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Full text of "Allgemeine musikalische zeitung .."

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RICHARD« 
ALDR1CH 






HARVARD COLLBGE LIBRARY 



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! ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG, 



SECHS UND VIERZIGSTER JAHRGANG. 



Mit den Portrait von 

Friedrieb Chopin. 



LEIPZIG, 

Druck und Verlag von Breitkopf $ Hlrtel. 

1844. 



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HARVARD 

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INHALT 



de« 



seohsund vierzigsten Jahrganges 



der 



allgemeinen musikalischen Zeitung 

vom Jahre 1844. 



/. Theoretische und historische Aufsätze. 

Dorn» B. 9 Original »der Bearbeitung ? (Ueber Handels Jephta n. e. w.) 
S. »4*. 

Bin Blick auf Weimars Kuastleben. & 161. 

J£in Brief von Joseph Haydn. S. 145. 

Einige Worte aber den EinBoes der Musik» S. 361. 

Geissler,C, Beschreibung der neuen grossen Orgel in, der Stifts- 
kirche so Ossegg in Böhm*» q. s.w. S. 2^17. 

Raul er t, |)r. A M Zar musikalischen Littarntur. S. 281. 

Kossmaly, C, Ueber Robert Schumanne CUviereompositionen. 
S. 1. 
— Ueber den wahren Endzweck und Werlh der Musik, mit 
Bezog anf „ Narkotische Componisten." S. 481. 

Mosewins, Sebastian Bacb's Gboralgesäjige nnd Gantaten. 
S. 105. 377. 466. 593. 

Musikalisebe Zulande in Paris. £. 43». 

Neuen J>urg, G., Die neuen Liedereempoaieten. S. 745. 

Paul Heinlein, ein Gomponist des 17. Jahrhunderts. S, 249. 

Wilk-e, Bemerkungen aber Qerrn Bsckow's Aufsatz: „Da* 
Doubletteosystem ist keiqe neue Erfindung." S. 81. 

Zwr Geschichte de* Maanergesanges. S, 49. 



//. Nekrolog. 

Maser, Aug. Far4., Musikdirelor in Weimar, S, 849. 



///• Recensionen* 
1. Schriften über Musik. 



feaniiter, Henry J., Pemesüc Umm Tor tbe urtalthy, or a Pia« 

- for tbe arj* and tts prograss. $. 859. 
Becker, C. F., Evangelisches Choralbucb, 8. 177. 
£riv*Ui» Art of Staging, witn alUraftioo and new solfeggioe for 

the enltivation of tbe Bass voice. 8. 85A. 
«Farial, Pellegrino, Letiara aopra la Munlea. 8. 851. 
Ferrari, A., Progetio. dt Uifermf de' Teairj musicali italiani. 

$. 853. 
Fürstenau, A. B., Die Knast des FlötenspieU in tbeoretiseh- 

praetiseber Beziehung. S. 713. 
üaefcale, Emanaele, 1 Baaai najaerati di Fadela Fenarftli. S.853u 
Rnorr, Jul., Materialien für das mecbajafcba Clavifirapiel. S. 822. 
Ku*kai, F. J., Kleine Mnsiklebre. S. 817- 
Lo*e, 4. C, Compeeitionslehre. 8. 647. 
Oulibioheff, Alex., Nooveile Biographie de Mozart, snivie d'un 

aperen snr l*fcisteire gfatreia 4* la maajqne ei de 

l'nnajyse de prioeJfiale* oeuvres de Mozart. Ja. 282« 
Seidel, J. J., Die Orgel and ihr Ban. & 24. 
Snl Ttraatiame. Santo 4\ an» Memoria <W1 *>ttor I*ujft Venture 

da Trani. S, 853- 
The Book; #f scetüsb *>agt. S. 813.. 



Ueber den Bau der Geige und anderer Saiteninstrumente. Nach 
einem in Paris von Savart gehaltenen Vortrage ina 
Deutsche übertragen. S. 123* 

Wallbridge, A., The seqoential System of mosieal notion, an 
eatirely aew Metbod of writing Music. S. 862. 

2. Musik. 

A. Gesang. 

a) Kirche. 

Blumentbai, Jos. v., Vater uoaer, fiir 4 Siagstimmen mit Be- 
gleitung von 2 Violiaea, 3 Violoncello, Contra bass, 2 Hörner, 
2 Trompeten , Pauken und Orgel. Op. 90. Part u. St. 
S. 694. 

Grell, A. E., Pfiugstlied für 5 Solo- u. 4 Cborstimmen. Op. 11. 
8. 222. 

— Selig sind die Todtaa, für 4 Solo r u. 4 Chorstimmen. 
Op. 18. S. 222. 

— Der Qerr ist mein Hirte, für 5 Säle- u. 4 Chorstlmmea-. 
Op. 19. S. 222. 

— 3 kurze u. leichte «stimmige Motetten: „Herr neige 
Deine Ohren," „Harr, Deine Güte reicht ao weit/ 4 and 
„Lobe den Herrn, meine Seele." Op. 13. S. 223. 

— 2 Motetten für 8 Singstimmen : ,, Herr; lehre mich thun," 
und: „Lasset uns uater einander lieben." Op. 22. 
S. 223. 

— „Barmherzig und gnädig " u. s.w., 4etimmig mit Or~ 
•ohester. Op. 26. Cl.-Ausz, n. Singst. S. 834. 

— * Der 95. Psalm, 4stimmig mit Orchester. Op. 27. CL-Aosz. 

p. Singst. S. 834. 

— Fünf 6stimmige Kirehengeaünge nebst einigen 4stimmigen 
Antworten auf jeden Hauptgettesdianst des Jahres. Op.3fc 
Part. u. Singst. S. 834. 

— Evannulisehe Festgraduale. 11 Satimmige Motetten für die 
Kircbenfesta. Op. 33. 3 Hefte. Part. a. St. 8. 834. 

— Drei 4stimmie» Motetten. Op. 34. Part. u. St. S. 834. 
Hopfe, J., Protestantische Kirche nmusikea auf alle Feste des 

Jahren. S. 221, 
Löwe, Dr. C-, Die Fastzeiten. GeisUwbes Oratorium in 3 Ab- 

tbeilaogen. Op. 66. Part. u. Cl.-Ausz. S. 577. 
Marx, A.B., Mose, Oratorium ans der heiligen Sab rift. Cl.-Ausz. 

S> 657. 
Spohr, L., Der Fall Babylons, Oratorium in 2 Abtbeilongen naeh 

dem Englischen des Prof. Taylor von Fr. Oetker. Part; 

a. CI. Ans». 3. 613. 

b) Oper etc. 

Deoizetti, G., Don Pnaquale, komische Oper In 3 Anten, naeh 
dam Italienischen übersetzt von H. Precb. Vollst. Cl.-Ausz. 
Wien, bei A. Wekjili u. Comp. S. 166, 

— Maria di Reh an, tragische Oper in 3 Aetea, nach dem 
Italienischen vorn Ruppelwifaer. CL-Aosz. Wien, bat 
A. Diabelli u. Comp. S. 778. 



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IV 



Esser, H., Thomas Riqniqui oder die politische Heirath, komische 

Oper io 3 Acten, nach dem Französischen bearbeitet von 

C. Gollmiek. Vollst. Cl.-Aus«. Mainz , bei B. Schotts 

Söhnen. S. 5. 
Halevy, Carl VI, grosse Oper in 5 Acten, nac* deni Französischen 

von Casimir ä. Germ. Delavigne. Vollst. Cl.-Ausz. mit 

deutschem u. franzos. Texte. Leipzig, bei Breitkopf u. 

Hartel. S. 780. 
Mendelssohn-Bartholdy, F., Musik zum Sommernacbtstraum 

vsjtfShakespeaYc. Vierhänoiger Cl.-A.osz. vom Compdnhtfen. 

Leipzig, bei Breitkopf n. Härtel. Op. 61. S.614. 
Taubert, W., Chöre zur Medea des Eoripides. Op. 57. Cl.-Ausz. 

Berlin, bei Trautwein. S. 793. 
Verdi, G., Nabucodonosor, lyrische Tragödie in 4 Acten, gedichtet 

von Temistoele Solera, übersetzt von H. Proch. Vollst. 
' Cl.-Ausz. Wien, bei A. Diabelli u. Comp. S. 265. 

c) Kammer. 
a) Mehrstimmige Lieder and Gesinge. 

Banek, C, 2 Duetten: ,,Im Herbst " von Heine, und: „In der 
Nacht" von Lenau, für 2 Singst, mit Begleitung des 
Pianoforte. Op. 50. S. 27. 

Beer, J., Lieder für 4 Maonerstimmen. Op. 6. S. 126. 

Blätter und Trauben, Lieder von Joh. N. Vogl, mit Melodieen von 
den vorzüglichsten Compooiaten Oestreiehs. S« 49. 

Bronn er, CT., 4 3stimmige Lieder für Sopran, Tenor n. Bass 
mit Begl. äeg Pfte. Op. 42. S. 439. 

Dammas, Hellmuth, 3 Duette für Sopran u. Alt mit Begl. des 
Pfte. Op. 8. S. 439. 

Ernst und Scherz, Original- Compositionen für grosse und kleine 
Liedertafeln. Nr. 1. 7 Lieder von C. Kreutzer, Fr. Sehnei- 
der, H. Truhn, A. Zöllner, V. £. Becker »od A. Ifeit- 
hardt. S. 437. 

— Nr. 2. 6 Lieder von A. Neithardt, C. Kreutzer, A. Zöll- 
ner o. H. Truhn. S. 765. 

Gantzert, Berthold, 6 Lieder für 4 Männerstimmen. S. 764. 
Grell, A.B., Urflnsterniss, Gedicht von Bora eraaoo, für 4 Männer- 
stimmen. Op. 24. S. 224. 

— A. v. Chamisso'a Canon : Das ist die Noth der schweren 
Zeit, Tor 4 Männerstimmen. S. 224. 

Hacke 1, A.» Zigeunerlieder von N. Vogl, für Männerstimmen. 
Nr. 1 n. 2. S. 224. 

Häser, W. , 6 4stimmige Lieder schwäbischer Dichter für Männer- 
stimmen. Op. 20. S. 126. 

Huth, Louis, Lieder für Männerstimmen. 2 Cah. S. 763. 

Kalliwoda, W., 4 Gesänge für Sopran, Alt, Tenor uod Bass. 
Op. 124. S. 438. 582. 

Keller, C, 6 Gesänge für 4 Männerstimmen. Op. 49. S. 126. 

Kempt, F. A., 3 4stimmige Mäonergesänge. S: 203. 

Kohl, R., 44 Mutter-, Kose- uod Spiellieder von Fr. Fröbel, 
2stimmig gesetzt. S. 467. 

Kossmaly, C. r 6 Lieder. (Apollini. Tafelgesäoge für Manner- 
stimmen. Heft XV1I1.) Op. 10. S. 126. 

Krug, Fr., Der Schiffer und sein Liebchen, von L. Bechstein, 
und Wiedersehen, von A. v. Chamisso', 2 Duetten für 
Sopran und Tenor, mit Begl. des Pfte,. Violine und 
Violoncello. Op. 17 u. 18. 2 Hefte. S. 26. 

Kücken, Fr. , 5 Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass. Op. 41 . 
S. 291. 

Rnustmann, J. G., Nachtwäcbterweisheit, für Männerstimmen. 
S. 202. 

Laehner, Fr., 3 Lieder für 4 Männerstimmen. Op. 71. S. 126. 

Lührss,C, 4 Gesänge Für Stimmigen Männerchor. Op. 5. S.268. 

Ma r sehn er, Dr. H., Rheinweinlied vonG. Herwegh, für 4 Männer- 
stimmen. S. 224. 

Marsch ner, A.B., 6 Lieder für 4 Männerstimmen. Op. 15. S. 762. 

Marx, A. B., Nahid and Omar, eine Novelle aus den Bildern des 
Orients erlesen, für Gesang und Pianoforte. S. 329. 

Marxsen,Ed., ff Tafellieder für 4sHmm igen Mannerchor. Op. 50. 
S. 126. 

Mal oh er, J., 6 Gesänge für Sopran. Alt, Tenor an* Bass. 2 Hefte. 
S. 438. 



Methfeisel, A., Di« Rheinländer. Heitere Cborgesaoge and 

Quartette für Männerstimmen. Heft VII. S. 764. 
M5hring,Ferd., 4 Gesänge für 4 Mänoerstimmen. Op. 11. S.224. 
Molitor, L., Eine Liederkransprobe, Burleske für Männerchor. 

S. 4*B. r 
Neithardt, A., 6 Lieder für 4 Männerstimmen. 2 Hefte. Op. 126. 

S. 224. * 

Otto, Fr., Letzte Lieder, für 4 Männerstimmen. S. 126. 
RebUng, G., 5 Gesänge für 4 Männerstimmen. Op« & S. 126. 
Rtithel, A., 6 Ittfnfmfee Lieder Air Sopran, Alt. fener und 

Bass. Op. 10. Nr. 2. S. 236. 
Re issiger, C. G.» Männerchorgesänge und Quartetten. Op. 176. 

2te Sammlung. Heft 1. S. 581. f 

Seh äff er, Aug., Heitere Lieder für 4stimmigen Männergesaog. 

Op. 8. Heft 3. S. 580. 

— Heft 4 und 5. S. 764. 

S c h n e i d e r, Dr. F. , 6 Lieder für 4etimmigen Männerchor. Op. 100. 

S. 270. 
Spei er, W., Liebesfrühling von Fr. Rückert, für Sopran uod 

Tenor. Mit Begleitung des Pfte. Op. 48. S. 440. 

— Gesänge für Mänoerehor. Op. 44. Nr. 2. S. 764. 
Stolze, H. W. , Wanderung durch den thüringer Wald von L. Sech- 
stem, für 4 Männerstimmen. Op. 47. S. 237. 

Truhn, H., Duett für Sopran ond Tenor: „Ah, che mi manca 
Tanima." Op. 52. S. 88. 

Wiehtl, G., 6 Gesänge für 4 Männerstimmen. Op. 7. S. 224. 

Zöllner, A. , Liebe. Religiöser Chorgesang von Hoffmann von 
Fallersleben, för Männerchor mit Begleit, von 2 Hörnern 
und 2 Posannen ad libitum. S. 763. 

Zöllner, C, Nachtklänge der Liebe, 5 Gesänge für 4 Männer- 
stimmen. S. 762. 

ß) Lieder und Gesänge für eine Singstimme. _ 

An ecke r, A. F., 6 geistliehe Lieder für eine Bariton- oder Alt- 
stimme, mit Begleit, des Pfte., und 2 Choräle. Op. 26. 
S. 608. 

Banck, C, 5 Lieder für eine Bass- oder Baritonstimme mit Begl. 
des Pianoforte. Op. 52. S. 27. 

— 6 Lieder von Otto A. Banck, für eine SingsUmme mit 
Pianofortebegleitung. Op. 55. S. 697. 

Bergson r M., 2 Romances. S. 347. 

Brandenburg, Ferd., Ein Ton voll süssen Klanges, Lied für 

eine Sing stimme mit BegL des Pianoforte uod Violonoello 
• (oder Hörn). Op. 13. S. 699. 
Burgmüller, Fr., Den* souvenir. Melodie. Paroles d'Hippolyte 

Dugied, mit französischem und deutschem Texte. S. 37. 
Corner, Fr., 6 Lieder mit Begl. des Pfte. Op. 33. S. 698. 
C ramer, H., „Du," Gedicht von C. Rode, mit Begl. des Pfte. 

S. 453. 
De s sauer, Lieder und Gesänge. 4 Nummern. S. 87. 
Drieberg, Louise von, 6 Lieder für Sopran oder Tenor,, mit 

Begleit, des Pfte. Op. 5. S. 70. 
Bügel, C, 3 Lieder mit Begfeit. des Pfte. Op. 5. S. 88. 
Esser, H., „Hol' über," Gedicht von Tenner, mit Begleit, des 

Pfte. S. 37. 

— „ Mutterseelenallein ," Lied von Tenner, mit Begk den 
Pfte. S. 37. 

— Schlummerlied und „Sie liebt Dich," gedichtet von 
Tenoer, mit Begleit, des Pfte. S. 37. 

Evers, C, Orientalische Bilder, mit Begleit, des Pfte. Op. 15. 
S. 86. 

— 4 Gedichte von N. Leoan. Op. 17. S. 86. 

Fräst, R., 12 Gesänge für Sopran oder Tenor, mit Pfte. Op. i» ' 

2 Hefte. S. 90. 
Grell, A. E., 6 Lieder mit Begleil. de* Pfte. Op. 23. S. 26. 
Gumbert, Ferd., 6 Lieder für Sopran nnd Tenor mit Beaieit. 

des Pfte. Op. 2. S. §9. 
Eäser, C, 3 Lieder mit Begleit, des Pfte. Op. 6. S. 700. 
Habn, W., Lied des Rindes, von Goethe, mit Begleit, des Pfte. 

Op. 1. S. 85. 
Belttedt, C. r O Gesänge mit Begleit, des Pfte. Op. 1. S. 70. 
HiLler r F., 6 Gesänge mit deutschem und italienischem Texte n. 

Begleit, des Pianof. Op. 23. % Hefte. S. 700. 



VI 



Heren, J., 5 Gesinge von O.Preebtler ondGtfthe. Op. 30. S. 345* 

— Sonntag auf dem Heere, mit Bereit. des Piaof. Op. 24. 

S. 584. 
Laehner, Fr., 3 Lieder mit Begleit. des Planet Op. 76. S. 55?. 

— 3 Lieder mit Begleit, des Piano'. Op. 77. S. 552. 
Lei cht, Vioe., Die Noane, Gedieht von J. Mose« mit Befleit. 

des Pianof. Op. 13. S. 38. 

— „Auf Flögein dee Gesanges," Gedieht toi Heine, mit 
Begleit, des Pianof. Op. 14. S. 38. 

Leu, Leop., 12 Gedichte reo Fr. RHekert, mit Piano and obli- 
gatem Violoncelle. Op. 36. Nr. 1—6. für Sopran oder 
Tenor. Nr. 7-12. fiir Alt oder Bariton. S. 346. 

Liebe, Lonis, 6 Gedieh te von Fr. Ludwig, mit Begl. des Piano f. 
Op. 2. S. 698. 

— „Schwinge, Lüftchen," Gedieht von Fr. Ludwig, mit 
Begieit. dee Piano u. Violoncello. S. 698. 

Lffwe, C, Meerfohrt, Ballade von Freiligrath, mit Begleit, des 

Pianof. Op. 93. S. 694. 
Lahrs», C, 6 Lieder mit Begleit, des Piano. Op. 6. S. 699. 
Marse hner, Dr. H., Caledon. N. Motherwells Lieder, übersetzt 

von Heime, für' Sopran oder Tenor nnd Piano. Op. 125. 

Heft. 1. S. 24. 

— 2Vigilien für eine Sopran- oderTenorstimme mit Begl. 
des Piaoof. Op. 120. S. 85. 

— Junge Lieder von Wotfgaog Müller, für eine Teoor- 
oder Sopranstimme. Op. 126. S. 583. 

Matthienx, J., 6 Lieder mit Piano. Op. 18. S. 699. 
Molen ort, J., Was willst Da mehr, Lied fo> Sopran oder Tenor 
mit Begleit, des Pianof. Op. 12. S. 693. 

— Die Entdeckungsreise, für Tenor mit Pianof. Op. 14. S.693. 
Mö bring, Ferd., 5 Lieder mit Begleit, des Pianof. Op. 12. S.25. 
Moser, C, 3 Lieder. Op. 14. S. 346. 

Moli quo, B., 6 deutsche Lieder mit Begleit, des Piano. Op. 23. 
2te Sammlang der Lieder. S. 583. 

Neithardt, A., 2 Lieder mit Begl. des Piaao. Op. 129. S. 345. 

Not x er, J., Mein Element, von Ritter von Treuberg. Mit Pianof. 
Op. 14. S. 90. 

Nicolai, G., Der näehtliehe Ritter, und: das Schifflein, 2 Ro- 
manten von Uhland, mit Begl. des Pianof. Op. 12. S. 89. 

— Des Seilers Tochter, Ballade von Ferrand, mit Begl. 
des Pianof. Op. 14. S. 89. 

— Der Liebe Lost nnd Leid, Licderkranx von Gentzel, 
mit Begl. des Pianof. Op. 19. S. 89. 

Oechsaor, A., In die Ferne, Gedieht von Riet ke, mit Begl. des 
Piaoof. Op. 3. S. 38. 

— Das Fischermädehen, Gedieht von Heine, mit Begl. des 
Piaoof. u. Violoncello. Op. 4. S. 38. 

— 3 Lieder mit Begl. des Piano. Op. 2. S. 452. 
Reiasifer, CG., 3 komische Lieder für Bariton oder Base (mit 

Chor ad libitnm) mit Begl. des Piano. Op. 172 b. S. 345. 
Rosenhain, J., Das öde Hans, Ballade von Kahlert, mit Begl. 

des Pianof. S. 38. 
Schladebach,J., 7 Lieder mit Begl. des Pianof. Op. 12. S. 203. 
Seh amano, Clara, 6 Lieder mit Begl. des Piaoof. Op. 13. S. 254. 
Scbwencke, C, 6 Gedichte von Goethe, für Tenor oder Sopran, 

mit Begl. des Piaoof. Op. 61. 2 Hefte. S. 25. 

— 3 Gedichte aas der Fritbiofs-Sage, für Sopran oder Tenor, 
mit Begl. des Pianof. Op. 57. S. 25. 

— 3 Gedichte für eine Sopran- oder Tenorstimme mit Begl. 
des Pianof. Op. 59. S. 69. 

Speier, W., Die Stille, Gedicht von M. v. Eicheaderff, mit Begl. 
des Pianof. Op. 46. S. 37. 

— Die Einsame, Gedieht von Schuhmacher, mit Begl. des 
Pfte. Op. 47. S. 37. 

Staadigl, J., 6 Lieder für eine Bass- oder Baritonstimme mit 

Begl. des Pianof. Op. 20. S. 71. 
Stern, J., 4 Lieder Kr eioe Sopran- oder Tenorstimme mit Begl. 

des Piaoof. Op. 17. S. 109. 
Tiehsen, O., 6 Gedichte von Uhland, Mosen, Brentano «.s.w. 

Op. 22. S. 347. 
Tomaschek, Gedichte von Schiller. Op. 85— 89. 5 Hefte. S. 111. 

— 3 Gesänge mit Begl. des Pianof. Op. 92. S. 111. 

— 3 Gesänge von Schutt, mit Begl. des Pianof. Op. 77. 
S. 111. r 



Trommel und Fahne. Bin Ltedercyelns; von Job. N. VogU mit Mo- 
lodieeo von den vorzüglichsten Capellmcistern der k. k. 
batreich. Armee. S. 26. 

Truhn, H., Das Blumenmädchen, für Mezzosopran und Pianof. 
Op. 63. S. 88. 

— Prinzessin Ilse, Gedicht von Heine, für eineSepraastimme 
mit Begl. des Piaao. Op. 55. S. 597. 

Veit, W. H., 6 Gesänge mit Begl. des Piaaof. Op. 21. S. 598. 
Weiss, J., Waoderlieder, für eioe Sopran- oder Tenorstimme. 

Op. 9. S. 70. 
Wichtl, G., Sehosueht, von C. Heinemao n, für eine Tenor- oder 

Sopranstimme mit Begleit, des Piaaof. nnd Violoncello. 

Op. 6. S. 255. i 

B. Instrumentalmusik. 

a) Symphonieen und Ouvertüren fiir Orchester. 

Berlin. Grande Ouvertüre triomphale a graad Oreheetre. Op. 66. 

S. 691. 
M ü 1 1 e r, Fr. , Denxiemo Symphonie pour graod Orchestre. Op. 54. 

S. 729. 

b) Concerte nnd Solostücke mit Orchester- 

begleitnng. 

Handel, G., 4ieme Coneert pour le Piano ou Orgne avee aoeom- 
pagnement de 2 Violons, Alto, Basses et 2 Hautbois, re- 
dige par Mortier de Footaine. S. 568. 

Ole Ball, Fantaitie etVariatioos de hravoure sur un theme de Bel- 
lini, pour Violon avec Orchestre ou Piano. Op. 3. S.735. 

c) Kammermusik. 

aa) Für mehrere Instrumente. 

Briccialdi, G., II primo Amore, Fantaisie pour la Flute avec 

aecompagnement de Piano. S. 729. 
Gade, N. W., Sonate fdr Pianof. und Violine. Op. 6. S. 151. 
Kalkbrenner et Panofka, Duo poor Pianof. et Violoo sur 

Charles VI. Op. 168. S. 287. 
Lach ner, Fr. , 3 Qoatuors pour deux Violon», Alto et Violoncello. 

Op. 75. 76. 77. S. 873. 
Leo n ha r dt, J. E., 2 Sonaten für Pianof. und Violine. Op. 10. 

Nr. 1. S. 689. 
LSschhorn et Griebel, Grand Don pour Pianof. et Violoncelle 

ou Violon sur la fille du Regiment. S. 287. 
Mendelsschn-Bartholdy, F., Sonate fdr Piaaof. u. Violon- 
cello. Op. 58. S. 149. • 
Molique, B., 3 Qoatuors pour 2 Violons, Viola et Violoncelle. 

Op. 18. S. 233. 

— Duo ooncertant poor Piano et Violoo. Op. 20. S, 733. 
Motte bohm, G., Premier Trio pour Piano, Violon et Violoncelle. 

Op. 4. & 733. 

Schubert, L., Grand Qfoatuor pour Piano, Violon, Viola et 
Violoncelle. Op. 32. S. 287. 

Schumann, R., Quintett für Pianof., 2 Violinen, Viola u. Violon- 
cello. Op. 44. S. 148. 

Spobr, L n Sieme Trio coneertant pour Piano, Violon et Violon- 
celle. Op. 124. S. 150. 

Thalberg et Panofka, Graod Duo pour Piano et Violen sur 
Beatrice di Tenda. Op. 49. S. 287. 

Wolff etVieuztemps, Grande Fantaisie pour Piano et Violen 
sur Oheron. Op. 89 et 14*. S. 287. 

bb) Eür ein Instrument. 

et) Für Orgel. 

Grell, A. B., 36 karte und leichte 4 stimm ige Orgelpralndieo. 

Op. 29. S. 277. 
Jag er, J., 12 leichte Vorspiele u. s.w. fdr die Orgel. Heft 2. S. 658. 
Her sog, J. €., Practisehes Hulfsboeh für Organisten. Op. Iß. 

8 Hefte. S. 658. 
Zundel, J., 2 Orgelfbgea mit 3 Suhjecteo. Op. 4. S. 058. . , 



VH 



VW 



ß) Fir PiaoofbHft, 

aa) Zu zwei H&nden. • 

Alvensleben, 6. ▼., 4 Charakterstück«. Op. 3. S. 53. 

Bad t k# ve o, L. v. , Christo* am Oelberge, für Pianof. ohne Worte 

von C. Czeray. S. 692, 
B»rti*i,H., 50 Etadea mdlodiqaas. Op. 142. Livr. 1 et*. S. 22. 

— Le double bemal, Roodiae-Etude. Op. 144. S. 2&. 

— Etüde et Andante. Op. 147. S. 22. 

— L' Impromptu, Roodo-valsc. Op. 146. S. 53. 

— Fantaisie brillaate für Marie de Roban. Op. 151. S. 304. 
Beyer, F., Bouquet de melodies de Lucia di Lammermoor. Op. 42. 

S. 304. 

— La fe*te an coovtnt S. 53. 

Burgmüller, Fr., Empfindungen am Ciavier. 12Uebungen. Op. 73. 

8. 53. 
Chopin, F., 3 Mazurkas. Op. 56. S. 820. 

~~ 2 Nocturnes. 0p. 55. S. 820. 
Cranz, A. F., Sooates dramatioues. Nr. l.'S. 63. 

— Sooates dramatiques. Nr. 2. 8. 689. 

Damcke, Berthold, La footaine, le feo fallet, 2 morceaax de 
saloo. Op. 13. Cah. 1 et 2. S. 40. 
— . La deinaode. Allegro caraetertstiqne. Op. 16. S. 568. 
Deich ert, Musicalische Empfindungen während des Gebrauchs 

der Kaltwasserkur io Wolfsanger. S. 695. 
Dotier, Tb., 50 Etodes de Saloo. Op. 42. Cah. 4. S. 23. 
' — , Fantaisie sur Ssppho de Pocini. Op. 49. S. 661. 

— FanUisie sor la Favorite. Op. 5t. S. 734. 

— 8ieme, 9ieme et lOieme Nocturne. Op. 52. Nr. 1 —3. 
S. T34. 

Duvernoy, J. B., Fantaisie snr Follette. Op. 131, S. 661. 

— Los roses de Noel, Valses. Op. 132. S. 661. 
Ender, J. N., Rondo pastorale. Op. 3. S. 662. 
Engel, D. H., Rondo capriceioso. Op. 5. S. 126. 
Kvere, C* 3ieme Sonate. Op. 22. S. 732. 
Fese«, A., Hommages aux Dames. Op. 35. 3. 735. 

.*. Le Dlsir. Morceau de Saloo. Op. 36. S. 735. 

— Iatrod. et Rondo espagool. Op. 34. S. 735. 
Goldtchmidt, S., Sonate. Op. 5. S. 53. 
Coline 11 i, Steif., Dodiei studj. Op. 15. S. 365. 
Gouppey, Felix de, 12 Etudes expressives. S. 734. 
6ns gl, Madobenträume, Walzer. S. 695. 

Heller, St., Morceaax de Salon. Etudes melodiques. Op. 16. 
S. 53> 

— FantaUie sor Charles VI. Op. 37. S. 304. 

> — 25 leichte, melodieose Uebnngs(ücke. Op. 45. Livr. 1 — 3. 
S. 313. 
«-. Impromptus et 2 Caprices snr des melodiea favorites de 
Reber. Op. 20. S. 735. 
Harz,, 3 Divertissemens snr Dom Sebastian. Op. 139. S. 304. 
,-h. H., Grande Fantaisie snr nn motif de Linda di Cha- 
mounix. Op. 138. S. 569. 
Hiller, F., 3 Moroeaux de Saloo. Op. 29. S. 568. 
• Hunten, Fr., Variations snr Maria Padilla. S. 53. 

.«_ Fantaisie brillante snr Nabucodooosor. Op. 127. S. 53. 

La Cerrito. Valse italienne. S. 53. 

-*- Los DlUces des jeuaes Pianistes. 4* Rondeanx Nr. 1 et 2. 

Op. 130. S. 304. 
~» Rose et Bleuet. 2 Airs varie«. Op. 131. S. 304. 
Ralkbrenner, Fr., Fantaisie brillante snr la romaocei Le fil 
de la vierge. Op. 170.. S. 569. 

Souvenirs de la Sirene. Fantaisie. Op. 180. S. 569. 

Köhler, L., Compositioni de Salon (saos paroles) modernes et 

caracteristiques. Op. 1. S. 570. 
Rullaok, Tb., Morceanx de Salon (Portefeuille de Musiqne). 
Op. 20. 5 Cah. S. 552. 

— Transseriptioos, Egmont. Op. 6. S. 696. 

— Premiere grande Fantaisie snr Marie la Alle dl regiment. 
Op. 13. S. 696. 

— riniaisie -de Concor* sur Preeiosa. Op. 14. S. 696. 
Liszt, F., Remiaiscehces de Nerma. S. 394. 

— Heroiseber Marsch in ungarischem Styl. £ 695. 
Liwe, C, Bibliseha Bilder. Op. 96. 3 Haft* 9. 551. 



Lntrsi, C, DatJanb* Lieder fe> Plana allein. & 696; 
Lysberg, Cb. B. de, Barearolle. Op. 1. 8. 660« 

— Andante. Op. 12. S. 660. 

-» 4 Romaoeee saas parelea. Op. 16. S. 660» 
Mayer, Gh., Le treaoU. Grande etude. Op. 61. Nr, 2. S. 566. 

— 2 grandes etadea de eoneert. Op. 75. S. 666. 
M eich ert, J., 2 Morceaax de Salon. Op. 11. S. 661. 
Meyer, Ltop. de, Valse* brillantes. S. 766. 
Müller, R., Nocturne. Op. 15. S. 570. 

— Fantaisie snr Lneia di Lammermaor. Op. 22. S. 579. 
Oesteo, Th., Variations brillantes avee Finale alle Maxorka snr 

na tbeme Italien. Op. 8. S. 567. 
Paeber, J. A., 3 Etudes de Salon. Op. 3. S. 765. 
Pirkhert, Ed., 6 Melodies. Op. 9. S. 571. 
Prndent, E., L' hiroodelle. Etnde. Op. 11. S. 53. 

— Souvenirs de Schobert snr la Sirenade. Op» 14. S. 734. 
Raff, J., 3 Pieces caracteristiques. Op. 2» S. 666. 

— Scherzo. Op. 3. S. 566. 

— . Fantaisie brillante. Op. 4. S. 566. 

— 4 Galopa bri Hanta. Op. 5. S. 566.. 

— Fantaiaie et Vsriatioas brillantes. Op. 6. & 566. 
Ro ecket, Ed., Denx Caprices. Op. 3. S. 669. 

— Reveries. Op. 6. S. 659. 

— 2 Romano*. Op. 7. S. 659. 

— 2 Serloades. Op. 11. S. 734* 

Ro s e 1 1 e o, H., Decameron des jeonea Pianistes. Op* 55. Nr. 1 - 10. 
S. 53. 

— Fantaisie snr Charles VI. Op. 56. S. 53. 

— Rondo valse. Op. 57. S. 53. 

— 12 Etndes brillantes. Op. 60. 2 Snitea. S. 453. 
Schliefen er, A., Sonnte. Op. 1. S. 662. 

S c h m i 1 1, J., Amusemens de salon. 3 nouveUen nocturnes. Op. 329. 

S. 4t. 
Schreins er, F. M., 6 Eglognes. Op. 7. S. 304, 
Sehnbert, Fr. ,5 Ciavierstücke. S. 168. 
Sowiaeki, A., Grandes Etndes de oeoeert a aaieU d{velopati. 

Op. 60. S. 23. 
Spehr, L., Sonate. Op. 125. S. 151. 
Tbälberg, S., Grande FanUisie surLncreaiaBorgis.Op.50. S.569. 

— Grande Fantaisie snr Semiremide. Op. 51. S. 569. 
Voss, C, Le Gondolier. Op. 50. S. 303. 

— FanUisie ellg. snr la Sirene. Op. 59. S. 734. 

— Morceau burleeque de Salon. Op. 56. S. 735. 

— Coneertstück in Form des Concertino. $. 821* 
Wichmann, H., Sonate. Op. 1. S. 767. 
Wi.elhorski, Joseph Comte, 2 Nocturnes. Op. 11. S. 552. 

— Grande FanUisie snr des motifs dn Pirate. Op. 13. S. 765. 

— 3ieme Impromptu. Op. 14. S. 765. 

Wolff, E., Grande Valae aar Charles VI. Od. 88. S. 53. 

— L'art de l'expressioa, 24 etadea facilea et progress. 
Op. 90. Liv. 1 et 2. S. 313. 

— Bolero. Op. 93. S. 569. 

— Grande Valse originale. Op. 97. S. 569. 

— Grand Caprice snr Dom Sebastian. Op. 99. S. 569. 

— 8 oonvelles Polkas favoritea. 2 Livr. 8. 570. 

ßß) Zu rier Händen. 

Bert in i, H., Duo sur la Part dn diable. Op. 148. S. 53. 

Burgmüller, Fr., La Pete an conveoL S. 53. 

Duvernoy, J. B., (Joe peusle de Bellini, Variations). Op. 129. 

S. 661. 
Fesca, A., Scene de Bai, morceau de Salon. Op. 14. S. 766. 

— La Melancolie, piece earacteristique. Op. 15. S. 767. 

— FanUisie et variations snr Le cor des Alpes. Op« 17. 
S. 767. 

Moscheies, J., Tägliche Studien. Op. 107. Heft 1 a. 2. S. 313. 
Schumann, R., Andante aad Variationen für 2 Pianof. Op. 46. 

S. 303. 
Schwenke, C, 6 Divertissemens en forme de manuhes. Op. 60. 

Cah. 1 et 2. S. 39. 
Wolff, E n Grand Dno brillant snr Charles VL Op. 66. S. 53. 

— Duo brillant« Op. 96. S. 569. 

— Fantaisie sur Dom Sdbastien. Op. 98. $. 660. 



IX 



ff) Zu acht Händen. 

Beethoven, L. v. , Ouvertüre zur Oper Leenore (Nr. 3.), zu 
8 Händen eingerichtet von G. M. Schmidt. S. 692- 
— Ouvertüre zur Oper Fidelio, zu 8 Händen eingerichtet 
von G. M. Schmidt. S. 768. 

r ) Für Violine. 

Bach, Seh., 6 Sonaten für die Violine allein, herausgegeben von 
F. David. 3 Hefte. S. 169. 



IV. Correspondenz. 

Berlin. S. 75. 172. 241. 315. 366. 442. 445. 489. 4V1. 752. 822. 

859. 860. 
Brannschweig. S. 735. 
Breslau. S. 191. 
Cassel. S. 209. 321. 663. 799. 
Cöin. S. 275. 386. 
Bannstadt. S. 641. 
Dresden. S. 27. 440. 650. 
Erfurt. S. 192. 796. 
Frankfurt. S. 136. 411. 473. 719. 748. 

Genua (Hcrzogthum mit Grafschaft Nizza). S. 116. 372. 524. 827. 
Gent. S. 534. 
Görlitz. S. 883. 
Göttiogeu. S. 289. 701. 
Hamburg. S. 57. 474. 652. 704. 
Italienische Opern ausserhalb Italien. S. 207. 557. 881. 
Kirchenstaat. S. 193. 353. 507. 809. 
Königsberg. S. 185. 493. 
Leipzig. S. 9. 41. 59. 72. 97. 129. 134. 152. 169. 226. 256. 309. 

385. 553. 584. 667. 682. 706. 741. 754. 755. 769. 786. 

804. 825. 842. 863. 867. 883. 
Lemberg. S. 239. 

Lombardisch -Vene tianise hos Königreich. S. 99. 388. 525. 828. 
London. S. 405. 454. 502. 

Modeoa und Parma (Herzogtümer). S. 142. 368. 523. 812. 
Nordhansen. S. 460. 
Paris. S. 324. 424. 433. 574. 585. 
Petersburg. S. 332. 

Piemont (Königreich). £. 116. 369. 524. 827. 
Poaen. S. 454. 

Prag. S. 91. 260. 347. 456. 517. 598. 837. 877. 
Radotstadt. S. 663. 
Salzburg. S. 673. 
Sardinien (Insel). S. 141. 372. 
Sicilien (Königreich beider). S. 196. 337. 505. 808. 
Stressbarg. S. 631. 

Toscana (Grossberzogthnm). S. 174. 357. 521. 811. 
Weimar. S. 161. 243. 290. 
Wien. S. 14. 634. 
Zullichau. S. 653. 



V. Mis c eilen. 

Aeademie derKiiaste in Berlin, MusikaufFnhrungen derselben. 
S. 491. 

A g u i 1 a r, Componist und Pianist ans London (in Frankfurt). S. 428. 

Association des Artistes-Musiciens in Paris. S. 213. 

Bazzini, Antonio, Violinist (in Leipzig). S. 808. 826. 868. 

Becker, C. F. , dessen Orgeleoneerte in Leipzig. S. 584. 758. 

Beförderungen und Anstellungen: Bader S. 743. Damcke 
S. 622. Dreysehock S. 80. D ärmer S. 830. Freiherr von 
Freys S. 118. Halevy S. 158. Hermann S. 814. Hesse 
S. 772. Hallen S. 118. Hummel Sohn S. 620. 830. Lvoff 
S. 80. Pentenrieder S. 772. Preyer S. 463. Ritter S. 543. 
Ronconi S. 104. Rubini S. 326. Thomas S. 772. 

Berlioz, Heftor (in Paris). S. 437. Dessen Rieseneoncert S. 586? 



Birch, Miss, Sängerin (in Leipzig). S. 12. 43. 69. 72. 73. (in 
Weimar^ S. 292. (in Berlin) S. 317. 

Bott, J. J., Violinist (in Leipzig). S. 60. 

Brendel, dessen Vorlesangen in Leipzig. S. 385. 

Briccialdi, Flötist (in Prag). S. 96. 

Burchardt, Mad., Sängerin (in Leipzig). S. 98. 129. 

Ciabatta, Sänger (in Leipzig). S. 43. 

CÖln, Sammarischer Bericht über die dasigen musikalischen Kräfte 
und deren Leistungen im Winterhalbjahre 1843 — 44. 
S. 306. 

Cooservatorinm der Musik in Leipzig. S. 754. 

Dessaoe, dessen Erfindung des Melophon. S. 80. 446. 

Dommusikverein in Salzburg, dessen Festcoacert. S. 673. 

Dreysehock, Pianist (in Frankfurt). S. 140. 

Ehrenbezeugungen: Becker S. 80. BelckeS. 176. Berlin S. 846. 
Berlioz S. 430. Commer S. 262. 321. Donizetti S. 462. 
Dreysehock S. 494. Ernst S. 870. Evers S. 120. Franck 
S. 144. Gläser S. 846. Googl S. 814. Kalkbrenner 
S. 686. Körner S. 543. Kopisch S. 262- Lindpaintner 
S. 198. Nicola» S. 544. Panseroo S. 103. Pauer S. 686. 
Reissiger S. 559. Ruagenhagen S.886. Schneider S.464. 
Spontini S. 886. Stuckeoschmidt S. 672. Täglichsbeck 
S.230. Westmoreland, Graf von, S. 118. 

Ernst, Violinist (in Leipzig). S. 786. 808. 866. 

Eophonion, erfunden von Sommer in Weimar. S. 32- 

Evers, Pianist (in Prag). S. 96. 

Fassmann-Seckendorff, Frau von, Sängerin (in Leipzig). 
S. 707. 

Festeper, die neue, und die Eröffnung des neuen Opernhauses ia 
Berlin. S. 860. 

Fisch er- Achten, Mad., Sängerin (in Leipzig). S. 770.826. 

Ge b u r t s f e s t des Königs von Preussen, dessen musikalische Feier 
in Erfurt. S. 796. 

Göttingen, Concert daselbst bei der Hauptversammlung des 
Gustav-Adolph-Vereines. S. 701. 

Goldschmidt, Pianist (in Berlin). S. 172. 

Gundy, Sänger (in Frankfurt). S. 473. 

Här tinger, Sänger (in Berlin). S. 189. 258. 

Hellmesberger, Bruder (in Frankfurt). S. 723. 

Herder, J. G., dessen Säcularfeier durch die Liedertafel in Weimar. 
S. 618. 

Inaugurationsfest in Darmstadt. S. 641. 

Joachim,.!., Violinist (in Leipzig). S. 74. 

Italien, Garneyal- und Fastenopern. S. 337. Frühlingsstagioae 
S. 505. Herbstopern S. 99. Sommerstagione S. 784. 

Italienische Oper in Berlin. S. 753. 

Kai li wo da, Violinist (in Leipzig). S. 13. 

Kaufmann, Akustiker (in Berlin). S. 367. 442. 

Königsberg,' MusikaufTuhrungen' bei dem Uni versitäts-Jubel feste 
daselbst. S. 742. 

Leipzig, Concerte der Enterpe. S. 256. Uebersicfat der in den Ge- 
waodhausconcerten im Winterhalbjahre 1843 — 44 auf- 
geführten Musikstucke. S. 373. Verzeichniaa der von 
der neuen Theaterdircction angestellten Sänger und 
Sängerinnen. S. 553. Stadttheater. S. 667. 863. 

Leschetitzky, Pianist (in Prag). S. 841. 877. 

Lincoln, Miss, Sängerin (in Leipzig). S. 867. 884. 

Liszt (in Weimar) S. 163. 243. 292. (in Paris) S. 324. 

Litolff, Pianist (in Leipzig). S. 826. 

Lvoff , Violinist (in Dresden). S. 440. 

Macasy, FräuL, Sängerin (in Leipzig). S. 132. 171. 

Mahl, Dr. Moritz, in Lemberg. S. 238. 

Marx, Fräul., Sängerin (in Leipzig). S.226. 

Meyer, Leop. von» Pianist (in Frankfurt). S. 748. 

Milanollo, Schwestern, (in Leipzig) S. 134. 153. (in Prag) S. 273. 
(in Berlin) S. 315. 366. (in Hamburg) S. 478. 

Moralt, Bruder, (in Leipzig). S. 45. 

Moria n i, Säoger, (in Leipzig) S. 41. (in Prag) S. 91. (in Berlin) 
S. 259. (in Hamburg) S. 476. 

Mortier de Fontaine, Herr u. Mad., (in Berlin) S. 241. 317. 
(in Leipzig) S. 741. 771. 788. 804. 825. 843. (in Prag) 
S. 840. 

Mescheles, Mendelssobn-Bartholdy und Ernst, deren 
Concert in London. S. 454. 



XI 



xn 



Mozartttiftuftg in Frankfurt S. 830. 

Musik feste: Sehnllehrergesangfest in Beedenbottel. S. 416. Ge- 
saugfest in Berohofen. S. 7*6, Sebnllehrergesangfest ia 
Bielefeld. S. 46. Gesangfest in Bocken em. S. 709. Schal- 
lehrergesangfest in Büren. S. 46. Musikfest in Cb'ln. 
S. 446. Gesaegfest in Darmstadt. S. 796. in Freisinn 
S. 527. Wettgesangfest in Gent. S. 5*6. 534. 560. 
Lieder- und Turnfest in Gmünd. S. 462. Liederfett des 
Thüringer Sängerbundes in Getht. S. 602. Seh ul lehrer- 
gesangfest in Hagen. S. 46. Norddeutsches Liederfest in 
Hameln. S. 527. Gesangfest in Johtnngeorgenstndt. S.640. 
Das erste Badische Sängerfest in Karlsruhe. S. 726. 
Schweizerisches Masikfest in Kreuzungen. S. 510. Musik- 
fest in Lübeck. S. 527. Gesangfest in Meissen. S. 571. 
Sängerfest der Nassanisehen Lehrer. S. 726. Sängerfest 
in Niederrad. S. 620. Gesangfest der Constantia in Nord- 
hausen. S. 460. Masikfest in Pnris. S. 586. 588. Sänger- 
fest In Rödelheim. S. 726. in Schleswig. S. 589. Gesang- 
fest in Sehwarzenbeck. S. 589. in Unter bannen. S. 726. 
SehuUehrergesnngfeit in WaAndorf. S. 46. Gesangfest 
in Wertheim. S. 726. Musikfest in Züllicbau. S. 653. 
in Zweibrücken. S. 590. 
Musikwerke (vermischte), in Nachrichten besprochen t C o m m e r, 
Fr., Der Zauberring, Cautate (in Berlin) S. 318. Gadc, 
N. W. , Concertoavertare (in Leipzig) S. 806. 844. 
H a r t m a n n, P. E., Ouvertüre an Haken Jarl (in Leipzig) 
S. 741. Mendelssobn»Bartholdy, F., Musik au 
Shakespeare'* Sommernachtstraum (in Leipzig) S. 10. (in 
Hamburg) S. 475. Musik zur Antigene (in Caasel) 8. 663. 
Müller, Tb., Ouvertüre (in Leipzig) S. 97. Schu- 
mann, Hob., Das Paradies nnd die Perl (in Dresden) 
S. 28. Skraup, J. N., Trio für Pianof., Violine und 
Violoncello (in Prag) S. 94. 
Naumann, dessen Denkmal in Blasewitt. S. 264. 
Neureuther, Fr aal., Sängerin (in Posen). S. 445. 
Nissen, Fräul., Sängerin (in Dresden). S. 651. 
Ole Ball (in Hamburg). S. 57. 

Opern, in Nachrichten besprochen t A u b e r, Des Teufels Anthell 
(in Prag) S. 261. (in Hainbarg) S. 474. Die Sirene (in 
Paris) S. 424. (in Leipzig) S. 864. Benedict, J., Die 
Bräute von Venedig (in London) S. 405. Donizetti, 
Linda di Chamounbc (in Prag) S. 456. Dorn, H., Der 
Schöffe von Paris (in Leipzig) S. 681 . Lindpairitner, 
P. , Die sicilianisebe Vesper (in Caasel) S. 209. L o r t a i n g, 
A., Der Wildschütz (in Prag) S. 260. (in Frankfurt) 
S. 412. (in Gassei) S. 800. Die beiden Schützen (In 
Cassel) S. 336. M e y e r b e e r, Ein Feldlager in Schlesien 
(in Berlin) S. 860. Moz ar t , Die Zauberflöte (in Berlin) 
S. 443. N e tz er, J., Mara (in Leipzig) 8. 682. (in Cassel) 
S. 684. (in Berlin) S. 752. Nicolai, O., 11 Templario 
(in Berlin) S. 752. Schmitt, AI., Das Osterfest zu 
Paderborn (in Frankfurt) S. 138. Seidelmann, Das 
Fest zu Kenilworth (in Breslau) S. 191. Verdi, G., Na- 
bueodonosor (in Berlin) S. 752. Wagner, R., Der flie- 
gende Holländer (in Berlin) S. 187. Cola Rlenzi (in Ham- 
burg) S. 474. 
Oratorien und gel stürbe Werke, In Nachrichten be- 
sprochen: Assmayr, J., 2 Psalmen (In Wien) S. 31. 
Händel, Hercules (in Wien) S. 30. Judas Maccabaeus 
(in Berlin) S. 242. Jepbta (in Dresden) S. 307. Messias 
(in Cassel) S. 336. Huydn, Die Sehtipfting (in Wieo) 
S. 29. Hiller, F., Die Zerstörung Jerusalems (in 
Leipzig) S. 169. (1° Berlin) S. 173. Kittl, Grosse Messe 
inCdur(inPrag) S.837. Mendelssohn-Bartholdy, 
Paulus (in Prag) S. 353. Mozart, Requiem (in Leipzig) 
8.309. Spohr, Der Fall Babylons (in Brannschweig) 
S. 735. (in Leipzig) S. 768. 
Palmsonntagseoneert in Dresden. S. 306. 
Paltrio ieri, Sänger (in Berlin). S. 444. 



Paris, Abgaben der daafcjen Theater am dt* Armen. S. 102. Die 

Industrieausstellung daselbst in Bezug auf musikalische 

Gegenstände. 8. 726. 
Paner, B., Pianist (in Frank fort). S. 155. 
Pellegrinl, Sänger (in Berlin) S. 444. 
Pischek, Sänger (in Prag) S. 855. 

Pro isanssch reiben de» Musikvereins in Mannheim. S. 829. 
Prüme, Violinist (in Frankfurt) S. 154. (in Ctssel) S. 228. (in 

Berlin) S. 823. 
Riets, J., Violoncellist (in Leipzig). S. 133. 
Roeekel, E., Pianist (in Leipzig). S. 98. 
Rosenhain, J., Pianist (in Frankfurt). S. 155. 
Rosetti, Fräul., Sängerin (in Leipzig) S. 42. 91. (in Berlin) 

S. 476. 
Sehachner, Pianist (in Leipzig). S. 884. 
Schmidt, J. P., Biographische Notizen Über denselben. S. 724. 
Schmitt, Aloys (in Cassel). S. 335. 
Sehrbder-Devrieet, Mad., (in Königsberg) S. 187. (in Berlin) 

S. 258. (in Weimar) S. 291. ' 

Sehnmann, Dr. Rob. nnd dessen Gattin (in Königsberg), S. 188* 
u (iB « Sl - p «te*»*«w) S. 332. (ia Leipzig) S. 843. 868. 

Sehwars, Fräul., Sängerin (in Pmg). S. 92. 
Servals, Violoncellist (in Berlin) S. 173. 241. (ii Leipzig) S. 800. 
Siugacademie in Berlin. S. 77. 318. 
Sollerseher Verein in Erfurt. S. 798. 

«fi tt «!7." 6 2v? tn,lomo > Mli :i «*■***■ (N i*pkb s-«8. 

Stigbelli, Sänger (in Berlin) 8. 444. 

Symphonieen, in Nachrichten besprochen t Asfttuyr, J«, 

Symphonie in B dnr (in Wien) S. 31. Beethoven, 
Pnstoraisymphoaie (in Dresden) u. 308. Gade, N. W.„ 
Iste Symphonie (in Cassel) S. 322. (tn Leipzig) S. 885. 
2t» Symphonie (in Leipzig) S. 60. Hesse, A., 6te Sym- 
phonie in B (in Breslau) S. 191. (Ia Cassel) S. 334. 
Ki ttl, J. F., Jagdsymphonie (in Prag) S. 349. Rftum- 
atedt, 2te Symphonie (in Cassel) S. 323. Rietz, J., 
Symphonie in G noli (in Leipzig) 8. 130. Spohr, L., 
Historische Symphonie (in Prag) S. 9& 

Symphoniesoirlen in Berlin. S. 76. 172. 242. 319. 859. 

Tätlichste«*, Violinist (in Prag). 8.96. 

Tantiemen der dramatischen Autoren, Bestimmangen darüber 
in Wien und Berti n. S. 325. 

The Handel Society iu London. & 502. 

Thorwaldsen's Ehrenfeier in Berlin. & 445. 

Tichatseheek, Sänger (in Hamburg). S. 57. 

Tonhalle in Hamburg. 8. 853. 

Todesfälle: Baini, Director der päpstlichen Capeile In Rom. 
S. 446, 508. Bender, Orehesterebef In Antwerpen. 
S. 687. Be r t o n , Operncompooist nnd Professor in Purin. 
S. 376. Blum, C, Operoregissenr in Berlin. S. 491. 
Clarke, M., Organist in Weroester. S. 463. Cttt> 
pagaoli, Sänger in Italien. 8*846. Decker, von, 
Generalmajor, in Mainz. S. 494. Eichhorn, Violinist 
und Kammermasikus in Coburg. 8. 464. Ena Icke, 
Sänger in Berlin. S. 760. Cfänsbneber, HefcapcIL 
meister in Wien. S. 544. Häser, Musikdirnetor in 
Weimar. S. 760. H n u s m a n n , Violoncellist in Berlin» 
S. 104. Kistner, F., Musikalienhändler in Leipzig. 
S. 886. Klnge, Geb. Medizinal rttb in Berlin. S. 446. 
Mazzinghi, Graf, Compontst in England. S. 198. 
Mosel, J.F. Edler von, Hofruth u.a. w. in Wien. S.296. 
Mozart, Musikdireetor in Lemberg. S. 589. S n 1 1 o r i, 
Pianist in Dresden. 8. 246. Schmid, Bofcaptan und 
Chordirector in München. S. 846. Töpfer, Violoncellist 
In Berlin. S. 198. Weber, Sohn des C M. von, Maler 
in Dresden. S. 813. Witt, Harfenspieler In London. 
8. 430. 

Weber'*, C. M. v., Asche. S. 198. 463. 544. 813. 

Wi1imers,R., Pianist (in Hamburg) S.59. pn Leipzig) S. 152.170. 
(in Berlin) S. 317. (in Cassel) S. 802. 



2 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 5 1 *" Januar. 



1844. 



Inhalts (Jeher Robert ScbomaDn's Claviercompositionen. 
let*n. — Ankündigungen. 



Recenriün.— Nachrichten: Aus Leipzig. Wiener Musikleben. — Fetul- 



Claviercompo- 



lieber Robert Schumann 9 s 
sitionen. 

Von C. Kossmaly. 

„ Den lasten Markt mag Moidds unterhalten, 
„ Ein edler Sinn liebt edlere Gestalten." 

In jeder Kunst erlangt das Aeusserliche , Oberfläch- 
liche immer eher Beachtung, gewinnt das Leichte, Her- 
kömmliche schneller Eingang und dringt früher zu einer 
gewissen Geltung und Anerkennung durch, als das wirk- 
lich Gediegene und Eigentümliche. So auch in der Mu- 
sik : — Der Componist, der sich der eben vorherrschen- 
den Geschmacksrichtung zu bemächtigen, sie in sich auf* 
zunehmen weiss, und die momentan beliebte Weise glück- 
lich anzuschlagen versteht, der es ferner nicht ver- 
schmäht, seine Denk - und Empfindungsweise den Anfor- 
derungen der launischen Mode, den weiterwendischen 
Wünschen und Gelüsten der Menge unterzuordnen und 
zu aecommodiren und dem Götzen des Tages zu huldi- 

Sn; — ein Solcher wird immer eher sich eines ver- 
inenden Resultats zu erfreuen haben, und seine Bestre- 
bungen von Erfolg und Buf begleitet sehen, als der vor 
Allem nach Ursprünglichkeit, Natur und Wahrheil stre- 
bende Tonkünstler, der — das Herkömmliche, die Ste- 
reotype zugleich fürchtend und verachtend, — stets nur 
aus eigner Machtvollkommenheit, aus eignen Mitteln und 
Kräften, und von wirklicher, innerer Noth wendigkeit ge- 
trieben, schaffen, kurz, der in sich selbst beruhen und 
auf sieb selbst gestellt sein will. 

Es ist dies eine alte, längst Tradition gewordene 
Wahrheit, wofür die Kunstgeschichte aller Zeiten und 
aller Länder hinlängliche» bestätigende Belege enthält. 

Keinesweges ist jedoch von dieser Erscheinung ge- 
rade auf besondere ästhetische Verwilderung, auf eine 
grössere Entartung des Geschmacks irgend einer Kunst- 
epoche zu schliessen, sondern die Sache geht vielmehr 

Einz natürlich zu und ist aus gewissen Gründen, die wir 
er zu erörtern versuchen wollen, leicht erklärlich. 
Das Alltägliche und Herkömmliche, das Mittelmäs- 
sige, was, ä la pertee de taut ie monde und gleich all- 
gemein verständlich und zugänglich, sich mit seinem ge- 
schmeidigen AUerwehscharacter, seiner verschwommenen 
Jedermanns -Physiognomie und mit jener, der Mittelmäs- 
sigkeit immer eigenen Leichtigkeit und Gewandtheit (Ei- 
genschaften, die dem Genie selbst oftmals fehlen, eben 
weil es von Haus aus mehr und schwerere geistige Fracht 

16. Jahrgang. 



mit sich führt) präsentirt, findet immer ujid überall gleich 
offene Thüren und Ohren; sein Verständniss erfordert 
keine besondere Anstrengung, kein Kopfzerbrechen; es 
bedarf dazu keines bedeutenden geistigen Aufwandes ; wir 
werden dadurch nicht aus unserer Bequemlichkeit aufge- 
rüttelt, während dies bei einer durchaus neuen und ori- 
ginellen, dem tiefsten Born der Individualität entquolle- 
nen Kunstschöpfuog in hohem Grade der Fall, wo die 
Leute anfangs noch gar nicht recht wissen, woran sie 
sind, und wo gerade das Neue und Ungewohnte der*Er- 
scheinung sie scheu und befangen macht; je eigentüm- 
licher die letztere, in desto grösserer Verlegenheit befin- 
den sie sich, wie sie dieselbe aufzunehmen haben, und 
wie sie's mit deren Würdigung halten sollen*, weil ihnen 
eben noch alle geistige Handhabe für die richtige Auffas- 
sung des betreffenden Kunstwerks fehlt, und sie noch keinen 
passenden Maassstab für dessen wirklichen Werth besitzen. 

Man erinnere sich z. B. nur an die unschlüssige, 
durchaus nicht günstige Aufnahme einer Iphigenie, oder 
der Zauberflöte, des Don Juan, Figaro, an den zweifel- 
haften, keinesweges allgemeinen Erfolg von Beethovens 
Fidelio, den Symphonieen, von C. J#. v. fVeber's Eu- 
ryanthe u. s. w. 

Doch nach und nach verschwindet diese Unschlüssig- 
keit im Publicum; allgemach geht in immer mehreren 
Köpfen das Licht der Erkenntniss des Bessern auf; die 
Nebel unverdienten Dunkels, in welchem der Unverstand 
der Menge ein solches Werk schmachteo liess, zerreissen 
alle vor den Strahlen der Wahrheit und des unwider- 
leglich für sich sprechenden Verdienstes. 

Jener Zeitpunot der richtigen und gerechten Wür- 
digung und Anerkennung — sollte er auch hin und wie- 
der sich einmal später, als in der sonst gewohnten Frist, 
einstellen — ganz bleibt er nie aus ; allem wahrhaft Vor- 
trefflichen , sei es auch bislang noch so verborgen und 
unbekannt gewesen, schlägt einmal seine Stunde; jeder 
künstlerischen Vollendung, Grösse oder Schönheit, jedem 
noch so feinen, tiefsinnig - genialischen Zöge ist in irgend 
einer wahlverwandten Menschenbrust sein Echo, irgend- 
wo im Leben und in der Welt eine sympathetisch mit- 
klingende und mitfühlende Seele beschieden, oft da, wo 
es am) Wenigsten zu vermuthen stand, und wo seihst die 
entferntesten Ahnungen nicht hinreichten. 

Ein Gleiches lässt sich , ohne besondere Sehergabe, 
auch den Schumann'schen Claviercompositionen prophe* 
zeihen, mit denen es, in Bezug auf ihre zeitweilige War- 

t 



1844. Januar. No. 1. 



digung, seine ähnliche Rewandniss hat. — Auch sie sind, 
ungeachtet ihres, sie aaszeichnenden, bedeutenden musika- 
lischen Werthes, bis jetzt aar in einen kleinen,, wenn 
anch gewählten, kunstsinnigen Kreise bekannt und aner- 
kannt; das eigentliche grosse Publicum ist bisher cien- 
lich unberührt davon geblieben; bis in's Volk selbst, in 
die Massen zu dringen, ist ihnen noch nicht gelungen, 
während gleichzeitig so manche hohle, äusserlich aufge- 
stutzte Mittelmässigkeit auf gut Jericho'isch als ein Aus- 
bund von Trefflichkeit ausposaunt wurde, und sich eine ge- 
wisse, wenn auch nur vorübergehende Celebrität erwarb. 
Aus diesen und ähnlichen Gründen, — zu denen 
sich noch der Umstand gesellt, dass über Schumann?* 
musikalische Leistungen noch eigentlich nichts Ausführ- 
liches, sondern nur hin und wieder einzelne flüchtige 
Andeutungen erschienen, — finden wir uns bewogen, 
unsere Ansichten und Ueberzeugungen davon in einem 
grössern, selbständigen Artikel öffentlich niederzulegen, 
und indem wir dadurch zunächst dem von je her uns 
leitenden Princip werkthätige Genüge leisten: stets das 
Rechte und Aecnte, wo es sich findet, fordern zu helfen 
und nach Verdienst hervorzuheben, wird es uns selbst 
keine geringe Genugthuung gewähren, durch unsere un- 
umwundene Besprechung zugleich den ersten Impuls zur 
Verwirklichung unserer vorhin ausgesprochenen Prophe- 
zeiung gegeben zu haben, welche letztere nur denen zu 
Swagt und problematisch erscheinen kann, die nicht über 
i Entwickelungsprocesse menschlichen Kunstgeistes im 
Allgemeinen, über den Bildungsgang alier Zeiten und 
und über die intellectuellen Fortschrittsphasen der Mas- 
sen aus der Geschichte sich aufgeklärt h»ben. 

Werfen wir, um vor allen Dingen den sowohl kri- 
tisch als historisch richtigen Standpunct für den betref- 
fenden Gegenstand zu gewinnen, einen Blick zurück auf 
die musikalischen Zustände der letzten 10 — 15 Jahre, 
auf die in diesem Zeitraum vorwiegende Richtung, so 
wie auf die hervorragendsten Erscheinungen oder Er- 
rungenschaften im Gebiete der Kunst, so stellt sich im 
Allgemeinen folgendes Resultat heraus. Einerseits : Ueber- 
triebene Begünstigung der mechanischen Fertigkeit, Vor- 
liebe für das Executive, Practische, eine übermässig ge? 
pflegte und ausgebildete Virtuosität, eine allen Grenzen 
und Hindernissen trotzende, alle frühere bekannte Schwie- 
rigkeiten weit überflügelnde Bravour, mit einem Wort 
eine auf den höchsten Gulminationspunct der Vollendung 
getriebene, wahrhaft staunenerregende Technik* 

Andererseits hingegen: Eine mehr oder minder be- 
deutende Ebbe der eigentlichen geistigen Production, ein 
allmäliges Zurücktreten und Versinken des einst so voll 
und mächtig einherbrausenden Gedankenstromes, des ei- 
gentlichen, schöpferkräftigen Elements, kurz: der Man- 
gel an genialen, ursprünglichen Naturen, das Verschwin- 
den selbständiger Originalgeister. 

Wir verkennen keinesweges die mannichfachen Vor- 
theile einer immer mehr sich vervollkommnenden und er« 
weiternden Technik; wir wissen das Verdienst der mit 
Maass und Ziel cultivirten mechanischen Fertigkeit, die 
grossen Vorzüge einer fortwährend zunehmenden Vir- 
tuosität sehr wohl zu würdigen; dadurch, dass sie eine 
immer grössere Vollendung und Sicherheit in der Ans* 



fuhrang, eine immer mehr unumschränkte Herrschaft über 
die materiellen Ausdrucksmittel bewerkstelligt, muss sich 
uothwendig 4er Ideenkreis des Componistei erweitern, 
muss der Letztere — in dem Maasse, ab des sogenann- 
ten „Unpractisohen, Unausführbaren" immer weniger 
wird und die eigentliche „Schwierigkeit" mehr und mehr 
verschwindet — von selbst auf ganz fremde, eigentümli- 
che Bahnen gelenkt, durch die grössere, äussere Freiheit 
und Leichtigkeit und durch den Reichtbum der ihm zu Ge- 
bote stehenden Kräfte zu 'ganz neuen, kühnen und überra- 
schenden Gombinationen angeregt und zu immer höheren 
Zumuthungen an die Executanten ermuthigt werden. 

Nur das Uebermaass, die Uebertreibung ist es, wo- 
gegen wir eifern, — gegen jene Virtuosität, die in sich 
selbst schon den höchsten und einzigen Entzweck der 
Kunst erblickt, da doch alle Virtuosität nur immer Mittel 
ist und bleiben, und dem höhern Vortrag — der Seele 
und dem geistigen Ausdruck in der Musik — dienstbar 
sein soll. Das neue Virtuosenthum will jedoch das Ver- 
hältniss umkehren, wie aus den sogenannten Composi- 
tionen dieser Gattung deutlich wahrzunehmen, von deren 
geistiger Verflachung, deren stofflicher Dürftigkeit und 
Frugalität man mit Shakespeare sagen kann : „Sie ent- 
halten eine unendliche Menge Nichts Ihre vernünfti- 
gen Gedanken sind wie zwei Waizenkörner in zwei 
Scheffeln Spreu versteckt; ihr sucht den ganzen Tag, 
bis ihr sie findet, und wenn ihr sie gefunden, so verloh- 
nen sie das Suchen nicht." — 

Nach dieser, nicht zu umgehenden Abschweifung ist 
nochmals zu bemerken , dass wir obige Darstellung der 
neueren und neuesten Musikzustände und Verhältnisse 
nur im Allgemeinen angewandt wissen wollen 5 Ausnah- 
men — einzelne höher und edler Strebende — gibt und 
gab es von je her immer und bat es auch in unserer in 
Rede stehenden Epoche gegeben. 

Diese Einzelnen vermochten jedoch gegen die allge- 
meine Manie, gegen die Missbräuche und Uebertreibun- 
gen der Virtuosität im Ganzen, nur wenig auszurichten 9 
auch war ihnen nicht immer hinlängliche, prägnante Ei- 
gentümlichkeit , ihrem Talent nicht genug imponirende 
geistige Kraft eigen, um dem herrschenden Geschmack 
oder richtiger: Ungeschmack entschieden entgegentreten 
und ihm eine andere, mehr innerliche Richtung gebiete- 
risch aufdringen zu können. 

Unter so bewandten Umständen will es sehen im- 
mer viel heissen, sich nicht nur immer oben, sondern 
auch selbst noch stets in eigner Strömung erhalten zuhaben. 

Dieses Verdienst muss den Claviereompositionen R. 
Schumanns durchgehends und zwar in einem ungewöhn- 
lichen Grade zuerkannt werden. Obwohl grössten Theils 
Zeitgenossen der eben bezeichneten, überpractisehen, äus- 
serlichen Richtung, welche — beiläufig bemerkt — nach- 
gerade immer mehr in's Oberflächliche, Alltägliche und 
Blasirte auszuarten droht, sind sie doch von den Einflüs- 
sen derselben, von den Einwirkungen jener luxuriösen, 
Geist- und Gedanken -tödtenden Virtuosität unberührt ge- 
blieben; eher könnte man ihnen den entgegengesetzten 
Fehler vorwerfen, obwohl dies nur halb und halb und in 
einem gewissen Sinne ein Fehler zu nennen, da derselbe 
eigentlich aus einem Vorzug entspringt. „Man behaup- 



1844: Jaraar. No. f. 



tot» dass einige Tugenden und Untugenden von einem 

Valer and zwei Muttern wären, " sagt v. Hippel. 

So viel ist gewiss, das« Subalternköpfe nie in den hier 
gemeinten Fehler verfallen können. 

Wir gedenken übrigens nochmals anf diesen Punet 
zurückzukommen, und nns dann deutlicher und ausführ- 
licher darüber auszulassen. 

Da es nicht unsere Absicht sein kann, eine vollstän- 
dige, kritische Zergliederung jedes einzelnen Opus zu 
liefern, sondern wir vorläufig nur beabsichtigen, zu nä- 
herer Bekanntschaft mit dem Gomponisten anzuregen, und 
die Aufmerksamkeit mehr auf dessen Leistungen hinzu- 
lenken, so wollen wir hauptsächlich nur jene Arbeiten 
Schumanns näher in's Auge fassen, welche durch her- 
vorstechende Eigentümlichkeit, durch scharfe characte- 
ristische Züge — nach unserer Ansicht — sich beson- 
ders auszeichnen, weil gerade an jene Eigenschaften am 
Ersten sich interessante , ästhetisch - wie kunstphiloso- 
phisch-wichtige Erörterungen knüpfen lassen; weil sie 
die reichlichste Ausbeute von allerhand Folgerungen und 
Entdeckungen im Gebiete der Tonkunst überhaupt ver- 
statten, und somit zu wesentlichen Bereicherungen und 
Erweiterungen der Kunsterkenntniss führen können, und 
weil schlüsslich jene Compositionen, eben ihrer entschie- 
denem Physiognomie wegen, eher zu einem bestimmten 
und treffenden Urtheil gelangen lassen. 
(Fortsetzung folgt.) 



R E C E H 



I O IN. 



Thomas Riqoiqui , oder die. politische Heirath , komische 
Oper in drei Acten, nach dem Französischen bearbei- 
tet von C. Gollmick, in Musik gesetzt von Heinrich 
Esser. Vollständiger Ciavierauszug. Mainz, bei B. 
Schott's Söhnen. Preis 9 FL 
Eine neue Oper von einem deutschen Componisten 
muss und wird, in Betracht der jetzigen Opernzustäude, 
schon an sich als ein interessantes Ereigniss betrachtet 
werden. Dazu kommt, dass dies Werk als das Debüt 
eines, wie wir vernehmen, noch sehr jungen Mannes er- 
scheint, und so nahm denn Referent den in Rede stehen- 
den Ciavierauszug mit der besten Gesinnung zur Hand. 
Die Durchsicht des beigefügten Libretto ergab eine Ret- 
tangsgeschichte aus der Zeit der französischen Revolu- 
tion, von dem talentvollen jetzt besonders thätigen Goll- 
mick zwar recht geschickt übertragen, aber ursprünglich 
keines der bessern Producle der oft so glücklichen fran- 
zösischen Operndichter. Wahrhaft komischen Stoff und 
eigentliche vis comica enthält nun vollends das Buch in 
höchst sparsamer Vertheilung; Barnabä, der Lehrjunge 
(er singt übrigens schon Bass !), ist die einzige wirklich 
komische Figur, und die Art, wie er den Begriff der 
französischen Revolution auffasst und zur Anschauung 
bringt, erscheint oft drollig und belustigend genug. Die 
Handlung selbst ist nicht ohne Geschicklichkeit hingestellt, 
allein eine wirkliche Tbeilnahme für die bändelnden Per- 
sonen und eine bis zur Catastrophe gesteigerte Span- 
nung vermag sie nicht zu erregen. Die Versiftcation ist 
leicht, ungezwungen und vorzüglich rhythmisch recht 



günstig für die Compotkion. Einige Hirten, so wie man- 
ches Unklare in der Dietion hätte der gewandte deutsche 
Bearbeiter, der wirklich entschiedenes Talent für dies 
Genre zeigt, leicht verbessern können. 

Betrachten wir nnn, was unser junger Componist 
aus diesem Stoffs gebildet hat, so tritt uns zunächst eine 
nicht gewöhnliehe Leichtigkeit in Handhabung der Form 
günstig entgegen, was bei einem Op. 10, wie diese Oper 
bezeichnet ist, schon etwas sagen will. Auch müssen 
wir es ab bemerkenswert!! hervorheben, dass der Com- 
ponist eine nicht gewöhnliche Gewandtheit in Form und 
Führung des Ensemblesatzes zeigt, in welcher Beziehung 
zunächst No. 3, 4, 14 zu erwähnen sein dürften. Ohne 
übrigens die einzelnen ansprechenden Melodieen und ori- 
ginellen Wendungen zu verkennen, die das Werk uns 
bringt, müssen wir doch der Wahrheit gemäss erklären, 
dass Eigentümlichkeit der Erfindung, gewinnende Melo- 
dik und prägnante Characteristik nicht eben die starken 
Seiten unseres jungen Maestro zu sein scheinen, insofern 
nämlich ein Urtheil darüber aus dem vorliegenden Werke 
hervorgeht. Es ist ihm offenbar nicht schwer geworden, 
das Werk zu schaffen ; der Genius hat ihn nicht gestört, 
er hat ihn aber auch nicht eben kräftig unterstützt. Ver- 
einigen sich aber bei einem künftigen Werke glücklicher 
Stoff, günstige Stimmung und prüfende Besonnenheit, so 
dürfen wir gewiss auf etwas Treffliches von dem begab- 
ten Künstler hoffen ! 

Beginnen wir nuu die kurze Spezialrevue ! 

Die Ouvertüre kündigt sich mit einem leidenschaft- 
lich aufgeregten Motiv an (Allegro molto, Amoll, %), 
worauf, nach einer Generalpause von zwei Tacten, der- 
selbe Gedanke, frappant genug! nacbGmol! transponirt, 
und eben so deeidirt nach B dur geleitet wird, um in die- 
ser Tonart (Andante sostenuto , %) ein Moüy aus der 
Oper erklingen zu lassen. In (Messender, aber für den 
Zweck wohl zu düster gehaltener Harmonieenfolge wird 
der Satz nun auf die Dominante von A zurückgeführt, 
worauf, abermals in A moll und in der ersten Bewegung, 
ein zwar lebhaft aufregender, aber doch mehr ernst als 
heiter gehaltener Allegrosatz folgt, der von einem kur- 
zen Allegretto in Bdur, mit freundlichem, aber gewöhn- 
lichem Motiv unterbrochen, sich, zwar etwas nüancirt, 
aber doch immer aui A moll basirt, in der vorigen Weise 
ziemlich breit entwickelt. Endlich behauptet, mit Wie- 
dereinführung des erwähnten Allegro - Motivs , nunmehr 
förmlich woblthuend , das heitere A dor seine Herrschaft 
bis zum lebhaften, effeetvollen Schlüsse. — Bilden wir 
nun aus diesen einzelnen Bemerkungen ein Gesammtnr- 
theil über diese Ouvertüre, so müssen wir sie als eine 
Cemposition bezeichnen, die zwar eine geschickte Hand 
verrät b, doch ohne eigentlichen geistigen Nerv sich dar- 
stellt, leicht und fasslich vorüberrausebend, ohne Sensa- 
tion zu machen. Die etwas düstere Färbung wird frei- 
lieh durch die rasehe Bewegung minder fühlbar werden, 
auch ist, wie wir oben erwähnten, der Ernst fast vor- 
herrschend in dieser komischen Oper, doch wäre eine 
weniger düstere Einleitung dem Ganzen gewiss vorteil- 
hafter gewesen. 

No. 1. Lied des Schosterlehrtings Barnabi. — Die 
analogen Standes - und Handwerkslieder sind in den Opern 



1844. Jum«r. No. I. 



8 



französischen Ursprungs fast unerttsalich geworden, und 
gelingen sie so gut, dass sie, wie z. B. im Postillon von 
Lonjumeau oder im Maurer and Schlosser, eine Art Pointe 
der Oper bilden, so werden sie überall willkommen sein. 
Das vorliegende Sehasterlied tritt mit einer gewissen 
Derbheit und Ungezwungenheit auf, die ihm nieht ibel 
steht. Es ist ziemlich declamatorisch gehalten, und über- 
lässt mehr dem Orchester die Führung der Melodie. Bei 
einem solchen Liede kommt es vorzüglich aof einen glück- 
lichen, populären Refrain an; der hier gewählte ist na- 
türlich,, aber nicht frisch uno\ eigentümlich genug, um 
raschen Anklang zu finden. 

No. 2. Lied des (Meisters) Riqoiqui; sangbar und 

S mathlich, aber ohne hervorstechende, gewinnende Züge; 
s Motiv des Refrains lernten wir bereits in der Ouver- 
türe kennen. 

No. 3. Quintett. — Dies Ensemblestüek sengt in der 
Thal von der Geschicklichkeit des Componisten ; die Füh- 
rung ist höchst lobenswerth, und eine gewisse Conse- 
quenz in Ton and Haitang verleiht dem Ganzen etwas 
Festes and Abgeschlossenes. Besonders günstig hebt sieh 
die Cantilene des Riqoiqui hervor, so wie der wirkungs- 
volle Ensemblesatz am Schlüsse. Kleine Declamations- 
schwäcben wären leicht zu verbessern gewesen. 

No. 4. Sextett (AUegro moderato, % , Dmoll). Auch 
dies Sextett bestätigt unsere gute Meinung von dem Ta- 
lente des Componisten für den Ensemblesatz. Theatra- 
lisch möchte indess dieses an sich trefflich gehaltene Sex- 
tett wohl einige Kürzungen wünscbenswertn machen, um 
so mehr, da die Handlung völlig stillsteht, und die Sin- 
genden sich noch überdies gegenseitig zur Eile und zur 
Rettung auffordern. An die Tenorhöhe des Meisters Ri- 
quiqui werden an einigen Stellen bedeutende Ansprüche 
gemacht. — Der Schluss erscheint wohl etwas zu matt. 

No. 5. Lied; verschiedene Ansiebten von dem Besitz 
einer — Equipage ; ansprucbles und natürlich, durch eine 
belebte Begleitung gehoben; die Coda macht sich vor- 
zugsweise geltend. 

No. 6. Finale. In diesem Finale wird man kaum an 
die komische Oper erinnert. Amalie, von den Revolutions- 
männern verfolgt, stürzt berein; Riqoiqui kann sie nur 
durch den heroisch -genialen Einfall reiten, sie als seine 
Braut zu proclamiren. — Auch dieses Finale gibt Zeug- 
niss von dem Talente and der Routine des Componisten. 
Die Stretta in Cdur (bisher war Cmoll vorherrschend) 
nimmt einen lebhaften, und, recht erwünscht, auch ziem- 
lich heitern Character an; nur die etwas extravagante 
Solfeggie des Meislers Riqoiqui bat uns in mehrfacher 
Beziehung gestört. — 

Zweiter Act. Nach einem kurzen, ziemlich lugobren 
Entreact in GmoU (das Motiv ist aus der bald folgenden 
Baritonarie des Chevalier genommen) folgt eine ebenfalls 
düster gehaltene Ariette der Jacqueline in derselben Ton- 
art. Der Sinn des Liedchens hätte offenbar eine weit 
freundlichere Composition und mehr eine naive und treu- 
herzige Auffassung verdient und gefordert. Auch ist die 
Melodie etwas ungelenk, und nur die Begleitung haucht 
einiges Leben ein. 

Das darauf folgende Duett zwischen Jacqueline und 
Barnabe, No. 8, ist heiterer, frischer, doch könnte die 




Steigerung der glanzenden Verbetseungen , üt 4er vct-< 
liebte Revolutionär seiner präsumtiven Gemahlin macht, 
noch weit wirksamer dargestellt sein; noch findet man 
steh nicht oberall von der dechmatorisehen Behandlung 
der Worte befriedigt; so ist z. B. die dreim alige Wie- 
derholung des gedehnten: 

sei - - ber 
unschön und wäre doch so leicht zu verbessern gewesen. 

Das unmittelbar sich anschliessende Duett, No. 9, 
zwischen Riquiqui und Amalie, worin er ihr die Gründe 
für seine Scheinehe darlegt und sie über ihre zu spie- 
lende Rolle iostruirt, ist mit Geschicklichkeit entworfen 
und ausgeführt, und enthält recht ansprechende Züge. 
An einigen Stellen wäre indess eine mehr heitere Färbung 
dem Ganzen wohl erspriesslicher gewesen, wie es denn 
überhaupt scheint, als begünstige der Componist die Moll- 
tonarten zuweilen auf Kosten der Wirkung und des Sinnes. 

No. 10. Grosse Arie der Prima Donna, ziemlich he- 
roisch gehalten ; die Preghiera ist recht innig empfunden, 
und würde auch in einer weniger fremden Tonart, als 
der gewählten (Ges dur), ihre Wirkung machen. Da das 
Colorit dieser Arie wieder sehr düster erscheint, so war 
es recht gut, dass der Dichter zuletzt noch einen Hoff- 
nungsstrahl aufgehen liess, der dem Componisten zu ei- 
nem wohllhuenden, versöhnenden Schlüsse Veranlassung 
Sab. (Die Dehnung auf „glücklich" ist aber nicht beson- 
ers glücklich.) 

Der Spottchor, No. 11, ist derb und drastisch; ei- 
nige pikante Züge wären ihm aber dennoch zu gönnen 
gewesen, wozu der Text passenden Stoff bot. Ueberhaopt 
scheint unser junger Componist seinem Humor noch nicht 
recht zu vertrauen, und so streift er oft wohl an eine 
unerfreuliche Nüchternheit, da es ihm doch, wie wir 
glauben, weder an Laune noch an Geist fehlt. 

Die folgende Scene und Arie des Chevalier ist als 
Einlage bezeichnet, und also wohl auf den Wunsch des 
Baritonisten , der gern in einer Arie glänzen wollte, 
nachcomponirt. Sie ist in der That nicht undankbar zu 
nennen ; die Cantilene des Andante, wie das feurige Al- 
legro geben einem guten Sänger erwünschte Veranlas- 
sung, Herzen und Hände in Bewegung zu setzen. 

Aus einem nun folgenden, besonders durch gute Füh- 
rung sich auszeichnenden Ensemble, in welchem sich recht 
wirksam die glücklich eingeführte Reminiscenz: ,,Mein 
lieber, guter Riquiqui," hervorhebt, entwickelt sich eine 
recht lebensfrische Romanze mit Chor, die Entstehung 
des Namens Riquiqui schildernd, ein kleines, aber ge- 
wiss eines der gelungensten und wirksamsten Stücke der 
ganzen Oper. 

Auch das darauffolgende Terzett, No. 14 (Edor, %), 
hat eine wohlthuende Frische, einen gesicherten Bau, und 
wirkt durch seine prägnante Kürze nur um so eindringender. 

Auch das Nachspiel ist treffend, und das Entschlum- 
mern des Riquiqui geschieht unter recht passender und 
sprechender Musikbegleitung. 

Dritter Act. Zuerst eine kurze, heitere und belebte 
Einleitung, dann folgt ein eben so heileres, allerliebstes 
Liedchen der Jacqueline, das recht ungezwungen in ein 
Duettino mit Barnab6 übergebt. Das Ganze ist eben so 



9 



1844. Januar. No. 1. 



10 



geechkfct geformt als in Styl der konischen Oper gehal- 
ten; die engeeuchtc, wirksame Verbindung beider The- 
sen und Stimmen an Schlaue loht sieb selbst. 

Asch die leicht and natürlich dahinffiessende Anette, 
No. 16, sengt yen einer geschickten Handhabung der 
Form, and entwickelt einige recht ansprechende Zöge ge- 
sunden Humors; die kleine Episode ist trefflich mit dem 
Hauptgedanken verbunden. 

Mo. 17. Quartettino. Die leidenschaftliche Aufregung 
bei dem Wiedersehen der Heimath ist gat ausgedrückt; 
der Antritt der begleitenden Stimmen, und die consequent 
festgehaltene Figur in der Orcbesterbegleitung unterstützen 
die hervortretende Individualität wirkungsvoll. Bei der 
Wiederholung des Hauptgedankens wäre es indess dem 
Ganien wohl vortheilbafter gewesen, die begleitenden 
Stimmen gleich mit der Oberstimme eintreten zu lassen, 
vielleicht nachschlagend und durch einige harmonische Nuan- 
cen gehoben. Uebngens verdient die kurze Piece nur Lob. 

No. 18. Ein munterer Chor, den wiederkehrenden 
Riquiqui zu begrüssen. Die selbständige und doch dem 
Gesänge sich gut anschliessende, lebensfriscbe Orcbester- 
begleitung wird ihn bei der Ausführung doppelt anzie- 
hend machen. 

Die liedförmige Arie des Riquiqui, No. 19, ist aber 
nicht eben ein glücklicher Wurf. — Die Motive erman- 
geln der Frische; die längst nicht mehr neue Modula- 
tion nach der Unterterz mit ihrem enharmonischen Ge- 
folge, so wie die liegenbleibenden Bässe hätte eine ein- 
zige glückliche Melodie überflüssig gemacht. 

No. 20. Duett und Quartett. — Amalie und der Che- 
valier linden sich wieder; ihre Freude ist mit Wärme 
und Wahrheit wiedergegeben. Wo der Satz sich zum 
Quartett gestaltet, tritt mit einer neuen Bewegung ein 
sehr belebtes Motiv ein; es soll uns freuen, wenn bei 
dieser Veranlassung das Theaterpublicnm durch Ideenas- 
sociation nicht an eine beliebte Rossini*sche Ouvertüre 
erinnert wird. 

No. 21. Finale. Rasch und gewandt, aber ohne be- 
merkenswerthe Züge wird die Handlung musikalisch zum 
Ende geführt. Auf die Frage, wie der Zauber heisse, 
der Meister Riquiqui so glücklich und fröhlich mache? 
antwortet er mit dem Motiv seines früher schon erwähn- 
ten Liedes : Arbeit und Frohsinn u. s. w., das hier frei- 
lich entschiedener wirken würde, wenn es frischer und 
eigentümlicher wäre. — Der Chor gibt eine allgemeine 
Zustimmung und der Vorhang fällt. 

a Rönnen wir nun auch das Debüt des jungen Com- 
ponisten nicht für vollständig gelungen erklären, so be- 
weist es doch jedenfalls sein nicht gewöhnliches Talent, 
dem gewiss noch Treffliches gelingen wird. AI. 



Nac 



HRICHTEN. 



Leipzigs den 2. Januar 1844. Unserem zeitherigen 
Theaterunternehmer, Herrn Director Ringelhardt f kann 
man wenigstens die Anerkennung nicht versagen, dass 
er stets bemüht gewesen ist, alle neue bedeutende Kunst- 
erscheinungen dem Publicum möglichst bald vorzufuhren. 
Zuerst nach dem Hoftheater von Berlin hat unser Stadt* 



tbealer Darstellungen der Antigone und jetzt des Som- 
mernachtstraums mit Musik von FeKx Mendelssohn-Bar* 
iholdu gebracht ; Beides Kunsterscheinungen, die auf Be- 
sprechung in diesen Blättern um so« grössere Ansprüche 
haben, als der musikalische Theil derselben ein sehr we- 
sentlicher, ja von solcher Bedeutung ist, dass man wohl 
annehmen kann, es dürfte ohne denselben eine Darstel- 
lung dieser Werke auf der Bühne gar nicht unternom- 
men worden sein. Wir beabsichtigen mit diesen Bemer- 
kungen durchaus nicht einen Zweifel an der classischen 
Schönheit dieser Dichtungen auszusprechen ; aber bei dem 
jetzigen allgemeinen Zustande der deutschen Bühnen, bei 
dem Kunstsinne und der Kunstbildung ihrer Directionen 
und Künstler, bei den künstlerischen Bestrebungen Bei- 
der und bei der hierdurch herbeigeführten Geschmacks* 
richtung des Publicums dürfte es allerdings ein gewag- 
tes Unternehmen sein, Darstellungen solcher Dichtungen 
zu versuchen, ohne dabei zugleich ein so wirksames Hilfs- 
mittel, wie die Musik es ist, in Anspruch zu nehmen 
und dadurch das Interesse des Publicums zu fesseln, sei- 
nen Sinn zu läutern und das Verständniss des Werkes 
selbst erleichtern zu helfen. Die Aufführung des Som- 
mernachtstraumes auf unserer Bühne (am 30. und 31. 
v. M.) hat uns hiervon einen recht deutlichen Beweis 
gegeben. Eine so meisterhafte, so reizend poetische Schö- 
pfung, wie diese Dichtung Shakespeares, die unserer Zeit 
nur deshalb entrückt und fremd scheint, weil sie so un- 
endlich hoch über allen dramatischen Erzeugnissen der« 
selben steht, erfordert, wenn sie auch von dem Publicum 
eben Nichts als gesunden und natürlichen Sinn verlangt, 
selbst in der Darstellung der kleinsten, scheinbar unbe- 
deutendsten Rollen, tüchtige, wahrhaft gebildete Künstler; 
es kommt viel weniger darauf an, wie sie sonst in Scene 
gesetzt wird, ob hierbei die Einrichtung der alten eng- 
lischen Bühne berücksichtigt ist, oder ob man sich der 
jetzigen viel reicheren und practischeren Bühnentechnik 
bedient ; denn dies sind durchaus unwesentliche Rücksicht 
ten, die man der Curiosität wegen, oder aus historischem 
Interesse wohl nehmen kann, aber der Wirkung des Stü- 
ckes wegen durchaus nicht zu nehmen hat. Der Sommer- 
nachtstraum wurde uns angekündigt: „in Scene gesetzt 
von Tieck," was wohl darauf hindeuten sollte, dass die 
Darstellung auf dem Hoftheater zu Berlin , bei welcher 
Tieck vorzugsweise thätig gewesen sein soll, zum Mu- 
ster genommen sei. Wir sind aber der Meinung, dass 
die Thätigkeit Tieck* s sich dort gewiss vielmehr auf die 
künstlerische Auffassung und Ausführung der Dichtung 
durch die darstellenden Künstler, als auf die Anwendung 
der Scenerie erstreckt haben dürfte, die man immerhin 
und überall einem gebildeten Regisseur, einem tüchtigen 
Maschinisten und einem nicht gar zu öconomischen Thea- 
terunternehmer überlassen kann und mag. In jeder Hin- 
sicht wäre nun allerdings der Darstellung auf unserm 
Theater eine wirksame Beihilfe gar sehr zu wünschen 
gewesen. Wir haben es jedoch hier weniger hiermit, als 
mit der Musik zu thun. In der musikalischen Welt ist 
die Ouvertüre Mendelssohns zum Sommernachtstraum, 
unstreitig eine seiner genialsten und poesievollsten Schö- 
pfungen, bekannt und geschätzt genug, um jedes Wei- 
tere darüber hier unnöthig zu machen ; aus dieser Ouver» 



ii 



1*44. Jaunr. Nq. f. 



19 



Iure ist» wie die Aeste und Zweige aus dem Summ* 
eines Baume«, die ganze übrige Musik zum Sommernachts- 
tranm gleichsam herausgewachsen ; wie aber die Ouver- 
türe auf bewundernswürdige Weise alle einzelnen Theilc, 
die wesentlichen Elemente der Dichtung in sich Concen- 
trin nnd mit allem poetischen Zauber in Tönen klar and 
verständlich vorfahrt, lernt man jetzt erst würdigen, da 
man das Ganze in seiner Vollendung vor sich sieht. Die 
Musik ausser der Ouvertüre besteht aus EntreacU, die 
jedoch meist unmittelbar in die Darstellung eingreifen, 
aas melodramatischen Sätzen, besonders während der 
verschiedenen Verzauberungen, aus Elfenliedern» Chören 
and Tänzen und aus anderen, mehrere einzelne Situatio- 
nen der Dichtung, wie z. B. die Sceneu der Hand wer« 
ker u. dergl., characteristiscb begleitenden Musikslücken. 
Wer den reichen, bunten Inhalt der Dichtung kennt, 
wird daraus auf den Reichthum der Musik scbliessen kön- 
nen; wie conform diese aber der Dichtung ist, wie in- 
nig sie sich ihr anschliesst, wie sehr sie den Zauber der* 
selben erhöht und erhält, so dass sie als fast noth wen- 
dig und unentbehrlich, als die Illusion des Ganzen erst 
recht vollendend erscheint, das lässt sich durch Worte 
nicht überzeugend genug darstellen, das muss man selbst 
hören und mitfühlen. Wir kennen keine Musik, die cha- 
racteristischer, poetischer, geistreicher und feiner wäre, 
als diese Musik zum Sommernachtstraum, and zwar in 
allen Sätzen und Einzelnheiten, von der Ouvertüre bis 
zur letzten Elfenscene am Schlosse, wo der so ausseror- 
dentlich schöne Schluss der Ouvertüre wiederklingt; sie 
ist so ganz aus einem Guss, wie in einem glücklichen 
Momente geschaffen; und wie bewundernswürdig das, 
wenn man bedenkt, dass die Ouvertüre bereits vor 18 
Jahren, alles Uebrige aber erst jetzt geschrieben wurde. 
Wir können nnd wollen jetzt auf Einzelnheiten nicht ein- 
gehen, da wir nach einmaligem Hören nur über den To- 
taleindruck zu berichten vermögen und einer baldigen 
Veröffentlichung der Musik entgegen sehen dürfen; sagen 
wollen wir nur noch, dass die Ausführung der Musik» 
besonders von Seiten des Orchesters, dem allerdings eine 
grosse Aufgabe gegeben ist, trefflich war in jeder Hin- 
sicht ; ganz vorzügliche Anerkennung hierbei sind wir der 
ausgezeichneten Directum des Herrn Musikdirectors Bach 
schuldig, eines Mannes, der im wahren Sinne und in der 
gewichtigsten Bedeutung des Wortes ein Künstler genannt 
zu werden verdient. Es mag nicht viele Theaterma- 
sikdirectoren geben, die in ihrem schwierigen, oft geist- 
und zeittödtenden Berufe mit gleicher Sorgsamkeit und 
fleissigen Gewissenhaftigkeit arbeiten; wenige nur aber 
gibt es, die es mit gleich ausgezeichneten Kräften, mit 

C'rieh tüchtiger, solider Kunstbildung vermögen, davon 
t uns mehrjährige Kenntnissnahme der ■ Leistungen 
Herrn bacKs die innigste Ueberzeugung gegeben , und 
wir beklagen aufrichtig, dass, wie wir hören, die uns 
bald bevorstehende neue Theaterunternehmung sich sei- 
ner Mitwirkung nicht erfreuen wird, und wir daher ei- 
nen Künstler vielleicht ganz aus unserer Stadt scheiden 
sehen müssen, der seinem Wirkungskreise wahrhaft för- 
derlich and eine Zierde gewesen ist, and für dessen Ver- 
last nar sehr schwer ein genügender Ersatz gefanden 
werden durfte. 



Eilftes AhoAnement-Concert im Satte das Gewand- 
hauses, am 1. Januar 1844 Dar 9. Psalm von Feeca 
für Chor, Soli und Orchester. — Ouvertüre von L. vom 
Beethoven (C dur, Op. 124). — Arie von Händel, „Holy, 
holy, Lord God Almigbty," gesungen von Miss Birch. — 
Introduotion und Rondo für die Violine, eomponirt nnd 
vorgetragen vom Herrn CaneDmeiater Kaltiwoda.— Ca- 
vaüne aus der Oper Semiramide, gesangen von Miss 
Birch. — Symphonie von Frans Schubert (Cdar). 

Es ist eine alte löbliche Gewohnheit, das Goncert am 
Neujahrstage mit einer kirchlichen Musik zu eröffnen, 
wodurch dasselbe eine erhöhte, ernstere Bedeutung er- 
hält und als besondere Feier des festlichen Tages er- 
seheint. Die Wahl des Psalms von Fesca (bei Fr. Hof- 
meister in Druck erschienen) können wir nnr billigen; 
die Gomposition ist das, was sie sein soll, der Ausdruck 
frommen Gefühls und religiöser Gesinnung, nicht gross« 
artig oder genial erfunden , aber gut gearbeitet mnd im 
Ganzen ihrem Zwecke entsprechend. Die Ausfuhrung war 
zu loben und besonders zeichnete sich Miss Birch durch 
recht angemessenen Vortrag des nicht unbedeutenden 
Sopransolo 's vorteilhaft aus. 

Die Ouvertüre von Beethoven, in Conception, Styl 
und Arbeit allen seinen übrigen Orchesterwerken wenig 
ähnlich, und deshalb vielleicht weniger allgemein, als diese, 
verehrt und aufgeführt, hat für uns hohes Interesse, theils 
dieser interessanten Eigentümlichkeit wegen, theils in 
Rücksicht auf den unbestreitbaren grossen jtunstwertb, der 
ihr au und für sich inwohnt Sie ist ein Werk , das in 
jeder Hinsicht und nach allen Seiten hin die wunderbare 
schöpferische Kraft, hauptsächlich aber den ernsten, ed- 
len Sinn Beethovens unverkennbar darthut. Wir wünsch- 
ten, dass man überall die Ouvertüre so fleissig and mit 
Vorliebe zur Aufführung brächte, wie dies in uasern Ge- 
wandhausconcerten geschiebt, und sind überzeugt, sie 
würde dann immer und bei jedem gebildeten Publicum 
die Anerkennung und Theilnahme sich erringen, welche 
unser Publicum lange schon ihr bewiesen und fortwäh- 
rend erhalten bat. 

Miss Birch trug beide Arien, besonders aber die von 
Händel sehr schön vor; es ist ein eigener, unbeschreib- 
licher Zauber in ihrer Stimme, wenn sie HändeTuint 
Com positionen, hauptsächlich so frommen and erhabenen 
Characters, wie dieses „Holy, holy" singt; .die ganze 
Auffassung and Behandlung des Stücks wirkt eigentüm- 
lich, der Vortrag ist, namentlich was das Tempo nnd den 
rhythmischen Theil betrifft, so frei, dass mancher ängst- 
liche und bedenkliebe Musiker wohl daran Anstoss neh- 
men möchte, wenn nicht die Wirkung hiervon so tief 
und unwiderstehlich wäre , dass man gern jede pedanti- 
sche Kritik bei Seite stellt. Eines jedoch müssen wir bei 
der diesmaligen Aufführung der HändeFtchtn Arie ent- 
schieden missbilligen, ohne jedoch damit dar Miss Birch 
direct einen Vorwurf machen zu wollen. Händel hat be- 
kanntlich sehr viele Sologesangstücke in seinen Orato- 
rien u. dergl. grossentheib ohne weitere ausgeführte Be- 
gleitung und nur mit einem bezifferten Baas geschrieben $ 
jeder gebildete Musiker weiss, dass dieser bezifferte Bass, 
gewöhnlich durch Händel selbst auf der Orgel , bei der 
jedesmaligen Aufführung frei harmonisirt wurde; es ist 



13 



1844. Januar. No. 4. 



14 



aber sogleich eine dien so bekannte and ausgemachte 
Seeiie, dass eine Harmonieausfuhrung notbwendig erfol- 
gen muss and man nicht die Singstimme allein und le- 
diglich durch die teeren Bassnoten begleitet wie in der 
Luft berumirren lassen darf. Wir haben froher schon 
oft in nnseren Goneerten, namentlich durch englische Sän- 
gerinnen» Gelegenheit gehabt, dergleichen Gesangstüeke 
zu hören, wobei Mendelssohn immer die bezifferten Bässe 
entweder selbst frei, und zwar auf höchst interessante 
Weise, auf dem Pianoforte harmonisirte, oder die Har- 
monie auf Blasinstrumenten u. s. w. durch das Orchester 
ausfuhren Hess. Weder von der einen noch anderen 
Musikausfährung war aber diesmal die Rede. Man liess 
Miss ßirch nur von den einfachen Bassnoten begleitet den 
grösstenTbeil der Arie singen, wodurch das Ganze wie "ein 
Skelett hingestellt wurde, so dass nur durch den vollen- 
det schönen Vortrag der geehrten Künstlerin theilweise 
dem unangenehmen Eindrucke begegnet werden konnte, 
den ein solches Verfahren auf jeden nur einigermaassen 
musikalischen Zuhörer nothwendig machen muss. Die Ca- 
vatine von Rossini saug Miss Birch fein und geschmack- 
voll, doch nicht so schön und bedeutend wie die Hän- 
defsche Arie, was allerdings in der Sache selbst, d. h. 
in der Compositum seinen natürlichen Grund haben mag. 

Herr Capellmeister Kalliwoda erfreute uns durch 
den Vortrag einer seiner Violincompositionen ; die Wahl 
hätte vielleicht für ihn als Virtuosen vorteilhafter getrof- 
fen werden können, da das gewählte Stück nicht zu den 
dankbarsten und brillantesten Virtoosencempositionea Kai- 
liwodds gehört, indess haben wir überhaupt an dem, was 
nur einseitig das Virtuosenwesen berücksichtigt, nur auf 
ausserordentlichen Effect hinarbeitet, wenig Freude, auch 
schätzen wir Herrn Kalliwoda als Künstler im Allgemei- 
nen viel zu hoch, als dass bei seinen Kunstleistongen für 
uns mehr oder weniger Effect durch Virtuosenkunststücke 
«ehr in Frage kommen könnte. Herr Kalliwoda bat im« 
mer auch als Geiger zu unsere Lieblingen gehört; man 
hört ans seinem Spiel immer und überall den talentvol- 
len tüchtigen Künstler heraus; sein Ton ist voll und 
schön, von seltener Elasticitäl und Klarheit, seine Virtuo- 
sität so aasgezeichnet, dass man nie in Zweifel sein kann, 
er besitze Alles, um, wenn er wollte, bald keinem der 
grössten Virtuosen an glänzender Ausführung technischer 
Schwierigkeiten nachzustehen. Seine äussere Stellung, 
sein innerer Beruf zu Besserem, vielleicht auch eine na- 
türliche Aengstliehkeit, die wir immer bei seinem öffent- 
lichen Auftreten bemerkt haben, halten ihn jedoch ab, die 
Virtwoseulsufbahn so so betreten, dass er diejenige Rou- 
tine im Solospiel zu erlangen vermöchte, welche allein 
ein sicheres Gelingen aller technischen Wagnisse mög- 
lich macht. Er verliert dabei nichls und der musikalischen 
Welt ist dadurch vielleicht ein Künstler erhallen worden, 
der ziun Nutzen und zur Förderung der Kunst Besseres 
leisten kann, als Virtuosentriumphe schaffen können und 
werden. Das PnbKcum empfing Herrn Kalliwoda bei sei- 
nem Auftreten und dafckte ihm tat seine Leistung mit 
dem allgemeinsten und lebefidigsifen Ifeifall. 

Die Ausführung der Symphonie von Franz Schubert 
war im Gänzen sehr gut; über die Grossartigkeit und 
Genialität des Werkes selbst bedarf es keines Wertes 



weiter $ auch unser Publicum war von demselben wieder 
tief und wahrhaft ergriffen und sprach seine grosse Theil- 
nabme nach jedem einzelnen Satze auf das Lebhafteste 
**»• R. f. 



Wiener Musikleben. Grossen Anstrengungen folgt 
ein anhaftender Schlaf. Unser Musikleben rieb sich zwar 
noch vor Kurzem ein klein wenig die Augen, als wollte 
es, eingedenk seiner grossen Herculesarbeiten, noch im- 
mer nicht recht daran ; allein das half Alles nichts, es 
mosste. Der grosse Musikmarkt unserer Residenz — nur 
ungerne bediene ich mich des vulgaren, doch nicht un- 
passenden Ausdruckes — braucht Jahr aus Jahr ein so 
und so viel spirituelle und materielle Kunstartikel, so und 
so viel ganze und halbe Berühmtheiten und Wunder, so 
und so viel grösste, grosse und kleine Coucerte, Opern, 
Sänger und Virtuosen, — mit einem Worte das Publi- 
cum braucht sein gewisses Quantum Musikentzücken und 
Musikspectakel zur vergnügten Existenz; das muss her- 
beigeschafft werden. Nun, daran, Gottlob, fehlt es denn 
nach ganz und gar nicht; wir könnten sogar mit dem, 
was alljährlich an unabgesetzten Vorräthen aufgespeichert 
wird, einen ganz hübschen überseeischen Handel treiben, 
Factoreien errichten, Zucker und Kaffee dafür eintau- 
schen — nm welche, nebenher gesagt, hier bestandig 
viel Nachfrage — denn gross ist die Zahl der Kaufenden, 
um wie Vieles grösser aber noch die der Verkäufer. Ach 
Gott! das ist ja ein Musiksegen, dass man oft nicht 
weiss, wohin damit! 

Theater. — Der Portier des Opernhauses öffnet und 
schliesst es Tag für Tag; man kommt und geht, und 
hört wieder «od hört noch, und immer — keine neue 
deutsche Oper. Sie wird uns endlich so heilig werden, 
wie den Juden der Messias, der auch nicht kommen will. 
Doch halt, — die Regimentslochter und Lucrezia Borgia 
wurden ja verdeutscht gegeben ; ist das etwa nicht auch 
ein Stückchen von einer Erlösung? Marie, die Regiments- 
tochter , von der Lutzer gegeben, hört und sieht sich 
allerliebst an. Sie legt eine Weichheit und Empfindsam- 
keit in ihre Noten, dass die bärtigen Väter des Regi- 
ments, gleich Ulysses, Wachs in die Ohren stopfen müss- 
ten, um ihr nicht auf Schritt und Tritt überall nachzu- 
laufen. Nebstdem trommelt sie *twb ein Solo, trotz man- 
chem modernen Ciaviergenie. Erl als Tonio und Scho- 
ber als Sulpice machen ihre Sache nicht schlecht : die 
Militärchöre thun ebenfalls das Ihre, Gapellmeister Proch 
hat' zum Uebeirflusse ffit Schober auch noch ein gefühl- 
volles Liedchen hineinoomponirt, das sich gut anhört. 
Die Direction ist zufrieden nnd die Leute sind es auch, 
was braucht es mehr ! NB. Als Goriosnm muss angeführt 
werden, dass diese Oper vor mehreren Jahren , mit der 
originellen €abnssi y von den Italienern hier gegeben, 
Fiasco machte. Lucrezia Borgia, die zweite entwälschte 
Qper, gefällt da Gapo, und nicht etwa weil Genaaro saft- 
los, Oraini schwerfällig, der Duca manierirt und Gubetta 
phimp gegeben wird, sondern wegen der vortrefflichen 
Pro^gonistin Mad. Stockt- üewtfetter , als grossartige, 
feurige, kunstvolle Darstellerin ihrer schwierigen Partie, 
fiiase Künstlerin mnas sieh in unserer stimmarmen Zeit 



15 



1844. Januar. No. f. 



16 



ordentlich erat ibr Publicum siebe« ; was Wunder auch ! 
man ist die halb and mz derungirten Organe so ge- 
wöhnt worden, dass solch ein voller, prächtiger Orgel- 
ton anfangs frappiren, ja manchen Nervenschwachen viel- 
leicht sogar erschrecken mnss. Das ist endlich wieder 
eine jener Stimmen, welche die Natur nur bei sehr gu- 
ter Laune verleiht. Wohllaut, Reinheit, Vollkraft, Bieg- 
samkeit, Umfang, dies Eigenschaften eines Organes, dem 
sich gegenwärtig, wo es gerade in seiner Culminatioo, 
in Deutschland vielleicht kein zweites an die Seile stel- 
len lisst. Dabei bat Mad. Stockt an Kehlenfertigkeit be- 
deutend gewonnen, trägt das Meiste äcbt künstlerisch 
vor und ist eine tüchtige Actriee. Durch die Lucreaia, 
in welcher sie sich der Vnger rucksichtlich der Reprä- 
sentation gleichstellt, nicksichtlich der Stimme aber, wie 
natürlich, diese Diva zurückdrängt, ist das hiesige Pu- 
blicum für diesen grandiosen Sopran erst recht warm, 
und der Wunsch, ihn zu besitzen, ein allgemeiner ge- 
worden. Vorläufig ist Mad. Stockt für mehrere Monate 
hier acquirirt, was bei der anhaltenden Kränklichkeit der 
Mad. Hasselt-Barth für die hiesige Oper ein sehr glückli- 
cher Wurf. Ihr Fidelio, ihre Valentine, Norma, Sara u.a.». 
interessiren ebenfalls sehr. Wird diese Künstlerin ihre 
Partieen musikalisch feiner ausarbeiten, überhaupt mit 
den Subtilititen des hiesigen Geschmackes sich mehr be- 
freunden, so stehen ihr noch genug auszeichnende Er- 



\ folge bevor. Um übrigens der strengeren Kritik zn geni- 

En, müsste sie ihren Gebilden nebstiem mehr acht künst» 
•ische Totalität verleiben, anstatt sich {rewisse Gipfel- 
puncte des Effectes za fixiran, um welche her andere 
Scenen gleichsam nur als Staffagen gruppirt werden, was 
notbwendig zu dem Runstvergeben führt, das die Tbea- 
tersprache mit dem Ausdrucke : das „absichtliche Fallen- 
lassen" bezeichnet. Ein Verfahren, das freilich selbst von 
den namhaftesten Grössen der Opernbühne in Anwendung 
gebracht wird, doch darum nicht aufhört, vor dem Rich- 
terstuhle der Kunst als ein sehr unstatthaftes gänzlich 
verworfen zn werden. 

(Beseklost folgt.) 



Feuilleton. 



Das Theater in Wartburg iat durch Ankauf des Magistrats 
zum Eigentkome der Stadt geworden. Die neu gebildete Gesetl- 
sehaft ist namentlich in der Oper sehr so frieden stellend. Mad. 
Hammermeister ist die Prima Donna, Den. Baum Soubrette» Herr 
Baumhauer erster Tenor, erster fiass Herr Pichon ; Capellmeister 
Herr Fit eher. 



Lisst ist in Stuttgart, soerst bei Hofe, dann öffentlich auf- 
getreten und hat denselben Beifall gefunden, wie kürzlich in Augs- 
burg und München. Unter Anderen gab er ein Concert lediglieh 
für die Lehrer und Schüler des Gymnasiums, dessen Ertrag zu 
einer Schnlstiftung bestimmt ist. 



Ankündigungen. 



Im Verlage der Unterzeichneten werden erscheinen : 

& Thaltoerg 

Faitaisle p«ir le Piano 

sur 

ZfUcreofia Borgia. 

Op. 50. 

JFantaUie pour le MHano 

sur 

Semiramide. 

Op. 51. 
Leipzig» den 1. Januar 1844. 

Breitkeipf «* Matrtel. 

Uuterseickneter setxt deutsch* Tkenterdirectiouen in Kenatnsss, 
!••• die von ihm sack Reger und Vaets in's Denlscke ukersetste 
irwaetige komische Oper* Dm PmtauaU ton Donisetti — am 5. 
Januar r. J. tu» ersten Mal in der italienische« Oper gegeben, 
and seitdem eine Lieblingsoper der Pnriser — bei inm m bezie- 
he* ist Darauf Reflectirende erhalten den in Paris gestochenen, 
mm Oirigiren eingeriebteten Cutferaummg mit unterlegtem deut- 
schem Texte , die gentoonenen Orebesterstiminai , das vollständige 
Böen, die Cost&mca- Blatter und Mise cn Scene in einem sekr aa- 
nekmbaren Preise. 

Carl «oUitlieni in Frankfurt t. Bf. 



NEUE MUSIKALIEN 

im Verlage von Fr« Hoftnelftter in Leipiig. 
Dotzauer, Op. 168. Six gr. Btudes p. Violoncello. 17j. Ngr. 
Haydn. 44ieme Qnat. arr. p. Pfte & 4 mains par Gleichauf. 

Op. SO, No. 9, in C. 90 Ngr. 
Iitwe, Op. 69. v. GerttenbergV* nachgelassene Gediente für 

eine Singstimme mit Pianoforte. 99i Ngr. 
HetlafeMel« E., Od. 7. Kerne FanUisie p. Hantkok ay. » 

Viol., Alto, Vcelle et Basse. 1 Tblr. ot. Pfte. SO Ngr. 
Uffosjelaelesj, Melange snr la Serenade et Airs de Don Pasquale 

de De*i%etti p. Pfte. 90 Ngr. 
HOMsrt« Dix Quatnors p. Viol. arr. pour Pfte n 4 mains par 

Gleichauf. No. 4, in Es. 95 Ngr. 
IMssjenhaln, Op. 40. Fantasia appaesioaata. Gr. Dan p. 9 

Pftes (ou Harpe et Pfte). 1 Tblr. ö Ngr. 
Idem en Duo p. Pfte a 4 mains. I Tblr. 

In unserm Verlage ersekien so eken nnd iat in allen Bück- 
und Musikalienkandlungen tu erkalten : 

Mlieine Harnumteiehre 

für Dilettanten. 

Oder: 

Anweisung zur leichtem Erlernung der Kunst , eine 

Melodie mit Pianoforte, Guüarrc, Harfe oder mehren 

verschiedenen Instrutnenten zu aecompagniren. 

Nach dem Französischen bearbeitet voo 

t#«f f. Becher. 

Gr. 8. Geheftet. % Tblr. 
Leipsig, im NoTcmkcr 1845. 

VrietUeln o% Hirsen. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipsig nnd unter deren Verantwortlichkeit. 



VT 



18 



A L IGE ME I N E 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 10"" Januar. 



M 2 



1844. 



Imfealtt Uebcr Robert Scbova*n~B CUWercompftsitiooea. (Fortsetzung.) — Recenrione*. — Nachrichten: Aas Dresden. Wfeier Ma- 
sikteken. (Beteblass.) — fWtteto«. — AwJm*dUj%mjtn. 



lieber Robert Schumann* $ Claviercomposi- 
tionen* 

(F.rt.et.ao*.) 

In allen Cnviercompomttoneu Schumanns vmcht sich 
ein stetes Streben nach EigenlhämJichkeit, Originalität in 
Form und Inhalt bemerklich , ob auch das Erster« .nicht 
immer von gleich glücklichem Erfolge begleitet erscheint 
und letzterer oft keineswegs erquicklich genannt wer- 
den kann. So sind die gewaltigen, nachhaltigen Eindrücke 
des Stadiums classischer Muster, z. B. Seb. Bach?** Beet- 
hoven**, bei Schumann gar nicht tu verkennen; so kaoh 
man zuweilen auch aegar Neuere, wie z. B. Fr. Schu- 
bert, F. Mendelssohn- Bartholdy, Chopin u. s. w. deut- 
lieh bei ihm heraushören. 

Nur ist, wie sich beinahe von selbst verslebt, hier 
nicht sowohl von eigentlichen, speeieilen Reminiszenzen, 
von geflissentlicher, sklavischer Nachahmung, als vielmehr 
von dem in ähnlichem Ton und verwandtem Geist Ge* 
scbaffenen die Rede — ein Unterschied , der leider nur 
zu oft von einseitigen , beschränkten, so wie von vor- 
sätzlich befangenen und pertenSehea Kritikers überse- 
hen wird. 

Was die* von Sehmnann immer erstrebte Originali- 
tät betrifft, so wirkt, es mitunter recht störend, die Ab» 
sieht : überall neu und frappant zu sein und stets etwas 
Aussergewöhnliches zu bringen, allzndeutlich hervortre- 
ten zu hören ; noch mehr verstimmt es uns jedoch, wenn 
jenes Streben zuweilen in Mose Sucht nach befremden- 
den, unerhörten Wendungen und Effecten, ia völlig »ü- 
geniessbare Bizarrerie ausartet. BrstKeh gebt durch solch 
vorbereitetes , berechnetes Wesen die gottgegebene gei- 
stige Spontaneität, die glückliche Unbefangenheit, kürz, 
jener unaussprechliche Naivetätszauber ' völlig verloren, 
worin gerade der hftehste Reiz jedes ächten Kunstwer- 
kes beruht, und tweiteas wird die reine, ruhige, künst- 
lerische Schönheit dadurch fortwährend beeinträchtigt. 

Namentlich ist dies bei den einer früheren Periode 
ungehörigen Stücken der FaU, weiche fast alle an Veit 
worrenheit und Ueberladung leiden ; und wenn nach iVe* 
vahV Ausspruche die letalem Eigenschaften last immer 
mit Gewissheit auf Ideenfiitte, auf bedeutenden, wenn 
auch zur Zeit noch ungeordneten geistigen Retobtbttm 
scUiessen tasten, so sagt doch derselbe Dichter a. a. 0^ 
dass man das Künstliche gewöhnlich besser verstehe, als 

4ä. Jakrftaf .* 



das NattirKehe , und dass mehr Geist zum Entfachen, ab 
zum Complicirten, aber weniger Talent gehöre. 

Nun lässt sieh annehmen, dass Schumann vielleicht 
gerade, um desto entschiedenere Reaetion gegen das AH- 
tägliche; Philiströse zu bilden, und ans oppositionellem 
Gelüst und Uebermuth oder Unmutb gegen das seidhte, 
frivole und zerfahrene Virtuosennowesen im Allgemei- 
nen, manchmal des Guten zu viel gethan, des Kernigen. 
Gedrungenen und inbaltsehweren zu viel auf einmal und 
es zu stark aufgetragen, so dass man oft Mühe hat, sich 
durchzuarbeiten, und man, wie eingeschlossen in einen 
dichten, wildverwachsenen Wald, nur mit genauer Noth ? 
alle Augenblicke durch mächtige Baumstämme oder knor- 
riges wurselwerk aufgehalten, bald von gewaltigem 
SchKngkreut gehemmt und von Dornen zerfetzt, sich 
durchzuschlagen vermag. — " * 

Aber auch noch ein anderer Grund lässt sielt , att 
bei den gerügten Eigenschaften besonders obwaltend-; mit 
Wahrscheinlichkeit voraussetzen, dun wir hier im Vor- 
beigehen flüchtig berühren wollen. — 

Seit A. v. Beethoven s übermächtiger, titanenhafter 
Erscheinung, seit bald darauf C. M. v. Weber'* Seelen* 
und charaktervolle Weisen erklungen, und nachdem die 
edebt, überirdischon Zauber ansstsnhlenden Gebilde des 
berrliphen, reieb und hochbegabten Fr. Schubert f und F. 
Mendelssohn'* acht poetische und fceistreiobe Ouvertü- 
ren, Meteoren gleich am musikalischen Horizont aufge- 
stiegen, ist es unter den Kunstkritikern und musikali- 
schen Aesthetikern Mode oder Ton geworden, von einei 1 
„romantische« Musik par exeoJknee" als von eisern, 
erst in neuerer Zeit der Tonkunat erworbenen und fort- 
zucullivirenden Felde zu sprechen. — 

„Musikalische Romantik" — man glaubte Wunder, 
welch seltenen Fisch aus dem musikalischen Termiuolo- 
gieen^ Teiche man da gefangen, während man doch ei- 
gentlich nur einen absonderlich und hoch tönenden Na« 
men, ein neues Schlagwort ausfindig gemacht hatte für 
Etwas, was wir der Sache nach — wenn auch in. eini- 
gen Tondichtern minder, ah in anderen vorwiegend — 
schon längst besessen. Oder umwebt uns etwa nicht auch 
schon bei Seb. Back (vergl. seine beiden „Passionen; 41 
H «oll -Messe, die Clariereompoattionen) , bei Bändet * 
Oratorien (Saut, Samsen, Jephta, Semole n. s. w.) — des 
Don Juan und der Zaaberflöte gar nicht erst zu erwth- 
•nun — jener wunderbare tterirdisebe Zauber, jener nra- 

2 



19 



1844. Januar. No. 2. 



20 



sikalisch - romantische Geist» der uns f später fus den 
wältigen Symphonieen, aus dem Preisebote uod der Eu- 
ryanthe', so wie ans den eben so tief empfundenen als 
gedachten Liedern und aus dem „Sommernachtstraum" 
und der „ Fingalshohle " deli genannten Heister entge- 
genströmt? 

Dem sei nun, wie ihm wolle; genug, in Folge je- 
ner, jedenfalls einseitigen, zu ausschliesslichen und darum 
ijTigen Ansicht, bei welcher zugleich der Begriff „Musi- 
kalische. Romantik" selbst auf die äusserste Spitze ge- 
trieben und allzusehr in'* Willkührlicbe , Excentrische, 
Formlose überschroben erseheint, traten gerade die be- 
deutendsten, meist versprechenden jungem Kräfte zu ei- 
nem förmlichen Bunde zusammen, zu dessen ersten Be- 
dingungen und Verpflichtungen es u. A. gehörte: das, 
was man an ,, romantischer ^ Willkükr, Uegebundenbeit 
und Ueberspanntheit früher versäumt — ao zu sagen: 
4en rückständigen Anlheil daran — getreulieh und reif- 
lichst nachzuholen, indem man sieh gegenseitig mit Hand 
und Mund gelobte, jederzeit so bizarr, so wunderlich, 
so mystisch - tiefsinnig und so ausbündig genial, als nur 
immer irgend möglieb, sein zu wollen. 

Ausserdem gehörte noch dazu, dass man zu jeder 
beliebigen Stunde von den seltensten Wahrnehmungen, 
von den edelsten, kostbarsten Empfindungen überiosa» 
alle Augenblicke die tiefsinnigsten Dinge, die ausgesuch- 
testen Maximen und Kunst wahr heilen in Petto hatte und 
fortwährend die feinsten, subtilsten Ueberschwängiichkei- 
ten, womit man, wie mit Rechenpfennigen, um sieh warf, 
für einander in Bereitschaft hielt. Zugleich wurde — 
wie sieb von selbst versteht — es immer so eingerich- 
tet und Sorge dafür getragen, daas alle diese Herrlichkei- 
ten auch immer zu gehöriger Oeffeallichkeit gelangten. 

Dies nannte man : neue Romantik, sich selbst aber]: 
die Entdecker, Propheten und Spender des neuen Lichts» 
die romantisch -priviiegirten Neu -Romantiker von Göl- 
te* Gnaden. — . 

Von einer starken, wenn auch nur vorübergehen» 
den Hinneigung zu dieser sogenannten „ neu - romanti» 
sehen Schule' 4 dürfte auch unser Autor heimgesucht wot* 
den sein, und indem wir hier nochmals auf die bereits 
erwähnten, einer frühern Periode Angehörigen, Stücke 
zurückkommen, wollen wir zur Begründung unserer Be- 
hauptung und als veranschaulichende Belege für dieselbe 
die betreffenden, vorzugsweise jenen Einfluss verreiben- 
den Gompositionen namhaft machen. 

Zu diesen zählen wir z. B. : 
Allegro in H. Op. 8. Leipzig , bei Friese. 
Etudes symphoniques. Op., 13. Wien, bei Haslingor. 
Concert sans Orchestre. Op. 14. Ebendaselbst« 
Piauoforte- Sonate. Öp. 15. Leipzig^ bei Friese. 
Fantaisie. Op. 17. Leipzig, bei Breilkopf und Härtel. 

Manches Eiganthümlkbe ♦ Gediegene und Tiefge- 
dachte ist in diesen jugendlichen Schöpfungen enthalten; 
manche, ungewöhnliche Begabung verratbende Schönheit 
ten und einzelne treffliche Züge sind darin niedergelegt; 
und besonders blitzt uns aus den beiden letzten Produc- 
tipnen (Op. 15 und. 17) manch edles Gestein entgegen j 
aber noch ist es unverarbeitet, noch nicht von den 



bülletoden Schlackte gereinigt und mit grobem, unedlem 
Erdstoffen und Erzen noch zu stark versetzt 

Neben der schon getadelten, fast durchgängig bei- 
behaltenen Ueberladung und Verworrenheit findet man 
auf jeder Seite Schwierigkeiten vom ersten und bedroh- 
lichsten Caliber ohne Noth und dermaassen gehäuft, dass 
selbst der tüchtigste, geübteste Spieler, wenn er nicht 
zu den eigentlichen Virtuosen von Profession, zu den 
Lisst's, Thalberg's rangirt, davor zurückschrecken und 
an einer nur einigermaassen genügenden Ausführung der- 
selben verzweifeln muss. 

Die reichlichste Ausbeute von üppig wuchernden, 
höchst unerquicklichen Auswüchsen neuromantiseber Hy- 
pergenialität liefert unstreitig die „ Fantasie für Piano- 
forte," Lütt zugeeignet. Das Excentrische, Willkühr- 
Kche, das Unbestimmte und Zerflossene lässt sich kaum 
noch weiter treiben — die vor Allem so beliebte Ueber- 
scbwänglichkeit artet hier zuweilen in Schwulst und com- 

8 leite Unverständlichkeit aus, so wie das Streben nach 
Originalität hin und wieder in Ueberapanntheit und Un- 
natur sieb verliert. Es gemahnt uns — um uns eines 
Gleichnisses zu bedienen — der Componist wie ein rei- 
cher, vornehmer Mann, der, um in aristoeratiseber Ueber- 
hebung zieh jedem Zuspruch unzugänglich zu machen, 
sich selbstsüchtig und eigensinnig vor der Welt absperrt, 
rings um sein Territorium tiefe Gräben, gewaltige, hohe 
Dornenhecken ziehen und Sehreckschüsse und Fussan- 
geln legen lässt und sieh dermaassen verschanzt und ver- 
pallisadirt, dass die Leute wohl entmuthigt werden müs- 
sen, seine nähere Bekanntschaft zu machen. Als einzelne 
erfreuliche Ausnahmen sind die „ DavidsbündleriXnze €t 
und die „ Carnevalssceuen " zu bezeichnen. — Die er- 
steren, mehr skizzenhaft hingeworfene, als ausgeführte 
Characterstöcke , zeichnen sich dessen ungeachtet durch 
liannichfaltigkeit und Eigentümlichkeit in Haltung und 
Ton aus, eben so die letztem, geistvoll und interessant 
behandelte „musikalische Genrebilder, " aus denen ein 
gewisses je ne sais quoi von acht französischem Esprit 
voll epigrammatischer Spitzen und witziger Widerhäk- 
eben herrorblitzt. Toll und bunt geht es darin her; ein 
achtes, keck- phantastisches Itasken^ewühl, voll Launen 
und lntriguen. — Aber aus dem wilden, chaotisch sich 
dureh einander treibenden Gedränge, zwischen den, wie 
Champagnerblasehen flüchtig aufsteigenden Klängen des 
Ucbermuths und der Lust dringt — rührend und überra- 
schend — zuweilen ein einzelner, wie verlorner Ton 
zarter, süsser Innigkeit und humoristischer Genüge und 

Stetigkeit an unser Ohr 

Geht man Schumann' s Claviercompoeitionen der Rei- 
henfolge nach dureh, so ist es interessant, wahrzuneh- 
men, wie der Componist nach und nach an Einfachheit 
gewinnt und sich mehr und mehr zu geistiger Selbstän- 
digkeit durcharbeitet. Allgemach tritt das eigentliche Na- 
turell des Componisten selbst, seine musikalische Subjee» 
tivität immer reiner, bestimmter und schärfer hervor, so 
wie sich in der Behandlung der Motive grössere Leiehr 
tigkeit und bewusste Sicherheit bemerklieh macht; es 
verschwindet jene störende und unbequeme Schwerfällig- 
keit, weit der Componist sieh alte überflüssigen Bagage, 
alles Mufittiigea Nebenwerks zu entäuseern sucht und eich 



Sl 



1844. Januar. Nö. 2. 



22 



nur auf das Wesentliche und Unumgängtiebe beschränkt; 
während er im Anfang immer so schwer schrieb, dass — 
nach Börne* Ausdruck — iy die Achse unter ihm zw- 
sammenzubrechea drehte 9 * g kann man sieh hier schon 
mit minderer Eäkriiebkeit ihm anvertrauen. 
(*et«äl«»» folgt.) 



Reg Eil sioif en. 



Die Orgel und ihr Barn» Ein systematisches Handbuch für 
lantoren, Organisten, SebnBehrer, Musikstodiremle 
ii. s. w.> so wie für 6ewtiiebe, Kirchen Vorsteher and 
Freunde der Orgel «nd des Orgelspiels, von Johann 
Julius Smdcl, Organisten an der Kirche St. Christo* 
pbori in ßresla«. Mit Notenbeispielen and sehn Figu- 
ren tafeln. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage« 
Breslau, Verlag von F. E. C> Leuckart, 1844. 
Der ersten Ausgabe des Buches : „Die Orgel and ihr 
Bau, von Seidel," wurde nicht nur in dem theologischen 
Literaturblatte zur Darmstädter Allgemeinen fürebenzei- 
tnng, No. 50, vom Jahr 1843, ferner in der Aachener 
ZeRung, No. 180, des Jahres 1843, so wie im katboli* 
sehen Jutendbildner vom August, 84. Heft, 1843, und 
in No. 217 der Oberrheinischen Zeitung und in noch ver- 
schiedenen anderen periodischen Schriften, sondern auch 
von mir, in No. 16 dieser Zeitschrift (1843), rühmlichst 

S dacht, dessen Nützlichkeit und sorgfältig durchdachte 
arbeitung anerkannt, und deshalb, theils von hohen 
Behörden, theils von mehreren anderen Sachverständigen 
den Canteren, Lehrern und lfusifcstadirenden, ganz ins- 
besondere aber den angehenden und schon im Amte be- 
findlichen Organisten zum Studium anempfohlen. 

Da nun hiermit, so wie durch die baldige Ersehet« 
tiung der zweiten Anlage desselben, der Wertb des tu* 
cbes hinlänglich documentirt worden ist, so bleibt mir 
liier nur noch übrig, meine Ansichten aber die Verbes- 
serungen und die Vermehrung der zweiten Auflage des 
hier in Rede stehenden Buches mitzulheilen. 

Es ist damit nicht, wie es mit der sogenannten ver- 
besserten und vermehrten zweiten Aullage ues theoretisch- 
practischen Handbuches der Orgelbaukunst, von Kützing, 
der Fall, die im vorigen Jahre von den Herren Buch- 
händlern feilgeboten wurde und in welcher der hier Un- 
terschriebene keine Verbesserungen und nur auf dem Ti- 
telblatte die einzige Vermehrung , nämlich: „zweite ver- 
mehrte und verbesserte Ausgabe" fand. 

Herr Seidel hat, wie von ihm nicht anders zu er- 
warten war, Das gegeben, was er auf dem Titel Watte zu 
geben verspricht; denn, obgleich der Herr Verfasser in 
den Ausdrücken sich vielfacher Zusammenziehungen be- 
dient bat uod hierdurch schon für manche Zusätze Raum 
(gewonnen war, ist doch der Umfeng des Werkes von 
210 auf 280 Seiten gestiegen; es ist überdies mit zehn 
Orgeldispositionen, durch ein reichhaltiges Verzeichnis! 
der Orgeletinrtnen, durch Angabe mehrerer verschiedener 
Koppelarten, duroh mehrere lehrreiche und nützliche Be- 
merkungen, so wie durch eine Tafel mit zwölf Figuren, 
welche der Herr Verfasser selbst entworfen und die assb» 



rere zum Regierwerk* einer Orgel gebarende Tbeüe sehr 
klar veranschaulichen, vermehrt und verbessert worden. 

Die hinzugekommenen Bemerkungen und wertvol- 
len Zusätze habe» die Bedeutung der hier in Rede ste- 
henden Auflage so sehr erhöht, dass kaum zu bezweifeln 
ist, es werden nicht nur viele von den Besitzern der 
enteren Ausgabe und die einen Thaler nicht anzusehen 
haben, sich auch die hier besprochene zweite Ausgabe 
noch anschaffen , sondern es wird auch , in vielleicht 
nicht langer Zeit, wenn nur erst der wahre Werth des 
Buches duroh mehr allseitigen Absatz anerkannt ist, noch 
eine dritte Ausgabe nöthig werden. 

Schliesslich erlaube ich mir noch, dem Drange mei- 
nes Herzens folgend, den Wunsch hier zuäussern« dass 
dies vertiwfltohe Werk hohe Behörden, so wie Kifchen- 
patreM and Gemeinen, denen an einem tüchtigen Orga- 
nisten und an einem eben so tüchtigen und fleissigen 
Lehrer im Portepianospiel gelegen ist, veranlassen möge, 
dem Herrn Verfasser, welchen ich selbst im verflossenen 
Monate August au Breslau als Beides, so wie als einen 
daselbst allgemein hoch geachteten und höchst anspruchs- 
losen Manu kennen au lernen das Vergnügen hatte, 
amen sorgenfreieren und grösserem Wirkungskreis, als 
es sei« jeUiger ist, au eröffnen und ihm so Gelegenheit 
zu geben, sein so reiches und schönes Talent der Wis- 
senschaft und Kunst zu weihen. JVilke. 



Studien für* das Piano forte. 

Bertini: 50 Etudes melodiques. Op. 142. Liv. 1 et 2. 

— Le Double bemol, Rondino- Etüde, Op. 144. 

— Etüde et Andante. Op. 147. Sämmllich bei Schott's 
Söhnen in Mainz. 

Es ist anzuerkennen, dass Bertini's Compositionen 
im Allgemeinen sehr wohlklingend und melodiös sind, 
dass er die schönsten Tonlagen des Instruments vortreff- 
lich zu benutzen versteht; auch ist seinen bessern Werken 
eine edle, schwungreiche Sentimentalität nieht abzuspre- 
chen. Eine gediegene Ausführung dagegen, ein tüchtiges 
Ganze erwartet man von diesem Conroonisten vergebens, 
dazu fehlt ihm tieferes Studium und kritische Gewissen- 
haftigkeit. Ueberdies bat sich derselbe einer bequemen, 
schnell fertigen Manier ergeben, und verflacht durch eine 
Unzahl Kleinigkeiten, die nur für geringe, ephemere Be- 
dürfnisse berechnet sind, mehr und mehr die Eigenschaften 
seines Talents, von denen noch etwas Gutes zu hoffen 
gewesen wäre. 

Die etudes melodiques, davon die beiden ersten Lie- 
ferungen No. 1—20 enthalten , bestehen aus kleinen 
Tonbilderu, Characterskizzen , Imitationen von Gesang- 
formen und ähnlichen kurzen, leicht hingeworfenen Sä- 
tzen, unter denen sich manches recht Hübsche befindet, 
aber auch Vieles, was ein nur einigermaassen sorgsam 
prüfender Blick leicht hätte abgerundeter, geschmackvol- 
ler gestalten können. Bertini scheint es zu machen, wie 
ein gewisser vielschreibender Dichter, den ich einmal 
sagen hörte, dass er nie etwas an seinen Werken än- 
dere oder «orrigire. Wenn maa's merkt» ist das kein 
Ruhm. "•' ■ 



23 



1844/ Januar/ Nö. 2i 



24 



Melodisch sind dies« Stucke, den Namen Etudes füh- 
ren sie aber »eigentlich , denn es tritt darin kein be- 
sonderer Uebungszweek denüieh hervor. 

Das ganze Werk ist ab für die Jagend bestimmt zq 
betrachten, tu deren Ergötzlichkeit auch die mitunter all- 
zanaiven Titel der einzelnen Nummern bestimmt scheinen. 

Zar Entwickelung eines tonreieben Spieles sind Ber» 
ttui'sebe Werke überhaupt mit Nutzen zu gebrauchen und 
für diesen Zweck mag auch da* vorliegende zu geeignet 
ter Auswahl berücksichtigt werden. 

Die beiden feigenden Opera geboren zu denen, welche 
in ihrer flüchtigen, nachlässigen Fassung nor den Musi* 
katienmarkt fimen und jede künstlerische Intention des 
Compontsten verläogaen. 

Das sogenannte Rondiuo- elude ist weder das eine 
noch das andere, sondern ein unzusammenhängender Zu? 
sammenbang, der einem Walzer am ähnlichsten sieht, -~ 
ein Aggregat von Walzer - Phrasen , die ebne Ordnung 
und deutlicbe Absonderung in einander verOiessen. — * 
ilm den Xitel (Double Bemol) zu rechtfertigen, hat sieh 
der Verfasser Mähe gegeben, einige Doppel-B anzubringen* 

Die Etüde, Op. 147, zur Uebung des Schneller* und 
ruhigen Abnebmeus und Einsetzens der Hände, hat eine 
gewöhnliche Figur, und ist in der Harmonie und Fat* 
tura äusserst trivial und fade. Das darauf folgende An- 
dante besteht aus einer Melodie in B dar, welche naeh 
einem bewegteren Mittelsatz in E moll mit etwas lebhaf- 
terer Begleitung wiederholt wird. — Der erste Tbeil der 
Melodie (16 Tacte) ist das einzige Gute am ganzen 
Werke.; Der Mittelsatz ist weniger als schülerhaft. Es 
ist unbegreiflich, wie ein Musiker, wie Bertini, so etwas 
Erbärmliches ab Op. 147 in die Welt schicken kann. 



50 Etudes de Salon par Th. Döhler. Op. 42: Cahier 4. 
Mayence, chez Schott et fils. 
Das Heft enthält die Nummern 26 — 31 der Samm- 
lung. Döhier's Weise ist J ei cht, gefällig, fliessend, nicht 
ohne feine graziöse Wendungen. So auch diese Studien, 
welche ausserdem nicht zu schwer sind und sehr gut 
in den Fingern liegen,, weshalb sie sich zur Gewinnung 
eines eleganten, klaren Spieles besonders eignen. Die 
Studie in Gismoll ist interessant erfunden, und bat den 
doppelten Zweck, 1) die Selbständigkeit der Finger 
der .rechten Hand zu befördern, und 2) zwei Noten 
JPg 611 drei gleichmässig zu spielen. Um Letzteres zu 
erreichen, . empfiehlt der Componist folgende, in Zahjen 

ausgeführte, Einteilung: \ * \ 3, deren praeftischen 



Nutzen, in langsamem Zeitmaasse, wir nicht in Zweifel 
ziehen, die aber freilieb in ähnlicher Weise, wie z. B. 
hei 3 gegen 4, nicht weiter anwendbar ist. 

Dater den übrigen ist No. 30 ein sehr artiges, ei- 
gentümliches kleines Stück. 

Die erste Studie des Heftes hat eine gleiche Figur 
und Tendenz, wie Chopin's Op. 25, I. Vergleicht man 
Beide, so wird freilich die Wahl nicht schwanken. 

Grandes Etudes de cooeert ä snjets devcloppes par Al- 
bert Sowinski. Op. 60. Ebend. 



Diese Studien enthalten, wie die meisten derartigen 
Virtuoseneompositiooen, gute Ideen, glänzend ausgestat- 
tet, einen gewissen kühnen Wurf, viel Klaugefeet; lei- 
den dagegen ebenfalls an Unbestimmtheit der Form, plan* 
loser Modulation und einzelnen Unsicherheiten des Sa** 
tzes. — Betrachten wir gleich die erste in As. Ein schö- 
nes Motiv beginnt — aber schon im vierten Tact sitzt 
der Componist fest, findet für seine Idee nicht den rech- 
ten Ausdruck, verlässt gewaltsam die Stimmenführung, 
und bringt nur eine matte Portsetzung des Gedankens 
zu Stande. An solchen Knoten prüft sieb die Geschick- 
lichkeit des Tonsetzer«. Aus dem erwähnten Motiv ist 
eine Periode gebildet, die im zehnten Tacie in As sobüesst. 
Darauf wird dasselbe fünfzehn Tacte fortgeführt, von 
Cmoll ans durch viele Tonarten modolirend, bis sich in 
Esdur jene Periode wiederholt, um gleich darauf in der 
Heapttonart eben so repetirt und zum Schluan erweitert 
zu werden. In dieser Aneinanderfugnng ist aber weder 
Plan noett Logik, und daran gebrieht es mehr oder we- 
niger atteh den übrigen Studien. 

Die Durchführung der Motive , welche der Compo- 
nist auf dem Titel, besonders bemerkt, ist mehr ein ans- 
serliches Festhalten des Thema, eioe Fortsetzung der Fi- 
gur von Tact zu Taei» Phrase zu Phrase, als eine gei- 
stige Bearbeitung, weshalb denn auch dadurch, oft Mo- 
notonie entsteht. 

Die Aufgaben der einzelnen Studien sindi 1) Aus- 
dehnung der Hände ; 2) doppelte Noten (eine unergiebige, 
trockene Figur)« 3) Triller (Utile brist)* 4) gesangvol- 
les Spiel $ 5) Uebung für die linke Hand allein; 6) Ab- 
gesleseene und gebundene Oetaven. Dem Spieler bieten 
dieselben sattsam Gelegenheit, zu üben and zu glänzen» 
und durah geschickten Vortrag* wird er manche Unvoll« 
kommenbeiten derselben verschleiern können. Es ist aber 
ein Uebei, wenn die danstellende Kunst zur Hehlerin der 
Schwachen des Dichtere werden 



Lied 



e r. 



Galedpn. .N. Matherwells Lieder, übersetzt von H. J. 

Heinze> für Sopran oder Tenor und Piano componirt 

von Dr. H. Marschner. Op, 125. Heft I. Hannover, 

bei C. Bachmann, Preis 1 Thlr. 

• Nicht ebne sehr günstiges Vorurtheil hat Recenseat 
dieses neue Liederheft des .geehrten Verfassers in die 
Hand genommen und gesteht mit Vergnügen, auch hier die 
ergiebige Erfindungskraft und die gereifte Feder desselben 
überall bewährt gefunden zu* haben, während es sonst 
keineswegs zu den seltenen Vorkommnissen gehört, dasn 
einmal beliebt gewordene Componisten , anf die . Festig* 
keit ihres Ruhmes bauend, sich da und dort — ein we- 
nig gehen lassen und selbst auch weniger Tüchtiges, nur 
flöchtig Hingeworfenes in's Publicum bringen. Kein ein« 
ziges der hier gebotenen Lieder ist des Verfassers an* 
würdig* Gleich das erste, „Entzücken" überschrieben, 
ist aehr ansprechend und für den Sänger vorzüglich be- 
lohnend. No. 2. „Die Stimme der Liebe," durch eine sin- 
nig erfundene ßegleitungsßgur eigenthümlich colorirt, 
überragt ea aber an Tiefe der Empfindung. No. 3, „Er 



*t 



1844, Jaj**r. No, f. 



iet fort! " iaft sehr , vieUsiobt zu, leiden«* afiKcb 48sier 
gehalten, indem manche Zage im Texte eine mildere Fer* 
bengebnng moliviren dürfton. Doch wollen wir darüber 
mit dem Verfasser nicht rechten, zumal wenn er» wie 
es uns wahrscheinlich dünkt, dieses Lied mit dem fol- 
genden vierten: „ Liebes vertrauen" in einem gewissen 
Eyrchologiscbea Zusammenhange gpdacht und au%efasst 
tte. Das fürte Lied« M Kinder ans dem Elfealande ". 
ist elfeahafl leicht und unheimlich gehalten» also gut, 
verlangt aber einen besonders feinen und gewandten Vor- 
trag, wean ihm Genüge geschehen soll, — Die Ansatat» 
lang ist löblich. 



1) Sechs Gedichte von Goethe, in Musik gesetzt für eine 
Tenor - oder Sopranstimme , mit Begleitung des Pia- 
noforle, von Carl Schwencke. 61. Werk. 2 Hefte. 
Brannschweig, bei Meyer, k 10 6gr. 
2) Drei Gedichte aus der Früh iofo- Sage, von Tegner, 
in Musik gesetzt für eine Sopran - oder Tenorstimme 
mit Begleitung des Pianofbrte, von Carl Schwende. 
57. Werk* Ehend. Preis 12 Ggr. 
Der Herr Verfasser dieser Lieder ist bereits als ge- 
wandter und talentvoller Componist zu bekannt, als dass 
er noch einer besonderen Einführung and Empfehlung 
beim Pablieom bedürfte. Vorzüglich gut scheint ihm das 
Anmuthig- Graziöse, das leicht hingeworfene Scherzhafte 
und Humoristisch - Komische zu gelingen, für welches Fach 
die dahin einschlagenden Lieder und Gesänge in den zwei 
erstgenannten Heften «ein so glückliches Talent verrathen,- 
dass Vir in derTbat wünschen mtiehteu, es für die ko- 
misch« Oper in ThMtigkeit zn sehen, deren Styl vorzöge 
lieh in No. 6 („Dortshen" aaa Goethe's „ Fischer! n ") 
sehr gut getroffen ist. Dtr Verfasser hat hier gezeigt, 
wie geschickt er es verstanden hat, zwischen den Zei- 
len seines Dichters na lasen, indem er gerade da, wo 
das Dorteben seinen grossen Entsehlnss ausspricht : „Aber 
ich will auch nicht länger " e. s. w. mit feinem Tacte, 
durch die musikalische Behandlung dieser heroischen Stelle 
darauf hingewiesen hat, dass es der kleinen Amazone um 
die Sache der Emaneipalien doch nicht der rechte rolle* 
Ernst sei. Auch in den übrigen Liedern finden sich- feine, 
oder sonst tüchtige Züge von glücklicher Erfindungskraft 
und gereifter RunsireBexion ; allein das „ Freudvoll und* 
Leidvoll" möchte doch wohl eine lliade post Homerm* 
sein. Da nimmt uns der Verfasser einen viel zu schwe- 
ren gelehrten Anlauf) eian Bemerkung, welche zum Theil 
auoh die Lieder aus der Frithiofs-Sage treffen möchte, 
deren harmonische Tiefe und Kraft wir übrigens durch* 
ans nicht verkennen. No. % derselben „Fritbiofs Fahrt 
auf dem Meere" vorzüglich heben wir als eine tüchtige, 
jedoch über die Liedform in's Balladenmtfssige hinausstre* 
sende Arbeit hervor. Dass beide Sammlungen einer näheren 
Bekanntschaft mit ihnen würdig sind» glauben wir hinläng- 
lich angedeutet zu haben.-* Die Ausstattung ist anständig. 



Fünf Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pia- 
noforte, componirt von Ferd. Mohring. Op. 12. Ber- 
lin, bei Trautweiu. Preis % t Thlr. 



Der deutsche Eichenhain hat nicht {fandm, sioh über 
Mangel an Singvögeln zu beklagen. Da machen wir schon 
wieder wenigstens die erste praktische Bekanntschaft mit 
einem neuen und zwar sogleich in 0p. 12. — Das ist 
uns sehr fatal. — Aber nicht etwa die Bekanntschaft,, 
sondern dass wir sie nicht früher gemacht; denn ein 
Lied in diesem Hefte „Sehnsucht, nach Norden," von Gei- 
bel, ist sehr ausprechend. Auch „Der April u von dem- 
selben Dichter, so wie Heine's ,, Mädchen mit dem rothen 
Mündchen" bat seiu Gutes, wiewohl der April — was 
am Ende in der Ordnung — sogleich beim Anfange etwas 
keck modulirU in dem „Fahr wohl!" hat uns der Ver- 
fasser zu wenig auf belebte Deetamation gedacht. Das 
„Unter den dunklen finden 4 « ist uns nicht einfach und 
ungesucht genug. — Stich und Papier sauber. 



Sechs Lieder für eine Singsümme mit Begleitung des Pia- 
no fori e von A. E. Grell. Op. 23. Berlin, bei Traut-, 
wein. Preis x / 2 Thlr. 

Diese Lieder sind saunrtlish in Einern heiter aaspsu*/ 
chendeo Volkston gehalten und empfehlen sich durch hüb- 
sche Ausstattung. 



Trommel und Fahne. Ein Liedercyclus ,. enthallend : die 
kleine Marketenderin, von Jon. N. Vogl, jnitMelo-' 
dieen von den vorzüglichsten CapeDmeistern der k. k.' 
östreichischen Armee. 52 S. in 8. Wien, 1843, bei 
Jasper. 
Eine recht dankeuswerthe Gabe des fruchtbaren Dich- 
ters; den Volkston anschlagend, und doch nicht in's Ge- 
meine versinkend, vielmehr wohl dazu geeignet, derglei- 
chen zu verdrangen und den Gesang stehender Heere, 
wenn er nichts Höheres berühren soll, unschuldig genug 
zu beschäftigen. Nur furchten wir fast, dass der Verfas- 
ser gegen die überwiegende Mehrzahl der Marketenderin- 
nen deutscher Zunge einen schweren Stand" bekommen 
werde, indem sie leicht seine artigen Liederchen für eine 
böswillige Persiflage ihrer weltbekannten Tugendhaftig- 
keit ansehen könnten, während jeder unbefangene sich 
freuen muss, dass nun dieser ehrsame Stand endlich auch 
seine Dicbterblumen gefunden hat. Die grösstenteils recht 

futen, ia zum Theil wirklich frisch erfundenen dem 
exte eingedruckten Melodieen machen das Werkchen 
doppelt angenehm, und wir müssen hochgestellten Mili- 
tärs zur Anschaffung dieser kleinen gedruckten Ideal- 
Marketenderin und zur Einführung in ihre Regimenter 
um so ernstlicher rathen, je seltener sie in Natura zu 
finden sein möchte. — Das artig ausgestattete Büchlein 
bringt sie in qffigie. 



Der Schiffer und sein Liebchen, Gedicht von L. Beck- 
stein, und Wiedersehn, Gedicht von A. e, Ch*müeo> 
zwei Duetten fiir Sopran und Tenor, mit Begleitung 
4ss Pianoforte, der Violine und des Violoncello, com* 
ponirt von Friedrich Krug. Op. 17 und 18. II Hefte. 
CarUruhe, bei Kreuzbauer, k 1 Thlr. 2 Ggr. 
Zwei recht ansprechende Compositionen , welche» 

leicht ausfahrbar, wie sie es sind, znaml in engem gn- 



97 



i#44. JaoMuv. No> 2. 



20 



selKgtfft Kreisen äne angenehme Unterhaltung bereiten j 
werden; die ausgedruckten Stimmen, zweckmässig ein- 
gerichtet, werden sie sehr erleichtern. Die Aufstauung 
iit sehr sauber und splendid, aber die Noten sind doch 
allzusch windsichtig zart! 



1) Zwei Duetten. „Im Herbst" von H. Heine und „In 
der Nacht" von N. Lenau. Für zwei Singstimmen 
mit Begleitung desPianoforte, componirt von C. Banclr. 
Op. 50. Hamburg nnd Leipzig, Schuberth u. Comp. 
Preis % Thlr. 
Z) Fünf Lieder für eine Bass- oder Baritonstimme mit 
Begleitung des Piano/orte, componirt von demselben. 
Op. 52. Ebend. Preis % Thlr« 
Was uns die Compositionen des Herrn Verfassers 
immer werth gemacht hat — eine gesunde, sichere Be- 
handlung der Stimme, das müssen wir auch diesen nach- 
rühmen, in welchen übrigens die ihm zur Manier gewor- 
dene übermässig lange Dehnung einzelner Sylben und 
Worte auf einem Tone, welche uns stets auch beim Vor- 
trage durch die trefflichsten Stimmen als etwas Gesuch- 
tes und Unnatürliches missfallen hat, so wie die ihm 
ebenfalls eigene, bis zum Missfälligen gehäufte Wieder- 
holung einzelner Phrasen und Worte immer noch da und 
dort zu finden ist. Wir können diese Dehnungen uud 
Wiederholungen, in solchem Uebermaasse gebraucht, nicht 
billigen. Jene heben zu geflissentlich den materiellen Ton 
hervor, und diese verflüchtigen die Bedeutung des Worts 
und machen seine poetische Kraft oft völlig zu nichte. 
Haben wir Unrecht, so wolle uns der Verfasser, den wir 
als denkenden Künstler achten, eines Bessern belehren. 
Uebrigens ist er als Liederkomponist zu bekannt und zu 
beliebt, als dass wir es für nöthig erachten könnten, das; 
Publicum von den Vorzügen und Mängeln seines Styls 
hier noch weiter zu unterrichten. Nur das sei noch be- 
merkt, dass die fünf Lieder zu den originellsten und 
geistreichsten gehören , welche wir von ihm nicht nur,, 
sondern auch von vielen anderen beliebten Liedercompo- 
nisten der Gegenwart kennen. Aber auch hier finden sich; 
harmonische Harten und Eckigkeiten, wie man sie einem 
deutschen Componisten nicht gern verzeiht. 

