bie: Perſon des Mufti unverletzlich ſey, und daß
ſelbſt der Sultan es nicht wage, ſich den Aus⸗
ſpruͤchen deſſelben zu widerſetzen: daß der Sultan
den Mufti in allen wichtigen Angelegenhelten, bey:
| RT DE
Du GP Zr
.
B .
| 0) Chardin It, 997. 208. Les Gens #Eglife, et
les Devots de la Perle, tiennent que la Domina-
tion: des Laiques elt un Etabliffemetit violent et
uſurgé. et que le.gotvertiement civil appargient: -
., de.droit au Sedre, et al’Eglile, La principalo
. raifon, dont ils appuyent cette creance, ef, que.
Mahomed etoit Prophete., et Roi enfemble, et
queæ Dieu lavoit eonßitue fur le Spirituel, er‘
‚fee ie Temporel,: Mais l’opinion la plas göne-
-
‚. zalömmsnt regue ell,.gye:}a Royaut® tolle, qu’elle.
eiti dans la main des aiques, tire fon inſtitution.
et ſon autorjt@ de Dieu: que le Kot tient la
' place de Dieu, et des Prophetes, en la condvi-
- te des Peuples; et quant an Sedre, et à tous
les gens de Lol, qu'ils ne fe dumme Bofat
rn meter du ——— er u . que leur
‚ , Jurisdiction eſt a ep lautoritäroyales männe
. ‚dans les chofes de la —* Harayalaı wi
=
der Wefihliegung von Krieg und Frieden, ber Er⸗
nennung ober Befirafung der vornehmſten Staats:
beamten um Rath frage, ober gar fragen müffe p).
Einige fromme Sultane thaten dieſes allerdings ;.
allein fchon .Ricaur bemerkte, daß bie Sultans
nund DVezite fih feit langer Zeit, wenig mehr um
die Muftis bekuͤmmert hätten: daß, wenn man
fie frage, biefes meiftens nur zum Schein gefchehe,
und wenn bie Muftis fich nicht nach dem Willen
tes Hofes bequemien, man Mittel in Händen has
‚be, fie nachgiebig zu machen. Man feßt nämlich
‚den tiderfpenftigen Diufti ab, und wenn etwa ber
Drachfolger in die Fußſtapfen feines Vorgängers
träte, fo wechfelt man mit ben Mufti's fo Lange,
bis man Einen findet, ber das: billigt, was ges
than werben fol. Mufti's, die fih bem Hofe
verdaͤchtig machen, werben nicht bloß abgefeßt,
ſoudern umgebraht; und bad einzige, wodurch
mon fie Yon anderen wirklichen, ober angeblichen
Staats : Berbredhern unterfcheidet, beftebet darin,
daß fie nicht gekoͤpft, ober erdroſſelt, fondern in
einem großen fleinernen Mörfer zerfioßen werben.
Die Mufti's werben, wie andere Bebiente, :ganz
allen vom Sultan ernannt und beſoldet. Auch
haben: fie faft gar Feine Gewalt über bie geiftlis
Ken Gütex, die an Moskeen vergabt worden find;
und nicht einmahl Gerichtsbarkeit über die niedrige
Geiſtlichkeit, indem dieſe fo mohl in bürgerlichen,
als peinlichen Segen unter ber bürgerlichen Obrig⸗
keit rent M. . ng
| Zu u Der
»): Rieant H. 4 et 5. 196 et fg. p .
99 l. ce. p. ↄ201. Le Moufti n’a Aucdne jurisdicion
fur les Emaume (Preßree de Paroiffe Jen n ce, qui
I.
’ ' ‘
— — 661t
2
N
Der GSeder in Perfien 7) If nicht bloß ber
oberſte Richter in allen geiftligen Sachen, faus
dern bat auch bie Dberanffiht Aber die geiſtlichen
Güter und Stiftungen. Die lebteren trugen zu
Chardins "Zeiten gegen‘ 36 Millionen, die koͤnig⸗
‚lichen Stiftungen allein, wenigftens achtzehn Mil⸗
. Tionen Franken ein; und es gab einzelne Mods
Teen, die 400000 Franken und darüber Einkünfte
hatten. ‚Die Sedres fchalteten vormahls mit tem
Ertrage heiliger. Stiftungen nad) Gutbünfen. Die
baher entfichenden Mißbraͤuche veranlaßten Abas
deſn zweyten, auffer dem Gedre, ber das gemeine
geifilide Gut verwaltete, noch einen Andern für
die Vergabungen der Könige zu ernennen, und beys
den Verwaltungs s Cammern an bie Seite zu feßen,
die für die Verwendung des geiftlichen Guts for:
gen, und Rechenſchaft davon geben muflen. Cin
. jeder ber beyden Sedres hatte ohngefähr 70000
Thl Einkünfte. Sonft waren bie Beyfpiele felten, .
daß Geiſtliche uͤber zehntaufend Franken. einzunchs
men hatten. Die Penfionen der Geiftlihen wars -
den theild auf unbeſtimmte Zeiten , theils auf Zeit⸗
lebend angewieſen. Auch die Yeßteren muften alle
fünf Fahre erneuert werben. Wenn ein gerechter
Grund von Unzufriedenheit da war; ' fo hielt man
| Zn | die
regarde le Gonvernement, car il.n’ya pas de ſa-
periorité ‘al de hièêrarchie parmi eux. Cha-
cun eft indépendant dans la Paroiſſe, et ne
peut eftre controlle de perlonne, ils [ont leu-
lement fonmis au Magiltrat, pour les choles
civiles, et Criminelles,
r) II. 399-401 ps ..
Nr J J
[375 —————— —— SEEN
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56 1 et U) — ‘
die neue Beſtaͤtigung zuruͤck, und denn war Die
Denfion verlohren. Selbſt die Gerichtsbarkeit der
beyden Gebred warb, wie bie des Easy, der fie
eigentlich allein üben follte, durch den vom Hofe
geſetzten Alten des Geſetzes, ober Eheic: el⸗Jslam
fehr befchränft, indem. biefer bey einer gleichen.
Jurisdiction der Unterftäßung der Könige und ih⸗
rer Veziere genof. Auch tn Perfien elfo war
die Geiſtlichkeit ſowohl in Anfehung ihrer Penfios
nen, als in Anfehung ihrer Güter von der hoͤch⸗
ſten weltlichen Macht fehr abhängig. Ebardin
hielt es für einen nnausfprechlichen Bortheil, den
die Perfer vor den Chriften voraus hätten, bag
fie nit wegen ihrer Religion beunruhigt würden. -
Die Geiſtlichen, feßte er hinzu, find weder fehr
zahlreich, noch fehr beguͤtert. Auch haben fie nicht.
Verſchlagenheit und Auſehen genug, um die Uns
terthanen wegen ihrer Religion zu quälen s).
In Vega und Siam, ia Tunfin, Laos, uud
China gab es von jeher einzelne Koͤnige und Vor⸗
nehme, welche nicht bloß bie Tempel, ſondern auch
die Diener und Geweihten der Götter reichlich ber
ſchenkten, und ihnen wichtige, bisweilen fo gar
knechtiſche Dienfte leiſteten t). Auch fanden fi
finmer einzelne Pagoden, bie mit Laͤndereyen bes
‚gütert waren, ohne von ihren Befißungen bie ges
ringften Abgaben gu entrichten. Allein im Durch⸗
fhnitt befag und beſitzt die Geiſtlichkeit in den vor⸗
ber genannten heidnifchen Reichen des färlichen
en Afıens
s) III. 369. \
t) Barbinais II. 250. Tavernier H.ıgı. Laubere
1.346 et fg p. Mariny 167, 406, 416, 427, 430.
Altens ur viel er Anſehen und Einbänfte,
als bie Priefler der Mahomedaniſchen Völker,
Die Geiſtlichen ziehen allenthalben ihren vornehm⸗
ſten Unterhalt aus Almofen, welche fie taͤglich
ſammeln, und bie im. Ganzen ſehr ſpaͤrlich ges
reicht werben. Wenn Talapoinen, ober zes
fi) arober Vergehungen ſchuldig machen; fo wer⸗
ben fie, glei den übrigen Untertbanen beftraft:
Meine Leſer erinnern fi noch aus dem Abfchnitt
- Aber bie Tempel der Goͤtter, ba die Chinefifchen
"Mandarinen häufig in Pagoden einkehren, und
wenn fie nit Plaß genug haben, bie Bonzen
ohne alle Umftände audtreiben, fo Lange fie es
gut finden, bie Gaſtfreunde ber Bötter zu ſeyn.
Die Römer hatten nicht allein Leine richtis
gere, ſondern in vielen Stacken falſchere und une
wuͤrdigere Vorſtellungen von den Goͤttern und dem
Dienſte der Götter, als. die Germanier, Gallier
und andere urſpruͤngliche Bewehner bed alten u⸗
zopa. Nichts deſto weniger waren die Römer.
unter allen Alt» Europäifhen Voͤlkern das rinzige,
unter welchen bie Religion ſtets ein maͤchtiges Werk:
zeug In den Händen ber Wäter, oder der Weller -
ſten des Volks blieb, und bie Diener fo mohl, ./
als die Vertrauten ber Götter, weit entfernt fih
von ben Vätern bed Volks anabhängig zu machen,
ober ſich über diefelben zu erheben, ihren Abſich⸗
ten, Winken und Befehlen ohne Unterlaß, und -
ohne bie geringfte Wiberfeglicjkeit folgten: eine
Erſcheinung, welche ich viel weniger zu erklären
tm Stande-bin, al das neringe Ynfchen der Pries
fer in den deſpotiſchen Reichen Aſiens u)! Die
» Dionyl. Haie, 1, 81. u, Cieer. de Log. N,
# 8-14€
Rn 2
64 — —
Römer unterfchieren die Diener ber Goͤtter von
den Dertrauten terfeiten, son ben Wahrſagern
und Weiffagern; und mean fie auch einige der letz⸗
teren bisweilen mit, dem Zitel von Prieftern. bes
legten, fo verftanden ‘fie Doch unter Prieftern ge⸗
woͤhnlich diejenigen: öffentlich angeftellten Perfonen,
welche außer den Tempeln, und Statüen, ben Als
"tären und dem heiligen Geräth der Götter bie
Dpfer, Reinigungen und andere gottesdienftlidhe
Handlungen beforgten x). Die vornemften Fami⸗
ten in Rom hutten von ben .ältefien Zeiten her
eine jede ihren befondern Goͤtterdienſt: das heißt, -
fie nahmen nicht bloß.an allen religisfen Hands
lungen Iheil, die im Nahmen des ganzen Wolke
verrichtet wurben, ſondern fie brachten gewiſſen
Goͤttern ihre eigenthümlichen Dpfer,. feierten ‘ges -
wiffen Göttern zu Ehren eigenthümlicdhe Feſte u.
ſ. w. Man erlaubte biefen Familien Götter: - |
dienft, aber nur unter ber Bedingung, baß bes
ſtaͤndig oͤffentliche Priefter zugezogen mwärten, da⸗
mit man wiſſe, ob. bie befonderen Götterbienfte
mit dem Öffentlichen Götterbienfte uͤbereinſtimmend
feyen, ober mit demfelben zu firciten anfingen y).
= nn Der
a4) Cie. I. B. de Leg: Quoque haec privatim et
publice modo rituque fiant, diſcunto ignaria ·
publicis facerdotibus, . Eorum autem duo ge-
nera funto: .unam quod praelit caerimoniis et
facris: alterum, quod interpretetur fatidicörum,
: et vatum eflata incognita, cum, fenatus popu-
‚.. Jusque adfeiverit. Man vergl. c. 19.
.y) Cie. 1.c..c, 12. Quod feguitur yera, non ſo-
lum ad religionem pertinet, fed etiam ad ci-
vitatis latum, ut fine iie, qui [acris ‚publice
praklamt; ‚seDgiomi privätae fatisfkcere non pol-
nu.
Ang.
J
X &
Im
BF
u. — Er [nr 565
er Wanze. Sffentliche und Privat : Götters
| sienft him? alle Priefter und Prieſterinnen, alle
Tempel, Altäre und andere: heilige Pläße ſtan⸗
den zunächft unter ‚bee: Aufficht des collegii pon- :-
tificum, in welchem der Pontifex Maximus- ben
Vorſitz führte,‘ und. dad groͤſte Gewicht hatte.
‚Das Coll» gium Pontificum beſtimmte, welche
Goͤtter und Göttinnen‘, auf welche Art, und zu
welchen Zeiten: bie Einen und: die Anderen vers
ebri werden follten. Eben diefed Collegium
mußte dahin fehen, daß der vaͤterliche Goͤtterdienſt
aufrecht erhalten, und keine bedenkliche, oder ge⸗
faͤhrliche Neuerungen eingeführt würden: muſte die
Nachlaͤfſigen warnen, und bie Werleßer der vis
terlichen Religion firafen. Das Collegiam Pon-
tifirum wandte” ſich in fehr "wichtigen Faͤllen
an den: Senats und der Senat fragte in zweyfel⸗
haften Fällen das Collegium Pontificum. Nicht
felten aber zog der Senat ſolche Religions Sachen,
‚welche bie oͤffentliche Ruhe und Sicherheit bes
drohten, unnitttelbar an fi: z. B die Unterſuchung
gegen die geheimen Backchanalien, welche man durch
| ZB
—
ganz Italien mit: Feuer und Schwerdt ausrottete.
Die Befragung und Auslegung des Willens der
Götter waren in Mom ben Augquren, den Zehn⸗
männer ber Sibnllinifh:n Bücher, und den Ha⸗
ruspicibus aufgetragen Auch di-fe Ausleger und
Auslegungen des Willens der Götter waren ‚wie
tote in einem der folgenten Abſchnitte fehen werd
den, mit einer fo bewundernswuͤrdigen Weisheit
organiſirt, baß man glauben ſollte, die Vorſten
..8
J Gut. Continet enim, reipnblicse conſtſio, es
3 auctoritate optimatium, lemper popalum in⸗
digere.
-
slicbern des Standes mit, Nach ter Erfindung
-
PT ——
des Volks feyen von Anbeginn an von allem Volks⸗
Aberglauben frey geweſen, und hätten biefen fo ges
leitet und benußt, baf er fietö, aber unvermerkt,
‚igre Abſichten befördern muſte.
Uster allen Voͤlkern, unter welchen bie Prie⸗
ſter nicht fuͤr das Nothwendige zu ſorgen brauch⸗
ten, ober gar im Ueberfluſſe lebten, hatten fie am
wieiften Muffe, und aud die ſtaͤrkſte Veranlaſſung,
einzelne Theile der Natur genauer zu erforfchen,
als die übrigen Volksclaſſen. Das Beftreben,
die Zeiten ber jährlich wiederkehrenden Feſte zu
beſtimmen, nötbigte bie Priefier auf eine gewifle
Art, die Erfheinung:n und Bewegungen der himm⸗
liſchen Eörper zu. beobachten. Die Menfhen wand⸗
“ten ſich ‚von jeher ‚in Feiner aubern Angelegenheit
hbaͤufiger an bie Götter, und an bie Dieney ober
Vertrauten ter Götter, ald um von Rranfheiten
geheilt zu werden, ober ihre verlohrne Geſund⸗
beit wieber zu erhalten, Die Vertrauten und
Diener der Goͤtter gaben zwar anfangs vor, Krank⸗
beiten durch Zauberey und Beſchwoͤrungen heilen
zu Eöunen; allein beyde fingen doch gar bald an,
außer, ben übernatürlichen: Miitteln auch natürliche
aufzufuchen: : und Zauberer ſowohl, als Priefter
waren bahes allenthalben bie erſten Aerzte. - Die
Sagen über die Yeburt, Thaten und Schickſale
ber Götter Ieketen die Gluͤcklichergebohrnen all
maͤhlich auf Unterfuchungen über den Urfprung und
die Ratar ber Dinge, Alle diefe Kenntniffe vers
miehrten das Anfehen und hie Unentbehrlichkeit
dey Prieſter; und eben deßwegen theilte man dies
ſelben nur den geprüften und eingeweihten Mit⸗
‚der
- Tg rn “
.
r
oder ben Pontificibus und auguribus in Rom a), .
4
. der Säreibkunft faßte man bie Kenntniffe, wel⸗
che man vorher durch mändlichen Unterricht fort
gepflanzt hatte, in geheimen Schriften zuſammen
und folche geheime Schriften fanden ſich baher
nit bloß unter den Prieſtern des alten Drientt,
fondern finden fich aud) jeßt noch unter den Gas
bern und Drufen im weltlichen, und unter ben
Prieſtern aller heibniſchen Völker im ſuͤdlichen und
oͤſtlichen Aſien a), Go bald bie Priefter fehreis
ben Fonnten; ſo zeichneten fie außer den wichtig⸗
fien ‘Begebenheiten ihres Standeſs alle vngewoͤhn⸗
liche Erfheinungen ber Natur auf, und an .bonbe
ſchloffen ſich ganz natürlich bie vornehmiten Tha⸗
ten und Eräugniffe ber Nationen und ihrer Ber
'herrfcher au. Die beffer unterrichteten Prieſter
bemerkten balb, daß fie ihr Anfehen, ihre im |
Fünfte und ihren Einfluß um vieles erweitern wür:
ben, wenn fie folde Kenntniſſe und Fertigkeiten,
bie nicht zu ben Geheimniſſen des Ordens gehoͤr⸗
ten, der Jugend überhaupt, ober doch ben Kins
dern der Fürften und Großen mittheilten, Auch
machte der Unterricht ber Jugend unter ben vor⸗
nehmften Völkern des Alterthums, und macht
noch jeßt ſowohl unter ben großen beitnifchen Voͤl⸗
Bern in Afıen, als‘ unter ben Mahomedanern eine
Haupt: Befchäftigung ber Priefter aus. _ Allein
von dem Unterrichte ber Jugend bis zum öffene:
lichen Unterricht des Bolt s iſt eine Kluſt welche
die
j 2 Cicer, de Div. 11.18. Briff, de formulis I.c. 210 _
: a) Norberg. in Comsens, 5 $oient, Gotting.
ociet.
de a. 1732. Adler Muſ. lat, 136 - 149. Deine |
vermiſchten Schriſten UL 212 u f. e.
-
U MERRLNLTSEERE DT
Den
- s
13
6 rue |
die Prieſter ſelbſt unter: den wmelften großen Ras
| onen der älteren und neueren Zeit nicht über:
- ſſcheitten. Im Alterthum waren ‚die Zuben das
I, ‚einzige Volk, unter welchen vie Priofter das Ges
fl in rr\feß Moſis alle fieben Jahre öffentlich vorlefen,
u —2* und da die Sprache der Moſaiſchen Schriften ver⸗
RE altet war, auslegen muften 5). : Die Chriſtliche
ATI! Bann ift nicht nur die erfte, ſondern auch bie
Wh, elizine- Religion, die ihren Dienern den Unterricht
59, des Volkes ‚zur vornehinſten Pflicgt macht, und
Pdie auf eine gewiffe Art viel cher Volkslehrer,
ald Priefter hatte. Die Mahomedanifchen Pries
I . fler lefen den Layen ben Koran vor, und legen
ihn raus. Allein einen folden regelmäßigen und -
nuͤtzlichen Volks: Unterricht, dergleidhen unter ben |
Chriſten ertheilt wird, kennen fie nicht c).. Die |
Prieſter in Ren heidniſchen Meichen bes fuͤdlichen Ä
Afiend reten häufig zum . Wolfe, ober wie die
Reiſenden fih ausdruͤcken, predigen oft q). Die
fo genannten Predigten der Bonzen und Zalapoinen
in Siam, Tunkin, Laos u. f. w. beſtehen aber faft
ganz allein in Ermahnungen zur Mildthaͤtigkeit
gegen bie Diener der Götter, ober in Erzähluns
gen der Thaten und Begebenheiten der Götter, bes
ven Feſte gefeiert, und deren Tempel beſucht
Dols.
2) mich. Mif, Recht 1. 29%
0) Chardin II, 995. |
‘ 8) Loubere I, 347; Hamilton I], 55. Mariay 431. _
453 D j
I — — 569
Volney laͤßt in einem Buche, das zwar viele
Kyvothefen. aber zugleich eine Menge von ſcharf⸗
-finnigen Bemerkungen, und. manche Stellen. von -
der erhabenften, und hinreißendſten Beredfamkeit
enthält, die Priefter aller Religionen gegen einans
der fireiten, und ſich gegenfeitig anlagen e). Zu⸗
legt, heißt es, fingen bie Lehrer der verſchiedenen
Religionen an, alle Vergehungen, und Gebrechen
thred Standes zu offenbaren; und ed fand fich, daß .
‚der Geift der Priefter, ihr Betragen, ihre Hands
Tungen, und Sitten unter allen’ Poͤlkern dieſelbigen
waren:
daß ſie allenthalben heimliche, mit ber Wobl⸗
fahrt der übrigen Geſellſchaft fireitende Verbrübes
zungen geftiftet;
auch allenthalben Befreyungen, und Vorrechte
an ſich geriffen hatten, moburd fie den Laften "ber
übrigen Volks⸗Claſſen entnommen wurden; |
daß ſie nirgend weder bie Arbeiten bes Lands
manns, noch bie Gefahren bes Kriegerö, oder bie
Unfälle des Kaufmanns theilten ;
daß fie allenthalben unter dem Deckmantel
der Armuth das Geheimniß fanden, ſich zu berei⸗
chern, und jede Art von Genuͤſſen zu verſchaffen;
u daß fie unter dem Nahmen von Allmofen
ſtaͤrkere Abgaben hoben, als bie Fuͤrſten;
da fie unter dem Vorwande von Gaben und
Vergabungen ſichere Einkünfte erwarben, ‚von wel⸗
chen ſie vr entrichtete; |
| " 77
e) Les Ruines p. 308 ct fg.
4
ae — —
bdaß ſie unter dem Sqheine von heftiger Samm⸗
lung, und von Froͤmmigkeit im Muͤſſeggange, und
in den Saflern des Müffigganges lebten;
baß fie aus der Mildthaͤtigkeit ei Tugenb
machten, um sußlg © don der Arbeit Anderer leben |
au koͤnnen;
daß fie bie gattedbienftlichen Gebraͤuche ers
fanden, um bie Ehrfurcht der Voͤlker auf fid zu
ziehen: daß fie die Ausleger, und Mittler der .
Götter fpielten, um fich die Gewalt berfelben zu:
zueignen: baß fie nad) Maafgabe der Unwiffenheit,
ber Eultir von Nationen bald Sterns und Zei⸗
chendeuter, Zauberer und Beſchwoͤrer, bald Aerzte, ,
Beichtvaͤter und Höflinge wurden, immer in der
Abſicht, um bie ef zu ibrem eigenen Vor⸗
‚ theile zu regieren;
daß fie bald bie Gewalt ber Könige, und die
Heiligkeit ihrer Perfonen erhoben, um an ihrer
Made und Guaden ⸗ Bezengungen Theil in neh⸗
men;
bald hingegen den Tyraunen⸗Mord predig⸗
ten, um ſich wegen der Verachtung und des Unge⸗
horſams ſolcher Fuͤrſten zu raͤchen, welche ſie mit
dem Nahmen von Tyrannen brandmarkten; —
daß fie von jeher alles bas Gottloſigkeit nanu⸗
. -
p) -_.___ u.
. ten , was ihrem Intereſſe ſchadete; daß fie fich.der
Berbeſſerung des öffentlichen Unterrichts widerſeh⸗
ten, um bad Monopol der menſchlichen Keyntuiffe
2, behalten ; daß fie zu allen Zeiten und an u u
. r⸗
— — BE Er m
Drten da Seheimuig: entbeckten, mitten uuter ber
Anarihie, welche fie berben geführt, in Fticden
— — — — — — —— -
a
unrr. dem Dedpotismus, welchen fie: begünfligk,
in Sicherheit, unter der Arbeit, weiche fie Aude⸗
ren prebigten, in ſtiller Muffe, unb is der allge
meinen Roth, im Ueberfluffe zu leben; und alles
dieſes vermittelt. des fonderbaren Handels mit
Worten und Geberben, melde fie Teichtgläubigen '
Menſchen als Waaren von dem groſten Werthe
berfauften”,
AIndem die Voͤlker heſes hoͤrten, wollten ſie
die Betruͤger, welche ſie hintergangen hatten, in
Stuͤcken reißen. Allein die Gefrßgeber hieltes
ben Ausbruch von Heftigkeit zurück, und fragten
die Priefter: habt ihr denn wirklich auf bie anges
zeigten Arten die Voͤlker betrogen ?
“und die gebemüthigten Prieſter antworteten:
Geſetzgeber! wir ſind Menſchen; und die Voͤlker
find fo aberglaäubig. Dieſe haben uns ſelbſt zu un⸗
ſeren Verirrungen gereißt”;
Hierauf wandten fih bie Geſetzaeber zu ben
Voͤlkern, und fagten: erinnert euch, Voͤlker, hefs
fen, was ihr fo eben gehört habt! Ihr felbft ver:
anlaffet die Uebel, worüber ihr euch beklagt; und
ihr wollet die Fehler enrer eigenen Unniffenheit an
Anderen ftrafen” ?-
Mnd bie beſchtinten Volker beobachteten ein
sep Stillſchweigen“.
Die
572 —
‚ Ste Biöherigen uuterſuchungen kein i lei⸗
! tm Ganzen die Vorwuͤrfe, die den Prieſtern
* ber abgefchriebenen Stelle gemacht werben, body
weifen fie zugleich auf die Ausnahmen: hin, welche
man von Volney's gar zu allgemeinen Arriagen
machen muß.
Ara GE " '
Ahbang
DE en eu
. B
\
.
- J
fr —— —
J
Anhang
zum awölften Bud,
in welchem Eröeterungen der Zauberey ganz tober Voͤl⸗
ker, und eine Vergleichung derſelben mir der Magie
halb » eultigierer Nationen enthalten find.
+ .
’
3
Ich füge dieſen Anhang aus einem boppelten
Grunde hinzu: erſtlich, um einige Puncte der
Zauberey roher Völker mehr zu erörtern, als ih
in den vorhergehenden Betrachtungen über Zaube»
rer und. Beſchwoͤrer konnte: zweytens, um die
Bauberey roher Völker mit der Diagie, und Theur⸗
gie halbe⸗ gebildeter Nationen zu vergleichen,
das heißt, folder Nationen, bie nicht nur einen
Anfang, fondern auch ſchon gewiſſe Fortfchritte in
Kuͤnſten und Wiſſenſchaften gemacht haben, ohne je⸗
doch bis zu einer richtigen Kenntniß der Natur, und
des Menſchen gelangt zufeyn; oder die auch von einer
höhern Cultur zu einer geringern herabſinken, ober
herabgefunten find. In die erfte Claſſe halbgebil⸗
deter Völker gehörten bie Nationen bes alten
Orients: in. die andere, bie Griechen und Römer’.
in dem zweyten, dritten, und vierten Sahrhundert _
nad Chriſti Geburt, auch die. heutigen Morgens
laͤndiſchen Voͤlker. Die Chrifilihen Nationen des
Mittelalters Finnen in gewiſſen Zeiten als finfen:
de,
⸗
J
*2
nu
a
s
—
—
37 ——
be, in andern Zeiten, -ald wieder emporſteigende
halb⸗ calsivirte. Völker betrachtet werben.
Alle rohe Voͤlkerſchaften fahen glädtiche, und
ungluͤckliche WBorfälle fo fehr, als unmittelbare
Wirkungen entweder von guten, und böfen Göttern,
ober von Vertrauten der Einen, und der Anderen
an, daß fie fo gar Wunden und Tod, bie in Ges
fechten von feindlichen Waffen zugefügt worden,
fir bloße Effecte von Zauberey hielten F). Alle
.
rohe Voͤlker erkannten gute und böfe Zauberey -
und Zauberer, wie gute und böfe Götter. Alle
glaubten, daß Zauberer Götter hervorrufen, mit
guten Göttern erfüllt, von böfen befeflen werben
koͤnnten: daß bie Vertrauten guter Goͤtter durch
De Hätfe derfelben Krankheiten und Lob abwenden,
böfe Goͤtter vertreiben, oder bänzigen, flichende,
ober entflohene Seelen zuruͤckbringen, fi in ferne '
‚ Gegenden verfeßen, und verborgene Dinge entdecken:
daß hingegen die Bertranten boͤſer Geeter Krank:
heiten durch Zauberwerbe erregen, oder gar Kranke
j ' Be 17)
M) So denten die Neger, Gldendorp I. 299 Z01,
Dobriebofer de Abiponibus 11. 240. 21 Val-
nus, fagt der Letztere, haſta inflitum auamris.
tanto [aepe pateat hiatn, ut et fugjenti animae
exitum, et mortiingreflurae aditum ampliflimum
praebeat undique, quod fi tamen faneiarus e-
meristur, non ferro, fed praefiiglis, ierhalibus
extinctus ab infaniente plebecula patstur. —
Brachinm halla transverberatum, ſolequo ar-
dente horrendum in modum intumelcens‘, cum
- al medicae opis, in campe feilicet ad nanum
- eflet, cor ipfum petit, ac. bidei [patio opprimit
jeafelieem. Haßam- vulneris, vulnus necis cau-
‚ fam exfitille quis noftrum negabit ? Negarume.
id Abipones, ac contuwbernalem funm magicis
artibus extinctum palam voeciferabantur,
/
an U ee Se —
’
/
—
man das Wort Aberglaube fo exklaͤrt,
x ;
y
. töbten, auch fich in allerley Seftalten verwandeln “
Könnten, Vorſtellungen alſo Yon guten und böfen -
Zauberern, und Zaubereyen, Hervorrufung von
guten und böfen Göttern, Heilung und Erregung
von Krankheiten, Abwendung und Zuziehung bed
Todes, Entdeckung verborgener Dinge, Verfegung
An ferne Gegenden, Verwandlung in allerley Ge
falten, Zurüdfährung von Seelen, Erfüllung
ober. Befigungen ber Menſchen mit, oder von gu⸗
ten und böfen Göttern, ja ſelbſt förmlihe Bünde
niffe mit denfelben machten den urfprünglicdyen und
Allgemeinen Aberglauben roher Völker aus, wenn
gefunde Vernunft, oder ber richtige Verftand, nicht
diefe * jene Vation in Beziehung auf
V ans, Die gelunder
Erna t nennt Aber Lauben alle_irrige Begriffe,
| perinöge deren
überailelide Urfaben, und. Wirkungen finden
w
o. Feine vorhanden find, Die Wörter, Zaubern
WIE Zauberey, begreifen alle, fo wohl heilfame
als ſchaͤdliche Wirkungen unter ſich, die durch ver-
wmeintlich übernatürlihe Urſachen hervorgebracht
werden. Bezaubern hingegen, ober Bezauberuns
gen drüden bie Wirkungen, fo wie Zauberwerke,
bie Mittel, beſonders die cörperlichen Mittel ſchaͤd⸗
licher Zauberey and. Dem Bezaubern ſteht das
Entzaubern, oder. das Megraͤumen ſchaͤdlicher Zau⸗
berey, und Zauberwerke entgegen. Unter Bes
ſchwoͤrungen verſtand man alleuthalben Zauberey
durch Gebete, Lieder, oder einzelne Worte. Bis⸗
weilen nahm man dieß Wort in einer engen Bar
deutung, und deutete dadurch ſchaͤdliche Zauberehan/
die durch Gebete, Lieder, oder Worte geuͤbt werde.
=
Ich machte ſchon Tange die Bemerkung, daß
die Germanifhen Voͤlker, welche das Roͤmiſche
Reich über ben Haufen warfen, mande Arten ded
Aberglaubend nicht Fannten, denen die zwar tief ges
ſunkenen, aber immer nod gebildeteren Ortechen
"and Römer anbingen: daß ſich alfe auch unter ver
Herifchaft bee Germanifihen Völker manche Arten
des Aberglaubens Jahrhunderte lang faſt ganz ver:
Iohren, und fich nicht eher wieder offenbarten, al6
‚Bis die Chriſten des Mittelalters mit den
Schriften, und Lehrern der Araber, und Juden
befannt geworden waren g). Allein erft bey dem
zuleßt mwieberhohlten Nachdenken über die Zaubes
rey und Magie aller Zeiten entdeckte ih, daß der
Aberglaube halb gebildeter Nationen Yon dem
Aberglauben ganz roher Wölkerfchaften fi in vie:
len Stuͤcken charakteriſtiſch unterfeheide, und daß,
wenn man auch nicht fagen koͤnne, daß dieſe weni⸗
ger aberglaͤubig ſeyen, als jene, man wenigſtens
behaupten muͤſſe, daß der Aberglaube halbgebilde⸗
ter Nationen ohne Vergleichung zuſammengeſetzter
ſey, als der von rohen. Halb⸗ cultivirte Nationen
nahmen außer dem allgemeinen, und urſpruͤngli⸗
hen Aberglauben noch viele. Wunder⸗-Kraͤfte, und
MWunders Wirkungen an, von melden rohe Voͤl⸗
fer nichts mußten. Auch erweiterten ſie faſt eine
jede Art von Wahn, welche fie mit rohen Völkern
gemein hatten.
Ein bis jeßt nicht berůhrter Zweig b des. Abers
| glaubens der ſich eben ſo wohl unter ganz rohen,
als
) Maͤn IR meine hiſtoriſche Vergleichung des Mittels
‚alterg III. 183 u, ©.
\
Im nn —— m — —
-
RK) w. 208 eo
= 0.00% 377
als unter halbgebildeten Woͤlkern fand, iſt bie Mei⸗
nung, daß Zauberer, und Zanberinnen ſich in als
Ierley Thiere verwandeln koͤnnen. .Diefer Aber:
glaube entſtaud faft gewiß allenthalben aus derfels
bigen Quelle, nämlich aus berjenigen Urt. von-
Epilepfie, ‚oder Merven » Krankheit, welde bie -
Aerzte den Veits s Tanz nennen, und während _
welcher Kranke glauben, bald in biefes, bald in
jenes Thier verwandelt zu fepn, beren Stimmen
und Bewegungen fie auf das aenauefte nachahmen.
. Auch hier benußte ber ‘Betrug fehr ſchnell, was bie
Matur hervorgebracht, und der Aberglaube ber
Menfhen unrichtig gebeutet hatte. Weil eingelne
Zauberer, und Zauberinnen wirklich glaubten, eine
Zeitlang in allerley Thiere verwandelt werden zu
ſeyn; fo ſtellten fih Andere, als wenn and fie
ſich in diefed oder jenes Thier verwandeln koͤnnten;
und eben deßwegen ahmen wahrſcheinlich die gau⸗ > |
berer faft aller Erdtheile vor, oder während ihrer
Verzuckungen fo häufig die Geſchreys von allerley
Thieren nad. Schon Herodot erzählt, daß fo.
wohl die Scythen, als dieunter den Schthen wohs
nenden Griechen von ben benachbarten Ütenrern bie.
Meinung heaten, daß dieſe fih alle Jahre ohne
Ausnahme einige Tage lang in Wölfe verwanbels
ten, und dann wieder ihre menfdliche Geftalt.am -
naͤhmen k). Der Glaube an Wehrwoͤlfe war nit
‚bloß unter den Griechen und Römern, fondern
and) unter ben alten und mittlern deutſchen Voͤl⸗
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fern allgemein i)y. Die Zäuberer unter: ben Abis
ponen geben vor, daß fie fih in Tiger verwandeln,
‚und in diefer Geflalt ihre. Feinde zerreiffen koͤnnen.
So bald daher ein Zauberer anfängt, gleich einem
Tiger zu brüllen; ſo entfliehen alle, ' bie div hoͤ⸗
ren, voll Schreckens. Die Weiber behaupten,
daß ſie den Anfang der Verwandlungen von Zau⸗
berern in Tiger manchmahl ſchon geſehen haͤtten,
daß aber die durch Verwandlung entſtehenden Ti⸗
ger unſichtbar ſeyen k). Auch unter den Negern
derſelbige Aberglaube, Der Capitain
eaver ſuchte die Neger-Colonie, welche er auf
der Juſel Bulama verfammelt hatte, von dem
Wahn’ zu heilen, daß Einige aus ihrer Mitte
Zauberer ſehen, und ſich in allerley Thiere verwan:
delten. Seine Vorftellungen fanden feinen Ein:
‚gang, meil die Beſchuldigten felbft geſtanden, daß
fie fih in Xhiere verwandeln Einnten /). Andere _
Schriftfteller berichten ein Gleiches von den Ne:
gern auf den Weftindifchen Snfeln m). Die Unges
lagten Auf Bulama Famen mit einer ernfllichen
Zühtigung davon. Auf den Weftindifchen Inſeln
find die Pflanzer bisweilen gezwungen, bie ber
Zanberey Verdaͤchtigen umbringen zu laſſtn, weil
ſonſt
| | i) Die Griechen nannten die Wehr: oder Waͤhrwoͤlfe
. Aunayspwrag, Bodin Demonom. p 96-99
Man f. ferner Plinii Hift. Natur. XXII. c. 3
Auguſt. de Civit. Dei XVIII. c. 18, Keisler An.
tiq. P. 494 - 496.
k) Dobrishofer II. 97. .
3) African Memoranda p, 178.
.. m) Mathews p, 153.
- ————— —
— — 679
fonft die Furcht vor den Wirkungen der Zauberey
bie übrigen Sclaves aufreiben würde n)... Wenn
man im den verfloffenen: Sahrhunberten bie fo ges
nannten Hexen noͤthigte, ſich mit ihren: Zauberfals
ben zu beſtreichen; ſo fielen ſie wie todt zu Boden,
und gefbattben beym Wieder » Ertyachen, daß fie
fi in Kaßen verwandelt, und Meifen auf ven
Brocen, oder an andere Verfammlungss Derter
von böfen Geiſtern, oder deren n Vertrauten gemacht
hätten 0).
Die Zauberer aller cohen Velrer beb-rpten,
daß ſie durch das Ausſprechen von gewiſſen Nah⸗
men, oder durch Geſang und Gebet Goͤtter herbey⸗
rufen, ober beſchwoͤren koͤnnen; allein fie legen ih⸗
ren Befchwörungen bey weitem nicht eine ſolche Kraft
bey, und dehnen fie nicht über fo viele Gegenſtaͤnde
aus, als die Magier, und Theurgen halb⸗ gebils
beter Stationen. Die Jongleurs der Americaner,
die Fetifchirer der Neger, und die Schamanen in
Sibirien fehen tim Durchſchnitt die Erſcheinungen
höherer Naturen nach ergangener Aufforderung als
bloße Wirkungen der Gnade an, und fie rühmen
ſich hoͤchſtens, Götter, ober Schußgätter zu Er⸗
fiheinungen reißen, nicht aber fie dazu zwingen zu
Tonnen. Die angerufenen Schutzgeiſter kommen
daher bald fruͤher, bald fpäter, wie ed ihnen gut -
duͤnkt. Bisweilen erfcheinen ſie gar nicht, oder
ſchicken Andere an ihrer Stelle. Die alten Dias
gier und Chaldaͤer hingegen, die Theurgen unter
den
n) "Edwards IL. 97.
0) Bodin |, c, Malleus Malif. IL ar pP
Ds.
: 580- 7
den neueren Platonikern, die Zauberer des Mit⸗
telalters, noch mehr die Frommen, und Heiligen
unter den erſten Ehriſten gaben vor, daß ſie Daͤ⸗
monen, ober Geiſter, ja ſelbſt die hoͤchſte Gottheit
durch gewiſſe Worte und Gebete zu Erſcheinungen,
uber boch zur Erfüllung ihrer Winſch wörkigen
koͤnnten y)·
Die Zauberer wher Voͤlker maaßen ſich zwar
im Ganzen an, boͤſe Götter oder Geiſter, und bes
ren Zauberwerke aus Kranken austreiben, bie ans?
„ getriebenen Gbtter, oder Geiſter bänbigen, ober
dar vernichten zu koͤnnen. Unterdeſſen geftehen fie
bisweilen, daß fie micht immer im Stande find,
boͤſe Götter, oder Geiſter zu berwältigen: daß fie
fi vielmehr bemühen müffen, biefelben zu verſoͤh⸗
nen, ober ſich in Güte mit ihnen abzufinden. Die
Theurgen, ober Heiligen, und Wunderthaͤter halb⸗
euftivirter Nationen find ſtolz auf ihre unumſchraͤukte
Herrſchaſt uͤber boͤſe, wie uͤber gute Geiſter, unb
auf die unwiderſtehliche Gewalt ihrer Beſchwoͤrun⸗
gen, wodurch fie boͤſe Götter ober Geiſter nah. Be⸗
lieben herbey rufen, und verjagen koͤnnen ). Die
Kunſt, zu exorciſiren, iſt unter den Chriſten fo
alt, als ihre Religion, und warb je länger, deſto
sufammengefeßter ). In mehreren ae |
ahr⸗
p) Man ſ. den Abſchnitt von Gebeten, und die dort
angefuͤhrten Zeugniſſe, beſonders den eilften Ab⸗
ſchnitt im dritten Bande der hiſtoriſchen Verglei⸗
chung des Mittelalters.
gie
N Pelliecia I. p. 10. beh den dritten Thei des Mal-
eus Malefica rum,
Ds En. —— -
*
r .
2
— 531
... y
. J No, . .
Jahrhunderten wetteiferten.mit ben geiftlichen Exov⸗
ciſten nicht bloß-die Schwarz⸗ Künftler , ſondern
auch die Weißfünftler 5), oter die Eingeweihten
der mweiffen, und himmliſchen Magie 1), welde
bald mächtigere gute Geiſter, bald geheime Kräfte
der Natur dazu brauchten, um fich die pöfen Gei
fer unterthan zu machen.
Die Zauberer unter mehreren vohen Völkern
bildeten fich felbft,, oder Anderen ein, daß fie ent«
flohene, oder geraubte Menſchen⸗ Serlen wieben
einhohlen, und zuruͤckbringen, beſchaͤdigte ausbeſ⸗
fern, auch wohl ganz abgeſchiedene Seelen zerreifs
fen, ober verzehren Eönuten. Allein aͤußerſt fels
ten vermaaßen fie fi, abgefchiedene Seelen durch
Beſchwoͤrungen hervorrufen, und nicht bloß zu Er⸗
feheinungen, fondern au zur Beantwortung pors
„gelegter Fragen zwingen zu koͤnnen. Außer den
Singhili's in Afrika u), deren ich fchon Im Iehtn
Buche erwähnte, und die ihre Beſchwoͤrungse Kuͤne
ſte mittelbar, ober unmittelbar von Mahomebes
niſchen Marabu's erhalten haben koͤnnen, finde id
in meinen Papieren kein andered Beyſpiel von
förmlihen Beſchwoͤrungen abgefchtedener Seel
. unter rohen Voͤlkern, ald das ber Abiponifchen
| Bauberinnen‘, welches Dobrisbofer anführe x):
Dem
s) Del Rio I, 104. 208. '
. ©) Man-fı vo meine Vergleich. ded Mittelalters II.
278° 293
u) Cavazzi 1. 224. 034.
a) 11.84." -
— —— ⸗
‘
582 | — —
Wenn einem Abiponen ſehr viel daran gelegen iſt,
die Zukunft zu erfahren; fo bittet er irgend eine
* erinn, den abgeſchiedenen Geiſt dieſer, oder
ener verſtoͤrbenen Perſon hervorzuruſen, unb- ven:
felben über das gu befragen, was er zu wiſſen
Yänfcht. te Zanberiun legt ſich alsdaun auf die
Erde, bedeckt fi mit einer Ochſenhaut, und fängt
ihre Beſchwoͤrungen in Gegenwart einer großen
Menge von Neugierigen am. "Auf dieſe Beſchwoͤ⸗
tungen erſcheint dann der Geiſt, und antwortet
gan vernehmlich auf die Fragen, die von der Zaus
erinn an ihr gethan werben. Die Abtponen glaus
ben an die Gegenwart befdmoorner Geifter, wenn
fie diefelben auch nicht fehen. Allein manche Abis
Honen, ja fo gar mande Spanier, die ſich viele
Rahre unter diefem Vokke aufgehalten haben, bes
theuern heilig, daß auch fie bie beſchwornen Geis
ſter mit inren eigenen Mugen gefehen, und baß bie
Geifter eine folde Geſtalt, welde fie genau bes
fhreiben, ‚gehabt hätten y), |
Die
y) 1. e, Abiponum aliquis, clari zpud fuos gene-
ris bonaeque mentis multa verborum conten-
tione mihi alleveraverat, [e [uis [pectafle oculis
animam 'ndae, cujus maritus ſuperſtes noftro
tum verfabatur in oppido. Aſſenſum a me.ut
extorqueret, animalae illius imaginem vivis,
fed ridiculis coloribus exprefit. Hifpani quo-
que complures „.. perſuaſiſſinum Abi’habent,
. manes praefligiatorum vacatu; necsomantice
“fpectabiles fieri, ad interrogatiunculas reſpon-
dere, nihilque fallacise in hoc negetio inter-
venire,
—83
Die Beſchwoͤrung abgeſchiedener Seelen war
Eine von denjenigen Arten des Aberglaubens, die
ſelten, oder niemahls unter ganz rohen Voͤlkern,
ſondern erſt dann entſtand, wann Voͤlker ſich um
einige Stuffen aͤber den Zuſtand der tiefſten Roh⸗
heit erhoben hatten. Faſt alle Wilden fuͤrchten
ſich vor den abgeſchiedenen Seelen ſo ſehr, daß ſie
nicht einmahl wagen, die Nahmen von Verſtorbe⸗
nen zu nennen, aus Beſorgniß, daß dadurch die
Manes beunruhigt, und gegen die Stoͤrer ihrer
Ruhe gereitzt werden moͤchten. So lange man
nicht das Herz hatte, die Rahmen von Verſtorbe⸗
nen zu nennen, ſo lange konnte man es ſich auch
ſchwerlich einfallen laſſen, die Geiſter derſelben
nahmentlich hervorzurufen. Dagegen fand ſich,
und findet ſich die von den Griechen ſogenannte Ne⸗
kyomantie, oder Nekromantie unter allen Voͤlkern,
die nicht mehr zu den ganz rohen gerechnet werden
koͤnnen. Die aͤlteſten Nachrichten, und Denkmaͤh⸗
ler des Orients erwähnen folder Beſchwoͤrer und
Beſchwoͤrerinnen, welde die Schatten von Ver:
ftorbeuet in der Abficht herauffteigen ließen, um _
ihnen Fragen vorzulegen, und biefe Fragen beant:
worten zu laffen 2). Der König Saul hatte alle
Wohrfager und. Zeichendeuter aus dem Lande ge⸗
"trieben, und wandte ſich doch in ber Zeit ber Noth,
wo ber Herr ihn weder durch Träume, noch durch
Propheten unterrichtete, an eine Zauberinn zu
I | Ens
z) Varro ap. Ang. VII. c. 35. varro glaubte, daß
"die Nelyomantie aus Perſien abſtamme. Auch
Lucien 1. 465- 465. nanıte diejenigen, welche
die Nekyomantie in Babn!on trieben, Magier, und
bielt fie für Schüler des Soroafters.
R
%
— —— —
oo.
.
_}
.
24
Cd
584 U) m
Enber a), um biefe zu bitten, daß fie den Geiſt
Samuels erſcheinen Taffen möge. Die Zauberinn
foh zuerft Götter aus ter Erbe hrrauffteigen, und
Daun die Geſtalt eines alten Mannes in einem feis-
denes Kleide: aus welcher Beſchreibung Sau fo
gleich erkannte, dag diefe Geftalt der Geift Sa⸗
muels fey. Der den Könige unſichtbare Geiſt
fkellte ihn defwegen zur Rede, dag er den Ent:
ſchlafenen beunruhigt habe, und da Saul erklärte,
was er zu wiffen wünfche , fo verkuͤndigte ker Geift
des Propheten alles Unglücd vorher, was dem
Könige bevorfiche. And in Griechenland ging bie
Kunft, abgeſchiedene Seelen hervorzurufen, in ein
hohes Alterthum hinauf 6). Unter ben Griechen
waren mehrere Tempel, wo man Schatten her⸗
vorfommen ließ, damit man biefelben befragen
Tonne. Selbſt der Held Rimon reiste nah He⸗
rafles am Pontus, um fi mit dem Schatten fet:
ner geliebten Schwefter zu unterhalten c), Nah
alten Scandinapifchen Sagen übte und Ichrte Odin
die Runft, abgefchiedene Geifter zu befchmören, und
fie zu Weißagungen , oder Dffenbarungen ber Zus
Funft zu nöthign d). Im Mittelalter war die
Nekromantie eine ber erften magifchen Künfte, wel;
he man von den Arabern annahın e). Man hielt
biefe Kunft nicht nur für fo wahr, ſondern aud
nn | für
a) 1.8, Samuelis 28 Cap.
5) Homer, Odyfl. XI. 30 et ſq. v.
e) Plutarch. IH. 184.
&) Barthol, 634. 38p
e) Meine Vergleichung bed Mittelalters, n. ſ. w.
II, 187 u, f. ®&. _
| — — 388
für fo unverfaͤnglich, daß man ſo gar dor der Ges.
Tigfprechung von Heiligen die Geiſter berfelben her⸗
vorrief ). Es iſt bekannt, daß bie legten bes
rüchtigten Theurgen unferer Zeit fih gleichfalls
rähmten, fo wohl die Geifter don Verſtorbenen,
als die Bilder von abwefenden Perfonen erfcheinen
machen zu koͤnnen.
Halbgebildete Voͤlker unterſchieden ſich von
aanz rohen nicht bloß durch den Wahn, daß man
gute und boͤſe Götter und Geifter zu Erſcheinun⸗
gen, und Dffenbarungen zwingen Eönne, ſondern
auch durch die Vorſtellungen einer beynahe unbes
ſchraͤnkten Gewalt, weldhe Beſchwoͤrer, und Bes
fhwörerinnen über bie ganze Natur ausübten.
Im alten Drient waren biefe Vorftellungen fo herr⸗
ſchend, daß zaubern vwigentlich fo viel bebeutete,
al® Sonne und Mond verfinftern, oder Schlangen
befhwören g). Während bed Heerzugs bed Xer⸗
res gegen Griechenland warb bie Flotte biefed Koͤ⸗
niges von einem heftigen Sturm überfallen. Der
Sturm dauerte brey Tage, und that ben Perfern
unfäglichen Schaben. Am vierten Zage fingen bie
Magier nit bloß an, ben Gottheiten des Landes
zu opfern, ſondern fie-krauchten au Beſchwoͤrun⸗
gen, gerodot läßt es dahin geftellt, ob ber
Sturm, gezwungen durch bie Beſchwoͤrungen ber
Magier, ober don freyen Stuͤcken, am vierten
Tage aufgehört habe 4). Schlangen » Befhwir
rer finden ſich bis auf dem heutigen Tag im ganzen
0 wefts
5) Demonomanie de Bodin p. 73.
e) Mich. Moſaiſches Recht V. 200 ©.
k) VII. 191.
—R — —ñ —⸗
weſtlichen Afıen, und Afrika, vorzuͤglich in Hin⸗
doſtan, und Aegypten 5). Die Aunft der Schlan⸗
gen: Beſchwoͤrer ifk im gewiffen Familien erblih,
die ſich ihr Geheimniß durch keinen Preis abloden
laſſen. Unter ben Griechen und Römern entſtand
früh die Meinung, dag man durch Beſchwoͤrungen
nicht bloß auf Götter, zu weldyen man die Lichter
des Himmels rechnete, ſondern aud auf Men,
Shen, Thiere, und Gewaͤchſe der Erde, ja ſelbſt
anf leblofe Dinge , befouberd auf "Brände, mäds
tig wirken koͤnne k). In fpäteren Zeiten glaubte
man, daß Beſchwoͤrungen um deſto Eräftiger feyen,
wenn bazu nicht Griechifche und Römifche, fondern
barbarifhe Wörter und Kormeln gebraudt, und
wenn fie zugleich durch Dpfer, oder Raͤucherun⸗
gen, und anbere theurgifhe Handlungen, befons
ders durch das Umdrehen von magifchen Kreifeln,
ober Kugeln unterflüßt, ober Serflärkt würden /).
Unter den Germaniſchen, und wahrfcheinlich un:
ter allen alt s Europäifhen Völkern war ed urs
ſpruͤnglicher und allgemeiner Aberglaube, daß man
durch Beſchwoͤrungen Menfchen und Vieh ſchaden,
be⸗
) Raempheri Amoen. Faſcic. JIT, Obf. 9, Bruce
VII. 348 et ſq. p. N. E. Haſſelquiſt ©. 77.
k) Homeri Odyſſ. IX, 156. Xenoph. Memor. II. 5.
Lucian, III. 38. 288 p. Plin.XXVIII, 4. Quid?
non et legum ipfarum in duodecim tabulis ver-
ba funt! gni fruges excantafler. Et alibi: qui
‚ malum carmen incantallet, — Figlinarum ope-
‚“.. rs multi rumpi credunt tali modo — ZEtiam
psrietes incendiorum‘ deprecationibus confcri-
buntur,
3) Lucian, ll. cc, und Seldenus ex Pfella p. 113.
— — | 587
befonbers aber Sturmwinde, Ungewitter, und Das
gelwetter erregen koͤnne: weßwegen auch die Ba
fhwörungen überhaupt, Vorzüglich bie der Wetter⸗
mncher nicht nur von Carl dem Großen, fondern
auch nachher von vielen andern weltlichen und geifts
lichen Fürften, oder von Kirchen s Verfanunlun
gen.auf das firengfle verboten munben m). Alle
dieſe Verbote hinderten nicht, daß nicht bie Furcht
vor Beſchwoͤrungen, und deren Wirkungen das
ganze Mlittelalter durch, nad felbft mod -fpäter
fortgedauert hätte n). -
Der Aberglaube halb gebilbeter Voͤlker ver⸗
größerte nicht bloß die Macht der Beſchwoͤrer
viel mehr, fondern trieb aud bie Gewalt ber
Zauberer überhaupt und ihrer Gehülfen, ber boͤ⸗
fen Geifter, befonders in ber Befitznehmung her
Leiber der Menſchen ungleich weiter, als: unter
ganz rohen Wölkerfchaften jemahls geſchehen ift.
Noch auffallender, als dieſes, iſt das Factum,
daß die Proteſtanten beynahe zwey Jahrhunderte
lang den Teufel und feinen Werken und Genoſſen
viel mehr verherrlichten, als die Altgläubiaen,
und daß unter ben Proteftanten. gerade die erſten
Reformatoren, Luther und Melanchthon, die
= uns
'm) Dan ſ. Keisleri. Antig. ı7. 71. 75 p. Pellout.
“ U. sıe, Dlaffon I. 148. 149. Ich vermuihe, daß
‚die. Schamanen der Lappen und anderer finnifchen
Dölker den Aberglauben, daß man durch Beſchwoͤ⸗
‚zungen den Winden nebieten künne,von :h zen Goes
Ye en Weberwindern, oder Nachbaren erhalıen _
aben, | j
n) Man 1. ben fchon oft angeführten abſchnitt im
dritten Bande der hiſtor. Vergl. des Mirtelalterd.
.
[2 ..
⸗
9 Zum zu
$ 83 ‘ \
nnmaͤßigſten Verherrlicher des Teuſel⸗ und der
Zauberey waren 0). Luther nannte ben Teufel
geradezu ben Herrn, den Fuͤrſten und Gott dieſer
Welt, den wir Menſchen mit unferem Coͤrper und
unſerer Habe gänzlich unterworfen ſeyen. Wenn
man bem Teufel fo viel einräunfte, fo war. nichts
natuͤrlicher, als Son feinen Gehuͤlfen, ben. Zaubes
sern und Banberinnen zu glauben, daß fie im
* Stande feyen, die Luft zu werfinftern, Ungewits
ter und Sturmwinde zu. erregen, KHeerben und
Saaten zu verderben, Fluͤſſe aufzuhalten, zub
Quellen auszutrocknen, Haͤuſer und Städte ans
zuzünden, Gefangene aus Kerkern herauszufuͤhren,
Reichthum und Armuth, Hoheit und Niebrigkeit,
Siege und Niederlagen nad Belieben auszuthei⸗
len 9). Wie ohmmaͤchtig find gegen dieſe Vertrau⸗
sen des Satans bie Zauberer unter den Wilden -
in Sibirien, Afrika und America! In eben dem
Verhaͤltniſſe, in welchem die Völker des fünfzehn:
ten, ſechdzehnten und ficbenzehnten Jahrhunderts
die Macht. der Zauberer erhöhten, vervielfältigs
‚ten fie auch ihre Zahl. Unter ben Wilden aller
Erbtheile- fällt der Verdacht einer ſchaͤdlichen Zaus
beren doch immer nus auf einzelne Perfunen. In
"den genannten Jahrhunderten hingegen verhaftete,
folterte und verbrannte man viele Taufende, ja
ſelbſt Hunderttaufende von angeblichen Genoffen,
oder Genoffinnen des Satans g). Faſt noch groͤ⸗
e) Man f ereine Wergleich des Bitte II,
323 %
p) ib. um au Rio u 158 et fg. 2
9) 1. ee.
ben ie
fer war bie Anzahl von Beſeſſenen 5), in bes
ren Leiber man wähnte, bag unreine Geifter eine
gefahren feyen.. Wilde vermuthen böfe Geiſter,
ober beren Wirkungen der Megel nah nur in
Kranken. Die Chriftlihen Völker feßten bergleis
chen nicht nur in neugebohrnen Kindern, fonberh
auch in unzähligen gefunden Perſonen voraus.
Mean verdammte bie Zauberey, und verbrauute
die Zauberer; und doch Auldete man hohe Schu⸗
len, wo man bie Schwarzkunſt lehrte. Au
nannte man Fuͤrſten und berühmte Gelehrte, die
in dieſer Kunft ‚hoch erfahren feyen s).
Der merkwuͤrdigſte Unterfhieb, ber zwifchen
ben Uberglauben ganz roher, und dem von halbe
cultivirten Völkern Statt findet, beſteht darin,
daß dieſe vielmehr, als jene, geheime Kraͤfte an⸗
nehmen, vermoͤge deren ie Dinge nicht blog ein⸗
ander anziehen, oder zuruͤckſtoßen, ſondern auch
allerley uͤbernatuͤrliche und unerklaͤrliche Wirkun⸗
u gen hervorbringen. Alle Wilde. find freylich ges
neigt, lebloſe und Lebende künftlihe Gegenflände
9— nicht weniger, als natuͤrliche fuͤr Fetiſchen zu hal⸗
ten, und ihnen, ala ſolchen, goͤttliche Eigenſchaf⸗
ten zuzutrauen, Allein fie gelangen nicht zu dem
Gehanken, ber bie Grundlage allee Magie, und
alſo auch des Charakteriftifchen Aberglaubens halb⸗
gebilbeter Völker ausmacht: daß alles geheime und
uͤbernatuͤrliche Kräfte befige, alles geheime und
Abernatärlicye Wirkungen bervorbringe: bag durch
F die
FE | | =.
BE Sr
r) ib, und Moehſen, 504 u, f. ©.
Weine Wergleich. des Mittelalters III. 386. Moͤh⸗
fen 350.. 451 e.
“
Sn
590 - — —
bie geheimen! Kräfte der Dinge ber gewoͤhnliche
Sarg der Natur unaufhörlich geftört werde, und
bag. diejenigen, - melde die geheimen Kräfte der
„. Dinge kennen, nicht bloß über die leblofe Natur,
ſondern audy über Götter und Geifter herrſchen ).
Eine der erften unb allgemeinfien, zugleih
auch ſelrſamſten Wirkungen des Glaubens an ges
heime Kräfte der Dinge ift die Meinung vun bis
ſfen Augen, oder böfen Blicken, die ſich unter als
ken halb⸗ cultivirten, nicht aber unter ganz rohen.
Bölkern äußerte u). Die Furcht vor böfen Aus
gen, ober Blicken quält noch jetzt alle Morgens
laͤndiſche Nationen, und man Darf fiher Vorauss
feßen, daß ihre älteften Vorfahren nicht weniger
Davon gequält wurden x). Die Morgenländer
fürchten ben. böfen Blick am meiften für Kinder
und für Brautleute, ober vielmehr für Braͤuti⸗
game am Zage der Hochzeit. Die Hindus hefien
“ ZZ Braut;
wu
m — —
— —
) Dan leſe, was ich im dritten Theile der hiſtor.
Vergl. 279: 293 über die Cabbala :ınd Magie des
Reuchlin, des Sranciscns Beorgius Venetus
und des Ygrippa gelagt habe.
u) Man Eönnte mir das einwerfen, was Bruce von
bem Uberglauben des boͤſen Blickes in Sennaar
erzählt, VII. 349. N. A. Allein die Neger in Sen⸗
naar find alleuthalben mit Arabifchen Stimmen ums
geben und vermifcht, und es ift Daher wahrſcheinlich,
daͤß Die erfieren von den letteren den Aberglauben
des böjen Blickes angenommen haben,
x) Bon den Hindus, Eonnerat I. 66. von den Eins
wohnern in Syrien 1,193, von den Türken, Yrabern
und Mauven, Arvieux I, 448, III. 247, Maillet II.
215. Hoͤſt ©. 213, Be
J
T.
— — 59 15
Braͤutleuten geheimnißvolle Ringe an den Kapf,
um fie vor dem boͤſen Blick zu bewahren; und
wenn man dieſe Vorfichtöregel nit beobachtet bat,
fo dreht man vor den Augen der Eheleute in dem
Augenblick, wo fie in das Hochzeitshaus eintres
ten , ein mit rothem Waſſer gefuͤlltes Gefaͤß drey⸗
mahl umher, oder man zerreißt ein Stuͤck neuer
Leinwand, oder man ſchwingt ein Stuͤck Leinwand
dreymahl vor ihren Augen herum, um ſie von den
Vrturge des boͤſen Blickes zu befreyen y). Die.
Tuͤrken haͤngen Fetzen von Zeugen an den Kopf von
Kindern, damit daparch boͤſe Blicke abgeleitet
werden; und in gleichen Abſi chten halten ſie uͤber
ben Haͤuptern von Braͤntigamen zwey ereuzweis
gelegte Saͤbel 2). Die Griechen und Römer ſcheu⸗
ten den böfen. Blick nicht weniger, als bie Bewoh⸗
ner ded Orients a); und bdiefer Aberglaube hat
fi unter den Nachkommen beyder Voͤlker unge .
ſchwaͤcht erhalten 5). Für das befte Gegenmits
tel gegen den böfen Blick erflären die Griechen
bad Tragen, ober. Anheften Yon Knoblauch, ober
das Meben von tiefen Pflanze Allem Vermuthen
nad) war berfelbige Aberglaube unter den Deut:
fhen und Slavifhen Völkern eben fo urfprängs
lich, als unter den Griechen und Nömern. De
Veuts
y) l,c. Sonnerat.
2) Arvieuxl,c.
a) Plin, Hit Nat, paffim, unter. anderen L. a8.
c 6. der Hirt beym Virgil faat:
| Nefeio, quis teneros oculos mihi, faleinat
agrios:
5) Pougueville I. 256 et ſq. Ollervazioni intorno
alla Valachia etc, p, 235. 25, " * .
-
Deutihen ſowohl, ald bie Slaven waren überzeugt,
- dag böfe Blicke Dienfchen und Vieh tödtliche Krauk⸗
beiten zuziehen c), und baf man biefen Augen;
zanber nur durch Senend s Formeln aufheben Fönne.
Wenn nicht die Meinung don böfen. Blicken fo
alt und allgemein in Europa gewefen wäre, fo
wärbe ich vermuthen, daß die Portugiefen und
Spanier diefen Wahn von den Manern empfangen
bötten. Es iſt ungewiß, ob die Spanier ber als
ten, ober die der neuen Welt fi vor böfen Plicken
am. meiften fürdten d), Wenn die Alts Spanier
glauben, daß Jemand ihnen durch einen feften Blick
geſchadet habe; fo Verlangen fie von einem Golf:
den, ba er ihre Hand berühre: uuftreitig in eben
ber Abficht, In welcher man vormahls Zanberina
nen vor Gericht nöthigte, die angeblich Yon ihnen
nn bezauberten Perfonen anzufaflen, damit ber ge:
worfene Zauber auf feine Urheber zuruͤckkehren
moͤge e). Die Sreolinnen Am Spaniſchen Ame:
rica tragen kleine geweihte Haͤnde von Feigenholz,
| Bu an
e) Keisler. Antiq. Septentr. 4902. 495 p. Im deut⸗
ſchen ſagte man, daß Kinder verſehen, ober daß
ein boͤſes Auge beym Vieh geweſen ſey. Noch zu
Keislers Zeiten brauchten die Wuſtrowſchen Wenden
folgenden Segensſpruch gegen den boͤſen Bick:
Twee Hogen efft dy beſeen;
Dre Hogen ſcholt dy weer gut ſeen. Ib.
Auf eine aͤhnliche Urt entzaubert man noch jetzt Heer⸗
den in. Hochfchorttand, Fennants Voy. to the
Hebrides 1..03:. 0
- dd) D’Aunoy Travels p. 108, 109. Atvieux III. 247.
Haft ©. 223, Coreal II ao p.
N) Goͤſt . c.