Dr. Kef erstem. 



Nachrichten. 



Dresden. Wir sind gewohnt, am 23. December all- 
jährlich ein Concert im Opernhause zu hören, welches 
von den Mitgliedern unserer Hofbohne und der vortreff- 
lichen Capelte ausgeführt wird und bestimmt ist, zu Un- 
terstützung der hiesigen Stadtarmen beizutragen. So viel 
auch stets geschieh«, diese Coacerte durch Wahl inter- 
essanter Musikstücke, so wie durch sorgsame Ausführung 
derselben und Mitwirkung der besten Kräfte anziehend 
ztt machen und so den vorgesetzten edlen Zweck mög- 
lichst zu fördern, so bringt es schon die Zeit — so un- 
mittelbar vor dem Weihnachtsfeste — mit sieb, dass 
diese Coastrte stets nur sehr spärlich besucht werden. 



Dm so erfreulicher war es diese* Mal fett bemerken, dass 
das Haus nach Verhältnis! wohlbesetzt war; auch der 
König und die Königin, die ganze königliche Familie, so 
wie die zufällig anwesende Herzogin von Cambridge hal- 
ten sieh dazu eingefunden. 

Das Concert selbst wurde mit ۥ M. v. fFeb^s 
unvergleichlich schöner Onvertnre za Oberon eröffnet, 
und es ist wohl kaum nöthig, zu erwihnen, dass die« 
selbe von unserer Capelle, die durch die grosse Zahl der 
sie bildenden Virtuosen eben so berühmt ist, als sie dorch 
ihr herrliches Zusammenspiel sich seit Jahren die glän- 
zendste Anerkennung zu gewinnen und zu erballen 
wusste, auf das Vortrefflichste ausgeführt wurde. Gapell- 
meister Keimger dirigirte dieselbe mit der an ihm ge- 
wohnten Gewandtheit and Präzision, würdig des dahin- 
geschiedenen Meisters, der vor ihm an gleichem Platze 
stand nnd dem wir so viele herrliche Schöpfungen ver- 
danken. 

Den Haupttheil des Coneerts aber bildete Dr. Re- 
bert Schumann'* nettestes nnd zugleich grösstes Werk: 
„Das Paradies und die Pori*' nach der Dichtung von 
Thomas Moore aus dessen Lalla-Rukh. Das Werk ist 
bei Ihnen in Leipzig bereits zwei Mal, wie wir hören, 
mit grosstem Beifalle gegeben worden, nnd wir freuen 
uns wahrhaft, aussprechen zn können, dass dasselbe auch 
bei uns von dem Publicum, das die Elite der hiesigen 
Musikfreunde in sieh fasste, mit dem lebhaftesten Applaas 
aufgenommen worden ist. Ueberall war die gespannteste 
Aufmerksamkeit, das grösste Interesse an dem Werke 
sichtbar, nnd so -wie einzelne Nummern besonderen An« 
klang, der laut sieh geltend machte , fanden , so sprach 
sich am Schlüsse jedes einzelnen Theiles die Stimmung 
der Versammelten in lautsehalleodem Beifall aus. 

Ohne hier näher auf das interessante Werk nnd 
seine einzelnen Schönheiten eingehen zu wollen nnd zn 
können, mössen wir diese Anerkennung eine vollkommen 
gerechte, dem Componisten in solcher Allgemeinheit nur 
zu lange vorenthaltene, nennen. Die herrliche, hochpoe- 
tisebe Dichtung Thomas Moortfs bot demselben in der 
Versohiedenartigkeit ihrer einzelnen Tbeile die schönste 
Gelegenheit^ sein Talent zn bewahren, und das hat er 
denn auch auf die entschiedenste und glänzendste Weise 
getban, so dass wir nicht zweifeln, es werde sein schö- 
nes' Werk bald überall gegeben und mit gleichem Enthu- 
siasmus aufgenommen werden , wie hier und bei Ihnen. 

Hierzu dürfte schon die eigenth&mlicbe Gattung der 
Compositum selbst beitragen, die sieb durch ihre völlig 
neue Form, zwischen Oper und Oratorium innestehend, 
obachon im Wesentlichen mehr dem Letzteren sich nä- 
hernd, namentlich zn Aoffiährungen in Concerten eignet, 
nnd, da sie eben nur die gewöhnlichen, überall zu Ba- 
denden Mittel für ihre Ausführung erfordert, auch nicht 
übermässige Schwierigkeiten dabei bietet, eben so allen 
Stngacademieen nnd grösseren Privatzirkeln willkommen 
sein wird and zu empfehlen ist. 

Die Aufführung war, trotz dem, dass das Ganze in 
wenig Tagen einstuitirt werden musste, eine sehr gelun- 
gene zu nennen, und wir fühlen uns gedrungen, nament- 
lich die Leistungen der Fräul. Wüst (Peri) und Babnigg, 
so wie der Herren Bielciski und Mitterwvrser hervor» 



29 



1844. Jawwr. Nor. % 



30 



zuheben. Zu behauen war bot» dass die Chöre nicht 
stärker besetzt waren, als durah das gewöhnliche Oper- 
chorpersonal, so wie wir es nicht eine glückliche An- 
ordnung nennen können, dass das Orchester hinter den 
Sängern amphitheatraliseh auf der Bühne aufgestellt war, 
wodurch die Singer zu sehr gedeckt werden, auch zu 
viel Ton in den Coulissen verloren gehl, was bei der 
Grösse unseres herrlichen Opernhauses namentlich scha- 
dete. Unserer Meinung nach wäre der Effect ein ungleich 
schönerer, das Verhältnis« des Orchesters zu den Säu- 
gern ein weit richtigeres gewesen, wenn die Cspelle ih- 
ren gewohnten Platz inne gehabt hätte. 

Herr Dr. Schumann dirigirte selbst sein schönes 
Werk, das uns hoffentlich bald zum zweiten Male vor* 
geführt wird. Dies ist der Wunsch der zahlreichen Ver- 
ehrer, die er sich dadurch bei uns gewonnen. 



Wiener Musikleben. (Beschluss.) Die erste origi- 
naldeutsche Novität des Kärnthnerthortheaters , in wel- 
cher eine ziemlich gute französische Schauspielergesell- 
schafl auch diesen Winter sich's recht bequem macht, 
soll eine Oper vom Capellmeisler Nicolai sein, von wel- 
cher die Sage geht, dass sie eigentlich italienischer Her- 
kunft sei. Es wird sich bald zeigen, ob die Sage oder 
die Oper acht. 

Das philharmonische Concert brachte unter der Lei- 
tung dieses wahrhaft begabten Dirigenten die Sinfonie 
eroica und Mendelssohn-Bartholdy's Ouvertüre zum Som- 
jnernachtslraum nebst einem Duette aus Sacchinfs Oedipe 
ä Colonne und Arien aus Titos und Coai fae tutte, unter 
Mitwirkung Staudig Ps und der Lutser, Heinefetter und 
Mayer. Diese Concerte bleiben stets die Krone aller hie- 
sigen Musikauffuhrungen. Ein aus lauter Künstlern beste- 
hendes Orchester, das durch seinen Chef zu allen Fein- 
heiten eines eben so geist- als geschmackvollen Vortra- 
ges geleitet wird — eine Reihe der gewissenhaftesten 
Proben, während welcher das ganze Tonwerk mit allen 
geistigen und technischen Speaalitäten sich jedem Ein- 
zelnen tief einprägt — eine exquisite Zuhörerschaft, ver- 
traut mit dem Geiste des Classisoheii , feinfühlend und 
zum Enthusiasmus geneigt, — wahrlich solch em, der 
schönsten Runstweibe entsprossenes Concert fällt schwer 
in die Wagschaale der hiesigen Musiksustände. Der 
grosse Beethoven ! ach, er musste heimgehen, ohne anch 
nur 'eine seiner meistens übereilt eingeübten Symphonieen 
in dieser strahlenden Vollendung zu hören. Doch der ver- 
ehrte Meister, der den Paulus schuf, lebt; er lebt und 
wirkt und schafft zum Heile der Kunst. Hätte er gehört, 
wie seine von zauberischer Romantik nmbäuchten Tow» 
gestalten hier vorüberrauseben , wie seine Partitur als 
süsses, reizend verschlungenes, sinnvolles Traumleben von 
dieser Tonbühne aasgebt, ja hätte er auch nur die schwir- 
rende Elfehfigur der gelheilten Violinen so ausführen ge- 
hört, — gewiss, seine herrliche Schöpfung, die man hier 
so sehr liebgewonnen, würde ihn in diesem Augenblicke 
doppelt gefreut haben. — 

Das diesjährige Musikrest brachte in wiederholten 
Aufführungen Hayanf Schöpfung , wie gewöhnlich mit 
mehr als lausend Individuen., Es ist zweifelhaft» was grös- 



ser war, ob die Liebe, mit der dieses geist- und gemüth- 
volle Meisterwerk gegeben, oder die, mit der es von der 
entzückten Menge empfangen wurde ; dass aber Slaudigl, 
der in der Partie des Raphael das Vollendetste lieferte* 
was der Oratoriengesang bieten kann, ja dass er in 
mehreren Stellen Thränen der Rührung entlockte, ist 
Thalsacbe. Die Tenorpartie wurde vom Hofopernsänger 
Kraus mit richtigem Eingeben in das Wesen dieses StyU 
ausgeführt und seine ungewöhnlich gleich timbrirle, mark* 
volle, sonore Stimme hob auch die tieferen Lagen, in 
welchen sich sein Part häufig bewegt, vorteilhaft her* 
vor. Den Sopran sang Frau e. Hazek, eine Kunstfreua* 
din, begabt mit allen Eigenschaften, die zur würdigen 
Lösung einer solchen Aufgabe erforderlich sind, und dies 
will wahrhaftig nicht wenig sagen, zumal in einem se 
eolossalen Räume, als der von der kaiserl. Reitschule ge» 
botene ; vielleicht das imposanteste und grösste Loeal, in 
welchem Musikauffuhrungen Statt finden. — Mehrere 
Nummern mussten wiederholt werden, man schwamm in 
diesen vertraulichen, das Herz ausfüllenden Melodieen, 
wie in Fluten des Entzückens. Das Meisterwerk, zu de* 
seu Einübung nicht mehr als zwei Proben erforderlieh 
waren, hatte in Schmiedl, unterstützt von den Professo- 
ren Helbneeberger und Fuchhof und dem VereinsmiC- 
gliede Krall, einen bewährten Musikfestdirigenten ; da 
fehlte auch nicht ein Zug von einiger Bedeutung. Es 
mag dies zugleich einen Maassstab für die Masse, Qua- 
lität und Beweglichkeit der hiesigen ausübenden Kräfte 
geben. Ein Aufruf — ein animirendes Werk — ein ver- 
lässlicher Dirigent — etliche Proben, von welchen höch- 
stens eine vollständig genannt werden kann — und im 
Nu steht eines der grandiosesten Musikfeste da, hervor- 
gezaubert aus den Mitteln einer musikalischen Bevölke- 
rung, die in gewohnten Linien fortwogend, einige Stun- 
den vor- und nachher kaum davon spricht. Ein Musik- 
fest, zu dem anderwärts von allen Seiten Conliogente 
geliefert werden müssen, dessen Abhaltung ein Ereigniss, 
das selbst fernen Kreisen seine Bewegung mittheilt, wird 
hier gleich einem Walzenspielwerke aufgezogen, und 
läuft auch wie ein solches wieder ab. Ehe man sich es 
versiebt, steht eine kleine Armee Kunstfthiger auf den 
Beinen und gewinnt eine musikalische Schlacht, ohne 
Aufhebens, ohne Vorbericht und mit wenig Nachberich- 
ten. Man musicirt entzückt, hört entzückt an, verlässt 

entzückt den Saal und liest im Nachhausegehen, 

was Abends die Theater bringen. Aufmerksame und un- 
befangene Beobachter werden mir in der Behauptung ge- 
wiss beipflichten, dass die ganze hiesige — von der „Ge- 
sellschaft der Musikfreunde*' eifrig in Schwung gebrachte 
— Musikfestaffaire zu den charakteristischsten Zügen m 
Wiener Musikleben gehöre. 

Der „Wiener Chorregentenverein" gab mit mehre- 
ren hundert Individuen „Hercules, " Canlate in drei Ab- 
tbeilungen von Bändel (1744). Es ist dies die letzte der 
Bearbeitungen aus der erprobten Feder des geehrten Ton- 
veteranen üofralh v. JlfoseV. Bürgschaft genug für die 
Sachkenntniss, den Geschmack und die Schonung des Ori- 
ginals, mit welchen das ginne Werk uns nlher grtiAt 
wurde. Nur wenig hatte der Herr Bearbeiter aus der 
Oper „Semele" desselben Tonsetzers (t743; in die Can- 



» 



1843. JattU* N«. fi: 



32 



tele toriftogenoimnen. Bei tltedein vermochte dato Werk 
sieht die Wirkung der andern Ififircfef sehen Oratorien 
hervorzubringen. Einmal ist die Handlung za wenig drt- 
analtscb, da sie eigentlich nur das Ende des Helden, von 
der eifersüchtigen Bejanira herbetgeföhrt, behandelt, und 
flen Chören Mos reieelirende Stimmungen zuweist ; dann 
htarirt aber auch ein grosser Tbeil der Musik an einer 
Steifheit, Kälte und Monotonie, mit welcher selbst die 
wtrnrateu Verehrer Bändet s, deren Zahl hier erheblich, 
rieh nicht befreunden können. Doch hat , , Hercules' l wie* 
der viele Partieeu, namentlich in der dritten Abtheilung, 
von solch deutscher Urkraft, Wahrheit nnd ergreifendem 
Ausdrucke aufzuweisen, dass, meines Erachtens, dieses, 
Bändet* jedenfalls würdige, Tonwerk, bei gehörigen 
Kürzaugen, den Freunden dieser elassischen Mustkgat» 
tilg immerhin hoebst willkommen sein müsste. — Zur 
Ausführung ist einSologesangquartett von virtuoser Durch- 
kitduog erforderlich. Hier war es durch Staudigt, den 
Gesangditettanten Bettinger nnd die Hofopernsängerinnen 
t*r* Hasselt -Barth und Diehl besetzt. Das schwierige 
Tonwerk, dorch dessen Wahl die Unternehmer jedenfalls 
One schöne Kunstintention bewiesen, ging unter Leitung 
Schmiedet* so gut zusammen , als die dürftigen Proben 
es nur immer gestatteten. — Der k. k. Hof- VicecapeM- 
meister Herr Ignax Assmayr veranstaltete auch in die- 
nern Herbste eine musikalische Academie, worin er eine 
neue Symphonie (Bdur), zwei Psalmen und zwei Num- 
mern ans dem Oratorium „ Das Gelübde , " sämmtltche 



Pieren von eigener Coms*Sftmr, anfahren lies* Au* 
mayr ist ein gereifter, Jtenntnissreicher Componist von 
umfassendem Partiturstudium. Er wein für jeden Vor- 
wurf gute Formen, gute Mittel und gute Effecte zu wäh- 
len, und hält sich, seiner künstlerischen Thiügkeit nach, 
nor an grössere, meistens kirchliche Aufgaben. Oben an« 
geführte Stocke, von entsprechenden Klüften ausgeführt 
nnd von ihm selbst dirigtrt, landen in diesem Sinne denn 
auch beifällige Anerkennung. 

Von den Goncerten, welche den Soleinstrnmenten 
gewidmet, machten sieh bisher blos die des hier anwe- 
senden 13jährigen Pianisten CarlFiltsch höchst vorteil- 
haft bemerkbar, über welchen ich in meinem Nächsten 
berichten werde. 



Feuillet ort. 



Am 1. Decemker ward« ao der Pariser komisehen Oper anm 
ersten Male mit vielem Beifall gegeben: L'eselare de Cameens, Musik 
reo dem jungen ans Mecklenburg gebartigen Compt nisten Flöte*. 

Coneertmeister Sommer in Weimar kat daselbst ein nener- 
fundeoes Instrument prodneirt, Namens Eophonion. Es maebte 
durch seinen Wohlklang, ähnlich einer Posaune, doch zweifach 
starker als diese, einen sehr angenehmen Eindruck, namentlich 
mit Begleitung der Orgel (durch Herrn Professor Töpfer)* 

Der Kosteoansehlag für das in Hannover au erbauende neue 
Theater betrügt 600,000 TWr. Die Forderung aoll deu nächstens 
Busammentretenden Lands linden vorgelegt werden. 



Ankündigungen. 



Im Verlag der Unterzeichneten werden nächstens 
mit Eigentumsrecht erscheinen : 

Trois Divertissements 

pour le Piano 
oqr Dom Sebastian de Donlsettl 

par 

Henri Hers. 

0p. 139. 
Leipzig, den 10. Januar 1844. 

Breltltmpf dfc Härtet 

Bei l?» Klfjtiter in Leipzig ist so eben erschienen: 

Heber den JBau der Geige 

und anderer Saiteninstrumente. 

Zum Gebrauche für Künstler. Dilettanten und Instru- 
mentenmacher. Nach einem in der Acadimie des Scien- 
ces in Paris von Savart gehaltenen Vortrage ins 
Deutsche übertragen. 

Iff Ngr. 



nnd dutek Harm 



In Verlage derÜnUraeiekneten ist 
Fr. «MaTtMr in Lei» »ig; an besonbemi 
»Utfer, TH^ Adien a Cmwnmagne. 
et Vielen, iftfr Kgr. 



¥ y M« BT« » La Carnetal de Veuise, erränge pour le PSu- 

•oforte seul par B. G. 12* Hgr. 
Elegie. Ckent pour le Violon arec Piano (Edition nour. et 

corrigee p. Tanteur) ar. Portrait. 15 Ngr. 
Gatte* BT* W», Frühlingsblume*. 3 Stacke Ar da* Pbnoforft. 

Op. 2> 10 Ngr. 
, Nordiake Tonebilleder. FanUaieen Ar da« Piano/orte an 4 

Händen. Op. 4. 17i Ngr. 
Gmde et Helnted, Napoli. Ballet arr. p. lePfte. ITklr. 7$ Ngr. 
Heinted, Ed., Le Toreador. Ballet arr. f. le Pfle. 17i Ngr. 
Iitotmslijeald. H.V., Romance med Chor og Plte. ff Ngr. 
Iiiamfcje, Wilhelmioc« Polka pour le Pianoforte. 4 Ngr. 

MUitair- Polka Ar das Pianoforte. 4 Ngr. 

Svcnsk* Sauger (Schwedische Gesänge) r. Lindklad v. Gejer med 

Pianoforte - Aeeomp. ff Ngr. 

Unter der Presse befindet sich : 
Bfsullll, L'Eiulc. Romance arec Acc. da PUno. 
D5lller, Adien ä Copenkagne. Romanee arr. ponr le Piano ■ 

4 matas. 
kMhtMaa, Otto, Matrosen. Romane« med Pianoforte. 
tjUatlCt» !¥• W,, Agnete og Havmanden. Lyriak Drama of Aa- 

denen. Clareer - Udtog. Op. 5. 
Skandinavische VoHugesftnge, karmon. bearbeitet Är's Pisw 

noforte allein. 
Ctemrlltt, C, 6 Gesänge mit Pianoforte Ace. 
Ii*ve»«mJ»ld, M. T., Geainge ans der Oper Holen i Hoi- 

afjeld mit Pianoforte Ace. 
I/Utnbje, Seeha TiroJi- Tinte Ar*e Pianoforte. 
Polrbyrnnia. Sammlung von Liedern Ar 4 Männerstimmen rom 

ekundinarieeken Componisten. 1* Heft. 
Cepcnkogen, im December 1843. 

C. C. Lerne As OLsea. 



Druck und Verlag voo Breitkap/ und Härtel in Leipzig und unter deren Verantwrlltebkeit. 



5« 



ALLGEMEI NE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 17 len Januar. 



M 3. 



1844. 



■ ■ ■ ' 



taMalts Ueker Rsbstt S*»u»ta«*t Clsv l ews m psglttoBeB. (BesehlaM.) — 



— iYdUtet Ast Leipsig. — Ifr n flfift m. — 



Cktviere0mjHh 



Ueber Robert Schumann'* 
sitionen. 

(BeichUn.) 

Hier muss um der „ Kindemeenen " — Op. 15, 
Leipzig, bei Breükopf und Härtet — gedieht werden, 
welche unstreitig zu Schmmmm's besten Leitungen in 
diesen Genre gebären, nnd worüber» wir uns etwa» aus- 
führlicher zu Mossern gedenken. Vermögt einer belb pre- 
phetiseben nnd halb poetischen Intuition nnd jener vor* 
zugsweise nur der djyeeüvea Anschauung eigenen geisti* 
gen Geschmeidigkeit ist es de« Ce m p on istcn bier getan» 
gen, eich dergestalt in einzelne Stimmungen, Zustünde 
nnd hervortretende Momente der Kinderwelt zu versen~ 
ken und sich derselben in einem Grade mnsikalisch xa 
bemächtigen» dess ein sinniges Gemüth sich davon im In* 
Mieten ergriffen nnd aufs Lebhafteste angesprochen fuhr 
len muss. Wodurch ist diese ungewöhnliche Wirkung 
hervorgebracht, wodurch wird der Zuhörer in eine so 
vollkommene Illusion versetzt? Durch die Wahrheit der 
Schilderung, durch die Natnrtreue des ColoriU; dadurch, 
dass der Tondichter ganz in seinem Gegenstände aufge- 
gangen ist, sich ganz nnd gar in ihn hinein oder viel- 
mehr zurück gelebt und zurück empfunden, mit einem 
Wort: dass er den lieblich naiven, in süsser Sorglosig» 
keil aufquellenden, lebt kindlieben Ton aufs Glücklichst* 
getroffen hat. 

Diese „Kinderseenen" beweisen am Einleuchtend- 
sten, dass. auch in engern Raum, in die Grenzen einer 
bestimmten Form sich Bedeutsames und Cheracteristisebe* 
drangen lässt* dass es. dasu nicht gerade immer nüthig» 
der wild und planlos schweifenden Phantasie. den Zügel 
scfaiessen zu lassen, nnd sich dem Zufall, der Willkür 
in die Arme zu werfen. Gerade überlegene Runstgeister 
fiihlen sich oft von einer Art edeln und feineren Stolzes 
geslaishelt, und setzen eine Ehre darein , sieb der Herr- 
schaft gewisser Gesetze nnd Segeln willig zu unterwer- 
fen; denn sie sehen sehr wohl ein, dass es ja gerade 
desto ruhmvoller, und ihr Verdienst ihren Triumph nur 
erhöht» bei oder trotz aller. Achtung formeller Grenzen 
nnd Fesseln doch Gmjmma nnd EigentfcealieJhee, gelei- 
stet zu haben» i — 

Auch de/ „Arabeske*" Op. 18, und des „Blnmenr 
Stucks," Op. 19, muss lobend gedacht werden, welche 
Arbeiten sieh indess mehr durch melodischen Fluss, durch 

4S. Jasrgtng. 



Klarheit und Fassliebkett und durah ihre liederartige Hal- 
tung, als durch besondere Originalität bemerklieh ma- 
chen. — Letzlere wird durah eine hin nnd wieder her- 
vortretende Familienähnlichkeit mit Mendelssohn'* „Lie- 
dern ohne Worte" und J. FieUs Notturnen und Roman* 
zen einigermaassen beeinträchtigt. Das Weiche, Schwär- 
merische, der zarte, lyrische, fast weibliche Character 
der Fitö schon Gantilene klingt unverkennbar aus bei- 
den Stücken uns an ; doeh wird man von dieser Aehn- 
Bebkeit eben nicht unangenehm berührt; vielmehr wirkt 
sie dadurch höchst wohlthuend, dass Schumann ihr noch 
einen Vorzug beizugesellen wusste, der dem Engländer 
stets fremd geblieben und der ihn weit über J. Field 
erhebt ; und zwar gründet sioh diese Deberlegenheit auf 
den Umstand, dass in Hinsicht auf harmonische Ausstat- 
tung und sonstige Zuthat in Figuren und Begleitungsfor- 
men sieb Alles ungleich gediegener, voller und maanioh» 
mliiger gestaltet, kurz künstlerisch bewusster, fertiger 
erscheint, als es bei J. Field jemals der Fall ist, wo 
so manches Lose, unsicher und unwillkürlich Zusammen- 
gestellte beinahe auf eine Dilettanten band scbliessen lässt. 

Seihständiger und bedeutender ist jedenfalls die „Hu- 
moreske" (Wien, bei Pietro Mecbelti) und die „Gmoll- 
Sonate" (Leipzig, bei Breitkopf und Härtel), welche beide 
wir unbedenklich als die bedeutendsten, die Glanzslücke 
der ganzen, des Gediegenen und Eigentümlichen so viel 
enthaltenden Sammlung glauben bezeichnen zu dürfen. *~ 
In der „Humoreske" ist es die grosse Manniohfalligkeit 
in Inhalt und Form, der stete und rasche, obwohl im- 
mer natürliche und ungezwungene Wechsel der verschie- 
denartigsten Bilder, Vorstellungen und Empfindungen, der 
ph#ntt*liseb und trsnmhnft duraheinanderwogenden und 
verdämmernden Erscheinungen, wodurch das Interesse 
von Aofaog bis zu Ende nicht nur wach erbalten, sonr 
den fortwährend immer gesteigert wird. — 

Es wird immer. eine der schwierigsten Aufgaben für 
den Aeatbeliker bleiben, die musikalische Wirkung durch 
Worte auszudrücken •— das Unbeschreibliche, Geistigste 
durch Umschreibungen zu erklären und zu versiunlichen \ — 
das Sinnigste, Feinste und Gewiegteste, was er in die- 
sem Falle auch immer vorbringen »eg, wird nnd muss 
neben der Sache selbst immer unvollkommen, dürftig, 

kalt und gezwungen erscheinen. Doch soll uns 

dies nicht abhalten , wenigstens einen Versuch zu ma- 
chen, den eigentümlichen Eindruck, den die „Hwno- 

3 



1844. Januar. No. 5. 



reske" bei um hervorrief, — wlntües auct ntf* hilf 
und halb und ungefähr — zu schildern ; aollte diese Schil- 
derang *uch ftaiaer ekic reit sufrjeslive, ganz *Mt gif 
den individuellen Gefühl entspringende «in nnd wir uns 
dMbst bei unserer Auslegung nuweilen etwa» Von den 
eigentlichen Intentionen des Componistcn entfernen, so 
wollen wir uns darüber mit dem allgemeinen Loose der 
Commentatoren beruhigen, die oft Manches, was den 
Künstler > in der Pulle der Gefühle und im Feuer und 
Aufschwung der Begeisterung, seinem Werke, sieh selbst 
unbewusst, einverleibte — - scharfsinnig herausfinden, da- 
gegen aber. auch sich Manches, was der Erster* mit vol- 
ler Bewnsstheit und bestimmter Intention hineintrug, ent- 
JBncn lassen« üeberdies nnd Ja mehrere , verschiedene 
uffassungen ein und desselben Werkes gar wohl denk* 
bar, und jede einzelne kann, vom individuellen Stand* 
puncto des Auf essenden aus, im hohen Grade verständig« 
entsprechend und scharfsinnig sein, kann — so zu sa- 
gen — irgend ein neues Thor der Verständnis* eröffnen 
und den Schlüssel zu bisher noch verborgenen Geheim- 
nissen des Geistes liefern, worauf unter Andern auch 
Növa&s hinzudeuten scheint, wenn er irgendwo sagt« 
„dass ein Werk desto interessanter und ein ächter Aus* 
flnss der Persönlichkeit ist, je mehr Veranlassungen, Be* 
deutungen, mehrfaches Interesse, mehr Seiten, überhaupt 

{» mehr Arten, verstanden und geliebt zn werden, es 
at." Dies scheint uns gerade bei der mehrerwähnten 
Composition der Fall zu sein. — Wenn wir daher ohne 
weitere Umschweife bekennen, dass wir uns dararis mit 
einer ganz eigenthfimlioben , herben, aber kräftigenden 
Frische, wie von reiner Bergluft angeweht fohlten, ball 
wieder von stürzenden Waldbächen in jugendlich fr** 
ftehem Ungestüm uns uttbrauat Vermeinten; wenn wir 
hinzufügen , dass ein eigenes , sehauerKeh süsses Gefühl 
von Kraft, von geistiger Fülle und Gesundheit dieser 
>, Humoreske " inne zu wofcfen scheint, das sich nach 
nnd nach dem Zuhfirer mittheilt, und ihn allmäKg mit 
einer so vollkommenen, seligen und tiefen Befriedigung 
erfüllt, wie nur dem innersten, geheimsten Born des 
Gemüths entquollene Weisen nnd ächte, erdentrüekte Be- 
geisterung sie zu Wege zu bringen * vermögen , — so 
Silben wir damit die Wahrheit eben nicht verfehlt zu 
>cn , sondern ihr vielmehr •— ■ wenn such auf eigene 
Weise — ziemlieh nähe gekommen ftti sein» "— 

Noch reichlichere Ausbeute für die Besprechung und 
bedeutendem Stoff zu allerhand Erörterungen undaben» 
theuerlichen Auslegungen würde die Gmoll- Senate darr 
bieten ; wir wollen uns jedoch auf die Erwähnung des 
umstände» beschränke», dass der Cdmponist hier sich de* 
bestehenden, vorgefundenen Sonatfcnforro bedient und diene 
fast durchgehend* -consequent festgehalten hat. ' 

Was bereits bei den „Kinderscentta" ift Bezog atif 
Beobachtung gewisser Schranken und Runstgesebte gesagt 
wurde, findet auch auf die „Humoreske" und „GmolX- 
*Sbnate" wiederhohe Anwendung, mir ist zu unterscheid 
den; dads in den Heiden - letztem ComposMonen Plan und 
Anlage ungleich ausgedehnte* und bedeutender, dass die 
'Formen und Dimensionen entwickelter tftd grösser sind 
nnd Allee hier ausgeführter, durchgearbeiteter (Wlhrertd 
Arirt meht skizzenhaft und BüeMig Angedeutet) erscheint, 



ffwiMupt «in liohirer nnd kühnerer Gedankenlug sieh 
darin offenbaret« 

Noch *M die „Naahtstidcn," öo. tf , Wien, bei 
Mechetfti, zu erwähnen, die in ihrer rtNpsodiscken, w8U 
küsfichen Zn aai iun stn llnng etwa* foprovisatormehes* 
\ etwas, wie dem Augenblick, der zufalligen Laune Abge- 
nommenes au sich tragen. — 

* . Ferner der „Faschingsschwank aus Wien,** Op. 26. 
|5a Seitenstück zu den Garne valsaeeaeo) weniguteneln» 
det man ganz die bunte Abwechselung, die heitere, ver- 
gnüglich übersprudeln ae ljanne dann wieder« ■"— An 
eilen Enden buumrietiacbes 



Wetterleuchten; 
Seiten fahren die Raketen des Witzes nnd Instigen Geber» 
muths in die Hohe, nmtisehen [uns die SpruhteuM 
schalkischen Spottes nnd des ausgelassensten Muthwil- 
laua, n. & Sdte 7 und 8^9, wo unter Ander* das 
altvaterische, auch in den Garnnvalsscenen auftauchende, 
acht spiessburgerliche und philiströse Motiv: „Als der 
Grossvater die Grossmutter nahm" — einen grotesken 
Gontrnst herbeMhvt nnd eine acht komische Rocoeowir» 
ktrng hervorbringt. Das musikalisch Gehaltreichste dieser 
Ffcntasiebtider ist unstreitig das Intermezzo No. 4, das 
uns von der ganzen Sammlung am Meisten zusagte. — 
j Wie indess ein so finsterer Gesell, so ein Störenfried 
| und ächter Binder Griesgram, der aus seinem Bsmoll« 
| Visier unheimlich und drehend ge nug hervorblickt, steh 
in die heilere Umgebung »verlieren und in diese fröhliche 
Gesellschaft gernthen konnte, ist in der Thai nicht woU 
Abzusehen. — Der rauhe, ernste nnd strenge Ton , vor 
dem plötzlich alle Lust und Heiterkeit zum Tode erster* 
reu moss, ist jedenfalls für 1 einen „Schwank" nicht pas- 
send. Ist es erst glücklich überstanden, dieses „Inter- 
mezzo," so atbmet matt hoch und frei auf, als fühle man 
sich von einem bäsen Zauber erlast und möchte ihm 
nachrufen, was Shakespeare den Orlando zu Maitre Ja*» 
ques*) sagen fifisst: „Ich freue mich Aber euren Ab- 
schied: Gott befohlen, guter Monsieur Melancholie ! 4f — 
* Hiermit wollen wir denn unser Thema einstweilen 
als erledigt betrachten nnd die Verhandlungen darüber 
beechliessen. 6b es uns gelungen, uns dabei jener Ob» 
JeetivifRt im Unheil nnd jener Unbefengeahert zu he* 
mächtigen, welche bei Erforschung und Entdeckung den 
Wahrheit in allen Dingen uncriässtich ist, nnd ohne 
welehe selbst der noch so erleuchtete Kunstkritiker nie 
«twas allgemein Gütiges nnd durchaus Erschöpfendes wird 
tttt liefern vermögen, dies bleibe fremder Einsicht zu 
entscheiden überlassen ; indess dürfen wir immerhin 
Versichern, fortwährend unser Augenmerk darauf ge- 
richtet nnd überall nach Kräften vnd mit bestem Witten 
mindestens darnach gestrebt zu haben, so dass mit Wis- 
sen und Absicht gewiss Nichts in unsere Arbeit Öberre- 
gärigen ist, was durch zu individuellen Austrieb, oder 
durdi einen Beigeschmack von 'Privatvorurtheü vnd per» 
sffnlicker Yortiebe die Unparteilichkeit und somit 'die 
Wahrheit und ComftOtenz unserer Aussprüche vdrdäcfc» 
1fg*n oder bezweifeln lassen ktanfe. Ob dtese letztern 
auch zuweilen tadelnd ausgefallen, und zu weldhen Aus- 
stellungen wir uns auch Kn «tod wieder Verahlaset ge- 



'),,Wfeeft«*riJrtltt>' 



st 



1844/ J 



jw/m 



SA 



m *» vi* ist jpmiee und Ksst sieh 
als Geummtresnltat vetficgender Erörterung feststeifen, 
das* Sckummnme CkvieroonposämM den merkwtfrdjf 
gan, bedeutenden Knusterscheinungen der Gegenwart heim- 
zuzahlen sind, welche durchweg sich durch ein edle* 
hohes Strehea auszeichnen aad manche Keime einer nenef 
Zeit in sich schliefen. ; 

Wie alles tiefe nnd Tüchtige, wie alle* Ernste *nf 
hrnerticfasteigene werten auch m erst mit dar Zeit und 
nicht ohne Mühe in's gro sse i fr h li e nm Irinnen nnd nnr 
langsam na w eil er e r Verbr ei tn ng und Aucrkenmeag g** 
lanifea, dann aber desto' aaafam» tat tauMaetlerlssW 
Richtung überhaupt, wie auf das musikalisch* Denken 
insbesondere, eine naekhabkn Wirkung ansähen. — 
Vorliegender Versuch, zu allgemeiner Theilaahme un^ 
ertröbfer Autaerlsamkeit ftir die fo Rede steheftfar Cdm^ 
Positionen anzuregen -^ wie frth oder spät auch er sich 
eines Erfolgs sn erfreue* haben möchte — in uns lebt 
die Ueberzeugung, dem wahren Interesse, dberhaupt der 
Sänke 4er Kaadt dadnrah ekmn wesentliche* nnd federn- 
den dienst 



R m o e fi s i a 11 i if« 



Doux Souvenirs (Holder Traum schöner Tage). Mflofffe 1 . 

Paroles dtBippolite Üugied, MusTque de Fr. $iirg- 

' mülter. Mit' französischem und deutschem ' Texle'j 

Mainz u. s. w., hei Schollt Söhnen. Preis 27 Kr. '\ 

äo ]¥Je fest alle (Jeder diese* Compouisleu, so hat 

auqfc dieses artige alla Pblacca gehaltene , ohne gerade 

tief und originell zu sein» etwas Frische* und Gefälliges^ 

Es ist, wie auf dem Titelblatt* nicht bemerkt worden^ 

für ejne Singstunde mit Begleitung des Piaeoforte gesetzt. 



t) Hai «her, Gedicht von Jtowms flfr *ine 

mit Begleitmag des Piaaefoi4e , to Musik •gesetzt w* 
HHnrich Esser. Btoadasfclbst. Paris 27 Kr. 

J) Mutterseclcua'rrein, Lied Iran demselben rar einh Sing* 
stimme mit Begleitung* des Pianoforte, componirt von 
demselben. Ebendaselbst. Preis 18 Kr. 

3) Scbfcmmerlied und Sie liebt dich, Gedichte von dem- 
selben , Ar eine Singstimme u. s. w, , cemponirt von 
demselben. Ebendaselbst. Preis 27 Kr. . 

j)*se, Lader scfcUaesenmeh der,ZeM der besseren 
an» Sin sJnd.simmHieh in nipem leichten, reinen nnd ras* 
den Gjpa entworfen «ad sauber ausgeführt, näi aeugtu 
von einem acbtbmma, wühl ealtivirten Talente. Originell 
and dabei doch gefall» fct vemüglicb das „linttoräeekftr 
nlleinl! und das „SeWwnmerüed. Beide habe» uns t/er* 
wgttc^eügeaewocheiu . ^ 



|) Md Wille, Gedicht <#on Wfixrv. Btcktndötff, in -IN» 
Sit gesetzt für eine Stagstimme fnlt Begleitung den 
Pfauoforte von ßf. Sptfrr. Op. 46. Hfend. Pr. 27 Kr\ 

2) Die Bfa aame, feffc ht Vo n - Sekmkmjtch&j jn Mtoft 
gnvctst Ar' eise SfhgMunM tirit Begleitung Ate fta* 



• nofoHe von «T. ÄMfer. Op. 47. Müfttti. s. w.> M 
Schorfs Stbnen. Preis 27 Kr. 
Der Cempoadet hat aus diesen, eben nicht vorzugö- 
eben Gedickten mehr an ssaefaen gewasst, als wir's für 
möglieh gehalten hätten, und Jemen Texten viel Ehre 
ängelhan. „Die Stille 4 * hat Recenseutmit Vergnügen wie* 
derholt gehört. Schade um die hühsake Musik gu 09. nur 
bedeutendem Texte ! 



Dan öde Hans, Ballade von KaMert, «reine «Bfca ti t m im 
mit Bereitung des Pianoforte* componirt von J. Jtn» 
t&nham. Ebendaselbst. Preis 49 Kr. 
Herr Dr. Lfiwe in Stettin hat durch seine geistrep 
eben Balladen den Comporfisten, die sich in dieses FacB 
wagen, einen sehr schweren Stand gemacht. — — Ob» 
gleich es dieser Rosenbain'schen Ballade nicht an ein* 
Seinen gnten Zügen fehl!, so hat doch der Verfasser^ 
nach unserem Gefühl, durchaus nicht den rechten Balla- 
dfertton getroffen und sein sonst achtbares Talent scheint 
uns nicht für dieses Genre geeignet zu sein. Es kommt 
AUp* an gesucht, oder wie man sagt: an gemacht her* 
aus, 6s fehlt dem Werke die innere stöbere Hakangi 
der Acht künstlerische Flosa nnd Guas. Dann mochte ea 
selbst einem geistvollen und gewandten .Singer schwer 
bllep, etwas Rechtes ans dieser Ballade an stachen uni 
sich damit Beifall au erwerben« — Es thut uns leid, die* 
se* strenge Urtheil aussprachen an ssossen. Aber wit 
käpnef lueht gcfan unser Knnelgefrissen nrihaÄeiu — 

t> fn dfe Peine, Gedieht Von Rhtke, flrr eine Siagstunme 
•ntit Begleitung des Pianoforte componirt von Ä> 
Oetksner. Op. 3. Ebendaselbst. Preis 27 Kr. 

t) Be* Fisehermädehen , Gedicht von Heine. Barcarole 
' t$t< eine Singstimme mit Begleitung des Piapbforte und 

• Violoncello, voh demselben. Op.4. Eben*. Pr, 45 Kr. 

• Wenn der Verfasser sich überall ,' zumal, in No. \ % 
Hiner natürlichen Declamaiion beDeissigt hatte, so wür- 
den Wir über diese Compositionen , die ersten, die wir 
VOö Ihm kennen gelernt, ein unbedingtes Lob ausspre^ 
chen können. No. 2 kennen wir schon in einer ziemlif 
eben Mebge von Compositionen. Doch haben wir auch 
diese mit Interesse gebort und die Zugabe des obligaten 

st ein guter Gedanke. 



i) Die 'Nonne, Gedicht von V. v. Mosen? componirt für; 

eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte von 

' '' Finnen* Leicht. Op. 13. Ebendaselbst.. Preis 36 Kr, 

2) Auf Flügeln des Gesanges, Gedicht von Heine, für 

ejne SingsWme mit -fl^gleitung -des Pianoforte von 

demselben. Op. 14. Ebendaselbst Preis 36 Kr. 

An des Verfcssers Stelle bitten wir dfcs widrige Ge t 

dicht No. 1 nicht componirt. Sollte ej aber doch geschel 

hen, so mnsste SS die Färbung verzetfluogsvoller Bitter* 

keit erhatlen nnd tragisch gefasst werden. No.2istgan4 

artig. eomponirt f ^aitdta ne- fehlt das südliche Golorit* AU{ 

diese Lieder sind sehr bplendid ausgestattet nnd, blos die 

Speiei^sckan ausgenommen, mit zum Theii recht artigen 



59 



1844. JaMMW. Nö. 5» 



40 



Six Divertissemens cn forme de marebes 



U Piano 



8>ianoforte) k 4 mains, coaposes per Ol Schwenke. 
euv. 60. Gab. 1 et 2. ßraunachweig, bei Mever jun. 
Preis k 1 Thlr. , . , 

Wer diese Divertissements auf sein Pianoforlepuft 
bekommt, lasse sieh nur nicht etwa, wie es beinahe uns 
selbst geschehen wäre, sogleich durch den Anfang des 
ersten vom Weiterspielen abschrecken. Recensent be- 
greift nicht, wie dem Verfasser, der sogleich im Trio je- 
nes ersten Stückes, so wie in allen folgenden , so feine 
picante und zum Theil schöne und edle Gedanken bringt, 
jene, nach unserem Dafürhalten ziemlich unerquickliche 
Partie entschlupfen konnte. Im (Jebrigen aber kanq man 
sich von diesen Divertissement*, wenn man sieb die Mähe 
giebt, die rechten Tempi für sie aufzufinden und den ew 
genthümlichen Intentionen des Verfassers nachzudringen, 
weit mehr, als — ein Divertissement versprachen. Wer 
indess kühne, halsbrechende Turnübungen für die Fin- 
ger, wer das Pfefferkuchenwerk modischen Pfcssagenwu» 
stes begehrt, der findet hier seine Rechnung nicht. 

Schliesslich ertauben wir uns noch an den Herrn 
Verfasser, dessen eigentümliche Erfindungskraft und des» 
sen Reiebtbum an interessanten melodischen und harmo- 
nischen Wendungen und Effecten wir achtungsvoll aner- 
kennen* die Präge: Warum ist die herkömmliche, m ei- 
nigen dieser Divertissements mit Geist und Geschick durch* 
brocbenc Harschform, der zu Folge man auf das Trio 
(wozu überhaupt noch diese, ganz bedeutungslos rewor- 
dene Benennung!) die kahle Wiederholung des ersten 
Satzes eintreten jässt, dennoch in anderen beibehalte* 
worden? Es scheint uns vor dem Forum einer gesunden 
Aesthetik unstatthaft, dass man in solcher Weise den 
Anfang auch wieder zum finde m#che. Wo bleibt M die 
lebensvoll sich steigernde Progression der Gedankcnentr 
wickelung? — Nach unserer Lieberzeugung muae, wenn 
in die Marschform Geist und Leben, Sinn und Bedeutung 
kommen soll, auf den Mitlelsatz (Trio) ein, die in dem 
ersten vorherrechende Stimmung noch steigernder Schluss- 
satz folgen. Die kahle Rückkehr des ersten erscheint uns 
malt, unbelebt, unkünstlerisch, unerquicklich. Der Herr 
Verfasser bat dies wobl auch gefühlt, allein nicht überall, 
mit strenger Consequenz , praclisch gellend gemacht, Z 

Eine von ihm gebrauchte u*d in «im besoadeseft 
Anmerkung erörterte „Quintenfolge*' (Cah. 2, S. 8) er- 
scheint auch unserem Ohr, bei discretem Vortrage, nicht 
sonderlich ansfössig, allein doch immer nur, ujrter höhe- 
rer Notbwendigkeit der Idee, statthaft. Man sehe die 
Sache selbst und entscheide darüber. 





Die Süssere Ausstattung den Werkes ist elegant. Sa vc*- 
langt zwar keine Bravourspioler, «ttei» dock sehr auf- 



Blätter und Trauben, Lieder für heitern Kreise von Joh. 
N. Vogl % mit Melodieen von den vorzüglichsten Gom> 
ponisteu Oestreichs. Zweite Auflage. ISA S.S. Wien, 
.. bei Jasper 1843. 

.Dar Masige Singer bietet hier 61 Lieder, säumt» 
lieh mit trosstenlbeils mehntimmken Tonweiscn verse- 
hen. Frohen Zechern eine empfehlenswerthe Gabe. Dass 
nicht alle Lieder und Weisen in diesem artigen Hefte 
gleich neu, eigentümlich und ansprechend sind, kann, 
bei einem sehen so vjeUach bebänderen. Gegenstände, nicht 
zum Vorwurfe gereichen. Es ist vielmehr zn bewundern, 
dass der Dichter auf einem so ausgedeuteten Felde im- 
mer noch seine frischen Blüthen zu brechen gewusst hat, 
wie denn gar manche dieser Trinklieder in der That von 
höherem dichterischen Werthe sind, während sich wie- 
derum die meisten durch glücklich erfundene Tonweisen 
auszeichnen, unter deren Verfassern indess auch manche 
nicht Oesterreich angehörende Namen vorkommen. Dass 
nicht nur der Character und Aufenthaltsort der Compo- 
nisten, sondern auch Ort, Jahr und Datum ihrer Geburt 
angegeben sind , giebt der Sammlung noch einen beson- 
deren literarischen Wertb, welche sich übrigens den Bei- 
fall, den sie bereits in ihrer ersten Auflage gefunden, 
auch, in noch weiterem Kreise, in der verliegenden »wei- 
ten erwerben wird» Die Ausstattung ist des gefeierten 
Dichters, und seiner hier gebotenen Gaben würdig. 

La fontaine. Le feu follet. Delix morceaux de Salon 
> ponr le Piano(forte), eompose* nar Betthold Damcke. 
Oeuv. 13. Cah. 1. 15 Sgr* Gab. %. 25 Sgr. Ber- 
lin, bei Paes. 

Es ist sehr lobenswerlh , dass der Herr Verfasser 
nicht, so wie so viele Andere, in'e Blaue hinoincompo- 
nirt, sondern nach Ausprägung poetischer Ideen gestrebt 
und dieselben durch jene Öeberschriften : „La fontaine" 
und „Le feu follet" angedeutet hat. So weiss man doch 
gleich , was er gewollt und erstrebt hat, und kann mit 
Sicherheit darüber entscheiden, wie es ihm gelungen ist, 
seine Intentionen zu erreichen* Unserer Quellentbeorie 
nach ist aber seine,,Fontaine" nicht sowohl «ine Quell* 
als vielmehr eine «sehr ansprechende Scene an einem sanft 
zwischen schaltigen blumenreichen Ufern dahingleitenden 
§irome. Für das enge gebeimnissvolle Arbeiten , Spru- 
deln und Murmeln einer .Quelle ist uns die von, ihm ge- 



4t 



IS44. 



No. 3. 



48 



brauchte sanft, woge^e, und in dieser Hinzieht «ehr ma« 
lerische Bassfigur zu brat und in saäebtig. Damit atei-t 
len wir übriges» keineswegs in Abrede, das* dies* Ar- 
beit ein recht freundliches, geistvolles NalurhiM gebe. 

Die w«as^riwreti Skalier ^iiies Irriiebttaocesscbeiet 
der |V«rfeeser «och nicht selbst «riebt so beben. Er würde, 
sonst gewiss dem „Fe« fdUet" elfte andere, unbeimli- 
obere» grausigere Färbung gegeben beben» als sie die an 
und für sich sehr brav durchgeführte Trioleufigur bietet. 
Gebrigen* ist da» tief Schauerliche, Sehleichende und daM 
wieder seltsam Hüpfende, dan ans tiefer Nacht HesuefMin* 
bende eines Irrliebla ein sehr ergiebiger Gegenstand für 
einen musikalischen Landschafter, den nsau indess* wie 
alle anderen ans der Natur gegriffenen , nnr naeh tuet 
tigern Stadium ihres geheimnissvollen Lebens treffen kenn« 
An und für sieh bieten beide tiefte woMgeflbten Spielern 
eine interessant* Unterhakung. AnestaUMg .splendid. 



Amusemetis de salon. Trois nouvelles nocturna poarlc 
Pianoforte par Jacques Schmitt. Oeuv. 320. Ram- 
barg, bei Kranz. Preis t Tblr. % 
Ansprechende Themen, frei in Thalberg'scber Manier 
variirt, also ganz fiir den „Salon" geschaffen« Wir zwej* 
fein nicht, dass der Verfasser damit dort sein Glück ma- 
chen werde. . K. . 



Naghaightbh. 



Leipzig, Atn J6. Januar 1844» Am 3. Januar d. J< 
gab im Saale des Gewandhauses Herr NepoUone Mo* 
riani, unterstützt von einem Präul. ifotsttp und einem 
Herrn Ciabatta, eine musikalische AbendunterhaUnng, in 
welcher, blos mit Pianofortebegleitung, folgende Stucke 
ausgeführt wurden : Terzett aus Luercaia ßorgie, gesue* 
gen von Fräul» Rosetti und den Herren Moriani und 
tXabattu. — Romanze ven Donizetti, gesungen vng 
Herrn Moriani. — Introdnetion und Variationen über 
ein Lied „Das Lob der Thranen," von Fr. Schubert^ 
componirt von F. David, vorgetragen von Herrn Joseph 
Joachim aus Wien« .— Cavatine aas der Oper ,Jfolla,'' 
von RiccL gesungen von Prfiul. Rosetti* — Deeltn buifo 
uns Doli, Fasuuale ven Doninetti 9 gesungen von Präul* 
Rosetti und Herrn Ciabatta. . — Arie aus dem Piraten 
▼on Beüiw, gesungen von Herrn Moriani. — Zwei Lin» 
der, psuugen von Herrn Ciabatta. — Duett aus Figaro 
von Sloiart, gesungen von Präul. Rosetti und Herrn 
Ciabatta* — Duett aus Linda di Cbamouny von Dom* 
xetti, gesungen von Fräul. Rosetti und Herrn Miriam* 

Wir wissen nicht, ob Herr Moriani in Italien, sei* 
nem Vatertande, als Gesangkünstler hoch gestellt und ge- 
schätzt wird; in Deutschland bat er sich, hauptsächlich 
durch seine wiederholten GastdanteUungen auf dem Thea- 
ter zu Dresden 9 enthusiastische Anerkennung und gros* 
neu ftuf erworben, ja so entschiedenes Aufsehen erregt» 
dass wir mit Recht Ungewöhnliches erwarten und bedeu- 
tende Ansprüche an seine Leistungen machen durften* 
Als ganz vorzüglich ,jron t seltener Schönheit, Kraft und 
Frische ist uns immer seine. Stimpe.gf rühmt wor4e*b 



während man seine GecaughOdung nieht seilen einteilig» 
nur auf die neueste italienische Opernmusik geschult, den 
Anforderungen, welche man überhaupt an einen durefe» 
gebildeten italienischen Gesangkünstler su machen g*» 
wohnt ist, nicht entsprechend linden wellte» Aus eigener 
Uehterzcugung können wir jetzt dem leinten Urtheile oiebt 
widersprechen, und dem Lobe der Stimaie nicht gann 
beistimmen. Es ist nicht nu leugnen.» man hört Hern 
Moriani 's Stimm* an, dass nie schön war» man hat im* 
mer noch ein tüchtiges Material vor sieh, allein Frische 
und jede schöne , gewinnende Eigeutbümliohkeit der Ja- 
gend sind nicht mehr da $ es ist nicht mehr Wohllaut in 
jedem Tone» nicht mehr die natürlich* Macht im Klange, 
die, oft ohne Absicht und Verdienst des Sängers, unwi- 
derstehlich wirkt, die tief in's Herz dringt, auch wenn 
sie nicht vom Heran kommt Unter selchen Verhältnis- 
sen tritt nun Das, was man bisher in der Geacbmack** 
fiobtunf der Leistungen des Herrn Moriani als eine zu 
einseitige Ausbildung für die neuesten italienischen Opern- 
eompositionen erkannte, überhaupt als ein Mangel der 
Gesangbildung im Allgemeinen hervor. Es scheint in Ita- 
lien nicht besser, als in Deutschland, su sein, und die ita- 
lienischen Singer scheinen eben auch nnr Das nu ler- 
nen, was sie für die Opern brauchen, die gerade jetzt 
auf der Bühne besonders gelten und beimisch sind. Die 
Italiener haben hierbei allerdings viel leichteres Spiel, als 
wir Deutsehe, denn sie singen und brauchen nur italie- 
nische Musik» während wir die Musik aller Welt singen 
und brauchen, wenigstens zu brauchen glauben. Seit nicht 
mehr „Rossinis Coloraturen- und Guirlanden- Arien die 
italienischen Theater beherrschen» sondern BeUmfs durch« 
sichtige noten- und passagenarme Sentimentalität durch 
Doni*eUP s nachgeformte Opernlegion darauf, heimisch ge- 
worden ist, scheinen sieh auch die italienischen Sänger 
nnr wenig um Volnbilitäl der Stimme, um Coloratur ui 
dergl. nu kümmern; die einzige und immer wiederkeh- 
rende sogenannte Ausschmückung ihres Gesanges, Ja auch 
Das, was sie vielleicht Vortrag nennen mögen, besteht in 
einem aus Frankreich .erhaltenen grellen SchaUiren durci| 
Porte und Piano, und in ejnem säuselnden» leicht hinge* 
bauchten Mezza voce. In solcher Art zn siugen ist Herr 
Moriani ein Musler; ein gutes Musler deshalb, weil er 
nichts übertreibt, weil er Maess hält überall, weil er der 
an sich armen Vortragsweise, durch gute Oeconomie Inf 
teresse zu gewinnen und sie dpduroh weniger, unleidlich 
zu machen weiss, als sie ausserdem ist und sein muss. 
Es ficht vielleicht keine Manier in der Kunst, die nicht 
ursprünglich wenigstens etwas wirklich Interessantes oder 
Gutes rar sich anführen könnte, von dem sie eben aus- 
geartet ist; und Herrn Moriani muss man das Zeugniss 
geben, dass er die eben geschilderte Gesangmanier. theiU 
weise interessant zn machen, namentlich aber, dass er 
sich von den Extravaganzen derselben ziemlich frei zu 
halten weiss, obwohl er über die Manier selbst sich nicht 
zu erbeben vermag, oder wenigstens es niemals versucht. 
Wie weit in technischer Hinsicht die Gesangbildung Herrn 
Moriani $ reicht, lässt sich in dieser Art zu singen gar 
nicht beurtbeilen; wir haben eine gute Tonbildnng, ein 
ziemlieh gutes nur nicht ganz leichtes Porlamento, gute 
VocalisaüQn, aber nicht die gering** 6 Coloratur, nicht 



46 



1644, Ja 



, f > N«.-5i 



ein* Senr rdtt Tritt«-, ja kaum eten ftsnpeteklag oder 
dettleMna von ihm gehurt* aW kuastfcrisebe Aaftu- 
saag, Intention, Vortrag kann natttrliea bat mi aal* 
eben ftepertoir* wo aha Cu s a a is ft k lm sscr aar mm 
schlechte Variation den anderen tat, gar nicht weiter g*> 
sprechen werden. Es ist überhaupt mm schwere Auf* 
gäbe, solche Maaik einen ganzen Abend hindurch im Gen* 
eert, utid zwar na» vom Pianoforte begleitet, mit anhe^ 
ren *tt müssen. Auf der Nim*, für imMM derg l ei chen 
Musik gemacht ist, greift *o Vieles zusammen , und der 
Zuschauer tritt gewöhnlich Mit den Zuhörer in so nahe 
Verbindung und Wechselwirkung, das* «um am Bnda 
dieht weise, von wo der Effect ausgegangen md bei wem 
er eigentlich erreicht wordea ist« Im Concert aber, wo 
man eben Nichts bat, als die Musik und jkreo SRngerj 
da weis» man aar gar an gut, was keinen Effect maekt 
oder gemacht bat. 

Frliui. Bosetti ist eine noch jngendlkhn Singerini 
mit «War üerfsugrclcher, klangvoller* aber sonst unbede*«» 
tender Stimme ; ihre Ausbildung ist, was Cotoratnr, Tril- 
ler« n. dergl. betrifft, gat, im uebrigen aber gesehnmekJ 
md geistlos.- 

Herr Ciabatta besitzt einen angenehmen Bariton, 
aber noeh sehr wenig Ausbildung, und ist fast nur ab 
schwacher Dilettant zu betrachten. In dem Bnffo- Duett 
aus Don Pasquale von Dtoritetti, das er mit I*raal. Rö+ 
setti sang, war er übrigens recht lobenswertb ; das Duett 
aus Figaro von Mo%nri „Crudel, nerobe," ebenfalls mit 
Frifal. Rosetti gesungen,- War dagegen tou beiden Seiten 
eine sehr schwache Leistung. Unter den Liedern, weiche 
Herr Ciabatta sang , befand sieh eines von Felix Mtn* 
ÄeUsokn-Bartheidy („Venetianisehes Gondellied," No. 5 
ans dem neuesten Heft Op. 57, ans HmoH nach A odrtr 
Asmoll transpomrt), das «war viel an langsam im Tfempb 
und gar au sentimental im Vortrage genommen, aber 
sonst, und zwar mit deutschem Text, recht gut gesun- 
gen wurde. Ueberhaupt dürfte Herr Ciabatta > bei recht 
fletssirer and guter Ausbildung, ein angenehmer nnd 
brauenbarer Singer worden , da er zumal eine sehr ge* 
winnende Persönlichkeit besitzt. 

Das einzige wirklich Interessante, ja sehr Ausge* 
zeichnete in dem ganzen Concert war ein Rinderspiel, 
da* Violinspiel nämlich des jungen Joseph Joachim ans 
Wien, welcher Variationen von F. David über „De* 
Loh der Tbfünen" -von Fr. Schubert, ebenfalls mit Pia- 
nofortebegleitung so gelungen vortrug, dass ihm wieder 
holt der allgemeinste und lebhafteste Beifall zu Theit 
wurde. — 

' Zwölftes Abonnement - Conoert im Saale des Gewand* 
hhuses, Donnerstag', den 11. Januar 1844: Symphonie 
Von W. A. Mo*art (Omotl). — Redtativ nnd Arie mit 
obligatem Hanoforte von W. A. Mozart, gesungen von 
Miss Birch, das Piänoforte gespielt von Herrn MD. Bit- 
ler. — Adagio für Waldhorn von Lübeck y vorgetragen 
von Herrn A. Mar alt, königl. baier. Rammermus. aus 
München. — „Agnus Dei" von L. Cherubini (nach dem 
Origtnalmanuscript und zum ersten Male). — Fantasie 
für die' Violine, componirt und vorgetragen von Herrn F. 
Meralt, kffnigl. baier. Hammarmusikus aus München. — 
Cavatine ans der Soanambula von Bettfai, gesungen von 



44 



ÄrcA. ~ Oaterturo nnd InhwimiMii aas „WH« 
Mm Tau« von BossmL 

Die Aasflbrong der CUtoe in diesem Coneerte hat* 
eine bedeutende Anzahl hiesiger Dilettanten «amammett. 
Wir haben schon iftar a us g as p iuthe n, wds reich und 
gNektica Leipzig ia dinier Knaeht ist, wie leMrt um* 
schnell es biet arigtieh wird, grossartfae and wirklich 
»ertrefKehe Gceangauffuhrau*<m an machen , namentlich 
arftdem unter und durah F. Mendelssohn «in so frischer, 
eritfhlee Streben, aha- so adln Mcbtaa* In die Wer an 
allgemein verbreitete KunetHebe gebracht worden ist. BS 
mag gewiss sehr selten gefunden werden, dam, wie in 
unseren tiewaadhaaseoncerten, dasConcertpubtienm in sieh 
salbet so reiche nnd kunatnebUdete. musikalische Mittel 
vnrainigt nnd jederzeit ans liebe aar Kunst gern geneigt 
ist, Mesikaaföbrengeu , für die es keaahlt, noeh selbst 
thitig auf da* Wirksamste an mtaratntzan. Wr wissen 
recht wohl, dass, wie die Sache, so daa Publicum, vor- 
ausgesetzt, dass es so gebildet ist wie daa nnserige, nur 
dabei gewinnen können $ aber selten sind solche Erfah- 
rungen dennoch gewiss und für uns und. unsere Kunst- 
freunde nur desto ehrenvoller. 

Die beiden Stücke, zu deren Ausfuhrung Dilettan- 
ten mitwirkten, waren: das Agnus Dei von Cherubint 
und die Iniroductiou zu Wilhelm TellvOa Rossini ; beide 
in ihrer Art vortrefflich, das Agnus Dei aber noch be- 
sonders dadareh interessant, daas es, so viel uns bekannt, 
bis jetzt noch nicht im Drucke erschienen ist. Hier wurde 
es nach einem Manoscripte anffeefhbtt, das Herr MD. 
Hitler noch von Cherubim selbst als Geschenk erhalten 
hat Sa besteht aus zwei Sitzen, dem Agnus Dei (in 
C-Tact in Gmoll) und dem Dona nobis (%-Taet in 
©der), letzterer besonders schon in canonischer Führung 
der Stimmen, und vorzugsweise interessant durch eine 
Insserst complicirte, dabei aber auf die meisterhafteste 
Weise gemsehte harmonische Modulation. In der Intr*» 
dttdtion in Wilhelm Teil blieb das Quartett mit der flft 
deutsche Teuere kaum ausführbaren hohen Partie des „Fi* 
Schers m aus, wogegen nfehts zu sagen ist, da die Wir- 
kung des Ganzen durch Weglassung dieser eingeschobe- 
nen Episode, im Concert wenigstens, durchaus nichts ver* 
licrt. Die Ausführung war durchgängig sehr lobenswertb 
und' vorzüglich schön spielte das Orchester die Ouver- 
türe, welche, trotz mancher Schwachen, doch Sehr viel 
Eigentümliches bat nnd jedenfalls das beste Orchester*- 
stuck ist, was Bossini überhaupt geschrieben haben mag. 

Miss Birch gelang diesmal am Meisten der Vortrag 
8er Cavatine von Bellini, in wfeteher sie allen Zauber 
ihrer schönen Stimme entfaltete; zwar etwas zu folge* 
big mit Trillern, Ritardando n. dergl. war, Alfes aber, 

1a selbst die TriHer, die' sonst nicht' itnmer ganz voll- 
kommen sind, so meisterlich ausführte, dass nichts zu 
Wünschen übrig bHeb. Weniger ausgezeichnet, Obwohl itt 
Auflassung und Stylsbbr vorzüglich, war die Ausfuhr 
rung der sfchönea'Arfe von Moxart; bei welcher ein 
feineres Zusammengehen der Gesang- und Planofortepais 
tte zu wünschen bfieb. Miss Birch erfreut sich mit Recht 
immer grösserer Tbfcünahme unseres Publicuing nnd ihm 
diesmaligen Leistungen wtarden wieder mit dem leben« 
digsten BeHhH aafgenommeO. ' - 1 - 



4S 



1*44 ' 1 



NcU5; 



4* 



Von Jap üerrtatx Gabn-dcrm Mfrmft aus MSücbeo 
haben wir Bereit* vor *wci oder drei Jahren den Tiolin- 
▼irtnoses Hetr» jP. Mormti im einem unserer Gewjud- 
hans^Goneerle gehört ond daftah mk ▼erditater Aner- 
kennung «na ober seine Leistungen ausgesprochen. Er 
hat jedenfalls seitdem in seiner Aasbildung Portsehritte 
gemacht; er spielt nicht nur feiliger, sondern freier, 
eleganter; auch sein Ton hat gewonnen und seine 
Vortrags wjt* Amt tapprigttr and seHder geworden; 
obwohl seine Gomposhfonen hienfait ■gleichen Sehritt zu 
halten scheinen, so gebt ihnen doch höherer Knnstwerih 
nur Zeil- noch ah, der ajneh in solehoo Virtnosenstücken 
ond Coneeri Variationen, wie die Fantasie Herr)) Moratfs, 
nicht so ganz ausser Acht gelassen werden sollte, Herr 
A. Moralt halte in dem Adagio von Lübeck keine Ge- 
legenheit, seine Ausbildung und Fertigkeit auf dem Wald- 
horn zn zeigen* sein Ton ist weich «nd ziemlich sonor, 
doch nicht eben stark und kräftig« Es th«i m*J leM, mehr 
nicht über ihn sagen zu köunen ; die Bemerkung aber 
fügen wir noch bei, dass beide Künstler, hauptsächlich 
aber Herr P. Moraü, sich vieler Anerkennung von 
Seiten unseres Publicums zu erfreuen hatten. 

Die so ausserordentlich schone, in hohem Grade poe- 
tische G n>oll~ Symphonie von Mozart, mit welcher dos 
Coneert eröffnet wurde und mit welcher wir diesen Be- 
richt schliessen, ging gut, doch nicht so fein und xart, 
sie war nicht so vollendet in Auffassung und Vortrag, 
wie wir sie schon in unseren Gewandhäusconcerten ge- 
kört haben. Einige Nachlässigkeit, vielleicht auch Unglück 
(denn man moss hier sehr vorsichtig, nrtheiien, am nicht 
ungerecht zu werden) der Horo- Blaser wirkte störend. 
Wir sollten meinen «.en müsste . solchen unangenehmen 
Unfertigkeiten durch Achtsamkeit und Fieiss fast für im- 
mer hqgegoet werden können, R, f. 

Feuilleton. 

In Madrid ersebeiecn jetzt drei musikalische Zeitschriften: 
der Aofion Madrideuse, die Iberia musical and La Filarmoaia. 

Straues will a>it seiaem Orchester eine Reite nach flaatfe, 
KSaigsberg, Bis«, Petersburg und Meekae machen. 



Sebüg|%/ft«er«ei dem bevaegliea AnMt-*mt*V*e*ttt Ho? 
tbeater engestellt, ist bei dar ft ai s an t r fiahae eagagirt worden. 

Die Leitung der öperamasfk am Darmsladter rfoftheater, 
miefebe bisher todigiieb de« Herre Hofeaaeflmerstei» Mangold ob* 
las, **ri derselbe in Zukauft mit den Herrn Hofcaeellmeister 
Thomas theilea. . . 

Die in der prent». Provini Weatahalea bestehende* vier 
Mallehrei-geMagfeste siad auch bat vortgee Jahr« gefeiert wer» 
des, and aarar an Weaeadorf an 0. Seateanhe*' mit 128 Singer», 
seter Leitung des Schallehren Herrn üeUmmnn aas Mäaster; an 
Bären am 27. September, mk uogefäar 26* Saagera, unter Let- 
tnng det Semiaariebrera Herrn H&meamp; sa Bielefeld am %&. 
September, mit 180 Saugern, anter Leitaag det Semiaarfobrere 
Herrn Glämtmer aai Peterabagea * «a Buges aat 4. feaaeer, mst 
2*8 Saagera, eater LeHaag des Seariaariehmrs Herrn Emgwikmrdt 
aas Seett. Die vorgetragenen Gesangslücke, Cberile, Motetten and 
andere kirebliebe GborgetSege and Lieder, meist efassische WerkeJ 
waren naeb einer darebgebeadea leitenden Idee geordnet and an- 
ter eiaaader verbanden. Ms Aaffibraagea gereiebtea durchgängig 
. dam lahlreioh vereammeltea Publicum aar wehre* Hrbaaaag. 

Dat aene Tbeater in Hamburg, von Herrn Maurice, dem Ei- 
geuthfimer deaaetaea, Thalia *■ Tbeater genannt, bat vaa musikulP 
aebea Werken bit jetat aar Peteen and Vaadevitte's mit Gesang 
aar Aaräbrang gebrecht. Für «peFB-DtebJer und Cemaoaiatea 
acheint alte diene Tbatia keine Hoffnungen darzubieten. 



Mad. Schröder -Devrient itt, wie man versichert, flfr drei 
Wlntermonale in Berlin, dann aber, wieder für eine Reihe von 
Jahren in Dresden engagirfc 

la Weimar Ist eia jugendliches Talent, Franl. v. Ottcnburg 
aas Prag, am dasigeu Hoftbeater angestellt worden« Sie ist eine 
Schülerin von der Sandrini, der tvtzer und dem Capellmeistef 
Nicolai in Wien, nnd maa verspricht tieb für die Zukunft Bedeu- 
tendes von ihr. 

Mendelssohns Oratorium Paulus ist von Herrn Maurice Bour- 
res in's Französische und vom Marcbese Domenioo Capranica la's 
Italienische fibersetzt worden. 

Miss Clara Novelle bat sich cn London mit dem aus Perms 
im Kirchenstaate gebürtiges Grafen Giglived vermSbU und Eng- 
land verlassen, um sieb aaeh dem Pestlande zu begeben. 

Donitettts Don Sebastian ist In Paris durchgefallen; seine 
Maria di Robaa (ursprünglich fftr Wieb geschrieben) hat jedoch 
den Tag darauf Beifall gefunden. . 



An litt nd Ig an gen. 



Kunst - AnzMge. 

Nach Jeat ftckaaatea , ia Jahr 1817 aaeh der Natu and ia 
matartieaer Graue ton A. «. Klöber gezeickartea aad ia deaaea 
Aimm U4k IM aa p a aMHra . dhWUr« 

MrwtMlde Beethoven** 

tat jetat alsteV AtJbfea* des jreaaautca Kaasders ebne -getreu* «aal 
tiBrhst gebaageae verkleiaerfe littiagaaaliiHe Ausgabe ceacsii ca aav 
eüe auf cbiaesiidKOi Parier a f Taaler, and h» gewabaliebefn Abi 
draek k \ Tbaler vew am* and dareb alte Bacb-, Kamst • aMd Ma> 
ailaiKaalaiardlaagea aa teafetwa Isl* kaem aamlreftebea V«rebja*a 



Saaael! 



tertebewd alftiUahei aaab ia det Iillbev 
bie sebr gelaageae Bild am so »ehr empfeblea« alade^ Kam 
Ibew hahg geaiem^ift, *U aäcb müe sjerfagea Rotten des Eia- 

_ H. a 1.-JB. --1-- — 1 -»-■-« ffcl» flaaftaaat lM«kj 

tarUcac» Craaaa, v*U^*»^^**mah*mw*to*»^M*¥k^ 



p^ieleH bleibe, ist fortwabresid Ar i| Tbaler vaa ama iaiilaadel 
aa beaiehan* 

Berlin , aaa Jaaaar 1844. 

Tmiitweiai #f> Ce>maaK 



Ia attse¥m Verlage erschien so eben nuid ist ia allen Bucb- 
and MasihaHeubaadlangeB aa erbaleeä:" 

a>tte>. Frans , l*tue Lieder. eompoaiH ftr vier Üftaaerstia.- 
Partitur un4 Stimmea. I Tblr. • 



Früber «ersebiea bei was» ' 

Wtta>> Fr»»*, Saabs Lieder für vier Mm*n; H tmmm. Op. SO. 
Partitur ärod «Ümaaea. i TUr. ' 

B6llta*3*tf Casrl, 2esW Lieder sauf tfcsAtje fiir vkr Mätmer» 
'>■ stimmen. Ia A Hefiea. Paaiilara. Stiaamea. JeeVa Haft ff) für. 
- Lebaalg, isa ffaaesabea 1843. ... 



« 



1*44. J 



No* 3u 



48 



im Verlag von Breltkopf & Hftrtel in Leipzig 

erschienen ui durch alle Buch- and Mi 



•• eiaä; Thlr.Sfr* 

i, A., Variation* brillaatet et Finale aar na 

theme de 1« Sonnambule de Bellini, pour le Violon avec 

aecomp. d'Orcheetre. Op. *.... S 10 

_> — Lee memet avec aecomp. da Pia»«....». .*.. — » 2sf 

Coacertia» paar le Viola» am aeeeeap. d'Oaaho- 

atra. Op. 14 . 4 — . 

— — Le mime avee aecomp. da Piano 2 — 

HlereT, €1« B., Kyrie «ad Glavia für 2 ChArc «ad 

Orcheater, ia Partita* 4 20 

■•y. J. B., La Heia Michel aa ~ 

;kal. Elena mnslrnle anar la l*lana a « 

— 1* 



Elegie m nt i c al s paar la 



In vie d*en £knt 
maiue. Op. 127. 

, R., Sehilflieder von N. Leaaa. Na. 1. Auf ge- 
Waldee Pfade. Na. 2. Droben geht die Senne 
Na. 5. Trabe wird'., die Walke» jage». Na*. 
4. Sonnenuntergang: Sebwana Wolke« aieh'a. No. 8. 
Auf dem Teich, dem regungslosen. Für eine SingtÜmme 

mit Pianoforte. Op. 2 

H*leTT,F», Potpourri nach Themen der Oper t Karl VI. 

ftr da» Pianoforte. (Na. 98 d. Samml. v. Patp.) — 20 

Heller, St., Faataisin aar la Ramaaaea En retpeet 
mon amoar se dünge, da 1' Opera i Gbarka VI. da F. 



— 18 



— 20 



Tblr.Rgr. 



WelaT, F., L'Art de rKipressioa. 24 Stades aeilea 
et n i e gr ctt i vct poar le Plane o« inlrodattien k eellee 
Op. 10 et 2Ä, de Fr. Chopin, et Op. 20 et 80, de 
l'Aoteur. Op. 90. Liv. I, 2 M kl — 



Im Verlag der Unterzeichneten werden nächstens 
folgende Werke von 

Fr. Hunten 

mit Eigenthnmsrecht erscheinen : 

Op. 130. IiC» dtSllces des Jeunes Plaail- 

Stes« Qoatre petits rondeaux p. le Pianoforte. 

Na. I. La Chatte, theme de C. Kremser. 

- 2. La Valse, de Fr. Bunten. 

- 5. La Polonaise, theme de Jtetfum'. 

- 4. Li Marone, theaw de 



Op. 131. lfese e< Bleuet« Deirx airs varies ponr 
le Piano. 

Na. 1. Air Suitte. 
- 2. Air Allemand. 



Leipzig, den 15. Januar 1844. 



Halevy poar le Piano. Op. 3' 
Herold, F«, Potpourri nach Themen der Oper: Zampa. 

Für dat Pianoforte. (No. 60 d. Samml. v. Potpourris.) — 

Hers, S., 3 Airt de BaUet de l'Operat Charlct VI. 

de Halevy , arraagea en Randeanz panr le Piano a 4 

maint. Op. SO. No. 1. La Pavanne. No. 2. La Mat- 

carade. No. 5. La Bourree k — 20 

H&nten, Fr«, Let Emeraudet, ponr le Piano. No. 1. 
Gnade Valte brillante. No. 2. Melodie de Mercadaote 

variee. Op. 128 k — i» 

Let Topases, poar le Piano. No. 1. Grande Vabe 

brillante. No. 2. Troit ReVeriet melaneoliques. Roman- 

eet tant parolet. Op. 120 k — • 18 

HÜmten, W M Moeaiaue. 4 Sottet de Melange* det 
morceaux de l'Operai Charles VI. de F. Halery poar 

le Piano. Saite 1 — 4 k — 20 

Kjtlfebrenmer, F., et Paneflta, Duo nur l'Operai 

Charlet VI. poar Piano et Violon. Op. 168 1 » 

Reeller, «., Roadoletto tnr nn mofif de Charlet VI. 

ponr le Piano. Op. 80 „ — 15 

Schumann, Clara, 6 Lieder. No. 1. Ich ttaad 
in dunklen Traumen , von Heine. No. 2. Sie liebten 
«ich beide, tob Heine. No. 5. Liebeiaanber : Die Liebe 
täte alt Nachtigall, von Geibel. No 4. Der Mond kommt 
•tili gegangen, von Geibel. No. 8. leb hab' in deinem 
Auge, Ton Rackert. No. 6. Die ttille Lotosblume, von 
Geibel. Für eine Singttimme mit Pianoforte. Op. 18..— 20 ; 
Schumann. R., Andante and Variationen für zwei 

PSanokartta. Op. 46. 4 8 

Senmladebaeh, 3.. 7 Lieder und Gesinge. No. 1. 
Abtchiedi Schöne Wiege meiner Leiden, von Haine. 
Na. 2. Lyda's Träumt Lame flüstert! in den Zweigen, 
von Lyter. No. 3. Ständchen» Wenn Abend kommt, 
von Lyter. No. 4. Dann deahe an ihn t Dn bl&heat in 
holder Lieblichkeit, ron Jager. No. 8. Irrstem: Nach- 
tigall, Nachtigall, rieb mir deine Flügel, von Wacher- 
nafcel. No. 6. Ewig nah : Bin ich auch fern von dir, 
von J. S. No. 7. Abtebiedtgrnti i Dir, da Thcare, gern 
ergeben, von J. S. Ftr eine Singilimmt mit Piano* 

forte. Op. 12 „ ...„ — M 

Spmlar, Ij*, Potpourri nach T hemen der Operi Ze- 
mir* und Amor, fer dat Pianoforte, (No. 06 d. Samnv 
hang van Potpoarrit.). — SO 



Bei Frleelriclt Flelgefcer in Leipzig enehien to 

C« JP. Becher* 

Organitt an St. Nicolai in Leipaig, 

Evangelisches Chortiibueh. 

138 vierstimmige Choräle mit Berücksichtigung 

des neuen Leipziger Getmngbuchet. 
4? Preie 2 Thaler. 

TeUstofodlges Cltoi^teaelodteiiliaeli 

xu dem neuen Leipziger Gesangbuche 

inm Gebrauche in Kirchen and Schalen. 

Preie 8 Ngr. 



In Janaar 1844 erscheint die ertte Lieferung von : 
Kermer, W« 9 Potttadienbock 

— — Der vollkommene Organitt. 

— — Musikalisches Beiblatt zum Orgelfreund. 

— — Der Cantar and Organitt, oder: Album ftr Gesang und 
Orgelspiel. Sammlang von OrgeUtucken aller Gattung, nebet 
föreheageaarai, ab: Chorale, Psalmen, Hymnen , Motet- 
ten n. t. w. Mit Originalbeitrigen der berühmtesten und be- 
Gesang- und Orgelcompon 
den 2. Januar 1644. 



liebtesten 
Erfurt, 



npomsten. 



W. K* 



Unteraeichneter setzt deottche The ateid irectionen in I 
data die von ihm nach Roger und Y***« »'• Denttche ihersetxte 
dreiaetig« komische Oper: Aon PmsqumU von Doniaetti>— am S. 
Jaauar v. J. «am ersten Mal . in der italieniachea Qaer gna^benv 
and seitdem eine Uehlingtoper der Pariter — . bei inm an bezie- 
hen itt Darauf Renoatireade erhalten den in Paris gestochenen^ 
aum Dirigiren eingeriebtelen Clavierantang mit unlerlegtem damt- 
eehem Texte» die g at t aah en en Orehesterttimmeo , dat voUsUndige 
Buch, ti» Cettamea- Blatter. and Mite en Saene «u einem seh* aa> 
nehmbaren Preiae. 

. Carl Crnllnmlala in Frankiart a. M. 



Dwwk nad Verlag tob Breitkopf und Härtet in L*npwg nnd oakr fartn Vcmntwortlicbkeit 



48 



ÜÖ 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 24"* n Januar. 



M 4. 



1844. 



Itt Zur Geschiente des attaaerfeeaafes. — JlMtMAmai. — /VawMa**»; Am Haftbar*;. Am Leipuif. — Amkfindig umgen . 



Zur Geschichte des Männergesanges. 

Seit die Meistersinger aufgehört, geschah ausser der 
Kirche wenig mehr für gemeinschaftlichen Gesang. Die 
Fürsten Hessen sieh in ihren Hofopern und Goneerten von 
Wälscben unterhalten (wie sicb's jetzt, dein Kreislauf der 
Dinge gemäss, wiederholt) — in grossen Städten hörte 
das Volk zu, in kleinem begnügte es rieh mit Gurrende 
und Chor, mit Neujahr- und Gregoriussingen. Die 8ta> 
denten übten ihre Commerslieder, meist unisono , nur 
mit beliebiger zweiter Stimme; ans ihren Kreisen wur- 
den in den damals abgeschlossenen der Familie die bes- 
seren Melodieen und Lieder übertragen — ; „Bekränzt 
mit Laub,' 4 „Vom boh'n Olymp," „Gaudeamus," „Des 
Jahres letzte Stunde ," „Lasst die Politiker nur spre- 
chen" und so viele andere bekamen Bürgerrecht; man 
sang sie so ehrbar lustig, wie es Ifflmd in seinen Ja* 

Srn aufs Beste anschaulich gemacht hat. In den Bürger» 
useru blieb das geistliehe Lied verherrschend ; das Volks- 
lied war wieder in die Hände der untern Gassen gefallen. 
Unter dem Druck der Jahre 1806 — 13 erwachte 
das Volksbewnsatsein $ man fing an, sieh zu erinnern» 
dass Alles, was deutscher Zuge sieh bediene, auch zu 
Deutschland gehöre $ Männer wie Am dt s dachten , was 
sie spater begeistert sangen: dass nicht Fommerland, 
nicht Preusscnland, triebt Baieriand, nicht Steteriand, 
sondern : 

„Se ireit die deutsche Zuge klingt 
Und Gott in Himmel Lieder aisgt — " 

des Deutschen Vaterland zu nennen sei. Und nicht blieb 
da* lebendige Interesse dafür Mos in den Binden der 
Dichter, wie zur Zeit fFoUrams ton Eechmbmsh, Ul- 
richs von Hütte*, Daniel Sdmbarte — , nein, es durch- 
drang Hohe und Niedrige, Arme und Reiche, Adel und 
Bttrgerthum <-, es führte die Menschen zusammen. Als 
Deatache fühlten sie das Bedürfnis*, nicht allein zu spre- 
chen, sondern aneh zu singen. 

An zwei Orten bildeten sich zuerst Vereine für IHav 
nergesaag, in Berlin «ater ZeJfcr, in Zürich unter Nä- 
goü, an dem eisen entsprungen «ans der Singaeademie, 
an dem andern ans der Gesaagschule, die Nagelt errich- 
tet. Allgemeiner aber wurde die Sache erst nach 1814, 
als die Zeit „stand mitten in zwischen der rasatasea 
Heldeathitigkeit und dem ernsten Niedersetzen und Ar* 
bei tett des QeJs tcs," als die Qctfjiher aufs Htthaft» be- 

46. Jabrgaag. 



wegt worden durch das Gefühl, einem Vaterlande anzu- 
gehören. Erst waren es noch die Kriegslieder, die na- 
mentlich Korner in begeisterter Stimmung gesungen, die 
Weber gleich glocklich in Musik gesetzt, ja die noch 
jetzt als Muster musikalisch frischer Erfindung und gu- 
ter Declamation gelten. Sie wirkten um so mehr, als die 
meisten der damaligen Sänger wohl selbst zu Felde ge- 
zogen waren und beim Wiederholen der Lieder sich 
in die Tage des Handelns lebhaft und gern zurückver- 
setzten; spater wurden auch die Lieder von Arndt, 
Schenkendorf u. a. patriotischen Dichtern öfters compo- 
nirt und gesungen. In der stillen Zeit von der Wart- 
burgsfeier bis zur Juürevolution trat darin eine Unter* 
brechnng ein, man nahm vorzugsweise zu Trink- und 
Liebesliedern seine Zuflucht (wahrscheinlich ist in die- 
ser Periode auch der Gebrauch der Brummstimmen ent- 
standen). Wo zuerst gebrummt worden, ist ungewiss — 
vielleicht in Berlin und Potsdam, denn da hat das Bram- 
men den günstigsten Boden gefunden und ist am Mei- 
sten und Sorgsamsten etütivirt worden — 

„naa that veo Tag so Tag siel» gar 

„drin starken aod fortweiten.«' 
Endlich ward man es überdrüssig, immer zu singen: 
„Du schwabisches Mädchen, «' „Holde Liebe, 4 * „Holde 
Freundschaft,' 4 „Schhimmre sanft," „Schlaf wohl auf 
weichem Flaum, 44 „Alles liebt und paart sich wieder/ 4 
„Speisezettel/* „ Gewerbausstellung/ ' „Zauberflötenou- 
verture." (Alles ward und wird noch zum Theil mit einer 
rührenden Hingebung, wie sie nur dem Deutschen mög- 
lieb, exercirt; man fragt nicht» was man singt, — man' 
singt; die rührende Naivität unserer Vorväter, die frei- 
lich znm Theil anderer Art war *) , kommt immer wie- 
der zum Vorschein.) Sucher erwarb sieh das Verdienst, 
die Schätze des Volksliedes zum Gemeingut zu machen, 
indem er nicht allein bekannte Volksmelodieen vierstim- 
mig setzte, sondern auch mit vielem Glück nene dich- 
tete, wie z. B. „Die Loreley," „In einem kühlen 
Grunde, " „Klosterfrielein." Kreutaer wählte sich vor- 

*) Der ehrliche Cantor Nicoleus Hermann gweifelte sieht, das» 
die Böget Ihren himmlischen Contraauaet «ad Musik | a ihren 
Capetten nod Chören bitten, dass «in Orfaaist vad Laateaiat 
hier auch dart sein* Orgel ead Liste spielen werde, das* 
eis Mar werde allein aad aasweadig auf vier oder ffia! Stirn-, 
aen sortisiren and singen können, und dabei keine Coafnsioa 
uad fehler, was jetst manchen Musikos unlustig waebe, mehr 
•Statt haben werde. - 

4 



öl 



1844. Januar. No. 4. 



8Ä 



zugsweise Uh/anaTs Gedichte. — Einen neuen Schwang 
bekam auch die Sache durch Bernhard Klein, der seine 
Kraft, seine Begeistereng vorzüglich dem religiösen Män- 
nergesang (in den Jahren 1824—29) zuwandte. Veran- 
lassung gab ihm seine Stellung als Universititsmusikdr* 
rector in Berlin; zu den Uebungen wurden nicht allein 
Studenten, sondern auch die Zöglinge des Instituts für 
Kirchenmusik veranlasst. Die Seminarien, wo vorzugs- 
weise ernster Gesang gepflegt wurde, verbreiteten be- 
sonders Klein'* Motetten, und bei den Männergesang- 
festen, die zuerst in Schlesien und Sachsen entstanden, 
wurden meist Chöre von Klein vorgetragen. — Später 
schrieben Fr. Schneider, Re issig er, Stolte Hymnen zu 
diesem Zweck, Löwe sogar Oratorien. 

Alle die besseren Lieder waren aber in den Jahren 
von 1831 — 39 wieder vergessen worden — wenigstens 
bei den gewöhnlichen Liedertafeln; die Gesangfeste in 
Schlesien und Sachsen regten nur vorübergehend etwas 
Ernsteres an, hörten auch zum Tbeil aus Mangel an 
Theilnahme bald wieder auf. Da erklang das Rheinlied: 
„Sie sollen ibn nicht haben," — Hunderte com- 
ponirten es , Tausende sangen es , und mit ihm wurde 
Arndts: „Was ist des Deutschen Vaterland " u. s. w. 
wie durch ein Zauberwort wieder hervorgerufen and 
zwar nach G. Reichard fs Composition (die unter den 
vorhandenen bis jetzt die beste und kräftigste geblie- 
ben ist, obschon das Ohr in der Mitte bei dem Ueber- 
gange von Es nach C meist schmerzlich getroffen wird). 
— Mehrere jüngere Dichter sangen mit neuer Begeiste- 
rung von den Freuden und Leiden des Vaterlandes und 
regten die Theilnahme dafür allgemeiner an. Hoffmann 
von Fallersieben, dessen Jugend noch in das erste Sta- 
dium neuen Aufschwungs deutscher Nation fallt , sprach 
in „Deutschland über Alles," „Treue Liebe bis zum 
Grabe," „Zwischen Frankreich und dem Böhmerwald ** 
seine innige Verehrung des Vaterlandes, in dem „Ewi- 
gen Demagogen " die Vorliebe für neues, lebensfrisches 
Wirken aus. Herwegh, noch im ersten Jugendfeuer, 
dichtete den „Prolest," das „Rbeinweinlied" (von Lisut 
zur Qual der Liedertafeln componirt), den „Aufruf, 4 ' 
das „Reiterlied 4 ' u. s. w. Mancher der jüngeren Tonsetzer 
versuchte sich an diesen Liedern, und wenn auch noch 
keine der dazu erfundenen Weisen allgemein geworden 
ist, so haben sie doch in verschiedenen Kreisen ange- 
regt. — Wo man keine derartige Poesie haben wollte, 
setzte man sich wenigstens kräftige Worte zusammen, 
wie z. B. : 

„Deutschet Land, da schönet Land! 
SUrk doreh deutscher Trete Band. 
Wenn der Krirge Stürme feraasao, 
Wenn der Schlachten Wetter sauen, 
Daare fest in deutscher Treu, 
Bleibe eiotff, bleibe frei!" 

Unsere bewegliche Zeit bat Vieles schon wieder in 
den Hintergrund geschoben ; die friedlichen Elemente, als 
da sind; Liebe, Wein, Frühling, Examen (der liedertaf- 
ler — von Fr. Schneider mit rechter Ueberzeugung ge- 
schrieben), versiert mit den Bildern von Blüthenduft, Blu- 
menpracht, Turteltauben, „die Geliebte, im Bettchen von 
Engeln bewacht/ 4 — sind wieder an der Tagesordnung; 
in Berlin und Potsdam schreibt man aufs Neue mit Brumm- 



Stimmen, in Leipzig und Dresden artige Trinklieder, 
wie z. B.: 

„'• ist doch afrrisefa, #en* wir eben 
Nor vom Weia einmal genippt, 
Dass der Hat so wauderbarlicb 
Gleich nach einer Seite kippt, — *' 

wo die begleitenden Stimmen begeistert kip, kip, kip, 
kip singen. Indess das Gute bat sich doch so verbrei- 
tet, dass dergleichen Auswüchsen nur ein kleiner Kreis 
Geschmack abgewinnen wird. 

Auch auf dem Theater wurde der Minnerchor mehr 
und mehr eultivirt. Noch zu Anfang des Jahrhunderts 
brauchte man ihn in der Oper nur dreistimmig (wie im 
Wasserträger, Joseph in Egypten, Cortez — Beethoven 3 * 
Chor der Gefangenen in Pidelio steht vielleicht für seine 
Zeit einzig da) — jetzt überall wenigstens vierstimmig — 
Mendelssohn in den Chören zur Antigone oft ach is tim- 
mig. — Leider werden nun, da diese Composilionsgat- 
tung immer höher ausgebildet wird, der guten Tenor- 
stimmen immer weniger. Bei den Männergesangfesten 
hört man selten frische, kräftige Stimmen, oder wenn 
nach eine da ist, wird sie durch viele heisere und kräch- 
zende so bedeckt, dass sie sich nicht bemerkbar machen 
kann. Von mehreren Seiten haben sich schon Stimmen 
gegen de* „Zuviel" erhoben, allein der Eifer, einmal 
erwacht, kann nicht leicht die nöthige Beschränkung ein- 
treten lassen. Am Meisten schaden sich die Sanger wohl 
bei den Festen der Liedertafeln, wo zugleich Speis- und 
Trankopfer gebracht werden und die in der Begel in 
Trinkgelage mit Geschrei und Tabaksdampf ausarten. 

Die meiste Verbreitung hat der Männergesang in 
Sehwaben und Franken gefunden — in dem Vaterlande 
der deutschen Lyriker, dem Hauptsitze der Minne- und 
Meislersänger. Fast jede Stadt , ja jedes grössere Dorf 
bat seinen Liederkranz (wie die Liedertafeln dort ge- 
nannt werden). Hier ist der eigentümliche Fall vorge- 
kommen, dass die letzten der Meistersinger ihr Eigen- 
thum dem Liederkranze vermacht. In 01m hatten nämlich 
die Meistersänger ihre Scbaustube auf dem Bathhause noeb 
bis zum Untergange der Reichsverfassung, wo sie Jahr- 
hunderte lang jeden Sonntag „Schule 4 * gesungen und 
dazu das Publicum durch Aushängung und Oeffnung der 
„Schultafel" eingeladen. Später setzten sie ihre Uebun- 
gen in der „Herberge" fort. 1836 waren noch zwölf, 
meist alte Männer; 1839 waren sie bis auf vier zusam- 
mengeschmolzen, die eben noch hinreichten, das Mehr- 
bare Gewerk" (so biess die Benennung des Vereins) 
vorzustellen. Die Lieder waren meist von geringem Ge- 
balt, einige der Weisen oder Töne, obwohl selten schön 
und anmuthig, doch künstlich, und es ist zu bewundern, 
wie sie sich durch blose Tradition erhalten* — Nach der 
Urkunde, unterzeichnet von dem Gewerk der letzten 
deutschen, der Ukn'schen Meistersinger (dem Büchsen-, 
Schlüssel-, Werk- und Kronmeister) , soll die Schult*» 
fel mit den Originalgemälden der Fahne, samml Fahne 
und den dazu gehörigen alten Kleinodien, desgleichen der 
Lade, den Tabulatoren, Schul- und Liederbüchern, dem 
Uederkranze zu Ulm , als dem natürlichen Nachfolger 
nnd Stellvertreter des alten Meisteraänperthuns in der 
Zeit, zum Geschenk gegeben sein, mit der Bitte, 



55 



1844. Januar. N*. 4. 



54 



die Fahne von Einem' der Ihrigen, so lange sie Dicht 

Kiz ausgestorben, an Festzögen neben 4er des Lieder- 
nses tragen iu lassen. 

(Besehlnsf folgt.) 



Recensioneu. 



Für Pianoforte zu zwei und vier Händen. 

1) E. Prüden t: L'hirondelle , Etüde. Op. 11. Mainz, 
Schott'« Söbne. Preis 1 Fl. 

2) H. Rosellen: Decameron des jeunes Pianistes. Op.55. 
No. 1 — 10. Ebendaselbst. Jede Nummer einzeln 48 
Kr., zusammen 7 PI. 12 Kr. 

3) : Fanlaisie sur l'0pe>a: Charles VI. Op. 56. 

Ebendaselbst. 1 Fl. 30 Kr. 

4) : Rondo Valse. Op. 57. Ebend. 1 Fl. 12 Kr. 

5) Fr. Bunten : Var. sur nne Cavatine de l'Opera : Ma- 
ria Padilla. 

: Fantaisie brill. sur l'Opera: Nabacodonosor. 

Op. 127. No. 1, 2. Leipzig, bei Breitkopf und Här- 
te!, k 20 Ngr. 

6) : La Cerrito. Valse italienne. Ebend. 10 Ngr. 

7) E. WoWx Grand Duo brill. sur l'Opera : Charles VI. 
ponr le Piano k 4 mains. Op. 86. Ebend. 1 Thlr. 

8) : Grand Valse sur Charles VI. Op. 88. Eben- 
daselbst. 15 Ngr. 

9) Fr. Burgmüller: La feto au couvent. Quadrille k 2 
et k 4 mains. Mainz, Scholl's Söhne. Pr. k 2 mains 
45 Kr. , A4 mains 1 Fl. 12 Kr. 

10) — — : Empfindungen am Ciavier. 12 characteristi- 
sehe Uebongen, 0p. 73, in zwei Abtheilungen. Eben- 
daselbst. Jede Abtheilung 45 Kr. 

11) H. Bertini: L'Impromptu , Rondo valse. Op. 145. 
Ebendaselbst. 1 Fl. 21 Kr. 

12) : Duo k 4 mains sur des themes de l'Opera: 

La pari du diable. Op. 148. Ebeud. 1 Fl. 48 Kr. 

13) A* F. Cranz: Sonate* dramatiques. Hamburg, A. 
Cranz. No. 1. 1 Thlr. 8 Ggr. 

14) & Goldschmidt: Sonate. 0p. 5. Hamburg, Schuberth 
und Comp. Preis l'/ 8 Thlr. 

15) 6. v. Alvenslehen: Vier Characterstücke. 0p. 3. 
Leipzig, F. Hofmeister. Preis 1 Thlr. 

16) Stephan Heller: Moreeaux de Salon. Etudes melo- 
diques. Op. 16. Berlin, A. M. Schlesinger. 4 Liefe- 
rungen, k % Thlr. 

a Eine-Menge Neuigkeiten, Werke verschiedener Com» 
pouisten, liegen sur Besprechung vor uns, deren Durch- 
sieht ms 1 heile unangenehm, theü freudig berührte, in* 
sofern sie Schlechtes, Mittelmässiges und Gutes enthiel- 
ten, oder Erzeugnisse unkünstlerischen oder künstleri- 
acben Geistes waren. 

Sehen wir, wessen Werke unter den angeführten 
4er einen oder andern Clause angehören. 

Die Binde von Prudent ist eine so geistlose Arbeit, 
wie deren nne jetzt so häufig aufgetischt werden. Der 
Tonsetaer hat wollen Etwas schreiben und wusste nicht 
gleieh was, er verfiel endlich auf den Namen Etüde und 



suchte darin einen oder den andern Bekannten naoksuah- 
seen. Dass hier vorzugsweise der Sehwalbenflug gemalt 
wurde, versteht sich nach dem Titel von selbst, und 
diese Erfindung ist Prudent's Geiste allein zuzuschreiben ; 
aber in welch trauriger Gestalt zeigt sich dieser Geist 
in harmonischer Hinsicht I Das Stück geht aus Esdur, 
man darf aber blos auf den tonischen Dreiklang und den 
Dominantaccord nebst einigen Tacten in der Unterdomi- 
nante und Parallele gefasst sein. Wie mögen die frühern 
Werke aussehen? vielleicht ist da blos ein einziger Ae- 
cord angewandt zu finden! — 

Rosellen giebt in seinem Decameron das 55. Opus 
in 10 Nummern. Dies würde ein sehr respectables Opus 
sein, wenn Alles, was darin steht, aus Rosellen*« Kopfe 
entsprungen wäre. Die Aufschriften der einzelnen Hefte: 
Motifs de — Donizetti — Rossini — Adam — Merca- 
dante — belehren uns jedoch, dass dem nicht so ist, 
sondern dass das Onus aus den Ideen dieser Heroen in 
mannichfacher Gestalt zusammengesetzt wurde; ja, diese 
reichten noch nicht einmal aus, und so vergreift sich 
Rosellen noch an den Werken der Geweihten der Kunst, 
Weber, Spohr, sogar Beethoven. Es kostete ihm aber 

Swiss viel Mühe, deren göttliche Melodieen in diese Nie- 
igkeit herabzuziehen, da sich dieselben für dergleichen 
Fabricat gar nicht fugen wollen und immer, wie Oel auf 
dem Wasser, obenauf schwimmen. 

Doch was kümmert das Rosellen? er braucht Melo- 
dieen; nächstens wird er sich an Bach versuchen, wir 
freuen uns zum Voraus auf diesen Genuss. Möchte doch 
die Zeit musikalischer Trübsal bald einmal ihr Ende er- 
reicht haben ! Was das 56. und 57. Opus nnler No. 3 
und 4 betrifft, so machen diese dasselbe Gesicht, wie 
das 55. , nämlich Alles ist wieder über die Ideen Ande- 
rer verfertigt. 

Wie jede Sache in der Welt, können die Rosellen'- 
schen Arbeiten doch auch etwas Gates an sich haben. 
Und worin besteht dies? In den vielen durchzuspielen- 
den Noten, welche nicht ohne Einfluss für die Finger 
sein dürften , auf der andern Seite wird aber dem Ge- 
scbmaeke, der Schüler zumal, so zugesetzt, dass der we- 
nige Vortheil der Fingerübung gegen den vielen Nach- 
theil, welcher der Geschmacksbildung zugefügt wird, 
nicht mehr in Anschlag gebracht werden kann. — 

Hünten's Manier ist zu bekannt und zu oft darüber 
gesprochen worden, als dass Neues zu sagen nöthijr wäre. 
Es ist genug, seine Verehrer auf die drei neuen Werke 
aufmerksam zu machen, sie werden ihnen willkommen 
sein. Hunten wählt nie geschmacklos, verarbeitet nicht 
Alles, was ihm vor die Hand kommt ; daher klingen seine 
Arbeiten auch stets um Vieles besser und sind viel schwung- 
hafter, als die mancher seiner Collegen. — 

Die Wolffschen Werke stehen , obgleich sie eben- 
falls über Opernthemate geschrieben sind, in der Behand- 
lung des Stoffes und ihrer Ausführbarkeit nach weit über 
den vorbergenannten. Der Walzer erinnert an Cbopin's 
Compositionen dieses Namens und dürfte sich, so wie 
das Duo brillant, Freunde erwerben. Beide Stücke for- 
dern geübte Spieler. — 

Bnrgmüller's Fete au couvent ist eine für Familien- 
cirkel passende Kleinigkeit, in Klöstern wird bmu» sie 



ÖS 



1844. J 



Nd. 4. 



m 



nmht tanzen, obdiieb w die Titefeignette tan- 
zend* Kinder in einen rUostorraume in Umgebung tob 
Nonnen zeigt. — 

Die Empfindungen im Ciavier unter No. 10 sind 
Sitze, welche unsern ganzen Beifall erbalten und zu 
BurgmüMer's besten Compositionen geboren. Die zwei 
Abtheilungen enthalten deren zwötf and beiseen , da sie 
zum Unterricht bestimmt sind: Uebungen. 

Die Verleger haben bei der Ausstattung dieses Wer- 
kes sich sehr stiefmütterlich benommen ; findet man doch 
auf den Titeln sehr unbedeutender moderner Musikalien 
riesige Buchstaben, die einen die Gattung des Stacks 
und den Componislen in weiter Entfernung entdecken 
lassen. Dieses Werkeben wird guten Absatz finden und 
es wSre deshalb sehr zu wünschen, dass es mit der Zeit 
ein grösseres Format bekäme. — 

Bertini's Compositionen haben sich schon seit lan- 
ger Zeit bei allen tüchtigen Ciavierspielern eingebürgert, 
und das mit Recht. Im Fach der Etüde hat er wahrhaft 
Vorzügliches geliefert und die meisten seiner Compositio^ 
nen haben auch für den Musiker Interesse. Wird Bertini 
dann und wann ja versucht oder ersucht, irgend eine Ge- 
legenheitscomposition über Opernlbemate zu schreiben, so 
erscheint seine Arbeit doch eine ganz andere, als diq 
musikalischer Handwerker. Beide vorliegende Werke be- 
stätigen auPs Neue das Gesagte. Das Impromptu kann 
als schöne Etüde den Capricen — oder den cbaracteri- 
stischen Etüden desselben Componisten einverleibt wer* 
den, und tüchtige Ciavierspieler werden es willkommen 
heissen; das Duo ist leichter; ausführbar und nicht un- 
interessant. — 

Mitten zwischen Arrangement und eigener Compo- 
sition stehen die Sonates dramatiques von Cranz. Ar- 
rangement sind sie, sofern sie, wie die vorliegende No. 1, 
aus fremden Ideen bestehen. Genannte Nummer ist aus 
Motiven der Oper Don Juan zusammengesetzt und da in 
derselben die Mozart'soben Ideen mit Hecht überwiegen» 
so könnte man eine solche Sonate auch für eine eigene 
Mozart'sche Compositum annehmen, zumal wenn die Zu- 
sammenstellung mit so viel Glück geschah, wie es hier 
der Fall ist. Die vorliegende Sonate ist, weit entfernt 
vom Potpourri, ein sauber gearbeitetes Musikstück die- 
ses Namens, dessen Bestandteile Mozart'sche Melodieen 
ausmachen. Man kann das Unternehmen ein glückliches 
nennen und die erste geschmackvoll ausgestattete Liefe- 
rung macht die Fortsetzung wünschenswert. Mögen diese 
und die folgenden wohl aufgenommen werden! dies ist 
unser Wunsch. — 

Eigene Compositionen machen sich unter den Alles 
überströmenden Arrangements ietzt so rar, dass man be- 
" gierig nach einer jeden derselben greift. 

Um wie viel mehr muss dies aber geschehen, wenn 
es das Werk eines Componisten betrifft, von. dem man 
schon Gutes gehört und gesehen hat. 

So war es der Fall mit der Goldschmidt'schen So* 
nate. Zeigte sieh uns der Componist vor Kurzem auf dem 
Felde der modernen Musik, — wir meinen seine Etü- 
den, — so tritt er uns hier in einer der Vergangenheit 
angehörenden Form entgegen; 



Di* Senate besteht aas drei Sitaeut Allegre — An- 
dante — Allegro aseai — . Der erste Satn ist in Anfina- 
sung und Durchführung der gelungenste derselben, frisch 
und kerngesund ; mit wahrem Vergnügen haben wir ihn 
gespielt. Dem Mittelsatze hätten wir vielleicht etwas mehr 
Ausbreitung gewünscht; es war ein glücklicher Gedanke 
des Componisten, die Tonart des Satzes, Desdur, im Ver- 
lauf in Cismoll zu verwechseln, wodurch interessantere 
Tonreihen, als bei den Be- Tönen in's Spiel kommen, 
doch bedingen dieselben dann eine grössere Ausbreitung, 
um dann eine plötzliche oder allmäüge Annäherung an 
die Grundtonart zu erlangen. Der Componist hält sieh 
jedoch hierbei blos, und wie es denn nicht anders sein 
konnte, eine Wendung naeh der Paralelle Edur abgerech- 
net, in Cismoll auf, und geht hierauf sogleich wieder zum 
ersten Thema über. Aber auch in dieser Gestalt ist der 
Satz befriedigend. 

Dem letzten Satze hätten wir ein schwungvolleres 
Thema und nicht zu häufige Rückkehr auf einzelne Mo- 
tive gewünscht; im Uebrigen ist auch er, wie seine Vor- 
gänger, mit Gewandtheit und Nettigkeit geschrieben. 
Möge der junge Tonsetzer auf dem gewählten , wirkli- 
chen Kunstwege rüstig fortschreiten, eine freudige Zu- 
kunft versprechen wir ihm dann; möge das feste Wol- 
len, Vorzügliches zu leisten und Mitarbeiter an dem Er- 
halten der ächten Kunst zu sein, Anerkennung und Be* 
lohnung finden ! 

Einige Druckfehler hätten können vermieden wer- 
den, z. B. im Andante finden sich auf der ersten Seite 
anstatt fünf b blos deren vier verzeichnet; im letzten 
AUegro, S. 27, Tact 9, ist in der Begleitung ges zn 
nehmen. — 

Gleich willkommen heissen wir die Characlerstücke 
von Alvensleben; es spricht sich darin ebenfalls der Sinn 
für das Edle und Gute aus; dass doch unsere jungen 
Künstler bei ihrem öffentlichen Auftreten alle diesen Vor- 
satz fassen fassen möchten, um immer mehr dafür zu wir- 
ken, dass die flachen und nüchternen Fabrikarbeiten mehr 
und mehr verdrängt würden. No. 1, % und 4 gefallen 
uns in ihrer Düsterheit ganz besonders. No. 3 würde 
sich in anderer Umgebung vorteilhafter ausnehmen, hier 
wird es durch dieselbe verdeckt. Hieran ist auch der Cha- 
rpicter des Impromptu schuld; stände an seiner Stelle ein 
gleich den anderen Sätzen ausgeführter Dur Satz, so 
würde jeder der Sätze, die man beim Spiel zusammen- 
stellte, einer den andern mehr heben. Für sieh, genom- 
men ist jedoch das Impromptu ein eben so schätzenswer- 
ter Satz, als die übrigen. Seite 7, von System 5 an, be- 
findet sich eine befremdliche Fortschreitwig, — 

Die Etüden von Heller werden auf dem Titel melo- 
dische genannt, es muss demnach aueh onmelodische ge» 
ben, was auch in der That der Fall ist, nicht Mos hei 
den Etüden, welche vorzugsweise zur Debang bestimmt 
sind, sondern auch bei denen, die dem Salon angehören. 

Die in Rede stehenden Tonsticke dieses Namens sind 
für den Salon geschrieben, der Ausdreck Etüde könnte 
auch mit einem andern vertauscht werden oder eben so 

rganz wegfallen, da sie der Titel ebenfalls Moreeaox 
Salon nennt. Die vier Hefte der Sammlung enthalten 
lft Emden oder Clavierstiioke, und bekunden, wie die 



87 



mu. 



■*i Nd. ? '4*. 



58 



vorfaefgenannte» Werke, einen tüoMgen Künstler. Mit 
Freuden führen wir sie den musikalisehen Publicum zu ; 
sie sind nicht eitler Virtoosenkram, sondern wahre Mu- 
sikstücke. 

Am Meisten beben uns die No. 1, 5, 8, 10, 11, 
13, 15, 16, 18 gefallen. Die No. 14 und 15 können 
eben so gut Lied heissen und sind es mehr, als die so 
benannten No. 4 und 13. No. 16 ist dagegen ein wirk- 
liches Lied nach Mendelssohn's Vorbilde. 

Wir empfehlen diese Etüden, -wie die beiden vor 
ihnen genannten Werke allen Musikfreunden zur gröss- 
ten Beacbtnnn und wünschen schliesslich, von diesen treff- 
lieben Künstlern bau wieder zu hören. 

Hermann Sckeüenierg. 



Nachrichten. 



Hamburg 9 im December 1843. Seit meinem letalen 
Berichte sind bereits fünf Monate verflossen und ich will 
daher 9 um den Baum Ihres hochgeschätzten Blattes nicht 
auf ungebührliche Weise in Anspruch zu nehmen, in Fot- 

K dem nur eine gedrängt kurze Uebersichl dermusika- 
hen Vorkommnisse alibier geben. Im August und Sep- 
tember machte ich eine Erholungsreise, kann also über 
diese Monate nicht berichten. Herr Tichatscheck aus 
Dresden hat während der Zeit gastirt und soll besonders 
stanzende Triumphe gefeiert haben als „Raoul" in den 
Hugenotten, „MasanieUo," und „Eleazar" in der Jüdin 
Ton Halevy. Auch ein junger Tenorist ans Hannover, 
Herr Wiedemann^ soll sich durch seine hübsche Stfaame 
recht viel Beifall erworben haben. Die übrigen Gaste in 
diesen beiden Monaten sind gewesen: Herr Stritt* her- 
zog!. Nassaniseber Sänger, Früul. Walter von Brunn, 
and Herr Brassin von Mannheim. Herr Stritt fand we- 
nig Beilall; Fräal. Walter soll eine hübsche, aber noch 
wenig gebildete Stimme besitzen und als „Romeo' 4 sehr 
beiflUUg aufgenommen worden sein. Herr Brassin ist fifr 
Herrn Wrede ab Baritonist eagagirt worden. * Seine mu- 
sikalische Bildung ist aber noch so mangelhaft, dass der- 
selbe sich wohl eben so wenig;, wie sein Vorgänger, hier 
lange wird halten können. Eine neue Operette von Louis 
Maurer: „Die Müllerin von Marly" hat geringen Anwerft 
gefunden und ward nur zwei oder drei Mal gegeben« Der 
Violinvirtuos Bdzztni ans Mailand soll mit grossein Bet- 
fall zwei Concerte im Theater gegeben haben. Besonders 
wird die Ausführung des Quartetts aus den' Puritanern 
auf der Violine allein gerühmt. Er ist von hier nach Ko- 
penhagen abgereist. — Im October gestufte hier die ge- 
leierte Fanny Elssier und fesselte natürlicherweise die 
ganze Aufmerksamkeit des Publicum«. Sie trat im Gan- 
zen eUf Mal auf, stets bei iberCütttera Hanse und. bei fast 
auf das Doppelte erhöhten Preisen. Die grösste» Trium- 
phe feierte diese Künstlerin in dem fiaUefeDtaertissemeat: 
„Des Malers Traumbild" als „Bianca d'Oviedo" und als 
„Gisela" in dem gleichnamigen Ballet mit der hübschen 
Musik von Adam, Ihr letztes Auftreten fand zmn'Bene- 
fisantbeile des Ghorpemmala Statt. — Herr O/s Buli&b 
am 10. October ein Gonccrt ie> StfcdtftheaterümUstaa- 



dsttn nach Amerika abgereist. Das Coucert war nur spür- 
lieft besacht, der Beifall aber sehr lebhaft. Ole Butt ist 
in seiner Geschmacksrichtung derselbe geblieben, und da 
diese hinlänglich bekannt und gewürdigt worden ist, so 
will ich mich hier jeder weitem Bemerkung darüber ent- 
halten. Was aber seine Fortschritte in der Compositum 
betrifft, worüber in letzter Zeit von eroer gewisse* 
Seite her so viel gefabelt wurde, so man ich in dieser 
Hinsioht doch erwähnen* dass er in dem obbenanaten 
Concerte eine neue Pie$e vorführte — Sieiliano e Ta- 
rantella — und diese ein höchst unbedeutendes Matifc- 
werk ist, wobei die Castagnetten in der Begleitung eine 
Hauptrolle spielen sollen. Am Tage vor dem Concerte 
machte Oh Bull dem hiesigen Orchester - Peesionsfoid* 
ein Geschenk von 30 Duoaten« — Den 26. ward untir 
Leitung des Herr Otter Schneiders Oratorium „Dan 
Weltgericht" in dm* grossen Micbaeliskirche zum Besten 
des Waisenhauses aufgeführt. Die Chöre waren gut ein* 
studirt und Mad. Comet zeichnete sieh in dem Vortrage 
einiger Soli besonders aus. Das Concert war nur schwach 
besucht, fand aber so vielen Antheil, dass eine Wieder- 
holung desselben am 8. November im Apollosaale — eben- 
falls zu einem wofalthätigen Zwecke — möglieh wurde, 
und es erwarb sich dicke gleichfalls reichlichen Beifall. — 
Im Theater Hessen sich zwei Gäste hören: Fräul. Köh- 
ler von Riga, und Mad. JanikiMZ Lemberg. Ereifere sang 
die „Donna Anna" im Don Juan und die „Königin der 
Nacht 44 in der Zaoberflöte und bewährte sich als eine 
gut geschulte, talentbegabte Sängerin, die für Bühnen 
zweiten Ranges stets eine sehr erfreuliehe Acquisitum 
sein' wird. Mad. Janik wnrde mit grossem Pomp ange- 
kündigt und sogar die deutsehe Matibran genannt, machte 
aber als „Norma" last Fiasco. Dem Gesänge dieser Dame 
fehlt Schule und Geschmack und sie scheint ihre Fähige 
keiten selbst sehr zu überschätzen. — Im November be- 
gann Priul. Evers y königh Würtembergisehe Kanunei*- 
sängerin, ihr Gastspiel mit dem glänzendsten Erfolge, 
sang im December noch einen zweiten Cyclus Gastrol- 
len und ward sodann auf den einstimmigen Wunsch des 
Publicums engagirt. Sie erhält eine jährliche Grfge von 
12,000 Mark Courant, nebst zwei Monaten Urlaub. Präul. 
Svers ist als Gast aufgetreten in Norma (zwei Mal), 
Lucrezia, Puritanern, sodann ah „"Donna Anna" im Don 
Juan, '„Sextus 44 im Titos, „Valentine" in den Hugenot- 
ten, „Desdemona' 4 im Otello, und „Romeo, 44 und zeigte 
m diesen verschiedenartigen Partieen sich durchweg als 
«ine ausgezeichnete Künstlerin. Die 'Stimme hat viel 
Schmelz und ist in vortrefflicher italienischer Schule ge- 
bildet. In allen ihren Leistungen ist eine gewisse geniale 
Au&ssung zu gewahren, welche von einem tieffihlenden 
fiemüthe ausgeht und ihrem Gesänge den seelenvollsten 
Ausdruck leibt. Auch in der Darstellung leistet diese 
Singerin das Aussergewöbnliche, wobei ihr schönes, ju- 
gendliches Aenssere natürlich auch' aufs Vortheilhafleste 
einwirkt und einwirken muss. — Nen gingen in Soene 
die Opera: „Der Feensee" ven-dfefcr und „Der Wild- 
schütz" von LorUting. Entere ist in den Partieen der 
„Zeila 44 und des „Albert 44 vom Capellmeister Krebs fast 
gaud mmmlnponirt, wodurch besonders dio 3onranpartie 
-vkl-tedetttsmaor geworden ist. Die Mnsik gehurt bekannt- 



50 



1844. Janttor. No. 4. 



60 



lieh iu Ambene schwächsten Preduetionen and hat sich 
hier auch keinen Beifall erworben. Die glänzende Aus- 
stattung hierselbst sieht aber noch immer die Menge an, 
so das« sie bis jetzt nenn Mal bei vollem Hanse gege- 
ben worden ist. — Lortung's Oper bat eine sehr bei- 
fällige Aufnahme gefunden und füllt fortwährend das Haus, 
so dass sie wohl bald die Tantieme erhalten wird, wel- 
ches dann die erste sein wird, welche die Theaterdirec- 
tion von der Oper zn zahlen gelobt hat. Herr Bost ist 
als „Schulmeister" ausserordentlich brav und erhält je- 
desmal lebhaften Beifall. Die- Arie zum Schlosse des zwei- 
ten Acts rnuss er gewöhnlich repetiren. — Von Concor* 
ten ist noch zn erwähnen: die des Pianisten WiUmers 
im Apollosaale und Stadttheater, eines von dem Violon- 
cellisten £ Arien, ein Orgelooncert von Hepworth, einem 
jungen Engländer, Schüler des hiesigen Organisten Hat- 
telfeldU und die Aufführung der »«Schöpfung 44 zum Besten 
eines hiesigen Musiklehrers. Herrn WiUmers Technik 
ist in der That ausserordentlich und möchte der Liset- 
acheu Bravonr wenig nachstehen. Als Componist steht 
Herr WiUmers aber bis jetzt auf keiner bedeutenden 
Stufe, obgleich seine Compositionen ein sehr ehrenwertbes 
Talent verrathen. Beide Goncerte waren bedeutend schwach 
.besucht. Das Concert im Stadttheater hatte kaum hun- 
dert Hörer versammelt! Später spielte Herr WiUmers 
noch zwei Mal im zweiten Theater vor einem zahlreiche- 
ren Publicum. Uebertriebene Lobhudeleien von unver- 
nünftigen Freunden haben ihm in der Meinung des Pu- 
blicnms sehr viel geschadet , da man ja leider oft den 
Künstler entgelten lässt, was die Tactlosigkeit nnd Be- 
schränktbett der sogenannten Freunde verschuldet ha- 
ben. — Das Orgelooncert von Hepworth gereichte dem 
Talente des Goncertgebers und seines Lehrers zur Ehre. 
Bach, Händel nnd Rink waren die Hauptbestandteile 
des Programms.. Grosses Interesse erregten zwei Violin- 
soli von Spohr mit Orgelbegleitung, welche von Herrn 
v. Königlöw ausgeführt wurden. Derselbe ist ein junger 
Mann von etwa 17 Jahren und berechtigt zu den erfreu- 
lichsten Hoffnungen für die Zukunft. Ein hiesiger Kriti- 
tiker bemerkte über sein Spiel: „Der Ton des Herrn 
p. Königlöw ist voll und rund, die Bogenfährung solid, 
die Intonation fest und rein nnd der Vortrag zeugte durch- 
wag von verständiger Auffassung der Compositum" — 
ein Urtheil, welchem ich freudig beistimme. — Die Ausfüh- 
rung der „Schöpfung" war tbeüweise interessant, beson- 
ders durch die von Herrn Wurde und Mad. Comet ge- 
sungenen Soli. Die übrigen Soli, so wie die Chöre, Hes- 
sen aber sehr an wünschen übrig. — Herr Hafner bat 
für diesen Winter statt der gewöhnliehen acht nur vier 
Quartettunterhaltunffen angekündigt, von denen zwei be- 
reits staltgefunden nahen. Auch werden diesen Winter 
nur zwei „philharmonische Concerte" gegeben werden ; 
das erste im Februar. Im Theater werden die Opern: 
„Des Teufels Antheil" von Auber und „Rienzi" von 
Wagner vorbereitet. Shakespeare'* „Sommernachtstraum" 
mit Mendelssohn'* Musik steht auch in Aussicht und 
man ist besonders auf letztere sehr gespannt. — -r. 

Leipzig, den 23. Januar 1844. Dreizehntes Abon- 
nement -Concert im Saale des Gewandhauses, den 18. Ja- 



naar 1844. Ouvertüre zum Freischütz von C. Af . v. We- 
ber. — Seene und Arie aus dem Freischütz, gesungen 
von Miss Bireh. — Sonst und Jetzt. Conccrtieo für die 
Violine von L. Spohr, vorgetragen von Herrn Jean Jo-' 
seph Bott aus Cassel (erstem Beneficiaten der Mozartstif- 
tung zn Frankfurt am Main). — Cavatine von Päcmi, 
gesungen von Miss Bireh. — Variationen über ein Thema 
aus dem Piraten von Beläm 9 für die Violine componirt 
von Vieuxtemps^ vorgetragen von Herrn Bott. — Fan- 
tasie für die Flöte von A. B. Fürstenau, vorgetragen 
von dessen Schüler, dem blinden Herrn Raimund Nietz- 
sche aus Dresden. — Symphonie von Niels W. Gade y 
No. 2, Edur (neu, zum ersten Male), unter Directum 
des Componisten. 

In Abwesenheit des Herrn MD. Hiller hatte Herr 
Concertmeister F. David die Leitung der einzelnen Mu- 
sikstücke, mit eben erwähnter Ausnahme der Symphonie 
von Code, übernommen, und da wir oft schon Gelegen- 
heit hatten, die Sorgfalt und Umsicht seiner Direction ken- 
nen zu lernen und öffentlich zu rühmen, so bedarf es 
jetzt kaum noch der Versicherung, dass die Ausführung 
sämmtlicher Stücke, hauptsächlich aber der Ouvertüre zum 
Freischütz, sehr effectvoll war und wirkte. — 

Es ist eine interessante Erscheinung, dass englische 
Künstler und Künstlerinnen in der Regel weit leichter 
und besser als Künstler anderer Nationen deutsche Mu- 
sik auffassen und ausführen, und dadurch zugleich eine 
ernstere, solidere Riehtung ihres Kunstsinnes und Stre- 
bens beweisen. Bei Miss Birch müssen wir sogar die 
Ausführung deutscher Musik, wie z. B. der Arien von 
Moeart , zu ihren besten Kunstleistungen zählen, wäh- 
rend die Ausführung italienischer Compositionen ihr, in 
der Regel, weniger ausgezeichnet gelingt. Auch die be- 
kannte grosse Scene und Arie aus dem Freischütz, welche 
Miss Birch mit deutschem Text sang, war groasentheils 
eine sehr ausgezeichnete Leistung, in manchen Theilen — - 
besonders im Recitativ und der ersten Cantilene, also in 
der eigentlichen Soeue — so vortrefflich, dass gar manche 
deutsche Sängerin sich daran ein Muster nehmen könnte. 
Nur mit der Auffassung und dem Vortrage des letzten 
Allegro können wir uns nicht ganz einverstanden erklä- 
ren ; es wurde zu süss und weich, fast tändelnd wie ein 
italienisches Rondo vorgetragen, da es doch die höchste 
Steigerung leidenschaftlicher Sehnsucht ist und sein soll. 
Wahrscheinlich halte sich die geehrte Künstlerin durch 
die, allerdings nicht recht treffenden Textworte „Süss 
entzückt entgegen ihm " irre leiten lassen über den ei- 
gentlichen Charaeter des Stücks, den sie jedoch am Schlosse 
herauszufühlen schien und daher dort auch mit grösserer 
Wärme und Innigkeit vortrug. Die Wirkung auf das 
Publicum war tief und bedeutend nnd der Beifall daher 
auch sehr gross. Die Cavatine von Pacini sang Miss Birch 
recht gut, weniger bunt und reich mit Trillern e. s. w. 
geschmückt, als sie es sonst zu thun pflegt, was wir 
nur loben können und überhaupt anrathen möchten» da 
man mit dergleichen Zugaben nicht vorsichtig und spar- 
sam genug sein kann. 

Interessant tat ea nns gewesen» Herrn Jean Joseph 
Bott aus Cassel kennen zu lernen. £r ist noch jung, 
wie wir hören erst 17 Jahr alt, ein Schüler L. SpohP* 



61 



1844. ' Januar. No. 4. 



62 



und der erste Beneficiat der Mozartstiftung iu Frankfurt 
am Main. (Jeber diese schöne Stiftung, deren Zweck in 
der musikalischen Welt hinreichend bekannt und gewür- 
digt ist, brauchen wir hier nichts weiter an sagen ; wir 
haben es lediglich mit den Leistungen Dessen zu thun, 
der so glücklich war, durch sein Talent zuerst die Theil- 
nahme und Unterstützung dieses Instituts zu erringen. Ein 
Schüler Spohr's bleibt sehr leicht länger Schüler, als die 
Schüler manches anderen Lehrers ; es mag dies wohl an der 
Grosse des Meisters liegen, die auf den Schüler nach allen 
Seiten hin so gewaltig einwirkt, dass er spater selbstän- 
dig wird, als er ausserdem vielleicht geworden sein wurde. 
Die Eigentümlichkeiten Spohr* s sind überdies so ver- 
führerisch und prägen sich namentlich seinen Schülern 
so tief ein, dass man oft nur schwer zu beurlheilen ver- 
mag, ob die Leistungen derselben blos reproductiv, oder 
ob sie productiv zugleich sind. In dem Spiele des Herrn 
Bott findet man Alles wieder, was die SooAr'sche Schule 
Treffliches zu bieten vermag : grossen schönen Ton, aus- 
gezeichnete Bogenfübrung , Solidität in Allem. Dabei ist 
die Ausbildung Herrn Botfs schon in einem hoben Grade 
vorgeschritten; und wenn auch von Meisterschaft nir- 

Snds noch die Rede sein kann, so hört man aus seinem 
iele doch den künftigen guten Meisler schon heraus; 
den Meister in der Technik wenigstens, denn in anderer 
künstlerischer Hinsiebt lässt sich aus so jugendlichen 
Virtuosenleistungen überhaupt kein sicheres Prognosticon 
stellen, bei Herrn Bott aber deshalb um so weniger» 
weil seine ganze Kunstbildung bis jetzt nur eine gese- 
hene, nicht eine aus ihm selbst herausgearbeitete ist, 
hauptsächlich aber auch, weil das Kunstleben, in welchem 
er sich bisher bewegt hat, wohl nicht weitgreifeud ge- 
nug, nicht alle bedeutenden künstlerischen Erscheinungen 
der Zeit vorführend gewesen sein mag. Wir scbliessen 
Das aus dem Vergleiche der beiden Leistungen, welche 
uns Herr Bott in diesem Concerte gab; die Composition 
von Spohr hat er sehr gut und ohne allen Vergleich bes- 
ser als die Variationen von Vieuxtemps gespielt, aus de- 
ren Vortrage man ganz deutlich sah, dass ihm die neuere 
Virtuosität ihrem innern und äussern Wesen nach fast 
völlig fremd geblieben sein muss. Wir sind nun weit ent- 
fernt, dem jetzigen Virtuosen wesen, so weit es ein Un- 
sen geworden ist, irgendwie, das Wort reden zu wollen ; 
es hat jedoch neben vielem Verwerflieben auch gar man- 
ches Treffliche, das als ein Portschritt betrachtet werden 
darf und an dem sich, namentlich bei Zusammenstellung 
des Guten jeder Schule und jeder Zeit, der Geschmack 
und das Urtheil eines Künstlers zu bilden vermag. Bei 
der trefflichen Leitung und der sichern Grundlage , welche 
die Kunstbildung des Herrn Bott durch Spohr erhalten 
hat, müssen wir dringend wünschen, dass er an irgend 
einem musikalisch wirklich bedeutenden Orte, d. b. an 
einem Orte, der ihm Gelegenheit bietet, alle bedeu- 
tenden Kunsterscbemungen anmittelbar durch eigene 
Anschauung kennen zu lernen, längere Zeit seinen Auf- 
enthalt nehmen möchte. Er würde dann selbständiger, 
mehr mit eigener Kraft an seiner Ausbildung arbeiten 
und diese dadurch mehr fördern und vielseitiger sein Ta- 
lent, entwickeln, als es ausserdem möglich sein dürfte. 
Eine Kunstreise, wie sie Herr Bott unternehmen zu wel- 



len scheint, nnd berührte sie auch die bedeutendsten Orte, 
brächte sie ihn auch mit den berühmtesten Kunstnotabi» 
litäten in kürzere oder längere Verbindung, kann einen 
sehr wohltbätigen Einfluss auf ihn schon deshalb nicht 
haben, weil die Eindrücke, welche er erhält, zu plötz- 
lich und flüchtig, daher blos vorübergehend sein werden, 
seine eigenen Leistungen aber, um deren Producirung es 
ibm jetzt hauptsächlich zu tbun ist , dabei , einige Rou- 
tine mehr oder weniger abgerechnet, in ihrem innern 
Wesen ziemlich unverändert bleiben dürften. Es würde, 
im besten Falle, immer nur eine Entwickelung und Port- 
bildung in der engen Bahn erfolgen die ihm bisher an- 
gewiesen wurde, nicht aber ein wirkliches Fortschreiten 
auf einem Wege möglieb sein, den er aus eigener Kraft 
und nach eigenem Urtheil gewählt und eingeschlagen hätte. 
Wir haben uns über Herrn Bott hier ausführlicher aus- 
gesprochen, nicht nur weil wir an seinem Talent In- 
teresse nehmen, sondern auch weil uns die künstlerische 
Zukunft des ersten Schützlings eines so trefflichen Insti- 
tuts, wie die Mozartstiftung ist, wahrhaft am Herzen 
liegt — Die Aufnahme des Herrn Bott von Seiten un- 
seres Publicums war sehr wohlwollend , würde aber ge- 
wiss glänzender gewesen sein, wenn er zu seinem ersten 
Auftreten niebt ein Stück gewählt hätte, das in seiner 
ironischen oder sarcastischen Tendenz den Erfolg des 
ausführenden Virtuosen allzusehr vernachlässigt, ja ge- 
radezu erschwert. 

Wenn die Kunst im Geleite des Unglücks auftritt, 
wird man ihren Leistungen gern auch dann eine wohl- 
wollende Theilnabme und Anerkennung schenken, wenn 
sie strengeren Anforderungen der Kritik nicht entspre- 
chen sollten; das Flötenspiel des blinden Herrn Nietz- 
sche verdiente aber den lauten Beifall wirklich, den es 
erhielt. Es ist auch in der That bewnndernswerth , zu 
welcher tüchtigen Ausbildung in der Teehnik sowohl wie 
im Vortrage es derselbe trotz seiner Blindheit gebracht 
hat, und wenn man bedenkt, dass Herr Nietzsche blind 
geboren wurde, so sind seine Leistungen gewiss ein un- 
widerlegliches Zeugniss bedeutenden Talents, das ihm der 
Himmel zum Trost in seinem Unglück gegeben zu haben 
scheint und zu dem wir ihm von Herzen Glück wün* 
sehen. 

Von wahrhaft künstlerischer Bedeutung war die neue 
Symphonie von Niels W. Gade, ein Werk, das unbestritten 
zu den werthvollsten Gompositionen gehört, welche die 
neueste Zeit in dieser Gattung hervorgebracht hat. Wir ha- 
ben über den grossen Erfolg berichtet, welchen die erste 
Symphonie Herrn Gadefs, in der vorjährigen Goncertsaison 
unter Mendelssohns und in diesem Winter unter des Com- 
ponisten eigener Leitung batte, nnd welche demselben die 
Hochachtung aller Künstler, die regste Theilnabme unseres 
Publicums wie im Sturme errang; das grosse, entschie- 
dene Talent, was uns in dieser ersten Symphonie in ju- 
gendlicher Kraft und mit einer seltenen Beherrschung atter 
Kunstmittel entgegentrat, finden wir in der zweiten Sym- 
phonie wieder, nur tiefer, inniger und grossartiger noch 
in seinen poetischen Gebilden, gemessener, zarter und 
feiner noch in deren Zeichnung und vor Allem künstle- 
rischer, meisterhafter in der musikalischen Ausführung 
ad Arbeit, in letzterer Hinsicht hauptsächlich stellen wir 



TO 



1944* Januqr. No> 4.; 



64 



41« pwMe Syngamie btter «ock *!# die erste, obgleich 
<liqse aa «dringender, augenblicklicher Wirkung jene über» 
tfeffeD dürfte, was indess eine natürliche Folge der tie- 
feren Innerlichkeit,, der grösseren könstlerisehen Bedee- 
tong der zweiten Symphonie, keineswegs ein Tadel der- 
selben ist oder sein kann. Es webt ein eigentümlicher 
(seist in Gade's Compositionen , nrsprünglich und origi- 
nell jn Allem, was und wie er es giebt; dabei so na- 
türlich und klar in seinen Inientioqen, so sieher und 
kräftig, in den beabsiebügten Wirkungen, wie es eben 
nur eine wahrhaft ausgezeichnete geistige Kraft vermag. 
Auch diese zweite Symphonie erscheint sehr bald im 
Druck — bei Breitkopf und Härtet — und alle Freunde 
achter Kunst werden sich an dem trefflichen Werke er- 
freuen, wie wir und alle hiesigen Kunstfreunde durch 
dasselbe erfreut worden sind. Als ganz besonders aus- 
gezeichnet müssen wir hierbei noch das Directionstalent 
des Herrn Gade erwähnen * es ist nicht die grosse Si- 



cherheit nnd Umsiebt allein, mit welcher er das Orcher- 
ster fuhrt, zu rühmen: er besitzt eine eigene, seltene 
Gabe, ähnlich, der unvergleichlichen Gabe MendelssoJtn**, 
der Ausführung eines Werkes ohne grosse nnd auffal- 
lende Mühe das rechte Verständnisse den rechten Geist 
desselben aufzuprägen, die poetische Stimmung hineinzu- 
bringen, die das Werk haben soll, nnd durch welche 
allein es erst zu vollkommener Darstellung und Wirkung 
gelangen kann. Wie wenig Dies durch eine technische 
tadellose Ausführung allein erreicht werden kann, weiss 
jeder Sachverständige* 

Die Ausführung der Symphonie war vortrefflich in 
jeder Hinsicht; der Beifall des Publicum* gross nnd all- 
gemein. Herr Gade wird uns jetzt verlassen, am auf 
einige Zeit nach Paris, Italien u. s. w. zu gehen. Möge 
er recht bald wieder Gelegenheit geben, uns seines aus- 
gezeichneten Talents erfreuen zu können ! R. f. 



Ankündigungen. 



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In 3. A. rtoMeBMV'* Bnehhandlnng In Augsburg ist so 
«bau» erschienen nnd in allen Bnchhandlungen zu haben : 
HwftikjOlnesnes Center nattons*U*ndlexlk ob, 

enthaltend die tollständige Erklärung aller musikalischen Realien , 
wie zugleich die Biographien aller um die Tonkunst nur irgend 
verdienter, oder sich darin ausgezeichneter Personen, Cempo* 
nUtsn, Virtuosen, Singer, Schriftsteller n. s. w. nnd zwar von 
den ältesten bU auf die neuesten Zeiten , wie aller Länder nnd 
Volker. Bearbeitet und heransgeg. von Hofrath J0#% CttMtuW 
ScUUiiäf;. S Bde. gr.8. Zweite Aufl. 5 Fl. od. IThlr. 
16 Ggr. Vefin-Pap. S Kl. 56 Kr. od. 8 Thlr. 
Welches wichtige Work wir dorn» bieten, sagt der Titel, so 
wU für die Gedunrnbeit, Gründlichkeit und Vollständigkeit der 
Ausarbeitung der Name des als Musikgelehrten längst schon rühm- 
liehst bekannten Verfassers sowohl, als das schnelle Vergreifen der 
fl. Anlage hinlänglich bürgt. 



So eben Ut erschienen nnd in allen Buch- und 
handluagen zn haben: 

Ant. AadrtVs 

liehrlmcli der Tonsetzkuttst. 

IL Band. 3. Abtheiluug. 

JLehre aer Wuge. 

Preis mit dem Portrait des Verfassers 5 Fl. 24 Kr. = 
3 Thlr. 



IHe früheren Bände enthielten: 

I IieHre der Hariqosnto , 

Ijelire de» Contru^unlU«.. 
liefere des Canons 

! Offenbach a. M. , im Januar 1844. 



Ö= Thlr. 
S 



Jon* Andre* 



Gern eh. 

Bei dem städtischen feststehenden Musikcorps in Halle an der 
Saale wird ein tüchtiger erster Clarhi eltist unter annehmbaren Bc- 
cangoagen gesucht. Nähere Auskunft hierüber ertheilt 

W. Stürm in Helle , Ko. S86. 



Nachricht, die Musikschule zu Dessau betreffend. 

Verschiedene Grunde veranlassen mich, die seit 16B9 f*>» 
mir geführte musikalische Lehranitalt mit Ende Mira diesem Jak. 
res gäuslieh an schliessen. 
Dessau, den 17. Januar 1844. 

Frftestrfels gefettet clor. 



Droek und Verlag von Breitkatf und äärtol in Lcipng «nd aller deren V«ra»4worÜtchkeit. 



$* 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 31"°* Januar. 



M 5. 



1844. 



Inhalt! Zur Geschieh le des Mlniiergesaiigos. (BeteMtfts.) — Jteeeiuäm*»* — iVncAncAfe*: Aus Leipzig. 
tarn. — jämkümdigvmge*. 



Aa 8 Berlin. — Feuäfe- 



Zwr Geschichte des Männergesanges. 

(BeuhJaii.) 

Der grössere Hang zur Geselligkeit, der den Bewoh- 
nern südlicherer Gegenden eigen, lässles auch erklären, 
wie die jährliches Zusammenkünfte in der Seh weil, im 
Würtembergisehen u. s. w. so zahlreich besucht werden. 
Dax« kommt, das* man dort überhaupt noch mehr Ver- 
liebe für einhebe Kunstformen hat, die Zustände sind 
noch naiver, frischer. — Iq Morddeutschland versammel- 
ten sich zuerst die Lehrer; es blieb aber bei einigen 
Versuchen in der Mark, in Weissenfeis und Jena; nur 
in Schlesien, in Weslphalen und am Rhein hat man es 
fortgesetzt. — Die Liedertafeln von Leipzig, Halle, Mag- 
deburg, Dessau, Barby, Göthen und Zerbst kommen jähr- 
lich gegen Pfingsten zusammen, um sich gegenseitig an- 
zusingen. — in Dresden versuchte man der Sache da- 
durch mehr Halt zu geben, dass den einen Tag religiöse 
Gesänge, den andern weltliche ausgeführt wurden. Doch 
scheinen Zerwürfnisse dies Unternehmen rückgängig zu 
inachen. Vielen Anklang hat der „Tbiiringer Sängerbund," 
in Erfurt gestiftet, gefunden. Er versammelt sich jährlich 
an einem passenden Ort, in einer schönen Landschaft 
gefegen. Und die letztere gehört dazu; sie vervollstän- 
digt, sie ergänzt das Unvollkommene, was z. B. in der 
Monotonie des Männergesanges, in dem Verfliegen des 
Tones im Freien (darum bei so grossen Massen das un- 
befriedigende Resultat hinsichtlich der Kraft) liegt. Da 
scheint es, als würden die Harmonieen bis zu den fer- 
nen Bergen fortgetragen, — Waldesnacht, Waldesdun- 
kel treten uns lebendig entgegen, wir fühlen die Wahr- 
heit der Worte : 

„Aas dem Boden ist's gedrungen, 
Vefcel habe*'* aaebgesungeo, 
.Vot 4m Zweiget klingt «s tot, 
Lüde trageo** weiter fort.*' 

Möge es mir noch erlasbt sein, anzuführen, was un- 
sere Tondichter uns für den Minnergesang gegeben. 

Für Chöre geistlichen Inhalte sorgte feuerst Bern- 
hard Klein. Er sollte den Sinn für ernste Musik weeken 
und fand wenig Steif vor. Die Gesänge von 1813 waren 
▼erklungen (seine Wirksamkeit begann in des . trüben 
stillen Jahren von 1822—26); so übertrug er die in- 
nere Gluth der Begeisterung ssf das religiös* Element, 
und aensf ouermüdet, *> da** nach und narii die saht» 

4t. Jahrgans. 



reichen, jetzt allgemein verbreiteten Hymnen entstanden, 
die gewiss überall, wo das Edlere, Höhere in der Musik 
gesucht wird, nie in Vergessenheit geratben werden. — 
Am Urängsten war nächst ihm Berater in Breslau, des- 
sen 150. Psalm vielen Anklang gefunden hak Ausserdem 
schrieb er Motetten, Choräle uud viele kleinere Chöre 
(zunächst für das Breslauer Seminar). — Friedrich 
Sehneider , Reissiger, E. Richter , Stolze, Rinck, A. 
IV* Bach, Neidhardt u. A. lieferten auch Manches; ja 
Löwe ging so weit, ganze Oratorien, wie „Die eherne 
Schlange 4 ' und „Die Apostel zu Philippi*« zu schreiben 
(w* sber Monotonie hiebt zu vermeiden ist). Er blieb 
nicht ohne Nachfolger — Wagner lieferte vorigen Som- 
mer „Das Abendmahl des Herrn" für das Dresdner Ge- 
sangfest. Immer ist es anzuerkennen, wenn talentvolle 
Männer geneigt sind, Massen, werden sie einmal zusam- 
mengerufen, auch mit etwas zu versehen, was Ernst 
und Aufmerksamkeit für längere Zeit in Anspruch nimmt. 
Des weltlichen Liedes nahmen sieb Anfangs Zelter 
und NägeK am Meisten an — ein paar Männer, die den 
Cborgesang unter den Dilettanten mit am Ersten ange- 
regt haben« Für Zelter war der Männerg»sang Erholung 
nach den Geschäften des Tages und dem ernsten Treiben 
in der Singakademie; er schrieb also meist Trinklieder, 
von denen einige, wie z. B.t „Sanct Paulus war ein 
Medicas," zu den gelungensten ihrer Art gehören ; auch 
bei launigen Sachen, wie „DieFriihIingsmusikanten i 'u.a. 
traf er den Nagel auf den Kopf. — Nägeli suchte auf 
das Volk zu wirken, den Sinn für höhere Interessen in 
ihm zu erwecken. So entstand sein: „Kennt ihr das 
Land, so* wunderschön in seiner Eichen grünem Kranz/ 4 
„Holde Eintracht/* „Das Lied vom Rhein," und man- 
ches andere, Vaterlandsliebe athmende Lied — Sind 
auch seine Compositionen nicht begeisternd, so spricht 
sieb doch in allen ein tüchtiges, ernstes Streben aus.— 
Für des gewöhnlichen Bedarf schrieben Call, Blum und 
Eüenktfcr, zu ihren meist trivialen Prodoctionen auch 
'triviale Texte nehmend. BlmCs Notturno: ., Singet der 
Nacht ein etiHes Lied " u. s. w. hat sich noch erhalten 
(es zeichnet sieb, wie die meisten Sachen von Blum, 
dadurch *«s, dass es sehr stimmwirksam ist); Eisenho- 
fe?* SoklmMnerÜeder und Ständchen sind dagegen alle 
vUakiieherwieise vergessen. — Weber gab nicht allein 
Bedestesdes in „Leyer and Schwert, 44 auch in den Opern 
wirkte er auf dio Masse. Wen hat nicht der Jigercbor 

5 



«7 



1844. Januar. No. 5. 



m 



aus Euryantbe durch die Kraft, — ^Singet dfem' Gesang i 
zu Ehren" u. s. w. durch die Innigkeit und Gemülhlich- 
keit erfreut? Ihm zur Seile giug Kreutzer, der die herr- 
lichen Lieder Uhlancts in aller Weise dem Volk zugäng- 
lich machte. „Die März nacht," „Die Gapelle, 4 * ,, Schä- 
fers Sonntagslied " zeichnen sich aus; unter den Quar- 
tetten eins: ,, Abendfeier, " Gedicht von Hessemer, be- 
sonders in der zweiten Hälfte sehr wirksam und klang- 
voll gesetzt. — Berner's „Studentengruss" fallt auch in 
diese Zeit. Ein anderes, „Der Genius der Ruhe,' 4 ist 
weniger bekannt, so wie das vortreffliche Arrangement 
von: „Wie sie so sanft rubn." — Fr. Schneider war 
unerschöpflich in Trinkliedern, von denen nur zwei all- 
gemeiner bekanntgeworden : „Lasset die Freud" u. s. w. 
und: „Jetzt schwingen wir den Hut." Viele andere, 
z. B. ,, Der Demagog," „Das Paradies, " „Contrapunct" 
u. s. w. sind vergessen. In seinen neuesten Harzliedern 
ist ein Liedertafelexamen, in dem die Schüler „trin- 
ken" recht energisch coojugiren. — Unter den ernsten 
ist: „Als mein Leben voll Blumen" u. s. w. sehr tief 
gefühlt. — Spohr's elegische Weise spricht sich vorzüg- 
lich in dem „Gute Nacht" aus; von überraschend kraf- 
tiger Wirkung ist dagegen sein : „Auf und lasst die Fah- 
nen fliegen," „Dem Schnee, dem Regen," zur gelunge- 
nen Ausführung fast zu schwer. — In diese Periode ge- 
hören noch : Berger, Fink, Fesca, B. Klein („Des Men- 
schen Seele gleichet dem Wasser"), Kuhlau, Landpaint- 
ner, Mühling, Methf esset, Neidhardt, Panny („Rbein- 
lied"), Pohlenz, Rungenhagen, Rex („Die Maikäfer," 
eins der ältesten mit Brummstimmen, und dasjenige, wo 
der Gebrauch derselben noch einigen Sinn hat), Schny- 
der von Wartensee, Sutor, Seyfried, Schärtlich (Be- 
förderer des Brummens), Werner (Soldatenlied : „Lustig 
in den Kampf," und das Volkslied: „Sah ein Knab ein 
Röslein stehn"). — Auch von Bergt, Flemming, Winter 
(„Im Arm der Liebe"), B. A. Weber („Rasch tritt der Tod") 
hat sich noch Manches erhalten , wie auch ein Trinklied 
(„Das Glas gefüllt, der Nordwind brüllt") von M. Haydn. 

Besonders muss noch Sucher erwähnt werden, der 
Volkslieder herausgab. Ein ausserordentlich glücklicher 
Tact hat ihn dabei geleitet. Nicht allein sind die Harmo- 
nieen dem Cbaracler des Volksliedes angemessen, die 
Stimmführung einfach und bequem, dass sie selbst von 
geringeren Kräften können genügend ausgeführt werden, 
auch die Auswahl ist so glücklich. Ich will nur einige 
hervorheben, da die Sammlung gewiss in den Händen al- 
ler wahren Freunde des Männergesanges ist, und zwar : 
„So viel Sterne," „Morgenroth, u „Die Schildwacht," 
„In einem kühlen Grunde" (auch die Poesie so schön), 
„Loreley," „Das Klosterfräulein," „Abschied" u. s. w. 

Nach der Rheinliedsperiode ward die Zahl der Com- 
ponisten Legion — jeder Liedertafeldirigent bereitete 
Stoff zum Singen. Doch interessirten sich auch die ersten 
Tondichter der Gegenwart dafür. Mendelssohn'* „Der Jä- 
ger Abschied" wird überall mit vieler Liehe gesungen, 
$o Mehreres von Marschner, z. B. Liedesfreiheit, „Bür- 

fer ist jeder Sohn." (Aus früherer Zeit existiren viele 
rinklieder von Mar sehner, z. ß. „Was perlet im Glase" 
u. s. w., „Tunnelfestlied," „Im Herbst da nrass man 
trinken"), ftaläwoda's „Das deutsche Lied,," wird gewiss 



allgemeinen Anklang finden, namentlich bei grossem Ver- 
sammlungen. 

Für Liebes - und Trinklieder (vorzugsweise) sorg- 
ten Banck, Chwatal („Nacht, o Nacht"), 5. W. Dehn 
(Scherzlied von Lessing), Dorn, Elster. Girschner 
(„Gute Nacht," sehr weichlich), Hetsch (15 Chöre mit 
leichten Weisen und guten Texten), Kunz, Kücken, Lo- 
renz, Metz, Mangold, F. Otto („Klage"), J. Otto („Die 
Wette," „Trinklied"), Philipp (lieferte alle Arten Trink- 
lieder, in den- verschiedensten Stadien der Weinseligkeit 
zu gebrauchen), C. G. Reissiger („Blücher am Rhein"), 
A. Reissiger („Die rothe Nase"), E. Richter („Der 
Husar von 1813," etwas zu sehr trompetend), S. Seif- 
fort, Skraup, J. Strauss („Kriegers Schwur"), Tau- 
bert (der auch neuerlich Chöre zur Medea geschrieben), 
Truhn, Tägächsbeck (seine Sammlung: Deutsche Lie- 
derballe, ist sehr empfeblenswerth), Feit, Ziegler, Zoll- 
ner („Heda, Wein her" u. s. w., — viel im trivial ko- 
misohen Genre). — G. Reichardt bat ausser „Des Deut- 
schen Vaterland" ein gutes sentimentales gegeben ; „Das 
Bild der Rose," so süss, wie Honig von Hybla; — Adam 
mehrere von Herwegh, unter denen „Das Rheinlied" 
kräftig wirkt; — Kunkel „Mein Vaterland" von Ha- 
mann von Fallersleben. 

Mögen unsere deutschen Dichter und Componisten 
fortfahren, einen Theil ihrer Kräfte dem Valerlandc zu 
widmen, um das Volk für dasselbe, für seine höchsten 
und heiligsten Interessen zu begeistern. Der Deutsche 
kann noch wenig sprechen — aber singen kann er, und 
das muss ihm vorläufig vieles Andere ersetzen. Darum 
ist es aber auch wünschenswert , dass der Geschmack 
sich immer mehr reinige 5 dass man zwar Liebes-, Scherz- 
und Trinklieder singe, sie aber nicht zur Hauptsache 
mache, nicht dem plumpen Witz huldige, der darauf fusst, 
dass man einer Nation angehöre, die am Meisten trin- 
ken könne. — Je mehr eine gewisse geistige Bildung auch 
die Musiker erreichen, die besonders ihre Kräfte dem 
Liede zuwenden, je seltener werden wohl dann die Miss- 
geburteu werden, an denen jetzt der unmusikalische Laie 
noch so viel Geschmack findet. — „In der jetzigen Zeit, 
nicht der Völkerwanderung nach Aussen, sondern der 
Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander be- 
wegen und ein Land um das andere zum Vaterlande reift, 
wird auch der Dichter mit fortgezogen, und wenigstens 
das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann 
nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzt 
Mos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen 
die Zeit zu kehren," — so sprach Jean Paul vor 30 
Jahren , und ich denke , auch jetzt noch können diese 
herrlichen Worte ihre Anwendung finden. 



Recew&iohen* 



Liederschau. 

Wäre das schöne Wort des trefflichen Senme: 

Wo mtn singt! dl lese (lieh rihig aiederl 
BSf« Measekeo hskes keine Lieder. 

in seiaer volle» Bedeutung wahr, so müsste unser ge- 



09 



1844. Jan*»r. No. 5. 



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l i n k es Deutschland förwahr ein Paradies seil»: Lieder 
giebl es bei uns in Haue and Fälle. Eine vergleichende 
moralisch -musikalische Statistik wäre vielleicht geeignet, 
den Etnfluss des Gesanges auf die Moral und also auch 
auf wahres Glück näher zu bestimmen. — Als Beweis, 
wie fruchtbar das schöne Feld der Lieder sich auch in 
der neuesten Brate erweist, mag gegenwärtige kurze 
Liederschau gelten. Wir nehmen aus dem reichen, uns 
dargebotenen Fü'llborne die manniehfaltigen bauten Blu- 
men, wie sie ans, eine nach der andern, der Zufall in 
die Hand fahrt, am sie, mit kurzer Bezeichnung ihrer 
Individualität, zur Erleichterung der Anschauung und be- 
liebiger Auswahl den Gesangesfreunden zu Nutz and 
Frommen vorzulegen. 

Sechs Lieder für Sopran oder Tenor, mit Begleitung des 
Pianoforte, von Ferd. Gumbert. Op. 2. Berlin, bei 
Schlesinger. Preis 17% Sgr. 
Ein anmuthig duftendes, kleines Bouquet, um so 
freundlicher von uns begrü'sst, da es erst die zweite 
Gabe ist, die der sinnige Gärtner uns bietet. Mögen nur 
die folgenden, bei fortgesetzter, noch sorgsamerer Pflege, 
dieselbe Frische und gesunde Natur bewahren , welche 
wir an diesen anspruchlosen Liedesblumen so anziehend 
finden. Hier und da scheint es uns, als habe das Bestre- 
ben, die gewöhnlichen Schlussformen zu umgeben, den 
Gomponisten zu einigen gesuchten und wohl auch an- 
passenden Wendungen veranlasst. Wir erkennen recht 
wohl die Schwierigkeit, gut und neu zu schliessen, zie- 
hen aber doch einen natürlichen, wenn auch nicht durch 
Neuheit überraschenden Schluss einem gezwungenen bei 
Weitem vor. Jedes der sechs hier gebotenen Lieder bat 
etwas mehr oder minder Anziehendes 5 indess wird das 
erste, Herlosssohn's schönes Gedicht : „Ob ich dich liebe ! 4A 
wohl überall den meisten Anklang, den schnellsten Ein- 
gang finden Der Componist lässt, zu allerdings wohl- 
tuender Erweiterung der Schlussperioden, eine Zeile 
wiederholen, die aber keinen abgeschlossenen Sinn giebt : 
dieser kleine Cebelstand hätte sich bei schärferer Prü- 
fung wohl vermeiden lassen ; sonst ist das Lied scbön 
empfunden und trefflieb gesungen. — Was wir über diese 
aomuthige Erstlingsgabe sonst noch auf dem Herzen hät- 
ten , sprächen wir gern sogleich aus : wir haben aber 
noch einen weiten Weg zu wandeln, und finden uns 
wohl bald wieder mit dem talentvollen Debütanten zu* 
«ainmen. — Also auf Wiedersehen ! 



Drei Gedichte, in Musik gesetzt für eine Sopran- oder 
Tenorstimme, mit Begleitung des Pianoforte von Carl 
Schwende. 59, Werk. Braunschweig, bei G. M. 
Meyer. Preis 12 Ggr. 

Drei gnt gedachte Compositionen, mit fast zu grosser 
Sorgfalt in Nachbildung der einzelnen Wendungen des 
Gedichtes behandelt. Wir lieben wohl recht sehr eine 
sprechende und schildernde Begleitung — hier ist indess 
in dieser Beziehung wohl zu viel gethan. Die Gedichte 
sind gewiss von wahrem , poetischem Gehalte ; aber für 
Msikalische Behandlung geeignet, und um sieh singend 
daran zu ergötzen, möchten wir eigentlich nur das erste : 
„Hoffe, liebes Herz!" erkläre». - Der gewandte Har- 



moniker, wie der denkende Künstler, der reiflich über 
seine Aufgabe meditirt, bewährt sich hier überall. Die 
zuweilen etwas störende Trennung der Perioden und 
manche ungefügige Gliederung im dritten Gesinge müs- 
sen wir wohl mehr dem Dichter (oder dem Uebersetzer), 
ab dem Gomponisten zur Last legen. 

Sechs Lieder für Sopran oder Tenor, mit Begleitung des 
Pianoforte, componirt von Louise v. Drieberg. (Aus 
ihrem Nachlasse.) Op. 5. Berlin, bei Bote und Bock. 
Preis y a Tblr. 

Diese anspruchlosen, einfachen Lieder sind wohl 
mehr bestimmt und geeignet, ein Erinnerungszeichen für 
die Freunde der Heimgegangenen zu bilden , als durch 
ihren intensiven Runstwerth sich geltend zu machen. — 
Einige sind übrigens recht sangbar, wie No. 1 und 3, 
und werden sich, in ihrer Weise, auch abgesehen von 
persönlichem Interesse , Freunde und vorzüglich Freun- 
dinnen erwerben. Für das Posthorn, No. 4, halle sich 
aber gewiss in dem Nachlasse ein etwas bedeutende- 
res Stück gefunden; das hier aufgenommene ist doch 
wohl gar zu matt und farblos, und die Dilettantin ver- 
räth sich Damenilich durch den mangelhaften Rhythmus, 
der ihr auch in den andern Gesängen nicht recht gehor- 
chen will. 



Sechs Gesänge für eine Singsümme, mit Begleitung des 
Pianoforte, von Carl HeUtedt. Op. 1. Leipzig, bei 
Breitkopf und Härtel. Preis 20 Ngr. 
Dies Opus 1 giebt offenbar Zeugniss von dem Ta- 
lente und dem Berufe des jungen Sängers. — Er scheint 
übrigens durchaas nicht gesonnen zu sein, auf der brei- 
ten Heerstrasse zu wandeln, denn fast aus jedem der 
sechs Gesänge klingt ans etwas Ursprüngliches und Ei- 
genthümliobes entgegen. Ja er greift wohl zuweilen, zu- 
mal was die begleitende Harmonie betrifft, fast zu keck 
in die Saiten, wobei denn auch oft Härten, ja .selbst 
Misstöne zum Vorschein kommen, die der Gang der Me- 
lodie keineswegs bedingt. Der Componist scheint phanta- 
stische Gebilde der Poesie vorzugsweise zu seinen musi- 
kalischen Illustrationen zu wählen, and doch möchten 
wir ihm den gutgemeinten Ratb geben, sein Talent zu- 
nächst lieber an dem eigentlich Lyrischen zu versuchen» 
bis sein Styl sich regelt und erstarkt. Auch gestehen 
wir offen, dass ans in dieser Beziehung das erste ein- 
fache Lied: Frühliogsglanbe, ungleich lieber ist, als die 
mit vielem Aufwände von Mitteln ausgestattete altdeut- 
sche Ballade, No, 4. Jedenfalls erscheint uns diese Erst- 
lingsgabe sehr beachtenswert!!. 

Wanderlieder, gedichtet von G. Tietz, für eine Sopran- 
oder Tenorstimme , mit Begleitung des Pianoforte, 
componirt von Jul. freies. Op. 9. Berlin, bei Bote 
«ftd Bock. Preis 15 Sgr. 
Diese vier Wanderlieder sind so frisch und natür- 
lich hingtsnngen, dass man sie bei aller Einfachheit bald 
lieb gewinnt und mit ihnen vertraut wird. Schon die 
Dichtung sieht durch ihren harmlosen Gan£ and gemüth- 
licbe Naturtreue uwiHkärüch an, und bildet in ihren 



71 



1844. Januar. No; «." 



73 



Uebenohrifteni Abschied, Wand'rw» Gnus, Heimkehr, 
Wiedersehen, ein kleines Drama , wahrend dock jedes 
der vier Lieder für «ich beateben kann. Der Abschied 
wird mit leichten Herzen genommen, denn liebendes 
Vertrauen erleichtert ihn; und so athmet auch der 
Gesang nur Liebe und Hoffnung. Dm gewählte, Motiv 
ist so anmutbig und gewinnend, und wird durch die 
tröstende Episode (Liebchens Thränen zu trocknen) so 
günstig hervorgehoben , dass man das hübsche Lied fast 
zu kurz findet. Auch Form und Ton von No. 2, Wand- 
rers. Gruss, sind gefällig, und man muss nur bedauern, 
dass der Dichter nicht auf eine bessere Schlusspointe oder 
mindestens auf eine bessere Dielion bedacht war, die 
dann auch dem Gesänge zu gut kommen mussle. Das 
dritte Lied, Heimkehr, spricht in unverkünsteller Melo- 
die, analog begleitet, recht freundlich das Gefühl seh- 
nender Hoffnung aus. Die widerstrebende Declamation in 
dem Refrain der zweiten Strophe kann und wird von 
dem Sänger leicht verbessert werden. Im vierten Liede : 
Wiedersehen, lässt der Componist recht sinnig und sehr 
wirksam das Motiv des ,, Abschiedes'* wieder anklingen, 
wodurch sich das kurze Drama günstig abrundet. Die 
neue Zutbat ist nicht minder passend und ansprechend. — 
Mit einem ungemein fröhlichen, aufregenden Nachspiele, 
einem maskirten Walzer nicht unähnlich, scbliesst das 
kleine, anmnthige Werkchen, das leicht sein Publicum 
finden dürfte. 



Sechs Lieder für eine Bass- oder Baritonstimme, mit Be- 
gleitung des Pianoforte, componirt von Jos. Staudig l. 
Op. 20. Stuttgart, Allgem. Musikhandlung. Preis 
1 Thlr. 4 Ggr. 

Wir waren darauf gefaest, in diesen Liedern des 
gefeierten Sängers, den die allgemeine Stimme als den 
Ersten seines Faches bezeichnet, zunächst nnr den schim- 
mernden Abglanz seiner Individualität als ausübender 
Künstler, mit Darlegung der vollendeten Ausbildung sei- 
ner umfangreichen Stimme zu erblicken, und finden nun 
zu unserer Ueberrascbung, aber auch zu geistiger Befrie- 
digung, dass uns der treffliche Künstler, statt des Er- 
warteten, sechs ungemein einfache, gut gedachte und ge- 
lungene Gesänge bietet, die jeder nur einigermaassen 
gebildete Sänger sich mit Theilnabme and Genuss aneig- 
nen und mit bestem Erfolge ausfuhren wird. Die drei 
ersten Gedichte (sämmilich von Prankl) haben das Meer 
zum Gegenstande ; man konnte annehmen, dass der gleiche* 
Stoff etwas Monotones im Gefolge haben werde ; Dem ist 
aber nicht so. — Das Interesse an den Gesängen erhöht 
sieh sogar im Verfolge, wozu denn die characteristisebe, 
nüancirte und immer consequent durchgeführte , im driU 
ten Liede wirklieb originelle Begleitung wesentlich bei- 
trägt. Dass der Gesang bei aller Einfachheit dennoch 
tobst 



höchst ansprechend und fliessend erscheint, wollen wir 
noch besonders hinzufügen, obgleich es bei einem Sän- 
ger von solcher Bedeutung vorausgesetzt werden kann.« — 
No. 4, „Das Süsseste und Schwerste," von Baltenkron. 
Das Gedicht spricht einen schönen Gedanken ia prägnan- 
ter Kürze trefflieb ans, und der Componist giebt ihn glück", 
Hob wieder. In diesem Gesänge ist übrigens schon deut- 
licher das Bestreben sichtbar, den Sänger geilend, zu «*, 



eben, aber es geschieht in so naturgetreuer^ «u v 
ter Weise* dass man durch die Absicht nicht verstimmt 
wird. Dem Eintritt der Melodie hallen wir wohl eine 
gefälligere Biegung gewünscht $ das drei Mal angesehlaf 
geney bat etwas Starres, das durch die mildernde Be- 
gleitung nicht ganz vergütet wird. — No. 5. Seinen ge*- a 
läuterten Geschmack bewährt der Componist schon durch 
die Wahl seiner Dichtungen; „Der Himmel im Thal" 
von Reüiick ist wieder ein treffliches Gedichi, dessen 
naiv- sentimentale Färbung ungemein wobltbuend wirkt 
und in ieder Beziehung glücklich vom Componisten wie» 
dergegebeu wird. — No. 6. An die Nacht, von W. v. ■ 
Schemnitz. Einfach und edel in Melodie und Harmonie. 
Wir würden die fast resignirende Einfachheit neck wil- 
liger anerkennen, wäre nur der Rhythmus nicht gar zu. 
einförmig; wenigstens würde eine etwas belebtere Be- 
wegung in der Begleitung der zweiten Hälfte die Mo- 
notonie günstig unterbrochen haben. Es gehört, wie das 
Lied nun vor uns liegt, gewiss eine sehr sonore Stimme, 
ein sehr inniger Vortrag dazu, um diesem Liede Geltung 
zu verschaffen, das nicht eben verfehlt, doch gewiss das 
schwächste der ganzen Sammlung ist. 
(Fortsetzung folgt.) 



Nachhichten. 



Leipzig, den 30. Januar 1844. Fünfzehntes Abon- 
nement - Concert im Saale des Gewandhauses, Donners- 
tag, den 25. Januar. Frühlingsgruss , Concertouverture 
von Sigismund Goldschmidt (zum ersten Male, Manu- 
script). — ,,La Partenza," Scene und Arie von Ferd. 
Hiller, gesungen von Miss Birch (zum ersten Male, Ma- 
nns cript). — Concertino für die Oboe von J. W. Kalti- 
woda, vorgetragen von Herrn Diethe (Mitglied des Or- 
chesters). — Cavatine aus ,,La Donna del Lsgo" von 
Rossini, gesungen von Miss Birch. — „Die Weihe der 
Töne/* Gedicht von P/ejfer, in Form einer Symphonie 
componirt von L. Sponr. 

Die Ouvertüre von Goldschmidt (Ddur) ist eine ach- 
tungswerthe Arbeit nach guten Mustern. Die Motive der- 
selben sind weder neu und eigentümlich, noch beson- 
ders geschmackvoll, wie z. B. das erste und Hauptmotiv 
des Allegro;' die Verarbeitung derselben ist jedoch geschickt 
und oft sehr wirksam durch sorgsame und kenntnissreiche 
Instrument irung. Die Ouvertüre macht überhaupt in ihrer 
Totalität recht guten Eindruck, wenn auch derselbe Dein 
nicht ganz entsprechend sein dürfte, was der Componist, 
nach dem Titel „Frühlingsgruss 44 damit beabsichtigt zu 
haben scheint. Die Ausführung war' sehr lobeftsWerth und 
die Theilnabme des Publicums eine günstige: ' 

Miss Birch erwarb sich vorzüglich mit der Cavaltm* 
von Rossini sehr grossen und anhaltenden Bei MI» oh** 
wohl sie die. Scene .und. Arie' von Butler im Grunde noeb> 
besser vortrug. Letztere ist ein wohl angelegtes nndi 
durchdachtes, ordentlich und fleissir gearbeitetes Musik» 
stück, fesselt aber weder Ohr noch Herz fetaifc genug* ■ 
um eine lebendige oder tief ergreifende Wirkung hervor*', 
zubringe», Sie scheint für die. Buhne berechnet za san 



TS 



1844. 



Nor 61 



74 



«nd madtf darf vielleicht grösser«*iirtro«k $ sie ist'breH 
angelegt und lang, fast zn lang ausgeführt, sehr stark 
wstrumentirt und sonst ganz dramatisch gehalten. Mög- 
lich auch, dass die gar so volle Instrumentirting , durch 
welche Ate Singsthnme sehr gedeckt wnrde, der Wirkung 
einigen Eintrag gethan hat. . 

Unser erster Meist des Concertorohesters, Herr Die- 
the, . dessen tüchtige Leistungen wir schon öfter zu röh- 
men Gelegenheit hatten , zeichnete sieb durch den sehr 
gefangenen Vortrag eines recht ansprechenden Conccit- 
stboks* von KäUhooda ans nnd erhielt allgemeinen, sehr 
lebhaften Beifall. Sowohl der. Ton, als die Fertigkeit und 
der Vbrtrag des Herrn Diethe sind sehr vorzüglich, nnd 
unser Orchester hat alle • Ursache", sieh über den Besitz 
eines Stichen Künstlers zn freuen, der, bei rostigem Fort- 
schreiten, bald nur wenige seines Gleichen haben dürfte» 

Obwohl wir , vielleicht aus früher und besonderer 
Vorliebe, die Symphonie in Cmoll von Spohr fast noch 
höher stellen, als „Die Weihe der Töne/« so ist doch 
ohne alle Frage diese letztere eine der grossartigsten 
nnd tief empfundensten Symphonieen des geehrten Mei- 
sters. Wir sind sek Jahren gewohnt, gerade diese in 
vieler Hinsicht sehr schwierige Symphonie besonders 
schön ausgeführt zn hören, vielleicht weil wirklich be- 
deutende Kräfte immer mit der Schwierigkeit ihrer Auf« 
gäbe wachsen* vielleicht anch, weil die Symphonie hoch- 
geachtet nnd von dem Publicum stets mit Warme auf- 
genommen ist Anch die diesmalige Ausfuhrung war sehr 
gut und erhielt nach jedem einzelnen Satze Beifall. 

Am 29. Januar gab Miss Birch im Saale des Gc* 
wasdbanse* ihr Abschiedsooncevt. 

Die ausgezeichneten Leistungen der trefflichen Künst- 
lerin, wie nicht weniger ihr hebenswürdiges, bescheide- 
nes Benehmen haben ihr die Gunst unseres Publicums in 
hohem Grade erworben; das Concert war daher auch 
sehr zahlreich besucht* und Miss Birch wurde 1 bei ihrem 
Auftreten mit Applaus empfangen, eine Auszeichnung, 
mit welcher man hier ausserordentlich sparsam ist. Das 
Reperteir bestand in: Ouvertüre zum Wasserträger von 
L. Cherubini. — Arie von Marliani, gesungen von Miss 
Birch. — Concert für die Violine, in Form einer Ge- 
sangseene eomponirt von Spehr, vorgetragen von Herrn 
Joseph Joachim. — Arie ans der Sonnambula von BeU 
Äw, gegangen von Miss ÄroA. — Ouvertüre zu Fidette 
von L* 9. Beethoven (No. 4, E dur). — Englische und 
schottische Äalienallicder, im Pia notorte gesungen von 
Miss Birch. — Hommage ä Hindel, Duo für zwei Pi#J 
nofoAe von J. Mesohefes, vergetragen von Fröul. Con^ 
stmme Jacebi nnd Herrn MO. Uilier. — Variationen^ v«tf 
Rode y gesungen von Miss Birch. — 

Mit aUriniger . Ausnahme . der IfatfonaUieder , kön- 
nen wir die Wahl der Gesangstöcke nicttlobtmj' obwohl 
sie der -geehrte» Künstlerin sehr gute* Gnlegenbrit boten/ 
ihre Virtuosität zn »eigen;; diese ist es abdr durchatitf 
liebt «llehi, worauf der eigentümliche Kaaslwerth' irinei* 
Leistung beruht, und wir hätten daher wohl wünschest 
mögen, dasa Miss Birch noch einmal adle ihto schöne» 
Kräfte in dem Vortrage einen Würdigen. GeMfagsttoktf 
ceaoentrirt and «rii dadurch ..eine ffünstkistnna^'gabotmil 
haue, wie wir sie vielleicht nicht 1 an 'bä* wieder tabeel 



durften. Technisch am ausgezeichnetsten und in der ttiat 
ganz vortrefflich war die Ausführung der Arie von Mär- 
itnni und der Variationen von Rode ; letztere sind be- 
kanntlich Violinvariationen, 4ki, wenn sie gesangen nicht 
geradezu unangenehm wirken sollen , in höchster tech- 
nischer Vollendung ausgeführt werden müssen. Wir ge- 
ben nun allerdings auf dergleichen Kunststuckohen, denn 
etwas Anderes ist es nicht, nicht viel, halten aber die 
Muhe, welche man auf das Studium solcher Sacheu veiv 
wendet, deshalb nicht für verloren, weil doch immer eine 
Ausbildung damit verbunden ist , die bei dem Vortrage 
besserer Dinge gar sehr von Nutzen sein kann. Wer 
solche Künsteleien gut auszuführen vermag, besitzt jeden- 
falls eine bedeutende technische Fertigkeit und dadurch 
zugleich das Mittel, sich im Vortrage bedeutender Kunst- 
werke ganz dem geistigen Wertbe derselben ungestört 
md ungehindert zuwenden zu können. — Vortrefflich in 
jeder Hinsicht war der Vortrag der Lieder, welche Miss 
Birch mit solcher Innigkeit, mit so viel natürlichem Ge- 
fühl sang, dass eine bedeutende Wirkung nicht ausblei- 
ben konnte. Eines nur möchten wir anders wünschen, 
Swiss zum Vortbeil der Lieder wie des Vortrags; Miss 
roh verzieht nämlich das Tempo leicht allzusehr, so 
sehr, dass der Rhythmus, bekanntlich ein nicht unbedeu- 
tendes Element namentlich der schottischen Nationallie- 
der, ja sogar die Melodieen ziemlich unkenntlich werden 
und verleren gehen, oder zum Wenigsten nicht so deutlich 
und ausgeprägt hervortreten, wie es zur klaren Auffas- 
sung derselben noth wendig ist. Nun liegt aber gerade in 
diesen Eigenschaften, in Melodie und Rhythmus, das Ei- 
gentümliche solcher Lieder, und Reiz wie Wirkung ge- 
ben verloren, wenn diese Eigentümlichkeiten nicht be-' 
stimmt nnd leicht fasslich heraustreten. Kleine Verzie- 
rungen, wenn sie den Gang und PIuss der Melodie nicht 
stören, die prägnante Wirkung des Rhythmus nicht auf- 
heben, schaden viel weniger, ja können sogar ein wirkv 
lieber Schmuck des Liedes sein und seine Wirkung er* 
höben helfen ; nur versteht sich, dass auch hierin Maass 
und Geschmack eine strenge Kritik fähren müssen. Dass 
alle Leistungen der Miss Birch mit grossem, entschiede- 
nem Bei falle aufgenommen worden, bedarf nach so vie- 
len Erfolgen, wie die geehrte Künstlerin bereits hier ge- 
habt hat, kaum noch weiterer Versicherung. Wie wir, 
sieht unser Publicum sie ungern scheiden, und immer 
wird ihr ein ehrendes Andenken bei uns gesichert bleiben. 
* Ueber die Leistungen des jungen Jos. Joachim aus 
Wien haben wir bereits, wie verdient, sehr rühmend be- 
richtet; was wir früher von ihm hörten, waren reine' 
Virtuosen saefcea, Stöcke, in welchen es hauptsächlich auf 
Produoirung einer glänzenden Technik, weniger auf Darstel- 
lung einer künstlerischen Idee, überhaupt nicht auf ein* 
Kunatleistnng im höheren Sitme abgesehen ist. Wir konnten 
daher mit Besiimmtbcitaucb nur sagen, dass seine teithniscbe^ 
Ausbildung sehr ausgezeichnet und bereits so vorgesebrit* 
tev sei, dass man in ihm einen Virtuosen ersten- RaftM 
ges sicher und bald au- erwarten *b*be 5 in- anderer, Mofa* 
künstlerischer Hinsiebt gab nus der toattre Cbaracter sei- 
ner Leistungen, dfc Richtung «eine's Gttobmaebs in de" 
re» 1 Vortrage, einigea Anhalt* der Hoffnung, »dass Uta) 
ächte» TWent», ein *üahUge* Kaniuinn intfewobntf» di» 



7& 



1844w' Jauur. . No* 5. 



78 



wohl verbaten könnten, du» der . Künstler im Virtuo» ' 
sen untergehe. Jetzt, nach dem Vortrage der Gesang» 
seene von Spohr, einer zwar sehr dankbaren, aber im 
Uebrigen auch so bedeutenden Composition, dass sie seihst 
für erfahrene nnd sehr ausgebildete Künstler eine schwere 
Aufgabe bleibt, halten wir uns für berechtiget, von dem 
jungen Joachim das Bedeutendste zu erwarten. Er hat 
das Stück mit so klarem, richtigem Verständnis«, mit so 
vielem und gutem Sinn und Geschmack vorgetragen, wie 
es nur wahrhaft bedeutendes Talent vermag. Möchte die» 
sem Talente die ruhige, solide Ausbildung fortwährend 
zu Theil werden, die ihm jetzt so förderlich gewesen ist 
und durch welche allein es einem hohen und schönen 
Ziele zugeführt werden kann i 

Das Duo für zwei Pianoforte von Moscheies wurde 
von Fräul. Jacobi und Herrn MD. Hiller sehr gut vor- 
getragen und erhielt vielen Beifall. Fräul. Jacobi ist eine 
sehr talentvolle Schülerin des hiesigen Conservatorioms 
und hat als solche hauptsächlich im Ciavierspiel bereits 
den Unterricht Mendelssohns und Bob. Schumanns ge- 
nossen. Nach ihrer beutigen Leistung zu urtbeilen, die 
vielleicht die erste öffentliche, für uns aber jedenfalls die 
erste war, wird ihr Spiel mehr fein und graziös, als 
kräftig und grossartig, sicher aber in seiner Art sehr aus- 
gezeichnet werden. Bei der vielseitigen und gründlichen 
musikalischen Ausbildung, die das Conservatorium ver» 
spricht, darf man in Fräul. Jacobi eine bedeutende Kunst* 
lerin erwarten und ihr eine ehrenvolle Zukunft voraus- 
sagen. Die beiden Pianoforte - Flügel waren mit der Ta- 
statur unmittelbar neben einander gestellt, eine Stellung, 
welche das Zusammenspiel allerdings sehr erleichtert, der 
Gesammtwirkung aber nachtbeilig ist, weil sich die Par- 
tieen der Instrumente nicht genug von einander schei- 
den, ein Instrument das andere deckt und dadurch Un- 
klarheit herbeigeführt wird. Alle diese Uebelstände wer- 
den vermieden, wenn die Instrumente gewissermaassen in 
einander, d. h. so gestellt werden, dass die Tastatu- 
ren derselben einander gegenüber stehen und die Spieler 
sich vis- ä- vis sitzen. 

Die Ausführung der beiden Ouvertüren von Cheru* 
bini und Beethoven war sehr lobenswerth, das Concert 
im Ganzen zwar nicht von grosser künstlerischer Bedeu- 
tung» aber doch interessant und unterhaltend. fi.f. 



Bertin, den 4. Januar 1844. So wäre denn mit dem 
gelind nassen December auch wieder das für die Ton- 
kunst in hiesiger Residenz in mancher Beziehung wich-, 
tige Jahr 184« beendet, und wir sehen neuen Hoffnun- 
gen, bei dem rasch vorschreitenden Neubaue des köaigl. 
Opernhauses, der Anwesenheit des für die evangelische 
Kirchen - und höhere Instrumentalmusik thätig wirksamen 
GMD. Mendelssohn- Bartholdy und der Wiederkehr des 
um die königl. Oper hochverdienten GMD. Meyerbeer, 
entgegen. Mögen diese erneuerten Hoffnungen zum Nu- 
tzen wahrer Kunst in Erfüllung gehen. 

Wir heginnen nachstehenden Berieht mit den über- 
mässig sich anhäufenden Concerten. Ein junger Pianist* 
Gustav Füller, Schüler des KM. Mohs, begann die Rci- 
hefölge derselben am 1. v. M. Dea 2. folgte der solide, 



Mehtige VioKniM J. Bmmm, welcher mVwnat mit 
dem recht fertigen Pianisten G. Schumann am 16. v. M» 
noch ein zweites Concert gab, worin derselbe das An- 
dante und Rondo rosse des zweiten Violineoncerts von 
de Beriet, Souvenir de Bellini von Artet, und zuletzt 
Variationen von Paganini auf die italienische Ganzenette: 
„0 rnarnma mia oara" mit lebhaftem Beifall, eben so 
rein und geistreich , als seelenvoll und kunstfertig im 
modernen Geschmack vortrug. Jedenfalls ist Hemmers z« 
den ersten Violinvirtuosen neuester Zeit zu zählen* Herr 
Schumann trug die Beethoven'scbe Dmoll- Sonate sehr 
fertig, in fast zu rapidem Zeitmaasse, vor, nnd Hess uns 
eine recht geschmackvolle Fantasie in neuerer Weise, 
auf Motive aus Lucrezia Borgia, gut ausgeführt, nur mit 
Schwierigkeiten überhäuft, hören. Im zweiten Abonoe- 
mentconcerte des J. Sohneider'eeuen Gesang -Instituts 
wurde /. Haydn's Missa No. 3 in D, ein Psalm von 
der Composition eines Dilettanten D. AJL Fränkel, a Ga- 
pella, und F. L. Kunzens gediegenes „HaUeluja der 
Schöpfung " im Ganzen gelungen ausgeführt. Den mei- 
sten Eindruck bewirkte die schöne //oyda'sebe Compo- 
sition. Im nächsten Cencerte soll Cherubin? s Requiem 
zur Aufführung kommen. 

Den grössten Kunstgenuss gewährten die beiden Sym* 
phoniesoireen der köntgl. Gapelle. In der zweiten Soiree 
wurden unter der feurigen, umsichtigen Leitung des Herrn 
(MD. Mendelssohn-Bart holdy die schöne Es dur- Sympho- 
nie von MoMart, die Ouvertüre zu Euryanthe von C. M. 
v. Weber und die B dur-Symphonie von Beethoven durch« 
aus vollkommen ausgeführt. Nach der ersten Symphonie 
trug der Musikdirector B. Molique aus Stuttgart sein 
fünftes Violinconcert, eine vorzügliche Composition, mit 
der diesem Meister eigenthümlichen Solidität, Eleganz 
und vollendeten Kunstfertigkeit vor. Die dritte Soiree 
brachte uns Haydns lebensfrische Ddur- Symphonie, das 
von Herr GMD. Mendelssohn -Bartholdy mit bewundern*» 
werther Energie und Rapidilät, eben so geschmackvoll, alz 
fertig vorgetragene, erfindungsreiche und charaeteristi* 
sehe Pianoforteconcert in Gmoll von seiner eigenen Com- 
position, ferner Cherubim** Ouvertüre zu Elisa und Beet* 
heven's grossartige Cmoll- Symphonie, unter Leitung des 
Herrn MD. Taubert vortrefflich ausgeführt. Der Andrang 
zu dieser Soiree war so gross, dass noch Stehplätze an 
der Casse ausgegeben werden mnssten, da das Abonne- 
ment längst geschlossen ist. — Auch drei Soireen von 
Tanzmusik, haben im Hotel de Russie unter GungFs Lei- 
tung seiner Steiermärkschen Musikgesellschaft Statt ge- 
funden, welche gleichfalls ihr Publicum fanden. — Aeoh- 
ten Kunstgenuss gewährten zwei Quartettuntorhaltungen 
der Herren Zimmermann und seiner Kunstgenossen. In 
denselben wurden die Quartette von Onsfow in Adur, 
Baydn in B und F dur, von MoMart in Dmoll, und endlioh 
von Beethoven in G und Cdur mit der Schlüsselte, letz- 
teres ganz besonders gelungen, ausgeführt. Die vier Spie- 
ler dringen immer tiefer in den Geist der classischen 
Compositionen ein, nnd vereinen sich mehr und mehr 
im Ensemble nnd den feineren Nuanprungen des Vor- 
trages. Seitdem die Moser whtn Soir6en aufgekört ha- 
ben, gewährt der Zimmermann'aekt Quartettverein allein 
Knalz fiir diesen Verlast. 



77 



I64i* 



N*- 5. 



78 



Die Stngaeadcmie Shrle in ihrem zuzeiten Abonne- 
mentconcerte vier Vocalcompositionen sehr gelungen aus. 
Die erste a Capeila war die kunstreiche Motette des 
Grossmeisters der Tonkunst Joh. Seb. Bach; „Ich lasse 
dich nicht" für zwei Chöre. 2) Der 95. Psalm von Ed. 
Grell mit Orchesterbegleitung, besonders melodisch und 
in würdigem , wenn gleich modernem Styl «ehalten. 3) 
Ein kurzes Oratorium : „Die Enthauptung Johannis" von 
E. Sobolewski (Musikdirector zu Königsberg in Prenssen). 
Dem Referenten schien dies meistens wertbvolle Werk 
nur ein Theil eines grossem Ganzen zu sein und des- 
halb eines innern Zusammenbanges, wie des Gesammt^ 
eindruckes zu entbehren. Ein Männerchor der Johannes- 
jünger begann kräftig und ausdrucksvoll , scbloss jedoch 
bei den Worten: „ Laset uns zerreisaep ihre Bande*' 
nicht energisch geno£ ab. Die Arie des Johannes mit 
hinzutretendem Chor ist recht gelungen, die in moder- 
ner Weise die Tenorarie begleitende obligate Violine hin- 
gegen nicht ganz zum Oratorienstyi passend. Einige Chöre 
sind ausdrucksvoll und gut modulirt. Eine gewisse Mo- 
notonie des Ganzen Hess indess einen nachhaltigen Ein- 
druck nicht zu, so anerkennungswerth auch das Streben 
des Tonsetzers nach Einfachheit nnd Wahrheit des Aus- 
drucks in dieser Composition ist, welche nur zu wenig 
melodischen Reiz enthält. Die Ausführung, unter persön- 
licher Leitung des anwesenden Compouisten, war beson- 
ders von Seiten der Chöre gelungen. 4) Der 42. Psalm 
von Mendelssohn Bart ho tdy, welcher hierauf folgte, ist 
ein zu anerkannt gediegenes Werk, reich an Erfindung, 
edel im Ausdruck nnd wirksam instrumenta, als dass 
es enier weiteren Auseinandersetzung der vielen Schön- 
heiten desselben bedürfte. Die Ausführung war durchaus 
lobenswert!) und von allgemein ergreifender Wirkung. — 
Am 9. Decerober führte der pensionirte Capellmeister C. 
Moser zn seinem Vortheile J. Haydn's „Jahreszeiten 44 
unter Mitwirkung der königl. Capelle im Saale der Sing- 
academie, von Seiten der Instrumentalbegleitung und der 
Chöre recht gelungen auf. Die Sopransolopartie hatte, 
statt der Damen Tuczeck und Marx, Frau v. Fassmann 
gefällig übernommen, und trug solehe einfach nnd an- 
sprechend, Herr Böttcher die ßasssolopartic ausgezeich- 
net sicher, rein und kräftig vor. Leider war der Teno- 
rist sehr unsicher, was öfter die Wirkung der Enseni- 
hle's störte. Es ist zu beklagen, wenn ein so günstig 
begabter Sänger sich nicht zeitig der musikalischen Aus- 
bildung befleissigt. Das unvergänglich schöne Orato- 
rium wurde übrigens mit grosser Theilnahme aufgenom- 
men. Eben so anziehend war das von dem Herrn MD. 
Motique veranstaltete eigene Concert, in welchem der- 
selbe sein vortrefflich eomponfrtea drittes VioHnconcert 
mit vollendeter Virtuosität, später eine Fantasie über 
Schweizerlieder höchst elegant und kunstfertig, mit schö- 
nem, gesangreichem ^Tin.. aüsfitkrte, auch die von dem 
Herrn. GMD. Mendelssohn- Bartholdy meisterhaft vorge- 
tragene Pianofortesonate von Beethoven in A moll eben 
so vonuigtiofc mit täftVtelin» kegleitete. Das ganze Con- 
cert. bestand aus lauter elassischeu, wohl gewählten Mu- 
sikstücken, wie die Ouvertüren zu Fidelio und Oberen, 
Arie.. ans Aleeste von Gluck, von. Frau v. Fassmannt 
Arie ans Paulos* von Dem. T mo*$ ck , nnd das ücMtfhe 



Btnmenduett ans Spf*hr>s Jessönda, von Frau v. Fass- 
mann nnd Dem. Tuczeck gesungen. In einer von Dm. 
Laura Ernst veranstalteten musikalisch -declamatorischeu 
Soiree wirkte, ausser hiesigen Kunstlern, auch der noch 
hier anwesende Violinvirtuos CM. Riefstahl mit. — So 
war denn im December in der That des musikalisch 
Guten fast zu viel ! — Dm se sparsamer waren die Lei- 
stungen der königl. Oper, welche ausser der neu in 
Scene gesetzten , seit zwölf Jahren ruhenden Oper Bel- 
monte nnd Constanze von Mozart, nur Wiederholungen 
des „Wildschütz" (drei Mal) und „Carlo Broschi" (fünf 
Mal) lieferte. Belmonte wurde von Herrn Mantius recht 
gefühlvoll und künstlerisch gebildet gesungen. Leider blieb 
indess die schönste Arie: „Wenn der Freude Thränen 
Wessen" aus. Dem. Marx sang die hohe Partie der 
Constanze, besonders die Coloralurenarie : „Martern al- 
ler Arten" mit vielem Fleiss, nicht ohne Anstrengung, 
doch im Ganzen recht gelungen. Die schöne Arie: „Ach! 
ich liebte " u. s. w. verlor etwas an Frische durch die 
Transposition. Die tief gefühlte Adagio - Arie in 6 mott 
(welche Frau von Hasselt- Barth so meisterhaft vortrug) 
blieb aus. Osmin wurde von Herrn Zschiesche (obgleich 
das erste Mal ungünstig disponirt) gut gesungen. Die 
Darstellung, wie die des Pedrillo, welcher, statt des 
Herrn Bader, von Herrn Heinrieh gegeben wurde, er- 
fordert noch mehr Humor. Sehr gut war Blondcben durch 
Dem. Tue» eck in jeder Hinsicht besetzt. Obgleich das 
Stick veraltet nnd einförmig ist, anch grosse Ensemble- 
gesinge fehlen, interessirte dennoch der Zauber Mozati?- 
scher Melodieen und die schöne Instrumentation die Mu- 
sikfreunde angemein. Der „ Sommernach tstraum" wurde 
zwei Mal wiederholt. Am ersten Weib nachts tage wurde 
Don. Juan im königl. Theater deutsch, im Königsstädti* 
sehen Don Giovanni italienisch gleichzeitig gegeben und 
letztere Vorstellung zwei Mal wiederholt. Signora Mal- 
vani konnte den Vergleich mit Frau v. Fassmann als 
Donna Anna recht wohl bestehen , nnd übertraf Letztere 
selbst in Geläufigkeit der Coloratnren und Wärme des 
Gefühls, obgleich die deutsche Donna Anna als eine edle 
Dulderin erscheint. Beide Arien sang Signora Matvani 
einen Ton tiefer, wodurch die Charakteristik (besonders 
der ersten Arie) leidet. Donna Elvira wird von Dem. 
Marx vorzüglicher gesungen 5 Signora Ranzi ist zwar 
kunstgebildet, ihre Stimme indess etwas scharf. Dem. 
Tuczeck ist als Zerline eine überaus liebliche Erschei- 
nung. Der deutsche Don Juan, Herr Böttcher, ist in Ge- 
sang nnd Darstellung vorzüglich. Bei Signor Capitini 
findet nur die erste Eigenschaft Statt Leporeilo würde 
von Signor Carozsi recht gnt gegeben werden, wenn der 
Buffo nicht etwas zu stark vorträte. Ottavio wird von 
Her* Jlfrtift«* noch kunstzebildeter, als von Signor Stella 
gestfltgen, dessen Tenor übrigens stark nnd wohlklingend 
ist. Üebrigens werden die bei der deutschen Oper weg- 
bleibenden unbegleiteten Recitative wie die Arien der El- 
vira (die kleinere im HändePteben Styl), des Masetto 
und Leporeilo (nach dem Sextett) von den Italienern ge- 
sungen. Die reichen Instrumentalpartieen werden sowohl 
voa der königl. Capelle, als, nach Verbältniss der Mittel, 
auch von dem Orchester des Königsstädtischen Theaters, 
«nter Leitung der Herren Jhtmsola und Sfc Lubin, he* 



79 



1844, 



N#.;& 



fineCgend «üÄgtftkrU Eisig* Tlamfi netmcn beife fiirfh 
gurten sn langsam, wie Sigtor Btixzoür auch einige 
fk$en übereilte. — Am Todes- u*d fiegriümiaslage (d. 
b. der feierlichen Abfährong der Leiohe) des Königs von 
Holland wurde das königi. Theater auf allerhöchsten Be- 
fehl geschlossen. Nächstens soll B. fVagner's ^Fliegen- 
der Holländer* 4 gegeben werden, an welcher Oper den 
Deoesber über studirt ist. Der Componist» wie aneh 
Meyerbeer und Mad. Schröder- Devrient werden erwar- 
tet. — In der Hof- und Domkircbe ist seit dem Weih- 
nachtsfeste eine neue Ordnung des Gottesdienstes einge- 
führt. Am ersten Festtage begann derselbe mit einem 
Psalm a Capeila, von der Gomposition de* Herrn GMO. 
Mendelssohn - Bartholdy , vom neu organisirleu Dom- 
chore gesungen. Diesem schloss sich der Chor aus Hän- 
de? s Messias : „Uns ist ein Kind geboren" u. s. w. mit 
voller Orchesterbegleitung ergreifend an. (Ein Tbeil der 
königi. Capelie ist für diesen ausserordentlichen Dienst 
mit Besoldung besonders angestellt.) Demnächst folgte 
der Gesang der Gemeinde, von der Orgel und. den In- 
strumenten begleitet. Ansser den liturgischen Gesängen 
und Besponsorien sang dann nach der Predigt die Ge- 
meinde und der Chor noch das „Herr Gott, dich loben 
wir ! " und schloss nach dem Segen mit Amen. So er- 
baulich nun diese Ordnung des Gottesdienstes auch ist, 
so wird der musikalische Theil desselben dadurch doch 
etwas zerstückelt, und es ist deshalb zu hoffen, daas 
künftig — wie es in Leipzig beim musikalischen Gottes- 
dienste geschieht — ganze, wenn auch kürzere Gesang- 
stücke ausgeführt werden, da es an Motetten, Psalmen 
und andern Kirchenmusiken von Joh. Seb. Bach, Hän- 
del u. A. nicht fehlt. — Capellmeister £« fVagner ist 
bereits hier angekommen, um den letzten Proben des 
„Fliegenden Holländers" und der Aufführung beizuwoh- 
nen. — Der Pianist Goldschmidt aus Prag hat am 3. d. 
ein sehr besuchtes Concert veranstaltet, und sich darin 
mit dem C. M. v. fFeber'schen Pianoforteconoert in 
Es dur, eigenen Etüden und einer Gaprice von Thalberg 
mit allgemeinem Beifall hören lateen. Auch als sinniger 
Componist machte sieb Herr Goldschmidt durch eine 
recht wirksame Ouvertüre, „ Frühlingsgruss " bezeich- 
net, geltend. 



F « u i l l b r ö'-nv * • ' 

Dai Regensbnrfer Theater bat sich sikr der Leiten* eto 
neuen Direktors Herr» Ferdinand ßöder, welcher früher den Hof- 
tbeater zu Meiningea und den Stadttbeater zn Bamberg vorstand, 
sehr gehoben. Die Hauptmitglieder der Oper sind ; Frftut. Meyrat, 
«rate Sängerin, Fräol. Mittermayr, eine talentvolle AeTaagerli, 
Herr tiirsckberg t erster Tenor* mit ■ebener Stimme oid f uter 
Scbule, Herr Mehrt, der rfibmitch bekannte Bassist und Base- 
bnffo, Herr Meisinger, Tenorbuffo. 

Schwanthaler in Machen bat IA$%?s Bildnis* In Medefllen- 
ferm gefertigt) es giett die Zuge d«s KKnstlew mit grassier Trete 
uad ScbönkeH wieder. \ 



Uoter deo j Sogst gehaltenen wissenschaftlichen Vortragen im 
Museum zn Mönchen fand auch eine Vorteanag über Geschieht» 
der Musik tob» Professor Scnqfkäuti Statt, «rebei derselbe ein- 
zelne Tnuwerke ab Belege «einer Deratellnng auffahren iieas. So 
wurde eine Reihenfolge Gesänge vom alltestameutlieben Psalm and 
vom grieebisehen Cborgesang an bis auf die Leistungen der Ge- 

Senwart vorgeführt, ans deoen die allmalige Weiterbildung des 
lusiksystews deutlich in die Sinne Bei. 

Der Violoncellist Herr Franchemm* jn Paris bat eines dar 
berühmtesten Instrumente, das früher dem gefeierten Dvpprt ange- 
hörige Stradivarios- Violoncell, für 27,000 Franken käuflich an 
sich gebracht. 

Per Gesangverein „Harmonie** zu Darmstadt feierte jüngst 
die Enthüllung und Einweihung der neuen Vereinsfahne durch ein 
entsprechendes Fest. — Ebendaselbst bat Herr Lauts Dtssane aas 
Parts sei* nenes Blas- and ßogeninstrament „Meloekon" ktinen 
Jensen und damit vielen Beifall geerotet. (Vergi. über dies Inatrn- 
ment Allgem, Mnsikal. Zeitung, Jahrgang 1841, S. 501. und Jahr- 
gang 1842, S. 438 ) 

Herr Organist Becker in Leipzig hat von der Fürstin vom 
Sonwarzburg-Soadersaausee für Ueberaeadnag seines so eben bei 
Fr. Fleischer in Leipzig erschienenen „Evangelischen Cboralba- 
epes" ein Dsnkssguogsscbreiben und einen Stock mit einem Kno- 
pfe von bedeutendem Werthe erbalten. 
i ■ i 1 1 ■ 

Der Herzog von Sachsen - Coburg -Gotha bat.dea CapeUmet- 
stera Lindpaintner in Stuttgart und Schneider in Dessen den Er- 
nestiniseben Hausorden verliehen. 



Drey schock ist vom Grossherzog von Hesse» - Darmstaelt 
»um Hofcapellmeister ernannt worfle*. — Der Keiner von Run. 
Und bat deo als Violinvirtuos und Componist bekannten Obersten 
Alexis Lvoff, mit Belassuog desselben in seinen bisherigen Char- 
gen und als Dirigent der kaiserliehen Hauscapetle , zum General- 
major befördert. 



Ankündigungen. 



Im Verlag der Unterzeichneten ist erschienen; 

MAederbuch des deutschen Volkes. 

Eine Sammlung von IliB sangbaren Liedern, nnter 19 Rubriken 

. geordnet. 1) Kinderlieder. 2) Turn- und Wanderlieder. 5) Stu- 

dententieder. 4) Berufslieder. 3) Gesellsckaftslieder. 6) Zeit-, 

Natur- und Süntnungslieder. 7) Liebeslieder. 8) Balladen und 

Rmmnnae». 9) Vaterlnndslieder. iO) Gedachtn« - , Heiden -ond 

Enrenlieder. U) Scherz . nnd Sekelmenüeder. 19) Gejetfieke 

- Lieder. Broackirt. Preis 17 Ngr. oder 1 R, rkei*. 

Leipzig , Januar 1841. ' 



Im Verlege der Ch. Ifcb MMlenfeekem HofnneWunaUnai^ 
in Carle ruhe ist ersekienen unfl durch alle Back- nnd Musika- 
lienhandlungen zn erkalten : 

Bildnis* 

des grossherzogl. ßadiseben Hofausikdirectora 

Ar. JP. Ä Glassner. 



Preis..* Schwarz.... 

Chinesisch Papier. 



SO Kr. =f 8 Ggr. 



Drück and Vsnlkg mm Breitkagf und Häriel in Lm?ta& und aote>v 4m& VcnrmwoitUrfikfl* 



et 



02 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 7* n Februar. 



Md. 



1844. 



■■Aal*! Bameftuagaa Aber die Mittaeilung des Orgelfaaomeisters Herrn Bttokow in No. 42 d. Z. ▼. vor. 

Aas Prag. Abi Leipzig. Herbstopero io halte* a. s. w. — FcuUUton. - 



J. n. s. w. — Jteeenjfe- 



Bemerkungen 

über die Mittheilung des Orgelbaumeisters Herrn 

Buekow, in. No» 42 dieser Zeitung, vom 18« Oeto- 

kerv. J«, unter der Aufschrift: „Das Doubletten- 

System ist keine neue Erfindung. 64 

Der Oraxelbaumeister Herr Buekow aus Hirsch berg 
giebt in vorgenannter liiltheüung den Lesern dieser Zeit* 
nebrift dankenswertbe Nachriebt über zwei Arten von 
Koppdungen, nach welchen ein Pfeifencnor einer Orgel« 
stimme von zwei Manualen zugleich; ohne durch einen 
Keppelzng verbanden zu werden, gespielt werden kann $ 
oder, mit anderen Worten: wie zwei Manuale aus einer 
Windlade einerlei Pfeifencböre spielen können ; oder aucht 
dass ein Mannet seine Stimmen ans einem zweiten Ma- 
nuale entlehnt, und fordert zur Namensbekanntmaehung 
des Erfinders dieser Einrichtung auf» glaubt aber au eh 
die Zeit dieser Erfindung in die Jahre versetzen zu kön* 
nun, in welchen die Orgelbauer Buchholz sen. , Brüder 
fVogener y Mar» sen. , .Miegend und Grüneberg ans 
Stettin lebten. 

Wenn mir gleich der Name des Erfinders dieser 
Einrichtung in keinem Buche vorkam, so muss ich den* 
noch die von Herrn Buekow muthma&sslioh angegebene 
Zeit der hier in Rede siebenden Erfindung aus folgen* 
dem Grunde bestreiten, und sie viel weiter noch, als an* 
gegeben wurde, hinaussetzen, weil die vorgenannten Or* 
geLbaumeister sömmtlich noch tbeils gegen das Ende des 
vorigen, tneiis im Anfange des jetzigen Jahrhunderts leb* 
ton, naeh Adlung aber, wie ich hernach noch näher be» 
zeichnen werde, diese Erfindung sehon im Jahre 1649 
bekannt war. Ferner sagt Werkmeister in seiner erwei- 
terten und verbesserten Orgelprobe (herausgekommen zu 
Quedlinburg und Ascbersleben , bei Gottlob Ernesti und 
Struntz, im Jahre 1716, Seite 42 und 43) hnefaetibliea 
darüber Folgeades: 

„Baas auch Etliche Behebung zn solchen Registraturen 
haben, da man eine Stimme im Pedal und Manual in- 
sonderheit allein brauchen kann, ist auch nicht alle* 
mahl rathsam, denn es bezeuget die Erfahrung, dass 
es nieht allemabl gerate, und ofte falsch klinget, be* 
vorab in Schnarrwerken, aus den Ubrsacben, wenn 
der Znflnss des Windes nicht gleich ist (?), oder wenn 
der Wind in denen Winkeln sich stowet (?), oder von 

46. Jahrgang. 



einem Orte weiter als vom andern zu den Pfeifen {ge- 
führt wird (?) und dannenhero seine aequalität vertie- 
ret. Derobalhen ist besser, man gebe jeder Stimme ihr 
sonderliches Register, oder überlege es vorher genau 9 
ob man es also haben könne . damit die Arbeit nicht 
vergebens geschehe, alsdann ist es ein fein Compen- 
dium vor arme Kirchen, die nicht viel grosse Stimmen 
bezahlen können , dieses pfleget gemeiniglich in gros- 
sen Stimmen zu geschehen, auch machen die so ge- 
genannten Fladder - Klappen in denen Springladen 
offlmahls Ungelegenheit." 

Hiernach war also diese Koppelart zur Zeit der 
Springladen, welche man schon im 15. Jahrhunderte ar- 
beitete, bekannt. 

Die älteste mir bekannt gewordene Nachricht über 
die Anwendung dieser Doufelettenart giebt Adlung in sei- 
ner Musica mechanica Organoedi, Theil I, S. 226, wo 
es heisst: 

„Ludwig Compenios*) erbaute im Jahre 1649 eine 
Orgel für die Hauptkirche der Prediger in Erfurt, an 
der er aus dem Rückpositive derselben, Trompete 8' 
und Schallmey 4' für das Pedal durch eigene Register 
entlehnte.'* 

Hiernach muss also die Zeit dieser Erfindung we- 
nigstens bis gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts hin- 
ausgeschoben werden **). 

Herr Buekow sagt ferner in seiner vorgenannten 
Mittheilung, nachdem er die Einrichtung einer Dooblet- 
tenwindlade beschrieben und den Vortheil der dabei statt- 
findenden Geldersparniss bemerkt hat: 

,, Nachtheile sind aber: dass so ein Werk mit Doublet- 
ten, wie ieh aus eigener Erfahrung aus Pasewalk ken- 
nen gelernt habe, höchst schwierig und nie ganz rein 

*) Walther und Gerber nennen ihn Compenitt*. 
**) Da es aus den vorhioerwähnten Worten fferkmeitter* klar 
hervorgeht, dass zn seiner Zeit (er wurde 1645 geboren) schon 
die Pedaltboe aas den Pfeifen des Manoales entlehnt wurden, 
»o benutze ich die Gelegenheit, zur Ehre der Wahrheit und 
aar Berichtigung der Orgeigeschichte, das z« widerrufen, was 
ich vor mehreren Jahren, meiner damaligen Ansicht nach, ia 
dieser Zeitschrift in Beziehung auf die Koppelung des Peda- 
les mit dem Manuale sagte, — nämlich: dass, wenn gleich 
diese Art von Koppelung eine schon sehr alte Erfindung sei, 
dennoch dem Abte FogUr das Verdienst bleib«, der Erste ge- 
wesen sein, der sie aar Verbindung des Pedale« mit dem Ma- 
nnale benutzt habe (Pogler's Wirken für den Orgelba« be- 
gann erst gegen finde des 18. Jahrhunderts). 

6 



85 



1844. Februar. No. 6. 



84 



zu stimmen ist. — Dean es ist natürlich: jede* Cla» 
Tier einzeln gespielt, bekommt die Pfeife aus einer 
Oeffkwmg (Canztlle> de« Wind, während gekoppelt 
oder schon in der Octave angehalten, die eine Pfeife 
(hier das zweite C) aus njwei Canmetkn den Wind 
bekommt, mühin viel hoher klingt, als es mit den übri- 
gen gestimmt ist. Auch ferner : wird eine nicht com- 
binirte Stimme mit einer combinirten oder Doubletteu- 
stimme gekoppelt, diese Doubiette aber zugleich ins 
Untermanns! gezogen, so klingt die Doubiette, welche 
nun den doppelten Wind erhält, bedeutend höher." 
Wenn ich gleich den Herrn Buckow im verflosse- 
nen Sommer v. J. aus seinen in Schlesien gelieferten 
Meisterwerken nicht nur als tüchtigen Practiker, sondern 
auch aus den mit ihm gepflogenen Unterhaltungen über 
den Orgelbau als einen in seiner Kunst wissenschaftlich 
gebildeten und hochachtbaren Mann kennen lernte, so 
kann ich dennoch dieser seiner hier geäusserten Ansicht : 
— dass der Ton einer Pfeife höher wird, wenn ihr der 
Wind aus zwei Windführuagen , als wenn er ihr nur 
aus einer solchen zuOieest, — nicht beitreten, glaube 
vielmehr, sie zum Wohle der guten Sache, wie folgt, 
bestreiten zu müssen. 

Ich behaupte, dass, wenn die zwei Windföhrungen, 
von denen hier die Rede ist, gleich und hinlänglich weit 
sind, die nölbige Qualität des Windes, welche zur richtigen 
Ansprache der Pfeife nöthig, abgewogen, die Pfeife regel- 
recht intonirt worden ist, der Wind ohne Störung, d. h. 
weder geschwächt noch verstärkt, zu ihr hinfliegst, der Ton 
derselben, gleich viel, ob ihr der Wind durch eine Wind- 
Führung oder durch beide zugeführt wird, in vollkommen 

J [leicher Höhe bleiben mnss, weil das Höher- oder Tie- 
erwerden eines Tones nicht durch die Quantität, son- 
dern einzig und allein durch die Qualität des Windes 
bewirkt werden kann« 

Wäre dem nicht also, so müsste ja jeder angehal- 
tene und nur durch einen Blasebalg erzengte Ton oder 
Accord beim Hinzutreten mehrerer Bälge immer mehr 
und mehr erhöht werden, was doch, wie allgemein be- 
kannt ist und an jeder Orgel bewiesen werden kann, 
nicht der Fall ist. 

Da das, was ich hier niederlegte, unumstössliche 
Wahrheit ist , so nehme ich an , dass Herr Buckow in 
jener Zeit, als er zu Pasewalk die Doublettenwindladen 
gearbeitet hatte, von der Richtigkeit seiner Ansicht durch- 
drungen war, nämlich: dass die Ursache der gehörten 
ungleichen Tonhöhe einer und eben derselben Pfeife dnreh 
vermehrten Wind entstehe, dass er, als ihm die Einrich- 
tung der Doublettenwindlade deshalb nicht zweckmässig 
erschien, bis hierher diese Angelegenheit nicht weiter 
verfolgte, seine frühere Ansicht seinem Gedächtnisse treu 
geblieben war und er sie so den Lesern dieser Zeitschrift 
als richtig mittheilte. 

Hätte Herr Buckow zu jener Zeit den Grund der 
Ton Veränderung gefunden , so würde er nicht auf den 
Gedanken gekommen sein, dass sie durch doppelten Wind- 
zufluss erzeugt werde, und gewiss, er hätte ihn schon 
damals meisterhaft gehoben. Ich bin überzeugt, dass, 
wenn Herr Buckow jetzt dergleichen Windladen zu ar- 
beiten hätte, er sie bei seiner erreichten Meisterschaft so 



vollendet regelrecht arbeiten würde, dass er diese Erfin- 
dung-lieb gewönne, und sie gewiss da anbrächte, wo sie 
anzubringen zweckmässig ist. Ihre Zweckraäs^jgkfit be- 
weisen mir einige zwanzig Orgeln, die so ante* meiaer 
Oberleitung erbaut wurden. . » » 

Der Grund vom Abweichen des Tones einer Doo- 
bletteupfeife, wodurch die reine Stimmung einer Orgel 
allerdings sehr erschwert, ja fast unmöglich gemacht wird, 
liegt nicht in der Vermehrung des .Winde*, sondern U 
der Ungleichheit der Contraventile, was ich mit Polgen* 
dem beweisen zu können glaubet 

1) befaud sich noch vor vier Jahren in der hiesi* 
gen Klosterkirche eine mit einer Doublettenwindlade ver- 
sehene Orgel, aus der zwei Manuale, bei freier Registri- 
rung, spielten. Dies Werk spielte ich sehr oft, und zwar 
gewiss stets mit grosser Aufmerksamkeit, aber niemals 
hörte ich (die Orgel war kurz vor meinem Amtsantritte 
sehr rein gestimmt worden) eine Erhöhung oder Ver- 
stimmung irgend eines Tones, obgleich ich schon zu jener 
Zeit die durch beide verwandte Manualtasten angegebe- 
nen Töne mit denen verglich, welche ich durch den An- 
schlag einzelner Manualtasten erhielt; folglich mussten 
die Contraventile , welche auf der unteren Hälfte des 
Pfeifenstockes liegen, durchaus regelrecht gearbeitet sein« 

2) Es befindet sich noch jetzt in der hiesigen Pfarr- 
kirche eine von Buchhol* sen. vor ungefähr 38 Jahren 
erbaute Orgel, deren Pedal nur den einzigen Pfeifenebor» 
Posaune 32', für sich allein* hat und die übrigen Pedal- 
stimmen (18 an der Zahl) aus drei Doublettenwindladen 
entlehnt. Wenn ich diese Orgel gleich seit 34 Jahren 
spielte, sie folglich genau kenne, mir aber nie ein er- 
höhter, aber wohl hier und da ein um ein Weniges ver- 
tiefter Ton vorgekommen war, so ging ich dennoch so- 
gleich nach Durchlesuug des hier besprochenen Aufsatzes 
zu derselben und experimentirte darauf folgendermaassen : 
ich zog zuerst Robrflöte 8', sowohl im Manual, als auch 
im Pedal an, untersuchte sowohl sämmtliche Töne der 
zwei tiefsten Manualoctaven , als auch die des Pedals, 
verglich sie nicht nur bei einzelnen Anschlägen, sondern 
auch bei Anschlägen mit beiden verwandten Tasten zu- 
gleich, fand aber keinen erhöhten Ton, wohl aber, dass 
die Töne D und G im Pedale ein wenig tiefer, als ihre 
verwandten Manualtöne (D und G), klangen. 

Da ich hiervon den Grund nnr einsig und allein in 
den Contraventilen, die Walther „Fladder -Klappen" 
nennt, vermutbete, so trug ich die Pfeifen dieser Stim- 
men ab, öffnete den Pfeifenstock nnd fand, dass die le- 
dernen Contra ventile (Herr Buckow arbeitete sie au* 
Zinn), die zu den beiden Pedaltönen D uud~£ gehör- 
ten, ein wenig stärker und härter, als ihre verwandten 
Contraventile, welche zu ihren verwandten Manualtönen 
führen, waren, sich folglich nicht vollkommen so hoch, 
als jene öffnen konnten , daher sie den Wind um ein 
Weniges geschwächt zu den Pfeifen führten, die daher 
im Pedale tiefer als im Manuale ansprachen. Hierauf löste 
ich die beiden genannten Pedalventile vom Stocke ab, 
leimte an ihre Stelle leichtere hin, die vollkommen durch 
den Orgelwind geöffnet wurden, und als der Leim hin- 
länglich trocken war, brachte ich den Pfeifenstock wie- 
der an seine Stelle, trug sein Pfeifenchor darauf und er- 



85 



1844. Februar. No. 6: 



86 



hielt sowohl bei • wechselseitigem Anschlage der Pedal- I 
«ad Manuakasten D «od G 9 als ancb beim Zusammen- I 
schlage derselben* durchaus weder Verliefung noch Er* 
hebuitg der- Töne, sondern vollkommene Tongleichheit 
derselben. 

SckHentteh empfehle ich, diese Erfindung überall da 
n beNSaen, wo i) die Kirche nicht sehr feucht ist (in 
feuchten Kirche* könnten die Cootraventile, welche am 
Zweckmäasigsten ans Leder verfertigt werden, Feuchtig- 
keit anziehen, in welchem Falle sie beim Wiedereintrock- 
nen hart wurden und sieh dann nicht so vollkommen, 
als cur richtigen Ansprache der Pfeifen nöthig ist , öff- 
nen würden); 2) wo es an Raum zur Lagerung einer 
Pedalwindlade fehlt, and 3) wo durchaus Geld erspart 
werden muss, welche Ersparung aus Entlehnung der Ma- 
eaalpfeifen fär's Pedal hervorgeht 
Neu- Hupp«. fVilke. 



Recensioneh. 



Liederschau. 

(Fortsetzung.) 
Lied des Riudes (aus der Novelle Goethes) für eine Sio#- 
stimme mit Begleitung des Pianoforte von Werner 
Huhn. Op. 1. Leipzig, bei E. Götz. Preis 10 Ngr. 
Dass der Debütant gerade dieses Lied ans der fast 
verschollenen Novelle Goethe's aufgestöbert hat, können 
wir nicht eben ein Glück nennen. Auch hat der Compo- 
Bist offenbar nicht recht gewnsst, wie das (nur durch 
den Zusammenhang Bedeutung gewinnende) Lied an - und 
aufzufassen sei. Die unstäte Begleitung soll nun das Beste 
Uran. Ob übrigens an mehreren Stellen die gleiche Fort- 
schreituag der Melodie mit dem Basse absichtlich geschah, 
wollen wir för's Erste dem musikalischen Gewissen des 
Compenistea anheimstellen. Möge er für sein zweites 
Werk von einer recht glücklichen Textwahl begünstigt 
werden! 



Zwei VigUien von F. D. für eine Sopran- oder Tenor- 
atimme mit Begleitung des Pianoforte, compooit t von 
Dr. B. Marschier. Op. 120. Leipzig, bei Breitkopf 
and Härtel. Preis 10 Ngr. 
Man hat ein begründetes Recht, von dem Manne, 
der uns diese neue Gabe reicht, Etwas zu erwarten, das 
Geist nnd geübte Kunst verrieb, wenn auch nicht Alles, 
was ein guter Künstler schafft, die höchste Weihe des 
Genius empfangen kann. Diese beiden empfindungsvollen 
«od sangbaren Vigilien nun zeigen jedenfalls den geist- 
vollen, routinirten Componisten ; wenn sie sich auch nicht 
als höhere Inspirationen kund geben, so entwickeln sie 
doch so viele schöne und ansprechende Züge, dass man 
eine scharf ausgeprägte Characteristik weniger vermisst. — 
De« Wunsch nach einem eigenthümlichern Schlüsse konn- 
ten wir in beiden Stücken kaum unterdrücken. Wir wis- 
sen es wobl, dass solche Schlüsse, wie sie der Compo- 
nkt hier wählte, den Dilettanten vorzüglich willkommen 
sind; aber sie sind doch auch empfanglich und dankbar 
für einen recht ergreifenden, sinnigen Schlass. — Ohne 



hemmende Schwierigkeiten bieten diese Vigilien einer 
wohllautenden Stimme die schönste Veranlassung, sich 
geltend zu machen; die Begleitung ist nur im zweiten 
Gesänge hervortretend, erhöht aber auch die Wirkung 
bedeutend. 



Orientalische Lieder für eine Singstimme mit Begleitung 
des Pianoforte, componirt von Carl Evers. Op. 15. 
Wien, bei T. Haslinger. Preis 45 Kr. Conv.-M. 

: Vier Gedichte von Lemau. Op. 17. Ebendaselbst. 

Preis 1 PL 
Herr Evers hat es in der That verstanden, den orien- 
talischen Liedern eine gewisse Warme nnd eigentimnlieheB 
Golorit zu geben ; nor ist es ihm weniger gelungen, sei- 
nen Goneeplionen jene Rundung und Abgeschlossenheit zu 
verleihen, die jedem Kunstgebilde, und vorzugsweise dem 
Liede, erst die wahre tpdeutung sichern. Die beste Auf- 
fassung, und auob wobl die sicherste Haltung müssen wir 
dem ersten Gesänge, „Das Hindumädcben," nachrühmen. 
Der Wechsel von Tonart und Bewegang ist dem Gan- 
zen vortheithafl und erscheint auch verständig motivirt — 
Wenn wir im Allgemeinen uns mit dem harmonischen 
Bau einverstanden erklären, so sekdiesst das doch nicht 
aus, dass eine etwas schärfere Peile wohl auch hier und 
da Manches richtiger und wirksamer gestalten könnte; 
so wäre z. B. im 13. Tacte der Melodie, bei den Wor- 
ten: flüstert der u. s. w« cü statt e gewiss viel wohl- 
thuender. 

Wollte der Comnonist in dem zweiten Liede („Al- 
lah giebt Lieht in Nachten") durchaus den gemischten 
Rhythmus von % und V 4 anwenden (er erscheint uns 
nicht motivirt), so hätte er auch weiter gehen und über- 
haupt alle daraus hervorgehende Declamationsvorlheile 
benutzen müssen. Die Stelle : Allah giebt Trost in Noth, 
ist melodisch eben so gezwungen, als harmonisch incor- 
rect ; das Bestreben, piquaat zu sein, bat den Autor au 
Irrpfade geleitet. — In der Betonung, wie im Perioden* 
bau ist der Componist nicht immer glucklich, was in „Der 
Mobrin Gesänge, " wie im „Dankfiede" an mehreren 
Stellen recht fühlbar wird. — Möge der talentvolle Com- 
ponist sich nur nicht durch Streben nach Originalität sei- 
ner wahren, offenbar begabten Küastlernatur entfremden 
lassen — dann wird er ganz gewiss noch Vortreffliches 
schaffen. 

Auch in den GomposHionen der vier Gedichte von 
Lenau entdecken wir, neben Spuren von schönem Ta- 
lente, manches Gesuchte und Verfehlte. Das erste Lied: 
„Einsamkeit" überschrieben, hätte unvermisst in der Ein- 
samkeit bleiben können ! — Wie starr und gesucht ist 
der Anfang dieses Liedes, und als es, etwa im 16. Tacte, 
in Fluss kommt, wie matt und gewöhnlich fliesst es da- 
hin! Hat man sich kaum über die störende Trennung 
der Periode, die den Gedanken unterbricht, beruhigt, so 
erneut und verstärkt der misslungene, gedehnte Scbluss 
die unmuthige Stimmung. Herr Evers kann viel Besse- 
res geben, darum hätte er diese Einsamkeit sich selber 
überlassen sollen! — Einen merkwürdigen, aber sehr 
erfreulichen Gegensatz zu diesem verfehlten Liede bildet 
das lotete dieser Sammlung : „Die Thräne," ein Gesang, 



M 



1844, Febraaiu No. «, 



88 



der so weich und ausdowksvoU, recht aas den Honen 
stammend, so miW «od doch so ergreifend datunströmt, 
«ad Alles vergütet, was uns an der „Einsamkeit" «ad 
und wohl auch an den andern Liedern störte. Herr Erers 
lasse nnr sein natürliches Gefühl wallen, und er wird 
uns wahrhaft schöne Lieder geben können. — 



Lieder und Gesinge, Musik von Dessauer. Berlin, bei 
Schlesinger. 
Es Hegen uns von diesen Gesingen, die einer um- 
fassendem Sammlung angehören, vier Nummern zur Be- 
sprechung vor, die alle in der bekannten, ansprechenden, 
nweilen etwas stark französirenden Weise geschrieben 
sind, welche diesen mutinirtea und talentvollen Gesang- 
componisten cbaraoierisirt. Interessant sind sie summt» 
lieh, nur dass sie nach Form und Inhalt mehr oder min- 
der anziehend erseheinen. Als <fcn gelungensten und an- 
sprechendsten dieser vier Gesänge bezeichnen wir das Lied 
vom sterbenden Schwan; in seiner ruhigen Einfachheit 
berührt es sanft und wohltbuend das Gemtith, bei höchst 
angemessener Form und Haltung. „II masnadiere sici- 
liano" (Der sieHianiscbe Bandit, mit beigefügter Ueber- 
setanng von Grüabaum) für eine Bassstimme. Eine (wohl 
nur meroantilisebe) Anmerkung besagt: dies Stück sei 
von Lablacbe in vielen Gonoerten gesungen worden. Wir 
wollen es gern glanben ; denn eine ausgiebige Bassstimme 
kann sich trefflich geltend machen mit diesem Cbaracter- 
stück, das eben so gut geeignet ist, den declamatorischen, 
wie den getragenen Gesang glänzen zu lassen. — 

Aach Goelhe's schönes Lied: ,,Ich denke dein! 4 ' 
finden wir hier, und zugleich die untergelegte französi- 
sche Nachbildung von norel; ja es hat ganz den An- 
schein, als nahe der Componiat seine Melodie ursprüng- 
lich für die französischen Verse bestimmt und das deut- 
sche Original erst später seiner Composition aecommodirt. 
Für diese allerdings auffallende Erscheinung sprechen 
mehrere sonderbare Wiederholungen, Aendernngen nnd 
— Entstellungen; so heisst es z. B. „wenn auf dem 
fernen Wege, auf fernem Wege der Staub — der Staub 
sieb hebt." Aus dem einfachen „Wand'rer" Goethe's 
wird ein „müder Wand'rer" u. s. w. — Nicht minder 
undeutsch und unsre Conjectur bestätigend sind auch viele 
Stellen declamirt; wir geben einige zum Beaten: 



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Quel 
pente 



leo malt. 
cn - cor. 



h 



jiii i r riTT-ip -.^ . f 



loh bin bei Dir, seist Du auch noch so 

Oui, ton i - tna - ge en de - pit etc. 

Mais, liebwerther deutscher Herr Dessauer, das ist in der 
That nicht schön von Ihnen, und eher hätte sich wohl 
Monsieur Borel einige Accommodatioas gefallen lassen ken- 
nen, als unser Goethe diese Transscription erdulden 
musste! — Dass der Gomponist. diese .... Pie^e vorzüg- 
lich in harmonischer Bezieheng so besonders sorgfaltig 
ausgestattet hat, können wir ihm .also kaum danken l 



Das vierte Lied („Sans le nennner 4 ») ist 
zösischeo Ursprungs (mit deutscher Uebertetseeg von 
Grünbaum), gefällig, mehr declamirt als gesangen, aber 
ohne eigentlichen Nerv und Heia. Dass der sonst so um- 
sichtige Uebersetzer dem Singer mehrmals zumatbet, daa 
Wort : ,, Pflicht' 4 auf das hohe a auszusprechen, ist wirk- 
lich eine — harte Pflicht 1 Die vollständige Saumtuug 
dieser Gesänge (nach dem Titelblatte enteilt sie 2t Hum- 
mern) verdient jedenfalls die Anfoerkaamkmt dea-gesang* 
liebenden Pubticusna. 



1) „Das Blumenmädchen" (La Boraja napolitana) ffir 
Mezzo- Sopran und Pianoforte (mit italienischem and 
deutschem Text), Op. 63, und 

2) „Ah, che mi maoea l'anima," Dnett für Sopran und 
Tenor, mit Begleitung des Pianoforte (mit deutschem 
und italienischem Texte). Op. 52. Beide pomponirtvon 
Tru/rn. Im Verlage von Schlesinger in Berlin. 

Beide Stücke wurden, wie wir vernehmen, bereits 
in den Concerten au Berlin mit günstigem Erfolge aus- 
geführt; namentlich soll die Fioraja, von Mad. Viardot- 
Garcia gesungen, bedeutend effectuirt haben. Dies ist in 
der Tbat eine recht interessante Composition, mit Geist 
und Leben aufgefasst, und gewiss geeignet, bei guter 
Ausfuhrung lebhaft zu interessiren. Die Singerin bat biet 
Gelegenheit, eine lebhaft aufgeregte Vortragsweise, wie 
nicht minder ihre Gewandtheit in Fiorituren und mancher- 
lei Vorzüge der italienischen Methode geltend zu machen. 
Doch bedarf sie dazu eines ziemlich geübten und zugleich 
folgsamen Begleiters, wenn das Ganze den rechten Ein- 
druck machen soll. Schon die einleitenden und verbin- 
denden Bitornelle müssen sehr lebhaft und zugleich fein 
nüan^irt vorgetragen werden. Auch das (ziemlich weit 
ausgeführte) Duett ist geübten Sängern mit Recht zu em- 
pfehlen. Der Gomponist hat es wohl verstanden, nicht 
allein einzelne Züge dieses Duettes, sondern wirklich die 
ganze Physiognomie desselben nach moderner italienischer 
Weise zu gestalten; dass es bei dieser Gestaltung nicht 
ganz ohne individuelle Aebnlichkeiten und Reminiscenzen 
abgehen konnte, ist leicht zu begreifen und zu verzeihen. 
Gewiss ist es, dass dies Duett, wenn es nicht durch man- 
gelhafte oder auch durch mühselige Aasföhrung beein- 
trächtigt wird, ein höchst unterhaltendes, dankbares Salon- 
oder Concertstück bildet. — Wie sehr übrigens der Gom- 
ponist bedacht gewesen ist, durch allerlei Mittel dem 
Ganzen eine wohlthätige Abwechselung w verleihen, an 
wird es doch wohl kaum dem Vorwurfe einer zu grossen 
Ausdehnung entgehen können: einige der Wirkung vor- 
iheilhafte Kürzungen würden sioh angesucht ergebe*» 
Dtr harmonische Antheil an dem Ganzen ist nicht unbe- 
deutend; nur ist manche Wendung, statt nach des Coam-» 
ponisten Absicht piquant zu erscheinen, scharf gewofe» 
den, so z. ß. S. 14 im dritten und vierten Tacte (de* 
Druckfehler a statt h gar nicht mitgerechnet). Der zweite 
Tact auf S. 9 ist sogar ziemlich problematisch. Jedack 
das Ganze interessirt und wird gefidlen« 

Drei Lieder für eine Singstimme mit Begleitung dos Pia> 
noforte von Carl Engel* Op. 5« Berlin, bei Bote und 
Bock. Preis V» Tblr. . • . 



H44/ Febraaril No. ß. 



W 



Wir wofanr *b warten, wie die künftigen mukikali« 
nebe* Gebe* des ine loch unbekannten Aulers «ck sei« 
gen werden! In de» vorliegenden drei Gesungen scheint 
wenigstens die Leiebligkeii des Hervorbringen« nicht do- 
emeotiri in sein-: sie sind mehr «nicht als emphnr» 

e; eine zu absichtliche , lad nicht immer glückliche 
billig hemmt, sUtt zu heben. 

1) „Der tihfttliche Ritter/« und „Das Schifflein/ 4 zwei 

Roaftmfen von Oktana. Op. 12. Preis V 2 Thlr. 
t) „Des Seilers Tochter," Ballade von Ferrand. Op. 14. 

Preis % TMr. 5 nnd 
3) „Der Liehe Lust nnd Leid,** Liederkranz Ton Gentxel. 
Op. 19. Preis 14 Ggr. — Sämmtlich componirt für 
eine Singstimine mit Begleitung des Pfanoforte von 
G. Nfaolai. Im Verlag von Schuberth und Comp, 
in Hamburg. 
„Der nächtliche Ritter" nahm uns schon durch sein 
monotones Vorspiel gegen sieh ein, und seine nähere Be- 
kanntschaft war nicht geeignet, uns för ihn zu inleres-; 
siren. Die Romanze verlässt nur da den Weg des All- 
täglichen, wo sie incorrect und wunderlich wird. . Statt 
jedes andern Beweises beschaue man sich nur die Stelle 
auf S. 5 ; da heisst es nach den Worten : „wo mein 
Herz in Lieb' entglühte" (langes Zwischenspiel! dann:) 



für «et tbeu - - reu lin - b« - - kauten. 



nnd von welcher haarsträubenden Harmonie wird der 
Tbeufe begleitet! Nnn das gewaltsam zurückführende 
Nachspiel, das selbst nach dem corrigirten Stichfehler Im 
lebten Taete (a statt h) nicht an Reiz gewinnt ! — Alle 
Absonderlichkeiten hervorzuheben, welche in der Comp 
pesition der zweiten Romanze : „Das Schifflein" sich be* 
merkbar maoben, würde zu weit führen; die Selbstao« 
schalung der etwa Lusttragenden wird reiche Beute fin- 
den: wir wollen nur bei der nickt allein unpassenden, 1 
nein, förmlich widerstrebenden Begleitung stehen bleiben; 
welche das leise Dahingleiten des Schiffleins bezeichnen 
soll. Vergütete nur eine glückliche, treffende Auffassung 
des Geizen die einzelnen Schwächen, so würden wir 
uns kaum darüber beklagen $ aber, wenige Momente ab- 
gerechnet, die wir als gelungen bezeichnen konnten, sind 
Weder Motive, neeb Rhythmus and Gruppirung geeignet, 
Interesse und Wohlgefallen zu erregen» 

Wenn wir die Ballade „Des Seilen Tochter'* auch 
liebt für vollkommen gelungen erklären können (es aftöft 
uns Manches dar», was sich nicht «ben seheu verbirgt); 
so ist doch niebt zu leugnen, dass Ton und Haltung bei 
Weitem glücklicher getroffen sind, als in den beiden Ro- 



Des kleinen Uederkraoies haben wir auch niehl 
recht froh werden können ; statt frischer, gesander Me« 
MKeen kante, abgebrochene Phrasen ohne geistigen Zu- 
sammenhang. Zuweilen treten einzelne wirklich glücke 
Kehle 2üge, Spuren wirklichen Talentes hervor; Alles 
aber atrflamrt ohne Halt und Eindruck. Im Rhythmus 
und Harmonie grosse Nonchalance, die sehr an den Dt* 
leUariamt* erinnert. -~ Maiebe dieser Lieder liessei 



sieb mit leichter MIAe vortbeilhaft umgestalten ; geschickte 
Singer mögen den Versuch machen ! 

Zwilf Gesinge für Sopran oder Tenor, mit Kanofotte 
componirt Ton Robert Franx. Op. 1. 2 Hefte. Lein* 
zig, bei F. WbistKng. Preis jedes Heftes % Thlr. 
Eil interessantes Opus 1 1 Nicht, ah ob wir dadurch 
um zwölf vollkommen schöne Lieder reicher geworden 
wären, aber Talent und wahren Beruf erblicken wir un- 
verkennbar in dieser recht beachtenswertben Erstlings* 
gäbe. Wir würden nach manchem Kennzeichen, das diese 
Gesänge tragen, last annehmen müssen , dass dies erste 
Werk ein langbedachtes und jetzt erst der Oeffentiich» 
keit übergebenes sei (um wenigstens andeutend das: 
nonum prematur in annum zu bewähren), gehörten nicht 
die Dichtungen fast ausschliesslich der Neuzeit an , und 
trügen nicht die Cömpositiottea selbst m anderer Bezie- 
hung unleugbar die Spuren der allerneuesten, bochroman- 
teseheo Zeit. Wenn wir bevorworten , dass diese Ge- 
sänge jedenfalls diejenigen Konstfreunde interessiren wer- 
den, die mit Freude und Theilnahme der Entfaltung einer 
künstlerischen Natur -folgen, so dürfte aber auch 4it Vor- 
aussetzung sich bewähren, dass der Componist der vor- 
liegenden Gesänge «r'a Erste niehl auf Popularität, selbst 
im bessern Sinne nicht, wird reebnen dürfen. Nicht al- 
lein, dass diese «wölf Gesinge fast ausschliesslich dem 
tiefsten Ernste angehören , einige sogar förmliche Nacht- 
stücke bilden , so seheint auch die Geistesrichtung des 
Cemponisten überhaupt sich mehr zu dunkeln, mysti- 
schen Pfaden, als zu sonniger Helle hinzuneigen; das 
gebt nicht nur aus der Wahl setner Gedichte her- 
vor, die fast alle ein trübes Colerit tragen; selbst die 
heitern, gemöthliche* Dichtungen, wie z. B. Hoffmann's 
fröhliches „Tanzlied im Mai" bleibt, trotz des spielen- 
den, hüpfenden Afaytbmus, nicht frei von einigen verdü- 
sternden Zügen« — Das „Schlummerlied«« würden wir 
unbedingt nie schön und vollständig gelangen bezeichnen 
müssen., erdrückte zieht fast die Begleitung die einfoeh- 
anmuthige Melodie. Wir schätzen eine sinnige, hebende 
BegleiUMg ungemein : das Talent der feinen Nüancirung 
kam sich. darin fest noch mehr bewähren, als in Bil- 
dung der Melodie ; — wenn aber, wie es hier geschieht, 
des Gesaag allzusehr in Schatten gestellt wird, dann 
können wir darin nur eine Verschwendung erblicken, 
würde sie aieb noch so geistreich ausgeübt. Hier nuA 
erscheint überdies diese Begleitung so anspruchsvoll und 
so schwierig, — ja ein wahrer Wald von Kreuzen starrt 
uns entgegen, — dass das arme Veilchen der Melodie 
ganz davon erdrückt wird. Dieser offen ausgesprochenen 
Herzeiameinung fügen wir nun um so freudiger die Ver- 
sicherung hinzu, dass die Durchsicht des besprochenen, 
Werkes ins wahres Interesse gewährt bat, und dass wir 
von dem Talente des Componisten für die Zukunft das 
Beste erwarten, zumal wenn er, an rechter Stelle, bei 
de* Parbengebung auch heile und heitere Töne nicht ver- 
»cfartmht. Seine Befähigung ist unverkennbar. 

„Mein Element," Gedicht von Ritter v. Treuberg', fffr 
eine Singstimme mit Pianoforte, componirt von Jos\ 
Netter. Op. 14» Berlin, bei Trautwein. Ft. 10 Sgr. 



1844. Febraar. Na- 6. 



82 



Der Compenist bat sieh bekanntlich durch seit« Oper | 
„Mara" (in Wien) einen ziemlich günstigen Ruf erwor- ■ 
ben , den diese Kleinigkeit nicht eben schmälern , aber 
anch nicht fördern wird. — Routine ist wohl die her« 
vorstehendste Eigenschaft des anspraohlosen Gesanges; 
wir wollen also abwarten, bis wir den Autor in seinem 
ttgtntlichen Elemente erblicken. — Die Wahl des Ge- 
dichtes ist nicht eben eine glückliche iu nennen; na- 
mentlich ist das Bild vom „Wühlenden Wurme" nicht 
sehr ansprechend, und dürfte den Sanger in einige Ver- 
legenheit bringen ; diesem wird dagegen der Schluss mehr 
zusagen, als dem Beurtheiler; überraschen wird er Nie- 
mand. 

(Besobloss folgt.) 



Nachrichten. 



Prag, im Januar 1844. Unsere Oper hat seit de* 
„Mara" keine Novität gebracht, und fristet ihr Dasein 
nebst einigen Gastrollen nnd Debüts durch das magere 
Rapertoir von „ Aschenbrödel ," „Opferfest," „Zwei* 
kämpf" u. s. w. 

In den drei Gastdarstellangen des Herrn Napoleon* 
Moriani, Kammersangers des Kaisers von Oesterreich und 
des Grossherzoe* von Toscana, der Dem. Ghueppina Ro~ 
setti nnd des Herrn Giov. Battista Ciabatta hörten wir 
in den Zwischenacten von „Vor hundert Jahren," „Erste 
liebe oder Jugenderinnerungen" nnd „Ein Herr und eine 
Dame" einige mehr und minder interessante italienische 
Opernfragmente. Eine ganze Oper wäre dem Publicum 
gewiss lieber gewesen, um den berühmten Künstler in 
einer Totalität als dramatischen Sänger kennen zu ler- 
nen. Hier bekamen wir von ihm nur eine Ahnung in 
den letzten Scenen des zweiten Actes ans „Luerezia Bor- 
gia" nnd den beiden grossen Scenen des zweiten Actes 
aus „Roberto Devereux" und ,,Lucia di Lammermoor." 
Anch für die Direction, welche den fremden Künstlern 
ein hohes Honorar zahlen musste, würde sich der Er- 
folg wahrscheinlich lucrativer gezeigt haben, denn leider 
zeigte nur der erste Abend ein wohlbesetztes — noch 
nicht sehr volles Haus. 

Herr Moriani besitzt eine schöne nnd, was mehr 
sagen will, edle, vorzüglich in den mittlem nnd höheren 
Chorden ausgezeichnete Bruststimme, wenn diese gleich 
ihren Jobanni«tag überlebt zu haben scheint. Seine Me- 
thode ist im vollen Sinne des Wortes vollendet zu nen- 
nen, nnd sein Gesang erfreut eben so sehr durch Klar- 
heit und Deutlichkeit, Geschmack nnd Grazie, als durch 
Ausdruck und Gefühl. Ganz trefflich ist seine Mezza-voce, 
nnd die Falsette, worin so viele Tenoristen ihr höchstes 
Heil suchen, scheint er zu verschmähen. Dem. Rosetti 
ist eine wohlgeschulte Sängerin mit sehr scharfer Stimme, 
die vielleicht mehr gefallen haben würde, wenn sie nicht 
an Monom** Seite erschienen wäre. Herr Ciabatta hat 
eine Stimme, mit welcher man anch bei dem fleissigsten 
Studium nicht viel wirken kann. Die interessanteste Num- 
mer nebst den obengenannten Pieren war: Duett aus 
Anna Bolena (Herr Moriani nnd Dem. Rosetti), zwei 
Pieren von M ercadante ; Quartett ans: „II Giuramento" 



und Duett aus „fiabrielle di Vagi « apmfcen gar nicht 
ah. Eine neue Ersohetaungi für uns war eine Gafnftinn 
nnd ein Duett aus Donitettis „Linda di Chanmput" 
(Herr Moriani und Dem. Rosetti), eine recht piqoatte et* 
was capriztöse Compositum, welche gefiel and im drit- 
ten Gonoert wiederholt wurde. 

Herrn Damcke vom Hamburger StadUheaier sahen 
wir bisher in drei Gastdarstellungen, Nadori in „Jes- 
sopda," Gennaro in „Luerezia Borna" nnd Elvin im 
der „Nachtwandlerin.*' Herr Damcke besitzt nicht al- 
lein eine schöne jugendfrische und schon bedeutend ans* 
gebildete Stimme, sondern er versteht zugleich mit Ge- 
fühl nnd Ausdruck zu singen und vereiniget eine enge» 
nehme Bühnengestalt mit einem recht lebendigen nnd 
zweckmässigen Spiel. Seine Aufuahme von Seilen des 
Publicum* war mit vollem Recht glänzend zu nennen. 
Dem Vernehmen nach ist Herr Damcke bereits engagirt 
und gewiss eine sehr erfreuliche Actfuisition für,,nnsere 
Bühne. 

Iu der Nachtwandlerin machte Fräul. n. Grünwald 
ihren dritten theatralischen Versuch als Amine, welche 
aber f(ir ihre Individualitat eben nicht besonders passte* 

Dem. Therese Schwarz aus Wien erschien in zwei 
Concerten im Theater mit einem wahrhaft brillanten Er- 
folge. Sie erfreut sich nicht allein einer wunderschönen 
ziemlich umfangreichen Contraltstimme, sondern hat diese 
bereits vielseitig nach der edelsten italienischen Methode 
culüvirt, und weder Vortrag noch die treffliche Colora- 
tur mahnen an die Anfängerin, sondern lassen uns nur 
eine vollkommen gebildete Sängerin der neuen Schule 
hören. Dem. Schwärs sang im ersten Coneert eine Arie 
aus der Oper: „U Giuramento" von Morcadante^ dann 
„Elfengesang/' Ballade von Ernst v. Schuhe, in Musik 
gesetzt von Randhartinger, und zum Schiaase : Arie mit 
Chor aus der „Italienerin in Algier " von Rossini 4 im 
zweiten Concerte hörten wir von ihr eine Arie aus 
„Donna Caritea" von MercadatUe, Lied „Warum? •' 
Gedicht von Ludwig Beckstein* Musik von Julie Baroni- 
Cavalcabo, und Duett aus der Oper« „Semiramide" von 
Rossini, mit Herrn Runs. Alle diese Nummern wurden 
mit eben so stürmischem, als verdientem Beifall auffcc-v 
nommen. Wie wir hören, ist auch Dem, Schwor* für 
unsere Bühne gewonnen und soll nächstens als Maffio 
Orsini in der „Lucrezia Borgia" debütiran. Herr Sloger 
scheint ernstlich darauf bedacht, die Oper wieder auf den 
Punct zu erbeben, den sie einnehmen muss, wann das 
Prager Theater grünen und blühen soll. Herrn Neuen- 
dorf, fürstlich Schwarzburgischen Hofopernsänger, sahen 
wir nnr einmal als Gennaro in der „Lucrezia Borgia " 
Und — verlangten keine nähere Bekanntschaft. 

Zum V ortheile des Herrn Johann N. Magr erschien 
in böhmischer Sprache zum ersten Male Rossini? s „Be- 
lagerung von Rorintb," worin Herr Run» den Mahomet 
als Gast gab; die Oper machte ein volles Haus, erlebte 
aber keine Reprise. Rossinis Werke erfordern grosse» 
Kräfte. 

In dem Prager localen Feenmähreben: „Ein Traum« 
leben, oder Schuster, Postillon nnd Lord" von F. C Seh. 
trat ein neuer Compositeur auf: X. Stiasny, ehemaliger 
Schüler des Conaervatoriums , welcher viel Talent für 



95 



1&44« Febmar, # Na* 6. 



94 



toe Gattung xii habe» «hebt; Er verschaMt esnwa* 
eben so wenig, sieb fremde Meiodieen anzueignen, ata 
unsere neuen seriösen Compositeovs , doch geschieht es 
mit viel Geschick vnd jugendlicher Prisehe und Heiterkeit. 

Das zweite Abonnementconcert zum Vortbeile des 
Tbeatefiorehester» brachte zuvorderst die Ouvertüre in D 
von Joh. Fr. RHU, Director des Conservatoriums der 
Musik in Prag (gewidmet Ihrer Majestät der Kaiserin 
Mutter), eine edelgedachte und geistreich durchgeführte, 
vorzüglich aber durch die herrliche Instrumentation ans* 
aeaeithnete Tondichtung, welche uns nur bedauern liest« 
dass die gegenwärtige Stellung zur Prager Tonkunst dem 
tüchtigen Meister weniger Müsse vergönnt, uns mit ihn« 
Beben Werken zu beschenken. Die Production war prä- 
cis, der Beifall stürmisch. 

Der böhmische Vocalchor: „Czeska wlast" von J. 
Stroms munste abermals repetirt werden. Auf die treff- 
liche achtstimmige Harmonie in Cmoll von W. A. Mo* 
»ort folgte zum Beschluss die historische Symphonie im 
Styl und Geschmack vier verschiedener Zeitabschnitte von 
L. Spohr. (Erster Satz : Back - ffcWef sehe Periode 
1720. — Adagio: Ray dn-Mo*arf sehe Periode 1780.— 
Scherzo: Beethoven'iche Periode 1810. — Finale: AI« 
lerneueste Periode 1840.) Wenn gleich dieses letztere 
Werk in einer trefflichen Aufführung hier lebhaften Bei- 
fall erregte, so ist die Wahl des Vorwurfe auf jeden Fall 
ein Missgriff zu nennen, der an den meisten Orten, wo 
die Symphonie gegeben wurde, Opposition gefunden hat, 
Spohr gehört gewiss unter diejenigen Tonkünstler, die am 
Wenigsten ihre Individualität verleugnen and sich gleich- 
sam in eine andere Natur hineinversenken können. So 
ist in der ersten (gelungensten) Periode die Instrumen- 
tation modern ; die zweite wäre trefflich zu nennen, wenn 
nie nicht Mozart reprüsentiren sollte ; Beethoven Ist eine 
von Spohr gar zu verschiedene Natur» als dass es die- 
nern hatte gelingen können, ihn zu copiren; der letzte 
Satz ist eine treffende Satyre der neuen Musik, und ent- 
faltet mehr Humor, als man bei Spohr zu faden gewohnt 
ist. Der Referent der „Bobemia" sagt über die Wahl 
dieses Stoffes: „Wann hat man einen Maler gesehen, 
der zugleich Albrecht Dürer > Raphael, Michel Angeto 
und ausserdem noch Pfarodist der schlechten Manier sei- 
ner Zeit gewesen wäre, wenn sieht etwa den köstlichen 
Eulenbock in der Tieek'tthen Novell? , mit dem der herr- 
liche Meister Spohr sieh doch - nicht wird in Partielle 
setzen wollen? Wenn sich ein Dichter hinsetzte, um erst 
das Buch Hob, dann die Oden des Pindar, dann den Ko- 
ni* Lear zu schreiben, und zuletzt noch einige weh- 
schmerzliche Lieder »i singen, so könnte man ihm, ehe 
er noch die Feder ergreift, zurufen : „Freund, du willst 
Unmögliches I " — Im dritten Abonnement* Coocert folgte 
auf die bekannte und beliebte Ouvertüre zu „ Oberon " 
von C. M. v. Weber ein Goocertino für das Violoncell 
von Rummer, trefflich vorgetragen von Herrn Professor 
Bühnert, der am Schlüsse hervorgerufen wurde. Der dar- 
auf folgende Chor aas der grossen Litanei von Monart: 
„Viatieum in Domino« morieatium, miserere aabis, pignus 
faturae gkriae, misOrere aobis," War eine Novität für 
ans, die wir mit Vergnügen begrüsstea. Er ist ein groae- 
artiges Meisterstück and zumal gebort die Paget „Pignus 



futarae gfariee« au dem Höchsten in dieser Gattung. Ein 
treffliches finis coronat opus bildete die Symphonie in 
Cmoll von L* e. Beethoven. 

In dem zweiten Coocert des Cäcilieuaureins, das mit 
Spohr e 128. Psalm eröffnet wurde, war eine Neuigkeit 
ein Trio für Pianoforte, Violine uad Violoncell von «Herrn 
J. N. Skravp, welcher am Schlüsse einstimmig hervor- 
gerufen wurde. Ein gediegener Kenner der Knnst hebt 
dieses Trio als die gelungenste von allen Composttionen 
hervor, die wir bisher noch von Herrn Skrmtp gehört 
haben. Klarheit und Fasalichkeit in Idee und Form zeich- 
nen es vorteilhaft aus. Der erste Satz (AUegro moda* 
rato, Emoll, %) ist über ein sehr interessantes Motiv 

gebaut, das, anfänglich von den drei Instrumenten im 
inklaage vorgetragen, später zu anziehenden Gombina- 
üonen Gelegenheit giebt. Sehr gelungen und vielleicht 
unter allen vier Sitzen der beste ist das Scherzo (AN 
legro molto e vivace, E moll, %). Es ist melodisch und 
rhythmisch sehr anmutbig, und voll eines gewissen sanft 
neckenden Humors. An eine Romanze (Largbetto, Edur, 
%), in welcher, wie billig, das melodische Element vor- 
waltet, aehliesst sieh ein rasches und viel intensive Kraft 
entwickelnden Finale (AUegro vivace, Emoll, V 4 ). Die 
Ausführung war sehr brav. Herr Deutsch fand Gelegen- 
heit, die Fertigkeit, den ungemein schönen Ansehlag und 
die Eleganz, die ihn auszeichnen, geltend zu machen. 
Herr Professor Mildner und Herr Tücher wirkten mit 
Lust und Liebe mit. Auch diese drei Herrn wurden nach 
vollem Verdienste gerufen. Von Gesangstecken hörten 
wir noch drei geistliche Lieder und einen Jagdchor im 
Quartett von Mendelssohn - Bartholdy und ein gemütUt» 
ehes Lied von Rücken. 

Das dritte Concert, mit dem Gloria aus Spohr 9 s Vo- 
ealmesse eröffnet, brachte abermals ein Trio von Beet* 
hoven (Op. 1, No. 2), eine solid gearbeitete Pianoforte- 
sonate von Herrn Deutsch, auch von ihm vorgetragen, 
and mehrere Gesangstücke von Lachner , Rücken und 
Am*. 

In dem Goncert zum Vortheil dürftiger Hörer der 
Technik debütirte eine Schülerin der Madame CaranogKa- 
Sandrmi, Dem. Claudius (die wir schon im vorigen 
Jahre als angenehme Harfenspielerin kennen gelernt hat- 
ten), zuerst als Singerin mit der Cavatiae der Mathilde 
aus „Wilhelm Teil." Dem. Claudius hat ausgezeichnet 
schöne Mittel, und leistet für die kurze Zeit, die sie bis- 
her dem Gesangstudium geweiht bat, so Ausgezeichne- 
tes, dass sie zu den erfreulichsten Hoffnungen für ihre 
Zukunft berechtiget. Zwei Chöre von Lachner und J. 
N. Skrmtp, eine Fantasie für das Violoncello von Schu- 
bert, mit Auszeichnung vorgetragen vom Professor Bah- 
ner t, und ein neues Lied von J. N. Skraup bildeten 
die übrigen Nummern dieses Concertes. 

Die musiealische Academie zam Vortbeile das St. 
BarLhelomät- Armenhauses wurde nach der Ouvertüre zmr 
Oper ,, Faust*' von L. Spohr eröffnet mit : „St. Martin," 
Legeade stau eines Prologs, verfasst von Herrn Profes- 
sor Swoboda, trefflich gesprochen von Med. Binder. Nea 
war dem Publicum das Duett aus der Oper: „Linda di 
Chamouaüc*' von Dom*ett£, vorgetragen von den Herrn 
Ruhm und Slrakatg, welches mit rauschendem JMfhtte 



1844« Fefam*. 7 N<k Du 



regrüs* trude. 1km, äMssurk mär eine Arie von As« 
dbr mit glänzender Virtuosität, and wirkte nebst Dem. 
Claudius und den Herren Mayer, Straiafy, Aa>t and 
Marion in den Are Marin für vier Sitigstiminen , Pbys- 
barmonika nnd Harfe, componirt von J. N« Skraup, mik 
Herr Damcke sollte Tapino'a Arie aa» far „Zauberllöte" 
ringen, welche, seiner UnpässKchkeit wegen» Herr lfm* 
mmger vortrug. Concertante's waren: Variationen für 
das chromatische Wakborn , componirt und. rorgetragen 
von Herrn GottwaU, absolvirtem Zögling des Prager 
Conserratoriums, und Conoertino für die Violine, comp»* 
nift and vorgetragen von Herrn Maym. Dreyschoek (bei 
ihm seheint man den Zusatz i „absolvirter Zögling des 
Conservatoriums" niebt mehr für nötbig zu ballen), worin 
der jnnge Künstler sowohl darch Gompesttien als Vor* 
trag auf das Angenehmste überraschte nnd bewies» das« 
er mit löblichem Eifer vorwärts strebt. Die „Boheme" 
sagt über ihn: „Der Künstler stand da wie ein junger 
Held, nnd spielte «ach so." Das Coneert selbst ist sehr 
brav componirt, und dabei eine eigensinnige Anhäufung 
aller erdenklichen Schwierigkeiten ; wenn es einmal nicht 
in Doppelgriffen gebt, so geschieht das gleichsam nur zur 
Erholung, und dann ist es noch immer halsbrecbend. Den 
Beschluss machte ein Chor von Schickt, vorgetragen von 
den Mitgliedern des Cäcilien- Vereins. 

Die Quartett- Soireen der Herren Mildner, Bartak, 
Wirih und Bühnert (ehemals Pixis) im gräflich Clor*'- 
sehen Palais waren heuer nicht minder erfreulich durel 
ein ganz merkwürdiges Zusammenspiel , Wahl und prä* 
eise Ausführung, als im vorigen Jahre, und wurden auch 
eben so fleissig besucht. Wir hörten in diesen drei Sei* 
reen zwei Quartetten von Haydn (Bdur und Fdur), zwei 
von Beethoven (Bsdur und Emoll), eines von Spohr 
(AmoU), eines von Feit (Ginoll, das erste Werk die* 
ses jungen Künstlers, welches ihm sogleich das Bürger* 
recht in diesem Genre erworben hat), eines von Fesoa 
(Bdur) und ein Quintett von Jf osar* (Es dur). 

Von fremden Goncertspielern lernten wir in der letz- 
ten Zeit drei kennen: Herrn 7%. TägUchsbeck, fürst- 
lich Hohenzollern-Heebingen'schen Hofcapellmeister, den 
bekannten Pianisten Carl Even, und den Flötenheros 
OiuHo Briccialdi. 

Das Coneert des Herrn TägHchsbeck fand im Thea- 
ter Statt und schloss sieh der Vorstellung von Bayards 
„Vorleserin" an. Es begann mit einer Symphonie in 
Ddur von Herrn TA. TägHchsbeck, worauf ein Cancer*- 
tino für die Violine, componirt und vorgetragen von dem- 
selben, folgte, und nach dem „Wa*derer u von Schu- 
bert, vorgetragen von den Herrn Strakaty und /. -2v\ 
Skraup, machten Variationen für die Violine über ein 
Steierisches Volkslied von dem Goaoertgeber den Sehtass 
des Ganzen. Herr TägHchsbeck ist ein sorgfältig ge- 
schulter, solider, acht deutscher Compositeur mit ernster 
Erfindungsgabe und wohldurchdachter Instrumentation, die 
für den Geschmack der Zeit nur etwas reicher sein dürfte. 
Die Symphonie hat nur einen Fehler: dass sie etwas sn 
lang ist. Herr TägHchsbeck gleicht den Dichtern, die 
wohl au reden wissen, sieh aber gar au gerne hö- 
ren. Auch ab ausübender Virtuose beweist Herr Tüg- 
tiahsbeck b ed e uten d es Studium, und nuss unter 4ic sehätft- 



K (testier, wenrf auch sich* taste die 
Heroen seine* Faches, gezählt werden. 

Ea dürfte nicht leicht eine 1 Schwierigkeit auf de» 
caprieiöset) Pianoferte zu erfinden sein« welche Her» 
Euere nicht mit Leichtigkeit, Sicherheit und Reinheit 
durchzuführen im Stande wäre; doch ist seine Brave« 
fern ve» aller Coquetterie, er giebt den Schmuck, aber 
er giebt ihn als Schmuck, nicht als Hauptjache, und de* 
Kunstfreund hteressiren bei diesem Künstler weit mehr 
der Geist und die Seele , der Ausdruck und Geschmack* 
in welchen Eireuschaftea er wenige Nebenbuhler habeqt 
dürfte. Herr Euer* eröffaete sein erstes Coneert mit einer 
Senate in Es von seiner eigenen Composition, von weU 
eher insbesondere das Andante ungemein ansprach. Von 
seinen Chansons d'Amoor hörten wir noch: Provence 
(das schönste der Motive), Styrie und Hongrie. I* den 
dritten (wie nicht minder in der Sehlossetude^bewiee 
Herr Evers eine Virtuosität im Ootavenspiele, worin er, 
nach dem Aussprach hiesiger Kunstkenner, nur an lAsat 
und Dreyschoek ein Paar Rivalen haben dürfte. Diese 
Chansons sind reisend gedacht und mit vielem Geist durch- 
geführt, wie überhaupt Herr Evers unter die voraffgE- 
chem Compositeurs für sein, Instrument gehört Zun 
Schlüsse spielte Herr Evers eine Fuge, AmoU, von/oA. 
Seb. Bach und ein Presto von Domenice Searlaiti, wel- 
ches er wiederholen musste, und, nebst der obenerwähn- 
ten üetavenetude, noch als Zugabe ein brillantes Scherzo 
gleichfalls von seiner eigenen Composition. Die Zwischen«- 
Wime der, Couoerisfcocke füllte die wackere Sebüleritt 
der Mad. Caravoglia- SandHni, Dem. Bervauer, mit 
einem rührenden Liede von Director J. Fr. KüUi „Des 
Waldes Zuruf* 4 und einer recht artigen Caazonefte aus : 
„La zingara." Auf dem Zettel stand: von Thaiberg, 
was mir aber nicht gans wahrscheinlich ist Im zweites 
Coneert spielte Herr Evers lauter eigene. Compositionen 
(mit Ausnahme des Scartattfechen Presto, das er, mit 
der Octavenetnde am Schlüsse als Zugabe vortrug): 1) 
Sonate in Gmoll. 2) noch ein Paar Chansons d'Amour, 
Mauresque und Allemagne , welche jedoch nicht so sehr 
ansprachen. 3) Pregbiera, eine wunderschöne Composi- 
tion mit einem merkwürdigen Tremolo, und auf eine 
Weise ausgeführt, die als Norm Ar dieses Genre aufge» 
stellt werden kann . und 4) Jours sereins, jours d'orag* 
No. 3, 4. Fräul. fFander v. GrUnwuld sang die: „Ab- 
fahrt des Corsaren" von KiUl und ein Lied von Löwei 
„Hinaus, Hinauf, Hinab. " 

Auch Herr Giulto Briccialdi gab zwei Coneerte, in 
deren erstem er eine Fantasie aus der „Nachtwandlerin," 
Elegie von Ernst, von dem Concertgeber für die Flöte 
eingerichtet, und eine grosse Fantasie aus den „Hage* 
rotten" vortrug. Das zweite Coneert brachte nebst zwei 
Compositionen des Goneertgebers, feeides Faatasieen über 
Motive aus „Linda di Cbamounix" und die Schlussarie 
aus „Lucio di Lammermoor," noch Flötenvariationen tob 
Frisch. Herr Briccialdi ist nicht allein Herr seines Isv 
strumentes* wie Wenige, sondern vereinigt damit das sei» 
tene Verdienst, dessen Gebiet auf eine höchst erfreuliche 
Weise erweitert und demselben erhöhte Energie des TV 
nes verliehen zu haben, ohne die Zartheit nnd Weiche 
an vermindern. Mit Geist, Seele und Gesaäih verbindet 



W 



'VktflMltt, wai 4m 
welche wir ehe» Herrn, Raara nachrühmten , nie damit 
m oaaaettmn and zu prunken, ams* euch Herr© Brie- 
cHiUi lagestandc» werde»*. Sein» . Cqapeeitiejftr» ai*d 
gjänzcad ead vollkommen zweckmässig für de* erweis 
terlen Snielraem seines Instrumenta» Aaf diese frei In* 
otremeatalnrtnocea folgte »nca eia Sänge r„ der Barito- 
Biil Seltf aas Bologna • weicher im kieme» Seele der 
Sophie*» - Insel eis Prjvetenaeeri veranstaltete- Herr 
Sotti» welcher dienea Tag nicht im rolle» Betitle «einer 
Mittel sn teie aebie» (wenigstens bebe» wir tbe ver 
aiacm Jahre hesaer siege» gebärt)» aaag vier Nummern: 
1) Cavatina nclT Opera: «II Brav*" di Mercaiante.— 
Ä) Bemanne neu' Oper*: „Beatrico dt Teada" di P. BeL 
O*. -, 3) Duette «IL' Opera: „Marina Falier»" diG, 
D*ni*eUi mit FräeL R-, Schülerin des rVafessntn Gar- 
digiani, und 4) Dnetto bnfib «eil' Opcrms „Chiaj» di 
Bneanberg»" di F. ßicd mit Professor Gardßgieui, wel- 
eber LeUtere ausserdem aoeh sie iljfeAcrf'schce Lied 
¥«o seiner eigenen Compeoitioa mit seiner herrlichen 
Methode, Geist und Gejäel vertrug. Die ialrroecauleeta» 
Kammern des Coucertes waren iedech: ArianeU' Operm 
„Linda dt Chsmonnix i( di G. DoniteUi ven FiauL B., 
und ein Daettiao oemiao (Werte nach einer Seen» ans 
Georg Sanis »Coasuel»") von Gioa* Gardigimri* von 
derselbe» mit. dem Cemposkenr gssnagen. Dieees kleine 
Duett» welchen mit einer üheratremanden Fülle ven He> 
mor, mit Geist and Chaaacter ausgeeUttet ist, gebort ge- 
wiss aater die erbeeliohnien Blüthea der heberen komir 
ecaen Musik, and wird boJTeatlieh bald in einem grosse- 
ren Hbrerkreiee vorgetragen werde». Was Fräul, A be> 
trifft, an ist sie «war noch Aufangeria, dürfte aber bei 
ihrer scbteenjegeudfricchea Stimme, tceffliebem Vortrag, 
Fener und Geist eine sebnelle Gerrere n erwarten haben. 
Leider waren meist alle diese Goncerte so reich an 
überströmenden» Beifall« aber an schwach besucht, das* 
man» den alte italienische: „Molt' oaoro ma> poehi con- 
taali" auf dieselbe anwenden konnte« Der Embarrue de 
richeese an Ceacerteu nnd der State weeheeade Dilettaav 
tiemua droben die Masikleeale der Präger nach and nach 
na ersticken, und bald wird kein Virtuose es mehr wa- 
gen wollen, bier für sein Geld Comeerl» na geben *)• 



mtv FtfrMuV* *fo. * 



kern» 
aar Ebne 



Leipzig, den 5. Februar 1844. Fünfzehntes Abon- 
nement- Coucert im Saale des Gewandhauses , Donners- 
tag , den 1. Februar. Ouvertüre von Theodor Müller 
(grossherzogt. Weimarischem Kammermusiker), zum ersten 
Haie, Ifanoscript. — Arie und Scene aus Jessonda von 
Spokr, gesungen von Mau 1 . Marie Burchardt aus Ber- 
lin. — Concertioo Dir das Pagott von L. Maurer, vor- 
getragen von Herrn FFeüsenSom (Mitglied den Orche- 
sters). — Scene und Arie aus Do» Juan von Moxart^ 
Klangen von Mad. Burchardt. — Concertstficl für das 
anoforfe von C. Maria t. Weber % vorgetragen von 
Herrn Eduard Rücket aus London. — Symphonie von 
L. v. Beethoven (Cmoll, Ifo. 5). 



•) 0*i Reiuftaf eiber nierfge* Contertes warlrRr.» «ad dabei 
»fistele» sieg der G*«*ert*el»r ■•oü WMtofcv #rf| erfsfevei- 

«o** aiar» CJun»aauQUvaOT w^p>w ihmp aaBW' •• omww« 

(Za Na, 



Die Ouvertüre vew Jawodbr MUbt ist 
Orchester wepk, des wir vom di e se« 
aea lernten, aber jedeeJaUa eia Wert den'il 
gereift nad Ulm die Achtung gebildete» Kaassler 
wenn es nach ewbt eben geeignet iet, das grössere rV 
blicum sofort lebaaft au iateresskea nad deenen laataa 
Beifall im erwerben. LeUteten findet aeiae Begrfindang 
darin, dasa die Cempeaitinn sieh weniger eatek.£rfia> 
düng, weniger datek besonders pefeWige oder urteree- 
sante Motive, als durch geschickte end geeehnmekvette 
Arbeit auazeicheeU Im Gannen liegt der Oovertnre ein 
tüchtiger Sinn » eine gute, dem Triviale» abholde Tc*~ 
denat xnm Grunde 5 man hört überall das Streben nach 
Schi küastleriscber Wirkung heran», aadi wen* die Kräfte 
dem Willen entspreche»* so werde» sie nach «nach 
Uebuug sieb steimw, and späte»» Werke des Compans» 
sten dürften vielleicht Allen das naareiehead biete», was 
bei dieser Ouvertar» jetst noch nie ei» Mangel sieb bwr* 
aunxtellU Die Auafünrung dereeibea war sehr gat. 

Eine nicht uninteremnnte Erscheinung wem» die 
GesangleieUingeu der Med. Marie Bmrehardl aas Ben- 
Jio« Wir begegve» dieser Snageria snai nmtee 
and wisse» nichts ob and wie niesele» eich bereits 
öffentlichen Leiste egen geneigt und- bekannt ge: 
bat. Auf der Bübne scheint sin nicht thntig gewönne an 
«eia, den beri ma» nun ihrem Geenag» 9 denn nie die 
geben und böse» Eigenschaften fable»« wekbe TbeaSee- 
rontiae ja» verscbalhn vermag» Die Stimme < 
Burchardt ist woblktingead» aiekl stark, aber ui 
icich» leicht ansereebead end bicfiam» bat aber an Pfi» 
eche und ElasticOät schon vedoren undaebeint 
durch übermässige Anstrengttng gelitlea au beben 
Felge der lautere» iai die nicht awmer gaaa reia» Into- 
nation, di» selbst in de» UtUeJtoTie», wenn dien» stark 
and kräftig raujajea werden seilen, leaeai elwae nn 
hoch wird. Die Ausbildung der Stimme ist aber recht 
gut, ziemlich gleichmässtg in allen Stimmlagen, die Vo- 
calisation offen und klar und die Aussprache im Ganzen 
sehr zu. {oben. Der Vortraf zea^t von mpsikaticeto, über* 
haupt von besserer geistiger Bildung, tonnte aber aller- 
ding» tetaudiger, invertfoh bedeutender sehr; v*u eiaem 
höheren poetischen Schwange ist noch wenige* die Bede. 
Vonegewvice. ioheaewerUi trag Mad. BureJmrdi die Be- 
eUativ* beidet Sceaea, den Adagio- fehluaseata der Arie 
ven Spohr, so wie daa.achwierig» Alfegvo der Arie ven 
Mozart vor , und erwarb sieb überhaupt mit ihren Lei- 
stungen anerkennende Theilnabme den Pabiicuma. 

Wenn Herr IVeieeeabara an aeineei Sokvortrage 
eift Wserea Stück gewühlt hätte, würde» die nicht ga- 
rioieu Vorzüge aeiaer Virtuosität and sei»es Vertnagi 
Cswisa nnch lebendigecen Beifail erbaue» aabea v nie ans 
ebaediee schon ei hielte». Heer IVeieeembar* ist 
aar zweiter Fagottist unseres Cenner t eeeb ee te re « 
wenige Orohestar könnte» aich jeec*h.£lüak w 
weoa sie eise» s» tüchtigen. Virtsmaea auf dtna 
flaue hatten* 

Wir habe» sehn» (ruber Gelegenheit gehabt f aas 
über die, aebätzenawerthe» Leistungen den Meer nßdamd 
Backet anefubrlich und mii Anerkennung aesaasppcshe», 
.eis er vor euHgen Jahre» mi einem aiasaret Ge^ indhaus 

«0 



*£44> FdMttAr.' Nd, Ö. 



100 



sfeh Kfta lies». Stil* SfM feft scRdeta fertiger 
und hauptsächlich noch musikalischer geworden ; ftament- 
üeh m leisterer Hinsieht verdient sein Vortrag des so 
«eMnen Goneertstüoks von 6. Jfaf. *. Weber nicht wo» 
Big Lob, and wir möchten fast nur das zu schnelle Tempo 
des letzten Satzes tadeln, durch dessen, leider heut zu 
Tage Mode gewordene, Uebertreibung die Ausführung der 
Pianefortepartte undeutlich wurde und an Wirkung sehr 
verlor. Ueberbaopt müssen wir Herrn Rocket, bei gar 
manchen schönen Eigentümlichkeiten seines Spiels, an- 
tatben, auf eine kräftige, deutliche und klare Ausführung 
schneller Passagen vorzügliche Aufmerksamkeit zu ver- 
wenden; wahrscheinlich ist er mehr an das Salonstoiel, 
das Spielen in kleineren Räumen gewöhnt, welches aller- 
dings eine duftige, leicht hingeworfene Ausführung zu- 
ttsst, ja oft gerade dadurch besonders interessant wird. 
Das Speien in grossen Silen und namenllich mit Orehc- 
sterbegleitang erfordert dagegen viel kräftigeren An- 
schlag u. dergl. ; namentlich aber muss auf die deutliehe, 
in jedem einzelnen Tone besonders ausgeprägte Ausfüh- 
rung schneller Passagen grosse Rücksicht genommen wen- 
den. Wenn Herr Rocket viel öffentlich spielt, wird er 
das leicht selbst finden und sich gewiss sehr bald zn 



machen. Das Publicum schenkte übrigens seiner 
Leistung verdienten Beifall. 

Die Ausführung der grandiosen Cmoll- Symphonie 
war im Ganzen sehr gut, besonders gelungen das Ada- 
gio, wogegen wir in dem prächtigen Schlusssatze ein 
etwas bewegten» Tempo, em kräftigeres, frischeres Co- 
lorit in der Auffassoog und Darstellung gewünscht hat- 
ten. Der SeMoss der Symphonie ist überhaupt in seiner 
grossartigen Anlage etwas breit und lang ausgeführt, und 
«in nicht recht lebendiges, energisches Tempo kann hier 
leichter als anderswo sohleppend werden , was der kräf- 
tigen Wirkung des Satzes sehr nachtheilig werden muss. 

Ä. f. 

Herbstopern in Halten u. 9. w. 

Lombardisch - Venetianisches Königreich« 

Mmbmd (Teatro aHa «eala). Säneer- und Opern- 
reichtbum der neuern Zeh, d. h. Armuth an allen Ecken; 
no wenigsten« in Italien. Prime Donne und Gomprima- 
rie hatten wir 7, Primi Tenori und sogenannte Altri 
Primi 4, Primi Bnssi und Altri abermals 4 % vier der Er- 
sten i die De Giulj, Atboni, Colleoni aftid Gambaro, zwei 
der Andern : Perretti and Gardoni, nebst den beiden Bas* 
sisten De Bassini und Latour waren die besten , simmt- 
Issh sind sie aber Sänger zweiten Ranges, wie Oberhaupt, 
sehr wenige ausgenommen, die ganze dermalige bedeutende 
ftshaar der italienischen Ersten Sttnger die sich über 1000 
beläuft (Referent bat sie alle aofuotirt), eigentlich Com- 

ßnarj, oder zweiten Ranges sind. Fcrretti, der zehn 
re auf S. Carlo zu Lissabon sang, zeichnet sich be- 
sonders durch kräftige Stimme aus, ist also ein Scala- 
'Singer; Gardoni, für grosse Theater wohl zu schwach, 
hat eine ziemlich gute Genangmethode , seiner Stimme 
fehlt es aber an Reinheit; Die Stngtone begann mit Do- 
li'* Fatoriu, worin Ferretti, für Mailand neti, lato 



Meisten interessiHe, die mim TMI v*r*t#mmctte Musik 
kaum hier und da, die Alboni wenig, noch weniger Bas- 
sist Pedrighini und Bariton Latour. Mit der Gatnbaro 
wurde die unwillkommene Elena da Peltre von ihrem 
Schwager Mercadante aufgetischt, eine Oper, der die 
Fiasco's ganz und gar nicht fremd sind; einer ihrer Acte 
gesellte sieb bald zum vierten Act Asr Pavorita, oder 
zweiten und dritten Act der Beatriee di Tenda. Die Pin- 
Sterniss der Oper suchte man indess mit der Loeia di 
Lammermoor aufzubetten, worin die De Giuljj, benannter 
Gardoni und De Bassini, in Mangel etwas Bessern, die 
ganze Stagione heraushalfen, weil Dontzettt's Oper weit 
mehr, ah die vor- und nachher gegebenen, gefiel. Belli- 
ni'e unmittelbar darauf wiederholte Beatrice da Tenda mit 
der Colleoni verunglückte , meist der Protagonistin we- 
gen. "Es folgten dann 3, sage drei neue Opern: die 
Anclda di Messina, del Maestro Edoardo Vetü* die 
Lara, von Maestro Matten Sätvi< und h'Auedi* di Eres* 
etil, von Maestro Gievami Bttjetti, die stamtlieh, im 
strengsten Sinne, einen bescheidenen Piasco gemacht, 
wiewohl es bei ihnen an Händeklatschen und Hervorru- 
fen, was besonders heut zu Tage in den meisten ähnli- 
chen Palten hier zu Land nichts sagen wiM, keineswegs 
fehlte; jede von ihnen erlebte kaum aus Noth fünf bis 
sechs Vorstellungen. Herr Vera, Dilettant, von Paris 
kommend, ist der Sohn der einst rühmlich bekannten, 
mit einem Advocaten dieses Namens in Rom verbeiratbe- 
ten Haser ; seine Musik ist ziemlich melodisch, ohne Ei» 
genbeit, und im Ganzen matt, bei allem lnstnunentaUirmr. 
Von Herrn Salvi , einem Bergamasker , der unter Mayt 
im Vaterlande, unter Sechler zu Wien die Musik studirt, 
überdies von seinem Landsmanne Donizetti besonders 
protegirt wird, hatte man sieh Manches erwartet, wurde 
aber in seinen Erwartungen getäuscht, und es ist bes- 
ser, abzuwarten , was dieser Maestro in Zukunft liefern 
Wird. Herr Mereüi, Impresario der Scala, ebenfalls des- 
sen Landsmann, bat inn einstweilen für den Garneval 
1845 engagirt ; das Hönorarium ist aber unbekannt. Herr 
Bajetti, Impresario der Scala, ganz und gar mit alten ein- 
heimischen Opern vertraut, zupfte aus den bessern Par- 
tituren überall etwas heraus, componirte meist damit seinen 
Assedio, vergass dabei das tüchtige Prügeln der grossen • 
Trommel sogar in einer in dieser Oper verkommefaden 
geheimen Verschwörung nicht, und wurde von Freunden 
nicht wenig beklatscht. 

Dieser melancholische Reich th um an Opern, Sangern 
und Kesseltrommeln wurde durch die beiden allerliebsten 
Schwestern Milanollo im November ganz besonders er- 
beitert! Mit ihrem Erscheinen auf der Buhne ging am 
5 rossen, aber finstem musikalischen Horizonte der Scala 
ie Sonne und Nebensonne auf. Beide Künstlerinnen ent- 
falteten in ihrem Spiele Kunstfertigkeit und Gefühl, die 
mit Berücksichtigung ihres Geschlechts und zarten Alters 
doppelt überraschten f nun der schmachtende Vortrag der 
Lehrerin Tere*a % der lebendige, etwas kühne ihrer Schwe- 
ster Marietta, Alles zusammen wirkte auf die Zuhörer, 
wie ein Eleetromagnetismus ; Beifallssturm, oftmaliges 
Hervorrufen, Bis, Gedichte, Krönen waren hier an der 
wahren Tagesordnung, und so haben denn die MilanoL 
io'e auf der Seala acht Geteerte gegeben; etwas User- 



ftt 



IM** Fefam*. Na* 6. 



hörte» für l a t tt a «uuUio6üöW ' U *« i mltaliea. Hitte*«* 
nicht ihre Reite nach Deutschland antreten müssen, sie 
wären so bald von hier nicht wettekommen. Die Leser 
dieser Blätter werden bereits im November vorläufig von 
ihren beiden ersten hiesigen Actdemieen, sugleioh aber 
davon in Kenntniss gesetzt» dass sie um die Hälfte December 
in Leipzig einzutreffen gedenken * wenn das aber, wie 
nicht so nweifeln ist, anf ihrer Durohreise in Verona» 
Venedig n. s. w. derselbe Fall ist» so werden sie wohl 
viel spater in Sachsen eintreffen. 

Im Theater Canobbiana liess sich am 20. December 
der Knabe Alfredo Jael ans Triest auf dem Pianoforte 
mit Beikll boren. Man sagt, er besitze für sein zartes 
Alter grosse Geschicklichkeit auf diesem Instrumente. 
Von einem andern sogenannten Wunderkinde, von der 
9jäbrigen MkheUina Bellotta aus Palermo heisst es , sie 
überrasche in Neapel als Pianistin. 

Dem. Francilla Pixi*, die künftigen Carneval auf 
dem Theater zu Genua singt» wurde hier zu Ejde. No* 
vember in der Kirche S. Pedele mit dem Cavaliere di S. ' 
Onofrio de' Marchesi del . Castillo aus Palermo » der. von 
guter Familie sein soll» vermählt. Ihr Adoptivvater ist 
nach Paris abgereist. 

forts#. Dieses in einer reizenden Gegend, nahe bei 
Mailand gelegene Grenzstädtehen» wo die vornehme Welt 
der le mba s dischm i HauaWadt ihre flerbstvilleggistara auf- 
schlägt» bei welcher Gelegenheit Oper und Ballet stets 
Gesellschalt leisten» unterhielt beuer seine willkomme- 
nen Gäste mit der wohlbekannten Lucrezia Borgia. Die 
Protagonistin Gazzaniga, Tenor Santi und der exotische 
Bassist Stefano di Broglio (de Breus) waren für unser 
kleines Theater gewiss grosse Helden. Weniger beglückt 
war Fieravanti's in Oberitalien verstümmelter, allenthal- 
ben mit Beifall aufgeaompe^er Columella {ursprünglich 
PuJoinella), worin Herr Pranchi die Titelrolle machte. 

Pavün -Der arme vergessene Rossini hat denn doch 
wieder gefeiten. Sein Barbiere di Siviglia, welcher in der 
heutigen Glanzepoche der Oper seinen ehemaligen bleu- 
denden Glanz fast gänzlich verloren bat und von der mo- 
dernen- Schnnrrbartgeneration nur ailenblls noch geduldet 
wird, erregte hier, von der Agostini, der Aononi, dem 
Tenor Pelosio, den beiden Buffi Guiddo und Terri vorge- 
tragen, eine allgemeine Fröhlichkeit, die sich darauf in 
Donizetti's FSglia del reggtmento nur theilweis kund gab, 
indem der Vergleich ganz und gar nicht aushielt, wie- 
wohl Jemand die possierliche Bemerkung machte: Ros- 
sini sei anlikclassisch und Donizetll modernclassisch. 

Codogno. Dieser reiche Marktflecken hatte so gut 
seine Assoluti, wie die erste Stadt, und zwar die Prima 
Donna De Ponti, Tenor Bozzetti, Bassisten Antoni , Ba- 
riton Golmenghi, Buffo Leoni, sädimttioh assoluti; über» 
dies noch ein Ballet. Die Ponti, aus dem Mailänder Con- 
servatoriem, und Tenor Bozzetti können etwaa werden i 
die übrigen sind alte Bekannte. Mit Bellini's Puritani und 
Donizetti's BKsir d'amore waren beide, Zuhörer und Sän- 
ger, zufrieden. 

Cambtmggiore. Die ans ihrem leichten Schlafe aber- 
mals wachgewordene Gemma di Vergy, del Cavaliere Do» 
nizetti, hat sieh diesen Herbst hierher verirrt. Die Brisv 
son, Tenor Olivkri und Baseist Casanova hielten sieh so 



wacker in. dieser Oaer, dass soger der Ilnpreeario und 
der Maler auf die Bühne gerufen wurde. Nachdem die Ge- 
sellschaft das Auditorium auch mit dem Barbiere di Siviglia 
erfreut, ist sie nach Guastalla im Modenesischen abgereist. 
Castiglione deiie Stiviere (reicher Marktflecken im 
Mantoaniscben). Das hiesige neuerbaute Theater wurde 
am 7. October mit Herrn Nioi's allzumagerer Virginia 
glänzend eröffnet, wozu ohne Weiteres die Sänger * die 
wackere Matthey, Tenor Baldanzi und Bassist Superehi 
das Allermeiste beigetragen haben, weil die Musik an 
sich sehr wenig anzog. Superehi machte sich ebenfalls 
Ehre in Donizetti's Belisano, worin auch die Altistin 
Clorv Morandi (eine Wienerin, wahrer Name unbekannt) 
mit hübscher umfangreicher Stimme als Irene vorteil- 
haft mitwirkte. Abermals ein Beispiel, dass selbst Markt* 
flecken in Italien schöne, grosse, elegante Theater und 
Opere serie geben können. Dass zuweilen auch berühmte 
Sanger und Tänzer ersten Ranges in diesen Orten wir- 
■ kco, hat vor nicht lauger Zeit der Marktflecken Sore- 
sina bewiesen* 

(Fortsetzung folgt.) 



Feuilleton. 



Die Pariser Journal« vsrtflbatltaJMfc» elf» Zusammenstellung 
der uegebearea Abgaben , welche die Theater aa die Armeneasse 
so Parii zu zahlen haben. WKbrend eines Zeitraums von 35 Jah- 
ren zahlte unter Andern die groaae Oper (Aeademie royale de rnn- 
aiqae) 2,573,000, die komische Oper 2,060,000, die italienische 
Oper wahrend der letzten 25 Jahre §51,000 Franken, nämlich: 
Jahre: Ondra: Opera womieaa i Italien. Oper: 

1807 — 1811 293,000 334,000 — 

1812 — 1816 305,000 337,000 — 

1817 — 1621 282,000 323,000 113,000 

1822—1826 314,060 306,000 1*6,00*1 * 

1827 — 1831 300,000 243,000 179,000 

1832-1836 498,000 215,000 224,000 

1837-1841 572,000 302,000 315,006 

Die Abgabea, mitbin auch die Ein nahmen, haben sieh alse aeit 30 
Jahren in der grasten Oper fast verdoppelt, in der tonischen aber 
verjptaiert i i» de* iuUeassea« ■ Oper sind aie aeit 25 Jahren fast 
aura Dreifache gestiegen. 

In Copeahsgan »sielt seit dem 1, November t. J. eine itaUe- 
aebe Operagesellsehaft unter Leittfag dei Berrn Maresini. Beapt- 
mitgliedet sind die Damen Fononivtf #av**ta£, ejejpcflea Jims', 
PaUrinifi t Torri* iVo/ctt. 

Wie die Revue masicale de Paris sagt* lauten die Namen der 
sieben Töne der Tonleiter im Chinesischen folgendermaassen : ee 
(C), yo (D), pico -hang (B), krag (F), aeang (G), kio <A), 

pien-ce (H). 

- - f. 

Die Hanroaic - Gesellschaft in London bat ihre Winter* 
Coaeerte mit Bändet» Debora erSffnet, einem noch nie ond nir- 
gend (?) aufgerührten Oratorium, welche* anf alle Hörer den leb- 
hm&oatea Eindruck machte. 



S§b. Ba*#$ grosse Passion ist, mit franzfctseber Ue%cr»e*i*ng 
von Maurtf Bourges, bei Schlesinger ia Paria erschienen. 

Der Pariser Cassatioashof hat eine Batacbeidnng des dasigen 
ktinigliehen Gerichtshofes bestätigt, wonach du Bigentbua drama- 
tischer Werke 10 Jahre lang aaeh dem Tode in Verfasser» deo 
flrbea desselben verbleibt. 

Hrixrick Bishop bat seine Stelle als Prefeater 4er Mueik am 
Bdiuberger Coaeenratorlum uiedergetegt. 



1M4. Feiwml-, Na4 



Ia «Penn? geftftl maf am* nUlhnnineken 
Oper» M FaaUem», Manik. vo& Pwtiani, dem Gatte* der Mtiu* 
tea SÜngetia dieses Namens. 



fn Pari* M eia Gtmite miii . 
eise State* in ertiemten «od m euerem Zwenke «tat Sah- 
eertprieo ia eeffeea. DU Stntaa coli entveder aal« 4c» Perist*! 
der grasten Oper, ader io dt« Peyer dereelbea kommen. 

Pmuer&n ist so* Mtglfede der pfcflnwmn elBtf t a a Gsee B ee keft 
fc Bern ernennt worden. 

U 4em ia einer antiken griechischen Bahne umgeformtes Cir- 
oaa Francoef zu Paris soll Euripides* Rieden, atfgefoVt werdet; 
Jfcefof Btrliox fehreiht daza die Mtfsfi:. 

fttenstea Amrest »all in Meiste* ain greeeee Maeawrg eneacfteft 
gefeiert werden , das mehrere Tage daaarn wird. Ea hat sieh, ein 



QeakntfeMtden, 

den die Aameldaagea aar Theüoekme an deauTaate sn aewirkensiaeU 

In PYaekfnrt am Mai» tat eine new* ernste Oper *en //iby* 
SVkmM: „Dee Oetsrieet sn Psderfcere" arte Bettelt angebea war» 
nrn. Dar Blank wird atenr aVaaiaisaala and karajaniaaW lä 
keil, ala JnVlodie and originell« BrUodaag beigelegt. 

' An 98. Deeemfcer r. h etarf/ fn HerHn eVr «ehr eJr aekf- 



0/a Bull ist ietat in Nordamerika und kel in New -York 
slarmiscbeei Beifan Ceneerte gagrftev. 



Dar not ernten J ah iee In Prankfart tm 
geeoiekneie Gesanglekrer ¥%Ux Rommti Ufc nU Proisasar da» <*e> 
aaages an das MaU&adar Caaservntorinm der Musik berufen worden. 



An Kündigung- eil. 



las Verlage der fJaferaeiekacten sind aa i 

Troln IHTertlmemento 

snr Don Sebastlett 

pour k Puoo 



■it Bifeathuu- _ Bei IV. MlmtmtT !■ Leipafg mf to e&ea erschiene* .- 

JHe erste Walpurgisnacht. 

Balbde m Gectke far Cb«r «ad Ordaerter 



Henri Vier*. 

Op. 199. Lir. 1. 2. 3. 4 25 Ngr. 



i nefc ei« « efce« Mt 

Da» brill»Bt pour le Pfauio, »or Min» tAmbr. 

Tbonac par Ed Wolff. Off. 97. 
I/AaaAlonse« Trottteme gnnde VaUe originale 

pac JM. iT«^. Op. 98. 

teipaip, *ea »v Mnm* M44. 



fei 



C. m. v. Webers 

Ouvertüren In Pnrtitnr 

n 4e> Opera Oheroa u« Freifehatv, m nie ü» Jätet- Ottveit 
law k ti— IJ TUr. (Sakicriptioaapreb ll>i| TWr.) auri 
jttU ant EigeaCbuawrecttt eneueaea. Äther erteUeMB i 

Mozarts 

■leben Opera -Ouvertüren ia Parfltor. 

ncr.-Vrata ajaaaplat ir> ainaai BaanU S| TUr., elanel« aj&Thlr. 
lanreb nlla Maei* und BarnkkaBeUnanjen am ' 



in> Branma«kweig er- 



JIC a r a* 

Opa« in. drei Aden vom Onü AnvJkatrr, Hmai|t 

.iram oft^amV Aefcev, GapaUmeaner am Stadltlicntar in Laipnia> "■ 
rallsandigen CUrier - Aasnge rem Canapimislan, JKn csnnaUaB 
Sttcka» aa wie die nblieka» A aa anf cm cnta, feigen sogleich aaet. 



(Pmümt 



Op. 4M. 
CbnrifMonusg 4 Tblr. Suggtimmen 2% Thlr. 

Dinar inssf OrekcsUrMtwum** entktmem Anfimaß Min oL 



entknmt* At^mat Man eL •/.) 



In der nünfgt aielts. üaf > WnsflnrBen - Hk n el f aug ran €7« F. 
«BV fc> Dresdew taraekrind »it E%s n a e aus aa nni im rnaJag 
nag« aat4an1aa)-nnaägam a^kriiiafclialmminrinaagaaaaa 

jnRI^MmVaV 

der letzte der Tribunen» 

gvowe tTttgiadie Opcnr in f&nf A«tea 9 

nodt 

Her fliegende IKoUAnder. 

fomtnti9cbe Oper In drei Anfzti^eit, 

▼an 

tiiehard Wagner* 



Im Verbg von C»rl Pi 
BigenflittmsiTcnt erschienen 



in Berlin sine! se eken mit 
:kt erschienen : . 

IitMHfeoril el CTrlelbel. Grand Ona ponr Pknra et VU- 



^•Mltjmtarii el «rlenel , Grand Duo pour Plana et Vie> 

teneeAe sitr des metife de rOpera i Le fifie «a Regiment Ja Da> 
miaeOL I* Tklr. 
— idem pene Kane> et Violaew I* Ikdr. 
Cham 
71. 7t Sgr. 
Gmtorlel&l, "W., frei* Dfrertmtemenle nregfem. 

ponr Plön« et fite, Op. I0T- Ur. ft. Mk myr. 
VvtalMI, M«, Lord Leeiiaren kunsnrmlimbo Bsdmdenack WsnV 
ler Scott Ton Wolfgang Müller, für eine Bnisstiinean m. Piano. 



Mm**** Jpkll-vrla»,. Secoade Valae-Etade, ponr Rnno. Oy. 



Off . »7. HO Sgp. 



•er, €., Orei CleaVr ron DBia Vdeae. Urefire SHfgttimme 
mit Reme, Op. t4. «9 Sgrv 



Druck and Venia* g#a Bnitiurf tmi B&Ul in Lmipceg «aj «rta* defe» Ve^otwocUkUwrU 



108 



108 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 14 uo Februar. 



M 7. 



1844. 



t So*, fach'» Choral -Gesänge und CasUateo. — JleeeiMMMt». — tf«e*neAnm .• 
Aus Leipzig. — Feutfleloii. — j*°nk«*digungen. 



Herbstopero in Italien u. s. w. (Fortsetzung.) 



Set. Baeh's Choral- Gesänge und Cantaten* 

Mitgetheilt von Mosewius *). 

Der wahre Kwrstrkhter folgert keine Regeln ans seinem 
Geschmacks, sonder» hat seinen Geschmack nach den 
Hegeln gebildet, welohe die Natur der Sache erfordert. 

Lessing. 

Es i>t schon öfters angedeutet und wiederholt auf 
das Bestimmteste ausgesprochen worden: dass die von 
Phil. Em. Bach herausgegebenen Choralgesänge Seb. 
Baeh's nicht für die Leitung des Gemeindegesanges haf- 
monisirt und bearbeitet wurden. Nichts desto weniger Ba- 
det sich bei Beurtheilungen /falscher Kircbencomposj- 
tionea der früher von Abt Vogler ond von Carl Maria 
v. Weber* für ihr Urtheil aber die Bearbeitung Bacli- 
scher Choräle genommene Slandpunct immer wieder bei- 
behalten; ja man geht sogar noch weiter und verwirft, 
einseitig nur den nächsten Zweck des Chorales für den 
kirchlichen Gebrauch im Auge behaltend, die ganze künst- 
lerische Form der in fiede stehenden Bearbeitungen als 
eboralwidrig and nnkirchlich. Allerdings leitet die Vor- 
rede selbst, welche Phil, Em. Bach der Choralsammlung 
Vordrucken Hess, zum Verkennen des eigentlichen Zwe- 
ckes dieser Gesänge, ihres Verhältnisses zur Kirche und 
zum Gottesdienste und legt den Grund zur Voraussetzung 
einer Absiebt, welche unser Meister bei dem Entwürfe 
seiner Choralgesänge nie gehabt bat, nie haben konnte. 
Phil. Em* Bach verspricht nämlich in dieser Sammlung 
ein vollständiges Choralbuch zu liefern, freilich, wie 
ausdrücklich gesagt wird, nicht zu kirchlichem Zwecke, 
sondern „für Kenner der Harmonie, für Lernbegierige 
in der Setzkunst, um Muster für fliessende Miltelstim- 
men zu geben, den Anfang in der Composition, statt mit 
dem steifen Contrapuncte , mit Chorälen zu machen. " 

') Die nachfolgenden, sebon im Jahre 1839 geschriebenen Auf- 
sitze waren ursprünglich zur Begleitung einer Aosgabe Bacfi- 
seher Cboralgesänge mit unterlegten dasa gehörigen Textes- 
worten bestimmt. Di« Becker' tebe Aasgabe der Chorale hat 
jene beabsichtigte überflüssig gemacht. Das hier umständlich 
Erörterte ist dort in der. Vorrede ebenfalls besprochen wor- 
den und bat weitere Aaseinandersetzangen zur Folge gehabt. 
Dennoch hoffe ich , dnreh Veröffentlichung dieser nun abge- 
kürzten nnd theilweise veränderten Artikel auf Seb. Baefit 
Cantaten und Choralgesänge nicht nur von Neuem aufmerksam, 
sondern noch sogleich die ifeo/csr'sebe Ausgabe der Gesänge 
Qocu gemeinnütziger zu machen. 



Der Verfasser. 



46. Jahrgang. 



Beiläufig wird angeführt, dass sSmmlKcbe Choräle von 
Bach für vier Siugstimmen gesetzt wären , und der den 
Teuer zuweilen überschreitende Bass wird dadurch ent- 
schuldigt, dsss der Verfasser jederzeit ein sechszehnfiüssi- 
ers bassirendes Instrument zur Begleitung mitgespielt habe. 
(Jeher die ursprüngliche Bestimmung dieser Gesänge 
schweigt die Vorrede , und es bleibt Jedem überlassen, 
das Nächste anzunehmen, die Choräle seien an und Mr 
sich, wie sie nach ihren Ueberscbriften nns vorliegen, 
bannonisirt und die mehrmalige harmonische Bearbeitung 
eines und desselben Chorals (wir finden einige sechs, ja 
sieben Mal verschieden harmonisirt) sei eben nur als ein 
Beispiel vielfach möglicher technischer Behandlung ent- 
worfen. Zwar bemerkt schon Seb. Baeh's Biograph Fer- 
kel bei Erwähnung dieser durch Phil. Em. Bach her- 
ausgegebenen vierstimmigen Cboralgesänge: „dass sie 
meistens aus des Verfassers Kirckerqakrgangen genom- 
men ssWeV Nichts desto weniger enthält noch die AU- 
gem. Musikal. Zeitung in No. 28 des zwölften Jahrgang» 
(1810) neben der haibriebtigen Bemerkung : ,.B*ch schrieb 
diese Choräle nicht, dass davon bei der Gemeinde Ge- 
brauch gemacht werden sollte/* ebne weitere Prüfung 
die durchaus unrichtige: „jene vierstimmigen Choräle 
schrieb Back einzeln und gelegentlich tbeils für die Tho- 
maser, damit sie dieselben bei Privatveraalassungen (Neu- 
jahrsingen u. dergl.) in Gesang ausführen möchten, theüs 
für seine Schüler in der Composition, damit sie diesen 
als Beispiel und Muster dienen sollten. *« — Weiter fin- 
det sieh in den ersten zwanzig Jahrgängen der Allgem. 
Musikal. Zeitung laut seines allgemeinen Registers keine 
Erwähnung dieser Cboralgesänge. Erst mit dem Hervor- 
treten der Passionsmusik nach dem Evangelium Matthäus 
wurde die richtige Einsiebt in das Wesen dieser Gesänge 
gegeben. A. B. Marx bat sich mehrfach und eben so 
umfassend, als ein inniges Verständniss der /tauschen 
Werke offenbarend, in den die Aufführung der Passions- 
Musik einleitenden Abhandlungen, wie sie in der Berli- 
ner musikal. Zeitung erschienen, darüber ausgesprochen. 
In dieser, wie in der bald darauf im Verlage der geach- 
teten Traut wein'schen Musikhandlung erschienenen Pas- 
sionsmusik nach dem Evangelium Johannis liegt die Ab- 
sicht und der Zweck der verschiedenen Bearbeitungen 
dieser Choräle deutlich 2u Tage. Die bei Simrock er- 
schienenen, von Marx herausgegebenen sechs Kirchen- 
canlaten enthalten ebenfalls Cboralgesänge, in gleicher 

7 



MB 



1044. Februar. No. 7. 



Weise, wie in der Passionsmusik *mjcwe n d<*. |a j+ 
nun diese mit in ienc Sammlung unbenommen befinden, 
so Ustf mq, Vef%Hißk ihwjr Form m?d Mamnonisjrmm; mjt 
den üWgüt *«r Snomlmg *e PüsteWg wie 4)t •* 
ieutgemkeft jedes einleben ?on ihneu ehenfalln ueraaa- 
setzen. Schon die vier in der Matthäus- Passion enthal- 
tenen verschiedenen Bearbeitungen der Melodie zu: ,.0 
Haupt voll Blut and Wunden/' von welchen drei ihren 
fibar*ft#r aufs Vollständigste umgestalten, zeigen deut- 
lich, dass sie eben dadurch mit dem ganzen Werke auf 
das Innigste verschmolzen, wesentliche Tbeile dessen ge- 
worden §Mt wd dass» wie schätseuswerthe Beispiele 
sie auch immer für die harmonische Behandlung des Cho- 
rals an sich sein mögen, sie ausser dem Zusammenhange 
mit dem Werke betrachtet, aus ihrer Sphäre gerissen, 
ihre« eigentliche« Wesens entkleidet und falscher Bewr- 
theileng Preis geaebep sind. Wenn die Cborelgesauge einen 
und denselben Gesang in verschiedenen Top Versetzungen 
enthalte»» wenn dfese» ehdeieb unter einer und dtrasihan 
Uf&enchrift» eicht nur durch die Vernetzung, sondern 
*uoh dur^h kleine Abänderungen der Melodie in der 
Hanptatimmei vorzüglich aber durch ganz auffallende, mit 
4*n duroh die Uebcreohrift cng a d e u l ek m Texienreraen k 
gar keine Beziehung zu bringende harmonisch beden- 
tuagweUe Behandlung sich vea einander unterscheiden^ 
ao müaste anaa doch wohl verausaeUe*, dasa nicht Muco 
WiUfcür odejp der ZqfcU »Hein , sondern eine besondere 
Ycrailwrag au solcher mit Conseqaena durchgeführten 
Absichllichkeit geleitet beben mime. Und kennte man 
nichts weiter Y<>* dep Choralgasingea, als die fünf Bc* 
arbeitungen zum Gerhard? sehe« b#rrliohen liede: „0 
Haupt wl ßh|t «od Wunden,** «e mfisete eine Vergieß 
ehnng dieser mit den einzelnen Tejttessttophen. nicht nur 
auf den, richtigen Wep, sondern euch weit eher zur B* 
Wtt«derneg und geföblteatea Anerkennung der tiefen Auf- 
fassung dee Textgebaltes durch Seb. Bach, ab zu einem 
Vergleiche mit eitern hiragtspinnatiacben , angeblich in 
Attgriachenland erwachsenen Choielaystem geleitet haben. 
DoQh wie »eben erwähnt, ist der Herausgeber der Che» 
salgeseflge *•*&•* *"** °^ w Seh q W an diesen entsAaa* 
denen Irrthüm^m. Ausser der Vorrede leiten eimb dt* 
Ueherscbriflen der einzelnen Gesänge dahin, welche pröss* 
tontheife nur die Ueder bezeichnen, au welchen die Ale* 
ledieee wprwglioh gesetzt worde», ebne alle Rücksicht 
dampf, w welchen m$h der Melodie jeuer Lieder ge- 
sungenen Dichtungen, geschweige deon au welchen Tex- 
teatfrephea aus innen Seh. Bafih sie angewendet hat. 
So steht z, B. der Choral; „Befiehl du deine Weg*.« 
wie wir ib« in der Matthäus -Passien finden, unter No. 87 
der Chwalgesinge, Ausgebe von 1784, mit der Ueher- 
sotuift* ,*Q Haupt voll Blut und Wunden,' 4 was allen- 
feil* noch *u rechtfertige* w$re, da die unter New 78 
der $ema»lueg stetonde Bearbeitung dieses Chorals zu 
dmftTe*tfts*tcc»bePt »»Ich will hier bei dir stehen'* und 
„Erkenne mm mein Hüter" nur in einigen Zügen im 
jener abweicht, Wenn wir aber unter Ne. 338 den Bus*- 
Choral» „Ich unwer Mensch* ich armer Sünder etö 
kißr wr G+tte* Strtfgf rieht" mit der Uebersohrift: 
„Wer nvt de» liehm Gm W*U waitm« finden, so int 
ea mimöglicb 9. 4Ü0 Bearbeitung mit irgend einer Strophe 



4e* |i«J« ip EimUaiig zu bringen. Ben selbst ihre Be- 
ziehung auf die zweite Strophe des Liedes: „Was hel- 
fen uns die schweren Sergen* 4 wift mwilfcsÄ du jepo 
Be a r beit u n g gllenlUM fco schwer feflUhee Dmek dos 
Kummers und dar iosms, nmmnli «heu den Trust in Leu 
und Traurigkeit anschaulich und fühlbar machen kann. 
Man urtheile selbst. 

Sehhusckoral aus derCantatt zum eilfhn Sonn- 
tag mach Trimüatü; 

„Siebe sm, 4ms «eftse GettoSrarekt sieht leeoheen u**i« 



Ick *r - ner Measck, ick sr - «er Su- 

*, « ~ ._* «* ^ wfcfct ge - Ms« 




ftck ar ~ • mrlfeoteh,icfc ar - »er Sun- 



,':J I f r tl 




der *teb T hier vor Got - tes Aö - ge - »cht , £^ 
der, und geh 1 nicht mit mir las Ge - riebt t 




Singitimmc, 



Fundament. 







108 



1844« FefcnmK No, 7* 



110 



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U*fmjp n m ^ li m i fc 1 * n — i | |»m»+ t i iti nn 



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mein Br - bar - mer, tt - bef mich. 




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P t r r r l%Vi II 



la 4m Abdrucke dieses Chorals, MU 196 der oftge- 
sanftteo Sammlung* finden rieh nachstehende Varianten» 
Taet 4 in All/, Taet 5 im Tenor o: 




Da meine Abschrift nicht dem ifacA'scben Atltogrspben 
entnommen ist, so bleiben diese beiden Tone unverbürgt. 
Im ersten und zweiten Tacte des zweiten Theiles fehlt 
die Singstimme im Bass, an deren Stelle steht der Pun- 
damentalbass, in Folge dessen der Tenor verändert ist in : 



l h" r r ' ^f"f ' ' | ' Wir *wd«i Gelegenheit Anden, 



Mf diese Cantate zurückzukommen. — 

Diese wenige Beispiele aHein zeigen anf das Den** 
liebste, dass die m Bede stehenden ChoralbcarbeitengCtt 
weder rar Begleitung des Gemeingesanges bestimmt waren* 
noch überhaupt dazu gebraucht werden können, da die be* 
wegliehen ans dem speeielien Sinn* und Wertausdruck 
terromehendeo Mittelstimmen, selbst dieGnrndstnnme, bei 
der Führung des Volksgesanges ginn im Gegeatheile den« 
selben geradezu stiren und verwirren würden, statt ihn 
an regeln nnd en leiten. 