— — J 593
an welchen die Daumen aufrecht ſtehen, am Halſe,
um boͤſe Blicke abzuhalten. Zu Coreals Zeiten
war es lebensgefaͤhrlich, eine Spaniſche Creolinn
aufmerkſam anzuſehen. Ward naͤmlich ein fixir⸗
tes Frauenzimmer krank, fo klagte ed den vermeint⸗
lichen Urheber ihrer Krankheit bey der Inquiſition
an, und die Inquiſition verurtheilte den Angeklag⸗
ten nicht ſelten zum Scheiterhaufen. Petrus
ompong Einer der kuͤhnſten Unglaͤubigen
des ſechszehnten Jahrhunderts, laͤugnete nicht bloß
alle Beſchwoͤrungen und Bezauberungen, alles
Weiffagen und Wahrſagen, das durch gute oder
böfe Geifter getrieben werde, fonbern aud) das
Dafeyn und bie Vörfehung Gottes, fammt der
Unfterblühfeit der Seele; und eben diefer kuͤhne
Unglaͤubige traute der Seele des Menſchen eine
ſolche Gewalt uͤber den Coͤrper, und wiederum
den von der Seele bewegten Lebensgeiſtern eine
ſolche Gewalt uͤber die uns umgebenden Dinge zu,
daß er alles, was die aberglaͤubigſten Voͤlker und
die wildeſten Echwaͤrmer fuͤr Wirkungen der Zau⸗
berey gehalten ‚hatten, als bloße Naturkraͤfte und
Naturwirkungen annahm 5). Selbſt noch im Ans
fange des achtzehnten Jahrhunderts fanden Aerzte
es denkbar, daß gewiſſe Perſonen bloß durch einen
feſten Vorſatz Thiere abhalten, krankmachen und
wieder heilen, dem Pulver ſeine Kraft, und Maͤn⸗
nern ihre Mannheit nehmen, ja daß ſie die Luft
genug verdicken koͤnnten, um ihre Bilder Anderen
erſcheinen zu machen 2
| Der
»-
Br Meine Vergleich, des Mittelalters IIL, 328 u. f. S.
) Ephemer, Nat. Cur, IX, 662, nn
Pp
· —
2 r ° ‚ .
594. — — | g
‘ ‘ a
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Der Aberglaube halbgebilbeter Völker eignete
nicht bloß den Blicken der Menfchen, fonberu
auch ihren Worten und Reben, oder gewiflen von
ihnen gefhriebenen Charakteren und Formeln ges
| heiine übernatürlihe Kräfte zu... Es ift ein all:
gemeiner Aberglaube, fowohl der Morgenländer,
als der Griechen A), daß audgefprochene Lobes⸗
erhebungen ben Gegenftänden des Lobed Schaden
bringen. Wenn zum Beyſpiel in ber Barbarey
Jemand einen Meuter, ver gut zu Pierde fißt,
deßwegen lobt, und der Reitende bald nachher flürzt,
oder fonft Schaden nimmt; fo hat der Gelobte
das Recht, den Sobenden zum Schaden⸗ Erfaß
anzuhalken. Unter ben Griechen bittet man Pers
fonen, die irgend etwas mit Wärme gelobt has
ben, daß fie gegen den .gelobten Gegenftand fpucken
. wollen i), weil man glaubt, daß dadurch bie fhadb:
liiche Wirkung bed Lobes aufgehoben werde, Scho—
die alten Öriechen und Römer fpuckten aus, wenn
fie traurige, d. h. Unglücbringende Worte, ober
Reben hörten 6). Ich habe nicht nöthig, mid
hier über die heilfgmen, oder ſchaͤdlichen Kräfte
von Worten und Reden umſtaͤndlicher auszubreiten,
ba ih mid auf das beziehen Tann, was ih im
Vorhergehenden über Gebete, über bad Geben
von Nahmen, und über Beſchwoͤrungen gefagt
babe 1). Voͤlker, welche an 1 ‚bie geheimen Kräfte
" von.
x) Hoͤſt, Bonguenille, und Öffervazioni ete,1l.cc,
i) Olfervazioni et, p, 284. Tubito & Pregato di
fputare contro l’oggetto lodato,
- k) Plin, Hif. Nat, XXVIIE, c. 4
‘ 4) Wer no) mebrere Beyſpiele zu leſen wänfer ‚ der
ziehe Plik, Hiß, Na, XXVIII. 3- 6. zu Rathe.
— 65895
von Worten und Reden glaubten, wurden durch
eine hoͤchſt natuͤrliche Analogie auf den Gedanken
geleitet, daß nicht bloß geſprochene, ſondern auch
geſchriebene Worte und Charactere gleiche, oder
aͤhnliche Wirkungen haͤtten. Eben daher war der
Glaube an Zauber⸗Charactere und andere,/geſchrie⸗
bene Zauberformeln von jeher unter halbgebilde⸗
ten Voͤlkern eben ſo allgemein, als er es noch jetzt
iſt; und viel allgemeiner, als unter ganz rohen
Jaͤgern und Fiſchern m). Die goldenen Zaubers
kugeln, welche bie Griehen und Römer zu Be⸗
fhwörungen brauchten, waren über und über mit
allerley Characteren befchrieben n). Go wie man
barbariſche Worte für Eräftiger hielt, als vers
ftändliche Griehifhe und Roͤmiſche, fo auch dar
barifche Charaktere. Der Uberglaube erfand kaum
irgend eine heilfame, oder fdadlihe Wirkung von
Zauberey und Beſchwoͤrungen, melde die Scandi⸗
naviſchen Völker nicht von ihrem Runen gehofft,
‚oder gefürchtet hätten 0), Man grub bie Zaus
bers Runen entweber in Stein und Holz, oder in
Waffen und Rüftungen, oder man fehnitt, bramie, -
oder zeichnete fie an verfchtedene Theile bed Leibes.
Zu den kraͤftigſten Runen gehörte das Zeichen
des Creutzes, das man daher auf vielen Grab⸗
maͤh⸗
m) Es kann fenn, daß die dappen und deren Wrüber
den Gebrauch Son Zaubercharafteren von ihren ches
mahligen Gothiſchen Bezwingern angenommen daben.
n) Selden, et Lucian. ll. cc, .
-
et ſq. P. Maller 146, 147. 235,4: et lg.p.
Pa
0) Bartholin. p. 657 - 661. Keisleri Antiq. 464
596 — —
maͤhlern und Waffen findet, bie unläugbar aus
heidniſchen Zeiten herfiammen p). Der Gebraud
von Talidmanen, oder Yon gefchriebenen Wunder⸗
mitteln ift unter den Morgenländifchen Voͤlken
eben fo allgemein und tiefgewurzelt, gewiß alfo
auch eben fo alt, als ber Glaube an Zauberey und
Beſchwoͤrungen überhaupt 7). Die Zaliönıane _
enthalten bald Verſe aus bem Koran, bald Ges
bete Yon frommen Perfonen, bald geheimnigvolle
‚Charaktere, oder Combinationen von Zahlen. So
wie die Türken Meſſen für fi leſen r), und die
Derfer von Chriftlichen Miffionarien das Evans
geltum Johannis über Kranken herfagen laflen s)5;
fo laſſen die leßteren nicht bloß fromme und ges
Ichrte Diahomedaner, fondern auch fromme und.
gelehrte Chriften und Juden an thren Zaliömann
fhreiben. Here Niebuhr felbft mard häufig um
Taliömane gegen Krankheiten und andere Uebel
| ge⸗
Reisl. ı 57 p. Beionderd Dreyer’s vermifchte
PD ll, Bar 4 N Zune „
g) Unter den Mauren, Shaw p, 201. unter ben Tuͤr⸗
fen, ib, auch Fortis I. 66. unter den Arabern,
Lliebuhr’s Beſchreib. ©. 127. in Syrien, Ruflel
II, 103. unter den Perfern, Niebuhrs Reif. II.
#2. 162. Chardin I. 243. II, 57. Ill. 206, unter
den Parfen, Anquetil Ill, 113. den Einwohnein
ber Maldiven, Pyrard I. 131. Nach Ruffel unter:
ſcheiden die Türken Talismane und Amulete vadurd),
daß jene beftändig am Leibe getragen werden, dieſe |
nicht. Chardin -führt die Ableitung des Wortes
Talismaun au, braucht aber übrigens die Worte Ta⸗ |
lisman und Amulet als gleichbedeutend.
r) Fortis l,c. _ |
) Chardin III, 206,
— — - ..
g ’
ö ee. —
— — 0607
gebeten. Der Stoff der Talismane beſteht meiſtens
aus Papier, oder Pergament. Sehr oft aber iſt
der Inhalt der Talismane in. Jaspis, ober Onyx,
oder einen anderen halbedeln Stein gegraben. Die
einen und die anderen werben enfweber auf ber
Bruft, oder am Arme und .einem andern Theile
des Cörperd getragen, weßwegen man fie gewöhne
lich in Leder einzumwickeln pflegt. Kein andered
Mahomedanifhed Volk übertreibt ben Gebrand)
von Talismanen, oder gefchriebenen Amuleten fo
ſehr, als die Mandingos in Afrika, indem ihre
Talismanen nicht felten breuffig und mehrere Pfun:
de fhwer find t). Die Mandingos und andere
Mahomedaner haben den Glauben an die Kraft
von Talismanen auch unter manche Neger verbreis
‚tet, welche. nicht bloß felbft unter der Laft berfels
ben feufzen, ſondern auch ihre Schaafe und Hunde
damit behängen tt). Geſchriebene Talismane ges
hörten zu den erften Wunbermitteln, welche bie
Chriften des Mittelalters von den -Arabern und- - .
Juden empfingen, und zu ben leßten, welchen die
Geiftlihen und Gelehrten der netieren Zeit entfags
ten. Die Exorciſten nahmen Talismane zu Hüls
fe, um böfe Geifter aus Vefeffenen auszutreiben«).
Selbft noch gegen das Ende des fiebenzehntenJahrhuns
derts empfahlen berühmte Aerzte ſaturniniſche Ta⸗
lismane gegen den Biß von wuͤthenden Wölfen un),
volb⸗
5 Moore p. 108,
| tt) Ifert ©. 135.
a4) Malleus Malef, III. ı3.
2 un) Mifc. Nat, Curiof, Ann. Xp . 399.440, Im
ſechszehnten und fieben zehnten Sdhrhundert verfchaffe
te Theophraftus Paracelfus den Talismanen und
allen übrigen Arten von Amuleten das größte Anſe-
hen. ‚ Thurneifere Zeben 134. 137 ©. |
.
e Bi
‘
—— Ren .
D r
598 u u
Halbgebildete Voͤlker nahmen nit Bloß in
ausgeſprochenen ober gefchriebenen Worten, fon
bern beynahe in allen Metallen und Steinen, ber
- fonders in Edelſteinen, in unzähligen Kräutern,
Wurzeln, Früchten, Hölgern, und Harzen, in
unzähligen Thieren, in allen heilen bes menſch⸗ N
lichen Coͤrpers, ja felbfb in unzähligen Producten
der Kunft, befonders in Ringen, Sigillen, und
Bildern übernatürliche ,: bald heilfame, bald
ſchaͤdliche Kräfte an. " Man nannte natürliche, und
kuͤnſtliche Coͤrper, bie Unglück abwendeten, ober
Gluͤck braͤchten, Amulete: ſolche hingegen, bie
Gluͤck ſtoͤrten, ober. Ungluͤck ſtifteten, Zauber⸗
. werke x). Die Aegyptier, und alle übrige Voͤlker
des Drients behängten nicht bloß ſich feleft, ſon⸗
dern auch die Bildniffe ber Götter, und bie anges
beteten oder heiligen Thiere mit Gluͤckbringenden,
oder Ungluͤckabtreibenden Amuleten y). Der Ge⸗
brauch von Amuleten war unter ben Griechen ſehr
gemein, Lange bevor fie mit ben Aberglauben der
Morgenländifchen Voͤlker angefteckt wurden. Selbft
Perikles Eonnte, ober mochte ed nicht hindern,
daß feine weiblichen Angehörigen ihm in feiner letz⸗
ten Krankheit ein Amulet umhaͤngten 2), Nicht
lange nad) den Zeiten Aleranders. bed Großen
nahm ber Glaube an die geheimen Kräfte ber Nas
tur fo fehr Ueberhand, daß beynahe die ganze Arz⸗
neykunde in eine Sammlung bon fymparhetifchen
Mitteln verwandelt, und felbft unter den vorneh⸗
men Griechen und Mömern wenige erfunden murs
. . den,
æ) Maleficia „ malefices, . |
y) Schmidt p. 37. 38:
-z) Plotareh. L, 669.
— — TI
ben, welde nicht das Bild irgend einer, meiſtens
Aegyptiſchen Gottheit als Amulet auf der Bruſt,
oder an Ringen getragen haͤtten a). Der Gebrauch
von Amuleten entſtand unter den Chriſten faſt mit
dem Chriſtenthum ſelbſt, und ward ſelbſt von den
Haͤuptern und Lehrern der Religien am meiſten
beguͤnſtigt 6). Man kann es nicht fo wohl eine
Vermehrung ber Zmeige, als ber Werkzeuge bes
Aberglaubend nennen, als die Chriftlichen Voͤlker
des Mittelalterd außer ben geweihten Waſſern und -
Dehlen, ben geweihten Blumen und Kerzen, ben
gemweihten Gottes s Sämchen, Bildern und unzaͤhe
Ligen anderen gemweihten Dingen von ben Garacenen
und Tuben auch das Tragen Yon Edelfteinen, und
aftrologifchen Bildern annahmen: welche Ießteren
man unter gewiffen Eonftellationen verfertigte, das
mit fie mit den himmliſchen Kräften, ober Gr
\ | uͤſ
4) Man ſ. Plin. Hiſt. Natur, vom 25. bis 32. Buch.
Lucian. Op. II. 243. in vita Alexandri, und
Sueton. in Nerone c, 56, et ibi Cafaubonum.
Diele Jahrhunderte nach Aleganders des Broßen
Tode fah man feiu Bild als eins der Fraftigfien
Amulete an. Trebellius Pollio in 30 Tyyannis
c. ı4. Quod idcirco: pofui, qula dieuntur ju-
vari in omni actu fuo, qui Alexandrum ex-
reflum vel auro geftitant, vel argento, In der
Faimitie der Macrianer trug man dad Bild Ales
ganders nicht bloß auf Ringen, und allen Arten
von Geſchmeide, ſondern auch in Kleider und Maͤn⸗
tel geftict. ib, Ä |
3) Dan ſ. meine biſt. Veral. des Mittelalter IT,
399. 200 &. Pelliccia Il, 314. 315. 11. P. II.
P- 209, 210. 223, Hofpin, de fellis p. 102.
609 - u.
. " flüffen ber Geftirne erfüllt würden ec). | Die groͤſten
Gottesgelehrten billigten alle, ſelbſt magiſche Mit—
tel, wodurch ſchaͤdliche Zauberey und deren Wir:
Fungen abgehalten, ober aufgehoben werden könn:
ten d), Der große Haufe des Mittelalters, und
felbft no ber letzten Jahrhunderte hatte fehr oft
zu den Amuleten, die Yon heiligen oder gelehrten
Händen verfertigt worden waren, nicht fo viel Zu:
trauen, ‘als zr folden, welche Scharfrichter, und
andere gemeine Menfhen feilboten. Won’ biefer
Art waren die Alruͤneken, ober Erdmänndyen, wel:
che man um betraͤchtliche Summen Faufte e), jähr:
J
lich zu gewiffen Zeiten baden, dann wieder in Geis
de kleiden, und zu feinen beften Sachen legen mus
ſte. Wenn man mit dem Waller, womit man
ſolche Alruͤneken gewaſchen hatte, das Vieh, oder
bie Schwelle des Haufes befprengte; fo glaubte
man gewiß, daß beybe vor allen Unfällen gefichert
ſeyen. Gebährerinnen, die von dieſem Maffer
tranfen, erhielten eine leichte Geburt, Trug man
dad Alruͤneken gar an feinem Leibe; fo hofte man
gewiß, daß man alsdann in allen Streitigkeiten,
und Rechtshaͤndelnuͤber feine Gegner fiegen werde f).
Faſt alle Zweige, und Inſtrumente bed Aberglaus
bens, welche die Chriftlihen Völker unfers Erd⸗
theils von den Mahomedanifchen empfangen hatten,
. ders
| e) Life Vergleich. ded Mittelalters IL. 206 u.
d) Bodin p. 144. 147. | P
e) Ein Bürger in Leipzig kaufte das Erdmaͤnnchen,
welches er feinem Bruder in Riga ſchickte, un 64
Thaler vom Scharfrichter. Keisler. Antiq. p, 506-
50% .
f ic
—R
I verſchwanden unter den erſteren allmählich, anſtatt =
daß fie unter den letzteren , fo wie unter ben Heid⸗
nifhen Nationen im’ fülichen ‚ und öfßfichen fer
beftändig fortdauern 8).
Aus dem Glauben an die geheimen Kraͤfte der
Natur entfprang ſo wohl unter den Aegyptiern,
‚als unter den Chineſen das. Suchen nad einem
Tranke ter Unſterblichkeit h); und unter ben Grie⸗
den, das Suchen "allgemeiner Heilmittel, beſon⸗
ders des SGeheimnlſſes „ unedle Metalle in edle zu
‚verwandeln 5). Im Mittelalter nannte man bie
Kunft, unedle Metalle in edle zu verwandeln, den
Stein der Weiſen, und die Befchäftigung mie dies °
fer Kunſt, Alchhmie, oder Alchemie. Vom
zwoͤlften Jahrhundert an verging kaum ein Men⸗
ſchenalter, in welchem nicht beruͤhmte Maͤnner vor⸗
gegeben, oder die Zeitgenoſſen beruͤhmten Maͤnnern
zugetrant hätten, daß fie ben Stein der Weifen
. befäßen k). Im fehszehnten Jahrhunderte reiste
man häufig in bie Morgenländer, um dort bem. -
wahren Weifen, und den Stein der Weiſen aufs
aufinben I) Im ſi ſi ebenzehnten Jahrhundert glaub⸗
ten
) Ueber bie Amulete ber Mahomebaner , Chardin
und Viebuhr, 11: ce. - Ueber die der Hindus,
Sonnerat J. .69.©. Der Siamefen , Loubere J.
203. Der Calmycken, Pallas Reiſen, I. 352 ©,
Der Amboinefen, Valentyn IL, 197, III. ır p.
h) Thurneifers Leben von Moͤhſen ‚©. qı. Lettr, 5
Edif, XXII, p. 119. 20.
—
a. Plinii Hift, Nat, XXV, c, ai et fq. Wieglebs |
bift. Brit, Unterf, der Alchemie, 182. 202 us f. ©.
I Beioe hiſt. Vergl. des Mittelaiters II. 216m
⸗
Hy Thurneiſers Leben, 37 S.
n
nee —
u [3
er.
'
6id — —2*
—8
wopgenlaͤndiſchen Voͤlker, mit welchen fie bekannt
wurden. In Griechenland und Rom ward ſo gar
die Philoſophie eine Stuͤtze, oder Gehuͤlfinn des
herrſchenden Aberglaubens, ſo wie im dreyzehnten,
und den folgenden Jahrhunderten unter den Chriſt⸗
I ny Man ſ. meine hiſtor. Vergl. III. 188 uf. ©.
lichen Völkern des Abenblanded h). Unter den
Griechen waren Zenopbanes,. Kpikur, und.
‚ Barneades die einzigen Weltweifen, welche tie
Divtnation überhaupt verwarfen, ober beftritten.
Die übrigen Philofephen, unter diefen felbft ſolche,
- welche dad Daſeyn Gotted, und der Unfterklichkeit
des Seele laͤugneten, nahmen entweber alle, oter
doch gewiffe Arten von Divination in Schuß, und
machten die Unterfuchungen über diefe Arten. von
Dibvination zu Abfchnitten ihrer Natürlehre i). Das
her gefhah ed, dag die Griechen und Roͤmer der
Dibvination auch in den Zeiten innig ergeben mas
zen, wo Kunſt und Wiffenfchaft am meiſten unter
ihnen bluͤhten; und daß zuleßt faft Fein Gegen⸗
Hand, Feine Erfcheiuung übrig blieb, die nicht ihr
Gemuͤth mit falfchen Hoffnungen, oder VBefürdh:
tungen ber Zufuuft erfüllt hätte k). Es ift Fein.
. | Eins
i) Cicero de Divin. I. c 3. E quibus, ut de au-
tiquiffimis loquar, Colophonius Xenophanes
unus, qui deos efle diceret, divinationeni fun-
ditus fuRulit, Reliqui vero omnes, praeter Epi-
-eurum, - - - divinatiönem. probavernnt, - - .
Nam cum .. plurimis locis gravis auctor De.
:' moeritus praelenfionem rerum futurarum com-
. proberet, Dicaearchus Peripateticus cetera di-
vinationis genera ſuſtulit, fomniorum et fu-
roris religquit, - - Man fehe auch I. 39.
k) Man ſ. Theophrafli Charact. I. ı6, Cic. de Di-
vinat, II, 78, Inßat onim ([uperflitio) et urget, -
j 2 et
>
‘
Dreyzehntes Bud.
Sefchichte der Worbedeutungen, oder der
- Wahrfagungen, und Weiffagungen.
“ *
Die bisherigen Unterfachungen haben gelehrt,
daß bie nicht ganz aufgeklärten Völker ohne Aus⸗
nahme nit nur alle ungewoͤhnliche, ſondern auch
‚die meiften gewöhnlichen Begebenheiten für unmits .
telbare Wirkungen der Götter hielten. Nenn
folche Begebenheiten nicht wirklihe Gfhcfss oder -
Unglücöfälle. waren, dad heißt, wenn fie nicht
auf der Stelle Gluͤck, oder Unglüd brachten; fo
ſah .man fie wenigſtens als Worbebeutungen des
einen, ober bed andern, ald Zeichen bes Willens,
des Zornd, ober ber Gnade höherer Naturen an.
Der Glaube alfo an Vorbedeutungen der Zukunft,
an Zeichen des Willens, ber Gnade, oder Uns
gnade von Göttern iſt eben fo alt, als das menſch⸗
lihe Geſchlecht, oder als Religionen überhaupt a).
a) Cicer. de Nat, Deor, II. 3. Praedictiones ver
zo. et praelenliones rerum futurarum quid aliud
declarant, nik hominibus ea, quas fint, oſten-
‚di, monftrari. portendi, praedici? ex quo illa
ofenta, menftra, portente, prodigia dicuntur?
I eber
So
me
»
—— un
604 Ze j — N
So wie bie Borftellungen von Beſchwoͤrungen und
Zuuberey vor bem Gewerbe, oder der Kunft von
Beſchwoͤrern, und Zauberern hergingen; fo der
Slanbe an Vorbeventungen, an Worherfehen und
Vorherſagen der Zukunft, vor den Künften von
Waͤhrſagern, und Weiffagern. Die Römer faß⸗
ten unter dem Worte Divination, die Griechen
unter dem Worte zayrınn zweyerley. zuſammen:
die Faͤhigkeit, vermoͤge der Einwirkungen hoͤherer
Naturen, oder uͤbernatuͤrlicher Veränderungen uns
fers Sunern den Willen der Götter vorherzufehen
und vorherzufagen, und Bann bie natuͤrliche, oder
erworbene Fertigkeit, die Vorbedeutungen bes
Willens der Goͤtter in ber äußern Natur, in ben
und umgebenden Dingen wahrzunehmen, und richs
tig auszulegen 6). Wir haben im Deutfchen Feis
sen Ausdruck, der dem Sateinifhen Divinatio
vollfommen entſpraͤche; dagegen bezeichnen .wir bie
beyten Hauptarten der Divination viel beſtimmter,
als die Alten, durch die Wörter weiſſagen, und
wahrſagen. Selbſt die Weltweiſen der Griechen,
und Mömer nämlich theilten tie Divination in bie
nstürliche, und Zünftlige ab. Unter der erftern
verſtanden fie das Vorherfehen, und Vorherfagen
der Zukunft in Traͤumen, und Entzuͤckungen, oder
Werzuͤckungen: unter ber Ießten, das Vorherſe⸗
hen, und Vorherfagen bes Willend ber Götter
\ Eu 2 „aus
—8
Ueber omina, Cie, de Divin. 1,45, Die Woͤr⸗ _
. ter prodigia, und ollenta dedeuteten wicht immer
ungluͤckliche, fondern fo wohl gluͤckliche, als uns
afndliche Zeichen, Cie. lc. nec non de.Div, I,
E. 33. 34. bef, Valer. Max. I, ı-6c.
b} Cicer de Div, I. “5 Il. c, 5.
7 1—
. — on . J 605
aus allerley Erſcheinungen am Himmel). und in
der Luft, auf ber Erbe, und in Gewaͤſſern, in
Menſchen und Thieren, ober anderen Theilen der
Natur: felbft aus ben. verfchiedenen Arten von.
fortibus. Man nannte die Divination in Träus:
men, und Entzücungen, ober Verzückungen na⸗
türlidh, weil fie ohne Erfahrung und Kunft durch
die bloßen Einwirkungen höherer Naturen bewirft
werde; und. bie andern Arten von Divination Binft:
ih, meil fie entweber langtwierige Beobachtungen,
oder eine glücklihe Gabe, zu vathen voraugfiß:
ten c). |
Im
\
} \
©) Cicer, de Div. I. e, 6, Duo funt enim divi-
nandi genera, quorum alterum artis eft, alte-
‘
rum naturae. Quae ef autem gens, aut quae:
civitas, quae non aut extis pecudum; aut ınon-
ira, aut fulgura interpretantium, aut augurnm,
. aut aftrologorum, aut fortium, (ea enim fere
artie [unt) aut ſomniorum, aut vaticinationum,
(haec enim duo naturalia putantur) praedictione
moveatur? Man ſehe ferner I. 49. 50. II, 11.
Duo enim genera divinandi elle dicebas, unum
artificiofum, alterum naturale, Artificiolum
conftare partim ex Conjectura, partim ex ob-
ſervatione diuturna: naturale, quod animus
arriperet, aut exciperet extrinlecus ex divinita-
- „te, unde omnes.animos hauflos, aut acceptos,
aut libatos haberemus. Artificiofae divinatio-
nis illa fere genera ponebas, extilpicum, eo-
= ramque, qui ex fulguribus, oftentisque praedi-
cerent; tum augurum, eorumgue, qui fignis,
‚ant ominibus uterentur, onmeque genns con-
‚ jecturale in hoc fere genere ponebas. Illud au-
tem naturale, aut concitatione- mentis edi, et
gual fundi videbatur, aut animo, per fonınum.
\.
/
enſibus, et curis vacuo provideri,
T
oe
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J 3
‘ “ 1 s
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614 ww » |
D \ .
Reine Art von Divination bar. älter un
allgemeiner; und keine erhielt fi während aller
dee Perioden, welche Völker von der aͤußerſten
Mohheit bis nahe an den Zeitpunct ber Achten Auf⸗
klaͤrung zu durchlaufen haben, in einem fo großen
und allgemeinen Anfehen, als bie Divination aus
Traͤumen. Mit Recht Eann man Zräume bie
vornehmſten Östterfpräche wilder Völker nennen m).
- Die Wilden in America, Sibirien und anderen
Xhellen der Erde wählen nicht nur ihre Götter
meiftens nad) ben Eingebungen von Träumen, fons
bern fie unternehmen aud feinen Kriegszug, ober
: Sagt, fliegen Fein Buͤndniß, oder wichtigen Vers
trag, ohne vorher durch Traͤume bazu erimuntert,
ober darüber belchrs worden zu feyun). Nichts
ift ihnen fo theuer, was fie nicht aufopfern, nichts
fo ſchwer, was fie nicht dulden, oder wagen, wenn
fie durch das Scheiß eined Traumes dazu aufgefers
bert werden, indem fie überzeugt find, daß Un:
gehorfam gegen die Warnungen ber Ödtter in Traͤn⸗
men undermeidlichen Tod nad fich ziehe 0). Die
. Americanifhen und Sibiriſchen Jaͤger oder Fifcher
: geben ihre Foftbarften Kleider, ihr Eoftbarftes Ges
räth willig her, wenn Jemand ed ihnen unter bem
Vorwande abfordert, daß ihm davon geträumt
babe. Mit gleicher Bereitwilligkcit überlaffen ſich
.“ m) Hennepin in den Voyag..an Nord v. 275. Les
- fonges leur tiennent lien de Propbetie, d’in-
. “Spiration, de Loix, de commandemänt, et 'de
: regles dans leurs entreprifes de guerre, de paix,
de commerce, st de challe,
'n) Gharlevoix 355 et ſq. p. Steller 79 ©. Hen-
nernl.c . :
0) ib. ML " r_
bie
Ku | —— "615
| die Ramtfchabalinnen ben Umarmungen eines Je⸗
den, welcher vorgibt, daß er ihrer tm Traume ges
noffen habe. Micht felten trägt es fi su, daß
die Phantafie einem Traͤumenden etwas vorſpie⸗
gelt, was Ein Menſch ihm nicht gerfchaffen fan.
Danıvereinigen ‚ganze Wölkerfchaften, ‚oder Ge⸗
meinen ihre Kräfte, um das herbepzubringen, wa®
bie Götter einem Traͤumenden verheiffen haben;
and follte man ed auch in einer Entfernung von
fuͤnfhundert Stunden. auffuhen 9), Die Wil;
den vollziehen. nicht bloß die Befehle, die den
Traͤumenden günftig, . fondern auch ſolche, bie ihr
nen hoͤchſt ungünftig find. Einem Americaner
träumte, daß man ihm einen Finger abfchneibe..
Er verftäümmelte fih wirkiih, den Warnungen
‚ ber Götter gemäß, nachdem er fih durch ein Feſt
Dame 2 RER
. -
A⸗
zu dieſer wichtigen Handlung vorbereitet hatte ).
Meiſtens gehorcht man auch den Traͤumen, wel⸗
che befehlen, daß man dieſen, oder jenen aus ſei⸗
nem Volke ermorden ſolle. Hiervon macht man
nur alsdann eine Ausnahme, wenn ber Träumen
de hört, daß ein Traum einem andern die Blut⸗
sache aufgetragen habe, ch fehe, fagt in biefem
Fall der erfie Träumer, daß dein Geift flärker,
als der meinige ifl. Laßt und nicht weiter Yon
‚der Sache fprehen s)! — Auch ber. Drient bielt
| von
») Cherlevoix p. 356.
“ 9) ib. p. 364.
r) Le. Da es Wilden chen fo gut, als anderen Mens
{chen begegnet, daß ihnen Dinge im Xraume vor⸗
Tommen, die fih garnicht ausführen, oder erreichen
laſſen; fo müflen, und muften fie von jeher auf
Mittel denken, wie man unausführbare Träume
| | . on gleich⸗
916 wm ver —
I jeher ‚und hält auf jeßt:nod Träume fürder
| ten, oder MWarnungen.dee Gottheit s). Selbſt die
Juden verehrten ſolche Traͤumer ald göttliche Pros
„t. [ubeten, denen Jehovah nidt bloß Träume zus
ſandie, ſondern aud. den Sinn von Träumen ofs
fenbarte. Die Juden baten den Gott ihrer Vaͤ⸗ |
ter ,febr ‚häufig, daß er ihnen doch feinen Willen,
oder die Zukunft. in Traͤumen befannt machen wolle, Ä
Wenn dieſe Bitte nicht erhört wurde, fo befuchs
u ten vie Juden nicht felten die Tempel: weiffagens
der heidniſcher Goͤtter, um in benfelben zu ruhen,
und während des Schlafs weifjagende Traͤume zu
erhalten. t). Das alte Griet:enlaud dachte über
Träume und Weiſſagungen von Traͤumenden eben
fe, wie der aͤlteſte Orient. Als bie Griechen vor
Troja nicht wußten, warum Apol fo fehr gegen
fie zuͤrne; fo.that Achill den Vorſchlag, dag man |
‚irgend einen Priefier, oder Propheten, oder Traum⸗
Deuter, denn aud Träume flammten vom Jupi-
tev ab, fragen möge, moburd man den Gott. ver:
fülnen koͤnꝛe. Hier uf erhob fi Kalchas, der
Befts unter den Weiffagern und Traumdeutern, ber
nicht. bloß bie Gegenwart, fondern auch die Vers
. . . . tn | gan⸗
— nleichſam taͤuſchen, ober zum Scheine erfoͤllen koͤnne.
cCCharlevoix erzaͤhlt ein luſtiges Beyipiet, wie man
eine. Wilden geheilt habe, dem im Traume ein
Beier in den Magen gekrochen war, l.c. p. 355.
s) Die vernehmfien Beyſpiele der Traumdenteren des
Orients, die in den heiligen Büchern der Juden
| vorfommen, hat del Rio gelammelt in den Difquif.
‘1 Mag. Ill. p 1573. 154. Man vergleiche Herodot.
VII12. 186%. j ..
— û—
ww.
en
u — 6:7
4
‚gengenbeit und Zukunft · kannte su). Wenn die aͤl⸗
‚teren Griechen weiſſagende Traͤume auch vorzugs⸗
weiſe dem Jupiter zuſchrieben; fo ſchrieben ſie ihm
dech dieſelben nicht allein zu. Man glaubte von
allen übrigen Göttern, daß fie ihren Willen durch
Träume zu erkennen geben koͤnnten, und in allen
Theilen von Griechenland waren daher nicht bloß
Göttern, fondern auch KHalbgdttern und Melden
Zempel errichtet, weldye man in der Abſicht beſuch⸗
te, um burd weiffagende Träume Math, oder
Huͤlfe zu.erhalten x). Die gröften Stautsmärner,
Heerführer und Könige der Griechen fol«ten den
Warnungen der Götter in Träumen. Dieß ers
zahle die Gefchichte vom Themiſtokles y,, dom
Xenophon 2}, vom Alerander ai, vom Antigos
nus b), vom Pyrrhus c) und Mithridat dem
Bu Ä Bros
) Miad. I. v. 63 et fg. '
7 Aaı ovapomolov, (x Yaor' ovxp ax dog esın, -
o 0 0 ‚+ 4 + +
naiyas Jesopidys owvomoAmv dx” apısec
66 36m Ta T’sovrx, Ta T’ saeousve, wbo T’s0Vre)e
) DelRio l.c. Van Dale deOrac, p. 236. Caſaub.
Prol, ad Perſium p. 9.
) Plutarch. I. 496 497.
z) Anab, in Oper. Vol. II. p. 133. Edit. Thieme,
4) Man ſ. Aleranders Leben vom Plutarch, und
Arrian, de Exped. Alex, an vielen Stellen. Va⸗
lerius Maximus erzählt, daR Alerander den
Traum verachtet habe, durch den ihm fein Mörder
angegeben worden, I. c.). Wenn dieſes geichab, fo
iſt dieß eins von den vielen Beyſpielen, daß die
aberglaͤubigſten Menſchen ſich nicht immer gleich ſind.
5) Plutarch, V. p.8.
c) 11, 736. 787.
.
‘
2 [ j} . v
1 —
Großen d). RXRenophon ſchrieb einen Traum,
der ihn waͤhrend des Heerzuges des juͤngeren Cy⸗
eus aufſchreckte, Jupiter dem Koͤnige zu, wahr⸗
ſcheinlich weil ihm traͤumte, daß ein Blitzſtrahl in
fein vaͤterliches Haus gefallen fen, und dieſes in
volle Flammen gefeßt habe. — Antigonus wollte,
um eines Traumes willen ben jungen Mithrida⸗
tes, den Stammpater ber Pontiſchen Könige, aus
dem Wege räumen. Der Letzte und Beruͤhmteſte
unter ben Nachfolgern dieſes Fürften, Mithridat
der Broße, adtete fo fehr auf Träume, daß es.
nicht bloß feine eigenen, fondern auch feiner eis
ber Träume forgfältig aufzeichnete: welche Schrift
Dompejus unter ben Papieren und Schaͤtzen des
2 Äberwundened Königs fand.e). Noch merkwuͤrdi⸗
ger iſt es, daß faft alle Griechiſche Weltweife, uns
. ter biefen foldye, welche die übrigen Arten von Dis
| vination verwarfen, bad Vorherfehen ber Zukunft
| in Träumen und Verzuͤckungen vertheidigten f).
| Die beruͤhmteſten Staatsmaͤnner, Heerfuͤhrer und
Weltweiſen der Roͤmer waren nicht weniger aber⸗
glaͤubig, als die Griechifchen g). Die Traumdeu⸗
te⸗
a in. 33.
J e) ll. cc,
2.0000) Cie. de Divin, I. 3. 25. 30-37. Das Letztere
gilt beſonders vom Ariftöteles 1. c. 25. 37. und
vom Dicaͤarch L c. 3. |
8) Außer den älteren Beyſpielen, welche Balertus
25, Magnus I. ©.7. gefammelt hat, führe ich nur nody -
07 folgende an: des Sulla, Plutarch III, 88. ber
beyden Cicerone, Cicer. de Divin. 1. c. 28. des
Yuguft, Val, Maxim, l,c. des Gäfar, Suet, in
Gaek ec. 81. des älteren ſowohl, als des hingrsen
| - ,
N x
‘
terey ber Griechen und Roͤmer, . befonbers ihrer
MWeltweifen nahm mit ben Verfall der Künfte und
Wiſſenſchaften in gleichem Grade gu; und es kam
zuletzt fo weit, daß Männer, die nicht bloß fi
ſelbſt, fondern auch ihren Zeitgenoffen Weife zu
ſeyn dünkten, mehr auf die Träume ber Nacht,
als auf die Gedanken Handlungen des Tages
achteten 6). Die Anvchme und Verbreitung bed
Chriſtenthums minderie dieſe Art von Aberglauben .
im Geringſten nicht a
Nach bem, was im vorhergehenden Bade
über die angebiichen Zauberer dub Weiſſager ſelbſt
unter ben toheften Völkern gefagt worben, babe
ich nicht mehr nöthig, zu beweifen, daß der Glaube
an die witffanende Kraft von verzückten Perfonen -
eben fo alt und allgemein war, ald die Traum⸗
. Deuts
Plinius, Plin. Epıl. 18. m 5. Caſar ward durch
die Traͤume, welche er in der Nacht vor ſeiner Er⸗
mordung gehabt harte, befonder® aber durch einen
Traum feiner Gemahlinn Calpurnia ſo fehr erſchüt⸗
tert, daß er wahrfcheinlic zu Haufe geblieben wäre,
wenn ihn nicht Decimus Brutus auf eine newiffe
t befhäme, und durch die kraftigſten Vorftelluns
gen bewegt hätte, den zufammienberufenen Genat
nicht vergeblich aus einander gehen zu laſſen.
Ah) Man f. meinen Bentrag zur @elchichte der Denkart
. der Eſten Jahrhunderte nach Chriſti Geburt m
9 S.
i) So unternahm Juſtinian ben Kriegszug gegen die
Vandalen in Afrıta auf das Gebeiß eines Traumes,
‚ svelchen ein Morgenlaͤndiſcher Diſchof gehabt hatte,
und welchen diefer den Kaiſer als einen aöttlihen
. Befehl befannr machte, Frese. in Grotii Hißor.
Goxhorum » St
-
x
- *8
En —
6126 — —
beuterey. Auch behauptete ſich dieſer Glaube an
die Divination im Zuſtande des Verzuͤckens eben
fo lange, als der an die Divination aus Traͤumen.
Die größeren und gebildeteren Voͤlker unterhielten
nicht bloß lebende Weiſſager, fondern befagen auch
Sammlungen von Weiſſagungen beruͤhmter Pro⸗
yheten, in welchen man waͤhnte, daß die Schick⸗
ſale ganzer Staaten Jahrhunderte vorher verkuͤn⸗
bigt worden. Die Aegyptier unterſchieden ſich darin
\
vortheilhaft Yon allen übrigen Nationen des Orients,
felbft von den Juden, daß fie Niemanden als Pros
pheten anerkannten, der nicht von gewiſſen Goͤttern,
und in ben Tempeln gewiffer Götter begeiftert wor⸗
den. Die Kunſt der Weilfagung, erzählt Hero⸗
dor k), verhält ſich unter den Negyptiern folgens
der Gehalt. Die Aegyptier find überzengt, daß
die Gabe zu weiffagen feinem Sterblicyen beywoh:
‘ne, fondern allein den Göttern zulomme. Solche
weiffagende Götter find Hercules, Apollo, Mis
nerda,. Diana, Mars, Jupiter, und vorzuͤg⸗
lich die Latona zu Buto, deren Tempel’ daher am
meiften befucht wird.” — In fpäteren Zeiten ge:
‚hörte auch der Apis zu den weiffagenden Göttern. -
Sa man traute fogar-den Knaben, welche die Lobs
- lieder ded Stiergottes abfangen, Gabe der, Weifs
fagung zu /). Unter den Juden warb es, befons
ders nad) ben Z.iten Davids, herrſchende Met
“ ung m, daß Jehovah ſeinen Willen häufig durch
den Mund von Propheten offenbare. Die Suden
U | | theils
MIL 8.
h J) Plutarch, VII. 406. | Ä
m) Delrio III. 149 et [q. P. Mich. Moſ. Recht V.
181: 199.
%
\
— — 621
theilten die Propheten nicht Bloß in wahre und .
falfche, ſondern fie theilten auch die wahren in
“mehrere Glaffen ab, nach ber Verfhiedenheit‘ der
Arten, mie man alaubte, daß die Gottheit fi
ihnen offenbare.. Die Einen erhielten bloß Ge
fihter : Andere vernahmen bloß Worte: noch Ans
dere fahen und hörten zugleich außerorbentliche Din⸗
ge.. Einige wurden verzuͤckt, Andere nicht, Die
Suden mußten felbft falſche Propheten bulden, wenn
ſie auch das Volk durch die furchtbarften und ges
fährlichften Vorherfagungen in große Angſt, ober
Verwirrung feßten. So bald aber Prophezeihuns
gen falfch befunden wurden; fo fleinigte man ihre
Urheber, wie alle Wahrfager, zu Tode. Wenn
man biefe Strafen beftändig nad) der Strenge volle
zogen hätte; fo würben fig ſchwerlich Vetrüger
jemahl8 zu Propheten aufgeworfen haben. In
Griechenland hatten alle Stastenn), alle Könige o),
und aroße Staatsmänner p) ihre Propheten, wel⸗
che ſie bey den wichtigften Unternehmungen und Vor:
fällen zu Rathe zogen. In allen Staaten fanden
ſich Sammlungen von alten Wetffagungen berühins
ter Propheten, welche man meiftens ald Staat:
Geheimniſſe bewahrte, und welche man glaubte,
‚ nicht vernachläffigen zu koͤnnen, ohne ſich den fchnell:
en
n) Plut, III. 366. Cic. de Div. I. 43. Nam et Athe-
nienles omnibus ſemper publicis conſiliis divi-
nos quosdam [acerdotes, quos kavraig vocant,
adhibuerunt, etc. \
0) 3. B. Alexander IV. 60, 95. Plut,
) 3.B. Nikias III. 342, Plub. et
1
PR EP;
Pe
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en
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623 . 5 x — {|
ſten und haͤrteſten göttlichen Strafen aus zuſetzen g).
Dieſe alten Weiſſagungen wurden am meiſten von
Verfuͤhrern des Volks und andern Betruͤgern ge⸗
mißbraucht. Hipparch verjaate den Onomakri-⸗
tus, weil er die heiligen Gedichte des Muſaͤus
verfaͤlſcht hatte; und eben diekes Onomakritus bes
dienten fidy nachher bie vertriebenen Pififtrariden,
um ben Zerxes zum Kriege gegen Griechenland zu
ermuntern vr). Alkibiades erbichtete nicht nur
falfhe Götterfprüde des "Jupirer Ammon, ſon⸗
bern er brachte auch alte heilige Weiffagungen an’3
Licht, durch melde den Uthenienfern ein glorreicher
Sieg Aber die Syrakuſaner verheiffen wurde; und
biefe falfchen Weiffagungen waren ed vorzüglich,
modurd er feine Mitbürger zu der ungluͤcklichen
Unternehmung bewegte s). Ariftoreles und mehrere
feiner ungläubigfien Schäfer ſtimmten den übrigen
Philvfophen Griechenlands nicht bloß darin bey, daß
biemenfchlichen Seelen durch die Einwirkung der
Gottheit gleihfam von ben Coͤrpern allgelöft, in eine
Urt von ‚heiliger Maferey ober Begeifterung vers
feßt, und dadurch fähig. gemacht werden Föunten,
die Zukunft vorherzuſehen, ſondern der Stagirit
behauptete fo gar, daß auch Verruͤckte etwas götts
| | (is
9) Man f. über die xpysuss, welche die Pififtratis
den bey ihrer Flucht in dem Tempel der Minerva
zurüdließen, und deren ſich Rleomenes nachher bes
meiflerte,. Herodot V. 90. gi. Ferner iiber die
Drafel dee Muſaͤus, Bacis und Apſiſtratus VII.
6. VIII. 20. 77 et 96 cc,
r) VII 6,7,
s) Plutarch, III. 365 p:
’
®
— — — 6233
liches und weiſſagendes anſich haͤtten 2). Naq
dieſen Beyſpielen der Griechen muß man es ben
Roͤmiſchen Feldherren und Weltweiſen verzeihen,
daß auch ſie auf die Stimme von Weiſſagern und
Weiſſagerinnen horchten. Einen der merkmuͤrdig⸗
ſten Fälle des Glaubens der Roͤmer an Weifſſa⸗
gern fuͤhrt Cicero ſelbſt an. Kurz vor der Schlacht
bey Pharſalia ward ein Rhodiſcher Ruderer durch
die Erwartung der Dinge ſo außer ſich geſetzt, daß
er in einer Anwandlung dom aͤngſtlichen Wahnfinn
prophezeihte: in weniger als dreyßig Tagen würden
in Griechenland Ströme von Blur fliegen? Dyrra⸗
chium werde geplündert und in Brand geſteckt wer:
den! ein großer Theil der Heberwundenen werte
ſich mit genauer Noth aus den Flammen der brens
nenden Stadt retten, doch werde bie Flotte der
Rhodier bald in dad Vaterland zuruͤckkehren. Die
Nachricht von dieſer Meiffagung erfchätterte alle
vornehme "und gelehrte Roͤmer, die dem Pompe⸗
jus folgten , unter diefen auch den M. Caro, ben
M. Varro und den IN. Cicero u). Bey biefem |
| J all⸗
©) Cic de Div. I. c. 30. Ineſt igitur in animis
praefagitio extrinlecus injecta, atque incluſa di
vinitus Ea fi exarüt acrius, furor appellatur,
cum a corpore animusabftractus divinoinflincetu
‚ eoncitatur. c. 37. griflotelee quidem eos etiam,
qui valetudinis vifio furerent, et melancolici
dicerentur, cenſebat habere aliquid in animis
_praelagiens atque divinum.,
u) Cic. deDivinat I,32c.. tum nequeteiplum non
elle commotum: Marcumgue Varronem, et M.
Catonem, qui tum ibi erant, doctos homines ve-
hementer elle peterritos. Da ſoiche Danner durch
*
⸗
eine angebliche Weiſſagung heftig bewegt wurden, j
x
(XT j — —
Allgemeinen Aberglauben der Römer in den Zeiten -
wo. fie unläugbar am meiften gebiltet waren, iſt
es beynahe unbegreiflih, wie die Alteften Häupter -
und Väter biefed Volks einen fo. weifen Gebraud
von ben Weiffagungen der Sibylle machten, die
nach einer alten Volksſage aus Griechenland nach
Stalien gekommen war, und die Schickſale des
Roͤmiſchen Reis auf alle folgende Jahrhunderte
yorher verfündigt hatte x), Die Einficht der Bis -
cher, weldye die Sibylliniſchen Weißaguna:n: in
fi) foßten, war Miemanden erlaubt, ald den
Männern, welche zuerft von ben Königen, und
naher vom Senat dazu befiellt wurden, .- Diefer
Ausleger ver Sibylliniſchen Bücher waren anfangs
mur zwey, in. der Tolge zehn, und fünfzehn, wos
bet fie den Nahmen der Zehn: und Zunfzehn: Diän:
ner erhielten. Die leßteren Nahmen blieben andy
nachdem die Zahl derfelben noch weiter Sirmehrt
“wurde. Dan wählte die Ausleger der Gibyllinis
ſchen Bücher unter den angefehenften- Männern, '
von weldyen man gewifi war, daß fie die ihnen ans
vertrauten heiligen Bücher nicht anders, ald nad)
den Abfichten bed Senats, oder zur Befoͤrderung
der allgemeinen Wohlfahrt brauchen, und deuten
wuͤrden. Selbſt diefe beftellten Ausleger burften
bie Sibylliniſchen Bücher nicht eher einfehen, als
‚bis, e8 ihnen vom Senat befohlen, und zu 'gleis
‚ der Zeit die Abfiht bekannt gemacht wurde, um
weicher willen man zu ben göttlichen Warnungen
: der
ſo iſt es, kaum der Muͤhe werth, zu erwaͤhnen daß
"Marius eine Eyriſche Prophetinn mit fir) um:
herfuͤhrte. Plutarch, II. 853 p.
. x) Lirius I. 7. Cic, de Divinat, IL, 54,
N
- — 6445
ber Sibylle feine Zuflucht vehme. Der Senat be⸗
fahl die Einſicht der Sibylliniſchen Buͤcher nur
alsdann, wann die Gemuͤther des Volks entweder
buch ganz, ungewöhnliche, oder durch ſehr viele,
und ſchnell auf einander folgende Prodigien mit
Schrecken erfüllt. worben waren. . Die Ansmprf
der Zehnmäuner war befiäudig:; daß man, ellen,
ober gewiſſen Gotiheiten biefe, oder jene Opfer,
and Gaben bringen, oder gewiffe Feſte feiern, und
andere Gottesdienſtliche Handlungen vornehmen
müfle y), Der Senat forgte bafür, daß alles,
was bie Sibyllinifchen Bücher in jevem Falle vors
fehrieben, pünctlih ausgerichtet wuͤrde. Go bald
dieſes gefchehen war, fo fühlte ſich das Volk von
feinen Beſorgniſſen geheilt, . und Cicero fagte bar
her fehr xichtig, daß bie. Sibylliniſchen Buͤcher niel
mehr zur Befänftiaung, ald zur Erregung, ober Vers '
breitung abergläubiger Schreckniſſe dienten ww )..
| on Es
\ »
.y) Man f. Liv. XXI. e. 62. XXII. 1. erg. Un der
legten Stelle beißt ed: pervicit, ut, quod non
ferme decernitur, niſi quum tetra prodigia nun-
tiata funt, decemviri libros Sibyliimes- adire ju-
berentur, gniinfpectis fatalibus libris retulerunt
Patribus, ete. Lib, I. c.ı2. Ante omnia
abominati femimares, juſſique in mare extem-,
. plo deportari. - - - Nihilo minus decemviros
'adire libros deporiengo eo jullerunt. XXXIV. 55,
wo man wegen der häufigen Erobeben die Sibyllinis .
ſchen Bücher einzuſehen befahl. J
yy) II. 44. de Divin.. Quamobrem $ibyllam qui-
' dem lepoßtam et conditam habeamus, ut id,
quod proditum ef a majoribns, injuflu fenatus
- ne legantur quidem libri, valeantque ad depg-
nendus potins, quam ad [ulcipiendas religioties.
Re
\
!
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7 Zu — —
x -
Es war bey Todesſtrafe verboten, die Sibyllinl⸗
ſchen Buͤcher Ungeweihten zu zeigen, und den In⸗
halt derſelben Anderen, als dem Senat bekamt zu
machen. Der König Tarquinius ließ wirklich eis
nen Duumpir, der die heiligen Buͤcher Jemanden
zum: Abſchreiben hingegeben hatte, tm einen Sack
‚sähen, und in's Meer werfen 2). Erſt in ben
legten Zeiten der Republik fingen Ehrgeißige an,
die angeblichen Ausſpruͤche der Sibylliniſchen Büs
er fo zu mißbrauchen, wie man die alten Weiſſa⸗
| aungen in Griechenland gemißbraucht hatte a).
In demfelbigen Zeitraum benußte der Senat die
Sibylliniſchen Bücher zur Vereitelung gefährlicher
Abſichten von einzelnen Ehrgeißigen auf -eine Art,
Die felbft dem großen Haufen auffiel 5). Uebri⸗
gend muß man in gleihem. Grabe erftannen über
dad Zutrauen, mad das Roͤmiſche Volk in Reli⸗
gions-Sachen zu feinen Vorfichern und Prieftern -
hatte, und über ben weifen Ernft, womit die Bors
. fteher, und Priefter den Volks s Glauben nad; ib;
ven Abfichten lenkten, ober ſchaͤdlichen Aberglauben
zu verhüten ſuchten. Im J. 669. nach Erbauung
der Stadt brannte während bed Marſiſchen Krie⸗
| ges
3) Dionyf, Halie. IV, p. abo. Kalt, Sylb, Val. Max.
a) So Kentus, Salluſt. de hello Catil. e. 47. u.
Caſar, Suetonius in Caeſ. c. 79.
5) In der Angelegenheit der Zuruͤckfuͤßrung des Mes
gyptiſchen Königs. Cicer. Epiſt. I. 1. Senatus
religionis calumniam non religione, [ed mali-
- volentia, et illius regiae largitionis invidia- com.
. probat, et Ep. 7. - - et ine multitndine redu.
eatur, quemadmodum homines religioli Sibyl-
lae placere dixerunt.
— — 627 ze
ges dad Capitol ab, und mit bem Tempel wur⸗
den auch die. Sibyllinifchen Buͤcher verzehrt, wel⸗
de Tarquin daſelbſt niedergelegt hatte c). Nach
dieſem Unfall ſandte der Senat Abgeordnete nach
Aſien, und Griechenland ab, welche die Prophe⸗
zeyungen der Sibyllen, beſonders der zu Erpythraͤ,
ſammeln mußten; und ließ auch ſonſt von allen
Enden her, wo man dergleichen zu beſitzen vorgab,
diie Ueberbleibſel der Sibyllen nah Rom bringen,
‚ Aus allen diefen Sammlungen feßte man die Si⸗
bylliniſchen Bücher gufammen, deren man fi bis
an das Ende der Mepublil bediente. Varro
“glaubte, daß ſich bey diefer Arbeit einige unaͤchte
Verſe eingefchlichen hätten. Fuͤr ſolche hielt er
diejenigen, welche don deu Griechen auposixıder ges -
nannt wurden. Cicero beurtheilte die Sihyllini⸗
ſchen Bücher feiner Zeit viel richtiger, als fein -
Freund Varro. , Er erllärte fie insgeſammt für
eine Arbeit ſtaatskluger Männer, welche man abs
ſichtlich mit Dunkelheit bedeckt, und deren Deutung
man eben fo abfichtlich ſchwer, und kuͤnſtlich ge:
macht babe, damit man die Sibylle jedes Mahl
antworten laſſen Eönne, was der Genas wolle 4). |
€) Freinsh, Epit. Liv. L. 86. e. 4. Varro ap, Di»
nyſ. Halicar. Lib. IV. p. S6o. Ed. Sylb, welche
s
Stelle von Dale de Orac, c. 18, p. 405-7, ganz
anführt.
ed) II, 54. de Divin, Callide enim »-quiilla com. .
pofuit, perfecit, ut, quodcungue aceidiſſet,
praedictum videretur, hominum et temporum '
: definitione ſublata. Adhibnit etiam latebram
obfcuritatis, ut iidem verfus alias in aliam ram
poſſe accommedari viderentur, Non elle du-
Ars 10m
/ 0 . “ 004
620 — — —
beuterey. Auch behauptete ſich dieſer Glaube an
die Dioination im Zuftande des Verzüdens eben
fo Lange, als der an die Divination aus Traͤumen.
Die größeren und: gebildeteren Völker unterhielten
5 nicht bloß‘ lebende Weiſſager, fondern beſaßen auch
Sammlungen von Weiffagungen beruͤhmter Pros
pheten, in weldyen man mwähnte, baß bie Schick⸗
ſale ganzer Staaten Jahrhunderte vorher verfüns
bigt worden. Die Aegyptier unterſchieden fig darin
‚vortheithaft von allen übrigen Nationen des Orients,
“ felbft von den Juden, daß fie Niemanden als Pros
pheten anerkannten, der nicht von gewiſſen Goͤttern,
und in den Tempeln gewiffer Götter begeiftert wor⸗
den. Die Kunſt der Weiffagung, erzählt Heros
dor k), verhält ſich unter den Aegyptiern folgens
der Gehalt. Die Aegyptier find überzengt, daß
die Gabe zu meiffagen keinem Sterblicyen beywoh⸗
ne, fondern allein den Göttern zulomme. Solche
weiſſagende Goͤtter ſind Hercules, Apollo, Mi⸗
nerva, Diana, Wars, Jupiter, und vorzuͤg⸗
lich die Latona zu Buto, deren Tempel daher am
meiſten beſucht wird.” — In ſpaͤteren Zeiten ge:
‚hörte auch der Apis zu den weiffagenden Göttern.
Sa man traute fogar-den Anaben, melde die Lobs
lieder des Stiergotted abfangen, Gabe der, Weifs
fagung zu -F). Unter den Juden ward eg, befons
ders nach) den Z.iten Davids, herrſchende Met
“ nung m\, daß Jehovah feinen Willen häufig 1 durch
den Mund von Propheten offenbare. Die Suden
, | theils
MM. 8.
° ) Platarch, VII. 406.
m m) Delrio II}, 149 et fq. p. mis. Moſ. fee v V.
181: 195 |
y
— — 621
theilten die Propheten nicht bloß in wahre und
falfche, fondern fie theilten auch die wahren in
“mehrere Claſſen ab, nach ber Verfhiedenheit‘ ber
Arten, wie man glaubte, daß die Gottheit fi
ihnen offenbare. Die Einen erhielten bloß Ge:
ſichter: Andere vernahmen bloß Worte: noch Ans
fahen und hörten zugleich außerorbentlicye Dins
. ‚Einige wurden verzuͤckt, Andere nicht, Die’ .
Saben mußten felbft falfhe Propheten dulden, wenn .
ſie auch das Volk durdy die furchtbarften und ges
fährlichften Vorherfagungen in große Angſt, ober
Verwirrung feßten. Go bald aber Prophezeihuns .
gen falſch befunden wurden; fo fleinigte man ihre
Urheber, wie alle Wahrfager, zu Tode. Wendt
man biefe Strafen beftändig nad der Strenge volls
zogen hätte; fo würden fi ſchwerlich Betruͤger
jemahl8 zu Propheten aufgeworfen haben. Im
Griechenland hatten alle Staatenn), alle Könige o),
und aroße Staatsmaͤnner p) ihre Propheten, wel⸗
che ſie bey den wichtigften Unternehmungen und Vor⸗
fällen zu Mathe zogen. In allen Staaten fanden
. fih Sammlungen von alten Weiffagungen berühtns
ter Propheten, welche man meiftens ald Staats:
Geheimniſſe bewahrte, und melde man glaubte,
\ nicht bernachläſſizen3 zu koͤnnen, ohne ſich den ſchnell⸗
ſten |
n) Plut. II. 368. Cie, de Div. I. .. Nam: ‘et Athe-
nienſes omnibus ſemper publicis conſiliis divi-
nos quosdam ſacerdotes, quos xureis vocant,
adhibuerunt, etc. |
0) 3 B. Alexander IV, 60. 55. Blut,
PD) 3. B. Nikxias II 342. Pan 0:
’
622 5 ri DU) —
ſten und härteften göttlichen Strafen aus zuſetzen g).
Dieſe alten Weiſſagungen wurden am meiſten von
Verfuͤhrern des Volks und andern Betruͤgern ge⸗
mißbraucht. Hipparch verjagte den Onomakri⸗
tus, weil, er die heiligen Gedichte des Muſaͤus
verfaͤlſcht hatte; und eben biefed Onomakritus bes
dienten fidy nachher die vertriebenen Pififtrariden,
um den Zerres zum Kriege gegen Griechenland zu
ermuntern 7). Alkibiades erbichtete nicht nur
falfye Götterfprüdhe bes "Fupicer Ammon, ſon⸗
bern er brachte auch alte heilige Weiffagungen an's
Licht, durch welche ben Athenienfern ein glorreicher
Sieg Aber die Syrakufaner verheiffen wurde; und
diefe falfchen Weiffagungen waren es vorzüglich,
wodurch er feine Mitbürger zu der ungluͤcklicher
Unternehmung bewegte s). Ariftoreles und mehrere
feiner unglaͤubigſten Schüler ſtimmten ben übrigen
Philoſophen Griechenlands nicht blog darin bey, daß
diemenfchlihen Seelen durch die Einwirkung der
Gottheit gleihfam Yon ben Coͤrpern allgelöft, in eine
Art von heiliger Maferey oder Begeifterung vers
feßt, und dadurch fähig gemacht werden koͤnnten,
die Zukunft vorherzuſehen, fonbern der Stagtrit
behauptete fo gar, daß auch Verruͤckte etwas götts
li⸗
4) Man f. über die Xpysusc, welche die Piſiſtrati⸗
den bey ihrer Flucht in dem Tempel der Minerva
zurüdließen, und deren ſich Rleomenes nachher bes
meifterte,. Herodot V. 90. gr. Berner tiber die
Orakel des mMuſaus, Bacis und Ayſiſtratus VII.
6. VIII. so. 77 et 96 c, | u
r) VII, 6,7,
s) Plutarch, III, 365 p.
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liches und weiffugendes an fi Hätten £).. Mad
. „biefen Benfpielen der Griechen muß man ed ben
Roͤmiſchen Feloherren und Weltweifen verzeihen,
dag auch fie auf die Stimme von Weiffagern unb
Weiſſagerinnen horchten. - Einen der merkmuͤrdig⸗
ſten Bälle de6 Glaubens der Römer an Weiſſa⸗
gern führt Cicero felbft an. Kurz vor der Schlacht
‚bey Pharfalta ward ein Rhodiſcher Ruderer durch
‚bie Erwartung ber Dinge fo aufler ſich gefeßt, daß
er in einer Anwandlung dom ängftliden Wabnfinn
prophegeihte: in weniger als dreyßig Tagen würden
in Öriedyenland Ströme von Blur fliegen: Dyrra⸗
chium werde geplündert und in Brand geſteckt wer:
ben? ein großer Theil der Heberwundenen werte
ſich mit genauer Noth aus den Flammen ber brens.
nenden Stadt retten, doch werde bie Flotte der
Mhodier bald in dad Vaterland zurüdkehren. Die _
Machricht von: diefer Weiffagung erfchütterte alle
vornehme ‘und gelehrte Roͤmer, die dem Pompe⸗
jus folgten, unter dieſen auch den M. Caro, ben _
M. Darro und den M. Cicero u). Bey biefene
) Cic de Div. I. c. 30. Inelt igitur in animis
praefagitio extrinlecus injecta, atque inclufa di
vinitus Ea fi exarüt acrius, furor appellatur,
cum a corpore animusabfiractus divino inflinetu
‚ concitatur. c. 37. grifloteles quidem eos etiam,
qui valetudinis vilio furerent, et melancolici
dicerentur, cenlebat habere alıquid in animis -
_praelagiens atque divinum.
u, Cic.deDivinat I,32c.. tum nequeteiplumnon
elle commotum: Marcumque Varronem, et M.
Catonem, gui tum ibi erant, doctos homines ve-
hementer elle peterritos. Da jviche Manner durch)
eine angebliche Weiſſagung heftig bewegt wurde 3
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1)
allgemeinen Aberglauben der Roͤmer in den Zeiten u
wo. fie unläugbar am meiften gebiltet waren, iſt
es beynahe unbegreiflich, wie bie aͤlteſten Haͤupter
und Vaͤter dieſes Volks einen ſo weiſen Gebrauch
von ben Weiſſagungen der Sibylle machten, die
nad) einer alten Volksſage aus Griechenland nach
Stalien gekommen war, . und die Schieffale des -
Roͤmiſchen Reichs ‚auf alle folgende Sahrhunderte
vorher verkfünbigt hatte x), Die Einficht der Büs -
cher, weldye die Sibylliniſchen Weißagungen in
fi foßten, war Niemanden erlaubt, als ben
Männern, welche zuerft von den Königen, und
nachher vom Senat dazu beftellt wurden. .- Diefer
Anleger der Sibylliniſchen Bücher waren anfangs
nur zwey, in der Folge zehn, und funfzchn, wos
ber fie den Nlahmen ber Zehn» und Zunfzehn:. Diän:
ner erhielten. Die Ießteren Nahmen blieben auch
nachdem die Zahl berfelben noch weiter sirmehrt
wurde, Man wählte die Ausleger der Sibyllini⸗
ſchen Bücher unter den angefehenften: Männern, '
von weldyen man gewiß war, daß fie die ihnen an⸗
vertrauten heiligen Bucher nicht anders, ald nach
den Abſichten bes Senats, oder zur Beförderung‘
der allgemeinen Wohlfahrt brauchen, und deuten
wuͤrden. Selbſt diefe beftellten Ausleger burften
die Sibylliniſchen Bücher nicht eher einfehen, ale
bis, es ihnen vom Senat befohlen, und zu gleis
u cher Zeit die Abſicht bekannt gemacht wurde, um
welcher willen man zu den göttlichen Warnungen
der
fo iſt Raum der Mit werth, zu erwähnen — daß
Marius eine ESyriſche Prophetinn mit ſich um:
herfuͤhrte. Plutarch. II. g32 p.
) Livius I.7. Cic. de Divinat, II, 44.
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ber Sibplle feine Bufluht nehme. Der. Senat ber
fahl die Einſicht des Sibehlliniſchen Bücher nur
als dann, wann die Gemuͤther des Volks entweder
durch ganz ungewoͤhnliche, oder durch ſehr viele,
und ſchnell auf einander folgende Prodigien mit
Schrecken erfuͤllt worden waren. Die Apsuppzf
ber Zehnmäuner war befiäudig: dag. man, allen,
ober gewiffen Gotiheiten biefe, oder jene Mpfer,
und Gaben bringen, oder getwiffe Fefte feiern, und
andere ‚ Sottesbienftliche Handlungen vornehmen
muͤſſe y). Der Senat forgte bafür, bafi alles,
was bie Sibylliniſchen Buͤcher in, jedem Falle vor⸗
fhrieben, puͤnctlich audgerichtet wuͤrde. Go bald
dieſes gefchehen war, fo fühlte ſich das Volk von
feinen Befprgniffen geheilt, - und Cicero fagte bar
ber fehr richtig ‚daß bie Sibylliniſchen Bücher niel
mehr zur Befänftiaung, ald zur Erregung, oder Vers
breitung abergläubiger Schreckniſſe dienten ww y
\
.y) Wan ſ. Liv. XXl. e. 60. XXI, 1. erg. An der
legten Stelle heißt ed: pervicit, ut, quod non
ferme decernitur, niſi quum tetra prodigia nun-
tiata font, decemviri libros Sibyliinos adire ju-
berentur, gniinfpectis fatalibus librie retulerunt
Patribus, ete Lib, l. c.ı2. Ante omnia
abominati femimares, jufique in mare extem-
. plo deportari. - - - Nihilo minus decemviros
'adire libros deporiegto eo jullerunt. XXXIV. 55,
wo man wegen der häufigen Erdbeben die Sibyllinis .
[hen Bücher einzuichen befahl. J
) It. 54. de Divin. Quamobrem Sibynham qui-
dem lepoßtam. et conditam habeamus, ut id,
quod proditum eft a majoribus, injullu fenatus
ne legantur quidem libri, valeantque ad depo-
mendas potius, quam ad lulcipiendas religiories.
Ne.
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Es war bey Todesſtrafe verboten, die Sibyllin⸗⸗
ſchen Buͤcher Ungeweihten zu zeigen, und ben In⸗—
halt derſelben Anderen, als dem Senat bekannt zu
machen. Der König Tarquinius ließ wirklich eis
nen Duumvir, der die heiligen Buͤcher Jemanden
zum Abfchreiben hingegeben hatte, ta einen Sad
‚nähen, und in's Meer werfen 2). Erſt in den
legten Zeiten der Republik fingen Ehrgeitzige an,
die angeblichen Ausfpräde der Sibylliniſchen Büs
er fo zu mißbraüchen, wie man bie alten Weiſſa⸗
gungen in Griechenland gemißbraucht hatte a).
Sn demfelbigen Zeitraum benußte der Senat die
Sibylliniſchen Bücher zur Vereitelung gefährlicher
Abſichten von einzelnen Ehrgeißigen auf eine Art,
die felbft dem großen Daufen auffiel 6). Uebri⸗
gend muß man in gleichem. Grade erſtannen über
dad Zutrauen, was das Römifche Volk in Relis,
giond: Sachen zu feinen Worftehern und Prieflern
hatte, und über ben weifen Ernſt, womit die Bors
ſteher, und Priefter den Volks⸗SGlauben nad; ih⸗
ven Abfichten lenkten, ober ſchaͤdlichen Aberglauben
zu derhüten füchten. Im J. 669. nach Erbauung
der Stadt brannte während bed Marſiſchen Kries
Bu | | ges
» Dionyi. Halie. IV, p, 080. Edir, Sylb, Val.Max.:
1. 13, Se
«) So Kentus, Salluft, de bello Catil. e. 47. u.
Caͤſar, Suetonius in Gael. c. 79.
8) In der Angelegenheit der Zuruͤckfuͤhrung des Ae⸗
gyptiſchen Königs. Cicer. Epiſt. I. 1. Senatus
religionis calumniam non religione, [ed mali-
. volentia, et illius regiae largitionis invidia com-
. probat, et Ep. 7. - - et. ine multitndine redu-
- eatur, guemadmodum homines religiofi Sibyl-
lae placere dixerumt, OA,
— — 67
ges das Sapitol ab, und mit ben Tempel tours
den auch bie Sibylliniſchen Bücher verzehrt, wel⸗
che Tarquin daſelbſt niedergelegt hatte c). Nach
dieſem Unfall ſandte der Senat Abgeordnete nach
Aſien, und Griechenland ab, welche die Prephe⸗
zeyungen der Sibyllen, beſonders der zu Erythraͤ,
ſammeln mußten; und ließ auch ſonſt von allen
Enden her, wo man dergleichen zu beſitzen vorgab,
diie Ueberbleibfel der Siöyllen nah Rom bringen,
‚ Aus allen diefen Sammlungen feßte man Bie Si⸗
bylliniſchen Bücher gufammen, deren man fih bis
an das Ende der Mepublil bediente. Varro
"glaubte, daß ſich bey biefer Arbeit einige unaͤchte
Verſe eingefchlichen hätten. Fuͤr ſolche hielt er
Diejenigen, welche don den Griechen amposixides ges
-nannt wurben. (Cicero beurtheilte die Sibyllini⸗
fen Bücher feiner Zeit viel richtiger, als fein -
Freund Varro. , Er erklärte fie insgeſammt für
eine Arbeit ſtaatskluger Männer, welche man abe
ſichtlich mit Dunkelheit bedeckt, unbderen Deutung
man eben fo abfichtlich ſchwer, und kuͤnſtlich ge:
macht babe, damit man die Sibylle jedes Mahl
antworten laffen Pönne, was der Genas wolle. |
) Freinsh, Epit. Liv. L, 85. e. 4. Varro ap, Di»
. ıayl. Halicar. Lib. IV. p. 560, Ed. Sylb, welde .
anführt.
4) U, 54. de Divin, Callide enim , -qui illa com-
pofuit, perfecit, ut, quodcungne aceidiſſet,
Stelle von Dale de Orac, c. 18, p. 405-7, ganz
praedictüm videretur, hominum et temporum '
: definitione fublata. Adhibuit etiam latebram
. obfcuritatis, ut iidem verfus alias in aliam ram
" polle accommedari viderentur, Non elle uu-
Ara 10m
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*8
mneben ben geheimen
>, ,alö die einzigen Achten betrachtet wurden, andere _
. gebuldet hätte. Der, Senat ließ daher mehrere
den bringen wärben f). Tr erklärte dem Eigens
9— | _-
Alle Zwecke, welche man durch die Sibylliniſchen
Bücher erreichen wollte, würden vernichtet, oder
wenigftend ungewiß geworden ſeyn, wenn man
Bi agungen ber Sibylle, die
Mahle alle Prophezeihungen von Sibyllen, die
fi) in den Händen von Privdats Perfonen fanden, -
auffuhen, und verbrennen ec). Man ſchonte felbft
ber angeblichen Buͤcher des König Numa nicht,
die im J. 5z71 auf dem Acker eines Scriba?. Des
tillius in einem ſteinernen, ſorgfaͤltig verwahrten
Kaſten gefunden wurden. So bald der Praͤtor L.
Peiillius dieſe Buͤcher durchblaͤttert hatte, fand
er, daß ſie der oͤffentlichen Volks⸗Religion Scha⸗
thuͤ⸗
‘tem illud carmen furentis, cum ipſum poema
‚.declarat, (eſt enim magis artis et diligentixe,
quam ineitationis, et motus), tum, vero ea,
quae axposıyıs dicitur, cum deinceps ex pri«
‘mis verfaum literis aliquid eonnectitur, ut in
quibusdam Ennianis, Id certe magis ef atten-
t# animi, quam furentis. Atque in Sibyllinis
ex primo verlu cujusque [ententiae primis- lite-
ris illius lententiae carmen omne praetexitur.
-“ loc Icriptoris ef, non furentis; adhibentis d>
: igentiam, non inlani. - ot
4
H Man ſ. beſ. Liv. XXV. 1. Man ſieht aus dieſer
hoͤchſt merkwürdigen Stelle, wie ſehr ſchon das
mahls fremde Gebräuche uͤberhand genonnnen
hatten.
) Liv. L. 40, c. 29, Lectis rerum fummis,
„quum animadvertillet, pleraque diflolveudarum
‚. zeigionum le, ic O5
u Sun Ze e
% .
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— — nu Dr
thůmer, baß er die gefaͤhelichen Shzritten anfebl⸗
bar verbrennen werde, daß er aber ſeinem Freunde
freyſtelle, ihn wegen der Hexansgabe ſeines Eigen⸗
thums zu verklagen, oder ſonſt Huͤlfe zu ſuchen.
Der Scriba wandte ſich an die. Tribuuen. Die
Tribunen uͤbergaben bie Sache dem. Senat. Als
ber Praͤtor ſich vor dem Senat erbot, zu beſchwoͤ
ren, daß die gefundenen Vuͤcher nicht geleſen, unb:
aufbewahrt werden duͤrften; ſo beſchloß der Senat,
daß die Schriften je eher, je lieber öffentlich, ver
brannt, baß aber dem Cigenthümer eine, Entſchaͤ⸗
bigung gegeben werben folle, wie es ber Praͤtor,
und des größere Theil der Tribunen. gut: finden
würden. Diefer Vefchluß des Senats ward jn
der naͤchſten Volks s DVerfammlung vollzogen.
Dpferdiener zündeten ein Teuer an, und verbrann⸗
ten die Bücher vor den Augen bes ganzen Volks ).
Angebliche Sibylliniſche, und andere Weiffogungd:
Buͤcher hatten ſich in den Zeiten der buͤrgerlichen
Kriege unglaublich vermehrt. Als Auguſt nach
dem Tode des Lepidus Pontifex Maximes ges’
worden war, fa beſtand Eine feiner erften hoben⸗
prieſterlichen Verrichtungen darin, daß er alle Ars
ten von prophetiſchen Buͤchern in Lateiniſcher, und
‚Sriehifher Sprache zufanmenfuden, unb Zweh⸗
‚täufend an der. Zahl verbrennen, ef. Er ſtellte
ſelbſt eine Reviſion mit den Sibylliniſchen Buͤchern v
. 90, und legte die gereinigten heiligen Schriften un⸗
ter. die Schwelle des Capitoliniſchen Apoll eier
. % .
‘
2 2 % c. libri in comitio,, igne a eier ac,
in J voruli diecai m. u
69. — — ——
der h). Das Anſehen der Sibyſlliniſchen Buͤcher
erhielt ſich unter den Roͤmern viel laͤnger, als das
der Orakel in Griechenland. Bey dem Ausbruch
bdes Marcomanniſchen Krieges unter dem Aurelian
ſtimmten einige Mitglieder. des Senats dafuͤr, daß
man die Sibylliniſchen Buͤcher einſehen, und ſich
ber Huͤlfe der Götter, welche dieſe darbieten wuͤr⸗
den, bedienen möge 5). Andere Senatoren hiel⸗
ten diefed für unnoͤthig, meil die Tapferkeit des
Kaifers allein das R. Reich hinlänglid ſchuͤtzen
werde. Erſt nachdem bie Schredden bes Marcomans
uiſchen Krieges zunahmen, und ſich näherten,
ſchritt man zur Cinficht der Sibyllinifchen Bücher.
Die heiligen Bücher verordneten geheime Opfer
an gewiffen Orten, welche die Barbaren nit wärs -
"ben überfchreiten Pönnen. Die Marcomannen wurs
ben durch dieſe Dpfer wie gefeſſelt, und in verfdjies
benen Gegenden mie Verirrte niebergemadt &).
Der Kaiſer machte nachher dem Senat harte Vors
| Ä würs
. 4) Saeton, in Augufto c, 51. quidquid fetidicorum
librorum Graeci Latinique generis, nullis vel
parum idoneis auctoribus vulgo ferebatur, ſu-
prn duo millia contracta undique cremavit, ac
olos retinnit Sibyllinos: hos quoque delectu
nabito; eondiditque duobus forulis auratis [ub
Apollinis Palatini ba, _
i) Vopile, m Aurel. c. 19-21, -
k) 1.c. Quare .eriam libri Sibyllini noti beneficiie
publicis infpecti ſunt, inventamgue, ut in cer-
tis loeis facrificia fierent, quae -Barbari tranfıre
mon pollent. Facta denique funt ea, quae prae-
cepta fuerant, in diverlo caerimoniarum gene-"
U. ze: atque Ita Barbari reftiterumt, ‚quos omneö
Aurelienus'varfkfin vapanies occidit, * ,-
‘
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'
wuͤrfe baräber, daß berfelbe fe Lange gezögert babe,
durch bie Einſicht der Sibylliniſchen Bücher die Hälfe
‚ber Götter zu verlangen /). Die zum Chriftens
thum befehrten Römer machten zwar aus ben Si⸗
bylliniſchen Büchern Fein Geheimniß mehr; allein
fie gaben doch auch den Glauben an bie Weifjaguns .
gen der Sibylle nicht auf. Während ber Zeit, wo
Beliſarius in Rom von den Gothen belagert wurs
de, bradıten einige Senatoren zwey Verſe aud ben
Sibylliniſchen Büchern zum Vorfhein, aus wels
chen fie fhloffen, daß die. Belagerung nur bis in
den fünften Monath dauern, und daß Nom nie.
wieder von Gothiſchen Völkern etwag zu fürchten
haben werde m). Der Erfolg, fagt Procop,
beftätigte biefe Auslegung ‚nicht. Weberhaupt bin
id durch die Einſicht ber Sibylliniſchen Buͤcher
ſelbſt
—D) l. e. Miror vos, Patres ſancti, tamdiu .de’ape-
riendis Sibyllinie dubitaſſe libris, perinde quaſi
in Chriſtianorum eccleſia, non in templo deo-
ram omnium tractaretis. Salmaſius glaubte,
daß die Römer vor Aurelian’s Zeiten nieniahls die
Sibylliniſchen Bücher dDarüder zu Rathe gezogen
hätten, ob fie Kriege anfangen, und wie fie diefel:
ben führen follten, ad Vopile. Aurel, c. so, n. 3.
Salmafius erinnerte fich des Fury vorher erwähns
ven Fall nicht, wo der Senat die Sibylliniſchen
nicht mit Heeresmacht in fein Reich eingeſetzt wer⸗
den ſolle.
m) Procop. in-Gratii Hi, Gothorum p. 207. 208,
Verba vaticinii ſic hahebant:.
. » Quiitto menſe norus Cacſar tibi „Roma ;' nec
sat rin ultra on
Experiero Getae, : " Be
— — 81
. Bücher über die Zurüdführung eines Ptolemaͤers
befragte, und die Antwort erhielt, daß der König
. .
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Ne,
+ 633 — —
felbft uͤberzeugt worden, daß Fein Menſch den Sinn
ihrer Weiſſagungen vor dem Ausgange errathen
koͤnne. Die Sibylle redet nicht in einer gewiſſen
Orbnung, und in einer beſtimmten Zeitfolge, ſon⸗
bern ſpringt and einem Erdtheile in den andern,
von einem Volk zn dem andern über n). Ä
. Die meiften Goͤtterfpruͤche in Griechenland,
und auch unter anderen Voͤlkern wurden durch den
Mund verzuͤckter Prieſter, oder Prieſterinnen ges
der Orakel vortragen. Allein ich verſchiebe dieſe
Unterſuchung bis an's Ende des gegenwärtigen
Buchs, da doch viele Götter ihren Willen entwes
“der durch Träume, oder durch Sortes, und an⸗
dere Zeichen befannt machten,
Unter den Zeichen, deren Deutung die Alten
‚zur kuͤnſtlichen; Divination rechneten, waren feine
früher, und allgemeiner auffallend, als bie Vers
- geben; und ich koͤnnte daher ſchon hier die Geſchichte
finfterungen der. Sonne, und des Mondes. Man
muß ſich nicht fo wohl darüber wundern, daß die
meiſten, ſondern in nicht alle Volber die Verfin⸗
ſterun⸗
n) 1. c. Cauſas dicam ipſa lectione edactus, Si»
„ bylla neque certo erdine, .neque perpetue ſer-
manis nexu res eloquitur, [ed verbo dicto, de
Africae puto malis, tranfit ad aotus Perlarum.
Hince Romanorum mentione facta, ad Allyrios
eontinuo [e tragsfert: rediensque ad Romanos,
- 'repente ad Briannorum calamitates canendas
delabitur. Ob id anteguam res ipfae evenerint,
„.: hamini quid Sibylia ſignificet, intelligere non
et datum, Dies, ubi verba probaverit @ven-
tus, lola eft dictorum interpran, ' '
-
— — | r 633 ,
ſterungen der himmliſchen Cörper für Zeichen des
goͤttlichen Zorns gehalten haben. Die Furcht vrr
Eklipſen herrſchte im alten Orient eben ſo allge⸗
mein, als fie o) in ben heutigen Morgenlaͤndern
herrſcht. Waͤhrend einer Schlacht, welche die
Heere ber Meder, und Lydier hielten, eraͤugnete
ſich eine Sonnenfinſterniß. Dieſe Erſcheinung hatte
auf beyde kaͤmpfende Parteyen die Wirkung, daß
fie die Waffen ſinken ließen, und den bisherigen
Krieg durch einen ſchnellen Frieden endigten p).
Im fürlichen Afien erſchrecken bey Verfinfterungen
der Sonne, und des Mondes die Fürften noh
mehr, als die Völker, weil man glaubt, daß
dur ſolche furchtbare Phaͤnomene der Zorn der
Goͤtter vorzüglich gegen bie Beherrfcher verkuͤndigt
werde g). In Griechenland entdeckte man’ faſt
mit der erſten Entſtehung wiſſenſchaftlicher Kennt⸗
niſſe bie wahren Urſachen von Eklipſen r). Dieſe
Entdeckung verminderte den Aberglauben des Volks
im geringſten nicht, weniger deßwegen, weil man
dieſe Entdeckung aus Furcht vor dem Volke geheim
halten mufte s),. als weil das Volk, und ſelbſt
der groͤſte Theil ber Gebildeteren für ſolche Ent⸗
deckungen noch nicht reif genug war. Nur wenige
großze Geiſter, dergleichen Perikles * und Dion
wa⸗
0) Chardin IV, 1200.
7) Herodot. I, c. 74.
9 Le Comte 1. 135, et fg. p. Argenfola II. 39 |
r) Herodot, I. c. _
| s) Died glaubte Plutarch I, 30 |
t) Plutarch, 1,661. j
ss — —
Verfinſterung dauerte Länger , als bie Legionen er⸗
warteten. Dadurch wurden die Gemuͤther auf
einmahl umgeſtimmt. Nun hoͤrte man die Klagen,
dasß ihre Muͤhſeligkeiten kein Ende haben wuͤrden,
dag die Goͤtter ihr Unternehmen verabſcheuten.
Druſus benußte dieſe Stimmung, und ſtellte
durch wohl angebrachten Ernſt in kurzer Zeit Ru⸗
he, und Ordnung wieder her b). Bey ben ver⸗
ſchiedenen Auslegungen, welche die Griechen fo
wohl, als die Roͤmer von den Eklipſen machten,
kann es ſehr wohl ſeyn, daß die Gruͤnde, womit
Agathokles ſeine Krieger beruhigte, nit blog
zum Schein, ſondern aus eigner voller. Ueberzeü⸗
‚gung vorgebracht wurden. Es eraͤugnete ſich naͤm⸗
Hd während der Fahrt nah Afrika, wo Agatho⸗
kles die Carthaginienfer in. ihrem: eigenen Janbe
angreifen wollte, ‚eine Sonnen » Finfternig. Diefe
Finſterniß ſchwaͤchte den. Muth der .Rrieger, bie
‚ihrem tapfern Führer mit Zuverſicht gefolgt waren,
Als Agathokles den ungänftigen Efäbzud der
Eklipſe bemerkte, fo redete er zu. feinen Kriegern
folgender Seftalt: Wäre das. Probigtiiim "por uns
ferer Abfahrt eingefallen, fo würde ich feoit glaus
ben, daß ed ung Ungluͤck verkuͤndige. Da aber
bie Verfinfterung- nachher eingetreten if, fo kann
fie nur auf Diejenigen gehen, melde wir bebriegen
wollen. Ueberhaupt verfünbigen alle. Werfinftes
. rungen ber himmlifchen Coͤrper eine Veränderung
der Sage ber Dinge. Wir Finnen daher mit Zus
verſicht hoffen, daß fo wohl das. Gluͤck der Gars -
thagintenfer, ale unfere Sieherige verransie Lage
werde umgekehrt werden * ya
J Pa En SE Zn — Die
» Tacit. Annal. 1, 28. nn
e) Juß,XX,6 |
/
rn
-— 670
Die Erſcheinungen von Kometen erregten nicht
‚weniger Aufmerkfamkeit, und wurden aud) eben fo
verſchieden gedeutet, als die Verfinfterungen ber
"Sonne, und des Mondes. Die meiften Völker
hielten, gleich den Chriſtlichen Mationen ded Mits
telalterd, Kometen für die Vorbothen ſchwerer
göttliher Strafgerichte d). So deuteten auch bie
Römer bie Kometen, die fi während ber bürgers
lichen Unruhen, und fo wohl unter der Megierung
des Claudius, ald bed Nero zeigten e). Zu
Neros Zeiten. war es allgemeine Meinung, daß
Kometen ben hoͤchſten Gewalthabern Untergang.
verkuͤndigten. Nero fragte deßwegen voll Angft
ben Sterndenter Babilus. Dieſer antwortete,
daß bie Könige des Morgenlanbes die Gewohnheit
hätten, den Zorn ber Götter, welchen Kometen
verfündigten, durch die Hinrichtung irgend einer
erlauchten, ober vornehmen Perfon zu verföhnen:
‚ein Beyſpiel, welchem auch Nero zu folgen dadıs
te f)» Ganz anders bentete man bie Kometen, bie
— | au
. d) Moͤhſen &, 270.
e) Suet. in Claudio c. 46. in Nerone c, 36, Plin, .
Hi, Nat, 11.24. - - terrificum magna ex parie
- fidus, ac non leviter piatum, ut civili mom
Octavio Confule, iterumque Pompeji et Casfa-
ris bello Im noflro vero aevo circa veneficium,
- gno Clandius Caelar imperiam reliquit Domitio
‚ : Neroni, ac deinde principatu ejus, alliduum
prope ac faevum, .
) Sueton, I. c. A Stella crinita, quae [ummis
. poteftatibus exitium portendere vulgo putatar,
per continuas noctes oriri coeperat. Anxius ea
. re, ut ex Bibulö Aftrologo didicit, folere reges
talia oflentz caede aliqua illußri expiare, atque
, . —2 a
J
zu den Zeiten Mithridats des Großen, und.
bald nach der Ermorbung Caͤſars erſchienen. Bon
dem einen glaubte man, daß er bie Fünftige Größe
Mithridats verfündigt habe, von dem andern,
bag er die Aufnahme Läfars unter die Götter bes
Tonnt made g). Auguſt erkaute dem Kometen
einen Tempel in Rom, wobey Plinius fehr richs
tig bemerkt, baß diefer Tempel des einzige feiner
Art auf der ganzen Erde ſey h).
Viel gleihförmigere Eindruͤcke, als Eklip⸗
fen und Kometen, machten manche ungewoͤhnliche
Erſcheinungen am Himmel, und in der Luft. Zu
den erfteren gehörten vorzüglich boppelte, ober
dreyfache Sonnen, und Monde, nebft fallenden,
oder ſchießenden Sternen 5), feurige Meteore, bie
nach
a ſemet in capita procerum depellere: nobiliſ-
mo cuique, exitium deſtinavit.
g) Sueton. in Caelarec. 88. Plin. Hiftor, Natur.
II. 23 c. XXXVII. 2. An der erftern Sielle führt
Plinius folgende Worte des Auguft an: lis ipfis
Jiudoram meorum diebus fidus crinitum per.
feptem dies in regioue coeli, quae ſub [epten-
wionibus ef, eonfpectum. Id oriebatur circa
undecimam horam diei, clarumgue et omni-
. bus e terris conlpicunm fuit, Eo ſidere fignifi-
cari vulgus credidit, Caelaris animam inter
Deorum immortılium numina receptam: quo
nomine id infigne fimulacro capitis ejus, quod
mox in foro confecravimus, adjectum ef, -
A) l.c. Cometes in uno totius orbis loco colitar
in templo Romae, admodum faultus divo Au-
gufto judicatus ab iplo, etc, | \
i) Plin, II. 28- 37 c. ‚Auf fchießende ‚Sterne gaben
beſonders die Alten in Eparta zu beftimmten Zeis
Ä .n | ten
J
J " | — — | 639
nad) ihren verfchiebenen Geftalten bald Fackeln ober
- Lampen, bald glühende Balken, u. f. w. genannt
wurden k), und Morbfiheine 1). Die letzteren
verbreiteten alsdann die gröften Gchredden, wenn -
bie Lichtſtrahlen von verſchiedenen Farben waren,
wenn eben biefe Lichtftrahlen heftig gegen einander
hoffen, und mit Gerdufhen verbunden zu ſeyn
fhienen. Man glaubte alddann nicht bloß kaͤm⸗
pfende feurige Heere, Roſſe, Wägen, und Spieße
zu fehen, fondern auch das Geräufh der Waffen,
und den Klang kriegerifcher Inſtrumente zu hoͤ⸗
ren m). In ben höheren noͤrdlichen Gegenden,
wo Morbfcheine eben fo gewoͤhnlich find, als bad
Nigliche Aufgehen und Untergehen der Sonne, wurs
den dieſe Phaͤnomene nicht für Vorbedeutungen
ber Zukunft gehalten m). |
| Un⸗
ren Acht, um zu erfahren, ob ibre Koͤnige noch
laͤnger zu regieren würdig ſeyen. IV. 515. Pla-
tarch.
x) ib, c. 45. 26.
I). ib. etc. 58. Freret im 4 Bande der Memoires
de l’Academie des Inlcript, 431 et ſq. p, Moͤh⸗
fen, . c.
m) Plin, II 58 c. Atmörnm crepitus, et tubae
ſonitus auditos e cuelo Cimbricis bellis accepi-
imus, crebroque et prias, et poſtea. Tertio
vero conflulatu Marii ab Amerinis et Tudertibus
[pectata arma coeleflia, ab ortu, occaluque in-
ter fe concurrentis, pulfis quae ab occalu erant,
n) Eben deßwegen ſaat Plinius 1, c. Ipſum ardere
. caelum, minime mirum ef, et faspius vilum,
zusjore igne nubibus correptie, on
— — en
* Unter ben wunderbaren Megen waren bie fo
genannten Steinregen, und Blutregen bie furcht⸗
barften 0). Die Ölutregen, von welchen Peiresc
zuerſt bemerkte, daß fie weiter nichts, als Aus⸗
wuͤrfe, oder Abfonderungen von Gchmetterlingen
tigen, ſchreckten bie Völker des Mittelalters noch
mehr, ald die Griechen und Römer. Diefe Wirs
kung hatten vorzüglich diejentgen, von welchen man
glanbte, daß fie auf den Kleidern der Menſchen
Creutze gebildet hätten. Solche Blutregen brach⸗
fen in vielen Menfchen einen fo hohen Grad von
Verzweyflung hervor, daß fie alle liegen ließen,
und in jedem Augenblick ihren Untergang erwarte:
ten 9). Die Steinregen waren entweder Wirkun⸗
. gen’ von Vulcanen g), oder von Wafferhofen, und
Mirkelminden, weld;e diefe begleiteteg 7), ober
von hemiſchen noch nicht genug befannten Opera:
tivum, welde die Nasur in der Atmoſphaͤre vers
auſt utet. Waſſerhoſen, und Mirbelwinde fonn»
ten auch die feheinbaren Milch: Megen, oder Fleiſch⸗
und Mol: Megen, ober Kreides Ziegels und Eis
fenregen hervorbringen, indem fie entweder bie Se:
gen taͤnde felbft, Bon welchen man bie Megen be:
nanste, ober Materien, bie denſelben aͤhnlich was
ven,
o) Plin, II, —* 59. Valer. Max. L.c. 6, Kivius
“am allen dın Sterlen, welche ich bey Der Unterſu⸗
chung über die Silyilinifchen Vuͤcher angeführt ha⸗
be, Freret I, c. 415- 4°3 p. Heynel.c. p, 212.
et fq, auf) p. 214, Möhfen, 268, 269 ©.
») Moͤhſen l C -
9) beſ Freret l. c.
DW...
— — 6441
ren, hier anfraften, und bort wieder fallen ließen 9.
Einige der bisher genannten Gelehrten ſuchten bie -
Fleiſchregen entweder aus Stuͤcken von Opferthie⸗
ren, ober aus ber Beute von Maubvögeln zu ers .
klaͤren, welche dieſe hätten fallen laſſfen. Mir
kommt Frerets Vermuthung wahrfcheinlicher vor,
dag man ſchwammartige Materien, bie dem Flei⸗
ſche ähnlih waren, mit wirklidem Fleiſche vers
wechfelt hat? am meiften deßwegen, weil bie Ges
ſchichtſchreiber erzählen, daß das, was von Raub⸗
voͤgeln nicht weggenommen worben, nicht in Faͤul⸗
niß übergegangen fen. Wie hätte auf einmahl Uns
verderblichkeit wirklichen Fleiſche mitgetheilt wer⸗
den koͤnnen? |
Furchtbare, mit heftigen Hagelfchlägen, cher
Megenaüffen verbundene Ungemwitter wurden. viel
allgemeiner für traurige Vorbebentungen gehalten,
als die gräßlichfien Donner, und Bliße. . Die
0 0 Kamt⸗
s) Plin. Il, .c, 57. Praeter haec inferiore caelo re-
latum in monumenta eft, lacte et fanguine pluil.
Io M, Acilio, G Porcio Cofl, et [aepe alias: Aic-
ut carne,. P. Volumnio, Servio Sulpicio Cof,
exque ea non putruille, quod non diripuif-
-fent aves. Item ferro in Lutemis, anno antes
:quam M. 'Crallus a Parıhis interemtus eſt, omnes-
que cum eo Lucani milites, .... Efigies, quae
pluit, I[pongiarum fere imilis fuit: arulpices prae-
mnonuerunt [uperna;vulnera. Q autem Paulo, C.
Märcello Coll. lana pluit circa caltellum Carillas _
zum, juxta guod poft annum T, Annius Milo .
occifus ek. Kodem caulam ditente lateribus
costis pluille, in ejus anni acta relatum eR,
Ss
N
642 _._
Kamtſchadalen weifjagen Gluͤck, oder Ungluck, je
nachdem Kinder bey gutem, oder ſchlechtem Wet⸗
Ter gebohren werden £). Die aufrührerifchen Les
gionen in Pannonien wurden am meiften baburd)
niedergeſchlagen, daß die ſchlechte Jahrszeit mit
ungewoͤhnlichen Stuͤrmen, und Regenguͤſſen her⸗
eiabrach, und alle Zuſammenkuͤnfte, beynahe das
Hexraustreten der Soldaten aus Ihren Zelten, un:
moͤglich machte u). Donnerwetter ſchienen den
Scythen nur alsdann ungluͤckliche Zeichen, wenn
fie fi Im Winter erängneten x). ‚Die Wilden in
Guiana fürchten den Donner gar nicht, weil fie
glauben, daß das Geraͤuſch deffelben bloß durch
das Hinauffahren Eines ihrer Zauberer zum Him⸗
mel veranlaßt werde y). Die Eircaffier tanzen fo
gar, wenn es bonnert, und preifen benjenigen'fes
Kg, der vom Blitze getödtet wird 2). Selbſt bie
Mömer hielten nicht bloß Perſonen, fondern au
Stellen, die vom Blitze getroffen wurden, für
heilig. Ueber ben leßteren baute man Altäre, und
fagte alsdann, daß dad fulmen conditum ſey a).
- . ‘ . 4 F 8
E) @teller ©. s80.
u) Annal. Tac, I, 30, Auxerst militum curas
pracmatufa hiems,, imbribus continuis adeoque
aevjs, ut non egredi tenteria, Congregari in-
ter ie, vix tutari figna poſſent, quae turbine
atque nuda raptabantur, Durabat et formido
coeleflis irae, nec fruftra adver[us impios he-
‚befcere ädera, ruere tempellates, . .
æ) Herod, IV, 28. nn
y) Barrere S. 10 DE,
2) Tavernier I, 146, u
#) Guther, p. ıı, —8* 28. 29.
-—— — 643
Es waren ben Mömern ſehr gluͤckliche Zeichen,
“ wenn der Blitz ein Opfer anzünbete 5), ober wenn
er in Gräber fiel c), oder wenn eine Flamme,
ober ein feuriger Glanz um die Scheitel von Pe
fonen ſchwebte a)y. Kaum aber war irgend eine
andere Vorbebeutung trauriger, ald wenn entwe&
ber Tempel, oder Statuͤen, und andere Heilige:
thümer vom Blitze gerührt wurden e). Die Ms
mer erkannten die Haruspices der Etrudker als
die gelchrteften und geübteften Ausleger fo wohl
von Blißen, als von Eingeweiden, und ben foges '
‚nannten Oftentis an. Die Kunft der Etrusker,
Blige und Donner zu deuten, war in mancerley
Büchern enthalten, weldje faft gewiß bie Urheber
5 ber geheimen Schriften der Römifhen Auguren -
benußt hatten f). Eben biefe Kunft war der vors
nehmſte Abfchnitt der Etrusciſchen Harufpicina,
weil Blitze alle übrige Zeichen nichtig madten 8). Ä
5) Piutarch, II. 295.
©) Wie zum Beyſpiel in die Gräber des Kyfurg, und
:Euripides. Plutarch. I, 23.
4) Valer. Max, 1. 6.1.2.
‚e) Cicer. I, 43. Gellfus IV, 5. Valer, Max. 1. 6,
- .
f) Cicer. de Divin. 1.35. - - quod Etrüfcorum
deelarant et harulpicini, et fulgurales, er toui-
truales libri, noftri etiam augurales, J
8) Senec, Nat. Quaeſt. 11.34. Summam elle vim
fulminum jndicant: quia, quidquid alias por«
tendunt, interventus fulmjnis tollit, OQuid-
quid ab hoc portenditur, fixum eft, nec’ alte,
rins oftenti fignificatione mutatur; -Quidquid,
exta, quidquid aves minabuntur, focando: ful«
mine abolebitur. Quidquid fulmiue denuntia-
tum eß, uec extis, nee es oonwaria refellitur,
| 84
644 ‚ah win
Die Zeichendeuterey der Etrusker war ben älteren
Römern fo wichtig, daß der Senat ſechs Juͤng⸗
linge aus deu vornehmften Gefdlechtern an eben
fo viele Völker Etruriens zum Unterricht ſchickte,
damit die Wahrfager: Künfte nicht durch die Nie⸗
drigfeit, oder die Habſucht derer, melde fie übs
ten, gefhmälert würden 4). Der Glaube an bie
Haruspicina dauerte in allen nachfolgenden Zeiten
ungefhwäct fort, ungeachtet fchon der ältere Karo
fagte, daß er nicht begreife, wie ein Haruspex
den antern anfehen Eönne, ohne zu lachen i). Die
Etruscifchen Zeichendeuter theilten den Himmel in
ſechszehn Abſchnitte ab, und zerlegten die Blitze
in mancherley Arten k), entweder nach den Gluͤck,
oder Ungluͤck, welches fie andeuteten, oder nad
der Zeit , auf welche fie gingen, und mährend wel⸗
der fie ihre bedeutende Kraft behielten. Die Roͤ⸗
mer ließen die Haruspicina der Etrusker iu allın
Ehren. Allein die Roͤmiſchen Augures ſchaͤtzten,
und deuteten dennoch biefelbigen Zeichen auf ihre
eigene Art. Gie nahmen bie wichtigſten Auspi⸗
cien
h) Cicer. de Div. I, 41. Quoecirca bene apud
Mmajores noltxös lenatus tum, cum florebat im-
perium, decrevit, nt de principum filiia [ex
ſingulis Etrarise populis in Jdifciplinam trade-
rentur, ne ers tanta propter tenuitatem homi-
aum a Teligionis auctoutate abduceretur ad
mercedem atque quaeſtum.
#) Cicer. de Divinat,. 11. 24. Vetus autem illod
Catonis admodum Icitum ef, gui-mirari ſe di-
cebat, quod non rideret haruspex, harufpi-
cem cum vidiffer. |
k) Cicer. de Divin. II. @. ıg. Plin. II. 52 - 66 e.
becſ. 55, Senec, Nat, Quaell, 11, €, 39- 47.
— —— Br
a Ba » te one ugs . aan
‚eben nicht aus Bligen, und anderen Zeichen am
—
Himmel, ſondern aus dem Fluge, oder Fraße
von Voͤgeln 1). Unter allen übrigen Völkern)
wurben Bliße, bie Yon der rechten ‚Seite kamen,
für gluͤckliche Zeichen gehalten: unter den Römern,
die von der linken: ausgenommen an Comitien, too!
man es ben Anslegungen der Huguren überließ, _
ob Blitze von ber rechten, ober ber, Tinfen Hand’
gluͤcklich ſeyen m). Es blieb ven Roͤmern ſtets
in friſchem Andenken, daß urſpruͤnglich nur die
Haͤupter der Völker die Deuterey Von, Blitzen,
and anberen-Zeichen als eine koͤnigliche Kunſt ge:
trieben hätten: daß Romulus, und Remus er:
>
-
fahrne Arguren gewefen: daß dein Erſteren burd}
ein glückliches Auspicium die Herrſchaft über die
neuerbaute Stadt zugewandt, und daß auch in ber:
Folge nichts wichtiges, es fey im Frieden, oder;
Im Kriege, ohne Auspicien unternommen worden n).
a, %
9 Man ſ. uͤber diefe, und die folgenden Facta Cioen,
de Divipat, 1.40. 43. 48. II. 33- 39 c.
m) 1.35 Ic. Fulmen finifrum optimum an-
" Ppieium habgmys ad omnes res, praeter quam
ad eomitia: quod quidem infittutum reipubli-
.. .cae canla ef, ut comitiorum‘vel in judiclis po«
puli, velin.jare legum, vel in creandis magin
6 39: Ita nobis finifira; Grajis et barbaris,,
ftratibus principes civitatig eflent interpretes,.
dextra meliora. Quamguam haud ignom,
qunae bana [int ; Änifira nos dicere, wtigmü dex-
„.. tra fint.
potiebantur,, iidem auguria tencbant, Ut enim
x 'fApere, fic’divinare regale -ducebant, ut teflis.
et nöfra civitas, in qua et reges augures, et
‘
poſtea
m) L. 40. h.c. Omnino apud veteres, qui rerum
*
LESER OOLLDEDI RG -
’
.
5 ”
—
ug
.
f .
[2 -
638 J mm {m
zu den Seiten Michridats dee Brößen , und,
bald nach ber Ermorbung Caͤſars erfhienen. Von. -
dem eimen glaubte man, daß er die Fünftige Größe
Mithridats verfündigt habe, von bem andern,
daß er die Aufnahme Caͤſars unter die Götter bes
kannt made g). Auguſt erkaute dem Kometen
einen Tempel in Rom, wobey Plinius fehr rich⸗
tig bemerkt, daß dieſer Tempel der einzige feiner
. Art auf der ganzen Erde fey k). |
Biel gleichförinägere Eindruͤcke, als Eklip⸗
ſen und Kometen, machten manche ungewöhnliche
Erſcheinungen am Himmel, und in der Luft. Zu
den erfteren gehörten vorzüglich doppelte, oder
dreyfache Sonnen, und Monde, nebſt fallenden,
oder fhießenden Sternen 3), feurige Mieteore, bie
' | nad
a [emet in capita procerum depellere: nobilif-
fimo cuique, exitium dellinavit, j
8) Sueton. in Caefare c, 88. Plin, Hiftor, Natur,
II. 23 c. XXXVIL 2. Mn der erftern Sıelle führe
Dlinius folgende Worte des Auguft anı lis ipfis
Iudorum meorum diebus fidus crinitum per.
.. feptem dies in regioue coeli, quae ſub lepten-
trionibus ef, eonfpectum. Id oriebatur circa
undecimasm horam diei, clarumque et omni-
. bus e terris confpicuum fuit. Eo. ſidere fignifi-
cari vulgus credidit, Caelaris animam inter
Deorum immortilium numina receptam; quo
nomine id infigne fimulacro capitis ejus, quo
mox in foro confecravimus, adjectum et, -
r
.. Ah)1.c. Cometes in uno totius orbis loco colitar.
«
guſto judicatus ab iplo, etc, |
i) Plin, II. 28- 37 c. Auf fchießende ‚Sterne. geben
beſonders die Alten in Sparta zu beftinmten Zeis
‘ N ’ ten
in templo Romae, admodum fauſtus divo Au-
1)
4
„a
ee -— |" ——
J
t
- | | — — 39
nach ihren verſchiedenen Geſtalten bald Fackeln oder
Lampen, bald gluͤhende Balken, u. ſ. w. genaunt
wurden k), und Nordſcheine 1). Die letzteren
verbreiteten alsdaun die gröften Schrecken, wenn
die Sichtfirahlen von verſchiedenen Farben waren,
wenn eben biefe Lichtſtrahlen heftig gegen einander
(hoffen, und mit Geraͤuſchen verbunden zu ſeyn
ſchienen. Man glaubte alsdann nicht bloß Fam:
pfende feurige Heere, Roſſe, Wägen, und Spieße
zu fehen, fondern auch das Geräufh der Waffen,
und den Klang kriegeriſcher Inſtrumente zu hoͤ⸗
ren m). In ben höheren nörblichen Gegenden,
‚wo Morbfcheine eben fo gemöhnlid find, als das
Nigliche Aufgehen und Untergehen der Sonne, wurs
den biefe Phänomene nicht für Vorbebeutungen
ber Zukunft gehalten n). |
| Un
ven Abt, um zu erfahren, ob ibre Könige noch
tarch.
laͤnoer zu regieren wuͤrdig ſeyen. IV. 5:15. Fla-
k) ib. c. 25. 26. |
I) ib. etc. 58. Freret im 4 Bande der Memoires
de l’Academie des Infcript, 431 et fq, pı Moh⸗
fen, l, C
m) Plin, u 58 ©. Armörum crepitus, et tabae
fonitus auditos e cuelo Cimbricis bellis accepi-
imus, crebroque et prius, et poltea. T'ertio
vero conlulatu Marii ab Amerinis et Tudertibus
ſpectata arma coeleflia, ab ortu, occaluyue in-
ter le concurrentis, pulfis quae-ab occalu erant,
n) Eben deßwenen ſaat Plinius L c. Ipfam artlere
. caelum, .minime mirum et, et ſaspius vilum,
zusjore igne nubibus correptie, un
-
”
u. m
J | |
849. a ——.
* Unter ben wunderbaren Megen waren bie fo
genannten Steinregen, und Blutregen bie furcht⸗
barften 0). Die Blutregen, von melden Peiresc
zuerſt bemerkte, daß fie weiter nichts, als Aus⸗
würfe, oder Abfonderungen von Gchmetterlingen
ſehen, ſchreckten die Völker des Mittelalters noch
mehr, ald die Griechen und Römer. Diefe Wirs
kung hatten vorzüglich Diejenigen, bon welchen man
glanbte, daß fie auf den Kleidern der Menſchen
Creutze gebildet harten. Solche Blutregen brach⸗
ten in vielen Menfchen einen fo hohen Grad von
Derzwenflung hervor, daß fie alled liegen ließen,
und in jedein Augenblick ihren Untergang erwarte:
ten 9). Die Steinregen waren entweder Wirkun⸗
‚ gen don Wulcanen g), oder von Wafferhofen, und
Mirkelminden, welde diefe begleiteten 7), ober
von Hemifchen noch nicht genug befannten Opera:
tivmm, welche bie Nasur in der Atmofphäre vers
auftiltet. Waſſerhoſen, und MWirbelwinde fonns
ten auch bie feheinbaren Milch: Megen, oder Fleiſch⸗
and Noll: Megen, oder Kreides Ziegels und Eis
fenregen hervorbringen, indem fie entweber die Se:
gentände felbft, von welchen man die Megen be:
nanste, ober Materien, bie denfelben aͤhnlich was
u | ren,
Oy Plin, II, c; 57, 69. Valer. Max. I, c. 6, Kivius
an allen din Steren, welche ich bey der Untirfus
chung über die Sibylliniſchen Vuͤcher angeführt has
be, Freret I, c. 415- 4°3 p. Heynel.c. p, 212.
‚ct fq, auf) p. 214. Möhfen, 268. a269 ©.
| ») Moͤhſen .c
9) Kt. Freretl, co
Tr) Wolf. 26 & Br a.
| min.
von, hier anfeaften, und bort wieder fallen ließen s).
Einige der bisher genannten Gelehrten. fuchten bie
Sleiſchregen entweber aus Stuͤcken von Dpferthiee
ven, ober aus der Beute von Maubvögeln zu ers .
klaͤren, welde.biefe hätten fallen laffen. Mir
kommt Frerets Vermuthung wahrſcheinlicher vor,
daß man ſchwammartige Materien, die dem Flei⸗
ſche aͤhnlich waren, mit wirklichem Fleiſche vers
wechſelt hat: am meiſten deßzwegen, weil bie Bes
ſchichtſchreiber erzaͤhlen, daß das, was von Raub⸗
voͤgeln nicht weggenommen worden, nicht in Faͤul⸗
niß uͤbergegangen ſey. Wie haͤtte auf einmahl Un⸗
verderblichkeit wirklichen Fleiſche mitgetheilt wer⸗
den koͤnnen? | " |
| Furchtbare, mit heftigen Hagelſchlaͤgen, eder
Regenguͤſſen verbundene Ungewitter wurden viel
allgemeiner fuͤr traurige Vorbedeutungen gehalten,
als die graͤßlichſten Donner, und Bliße. Die
u | . Kamts
8) Plin. II, e. 57. Praeter haec inferiore caelo re»
latum in monumenta elt, lacte et fanguine pluil.
{fo M. Acilio, G Poreio Cofl, et faepe alias: ſic-
ut carne, P. Volumwio, Servio Sulpicio Coll,
exque ea non putruille, quod non diripuif-
.fent aves, _Item ferro in Lutemis, anno ante»
-quam M. Crallus a Parihis interemtus eft, omnes-
que cum eo Lucani milites, . .. Efigies, quae
— pluit, lpongiarum fere ſimilis fuit: aruſpices prae-
monuerunt ſuperna vulnera. Q. autem Paulo, C.
Märcello Coll. lana pluit circa caltellum Cariſſæ-
»um, juxta quod polt annum T, Annius Mil .
occifus ek. Eodem caulam dicente lateribus
Coctis pluiffe, in ejus anni acta relatum eit,
- . «
\ Ss
J
8
—
650 — —
| in Perſien, und Binboftan haben mehrere beſeldete |
Aftrologen an ihren Höfen, und unternehmen fo
wenig, als ihre Großen, irgend etwas von Yes
beutung, ohne vorher Sterndeuter gefragt zu, has
ben 2). Br oo
Auf eine ähnliche Art, wie bie ungewoͤhnli⸗
hen Erſcheinungen am Himmel und in der Luft,
bentete man aͤhnliche Phaͤnomene auf der. Erbe,
und in ben uns zunädhft umgebenden Dingen, bes:
fonderd in Menfchen und Thieren. Alle Völker.
hielten Erdbeben für ungluͤckliche Zehen: die heus
tigen Aegyptier audgenemmen, als welche fich eins-
bilden, daß fi mähtend der Erdbeben der Him⸗
mel öffne, und daß alle Arten von Gegnungen
auf Aegypten⸗Land herabfirömen a). Diefe Meis
nung ift um befto fonberbarer, da Erbbeben in Ae⸗
gypten fehr felten find, und eben bewegen, nad
der gewöhnlichen Denkbart 5), gleich dem Regen
In ber » Yegppten c), für Oſtenta harten gehalten
oo. oo. mers-
x) POhslon I, 136. Biornſtaͤhls Briefe Il. 28.
Niebuhro Beſchr. von Arabien , 112. 118.©.- Reis
. fen 1, 276. 11. 48. bei. Chardin III, 165. 164. 176.
: 80% Die Aftroiogen kofteren zu Chardins Zeiten
4 Millionen kivres. Die beyden angejehenften Hofe .
Gterndeuter "gehörten zu deu voruehmften Hof⸗ Bes
dienten, Der Erfte genoß 100000, der Andere
50000 Livres Beſoldung. Selbſt die Aerzte, wel⸗
pe fie beneideten, konnten ihnen nichts anhaben.
e) Pococke I, 196.
d) Wie unter den alten Scythen, Herod. IV. 28.
«) Bruce 11: 24. Ed. ing. It rained the whole
‚night, Il ie. a perfect prodigy, to [een rain
- here; and the propheta faid it portendel a dil-
folution of government, ..+ , Ä
N
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Es waren ben Mömern fehr gluͤckliche Beiden,
wenn der Blitz ein Opfer anzünbete 4), ober wenn
er in Gräber fiel c),. oder wenn eine Flamme,
ober ein feuriger Glanz um die Scheitel von Per
fonen ſchwebte d). Kaum aber war irgend eine
andere Vorbebeutung trauriger, ald wenn entwe—
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ber Tempel, oder Statüen, und andere Heilige:
thuͤmer vom Blitze gerührt wurden ©). Die Ms
mer erkannten die Haruspices der Etrasker als
die gelehrteften und geübteften Ausleger fo wohl.
von Blißen, als von Eingeweiden, und ben foge
nannten Oftentis au. Die Kunft der Etrusfer,
Blige und Donner zu deuten, war in manderley
Büchern enthalten, welche faft gewiß bie Urheber
5 ber geheimen Schriften der Römifchen Auguren - J
benutzt hatten f). Eben dieſe Kunſt war der vor⸗
nehmſte Abſchnitt der Etrusciſchen Harufpicina,
weil Bliße alle uͤbrige Zeichen nichtig madıten 2).
D) Plutarch, I, 205
®) Wie zum-Benfpiel in die Gräber des Aykurg, uud
:Euripides. Plutarch. I, 334, ”
4) Valer. Max, 1. 6. ..
‚e) Cicer. I. 43. Gellius IV, 5. Valer, Max. I. 6,
f) Cicer. de Divin. I. 5%: - « quod Etrüfeorum
"deelarant et harulpieini, et fulgurales, er toni-
truales libri, noftri etiem augurales, h
8) Senec, Nat. Onaelt, 11.34. Summam elle vim
fulminum jndicant: quia, quidquid alis por-
tendunt, interventus fulmjnis tolli, Quid-
quid ab hoc portenditur ,. fixum eſt, nec-altes
rins oftenti Agnificatione mutatun Quidquid
exta, quidyuid aves minabuntur, foeundo- fule
mine abolebitur. Quidquid fulmine denuntia-
tum ef, uec extie, nee & conwaria refellitur,
\ | Ä ss.
—
Die Zeichendeuterey der Etrusker war den aͤlteren
Römern fo wichtig, daß der Senat ſechs Juͤng⸗
Yinge-aus den vornehmften Gefdlechtern an eben
fo viele Völker Etruriens zum Unterriht ſchickte,
damit die Wahrfager: Künfte nicht durch die Nies
drigkeit, oder die Habſucht derer, welche fie uͤb⸗
ten, gefhmälert würden A). Der Glaube an bie.
Haruspicina dauerte in allen nachfolgenden Zeiten
ungeſchwaͤcht fort, ungeachtet ſchon der ältere Cato
fagte, dag er nicht begreife, wie ein Haruspex
den antern anfehen Eönne,. ohne zu laden i). Die
Etruscifchen Zeichendeuter theilten den Himmel in
ſechszehn Abfchnitte ab, umd zerlegten die Blitze
in mancherley Arten k), entweder nach den Gluͤck,
oder Ungluͤck, welches fie andeuteten, ober nad)
ber Zeit, auf welche fie gingen, und waͤhrend wels
her fie ihre bedeutende Kraft behielten. Die Roͤ⸗
mer ließen die Haruspicina der Etrusker in allen
Ehren. Allein die Römifhen Augures ſchaͤtzten,
und deuteten dennoch Diefelbigen Zeichen auf ihre
eigene Urt, Gie nahmen bie wichtigſten Auspi⸗
cien
A) Cicer. de Div. I, qi. Quocirca bene apud
Majores noſtros [enatus tum, cum florebat im-
perium,, decrevit, nt de principum filiis [ex
Gngulis Etruriae populis in Jdilciplinsm .trade-
rentur, ne ara tanta propter tenuitatem homi-
aum a Teligiönis auctoutate abduceretur ad
mercedem atque güaeltuni,
#) Cicer. de Divinaq, 11, 24. Verus autem illud
Catonis admodum Icitum el, qui -mirari le di-
cebat, quod non rideret haruspex, harufpi-
cem cum vidifler.
k) Cicer. de Divin. II. 8. ıg. Plin. II. 52 - 56 6,
bei. 55, Sensc, Nat, Quaell, 11, €, 39- 47.
Pr 25
‚len nicht ans Blitzen, und andexren Zeichen am
Himmel, ſondern aus dem Fluge, oder Fraße
don Voͤgeln 1). Unter allen übrigen Voͤlkern
. wurden Bliße, bie Yon ber rechten Seite kamen,
fuͤr glückliche Zeichen gehalten: unter den Römern,
die von der linken: ausgenommen an Comitien, mo!
man ed den Auslegungen dee Auguren Überlieh, _
ob Blitze von ber rechten, ober ber Tinken Hand’
gluͤcklich ſeyen m). Es blieb den Roͤmern ſtets
in friſchem Andenken, daß urſpruͤnglich nur die
Haͤupter der Voͤlker die Deuterey von, Blitzen,
und anderen-Zeichen als eine koͤnigliche Kunſt ger
trieben hätten: daß Romulus, und Remus er:
fahrne Arguren geweſen: daß dein Erſteren durch
ein gluͤckliches Auspicium die Herrſchaft uͤber die
neuerbaute Stadt zugewandt, und daß auch in der
Fraolge nichts wichtiges, es ſey im Frieden, ober
im Krlege, ohne Auspicien unternommen worden .
er,
E Man ſ. über diefe, und die folgenden Facta Cioer,
. de Divipat, L. 40. 43. 48. II. 33- 39 c..
‚m) 1.35 Lc. Fulmen finifirum optimum au-
*" Spicium.habemuys ad omnes res, praeter quam
”: ad eomitia: quod quidem infiitwtum reipubli-
. .ese canla ef, ut comitiorum'vel in judichte po«
puli,. vel in. jure legum, vel in creandis magi-
ftratibus principes civitatig ellent interpretes,
"€ 39, Ita nobis finiftra,; Grajis et. barbaris,,
deoxtra meliora. Quamquam haud ignow,
+ guae bana fint;' finiſtra nos dicere, ætiamũ dex-
'
tra ſint.
—RV
.»3 L. 40. b. c.. Omnino apud veteres, qui rerum
potiebantur, iidem auguria tenohant. Ut enim
Tiapere, ſie divinare regale ducebant, ut teflis
eh nöfra civifas, in qua et reges augures, et |
| oo poſtea
+
640 En — |
Es fehlen daher ben Roͤmern hoͤchſt natärlih, baß
sur die Erſten des Volks zu der Würde von Ars
guren gelangten ; und biefe Würbe behielt auch in
den leßten Zeiten der Republik fo fehr ihren Glanz,
daß bie vornehmfien Staatsmänner, und die grös
fien Feldherren es ſich zu einer großen Ehre ans
rechneten, wenn fie in das Collegium der Augu:
‚zen aufgenommen wurden. Es iſt nicht zu laͤug⸗
nen, daß die Roͤmiſchen Auguren gegen den Uns
teugang der Republik ihre Verrichtungen nicht
mit dem ruft, und der Feierlidfeit ausübten,
wie die Vorfahren gethan hatten. Die gefchah
weniger bewegen, teil bie meiften Auguren von
‚her Nichtigkeit ber Auspicien Aberzeugt waren, als
weil fie durch Ehrgeiß, oder Habfucht, oder Par:
teygeiſt, und andere wilde Seidenfchaften über alle
Schranken ber Religion hinausgetrieben murben,
Wenn Voͤlker fo verborben find, wie ed bie Roͤ⸗
Ev
mer in ben Ziten ber finfenden Mepublil waren;
fo ift Bein Merkmahl von Unglauben trüglider,
als bie Vernachlaͤſſigung, ober Webertretung Der
Vorfhriften, und Gebräuche der väterlichen Re⸗
ligion. Hätten die meiften Auguren vermöge einer
richtigen Kenntniß ber Natur bie Nichtigkeit ihrer
Kunſt eingefchen, ‚wie Cicero's Wenßerungen an
folgen Stellen, wo er als Mlabeniiber'redet, vers
muthen laffenz fo wärben fie, was er ſelbſt auch
fuͤr Pflicht hielt, ſich um befto mehr beftrebt haben,
ben Schein bavon zu vermeiden, und bie für fie
ſelbſt nicht weniger, als für ben Staat fo wichtis
| "gen
poßer privati eodem lacerdotjo praedii rempm-
hlieam religionnn. anotoritate zexerunt..
-
'
*— 642
gen Ausdicien aufrecht zu erhalten 0) .. Eine
. Haupturfache nicht fo wohl bed Verfallg der Au⸗
fpicien, als ihres weniger allgemeinen Gebrauchs
(ag darin, daß man nicht blog Männer, mwelde
die höchften Wuͤrden bes Staats bekleidet hatten,.
zu Heerfuͤhren ernannte, fondern dag man häufig.
‚Zünglinge von ausgezeichneten Feldherriſchen Gar.
ben mit der Gewalt Yon. Prätoren, und Confuln
an die Spiße der Legionen fiellte p). Den Feld⸗
herren, welche Feine Auspicien, nchmen konnten,
blieb weiter nichts übrig, als den Willen der Goͤt⸗
⸗
ter in den, Eingeweiden der Opferthiere zu erfors,
-fhen.g); und eben-baher breitete fich die Extisphe
cine,
| 0) Cicer. de Divinat. II. 35 - 35, Errabat enim‘ -
\.
-multis in rebus antiquitas: quam vel ufu jam,
. wel doctrina, vel vetuftate immutataın videmus.:
: Retinetur autem et ad opinionem vulgi, et ad.
magnas utilitates reipublicae mos, religio, dis-
eiplina, jus augurium, collegii auctoritas, Nec' -
vero non omni [upplicio digni P, Claudius, L.
Junise confules, qui contra aufpicis navigarunt..
Parendum enim fuit religioni, nec patrius mos
' tam.contumaciter senudiandas.
p) Cic, de Divin. 1 43 II 36. An der letztern
Stelle heißt ed: Bellicam rem adminiftrari ma-
joxes noſtri, nifi aulpicato, voluerunt. Quam
multi anni [unt, cum bella a proconlulibus, et
ropraetoribus adminiftrantur, 'qui aulpicianon _-
habent? « , Ubi ergo avium divinitatio? quae,
quoniam ab iis, qui aulpicia nulla Irabent, bel.
la adminiftrantur, ab urbanis retenta videtur,
a bellicis elle ſublata. a
9) Cic L 43. Omitto uoflros . tagt Quintns Cice
ro, qui nihil in bello fine. extis agunt, nihil
fine aulpiciis domi habent, . j
648 — —
cina in eben bem Verhäftnife ans, in welchem
ber Gebrauch ber Auspicien eingefhränft wurde.
Der Glanbe an die Worbebentungen von Gene
nen: und Monds « Finfterniffen, Yon Kometen unb
. feurigen Meteoren, von Ungemittern, Donner und
Blitz war fehr vielen Wölfern gemein, die nichts
son Öternteutereg wußten, d. h. Yon ber angebli⸗
hen Kunft, bie Schickſale der Menfchen aus den
. Bewegungen und Stelfungen ber himmliſchen Eoͤr⸗
‚per beſonders derer, unter weichen man gebohren
worden, vorher zu beftimmen. Die Aftrologie
entſtand nicht bloß, ſondern herrſchte auch am un⸗
erſchuͤtterlichſten im nordweſtlichen Afrika, und im
weſtlichen Aſien 57), don wo aus fie ſich faſt gewiß
ta die ſuͤdlichen und oͤſtlichen Laͤnder des ve
genannten Erdtheils fortgepflanzt hat 5).
Griechen war die Sterndeuterey des Orients a
auf die Zeiten Aleranders des Broßen unbekannt,
unter welchem Beroſus zuerft diefe falſche Wiſſen⸗
{haft wit großem Beyfall auf der Iufel Kos zu
lehren anfing Die gröften Wiatkematiler ver
Griechen, felbft ne Stoiker, die alle Abrige
Arten von Dieination in Schuß nahmen, verwars
- fen und befiritten die Aftrologie 3). Dicfer WR
berfprüche ungeachtet verbreiteten ſich die fo genann⸗
‘ten ehewäifhen, ober mathematifgen ed,
nel,
nn Herodon, n. 82. Cie. de Div, 1. 1.1. 40-47.
j s) Nach Hindoſtan und den Maldiven, Pyrard I. 175.
nad) &iam, Lonbere I. 195. sor. nad) China,
Memoires far les Chinois IV, 3 unser die Eals
myken, Pallas J. 353 & .
DM. 4a Cicer, de Dir,
\ ! R \
, L}
y s — m a 649
ſchnell, nicht nur in Griechenland, fonbern auch
im Rom; wo felbfl in den Zeiten des Cicero die
gröften Männer fremden und unmiffenden Gterna
deutern ige Ohr Lichen u). Tiber twar.ber erſte
Kaiſer, welder gleich den Königen des Morgen:
landes befoldete Sterndeuter an feinem Hofe unter
hielt x). Diefem ‘Benfpiel ahmten bie meiſten
feiner. Machfolger nady, und wem gfeich einige Rats
fer die fo genannten Chaldaͤer und Mathematiker
mit Fener und Schwerdt verfolgten, fo konnten
fie deßwegen den immer zunehmenden Hang ber
Römer zum Aberglauben nicht. außrotten Die
Sterndeuter und andere Lehrer geheimer Künfte
kehrten bald nad; Italien und Rom zurück, Auch
Im Mistefalter erhob die Aſtrologie nicht eher ihr
Haupt, als bis die Schulgelehrten mit ben Schrif⸗
ten ‚ber Araber bekannt gemorben waren y). Die
wachfende Aufklärung hat dieſen, wie andere Zwei⸗
ge ded Aberglaubens in dem gebildeten Europa:
Sernichtet. Sm Orient hingegen haben Sterndeu⸗
ter bis auf den heutigen Tag noch daſſelbe Anfe>
ben und denfflben Einfluß, welche fie vor Jahr⸗
taufenden hatten. Die Behertſcher in der Xürken,
| | a
#) 11,47. de Div. Quam multa ego Pompejo, uam
mülta Crallo, quam multa huie ipfi Caelari a
Chaldaeis dieta memini, neminem eorum nifi
‚in fenectute, nif, domi, nif cum clazitate edle
moriturym? Die ſchimpfliche Unwiſſenheit her daz
mahligen Sterndeuter erhellt and ven Proben ihren
Lehrſaͤtze, weiche Cicero auführt,
3) Sueton, in, ej; vita.c, 19.
y) Man |. den oben angeführten Abſchnitt über den
Aberglauben der Voͤlker ded Mittelalters im dritten -
Bande meiner hiftor. Mergleichung, _
—
—
.
650 cf — —
in Perfien, und Hindoſtan haben mehrere beſeldete
Aſtrologen an ihren Hoͤfen, und unternehmen fo
wenig, als ihre Großen, irgend etwas von er.
ben 2. | | |
Auf eine aͤhnliche Art, wie bie ungewohnli⸗
chen Erſcheinungen am Himmel und in der Luft,
deutete man aͤhnliche Phaͤnomene auf der Erde,
deutung, ohne vorher Sterndeuter gefragt zu, has
‚und in ben uns zunaͤchſt umgebenden Dingen, ber
fonder® in Menfchen und Thieren. Alle Völker.
hielten Erbbeben für unglückliche Zeichen: bie heus
tigen Aegyptier ausgenommen, ald welche fich eins-
bilden, daß fi waͤhrend der Erdbeben der Him⸗
mel öffne, und daß alle Arten von Gegnungen
auf Aegypten» Lamb herabfirömen a). Diefe Meis
nung ift um beſto fonberbarer, ba Erbbeben in Ae:-
ghpten fehr ſelten find, und eben bewegen, nad
der gewöhnlichen Denkbart 5), gleich dem Regen
Im Ober s Aegypten c), für Oſtenta hätten gehalten
nn W oo wer⸗⸗
9) POhslon J. 135. Biornſtaͤhls Briefe II. 248.
Niebuhrs Beſchr. von Arabien, 112. 118 S. Rei⸗
ſen I. 276. II. 48. beſ. Chardin III, 163. 164. 176.
: 20% Die Aſtrologen koſteten zu Chardins Zeiten
4 Millionen Livres. Die beyden angeſehenſten Hof⸗
Sterndeuter gehörten zu deu vornehmſten Hofe Bes
dienten, Der Erfte genoß 100000, der Andere
50000 Livres Beſoldung. Geibft die Aerzte, wels
fie beneibeten, konnten ihnen nichtd anhaben.
@) Pococke L, 195.
d) Wie unter ben alten Scythen, Herod. IV. 28.