(Fejrttctaasf f»lf u) 



RECEMflIOlfER. 



Lieder schau. 

(Beaeblaas.) 

Vier Lieder für eine Sopran- oder Tenorstimme mit Be- 
gleitung des Pianoforte, eomponirt von Jut. Stern. 
Op. 17. Berlin, bei Schlesinger. Preis % Tblr. 
f , Erstes Begegnen,« Poesie von JKugelstedt (Bruch- 
stock ans seinem Gedichte : Die letzte liebe). Wie ist 
nur Herr Stein gerade auf fiese gftnft vereinzelte Epi- 
sode gekommen» um sie in Musik zn setzen? Gewiss 
wird der Dichter selbst dadurch überrascht, de wir von 
ihm so viele schöne, wahrhaft lyrische, selbststifn dige Ge- 
dieht« besitzen, die zur CümnosHion anregen, wihrend 
«os Prugmeut so matt und fmtios emhefat. So bat denn 
«msh «o Phantasie den Compacten sieb meht dar« ** 

— ■ Uno», Gemto sid^e* tu solcher Apathie nceh 

^ Ä - J — "*n> Wie ti B.t 




so ist das Resultat wohl kaum zweifelhaft* und das nicht 
glückliche Bestreben des Componisten, den fragenden 
Schluss des Gedichtes wiederzugeben, vollendet erst recht 
den Eindruck des Fragmentarischen und Ungenügenden. 
Wie frisch und behaglich angeregt fühlt man sich dage- 
gen durch das folgende Lied : „Morgen marschiren wir ! e< 
(von Holfaaftti von Pallersleben). Es schreitet in seinem 
kecken Marschrhythmus ungemein natürlich und abge- 
schlossen einher, und krifnmt gerade so viel vöd dem 
Volkston an, als es braucht, am popotir tu sein, ohne 
verbraucht zu erscheinen. Zu bedauern ist es nur, dass 
der Gofepotiist, offenbar ans derti Bestreben* durch etwas 
Besonderes den hatüriiehen Gang des Ganzen zh unter» 
brechen, in dem übrigens so ansprechenden Refrain (und 
zwar iai fünften Taste« S. 5) durch eine förmlich wMer- 
nirtige Harte dem günstigen Eindrücke schadet! Dass 
Herr Steril des Dumpfer eines pp. anf seine Kühnheit 
setzt, ändert wenig« 

Auch der Auffassung des dritten Liedes : „DleThritoe" 
von H» Heine, geben wir unsere Zustimmung. Das ein»' 
fach- schüne, sanft klagende Gedieht regt dureh sein« 
weiche, gut gefdhrte Melodie, wie überhaupt durch Ton 
and Haltung die rechte Empfindung an« In Folge der 
übrigens gut motivirton Harmoniewendung nach Fdttr 
(6> 10 in* achten Taet) Würde es gewiss wohllbuenler 
sein, Wenn auoh im neunten Taot das * statt des h nooh 
vefuftttete, so dass der QuintiextenaCcord erst mit dem 
letzten Viertel einträte. 

Dos vierte dieser Lieder (nach dinem Gedieht vott 
Rücken) bewegt sich in eirter nioht eben hervorstechen 
den» ober recht wehlthoenden Cantfleue» und hinterUbMt 
emtt sehr frouodlkhen Eindruck. Die wirklich störende 
Dehnung anf: 



^ Telti Wort - ck 



Mb" WSrt - ehea 

USd sei 9 ! -»*- M 

Wie leicht Wäre sie zt vermeide« gewesen! 

Noch wollen wir in Beziehung anf den werthen Com* 

Conisten einer recht erfreulichen Wahrnehmung gedefi- 
en , die für die freie f itfaltong leine* Talentes nicht 
Oboe Bedeutung Ist, Wir bemerktet! Mmtichr ta dieser 
9amrnhing mit wahrer Fronde* dass seine Begleitung** 
weise viel sorgsamer und — rinfecher geworden ist, als 
wir sie in einem früheren Werte fadeii. Sei es mm, 
das* durch unsere freundliche Mahlung, oder rforch eigene 
bessere Ucbs rneo r u ng diese günstige Metamorphose be- 
wirkt wurde s wir freuen ans aofnehlig darüber. *~ Der 
Artttg ist unverkennbar ! — 

• i 

Im Begriff, unsere eorsorisüfcü Lfedefiehim *t bei 
sehliessen, werden wir nooh an eine sehr werthe küttsf* 
mische Individualität erf uteri* der wir *u ünjem Be- 
dauern in der neuesten Zeit so sehen auf dem Felde der 
mosümüscheo Prodoetieo begegoelttn wir lüühtttf den 
ehrenwertben Tossssehek te Prag, von dem uns nou wie- 
der eine gaofte Mite *>it Gesiigwetfcoi kor kntä& 



Ml 



1844. Februar. No. 7. 



119 



und kurzen Besprechung vorliegen, die sämmtlich bei 
A. Cranz iu Hamburg (und zwar in höchst sorgfältiger, 
geschmackvoller Ausgabe) erschienen sind; nämlich: 

Gedichte von Friedrich von Schiller, iu Musik gesetzt 
und den Manen des Dichters gewidmet von IV. To- 
maschek. Op. 85 — 89. Fünf Hefte. Preis jedes Hef- 
tes 16 Ggr. 
Ferner : 
Drei Gesänge, componirt für eine Singstimme mit Beglei- 
tung des Pianoförte. Op. 92. Preis 14 Ggr., und 
Drei Gesänge, gedichtet von Schutt* componirt für eine 
Singstimme mit Begleitung des Pianoförte» Op. 77. 
Preis 14 Ggr, 
Fünf Hefte von Schiller 1 * Gedichten ! Gewiss eine 
seltene Erscheinung! — Jeder trägt Schillert Namen int 
Herzen , oder doch auf den Lippen ; er ist Deutschlands 
Stolz — 5 ja, es gab und giebt noch Viele, die ihn über 
Goethe erheben: und doch, der schönste Lohn des Dieb* 
ters, das beneidenswertbe Glück, getragen auf den Wal- 
len der Melodie, im Munde des Volkes fortzuleben, wie 
unverbSltnissmäasig karg wurden sie gerade Ihm zu Theil, 
dessen Herz ungleich feuriger schlug für sein Vaterland, 
als -i— manches andere grosse Dicbterherz ! — Wenn 
es sich nicht längnen lässt, dass viele seiner Gedichte 
durch ihre vorherrschende Reflexion, durch eine gewisse 
rhetorische Breite der musikalischen Behandlung nicht 
durchaus günstig sind , so sind sie dagegen dnreh ihre 
Gedankenfülle, durch erhabene, rein menschliche Gesin- 
nung, durch den Zauber ihrer überzeugenden Wahrheit 
vor vielen andern geeignet, mit Sang und Klang durch'* 
deutsche Vaterland zu ziehen und Sinn und Herz zu 
stärken. — Zum Unmutb aber steigert sich die Wahr* 
nebmung dieser auffallenden Vernachlässigung, wenn man 
bedenkt, an welche unerfreuliche, oft ungeniessbare Dich- 
tungen zuweilen die Componisten ihre Metodieen ver- 
schwenden ! 

Wir ehren und loben daher die Pietät des trefflieben 
Tomaschek, der durch seine Melodieen Schiller's Namen 
in lyrischer Beziehung seiner Nation wieder in's Ge- 
dächtniss ruft» und sinji überzeugt, dass er dadurch viele 
Herzen erfreuen wird. Auch dürfte sein Beispiel nicht 
ohne Folgen bleiben« — 

Was nun die Auswahl und die musikalische Behand- 
lung der hier gebotenen Gesänge betrifft, so wollen wir 
nur im Allgemeinen erwähnen, dass diese fünf Hefte vier* 
zehn nach Form und Inhalt sehr verschiedene Compoai» 
tionen enthalten und einen Clunax bilden , von dem ein- 
fachen Liede: „Das Mädchen aus der Fremde " bia.su 
dem fast zur Cantate erweiterten „Früblntgsliede»" für 
drei Solostimmen und abwechselnden Gbor. 

Sinniger Ernst und ruhiges, gelalliges Abspiegeln 
der edeln, gefühlvollen Dichtungen cbaracterisiren diese 
Compositionen vorzugsweise; würden Einige darin den 
Schimmer (oder zuweilen wohl auch den Firnis*) der 
neueste n Schule, vorzüglich in Hinsicht auf den Gesangt 
vermissen, so wollen wir ihnen nicht widersprechen.; 
sie werden dann aber so gerecht sein, sieh durch die 
wahrhaft gemüthliohe Auffassung, durch die seltene Cor- 
reetheit und durch eine gewisse Innerlichkeit , die utf 



diesen Gesingen ruht, entschädigt zu finden. Wir wol- 
len nicht genaue Forschungen darüber anstellen, ob die- 
ser Gesangcyclus, dieser Erinnemngskranz für den gros- 
sen Dichter, nicht schon vor Jahren entstand ; wir wol- 
len auch nicht eigensinnig darauf bestehen, dass Alles 
gut und neu und schwunghaft sei, was er uns bringt — 
wir würden sogar Einiges bezeichnen können, das ohne 
Nacbtheil für den vollen Werlh des Ganzen einen ge- 
fälligem, nun ja, geschmackvolleren Zuschnitt nicht ver- 
schmäht haben würde. — Wir wollen nicht verschwei- 
gen, dass gleich das erste Lied: „Das Geheimnisse sich 
nur sträubend in die Form einer Melodie, einer Be- 
tonnngsweise fügt ; wie wir denn überhaupt nicht unem- 
pfindlich gegen eineeine Schwächen dieses umfassenden 
Werkes sind. Dennoch begrüssen wir diese reiche Gabe 
mit Dank und Freude, und empfehlen sia allen Gesau- 
gesfreunden, und dem Kreise Derer noch besonders, die 
durch die angedeuteten Restrietionen sich nicht verstim- 
men lassen. 

Haben wir uns in der Voraussetzung nicht geirrt, 
dass mehrere Compositionen der Schiüer'scfaen Gedichte 
einer frühern Periode angehören, so sprechen in der Thal 
die beiden andern oben bezeichneten kleinen Liedersamm- 
lungen schon durch ihren Gegensatz für unsere Conjeclur. 

Jedes der zwei Hefte enthält drei Gesänge, und je- 
des derselben athmet frisches geistiges Leben. — Auch 
das durch die etwas dubiöse Preisertbeilung berühmt ge- 
wordene Lied findet steh unter ihnen, und durfte wohl 
den bessern Compositionen dieses Gedichtes vollkommen 
ebenbürtig sein. — Auch das vielbesungene „Hochland" 
beschenkt Tomaschek mit einer Melodie, und zwar mit 
einer recht ansprechenden. 

Unter den drei Gesängen nach Dichtungen von Schutt 
beben wir, vorzüglich wegen der zarten und geschmack- 
vollen Behandlung und Ausführung, „Da» letzte Lied der 
Nachtigall" hervor, das t>bne Ziererei und ohne Ueher* 
treibung die Situation so schön bezeichnet und überhaupt 
in Melodie und Begleitung so trefflieh barmonirt, dass 
man sich wahrhaft daran erfreuen kann. — 

Uns aber sei es erlaubt, diese Liederschau mit einer 
kurzen Apostrophe zu schliessen, die vielleicht hier nicht 
unpassend erscheinen dürfte : 

Wohlan, ihr deutschen Lieder, strömt bin durch'* weite Land, 
Und schlingt um Deutschlands Gauen- der Eiltracht festes Band! 
Dringt tief in edle Herzen, pflanzt kühnes Streben fort! 
Tönt laut vor Königsthronen, und achirsat der Freiheit Hort! 
Es aollen nnsre Lieder dem Edlen nur sich weih'o, 
Und rein, wie deutsche Lieder, auch deutsche Herzen sein ! 



Nachrichten. 



Herbstopern in Italien u. s. w. 

(Fortsetzung.) 

Verona (Teatro Filarmonko). Donieetli's Don PaJ- 

quale befriedigte als Musik nicht sehr 5 der Buffo Rover* 

(Protagonist), Bassist MarcheUi genügten, und die Prima 

Donna Zecchini.... In DoniaeMi's Eläair ging es gans aa» 



IIS 



1844. Febrmär. Nö. 1. 



114 



den; nebet den iwnim Bovere und Marchelli wirkte 
die brave Boccabadati (Auguste) und Tenor Ciaffei: Zu- 
hörer «od Sänger waren vergnügt und die Theatercasse 
lästig. Donizelti's dritte Oper : La Figlia del reggimento, 
machte eine* abscheulieben Fiaseo, sog mit einer langen 
Nase ab und machte schnell dem Elisir Platz. In der 
nachher gegebenen vierten Dooizetti'scben Oper, der Re- 
gina di Golconda, erwarb sich die Boccabadati (Titel- 
rolle) und Rovere besondern Beifall. Da die Boccabadati 
Ende Novembers, eingegangener Verpflichtungen wegen, 
abreisen mussto, debiitirte die Caterina Delci (die meh- 
rere Monate von der berühmten Pasta Unterricht genos- 
sen) in den noch gegebene« wenigen Vorstellungen des 
Barbiere di Sivigtia zur Zufriedenheit der Zuhörer. 

Auf ihrer Durohreise nach Deutschland gaben hier 
die rühmlich bekannten Schwestern Müatißl/o, Ter+sa 
nnd M*rie$tM, mehrere Goneerte mit ausserordentlichem 
Beifall. 

Vicen%a (Tetro Berico). II ritorno di Pnlcinella dagli 
studi di Padeva, ror wenigen Jahren von Fioravanti Sohn 
zu Neapel componirt nnd seither stets mit Beifall gege- 
ben, hat eine ursprunglich ächte Buffomosik und neapo- 
litanische Physiognomie (sie ist dialogisirt im neapolita- 
nischen Dialeel) ; in Oberitalien wurde ihr Mos der Nar- 
renchor (worin Narren im Narrenbanse die Ouvertüre 
aus Rossini's Semiramide äobt komisch vortragen) und 
ein sehr hübsches Terzett gelassen, alles Uebrige gehöf t 
allerliebsten andern Maestri moderni an» deren Slüeloe 
zn jenen, den begnadigten von Fioravanti, wie die Faust 
aufs Auge passen. PuleineUa in Columella umgewandelt* 
ist statt einer Opera beffa eine abgeschmackte Pastete 
geworden, die ohne die beiden Originalstücke ganz un- 
geniessbae sein würde. So war es denn auch hier mit 
diesem Columella, nach dem man so sehr lechzte, im 
November der Fall. Die Sänger : die Agostini und Grini, 
Buffo Cini (Protagonist) , Tenor Gsja, Bassist Mooa- 
cbesi u. s. w. thaten ihr Mögliches, aber ausser benann- 
ten beiden Stücken interessirte alles Uebrige der Oper 
wenig. Denizetti's Gemma di Vergy gab hierauf benann- 
ten Virtuosi weit mehr Gelegenheit, sich hervorzutbun. 
Mit dem Barbiere di Stviglia scbloss die Stagione fröhlich. 

Padua. Spät, den 31. Oetober, begann hier die Sta- 
gione mit Domaetti's Don Pasqnale, ziemlich gut; eia- 
beinusche und exotisebe Sänger (die Leva, Tenor Pau- 
lin, Buffo Lazio und Bassist Bonafous) wetteiferten mit 
einander, aber die Leva trug den Preis davon. Sonder- 
bar wurde die beabsichtigte und so sehr gewünschte lu- 
stige Figlia del reggimento nicht gegeben, dafür aber 
dessen trauriger Marino Faliuro mit der Beltrami - Ba- 
rozxi und einem anfänglichen Fiaseo, der sich in der 
Folge kaum erholte. 

Treviso. Eine traurige Seene fand hier am 28. Oeto- 
ber, der ersten Vorstellung von Verdi's Nabucodonoser, 
Statt. Die Belloni == Abigaille, die Dali' Argine = Fe- 
nena, Herr Biaccbi = Nabucco, Eugcnio Sanü = Zaeca- 
ria, nebst dem Tenor Röasi- Gnerra erfreuten sich sämmt- 
lich einen sismlichea Beifalls, als im Augenblicke, in 
welchem der Blitz dem Nabuoco die Krone entreissen soll, 
Herr Biaccbi sich allzusehr dem Eieendratb nahte $ der 
Blitz traf ihn heftig am Kopfe nnd stürzte ihn verwun- 



det zu Boden, worauf sehneil der Vorhang herabgelas- 
sen , die Oper geendigt und auf einige Tage verschoben 
werden mussle, weil eine der zwei Wunden, % die der 
Sänger durch jenen Zufall davon trog, ernsthafter Natur 
war. Herr Santi übernahm hierauf die Rolle des Na- 
bucco, Bassist Selva jene des Zaocaria, und schon am 
1. November wurde die Oper wieder gegeben, [Herr Bi- 
accbi auch bald hergestellt. Nachdem man einstweilen 
um die Hälfte desselben Mouats Bellini's Gapoleti mit der 
Franceschini • Rossi gab,, trat Herr Biacchi den 21. aber- 
mals als Nabucco zur grössten Freude der Zuhörer auf. 
In dem zu Anfang Decembers gegebeneu Bravo von Mer- 
cadante fanden die Sänger nur. theil weise Applaus. 

Venedig (Teatro S. Lucs). DonizeUi's Elisir d'amore 
mit ziemlich gutem Winde, aber die Mannschaft (die 
Mazza, Tenor Bertolasi, Vissnetti und Manari) meohteo 
leider eine* sehr kurae Fahrt; die Kinder Vianesi lösten 
sie ab und produoirten sieh in dem mit zwei Stücken 
aus der Chiara di Roseeberg geflickten Columella (s. 
Vicenza) ab. 

(Teatro S. Samuele.) Mit sehr massigem Entreegeld 
unterhielt man sich ziemlich langweilig bei Douizetti's 
Marino Faliero, in welchem die Gabbi als Elena, die Be- 
günstigte, Roddas (Titelrolle) niobt bei Stimme war, die 
Herren Penso (Israels), Tenor Goama kaum genügten. 
In. Pacini's Saffio, worin die Gabbi, die Adelaide Ceeconi, 
Gosma und Roddas die Hauptstützen waren, ging es viel 
besser, Herrn Gelli's nachher wiederholter Varbacb fand 
wenig Anklang, und man tappte sogleich nach der Bea- 
trice di Tendal 

(Teatro S. Benedetto.) Donizetti's Figlia del Reggi- 
mento mit der Zoja, der Lega, Tenor Malvezzi und Bas- 
sisten Soarez, fand, obgleich die Zoja noch dazu einen 
Walzer aus Fioravanti's Zoccolaja einlegte, nieht jene 
Aufnahme als in Mailand; die Sänger, besonders die 
Zoja, befriedigten indessen. Boffo Cambiaggio erschien 
hierauf auf einem seiner Steckenpferde , auf CelomeUa, 
worio ausser Herrn Soarez eine gewisse Giofldaoo (an- 

Koemmener Name) debütirte, und Baasist Beneich, Buffo 
:mi und Tenor Zuliant mitwirkten, Cambiaggio aber 
natürlicherweise der Held des grossen Festes war« Con- 
•pola's einst so siegreiche Nina pazsa per amore wurde 
nach einmaligem Erscheinen sogleich von der Figlia del 
Reggimento (welche Zoja doch ebenfalls die Nina machte 1) 
aus der Scene verjsgt, weil der allerliebste und gar köst- 
liche Rataplan mit der zarten Tambourbegleitung allein 
weit mehr ergötzte. Um der armen Zoja Ruhe zu gen- 
neu, gab man Anfangs Deeember den sosehr gewünsch- 
ten, schon in seinen ßinderjahrea weltberühmten Den 
Pasquale, del Maestro Doaizetti, worio jedoch der Part 
für die Zoja zugestutzt werden musste. Der hiesige, sannt 
geacheidte Zeitungsschreiber ist gan? entzückt über die 
Musik dieses Don Pasqnale« Habeat $ibi! — Auf ihumr 
Durchreise nach Deutschland wurde den beiden Schwe- 
stern MtlanoUo auch hier in ihren gegebenen Concerteu 
die glänzendste Aufnahme zu Theil. 

Triest (Teatro grande). Den Anfang der Stagione 
machte Donizetti's Linda di Chamounix , mit der Tado- 
liai, der Bendini, dem Tenor Gnasco, den Bassisten Va- 
resi nnd Derivii, für welche grosstentheils diese Oper 



ub 



1644- Ftbiw». No, 7. 



U« 



voriges Jahr na Wien cempotthrt wurde. Die Musik sprach 
frier gar "wenig an» weil um sie als allzugetehrt betrachv 
tele, die Sieger wurden iheilweiae applaodirtj inlftndi- 
aehe Zeitschriften behaupten indessen, aie haken in der 
folge Enthoiiaatnus erregt! — Eben dieses Eathusiae- 
aina wegen gab man bald Herrn Verdi'* Lombardi alle 
prima Crociata, deren Musik, in Mailand vorigen Garne- 
Tal einen Hyper- Fanatismus erregte, hier aber der Linda 
mit einem zweiten Fiasco nachhinkte ; die Sänger — man 
köre ! — so sagt der hiesige Osservatore Triestiao, fein- 
den jedoch darin mehr Beifall , wiewohl die Musik mo- 
noton lärme nnd eine Carricatar des Nahacodonosor sei. 
Der hier anwesende Mercadante stutzte indessen seinen 
im vorigen Caraeval zn Turin neu componirten, angün- 
stig aufgenommenen Reggente für die Sänger tu nnd 
netzte ihn selbst in die Scene? er machte einen dritten 
Fiasco, ao dass der Maestro, der in der ersten Vorstcl- 
Inng am Glavier sass, in der aweiten ea wohl bleiben 
Htsa, nnd nach der dritten reiste er nach Neapel ab. 
Dass er bei alldem auf die Scene gerufen, dass Zeit- 
schriften, darunter die Gazzetta teatrale nepelttana vom 
28« November, von einer glänzenden Aufnahme sprechen» 
sagt gar nichts, nnd es wäre sehr zu wünschen, dasa 
deutsche Journale nicht so unbedingt unsere einheimi- 
schen abschreiben möchten. Selbst in Italien mnss man 
bei der Auffassung dieser (Jrtheile sehr behutsam sein 
nnd ihre Quelle reiflich erwägen. In diesem Reggento 
betrat zum ernten Mal aie Bühne eine Spanierin aus Bar-, 
oolona, Namens Amalia Mafios, die ihre musikalische Bil- 
dung in Mailand erbalten, und für ihre Kunst manches 
Vorteilhafte besitzt ; ihrer Rotte in jener Oper war sie 
aber nicht gewachsen* 

Um die Theater des Königreichs zu vervollständi- 
gen, folgen hier noch kürzlich: 

Ckiari. Eine Adeodata Lasagna, sock dcHa dncale 
Aocad. Ftfaruionica di Parma» Fanny Farrt, Tenor Saa- 
tini nnd Bassist Gecconi wagten hier die Anna Bolena zn 
geben, fanden aber reichlichen Applaus. 

FtUre. Die wohlbekannte Demeric, Tenor Miraglia, 
Silingurdi und Roddaa erfreuten die Zuht- 



rer mit Donizetti's Gemma di Vorgy. 

Gör%* In derselben Oper und in Rieci's Scaramnz 
wirkten hier die GramagHa, benannter Miraglia und Bas- 
sist Gorin. 

Mantm. Dia Gesellschaft von Vioenza — die Ago- 
ettni abgerechnet, anstatt welcher die Wanderer sang — 
gab hier, bevor sie nach dieser Stadt ging, Ricoi's Esposti 
nnd den Colomella, letztem mit einer sehr bescheide- 
nen Aufaebme (a. Vioenza). In 

Monttgmnm, wo die Sacoeui, Tenor Bertoteei und 
nun! die Bassisten Torrn und Manari wirkten, ging es in 
Donizetti's Marino Faliero, der Prima Donna wegen, nicht 
gnt, besser damnf in Bellini'e Pnritani mk der «ieva- 
nett-Biava. 

Este. Die längst fertige Ahnerinda llanzoeehi pro- 
ducirte sich hier in der Anna Bolena und Safe. 

PlUmmmm* Dieselben Sänger nnd Oper wie in Feltre. 

Aenfo*. Eine ziemlich gnte GeeeHsekafts die Hal- 
len, die feumini -Setera» Tenor MBeai nnd Bassist Fiori, 
" Menpadania'acbnOpenr na gebet: da* 



Gforameato und die Veetela» 

genommen wurde, letalem aber Fiaaeo annähte. 

Viüdma ergtflzte sieh nnm Theil an Donizetti'a Ma- 
rino Fallcro, worin die Marehetini, Tenor Boneatelli nnd 
die Bumsten Natele und Dali 9 Asai wirkten. 

Königreich Piemont, Heraogtbittn Genna und 
Grafschaft Nizza. 

Twin (Teatro Carignano). Hanptsänger: die Abbe- 
dia und Caremoii-Clrivelli, die Tonern Miratn nnd Meekan, 
Bassisten Grivelli nnd Riga, Verdi'* N a b neo fanee e r be- 
gann die Stagione mit % Fiaaeo. Die Freunde dea Herrn 
Verdi, die nicht begreifen können/wie dessen Nabneao 
nnd Lombardi, die beide na Mailand einen grossen Fu- 
rore gemacht, anderwärts scheitern ktinnen, geben ein> 
zig und allein die Schuld dem, dasa die anderwärtigen 
Theater weit kleiner sind und bei Weitem die Massen 
der grossen Mailänder Scale nicht aufzuweisen haben. 
Ihnen hierauf etwas zu entgegnen, wäre ganz nnd gar 
annülz , weil aie es auch mit dem besten Willen nicht 
verstehen würden; schweigt ja selbst der schlaue Ros- 
sini, man möchte sagen mit hermetisch gesch l ossenen 
Lippen, über so manche miraeukfee Erscheinung der neue- 
sten Oper. Und so ring denn auch schon am 9. S ep tem - 
ber die miraeultfse Lueia di Lammermoor von Doaizetti 
in die Scene, worin die Ceriei die leider in ihrer frü- 
hesten Jugend schon abgenutzte Abbadia ablöste und Al- 
les, besonders in der Folge, weit besser mag. Die vori- 
gen Carneval zn Palermo mit so iä ra wn iem BeifaU ae- 
zebene nnd mit eben so vielen linaenden Lobeserhe- 
bungen von eiaheioiisooen und ihren ausländischen Naefa- 
aehreibern ausposaunte neue Oper Mmrim ttmgkiltorr* 
von Pacini ist hier durchgefallen , wurde aber aus Noth 
fünf Mal gegeben. Nichttnriner Zeitschriften haben aber- 
mals ihre gute Anhahase in die Weit ausgesebiekts ja, 
die Neapolitaner Tbeaterzeitang vom SS. November 4. J. 
druckt sich hierüber wörtlich so aua i „ Maria d'Ingbü- 
terra von Maestro Pacini wurde über allen Glauben ein 
sehr glücklicher Empfang zn Theil ( tmt* fUtoUHm* ml 
*V Ut di Bgmi ermhn)! diese Oper wM & ganze Well 
durch wandeln, wie die Selb, die Fidenzata Corsa, die 
in einem Jahre (ohol die Salb ist weil Mar) vom un- 
sterblichen Pacini geschriebenen Mcieterwepbe." Diener 
fast verrichten, vielleicht im Krater des Vesuv» nieder- 
geschriebenen Nette müge die etwas harte Aeueeurung 
über diene Oper vom hiesigen M eas a g g i ern Toraaeae zur 
Seite stehen« „Wem könnte je (heiast ea unter andern 
in diesem Blatte) die Grill© in den Kopf gekommen i 



diesen Kraftaufwand 4er vi 

(tforso delT mcallita fantasia pachdmä) auf die Seenn 

zn bringen! Diese Maria d'Iagnctterra, S a her este r dea 

Dnea d'Alba , der in Venedig >mm 

maehtt.... Gewiss ist es, dnea I 

die Zäherer den Fall der Oper, n< 

hang anfaog, vefnnasubcn»... Die 



fo, Singer nad 
bevor man den Vor- 



gewisee Wnlzennntodieen, Manen 
wer respectiven, sebreefcttehen 
einttrnrige lange Adagi erregten 
dar Trompeten giebt dem Qanm 



f 



? 



Ctan- 



117 



1844. Febm«. N*; 7, 



«18 



Dm Ahbadm hatte ki«ii Albes* »ehr, berer sie 
noch ihre Ruhm« saug, Tage darauf muaste man wie- 
der die Lada geben u. *. w." — Schliesslich gab man 
noch die Gemma di Vergy; Aufnahme so so. 

Die Sobwftstera Müantlk, die hier mrt ihre« treff- 
lichen Spiele Lorbeer« einernteten, gaben in obigen Thea* 
ter eine Beoefizecademio sunt Vortheil des Pio Instilnto 
di Mcndicita, also fur'e Institut *ur Aufnahme der Bell- 
kr. Die Einnahme war 610 Prankeo und 40 Gentimes; 
das fromme Institut bekam aber nach Ahmt tlhnr tye» 
nen bios 58 Franken und 7 Centimes. Der hiesige Mea- 
stggiera Terineae, Nu. 4t. vom 4, «otember, *ieht hier- 
9nm? genaue neennnngt 

HnnaLne275 BiUetmim Parterre k% Fr\ - C. 550Fr. — C. 
37 oberste Gallerte 4— - «0 - 58 - 40 - 
lOaafdemAnfiteetro*.— - 20 - t - — - 

610 Fr. 40 C. 



ii 55SPr. 33G. 

Saviglxäna. Auf ihrer Durchreise haben die berühm- 
ten Schwostec u HUmotta in diesem ihrem Geburtsorte 
mn wohsthätigen Zwecken eine mnsiWiaoha Aoadomie gnv 
geben* Den Beifall kann man sieb denken. 

Die Prima Donna Sarann, Tenor Tomasi, die Buffi 
Btuaeoli und ZamkeUi aroducirten sich mit gotem Erfolge 
in der Cenerentok und m Cenpoia'a Nina a ans per amoteu 

Mond**. Dieselbe fieseliaehaft und Oper wie in Sa- 
vigfiane. 

Mha. Die Signpre Foccosi und Aufesst, die Sigaori 
Franeeschini. Maggi und Miliar* fanden im Gannen eine* 
aehmeieheihafte Aufnahme im S ca mmnccia» besonders die 
schon ältliche Foccosi, die beinahe einen Famatismomaehi». 
Hintendma kamen batd Anna Bofena und Etisir, leide 
Opern del Maestro Owaizell*, wobei es. sogar Blumen und 
G ed ic h te regnete. Wegen Austreten den Temas» mnssle 
das Theater einige Tage gesch loss e n bleiben. 

TtrUm*. Sowohl in Ricci's (Fed,) Prigione di Edmv 
als in Doeisfttti's Lucia di Lammermoor fand die 
Prima Donon Jfezodi jMd Bassist Snatag t-Man«. 
gnu at^gemetne Anerkennung nun nugetneiiBen nematl* 
Sie GoJmprimaria Corvetti und Tepor Zoni genügten. 

JkÜ. DenizeUi'afiglkdelBegsimeatOv von der bub- 
seben Catalina Ciuaai, dem TesmiTVesgani und fiasaisien 
Mnasetti Terffetrejca , beteiligte des Audmorium ungf>~ 
meto, obgteico bei alldem die Musik nur tum Thett an>' 
sog. Ricci's Chi dura wce.» worin Buflo Hitaret sieh 
ebenfalls hervortust, desgleichen Bessinxs Barbiere di Si- 
▼igfta, waren noch glücklicher« 

Pfrerolo. Dieselbe Gesellschaft und Oper wie in der 
vorigen Rnhob* 



AUumdrim. Herrn Miccdefr Templarin Jand hier 
Anfangs eine sehr laue Aufnahme. Von der Musik hican 
es, %\t sei ein Gemisch von Planet, Classiscbem, Roman- 
tischem und Originalität; der Maestro habe keinen Math* 
sich allein in die musikalische Arena zu werfen ; er sollte 
weder dem Melaphysiker Mercadante, noch dem zügellosen 
Dontzetti ünterthan sein, und will et je Nachahmer sein, 
so folge er Rossini und Bellini. — Die bekannte gute, 
aber, wie so viele ihrer Kunstrerwandtinnen , durch die 
moderne Lärnsoper abgenutzte Sängerin Tavola, Tenor 
Zoboli und die Bassisten Meini und Lucchini bewährten 
sich indessen ala gute Practiker» die Oper um annh in 
der Felge etwas mehr an. la der Saffb, freiem* <fe Ta- 
vola nebst dem dritten Act vwftt Vaccai zu Bellini's Ca- 
puleti ala BeneftEvorsteHnog wählte, ging er weit besser. 
(Portsetznag.fo.tgt.) 



Ausg aben: 552 - 33 - 
Nettobetrag fur's Institut : 58 Fr. 7C. 
Hierbei speciflmrt jenes Blatt die gesammten Aus- 
oben als: 

Der Impresario ein fünflheil 122 Fr. 8G. 

Oreheatc* ~w. .-. Ä» * ~ ♦ 

Beleuchtung, Druckerei, Maschinist, Portier, 
Ansager» ZettelauatlmmUb MiKtajhupche, 
PUnoforte, kleine Ankündigungen , Kut- 
s*taru.s* w t , jeder so unAao vieU--^ 208 - 25 - 



Leipzig, 14. Februar. Der Bericht über die Gen- 
eerte der letstverleaaenen Woche, namentlie h amek über 
die der Schwestern MümmtUo, welche sieb bereits drei 
Mal im hiesigen Theater haben hören Fasse* , tarnt* 
für dieses Slfiek der Allgemeinen Musikalischen Zeitung 
nicht erlang! werden und wird daher im nächsten Stick 
nachfolgen* 



Feuilleton. 



Läke r s neue Oper: „Rftaig enrd Pachter i# von dem Freiberrn 
v. BiedeitfM asca dea Uterenaateo Loatt|r«Y: „Ctrl Xlf. s«f 
Ragei* 1 bearbeitet, wird in Weimar zur bäM^em AnffBlrvag tot- 
bereitet. 

Mmrw rn Berlin lat na !föefc- „RbthtfaBenen*' eine sllerifshita 
Ihm seirefert. 

John Huttah ist ni Profeemr der C^Mjwmvai^ sm Mnifli- 
•ken Collegiom. sa London ernennt wurden. ' 

Zam Ttettenntendaotea fn Mfirfchen , an dfe Stelle dm Gra- 
fen v. Yrteh, Ist Pretberr v. F)rayt % bieberinr fif**teri*Mhfyu», 
früher Genedtrnieriebavptmtnn, ernanot forden. 

Dm Sirerreienische Gonfenrttoritmi der'Matlt zn Wien naV. 
den Grafen o. ^•stm^reland, enfKeenear Genffdfnt tu ticrffti, 
inm Bhrennutftiede ernannt. 

Heinrfch Marsehner bat eine neue Operi M RaJier Adoijrb von 
Nassen " vollendet, Bneb von thribert natu St? solf niebstens 4 
in Hannover anffenreart werden. 

Halevy'* „Gvido ood G1oevrn (& ist fn WFeir, fW&zeirf aas- 
geatittet, mit vielem Beifall über die Breter gefangen. Frfal. 
Lutzer und Staudifl waren unter den Darstellern besonders ana- 
Sezeiebnet. 

ta dem wlsseasehaftlleben Vereine sar Berlin biett am 4. Ja* 
near a\ar CmiSm des* köaigi. sUbimmob misr & IT* JM* •** 
Vorleaonm watinereme osjnnmnmajmdmiaaYfsMt n»Cnmliebw 
dm waUünbes Gesanges und der Ofejr gab^ 

Am 7. Januar wnrde in Berlin Mbkmrd Eigner 9 * Oner: „Der 
fliegende Holländer« mit BetfaU gegeben. Comaaniat and Darstel- 
ler w«rdaa g^rn/esu 

fn Palermo. Ist P*eim dareh bTeafirebe Snisürfnlba fn dml 



419 



1&44; Februar. No/ 7; 



11» 



MeaUiebon Garte* Villa Ciatia ein sehr Schönes Beataal errich- 
tet worden. 



Bürgt chmiet in Nürnberg hal den Guts der für Bonn be- 
stimmten Beethovenstatue begonnen. Der Kopf ist bereits gegos- 
sen und vortrefflich gelungen. 

Juber arbeitet an einer neuen Oper: „Die Sirene." 



•er jetzt in lattberg auamjasjde Maeaartaapfeler Evers mit 
▼ea dem Könige von DMecaeck, eis Asmrkeaeaeg für .eine de** 
selben gewidmete grosse Sonnte in Es, eine Brastnadel mit Brit- 
ta nlen geschenkt erbalten« 

ta Jahre fS43 kamen in Paria 178 aeue Theaterstücke zur 
Anführung, daruerer in dar greaeeo Oper 3, ia dar kemtseaen 
Oper 7, im Halieaiseaea Theater 5. 



A n kü n d Ig an g e n. 



NEUE MUSTKAfiTEW, 

welche so ehe» 

im Verlag von llreltkanfpf Jb Hftrtel in Leipzig 

erschienen und durch alle Buch- and Musikalienhandlungen za 
beliehen aind : ThLr. Ngr. 

Anbei», D« V» E.« Potpourri nach Themen der Oper: 
Des Teufeia Anlheil, für das Piano forte. (No, 97 der 
Sammlung von Potpourris.) — 90 

Heimset, B, , Melodie et Rondo mifffaire tireo de 
l'Oaeaut. Charles VI., paar 1« Piano. Op. 29 — 13 

Duvaniair, Jf» JB~ Miutec d'italie. 6 Tableaux poar 
le Piano. No. I. L'aequissc, Variations sur theme de 
Bellini. No. 2. La Sepia. Rondo aur theme de Roesiai. 
No. 5. L' Aquarell«, Variations aur theme de Bottiai. 
No. 4. Le Paatel, Divertissement aar theme de Doai*. 
aetti. No. IS. La Gouache, Variatioaa sur theme de 
Rossiai. No. 6. La Miniature, Roado aar theme de 
MercmUnte. Op. 128 v h — 10 

Hmlevy, F., Karl Tl. (Charles VI.) Grosse Oper ia 
Aaf Acten nach dem Fransesiteheu von Casimir und 
Germain Delavigae, im vallstaad. Klevierauszag fran- 
zösisch und deutsch 12 — 

Potpourri nach Themen der Oper; Karl VI., für 

das Pianoforte zu 4 Händen. (No. 28 d. Samml. t. Potp.) — 28 

Hellen*, St». Gaprice brillante aar „nvec la doace ckan- 

eoaette" de rOpern : Charles VI. ponr le Piano. Op.58. — 15 

Herz, H^ 3 Divertissements aur des aira de Ballet de 
Dom Sebnstieu de Donizetti pour le Piano. Op. 139. 
No. 1-5 , a — 28 

Htkllteii , Fr» , Leg Dclices des jeuaes Pianiates. 4 
Roadeaui. No. 1. La Chasse, theme de Kreutzer. No. 2. 
La Valse originale. No. 3. La Polonaise, theme de Ros- 
sini. No. 4. La Marche, theme de Mercadante pour le 
Piano. Op 130. Uv. 1.2 a — 20 

— — Rose et Bleuet. 2 Aira varice. No. I. Air auisae. 
No.2. Air allemaad ponr le Piano. Op. 131. No.l.2.k — 20 

IiMftrpeantier, A., 36 et 57^ Bagatelle aur des 

motife de Charles VI. pour le Piano a — 12£ 

Iisartelnsj, A», Der Wildschütz oder die Stimme der 
Natur^ Komiachc Oper in drei Acten für das Pianoforte 
allein ohne Worte 4 — 

Schubert, P., Variations brillantes et non difficiles 

aar le Chant national de Charles VI. p. le Piano. Op. 39. — 20 

StsanaUstT« C, Souvenirs de Charles VL pour le Piano. 

Op. 10 .T. - 20 

Textbach zur Oper: Karl VI. von Casimir and Germain 

Delavigne. Musik von F. Halevv n. — 13 

Am 2. April a. c. erscheint ia meinem VerInge mit Eigentumsrecht i 

Felix IflendelsfleliiM - Bartheldy 

Sechs Lieder ohne Worte ftir das Pianoforte. 

Op. Jß2. 

Fünftes Heft. 

Baaa , den 8. Februer 1844. Ä MmiMM*. 



Bei Item» dt Hejfltamllta ia Prag aind erschleaeei 
oad durch alle Bach - und Musikalienhaaaäaagea na beziehen : 

JBranistaus - Walzer 



95. Werk. 

Für das Pianoforte 48 Kr. , zu 4 Händen 1 Fl. 18 Kr. , für 
Orchester 2 Fl. 50 Kr. 



Consemtoriiin der Hnsik 

sü Leipzig. 

Des Coueervatoriam bezweckt die höhere Ausbildung in der 
Musik. D,er zu ertheileade Unterricht entrecht sieh theoretieck 
oad praktisch aber alle Zweige der Musik, als Kaust und Wis- 
senschaft betrachtet, und nmfasst namentlich : Harmonie- und Com- 
positions - Lehre, Instrumentenspiel (Pianoforte, Violine, Orgel) und 
Gesang (Solo- nnd Chorgesang^ auch wird durch Vorlesungen 
über Geschickt« der Musik, Aestketik, musikaKsehe literetar o.s. w. 
so wie für diejenigen, welche eich dem böhern Soda -Gesänge wid- 
men, durch Unterricht in der italienischen Sprache, für umfas- 
sende Ausbildung der Zöglinge gesorgt. Als besondere Bildungz- 
mittel bietet sich ausserdem die unentgeltliche Theilnahmc an dem 
in jedem Winterhalbjahre stattfindenden , auob hm Aaalande be- 
rühmten , Abonnements - oder Gewandhaus - Cencertea und den 
dazn gehörigen Proben, so wie an den Quartett-Unterhaltungen dar. 

Das Honorar für den qesammten Unterricht betragt jährlich 
80 Thalcr und ist vierteljährlich pränumerando nn die Casse der 
Lehranstalt zn entrichten. 

Za Ostern d. J. beginnt ein neuer Carsus s&mmtlieber Lehr- 
fächer, zu welchem neue Schüler eintreten können. Es haben die- 
selben sich baldigst bei dem unterzeichneten Directorium in fran- 
kirten Briefen zu melden , und im Fall sie die znr Aufnahme er- 
forderlichen Fähigkeiten and Vorkenntnisse besitzen , sich aar 
rechten Zeit hier einzufinden, am nn der am 9. April «*. J. statt- 
findenden Aufnahmt* Prüfung Theil zu nehmen. Zu dieser Prü- 
fung heben die Angemeldeten geeignete, von ihnen bereits mög- 
lichst gut eingeübte Musikstücke (Pianoforte - , Violin - , Orgel- 
oder Gesangstücke) mitzubringen, um sie vor der Prüfung* -€asn- 
mission auszuführen. Diejenigen , welche sieh bereits in eignem 
Compoaitiooeu versucht haben, haben dieselben ebenfalls mitzu- 
bringen, oder vorher einzusenden. 

Anfragen sind in frankirten Briefen an das unterzeichnete Di- 
rectorium zn richten, von welchem nnch der ausführliche Pro- 
spectos aber die innere Einriehtang des Instituts na erbalten aal. 
Aaf dem Wege des Buchhandels kaaa man diesen Prospectos dureb 
die Buchhandlung des Herrn Joh. Ambr. Barth, und die Musika- 
lienhandlungen der Herren Breitkopf u. Härtet und des Herrn 
Friedrich Kistner, sämmtlich in Leipzig, erkalten. 
Leipzig, im Februar 1844. 

Das Directorium des Conservatoriums der Musik. 



Druck and Verlag von Breükopf und Härtel in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



121 



128 



A L L G EME I N E 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2i* ten Februar. 



M 8. 



1844. 



Iltlmltt Seb. Bteh'i Choral - GesSoge und Cantaten. (Fortsetzung.) — Rezensionen. — Nachrichten: 
Herbst »pero in Italien o. s. w. (Fertsetiung.) — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Ans Leipzig. Aas Frankfurt. 



Seb. Bachs Choral- Gesänge und Cantaten. 

(Fortsetzung.) 

Eid grosser Theil der in der Aasgabe von Phil. Em. 
Bach enthaltenen Cboralgesänge findet sieh in den mir 
bekannt gewordenen Kirchencantaten von Joh. Seb. Bach 
in gleicher, mindestens ähnlicher Weise, wie in den bei- 
den durch den Druck bekannt gewordenen Passionsmusi- 
ken nnd in den sechs von Marx herausgegebenen Can- 
taten vor. Da sie sieh in der Behandlung wenig von den 
nicht näher nachzuweisenden unterscheiden, so kann an- 
genommen werden, dass auch diese ursprünglich der be- 
kanntlich grossen Anzahl von Kirchencantaten Seb. Bach' 8 
in gleicher Weise wie jene angehören, mithin die Phil. 
Em. Back'sehe Cboralsammtung nie im eigentlichen Sinne 
des Wortes ein Choralbach hat werden können, dass da- 
her der an ein solches zu machende Maassstab bei ßeur- 
ihc Hang der einzelnen Bearbeitungen nicht angelegt wer- 
den darf, mitbin alle ans diesem Gesiehtspuncle gemach- 
ten Forderungen an selbiges und daraus gefolgerten Be- 
urteilungen als ungenügend and auf falscher Voraus- 
setzung beruhend in sich zusammenfallen. Dagegen lässt 
sich mit Bestimmtheit aussprechen : die ganze Sammlung 
von Choralgesängen, wie sie uns in 370 Nummern vor- 
liegt, bat Phil. Em. Bach aas seines Vaters Kirchencan- 
taten zusammengetragen. Sie sind sämmtlich zur Ausfüh- 
rung durch vier Singstimmen, theils mit unterstützender, 
theils auch mit obligater, in der Sammlung beseitigter, 
Orchesterbegleitong geschrieben und zu ganz bestimmten, 
mit grosser Sorgfalt ms evangelischen Kirchenliedern ge- 
wählten Textesstrophen mit grösster Berücksichtigung, 
Belebung nnd Auseinandersetzung dieser Textesworte har- 
monisirt nnd bearbeitet, wie eben die Gemeine, welche 
in ihnen repräsefttirt wird, am Anfange, im Portgange 
oder am Schlüsse der Cantaten zur Contemplation oder 
zu lyrischem Ergüsse angeregt, an den bezüglichen Stel- 
len gedacht werden kann. Es leuchtet demnach ein, dass 
diese Gesänge ohne Verbindung mit dem ihnen ursprüng- 
lich untergelegten Texte unverständlich bleiben müssen 
und dass ihnen ohne diese der eigentliche Kern fehlt. 
Ausserdem stehen sie mit den Cantaten, denen sie ent- 
nommen sind, grösstentbeils in dem innigsten Zusammen- 
hange. Sie bilden in ihnen recht eigentlich den Volks-» 
ehor, wie er den Moment des gewonnenen Bewusstseins 
in voller Subjektivität zur lyrischen Aussprache dessel- 

46. Jahrgang. 



ben benutzt und dadurch gewissermaassen selbst han- 
delnd bei dem Gottesdienste erscheint. Als Beispiel mö- 
gen die Choräle in der Passionsmusik dienen, unier wel- 
chen vor allen in den Gesängen: ,, Erkenne mich mein 
Hüter,** 9 , Ich bin's ich sollte büssen" und ,,Wenn ich 
einmal soll scheiden, ** ungeachtet einer und derselben 
Haoptmelodie, ein nicht allein auf höherer oder tieferer 
Tonlage beruhender innerer Unterschied sich auch dem 
nur halb aufmerksamen Zuhörer fast von selbst aufdrän- 
gen muss. Zur Darstellung dieser Momente gewonnener 
Selbständigkeit genügte unserem Meister die alte, auf all- 
einiger, harmonischer Grundlage ruhende Form der Bear* 
beitung nicht. Er bedurfte einer auch selbständigen freie- 
ren Entfaltung der Stimmen, welche, ohne den engen 
Rahmen des Cantns firmus auszudehnen oder zu über- 
schreiten, den Moment im melodischen Ausdrucke zu be- 
zeichnen im Stande waren, und so entstand die ganz ei- 
gen thüm liehe Form, die wir an diesen Gesängen wahr- 
nehmen und welche eigentlich als eine engere Durchfüh- 
rung des Chorals betrachtet werden könnte, in genauer 
Unterscheidung des einfachen, in gleichem Contrapuncte 
gesetzten und des mit ganz freien Begleitungsstimmen 
erweitert durchgeführten Chorals. Wir finden den Haupt- 
gesang in der Oberstimme beibehalten, den lyrischen oder 
den Ausdruck tieferer Betrachtung der Textesworte aber 
melodisch meistentheils vorzugsweise dem Tenor zugo- 
theilt, wiewohl der Bass und Alt nicht leer davon bleibt 
Den charakteristischen Zusammenbang mit den Stellen, 
in welchen sie sich in den Cantaten schliessen, finden 
wir in der Wahl der Tonversetzungen und in der har- 
monischen Behandlung. So steht in der Passionsmusik die 
Bearbeitung des „Erkenne mich mein Hüter* • in hellem 
Edur, „Ich will hier bei dir stehen * 4 in Es dar, „Be- 
fiehl du deine Wege** in D dur, „0 Haupt voll Blut und 
Wunden*' in Fdur, und endlich erst: „Wenn ich ein- 
mal soll scheiden 4 * in un versetzter pbrygischer Tonart» 
mit beibehaltenem pbrygisebem Schlosse, der hier schon 
dadurch allein um so bedeutungsvoller wird und um so 
mächtiger wirkt, da er den ersten Bearbeitungen fehlt, 
welche alle im milden hellen Dur enden; wie schon die 
kleine Abänderung des Cautus firmus in der zweiten 
Zeile des zweiten Theiles durch die Wiederholung des 
äolischen Grundlones und den dadurch herbeigeführten 
Scbluss mit der kleinen Terz sich eigentümlich und 
cbaracleristisch von jenen ersten Bearbeitungen unter* 

8 



123 



1844. Februar. No. 8. 



15*4 



scheidet. Aebnliches findet sich bei : „Ich Mn's, ich sollte 
biissen" und: „Wer hat dich so geschlagen," in wel- 
ches Bearbeitungen je*« jn As, «lieee in E steht Wenn 
die Wahl der Tonarten also keine zufällige, sondern zu- 
nächst äusserlich schon durch den Zusammenhang mit 
dem ganzen Werke bedingt ist, so zeigt sich auch für 
sie eine innere Notwendigkeit, und abgesehen von die- 
ser geht die Wahl der Harmonie, wie die ausdrucksvolle 
Slinimctoführung nicht allein aus der besonderen Berück- 
sichtigung des Textes hervor, Sondern weiset auch den 
innigsten Zusammenbang mit den Tonstücken, denen sie 
sich ansebliessen, nach, wie wir solches schon. aus die- 
sen wenigen Beispielen und selbst aus den in gleicher 
Tonart stehenden beiden Bearbeitungen derselben Cho- 
ralmelodie zu: „Herzliebster Jesu, was hast du verbro- 
chen ?" und „Wie wunderbarltch ist, doch diese Strafe 46 
sehen können. In gleichem Verhältnisse stehen nun auch 
die übrigen Gesänge zu den Cantaten, denen sie entnom- 
men sind , und nur. mit ihrer Beziehung zu diesen kön- 
nen sie recht genossen und gewürdigt werden. Mir liegt 
ausser den beiden Passionsmusiken und den gedruckten 
Motetten und Cantaten eine Sammlung von 134 Kirchen- 
canlalcn von Job. Seb. Bach vor *), aus welchen ich die 
Choräle mit denen in der gedruckten Sammlung vergli- 
chen und deren ihnen ursprünglich angehörige Texte ich 
nachzuweisen die Absicht habe. Da ausser den von A. 
B. Marx herausgegebenen Cantaten keine weiter allge- 
mein bekannt. geworden, diese auch nicht zu häufig ver- 
breitet sind, so wenden wir uns. zunächst zu diesen, wo« 
durch wir, nach gegebener Anschauung einiger von ih- 
nen, ihren Werth im Allgemeinen, wie für die jetzig« 
Zeit und zugleich . das Verbältniss einzelner Choralge« 
sängt zu ihnen deutlicher erkennen werden. 
^Fortsetzung folgt.) 



R 



ECEW8IOIHEN. 



Uebervden Bau der Geige und anderer Saiteninstrumente. 
Zum Gebrauche für Künrtlcr, DHettanten u»d Instre- 
mentenmaeher. Mach einem in der Aoadeeiie des Seien- 
ces in Paris von Stvart gehaltenen Vortrage in*s 
Deutsche übertragen. Leipzig, bei Fr. Kistner. 1844. 
Eine kleine, aber seht interessante und lehrreiche 
Schrift, die bestens zu empfehlen ist. 

Wenn die deutsche Intelligenz in abstractein For- 
sehen und Wissen im Allgemeinen den Vorrang zu be- 
haupten weiss vor Franzosen, Engländern und Italienern, 
und eben die Wissenschaft der Wissenschaft, die Philo- 
sophie, nur in deutschem Boden wurzelt, so ist dagegen 
auch anzuerkennen, wie die Gelehrten jener andern Na- 
tionen mit ihren Forschungen vom äusseren Leben, von 
der praetiachen Anwendung sich weniger entfernen, als 

t ■ 

*) Darob freundliche MitthoHurig der Herren Hans er, Dr. #**- 
deU$oh**BarthoM& MD. Ringen ka gen aod anderer Freund« 
Ut es mir gelingen, fyr die lUMiotnek des kgnigh aeedeal- 
seben Instituts für Kirchenmusik einen Jahrgang von Bach's 
Kirchen cantaten vollständig zusammenzustellen, und gegenwär- 
tig bin leb* roefa in Her Sammlung des zweiten Jahrganges 
. . «Qpoa bedeutend rorgaecb ritten. • 



die Deutschen. "Was bei ihnen Philosophie heisst, werden 
wir nicht immer so nennen wollen ; es bat oft eine reale 
Grundlage un# realen Zlreck, um den sich die Philoso- 
phie nicht zu kümmern braucht ; es biMet aber eine Ver- 
mittlung »wischen abstrader - Wissenschaft und wissen- 
schaftloser Empirie, zwischen Theorie und Praxis, wo 
es nicht fehlen kann , dass diese letztere leicht zu bes- 
serem und schnellerem Gedeihen gelangt, als da, wo sie 
auf Versuche und Erfahrung allein angewiesen ist. . 

In der vorliegenden Schrift theilt Herr Savart eine 
Reihe acus lischer Beobachtungen mit, welche sich auf den 
Bau der Violine und ihr verwandter SaiiemnatrumeftJata 
ziehen , Untersuchungen über die acustischefc Functio- 
nen der verschiedenen einzelnen Tbeile dieser Instru- 
mente und ihre Wirkung zum Ganzen. Bei Instrumen- 
ten* die einen Resonanzkörper haben» welcher jtu alle« 
Töuen derselbe bleib», in welchem jeder Klang seinen 
mitklingenden finden soll, kann von mathematisch ge- 
nauer Bestimmung, von eigentlicher Berechnung der Ver- 
hältnisse seiner Theile nicht wohl die Rede sein.; diese 
kann nur bei einfachen Bedingungen Statt finden; hier 
bandelt es sich mehr darum, den Klang im Allgemeinen 
zu befördern, ihm nichts Hinderndes in den Weg zu le- 
gen, einen Körper herzustellen, welcher far Resonanz in 
den ungefähr bestimmten Grenzen eines Tonumfanges der 
günstigste sei. Hierzu ist die qualitative und quantitative 
Beschaffenheit jedes einzelnen Tbettcs, so wie der Luft- 
inhalt des ganzen Körpers von Belang , ohne dass , der 
combinirten Bedingungen wegen, eine mathematisch scharfe 
Bestimmung dabei auszuüben wäre. Es ist aber deshalb 
nicht weniger nützlich, die einfachen Bedingungen zu 
kennen, unter welchen die Klangwirkung in ihrer gross- 
ten Freiheil erfolgen kann, zu wissen, was die fordert 
und was sie hindert; und darüber geben die hiermitge* 
tbejlten theoretisch - praclischen Untersuchungen die beste 
Aufklärung. 

Der Bau der Violine, ihr Hauptkörper, der Hab, die 
Schnecke, der Steg mit seinen Ausschnitten, die innere 
eigentümliche Einrichtung mit Balken und Stimme, AI* 
les seheint so eigen zufällig, dem Aeussern nach ans 
dem Zeitgeschmack sich bersehreibend , das Innere, Bai* 
ken und Stimme, leicht ersetzlieh durch irgend eine an- 
dere Vorrichtung, die einfacher und symmetrisch sieh her* 
steilen liesse; — und doch zeigten alle Versuche, w 
der jetzigen, seit mehreren Jahrhunderten bestehenden 
Beschaffenheit etwas abzuändern, dass eben diese, bis in*e 
Kleinste, bis auf die Ausschnitte des Steges, welche man, 
wie vieles Andere am Instrument, 4er Zeichnung natsh 
für veraltete Verzierungen halten -könnte* die leicht im* 
moderneren und geschmackvolleren fcu vertauschen sein 
dürften, dass sie die einzige «ei, -mit weicher das- Instru- 
ment in vorzüglieber Güte bestehen kann. 

Wenn aber auch, wie es in gegenwärtige* Schrift 
geschiebt, von der Notwendigkeit eines jeden Theils, 
in mehr oder weniger bestimmter Gesielt und Lage, die 
genügendste Erklärung. gegeben werden kann, nachdem, 
durch unzählige abändernde Verbuche das Zweckmässige 
der. bestehenden Einrichtung deutlich geworden ist: so 
bleibt es doch nicht weniger bewundernswert!), wie man 
eben Mos empirisch zu so * vollkommener und unverbe*» 



? - 



ASb 



18M. Frimifcr. No. 8. 



196 



serliefaer Zusaamaneetnung hat gekrtinsn kdnedn, So dass 
seit länger als hundert Jahren dem Verfertiger neuer In- 
strumente niohu übrigbleibt, als die vorhandenen Muster 
lu studiren , um sie so genau als möglich nachzubilden. 
Während fast alle übrigen Tonwerkzeoge - nooh täglioh 
neue Verbesserungen erhalten , das neuere Instrument 
dem ehemaligen tn vielen Fällen kaum noch au verglei- 
chen ist, dienen die Geigen der akaot Mefctentnoch beute 
uusern geschicktesten Arbeitern cum j&lubttr, denen es 
kaum in den Sinn kommt, etwas Besseres zu fertigen, 
als wir es aus, den Zeiten der Amali, Slradivari, Guar- 
neri und vor Allem .aus den Händen dieser beribmten 
Gremoneser selbst noch besitzen j ihr Streben gebt- viel- 
mehr nnr dahin, es diesen Alten in Fülle, Gleichheit und 
leiohter Ansprache des- Klanges so nahe als möglich zu 
bringen. Wie gut Dias in neuerer Zeit auch mehreren 
französischen und einigen deutschen Geigenmachern ge- 
lungen ist, aus deren Werkstätten in der That vortreff- 
liche Instrumente hervorgehen, so wird den Solospieler 
dennoch nur der Besitz einer ächten alten Violine ganz 
zufrieden stellen kennen; denn ebesi das Alter seheint 
hier aneh eine durch kein Mittel zu ersetzende Bedin- 
gung vollendeter Gute zu sein. 

Die Kunst des Instrumentmacher» besteht aber hier 
nicht in der Fertigung neuer Instrumente allein ; die Re- 
paratur, die Herstellung und Verbesserung älterer nach 
neuem Bedürfnis*, oder wenn sie durch Verwahrlosung 
oder ungeschickte Behandlung in Unordnung gerathen 
sind, verlangt nkht weniger den talentvollen und erfah- 
renen Arbeiter, und die geschicktesten unter ihnen er- 
freuen sich eines eben so verbreiteten Rufes* als die Ven- 
fertiger guter neuer Geigen. Es kann sein, dass solche, 
durch eigenes Nachdenke*, durch Gefühl und ftraclik zu 
ihrem Geschäft befähigte Männer in einer Schrift wie die 
gegenwärtige wenig zu unmittelbarer Nutzanwendung 
Dienendes zu. finden glauben werden. Viele der hier dar- 
gelegten Untersuchungen und ihre bedeutenden Resultate 
müssen aber auch für sie von Interesse sein, und eben 
wo die Sicherheit des Handwerkes schon vorhanden ist, 
kann eine theoretische Beleuchtung des Gegenstandes der 
practisehen Ausübung recht förderlich werden, indem sie 
viete vereinzelte Erfahrungen zur Kenntniss zusammen?» 
zufassen und manchen Widerspruch zu erklären die Mit- 
tel an die Hand giebt.' 

Man hat hier auch nicht eine abstract theoretisch 
entwickelte Abhandlung, an entarten, die eich an Unter» 
suchungen der Geige, alt einem aus so mandiehfaltigen 
Theilen .bestehenden Klangkörper, auch schwerer erge- 
hen würde f die Untersuchungen sind aber mit wissen- 
schaftliches • Kenntnis« unterneaunen und durchgeführt 
und darum führen sie zu Aufschlüssen ,' die ohne tuest 
Bedingung nicht erlangt werden können, wozu noch einb 
eigene finnst des fixperimantiren& kommen muss, wie sie 
rar dem geübten Physiker eigen ist. 

.De» Ausdruck ist abwerten nicht gans deutlich; ob 
dieser Menget *n solchen Stellen der Uebersetzung, oder 
einet Unklarheit des Originals anzuschreiben ist, können 
wir ans erstem* allein nicht beurtheilen.' Die allgemeine 
Renntniis der fremden und . eigenen Sprache reicht bei 
Uebestragtfngen nicht immer ans, sie erfordern 



zugleich das rolle Verständnis* der S#drt tn hlton ihren 
technischen Einzelheilen. 



Compositum für Piano forte. 

Rondo capriccioso pour le Pianoforle , compose et dedie 
a son arai Fred. Ed. Wihing par Da». Herrn. En- 
gel. Op.5. Berlin, chez Ed. Bote et Bock. Pr. 7* Thlr. 
Der Verfasser dieser durchdachten und anspruchslo- 
sen Arbeit, welcher zu Berlin als lhatiger, gewissenhaf- 
ter und geschickter Musiklehrer lebt, giebt uns hier seine 
erste Composilion für Forlepiano, welche er für Spieler 
von mittlerer Fingerfertigkeit bestimmte, denen sie auch 
besonders zu empfehlen ist. Sein Name wurde früher 
schon durch seine Composilionen für Orgel rühmlich be- 
kannt, und es ist bei seinem Streben nach möglichster 
Vollkommenheit zu erwarten, dass er sich auf dem hier 
betretenen Felde auch ebenfalls einen gleich guten Na- 
men erwerben werde. 



Vierstimmige Lieder. 

Wie überhaupt beim Liede, so fordern wir vorzüg- 
lich bei den vierstimmigen, bei aller Kunslgemässbeit, ein 
einfaches, natürliches Gepräge. Ist diese Aufgabe, beson- 
ders bei dem monotonen männerstimmigen Gesänge, keine 
leichte, so ist das Talent um so mehr zu schätzen, wel- 
ches jenes Erfordemiss zu erfüllen weiss, ja selbst das 
Streben schätzenswerth , diese Aufgabe zu lösen. Der 
Standpunct, von welchem aus wir die folgenden Lieder- 
hefte beurtheilen wollen, soll uns aber nicht verleiten, 
der Meinung zu huldigen, als hielten wir eine künstliche 
Gestaltung für manche Lieder nicht für sachgemiss, da 
ja auch in solchen Liedern , wie so viele Beispiele dar- 
fbfrn, der lebendige Geist, bei natürlicher Entwickelung 
de* Känstlichen. seine Herrschaft behalten wird. 

Die Ltederhefte, die uns zur Beurtheilung vorliegen; 
sind folgende: 

1) Fr. Otto .-Letzte Lieder für 4 Männerstimmen. Leip- 
zig, Friedlein und Hirsch. Preis 1 Thlr. 

2) C. Keilers Sechs Gesänge für 4 Männerstimmen. Op. 
49. Carlsrube, Creuzbauer und Nöldeke. Pr. 1 Thlr. 

3) G. ßeUmg: Fünf Gesänge für 4 Männerstimmen. 
Op. 3. Magdeburg, Heinriehshefen. Pr. 2 / 3 Tblr. 

4) Ed. Marxttn .* Sechs Tafetlieder für 4stimmigen Man* 
nerchor. Op. SO. Leipzig, Breitkopf und Härte!. . 
Prob 1 Thlr. 5 Ngr; ■ 

5) C. Kossmaly: Sechs Lieder (Apollini. TalWgesänge flfr 
. Männerstimmen. Heft XVHL). Op. 10. Leipzig, Fr: 

Hofmeister. Preis 25 Ngr. 

6) Fr. Laohneri Drei Lieder für 4 Männerstimmen. Op. 
71. Rudolstadt, G> Malier. Preis 1 FI. 80 Kr. 

7) J. Beer, Vier Linder fir 4 Mämferstimmen. Op. 0. 
Ebendaselbst, Preis 1 Fi. 

8) IV. Hasen Sechs 4stimmige Lieder schwäbischer Dich- 
ter für Männerstimmen. Op. SO. Stuttgart, AUgem. 
dlusikhandlung. Preis 1 TMr. 

' No». 1 ist das Ventoächtniss eines Geschiedenen, der 
sieh durch seine Gesänge viele Freunde erworben. M(h 



127 



1844. Februar. No. 8. 



128 



gen dieselbe* sieh an der leistet Gabe des talentvollen 
Componisten, die an Werth den übrigen nicht nachste- 
het, erfreuen, und somit empfehlen wir diese Sammlung. 
Sie enthalt: „Der Plug der Liebe/ 4 „Wenn ich ein Vög- 
lein wir*," ,. Jagdlied'* von E. Brinckmann, „Auf dem 
Berge" von E. v. Houwald, „Der Todteogräber/' „To- 
desbild" von Scheuzier. 

Die Ansprüche, die wir in Bezug anf Einfachheit an 
das Lied machten, erfüllen die Gesäuge No. 2 in zu wei- 
tem Maasse. Hier ist Nichts, was auch nur im Entfern- 
testen vom gewohnten Wege abführen könnte, keine 
Wiese, kein frisches Grün, kein Blümchen zur Seile. 
Nun, Mauche liehen die platte Chaussee, wir unserer SeiU 
halten es mit dem frischen Grün. Das Heft enthält; 1) 
„Der Abend," 2) „Das blaue Wunder," 3) „Frühliogs- 
gesaug," 4) „Der Wanderer Trost," 5) „An Wina," 
o) „Das Mädchen am Fenster." Die Ausgabe ist schön. 
Dass aber der Partitur kein Text hinzugefügt ist, kön- 
nen wir nicht loben. 

Frischer, interessanter erscheinen uns die Lieder von 
No. 3. Der, nach der Onuszabl zu schliessen, junge Com« 
ponist verräth ein tüchtiges Streben ; ihm wird die Brust 
voller, wenn er singt, und so lässt sich manches Gnte 
von ihm erwarten, wenn er das Unbedeutende, das Ge- 
wöhnliche auszuscheiden noch erlernt. Stellen, wie z. R. 
im dritten Liede: 




haben wir oft gehört $ bei anderem Neuen möchten wir 
eine bessere Abrundung wünschen. Dies Wenige hätten 
wir im Allgemeinen über das Heft zu erwähnen. Es ent- 
hält folgende Lieder» „ Morgengruss " von Eicbeodorff, 
„Seelendrang," „Frühlingslied" von W. Müller, „Bei- 
selied" von Elise Grube, „Abschied vom Wald" von 
Vogl. Der Partitur ist Text beigedruckt. 

Der Humor ist nicht Jedermann'* Sache ; doch möch- 
ten wir Den nioht tadeln, welcher sich dieses Lebens- 
elixir zu erringen sucht. In Sachen der Kunst ist das 
freilich etwas Anderes; hier erhält Alles eine höhere Be- 
deutung. Das Bestrehen, Heiterkeit zu schaffen, wekbes 
qioh in den Liedern von No. 4 (meistens Trinklieder) 
ausspricht, möchte wohl nicht die beabsichtigte Wirkung 
hervorbringen. Wie dos Gesuchte immer die Wirkung 
verfehlt, so scheint nns besonders der erfolgreiche Seherz 
einer natürlichen Entfaltung zu hedirfen. Doeh, da es 
mtsslich bleibt, ein Unheil über die Wirkung eines Kunst« 
Werkes, namentlich eines humoristischen, abgeben zu wol- 
len, bescheiden wir uns gern, wenn die offen ausgespro- 
chene Ansicht über die vorliegenden Lieder nicht die rich- 
tige sein sollte. Das schön gedrockte Heft enthält : „Va* 
nites vanitatum vanitas" von Goethe, „Ein Unterschied" 
von H. Hoffmann, „Punschlied" von Schiller, „Den Noah 
mag ich leiden" von L. WihI, „Trinklied" von Hoffmann 
X<w Fallersleben, „Trinklied anderer Art 1 ' von Griepenkerl. 



Die Lieder in No. 5 gehören der nenesten Zeit an. 
Dass sie theilweise unseren oben ausgesprochenen An- 
sichten vom Liede nicht entsprechen, sagen wir unver» 
bohlen. Die Bomanük, deren gute Früchte wir niemals 
verkennen werden, scheint in der Musik länger aushal- 
ten zu wollen, als in der Poesie, wo nachgerade die- 
selbe als einseitig erkannt zu werden anfängt. Schüt- 
telte sie mit heftigem Ungestüme den alten Schlendrian 
aus seiner behagliehen Ruhe, so ist ihr die Welt zu 
Danke verpflichtet; ob sie selbst den Keim des Todes in 
sich trägt, oder das auflodernde Jugendfener mässigend 
zn solider Existenz sieh bequemen wird, kann Niemand 
im Voraus bestimmen. Wir unserer Seils hoffen, dass 
sich etwas Gutes aus ihr entfahen werde. Jedenfalls aber 
betrachten wir sie als Uebergangsperiode. Weniger noch, 
als in Instrumentalsäftzen , können wir uns nach msern 
Grundsätzen ihr im vierstimmigen Liede bequemen. Dass 
die Vorliegenden Lieder viel Vortreffliches enthalten, wol- 
len wir freudig anerkennen; als Beleg unserer Ansieht 
verweisen wir vorzüglich auf das erste Lied, „Sonnen- 
untergang" von Byron, besonders von Zeile 3 der Par- 
titur an. Einfacher gehalten ist No. 2 „Wonniges Seh- 
nen" von H. v. Chezy; weniger aber No. 3 „Ihr Bild- 
niss" von H. Heine, und No. 4 „An den Abendslern." 
No. 5. , »Wandrers Nachtlied" von Goethe, viel coropo- 
nirt, edel gehalten, die Schlusstacte gesucht. Als gelun- 
genstes halten wir No. 6 „Du bist die Ruh 9 " von Ra- 
ckert, mit Ausnahme des Strophenschlusses, der uns nur 
am Ende befriedigt. Wir empfehlen diese Lieder den Sän- 
gerkreisen, die ihre Freude an Lösung schwieriger Anf« 
gaben finden, gauz vorzüglich. 

Die Sammlungen No. 6 und 7 sind ohne Partitur 
erschienen, wir müssen uns daher mit deren Liederauf- 
zählung begnügen. No. 6 enthält: 1) „Die Elemente der 
Liebe' 4 von Seidl, 2) „Nachtstille" von Seidl, und 3) 
„Der Frühling" von Koch. Man sollte die Lieder eines 
so berühmten Componisten nicht ohne Partitur erschei- 
nen lassen. No. 7 enthält: „In der Ferne" von Wolf, 
„Pilgerlied" von demselben, „Bergmannslied" und „Des 
iägers Heimath" von Hoffmann von Fallersleben. 

Wir möchten den anspruchslosen Liedern von No. $ 
nicht gern wehe thun, und doch müssen wir gestehen, 
dass uns hier Bekannte ans früherer Zeit zu begegnen 
scheinen. Es geht uns hier, die wir uns in gegen wärt ige 
Zeit hineingelebt haben, wie Dem, der, nach langer Zeit 
aus der Fremde zurückkehrend, das nationale Gepräge 
seiner frühem Heiniath plötzlich gewahrt. Wir hätten» 
formeller Beziehung an den Liedern Nichts zto tadeln, 
ein paar zn sehr in -die Augen fallende Quinten in den 
Aussensfimmen ausgenommen. Altes ist so rein., no or- 
dentlich abgeschlossen, ja schlicht, keine aufregende Mo« 
dulalion, keine Tiefsinnigkeit, keine rhythmische Unebea« 
heit v — alle benutzten Harmoniefolgen sind- seit langer 
Zeit Gemeingut gewerden, die Texte tbeils längst be- 
kannt; und mag dies in den Augen Mancher als Tadel 
erscheinen, so glauben wir doch die Behauptung aufstel- 
len zu können, dass diese schlichten Lieder in ihrer Na* 
lörlichkeit gegen manche schwülstige Compositiea eine 
grössere Wirkung hervorzubringen vermögen. Das Heft 
eattält: „An den Gesang" von G. Schwab, „Seht«** 



129 



1644. Februar. Nö. 8; 



450 



merlied" von 6. SoUotterbeck , „Sängers Wanderlied" 
von demselben, „Des Hirten Winterlied" von Unland, 
„Abendfeier" von Mattbieson, und „Nahe der Geliebten" 
von J. Hemer. 1. 



Nachrichten* 



Leipzig, den 20. Februar 1844. Secbszchntes Abon- 
nement - Conefrt im Saale des Gewandhauses, Donners- 
tag, den 8. Februar. Ouvertüre zur Zauberflöte von 
Mozart — Srene und Arie aus Idomeneo von Mozart 
(„Estinlo e Idomeneo 4 ')» gesungen von Madame Maria 
Burehardt ans Berlin. — • Introduction und Variationen 
für die Ctartnette von Kalliwoda (neu), vorgetragen von 
Herrn Heinze jnn. (Mitglied des Orchesters). ~— Seene 
and Arie aus Titus („Parto") von Mozart, gesungen 
von Mad. Burehardt. — Adagio und Rondo für die Vio- 
line von de Beriet, vorgetragen von Herrn Martin Be- 
zetk ans Rotterdam. — Symphonie in GmoU von JuL 
Rietz (zum ersten Mal, Manuscript). Unter Di rection des 
Componisten. 

Die gelungene Ausführung der Ouvertüre zur Zau- 
berflöte, eines wahren Meister- und Musters tucks, eröff- 
nete würdig das Concert, in welebem diesmal Mozart 
mehr als gewöhnlich und zwar in Compositionen aee drei 
seiner Opern vorgeführt wurde. Die Arie aus Idomeneo» 
obwohl treulich als Compositum, eignet sich nicht zom 
Vortrage in Coteerten, weil sie ganz dramatisch gedacht 
und berechnet ist und nur in Verbindung mit der seeniJ 
sehen Darstettuifg ihre volle Wirkung haben kann. Dias 
war wohl auch Ursache« dass Mad. Burehardt damit 
wenig Erfolg hatte, denn die Ausführung war sonst lo- 
benswert, wenigstens künstlerisch nicht unbedeutender, 
als der Vortrag der Arie aus Titus , welche allerdings 
brillanter ist und der Sängerin hauptsächlich viel mehr 
Gelegenheit giebt, durch leichter wirkende Mittel, durch 
Entfaltung bedeutender technischer Gesangfertigkeit u.dgl. 
das Publicum -zu interessieren und zu gewinnen. Wir ha- 
ben unserem früheren ausführlichen Berichte über die 
Leistungen der Mad. Burehardt nur hinzuzufügen, dass 
die Ausführung der Arie aus Titus mit vielem Beifall 
aufgenommen wurde. - 

Herr Hemze jnn», ein schätzenswertes Mitglied un- 
seres Orchesters, bat uns schon öfters Beweise seines 
Talents und seiner tüchtigen Ausbildung gegeben, die zn 
den besten > Hoffnungen berechtigen; er besitzt schöne 
Mittet, um sieb als Virtuos seines Instrumenta auszt»- 
zeichnen , und wenn nicht, was leider häufig geschieht, 
der Virtuos in> seinen glücklichen Erfolgen das einzige 
Streben und -Ziel eines Künstlers zu Iia4rn glaubt, so 
dürfen wir in Herrn Heinzt einen aehtungsfc/erthen Künst- 
ler um so mehr erwarten, als unsere so günstigen musi- 
kalischen Verhältnisse jungen, ernst strebenden Talenten 
reiche Gelegenheit zu vielseitiger künstlerischen Ausbil- 
dung darbieten. Die Ausführung der recht dankbaren Com- 
position von RalHwada war übrigens , zumal in einigen 
Variationen, ausgezeichnet, und Herr Hemze erwarb sich 
wiederholt den lebhaftesten Applaan*, ., 



Herr M. Bezeth % Schüler unseres Concertmeistcrt 
Herrn David und, wie wir hören, im hiesigen Conser- 
vatorium aufgenommen, macht seiner Schule nicht wenig 
Ehre; der Character seines Spiels ist sehr solid und ein 
Beweis, dass die ganze künstlerische Ausbildung des jun- 
gen, talentvollen Mannes in guter Richtung geleitet wird. 
Auch in technischer Hinsicht war seine Leistung recht 
lobenswerte, im Adagio jedoch vorzüglicher noch, als im 
Rondo, wie denn überhaupt zu einer leichten, graziösen 
Ausführung derartiger Virluosenstücke nicht folos bedeu- 
tende Fertigkeit, die Herr Bezeth allerdings schon be- 
sitzt, sondern auch viele Routine im Öffentlich Spielen 
gehört, die man natürlich nur mit der Zeit erlangen kann. 
Möge Herr Bezeth auf dem eingeschlagenen Wege mit 
gleichem Fleisse und gleicher Sorgfalt seine weitere Aus- 
bildung verfolgen, an schönem Erfolge kann und wird es 
seinem Streben dann nie fehlen. Das Publicum ehrte die 
Leistung des Herrn Bezeth durch lauten Beifall. 

Das meiste Interesse in diesem Concerte war der 
neuen Symphonie von Julius Wetz, Musikdirector iu Düs- 
seldorf, zugewendet, deren Direction der 'geehrte Com- 
ponist selbst übernommen hatte. Wir haben seit den letz- 
tern Jahren schon mehrere bedeutende Werke, und un- 
ter denselben einige Ouvertüren des Herrn Rietz in un- 
seren Gewandbausconcerten wiederholt gehört, durch die 
wir überzeugt worden sind, dass derselbe den tüchtig- 
sten, gebildetsten Künstlern unserer Zeit ohne Widerrede 
beigezählt werden muss. Was er giebt, bekundet stets 
eine edle Richtung, einen feinen Geschmack, eine tiefe, 
mit dem Besten und Schönsien der Kunst innig vertraute 
lienntniss, eine sichere, gewandte Beherrschung des Stoffs 
und der Form,. wie alles Dies vereint nur bei wirklich 
bedeutenden, der Meisterschaft bald und unaufhaltsam ent- 
gegenreifenden .Talenten gefunden wird. In seiner Art zn 
erfinden und zu arbeiten, ja in dem ganzen Character sei- 
ner Tondichtungen, schliesst sich Herr Rietz sehr Men- 
defssohn an, ohne jedoch dadurch Eigentümlichkeit der 
Gedanken, Originalität überhaupt aufzugeben. Auch diese 
neue Symphonie giebt hiervon Zeugniss; sie bat neben 
Manchem, was von. entschiedener Vorliebe für den Geist 
und Sinn Mendeksohns zeugt, noch so vieles Eigen- 
tümliche, so Redeutendes, was man nur selbst schaffen, 
nicht Anderen nacberfiuden kann, dass sie vollkommen 
. geeignet ist» die Achtung vor dem Talente und der Kennt- 
nis* des Herrn Biet* zu erhöhen und die Hoffnung im- 
mer fester zu begründen, welche wir oben schon ana- 
sprachen und nach welcher wir Herra Rietz bald in der 
ersten Reihe der ietzt lebenden deutscheu Componisten 
erwarten dürfen. Wir geben, hier nur eine kurze Ueber- 
siebt der Symphonie, da ein tieferes und ausführlicher^* 
Eindringen in dieselben ohne Einsicht in die Partitur 
nicht möglich ist und nicht erwartet werden kann. Der 
ercte Satz (Allegro, %, GmoU) ist von sehr lebendigem-, 
aufgeregtem, leidenschaftlich bewegtem Character; ihm 
folgt ein Adagio (%, Es dur), sehr melodiös, mit vortrelfj- 
lieber Stimmführung und Instrumenürung ; die Art dei 
Ausarbeitung giebt ihm fast den Character eines Liedes 
ohne Worte, denn überall treten die gesangreichen Mo- 
tive so sehr hervor, dass sie das Interesse der Hörer 
ungetheilt in Anspruch, nehmen ; eine Eigentbümlicbkeit* 



151 



JB44/ Febraafrt No. 8; 



132 



die, wenn sie geistreich und geschickt, wie hier, behan- 
delt ist, jedenfalls ein wahrer Vorzug genannt werden 
muss und dem Zwecke, welcher schon der Form wegen 
mit einem Adagio gewöhnlich beabsichtigt wird, gewiss 
am Meisten entspricht. Der dritte Satz ist ein sehr cha* 
racteristisches und ausserordentlich fein gezeichnetes 
Scherzo (Allegro, % , Gmoll), dessen melodiöses Motiv. 
an das Hauptmotiv des Adagio erinnert und off Gelegen- 
heit zu höchst interessanter üeberleituwg in das erste 
Thema des Scherzo giebt. Der vierte Satz endlieh (AI- 
legro appassionato, V 4 , Gmoll) ist kräftig und energisch 
gehalten, sowohl in den Motiven selbst, als in der Ver* 
'arbeitung ; in der Mitte des Satzes tritt eine sehr cha- 
rakteristische Melodie ein, die gut wirkt, aber vielleicht 
noch bedeutender wirken wurde, wenn sie etwas länger 
festgehalten und ausgeführt wäre, nicht gar zu bald in 
tlosen Figuren verloren einge; sie wird jedoch nooh na 
einer schönen, breiten Ausarbeitung in den Blasinstru» 
menten mit benutzt und bitft hauptsächlich hierdurch die 
Wirkung des ganzen Satzes erhöhen. Gegen das Ende 
hin verändert sich das Tempo in "%, der Cbaracler wird 

Jross und erhaben und dadurch ein Scbluss herbeigeführt* 
er nirgends ohne sehr bedeutenden Effect bleiben wird. 
Wäre der letzte Satz im Ganzen etwas kürzer gefasst, 
so möchten wir ihn fast für den gelungensten und wir- 
kungsvollsten erklären. Die ganze Symphonie ist jeden* 
falls ein Werk von wahrhaft künstlerischer Bedeutung; 
unter der trefflichen Leitung des Componisten war die 
Ausführung sehr vorzüglich und die Aufnahme von Sei* 
teu des Publicums ausserordentlich glänzend; jeder ein- 
zelne Theil erhielt den lebhaftesten Beifall, und dem g* 
ehrten Componisten wird unser Publicum stets die vollste 
Hochachtung bewahren. 

Siebenzehntes Abonnement - Concert im Saale de* 
Gewandhauses, Donnerstag, den 15. Februar. Symphonie 
von fV* J. Mozart (Es dur). — Arie aus „I Mentecchl fc< 
von Bellini > gesunken von Fräul. Bertha Macttsy atra 
Prag (Schüleriu von Mad. Podhorsky, gebomer Cotnet).->> 
Fantasie für Violoncell, componirt und vorgetragen von 
Herrn MD. JuL Biets. — Scene und Arie aus ,,H Cro- 
cialo" von Mey erbeer 9 gesungen von Fränl. Macttsy. — 
Concert fiir Pianoforte, Violine und Violoncell von L. 0. 
Beethoven , vorgetragen von den Herren Ferd. Hiller, 
fr David und JuL Biet fr. — Chor von Jos. Haydn 
,',Des Statibes eitle Sorgen" („Insanae et.vanae curae 4 *) 
/Dmolh. — Fest - Ouvertüre von JnL Biet» (Adur). 
]UMter Direclion des Componisten. ' 

Die Syinphonieen Jos. HaydiC* und Mozarts wer- 
ben immer die unwandelbaren Grundsäulen der deutseben, 
ia der ganzen Instrumentalmusik überhaupt bleiben ; sie 
laben zuerst derselben einen gewaltigen Aufschwung ge- 
geben und sie zugleich auf so hohen Gipfel erhoben, dass 
4$ für alle Zeiten schwer sein wird, sie in solcher Höbe 
z,u erbalten. Unter den Symphonien Mozarfs ist die 
Es dur* Symphonie eine der* bedeutendsten in Gehalt und 
Form», ja sie gehört intensiv zu den schönsten musikali- 
schen Kunstwerken, die wir überhaupt besitzen; wiret<~ 
inoera hierbei nur an das kostbare Andante, das gewisff 
ia seiner Art fast unvergleichlich dasteht; nicht weni- 
ger vielleicht auch die Menuett, die so naiv und efearac- 



i 



teristisefc gehalten, dabei so nberau* fein und «ierlieh ge- 
macht ist, wie es mir ein vollendetes Meisterstück ton 
kann. Beide Sätze verloren bei der diesmaligen Autth» 
rung jedoch ausserordentlich durch das völlige Vergrei- 
fen der Tempi, die so langsam, so dem musikalischen 
Geiste und der innern Technik der Composition unange- 
messen genommen wurden, dass wir es ganz unbegreif- 
lich finden, wie ein musikalischer Sinn,- zumal mit einem 
Orchester an der Seite, das zu einer geistigen Auffassung 
und Ausführung auf so ausgezeichnete Weise beraofge- 
btldet worden ist, den IrrÜwm nicht sofort fühlen und 
erkennen konnte. Im Uebrigen war die Ausführung der 
Symphonie gut und erhielt Beifall. 

Eine junge talentvolle Sängerin, Fräul. Macttsy y 
sohien in diesem Concerte ihr erstes öffentliches Debfc 
zu machen ; wenigstens ist sie gewiss nur sehr selten 
noch öffentlich aufgetreten, denn ihre AengslliokkeU und 
Befangenheit war, selbst mit Rücksicht auf ihre grqase 
Jugend. — sie ist noch nicht 17 Jabr alt — so gross* 
wie sie bei Sängerinnen mit auch nur einiger Routine 
kaum verkommen- durfte. Wir können und darf« daher 
auch ihren Leistungen mit strenger Kritik nicht begeg- 
nen , oder müssen wenigstens bei derselben die Hinder- 
nisse immer berücksichtigen , welche der jungen Künst- 
lerin die freie Benutzung und Entfaltung ihrer JUiUel 
nicht gestatteten. Dass diese Mittel schön und bedeutend 
sind in jeder Hinsicht,, darüber kaun kein Zweifei sein* 
Die Stimme ist umfangreich, zwar hiebt sehr stark und 
kräftig — sie hat nooh nicht Fülle genng, die sie wohl 
noch erhalten kann — aber wohlklingend, klar und rein, 
biegsam und leicht ansprechend in allen Lagen, dabei 0* 
velubil, dass die schwierigsten Coloratufea' ihr ohne 
Mühe gelingen; es liegt in ihrem Tone zwar noch kein 
ausgeprägter Cbaracter, was bei der grossen Jogend der 
Sängerin sehr natürlich und begreiflich ist, aber der Ton 
klingt warm und geht zum Herzen, wenn er auch viel- 
leicht noch nicht ans dem Herzen kommt. Die Ausbil- 
dung ist zwar durchaus noch nicht eine vollendete, aber 
in ihren 'Grundlagen eine Sehr gute, and so weit sie vor- 
geschritten ist, eine verständig and geschmackvoll gelei- 
tete; wir wüssten an der Tonbildung, an der Respira- 
tion, am Portamento, an der Coloratur fast Nichts zu rü- 
gen, so weit dies nämlich die Art, nicht, den Grad der. 
Bildung derselben betrifft. Nur die Aussprache iat ninbt 
knmer ganz rein und klar, und namentlich in den tiefe- 
ren Lagen der Stimme die Vocalisatien nicht gute offe», 
was jedoch vielleicht von einem zu starken Pressen and 
Drücken' des Tones, um ihn scheinbar starker und vol- 
ler zu machen, herrührt, einem sehr sobädlioben Hätfs« 
mittel, vor, dessen Anwendung jnnge Sänger .and- Sänge« 
rinnen nicht ernstlich genng gewarnt werden können,, 
weil es nicht nur die freie Eni Wickelung Und Ausbildung 
des Tones hindert , sondern dem Stimmorgane selbst ige* 
radezu »achtteilig ist. Wir können nicht itagaen* da<* 
wir an der Ausbildung des Fräul. Macasy, neben der 
Rücksicht auf ihr schönes Talent, asch noch deshalb be« 
»anderes Interesse nehmen, weil wir ihr* Lehrerin, Mad; 
Pedkorsky in Prag, als tüchtige Künstlerin kennen, weil 
wir dieselbe früher, als Don. Gamet, in denselben. Gon- 
certen als Sängerin mit gwtfsee* Vergnügen gehor^baben. 



L 



155 



1844: Februar. No. 8. 



134 



in welchen jettt ihre ScbÜteri» die Erinnerung an die 
gefeierte Lehrerin wieder auffrischt. Es sind. viele Jahre 
-seit jener Zeil verflossen, und doch nor Weniges ist in 
der Kunst und den Leistungen der Künstler anders ge- 
worden« Wenn wir nicht irren, erhielt Mad. Podhersky 
ihren Unterricht von einer Schülerin des- alten Hitler, 
ehemaligen Cantors an der hiesigen Thomasschule, einer 
gewissen Podleska, welche später im Verein mit ihren 
swei Schwestern ihrem Lehrer das Denkmal errichten 
Hess , das hier unmittelbar neben unserer Thoroasschule 
aufgestellt ist. Wenn man hiernach die Schule, aus wel- 
cher Präul. Maeasy hervorgegangen, historisch verfol- 
gen wollte , so würde man sie eigentlich eine Leipziger 
Schule nennen müssen. Seit jener Zeit, in welche diese 
Erinnerungen fallen, ist nun allerdings hier gar Manches 
anders und um Vieles besser geworden, worüber wir uns 
wahrhaft erfreuen können, was wir aber hier nicht wei- 
ter berühren wollen. — Was die Ausführung der beiden 
Arien durch Präul. Maeasy betrifft , so gelang die Arie 
von Meyerbeer ungleich besser, als die von Beilini, 
welche letztere übrigens zum Concertvortrage sich we- 
nig eignet, da sie durchaus auf dramatischen Effect be- 
rechnet ist; überdies intonirte Präul. Macasy in dieser 
Arie nicht rein, wie sie denn überhaupt aus grosser Aengst- 
lichkeit zu manchen Uebertreibungcn verführt zu wer- 
den schien. Die Arie von Meyer beer sang sie dagegen 
recht gut, besonders in den Kecilativen mit guter' Auf- 
fassung, feiner Deelamation, überhaupt mit richtigem Sinn; 
das letzte Allegro war nicht leicht und graziös genug in 
der Coloratar, wa4 aber vielleicht mit durch das zu lang- 
same Tempo herbeigeführt wurde, welches allerdings die 
Ausführung erschweren musste. Das Publicum nahm Präul. 
Macasy freundlich auf und lohnte besonders ihre zweite 
Leistung mit vielem Applaus. 

Dass ein so bedeutender Künstler wie Herr Julius 
Biete, wenn er zugleich Virtuos ist, auch hier nur Aus- 
gezeichnetes leisten werde, versteht sieb wohl von selbst. 
Sein Ton ist voll, kräftig und elastisch, seine Fertigkeit 
sehr ausgebildet, nnd wenn er auch nicht durch Ueber- 
windung ausserordentlicher Schwierigkeiten , überhaupt 
nicht durch reine Vjrtuoseneffecle blendet oder zu blen- 
den sucht, so erfreut er um so mehr durch schönes, 
geist- und gemülhvolles, acht künstlerisches Spiel, das 
immer wohlthut und immer gern gehört wird» während 
man anderes Virtuoseuwesen bald genug zum Ueberdruss 
hat. Zur Entfaltung der schönen Eigentbümlichkeilen sei- 
nes Spiels gab ihm besonders der gesangreiche Theil, 
die Adagios&tze seiner recht interessanten , nur fa&t et- 
was .zu laiigen Composition und das Tripel- Concert von 
Beethoven^ welches von ihm und den Herren Hiller und 
David sehr gut und mit grossem Beifall ausgeführt wurde, 
Gelegenheit, und wir können nicht leugnen, dass wir 
eintfü solchen- Künstler gar gern den unsrigen nennen 
möchten. Wie sehr auch unser Publicum den Werth und 
die Verdienste solcher Künstler erkennt, zeigte die grosse 
Theilnabme, welche eg allen Leistungen des Herrn Biets 
schenkte, und in diesem Coticerte besonders der laute Bei- 
fall, mit welchem es die treffliche Ouvertüre desselben, 
die unter seiner ausgezeichneten Leitung sehr Vorzüglich 
ausgeführt wurde , aufnahm. - 



Der Chor von im.Haydn, ein Meisterstück sotrder 
Gleichen, machte, wie immer, grosse und tiefe Wir- 
kung. Ä. f. 



Leipzig, den 19. Pebroar. Seit einer langen'Reihe 
von Jahren sind wir hier in Leipzig daran gewöhnt* dass 
nicht leicht ein Künstler von einiger Bedeutung auf sei- 
ner Rundreise durch die Länder, in denen er sich Lor- 
beeren zu erwerben gedenkt, an unserer Stadt vorüber- 
geht, öbne auch uns Proben seines Talents, seiner LeU 
Stangen zu geben. Der längst bewährte rege Kunstsinn, 
der sich hier namentlich in den letzten zehn Jahren nicht 
nur über weitere Kreise verbreitet, sondern vorzüglich 
auch seiner Richtung nach erhoben und veredelt hat, be- 
fähigt und berechtigt unser Publicum, dazu, mit zu ge- 
ttiessen und mit zu urtheilen. — So sah man hier auch 
den Productionen der beiden Schwestern Milanollo mit 
Ungeduld entgegen. Der von denselben uns bereits für 
den December v. J. zugedachte Besuch wurde, wie be- 
reits in diesen Blättern bei Gelegenheit der Besprechung 
ihres Auftretens in Mailand richtig prophezeiht worden 
war, durch den grossen Beifall, den die anmuthigen Schwe- 
stern auf ihrer Reise von Italien nach dem nördlicheren 
Deutschland überall gefunden hatten, und durch welchen 
sie zu längerem Verweilen an diesem und jenem Orte 
bewogen worden waren, verzögert, und in dessen Folge 
trafen sie erst zu Anfang Februars hier ein. 

Am 7. , 10, und 12; dieses Monats licssen sie sich 
im hiesigen Theater hören. Warum dies nicht in dem 
bekanntlich der Musik so günstigen Saale des Gewand- 
hauses geschah , vermag Referent nicht zu. sagen > wohl 
aber, dass es ihm und gewiss dem grösseren Theile des 
Publica ms lieber gewesen wäre, wenn man den letzte- 
ren gewählt hätte. Denn einmal kann es nicht fehlen, 
dass der Bau unseres Theaters, überhaupt wohl eines je- 
den, für das Solospiel niemals vorteilhaft, im Gegen- 
teile bindernd und den Eindruck schwächend sein mus$. 
Der Spieler steht da gewöhnlich — es war dies auch in 
den beiden letzten der erwähnten Concerte der Fall — 
isolirt von dem viel- liefer befindlichen, ihn begleitenden 
Orchester Oben auf der Bübne, ein grosser Theil der 
Tonfülle seines Instruments geht in den Coulissen und 
Soffiten verloren, selbst die Gallerieen und) Logen verur- 
sachen eine Brechung des Tones, welche dem Klange nur 
nachteilig ist. Und dann die Vereinigung der Productio- 
nen eines Virtuosen mit einer oder mehreren, wenn auch 
kurzen, dramatischen Aufführungen, wie sie hier Statt 
fand, muss nothwendig, wenn sie auch nicht gerade die 
ers leren in den Genitiv stellt, doch das Interesse des 
Hürers durch die ihm zugleich aufgedrungene Qualität 
eines Zuschauers theilen; wenigstens gesteht Referent 
offen, dass ihm in Theaterconcerten häufig die ftfr unge- 
störten musikalischen Runstgenuss geeignete Stimmung 
gefehlt hat, der er sich im Concertsaate so gern hidgiebt. 

Dass dessen ungeachtet der Eindruck, den das Schwe- 
sternpaar Milanollo bei dem zahlreich versammelten Pu- 
blicum hervorbrachte, ein so tiefer und schöner war, 
kann und muss daher unbedingt nur für die VörzügUcb- 
keit ihrer Leistungen sprechen. Und in 4er*f hat handelt 



155 



1844. Februar. No. 8. 



156 



es sich hier nicht um da» Anstaunen tod sogenannten 
Wanderkindern, — welchen, beiläufig gesagt, unser Leip- 
zig niemals einen besonderen Geschmack abgewönne* 
hat, — sondern um die Würdigung ausgezeichneter Ta- 
lente, die bei der Jugend der damit Begabten nur um so 
lebhaftere Bewunderung verdienen. 

Das Spiel beider Schwestern zeugt vor Allem von 
einer guten und soliden Vorbildung in Bezug auf die 
Behandlung der Geige, eines Instruments, welches wir, 
mit höchst seltener Ausnahme, nur in den Händen des 
männlichen Geschlechts zu erblicken gewohnt sind. Dass 
die Aeltere, Therese, in Ton, Fertigkeit, Sicherheit und 
Vortrag ihre jüngere Schwester Marie bei Weitem über- 
trifft, ist natürliche Folge der Altersverscbiedenbeit , ih- 
rer jedenfalls längeren Uebung und ihrer gerade auf der- 
jenigen Stufe des Alters , auf welcher sie steht , bereits 
mehr entwickelten Selbständigkeit des .Gefühls. Zur 
vermeintlichen Vermehrung der Merkwürdigkeit hat man 
behauptet, Therese zähle erst 13 und Marie 11 Jahre; 
wir schätzen sie vielmehr Jene 16 , Diese 14 Jahre, und 
denken, dadurch weder ihrem Ruhme, noch ihren wah- 
ren Verdienste zu nahe zu treten ; was an ihnen , an 
ihrem Spiele nnd Vortrage gefallt und entzückt, das würde, 
wenigstens uns, eben so gefallen und entzücken, wenn 
Beide 10 Jahre älter wären. Mehrfach hatten wir schon 
früher von der Characterverschiedenheit gebort und ge- 
lesen, welche sich in den Productionen der Schwestern 
erkennen lasse; man schilderte Theresen als die Reprä- 
sentantin des Ernstes, des melancholischen Temperaments, 
der elegischen Stimmung, Marien dagegen als Verküude- 
rin des leichten Humors , des .Frohsinns. Dieser Unter- 
schied ist uns keineswegs so auffallend, wenigstens nicht 
als ein im Characler begründeter, erschienen. Die Ver- 
schiedenheit ist unläugbar da, aber sie mag nach unserm 
Dafürbalten eben mehr in der grössern und geringeru 
musikalischen und künstlerischen Ausbildung, in dem ver- 
schiedenen Alter und — zum grossen Theile — wohl 
auch in der Wahl der Musikstücke ihren Grund haben, 
Therese versteht ihrer Violine einen wunderbar vollen, 
runden und schönen Ton zn entlocken, ihr Bogenstrich 
ist breit und gross, ihr Vortrag edel und verständig, und 
ihre wirklich erstaunenswerthe Sicherheit giebt ihr eine 
Ruhe und Besonnenheit, die den Hörer, eben weil sie 
ihn selbst ruhig geniessen lässt, einem tieferen Verständ- 
nisse ihres ganzen Spieles zugänglich macht. Dazu die 
Erscheinung der Virtuosin selbst, in der man eine schon 
fast erblühte Jungfrau sieht, bei der wenigstens das Jung- 
fräuliche vor dem Kindlichen die Oberband gewinnt, und 
endlich der umstand, dass Tkerese sich besonders in 
gross angelegten, mehr auf einen grossartigen und ge- 
messenen Vortrag berechneten Compositionen producirt, — 
alles Dies giebt ihr jenen Anstrich des lieferen Ernsles, 
den man ihrem Character unterzulegen wohl zu geneigt 
gewesen ist. — Bei Marien auf der anderen Seite fin- 
den wir allerdings ebenfalls einen schönen Ton , anmu- 
thige nnd graziöse Bogenführung , einen feinen und gu- 
ten Vortrag, aber der geringere Grad, in welchem wir 
Dies bei ihr entdecken, das rein Kindliche, welches ihr 
Aeusseres. zeigt, und die Vorführung grösstentheils von 
Werken einer, nicht technisch leichteren, aber ihrer 



Tendenz qnd ihrem Chaneler stach leichter gehaltene* 
Art, z. ß. concertirenden Polonaisen, den leisten Sätzen 
von Concerten, neigt sie uns als ein fröhliches, naiv and 
keck in die Welt blickendes Kind, dem es mehr darum 
zu thun ist, seine Aufgabe geschickt tu lösen und sieh 
den Dank des Publicum» zu erwerben , . als einen tiefe- 
ren Eindruck zu erregen. 

Dass dieses Schwesternpaar in der Tfaat eine höchst 
interessante Erscheinung ist, die gewiss ihres Gleichen 
nicht hat, ist nach dem Gesagten erklärlich, nnd gewiss 
wird Jeder, der die Milanollo'* einmal hörte , noch oft 
und mit Freuden sich des Kunstgenusses erinnern, den 
ihm ihr Spiel bereitete. Allen ihren Leistungen wurde 
der verdieute Beifall im vollsten Maasse zu Theil, und 
namentlich war ein bei uns seltener vorkommendes mehr- 
maliges Hervorrufen ein sprechendes Zeichen der Gunst, 
in welche sich die jungen Künstlerinnen bei unserm Pu- 
blicum zu setzen gewusst haben. 

Was die Compositionen anlangt, welche in den er- 
wähnten drei Concerlen zu Gehör gebracht wurden (rück- 
sichtlich der ausfüllenden Gesangpiec,en genüge hier die 
anerkennende Erwähnung der dadurch von einigen Mit- 
gliedern unserer Oper den Concerlgeberinnen geleisteten 
Unterstützung), so waren dies das erste und das drille 
Concert von de ßeriot, das vierte Concert von Vieux- 
temps , eine Polonaise und Variationen von May seder ^ 
Variationen von Artot und von Lafont, nnd ein Duo 
von Dancia j sie gehören also sämmllich der neueren 
Zeit an und huldigen mehr oder weniger dem Salonge- 
schmacke. Wenn wir den Wunsch aussprechen, die 
Schwestern möchten uns auch einmal das Werk eines 
älteren Meisters, wie Rode, Spohr u. s. w. hören las- 
sen, so soll darin nicht ein Tadel jener Auswahl liegen, 
sondern dadurch die Ueberzeugung kund gegeben wer- 
den , dass wir sie dem würdigen Vortrage auch classi- 
scher Kunsterzeugnisse für gewachsen halten. 

In wenigen Tagen werden die anmuthigen jugendli- 
chen Künstlerinnen ein viertes Concert, und zwar, wie 
wir hören, im hiesigen Gewandbause geben, und wir, 
so wie alle Kunstfreunde, dadurch eine willkommene Ge- 
legenheit erhallen, uns an ihrer seltenen Begabung wie- 
derholt zu erfreuen. 22. 



Frankfurt. Musik vom 22. Oclober bis 22. Januar 
1844. Coursive Opern, die immer bereit liegen, ohne 
weitere Vorbereitung bald hier bald da hineingeworfen 
zu werden, Lücken auszufüllen, aus Verlegenheiten nu 
reissen u, s. w. sipd Freischütz, Zampa, das Nachlla- 

5er, Czaar und Zimmermann, Denizettf* Liebestrank, 
oseph in Egypten, Norme, (Hello, Die Nachtwandlerin, 
wohl auch Faust, Aschenbrödel und sogar Robert. Des 
Teufels Antheil nnd die Regimentstochter machen immer 
volle Häuser. Ob es aber Recht ist, dergleichen Opern 
quasi im Neglige' vorzuführen, und gehen zu lassen, wie 
sie eben gehen, wobei gewöhnlich der Chor nnd das Sce- 
nenwesen die parties honteuses sind, ob eigentlich nicht 
jede Aufführung eine wohlpräparirte Musterdarstellung 
sein sollte, uud mit welchem Recht ältere Opern, die ihre 
Schuldigkeit gclhan haben, von der Gewohnheit als Slief- 



137 



1844. Februar. No. 8. 



IS8 



kinder behandelt werden dürfen — das sind Fragen, die 
man wohl an alle Theater richten kann. Dennoch gehen 
mir gerade diese Opern Stoff tu folgenden Betrachtungen. 
Fräul. Rmdersdorf gab in ihren italienischen Partieen 
Gelegenheit, Das zu bestätigen, was der Kenner an ihr 
schätzt and tadelt. Mit edler Persönlichkeit, vielseitig in- 
telligenter Bildung, physischer Ausdauer und vortrefflichen 
Mitteln ausgestattet, wäre Fräul. Rudersdorf berufen, eine 
Zierde der italienischen Oper tu werden. Allein, mag es 
ein verkehrter Geschmack, mag es Resultat einer ver- 
nachlässigten Methode sein, — der Gesang des Fräul. 
Rmdersdorf ist s« sehr auf Effect berechnet, um wirk- 
lich schön genannt werden zu köonen. Dieses wurde nie 
tiefer empfunden, als gerade jetzt, da sie, von wieder* 
holten Indispositionen genesen, sich der ganzen Kraft 
ihrer organischen Mittel bedienen kann. Indem diese San* 
gerin auf der einen Seite den Beifall des grösseren Pu- 
blicums geniesst, werden Renner nur bedauern, dass ein 
ao schönes Talent, worin poetische Intentionen unver» 
kennbar sind , solchen Weg eingeschlagen. ' Oder wer 
möchte diesen ewig wilden Schlag des Pfcssagenwesens, 
diese verwegene, geräuschvolle nnd dabei keineswegs ge- 
regelle Art der Goloratnr, die endlosen, ohne Ursache 
überall angebrachten, oft sehulwidrigeu Triller, die häufig 
gegen das Gesetz der Harmonie geschmacklose Cadenzi- 
rang, die Bildung unedler, fast eommuner Scbreitöne, die 
frische Verbindung der Brust- mit den Mitteltönen — 
was endlich Spiel anbelangt, ein Outriren, das nicht sei* 
ten an Caricatur streift und in so grellem Widersprach 
steht mit der zarten Bildung ieg Körpers und den reinen 
Gesichtszügen — wer möchte dieses Alles entschuldigen? 
Nur die Hochachtung vor so vielen hervorstechenden Gaben 
und vor so manchem schönen Gelingen konnte mich ver- 
anlassen , diesen Tadel um so mehr auszusprechen , da 
Fräul. Rmdersdorf durch das unbedingte Lob ihrer Um- 
gebungen, die nur keine musikalische Kritik haben, auf 
Abwege gerathen ist, welche sie in der Nähe uuserer 
Kratky, — ich rede hier von gründlicher Schulbildung 
nnd musikalischem Geschmack -— leicht hätte vermeiden 
kön*en. Da uns diese Sängerin verlassen wird, so möge 
ihr dieser wohlgemeinte Fingerzeig nutzlich werden. 
In Bezug auf FräuK l&pitein durfte es allerdings 

St sein, wenn ihrer bisher überhäuften Beschäftigung 
hranken gesetzt würden. Diese Sorge für die Gesund- 
heit ihres Organs wird uns diese beliebte Sängerin nur 
desto länger erhalten. Aber dass sie Partieen, wie Rös- 
chen im Faust und Aschenbrödel, abgiebt, ist ein Verstoss 
gegen das Gefahl des ganzen Publicums, wenn auch Fräul. 
». Knoll in Besitz dieser Partie gekommen ist. Fräul. 
v. Knoll ist ein artiges Talent und geniesst die allge- 
meine Gunst — aber diese Gunst, der Anfängerin und 
persönlichen Vorzügen gezollt, durfte sieh vis -ä- vis un- 
yerhältnissmässigen Prätentionen doch verringern. Gerade 
Das, was solche Partieen erfordern, und worin Fräul. 
Capitain sich auszeichnet, ist eine höhere poetische Auf- 
fassung, nnd die daraus resultirende Ruhe eines adeln 
nnd immer sichern Vortrags. Was wäre die Kunst, wenn 
der Wille Zeit und Schule überspringen könnte, wie der 
kühne Reiter eine Barriere? Fräul. v. Knoll ist im Be- 
sitz eines klangreichen , aber sehr dicken Organs, wes- 



halb ihren Tönen noch die Verbindung unter einander 
fehlt, das schöne Legato, ohne welches kein Adel des 
Ausdrucks, den solche Partieen bedingen, möglich ist. 

Aus demselben Grunde ist auch nicht zu billigen, 
dass Fräul. Revtker die Alice übernommen bat. Sie hat 
zwar ein Volumen in der Kehle, wie*! Wenige, kann 
aber bis jetzt noch nicht in die Fusstapfen einer Collc- 
gin treten, die zur Blüthe deutscher Sängerinnen ge- 
zählt werden darf. 

Neu einstudirt war Axor, hat aber nicht besonders 
gezogen, obgleich sich Alles vereinigt hat, der Composi- 
tum Ehre zu machen. Das Recept zu dieser Musik ist 
verloren gegangen und mit ihm unser Geschmack daran. 
Vielleicht auch sind unsere Kehlen in dem Grade, wie 
unsere Obren, verwöhnt und aus dem Geleise jener an- 
spruchslosen einfachen Gesangsweise gekommen, wie sie 
zur Zeit Mozarts en vogve war. Jetzt läuft Alles auf 
Virtuosität hinaus; sonst war die dramatische Composi- 
tum auf gesunde Natur des Organs, Anmuth des Vortrags 
und unmittelbaren Gefühlsausdruck basirt. Die Bildung 
einer registerfreien Stimme und fesselfreier Uebergänge 
gehörte zur Hauptsache. Es erfordert diese Weise aber 
nicht minder ihr Studium. Nichts desto weniger war die 
Aufführung eine lobenswertbe, wenn auch nicht in allen 
Einzelnheiten. Die Oper wurde zweimal gegeben, und 
wird hoffentlich nicht liegen bleiben ; das hiesse den Ge- 
schmack nicht hinaufziehen. Des Herrn Conradi, der den 
Axur zu seinem BeneBze gab, geschah in diesen Blät- 
tern nur wenig Erwähnung. War es ein Fehler, so kann 
ich ihn mit gutem Gewissen bei dieser Veranlassung wie- 
der gut machen; denn er gab diese Partie mit Liebe und 
Fleiss. Dieser Bassist besitzt eine durchaus schöne, starke, 
sonore und biegsame Stimme, und dabei eine Persönlich- 
keit, die sich keiner Partie, wo Männlichkeit dominiren 
muss, zu schämen braucht. So sind deshalb der Caspar, 
Sulpiz, Mephistopheles, Bertram, van Bett und ähnliche, 
sehr gelungene Partieen. Im Ganzen möchten Herrn Con- 
rad?* Repräsentationen durch grössere Energie in Spiel 
und Vortrag, und durch deutlichere Aussprache gewin- 
nen. Energie bedingt an und für sich Bewegung, wo- 
durch denn anch das Schleppen und Nachzögein hinter 
dem Orchester — eine leider über Hand nehmende Grippe 
bei den Sängern — sich vermindern wird. 

Ebenfalls renovirt waren: Der lustige Schuster von 
Paisieüo, wo unser Komiker Hassel iu seinem Esse ist, 
und der Calif von Bagdad, der für Pischeck*s Bariton doch 
etwas zu hoch liegt. In Darstellungen verschmitzter Buf- 
foniaden, wie Dulcamara, Andiol (Falschmünzer) u. s. w. 
erfordern, ist unser fFtegandm seiner Stelle. Aber auch 
der Wasserträger und selbst Jacob (in Joseph in Egyp- 
ten) gehören zu seinen hervorstechenden Leistungen. 
Seine metallvolle Stimme bat sich noch anf ihrem Höbe- 
punet erbalten. 

Ganz neu war das Osterfest zu Paderborn von Aloys 
Schaut, wozu Dr. Cäsar Heigel das Libretto gedichtet. 
Da ich mir vorbehalte, über dieses Werk einen detailiir- 
ten Berieht zu geben , so genüge einstweilen die Nach- 
richt, dass die Oper hier mit einem Pomp und einer Sorg- 
fall in Scene gesetzt wurde, als wenn sie in's Deutsche 
übersetzt direct aus Paris gekommen wäre. Sie wurde 
Ne. 8.) 



139 



1844. Februar. No. 8. 



140 



zwei Mal bei gedrängt vollem Hause und gesteigertem 
Beifall gegeben. Zum dritten Mal (als zum Benefiz für 
den Componisten) waren wieder alle Logen genommen; 
aus der Umgegend kamen Viele, sie zu hören, und diese 
Vorstellung würde wobl für ihre Haltbarkeit auf unserer 
Bühne enlscbeidend gewesen sein, wenn sie wirklich 
Slatt gefunden hätte. Aber die Feindin aller Operndirec- 
tionen, die Meuchelmörderin eroporblühender Cassen, aber 
auch zugleich die Reserve- und Hilfsagenlin der Sänger, 
das herumwandelnde Gespenst, das überall und nirgends 
ist — mit einem Wort, die Dame Heiserkeit — über- 
raschte unsern wackern Pischeck mit einem seltenen Be- 
such und so musste die Oper noch am Mittage abgesagt 
werden. Dass die Oper ihre Widersacher und ihre unbe- 
dingten Panegyriker hat, dass sich Colerieen und Parteien 
bilden, versteht sich von selbst. Guhr aber hätte das 
grosse Capital so vieler artistischen Kräfte und das der 
kostbaren Zeit wobl nicht an diese Oper gesetzt, wenn sie 
nicht aus höchst achtbaren Elementen bestände. Sein Auf- 
satz darüber in No. 7 des Frankfurter Conversationsblat~ 
tes verdient grosse Beachtung. Er sucht darzutbun, dass 
sich ein Musikdirector auch auf den Standpunct eines un- 
parteiischen Zuhörers setzen kann. Guhr, wie er selbst 
sagt, nahm blos die Erfahrung des Directors zu Hilfe, 
da eben sie ihm die Vorlheile verschafft, in den innern 
Kern der Composition zu dringen. In seiner interessan- 
ten Einleitung sagt er unter andern folgende memorable 
Worte: „Jedes Land zeugt seine hohen Talente, Frank- 
reich, das sich in glänzend romantisch und bizarr aben- 
teuerlichen Bildern gefällt, Italien, das eigentliche 
Land der Kehle, und unser Vaterland , der Boden, wor- 
auf Gemütbstiefe und erhabene Schwärmerei am Schön- 
sten blühen. Deshalb sei man nicht einseitig und engher- 
zig, und pflege jede Bühne das Gute aller Länder so gut sie 
kann. Hauptsächlich aber vergesse Deutschtands Bühne 
ihre Söhne nicht, und ziehe nicht gewaltsam den auslän- 
dischen Geschmack in unsere Begionen herüber. Schon 
allzusehr trägt die deutsche Bühne die leichten Früchte 
des Südens, obgleich sie mit jedem Jahre unschmackhaf- 
ter werden. — Möchten deswegen die Träger und Be- 
förderer vaterländischer musikalischer Bildung sich brü- 
derlich die Hand reichen; an ihnen ist es, das Publicum 
von dem kläglichen Druck der Ausländerei zu retten, von 
welcher der Deutsche so schwer sich erlöst, obgleich ihn 
schon oft ihr bitterer Fluch getroffen ! — Es verbinde 
die deutschen Musikdirectoren nur ein fester Wille (ich 
versiehe darunter nicht ein gewisses Monopol, um ihre 
eigenen Werke unter einander aufzuführen), und bald 
werden sie den ergiebigen Boden unserer Bühne vom 
Schlamm gereinigt sehen, der ihn leider umzieht, seit 
Martin Opit* das erste italienische Singspiel in deut- 
sche Reime brachte. Hat der deutsche Componist Hoff- 
nung, die Früchte seiner sauern Bestrebungen auch zu 
gemessen, dann wird auch seine Phantasie zu einem hel- 
lem Licht erwachen, Freude und Begeisterung werden 
jeine Brust der Morgenrötbe einer Anerkennung öffnen, 
und seine Melodieen nur anmulbiger, freier, leichter und 
reicher Gemülh und Herz berühren. Aber der Druck, 
unter welchem noch die meisten Talente Deutschlands 
nach Emancipation schmachten, ist in der Thal niebt ge- 



eignet, ihren Hang zur Elegie in eine heitere Lyrik zu 
verwandeln." 

Ich werde in der nächsten Zeit, die Partitur vor 
Augen, die Oper — jedenfalls eine merkwürdige Erschei- 
nung im Gebiete der deutschen dramatischen Literatur — 
nach ihren wesentlichen Richtungen zu besprechen suchen. 

Friedrichs Gesang -Schauspiel „Die neue Fanchon" 
ist noch immer unser Steckenpferd und macht volle Häu- 
ser. Vorzüglich ist Mad. Früha t/f (Chonchon), deren Ge- 
sangstalent und Vortrag bei klangvoller Stimme schon in 
einer musikalischen Zeitung Erwähnung verdient, weil 
das Cultiviren des Gesangs bei Schauspielern bekanntlich 
eine schwierige Sache ist. Ein Umstand, der Mad. Fräh- 
auf unter Liedersängerinnen einen Ehrenplatz einräumen 
dürfte, . ist der, dass schon wackere Componisten, nament- 
lich Ferdinand .Hiller , Lieder für sie componirt haben. 
Um nicht ungerecht zu scheinen, geschehe bei dieser Ge- 
legenheit des Fräul. Albini Erwähnung, welche der nied- 
lichste Rataplan ist, der jemals sein Lied zur Trommel 
mit dem liebenswürdigsten Uebermuth vorgetragen hat. 
Der Komiker Wallner, welcher mehrere Monate hier un- 
unterbrochen gastirte, hat sich durch die Einführung des 
Lieder- Drama's (er nennt es ein Lebensbild mit Gesang) 
Treff- König, Musik von Proch nnd ßaldenecker, wie 
durch die Neslroy'&cbe Posse: Die beiden Nachtwandler 
neuen Credit erworben. Er gastirt gegenwärtig in Hamburg. 

Ich schlies8e meinen Opernbericht mit der betrüben- 
den Neuigkeit, dass uns Pischeck im Mai verlassen und 
nach Stuttgart übersiedeln- wird. Er macht uns mit jeder 
neuen Partie, die er singt , den bevorstehenden Verlust 
nur empfindlicher. 

Die bedeutendsten Concerte waren im Schauspiel- 
hause : zuerst Alexander Dreyschock , der grosse Sen- 
sation erregle. Er spielte zwei Mal in Theilung mit der 
Theatercasse und gab ein Concert zum Besten der hie- 
sigen Mozartstiflung, wofür ihm unser Liederkranz das 
Ehrendiplom übersandte. Seine immense Virtuosität, die 
For$e seiner linken Hand, sein Octavenspiel , seine Art 
auf dem Ciavier zu singen, seine Compositionen , dabei 
seine Reisen *), seine Jugend und gentile Persönlichkeit 
bei Humor und anspruchlosem Wesen, haben ihm Inter- 
esse bei allen Classen, namentlich beim schönen Ge- 
schlecht, erworben. Ob er über Thalberg , Lüzt und 
Chopin steht, oder dieser Clavierberoen Eigenschaften in 
sich vereinigt (wie viele Journale ihm das Gompliment 
machen), habe ich nicht untersucht, weil mir von je her 
dergleichen Entdeckungsreisen fruchtlos schienen. Das ist 
aber gewiss, dass Dreyschock bei gründlicher musikali- 
scher Bildung und Geschmack eine Technik ausübt, die 
von Keinem seiner Zeitgenossen übertroffen wird. Eine 
fast durchgehend elegische Stimmung, die in seinen gros- 
seren Compositionen herrscht, z. B. in seiner gediege- 
nen Dm oll- Sonate, in dem gewaltigen Cmoll- Concert 
und in der etwas rhapsodischsn Militärfantasie, so wie 
das Aufthürmen von Schwierigkeiten (den Giganten der 
Mythe gleich, die durch übereinander gewälzte Berge den 
Himmel erobern wollten I) möchte ich vermieden, wenig- 



•) Die Frankfurter Didafkalia No. 306 vom vorigen Jahr giebt 
Umrisse seiner Biographie. 



141 



1844. Februar. No. 8. 



142 



stens vermindert wissen. Enthusiasmus aber erregte er 
in den Städten der Umgegend, Mainz, Hanau, Darmstadt 
and Offenbacbj deren Publicum ihn mit Föten, Kränzen 
und Sonetten überschüttete. 

(Besehlass folgt.) 



Herbstopern in Italien u. s. w. 

(Fortsetzung.) 

Novara. Die Mancini-Rola, Tenor Tomasoni und 
Bassist Lnisa Hessen sich oft ohne alle Ursache tüchtig 
beklatschen in der himmlischen Gemma di Vergy del Ca- 
valiere Dontzetti. Für diese Stadt waren es sogar mehr 
als gute Sänger. In den darauf gegebenen Prigioni di 
Edimbnrgo , der Maestro Federico Ricci, kam auch die 
ganz unbekannte Virtuosa Virginia Dragoni binzn , wel- 
che die Rolle der Ida so so machte; Opern und Sänger 
gingen, wie man in Italien tu sagen pflögt, al cielo. Prosit! 

Genua. Der Anfangs verunglückten Opera bnffa: 
Chi piü guarda, metio rede, del Maestro Bauer , nebst 
der ebenfalls verunglückten Sonnambula folgte die nene, 
sehr magere Opera bnffa Osti non osti, del Maestro Pe- 
reUi 9 in der blos einige Stücke besonders applaudirt wur- 
den. Sänger waren : die Tirelli, Tenor Caggiati, Bassist 
Corradi - Setti (beide mit mächtigen Stimmen) und Buffo 
Scheggi. Der faroöse Don Pasquale, von dem Alles be- 
zaubernden Maestro, in welchem die Griffini die Tirelli 
ersetzte, erregte Enthusiasmus. Aber: sie transit gloria 
mundi\ der Don Pasquale wurde gar bald wieder ver- 
gessen durch Herrn Fed. Ricci'* Prigione di Edimbnrgo, 
worin die Griffini die Giovanna, die Tirelli die Ida treff- 
lich, Herr Scheggi den Tom nicht sehr trefflich, Tenor 
Caggiati den Giorgio — kalt gab, wiewohl aber die Oper 
ungemein gefiel. Herr Caggiati wählte auch zu seinem 
nachberigen Benefiz Don Pasquale und andere Stücke. 

Chiavari. Die .in Oberitalien dermalige Tagesoper, 
Fioravanti's erbärmlich verstümmelter Pulcinella (hier Co- 
lumella) dal ritorno degli studj di Padova, eröffnete hier 
die Stagiona; die Bergognini, Buffo. Borelli und Bassist 
Bighini anter den Sängern, der ursprüngliche Narrenchor 
sammt dem Terzette der drei Bassisten in der Musik, 
zogen am Meisten an. Douizetti's Regina di Golconda zog 
hierauf mit einem ehrlichen Fiasco ab; Tenor Personi 
machte jedoch darin mehr Figur, als im Columella. Etwas 
glücklicher war Donizetti's Roberto d'Evreux, worin die 
Pusteria die Sara machte. Im Barbiere di Siviglia war 
die Bertuzzi - Ronconi die Prima Donna, unter den übri- 
gen aber nicht die Beste. 

Nizza, Die einige Zeit durch die französische Oper 
hier verdrängte 'italienische Opel" hielt- ihren Einzug mit 
der Cenerentola des so gräulich vergessenen Rossini. Die 
Sanger: die Malugani, Tenor Cristofani, Buffo Picchi und 
Bassist Smith thaten, was sie nur konnten, um sich der 
Zuhörer Gunst zu erwerben. Meroadante's Elisa e Clau- 
dio, dieser Opera buffa vom. alten guten Schlage, waren 
die unbedeutenden Sänger weniger gewachsen. 

Insel Sardinien. 
Cagliari. Verdi's Nabucodonosor, worin die Lusig- 
nani, die Duffö, Tenor Mugnai und die beiden Bassisten 



Mazzotti und Fonti wirkten, fand hier die beste Auf- 
nahme. Musik und Sänger gefielen hier um die Wette. 
Bellini's Sonnambula machte als altmodische Musik Fiasco. 
Mit der Opera buffa Columella (s. Vicenza), worin die 
Tassini sang und Herr Michelini den un pässlichen Te- 
nor ersetzte, ging es wieder besser; der Narrenchor und 
das Terzett der drei Bassisten erregten sogar Fanatis- 
mus; die Tassini und Buffo Rivarola waren die Begün- 
stigten. Auch Donizetti's Roberto d'Evreux ging nicht 
übel, allein das Finis coronat opus war Rivarola's Bene- 
fiz: Rossini's Barbiere di Siviglia. 

Sassari. Diese zweite Hauptstadt der Insel Sardinien 
begann die Stagione mit Mercadante's Giuramento. Die 
dieser Oper wenig gewachsenen Sänger : die Lanzi-Bruni, 
die Altistin De Velo, Tenor Bozzolini und Bassist Loglio 
erhielten aber eine ziemliche Portion Beifall. Weit mehr 
ergötzte der wohlbekannte Columella, und Donizetti's 
Figlia del Reggimenlo gab besonders der Prima Donna 
Gelegenheit, sich hier vorzuthun. Aber der Barbiere di 
Siviglia, worin Cipriani den Don Bartolo, Righi den Don 
Basilio machte, steckte alles Vorhergegangene in den Sack. 

Herzogtümer Modena und Parma. 

Gvastalla. Dieselbe Gesellschaft und Oper wie in 
Casalmaggiore (s. d.). 

Finale. Hier labte man sich eine kurze Zeit an Bel- 
lini's Beatrice di Tenda und Ricci's Chi dura vince, worin 
die Zaguoli und die Bonetti, Tenor Bignami und Bassist 
Battaglini die Zuhörer möglichst unterhielten. 

■Modena. Donizetti's Don Pasquale bekräftigte hier 
nur zum Tbeil seine Berühmtheit, den Tenor Gumirato 
etwa abgerechnet, waren die übrigen Sänger: die Mon- 
tucchielli, Buffo Napoleone Rossi und Bassist Nullt gar 
nicht übel. Eine ähnliche halb gute Aufnahme fand des- 
sen Figlia di Reggimento, worin sich die Prima Donna in 
der nicht sehr leichten Titelrolle besondere Ehre erwarb, 
auch Herr Gumirato etwas besser hervortrat. 

Parma. Bei Gelegenheit des Namensfestes der Her- 
zogin wurde den 12. December Ahends bei Hofe eine 
grosse musicalische Academie gegeben, worin ausser den 
Gesangslücken die braven Künstler Golinelli (Pianist), 
Bottesini (Conlrabassist) auf ihren Instrumenten, Orche- 
sterdireclor De Giovanni eine neue von ihm componirte 
Fantasie fiir's ganze Orchester, Herr Marini auf der Flöte 
und die Signora Cecilia Aini auf der Harfe sich mit Bei« 
fall hören Hessen. 

Einem Bologneser Blatte zufolge verlässl die Halle» 
das Theater und beiratbet den hiesigen Maestro Pietro 
Torriggiani 9 der voriges Jahr zu Bologna die Sibilla 
componirt hat. 

(Fortsetzung folgt.) 



Feuilleton. 



Die Revue musicale de Pari» bat im Jahre 1844 ein verschö- 
nertes mit Illustrationen vertiertes Gewand angelegt and ver- 
spricht ihren Abonnenten als Beilage zu No. 1 300 musikalische 
FaeshniVs , so Ne. % eine« Diable roage > Album von 95 Wal- 



143 



1844. Februar. No. 8. 



144 



seru, i« Nn. 5 «ins Rammst ven Dem. Lia Duport % sn Ne. 4 
die Portrait* der Herren Meyerbeer, Rossini, Halevv, Auber, Sporn» 
tini, 0nslow 9 DonizetH y Mendelssohn und Berlioz. Ferser sollen 
die Abonnenten am 1. and 15. jedes Monats ein Musikstück und 
ausserdem 52 Zeichnungen von Gavrnmi erhalten. Bndliek wird 
ihnen noch noch eine Reihe von Ceucerteu versprochen. 

Das grosse englische Mnsikfest findet dies Jahr in Oxford Statt 
nnd zwar im Juni. Die Leitung hat Sir Henry Bishop übernommen. 



Birne mm Onor mu Jbjffci Tun ftssmmies glrl, int in Lon- 
don mit vielem Beifall gegeben werden. — Letsteren fand uueh, 
wie die englischen BoQonrnale versiebern, eine vom Priesen Al- 
bert eomaenirte nnd in der Schlosscnpelle sa Windsor aufgeführte 
Kirehenmnsik. 



Der Pinnist Cäsar August Fronen in Paris hat vom König 
der Belgier fdr drei Trlo's, die er ihm gewidmet, die grosse gol- 
dene Medaille erhallen. 



Ankündigungen. 



B« ■>. MlatMer im Ldprif «nekeia« mit BigorthMM- 

[Erste Sinfonie 

für grosses Orchester in Gmoll 

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Genuglehrer um Gymnusium nndMnsihlehrcr am Seminar in Dessan. 

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Der Verfasser hat in diesem Werbe keineswegs Abschriften 
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erreicht wird, nls es nnch den bekannten Lehrmethoden möglich ist. 



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Rörtaucs. 36 Kr. 



Da meine fortdauernde Kriuklichkeit mir nicht er- 
laubt, meiner Sortiments • Handlung die ntithige Auf- 
merksamkeit and Tbätigkeit za widmen, so beabsichtige 
ich, solche zu verkaufen, und mich allein auf mein Ver- 
lags 'Geschäft zu beschränken. Reelle Rlnfer wollen 
sich mündlich oder schriftlich direct an mich wenden. 
Berlin, den 15. Februar 1844. 

CtaPl n*s*em» 



Zu Terkmufeiio 

Die Erben weiiaad Herrn Stndlenntnrs Bettieker an Gooiu- 
gen beabsichtigen, dessen mnsiknliscben Nachlas* — bestehend in 
einer grossen Sammlung meist noch nngedmekter Cempositloncn 
für die Kirche, alsx Oratorien, gr. Passion« - Musiken , Psnlmc, 
Cnntaten n. a. w. ron Bmeh f Händel, Grmun, Krebs, Henutius 9 
Tcirmmw, Kellner, Gösset «. s. w. über 400 Nummern — im 
Gänsen su verhuuJen. Bin nuslukriacbes Vemeichniss dieser Mn- 
siken ist bei dem Unterseicbneten snr Einsicht niedergelegt und 
sind bei demselben Abschriften davon su erlangen. 

Wclajsj, Organist nn der Stndtkirche nn Göttingen. 



Druck ud Verlag von Breükopf und Hürtel in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



145 



146 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 28 ,,6a Februar. 



M 9. 



1844. 



Inhaltt Bin Brief veo Joseph Haydn. — Recensionen. — Nachritten: Aas Leipzig. 
Ankündigungen. 



Am Frankfurt. (Betehlnsa.) — Feuilleton. 



Ein Brief von Joseph Haydn. 

Zum richtigen Verständniss des Dachfolgenden Brie- 
fes von Joseph Haydn, — in dem sieh des unsterblichen 
Meislers tiefe, innige Gemüthlichkeit so recht herzlich 
aasdrückt und gleichsam in klaren Worten das ausspricht» 
was jede Note seiner Werke uns in die Seele klingt, — 
möchte es nothwendig und nicht ganz ohne Interesse sein, 
die Veranlassung desselben kurz zu erzählen und ein 
fluchtiges Bild von dem kleinen musikalischen Cirkel zu 
geben , an den jene Zeilen gerichtet sind. 



In dem Städtchen Bergen auf der Insel Rügen hat- 
ten sich zu Anfang dieses Jahrhunderts einige begeisterte 
Freunde der geistigsten aller Künste, der Musik , um so 
inniger zu einem engen, aus gleichgesinnten Mitgliedern 
bestehenden Kreise vereint, je unerbittlicher die Um- 
stände ihnen den Genuss versagten, den einzelne be- 
rühmte Kunstvirluosen oder grössere Kunstinstitnte den 
Musikfreunden in grösseren Städten gewähren, und der in 
solchen fast zum Bedürfniss jedes Gebildelen geworden 
ist. — Wenn somit jenem kleinen Vereine, der sich we« 
der mit dem Namen „Academie" brüstele, noch selbst 
den bescheidenem eines „ Gesangvereins " in Anspruch 
nahm, sondern der eben nichts weiter sein wollte, als 
eine gern üth liehe Gesellschaft von Musikfreunden, die äus- 
sere Anregung zur Kunst nnd ihrer Ausübung ganz abr 
ging, so fanden doch seine Mitglieder die reichste Nah- 
rung für ihre Liebe zur Musik' in ihrem eigenen Innern, 
und Herz und Gemüth, nicht aber ein durch öfteres An- 
hören grosser Kunstfertigkeit, oft Künstelei, verwöhntes 
Ohr, oder ein durch die musikalischen Auswüchse der 
Zeit blasirter Geschmack, legten den Maassstab an ihre 
Kunstgennsse. — Welcher Componist also hätte bei ih- 
nen wohl mehr Eingang finden, sie inniger beglücken 
nnd erfreuen können, als Joseph Haydn mit seiner inni- 
gen, einfachen und ruhigen Würde, seinem lieblichen 
Ernst und dann wieder mit seinem gemüthlicben , spru- 
delnden Humor, wer anders als dieser „Greis mit dem 
Herzen eines Kindes und dem Kopf eines Mannes?" 
Beethoven mit seinem kühnen, sich eine ganz eigene 
Bahn brechenden Genius, mit seinen himmelanslürmen- 
den Schöpfungen konnte ihnen zom Theil schon aus dem 

40. Jahrgang. 



Umstände nicht so zugänglich sein, weil ihnen kein ein- 
ziges Orchesterinstrument zu Gebole stand; Mozarte 
Opernmusik forderte dagegen wieder zu viel Gesangaus- 
bildung; Gluck war zu jener Zeit Dilettanten wenig zu- 
gänglich : so blieb Haydn ihr Alles, ihr Abgott. — 

Es war an einem Winterabende, dass der kleine 
Verein, der sich stets in der Wohnung des Assessors 
Dr. Ä. versammelte, und dessen musikalische Leitung 
der Cantor D. übernommen balle, mit besonderer Span- 
nung dem „Beginnen der Musik'* entgegen harrte. Haydn 9 $ 
„Schöpfung" hatte in der Brust von vielen Tausenden neue 
Saiten des entzückten Gefühls in mächtige Schwingun- 
gen gesetzt, hatte die ganze musikalische Welt electri- 
sirt, — heute sollte sie zum ersten Male auch diesem 
engen Kreise vorgeführt werden. Wahre Begeisterung 
missl nicht die eigenen schwachen Kräfte, sieht nur ein 
schönes Ziel vor sich; wer hätte da an den Mangel der 
Chorsänger, an das altmodische, doch damals allerdings 
wohl weniger, als jetzt, anstössige Flötenfortepiano den- 
ken und daran mäkeln sollen? — Was bedarf es der 
Erzählung, wie jenes Werk, selbst nur durch so beschei- 
dene Mittel vorgeführt, auf die Zuhörer uud Sänger wirkte ! 
Das ist wahre Musik, die rein durch ihren inuern Werth 
eine überwältigende Macht ausübt, welche nimmer aus 
der Seele weicht! — 

Die Versammlung war in der wohlthuendslen Stim- 
mung, als der begeisterte /f. sein volles Glas erhob und 
dem Schöpfer dankte für die Wonne eines solchen Ge- 
nusses; lauter, einstimmig zusagender Jubel aber er- 
scholl, als er hinzufügte: „Wir sind nur Laien in der 
Kunst, und unser Unheil würde in der Welt wohl wenig 
gelten; aber das Herz haben wir doch auf der rechten 
Stelle, und wer uns das so tief, zu so reinem Glücke 
bewegt, wie Haydn es eben durch sein unsterbliches 
Werk gethan, der ist unser Woblthäter, dem sind wir 
Dank schuldig, und — er wird ihn nicht verschmähen. 
Ja, meine Freunde ! wir wollen dieses überwallende Ge- 
fühl des innigsten Dankes jenem grossen Manne ein- 
fach und wahr schreiben, wie wir es empfinden]; ge- 
wiss, es muss ihn freuen, so viele Menschen beglückt 
zu haben, denn ein wahrhaft grosser ist auch immer zu- 
gleich ein guter Mensch/ 1 — 

Der Brief wurde sogleich aufgesetzt und von den 
beiden Gründern des kleinen Vereins im Namen Aller 

9 



147 



1844. Februar. No. 9. 



148 



unterzeichnet ; Niemand hoffte oder dachte auch ntir auf 
Antwort; man war zufrieden, einer innern Stimme, die 
Alle eu jenen Setireiben veranlasst balle» genur getban 
zu haben; <— da erschien Hageln s 'Antwort, Zeilen, die 
fortan als ein Heiligthum bewahrt wurden« In dem alten 
Flötenfortepiano war der Aufbewahrungsplatz für diesen 
merkwürdigen Brief, und da ist er mir denn als Kind 
gezeigt worden, wenn mein lieber freundlicher Gönner 
mit dem silberweissen Haar noch in seinem 70. Jahre 
die Arie: „Mit Würd' und Hoheit angethan," schwach 
und leise zitternd, aber mit demselben begeisterten Ge- 
fühl sang, wie vielleicht an jenem ersten Abende, und 
mein Vater ihn, wie damals begleitete, und Beiden in 
Erinnerung an die Vergangenheit und ihre Begeisterung 
die Thränen in die Augen traten. Der liebe Greis ruht 
längst in der Erde, der Brief erbte auf meinen Vater, 
an den er ja mit gerichtet war, und dieser schenkte ihn 
mir, als ich ihm durch die That bewies, dass ich seine 
Grundsätze 'in der Kunst auch zu den meinigen gemacht 
habe. — 

Möchte diese einfache aber wahre Angabe der Ur- 
sache des hier folgenden Briefes, vor Allem aber der Brief 
selbst manchem Verehrer für wahre, das Herz ergreifende 
Musik die Ueberzeugung befestigen, dass Werke, welche 
eine solche Wirkung auf das menschliche Gemülh machen, 
und die aus so reinem, innerem Kunsttriebe herstammen, 
niemals durch seichtes und fades Ohrengekitzel der heuti- 
gen fremdländischen Musik verdrängt werden können. 

Meine Herren! 

Es war für mich eine wahrhaft angenehme Ueber- 
rasebung aus einer Gegend ein so schmeichelhaftes 
Schreiben zu erbalten, wohin ich nie wähnen konnte, 
dass die Werke meines geringen Talentes dringen wür- 
den. Wenn ich nun aber sehe, dass mein Name bei 
Ihnen nicht nur bekannt, sondern meine Werke auch 
mit Beifalle und Vergnügen ausgeführt werden, so ge- 
hen dadurch die heissesten Wünsche meines Herzens 
in Erfüllung: von einer jeden Nation, zu welcher 
meine Arbeiten gelangen würden, als nicht ganz un- 
würdiger Priester dieser heiligen Kunst beurtheilt zu 
werden, Sie scheinen mich über diesen Punkt von 
Seite Ihres Vaterlandes zu beruhigen, noch mehr, Sie 
gehen mir die süsseste Ueberzeogung, die der ausgie- 
bigste Trost in den Stunden meines bereits sinkenden 
Allers ist, dass ich öfters die beneideuswertbe Quelle 
bin, aus welcher Sie, und so manche für herzliche 
Empfindung empfängliche Familie in häuslicher Stille — 
ihr Vergnügen — ihre Zufriedenheit schöpfet. Wie be- 
seligend ist nicht dieser Gedanke für mich ! — Oft, 
wenn ich mit Hindernissen aller Art rang, die sich 
meinen Arbeiten entgegen stammten, wenn oft die 
Kräfte meines Geistes und Körpers sanken, und mir 
es schwer ward, in der angetretenen Laufbahn auszu- 
harren, — da flüsterte mir ein geheimes Gefühl zu: 
„Es giebt hienieden so Wenige der frohen und zufrie- 
denen Menschen, überall verfolgt sie Kummer und 
Sorge, vielleicht wird deine Arbeit bisweilen eine Quelle, 
aus welcher der Sorgenvolle oder der von Geschäften 



lastende Mann auf einige Augenblicke seine Ruhe and 
seine Erholung schöpfet/* Diess war dann ein mächti- 
ger Beweggrund vorwärts zu streben, und diess ist 
die Ursache, dass ich auch noch itzt mit seelenvoller 
Heiterkeit auf die Arbeiten zurückblicke«, die ick eine 
so lange Reibe von Jahren mit ununterbrochener An- 
strengung und Mühe auf diese Kunst verwendet habe. 
Uebrigens dank' ich Ihnen aus vollem Herzen für ihre 
gütigen Gesinnungen, und bitte mir es zu vergeben, 
wenn meine Antwort etwas spät erfolgt: Gebrechlich* 
keil die unzertrennliche Gefährtin eines 70jährigen 
Greises und unaufschiebbare Arbeiten raubten mir bis- 
her dieses Vergnügen. Vielleicht gönnt mir die Natur 
noch diese Freude, für Sie noch ein kleines Denkmal 
zu verfertigen, aus welchem Sie die Empfindungen ei- 
nes bereits allmäblig hinsterbenden Greises erkennen 
mögen, der auch nach seinem Tode in einem so schö- 
nen Zirkel noch gerne fortzuleben wünschte, von wel- 
chem Sie ein so herrliches Gemälde entwarfen. Ich 
habe die Ehre mit vollkommenster Hochachtung zu seyn 
Wien, den 22. 7br. Gauz g eoorsaiIls ter Diener 

Joseph Haydn. 



1802. 



Recehsionen. 



Musik für Pianoforte mit Begleitung. 

R. Schumann: Quintett für Pianoforte, zwei Violinen, 
Viola und Violoncelle. Leipzig, Breitkopf und Härtel. 
Op. 44. 3 Thlr. 

Die bedeutende Reihe von Gompositionen dieses Künst- 
lers, welche bereits der musikalischen Welt vorliegt, lie- 
fert das Bild einer von vorn herein reich begabten Na- 
tur, welche zuerst vor der eigenen Fülle und vor dem 
Zwiespalte zwischen poetischen und rein musikalischen 
Anforderungen nicht zur Ruhe gelangen konnte, ailmälig 
aber sich immer mehr abklärt und dabei dennoch, wozu 
wir Glück wünschen, seine Tiefe bewahrt. Unter seinen 
nächsten Vorgängern wäre F. Schubert wohl als der zu 
bezeichnen, für welchen er die meiste Sympathie dar* 
legt. Von Meistern ersten Ranges sind es Beethoven und 
Bach. Die norddeutsche Natur Schümanns bemächtigt sich 
nämlich jenes tiefsinnigen Verscbliugens, Ueberbauens der 
einzelnen, fest geführten Stimmen, welche Baeh*s grosses 
Vermächtniss war, und vereint damit jene auf einzelnen 
Intervallen träumerisch lauschende Beschaulichkeit, wie 
jene durchaus humoristische Beweglichkeit des Gefühls, 
für welche Beethoven die Geltung in der musikalischen 
Literatur erobert hat. Diese humoristische Wellansicht 
entspricht Schumann'* innerstem Wesen, wofür das Scherzo 
dieses Quintetts mit seinen beiden sehr originellen Trio's 
als Beispiel dienen kann. Mit Schubert bat Schumann die 
Vorliebe und die Erfindungskraft für buntes, oft reizen- 
des Figurenspiel gemein. Schon die Themata seiner In- 
strumeutalstücke haben mehr von diesem figurirten, als 
von dem cantablen Gbaracter, der in der Mozarf sehen 
Schule heimisch ist. Das vorliegende Quintett hat ausser 



149 



1844. Februar. No. 9. 



150 



dem erwähnten Scherzo (dem dritten Satze) noch drei 
andere Sätze, wovon das erste Ailegro und das Pinale 
(Es) in einer nahen Verwandtschaft stehen. Das interes- 
sante Thema des ersten Satzes wird nämlich im letzten, 
oft mit einer an die besten Meister erinnernden Gewandt- 
heit, benutzt, und wo nicht maassgebend, doch oft gleich- 
sam scherzend in das übrige freie Tonspiel verwebt. Der 
zweite Satz, Marsch mit bewegtem Alternativ, ist der 
ruhigste, durchaus würdig und edel empfunden. Das 
Ganze unterscheidet sich mächtig von den Werken einer 
früheren Periode Scbumann's durch Sicherheit, Besonnen- 
heit in der Verwendung aller Mittel, aber auch von vie- 
len Erscheinungen der Gegenwart überhaupt durch Wärme 
des Gefühls , durch poetische Fülle. 



F. Mendelssohn- Bartholdy : Sonate für Pianoforte und 
Violoncell. Op. 58. Leipzig, Kistner. 2 Tblr. 10 Ngr. 
Der anerkannte Meister hat bereits früher die Zu- 
sammenstellung von Ciavier und Violoncell zum Vortrage 
einer Sonate mit grossem Erfolge benutzt; dieselbe ist 
seinem Style in der That mehr, als manehe andere Zu- 
sammenstellung angemessen, denn das der Cantabilitat 
so ausgezeichnet günstige Violoncello wird für den lied- 
mässigen Cbaracter, den fast alle Melodieen Mendelssohn's 
an sich tragen, immer ein ungemein passendes Organ ab- 
geben. Wer weiss es nicht, wie wirkungsvoll der Com- 
ponist in seinen Orchesterstücken das Instrument, des- 
sen Bedeutung für die moderne Musik Weber unmittel- 
bar vor ihm hervorgehoben hat, zu verwenden weiss? 
Bei Mendelssohn versteht sich Glätte, Eleganz in allem 
Formellen von selbst; Zwang ist in seiner Schreibart 
niemals wahrzunehmen; auch, wo die Erfindungskraft 
weniger hervortritt, weiss er auf andere Weise das In- 
teresse des Hörers zu beschäftigen. Er zeichnet sich oft 
weniger durch melodischen Reichthum, als durch den 
Reichthum von Verhältnissen aus, in welche er die ein- 
zelnen in Bewegung gesetzten Stimmen zu einander zu 
bringen weiss. Seine Melodieen sehen einander ähnlich, 
denn sie quellen alle aus einer ruhigen Weltanschauung, 
die zuweilen von einer mysteriösen Schwärmerei einen 
leisen Anflug bekommt. Die Flulh der Leidenschaft aber 
stört seltener jenen contemplativen Charaeter. Dies lässt 
sich nun auf diese Sonate vollkommen anwenden, deren 
Motive weniger entschiedenen Charaeter haben, von jener 
liedmässigeu Ruhe sich nicht gern trennen. Der erste 
Salz und das Scherzo sind nach unserer Ansicht am we- 
nigsten frisch; das Finale bat uns am Besten gefallen. 
Die Behandlung der Ciavierpartie zeigt, dass der Compo- 
nist auf die Effecte, welche die neuere Zeit dem Instra- 
mente abgelauscht hat und die sich ohne bedeutende Zu- 
muthung an Virtuosität anwenden lassen , kein besonde- 
res Gewicht legt. Er bleibt seinen Passagen und Figuren 
sehr treu. Vortrefflich machen sich die gebrochenen Ac- 
corde, welche die Introduction zum letzten Satze eröff- 
nen; die Wahl der verdoppelten Intervalle verräth allein 
schon den feinen Kenner des Instruments, wie wir denn, 
wollten wir auf Detail eingeben, gar Vieles anführen könn- 
ten, das ihn verräth; darauf 'einzugehen ist auch nicht 
nöthig, da sich überall erfahrene Spieler gern mit diesem 



Werke geschäftigen werden, und selbst Dilettanten in 
der Solidität, welche ihnen in demselben entgegentritt, 
unstreitig zu ihrer höheren musikalischen Fortbildung ein 
weit bedeutenderes Mittel gewinnen, als ihnen der vir? 
tuosenmässige Zuschnitt der meisten gegenwärtig erschei- 
nenden Duo's gewähren kann. 



Troisieme Trio concertant pour Piano, Violon etViolon- 
celle par L. Spohr. Op. 124. Hambourg, Schubert 
et Comp. Preis 2% Thlr. 
Der Tonsetzer, welchen man jetzt den Nestor der 
deutschen Tonkunst nennen kann, beschämt durch seine 
rüstige Thätigkeit manches junge Talent, das sich in klei- 
nen Aufgaben, einzelnen hingeworfenen Melodieen, mit 
allenfalls einem kleinen iigurirten Mittelsalze, der die 
Wiederholung der Melodie einleitet und dadurch die ganze 
Arbeit bequem macht, zersplittert. Spohr fährt fort, grös- 
sere Formen mit seiner gewohnten Sicherheit hinzustel- 
len. An eine Aenderung seiner Schreibart ist dabei na- 
I türlich nicht mehr zu denken, vielmehr wird er schon 
, nach den ersten Tacten an diesem und jenem chromati- 
, sehen Fortschritte leicht erkennbar. Seine Themata ver- 
' läugnen ihre Stamm Verwandtschaft nicht, und dennoch 
I muss man ihn um einen Vorzug, den er freilich schon 
| so oft bewährt hat, stets von Neuem beneiden, nämlich 
I um die Fähigkeit, das Ganze immer wie aus einem 
Gusse geformt erscheinen zu lassen. Die Disposition, die 
harmonischen Grundpfeiler jedes Musikstücks von ihm 
sind mit jener mathematischen Sicherheil besorgt, welche 
das ganze Stück immer leicht übersichtlich machen, und 
erhallen trotz der fortwährend wechselnden Schatten, die 
um seine Melodieen fliegen, jene Durchsichtigkeit und 
Klarheit, woran der letzte consequente Nachfolger von 
Mozart stets erkennbar sein wird. Gegenwärtig hat Spohr 
das Pianoforte fleissiger, als in früherer Zeit, bedacht, 
ja, er scheint das Instrument, das er früher nur beglei- 
tend anwandte, lieber gewonnen zu haben. Dass man ihn 
dennoch nicht allerwärts auf die Wünsche des Ciavier- 
spielers Bedacht nehmend findet, dass Manches mit leich- 
ter Aenderung weit claviermässiger gemacht werden könnte, 
ist natürlich, denn jedes Instrument bat seine Launen, 
die besonders studirt sein wollen. Wir müssen dies aber 
erwähnen, Weil das Trio als „concertirend " bezeichnet 
ist, und diese Bezeichnung besondere Ansprüche an die 
Techniker begründet, welche Virtuosen sein müssen, wenn 
sie dem geforderten Effect genügen sollen. Das Ganze 
hat vier Sätze. Der erste leidet an der bei Spohr oft be- 
merkten Aebnlichkeit und nahen Verwandtschaft der bei- 
den zusammengewobenen Motive. Schön ist das Thema 
zu den Variationen (Andante, Fdur), so zu sagen von 
altem Schlage, breit und gediegen, die Variationen selbst 
in bekanntem Style, übrigens sehr brillant. Scherzo in 
Dmoll zeigt im Trio(Ddur) in den Ciavierstimmen ganz 
violinmässige Passagen, die im raschen Tempo sich schwer 
reinlich ausführen lassen werden; für die linke Hand, 
die meist nur Verdoppelungen hat, ist Vereinfachung leicht 
möglich und rathsam. Das Finale (Presto) hat rhythmi- 
schen Reiz, viel Leben, doch wenig Melodie. Das Trio 
ist, wie bereits bemerkt, schwer zu spielen, und zwar 



151 



1844. Februar. No. 9. 



152 



für alle Mitwirkende; der Geiger muss in Spohr's Spiel- 
art genau eingeweiht sein. 