€) Bruce II. s4. Ed. in 8. Jt rained the whole
‚night, 1} ie. a perfect prodigy, to feen rain
- here; and the propheta faid it portendel a diſ-
folution of government, ..+ , - Ä
‘
u N
'
werben ſollen ce). ZIa-Oriechenfand fuͤrchteten ſich
ſelbſt die Spartaner vor Erdbeben ſo ſehr, daß ſie
ihre Heere gleich auseinander gehen ließen, wenn
biefe auf dem Auszuge gegen den Feind von einem
Erdbeben uͤberraſcht wurden q). Agefipolis wolle
te gegen bie Meinung feiner Krieger ein Erbbeben
als ein glückliches Zeichen anfehen, weil es fich er⸗
&ugnet habe, da die Spartaner (don auf feindlichem
Boden waren. . Allein er führte doch bald nachher‘
ſein Heer zurück, da auch die Eingeweide der Opferthiere
kein Glück verfündigtene). In Europa und ben ans .
fern Erdtheil zunächft begrängenden Laͤndern find Erb:
beben nirgend häufiger, als in Vorder⸗ Afıen und
im⸗untern Italien. Dieß hinderte nit, daß man
nicht Erdbeben auch in dieſen Gegenden zu den trau⸗
rigſten Vorbedeutungen gerechnet hätte, Ein Erbs -
beben, das bie . Stadt Lyſimachia zerſtoͤrte,
verkuͤndigte nach dem allgemeinen Glauben der
Griechen dem Könige Lyſimachus, ſeinem Ge⸗
ſchlechte and feinem Reiche den nahen Untergang f)-
%
Der ältere Plinius erzähle es als eine ausge⸗
run | machte
*
ec) Ih. brauche das Wort Oſtenta abſichtlich, weil
die Römer dadurch im eigentlichſten Sinne ſolche
. Vorbedeutungen bezeichneten, von welchen ich jetzt
handle. Cic, de Div, I, 35-36. 11. 05-3. His
vius braucht häufiger dad Wort Prodigia.
. , ©p. Xen, Edit, Thieme, nn
5 ib, 24: 253 pP». J | -
) Jufin. L. XVII. 5. Quod potentum dira Lyſi-
macho, ſtirpique ejus, ac regni ruinam cum
clade vexatarum regionum portendebat, Nec
: oßentis fides defuis, Ä
B
652 En —
machte Thatſache, daß die Stabt Rom nie eim
Errdbeben erfahren: habe, ohne daß nicht dadurch
irgend eine wichtige Begebenheit vorher verkuͤndigt
worben 8). Man nahm fehr früh wahr, daß
Erdbeben und andere Öftenta’häufiger im Kriege,
old im Frieden, und im Kriege um defto häufis -
ger angezeigt: würden, "je gefährlicher bie Zeitläufte
feyen h). Beſonders meldete man im zweyten
Punifchen Kriege fo viele Erdbeben an, baß felbft
die abergläubigen Römer dieſer Prodigien, und
ver Ruhetage, bie deßwegen vorgefchrieben wurs.
. - den, überbrüffig zu werden anfingen. Die Con⸗
ſules Eonnten weder Senat halten, noch die oͤffent⸗
lichen Angelegenheiten beforgen, ba fie beſtaͤndig
mit Opfern und anderen. gottesötenftlichen Hands
lungen befchäftigt: waren: - Dieß bewegte den Ges
nat, durch bie Conſules Öffentlich bekannt machen-
zu laſſen, daß Niemand an ben Tagen, wo man:
. wegen Grdbeben-Ferien angekündigt habe, nene Erd⸗
beben- anzeigen folle 5). Es kann ſeyn, daß zu den
* Zeiten des Livius Erdbeben und andere Oſtenta
nicht mehr ſo ſorgfaͤltig aufgezeichnet, und eben
deßwegen auch nicht mehr ſo haͤufig gemeldet wur⸗
den, als in aͤlteren Jeiten. Allein er; hatte Un⸗
vecht, wenn er dieſes mehr für eine Wirkung won
J Ba Uns
g) H. a8: 86, Nunguam urbs. Roma tremuit, ut:
non füturi eventus alicujas id praenuntium efet.
&) Cie, de Divin.H co 87. Atque haec in, bello
plura etmajora videhturtimentibus : eadem non.
tan animadvertuntur in paee, - Accedit illud.
ctiam, quod in metu et pericula cum credun-
‚ tur facilius,. tum finguntur impunius«..,,
*
H Livius L. 34. e. 66.
wg m 1
* *
— — 653
Mnglauben, ald von herrſchender Zerſtreuung und
fe don mir angeführten
Nachlaͤſſigkeit hielt k), Di Ä
Stellen des Cicero und Dlinius, noch mehr die
Leben der Kaiſer, und anderer vornehmen Römer
Som Sueton und Plutarch, beweifen auf allen
Seiten, daß man. zu und nach den Zeiten des Lin _
»ius nicht weniger an die. Vorbedeutüngen von Erds |
beben, und anderen Prodigiis geglaubt habe, als
während des zweyten Puntfchen Krieges.
Zu den Oſtentis oder Prodigiis rechneten die
meiften Voͤlker, vorzüglich die Griechen und Rs
mer, alle Mißgeburten von Menſchen und Xhies
ren 1), alle ungewoͤhnliche Stimmen von Thieren,
und andere Geräufdye, deren Urſachen man nicht
zu erklären wußtem): alle Erſcheinungen von Thie⸗
ren
t
-%) L. XLIII. c. 13. Non fam nelcins, ab eadem
negligentia, qua nihil deos portendere vulgo
nune credunt, neque nuntiari admodum ulla
prodigia in publicum, neque in annales referri,
2) Tic. de Div. I. 33-36. Valer, Max. 1-6, Die _
meiften Wiiden fehen Zwillinge ald Mißgeburteh an,
Die Kamtſchadalen erichr:cen über Zwillingen fo fehr,
Daß fie fo gar die Gebährerinuen huͤlflos Liegen laſſen.
Steller 328 S. Aush) die Neger in Arebo tüdten
nicht bloß die neugebohrnen Zwillinge, fondern auch
die Mutter. Smith p. 285. In anderen Gegens
den. von Guinea hält man Zwillinge für fehr glücts u
liche Zeichen. ib. .
m) 3.8, daß Ochſen gleich Menichen geredet hatten. .
Val. ce. 5. 5. Selbſt Caſar führt de bello Civ,
III. 105. folgende Prodigia an, die fih am Tage
: der Phurſaliſchen Schlacht eräugnet hätten: Jtem
conftabat, Elide iu teriplo Minervae, - - finmu-
lacrum vietoriae, quod ante ipfam Minervam
—
col- |
See un
tn.
q
—— -
4
AAI
ren zu ungewoͤhnlichen Zeiten oder an ungewoͤhn.
lichen Orten n): das ploͤtzliche Verdorren von Ge⸗
waͤchſen, oder das Hervorſchieſſen derſelben an ſol⸗
chen Orten, wo die Natur dergleichen nicht her⸗
vorzubringen pflegt 0): ſcheinbares Leben und Der
wegungen von lebloſen p), ober Unbeweglichkeit von
leicht beweglichen Dingen; das plaͤtzliche Fallen von
ſolchen Objecten, welche man in raſcher Bewegung,
| | J 2... oder
{
eollocatum erat, - - - ad valvas fe templi, li-
menque convertille, Eodemgue die Antiochiae
in Syria bis tantus exercitus clamor, et figno-
rum [onns exauditus eft, ut in muris armata
civitas difcnrreret. Hoc idem Ptolemaide acci-
dit, Pergamique in occultis ac remotis templis,
quae Graeci adurz appellant, tympana fonue-
‚runt, Item Trallibus in templo Vicıoriae, ubi
: Gaefart ſtatuam eonfecraverant, palma per 808
. dies intecta inter coagmenta lapidum ex pavi- _
mento extififfe oſtendebantur.
‚ n) 3 8. ‚von Schlangen in Häufern und Tempeln,
Cie. und Val, Max, Il, ec. von NRaubvögeln und '
Bienen in Laͤgern und Heeren. Die letteren Pros
digia erfchätterten felbft. den. Caffius, Plutarch.
IV, 413. 413, » - 777 dsioudaıuonav,. arpspx Mas
roy Kansıoy ausov Umopepsoav un ray Exinups Ao-
as , ruc ds sparwrag vuvraran dssrÄnuevsv.
0) Caeſar 1, c, Cic, I. 54. de Div. Namque et
Lylandri - - - - Aatuae, quae Delphis ſtabat.
im capite corona [ubito exRitit ex alperis herbis
et agrefibus,
») 3,8. das Schwigen, ober Umprehen von Sta⸗
tüen, das Schütteln von Waffen, das Eröffnen von
Thiwen u. ſ. w. Cael.et Cicer. I, co.
⸗
4 y y
-.- 655
ober hoch hervorragend zu fehen gewohnt war g):
endlich alle ungewöhnliche Veränderungen in Op⸗
ferihieren, befonders alle ungewöhnliche Beſchaf⸗
fenheiten ihrer Eingeweide 7). Uäfar war ber
einzige vornehme Römer, der fich biömweilen an bie
traurigen Vorbedeutungen ber Eingeweide von Op⸗
fers
4) Zu den traurigfien Zeichen gehörte ed, wenn die
Adler und andere Kriegkzeichen fo feſt in der Erde
C. autem Flaminius cum --- apıd lacum Thra-
[ymenum -- cum Annibale cunflicturus, convelli
Ggua'juberet, lapfo equo [uper caput ejus pro-
firatus et: nihilgue ex prodigio inhibitus, Ggni- .
feris negantibus figna moveri [us lede polle;
malum, ni ea continuo effodillent, minatus eſt.
und $. 11. vom Craſſus: Ducturus erat a Carris
adverfus Parthos exercitum -'- - agailarum al-
tera vix convelli a primipilo potuis:. oder wenn
‚die Träger von Kriegdzeichen fielen, mie im Heere
des Caſſtus, Plutarch, 1.c, oder wenn Feldherren
Ä mit ihren Pferden flärzten , wie Slaminius, Val, -
Max.l.c. Der Saifer Tiber war ſehr zoͤgernd im
Schlagen, ausgenommen, wenn fein Licht,. oder
der Tocht feiner Lampe plöglich eingefunfen, und
dadurch ausgelöfcht war. Er behauptete, daß dies
ſes für ihn und feine Vorfahren: ſtets ein fehr guͤnſti⸗
ges Zeichen geweien fen. Sueton. in ejus vite c. 19.
roelis, (quamvis minimum fortunae caßbusque
permitteret, aliquanto eonftantius inibat, quo-
ties lucuhrante -fe ſubito ac nullo propellente
deeideret lumen , et extinguerstur: confidens,
ut ajebat, oftento, hibi ae mafjoribee fuis in omnj
ducatu expertiffimo.
77) Wenn fie fich fträubten, oder .eutflohen, oder nicht
fielen, wie fie fallen ſollten. Brillon. de form I,
c. 22, Suetam in Cael. 6.59. Ovid. Metamorph,
VII. 597. Cicero de Div, 1 62. U. 16.17. 04.
*
L
ſteckten, daß man fie nicht herausziehen konnto
. wie vor den Niederlagen des Slaminius und Craſ⸗
ſus, Cic. de Div. 1.35. Val, Max. l. e. ſ. 6.
j
| Terthieren nit Eehrte s), allein au er warb zu
anderen Zeiten nicht. wenig dadurch bewegt 2). Caͤ⸗
ſars Zeitgenefjen glaubten an bie Worbebeutungen
> von Dpferthieren eben fo fe, als an bie don ans
\
⸗
2) dCio. I. 41. 40. II. 10, do Divina 5
deren Oſtentis; und eben daher ſchickten die Da:
rusſpices inRom dem Pompejus, oder ben Freun⸗
den und Unhängern bed Dompejus unzähliche Wahrs
jagnngen nad), die alle durch den Erfolg wiebers
legt wurben u), Neben der Deutung von Blitzen
und Meteoren Fam uud bie Auslegung ber Eins
‚geroeide der Dpferthiere und aller Prodigien ben
barufpicibus zn x). .
— Die, meiſten Nationen nahmen Ausſpicien nicht
bloß aus den ungewoͤhnlichen Veraͤnderungen, ſon⸗
dern auch aus den gewoͤhnlichſten Handlungen der
Thie⸗
9 3. B. Cie, de Div. II. 24, Sdeton, In ej,vitac, gr.
2 €) Cic, I. 52. de Div, .. quod paulo ante interi-
tum Caefaris contigit, Sei cum immolaret illo
die, quo primum in Iella aurea fedit, et cum
purpures velle proceſſit/ in extis. bovis opimi
tor non fuit.--. Onaille rei novitate percul-
fus, cum Spurinna diceret, timendum elle, ne
‚er confilium et vita deficeset, -- - |
a). 24. de Divinat. Quid ego harulpicum re.
fponfa commemorem, pollum, eyuidem innume-
‚rabilia, quae aut nullos habuerunt exitus, aut
. contrariocs®? Hoc eivili bello, dii immortales !
uam multa luferunt? quae nobis in Graeciam
oma refponfa harufpicum-milla funt? quae
dicta Pompejo? Etenim ille admedum extis et
oftentis movebätur, Non lubet. commemorare,
nec vero necelle elt, tibi praelertim,. qui in-
terfuilti._ Vides tamen omnia fere contra, ae
- dieta Tunt, evenifle.
*
hier M / befonbers aus dem Geſchred ober Ä
Gefange, dem Fluge und Frage von Vögeln 2).
Man kann zwey Gründe anführen, warum man
die Vogel mehr, als andere Thiere, für wahrfas
gend, oder weifjagend hielt. Zuerſt haben, meh⸗
vere Wögelarten in ihren Geſchreys etwas fo kla⸗
gendes, ober tranriges, baß fie diejenigen, wel:
che fie hören, zu traurigen Empfindungen und ban⸗
gen Ahndungen flimmen a). Zweytens bemerkte
. man,
y) Die Aegyptier aus den Bewegungen deß Apis, viele
leicht auch noch anderer Thiergötter, Yan Dale
© 18.15. Die Epiroten aus dem Fraße, oder Nichts
Sruße von Schlangen, Pän. XI. a. Die Syrer und
Lycier nicht bloß aus dem Freſſen, fondern aus allen
‚Übrigen Bewegungen von Fiſchen. Athenae, VIll.s.
p. 555. Aclian. VIII, 5. Die Deutfchen aus bem
Wiehern der Pferde, Tac, Germ. c. 10,
| x) Der Wahrfogerey aus dem Beichrey, ober dem
Fiuge und Fraße von Vögeln waren vorzüglich ers
geben die Scandinavifchen und übrigen Sermaniſchen
ölfer, Taeit. Germ, c. ı0, Barthol. g, 669. _
Die Eicilier, Pifider ,, Pamphylier und übrigen Bes
wohner der Aſiatiſchen Halbinfel: Cie. deDiv. L 1,
‚07 1, 33- 40. . Bor allen anderen die Römer, unter
welchen die Aufpicien aus dem &lnge und Fraße der
Boͤgel die vornehmften waren. Il. ec,
a) Daher wurden unter. fo vielen Völkern Naben, Kraͤ⸗
Gen und Eulen für unglüdliche Woͤgel gehalten,
Sonnerat 1.69. Plin. X, c. 15- 17. Dlinius
glaubte, daß die Haben nicht bloß die 3 vers.
udigten, ſondern daß fie auch unter allen Vögeln
die einzigen wären, welche ſich ihrer Weiflansingss
Gabe bewußt feven. .c. Torvi in aufpielis [of
| videntur intelleetum habere
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ifieatienum :
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man, daß viele Vögelarten theils duech ihren Flug,
theils durch ihr Geſchrey die Veraͤnderungen der
Tags s und Jahrszeiten, auch die der Witte⸗
zung - gleihfam vorher derfündigten. » Man
ſchloß Hieraus, daß die MWögel mehr, ale
andere Thiere, Wertraute der Götter feyen.
Wenn bie Römer vielen anderen ‚Völkern darin
ähnlich waren, daß fie aus ben Voͤgeln wahrſag⸗
ten; ſo unterſchieden ſie ſich ſchon in den aͤlteſten
‚Zeiten von allen übrigen Nationen durd die Weiss
beit, womit fie bie Augures und bie Auspicien
‚unter die geheime Dberaufficht des ‚Senats feßten.
Die Römer wahrfagten nicht aus allen, fondern
aus wenigen Arten von Vögeln. Unter ben Roͤ⸗
mern Eonnte ſich nicht Jeder aus dem Volke ,: nicht
jeder Priefter, nicht. jebe Magiftrats s Perfon
zum Wahrſager aufwerfen. Diefe Kunft übten
ganz allein diejenigen, denen es im Nahmen des
Senats aufgetragen worben war. Auch nahmen
die Romiſchen Augures nicht zu allen, ſondern nur
zu gewiſſen, entweder durch ben Senat, ober durch
die Geſetze beftimmten Zeiten Auspicien. End⸗
Yich waren bie Bewegungen ber Vögel, aus wel:
den die Römifchen Augures den Willen der Goͤt⸗
ter erkannten, ſo beſchaffen, daß man dieſelben
immer nach den Umſtaͤnden ber Zeit: deuten konnte,
oder vollkommen in ſeiner Gewalt hatte 6). Dieß
letz⸗
u fnaram, Aus eben der Urſache, aus welcher man
dab Geſchrey der genannten Vögel als Ungluͤck brins
gend anfah, deuteten auch ſo viele Nationen das
Tehenub der Hunde auf eine ähnliche Urt, ſelbſt die
Meger in Congo, Cavazzi 1..343.
i) Cie, II. 36. de Div. Externa autem. anguria,
quae non tam [nat artificiola ‚ quam Superfli-
tiola
N
-
} . -
": , .
Ichtere kann man Befonberd von den wichtigſten uns.
ter:ollen Auspicien, nämlich von denen fagen, wels
he. man don den: heiligen Hühnern nahm c). Es
war ein hoͤchſt gluͤckliches Zeichen, wenn bie heili⸗
gen Huͤhner aus dem Kefig gingen, von dem Fut⸗
ter, welches man ihnen vorwarf, fraßen, und
von dieſem Futter etwas auf die Erbe fallen liegend),
Schr ungluͤckliche Zeichen. hingegen. waren es,
‚wenn die Hühner entweder nicht fraßen, oder zu
ent⸗
—
tioſa videamus. Omnibus fere avibus utuntur,
nos admodum paucis, Alia illis ſiniſtra ſunt,
alia noftris. - - - Atque ille ( Dejotarus) ſem-
per iis utebatur! nos, niſi dum a populo au«
ſpicia aceepta habemus, quam multum iis uti-
mur, ‚ Die Römer nannten die. Vögel, aus deren
. Stimmen fie wahrfagten, - ofeines; aus deren Flu⸗
ge, alites, Brillön. I. 207 c. er
- ©):Plin, X. 24 c. Horum [unt tripudia folinima.
. Hi magiſtratus noſtros quotidie regunt, domos-
que iplis [uas clandunt, ant refecant, Hi faf-
ces Romanos iınpellunt, ‚aut retinent, jubent
acies aut pröhibent, victoriarum omnium toto
orbe partarum aulpices, hi maximo terrarum
imperio imperant, etc, EB
d) Cicer. de Divinat.-1I. 34. - Attulit in cavea pul-
los is, quj ex.eo.nominatur pullarius - -:- quia,'
eum palcuntur, necelle eft,. aliquid ex ore ca«
dere, et terram pavire, terripavium primo, °
poſt terripudium dictum ef: hoc quidem jam
tripudium dicitur. Cum igitur offa cecidit cx
-ore pulli, tum aufpisanti tripudium ſoliſti-
‚mum nuntiatur. Ergo hoc aufpicium divini
quidquam habere poteit, quod tam fit coactum
et exprellum? - -. nunc vero inclula .in cavea
-(avis illa) eg, fame enecta, fi in. offam pultis
invadit, - - hoc tu aulpicium putas 7
Its
ig
—
7 — —
atwiſche⸗ ſuchten ). Die Römer rüßrten m meh⸗
rere Beyſpiele an, wo Heerfuͤhrer ſich an die letz⸗
teren Zeichen nicht gekehrt hätten, und für diefen
Ungehorfam durd) große Niederlagen geftraft wor⸗
den f), Es ift außer Zweyfel, daß in den legten
Zeiten der Republik die Auspicien häufig vernach⸗
laͤſſigt, ober gar auf bie ſchaamloſeſte Art zur Be⸗
förderung ber gefaͤhrlichſten Entwürfe gemißbrandt
wurden g).:. Die Urfache davon lag nicht, ich
muß dieß Immer wiederhohlen, in wahrer Auffläs
rung, wicht einmahl in entfhiedenem Unglauben,
ſondern allein in der Zerſtreuung, ober den wilden
Leidenſchaften, welche das allgemeine Sittenver⸗
J derben erzeugte.
Viel natuͤrlicher, als die meiſten Zeichen,
welche man aus dem Geſchrey, oder aus dem Flu⸗
ge und Froße von Vögeln nahm, waren bie Vor⸗
bebeutungen von vielen fo genannten Dminibus, d.
h. Yon zufälligen Neben, KHanblangen, und Be⸗
gegniſſen, welche auf die Sage bon Perfonen eine
auffallende Beziehung hatten, und eben Degmegen,
‚ göttlide Warnungen, unmittelbare Wirkungen ber
. Götter zu ſeyn ſchienen. Won diefer Art waren
se Omina, die dem Aemilius Daulus, ber
Caecilla des Metellus, dem M. Traffus uns
em
e) Brill, de form, L, aia.
%» 1. 35. de Divin, Val, Max, 1. c,
æ Dies letztere that Antonius Phi 1.5. 5 3%
Pe Vo. ferner de Div, 1, * et ſꝗ Dienyf.
— u. & 6,
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ON
—
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” " \ IS j 1) j
we 66
m u ‚ BOX
dem Timoleon auffließen h): allenfalls. auch dies.
jenigen, bie vom Midas, und Hiero, vom Dias
20, und Koseius erzählt werben i). Allein bie
‚meiften Omina waren fo befchaffen, daß man zwi⸗
ſchen dem Zeichen, und dem Bezeichneten faft gar.
Feine bemertbare Beziehung entdecken Eonnte, oder
wenn man bergleihen mit Gewalt finden wollte,
daß ınan fie gerade auf bie entgegengefeßte Art hätte
. sadlegen Tonnen. Omina biefer Art wurben bloß
dadurch Worbebentungen, daß anf gewiſſe Meden,
Handlungen, ober Begegniffe zufällig ein, ober
einige Mahle dieſes, oder jenes erfolgt. war :. wors
and man beuu ſchloß, daß das zufällig Vorherge⸗
hende eine Urfache, ober eine Vorkerverkündigung
bed nachher Erfelgten ſey. — . Als der flieheunde,
und ertappte Marius zu Minturna in bad Daub _
der Saunia gebracht wurbe, Fam ihm ein Eſel
entgegen, fah ihn freundlich au, that einen fröhlis
den Schrey. und Sprung, und eilte dann zum nas
ben Brunnen k). Marxius fand in dem Eilen des
Eſels zum Brunnen ein gluͤckliches Omen, woburih
vorbebeutet werbe, daß er fein Heil auf dem Deere
fuchen muͤſſe. Fuͤr unglüdlice Zeigen —
| Ä hiel⸗
R) Cicer, de Div, I. 45. 46. Val. Max. 1.6, n. 11.
Piut. II. 453 - 45. Il, 188.83.
i) Val, Max. I. G. externa fi. 2. 3. Juß. XXIII. 4.
Dieien Maͤnnern trugen der Sage nach in der Kinds
beit Umeifen, Körner, oder Bienen, Honig in den
Mund, Ich füge noch dad Dmen Yinzu, was die
Gothen aus der allmaͤhlichen Aufloͤſunag Der Statuͤe
des Koͤniad Theoderich nahmen. Procop. in Gro-
ti Hift. Gothorum p, 407,
x) Put, 1.977
T — — ‘
ur. BR: ”
uw...
r
— —— —
6 — —
bielten die Griechen und Roͤmer, wenn Maͤuſe abe
was anfraßen, ober wenn ihnen Katzen und Vers
ſchnittene begegneten, oder wenn fie von der Linken
Seite niefen hörten, oder mit dem Linden Fuß zus
erſt in einen Shah, oder einen Tempel traten F).
Ueberhaupt nahmen die meiften Völker das, was
von der rechten Seite her Fam, für ‚glücklicher
von ber Linken, für unglüclicde Zeihen m). Au
bey den Ominibus erfand ber Aberglaube gleichſam
Mittel gegen fig ſelbſt. Zuerft hatte man es nach
‘ ...
-
7) Theophraftii Char. c. ı6, Cie. de Dir. II. 27.
- Den Hindus it das Begegnen eines Oehlhaͤndlers
ein trauriges Zeichen. Sonner. J. 63. Noch wi⸗
derſinniger aber iſt es, daß die Neger in Congo im
dem Aufſtoßen eines Haſen, oder eines andern
/furchtſamen Thiers ein glüdriched Zeichen finden,
und Muth daraus fchöpfen. Cavazzi I. 343. Plus
tarch IL, 216. 817. führt ein mertwirdiged Beyr
{Piel an, wo ein Omen ganz anderd vom Timo⸗
leon, anders von feinen Kriegern verſtanden
mir. * BE j
| . aa\ Cio. de Div. II. 39, Ita nobis finifira (Gra-
jis et barbaris, dextra meliora. Quamguam
haud ignoro, quae bona ſunt, finiftra nos di-
cere, etiam ii dextra fint, Sed certe noftri ſi-
niftrum Sominaverunt, externique dextrum,
quia plerumque. melius id vädebatur, Daher die
Yedeusarıen numina dextra et laeva, für gnädige
und, ungnädige Gottheiten. Wenn die Neger in
Whida morgens beym Ausgehen nielen, und im
Niefen zufällig den’ Kopf rechts drehen; fo Halten
- fie dieß für ein fehr gluͤckliches; links, für ein uns
gluͤckliches Zeichen. Des Marchais I, 310. Unter
ähnlichen Umftanden gehen Die-Tumbineken Acht, ob
fie Ein, oder zwey Mableç nieſen. Das. erfte ift ein
unglüdlichrs, das legtere ein gluͤckliches Zeichen,
Later, Edif, XVI. 207 p.. ,
W ⸗
m 22066
e
der gemeinen Meinung der Roͤmer in feiner Ge
malt, ungünftige Dmina anzunehmen, ober nicht,
indem man fich entweder gegen ihre Wahrnehmung
verwahrte n), ober nur erklärte, daß man fie
nicht wahrgenommen ‚babe. Selbſt der Naturfor⸗
fer Plinius hielt diefe leßtere Auskunft für ein
nnausſprechliches Gnabenmittel, welches die Goͤt⸗
ter den Menfchen gewährt hätten 0). Man Eonnte.
—zweytens ein ungünfliged Omen durch bie Art, wie
man ed aufnahm, gleihfam umkehren, und ik
eine günfkige Worbebeutung verwandeln. Als Caͤ⸗
far bey der IeBten Unternehmung gegen bie Ans
haͤnger des Pompejus in Afrika an's Land trat,
fiel er beym Ausfteigen nieder. Er wandte biefe.
unglüclihe WBorbebeutung um, indem er fagte:
jeßt habe ih dich, Afrika p). Endlich hofte man,
dag man ungluͤckliche Dmina entweder durch Aus⸗
ſpucken, sder durch das Werfen von Steinen, oder
durch andere Handgriffe, abwenden koͤnne 4)
Eben
m) Cic, de Div. II. 3€. Er quid⸗m ihe (M. Mar:
cellus) dicebat, fi quando rem agere vellet, ne
°
impediretar aulpiciie, lectica operta facere iter
fe ſolere.
0) XXVIIL 4. In augurum certe dilciplina con-
Rat, neque diras, neque ulla aulpicia pertinere
ad eos, qui quamque rem ingredientes, abler-
vare [e ea negaverint: quo munere divinae in-
dulgentiae majus nullum eft, ut
p) Suet. in Caelare c. 59. Prolapfus etiain in:
egrellu navis, verfo ad' melius omine, tenoa
“te, inquit, Africa.
9 Abominari. Plin, l.c, &,4- 7.
=
Le —* — —
= Eben Me Denkart, welche den Glauben an
Omina veranlaßte, führte bie Menſchen auch auf
Din Vorſatz, ben Willen der Götter durch allers
leh Arten von food, oder von fortibus, zu erfora
ſchen. Die Götter waren bie Urheber aller gluͤck⸗
lichen fo wohl, als unglüdlihen Begebenheiten,
und Vorbedeutungen: nahmentlic der Warnnugen
durch zufällige Meben, Handlungen, und Begeg⸗
niſſe. Was war natuͤrlicher, als die Vorauss
feßung, eder der Schluß, daß au) das Leos von
den Göttern geleitet, und bag durch daſſelbe Gluͤck,
ober Ungluͤck ausgetheilt, oder angedeutet werbe?
Man trifft daher bie Wahrſagerey ans fortibus
unter den roheſten Wilden in allen Erdtheilen, wie
" umter allen großen Völkern ber älteren, und uenern
Zeit an. Die Einen fragten die Götter durch ben
Wurf von Kugeln, oder: Würfeln vr): Andere
durch das Werfen, ader-Zichen von Staͤben, ober
Blaͤttern 5). Schon bie alten Deutſchen machten
r) Ueber das Urim, und Thumim der Juden, Mich.
Moſ. Recht 1. 186. tiber dad Werfen von Kugeln
unter dın NRegern, Des Marchais Il, 130. von.
Wurfein in Dodona, Pıänefle, Antium und au ans
- Seren Orten, Cicer, de Div. Il, 41, Van Dale
p. 895. unter den beutigen Perſern, und übrigem
Morgenländern, Chardin III. 205, - .
5) Diefe Wahrfagerep naunten bie Griechen pußdenui-
. mau. Sie fand, und findet fih im alten Orient,
dotae e, 4. unter den Scythen, Herodot. IV.
7,68. unter allen Deutichen Voͤlkern, Tacit. de
Mor, Germ. €& 10. Ammian. Marcell. XXXI.
». 790. Edit, Bash, Barihol. p. 676, unter dem .
„inefen , und den übrigen Voͤltern ded oͤſtlichen,
and füdlichen Uſiens, Notices de l’Yking p, 410.
t
%
Indie Stäbe, welche fie warfen und zogen, gewiſſe
Merkzeichen, die nachher gedeutet wurben 8). - So
bald alfo Schrift erfunden, und Bücher verfertigt
wurden; fo beſchrieb man Blätter, ober Pfeile
uf. w. mit Worten, oder Sprühen, zog aus
ben einen, oder ben anderen, und beutete diejeni⸗
gen, welche man gezogen hatte u); oder man ſchlug
heilige, oder fonft gefhäßte Schriften auf, um zu
fehen, was durch die zufällig getroffenen Stellen
angebeutet werde. Zu eben ber Abfiht, gu wel⸗
her die Griechen bie Gedichte des Homer, Kuri⸗
pides, u. ſ. w.; bie Römer, die des Virgil,
des Starlus, u. f. w. brauchten, wandten und
wenden bie Chinefen tbre Kings x), die Mahemes
daner den Koran y), und die Chriften bie Bibel
RL)
Ich habe bisher bie vornehmſten Arten ber
kuͤnſtlichen Divination mit einiger Umſtaͤndlichkeit
behandelt. Man kann in einer allgemeinen Ge⸗
= ſchichte
Leitres Edif, XVIII. 336, Gelbſt die Bewohner
der Carolinen, oder neuen Philippinen machen -
Knoten in Palmblätter, zählen diefe Knoten, und
wahrfagen daraus. Lettr, Edif, XV. 311.
N) Tacit, I. c. ter fingulos (fucenlos) tollit, fub-
latos, fecundum imprellam ante motam inter-
pretatur. .
5 u) Van Dale p. 297.
=) Notices del’Ykingl, «,
y Chardin III. 205.
2) Weber. die [ortes Homericas, Euripideas, Virgi.
‚kanas, u. | w. Van Dale p. 299- 301.
x
WG
⸗ \
x
666. 222—
ſchichte der Religionen nicht erwarten daß ich alle
übrigen Arten von Wahrſagerey, bie nur unter
einzelnen Völkern, und in geriffen Zeitaltern ger
braͤuchlich waren, auf gleiche Art und Weiſe unter:
ſuche. Die genauere Aus einanderſetzung aller kuͤnſt⸗
lichen Arten von Divination wuͤrde mich nicht nur
viel weiter fuͤhren, als ich zu gehen wuͤnſche, ſon⸗
dern würde auch den Leſer ermüben. Es iſt mir
genug, Pürzlich zu erwähnen, daß man nod) aus
unzähligen anderen Dingen wahrfagte: naͤmlich aus
manherley Gliedmaaßen der Menſchen, und Thies
te, befonderd aus der Hand, und ben Nägeln ber
‚ . Menfhen a): aus Eyern, und allerley Fruͤchten b):
aus dem Lodern, und Kniſtern des Feuers c): aus
sen Wallungen, und Zügen bes Rauce, oder des
Dampfs von Opferthieren d): aus Wein, Wafs
fer, und anderen Feuchtigkeiten e): aus den Ger .
falten von Metallen, oder anderen Dingen, wel⸗
‘he man in Waffer, ober ähnliche Seuchtigbeiten
hins
a) Spierüber und uber die folgenden Arten von Tünfts
licher Divination ſ. man bef. Peucer. 144. |193.
Delrio IV. c. 3. 4 Selbſt die Jakuten wahrfagen
aus ver Hand, Gmelin II. 364. und die Ho
ſchottlaͤnder, gleich den Kirgiſiſchen Gofaden aus .
den Schulter?nochen von Schaafen, Oder Haͤmmeln.
Pennants Scot. p, 179,
5) Delrio hc.
e) Lucan, Pharf. I. 849. Saubert, de facrif. p. 322.
Die Kamtſchadalen halten das Pfeifen des Feuers
fuͤr ein gluͤckliches, die Jakuten, rin e ein ungluͤck⸗
liches Zeichen. Steller. ©. 276.
„Ei -Saubert, et Feucer I, cc,
N) ih.
⸗
h
Traͤumen, ‚ober in ben Eingeweiden ber Opferthie⸗
-
— 6
hineinſchuͤttete f): aus Spiegeln, oder Gtüden .
von Chruftall, aus Sieben, Schlüffeln, - Degen, _
Ringen, Bechern, und. anderen Gefaͤßen g).
Wenn auch eine, oder die andere diefer Unterars
ten om Fänftlicher Divination durch liſtige Wahrs
fager zuerft gebraucht ſeyn ſollte; fo bleibt es doch
immer wahr, daß der Aberglaube der Völker ih⸗
nen ſchon in aͤlteren Muſtern vorgeleuchtet hatte,
und ſie durch eine natuͤrliche Analogie zu ihren Er⸗
findungen hinfuͤhrte.
Den bisherigen Unterſuchungen zu Folge fa: -
hen alle Goͤtter die Zukunft vorher, und kuͤndig⸗
ten anch den Menſchen die Zukunft durch allerleh
Zeichen, und zu allerley Zeiten an. Wenn die
Goͤtter ihre Verehrer uͤber gewiſſe Angelegenheiten
in Ungewißheit ließen, und gleichſam nicht von
freyen Stuͤcken unterrichteten; fo wandte man ſich
an Weiſſager, und Wahrſager, oder man erforſchte
ben Willen der Götter durch das Loos, ober in
re,
H) ib. "as Gießen von Zinn in Waffer, und das
Wah ſagen aus den Formen des erfalteten Zinns
tft in Sibirien noch eben fo üblich, ald in Deutfchs
land. Gmelin 111. 361 S. . >.
4) Delrio 1. c. Die Spiegel» Wahrfügerey ift viel
‚älter, als man glauben folte Schon der Kaiſer
Didius Julianus war derſelben ergeben. Spars,
in ejus vita c. 7. - et ea, quae-ad fpeeulum
dicunt fieri, in quo puerı praeligatis oculis in,
cantato vertice relpicere dicuntur, Julianug fe-
eit Die Ja ntiſcheu Wahrſager prophezeien nicht
bloß aus Ninsen, ſondern auch aus Ruheln und
Copelen. Gmelin TI, 364. EEE
s - .
P . J
J N I
8 . un m . ,
re, n. ſ. w. Wie entſtanden, fo kann man mit
Recht fragen, bey dieſer Leichtigkeit, den Willen
der Götter zu erfahren, bey diefer Wereitwilligkeit
der Götter, ihren Willen zu erkennen zu geben, die
‘fo genannten Drafel, d. h. Gnadenoͤrter, wo ber
- Mimmte Götter einem Jeden, der fie über die Zus.
Zunft fragte, zu allen Zeiten antworteten, uub
- zwar durch beſtimmte Zeichen antwerteten ? Ä
Die Frage von der Entfiehung der Orakel
kann nicht aus der Geſchichte, wenigſtens nit
aus ber alten Geſchichte beantwortet werben. Die
erften, und berühmteften Orakel ber Griechen wa⸗
\ren von Aublänbern , ober doch gewiß nach frems
den Muftern errichtet worden A). Die Aegypti⸗
ſchen Dralel entſtanden in foldyen Zeiten, bie. zu
welchen nicht einmahl. Ueberlieferungen, viel ments
ger bifkorifche Denkmaͤhler hinaufreichen. Nicht
alle Völker, die an Meiffagungen und Wahrſage⸗
sey glaubten, hatten zugleich Orakel. Vielwmehr
ſcheint es, dafi bie Sutfichung von Orakeln ſchou
einen gewiſſen Grab von Cultur vorausſetzte.
Menu man dieſes annimmt, fo koͤnnte man zuge⸗
ben „ daß zwar alle Hauptarten. von Weiſſagungen
und Wahrſagerey urfprängliche Erzeugniſſe bee
Aberglaubens der Menſchen waren: ba aber Ora⸗
kel erft in foldyen Zeiten entſtanden feyen, wo
—— und Wahrſager ſchon angefangen hat⸗
„ſich des Aberglaubens ber Voͤlker zu bemaͤch⸗
arm, nnd bag alſo felbft Die erften- Orakel ven
ſchlauen Vartan see morden. re
a⸗ |
» Das zu Dibona Herodot. I. 54 et.la. © Da |
zu Delphi Paufan. X. 6 e.
a
7
.
u. 669
Tankitus erzähle, daß die Harmunduren und
Catten um eine Salzquelle bis auf's Blur gefämpft
hätten, nicht blog um ihrer Nuͤtzlichkeit willen,
fondern weil beyde Völker überzeugt geweſen feyen,
daß die Götter in ſolchen wohlthätigen Quellen _
wohnten, und bie Gebete ber Sterblichen mehr,
als an anderen Orten erhörten i). Wenn alle
Natiounen fo gedacht hätten, vole bie Hermunduren
und Catten beym Tacitus; fo würde man als
Regel fekfeßen können, daß Orakel an folgen Orten
entſtauden feyen, wo man die beftändige Gegenwart,
und Wirkſamkeit höherer Naturen wahrzunehmen
geglaubt habe. Allein diefe Wermuthung wird
durch die Geſchſchte nicht allein nicht beſtaͤtigt, ſon⸗
dern vielmehr widerlegt. Die Goͤtter, deren Ges
genwart und Wirkſamkeit man wahrzunehmen glaub⸗
te, waren nicht alle menfchenfreundliche Götter.
Alle Nationen 3. B. waren der Meinung, def
fenerfpeiende Berge, heiffe Quellen, gräßliche
Waſſerfaͤlle, und gefährlihe Stellen !n Flüffen
von böfen, oder zürnenden Gottheiten bewohnt
würden, denen man ſich nicht einmahl zu nähern,
viel weniger Fragen vorzulegen wagte. Selbſt
- Me menfchenfreundlihen Götter hielt man nicht alle
für geneigt, zu jeber Zeit auf Werlangen ihren
Willen zu erdennen zu geben. Unzählige Wälder
and Bäume, unzählige Berge nad Felſen wurden
als beftändige Wohnungen ber Goͤtter angefehen,
ohne daß deßwegen in, und neben den einen, oder
auf den anderen Orakel entflanben, | PER
cur
.
3) Annal, zilf, 57. Eos maximme losoe propin-
Quare coelo; precesqus wmortallum a nu6-
guam propins au ” Ä .
670 — —
Wenn' Orakel urſpruͤnglich nicht rc bie
Schlauheit von Prieſtern, oder Wahrſagern, ſon⸗
dern durch den Aberglauben der Menſchen gegruͤn⸗
det wurden; fo iſt Feine Entflehungsart wahrſchein⸗
licher, als diejenige, welche von ben Möhlen der
Sibyllen, ober von dem Orakel zu Delphi erzählt
‚wird, Hirten, heißt es, welche ihre Heerden an
den Bergen, und in den Zhälern Von Phocis weis
teten, wurben auf einmahl von ben aus ber Erde
auffteigenden Dünften ergriffen, . und fingen an, '
wie von ber Gottheit des Apolf erfüllt, zu weiſ⸗
J ſagen Hy. Man ſah die Betäubung, welche die
‚mephitifhen Dünfte deranlaßten, gleich, einer jeden
andern Verzuͤckung ald.eine unmittelbare Wirkung’
| der Gottheit, bie Betäubten, gleich anderen Ber:
7
zuͤckten, als Vegeifterte, und ihre Reden und
Worte ald Weiffagungen an. Vorber > Afien, Grie⸗
chenland , und Italien waren voll von Höhlen.
| In Griechenland hatte Feine Gegend fo viel Höhs
Ien, ald Boeotien; und eben deßwegen war Boeo⸗
tien reicher an Drakeln ‚ als irgend ein anderer
Theil von Griechenland /). |
Sn. den angeführten , und anderen ahnlichen
Wenfpielen war mwenigftend eine auffallenbe Erſchei⸗
—nung wirklich vorhanden. Bisweilen fuͤhrten
durchaus eingebildete wunderbare Phaͤnomene zu
denſelbigen Reſultaten. Im alten Norwegen wall⸗
fahrtete man zu einem heiligen Steine, von wels
chem
— —
an.
4
k) Paulan. X, 6. Plut. vr. 705
. 55 Blut, VII. 6#% Van Dale p. 54. Des Brolfes in
35 ®. der Memoires de l’Academie des Infer,
p. 112.
7 8
. J |
s — * -
x \ F
m |, x 671
\ .
. I
chem man allgeniein glaubte, daß er in feinem In⸗
nern einen hoͤrbaren Geſang anſtimme, und durch
diefen Geſang denen, welche ihn befragten, die Zu:
kunft vorher verkuͤndige m). Etwas ähnliches er:
‚zählte man von dem heiligen Stein, welchen man
in den älteften Zeiten bey der Wahl von Königen
in Irland braudyte, der nachher nad Schottland,
‚und aus Schottland nach England Sam, wo er
noch jetzt dem Croͤnungs⸗Seſſel der Koͤnige einver⸗
leibt iſt. Man hielt die Wahl von Koͤnigen nicht
eher für gottgefaͤllig, als bis der Stein eine vers
nehmliche Stimme, ‚oder body einen vernehmlichen
Seufier von ſich gegeben hatte m), |
Eine anbere wahrſcheinliche Urſache der Ent:
ſtehung von Orakeln war die natürliche Denkart
ungebildeter Menſchen, vermöge deren man ats
‚nahm, baß bie mweiffugende Kraft, melde großen
Propheten ben ihren Sebzeiten beygewohnt habe, .
in n Ihren Ueberbleibſeln, oder Graͤbern fortdaure,
B
m) Barthol, 1m. 2.65 7. Keisler p. 91 et fg. Thar-
ftenus adveniens, fanumque intrans, coram
lapide, quem in fano flantem colere fuevit, in
faeiem procubuit oravitque. Indridus. ;foris
ftans, hoc carmen in lapide cantari audivit:
Tubhauc |
Ultima viee
morti vicinis pedibus
‚terram calcalli,
certs enim antequam
fol fplendeat, |
animolus Indrides
odium' tibi rependet,
M n) "Reisler'], ou.
und
-
nn
’
|
679 — —
und bag alfo ſolche weiſſagende Herden auch nad
dem Tode fortführen, bie Zukunft zu offenbaren.
Auf diefe Art bildeten ſich alleın Anfehen nady bie
Drafel des Tropbonius, und Amphiataus, des
"Ampbilod is, Wopfus, u. ſ. w. fo wohl im
eigentlicren Griechenlande, als in anderen Läns
20)
Die Zeichen, durch welche weiffagende Götter
„bie Bufunft, ober ihren Willen zu erkennen gaben,
° waren fehr verſchieden. Dur unter ganz rohen ober
abergläubigen Völkern konnten Priefter, und Jon⸗
gleurs es wagen, die Goͤtter felbſt reden, oder
antworten zu laſſen p). Es war ſchon ſehr bedenk⸗
lich, die Statuͤen der Goͤtter durch Winke und
Geberden antworten zu laſſen 4): ausgenommen,
wenn die Prieſter ſelbſt, wie dieſes in Hierapolis
geſchah, die Bildniſſe trugen, und bie er"
bio
0) Cic. de Nat, .Deor. III. 19. Paufan, IX. 30.
40, Lucian. I. 158 139. II. s05. 226.
..9) So unter den Negern, Römer ©. 495 54. unter
den Wilden in Paraguay. Lettr, Edif. IX. 95. N.
E. Der Betrüger Alepander war im Zeitalter
Lueians tühn genug, von feinem Bott, der bie
Geſfiait einer Schlange hatte, mündliche Goͤtter⸗
fprüche (xpyaa auropwve) geben zu laffen, ba er
gewöhnlich (chriftlich antwortete, Solche mündliche
Drafel wurden nicht einem Jeden, fondern nur den
Reichen , Vornehmen, und Freygebigen zu Theil
Lucian, Il. 234. 935. # wacıv sdıdjvro, ade uns
dv, min Ton avwapufoc, X ‚usa, mM
ueyuledupdiee
H Wie im alten Scandinabien. Barthol. I, 0, 650 Ps
a
/
bloß durch eine ruͤckwaͤrro, ober vorwaͤrts ſchrei⸗
tende Bewegung ertheilt wurbenr). In Aegypten,
Griechenland, und Italien erklaͤrten die Götter
ihren Willen entweder durch Traͤume und Geſich⸗
ter s), oder durch Sortes t), uber durch die Ge
raͤuſche von Becken, Blättern, und Waſſern u);
oder durch das Geſchrey von Thieren x): oder
endlich, und dieß geſchah am häufigſten, durch
den Mund von Prieſtern, oder Prieſterinnen, von
welden man vorausfeßte, daß fie mit dev Gott⸗
heit exfüllt würden , und in biefem Zuflande von
Gott ; Erfüllung dasjenige fagten, was bie Goͤt⸗
ter (onen eingäben y).
Zu
/
r) m. 48. Lue.
s) So Trophonius, und viele Andere.
&) Der Jupiter zu Dadona, und die Fortuna ſo wohl
in Antium, ald zu Pränefte. Cic. de : Div. LS
I, 45.
5 Zu Dodond ‚Des Brolles I, &,
a) gab eine Zeit, wo man den Tauben in Dobos
na am meijlen zutraute. VII. et. Paul,
y) Zu Phoird in uchaja war ein Orakel, wo man
dein Apoll die Frage, welche man beantwortet
wuͤuſchte, in's Ohr ſagte. Indem man dieſes that,
hielt man feine Ohren mit beyden Händen feſt zu,
und z0g.die Hände erft Dann zurüd, wenn man auf
die Straße gekommen war. Die eiſten Worte, wels
che man hörte, ſah man ald die Antwort bes Cote,
te8 an, VII. a2. "Paulan. - au Patraͤ war eine
weiſſagende Quelle, wo” man- ſich aber bloß über
den Ausgaſg don Krankheiten Raths erhalten koun⸗
te. Man ließ naͤmlich einen Spiegel an Faͤden in
den Dinunen hinab, ſo deßt das e Mafi er tr beräbene,
ne
—
— —4413
— — ——-
7
«
674 i — —⏑
"Au ben unmittelbaren Organen der Gottheit
erwaͤhlte man aus begreiflihen Mrfachen in den -,
meiften Tempeln weiffagender Götter Perfonen des
ſchwaͤchern Geſchlechts, welchen man eine beftänbie
ge Enthaltſamkeit auflegte, Damit fie unt befto fäs
biger, und wuͤrdiger feyn möchten, den göttlichen,
ober weiffagenden Geiſt zu empfangen 2), Man
nahm’ die Pythia in Delphi, und deren Schwe⸗
x
ftern aus dem nichrigften Pöbel, weil befier ges
bohrne Jungfrauen fidy zu ben eben fo peinlichen, -
als gefahrvollen Wegeifterungen nicht hergeben
mochten. Wirklich waren bie Verzuckungen ber
Pythia, und anderer weifjagenden Weiber mit eben
- fo fürchterlihen Verdrehungen bed Coͤrpers, eis
‚nem eben fo gräßlien Sträuben, oder Schütteln
- bed Haars, demfelbigen Schäumen des Mundes,
"denfelbigen Geſchreys, und Erfchöpfungen, oder
Ohnmachten verbunden, wie die Ekſtaſen ber Zau⸗
— — — — —
x .
nenn
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nn rtv
berer, und Zauberinnen bon Wilden a). Bis⸗
. weilen warb bie Phthia von dem Geifte, der fie
" bewegte, gleihfam übermannt, und brach mit
furchtbarem Geſchrey aus dem Allerheiligſten here
vor. Dieß geſchah zu. Plutarchs Zeiten. Vor
ber raſenden Weiſſagerinn eutflohen nicht bloß dies
jenigen, welche den Gott zu Delphi befragt hats
| | . ton,
ohtte ganz untergetaucht gu werden. Dan zog ben
Spiegel hervor, und erblidte dann den oder die
Kranken lebend, oder todt. ib, VIL zı c, -
: 2) Des Brofles,l. c. p. 119, _
4) Dan lefe die Schitverung der Pythia im fünften
Buch der Pharfalia des. Lucan, und die der ©is
bylle, im 6. Buche der Anunnide. Des Brofies hat
bedyde in der Meberfegung mitgetheilr.
Be
| | Di 675
tn, ſondern auch die fo genannten Propheten und
Dichter. Die verwilderte Priefterinn ſauk nicht
weit don bein Allerheiligſten ohnmaͤchtig nieder, und
ſtarb nach einigen Tagen *6). Man brauchte, wie.
es ſcheint, Maaßregeln, um ſolche Auftritte zu;
verhuͤten. Wenigſtens ſagt Plutarch, daß man
ſich bey dem Apoll vorläufig erkundigt habe, vB;
die Pythia jur gehörigen Ompfängnig des göttlichen‘
Geiſtes tüchtig fey ). Die Geſchreys von Pries
ſterinnen, die auf eine ganz ungemähnliche Art ver⸗
zuͤckt wurden, hielt man für hicht » bedeutend 4).
ESelbſt die gewöhnlichen Ekſtaſen der Pythia was
sen fo angreifend, daß man Biefe bisweilen mit
Gewalt dazu zwingen mußte co). So wie es fig
von Zeit zu Zeit zutrug, daß Prieſterinnen theils
durch die Duͤnſte, die ans ber Höhle in den Addtis
Aufftiegen, theils durch die aufgeregte Phantafie
gleichſam desorganiſirt, ober in eine, wilde Wuch
derfeßt wurden; fo eräugnete es fich wahrſcheinlich
zu andern Zeiten, daß fie zu wenig empfaͤnglich wa⸗
J ren, und nicht in den Zuſtand uͤbergingen, welchen
die Griechen durch das Wort vIasincwe bejeichtier
ten. Un in’ den leßteren Fällen die Wirkungen
der auffteigenden Dünfte zu befoͤrbern, gab man
W Zu den
6) plutareh. VII. 784.
) I. ©. nos wos ru zorenpiu ru oyuaia Änufavuaın,
Glousvom rw Saw HaradyAov uva, wors Tv IrpboFön
piv ayaca apacıy au dıafesıy, ahAudws vrokaysı
Toy svlacındaad;
| j d) 1. c. U —
e) ll,.ce, . on
N | Mu 2
u =
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den Prieſteriunen tn Delphi aus ber Eoftalifchen
Duelle zu trinken, beren Wafler man. gleichfalls
für begeiſternd hielt, ober leicht dazu machen konn⸗
te f). Andere Priefterinnen tranken in gleicher
Abfiht Lämmer « g) oder gar Ochſen-Blut A),
welches Leßtere man fonft als toͤdtliches Gift vers
abfcheute. Der Priefter eines weiſſagenden Bak⸗
Aus in Thracien nahm vor den Etſtaſen fehr viel
Mein zu fih, um ſich in die gehörige Verfaffung
‚su feßen 5). Die verzüdte Pythia flieg während
ihrer Efftafen nur einzelne, funzufammenhängende
Worte und Neben aus. Diefe wurden Don fo ges
nannten Propheten aufgefangen, und von Dichtern,
die im Dienft des Apoll waren, in Verſe gebracht k).
In älteren Zelten wurden die Götterfprüde bes
Apoll zwar nicht immer, aber doch gewoͤhnlich in
Berfen ertheilt. Im Zeitalter des Plutarch
wunderten ſich die ern eben ſo ſehr daruͤber,
daß
) Van Dale p. 150 et ſq.
g) Sn Argos. Yaulan, II, 24.
A) Plin, XXIIX. 9. Taurinus quidem recens in-
ter venena ell, excepta Aegirae: ibi enim facer-
dos Terrae vatieinatura, tauri fanguinem bi-
‚ bit, priusgnam in [pecam defcendat.
i) Maerobius I. c. 18. ex Arifotele - - Sed in hoe
adyto_ vaticinaturi, plurimo mero [umpto, ..
effantur Oraeula,
k) Van Dale gr. 155 et ſq p. Plut, vn. 605. 734.
Es ſcheint, als wenn die Dichter Heilige genauut
vworden. l. e. p, 704. —* Duysıy un Mavov rag Io '
moonug, alu — apopnTaV Ninaydoov,, ns
TES. TOROYTag TWy Odimy. _
-
b
— — J | 627 u
baß der Sou zu Delphi vormahls in ſchlechten
Verſen geſungen habe, als daß er jegt nicht eins
mahl mehr in ſchlechten Werfen antworten Bönne I).
Fromme Männer, vergleichen Diutarch war, wußs
‚ten bad eine, unb das andere auf eine ſolche Art zu
erklaͤren, daß der Ruhm des Gottes, und feiner
" Sprüde dadurch vollkommen gerettet wurde J).
Wenn man auch einraͤumt, was man nicht
noͤthig hat, daß nämlich nicht bloß bie älteften.
Orakel überhaupt, fondern felbft die älteften Ora⸗
kel in Örtechenland durch den Aberglauben ber Men⸗
ſchen geftiftet werben; fo kann man bach zugleich
u Zühn behaupten, baß alle bekannte Orakel gleich
nad ihrer Entftehung durch die Klugheit, oder
Schlauheit der Priefter eine ſolche Einrichtung ers
hielten, wobey bie Diener. dev Götter fih am mer .
nigſten ausfeßten, und fo wohl bie Fragenden, als
die ihnen zu ertheilenden Antworten am meiften
in ihrer Gewalt hatten. Ich will dieſes Durch eine |
kurze Darftellung der innern Organifation ber bey⸗
den Orakel beweifen, welche ihr Anſehen am laͤug⸗
J ſten in Griechenland aufrecht erhielten.
Der Gott zu Delphi m) war zwar nie auf lange
—* unzugaͤnglich; allein es gab doch ungluͤck⸗
iche Tage, an welchen man ihn nicht fragen durfte,
oder nicht zu fragen wagte. Selbſt an glücklichen
Tagen kounte man ſich dem Apoll nicht beraden
ij VII 558. 563. bix.
Mle, a
m) Van Dale gg et ſq. p.
u . J
0 . *
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0 L
678 re arv⸗
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nähern, Dion mußte ſich dieſer Ginabe durch
maucherley gottes dienſtliche Handlungen, durch Ges
bete, Meinigungen,. und befonderd durch Opfer
wuͤrdig machen. Die Dpfer waren oft nicht guͤn⸗
fig, und mußten fu biefem Falle wiederhohlt wers
ben: Alle vorgehenbe günftige Opfer waren vers
geblich, wenn nicht das letzte Opfervieh von dem
Waſſer, womit man es kurz vor dem Schlachten
begoß, am ganzen Leibe erzitterte Es iſt ein⸗
leuchtend, baß bie jetzt exwaͤhnten Vorbereitungen
dazu dienten, die Abſichten und Charaktere der
Fragenden kennen zu lernen. Wenn alles geſchehen
mar, ivaß peföeben mußte, ſo führte man bie
Fragenden, deren gewöhnlich mehrere waren, In
einer feierlichen Proceffjon bem Tempel bes Gore.
ed. zu. Während diefer Proceffion maren die Gras
genden ſtark mit Lorbeer becränzt, Sie trugen
in ber einen Hand Zweige von Lorbeeren, oben
ECraͤnze; in ber anbern bie verſiegelten Bittſchrif⸗
sen, fa welchen bie ragen enthalten waren; “Dan.
‚machte während ber Proceſſion eine laͤrmende Mu⸗
fit, wie man Yorgab, deßwegen, bamit bie rar
genden Feing unglückliche Worte, ober eben hören
möchten. Ben der Ankunft im Tempel brachte
man die Pilgrimme iq eine Capelle, oder Eelle,
bie Yon ben Adytis, oder dem Alferkefligften durch
eine Mauer getvennt mar. Hier blieben bie Trag
genden fißen, waͤhrend bie Pothia mit einem, oder
mebrsren Propheten fa bie dicht befchatteten, und
in Wolken Son Weihrauch eingebüllten Adyta bins
ahftieg, Kein nengieriges Auge fah jemahle, was
In gem Allerheiligſten worging: Man. hörte jr
Ä —
a) Plutareb, VI 971 725 p
;
/
/
/
En 5
bie Pythia, nachdem ſie ſich eine Zeitlang auf ben
Dregyfuß geſetzt hatte, unverſtaͤndliche Töne, oder
unzuſammenhaͤngende Worte ausſtoßen. Die Pro⸗
pheten fingen dieſe Worte auf, und die Dichter des
Tempels faßten fie nach der Deutung der Prophe⸗; |
ten in Verfen. Die meiften Antworten bed Gets
tes waren entweder fo dunkel, daß man fie nit
verſtehen, ober fo allgemein und zweydeutig, daß
man fie auf mehrere Arten audlegen Fonnte 0),
Die Einrihtung des Orakels bes Trophonius
zu Sebabia in Boeotien beweist das, was bewies
fen: werben foll, faft noch augenſcheinlicher, als bie
Einrichtung des Delphifhen Orakels. Wer ben
Trophonius zu Rathe ziehen wollte p), mußte
‚ eine Zeitlang in einer dem guten (Benius und
bem guren Blüche geweihten Capelle zubringen,
und. fi von allen unreinen Dingen, befonber6 von
warmen Bädern enthalten. Das einzige Bad, was
man den Fragenden erlaubte, oder pielmehr vor⸗
ſchrieb, war das im Fluffe Herkyna. Da bie Fra⸗
genben vielen Göttern opfern mußten, fo hatten
: bie Vorficher immer einen Ueberfluß Yon Fleiſch,
wovon fie den Pilgrimmen reichlich mittheilten.
Die Priefter unterfuchten die Eingeweide eines je⸗
ben DOpferthierd fehr genau, um-zu erfahren, ob
Trophonius guädig fep. Alle vorhergehende gluͤck⸗
liche Opfer waren fruchtlos, wenn die Eingeweide
eines Widders, welchen man kurz vor dem Eins
gang in die Höhle opfern mufte‘, Beine Gnade ver⸗
Fünbigten. Stimmte aber dieſes Opfer u |
| uͤe⸗
o) Cie. de Div, II. 66, 57.
7) Pauf, IX, 3. Van Dale, 87 et fq. p.
\
‘ *
‘
680 — —
v
—
. -
fruͤheren überein, fo fonnte man fi voll Auter -
. Hoffnungen in die Höhle ted Trophonius hinabs
laſſen. . Bevor Biefe Höhlenfahrt geſchah, führs
‚ten bie Priefter ben Fragenden in ber Nacht zum.
Stufe Herkyna, und ließen ihn hier von brepgehn:
ährigen Rnaben erft mit Dehl falben, bann mit
ofler aus dem Fluſſe waſchen. Nach dieſen Rei⸗
nigungen brachte man ben Fragenden andie beyden
Quellen des Fluſſts, von welchen die erſte der
Quell der Vergeſſenheit, und bie andere der Er
innerung hieß. Der Fragende mußte aus der ers
ſten trinken, bamit er alle weltliche Dinge vers
geſſe: aus ber andern, bamit.er genau behalte, mas
ex bald fehen und hoͤren werde. Zuletzt zeigte man
dein Fragenden dad von Dädalus verfertigte Wild»
niß des Trophonius: ein Gluͤck, das ganz allein
berien zu Theil ward, bie das Srafel zu Lebadia
zu Math zogen. Wenn ber Fragende dieß aller;
helligſte Bild angebetet hatte, fo Legte man ihm ein
Gewand von Leinwand an, bebecte feine Füße mit
- Stiefeln, wie fie in ber Gegend ‚von Lebadia ges
tragen wurden, und ließ ihn bann bis an den
Eingang. der Möhle hinauf ſteigen. Die Höhle
des Trophonius war ein Werk der Kunft, nicht
der Natur. Man gelangte in diefe Höhle nicht
dur Stuffen, die hinabführten, fondern durch eine
{male Leiter, welche hineingefeßt wurde. Wenn
man ben Boden des erften Abſatzes erreicht hatte;
fo legte man ſich nieder, indem man Kontgfuczen
in des Hand hielt, um bamit Schlangen, bie ſich
etwa tarbieten koͤnnten, zu füttern und abzumens
den. Die Liegenden bemühten fi, ihre Weine in
eine enge Oeffnung zu bringen. So bald biefes
gefhehen war, wurben fie mit. einer reiſenden
| —— | ts
m. u 68:
| Befäwtäbigteit in das eigentliche Adırov, oder. in
das Allerheiligſte der Höhle. hinabgezogen: Die
Hinabgezogenen erhielten bald alleriey Geſichte,
bald hörten fie Töne und Worte. : Wenn Iros .
pbonius fi auf bie eine,. ober die andere Art
geoffenbart hatte; fo zog man bie Fragenden [bey
den Beinen wieder aus dem Innerſten der Döhle
„hervor, feßte fie auf einen Thron der Erinnerung,
and Tief fie das erzählen, was fie gefehen, »der
gehört hatten. In den Augenblieden, wo man
diefed Yon bem Fragenden verlangte, waren bie
leßteren, wie Paufanias aus eigner Erfahrung
verfichert, noch meiſt außer ſich; und ed war alſo
nicht ſchwer wenn ſie ſich ihrer allmaͤhlich wieder
bewußt wurden, die gemachten Ausſagen abzuaͤn⸗ |
bern, ober zu ergänzen. Die Vorſteher des Dras
Fels erzählten, dag Ein Mahl ein Trabant bes
Könige Demerrius in der Höhle umgekommen
ſey, und daß der Leichnam deſſelben durch eine an
dere, als die heilige Oeffnung, herausgeworfen
worden. Trophonius habe den Frechen nach Ver⸗
dienſt beſtraft, da er ohne bie gehörige Vorberei⸗
tung in die Höhle hinabgeftiegen fey, nit um
den Willen des: Tropbonius zu erfahren, fons
‚ bern um bie Schäße ju plünbern, melde er in dem
Allerbeiligften zu finden geglaubt habe. Es braucht.
Feines ſolchen Commentars, dergleichen Dan Dale nu
geliefert hat g), um nachdenkende Leſer fühlen zu
machen, daß das Orakel zu Lebadia ganz darauf
angelegt. war, erft bie. Fragenden zu erforſchen und
gehörig zu flimmen; dann fie dad hören und fehen
zu ' loflen, was fie bösen und fehen follten, Ä
| lc
%
688—7— .
In keinem anderen Lande erhielten bie Orakel
einen fo mächtigen Einfluß auf bie Öffentlichen
: Angelegenheiten, als in Griechenland. Diefer Eins
fluß dauerte bis auf ben Untergang ber Freyheit
unb Unabhängigkeit der Griehifhen Republiten
ungefchiwäct fort. Das gröfte Anſehen genoß das
Orakel zu Delphi: ein Vorzug, den biefes Orakel
ünftreitig feiner Sage am meiften zu banken. hatter).. .
Das Drafel zu Delphi war das einzige, was ale
ein gemeinfchaftlicher Gnadenort von ganz Gries
henland betrachtet wurde. Mad biefem gemeins
ſchaftlichen Gnabenorte fandte man in. älteren Zei⸗
ten mannbare Söhne, bamit fie bem Apoll die Erſt⸗
linge ihrer Haare weibeten. s). Hier verfammels
ten ſich die Amphpktionen, ober bes hohe Math
alles Griechiſchen Freyſtaaten; and alle Griechiſche
Völker hatten in dem Tempel zu Delphi heilige
Stätten, oder Schäße£), wo bie dem Gott geweih⸗
ten Geſchenke und Denkmaͤhler aufbewahrt wurden.
Als daher die Phocenfer den Tempel zu. Delphi
pluͤnderten, verabſcheuten alle Griechiſche Völker
ben Tempelraub als eine That, die Bon ganz Grie⸗
chenland, ja von allen Nationen ber Erbe gerochen
werden müffe Man erhob ben König Philipp
von Macebonien, der die Phocenfer befriegte, als
ben Freund and Vertheidiger des Goͤtter zum sin
r) Man behauptete nicht bloß, daß der Tempel gu
Delphi in dem Mittelpuncte von @riechenland, fons
bern der ganzen Erde liege. Plato de Rep. IV. 268.
's) Plut. I, p. 10, in Thefen,
) oyuas, Inanupue), .
se nen
!