Sonate für das Pianoforte von L. Spohr. Op. 125. Wien, 
bei Mechetti. Preis 1 Thlr. 8 Ggr. 
Das Wesentlichste, was auch diese Sonate angehl, 
ist bereits oben bei Gelegenheit des Trio's erwähnt wor- 
den, nämlich jene allgemeinen Sätze, die Spohr's neueste 
Arbeiten immer wieder treffen. Acht Tacte bat man ge- 
spielt, und die vorgehaltenen chromatischen Töne, die 
harmonische Beweglichkeit, der dreitheilige Tact verra- 
then den Componisten. Edel in der Form ist auch hier 
jeder einzelne Satz, trefflich gerundet, klar übersichtlich 
geordnet. Frische Gedanken vermissen wir, namentlich 
gesangmässige ; dafür giebt es einzelne ganz überraschende 
Wendungen der Harmonie, geschickte Melismen. Tonart 
und Tactart der einzelnen Sätze aufzuzählen, ist unnö- 
thig. Die Sonate ist Mendelssohn gewidmet, ein schönes 
Zeichen künstlerischer Achtung. Mühe, claviermässig zu 
schreiben , bat Spobr sich unstreitig hier vorzugsweise 
gegeben ; und dennoch ist das Ganze schwerer, als Thal- 
berg oder Chopin, zu spielen, denn bekanntlich rächt 
sich bei Spohr jede kleine Unreinheit am Ganzen nur 
allzuhart. Man kann leicht den Quartettstyl in dieser 
Composition wiederfinden, und wird dann meinen, dass 
Vieles, z. B. die sehr gefühlvolle Romanze in Amoll, 
für das Streichquartett ausgeschrieben erst ihre wahre Wir- 
kung machen werden. 

Sonate für Pianoforte und Violine von N. W. Gade. 

Op. 6. Leipzig, Breitkopf u. Härlel. 1 Thlr. 20 Ngr. 

Ein heiteres, äusserst liebenswürdiges Musikstück I 

Der Componist, bereits durch grössere Werke bestens 

empfohlen, ist eine poetische Natur, erfüllt von einer 

S «wissen schwärmerischen Anschauung, die bei Söhnen 
es Nordens häufig angetroffen wird. Seine Verwandt- 
schaft mit deutschen Tonmeistern war bei seiner ersten 
Symphonie leicht erkenubar, und doch daneben etwas 
Eigentümliches, das sich Luft sucht, und das der vor- 
urteilsfreie Critiker durch eine gewisse Divination über- 
all, wo es sich zeigt, leichter, als durch Grübelei, wel- 
che ihm nur den Standpunct verrückt, herausfinden wird. 
Auch die Schnelligkeit, womit er seine Productionen ein- 
ander folgen lässt, verräth, dass er viel auf dem Her- 
zen und der Welt anzuvertrauen habe. Die vorliegende 
Sonate beginnt mit einem behende im %-Tact dabiuflat- 
ternden Allegro, A dur, das uns besonders in der festge- 
haltenen Ciavierfigur an Meudelssobn erinnert hat. von 
gutem Effect ist das an der Stelle, wo man die Domi- 
nante, Edur, erwartet, mit Emoll auftretende zweite 
Thema, das sich aber natürlich von selbst nach Edur zu- 
letzt hinleitet, und eben so im zweiten Theil die Paral- 
lelstelle zwischen Amoll und Adur. Von kindlich einfa- 
chem Gharacter ist das Andante, romanzenähnlicb (Fdur). 
Es schliesst zwar selbständig ab , wird aber durch eine 
rhapsodische Figur gleichsam recitativisch mit dem fol- 
genden Stücke verbunden. Dieses Finale halten wir für 
das Originellste vom Ganzen. Es tritt in A moil mit nicht 
gewöhnlichem Thema auf. Amoll bleibt auch dieleilende 



Tonart, die natürlich Gdor und Adur als Gegensätze for- 
dert. Hier herrscht viel Freiheit, viel Phantasie. Zuletzt 
nimmt Amoll noch einen Anlauf, sich zur Herrscherin 
zu machen, bis Adur dennoch, obgleich durch plagalischen 
Scbluss herbeigeführt, sein Recht behauptet. Das Musik- 
stück hat Manches, das man sonderbar nennen könnte, 
und das den Humor der Jugend verräth. Auf Gade darf 
man gute Hoffnungen setzen; möge er für Gesang fleis- 
sig zu schreiben nicht versäumen, damit er über der 
Freude an Instrumentaleffecten nicht auf Abwege gerathe. 



Nachrichten. 



Leipzig, den 27. Februar 1844. Achtzehntes Abon- 
nement -Gonoert im Saale des Gewandhauses, Donners- 
tag, den 22. Februar. Ouvertüre zu Coriolan von L. v. 
Beethoven. — Arie aus den Puritanern von BeUini> ge- 
sungen von Fräulein Marie Sachs (,, Qui la voce sua 
soave"). — „Ein Sommertag in Norwegen. u Fantasie 
für Pianoforte mit Orchester, componirt und vorgetragen 
von Herrn Rudolph IVillmers aus Copenhagen. — „La 
tempesla," Chor mit Orchester von Joseph Haydn. — 
„Sehnsucht am Meere. " — „Serenala eroica** für die 
linke Hand allein. — „La Pompa di Festa." Heroische 
Elude, sämmtlich für Pianoforte solo, componirt und vor- 
getragen von Herrn R. IVillmers. — Symphonie (in 
Amoll) von Felix Mendelssohn -Bartholdy. 

Wegen Erkrankung des Friul. B. Macasy, welche 
in diesem Concerte wiederholt auftreten sollte, war eine 
Abänderung des ursprünglichen Repertoire nothwendig ge- 
worden* daher kam wohl auch die allerdings ziemlich 
unpassende Zusammenstellung der 2fe/tf*i'schen Arie mit 
der ernsten, grossartigen Ouvertüre zu Coriolan von Beet- 
hoven; früher war Kecitativ und Arie der Susanna (in 
Fdur) dafür angesetzt, mithin eine würdigere Aufeinan- 
derfolge beabsichtigt gewesen. Fräul. Sachs hatte bei sol- 
chen Verhältnissen immerbin einen ziemlich schwierigen 
Stand ; denn obwohl anderwärts das für Bellini schwär- 
mende Publicum noch nicht eben vermindert zu sein 
scheint, so bat doch bei uns die alte Zuneigung sehr 
nachgelassen, und am Allerwenigsten findet man sich er- 
baut, auf eine Composition wie die Coriolan -Ouvertüre, 
eine BeUinfscht Arie hören zu müssen. Dessen ungeach- 
tet erwarb sieh Fräul. Sachs durch ihre recht angenehme 
und fertige Ausführung lebendige Anerkennung. Es ist 
nicht zu leugnen, dass Fräul. Sachs in ihrer Ausbildung 
sehr bedeutende Fortschritte macht j nur möchten wir ihr 
rathen, sich nicht unverhältnissmässig schwere Aufgaben 
zu stellen, bei welchen leicht die Solidität der Ausfüh- 
rung und damit zugleioh die Ausbildung selbst leidet. — 

Sehr grossen Beifall erhielt Herr Rudolph Will- 
mersy der uubezweifelt den bedeutendsten Pianofortevir- 
tuoseu unserer Zeit beigezählt werden muss. Sein An* 
schlag ist vortrefflich, und der Ton dadurch so elastisch, 
klar und bestimmt zugleich, dass auch in den schwierig- 
sten und schnellsten Passagen mit ungewöhnlicher Deut- 
lichkeit jede kleine Note unterschieden und gehört wird* 
j Dabei ist die Fertigkeit des Herrn IVillmers in der That 



153 



1644. Februar. No. 9. 



154 



so gross, wie sie nur wenigen Virtuosen eigen sein dürfte; 
die grössten Schwierigkeiten erscheinen unter seinen Hän- 
den wie leichte Spielereien, und da Herr IVillmers nicht, 
wie leider berühmte Virtuosen oft thun, auf dem Instru- 
mente herum tobt und rast , nicht fortwährend den Däm- 
pfer aufgehoben hält oder sich am Instrumente sichtlich 
halb ohnmächtig arbeitet» sondern wirklich Ciavier spielt, 
so macht auch sein Spiel einen angenehmen, erfreulichen 
Eindruck und lässt sich geniessen. Nur mit den Compo- 
sitionen des Herrn IVillmers können wir nicht einver- 
standen sein; es ist kaum glaublich, was die ambulan- 
ten Virtuosen, vor Allen aber die Claviervirluosen, dem 
Publicum zumutben. Wir haben zwar in dieser Hinsicht 
schon viele Erfahrungen machen und gar Manches als 
musikalische Composition hinnehmen müssen, was kaum 
Musik genannt werden konnte; zu beklagen bleibt es 
aber doeb immer, wenn bei so trefflicher technischer Aus- 
bildung, wie sie Herr IVillmers besitzt, die musikalische 
Bildung so vernachlässigt erscheint. Dass ein Virtuos, 
der sich ein Stück schreibt, um seine Virtuosität geltend 
zu machen, Nachsicht verdient, wenn er hierbei die streng- 
sten Kunstforderungen nicht immer im Auge behält, ver- 
steht sich von selbst; allein ein Stück zu schreiben z. B. 
wie die sogenannte heroische Etüde „La Pompa di Festa," 
welche Herr IVillmers zuletzt spielte, müsste eigentlich 
einem Musiker geradezu unmöglich sein. Es kann wirk- 
lich kaum etwas Geistloseres geben, und doch müssen 
wir leider bekennen, dass gerade dieses Stück von un- 
serem Publicum am Meisten und so sehr applaudirt 
wurde, dass sich Herr IVillmers veranlasst fand, es wie- 
derholt vorzutragen. Es ist eine eigene Sache mit dem 
Beifall und der Theilnahme des Publicums ; wird ihm Et- 
was geboten, das auf irgend eine Weise wirklich ganz 
ausgezeichnet, gewissermaassen über die Critik hinaus 
ist, so verliert es auch sofort jedes Urtheil ; es giebt sich 
ungebunden und rücksichtslos dem Genüsse dessen hin, 
was ihm eben vortrefflich geboten wird, und lässt alles 
Andere unbeachtet bei Seite liegen. So war es auch hier 
mit den Leistungen des Herrn IVillmers. Das Publicum 
staunte über dessen Virtuosität und erfreute sich dersel- 
ben, überhörte aber dabei gänzlich, was ihm dabei zu- 
gleich als Musik geboten wurde. Nur ein Stück, die Se- 
renata eroica für die linke Hand allein, war interessant, 
besonders für seinen Zweck interessant und sehr ge- 
schickt gemacht. Herr IVillmers wird noch ein eigenes 
Coneert veranstalten, nach welchem wir Gelegenheit neh- 
men werden, weiter über ihn zu berichten. 

Die Ausführung der schönen und allerdings schwie- 
rigen Symphonie von Mendelssohn- Bar tholdy war nicht so, 
wie man es von einem Orchester, das noch vor kaum einem 
Jahre gerade diese Symphonie so überaus vortrefflich spielte, 
hätte erwarten dürfen. Die Tempi wichen im Ganzen zu 
sehr von denen ab, an welche das Orchester unter Men- 
delssohn'' s eigener Leitung gewöhnt worden war; dies 
machte die ganze Ausführung unruhig, unsicher und feine 
Nuan$irong geradezu unmöglich. Wir beklagen das um 
so mehr, als Mendelssohn zufällig anwesend war und 
dieser Ausführung seines Werkes beiwohnte. 

Am Montag, den 26. Februar, gaben die Schwestern 
Milanollo im Saale des Gewandhauses ihr Abschiedscon- 



cert, das, obgleich ihr viertes Coneert seit ihrer Anwe- 
senheit in Leipzig, sehr besucht war und den beiden jun- 
gen Künstlerinnen wiederholt den grössten Beifall brachte. 
Der sonore Gewandhaussaal vermag allerdings die Vor- 
züge ihres Spieles mehr herauszustellen, als dies auf 
der Bühne eines Theaters möglich ist, wo die Coulissen 
dem Tone wie der Wirkung einer feineren Ausführung 
sehr nachtheilig sind ; es lassen sich hier aber auch die 
Schwächen leichter noch erkennen, und so hat sich denn 
als Gesammturtheil immer fesler gestellt, dass von voll- 
endeten Kunstleistungen bei beiden Schwestern, bei der 
jüngeren natürlich viel weniger noch als bei der älteren, 
zwar nicht die Rede sein könne, dass die Erscheinung 
Beider aber, in Hinsicht ihres Talents sowohl, als ihrer 
Ausbildung, eine höchst seltene, auch künstlerisch so in- 
teressante und bedeutende sei, wie es wenige jemals ge- 
geben haben dürfte. In diesem Concerte wurden nicht 
weniger, als sieben verschiedene und sehr bedeutende 
Solostücke von den beiden Schwestern vorgetragen ; wenn 
man nun weiss, dass diese sieben Solostücke an demsel- 
ben Tage Vormittags probirt, mithin an einem Tage bin- 
nen wenigen Stunden vierzehn Solostücke von den bei- 
den Kindern gespielt und mit aller nur möglichen An- 
strengung und Aufregung gespielt werden mussten, so 
kann man zu rechter Freude und zu ruhigem Genüsse 
dabei nicht kommen. Man vermag sich eines innigen Be- 
dauerns und Mitleids nicht zu erwehren, und kann die 
Verantwortlichkeit nicht vergessen, welche Diejenigen auf 
sich laden, denen allerdings zunächst das Wohl und Glück 
ihrer Kinder am Herzen liegen sollte. R. f. 

Frankfurt. (Beschluss.) Der Violinist Prüme spielte 
ebenfalls zwei Mal im Schauspielbause, konnte aber jene» 
romantische Interesse nicht wieder erringen, welches sein 
erstes Erscheinen, wie aus den Wolken herab, einflösste. 
Damals ein Jüngling mit schwärmerischen Augen und sei- 
ner Melancholie — man wusste nicht wober er kam — , 
verschwand er meteorisch wie er auftauchte, wurde für 
wahnsinnig, für todt gehalten, und erscheint nun plötz- 
lich wieder wie durch den Wink einer Fee in dem Kreise 
seiner früheren Bewunderer. Aber der Jüngling steht mit 
einem Male an den Grenzen des männlichen Alters, der 
Schnurrbart und etwas Embonpoint geben ihm einen bür- 
gerlichen Pli, der etwas prosaisch die Bliilhen von der 
Erinnerung abstreift — dazu sind seine Augen mehr auf 
die Violine wie zum Himmel gerichtet — also ein Gei- 
ger, wie schon viele da standen. Was Wunder, dass der 
Nimbus des Idealen im Preise gesunken ist, und wir es 
Mos mit dem Virtuosen zu tbun hatten, der recht schön» 
rein und nett spielt, aber den Vergleich mit einem Be* 
riot und Molique doch nicht ausbält. Selbst seine: „Me- 
lancholie" (die, unter uns gesagt, eigentlich keine Melan- 
cholie ist) war mit einem Male irdisch geworden, und 
so kam es, dass Prüme kein drittes Coneert mehr gab, 
und, wenn auch von Achtung begleitet, doch im Ganzen 
ohne viel Aufhebens wieder verschwand. Ja , ja 1 Neu- 
heit und Nimbus sind gewaltige Protectoren. Sie verfüh- 
ren unser Gefühl und Urtheil, ohne dass wir es selbst 
wissen. Paganini nur steht erhaben über beide. Er be- 
durfte ihrer nicht. Paganini hätte auch ohne seine phan- 



155 



1844. Februar. No. 9. 



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tastische Persönlichkeit denselben Zauber aasgeübt. Die 
Müanollo's? das ist eine Gewissensfrage. Ich, wie jeder 
Andere, war hingerissen von dieser Erscheinung, unfä- 
hig, das Secirmesser der Critik anzusetzen. Allein würde 
das Spiel dieser Kinder, namentlich Theresens, — das 
Enthusiasten ohne Weiteres neben oder gar über die er- 
sten Meister stellten — würde es denselben Enthusias- 
mus, dasselbe Urlheil ohne die Erscheinung, als Moses 
Kunslerzeugniss genommen, hervorgerufen haben? 

Auch Ernst Pauer aus Wieu unterstützte die Mo- 
zartstiftung durch ein Concert im Saale des Weidenbu- 
sches. Ich habe diesen jungen kaum achtzehnjährigen Pia- 
nisten bereits früher angedeutet. Er ist nicht blos Clavier- 
spieler, er ist zum Künstler geboren, wovon seine Com- 
positionen Zeugniss ablegen, die fühlbar aus dem innern 
Drängen des Genius entstanden sind. Obgleich er seinen 
Pegasus tüchtig zu tummeln versteht auf der Rennbahn 
der Tasten, so macht er doch keine englischen Reiler- 
künste darauf, bekennt sich also nicht, wenigstens jetzt 
noch nicht, zur Richtung unserer Techniker, die mit dem 
Ungeheuern kosen. Es scheint vielmehr, er werde die 
vergessene Methode eines Clements Field, Kiengel oder 
Ries wieder hervorrufen. Jedenfalls dominirt der Drang, 
zu schaffen, zu sehr in ihm, als dass er sich blos dem 
Virtuosenthum hingeben sollte. Ein paar Tage, in Puuer's 
und Streichens (seines Vetters) Gesellschaft zugebracht, 
haben diese Meinung in mir erzeugt, und täuscht mich 
nicht Alles, so wird Pauer einst ein sehr tüchtiger Com- 
ponist werden. Er hat in seinem ganzen Wesen Aehnli- 
ches mit Esser, obgleich dieser bereits selbständiger seine 
Künstlerbahn betreten bat. 

Der Soiree des Melophonisten Herrn Dessane konnte 
ich nicht beiwohnen. Grösstenteils hielten mich die An- 

E reisungen zurück, womit der Zettel angefüllt war. Ich 
abe überhaupt kein Vertrauen zu diesen neuen Erfin- 
dungen, die auf der einen Seite allerdings dem mensch- 
lichen Geiste Ehre machen, aber auf der andern sich als 
unpraclisch bewähren. Sie erzeugen nur momentanes In- 
teresse, welches mit dem letzten Tone des Instruments 
verstummt. Selbst Herrn Professor Kaufmanns acusli- 
sches Orchester erregt Bewunderung, aber kein Schön- 
heitsgefübl. Es ist eine complicirle Ironie auf das, was 
es vorstellen soll. 

Eine eigene Art von Concerten bilden hier verschie- 
dene Regimentsmusikchöre in den Restaurationen. Sie füh- 
ren Charivari's, Amaüen-Polka's, Melanges, Potpourri's, 
Giganten - Galop's , Ermunlerungs - Walzer , Ouvertüren, 
ja sogar Sympbonieen auf und zählen mitunter tüchtige 
Mitglieder. Stimmung und Satz sind gewöhnlich gut go 
hallen, und die Harmonie ist verständig gesetzt. Wer un- 
ter dem nervenerschütternden Andrang dieser Töne in 
einem Saale speisen mag, wird sich köstlich amüsiren. 
Es werden gedruckte Zettel von diesen „Grossen Con- 
certen" ausgegeben und angeklebt; folglich gehören sie 
der Oeffentlichkeit an. 

Am 28. November vorigen Jahres war die erste Soi- 
r6e des Pianisten Eduard Rosenhain, im Geschmack der 
früheren Rief stakt schtn Matinees, worin das Quartett 
mit dem Lied abwechselte. In dieser Soirle wurde ein 
Trio von Mendelssohn (Dmoll) und eines von Beetho- 



ven (C dur) vorgetragen , worin sieh der junge Pianist 
als seiner Aufgabe gewachsen auswies. Er spielt mit Ge- 
schmack und richtigem Feuer. Er wurde von dem wa- 
ckern Violinisten Herrn Eliason unterstützt. Da seitdem 
aber keine zweite Soiree Statt fand, fürchten wir, dass 
jene erste auch die eiuzige gewesen ist. Ein neues Bei- 
spiel, dass unsere hervorragenden Museen, worin sich 
alle Gattungen musikalischer Productionen , von der gi- 
gantischen Symphonie an bis zur französischen Roman- 
zelte herab» vereinigen, alle andern Concerte, heissen 
sie wie sie wollen, überflüssig machen. 

Ueber die sieben Museen vom 27. October bis zum 
19. Januar d. J. ausführlichen Bericht zu geben, würde 
zu weit führen. Es ist mir hauptsächlich darum zu thun, 
den Leser des Auslandes auf einen Slandpunct der Beur- 
theilung zu führen, in wie fern die Tendenz dieser Mu- 
seen, und die darin herrschende Analogie zu loben oder 
zu tadeln sei. Der Leser habe hier eine tabellarische 
Uebersicht, welche ihm dieses Urtheil erleichtert. 

Symphonieen: 1) Mendelssohns neueste ( A moll) 
zum ersteu iYlale. 2) Siufonia appassionata von AI. Schmitt 
(Fmoli) zum ersten Male. 3) Beethoven' s grosse (A dur). 
4) Desselben (Cmoll). 5) Erinnerung au Jos, Haydn von 
Schnyder von kVartensee. 6) Die Pastorale (diese bei- 
den an einem Abend). 7) Die Eroica, und 8) die neueste 
von Heinrich Esser, Festsympbonie (Es dur) zum ersten 
Male (im Theater wiederholt). 

Ouvertüren : 1) Sommernachtstraum. 2) Aus Zamori 
von Vogler. 3)Meeresstille. 4) Fingalshöhle. 

Concerte und Concert - Vorträge : 1) Clav.-Conc. 
von Mozart (A dur), gespielt von K. Reiss, einem Schü- 
ler Hom's. 2) Erstes Allegro aus dem Violin- Concert von 
Beriot, gespielt von dem jungen Aloys Baldenecker. 3) 
Fantasie für die Oboe, vorgetragen von Herrn Reuther 
(grossherzogl. bad. Hofmusikus). 4) Concert heroique, 
componirt und gespielt von Präme. 5) Ciavier - Concert 
von Beethoven (C moll), gespielt von Ludw. Richter. 6) 
Erster Satz aus HummeVs A moll -Concert, gespielt von 
Fräul. Padjera. 7) Ciavier- Concert von AU Schmitt 
(Dmoll), gespielt von des Componisten Sohn. 8) Concert 
von Vieuxtemps, vorgetragen von dem jungen Max 
IValdhäuser. 

Arien : 1) Von Beethoven Scena ed Aria „Ah per- 
fido" (Cdar), von Guhr instrumeutirt , vorgetragen von 
Fräul. Reuther. 2) Sopran -Arie mit obligatem Fagott von 
den Geschwistern Henriette und Gustav Däring. 

Lieder zum Ciavier (alle von Guhr accompagnirt) 
sangen Fräul. Capitain: von Preyer, Krebs, Gollmick 
und Schober. Fräul. v. KnoU: „Das Hochland 4 ' von Ma- 
scheck mit obligater Violinbegleitung, vorgetragen von 
Gollmick Sohn, eines von einem Ungenannten, und das 
„Ave Maria" von Kacken. Fräul. Reuther: das „Ave 
Maria" von Cherubini. Herr Pischeki von fV. Speyer 
„Der Einsame," „Die Stille" und „Die Tragödie," Lied 
iu drei Abtheilungen von Kücken. Herr Conradi* „Der 
Renegal" von Donisetti (nach Gollmick 's UeberseUung). 

Duetten sangen ; Fräul. Capitain und Rratky, zwei 
von Gabussi\ Fräul. Capitain und Herr Pischek „ Lie- 
besfrühling 4 < von fV. Speyer (Gedicht von Rückeri) und 
einen persischen Wechselgesang. 



157 



1844. Februar. No. 9. 



158 



Herr Bafson endlich sprach zu üPiJir^ Musik mit gan- 
zem Orchester Schiller 9 * „Gang nach dem Eisenhammer." 
So weil der musikalische Theil dieser Museen, nach 
und zwischen poetischen Vorträgen der Damen Frühauf, 
Hofman 9 Albini, und lehrreichen Abhandlungen des Herrn 
Baison (aus Shakespeare und Calderon) ; Theodor Crei- 
tzenach (die Meistersanger in der Zeit der deutschen Re- 
formation) ; Carl Schneider (über die proven^alische Poe- 
sie und die Troubadoars von Dr. Sattier), and von dem 
Autor selbst gelesen. 

Auch wem die Entstehung, die Schicksale und Käm- 
pfe dieser Anstalt nicht bekannt sind, und wer ihre Sitzun- 
gen mit unbefangener, oder mit der Miene des Criti- 
kers besucht, wird eingestehen müssen, dass deutsche 
Wissenschaft und Kunst an ihr eine treue Pflegerin ha- 
ben ; dass sie aber eben jetzt in ihrem Zenith steht, kann 
nur Der beurtheilen, der ihren Schritten gefolgt ist. Je- 
denfalls ist sie der Boden, worauf die Symphonie empor- 
blübt, wo das anspruchlose Verdienst aufgemuntert und 
an das Licht befördert wird. Guhr hat darin mehr Tact 
und Energie, als es sich mit seinem Theater- Orchester- 
Di re ctorat verträgt. Darüber ein Weiteres in einer Cha- 
racterislik des Frankfurter Orchesters, die ich unter der 
Feder habe. 

Ich kann diesen Artikel nicht schliessen, ohne die 
Hoffnung auszusprechen, dass in den beiden obengenann- 
ten jungen Virtuosen Aloyt Baldenecker und Max Wald- 
häuser zwei tüchtige Geiger emporwachsen werden. Wo 
wirkliches Talent, wie hier augenscheinlich, vorhanden, 
bedarf es zur vollendeten Entwickelung wohl des Aus- 
landes nicht, und in unserm deutschen Vaterlande, das 
in allen Fächern der Kunst und Wissenschaft seine Mei- 
ster erzeugte, wird wohl auch hier des gesunden Nah- 
rungsstoffes zu finden sein. A. Baldenecker, fast noch 
ein Kind, hat seinen eigenen Onkel zum Lehrmeister, 
der selbst ein tüchtiger Geiger ist, wenn er auch nicht 
selbst mehr auf dem Forum eines Virtuosenthums steht, 
wie es unsere gesteigerten Zeitansprüche verlangen. Den 
jungen tValdhäuzer, vielleicht in einem Alter von 15 Jah- 
ren (dabei spielt er seine tüchtige Ciavier- Etüde, und 
macht seinen Contrapunct durch), unterrichtet Guhr mit 
grosser Liebe. Dieser Umstand allein mag für des Kna- 
ben wirkliches Talent Garantie leisten. C. G. 



Feuilleton. 



Währeid des vergangenen" Jahres worden in Paris neue Opern 
aufgeführt: in der Academie royale %, nämlich Halcvy's Carl VI. 
und Donizettfs Don Sehastiao ; ausserdem noch die Peri, ein pan- 
tomimisches Ballet mit Musik von Bvrgmüller; — in der komi- 
schen Oper 7, nämlich .* Des Teufels Antbeil von Aubev, Die bei- 
den Schäferinnen von B ou langer , Der Brennen der Liebe von 
Balfe, Angelica und Medor von Thomas, Lambert Simnel von 
Monpou, vollendet von Adam, Mint oder die Doppelwirthschaft 
von Thomas, Der Sclave Csmoens*, von Flotow; — im italieni- 
schen Theater 4: Don Pasquale von Donizetti, Taube flieg (Pigeon 
vole) von Castilblaze, Maria di lUhaa von Donizetti, II Fantasma 
von Persiani, 



Die Academie der schönen Künste in Paris bat Halevy zum 
Vieepräsideaten ernannt. Präsident ist der Baron Desnoyers. 

Im ersten diesmaligen Coacerte des Pariser Conservatoriams 
der Musik (den 14. Januar) kamen zur Aufführung: Mendelssohn 1 s 
Symphonie in Amoll, Sanctus und Benedictus aus Haydn's Bdur- 
Messe, Marsch und Chor ans den Ruinen von Athen von Beetho- 
ven (musste wiederholt werden), Symphonie von Haydn in Adur. 

Am 17. Januar fand in Hamburg eine öffentliche Prüfung der 
Zöglinge des Jülich' sehen Blinden -Instituts Statt, die vorzüglich 
anch in musikalischer Hinsicht interessant war. Die Zöglinge 
führten verschiedene Gesang- und Instrumentalstücke sehr gelun- 
gen aus ; den Preis im Pianofortespiel trug auch diesmal die be- 
reits bekannte, auch in diesen Blättern erwähnte Pauline Bruns 
davon, namentlich in Herz's Variationen über ein Thema aus Wil- 
helm Teil. 



Der junge Violinvirtuos und Compenist Carl Eckert aus Ber- 
lin , welcher sich in Rom aufhält und daselbst an den alle Frei- 
tage Statt findenden musikalischen Soireen des Herrn Landsberg 
tbätigen Antbeil nimmt, bat eine Reihe von Coocerten im Saale 
des Palastes Caffarelli eröffnet; Tbeilnahme und Beifall waren 



gross. 



In Danzig hat eine neue Peenoper in drei Aufzügen, „Maja 
und Alpino, 4 * Buch von Ed. Gehe, Musik von dem dortigen Mu- 
sikdirector und Organisten F. JP. Markuli > vielen Beifall gefan- 
den; der Gomponist wurde nach den beiden ersten Aufführungen 
des Werkes gerufen. — Uebrigens ist es dasselbe Buch, welches 
der verstorbene Bürgermeister zu Teplitz, Wolfram, sehen frü- 
her eomponirt hatte. 

Drey schock hat den Ertrag eines* in Darmstadt gegebenen 
Concertes, 228 Fl. 53 Kr., den aus Griechenland in Armuth zu- 
rückgekehrten Deutsehen gewidmet. 



Ankündigungen. 



Unterricht in der musikalischen Compositum 

Nicht %wei Schüler, geschweige denn mehrere, fand ich bis 
jetzt, die mit ganz gleichem Talent und Begriffsvermögen begabt 
gewesen wären. Deshalb habe ich wahrend dem dreijährigen Be- 
stehen meines Instituts jeden einzeln unterrichtet. Diese Erfah- 
rung bestimmt mich, es anch in der Folge so fortzuführen. Die 
Resultate, die ich durch solchen Einzelunterricht und meine nicht 
ans Lehrbi ehern geschöpfte, sondern ans dem Bildungsgang der 
grössten Meister abstrahirte Unterrichtsmethode nun bereits erran- 
gen , setzen mich in den Stand , jedem Schüler , der mit Talent, 
Lern- und beharrlicher Arbeitslust zu mir kommt, in zweijähri- 
gem Cursns alles theoretische Wissen und alles technische uud 
ästhetische Bilden so vollständig mtfzutheilen , als nöthig ist, um 
sich seibat weiter fortbilden zu können. Denn zum Meister einer 



I Kunst macht jeder nur sich selbst. Die Beweise, dass ich nicht 
i zu viel verspreche, liegen in Arbeiten meiner Schäler vor, welche 
i > cu G f £ cn portofreie Znrücksendung auf Verlangen vorzulegen gern 
erbätig bin. Zugleich bemerke ich, dass die sich anmeldenden 
Schüler Wohnung, Kost u. s. w. gegen billige Bedingungen bei 
mir finden können und mögen die Angehörigen der sorgfälligsten 
Ueberwachung meiner Schützlinge sich versichert halten. Anmel- 
dungen erbitte ich mir bald, da ich vor der Hand nur wenige 
Sehüler noeh annehmen kann , und meine häuslichen Anordnun- 
gen darnach treffen musa. Schliesslich erlaube ich mir auf einen 
Theil meiner Compositionslehre aufmerksam zn machen, der die 
thematische Arbeit nebst Formenlehre behandelt und zu Ostern 
oder kurz nachher bei B. F. Voigt in Weimar erscheinen wird. 



Weimar, im Februar 1844. 



JT. C Iit>fee. 



159 



1844. Februar. No. 9. 



160 



recht: 



Ab 7. Man erscheint in unserem Verlegt mit Eigenthoms- 



j§. TliaHier» 

Wantairte pour le JPumo 

§cmiramldc. 

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Fctbct am 10. Mint 

& Tftalberg 

Fantatole pour le Piano 

sur 

MMcrexia Borgia. 

Op. 50. Preis 1 Thlr. 

Etwes später werden mit Eigenthumsrecht erscheinen: 

Kd# 'Wolfft Bolero pour le Piano sur Mina. 0p. 93. 

— — - Fantaisie pour le Piano k quatre mains sur Dom 

Sebaslien. 0p. 98. 
Grand Caprice pour le Piano sur Dom Sebastien. 

0p. 99. 

Zu kirchlichen Feierlichkeiten eignet sieh ganz vorzüglich die 
so eben erschienene: 

JTabel - Cantate 

für vierstimmigen Chor mit Begleitung; des Orchesters 

snr 100jährigen Kirchen feier und zum Gebranch bei jeder öffent- 
lichen Sonn- und Festtags -Feier, componirt von Ernst Köhler. 
Op. 66. li Rthlr. 
Diese nach ihrer Aufführung als ganz vorzüglich gelungene 

Composition anerkannte Cantate empfehlen wir den Herren Can- 

toren zur baldigen geneigten Anschaffung. Zu ähnlichen Zwecken 

sehr geeignet ist die ruhmliehst bekannte 

Fest -Cantate: „Gott ist der Herr!" 

Für 4 8ingstimmen uud Orchester. Componirt für die Feier der 
Einweihung der Kirche zu Erdmannsdorf von T. J. Pachaly. 
Sr. Majestät dem jetzt regierenden Könige von 
Preusscn gewidmet. — Subscriptionspreis I Rthlr. 

Der Werth dieses vortrefflichen Werks ist allgemein bekannt 

und es darf nur noeh erwähnt werden , dass diese Cantate auch 

mit geringen Mitteln leicht ausführbar ist. 

Ferner empfehlen wir die bei uns von Pachaly erschienenen 

Werke : 

Chrlatnaehttj- Cantate für 4 Singstimmen und 9 Violi- 
nen, Viola, Bass, 2 Flöten, 2 Hörn, mit Orgelbegleitung, com* 
ponirt von T. J. Pachaly. Op. 10. Preis 1 Rthlr. und die 
rühmlichst bekannte 

Oftter-Cantate t „ Unendlich gross ist Gottes Huld und Macht " 
Für 4 Singstimmen mit Orchesterbegleitung , eomponirt von T. 
J. Pachaly. Nebst einem am Schlüsse beigefugten , leicht un- 
terzulegenden Texte, zum Gebrauch bei anderen kirchlichen 
Feierlichkeiten. Op. 8. Preis 1 Rthlr. 
Ausnerdem ist noch erschienen : 

!>»*- Cantate t „Meine Zeit steht in Deinen Händen, 1 ' für 
4 Siugstimmen und Orchester in Musik gesetzt von Wilh. Win- 
genberg, Cantor an der Hauplkirehe su St. Petri und Musik- 
Direclor in Görlitz. Op. 16. Preis 1 Rthlr. 8 Sgr. 

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März d. J. nur Eigenihumurceht t 

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dern auch allgemeine Aufsätze und musikalische Beilagen enthält, 
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das erste Heft erschienen« worin auch mehrere bisher ungedruckte 
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Leipmg, Februar 1844. F# WMatlln*. 

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ausgegeben. 

Bonn, im Januar 1844. w# g | mroek# 

pk> Dringende AuffoHerung. 
Der ruhmlich bekannte Violinvirtuose Joseph Genrlnff 

(ehemals in Wien), von dem ich seit dem Jahre 1896 ohne Nach- 
richt bin , wolle mir — da ich ihm sehr wichtige Mittheilungen 
zu machen habe — seinen Aufenthaltsort anzeigen. Sollten übri- 
gens Kunstgenossen oder Freunde Gehring* s glaubhafte Kunde 
von seinem etwa erfolgten Ableben zu geben vermögen, so bitte 
ich solche an mich gelangen zu lassen, damit ich (im letzteren 
Falle) meine Eröffnungen an Gehring' s Hinterbliebene machen kann. 
Carlsruhe, im Februar 1844. 

J>r. F. 8. Gaaamer, 
Grossherzoglich Badischer Hofmnsikdirector. 



Druck und Verlag von BreilkopJ und Härtel in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



161 



102 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 6 ten März. 



M 10. 



1844. 



Inhalts Ein Blick a«f Weimars Musikleben. — Becensionen. — rtmekrickten : Aas Leipzig. Ans Berlin. Herbstopera iß Italien n. s. w. 
(Fortsetzung.) — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Ein Blick auf Weimars Musikleben. 

Liszt hat seit einigen Wochen als weimarischer Ca- 
pellmeister fungirt. und bereiU mehrere Concerte bei Hof 
und im Theater dirigirt. Für die hiesigen Musikfreunde 
jedenfalls ein interessantes Ereigniss und eine Anregung 
zu mancherlei Fragen und Betrachtungen. Wird sein Hier- 
sein Polgen haben auf unser Musikireiben, und weiche? 
Dies führt auf eine Vorfrage : wie stand es bis jetzt um 
dasselbe? 

Wir halten seit AmalitCs Zeil bis auf den heutigen 
Tag» was einer Sladt ein interessantes Musikleben berei- 
ten kann: ununterbrochene Gunst unserer Pursten, eine 
gulbeselzte Capelle, Theater, bedeutende Männer als Ca- 
pellmeister, Kirchen-, Sladt- und Militärmusik, ausge- 
zeichnete Dilettanten und Sinn für Musik überhaupt im 
grossen Publicum. Bei alle dem ist die Musikgeschichte 
dieser ganzen Periode eine ziemlich unerfreuliche, weil 
einseitige. 

Das Vorherrschende bei uns war und ist die Oper. 
Unter Carl Avgmt hatte sie durch einen glücklichen 
Verein seltener Gesangmittel ihre Glanzepoche; doch bie- 
tet sie auch jetzt des Erfreulichen und Anziehenden noch 
genug. — Sehr im Nacbtheil dagegen standen die ande- 
ren Zweige der Tonkunst, namentlich die reine Instru- 
mentalmusik. Auf 120 Theatervorstellungen jährlich ka- 
men nur zwei öffentliche Concerte im Theater, zum Be- 
sten des Capell-Wittwcn- Pensionsfonds , und diese erst 
seit wenigen Jahren auf Anregung unseres verehrten In- 
tendanten und Hummets. Erschienen fremde Künstler, so 
spielten sie meist in Hofconcerten , die natürlich dem 
grossen Publicum nicht zugänglich sein konnten, oder sie 
traten im Theater in den Zwischenaeten auf. Daher sind 
die Meisterwerke der Instrumentalmusik bei uns theils 
sehr selten, viele davon noch gar nicht zu Gehör gekom- 
men. Eben so ist es mit der Quartettmusik, deren rei- 
cher Schatz, für das Publicum wenigstens, zum grössten 
Theile noch ungenossen vorliegt. Auch die Kirchenmusik 
kann, obgleich die Capelle an Fest- und Geburtstagen 
mitzuwirken verbunden ist, nur wenig leisten, da die 
Chormittel spärlich und selbst der Raum zu grösseren 
Aufführungen beschränkt ist. 

Schöne Ausnahmen, wie z. B. die zweimalige Auf- 
führung des Paulus unter Mendelssohns eigener Direc- 
tum, haben uns wohl von Zeit zu Zeit erfreut ; im Gan- 

46. Jahrgang. 



zen genommen aber war unsere Capelle nur Dienerin 
der Oper, und nebenher pomphafte Begleiterin des Ge- 
sprächs in den Zwischenaeten des Schauspiels. Denn wie 
der Canarienvogel zu schmettern anlangt, sobald Musik in 
seinen Kä6g tönt, so der grössere Tneil des Poblicums 
im Theater, wenn die Entreacts beginnen. Da diese Er- 
scheinung, beiläuGg gesagt, in allen Theatern dieselbe 
ist, so sehe ich die Zeit kommen, wo die Musik als über- 
flüssig in den Zwischenaeten ganz bei Seite geschoben 
wird. Welche Wirkung muss dann das ausgeruhte Ohr 
bei der Oper empfinden! — 

Diese eben besprochenen Umstände konnten für die 
höhere und allgemeinere Musikbildung unserer Stadt nicht 
besonders erspriesslicb sein und mussten in manchem Mu- 
sikfreunde eine Leere empfinden lassen. Die Meisterwerke 
der Instrumentalmusik, Beethovens Symphonieen z. B., 
sind doch etwas Anderes, als die meisten neufranzösischen 
und italienischen Opern. Wenn diese eine oberflächlich 
angenehme Stimmung, so bringen jene uns Ahnungen 
eines höheren Seins, und regen das Edelste und Tiefste 
in der Menscbennatur auf. Viele verlangen von der Mu- 
sik nicht mehr, als sinnlich angenehme Bilder; man soll 
ihnen das nicht verargen und sie ihnen nicht entziehen. 
Aber der musikalisch höher Gebildete und nach höheren 
Kunstgenüssen Verlangende will doch auch nicht darben. 
Die Aufgabe wäre in dieser Beziehung für jede Sladt, 
ein billiges Verhältnis* herzustellen, wie es z. B. in 
Leipzig existirt durch dieGewandhausconcerte, die, obwohl 
zum grössten Theil von demselben Orchester besetzt, das 
in dem Theater beschäftigt ist, doch ein für sich bestehen- 
des selbständiges Institut bilden, in welchem alle die herr- 
lichsten Instrumentalschöpfungen unserer grössten älteren 
und neueren Meister in glänzendem Reigen an den da- 
für empfänglichen Geistern vorüberziehen* 

Soll sich aber ein solches Kunstleben vollständig ent- 
falten, so gehört vor Allem ein Verein seltener Eigen- 
schaften in dem Dirigenten dazu. Von ihm hängt ab oder 
soll abhängen die Wahl der Kunstwerke sowohl, als die 
vollkommenste Darstellung derselben. Das Erste bedingt 
eine umfassende Kenntniss der besten Werke aller Kunst- 
branchen, aller Zeiten und aller Meister, und zugleich 
den reinsten und universellsten Kunstgeschmack; denn 
eine einseitige Neigung in letzterer Beziehung würde ein- 
seitigen Kunstcultus hervorbringen. Hinsichtlich der Dar- 
stellung durch die Ausführenden muss er den Geist, die 

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165 



1844. März. No. 10. 



164 



Poesie der Kunstwerke auf's Tiefste *qrfassen körnten. 
Dies bedingt eine ausserordentliche und zu jeder Zeit bei 
ihm erregbare CelttbempiaaglithkcStwdjpoetisiAe Stim- 
mung des Gemitbs. Es mims die Begeisterung;, welche 
in den Menienten des Sebafltain dem Schöpfer 4e» Wer- 
kes flammte, bei der Aufführung desselben sich in dem 
Dirigenten eben so flammend reproduciren, und er muss 
zugleich die Kunst versieben, sie als ein belebendes Flui* 
dum in die ausführende Masse überströmen zu» lassen. 
Flammende Begeisterung soll in ihm glühen und — doch 
zugleich kälteste Beherrschung seiner selbst, 4tr wölben- 
den Brandung des Meeres ähnlich in vielen Fällen and 
dem Fels, der ihr widersteht. Dabei muss er die voll- 
ständigste Inatrumentalkenntniss besitzen, um nicht, wie 
einst ein Berliner Dirigent und Componist, grob zu wer- 
den über das aussenbleibende Contra -H des Fagotts, wel- 
ches zu damaliger Zeit darauf nach gar nicht zu haben 
war. Da» feinste Gehör muss er besitzen , im das lei- 
seste, versteckteste Verbrechen gegen reine Stimmung 
und exacte Ausfuhrung zu entdecken, denn jede über- 
hörte Sünde raubt ibm ein Stückeben Autorität] Und was 
weiter noch Altes wird von ibm gefordert, wenn er die 
Idee eines ächten Capellmeisters erfüllen soll! Geistes- 
gegenwart für Unglücksfälle, wann z. B. eine Sängerin 
stecken bleibt ader plötzlich mit dem Tacte durchgeht; 
Menschenkenntniss und daraus fliessende Menschenbchand- 
lungskunst, and zwar die schwierigste darunter: Künst- 
lerbehandlungskonst. Er muss für jede Arroganz, woher 
sie tönen mag, den rechten Dämpfer bei der Hand ha- 
ben. Spraehkenotnisse , denn er bekommt es »it Künst- 
lern vieler Nationen zu thun. Die Kunst, durch ein Blitz- 
wort auf die Masse zu wirken, die zuweilen gern schla- 
fen geht. Die Kunst, sich klar, kurz und bestimmt aus- 
zudrücken , und bei jedem Falle mit den wenigsten Ge- 
dankenschlägen den Nagel auf den Kopf zu treffen. End- 
lich muss er die Liebe und Achtung seiner Untergebe- 
nen besitzen, und, weil er an der Spitze steht, auch 
wirklich eine Spitze an Kunst und Intelligenz sein. 

Lisxt ist den Meisten nur als Claviervirtuos bekannt, 
und als solcher für den Ersten jetzt lebenden erklärt. 
Natürlich, dass sieh Mancher für dieses peinliche Verbre- 
chen durch nachträgliche Abers zu rächen sucht. Jeder- 
mann will das Ausserordentliche ; die Meisten wollen es 
aber zugleich nach dem kleinen Gedankenspinngewebe 
ihres gewöhnlichen Köpfchens, und denken nicht an den 
abgeschmackten Widerspruch, der darin liegt. Wo wäre 
ein originaler Geist, wenn er es Jedem recht machen 
wollte! Lü*t ist, als Virtuos Lügt, ein wunderbares 
Phänomen. Wer an ihm mäkeln will, der begreift die 
Natur nicht in ihren ausserordentlichen Schöpfungen. 

Aber Lisxt ist mehr, als bioser Virtuos, und davon 
ist weniger bekannt. Wer ihn z. B. noch aicht prima 
vista hat spielen hören und sehen,, der wird meine Be- 
schreibung davon für enthusiastische Uebertrcibuog hal- 
ten, und doch ist kein Jota daran unwahr. Nicht allein 
fahren die verwickeltsten NeUöftgnren der modernsten 
Pianofortemusik durch sein Wnmdaraage btitzschnell in 
höchster technischer Vollendung ja seine Finger, nicht 
Mos erfasst sein Geist, was dawn dar Gompeoist in die 
Noten gebannt haban «mag: *nit *b»n so iniegreiflwfcer 



Leichtigkeit verwandelt sich die stärkste Partitur unter 
seinen Händen zum möglichst vollständigen Ciavieraus- 
•zöge. Dabei hat er ein fabelhaftes Gedäeotuise. Die be- 
sten Werke vieler Meister wohnen bis auf die kleinste 
Note sicher dank, und springen vollständig heraus* wann 
und wo es ihm beliebt. Daher namentlich die für einen 
Dirigenten wichtige Gabe, ein einmal gefasstes Tempo 
au jeder Zeit auf's Genaueste in derselben Weise wie- 
dergeben zu können. Dazu kommt eine äusserst vielsei- 
tige geistige Bildung, so wie eine unbegreifliche physi- 
sche und psychische Ausdauer, die ihm in künstlerischer 
Hinsicht zu unternehmen möglich machen, was die Mei- 
sten bleiben lassen müssen. 

Sein Eintreten in unser Musikleben konnte demnach 
nur die erfreulichsten Hoffnungen erwecken, und sie ha- 
ben bereits angefangen sich zu reaiisiren. Ldszl hat ein 
tiefes Verständniss aller der Werke gezeigt, die er bis 
jetzt in mehreren Concerten dirigirt. Namentlich hat er 
die Beetkoven'ioben Symphonieen meist in langsameren 
Tempo's geuommeii» als wir sie früher gebärt, und mit 
überraschendem Gewinn für die Wirkung. Er besitzt die 
Hauptgabe des ächten Dirigenten, den Geist des Werkes 
in vollem Glänze aufleuchten zu lassen. Jede feinste 
Nuance versteht er allen Ausführenden erkennbar in sei- 
nen Bewegungen auszuprägen, ohne in carikirtes Her- 
umfahren auszuarten. Sein bewegliches, alle Gefühle ab- 
spiegelndes Antlitz verdoümelscbt die Freuden und Lei- 
den der Töne, und sein energisch herumblitzendes Auge 
muss jede Capelle zu ungewohnter Thalkraft entzünden. 
Lüzt ist die verkörperte Musikseele. Hell wie eine Sonne 
strahlt er sich aus, und wer in ihre Nähe kommt, fühlt 
sich erleuchtet und erwärmt. Sein Eiuflnss auf das wei- 
mari$che Musikieben kann und wird ein günstiger und 
fördernder sein, und wie rein eine solche Hoffnung das 
Herz erfreut, so regt sie es auch an, bei dieser Gele- 
genheit nachträglich auf einige Mängel aufmerksam zu 
machen, die nicht blos in Weimar , sondern fast an al- 
len Orten sich aufdringen, wo Goncerte bestehen. 

Darunter wäre zuerst zu rechnen die zu grosse 
Länge fast aller Gonoerte. Unter zehn Programms geben 
neun mehr, als gut ist. Die Schönheit, die sich vor dem 
gesättigten Sinn zeigt, hat sich umsonst . bemüht , und 
diese Demüthigung wird manchem herrlichen Ton werke 
wirklich bereitet. Der Reiz der Töne consumirt die Ner- 
ven am Schnellsten, und bringt unfehlbar Erschlaffung 
hervor, wenn er übertrieben wird. Einmal bat auch Lust 
diese Erfahrung aus den Augen verloren und fünf grosse 
Stücke, worunter eine ganze Beethoven^tkt Symphonie 
und das Cmoll-Gonoert von demselben Gompamaten sich 
befanden, ohne Unterbrechung hinter einander gegeben. 
Lieber zu wenig als zu viel ! Im erstehen Falle kommt 
der Appetit um so eher wieder, im letzteren fürchten 
sich wenigstens die Schwächeren vor Anstrengung heim 
Genüsse. 

Sodann wäre es endlich an der Zeit, aus den Con- 
certen nicht die Sänger, wohl aber ihre italienischen 
Opernfetzen zu verbaunen,. wenigstens in solchen Städ- 
ten, wo ein .stehendes Theater aniattrt. Welchen Genuss 
kann es gewähren, eine unzählige Male in 4er Oper ge- 
hörte Arie nin anch wieder im Gebeert an vernehmen! 



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i&U. März. Nou 10. 



166 



Haben wir nicht die grosse Summe herrlicher deutscher 
Lieder and Gesänge, die sich läglieh noch vermehrt? 
Man het gesehen., weichen Eindruck JJsit's Lied ans 
Nonnenwerth, von dem Senger Götx gefühlvoll vorge- 
tragen, blos von dem Pianoforte begleitet» auf das ganze 
Publicum hervorgebracht hat. Es wurde stürmisch da Capo 
verlangt, und der Applaus wollte kein Ende nehmen. 
Durch selche am Cfovier gesungene Lieder kommen drei 
Vorlheile: erhöhtes Interesse durch das Gedicht, glän- 
zendes Hervortreten der Singstimme , und wohlthuender 
Coulrast gegen die vollstimmigen Orchesterwerke. 

Endlich darf auch nicht unbemerkt bleiben, dass die 
Aufstellung des Orchesters auf unserer Bahne, wie sie 
bis jetzt besteht, der Wirkung der Werke grossen Scha- 
den bringt, da alle Effecte, wie ven einem grosse« Sor- 
din bedeckt, nur dumpf herausklingen. Eine andere Vor- 
richtung, wodurch eine bessere Resonanz gewonnen 
wurde, sind Wünsche, die die Mehrzahl des Publicum* 
fortwährend ausspricht, und deren Berücksichtigung ge- 
wiss dankbar anerkannt werden würde. Denn man darf 
es sagen, weil es wahr ist: der Sinn unseres Publicum* 
für Musik ist gesund, und wenn ihm was Rechtes in guter 
Ausführung geboten wird, so fehlt es an warmer Theil- 
nahrae hier durchaus nicht. So erregen z. B. die Sym- 
phonieen jedes Mai eine grosse Spannung und tiefe Auf- 
merksamkeit in dem ganzen Zuhörerkreise, und der nicht 
von Einzelnen gemachte, sondern allgemein ausbrechende 
stürmische Applaus nach jedem Satze beweist die Em- 
pfänglichkeit für die höheren und höchsten Kunstproduc- 
tionen zur Genüge. Auch herrscht über Lisxt's Hier- 
sein eine durchaus freudige Stimmung im ganzen Publi- 
cum, und eine dankbare für den Hof, der uns diesen ju- 
gendlichen und belebenden Feuergeist gewonnen. 



Recensionen. 



Don Pasquale, komische Oper in drei Acten; nach dem 
Italien is che n übersetzt von H. Frech, Musik von Do- 
nizetli. Vollständiger Clavierautzng mit italienischem 
und deutschem Texte. Wien, bei A. Diabelü u. Comp. 
Preis 14 PI. Conv.- Münze. 
Donizetli ist unhlugbar ein höchst bedeutendes bril- 
lantes Talent von fast unglaublicher Productionskraft. 
Feierte er auch seine glänzendsten Triumphe bis jetzt in 
der Opera buflu oder semi-seria, so hat er doch zahl- 
reiche Beweise gegeben, dass ihm später wohl auch ernste 
Werke gelingen werden. Sein „Liebestrank,* • seine „Be* 
zimentstochler '' muss jeder Vorurtheilefreie als glück- 
liche, wirkungsvolle Werke in ihrem Genre anerkennen. 
Freilich sört in dieser, wie in allen seinen Werken, den 
tiefer Blickenden nur gar zu häufig Jene leichtfertige 
Eile, jener Mangel an Gonsistenz (das Publicum läset sich 
weniger dadurch stören) ; dagegen sprich! ans ihnen jene 
Willigkeit der Musengunst, es Weht uns daraus jene an- 
muthige Frische an, die einen höchst wohkhueaden Ge- 
gensatz bildet zu so manchem mit grosser Sorgfalt und 
höchstem Aufwände von Meditation gearbeiteten Werke. 
Fern sei es von uns, jener leichtfertigen, fabrikmässigen 



j C*mpositiet>tweise das Wort zu reden — wie Vieles auch 
Donizetli zu seiner Entschuldigung anzuführen haben 
mag — ; wir wollen nur seine entschiedene Befähigung 
verteidigen, und Gerechtigkeit gegen sein Talent, ja 
sein Genie in Anspruch nehmen, die ihm so oft verwei- 
gert wird. Wenn wir mit einigem Rechte annehmen kön- 
nen, dass seine jetzigen Beziehungen zu Deutschland 
nicht ohne Eiaflnss auf seine Ansichten und Bestrebungen* 
bleiben werden, s* dürfte sich wohl das erfreuliche Re- 
sultat ergeben , dann die gemässigte Hast seiner Produk- 
tion ihm Zeit lassen werde zu jener künstlerischen Rehe 
und Besonnenheit, in welcher es ihm sicher gelingen 
wird, durch vollkommen gereifte Werke auch seine ent- 
schiedensten Gegner zu versöhnen. — 

Die Intrigno der oben genannten Qper ist nichts 
weniger als neu und überraschend. Aus dem räsenniren- 
den Personen • Verzeichaiss , das der Ucbertetzer, Herr 
M. Preek, treulich wiedergiebt, lernen wir die handeln- 
den Personen ganz genau .kennen, und namentlich wird 
die Rollo derNerina, die hier bezeichnet wird als ,,eine 
junge Wittwe, von feurigem Temperament , ungeduldig 
bei Widersprüche*, doch aufrichtig und freundlich," schon 
durch diese Bezeichnung das lnieresaa und die Wünsche 
der SengeriuMu erregen. — Es handelt sifhr ganz ein> 
fach darum, dass De* Paaqqaie (sein Signalement lautet: 
„ein alter Junggeselle, wirtschaftlich, leichtgläubig, im 
Ganzen genommen von gutem Cbaracler") durch eine 
Intrigae von seiner Liebe zu Norina geheilt wird nnd 
zwar zu Gunsten seines Neffen, wobei denn der schlaue 
Dottore Malateata, „wohlhabend, korzweiliff, unterneh- 
mend, Arzt und Freund vom Onkel und Neffen, " das 
Beste thut. 

Biese vier Hauptrollen (es ersoheint ausserdem nur 
noch ein Meter von ganz untergeordneter Bedeutung) 
gehören sämmtüoh zu den dankbaren, und der Componist 
hat sie aüoh fast gleicbmässtg ausgestattet» nur dass No- 
rina, soben ihrer Stauung und Zeichnung nach, wohl am 
glänzendste* erscheint. 9er Styl der ganzen Oper ist 
wehl am Meisten dem des „ Liebesirankes* * analeg; zu- 
weilen, tritt die Aehnlichkeit sogar ziemlich frappant her- 
vor. Fehlt nun auch der vorliegenden Oper der eigen- 
tümliche Ret* der Handhing und namentlich die Abwech- 
selung der Situationen, durch die sich der „Liebestrank" 
geltend macht, se dürfte dech auch dieser Don Pasquale 
Glück auf denjenigen deutschen Bühnen machen, die ein 
so ausgezeichnetes SSngenpiartatt besitzen, wie es diese 
Oper in Anspruch nimmt. — 

Die Ouvertüre wird man «glich mit dem Prädicat: 
zweckmässig bezeichnen k*nnea ; wirksam ist sie gewiss, 
und das sehr heitere, gefällig* Hauptmotiv ist glücklich 
aus Norina's Arie, einer sehr ansprechenden Nummer, 
entlehnt Von der Gewandtheit des Gamponisten, so wie 
von seinem unläugbaren Talent, günstig und effectvoll 
für die Sinastimtnen zu schreiben, zeugen fast alle Mu- 
sikstücke dieser Oper; wir heben jedoch einige vorzüg- 
lich gelungene noch besonders hervor. 

Wo. 2. Romanze des Dotiere (Desdur, %), reizende 
Cantilene, auf einfach -schöne Harmonie gebaut $ ein gut 
geschulter Bariton mit leicht ansprechender Höhe wird in 
dieser Cavatine sieb glänzend bewähren können. 



167 



1844. März. No. 10. 



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Im Duett zwischen Eroesto und Don Pasquale (No. 4) 
hebt sich vorzüglich der Miltelsatz (Asdur, V 4 ) günstig 
hervor, der namentlich dem Tenor, besitzt er gutes Por- 
tamento, höchst willkommen sein muss. Auch im folgen- 
den Satze dominirt der getragene Gesang des Tenors, 
der durch die im Parlando gehaltene Individualität des 
Don Pasquale noch besonders hervorgehoben wird. 

No. 5. Sccne und Cavatine der Norina; ein höchst 
ansprechendes Musikstück, eben so wohllhuend im an- 
mulhigen Andante (Gdar, %), wie im launigen, zierli- 
chen Allegretto (Bdar, %). Besonders is! es der zweite 
Satz, der durch seinen bezeichnenden Rhythmus, durch 
sein glücklich erfundenes Motiv und überhaupt durch 
Form und Führuug gefällig wirkt und der Sängerin Ge- 
legenheit giebt, ihr Licht leuchten zu lassen. Durch 
das Inganno nach Gesdur (gegen das Ende des Satzes) 
wird eine sehr brillante, reich und eigentümlich colo- 
rirte Gesangstelle herbeigeführt; die bei dieser Veranlas- 
sung so grell zu Tage liegende Quintenfortschreitaog wäre 
durch Verdoppelung der Terz so leicht zu umgehen gewe- 
sen, während sie nun mindestens das Auge stark verletzt. 

Der erste Act schliesst mit einem grossen Duett 
(Norina und Don Pasquale), einem brillanten Musikstück, 
das durch Mannichfaltigkeit in der Form, durch eine ge- 
wisse Frische der Gedanken, wie durch Ausführlichkeit 
ohne störende Breite , als eine der hervorstechendsten 
Nummern gellen kann. 

Auch die darauffolgende Tenorarie (Fmoll und Desdur) 
hat, fast sentimental gehatten, schöne Momente und ist 
überhaupt gut geführt. Auf eine hohe Tenorlage berech- 
net, wird sie, mit Leichtigkeit ausgeführt, einen höchst 
vorteilhaften Eindruck machen. 

Nach einem Terzett von gewöhnlicher Zusammen- 
setzung, in welchem Norina dominirend erscheint, folgt 
alsbald das zweite Finale, das einige gut angelegte und 
sehr wirksame Ensemblesätze entwickelt; belebt wird 
die Situation besonders durch die fingirte Metamorphose 
Norina's, die sich dem Don Pasquale in einem Lichte 
zeigt, das ihm die Ehe mit ihr als eine Hölle erscheinen 
lässt, was eben der Humor von der Sache und Zweck 
der Intrigue ist. 

Im dritten Acte hebt sich noch ein lebhaftes, launi- 

8 es und characteristisches Duett zwischen Norina und 
on Pasquale hervor, welches besonders der Ersteren 
volle Gelegenheit giebt, ihr Talent für leicht bewegliche 
Darstellung, wie für cbargirten Gesang zu erproben. 
Aber wahrhaft reizend ist die Serenade No. 14, die Er- 
nesto singt, vom Chor höchst wirksam begleitet. Das 
liebliche, sangreicbe Motiv, die einfache und doch am 
rechten Orte gesteigerte Harmonie, der freundliche Rhyth- 
mus im Verein mit der gut gruppirten Begleitung des 
Chores : Altes vereint sich, um dies anmuthige Stück zu 
einer Lieblingspie$e zu machen. 

Auch das unmittelbar darauf folgende Notturno (No- 
rina und Ernesto, Adur, T %) hat melodischen Reiz und 
vereint die beiden Stimmen auf die günstigste Weise. 
Im Rondo finale glänzt wieder Norina, und verabschie- 
det sich vorteilhaft vom Publicum. — 

Sollen wir ein Resultat aussprechen, so glauben 
wir nicht zu irren, wenn wir dieser Oper einen günsti- 



gen Erfolg auf guten deutschen Bühnen prognosticircn ; 
gewiss aber wird sie geübten Dilettanten zur Ausführung 
am Pianoforte höchst willkommen sein. Ciavierauszug 
und Uebersetzung sind im Ganzen zweckmässig und zu 
loben. AI. 



Musik für Pianoforle mit Begleitung. 

Fünf Ciavierstücke von Franz Schubert. 1) Allegro mo- 
derato x / a Thlr. 2) Scherzo V« Thlr. 3) Adagio % 
Thlr. 4) Scherzo % Thlr. 5) Allegro patetico */ 2 Thlr. 
Leipzig, bei Klemm. 
Auf diesen aus Schuberl's Nachlasse herausgegebe- 
nen Sachen ist die Bemerkung zu lesen : ,, Unzweifelhaft 
als acht verbürgte rechtmässig erworbene Compositionen," 
und wir sind weit entfernt, den mindesten Zweifel in 
diese Aechtbeit zu setzen. Wer sich mit Schubert näher 
vertraut gemacht bat, wird vielmehr ihn hier sogleich 
wiedererkennen. Zu viel Eigentümliches hatte der be- 
deutende Tonsetzer, welcher sich unter andern Verhält- 
nissen, die ihn vor Zersplitterung bewahrt, und bei län- 
gerem Leben (denn erat zwischen 30 und 40 Jahren 
pflegt die Reife des Deutschen zu beginnen) wohl noch 
anders, als man denkt, entwickelt hätte; zu viel Einzel- 
heiten, ja selbst eine gewisse Sorglosigkeit um manches 
Practische, Technische bekunden ibn; dennoch mag un- 
ter seinem Nachlasse gar Vieles sein, das der Vergessen- 
heit mehr, als diese vielleicht aus früher Zeit stammen- 
den Stücke des fruchtbaren Meisters, entrissen zu wer- 
den verdiente. Es kommen gewaltige Härten vor, die 
auch als Curiosa weniger, denn als Flecken betrachtet 
werden müssen, z. B. im Scherzo No. 2, Edur, das in 
der ganzen Behandlung Schubert verräth, Tact7 und 8» 
Man höre: 



#M^ 




und ohne sich zu der Classe beschränkter Octavenjäger 
zu schlagen, wird man zugeben, dass diese Stelle das 
Ohr zerreisst. Auch ist hier von keinem Druckfehler die 
Rede, denn die Stelle kehrt bei der Repetition später 
ganz eben so übelklingend wieder, und dennoch brauchen 
wir nicht erst darauf aufmerksam zu machen , dass sie, 
ohne der Melodie Eintrag zu tbun , ungemein leicht zu 
corrigiren gewesen wäre. Betrachtet man alle diese fünf 
Stücke vergleichend, so ergiebt sich ein gewisser Zusam- 
menhang, der sie als Theile eines Ganzen, einer Sonate 
etwa, erscheinen lässt. Die beiden Allegro's wenigstens 
können Anfang und Ende einer solchen ganz gut vor- 
stellen. Als Beitrag zur Vervollständigung der Schubert'- 
schen Werke, von denen noch unzählige, besonders Lie- 
der, im Besitze von Privatpersonen sich befinden, sollen 
nns denn anch diese Ciavierstücke willkommen sein, denn 
pur bei unbedeutenden Talenten ist es genügend, allein 
ihre besten Arbeiten zu kennen; bei den bedeutenden ist 



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170 



auch das, was eine niedere Slufe ihres Entwickelungs- 
ganzes bezeichnet, wenigstens historisch wichtig. 

Sechs Sonaten für die Violine allein von Johann Seba* 
siian Bach, herausgegeben von Ferd. David. 3 Hefte. 
Neue Ausgabe. Leipzig, bei Kistner. Zusammen 3 Tblr. 
Zum Gebrauche bei dem Conservalorium der Musik 
in Leipzig bestimmt, sind diese vortrefflichen Arbeiten 
des Vaters deutscher Tonkunst von David mit Fingersatz, 
Bogenstrichen und anderen näheren Bezeichnungen des Vor- 
trages verseben worden ; jedoch um Derer willen, welche 
das Werk sich selbst bezeichnen wollen und durch jene 
angegebenen Hilfsmittel in ihrer freien Ausübung ,sich 
beeinträchtigt halten könnten, ist der Originaltext, nach 
der Originalbandschrift zu Berlin genau revidirt, fortlau- 
fend daruntergesetzt. Ueber die Sonaten selbst, über ihre 
tiefsinnigen Combinationen, über die Zweckmässigkeit ih- 
res Stadiums für alle, selbst die weit vorgerückten Vio- 
linspieler noch etwas zu sagen, ist fast überflüssig, denn 
gründliche Musiker sind über den künstlerischen und hö- 
heren pädagogischen Werth derselben längst einverstanden. 
Möge das grosse Publicum namentlich eine üeberzeugung 
aus der auch ihm nun erleichterten Kenntnissnabme schö- 
pfen, eine üeberzeugung, welche mit jedem Werke der al- 
ten Meister, das man kennen lernt, neu befestigt wird. Man 
pflegt zu meinen, dass die Kunst, wenigstens insofern sie Vir- 
tuosität betrifft, vor den alten Zeiten weit voraus sei, und, 
wenn auch die conlrapuncttsche, polyphonische Geschick- 
liebkeit der Alten von den Neueren nicht erreicht werde, 
dass doch die technische, richtiger die mechanische, Ge- 
schicklichkeit grosse Fortschritte gemacht habe. Diese An- 
sicht wird grossentheils widerlegt, wenn man Bach'sche 
Compositionen derjenigen Gattung, wozu auch diese So- 
naten gehören, genau prüft. Welche Fülle von Schwie- 
rigkeiten haben die Violinspieler überwunden, für welche 
er schrieb ! Es sind andere allerdings in diesen Saraban- 
den, Couranten, Fugen u. s. w., als in unseren Concer- 
tino's und Fantasieen, aber sie sind bedeutender, reich- 
baltiger, phantastischer verschlungen. Ein Fülle der Fi- 
gnrirung, gegen welche unsere beutigen Virtuosen nichl 
aufkommen, liegt zu Tage und beweiset, dass ohne Kennt- 
nissnahme von historischen Denkmalen früherer Zeiten 
die Ausbildung sowohl in allgemein künstlerischer, als 
auch selbst in mechanischer Hinsicht allezeit lückenhaft 
bleiben müsse. 



Nachrichten. 



Leipzig, den 6. März 1844. Am 29. Februar fand 
im Saale des Gewandhauses das alljährliche Concert zum 
Besten der hiesigen Armen Statt, das ziemlich zahlreich 
besucht war und in welchem „Die Zerstörung Jerusa- 
lems/* Oratorium, gedichtet von Dr. Steinheim, compo- 
nirt von Ferd. Hiller, unter Leitung des Componisten 
zur Aufführung kam. Dergleichen Aufführungen» zumal 
wenn wohltbätige Zwecke damit in Verbindung gebracht 
sind, erfreuen sich immer der Mitwirkung hiesiger Dilet- 
tanten und Künstler, und so nahm auch diesmal eine 



grosse Anzahl derselben an der Ausführung Theil, und 
trug dadurch zum Gelingen des Ganzen nicht wenig bei. 
Die Soli wurden gesungen von Fräul. B. Macasy aus 
Prag, Fräul. Bamberg vom hiesigen Theater, Frau MD. 
Hauptmann, den Herren Nito aus Düsseldorf und Kin- 
dermann , Mitglied der hiesigen Oper, welcher Letztere 
die Partie des Jeremias, die Hauptpartie des Oratoriums, 
übernommen hatte und vortrefflich ausführte. Auch die 
Damen sangen recht gut, und wenn die Tenorpartie bes- 
ser besetzt gewesen wäre, könnte über den Vortrag der 
Soli durchgängig nur Gutes berichtet werden. Einige 
kleine Unsicherheiten abgerechnet, war die ganze Auf- 
fuhrung eine sehr gelungene und verschaffte dem Com- 
ponisten. wie den Ausfuhrenden lebhaften und verdienten 
Beifall der Zuhörer. Das Werk selbst enthält gar man- 
ches Schöne, besonders in den Chören, von welchen sich 
wiederum die sanfteren mehr, als die kräftigen, d. h. 
die auf glänzenden Effect berechneten, durch Erfindung 
sowohl ajs durch Arbeit auszeichnen. Kenntniss und tüch- 
tige Arbeit findet man überhaupt fast überall, und wenn 
dies Oratorium nun auch nicht eben ein Kunstwerk er- 
sten Ranges ist, so bleibt es doch immer ein sehr ehren- 
werthes und bietet den Kunstfreunden ungleich mehr In- 
teresse, als gar manche Erscheinungen in der Kunst, die 
1 grösseres Aufsehen machen, aber auch bald wieder ganz-, 
icher Vergessenheit anheim fallen. Wenn Herr Hiller 
dem Wege treu bleibt, den er in diesem Werke einge- 
schlagen bat, wenn sein Talent ergiebig genug ist, den 
Gehalt seiner Leistungen mit den durch Uebung wach- 
senden Kenntnissen und Kräften zu steigern, so hat man 
alle Ursache, von ihm Ausgezeichnetes zu erwarten. Bei 
der soliden Kunstrichtung, die sich durchgängig in die- 
sem Oratorium kund giebt, ist eipe Hinneigung zu dem 
verflachenden Geschmack der neuesten Zeit, zu der geist- 
losen Effecthascberei , die sich in ihr breit macht, wohl 
kaum zu befürchten, denn- auch in den glänzendsten Er- 
folgen weiss tüchtiger Sinn immer das Wahre von dem 
Falschen, das Äechte von dem ünächten zu unterscheiden* 

Am . 5. März gab Herr Rudolph fVillmers im Saale 
des Gewandhauses ein eigenes Concert; das Repertoir 
bestand aus: Ouvertüre zur Ves talin. — Concert für Pia- 
noforte von Beethoven (Esdur), vorgetragen von Herrn 
fVillmers. — Arie aus Anna Bolena von Donizetti, ge- 
sungen vou Fräul. Macasy. — Fantasie für Pianoforte 
solo über die Melancolie von Prüme, compouirt und vor- 
getragen von Herrn fVillmers. — Arie von Kreutzer y 
gesungen von Fräul. Anna Simon. — Grosse Fantasie 
über Themen aus Robert der Teufel, für Pianoforte solo, 
componirt und vorgetragen von Herrn fVillmers. — Zwei 
Lieder mit Pianoforlebegleitung, gesungen von Fräul. Ma- 
casy. — Tarantella furiosa und Nordische Nationalmelo- 
dieen für Pianoforte solo? componirt und arrangirt von 
Herrn fVillmers. 

Was wir über Herrn fVillmers bereits nach seinem 
ersten Auftreten berichteten, ist durch seine wiederhol- 
ten Leistungen in jeder Hinsicht bestätigt worden. Seine 
Virtuosität gehört zu den bedeutendsten, angenehmsten 
und geniessbarsten, die wir je hier gehört haben j überall 
wird und muss sie ihm ungetheilte und grosse Anerken- 
nung bringen. Seine Compositionen dagegen sind von alle 



!7# 



1Ä44. Märr. No- 10. 



173 



dta* gek>«J* d«* tfegeutbett ; sie cntMte» nidbftg, aklem* 
Mi dintfttder gertihte Spieleflfecte, ju dioM sind oft roch 
£tf zuttMMnengddteHt, dass nicht einmal ein« Steigerung 
dds Effects mSgtich wird. Gewtfrnticb besieht jede* Statt 
«it» Variationen über irgend ein Thema j ist m» eilte be* 
sfcttdtors wirksame Spielfigtrr in der Tbeerl des Tbemrafo 
vfeffltffcht ifrefttger spielbar, se wird ehrie Weitere* die 
Mtfrzu bequemere Tonart genommen, so d*ss warn iwdem* 
srtbtn Stfttke solcher Verwechselungen mehrere und ebne 
irgend eine iunere mnbibaUsobe Verbtodmig zu bare» 
btifcettiint. Di« Fadttsie aber Me MsInncoKe von A-Äm* 
faghtft, Wefrtf Wh* nicht irren, in H und endig! in 0. 
El* frivtaterti*, geschmackloseres Stack, als die Fantasie 
iftfr Themen aus Robert, kann ee kaum gebe«, 0*4 es 
isl Wahrhaft *e beklagen, dnss Herr WHlmers über de» 
Vftltiftttn <te» Musiker oder Künstler doch gar z« sehr 
an* <ten Augen verloren zu haben soheiat. Der Vortraf 
sefebdt Sacken schadet ibrigens auch der Wirkufrg der 
VfrtttosiUU, ztfttal da die Stücke in der Regel viel a* 
Itttig sibd« Nor die zwei klagten ComposHiöfleU, die IV 
rttrtella furiose und die für Pianoforte ar rangirten Hatte- 
nfthitelodtafti, hieteu mehr Interesse und sind zum Tbcil 
wirklteh musikalische Sachen. Dass ein Virt«*s* der fir 
dich solche Dinge schreibt, eine Beethoven 9 &tto* Compo- 
sition kaum mit wahrhaft künstlerischer Auffassung vor* 
aufragen vermöge, kenn man immerbin voraussetzen* 
ohne Irrthnm befürchten zu müssen ; und so müssen wir 
auch bekennen, dass Herr Wülmere das Concert von 
Beethoven zwar technisch recht gut gespielt, in anderer 
Hinsicht aber geradezu unbedeutend vorgetragen bat. Wir 
Wünschen aufrichtig, dass so schöne KrMfte nicht durch 
SU einseitige geschmacklose Richteng für die Knust ganz 
vferiortett gehen mögen. Was ist denn solcher nichtige 
Virtooseftrubm, wettU von wahrer Kunst dabei nicht die 
Rede sein kann? Das Publicum fühlt gar bald die gei- 
stige Leere selcher Leistungen heraus, und was es einige 
Zeit hindurch anstaunte und bewunderte, eHt dann un- 
aufhaltsam güntücher Vergessenbett entgegen. Beispiele 
Uerzu liegen nahe und sind nicht selten. Herr fFillmers 
beginnt erst eine Rünstlerlaulbabn und wir haben es da- 
her fifr unsere Pflicht, vielleicht auch für nicht nutzlos 
gehtrlten, ihn vor Abwegen, die er schon betreten bat> 
ernstlich zu warnen. Dass dte ausgezeichnete Virtuosität 
des Herrn fPiltmers übrigens wiederholt den allgemein» 
sten und lebhaftesten Beifall erhielt, bedarf nicht weife« 
rfer Versicherung. 

- Fräul. Macasy saug die Arie von DoniXetH, trieb* 
weniger die Lieder mit Piatoofortebegleitung recht gut* 
and wir haben uns fcuPs Neue von ihrem schönen Ta- 
lente überzeugt, wiederholen aber den Wunsch, dass die 
junge Sängerin hauptsächlich auch für ihre solide musi- 
kalische Ausbildung bedacht sein möge, durch welche al- 
lein es ihr gelingen kann, eine Künstlerin im wahren 
Sinne des Wortes zu werden. Was ihr an Gesangbil- 
dung noch fehlt (wir haben uns früher ausführlich dar- 
über ausgesprochen) , kann die gute Gesangschute, wel- 
che sie geniesst, wohl noch herbeiführen; die musrkali« 
sc4te Richtung jedoch , welcher sie , der Wahl und den* 
Vortrage ifcrer Gesangetticke nach zu urtbeilen, bisher 
gefolgt ist , wird ihrer künstlerischen Ausbildung gewiss 



nicht forderlich sein. Das Publicum schenkte sämmtlichen 
Leistungen des- FrauL Macasy sehr vielen und allgemei- 
nen Reifall. 

Vom besonderem Interesse war uns das erste Debüt 
von Friiul. Simon , einet junge» hiesigen Sängerin, die 
natht; ohne Talmi nad deren Atisbthleng schon ziemlich 
vorgeschritten zu sein scheint. Das erste Auftreten ist 
immer nnr wie eine Probe zu betrachten und kann nie- 
meJs als Maassstab zur Beurteilung von Kräften und 
Mitteln dienen, deren; Entfettung durch die hierbei so 
sehr natürliche Befangenheit notwendig aekr gehemmt 
sein raus*. Ueberdie* balle Fräul« Simon auch eine nicht 
eben vorteilhafte Wahl mit der Arie von Kreutzer ge- 
troffen* die durch unverbältnissmässig starke Instru- 
meutirnng die Stimme sehr deckt und durch stete anlie- 

Kle Begleitung derselben den feinen Vortrag erschwert» 
noch war die Leistung unter den angeführten Ver- 
bältuiseea befriedigend und erfreute sich vieler Theil- 
nnbae. R. t- 



Berlin, den 1. Februar 1344. Ueberreich an niusi- 
kaüaeben Aufführungen, unter denen sich besonders eine 
neue öpör und ein neues Oratorium auszeichneten, war 
auch der Januar d. J. Heber die beiden neuen Werke 
bebtlto ich mir das Nähere im Verfolg dieses Berichts 
vor* und beginne zunächst mit den Goncerten und musi- 
kalischen Soirfen. Am 3. v. M. hatte der talentvolle 
Pianist Sigmund Goldschmidt aus Prag ein interessan- 
tes Concert veranstaltet, welches durch eine gut erfun- 
dene, wirksam instrumentirte Ouvertüre von seiner Com- 
position („Frublingsgruss*' bezeichnet) eröffnet wurde, 
iierr Goldschmidt spielte hierauf das schöne. Pianoforte-» 
Concert von C. Jtf. v, Weber in fiadur zwar fertig und 
aued rucksvoll» dock nicht ganz mit der Energie und Ra- 
pidität , wie wir diese geistreiche Cumposition ehemals 
von dem geniale« Tonsetzer seihst ausführen hörten. 
Vielleicht war der schwer zu spielende Flügel daran 
Schuld. Das Adagio dagegen trug Herr Goldschnidt sehr 
zart und gesaugreich vor, und entwickelte demnächst in 
seinen Etüden, wie in der schweren Capriee von Tkal- 
borg auf Motive aus BeUmfs SonaaotbuU, den ganzen 
Umfang seiner bedeutenden Virtuosität. Eine Curiesität 
in diesem Concert war die Ouvertüre zu der seit 1817 
hier nicht gegebenen Oper Undine von E. T. A. U^ff- 
mann, welche jetzt jedoch fast nur noch historischen 
Werth hatte. 

Am 10. und 24. v. M. fanden die vierte und fünfte 
Sympboniesoiräe der königl. Ca^eHe 4nA gleich lebhafter 
Theilnabme Statt. Die erstere leitete Herr GMD. Men- 
Seksohn-Barthöld!?* die andere Hei» MD. Tmbert. Es 
wurden darin die Symphouieea in F und Gdnr von Beet- 
hmen, die grosne *Cdur » SympkoAie mit 4em fugirten 
Rondo von Mozart, Baydn'* Ddnr- Symphonie, wie die 
Ouvertüren zu Figaro'ö Hochzeit von Mowmrt, von C. 
M. v. Weber zn : „Der Beherrscher der Geibter <c und 
„Oberon," gleich vorzüglich tosgefübrt« Herr CM. Rie* 
trug das achte Violineoneert (die Gesangscene) von L* 
Spoftr, ganz dieses Meisters würdig., rein, mit schönem 
Ton und Ausdruck, nicht minder fertig, ab geschmaek- 



175 



1044« Man. No. 40. 



174 



voll und mit allgemeinem Beifall «ttr. IJju zweiter Cy- 
clus dieser geistreichen Aufführungen wird näcbstons. er- 
wartet und begehrt. 

Die ZimwrwaNn scbeü Qoartettseireen sind Krank- 
heit balber längere leit ausgesetzt gewesen. Doch fand 
am 39. v. IM. die Au»füb»»g eines Quartette yon J. 
Naydn, des Memde/ssoktifoohtn Es dnr- Quartetts und des 
soböoen Quartetts ven Meeäiova No. 3 in Ddur auf 
vorzügliche Weise Statt. — Am 19. v.M. gab der ans* 
gezeichnete Violoncelli virtuos Servais aus Brüssel sein er- 
stes Concert in dem zum Theater umgewandelten Saale 
des königl. Schauspielhauses mit grosser Tbeilnabme und 
lebhaftem BstfalL Seforent hat demselben wegen Krank- 
heit »cht beiwohnen .können, ist dafür indess durch das 
zweite Coocert dieses 'eminenten Künstlers, reichlich ent- 
schädigt worden. Der Ten des Herrn Servais, seine see- 
lenvolle, gesangreiche Vortragsweise , wie seine grosse 
Fertigkeit in allen Beziehungen des Violoncellspiels, er- 
beben diesen Virtuosen zu den ersten seiner Zeitgenos- 
sen. Auch seine Compositianen sind «oll Leben und Geist, 
oft zum Elegischen sich hinneigend , wie auch sein par- 
tes, gefühlvolles und feuriges Spiel. Herr Servais trug 
sein drittes Concert in Hmoli, besonders das melodische 
Adagio in G vortrefflich , und mit Benutzung aller Vor- 
züge seines Instruments in der hohen, wie in der tiefem 
und mittlem Tonlage, durchaus vollkommen schön vor. 
Fast noch mehr sprach seine Caprice auf die Lafoni'- 
sche Romanze ,,Une Lärme," ferner „La Romanesca," 
Air de danse aus dem 16. Jahrhundert, und zuletzt eine 
Fantasie-Polonaise eigener Com position an. Mai. Schröder- 
Devrient und Herr Hürtinger sangen in diesem Concert 
Arien und ein Duett aus Spohrs Jessonda und Mozarts 
Titus. Für den Klang der Töne ist der Saal in der jetzi- 
gen Gestalt nicht günstig, und der Saal der Singacade- 
mie in acustischer Hinsicht der Jur Jtfusik geeigneteste. 
Herr Servais veranstaltete darin sein drittes Concert am 
4. d. M. — Am 17. v. M. wurde jm dfitton Abonne- 
ment- Coocerte der Singacademie zum ersten Male das 
sorgsam eingeübte, grosse Omftsuum: „Die Zerstörung 
Jerusalems 44 von Ferdinand WUer 9 unter des Gemponi- 
sten umsichtiger Leitung, mit nachhaltiger Wirkung aus* 
geführt. Ofcgtajj>h«4]asrft!i JErfiretagg *ekhe-Werk fast zu 
sehr ausgedehnt ist (da es drei Stunden dauert), so wird 
dennoch das Interesse dafür durch die trefflichen Chöre 
und charakteristischen Sologesänge im zweiten Theile noch 
höher gesteigert. Sehen der Anfangsober der Israeliten im 
ersten Theile: „Wie heilig und hehr • sind deine Hal- 
len' ' u. s. w. machte einen imposanten Eindruck. Der 
Contrast der Festgesänge 4er Götzendiener Zedekia's mit 
den wahrhaft frommen/ Lob- und Klagegesängen der Is- 
raeliten ist von grosser Wirkung. Die Instrumentation 
ist allerdings in moderner Weise oft stark, doch nicht 
überladen. Sehr gefühlvoll und characteristisch sind die 
Sologesänge durcbgefiöbrt, noch wurden solche eben so 
eindringlich vergetragen. Besonders gelungen ist dem 
Tonsetzer die Bariton- uaABassparlte der Jeremies, des* 
sen Warmipg >und Pcophftfzqihufig van ungemeiner Wahr- 
heit des Ausdrucks zeugt. Herr B&tieher sang diese Soli 
höchst lobenswert*!, wie auch Herr Mantius den Zefe- 
kia und Aduram treffptd cfraraclerisirte, Frau t>. Fass- 



mmrn eeng die Soprw^wrtie der Chaarital , eine Altistin 
von klangvoller Stimme die Hanna, und Mad. Burchßrdt 
die israelitische Jungfrau. Melodisch und gemüthvell wurde 
besonders 4as Duett von Achtrem und ifaona gefunden. 
Auch die Arie der Chamital: „Mit diesen Düften steige 
unser Lied empor '< sprach mit dem folgenden Chor all- 
gemein durch rhythmische Haltung und Originalität der 
Erfindung an. Die Zerstörung Jerusalem^ wird in dem 
Chor: „Das Sutaetoen bricht herein" u. s. w. auf er- 
greifende Weise, fest dramatisch geschildert. Der Schluss- 
ober verbindet Htheit und Kraft milder Kunst der Fuge. 
Kurz -r- das ganze Oratorium bewährt den erfahrenen,, 
vielseitig gebildeten und erfindungsreichen Contpopisten, 
welcher hier die .ehrenvollste Anerkennung fand, mit 
grosser Umsteht die Orchesterprobea sehr genau leitete 
und auch der Aufführung rühmlichst vorstand. Auch im 
persönlichen Umgänge bat sieh Herr MD. Hüter so vor- 
tbeilhaft gezeigt» dass <nur sein zu kurzer Aufenthalt von 
einer Woche bedauert wurde. — Am 29. y. M. wurde 
im Abonpement-Concerle des Schneider sefam Gesangin- 
jlituts ein gediegenes Requiem von L. Cherubini , vor- 
züglich vom sorgfältig eingeübten Chor gelungen, dem- 
nächst eine recht gelungene MoteLle für die Altstimme 
mit Chor, vou der Comp oeition des fleissigen und talent- 
vollen Kammermusikers C. Braun , der zugleich Eleve 
der königl. Academie der Künste in der Composition ist 
nnd den NiUzen dieser wenig unterstützten Lehranstalt 
auf's Neue bewährt, zuletzt der bekannte schöne Psalm 
42 von F. Mendelssohn- Bar tholdy mit lebhafter Theil- 
nahme ausgeführt. 

.(Besobloss folgt.) 



Herbstopern in Italien u. s. w. 

(Fortsetzung.) 

Grossherzogthuin Toscana. 

Hätte dies schöne Land diesen Herbst nicht einmal 
als Neuigkeit Vejrdi'-s L^mhanü — und was wollen auch 
diese s^eu! — mit.der FrszzeKni gehabt: es wäre da 
beinahe eilte völlige musikalische Finsternis* gewesen. 
Mit allem Ueberfluss an Sängern, alten und neuen Opern 
imLomhardisch-Venetianiseben Königreiche, im Kirchen- 
staat und im Königreich beider Sicilien steckte man zwar 
bis über dem Ifcpfe in einem musikalischen Deficit ; aber 
dieser herrliche Garten Mittelitaliens setzte ihm vollends 
die Krone auf. Sonderbar stand Toscana in Hinsicht der 
theoretischen und praclischen;Musik von je her jedem an- 
dern girösern Lande Italiens jpch- -Hätte .es nicht die 
Entstehmg dw Qjw vtiw*m*A, so würde es mit sei* 
ner musikalischen Geschichte äusserst -kümmerlich ausse- 
hen. Noch -jetet, -während anderwärts auf der -Halbinsel 
in nicht wenigen Dörfern und Marktflecken Opern gege- 
ben und stets neue ^kgante Ureter errichtet werden, 
ist dies in Toscana äusserst selten oder gar nicht der 
Fall. Warum nun gerade hier die Musik hinter den übri- 
gen Künsten znrückblieb, während z. B. in Neapel, dem 
Kirchenstaat, in der Lombardei und. im Venetianischen 
dies JWßht der fall war, verdiente wohl die Aufmerksam- 
keit der Musikgelehrten; hier mag dieser Gegenstand hei 



17S 



1844. März. No. 10. 



176 



der Armoth der diesjährigen musikalischen HerbiteUgione 
Mos berührt werden* 

Florens (Tealro alla Pergola). Eine diesem ersten 
hiesigen Theater wenig entsprechende Sängergesellschaf! : 
die Bartolini-Raffaelii, Tenor Castellan (der Beste) and 
Bassist Salandri; machte den Anfang mit dem schon zum 
sechsten Male auf der Pergola gegebenen Roberto d'Evreux 
Ton Donizetti, eben nicht glänzend. — Post nubila Pbo*> 
bns : Herrn Verdi's Lombardi alla prima Crociata mit dar 
Frezzolini, ihrem Gatten, Tenor Poggi, Tenor Loccbesi 
nnd Bassisten Colini machten Furore. Nach zehn Vorstel- 
lungen folgte ein zweiter in Beüini's Beatrice di Tenda, 
worin die Anfängerin Ricci die Agnese, Tenor Lucchesi 
per interim den Orombello inachte, und Colini sich als 
wackerer Künstler bewährte. Bald nach diesem Stecken« 
pferde No. 2 der Frezzolini kehrte man wieder zu den 
Lombardi znrüek. Zu ihrem Benefiz wählte die Frezzolini 
ihr Steckenpferd No. 1, die Lucrezia Borgia; es war ein 
Wonnebad für die Zuhörer. 

(Teatro de' Solleciti in Borgo Ogoisanti.) Kleines 
Theater, nicht grosse Sänger: eine Prima Donna Sasso, 
eine Anfängerin Adelaide Miniati, Tenor Remorini (hüb- 
scher Gesang) und Bassist Chiniiscbi liessen sich von ei- 
nem ziemlich starken Auditorium in Donizetti's Belisario 
nicht wenig applaudiren. Einen Quasi-Fiasco machten hier- 
auf Bellini's Puritani, worin Herr Guscetti als Riccardo 
wirkte; in der Folge zog das Ganze etwas mehr an. 
Nach sechs Vorstellungen der Norma, worin die Polani 
die Titelrolle übernahm, gab man abermals die Puritani, 
und die Sasso erregle auf diesem Theater denselben Fa- 
natismo, wie die Frezzolini auf der Pergola ! Sie wählte 
auch diese Oper zu ihrem Benefiz, und machte gute Ge- 
schäfte. Schlüsslich gab hier die Gesellschaft von Poggio 
a Cajano (s. weiter unten) Ricci's Chi dura vince und 



Donizetti's Figlia del Reggimento mit demselben guten 
Erfolge. 

(Teatro degli Arrischiati in Piazza Veccbia.) Eine 
etwas bessere Gesellschaft als die vorige: die Tramon- 
tani, die Comprimaria Gamarra, Tenor Regli undBaaaist 
Dal Vivo eröffneten die Stagione mit der alten langwei- 
ligen Ines de Castro del Maestro Persiani, die nur theil- 
weis Anklang fand. Eine weit bessere Aufnahme fanden 
Bellini's Puritani. 

Dohler gab um die Hälfte November mit vielem Bei- 
falle eine musikalische Academie im Hotel d'ftalie, olim 
Palazzo Murat. 

Die Bar hier i- NM wurde zur Kammersängerin des 
Grossherzo^s ernannt, eine Ehre, die bis jetzt nur der 
Unger und Moriani zu Theil wurde. 
(Fortsetzung folgt.) 



Feuilleton. 



Die italienische Oper in Petersborg macht gute Geschäfte; 
namentlich gefallen die in Berlin so beliebt gewordene Signora 
Anandri and — des Namens halber — Rubini. — Auch in Co- 
penhsgen hat sieh die italienische Oper den Beifall des Poblicums 
zn erringen gewnsst ; namentlich gefällt dort Signora Secci-Corsi. 
Signora Forconi hat von der Königin von Dänemark ein ßritlant- 
geschmeide zum Geschenk erhalten. 

In Riga ist eine neue Oper von dem Mosikdireetor Eduard 
Tauwitz zn Breslau, Namens Bradamante, Bach von Drobisch, 
mit Beifall gegeben worden. 

Der Posaunist Belcke ans Berlin, weleher in Paris eine glän- 
zende Aufnahme gefunden , hat- vom dasigen Conservatorinro der 
Musik die silberne Ebrenmedaille erhalten. Er ist bereits wieder 
nach Deutschland zurückgekehrt. 

Thalberg hat nun auch in Palermo grosse Triumphe gefeiert. 



Ankündigungen. 



Heute ist in unserem Verlage erschienen: 

S. Tlialber« 

Wantaisie pour le &iano 



snr 



Semlramldc. 

Op. 51. Preis 1 Thlr. 10 Ngr. 
Fener ertckeiat am 18. Hin: 

& ThaUterff 

Fantoisle pour le Piano 

Jüucrezia Borgia. 

Op. 50. Preis 1 Tblr. 

was wir zur Berichtigung unserer Ankündigung in Na. d. BL 
hiermit anzeigen. 
Leipzig. 6. März 1844. 

Brefttltopf «t* H&rtel. 



im Verlage tob 
Fr. H »finelater In Leipzig* 

, BlirgmAller, IVorb*. Op. 14. 4» Quartett für 2 Violinen, 

Alto und Violoncello. 1 Tblr. 25 Ngr. 
Henkelt, A. , Si oiseau j'etais. Btude de Coucert, transerile 

p. Viol . seul (ou avec aceomp. de Pfte) pur B. de HunymdL 10 Ngr. 
• IHiWMlulier 9 H**> 2 Arien und ein Duett neu componirt zu 

der Oper; Hans Helling (bei Gelegenheit der Aufführung auf 

dem Hoftheater in Wien). No. 8 h . Seene und Arie für Sopran: 

..Einst war so tiefer Friede mir im Herzen.'* 10 Ngr. No. I7 b . 

Gr. Seene. Gesang in der Capelle und Arie (Barit.) : „Ha , ihr 

glaubt euch schon am Ziel." 10 Ngr. No. 18 b . Duett (Sopran 

und Tenor): „Nun bist du mein.*' 17| Ngr. 
Mayer, C, Op. 61. No. 31. Le Tremolo. Gr. Etüde pour 

Pianoforte. 12* Ngr. 
1 Hl 11er, JTuI«, Tabaks -Cantate, ein musikalischer Scherz für 

Männerstimmen. Part. u. Stimmen. 2 e Auflage. 2JS Ngr. 
Mttller, Fr., Op. 54. 2* Symphonie * gr. Orcbestre. 4 Tblr. 

10 Ngr. 
Tauber* , W., Op. Ol. 8 Lieder ?en R. Borns für eine 

Singstimme mit Pianoforte. 1» Heft 12* Ngr. 2* Heft itt Ngr. 
Wadnlelll, T., Op. 5. Impromptu j. Pianoforte. 12* Ngr. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



177 



178 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 13'" März. 



M 11 



1Q44. 



t G. P. Becker'« Bvaagelfsctas Chopttboch. — Naeknchten: Aas KSoigsberff. Aas Berlio. (Beschloss.) Aas Breslau. Ans 
Brfort. Herbstopero in tUliea «. s. w. ( Fortsetzung.) — Feuilleton. — «^nAäncfi^imjre». 



C. F. Becker: Evangelisches Choralbuch. 138 vierstimmige 
Choräle mit genauester Berücksichtigung des neuen 
Leipziger Gesangbuchs. Leipzig, Friedr. Fleischer. 

Ein neues Gesangbuch wird in der Kürze der pro- 
testantischen Gemeinde unserer Stadt übergeben, dessen 
Ausgabe zu veranstalten gewiss Jeder unseren geistlichen 
Behörden Dank wissen wird, der sich mit dem Inhalte 
desselben vertraut gemacht hat, sofern dieser nämlich von 
dem des noch in Händen habenden Gesangbuchs abweicht, 
und sowohl die alten Lieder in ihrer ursprünglichen Kraft 
und Würde, so wie die neu hinzugekommenen der Hei- 
ligkeit des Ortes, für welchen sie bestimmt sind, nicht 
minder entsprechend erscheinen lässt. Dies näher zu er- 
örtern, sei einer andern Feder überlassen, da hier nur 
von dem Choralbuche in seinem Verhältnis zu dem Ge- 
sangbuche und dem Kirchengesange die Rede sein soll. 
In dem 16. und 17. Jahrhundert stand der Gesang der 
protestantischen Gemeinden auf einer sehr hohen, wohl 
gar der höchsten Stufe, eine Folge der Pflege, die man 
ihm in Kirche und Hans angedeiben liess. Von da ab hat 
sich aber unser Kirohengesang nach und nach so verflacht 
und ist so zurückgekommen, dass eine Verbesserung da- 
mit vorzunehmen, wahrhaft noth thut. Fand in den eben 
bemerkten Zeiträumen ein guter Kirchengesang Statt, so 
war das hauptsächlich eine Folge der häuslichen religiö- 
sen Beschäftigung mit den frommen Weisen» weiche sich 
ein- oder vierstimmig in die Gesangbücher eingedruckt 
befanden, so dass jedes Gemeindeglied die seiner Stimm- 
höhe angemessene Partie singen konnte, wodurch dann 
ein sehr schöner, richtiger Gemeindegesang entstehen 
musste. Ueberbaopt war es die Vocalmusik, welcher die 
berühmten Tonsetzer der damaligen Zeit ihre Kräfte zu- 
wandten, uud daher behielt dieselbe auch im häuslichen 
Kreise die Oberhand, Unser grosser Reformator Luther 
selbst beschäftigte sich viel mit ihr. In seinem Hause 
wurden im Verein geschickter Sänger geistliche Motetten 
aufgeführt, von denen er die seines Freundes, des baier* 
schen Capelimeis. ters Senfl, besonders liebte; ausserdem 
sang er mit seinen Hausgenossen fast jeden Abend ein 
einfaches Lied. 

Diese liebe zu den geistlichen Gesängen musste 
non ohne Zweifel auch auf den Choral übergehen, und 
bier ist es wieder Luther, welcher als Tonsetzer und 
Verbesserer desselben gleich gross dasteht. Seine Melo- 

46. Jabrgajtg. 



dieen zu den eigenen geistlichen Liedern sind wahre 
Meisterstücke und drücken ganz deren Character aus. 
Wem bewegte nicht die heroische Melodie zu dem Liede 
„Ein' feste Burg" das Herz? Steht Luther in dieser Hin- 
sieht nicht noch jetzt, wie zu seiner Zeit, als einer der 
grossten Tonkünstler da, welcher die Glaubensfreudigkeit 
seines Liedes gleich gewaltig in seiner Melodie ausspricht? 

Das Gesangbuch, welches Luther 1524 herauszuge- 
ben begann, bestand anfänglich nur aus drei Bogen, wel- 
che noch dazu einzeln gedruckt wurden und das Ganze 
enthielt aebt Lieder, zu welchen aber nur fünf Melo- 
dieen gesungen wurden. Diese Lieder- und Melodieen- 
Sammlung vermehrte sich aber nach und nach bedeutend, 
indem Luther nicht nur eine grosse Anzahl eigener, son- 
dern auch fremder Gesänge darin aufnahm. Den ersten 
Ausgaben derselben, welche Georg Rhaw, Joh. Weither 
und Bapst in Leipzig veranstalteten, folgten nach Luther'» 
Tode (1546) noch die in Nürnberg 1558, in Dresden 
1593, in Bisleben 1596, und mehrere andere nach. 

Führte nun, wie schon bemerkt, das Beisammensein 
der Lieder und Melodieen in einem Buche den wahrhaf- 
ten Kirchengesang herbei, so musste dieser mehr und 
mehr wieder sinken, so wie man der Gemeinde die Me- 
lodieen entzog und sie ganz abhängig von der Orgel und 
dem Sängerchore machte* Bis zum Jahre 1682 fanden die 
ein - und mehrstimmigen Gesangbücher der berühmten 
Männer Calvisius, Schein, Vopelius Anwendung; nachher 
aber, wie durch neue Gesangbücher die frühere Mitwir- 
kung der Gemeinde, der blosen Liedertexte wegen, nicht 
mehr möglich war, artete der Kirchengesang im 18. Jahr- 
hundert hier wie anderwärts nach und nach aus, und 
nur der in der ersten Hälfte des gedachten Jahrhunderts 
noch allgemein anzutreffende religiöse Sinn und die häus- 
liche Pflege des Choralgesanges, so wie der Chor der 
Thomasschüler, welcher bis auf den beutigen Tag die 
Choräle vierstimmig singt, vermochten in unserer Stadt 
in Etwas dagegen zu wirken. Die Choralbücher, welche 
man von da ab benutzte, hatten mit den Liederbüchern 
nichts gemein, waren nach ihren Titeln allgemeine (Do- 
los 1785, Hiller 1793, Schicht 1818). Von den genann- 
ten fand das Hiller'sche bis jetzt in unseren Kirchen An- 
wendung, weil eben nichts Selbständigeres vorhanden war 
und man sich damit begnügen musste. 

Weit entfernt, den in anderer Hinsicht so verdienst- 
vollen Männern Hiller und Schicht nahe treten zu wol« 



A 



179 



1844. März. No. 11. 



J80 



len, so ging doch desErsteren Choralbucbe, neben anderen 
später anzuführenden Gründen, die Einigkeit mit unse- 
rem Gesangbuche ab; das des Letzteren war ans noch 
anderen Ursachen gar nicht anwendbar. Der lebhafte 
Anlheil, den man in der neueren Zeit an der Verbesse- 
rung des Kircbengesanges genommen hat, ist auch in 
unserer Stadt nicht ohne Folgen geblieben, und die seil 
einer Reibe von Jahren betriebene Verfassung eines neuen 
Liederbuches bedingte auch die eines durchaus mit ihm 
conform gehenden Melodieenbuches. Der würdige Ver- 
fasser des letzteren, unser rühmlich bekannter Organist 
C. F. Becker, bekennt in seiner Vorrede, dass er die 
Zusammenstellung des neuen Choralbuchs als die schönste 
Runstaufgabe seines Lebens betrachtet und dass ihn die- 
ser Gedanke während der Beschäftigung beseelt und bis 
zur Vollendung gekräftigt habe. Ein Manu seiner Ein- 
sicht in die frühesten Zustände der Musik überhaupt und 
des Kirchengesanges insbesondere, der seine schönsten 
Kräfte diesem Studium widmete und einer von den We- 
nigen ist, die eine so ausgezeichnete Bibliothek von Mu- 
sikwerken früherer Jahrhunderte besitzen, konnte sie als 
solche betrachten und gewiss auch mit allen zu Gebole 
stehenden Hilfsmitteln zu Ende führen. 

Und doch steigt ihm nach Vollendung der schwieri- 
gen Aufgabe der Zweifel auf, ob er für jedes Lied die 
geeignetste Melodie gewählt habe, da nach seiner Ansicht 
die gründliche Kennlniss der Theorie und Geschichte der 
Musik , ein langjähriges Studium der Hymnologie , der 
Besitz der treffliebsten musikalischen Hilfsmittel, eine fast 
zwanzigjährige Anstellung in der Kirche und ein stetes 
Beobachten des Gemeindegesanges nicht allein ausreiche, 
sondern die Kritik, der ästhetische Sinn und das Gefühl 
die einzigen und besten Leiter für das Wahre und Rich- 
tige seien. Dem sei, wie ihm wolle, — neben dem ästhe- 
tischen Sinn und Gefühl, das Richtige im Einzelnen zu 
treffen, scheinen mir die vorhergenannten Eigenschaften 
eben so wichtig, ja noch wichtiger für die Anordnung 
des Ganzen zu sein. Eben diese Eigenschaften gingen 
Hiller und Schicht ab. Beide gaben ihre Choralbücher nach 
dem Stande der Musik ihrer Zeit, und je mehr sich un- 
sere Harmonie mit der Zeit erweiterte, desto fühlbarer 
wurde deren unpassende Anwendung auf die Choralbe- 
handlung. Die einfachen, frommen Weisen mit Harmo- 
nieprunk zu umgeben, ja die Eitelkeit, sich als geschick- 
ten Harmoniker hierbei herauszustellen, Beides ist höchst 
verwerflich. Aus Becker's Cboralbebandlung geht hervor, 
dass er dieselbe vom richtigen Standpuncte aus erfasste; 
das Wort zeitgemäss findet bei ihm, jedoch in ganz an- 
derem Sinne, als bei Hiller und Schiebt, Anwendung. 
Hier soll es nicht, wie bei Diesen, die Harmonisirung der 
Melodieen im Geiste unserer Zeit (und wie würden sie 
sich da vollends ausnehmen?) bedeuten, sondern das un- 
serer Zeit vorbehaltene Erkennen des Wahren, die Be- 
wahrung des Heiligen, das mit der Welt nichts gemein 
haben soll. Und daher finden wir uns in Becker's Har- 
monieen den tiefen Ernst, das Göttliche wieder vor- 
geführt, was die Harmonieen des 16. und 17. Jahrhun- 
derts, als der Blütbezeit des evangelischen Cboralgesan- 
ges, über die ehrwürdigen Melodieen verbreiteten. Doch 
darf man darin nicht ein Moses Nachahmen finden, son- 



dern es ergiebt sieb daraus des Meisten höchste Ver- 
trautheit mit der edeln und einfachen Schreibweise der 
Kunstler der genannten Jahrhunderte; und womit man sieh 
so mit voller Liebe jahrelang beschäftigt hat, das wirkt 
endlich auch auf die eigenen Erzeugnisse; der Styl des 
grossen Tonmeisters, den sich ein Künstler zu seinem 
Vorbilde auserkoren, geht mit der Zeit in den seinigen 
über. 

Das Hiller'scbe Choralbuch, welches 1793 erschien, 
wurde dem 1796 in unseren Stadtkirchen eingeführten 
Gesangbuche angepasst und es finden sich daher Dinge vor, 
welche auf diese Weise nicht anders zu erwarten sind. 

Erstlich ist nicht darauf Rücksicht genommen wor- 
den, wie eine Melodie zum Charaeter des Liedes sieh 
eignete; daher finden wir so häufig zwischen der Melo- 
die und dem Iiede die grössten Widerspruche. Wie viel 
Lieder erbebenden, erfreulichen Inhalts wurden nicht nach 
der Melodie: ,,Wer nur den lieben Gott lässt walten*' 
oder: „ Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen" ge- 
sungen. Statt der ersteren düstern Moll-Melodie, No. 89 
des alten Choralbuches, pflegte man häufig die 90: ,,0 
grosser Gott du reines Wesen 4 * zu verwenden, doch da 
dieselbe in einigen Gemeinden der Stadt nicht allbekannt 
war, wurde die 89 für alle Lieder dieses Metrums genom- 
men, was bei einigen 90 Liedern des alten Gesangbuches 
der Fall war. Lieder, wie z. B. No. 166, 180, 452, 
508, 837, so wie andere mit eigener Melodie überschrie* 
bene, konnten theils wegen des nicht Zutreifens, theils 
wegen des gar nicht Vorbandenseins einer Melodie nicht 
gesungen werden ; und wollen wir auf die Widerspräche 
eines Liedes mit der Melodie zurückkommen, so findet 
sich der schlagendste Beweis in No. 803 beim Tode eines 
Landesherrn, welches Lied nach der Melodie : 9 ,Nun freut 
euch lieben Christen," so wie in No. 169 ein jubelvol- 
les Osterlied, dessen vierter Vers anfängt: „ Preiset ihn, 
den Ueberwinder" u. s. w., welches nach der Melodie: 
„Ach was soll ich Sünder machen" gesungen werden 
soll. Diesen Uebelständen ist in unserm neuen Choral- 
buche abgeholfen worden. Alle Melodieen passen genan 
zum Metrum und Charaeter des Liedtextes. Das von Hil- 
ler angewandte Abkürzungssystem konnte häufig zu gros- 
sen Irrungen Anlass geben , man betrachte nur z. B. 
No. 51 seines Choralbuchs, so wie „Herr Goll dich lo- 
ben wir," wo drei - und sechsfache Repetitionen vorkom- 
men. Irrungen sind nach dem Becker'schen Buche nicht 
mehr möglich, indem sieh alle Melodieen ausgedruckt vor* 
finden und die mehr für den Schülerchor bestimmten Ge- 
sänge, wie das genannte „Herr Gott, 4 * welche sich im 
Anbange befinden, sogar mit dem Texte versehen sind. 

Anstatt dass früher für manches Lied sich 4— 5 bekannte 
Melodieen vorfanden, worunter der Organist nach seinem 
Geschmacke wählen konnte , ist ihm jetzt keine Wahl 
mehr gelassen , indem für jedes Lied nur eine , die ihm 
entsprechende, Melodie vorgezeichnet ist. Wie angenehm 
muss es aber auch der Gemeinde sein, vorher zn wis- 
sen, welehe Melodie gesungen wird, und durch dieses 
strenge Beibehalten ist es dann leicht möglich, selbst ent- 
fremdete Melodieen eingänglich zu machen. Die Herren 
Geistlichen sind jetzt in den Stand gesetzt, jedes Lied, 
welches zu ihrer Predigt passt, wählfen zn können, ohne 



181 



1844. März. No. 11. 



182 



sieh durch das Unbekannte einer Melodie abhalten zu 
lassen. Es wäre sehr zu wünschen, dass alle Choräle, 
die im neuen Choralbaehe stehen , auch wirklieh gehört 
würden ; jetzt ist es möglich, der Gemeinde auch fremde 
Melodieen beizubringen, da unser ganzer Kirchengesang 
in dieser Hinsicht eine Umgestaltung erlebt, was bei 
Fortbenutzung des alten Choral- und Gesangbuches nach 
fast fünfzigjährigem Gebrauche nicht möglich sein würde, 
weil Alles zu tief wurzelt. Nun aber, wo Jedermann be- 

B'erig auf die neuen Liedertexte und die dazu gehörigen 
[elodieen ist, bedarf es ganz kurzer Zeit, um auch ganz 
neue Melodieen einzuführen. 

Das neue Choralbuch enthält allgemein bekannte und 
fremde Melodieen, unter welche letzteren alte, verges- 
sene und die vom Verfasser selbst eomponirten gehören. 
Die selbst entworfenen wurden nötbig, wo keine 
bekannte oder fremde für Cbaracter und Metrum passen 
wollte., und stehen dieselben an Würde anderen nicht 
nach, wie aus diesem Chorale, einem der kleinsten, zu 
ersehen ist, welcher auch zugleich als Beleg der oben be- 
sprochenen Harmonisirungsweise dienen kann, 




so ging der Verfasser doch damit sehr vorsichtig zu 
Werke? * 

So wurde z. 8. zum ConGrmationsIiede No. 627 die 
Melodie: „Komm beiliger Geist 4 ' gewählt, und obgleich 
wegen dessen Metrum in der vierten Zeile der Melodie 
ein Tact wegbleiben muss, so zog sie der Verfasser, da 
sich keine passende alle ermitteln Hess, doch der eige- 
nen Composition vor, da es eine sehr missliche Sache 
ist, eine ganz fremde Melodie zu einem Liede zu neh- 
men, welches blos alle Jahre einmal gesungen wird. 
Würde also der Benutzung aller Melodieen nichts ent- 
gegenstehen, so sei hier aber noch von den Umständen 
gesprochen, welche zumal den bekannten ein fremdes 
Ansehen geben können. Gleich Mo. 1 des Cboralbucbs: 
„Ach Gott und Herr'* wurde bis jetzt so gesungen: 




und wird auch zu No.. 273 des Gesangbuches so beibe- 
halten; für No. 142 setzte der Verfasser diese Melodie 
dem Liedcharacter gemäss, aber rein dorisch ohne Cis, 
ausser beim Strophenscbluss : 



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was vom Anfang an etwas befremden dürfte. Die einer 
Melodie untergesetzte Harmonie kann dieselbe so verän- 
dert erscheinen lassen, dass die Gemeinde eine Verän- 
derung in der erstereu vermuthet. 

Seit ungefähr acht Wochen habe ich bei Benutzung 
des neuen Cboralbucbs zu Liedern des alten Gesangbu- 
ches in meiner Kirche dies zu bemerken Gelegenheit ge- 
habt. Wenn der Organist streng auf die vorgeschriebene 
Harmonie hält, was er meiner Ansicht nach der Gemeinde 
schuldig ist, zumal bei Stropheneinsätzen, so prägt sich 
diese dem Gehör mit der Zeit ebeu so ein, als die Me- 
lodie selbst. Seit beinahe fünfzig Jahren hört man in der 
Kirche zu der Melodie: „Nun ruhen alle Wälder u fol- 
gende Harmonie: 



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Die zweite Strophe schliesst mit dem Dominantdreiklang 
von Emoll und die dritte setzt mit dem tonischen Drei- 
klange dieser Tonart ein. Nach der neuen Harmonisirung 
geschieht der Schluss der zweiten Strophe auf dem Do- 
minantdreiklange von Gdur und der Anfang der dritten 
auf dem tonischen Dreiklange dieser Tonart. Schon ge- 
gen den Schluss der zweiten Strophe hin ist die Hin- 
neigung zum Dominaotendreiklaug von E nach der er- 
sten Harmonisirung so in Aller Ohren , dass die jetzige 
Behandlung beim erstmaligen Hören befremden muss; 
doch nach dem Spielen einiger Verse bemerkte ich, dass 
man sich sowohl hieran, als auch an alle abweichenden 
Harmonieen und Modulationen des neuen Buches bald ge- 
wöhnen werde. Die Melodie: „Wie schön leuchtet der 
Morgenstern" schloss nach Hiller 's Harmonisirung in der 
ersten Strophe: 



mit der Harmonie C und die zweite begann wieder in 
dieser Tonart; nach der neuen Weise geschieht der Schluss 
der ersten und der Anfang der zweiten Strophe in Fdur, 
und dem ersten Strophenschlusse geht der kräftige B-Drei- 



185 



1844. März. No. 11. 



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klang voraus. In dieser Melodie wird man besonders die 
Wurde der alten Harmonisirungsweise erkennen. Möchte 
man «Joch aber von nun an recht auf die Orgel und den 
Säugerchor hören ! Welch' ganz entstellter Gesang ist 
mir schon zur vierten Strophe der Melodie : ,,0 Gott du 
frommer Gott 44 vorgekommen, wie beharrlich singt man 
in der Melodie: „Meinen Jesum lass ich nicht " die 
zweite Strophe: 




in der Melo- 



die: ,,Herr wie du willst 4 * zu Anfang der sechsten Stro- 
phe immer h anstatt gis, ohne sich an die Orgel zu kehren. 
Wie verunstaltet man häufig die Melodie: „Lobt 
Gott ihr Christen" in der zweiten und dritten Strophe: 



Orgel. 



Gem. 








^^E^mim 



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desgleichen die erste Strophe der Melodie : „ Freu dich 
sehr o meine Seele" 



Orgel. 



Gem. 




Q l i V »^—— p"l ^ J £ß 



-er 



zet 



wo bei der vorletzten Note der Organist die Unterdominante 
von G und bei der letzten den G- Dreiklang hören lässt. 
Die Gemeinde kehrt sich hieran aber nicht, sondern ver- 
langt nach ihrem Gesänge einen Scbluss in Ddur, wo 
dann das vorhergehende A mit dem durch die Quarte 
verzögerten Domiuantdreiklange zu besetzen wäre. 

Welch' lästiger Zusammenklang muss da nicht aus 
Gesang und Orgelspiel entstehen! Vielmal erfasst aber 
auch die Gemeinde das Richtige und der Verfasser bat 
dieses durch jahrelange Erfahrung bestätigte, begründete 
Abweichen einer Melodie in seinem Werke aufgenom- 
men. So z. B. in der fünften und sechsten Strophe der 
Melodie: „Dir, dir Jehovah" No. 26 des Choralbuches, 
in der letzten Strophe der Melodie: ,,0 grosser Gott 4 ' 
No. 96 des Cboralbuches, in der ersten Strophe der Me- 
lodie: „Wachet auf**: 



Alte Weise 



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l$^fe£Ecfe 


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es ist auch nichts peinigender für die Gemeinde, als die 
vier a des zweiten und dritten Tactes zu singen. Wenn 



nun noch ausserdem manche Melodie ihrer bisherigen 
Sangweise nach in Etwas verändert erseheinen sollte, 
so schreibe man das nicht der Willkür des Verfassers 
zu , sondern nehme in dieser Veränderung die Original- 
schrift an ; denn im Hiller'schen Buche befindet sich man- 
che durchgehende Note in einer Melodie, welche theila 
gar nicht hineingebort, theila auf falschem Taettbeile steht. 
Dahin gehören die Melodieen: „Ana meines Herzens 
Grunde** erste und sechste Strophe, — „Herr wie dn 
willst " zweite Strophe, — „Schmücke dich o liebe 
Seele" erste Strophe, — „Warum sollt ich mich denn 
grämen" letzte Strophe, — welche hier gegen früher 
ganz verändert ist, wo sie unbegreiflicher Weise in der 
Parallele der Grundtonart schlosa und hier im Grund- 
tone selbst. 

Es bleibt nun nur noch übrig, einige Worte über 
die Anordnung des Cboralbuches selbst, so wie über die 
Ausführung der Choräle Seitens des Organisten anzufüh- 
ren. Alle Choräle befinden sich in alphabetischer Ord- 
nung (die alphabetische Ordnung ist in vieler Hinsicht 
der von Hiller benutzten metrischen vorzuziehen) voll- 
ständig ausgedruckt und mit dem Namen des Componi- 
sten, oder wenn dieser nicht immer zu ermitteln war, 
mit der Angabe des Jahrhunderts, dem sie angehören« 
versehen vor, und es sind deren 132. In einem Anhange 
giebt der Verfasser diejenigen geistlichen Gesänge, wel- 
che mehr für den Schülerchor, als für die Gemeinde, be- 
stimmt sind. Hierher gehören z. B. „Herr Gott dich lo- 
ben wir/' die Litaney u. s. w., welche Gesänge sämmt- 
lich mit Text versehen und vollständig ausgedruckt sind. 
Das Vater unser und die Worte des Abendmahls von 
der Composilion des Verfassers, wie Beides seit längerer 
Zeit schon in der Nicolaikirche gesungen wird und durch 
Begleitung der Orgel immer einen tiefen Eindruck auf 
die Versammlung hervorbrachte, bilden den Schluss den 
ganzen Buches. Da unsere Stadtorgeln, wie es schon bei 
einigen der Fall ist, mit der Zeit alle in der jetzt übli- 
chen Instrumeutstimmung, dem Kammerton, stehen wer* 
den, so nahm der Verfasser bei Melodieen, deren Cha- 
racter es zumal entsprach , darauf Rücksicht und setzte 
sie einen, manchmal sogar zwei und drei Töne höher. 
Die Organisten, deren Orgeln noch die alte Stimmung, 
die im Chorton, haben, müssen da nun freilich transpo- 
niren, da diese um einen Ton höber steht, als die Kam- 
mertonstimmung, und erlaube ich mir darüber meine bei 
I Benutzung des Buches gemachten Erfahrungen mitzuthei- 
len: Choräle, die das zweigestrichene f als höchsten Ton 
haben, brauchen nicht transponirt zu werden, wenn der- 
selbe nicht zu Anfang, dann nicht zu oft und in Umge- 
bung der unter ihm liegenden Töne erscheint. Choräle, 
die das zweigestrichene fis nur einmal als höchsten Ton 
bringen, können bleiben; man sang diesen Ton schon 
bisher in der Melodie: „Wachet auf/ 4 welche man we- 
gen der Tiefe des Anfanges auch nicht weiter berabrük- 
ken konnte. Kommt aber das fis wiederholend und in 
Umgebung seiner hohen Töne vor, so muss allemal trans- 
ponirt werden, z. B. in der Melodie: „ Nun danket alle 
Gott." Ueber Choräle, die gar das zweigestricheue g er- 
fordern , ist nach dem Bemerkten nichts weiter zu er- 
wähnen , in allen diesen Fällen ist Transposition nöthig, 



185 



1844. März. No. II. 



186 



weil sonst der Gesang wegen zn grosser Anstrengung 
der Stimme oder Unerreichbarkeit dieser Hohe verstum- 
men müsste. 

Somit sei dieses schöne Werk, welches mit dem 
Gesangbache ein einiges Ganze bildet , gleich den Cho- 
ral- nnd Gesangbüchern der früheren Zeit, der Tbeil- 
nahme aller Derer empfohlen, die Liebe znr Kirche und 
Sinn für wahrhaften Choralgesang hegen. Möge der ver- 
ehrte Herr Verfasser Belohnung für seine Leistungen in 
der Anerkennung finden , die man ihm hier und ander- 
wärts zu zollen nicht versagen wird. 
Leipzig. Hermann Schellenberg. 



Nachrichten. 



Königsberg. Herr Dr. Robert Schumann und des- 
sen Gattin (Clara fVieck) haben uns so eben verlas* 
sen, nnd ich beeile mich, Ihnen den günstigen Eindruck 
zu schildern, den das ausgezeicbnele Spiel dieser Virtuo- 
sin hier hervorbrachte. Die Ansicht, dass Mad« Schumann 
unter den bekannten Claviervirtnosinnen ersten Ranges 
die hervorragendste Künstlerin sei, war allgemein. Ich 
für meine Person möchte sie die Königin des Ciavier- 
spiels nennen, so sehr beherrschte sie ^ Instrument und 
ihre Kunst, nicht allein durch die bewundernswürdigste 
Fertigkeit, sondern mehr noch durch einen gewissen Adel 
des Spiels, durch graziösen Zauber, welcbe sich nir- 
gends, selbst nicht in den schwierigsten Aufgaben, ver- 
leugneten. Es konnte nicht fehlen, dass man hier, wo 
man Liszt borte, mit Vergleichungen bei der Hand war, 
nnd ein Gefallen daran fand, seine Meinung darnach zu 
modeln ; allein mit Unrecht. Beide Personen, seltene Phä- 
nomene, sind jedoch sehr verschieden. Liszt reisst durch 
eine die Schranken des Möglichen fast überbietende, wild* 
stürmende Bravour zum Staunen bin; Clara Schumann 
hingegen rührt durch Grazie und Anmnlh. Daher die Er- 
scheinung, dass die Letztere Kenner und Liebhaber in 
gleichem Grade entzückte, während der Erstere im All- 
gemeinen überwiegend mehr bei Laien Beifall fand. Ih- 
nen imponirte die Körperanstrengung, das flatternde Haupt- 
haar, die auf- und niederwogenden Hände, das Rauschen 
der Hämmer, Dinge, bei deren Wahrnehmung nur die 
Tbatkraft der äussern Sinne beansprucht wird; doch der 
sanfte Reiz , den ein zartes , seelenvolles Spiel hervor- 
bringt, verlangt vom Hörer mehr, verlangt Tiefe de^ Ge- 
müths, verlangt die Fähigkeit, ihn zu erkennen, zu ver- 
stehen und in stillem Entzücken mitzuempfinden. — un- 
ter den Stücken, welche in den beiden sehr besuchten 
Concerten, am 2. und 3. Febroar, vorgetragen wurden, 
erregten das bekannte Concerlstück von C. M. v. W&- 
6er in F, Gondel- und Frühlingslied von Mendelssohn, 
Capriccio von Scarlatü, Sonate (Dmoll) von Beethoven, 
Mazurek von Chopin, und besonders Fantasie über The- 
men aus Moses von Thalberg den meisten Enthusiasmus. 
Die Arpeggien in letzterm, ein wahrhaft reizendes Säu- 
seln, welches die Hauptmelodie umspielt, zu schildern, 
geht über jeden Wortausdruck. Diese Art der Behand- 
lung hörte Referent in solcher Vollendung ausgeführt von 
Mad. Clara Schumann zum ersten Male. Unter den we- 



nigen uns dargebotenen Comnositionen der Concertgeb*- 
rin und ihres Gatten zeichnete sich das Lied: ,,Der 
Nussbaum" von Bob. Schumann aus, welches Referent 
als trefflich zu bezeichnen nicht umhin kann. Beide rei- 
sten am 4. Februar über Tilsit nach Riga nnd Peters- 
burg, wo neue Lorbeern die Künstlerin erwarten. — » 
Unter andern Künstlern, die uns früher besuchten, nenne 
ich die Herren Lund und Molique. Der Erstere, ein jun- 
ger Däne, in Deutschland noch wenig bekannt, verdient 
jedoch alle Aufmerksamkeit. Er steht , obwohl erst 21 
Jahr alt, bereits auf einer höhern Stufe der Ausbildung, 
Von seinem Fleisse ist zu erwarten, dass er sich der- 
einst den grössten Virtuosen wird anreihen können. Herr 
Lund erschien im Decemher v. J. und Hess sich seitdem 
in mehreren Concerten mit Beifall boren. Sein Ziel ist 
ebenfalls Petersburg, wohin er am 22. Januar von hier 
abging. Noch während seines Hierseins traf der Hofcon- 
oertmeister Molique ein, wie bekannt, als Gomponrst nnd 
Virtuose gleich ausgezeichnet. Ueber sein höchst gedie- 
genes Spiel etwas zu sagen , dürfte überflüssig sein , da 
sein Name von europäischem Rufe ist. In zwei sehr be- 
such len Concerten, am 20. und 24. Januar, erwarb er 
sich den lautesten und allgemeinsten Beifall« Aach er ist 
nach Petersburg abgegangen, und wird daselbst die Zahl 
der Virtuosen vermehren, welche in der Fastenzeit die 
Russen mit ihrer Kunst zu speisen gedenken. — Was 
die sonstigen Productionen des verwichenen Jahres be- 
trifft, m erwähnen wir zuerst Herrn Kotzolt, der una 
in mehreren besuchten Soireen darch seinen schönen Ge- 
sang erfreute. Er besitzt eine wohltonende und wacker 
ausgebildete Bassstimme, im Umfange von mehr als zwei 
Octaven; sein Vortrag bekundet eine vortreffliche Schule. 
Dies bewies er, wie in seinen Soir&n, so auch in der 
Aufführung des Faust vom Fürsten Radsiwill, welche 
durch den hiesigen Uuiversitäts- Musik - Director Sämann 
um diese Zeit veranstaltet wurde, und in welcher Herr 
Kotzolt die Basspartieen übernommen hatte. Die Theil» 
nähme an dieser Composition war so ausgedehnt, dass, 
wie bei früheren Aufführungen, auch diesmal eine Wie* 
derholung gewünscht und diese unter gesteigertem Bei- 
fall ausgeführt wurde« — Das grossartigsle Unternehmen 
des vorigen Jahres, das vom MD. Sämann zu Marienburg 
veranstaltete Musikfest, übergehe ich, da Ihr Btatt einen 
von anderer Feder aufgezeichneten, ausführlichem Be- 
richt, als diese Zeilen gestatten, bereits geliefert hat. — 
Durch Herrn MD. Rieht wurde in gewohnter Weise am 
Charfreitage der Tod Jesu van Graun gegeben. Diene 
Aufführung wurde vorzugsweise von den Verehrern die* 
ser Musik zahlreich besucht und beifallig aufgenommen. 
Die Aufführung mehrerer anderer Kirchenmusiken, welcbe 
mit Orchesterbegleituuc componirt sind, mit Orgeibeglei- 
tung, hätte Herr Rieht wohl besser unterfassen. — Die 
Herrn« Gervais .und Sobolewslci arrangirten jeder einen 
Cyclus von Soireen. An Herrn Gervais ist anzuerkennen, 
dass er einem gewissen Grundsatze treu blieb, nämlich 
dem, nur Modernen und zwar Zusammenpassendes vor- 
zuführen. Dies können wir von Herrn Sobolewski nicht 
rühmen, dessen Soireen ein Gemisch der heterogensten * 
Dinge enthielten, eine wahre Satyrn auf die Musik. Im 
Herbst führte Herr Kahle „Die sieben Schläfer" von 



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1844. März. No. 11. 



188 



Lowe auf. Schon früher von Herrn MD. Riehl hier ge- 
geben, erweckte dieses Werk keine besondere Theil- 
nahme; es hatte jetzt dasselbe Schicksal. Bessere Hoff- 
naogen erregte die durch Herrn Sobolewski angekün- 
digte Aufführung des Oratoriums: „Cäcilie" von Run- 
genhagen. Leider wurden sie nicht erfüllt. Die Compo* 
Positionen dieses Meisters gehören zu den solidesten der 
neuern Zeit. Nur mit Entrüstuug können wir daher der 
Auffuhrung jenes Werkes gedenken. Gern möchten wir 
Herrn Sobolewski wegen des winzigen Orchesters von 
etwa vier Violinen, zwei Bratschen, zwei Violoncellos 
n. s. f., welches meistens durch Dilettanten besetzt war, 
entschuldigen , da das Theaterorchester nicht immer zu 
haben ist; allein die ganze Auffuhrung erschien so sehr 
übereilt, dass wir nicht umhin können, ein solches Ver- 
fahren ernstlich zu rügen. Gern erkennen wir lobend 
an, dass die durch Herrn Sobolewski aufgeführten Chöre 
zur Antigone von Mendelssohn ungleich besser geübt 
waren, aus in dem Rungenhagen'tdktn Werke. Allein 
eine Vorlesung über die Musik der alten Griechen hätte 
Herr Sobolewski den Hörern erlassen sollen. 

In Hinsicht unserer Theaterverhältnisse ist noch zu 
berichten, dass der jetzige Director Tietz bis jetzt, wie 
man zu sagen pflegt, £ute Geschäfte machte. Die Haupt- 
mitglieder der Oper sind: Dem. Sack, erster Sopran, 
eine recht brave Sängerin mit guter Schule, Dem. Hal- 
ler, zweite Sängerin mit schöner Stimme, besonders für 
getragenen Gesang, Mad. Pohlmann- Cressner mit noch 
recht angenehmer Stimme und vortrefflicher Schule, Herr 
Grünbaum, erster Tenor, mit zwar nicht sehr hoher aber 
ziemlich angenehmer Stimme und guter Schule. Ein tüch- 
tiger Bass fehlt, da Herr Boschi mit ziemlich guter 
Stimme entschieden Bariton ist. Vorzüglich günstig war 
der Direction das Erscheinen der Mad. Sehr öder- Devrient, 
welche in fünfzehn Vorstellungen Haus und Gasse füllte. 
Sie trat als Desdemona, Donna Anna (ein Mal) , als Ro- 
meo, Norma, Emmeline, Pidelio, Rezia und Lucrezia Bor- 
gia (zwei Mal) und — man muss es gesehen haben, um 
es zu glauben — als Penela in der Stummen von Por- 
tici auf. Die letzte Partie abgerechnet, welche einer Sän- 
gerin von solchem Rufe nicht würdig erscheinen dürfte, 
waren die übrigen Darstellungen ausgezeichnet ; der Ton 
ihrer Stimme war selbst in den höchsten Lagen, wenn 
gleich nicht ohne Anstrengung gebildet, noch immer wohl- 
tönend, der Vortrag und Ausdruck edel und wahr und 
die Verbindung ihres schönen dramatischen Gesanges mit 
dem vollendetsten Spiele meisterhaft. Möchte uns bald ein 
ähnlicher Genuas werden! 



Berlin. (Beschluss.) Die königliche Oper eröffnete 
das neue Jahr mit dem trefflichen Don Juan, wie die Kö- 
nigsstädtische Bühne mit Don Giovanni. Am 7. und 9. 
Januar d. J. wurde die im December v. J. hier sehr 
sorgsam eingeübte Oper : „Der fliegende Holländer/ 4 von 
dem königL sächsischen Hofcapellmeister Richard FFag- 
ner nach der bekannten Erzählung des Capitän Mar- 

2at gedichtet und in Musik gesetzt, anf der königli- 
en Bühne, unter Leitung des Componisten, zum er- 
sten Male gegeben und am 9. d. wiederholt. 



Bei der grossen Tbeilnahme, welche sowohl diese 
Oper, als Jragner's „Rienzi" bekanntlich in Dresden 
gefunden hat, war die Erwartung auf das neae Werk 
sehr gespannt und das Schauspielhaus fast überfällt. Nach 
der den Seestnrm vorbereitenden, anhaltend stark instru* 
mentirteu und viel modulirenden Ouvertüre waren die 
Zuhörer noch zu überrascht und betäubt, um ein be- 
stimmtes Urtbeil über den musikalischen Werth der com- 
plicirten Composition abgeben zu können. Auch die sehr 
dramatische Introducüon mit den characteristisch origi- 
nellen Matrosenchören führte noch zu keinem zuverläs- 
sigen Resultat. Nach der Arie des Holländers, welchen 
Herr Bötlicher vortrefflich sang und darstellte, blieb eh- 
rende Anerkennung nicht aus, eben so auch bei der fol- 
genden, nur zu wortreichen Scene mit Daland, dem nor- 
wegischen Seefahrer, von Herrn Zschiesche ganz im der* 
beu Character des Nordländers gegeben, energisch nnd 
sehr deutlich in der Aussprache gesungen. Die neue von 
Gerst sehr effectvotl aufgestellte Meerdecoration mit zwei 
Segelschiffen imponirte bei der nur massigen Breite und 
Tiefe der Bühne um so mehr. Im zweiten Act gefiel das 
Spinnerlied der Mädchen und Senta's Ballade, von Dem. 
Marx mit ergreifendem Ausdruck gesungen. Das folgende 
Duett von Senta und Erik (Herr Mantius) gewährte ei- 
nen wohllhuenden Ruhepnncl auf die vorigen Gemuths- 
aufregungen des Schauerlich- Phantastischen. Auch Da- 
land's Bassarie machte gute Wirkung. Am Höchsten stei- 
gerte sich diese indess bei dem ungemein schönen Duett 
und Terzelt von Senta, dem Holländer und Daland, nach 
welchem Dem. Marx, die Herren Bötlicher und Zschie- 
sche, mit dem verdienstvollen Tonsetzer Herrn Gapell- 
meister fF agner (wie auch nach beendeter Oper) geru- 
fen wurden. Der nach Wahrheit des Ausdrucks und Cha- 
racteristik mit Erfolg strebende Gomponist hat in der 
That in den Gesängen des Holländers und der Senta acht 
dramatische Höhe erreicht. Nur in der Modulation und 
Inslrumentirung überbietet der originelle, kenntnissreiche 
Gomponist sich öfter. Auch hat seine Composition, welche 
viel schöne Melodieen, nur zu vereinzelt enthält, des- 
halb nicht Abschnitte genug, weil meistens die gewohnte 
Form der Musikstücke vermieden wird , wie z. B. die 
Recttative, welche durch declamatorische Gesangstücke 
ersetzt werden. Wenn die Blechinstrumente übrigens oft 
zu sehr hervortraten, so ist billig zu berücksichtigen, 
dass solche in dem kleineren Räume des Schauspielhau- 
ses die schwächer besetzten Saiteninstrumente decken 
mussten, wie dies auch jetzt in andern, stark instrumen- 
tirten Opern neuerer Zeit geschieht. Im dritten Act be- 
sonders war die Stärke der Matrosenchöre in der Instru- 
mentation zu vorherrschend. Ein Contrast von Gesang 
ohne Begleitung würde hier (besonders im mysteriösen 
Geisterebor) sehr von Wirkung sein. Erik's Cavatine ist 
ein sehr angenehmes Gesangstück. Der tragische Schluss, 
Senta's Tod in den Wellen, wie die Verklärung des lie- 
benden Paares, effectuirte ungemein, und war dem ro- 
mantischen Character der Oper angemessen, welche so 
vorzüglich , wie hier, ausgeführt , auf allen den Bühnen 
Glück machen wird, wo man nicht zu sehr durch den 
üppigen Reiz italienischer Melodieen verweichlicht ist, 
nnd einen kräftigen Geistesgenuss ertragen kann. Aach 



189 



1844. März. No. 11. 



190 



Mflh der «weiten Vorstellung wurde der Componist mit 
den Hauptdantellern gerufen. Derselbe hat Berlin bereits 
am 10. d. wieder verlassen. „Rienzi" hoffen wir künf- 
tig im neuen Opernhause zu hören , dessen Bau bereits 
bedeutend vorgeschritten ist. 

Das nicht gewöhnliche Talent des vielseitig gebilde- 
ten Tondichters verdiente und fand sonach auch hier, 
wie in Dresden, auszeichnende Anerkennung. Uebrigens 
rechtfertigt die schauerlich -düstere Handlung des „ flie- 
genden Holländers 4 ' meistens auch das Exceotrische der 
musikalischen Composition, deren geistiger Wertb unver- 
kennbar ist. 

In Meyerbeer 3 s „Hugenotten" gab Herr Härtinger 
vom königlichen Hoftheater zu München den Raoul drei 
Mal, demnächst den Sever inNorma, (Hello (besonders 
gelungen) und Florestan in Fidelio zwei Mal mit vie- 
lem Beifall. Die Brustslimme dieses Tenoristen ist stark 
austönend, rein und umfangreich, in der Gesangmethode 
jedoch noch nicht völlig ausgebildet, daher der Tonan- 
satz zuweilen etwas rauh, auch die Kopfstimme nicht ge- 
nug mit der wohlklingenden Bruststimme verbunden wird« 
Im Mezza voce ist der, auch durch seine Persönlichkeit 
für Heldenrollen in der Oper wohl geeignete Sanger vor- 
zuglich ; in der Stärke dagegen übernimmt er sich öfters, 
was besonders im kleineren Räume des Schauspielhau- 
ses keine gute Wirkung macht, wenn es auch oft Ap- 
plaus erzwingt. Mad. Schröder -Dement ist als Valen- 
tine in den „Hugenotten" bis jetzt zwei Mal mit beson- 
ders günstigem Erfolge, ausserdem als Desdemona in 
(Hello mit weniger Glück, den dritten Act ausgenommen, 
ferner als Leonore in Fidelio mit grosser Sensation, wie 
als Bomeo in den „Monteccbi und Capuletti" mit unge- 
meinem Erfolge aufgetreten, in welcher (zu hohen Prei- 
sen gegebenen) Oper Herr Härtinger den Tebaldo und 
Dem. Tucxeck die Giulietla sangen. — „Carlo Broschi'* 
und „Der Wildschütz" sind im Januar nur ein Mal bei 
vollem Hause wiederholt worden. 

Die italienische Oper hat durch die Gastrollen des 
berühmten Moriani einen neuen Aufschwung gewonnen. 
Derselbe debütirte bis jetzt als Gennaro in Locrezia Bor- 

E'a zwei Mal, als Alamir in Belisario und Edgardo in 
nein di Lammermoor, besonders in letzterer Oper mit 
grossem Beifall, der indess doeh nicht dem Enthusiasmus 
der Dresdner im vergangenen Sommer gleich kam. Mo* 
riani wird noch einige Zeit hier verweilen. 

Ein eigentümliches Ereigniss war das plötzliche 
Verbot des vom Gesammtpersonale der königl. Schau- 
spiele mit Allerhöchster Genehmigung für den 22. Ja- 
nuar veranstalteten musikalisch - declatnatorischen Acade- 
mie zu wohlthätigem Zweck. Im zweiten Tbeile dieser 
Academie sollten die im nachstehenden Programm be- 
zeichneten Nationallieder, durch einleitende Gedichte ver- 
bunden, gesangen werden. Vermuthlich muss hiqr eines 
oder mehrere der Lieder oder Gedichte anstössig befun- 
den worden sein. Da indess das Programm die Censur 
passrrt hatte , so hätte doch jedenfalls eine Weglassung 
einzelner Stücke, oder das Verbot des ganzen Concertes 
früher geschehen können, als denselben Nachmittag durch 
Anzeigen an den Strassenecken, welche Wenige bei dem 
Regen- und Schneewetter gelesen hatten, und daher sorg- 



los nach dem Concertsaale wanderten oder fuhren, um 
so mehr, als die Zeitungen anzeigten, dass das Concert 
bestimmt Statt lande. Die Damen, welche die Wagen be- 
reits verlassen hatten, litten besonders durch diese Sur- 
prise. Das Entrlerald wurde übrigens, bei Ablieferung 
der Billette, zurückerstattet. 

Herr General - Musik -Director Meyerbeer bat bis 
jetzt noch keine Oper dirigirt, sondern dies dem Herrn 
CM. Henning überlassen. Es heisst, dass der berühmte 
Tonsetzer an Augenscbwäche leidet. Ob sonstige Gründe 
seiner Zurück gezogen hei t vorwalten, ist nicht bekannt. 
Doch wäre seine einflussreiche Wirksamkeit bei der kö- 
nigl. Oper eben so wünschenswerth , als sich diese Sei- 
tens des Herrn GMD. Mendelssohn - Bartholdy bei den 
Symphonie - Soireen der königl. Capelle zum Gedeihen 
der Instrumentalmusik bereits bewährt hat 

Der Pianist Herr Mortier de Fontaine giebt mit sei- 
ner Gattin am 2. d. M. ein Concert, in welchem der- 
selbe das Pianoforte- Concert in Gmoli von Mendelssohn- 
Bartholdy und ein Händefsehes Ciavier- Concert vor- 
tragen, und Mad. Mortier de Fontaine eine Arie aus 
der Oper Mitrane vom Abbe* Francesco Rossi (im Jahre 
1686 componirt), auch eine Scene aus Gluck s Orfeo ed 
Euridice singen wird. Das Nähere hierüber künftig. 

Erster Theil. (Gesang- und Instruments! pieken der anwesen- 
den Virtuosen.) — Zweiter Theil, Anthologie der europäischen 
National -Lieder, durch einleitende Gedichte von W. v. Merkel, 
ff. v. Mühler, 0. Gildemeister, H. Smidt und L. Schneider ver- 
banden, vnd zusammengestellt von L. Sehneider. Für grosses 
Orchester eingerichtet von dem königl. Masikdireetor Herrn Tau- 
bert. Ausgeführt von dem Gesammtpersonale der königl. Sohau- 
spiele. 1) Einleitung in die Anthologie der Natioaallieder, gedich- 
tet von U. v. Mühler. 2) Einleitung zu dem französischen Na- 
tionallied, gedichtet von ff. Smidt. „Vive Henri quatre ! " gesun- 
gen von den Herren Mantius, Badet*, Ditt, Heinrich, Beer, Mick- 
ler, BÖtticher, Blume. 3) Einleitung zur Marseillaise, gedichtet 
von L. Schneider. „Die Marseillaise," gesuugen von Herrn Zschie- 
sehe und dem Chor. 4) Einleitung zu der rassischen Volkshymne, 
gediehtet von L. Schneider. „Gott sei des Czaaren Schutz," ge- 
sungen von den Herren Mantius, Bader, Blume und Botticher. 
5) Einleitung zu der portugiesischen Kaiser -Hymne, gedichtet von 
L. Sehneider. „ Hör' es , Vaterland und König ! " gesungen von 
Herrn Bot lieher und dem Chor. 6) Einleitung zu der spanischen 
Ritgo- Hymne, gedichtet von 0. Gildemeister. „Riego - Hymne/' 
gesungen von den Herren Bader, BÖtticher und dem Chor. 7) Ein- 
leitung zu dem englischen Volkslied, gedichtet von ff. Smidt. 
„Rule Britannia/' gesungen von Friul. Tueteck und dem Chor. 
8) Einleitung in das holländische Nationallied, gedichtet von H. 
Smidt. „Wem Niederländisch Blut in d'Adcrn fliesst," gesungen 
von Frau v. Fassmann. 9) Einleitung in das schwedische Natio- 
natlied, gedichtet von 0. Gildemeister. „König Carl Johann," ge- 
sungen von Herrn Ditt und dem Chor. 10) Einleitung in das dä- 
nische Natiouallied, gediehtet von ff. Smidt. „Held Christian stand 
am hohen Mast/ 4 gesungen von Fräul. Marx und Chor. II) Ein- 
leitung in das deutsche Nationallied, gedichtet von ff. Smidt. 
„Prinz Engen der tapfre Ritter/' gesungen von den Herren Man* 
Uus, Bader, Mickler, Böttieher und dem Chor. 12) Einleitung 
zu LbUow't wilder Jagd, gedichtet von L. Sehneider. „Was 
glänzt dort vom Walde im Sonnenschein," gesungen von den sämmt- 
lichen Sängern der königl. Oper. 13) Einleitung zu dem öster- 
reichischen Nationallied, gedichtet von ff. Smidt. „Gott erhalte 
Franz den Kaiser," gesungen von Herrn Mantius und dem Chor. 
14) Einleitung zur preussischen Volkshymne, gediehtet von W. v. 
Merekel. „Borussia," componirt von Spontini, gesungen von den 
Damen v. Fassmann, Marx, Tucxeck, Hofkunt*, Ferber und dem 
ganzen Personal der königl. Oper. 



IM 



1844. Man. No. U. 



192 



Am Bredm. (Januar.) In der letzten Zeil iU «i- 
nige grünere Compositionen hiesiger Tonsetzar gegeben 
worden, welche in dieser Zeitung erwähnt so werden 
verdienen» Znent eine neue Oper des Capellmeisters an 
beesicen Theater E. Seide/mann: „Das Pest zu Kcuil- 
wortb." Der bekannte Roman bietet für die Oaer inae- 
fern kein günstigen Motiv, als Emny, die Heldin, als 
nnsebnldiges Opfer fallt, was leicht bei den Zuschauer 
Indignation erwecken kann« Der Dichter lässt sie daher 
gerettet werden, und zwar dnreh Elfen, nnter deren 
Schatz er sie von vorn herein stellt. Für Abwechslung 
ist gesorgt, und das Ganze nnr eher zu bunt gehalten« 
Den Conpenislen aber könnte noch viel wirksaner in 
die Hände gearbeitet sein. Die Musik zeigt Erfahrung, 
Fleiae und Geschicklichkeit, entbehrt aber einer gewis- 
sen Einheit des Stvb, was bei einen fortdauernd nit 
Einstadireu von Werken des verschiedensten Styles be- 
schäftigten Tonkünstler nicht befremden kann. So begeg- 
nen uns denn wohl Anklänge aus diesen und jenem Ton» 
BMister ; dies schliesst nicht aus, anzuerkennen, dass Mu- 
sikstücke von freier, frischer Gestaltung, glückliehe Würfe, 
die entscheidende Wirkung thnn, nicht fehlen. Diese 
Nummern hier einzeln zn bezeichnen, wäre fruchtlos; 
nur so viel, dass der dritte Act sehr viel dramatische 
Lebendigkeit in der Musik offenbart, dass die Elfcnchöre, 
auch einige heitere Lieder, allgemein gefallen haben. 
Ueberhaopt hat die Oper, die binnen Kurzem vier Mal 
gegeben worden ist, Beifall erhalten. 

Ferner haben wir von zwei neuen Symphonieen hie- 
siger Cemponisten* die beide in den Goncerten der deut- 
sehen Gesellschaft gegeben worden sind, zu berichten. 
A. Hesse hat seine sechste Symphonie (Emoll) aufge- 
führt, welche uns einen Fortschritt in der Entwickelung 
dieses in Deutschland bereits allgemein bekannten Com- 

t Misten zu bezeichnen scheint, womit wir einen nicht 
los äusseren, sondern inneren Fortschritt meinen, denn 
kenntnissvolle und gewandte Schreibart hat er längst be- 
währt. Er hat die Form diesmal nicht mehr blos mit ma- 
thematischer Genauigkeit, sondern mit Freiheit behandelt, 
nnd die ihm eigentbümliche scharfe Gliederung jedes ein- 
zelnen Theiles in lebendigeren Fluss gebracht. Wir .hal- 
len übrigens den zweiten Satz, ein mit einem Allegretto 
verwebtes Andante, und den letzten, der in ungemein 
frtsehem Schwünge bei contrapunctischer Freiheit sich 
vorwärts bewegt, für die trefflichsten Theile des Ganzen. 
Durch viele Gesangcompositionen, namentlich viele 
vierstimmige Männergesänge, kleinere Kirchensachen ist 
Ernst Richter, Lehrer am hiesigen evangelischen Schul- 
lehrerseminar, seit Jahren bekannt. Gegenwärtig ist er 
auch mit einer Symphonie hervorgetreten, welche zwar 
nooh einige Spuren des ersten Schrittes auf der neuen 
Bahn an sich trägt, doch sich durch edle Einfachheit des 
Styls und manche Schönheit empfiehlt; insbesondere fin- 
den wir den ersten Satz sehr gelungen, während der 
letzte sich die Gunst eines grossen Hörerkreises schnel- 
ler zu erwerben geeignet ist. 

Von auswärtigen Virtuosen haben sich Wenige bis 
jetzt hier eingefunden. Ziemlich viel Glück hat der junge 
Violoncellist dt Dio aus Berlin gemacht, der in der That 
talentvoll, sich mit der modernen Behandlung seines In- 



struments bestens bekannt genseht hat. Etwas seltenere 
Anwendung den Schleifens der Töne» wie den Tonao rn- 
bato, ist ihn anznrathen. 



Erfurt, Concertbericht von 1. Oetober bis letzten 
December 1843. — In Folge von mancherlei Umständen 
habe ich diesmal nnr über wenige der in dem angegebe- 
nen Zeiträume stattgehabten Concerte zn berichten. Die 
zur Geburtstagsfeier unseres Königs veranstalteten grös- 
seren Musikauffuhrungen haben bereits in No. 4& des 
vorigen Jahrganges d. Bl. eine ausführliche Beurtheihing 
durch einen anerkannten Kuastrichter gefunden, und es 
dürfte überflüssig, wenn nicht anmaassend erscheinen, 
dem noch Etwas hinzufügen zn wollen. Nur der Berich- 
tigung eines kleinen Irrlbums wäre hier wohl, an et- 
waige Missverständnisse zu vermeiden, der Raun zu gön- 
nen. Nicht der „Af/fcr*scbe Gesang- Verein** — der 
Herr Berichterstatter versteht hierunter wohl den Sing- 
chor, welchen der Organist Ritter leitet — bat als sol- 
cher bei der Aufführung des Oratoriums „Mose" von 
Marx mitgewirkt, sondern nur eine Anzahl seiner Mit- 
glieder, zu deren Erleichterung das genannte Institut 
seine eigenen Uebungen bis nach Aufführung des „Mose" 
aussetzte. — Ueber die lebhafte Theilnahme, welche 
Haydn's Symphonie in Ddur erregte, so wie über die 
hauptsächlich in Folge seiner ungünstigen Stellung gerin- 
gere Wirkung eines Psalms von Spokr („Unendlicher") 
im dritten Concerte des Erfurter Musikvereines kann ich 
eben so wenig aus eigener Anschauung berichten, wie 
über Prümesy in einem Localblatle warm belobtes Spiel 
und über die allgemein als ausgezeichnet geschilderte 
Executiruag der Freischützouverture unter des Musikdi- 
rectors Golde Direction. — Die Herren Dietrich, Ha- 
bermann nnd Ritter gaben drei in der gewohnten Weise 
ausgestaltete Soireen. In der letzten fand die fürstl. ru- 
dolslädlische Kammersängerin Frfiul. Schreck durch den 
Vortrag einiger Lieder grossen Beifall. Man rühmt an der 
Sängerin die sorgfältige Ausbildung des angenehmen Or- 
gans , das wirklich wunderschöne Piano in den mittlem 
Tönen, die richtige Auffassung und lebensvolle Darstel- 
lung der vorzutragenden Compositionen. — Die liy 2 jäh- 
rige Pianistin Henriette Zieh aus Zeitz Hess sich in ei- 
nem besondern Concerte mit Variationen von Herz, mit 
einer Etüde: ,,Orage, tu ne saurais m'abattre!" von 
Henselt, dem „Erlkönig" von Liszt nnd der Moses-Fan- 
tasie von Thalberg hören. Sie spielte die genugsam be- 
kannten Compositionen, was die Fertigkeit betrifft, cor- 
rect; die Ausdauer der zarten Hände war Erstannen er- 
regend. Einen eigentümlichen geistig- musikalischen Ge- 
nuas kann man bei dergleichen Gelegenheiten nicht bean- 
spruchen. — Die drei Gebrüder Mollenhauer traten in 
zwei Goncerten auf. Die Leistungen der beiden jünge- 
ren Brüder erschienen, mit den frühem verglichen, nicht 
gesteigert, vielleicht sogar etwas zurückgegangen, wäh- 
rend der ältere im Spiel wie in der Composition viel- 
seitige Proben eines wirklichen musikalischen Talentes 
zeigte. 

A. G R. 



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1844. März. No. 11. 



194 



Herbstopern in Italien u. $. w. 

(ForUetaung.) 

Poggio a Cajano. Während der Villeggiatura des 
Grassherzogs im October worden auf dem hiesigen Thea- 
ter drei Opern : Chi dura vinee von Rieci, La Figlia del 
reggimenlo von Donizetti, und Elisa e Claudio von Mer- 
cadante gegeben, worin die Brambilla, die Bigazzi, Tenor 
Paglieri and die Bassisten Boecornini und Dal Vivo vie- 
len Beifall fanden. Die Brambilla (Erminia) bat eine an- 
genehme geläufige Sopranstimme; Paglieri taugt mehr 
nir's Serio. 

San Sepolcro. Bei Gelegenheit des hiesigen jahrlich 
statthabenden grossen Festes wurden die zwei Donizel- 
ti'schen Opern Belisario und Gemma di Vergy, nebst 
Rossini's ltaliana in Algeri, gegeben. Unter den Sängern 
waren Tenor Comassi und Bassist Luzzi die ausgezeich- 
netesten; etwas minder die Vecchi und die Comprima- 
ria Gajani. 

Livomo. Donizetti's Roberto d'Evreux verunglückte, 
der Musik, zum Theil auch der Sänger wegen. Die Bar- 
tolini-Raffaelli als Elisabetta behagte gar wenig; die Della 
Noce gefiel noch weniger als Sara, auch darum, weil sie 
keine ausserordentliche Schönheit ist; Bassist Salandri 
genügte kaum; der Einzige, der sich rettete, war der Tenor 
Musich. Die magere Dirce vom jungen Maestro Peri ge- 
fiel mehr, als der Roberto, dem sie sehr weit nachsteht ^ 
auch diesmal trug Herr Musich die Palme davon. In Pa- 
cini's Saffo tbalen sich die Bartolini und Salandri noch mehr 
hervor, wurden aber vom Tenor überragt, und da die ßue- 
cini die Rolle der Gleomene übernahm, so konnte mag 
sagen : Finü coronat opus. 

Butt. Dieser reiche Flecken hat diesen Herbst ein 
neues elegantes Theater mit Donizetti's Elisir d'amore 
eröffnet. Hauptsänger waren die Ciolti-Grossoni, die Al- 
les entzückte; die Gomprimaria Cararesi, Tenor Bigazzi 
and Bassist Peiliccia. 

Kirchenstaat. 

Rom (Teatro Apollo, vulgo Teatro Tordinona). An- 
fang ziemlich gut, die ganze Mitte nicht, Ende ausge- 
lassen gut. Nachdem Donizetti's Lucrezia Borgia (hier 
unter dem Namen Elisa da Fosco) mit der Barbieri -Nini, 
der Sbiscia, dem Tenor Roppa und Bassisten Ronconi 
(Sek.) genügend die Breter passirte, lösten die Brambilla 
und die Patriossi benannte beide Damen ab, und wurden 
mit Roppa, Ronconi und Fallar in Nini's ein Jahr alter 
Virginia aufgeopfert. Diese Künstler singen ohne Weite- 
res brav, aber die von den Journalen zu seiner Zeit so 
heebgepriesene Musik dieser Oper wurde hier als etwas 
gar Mittelorässiges, durch Lärm Betäubendes ohne die 
mindeste Neuheit gefunden. Sowohl die Virginia als die 
nachher gegebene Norma (in welcher die Barbieri und 
Cignozzi wirkten) erlebte in Allem vier Vorstellungen; 
in Bellini's Oper wurden diesmal mehr die Decorationen 
appUudirt! Mit besonderer Pracht und Luxus ging am 
10. October, der Himmel mag es wissen, warum, Doni- 
nizetti's nirgends ansprechende Maria di Rudenz in die 
Scene. Die Brambilla sang etwas ermüdet, Ronconi war 
unpasslich, und der einzige Roppa hieb sich durch. 

(Zt No. 



Besser ging es Anfangs November in Marino Faliero, 
von demselben Maestro, in welcher Titelrolle Ronconi 
wie gewöhnlich trefflich sang und hübsch dislonirte. Um 
die Hälfte desselben Monats gab man den, vorigen Car- 
neval für Florenz von Herrn Mabellini componirten, und 
hier von ihm selbst in die Scene gesetzten Conte di La- 
vagna, o la congiura di Ftesco (nach Schiller), worin 
die Brambilla, die Barbieri, die Patriossi, Roppa (Titel- 
rolle) und Porto wirkten. An Herausrufen und Klatschen 
fehlte es keineswegs, die Oper selbst hat indessen kein 
sonderliches Behagen erregt. Ja, ein sehr langer, „Tosi" 
unterzeichneter Artikel in der flivisfa Romana giebt dem 
Maestro sogar eine lange Leclion, wie er sich beim Com- 
poniren seiner Opern zu verhalten habe. Und damit man 
auch in Deutschland sehe, welche Weisheit unsere Opern- 
artikelscbreiber predigen , mag hier eine Stelle aus je- 
nem Aufsatze Platz finden. Diese lautet wie folgt : „Nie- 
mand mehr als Rossini kannte die Geheimnisse der wah- 
ren Harmonie (Dank für die im November 1843 zu Rom 
niedergeschriebene nagelneue Neuigkeit). So wie der Pe- 
sareser (d. h. Rossini) Herr, ja Souverain dieses Ge- 
heimnisses gewesen ist, so war auch (man höre !), wie 
die Renner behaupten, Mozart's brillante Seele (anima 
briosa) ein mächtiger Herr (possente signore) davon." — 
Die zu Ende Novembers endlich gegebene ,, prachtvolle" 
neue Oper Bonifazio de 9 Geremei, del principe Giu- 
seppe Poniatowsky , worin die Brambilla, Roppa, Ron- 
coni, Porto und Kallar sangen, und in Allem 250 Per- 
sonen wirkten, erregte einen Fanatismo in der dritten 
Potenz. Was dieser Maestro musikalisch zu leisten ver- 
mag, wissen die Leser längst. Indess lässt sich die Re- 
capitulation der mit so vielem Pomp in allen Zeitschrif- 
ten angekündigten Herbststagione auf diesem Theater mit 
folgenden Worten zusammenfassen. Sie war, versteht sieh 
für die Hellsehenden und Hellhörenden, erbärmlich, wie 
alle dermaligen Stagioni in ganz Italien; sie hat aber 
sehr geräuschvoll geendet, und was das Geräusch in der 
heutigen italienischen Oper bedeutet, ist weltbekannt. Am 
Meisten zu beweinen sind dabei Hesperiens Kinder, die 
mit ihrer glücklichen Gesanganlage noch immer die treff- 
lichsten Sanger liefern würden, durch die beutige Opern- 
industrie aber nicht die nötbige Ausbildung erhalten, sehr 
bald zu Grunde gerichtet werden, und schon in ihrer 
zarten Jugend als Sängergreise dastehen. 

(Teatro Alibert.) Mit der berühmten Tänzerin Cer- 
rito war auf diesem Theater stets Sonnenaufgang, der 
jederzeit schnell zum Zenith stieg; vor und nach war es 
stets in der Oper Morgen- und Abenddämmerung. Mer- 
cadante's Vestale begann mit einem Fiasco; die Gabussi 
glänzte nicht in der Titelrolle, Baizar passte seinem Part 
nicht an, Buffo Scalese tab den Flaminio und Tenor Bo- 
rioni vermochte keine Wunder hervorzubringen. Pacini's 
in Neapel in den Himmel erhobene, von ihm selbst auf 
seiner Durchreise nach Palermo hier in die Scene ge- 
setzte Fidanzata Corsa hatte am ersten Abend ein zahl- 
reiches Auditorium, wovon ein Tbeil zuweilen der Ober 
und dem Bassisten Baizar einigen Beifall schenkten ; die- 
ser spärliche Applaus und die Zahl der Zuhörer nahm 
schnell ab, und die Musik der Oper gefiel gar nicht. Die 
Schuld der Galamität geben Einige dem Tenor Donati 
lt.) 



195 



1844. März. IVo. 11. 



196 



(der deu unpässlichen Borioni ersetzte), der Seconda ! 
Doona und dem Orchester. Bei Anwesenheit des Duc 
d'Aumale wurden mehrere Scenen von Pacini's Saffo ge- 

fpben, der Tänzer Saint- Leon liess sich mit einem Vio- 
inconcert hören und beklatschen, und in einem von eben 
diesem Tänzer -Concertisten und Ballet meist er componir- 
ten neuen Ballette: II Lago delle Fale, Hess sich die 
Gerrito bewundern und in den Himmel erheben. ßossi- 
ni's Assedio di Corinto, worin Baizar den Maometo, die 
Schieroni die Pamira, Borioni den Cleomene, Scalese den 
Iero gab, die Olivreri Neocle's Bolle übernahm, ging so 
so ; desgleichen Rossioi's Barbiere di Siviglia — auf dem 
Teatro Valle — mit der Gabussi und den Herren Bo- 
rioni, Baizar, Scalese und Valentini. 

Die hiesige Accademia di S. Gecilia hat zu ihren 
Ehrenmitgliedern ernannt: den Grafen Spaur, Gouver- 
neur der Lombardei ; den Baron Toresani, Polizeidirector j 
in Mailand; die Prime Donne Brambilla (Teresa) und , 
Siejanone, den Bassisten Del Riccio und die — Tänze* \ 
rin Cerrito. j 

Lugo. Bossini lässt jetzt das Haus seines von hier j 
gebürtigen Vaters Giuseppe, in der Via Lumagni No. 580, 
das in der Ueberschwemmung des Jahres 1842 ganz zu 
Grunde ging, auf eigene Kosten weit solider aufbauen. 

Medicina. In diesem in der Provinz Bologna gele- 
genen reichen Flecken gaben homöopathische Sänger (die 
Allain, Tenor Mamini, Bassist Cbiusuri und der Buffo 
Grandi) Donizetti's Elisir'mit dem besten Erfolge. 

Bagnacavallo. Die vorberbenannten Virtuosi, mit der , 
Gosentino anstatt der Allain , gaben hier den Elisir und i 
die Lucia Donizetti's mit noch besserm Erfolge. 

Perugia. Hier langweilte man sich diesen Herbst 
ohne Oper so gewallig, dass sich einige Professori und ! 
Dilettanti ganz «zu Ende der Stagione entschlossen, eine 
Oper zu geben, versteht sich von — Rossini? ach nein, < 
er ist beinahe vergessen ! also von dem stets unvergess- : 
liehen Donizetli, und zwar seine noch weit unvergessli- 
cbere Gemma di Vergy. Die Prima Donna hiess Zenobia 
Papini ; nach dem hiesigen Osservatore del Trasimeno hat 
der „grosse" Pacini viel Gutes von ihr prophezeiht. Te- ' 
nor war Herr Luigi Bernabei und der Bsssist Herr Emi- ; 
lio Ciosi. Die Zuhörer glaubten sich im Elysium. j 

Bologna. Sänger und Tänzer in ziemlich grosser 
Anzahl. Die Damen hiessen Slrepponi , Corbucci , Rama- , 
cini, Gandaglia (kaum die Erste, noch vor wenigen Jah- 
ren eine gute Sängerin, nnn durch die heutige leidige 
Lärmoper zu Grunde gerichtet, bemerkenswert!!); Te- 
nore Frascbini und Dei; Bassisten Badiali (recht brav), 
Caliari u. s. w. Den 7. October wurde das Theater Co- 
munale mit Herrn Verdi's Nabucodonosor eröffnet. Man 
fand in der Musik dieser in Mailand, ihrem Geburtsorte, 
mit so lautem Beifall gegebenen Oper gar wenig Neues 
und viel Lärmendes, sogar in den Recitativen; nur einige 
Stücke erfreuten sich des Beifalls. Donizetti's Roberto 
d'Evreux machte hierauf einen grossen Fiasco* und nach 
der dritten Vorstellung gab man zwei Acte des Nabucco 
und Einiges aus dem Roberto, also eine Pastete. Am 4. 
November folgte die Lucia, worin die Maray die Titel- 
rolle übernahm. 'Sie hat diese bereits in Rom mit Poggi 
und Badiali, in Neapel mit Frascbini und Cartagenova, 



in Livorno mit Gastellan und Porto, in Siena mit Roppa 
und Ronconi (Seb.), in Faenza mit Ivanoff und Tambu- 
rini, in Ancona mit Ivanoff und Ronconi, in Reggio mit 
Moriani und Ferri gesungen, könnte sie also selbst im 
Schlafe vortragen. Die Lucia ward gewissermaassen die 
Liebliogsoper der Stagione, wurde auch wohl mit dem 
Nabucco zusammen, jede Oper zur Hälfte, gegeben. Am 
25. November wiederholte man Bellini's Pirata, abermals 
mit der Slrepponi, aber mit keinem guten Erfolge. 

Bei seiner Ankunft aUbier aus Paris wurde Rossini 
am 3. October von den sämmtlichen Professori dts Li- 
ceo Musicale bewillkommnet. 

Die Harfenkünstlerin Apollonie Bertucat gah im Pri- 
vattheater der Principessa Donna Maria Malvezzi Herco- 
lani eine musikalische Academie und erregte mit ihrem 
trefflichen Spiele allgemein starken Beifall. 

Königreich Beider Sizilien. 

Palermo (Teatro Carolino). Mit Donizetti's Roberto 
d'Evrenx wurde am 4. October die Stagione gar nicht 
glänzend eröffnet. Die brave Bortololti und Bassist Torre 
waren die ziemlich Begünstigten , minder Tenor Pancani 
und die Austin gar nicht. In Paciui's von ihm selbst in 
die Scene gesetzter Fidanzata Corsa, worin nebst den 
drei Erstem noch Tenor Mei und Bassist Vaili wirkten, 
ging es viel besser; der Maestro war auch ganz müde 
vor lauter Hervorrufen und Sammeln der ihm zugewor- 
fenen Blumenkränze und Sträusse. Seine am 28. Novem- 
ber mit der Bortololti, der Austin, Pancani, Valli und 
Torre in die Scene gegangene neue Oper Medea fand 
in der ersten Vorstellung nur theilweise Applaus, der in 
der zweiten zum Fanatism und in der dritten zum Deli- 
rium anwuchs. Hätte Pacini nicht schnell nach Neapel 
gehen müssen, um auf dem Teatro Nuovo daselbst seine 
neue Oper Luisetta schnell in die Scene zu setzen, dar- 
auf wieder schnell nach Mailand zu gehen, um auch da 
an der Scala mit seiner alten und neuen Oper thätig zu 
sein: wer weiss, was hier noch Alles entstanden wäre! 
Diese Schnelligkeiten haben aber zugleich auf die Zuhö- 
rer gewirkt, die, wie einheimische Blätter sagen, die er- 
habene und tiefgedachte Musik dieser Medea anfänglich 
nicht ganz begriffen, schon in der zweiten Vorstellung 
aber mit Blitzesschnelle in sie gedruugen sind. 

Messina. Beim wahren Lichte betrachtet waren un- 
sere drei Opern drei magere Vergleichuugsstufen. Die 
Armenia als JNorma, der längst fertige Tenor Genero — 
o weh! Pacini's Fidanzata Gorsa mit der Armenia, den 
beiden Tenoren Genero, Secino (einem Anfänger) und 
dem Bassisten Scappini, kaum leidlich. Nun gar Doni- 
zetti's Don Pasquale, mit der Armenia, Genero, den bei- 
den Bassisten Bossi und Scappini: der war doch mit all' 
seiner Magerkeit der Superlalivus der Stagione. 

Catania. Erst um die Hälfte Novembers wurde 
hier die Herbststagione und zwar mit Donizetti's Linda 
di Chamounix eröffnet, worin sich dieParepa-Archibuai, 
Tenor Nerozzi und Bassist Gappelli besonders auszeich- 
neten. 

Reggio (in Galabrien) erfreute sich, wohlgemerkt 
für hier, einer der besten und zahlreichen Gesellschaft. 



197 



1844. Mär«. No. 11. 



198 



Die Epooina Bruni , die Luigia Lombardi - De Baillou 
(Mezzosopran); die Tenore Raffaele d'Andrea, Camillo 
Giuliani ; Baasist Gaetano de Baillou (Gatte der Lombardi, 
auch Impresario) und Buffo Giuseppe Remorini, waren 
die Haoptsänger , nnter welchen die Bruni (Brno, eine 
Französin) und De Baillou als die besten betrachtet wer- 
den, und die auf ansehnlicheren Theatern nicht übel figu- 
riren könnten. Pacini's Saffo und Bellini's Norma wa- 
ren die gegebenen Opern. Sonderbar machte Erstere hier 
wenig Glück, und ein hiesiges Blatt unterstand sich so- 
gar, über sie Folgendes zu sagen : „Bald werden den stu- 
dirten Accorden der Saffo von Pacini, ihren gesuchten 
Harmonieen, Tonarten mit einem Walde von Been in 
der Vorzeichnung, ihrer schwierigen Instrumentation im 
Verbältniss zum Gesänge, die breiten (larghe) und an- 
ziehenden Melodieen vqn Bellini's Norma folgen." Die 
Norma bat auch ohne Weiteres viel mehr Glück ge- 
macht. 

Foggia, Eine neue Prima Donna assolula, Enri- 
chetta Servoli, mit einigen guten Anlagen zur Kunst, be- 
trat hier in Donizetti's Maria di Rudenz die Bühne, ge- 
fiel ziemlich , machte aber darauf in dessen Belly sogar 
Furore. Hauptadjutanten waren: Tenor Pompejano und 
Bassist Leopoldo Cammerano. 

Bari. Die Prima Donna Berelti, Com primaria Villa, 
Tenor Mazza, die Bassisten Anilo und Labornais nebst 
Buffo Villa producirten sieb hier in Donizetti's Locia, 
Rossini's Barbiere , Bellini's Sonnambula und Mercadan- 
te's Briganti. Einiges in der Lucia wurde von der Be- 
relti nicht übel vorgetragen, sonst ging, aufrichtig ge- 
sprochen, Alles schlecht, und langweilte die Zuhörer 
ausserordentlich. 

Lanciano. Pacini's Saffo und Mercadante's Giura- 
mento gingen mit der Chimerli, dem Tenor Cenni, Bas- 
sisten D'Arco, und noch anderen sogenannten Virtuosi, 
für diesen Ort, mit besonderem Glück über die Breter. 

Neapel (königliche Theater S. Carlo und Fondo). 
Aeltere Opern wurden auf beiden Theatern im Herbste 
wiederholt, von Donizetti: Maria Padilla (am Allermei- 
sten!), Linda di Chamounix, Elisir; von Bellini: die 
Norma und Puritani; von Rossini: Barbiere und Cene- 
rentola; von Lillo: die Osteria di Andujar (oft); über- 
dies zuweilen, nach dem MusUt des Teatro Nuovo, Pa- 
steten aufgetischt, z. B. ein Act aus dieser, einer aus 
jener Oper, nebst einigen Stücken aus verschiedenen 
Opern u. s. w. Die Goldberg gefiel stets allgemein, bei 
alldem ging es einer Oper, in der sie wirkte, nicht am 
Besten. Herrn Nicolai's Templario (hier unter dem Titel 
Teodosia, mit welcher die Stagione eröffnet wurde), 
worin nebst ibr die Gruiz, Tenor Tamberlik, Bassist Co- 
letti und Bassist Arati wirkten, machte einen kleinen 
Fiasco. Mad. Bishop, die im Barbiere di Siviglia und in 
den Puritani gar nicht gefiel, wurde in der Linda di Cha- 
mounix ausgelacht. Die beliebtesten Sänger sind : Bas- 
sist Coletti, Tenor Basadonna (gute Schule, aber fertig) 
und die Goldberg, die auch im Buffo als Actrice in der 
Osteria di Andujar Ehre einlegte und, nach dem Aus- 
drucke eines hiesigen öffentlichen Blattes, Alles über- 
raschte. — Neu waren: auf S. Carlo (12. December) 
die Oper Costanza (TArragona, vom Maestro Sarmiento, 



mit einer verdienten, sehr lauen Aufnahme; auf dem 
Teatro Fondo die erste Oper vom Maestro Dermino Majo, 
Zögling des hiesigen Conservatoriums, Mattia l' Inva- 
lide* betitelt, mit einer buffo- seria, leichten, dabei ein- 
förmigen Musik, die ebenfalls einen hübschen Fiasco ein- 
steckte. 

(Beschluss folgt.) 



EUILLETON. 



Am 15. Januar starb zu Downside bei Batb der vormals be- 
liebte Tonsetzer Graf Mazzinghi, geb. 1765, ans einer alten tos- 
oanischen Familie. Georg IV. übertrug ihm anter Andern die Lei- 
tung der englischen Hofconccrte. Ausser England sind seine zahl- 
reichen Compositiooeo (Opern, Lieder n. s. w.) wohl meist ver- 
schollen. 



Graf Czernin zu Wien ist auf sein Ansuchen von der Ober- 
direction über das Hofbargtheater enthoben worden. Sein Nach- 
folger ist der Landgraf von Fürstenberg. Herr v. Holbein bleibt 
in der Stellung eines technischen Directors auf seinem Platze, bat 
jedoch jedes Mal die Gutheissung der Oberdirection einzuholen. 

Nach dem baieriseben Regierungsblatte hat der König von 
Baiern der von Dr. Franz Liszt durch die Schenkung von 1500 Fl. 
beabsichtigten Gründung eines halben Freiplatzes in der königli- 
chen Bliodenbescbäftigungsanstalt zu München die Genehmigung 
ertheilt, mit der Bestimmung, dass der Theilfreiplatz, unter Vor- 
behalt des landesherrlichen Verleihungsrechtes, der Lüzt y sehe be- 
nannt werde. 



Die katholische Geistjiebkeit der Moorfields-Cbapel zu Lon- 
don hat sieb gegen die Wittwe Carl Maria* s v. Weber erboten, die 
Asche Weber' s auf ihre, der Geistlichkeit, Kosten nach Dresden 
zu schaffen. Bekanntlich wurde diese Sache vor mehreren Jahren 
in Dresden angeregt, und der dasige Liederkranz gab zu diesem 
Behufe ein Concert, dessen Ertrag sieb aof400Thlr. belief. Letz- 
tere können nun den Stamm für eine Sammlung zu Weber 9 s Denk- 
mal bilden. 



Ein Verein von Verehrern der neulich fälschlich todtgesagten 
Cataiani bat so eben ihr Portrait von einem floreotinischen Mei- 
ster in Kupfer stechen lassen und viele tausend Abdrücke davon 
in alle Welt versandt. Von Rom sollte der ausgezeichnete Medail- 
leur Girometti auf die Villa zu Prato bei Florenz, wo die Künst- 
lerin lebt, reisen, um ihr nach der Natur genommenes Bildniss 
dureh Denkmünzen zu verewigen. 

. Am 14. Februar feierte Capellmeister Lindpaintner zu Stutt- 
gart sein 25jähriges Dieustjubüfium. Im Theater fand eine fest- 
liche Aufführung von Scenen aus seinen Opern (Vampyr, Genue- 
sen o, sicilianische Vesper) und dem Ballet Danina Statt; der Kö- 
nig ertheilte ihm den würtem bergischen Kronenorden (und damit 
zugleich den Adel); die Hofeapelle gab ihm ein Festmahl, wobei 
sie ihm einen silbernen Poeal überreichte. Ausserdem halte man 
ihm zu Ehren noch von anderen Seiten her Festlichkeiten ver- 
anstaltet. 



In Dresden wurde zum Besten der Naumannsstiftung ein Con- 
cert gegeben > welches besonders durch Listt's Theilnabme Glans 
erhielt. Die Einnahme belief sich auf 1300 Thlr. 



In Berlin starb der bekannte treffliehe Violoncellist Rammer- 
mnsikus Töpfer. 

Die „königliehe Gesellschaft der Musiker" zu London, welche 
vor bereits 100 Jabren zur Unterstützung armer Musiker gegrün- 
det wurde , bat im Laufe des Jahres 1843 die Summe von 2389 
Pfand Sterling als Unterstützung an hilfsbedürftige Musiker vor- 



199 



1844. März. No. 11. 

Ankündigungen. 



200 



Im Verlag« der HSfer'sehen Buchdrnekerei in Zwick« u 
ist eusehiencn die 

zweite vermehrte Auflage 

TOB 

140 (jetzt 144) Choralmelodlen, 

nach Hiller in Partitur gesetzt, nebst Kommuniongesän- 
gen und Responsorien zum Gebrauch für Seininarien, 
Gymnasien, Gesaugvereine, Bürgerschulen und Posau- 
nenchöre. Herausgegeben von ff. B* Schulze, Caolor 
und Musikdirector in Zwickau. lV/ 2 Bogen auf be- 
sonders starkes Ganzleipapier. Preis 20 Ngr. 

Für die Zweckmässigkeit and Brauchbarkeit dieses Choral ba- 
cke« sprechen die Empfehlung' höchster Behörde und der schnelle 
Absatz der ersten Auflage durch Einführung derselben in verschie- 
denen Seminarien, Kirchen und Schulen. Durck Vermehrung von 
drei Schickt*schen Chorälen und der Litanei ist das Werk noch 
brauchbarer geworden. 

Um die Einfuhrung desselben au erleichtern, wird jedem, der 
sich direct an die Verlagshandlung wendet, besonders in Partieen, 
ein bedeutender Rabatt zugesichert. 



In der T» TrSMltweln'schen Buch - und Musikalienhand- 
lung (<J. Guttentag) ist erschienen : 

Mnilsslä, Theodore, Portefeuille de Musiqne. Morceaux de 
Salon pour le Piano. Op. 20. compl. 5 Thlr. 
Daraus einsein : 
1) La CmtueUe. Piece characteristiane. 18 Sgr. 
Sl) « Stimmt Pfecwrne. 15 Sgr. ' 

3) Gavotte, 19* Sgr. 

4) k Naples. Suite de quatre pieces italiennes. 
a) BarearoUe. e) Devant l'eglise. j j j^ ß ^ 



b) Serenade. 

arantelle ein» 

8) Trois Chansonnettes, 



d) Taranteile. 



Tavantelle einzeln SO Sgr. 

20 Sgr. 



Von Seiten der hochlöblichen Regierungen wird auf Veran- 
lassung Eines Hohen Cultus - Ministerii auf folgende Schrift gans | 
besonders aufmerksam gemacht t 

Die Orgel und Ihr Bau. 

Ein systematisches Handbuch ßlr Cantoren, Organisten, ; 
Schutlehrer, Musikstudirende u. s. w. y so wießtr Geist- \ 
liehe, Kirchenvorsteher und aüe Freunde der Orgel und 
dies Orgelspiels, herausgegeben vom Organisten 

Johann Julius Seidel» 

Mit Notenbeispielen und neun Figuren -Tafeln. 

Zweite verbesserte und sehr vermehrte Auflage* 

Verlag von F« E. C# Ijetmekmrt« 

f&* SnbscriptinnspreM Ein Thaler. 

„Wenn ein Mendelssohn -BarAoldg In einem Briefe an den 
Verf., der mir vorliegt, sehreibt, dass er „das Buch mit grossem 
Interesse und mit wmhrer Belehrung gelesen," und dem Verf. dankt, 
dass er mit so viel Sorgfalt, Deutlichkeit und FbUständigkeit einen 
so wichtigen Gegenstand allgemein ingänglich gemacht habe ; wenn 
der Veteran Dr. Bebs im theolog. Literatur - Blatt sur allgemeinen 
Rwehenneitufig sagt, dass er dem fragliehen Werke hinsichtlich 
feiner wesentlichsten Bramehbarkeä und Nützlichkeit ein anderes 
an die Seite steilen in können nieht ve r möc h te ; wenn In der „Leip- 



ziger Musik -Zeitung« und der von Heutsehel redigirteu „Beterp«,« 
die Herren Musikdireetoren P. WUke und C. T. Seiffert und in 
dem Badenischen Volksschulblatte der bekannte Organist Vierimg 
das Bück gleichfalls günstig beurtheilt haben ; wenn die Breslauer 
Orgelspielmeister Hesse und Köhler die Arbeit schon vor dem 
Drucke kennen lernten und anpriesen; wenn endlich die Renner 
der Sache, die Seminar - Musiklehrer Bichtcr und Sehnabel t das 
Buch ihren Seminar - Zöglingen , denen immer nur gediegene Sa- 
chen anempfohlen werden dürfen, in die Hände derselben zu brin- 
gen bemüht waren; wenn — meine ich — solche Priasipal-Stim- 
men für das Werk reden: so bedarf es von meiner Seite keines 
empfehlenden Wortes, sondern nur der Hin Weisung auf die Schrift" 
— sagt der als pädagogischer Schriftsteller so rühmlich bekannte 
Herr Oberlehrer Scholz in seiner Sehlesischen Schullehrer - Zeitung 
1845 No. 16. — £&» Alle Buchhandlungen nehmen Bestellungen 
auf dieses, jedem Organisten unentbehrliche, Handbuch an. 



In meinem Verlage ist erschienen und durch alle Bneh- und 
Musikalienhandlungen au beziehen : 

Her Pianist 

oder 

die Kunst des Clavlerspiels 

in ihrem Gesammtamfange theoretisch - praktisch 
dargestellt. 

Ein Lehr- und Handbuch für Alle, welche Ciavier 

spielen und diese Kunst lehren oder lernen, jedoch 

mit besonderer Rücksicht atf Dilettanten, 

von 

Gustav Schilling. 

Preis % Thlr. 

Osterode, im Februar 1844. 

A. Sorge* 



So eben erschien im Verlag von ©• Blselämiinn in 
Hannover: 

Caprice sur un motif dn Deserteur de Monsigny pour le Piano par 
Stephen Beller. Oenv. 41. 19* Ngr. 



Verkauf einer JfluslkaUenliandlung» 

Da meine fortdauernde Kränklichkeit mir nicht er- 
laubt, meiner Sortiments - Handlung die nöthige Auf- 
merksamkeit und Thätigkeit zu widmen, so beabsichtige 
ich, solche zu verkaufen, und mich allein auf mein Ver- 
lags- Geschäft zu beschränken. Reelle Käufer wollen 
sich mündlich oder schriftlich direct an mich wenden. 
Berlin, den 15. Februar 1844. 

Carl Pises* 



Mit Gegenwärtigem zeige ich ergeben «t an, dass der sämmt- 
liohe Verlag des Herrn F. J. Mompour in Bonn auf mich über- 
gegangen ist und fortan nur von mir oder dem bisherigen Auslie- 
ferungslager bei Herrn F. PVhisHtng in Leipzig bezogen wer- 
den kann. 
Elberfcld, im Februar 1844. 

F. W. Arnold* 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit 



201 



202 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



De» 20«*» März. 



M 1Z. 



1844. 



Inhalts Rezensionen —Nachrichten: Herbstopern io Italien o. t. w. (Beschloss.) Kurxrefasste neueste Nachrichten ausserhalb Ita- 
liens. Ans Gassei. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



R 



E C E N S I O lü E N. 



Fünf Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass, compo- 
nirt von Fr. Kücken. 0p. 41. Partitur und Stimmen. 
Berlin, bei Schlesinger. Preis 1% Tblr. 
Diese fünf Gesinge bilden eine interessante und will- 
kommene Bereicherung des gemischten vierstimmigen Ge- 
sanges ; wir empfehlen sie mit wahrer Freude allen Sän- 
gerkreisen, die sich gern mit Gutem und Neuem be- 
schäftigen. 

Au der Spitze dieser Sammlung steht das sinnvolle 
Gedicht H. Heine's vom „Träumenden Fichtenbaum"; 
es ist für Solostimmen und Chor oomponirt, mit lebhaf- 
ter Phantasie aufgefasst und mit grosser Sorgfalt ausge- 
führt. Herr Rücken hat aus den wenigen, aber gedan- 
kenreichen Worten des Dichters ein sehr interessantes 
kleines Drama gebildet, das bei sorgsamer Ausführung, 
die vorzüglich eine sichere Intonation und zarte Nüanci- 
rung bedingt, gewiss einen ungewöhnlichen Eindruck ma- 
chen wird. — Obgleich im vierten Tacte der zweite Bass, 
sowohl nach der Partitur, als in der betreffenden Stimme, 
ausdrücklich ees zu singen hat, so erklären wir dies den- 
noch für einen Stichfehler, oder für ein Versehen im 
Manuscript, und reclamiren dafür c, während wir entge- 
gengesetzt zwei Tacte später dem ersten Bass lieber ces 
statt c gegönnt hätten. — Sind wir übrigens auch nicht 
durchaus mit der Stimmenfpbrung vollkommen einverstan- 
den, so müssen wir doch im Ganzen die Harmonieen- 
folge als edel und fliessend bezeichnen; eine glückliche 
Mannichfoltigkeit in so engem Baume zeichnet das Ganze 
noch besonders aus. — Im zweiten Gesänge wird der 
Mai gepriesen, und zwar in recht ansprechender» gemüth- 
licher Weise. Da lebt und webt Alles in erfrischender 
Heiterkeit, steigert sich vom ruhigen Behagen bis zum 
bellen Jubel — kurz, ein gar liebes, gelungenes Stück I — 
Das dritte Lied , „Die Heimath/' ist voll Innigkeit und 
höchst sangbar. — Wenn sein vorherrschendes Motiv 
nicht eben durch Neuheit und Eigentümlichkeit sich aus- 
zeichnet, so gestaltet es sich doch durch Hilfe einer eben 
so edeln als trefflich geführten Harmonie ungemein an- 
muthiff und gewinnend. — Dem vierten Liede dieser 
Sammlung: „Das Gedenken" lässt sich nichts Besonde- 
res nachrühmen. — Dagegen wird das letzte: „Auf der 
Berge grünem Saume '* unbedingt und wohl überhaupt 
4*. Jahrgang. 



vor allen andern Liedern der Sammlung am Meisten an- 
sprechen. Der Gomponist hat es, wie er selbst beifugt, 
nach einer Melodie seiner Operette; „Die Flucht nach 
der Schweiz" für fünfstimmigen Gesang arrangirt, und 
es bildet in dieser Form ein höchst liebliches, bei aller 
Einfachheit ungemein anziehendes Gesangstück. Es be- 
währt sich bei diesem Liede aufs Neue, wie viel auf 
einen glucklichen Gedanken ankommt, der sich dann 
leicht und ungezwungen erweitern und modificiren lässt. 
Der heitere und gut gruppirte Refrain erhöht den guten 
Eindruck des anmuthigen Ganzen, das in seiner An- 
spruchlosigke.it um so sicherer gefallt und gewiss viele 
Freunde gewinnen wird. 



Nachtwächter- Weisheit; ein musikalischer Scherz für 
Männerstimmen, mit Begleitung des Pianoforte, com- 
. ponirt von J. G. Kunstmann. Ciavier -Auszug und 
Singstimmen. Leipzig, bei C. A. Rlemm. Pr.22y a N«\ 
Ein musikalischer Beitrag zur Emancipation der 
Frauen ! — Drei junge Herren , wahrscheinlich Studen- 
ten, kehren in guter Laune aus einer Abendgesellschaft 
zurück, und wollen ihr Müthchen an dem Nachtwächter 
kühlen. Sie richten also ungestüm die Frage an ihn : wes- 
halb denn seit Menschengedenken, und auch jetzt nooh 
in unserem Zeitalter des Fortschrittes, bei der eiassiseben 
Apostrophe : Hört ihr Herren , lasst Euch sagen u. s. w. 
nicht auch die Frauen erwähnt würden ? Darauf entgeg- 
net der weise Mann: Das würde doch nichts heuen, 
denn (hört! hört!) „die Frauen Hessen sich nichts sa- 
gen ! " — Diese Pointe ist nun zu einem harmlosen mu- 
sikalischen Scherze benutzt, der in gewissen Kreisen Hei* 
terkeit erregen und nicht ohne Beifall bleiben wird; es 
muss ja (nach Goethe) auch solche Käuze geben. Vor län- 
gerer Zeit tauchten mehrere solche, der dramatischen 
Form sich nähernde Humoresken auf, von denen einige 
sich sehr populär gemacht haben. Wir wissen aus eige- 
ner Erfahrung, wie dankbar solche musikalische Scherze 
aufgenommen werden, fehlt ihnen nur die rechte Würze 
nicht. — Das vorliegende kleine Drama macht beschei- 
dene Ansprüche, und wird sie erfüllen ; dass aber in die- 
sem heitern Genre bei Weitem Bedeutenderes geleistet 
werden kann, ist nicht zu verkennen. — Die Ausfüh- 
rung ist ohne Schwierigkeit ; die Ausstattung elegant und 
selbst durch eine Titelvignette gehoben. 

12 



905 



1844. März. No. 12. 



204 



Drei vierstimmige Männergesänge, compoafrt Ton F. A. 

Kernpt. Partitur und Stimmen. Leipzig, bei C. A. 

Klemm. Preis 15 Ngr. 
Den Styl und die ganze naive Art und Weise die- 
ser drei Ifäunergesfinge in kurzen Umrissen fcu schil- 
dern , würde in der That keine leichte Aufgabe sein ; 
selbst Beispiele würden nicht genügen : im Zusammen- 
hange müssen sie empfunden und genossen werden. Man- 
che Steilen sprechen offenbar für ein gutes, biederet 
Hera des Componisten ; aber zu einem guten vierstimmi- 
gen Gesänge gehört bekanntlich etwas mehr. — Ein- 
gehe Lieder für eine Singstimme würden dem Gesicbts- 
punete und dem Talente des Verfassers gewiss mehr zu- 
sagen. — Für die naive und — ungewöhnliche Stim- 
menführung möge das Beispiel zeugen, welches die zwei 
letzten Tacle darbieten: 



£ 



t= 



*j=± 



3 



ifü 



Ä 



i c t l f 



=PC=PE= 



±± 



t f j | j - * | 



mild er 



geh'n 



dein hei -des 



r 

Licht. 



Sieben Lieder und Gesänge mit Begleitung des Pianoforte, 
componirt von Jul. Sckladebach. Op. 12. Leipzig, 
bei Breitkopf und Härtel. Preis 20 Ngr. 
Wenn Referent bekennen muss, dass er mit diesem 
Opus 12 zuerst die Bekanntschaft des Componisten macht, 
so fügt er mit gleicher Aufrichtigkeit hinzu, dass ihm 
diese Bekanntschaft eine sehr erfreuliehe ist. Schon nach 
Sinn und Form bietet diese Sammlung eine wohlthuende 
Mannichfeltigkeit dar, die um so erfreulicher erseheint, 
da keines der sieben Lieder ohne Eigentümlichkeit ist; 
eine Eigenschaft, der wir, wohl mit Recht, bei allen neuen 
Erscheinungen am Liebsten begegnen. Die Dichtungen 
sind mit Umsicht** und glücklichem Ortheil gewählt, und 
interessiren schon durch ihren Wortlaut. Trügt die Na- 
menschiffire nicht, so sind die beiden letzten Lieder die- 
ser Sammlung zugleich auch Dichtungen des Componi- 
sten, und eignen sich in der That durch Diction und 
Rhythmus sehr gut zur musikalischen Behandlung. Be- 
zeichnen wir nun die einzelnen Lieder etwas näher. 

Mo« 1. „Abschied," von H. Heine. Dieser, über 
die Liedform hinausgehende Gesang hat, schon der Dich« 
tung nach, eine ziemlich düstere Färbung, doch ist es 
dem Componisten recht wohl gelungen, die einzelnen 
Lichtblicke mildernd und dem Eindrucke des Ganzen gün- 
stig hervortreten zu lassen. Innige Empfindung, lebhaft 
aufgeregtes Gefühl durchdringt die ganze Composilion, 
die mit Wärme und Treue sich der Dichtung anschmiegt. 
Das Bestreben des Componisten, auch der Begleitung eine 
selbständige und sprechende Haltung zu geben, ist un- 
"veifcennbar; zuweilen tritt aber diese Absicht zu deut- 
lich hervor, und hat auch wohl einige Härten im Ge- 
folge, die leicht beseitigt werden konnten. Der talent- 
volle Componist wird ohne specielle Hindeutuug leicht 



finden können, was wir meinen. Die mehrmals vorkom- 
mende Fortschreitung der verdeckten Quinten in den äus- 
sern Stimmen zu Anfange des Vorspiels, wie später in 
andern Tonarten hat uns wirklich gestört. Sie muss dem 
Ganzen zu Liebe entfernt werden, und kann et leicht. 

No. 2. ,,Lyda's Traum/' von J. Lyser; ein anmu- 
tbtges, gefälliges Lied, melodisch und rhythmisch gleich 
ansprechend, und durch eine sehr unterstützende, be- 
zeichnende Begleitung gehoben. Im zweiten und vierten 
Tacte auf Seite 7 möchten wir statt der nicht gut ge- 
wählten melismatischen Verzierung mit dem nachschla- 
genden Viertel einen einfachen Accent wünschen. Die 
harmonische Rückung vom sechsten zum siebenten Tact 
hat etwas Ungenügendes, Ja Unbehagliches, nicht minder 
die lange Dehnung auf „Brust" und „sagt." Das aus- 
serdem sehr hübsche Lied wird sicher durch eine sehr 
nahe liegende Verbesserung dieser Stelle gewinnen. 

No. 3. „Ständchen," von J. Lyser. — Frisch und 
natürlich, viel und doch fliessend modulirend, kurz ein 
Ständchen, das dem Sänger wie dem Liebchen, dem es 
gebracht wird, nur Freude machen wird. Beiläufig: der 
Componist nimmt es mit den durchgehenden Noten und 
Vorhalten der Begleitung nicht immer sehr genau, was 
zuweilen nicht ohne Beeinträchtigung der Melodie ge- 
schieht. Tact fünf und sechs auf Seite 9 würde einem 
ernsthaften Angriffe wohl kaum begegnen können. Uebri- 
gens hat das Lied unsere volle Gunst erworben, und 
wird eben so gern gesungen als gehört werden. 

No. 4. „Dann denke an Ihn I " von W. Jäger. — 
Innig und das Gemüth anregend nimmt dies Lied gegen 
die Mitte, namentlich durch den eigentümlichen und ein- 
dringlichen Harmonieenschwung, eine so milde Wärme 
an, dass man sich bei der Wiederkehr dieses Moments 
jedesmal neu angeregt fühlt. Im zweiten Taet der letz- 
ten Zeile scheint in der Melodie das vermittelnde a zu 
fehlen. 

No. 5. „Irrstern," von W. Wackernagel. Das Ge- 
dict ist ungemein zart gedacht und auch im musikgün- 
stigen Rhythmus gehalten. Schade , dass die dritte Stro- 
phe, zumal in ihrer zweiten Hälfte, nicht so sinnklar 
ist, wie die zwei ersten. Der Componist hat das Lied 
im Ganzen recht sinnig aufgefasst; nur hat er sich of- 
fenbar zu sehr dem Einflüsse der (ersten) Nachtigallen- 
strophe hingegeben, was besonders in der dritten Stro- 
phe fühlbar wird. — Das Lied liegt für die Singstimme 
sehr hoch; wir geben aber den Sängern die erprobte 
Versicherung, dass es nichts an seinem Reize verliert, 
wenn man es nach Gdur transponirt. 

No. 6. „Ewig nah'!" von J. S. — Schwunghaft 
und lebensfrisch, in Bezug auf Harmonie nichts weniger, 
als alltäglich, zuweilen sogar an das Auffallende strei- 
fend (z. B. Tact 8 — 9). Bios um unser kritisches Ge- 
wissen zu bewähren, wollen wir nicht verschweigen, 
dass die ersten Tacte der Melodie eine lebhafte Erinne- 
rung in uns angeregt haben. Schlummert sie bei Andern 
ruhig fort, so wollen wir sie nicht wecken. 

No. 7. „Abschiedsgruss," von J. S. — Herr S. 
nimmt auf recht gewinnende Weise Abschied von seinem 
Publicum; dieser Abschiedsgruss sichert ihm ein freund- 
liches Andenken. — Schon dass die einfach gemuthlichen 



205 



1844. März. No. 12. 



906 



Worte des Liedes eine allgemeine Besiehung haben, dass 
lfännlein und Fräulein sich dieselben aneignen können, 
ist ein gar nicht unbedeutender Anspruch auf Populari- 
tät; und dann hat auch das Ganze in Worten und Tö- 
nen so etwas anspruchlos Gutmüthiges und Herziges, 
dass man bald mit ihm sympathisirt. Aber eben, weil uns 
das Lied so gefallt, wollen wir einige Wünsche nicht 
unterdrücken, die gewiss zu seinem Besten dienen. Das 
Nachspiel der ersten Abheilung würde durch Kürzung 
gewinnen, zumal da es dem Character des Liedes nicht 
völlig analog erscheint. Einige kleine Härten und auffal- 
lende Verdoppelungen hätte eine etwas schärfere Durch- 
sicht wohl beseitigen können. Bei der Fermate (gegen 
das Ende) hätte die figurirte Begleitung das des der Sep- 
time nicht sogleich anschlagen sollen; das später eintre- 
tretende syacopirte d der Melodie widerstrebt der feind- 
lichen Nähe; wirksamer und natürlicher wäre für die 
drei ersten Achtel der figurirte Dreiklang, für die drei 
letzten eine aufwärts gehende Terzenbegleitung gewe- 
sen. — Nun aber sind wir am Ende mit unseren Aus- 
stellungen, nad loben das bei Weitem vorherrschende 
Gute des Liedes, wie der ganzen Sammlung, indem wir 
den Wunsch hinzufügen, dem werthen Componisten bald 
wieder zu begegnen. AL 



Nachrichten. 



Herbstopern in Italien u. s. w. 

(Beschlns*.) 

Neapel (Teatro Nuovo). Hier ging es, wenigstens 
durch grosse Abwechselung, weit lustiger zu. Von Do- 
nizetti wiederholte man die Linda (am Allermeisten) , Don 
Pasquale - 9 Gemma di Vergy , Campanello ; von anderen 
Maestri : Barbiere di Siviglia , Cenerentola (oft) , Ven- 
tagüo, Due Gemelle, Giuramento, Bugiardo veritiero, Ma- 
rito disperato, Lotteria di Vienna, Modista raggiratrice, 
Scomesaa, Miniere di Freiberg, nebst den daraus entstan- 
denen grossen und kleinen mannichfaltigen Pastetenopern. 
Virtuosi, mitunter gar nicht zu verachtende, waren: die 
Damen David (die nächstens nach Oberitalien zurückgebt), 
Vilmot, Rebussini, Gualdi; die Tenore Laudamus, Zilioli, 
Zoboli; Fioravanti, Gasaccia (Beide brave Buffos) und 
Bassisten Coletti (Antonio, Bruder des auf S. Carlo so 
beliebten Bassisten Filippo) sammt Labocetta. Zu bemer- 
ken ist, dass Donizetti's Linda di Chamounix und Don Pas- 
qoale aaf diesem kleinen Theater weit besser gegeben 
wurden, als auf beiden königlieben Theatern. In der Ce- 
nerentela betrat die Favaati (eine Engländerin), in Ge- 
genwart des Hofes, vieler vornehmen Einheimischen und 
fremden, darunter Thalberg und Lablache, zum ersten 
Male die Bühne. Sie ist jung and hübsch, bat eine starke 
ziemlieh geläuige Altstimme bis zum zweigestrichenen 
A, die Iflittelchordea die besten, eine leidlich gute Me- 
thode, sang im Ganzen befriedigend (schien von Lablache 
gute Winke bekommen zn haben), fand viel Beifall (nach 
dem zuerst vom Hof gegebenen, wie dies hier Sitte ist), 
der in der zweiten Vorstellung noch stärker war, and 



sie wurde aueb hervorgerufen. Die einst famose Modista 
raggiratrice von Paesiello, die vor 50 Jahren die Neapo- 
litaner entzückte, langweilte sie jetzt herzlich. Der hie- 
sige Omnibus meint: der einförmige Styl, die Gesänge 
ohne hohen Flug (slancio) und Colorit, überhaupt die 
Monotonie in den Stimmen und im Accompagnement, also 
das Entgegengesetzte des heutigen Genre, sei Schuld 
daran; wahrscheinlich werde in 50 Jahren (welch eine 
schreckliche Ewigkeit!) der heutige musikalische Lärm 
noch mehr degoutiren (disgustare), als die alte Einfach- 
heit. — Neu waren: 1) niccardo Moor,, erste Oper von 
Maestro Francesco Gallo, die Fiasco gemacht; es [ist 
von ihr nichts Löbliches zu vermelden. 2) Luisetta, o 
la Cantatrice del Molo di NapoH (13. December), von 
dem in grösster Eile mit Lorbeeren aus Palermo (s. d.) 
hier angekommenen Pacini ; die Oper hat einiges Hüb» 
sehe, der Maestro wurde fünfzehn Mal auf die Scene ge- 
rufen und ging darauf in grösster Eile nach Mailand. 

Thalberg (in Gesellschaft seines Schwiegervaters 
Lablache hier in Neapel) erregte in dieser Hauptstadt, 
wie gewöhnlich, Bewunderung und rauschenden Beifall 
in den von ihm gegebenen musikalischen Academieeo, 
worin er besonders in einer Fantasie über Bossini's Mose, 
einer über Bellini's Sonnambula und in einem Studio in 
Amoll Fanatismo erregte. 

Vom Ende des künftigen Garnevals 1844 angefan- 
gen bis zum 20. September, bleiben die beiden königli- 
chen Theater, die während dieser Zeit ausgebessert wer- 
den, geschlossen $ Fondo soll noch im März offen bleiben. 

Statistische Ueb ersieht der Herbstopern in 
Italien. 

05 Theater öffneten vorigen Herbst der Oper ihre 
Pforten, hiervon das Lombardisch - Venetianische König- 
reich 23, das Königreich Beider Sizilien 10, der Kirchen- 
staat 9, Piemont, Nizza und Sardinien 12, Toscana 8, 
Modena 3. 

Zehn neue Opern wurden componirt : vier zu Neapel 
<Mattiarinvalido,Costanzad'Arragona, Riccardo Moor, Lui- 
setta)(s.S.196), drei zu Mailand (Aneida, Lara, Assedio di 
Brescia), eine zu Palermo (MedeaJ, eine zu Rom (Boni- 
fazio de* Geremei), und eine zu Genua (Osti non osti). 

Drei neue Maestri sind entstanden (Dermino Majo, 
Matteo Salvi und Edoardo Vera). 

Aeltere Opern wurden gegeben: 

Donizetti auf 48 Theatern: Gemma di Vergy auf 9; 
Elisir, Don Pasquale, Figlia del reggimento, jede auf 8; 
Lucia di Lammermoor auf 6; Linda di Chamounix, Ro- 
berto d'Evreux, jede auf 5; Marino Faliero, Lucrezia 
Borgia, Belisario, jede auf 3; Regina di Golconda, 
Anna Boleaa, Maria Rudenz, jede auf 2; Maria Padilla, 
Favorita, Beüy, Campanello, jede auf 1. 

Beläm auf 15: Puritani, Norma, jede auf 5; Bea- 
trice auf 3; Pirata, Sonnambula, jede auf 1. 

Rossini auf 12 1 Barbiere di Siviglia auf 0, Cene- 
rentola auf 3, Italtana in Algen, Assedio di Corinto, 
jede auf 1. 

Mercadanie a«f 10 s Giuramento auf 3; Vestale, 
Elisa e Claudio, jede auf 2; Bravo, Briganti, Reggente. 
jede auf 1. 



207 



1844. März. No. 12. 



20B 



Pachti auf 8 : Saffo auf 5 , Fidanzata Corsa auf 3, 
Maria d'Inghilterra auf 1. 

Verdi auf 7 : Nabucodonosor auf 4, Lombardi auf 3« 

Fioravanti auf 6 : Columella. 

Ricci (Luigi) auf 5 : Chi dura vince auf 4 , Es- 
poati auf 1. 

Coppola auf 4 : Nina, 

Ricci (Federico) auf 3 : Prigione di Edimbureo. 

Nicolai, NM, Jeder auf 2 : Templario, Virginia. 

Ueberdies wurden noch Opern gegeben von Lillo, 
Mabellini, Persiani, Paisiello , Raünondi und wenigen 
Andern, von Jedem eine. 

Jährliche Heb er sieht der neuen Opern und neuen 
Maestri von 1843. 

Der Carneval brachte neue Opern 24 , neue Maestri 7. 

„ Frühling „ „ „ 12, ,, „ 3. 

„ Sommer ,, „ „ 6, „ „ 4. 

„ Herbst „ „ 3 , 10, „ „ 3. 



Jährliche Totalsumme von 1843: 

1842: 
1841: 
1840: 
1839: 
1838: 



52, ,, „ 17. 
43, „ „ li. 
51, ,, „ 21* 
35, „ ,, 11. 
37, ,, ,, 18. 

~ .- 44, „ „ 15. 

Gesammtzahl der letzten 6 Jahre : 262 , neue Maestri 93. 
Somit im Durchschnitte jährlich genau 42 neue Opern 
und 15% neue Maestri. 



9» 
99 

99 



99 
99 

99 
99 



Kurzgefasste neueste Nachrichten der italie- 
nischen Oper u. s. w. ausserhalb Italiens. 

Spanien. 

Cordova. Am 1. December gab man die Norma, 
worin die Senora Milla die Titelrolle, die Senora Santo 
Domingo die Adalgisa sangen und nebst dem Tenor Bel- 
monte und Bassisten Lorade keine kleine Ernte Beifall 
davon trugen. Dasselbe gilt von dem am 4. December 
gegebenen Barbiere di Siviglia. 

Coruna, im December. Die in der zweiten Hälfte 
Octobers mit einem vollständigen Siege gegebene neue 
Oper Rosamvnda en Ravenna, del profesor Francisco Por- 
cell, wurde seither mit demselben Erfolge wiederholt. 
Herr Porcell hat bereits eine andere Oper: El Trova- 
dor, componirt. Die Aquilo befriedigte besonders in Bei- 
lini's Capuleti; Herr Gerli, ihr Gatte, ist an diesem Thea- 
ter als Bassist und Componist engagirt. 

Valencia. Die Politik hat hier in den verwichenen 
Monaten die Oper verdrängt. Einstweilen wurden in den 
Zwischenacten der Comö'die einzelne Stücke aus italieni- 
schen Opern vorgetragen, worin" die Prima Donna Ma- 
rietta Albini besonders glänzte. Im November gesellte 
sich Tenor Gomez und Bassist Aliona zu ihr, und man 
gab die Norma und Capuleti, worin auch ihre Tochter 
mitwirkte, ziemlich befriedigend. 

Barcelona. Während dem hiesigen im Herbste statt- 
gehabten Bombardement hatte die auf das französische 
Dampfschiff Asmode geflüchtete italienische Sängergesell- 



schaft eine Art musikalische Academie daselbst gegeben. 
Bassist Marini war nach Mailand zurückgekehrt , wo er 
im Carneval 1844 auf der Scala singt. 

Sevilla. Die im vorigen Berichte unter der Rubrik 
Malaga angezeigte Sängergesellschaft gab hier Rossini's 
Mose mit Glück. Besonders gefiel Tenor Unanue (starke, 
etwas Keblstimme) und Herr Lei, ein erfahrene^ Bassist, 
der den Mose sang. In der zweiten Hälfte Novembers 
erregte Donizetti's Linda di Chamounix Fanatismus. Die 
Rocca (Titelrolle) machte Furore; Tenor Bonfigli und 
Bassist Spech (im Spanischen der italienischen Verstumme* 
lung Speck nachgeschrieben) gefielen sehr. 

Madrid. Rossini's Mose Nuovo mit den drei Prime 
Donne Basso-Borio, Granchi, Planol, den Bassisten Alba 
und Reguer (majestätischer Spanier, machte die Titelrolle) 
sammt Tenor Sinico (missbraucht das Falsett) fand nur 
theilweise Applaus ; das Ganze glich mehr einer Parodie. 
Die Villö - Ramos machte sich bemerklich als Norm», 
und nach sehr langen Proben ging auch gegen die Hälfte 
Decembers Linda di Chamounix von Donizetli, mit der 
Villö -Ramos, der Planol, Tenor Sinico und den Bassi- 
sten Salvatori und Reguer, in die Scene, zog aber we- 
nig an. 

Herr Basilio Basily (Sohn des Cspellmeisters Fran- 
cesco Basily an der Peterskirche zu Rom), der seit meh- 
reren Jahren hier im Gesänge Unterriebt ertheilt, erhielt 
das Kreuz „de Isabel la Catolica" (lberia Musical, No. 
41, 22. October 1843). 

Die unlängst hier erschienene zweite Sammlung der 
Bildnisse berühmter musikalischer Künstler enthält: die 
Colbran (Rossinis Gattin), Liszt % De Beriot, Galli, 
Meyerbeer, Soriano Fuentes Vater. 

Seit dem 15. October 1843 erscheint hier eine Ga- 
ceta lüeraria y musical de Espana, die sechs Mal mo- 
natlich ausgegeben wird. In ihrem Prospectus versichert 
sie, t bätige und fleissige Mitarbeiter in Wien, London, 
Paris, Mailand, Berlin u. s. w. zu haben, überhaupt viel 
Interessantes und Originalnovellen zu liefern. Die vor 
mir liegenden Nummern bis 15. December sind weder in 
literarischer, am Allerwenigsten in musikalischer Hinsicht 
interessant; von ieiun tbätigen und fieissigen Correspon- 
deulen ist kein Wort darin; das Ganze bat mehr einen 
belletristischen Anstrich und steht der lberia Musical ziem* 
lieh nach. — Für's Ausland kostet das Trimester 24 
Realen (ungefähr 6 Franken). 

Andere ausseritalienische Länder. 

! Lissabon. Die Lucia di Lammermoor, mit welcher 

die neue Impresa des Cav. Porto die Herbststagione er- 
i öffnete, verunglückte beinahe. Weit besser ging der Be- 
{ lisario, worin besonders Botelli (Titelrolle), die Prima 
Donna Carmen und Tenor Paterni starken Beifall erhiel- 
ten. Alle hiesige Zeitschriften (ich hatte wenigstens sechs 
in Händen) waren mit starken Lobeserhebungen über die 
Rossi-Caccia voll, die als Anna Bolena einen grossen 
Triumph feierte. Diese Künstlerin hatte vorher in dem 
Opera comique zu Paris gesungen. 

Corfu. Die Costa , die Cuzzani, Tenor Forti nnd 
Bassist Pellegrini machten Glück in der Saffo, Ceneren- 
tola und Lucrezia Borgia ; die Costa gefiel am Meisten. 



209 



1844. März. No. 12.' 



210 



Am 2. Deoember beglückte der Don Pasquale mit dem 
Baffo Cavisago; die Cuzzani trillerte aber zu viel. 

Smyrna. Die neue Gesellschaft begann hier ihre Lei- 
stungen im November mit Donizetti's Roberto d'Evreux, 
worin der bereits hier bekannte Bergamasker Bassist Giani 
den meisten Beifall erhielt; ihm zur Seite wirkten, die 
Prime Donne Garofoli, Genna und Tenor Montanari. 

Athen. Von Oclober bis December passirten hier 
drei Donizettf sehe Opern, die Lncrezia Borgia, die Lu- 
cia, die Anna Bolena, die Bühne. Die Mattioli (Amalia), 
Tenor Simonelli und Bassist Zucchini waren die gefeier- 
testen Namen. Man wollte nächstens die Norma oder die 
Beatrice di Tenda geben. 

ConstanÜnopeL Die Fanti in der Straniera und die 
Righini in der Chiara di Rosenberg, nebst dem Tenor 
Lanzooi, dem Buffo Lipparini und Bassisten Parmigiani 
fanden massigen Applaus. 

Bucharest. Hauptsänger: die Galzerani - Battaggia, 
dieLugli, Tenor Battaggia, Bassist Santi und Buffo Giorgi, 
wie auch die gegebenen Opern (Norma, Barbiere di Si- 
viglia, Belisario) gefielen ohne Weiteres. 

Zara. Ungeachtet aller Leistungen der Signore M azza, 
Gerb', der Signori Cervati, Bastogi und Lodetti zog Mer- 
cadante's Vestale nur wenig an. Als Furioso in der Do- 
nizetti'schen Oper gleiches Namens machte sich Herr 
Bastogi Ehre, desgleichen Herr Tasca als Caidamä. Seine 
Figlia del reggimento machte dem Furioso abermals Platz. 

Lugano (italienische Schweiz). Auf dem hiesigen 
October- Jahrmarkt gab man Bellini's Beatrice di Tenda, 
worin die Casanova, die Dragoni, Tenor Lattuada und 
Bassist Parodi ungeteilten Beifall erhielten. 



Cassel, im Januar 1844. — Unser Opernrepertoir 
ist wieder mit einer schätzbaren Novität bereichert wor- 
den. Lindpaintners neueste Oper: „Die sicilianische 
Vesper 64 — Text von Heribert Hau — ist am 1. d. M. 
hier zum ersten Mal in Scene gegangen und hat seitdem 
zwei Aufführungen erlebt, von denen jedoch keine voll- 
kommen geeignet war, das Publicum zum klaren Ver- 
ständnisse des Werkes zu führen. Dem Libretto fehlt es 
nicht an wohl zusammengefügten dramatischen Effecten. 
Wir erwähnen namentlich die Verschwörung des Johann 
von Procida gegen Carl von Anjou; die Entdeckung der 
verborgen gehaltenen Gräfin Fondi, nach deren Besitze 
Carl strebt; die Trennung der Gräfin von ihrem Gatten; 
die Erinnerung an die Schreckensgestalt des enthaupte- 
ten Conradin von Schwaben, welche die Gemahlin Fon- 
di's in dem geängstigten Gewissen Carl's hervorruft, da 
sie seinen Liebesanträgen ausgesetzt ist und ihren Ge- 
mahl im Kerker weiss; die Befreiung Fondi's durch die 
reuige Aurelia, welche sich durch Liebesworte zum Ver- 
rath der Verborgenheit der Gräfin bewegen liess; die 
Abfahrt der Flotte des Königs bei dessen Rückkehr nach 
Neapel; die gewaltsame Entfernung des verschleierten 
Weibes inmitten derProcession; das Ertönen der schauer- 
lichen Vesperglocke und der damit beginnende Sturm des 
Aufruhrs und Gemetzels ; und endlich die Befreiung Sici- 
liens, verbunden mit der Beglückung des geliebten gräf- 
lichen Paares. Was die Composiüon betrifft, so dürfen 



zwar nicht alle Nummern derselben in dem nämlichen 
Grade phantasiereich, melodiehallig, schwungvoll und ori- 

Einell genannt werden, jedoch bekunden alle eine so 
öchst schätzbare Einsicht des erfahrenen Musikers, ein 
so erfreuliches Streben nach Einfachheit und Singbarkeit 
der Melodie , so viel Klarheit und Fassliehkeit der Har- 
monie, Angemessenheit und Mannichfaltigkeit der Instru- 
mentation, dass schon um dieser, mehr äusserlicfaen Vor- 
züge willen das Werk sich einer zunehmenden Tbeil- 
nahme v%n Seiten des Publicums zu erfreuen haben wird. 
Den Gesangpartieen gereicht es zum besonderen Vor- 
theil, dass dieselben nirgends durch obligate Passagen von 
einzelnen, beliebten Instrumenten verdunkelt, oder wohl 
gar durch die ganze Instrumentenmasse völlig erdrückt 
werden, was bei neueren Gompositionen nicht selten der 
Fall ist. Lindpaintiter gehört zu den wenigen deutschen 
Operncomponisten, welche in dieser Hinsicht das rechte 
Maass zu treffen und zu halten wissen. Dagegen ist es 
für die Composition keineswegs vor t beilhaft, dass nicht 
alle Sätze in einer gleich vollendeten und hin und wie- 
der — namentlich überall da, wo es die Form des Tex- 
tes gestattet — mehr symmetrischen Form erscheinen. 
Die Schuld davon trägt indess, dem Vernehmen nach, 
der Gomponist nicht so oft, als man glauben sollte, in- 
dem die isolirung mancher Tonsätze durch die mit dem 
Musikwerke vor dessen Auffuhrung vorgenommenen mehr- 
fachen Abkürzungen und Aenderungen entstanden ist. 
Wenn wir auch voraussetzen dürfen , dass dieselben mit 
sachkundiger Einsicht und nach reiflicher Ueberlegung, 
ja selbst zum Theil mit Bewilligung des Componisten ge- 
macht worden, und überdies noch aus der dankenswer- 
then Besorgniss hervorgegangen sind, dass die Oper, voll- 
ständig aufgeführt, zu lange spielen würde, so gereicht 
doch unserer Meinung nach die Ausschliessung von Ton- 
sätzen, sofern diese nicht eine ganze Nummer, sondern 
nur einen Theil derselben trifft, dem Musikstücke zum 
wesentlichen Nachtheil, vorausgesetzt, dass die ursprüng- 
liche Form des Tonwerkes untadelhaft war, was ja wohl 
bei den Tonschöpfungen eines jeden gebildeten und er- 
fahrenen Musikers ausser Zweifel steht. Es ist darum an- 
gelegentlich zu wünschen, dass die Verfasser von Opern- 
büchern denselben einen bei Weitem minder grossen 
leberfluss an Worten , als dies gewöhnlich der Fall ist, 
zn Theil werden lassen, da ein solcher wohl dem Com- 
ponisten die Bearbeitung erschweren kann, für die Com- 
position aber meist wenig fruchtbringend, wenn nicht gar 
nachteilig ist. Aber auch die Componisten könnten vor- 
sichtiger in der Wahl der Textbücher sein und den Dich* 
tern zeigen, worauf es bei der Erschaffung eines Ton- 
stückes — insbesondere in Hinsiebt auf eine vollende» 
tere tonische Form — vornämlich ankommt. Dann wür- 
den manche Uebelslände gehoben werden. Lindpaintner 
hat jedoch seinen Text musikalisch so gut zn verwen- 
den gewusst, dass selbst trotz der oben erwähnten Ab- 
kürzungen, wenn auch einzelne Tonsätze weniger ent- 
wickelt, in einem mehr lockeren Zusammenhang und in 
einer weniger geschlossenen Form, als andere, erschei- 
nen, gleichwohl keine auffallenden Sprünge merklich wer- 
den. Wiederholte Aufführungen werden uns mit dem Ton- 
werke, in welchem wir, nebenbei gesagt, in dem ersten* 



1211 



1&44. Man. No. 12. 



212 



und vierteil Acte die ansprechendsten «nd me- 
lediereichsten Tonstücke fanden, vertrauter machen und 
znm genauem Verständniss des Werkes beitragen. Die 
beiden stattgefundenen haben uns nicht befriedigen kön- 
nen. Namentlich war die Auffassung der einzelnen Par- 
tieen nicht bestimmt, die Ausführung nicht genaa und 
verständlich genug. Es erschien uns Alles nur eingelernt, 
nicht durchgelebt. Die Leistungen des Herrn Biberkofer 
(Carl von Anjou) und Foppel (Johann von Procida) wa- 
ren jedoch in mehrfacher Hinsicht Intens werth. 

Die Abonwment- Concerte, welche von den Mitglie- 
dern der Hofcapelle zum Besten ihres Unterstützungs- 
fonds alljährlich während des Winters im Hoftbeater ver- 
anstaltet werden, haben am 6. Decenther v. J. begon- 
nen. In dem ersten dieser Concerte kamen folgende Ton- 
werke zu Gehör: 1) Ouvertüre: „Nachklänge von Os- 
sian" von Gade. Diese uns bisher noch unbekannte Com- 
position, welche viel Schönes zum Genüsse darbietet «nd 
insbesondere ein höchst lobenswerthes , acht künstleri- 
sches Streben nicht verkennen lässt, wurde von Seiten 
aller Mitwirkenden sehr sorgfältig und geschmackvoll aus- 
geführt and vom Publicum beifällig aufgenommen. 2) Zwei 
Gesangpiecen von Bellini, vorgetragen von Fräul. Eder. 
War auch die Zusammenstellung der beiden Stöcke un- 
geschickt und durchaus nicht motivirt, so verdient doch 
die Ausführung lobende Anerkennung. 3) Sechstes Vio- 
linconoert von Spohr, vorgetragen von Herrn J. J. Bott. 
Der Vertrag des jungen Virtuosen befriedigte uns vor- 
zugsweise in den beiden ersten herrlichen Sätzen der 
Comporitio*. 4) Arie ans „Joseph" von Mehui, vorgetra- 
gen von Herrn Hädriek. Die Ausführung dieses einfa- 
chen Tonstückes liess viel zu wünschen übrig, da der 
Sänger zwar schätzbare Mittel besitzt, dieselben aber kei- 
neswegs sn verwenden weiss. 5) Fantasie für Clari nette 
von Reissiger, geblasen von Herrn Bolzappel. Der Vor- 
trag des Solisten zeichnete sich durch Genauigkeit und 
Festigkeit des Spieles vorteilhaft aus, entbehrte aber 
nur gar zu oft der Nuancen, deren das tonreiebe Instru- 
ment in so hohem, fast unnachahmlichem Grade fabig ist. 
6) Vierte Symphonie fBfar) von Beethonen. Dieselbe 
gehört zwar bekanntlich nicht zu den grossartigsten des 
in dieser linsikgattung als Huster vorleuchtenden Ton- 
meisters, jedoch erscheint sie in Hinsicht auf Inhalt nnd 
Form reich und vollendet nnd bis auf den kleinsten Ge- 
danken hin tonisch motivirt. Ein Werk mit solchen Ei- 
genschaften übt einen hohen Grad von Anziehungskraft 
auf das hiesige musikalische Publicum aus, dem nament- 
lich Beethoven'aehe Svmphonieen selten zum Genüsse 
dargeboten werden, indem die Anzahl der bei nns ver- 
anstalteten Abonnement -Concerte in der Regel nur ge- 
ring ist nnd andere Meisterwerke dieser Gattung auch 
bedacht werden. Die Ausführung der Symphonie war, 
einige wenige Störungen abgerechnet, vortrefflich. 

Das zweite Abonnement- Goncert, welches am 3. 
Januar Statt hatte, wurde mit einer für uns neuen Ouver- 
türe von Müller sn Weissensee eröffnet, deren Ausfüh- 
rung eine gelungene genannt zu werden verdient. Das 
Tenstück selbst zeichnet sich in Hinsicht auf Inhalt und 
Penn des Allegresatzes , weichem ein langsamerer als 
htrodnetkm vorhergeht, vertbeilhaft uns. Dieser ist je- 



doch weniger tonisch motivirt und gerundet, als der eben 
erwähnte, ihm nachfolgende Hauptsatz des Werkes. Die 
instrumentale Einkleidung der contrapunetiseh gut ver- 
wendeten Gedanken des Hauptsatzes ist im Allgemeinen 
zwar befriedigend, jedoch erscheinen nns einzelne, den 
Geigen in der höheren Tonlage gegebene Passagen, wel- 
che durch die Blasinstrumente zweckmässig gedeckt wor- 
den sind, nicht bequem genug ausführbar. In Hinsicht 
auf die Tonsatzform des Hauptsatzes bemerken wir aus- 
serdem noch, dass bei einem übrigens wohltuenden Fest- 
halten des durch das Hauptmotiv angeregten Rhythmus 
doch der an einzelnen Stellen etwas einförmige Tonsatz 
durch das Hinzufügen neuer — nnd zwar kleinerer und 
bewegterer — Tonfiguren noch um Vieles an Lebendig- 
keit und musikalischem Reiz gewonnen haben, würde. In 
Betreff des einleitenden Satzes in der langsamen Bewe- 
gung gestehen wir, dass der Uebertritt vom Dur- zum 
Moll -Geschlecht mit dem choralmässigen Motiv uns in 
Instrumentalstücken, in welchen nicht, wie in Gesang- 
stücken durch den Text , ein äusserer Nölhigungsgruml 
dargeboten ist, nicht ansprechen will. Schon oft bat man 
in etassischen Tonwerken die entschieden bessere Wir- 
kung der ungekehrten Folge von der Moll- zur gleich- 
namigen Dur -Tonart erfahren. Doch ist die eine oder 
andere Wirkung noch nicht genügend erklärt worden, 
und dürfte ihren Grund, unserer Meinung nach, in einem 
anderen, als dem bisher angenommenen Princip des Moll- 
Accordes haben. Hiervon abgesehen, giebt das Werk einen 
erfreulichen Beweis von dem schätzbaren Talent, gebil- 
deten Geschmack nnd den achtungswerthen Kenntnissen 
des Componisten , dessen fernere Produclionen uns Er- 
freuliches erwarten lassen. — Die zweite Nummer des 
Concertes bestand in einer Arie aus ,, Belisario" von 
DonixeUi, welche an sich nur einen geringen musikali- 
schen Werth besitzt und zunächst dural eine gute Aus- 
Abrang dem Zuhörer Interesse zu gewähren vermag. 
Fräul. Low war um eine solche bemüht; ihr Vortrag 
würde indess durch eine dunklere Färbung und häufigere 
wie auch auffallendere Schattirung einzelner Stellen an 
Lebhaftigkeit des Ausdrucks gewonnen haben. Die Töne 
4er Sängerin erschienen übrigens durchgängig wohlgebil- 
det und wirkten im Klange nachhaltig. — Darauf trug 
Herr IVeidemüller Spohr's neuntes Violinconcert vor. 
Wir zählen dieses Tonstück zu den schwierigsten Con- 
certen des Tonmeisters und säumen darum länger nicht, 
Herrn fVeidemiUler's höchst schätzbare Fertigkeit anzu- 
erkennen, weil nns in Hinsicht auf den mechanischen 
Vortrag nichts zu wünschen übrig blieb« Der ästhetische 
Vortrag war dagegen von dem fleissigen Virtuosen zu 
wenig berücksichtigt worden, denn der Künstler verhielt 
sich bei der Darstellung des von ihm gewählten Tonne- 
hildes zu passiv, er reproducirte zn wenig ans sieh selbst 
nnd eben darum vermochte uns sein Spiel nicht in dem 
erwünschten Grade zu erwärmen nnd zu beleben. — Die 
nun folgende Nummer war eine Arie aus Mozarfe „Fi- 
garo," welche von Herrn Derska mit mehr Sicherheit, 
als fielicatease ausgeführt wurde. Der Sänger hätte sich 
bei dem Vortrage dieses Tonslückes mehr Zeit lassen 
nnd seinem Gefühle mehr Baum geben dürfen. — Zum 
Schlüsse den ersten Theiles hörten wir Iuiroduction nnd 



213 



1844. März. No. 12. 



Variationen über ein Duo ms Mozarts „Don Juan" ffir 
Pjanoforte ron Chopin* vorgetragen von Herrn Deichert, 
Dieses Concertstück bietet bekanntlich der Schwierigkei- 
ten für den Vortragenden nicht wenige dar. Wenn auch 
die Ueberwindung derselben dem jungen Pianisten zum 
Lobe gereicht, so gebricht es seinem Spiel im Allgemei- 
nen noch^an Glätte und Eleganz und insbesondere bei 
der Sonderling der mit einander gleichzeitig fortschrei- 
tenden; Passageu von verschiedenem Gharacter an Deut- 
lichkeil. Zur befriedigenden Ausfuhrung solcher Tonfigu- 
ren , wie sie Chopin in diesem seinen Tonwerke oft in 
rapidester Bewegung vor unserem Ohre vorübereilen lässt, 
ist, wenn die Tendenz des Componisten vollkommen er- 
kannt werden soll , die Selbständigkeit nicht nur jeder 
Hand, sondern auch jedes einzelnen Fingers erforderlich, 
indem in diesem Tonwerke bekanntlich die Ausführung 
von ungleichartigen Tonfiguren, welche zwar eine gleiche 
Deutlichkeit, aber einen ganz verschiedenen Ausdruck er- 
heischen, oft sogar einer Hand allein anvertraut worden 
sind. Uebrigens mögen wir gern manches minder Gelun- 
gene bei Executirung dieser Compositum einiger Befan- 
genheit zuschreiben, deren sieb wohl selten ein Virtuose 
bei seinem ersten Auftreten gänzlich zn erwehren im 
Stande sein möchte. — Den zweiten Theil des Concerts 
bildete Spohr's Symphonie : „Die Weihe der Töne,« < ein 
Werk, an dem wir uns schon oft zu erfreuen Gelegen- 
heit hatten und dessen zweiter, dritter und vierter Satz, 
namentlich sowohl von Seiten des Inhaltes, als rücksiebt- 
lieh der Form, ausgezeichnete Schönheiten enthält» wel- 
che wir hier wohl als dem gebildeten musikalischen Pu- 
blicum bereits bekannt voraussetzen dürfen. Leider war 
gerade die Ausführung des zweiten, dritten und vierten 
Satzes weniger befriedigend, als die des ersten. Im zweiten 
vermissten wir die bei früheren Aufführungen gewohnte 
Präcision im Zusammenspiel und die nötbige Üelicatesse 
bei dem Vortrag der eben so sinnig erfundenen, als zart 
Instrumentarien Hauptmotive. Im dritten hätten manche 
Eintritte in den Blasinstrumenten fester und energischer 
sein dürfen, und im vierten wäre bei dem Eintritte der 
Blasinstrumente nach dem Pauken -Solo mehr Genauig- 
keit und Zartheit zu wünschen gewesen. 

(Beschlnss folgt.) 



SM4 



Feuilleton. 



Die noter dem Namen „Association des Artiates-Musieieaa" 
vorigen Jahre in Pari* gebildet« Gesellschaft zur Unterstützung 



verarmter Mnsiker .od ihm* Pamife», «Ve. Sutnten S. 48» 4«. 
vorigen Jahrganges dieser BIStler milgetbeilt wurde«, bieü •> 
21. Jaaaar ihm erste jährlich« H«ptr««. M | «»"i., L ill v £ 
sitz, de. Barons Tptor, de. GrSnSer. der G-JLSüt s£Sr" 
Geneva}, trug de. Rechenschaftsbericht vor, au. weUb« sieb et 
gab, da« , .,* die Einnahme de, Verein, im Jahr« lSttwT» 1» 

glieder theil. durch ausserordentliche Schenkungen, Seil, durd. 
den Ertrag eines Coocertes. Von jener Summe sind 10,000 Jnd 
...ige hundert Pranken in Su.tsreoten zinsbar angelegt; d« 

tSÄe^*" ***** *•" "*—*«« *ZZ7m£. 

^-. D |t D Sl " tU,eD PS 1 "* A* tle ? Mnn Mit 8««««« "•• Comite au. 
demselben auszuscheiden (ein Antrag aar gansliche Eraen.ru« 
des gesammten Comite'. fiel durch); das Loos traf die H«r7.ffZ 
ehern, Berti», Caraffa, Girard, Edou. Monnaü.l&gfoT'sJZn 
tini, Tolbeeque, Zimmermann. Diese wurde» säamUeh wied« 
H 11 ', 1 !" AMMta« des Herrn N*rg»ot, aa dessen StaTtidE 
Wahl auf den bek.nnten Pi.nofortefabrikanten Erard fleh Lete 
terer seheokte dem Verein einen Flügel seiner Fabrik t ein and. 
res Comitemi.glied fügte ei. Geschenk von 10W MwShWSÄ 
Die.« und jene. lastrumeot werde, nun zum Vortheile der fei 
seltscbsrt verloost, da. Loo» ko.tet einen Franc. 

Die Gesellschaft, deren Existenz und Weiterverbreitone msi- 



Dss diesjährige Musikfest des pfälzischen Musikrerei». wird 
«.31. JuU und 1. Augu.t in Zweibrücken uater Mendlueohn's 

£™ ÜV'T'V, ?"A , '? r "* k0 " m ** fo '*««« Mu,ik.tücket 
fcrsterTeg: Mendeheohn't Oratorium Paulus. Zweiter Tag: Ddur- 
Sympbonie von Beethoven; Bundeelied von Martcintr: Di» wte 
Walpurgisnacht von Goethe und Mendeluoh*. ' " m mw 

Das zweite Concert des Pariser Conservateriums der Musik 
brachte folgend. Stücke zur Auflührung: Motorf, Symphonie aus 
Cdur (m,t der Schlussfuge). - Me.res.tiU. und glückliche Fah" 
von Beethoven (scheint nicht sehr angesprochen zn haben) — 
Concertaetz Ihr di. Flöte von TuUm, geblasen van Jtonu _ 

?TZZJL 0%art: Ne ""^ rt cioU ete - ~ »*»■*■!*-. 



Cenradin Kreutzer ist io Paris eingetroffen , «m sein Nant.» 
.gar zu Granad. .1. Un. notte . GroS. ZS'JZESjZtZ 
henisehea Theater in Scan« zu setzen. 8 



AdamU aeneste Oper : Cagliostro," Bueh ron Scribe, scheint 
■n Paris keine glänzende Aufnahme gefenden zu haben. «1 Das* 
gen gefielen d.e neuen Opern Ladislaus Hunyadf, roo dem Cepell- 
me.ster Fron, Erkel zu Pe.th ; Carl XII. oder der B8rgerme?.ter 
von Zirkow, von dem Comiker Hohmatm zu Memel. 

Caitelli eralhlt In den Grenzboten, dass ihm die Verferti- 
gung des Buches der „Schweizer- Familie," welche, secb , Auf- 
lagen erlebte und obwohl die Oper auf allen Bühnen unzählige 
M.le aufgeführt wurde - in Allem nur acht Guide» Cnv.-M? 
eingetragen habe. 



Ankündigungen. 



In der T. Trautwelli'schen Back- and Miuilsattenband- 
wng (•/. Guttentmg) ist ersebienen ; 

Villi., DftV., Psalm: „Der Herr ist RSnig« für Mtnnergetajig 
(S.U und Chor). Frei, der ( gJSJnÄ S*. 

ttrell, A. ]£•• Op. 26. „Barmherzig tmd gnädig" rierfttiamiig 
(»k B«gl«Mng tm H Yiol., FJölc, fi Oboen, fi Fagottea, Viola, 
Violoneelle und Contrabus). Preis des Clatferaiitrags 87i Sgr. 



Preis jeder einzelnen Siagitimme ö Sgr. Preis der IQ Inst - 
Slintmem 4 Thlr. «4 Sgr. 

Äl S ,iCr, « A# Bdl ^ O"«*«o « Cmume per Toci di Sopr., Alto 
Ten. e Basso coli' a«nomp. di Pmnofbrte. Preis I» Sgr ' 

VMbert, Willi.. Op. »8. Klänge m* der KMerleh. M 
Lieder yon Hoffinann Ton Fallerslebcn , ans des Knaben IVnn- 
derborn n. A. mit Pianofortebegleitnnr. Preis 25 Sgr. 

— — Omertun %ur Meiern ponr Pianofort«. Preis Tf Sgr. 

WlQlunaiui, HerrmMU1.5oiialef. Pfte, OpJ. Pr, 8tfSgr. 



215 



1844. März. No. 12. 



216 



Bändels 

viertes Piaaoforte-Conoert In Fdur, 

welches Hör Mittler da FtUmUe in »einen Coneerten in Pari», 
Berlin , GUn, n. t. w. mit allgemeinem Beifall Torgetmgen hat, 
ift unter 4er Presse. 

Berlin, SeltlenTtlnffer'ache Bneh- and Mnuknlienhandlnag. 



NEUE MUSIKAUEN 

Tblr.Ngr. 



2 20 



1 — 

- 5 

- 7* 

- 7* 

- »* 

- 5 

- 7* 



- 1» 



bei C. F. Peter», Bureau de Musique, in Lei 

Beelier, JTol«, Die Zigeuner. Rhapsodie in 7 Gesftn- 

Sm für Solo- und Chorstimmen mit Begleitung des 
rchesters oder Pianoforte. Clavieraussug vom Com- 

penisten. Op. 51 

NB. Die Instrumental- Begleitung sowohl in Partitur 

als Stimmen ist in correcter Abschrift durch die 

Verlagshandiung su beliehen. 

Difcrraer, 3. 9 Acht Lieder und Gesinge für eine Sing* 

stimme mit Begleitung des Pianoforte. Op. 10. Compl. 

Dieselben einsein : 

No. 1. Leid und Freud* 

„ 9. Frühlingsmorgen 

„ 5. Lied von R. Burns \ 

„ 4. Rlage und Bitte / 

„ 5. Des Vogels Freude 

„ 6. Liebetheimath 

„ 7. Aye Marie ) 

,, 8. liebe } 

sg m M u sl a mtu aam y ]fl#, Sechs deutsche Lieder mit Be- 
gleitung des Pianoforte. Op. 1. Neue Aullage 

Hunten, Fr. f Varialiona sur trois airs Italiens pour 
le Piano a 4 mains. Op. 05. 
No. 1. La Zaira \ 

„ 9. La Niobc | a — 99* 

,, 5. La Normo ) 
Jan**, I.~ Trois Qoatuon pour dem Violous, Viola 

/etVioloncellc. Oeuv. 65. No. 1, 9, 5 a 1 10 

Hjslltwoda, M. W., Premiere Conversalion au Pia- 
noforte a 4 mains, urrang. par H. Bnke d'apres In Con- 

certante pour deux Violous. Op. HO 1 7i 

Denxieme Couversation au Pianoforte a 4 malus, 

arrang. par H. Bnke d'apres les Yariations brill. pour 

Violon avec Orcbestre. Öp. 18 — 90 

Itttroductiott et Variation« pour Clarinette utoc Or- 
cbestre. Op. 198 1 90 

Le mime avec Piano — 90 

— — Second grand Trio pour Piano, Violon et Violon- 

eeUe. Op. 150 5 — 

Deux Marches militaires pour Piano — 7i 

BLummler« Rieh.. Trio fädle et agreable pour Piano. 

Violon et Alte. Oout. 1 — 95 

lientelie» H«* Yariations brill. snr un theme de Niobe 

pour le Piano. Ocut. 24 — 17i 

Trois Masarkas brillantes pour Piano. Oeur. 95. — 10 

HoUler, R*>1>., Noeturae pour Piano seul. Oeur. 15. — 12* 

— — Fantaisie pour Piano sur Lucio di Lammermoor de 
Doniietti. Oeur. 99 1 — 

ItolMlmr. €• €»., Sixieme Quatuor pour Piano, 
Violon, Viola et VioloneeUe. Op. 175 5 — 



Bei Bem et? H»mTanmoUUn in Prag ift gans neu er- 

sebicuen: 

■furftVif JVoun Sendung. 
mWhUäkj. •?., Duoro Walser, OpTfifc, Ar das Pfte. 4* Kr. 

Derselbe su 4 Händen. 1 Fl. 

Derselbe Ar Orchester. 9 FL 50 Rr. 

lilrfcmnnnj ftfi, Moriani Walser für d. Pfte. Op.95. 45 Rr. 



Afcenelreth, Tal., Drei Gedichte von Ad. Sckritt für eine 

Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. 50 Rr. 
ütfetzer. JOS.« Das letxte Lied. Für eine Singstimme mit Be- 
gleitung des Pianoforte. 15* Werk. 50 Kr. 
TomMehek, W. •!*, Rapsodies p. Piano. Ocut. 110. 1 Fl. 
Veit, W. H«. Sechs Gesinge für eine Singstimme mit Beglei- 
tung des Pianoforte. 21* Werk. 1 Fl. 15 Rr. 
Dieselben einzeln t 

No. 1. Und wusstens die Blumen von Heine. 90 Rr. 
„ 9. Ständchen von F. Rudert 90 Rr. 
„ 5. In die Fremde Ton Freiberrn v. Eiehendorf. 90 Rr. 
„ 4. Triolet! tod J. TondUr. 15 Rr. 
,, 5. intennexxo von •/ Freiherrn v. Eichendorf. 15 Rr. 
„ 6. Am Abende von Rüekert. 90 Rr. 
Veit. W.M., Fantasie-Stück, No. 1, f. d. Pfte. 99» Werk. 45 Rr. 
ProehMlu», Jon«, Prager Loeomotive. Drei Polka für das 
Pianoforte. 50 Rr. 

Senegaliä Galopp (No. 145). 15 Rr. 

'Weajelajuiy, ]?• M., Frohsinn auf dem Lande. Drei Polka 

für das Pianoforte. 90 Rr. 
Hrans, A*. Hamburger Polka für das Pfte. No. 194. 15 Rr. 
Wust», F. K., Veronika Polka für d. Pfte. No. 196. 15 Rr. 

Slern Galopp für das Pianoforte. No. 197. 15 Rr. 

Adler Polka für das Pianoforte. No 198. 15 Rr. 

Freundschafts Polka für das Pianoforte. No. 150. 15 Rr. 

Ehestens erscheint t 
Jj*tMts>niy; JU>uu, Neuer Immergrün Galopp, 99* Werk, für 
das Pianoforte, xu 4 Händen und für Orchester. 

Alizeige für Bühnen -Direotionen! 

Obsehen die Gefertigten bei Ankauf der Partitur der von Herrn 
C«j. Donixctti componirten Oper; „Don Pascpiale" das_ erlangte 




Patquale" in einer deutschen Uebemetsung von Herrn Cmrl Gollmuek 
in Frankfurt a. M. den Buhnen-Directionen angeboten worden. 

Nsehdem nun der hohe Bundestag die Verfasser musikalischer 
Compositionen und dramatischer Werke gegen unbefugte Auffüh- 
rung im deutschen Bundesgebiete mit Beschluss Tom 99. April 
1841 in Sehnte su nehmen geruhte, so erlauben sich die Gefer- 
tigten den geehrten Bühncn-Directiooen bekannt su machen, dass 
dieselben den §. 4. der obigen hohen Verordnung, sufolge dessen 
nebst dem nach den Landesgesctsen su lebtenden Tollen Schaden- 
ersätze stets und für jeden Fell der ganse Betrag der Einnahme 
von jeder unbefugten Aufführung ohne Absng der auf dieselben ver- 
wendeten Rosten und ohne Unterschied, ob das Stück allein oder 
in Verbindung mit einem andern den Gegenstand der Auffuhrung 
gemacht bat, in Beschlaf xu nehmen , gegen obige auf die Beein- 
trächtigung ihres Eigenthumsrechtes gegründete Speculaliou in der 
gansen Ausdehnnog in Anspruch su nehmen , und bei jeder ohne 
ihre ausdrückliche Einwilligung erfolgten Vorstellung dieser Oper 
in Anwendung su bringen entschlossen sind. 

Uebrigens sind die Gefertigten bereit, den geehrten Buhnen- 
Directionen die Partitur der Oper t „Don Patquale" mit deutscher 
Uebersetsung von Heinrith Proek auf reehtniawigem Wege unter 
den billigsten Bedingungen sn überlassen. 
Wien , den 19. Februar 1844. 

A. DtonelU *J- Comp. 

Erklärung. 
Ich bestätige hiermit, dass die Herren A. DUbelü $ Com*, 
in Wien das Eigcnthumsreeht der Partitur der von mir componir- 
ten Oper: „Don Pasquale'* von Herrn Jokmmn Jtieerdt, nn wel- 
chen ich diese Partitur für Italien nnd Deutschland ageuthümlich 
überlassen habe, sufolge des von mir mitgefertigteu Vertrages d. d. 
Wien, den 90. Juni 1845, für Deutschland erkauft haben, und 
dass demsnfolge die Herren A. DimbelU $ Comp, in gas* Deutsch- 
land als die alleinigen rechtmassigen Eigenthümer der Partitur der 
von mir componirten Oper: „Don Pnsquale" su betrachten sind. 
Wien, den 17. Februar 1844. 

i# Donlmettl. 



Druck nnd Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeit. 



217 



218 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den. 27* ten März. 



i 13. 



1844. 



Inhalt t Beschreibung der vor zwei Jahren erbauten grossen Orgel in der Stiftskirche zu Osseg in Böhmen u. s. w. — Accensio- 
•mi». — NtchricMtc* : Ans Leipzig. Aas Cassel. (Beschluss.) — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Beschreibung 

der vor zwei Jahren erbauten grossen Orgel in der 
Stiftskirche zu Osseg in Böhmen, nebst biographi- 
scher Notiz über deren Erbauer und einigen all- 
gemeinen und beurteilenden Bemerkungen. 

Unterzeichneter, den eine Ferienreise im Sommer 
vorigen Jahres nach Böhmen führte und der dabei Osseg 
berührte, verwendete einen Tag mit dem grössten Inter- 
esse zur Durchsicht des eben genannten herrlichen Wer- 
kes und zum Spiele auf demselben« Der dortige Subprior 
sowohl, als der Cisterzienser- Ordens- Priester Athana- 
sius Bernhard, als Regens Chori, waren so freundlich 
and gefällig, mir nicht nur die Gestaltung allenthalben 
angedeihen au lassen, sondern mir in Allem selbst hilf* 
reiche Hand zu leisten und nicht minder mich auf Dieses 
und Jenes aufmerksam zu machen. Das Werk ist mir so 
interessant erschienen und in seiner Einrichtung dabei in 
so Manchem vom Bisherigen abweichend, dass ich es nicht 
für überflüssig halte, dem grössern musikalischen Publi- 
cum darüber einigp Mittheilungen zu machen. 

Es mag die Disposition dieses Werkes vorausgehen» 
die ich in ihrer Genauigkeit eben genanntem Pater A. 
Bernhard hauptsächlich verdanke. 

1. Disposition. 
A. Haupt - Manual, 

1) Principal 16 Fuss von Holz ^vom Orgelbauer Board** •), Bruam- 
bass, genannt), 6± Zoll weit mensurirt ; spricht leicht an and 
bat einen vollen runden Ton. 

2) Principal 8 Pnss vom feinsten Zinn, mit nur} Znsatz, 5i Zoll 
weit; Ton voll, streiehartig. 

3) Qaiatadena 16 Fuss 6 Zoll, bebärtet; die Quinte aar sanft 
anschlagend , wegen seiner reinen gleichen Intonation aasge- 
zeichnet. 

4) Gemshorn 8 Fnss, 5J Zoll weit ; hornartig, aber sanft singend. 
5), FISte 8 Fast, 4J Zoll weit; äusserst rein and gleich im Tone. 

6) Seliciooal 8 Fass, 44 Zoll weit, behaltet; ein wogen seiner 
Lieblichkeit and leichten Ansprache besonders aossuseUhnen- 

des Register. 

7) Spitzfltite 8 Fuss, am Lahium 5± Zoll weit ; das sanfteste Re- 
gister in der Orgel. 

8) Qaiatadena 8 Fnss, 4 Zoll weit; sehr rein iatonirt. 

9) Octava 4 Fuss, 3i Zoll weit; ist mehr singend, als scharf. 



') Ganz können wir nns mit den Namen nicht einverstehen, da 
man anter Bosrdon doch wohl mehr eine Gedactstimme ver- 
steht. Der Verf. 

46. Jahrgang. 



10) Bassethorn 4 Fnts offen von Ziav, 4 Zoll weit, bebartet; hat 
einen vollen säuselnden, bornartigen Ton. 

11) Quinta 3 Fuss, 2* Zoll weit. 

12) Superoctav 2 Fuss, 2± Zoll weit, bebärtet; Klaogfarbe wie 
Bassethorn 4 Fuss. 

13) Rauschqaint2Fuss4fach Cggc; repetirt in der vierten Octave. 

14) Mixtur 2 Fuss 5 fach Cegcc; repetirt in der dritten Octave. 
15; Cornelt 2 Fuss öfach Cgcegc; repetirt in der zweiten Octave. 

B. Brustwerk. 

1) Principal 8 Fnss offen , 5 Zoll weit ; von sanfter stroiebarti- 
ger Intonation , ein vorzügliches Register, besonders geeignet 
zur Bezeichnung einer frommen hingebenden Stimmung. 

2) Flöte 8 Foss offen, At Zoll weit; von der Maoaal -Flöte durch 
Mensur und' sanfteren Ton verschieden. 

3) Gedaet (lieblich) 8 Foss von Hotz, 3 Zoll weit; dag weichste 
Register der Orgel, ganz rein iatonirt. 

4) Bourdon 8 Fass von hartem Holze, 4 Zoll weit; ganz sanft 
in die Quinte tönend, eine prächtige Füllstimme. 

5) Octava 4 Fnss, 3J Zoll weit; hell and kräftig. 

6) Fngara 4 Fuss, 2* Zoll weit; sehr sanft. 

7) Flöte 4 Foso, 2£ Zoll weit ; schon iatonirt. 

8) Quinta 3 Fuss , %\ Zoll weit. 

9) Superoctav 2 Fuss von Zinn, 2 Zoll weit. 

10) Mixtur M Fnss 5fsch Gcegc, offen; repetirt in der dritten 

Ootave. 
11). Cymbel 1 Fuss Cgc 3faxh; nepetirt in der zweiten Octave. 

C. Pedal. 

1) Principal 16 Fass von Zinu, 10 Zoll weit (das tiefste C wiegt 
125 &). 

2) Subbass 32 Fuss von Holz, Uj Zoll weit; in der ersten Octave 
gedeckt, bebärtet der leichtem Ansprache wegen. 

3) Violonbass 16 Fuss von Holz, 94 Zoll weit; voll, durchgreifend. 

4) Prinoipalbass 8 Foss offen, von Zinn, 6 Zoll weit. 

5) Oetavbass 8 Fuss von Holz, 5i Zoll weit. 

6) Posaune 8 Fuss, ein Rohrwerk mit zinnernen Schallbecbern 
9 Zoll weit. 

7) Qointbasa 12 Fnss von Holt, 7 Zoll weit. 

8) Mixtur von- 4 bis 2 Fuss, Cege 4fach von Zinn, in der Octave 
gedeckt. 

II. Bemerkungen zur Disposition. 

a) Anzahl der Pfeifen: 

a) Hauptmanual: 1377, anf eine Taste 27. 
ff) Brustwerk: 867, auf eine Taste 17. 



b) 



y) Pedal t 242, auf eine Taste tl. 

Vorbereitete Verstärkung: Noch ein Positiv (so einem dritten 
Manual) einzustellen in die Füllungen des Hauptkörpers von 
sieben Stimmen: 1) Geigen - Principal 8 Fnss. 2) Copula ma- 
jor. 3) Copula minor. 4) Octava 4 Fuss. 5) Quinta 3 Fass. 
6) Saperootava 2 Fnss. 7) Mixtur li Fasr, 4fach> gege. 

Im Pedale ist für eine Posaune 16 Fuss vorbereitet. 
c) Klangfarbe der Orgel. 

Dass der Character dieser Orgel vorherrschend weich, zart, 
aber auch ernst, erhaben ond kraftvoll ist, deutet schon die 

13 



219 



1844. März. No. 13. 



220 



mitgetheilte Disposition an ; vollkommen einstimmen wird aber 
jeder Kenner, der die Fronde hatte, sie io den hauptsächlich- 
sten Nuancen zn hören. 

III. Aeussere Beschaffenheit. 

a) Orgelkörper. 

Der Hauptkörper för's Manual und Pedal ist 33 Schob 6 Zoll 
hoch, 26 Schuh breit, 7 Sehuh 2 Zoll tief, füllt die ganze 
Wölbung der Kirche ans und ist in fünf Pfeifen thürme gc- 
theilt ; Pedal -Principal 16 Fuss nnd Mannal- Principal 8 Fuas 
im Prospecte. 

Die Manual- und Pedal -Windlade, jede 4 Schuh lang, 4 Schuh 
3 Zoll breit und 7 Zoll tief. 

Der Körper des Brostwerks bestehet ans drei Pfeifenlnörmen, 
wovon jeder der zwei Seitentbürme 10 Fuss hoch ist, und hat 
im Prospecte Principal 8 Fuss; die Windlade ist 9 Schuh 
lang und 3 Schuh breit. 

b) Die sechs grossen Bälge sind Spannbälge, jeder 12 Schuh lang 
und 6 Schub breit nnd baben gegen 280 Druck. 

c) Windstärke : Nach der Windwaage 30 Grade. 

d) Kosten: Die Orgel kostet, Alles eingerechnet: 8180 Golden 
36 Kreuzer Conv.- Münze. 

IV. Biographische Notiz des Erbauers. 

Der Erbauer dieser Orgel, Frans Feller (geb. 1785 
und gestorben 1843 am 1. Juni), war von seinem Va- 
ter zum Schneiderbandwerk bestimmt, lernte aber neben- 
bei Musik und wurde als Singknabe auf dem Cbore sei- 
nes Geburtsortes (Königswalde unweit Telschen) verwen- 
det. Wundersam von den Tönen der Orgel ergriffen, fing 
er schon als 12jähriger Knabe an, ganze Octaven von 
Holzpfeifen zusammenzustellen. Von seinem Vater und 
Lehrmeister wegen seiner Vernachlässigung des Schnei- 
derhandwerks oft hart gezüchtiget, wusste er sich im — 
Holzstosse seines Vaters eine geheime Werkstätte zu be- 
reiten, wo er unbemerkt in Nebenstunden seiner Lieb- 
lingsbeschäftigung nachhing. — Hier suchte er ein klei- 
nes Orgelwerk schon in seinem 14. Jahre zu Stande zu 
bringen, wo ihn besonders die Anlage und Einrichtung 
der Windlade, deren er noch keine gesehen, in grosse 
Verlegenheit setzte. Doch Nachdenken überwand die 
Schwierigkeit, und es gelang ihm, ein Werkchen von 
zwei Holzstimmeu und drei Octaven zu Stande zu brin- 
gen, welches so eingerichtet war, dass, während er mit 
der einen Hand spielte, er mittelst einer Kurbel durch 
die andere Hand den Blasebalg in Bewegung erhielt. In 
seinem 18. Lebensjahre etablirte er sich als Schneider- 
meister in seinem Geburtsorte und verwandte alle übrigen 
Groschen, um sich die zum Orgelbaue nöthigen Werk- 
zeuge und Requisiten herbeizuschaffen. Noch in demsel- 
ben Jahre arbeitete er ein Werk von drei Zinnstimmen, 
einer Holzstimme und einem achtfüssigen Pedalsatze, das 
der Wohlgelungenheit wegen die Gemeinde von Nieder- 

!rund für ihr Kirchlein erkaufte. In den Jahren 1809 — 
813 that er Kriegsdienste als Bandist, wodurch sieb seine 
Kenntnisse in der Musik bedeutend erweiterten. In Folge 
der Schlacht bei Kulm wurden in der Gegend mehrere 
Orgeln zerstört, und das war nun die eigentliche Ver- 
anlassung, dass sich Feller seit 1817 ganz allein dem 
Orgelbaue zuwandte, und seit dieser Zeit hat er 36 theils 
kleinere theils grössere Werke erbaut, die alle Beifall 
fanden. Seine Stärke zeigt sich in den Arbeiten im Flö- 
tenwerke 5 hier hat er es zur Meisterschaft gebracht. 



So viel von einem Manne, den wahrhaft künstleri- 
sche Begeisterung und Genie unter seinen Zeitgenossen 
gewiss auszeichnen und den die Nachwelt gewiss immer 
in Ehren halten wird. 

Seine Söhfce treten in die Fusstapfen ihres Vaters, 
und es können die Gebrüder Feller mit Recht dem Pu- 
blicum empfohlen werden ; es sind zwar einfache, in ih- 
rer Kunst aber ausgezeichnete Leute, welche solid und 
schön arbeiten, und, was nicht weniger werlhvoll ist, 
gewissenhaft sind, Vorzüge, die sie vor Manchem ihrer 
Kunstgenossen auszeichnen. Franz besonders, der älteste 
von ihnen, ist ein Mann von wahrer künstlerischer Be- 
geisterung, von seinem verstorbenen Vater von Jugend 
auf zu den feinsten und schwierigsten Arbeiten verwen- 
det, in seinem Fache vielseitig gebildet und erfahren, 
ein junger Mann , der mit noch mehr Geist das Werk 
seines Vaters fortsetzt und auf den Böhmen mit demsel- 
ben Rechte stolz sein kann, als Sachsen auf seinen Jahn, 
Jehmlich und neuerlichst Göthel. 

V. Allgemeine beurtheilende Bemerkungen. 
Soll ich mich vorerst noch über die Wahl der Stim- 
men beurtheilend aussprechen, so kann man sich mit ihr 
vollkommen einverstanden erklären und muss einen et- 
waigen Tadel, als hätte die 16füssige Principalstimme von 
Zinn in's Manual gestellt werden müssen, völlig zurück- 
weisen, da die 16fässige Holzstimme, die Feller in's Ma- 
nual gearbeitet hat, in Bezug auf Tonfülle und Reinheit 
des Klanges dem Principal 16 Fuss von Zinn nicht nur 
ganz gleich kommt, sondern die zwar sehr fleissig und 
gut gearbeitete Pedalstimme in mancher Hinsicht noch 
übertrifft. Denn da dieser Holzprincipal nicht im Pro- 
specte ist, so konnte er bebärtet werden, wodurch die 
feinste und gleichste Ansprache erzielt wurde, — wäh- 
rend Pedalprincipal 16 Fuss von Zinn unbebärtet bleiben 
musste, mithin in Bezug der Ansprache dem jetzigen Ma- 
nualprincipale notwendig nachsteht. Ich lasse mich na- 
mentlich über diesen Punct des Weiteren deswegen aus, 
um auf ihn ausdrücklich aufmerksam zu machen , wenn 
man in die Lage kommen sollte, ein ähnliches Werk zu 
disponiren, und bitte deshalb, diese meine Bemerkungen 
einer sorgsamen, aber ruhigen uud unparteiischen Prü- 
fung zu unterwerfen. Eine grosse Prospeclstimme, meine 
ich (so abweichend es auch vom jetzigen Gebrauche ist), 
wird fü'r's Manual immer ihr Misslicbes haben, während 
sie als Pedalstimme für die Pfuuduolen des Grundbasses 
vollkommen geeignet bleibt. So viel zur Verteidigung 
der Disposition Feller's. Was ich daran geändert wünschte, 
wäre etwa Dieses: Ich würde Quintgetön 16 Fuss in's 
zweite Manual disponirt und statt dieser Stimme für's 
Hauptmanual Grobgedact 8 Fuss bestimmt haben, aus fol- 
genden Gründen. Principal 16 Fuss von Holz bebärtet, 
dürfte kräftig genug sein, um einem Manual, wie das 
dieser Orgel ist, seinen männlichen feierlichen Character 
zu geben , während das Bruslwerk durch Quintgetön 16 
Fuss, wie man sich durch die Koppel vollkommen über- 
zeugen kann, ungemein an Ernst, Fülle und Nachdruck 
gewinnt, ja selbst zur Ausführung grossartiger Fugen 
und anderer grösserer Orgelsachen geeignet wird, wäh- 
rend es jetzt doch im Vergleiche gegen das Hauptmanual 



221 



1844. März. No. 15. 



222 



nur ein Knabe ist $ durch Quintgetön' 16 Fuss würde es 
Eiim kräftigen Jüngling herangereift sein, der munter und 
freudig seine Stimme erhebt, und der Abstand zwischen 
ihm und dem Hauptmanuale wäre zwar immer noch be- 
deutend, aber doch nicht so wie jetzt. Ferner würde ich 
mir im Pedale noch Gedaclbass 16 Fuss disponirt haben, 
um die so schönen und wahrhaft singenden 8 Fuss-Stim- 
men dieses Orgelwerkes im Einzelspiele mehr wirken las- 
sen zu können, da der muntere Yiolon 16 Fuss und der 
ernste gravitätische Principal 16 Fuss zu solchem Spiel, 
wie ich es meine, doch immer weniger geeignet sind. 

Noch möchte zu bemerken sein, dass sämmtlicbe 
Conducte der Prospectpfeifen von Zinn gearbeitet sind, 
und sämmtliche Zinnpfeifen von gleichem Metalle , näm- 
lich von feinem Graupner Zinn mit nur z / 7 Zusatz. Be- 
kanntlich aber steht das Graupner Zinn in noch höherem, 
wenigstens gleichem Werthe mit dem Englischen ; es ist 
daher das Orgelmetall durchaus sehr fein, da man ein 
121öthiges Berliner Probezinn schon für ein gutes und 
feines halt, das Metall dieser Orgel aber beinahe durch- 
aus 141ölbig ist. 
Zschopau, im Februar 1844. 

Carl Geistler , C. 



R 



ECEN8IONEN. 



Protestantische Kirchenmusiken, auf alle Feste des Jah- 
res, nach (den) Worten der heiligen Schrift, leicht 
ausführbar und vorzüglich für Kirchen kleiner Städte 
und des Landes. No. 1. Musik zum Erndte- Dank- 
feste, componirt von Julius Hoffe. Op. 32. Kl. Fol. 
Eisleben, bei G. Reichardt. Preis l'/ 2 Thlr. 
Wirklich gute, d. h. wahrhaft kirchliche, und dabei 
leicht ausführbare Kirchenmusiken, geeignet zur Auffüh- 
rung durch die in der Regel sehr beschränkten Mittel 
kleiner Slädte und grösserer Landgemeinden (bei den klei- 
neren sollte man die, nach unseren Erfahrungen, fast im- 
mer höchst erbärmliche nnd die Andacht nuf störende 
Kirchenmusik lieber gar nicht mehr statuiren), sind eben 
noch nicht viele vorhanden, wenigstens nicht im Drucke, 
und von diesem Gesichtspunkte aus können wir das Un- 
ternehmen des Verfassers nur willkommen heissen. In- 
des« wird er, wenn es ihm mit dauerndem Erfolge ge- 
lingen soll, bei den etwa nachfolgenden Arbeiten die 
Haupterfordernisse einer guten Kirchenmusik : Kraft, Tiefe 
und einfache Grösse des religiösen Gefühls, bei möglich- 
ster Gedrungenheit der Form, noch ernstlicher anzustre- 
ben haben, als es noch bei diesem Werke der Fall ge- 
wesen. Wir sagen nicht, dass vorliegende Cantate des 
religiösen Aufschwungs ermangle, oder dass sie in einem 
zu prunkvoll -weltlichen, oder, in melodischer Weise, 
süsslich frömmelnden Style gehalten sei. Nur vermissen 
wir noch jene höhere Weihe religiöser Begeisterung, durch 
welche die besten Werke dieser Art das Gemüth unwill- 
kürlich der Welt entrücken, um es in das Allerheiligste 
der Religion einzuführen. Der Text vorliegender Can- 
tate ist aas Psalmenstellen wohl zusammengesetzt. Sie be- 
steht aas drei, in technischer Hinsicht der Hauptsache 



nach woblgerathenen. Sätzen, nämlich einem Chore, Al- 
legro C-Tact, in Gdur, einer ansprechenden, gut in der 
Stimme liegenden Tenorarie, Andante, C-Tact, Fdur, und 
einer Schlussfuge, Allegro C-Tact, Cdur, von welcher 
wir uns, so weit ein Urtheil aus der Partitur möglich 
ist, keinen sonderlich schwunghaft erhebenden Eindruck 
versprechen können. Das Thema ist gut erfunden, auch 
genügt Anfangs die Ausführung; allein da, wo die Be- 
geisterung höber steigen sollte, lässt unser Autor die 
Schwingen sinken. Bei diesen Bemerkungen haben wir 
freilich ein Ideal im Auge gehabt, welches selten erreicht 
worden, weshalb sie denn auch den Verfasser nicht ab- 
schrecken , sondern nur zum rüstigen Weiterstreben er- 
muntern sollen. — Die leicht gehaltene Instrumentirung 
erfordert, nebst dem Streichquartett, zwei Flöten, zwei 
Oboen (oder Clarinetten), zwei Fagotte, zwei Trompeten, 
zwei Hörner und Pauken. — Auf Oboen und Fagotte 
hätte der Verfasser, für kleinere Orte schreibend, nicht 
rechnen, dagegen aber durch Beifügung einer zweckmäs- 
sig eingerichteten Orgelstimme auf Deckung der etwa 
ausfallenden Stimmen im Orchester bedacht sein sollen« — 
Die Ausstattung ist nett, der Preis billig. 



1) Pfingstlied von August Zeune, in Musik gesetzt für 
fünf Solo - und vier Cborstimmen mit Begleitung des 
Pianoforte oder der Harfe von A. E. GrelL Op. 11. 
Berlin, bei Traulwein. Preis der Partitur 20 Sgr.; 
der fünf Solostimmen 10 Sgr. ; jeder einzelnen Chor- 
stimme 1% Sgr. 

2) Selig sind die Todten, für vier Solo- und vier Chor- 
stimmen von A. E. GrelL Ciavierauszug. Op. 18. 
Ebendaselbst. Preis 25 Sgr. 

3) Der Herr ist mein Hirte, für fünf Solo- und vier Chor- 
stimmen, mit Begleitung der Orgel von A. E. Grell. 
Op. 19. Ebendaselbst. Preis 22% Sgr. 

Erfreuliche Gaben des achtbaren Componislen, mit 
welchen man sich gewiss überall befreunden wird, wo 
die zu ihrer Aufführung erforderliche Anzahl von guten 
festen Stimmen vorhanden ist, an welche im Uebrigen 
der Verfasser nur sehr massige Anforderungen macht. — 
Dem für die Kirche nicht bestimmten oder doch nicht 
wohl geeigneten „ Pfingstliede " möchte, vorzüglich im 
Andante, grössere Belebtheit und Manniehfaltigkeit der 
Declamation zu wünschen sein. No. 2 nnd 3 sind dan- 
kenswerte Gaben für die Kirche. In der letzteren hat 
uns vorzüglich der dritte Satz: „Ich freue mich und bin 
fröhlich in dir" sehr angesprochen, wie sieh denn über* 
haupt der Verfasser mit Glück auf dem Felde der Kir- 
chencom position bewegt. Minder gelungen erscheint uns 
der erste Satz in derselben Nummer, in welchem uns die 
sehr langen Dehnungen auf „mangeln" und „Wasser " 
nicht zusagen wollen. Solche Dehnungen beeinträchtigen 
stets die Klarheit des Textwortes. Wenn man eine Stimme» 
noch dazu im */ 2 *Tacte, sieben ganze Tacte lang auf der 
Sylbe „man" sich bewegen lässt, bis endlieh im achten 
das Wort „mangeln" seine zweite Sylbe indet, so will 
uns das durchaus nicht zusagen. Sollen wir unter zwei 
Uabeln das kleinste erwählen , so mögen wir eher eine 
öftere Wiederholung, als die zu lange Dehnung eines 



223 



1044. Mäw. No. 13. 



224 



Wortes leiden, bei weither es im unnatürlicher Weise i 
aaiseinandergesogen wird. Wir wissen wob], das* zuwei- 
lt* sehr berühmte und grosse Componisten selehes ge- 
tben haben; allein es fragt sieh immer, ob rie Recht 
daran gethan? Uns ist ein solches Verfahren immer als 
ein Miasbraucb, ja als eine Misehandking des Wortes er- 
schienen, welches dabei tarn leeren Schalle becabgewür- 
digt wird. Diese kleinen Anostelhingen können und sol- 
len übrigens den sonstigen Werth dieser verdienstvollen 
Werke keineswegs in den Schatten stellen. 



Drei kurze and leichte vierstimmige Motetten: „Herr 
neige deine Ohren" u. s. w., „Herr deine Güte 
reicht so weit" u. s. w. and „Lobe den Herrn meine 
Seele" u. s. w. mit Begleitung der Orgel oder des 
Piaeoforte von A. E. Grell. Op. 13. Berlin, bei 
Trautwein. Preis der Partitur 20 Sgr., jede Stimme 
einzeln 2 Vi Sgr. 
Diese überaus leicht nnd einfach gehaltenen und da- 
bei doch ansprechenden Motetten können wir auf das Zu- 
versichtlichste den Singehären auf dem Lande und allen 
sonst weniger geübten anempfehlen, und sie dürfen sich 
von denselben, bei fleissiger Aufführung, welche durch* 
aus keinen Schwierigkeiten unterliegt, sicherlich einen 
weit erbaulieberen Eindruck versprechen, als von dem 
oft so kläglichen Abstümpern grösserer und schwererer 
Werke, welchen ihre Kräfte nicht gewachsen sind. Wir 
ersuchen den Herrn Verfasser recht angelegentlich, die 
grosse Zahl weniger geübter Chöre bald wieder durch 
ähnliche Gaben seiner schätzbaren Feder zn bedenken. — 
Die Ausstattung ist gut, allein der Preis könnte billiger 
gestellt sein. 



Zwei Motetten. No. 1. „Herr lehre mich thun nach dei- 
nem Wohlgefallen" u. ». w. No. 2. „Lasset uns unter 
einander lieben" ti. s. w. für acht Singstimmen von 
A. E. Grell. 0p. 22. Berlin, bei Trautwein. No. 1. 
Preis 12% Sgr. No. 2. Preis 20 Sgr. 
So ungemein reich auch, insonderheit im vorigen 
Jahrhundert durch einen Seb. Bach nnd seine weit ver- 
zweigte Schale, das Feld der Motette angebaut worden 
(sehr vieles ans ihr hervorgegangene Treffliche ruht vor- 
züglich in Thüringen noch ungedruckt), so hat uns doch 
die Beschäftigung mit den obigen Compositionen, welche 
eine gereifte Feder beurkunden, sehr erfreut, indem in 
denselben ein kerngesunder, religiöser Geist wehet, der 
in ernst würdiger Form sich ausspricht. Die Stelle in der 
zweiten Motette: 
Sopr. 



U 



1=3 



m 



Las - «et uns na 



- ter ein - an - der etc. 



P 

dei 



bei welcher der erste Chor in allen Stimmen sich in der- 
selben Rhythmik bewegt, nnd welche der «weite in glei- 
cher Weise wiederholt, scheint uns nicht gut declamirt 
zu sein. Ausstattung schön. Der Preis könnte anek hier 
billiger gestellt sein. 



Lieder für vier Männerstimmen. 

1) Sechs Lieder, componirt für vier Männerstimmen von 
A. Neithardt. 0p. 126. Heft 1 : Sängers Nachtfeier, 
von Kluge; An die Laute, von Basti; Bedenklich- 
keit, von v. Mühler. Heft 2; Ergo hibamusj von 
Goethe; Der Unschlüssige« von Beruh. Brach; Klei- 
dermacher -Mutb. Lexiconformat. Berlin, bei Traut- 
wein, ä Heft, Partitur und Stimmen, 20 Sgr., jede 
Stimme einzeln 3% Sgr. 

2) Tier Gesänge, 1) Der Schweizer; 2) Gute Nacht, von 
J£. Geibel\ 3) Ade, von M . Arndt; 4) Der Linden- 
baum, für vier Männerstimmen., componirt von Fer- 
dinand Möhring. Op. 11. Lexiconformat. Partitur 
und Stimmen. Ebendaselbst. Preis 25 Sgr. 

3) Sechs Gesänge für vier Männerstimmen, von G. Wichtig 

fürstl. tiohenzolkrn - Hechiag'schen Kanunermnsikns. 
Op. 7. Lexiconformat. Carlsruhe, fces W. Creuzbauer. 
Preis 1 Thlr. 8 Ggr. 

4) Urfinsterniss, Gedicht von Bornemann, für vier Män- 
nerstimmen (Solo und Chor) vou A. E. Greä. Op. 
24. Lexiconformat. Berlin, bei Traulwein. Preis 7 K / 2 
Sgr., jede Stimme einzeln 1% Sgr. 

5) A. *. Chamisso's Canon : Das ist die Noth der schwe- 
ren Zeit ! componirt für vier Männerstimmen von A. 
E. Grell. Op. 24. Ebendaselbst. 

6) Zigeunerlieder von Nep. Vogl> componirt für Män- 
nerstimmen von Ant. HackeL No. 1 und 2. Carls- 
ruhe, bei W. Creuzhauer. Preis 12 Ggr. 

7) Rhein weinlied von G.Herwegh, für vier Männerstim- 
men componirt und znm Besten des Hermann- Denk- 
mals herausgegeben von Dr. Heinrich Marschier. 
Gr. Fol. Leipzig, in Commission bei Fr. Hofmeister. 
Preis 12 1 /* Ngr. 

Durch fast zahllose Bäche und Bächlein, welche un- 
sere Herren Componisten in den Strom des vierstimmi- 
gen Männergesanges fliessen lassen, wird derselbe zwar 
immer breiter, allein nicht gerade überall tiefer. Es tritt 
dabei so Manches bwor, das ohne empfindlichen Ver- 
lust für -die musikalische Literatur recht wohl innerhalb 
der engeren Kreise, welchen es seinen Ursprung ver- 
dankte, seine« Lehenscureus Witte beginnen — und be- 
scbliessen mögen. Aber ein Jeder, der wohl oder übel 
ein wenig Singen und Noieuschreibeu gelernt, will flugs 
auch vierstimmig componiren! Dafür hat man denn als 
Beceusent nur zu oft die gewiss nicht neidenswerthe 
Freude, so mancherlei verbrauchte Griffe in der melodi- 
schen und harmonischen Wendung des vierstimmigen 
Männergesanges bis zur Ungebühr wiederhol! zu sehen. — 
Es ist wahr: unser deutscher Eicheufeain hat jetzt einen 
horrenden Ueberfluss an Singvögeln ; allein last bei jedem 
Schritte slösst man auf einen , wenn .auch nicht nachbe- 
tenden , doch naebpfeifeaden Gimpel — nur selten aber 
auf einen ächten frischen Capitalschläger, der kühn und 
fröhlich aus der Brust heranssingt, wie ihm seibat just 
der Schnabel gewachsen ist. 

Wir freuen uns, versichern au können, von obiger 
Gimpelei in den hier anzuzeigenden Werken theils nur 
sehr geringe, theils gar keine, theils Spuren vom Ge- 



225 



1844. März. No. 15. 



226 



gentheile — einem kniffigen, frischen ErBndnngsgeiate — 
entdeckt zu haben. 

1) Man kennt bereits hinlänglich den Verfasser von 
0p. 126. Er singt stets frisch und glatt weg, wie man's an 
der Liedertafel lieht, bat artige Einfälle, gefallige Wen- 
dungen in Melodie nid Harmonik nnd schreibt mit runder, 
gewandter Feder, die sich noch keineswegs erschöpft hat. 

2) Herr Mohring hat leider nicht alle seine Texte 
consequent- richtig und tüchtig ausgewählt. „Der Schwei- 
zer *' scheint uns zur vierstimmigen Behandlung nicht 
wohl geeignet. Dieses Gedicht ist schon für eine Stimme 
schwer zu treffen, noch schwerer für vier! Die „Gute 
Nacht! 4 ' und ,,Den Lindenbaum" haben wir mit Ver- 
gnügen gehört. In der Partitur finden sich einige Stich- 
fehler, doch leicht zu verbessernde. 

3) Auch in dieser Sammlung befinden sich einige 
Gedichte, welche sich zur vierstimmigen Behandlung nicht 
recht schicken wollen. Wir wetten darauf, dass sie der 
ganz artig schreibende Verfasser bei näherer Prüfung 
seihst erkennt. — Der „Schiffergesang 44 ist allenfalls 
auf einen FIuss, aber nicht anf das „Meer" hinausge- 
dacht wtd darchempfunden. — Die „Abendfahrt" mäch* 
ten wir wohl einmal durch recht hohe tüchtige Tenore 
nebst Zubehör auf dem Rheine hören! 

4) Ein höchst origineller Scherz voll tiefen musika- 
lischen Humors. Unvergleichlich prächtig, wenn Alles mit 
gehörigem Pathos und ungeheuerm Ernste vorgetragen 
wird. Da soll mir Einer kommen und noch den tiefen 
Hnmor der Musik wegleugnen wollen. Freilieh ist die 
Sache schon lange da — und nur in den Aesthetikea 
fehlt sie noch. 

5) Ein interessantes Seitenstück zum vorigen; nur 
muss man dabei (wo möglich) etwas Weniges die Augen 
verdrehen und singen, als wolle man vor desperater 
Frömmigkeit — mit Jean Paul zu reden — „ des Teu- 
fels werden. 4 ' — 

6) Ob die Herren Zigeuner — die veritablen näm- 
lich — wirklich so schön singen und moduliren, wie 
Herr Haekel es ihnen in den Mund legt» bezweifeln wir 
stark. Wir fürchten, er habe sie zu sehr civilisirt. Legte 
man diesen hübschen Composilionen andere, ganz aas» 
pende Texte unter, so würden sie nichts weniger, als 
eben Zigeunerlieder sein. 

7) Da haben wir eine No. 7, allein es ist keine 
böse , sondern eine beilige. — Zwar hat der sonst so 
geistreiche und kernige Dichter hier seine poetische 
Traube ein wetiig zu breit ausgekeltert; altein die Com- 
Position ist kräftig und ihrer hohen Bestimmung für „das 
Hermanndenkmal 4 < eben so würdig, wie der ächte, poe- 
tische Most in dem Gedichte, bei dessen Gesang man 
leicht einige müssige Verse weglassen kann. 

Sänunllicbe hier angezeigte Musikstücke sind hübsch 
ausgestattet. Nur die Carlsruher Noten haben etwas 
Schwindsüchtiges und für das Auge Unbequemes, abge- 
sehen davon, dass sie auch, wenigstens in den verlie- 
genden Exemplaren, zu falass erscheinen. Man ist da of- 
fenbar gegen Leipzig, Berlin, Mainz u. a. 0. zurück- 
geblieben. #• 



Nachrichten. 

Leipzig, den 26. März 1844. Neunzehntes Abon- 
nement -Concert im Saale des Gewandhauses, Donners- 
tag, den 14. März. Ouvertüre zu Ipbigenie •von Giuck. — 
Scene und Arie aus Faust von L. Spohr („Die stille 
Nacht entweicht"), gesungen von Fräul. Pauline Mar», 
königl. preuss. Hofopernsängerin aus Berlin. — Concor- 
tino für die Flöte, componirt und vorgetragen von ilerrn 
W. Hauke (Mitglied des Orchesters). — fcoene und Arie 
aus Lucia di Lammermoor von Donixetti, gesungen von 
Fräul. P. Marx. — Iutroduetion nnd Variationen über 
ein Thema aus der Oper „Die Tochter des Regiments,** 
componirt nnd vorgetragen von Herrn Rudolph Sachse 
(Mitglied des Orchesters). — Ouvertüre, Gesänge nnd En- 
treacts zu Goethes Egmont, von L. v. Beethoven (das 
die Musikstücke verbindende Gedicht von MosengeU ge- 
sprochen von Mad. Detsotr, die Gesinge vorgetragen von 
Fräul. Marx). 

Die grossartige Ouvertüre von Giuck ist ein unver- 
gängliches Meisterwerk und immer von bedeutendster 
Wirkung; interessant ist der von Maxart der Ouvertüre» 
die, wie bekannt, ursprünglich unmittelbar in die Oper 
überleitet, beigefügte Schluss, so ganz im Styl und Geist 
der Compositum, dass der Uebergang von Giuck zu J#o- 
zart kaum , wenigstens nur in der etwas volleren und 
feineren Instrnmentirung, bemerkt wird. Die Ausflfbrvng 
war gut nnd die Wirkung auf das Publicum sehr 'lebendig. 

Fräul. Pauline Marx, welche in mehreren Gastdar- 
steilungen auf unserem Theater sich aligemeine Anerken- 
nung erworben hat, anch aus früherer Zeit durch Ihre 
Leistungen in mehreren Gewandbaus- Concerten unserem 
Publicum werth ist, erfreute uns diesmal besonders durch 
den Vortrag der schönen Scene und Arie aus Faust, einer 
Compositum, deren Ausführung sehr schwierig ist» aber 
anch einer Sängerin treffliche Gelegenheit bietet, dich nach 
allen Seiten hin als Künstlerin zu zeigen. Das dnreh und 
durch dramatische Reoitativ ist keine leichte Aufgabe nnd 
selten noch haben wir diese Aufgabe, selbst von bedeu- 
tenden Sängerinnen, so giüoklkh gelöst gesehen, als dies 
Fräul. Marx gelang. Es ist nicht zu leugnen, dramati- 
sche Sänger und Sängerinnen kann nur die Bühne bil- 
den; anch die beste andere Ausbildung reicht hierzu al- 
lein nicht aus. Wenn nnn auch dem Conoertvortrage en- 
gere Grenzen gesteckt sind , als dem Vortrage anf der 
Bühne bei der lebendigen Darstellung eines Kunstwerkes, 
so darf der Ausführung eines solchen Werkes doch dra- 
matisches Leben nicht ganz fehlen, wenn die beabsich- 
tigte Wirkung wenigstens einigermaassen erreicht wer- 
den soll. Fräul. Marx traf mit vielem Geschick das 
rechte Maass an ihrem Vortrage, und da die Ausführung 
anch übrigens, trotz der sehr bedeutenden teehmsoheu 
Schwierigkeiten, vorzüglich war, so konnte die ganne 
Leistung, .als eine gefangene wirkliche Knnstleistung, flieht 
ohne entschiedene Wirkung Meinen. Der Beifall war da- 
her gross und allgemein, lebhafter und ungeteilter, als 
nach dem Vortrage der Scene nnd Arie aus Lucta von 
Dvnixetti, welche Fräul. Marx allerdings mit seltener 
Fertigkeit» mit ausserordentlicher Vofobililat und Sicher- 
heit du den Colonatoreu, aber mit letzteren, mit langen 



227 



1844. März. No. 13. 



22» 



Trillern u. dergl. so überladen ausführte, dass wir kaum 
su begreifen vermögen, wie eine so gebildete Künstlerin 
sieb so geschmacklos verirren kann. Hin und wieder mag 
dergleichen] wobl einem Theile, vielleicht dem grösseren 
Theile des Poblicums gefallen, aber schön ist es gewiss nicht. 
Zwei sehr tüchtige Mitglieder unseres Concertorche- 
sters , die Herren fr. Hauke und Saclise erwarben sich 
durch ihre Compositionen nicht weniger, wie durch die 
ausgezeichnete Virtuosität ihres Spieles grossen Beifall. 
Es ist heut zu Tage wirklich selten, dass Virtuosen sich 
selbst su ihren Vorträgen gute Stücke schreiben; wir 
haben in dieser Hinsicht schon Erfahrungen machen müs- 
sen, die kaum zu ertragen waren. Um so lieber und 
dankbarer erkennen wir es öffentlich an« dass unsere hie- 
sigen Künstler und namentlich die Mitglieder unseres Or- 
chesters, wenn sie mit eigenen Compositionen hervor- 
treten, auch immer etwas Ordentliches, Tüchtiges brin- 
gen. Wir finden hierin einen Beweis für die tüchtige und 
gut geleitete Kunstbildung unserer Orchestermitglieder, 
welche die hauptsächlichste Stütze unseres ganzen, in 
seinen Leistungen so ausgezeichneten und in seinen Wir- 
kungen so wohlthätigen Kunstlebens seit mehreren Jah- 
ren schon geworden sind. Solchen Künstlern fehlt nie 
der rechte Ernst und Geist in ihrem Berufe, und sind 
diese nur vorhanden, so kommen Gelingen und Freude 
von selber. Ein Beleg dafür war die Ausführung der 
Beethoven'schea Musik zu Ermont, nach unserem Gefühl 
und Urtheil einer der genialsten und wirkungsvollsten 
Schöpfungen des grossen Meisters. Im Theater kann diese 
Musik fast nie ungestört genossen werden, und es war 
daher gewiss ein sehr glücklicher Gedanke, durch die 
Hauptmomente der Dichtung vorführende, die einzelnen 
Musikstücke verbindende Worte ein gewissermaassen in 
sich abgeschlossenes Ganze zu bilden, und so, bei Auf- 
führung der Musik in Goncerten, ein Verständnis der- 
selben unmittelbar herbeizuführen, das ausserdem immer 
nur Wenigen möglich gewesen sein würde. Wie trefflich 
dies Mosengeil gelungen, ist bekannt; auch Grillparzer 
hat später, als Mosengeil, eine ähnliche Bearbeitung un- 
ternommen , ist jedoch , unserm Urtheil nach , weniger 
glücklich als dieser gewesen. Mad. Dessoir löste ihre 
schwierige Aufgabe vorzüglich, auch Fräul. Marx trug 
die Gesangstücke recht gut vor, und wir hatten uns daher 
wieder eines wahrhaft hohen Kunstgenusses zu erfreuen. 

Pas zwanzigste und letzte Abonnement- Concert im 
Saale des Gewandhauses fand Donnerstag, den 21. März, 
Statt und enthielt: Ouvertüre zur Fingais -Höhle (Die 
Hebriden) von Felix Mendelssohn- Bartholdy. — Arie 
aus der Sonnambula von Bellini, gesungen von Fräul. 
Mars. — Concert für die Violine (Emoll), componirt 
und vorgetragen von Herrn Concertmeister F. David. — 
Arie aus der Zauberflöte von Moxart, gesungen von 
Herrn Ernst Hoch, fürstl. schwarzb. -sondersh. Kammer- 
sänger. — „Ob ich dich liebe," Lied von Gumbert, und 
die Tarantella von Rossini mit Pianofortebegleitung, ge- 
sungen von Fräul. Mars. — Symphonie pastorale (No. 
6) von L. v> Beethoven. — 

Es hat uns leid gethan, dass Fräul. Marx bei ihrem 
diesmaligen Auftreten nicht wenigstens ein bedeutendes 
Stück gewählt hatte.; mit einer oft gesungenen, ziemlieh 



werthlosen BelänfsAen Arie und ein Paar Liedern sollte 
eine Sängerin einem Publicum gegenüber, das ächte Kunst- 
leistungen liebt und dankbar zu schätzen weiss, nicht 
auftreten , schon ihres eigenen Vortheils wegen , wenn 
sie auch andere künstlerische Rücksichten unbeachtet las- 
sen wollte. Ueberdies war der Vortrag der Bellinfschen 
Arie auch nicht eben sehr geschmackvoll, wenn wir gleich 
der grossen Gewandtheit und Sicherheit, womit sie aus- 
geführt wurde, volle Anerkennung zollen müssen. Die 
Tarantella von Rossini erfordert mehr Grazie und Leich- 
tigkeit, als Fräul. Marx dabei zeigen konnte; dennoch 
erwarb sie sich damit so grossen Beifall, dass sie sich 
bewogen fand, dieselbe zu wiederholen. Am Besten und 
wirklich sehr schön sang Fräul. Marx das recht wirk- 
same Lied von Gumbert. Wir begegnen diesem Compo- 
nisten zum ersten Mal, ond müssen dieses Begegnenein 
recht erfreuliches nennen; die Compositum des Liedes 
ist voll natürlicher, warmer Empfindung und nicht ohne 
Geschmack gemacht. — 

Wie gross die Achtung und Theilnahme ist, welche 
unser Concertmeister Herr David hier allgemein geniesst, 
zeigte der lebhafte Beifall, mit welchem derselbe gleich 
bei seinem Auftreten begrüsst wurde. Er spielte sein schö- 
nes Emoll -Concert so meisterhaft, dass er vom Beifall 
oft unterbrochen wurde. Besonders trefflich war der Vor- 
trag des gesangreichen Mittelsatzes, eines Adagio, das 
den wirksamsten ViolincompositioneQ, die wir überhaupt 
besitzen, an die Seite zu stellen ist. So lange wir einen 
solchen Künstler an der Spitze unseres Orchesters wissen, 
können wir wegen Fortdauer der Vorzüglichkeit dessel- 
ben ziemlich unbesorgt sein. Diese Ueberzeugung scheint 
auch unser Publicum zu theilen, und nimmt gern Gele- 
genheit, seine Gesinnung öffentlich auszusprechen. 

Eine interessante und überraschende Erscheinung 
war die Leistung des Herrn Koch, eines noch jungen Te- 
noristen mit umfangreicher, schöner, kräftiger Stimme, 
und mit einer so guten, soliden Ausbildung, wie heut 
zu Tage nicht eben häufig gefunden werden dürfte. Er 
sang die Arie aus der Zauberfiöte ,,Dies Bildniss ist be- 
zaubernd schön," einfach und natürlich, mit warmer 
Empfindung und erwarb sich allgemeinen Beifall. Bei der 
grossen Seltenheit schöner und gut gebildeter Tenore 
machen wir jede Bühnendireclion auf Herrn Roch auf- 
merksam ; er wird für jede eine sehr brauchbare und kann 
vielleicht bald eine glänzende. Acquisition sein. 

Die Ausführung der Ouvertüre und der Pastoralsym- 
phonie war im Ganzen eine sehr gelungene, und beendete 
würdig eine Reihe von Kunstgenüssen, für die wir allen 
Mitwirkenden dankbar verpflichtet sind. Wir schliessen 
diesen Bericht über das letzte Gewandhaus- Concert die- 
ses Winters mit dem aufrichtigen Wunsche für das Ge- 
deihen des trefflichen Instituts, auf das wir mit Recht 
stolz sein können, das nicht nur eine Zierde unserer 
Stadt, sondern auch ein wahres Förderungsmittel der 
Kunst geworden ist, und das in seiner Dauer, seinen 
Leistungen und seiner Wirksamkeit überhaupt kaum ir- 
gendwo seines Gleichen haben dürfte. R. f. 



Cassel. (Beschluss.j Am 5. gab der Violinvirtuos 
Fr. Prume ein massig besuchtes Concert, in welchem er 



229 



1844. März. No. 13. 



230 



nur Tonstücke von seiner eigenen Composition vortrug, 
und zwar im ersten Theil ein Concerto heroiqae, beste- 
hend aas drei Sätzen, im zweiten eine grosse Polonaise 
uod das Paslorale: „La Melancolie." Wenn auch keine 
der hier angeführten Concertpiecen uns ein höheres mu- 
sikalisches Interesse gewährte, so waren doch alle geeig- 
net, uns mit den Vorzügen und Eigentümlichkeiten die- 
ses Künstlers bekannt zu machen. Dieselben bestehen 
nicht so sehr in einer steten Nuancirung der Tongänge 
und Modificirung der Töne seines Instrumentes, als viel- 
mehr in einer höchst befriedigenden Reinheit, Festigkeit 
und Egalität derselben, welche wir namentlich in den 
Doppelgriffen , bei dem oft wiederkehrenden und oft an- 
haltenden mehrstimmigen Spiele zu bewundern hatten. 
Wir unseres Theils mögen übrigens das Geständniss nicht 
zurückhalten, dass uns die hier genannten Eigenschaften, 
in solcher Vollkommenheil wahrgenommen und so ge- 
schickt angewendet, wohl überraschen, aber, sobald der 
Reiz, welchen insbesondere die Neuheit des Gebrauchs 
auf uns ausübt, entschwunden ist, nicht mehr an den 
Künstler zu fesseln vermögen. Nicht immer hat uns die 
stereotype Egalität der Töne angesprochen, sondern so- 
gar bisweilen beunruhigt, wo sie auf Kosten des wohl- 
tuenden allmäligen An- und Abschwellens und der be- 
friedigenden Modificirung einzelner Töne und Passagen 
sich erhielt. Und so meinen wir, müsste es bei dem auf- 
merksamen Verfolgen des übrigens ausgezeichneten Vio- 
linspiels des Herrn Prume jedem Kunstfreunde ergangen 
sein, der vernommen hat, welcher mannichfacben Schat- 
tirung und Abstufung der Ton der Geige in den Händen 
anderer ausgezeichneter Virtuosen, und insbesondere, 
welcher seltenen Veredelung derselbe in den Händen 
unseres allgemein verehrten Spohr fähig ist. Ja, wem 
dieser Hocbgenuss vergönnt ward, der wird zu all* den 
Pizzicato-, Tremolo-, Arpeggio- u. dergl. Kunststück- 
chen, welche für die Kunst selbst keinen Werth haben, 
und durch deren Anwendung sich jeder Künstler herab- 
setzt, im Augenblick ihres Erscheinens nur lächeln kön- 
nen, und bei deren häufiger Wiederkehr sich unwillig 
davon abwenden, weil sie ja alsdann aufhören, frappant 
zu sein. Einen zu anhaltenden Gebrauch von einigen sol- 
cher Manieren, die Prume bei seinen scbätzenswerthen 
Leistungen für immer verschmähen sollte, machte er ins- 
besondere in seiner Melancolie, in welcher dieselben um 
so auffallender hervortraten, weil das musikalische Haupt- 
motiv keinen genügenden tonischen Portgang bat und 
darum die Composition modulatorisch einförmig erscheint. 
Uebrigens halten sich die Leistungen des Herrn Prume 
der verdienten beifalligen Anerkennung zu erfreuen und 
der Künstler wurde am Schlüsse des Concertes stürmisch 
gerufen. Unterstützt wurde der Concertgeber durch Fräul. 
Eder, die eine Arie mit Orchesterbegleitung, and Herrn 
Slreller, der ein Lied mit Begleitung des Pianoforte und 
Violoncello vortrug. Der erste Theil des Concertes wurde 
mit der Ouvertüre zu „Euryanthe" von Weber und der 
zweite mit der Ouvertüre zu „Fanisca" von Cherubini 
eröffnet. Die Ausführung dieser beiden Tonwerke von 
Seiten des Orchesters war sehr exaet. 

In dem am 24. stattgefundenen dritten Abonnement- 
Concerte gelangten folgende Werke zur Production: 1) 



Ouvertüre zu Shakespeare** „Sommernachtstraum" von 
Mendelssohn- Bar tholdy. 2) Arie aus Bellint s „Nacht- 
wandlerin ," gesungen von Fräul. Lieber. 3) Concert 
für die Clari nette von Maurer, geblasen von Herrn 
Bührmann. 4) Arie aus „Figaro " von Mozart 9 gesun- 
gen von Fräul. Lieber. 5) Concert für die Violine von 
de Beriet y gespielt von Herrn Hilf. 6) Dritte Sympho- 
nie (Eroica) von Beethoven. 

Es ist uns höchst erfreulich , die Ausführung der 
Ouvertüre von Mendelssohn eine sehr gelungene und die 
der Symphonie von Beethoven eine wahrhaft ausgezeich- 
nete nennen zu können. Ein so schönes Ensemble, wie 
insbesondere bei der Aufführung der drei ersten Sympho- 
niesätze , erinnern wir uns nur selten gehört zu haben. 
Jeder Mitwirkende schien die Tendenz des Tonheroen 
Beethoven nach Kräften zu erfassen bemüht und von Be- 
geisterung für den unsterblichen Sympbonieenmeister wahr- 
haft durchdrungen zu sein, ohne sich jemals von solch 
achtungswerther Begeisterung bei der Darstellung des 
einzelnen Stimmpartes so weit führen zu lassen , dass 
durch ein zu starkes Hervorheben des Einzelnen das voll- 
kommen harmonische, ästhetisch schöne Zusammenwir- 
ken gestört worden wäre. Die bei der Aufführung der 
beiden genannten Orcbesterwerke betheiligt gewesenen 
Capelimitglieder dürfen sich, von Seiten des kunstlieben- 
den Publicums, des freundlichsten Andenkens an die bei- 
den rühmlichen Leistungen versichert halten. Die Aus- 
führung der beiden Gesangstücke von Fräul. Lieber hat 
uns dagegen nicht erfreuen können ; selbst das nachsich- 
tigste Publicum würde die Leistungen dieser Sängerin als 
sehr sehwache bezeichnen müssen. Herr Bührmann liess 
uns bei dem Vortrage des Concertstückes für die Clari» 
nette gerade nicht die feinste Behandlung seines Instru- 
mentes wahrnehmen. Sein Ton hätte bisweilen bei der 
nämlichen Kraft weniger hart, seine Uebergänge hät- 
ten weniger schroff, seine Schattirungen weniger grell 
sein dürfen. Schliesslich gedenken wir noch mit Ver- 
gnügen des gelungenen Vortrags des Beriof sehen Con- 
certstückes von Herrn Hilf. Sein Spiel zeichnete sich 
durch Reinheit, Kraft und Fülle des Tones, wie auch 
durch Präcision, angemessene Nuancirung und Lebendig- 
keit des Ausdrucks lobenswerth aus. Nur an einzelnen 
Stellen erschien uns der Vortrag der französischen Com- 
position zu breit, oder vielmehr die gewählte Stricbart 
zu auffallend der deutschen Schule entnommen. Der 
übrigens sehr schätzenswertben Leistung des Virtuosen 
wurde die allgemeinste und lebhafteste Anerkennung zu 
Theil. 0. K. 



Feuilleton. 

Io Manchester besteht eine deutsche Liedertafel, welche vor 
drei Jahren gebildet wurde und am 10. Februar ihr Stiftungsfest 
auf eine die Säuger wie die Hörer gleich erfreuende Weise durch 
eine Art Musikfest feierte. 

Clara Schumann hat auch in Riga uod Mitau mehrere Con- 
certe mit glänzendem Erfolge gegeben. 

Hofoapellmeister Tägliohsbeek hat von dem Fürsten von Ho- 
heniollern -Hechingen das Ehrenzeichen dritter Claaae des Hoben- 
lolleru'sebeD Hausordens erbalten. 



SSI 



1844. Man. No. 13. 

Ankündigungen. 



252 



Anzeige für Gesang -Vereine. 

In vifem Verlage find so eben erschienen und dnreh aRe 
«ad luVnmmüe nhandlungeut so erhalten : 
IteteelMr.C. «., Hjnrne weh den» 97. Psahm „Ein Bo- 
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Hymne» nach dem 25. Psalm „Gott sorgt für mich.« 4 Für 

Tollen Mannerehor ohne Begleitung. Ob. 177. Pfcrtitvr | Thlr. 
Stimmen im SnJbseriptiflmspreif $ Thlr. 
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Niemeyer. Für Sopran , Alt, Tenor nnd Bass. Op. 130. Par- 
titur und Summen. T 5 T Thlr. 

Bk einielnen Stimmen sind in jeder beliebigen Anzahl zu 

Im Stich befindet sich nnd erscheint im Laote nächsten Monats t 

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nerchor mit Begleitung von Blas -Instrumenten. Op. 102. Parti- 
tur 1 Thlr. Singstimmen im Subseriptionspreis f Thlr. 

Ferner werden wir auch an Semit. Klein'» unter dem 
Gesammt- Titel: „Geistliche Musik« bisher Mos in Partitur bei 
nuo erschienenen Cempositionen ron Agnus Bei, Ave Maria, sechs 
Mbsponsarien , Puter notier, Mmernre nnd Stabat maier die Sing* 
stimmen in wohlfeilen Subscriptiootpreisen heraufgeben« 
Berlin, im Man 1844. 

Trautweln ** Comp, 



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Capnleti. T 5 T Thlr. No. 11. La Favorit». * Thlr. No. 12. La 

Friere. Das Gebet. | Thlr. 



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IJzwty Bneh der Lieder t eine Summe mit Piano, enthält: Die 

Lorelcy» Am Rhein*. Mignon. Konig ron Thulc. Dur du von dem 

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Gr. Fantaisie s. Don Juan p. Piano a 4 mains. l£ Thlr. 

IiOUt*), Fantaiaie dramatique p. Piano et Violon snr meiodie» 

de Schubert. Op. 75. l£ Thlr. 
]tf#ndel00eJh«t-Bn>rtBnmMy 9 Allegro p. le Piano seuh, tiat 

du V Quatuor p. F. de Tengnagel. { Thlr. 
Itloaeheles et Ktnllall, Poetischer Theil der Methode des 

Pianofortespiels. 5 Lief. net. ä ± Thlr. 
Fersrolenje, Sicillann per Soprano eon Quatuor | Thlr., con 

Pianolbrte * Thlr., dito p. Alte £ Tbk. 
PtrtpOUrrt p. Piano. No. 58. Auber, C. Brosehi, des Teu- 
fels Antheil (Part du diable) p. Chwafal. i Thlr. 
Puget, \a. , Album de 12 Romances ponr 1844. — 12 neue 

in den Pariser Soireen u. Goneerten beliebte Romanzen f. eine 

Singst, m. Piano (franz. u. deutsch. Text) Vole mon coeur. — 

Fliege hin, Rere d'uu nage etc. i^~i Thlr. 
RelMlsrer, 2" Trio brillant et non diffieüe p. Pjano, Violon 

et Vcelle. Op. 178. 2" Thlr. 
Mianerchorgesange f. frohe Iiederfifler. Op. 176. Heft 1. 

(Nur in Deutschland, Das Heidelberger Faso n. s> w.) Partitur 

n. Stimmen. 1 Thlr. 
RoseUeil. Nour. Album de L. Puget ^Lieder ohne Worte) p. 

Piano, li Thlr 
5 Airs de Ballet p. Piano. Op. 17. No. 2. Bacchanale. 

No. 5. Pas et Valse de Fanny Eisler. a ^ Tblr. 
fitohoVzVer? A., Die Eisenbahn, heiteres Lied f. 4 Männerstim- 
men. Op. 8. No. 5. Partitur u. Stimmen, f Thlr. 
Stent, Liebst du um Schönheit, f. Tenor mit obligat. Violon- 

celle u. Piano. Op. 2t. ± Thlr. 
Thmlttertr, Romance sans paroles p. Piano a 4 mains. Op. 

56. No. 6. i Tblr. 
lieber 9 C. II. V., Ourertures du Freischütz et d*Oberon p 



2 Pianos a 8 mains p 
zu Oberon in Partitur. 



G. M. Schmidt, a l; Thlr. Ouvertüre 



%i Thlr 



Alle neuen und älteren Opern im vollst. Clavierauszug mit 
deutschem und Originaltext, ferner hn 2- u. 4 händigen Glarier- 
aoszng halten wir vorrfithig. Ans unserem Ferimj empfehlen wir: 
Auber, Stumme t. Portici, nette 4 Thlr. Die Braut 5 Thlr. 
Selllnl, Pirat, Unbekannte^ Nachtwandlerin k 2 Thlr. 
Soleldleil* Johann r. Paris, Weisse Dame ohne Finale a 2|> 

- 5-V Thlr. 
C»tel 9 Bajaderen, Fiormionn', Dorfsinjrerin ä 5 Thlr. 
Cnrseltnistnn 9 Abdul n. Erinich 8 Thlr. 
Itonhsettl, Liebestrank 4 Thlr. Faroritin 7| TMr. 
Cllnek, Iphigenia, Armide, Orpheus ä 2 Tblr. 
«retrjr, Richard Löwenherz 5^ Thlr. Ocdip T. Saeekitu 8iThlr. 
Halevy, Jüdin 8 Thlr. Guitarrero 8J Thlr. Der Blitz 6j- Thlr. 

Lndoric Of Thlr. Königin t. Cypern 8i Thlr. 
Herold, Marie, Zarapa ohne Finale ä 2* n. 4 j. Thlr. 
KAelaen, Die Flucht nach der Schweiz 4} Thlr. 
Heyerlteer, Robert der Teufel, dito arr. y. MHabeUi 2 £ Thlr. 

Emma ▼. Roxburg 6 Thlr. 
Mozart, 7 Opern in Pracht- n. billigen Ausgaben a 18 Sgr. 
gpolary Pietro r. Abano, Alehymbt k 6| Thlr. 
SponUnl, Veatalin 8j Thlr. Ohjmpia, Nnrmahal 7 Thbr. 
Welter, Oberon, Freischite, Syltana 46| Thlr. Preciosa IJTbir. 

Ouvertüre n. alle Gesänge ä 8 — 20 Sgr. 
Mon. Sammlung ron 42 elastischen geistlichen Arien für die 

AUsumme mit Planofortebtgleit toh Ptryolese, Jbmelli, Hase*, 

BerHns\ Laif, thuvmte* MarseiU, Bmth s Mandel JXmumanmm. s. w. 

Herausgegeben yom Mnsikdircctor Klage. «8 — 10 Sgr. 