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683
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melu); und tadelte bie Athenienſer, welche die |
Thermopylen gegen. ben Philipp befeßt hatten,
als undankbare Abtrünnige des Gottes, ber ihnen
‚fa unfäglide Wohlthaten erwiefen habe x). Da
Fein, anderer weiffagender Gott in Griechenland fo
oft und von fo vielen Völkern zu Rathe gezogen
wurbe; fo warb auch ber Tempel Feines anderen
Gottes fo reich, nicht bloß dur die Vergabun⸗
gen ber Griechen, fondern auch vieler fremden Kös
nige und Voͤlker y)._ Man wandte fi an das
Orakel zu Delphi, und an andere Orakel nicht nur _
. — in
u) Iuſtin. VIII, 2. Incredibile, quantum en res
apıd omnes nationes Philippo glerine dedit,
Illum vindicem facrilegii, illum ultorem religio-
num: quod orbis viribus expiari debuit, folum,
qui piacula exigeret, exRitille. Dignum itaque,
qui diis proximus haberetpr, per quem deorum
majeltaa vindiegta fit. i
nV
-jug turpe erat alios vindices fuille; immemo-
‚ res prorfus, quod in dubiis rebus fuis illo deo
etiam conliliorum auctore uß fuerang: quod illo
. duce tot bella vietores inierant, tot urbes aulgi-
»)lLea-->- nt eng propngnatores feoleris, cu-
cato eandiderant, tantum imperium terra, ma-
rigue quaefierant; quod nihil fine majellste nu-
minjs ejus aut privatae unquam, ant publicae
rei geflerang. Tantum facinus admififle inge-
nig, omni dactrina excnlta, pulcherrimis legi-
‘bus infitutisque formata, ut, quid poſt hac [uc-
cenſere jnre barbarig poffent, non haberent,
‘
y) Cic, de Dir. I, 19.48. Join. XXIV. 6. Matte
igitnr jbj et apulenta regum — Vi
fäntuy munera: quasgne magnilicen
dentinm vota gratam volunfatem, 'et deorum
refponfe manifetant, e |
\ J
iconsia fui red- _
‘
—
684 " ‚ — —
in allen großen Noͤthen z), ſondern man fragte
fie auch über bie Gründung von Städten und Pflanze
flädten a), über bie Einführung neuer Verfafluns
gen b), und über kriegeriſche ſowohl, ald andere
wichtige Unternehmungen c): ja man wählte den
Apoll häufig zum Schiedsrichter in Streitigkei⸗
. ten d). Sn manden Fällen warteten bie weiſſa⸗
genden Götter nicht einmahl ab, dag man fie bes
fragte, fondern fie ſchickten unaufgefordert ihre Aus⸗
ſpruͤche an die Völker und Fürften, die denſelben
gehorchen follten e). Nah dem Zenopbon gab
ed «ein altes Gefeg, welches durchaus unterfagte,
die Drafel über Kriege zu befragen, welche Gries
hen gegen Griechen führten F). Zur Exrhältung
bed Anſehens der Orakel wäre es allerbings get
geweſen, wenn man ein foldhes Geſetz nicht bloß
gegeben., ſondern auch genau beobachtet hätte. Als
Fein man Fan’ aus älteren, mie aus fpäteren Zei:
ten Beyſpiele genug anführen g), bag bie Götter
Fein Bedenken trugen, ſowohl über einfehmifche
/ als
-
.
u 2) Xenoph, de Republ. Äthenienf. c; 6, Jufin, XX.
2.3. Die meiften gleichfoigenden Zeugnifje bewei⸗
_ fen daflelbiac. —
a) Juſtin. 1. c. und XIII. 9.
‚ 5) Cie. 1.43. Jußin, III. 3.
| e) Herodot, VII. 140. 290, Plutarch. I. 457. 21, 57.
Thucyd, I. 25. 118, 126, - Ä
) Thucyd. T,2g c,
«) Herod, V. 89. Plutarch, II, 505, 527. Demofih,
p. 398. Edit. Wolfii.
5 Hiſtor. Graee, III. 7 % $ ı6, j
'g) Xenoph, I.c. 3. P. 395. Ju, III, 5
-
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[2 . \
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3 J
— — 685 —
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ald über auswärtige Kriege zu antworten. ——b - .
Lykurg und Solon verſchafften den von ihnen eins
geführten Verfaffungen durch Orakel eine göttliche
Santtion k). Lyſander wollte fich des Anfehens
des Apoll in Delphi bedienen, um die vom Ly⸗
kurg gegründete Verfaffung über den Haufen zu
werfen 9). Goͤtterſpruͤche allein bewegten die Athe⸗
nienfer, gegen ihren Willen die gelichte Vaterſtadt
zu verlafſen k); und den Leonidas, mit feinem
Haͤuflein ben Tod fürs Vaterland zu flerben I):
ohne welche heldenmuͤthige Entfchliegungen Gries
| chenland von ben Perfern wäre unterjocht worden.
Freyplich wird dieß Werdienft der weiffagenden Goͤt⸗
ter dadurch wieder geſchwaͤcht, daß fie Tyrannen
aufmuntesten, ihre Vaterſtaͤdte zu unterjochen m):
wie⸗
1
A) Juſtin. III. 3. Cic. de Div, I. 43. - - iidemque
‚ (Athenienles et Lacedaemonii), de rebus majo-
ribus ſemper ant Delphis oraculum, aut ab Ham-
mone, aut a Dodona petebant, Lycurgus qui-
dem, qui Lacedaemoniorum rempublicam tem- -
peravit, legea ſuas auctoritate Apollinis Delphici
confirmavit, ' "
\
i) Plut. 111.57. Nepos in ejus vitac.3.. Nach dem
Cicero widerfeßte ſich der Gott in Delphi den Ab⸗
ſichten Kyfandere. l.c. Quas (Leges Lycurgi),
. cum vellet Lylander commntare, eadem prohi-
bitus eft religione, |
X) Heredot, VII, 140, Plut, 1, 457.
j ) Herod, VIJ, 250, Jufin. II. e. 12.
m) Den Rypſelus in Korinth, Herodor. V.29. Den
Rylon in Athen, Thucyd. I. 186. Als die Pho⸗
cenfer den Tempel in Deſphi befeßten, zwang ihr =» ,
. Wnführer Hhilomelus die Pythia, den Dreyfuß zu
befteigen.» Die widenßrebende. Ppthia antwortete
Bu = end⸗
⸗
*
wiewohl auch dieſe Beoſpiele den außerordentlichen
Einfluß. beſtaͤtigen, welchen die Orakel auf bie oͤ⸗
fentlichen Angelegenheiten in Griechenland hatten.
Eben dieſer Einfluß erregte ſchon fehr früh, ſo⸗
wohl in vaterlandliebenden, als in ehrgeizigen Men⸗
ſchen den Gedanken, die Pythia, oder die Vorſte⸗
her des Tempels in Delphi zu beſtechen. Die
Alkmaͤoniden feuerten durch erfaufte Götterfprüs
che die Lacebämonier an, die Pififtrariden zu ders
jagen und Athen zu befreyen m). Nicht Lange nach⸗
her gewann Rieomenes die Pythia, damit fie ants
worten möge, ba Demararus fein Gohn bes
Ariſto fey 0). Demoſthenes ſcheute ſich nicht,
oͤffentlich zu ſagen, daß die Pythia in Delphi phi⸗
lippiſire, d. h. von dem Macedoniſchen Könige
Philipp beſtochen worden p). Weber die Beſte⸗
chungen aber, noch bie Widerſpruͤche q), oder Dun⸗
⸗
kel⸗
eudlich: er koͤnne thun, was er wolle. Philome⸗
lus erklaͤrte, dag er kein anderes Orakel veriange,
Er machte die Antwort der Pythia als einen Goͤtter⸗
ſpruch befanut, wodurch Apoll ihm erlaubt babe, ſich
der Schäte des Delphiſchen Tempels zu bedienen,
Plut, VII, p. Jaı, | WB
| n) Herodot, V. 6a. 6
0) ib, VI. 66. |
p).Plutarch. IV. 734 Cic. de Div. 11. 57.
9) Bor der Schlacht bey Leuktra erhielten die Theba⸗
ner viele Gbtterfpräche, wovon die einen. günftig,
die anderen ungünftig waren. Epominondas ließ
bie erfteren zur echten, die auoeren zur Linken
feines Seſſels tegen, und fagte zu den Thebanern?
wenn ihr Muth habt, und’ euren Fuͤhrern gehorchen
wollet; fo folges den Goͤtterſptuͤchen zus Begım t
Bu on us
-
“_n._ m __
’ ——— | . | 687
kelheiten und Zweydeutigkelten der Sralelr) , auch
- nicht das. Antworten in Profa s) koͤnnen ald bie
wahren Urfachen des Verfalls der Orakel angefes
hen werben: am wenigften bie wachſende Aufflas
u rung, welche burch bie freyer denkenden Weltweiſen,
ober durch die Chriftlihe Religion verbreitet wor:
ben 2), ' Die Orakel waren nie in.größerem Ans
u fee
‚ fürchtet ihe aber die Gefahren der Schlacht, ſo ha's
tet eud) am die zur Liuken. Plut. VI, 728. 729, Xea
nopbon erzählt, daß die: Thebaner durch Draiel
zum Kampfe angefeuert worden, „, 393. Mit, Graec.
7) Selbft die Phitofophen rechtfertigten diefe Dunkel⸗
heiten und Zwepdeutigkeiten. Sie besiefen fid) auf .
einen Ausſpruch des Heraklit: ar’ waf, d To mar.
rev esı To av AsAloiıc, 8rs Asysl, STE xpUTTE,
alle onkavvsı, Cic.]. 19, 1, 66. 57.
4) Nach dem Eicero antwortete Apoll ſchon zu dem
Zeiten des Pyrrhus nicht mehr in Verſen. De Div.
11. 56. Die frommen Weltweiſen rechtfertigten die
Ipäteie Einfalt der Goͤtterſpruͤche, wie die frühere
Dunkelheit, und bellagten fi darüber, daß man.
dem Apol bald die dichteriichen Blumen , und bald
die Einfachheit feiner Goͤtterſpruͤche vorgeworfen habe.
Pius, VII, 563. 611. | |
- 8) Diefe Iehtere Meinung hegten der Präfldent des
Broſſes 1. e. p. 112. und viele andere, Dieſe
Männer wurden durch die Gründe und Gpöttereyen
verführt, welche Cicero im zweyten Buche de Di-
vinatione gegen alle Arten von Disination, und
nahmentlich auch gegen die Orakel vorgebracht hatte.
Schon zu Cicero's Zeiten erflärten die Freunde dır
»Volksreligion dad Stifehweigen der weiflagenden
Goͤtter daher: evanulfie - - - vetuflste vim loci
- ejus, unde anhselitus ille terrae fieret, quo Py-
this mente incitata oracula ederet. — Hierauf
aute⸗
-
. .
x D
6ss — —
ſehen, als in ben Zeiten, mo Kunſt und Wiſſen⸗
ſchaſt den hoͤchſten Grad der Vollkommenheit erreicht
hatten, und am allgemeinften verbreitet waren.
‚Ste fanten nicht cher, als nah dem Verluſt der
Freyheit und Unabhängigkeit von Griechenland u);
amd diefer Verluſt der Freyheit und Unabhängig:
keit, fammt dem Verſchwinden des alten Wohl⸗
ſtandes und ber ehemahligen Volksmenge, war der
vornehmfte Grund bes Verfalld der Drafel. Nach⸗
"dem Griechenland zuerft von den Maceboniern, dann
Don den Römern unterjocdht worden war ; fo hörten
alle Berathſchlagungen über wichtige oͤffentliche Uns
gelegenheiten, über Krieg oder Frieden, über Bünds
niffe, Gründungen von Pflanzffädten, Werändes
rungen von Regierungsformen u. ſ. w. auf; unb
die Haͤupter, oder Vorſteher der Griechiſchen Voͤl⸗
ker hatten keine Veranlaſſung mehr, die Goͤtter
uͤber die Dinge zu fragen, woruͤber man ſie in
8
antwortete Rarneades, und nach ihm Cicero: de
- vino, aut [allamento pater loqui, quae evane-
fcunt vetuftate - - - quando autem-ıfta vis eva-
nuit? an pofiquam homines minus créduli eſſo
"coeperunt? Die Chriſtlichen Schriftfteler erdich⸗
teten allerley Fabeln, nicht weniger unglaublich, als
die Weiſſagungen der Orakel; um die Meinung zu
bewaͤhren, daß die Goͤtter der Heiden mit der Ge⸗
burt des Heilaudes verſtummt ſeyen. Wer Luft bat,
dieſe Fabeln und deren Widerlegungen zu leſen, der
nehme das oft angefuͤhrte Werk von Van Dale zur
Hand.
u) Selbſt vor der Schlacht bey Cheronaͤa trug man
noch) eben fo viele Drafel umher, ald in Altern Zei⸗
ten. Plutarch, 1V. 724,
—
— — 2a24249
älteren Zelten. am meiſten gefragt hatte ). Fuͤr⸗
ſten, und Staͤdte wandten Fi von dieſer Zeit
an felten an Die Orakel. Wenn es geſchah, fo
fragte man hoͤchſtens über die Hoffirmgen Yon Ernd⸗
ten, oder die Gegenmittel gegen herrſchende Krank⸗
heiten... Die meiſten Wallfahrter, melde bie Tems
pel ber weiſſagenden Götter beſuchten, waren Pris
vat⸗Perſonen, melde zu erfahren wuͤnſchten, ob
fie eine Schifffahrt madyen, einen Handel fchließen
follten, u. ſ. w. oder nit y). Selbſt die Walls
‘ Fahrten Yon Privat s Perfonen zu den Drakeln .
wurden aud einem boppelten Grunde nach dem
Verluſte der Griechiſchen Freyheit viel feltener,
"als fie ſonſt geweſen waren. Griechenland warh
theil® durch bie Kriege ber einhetmifchen Fuͤrſten,
und Ötaaten gegen einander, theils durch bie
ſchrecklichen Verheerungen, welche die Kriege dee
Mömer mit den Macedoniſchen, Syriſchen, und
Pontifhen Rönigen, am meiften bie bürgerlichen
Kriege der Römer nach fich zegen, „ in einem ſol⸗
chen
A) Plutareh. VII, 607. woAAn yap apyvy naı jouxım,
wennuraı ds woleuog, zu wÄRYE, N SAGE BR S-
ow, ads rupævrvidec, zde “Ale — Ra AERO
76 — eic. =
V) . c. p. 608. va deusyisa wolsuy Ravrsuuara,
. Gopas — rep, ma BoTruv ErIıyoyyE, XU 00
perav Uyssing, EIC. P. 604. .. ads yapd days
xarsfavvs un A map wuyg avdparods Kpyaopevag,
ds d deıva mapı spyaciag, «Aha. woAsıs usya duva-
BEYU, NY. Basılaıs , 3% Tupavva narpıöv way
Opovrpvrac BETUygavoy Ta SE FEph TPRYURTAV, -.,
Ex
[2
\ 4
690 — —
den Grade entvoͤlkert, dag man zu Pliitarchs
Zeiten Muͤhe gehabt.:hätte, aus ganz. Griechen⸗
land dreytauſend ſchwer bewaffnete Krieger zufams
men zu bringen: eine Zahl, welche Megara als
lein nad) Plataͤa fandte 2). Viele Städte, in
welchen fich fonft Tempel von weiſſagenden Got⸗
tern fanden, waren gänzlid vernichtet a). Aus
dere waren verarmt, und zuſammengeſchwunden:
welches traurige Schieffal die Tempel der Götter
mit den Wohnfigen ihrer Verehrer theilten, Selbſt
He geringe Zahl von meiftend verarınten Men:
fen, bie in Griechenland übrig blieben, warb
dur) neu: entflandene Hinderniſſe abgehalten, bie
Tempel der einheimtfchen weiſſagenden Götter zu
beſuchen. Gleich nad den Eroberungen Alerans
ders ergofien fih über Griechenland, und Italien
I kleinere und größere Haufen von Betruͤgern, bie
fi) entweder für Diener ber "Ifis, bed Dfiris und
Serapis, oder für Vertraute nes Mithras, ber
Des Mater, oder der himmliſchen Heerfchaaren
ausgaben, . und neben anderen falfchen Künften
au bie der Weiffagung, und Wahrſagerey tries
ben
z) Plut. VII. 629... orı 76 ons oAsyardping,
jv di wporspay swosig x Ömolsus wepı masan
ONE TI TYV OINSUEVTV OMSIDYKERYTO, MÄSISOV REp0G »
FÄNMaG Meresyns, xy Kolis av vovöiy ‘Rapacıyes
rpioxskusc onaruc, OBsS 7 HEYapemy Min MwÄIG
searsudev sic wArreing.
. a) Plutarch nennt dergleichen p. 630, die fammt
ben umliegenden Gegenden ſo verwäftet waren, daß
—F in ganzen Tagen kaum auf einen Schaͤfer
ie Ü ‘ *
— — 69t
ben b). Die Griechen entwoͤhnten ſich ‚je laͤnger je —
mehr von der Sitte der Vorfahren, mit einem be⸗
traͤchtlichen Aufwande von Zeit und Koſten die
Tempel weiſſagender Goͤtter zu beſuchen, da ſie
die Zukunft fuͤr eine Kleinigkeit von umherziehen⸗
den Weiſſagern, und Wahrſagern erfahren konn: -
ten. In Verbindung mit den jeßt angeführten
Urſachen wirkte allerdings auh das zum Werfall
der Drafel mit, was Strabo unridtig für ben
einzigen Grund ihres Sinkens hielt, daß bie alles
beherrfchenden Römer nur felten Orakel fragten c).
Faſt fcheint ed, ald wenn bad Drafel zu Delphi
eind ber erften geweſen fey, bie in einen fchnellen
und tiefen Verfall geriethen. Wenigſtens reden
beyde Ctcerone von dem Drakel zu Delpht ald von
einem folden,. bad ſchon lange gänzlich verſtummt
De nn | ’ war
z 5) Ich führe über eine bekaunte Sache, wovon ich
an mehreren Orten ausfuͤhrlicher gehandelt habe,
«bioß folgende Zeugniſſe an. Ennius ap. Cic, de -
Div. 1, 68. Piut. VII. 604
. y »
c) XVII. 468. ers vos wpxmg marlov 99 sv Tıay,
a Bayrıny xuJoAs KyTraxprsmpie, vurı d6 0Ai-
Yapız narexsı mMOAAy, TV bouaiwv EONBUSUWV TOIG
Zißvlins xpysmois, etc. Asowsp uy To au An-
pwvi aogedoy rı anAsÄuırrey xorsnpiovu, mporegov 68
STETLUNTO, Val. Max. 1. 3. Eutatius, qui pri-
mum Punicom bellum confecit a [enatn pro-
. hibitus eft [ortes fortunae Praeneilinae adire,
‘ Aufpieiis enim patriıs, non alienıgenis rempu-
blicam adminiftrari oportere judicabant,
Xx 2
—
693 | — —
war 4), bas wenigſtens keine Vergieichung mit
bem freylich auch verbluͤhten Orakel der Sorsung
zu Praͤneſte aushalten koͤnne e). Bald nachher
ſanken bie Orakel des Jupiter Ammon f), des
Jupiter zu Dodona, und die meiſten übrigen Ora⸗
kel in Griechenland, ohne ſich jemahls wieder aufs
zurichten g). Das Orakel in Delphi hob ſich kurz
vor den Zeiten Plutarchs von neuem empor, und
war neben dem Orakel des Trophanius das eins
zige im eigentlichen Griechenland, was fleiſſig bes
ſucht wurde 4). Sollte man durch das bisher Ges
| | nn | ſag⸗
f
&) de Div. I. ı9,.. . Jam din idem non facit.
il. 57. Sed quod caput el, cur ifto modo jam
' eracula Delphis non eduntur, non modo no-
‚Ara aetate, fed jam diu, ut nihil pofht elle
contemptius,
«) II. 4ı..de Div. Sed hoe quidem genus divina-
tignis vita jam communis exploſit. Fani pul.
eritudo, et vetuſtas, Praenellinsrum etiam
annc retinet fortium nomen, atque id in vul-
s. Quisenim magiltratus, aut quis vir illu-
rior utitur [ortibus. Caeteris vero in locis
fortes plane refrixesunt. Quod Carneadem
Clitomachus ſeribit dicere lolitam, nusquam
fe fortunatiorem , quam Praenefte, vidifle For-
tunam.
f) Strabo l, c.
8) Strabo VII. 504. ExAchoms de mug x re Pr
ru To av Audwuy, xudarap T’aAld,
h) VII. 621. paAlov ds wAyy dvos 7 dusv ‚URave
rær onkaryıv öpavrag, In Eilicien waren noch die
Dratel des Mopſus und Amphilochus in Unſe⸗
ben, ib. p. 709. Lucian zahit dieſen die Orakel
bed Clariſchen, nud Dibpmeifchen Apoll au. Me
. oo. 23 eo
.
J
+
I)
i ' _ —
1:
— — 6
fagte noch nicht vollkommen überzeugt werben ſeyn,
daß der Verfall der Orakel in Griechenland durch
die von mir angefuͤhrten Urſachen, und nicht durch
die allmaͤhlich verbreitete Aufklaͤrung verurſacht
worden; fo leſe man new das Maͤhrchen des Apu⸗
lejus vom goldenen Eſel, und beſonders die Ge⸗
ſchichte des Betruͤgers Alexander vom Lucian.
In keinem der aͤlteren Orakel übte man fo grobe
Betruͤgereyen, befonderd burd die fo genannten
. mündlichen Götterfprüde, als Alerander fiher
laubte; und body eilten gu bem von biefem MBeträs
ger errichteten Orakel jährlich fieben "bis adıt My⸗
riaden von Menſchen nicht bloß aus ganz Aſien,
fondern auch aus Italien, ſelbſt aus Roms): und
zwar
236. Weber das Wieder⸗ Aufbluͤben des Tempels,
und der ganzen Gegend von Delphi fur; vor Plu⸗
tarchs Zeiten ſehe man feine Abh. über die Delphi⸗
ſchea Orakel VE, Gra. sı. Ich führe bloß folgende.
Stellen an: Spars dywulev auto) woAAa uRV 8XTIg-
N
HEVa Tas wporepoy uX .ovran, wolle Wavazupe
00 TWV guysaxuussav x diaptapusvav. oo +
. guy ds Aupxporspa nd BpuTTova 0. Ga ssapE
Gyusm Turar avadıduav, erep eLauxus TC
RpOOIeN epmitius 4 Faying, SyrdpImy May Ässparpo-
Tray Tv warum. Lucian EI, 404.
‚208, fchildert Delphi, und das Dratel in Delphi
gleichfalls als fehr blübend: wie wohl man fagen
oͤnnte, daß diefer Schriftſteller fih bey feiner
- Gchilderung in die Zeiten des Phalario verfeit has.
be. Auch war der Deiphifche Tempel zu den Zei-
sen des Pauſanias zwar nicht mehr reich an Schaͤ⸗
tzen in baarem Gelde, aber ſehr reich an dei Bofts
barften Dentmählern der Kunfl. X. 9. et lq e.
3) Lusian. 11. 251. 237. 259.
a}
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—— — — — — —
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4 :, ——
zwar waren es vorzüglich bie Reichſten und Maͤch⸗
-tigften, welche dieß Orakel beſuchten, oder durch
treue Ruechte und Freygelaſſene beſchickten 4). Nach
der Regierung Antonins des Weiſen nahmen alle
Arten des Aberglaubens in gleihem Werhältnig
mit dem Verfall des Reichs zu.‘ Die eifrigften
Vertheidiger, und Werbreiter des Aberglaubens
waren die neueren Platoniker. Selbſt die Schwaͤr⸗
merey dieſer After⸗Philoſophen mar nicht im
Stande, das Sinken der Orakel aufzuhalten. Al⸗
lem Anſehen nach dauerten die Orakel der Aeghp⸗
tiſchen, und anderer Morgenlaͤndiſchen Gottheiten
laͤnger fort, als die Griechiſchen. Die Tempel
weiſſagender Goͤtter wurden, gleich allen uͤbrigen
Zempela unter der Regierung des Theodoſius
im J. 389. unſerer Zeitrechnung entweder zerſtoͤrt,
obder geſchloſſen 1): wiewohl man auch nach dieſem
Zeitpuncte in der Stille fortfuhr, die Goͤtter zu
befragen, bis allmaͤhlich ſelbſt die letzten Ueber⸗
bleibſel des alten Heidenthums verſchwander.
k) 1.c. wc da ıc 7 Iralıay Yıaparyes Ts payrsis
To uÄsog, Keysıc TV — RX wolıy SVTBESGCSsv, udeic
dsıg un aAloc #p0 »AAs yasıysro’ 6 68V AUTO 109-
rag, d1 de weurovrsc, am halısa 01 duvarararaı, -
xy usyısov afıwun U 77 moÄsı BXOUTSG, -
U, Van Dale p. 538.
| WVierzehntes
-
o
x * v.
—X —— \ 695
1X . -
Vierzehntes Bud,
Geſchichte der Trauer bey dem Tode von Ans
verwandten und Vorgeſetzten: der Beſtattung
von Leichnamen, und der DBorftellungen von
‚den Schickſalen bet abgefchiedenen
0
Unter Trauer verſtehe ich nicht die natuͤrlichen,
und ungeheuchelten Aeußerungen des Schmerzes,
and der Sehnſucht bey dem Tode von geliebten,
oder geehrten Perſonen, fondern bie ganz, ober
gröftentheils erfünftelten, in die Sinne fallenden
Merkmahle von Beyleid bey dem Tode von Blutes
verwandten, wodurd man bie ab eſchiedenen Gees
len der Verſtorbenen zu beruhigen, oder zu ver⸗ |
fühnen ſucht, und bie baher einen Theil des Tod: |
tendienftes audmachen. | |
Trauer in biefer Bedeutung ficht nicht im
Verhaͤltniß mit ber wahren, oder innern Betruͤb⸗
niß , und Sehnſucht ber Traurenden, fondern als
lein mit ber Furcht vor dem Uumuth ber abgefihies
denen Seelen. Sie war, und ift daher am mil⸗
.beften unter den Völkern, melde bie Natur mit
einem lebhaften theilnehmenben Gefühl befchentte,
— | und
— —— nun
—
4
27 DEE Ze
. und die den Verluſt geliebter, ober geehrter Per⸗
ſonen am tieffien empfanden a). Gie war, unb
{ft hingegen am lanteften, peinlichften, und man |
kann fagen, am chrgeißigften unter folden Natio⸗
nen, wo ed wegen bed. Mangeld, ober der Schwaͤ⸗
che des theilnehmenven Gefühle fehr gewöhnlich
ift, Kinder auszuſetzen, abgelebten Vätern bie .
Hölfe zu brechen, und Sterbende zu verlaffen, ober _
aus der Welt zu ſchaffen. Die Xrauer mag uns
‚ tee Menfchen diefer Art fo fehreterifh und bfutig
ſeyn, als fie will; fo iſt fie fehr häufig thränens
fo. Auch ift fie nicht. anhaltend, fundern bright
| nur zu gereiffen Zeiten aus. Endlich offenbart fie
ſich oft nicht in den Perfonen, die traurig fepn
ſollten, fondern in Stellvertreterinnen, die hoͤch⸗
ſtens das Geſchreh, und bie Geberden von Tram:
rigen nachaͤffen Tonnen. Gerade deßwegen, weil
die Trauer unter den meiften Völkern nur Scans
ſpiel tft, . überlaffen fi) die Trauernden, gleich
nachdem fie ihre Trauer s Rollen ausgefpielt ha:
ben, der wildeften Fröhlichkeit. Die gotteddienſt⸗
liche Trauer ahmt die Achte Traurigkeit nicht nur
nach, fondern übertreibt fie meiftende. Trauernde
vernichten, ober vernachlaͤſſigen, und verändern
wenigftend ihre Kleidung und: Putz. Sie weh⸗
Hagen, faften, zerraufen, und ‚zerfleifchen fi.
In Ruͤckſicht auf Kleider und Putz befolgten bie
Drauernden unter allen Völkern’ daſſelbige Geſetz.
— | Ä Dan
“ 8) So fagt Tacitus von den alten Deutfchen: ©. 27.
“ Funerum nulla ambitio. . . Laments et laery-
mas eito, dolorem et trifitiam tarde ponunt.
Ä Feminie lugere honeflum ef: viris mem
nille, r
4 . J J — | - ' . | 097-
Max mieb nicht nur alle Pracht, and geſuchten u
Schmuck, fondern man wählte aud überhaupt ein
ſolches ieufiere, was Yan dam gewoͤhnlichen fehr |
abwich, oder bemfelben gar entgagengefeßt mar.
Wo die Männer gewöhnlih ihr Baarts und
Haupthaar abfhoren, ba ließen fir es in den Zei⸗
ten der Trauer wachhfen, und umgekehrt. Wo die
5 Weider Ihr Haupthaar nährten, oder bebechten,
ſchnitten fie es ab, oder liegen es flattern, Wo
may gewöhnlich bunte, ober dunkelfarbige Kleiver
trug, legte man in den ‚Zeiten ber Trauer weiße u
an, und uurgelebet.
Zu den anerklaͤrlichſten Gewohnheiten gehoͤrt
diejenige welche Herodoe von den Trauſen, ei⸗
nem Thraciſchen Wolfe erzählt. Wenn, ſagt die:
fer Geſchichtſchreiber, ben Trauſen ein Rind ges 5%
bohren wird; fo feßen fih die Eltern, und übrigen |.
Vfutöverwondten um das neugebohrne Knaͤblein, 5; :4,;
oder Maͤgdlein her, und beklagen ed unter Aufs Eh Hit
zaͤhllung aller Uebel des menſchlichen Lebens wegen/
—
4*
2‘
Tel ——
Ag
des Slendes, zu welchem «6 gebohren mworten.! 2 m
Hingegen bey dem Tode von Angehörigen frohlocken
fie, indem fie fo wohl bie Unfälle, denen der Ber: |
ſtorbene entuommen, ald die Seligkeit, deren ex}
theilhaftig werben, auseinanderfegen 6). Bey
welcher Veranlaffung burchbrang das Gefuͤhl ber
wmenſchlichen Mübfeligkeiten eine zahlreiche und
tapfere Nation, in einem fruchtbaren Lande, und
unter einen nicht zuͤrnenden Himmel fo allgemein,
daß es dauernde Volksſitte ward, bey ben gluͤck⸗
ES
lichen \
3) v. . Aus dem Herodot (chöpften Val, Max. IL |
6. n- ı2, Pompon, Mela II. e, Solin. e. 15.
n
KL.) — ——
Eigen Geburten von⸗ Kindern zu wehklagen, und
‚bey dem Verluſt geliedter Perfonen gu frohlocken?
Beyde Gewohnheiten find fo unnatuͤrlich, daß ich
daruͤber erſtaune, Daß man die eine fo wohl, als
die andere auch nur unter Einem rohen Wolke wie _:
—
be findet. Die fo genannten Weiner in Louifiane
heulen bey ber Geburt von Kindern, und der Ans
kunft von Fremden: wie man, nicht wahrſchein⸗
Lich, vorgibt, weil fie den Tod für eine Reiſe hal⸗
ten, don welcher man nach einiger Zeit zuruͤckkom⸗
me, und bey der Geburt von Kindern fo wohl, als
- ber Ankunft von Fremden fi darüber besrüben,
daß fie in den befländigen Erwartungen ber Rüd:
Fehr ihrer verftorbenen Anverwandten getäufcht wer⸗
dene). Die befehrten Einwohner der Philipps
nen, wenigſtens Diejenigen, welche in Manila
wohnen, ftellen bey dem Tode ihrer Kinber die
Vebhafteften Freuden⸗ Bezeugungen an, nnd feßen
diefe fo lange fort, bis man die Leichname zur Rus
⸗
he gebracht hat a4)y. —
— Viele
\
«) Tonti im 5. B. der Voy. au Nord p. 158. ces
pauvres gens s’imaginent, dit - on, etc,
d) Gentil II. 140. 41, Lorsqu’il meurt un enfant
& Manille, fur- tout parmi les Indiens Méti-
ces, on fait de tresgrandes.rejoniflances ; ils le
parent le mieux, qu’il ef pofhble, l’etendent
fur un lit de parade, la face decouverte, lai
mettent une couronne de fleurs [ur la tete, l’en-
tourent de ceintures egalement de fleurs en
forme de guirlandes,, et il y a bal dens l’appar-
tement tant, que le cadavre y refte; ils don-
fent des menuets, des contredanles, et des
. . fandangos, et quoique la fatiguc les oblige d'y
“ " prendre du repos, parqu’on ne peut pas tou-
. 8 EN jours
v [|
— — 689
Viele Volker uͤberließen die Trauer vorzůg⸗ |
Ti den Weibern, oder bewiefen fie nur bey dem.
Tode von ermachfenen männlichen Anverwandten.
Beyde Beſchraͤnkungen der Zrauer entfprangen
aus einem Mangel von wahrem menfhlichen Ges
‚fühl, der ſich bald als Stolz auf eine vermeintliche
männliche Standhaftigkeit, bald als fromme Err.
gebung in den göttlichen Willen äußerte. Die
Amertcanifchen Wilden trauern felten, oder vers
gießen menigftens niemahld Xhränen bey dem To:
de ihrer Weiber und Kinder, weil fie das Weinen
-für. etwas unmännliches anfehen e). Bey bem
Tode von ermachfenen männliden Anverwandten
halten fie Klage⸗ und Sobreden, ober yerwunden
fi) gar bis auft8 Blur; allein fie ſtimmen nie in
bad Heulen und Wehklagen ber Weiber ein f).
Die Araber, Mauren, und Zürken betrachten es,
als eine Sünde, als einen firafbaren Mangel von
‚ Ergebung in den göttlichen Willen, wenn Männer
- bey dem Tode von Blutsverwandten und Freuns
. den teauern. Auch bezeugen fie ben Anverwandten
von
jours danfer, la mußque ne celle pas pour cela:
on porte le corps a l’eglile au Ion des violons,
qni entourent la biere Der juͤngere Egede er⸗
zabit, ©. 224. daß Eltern in Gröniand nicht bey
bey der Geburt von Knaben, fondirn nur von
Mädchen, und zwar deßwegen geweint hatten, weil
Madchen etwas jo unbedeutendes ſeyen.
e) Charlevoix 372- 36. L’Epoux ne pleure point
fa femme, parque felon les ſauvages les larmes
- ne convienntat point aux hommes. Selbſt bie
&.önlanser ſchſuchzen nur, aber fie weinen und
heulen nicht. Cranz 304 ©, .
‚ f) Carver p. 398- 403,
* —
20.
von
nen
ten,
Anhaͤngern Mahomets reine volllommne Reſigna⸗
65)
Y —— —
juͤngkt Berſtorbenen kein Beyleid, ſondern ſeg⸗
fie vielmehr &). Man faun viel eher behaup⸗
daß das Gebot des Korand, welches. ben
tion
Ruffel p. 116 Hoͤſt 124 ©. Shbawp 219. That
ablolute fubmillion,: which they pay to the
will of God, allows them nöx to ufe any con-
folatory words upon thefe [olennitics: no: lofe
or misfortune is t0 he regretted: inflead like-
wife of fuch exprelhons' of forrow and eondo-
. lence, as may regard the deeeaſed, the com:
pliments turnimpon the perſon. wbo is tke moß
nearly related, Berka fe ralfıck, ſay his friends,
i. e. A Blefling be upon your head. Unter den
alten Aegyptiern zerrauften ſich nicht nur die Weis
ber , fondern auch die Maͤnner. Heroder, I}. 88
Bruce erzäblt von allen Morgenländern, daß fie
ben Nagel Eines Fingerd lang wachſen lafjen, um
fi) damit in Zeiten der Trauer dad Geficht zerreiſ⸗
fen zu fönnen. Bruce II. 49. In der neuen Aus⸗
gabe IV, 246. In der Feige V. 35. N. A. es
mwäbnt er bed Zerreiſſens der Schläfen mit dem Na⸗
gel ded kleinen Fingers als einer bloßen Gitte der
Weiber. Eben diefer Meifende bemerkt, daß auf
der Inſel Maſuah bey dem Tode von Anverwand⸗
ten nicht Bloß die Angehörigen, fondern auch bie
Kreunde und Bekannten einen Gefang, und Tanz
unter dem Gchlage der Trommel anftellen. Cben
dieß geichtebt in Habeſſinien, mo bey dem Tode ei⸗
ned Vornehmen, die zroölf Richter , meiftend Mans
ner zwilchen 60 70 Jahren, auf eine Hächft laͤcher⸗
liche Art fingen und tanzen müflen. Upon the
: Death of ap oaoro, ar any nobleman, the twel-
fe judges, (who are generally betweon 60 and
no Years of age) ing. the fong, and dance ıho
.. figure- dance, in a manner ſo traly ridichlous,
that grief muft haue taken fait hold of every
(pectator, who does not laugh upon the osca-
on, - Zr ’
Ä
EN
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⸗
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l
den bey allen Fuͤgungen der Vorſehung zur Pfligt
machte, auß der natuͤrlichen Gemuͤthsart ber Dior:
— — or
genläntifchen Völker entfprang, ald daß die Res |
fignation, welche bie Morgenländer im Durchſchnitt
bey Unfällen beweiſen, eine Folge des Gehorſams
gegen die Vorſchriften ihrer Religion iſt. Wenig⸗
ſtens wuͤrden die Morgenlaͤnder dem Gebote Mies
homets nicht fo allgemein gehorchen, wenn ed
wicht fo fehr mit ihrem Charakter Abereinftimmte.
Einen Veweis ber jeßt vorgetragenen Vermuthuug |
Finde ih darin, daß die Brahminen, und die hoͤ⸗
beren Caſten der Heidniſchen Hindus gerade ſo den⸗
Ten und handeln, wie bie Anhaͤnger Mahomets.
Die Brahminen, und Banianen trauern bey dem
Xobe von Weibern und Kindern gar nicht, wie fie,
fagen, weil es thöricht fey, ſich gu betrüben, da
man volffe, daß man fierben müfle Bey dem
Tode von älteren männlichen Blutsverwandten,
ſelbſt von Vätern und Brüdern, ſcheeren bie Dis
‚dus hödftens den Vaart ab, enthalten ſich einige
Tage vom Genuffe des Betels, und nehmen ben
VTag über nur einmahl Nahrung zu fi A). Faſt
ſcheint 8, al6 wenn die Perfer fich von jeher von: -
ben übrigen Bewohnern des Drients in Ruͤckſicht
auf Trauer unterfchieben hätten. In älteren Zei⸗
ten gerriffen bie, Zraurigen, und Zrauernden ihre
Kleider, und fhoren nicht bloß ſich feldft, fonberu
aud) ihre Pferde, und andere Lieblingsthiere D.
Im Mahomethaniſchen Perſien zeichnen ſich zwar
die Weiber durch bie Ausbruͤche Ihrer Trauer vor
den Maͤmern aus. Allei⸗ auch die Maͤnner “
re xreiſ⸗
A) Aogers 1.19 Cap. Dallas Beytraͤge III. 95 ©.
3) Brillon. de imp, Perf, IM. 205. 6,
A bj
-
) j , . ,
702 —— :
reiſſen bey dem Tode von AUnverwandten ihre Klei⸗
‚der, zerraufen ihr Haar, zerkratzen ihr Geficht,
| zerfchlagen ihre Bruſt &), büllen fi in dunkel,
| farbige Gewaͤnder, Laffen acht Tage lang Haare
0. Baart wachen, und üben eben fo lange frenge
| Gaften. Am neunten Tage kommen bie Freunde
I des trauernden Maͤnner, führen biefe ind Bad, und
- Tegen ihnen neue Kleider en. Damit tft. die Trauer
der Männer geendigt. Die Trauer der Familie,
bie in Wehklagen an beftimmten Tagen, und zu
keftiiimten Stunden befteht, bauert vierjig Tage.
Mur vie Weiber, nit bie Mänuer, befuchen die
Gräber, um an denfelben zu wehklagen /).
,
Nirgend iſt die Trauer langwieriger, pein⸗
| licher, und gemeinfchädlicher, als unter ben Chir
nefen, und den übrigen Bewohnern bes ſuͤdlichen
| und oͤſtlichen Afiens, melde die Denkart, und
.
#
N
Sitten der Chinefen angenommen haben m), weil
| | Ä feine
um
‚: k) Chardin IV. 106. Jous ceux, qui {font inter.
eſſés dans la perte, qui vient d’arriver, com-
ıne les Parens entie autres, [e dechirent les ha-
birs du cou jusqu’ä la ceinture, s’arrachent les
cbeveux, s’egratignent le vilage, ſe frappent
. la_poitrine, et font tous leg autres actes de des- '
- elpoir, . Les femmes [urtout s’emportent aux
, exces de fureur et de delolation les plus autres,
eic,
4) L. c. IV. 108, 109.
m) Uever die ‘Trauer der Chineſen, de Halde Il.
», 146. etfq p. Le Comte II. 37. 39. Valentyn Il,
268. Ueber bie Tiauer ver Tun'ineſen, Mariny
P 294, 95, Der Eoreenjer, du Halde IV. 334- 36.
37. ——
x
\
Beine andere Völker ſich vor den abgeſchiedenen
Seelen mehr fuͤrchten, als dieſe n). Die Trauer
—
der Kinder um ihre Eltern, beſonders der Soͤhne
um ihre Väter, dauert drey Jahre, wenigſtens
ſieben und zwanzig Monathe. Waͤhrend dieſer
Trauerzeit muüͤſſen alle, die in oͤffentlichen Dienſte
ſind, ihre Aemter niederlegen: in aͤlteren Zeiten
wahrſcheinlich ſelbſt diejenigen, welche in Kriegs⸗
dienſten waren o). Waͤhrend derſelbigen Zeit iſt
es ledigen Soͤhnen und Toͤchtern nicht erlaubt, ſich
zu verheirathen: Verheitatheten nicht, der eheli⸗
chen Liebe zu genießen. Heimliche Ehen, welche
man waͤhrend der Trauerzeit einginge, wuͤrden von
der Obrigkeit aufgehoben werben, ſo wie die Obrig⸗
keit Kinder, die aus rechtmäßigen. Ehen gebohren
werben, für unaͤcht erklärt, und die Eltern, wer
nigſtens bis Mütter ſtraft. Die Trauernden bir:
fen ferner an keinen öffentlichen, und häuslichen .
-Feften Theil nehmen, kein Fleiſch, oder ſtarke
Getränke, nicht einmahl die gewöhnlichen Bequem:
lichkeiten ded Lebens genießen. Die Zrauernden
ſchlafen auf der harten, hoͤchſtens mit einer gemets
nen Decke belegten Erde, oft in ber Naͤhe der
Saͤrge, welche die Reſte der Merftorbenen. in fi
fhliegen, und melche ınan fo lange, ale möglid,.
o. j . b .
ve
nn) Dieß bemerkte fchon Coubere I. 367. ‚ .. ile pen-
fent aufli, que les morts ontie pouvoir de tour«
menter et de lecöurir lesvivants; et de la vient
‚leur foin, et leur magnificeäce dans les fune-
railles; car ce n'eſt que dans cela, qu’ils ſont
magnifiques.
o) Loubere I, 399. — encore me ſemble-t il,
ue cette exception pour les emplois militaires
ẽſt un etablillement recent,
J
— *
3 N
Bemtilen Jahre lang im Kaufe zu behalten pflegt.
Das gereinigſte Merkmahl von Trauer iſt dieſes,
baß die Trauernden alle koſtbare Kleider und
Schmuck ablegen, daß fie ſich anfang® in. grobe
Sack⸗ Leinwand, nachher in gemeine weiſſe baums
teolene Zeuge Heiden. Diejenigen Hinterindiſchen
Voͤlker, weldhe nicht bie Sitten, und Denkart
der. Ehinefen angenommen, fonbern vielmehr bie
der Mongolifchen Hirtenvoͤlker beybehalten haben,
bitrauern zwar auch ihre Xobten, indem fie eine
Zeitlang wehklagen, und weiffe Kleider anlegen.
Allein ihre Trauer iſt nicht fo gezwungen, alfo
auch nicht fo langwierig, und hart, ale bie ber
Chinefen p). In. Siam geſchieht es daher haͤnfi⸗
ger, daß Eftern ihre Rinder, als daß Kinder ihre
Eltern betrauern. In Laos bekuͤmmert man ſich
um Verftorbene nicht, man neunt ſo gar nicht eins
mahl ihre Rahmen, wenn man ihre Leidname
"verbrannt, bie Aſche gefammelt, und in Maufo: .
leen gebracht hat 9). Auf ben Tafeln der Süpfee,
⸗
welche man am genaueſten kennt, beklagen beyde
Sefchlechter den Tod von verſtorbenen Anver⸗
wandten. Man waͤhlt and beyden Geſchlechtern
Leidtragende, welche zu gewiſſen Zeiten in einer
phantaſtiſchen Kleidung zu den Morais wallfahr⸗
-ten, mo die Leichname der Verſtorbenen zur Vers
wefung ausgefeßt fi find. Die Leidtragenden führen
außer. einer Klapper ‚ die aus al großen Perl⸗
mals
») & von den Eiameken,, Koubere 1 I. 375. 378.
Les Sismois du contraire n’ont point de Deüil
force: ile ne donnent de marques de douleur,
qu’autant; qu’ils [ont allligez eic,
® Mariny p. 355. \
- . ’
. ’ ’
⸗
mattetſchaalen nwaht, einen langen, Eis, ı ber |
allenthalben mie Haufifh > Zähnen befeßt if. Mit
dieſem Stabe verwunden fie. eluen Soden, welden
ſie auf Ihren -Proceffionen antreffen: weßwegen
. and) alles entflieht, fo bald man das Geraͤuſch der
Zrauerflapper hörtr). Die Wallfahrten zu den
Morais, und. ben Ueberreften verfiorbener Anders
wandten werben nur fünf: Monathe fortgefeßt.
Man flellt fie. gegen das Ende dieſer Trauerzeit feb -
tener, ald im Aufange an... Die Leidtragenden
werben von mehreren Perfouen begleitet, die faft
ganz nackt, und mit einer ſchwarzen Farbe übers
firtchen find... Wlan nennt fie Tolle, oder Wahns
wißige, weil fie Perfunen vorftellen follen, welche
die Traurigkeit über den Verluſt der Verfiorbenen
| ganz außer ſi ſich geſetzt hat.
| Anch unter den Negern trauern die Weiber
mehr, als die Männer; allein bie Maͤuner ſtim⸗
‚men doch mehr ein, und nehmen mehr Theil, ale
im Drient 5). Go bald ein Mitglied der Fami⸗
lie , befonders ein Ehemann peftorben ift, fo tre⸗
ten bie Weiber vor die Thür der. Hätte, erheben
ein entſetzliches Geſchrey, zerraufen ſich bad Nanr,
ab zerfeßen ſich das Schicht. Dft laufen die trauern⸗
den Weiber, wie wuͤthend durch bie Dörfer, wos
bey fi ſie e meiſtens mit weiſer Farbe beſtrichen find.
Bey
r) Forſt. Voy. II 74. horſters Veebacht. 476. 77. Ss
4) Dentanet 11.31.61. 69 ‚Proyatt I. 174. Adan-.
fon p, 60. de Bry VI. c. 43. 44 Boomann 268,
69 ©, Cavazzi I. 403- 415. '
Dy:
— — —2——
700 — — — |
Ben dem.erfien Ertoͤnen bed Klagegeſchreys erhe⸗
ber alle übrige Weiber, ' bie doſſelhe hören, ein
:&haliches Wehklagen, ohne daß fie. noch wiflen,
wer der. Verftorhene, und welcde die Xranernden
find. Wenn man dieſes erfährt, fo eilen die Freu⸗
de und Belanuten des Verfterbenen in bas Ster⸗
behaus, and wehflagen vier und. zwanzig Stunden
Fang, ohne etwas zu fi zu nehmen. . ‘Bey dem
Tode von Kdnigen wird das Wehklagen drey Tage
lang fortgeſetzt. Man wiederhohlt diefelbigen Ges
ſchreys, biefelbigen Zerraufungen, und Zerfekuns
gen bey ber Veerbigung ber Verſtorbenen. Gleich
nach ter Veerdigung aber kehren die Trauernden in
das Sterbehaud zuruͤck, wo fie Zage lung freffen,
u fanfen und tanzen, als wenn fie bey einer Hochzeit⸗
and nicht bey einer Todtenfeier gegenwärtig wären.
Alle Reifende bezeugen, daß man in ben Trauern⸗
den, melche ben Leichınzug begleiteten ,„ nad ber
Beftattung nicht die geringfie Spur Yon Traurig⸗
keit wahrnehme. Uns befte glaubwuͤrdiger ift bad,
a8 Cavazzi erzählt ), daß die Webklagenden
Beine Thränen vergießen: daß fie did zum Angens
blicke ded Wehklagens, und auch gleich nachher
ſcherzen und ladyen: baß ſie die Manmerey der
Zrauer auch bey benen nicht unterlaſſen, welche fie.
felbft auf eine graufame Art umgebracht haben..
Unter ben meiften Völkern in America neh:
men die Männer weder an bem Wehklagen ter
Weiber Theil, noch geben fie ihre Trauer durch
irgend etwas Auffallended in Kleidung und Puß
zu erßennen. Wo aber das letztere geſchieht, da
laſſen fie zum Zeichen der Trauer ben Baart wach⸗
ſen
) I. c. P. 410. 410.
l
=... 707
ſen u), oder beſtreichen ſich mit ſchwarzen Karben x).
Wenn die Männer in America meniger trauern, als
in Africa, fo find dagenen die Weiber zu einer
härtern Trauer verpflichtet, ald im Ießtern Crds .
theile. In America iſt es nicht genug, daß Weir
ber bey dem Tode ihrer Maͤnner wehklagen, und
ſich verwunden. Sie muͤſſen dieſes Wehklagen
. ein ganzes Fahr zu gewiſſen Stunden fortfeßen,
oder wenn fie Beſuche erhalten, oder die Gräber
‚ der verftorbenen Gatten beſuchen. Sie muͤſſen
- eben fo lange faften, d. h. ſich aller animaliſchen
Nahrung enthalten; ſich in Lumpen ober ſchlechte
Kleider einhüflen, das Geſicht ſchwaͤrzen, ſich nie
wafchen, und in ihre Huͤtten einſchließen y). Waͤh⸗
>”. 0. \ rend
1) Im untern Louiſianac, Pages E36
#0 Ju Patagouien, Falkner p. 118. Unter gewiſſen
Witden am Oronoko, wo man feidft durch die Gra⸗
de des Schwaͤrzens die Grade der Verwandeſchaft,
:yud.der Trauer aubdruückt. Gumills I 319. Uns
ur, ter diefen Wilden ftimmten aud) die Männer in dab
Klagegeichrey ein. Z2ı.p.l.c.
y) Begert S. 14. Cranz I, 204 Falkoer/o, 119.
Charlevoix 372- 376 p. Carver 405 et ſꝗ. p.
Charlevoir 1. 468: jagt, daß Ein Volk im Parn⸗
gnay bey nein Tode bes Gasiquen einen Monarch
Iang faſtet, d. h. ſich von dem Genuſſe non Fiſchen
enthält. Die Verwandten uud Bekanuten, weiche
bloß bewirshet warden, fondern nehmen auch. we⸗
nigſtens in Grönland, heimlich oder öffentlich aues
.: gefaͤlt, ſo daß nicht ſelten die audgepluͤnderten
. Mittuen mis ihren Kindern ‚bald nachher verhungern
. ‚möflen. BE BEE
.4,7°
\ . , . , . ” 7 .
“io. R * . +
°
P .
‘
kommen, um ihr Beyleid zu bezeugen, muͤſſen nicht
mit, was ihnen in dem NMuchlafle des Verſtorbenen
L "7 — — —
\
708 — —
—— A
rend der Trauerzeit; darf keine Witwe ſich verhei⸗
vathen. Wenn in Patagonien eine Witwe ſich
während der Trauerzeit einem andern Manne über:
Yieße; fo würde fie fammt ihrem Meyfchläfer von
den Verwandten des verſtorbenen Mannes umges
bracht werben: audgenommen, wenn fie bemeifen
kann, daß man fie mit Gewalt zum Beyſchlaf ges
zwungen habe 2). j
Unter den Griechen blieben die Maͤnner in
Auſehung der Merkmahle der Trauer nicht weit,
hinter den Weibern zuruͤck. Väter, die ihre
Söhne, Söhne, die ihre Wäter, Krieger, die ihre
MWaffenbrüder verlohren hatten, zerriffen zu Zus
cians Zeiten, wie im Heroiſchen Zeitalter, ihre
. Kleider, -wöälzten fih im Staube, ſchlugen ihr
Haupt an den Voben,: ober beftzeuten es mit
Staube, und hielten an bie Verſtorbenen ähnliche
Reden, wie man fie unter allen Wilden, und dus
- ter allen Morgentändifden Voͤlkern zu halten
pflegt a), Die Weiber wehklagten, eushtößten,
!
.
2) Falkner I, c.
4) Lucien, H, 927. z% ws a0 s6I46 narTappyyvu- ⸗
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yao xasıy aulıvdavroy wollaxıc, x Tacaspaiuc
‚aparracı mpog To edndes. Kucian führt dic Re⸗
den an, weldye Väter fo wohl, als Mütter an ihre
entſeelten Kinder zu halten pflegten. Man erwähns
te in diefen, wie in allen ähnlichen Reden, vie
Sreuden, welche die Werftorbenen deu Zuruͤckblei⸗
bernden geraubt,; oder beren fie durch dem fruͤhzeiti⸗
‚gen Tod jelbft beraubt worden: das Gute, waͤs fie
befeffen und geuͤbt hätten, oder in der Zukunft haͤt⸗
ten erwerben, und verzichten koͤnnen, u. |. We
14
2 —— 789
anb’zertänften ihr Haupthaar, warfen die ausge⸗
riſſenen Haare auf die Leichname der verſtorbenen
Geliebten, zerkratzten oben zerſchlugen ſich War
gen und Bruſt, ſtuͤrzten ſich uͤber die Leichname,
oder Gärge der Geliebten her, als wenn fie fi
don benfelben nicht trennen wollten, und nahmen
Tage larig weder Speife und Trank zu füh, als
Merfonen, bie ded Lebens gaͤnzlich uͤberdruͤſſig wär -
ren 6). Sehr oft fgnitten die Weiber dad Haar
ganz ab; ſo rote die Männer ed wachſen Liefen r).
Beyde Geſchlechter legten alle Prachtkleider, und
Schmuck ab, und trugen, gleich ben Römern in
ältern Zeiten dunkelfarbige, in fpäteren Zeiten,
weiffe Kleider d). Die Gefeßgeber ber —
= EB 70 fach
I
bb Lucian, l.c. Omwyar d’sri Teroic, xy Male
TO YUYKIEWV, NY MED MEUTOV ÜHNpPUxR, KU 58p=
ı Y6 TURTOUEYE, " Ro GEMPRTTOHEUN Kay, 104
Gomwioronavoy mapsıy. Petron von der Matrone
zu Epheſus, p. m. 197, non eontenta, vülgari
more, fanus profequi paflis crinibus , aut nu-
datum pectus in conlpectu freguentiae plange-
re,.. At illa. . laceravit vehementius pe-
ctus, ruptosque erines fuper corpus jacentis
impofuit. |
0) Piut. VII, 8% Un eben-diefer Stelle fragt Plut⸗
arch: warum Söhne bey der Beſtattung der Väter
das Haupt verhüllten, uͤnd bie -Zöchter das Haar
entbloͤßten, und flattern ließen?
4) Dunkle Farben waren in ältern Zeiten Trauer: Far⸗
| ben, Selbſt in Sparta wurden Peichname in bun-
Teifarbige Gewaͤnder eingewieelt. Plut, I. o2s, In
ſpaͤteren Zeiten hingegen trug man weiffe Kleider.
. Eben daher fragte Plutarch: VII. 95. Be ri
Asun
%
aan J — —
ſuchten fruͤh, die Zeaeer entweder zu beſchraͤnken,
aber zu mildern. Lykurg erlaubte, bie Todten in
ber Stadt zu begrahen, damit: mas Leichname, und
Gräber nicht mehr, als befleckend unfehe. Bus
abe wirorbnete er, Daß bie Trauer mit dem «il:
ten Tage aufhören, und daß man, am zwölften
der Ceres opfern ſolle, am alsdann zu deu ges
woͤhnlichen Geſchaͤften, uud zu ber, aemöhulichen
Art zu leben ,. zurüczufchren_e). Epimenidee
u und Solon hatten tie Abficht, durch Math und
Sefeße das Harte, und Barbariſche ber Trauer
zu ‚unterdrücken, ‚befonders das Jammergeſchrey,
und.bie Serrauſungen der Wangen, und der Bruſt
aufzuheben 5). JIch zweyfle ſehr daran, daß dieſe
Satzungen des Eopimenibes, und Solon lange
beobachtet worden. In Rod trauerten die Muͤtter
ein ganzes Jahr um ihre Kinder: bie Väter bins .
ac änderten, weder eiwas fi ihrer Kleidang u.
y
1a 2
.
— Guss 2:7 Tow weder TE yore æriæ,
Kr. aeh Äeursc asknußaker; Auch die Roͤmer trugen bi
am den Untergang ver Republik Bunte, unter den
Reaiſern, weiffe Trauerkteider, wie Lipſius richtig
sermmthete „ weil in Tpäteren Zeiten beyde Geſchlech⸗
ter in foftbaren vielfarbigen, gewirkten oder geftids
„ten Kleidern prangten, und eben deßwegen weiße
Kleider, als die :emfachien amaefeher murden.
viel Excnzl. ad, Tacit. An, 11.95 Guther.
12 7°
"e) l.sge. Plutarch,
N Pine 1. 336. 359. 20 nu roouÄnpon Bern, 17
ro Bægſæpixov, a ayyaxavra mparsppv cs wis |
URN. 2 rg: Ps KOTTAUSUOU : : eo U TE
—RW wAkau [77 raPæic orsaocv aDahay,
—— Be 77
- an ihrem Dähpthaar g). In Maſſillen fanden
ſich Hoch zu ven Zeiten des "Walerins Maximus
yooy-öffehtlihe Särge. In dem einen wurden die
Kreyen , "in dem andern, die Knechte, ohne Weh⸗
Elagen, and andern Trauer⸗ Pomp zu Grabe ger
tragen h). Die Drachgebliebenien brachten bloß ein
ein Todten: Mahl. Die heutigen Griechen, unb
Griechinnen trauern nad} der altgemelnern Sitte ih⸗
Familien⸗Opfer, amd hielten von dieſem Opfer
ver Vorfahren: nur ſcheeren, ber: ſchneiben ſie
wicht niehr die Haare ab, und legen auch Feine
ſchwarze Kleider an i). N
Unnter den Römern waren gewiß viele, die,
gleich den Griechen, auf die vom Lucian beſchrie⸗
bene Art trauerten. Allein dieſe Art zu trauern.
war doch unter ben Roͤmern nicht fo allgemeine
Bolksſitte, und gleichfam Etiquette, als unter
den Griechen. " Die Roͤmerinnen hingegen trauer⸗
ten vollkommen auf dieſelbige Weiſe, wie die Gries
chinnen. Varro fagte fehr richtig, daß bie Mös
merinnen ihre Wangen zerfraßten, um ben abges
fchiedenen Seelen, die durch Blut verfähnt würd |
er . . 3 u den,
'g) Heracl, Pont. ap. Gronov. VI. 2828. In Lyxien
muften Männer, - die trauern wollten, Weiberklei⸗
der anlegen, ut deformitate cultus commoti
maturius ſtultum projicere moerorem velipt,
Val, Max, 111.6, 13. |
A) Val. Max, l. e, f, 9. fine Inmentatione, fine
planetu funeris etc, | Wr
3) Tournefont I, 89 et [9.9 Guyal. 280-214. P.
Far
Pr \
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alSus
“re
Moargenlaͤndiſchen, noch mit Slawiſchen Voͤlkern,
— — —
den, ‚genug gu thun x). Das laute Wehklagen,
596 Zerraufen ber Haare, unb bad Zerkratzen ber
Wangen unb Bruft bey dem Zobe, und ben Bes
flattungen‘ von Blutsverwandten bauen bis auf
den heutigen Tag unter ben Weibern im mittlern
‚und umtern Italien, wie in Corfila fort ). Sm
Corſika fallen fo gar bie übrigen Weiber, welche
kraueınde Witwen zum Grabe ber Maͤnner beglets
ten, über bie. Witwen ber, und wighandeln fie
durh Schläge, als wenn die nachgelafjenen Frauen
die Urfachen bes Todes wären. Plutarch nannte
mit Recht die Trauer ber Griechinnen barbarifc,
indem fie hoͤchſt wahrfcheinlich entweder von ben
Morgenlänsifchen, oder von anderen alten Colo⸗
siften abſtammte, bie aud einem mit Sarmaten
vermiſchten Volke entfprangen warın. Die Weis
ber ver Slawiſchen Völker trauerten von jeher, und
trauern auch jeßt noch eben fo, wie bie Morgenläns
derinnen und Griechinnen trauerten m). Ganz uns
begreiflich iſt es mir, wie biefelbige Art von Trauer
zu den MWeibern-in Hochſchottland und Irland, in
Bearn und Gascagne gekommen iſt n), da bie Be;
wohner diefer Länder keine Gemeinſchaft weder mit
zum
k) Ap. Serv. ad Aeneid. III. 67. - - - ora lacera-
„ „ bant, ut fanguine inforis fatisfacerent, qui ſan-
Guine placabantur. Auch Guther. p. 75.
2) Labat IV, 98, Swinbarn I. 115. Bofwell p. 2n2.
#3) Detmold VI, 207. Offervaz, intorno la Valachia
ete. p. hp; :; Le moglie non mancano di firap-
parli i cappelli, grafharfi ie guancie, ed urlare
apprello il Cadavere del marito.
#)' Pennant’s'Scotl. p. 99. 101. Lafitau II, 393.
it
4
Gum Theil nicht einmahl mit den Orichte und Roͤ⸗
l N \ "
4 · — 713
mern hatten.
Alle. größere Nationen 0), und ſelbſt viele
wilde Voͤlkerfchaften p), unter welden beyde Ge⸗
ſchlechter, ober wenigſtens Die Weiber ihre Trauer
durch Wehllagen und. durch Zerraufungen der Aaore,
der Bruſt und Wangen ausdruͤckten, brauchten
bey Leichen :Begängnifien, und bey dem Trauern an
. ben Graͤbern von Verſtorbenen fo genannte Klage⸗
weiber, die nicht nur im Wehklagen, ſondern
auch in allen uͤbrigen Merkmahlen ber Trauer
‚ für. die begleitenden Weiber, Töchter und uͤbri⸗
gen Anverwandtinnen ber Werfiorbeuen den Ton
angeben mußten g), Durch den Gebrauch. Kiefer
‚ Weiber warb offenbar die ganze Trauer: in eine
bloße Mummerey verwandelt, wo Perfönen,
bie. nit traurig ſeyn konnten, benen, die traurig
fen ſollten, aleichſam vorfpielten, und ihnen zeigs
ten, wie ſie fih zu geberben ‚hätten, um traurig
. f , no 3u
2) Die Morgenlaͤnder der alten Zeit, Shaw p. 2402.
= Die Araber, Türken und Kopten, Shaw l. c. . Mail.
« let II. 88.89. Niebubr 1.186. Haffelquift ©.
40. Sicard p. ı01. Die Griechen und Römer,
Guther. 118 et ſq p. Die heutigen Griechen, Tour-
— I.c. Die Slawiſchen Boͤlker, Anton 133.
134 0. ur Ä |
?) 3.8. die Umericanifhen Wilden, Charlevoixg73p.
Chez d’autres on loue des Pleureules,- - . .Elles
chantent, elle danlent, elle pleurent (ans celle,
et toujours en cadence etc, Die Wahnwitzigen
auf den Suͤdſee-Inſeln gehören gleichfalls hieker.
y) Praefjcae dicunter miylieres ad lamentandam
mortnum Cconductae, quae dant ceteris modum
„‚plangendf, quafi in hoc ipfum praefectae, Fa. '
ſtus in häc voce. 0
L,
za feinen, Es wäre unerläri, wie fo Diele
Völker glauben Fonnten, daß ein ſolthes Eicham
fpiel den abgeſchiedenen Seelen wohlgefallen könne,
wern man richt aus unzähligen anderen: Beyſpie⸗
‚len ne, daß ber ungeblivete Menſch in allen
Theilen des Goͤtterbienſtes nur darauf ſah, daß
etwas geſchehe, nicht, von wem, oder wie, umd
tn welchen Abſichten es geſchehhe. Die heutigen
Bewohner Aegyptens waͤhlen die Klageweiber, und
wahrſcheinlich thun, und thaten alle uͤbrige Dior
genlaͤndiſche Voͤlker ein Gleiches, unter den bͤffent⸗
ihren Weibs perſonen, ober fo genannten Dimzerin⸗
nen, teil biefe die geſchickteſten Saͤngerimmen, Taͤn⸗
zerinnen und Scaufpielerinnen find- 7). - Det
gemeiber nämlich fingen nicht Bloß, fondern fie
tanzen und fpielen zu gleicher Zeit 5), fo wie fit
iu Rom von Flötenfpielern begieftet wurden 2).
Der Klaggeſang beſteht iin Morgenlande noch jet,
wie vor Jahrtauſenden, in der beſtaͤndigen Wie⸗
derhohlung, und im 'den verſchiedenen Modalatio⸗
nen einiger inarticulirter Toͤne, und was das wi⸗
derſinnigſte iſt, eben ber Töne, wodurch bie Mor⸗
genlaͤnderinnen ſonſt ihre Freude zu erkennen
oo „” . ul;
. 2
4 Mailiet II, 99. Mahrſcheinlich veutete Sicard
das Gepraͤnge, was er ſah, nicht richtig, wenn er
annahm, daß die Tänzerinnen, welche einen Lei⸗
chenzug begleiteten, dazu beftimmt geweſen feyen,
die Traueruden zu erheitern. p. 101.
s ll. cc, ’ . j ”
: €) Schon in aͤlteren Zeiten brauchte man fo wiele Ti-
bicines, daß die-gmölf Tafeln zur Verminderung
des Aufwandes bie Zahl derfelben auf zehn befchränts
ten, Guther, p. 320. Enge
— —— — — -
Y
' .
[4 " . “ !
‘
terinnen nicht: bloß wehllagen, fordern: fi’ auch
zerraufen, auf die Erde werfen, ihr Haupt mit
Staub: beſtreuen, oder Seſecht und Schleier mit
Schlamm beſchmieren; for gefingt es ihnen nicht
ſelten, in den AUmſtehenben, beſonders tu Eures
piarn:, bebkaftere- Surpfindingen von Mitleid zu
erregen, als won. welchen ſir ſelbſt gerührt find x.
Ba ae Pape Ban SEE SE EEE En Selbſt
. 4) Shaw. l.e, At altsheirprineipel entestainments,
. m to [hew girth —— won other. 00:
cabona, the women welconie tbe arrival of each
gueft, by Squalling out, for [everal times toze-
tler. 300, 100, loo, At tkeir funerals alfo, and
'upon zmelaneholy occahiogs, the repeat-tbe fanp
noile, only the make it more deep. and hollow,
‚ and’ end each period with ſome ventri logaons
bghe, Shaw vermutier ſehr richtig, daß die
.Kaute Loo, Loo eine-Verberbung von Hallelujah
" Wuenbat daß je wohl · das ejulari der Mömer, als
dag alsincyy' army und beiouberd dad ahHAm
. der Griechen denſelbeneytſpraͤchen. Die Griechen
- aber druͤckten Traurigkeit allein Durch. Asdeu , Freu⸗
de hingegen Durd) un, w, auf. Ploutarch, in The-
"leo l. p. ke - - - - smıpovew de Ta erovdug
elsley, IE, 12, TUC Tapvrac, wV TO HSV OREU-
doursc av Pwvaiy, . un, TRWUROUTEG EWR, TO
rede wrrkniug, wu Tepaxac Ei.
©) Mailer], c. Sbaw l,c. For there are feverat
| mm. [ns
ben ud Da. die Klagewriber und deren Beglei⸗
—
women, hired t0 act,..upon thele lugubrious
oecafiöns; who, like tbe Praeficae, or mour-
ning women of old, are [Ailful’in lamentation
„(Amses V, 16,) and great 'miflrefies of thefe.me-
. Janchely exprefions; and indeed they perform
. tbeir parts wirh ech proper foands, geflures,
‘and Memmintions ‚. that ihey rarely fail to work
L
‚up ihe-aflembiy intn ſome exträordinary pitch u
-
P2
= men
— — — —— — — — — *
es rue
0
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x
-Auben man fi vor Leichnamen ſcheute hielt
man fie zu. gleicher Zeit auf eine gewiſſe Urt für
eilig, uud ſuchte auf alle mögkiche Art zu ver:
hüten, baß fie felbſt und ihre Ruhefkätten verketzt
würben, meil man fürdtete, baß die. abgefchiedes
nen Seelen ſolche Verletzungen an ben Lrhebern,
eder denen, welche fie nicht. Dagegen geſchuͤtzt haͤt⸗
ten, hart almben würben.® Daher unter manden
Nationen bie Gefeße, welche ausdruͤcklich geboten,
einen jeden unbegrabenen Leichnam, den man finde,
zu-verfharren, ober die Gräber, vor weldyen man
vorübergehe, durch dad Minzulegen von Steinen
gegen bie Unfälle von milden Thieren fidyerer zu
machen a), Daher bie harten Strafen, welde.
man am benen vollzog, welche die Gräber und Rus
beftätten von Verſtorbenen muthwillig beunruhigt
hatten, Die Röner. begnügten ſich nicht damit,
| die
bey hohen Strafen, Guiher. II. c. 33. p. 359. 60.
Dieſes Beyſpiel ahmte der Gothiſche Koͤnig Theo⸗
derich nach. Edict. Theoder. Regis p. 2:39.
Man kann die Regel, die unter den Griechen und
NRoͤmern galt, mit geringen Ausnahmen als Deut
art aller übrigen großen Völker anfehen. Auch die
Mahomedaner begraben daher ihre Todten außer
den Städten und Poͤrfern; allein die Ueberbleibſel
der Heiligen und der Könige nehmen fie in ihre Mitte
auf. Nur bin und wieder finden ſich in den Tuͤrki⸗
ſchen und Perſiſchen Staͤdten Kirchhöfe: Maſſel p.
116. Chardin III. 274. welche wegen ter geringen
Bedeckung der Gräber einem. fürcdhterliden Geruch
verbreiten. Ich babe anderäwo der Gründe er⸗
wahnt, welche die Ehrifien allmaͤhlich vermochten,
ihre Todten erft nahe bey den Kirchen, und zuießt
in den Kirchen ſeibſt zu. begraben.
0) Serv, ad I,c. ctad V..365, VI. Aeneid.
-—— mg
bie Uxnen, welche ihre Afıhe nehtelten, an ten
yerborgenfien ‚Stellen ihrer Grabmaͤhler einmauern
zu laffen, und diejenigen zu verfluchen, welche diefe
ihre Reſte eutweihen wuͤrden. Sie. brohten die:
Grafen. dar. Bermeifung, oder ber Arbeit in ben
Bergrerken ben Frevlern an, welche bie Reſte her
Verſtorbenen entbloͤßen, und der Sonne zeigen wuͤr⸗
ben 6). Mehrere Voͤlker hegten fo gar die Mei⸗
nung, daß die abgeſchiedenen Seelen fo lange trau⸗
zig umherfaren, und in bie Derter ber Ruhe oder
ber. Seligkeit night. eingehen wäÄrben, fo. lange bie
GLoͤrper, welche fie :chemahld belebt hätten, ‚uns |
begraben waͤren c). Der Wanſch, die Ueberbleib⸗
De Be ſel
—
3) Jung de Reliqulis p. 18. 22, Ich kann nicht ums
Bin, folgende ſchoͤne Strelle aus der Rede der Athe⸗
“ nienfifchen Gefanpten gegen ten König Philtpp von
Masehonien, den Zerftörer ihrer G:abmähler, abzu⸗
ſchreiben:? Livius XXX], c. 30. Verum enim vero
id fe queri, quod is, yui Romanos alienigenas
et barbaros vocet, adeo omnia fimul divina, hu-
manaque jura polluerit, ut priore populatione
‚ „cum infernis diis, lecunda eum [operis bellum
nefarium gellerit: omnia fepulcra, monumenta
que diruta efle in finibus fuis, omnium nudatos
manes, nullius ofla terra tegi,
| c) Virg. Aeneid. 1. c, Aeneas - - -
die, ait, o virgo, quid vult concurfus ad
amnem?..
quidve petunt animae ?
Ili hie breriter fata ef longaeva facerdos:
a 1.0 .,» 20 8 VE ..2* e
haec omnis, quam cernis, inope iuhumata-
. que turba ef:
8— ſopulti. J
Nec ripas datur horrendas et sauss Äugnta.
. - trauo-
—
Paortitor ille Charon ski, quos vehit unda,
nr met
\ .
120 _ — — Ä
fel von Verftorbenen vor aller Verlegung und Bes
unruhigung zu ſchuͤtzen, verantaßte nichtjbloß, wie
wir in der Folge ſehen werden, die Errichtung von
koſtbaren Deufmählern, ſondern auch bie Erbauung
von fo genannten. Krypten, ober Felſengraͤbern, de⸗
ren Eingänge fo wohl, als bie einzelnen Cammern,
oder Gewölbe, welche fie enthielten, entweder ver;
mauert, ober durch fefte Thuͤren verſchloſſen wor:
Ben. Solche Krypten, oder Catakomben ſieht man
bey Rom, in Sicilien und Maltka d), in Vor⸗
deu » Afien e), Syrien und Perfien. f), vorzuͤglich
tn Unters und Obers Uegypten g) Die Gräber
der Könige bey Theben haben fo große. Srffnuns
“gen, ba Druce deßwegen glaubte: die Stadt habe
daher ben Nahmen Hekatompylos erhalten. Er
gründet ‚biefe Bermuthung nicht bloß darauf, daß
die Stadt Theben felbft nit bes fünften heile
von Bundert Thoren fähig gemefen fey, fonbern
daß auch bie Gräber bis auf den heutigen Tag
Shore genanut werden bh. W u
i - ‘, Uns
transportare prius, quam [edibus olla quierunt.
Centum errantannos, volitantque haec litora
circum; \
tum demum admiſſi fiagna exoptata revifunt.
d) de Borch II, 18. 00,
| od Chandler p. 156, | .
5 Shaw p. 263, Niebuhr II. 155.
5) Shaw p.375. Sicart p, 490. 91. Brucel, p. 274,
‘ Edit, in 8.
A) Lc. The ſepulchres are fill called buban, the.
ates, by the Egyptians. Certainly Thebes it-
ell, ismagine ita figure, what we wälf, cannot
’ u vo
un — u Far |
r den Boͤtkerny welche ihre Torten ber
gruben, ſuchten fehr viele Die Leichname ter Ver⸗
v
ſtorbenen unverſehrt za erhalten, entweder darch
Einbalſamirusg, wie die Argyptier, Aethio⸗
pier und andere Raättoden-i), oder buriyQiäbbrren:
uͤber einem gelinden euer, wie bie Begeridi);: uber
durch bad Austrocknen an ber Luft und Sonne, ne vie.
le aͤltete und neurre Voͤlber Ihaten.k). Einige ker
* ge⸗
. Havc’bad'the fifth of that number. Der aelehrte
Heranggeber der zweyten Editivn erinnert! IL. 43.
daß Bruce ſich geirrt hube, uud daß Biben nicht
Thon, ſondern Höhle, oeder Keller bedeute.
#3 Ueber die verſchiedenen Urten der Einbalſamitung,
ober Mumiſirung nnter bau Aegyptiern, Harod. II.
56-88. Die heutigen Thibetaner brauchen allerley
Balſanie, Georgi Pr 444. fo wie die Einwohner
‘son Borneo, vorzüglich Kampfer, um Cörper
unverwestich zu machen. Sprengeks Bestrl II
855 ©. Die Hintus brauchten Velos, von welchem
Die Alterthums fotſcher ungewiß find, ob fie Darum;
ter Glas oder giadartige Lakke verſtehen füllen,
Lucian, il, 930, 33. ‚et ibi interpr. Die Perfet
übergoffen Görper mit Wachd, Herod. I. 140. Cic.
Tuſc. Quaef. I. 45. welches die Griechen nachahm⸗
. . tem Xenoph. Hi. Gr, V. p. 321.
. U) Projart I, 179. Bobmanh ©, 268.
13) Hof diefe Art mänifirten die Leichname der Ver-
ſtorbenen wahrfcheinlich tie alten Peruaner, Ulloa's
Nachr. IE 155. Acoſta VJ. c. 21, Die Einwohner
der Canariſchen Inſein, Glale p. 152. Nilgem.
Sammlkb. der Neiſen, II. 40; 41. gewiß die der Mas
siantfchen Eolande, Cowley p. 275: Die Neger,
‚Probert I. 174, bie Sormiejaner „-Valentyn V; 101.
-, Die Jugofairen, Isbrand p.209. Die oͤſtlichen
Juſulaner, Palles Beer 286, und vie alten
.
wen *
⸗
Kol⸗
| genaunten Volter halten Ip heen Bemühen gen, die
—
Leichname ber Verſtorbenen unverſehrt zn. erhalten,
keine andere Abſicht, als ſich durch dieſen Dienſt
die abgeſchiedenen Seelen geneigt zu machen h). Ans
Bere hofften vielleicht durch die ben Coͤrpern mitge
theilte Usverweslichkeit zu bewirken, daß dieſe
Coͤrper von ben Seelen, wern fie ten Kreis ihrer
Wanderungen vollendet Hätten, ſo glei wieder
koͤnnten eingenommen und belebt werden. Noch
andere ſchmeichelten ſich, die abgeſchiedenen Seelen
an die unverweslichen Coͤrper zu feſſeln, damit ſie
denſelben bie gehörige. Ehre erweiſen, und fie zu
Dengen, oder Theilnehmern ber Freuden des des
bens machen koͤnnten. Viele Aegyptier behielten
die einbalſamirten Leichname ihrer Vaͤter und Bruͤ⸗
bei in thren Haͤufern, wit bloß um ſie im Falle
der Noth zu verfeßen m), ſondern auch um fie zu
ehren, und zu Gaftmahlen, oder Anderen Luſthar⸗
keiten zuzuziehen n). . Die Zuügefäiren, die ser
a | chen
Kelchier, Aelian. IV, 1. Var. Hin. Unter den letz⸗
«teren wurden die Leichname in Ochſenhaͤnte genähet,
| ei. auch die Mumlen auf Teueriffa miwwitkelt
. ” n . v j
4 So die Perfer; auch die Scythiſchen und Celtiſchen
Voͤlker, welche die Schedel ihrer Vaͤter zu Trinkge⸗
ſchirren machten, Pellont. L æge
>) Horodot. II. 136. Diod, 1,95 €, Lucian. Ih
: 933 9. Ber den Leichnam feines Vaters, zum Uns
terpfande gegeben hatte, und Daun die gemachte
Schuld nicht bezahlte, ward für füh, und alle feine
: Nachlümmen ehrlos, und mis dieſen der Ehre des
SDegraͤbniſſes beraubt. i nn
n) Lucian. I; c. Fapıyavsı da ö Avurriot vroc as
‚90, Asyo da ıdav, Thpkvas Tov vanpov, “aurde
vo) ni wuürbrg sroiı0aTe, le
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!
Da een, —
ZN
hen Hafalgper,, und die Bewohner der Mariani⸗
ſchen Iufeln hängen, oder bewahren die ausgedoͤrr⸗
ten Leichname verftorbener Anderwandten in ihren
Hütten auf, um ihnen als Hausgättern bienen zu
koͤnnen 0). Wielleicht haben bie Neger id Afrika
bey dem Ausdoͤrren ber Leichname verftorbener Ans
verwandten biefelbige Abſicht. Vielleicht aber mar
chen ſie Leichname auch deßwegen unverweslich,
weil ſie fuͤrchten, daß ihre verſtorbenen Anverwand⸗
sen ſonſt von ben Göttern wuͤrden verſtoßen, oder
2. sicht aufgenommen werden. Wenigſtens fuͤrchten
die Meger jede Verſtuͤmmelung am meiften deßwe⸗
gen, weil fie in dem Wahne find, daß die Götter
Menſchen ohne Köpfe und andere Gliedmaaßen
nicht annehmen wärben, ba fie Menfchen mit Köp:
fen, u. f. w. genug erhalten Eönnten p). Der
leßte Grund endlich, warum man. ganze Cörper,
oder einzelne Gliedmaaßen unverweslih wacht,
oder fo lauge, als möglich bewahrt, iſt diefer, daß
man erſchlagene Feinde peinige, ober dem Gpotte
und Sohn Preis gebe, ober ſich des Sieges über
:biefelben freue. Aus biefem Grunde ſteckten bie
alten Eeltifhen und Scythiſchen Voͤlker die Köpfe
erfhhlagener Feinde auf Pfähle, ober nagelten fie
an die Thore von Städten, und Wohnungen g).
Aus eben diefem Grunde !heben bie Bewohner der
Dftindifhen, und Güpfee s Infeln die Schebel, -
ober Zähne getöbteter Feinde auf. Die Einwoh⸗
ner von Borneo geben fi) fo gar bie Mühe, bie .
| | Leich⸗
o) lebrand, Pallas, und Cowley II, os,
7) Aömer.&, 40. Suellgeave pa. _
9) Pallout, I, 219 et (q. p.
3; 2
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724 ıı nd wm.
relchname 'erfhlagener "Feinde zu batſumiren, um
ſie den Siegern zum Ruͤhme, und den Ueberwum—
benen zum Hohn und Schrecken aufſtellen zu Fön
nenr):
Manche Völker, melde nicht die Kunſt vers
fanden, ganze Coͤrper unverweslih zu machen;
beißten, oder fochten, ober fchabten entweder das
Fleiſch Bon den Gebeinen ab s), oder lebten bie
Leihname auf Serüfte hin 2), oder hängten fie in.
Bäumen auf u), ober ließen fie in Fluͤſſe hinabx),
ober begruben fie vorläufig y), damit die weichern
| — Thei⸗
r) Sprengels-Biytr. H, 255 ©.
6) Eo die Mitten in Buiana bey Wlchen, die auf hei
Jagd umkeminen, Baprere ©. 170. 171. Die
Abiſponen Dobrizhof. 1). 296. vormahls die Het
tentotten, Cowley p, 293... Die Franzoſen unb
Deutſchen kochten das Fleiſch von den Leichnamen .
der Könige und Fürften ab, weil fie daB Einballas
miren vergeffen Yatten. St. FöiX II, 239. Die
ſchiechteſte Art der Mumiſirung im alten Wegypten
war, wie ed fiheint, eine. Beitze, welche alle weis
here. Theile verzebrte, und nur das Gerippe übrig
lieg, II. 8. Herod, Ba |
. 6). Dieß thun die Nordamericaniſchen Wildern mit
foichen, die auf der Fagd flerben. Chärlevoix 372 ps
Die. Einwohner von Sumatrd. Sprengels Bentr.
T. 15. Die der Suͤdſee⸗ Inſeln, Horfters Beobach⸗
tungen 480 u. f- S. Die von: Eorea, Voy. au
Nord IV, 356, Die Parſi's. Ovingt. II. gi.
2) Isbrand p: 76. von ben Tuhgufen. :
æ) Gumill« J. gih, von ven Caraiben.
y) So die meiften Americaniſchen Wilden. -Charle
‚voix 1. c,. Dobriahofer II, 295, Hiſt. of ıhe
nn | = -Bou-
4
x ' 5
Theile enter burch die e Berwefung, ober vu |
Gifte und Voͤgel verzehrt würden. Menu diefeß
‚gefchehen ik ‚, fo fammelt und reinigt man noch jeßt
die Gebeine, meiſtens nach einem Jahre unm ſie,
auf das beſte bekleidet, urd geſchmuͤckt in gemein⸗
ſchaftliche Gräber zu bringen 2), ‚oder als Feiſſhep
in den Küsten aufzubewahren a).
Wenn man weiß, daß der 509 weiten gröfte
Theil von Voͤlkern ſich alle erſinuliche Muͤhe gab,
‚die Coͤrper, oder wenighend die Gebeine von Vers
‚Korbenen, unverfehrt zu erhalten, und fo.länge,
als möglich, aufzubewakren; fo erftaunt mag um
deſto mehr) darüber, daß fo viele Nationen Zobte,
‚nad. felbft Sterbende ausſetzten, um fie von Maubs
voͤgeln, und anderen Raubthieren verzehren zu lafs
fen, ober daß fie fo gar bie Leichname verſtorbener
Anverwandten Hunden hinwarfen , damit fie die:
-felben verzehren möchten. Dieß letztere thaten in
älteren Zeiten die Horranher db), und Dal:
I wie
9*B —* 1, 20. Falkner P. rg - 180, Gpmilla
I. ‚318. a
2) Dieß thun die Nord: amerieaniſchen Wilden, Char-
levoix 1. ce. Die Wilden nicht weit von Qarcat
bi Died, Hiſt. of the Boucan, I, e, Die Pata⸗
gonier, Falknerl,c. Die Hottentotten, Btaheis
ter, 'ıind Zungufen, Cowley; Vorſter Hbrand,
ll. cc, “
a) Dieß thun die Guaraunos und Garaiben r Gppille.
0 cc,
5) ‚Cieero Tufec, Quaell. 145. ex Chryäippo, In
Hyreania plebs publicos alit canes; optimates,
domefticos. Nobile autem genns canum ‚And
on Cie
trier c) welche Befonbere Hunde bazır hielten : in fp&
teren Zeiten, auch die Perfer, und Parther d). Dafs
felbige thaten vor nicht langer Reit die Kamtſcha⸗
balen e), und thun noch jegt die Thibetaner f),
anch gewiſſe Hindus 5). Die Kamtſchadalen war:
fen noch bey der Ankunft der Ruſſen Häufig Ster⸗
- ‚benbt Hunden hin, damit fie nicht noͤthig hätten,
eine neue Qurte zu bauen Ah). a fie hielten ca
für das gröfte Gluͤck, van fhönen Hunden gerrifs
fen zu werden 5). In Thibet forgt man zuerfl dar
für, daß die Seele aus dem nad nicht —
foimms alle, $ed pro Ina quisgue facultate p6-
sat, a quibus lanietur: eamque Optimam u
sonfent elle fepulturam,
e) Strabo XI, 786.
d) Bon den letzteren Juftin, L. 41. e. 3. Sepak
_ tere wulgo aut avium aut eanum Janiatus ei
Noda demum ofla terra obruunt. In älteren
Zelten ließen bloß die Magier ihre Leichname vor
den wilden Thieren zerreiffen. Cic. ik «. Mago-
nt, yam mes el, non humara corpora fuoram,
' niſi e feris (int ante laniata, in ſpaͤteren Zeiten
warfen die Perfer überhaupt die Leichname non Vers
ſtorbenen Hunden vor, und bielten ed für ein gras
dee Verbrechen, die übrig bleibenden Knochen zu
egraben. Mau f. die Zeugniffe in meiner fchon oft
angeführten Abhandlung de religione Perfarum.
s) Steller &, 219. a7}.
f} Georg. p. 444
B) Oringt, 1. 88-
n) S. 219. 271. Stellet.
2 3) ib. © 273.
—2X F 127 “..
Leichname von Verſtorbenen herausgezogen werbeh),
Dieß geſchieht dadurch, daß ein Lhama, ober Prie
ſter die Kopfhaut ſtark anzieht, und dann ſo wies
der fahren laͤßt, daß ein kleines Geraͤuſch entſtehht ):
von welchem man vorgibt, daß ea durch die aus⸗
fahrende Seele erregt werde. Go bald man mit
diefer Operation fertig iſt, fo trägt man. den Coͤr⸗
per in einem Sack zur Stadt an einen Ort hinaus, .
: wo kungrige und reiffende Hunbe unterhalten wer⸗
ben. Hier fchneiden und kratzen befonders Dazu.
angeftellte Perfonen alles Fleiſch von ben Knochen
ab, und werfen es ben Hunben vor. Dann zer
bredyen ober zerfloßen fie. die Kuodyen, unb geben
fie gleichfalls den Hunden, ober werfen fie in's
Waſſer. Hoͤchſtens nehmen fre den Schebel, ober
‚ einen andern forgfältig geweinigten Knochen mit nad.
Haufe, um ihn aufzubewahren. — Die Milben,
welche um bie Ausflüffe bed Ganges wohnen, glanb⸗
ten nad) dem Tode glücklich zu werben, wenn fie.
ſich im hüfflofen Alter, oder fterbend son Hunden
zerreiften Ließen. Unter ben Voͤlkern, bie ihre -
Todten ausfeßten, beſtimmten eiutge biefelben bloß
zur Beute von Raubvoͤgeln m): andere, fanchl
yon Raubvoͤgeln, als beſonders Yon wierfüßigen
. Ä Raube
A) Georgi p. 40. on
D L c. Cutem verticis arcte prehenfam et corm-
tam tam eeleri, ac vehementi [ucuflionis im-
petu attrahit, ut eam uno momento ſubſlire.
a6 cropisare faeiat. Tum vero, inquiupt, ani-
ma d uneti erspille dicitar.
m) So manche Hinyus, Dow’s Diſſert. u: 34. : Die
Parfis, Ovingt, II. 85. 86. lvo ©. 33, Die
Illinois, Lettr, EURE VR N. 5.
b)
’
Rukehieren a). Siena! kuamditen Si@weilen Mk
regefn, um die uͤbrigen Moaubthiere abzuhqiten
iwdenm ſie die Leichnanre entmeder in. Baͤumen auf:
hingen, wid bie Illineid, oder wie die Parſen in
offene Thuͤrme feßten, zu welchen⸗nur Ranb voͤgel
einen. Zugang. hatten. Es ſcheint, als wenn ſolche
Boͤlker bloß wuͤnſchten, hoff die weicheren Theile
ber Leichname ven Thieren verzehrt würden, au⸗
ſtatt daß. denjenigen, welche ihre Todten auf
frehem Felde ausſetzen, daran liegt, daß hie Kuno⸗
‚hen ſowohl, als das steile eine Beste von m Bible
ren werde.
Rad den Wieken, welche Pr ‚in Geſchicht⸗
ſchreilern und Reiſebeſchreibern finden, gab es
mehrere Urſachen der unnatärliden Gewohnheit,
Zobte und Sterbende auszuſehhen, oder Hunden
‚und anderen. Raubthieren hinzuwerfen. Zuerſt
ließen ſich Die Kamtſchadalen gern kom ſchoͤnen Hans
den zerreiſſen, weil fie. ſich einhildeten, daß fie alds
dann in einer andern Welt die Herren diefer nuͤtz⸗
Uchen Thiero werden würden Wielleicht hatten
: bie alten Horklanier, und die fpäteren Perſer, uns
ter welhen Munde vor allen übrigen Thieren ges
ſchont wurden, ähnliche Vorſtellungen. Zwey⸗
tens: viele Schamaniſche Heiden in Sibirien hals
- ten den Zuftand nad dem Tode für eine gar nicht
| wuͤnſchenswerthe Fortſetzung bes irbiſchen Lebens,
imn⸗
—2
* So die ZTotdelanei, Oeorgi i. e. und die Mona
‚ lichen Hirtenvoͤlker, Sörftene Beob. 487 ®. Le⸗
pechin 1. 299g 8. Die Gaffern begraben piej
Füuͤcſten und Kinder, Ale hörige werßen ſie den
Woͤlfen bin. Rarıoyr p.. R9.
|
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. J J * x N . J 729.
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‘. — J
Andem beſonders die Erdgeiſter; eder bie Urholden
unter der Erde ben — Seelen niet Ya:
gemach perurfachen. Um nun die Seeler den Pe
ckereyen der Erdgeifter. ſo viel, als moͤglich Zu
ibi⸗
entziehen, hängen manche Voͤlkerſchaften in
‚vien die Todten in Bäumen auf, und Laffen fie bier,
‚oder bie herabfallenden Gebeine über der Erde ver⸗
weſen 0), ohne fie jemahls zu verſcharren, weil.
ſich alddann die Erdgeiſter derſelben bemaͤchtigen
koͤnnten. Die meiſten ſaͤdlichen Aſiaten endlich
ſchaͤtzen ſich gluͤcklich, lebendig oder tobt Dan Ta⸗
gern, oder Krokodilen verzehrt zu werben, weil
ſie dieſe Thiere entweder als die Stammpäter ih⸗
res Volka, ober als die Wohnungen ber abge⸗
ſchiedenen Seelen ihrer Vorfahren verehren.
Wie ſol man aber aus bes angeführten j oder
ahnlichen Gründen die empoͤrende Gewohnheit er⸗
klaͤren, vermöge deren manche Voͤlker bes oͤſtlichen
Aſiens, und bes ſuͤdweſtlichen America Ihre Eltern
und Kinder werzehrten, und biefed für die ehren⸗
vollfte Beftattung hielten? Die Maffageten, Ihe -
donen und Derbicen ber alten Zeit p) erwürgten
ihre Eltern, wenn-fie das fiebenzigfte Jahr erreiht
‚ hatten, aber verzehrten wenigſtens ihre Leichname,
welche fie mit dem Fleifhe von Schaafen oder Haͤm⸗
mein kochten. Die Iſſedonen 9) faßten die Sche⸗
del
99) Beoiste Ruſſ. Vaterſch. ©. rn 383:
‚p) Herodot, i. a16. IV. a6. Strabo XI. 781, 790.
9) Herodot. IV. 26. Die Reiſenden, welche im 13.
Jahrhundert den Hof der Didingiehanden bes
. Tuchten, erzählen, daß dieſe Sirre noch dainahis
in Thibet fortgedauert habe.
⸗
Le
*8
*
90 —— a
del ber verzehrten Eltern in Gold ein , web brach⸗
ten deuſelben jährlich, wie ihren Hausgoͤttern Op⸗
fer. Alle dieſe Qunnifchen Volker begenben ent
‚weber bie Abvigen.Tobten, bie früher an Krankhei⸗
‚ven florben, ober warfen fie ben wilden Thierea
zum Futter hin, Da man unter ben Maffageten,
und beren Brübern bloß bie Cörper don abgelebten
Derfonen verzehrte; fo kann man ihre ſcheußlichen
Todtenmahle nicht aus Menſchenfrefferey, oder
aus der Gierigkeit nah Menſchenfleiſch erklären,
wie allenfalls die Gewohnheit der Wilden in Bras -
filten und Paraguay, welche nicht bloß das Fleiſch,
fondern auch die zermalmten Knochen ihrer Kinder,
und übrigen Anverwandten verſchlingen, und nach⸗
dem fie dieſes gethan haben, bie verzehrten Auges
hörigen beweinen 6), Allem Anfehen nach tranten
die alten Maſſageten den Meften ihrer ehrwuͤrdigen
Vaͤter ähnliche munberthätige Kräfte zu, wie noch
jeßt ihre Nachkommen, bie Thibetaner, und Cals
mycken ben Meberbleibfeln von. Hohenprieſtern und
‚anderen Heiligen. Die Calmycken verkohlen van
Zeit zu Zeit bie Edrper ihrer oberfien Lhamas, ins
dem fie biefelden in brennende Defen ſetzen, unb
Quotquot
J tra vilcera famelici condidere anthropophagi.
«
9) Pallas Beyt. IIE 381 ©, u
Stunbenlang mit Oehl begießen. Wenn die Ver⸗
kohlung vollendet iſt, fo theilt man die Stuͤcke
der verkohlten Coͤrper als Amulete, ober als wuns
derbaro Arzneyen aus ). Es ſcheiut faſt, als
r) Pifo p. 14, Baro p. 935. Pobrichoſer BI. 299,
fatie cellerant, eorum carnes [ua in-
‚, Humanam equidem carnem tanta, eluriebant
aviditate, ut prae illa perdices, damas, apros,
. et quidquid cupediarum elt, afpernarentug,
wenn
—
— — :
mern gewiſſe Boͤlker in Guiana ahuliche Vorſtel⸗
lungen haben, Dieſe Wilden laſſen zuerſt ihre
Todten bis auf bie Knochen verweſen, weil fie uͤber⸗
“ zeugt find, daß Niemand, fo longe er mit Fleiſch
bekleidet fen, in das Land. der Seelen eingehen
konne. Wenn alle weichere Theile verzehrt find,,
ſo verbrennt man bie Gebeine. Was von Ken Ber
beinen übrig bleibt, pulveriſirt man, fhätter das
Knochenpulver in Wafler, und reibt ſich damit ent⸗
weder die Deine, oder trinkt ed aucht). Schon
unter ben Fraͤnkiſchen Königen trieb man ähnlichen
Aberglauben mit den Leichnamen von angeblichen
Banberemn unb Zauberinnen. Die Fraͤnkiſchen Ges
feße drohten denjenigen die Strafe des Todes an,
welche Zauberer, ober Zauberinnen verbrennen,
ober das Fleiſch derfelden Jemanden zu effen geben
würden u).
Roc ben Wegraben mar Feine. Behandlung -
der Zobten allgemeiner, als das Werbreunen.
Auch. diefe Behandlung von Leichnamen ward aus
mancherkey Urſachen eingeführt; Cine ber erſten
‚und natürlichfien war die Abſicht, die Corper von
Werſtorbenen gegen die Mißhandlungen von Seins ..
detn zu ſchuͤten. Die Mord, Americanifhen Wil-⸗
den verbrennen ihre Mitſtreiter, bie im Kriege,
oder auf Kriegezügen fierben, um bie Aſche derſel⸗
ben deſto leichter mit nehmen zu können x). Der
‚Dictas
H Biet III. ©, 14: P. 398. Barvere &. 172.
. = Capit, Reg. Franc. p. 385, quicamen eju ad ı
eomedendum dederit,
Yu ” 4
=) Ghalevoix p. 374.
\ j ’ | "
\
-732 — —
Dictator- Bulle lief die Gebeige des C. Marius
erſtreuen. Cicero vermuthete fehr richtig, daß
= Sulla aus Furt, ihm Bönne etwas ähnliches bes
. gegum,‘befohlen habe, daß fein Coͤrper verbrennt
werden folle 9). - .
Eine zwegte Urſache bes Verbrennens war
urſpruͤnglich, ober iſt wenigſtens jegt unter vielen
Voͤlkern ber Wahn, daß das Verbrennen edler,
oder würbiger fen, als eine jebe andere Behand⸗
lungsart von Zobten, befonberd ale bad Begra⸗
‚ben. Dieſe Denkart herrfiht jet Im ganzen fübs
lichen und oͤſtlichen Afıen, wo baher bie Leichna⸗
mien ber Fuͤrſten und Großen, auch ber vornehm⸗
ſten Prieſter verbrannt, die zuruͤckbleibende Aſche
in koſtbare Gefäße geſammelt, und entweder unter
Pyramiden, ober in Tempeln bepgefeßt wird, ans
ftatt daß man Kinder unb Arme fdhlechtweg bes
‚geäbt 2%. Je voruehmer die Perfonen find, deſto
höher find die Scheiterhaufen, auf melden ihre
Leichname verbrannt werden. Die Scheiterhaufen
von. Koͤniglichen Perfonen erreichen bie Höhe kon
Thuͤrmen 0). Wahrſcheinlich dachte man auf gleis
de
‚..MDeLeg II. se: C. Marii Gtas reliquias apud
Anienem difipari juffit Sulla victor. Quad
.“ hand Icio, antimens ſuo corpori pofle accidere,
priguus @ patriciis Corneliis igni voluig ere-
mari. | n
2) Arme oder Kinder werben begraben. in Hindoftan,
Niebuhr II. 25 S. in Siam, Loubere I. 377. in
Thibet, Georg, Alphab. Thiber, - - et ihcihade
re foveis, humoque tegere vililimum, .
a) In Pegu, Voy. des Holland, äux Indes Orien-
tales J. 421. in Zunlin, Laos, und Siam, Abe
’ . e#
E 4
Zus
\
- . % ”
* .. . . x {) b
.
de Art in Peru, und nüter manchen anbern Voͤl⸗
| u. vo das Werbrennen der Todten uͤblich
war da). An Mom figelnen entweder die Bor:
nehmen übethaupt, ober buch manche alte Bes
ſchlechter das. Verbrennen für weniger ebel, ober
anſtaͤndig gehalten zu haben, als dad Begraben.
Wenigftens war ber Dictator Sulla der erſte un⸗
ter den Patriciſchen Corneliern, deſſen Coͤrper
Derkrannt wurde, ungeachtet das Verbrennen ſchon
zu der Zeit, did man die zwoͤlf Tafeln verfertigte
und dnnahm, eben fo gemein mar, als bad Be
un b).
‘x würde nit widerſprechen, wenn gemand
vermuthete, daß die Meinung von der höhern
Mürde des Verbrennen erft da entftanden fen, |
nachdem man eine Zeitlang Leichname aus einer von
folgenden beyden Urfachen verbrannt hatte, entwe⸗
der um bie Verſtorbenen badurch von allen ihren
GSuͤnden zu reinigen, oder um fie mit ber ganzen
Ausſtattung, welche man denſelben mitgab, befto
ſchneller, und gleichſam unmittelbar id eine andere
Welt hinüber zu bringen. In ber erften Abſſcht
verbrannten von jeher bie meiften Hindus ihre Tod»
ten
‚ Rhodes p. 98. Mariny p. 355. Kämpfer I S.ai.
Loubere I, 372 - 5
aa) Acoßa V. g e. ari.
| ‚b Cie. de Leg. II. c. so. 2%, . . primus e patri-
eiis Corngliis igni voluit cremari, «. Homi-
nem mortuum, inquit Lex in XII sabulis, in
urbe ng [epelito, nero urito,
-
734 Be — —5. —
tech 2): in ber andern bie alten Scanbinapier d),
die Mexicauer, und bie meiften Völker bes. ſuͤd⸗
lichen Afiens, welche ben Werftorbenen die gelich,
. teften Weiber,. Freunde, und Sclaven, bie beften
Kleider, Waffen, und andere Koftbarkeiten. mits
gaben e). Die Kargheit der füblihen Afiaten bat
ein Mittel erfunden, den abgeſchiedenen Seelen,
wie ben Göttern, auf eine mohlfeilere. Art zu bier
nen, ald bie Verfahren. Go wie fie nah dem
Beyſpiele der Ehinefen ten Göttern meiſtens nicht
Thiere und andere Dinge von Werth, fonbern
nur bie papiernen Bilder berfelben barbringen; fo
Derbrennen fie mit ben Leichnamen ber Verſtorbe⸗
nen auch nur bie papiernen Wilder der Gachen,
von weldyen man weiß, oder voraudfeßt, daß fie
den abgefchtebenen Seelen am theuerfien, ober uns
entbehrlichſten ſeyen. Man tröfter fih damit, daß
dieſe Papier » Figuren ſich in der. anderen Welt in
die Dinge felbft verwandeln werben f). PR
Ä Die
e) Aogers 1. 19. Bernier II. ıso, Yiiebubr II. a5.
4) Barthol. p. 112. 173,
e) Acofla, Mariny, Loubere Il, cc, Strauß es
zählt, daß man einer Prinzefjinn in Siam außer
anderen Koftbarkeiten allein 6 Millionen in Silber
mitgegeben habe. ©, 24. 26.
f} Leubere I. 367. W’ailleurs ils ont &tabli par une
[age economie, qu’il fuffiloit de brüler avec les
corps morts, au lieu de veritables meubles, et
de veritable monnoye, ces melmes choles figu-
rees en papier detonpe, et [öuvent peint ou
dore: fous couleur, a mon avis, gu’en matiere
d’ombres, velles des eholes en papier «teient
aufli bonnes, qne celles des chules melmes,
que le papier reprelente,
‘
tn e 44 UU—
A
De tagte wahwläehnlige Unfade, im wab
er Willen man unter Völkern, die Ihre Tobten
begruben, einzelne Verbrecher, befonders Zauberer
und Zanberinnen Yerbrannte, war die Einbildung,
daf- man durch die Verwanblung ber Coͤrper in
Aſche, und dann durd die Zerfireuung oder tiefe
Vergrabung ber Aſche die abgeſchiedenen Seelen
vernichten, ober wenigſtens außer Stand fegen
. würde, den Lebenden zu ſchaden. Go dachten ſchon
bie aͤlteſten Bewohner des nörblichen Deutſchlan⸗
des 2). Diefelbige Denkart war, wenn mid nidt
alles trägt, ber erfie und wahre Grund, warum
ſelbſt die Chriſtlichen Volker des Mittelalters die
angeblichen Zauberer und Zauberinnen auf. ben.
Scheiterhaufen brachten.
| Biel weniger verbrritet, ald das Verbrennen,
iſt das Hinwerfen von Leichnamen, oder der Aſche
von Verſtorbenen ind Meer, oder in Fluͤſſe. Dieſe
Behandlungsart iſt unter den Thibetanern, und
den Mongoliſchen Hirtenvoͤlkern eben ſo gewoͤhn⸗
lich, als in ben Suüͤdlaͤndern, und auf den Juſeln
ber Südfee 4); allein fie wird für gering gehalten,
und deßwegen nur bey gemeinen Lenten gebrauchts)
Ganz anders {ft es in Hindoſtan, und anderen
Meichen des füblichen Afiend. Selbſt die reichſten
und vornehmſten Hindus werden gewöhnlih nahe:
Ä Ä am
. 8) Bärthol, p. D66. ———
%) Marion p. 133. uch in den neuen Philippinen.
* m.
- — — — —— —
4
\ en
werden Geringe in’5 Meer geworfen. Letit. Kdi,
XV. 850g. ’ voor u
5) Georgi I. €, Aquls immergere eorpora uktatum,
fed vile quiddam et abjehtum aß,
Le — —
am Geſtabe bes See verbramnt, damit bie nädz -
Re Flath die Afche wegſpuͤlen möge k). Wo man
dieſes wide erreichen kann, ba ſammelt ran tie
Aſche, und ſtreut fie in's Meer, ober in heifige
Fluͤſſe, in der Hoffunng, baß dadurch bie abgeſchie⸗
dene Seele von ihren Flecken gereinigt werde.
In mänden Gegenden bringt man FIR Kranke
wider ihren Willen an bie Ufer des Gangrs, oder
anderer heiliger Fluͤſſe, mund’ ſtuͤrzt fie zuleßt bins _
- ein, um ihre Gerlen von allen Unrtinigkeiten zu
fünbern I). Untere Voͤlker fürdteten keine To⸗
desart mehr , ald das Ertrinken, und Peine Bes
handlungsart von Zodten mehr, als dad Hinwer⸗
für’ der Leichname In’s Waſſer, well fie glaubten,
tag die Seele gleihfam im Waſſer ausgelöſcht
werde. Go dadıten auffer den Griechen und Roͤ⸗
- mern bie alten Gcantinabier m). Eben fo denken
noch jetzt die Megerinnen in Matamba. Bern
dieſe ihre Ehemaͤnner verlieren; ſo glauben fie,’
‚daß die abgeſchiedenen Seelen ſich auf fie werfen,
ober auf ihnen ausruhen werden. Sie glauben
bdieſes um deſto fefker, je mehr fie von ihren Maͤn⸗
nern geltebt worden. Um nun Biefer: Saft los zu
‚werben ,.. Loffen fie fi mehrere Mahle in's Miaf:
fee werfen, banrit die anf ihnen fißchden' Serlen
ber Männer erfänft werben m). |
Mehie
| N Niebuhr 1. v.
) IL 181. Bernler.. afin quo lame on fertant
ſoit lavé 0 de tontes les impuretez, qu'elle au
roit pù contràcter dedans le cörps: et te n’eff
point fenlement une ssifon du bes peupit,
m Barıhol. IL. 2. p. e. 70. 004...
n) Cavassi dein ie re npens
- . .
.' /
nn 787
Meine Sefer werben and dem biöher Gefagten
ſelbſt wahrgenommen haben, daß die groͤſte Man⸗
nichfaltigkeit von Behandlungsarten der Todten
von jeher unter ben Thibetanern, und Hindus
Statt gehabt habe, und noch Statt habe. Sn
Zhibet und Hinboftan nämlich begraben Einige ihre
Todten, oder feBen fie Raubvögeln, und anderen
Raubthieren zus Beute hin. Audere verbrennen
die Seichname ber Verſtorbenen, obes werfen fie
ins Waſſer. Faſt noch merfwürbiger, als dieſe
Thatſache, ift der Wechſel, vermöge deffen unter
den urfprünglicken Völkern unſers Erdtheils erſt
bad Verbrennen dad -Begraben, und dann wieder
das Begraben das Verbrennen verträngte Daß _
bie Germaniſchen Völker eben fo wohl, als bie
Griechen und Römer urfpränglich ihre Todten ber
gruben, wird nicht nur durch bie aͤlteſten Grab,
mähler , oder durch die Sagen über die Zeit, und
‚Me Perfonen , in welcher, und dur; melde bad
Werbrennen eingeführt worben 0), fondern auch
felbft durch den Redegebrauch der alt» Europäis
fhen Sprachen bargetban, indem alle Wörter,
von Leichnamen bezeichnen, fich allein auf das Bes
graben bezichen p ). Das Verbrennen ward in
Gries
0) In Scandinavien nannte man Odin ald den Er⸗
ften, Der das Begraben eingeführt babe: Maller
p. 212. -Barthol, p. 112.
p) So im Dentſchen, Gräber, bearaben , beerdiaen:
‘im Lateiniſchen lepulcra, humare, humati, ſitus
elt, gleba u. ſ. w. Man 1, bei. Cic. de Leg. II,
c, 22, Declarst enim Ennius de Africano, hie
6
‚welche. die Ruheftätten, und Wehandlungsarten
/
—
788 — —
Griechenland, Italien, und Deutſchland, als eine
fremde, wahrſcheinlich Slaviſche Sitte eingeführt,
indem die Slaviſchen Voͤlker von jeher ihre Tod⸗
ten verbrannten q). Lange Zeit erhielt ſich neben
der umen Sitte des Verbrennens die alte Sitte
des Begrabens; allein bie leßtere verſchwand fo
toohl unter ben Griechen und Mömern, als unter
ben Germanifhen Völkern, je länger, je mehr,
fo , daß zuleßt nur bie Aermſten, welche die Ko
ſten des Scheiterhaufens nit aufbringen Fonnten,
ihre Zobten begruben. Schon gu Taciti Zeiten
wurden unter den Germaniern Vornehine und Ges
ringe verbrannt, Die Scheiterhaufen der Erfteren
unterfchieben fi) von. denen der leßteren allein das
durch, baf fie aus gewiſſen Holzarten beflandenr).
Durch die Einführung bed Chriftentbumd ward
die alte Sitte wieder hergeftell. Die Chriften.
dverabſcheuten das Verbrennen als eine Heidniſche
Eitte, und zogen das Begraben auch deßwegen
vor, damit der Ausſpruch ber Schrift erfült wers
u j de:
‚ ef ille firus, Vere. Nam fiti dieuntur ii, qui
conditi [ant, Nee tamen eorum ante fepulerum
ef, quam jufta facta, et corpns incenlum el.
Et quod nune communiter in omnibus ſepultis
penitus, bumati dicantur: id eratproprium tum
in iis, quos humns injecta contegeret: eumque
morem jus pontifäcale confirmat. Nam prius-
quamı in eos (os) injecta gleba eſt, locus ille,
'ubi crematum eft corpus, nihil habet religionis,
etc.. |
9 Anton’G. 135. 136.
r) Taeit. Germ. e 27, Funerum nylla ambhitio,
ld folum obfervatur, ut eorpora olarorum vi-
rorum certis lignis crementur, -
-
m. ——
’
75. % ’ Sn
* Fan ‘ ‘
‘ .
EZ x
ber daß der Leib des Menſchen, der zuerſt aus
Erde gendmmen worden wieder zu Erde wer⸗
de —3 | Ft
Die meiften , ſelbſt rohen Voͤlker, welche ihre.
Todten bearuben, oder verbrannten, erbauten benfela
ben: in marcherley Abſichten Grabmähler. : Die
erfie usb mkuͤrlichſte Abficht von Grabmählern war
biefe, die Ruheftätten ficher, ungeſtoͤrt, und zus -
gleich Leicht zu machen. Damit den Verftorbenen, '
um mit den Alten zu reden, die Erbe fo leicht;
als möglich merde, fo richtete man felbft. unter
den. Wilden in Africa und America die Gräber, wis
"Gewölbe, aber Keller, oder gar wie geraͤumige
Zimmer ein, in welche man die Leichname hinfeßen,
ober Anlegen, bisweilen aufhängen Tonute 6), Um
- aber |
2) Pelticoke JM. P. u. P. ET)
u’ Manf. alle von mir angeführte Zeugniffe uber dad Bar
graben von Todten: aud) meine Abhandl. uber die uns
befanuten Denkmaͤhler in allen Theilen der Erbe, wo
beionder& von den Srabmählern i im füdlichen Sipirien |
gehandelt wird, Unter den Sriechern und Römern
war ed ein gewoͤhnliches Hebet derer, die Beerdigune
gen beywohuten, oder bey Graͤbern vorübergingen :
Bt tibi terra levis, fo. wie Das entgegengefse ht
tibi terra gravis fir eine Verwuͤuſchung gehalten
wurbe; Guther. c. 13. 9.252.-36 - Die erflere Fore
mel fette man gewöhnlich auf die Grabmähler von
Berfiorbenen, und wenn Lebende ihre Grabmaͤhler,
Bder die Inſchriften derſelben einrichten ließen; ſo
baten ſie haͤufig die vorüßergehenden Wanderer, daß
dieſe ihnen eine leichte Erde wünfchen möchten. In
gleicher Abſicht ſammelte man da, wo man die Tod⸗
a ae, die Aſche it Armen, oder audere
®
' Mao --
40 _. dm ae
aber ben Verſtorbenen zugleich bie größte Sicher⸗
heit gegen jede Verletzung und Beunruhigung zu
verfchaffen, bedeckte man fie entweber mit Stei⸗
nen, oder mit Raſen, ober mit beyden auf eine fol»
he Art, daß die Eörper nicht dadurch gedruͤckt wur⸗
den u); oder man umgab die Ruheſtaͤtten mir Mau»
ern und Pfahlwerk x. Sm Morgenlande war
es feit ‚undenklichen Zeiten, unb tft esd wis auf ken
heutigen Tag Sitte, daß jeder Wanberer zu ben
| Gräbern von Ermorbeten einen Stein hinzulegt:
woraus zuleßt fehr große Haufın Son Steinen ents
| fichen y). Diefed Hinzulegen. von Steinen muß
man nicht mit dem Öteinigen verwechſeln, wel⸗
u ches im Orient, auch unter den Griechen und Mös
mern, bey Bräbern, wie bey Perfonen, Haͤuſern
|. md Tempeln für eine große Beſchimpfung geach⸗
tet wurbez). Hohe Pfalwerke, oder Mauern hiel⸗
ten nicht bloß Raubthiere ab, fondern Verbinder:
ten auch, daß Dienfchen unverſehens auf Gräber
Ä tras
u) So die Araber, Arvieux III. 20. Die Groͤnlaͤn⸗
der und Estimos, Eranz 300. 3016. Ellis pı 148:
Die Abigonen machen die Öräber nicht tief, und bes
decken die Eörper nicht mit Erbe, fondern mit flache
lichen Zweigen‘, damit fie nicht gebrädt werden.
, Dobrishofer II, 295 p.
=) Sp: im noͤrdlichen America, Voy. au Notd V,
326: in Neu⸗Caledonien, Forft. Voy. II. 420. 22.
in den Matidiven, Pyrard l.c, in den neuen Philips
pinen, Lettr. Edif, XV, 309. Ä
y) Dan ſ. die Zeugniffe beym Shaw Preface p, X,
2) Guther, p. 248. 45. So fleinigten die Römer
nach dem Tode des Germanicus die Tempel -des
Goͤtter. Sue, in Calig. c 6, \
L \ a
‚ — — 741
traten. Die meiſten Völker hegten nämlich eben
bie Meinung, welche bie Einwohner der Maldiven
baben, daß durch das Treten auf Gräber die Ders
florbenen beunruhigt, und biejenigen, welche der:
gleichen thun, befledt werden. Rytſchkow er:
zähle b), daß die Tſcheremiſſen die Gräber nicht
Bloß deßwegen umzsunen, um bie Todten gu ſchuͤ⸗
Ben, fondern auch um bie abgefchiebenen Geelen
abzuhalten, daß fie nit aus den. Ruheftätten ihrer
ehemahligen Coͤrper heraus kommen, und die Fel⸗
. ber ber Nachgebliebenen verwuͤſten.
So. wie Völker in der Eultur foxtfchritsen,
beftrebten. fie ſich, die Gräber, oder Grabmähler
der Verflorbenen bauerbafter zu machen, und er⸗
weiterten bie Beflimmungen von beyben. Man bes
trachtete. Gräber und Grabmähler nit bloß ale
ſicherse Ruheſtaͤtten von Verſtorbenen, fondern ‚zu
‚gleicher Zeit ald ewige Behauſungen, in melden
die abgefchiedenen Geelen beftändig wohnen, wo⸗
hin ſie wenigſtens oft zuruͤckkehren: manche auch
als Tempel, wi den abgeſchiedetzen Seelen die ge:
borigen Ehren erwieſen werden koͤnnten 5). Wo
‚man
: 5) Tagebuch G.96. J
*) Es war unter den Roͤmern fehr gewoͤhnlich , Mau:
ſoleen Wohnungen, oder ewige Wohnungen zu nen«
‚nen. "Man je Guther, p. 345. bei, 981, wo er fol:
gende Infchrift anfüßrt, die zu Pala im alten Illv⸗ |
rien gefunden worden:
| Manilis; Paulla
BE de, Patrimonio. ſuo
" % u ſibi. et
— Aurelio Paullino
Tompari ſuo
Domum aeternam P,
1 ' — —
———
N , -
man allem, oder vorzuͤgkſch die Abſicht hatte, für
die Sicherheit der Ueberbleibſel der Berftorben
ſergen ba_ereiäitete man entmerer Über ben
Gräbern Dyrsamiden, ober man legte Fre Tfttbname,
fehr oft audy alled. das, was mau ben Berftorbes
nen für eine ‚andere Welt mitgab, in die Ppras.
r. Es iſt allerdings auffallend, Daß
bie Denkmaͤhler der Werfforbenen unter fo viren
Mölfern in den verfchiedenften Erktheiten bie Ge⸗
ſtalt von Spißfäulen erhielten d). Unter fokchen
Voͤlkern hingegen, wo mın mehr baran dachte, ben
abaefchiedenen Seelen ewige Wohnungen, befons
ders folche Wohnungen zu erbauen, welche ihren
Werehrern zu Andachts plaͤtzen dienen koͤnnten, mach⸗
te man die Denkmaͤhler der Verſtorbenen zuerſt ben
gewoͤhnlichen Menſchen⸗Wohnungen, in der Folge
den Pallaͤſten der Koͤnige, oder den Tempeln der
uͤbrigen Götter gleih. Die Neger ih Mabagas⸗
tar errichten über ben Gräbern, welche bie Leich⸗
name einſchließen, Eleine Hütten, als Wohnun⸗
gen ber abarfaiedenen Seelen. Menn geliebte
Perſonen toͤdtlich krank werden, fo bohre man
'Iöcher fu dieſe Hätten, um die darin wohnenden
Seelen aufzufangen, und ben Kranfen oder Ster⸗
| J | ben»
A) Don Negypten iſt es befannt. Much die Griechen
und Mömer fingen au, auf ben Gräbern der Ders
fiorbenen Pyramiden zu errichten. Lucien, Il. 955.
Pyramiden der den Graͤbern, oder als Grabmaͤbler
und Ruheſtaͤtten erbaute man, oder erbaut man nad)
jet In Peru nad ſelbſt in Louiſiana. Uloa's Nadır,
1. 87.89. 15%. auf den Inſeln der Süpdfee:_ Sorft.
Beod, ©. 480, in Thibet, Gegrgi Alpk, Thiber,
p & tm ganzen fndlichen Aſien, Voyng. des Hol-
and. 118, 65 Valenıyn II 367. An Haldell. 148.
Mariny p. 355. Damp. 111, 64, Lonbere I. 37%
\ ‚ A ,
' \
— — ⸗ 743
‚ benden einzuhauchen ©). In Peru erbante man -
den abgeſchiedenen Seelen von nicht ganz gemeium
"Leuten. Hätten von getreckneten Ziegeln, die etwa‘
73:14 Fuß hoch waren, und fünf bis ſechs Fuß
im Durchmeffer hatten f). Den Rönigen hingegen.
"errichtete man Tempel, wo ihre Statuͤen, wie bie
Bildniſſe von anderen Göttern, angebetet und. von -
- Prieftern bedient wurden g). Auf einie ähnliche
"Yet: verhält es ſich bis auf ben heutigen Tag in
Ehine. Arme Chinefen begnügen fi damit, über
:den Gräbern verftorbener Anverwandten Hütten von
Stroh, oder von Thon, und ungebrannten Ziegeln
zu erbauen, die nicht größer, ‘oder noch Eleiner, als
ihre eigenen Wohnungen find, anftatt daß bie Reis
den —— — prächtige Mauſoleen auffuͤh⸗
ren, und dieſe mit lieblichen Gärten umgeben A).
Ueber der Afche der Fürften und anderer Großen
in Hinboſtan erbaut man Pagoben, in melde man
häufig alle Schaͤtze der Werftorbenen nieberlegt,
‘und wo man ben abgefchiedenen Seelen, wie den übris
gen Gottheiten dient. -. Zu dieſem Zobtendienft ges
hört unter anderen, daß ‚mehrere brennende Lam;
pen in den Monumenten unterhalten, Weihrauch
angezündet, und: Gpeife und Trank dargebracht
werden 5). Im Alterthum übertrafen die Grie⸗
u hen,
«) Flacourt p. 100.
f) Frezier p. 312. 4.
8) Acoſta V. 6, |. 208. 209,
Ah) 11, 148. du Halde, j
i) Rogero I 51 Cap. Leitr. Edif, x11,73. N, E,
PR
'
u Te — re
PS „> SZ
‘
, 144 — —
u
‚hen, beſonders bie Atbenienfer &), und noch mehr
die Römer, alle übrige Voͤlker durch die Pracht
und den Umfang ber ewigen Wohnungen, welde
fie den abgeſchiedenen Seelen von Berftorbenen wid:
.meten. Die Maufoleen ber vornehmen Mömer
glihen vollkommen den prädtigfien Villen, ober
Laubfißen, und waren wie diefe, mit Porticos und
Gärten umgeben ). Die Erbauer folder Me:
numente bemerkten häufig auf den Inſchriften, wie
viel Sand nah allen Seiten hin zu den Grabmäbs-
lern gehöre, aud aus welchen Fonds und zu wels
chen Zeiten, oder auf welche Art der Dienft ber
. Manium verrichtet werben follem). Wahre Grab⸗
maͤhler, wo bie Weberbleibfel von Verfiorbenen zus
‚beten, waren di® heilige Stätten felbft nach den
Geſetzen unv-räußerlih n). Zur gröften Sicher⸗
heit verordnete man auf den meiften Grabmaͤhlern,
.baß birfelben nie weder verufändet, noch verfauft,
eder Anderen geliehen werden follten. Wer wifs
oo | fents
k) Petit Leg. Attie, p. 495. Cic, de Leg. Il. e. 26.
. Man fch.ar-':> vie Pracht der Monumente mehrere
Mabte ei: Cic l.c. Sed poft aliquanto propter
haa amplitudines [epulcrerum, quas in Cerami-
co videmus, lege fanctum ef, ne quis fepal-
chrum faceret operofius, quam quod decem ho-
mines effecerint triduo, - - - Sepuloris autem
novis finivis modum (Demetrius Phalereus),
Nam fuper terrae tumulum noluit quid ſtatui.
niü columillam tribus cubitis ne altiorem, aut
menlam, aut lsbellum: et huic procuratiöni cer-
tum magiliratum praefecerat,
I) Guther. p, 268, 289. 346. °
ın) ib, —
») Guther, Ill, v. 4. 407 et fq. p.
X
%
m, im u 79445:
ſentlich ein Grabmahl kaufte, oder verkaufte, ward
als ‚ein Verbrecher der beleidigten Religion, oder
als ein Schaͤnder don heiligen Dingen beſtraft 0),
‚Sehe oft beſtimmten die Erbayer auf den Wiens - .
menten, wie viel derjenige, ber ihre Denkmaͤhler
verfeßen, ober ‚gegen ihren Willen brauchen wer⸗
de, an die Wontificed, „des an bie Veſtaliſchen
Unter ellen Mahomedanifchen Voͤlkorn be⸗
- trachtet man bie Gräber und Grabmaͤhler als Rus _
‚ .heftätten ber .Verftorbenen, ald Behauſungen dee
abgeſchledenen Seelen bis an ben Tag bed Gerichts, -
nnd ald Andachtsoͤrter, wo theild den feligen Geis
ftern gotteßdienftliche Ehre erwiefen, theils für
das Heil folher Seelen, die ihr letztes Gericht
noch erwarten, gebetet wird 4). Die Kirchhoͤfe
gas
0) €;6. p.&ın. u | —
p) lc. P. 418. 3. B. | ze
Si, quis, hoc, fepulchrum, vel. monumentum.
Cum, Aedifieio, Univerfe, Poß. Obitum,
meum, venderc, vel. Denare. voluerit,
vel. corpus, alienum, invehere, vellit,
Dabit poenae, Nomine, Ark,
"Pontif: 1-S.C.N. .
-
Et, ei. cui. donatum, vel.
eadem, Poena, Tenebitur,
. g) Ueber die Gräber und Grabmähler ber Mauren und
Türten, Shaw p: 219. Hoͤſt ©. 125. Haſſelqu
&. 40. Tournef. I 8.11.88. 39: — ni
“0: Der Perfer, Chard. 1, 282#296,. Der Mohren oder
Mahomedaner in Hindoftan, Hodges 120 et ſq. p.
Der Caſaniſchen und Tomskiſchen Tataren, Rytſch⸗
kow's Tageb. 100-⸗ 138 S. Der Kirgiſen, Nytfch:
kow l. e. ©. 347. Georgi's Beſchr. ©. 222,
- \
/ \ ‚ - ,
‚Venditum, fuerit.
Juagfrauer, oder an ben Fiſcus ald Buße erlegen
ſolle p). = ZZ
2
Barren un
daben Bas Anfehen von großen. Gärten, weil fie
an allen Stellen, wo ſich Beine Gräber und -Grab:
maͤhler finden, mit allerley Bäumen, Gefträndien
and Blumen befeßt find r). Auf den Kirchhoͤfen
Hat gemeiniglich jrbe Familte ihren angerbiefenen
Daß, der eingefafit, oder umzaͤunt iſt. Die ges
meinflen Gräber werben bloß mit Brettern bedeckt,
über welche man hoͤchſtens etwas Erde ſchuͤttet.
Man fuͤllt die Graͤber nicht mit Erde aus, theils
um die Todten nicht zu druͤcken, theils um Platz
für die Beſuche zu laſſen, welche die Verſtorbe⸗
nen erhalten, ſo bald man ſſe in's Grab gelegt
bat s). Zuerſt nämlich kommen zwey prüfende
.. En⸗
r) Shaw |, e,
9) Die Denlart der Mabomedaner über Gräber, bes
ſonders der Glaube an beiuchende Engel, ift die Urs
fadye, daß fie nie zwey Eörper in Ein Grab legen.
Weil jeder Todter ein beſonderes Grab erhält, ſo
fiad die Kirchhöfe von Stadten und Dörfern von ſehr
großem Umfange: wedurdy je langer, je mehr fruchts
- bareb Land verlohren gebt. Montaguell, 136. Haſ⸗
ſelquiſt S. go. Ungleich weifer war man, im alten
Athen. Cicer. de Leg.1l. e,25. Nam et Arhenis
jam ille mos a Cecrope, ut ajunt, permanät,
hoc jus terra hnmandi: quam cum proximi in-
jecerant, obductaque terra erst, frugibus oble-
rebatur, ut finus et gremium matris mortuie tri-
bueretur, folum autem frugibus expiatum ut vi-
vis redderetur.. Plato machte daffeibige Beleg
für feine Repudlik. ib. c: 2% Nach dem geiſtli⸗
> den Mechte der Römer durfte man Todte nicht in
locis publicls begraben. Wenn dieſes geicheben
war, ſo reinigte man die befledten Stellen dadurch,
daß man den Boden umpflüate. 1. c. c. 93. Sed
eum multa in eo loco fepulcra fuillent, exırata
ſunt Statuit euim collegium, locum publicum
non patuille privata religıone obligari.
!
j
—⸗
LE SE BE 97
Engel, die: den ; landen und Wendel bed Mer
forbenen genau unterfuhen 2): Je nachdem biefe
die Berftorbenen fromm und tugendhaft, ober gotts
los finden, ftellen ſich nah vollendeter Prüfung
zwey weiſſe, oder zwey ſchwarze Engel ein. Die,
Einen geben den Verſtorbenen einen Vorſchmack des
Paradieſes, die anderen, ber Derter der Quaal;
und biefe Befeligung, oder Peinigung dauert bie
atı den Tag des Gerichts fort. - MWohlhabenbe,
vber vornehme Mahomebaner erbauen über den
Graͤbern Eleine, oder größere, mit Kuppeln vers
ſehene Gebäude, die fowohl Son außen, ald von
> innen ſehr fauber gehalten werden, ‘und fehr oft
MWanderern, auch Einfiedlern zum Aufenthalte dies
nen. An diefen Gräbern und in dieſen Grabmähs
lern trauern die Weiber eine Zeitlang nach, dem
Tode von Anperwanteen. Hier bringen fie zu
gewiſſen Zeiten Speiſe und Tran dar, und hie
beten ſie fuͤr, das Heil ber abgefchlebenen See⸗ |
Ien 9). Ueber den Gräbern von Heiligen errich⸗
teten die Mahomebanifchen Volker in den Zeiten
‚ihrer gröften Macht Moskeen, über denen von Koͤ⸗
nigen, und deren Gemahlinnen und Kindern Maus
foteen, die ſowohl in Ruͤckſicht auf den Umfang und
Ehönkeit, als auf den Reihthum von geldenen
und filbernen Gefäßen, von koſtbaren Gewaͤndern
und Zeppichen, melche fie enthielten, alle ähnliche
Denkmahler der Griechen und Roͤmer ohne Fr |
’ Ä git
£) Tournef. ), e.
u) Das gewöhnliche Gebet Befteht datin, daß Gott die
Seelen bald von den Quaalen befrewen möge, mels
che die ſchwarzen Enge ihnen anthun. Tonrnet. II,
59. — J
ji -
[4
,
748 — —
gleichung Übertrafen un). Die Perfifchen und In⸗
diſchen Grabmähler lagen, in der Mitte von weits
laͤuftigen Gärten, ober ‚hatten bergleichen neben
‚fig. : Im Innerr berfelben brannten beſtaͤndig
Biele Kerzen, ober Lampen, und beteten zahlreiche
Schaaren von Prieftern, ober Pilgrimmen. Eis
nige derfelben enthielten Schulen, deren Sehrer und
Schuͤler frey unterhalten wurden, oder' Caravans
ferais, deren Gewoͤlbe mit ben feltenfien Wang
| 208
uu) Man leje nr allein die Beichreibung der Moskee
Jatme, und der Manfoleen det Perfifchen Könige
in der Stadt Com, Chardin } c. und dann die
Nachrichten von Hodges über die Mauſoleen des
Kaiſers Achar uns der Taje Mahel, einer Gr
mahlinn ven Schach Jehan. J. c. Sch kann nicht
umhin, wenigjiend folgende Etellen von Hodges
abzufchreiben: p. 12e. A blazing eaftern fun [hi-
- aing full on this building, compofed of fach
'varied materials, produce a glare of Spiendour
älmolt beyond the imagination of an inhabitant
of ihefe northern climates to conceive: und von
dem Mauſolee der Taje Mabels When this buil-
ding is viewed from the oppofite fide of the
river, it pollelles a degree af beauty, from the
perfection of the materials, and from the ex-
sellerice of the workmanfhip, whieh is only
furpafled by ite graudeur, extent, and general
-magnificence. The bafell material, that en-
ters into this centre part of it, is white marble,
'and the ornaments are of variona coloured mar-
bles, in which there is no glitter: the whole
together appears like a mufl perfeot pearl on
a azure ground, The eflect is (uch, as i cen-
faſs, i never expected from any werk of art.