Droek and Veritg von Breitkopf und Härtet in Leipzig uad unter deren Verantwortlichkeit. 



235 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 5 toB April. 



M 14. 



1844. 



Inhalts Retensionen. — Nachrichten: Ans Lemberg. Aus Berlin. Aus Weimar. — Feuilleton, — Ankündigungen. 



R £ 



GENSIONEN. 



Trois Quatuors poor 2 Violons, Viola et Violoacelle, 
comp, par B. Molique. Oeuv. 18. Stuttgart, Bureau 
gäneral de Musique. Preis 1 Tblr. 20 Ggr. 

Während in vielen andern Fächern der musikali- 
schen Compositum eine wahre Ueberflutung Statt findet 
(wir erinnern nur an den fast undurchdringlichen Lieder- 
wald und an die „rudis indigestaque moles" der Piano- 
fortemuaik), kann man eine der schönsten Gattungen der 
Tongebilde, das Quartett für Streichinstrumente, verbält- 
nissmässig fast als vernachlässigt bezeichnen, und doch 
ist es nicht zu leugnen, dass die Ausbildung des Quar- 
tettvortrages gerade in der neuesten Zeit sich eben so 
erfreulich in Quantität als Qualität gesteigert hat. Auch 
das Interesse der Hörenden scheint keineswegs vermin- 
dert, wenn auch der grössere und eigentliche Genuas 
wohl immer den Ausführenden zu Theil wird. 

Eine neue Erscheinung auf diesem Gebiete muss. also 
schon durch sich selbst Interesse erregen, und geht sie 
von einem so trefflichen Künstler aus, wie sich Molique 
den ächten Kunstfreunden bewährt hat, so wird sich zu 
dem Interesse noch ein günstiges Voruriheil gesellen, 
das denn auch durch das vorliegende Werk vollkommen 
begründet erscheint. — Was die künstlerische Individua- 
lität unseres Autors betrifft, so hat in der neuesten Zeit 
sein öffentliches Auftreten in Berlin Veranlassung gege- 
ben, ihn als einen Repräsentanten der Classicilat, im Ge- 
gensatze zur Romantik, zu bezeichnen. Wir wollen es 
hier nicht näher untersuchen, inwiefern diese Bezeich- 
nung treffend und namentlich auf Molique anwendbar sein 
möchte, da sie wohl nur zunächst durch sein Violinspiel 
veranlasst wurde, sind aber der Meinung, dass diese Quar- 
tetten wirklich sich besonders auszeichnen durch ein ge- 
wisses künstlerisches Bewusstsein und jene Klarheit der 
Gedanken und Gediegenheit der Form, wodurch sie sich 
allerdings mehr dem Classischen, als dem Romantischen 
nähern. Auch dürfte der Antheil der schaffenden Phanta- 
sie, wie sie die heutige Romantik in Anspruch nimmt, 
nicht eben der prävalirende an diesem Werke sein, wäh- 
rend der sinnige und formkundige Bildner, von richtigem 
und edlem Gefühl durchdrungen, jedem einzelnen Gedan- 
ken sein Recht verleibt und Alles in geistigem Zusam- 
menhange erscheinen lässt. Das sichtbare Bestreben, kein 

46. Jahrgang. 



Motiv, sei es auch noch so kurz, unerörtert vorüberge- 
hen zu lassen, giebt scheinbar dem Werke, betrachtet 
mau es in seinen einzelneu Theilen, etwas Kaltes und 
Trockenes; aber die Ungezwungenheit, mit der die Ge- 
danken gewendet und von den verschiedenen Stimmen 
zur Portführung aufgenommen werden, der harmonische 
Fluss, in welchem sich die, wenn auch nicht immer neuen 
und frappanten, doch nie unbedeutenden Ideen bewegen, 
kurz: der geschickte und gediegene Bau des Ganzen 
macht jenen Einwurf verschwinden. 

Was diesen Quartetten vorzüglich nachgerühmt wer- 
den muss, und doch wohl unbestritten ein Haopterforder- 
niss eines wahren Quartetts bleiben wird, ist die fast 
unausgesetzt durchgeführte Selbständigkeit der vier Stim- 
men, so, dass die Mittelstimmen nur in den unvermeid- 
lichen Fällen und im natürlichen Zusammenhange des 
Satzes als Füllung erscheinen. Die Oberstimme prädomi- 
nirt, wie sich's ziemt, und oft höchst glänzend, aber ohne 
im Mindeslen den Character des Gemeinsamen aufzube* 
ben. — Da diese drei Quartetten fast mit gleich künst- 
lerischem Geiste entworfen und mit rühmlichem Fieisse 
und gleicher Sauberkeit ausgearbeitet sind, so wurde es 
uns schwer fallen, zu bestimmen, welchem von ihnen 
der Preis zu reichen sein möchte. Verschiedene Indivi- 
dualitäten werden sich aueh verschiedene Lieblinge wäh- 
len; es wird sich dann bei dieser Wahl zeigen, ob die 
einzelnen Ausstellungen, die wir nach genauer Prüfung 
des Werkes nicht zurückhalten konnten, begründet er- 
scheinen. — Gesteben wollen wir im Voraus, dass uns 
das zweite Quartett (A moll) vorzüglich angesprochen 
hat, und bezeichnen es zuerst in einigen Umrissen. Der 
erste Satz ist vortrefflich gedacht und construirt, und 
nimmt durch seine wohltbuende, gleichmässig vertheilte 
Lebendigkeit das Interesse fortwährend in Anspruch. Un- 
gemein schön erfunden, und von wahrer Innigkeit und 
Anmuth durchweht ist das sehr ausgeführte, aber keines- 
wegs ermüdende Andante. Als eine günstig hervortre- 
tende Eigentümlichkeit unseres werf heu Autors erscheint 
uns hauptsächlich das meist gelungene Streben, dnreh die 
Mannichfaltigkeit seiner Gedankenformen die so leicht ent- 
stehende Monolonie zu entfernen, was vorzüglich in dem 
auf einerlei Tonstoff angewiesenen Quartettstyle von nicht 
geringer Bedeutung ist« Da nun Molique in der Tbat eine 
grosse Gewandtheit besitzt, diese verschiedenen Gedan- 
kenarmen »it einander zu verbinden und in geistreicher 

14 



255 



1844. April. No. 14. 



256 



Weise neu zu gestalten, wie es ungemein ansprechend 
in diesem Andante geschieht, so wird die geistige Auf- 
merksamkeit zugleich gespannt und belohnt. Auch der 
Menueltsatz (ein eigentliches Scherzo hat Molique in kei- 
nem der drei Quartetten gegeben) ist, bei aller Anspruch- 
losigkeit, mit der er auftritt, sehr gut erfunden und run- 
det sich wohlgefällig ab; wahrhaft graziös ist das Trio. 
Das launige, mit besonderer Leichtigkeit und doch im 
besten Zusammenhange geschriebene Finale vollendet den 
guten Eindruck des gelungenen Ganzen. 

Das erste Quartett ist in Fdur geschrieben und ent- 
hält viel Schönes und nicht selten Eigentümliches. Dem 
ersten Satze mangelt vielleicht nur ein etwas extensive- 
rer Hauptgedanke, um noch befriedigender zu wirken. 
Intensivität kann man weder dem Hauptgedanken, noch 
dem Mittelsatze, noch selbst den Episoden absprechen, aber 
sie sind sämmtlich so kurz geformt, dass trotz ihrer ge- 
schickten Verwendung und Umgestaltung das weit aus- 
geführte Allegro doch unwillkürlich etwas Musiviscbes 
annimmt, wenn man auch gestehen muss, dass dem Com- 
ponisten mit seinen kurzen Sätzen eine lange Unterhal- 
tung nicht misslungen sei. Das Andante (Bdur, %) ist 
ein höchst freundlicher, melodiöser Satz, fliessend und 
in schöner Symmetrie gehalten. Mit reichen Figuren aus- 
gestattet, erbebt es sich zuweilen zum Schwunghaften, 
wobei treffliche harmonische Combinationen hervortreten. 
Der Menuettsatz zeigt nichts Eigenthümliches. Wir be- 
merkten schon früher, dass der Componist es verschmäht 
habe, seinen Quartetten ein eigentliches Scherzo anzu- 
reihen, und fugen hinzu, dass wir ein solches Cbaracter- 
bild hier förmlich vermissten. Ein frisches und bewegtes 
Leben atbmet das letzte Allegro. Eine so heitere und 
immer trefflich motivirte Abwechselung bietet fast kein 
anderer Satz in sämmtlichen drei Quartetten. Vorzüglich 
ist es die Ausarbeitung, ja man darf sagen : die Ausstat- 
tung des zweiten Tbeils, durch welche Molique seine 
Meisterschaft bewährt. Wie leicht und behaglich schau- 
keln sich die anmutbigen Ideen auf den immer wechseln- 
den Wellen der Harmonie! Bei sorgsamer Ausführung, 
die, ganz ohne eigentliche Schwierigkeit, nur auf genaues 
Ensemble und discrete Nüancirung Ansprüche macht, wird 
dies lebensvolle Stück eine vortreffliche Wirkung machen. 

Das erste Allegro des dritten Quartetts imponirt vor- 
züglich durch seine brillante Färbung und durch «inen 
glücklichen Schwung der Gedanken. Die Ausarbeitung 
des zweiten Tbeils muss als ausgezeichnet gerühmt wer- 
den. Die in der ersten Abiheilung ausgesprochenen Ideen 
erscheinen hier in so glücklicher und kunstreicher Ver- 
bindung, und doch so klar und ohne Zwang hingestellt, 
dass man bei der endlichen Entwickelung und bei dem 
Wiedereintritt des kräftigen Hauptgedankens eine wahre 
Geistesbefriedigung empfindet. Das Thema des Andante 
müssen wir jedoch als matt bezeichnen , und wie denn 
der Erfolg eines Satzes fast immer auf einem glückli- 
chen, bildsamen Hauptgedanken beruht, so wirkt hier der 
Mangel eines interessanten, stoffbaltigen Motivs nachthei- 
lig und ermattend auf den ganzen Satz ein. Zwar er- 
bebt er sich später zu etwas mehr gesteigertem Leben, 
und bringt einige schöne harmonische Wendungen, aber 
das höhere Interesse vermag er kaum anzuregen. Na- 



mentlich entbehrt man jenes eigenthümliche und behag- 
liche Gefühl, das man sonst wohl bei der unerwarteten 
Wiederkehr des glücklichen Hauptgedankens empfindet : 
hier z. B. , nach dem kurzen Orgelpuncte am Schlüsse 
des Andante lässt uns das Thema völlig' kalt. Aach das 
Menuetto erbebt sich keineswegs über das Gewöhnliche 
und wird sehr kurz abgefertigt. Das Finale ist wieder 
mit Sicherheit entworfen , und mit grosser Routine aus- 

?efuhrt', und namentlich bewährt sich dies im zweiten 
'heile, der durch glückliche und geistreiche Verbindung 
der früher angeregten Ideen sich vorteilhaft auszeichnet. 
Die Ausführung sämmtlicher drei Quartette ist, nach 
dem jetzigen Standpuncte, wirklich leicht zu nennen, und 
selbst die erste Stimme wird einen nicht ungeübten Dilet- 
tanten kaum in Verlegenheit setzen ; von einem wahren 
Künstlerqoartett vorgetragen, werden sie, obgleich von 
allem Modeflimmer frei, gewiss den schönsten Eindruck 
machen, und sind ohne Zweifel als eine wahre Bereiche- 
rung der Quartettmusik zu betrachten. 



I Sechs vierstimmige Lieder für Sopran, Alt, Tenor und 
Bass, compomrt von Aii Reichet. Op. 10. No. 2. 
Leipzig, bei Ernst Götz. Preis 1 Tblr. 
Die drei ersten Gesänge sind bei Weitem die schwäch- 
sten dieser Sammlung, namentlich ist das vielfältig com- 
ponirte und abgesungene Lied, nach dem Italienischen, 
von Goethe: „0 gieb vom weichem Pfühle" u. s. w. 
mit seinem schläfrigen Refrain: „Schlafe, was willst Du 
mehr?" in dieser neuen musikalischen Illustration durch- 
aus nicht geeignet, ein neues Interesse anzuregen. Einige 
Harmonieenfolgen sind in der That von einer Wirkung, 
dass sie eher die Schlummernde zu erwecken, als sanft 
einzulullen im Stande wären; z. B. : 
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Im zweiten Liede, das einige gelungene Momente 
hat, wäre besonders dem Anfange der Apostrophe : „Jüng- 
ling, auf!" eine bedeutsamere Stellung zu wünschen ge- 
wesen. — Das dritte Lied ist nach seinem Grundgedan- 
ken und in seiner ganzen Auffassung nicht ohne Reiz. 
Die anspruchlose Treuherzigkeit ist hier ganz an ihrem 
Orte; nur unterbricht, leider! die forcirte und gekün- 
stelte Harmonie im neunten und zehnten Tacte sehr stö- 
rend die ruhig* einfache Haltung des Ganzen. Am Schlüsse 
erscheint sie noch gesteigert durch den gewaltsamen An- 
lauf, den die Melodie nimmt. Diese Art, harmonisch zu 
begleiten, gehört freilich ursprünglich und ganz eigen- 
tümlich einem sehr verehrten Meister; dieser bietet aber 
doch in der That viel Schöneres zur Nachahmung, und dann 
kommt wohl auch sehr viel auf Ort und Zusammenhang an. 

Das vierte Lied, Ballade überschrieben (das treffliebe 
Gedicht ist von Arndt), müssen wir nach Form und Hal- 
tung als das gelungenste der ganzen Sammlung bezeich- 
nen. Mit Oebereinstimmung , deutlich articulirt und in 



257 



1844. April. No. 14. 



238 



massigem Tempo vorgetragen, wird es seine Wirkung 
nicht verfehlen« 

Auch das fünfte Lied : „Feldeinwärts flog ein Vöge- 
iein" hat etwas recht Gemüthliches , und wird überall 
gern gesungen werden. Für Mannichfall igkeit in der Form, 
wie für die Declamation wäre es vielleicht vorteilhaft 
gewesen, wenn der Componist bei dem ersten Eintritt 
der Worte: ,,Weit, weit flieg' ich noch heut'!" die 
Singstimmen nicht zugleich, sondern imitirend eingeführt 
hätte. Doch auch so, wie es nun eben ist, macht das 
Lied einen höchst gefälligen Eindruck und spricht für die 
Befähigung des Componisten. 

No. 6. Tischlied, — Fischlied, gedichtet von A. See- 
beck. Der Componist hat diesen scherzhaften Stoff ziem- 
lich glücklich ausgebeutet. Das Bestreben, das Ganze mög- 
liebst lebendig zu gestalten , und namentlich den vier 
Stimmen eine gewisse, handelnde Selbständigkeit zu ver- 
leihen, ist lobend anzuerkennen, wenn auch an einigen 
Stellen die Ausführung mit dem Streben nicht gleichen 
Schritt hält. Ob der Eintritt des Unisono in Gdur nicht 
als Reminiscenz angesprochen werden dürfte, lassen wir 
unentschieden. Der Gedanke wirkt übrigens hier an Ort 
und Stelle und zumal in seinem didaeüschen Ernste recht 
gut. Wir empfehlen dem Componisten eine strengere Sich- 
tung dessen, was er der Öffentlichkeit übergeben will, 
und erwarten von seiner Unbefangenheit, dass er uns 
diese Erinnerung einst danken wird. 



Wanderang durch den thüringer Wald ; sechs Lieder von 
L. B*clistein % für vier Männerstimmen componirt von 
H. W. Stolze in Gelle. Op. 47. No. 27 der Gesang- 
slück«, No. 11 der Männergesänge. Partitur und Sum- 
men. Leipzig, bei C. A. Klemm. Preis 25 Ngr. 
Wir kennen von dem Autor des vorliegenden Wer- 
kes fast ausschliesslich nur geistliche Gompositionen, un- 
ter welchen mehrere die beste Anerkennung gefunden 
haben und sie auch verdienen. Diese profanen Lieder 
sprechen ebenfalls das Gemüth freundlich an, und zeich* 
neu sich im Ganzen durch sinnige Auffassung und vor- 
züglich durch eine vollkommene Correctheit aus. Auch die 
Dichtungen haben, obgleich nicht alle von gleichem In- 
teresse sind, poetischen Werth. Die beiden letzten Zei- 
len des ersten Liedes, Dolmar überschrieben, hätte der 
sonst so correcte Dichter wohl leicht ansprechender ge- 
stalten können; sie heissen: „Wanderlust freit (befreit) 
ans Stubenqualm und Dust (sie!), schwellt die Mannes- 
brast! *• Die Composition ist zwar nicht eben ausgezeich- 
net, doch regt sie an, und wird bei dem Beginn einer 
Singerfahrt von Wirkung sein. 

No. % Im Walde; ein sehr ansprechendes Lied. Das 
Ganze athmet wirklich ein Gefühl jener behaglichen Wald- 
einsamkeit, wie sie uns Tieck so werth gemacht hat. Me- 
lodie und Harmonie bewegen sich in angemessener, ruhig 
wohltbuender Weise. Nur in der letzten Zeile hat die 
Führung des Basses etwas Ungefügiges und Steifes, was 
denn auch den Schluss weniger befriedigend erscheinen 
lässt. 

No. 3. Die drei Steine (nämlich : Friedenstein, Lie- 
benstein und Altenstein in Thüringen). — Localschilde- 



zungen, Namenanführungen u. dergl. haben immer etwas 
der Composition Widerstrebendes; so auch hier. Das Lied 
hat, trotz seiner ziemlich mannicbfaltigen Modulation, 
doch etwas Indifferentes. Die veränderte Harmonie bei 
der Wiederkehr des ersten Motivs, das wir ohnedies nicht 
eben loben können, ist keineswegs eine glückliebe zu 
nennen ; namentlich fehlt dem Basse die natürliche, freie 
Bewegung. 

No. 4 ist ein fröhliches Trinklied, leicht fasslich und 
bequem auszuführen, jedoch ohne geistigen Nerv und be- 
zeichnenden Character. 

Das Ständchen No. 5 tritt, wenn auch nicht ohne 
Aninuth, doch wohl ein wenig zu einfach undahspruch- 
los auf: der Bass hat wirklich etwas Phlegmatisches; 
einige harmonische Würze wäre dem Ganzen gewiss 
recht vorteilhaft gewesen, das übrigens recht fliessend 
geschrieben ist. Je nun ! eine milde Sommernacht, etwas 
Mondschein und eine recht sorgsame Ausführung werden 
wohl das Fehlende ersetzen. 

Die Heimkehr, No. 6, scbliesst den kleinen Lieder- 
kranz. Der Componist lässt hier, recht gut motivirt, in 
Form und Gedanken das erste Lied wieder anklingen. 
Der sehr ernste Schluss erscheint fast unerwartet. — 
Ein kurzer, ermuthigender Zusatz des Dichters wäre dem 
Componisten gewiss willkommen, wie der Wirkung ohne 
Zweifel sehr vorteilhaft gewesen. AI. 



Nachrichten. 



Auch ein Dilettant. 
Welche schöne Talente der heutige Dilettantismus in 
der Musik aufzuweisen hat, ist so bekannt und schon so 
vielfach bemerkt worden, dass man darüber nichts wei- 
ter zu sagen hat, als: wir wissen es schon. Um so er- 
freulicher ist es, wenn wieder ein im Verborgenen auf* 
gegangenes Genie der Musikwelt übergeben wird , noch 
mehr, wenn das erste Auftauchen desselben anerkannt 
und wohl gar gefeiert wird. — So las ich kürzlich beim 
Nachsuchen eines Artikels in einem der früheren Jahr- 
gänge von Schilling'* Jahrbüchern (1840, No. 3) eine 
ganz kurze Miscelle, Dilettantismus betreffend, wo es un- 
ter Anderm heisst: 

„In Padua lebt jetzt ein Doctor der Rechte Namens 
Moritz Mahl, welcher eine Kunstfertigkeit auf der Vio- 
line besitzen soll, die selbst mit der eines Paganini 
in Vergleich gestellt werden darf. So berichten wenig* 
• stens öffentliche Blätter, und wir glauben es um so 
lieber, als Herr Mahl nur Dilettant ist und bleiben will." 
Der Name Mahl, Dr. jur. , fiel mir auf; ich war 
lange schon mit einem hiesigen Dr. jur. gleichen Namens, 
Mitglied des galiziseben Musikvereins, bekannt, von dem 
ich ebenfalls wusste, er sei ein tüchtiger Geiger, den ich 
jedoch noch niemals Solo gehört halte. Es muss ein gu- 
tes Zeichen sein, dachte ich, wenn man sich über das 
Spiel eines Musiken heut' zu Tage, wo man so viele 
Virtuosen hört, so ausspricht, wie in jenem Blatte ge- 
schieht, und ich versäumte nicht, meinen Freund Mahl 
bei nächster Gelegenheit auf jene Stelle aufmerksam zu 



1844. April. No. 14. 



240 



Machen, wo ich denn erfahr, dass er derselbe sei, wel- 
cher in Padaa gespielt habe and von dem die Rede sei. 
Später überzeugte ich mich hiervon auch aas andern Blät- 
tern, die er gesammelt hatte, mnsste auch aas den ver- 
schiedenen Gedichten, womit man ihn in Padaa gefeiert, 
and aas andern Zeichen der Anerkennung scbliessen, dass 
dieselbe ungewöhnlich gewesen sein müsse. Uro so mehr 
freute ich mich auf Gelegenheit, ibn allein spielen zu 
hören, die sich mir nunmehr in seiner Behausung oft ge- 
boten hat, oft genug, um ein Urtheil über ihn abgeben 
zu können. Mahl ist unbestrittener Virtuos nnd Künst- 
ler ; Virtuos, — denn er spielt sein Instrument mit un- 
glaublicher Leichtigkeit und überwindet die grössten 
Schwierigkeiten so fertig und correct, dass man bewun- 
dern muss, wie ein Mensch, der Musik doch nur aus 
Liebhaberei neben seinem Hauptgeschäft betreibt, es da- 
bin hat bringen können $ Künstler, — weil er den Cba- 
racter seines Instruments durchaus erkannt hat und da- 
durch alle Leidenschaften in der Seele des Hörers zu 
wecken versteht. So im weichen, schmelzenden Adagio, 
wenn sich der Sturm de8 Gemüths gelegt hat und die 
Seele in sanften, getragenen Tönen sich erholt oder im 
Gebet sich erbebt; so im rastlosen Allegro, im hüpfen- 
den Pizzicato, wenn der Bogen in eilenden Sprüngen 
über die Saiten fliegt. Im Flageolet und in chromatischen 
Läufen hat Mahl eine Fertigkeit und Sicherheit, die ihres 
Gleichen sucht; auch die Kunststücke, die man bei welt- 
berühmten Virtuosen angestaunt, sind ihm bekannt und 
geläufig, und er lässt dieselben vor Freunden zu seinem 
und der Zuhörer Amüsement gerne hören, wenn gerade 
der Wunsch sich äussert. — Was aber noch mehr sa- 
gen will , Mahl ist auch ein tüchtiger Theoretiker und 
glücklicher Componist. Seine Compositionen, die neu und 
originell sind und von denen eine wohl nooh bis Ostern 
erscheinen wird („Fantaisie et Variations sur des th&mes 
de TOplra : Les Huguenots"), müssen, ich zweifle nicht, 
grosses Furore machen (sind sogar schon im Mannscript 
von manchem guten Freund benutzt worden) und werden 
gewiss jedem Violinspieler willkommen sein. Sie werden 
zur Characterislik seines Spiels vor den Augen Derer, 
die ihn nicht hören können, Einiges beitragen und über- 
haupt eine Einsicht in die Talente dieses Mannes gestat- 
ten. Vorläufig sei Dies über ihn genug; seine Werke 
werden weiter sprechen. — 

Bei dieser Gelegenheit sei auch eine kleine Skizze 
überhaupt über das hiesige Musikleben im letzten Jahre 
eingeschaltet. Wir können diesmal nicht klagen. Fremde 
und einbeimische Virtuosen haben uns reichlich bedacht, 
an Concerten, besonders im Anfange des vorigen Jahres 
und in der neuesten Zeit, war kein Mangel, und dazwi- 
schen «teilte der galizische Musikverein durch seine öf- 
fentlichen Uebungen eine regelmässige Verbindung her. 
Zuerst waren es die Herren Hemmers und Gast, Schu- 
mann, welche, von Kieff kommend, — Ersterer auf der 
Violine, Letzterer auf dem Piano , — mehrere Concerte 
gaben und vielen Beifall fanden. Doch wurde ihnen, durch 
das Dazwischenkommen Leop. t>. Meyer* s y welcher eben- 
falls — und mehrere Male sogar zur selben Stunde — 
auftrat, ein Tbeil des PuMicums entzogen. Die Enteren 



stehen hier noch in gutem Andenken, und man hofft, dass 
sie bald wieder einmal zu uns kommen. Meyer war auf 
seiner Reise nach Wien und Gonstantinopel und hat sich 
kürzlich auf seiner Rückreise persönlich wieder in Erin- 
nerung gebracht. Doch schien die Sympathie für ihn et- 
was nachgelassen zu haben, denn die zwei Concerte, 
welche er gab, die freilich wieder unglücklicherweise mit 
mehreren anderen zusammenfielen, waren weniger ge- 
füllt und er ging diesmal fast spurlos vorüber. — Im 
Sommer besuchte uns auf einem Abstecher Vieuxtemvs^ 
welcher hier ebenfalls den grossen Beifall fand, der ihm 
überall gezollt wird. Doch wird hier zu Lande der Lands- 
mann C. Lipinski, welcher uns eben verlassen bat, im- 
mer Numero Eins bleiben. War das nicht eine Freude 
und ein Drängen um den gefeierten Mann ! — Kaum aus 
dem Wagen gestiegen, brachten ihm die Sänger des Mu- 
sikvereins bei Fackelscbein ihr Willkommen. Seine Con- 
certe waren bei verdoppelten Preisen gedrängt voll und 
| jede Nummer mit stürmischen Beifall gekrönt. Beim Ab- 
schiedsconeert, welches er zum Besten der hiesigen Ar- 
menhäuser gab, warf man ihm Bouquets und einen Lor- 
beerkranz zu. — Unser wackerer J. C. Kessler wirkte 
sowohl in denen LipinskCs, als auch in andern Concer- 
ten öfters mit und fand, wie immer, die grösste Aner- 
kennung. Namentlich macht dessen neuestes Opus: ,, Ständ- 
chen, Op. 41, Lied mit Pianoforte. 4i welches kürzlich 
bei J. Millikowski hier im Druck erschienen ist, und wel- 
ches von ihm selbst und Herrn Heinr. Rtffl herrlich vor- 
getragen wird, ungewöhnliches Aufsehen und verdient 
wirklieb alles Lob. Ohne Zweifel ist es unter den beu- 
tigen Liedern eines der besten und der Anerkennung 
wertb, die ihm überall werden muss. — In der letzten 
Zeit traten auch die hiesigen Herren Jackowski (Flöte) 
und Serwaczynski (Violine) öffentlich auf und fanden Bei- 
fall. — Der galizische Musikverein unter der Directum 
des Dr. jur. Piqtkowski (ebenfalls Dilettant) brachte in 
diesem Jahre auch wieder manches Tüchtige, worunter 
besonders hervorzuheben sind : Hiller' s „Zerstörung von 
Jerusalem," — der erste Tbeil des „Paulus," un&Haydn's 
„Schöpfung." — Der Aufführung der letzteren war Ein- 
sender beizuwohnen verhindert, doch soll, nach Dem, 
| was man darüber gebort, die Ausführung durchaus ge- 
| langen zu nennen sein, was man auch von der der an- 
: dern Werke sagen kann. — Es ist erfreulich, dass die- 
ses Institut nur Gediegenes begünstigt und auf diese Weise 
| dem hiesigen, im Allgemeinen etwas verflachten Musik- 
| sinn zu Hilfe zu kommen sucht. — Die Oper, in deren 
! Personal im vergangenen Jahre vielerlei Veränderungen 
vorgingen, war duroh die Gäsle Mad. Pirscher und Mad. 
Stockt- Heinefetter eine Zeitlang im Schwung erbalten. 
Ausserdem wurde in diesem Fache nur Mittelmässiges ge- 
leistet. Doch ist dieses nur Fehler der Direction, welche 
nicht im Stande ist, wackere Individuen längere Zeit zu 
bebalten, weshalb denn die Hauptrollen stets mit Anfän- 
gern und die Nebenrollen schlecht besetzt sind, — des 
dünnen Cfaor's nicht zu gedenken. Daher kommt es denn 
auch, dass selbst gastirende Künstler gar vereinzelt da- 
stehen, und ihre Kraft und ihre Gaben, in Ermangelung 
des Ensemble, nicht so entwickeln können, als sie dessen 
fähig sind. Dieser Zustand ist um so mehr zu bedauern, 



241 



1844. April. No. 14. 



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als die Oper eine brave Gapelle besitzt. Möchte doch die 
Direction den Zweck einer hiesigen tüchtigen Oper nicht 
verkennen, nnd Sorge tragen, dass sie nicht mit fremdem 
Schimmer die eigenen Schwächen zu bedecken brauche. — 
Lemberg, im Januar 1844. Johannes. 



Bertin, den 3. März 1844. Nicht minder musikreich, 
als der Januar, war auch der Februar d. J. Durch wah- 
ren Kunstwerth ausgezeichnet waren die Goncerte der 
Herren Mortier de Fontaine, Servais und Nekrtich, wie 
die Aufführung des Händetschea Oratoriums: „Judas 
Maccahäus" von der Singacademie. Der erstgenannte Pia* 
nist trug das Mendelssohn seht Gmoll- Concert für Pia- 
noforte und reiche Orchesterbegleitung, wenn auch nicht 
so geistig durchdrungen, als der Componist selbst, doch 
mit vielem Feuer, und besonders das schöne Adagio recht 
ausdrucksvoll vor. Vielleicht bebinderte das schwer zu 
behandelnde Instrument den kunstgebildeten Pianisten, noch 
mehr Kraftaufwand im Anschlage geltend zumachen. Für 
die linke Hand allein trug derselbe die „Se>6uade d'un 
Troubadour" von Wilbners mit grosser Fertigkeit und 
Sicherheit vor. Eben so aneb die Amoll -Etüde von Thal- 
berg* Interessant war es, ein Cembalo- Concert (in Fdur) 
von Händel kennen zu lernen, dessen Instrumentalcom- 
positionen wenig bekannt und dem Geschmacke der da- 
maligen Zeit angemessen sind, wenn sie auch nicht die 
Tiefe von Joh. Seb. Bach's harmonischen Combinationen 
erreichen. Zum Schluss trug Herr Mortier de Fontaine 
auch noch eiue moderne Fantasie von Frans Lis*t auf 
ein Thema aus der Oper Niobe mit Rapidität, Energie 
und Geschmack vor, und bewies sonach gleiche Kunst- 
bildung in der classisch älteren, wie in der neuern In- 
strumentalmusik. Eben so vielseitig zeigte sich Madame 
MorÜer de Fontaine als Sängerin. Mit einer nicht star- 
ken, jedoch wohlklingenden Mezzosopranstimme begabt, 
trug die benannte Künstlerin zuerst eine historisch inter- 
essante Arie aus der Oper Mttrane, im Jahre 1686 von 
Francesco Rossi componirt (für jene Zeit glänzend ge- 
nug, und im Andante recht melodisch), später die grosse 
Scene des Orfeo im zweiten Act der Gleichsehen Oper, 
und ein Duett aus Rossinfs Semiramide, rein, mit Ge- 
schmack uud schönem Portament vor. Dem. Tucxeck 
sang, ausser in gedachtem Duett, auch das reizende Ave 
Maria von Fr. Schubert sehr gefühlvoll. Da nun auch 
zwei Ouvertüren, von Gluck (zu Iphigenia in Aulis) und 
C. M. v. Weber (zum Beherrscher der Geister), die 
beiden Abtbeilungen des Concerts eröffneten, so war sol- 
ches zu den gehaltvollsten dieser Saison zu zählen. Gleich- 
wohl war es nicht so zahlreich besucht, als das dritte 
und letzte Concert des Violoncellvirtuosen Frangois Ser- 
vais am 4. v. M. im Saale der Singacademie, welcher 
für den Klane viel gunstiger als der Theater- Concerl- 
saal im königl. Schauspielhause isf* Der in Ton, Leich- 
tigkeit der Bogenführung, Geschmack und Fertigkeit ex- 
cellireode Violoncellist wiederholte auf Begebren den Vor- 
trag seines dritten Concerts, welches auch hinsichtlich 
der Compositum , durch Eigentümlichkeit der Erfindung 
und wirksame Instrumentation, ausgezeichnet ist. Dem* 
nächst trug Herr Servais eine Fantasie für das Violoncell 



von eigener Compositum: „Souvenir de Spa" hezemh^ 
net, und eine Caprice auf Motive aus dem „Barbier von 
Sevilla,'* besonders letztere mit höchster Vollendung und 
enthusiastischem Beifall, vor. Eine junge Sängerin, Dem. 
Krahmer, welche zwei Arien von Rossini mit Geläufig» 
keit und guter Sopraqstimme vortrug, erhielt ebenfalls 
ermunternden Beifall. — Der königl. Kammermusiker 
W. Nehrlick, als vorzüglicher Clarinettist längst aner- 
kannt, hatte eine recht unterhaltende musikalische Soiree 
veranstaltet, welche mit einer wirksamen Ouvertüre zu 
einer komischen Oper des Grafen von Westmoreland(Loti 
Burgersh) eröffnet wurde. Der Concertgeber trug ein 
werthvolles Concertino für die Clarinette, und mit dem 
Pianisten Löschkorn Adagio und Rondo einer Sonate führ 
Pianoforte und Clarinette von C. M . v. Weber (fu> den 
Componisten und seinen Freund Bärmann den Vater ge- 
schrieben), endlich auch ein Divertissement für die Cla- 
rinette, mit vorzüglich vollem Ton, rein, sicher, geschmack- 
voll und fertig, mit vielem Beifall vor. Der Violoncellist 
Julius Griebel führte mit Herrn Löschkorn ein Duo für 
Violoncell und Piano sehr ansprechend aus. Auch ver- 
schönten die Damen Schröder -Devrient, Tucxeck und 
Neumann, wie die Herren Bötticher und Gern, die Un- 
terhaltung durch Gesang und Deolamation. 

Das Händefsehe Oratorium „Judas Maccabäus" 
wurde sowohl von Seiten der Chöre, als der Solostim- 
men vorzüglich gut ausgeführt. Letztere waren an meh- 
rere Sänger und Sängerinnen vertheilt, unter denen sich 
die Damen Kr ahmer, v. Borke, Burchardt, Caspari 
und Jug. Löwe, wie die Herren Mantius ( Judas), Zsohia* 
sehe u. A. m. vorteilhaft bemerkbar machten. Das herr- 
liche Meisterwerk bewirkte auch diesmal den erhebend- 
sten Eindruck. 

Für die Abonnenten der „Neuen Berliner Musikali- 
schen Zeitung, " welche hier unter Redaction des Herrn 
C. Gaülard bei Cballier und Comp, seit Kurzem er- 
scheint und mehr auf Unterhaltung und Mannicbfaltigkeit 
berechnet, als wissenschaftliche Itunsttendenz zu haben 
scheint (insofern sich aus den bisher erschienenen fünf 
Nummern darüber urlheilen lässt), war am 19. v. M. im 
Jagor 9 sehen Saale ein Graüsconcert veranstaltet, in wel- 
chem besonders jüngere Talente sich producirten, wie 
der Pianist Emil Pfaffe und der Violinist Wurst (Schi- 
ler des Herrn CM. Kies); Frau Vincent- Ost und Dem. 
I Schulz, wie auch Herr Fischer trugen einige Gesänge 
! vor, so dass die Unterhaltung viel Abwechselung ge- 
I währte und die Uneigennützigkeit der Veranstalter all- 
I gemein anerkannt wurde. 

In der sechsten Sinfonie- Soirtie der königl. Canelie, 
zum Besten ihres Wittwen- und Waisen -Pensionsfonds, 
wurde die sogenannte Sinfonie militaire von Haydn in 
Gdur, mit dem Andante in C mit türkischer Musik, die 
Ouvertüre zum „Wasserträger" von Cherubini und Beet- 
hoven*s Pastoralsymphnnie vortrefflich ausgeführt. Ausser- 
dem trug der Herr MD. Taubert sein erstes Pianoforte- 
concert, eine recht interessante Composition, mit der So- 
lidität, Eleganz und Fertigkeit vor, welche an diesem 
Künstler längst geschätzt wird. Sehr wesentlich wirkte 
hierbei auch die Orebesterbeglehung mit, welche unter 
Leitung des Herrn GMD. Mendelssohn -Bartkoldy sehr 



243 



1844. April. No. 14. 



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ezael ausgeführt wurde. Der zweite Cyclus dieser Soi- 
reen wurde, bei sehr vermehrter Theilnahme, am 28. 
v. M. mit der Veränderung begonnen , dass ansser der 
Haydn'schen Gdur- Symphonie (mit dem Pankenscblage 
im Andante), der Cdur- Ouvertüre zu Beethovens Leo* 
nore (Fidelio) und der kleiueren Mozarftchen Sympho- 
nie in Ddur, auch zwei Arien, nämlich die Scene : ,,Ah, 
Cerfido!" von Beethoven und Händets Arie: ,;Holy, 
oly ! " von der hier anwesenden Miss Birch rein , an- 
genehm und mit schönem Vortrage gesungen wurden. 
Da nun auch Herr CM. Moritz Ganz sein fünftes Con- 
cert in drei Sätzen auf dem Violoncell mit gewohnter 
Virtuosität vollständig vortrug, so erhielt diese Soiree 
ganz den Gharacter eines so vorzüglich besetzten Con- 
certes, wie es Ihre berühmten Gewandhaus- Concerte sind. 
Die Zuhörer konnten dabei nur gewinnen, da ihnen das 
Wesentliche, die Sympbonieen der classischen Meister, 
nicht entzogen wurden. 

(Bescblass folgt.) 



Weimar. Das am 7. Januar im hiesigen grossherzogl. 
Theater gegebene Hof - Capell- Goncert (zum Besten des 
Wittwenfonds) war vorzüglich insofern ein sehr interes- 
santes zu nennen, als es Gelegenheit bot, Herrn Capell- 
meister Fr. Lüzt nicht nur mehrfach zu hören, son- 
dern ihn auch als Dirigenten zu beobachten. In letzter 
Hinsicht erwarb er sich, bei Aufführung der Beethoven'- 
sehen Cmoll- Symphonie, nicht nur den lebhaftesten Ap- 
plaus von Seiten des Pubiicums, sondern auch den fast 
unbedingten Beifall der Kenner. Unsere Hofcapelle wirkte 
unter seiner durchaus klaren, umsichtigen und geistvol- 
len Leitung mit unverkennbarer Lust und Liebe und mit 
einem Erfolge, der ihren altbewährten Ruhm aufs Neue 
sicher stellte. Sie zeigte bei dieser Gelegenheit, wie 
wahrhaft Tüchtiges und Ausgezeichnetes sie zu leisten 
vermag, wenn sie sich aus einer gewissen, in der letz- 
ten Zeit nicht unbemerkt gebliebenen Lethargie auf- 
rafft , und wie tief ihr die Werke eines Beethoven in 
Fleisch und Blut und fast in alle ihre Glieder verwach- 
sen sind. 

Wir hatten früher öfter gehört und gelesen, dass 
unser als Glaviervirtuos so hoch gefeierter Lüzt beim 
Dirigiren ein gar hitziger Herr, und, in eiuem gewissen 
Sinne, ein recht schlimmer Marschall Vorwärts sei; al- 
lein bei Aufführung der Cmoll -Symphonie bemerkten wir 
davon, abgesehen vom zweiten Satze derselben, welcher 
nach unserer Ueberzeugung etwas zu rasch genommen 
und dadurch aus seinen poetischen Schwerpuncten her« 
ausgehoben wurde, nicht die geringste Spur. Sein Feuer- 

Seist dampfte sich vielmehr dabei zu acht künstlerischer 
übe und Besonnenheit, ohne an Kraft und Lebendigkeit 
zu vertieren. Wenn Herr Fr. Lüzt diese Ruhe und Si- 
cherheit auch in der Oper bewährt und sie mit jener Ge- 
duld und Ausdauer verbindet, welche zum Einstudiren 
neuer Werke erforderlich ist (wir möchten wohl einmal 
die neunte in Weimar noch nie gegebene Symphonie 
Beethoven'* unter seiner Directum hören !) , so können 
wir uns nur darauf freuen, ihn öfter an der Spitze einer 
Capelle zu sehen, welche freilich Meister in sich begreift, 



die auch gar tüchtig den Commandostab zu führen ver- 
stehen. 

Liszts Feldherrntugenden haben uns, wir gestehen 
es, aufs Freudigste überrascht! Allein er bereitete uns 
auch noch eine zweite angenehme Ueberrascbung, näm- 
lich Hummers gediegen - prachtvolles Hmoll-Concert — 
das einst vom Verfasser selbst immer nur im Scbweisse 
seines Angesichts vorgetragene, allein von unserm Hexen- 
meister just wie ein leichtes Spielwerk hingeworfene. — 
In der Tbat: diese Virtuosität grenzt schier an das Un- 
glaubliche ! Wer hätte es vor zwanzig und einigen Jah- 
ren, als dieses Concert entstanden war, für möglich ge- 
halten, dass der letzte Satz desselben jemals in einem 
solchen Tempo gespielt werden könne ! Hummel selbst 
vermochte, bei seinem Embonpoint, seinen Intentionen 
darin nicht vollständig practisch zu genügen. Der gren- 
zenlosen Gewandtbeil eines Listt blieb es vorbehalten, 
jenen Satz iu seine vollen Rechte einzusetzen. Damit 
wollen wir indess nicht gesagt haben, dass er jenes Con- 
cert durchaus im Sinne und Geiste des Schöpfers gege- 
ben habe. Hummel selbst brauchte beim Vortrage des- 
selben das Pedal wenig oder gar nicht; Herr Fr. Lüzt 
brauchte es ziemlich oft, ja für jene krystallhelle Klar- 
heit und Durchsichtigkeit im Vortrage, welche Hummets 
Hauptvorzug war, zu oft. Hummets Spiel hatte stets 
etwas Kerngesundes, geschmackvoll Bemessenes, während 
wir die Liszfsche Vortragsweise jenes Concertes von 
einem gewissen fremdartig outrirten Wesen nicht ganz • 
freisprechen ' können , wobei wir aber zugleich gestehen 
müssen, dass Herr Fr. Lüzt überall, wo er den ächten 
Künstler nicht dem nach Kualleffecten haschenden Vir- 
tuosen hintenansetzte, unübertrefflich schön und mit hö- 
herer, glühenderer Wärme der Empfindung und des Aus- 
drucks spielte; als es in der Regel bei dem ruhigen Hum- 
mel der Fall zu sein pflegte. — Dagegen kamen uns die 
Hände unseres in manchen Stücken ganz unvergleichli- 
chen Meisters zuweilen vor, wie ein Paar noch nicht ! 
völlig gebändigte Zauberrosse , welche , das Gebiss zwi- \ 
sehen die Zähne nehmend, plötzlich allerlei tolle Seiten- > 
Sprünge machten — ein Streich, der unserem Meister 
auch beim Accompagoement des achtbaren Tenoristen 
Herrn Pantaleoni begegnete , der einige unbedeutende 
italienische Sächlein ganz. brav und mit besonderer Ge- 
wandtheit in Benutzung der Falsettstimme vortrug. Das 
Accompagnement machte sich dabei , auf Unkosten des 
Sängers, zu glänzend, zu keck, zu vorlaut. — 

Doch wir sind mit unserem Schelten noch nicht fer- 
tig. Mit einer sogenannten Fantasie über La ci darem la 
mano aus Don Juan bat uns Herr Uszt so fürchterlich 
gepeinigt, dass wir sicherlich Reissaus gemacht hätten, 
wenn's ohne Eclat möglieb gewesen wäre. Es ist wahr, 
unser Hexenmeister entwickelte dabei eine ganz borrible 
Fertigkeil — aber bewahre uns forthin der Himmel vor 
solcher Musik, mit welcher man allenfalls den Teufel i 

aus der Hölle herausjagen könnte! — Herr Lüzt ist 
wie ein feuerspeiender Aetna, der alle die herrlichen 
Haine und Tbäler und goldenen Auen, welche sein him- 
melanstrebender Gipfel beherrscht, zuweilen mit wilden, 
wüsten, Alles verheerenden Lavaströmen überschüttet. — 
Da hat alle ächte Kunst, aller gesunde Geschmack bei ihm 



245 



1844. April. No. 14. 



246 



ein Ende. Er «reift dann nur nach verzerrten Fratzen 
und Larven und spielt, von Musen und Grazien ver- 
lassen, mit scheusslichen üngetbümen. 

Einem Manne, der eine Beethoven'Bcbt Symphonie 
so tief und tüchtig zu fassen vermag, können solche Ver- 
irrungen nicht aus den Tiefen der Seele herauswachsen; 
allein bei seiner grossen Berühmtheit, bei so grossen, ja 
eminenten Taleoten hat er doch, wahrlich nicht mehr 
nöthig, dem Publicum, zumal einem hochgebildeten, sol- 
che musikalische Teufeleien und Taschenspielerstücke an 
den Kopf zu werfen ! — Aber wir hoffen : seine bessere 
Natur wird nun bald, ausreifend, in einem tüchtigen Häu- 
tungsprocess diese Larven von sich stossen und als ein 
herrlicher Falter frei und kühn, gross und schön seine 
Schwingen entfalten! Wo nicht: so werden gar bald 
dem Publicum über das Falsche und Verwerfliche in sei- 
ner Richtung die Augen aufgehen und man wird dann 
leicht auch gegen das wirklich Grosse und Eminente un- 
gerecht werden, welches ihm in technischer Hinsicht die 
strengste Kritik nicht absprechen kann. 

Den übrigen Theil unseres Berichts können wir kurz 
abthon. Fräul. i\ Ottcnburg, neuerdings für unsere Oper 
gewonnen, trug die grosse Arie der Donna Anna aus 
Don Juan zwar mit metallreicher, aber noch nicht völlig 
durchgebildeter Stimme vor. 

Eine sogenannte „Fantasie" für Orchester vom Ca- 
pellmeister Herrn Chelard nahm sich nach Beethoven 
und Hummel nicht sonderlich zu ihrem Vortbeil aus. 



Ueberhaupt scheint uns der Verfasser al6 Componist für 
das Orchester nicht eben sehr glücklich zu sein'. Das 
Concert war, bei sehr übler Witterung, sehr besucht. 
Herr Gapellmeister Lisxt wurde mit dem lebhaftesten Ap- 
plaus empfangen und mehrfach gerufen. X. 



Feuilleton. 



Das kb'oigl. sieh», bohe Ministerium des Cultui und öffentli- 
chen Unterrichts zu Dresden bat in Folge eines von einen Sach- 
verständigen abgegebenen Gutachtens sowohl den „Orgelfreund" 
als auch das „Präludien buch ," redigirt von ff r . Körner, allea 
vaterländischen Seminaristen, Organisten nnd Cantoren angelegent- 
lichst empfohlen and deren Ankauf für die Seminarien nur Benu- 
tzung beim Unterrichte im Orgelspiele angeordnet. 

Frau van Hastelt- Barth in Wien hatte um Erlaubnis« nach- 
gesucht, Mozart auf dem Kirchhofe, wo er bestattet liegt, eine 
Grabstätte setzen zu dürfen ; in Folge dessen wurde der Gedenk- 
stein am 30. Jaouar in der Kirche bei den Paulanern, wo zu- 
gleich Moxart's Requiem aufgeführt ward, feierlich eingeweiht. 
Auf grauem Marmor befindet sich die goldene Inschrift: „Jung 
gross, spät erkannt, nie erreicht.*' Ueber dieser Inschrift soll das 
medailloafdnnige Portrait des grosseo Todten angebracht werden. 

Am 2. März wurde eine Oper von dem bekannten Engländer 
Hatton, Canellmeister der Königin Victoria, Namens „Pasqual 
Bruno" in Wien auf dem Kärnthnerthortheater aufgeführt; sie 
sprach nicbt sehr an, obwohl manches Schöne darin sein soll. 

In Dresden starb der italienische Pianofortevirtuos Sattori. 



Ankündigungen. 



Im Verlage der Hftffer'scben Buchdruckern in Zwickau 
ist erschienen die 

zweite vermehrte Auflage 

von 

140 (jetzt 144) Choralmelodien, 

nach Hiller in Partitur gesetzt, nebst Kommuniongesän- 
gen und Responsorien zum Gebrauch für Seminarien, 
Gymnasien, Gesangvereine, Bürgerschulen und Posau- 
uenchöre. Herausgegeben von H. B. Schulze, Canlor 
und Musikdirector in Zwickau. ll T / 2 Bogen auf be- 
sonders starkes Canzleipapier. Preis 20 Sgr. 

Für die Zweckmässigkeit und Brauchbarkeit dieses Choral bu- 
che« sprechen die Empfehlung höchster Behörde und der schnelle 
Absatz der ersten Auflage durch Einführung derselben in Yerschie- 
denen Seminarien, Kirchen und Schulen. Durch Vermehrung Ton 
drei Scbicht'schen Chorälen und der Litanei ist das Werk noch 
brauchbarer geworden. 

Um die Einführung desselben zu erleichtern, wird jedem, der 
sich direet an die Verlagshandlung wendet, besonders in Partieen, 
ein bedeutender Rabatt zugesichert. 



In der T. Tiniutwelii'schen Buch- und Musikalienhand- 
lung (J. Guttentag) ist erschienen t 

JJurMate, aFr»HC©»eo, Magnifleat. Vollständige Partitur in 
der Originalgestalt mit beigefügtem Garier-Aut». Preis 1 Thlr. 

Die Chorstimmen einzeln. Subscriptionspreis 2± Sgr. , 

Nach dieser Ausgabe wurde daa Magnificat bei dem grosse^ 
Aachener Musikfeste ausgeführt. t 



drell. A. E., Op. 11. Pfingsüied für 8 Solostimmen (2 Soor., 
Alt, Ten. u. Bass) und 4 Chorstimmen mit Begleitung des Pfte 
oder der Harfe. Preis der Partitur SO Sgr., der tt Solostimmen 
10 Sgr. und jeder einzelnen Chorstimme 1± Sgr. 

Op. 24. „Urfinsterniss," ged. t. Bornemann f. 4 Minnerst. 

(Solo u. Chor.) Pr. 7£ Sgr., jede Stimme einzeln 1± Sgr. 

Geyer, Flott«, Op. 7. Drei Lieder r. Herrn. Kletke (No. 1. 
Leben slied. 2j Die Musikantenbraut. 5) Die Ausgewanderten) 
für 4 Mannerst. Pr. 28 Sgr. , jede Stimme einzeln 3} Sgr. 

Itfelthardt, A«, Op. 126. ' Heft 1 u. 2. Sechs Lieder für 4 
Mannerst. lieft 1 a) Saugers Nachtfeier, b) An die Laute, e) Be- 
denklichkeit. Heft II. a) Ergo bibamus. b) Der Unschlüssige, e) 
Kleidermacher- Muth. Preis eines jeden Heftes: Partitur a St. 
20 Sgr., jede Stimme einzeln 3f Sgr. 

BerffSJOH., 9E», Romancea (der Signora Laura Assandri gewid- 
met). No. 1. „Je l'aime encore." Ich bleibe dein. Pr. 7f Sgr. 
No. 2. „La barpe brisee." Die zerbrochene Harfe. Pr. 8 Sgr. 

nftlirllig, Ferd», Op. 12. Fünf Lieder für eine Singst, mit 
Begleit, des Pfte. No. 1. Im April, von Geibel. No. 2. Lied v. 
Heine „Mädchen mit dem rotken Mündchen." No. 5. Fahr 
wohl, y. Geibel. No. 4. Sehnsucht nach Norden, t. Geibel. No.tf. 
Unter den dunklen Linden, t. C. Caspari. Preis 17i Sgr. 

Oelajelii £, Cliarleej, Op. 12. Reminiscencea de l'Opera: La 
Dame blanche. Duo concertant p. Plan, et Flute on Violon. Pr. 
Piano et Fl. 27i Sgr. Piano et Viel. 28 Sgr. 

GAHrieli, W., Saracenen- Quadrille für Punoforte. 10 Sgr. 
Partitur 1 Thlr. 8 Sgr. 

Unter der Presse befindet sieb: 
Berllos , Heet», Grand trotte £ Instrumentation et fOrtke- 
stration modernes. Mit franz. nnd deutschem Text. gr. Fol. 
Berlin, SclsJtoalllffer'sche Buch- u. Musikalienhandlung. 



247 



4044., April. No. 14 



I« Verlag« to U»Ur*eiel»elea »t to ehe» wl EifeatbiMM- 
reekt ertebie«e» .• 

I*efil de to Vierge. 

Faulaisie brillante poor le Piano 

Fred. Kalkbrcnner. 

Op. 170. Preis 1 Thlr. 
Ferner werden eben io erscheinen: 

brande Fantaisie 

pour le Piano 

sor Linda dl Chamounix de Donizetti 
Kenn Hers» 

Op, 158. 

24: Improvisation* 

en forme d'Etudes 

pour le Piano 

Ed. i^our. 

Op. 100. 
Leipzig, 2. April 1844. 

Breitkopf e* Hartel. 



248 



lotif» 



NEUE MÜSTK AIiTKW, 

welche so eben 

im Verlag von Breitkopf 4fe Härtel in Leipzig 

erschienen and durch alle Buch- nnd Musikalienhandlungen zu 
beziehen sind : Thlr. Ngr. 

Atlant, Potpourri nach Themen der Oper: Der König 

Ton Yretot, für das Pianoforle zu 4 Händen (No. 29 

der Sammlung van Potpourris) — 28 

Beethoven, Ii. V., Arie des Pizarro mit Chor aus 

Ftdelio, fir 1 Bassstimme mit Begleitung des Pianoforte. 

(Nachgelassenes Werk.) — 12* 

Frans* R*, 6 Gesänge für 1 Singstimme mit Beglei- 
tung des Pianoforte. Op. 5 — 28 

Halevy, F., Karl VI. Grosse Oper , im Yollständigcn 

Clarierauszuge. Ohne Worte 6 — 

Rallibrenner, F., Fantaisie et Variations brillantes 

•njr l'Opera : Le Roi d'Yretot, arr. a 4 mains. Op. 163. 1 — 
Ijecarpeittler, A«, Divertissement sur des motifs de 

Charles VI. pour le Piano a 4 mains. Op. 79 — 12* 

liemOClft, J., 2 Mazurkas pour le Piaao — 18 

Marx, A. B», Mose. Oratorium, im Clarierauszuge. 7 — 

Dasselbe., die Chorstimmen 3 10 

Tnalbers;, S»> Fantaisie sur l'Opera: Lucrezia Bor- 

gia de Donizetti, pour le Piano. Op. 80..... 1 — 

Fantaisie sur l'Opera : Semiramide de Rossini., pour 

le Piano. Op. öl 4 10 

Walt«, Tlu, Sonate in FmoU für das Pianoforte.... 1 HO 
Waelherslil, Josj«, 3 Nocturnes p. Piano. Op.ll. — 18 
Ballade pour le Piano. Op. 12 — «t 



Bei B. Senott's 8fthnen in Mainz erscheint mit Ei- 
genthnmsrecht c 

Adam, A., Cagliostro, Opern comioue en 3 Actes. 
Bursrntllller, Fr.. Fantaisie et Valse sur Lambert Sianel. 

Op. 86. 
Be Berlot, Cn., 4*» Concerto arec Acc. d*Orchestre ou de 

Piano. 



Bo Berlot, et WolftY, E#, 6 Duos brillant» sur des 

originaux poor Piano et Violon. 
Bfihler, Tli., 2 Fantalsies de Salon sur Nabucodonosor. Op. 

48. No. 1 et 2. 
Uast, F., Feuillea d'Albom. 
Hasluft, F., Album 1844. m 

Perstans, Q», H Fantasma, Opera semisena in tre atb. 
Osborne, O. A., Morceau de Concert sur Dom Sebastien. 
Frudent, B., Grand Trio de Gutllanme Teil, transcrit. 

3 Ballades sana paroles. 

SouTenirs de Schubert, Fantaisie sur la Serenade. Op. 14. 

Bogellen, H«, Fantaisie brillante sur Mina. Op. 63. 

Fantaisie de Concert sur Dom Sebastien. Op. 64. 

ToulOU, Fantaisie sur les Diamants de ia Couronne. Op. 90. 

9«m grand Solo. Op. 91. 

HlWoltt. Kh Dirertissem. a 4 mains sur Maria di Rohan. Op. 92. 

Mazurka. Op. 94. 

La melancolie et i'espoir, 2 morceaux de Salon. Op. 93. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Bärtel 



NETTE MUSIKAUEN 

bei €. F. Peters, Bureau de Musique, in Leipzig. 

Thlr. Ngr. 
Beelter, JTul», Die Zigeuner, Rhapsodie in 7 Getan- 
gen Cur Solo- und Chorstimmen mit Begleitung de$ 
Orchesters oder Pianoforte. Clarieranszug rom Com- 

ponisten. Op. 31 « **> 

NB. Die Instrumental Begleitung sowohl in Partitur 
als Stimmen ist in correcter Abschrift durch die 
Verlagshandlung zu beziehen. 
Bllrrner, JT., Acht Lieder und Gesänge für eine Sing- 

stimme mit Begleitung des Pianoforte. Op. 10. Comp!. 1 — 

Dieselben einzeln : 

No. 1. Leid und Freud» - 8 

,, 2. Frühlingsmorgen — 'i 

„ 3. Lied Ton R. Bnrns \ —7* 

„ 4. Klage und Bitte / " 

„ 8. Des Vogels Freude — Jt 

M 6. Uebesheimath — & 

,. 7. Aye Marie ) __ yx 

,; 8. Liebe } 7 * 

Hauptmann, HI., Sechs deutsche Lieder mit Be- 
gleitung des Pianoforte. Op. 1. Neue Auflage — 18 

Hunten, Fr«, Variations sur IroU airs Italiens pour 
le Piano a 4 mains. Op. 68. 
No. 1. La Zalra \ 

„ * La Nfebe ( » - »H 

,, 3. La Nornta ) 
JTansa, It., Trois Quatuore pour deux Violons, Viola 

et Violoncelle. Oeur. 68. No. I, 2, 5 a 1 10 

lijalllwoda, JT. W., Premiere Conrersation au Pia- 
noforte a 4 mains, arrang. par H. Enke d'apret la Con- 

certante pour deux Violons. Op. 20 «.... 1 7f 

Deuxieme Conrersation au Pianoforte a 4 mains, 

arrang. par H. Enke d'anres les Variations brill. pour 

Violon a?ec Orchestre. Op. 18 — 20 

Introduction et Variations pour Clarinette arec Or- 
chestre. Op. 128 * j|0 

— - Le niämc arec Piano — 20 

— ' _ Second grand Trio pour Piano, Violon et Violon- 
celle. Op. 130 3 — 

Deux Marcheg militaires pour Piano — 7f 

Kllffler, Rieh* , Trio facile et agreable pour Piano, 

Violon et Alto. Oeur. 1 — «8 

Iiemelte, H., Variations brill. sur un theme de Niobe 

pour le Piano. Oeuy. 24 — 17i 

Trois Mazurkas brillantes pour Piano. Oeuy. 28. — 10 

nilller, Bob., Nocturne pour Piano seul. Oeur. 13. — 12* 

— — Fantaisie pour Piano sur Lucia di Lammermoor de 
Donizetti. Ocut. 22 * — 

ReUsIger, C. Gr., Sixieme Quatuor pour Piano, 

Violon, Viola et Violoncelle. Op. 173 5 — 

in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeit. 



249 



SSO 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 10 ten April. 



M 15. 



1844. 



Inhalts Paul Heioleia, ein Componkt dei 17. Jahrhooderta. - Becensionen. — Nachrichten: 
Aus Prag. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Ans Leipzig. Ana Berlio. (Beacblnaa.) 



Paul Heinlein, 

ein Componist des 17. Jahrhunderts* 

Erfreulich ist das in unserer Zeit belebtere Streben» 
den Gang, welchen die Tonkunst in ihrer Entwicklung 
nahm, historisch zu verfolgen und die Zeiträume, auf 
welchen schon darum, weil die Producte dieser Kunst, 
nicht von Stein und Farbe festgehalten, zum grossen 
Tbeil verloren gegangen sind, manches Dunkel ruht, 
durch Benutzung jedes noch vorhandenen Documents auf- 
zuhellen. Hierbei erscheint es eben so verdienstlich, wie 
gerecht, namentlich auch das Andenken Derer zu erneuern, 
welche, wenn auch vereinzelt, doch zu dem Portgange 
des Ganzen beigetragen haben und bei einem oft verkann- 
ten Verdienste unter den Künstlern einen ehrenwerthen 
Namen behaupten. Jede besonders betrachtete Individua- 
lität, jede Würdigung eines im Stillen Wirkenden oder 
Vergessenen macht einen Beitrag zur Geschichte der Kunst 
aus. Unsere sogenannten Universallexica reichen da nicht 
hin. Sie enthalten eine Unzahl leerer Notizen und Namen, 
welche den Geschichtsforscher nicht befriedigen, anderen 
Lesern kein Interesse gewähren; denn es wird dabei 
nicht anschaulich, was ein Künstler, welcher eben nicht 
als ein Epochemachender bezeichnet werden kann, den- 
noch wirklich geleistet hat. Die geschichtlichen Darstel- 
lungen der Poesie geben Proben eines jeden Dichters, die 
Geschichte der bildenden Kunst wird von Kupfertafeln 
begleitet ; bei der Tonkunst sollen die blosen Namen der 
Musikstucke, welche der Mann geliefert hat, Alles ver- 
treten. Dankbar müssen daher die Verdienste, welche 
sich RochlitZ) Becker u. A. dadurch erwarben, indem 
sie Werke der Vergessenheit entrissen und ihre geschicht- 
lichen Forschungen durch Belege im Abdruck einzelner 
Musikstücke lehrreich machten, anerkannt werden. Nur 
dann erst, wenn dies bis zu einer gewissen Vollständig- 
keit durchgeführt sein wird, kann eine gründliche Ge- 
schichte der Musik , die ja nicht blos auf die hervortre- 
tenden Reformatoren sich beschränken soll, möglich wer- 
den. Möchte daher das Interesse des kunstliebenden Pu- 
blicums möglich machen, dass die Zahl solcher Sammlun- 
gen sich erhöhte, oder sogar ein grösseres Werk, sei es 
in lextcalischer oder geschichtlicher Form, erscheinen 
könnte, in welchem bei jedem namhaft gemachten Künst- 
ler auch eine zum Erweise seiner Leistung und seines 
Verdienstes hinreichende Probe beigegeben würde. Dies 

46. Jahrgang. 



wäre eine wahrhaft instructive und lebendige Geschichte. 
In derselben würde dann mancher Name zum Vorschein 
kommen, der bis dahin entweder ungekannt oder nicht 
genug gewürdigt war. 

Diese Betrachtungen führen mich auf einen Musiker, 
dessen Andenken zu erneuern der Mühe lohnt. Würden 
mehrere ähnliche Beiträge über vergessene Tonkünstler 
in dieser Zeitung niedergelegt, so erwüchse schon dar- 
aus mit der Zeit eine brauchbare Materialiensammlung, 
und den Lesern würde durch beigefügte Proben aus den 
Werken derselben eine sicher willkommene Gabe dar- 
geboten. 

Nürnberg war die Vaterstadt des Mannes, von wel- 
chem ich spreche, in einer Zeit, wo jede Art der schönen 
Kunst dort eine Freistatt gefunden hatte. Zwar ging die 
glanzvolle Epoche, in welche Nürnbergs Blüthe fallt, 
voraus, und einem früheren Jahrhunderte gehörten die 
Werke von Albreckt Dürer und dessen Schülern, von 
Hans Sachs und Pfinzing an; der dreissigjährige Krieg 
hatte den grossartigen Welthandel erschüttert, den bis 
zum höchsten Reichthum gesteigerten Wohlstand nieder- 
gedrückt; seine Folgen, eine ungeheuere auf die Stadt 
gefallene Schuldenlast, versagten den Behörden, auf das 
Gedeihen der Künste unterstützend einzuwirken ; dennoch 
gebrach es nicht an Männern, die auf dem einmal urbar 
gemachlen Boden fortbauten. Neben den Erfindern auf 
dem Gebiet der Mechanik standen die Familien der Sand- 
rartj Daniel Preisler und Andere als ausgezeichnete Ma- 
ler; auch die Tonkunst ermangelte nicht der sorgsamen 
Pflege. Ein für jene Zeil reich ausgestatteter Musikchor 
wurde von der Stadt erhalten und unter den Directoren, 
Stadtmqsici genannt, zeichneten sich Gabriel Schätz (ein 
Virtuos der Viola da Gamba, gest. 1710) und dessen 
Sohn Jacob Balthasar Schätz (gest. 1700) aus. Hein- 
rieh Schwemmer war ausgezeichneter Lehrer des Ge- 
sangs, Georg Caspar Wecker der Lehrer tüchtiger Schü- 
ler im Clavierspiel und in der Gomposilion. Vorzüglich 
aber thaten sich kunstgerechte Meister des Orgelspiels 
hervor. Der Magistrat war namentlich bedacht, die Stel- 
len an den Kirchen zu St. Sebaldus und St. Egidius 
(welche später ein Brand zerstörte) würdigen Künstlern 
zu verleihen. Unter den an der St. Sebalduskirche an- 
gestellten Organisten erwarb der genannte Wecker (des- 
sen Prinz in s. Satyrischen Componisten 3^ Tbl. S. 226 
rühmend gedenkt) einen durch gauz Deutschland verbrat* 

45 



2*1 



1844. April. No. 15. 



£88 



letcn Ruf. Seines Vorgängers Andenken m6gen folgenie 
Zeilen in Erinnerung bringen. 

Psml Heintein m4**mr*in w m 11. April 1«M 
zu Nünaerf gebore». Die Aagafce, sei* Vater sei der 
«t Nürnberg 1663 versterbe«* Arsl ttmd Braunsthweigi» 
sehe JUedicinalrath Sebastian Hainlein gewesen, beruht 
auf einer wahrscheinlichen Combination, da Johann Carl, 
1651 geboren, ein Arzt zu Nürnberg , als Enkel Seba- 
stians benannt wird. Früh schon trat in Paul ein ent- 
schiedenes Talent für Musik hervor, welchem von Sei- 
ten der Eltern jede Förderung 4er Ausbildung zu Theil 
geworden zu sein scheint. Er ward von den geschickte- 
sten Meistern unterrichtet und in wenigen Jahren hatte 
er im Spiel geblasener Instrumente und des Ciaviers, so 
wie im Gesang bewundernswürdige Fortschritte gemacht. 
Sich noch weiter auszubilden, wanderte er im zwanzig* 
sten Jahre nach Linz und naieh München. Im Jahr 1647 
reiste er nach Italien, und benutzte drei Jabre hindurch 
den Unterricht ausgezeichneter Meister, namentlich in 
der Conpositton. Zn den Seinigen im Jahr 1649 zurück- 
gekehrt, zog er durch mehrfache öffentliche Proben sei- 
ner ausgezeichneten Kunstfertigkeit die allgemeine Ach- 
tung auf sich. Nach kurzer Zeit ertheilte der Stadtrat!) 
ihm <Ke Stelle «ines „ Musious." Im Jahr 1655 wurde 
ihn die Stelle des Organisten an der Kirche zu St. Egi» 
dies übertragen , wie er im folgenden Jabre die „Direc- 
tum des chori musici" an der Frauenkirche übernahm. 
Seine rege Thättgkeit und die Berühmtheit seines Na- 
mens erhob ihn 1658 zu der Stelle eines ersten Organi- 
sten an der Sebalduskirche. Er starb am 6. August 1686. 
Sein würdiger Nachfolger war der vorher genannte Cas- 
par Wecker, nach dessen Tode, 1695, der als Conpo- 
nist ausgezeichnete Johann Packetbei von Gotha beru- 
fen wurde. 

Heinlein wird von seinen Zeitgenossen als der fer- 
tigste Orgelspieler gerühmt, besonders aber bemerkt, 
,,dass er auf dem Ciavier mit wenig sparsamer Bewegung 
der Finger und Hände auf das Fertigste spielte." Viel- 
zäblrg waren seine Gompositionen für Orgel und für Cia- 
vier, Toccaten, Fantasieen, Fugen, Ricercaren. Obgleich 
schon seit 1538 in Nürnberg eine besondere «durch Jo- 
hann Otto <eme%tete Musikalien -Verlagshandlung bestand, 
scheint doch von Heinlein 9 8 Insfrumentat-Compositionen 
Nichts im Druck erschienen zu sein. Nur zwei Werke 
für Gesang waren bisher bekannt „Zwei musicalisdhe 
Stücke, welche dem Edlen, Ehrenvesten und Hoehgelahr» 
ten Herrn Joh. Georg Fabricio u. s. w. als er den 27. 
October 1659 seinen ersten actum Notariatus publiei be- 
gangen zu freundlicher Gluokwunschung und sonderbarem 
Gefallen a Canto solo con 2 Violini et Basso «ontin. 
wind componirt, offerirt und musicirt von Paul Hainlein. 
Nürnberg in 4. " Der Text des Gesanges ist lateinisch 
und von Fabricius gedichtet. Das zweite Werk war zu 
der Begräbnissfeier des berühmten Theologen und Predigers 
an der Sebalduskirche Johann Michael ÜÜherr bestimmt. 
Kaum werden aber ausser Nürnberg hiervon noch Exemplare 
gefunden werden. Doch fuhrt der Name Dilherr 9 * auf ein 
drittes Werk, welches uns nicht allein Heinlein 9 s Kunst, 
sondern auch die Art 'damaliger Liedercompositionen ken- 
nen lehrt, schon in dieser Hinsieht nicht ohne Interesse. 



Dilherr, einar der gefeiertsten Theologen seiner 
Zeit (er starb den 8. April 1669), welcher mit einer 
umtosenden Kenntniss der Theologie, flbifosmmhi» und 
Spratbtn (er war Us aam Jakr 166 Messer der Bo- 
rnen, der GesAioke «nd ffcesie und der Theologe nt 
Jena; ein grosses Talent der Kanzelberedsamkeit ver- 
band, war ein für das Schöne in Kunst und Natur hoch- 
bcgcislerter Mann. Seine lateinischen Programme ent- 
bleiten meistens Gedichte, wie in seinen Erbauungssehrif- 
ten und Predigten, die nach ihrer Zeit benrtheilt wer- 
den müssen, das Phantasierende nnd Gefühlvolle vor- 
herrscht. Der Musik wandte er eine vorzügKebe Neigung 
zu und förderte sie als Renner. Am 30. Mai 1643 hielt 
er zur Verherrlichung dieser Kunst einen feierliehen Aet, 
und liess, nachdem er eine Rede de ertu et progressu, 
usu et abusu musicae gesprochen hatte, eine, wie die» 
alte Nachricht besagt, solenne Musik auffuhren. Sehrthi- 
tig als Schriftsteller, gab er im Jabr 1657 das mit gros- 
sem Beifall aufgenommene Buch heraus : „Christliche Be- 
trachtungen des gläntzenden Himmels r tüchtigen Zeit- 
und nichtigen WeltlaufFs." Nürnberg, bei Wel%ang d- J. 
(Eine zweite Ausgabe erschien 1712.) Wem Betrachtun- 
gen über die Gestirne nnd die Naturerscheinungen der 
Jahreszeiten fügte der sinnreiche Mann eine dreifache Zu- 
gabe hei« Kupfer, Lieder und deren Gomposition^ „denn," 
sagt er, „es muss nicht nur der Schriftsteller, sondern 
auch der Poet, Musicus und Maler einander in den Sat- 
tel helfen ;" die Entwürfe zu den Kupfern nnd die Lie- 
der sind von einem Ungenannten. Die Gedieht« geboren 
zum Theil in eine Sammlung des Vorzüglichsten aus je- 
ner Zeit; „die Lieder über die zwölf Monate aber sind 
gisetzet von Paul. Heinlein, Organisten zu St. figsdien." 
e können uns also über dieses Gomponisten Behandlung 
Zeugniss geben. Eine blos wörtliche Aogabe dessen» was 
darin geleistet, führt zu keiner anschaulichen Kenntnisse 
es müssen Proben vorgelegt werden. Ich lasse den Text 
eines wahrhaft schonen Gedichts vorausgehen. 

Lied des Weinmonats. 

Jauchtet, ihr Winzer, alle sogleich, 
Unsere Trauben werden nun weich, 
Reifende Reben schenken nns ein, 
Heissem, die tranren, fröhlicher sein, 
Füllend Sie leeren Reiher mit Wein. 

Noah lest 9 erst saftige Feser, 
Lehrte die Hacker , warbe 4ie Leser, 
Presste der Kelter lieblichen Saft, 
Welcher den Herzen giebet die Kraft, 
Sorgen nnd Kummer ferne wegschafft. 

Lobt nnd Hebet -den herrliehen Most, 
Welcher versüsat die niedliche Rost, 
Aber doch halt im Trinken das Ziel, 
Weiien <Us Weines zn wenig nnd viel 
Leicblüch verderbt das Instigste Spiel. 

Weinen ist nnser Leben ohne Wein, 
Einsam nnd ohne Freunde zn sein. 
Freunde sind gleich dem freudigen Mahl, 
Welche man kieset in mehrerer Zahl, 
Mittelst des Weins mit offener Wahl. 

Janehcet, ihr Liebsten« alle zugleich! 
Trinken macht oft die Aermsten reich ; 
Jeder ist edel, voller Verstand, 
Jeder rühmt seine Gfiter und Lanl, 
Weilen Ihn hktt der Tranken*«* fta«d. 



955 



1844. April. No. 15. 



234 



Brauchet nun rauht «ad massig #sa Trank ; 
Saget dem Höchsten herzlichen Dank, 
Welcher uns giebet freudigen Math 
Speiset uns mit der Reiterpress Blnt. 
L*bet Gott der alle Gates oas Chat« 

Dies Lied bat Üeinlein also componirt. Ich gebe die 
•Copie in unserer Notenschrift, da das Original die alten 
quadrirten Notenzeichen hat und das Tactzeicben 3 nicht 
allein 8 / 2 -Tact, sondern auch %-Tact bezeichnete. 



M-^-g-^ £ 



sps* 



i-T r F" 



i^M-' 



Jauchzet ihr Win - xer ! al - le an - gleich, 

• • t , kr« 



JpS 



rO= 



m 



i 
{ 



W *H 4 - ^ gp n* | r r r !■' r 



unse-re Trauben 



■MM^ 



werden nun weich 



p? 



=P 



Reifende Reben 
J Jt 



PE 



S 



^^' '."Ire r^L^'l^j 



^ 



schenken ans ein , bebten, die tranreu, frSbli-eher »ein, 
J B • 



<PP= 



H p i,T7 



^ 



^Ed LJ-j-PL-rrF-jt 



fallend die lee - ren 



^"r^ 



*=c 



Keller mit Wein. 

• #_ 



r 1 1 ' f it 



Nicht nöthig ist es, hier auf die Eigentümlichkeit 
des musikalischen Satzes, wie ihn die Zeit noch beibe- 
hielt, aufmerksam zu machen. Leicht auch wird man zu* 
gestehen, dass die- Frische und das Ausdrucksvolle der 
Melodie, die keineswegs von der Harmonie beherrscht 
wird , sondern selbständig sich auf eine markirte Weise 
bewegt, für jene Zeit, wo man in den Liedercomposi- 
tionen so viel Hartes und Steifes findet, einer Auszeich- 
nung werth ist. Das Lied kann uns auch heutigen Tages 
nur erfreuen, und darum sei noch ein zweites beigegeben. 
Wohl wären alle zwölf des erneuerten Druckes werth. 

Lied des fPintermonats. 



^m 



=#=* 



=t 



m 



(TJl 



r 

Der Sommer ist eotwi-cheo, mit seiner Flammen Hitz ; 
Der Herbst heran geschlichen, o. herrschet nnn der Schütz 
J» • £ 



=£ 



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=1 



^ä 



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=it=)= 



^& 



T+Z++ 



der treibt die tru - ben Wind , und in dem Nebel - Re- 
st « «fc 



gen beschüttet al - 1er we- gen, die auf dem Felde sind. 



F. H. 



R 



ECENSIQNEIf, 



Sechs Lieder mit Begleitung des Pianoforte, componirt 
von Clara Schumann. Op. 13. Leipzig, bei Breitkopf 
und Härtel. Preis 20 Ngr. 
Die berühmte Virtuosin bietet hier den Gesanges- 
freunden eine recht freundliche, willkommene Gabe, einen 
anmuthig duftenden Blumenkranz. Seine Farben sind nicht 
blendend und schimmernd, aber ein sinnig -milder Ernst 
spricht aus den einzelnen Blumen, die uns immer lieber 
werden, je näher und länger wir sie anschauen. 

Schon die Wahl der Dichtung deutet darauf hin, 
dass diese Gesänge mehr der stillen Beschaulichkeit, als 
dem lauten Markte gewidmet sind. Die Gedichte (von 
Heine, Rückert, Geibel) sind ungemein zart gehalten, es 
weht aus ihnen der süsse Duft der wahren Poesie, und 
die Künstlerin hat sie mit gleicher Zartheit aufgefasst 
und in Tönen wiedergegeben. Sie erregen aufrecht freund- 
liche Weise das Interesse, obgleich weder Melodie noch 
sonstiges lebhaftes Colorit besonders und ungewöhnlich 
hervortreten. Eine gewisse Innerlichkeit aber macht sie 
uns werth , und diese wirkt, vorzüglich bei längerem 
Verweilen, höchst woblthuend auf das Gemüth. Die Lie- 
der haben vielleicht nach Sinn und Form eine zu merk- 
lich hervortretende Aebnlichkeit mit einander, was vor- 
züglich bemerkbar wird, betrachtet oder singt man sie 
im Zusammenhange, wobei namentlich eine gewisse fest- 
gehaltene Art der Begleitung jene Aebnlichkeit bestärkt; 
lässt man sie aber einzeln an sich vorübergehen, so ge- 
winnen sie an Reiz und behaupten ihre Individualität. 

Am abgeschlossensten, wir möchten auch wohl sa- 
gen am sprechendsten erscheint uns das zweite Lieds 
„Sie liebten sich Beide" (von Heine) ; das ausführlichste 
ist das dritte (,, Liebeszauber' 4 von E. Geibel), das, wenn 
wir nicht irren, bereits in einem Album für Gesang von 
R. Hirsch erschien. Dies letztere Lied dürfte gewinnen, 
wenn die Begleitung weniger consequeut durchgeführt 
wäre. Die ununterbrochene Triolenfigur ermüdet fast. 
Gedanken und Führung des Ganzen müssen wir als vor- 
züglich bezeichnen. — Das sechste Lied dieser Samm- 
lung: ,,Die stille Lotosblume " würden wir noch höher 
stellen, wenn es von einigen sehr fühlbaren Härten der 
Begleitung befreit werden könnte, wie sie z. B. der 
zwölfte Tact enthält. Wir möchten es ein Uebermaass 
der Innigkeit nennen, welche die treffliche Künstlerin dem 
Ausdrucke vermittelst der Begleitung verleiben will; ge- 
wiss aber ist es, dass eine Milderung dieser scharfen 
Dissonanzen dem Eindrucke des sonst so ansprechenden 
und schön empfundenen Ganzen sehr förderlich sein 
würde. — • Der rätbselhafte, fragende Schlnss dieses Lie- 



255 



1844. April. No. 15. 



des ma88 sieh selbst vertbeidigen ; bei den Rigoristen 
wird er kaum Gnade fiodeo. — In Summa : das hier mit 
wahrer Theilnahme, wenn auch nur flüchtig besprochene 
Liederheft ist schon an sich selbst ein interessantes, wird 
aber durch die individuelle Beziehung auf die produci- 
rende Künstlerin, die durch ihr seltenes Reproductions- 
talenl so berühmt ist, doppelt anziehend. 



Sehnsacht von C. Heinemann , declamatorischer Gesang 
für eine Tenor- oder Sopranstimme, mit Begleitung 
des Pianoforte und des violoncells, componirt von G. 
fPicht/. Op. 6. Carlsruhe, bei Creuzbauer und Nöl- 
decke. Preis 20 Ggr. 

Der Autor bezeichnet dies Musikstück (das sich recht 
gut für die Ausführung in Concerten eignet) als decla- 
matorischen Gesang, und allerdings ist die Stimme mehr 
declama torisch, als im Gantabile gehalten; doch tritt der 
getragene Gesang an rechter Stelle um so wirksamer 
hervor, und macht sich vorzüglich in der zweiten Hälfte 
des Ganzen geltend, wo die Tonart sich nach Adur wen- 
det, wie es denn auch in dieser Tonart mit ziemlich leb- 
hafter Aufregung schliesst. Das Violoncello ist in gutem 
Verhältniss zur Singstimme und überhaupt recht zweck- 
massig und wirksam behandelt. Deberbaupt ist die Auf- 
fassung des Gedichts verständig, und obgleich das Ganze 
von ziemlicher Ausdehnung ist, so nimmt doch eine ge- 
wisse Regsamkeit und vorzüglich eine zweckmässige Ab- 
wechselung das Interesse fortwährend in Anspruch. Nur 
ist der Componist zuweilen nicht ganz glücklich in der 
Form seiner Wiederholungen, so z. B. bei der drei Mal 
wiederkehrenden Stelle: 

Wo jede Bliitbe welk and icbaorig 
Vom bleichen (!) Baum der Freude fällt; 

Weder mit Ausdruck noch Steigerung können wir uns 
befreunden; dazu kommt, dass die angeführten Zeilen 
nicht einmal einen vollständigen Gedanken bilden, indem 
sie sich auf Vorhergehendes beziehen , der schwülstigen 
Diction und der verfehlten Metapher des Gedichts nicht 
zu gedenken. — Den Schluss des Ganzen bebandelt der 
Componist förmlich als Arie mit obligatem Violoncell, 
wobei allerdings eine gote Tenorstimme, gleich seinem 
Begleiter, sich recht günstig zeigen kann. Doch bat diese 
Ausbreitung der Form, leider! nur durch eine fast un- 
leidliche Wiederholung derselben Worte geschehen kön- 
nen, so, dass diese zwei Schlusszeilen: 

Wo dann zum Frieden aufgenommen, 

Mein Aug' das Ew'ge rein erblickt, 

den ausschliesslichen Inhalt von 40, sage vierzig Tacien 
bilden, die auch überdies in ihrem Zusammenbange mit 
dem Vorigen als Frage erscheinen! — Wir würden die- 
sen Uebelsland nicht so ausführlich und entschieden ge- 
rügt haben, glaubten wir nicht, ein beachtenswertes 
Talent bei dem noch wenig bekannten Componisten wahr- 
zunehmen, das vor solchen Missgriffen gewarnt werden 
muss. AI. 



Nachrichten. 



Leipzig. Concerte des Musikvereins „Euterpe." 
Bereits ist die musikalische Saison auch für Leipzig been- 
digt, der Cyclus der grossen Concerte im Gewandhaus- 
saale, so wie der dort ebenfalls gehaltenen Soireen ist 
geschlossen, die Abende, die man den fremden Künstlern 
gewidmet, kürzt der Frühling mehr und mehr, und die 
Muse der Tonkunst sucht nolhgedrungen in den Garten- 
concerten ein Asyl, das sie mit Beginn des Winters froh 
über das aufgehobene Exil verlässt, um wieder in ihre 
geweihten Hallen einzuziehen. Auch die Concerte der 
Euterpe sind beendigt, und es dürfte am Schlüsse der- 
selben ein übersichtlicher Rückblick auf die diesjährigen 
Leistungen dieses Vereines um so zweckmassiger erschei- 
nen , als er mit dieser Saison sein 20jähriges Wiegen- 
fest gefeiert hat. 

Unter den beschränktesten Verhältnissen trat die 
Euterpe in's Leben, die anfanglich eine sehr geringe An- 
zahl von Künstlern und Dilettanten in einem kleinen Lo- 
cale (eine Zeit lang diente sogar ein Gewächsbaus als 
Musiksalon) vereinigte. Der warmen Kunstbegeisterung 
und dem beharrlichen und thatkräftigen Streben der noch 
an der Spitze stehenden Directoren und einiger Mitglie- 
der gelang es, dem Vereine allmälig die Tbeiluahme eines 
grösseren Kreises von Mitgliedern zuzuwenden, die, obne 
als Musiker unmittelbar zu wirken, seine Interessen doeh 
mittelbar förderten. Mit der Zeit schlössen sich mehr und 
mehr Künstler an, und gegenwärtig besteht das Orche- 
ster nur aus Musikern von Fach, grossen Theils dem 
Orchester des Gewandhausconcertes, des Theaters und 
dem Stadtmusikchore angehörig. Als Musikdirectoren stan- 
den dem Verein zuerst Reichardt, ein Künstler, dessen 
Enthusiasmus bei seiner sonstigen Tüchtigkeit hier einen 
schönen Wirkungskreis fand, und nach ihm der als Sym- 
pbonieencomponist bekannte Musikdirector C< G. Müller 
vor, unter dessen eben so trefflicher als umsichtiger Lei- 
tung der Verein zu jener Höhe gebildet ward , auf der 
ihn nachher der Musikdirector Verhuht zu behaupten 
und zu befestigen wusste. Gegenwärtig ist Herrn Geb- 
hard v. Alvenslebeit das musikalische Zepter anvertraut, 
einem Künstler, der durch mehrere Compositionen sieh 
die Anerkennung seiner Kunstgenossen erworben, und 
auf dessen jugendkräftiges Streben der Verein schöne 
Hoffnungen bauen darf. Der jetzige Concertmeister ist 
der als Posaunist überall bekannte und hier noch ausser- 
dem als tüchtiger Musiker geachtete Herr Queisser. — 
Wie bisher, so hat auch in dieser Saison die Euterpe 
ihre musikalischen Interessen nach einer Richtung hin 
vertreten, die ihren Zwecken und ihrem besondern Wir- 
kungskreise gemäss zwar nicht mit den der grossen Con- 
certe parallel läuft, aber doch nicht ohne Einfluss auf das 
musikalische Leben Leipzigs im Allgemeinen ist. 

Es würde eine ausführliche Besprechung der in die- 
ser Saison vorgeführten Leistungen zu weit führen, wes- 
halb wir uns nur auf einen kurzen Ueberblick beschrän- 
ken zu müssen glauben, um so mehr, als den einzelnen 
Concerten bereits anderwärts Berichte gewidmet worden 
sind. Ausser in dem letzten ist in jedem der zehnCon- 



287 



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carte eine Symphonie aufgeführt worden, und zwar Beet- 
hoven 9 s Fdur- und Bdur-Symphonieen, Mozart* Sym- 
Ebonie in Gmoll, Haydns in Cmoll, Kalliwodas in 
[moll, nnd Spohr* Symphonie : Weihe der Töne. Neu 
waren Gade's erste Symphonie, so wie G. v. Alven*- 
leben** in Gmoll (schon früher erwähnt) nnd Dürrner** 
Symphonie, das Werk eines entschiedenen Talentes, das, 
gereift anter gründlichen Studien, dem Gomponisten Ehre 
erworben. In dem letzten Concerte führte Herr Ferd. 
Brandenburg sein musikalisch - dramatisches Tongemälde 
in drei Abteilungen: „Die Mähr von den drei Inseln: 
Corsika, Elba und Helena," nach einem Gedichte von 
Ludw* Erfurt componirt, auf, und das Publicum dankte 
ihm mit den lebhaftesten Beifallsäusserungen. 

Unter den vierzehn Ouvertüren, tbeüs von Beetho- 
ven (Leonore No. 2 und Coriolan), tbeils von M. v. We- 
ber (Oberon und Euryanthe), Mendelssohn- Bar tholdy 
(Fingalsböhle), Mozart (Entführung), Cherubini (Hedea), 
Spontini (Vestalin), Berlioz (Lear), heben wir als neu 
hervor: eine Ouvertüre von C. Conrad, die Dioscuren 
betitelt, und zwei von dem Musikdirector G. v. Alvens- 
leben , nämlich Goncertouverture in D moll und Fest- 
ouverture Edur. Sie sind sämmüicb wirksam und reich 
instrumentirt, und letztere macht sich, den etwas zu lang 
ausgesponnenen Scbluss abgerechnet, namentlich durch 
schöne Anordnung und durch ein frisches Colorit geltend. 
Den Ouvertüren reihen wir nächst dem Marsche aus 
Beethoven'* Ruinen von Athen die Soli für Blasinstru- 
mente an, in denen die Herren Landgraf (Rondo für 
Clarinette von M. von Weber), Milhljeldt (Concert für 
Flöte von Fürstenau), Faulmann (Divertissement für 
Oboe, eigene bemerkenswerthe Gomposition) , E. Pfund 
(Variationen für die Oboe von Grieoel) und Herr Queis- 
ser mit seinem Schüler, Herrn Ockenbeck aus Schweden, 
in einer Fantasie für zwei Posaunen von Tiede auftra- 
ten. Herr Queisser errang noch ausserdem durch den 
Vortrag der Fantasie für Posaune mit Orchester und Chor, 
einer schönen Gomposition C. G. Müller 9 *, wie stets, 
rauschenden Applaus. 

Soli für Streichinstrumente führten die Herren B. 
Meyer (Violinconcert eigner Gomposition, und Variatio- 
nen von Gabrielsky) , Weüsenborn (Adagio und Rondo 
von de Beriot und Violin -Fantasie von Vieuwtemps), 
Winter (Variationen für Violoncello von Kummer) und 
Herr Grabau (Concertstück für Violoncello von Kummer) 
aus. So vollendet der Vortrag Herrn Grabau'*, so un- 
reif war die Ausführung des Violinconcerts von de Be- 
riot durch Hortensia Zirge*. 

Als Pianisten zeigten sich Herr Dorffei (Pianofor- 
teconcert von Mendelssohn- Bartholdy), Herr Beinecke, 
ein junger, talentvoller Künstler, welcher ein gut com* 
ponirtes Capriccio für Pianoforte and Orchester von sich 
und ein Concertstück von Weber spielte, und Fraul. Ul- 
rike Wohlfahrt, die durch ihren decenten nnd durch- 
geistigten Vortrag der Thalbere 9 8chen Fantasie über The» 
men aus Moses lebhaften Beifall fand. 

Die vielen Gesangstücke betreffend, welche ebenfalls 
in diesem Semester zu Gebor gebracht wurden, so führten 
dieselben Fräul. Bamberg, Fräul. Queisser, Fräul. Sachs, 
Friu). Simon und der philharmonische Sängerverein aus. 



Fräul. Bamberg trug drei Arien, und zwar au* Fi- 
delio, Oberon und Hans Heiling, so wie sechs Lieder vor, 
Fräul. Queisser ebenfalls Arien aus Freischütz, Belisar 
und Norma, so wie zwei Lieder, und Fräul. Sachs des- 
gleichen Arien aus Puritaner, Faust und Haydns Schö- 
pfung, nebst fünf Liedern ; Fränl. Simon sang eine Arie 
aus Don Juan und zwei Lieder. — Nächst genannten 
Sängerinnen, denen das Publicum durch reichen Applaus 
dankte, unterstützte der philharmonische Sangerverein den 
Musikverein Euterpe durch Ausführung zweier Männer- 
quartelte, eines Duetts mit Chor aus Cortez, eines Duetts 
aus den Puritanern, und zweier Chöre aus der Oper 
Bienzi von Conrad, der, obgleich nicht Musiker von Be- 
ruf, doch zahlreiche Arbeiten in den Concerten der Eu- 
terpe zu Gehör gebracht hat. 

Dies der gedrängte Ueberblick der Leistungen, über 
deren mehrere, namentlich die Ausführung einiger Sym- 
pbonieen und Ouvertüren betreffend, Beferent um so lie- 
ber ein Urtbeil ausgesprochen hätte, als er sich eher die 
Gelegenheit zum Tadel, als zum Lobe entgehen lässt; 
und letztere ward ihm gerade mehrfach geboten ! Doch 
sapienti soll — — r — 



Berlin. (Beschluss.) In den beiden Quartett - Unter- 
hallungen der Herren Zimmermann und Genossen wur- 
den Haydns Gmoll- Quartett, Beethoven 9 * Adur- und 
Es dur-QuarteU (No. 10), ein Quintett von Onslow (Es dur), 
Mozart'* D dur- Quartett und das D moll - Quartelt von 
Fr. Schubert so allgemein ansprechend ausgeführt, dass 
man eine Fortsetzung dieser geistreichen Soir6en um so 
mehr wünscht, als solche hier jetzt die einzige Gelegen- 
heit darbieten, so trefflich im Ensemble eingeübte Violin- 
Quartette zu boren. Ein Concert, worin sich ein körper- 
lich sehr bemitleidenswerther Musiker auf einem neu er- 
fundenen, jedoch wenig practischen Instrumente, der Me- 
talloboe (von sehr dünnem, scharfem Tone) hören Hess, 
ist nur deshalb zu erwähnen, weil die Frauen v. Fass- 
mann und Schröder -Devrient darin edelmüthig hübsche 
Lieder vortrugen, und ein Vielversprechenderjunger Vio- 
linist Herr C. Steffens, Schüler des Herrn CM. Moser, 
sich mit sehr gut ausgeführten Variationen von de Be- 
riot beifallig hören liess. Selbst in einigen Gymnasien, 
z.B. dem Friedrichswerder'schen Gymnasium, fanden mu- 
sikalische Abendunterhaltungen Statt, in welchen Inslru- 
mentalmusikstücke und Gesänge, z. B. der „Frühling" 
aus Haydns „Jahreszeiten," von den Schülern der er- 
sten Singeclasse ausgeführt wurden. Auch die Eleven 
der königl. Academie der Künste hatten für eingeladene 
Zuhörer eine musikalische Matinee veranstaltet, in wel- 
cher sie eigene Gesangcompositionen, auch zwei Sätze eines 
Quintett'» für Streichinstrumente von W. Herzberg aus- 
führten. — 

Bei der königl. Oper setzten Mad. Schröder -De- 
vrient und Herr aärtinger ihre Gastspiele fort. Otello 
und Fidelio wurden wiederholt. In Beltinfs Norma sang 
die zeitber wenig beschäftigte Dem. Marx die Titelrolle, 
und Herr Härtinger den Sever. Carlo Broscbi wurde 
zwei Mal, der „Wildschütz" einmal wiederholt. Meyer- 
beer's ,, Robert der Teufel" wurde, nach sorgfältigen 



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960 



Proben, unter Leitung des Herrn MD. Tmtkert ganz vor- 
züglich gelungen zwei Mal mit lebhafter Theilnabme ge- 
geben. Herr Martin ger beschloss mit de» Robert, zu 
weicher Rolle seine Stimme, Darstelluugsweise nnd Ge- 
stall besonders geeignet ist, seine Gastspiele mit dem 
günstigsten Erfolge. Man hofft auf dessen bleibende An- 
stellung om so mehr, als die Unterbandinngen mit Tichafi- 
scheek ohne Erfolg geblieben sind. Aneh das Engagement 
des so vorzüglichen Singers Pischek ist unterblieben, 
dagegen wird noch ein dritter Bassist, Herr Krause, aus 
München erwartet, welcher eher entbehrlich erscheint, 
als eine erste Sängerin und ein Heldentenor, wie wir 
solchen früher so ausgezeichnet an Bader besassen. Um 
auf „Robert der Teufel" zurückzukommen, so erregte es 
Anfangs Verwunderung, dass Mad. Schröder- Deorient 
die hoch liegende Gesangparlie und die ihrer Persönlich- 
keit jetzt weniger zusagende Rolle der jugendlichen Alice 
übernehmen wollte; indess hatte der anwesende Com- 
ponist manche Stelle der Sängerin aecommodirt, und 
in der Scene des dritten Acts mit Bertram, den Herr 
Bbtticher eben so vorzüglich singt, als mit dämonischer 
Ironie treffend darstellt, wie im fünften Act, riss die 
Künstlerin durch Mimik und Plastik ihrer trefflichen Dar- 
stellung zu allgemeinem Enthusiasmus hin. Dem. Tuc- 
steck dagegen excellirte im kunstfertigen Gesänge als 
Prinzessin Isabelle. Am Meisten effecluirte ihre Gavatine: 
„Gnade, Gnade I«** im vierten Act, nach welchem Dem. 
Tucxeck und Herr Härtinger gerufen wurden. Auch 
Raimbaut wurde von Herrn Manthts künstlerisch schön 

S)sungen, besonders das Duett mit Bertram im dritten 
ct. Für den beschränkten Bühnenraum im Schauspiel- 
hause war eine neue Decoration zu der infernalischen 
Geisterscene des dritten Acts angefertigt, welche durch 
die Beleuchtung ungemein effectuirte. So gewährte die 
vielbesprochene, stets mit Vergnügen wieder'gehörte Oper 
neuen Reiz, der sich seit 1832 für dieselbe hier in stets 
gleich hohem Grade erhalten hat. Mad. Schröder -De- 
vrient hat noch die Agathe im „Freischütz," besonders 
in der grossen Arie des zweiten Acts, durch innigen Aus- 
druck einnehmend, eben so wahr und ergreifend (jedoch 
weniger allgemein ansprechend) die träumerische Senta 
in Ä. fVagner's „Fliegendem Holländer' * zwei Mal ge- 

Etben. Am 1. d. M. wiederholte die noch den März über 
er verweilende Sängerin den Romeo, eine ihrer vor- 
züglichsten Kunstleistungen , mit lebhafter Theilnahme. 
Heute wiederholt dieselbe die Gastrolle der Leonore in 
Fidelio. — Die italienische Oper der Königsstädtischen 
Bühne wurde durch Moriants Gastspiele neu belebt. Am 
Meisten gefiel der gefühlvolle Sänger als Edgardo in 
der „Lucia di Lammermoor," mit welcher Rolle er seine 
Gastrollen schloss, nachdem er noch den Pollione in 
„Norma" und den Arturo in den „Puritanern" gesun- 
gen hatte. Signora2fejM/?fii, eine frische, jugendliche Mez- 
zosopran-Sängerin, bat, ausser dem Orsini in der „Lu- 
erezia Borgia," auch den Romeo (weniger genügend) und 
die Rosina im „Barbiere di Siviglia" mit Beifall gesun- 
gen. — Liest wird in diesen Tagen hier erwartet; wie 
es heisst, zum Stiftungsfeste der Männergesang-Academie. 
GMD. Meyerbeer j welcher sieh von der Opernverwal- 
img für jetzt zurückgezogen hält, soll mit der Compo- 



sition eines Festspiels znr Eröffnung den Mm Opern- 
hauses beauftragt nein. — Im recitirenden Drama gewäh- 
ren Dörings Gastrollen einen höchst anziehenden Ge- 
nuas. — Das Schwesternpaar Therese und Marie Mtla- 
malle sind hier angekommen und geben beute ihr erstes 
Concert im Saale der Singaeademie zu resp. 2 Thlr. (für 
Bumerirte Sitze) und i Tblr. Entree» — Gestern wurde 
zu dem neu in Scene gesetzten Singspiel: „Mary, Max 
nnd Michel'* von Carl Blum, ein neues Ballet von Tag- 
lieui: „Die Liebes -Insel mit Musik t von «6«&rtcA zum 
ersten Male gegeben, worüber das Nähere im Märzbericht. 



Prag. Zwei Benefiziea brachten ans zwei neue Opern, 
eine deutsehe nnd eine franzosische. Wir sahen nämlich 
zum Vortheile der Dem. Grosser zum ersten Male: „Der 
Wildschütz, oder die Stimme der Natur, " komische Oper 
in drei Acten nach Retxebue frei bearbeitet, Musik von 
Albert Lorleing, und zum Vortheile der Dem. Röcker t: 
„Des Teufels Antheil," komische Oper in drei Acten 
nach dem Französischen des Scribe, Musik von Auber. 
Beide Opern geboren nach der technischen Sprache des 
Theaters unter die Spielopern, kein Wunder, wenn sie 
hier keine genügende Darstellung finden konnten. Wenn 
in der Oper nur gesungen werden soll, ao haben wir 
jetzt einige Stimmen, die man gern hört; wenn es aber 
darauf ankommt, Charactere durchzuführen, piquante und 
komische Momente und Situationen zu motiviren und dar- 
zustellen — da haben wir fast gar kein Personale, und 
wenn auch weder der „Wildschütz/ 4 noch des „Teu- 
fels Antheil** als Musteropern ihrer Gattung aufgestellt 
werden können, so ist doch die geringe Theilnahme, die 
sie erregten, grösstentheils Schuld der Darsteller. Lert- 
*ing hat in seinen „Beiden Schützen, 4 ' noch mehr im 
„Czaar und Zimmermann, 44 bewiesen, mit welchem Ge- 
schick er weniger bekannte Lustspielsloffe für die komi- 
sche Oper zu benutzen weiss ; wir haben ihn aber schon 
beim „Hans Sachs 44 darauf aufmerksam gemacht, wie 
schwierig diese Procedur durch den Umstand werde, dass 
der Stoff allgemein bekannt und gleichsam in Blut und 
Leben des Publicums übergegangen sei. Dieser Umstand 
tritt bei dem älteren Theile der Zuschauer aneh am Reb- 
bock ein, und in Bezug auf das jugendliche Publicum hat 
sich Lortxing eines Fehlers schuldig gemacht, den wir 
dem bübneukundigen Kenner des Publicums nicht zuge- 
traut hätten. Wenn nämlich ein Luslspielstoff für eine 
Oper benutzt werden soll, so mnss notbwendig die Intri- 
gue vereinfacht werden, um der Musik den gehörigen 
Raum zu ihrer Entfaltung darzubieten. Im Gegentheile 
bat Herr Lartsing dem „Rebbock" noch neue Motive 
hinzugefügt: die Gräcomanie der Gräfin und den Welt- 
schmerz des Barons. Das erste Motiv dürfte vielleicht jetzt, 
in der Saison des Sephocles, in einem Lustspiele, wo 
man es mit geistreicher Ironie durchführen könnte, wirk- 
sam sein, der letztere ist — man darf nioht sagen Ro- 
coco, weil diese Mode zwar in den letzten Zügen liegt, 
aber noch nicht todt ist, — doch hors de smson, oder 
besser zu sagen : mmteais genre, und seine Einführung 
ist auf jeden Fall verfehlt, selbst im Lustspiel, wo diese 
Art von Gestalten, wenn auch selten, doch aber hie und 



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202 



da «inen Darsteller findet. Die BiUardseene <4ie selbst 
Rotzebue hinter eine Seitenthore verlegte) ist wirksam, 
aber ao indecent, daaa sie ihr Exequatur wohl nur dem 
Mangel an Phantasie des Censors verdankt« Dass der 
Dichter der Oper dem Grafen und Baron sehon im ersten 
Acte die Bekanntschaft des falschen Gretehens verschaffte, 

nährte auch dem Compositenr ein volktimmiges Finale, 
i ist nicht zu läugnen, dass dieser Umstand die Spitze 
aller Situationen des zweiten abstumpft nnd das Inter- 
esse des Ganzen wesentlich schmälert. Die Mnsik ist 
eben kein ausserordentliches Werk, ja sie bleibt im Ge- 
sammteindrnck selbst weit hinter dem „Gzaar und Zim- 
mermann" zurück, doch ist sie, von „Hans Sachs" an 
geztbh, wieder ein Vwwfcrit* «nd enthält manche ge- 
lungene, ebaracteristisebe nnd mit frischem ffamor aus- 
gestattete Nummer. Die Ouvertüre ist sehr schwach, da- 
gegen die Introdnction voll munterer Laune, nnd das 
ABC -Duett wurde wirksamer sein, wenn es weniger 
in die Lange gezogen wäre. Sowohl die Sortita der Ba- 
ronin, als das Lob des Landlebens sind frisch k und melo- 
diös» Im zweiten und dritten Acte finden wir mehre» 
interessante Piecen, leider aber auch manche, welche den 
günstigen Effeet wieder zerstören, den jene hervorbrach- 
ten. Ein wahres „Ende gut Alles gut!" bildet das hu- 
moristische Pinale mit dem deutungsvollen Refrain: 
Es hat mich nicht getäuscht 
Die Summ« der Natur» 

welches beinahe an das: 

Ja, ieh hin klug «*d weise 
Und mich betrögt mao eicht. 

des „Czaar und Zimmermann " erinnert. Was die Dar- 
steUung betrifft, war der Schulmeister — eigentlich die 
Hauptperson der Oper — Herrn Brat* zu gefallen, der 
eine recht gesunde kräftige Stimme, doch keineswegs 
jene brillante vis comica besitzt, anf welche Lortzmg 
bei seinem Bacillus Ansprach macht. Herrn Htm* (Grit) 
war ein für ihn unauflösliches Problem angefallen, einen 
aimable Rone darzustellen. Auch die Gräfin (Mad. Pod- 
horsky)) welche gar nichts zu singen hat (?}, schien sich 
nicht in ihre Aufgabe gefunden in haben 9 nnd Herr 
Damke (Baron) Hess nns eben so wenig von den Gefüh- 
len seines zärtlichen Jkrseun, ab vra seinem überflussi- 
Kn Weltschmerz merken. Dem. Grosser (Baronin) und 
»m. &mqpr (NaaeMn) zagen äcm caemlich gmt ms der 
Afiaire, nnd 4ie einzige der mitwirkenden Personen, de- 
ren Leistung man als genügend erkennen muss, war Dem. 
Ksobett ab Greftomtn. iDie Rqrise, jenm VnrtheBe des 
Herrn Franz Brava aufgeführt, neigte ein leeres Haus, 
dagegen schien die dritte Produktion an grösseres Inter- 
esse im Publicum zu erregen. — Wir wollen flehen* 
wie es weiter geht. 

„Des Teufels Antheil" möchten wir unter Scribe's 
geistreichste Arbeiten zahlen, doch ist das Ganze für eine 
Oper wohl etwa! zu cemplicirt, was vielleicht in Frank- 
reich minder schwer in's Gewicht fällt; in ganz Deutsch- 
land hätte der Stoff, eis ktrigmeafatfajiel bebandelt, wo 
es möglich nnd leicht gewesen wÄre, alle Fäden dieses 
weitläufigen Gewebes deutlich und klar anszuspinnen, 
wahrscheinlich mehr Effect gemacht, und man würde auch 
diesem, wie der Oper, die mancherlei Unwahrscheinlich- 



keiten gerne verziehen haben. Der Compositenr hat, trotz 
einigen recht interessanten Nummern, leider wieder ge- 
zeigt, dass er auf dem Bäckwege begriffen sei. Schon 
die Ouvertüre ist nichtssagend, und der ganze erste Act 
hat, was durch die Exposition der überreichen Handlung 
bedingt wird, nnr eine Nummer von musikalischer Be- 
deutendbeil, das Wiegenlied von Carlo Broschi's Mutter, 
das, höchst melodiös, sich auf geistreiche Weise wie ein 
goldener Faden durch die ganze Oper hinschlingt; ein 
Stückchen Jagdchor, das sich Carlas Gesänge anfügt, 
wird — sonderbar genug — hinter der Scene gesungen. 
Der zweite nnd in musikalischer Hinsicht beste Act 
bringt zuvörderst Carlo's munteres Liedeben (das, zur 
Wiederholung verlangt, ein komisches Qtä pro quo er- 
zeugte). Auch das Quartett ohne Begleitung zwischen Kaw 
nig und Königin, Carlo und Casilde, und da* lebendige 
Duett vxm Babel mit Casilde sind recht gelungene Mu- 
sikstücke, vorzüglich aber ertheilt das trefflich gearbeitete 
Finale diesem Acte ein bedeutendes Interesse. Wieder 
ärmer in Quantität und Qualität der Musiknummern ist 
der dritte Act, worin abermals das Finale, ohne jenem 
des zweiten gleich zu kommen, doch den Glanzpunct 
bildet. Das letzte Duett zwischen Bafael und Casilde ist 
von Scrit* höchst geistreich und humoristisch angelegt, 
doch folgte der Compositeur der Intention des Dichters 
nnr mit schwachem Erfolge, und so ist dasselbe mehr 
eine Aufgabe für die Schauspiele*, als für die Säuger ge- 
worden« Bei der Prager JÜjiTuhruug trat der Mangel an 
darstelesMkn Talenten dem Erfolge «mit Aoppefter Schwie- 
rigkeit entgegen. König und Königin sind ein Paar schwere, 
höchst undankbare Rollen, die noch dazu wenig zu sin- 
gen haben, mal weder Benr Strabfy neck 1U. Podr 
horsky standen hier an ihrem Platze. Auch Rafael for- 
dert hier mehr mimisches Talent und Jinmor, als Hen 
Damke entfaltete. Am Besten hidten «eh Dem. Senger 
(Casilde) und Herr Preisinger (Gü Vergas). Die Benefi- 
ziantin (Carlo Broschi) entfaltete ein recht lebendiges, 
doch für diesen geistreichen Abefttfaanrerftu wenig genia- 
les Spiel, ui wwm sie gleich In der eehr dankbareu Bolle 
viel Beifall, Hervorrnf nnd Repetition erntete, so war 
doch bei ibr, wie bei Alien, der Fall, dass Spiel und 
Gesang einander wechselweise verdunkelten -und der Er- 
folg ein sehr zweifelhafter war* 

{ 8 sieht«*.* frigt.) 



Feuilleton. 

Die „Frösche*' des Arutophane* sind ann aooä öffentlich in 
ConcertgaaJe des Schanaj aelbauaes so Berlin mit iL £ton*w'« Mu- 
sik aüfgeffibrt worifteut tbe Stück selbst ward« you August Ko- 
pisch vorgetragen. Der Erfolg acheint zweifelhaft gewesen z* 
sein. — Der lanposist erhielt jedoch «ben m was der Varleaer 

nftnag wai Frenaeea «m» sjeldaoe Base. 



Moriani oad die ihn begleitende Sign. Rotetti laben io Ham- 
burg eine Reihe von Gastrolleo mit glänzendem neffalle gegeben. 



fftaeefcf Opswi „Re Sirene/' Bach ron Scrib* , ist 
am 26. Mars in Paris mit vielem Beifall zum ersten Male aufge- 
führt worden. 



1844. April. No. 15. 



964 



Prtu Küster - SekUgei ist als Prima Donna am Breslaus* 
Theater aa der Stelle der abgegangenen Fraa Palm- Spatzer an- 
gestellt worden. 



la Frnokfurt um Mala hat der Besshaffe Herr Hassel dea 
Bartele in Rossini** Barbier von Sevilla neulich zun hundertsten 
Male gegeben. 

Ebendaselbst wurde CherubinCs Medea nach langer Panse wie- 
der einmal aaf die Bnhoe gebracht. Franl. Reuter sang die Me- 
dea; die übrigen Hauptrollen worden von Fraul. Capitata und den 



Herren Püekek, Chrudstnsky, Cmradi treffitea gajtbea. Der Ein- 
druck, dea die meisterhafte Musik aaf den gebildeteren Theil dea 
Publieums hervorbrachte, war tief und gewaltig. 



In Felge des von Liszt für das Naumann'* -Denkmal gegebe- 
nen Gencertes wird der Bau dieses Denkmals, su dem bereits vor 
Jahren der Grandstein gelegt wurde, im Monat April begonnen 
werden. Bekanntlich wird et in Nmmumn's Geburtsorte, dem 
Dorfe Blasewitz bei Dresden, errichtet und besteht aas eiaer Ca- 
pelle und einem Schalgebäude für die Blssewitzer Dorfjagend. 



Ankündigungen» 



Im Verlage der Unterzeichneten wird die neae drei- 
actige Oper: 

Me Sirene 

von 

Anber 

im vollständigen Ciavierauszuge und den üblichen Arran- 
gements erscheinen. 
Lemma;, 10. April 1844. 

Brefttltopf * Hftrtel. 

In nnserem Verlage erschien so eben : 

€hrande Fantaisie 

pour le Piano 

sv aa nstif de Linda di Ctomoonii 

oompoale par 

Henri Herz. 

Op. 138. Preis 1 Tblr. 

Fantalale brillante 

pour le Piano 

aar la Bonalice Le II de la Vierge 

coraposle par 

WrSd. Mlaihbrenner. 

Op. 170. Preis 1 Thlr. 



Mose 

Oratorinm ans der heiliges Schrift 



TOB 



Adolph Bernhard Marx. 

Ciavierauszug Preis 7 Thlr. — Ngr. 

Chorstimmen - 3 - 10 - 



Leipzig, 10. AprU 1844. 



sstreltkopf * H&rteL 



Ina Verlage tob Fr. WKohmmtm4+W ia Leipzig erseheint: 
Handbuch der musikalischen Literater, oder allgemeines, 
tisch geordnetes Verzeichniss aedruekter Musikalien, auen 
kalischer Schriften und Abbildungen seit Anzeige der Verleger 
und Preise. Dritte, bis zun Anlange des Jahres 1844 er- 
gänzte Anlage. 

Das Werk zerfallt in drei Abtkeilungea, «ad werden Bestel- 
lungen sowohl aufs Ganze als auch auf jede Abtheilung einzeln an- 
genommen. Nämlich 1) Pianofortemusik in tt Heften. 8) Instru- 
mentalmusik (mit Ausnahme der Pianofortemusik) in 9 Heften. 
5) Gesangmusik in 5 Heften. 



Monatlieh wird ein Heft you 8 Bogen (in hoeh Quart) ans- 

per Heft SO Ngr. , auf Schreibpapier 1 Thlr. 
Drei Hefte (Pianeforte mit Begleitung zu 4 Händen und So- 



gegeben. Preis per Heft SO Ngr. , auf Schreibpapier 
' meforte mit Begleitung zu 4 Hin« 
Iostücke für das Pianoforle A — K enthaltend) sind bereits erschienen 

In der T. Trmiatwe ansehen Buch- und Musikalienhand- 
lung (J. Guttentmg) ist erschienen t 
Grell. A. E«, Op. 19. „Der Herr ist mein Hirte" für 8 Solo- 

und 4 Chorstimmen mit Begleitung der, Orgel. Part. SS| Sgr., 

jede einzelne Chorstimme 2 Sgr. 
Op. 99. Zwei Motetten für 8 Singstimmen. No. 1. „Herr 

lehre mieh sann auch deinem Wohlgefallen/« Preis lH* Sgr. 

No. S. „ Lasset uns unter einander liebem." Preis SO Sgr« 
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265 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG- 



Den 47 ten April, 



M 16. 



1844. 



InlMltt Recensionen. — Nachrichten: Ans Prag. (Bescbluss.) Aus Cölo. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



R 



ECEKSIONEN. 



Nabucodonosor (Nebucadnezar), lyrische Tragödie in vier 
Acten, gedichtet voo Temistocle Solera, übersetzt von 
J5T. Proch, Musik von Gius* Verdi. Vollständiger 
Clavier-Auszug mit deutschem und italienischem Texte. 
Wien, bei A. Diabelli u. Comp. Preis 12 Fi. C.-M. 

Eine Lanze zu brechen für die Zulässigkeit oder die 
dramatische Wirkung dieses grandiosen Stoffes, entnom- 
men aus dem altehrwürdigen Weltbuche, der Bibel, ist 
nicht unser Beruf. So viel aber sei zu sagen vergönnt, 
dass in dieser lyrischen Tragödie Momente erscheinen, 
die, um einige analoge Beziehung in Rücksicht des Stof- 
fes zu erwähnen, den ergreifendsten Scenen in Mehui'g 
Joseph und Rossini's Moses an die Seite zu slelleo sind. — 
Was aber die Compositum des uns zum ersten Male nahe 
tretenden Maestro Verdi betrifft, so stehen wir nicht an, 
sie zu den hervorragendsten dramatischen Compositionen 
der «eueren Italiener zu zählen. 

Die Ouvertüre soll uns nicht aufhalten, obgleich 
auch in ihr ein gewisser kräftiger Nerv zu erkennen 
ist. Die Introduction (Ailegro ntosso, Emoll) beginnt 
mit wenigen , aber kräftigen Tacten des Orchesters , in 
scharf einschneidenden Modulationen , worauf alsbald ein 
kurzer, sehr aufgeregter Chor der Hebräer folgt: ein 
angstvoller Aufschrei zum Bimmel, drohende Gefahr ab- 
zuwenden. Die Priester vereinigen sich nun in einem 
Unisono von Bassstimmen zu einem innigen Gebete, das 
bittend und sanft in Gdur anhebt, dann aber immer leb- 
hafter and zugleich vertrauensvoller zu einem höchst be- 
geisterten Aufschwünge sich steigert, wirksam nach Edur 
modulirend. Mit dem Eintritte dieser Tonart beginnt nun, 
in trefflichem Gegensatze zu dem Unisono der Männer- 
stimmen, ein dreistimmiger Gesang der Jungfrauen und 
Rinder, den wir als ganz vorzüglich bezeichnen müssen« 
Die Melodie ist höchst einfach, und bewegt sich nur in 
kleinen Intervallen, wird aber vou wahrhaft edler, er- 
greifender Harmonie getragen. Die Begleitung erscheint 
nach dem Clavierauszuge reich instrumenta, wobei die 
Harfe ganz eigentümlich hervortreten wird. Der nun 
folgende Eintritt des vollen Chores, der die Idee des 
Frauenchores aufnimmt, geschieht fprtissimo und mit im- 
posanter Kraft der Orchesterbegleitung. Geaen den Schluss 
verstärkt sich die Wirknng durch einige kraftvoll gastei- 

46. Jahrgang. 



Bsrle, für die massenhafte Ausführung trefflich berechnete 
armonieen, und so muss unbezweifeit diese energische, 
wahrhaft würdig gehaltene Introduction einen ausgezeich- 
neten Eindruck machen uad Interesse für das ganze Werk 
erregen. — Nun tritt der Prophet Zacharias mit einer 
grossen Arie auf, in welcher er den Hebräern Mulh ein- 
spricht. Da es nicht eben oft geschieht, dass Propheten 
auf der Bühne singend eingeführt werden, und der Meyer- 
beer 'sehe noch immer schweigt, so muss man es dem 
Componisten ' schon gestatten, seinen Prototyp sich selbst 
zu schaffen, and wir sagen nur, dass diese grosse Sceae 
nnd Arie nicht ohne Würde ist und von den Sängern 
gewiss für höchst dankbar erklärt werden wird. Im Ver- 
laufe des Ganzen machen sich freilich sehr moderne For- 
men und Gedanken bemerklich ; doch muss man geste- 
ben, dass diese unleugbar sehr effectvoUe Arie, vorzüg- 
lich bei Hinzutritt des Chores, eine edle, würdevolle 
Hallung behauptet. 

In der folgenden Soene, die durch das Erscheinen 
der weit- und bibelberühmten Abigail vorzüglich belebt 
wird, entwickelt der Cooiponist ein sehr bedeutendes 
Talent durch ergreifende Schilderungen verschiedenarti- 
ger Leidenschaften. Abigail kündigt sich höchst imposant 
und dramatisch wirkungsvoll an, indem sie sich, räche* 
gtfhend nnd von letdeusebaftfieher Eifersucht angeregt, 
zwischen Ismael und Fenena wirft, die sich eben ewige 
Treue schwuren. Ein sehr zusammengedrängtes, und des- 
halb desto eindringender wirkendes Terzett beschließt 
diese Soene, worin Abigail prädominirt, deren Partie übri- 
gens für einen sehr bedeutenden Umfang der Stimme be- 
rechnet ist. 

Ein sehr aufgeregter Cbnr, den immer neue Massen 
verstärken, kündigt den geförchtelen Eintritt des Neb»» 
cadnezar in den Tempel an. Idee, Form and Führung 
dieses ausgezeichneten Chores sprechen eben so günstig 
Cur das Streben des Componisten nach Characteristik, 
wie für sein eigentümliches Talent, seine Ideen jklar 
und wirksam, ohne Herbeiziehung gewaltsamer Mittel 
auszudrücken. — Jeder neue Eintritt der verschiedenen 
Chorabtheilungen steigert den Eindruck des Ganzen, nnd 
die feurig -belebte Begleitung des Orchesters verleiht, wie 
die angemessene, kräftige Harmonie, der ganzen Scene 
etwas ungemein Aufregendes und wahrhaft Dramatisches < 

Während eines kurzen , energischen Marsches fitU* 
sich der Tempel mit babylonischen Kriegern, und tfebnJ 

16 



267 



1844. April. No. 16. 



268 



cadnezar selbst tritt ein. Es folgt nun ein ausführlicher, 
wirklich grossartig angelegter Ensemblesatz (Hdur, %), 
in welchem Verdi vollgültiges Zeugniss giebt von seinem 
in der That bedeutenden Talente. Dieses Musikstück darf 
sich den besten ähnlichen Ensemblesätzen, ,wie wir na- 
mentlich Rossini einige eminente verdanken, an die Seite 
stellen; ja es dürften ihn wohl selbst mehrere andere 
Operncelebritäten ohne Widerstreben adoptiren. Vorteil- 
hafte Gruppirung der Singstimmen» effectvolle, oft wahr- 
haft kühne Harmonieen, feste Hand in der Bewältigung 
der Massen, — kurz. Alles vereiuigt sich, um dies En- 
sembleslück nicht allein zu einem wahren Glanzpuncte 
der Oper zu machen» sondern auch überhaupt in die 
Reihe vorzüglicher Musikstücke zu stellen» und wir sind 
überzeugt, dass es bei guter Ausführung von hinreissen- 
der Wirkung sein muss. Referent hofft, diese Lobsprüche 
von der Bühne herab gerechtfertigt zu sehen. Es sei je- 
doch bemerkt, dass wir zunächst von dem Andante in 
Hdur sprechen; das folgende Allegro ist, trotz mancher 
einzelnen treulichen Züge, dennoch nicht geeignet, den 
guten Eindruck des Vorhergehenden zu befestigen, noch 
weniger zu steigern. Effect wird es indess gewiss ma- 
chen, doch mehr einen rauschenden, als tiefen. 

Der zweite Act beginnt mit einer grossen Scene und 
Arie der Abigail, später von dem Chore der Priester des 
Belus begleitet. Auch diese Scene kann man gelungen 
nennen ; sie hat Nerv und Feuer, wenn auch nicht eben 
hervorragende Eigentümlichkeit. — Nach einer sehr 
sangbaren Preghiera des Zacbarias folgt ein originell ge- 
dachtes Musikstück, nämlich ein Chor der Leviten, die 
Ismael, der seinen Treubruch entschuldigen will, mit 
Vorwürfen überhäufen. Der Chor ist durchgängig im Uni- 
sono für Bassstimmen geschrieben ; Ismael's bittende, zu- 
letzt fast verzweifelnde Accente dazwischen regen die 
Leidenschaftlichkeit des Chores nur noch mehr auf: eine 
Scene von eigentümlicher, wahrhaft theatralischer Wir- 
kung. 

Nun nimmt zunächst ein höchst glücklich construir- 
ter vierstimmiger Canon das Interesse in Anspruch. 
Seine Zusammensetzung ist so vorteilhaft, dass die ein- 
zelnen Theile allen vier Stimmen (zwei Soprane, Tenor 
und Bass) gleich zusagend erscheinen. Jeder Eintritt des 
ersten Motivs wird auf andere, immer passende und wirk- 
sam gesteigerte Weise begleitet. Nach consequenter Durch- 
führung treten bei der Cadenz der letzten Abtheilung die 
übrigen Solostimmen, wie der ganze Chor mit dem uni- 
sono und fortissimo ausgesprochenen Canon hinzu , «was 
in der That von höchst ergreifender Wirkung sein muss, 
da der musikalische Gedanke des Canons an sich sehr 
einfach und also dem Unisono vorzüglich günstig ist. 
Von hier bis zum Scbluss bildet der Satz sich fast zum 
Doppelcbor aus, der mit einer lang ausgebaltenen Fer- 
mate auf der Tonica höchst energisch scbliesst. 

Nach einigen minder bedeutenden Nummern tritt ein 
grandioses, sehr ausgeführtes Duett zwischen Abigail und 
Nebucadnezar um so bedeutsamer hervor. Die wechseln- 
den Gefühle, welche durch die ungemein spannende Si- 
tuation herbeigeführt werden, sind fast durchgängig mit 
S istiger Kraft auf glücklich bezeichnende Weise in der 
«posilion ausgedrückt, und, was wir besonders her- 



vorheben müssen, fast ganz ohne jene lästigen, gewöhn- 
lichen Tiraden eines modernen Bravourduetts. Mit die- 
sem heroischen, declamatorisch ausgezeichnet behandel- 
ten Duett scbliesst der zweite Act so effeetvoll , dass 
man ein eigentliches Finale kaum vermissen wird. Aus 
dem folgenden Chor der Israeliten (No. 12) tönt ein mil- 
der Zug der Sehnsucht nach der Heimalh. Er ist, etwas 
auffallend, in Fisdur geschrieben, und beginnt, bei ge- 
dämpften Stimmen, mit einem Unisono, das der Compo- 
nist überhaupt sehr zu lieben scheint ; doch möchten wir 
ihm dabei wohl das: nequidnimü! zu bedenken geben. 
Indess muss man gesteben, dass alsdann der polyphoni- 
sche Eintritt des vollen Chores an rechter Stelle, durch 
den Sinn der Worte vollständig motivirt, von doppelt 
schöner Wirkung ist. Im dritten Finale hat Nebucadne- 
zar noch eine weit und breit ausgeführte Scene und Arie 
mit Chor. Es werden hier grosse und hohe Ansprüche 
an den Sänger gemacht; werden sie aber erfüllt, so ist 
der Erfolg gewiss nicht zweifelhaft. Im Laufe dieser Oper 
hat der Componist meist glücklich die Klippe der Remi- 
niscenz umschifft (die unvermeidlichen, conventioneilen 
Phrasen ausgenommen) ; in dieser Nummer hat er es in- 
dess nicht verschmäht, seinem fruchtbaren Landsmanne 
Donizetti sein Compliment zu machen; namentlich ge- 
schieht dies ohrenfällig in dem Allegro (Asdur), dessen 
Zuschnitt und Motiv Diesem unleugbar angeboren. 

Wir durften nach dem vielen wirklich Schönen und 
Characteristischen in dieser Oper annehmen, dass der 
Componist dem Ausdrucke der so bedeutungsvollen reli- 
giösen Sinnesänderung Nebucadnezar's auch bedeutungs- 
volle, angemessene Töne verleiben würde, müssen aber 
gesteben, dass sie sich nicht über das Alltägliche erhe- 
ben. Ein gleich darauffolgender Chor hingegen bat Schwung 
und Cbaracter. Auch Abigail kommt zur bessern Ein- 
sicht, fleht mit schmerzvollen Accenten zur Gottheit: 
„non maledire a me!" — und stirbt. „Cadde!" ruft 
der bestürzte Chor, und Zacharias scbliesst allein die 
Oper mit dem Ausrufe: ,,Servendo a Jehova sarai de* 
regi il R6! 4< Dieser einfache, ungewöhnliche Schluss 
wird gewiss, von passender Gruppirung gehoben, von 
grosser dramatischer Wirkung sein ! — Auf den italie- 
nischen Bühnen macht das Werk bereits die Runde, und 
wie es scheint, mit bestem Success. Erwarten wir nun, 
ob es auch die Feuerprobe der deutschen Opernbühnen 
besteben wird ! — Die Einrichtung des Ciavierauszuges 
müssen wir im Ganzen als zweckmässig rühmen; die 
Uebersetzung ist oft sehr frei, ist aber dem Gesänge 
meist günstig. Durch den oft höchst splendiden, oder 
richtiger: sehr weitläufigen Druck ist der Preis, wohl 
zum Nachtbeile des Werkes, nnverbältnissmässig gestei- 
gert worden — eine Erscheinung, der wir in neuerer 
Zeit häufig begegnen, die aber gewiss keine erfreuliche 
genannt werden kann. 



Vier Gesänge für vierstimmigen Männerchor, componirt 
von Carl Lührss. Op. 5. Partitur und Stimmen. Ber- 
lin, bei Schlesinger. Preis 1 Thlr. 
Diese vier Gesänge haben folgende Ueberschriften : 

„Protest," „Rheinweinlied/« „Reiterlied," „Leicht Ge- 



289 



1844. April. No. 16. 



870 



pick"; so viel wir wissen, sind sie sämmtlich von Her- 
wert gedichtet. Dasa der Name des Dichters überall 
nicht genannt ist , finden wir etwas auffallend , können 
aber diese Unterlassung, wenn sie auch vielleicht durch 
örtliche Rücksichten motivirt werden sollte, keinesweges 
billigen. — Was nun die Composition dieser Gedichte 
betrifft, die sämmtlich etwas excentrischer Natur sind, 
so ist nicht zn leugnen, dass die Auffassung im Allge- 
meinen von Talent zeugt, und dass eine gewisse Fri- 
sche, ein jugendlich- kräftiges Streben, das zuweilen an 
rechter Stelle selbst znr Keckheit wird, iu jedem der 
einzelnen Gesänge sich mehr oder minder geltend ma- 
chen. So ist der „Protest" in der That recht glücklich 
angelegt, und nur in Bezug anf consequenle Durchfüh- 
rung vermisst man feste Hand; auch könnte die Decla- 
mation hier und da wohl noch bezeichnender sein, z. B. 
bei der Stelle: „So sing' doch ich, ihr Herren; nein!" 
u. s. w., wo überhaupt für die zweckmässigem Gruppi- 
rung der Perioden noch Manches hätte geschehen kön- 
nen. Hingegen müssen wir die unmittelbar darauf fol- 
gende Stelle: „Der deutsche Rhein kann freier sein,*' 
wobei die ungezwungene Benutzung der eilharmonischen 
Verwechselung, namentlich bei ihrer Zurückfährung, recht 
bezeichnend erscheint, als wahrhaft gelungen anerken- 
ne o. — Wenn wir uns übrigens recht erinnern, so sagt 
die Dichtung ursprünglich : „Der deutsche Rhein könnt' 
freier sein," was offenbar treffender die ironische Fär- 
bung bezeichnet, die dem Dichter vorschwebte ; die kleine 
Härte des apostrophirlen Wortes kommt dabei kaum in 
Betracht. 

Das kecke Reiterlied: „Die bange Nacht ist nun 
herum " enthält in engem Räume einen so gedrängten, 

Sedankenschweren Stoff, so entschiedene Gegensätze, 
ass es wohl auch grösseren, geübteren Componisten als 
schwierige Aufgabe erscheinen dürfte, das Ganze, mit Be- 
rücksichtigung des heterogenen Ideenganges, in eine com- 
£acte, und zugleich ansprechende Form zu bringen. So 
önnen wir denn auch mit dem besten Willen in der 
vorliegenden Composition nur einzelne Züge als treffend 
bezeichnen. Bei der Gesammtauffassung hat dem Compo- 
nisten unleugbar ein dem Ganzen analoger Typus vorge- 
schwebt, aber die Mittelglieder wollen sich dem Ganzen 
nicht fügen, das nun etwas Schwankendes, Zerfressendes 
erhält, was denn auch die Totalwirkung beeinträchtigt. 
Von nicht gewöhnlichem Talent zeugt übrigens die Com- 
position dieses energischen, phantastischen Reiterliedes 
unverkennbar, und einige harmonische Wendungen kön- 
nen wir als ganz ausgezeichnet hervorbeben. 

Des schwunghaften Rheinweinliedes : „Wo solch ein 
Feuer noch gedeiht" hat sich der Componist weit siche- 
rer, weit glücklicher bemächtigt ; die verschiedenen Stro* 
phen fügen sich der festgehaltenen Liedform willig nnd 
ohne Störung. Das Ganze ist auf eine massenhafte Aus- 
führung berechnet, und wird bei einer solchen, die noch 
dazn ganz ohne Schwierigkeit geschehen kann, von ener- 
gischer* nachhaltiger Wirkung sein. Die Declamation ist, 
trotz dem, dass sämmlliche fünf Strophen in eine Form 
gebracht werden mussten, meist bezeichnend und wirk- 
sam. Der fehlerhafte Accent in der vierten Strophe: 
„Frisch in die Schlacht!" kann leicht durch Thesis statt 



Arsis berichtigt werden. Widerstrebender erschien uns 
aber die unangemessene Dehnung der männlichen Reime 
in den ersten Zeilen: 

Wo solch ein Feuer noch gedeih't, 

Und solch ein Wein Doch Flammen spei't; 

diese Dehnung würde höchstens der Ironie der dritten 
Strophe zusagen. ' 

Das vierte Lied : „Ich bin ein freier Mann " macht 
wieder ziemlich hohe Ansprüche an den Componisten, 
da es sich auch hier um Mannicbfaltigkeit in der Ein- 
heit handelt. Indess ist es diesmal dem Componisten weit 
besser, als in dem Reiterliede, gelungen, diese Aufgabe 
zu lösen. Der Grundgedanke ist entsprechend, und die 
als Mittelsätze behandelten Strophen, deren Sinn aller* 
dings eine besondere Behandlung bedingte, so wie die im 
Laufe des Ganzen vorkommenden Nuancen und Erweite- 
rungen stören die Einheit und die Haltung des Gesan- 
ges durchaus nicht, sondern lassen im Gegentheil den 
Hauptgedanken nur noch wirksamer hervortreten. Nur 
will uns die Unisonostelle zu den Worten: 
Indess aas Moder, Sturz und Wettern 
Sein gold'nes Loos sieh Mancher zieht — 

als blose Abfertigung bedanken, und darf wohl überhaupt 
nicht als glücklicher Gedanke bezeichnet werden. Wie 
nun selten ein Unglück allein erscheint, so „spielt" auch 
(gleich darauf) der Componist nicht glücklich „mit den 
leichten Rosenblättern" der Dichtung, und die Transpo- 
sition des gar zu- bekannten Gedankens verstärkt noch 
den ungünstigen Eindruck. — Die Schlussstrophe ist 
durch manche geistige Zuthat belebt und überhaupt recht 
günstig und ansprechend gruppirtj nur die unbequeme 
Auflösung des Quintsexlenaccordes auf: „Reichtbum" hat 
uns gestört. — Im Ganzen bestätigt indess auch dieses 
Lied die vorteilhafte Meinung von der Befähigung des 
uns bisher unbekannt gebliebenen Componisten, der dies 
Werk erst als sein fünftes bezeichnet, und wir dürfen 
bei fortgesetzten ernsten Studien und vermehrter Rou- 
tine gewiss noch Treffliches von ihm erwarten. 



I Sechs Lieder für vierstimmigen Männerchor, componirt 
von Dr. Fr. Schneider. Op. 100. Partitur und Stirn* 

! men. Dresden, bei W. Paul. Preis 25 Ngr. 

I . Diese Lieder zeichnen sich vorzugsweise durch eine 
eigentümliche, prägnante Kürze aus, die ihre Auffas- 
sung ungemein erleichtert und sie ganz eigentlich zu 
ächten Liedern stempelt. Sie sind sämmtlich sehr anre- 
gend und belebend, wenn auch dies belebende Priucip 
mehr in Bezug auf Rhythmus und Declamation, als in 
schwunghaften Gedanken sich hervorthut. Das bewährt 
sich fast in jedem einzelnen der secbs Lieder, vorzüg- 
lich aber in dem ersten, dritten, fünften und sechsten. 
Das erste Lied: „Hinaus, hinein, hindurch, hinauf!" — 
erscheint in der ersten Strophe, trotz seines feurigen 
Rhythmus, etwas kalt, was wohl zunächst Schuld der 
Dichtung ist. Mit jeder Strophe aber wächst das Inter- 
esse, nnd der Totaleindruck ist ein sehr edler, der selbst 
die etwas schwülstige Diction des übrigens schön empfun- 
denen Gedichts vergessen macht. Die letzte Note des 
ersten Tenors im neunten Tacte soll wähl Jts statt d 



971 



1844. April. No, 16. 



272 



hassen , dar» sich ffr die OctaveflfartschreHmg mit den 
ersten Basse kein Grand denken lässt. 

No. 2. ,,Mag auch die Liebe weinen/* ren Krnm- 
maeher. Das Gänse besteht nur aus acht, noch dazu 
höchst ansprncblosen Tacten. Fehlt ihm anch nun ein 
eigenthämlich ergreifender Gedanke, so atbmet das kleine 
Lied doch eine gewisse Milde und Innigkeit, die bei über- 
einstimmendem Vortrage gewiss recht gewinnend her- 
vortreten. Der Schluss hätte vielleicht durch eine kleine 
Steigerung gehoben werden können, wäre sie auch ner 
in einer rhythmischen Augmentation erschienen. Der 
zweistimmige Eintritt der vier Stimmen bei dem Fortis- 
siao im vierten Tact ist ungenügend ; wir nehmen wohl 
nicht mit Unrecht an, dass ein Unisonoeinsatz anf as ge- 
meint sei. 

No. 3. „Auf der Wanderung/' von Hoffmann von 
Eallersleben. Die Vorzüge dieses heitern Liedes bestehen 
wobl zunächst in einer anerkennenswertben Selbständig- 
keit der vier Stimmen und kräftiger Declamation; der 
melodische Theil ist nicht hervorstechend. 

No. 4. Das bereits oft eomponirte Lied von Schmidt 
von Lübeck: „Von allen Lindern in der Weh/' Wir 
können hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass der 
wcrthe Componist fast durchgängig Texte zu seinen Män- 
nergesängen wählt, die bereits, und oft schon mehrfach, 
ja zuweilen vor langer Zeit in Musik gesetzt wurden. 
Wenn man im Allgemeinen anerkennen mnss, dass er 
meist wertbvolle und sangbare Dichtungen aufsucht, so 
lässt sich doch auch Manches gegen dies Verfahren ein- 
senden. Nicht aliein, dass oft eine frühere Compositum 
derselben Dichtung, stehe sie auch der neeern an Wer- 
tke nach, das Recht und den Vortbeil der Erstgeburt gel- 
tend macht, so dürfte es sich auch fast immer bewäh- 
ren, dass man einer neuen Composition eines, nament- 
lich schon oft componirten Liedes selten das volle Inter- 
esse zuwendet, wenn man sie nicht gar mit einem ge- 
wissen Missbehagen aufnimmt. Die vorliegende neue Com- 
position dieses altern, aber kräftigen Liedes, das glück- 
lich den tiefen Ernst der Gesinnung mit heiterm Humor 
verbindet, dürfte kaum geeignet sein, mehrere bekannte 
urid gern gesungene Melodieen desselben zu verdrängen. 
Am Wenigsten glücklich scheint uns der Anfang dieser 
Weise. Weder mit dem Uebergange aus dem Unisono in 
den gewählten Dreiklang, noch mit der nnmotivirten Ferr 
mite können wir uns befreunden. Dass der vom Com- 
ponisten angenommene Rhythmus überdies für sammt- 
nche Strophen den überwiegenden Aecent : 



im 



in der Welt 

bedingt, dürfte dem Ganzen auch nicht forderlich sein. 
Noch einige andere Schwächen , die sich später zeigen, 
veranlassen uns, dies Lied durchaus nicht zn den bes- 
seren eines Meisters zu zählen, der gerade in dieser Gat- 
tung wahrhafte Musterwerke schuf. 

No. 5. „Waldnacht, Jagdlust!" vonL. Tieck. Wie 
natürlich und geschickt aufgefassl diese Composition anch 
erscheint, dem Referenten erklingt in der Erinnerung 
eine frühere Melodie von Breidenstein (ebenfalb für vier 
Männerstimmen), durch welche die heutige beeinträchtigt 



wird , wen gleich Referent seinen lieben Fr. Schneider 
recht gut von Herrn Breidenstein zu unterscheiden vermag. 

Indess wird auch die hier in Rede stehende WaM* 
nacht ihre Freunde finden, da sie wirklich etwas von 
Waldesdnft und Jagdlust an sich trägt und das Ganze, 
ich möchte sagen: gefältig eostümirt ist. 

No. 6. „Deutschland, stehe fest ! " (Der Dichter ver- 
diente wohl , genannt zu werden t es ist der tretticbe 
Göllling in Jena!) Auch dies kräftige Lied ist, nament- 
lich durch die Turngemeinden, für die es zunächst be- 
stimmt war, in ganz Deutschland verbreitet, und wird 
nach verschiedenen Weisen gesungen. Das Gedicht ist 
so kerngesund und nervenstärkend, dass wir die hier 
gebotene neue Melodie schon deswegen willkommen beis- 
sen, weil sie die köstliche Dichtung wieder in Anregung 
bringt. Auch ist sie in der That geeignet, die ernsten, 
inhaltschweren Worte und Gedanken in Hera und Sin» 
zn prägen ; sie ist trefflich dedamirt, nnd atbmet Würde 
und Kraft, welche letztere indess im dritten Tacie wehl 
fast zur Härte wird. Der erste Tenor hat mit einigen 
Unbequemlichkeiten zn kämpfen, weshalb es wohl rath- 
sam sein dürfte, das Lied nm einen ganzen oder halben 
Ton tiefer zu nehmen; es wird kaum dadurch verlie» 
ren. — Wir empfehlen die Sammlung den deutschen 
Mannerchören aufs Beste. AL 



Nachrichten. 



Prag. (Beschluss.) Herr Damke trat in der Rolle 
des Gennaro zum ersten Male als neu engagirtes Mitglied 
auf, und wurde eben so freundlich und beifällig begrösst, 
als in seinen Gastrollen. An demselben Abende brachte 
uns „Lucrezia Borgia" noch ein zweites Debüt. Näm- 
lich Dem. Schwarz, deren wir in unserem letzten Be- 
richt schon als einer Concertsängerin mit überraschend 
schönen Stimmmitteln und gediegener Ausbildung erwähn- 
ten. Dieselbe machte in der Rolle des Maffio Orsini zum 
ersten Male einen Versuch in der Oper, der unter die 
geglücktesten gerechnet werden muss, deren wir uns er* 
tnnern. Abgerechnet, dass wir hier zum ersten Male 
diese Partie in der Stimmlage singen hörten, für welche 
sie geschrieben ist, und dass Dem. Schwär» dieselbe mit 
acht italienischer Methode vortrug, so war ihr erster 
Versuch auch in mimischer Hinsicht merkwürdig, da die 
Debütantin in keinen der entgegengesetzten Fehler der 
Anfänger — das zu Viel and zu Wenig — verfiel. Sie 
hatte den Character richtig und treffend aufgefassl, nnd 
spielte mit einer Ruhe and Sicherheit, Lebendigkeit nnd 
Würde, als wäre sie schon seit Jahren anf den verhäng- 
nissvollen Bretern heimisch; daher konnte ihr auch ein 
glänzender Erfeig nicht fehlen. Vom zahlreich versam- 
melten Publicum lebhaft begrüsst, wurde sie schon nach 
der Erzählung in der Introduction , welche sie mit dra- 
matischem Leben vortrug, stürmisch beklatscht, nnd sie 
wnsste sich diese günstige Stimmung des Publicems nicht 
nur durch die ganze Oper zu erhalten, sondern dieTbeilnahme 
steigerte sich nach dem Trinkliede — von dem manschen 
die Wiederholung der ersten Strophe tosend verlangte und 



273 



1844. April. No. 16. 



274 



vergessen zu haben schien, da» es eine zweite habe, — I 
zum Enthusiasmus. Ucberbaupt sprach die ganze Oper so 
sehr an, dass auch die beiden folgenden Prodvclionen 
derselben ein ganz gleiches Resultat des Beifalls «nd Be- 
suches darboten. Nachdem wir eine Oper, worin nur eine 
Stimme zu hören war (Donizetti 9 * Marie), über vierzig 
Mal mit Theilnahme angehört haben, so ist es wohl kein 
Wander, dass es dem Publicum wob) t bat, an einem 
Abende vier jugendkrSftige Stimmen (die Dem. Grosser ond 
Schwärs und die Herren Runs und Damke) zn vernehmen* 

Die zweite Antrittsrolle des Herrn Damke war To- 
nio in „Marie, oder die Tochter des Regiments/ 4 welche 
ihm aber minder, als seine früheren Partreen gelang? 
auch hier, wie im „Wildschützen** und „Des Teufels 
Antbeii»" fehlte die muntere Laune, welche den jungen 
Gebirgsbewohner charaeterisiren soll. 

Die böhmische Oper im zweiten Theater brachte; 
„Der lustige Schuster oder: So zähmt man böse Wei- 
ber," komisches Singspiel in zwei Aufzogen nach dem 
Italienischen „Le donne cambiate" übersetzt von Joh. 
Nep. Stepanek, die Musik von Paer, worin vorzüglich 
Dem. Kotiert als Schusterin excellirte, und zum Vortheile 
des Chorpersonals: „Der Thespisgarten oder: Ein Schelm 
thut mehr als er kann , " grosses musikalisch dramati- 
sches Quodlibet in zwei Abtheilungen, in welchem Mad. 
Podhorsky , Herr Runs und Herr Gordigiani aus be- 
sonderer Gefälligkeit mitwirkten. Herr Runs sang näm- 
lich die Arie des Mabomet aus Rossini* s „Belagerung 
von Corinth," Mad. Podhorsky eine Scene aus „Der 
Schweizerfamilie,*' und Herr Gordigiani das Lied mit 
Chor aus Federico Riceis „Prigione di Edimburgo." 

Die beiden Violinvirtoosinnen Theresa und Maria 
Milanollo, die wir nicht Wunderkinder nennen wollen, 
weil sie von den gewöhnlichen Attributen dieser Men- 
sebengattung nichts an sich haben, erfreuten sich auch 
hier desselben Erfolges , der ihnen wohl nirgend fehlen 
wird. Das kunstreiche Schwesterpaar ist in der That eine 
so frappante als interessante Erscheinung, dass es kein 
Wunder ist , wenn dasselbe einen Referenten , der nur 
einigermaassen zum Enthusiasten inclinirt, zu Hyperbeln 
verleitet. So kühn und phantastisch waren die Lobprei- 
sungen aus Wien, dass sie beinahe Misstrauen in die 
Künstlerinnen erregten und diesmal die ungewöhnliche 
Folge hatten, dass ruhigere Kunstliebhaber zu viel von 
Aer Summe des Lobes abzogen und daher dureh das vor- 
handene Schöne auf das Angenehmste überrascht wur- 
den. Auch der Referent unserer „ Bohemia" bat einige 
Anlage zum Kunstentbusiasten, wo er sich von wahrhaft 
Ausgezeichnetem bewegt fühlt, und nachdem er die Frage 
gestellt bat, wober der ungeheuere Erfolg der beiden iun* 
gen Violinspielerinnen komme? meint er endlich : „Wenn 
jener Götterstrabl , mit welchem der Schöpfer einzelne 
Bevorzugte, die das wahrhafte „Salz der Erde" sein sol- 
len, ausstattet, jener Götterstrahl, der sich im Prisma 
der Sinnenwelt gar wunderbar bricht, so dass uns seine 
äussere Erscheinung als Gemilde, als Bauwerk, als Ge- 
dicht, ala Tonwerk (oder dessen Aufführung) manifestirt» 
wenn das Genie sich uns zeigt, so bringen wir ihm un- 
willkürlich unsere Huldigung dar. Wenn wir aber jenes 
Gottesbaucb in den Seelen zweier Mädchen so gewal- 



tig wirken sehen, zweier Mldchen, leren eine eben 
nur an der Grenze zwischen Kind und Jungfrau steht, 
die andere aber entschieden noch Kind ist, wenn wir 
sehen, wie sie in einem Alter, wo andere ihres Ge- 
schlechtes noch mit Puppen spielen, mit Leichtigkeit 
Das leisten, wonach Viele, selbst Regabte, ihr ganzes 
Leben lang vergeblich ringen, so ist das geradezu über- 
wältigend. 4 * Theresa und Maria Milanollo haben hier 
sieben Concerte (das letzte zum Besten des Pensi- 
ensinstituts für die Orchestermitglieder der ständischen 
Buhne) gegeben, das erste im Saale der Sophien -Insel 
und fünf Mal im Theater. Theresa eröffnete das erste 
Goncert mit einem Maestoso aus dem dritten Beriof sehen 
Violinconcert , worauf sie noch eine Lqfonf sehe Fanta- 
sie über Motive aus der „Stummen von Portici'* und ein 
„Souvenir de Bellini 4 ' von Arlot allein, und mit ihrer 
Schwester Maria ein Duo concertante von Dancia vor- 
trug. Maria (Schülerin ihrer Schwester Theresa, welche 
auch alle ihre Leistungen überwacht und leitet) gab über* 
dies Variations brillantes von Mayseder zum Besten, und 
diese Nummern genügten, um das grosse, bereits glän- 
zend ausgebildete Talent beider Schwestern kennen und 
würdigen zu lernen. Wenn Theresa mit einer Virtuosi- 
tät, die zu erringen bei manchem geschätzten Künstler *) 
ein Lebensalter nicht hinreicht, eine treffliche Bogenfüh- 
ruiig, Kühnheit und Sicherheit in. Läufern und Doppel- 
griffen, Trillern und dem wunderbarsten Staccato eben 
so viel Seele, als Gemüth und Geist vereinigt, so reisst 
sie mit dem einfachen Gesang ihres Instruments eben so 
zur Bewunderung als zum Mitgefühl bin. Diese Eigen- 
schaften wurden in allen ihren Leistungen bemerkbar, be- 
sonders aber verkündete sich in dem u4rtot*sehtn Sou- 
venir und dem Vortrag des Schlummerliedes eine über- 
irdisch rührende Milde und Süsse, und eine Reinheit, 
wie des Tons, so wie des Gefühls. Maria 's Spiel hat 
einen ganz verschiedenen Character, nicht jene senti- 
mentale Vollendung, dagegen' eine überraschende Ener- 
gie des Vortrags, die sich besonders in kühnen, glänzen- 
den Passagen, Arpeggien, Trillern und Staccato's zu ge- 
feiten scheint. Vor Allem überraschte bei der übrigens 
so verschiedenen Individualität beider Schwestern das Zu- 
sammenspiel in dem Duo von Dancia, das nicht vollkom- 
mener gedacht werden kann. Der Componist bat darin 
einige Stellen angebracht, worin die Violinen in Octa- 
ven und endlich gar im Einklänge spielten. An diesen 
Stellen wird nun auch das geübteste Ohr nicht im Stande 
sein, an etwas Anderem, als etwa an der erhöhten Klang- 
fülle zu erkennen, dass es nicht eine Violine ist, so ganz 
genau trifft Intonation, Tonstärke, Strich und Vortrags- 
weise zusammen. Im zweiten Concerte (um die Mittags- 
stunde im Theater, welches auch der Erzherzog Stephan 
besuchte) wurde die Fantasie über die „Stumme" und 
das Duo von Dancia wiederholt, und das dritte brachte 
nur zwei neue Nummern, nämlich .* „Maestoso" des vier- 
ten Coneertes von Vieuxtemps, vorgetragen von The- 
resa^ und „Adagio und Rondo'* aus dem nämlichen Con- 

•) Wir enthalten aas aller Parallelen mit Paganim und aade- 
ren Heroen der Violine, da Vergleiche in der Knnst nie z« 
einem ächten Resultate fuhren und nur data dienen, die Le- 
ser misstranisen zn machen oder irre zu leiten. 



275 



1844. April. No. 16. 



276 



eerl, gespielt Yon]MariaMilmollo. Die übrigen Coneerte 
enthielten nebst mehreren Wiederholungen noch manche 
erfreuliche Compositum von Beriot, May seder, Vieux- 
temps und Humann, und die beiden jungen Künstlerinnen 
konnten mit dem vollen Bewusstsein abreisen, dass das 
musikliebende Publicum Prags sich noch keineswegs an 
den Genüssen ihrer Kunst gesättigt habe, sondern ihrer 
einstigen Wiederkehr mit Vergnügen entgegensehen wird. 