The fine materials, the beautiful forms, and
the [ymmetry of ıhe whole, with the judieipus
choice of Situation, far [urpafles any thing i ever
heheld. Man sechnete, daß Dieb Monument wes
nigftens eine Million Pfr St. koſtete. p. 126. 138.
=
. benz). Unterdeſſen muß man fih in Acht neh⸗
. - j men, x
Y en )
—r740
ren bes Morgenlandes prangten. Es iſt nicht
moͤglich, ungeruͤhrt zu bleiben, wenn man. liest,
daß die Wand ber Verwuͤſtung dieſe herrlichen Grab⸗
maͤhler in wenigen Menſchenaltern gleich dem Mo⸗
numente des Mauſolus, niedergeworfen, oder we⸗
nigſtens ſo angetaſtet hat, daß ſie mancher ihrer
groͤſten Zierden beraubt worden find.
Von den wirklichen Graͤbern, und Grabmaͤh⸗
lern muß man ſolche Denkmaͤhler unterſcheiden, bes
‚ren Abſicht bloß war, das Andenken der Verſtor⸗
benen zu erhalten. Die Denkmaͤhler wurden zwar
meiſtens uͤber, oder bey den Graͤbern aufgefuͤhrt.
Doch geſchah es unter manchen Voͤlkern, beſonders
den Griechen und Mömern häufig, daß man ſie n
" ganz anderen Orten errichtete, ald wo bie Perfor
nen, welde man ehren wollte, geftorben, ober bes
graben waren., Wenn Dentmähler die Form um =
‚Gräbern, oder Grabmählern hatten, fo nannte
man fie unter den Öriechen und Römern xsvorapa x).
Die Tenotaphien hatten nicht die Heiligkeit, oder .-
die Rechte von wirklichen Gräbern, und kuͤndigten
ben Unterſchied von diefen meiftend durch die In:
fhriften ob honorem,, in Memoriam ‚. avguye xe«.. '
‚ gw any) Denkmaͤhler der Verfturbenen fanden,
und finden fich ſchon unter fehr rohen Voͤlkern.
So kuͤndigten zum Beyſpiel bie alten Spanter bie
Tapferkeit ihrer Krieger durch Spieße an, deren
fie eben fo viele anf die Gräber feßten, als von.
den. Verſtoebenen Feinde waren erfchlagen wor⸗
=) Guther, p. 268 et fg.
y) ib. |
2) Arikk, Polit, VII. e. 8.
= ey. I
‘ s
⸗
ze
, .
750 2 7
men, unter gang sahen Woltern 2 nid etwas far
Dentmähler zu halten, was in ganz anderen Ab>
fihten den Zodten mitgegeben wird. Saft alle
Wilde und Barbaren, welche die Ausflattungen
oder Dpfer der Todten nicht mit⸗ begrubeh, oder
mits verbrannten, legten die Kleider, Waffen und
‚Geräthe der Werftorbenen neben bie Gräber hin,
oder ſtellten, und hängten fie,neben ben Gräbern
auft theils, weil fie bad, mas ben Verftorbenen
gehörte, nicht behalten mochten, theils, weil fie
glaubten, daß diefe ihre Kleider, Waffen, und
Geraͤthe in einer andern Welt nöthig hätten a).
‚Allem Unfehen nad legten alfo die ehemahligen
Einwohner ber Marianifchen . Juſeln Muder und
Lanzen nicht deßwegen auf die Graͤber, um dadurch
die Seſchicklichkeit und Tapferkeit der Verſtotrbenen
auszudruͤcken 5), ſondern damit ihnen in eluer an⸗
bern Welt nicht fehlen möge, was fie auf dieſer
Erde gebraucht hätten. Gewiß ift es auch ein Ue⸗
berbleibfel der Denkart ber ältefien Vorfahren,
wenn bie heutigen Griechen auf die Gräber der
Angehörigen die Zeichen ber Kunft, oder bes Ges
werbes der Verftorbenen, zum Beyſpiel auf bie
Gräber von Schiffern, Ruder legen c), Die ältes
ſten Denkmaͤhler nahmen bie Formen ber älteften
Groͤber an., und waren gleihfam nur Vergroͤße⸗
raungen, oder Erweiterungen berfelben. Unter ben
weiten Völkern bedeckte man ‚bie Lelchname der
4) Man leſe nuy, was Dobrizhofer II. 2958. 94
von den Wbipönen, und Cranz ©. 37. von den
Grönländern erzaͤhlt.
b) So glaubte Gobien p, 69.
e) y Gare I. 308. . I
\ Fu
84
Verſtorbener mit Steinen, oder Haufen von Stei⸗
nen: unter anderen umzaͤumte, oder ummauerte
man die Graͤker, um ſie gegen die Angriffe von
wilden Thieren zu ſchuͤßen. Eben daher errichte⸗
ten die, meiſten Völker uͤber ben Gräbern von Ver⸗
ſtorbenen Hügel von Steinen und Erde d): „andere
BVoͤlker hingegen umſetzten die Graͤber mit unge⸗
henren Felsſtuͤcken, über welche man bisweilen
Felsmaſſen von nicht geringerer Größe herlegte #).
Die Scanbinavier errichteten ihre Zodtenhügel mei⸗
fiend an Wegen, ober Auellen, um bad Unvenken
derer, denen gu Ehren man diefe Denkmaͤhler auf⸗
führte; deſto länger gu erhalten. Bisweilen
Ä - Maus
4) Stein = und Erdhuͤgel, felbft als bloße Cenota⸗
pphien, errichtete mau ſchon in den dlteften, Zeiten
in Aſien, und Griechenland: Guther, p. 264. uns
- ter den Scythen IV. 71. Herod. ın Peru und ande⸗
ren Gegenden von America, Bouger p, 106. Ul⸗
loa's Nachr. II. 87- 89. in allen Gegenden, die
einft von Tataren bewoynt wurden, vom Dnieper .
und Don an, biß an den Amur, Bmelin Il. 134.
III. Sr. 18. Pollas Reifen, 1. gr na4. kei.
‚meine Unterſuchungen über die Denkmaͤhler unbes
Tannter Zeit.n und Völker, und die Commentstio
de monumentis in Sibiria obviis: unter den Kir⸗
ifen, AytfhbPomw, und Georgi ll, ce. in Gircaf:
In, de Luca p. 113. im gauzen nördlichen Eu:
'ropa, Barthol. 112 et ſq. p. Keisler Antiq.
Sept, 103 et ſq. p. Pennant’s Scotl. p. 138.
» 239 \
e) Solche Denkmaͤhler aus ungehenren Felsbloͤcken fin⸗
det man im füdlichen Sibirien, 11. cc, in ben noaͤid⸗
lichen Reichen unſers Erdtheils, in England, uud
in.den Provinzen ded nördlichen Deutichlandes,
Man ſ. Bertbol, L c. und Keisleri Antiquitates
Septentrionales p, ı- 103.
>
752 Bu u u
manerte man Quellen mit Gteinen aus, damit
man fie um deſto öfter, und länger beſuchen möge.
And gab man den Dügeln, oder ben Gegenden,
wo die Hügel’lagen, bie Nahmen der Fürften und
Helden, die dort begraben worden f). Die Denk
maͤhler aus Felsſtuͤcken wurben feit undenElichen
Zeiten entweber Huynen⸗ und Miefengräber, oder
Huynen⸗ und Miefenbetten genannt: nicht dom ben
Hunnen, fondern von dem Frififchen Worte Hunne,
welches einen Todten bedeutet g): Das berühm:
tefte aller noch Übrigen Miefengräber tft dasjenige,
‚ was nit weit von SGalisbury in England Liege,
| und von ben Umwohnern Stonehenge genannt
' wird h). Die hänfigften Dentmähler biefer Art
! ober fieht man in der Landſchaft Drenthe, und in
: ben benachbarten Gegenden i). Alle Zelsftüd,
aus welchen biefe Monumente beftehen, find un:
behauen. Einige diefer Felsſtuͤcke, und zwar felbfl
ſolche, welche man als Deckel über andere aufs
seht ſtehende hergelegt hat, find fo groß, u eine
j ’ ' - ‚ eer⸗
f) Bartbol, I. e. 8. p. n16- 118, .
8) Keisler p. 103. 103. |
5) Eine Beſchreibung und Abbildung dieſes Monu?
ments finder man in Keislers Antiquit, p. ı et ſq.
Herr Prof, Sprengel hielt das Stonehenge, und
andere ähnliche Monumente in Broßbritannien'nicht
für Graͤber, ſondern für Tempel und Altaͤre der
alten Britten. 47 Band der allgem. Weithiſtorie
- ®. 10% ° = “
2.3) Suntque, fagt Beisler l, c. p. 7. in hac regio-.
ne tanta freguentia, ut anfim afflirmare, uni-
cam eam vel hodie plura ejus generis exhibere
meonumenta, quam omnia alia regna conjun-
cm [umta, 3 2
| “
13
x .
.
Weerde von hundert Schaaßen 5%9 fchlechtem Wats⸗
er Schutz darunter findet :k) Die Grabſteiae,
“ud andere. Grabmähler: im alten Gconbinenien,
‚ax varlihen wlan Juſchriftes, ober ausgehänene FSi⸗
uren entdeckt· I), find abne..ellen Streit ihoger,
als die aus rohen Granitbloͤcken zuſammengeſe hten
MRieſengraͤber. ot
Ungebilbete Voͤlker ſtimmten in ihr Wor⸗
ſtellungen von der Seele piel mehr zuſammen, als
in ben Behandlungen dev: Todten. Wenn man ei⸗
nige Nationen ausnimmt, welche glaubten: daß
die Seelen der und Thiere im BT jr R Pa
fünden, ober gleich nach dem Tode des Ebryers
untergingen m); ‚fo hielten alle übrige nicht gang |
‚gebildete Menſchen bie Seelen für zarte. cörperliche
Weſen, die fip fo wohl ‚von (chenden, als abge
Norbenen Leibern abloͤſen, und unabhaäͤugig für fid ";
befichen koͤnnten. Dan Dachte ſich die Seelen bi |
old. Wilver, bald af6 Schatten, bald NT RT
Widerhall a), Die letztere Vorſtelluag entfland
EEE 7 zu
“ h) p. 6, J u — un 7 . 2
I) Barthol, 123 etiq p.
m) Die erftere Meinung (cheinen die alten Perſer und
tuden gehabt zu haben. Man f. meine kurze Ges u
= pichre: Der MReinmmgen enher Wälfer über Die 3,
gie der menſchlichen Seelen, im 2 B. des Goͤt⸗
tingiſchen bi. Mas. 744 0
n) Dabriszhof. 11. 295. Res illg Amt
008 animam dieimus , illi‘. „. imaginem , um-
‘Ara, Echo appellant. So. auch bie Wpragoniet,
.. Chaileroin U. 36 Bi ..:.. 23
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752 Ra u —
manerte man Quellen mit Steinen aus, damit
man fie um deſto öfter, und länger beſuchen möge.
Auch gab man ben Hügeln, oder ben ‚Segenben,
wo die Hügel’ lagen, bie Nahmen ber Fürften und
Helden, die bort begraben worden 5). Die Denk
‚mäbler aus Felsſtuͤcken wurden feit undenklichen
Zeiten entweder Huynen⸗ und Miefengräber, ober
Huynen⸗ und Miefenbetten genannt: nicht Yon ben
Hunnen, fondern don dem Friſiſchen Worte Hunne,
welches einen Todten bedeutet g). Das berühmt
tefte aller noch Äbrigen Miefengräber iſt dasjenige,
was nicht weit von Salisbury in England Liegt,
und von- den Umwohnern Stonehenge genannt
! wirb h). Die hänfigften Dentmähler diefer Art
; aber fieht man in der Landſchaft Drenthe, und in
: den benachbarten Gegenden 1). Alle Felsftüde,
ı aus welchen. biefe Monumente beftehen, find nn:
behauen. Einige biefer Felsſtuͤcke, und zwar felbfl
ſolche, welche man als Deckel über anbere aufs
reiht ftehenbe hergelegt hat, find fo groß, u eine
— — *
eer⸗
f ) Barthol, l. e. 8. ps ı6- 118, -
8) Keisler p- 103. 103. \
h) Eine Beichreibung und Abbildung dieſes Monu:
ments finder man in Keislers Antiquit. p. ı et ſq.
Herr Prof, Sprengel hielt das Stonehenge, und
andere aͤhuliche Monumente in Großbritannien'nicht
für Graͤber, fontern für Tempel und Altaͤre der
alten Britten. 47 Band ber allgem, Weithiſtorie
G. 10. J
435 Suntque, ſagt Keisler 1. c. p. 7. in hac regio-
ne tamta freguentia, ut anfim affirmare, uni-
cam eam vel hodie plura ejus generis exhibere
monumenta, quam omnia alia regna conjun-
cfim [umta, 5 ’ or.
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WMeerde von hunbdert Schaafen bey ſchlechtem
re Schutz darunter finder *). Die Grabfteing,
“und andere. Grabmähler: im alten Scandinas nn
ar welchen wlan Jufıhriften, ober auögebäuene Fi⸗
‚garen enideckt⸗ I), find ahne-ellen. Streit: jhoger,
als die aus rohen Granitklöden gufanunengefsgten
Miefengeäben: Ba \
Uungebildete Völker ſtimmten in ihren Vor⸗
ſtellungen von der ˖Seele piel mehr zuſammen, «ld
in den Behandlungen der Todten. Wenn man sis
nige Nationen ausnimmt, welche glaubten, daß
ute be * ‚O7
die Seelen ber Thiere im Blute ber 7. A|: 37%
flünden , ober gleich nach dem Tode des‘ Chrpers 0
‚untergingen m); fo hielten alle übrige nicht ganz |
‚gebildete Menſchen die Seelen für zarte. coͤrperliche
Weſen, die ſich fo wohl von Ichenden, als abge
Norbenen keibern ablöfen, und-unabhäugig für ſich
- Seftchen könnten. .. Dian dachte ſich die Geelen balp |
als. Bilder, bald als Schatten, bald ald ku |
Widerhall u), Die letztere Vorftellung entſtaud ' |
en nt .. . unter
55 p. 6. Bu *
i) Barthol. 183 etfq p. |
m) Die erfiere Meinung fcheinen die alten Perfer und
Juden gehabt zu haben. Dan f. meine kurze Ge⸗
fſchichte der’ Meinungen tuher Voͤlker über bie Ma⸗
pe der miehfähfichen. Serien, im 2, B. bed. Goͤt⸗ .
tingifchen Hi. Mag 7448 2 ' |
2.2) Dabrixhof. II, 295. Res illa inmortalis, Juam
- nos animgam dieimus , illi. .. imaginem,, um-
"0. bram,. Echo appellant. -So, auch bie Pptagonier,
on Charleroix il. 36. 295..- nn 724
Er *8 * Bi . In B366 | . J u |
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*
Ir: — — |
‚water mehreren Wölbein:im ſuͤrliche Ameriea has
ber , daß Yie den Wiberhall für Stimmen umdherir⸗
sender Geifter hielten. Man traute dem. abgeſchie⸗
denen Seelen nicht: nur ähnliche Meigungen uud
Wedarfatſſe, wie während ihrer Vereinigung wit
den (chenden Corpern zu, ſondern war auch übers
zeugt, baß fie gleich den größeren, aud Fleiſch und
Bein befichenden Coͤrpern könnten verwundet, vers
flümmels, ja fo gur vernichtet werden. Nah der
"Meinung der Biönländer verläßt. bie Seele tet
den Libenben Leib fehr oft in Verzuͤckungen, und
4a Träumen, um auf ben Zanz, oder auf bie
Jagd, dder auf nahe und ferne Meifen zu gehzeno).
Die Grönländer behaupten fo.gar, daß biefes au
im Zuflande des gefunden und vollen Wachens ger
fögche, indem: Perfouen. nicht felten weite Helfen
machten, deren Seelen zu Haufe ‚geblieben fon
Sie erklaͤren alle dieſe Erſchelnungen daher, da
der Menſch außer der Seele noch einem Oden habe,
und daß dieſer das Leben erhalte, imwenn jene eine
‚ "Beitlang von dem Coͤrper weiche p). Nichts ſcheiut
den Groͤnlaͤndern natürlicher, als bag bie Seelen
gleich hen Eorpera ve ‚ und mit bisjen auch
wie⸗
o) Cranʒ ©. 2375 59: KEG
) Die. Egraiden behaupten: anbenter Eee, die im
Hrezen wohne, und mach dem: Tode Dad Leibes ges
sabe in ven Himmel gehe, - gr Ber andere Gets
n, um zwar ie erſte im Kopfe, bie audere in
. ‚den Yrmen, oo Heid dir ch den Bil lan ber Pad
,. dern | ‘Du —— '370, "378
“Nah Vank duver I. 12a: mehhlh ‘die Infulaner
der Suͤdſee den Sit der Gede im ven’ Wniäkiokiden
an, weil die Dass angebrachten Wunden die toͤdt⸗
lichſten ſeyen.
NE .
a I en.
' IB, © Ai CH . zeun- .
“u. on . /
x
” x
wieder abnehmen. Die, Argekoke der Groͤnlaͤnder
‚leiten viele Krankheiten daher ab, daß die Seelen
. der Kranken verffümmelt, ober ſonſt befcäbigt
worden. Sie nerfprechen, die Kranken dadurch
‚gu.betlen, daß fie. ihnen bie, abgeriffenen Stücke
dee Seele wieder verfchaffen, oder flatt der ber
ſchaͤdigten Seele eine ganz friſche und gefunde, ents.
‚weder bie eined Kindes, ober eined Hafen, und
andern Thiers bringen wollen. Sie nennen bie
FH ein blaffes und weiches Weſen, das weber
Fleiſch, noch Bein babe. Ihrem Vorgeben nah
mäffen biefe blaffen, und weichen Weſen nach dem
Tode ber Coͤrper fünf Tage lang an einem rauhen
Felfen herabrutfhen, um in die Derter ber Selis
gen zu gelangen, Das Herabrutſchen wird für die
Seelen fehr peinlih, weswegen auch ber. Fels
ganz blutig iſt. Wenn die Fahrt den Felſen hin⸗
ab bey kalten, ober ſchlechtem Wetter. gefhicht;
“fo kann eine Seele barüber zu Grunde gehen. Sie
‚nennen dieſes ben andern Tod, nach welchem nichts |
‚son dem Menfchen übrig: bleibt. Aehnliche Bes
‚griffe von menfhlichen Seelen herrfhen nicht bloß
unter den übrigen. Americaniſchen Voͤlkerſchaften,
ſondern auch unter den Negern in Afrika g). : Von
ben letzteren habe ich ſchon erwähnt, daß fie ſich
einbilden, abgefhiebene Seelen erfänfen, oder fie
aus ihren Wohnungen auffangen, und Kranken
eishauden zu koͤnnen. Die großen Voͤlker des
füdlichen und oͤſtlichen Aſiens haben von den Sec;
‚Ien faft noch gröbere Vorſtelaugen ‚als ‚rent die
Wil⸗
5. ©. die vorh. enger. Sefchichte der Vorſten. don
ber Seele ©. 746 uf.
Bbb 2
—
7 56 PER
‚Milben in Afrika, und Amerita. Die Ihamais
Then Nationen fchen es als ausgemacht an, daß tm
allen ihren Mohenprieftern 5) ein göttlicher Geiſt
wohne, ber bald: von Water auf Sohn forterbe,
bald nah bem Willen. des legten Beſitzers in ven
Leib einex andern Perfon fahre, oder auch ben letz⸗
ten Beſißzer ploͤtzlich verlaffe, wenn er diefer Ehre
nicht Länger würdig fe. Die Ihamas in Thiber
ziehen aus der Kopfhaut von Verſtorbenen die See⸗
le heraus; eine Operation, die Immer mit einem
gewiſſen Geraͤuſche gefchleht s). Die Bewohner
bes füblihen Aſiens halten indgefammt die Seelen
nicht bloß für coͤrperaͤhnliche Wefen, ſondern auch
für folde Wefen, die Fleiſch und Blur hätten,
‚wenn fie gleich fein genug feyen, um fih dem Ge
fit, und dem Gefühl zu entziehen 2). Wem
| daher eine Seele Wunden erhalte, fo zweyfeln fit
nicht, daß eben fo wohl Blut erfolgen werbe, als
wenn man einen menſchlichen Leib verwunde Nach
der. letztern Eroberung von China durch die Mand⸗
ſchuren wählten viele Chinefen Lieber den Tod, alt
dag fie n ch nach ber Weife der Gieger gefchoren
‚hätten. Die Chinefen fürchteten, daß durch bie
Schur Ihrer Schedel auch die Seelen kahlkoͤpfig
werden, und daß dieſe alsdann von den verſtorbe⸗
nen Anverwandten nicht wuͤrden anerkannt werben,
Wer kann es bey folden Begriffen voß Völkern,
die auf Eultur Anſpruch madhen,. ven rohen Eins
‚wohnern ber Marianifchen- Inſeln verargen, daß
fie zu den Köpfen von Sterbenden Körbe hinſtell⸗
ten,
YyL e. 6, as u, ru
s) Georg. 1, c.
) Loubere I, 361. 65,
’ ’ \
t ” !
’
x
- * . ®
ten, bamit-bie Seelen ſich hineinbegeben möchtens);
oder den Otaheiten, ımd anberen Inſulanern der
Sübfee , wenn fie annehmen, daß Männer in einer
andern Welt ihre Meiber wieber- erkennen, und
Kinder mit ihnen zeugen werben, ungeachtet bil
Seelen etwas Son. bem groben Coͤrper verſchiedenes
fegen x). Man muß felbfi ben Nationen bes fübr
lichen und öftlichen Aſiens ibre-Surthümer zu Gute
halten, wenn man liest, baß unfere Vorfahren,
ja fo gar die Griehen und Römer fammt beren
Weltweiſen anf ähnliche ſchimpfliche Arten geirrt
haben. Meine Leſer erinnern ſich, daß die Grie⸗
chen und Römer nicht weniger, als bie alten Scan⸗
binavier, ſich por dem Ertrinken fürdhteten, weil fit
* glaubten, daß die Seele mit dem Cörper erfäuft u
werbe, nud daß die Leßteren Zauberer, und Baus
berinnen, ober folche, beren Seelen umher gingen,
äerftückelten und verbrannten, in dem NBahne, daß
die Seelen gleich ben Leichnamen würben zerflückelt,
und vernichtet werden y). Die Griechen und Nds
mer dachten. fich die Seele bald als ein Schatten⸗
bild 2), ober als einen Schatten des Cörpers a), .
bald als. einen Haucht welde letztere Vorftellung
bie Urſache ber Bezeichnung der Seele in der Gries
hiſchen und Lateiniſchen Sprache war 6). Eben
dieſe
J 2): Gobien p. 1
3) Cooks letzte Reif. 1. 164. 16,
y) Barthol, p. 266, 47.
z) —R image,
4) umbra. u
b) yux7, anima,
7185 — —
dieſe Vorfſtellung veranlaßte, bie alte bis anf bie
fyäteften Zeiten fortdauernde Sitte, bie Seelen ber
Sterbenben von ihrem Munde aufzufangen €): viel:
leicht auch bie Meinung der Stoifer, daß die Seele
bed Menſchen, wie fein Cörper, durch eine große
zermalmende Laſt zerdrückt werden Fönnte d). _
Es ift fon fonderbar genug, daß einige rohe
Voͤlker nicht anzugeben wiſſen, was aus dem Mens
ſchen nach dem Tode des Coͤrpers werden werde.
Roch viel wunderbarer aber iſt es, daß viele Ma:
tionen, und unter biefen mehrere nicht ganz rohe, .
fih um den Zuftand der Seelen nach dem Tobe gar
nicht bekuͤmmern, ober gar läugnen, ober bezwey⸗
feln, daß von dem Menſchen nah dem Tobe bed
Coͤrpers etwas übrig bleiben werde. Die Chiquis
ten in Paraguay ſuchen bie Seelen verftorbener
Anveriwandten eine Zeitlang in ben Gebüfchen, mes
mit ihre Wohnungen umgeben find. Wenn fie
biefelben nicht finden, fo geben fie am Ente das
Suden auf, und geftehen, daß ſie nicht wiſſen,
was aus ben Seelen geworben fey ce). Die Mo:
za in Paraguay ), marche Neger 8) , und Kot
tms
e) Guther, I. c. 13. p. 70. TI. Ich fuͤhre nur fol⸗ |
‚geuted Zeugniß an:
.. et excipies banc animam.ore pid,
| a; Meine Geſch. S. 757.
6) Lettr. Edif. VIIL. 335. N, 2.
Hibkpgn
8) Oldendorp L, ss de Bry VI. c, PT
! _ . -
B N 1
Ze 7
⏑ — — ee
⸗
tentotten ), manche Chilienſer i), und Helden in
Sumatra k) ſind ſo gedanukenlos, daß fie bey dem
Tode eines Menſchen eben ſo wenig, als bey dem
Tode eines Thiers daran denken, ob ber Verſtor⸗
kerie anderswo ein neues Leben anfangen, und wie -
fein Zuftand befchaffen ſeyn werde. Die Wogulen
anf dem Ural, auch viele Buräten, und Zungus
fen haften den Tod für eine göttliche Strafe, und
fürchten nad dem Tode eben fo wenig, als fie ets
was erwarten, weil fie ſich einbilden, daß die Goͤt⸗
ter buch den Tod vollkommen verföhnt werben D.
Die Lappen glaubten an bie. MWieberaufftehung der
Bären s ihre eigene hingegen bezwenfelten fie m). -
Die Tſcheremiſſen tranten ſich nach weniger zu, als.
'. bie Lappen, indem fie bekannten, daß fie nicht
. . würdig fepen, zu einem andern Leben ‚erhoben zu |
werben n). . Die gemeine Meinung ber Wilden in
Chili iſt, daß die abgefchiedenen Seelen in Oerter
. der Seligkeit jenfeits des Meers eingehen werben.
Allein mehrere dieſer Wilden erklären die Hoffnun⸗
genihrer Sandsleute für ein leeres Hirngeſpinſt 0).
Auch unter den Grönländern find nicht wenige dee
Meinung, daß es fih mir ben Menſchen, wie F
) Belchryving I, a2,
ij Maycgrafp. 30.
k) Marsden p. 253. Ä
H Georgi Reif. 28. 312.600 u
| m) Hogſtroͤm 229. 233 S. \
n) Müllers Ruſſ. Geſch. TIL 341.
. 10 Frezier p, 10x. Pinfieurs le-regardent comme
une imagination, qu’ils ſe font forgen, °—
x » \
1 — —
ven Thieren verhalte, und baß mit bem Tobe des
Ebrperd Alles aufhören werde 9). Die Eiuwoh⸗
ner von Laos Fünbigen bloß den Seelen böfer: Men⸗
ſchen eine gaͤnzliche Vernichtung an ). Mehrere
Stämme und Gaften hingegen in Hindoſtan Laflen
He Guten, wie die Böfen, nah dem Tode des
Ebrpers untergehen, weil es ihnen, fe erzählt
wenigſtens Sonnerat r), unbegreiflic vorkommt,
daß der in Staub und Afche verwandelte Eörper,
der in die Lüfte verfliegt, oder ſich mit ber Erde
vermengt, feine vorige Geflalt wieber annehmen,
und ein neues Leben anfangen koͤnne. Wenn man
dem Pomponius Mela trauen bürfte; fe waren
aud unter ben alten Geten nit wenige, welde
den Tod als eine gänzliche Vernichtung bed Mens
ſchen betrachteten, und felbft dieſen Zuſtaud ber
Berntchtung fir beffer hielten, als bad irdiſche Le⸗
von N)
Der bey weitem groͤſte Theil ſelbſt von re⸗
ben Voͤlkern nahm nicht bloß eine Fortdauer ver
- Seelen. nah. dem Tode an, ſondern beſtimmte auch
den Zuftand der abgefhiedenen Seelen, Viele bes
haupteten, baß abgefchiebene ‚Seelen entweder be:
ſtaͤndig, ober doch eine Zeitlang Key dem Ueberbleibe
feln der Eörper bleiben, und daß fie im letztern
“ Bi häufig auf die Erde, und zu ben nachgelaſſe⸗
nen
2) Cranz 257 ©,
4) Mariny 391 p.
— r) I 87.
‚9-11. 4. 4. Alil emori quidem, m. u mei
elle, quam vivere,
ee °7
nen Anverwandter zuruͤckkehren waͤrden. Diele
Denkart herrſchte unter allen den Nationen, welche
die Refte der verfiorbenen. · Anverwandten .in ihren
Hütten behielten, ober ihnen ewige Wohnungen
und Tempel bauten, we fie-biefelben beſtaͤndig vers
ehren konnten t). Die meiſten Völker, melde au
die Fortdauer der Seelen glaubten, ſprachen von
einem Lande der Seelen, wohin alle ohne Untere -
fbieb gelangen mürben. Die Einen fegten das
Land der Seelen in ben Himmel, oder in einzelne
bimmlifche Eörper: andere jenfeitd des Meers,
oder weit gegen Abend’: noch ambere unter bie Er:
de, oder dad Meer. Faſt alle wähnten, daß bie:
Reiſe in dad Sand der Seelen mit großen Ber
ſchwerden und Gefahren verbunden ſey u): baßı
man: während berfelben Kälte, Hunger, und an⸗
deres Ungemach ausſtehen, über furchtbare Strbs -
me, oder Sümpfe feßen, mit feindfeligen Geiſtern
und Ööttern, ober anderen Ungehenern Fämpfen -
muͤſſe. a ,
Das Land ber Geelen befchrieben nit ale
Voͤlker auf diefelbige Arı, Einige glaubten, daß
der Aufenthalt im Lande ber Seelen nicht beſſer,
oder gar ſchlechter, als das Leben auf biefer Erde
fey. :Diefe legte ungünflige Vorſtellung von bum;
| Lane.
e) Sch Babe Diele Voͤller theild in dem gegenwärtigen
Abſchnitt, theils in der Unterfuchung uber den Tode
'temdienft genaunt. . oo
«) 3u Strauffene Zeiten öffneten die Rufen, wenn |
Einer der Ihrigen werfchieven war, die Benfter,
and fegten Speiſe und. Trank ald eine wegen der
iangen Meile nothwendige Erquidtung hin, Ge 56.
\ı
Saure der Seelen haben nicht bloß manche Sibiri⸗
ſche Heiden x), fonbern auch mehrere Wilde in
America. Wenigſtens erzählen einige Horden in
Paraguay, daß die abgefchtebenen Seelen in bem
Lande der Schatten Feine anbere Nahrung finden
märben, als ein gewiffed Marz, das aus großen
Baͤnmen ausfließe, bannı Honig, und etwas
Weniges von Fiſchen y). . Natuͤrlicher war der
Gebanke, daß dad Land ber Seelen unferer
Erbe gleih, und daß ber Aufenthalt in demfelben
gleichſam eine Erneuerung, oder Fortfeßung bed
gegentoärtigen Lebens fen. Wo man biefe Meis
nuug hegte, da aab man zu, daß man in dem Lan⸗
dei ber Seelen die Veſchwerden ber Jahrszeiten
und Witterung , Hunger, Durft und anderes Uns
gemach, Nacftellungen von Feinden und wilden
J und Sclaven. Die Vorſtellung: saß eb in dem
Thieren erfahren: daß die Einen reich und mädtig,
Andere arın und gering feyn: daß die Einen herr
ſchen, bie anderen dienen: endlich daß überhaupt
ein jeder fo fortfahren werde, wie er im Lande bet
Seelen ankomme 2). Eben baher. ſtattete man
De Verftorbenen mit ben Kleidern, Waffen und
Geraͤthſchaften aus, von melden man ſich einbils
dere, baf fie biefelben im Sande ber Geelen braus
den würden. Aus beinfelbigen Grunde verbrann
te, ober begrub man. mit ben Leichnamen der Fuͤr⸗
ſten und Großen nicht bloß ihre Schäße, ſondern
opferte auch an ihren Gräbern Weiber, Freunde
0 | iaus
: 2) Georgi’ Beſchr. ©. 383: 383. |
. Lettr. Edif. IX, 101. n
2) 3. B. Charlevoix II, 277.978, Ulloa's Nachr.
Mi) Da i. — —.
| \
x
— — — — ——— — — —
v0. ' ‚
— — —— fe 763
ande der Geelen eben fo ,. wie auf. bieſer Erde
feyn werde, floͤßte allen ben Voͤlkern, die son
den Europäern unterjocht, oder fonft gedruͤckt wor⸗
den waren, eine unüberwinblicde Abneigung gegen
den Himmel der Chriften ein, Indem fie fuͤrchteten,
daß fie dort eben fo wuͤrden gemißhandelt werben,
als auf diefer Erde a): wiewohl Einige fi vor -
dem Ehriftlihen -Parabiefe auch deßwegen ſchen⸗
"ten, weil fie hörten, daß man dort weder eſſen
und trinfen, noch diejenigen Bequemlichkeiten fin
ben werbe, an welche fie auf biefer Erde gewöhnt
waren 6). Den Wilden in Louiſiana fchien es
durchaus unglaublih, daß die Seelen in ber ans
bern Welt keine Nahrung brauchten c). Die Ne
ger s Selaven in Weſtindien bringen fi häufig
um, in der Hoffnung, bag fie in ihrem ehemahli⸗
gen: Waterlande gleich wieder aufleben werden.
- Einige Weftindifhe Pflanzer brauchten zwar ders
ſchiedene, aber gleih wirkfame Maaßregeln gegen
den Selbſtmord ihrer Sclaven. Einer. ließ den
Negern, welche. fi erhenkt hatten, Kopf mb.
Hände abhauen, und dann die verſtuͤminelten Coͤr⸗
per in einem eifernen Kefig aufhängen. Er drohte,
\ ae daß
ay) So die Kamtfchadalen, Steller S. 269. einige
- Milde in America, Voy. au Nord V, 330.
b) Voy, au Nord V, p. 331. ‚ ——
) l.c. Quand on leur repond, qu'on 7 boit,
‚ny ne mange, jene veux donc pas ya
[ent - ils, parceque je veux manger Si on
ajonte, qu'ils n’auront par beloin de fe nourrir,
jls mettent la main ‚fur lä bouche par admira.
tion, et difent, tu esum grand menteur. Efſt-
ce, qu’on peut vivre, fans manger?
r, du
nen
U
— —
Zu Su
daß er alle: übrige Selbſtmoͤrder auf gleiche Ir
Behandeln, und fie auf ewig ungluͤcklich machen
—wierde,“ weil die. Selbſtmoͤrder ohne Kopf , und
Arme in ihrem Vaterlaude anlangen würden, . Die
Neger lachten anfangs über diefe Drohung, weil
fie fi gewiß einbilbeten, bag ihre verſtuͤmmelten
Landsleute Köpfe und Arme in der nähften Nacht
abhohlen wuͤrden. Da dieſes nicht geſchah, fo ers
ſchraken fie fehr, und dachten nicht mehr baran,
fih durch den Selbſtmord in ihr alted Vaterland
zu verſezen. Auf einer andern Pflanzung faßten
alle Sclaven ben Entſchluß, fih an einem bes
ſtimmten Tage im nächften Walde zu erhenken.
Als ver Herr der Sclaven biefes erfuhr, fchirkte
er bie weißen Aufſeher mit einer Menge von Kefs
ſeln, und anderen zur Zuckerſiederey nötkigen Se
raͤthſchaften nach. Vey der Ankunft berfelben
fragteit bie Neger: was ihre biöherigen Auffeber
im Sinne hätten? Die Antwort wart. mau wolle
bie Sclaven in ihrem Vorhaben nicht ſtoͤren. Der
Kerr babe eine guoße Pflanzung in Afrika gekauft,
und wolle ſich, gleich den weiſſen Bedienten erhen⸗
fen, um feine. Sclavesn, welche er dort wieder
finden werde, noch ſtaͤrker, als bisher arbeiten zu
laſſen. Die Neger glaubten das, was man ihnen
ſagte, und gaben den Vorſatz ded Erhenkens auf d),
‚Die Sehnſucht nach einem beſſern Leben muſſ
tief in der menſchlichen Natur liegen, weil die mei⸗
ſten Völker, welche ein Sand der Seelen annch⸗
men, ohne baffelbe als einen Zuſtand ber Vergels
tung zu betrachten, die Meinung haben, daß bie
Bu \ ſes⸗
die
=
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— —2205
ſfesLand ber Seelen zwar unſerer Erde aͤhnlich
|
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feg: daß man alſo in jenem, wie auf dieſer, Um
terfgtebe von Macht, Anſehen, und Reichthum.
Son Stärke und Geſchicklichkeit nebft ben natuͤrli⸗
hen Folgen ber einen, und der anderen finde: daß
aber zugleich der Aufenthalt im Lande der Seelen
vlel reicher an Allen Ghtern und Freuden, viel
feeyer von Schmerzen und andern Uebeln ſeyn wer
de, als der Aufenthalt auf der Erde. Der gröfte
Theil der Neger hält das irdiſche Leben für eine
‚traurige, Berkettäng bon Mühfeltgkeiten, und Un;
fallen in Vergleihung mit dem Zuftande, in wel⸗
hen die abgefchtedenen Seelen ohne Ausnahme nach
dem Tode bed Coͤrpers kommen werben e), Sin
ber feften Leberzeugumg , ein elendes Leben mit eis
nem Zuflande ton Gluͤckſeligkeit zu verwechſeln,
bringen fih viele gefunde Menſchen felbft um.
Wenn in Matamba, und manden anderen Gegen⸗
den'von Afrifa Perfonen fo Frank werden, daß
man an ihrem Aufkommen zwenfelts fo glauben
die naͤchſten Anverwandten ihnen baburd) einen Lie
besdienſt zu ermweifen, -baß ſie diefelben bald von
der Buͤrde bes Lebens befregen. Man zieht die
Kranken heftig an Hafen und Ohren, an Armen
und Beinen. Man hebt fie in die Höhe, um fie
defto härter auf die Erde fallen zu machen. Man.
- hält ihnen den Mund zu, ober druͤckt ihnen endlich .
LT 4
.
die
u e) Cavazei I. gi8. 15. - - c’eR Popinion eommu»
. nementiegie chez tous tes Negres, que, quand
- un-boräme vient.2 mourit, [omyame guitte une
vie milerable, pleine de traverfes et de peines,
. „pour entrer dans une autre remplie de joye, et
de plaifr’erc. Wuch Bruce HL 242, Neue
Ausg. | “ .
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die Bruſt, ober den Ruͤckgrab ein. . Unter chen
diefen Regern erfläste man bie feltene. Ruͤckkehrr,
ober Wieder⸗ Erfhelinung abgeſchiedener Seelen
daher, daß biefe ſich wohl düteten, einen Zuſtand
Yon Seligkeit gegen einen Aufenthalt You Jam⸗
mer.und Elend zu vertaufhen f), Faſt mit. dens
felbigen günftigen Farben ſchildent man das Laub
der Gerlen fo wohl unter. ben Wilden bes nörblis
ıben, als denen bes füdliden America. Nach
den Vergeben ber Noerd⸗ AUmericanifchen Wilben
. Brauchen die abgefchiebenen Seelen mehrere Mona⸗
. the, um Das weit gegen Abend liegende Land ber
Seelen zu erreichen. Auf dieſer langen Reife bas
ben bie Seelen viele Schwierigkeiten zu uͤberwin⸗
Ben ; und: große Gefahren. zu befieben: beſonders
von einem Fluſſe, in welchem mande umkommen,
und von einem Hunde, ber. fie zu verfchlingen, ober
zu verwunden ſucht. Wenn. fie nber einmahl an
bem Drte ihrer Beftimmung angelangt. find; fo
Finden fie eine beftändig ergiebige agb und Fiſch⸗
fang, einen Ueberfluß aller Freuden und Güter
bes; Lebens, deren ſie in einem ewigen Frühling
ohne Arbeit genießen g). Die Wilden bes noͤrd⸗
lichen America ſtimmen ben meiften übrigen rohen
Völkern darin bey, bag die Seelen der Zhiere
eben fo wohl, als bie ber Menfhen, in bad Land
0.09 E der
H) ib. p. 414. Auf dieſelbige Art ſchildern die Denk⸗
art der Neger, De Manet II. 34. Cauche p. 45
g) Charlevoix p. 352. 55. - - dont toute In feli-
eite conbllg a y trouver une challe, erune Pe-
.che,, qui ne nanquent jamais, un Printems
... eternel, une grande abondante de töutes cho-
‘, fes, ſans étre obligé de travailler, ei tous les
- plaiire dslm, ° "
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"per Seelen keinmen werden: Die Caraben A),
bie Patagonier 1), und bie Ehilienſer ‚k) befhrei
ben des Sand der Seelen faſt auf eben die rt, wie
bie Staͤmime im nördlichen America. ' Die Pata⸗
| ‚gonter Waffen‘, daß fie, ein Leber zu dem Gett:
feiner Vorfähren und feines: Geſchlechts unter der
‚Erbe Tonmnen , und hier tm Zuftande. einer ewigen
Trunkenheit gluͤcklich ſeyn werben 7). Die Chr
lienſer ſetzen das Land ber Seelen jenſeits des
Meers ; und verſichern, daß fie dort einen beftäns
digen‘ Ueberfluͤß von Fleiſch und ſtarken Getränken
findens auch daß fie mehrere Weiber erhalten wer⸗
den, die keine Kinder gebaͤhren, ſondern ſtets be⸗
reit ſi nd, ihnen ben Genuß ihrer Reitze zu erlau⸗
ben, ihnen Chicha zu inachen, und auf andere Mer
ten zu dienen m). Viel natärlicher, als alle diefe
_ ibealifhen Darftellungen , ift dag Gemählde, was
die Kamtſchadalen von dem Zuſtanbe der Seelen
nach dem Tode entwerfen. Der Leib, ſagen die
Kaimtſchadalen,, wird wieber Aferſtehen und mit
der vorigen Seele vereinigt, ewig unter der Erbe
leben, ober wie hier auf Erden, unter beſtaͤndt⸗
Ä e
er birendorr I, 52. Ä
MD. Falkner P- 114.
N Fresier p, 101.
‚eternally. drunk, .
| m): 'Frezier & c. Pame-- - --quidoit aller ı au- deli
.. des Mers dans des lieux de plaifrs, ou ilsre-
gorgeront de viandes, et de ‚boillons; qu’is
y auront plufieurs femmes, ui nd feront pas
des enfans, qui ſeront occupeus x leur faire de
banne chicha, a les feryir. ds,
#1. c. there to enjoy the kappinels ob being ..
— — -.
268 [nn
ger Arbeit. Darin aber. werde. es in jenem Leben
—* beſſer ſeyn, daß fr alles im Ueberfluſſe ha⸗
ben,.nie hungern, nichtq von den Ruſſen leiden,
ſenbern in ihrer vorigen. Freyheit lehen wärben.
Aud glauben. bie Kamtſchadalen, daß diejenigen,
welche bier. arm waren, in ber andern: Melt reich,
die Reihen hingegen arm ſeyn werden, kamit jwb
ſchen den beyden Zuſtaͤnden in dieſer, und im jener
Wels eine gewiſſe Gleichheit entſtehe. :&ine jebe
. andere Dergeltung bes Guten und. Boͤſen -balten
fie für unnöthig. Wer auf biefer Erbe gefiohlen,
Ehebruch getrieben habe, u. f. w. der fen dafür
fon hinlänglich geſtraft, entweder geprügelt, ober
gar erſchlagen worden: habe menigftens feine Freun⸗
de gefunden, und fey. baher Büros, - ‚und ohne
Bermbgen geblichen "| —
Der Gedanke an einen Zuſtand von Wieder⸗
Vergeltung war allen, oder faſt allen- ‚ungebilbeten
Dillern fo fremd, daß felbft diejenfgen, melde
nicht bloß einen Drt der Seelen, fondern Dexter
der Seligleit und Onaal aunahmen, bie erſteren
ganz allein den Reihen, Vornehmen und Mädtis
gen, höäftend ben Zapferen und Starken auwies
fen, und hingegen die Armen, Geringen-unb Un⸗
gluͤcklichen in die Dexter der Quaal hinabftießen,
Unter ben Orönländern feßen Einige die Wohs
nungen ber Öeligen in ben oberflen Himmel Aber
bem Megenbogen 0). Sie befchreiben bie Fahrt
dahin ſo leicht, daß Jemand noch an beim Abend
bes Zages, ‚ws ® getorben, dest: anfangen. und
au
eier
oy Cranʒ 25860, > .: „aman. d
— — 969
ausruhen, ober mit ven übrigen Seelen fi im
Zanzen und Ballfpielen ergögen koͤnne. Die Ger
Ien wohnen hier in Zelten um einen großen Ste
ber, der voll von Fifchen und Vögeln iſt. Die
meiften Groͤnlaͤnder aber fischen die Derter. ber Ges
Figkeit unter dem Meere. Hier, fagen fie, ſey
ein beftändiger Sommer, beller Sonnenfhein und
Zeine Naht. Man finde dort hutes Waſſer und
einen Ueberfluß an Bögeln, Fiſchen, Seehunden
Tonne. In diefe Derter bes Seligkeit kämen bloß
ftarfe, zur Arbeit tauglidye Leute, auch foldye, bie
fur Meere ertrunken, ober über ber Geburt geftors
ben feyen. Die ſchwachen und zur Arbeit nicht
tüchtigen Menfchen würden in den Himmel verf: bt,
wo fie einen großen Mangel litten, wegen der
beftändigen Bewegung keine Ruhe genöffen, und
eben deßwegen mager uud kraftlos würden. Es
ift eine den Groͤnlaͤndern ganz rigenthümliche Meis
zung, daß fie bie im Meere Ertrunfenen, ober die
über der Geburt Verſtorbenen in die Derter ber
Seligkeit aufnehmen. Ale übrige ungebildete Voͤl⸗
Fer fchloffen Kinder, und ſolche, die burd) gewalt⸗
fame Todesarten umgelommen, Manche fo gar die,
Zapferen, bie in ber Schlacht gefallen waren, ‚von
den Dertern ber Seligen, ober von der Gemeins
fhaft der übrigen Seelen aus 5). Die Häupter
| der
p) Die Nord: Americaniſchen Wilden glauben, daß
allle diejenigen, die eine® gewaltſamen Todes, ſelbſt
in der Schlacht, geſtorben ſeyen, Feine Wemeinſchaft
mit den übrigen Seelen haben werden: weßmenen
fie dieſelben auch nicht in very aemeinſchaftlichen Des
gräbniß = Oxte beyfegen, Cbarlevoix p. 576. 77.
PEST Fon Bu PUR
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and Mennthieren, welche man ohne Mühe fongen -
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der Natchez behielten ſich ganz allein das Gluͤck
vor, in die Sonne, woher fie entfprungen, zus
ruͤckzukehren. Die Untertbanen, welde fie die
. Gtinfenden nannten, überließen fie ihrem Schick⸗
ſale. Die gemeinen Dlatchez bildeten fid ein, bag
ihre Seelen nady dem Tode ded Cörpers in die
Leiber von Thieren einmandern, oder daß die Las
pferen und Fleißlgen unter einem gluͤcklichen, die
Feigen und Zrägen unter einem ungluͤcklichen Volke
wieder aufleben würben 2). Aehnliche Begriffe
hegen die Einwohner von Dtaheite und den übri:
gen Inſeln der Süpfee. Nur die Seelen der Haͤup⸗
ter, fagen fir, verfammeln ſich in der Sonue, wo
fie Brotfrucht, Fiſche, Hundes und Schweinefleifd,
gehörig zubereitet, im Weberfluffe vorfinden. Die
Seelen ber Leibeigenen hingegen twaadern in Thiere,
oder werben von Vögeln verzehrt, ober Fommen
fonft um r). Die Apalachiten und Brafılianer vers
feßen die Seelen der Tapferen in die Sonne, oder
in Derter der Seligkeit hinter großen Bergen, wo
fie in fchönen Gärten alles im Ueberfluß haben,
und fid) ergößen. Die Muthlofen und Schwachen
laſſen fie zu böfen Göttern wandern, oder verftoßen
fie in Abgründe gegen Morden, bie Yon ewigen
Ä " Schnee
Much die Neu: Seelaͤnder und uͤbrigen Suͤdſee-In⸗
fulaner find der Meinung, taf tie Scelen derer,
weiche eined unnatülichen Todes geficrben, ungläds
lich feyn, wohl gar ewig im euer würden acmıarz
tert werden. Cooks letzte Reifen I. 138. 405, II. 100.
9) Voy, au Nord v. 23.04, Der Bater Le Petit
Lettr, Edif. VII. 11. 12. ſchildert die Meinung der
Natchez anders, wie ed miraber ſcheint, nicht richtig.
r) Coors legte Reiſen U, cc, Sorfter’s Beob. ©. 480.
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— — 0 771
Einer’ und &ife ſtarren 5). Selbſi die alteſten
Griechen beſtimmten ihr Eiyſi ium nur für bie Abs
koͤmmlinge und Anverwandten ber Götter‘, befons
ders für die Melden des goldenen Zeitalters, fo
wie fie. die Zitanen, die Feinde der Götter, in,
den Tartarus warfen. Ale übrige Seelen ließen
fit im Hades, oder in den Dertern der Schatten
zuſammenkommen; und biefen Hades dachten fie.
fih jo wenig beneidenswertb, daß der Schatfen des
Achill beym Homer verfihert: er wolle die Wer⸗
herrſchaft über die ganze Unterwelt mit dem Dien⸗
ſte bey einem armen Manne auf biefer Erbe vers
tauſchen. Aefchylus und Dindar waren bie Em | |
ſten, welche die Griechen init den Begriffen einer
Vergeltung ded Guten und Boͤſen befannk- mach⸗
ten 8). Unſere älteften Vorfahren badıten nicht
richtiger, als die rohen Griechen. Ju Odin's
Palhalla kamen keine andere, als Helden und
Krieger, die ihr Leben im Kampfe verlohren hat⸗
ten. Alle diejenigen, welche eines natuͤrlichen To⸗
des ſtarben, alle Weiber und Knechte, blieben von
der Wohnung und Geſellſchaft Odin's ausgeſchloſ⸗
ſen: ausgenommen, wenn Weiber und Knechte mit
ihren Gatten und Herren, oder für dieſelben geſtor⸗
ben waren, und mit dieſen zugleich anlangten. Die
ſeligen Helden ergößten ſich im Balhalla, wie auf
diefer Erde. Sie tranfen ſtarkes Bier, oder Meth
aus den Schedeln erſclagener Feinde „und ſaͤttig⸗
ten
5) Maregraf p-19. Leg. Allg. Sammi. der Rei⸗
fen, XVI. 508.5
4) Man f. Heerens Abb. in der Bert, Dorathoſchuift
vom 8 1788. Don, May 421 uf,
Ce 2
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⸗ .
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- jaren in den Himmel kommen würden x).
178 . — —
sven ſich mit dem Fleiſche eines Ebers, der ſich
ſtets wieder ergänzte. Sie jagten, uͤbten ſich in
den Waffen, und kaͤmpften gegen einauder. In
dieſen Kaͤmpfen geſchah es oft, daß ſie ſich ein⸗
ander verwundeten, und mitten durchhauten. Dieſe
Wunden mochten aber ſo gefaͤhrlich ſeyn, als fie
wollten, fo heilten fie gleidy wieder u). Selbft
zu Peters des Broßen Zeiten hasten die Ruffen
Die Lehren bes Chriſtenthums Baum fo gut gefaßt,
als die Scandinaviſchen Dichter Lange vor ber feier
lichen Aufnahme ber Chriftlichen Religion. AB
Weber fi in Rußland aufhielt, glaubten bie ges
meinen Ruſſen neh, daß nur. die Czaren und Bo⸗
-
end
u) Barthol. 386 et Tg. p. Keisler ps 129. 146. Mal.
let p. 74. 75. Die Sagen, oder Nachrichıen über
dad Crepusculum deofum, oder den Lusergang
der Welt und der Götter, über Dertet der Freude
‚und Quaal, wo die Gerechten belohnt, and die Uns
gerechten befttaft werden, find unftreitig, wie mans
.. de andere, die fich in den nordiichen Denkmaͤhlern
finden, fpäteren, oder Ehriftlichen Urfprungs. Hier⸗
über fehe man Mallet 9,78, Keisler p. 118-126.
x) Weber 1. ↄa9. Ich könnte noch eine Menge von
Zeugniſſen dafür anführen, daß rohe Völker nichts
von einer Vergeltung des Guten und Böfen wiflen,
‚oder die Derter der Freude bloß den Reichen uud
Mächtigen geöffnet glauben. Das Eine oder daB Aue
. dere erzählen von den Wilden am Dronofo und den
ehemabligen Mericanern, Gily II- 204. 111.13, 23;
15. 38, von den Wilden zidifchen Arracau und
Pegu, Symes p. 447. von den Heiden in Sumas
tra, Marsden p. 25% Wenn einige Schriftfteller
ſagten, daß on der Meinung von ganz rohen Böls
- Bern die guten Menfchen zu guten Göttern, oder in
Oexter der Seligkeit, die böfen zu böfen Göttern,
a oder
/
— — — 773
Wenn Voͤlker endlich ſo weit it gelangten, daß
ſie eine Vergeltung des Guten und Boͤſen, Bee
loehnungen und Strafen nach dieſem Leben fir noth⸗
wendig zu halten anfingen; ſo entkraͤfteten ſie dieſe
wichtige Lehre gaͤnzlich dadurch, daß ſie Froͤmmig⸗
keit und Tugend in etwas ſetzten, was auch Gott⸗
loſe und Laſterhafte haben, und thun konnten:
naͤmlich in das Bekenntniß gewiſſer Meinungen,
und in die Ausübung gewiſſer gottesdienſtlicher
Handlungen; ober daß fie ſich einbildeten: Froͤm⸗
migkeit und Tugend fönnten durch etiwad Anderes
erfeßt, Laſter und Verbrechen koͤnnten ohne Beſſe⸗
zung und Genugthuung abgekauft werden. Alle
nicht ganz aufgeflärte Voͤlker kannten Feine ang
dere Belohnungen, als finnlihe Freuden und irs
difche Güter: Feine andere Strafen, als cörperliche
feiden und irdifdye Uebel; oder fie ließen gar bie
hoͤchſte Seligkeit nach biefem Leben bald in einem’
Verſchwinden in die Gottheit, bald in einem Der
ſchwinden in Nichts beſtehen.
Die Vorſtellungen der alten Moraenl ͤndiſchen
Voͤlker, ſelbſt der Juden 4), von den Zuſtaͤnden ber
Vergeltung find zu Dunkel, ober ungewiß, und bie
ber Griechen zu bekannt, al& daß ich mid, bey ben
| eb
Lu
oder in Derter ber Quaal kaͤmen, wie 3. B. Georgi
Beſchr. S. 59. von den Wotjaͤlen, Öldendorp I,
339. von gewiffen Negern, und ein Jeſuitiſcher
Miſſionar von den Natchez, Lettr. Edif. VII, 15.
N, E. fo verſtanden fie entweder ſolche Voͤlker nicht
recht, oder legten ihnen ihre Art zu deuten und
. zu reden unter,
y) Man f, Farmer’s Preface 3; fa. -p p. Winderus
de vita functorum Batu p. 14. 75. 240. 188. 205.
f 7
[4
v
4 — —
einen, und den anberen Lange aufhalten follte. Mur
finde ich nöthig, in Anfehung der Griechen drey
Bemerkungen herzufegen. Erſtlich muß ih meine
Leſer daran erinnern, bag ſelbſt In den Zeiten
des Disco Maͤnner, die für befondere Vertraute
und Gänftlinge der Götter gehalten wurden, naͤm⸗
lich die fo genannten Orphiker, bie Derter ber Freu⸗
be viel finnlicher fchilderten, als bie älteften Dich:
., ter fie gefhilbert hatten: daß fie bie Seligkeit ber
Freunde ber Götter in ewige Schmänfe, und in eine
beftändige Trunkenheit feßten: daß fie diefe Selig⸗
keit allen denen verfprachen, bie fi; von ihnen hats
ten reinigen und einmweihen laflen; und daß fie bins
gegen bie übrigen Menſchen in den Tartarus, oder
in die Derter der Quaal verwiefen 2). Zweytens:
Gibbon und mande andere Geſchichtforſcher ließen
fih durch einige Aeußerangen des Cicero und Se;
neca, in welchen biefe Weltweiſen das Elyfium
und ben Tartarus ber Dichter für Mährden ers
. Hörten, die nicht einmahl vom gemeinften Pöbel
geglaubt würden, zu der Behauptung verführen:
daß bie alte Volks, Meligion, und nahmentlich
Die Lehren von den Belohnungen und Strafen nad
ben Tode in ben leßten Zeiten ber Republik, und
noch mehr in dan erſten Sahrhunterten nad Chrifti
Geburt erfchüttert worden. Diefe Brkauptung
wird durch alle zuberläffige Denknaͤhler aus jenen“
x t
= Beiten, am meiſten durch die Schriften des Lu:
eian widerlegt a), Nach den Zeugniffen dieſes
.. großen Sittenmahlers war unter den damahligen
Grie⸗
| 2) Plato de Republ, Vol. I. p. ios et fq. ;
ein. L 399. 408. 470. Il. sp: 640. beſ. 903
we wap
%
* **
on — — 272185
Griechen and Römern! ber Staube an ben Habes,
an ben Tartarus und Elyſium, an die Guͤmpfe,
Fluͤſſe und Gefilde der Unterwelt, an die Wach⸗
ter, Fuͤhrer und Richter der Schatten, an die Die⸗
nes und Dienerinnen- der letßteren fo feſt und allges
“ mein, als jemahls 5): fo feſt und allgemein, dag
man ben Verſtorbenen durchgehends einen Obol in
den Mund fleckte, damit fie dem Charon das Faͤhr⸗
‚gelb entrigten koͤnnten c). Drittens war es ein
-alter. und allgemeiner Glaube, daß bie Schatten
‚ber eined zu frühen, oder eined gewaltfamen Tas
bes‘ Geſtorbenen, befonderd die Schatten der Un⸗
begrabenen umherirrten, ober: in geiviffen Trauer⸗
gefilden d) verweilten, bis auch fie in die unteries
difchen Wohnungen aufgenommien werden koͤnnten.
band⸗
By L. c. iI. 923. 6 usy dr woiuc OusÄoc , * ra u
ooPoı xaAssıv, ."Ounpw re za jaıdo, a Top al-
Aoic nuforsiig mapı Farwu warlonsvor =. - = Ton.
Allein Aucian ſcheint a an einer Stelle ſeiner Ab⸗ |
ruxæ uro ry yn Basuv,. Adyu vraurylacı etc.
e) p. 926, Taura Erwg 10gupwg wapısiyAuds Tag
moAAac, us’ smsidav Ts amwIauy TWv OINBIOY, Tom
vu ev Depovreg oßoAov, ac To zoum nure)guuw '
erw, AIOJov TW MORIAM TC vaurıllag Yayıao“
kavov, In einigen Gegenden: von Griechenland,
3. B. in der Stadt Hermione glaubte man, daß man,
von da aus einen kürzeren Weg zu den unterirdis
ſchen Derteen habe, als anderswo; und man gab
deßwegen den Todten kein Fahrgeld mit. ap äp-
Aiovsue ds rsYpuAlersı ryv sig ads naruBaav GUV-
ronov sival., ÖIOEBp Eu wvriganaıy uraude rs v8
xpoic vauAav. " Strabo VI. 575. | j ——
a) Campis iugentibus, Windetus 138 et B p.
\
—
1 — —
_ Yanblung über die Trauer nach der Denkart feis
ner Zeitgensfien noch bon einem gewiſſen Mittel⸗
Drte zu reden, wo bie Seelen berer, die.weber fehr
gut, noch fehr böfe geweſen feyen, ſich aufbielten,
und großen Hunger litten, wenn fie nit von ben
nachgebliebenen Anderwandten beftäubig mit Speife
u: Trank vwerforat würden e)y. Mena Lucian
unter dieſem Mittelorte nicht Die Trauergefil de vers
Rand; fo war der Mittelort ein neuer Zuſatz zu
den unterirbifchen Dertern, von melden ich mich
nicht erinnere, fonft eine Spur .gefunden zu baben,
Viele andere Voͤlker befchrieben bie Derter
der Strafe eben fo gräßlich, ober noch gräßlicher;
Feine Aber mahlten bie Dester bes Belohnung fo
feenhaft, ale bie Mahomebauer f), Mahomet
folgte alleın Anfehen nach einem alten Volksglanu⸗
ben, indem er fieben Stuffen fo wohl in den Ders
tern der Seligkeit, als ber Dual aunahm; allein
‚er lehrte die Araber etwas gang nened und uner⸗
Poͤrtes, wenn er die Belohnungen und Strafen dis
nes Anderen ‚Lebens, und bie Grade von van
". , “ j \ @ ⸗
be. 2.920. Ol de u nianhiu wollaı aurac ure
or Tu Amıumri TÄRFUNTR MUSUTEV CWHRTWN, OKI
“ nstogehar; ax URO 77 DR NRTETER KarUNc adayı
Conaydi. rpepgvrai dengm Tuig mag My Xamic, zu
Tols xWrayılausug amı Toy TaDan, dic 6 To ag
7 Karaksleınevog Ursp ync PrAoc, y evyysuc
aquroc vdroc varpoc, ae Äsmortoy 0% aureic wol«
raverai.
9— Fœ Chardin w. a22 e (9, p. Ho S. 202. Pyrard
Ing, Min vergleiche damit Tavernier 1.986,
Aber die Johannis, Ehrifien.
| - 00m‘
allein, ober doch vorzuͤglich von deu Glauben,
und Unglauben der Mienfihen. abhängig machte g).
Wiederum entlehute er wahricheinlich die Farben,
womit er das Paradies, und bie Freuden dei
Paradieſes darftellte, aus den Mähren, melde
von jeher eine ber vornehmften Unterhaltungen
der Morgenlänber ausmachten. Wenigſtens gleidit
fein Paradies volllommen einem Teens Pallafe,
und die Derrlichkeiten des Paradiefed den Wun⸗
bern, bie von ben Feen, und ben Lieblingen ber
‚Feen erzählt wurben. Wenn die Gläubigen aus
bem Teiche des Lebens getrunken haben, fo nchmen
fie den Weg des Parabiefes. Ein Engel, der die
Schluͤſſel des Paradiefed hat, oͤffnet ihnen die
Thore. Die Öläubigen gehen. hinein, und fegen
fi) an dad Ufer des großen Rauffer, ober des
Fluſſes der Freuden. Diefer Fluß wird von ei⸗
nem unermeslichen Baume uͤberſchattet. Jedes
Blatt dieſes Baumes iſt ſo groß, daß Jemand,
ber fünfzig taufend Jahre mit der. groͤſten Schnel⸗
ligkeit vitte, doch nicht aus dem Schatten’ vefiels
ben heransfommen würde. Mahomer and Aly
bieten ben Nektar des Fluſſes der Freude in golörs
nen Gefäßen dar. Ihnen folgen zahllofe Kaufen
von bimmlifchen Jungfrauen, deren unvergaͤngliche
Reitze zum Vergnügen der Gläubigen beſtimmt
find. Tugend und Schönheit, Geſundheit und
Stärke find gleich unvergänglih, Im Parabiefe
| | gibt
g) Chardin IV. 23. Leurs livres enfeignent, . no -
le principal fujet, fur lequel on comptera ay '
dornier jour, ferä la matiere de foi et de reve£-
Jation, ... . Ils ajoutent, qu’on n'interrögera
fur les.oeuvres, que leg gehe, gui aurent die -
“ dans la bonne Religion, nn
‘
718 | ——
gibt es eben ſo wenig verbotene, als qatlis⸗
Freuden h). Die gemeinen Steine des Paradie⸗
ſes find Perlen, und bie Mauern find aus Dies
‚manten zufammengefeßt. Selbſt bie Stämme ber
Bäume beftchen ans bem reinften Golde. Die
am wenigften Seligen wohnen in Zelten, bie mit
Perlen, Gmaragben, und anderen Edelſteinen
reich geſchmuͤckt find. ie laben fih mit den aus:
gefuchteften Leckerbiſſen, und ben koͤſtlichſten Wei—⸗
nen. SKeiner ‚hat weniger, als achtzig tanfenb
Sclaven, und zwey und fiebenzig himmlifche Jung⸗
frauen. Wenn Jemand Kinder wünfht, fo mers
. ben fie nicht bkoß augenblicklich empfangen, und
.gebohren, ſondern gelangen nuch gleich bis zum Al;
ter bes Mannbarkeit i). — Alle diefe Seligkei⸗
‚ten ertserben bie Mahomebaner burch Gebete, Fa⸗
ſten, Reinigungen, Wallfahrten, milde Gaben,
beſonders durch einen feſten Glauber. Wenn fie
ſich auch der groͤſten Verbrechen ſchuldig gemacht
haben, ſo koͤnnen ſie doch durch dieſelbigen Gnaden⸗
mittel entſuͤndigt, oder gereinigt, und des von
bieſes theilhaftig werden.
Die Hindus nehmen ſi eben Welten der Strafe,
nub Marter, eben fo viele Welten der Reinigung,
die Meiften fagen, des Belohnung und Seligkeit,
. and zwiſchen den einen, und den auberen, bie Erbe
. ale ben Mittelpanct, oder bie Scheldewand an a
Au
,
) Chardin ke. p. 3% |
5) Hoͤſt l.c. u
k) ‚Rogers I. 20- 21 C. Ezour. Vedam I, 300.
Dow Preface 38 et ſq. -
-
| — 2279
Auch die unterſte Welt der Belohnung iſt fo voll
von Seligkeiten, daß diejenigen, welche fie bewoh⸗
nen, Feine höhere Freuden begehren, ja nicht eins
mahl denken Finnen. Wer bis an das Ende der
Veßten, oder hoͤchſten Welt von Belohnungen ge⸗
langt iſt, geht in den achten Himmel über, mo
Dramab feltft wohnt, oder verſchwindet in Gotn
Die Verſchwinden in Gott befteht in einem fol
Grade des Entzuͤckens, wodurch alles Bewuß *
ſeyn ausgeloͤſcht wird. Ein Hindu mag gelebt
ben, wie er will, ſo iſt er ſeiner Seligkeit nach
dem Tode ſicher, wenn er an gewiſſen heiligen Or⸗
ten, oder mit einem Kuhſchwanz in der Hand
ſtirbt, oder wenn er ſeine Gebeine in den Ganges
werfen laͤßt ). Hat Jemand auch das Ungluͤck,
um ſeiner Thaten willen in Eine der ſieben Welten
der. Strafe geſtuͤrzt zu werden; ſo brauchen ſeine
Anverwandten nur nach Gaha zu wallfahrten, an
tiefem Orte von einem gewiſſen Mehl einen Teig
zu machen, einige Stüde des Teiges auf einen
. Stein zu legen , und dabey den Nahmen des Wers
ſtorbenen auszuſprechen. So bald dieſes aefher
hen ift, wird ber biäher Verdammte In einen der -
Derter ber Seligkeit derſetzt m).
Alle Völker des oͤſtlichen, und ſuͤdlichen
a end ”) denken über die Derter der Duaal und
der
2 Rogers. l. c, und Tavernier IL, 160, 167,
m) Rogers II, 5. 20.
n) Die Thibetaner, Georg. 253-265 p. Die Eals
mycken, Kepedin 1. 291. Pallas Reifen, 1.345.
Die Siamefen, Louhere I. 363 et 4 p. Di vor
| a0,
- 780 — ——
ber: Seligkeit, fo wie uͤber die Mittel, in bie er
nen zu gelangen, und den anderen zu entgehen, faſt
ſo, wie bie Hindus; und wenn fie von dieſen abs
weichen, fo ift «8 entweder nur in den Zahl ber
aluͤcklichen, und unglüclichen Derter, oder in ben
Ausdruͤcken, womit fie die hoͤchſte, und letzte Be⸗
gluͤckung der Seligen bezeichnen. Sie nennen dieſe
bald ein Verſchwinden in Gott, bald aber auch ein
WVerſchwinden in Nichts; und fagen babey ausdruͤck⸗
lich, daß dieß Verſchwinden in Nichts mit einem
gänzlichen Aufhoͤren alles Empfindens, und Den⸗
kens, alles Wollens und Wirkens verbunden ſey o)
Mehrere Voͤlker redeten von ſtillen Wohnun⸗
gen, ober von Oertern ber Ruhe, in welchen ber
Aufenthalte dem Verſchwinden in Michtd darin
‚ähnlich war, daß man weder Vergnuͤgungen, noch
Schmerzen empfand. Selbſt die Chriftlichen Lap⸗
pen laſſen bie abgeſchiebenen Seelen bis zum Zage
bed Gerichts bey ber Mutter bed Todes bleiben,
von welcher fie vorgeben, daß fie nicht weit unter
der Oberfläche ber Erbe wohne p), . Die Perfer
behanpten außer bem Paradieſe, oder ter Hoͤlle
— U einen
Bass, Mariny 391-985 p. Die Erinefen, Le
Comte II. 126, et lq. 2. Die Japaneſen, Bin
pfee . 1, 299. H. 262.
e) Loub, I, c. p. 392. «.- qu'elle jouie d'une eter-
nelje inaction, et d’ana vraye impafhbilite,
Niereupan, dilent-ils, c'eſt a dire, Cette ame
a difparü: elle ne reviendra plus en aueun
monde: et c’eft ce mot, que les Partugais om
_ traduit par ceux - ci, elle s'efl aneantie, er pt
Cetix- ei encare, elle eft derenus nn die,
) Georgi's Beſchreib. ©, 12.
»
nn
|
u
|
|
|
|
° n
— — 221
einen imbus, oder Mittelort, wo weder Freu⸗
den, noch Schmerzen, ſondern nur Ruhe ſey.
Sie beſtimmen dieſen Limbus fuͤr Kinder, Schwach⸗
finnige, und Wahnſinnige, denen ihre Handlun⸗
gen nicht zugerechnet werben konnten 9). Einige
Grönländer waren zwepfelhaft, ob es Derter der
Zreube gebe. Wenn bergleihen vorhanden feyen,
fo Fönnten fie doch nur eine Zeitlang dauern. Die
abgefihiedenen Seelen wärden nämlih aus dem
‚Parapiefe in file Wohnungen übergeben, von
welchen die Groͤnlaͤnder Eeine nähere Nagrichten |
zu geben wußten r).
| Man zeigte in den verſchiedenſten Gegenden
der Erde bald ſtinkende Suͤmpfe s), unb a
Gewaͤſſer $), bald tiefe Erd; oder Felshoͤhlen
bald brennende Felder, und fenrige Schlünde, als
die Eingänge zu den unterirdifchen Dertern übers
haupt, ober doch zu den Dertern der Prüfung und
Strafe. So wie die Griechen des Alterthuns
erzählten, daß die Titanen unter bem Aetna bes
graben ſeyen; fo erzählten vormahls, unb erzähs
len vielleicht noch jeßt die Chriften im untern Ita:
lien, und Sicilien, daß die Seelen der Verdamm⸗
ten von Zeufeln am Staliänifchen Ufer abgehoplt,
nad Gicilien binübergerudert, und dort in bie
9) Chardin IV. ı9,
r) Crang ©, 260.
s) 3.8. Ru Lucians Zeiten die Gümpfe am Eu:
. Phrat,. 1. 468.
6) 3, B. den Styr in Arkadien. Panfan. vant, 6.17.18
22 * *. die Höhle ved Heiligen Peine in Re
Schluͤn⸗
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—4
— — — — UOTE UL
[1
.
mu — 0 RE NEE em
> ‘
. 4
—
Schluͤnde des Aetna geworfen würden x). Aeltere
Nordiſche Schriftſteller, die von Sicilien ſelbſt
wenige, ober gar keine Kenntniſſe hatten, hörten
fhon, bag Gregor der Große in einem feiner
Werke den Nena für den Eingang in die Hoͤlle,
und die Schlünbe, oder Abgründe beffelben für bie
Hölle feibft gehalten habe y). Sie wagten daher
auch nicht, dieſer Behauptung zu widerfprechen.
Zugleich aber hielten ſik e8 für wahrfcheinlicher,
daß die Hölle fidy in Island, beſonders im Innern
nnd in ber Nähe des Hekla finde, weil hier beyde
Arten von Marten, die durch die aͤußerſte Kälte,
und durch die hoͤchſte Hiße mit einander verbunden
ſeyen. Es war von den erften Zeiten des Chris
ſtenthums an herrſchender Volksglaube im alten
- " Scandinavien, daß die Hölle fih in den Glet⸗
ſchern, und brennenden Schlünden bed Hella fir _
de 2). Ein heil ver Parfen, bie nad dem “
- Feuer: Felde auf der Halbinfel Okedra wallſahr⸗
ten, iſt der Meinung zugethan, daß ber Teufel
unter biefem Feuerfelde gemartert, und daß die
hervorbrechenden Flammen durch das- Fett deſſel⸗
ben unterhalten werben a). Man trift eine dem
Seuerfelde auf Okesra ähnliche Stelle nahe bey
dem Dorfe Zrinidad in Peru an. Es ſteigt näms
lich eine halbe Stunde von biefem Drte in einer nies‘
drigen Gegend beftäntig ein dicker und ſchwarzer
| > Rauch auf, der einen Schwefelgeruch verbreitet.
— Bis⸗
&) de Borch I, 83.
.Y Barthol. II. c. 6. p. 358. .
2) 1. c. p. 359. 360,
a) Man | bed jüngern Gmeling Reiſ. II, 45, 3
ſchings Magaz. III, 4, elins Reif. TI, 45. Bu-
Wisweilen brechen auch Flammen hervor. Die
Ummoßner halten dieſen Ort für Eine der Muͤn⸗
dungen der Hoͤlle; und manche derſelben geben vor,
daß man heftige Geſchreys von Gepeinigten, auch
Das Raſſeln von Ketten, und andere furchtbara
Geraͤuſche höre. Die auffteigenben Dünfte find fo
gefährlich, daß fie diejenigen, melde fi zu nahe
hinzuwagen, betäuben, und ihnen nicht felten hitzi⸗
ge Fieber zuzichen b). Viel merfwürbiget, als
alle dieſe Sagen, iſt die Meinung, welche viele
Jahrhunderte lang im noͤrdlichen Europa herrſchte,
daß Britannien, oder die dieſem Lande zunaͤchſt
liegenden Inſeln die Wohnungen von Daͤmonen,
und Helden, oder der abgeſchiedenen Seelen uͤber⸗
haupt ſeyen. Schon im Zeitalter des Plutarch
hörte der Grammatiker Demerrius während ſei⸗
ned Aufenihalts in Vritannien c), daß es viele
zerftreute unbewohnte Infeln gebe, auf einigen von
weldhen Dämonen und Merven hanfen follten. Ex
befuchte Eins der Eylande, die den wuͤſten Infeln
am nächften lagen. Er fand auf diefem Eylande:
nur wenige Einwohner por, die von allen Abgas
ben, und anderen öffentkichen Laften frey waren d).
Bald nach feiner Ankunft entftand ein heftiges Uns
gewitter mit furdhtbaren Winden, Vonnerfehlägen,
und Blitzen begleitet. Die Inſulaner fagten ihm,
daß irgend ein Geift, oder eine Seele von höhes
rem Range ihren Coͤrper verlaffen haben müfle..
So wie nämlich eine brennende Lampe vielen leuch⸗
te,
bxGage IV. c a. p. 236, 237.
c) Plut, de orac, let, Op. VII. 652. 653.
H9 . c. laſec ds 504 aavAss ERYTaG vo Aperruav
ovrac.
734 | m m ‚
te, und baburd) nüßlih fen, bey ihrem Erloͤſcher
aber beſchwerlich twerbe; eben fo ſeyen audy große
Seelen während ihrer Vereinigung mit den Cor
per, und gleichfam während ihres Glanzes viel
wohlthaͤtig. Bey ihrem, Erloͤſchen hingegen er
regten fie oft Ungemitter, und nicht felten gefähr
liche Krankheiten. Auf Einer der wuͤſten Inſeln,
feßte han hinzu, werde ber ſchlafende Saturn
vom Briareus bewacht. Der-Schlaf fey die Fe
‚ fel, woburd der Gott fefigehalten werbe, ungen
achtet er viele Dämonen zu feiner Bebienung um
fid) habe. In dem Zeitraume zwiſchen dem Dius
earch und Procop verbreitete ſich die Meinung,
daß das fand ber Seelen in ber Nähe von Bri⸗
tannien fey, viel weiter, und biltete fi) audy mehr
aus. Die Inſel Brittia, ſagt der zuleBt genannte
Geſchichtſchreiber e), Liegt in eines Entfernung don
swenhundert Stadien den Münbdungen des Rheins
gegenüber zwifchen Britannien und Thule. Diefe
Anfel wird von drey Völkern, ben Angel, deu
Srifen, und Brittonen bewohnt. Die Bevoͤlke⸗
rung nimmt unter ben drey Nationen fo ſehr zu,
daß Manche fih mit Weibern und Kindern auf
das Fraͤnkiſche Gebiet begeben, wo man ihnen
wüftliegenbe Länberenen anmweist. Viele Perfonen
haben mir von der Infel Brittia Dinge erzählt,
tie Träumen, oder Mährchen ähnlich feinen,
don welchen fie aber mit. dern groͤſten Ernfte bes
theuerten, baß fie diefelben mit ihren eigenen Aus
gen gefehen, mit ihren eigenen Ohren gehoͤrt haͤt⸗
ten. Die Hauptſache befteht darin, daß bie abge
* fihtedenen Seelen auf folgende Urt nach der Inſel
Brittia übergefegt werben. Auf der gegenüber
on (tes
e) In Grotii Hiß. Gothorum p..467. 471. 72.
V
*
— 785
| Legenden Küße find viele Dörfer, bie theils von
|
|
|
|
l
!
—X
Fiſchern, theils von Ackerlenten uud Kaufleuten
bewohnt werden, und den Fraͤnkiſchen Scepter
unterworfen find. Alle dieſe Köftenbewohner zah⸗
len keinen Tribut wegen des beſtaͤndigen Dienſtes,
welchen fie zu leiſten haben. Ste maͤſſen nämlich
der Reihe nach die abgeſchtedenen Seelen nach der
Inſel Brittia hinuͤberbringen. Diejenigen alſo,
welche die Reihe trift, hatten ſich zu Haufe, bid
‚fie in der Nacht aufgefordert werden. Die Auf⸗
forderung geſchieht durch das Schlagen an bie
Hausthuͤr, und durch eine vernehmliche Stimme,
gefchehe wirklich da, was fe don fi erzählten,
. Dob
So bald fie das eine, und das andere hören, bes
geben fie fi) an das Uſer des Meers. Hier fius
den fie ledige Schiffe ver, und zwar nicht ihre ei»
genen, fondern fremde. In dem Augendlick, 100
fie dieſelben beſteigen, fühlen fie, daß die Schiffe
tief in's Waſſer gehen, als wenn fie mit vielen
Menfhen, oder mit einer ſchweren Saft befrachtet
wären. Die Fuͤhrer fehen Niemanden, und exreis
hen das Brittiſche Ufer in Zeit yon Einer Stunde,
anftatt daß fie mit ihren eigenen Schiffen Faum in
vier und zwanzig Stunden hinüber kommen Eönnen.
Gleich nach dem Anlanden merken fie, daß die
Schiffer erleiihtert werden. So wenig fie waͤh⸗
vend der Fahrt Jemanden wahrnehmen, eben fo
wenig entdecken fie das Ausſteigen, oder Ausſtei⸗.
gende. Allen fie hören eine Stimme, melde bie
Nahmen, und Würden derer, die mitgefahren
find, bey Weibera die Nahmen und Würden ihrer
Männer ausruft”. Man kann vernünftiger Weiſe
nit Daran zwenfeln, daß bie ehemahligen Bewoh⸗
ner der Hollaͤndiſchen Hüfte felbft glaubten: Ihnen
und
786° — —
und ihre Beherrſcher glauben machten. Dieß
zweyte Geſicht iſt wenigſtens ſo intereſſant, als
das, was vorn:ahl unter ben Seh fgetiländifgen
| ‚Nieten fo häufig war,
Ale Völker, welche bie Fortdauer ber See—
len anerkannten, fuͤrchteten auch das, was wir im
Deutſchen Geſpenſter nennen f). Unter Geſpen⸗
ſtern verſtand man nicht alle abgeſchiedene Seelen,
die noch nicht im die unterirdiſchen Derter eingegan⸗
. gen ſeyen, oder zu gewiſſen Zeiten aus denſelben
zuruͤckkehrten, ſondern entweder die Seelen von
Ungluͤcklichen, die nicht in bie unterirdiſchen Der:
ter aufgenommen worden, oder die von boͤſen Men:
ſchen, welche ein Vergnügen daran finden, bie des
Benden zu plagen, ober von böfen Geiftern dazu
genoͤthigt würden. Zu ben erſtern rechneten bie
— Griechen und Römer die Seelen aller derjenigen,
bie eined gewaltfamen, und eben bewegen früßs
geitigen Todes geftorben waren: beſonders, wenn
Ä en nicht die legten Ehren erwieſen worden g).
Du
P Die Römer brauchten die Ausdruͤcke, umbrae,
lemures, larvae, bie Griechen oxıy , sıdwin,
. , Qevracuare, ' bisweilen Jasuovec, Guther. Il,
‚ €. ı6. Lucian. III, p. 56. wiewehl alle dieſe Woͤr⸗
ter nicht fo beſttmmt waren, als das Deutſche Ge⸗
ſpenſt.
- g) Lueian. IM, 56 p. TI & uAo; 7 raroyı Tov_ada-
Aavrivov MOJDUEN . . HYEICTY Ömiuovag Tivag wiyay,
. 20. Payraguare, m -vanpay buxgas zapımoisıy
Unsp yn6, 0. Dawsosoy, öc av syelmeıw; . „6
1 06 PR 6, > » My TETo Das Toxiedys, Tas
. \ Toy
don Sterbenden, daß fie ihre Moͤrder unaufhoͤrlich
— — 57 ‚787
—8
©. Hefe ber gemeinen Meinung ni vicht in bie .
unterirdiſchen Derter zugelaffen wurden; fo irrten
fie umher, ‚erfchienen ben Lebenden, ober gaben
fi) auf andere Arten zu erfennen, bald, damit ih⸗
nen je eher, je lieber bie letzten Ehren erwieſen
würden: bald damit fie ſich an denjenigen rächen
‚möchten, welche vie Urſache ihred Todes, oder ih»
res fonftigen Ungluͤcks geweſen waren. Griechi⸗
ſche und Roͤmiſche Geſchichtſchreiber fo wohl, als
Weltweiſe erzaͤhlten manche Beyſpiele von Ge⸗
ſpenſtern, welche Jahre lang Haͤuſer, oder Ge⸗
genden beunruhigt haͤtten, bis man ſie veranlaßte,
‚oder noͤthigte, den Grund ihrer Erſcheinungen und
VBeunruhigungen anzugeben h). Häufer, und Ges
” genden, behauptete man, - wurden augenblicklich
befreyt, wenn man die heimlich eingefcharrten Ges
beine wieder ausgrub, und mit den gehörigen Eh⸗
ren beſtattete. Nicht weniger zahlreih waren bie
Beyſpiele von ſolchen abgeſchiedenen Seelen, welche
die Urheber ihres Todes bey Tage und bey Nacht
verfolgten 53). Es mar eine gewoͤhnliche Drohung
bes
zw Bang amotRvoVvroYV | povac yuxas mepıvosey,
60V sirig auıykare, 7 anerumdy ryv nepaaıv, 9
avscnoAomiody, . . TuS dETWY Kar HipKv ao
Jayoyrav sxeri; etc. Gutherv II, €. 16,
h) Zu ben von Butherius angeführten DBeyipielen
füge ih noch das hinzu, was Lucian lı c. p. 57.
58. aus den Munde eines Bustegrifgen Welwei
ſen erzaͤhlt. |
i) Guther, 1, c, 249, 250,
Ddb 2 nn
zu. — —
beunruhigen wollten 4). Wenn man ſich Yon bem.
Werfolgungen der Geiſter erſchlagener Feinde, und
noch mehr böfer Menſchen nicht los machen fonnte ;
ſo grub man ihre Ueberbleibſel aus, und verſtuͤm⸗
melte dieſe, oder verbrannte ſie. Dieß thaten
nicht bloß die alten Scandinavier )), ſondern auch
bie meneren Griechen. Als Touruefort ſich auf
Ser Fuſel DMycone aufhielt m), entſtand auf eins
mahl da6 Gerücht, bag ein Bauer, ber,. man
wuſte nit, wie und Don wen erfhlagen worben
war, Nachts umher gehe, bie Leute auf ben Stra;
6:u von hinten umfaſſe, . ja fo gar. in die Däufer
bringe, Lampen ausloͤfche, Hausgeraͤth umwerfe,
und andere Streiche ſpiele. Das Geruͤcht nahen
je länger, deſto mehr zu. Die Griſtlichen glanbs .
ten es eben fo fe und allgemein, als die Layın,
baß ter Geiſt ded Erſchlagenen umberwauble,
Man fieng an, zur Ubwendung der großen Plage
Meſſen zu leſen. Die Meſſen halfen nichts. Im
Gegmtheil ward das Uebel immer ärger. Hier⸗
auf beſchloß man nadı neun Zagen das Grab, was
in einer Capelle war, zu öffnen, dem moternten
Todten bad Der; aus dem Leibe zu reiffen, und
FR or dieß
AM) Eo ſagte Dis:
oniuibus umbra locie adero, dabis iaprobe
poemns. amd Horaʒ; Ep: 5!
Qui ubi yerire joflus expirsvero,
nocturnus occurranı furor:
petamque vulms umbre catvis unguibue
e vis deorum el Manium:
* Er:inquietis afidens prascordis,
pavore ſomnos auferam,
3) Barıhol, IL, a, p. 066,
m) I, 90: 64,
vieß Herz zu veebreunen. Alle dieſe gräßlichen
Unftalten entflammten bie Phantafie ‘der Griechen
=. auf Mykone nur noch mehr. Auch nad) ber Ver⸗
Brennung bed Herzens ſetzte der Unhold feine Be⸗
anrnhigungen ohne Unterlaß fort. Wiele Fami⸗
kien waren ſchon im Begriff, voll verzweyfelndet
Angſt Mykone zu verlaſſen, als auf einmahl Je⸗
mand, mie begeiftert rief, daß man alle Ueber⸗
bleibſel des Unholdes n), verbrennen muͤſſe. Die
ganze Gemeine frohlockte bey dieſem ——
Man errichtete einen großen Scheiterhaufen, ver⸗
wandelte den ſchon zerfleiſchten feinem tn Aſche,
und fah von dieſem Augenblick an kein Geſpenſt
mehr. Dan foll im ganzen Archipelagus glans
ben, baß ber Teufel bie Leiber derer, welde als
Geſpenſter umher gehen, wieder belebe, daß aber
fo etwas nur ben Griechen begegne, bie ber Gries
chiſchen Religion zugethan ſeyen 0). Man ver
brennt daher tie Leichaame von Umgehenden, das
mit nichts Adria bleibe, was ber Teufel beleben,
oder wereiu er ſich huͤllen koͤnne.
Ich beſchließe bie piöherigen Unterfadungen
mit einer kurzen Geſchichte ber Lehre von ber See⸗
len: Wanderumg.
Diefe Meinung mar, und * unter fo ders
ſchledenartigen Wölkern verbreitet, und zeigt ſich
tn fo wancherley Seſtalten, daß man auch ohne
ge⸗
ꝛe) Quil falloit brüler le Vroueolacas tout entier.
0, ri c. p. 54 Dams tout l’Archipel on Aft perfuä-
u'il n'ya, que les Grecs du rite Gree,
don. e diable raninie Jos cadavres.
‚ ,
u
j
De — —
gehane Prüfung mit. Zuverſicht amehmen koͤnute:
ſie ſey nicht allenthalben durch dieſelbigen Bergen
laſſungen, und gleichſam aus denſelbigen Praͤmiſ⸗
fen entſtanden. Einige Voͤlker ließen bloß bie
Seelen von Kindern in bie Leiber don anderen ums
gebohrnen Kindern wandern. Andere hielten «6
für wahrſcheinlicher, daß die abgefchiebenen See⸗
Yen anderer Menſchen in, neuen menſchlichen Leiberu
gleichſain wiedergebohren, ald daß fie in ein Land
der Seelen, ober. in. Dexter ber Geeligleit, und
‘der Duadl übergehen würden. Won beyden uns
terfchie den ſich diejenigen, melde behaupteten, daß
bie Seelen vicht bloß in die Leiber von Mexnſchen,
fondern aud in die von Thieren, je fo gar in als
lerley Gewaͤchſe ber Erbe einfehrten. Man Eans
von allen roheren Mationen ohne Ausnahme, oder
mit fehr geringen Uusnahmen fagen, daß fie das
Wandern des Seelen meder als einen Zuſtand ber
Vergeltung, noch als einen Zuſtand ber Meinigung
betrachtet haben. . Diejenigen Völker hingegen,
welche beftändige Wanderungen. der Seelen in dem
einen, ober anderen Lichte betrachteten, ließen dieſe
Wanderungen auch in den Welten.der Strafe und
Reinigung bis zum Verſchwinden in Gott, ober
in das Nichts fortdauern. Viele Voͤlker wußten
bloß von Wanderungen menſchlicher Seelen in
menſchliche Leiber; und ſelbſt die Meiſten berjenis
gen Nationen, welche Seelen in die Leiber von
Thieren, wie apn Menſchen einkehren ließen, kann⸗
ten oder glaubten an keine Verwandlungen von
Goͤttern In Thiere. Aus bepden Gründen iſt bie
Vermuthung meines verſtorbenen Freundes Liedes
mann p) unzulaͤſſig, dag ber Glaube an bie
\ | MWans
r) S. deſſ. Abh. im Deutfchen Mufeum, Sept. 1770.
.
|
.
—
u Ir
/ Te * J
— — | #. 791.
Wonderungen menſchlicher Seelen aus den Sigm
der Verwandlungen von Göttern in Thiere ent:
fprungen ſey. Der Gedanke des Wanderns von
"menfchlichen Seelen in inenſchliche, und ſelbſt thie⸗
rifche Seiber lag den roheften Völkern fehr nahe.
Ale Wilde hegem die Meinung, daß bie menſch⸗
liche Seele den Coͤrper häufig fo wohl im Zuftande
des Wachens und der Gefunbheit, als des Schlafs,
a
der Verzuͤckung und Krankheit verlaffes daß ents
flohene Seelen können eingehohlt, beſchaͤdigte Sees
len audgebeffert, verlohrne, durch andere Seelen
fo wohl von Thieren, als von Mienfchen erfeßt
werden. Alle Wilde beten Tihiere an, oder wenn
fie diefelben audy nicht anbeten, trauen fie benfels
ben menfcherähnlihe Bernunft und Sprache zu.
Eben daher find audy alle rohere Völker, welche
die Fortdauer der menſchlichen Seelen, oder die’ ein
Sand der Seelen behaupten, überzeugt, daß bie‘
Seeken ver Thiere gleichfalls ‚fortbauern, und in
das Sand-der Seelen fommen werben g). Einige
vebeten fo gar von jüngften Gerichten, von Belohs
nungen, und Strafen, welche bie Seelen der Thiere
nicht weniger, als die der Menſchen zu erwarten |
hätten rn)
‚Die re der Seelenwanderung bietet ſich in J
ihrer einfachſten Form unter ben Amertcantfchen
Wilden dar. Dieſe glauben naͤmlich, daß die See⸗
| len⸗
4). Man ſ. z. B. Georgi's Zechreib S. — u
— ©. ‚Charleveiz p. 353. 229
Ve . j
r) Die Cambojer, ‚Argenola I, 33, Die Calmy⸗
den, Lepechin I. 295.
m. -——
len der Rinber in ankere menſchliche Leiber einlche
‚ven werben: theils, weil fie das Leben fo wenig
aeuoſſen haben , theils damit fie binlänglich erfiazs
ken, um bereinft im Lande der. Gerlen ihre Mah⸗
sung ſachen gu koͤnnen. Sie begraben deßwegen
Kinder nahe au befuchten Wegen oder Fußfieigen,
um deu Seelen das Einkehren in die Frucht von
vorübergehenden ſchwaugeren Weibern zu erleich⸗
gern 5).
Andere Voͤlker fo wohl in America, als in
Afrika t) verfihern, daß die abgeſchiedenen Seelen
nur in die Leiber von Meunſchen einkehren. Unter
ben Negern, bie dieſen Glauben haben, ſcheint es
eine Jemeine Meinung zu ſeyn, daß ein Jeder ber
Megel nach ia dem Stande wieder gebohren wer⸗
de, in welchem er Ein Mahl gelebt habe. Cie
reger an ber Goldkuͤſte, der einem Earopaͤer dier⸗
te, fagte zu Roͤmer w): daß er Sort bitten wolle,
daß diefer ihn nicht wieder als Sclaven eines Blau:
ken gebohren werben laſſe. Wenn Gott diefe Bine
wicht erhoͤre, fo wolle er ſich Lieben mir ihm ſchla⸗
gen, als noch einmakl in den Dienft eined Blanken
zurüclfehren, Auf die Frage: was er benu wer:
den wolle, antwortete ber Neger: Selav eines Abe -
niags von Achim. Auf eine zwehte Trage: warum
nicht lieber der König ſelbſt? erwiederte er: dieß
ſey vamoͤglich. Go oft er noch in die Welt gekom⸗
men,
s) Charlavoix p. 34
6) Bon den Apaladiren, Samml. der Reifen KVI.
8. on ten Karaburı's, ad rn Neger,
endorp. 1. 318. 341. von den. Loangern s
ger im Deusfchen Proiart 130 ©.
n) ©. 86. 87.
‚& -
— — _
— — — — m
.
.
— — = 18 -
| men, ſey er immer Sclave gewefen. Gr werde es |
. auch bleiben, er möge wiebergebohren werden, fo
vft er wolle, Die Ebnigliche Kamille in Loango
macht auf. dad Privilegium Anfprud, daß bie .
Seelen ihrer Angehörigen nus in bie Leiber der
uhgebohrnen Kinder ihres eigenen Geſchlechts ein«
wandern, Auch die Vornehmen unter den Kaya
baris, und einigen anderen Neger » Völkern begras _
ben die verſtorbenen Auverwandten in ber Nähe
- ihrer Wohnungen, damit die abgefchiedenen Sees
len berfelben fo aleich in bie Leiber der erfien Kin⸗
ber einwandern koͤnnen, bie in der Familie gebohs
ren werben x). Die Neger in Sifiny glauben, daß
die abgefchiedenen Seelen ber Menfchen, bie auf
diefer Erde ſterben, in eine andere Welt übergehen,
welche fie in den. Mittelpanct ter Erde fegen: daß
fie dort in Die. Leiber von neugebohrnen Kindern eins
wanders, und in neuen Leibern tiebergebehren
‚werben: baß die Seelen besjenigen, bie in der an:
dern Melt fterben, in gleicher Abfiht auf unſere
Erbe fommen: daß alfo biefelbigen Seelen abwedy.
felnd bald in jener Welt, und bald auf diefer Erbe
wohnen y). Es ſcheint, daß manche Gallier und
Thraeier der alten Zeit auf diefelbige, oder eiae
— aͤhn⸗
= Oldendorpl, c, Götting. Magazin von 1783.
6 St. E. 849.
y) Loyerp. 257. Ile eroyent, qu’apres Jegr-mort,
leur ame vs en l’auıre monde, qu’ils erahtiflent.
au centre de la terre: guz la elle anime unnou-
venu Corps au ventre d'nne femme, et que
ceux de ce monde- a vienuem en eelbi-.ci eu
faire autant. ' Ainfi elternetivament ſelon lenr
eroyance , tantöt ils demeurent en ce monde-
ci, ettantöt dans l’autre, j
r
—1___..
-
rn — —
— —
"man mit den Leichnamen ber Verſtorbenen begrub,
794 — —
ähnliche Art gebacht haben. Wenigſtens Laffen ſich
unter dieſer Vorausſetzung bie Zeugniſſe alter
Schriftſteller am beſten erklaͤren, in welchen es
heißt, daß nach der Meinung ber genanuten Voͤl⸗
er bie abgeſchiedenen Seelen aus einem Coͤrper in
den andern übergehen, daß fie auf diefe Erde zw
ruͤck kommen, baf fie zwar zum XZamolris wam
dern, aber doch hieher zurück ehren wärben z).
Alle dieſe Zeugniffe find mit einer folhen Wieder⸗
‚geburt zu einem unvergänglichen gluͤcklichen Leben,
bergleichen Delloutier den’ Geltifhen Völkern zu
zuſchreiben fuchte, durchaus unpereinbar a). Ue
brigend hatte diefer Geſchichtforſcher Net, wenn
er behanptete, daß die vornehmften WBegräbnißr
Gebraͤuche der alt : Europätfchen Völker mit ber
gemeinen Metempfuchofe nicht beftehen Tönnten,
vermöge deren abgeſchiedene Seelen fo gleich im bie
Leber von Menſchen, oder Tihieren anf biefer Er⸗
de einwandern. Die vielen Koftbarkeiten , welche
oder
3) -Caofar VI. 14. Imprimis. hoc volunt perfuade-
re, non interire animas, [ed ab aliis poſt mor«
tem tranfire ad alios; atque hac maxime ad
virtutem excitari putant, metu morlis negleeto,
Mela II. c. 3. Getae ad mertem paratiflimi. id
vgria perfieit opinio. Ali redituras putant ani-
ma$ obeuntium._ Solin. c. 153. Thracibus et
barbaris inet contıemtus vitae. „.„ Concordant
omnes ad interitum volımtarium, dum nonnulli
putant abeuntium animas reverii, Aehnliche
Zenanijie ded Kucan, des Appian, und des Sui-
das überlaffe ich zum: Nachleſen beym Pelloutier
II. p. 340. 541. Edda ap, Heisler. p, 117. Cre-
‚debatar antiquitus homines iterum nalci, illad
vero nunc pro anili errore habetur.,
a, L. c, 331 et fq. p.
—
, u — — TI
ober verbrannt: "die Wriefe‘ ind Naceicten,
welche man Verſtorbenen mitgab: bie Anmeifuns
gen, ober Schulds Werfäweibungen, melde man
auf die andere Welt ertheitte und annahm b): ende °
Lich; die Menſchenopfer, welde.uan an den Bräs
bern oder Scheiterhaufen ver Berftorbenen brachte,
nöthigen einen jeben unbefangenen Forſcher, vielen
Bewohnern des. alten Europa entweder die Denk⸗
art der Neger in Iſſiny,“ vder auch bie Meinung
zuzueignen: daß zwar die abgeſchiedenen Seelen .
nach dem Tode der Coͤrper in die Wohnungen des
Odin, oben. bed Zamolxis, ober. andere Götter
übergehen: daß fie aber nach gewiffen Zeiträumen
auf diefe Erde zuruͤckkehren, und bier in neuen
Leibern wuͤrden wieder gebohren werden.
Die Meinung : daß abgeſchiedene Seelen eben
fo-wohl in die Leiber von Thieren, als von Men⸗
ſchen einwandern, findet ſich ſchon unter vielen
Wilden in Amerkca, und Afrika ce). Es befrem⸗
det mich, daß ſie ſich nicht unter allen fand, wel⸗
che uͤberhaupt an Seelenwanderung glaubten. Selbſt
bie Wilden ſchonen bie Thiere, melde fie für Bid
Wohnungen ber abgeſchiedenen Seelen ber Bor
fahren halten ce). Un—⸗
) Die Zeuguiſſe hieruͤber fiehen beym Delloutier II.
320. 321. 332. 333. Ich führe bloß die bekanxte
Sch: des Valerius Maximus an: N. 6. n. 10.
.. vetue ille mos Gallornm oecurrit, quos me
moriae proditum eft, pecunias mutuas, quaa
his apad inferos redderentur, dare [olitos, quod
"perfuafum habuerint, animas hominum im«
mortales efle,
e) Dobrizhofer II. 85. Voy, au Nord v. 23. Ol;
dendorp DS. 341.
es) Voy. au Nord l. c. Les uns e’Imaginent, qua '
leur ame dait paller dans le corps de quelque
animal,
— —— — a 2
x
Unter ben Wölfenn bes Alterthums waren bie
Acgyptier nicht die Erſten, welche bie Unfterblichkeit
ber Seele lehrten d), wohl aber Die erften, welcht
an bie Wanderungen abgefchiebener Seelen nmicht
bloß in bie Leiber ven Menſchen, fonderir auch don
Thieren glaubten. Mad dem Bericht des Hero⸗
dot ſahen die Aegyptier bie Seelenwanderung we⸗
der als einen Zuſtaud ber Strafe, noch ber Rei⸗
nigung oder Belohnung an. Sie ließen bie menſch⸗
lichen Seelen ohne Unterfchted bregtaufend Sabre
lang durch alle Arten von Landehieren, Fiſchen und
Vögeln wandern, und nad ber Bollendang dieſes
Kreislaufs wieder menſchliche Goͤrper beleben 2).
Es ift unbekannt, wie fie diefe Meinung von ber
Geelenwanberung an die Vorſtellungen von unterir⸗
bischen Dertern anpaßten, oder mit den Genuſſe
bes Fleiſches ber nicht angebeteten und unverletzli⸗
gGen Thiere vereinigten. Es iſt einlsuchtend, daß
eine genaue Prüfung aller hieher gehoͤrigen Stel⸗
len ber Alten, und aller in der nenern Zeit dar⸗
über vorgetragenen Hypotheſen an diefem Orte uns
zeitig wäre. Die Lehre von der Geelenwunderung
ward Don mehreren ſowohl älteren, als fpäteren
Griechiſchen Weltweifen angennmmen, und pflanzte
fi durch dieſe auf Chriftlidye Gecten fort. Un⸗
tie ben forttauernden Gecten , welche wenigſtens
auf den Nahmen vom Ehrifilihen Anſpruch mas
den, behaupten bie Drufen und Maſſairier allein noch
die Seelenwanderung. Die Erfteren Ichren, Daß
die Seelen von Gläubigen in tie Leiber neugebohr
nes Kinder wandern, bie don Ungläubigen hinges
gen
4) ©» fagt Herodot II. 183.
4) ib.
ü
.
|
)
Of adxr p. i47.
— — — 999
gen in Hunde fahren f). Die Diaffatrier Befäreh
a i
ben die Manderung der Seelen ſowohl als einen
Zuſtand der Reinigung, als der Strafe. Glaͤu⸗
bige branchen nur wenige Hüllen, oder Hemden ans
zunehmen und abzulegen, um fo weit gereinigt 34
werben ‚ daß fie in dad Paradies gelangen können,
Das Durchgehen durch achtzig Wanderungen nennen _
fie vie Hölle, Seelen, welchedieſe Wanderung zu⸗
ruͤckgelegt haben, wandern zuleßt in Schaafe, und
bleiben ald Schaafe fo Lange auf biefer Erde, bis
Sochra ober Sarima wieterfommtg). Es ſchrint
mir mehr, ald zwenfelhaft, daß bie Meinung von
der Seelenwanderung zu bem ältefien Volksglau⸗
ben der Hindus gehört habe, Menigfiend laͤßt
fih diefe Meinung mit mehreren der aͤlteſten, noch
fortbauernden Gebraͤuchen bey ber Beſtattung von,
Todten, nahmentlich mic dem Begraben von Schaͤ-
“Ben, und dem Verbrennen der Weiber ſchwerlich
vereinigen. . Die Lehre Hen ber Metempfpchofe mag
aber in Hindoſtan entfianden, ober eingeführt wor:
ten’fegn, wann fe will; fo ift ed außer allem Zwey⸗
fel, daß fie. fi vom hier aus über das ganze oͤſt⸗
liche und ſuͤdliche Aſten fortgepflanzt hat, und daß
die Metempfpchofe, welche bie Hindus fammt als
len Völkern tes oͤſtlichen und fünlichen Aſiens Ich»
ven, fi von ber Seelenwanderang aller übrigen.
befannten Nationen in mehreren Städen unterſchei⸗
det 4). Die Hindus und dern Schüler betrachten
— | | bie
) Niebuhrs Reifen IL 448. _
k) Urber die Mehre der Seelenwanderung unter ben
Handus ſ. Rogere 1.6.18, ©, ı70. 171. H. €. ar.
443.0. %e ©. Den Tinbstanem, Georgi pP. 253.487.
Den Kalmyken, Lepechin I. 290. Den Giplaue⸗
fen, -
\
bie Wanderungen ber Seelen nicht bloß ald Strafe,
ſondern auch als Reinigung und Belohnung, ober
fie Iaffen bie Seelen fo wohl in den Welten der
Reinigung und Belohnung, als der Strafe won:
dern. Die höchfte Seligkeit findet nicht cher Statt,
al6 bi6 alle Wanderungen aufhören, und die See⸗
len fich in die Gottheit, oder bad Nichte verlie⸗
ren: wedwegen man audy bisweilen bie Mölle is
eine endloſe Reihe von Wanderungen febt 5). Eben
biefe Voͤlker glauben ferner, bag bie Seelen fo wohl
aus den Welten der Strafe, als aus benen der Reis
nigung und Belohnung auf diefe Erbe häufig zuruͤck⸗
kehren; und nad) ben Graben ihrer Berbienfte oder
Schuld gluͤcklich, oder unglädlid wieder gebohs
ren werden. Aus ten Verbienften, oder ver Schuld
Dorhergegangener Zuſtaͤnde erklären fie e8, daß auf
dieſer Erde fo oft Unfchuldige leiden, und böfe Mens
ſchen glücklich feyen &). Die Einen, fagen fie, has
ben in einem Horhergehenden Leben etwas verſchul⸗
det: bie Anderen, burdy gute Handlungen fid ihres
gegenwärtigen Glücks wärbig gemacht. Die Hin
bus endlich, und alle übrige Bewohner bes äftlichen
und füblichen Aſiens halten dafür, bag die Seelen
' Ä eben
fen, Kaox p. 85. Den Siamefen und anderen Hins
terindifchen Voͤlkern, Loubere I. 363. 382. 384.
392-94. Mariny p. 391. 92. Den Chinelen, Le
Comte 1. 133-1379. Den Japaneſen, Bämpfer
..ıLe Ä
%) Loubere |, c. p. 352. Mais le vray enfer des
Indiens. n’et, comme je l’ay deja dit, que les
transmigrations eternelles de ees ames, qui ne
‚parviendrpnt jamais au Nireupan, c’elt a dire
a dilparoitre dans toute la duree du monde,
qu'ils penlent devoir eftre &iernelle,
) ab. P. 363.
| treiben, nicht ungünftiger | Finnen eingefhloffen mr; |
| — in | 708
eben fü wohl in Me Sewaͤchſe der Erde, als in menſch⸗
liche und thieriſche Leiber fahren: daß die Gewaͤchſe
der Erde einerley Seelen mit den Menſchen und
Thieren haben, und daß zmwifchen ben einen ımb ben
anderen weiter Bein Unterfchied, ald der ber Außer
ren Geftalt fey. Alle dieſe Völker hüten ſich daher '
eben fo fehr, Bäume und andere nuͤtzliche Gewaͤchſe
zu vernichten, als Menfchen und Thiere zu toͤdten.
Wenn es irgend moͤglich ift, fo nehmen fie nur bie
Früchte, oder Blätter, oder foldhe Theile von Bus
men .und, anderen Gewaͤchſen, melde man nehmen
Bann, ohne diefelben zu zerſtoͤren. Iſt dieſes nicht '
möglich, fo tröften fie fi damit, daß bie Seelen,
welche fie durch den Verbrauch von Pflanzen aus⸗
£4
— ——
-
.
ben I). Die Lehre von der Seelenwanderung warb,
wie. eine jede andere Lehre uͤber den Zuſtand der Sees
len nach bem Tode, von verſchmitzten Geiftlichen, .
zum Schaden der Leichtgläubigen und Aberglaͤubl—
gen gemißbraudht m).
— — — m nl
d Rogers l. e.
m) Man ſ. beſ. le Comte I, c,
,
» \
| Nachtrag
zu dem Verzeichniſſe der angefuͤhrten Schriften.
*
Beavers, Capt. African Memoranda: relative to an
“ Attempt to etablilh a Britilh Settlement on the
jsland of Bulama on the weltern Coalt uf Afriea in
the Year 1792. London 1805, 4.
Urawford's Skeiches chiefly relating to the Hillary,
Religion, Learning, and Manners of the Hin-
doss. London 1790, 8.
F. Depon's-Noyage à la Partie orientale de la Terre
- ferme dans l’Amerique meridionale, fait pendant
les anndes ıgor - 1804 Paris 906. 3 Bande in 8.
J. Grifith’s Travels in Europa, Afie Miner, and
Arabia. London 1805. 4. -
Perrin du Lac Voyage dans les deux Lauifianes, et
"ches les Nations [auvages du Miflouri, par les
Etats -unie, l’ohio, et les Previnces, qui les bor-
dent, en 1601 180%. 1803. Lyon 1806. 8. _
BR. Orme's Hiforical fragmente of the Mogul Em-
pire, of the Marattoes, and of the Englilb Con-
corns in Hindoftau from the Year 1659, London
4806. 4. Dieſer mıuen Ausgabe der hiftorical frag-
ments find mebrere interefiante, noch nicht gebrudie
‚ Schriften von Orme angehängt.
A, Parkin/on’s Tour in America in 1798.'99. amd
1800. London 2 dein. |
Rohrers Bemertun,en auf einer Neife von der Tür:
fifchen Graͤuze über die Bukowina durch Oſt⸗ und Wells
Galizien, Schleſien und Mähren nach Wien, Wien
1804. 8.
- P, Skinner’s Prefent State of Peru, London 180%, 4.
Tenn ant’s,W. Indian Recreätions; eonlifing chiefiy
of Strictures on the Domeſtie and rural Economy
of ıhe Mahomedans, and Hindoes, Edinburgh
. 1803, 2 Bde Be Ä
J. Turnbul®s Voyage round the World in ıhe Years
1800 - 1804,‘ London 1805. 3 Bbe. 8.
Nouveau Foyage en Elpagne, Paris 1805. &
j untere .
Den
Tu. Le nn —— —
—— ——— — — — —
I
Li
Es Berbefferungen
| und
3 ufäge sum erfien Band e.
\
&, 10 Note k flatt Intror, p.2. IV. lies Introd, p. 2.
Ellays Vol, IV. Ze v
— 14 3. 15 flatt Gremt lied Grant. Auch Turn⸗
bull 1. 86. redet von den Zauberern der Neu—
| Holländer. | | J
— 20 Note z ſtatt adverſ. Mathem. p. 24. ließ
| adv. Mathem. 1X, 24. "
65 Noteg ſtatt VI. lies M.
— 05 Note a flatt VII lies III.
— — —— —
u Ä Unk ang |
zum achten Abſchnitt des erſten Buchs. Seite 100.
Das Wiederleſen des Leben des wahnſinnigen He⸗
liogabalus vom Campridius hat mir eine vierte, und
zwar die feltenfte Urfache der Unduldfamfeit von Biel:
göttern baygebuten? naͤmlich eine folche ausfchließlide
Borliebe für Einen Gott, vermöge deren man biefen
, "&ott auf Untoften aller übrigen Götter erheben wollte,
| Einen folhen unduldfgmen Eifer befaß der Kalfer He⸗
liogabalitrs für die gleihnahmige Syriſche Gottheit,
deren Priefter er gewefen war. Er erbaute feinem
Gott nicht bloß einen Zempel in Rom, fondern fuchte
auch den Gott Heliogabalus voy aller übrigen Got⸗
tern verehrten zu machen a)» alle übrigen Diner in
" J eine ;
a) cı 3, Er id agens, ne quis Romas Deus, nifi Heliogaba- .
lus coleserur, ar c. 6. Nec Romanas tantum extingnere voluie
religiones, fed per arbem tertas unum ſtudens, ur Heliogaba+
tus Deus unus ubique coleretur, ‚
802 — —
feine Diener zu verwandeln 5), und alle übrige Göt«
terdienfte,. felbft die, der Suden und Chriſten, in den .
den Dienft feines Gottes hineinzuzieben c, Um dieſe
Zwede zu’erveichen, beraubte, und entweihte er Das
Allerheitigfte vieler Terahel, und ließ fin in Die be-
rühmteften Myſterien einweihen, deren Geheimniſſe,
und Heiligthuͤmet er kennen lernen; dber entwenhen
‚wollte d) on | |
Zufaß zu ©. 105. 106. =
Einer der -vortrefliften Beobachter des Hindus
redet von der Religion diefes Volks, und von ber An:
hänglichkeit an dieler Religion folgender Geftalt:
⸗Mildthaͤtigkeit gegen einzelne Menſchen gehört gar
nicht zu den Vorzügen der HYindus. Die Hindus ge:
ben reichlich an Brahminen, und Büßerz allein -Diefe
Gaben find mehr eine Wirkung ihrer Bigotterie, als
ihrer Menichlichkeit. Bey einzelnen Gelegenheiten, 3.
B. der Eröffnung eines neuen Serai fheill man reig,-
liche Almofen aut. Auch diefe fließen bloß aus Oſten⸗
tation aus. Die wirklichen Armen finden cher Hülfe
vor den Thüren der Europäer, als vor benen ihrer
eigenen Glaubensgenoſſen. Man baut Nagoden und
Choultried, und uͤbt alsdann eine, große Mildthaͤtigkeit:
wiederum mehr auf Beheiß der Brahminen, oder aus
Eitelkeit, ald aus gutem Herzen”.
„Gin anderer Umftand, wodurch die Religion der
Hindus dem Fleiße und der Zugend, alfo auch be
0. ohl⸗
b) e.7 Omrles fane deos ſui dei min. MArog eſſe ajebut, quum
alios ejus cubiculstius appellarer, alios ſetvor, alios diverſa-
rum rerum Mminiliros, j
6) ©. 3. Dicebar praricres, Iudaeotum er Sotharicaniorum religio®
nes, et Chrillian.m selirionem illuc transferendam , ut vm-
nium cufeurarum fecretum Helivpabalı facerderium tenerer.
d) ©. 3. eique tempium fecit, Audens et matris typum, er Ve
flae ignem, et Palladium,. et ancilia, ec omnia Romanis vo⸗
neranda in illud trangfterre templum. c. & In virginem Veſtalem
incelum admifit, Ignem perpetuum extinguere voluit. Et pe-
netrale factum et auferre cunatus „. . Signum, quod Pails-
‚ dinm efle credebar, abflulir, er auro frtum in fui Dei tempte
eollocavit, Matris etiam Deum facsa aczepit, et taufoboliarus
et, ur eypum eriperet, or alia facra, quae penitus habenrur
. cendita. x \
‚ LK
— — — — ——
a. . oo
. ES _ «u x 803
! “
Wohlfarth bes Volks nachtheilig wird, iſt die große
Menge von gottesbienftlihen Gebräucen. ‚Saft in je
„ber Angelegenheit: bes Lebens ift ber. Hindu unter dem
unmittelbaren Einfluffe feines Volksglaubens. Seine
*
Gebete find Leiftungen, welche. er ben Göttern ſchuldig ift.
Seine Reinigungen, Die Zubereitung und der Genuß fei-
ner Nahrungsmittel, Die Gegenftände welche er berührt, die
Perfonen, mit wechen er umgeht, find inögefammt mit
feiner Religion, und dem ewigen Deil feiner Seelen:
innig verbunden... Das ſittliche Betragen ift das ein-
. zige, wo die Religion den Hindu fich felbft überläßt.
Um das Rechthandeln, und um menfchlihe Geſinnun⸗
gen befümmert fih die Neligion im geringften nicht.
Verletzt aber ein Hindu die geringfle der gottesdienft:
lichen Vorſchriften, fo läuft er Gefahr, in diefem Le .
ben aus ber Geſellſchaft gefioßen zu werden, und nad)
dem Zode in den Cörper eines veraͤchtlichen, oder
fehädlichen Thiers Zu wandern’. Tennant I. 124. 125.-
S. 123.3. 32 flatt den Syria lied dea Syria.
— 126 — 2 — Areraran 1. Xrracan. -
— 127 — 9 — beherrfeht I. beherrſchte.
— 144 Note a — Editiantes l. Edifiantes, -
— — — b — Loubere I, Loubere.
— 148 Note p ſtatt Kloemenes lies Kleomenes.
— 151 — d — Reynard |. Regnard.
— 155 Zeile 19 — Wenn l. Nachdem.
— 159 Note y — ahamarum |, Lhamarum,
— — — — joci l. loci.
— 166 3. 11 — außer der Syria-I. außer der dea
Syria. |
— 1793 3 —nvtuͤlich I. natuͤrlich.
— 198 — 1 — mit l. eine.
— — — 3 — nd l. nahe.
— 912 — 15 — nehren I. mehren.
— 215 — 11 Bufaß zu den Worten: die Talapoinen
in: Siam, .u. f. w. Die Zalapoinen In Siam.
treiben die Schonung von Gewaͤchſen Weiter, als
die Hindus. Allein auch die lestern hüten ſich,
wie im folgenden wird gezeigt werden‘, vor ber
Vernichtung nuͤtzlicher Pflanzen fo viel alt mög:
ich. i 2: R 9JF & “
w- —
I.
4
v ame RAND
des Schweinefleifches im Orient. “Selbſt Die Eus
ropaͤer in Hindoftan, fagt Tennant (11.22.23) find
fehr ekel im Genuffe von zahmem Geflügel, und von
Schweinen, weil Das eine, und die andern mans
ches Ungeziefer verzehren, wovon der Boden in
Hindoftan fo wimmelt,.daß er zu leben fcheint.
With regard to te feeding of poultry of all
forts, Europeans feem faltidious; but they
jaftiy obferve, ıhat as fraye, toads, lizards,
and ndilome inlects [warm upon the ground
| S. 230. 31 Zuſatz zu den Bemerkungen über ben Abſcheu
to [uch a degree, as to give it the appearance
ob buing in a flate of animatinu, it requires
re[lolution to eat animals, that are known to
‚eat fo indifcriminately. This remark - with
regard to the hog is fo {ufl, ıhat you eer-
tainly cannot partake of it wiıh any confiden.
ce without huing acquainted with the man-
ner of breing fattened, — Die Schweine in
MWeftindien , und im fhdlichen America find eben
fo gefräßig, und finden auch eben fo viel Unge⸗
ziefer, als in Hindoſtan; und doch ziehen bie
Europaͤer daB Schweinefleifh Allen übrigen als
das fchmadhaftefte, und gefundefte vor. — Die
Aegyptier verabfcheuten die Schweine und aßen
Gänfe, ungeachtet die letzteren eben fo unſau⸗
ber in Anfehung ihres Futters find, als die
Schweine. — Selbft die EChriftlichen Habeffinier
verabſcheuen, wie Bruce an vielen Stellen er:
wähnt, nad ber Meife ihrer Vorfahren nicht
bloß zahme , fondern auch wilde Schweine. Und
boch ifl es nicht zu bezweifeln, daß das Fleiſch
roilder Schweine, gehörig zubereitet, gelunder
wäre, als das rohe Kleifh von meiftens mages
ven Kühen, das den Habeffiniern ein fo großer
Leckerbiſſen ift.
S. 238 Note z flatt 3 Bande lied 7 B.
999-8. 11. — einen Büfchel I. ein Büuſchel.
— 241 — 15 — abflammen I, abflammten,
— 260 Note = Zufag. Etwas ganz anderes, als die
Keufchheitöopfer in Eypern, war der Dienft, wel:
hen die der Venus geweihten öffentlichen Bei:
‚ , ’ ö j " € -
\ ' l — une ı . 805
bespexſonen in Korinth leiſteten. In alten Zei-⸗
ten, fagt Steabo VIII. 181. ‚war der Tempel
‚ber Denus in Mxinth fo reih, se wAusc,y.
xıÄss lspodaäsc sxaxryTo Äraipac, de RYsiycHN
ry Taw ua avdpss nıy Yuramıc. Die Geweih:
ten der Venus mußten den Genuß ihrer Reige
den Verehrern der Göttinn überlaffen, und: den
Lohn, welchen fie empfingen, in den Scha des
Tempels legen. a
&. 265. cher die nadten Joguis führt Tennant I.
. 194. 195» folgende Stelle aus den Sketches of
the manners and cuftoms of the Hindoos II.
913. an. 1) Diejenigen, welche fih' dem Dienſte
dieſer Gottheit, (bed Lingam) widmen, fchwören
eine unverlegfe Keufchheit zu bewahren. Gie be-
rauben fi.) zwar nicht, wie bie Priefter des Atys,
der Mittel, ihr Gelübde zu brechen, Allein wenn
Jemand dieß Geluͤbde bräche, fo würde er am
Leben geflraft werden. Die Priefter des Lingam "
geben ganz nadend, . Nichts deflomeniger nähern ,
fihb ihnen Weiber, obne daß fielfelbft, oder
Andere, das geringfte Unehrbare darin fanden.
Männer, deren Werber unfruchtbar find, erfu-
chen diefe Heiligen in ihre Haͤuſer zu kommen,
oder fie ſchicken ihre Weiber in die Xempel; und
man glaubt, daß die gottesbienftlichen Gebräuche,
bie in den einen, oder bem andern Falle. beobachtet
werden, bie gewuͤnſchte Wüfung hervorbringen“.
— 272 in der Notes ftatt p. 94 l. p. 64. und flatt
| ao lies ZEN ur
— 273 Zur Note t. Die Römer rechneten auf eine ges
wife Art die allegorifchen Gottheiten zu den diis
incertis. Man lefe folgende Stelle des Kivius
XXVIT e. 25, Marcellum alise, atque aliae
objectae animo religiones tenebant, In gui-
bus quod quum bello Gallico ad Claſtidium
aedem Honori et Virtuti vovillet, dedicatio
ejus a -pontificibus impediebatur, quod nega-
bant unam eellam amplius, quam uni Deo
site dedicari, Quia fi de caela tacta, aut pro,
| | digi
808 u m —
digii aliguid in ea faciam eflet, difficilis pro-
‚caratig foret: quod ntri Deo res divina fierer,
. feiri'non pollet NemK enim duobus nifi cer-
‚ bis deit, rite una hofka fieri. |
©. 275 in der Note b ftatt Meorl. 1. Meurf:
— e ſtatt devov Jewr |. Unvov Jeov.
— 577 Rote d fl. Veagl. L. Veigl. |
— 286 Zufas zu dem Ende des Abfages: oder von -
guten Baben zu gewinnen fuchten. Ganz an=
ders verhält ed fich freylich mit dem ruchlofen.
Dikaͤarch, welchen Philipp von Macebonien,
Bater des Perſeus, mit einer Flotte audfandte,
um die griechiſchen Inſeln zu verheeren. Diefer
MWahnfinnige, wie Polybius ihn mit Redt
nennt, errichtete allenthalben , wo er anlandete,
zwey Altäre, den einen ber Gottlofigkeit, den
andern, der Ungerechtigkeit, und opferte denn
biefen, feinen Gottheiten, wie die Griechen ihren
Volksgoͤttern opferten. Ariſtomenes bradıte
in der Zulge dem Dikaͤarch unter langfamen,
und graufamen Martern um. Polybius zwey⸗
felte nicht, daß dieſe unnatürliche Zodesart eine
„gerechte Rache ſey, welche die Götter und Men:
"fen an dem lingeheuer genommen hateen'e).
— 291 3. 17. 18. 19. Man löfche folgende Worte aus);
- . und gehören bloß zur Trauer, oder ben Trauer:
Gebraͤuchen.
— 205 3. 7 ſtatt der größte J. Ein großer.
— 304 Die Periode: Sie werfen die Leichname der:
ſelben in's Meer, u.f.w. ſollte fo ausgedruͤckt
worden ſeyn: Sie laſſen ſich ſelbſt mehrere Mahle
"ind Meer werfen, um die Seelen der verſtorbe⸗
nen Männer zu erfäufen, die fich ihrer Meinung
nach auf die zuruͤckgebliebenen Witwen werfen,
„der auf denfelben ausruhen, ©.
N v
e) XVII. 35. Verf, Cafaub. „ . ur contra vaecordiae immunitare
. , Deis pariter er hommibus terrorem fe injecturum ex:llimaverie,
_Nam ut in portu naves conftituie, duas. exeitavie aras, Impiera-
tis alteregv, alteram iniqnitatisg er fnper iis rem divinam te-
eit, ac quafı deos efl iſtos veneratus. Ur equidem non uuhi-
wem, Deos er homines potnas ab eo, quibps erat dignus, ex-
peti·ſſe. Nam quiYicam inſtituiſſet contra natutam, merito
. grıam contra natyram faro eft functus.
— — — — — — —
—X
\
N
— 308 Note x hast Boturan I; Boucan.
— 307 in dea unterften Zeile fl. der often, Eine l. der
l
erſten Einer.
— 354 Notes ſtatt Plinius Il. NHerodot.
F — 360 3. 4 tagt gegen I. gen.
— 370 — 17 — Mecelaus I. Derielait.
— 374 Rote x Zufag. Es iſt wahrfheintiiher, daß
‚die Scandinasier die Sdeen vom Untergange,
- u 0000.87
4
—
und der Wiedergeburt der Welt aus der Bekannt⸗
mit den ehrilten geſchoͤpft haben, rn;
— 382 3. 28 fl. früh I. fehr.
— 383 Note = fl. Zanugas I. Taeuças,
— 389 Zuſatz zu den Worten: wiewohl fie (die Römer)
den Mond bisweilen ald eine maͤnnliche Gottheit be⸗
trachteter, und als Lunus anbeteten. Diefe
Stelle muß auf folgende Art berichtigt werden.
Man verehrte deu. Mond im ganzen weftficen
guod Lunae nomina et virilis et foeminei ge-
neris in linguis Orientis habeantur. in Nat, ad
2. c, Spart, in Vit, Antonii Coräcallae, " Ich .
würde umgekehrt fagen: bie Benennungen des
. Mondes waren in den Morgenländifchen Spra⸗
chen bald mänttlichen, bald weiblichen Geſchlechts,
weil man ihn bald als eine maͤnnliche, bald als eine
weibliche Gottheit, oder zugleich in beyderley Ge⸗
ſtalt verehrte. Die Einwohner der Stadt Karraͤ
verehrten den Mond als eine männliche Gottbeit,
und hegten die Meinung, daß Diejenigen, welche
den Mond als einen männlichen Gott betrachteten,
Herren ihrer Weiber, ſolche hingegen, die ihm |
“ als einer weiblichen Gottheit dienten, Knechte ih:
ver Weiber feyen, oder würden. Spartian. in
Vita Anton. Carac, c 7. Et quoniam Deikuni
fecimus mentionem, [ciendum, doctifimisquir |
busque id memofide traditum, atque ita nurle
quogue.a Carrenis praecipue-haberi, ut qui
- Junam foemineo nomine ac [exu_putaverit
nuncupandam, is addictus mulieribus lemper.
änlerviat; at vero qui marem deum efle cre-
_ dide-
Wien ' bald ald eine männliche, bald als eine .
weibliche Gottheit: wie Lafaubon vermuthete,
808 . a ups
diderit, is domiuetur uspri, neque vllas mu-
liebres patiatär inhdias,; Unde quamvis Graeci
vel Aegyptii en genere, quo foeıninam homi.
y nem, etiam Lunam deam dicunt, myllice
tamen deum dicunt. Richtiger urtheilte Ca⸗
fauben, wenn er fagte, dab Strabo den Mond,
„da, wo er ald männliche Gottheit verehrt worden,
sicht seAyyı, ober ayAzvos, fondern un genannt
habe. Weber bie Zempel ded zyvos, von weldem
Strabo felbft fagt, daß er mit esAyv7 einerley
ſey, ſehe man dieſen Schriftfteller L, XII, p. 855-
Edit, Almel, Ä
S. 393 3. 2 ft. Sicoird I. Sicard.
— 416 Note l fl: Barrer I. Barrere.
— 418 3. 17 ft. Einwohner I. Einwohnern.
— 419 — 22 — Borftadt I. Vaterfladt.
— 443 Note g fl. Peruaner I. Peguaner. —
— 447 3. 18 — Schwan I. Schwein. —
— 456 — 6 — zu ihren I. vor ihren.
— 457 Notes — N 8. 1. N. E.
— 461 3. 16 — ſtellten I. ſtellen.
— 473 — 24 — ſo weit l. ſo viel.
— 489 — 29 — in dieſem l. in dieſen.
— 491 — 5 Note zu den Worten: welches fo viele
Tempel in Griechenland, u.f. w. In Sparta
war ein Tempel ber Minerva, in weldhem von
Alter ber todeswürbige und verurtbeilte Ver:
brecher Schug fanden. IV. 35. Polyb.
— 492 3. 20 flatt einen I. einem. |
— 493 — 3 — unvorfeglid I. unvorfegliche.
— 497 — 4 — .Trewels I, Travels.
— 508% 4 — Hnnters I, Hunter’s
— 517 — 19 —,Nourvelles [, Relation Nouvelle,
— 518 — 30 — falto I. fauto,
— 519 — 15 — fione l. five,
— —— 35 — Semders I. Semlers.
520 — 7 1785- 8: l. 1785. 4
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