Herr Joseph Braun (fürstl. Pürstenberg'scher Kam« 
mermusikus) gab im kleinen Saale der Sopnieninsel ein 
Privatconcert, welches zwar nur eine kleine Zahl von 
Kunstfreunden versammelte, doch nicht von geringem Inter- 
esse war. Herr Braun behandelt sein schwieriges Instru- 
ment (den Fagott) mit eben so viel Virtuosität, als Ge- 
schmack, und beweist schon dadurch, wie sehr er die 
Grenzen und Mittel des Fagottes kennt und beherrscht, 
dass er denselben so viel als möglich* in seinem eigent- 
lichen Bereiche, der Tenorlage, zu erhalten strebt. Auch 
die tiefen Töne sind kräftig, und Herr Braun versteht 
es, die gefahrdrohende Mittellage auf gewandte Weise mit 
den hoben nnd tiefen Tönen auszugleichen. Die Nummern, 
welche wir von Herrn Braun hörten, waren sämmtlich 
von seiner eigenen Composition, nämlich: Souvenir de 
Donaueschingen, Concertino No. 1; — „Adelaide," von 
L. v. Beethoven (was mir kein ganz glücklicher Ver- 
such schien, obwohl der Vortrag musterhaft war, aber 
der Fagott ist doch keine Menschenstimme), und endlich : 
Dramatische Skizze zu einer Gantilene von Belltnt. 

In diesen Tagen haben wir das erste Conservalo- 
riumsconcert zu erwarten, welches dadurch ein besonde- 
res Interesse erhalten dürfte, das, wie die „Bohemia" 
meldet, Director Kittl von der Direction des Vereins zur 
Beförderung der Tonkunst den amtlichen Auftrag erhal- 
ten hat, als erste Ensemblenummer eine seiner Compo- 
sitionen zur Auffuhrung zu bringen, wozu er seine Jagd- 
symphonie erwählte. Das erste Concert, welches Director 
Kittl im Conservatorium dirigirt, kann nicbt ehrenvoller 
und sinnreicher eröffnet werden, als mit einer seiner Com- 

Ctsitionen, die bereits den Kreislauf durch ganz Deutsch- 
nd und bis Paris gemacht. In der That gehört Kittl 
unter die seltenen Beispiele von Männern, die, ohne auf 
finanzielle Rücksichten zu achten, nur den Interessen der 
JKun8t leben, der sie ihr Dasein geweiht haben. Noch im 
Uebergang vom Jünglinge zum Mann, wie er die juristi- 
schen Studien vollendet, hatte Kittl die Wahl, als Nach- 
folger seines Vaters, fürstl. Schwarzenberg'schen Ober- 
amtmanns, eine einträgliche Stelle zu übernehmen, aber 
der Beruf in seinem Innern liess sich durch pecuniäre 
Vortheile nicht irren, er blieb ihm getreu, und während 
seine Erfolge als Componist und Pianist, wie der Ruf an 
eine Stelle, nach welcher so manche musikalische Nota- 
bilitäten strebten, sein Benehmen rechtfertigte, müssen 
selbst seine sogenannten practiscben Freunde eingeste- 
hen, dass Kittl vollkommen Recht hatte, und dass die 
Kunst und er durch seine Sündhaftigkeit gewonnen haben. 

Cöln, im April 1844. Weil in diesen Blattern nur 
äusserst selten Berichte über den Stand der Musik am 
Niederrhein und in Cöln sich vorfinden, mögen einige 
Notizen über die diesjährigen Winterconcerte gestattet 



sein, und zwar um so mehr, ab seit dem vorigen Herbste 
Herr Heinrich Dorn (früher in Königsberg und Riga) als 
städtischer Capellmeister fungirt, und dadurch die hiesi- 
gen musikalischen Kräfte einen neuen Vereinigungspunct 
und die Aufführungen einen neuen Aufschwung erhalten 
haben. Ausser verschiedenen Concerten zu wohlthätigen 
Zwecken, und abgesehen von der Oper, welche sich eines 
guten Rufs erfreut, hatte in dem verflossenen Winter das 
sogenannte Cöiner Quartett (bestehend aus den Herren 
Hartmann, Derkum, Fr. Woher und B. Breuer) sieben 
Abendunierhaltungen zur grossen Befriedigung der Lieb- 
haber der Instrumentalmusik veranstaltet. Sechs grössere 
Coneerte wurden von der seit langen Jahren bestehen- 
den Concertgesellschaft gegeben, die als die wichtigern 
musikalischen Aufführungen zu einer nähern Besprechung 
geeignet erscheinen. Diese Gesellschaft besteht aus Dilet- 
tanten, wobei jedoch selbstredend der grössere Theil des 
Orchesters aus besoldeten Musikern gebildet ist; der Chor 
ist ziemlich zahlreich, und es mag die Andeutung genügen, 
dass am Sopran gewöhnlich 34 bis 37 Sängerinnen mit- 
wirken; auch das Orchester hat eine übereinstimmende 
Stärke, nämlich bei Symphonieen und Ouvertüren fünf 
Pulte Violino 1 und so fort. In jedem Coneerte wurde 
durchschnittlich eine Symphonie und eine Ouvertüre zur 
Aufführung gebracht, und zwar in dem verflossenen Win- 
ter folgende Symphonieen: No. 8 in Pdur von Beetho- 
ven; Gmoll von Mozart; die Weihe der Töne von L, 
Spohr , welche als eine hier noch nicht gehörte und we- 
gen ihrer grossartigen Anlage und der Schönheit mancher 
Details ein besonderes Interesse erregte ; Symphonie No. 
2 in Cmoll von F. Ries; No. 7 in Adur von Beetho- 
ven, und in dem letzten Coneerte eine neue Symphonie 
in Ddur von dem städtischen Capellmeister, welche sich 
vielfachen Beifalls zu erfreuen batte. 

An Ouvertüren wurden aufgeführt: zur Iphigenie in 
Aulis von Gluck, zu Omar und Leila von Fesca, zu 
Coriolan von Beethoven, zur Jungfrau von Orleans, von 
dem hierselbst wohnenden Tonsetzer Joseph Klein (Bru- 
der von Beruh. Klein), Concert -Ouvertüre von IV. H. 
Veit, Op. 17, und zu Idomeneo von Mozart. 

Ersichtlich ist, dass das Orchester in den Winter- 
concerten eine genügsame Beschäftigung, gefunden hat, nnd 

(glaubt Einsender dieses, dass das hiesige Orchester einer 
obenden Anerkennung seiner Wirksamkeit würlig ist. 

An Instrumentalsolo's sind unsere Coneerte fast arm 
gewesen, denn ausser zwei Violinsolo's , ausgeführt von 
unserm sehr tüchtigen ersten Violinisten Herrn Hart- 
mann, und einem Coneerte für Oboe, vorgetragen von 
Herrn Otto Spindler aus Aachen, haben wir in den sechs 
Concerten keine weitem Solo's gehört ; übrigens ist auch 
Cöln nicht eine Stadt, wo Virtuosen reichliche Ernte zu 
finden gewohnt sind ; ja selbst Liszt hat vor zwei Jah- 
ren nur ein laueres Interesse erwecken können. 

Aus dem beigefügten Verzeichnisse der Vocalsachen, 
wie sie in den verschiedenen Concerten zur Aufführung 
gekommen sind, lässt sich entnehmen, dass auch dem 
Chor Gelegenheit gegeben worden ist, seine Tüchtigkeit 
zu erproben. Bei der Auswahl scheint das Bestreben vor- 
gelesen zu haben, solche Piecen vorzuführen, denen ei- 
nesteils der Name von dassischen Musikwerken nicht 



277 



1844. April. No. 16. 



278 



abgesprochen werden kann, die anderntiteils aber nicht 
so ernster Nalnr sind, um nicht auch ein grösseres Pu- 
blicum anzusprechen. 1) Finale des ersten Actes aus Ti- 
tos von Mozart, 2) Miltoris Morgengesang- Cantate von 
Reichardt, 3) Pinale des ersten Actes aus dem unter- 
brochenen Opferfest von Winter , 4) Stabat mater von 
Rossini. Wenn dieses Musikstück auch nicht den Namen 
eines classiscben Werkes nach dem gewöhnlichen Sprach- 
gebraucbe verdienen mag, weil der ernste Kirchentext 
vielfach in Melodieen eingekleidet ist, die nur für eine 
Oper passend erscheinen, so ist die Gomposition in an- 
derer Beziehung so überdacht und so effectvoll, dass die- 
ses Tonwerk noch häufig als zu ConcertaufFobrungen .ge- 
eignet angesehen werden wird. Die Ausfuhrung war nicht 
cxact und nicht zu vergleichen mit der Darstellung, 
welche der hiesige Theaterdirector am 4. April unter 
Mitwirkung von vier seiner sehr tüchtigen Solisten ver- 
anstaltet hatte. An Vocalsachen wurden weiter zur Auf- 
führung gebracht : 5) Christus am Oelberge von Beetho- 
ven, 6) Terzett und zweites Pinale aus der Vestalin von 
Spontini, und zuletzt die No. 1 — 16 aus Paulus von 
Mendelssohn; sodann noch folgende Solo's : Arie „Nun 
beut die Flur" aus der Schöpfung von Haydn, die So- 
pranarie aus Fidelio von Beethoven, eine Bassarie aus 
der Oper „Der Schöffe in Paris" von H. Dorn, Recita- 
tiv und Arie für Sopran aus dem Oratorium Wittekind 
von Mangold, nehst einem Choral, zuletzt Scene und 
Duett aus der Oper , 9 Oedipus auf Colonos" von Sacchini. 
Was die Leistungen des Chors betrifft, so finden 
sich in demselben viele tüchtige Sänger und Sängerin- 
nen, und wenn auch, wie dies bei Dilettantenvereinen 
überall der Fall sein wird, ganz schwache Subjecte mit 
unterlaufen, so ist die Zahl der tüchtigem so überwie- 
gend, dass die" schwierigsten Musikstücke mit wenigen 
Proben aufgeführt werden können, z. B. das zweite Fi- 
nale aus der Vestalin, neunstimmig, mit einer Chor- und 
einer Orchesterprobe. Wünsche bleiben hier allerdings 
noch übrig : so kann der Sopran in der Höbe nicht recht 
vorankommen, wie dies am Niederrhein leider vielfach 
der Fall ist; auch hätte dem Chor beim Einstudiren mehr 
zugemutbet werden können, z. B. ein strengeres Beob- 
achten der vorgeschriebenen Zeichen und ein tieferes 
Eingehen in den Character der Musikstücke, was bei 
einem Chor, der aus gebildeten Personen besteht, das 



Hauptaugenmerk sein sollte. Was uns hier fehlt, ist zwei- 
erlei : eine tüchtige Concertsängerin (hoher Sopran) und 
ein Gesanglehrer oder Lehrerin. Dem erstem Bedürf- 
nisse soll abgeholfen werden, denn, wie verlautet, soll 
zum künftigen Winter eine Concertsängerin engagirt 
werden. Was den Wunsch der Ausdehnung der Unter- 
> richtsniittel betrifft, so zweifelt Einsender dieses nicht 
i daran, dass eine Gesanglehrerin, vorausgesetzt, dass sie 
| eine gute Schule bat, sich in Cöln bald eine befriedi- 
gende, vielleicht eine reichliche Existenz verschaffen 
könnte. — Um zu dem diesjährigen Concerte zurückzu- 
kommen, so haben verschiedene Dilettanten mit grosser 
Gefälligkeit und Beifall Solo's übernommen, und in zwei 
Concerten haben wir mit Vergnügen eine in Darmstadt 
wohlbekannte Concertsängerin gehört, welche auf gesche- 
hene Einladung bereitwillig herübergekommen ist. Dies 
ist auch die Ursache, weshalb unter den obenverzeich- 
neten Vocalpiecen sich verhältnissmässig so viele Sopran- 
arien vorfinden. 

Jetzt, unmittelbar nach Beendigung der Wintercon- 
certe, beginnen die Proben für das niederrbeinische Mu- 
sikfest, weiches zu Pfingsten in Cöln gefeiert werden 
wird. Das Programm enthält nur classische Tonwerke, 
und bei den grossen Mitteln, die Cöln und die verbün- 
deten Städte besitzen, lässt sich grosser Genuas für Mu- 
sikfreunde vorhersagen. «, 



Feuilleton. 



Der bisherig« Direetor des Mainzer Theaters Herr ifcmte bat 
die Leitung der dasigen Bahne auf fernere drei Jahre, nämlich 
bis September 1847, übernommen. Zugleich hat er mit dem Eigen- 
tbömer des Londoner Operntbeaters am Strand einen Vertrag ober 
40 im nächsten Sommer dort zu gebende deutsche Opernvorstel- 
lnngen (im Abonnement) abgeschlossen, wozu noch mehrere Bene- 
fize ausser Abonnement kommen. Das genannte Theater ist klei- 
ner, als die von Drurylane und Coventgarden , auf denen Schu- 
mann in früheren Jahren Opern Vorstellungen gab. 

Frau Dr. Clara Schumann bat in St. Petersburg mit grb'ss- 
tem Beifall vier Concerte gegeben, sieh ausserdem bei Hofe hören 
lassen, und überhaupt vielfältige Anerkennung und Ehrenbezeigung 
erfahren. Wir hoffen unsern Lesern bald eioeo ausführlichen Bericht 
darüber geben zu können. In diesem Augenblick befindet sich die 
Künstlerin mit ihrem Gatten muthmaasslicb bereits in Moskau ; den 
Rückweg gedenken sie über Sobweden und Dänemark zu nehmen. 



Ankündigungen. 



Bei Sem» et? Heffmmailll in Prag ist neu erschienen i 
Dritte Nova -Sendung. 

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Pianoforte. 50 Kr. 

Dasselbe zu 4 Händen. 411 Kr. 

Dasselbe für Orchester, 2 Fl. 

Veit, Drei Lieder für eine Singstisnme mit Begleitung des Pia- 
noforte. 25. Werk. 45 Rr. 

ProehaWlMs, JTelt., Hennatns- Rosen. Walner für das Pin- 
noforte. 45 Kr. 



Llehmaiiil, Jos». Veilchen - Kranze. Drei Polka für das 

Pianoforte. 21. Werk. 50 Kr. 
Dietrich, F., Camdien. Zwei Polka und ein Galopp für das 

Pianoforte. 50 Rr. 



» Budlnsliy, F., Erinnerung an Ramenitn. Zwei Polka und 

ein Galopp für das Pianoforte. 50 Rr. 
«lutmannstliAl, W. C, Patriotenklinge. Zwei Polka 

nnd ein Galopp für das Pianoforte. 50 Rr. 
mUngelftberS, UV Fasckings- Funken. Zwei Polka und ein 

Galopp. 20 Rr. 



Im Verlage tob Pletr* UJfocltettl qmrn, Carl«, k. 
k. Hof-, Kunst- nnd Musikalienhandlung in Wie n, erscheint in 
Rune mit Eigenlknsasreehl i 

Vnlse brillante pour le Piano snr nn Motif de l'Opera: Dom 
i, de C. ftouzefn', par Jmcqnts Ben. Qeur. 41. 



Se- 



879 



1844. April. No. 16. 



1280 



I« uien Vertage aat ae ebea ersehie 

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Julias Knorr* 

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Tägliche Gesangstudien 

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Wir erlauben aas, Lehrer »ad Lernende auf diese beiden 
Werbe besondere aufmerksam zu machen. 



Leipzig, 15. April 1844. 



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zweite vermehrte Auflage 

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nach Hiller in Partitur gesetzt, nebst Kommuniongesäu- 
gen und Responsorien zum Gebranch für Seminarien, 
Gymnasien, Gesangvereine, Bürgerschulen und Posau- 
nenchöre. Herausgegeben von H. B. Schuhe, Gantor 
und Musikdirektor in Zwickau. 11% Bojen auf be- 
sonders starkes Canzletpapier. Preis 20 Ngr. 

Pur die Zweckmässigkeit und Branchbarkeil dieses Choralbu- 
ehes sprechen die Empfehlung höchster Behörde und der schnelle 
Abtatz der ersten Auflage durch Einführung derselben in verschie- 
denen Seminarien, Kirchen und Schulen. Durch Vermehrung von 
drei Schichf sehen Chorälen und der Litanei ist das Werk noch 
brauchbarer geworden. 

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sieh direct an die Verlagshandlang wendet, besonders in Partieen, 
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der." * Sgr. 

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-14. d? 4? dt d? Dignare domine die. 7\ Sgr. 



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Fremdling. 5 Sgr. 

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- 14. Händel, Psalm 97 : Es ist der Herr. 5 Sgr. 

- 15. JomelU, Motette i Deo patri sit gloria. 5 Sgr. 

- 16. Handel, Pnalm 9* ■ Erhebet hoch den Herrn, 5 Sgr. 

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„Warum verliessea wir.** 5 Sgr. 
18. Händel , Psalm 51: Rein mach' das Herz mir. 5 Sgr. 

- 19. C. Ph. E. Bach, Oraforinm die Israeliten in der Wüste : 

„Wie nah' war uns der Tod." 7i Sgr. 

- 90. Händel, Psalm 80: Wohl, ach wohl, o Herr. 5 Sgr. 
• 21. Le; Ave maris stelle: Virgo siugularis. 5 Sgr. 

- 22. C. Ph. E. Bach, Oratorium die Israelitenjia der Wüste 

„Beneidenswert!!, die ihren Sohn.'* 7£ Sgr. 

- 23. Haue, Te deum): Index crederis esse. 7i Sgr. 

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des Pianoforte. Op. 76. (An die Geliebte. — Dir allein i — 
Ich bab' eiae alte Muhme.) 1 Fl. 

Drei Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Piano- 
forte. Op. 77. (Die nickende Mutter. — - Kehr 9 ein bei mir I — 
Am Bache!) 1 Fl. 

Jfluller, F., Coacertiao paar Violoncello avec Accompagne- 
ment de TOrchestre. Op. 55. 5 Fl. 

i Idem avec Accompagneroent de Pianoforte. 1 Fi. 56 Kr. 

Die königlich bayrische Hofmusik- lntendance bezeugt hier- 
mit, dass die von dem hiesigen Burger und Mechanikus Herrn 
Knocke am die königliche Hofmusik - lntendance am Anfang des 
Jahres 1842 gelieferten mit einer von ihm erfundenen und aus- 
I geführten mechanischen Vorrichtung zur möglichst schnellen Um- 
Stimmung versehene« Pauken nunmehr seit zwei Jahren bei allen 
Vorstellungen im königlicheu Hoftbeater gebraucht worden sind 
und diese Coastruction sich praktisch als aueh zweckmässig and 
dauerhaft erwiesen habe , dass diese Instrumente aawohl ia Bezie- 
hung auf Schnelligkeit des Umstimmens, als auf Schönheit, Kraft 
und Fülle und eben so auf Reinheit des Tones vollkommen ge- 
lungen genannt., sobin allen grossen Orchestern empfohlen wer- 
den können. 
München, den 7. Februar 1844. 

(£. S.) Freiherr v« l*elssl , königl. Hofitheateriateadant. 
w. Spen#el, Theater -Oekoaamie- Roth. 
Franz Lachner, königl. Hofeapellmeister. 
Aug. InJmOCaLe» Mechanikus. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



281 



282 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 24"" April. 



M Vf. 



1844. 



Iüfcaltt Zar musikalischen Literatur. — Recensionen. — Nachrichten: Ans Göttingeo. 
Mgtmgen. 



Aus Weimar. — Feuilleton. — dnkün- 



Zur musikalischen Literatur. 

Von Dr. August Ka hier t. 

Wenn man über die Art, wie die Wissenschaft dem 
Tonkünstler am Meisten Hilfe leisten könne, sich häu6g 
veruneinigt hat, indem bedeutende Meisler überhaupt mit 
Lächeln und Kopfscbütteln von dem Nutzen sprechen, 
den theoretische Untersuchungen ihnen gewähren, und 

Sern auf den alten Satz, dass das Genie sich nicht nach 
egeln richtet, sondern sie selbst giebt, berufen, so wird 
man doch ziemlich allgemein zugeben, dass kritische (In* 
tersucbuDgen der Ton werke nicht unserer, sondern frü- 
herer Perioden dem künstlerischen Bewusstsein der Ge- 
genwart forderlich sind. Lehrbücher der Composition 
sind, wie alle wissenschaftlichen Systeme, gar so sehr 
vom Zeitgeiste abhängig, der in den Lehrern selbst die 
Täuschung hervorbringt, Das, was eb4n ihrer Individua- 
lität entspricht, auch für die allgemeine Wahrheit zu hal- 
ten. Die Untersuchung aber, die an Gegebenes sich an- 
schliesst nnd davon zn den höheren Lehrsätzen selbst 
aufsteigt, kommt nicht allein zu Resultaten , die auf fe- 
sterer Grundlage ruhen, sondern sie behält auch eben 
deswegen den Werth längerer Brauchbarkeit. Ich erin- 
nere nur an Lessing' $ „Laokoon," der beute noch mit 
derselben Prisehe, wie 1768, wirkt, weil dort die ästhe- 
tischen Grundsätze an bestimmten vorhandenen Kunst- 
werken entwickelt, davon hergeleitet werden, während 
unzählige Compendien nnd Systeme der Aesthetik seit je- 
ner Zeit erschienen und wie Ranch vergangen sind. Die 
Tonkünstler gleichfalls werden aus acht kritischer Be- 
handlung der Geschichte ihrer Kunst, aus der Analyse 
der Persönlichkeit sowohl, als einzelner Werke gerade 
früherer, nicht lebender Heister immer noch am Meisten 
lernen« Und in dieser Hinsicht sind wir nicht reich an 
würdigen Arbeilen. Den Einen, die dergleichen versu- 
chen, fehlt theoretische Kenntniss, den Andern geschicht- 
liche, den Dritten philosophische. Es muss Viel beisam- 
men sein, wenn eine solche Arbeit neben und mit dem 
unsterblichen Ton werke bestehen soll. Mit Vergnügen be- 
zeichne ich als eine solche, die diese mannichfachen Vor- 
züge in sieh vereinigt, folgendes interessante Werk, das, 
da es im fernen Auslande erschienen ist, sonst wohl in 
Deutschland leicht unbekannter bleiben möchte, als es 
unstreitig verdient: 

46. Jahrgang. 



Nouvelle Biographie de Mozart, soivie d'un aper?u sur 
l'hisloire g6nerale de la musique et de l'analyse des 
principales oeuvres de Mozart, par Alexandre Ouli- 
bjcheffy membre honoraire de la socieU6 philbarmoni- 
que de St. Petersbourg. III volumes. 8. Moscou, de 
rimprimerie d'Auguste Semen 1843. — Vol. I. cont. 
318 pages, Vol. II. 378 pages, Vol. III. 478 pages; 
Der Verfasser dieses Werks, Russe von Geburt, ist 
in Dresden erzogen, nnd bat deutsche Kunst und Litera- 
tur, wie deutseben Sinn, genau kennen nnd lieben ge- 
lernt. Die Bahn des Diplomaten, zu der er erzogen und 
herangebildet war, wies ibm allmälig eine Menge von 
Geschäften an, welche ibm gleichwohl Zeit Hessen, sei- 
ner Lieblingsneigung, der zur Musik, ausdauernden Fleiss 
zn widmen und das Beste, das diese Kunst hervorge- 
bracht bat, kennen zu lernen. Seit 1830 nun hat er sich 
naeh dem Innern von Russland zurückgezogen, wo er, 
im Gouvernement Niscbnei - Nowgorod, bald in der Stadt 
dieses Namens, bald auf seinen grossen Gütern in be- 
deutenden Verhältnissen lebt. In jener Stadt, an den Ufern 
der Wolga, wo ein jährlicher Weltmarkt stattfindet, auf 
dem Asien nnd Europa einander die Hände reichen, bat 
sein Eifer und seine Beharrlichkeit ein musikalisches Le- 
ben hervorgerufen, wovon dort bis dahin keine Spur 
war. Er hat ein Quartett zusammengebracht, das alle 
Werke der Classiker vorträgt, und dies ist wieder die 
Wurzel eines Orchesters geworden, das allmälig die Sym- 
phonieen derselben einstudirt hat und Theilnahme unter 
den Zuhörern gewinnt. Als einen Musiker, der durch 
ausgezeichnetes Talent der Direction ihm dabei wesent- 
liche Dienste leiste, rühmt er Herrn Rindt (wahrschein- 
lich ein Deutscher). Die Schilderung aller dieser Verhält- 
nisse geschieht in der Vorrede mit liebenswürdiger Be- 
scheidenheit, die ungeachtet alles Feuers, aller acht poe- 
tischen Begeisterung, die ihm oft bei seinen Schilderun- 
gen die Farben leiht, in dem ganzen Werke sichtbar 
bleibt. Indem die Entstehungsgeschichte dieser Biographie 
Mozarts geschildert wird, bekennt er selbst, dass er 
bei dieser mehr als zehnjährigen Arbeit gelernt, mit sei- 
nem Stoffe gewachsen sei, und was er zuerst überm ü- 
tbig gleichsam als Kinderspiel übernommen, znletzt als 
eine fest die Kräfte des Einzelnen übersteigende Aufgabe 
erkannt babe. Dieses Bestreben, überall die Wahrheit tu 
finden, das bohle Gerede zu vermeiden, das die gewöhn- 
liche Sprache der Dilettanten and leider auch der kunst- 

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lerischen Journalistik ist, dieser Sinn, eine einzelne Er- 
scheinung in der Kunstwelt durchaus nicht anders, als 
in ihrem causalen Zusammenhange mit vorhergegangenen 
und nachfolgenden aufzufassen, dies zeichnet ihn rühm- 
lich aus, und giebt seinem umfangreichen Buche litera- 
rische Bedeutung. So viel einzelne treffliebe Abhandlung 
gen in Deutschland über Mozart und einzelne Werke 
dieses Meisters geschrieben worden, so trage ich doch 
kein Bedenken, zn behaupten, dass wir bis jetzt kein 
deutsches Werk über diesen Gegenstand besitzen, welches 
dem jenes zugleich mit künstlerischem Talente und phi- 
losophischem Scharfblicke begabten Russen irgend gleich- 
käme. Dass er die Sprache der vornehmen Welt in Eu- 
ropa, die französische, gewählt hat, ist wohl natürlich, 
denn er will sich eben mit ganz Europa und nicht mit 
deutschen Lesecirkeln unterhalten und in Ideenverkehr 
setzen. 

Die Veranlassung zu dem Werke hat Nissen s be- 
kannte Lebensgeschichte Mozarts gegeben. Anfänglich 
hatte der Plan, dieses an Thatsachen so reiche Buch aufs 
Neue und in geschmackvollerer Form zu bearbeiten, wie 
es schien, keine grossen Schwierigkeiten. Bald aber 
zeigte sieh, dass ein nach den letzten Gründen des grossen 
Einflusses, den Mozart geübt hat, forschender Geist sich 
dem Stoffe gegenüber einen ganz andern Standpunct su- 
chen müsse, als Nissen, der nichts als Compiiation ge- 
liefert hat, der auf höhere Ideen, auf Darlegung des in- 
neren Zusammenhanges ganz verzichtet. So wurde denn 
vor allen Dingen nöthig, das Verhältniss Mozarts zu 
allen andern grossen Tonmeistern festzustellen, und dies 
bedingte das Eindringen in die an so vielen Stellen ver- 
wickelte Geschiebte der ganzen Tonkunst. Kritik der ein- 
zelnen Werke Mozarts endlich bat Nissen gar nicht 
geliefert , sondern ist nur bemüht gewesen , bei jedem 
einzelnen verschiedene Urtbeile darüber zu sammeln und 
neben einander abzudrucken, wodurch ihm die Mühe, 
selbst zu richten und seinen Spruch zu motiviren, er- 
spart blieb. 

Die Grundansicht, wovon Oulibich^ff ausgegan- 
gen ist , und welche in allen Theilen seiner Arbeit nin- 
durchscheint , ist nun vor allen Dingen zu entwi- 
ckeln; sie stellt sich nicht als vorgefasste Meinung, 
die dem Stoffe angepasst worden , heraus 9 sondern als 
Resultat seines vieljährigen Studiums. Mit aufrichtiger 
Freude habe ich hier zu bemerken, dass es dieselbe ist, 
die ich vor mehreren Jahren in einer in der Vierteljahr- 
schrift: „Die Jahreszeiten" abgedruckten Abhandlung: 
,, Gegenwart und Zukunft der Tonkunst" auszuführen 
bemüht gewesen bin, und, da dieselbe schwerlich bis nach 
Nischnei -Nowgorod gekommen ist, so ist dieses Zusam- 
mentreffen zweier durch mehrere hundert Meilen von 
einander getrennten Personen in einem Puncte wohl eine 
Art von Zeugniss für die Richtigkeit der Ansicht. Die- 
selbe beruht nämlich darin, dass zwei Gegensätze in dem 
weltgeschichtlieben Verlaufe der Tonkunst sich mit ein- 
ander zu versöhnen gestrebt haben, was ihnen aber erst 
in und mit Mozart gelungen ist. Dem Zwecke jener mei- 
ner Abhandlung gemäss hatte ich darzutbun mich bemüht, 
dass nach Mozart die Kunst wieder in jene beiden di- 
vergirenden Richtungen zerfallen sei; davon hat Ouli- 



bicheff, seiner Aufgabe nach, keine Notiz zu nehmen, 
sondern die nähere Erkenntniss Mozarts, als eben des 
wahrsten und vollständigsten Repräsentanten der Ton- 
kunst, tritt dann als Thema auf; die Gegensätze selbst 
sind von uns Beiden auch einigermaassen verschieden 
aufgefasst worden. Er sagt (II, S. 206;: „Die Musik 
theilt sich in die der Natur und der Kunst; jene beruht 
auf dem Instinct des Accordes, diese auf erworbener 
Kenntniss der Harmonie. Die Musik im Naturzustände 
giebt es und hat es gegeben zu allen Zeiten und überall; 
den Anfang der Kunstmässigkeit kann man erst mit dem 
16. Jahrhundert zugeben. Zwei Kräfte giebt es seitdem, 
die jede ihr Recht behaupten, Melodie und Contrapunct. 
Der Reichthum jeder derselben ist gewaltig. Die That 
Mozarts bat darin bestanden, dass er beide Forderungen 
in gleichem Maasse befriedigte." Diese Ansicht Ouli- 
bichefTs beruht zuletzt auf dem ewigen Gegensätze der 
f Sinnlichkeit und des Geistes, und ist eben wegen dieses 
Fundaments gar nicht zu widerlegen. Ich "habe in je- 
ner meiner Abhandlung den Gegensatz in der Musik 
aus dem Grundcbaracter der germanischen und romani- 
schen Völker herzuleiten gesucht, und mich daraufge- 
stützt, dass die Unterschiede der religiösen Wellanschauung 
den in der Kunst nach sich ziehen. Der Protestantismus 
ist abstracter, der Katholicismus sinnlicher in seiner Got- 
tesverehrung, daher stammt der gleichmässige ruhige Fort- 
schritt aller einzelnen Stimmen eines Accords bei Palä- 
stina^ ein Bild der Unwandelbarkeit, daher der Knäuel 
von Durchgängen in denen des Seb. Bach, ein Bild der 
verschiedenartigsten Mittbätigkeit aller Einzelnen zn einem 
Ziele; erkennt doch Oulibicheff selbst diese Bedeutung 
Bach's an (Tb. II, S. 140). Wo mehr Sinnlichkeit in 
der Kunst, da herrscht die Objeclivität, wo mehr geistige 
Thätigkeit, die Subjectivität ; daher kommt, dass, wie ich 
wenigstens behaupte, bei ItacA'scher Musik der Ausfuh- 
rende selbst noch grösseren Genuss, als der Zuhörer, 
bat. Bei italienischen Meistern ist der umgekehrte Fall. 
Doch alle diese Ansichten sind hier nicht weiter zu ver- 
folgen, vielmehr müssen wir zu dem schätzbaren Werke, 
das dazu Veranlassung gab, zurück. 

Die Einlheilung desselben ist folgende: der erste 
Band füllt die äussere Lebensgeschichte Mozarts, wobei 
alle bekannten Thatsachen sorgfältig beachtet und benutzt 
sind. Der Vortrag ist vortrefflich; in ungemein lebhafter 
Schilderung rollt der Verfasser die ganze Bildungsge- 
schiebte, die wechselnden Schicksale, die Veranlassungen 
zu den berühmtesten Compositionen vor unserm Blicke 
auf. Die Quellen, woraus er geschöpft hat, sind die all- 
gemein bekannten; die Eintheilung in eine Reihe von 
Abschnitten ist niebt nach äusserlichen Ereignissen, son- 
dern nach hervortretenden Bildungsmomenten des Mei- 
sters getroffen. Man sieht, dass eben die innere Bil- 
dung desselben, sein Wacbsthum und Reifen der Punet 
ist, worauf der Darsteller sein Augenmerk gerichtet hat; 
diese Art der Darstellung ist aus der Anschauung her- 
vorgegangen, welche der Biograph von der weltgeschicht- 
lichen Bedeutung seines Helden sich erworben hat, eine 
Anschauung, die, hier nur angedeutet, in den folgenden 
beiden Bänden erst vollständig zu Tage kommt. Der erste 
Band bildet ein lebenswarmes interessantes Gemälde, ein« 



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anziehende LecUire, er war die notwendige Grundlage 
alles Folgenden, ist auch zuerst entstanden ; den wahren 
und eigenlhümlichen Werth des Buchs bat man aber nicht 
nach ihm , sondern nach dem Hauptzwecke des Verfas- 
sers, der in den folgenden Tbeiien sich enthüllt, einer 
philosophischen Kritik der Mozart'schen Kunstwerke, zu 
beurlheilen, denn im ersten hat er nnr fremde Forschun- 
gen verarbeitet. — 

Diese Kritik nun begründet der Verfasser sehr rich- 
tig durch eine Prüfung des musikalischen Vorrathes, wel- 
chen Mozart, als er zu schaffen begann, vorfand, und 
füllt mit dieser Prüfung den grössten Tbeil des zweiten 
Bandes; er liefert hier eine kurze, gedrängte philosophi- 
sche Geschichte der Tonkunst, worin er mit Benutzung 
ForkeVii Burney's, Kiesewetter' s verfahren ist, die 
Werke der älteren Meister selbst fleissig zu Rathe ge- 
zogen hat, nnd sich, was das Urlheil betrifft, sehr selb- 
ständig beweist. Indem er von der Idee , dass alles vor 
Mozart Geleistete lediglich Diesen vorbereitet habe, aus- 
geht, stellt er Mozart selbst als einen Goltgesandlen dar, 
der den Gipfel aller musikalischen Leistungen der Welt be- 
zeichnet; sie sind nur das Fussgestell oder die erhabene 
Säule, die ihn zu tragen bestimmt war. Man sieht, der 
Begriff persönlichen Verdienstes ist hier durch den einer 
geschichtlichen Notwendigkeit ersetzt, wonach Mozart 
die Erfüllung einer göttlichen Offenbarung wird, das Phä- 
nomen des göttlichen Willens im Augenblicke, da die 
Menschheit reif war, denselben zu vernehmen. Der be- 
reits oben gegebenen Andeutung gemäss, geht unser Ge- 
schieh tschreiber von folgenden Sätzen aus : Die Musik ist 
doppelt in ihrem Wesen, sie bat eine natürliche und eine 

!eistige Seite. Jene Naturmusik ist so alt, als die Welt, 
em Menschen eben so wesentlich, als die Sprache; die 
andere hat man Jahrhunderte laog gesucht, ohne sie fin- 
den zu können. Die Forschungen über musikalische Kunst 
in der Zeit des Griechentbums, überhaupt in der vor- 
christlichen Zeit, werden als leere Conjecturen ohne 
Nutzen verworfen. Die einfache Naturmusik ist der Drei- 
klang, und das Wohlgefallen daran nur Befriedigung einer 
physischen Forderung des Menschen; dies ist der Boden 
für die künstlerische Bearbeitung. Wenn Forkel den al- 
ten Griechen als einen Vorzug eine gewisse rhythmische 
Vollendung zuspricht, welche wir entbehren, so stimmt 
Oulibicheff mit ihm gern überein, und wird durch Beob- 
achtung der Zigeuner, die er in Nowgorod vielfach zu 
beobachten Gelegenheit gehabt, darin bestärkt ; ihre Mu- 
sik hat wenig Ion, mehr Schlag und Schall zum Mate- 
rial, prägnanten nnd mannichfachen Rhythmus, den sie 
genau mit Körperbewegungen unterstützen, und der sich 
bis zu einem gewissen Wahnsinn, einer Art von Ver- 
zückung steigert; er schliesst sehr richtig, dass der 
Rhvthmns ein untergeordnetes Element der Tonkunst sei, 
während deren geistige Ausbildung eben von der des 
Tones und dessen naturgemässen Beziehungen aussehen 
musstc. Die Geschichte der Harmonie, mit der der christ- 
lichen Kirche verknüpft, wird nun im Abrisse gegeben. 
Ueber die schüchternen Versuche und Anfänge des Huc- 
baid und Guido v. Arezzo % namentlich den Unterschied, 
ob blanke Quinten oder Quarten in ihren Fortschritten 
besser klingen $ äussert er sich ironisch ; die späteren Ent- 



deckungen des Franco von Cöln u. A. , betreffend die 
Unterschiede vollkommener und unvollkommener Intervalle, 
der divergirenden Bewegung einzelner Stimmen, deren 
verschiedene rhythmische Qualität u. s. w., führen ihn 
zu dem Ausspruche, dass es Schade gewesen, dass die 
Theoretiker vor den Practikern gekommen seien. Diese 
Behauptung ist nur scheinbar richtig. Die Theorie hat 
sich auch damals nach der Praxis gerichtet, die eben auch 
nicht mehr für den theoretischen Forscher darbot. End- 
lich im 14. Jahrhundert kommt es zu Kunsterzeugnis- 
sen ; er führt jenes Fragment einer Messe von Machaud 
(1364) au, und findet es auffallend, dass die Kunst vom 
Zusammengesetzten zum Einfachen, vom cauonischen Con- 
trapunet zur Harmonie, von da erst zur Melodie gegan- 
gen ist, während sie bei der Melodie, wie er. meint, 
hätte anfangen können. Hierauf muss ich entgegnen, dass 
die Melodie nichts fertig Vorgefundenes war, sondern all- 
mälig erst in die Welt hineingekommen ist. Die Natur, 
behauptet er, lehre die Melodie, die Kunst möge dann 
dieselbe begleiten, stützen oder mit andern verbinden 
lehren. Dies ist gleichfalls nur scheinbar; denn die Na- 
tur liefert keine Melodie, der Mensch erzeugt sie, und 
zwar aus dem irinern Vorrath harmonischer Beziehungen, 
die er in seiner Seele hat. Die Melodie ist ein Resultat, 
ein aus harmonischen und rhythmischen Elementen ent- 
standenes Ding. In den bildenden Künsten hat man das 
Gegentheil. Die Natur stellt fertige Werke als Musler 
hin, in der Musik muss der Mensch sich die Muster erst 
machen, und sich von Muster zu Muster fortbilden ; der 
Maler kann jeden Augenblick auf die Natur zurückgehen, 
sich Raths erholen, der Musiker kann dies nur aus Kunst- 
werken. 

In der weiteren Darstellung weist der Verfasser un- 
ter Anderem nach, dass die Kunst des Coutrapuucts erst, 
als man den sogenannten Cantus firmus gefunden, etwas 
höhere Bedeutung erhalten habe. Wie er denn immer 
auf Melodie, als Wesen der Musik, mit Recht hält, so 
findet er darin den Gewinn, dass alle Stimmen sich an 
eine einzelne als Hauptsache, die sie gleichsam respecti- 
ren, halten. Er nennt Josquin de Pres mit Verehrung, 
einen Mann mit einem Januskopfe, der die Liste der blo- 
sen Notenrecbnenmeister schliesse und die der Compo- 
nisten beginne. Die Kunst der Gomposition wurde durch 
ihn nicht davor behütet, ein eitles Spiel des Verstandes 
zu bleiben. Die späteren Anhänger der Schule, welcher 
auch Josquin angehörte, nämlich der niederländischen, 
oder der des Ockenheim , verfielen in ganz bedeutungs- 
lose Spielerei, und werden hier Seiltänzer genannt. fVin- 
terfelffs Werk über Gabrieli scheint dem Verfasser nicht 
bekannt geworden zu sein. Die merkwürdige venetiani- 
sche Schule des fFilfaürt in ihrer Eigentümlichkeit wird 
nicht geschildert. Bei der Reorganisation des Kirchenge- 
sanges durch Palästrma hält er sich länger auf nnd stellt 
ihn in ein Verbältniss, das dem, welches Mozart seiner 
Zeit einnahm, ähnlich ist; er sieht in ihm einen Erret- 
ter des melodischen Elements. Die weitere Fortbildung, 
die weltliehe Musik, die Entstehung der Oper werden 
interessant geschildert, eben so die Entstehung der grös- 
seren Kunstformen , namentlich der anf die Principien 
des Gegensatzes gegründeten Fuge. 



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Ab der Verfasser auf die deutschen Componisten zu 
reden kommt, auf Händel und Bach, weicht er von den 
Urlheilen mancher deutschen Theoretiker ab. Er urtheilt 
als Ausländer, ohne patriotische Vorliebe, die er For- 
kefn bei seiner Biographie Bach's vorwirft, er schliesst 
sich dem Urtheile Burneys an, und hebt hervor, dass 
die Lebensverhältnisse beider Meister ihren Styl bedingt 
haben, daher Jener, der Operncomponist, mehr nach 
Aussen, Dieser, der Mann der Kirche, mehr nach Innen 
sich entfaltete. Nur dass S. Bach, wie Forkel sagt, der 
grössle Tondichter (nicht Tonsetzer) gewesen sein solle, 
dies, bekennt er, sei ihm unbegreiflich. Ich muss ihm 
zweierlei hierauf erwidern, einmal, dass, wenn er Bach 
eben so gründlich, als z. B. Mozart, studirt hätte, er 
vielleicht in jenem Meister Vieles, das ihm entgangen 
ist, gefunden hätte, dann aber, dass, um Bach zu be- 
wundern, man nur überhaupt Musiker zu sein braucht, 
um ihn zu lieben, man ein Deutscher sein muss. Der 
wahre Werth eines alten Italieners wird auch am Leich- 
testen vom Italiener selbst gefasst. Händel liebte die Ita- 
liener, Bach nicht; Händel vermittelte , Dieser trennte 
die Nationalitäten; Jener ist für Europa, was Bach zu- 
nächst für Deutschland, ein Verhältnisse das bei Mozart 
und Beethoven sieb wiederholt. Oulibicheff sieht in Bach 
den tiefsinnigen Meister des Contrapuncts , einen Ver- 
wandten des J osg um de Pres, eine Analogie, die von den 
Franzosen neuerlich mehrmals ausgesprochen worden ist; 
er bemerkt ganz richtig, dass in o. Bach's Cantate: 
„Eine feste Burg 4 ' nichts eigentlich veraltet sei, aber er 
wird bitter, wenn er hinzusetzt, es sei auch niemals 
etwas jung darin gewesen, er habe für sich geschrieben, 
und schwerlich irgend Jemand gleichermaassen , als sich 
selbst, entzückt; mit einem Worte, er ist ibm zu ab- 
stract, zu wenig sinnlich, daher er ihn lieber lesen, als 
hören will. Dies hindert ihn nicht, einzelne Thetle der 
Passion nach dem Matthäus aufrichtigst als unverwelk- 
liehe Stücke anzuerkennen. 

(Besohluss folgt.) 



Recensioweih. 



Quartetts und Duos filr Pianoforte. 

1) Schubert, L. : Gr. Quatuor pour Piano, Violon, Viola 
et Violoncelle. Op. 32. Hamburg, Schuberlh et 
Comp. 3 Thlr. 

2) Löschhorn et Griebel: Gr. Duo pour Piano et Vio- 
loncelle ou Violon sur des motifs de l'Opera : La fille 
du Regiment. Berlin, C. Paez. 1% Thlr. 

3) Thalberg et Panofka: Gr. Duo pour Piano et Vio- 
lon sur des motifs de l'Opära : Bealrice di Tenda. 
Op. 49. Wien, Mechetti. 2 Fl. C. M. 

4) fFolff et Vieuxtemps : Gr. Fantaisie pour Piano et 
Violon sur des motifs de F0p6ra: Oberon. Op. 89 
und 14. Mainz, Schott's Söhne. 2 Fl. 42 Kr. 

5) Kalkbrenner et Panofka : Duo pour Piano et Violon 
sur TOpera ; Charles VI. Op. 168. Leipzig, Breitkopf 
et Härtel. 1 Thlr. 5 Ngr. 



Im Fache der Qaartettmusik ist es seltener» so geist- 
losen Erieugnisseo zu begegnen, wie sich in andern Fä- 
chern der musikalischen Literatur immer Gelegenheit dazu 
bietet; die jetzt so beliebten Fantasieen über bekannte 
Melodieen haben sich glücklieber Weise noch nicht darin 
beimisch gemacht; die Ursache davon ist einfach die: 
dass sich Fantasieucomponisten gestehen müssen, kaum 
für Pianoforte allein etwas zusammenzubringen, geschweige 
denn für Pianoforte und mehrere Iustrumente, von de- 
nen keines durchaus untergeordnet erscheinen soll. 

Aber auch von anderer Seite ist dem Schlechten v der 
Eingang gewehrt, nämlich von Seiten der Verleger; denn 
es muss schon etwas Besonderes sein, wenn sich diese 
zur Herausgabe eines umfangreichen und nur von einer 
kleinen Zahl begehrten Werkes verstehen sollen. 

Das Schubert'sche Quartett, nach dem Titel das zweite, 
bat uns recht zufrieden gestellt; in Hinsicht der Compo- 
situm bekundet sich der tüchtige Musiker. Der erste Satfc 
ist in Behandlung des Stoffes , in der ForUpinnuug des 
zweiten Theils und dem darin eingeführten neuen inter- 
essanten Motiv, welches zwischen der Repetition des er- 
sten und Transposition des zweiten Thema s nochmals ge- 
schickt angewendet wurde, der bedeutendste. Das Scherzo 
belehrt uns auf's Neue, dass nicht in jeder Sonate, Sym- 
phonie, Quai teil u. s. w. ein derartiger Satz am Platze 
ist; es erscheint häufig wie hineingeschneit, ohne dass 
seine Umgebung ein solches bedinge, und wirkt dann 
mehr störend. 

Das Scherzo ist daher auch hier etwas trocken aus- 
gefallen, doch entschädigt das Adagio und das lebendige 
Finale reichlich. In Ansehung der Benutzung der Instru- 
mente tritt zwar das Pianoforte seinem Leistungsvermö- 
gen gemäss überwiegend hervor, doch sind die übrigen 
keineswegs kümmerlich oder als Mose Begleiter behan- 
delt, man sieht, dass der Componisl wohl mit ihnen um- 
zugehen wussie, indem er sie hier und da ihrer Eigen- 
thümlichkeit nach hervortreten lässt; die Ausführbarkeit 
des Ganzen fordert, ausser im Finale, keine besondere 
Technik. Wir wünschen dieser mit anzuerkennendem 
Fleiss ausgeführten Compositiou die Aufmerksamkeit, 
welche sie schon um der guten Sache willen verdient. 

Accordfortscbreitungen wie S. 7, System 2 und fort, 
stechen uns zwar nicht mehr so in die Augen, als es 
früher der Fall war, indem man sich an eine kalte, dürf- 
tige Regel nicht mehr bindet, sondern den Verstand in 
bedenklichen Fällen mit Recht entscheiden lässt; doch 
muss man eben dazu genügende Veranlassung haben. 
Die saubere Ausstattung des Werkes macht einige 
leicht zu verbessernde Druckfehler (S. 7, System 5, wo 
der Violinschlüssel für den Bassscbüssel , S. 13, System 
2, im vorletzten Tact, wo im Basse das g vor / anstatt 
vor e, S. 18, wo im dritten Taot vor h ein b zu setzen 
ist) gern vergessen. — 

Von den Duos lässt sich in Betracht ihres künstle- 
rischen Werthes nicht viel zu ihrem Vortbeile sagen. 
In diesem Fache der musikalischen Literatur läuft schon 
mehr Mittelgut unter, als in den oben bemerkten, zumal 
die Fantasie es ist, welche, wie in der blosen Pianofor- 
temusik, das Feld behauptet. Auch sämmtliche Duos ge- 



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huren zu den Erzeugnissen des Tages, sind Fantasieen 
über Opernlhemen, und selbst in diesem dürftigen Ge- 
wände müssen dieselben noch magerer erscheinen, als 
die Compositionen gleichen Schlages für Pianoforle solo, 
weil hier meist zwei Bearbeiter für einen Gegenstand 
zusammentreten und die wenige, in der talocomposition 
ja noch anzutreffende Einheit auf diese Weise vollends 
verschwinden muss. 

Wie fangen es aber die Componisten solcher Duos 
an, dieselben zusammenzubringen? Das Verfahren ist ein 
sehr einfaches. — A wählt mit B die ihnen zusagenden 
Themen einer Oper aus; hierauf schreibt jeder, unter ste- 
ter brüderlicher Besprechung, die Soloparlieen für sein 
Instrument; ist dieses geschehen, so helfen sich beide 
Theile aufs Freundschaftlichste aus, indem die noch feh- 
lenden Noten des Zusammenspiels wegen dazugesetzt 
werden, und das Duo ist fertig. 

Ein Unterschied besteht allerdings noch zwischen 
einem und dem andern derartigen Tonstöcke, nämlich 
der: dass das eine vielleicht etwas geschickter, als das 
andere geschrieben ist und mehr Routine seines Bearbei- 
ters bekundet. Unter diese gehören von unsern Duos die 
unter No. 3, 4 und 5. Das Duo von Löscbborn und Griebel 
ist von Seiten des Violoncellisten mit Geschick und für 
die Ausführung mit Sorgsamkeit verfasst, der Ciavier- 
spieler zeipt sich aber oft zu sehr als Neuling in der 
Composition und lässt, wie z. B. in der dritten Varia- 
tion, welche ganz das Gesicht von Henselt's Etüde, Op. 
3, macht, den Ersleren manchmal kaum zu Worte kom- 
men ; übrigens sind schlechte Zusammenklänge und durch 
übel gestellte Figuration unbefriedigende Accordauflösun- 
gen nicht seilen anzutreffen. 

Druckfehler sind uns einige vorgekommen: S. 5, 

System 3, Tact 3 und fort, S. 6, System 2, Tact 2, 

S. 9, Svstem 2, Tact 1. 

Hermann Sehellenberg. 



Nachrichten. 



Göttingen. Den 28. Februar d. J. wurde hier in 
festlich erleuchteter Universität skirche des unsterblichen 
Graun s herrliche Cantate : Der Tod Jesu, nachdem die- 
selbe beinahe 25 Jahre geruhet hatte, mit Begleitung der 
Orgel und mit starkbesetztem Orchester unter der Direc- 
tion des Dr. Heinroth wieder aufgeführt und zwar mit 
einigen Abänderungen des Textes sowohl, als der Musik. 

Vergleichen wir die Ausgaben der lyrischen Ge- 
dichte Rammler 9 s von 1772 und 1801, in welchen sich 
diese Cantate befindet, so bemerken wir schon darin aus* 
serordentlich viel Verschiedenheiten, noch mehr aber in 
dem Texte, welchen Graun componirt bat. In der Aus- 
gabe von 1772 steht nach den Worten: „0, wacht und 
betet, meine Brüder/' ein Terzett, welches nicht nur 
in der Ausgabe von 1801, sondern auch in Gram'* Com- 
positum fehlt; dagegen vermissen wir in der frühem 
Ausgabe an dieser Stelle die Arie : „Ein Gebet um neue 
Stärke* * u. s. w. Nach dieser Arie folgt in beiden Edi- 
tionen ein Chor: „Herr, höre die Stimme unser» Fle- 



hens" ii. s. w., welchen Graun nicht aufgenommen hat; 
dagegen tritt nach dem Chore : „Unsre Seele ist geben* 
get" u. 8. w. in genannten Ausgaben der Choral : „Ich 
will von meiner Missethat" u. s. w. nicht ein, und merk* 
würdig genug fehlt in beiden auch die meisterhafte Dop- 

Selfuge: „Christus bat uns ein Vorbild gelassen 4 * u. s.w. 
n der Ausgabe von 1772 vermissen wir den Chors 
„Freuet euch alle, ihr Frommen'* u. s. w. und wir le- 
sen an dessen Stelle einen ganz andern, welcher mit den 
Worten beginnt: „Gelobet sei der Herr" u. s. w. Weg- 
gelassen ist in beiden Ausgaben der Choral: „Wie herr- 
lich ist die neue Welt" u. s. w. — Es würde zu weit 
führen, alle Varianten in einzelnen Ausdrücken hier nam- 
haft zu machen. Der Text, welcher der Coinposition von 
Graun zum Grunde liegt, ist nun da, wo es nölhig war, 
nach den beiden Ausgaben von 1772 und 1801 abgeän- 
dert worden. 

In der Musik sind Choräle, Chöre und Recitative 
durchaus unverändert geblieben und nur durch eine un- 
serer Zeit angemessene Instrumentation bereichert wor- 
den, da Gravn das Werk blos für die Orgel und das 
Quartett schrieb ; die wenigen von ihm beigefügten Blas« 
instrumente sind mehr ad libitum zu betrachten. Alle 
Arien und das alleinige Duett, für den Zeitgeschmack zu 
weit ausgesponnen, hörten wir etwas abgekürzt, indem 
die Hauptideen näher an einander traten, und zwar so» 
dass der Zusammenhang nicht gestört wurde. Bekannt« 
lieh ist unsere Kammerstimmung gegen die, welche zu 
Graun s Zeiten gebräuchlich war, um mehr als einen 
halben Ton hinaufgerückt; sollte nun das Werk in sei- 
ner ursprünglichen Tonhöhe erscheinen, so musste das- 
selbe nach Umständen theiis um einen halben, tbeils um 
einen ganzen Ton tiefer transponirt werden, welches fast 
bei allen Nummern geschah. Die Cantate spielte mit oben- 
erwähnten Abkürzungen der Arien gerade zwei Stunden, 
und das Publicum äusserte sich über die zeitgemässe Aus- 
stattung sowohl, als über die Aufführung selbst sehr zu- 
frieden. 



Weimar , im März 1844. Von Anfang November 
1843 bis Mitte Februar 1844 halten wir so viel Inter- 
essantes in Musik, als vielleicht noch nie in einem so 
kurzen Zeiträume. Denn im Theater gab Mad. Schröder* 
Devrient neun Gastdarstellungen , Herr CM. Dr. Lü*t 
veranstaltete und leitete vier Capellconcerte und vier Hof- 
concerte, in denen allen er auch spielte; der Hofpianist 
Herr Krüger von Stuttgart spielte im Theater und bei 
Hofe, an beiden Orten sangen Miss Birch und Herr Pan* 
taleoni, in Zwischenacten und im Capellconcert Dem. 
Kvntk (Mitglied des Theaters in Brüssel), drei Gasher- 
stellungen gab der Tenorist Herr Eberiu* vom Hofthea- 
ter in Ballenstädt, und ein Natursänger Herr F. J. Es- 
feens kam auch einmal wieder an die Reihe« Die beiden 
Opern „Der Herzog von Olonne" von Auber und „Hans 
Heiling" von Marschner waren znr Aufführung am 2. 
und 16. Februar (den Geburtstagen des Grossberzogs 
und der Grossherzogin) bestimmt, Hans Heiling wurde 
jedoch bis znr völligen Genesung der Grossherzogin ver- 
schoben. 



291 



1844. April. No. 17. 



292 



Die Vorstellungen im Theater waren folgende : Ar- 
mida, Fidelio, Iphigenia in Tanns, Saalnixe (erster Theil), 
Titas,' Egmont, Faust zwei Mal, Leonore, Pfefferrösel 
zwei Mal, Preciosa, Rückkehr ins Dörfchen,! Scbeibentoni 
zwei Mai, Waise und Mörder, Wallensteins Lager, Wie- 
ner in Berlin, Barbier von Sevilla, Lucrezia Borgia, (hello, 
Romeo und Julie, Tochter des Regiments zwei Mal, Blau« 
hart, Herzog von Olonne zwei Mal, Johann von Paris, 
Weisse Dame, und an einem Abende (die bestimmte Vor- 
stellung konnte eines plötzlichen Hindernisses wegen nicht 
Statt finden) gab man „Dramatische Bilder," nämlich: 
den ersten Act der Schweizerfamilie , den zweiten der 
Lncrezia Borgia und den vierten der Montecchi and Ca- 

Juletti. Neu war: „Der Herzog von Olonne" von An- 
er, ein leichler, loser Text mit fader, flacher Musik» 
Wie der Componist des Maurers und der Stummen sich 
so erniedrigen konnte, einen Herzog von Olonne unler 
seinem Namen erscheinen zu lassen, wird einem ehrlie- 
benden Deutschen schwer zu begreifen. Der Franzose 
hat's gethan, hat das Honorar in der Tasche nnd küm- 
mert sich um Weiteres nicht. Herr Auber hat uns schon 
oft getauscht, es wäre endlich Zeit, sich nicht mehr täu- 
schen zu lassen. 

Die neun Vorstellungen der Mad. Schröder- Devricnt 
waren: Armida, Blaubart, Fidelio, Iphigenia in Tauris, 
Lncrezia Borgia, Olello, Romeo und Julie, Titas, und die 
oben genannten Dramatischen Bilder. Die Künstlerin bat 
einen zu weit verbreiteten grossen Ruf, als dass es nö- 
thig wäre, über ihre trefflichen Leistungen in's Einzelne 
zu gehen. Es genügt, zu bemerken, dass sie auch dies- 
mal, wie schon früher, in allen ihren Darstellungen die 
vollste Anerkennung fand, besonders aber als Lucrezia 
Borgia und als Marie im Blaubart das Publicum hinriss. 
Ihre vielen enthusiastischen Verehrer fanden zwischen 
ihren jetzigen und früheren Leistungen keinen Unter-, 
schied — die ruhigem Beurtheiler fanden jedoch einige 
Verschiedenheit, weniger in der Kraft und im Klang der 
Stimme, als in der weniger leichten Ansprache der Töne, 
besonders der höhern, was sich durch öfteres bemerkba- 
res, nicht selten hörbares Athemnehmen kund that — 
auch leider in der Intonation. Der Vortrag war seelen- 
voll wie immer, und das Spiel meisterhaft, hier und da, 
z. B. im Blaubart, vielleicht zu scharf und grell. Es mag 
sein, dass man dergleichen jetzt schöner findet und mehr 
applaudirt, als früher, und als es recht ist — eine Künst- 
lerin aber, wie Mad. Schröder- Devrient bedarf keiner 
Künstelei. Wenn Referent bekennt , dass er zwar unter 
die wahren Verehrer der Mad. Schröder -Devrient ge- 
hört, doch nicht zu den enthusiastisch blinden, so mag es 
ihm wohl frei stehen, seine Meinung offen dahin auszu- 

3 »rechen, dass Mad. Schröder- Devrient noch jetzt im 
esange weit mehr leistet, als man nach so vielen Jah- 
ren ihrer dramatischen Laufbahn, in denen sie die gröss- 
ten, anstrengendsten Gesangpartieen mit Aufwendung al- 
ler körperlichen und geistigen Kraft ausführte, billiger 
Weise verlangen, ja nur erwarten kann, dass aber den- 
noch Jeder, dem der herrliche Name der grossen Künst- 
lerin werth ist, wünschen muss, sie möge bald, eher, 
als sie dazu gezwungen ist, den Gesang aufgeben und 
x sieb dem recitirenden Trauer- nnd Schauspiele zuwenden. 



Sie wird gewiss auch dort Triumphe feiern. — Madame 
Schröder - Devrient sang auch bei Hofe in einem kleinern 
Cirkel am Flügel, und in einem von ihr zum Besten des 
Franenvereins veranstalteten Kirchenconcert, in dem sie 
von dem Tenoristen Herrn Götze, der Capelle und Herrn 
Professor Töpfer unterstützt wurde, der, wie vorauszu- 
sehen war, das meiste Interesse für sein ausgezeichne- 
tes Orgelspiel in Anspruch nahm. 

Herr Eberius sang in der Tochter des Regiments, 
Jobann von Paris und der weissen Dame. Er ist von 
der Natur zwar nicht reich, doch auch nicht so kärglich 
ausgestattet, dass er nicht ein recht brauchbarer Sänger 
nnd Schauspieler werden könnte, hat aber zu wenig 
Schule und allgemeine Bildung und verstösst daher zu 
oft gegen feinere Sitte und Anstand. Das war vorzüglich 
im Johann von Paris der Fall, einer Rolle, deren Fein- 
heiten nur wenige Sänger begreifen. Wir wünschen, Herr 
Eberius möge nachholen, was ihm fehlt; in seinen Jah- 
ren ist das noch recht wohl möglich. 

Miss Birck, die im Theater in Zwiscbenacten und 
auch bei Hofe sang, fand die lebhafteste Anerkennung 
ihrer trefflichen Leistungen. Ihr schulgerechter und schö- 
ner Gesang (der Triller wird vielleicht noch besser) ge- 
währte allen Zuhörern grosses Vergnügen. Eins wünsch- 
ten wir der liebenswürdigen Künstlerin in höherm Grade, 
nämlich Rundung in den jetzt etwas berausgestossenen 
Passagen, vorzüglich aber mehr Feuer und Leben in ih- 
rem übrigens höchst lobenswerthen Vortrage. Vielleicht 
gelingt es ihr bei ihrer Jugend, in dieser Hinsicht auch 
die andern englischen Sängerinnen zu übertreffen, die 
wir seil einigen Jahren hörten, wenn nicht etwa dieser 
Mangel an südlichem Feuer nationell ist. 

Dem. Kunth, Mitglied des königl. Theaters in Brüs- 
sel, und ein Signor Pantaleoni sangen uuter Liszl*s 
Schutze und durch ihn empfohlen in Zwiscbenacten, im 
Capellconcert, ja ich glaube, sogar bei Hofe. Dem. Kunth 
ist noch jung, nicht ohne Anlage und von der Natur 
nicht vernachlässigt, kann daher noch recht brav wer- 
den, wenn sie gründlicher studirt. Herr Pantaleoni, mit 
einer eigenen Stimme, die keine Tenorstimme und auch 
kein Alt ist, gefällt sich sehr im rohen Falsett bis in die 
Region des hohen Sopran's, und singt Alles mit solchem 
charlatanmässig imponirenden Vortrage, dass man wohl 
siebt, er hält sich für einen grossen Sänger. Wir An- 
deren sind anderer Meinung. 

Der Natursänger Herr F. J. Eskens mit einer ziem- 
lich guten Stimme und einem Falsett, besser, als das 
des Herrn Pantaleoni, lässt sich in seinen Liedern und 
in der Nachahmung mehrerer Instrumente schon einmal 
mit anhören. Auf eine etwas weniger natürliche Beglei- 
tung mit der Guitarre sollte der gute Mann doch bedacht sein. 

Herr Dr. Fr. Lüzt, grossberzogl. sächs. Capellmei- 
ster im ausserordentlichen Dienste, wurde schon Anfang 
October erwartet, kam aber erst einige Tage vor Weih- 
nachten und blieb bis zum 18. Februar 1844. Sein aus- 
serordentlicher Dienst bestand darin, dass er mehrere 
Gapellconcerte (im Theater) und Hofconcerte anordnete, 
dirigirte und in ihnen spielte. Duroh das Gerücht, er 
werde seinen Dienst mit der Aufführung von drei grossen 
Werken eigener Gomposition, nämlich einer Symphonie, 



295 



1844. April. No. 17. 



1294 



einer Hymne und eines Coneerts antreten, waren die Er- 
wartungen aufs Höchste gespannt. Leider wurden sie 
getauscht, da Herr CM. Liszt wenig Neues und nichts 
Grosses von seiner Composition zu Gehör brachte. Er 
schien es diesmal mehr aufs Dirigiren und auf die Aus- 
fuhrung von Werken Anderer angelegt zu haben. Er 
spielte Hummets Concert in Hmoll, Hummets Sextett, 
C. M. »• Weber 's Concert in F, Thalberg 's Fanlasie 
über Themen aus den Hugenotten mit Violine (Herr Stör), 
und von seiner Composition die Fantasie über zwei The- 
men aus Don Jüan, Tarantella, Mazurka, Polacca, Hexa- 
meron u. dergl. — Unter seiner Leitung wurden aufge- 
führt: von Beethoven Symphonie in Cmoll, Sinfonia 
eroica, Symphonie in Adur, Musik zu Egmont, Ouver- 
türe zu Fidelio, von C. M. v. Weber Ouvertüre zu 
Oberon und die Jubelouverture, von Lobe Ouvertüre zu 
den Flibustiern, von Berlioz Ouvertüre zu Lear, ein 
Satz aus Schubert 9 s Symphonie in G dur, eine (schwäch- 
liche) Ouvertüre von Lambert — mehrere Gesangstücke 
von Mozart , Mercadante, Donizeiti, M. Eberwein, 
Bellini, Ra$sini 9 Auber> Liszt (zwei deutsche Lieder), 
gesungen von den Damen Ottenburg, Kunth und den 
Herren Pantaleoni 9 Götze, Genast und Höfer. Von In- 
strumenlalsacben wurden noch zu Gehör gebracht: die 
Orchester- Fantasie von Chelard (schon früher mit Bei- 
fall gegeben), Beethoven 9 s Concert in Cmoll, sehr brav 
gespielt von dem königl. würtemberg. Hofpianisten Herrn 
Krüger, eine Fantasie für Violoucell von Herrn Kam- 
mermusikus Jpel y eine Fantasie für die Violine (über 
Themen aus der Tochter des Regiments), sehr beifällig 
aufgenommen, und Variationen für die Trompete von Herrn 
Kammermusikus Sachse, mit enthusiastischem Beifalle be- 
lohnt. — Herr CM. Liszt machte von hier Ausflüge nach 
Jena, Budolstadt, Erfurt, Gotha, an welchen Orten er 
Concerte für woblthätige Zwecke gab. So viel Referent 
weiss, begnügte sich Herr Liszt auch hier mit der eh- 
renden Auszeichnung, die ihm von Seiten des Hofes und 
des Publicums zu Theil ward , und verzichtete auf alle 
äusseren Vortheile. — Deber seine Leistungen als Vir- 
tuos ausführlich und im Einzelnen zu sprechen, würde 
sehr überflüssig sein, da sein Spiel hinreichend bekannt 
ist; dass er aber ältere, gediegene Compositionen ande- 
rer Componisten ausführte, verdient unsern besten Dank, 
so wie, dass er mehrere treffliche Orcbesterstücke zu 
Gehör brachte. Ein öffentliches Blatt berichtet, Herr Dr. 
Liszt habe hier vor leeren Banken gespielt, sei kalt be- 
handelt worden und habe sich mit seinem Dirigiren we- 
nig Ehre eingelegt. Diese Nachrichten sind völlig un- 
wahr. Alle Concerte waren sehr zahlreich besucht, und 
Herr Dr. Liszt wurde bei jedem Auftreten und Abtreten 
lebhaft applaudirt. Dass diesmal (Herr Dr. Liszt war zum 
dritten Mal seit zwei Jahren hier) nicht der Enthusias- 
mus des ersten Males stattfand, ist wohl sehr natürlich, 
da die ganze Art seines Spiels, seine slaunenerregende 
Fertigkeit und Gewandtheit, seine Kühnheit und Keck- 
heit, seine Leichtigkeit und Sicherheit in Ceberwindung 
grosser Schwierigkeiten, die Vollendung der Nüancirung 
des Tons vom leisesten pp bis zum donnernden ff, das 
Piquante und Originelle im Vortrag, besonders seiner 
eigenen Compositionen, die mit ihren Eigenheiten ihm 



eben wohl stehen — nothwendig die ersten Male bin- 
reissen oder imponiren müssen, später aber unmöglich 
erwärmen können. Was endlich die Art der Direction 
anlangt, so möchte wohl die Meinung der Einen : sie sei 
ganz vortrefflich, eben so unrichtig sein, als die der An- 
deren : sie sei durchaus verfehlt, und auch hier, wie oft, 
die Wahrheit in der Mitte liegen. Herr Dr. Liszt scheint 
bis jetzt nur selten dirigirt zu haben , wie sich aus der 
grossen Verschiedenheit zwischen seiner Direction in den 
ersten Tagen seines hiesigen Aufenthalts, und der in der 
letzten Zeit sehr deutlich ergiebl. Anfänglich nämlich 
sorgte er viel weniger für bestimmtes, scharfes Ange- 
ben und Festhalten des Tactes oder stetes, gleichmässi- 
ges Anhalten und Fortgehen (ritard. und string.), als 
vielmehr für Andeutung des Vortrags im Einzelnen durch 
Hilfe des Tactstocks und durch verschiedene Bewegun- 

;en des Kopfes und des ganzen Körpers; später mochte 
ies mehr in den Proben Statt gefunden haben, und das 
Aeussere, so zu sagen, Mechanische des Dirigirens machte 
sich mehr bei der Aufführung gellend. An Feuer und 
Leben fehlt es Herrn Liszt nicht, als Dirigent hat er 
dessen nur zu viel, und lässt sieb davon zuweilen mehr 
hinreissen, als eben recht ist. Da er alle Werke, die 
er aufführt, durch und durch kennt, so ist in Hinsiebt 
der Auffassung die Direction immer interessant, oft ori- 
ginell, was auch Der zugeben muss, der eine etwas ver- 
schiedene Ansicht des Werkes haben möchte. Referent 
glaubt, dass Herrn Liszt zu einem guten Dirigenten nur. 
die Ruhe fehle. Wir wünschen und hoffen, dass er diese 
errungen haben möge, wenn er wieder nach Weimar 
kommen wird $ er wird dann durch sie auch in den Pro- 
ben sich als Dirigent und als Mensch die Achtung ge- 
winnen, die man dem grossen Virtuosen so gern zollt. 
Möchten wir dann auch einige bedeutende Compositionen 
von ihm hören, die nicht allein dem Virtuosen, sondern 
auch dem Capellmeister Ehre bringen. 



Fe u i l l 



E T O I¥. 



Der Pianofortevirtuos Leopold v. Meyer, welcher anlangst in 
Cooittntinopel so bedeutendes Aufsehen erregte nnd unter Andern 
ein Concert znm Besten der Armen gab, das, trotz der dort ablieben 
niedrigen Eintrittspreise, 18,000 Piaster einbrachte, hat in der Mol- 
dau, Walachei und Galiziea«denselben allgemeinen Beifall erhalten 
und wird im Laufe dieses Janrts seine Kanstreise auch durch Deutsch- 
land fortsetzen. In Wien bat er bereits Furore gemacht. 

> . %pr Leitong des diesjährigen Schweizer -Musikfestes in Solo- 
lotbarn ist Schnyder von Wariensee berufen worden. 

Zar dreihondertjährigen Geburtsfeier Tasso's, welche am 13. 
März in Turin festlich begangen ward, wurde eine vom Grafen 
Marchetti gedichtete, von Rossini neu eomponirte Cantate aufge- 
führt; sie fand solch enthusiastischen Beifall, dass sie drei Mal 
gesangen werden masste. — Personen, die dem Pesareser Orpheus 
näher stehen , wollen wissen, dass Rossini in seiner Zurückgezo- 
genbeit an einer grossen Oper in fünf Aufzögen arbeite, welche 
die Jungfrau von Orleans zum Gegenstände bat. Diese Oper soll 
sein musikalisches Vermach tniss bilden. 

Am 8. April wurde in Weimar Shakespeare 9 » Sommernaehts- 
traum mit Mendelssohn- Bartholdy's Musik zum ersten Maie glän- 
zend aufgeführt. 



29Ö 



1844. April. No. 17. 



296 



Da* diesjährige grosse rheiaisobe Musikfest wird 10 Cola ia 
Gurzeoichsaate unter des dasigen Musikdirectors Heinrieh Dorn 
Laitan; gefeiert werden. Die zar AuffShruns; bestimmten Haupt- 
werke sind: Händers Oratorium Jephta, Beethoven** grosse Messe, 
eine Symphonie von. Mo*art % eine Festeaatete vea Dorn. 

Das Programm zu dem Man nerges angfeste, welches am 7. ond 
8. August d. J. in Meissen gefeiert werden soll (s. d. Bl. S. f03) 
enthalt folgende Mnsikstttekei Am arsleo Tage geistliche Moaik 
(im Dame): Choral; — Psalm i „Der Herr ist Gott," von Bar- 
ner $ — Hymne? „Gott sorgt für mich," von Heutiger (eigens 
fdr das Pest compooirt); — Hymne: „Wo ist, so weit die Schö- 

£fung reicht,'* von Neithardt; — Motette: „leb danke dem 
[erre," von Bemh. Klein; — • Psalm: „Gott sei ans goldig, u 
von Friedrieh Schneider (eigens für das Fest eomaeairt). — Am 
»weiten Tage findet ein Zug nach dem nahen Baaebbade nod des- 
sen Umgebungen Statt, wobei weltliche Gesänge vorgetragen wer- 
den. Am Abend dieses Tages ist Festmahl. — Die Leitung der 
Aulfabrangen haben übernommen: CapellmeUter Friedrich Schnei- 



der aas Dessau, Capellmeistor C. <?. Reissigor aas Dresden, Mn- 

sikdireetor Hartmann zu Meissen. 



Am 21. März wurde Richard Wagner** ,,CoU Rlenzi" in 
Hamborr unter Leitung des Componisteu selbst zum ersten Male 
aufgeführt und machte allgemein bedeutenden Eindruck. 



Am Caarfreitage wurde ia Dresden unter Leitung des dorti- 
gen Musikdirektors Julius Otto ein von demselben neu componir* 
tes Oratorium : „Des Heilands letzte Worte" aufgeführt und bei- 
fällig aufgenommen. 



Am 8. April starb in Wien der Hofratb Ignaz Franz Edler 
von Mosel , VI Jabr alt, an Longenlähmung. Seine Verdienste 
als Tondichter, musikalischer Schriftsteller uad Kritiker, so wie 
namentlich auch als Bearbeiter der Händer seh ta Oratorien aiad 
bekannt. Früher war er Vicedirector des Burgtheaters, zuletzt 
erster Casios an der kaiserlichen Hofbibliothek. 



Ankündigungen. 



Bei Fr« HiStner ia Leipzig ist so eben mit Eigen- 
thamsrecht erschienen i 

Die erste Walpurgisnacht. 

Ballade tob Goethe fflr Chor und Orchester 

ceaeponirt von 

Felix ]f!endel»sohn-Bartliolily. 

Op. 60. 

Ptrtitw gebunden 7f Thlr. 

Orchester -Stimmen 7 

Smf itim m r n 9i - 

CUvicr- Auszug 4 

JF. Woscheles, 

l)eux Fantaiaiea briUaales pour Piano sur des Airs feveria de 
l'Opera: „La Bohemiennc" de Hälfe. Op. 106. No. I, % 
Preis 20 Ngr. und 28 Ngr. 



Bei Jena« AnelrtS in Offeubach sind erschienea : 
Hazart'» Senaten fär Pianoforte. tf Thlr. 26 Sgr. 

— Variationen, Rondo's n. s. w. für Pianoforte. 2 Thlr. 

— vierhandige Ciavierwerke. 3 Thlr. 6 Sgr. 

— Sonaten für Pianoforte und Violine. 6 Thlr. 20 Sgr. 

— 10 Violinquartetten in Partitur. 4 Thlr. 

— Das Schönste ans seinen Opern für Pianoforte. 1 Thlr. 12 Sgr. 

— Erste Anthologie aus seinen Sonata* für Pfte. 2 Thlr. 9 Sgr. 

Ausführliche Prospectus sind in allen Buch- und Musikalien« 
handlangen gratis zu haben. 



Nene brillante Piaaeforte-Compositionen 

im Verlage von F. E. C Ijeueliart in Breslau: 
Schnabel, ©., Grande Fantalele brillante ponr 

le Pianoforte sur d'airs americains. Dediea a Mr. le Docteur 

Franeat« Lira*. Op. 50. i Thlr. 

Gewandte Clavierspieler werden nicht bald ein Musikstück fin- 
den, welches zum öffentlichen Vortrage besser geeignet wäre, ab 
Schnabel's Fantasie über amerikanische Lieder. Selbst dem be- 
rühmtesten aller Clavierspieler, Herrn Dr. Lisat, hat dieselbe so 
gefallen, dass er sie ia mehreren Concerten selbst vorgetragen hat. 
Vor vielen ähnlichen Werken grosser Clavierspieler hat Schnabel'« 



Fantasie noch den Vorzog, dass die technischen Schwierigkeilen 
nicht unüberwindlich sind. 

Ferner erschienen so eben : 

Krsrmann, A M Variation» brillantem ponr le Pia- 
noforte sur nn theme de TOpera : Norma de Bellini. f tf Sgr. 

Kaezltowslrf, Eugene, Iflysteres de la Hanse. 
Trolft IVfaanreS pour Pianoforte. tf Sjrr. Diese Mazur- 
ka's sind unstreitig die originellsten, welche jemals erschienen. 
Bestellungen nehmen alle Buch- und Musikalienhandlungen an. 



In der T. Trantweln'schen Buch- und Musikalienhand- 
lung (J. Gutienimg) ist erschienen« 

Grell, A. E.> Op, 27. Der 95. Psalm, vierstimmig (mit Be- 
gleitung von 2 Viol., Violoncelle, Contrabass, Flöte , 2 Oboea, 
2 Fag. , 2 Trompeten und Pauke (und ad libit. 5 Posannen). 
Preis des Clav. - Ausz. 1 Thlr. Preis jeder Singstimme 8 Sgr. 
Preis der 15 Instrumentalstimmen I Thlr. 7jt Sgr. 
Taubert, W.» Op. 57. Chore zur Medea des JEwripides. Cia- 
vier -Ansaug. Preis 2 Thlr. 10 Sgr. 

fdP* Die Chöre anr Medea werden auch einsein gegeben. 

Grell, A. F., Op. 28. Lieder für die Jugend mit Begl. dea 

Pianoforte. 2 Helle a 5 Sgr. Subseriptions- Preis. 

(Besonders wichtig für Schulonstalten.) 

Wlehmann, Herrmann, Nocturne, Etüde et Mazurku. 

Trois pieces pour le Piano. Op. 2. I2± Sgr. 



Terniaaif Yen zwei Cretnenemer Gelten. 

Eine von Antonius Straduiaritts , welche wegen ihres liebli- 
chen starken gesangvollen Tones und leichter Ansprache sich be- 
sonders sum Cencertepiel eignet, in ihren ursprünglichen Theiien 
erhalten, unverändert, wie sie des Meisters Hand gefertigt, so wie 
eine von Sieolaus Amati, welche einen wohlkliugenden schönen 
Ton, auch leichte Ansprache, gut erhalten, aber nicht den ur- 
sprünglichen Hab mehr hat. — Brstere ist zu dem Preise von 
600 Thlr. Gold, und die aweite an 1O0 Thlr. Conraat , bei Ua- 
temeiehnetem an kaufen, und können Ranfliebhaher diese Instru- 
mente durch Sicherstellung der Kaufsumme auf Probe erhalten. 
Auch kann ich den geehrten Herren Muaikern meine neuen, der 
Straduiari nachgemachten Geigen, gut im. Tone und ia der Spiel- 
art, bestens empfehleu. Indirecte Bestellungen wird Herr Buch- 
handler Helm hienethat an mich an beiordern die Güte haben. 
HalbersUdt. A% Howdkwmmmm. Iartruaaentenmacher. 



Druck and Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig and anter deren Verantwortlichkeit. 



297 



296 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den !•*•■ Mai. 



M 18. 



1844. 



Inhalts Zar musikalischen Literatur. (Beschlass.) — Recensionen. — Nachrichten-. Aas Halle, das Palmsonntagsconcert in Dres- 
den betreffend. Aas Leipzig. — Feuilleton. — jänhmdigungen. 



Zur musikalischen Literatur. 

(Beschlags.) 

Es wird mir schwer, mich in der Aaswahl der treff- 
lichen und überaus naturwahren Bemerkungen des Ver- 
fassers im weitern Verlaufe seiner historischen Skizze zu 
beschränken. Er hält sich an die Erscheinung, dass Volks- 
musik der für gebildete Welt, d. b. musikalisch erzo- 
gene Leute, immer entgegengesetzt gewesen sei. Er ver- 
langt von demjenigen Meister, der den Ruhm des gröss- 
ten für sich in Anspruch nehmen soll, dass alle Men- 
schen an ihm einen Gewinn haben. Er weist nach, dass 
die Theoretiker oder Aesthetiker Baiteux, Forkel, Rous- 
seau, Marpurg diese Universalität, das heiligste Wesep 
der Kunst einseitig angeschaut, also verkannt haben. 
Die Differenz der Vocal- und Instrumentalmusik, eben 
so wichtig als die der Melodie und Harmonie, kommt 
ferner zur Sprache, und die einzelnen historischen Er- 
eignisse des 18. Jahrhunderts werden darnach aufgefasst. 
Gluck im Kampfe mit Piccini, Haydn als der Vater einer 
nicht blos deutschen, sondern europäischen Instrumental- 
musik sind in lebenswahren Zügen geschildert. Endlich 
tritt nun der Held des Buchs, Mozart, auf, der mit dem 
schönen Beinamen eines Erben aller Jahrhunderte, in dem 
sich die Naturmusik mit der Kunstmusik vereinigt, ge- 
krönt wird. Er übt alle Combinationen von Tönen mit 
siegender Leichtigkeit, aber mit steter Beachtung des 
Wohlklanges, d. i. der ewigen Naturgesetze, aus, er 
gestaltet den Ausdruck des Characters nur bis zur Grenze 
der Schönheit, er ist mannicbfaltig in jedem seiner Kunst- 
werke, aber jedes, das grösste wie das kleinste, ist eine 
Einheit. Der Verfasser kommt zu dem Resultate, dass 
die Mozart vorhergegangenen Tonmeister streng genom- 
men entweder Melodisten oder Contrapunctisten gewesen 
sind, Mozart aber der wahre Musiker für alle Völker 
ist. Unter den vielen Thatsacben, die angeführt sind, um 
dies in's rechte Licht zu stellen, ist jene nicht unwichtig, 
dass ziemlich alle ihm vorhergegangenen Meister ihren 
Ruhm bei Lebzeiten erhalten haben , Mozart aber ver- 
kannt gestorben ist und der spätem Zeit erst in seiner 
Grösse erschien. Er lebte von kärglichem Verdienste, 
ohne Besoldung, aber desto freier für seinen Beruf. 

Eine Abhandlung über den allgemeinen Gbaracter 
Mozart' zcher Werke leitet die Betrachtung und analyti- 
sche Untersuchung der einzelnen ein; sie ist an Beob- 

4». Jahrgang. 



achtungen reich, die zu dem Ende, die göttliche Begei- 
sterung in all* seinem Wirken darzuthun, gesammelt 
sind. Der Verfasser geht so weit, dass er die Handschrift 
Mozart' s mit der Beethovens vergleicht, und jene sau- 
ber, vollendet, diese kaum zu entziffern , undeutlich fin- 
det; Jener schuf aus dem Ganzen, Dieser jagte, so wird 
kühn genug behauptet, dem Neuen, Unerwarteten nach. 
Beethoven wird mit grösster Achtung behandelt, aber 
seine Abweichung von der Bahn des Schönen in das Ge- 
biet des Bizarren wird scharf getadelt ; denn Oulibicheff 
sieht eben darin, dass Beethoven und Bach, nach seiner 
Ansicht, das Ohr zuweilen roisshandelt hätten, den Be- 
weis für einen geringeren Beruf, als der Mozarts ge- 
wesen sei. Gegenwärtig werden Viele sein Urtheil falsch 
nennen, aber die Geistreichen gerade, welche dies thun 
werden , sollen nicht vergessen , dass, um Mozart ganz 
zu würdigen, man eine lange Reihe von Jahren hindurch 
in der Zurückgezogenbeit von literarischem Geschrei, von 
einem die Nerven reizenden complicirten Leben sich in 
den Meister versenken muss, wie unser Autor es gc- 
than hat. — Die Analyse der Mozarfschen Werke, un- 
streitig der werthvollste und trefflichste Theil des gan- 
zen erfreulichen Buches, umfasst sie sämmtlicb, mit Aus- 
schluss der Compositionen für das Pianoforle, weil diese 
als Goncertmusik die Ansprüche der Virtuosität, die seit- 
dem fortgeschritten, nicht mehr befriedigen. Ich muss die- 
sen Mangel beklagen. Die Mozart'schen Clavierconcerte 
sind bekanntlich eher Sympbonieen mit einer Prinzipal- 
stimme zu nennen, als für solche Musikstücke, die auf 
Virtuosität berechnet wären, zu halten. Auch ist für Mo* 
zarfs ganzen künstlerischen Character der Umstand, dass 
er als Ciavierspieler excellirte, von grosser Wichtig- 
keit. — Doch, wir wenden uns zu dem, was der Ver- 
fasser uns bietet, ' und finden darin eine Reihe eigenthüm- 
lieber, selbständiger Untersuchungen. Von Gewicht ist, 
dass bei jedem Werke die Situation des Lebens, die 
Stimmung, worin der Meister es verfassle, berücksichtigt 
werden, ein Verfahren acht Wissenschaft lieber Art, ge- 
eignet, eine Menge von Journalschwätzern zu beschämen. 
Den Anfang macht „Idomcneo." Der vierundzwan- 
zigjährige Mozart, bereits ein ausgezeichneter Musiker, 
aber noch weit entfernt davon, an einen Weltkampf mit 
den Meislern Gluck und Haydn denken zu können, wurde, 
nach der Ansicht des Verfassers, durch die Liebe eman- 
cipirt. Aloyse Weber % deren Schwester Constamme tr 

18 



1844. Mai. No. 18. 



500 



spater heirathete, bezauberte ihn durch die Schönheit 
ihrer Stimme. Die Veranlassung, für München eine Oper 
zu schreiben, war ihn willkommen, «ad das mit vieler 
Unsicherheit zusammengestellte Gedieht des Abb6 Vmresc* 
war ihm sogleich daher gau recht. Die Fehler dieses 
mit epischer Breite versehenen Operntexles haben Schuld, 
dass die Oper ausser München wenig gegeben worden ist. 
Im Style siebt man den Einfluss Gluck 9 *, dessen Werke 
Mozart in Paris kennen gelernt halte, aber das Gedicht 
hemmt den jungen Componisten; 26 Nummern zeigt die 
Partitur, die Recitative nicht gerechnet, aber wenig En- 
semblestücke, meistens Arien, Chöre und Märsche. Doch 
indem das Gedicht den Bedürfnissen des disponiblen Ge- 
sangpersonals entgegenkam, den Pfad Dessen, was das 
Herkommen verlangte, nicht verliess, mag es auch jtfo- 
zarfs augenblicklichen Erfolg erleichtert haben, ja, es 
half den Tonkünstler erziehen, indem es die herkömmli- 
chen Formen ihm noch anzuwenden vergönnte, damit er 
allmälig sich daraus durch seine innere Kraft befreie. 
Nun geht der Verfasser in die einzelnen Musikstücke 
ein, sondert sie in drei Classen, die von G lue k'&chem 
Einflüsse berührten, die italienischen Formen nachfolgen- 
den, die endlich, die bereits den originellen Gharaoter 
des Componisten verrathen, wozu fast der ganze dritte 
Act gerechnet wird. Mozart schrieb bekanntlich an sei* 
nen Vater: „In dieser Oper ist für jeden Geschmack 
Musik." Oulibicheff führt die Arie des Arbace, Mo. 22, 
mit Quartett als ein veraltetes, den Antiquilätenfreunden 
zu Liebe gemachtes Stück ad, und vergleicht sie mit der 
bekannten Arie im Don Juan, der der Elvira im Hän- 
detschen Style, die er, obgleich der Kenner sie loben 
muss, bei der Aufführung wegzulassen rfith. Die Ouver- 
türe mag dem Publicum von 1781 seltsam genug vorge- 
kommen sein, denn sie weicht bereits in Instrumentation 
und Harmonie von dem damals Ueblicben vollständig ab, 
aber die zehn Jahre jüngere Ouvertüre zu Tilus spricht 
den heldenmässigen Cbaracter ungleich vollendeter aus. 
Der Verfasser tadelt übrigens einige einzelne harmoni- 
sche Härten in dem Werke, die er anführt, und wor- 
über ich hier nicht mit ihm streiten kann. Wenn er aber 
als Grund angiebt, dass Mozart ein Bewunderer Bach** 
gewesen und ihm nachgeahmt habe, so ist dies wohl zu 
viel gesagt. Er hat zwar das wohltemperirte Ciavier als 
Kind kennen gelernt, aber erst spater in Leipzig (1789) 
mehr von Bach in die Hände bekommen und mit Freu- 
den begrüsst. Die Mozarf sehe Art, zu moduliren, ist 
eine eigentümliche, die sich ihre Wege selbst brach, 
und die zuerst sich an keine Härten stiess. Der Wunsch, 
dass Idomeneo, wenn auch nicht auf der Bühne, doch 
im Concerlsaale häufiger, als geschieht, in's Gedäcbtniss 
gerufen werde, ist gewiss gerecht. — Unmittelbar an 
diese Oper scbliessl sich die Betrachtung des in München ge- 
schriebenen „Misericordia* Domini/ 4 des ersten Kirchen- 
stücks, worin Mozart unabhängig von den Forderungen, 
die früher der Bischof von Salzburg an seine Kirchen- 
musik machte, sich bewegen konnte. Obgleich dieses nur 
ans einer Nummer bestehende Stück von geringem Um- 
fange ist, wird es dennoch für einen unzweideutigen Be- 
weis der Reife gehalten, welche Mozart damals erreicht 
hatte. Der Verfasser bebt technische Vorzüge, einzelne 



Stellen, die das Originalgenie verrathen, hervor, ja, er 
findet dies im Gebrauche oft einer einzelnen Note, z. B. : 



flÄi 




„Hier," so bemerkt er, ,,ist das gis in den Gesangstim- 
men ein Blitz des Genius. Unterdrückt es, und die Mo- 
dulation zwischen Cmoll und Dmoll ist nicht mehr aus- 
zuhallen, die Quinten mit dem Grundbasse sind dann obr- 
zerreissend, aber dieses gis, das die Natur eines Cha- 
mäleons an sich trägt, macht Alles gut!" — Ich kann 
mit ihm in der Bewunderung dieses merkwürdigen Bei- 
spieles eines durch ein ganz einfaches Mittel hervorge- 
brachten Effects nur übereinstimmen. Diese Note ist in 
der That ganz Bach'scher Natur, und mag den Italienern 
(wenigstens 1780) sehr missfallen haben. Mozart hielt 
diese Composition, wobei die Instrumente nur begleitend, 
nicht obligat auftreten, selbst sehr hoch. — Die dem- 
nächst folgende Abhandlung über Mozart , als Improvi- 
sator und Virtuos, enthält fast nur bekannte Bemerkun- 
gen, und dient hier nur, die Vielseitigkeit des Mannes 
anschaulieb zu machen, der in jedem einzelnen Style sei- 
ner Kunst deren Wesen als Hauptsache festhielt. — Die 
,, Entführung aus dem Serail" beschliesst diesen zweiten 
Band. Belmonle ist Mozart, der glückliche Bräutigam 
selbst, der, während er die Oper schrieb, heirathete. Von 
diesem Gedanken gebt alles Uebrige aus. Der Humor, in 
Mozart 9 * Persönlichkeit ein ewiger Zug, findet in Os- 
loin, dem trefflichsten und individuellsten komischen Cba- 
racter, den, ausser Leporello, er geschaffen hat, seinen 
Repräsentanten, Die ganze Oper ist mit dem gründlichsten 
Fleisse auseinandergesetzt, die conventioneilen Bravour- 
arien der Constanze, für die Sängerin Cavalieri geschrie- 
ben, die beiden Nebenrollen, Alles ist mit grosser Liebe 
studirt. Die Hauptsache, dass die Oper nebst der Zau- 
berflöte die einzige ist, die Mozart auf deutschen Text 
componirte, und dass beide daher zusammengehören, wenn 
man alle Werke des Meisters gruppiren will, wie Ido- 
meneo und Titas, und dann wieder Figaro und Cosi fan 
tutle, zwei Paare bilden, so dass Don Juan endlich den 
Gipfel der ganzen Pyramide bildet, dies Alles ergiebt sich 
aus der lehrreichen, von allem Pedantismus freien , von 
ächter, gegenwärtig höchst seltenen Begeisterung diclir- 
ten Skizze. Es ist unmöglich, ohne wörtliche Üeberse- 
tzung ein vollständiges Bild von dieser Wärme der Dar* 
Stellung zu geben, und auch dann müsste mit Vor- 
sicht verfahren werden. Der Verfasser denkt unstreitig 
leichter in französischer, als in deutscher Sprache, so 
genau er diese versteht; sollte Jemand, und es ist mein 
Wunsch, dass dies geschehen möge, diese Uebersetzung 
wagen, so würde er den treffenden Effect vieler einzel- 
nen Beiwörter wiederzugeben Mühe haben. Wenn auch 



301 



1844. Mai. No. 18. 



308 



nicht das ganze Werk zu übertragen Veranlassung* ist, 
so verdienten es wahrlich diese Analysen der einzelnen 
Opern , und wenn mir einst Zeil und Masse es verstat- 
ten, so möchte ich es selbst nicht aufgeben, in Erman- 
gelung eines andern der Arbeit gewachsenen Schriftstel- 
lers dies zu übernehmen. 

Von dem dritten Bande in gedrängter Form zu be- 
richten, gebietet um so mehr der für diese Zeitschrift ge- 
stattete Raum, da er höchst reichhaltig ist. Er wird mit 
den Quartetten für Streichinstrumente, die Haydn gewid- 
met sind, eröffnet. Mozart ist 27 Jahr, und die mit Ido- 
meneo begonnene Lebensperiode, die nun drei Jahre um- 
fasst, schliesst ab. Er tritt in die seiner vollendeten Mei- 
sterschaft. Der Grundgedanke, wovon ausgegangen wird, 
ist der Unterschied zwischen Quarte tlstyi und Sympho- 
niestyl; eben so sebr muss die Vorliebe für ein einzel- 
nes Concerlinstrument, dem die andern nur dienen, un- 
terdrückt werden. Jenes nennt der Verfasser dramati- 
schen Effect, dieses wäre der erste Schritt in das Vir- 
tuosengebiet. Die Wahl der Motive ist das erste Merk- 
mal des befahlen Quarteltcomponisten. Es ist unvermeid- 
lich, hierbei nicht auf Beethoven einen Blick zu werfen, 
und der Verfasser thut dies, unbesorgt um das Nasen- 
rümpfen derer, welche jetzt die Geistreichen sein wol- 
len. Seine Ansicht, — und man kann sie nicbt ganz 
widerlegen, — ist die, dass Beetkoten überall den sym- 
phonischen Styl angewandt habe, der aber dem Wesen 
des Quartetts ein fremder sei. Er erkennt an, dass für 
unsere Zeit Beethoven wirksamer, sogar fasslicher sei, 
als Mozart, aber er behauptet, dies werde vorüberge- 
hen. Eben so, meint er, habe vor fünfzig Jahren Haydn 
geherrscht; diesen Meister schiigt er wohl nicht nach 
vollem Werthe an, denn er bat unstreitig einen für alle 
Zeiten brauchbaren Gedankenreichtum; Mozart nun ge- 
höre nicht jener, noch unserer Zeit, sondern allen Zei- 
ten : „ r komme de toutes les epoques ne pouvoit 4tre 
r komme cTaucvne epoqne en particulier." Was der Ver- 
fasser über die Bedeutung des Geistreichen in der Musik 
sagt, enthält viel Wahres. Es ist gar keine Präge, dass, 
je geistreicher die Menschen , desto unmusikalischer sie 
werden; gleichwohl ist das Wort „geistreich" Mode. 
Nun, sagt er, meine Herren Kritiker, wissen Sie denn, 
dass es eben so wenig geistreiche Musik, als geistreiche 
Gefühle, Regungen und Leidenschaften giebt? Was reine 
Musik ist, wird durch solch' ein Lob beleidigt. Die ganze 
Anwendung des Geistreichen in der Musik besteht iu der 
glücklichen Anwendung und Besiehung eines Tonstücks 
oder eines Theils desselben auf Begriffe, also auf ein 
Programm. Auch Mozart ist in dieser Beziehung geist- 
reich, wo es erlaubt ist, z. B. bei der Tonmalerei des 
Orchesters zu einzelnen Dingen, die Osmin nicht aus« 
spricht. Als ein Musler des Geistreichen führt er weiter 
das bekannte Terzelt aus Figaro zwischen dem Grafen, 
Susannen und Basil an. Doch ist, nach meiner Meinung, 
der Begriff des Geistreichen (anders wenigstens lässt sich 
das Wort „spirituel" sieht übersetzen) nicbt erschöpfend 
gegeben. Haydn z. B. ist sebr oft geistreich, während 
er fast niemals leidenschaftlich wird , zu nennen , und 
doch Icht musikalisch. Das Geistreiche in der Musik läuft 
erst dann Gefahr, geradezu unmusikalisch zu werden, 



wenn der Componist — kurz gesagt — zu sehr an die 
Worte denkt, deren Sinn er ausdrücken will, anstatt von 
ihrem Sinne so inspirirt zu sein, dass er blos in Tönen 
denkt. In Worten und in Tönen denken, ist einmal zweier- 
lei. Nur die Macht der Phantasie füllt diese Kluft aus. — r 
Nach jener Abhandlung folgen nun ähnliche über Figaro» 
Don Juan, die Quintette, die Symphonieen, die kleinen 
Gesangstücke mit Piano, die überarbeiteten HändePscten 
vier Oratorien, Cosi fan Tutte, Zauberflöte, eine beson- 
dere Untersuchung über die Ouvertüre zu dieser Oper, 
endlich über das Requiem. In allen ist mit derselben 
Gründlichkeit verfahren ; ea sind manche bedeutende Winke 
darin enthalten, besonders über die Verwandtschaft ein- 
zelner einander fernliegender Musikstücke; z. B. weist 
er eine solche zwischen der Arie des Idomeneo : „Padri 
germani," der der Constanze „Traurigkeil" und der der 
Pamina: „Ach, ich fühl's" nach. Die Ouvertüre zur 
Zauberflöte giebt Gelegenheit, das Wesen der Concert-. 
Ouvertüre von der dramatischen zu sichten, und die letzte 
wieder in die einzuteilen, welche sich den allgemeinen 
Eindruck und Grundoharacler der Oper festzuhalten be- 
schränkt, und in jene, welche einzelne Themata dersel- 
ben aufnimmt, um den Zusammenhang mit dem Werke 
io's vollste Licht zu setzen. Die Ouvertüre zur Zauber- 
flöte, welche mehr die allgemeine, als die besondere Be- 
deutung dieser ganzen Oper zum Inhalte hat, wird von 
Niemand für weniger, als ein originelles und durchaus 
vollendetes Kunstwerk gehalten werden ; nur daria, dass 
der Verfasser behauptet, sie sei so eigentümlich, dass 
Niemand sie nachzuahmen versnebt habe, darin ist er zu 
weit gegangen. Die Ouvertüre zu „Alruna" von Spokr 
ist eine Gopie jenes Werkes. Als der Verfasser auf das 
fiequiem zu reden kommt, gerälh er in jenen Zorn ge- 
gen Gottfried Weber* den er schon am Ende des er- 
sten Bandes geäussert hat. Die ganze Quelle der Angriffe 
Weber** gegen das Requiem ist ihm verdächtig, wie sie 
ea vielen Andern, die jenen Streit vom Jahre 1827 ver- 
folgt haben, sein muss. Die Aehnlicbkeit mit einzelnen 
H&tietsehea Stücken kann eben so wenig den heiligen 
und tiefen Ernst des Styl's im J4o*art'schen Werke um 
den Ruhm bringen, der eigentliche Ausdruck der Todes« 
abnung und religiöser Demulh zu sein, als die Süss- 
meyer sehen Ergänzungen in höheren ästhetischen Be- 
tracht, denn als eine von der musikalischen Welt nur 
dankbar anzuerkennende Hilfsleistung, zu ziehen sind. 

So dürftig dieser Bericht, bei der Fülle von Gedan- 
ke*, die das Werk von Outibkheff enthält, ausgefallen 
ist, so würde bei manchen Theilen desselben es nur eher 
geschadet, als genützt haben, wenn ich hätte Auszüge 
geben wollen. Der Aufsatz über ,, Don Juan," über „Ti- 
lus" u. A. würde geradezu vollständig übersetzt werden 
müssen, was mich hier zu weit geführt hätte. Um in- 
dessen ein kleines Bild von der psychologischen Feinheit 
zu geben , womit der Verfasser die einzelnen von Mo- 
zart in Tönen gezeichneten dramatischen Charactere zu 
schildern weiss, möge noch ein einzelner solcher Cha- 
racter in wortgetreuer Uebersetzuog der gegebenen Schil- 
derung hier folgen. Um eine der kürzeren von diesen 
Skizzen zu wählen, möge die Gräfin aus „Figaro's Hoch- 
zeit*' als Beispiel dienen. 



305 



1844. Mai. No. 18. 



304 



„Die Gräfin hat eine Cavaline im zweiten Acte, 
eine grosse characteristische Arie im dritten, und eine 
grosse im glänzenden Style im vierten ; letzlere, auf die 
Bitte der Sängerin Signora Storace componirt, ist zn 
viel. Die Cavaline „Porgi amor" (Esdur), Larghetto, 
atbmet den süssesten Duft der Zärtlichkeit und Schwer- 
mut!). Man mnss bedauern, dass dieses reizende Musik- 
stück mit Inbegriff des Ritornells nur vierzig Tacte zählt. 
„Dove sono i bei momenli" ist eine Arie im grossen 
Style und vom edelsten Ausdrucke. Die poetische Rück* 
ennnerung an die Flitterwochen, nachdem Rosine bereits 
lange Jahre vom Wermuthsbecher der Ehe trinken musste, 
dieses Traumbild verjüngt auf einen Augenblick Rosinen« 
verwelktes Herz. Sie singt ihre Erinnerong in einer Me- 
lodie, hellstrahlend wie die Sonne an jenem Tage, wo 
lindoro ihr das Ja ablockte, eine so keusche und milde 
Melodie, wie der erste Liebesgedanke im Herzen einer 
Jungfrau. Ach, könnte er wiederkehren, jener Frühling 
des Lebens, der niemals wiederkommt 1 ,,Ah, si almen 
lamia costanza." Nun überlässt sich Rosine den schmeich- 
lerischen Täuschungen eines weiblichen Herzens. Das 
Andante wird zum Allegro, und die aufsteigende Hoff* 
nung erzeugt eines jener anbetungswürdigen Motive, de- 
nen wohl kein Mensch, als höchstens ein Ehemann, wi- 
dersteht. Höchst anmutbige Figuren der Hoboen und Fa- 
gotte antworten in Terzen und Sexten den Wünschen 
der Gattin oder rufen ihr ermunternd zu ; und sollte end- 
lich wirklich noch ein ängstlicher Zweifel in einer Wen- 
dung der Gesangslimme angedeutet scheinen, die vom 
scharfen hohen A chromatisch abwärts nach C leitet, so 
verlischt dieser Gedanke schnell in dem triumphirenden 
Jubel, den der Schluss ausspricht. Ach, arme Rosine, 
dieser Triumph wird niemals ein anderer sein,, als der 
der göttlichen Kunst, welche dich so edel, so schön und 
so würdig eines besseren Schicksals zeichnete." 

In gleicher geistvollen Weise sind alle dramatischen 
Gharactere Mozart' s behandelt und in Worten gemalt. 
Man erkennt überall einen eben so denkenden Musiker, 
als einen feinen Kenner des menschlichen Herzens in die- 
sen Ergüssen wahrer Begeisterung für die Tonkunst und 
deren höchsten Beruf. Des fast allzubescheidenen Schluß- 
wortes, womit der Verfasser seine eigene Leistung nie- 
driger anschlägt, als Unzählige an seiner Stelle es ge- 
than haben würden, hätte es nicht bedurft; denn ich 
trage kein Bedenken, zu behaupten, dass es um die Be- 
arbeitung der Geschichte der Musik weit besser, ab es der 
Fall ist , stehen würde , wenn wir viele solche Werke, 
wie dieses über Mozart, besissen. 
Breslau. Dr. August Kahlert. 



RECEIH8I0HEH. 

Für zwei Piano forte und Piano forte solo. 

1) Ä. Schumann : Andante und Variationen für zwei Piano- 
forte. Op.46. Leipzig, Breitkopf u. HärlcL lTh!r.5Ngr. 

2) CA. Vose: Le Gondolier, Barcarole venitienne. Op. 
50. Berlin, Bote et Book. 25 Sgr. 



3) P. M. Schreinxer: 6 ;Eglogues. Op. 7. Leipzig, 
Kistner. 2 Hefte, k % Thlr. 

4) F. Liszt: Reminiscences de Norma. Mainz, Schott's 
Söhne. 2 Fl. 24 Kr. 

5) St. Heller: Fanlaisie sur une Romance de l'Opera: 

Charles VI. Op. 37. Leipzig, Breilkopf und Härtel. 
20Ngr. 

6) //. Bertini: Fantaisie brill. sur des motifs de l'Opera : 
Marie de Roban. Op. 151. Mainz, Schott's Söhne. 
1 Fl. 12 Kr. 

7) Her» : 3 Divertissements sur des Airs de Ballets de : 
Dom Sebastian. Op. 139. Gab. 1 — 3. Leipzig, Breit- 
kopf et Härtel. ä 25 Ngr, 

8) F. Hunten: Les Delices desjeunes Pianistes. 4 Ron- 
deaux. Op. 130. Mo. 1, 2. Ebendaselbst, k 20 Ngr. 

9) — — Rose et Bleuet, 2 Airs varies. Op. 131. 
No. 1, 2. Ebendaselbst, k 20 Ngr. 

10) F. Beyer: Bouquet de mllodies de: Lucia di Lam- 
mermoor. Op. 42. Mainz, Schott's Söhne. 1 Fl. 

Die Variationen von Schumann hörten wir, von des- 
sen Gattin und Mendelssohn gespielt, vor längerer Zeit 
in einem Concerte. Das Thema derselben, welches etwas 
sehr Weiches und Inniges ausspricht und sich leicht in 
dem Gehör festsetzt, würde unstreitig noch mehr an Reiz 
gewonnen und dadurch die Variationen interessanter ge- 
macht haben, wenn es, wenn wir es recht genau neh- 
men wollen, nicht aus einem blosen eintactigen, sich wie- 
derholenden Motive, den Schluss des Vordersatzes des 
ersten und den Anfang des zweiten Theils abgerechnet, 
bestände. Ein grosser Theil des Publicums, welcher sich 
nicht so leicht von der Musik, welche mit Wenigem viel 
sagt, einen Begriff machen kann , fühlt sich freilich von 
der mit Vielem wenig sagenden Virtuosenmusik mehr an- 
gezogen; aber doch giebt es auch einen anderen Theil 
von Zuhörern, welcher geläuterten Geschmack und durch 
längeres und aufmerksames Hören ein gewisses Urteils- 
vermögen erlangt hat, und dieser ist gewiss auch von 
dieser Composition angenehm berührt worden. 

Wir hören noch die liebliche Stelle: 



f^i'^i^jjii 



und den zauberischen Vortrag der Spielenden, und freuen 
uns beim Durchlesen und Durchspielen nun erst recht 
der gelungenen Arbeit, welche ganz die von Schumann 

fewohnten Eigenlhümlichkeiten enthält. Mögen sich recht 
iele am Hören und Spielen derselben erfreuen! 

Bei der Voss'scben Barcarole schwebt uns immer 
das venetianische Gondellied von Mendelssohn (Heft 2 
der Lieder ohne Worte) vor. Welchen Character alh- 
met dieses Stück in seiner Kurze und Einfachheit! wie 
klingt der Triller gleichsam über weite Wasserfläche zu 
uns herüber ! wir fühlen uns dabei in dieses Leben hin- 
einversetzt, von sanften Winden umweht, welche eigen- 
tümliche Töne an unser Ohr trafen , indess wir in An- 
schauung der uns umgebenden Herrlichkeit versunken 
sind. Die Voss'scbe Barcarole lässt nicht zu solchen Be- 
trachtungen kommen, sie ist ein durch zu viele Repeti- 
tionen des schon Dagewesenen lang ausgesponnener Satz, 



305 



1844. Mai. No. 18. 



506 



der seinen Namen nur durch 4fe % rechtfertigt, im Uebri- 
gen aber ganz an ähnliche Prodncte eines Schanke, Burg- 
müller u. s. w. erinnert, nur dass die Voss'sche Com- 
position mehr den Clavierkünstler auch bei diesem leich- 
ten Stücke erkennen lässt. 

Die sechs Eglogues sind das Erzeugniss einer Dame ; 
sollen wir deshalb minder nachsichtig sein? Nein, wir 
wollen ebenfalls ganz von der Person abseben und nur 
das Werk derselben vor Augen haben. Den Namen» den 
diese Stücke fähren, haben wir in neuerer Zeit hier und 
da schon zu bemerken Gelegenheit gehabt; man fühlt 
Sehnsucht nach neuen Bezeichnungen, und ergreift be- 
gierig die neu aufs Tapet gebrachten, wenn auch nicht 
allemal die Form denselben entspricht. 

Das Letztere könnte auch von den Eglogues gehen, 
und das nur zu ihrem Vortheil ; wer wird sich auch auf- 
gelegt fühlen, sechs Hirtenlieder hinter einander weg zu 
schreiben? und zumal wie hier immer doppelt. Talent 
spricht sich wohl in den Composilionen aus, einige recht 
nette Züge kommen in Hinsicht der Rhythmik, Enharmo- 
nik und Motivbenutzung zum Vorschein, so dass wir 
manchmal überrascht wurden, wie in No. 2 und 3; aber 
zum grossen Theil fanden wir uns hier und da wahrhaft 
zurückgeschreckt, und können nicht umhin, Modulatio- 
nen, Sätze und Stellen wie No. 1, No. 2 Alterna tivo 
Anschluss des zweiten Theils. No. 3 Alternativo Schluss 
zur Repetition, No. 4 Anschluss des Alternativo und des- 
sen Fortsetzung, No. 5 auf S. 22, 23 und dessen Schluss 
und Alternativo bässlich zu nennen. Das Alternativo 
von No. 6: 

1 




würde jedenfalls auch besser so anfangen: 




Stellen wie S. 15 , System 3, Tact 2 (quintenmäs- 
sig), S. 19, System 6, Tact 2 (in der Oberstimme dis 
weg, in der Onterstimme fis dafür), Tact 3 (fa vor eis), 
Tact 6 (3 Viertel e-ais-ßsis-e), S. 25 letzter Tact (d- 
a-c-fis-a), S. 27, System 2, Tact 3 (Q vor fis im Bass 
bei der Fermate), System 3, Tact 4 (fehlt e in der Ober- 
stimme), S. 29, System 5, Tact 3 (Oberstimme Ä vor g), 
Tact 4 (Oberstimme his - gis - gis -fis) könnten hei 
einer zweiten Auflage verbessert und noch manches Quin* 
ten - und Querslandähnliche weggeschafft werden. 

Liszt'a Compositionsart ist zu bekannt, als dass wir 
nölbig hätten, darüber noch Worte zu machen ; es reicht 
gewiss aus, dass wir seine Verehrer auf das Erscheinen 
dieser Fantasie aufmerksam machen, welche nach einem 
im Facsimile beigelegten Briefe des Verfassers an Mad. 



Pleyel (eine schöne, gewiss bald Nachahmung findende 
Erfindung) est toute chargie et surchargee (tarpdges, 
(Toctaves und anderen jetzigen Notwendigkeiten. Wir 
müssen auch in diesen Reminiscenzen, wie in anderen 
Liszt'scben Werken die ausgezeichnete, ganz eigenthüm- 
licbe Schreibweise bewundern, der sich andere Virtuo- 
sen nur zum Theil bemächtigt haben; doch weiter wüss- 
ten wir auch nichts zu sagen. 

Obwohl wir schon häufig gegen Fantasieverfertigung 
über Opernlhemata eiferten, so machten wir doch einen 
Unterschied zwischen den Bearbeitern. Warum sollte ein 
wirklicher Componist sich auch nicht versucht fühlen, 
fremde Themen zu verarbeiten, wenn er sie seiner wür- 
dig hält? und Beethoven, Weber, Hummel sind uns in 
derartigen Werken immer noch recht lieb. 

Heller's und Bertini's Fantasieen gehören in dieser 
Beziehung, wenn gleich etwas Speculatives mit durch» 
guckt, zumal die des Ersteren, zu den besseren Erzeug- 
nissen dieses Genre's in der Gegenwart und werden ge- 
wandten Spielern willkommen sein. 

Unter Denjenigen, die den musikalischen Markt mit 
Neuigkeiten versehen, ist es Herz, dessen Compositio- 
nen von einer gewissen Classe Musiktreibender gern ge- 
spielt werden, und auoh Hunten hat seine Partei, die er 
väterlich versorgt. Die Herz'scben drei Divertissements 
gehören zu dessen leichteren Arbeiten, und No. 1 und 3 
klingen recht angenehm. Hünten's Op. 130 enthält in 
zwei Lieferungen vier Pieren: La chasse, La valse, La 

Colonaise, La marche, und es dürften sich diese vier recht 
übschen Sätzchen eben so verbreiten, wie die vier Ron- 
do's, die er um 100 Opus früher schrieb (Op. 30). Sie 
heissen: Les d&ices des jeunes pianistes, und werden, 
neben Exercitien den jungen Leutchen als Leckerbissen 
gegeben, recht wohl bekommen. 

Dasselbe gilt von Op. 131, welches aus zwei Heft- 
chen Variationen über ein Air suisse und Allemand be- 
steht, das weiter fortgeschrittenen Schülern gegeben wer- 
den kann. 

Das Bouquet de mllodies aus Lucia di Lammermoor 
von Beyer ist ein Potpourri, welches die beliebtesten 
Melodieen dieser Oper in sich fasst; die Zahl der sich 
mit dieser Musikgattung Beschäftigenden ist gerade nicht 
klein : sie mögen sich daran ergötzen. 

Hermann Schelfenberg. 



Nachrichten* 



Das Palmsonntagsconcert in Dresden, zum Besten des 
Unterstützungsfonds für Wittwen und Waisen der königl. 
Capellisten vom verstorbenen Morlacchi gegründet, ge- 
hört ohne Zweifel zu den grossartigsten Musikauiföbrun- 
Ijen, welche seit Jahren in Deutschland existiren. Sämmtr 
ichc musikalische Kräfte Dresdens treten hier wohl und 
sorgfältig vorbereitet zu einer gemeinsamen Kunstleistung 
zusammen. Die erste Abtheilung des Concerts füllt in der 
Regel ein grösseres Oratorium u. s. w., die zweite eine 
Symphonie. Die Aufführung findet Statt im Saale des gros- 
sen Opernhauses, der vielleicht nahe an 3000 Zuhörer 



907 



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308 



fassen kau «ud ifl der Regel auch fast. In diesjährig 
gen Ceaoerte kam das Oratorium Jephta von Hamid 
uüler Reissigers Leitung, und die Pastoralsymphonie von 
Beethoven unter fVagner's Leitung zur Aufführung. Die 
Solopartieeu des Gesanges hatten übernommen: die Da- 
men Kriete, Thiele, Babnigg* die Herren Tichatschek, 
Bielxyxki und Wichter. Die Gesammlausführung geschah 
durch das Personal der königl. Gapelle und des königl. 
Sängerchores, durch die Mitglieder der Dreusig sehen 
Singacademie, durch die Musikdirektoren Otto und Schu- 
rig und die unter ihrer Leitung stehenden Singchöre, in* 
gleichen durch die Theünahme der Musikdirectoren Rohm, 
Martert, Hartwig und deren Chöre. 

Das Oratorium Jephta gehört jedenfalls zu den gross- 
artigsten Erzeugnissen der /föufef sehen Muse, doch 
möchte ich keinesweges annehmen, dass die Mosefschen 
Bearbeitungen der Werke Händets, so verbreitet sie 
anch immer sein mögen, stets im Geiste des Componi- 
aten gehalten sind; wenn solche Kräfte einmal zusam- 
mentreten, da müssen dem Publicum nur Originalwerke ' 
in ihrer Reinheil vorgeführt werden, nicht aber willkür- 
liche Verarbeitungen und Bearbeitungen, aus denen das 
Publicum doch den wahren und ächten Händel nimmer- 
mehr erkenoen kann; ich kenne zwar die OriginalparU- 
tur von Händets Jephta nicht, muss aber doch ans gn* 
ten Gründen annehmen, dass der sonst höchst achtbare 
Mosel im Jephta eben so willkürlich verfahren ist, als 
im Samson, von welchem Werke ich weiss, dass es von 
Mosel wirklich misshandeU worden ist. Wenn der Ver- 
fasser des Werkes: „Ueber Reinheit der Tonkunst" 
sagt: „Weggelassen sind treffliche Chöre, weggelassen die 
herrlichsten Arien, Duette , Recitativo > umcompenirt ist 
eines der schönsten Bassstücke, um, wegen des Statt 
gehabten Ausschneidens anderer Stücke, einen Uebergaag 
zn dem zu finden, waa folgt u. g. w," — so sagt er noch 
zu wenig; Mosel hat im Samson sogar die wesentliche 
Basspartie des Harapha ganz und gar herausgeworfen ! — 
Und nun die modernisirte Instrumentation ! Man sagt zwar : 
die neue Zuthat sei nöthig, weil Händel so vielfach durch 
sein meisterhaftes Orgelspiel nachgeholfen habe — ganz 
recht 1 aber warum gebraucht man nicht stets bei Aus- 
führung Händefacher Oratorien die Orgel, wenn diese 
colossalen Meisterwerke erst durch sie ihre volle Fülle 
und Würde erhallen? — Händets biblische Oratorien 
sind für die Kirche geschrieben, und ^ctimüMofarfs in- 
strumentirter Messias kann den Orgeleffect nicht ersetzen. 
Sebastian Bach wird wie ein Heiliger — und mit Recht — 
verehrt; ihn slelfc man in seiner ursprünglichen Gestalt 
in die moderne Gegenwart — und sein grosser Zeitge- 
nosse Handel wird unbarmherzig (ohne vorgeschriebene 
Orgel) mit moderner Zuthat in den Coneertsaal verwie- 
sen und noch dazu verkürzt, verstümmelt und umeom- 
ponirt — soll denn etwa der Riese Händel in dieser 
Gestalt nnserm grossen Publicum zugänglicher gemacht 
werden? et glanbt das nicht! 4ns ist eitel Blendwerk 
und Selbsttäuschung ! — Händel bleibt dem wahren 
Kunstfreunde und Künstler stets anbetungswürdig; Ein- 
zelnes von ihm wirkt auch -* und namentlich in der 
Kirche — grossartig und herzerhebend anf die grosse 
r; aber eben die durch flüchtige Reize ver- 



wöhnte Masse wird durch ein ganzes Oratorium von Hän- 
del erdrückt, die Menge sagt! „schön, aber lang — — 
weilig!" — Will man hei musikfestlichen Gelegenhei- 
ten die alten classisohen Vocalwerke gegen die neuem 
classischen Instrumentalwerke stellen, so dächt 9 ich, wäre 
es viel zweckmässiger, wenn man fernerhin auch die 
ewig schönen reinen Vocalcompositionen der früheren 
Zeit wieder mit unsern Chormassen in's Leben riefe; 
vielleicht kämen unsere Gomponisten dann mehrfach zn 
der Ueberzeuguug , dass ein Chor gebildeter Menschen- 
stimmen ohne Instrumentalbegleitung ganz eigentümliche, 
mächtige Wirkungen hervorbringen könne, von denen 
man jetzt nur höchst selten in kleineren Kreisen eine 
Ahnung erhält. — Bin ich demnach mit der Wahl des 
modernisirten Jephta für das Palmsonntagseoncert um so 
weniger einverstanden, da dasselbe Werk schon vor 
einigen Jahren unter fast gleichen Verhältnissen und Um- 
ständen gegeben wurde, so kann ich, von dem Obigen 
abgesehen, der diesmaligen Ausführung im Allgemeinen 
nur gebührende Achtung zollen. Die Chöre verdienten 
unter Reissiger 9 s treulicher Leitung unbedingtes Lob, 
eben so das Orchester. Tichatscheh's Jephta hatte kiinst» 
lerische Haltung; die übrigen Solopartieen wurden mei- 
stentbeils brav gesungen, doch füllten die Damen Thiele 
und Babnigg mit ihren nicht eben grossartigen Stimmen 
den weiten Saal keineswegs vollständig aus. 

Doch nnn zur Symphonie! — Beethovens geniales 
Tongemälde erschien unter fFagner's Leitung in einer 
schönen, ganz eigentümlichen Beleuchtung; egoistische 
Musikpedanten werden freilich mit der Wahl der Tempi 
u. s. w. nicht immer einverstanden sein; aber das ist 
a ganz in der Ordnung; jeder Kunstverständige weiss 
angst, dass ein Musiksatz nicht eine absolut bestimmte 
Bewegung hat, dass namentlich bei Symphonien die Quan- 
tität der ausführenden Masse , das Coocertlocal u. s. w. 
berücksichtigt werden müssen, und vor allen Dingen, 
dass Beethoven selbst zu verschiedenen Zeiten eine und 
dieselbe Symphonie mit wesentlich verschiedenen Zeit- 
maassen bezeichnet hat ; wer das nicht weiss oder etwa 
vergessen hat, den verweise ich auf die Allgem. Musikal. 
Zeitung 1817, da hat Beethoven S. 873 seine Sympho- 
nieen selbst metronomisirt ; in der Partitur der Adur- 
Symphonie aber (Wien, bei Haslinger) finden sich ganz 
andere und wesentlich verschiedene Tempobezeichnun- 
gen. Also darüber kein Wort — der Streit wäre ohne 
Ende! — So viel steht wohl unzweifelhaft fest: der ge- 
niale Dirigent war ganz und gar Herr des Kunstwerks ; 
das treffliche Orchester, mit den Intentionen fFagner 9 s 
vollkommen vertraut, vom Geiste der Runstscböpfung 
völlig durchdrungen, legte auf* Nene den Beweis zn 
Tage, dass es nicht nur, wie längst anerkannt, im fein 
nüancirten Spiele wahrhaft Kunst würdiges und Musterhaf- 
tes leistet, sondern anch gerade im grossartigea Sympbo- 
nieensemble mit jedem andern deutschen Orchester ruhig 
in die Schranken treten kann; dabei hat es noch den 
Vorzug, dass es fast bei allen Instrumenten die renommier- 
testen Virtuosen aufweist, welche es sehr wohl verstehen, 
sioh in die Gesantmtmasse des Orchesterkörpers zu fügen. 
Halle. Gustav Neuenbürg* 



i 



509 



1844. Mai No. 18. 



310 



Leipzig, den 27. April 1844. Wie seit mehreren 
Jahren, fand auch diesmal am Charfreitage Nachmittags in 
der Kirche zu St. Paul eine grosse Aufführung geistli- 
cher Musik statt, deren Ertrag zur Errichtung einer Un- 
terstützungscasse für die Wiltwen der Orcbestermitglie» 
der bestimmt war und welche sich eines zahlreichen Be- 
suchs zu erfreueu hatte. Aufgeführt wurden : das Requiem 
von Mozart und der 42. Psalm von Felix Mendelssohn- 
Bartholdy*) unter Mitwirkung der Singacademie , einer 
grossen Anzahl Dilettanten , des Thomanerchors und des 
Concertorcbeslers. Die Soli hatten Frau Dr. Frege, Frau 
Musikdirector Hauptmann und die Herren Schmidt nnd 
' Pogner übernommen; die Leitung des Ganzen war in 
den Händen des Universilätsaiusikdirectors Herrn F. Rieh- 
ter 9 eines talentvollen, tüchtig gebildeten Künstlers, dem 
seit einiger Zeit die musikalische Direction der Sing- 
academie übertragen worden ist, welche durch seine em- 
sige Wirksamkeit einen neuen, für unser Musikleben ge- 
wiss erfreulichen Aufschwung zu nehmen verspricht. Von 
einer Vereinigung so reicher und ausgezeichneter Mittel 
lässt sich immer Bedeutendes erwarten. Diese Erwartung 
ist auch in jeder Hinsicht erfüllt worden. Wir können, 
ja wollen nicht Einzelnes hervorheben, wenn das Ganze 
befriedigend ist, wenn alle einzelnen Theile in gleichem 
Grade zur rechten Wirkung beigetragen haben. Wir be- 
gnügen uns damit, hier öffentlich auszusprechen, dass 
diese Auffuhrung nicht nur geeignet war, hohe Kunst- 
anforderungen zu befriedigen, sondern auch die Zuhörer 
wahrhaft zu erbauen, dass mithin in ihr der rechte Geist 
und Sinn waltete, welcher allen Konslbestrebungen und 
Leistungen inwohnen sollte, und durch welche allein 
ein vollständiges Gelingen herbeigeführt zu werden ver- 
mag. Wir sprechen diese Anerkennung mit voller 
Ueberzeugung, aber auch am so lieber aus, weil wir 
damit zugleich die Hoffnung verbinden, dass aus so tüch- 
tigen Bestrebungen nur schöne und dauernde Erfolge für 
die Kunst und unsere Kunslzustände hervorgehen kön- 
nen. Das würde gewiss der beste Dank und Lohn für 
alle Mitwirkende sein, den wir ihnen auch eben so sehr 
wünschen, wie sie ihn verdienen. Zu bemerken ist noch 
nachträglich, dass der Unterstülzungsfonds, zu dessen Grün- 
dung, wie erwähnt, diese Musikaoffübrung veranstaltet 
worden war, nicht mit dem ebenfalls vor Kurzem hier 
errichteten allgemeinen Pensionsfonds für Musikerwitt- 
wen zu verwechseln ist j jener ist ausschliesslich für die 
Witlwen der wirklichen Mitglieder des Leipziger Kir- 
chen-, Goncert- uud Tbeaterorchesters bestimmt, wäh- 
rend dieser, wie aus seinen bereits in einigen öffentli- 
chen Blättern abgedruckten vorläufigen Statuten hervor- 
geht, die Unterstützung von Wiltwen aller derjenigen 
in Deutschland lebeuden Musiker, welche dem betreffen- 
den Vereine beitreten und jährliche Beiträge leisten, zum 
Zwecke hat. — 

Am 24. April gab Herr F. Servais, Violoncellist ans 
St. Petersburg, ein Concert im Saale des Gewandhauses. 
Das Repertoir bestand aus: Concert für Violoncell (er- 
ster Salz), componirt und vorgetragen von Herrn Ser- 
vais. — Romanze aus Faust von Spohr, gesungen von 
Fraul. Sachs. — Souvenir de Spaa, Fantasie für Violon- 
cell, componirt und vorgetragen von Herrn Servais. — 



Grosses Trio von L. van Beethoven, für Pianoforte, Vio- 
line und Violoncell (Bdur, Op. 97), vorgetragen von 
Herrn GMD. Mendelssohn- Bartholdy, Herrn Goncertmei- 
ster F. David und Herrn Servais. — Zwei Lieder (von 
Gumbert und Felix Mendelssohn • Bartholdy) mit Piano* 
fortebegleitung, gesungen von Fräul. Sachs. — Fanlaisie 
burlesque über Themen aus dem Garneval von Venedig, 
componirt und vorgetragen von Herrn Servais. 

Seit Bernhard Bomberg ist uns kein Violoncellist, 
vielleicht nur Merk in Wien ausgenommen, bekannt ge- 
worden, den wir, was die technische Ausbildung betrifft, 
mit Herrn Servais in Vergleich bringen könnten. In die- 
ser. Hinsicht leistet Herr Servais wirklich Erstaunliches ; 
ihm sind die grössten Schwierigkeiten zu leichtem Spiel 

Eeworden , und Alles vollbringt er mit solcher Gewandt* 
eit und Sicherheit, dass der Gedanke an ein mögliches 
Misslingen gar nicht aufkommen kann. Sein Ton ist nicht 
gross, aber gesund, klar und wohlklingend, weich, ela- 
stisch und durchaus gleicbmässig in allen Lagen. Sein 
Vortrag ist lebendig und interessant, aber mehr piquant, 
ala geistreich, mehr elegant, als warm und seelenvoll. 
Die grosse Leichtigkeit und Sicherheit, mit welcher Herr 
Servais technische Schwierigkeiten ausführt, die Erfah- 
rung vielleicht, dass äussere Effectmittel auf die grosse 
Menge meist am Stärksten wirken, scheinen ihn zu einer 
Coquelterie dem Publicum gegenüber zu verleiten, die 
sich sogar in auffallenden manierirten Körperbewegungen 
während des Spiels auf uns nicht wohllbnende Weise 
äussert und welche auch auf den Charaeter seiner gan- 
zen Leistung nicht ohne nachtheiligen Einluss geblieben 
sein dürfte. Wir sind überzeugt, die Leistungen des Herrn 
Servais könnten künstlerisch viel bedeutender, sie wür- 
den in ihren Wirkungen auf Künstler und gebildete Kunst- 
freunde weit tiefer und nachhaltiger sein, wenn sie na- 
türlicher und innerlicher, wenn sie freier wären von 
Manier, die der wahren Kunst ewig fremd und entgegen 
sein wird. Möglich wohl, dass der grosse Haufe dann 
weniger enthusiastisch applaudirte, aber die Stufe, auf 
welcher Herr Servais dabei als Künstler stände, würde 
eine höhere, eine sehr hohe, und bei den wirklich emi- 
nenten Mitteln desselben eine unantastbare sein. Was 
die Composiüonen des Herrn Servais betrifft, so sind 
diese natürlich zumeist auf brillante Spieleffecte berech- 
net, welche darin auch in ausgezeichneter Weise erreicht 
werden. Der erste sehr breit angelegte und ausgeführte 
Goncertsalz bat den meisten musikalischen Wertn; Sou- 
venir de Spaa ist ein Thema mit lang ausgesponnenen, 
schwierigen Variationen, und die Fantaisie burlesque eben 
auch nichts Anderes und ähnlich den bekannten Varia- 
tionen von Ernst für Violine über dasselbe Thema. Uebri- 
gens.liess sich über diese Gompositionen ein weiter ge- 
hendes Unheil deshalb nicht fällen, weil sie nur mit 
Quartett, nicht mit vollständiger Orchesterbegleitung aus* 

Jeführt wurden. Dass die Leistungen des Herrn Servais 
urebgängig mit dem grössten Beifall aufgenommen wur- 
den, bedarf keiner Versicherung. 

Herr GMD. M en delssohn - Bartholdy , weicherauf 
seiner Reise nach England sich einige Tage hier aufhielt, 
verschaffte uns durch seine Mitwirkung einen so hohen 
Kunstgenuss, wie wir lange nicht hatten, und wie über- 



511 



1844. Mai. No. 18. 



312 



haopt nur höchst selten geboten werden kann. Wir un- 
ternehmen nicht, die Wirkung zu beschreiben, welche 
die durch und durch meisterhafte Ausrührung des herrli- 
ehen Bdur-Trio von Beethoven allgemein hervorbrachte; 
es ist dies eine freudige Erhebung, die mitempfunden, 
mitgenossen werden muss, neben welcher auch nichts 
Anderes, sei es auch noch so selten und interessant, 
wenn es nicht auf gleicher Kunsthöbe steht, aufkommen 
kann. Drei solche Künstler, wie Mendelssohn, David 
und Servals , denn auch Letzterer war hier im Ganzen 
vortrefflich, sind allerdings ein ausgezeichneter, sehr sel- 
tener Verein, und wir können uns glucklich schätzen, 
denselben so genossen zu haben. 

Auch Fräul. Sachs führte ihre Gesangstücke recht 
gut aus und erhielt vielen Beifall. 

Wie wir hören, gebt Herr Servais von hier unmit- 
telbar nach St. Petersburg zurück; möge die grosse und 
gerechte Anerkennung, welche er überall in Deutschland 
gefunden, in der Ferne ihm eine freundliche Erinnerung 
sein, uns aber die Hoffnung sichern, ihn recht bald wie- 
der hier begrüssen zu können. R. f. 



Feuilleton. 



Stuttgart. Der in der Runstwelt seit einer Reihe voo Jah- 
ren rühmlichst bekannte and in diesen Blättern oftmals mit An- 
erkennung erwähnte Bassist, königl. Hofsanger Wilhelm Häser ist 
zu Ostern d. J. von dem Könige von Wörtern berg anter Bezeu- 
gung allerhöchster Zufriedenheit anter ehrenvollen Bedingungen 
in den Rahestand versetit worden. 



Am 8. April gab der rühmlich bekannte Landsberg su Rom 
im Palaste des Hersogs Caffarelli sein letztes Concert dieser Sai- 
son. Mozart? t Ave verum, Stacke aas Mendelssohn'* Paulus, 
Chöre von Seb. Bach % Händer t Hallelojah u. A. bildeten den er- 
sten Theil; im zweiten Theile wurden Musikstücke aas Oberon, 
Don Juan, Idomeoeo, so wie von Cureehmann , Meyerbeer u. A. 
aufgeführt. C. Eckert and Ed. Frank , so wie gegen 80 Römer, 
für weiche die VoealsStze in's Italienische übersetzt worden waren, 
nahmen thätigen Antheil; die Zahl der Zohörer belief sich auf 
400 and der Beifall war eben so gross als allgemein. 

Die Antigone ist nnn auch in Dresden mit Mendelssohn - Bar- 
tholdy's Musik glänzend in Scene gegangen. — Aach in Paris 
wird das Stuck zur theatralischen Aufführung vorbereitet. (Pri- 
vatim, mit Pianofortebegleitung, wurde es daselbst bereits von 
einer Anzahl Dilettanten aufgeführt.) 



Ankflndlgnngen. 



Im Verlege der Untemeiehneteu sind so eben folgende Werke 
mit Eigentumsrecht erschienen i 

Ein Sommernächte traom 

von 

W. Shabspeare 

Musik von 

JF. Mendelssohn JBartholdy. 

Vollständiger Ciavierauszug (zu vier Händen) vom Com« 

ponisten. Preis 5 Thlr. 
Die Singstimmen zu demselben Werke. Preis 1 Thlr. 

Symphonie 

No. 2 (Edur) 
. für Orchester 

von 

BT. W. «ade. 

Auflegestimmen 6 Thlr. 

Ciavierauszug zu vier Händen 2 - 

Leipzig, 1. Mai 1844. 

Breltltopf «f» HftrteL 



In der T. Trtuntweln'schen Buch- und Musikalienhand- 
lung («f. GuUsntma) ist erschienen: 

Seiter. C F., Zehn Lieder für 4 Männerstimmen. Heft I. 
No. i. Versus mentoriales. No. 2. Lob der Musik. No. 5. Die 
Campanelle. No. 4. Ergo bibamns. No. 5. Drehmann. Preis 
t Thlr. Heft II. No. 6. Beherzigung. No. 7. Hoher Besock. 



No. 8. Ans des Knaben Wnnderkorn der dritte und vierte Vers . 
No. 9. Knickerei bleibt frei. No. 10. Lob der Faulheit. 
Preis SO Sgr. 
Taubert , Willi., Op. 59. Gruss an Schlesien. IS Lieder 
in scklesiscker Mundart von Hoffmann, Viol und Geisheim für 
eine Singstimme mit Pianofortebegleitung. Preis 15 Sgr. 



im Verlage von Fr» Hoftneiflter in Leipzig. 
Battanehoit, Op. 5. S Melodies pour Violoncelle avec Pia- 

noforte. I7i Ngr. 
Berger, Op. 45. IS Lieder für eine Singstimme mit Piano- 

forle. (S&mmtl. Lieder 7. lief.) 25 Ngr. 
BergaTon« Op. 10, et Iw. lUüller, Op. 97. Gr. Duo bril- 
lant pour Pianoforte et Glarinette. I Thlr. 
Hnydn, Op. SO. No. 5. 45eme Quatuor de Viol. an. pour 

Pianoforte a 4 Mains par Gleichauf. SO Ngr. 
Hiller« Op. S9. 5 Morceaux de Salon pour Pianoforte. No. I. 

Bolero SO Ngr. No. S. Rondeau napolltain 25 Ngr. No. 3. 

Grande Valse SO Ngr. 
Hllliteil« Fr«« Op. 1S1. Divertissement (Motif de Roberto 

Devereuz) pour Pianoforte ä 4 Mains. SO Ngr. 
— — Idem pour Pianoforte seul. 15 Ngr. 
Hozart« 10 Quatuors de Viol« arr. pour Pianoforte a 4 Mains 

par GUiehauf. No. 5. S5 Ngr. 



Bei Fr« HJfttner in Leipzig ist so eben erschienen i 

Portrait 

von 

W. W. «ade« 

Lithographirt von Kriehuber. 

Auf chinesischem Papier 1 Thlr. 

Auf Velinpapier £ • 



Druck and Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeit. 



313 



314 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 8 te » Mai. 



M 19. 



1844. 



Inhalts Reecnsionen. — Nachrichten: Aus Berlin. Aas Cnssel. Ans Paris. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



RECEH8IOHEH. 



Etüden für Piano forte. 

1) E. IVolffz L'art de rExpression. 24 Etudcs faciles 
et progress. Op. 90. Liv. 1, 2. Leipzig, Breitkopf 
et Härtel. k 1 Tblr. 

2) J. Mo sc heles : Tägliche Stadien zu 4 Händen. 0p. 107. 
Heft 1, 2. Leipzig, Fr. Kistner. k 2 Thlr. 

3) St. Heller: 25 leichte melodiöse Uebungsstücke. 0p. 
45. Liv. 1 — 3. Berlin, Schlesinger, k % Tblr. 

Eine Unzabi Etaden, Schalen nnd Stadien existi- 
ren für anser Lieblingsinstrament , and in Wahrheit 
müssen wir bekennen, dass anter der grossen Zahl der 
uns bekannten meist Gelungenes, höchst Brauchbares sieh 
vorfindet. 

Wenn gleich in anderen Fächern der Composition 
eine grosse Verflachung, geistiger Stumpfsinn fühlbar ge- 
worden ist, so scheint in diesem Fache, auch bei den 
Componislen, die diesen Zustand mit herbeiführten, ein 
besserer Geist gewaltet zu haben. Jetzige Etndenscbrei- 
ber können fast nichts Neues, nicht Solches, was nicht 
schon behandelt worden wäre, bringen ; es ist aber durch 
(he neuen Erzeugnisse Gelegenheit geboten, für jeden 
Grad der Ausbildung mehrere Werke an der Hand zu 
haben, ja manche bisher angewandte mit neueren, mehr 
für unsere Zeit passenden zu vertauschen. 

Wählt der umsichtige Lehrer aus den Werken von 
Aulagnier, Brunner, Czerny, Duvernoy, Herz, Hunten, 
Bertini, Rosenhain, Kalkbrenner, Mosebeles, Gramer, 
Hummel« setzt unter den Neueren die von WoUT, Hel- 
ler, Chopin dazu, so wird vom Anfange bis zur vollkom- 
mensten Ausbildung nichts zu wünschen übrig bleiben. 

Die Wollfschen Etüden würden z. B. den Bertini'- 
scben Op. 29 und 32 vorhergeben können. DerVerfas- 
ser bezeichnet sie auf dem Titel als Vorläufer von den 
seinigen Op. 20 und 50, was seine Richtigkeit haben 
kann, und von Chopin Op. 10 und 25, welches wir nicht 
unterschreiben würden. Sämmtlicbe Sätze sind sehr wohl- 
klingend, was bei Hebungen vorzüglich nothwendig ist, 
sollen dieselben nicht an Trockenheit leiden. S. 14, Sy- 
stem 3, ist der erste Tact in der Oberstimme jedenfalls 

so zu verstehen : 



^ 



^^ 



46. Jahrgang. 



Die vierhändigen Etüden von Mosebeles sind das 
Vorzüglichste, welches iu dieser Classe bekannt, da die- 
selbe überhaupt so spärlich bedacht ist. Sie behandeln 
vorzugsweise das Scalenspiel, und Mosebeles spricht in 
seiner Vorrede: ,.Icb habe, seitdem ich zu einiger Er- 
kenntniss in der Kunst gelangt bin (welche liebenswür- 
dige Bescheidenheit im Gegensatze zu manchen hochfah- 
renden Kunstverwandten!), die so oft ausgesprochene 
Meinung erfahrener Kunstbrüder und tbätiger Meister ge- 
theilt, dass eifriges Tonleiter- Spielen und Singen den si- 
chersten Grundstein zur Erlernung irgend eines musika- 
lischen Instruments oder zur Ausbildung der menschli- 
chen Stimmlage giebt." Indem er bemerkt, dass dadurch 
die natürlichen Schwächen der Finger und Stimmlagen 
gleichmässig ausgebildet würden, warnt er gleichzeitig 
vor zu vielem Tonleiter- Spielen und Singen, um durch 
das Mechanische, Geisttödtende das Seelenvolle, Geister- 
hebende in der Kunst nicht einzubüßen. 

Daher trachtet Mosebeles in seinem Werke, das 
trockene Studium mit bildender Schule zu verbinden. Er 
lässt zuerst den Schüler die Tonleiter nach gewöhnlicher 
Weise üben; wenn derselbe sich nun mit ihr einiger- 
maassen vertraut gemacht bat, gebt er (der Schüler) zu 
d«m ihr folgenden Tonslüoke über, welches zwar wie- 
der die Scala enthält, aber indem diese entweder dem 
Lehrer oder ihm zngetbeilt ist, hat er dabei auf Rhyth- 
mus, Ausdruck und Accent zu »eilten, da die vortreff- 
lich gearbeiteten Toneätze die simple Scala kaum fühlen 
lassen, wobei der Schüler sieh auch an abweichenden 
Fingersatz gewöhnt, da die Soalen nicht immer im Grand- 
tone anfangen und sebtiessen. 

Der Vortheä dieser Uebung ist ein doppelter: die 
Finger üben die Leiter im Tonstücke noch fort, indess der 
Geist des Schülers es nur mit diese» zu tbun zu haben 
glaubt. Mosebeles' Hoffnung, auf diese Art die dürre 
Steppe des Elementarunterrichts für die Lehrer in freund- 
liebere Gegend umgewandelt zu baben , wird sich erfül- 
len, das Werk wird jedem tüchtigen Lehrer in der Folge 
unentbehrlich sein, denn man kann dem Schüler von Haus 
aus nicht förderlicher sein, als durch Zusammenspiel, sei 
es auch noch so einfach. 

Wir bringen, gewiss im Namen Vieler, dem von 
uns hochgeschätzten Meister unser» gefühltesten Dank 
für diese seiner würdige Leistung, denn : nur gute Früchte 
kann solcher Same tragen! 

19 



316 



1844. Mai. No. 19. 



316 



Es war uns schon oft unangenehm, das Wort „fa- 
cile, " „leicht," oder den Ausdruck „für die Jugend" 
auf Titeln von Tonslücken zu finden; in ersterer Hin- 
sicht wird sich Mancher, der nicht viel Beurtbeilungsver- 
njögen besitzt, nach dem blosen Worte sehr getäuscht 
finden; die andere Bezeichnung ist noch viel verwerfli- 
cher und zugleich anstössig, indem es ja auch Uebende 
nnd Spielende giebt, die nicht mehr in den Jahren ste- 
hen, welche die Verfasser im Auge gehabt zu haben 
scheinen. 

Die Heller'scben Etnden nennen sich auf dem Titel : 
leichte, melodiöse (auch letzteres Wort ist uns zuwider 
— will man vielleicht nicht melodiöse? — ), zur Vorhe- 
bereitung des Studiums von Op. 16, 46, 47 des Verfas- 
sers und den Etüden und Compositionen der neuen Schule. 
Fassen wir das Letztere in's Auge, so kann eiu „leicht" 
in dem Werke sich wohl kund geben; aber es auf dem 
Titel anzumerken, ist durchaus unnöthig, da es drm Gan- 
zen auf den ersten Blick ein geringschätziges Ansehen 
Bebt, weil darunter nur Anfängergut vermothet wird, 
nsere Eluden sind dies aber durchaus nicht, sondern 
nach dem Titelzusatze eine der Brücken, die zu den Elu- 
den und Compositionen der neueren Schule führen soll. 
Sie fordern geübte Spieler, nnd es ist uns noch keine Samm- 
lung bekannt , welche die jetzigen Spielmanieren so ge- 
schickt abhandelte, um hernach zu schwereren modernen 
Compositionen greifen zu können. Solide Lehrer werden 
sich mit einem Blioke von der Brauchbarkeit dieser Etü- 
den überzeugen und ihnen mit Vergnügen einen Platz 
neben oder für bisher in ihrer Schwierigkeit benutzte 
Bertini-, Kalkbrenner-, Cramer'scbe einräumen. 

Hermann Schellenberg. 



Nachrichten. 



Berlin , den 12. vApril 1844. Es ist in der That 
keine ganz leichte Aufgabe, die musikalischen Ereignisse 
des Monats März möglichst kurz und doch vollständig zn 
erwähnen. Vorzüglich waren wir mit Concerten über- 
häuft, indem häufig mehrere an einem Abende zusam- 
mentrafen. Allein die auch in Leipzig bewunderten Vio- 
linvirtuosinnen Therese und Maria Milanollo gaben acht 
Concerte in dem stets gefüllten Saale der Singacademie, 
wo den Zuhörern sogar Plätze auf der Orchesterestrade 
eingeräumt werden mussten. Die Leitung dieser Concerte 
hatte Herr CM. Ries übernommen, und führte solche mit 
vieler Umsicht, Genauigkeit und Ordnung, unter Mitwir- 
kung eines wohl zusammengestellten Orchesters der kö 
nigkcben Capelle, aus. Therese Milanollo, über deren 
gefühlvoll zarten und vollendet kunstfertigen Vortrag nur 
eine Stimme ist, trug in diesen acht Concerten das treff- 
liche Allegro maestoso aus dem dritten Concert von de 
Beriot (drei Mal), die Fantasie auf Motive aus BellinCs 
Sonnambula von Artot (drei Mal), die Fantasie über die 
Romanze: „De ma Coline " von Haumann (fünf Mal) 
mit dem reizenden Schlummerliede aus Auber's „Stumme 
von Porlici," das vortreffliche Maestoso aus dem vierten 
Concert von Vieuxtemps (vier Mal), Lafont's gefohl- 



volle Fantasie auf mehrere Motive aus der „Stummen" 
(drei Mal) , ferner Adagio und Rondo des dritten Con- 
certs von de Beriot (zwei Mal), Fantasie -Caprice von 
Vieuxtemps (zwei Mal), Variationen von Ghys (zwei 
Mal), das erste Concertino von de Beriot, desseu gros- 
ses Hmoll- Concert und ein Duo concertant für Piano- 
forte und Violine von Benedict und de Beriot (zwei Mal) 
vor. Maria Milanollo, deren keckes,' humoristisches Vio- 
linspiel ganz ihrem kindlichen Alter angemessen und in 
wirksamem Contraste mit dem Ernst und tiefen Geitibl 
ihrer altern Schwester erscheint, bat uns folgende Musik- 
slücke hören lassen: Adagio und Rondo aus dem vier- 
ten Concert von Vieuxtemps (drei Mal), Variationen von 
Mayseder (drei Mal) und dessen sechste Polonaise (drei 
Mal), Variationen von de Beriot (vier Mal). Sehr anzie- 
hend war das Zusammenspiel beider Schwestern, welche 
im genauesten Verein ein Duo concertant für zwei Vio- 
lineu von Dancia (vier Mal), ein zweites Duo desselben 
Componisten mit Orcbesterbegleitung, und eine treffliche 
Etüde von de Beriot (ohne alle Begleitung, vier Mal) 
mit schönem Ton, rein, sicher und mit grössler Fertig- 
keit ausführten. — Ausserdem gaben beide Virtuosinnen 
noch eine musikalische Soiräe (ohne Orchester, mit Quar- 
tetlbegleitung) , in welcher Therese Milanollo das erste 
Allegro eines Spohr'schen Qualuor's mit den Herren CM. 
Ries, Richtern, und Gricbel , ganz im Geiste der sin- 
nigen Composition, vortrug, die Fantasie und Variationen 
von Ghys und die Caprice fantastique von de Beriot mit 
ihrer Schwester, wie auch das vorerwähnte Duo für Vio- 
line und Pianoforte mit dem Pianisten Steifensand, und 
zum ersten Male das scherzhafte Musikstück von Paga- 
nini und Ernst: ,, Der Carneval von Venedig," für zwei 
Violinen sehr wirksam eingerichtet, mit Maria in gros- 
ser Vollkommenheit vortrug. Letztere wiederholte ausser- 
dem noch die Varialions brillantes von de Beriot, Am 
1. April gaben die Geschwister Milanollo das zehnte 
Concert zum Besten wohlthätiger Anstalten, worüber das 
Nähere im Aprilbericbt. In Frankfurt, Potsdam, Stettin 
und Brandenburg veranstalteten die Wundermädchen anch 
Concerte, nud haben solche auch hier noch fortgesetzt, 
ehe sie sich nach Hamburg begaben. Ihre Concerte wur- 
den bisher durch Gesang der Damen Rrahmer (eiuer an- 
gebenden talentvollen Sopransängerin), Grodzka, Häh- 
nel und Hager, wie der Herren Behr, Bötticher und 
Zschiesche, ferner durch declamatorische Vorträge der 
Damen CharL v. Hagn, Crelinger, wie der Herren Ed. 
Devrienl und Döring verschönt. Die wirksamen Ouver- 
türen vom Baron C. v. Oerizen (im strengen Styl) , zu 
den Opern Figaro und Cosi fan tutte von Mozart, zu 
Alruna und Faust von L. Spohr, „Die Zauberrutbe" von 
C. Böhmer, von Ralliwoda, zu Melusine von Mendels- 
söhn Bartholdy, zu Leonore (No. 2) und Fidelio von 
Beethoven, zur Oper Alfred von J. P. Schmidt, die Con- 
certooverlure vom Capellmeister C. FV. Henning, und 
zur Oper Omar und Leila von Fesca, gewährten reiche 
Abwechselung und wurden mit der grössten Präcision 
ausgeführt. — Die Herren Moralt, Mitglieder der königl. 
baier'schen Hofcapelle zu München, liessen sich im königl. 
Schauspielhause zu einer sehr ungünstigen Zeit hören. 
Herr Theodor Moralt trug eiu Divertissement für Wald- 



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1844. Mai. No. 19. 



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hont von Gaüay mit schönem Tone, Herr Peter Moralt 
eine Fantasie für die Violine mit Beifall vor. — Der 
Pianist Moriier de Fontaine gab mit seiner Gattin, einer 
Sängerin von wohlklingender Mezzosopranstimme , drei 
massig besuchte Goncerte, in welchen der Virtuos (an- 
geblich ein Schüler von Liszf) bedeutende Fertigkeit und 
musikalische Bildung in Vorträgen älterer und neuester 
Pianofortecompositionen darlegte, z. B. in dem Esdur- 
Trio von Hummel, Capriccio von Mendelssohn Bartholdy, 
der Fuge in Cis moll von Joh. Seb. Back, dem Händel'- 
sehen Clavierconcert in Fdur (eine seltene Erscheinung!), 
einem grossen Rondo eigener Composition im modernen 
Geschmack, dem ersten Salz aus Hummets Amoll-Con- 
cerl, einer Chopin sehen Etüde, dem „Liebesgesange" 
für die linke Hand allein von Willmers, und dem Con- 
cert von J. S. Back für drei Flügel (mit Fräul. Anna 
Romer aus Wien und Herrn Steifensand). Mad. Mor- 
tier de Fontaine trug gleichfalls neuere und alte Ge- 
sänge mit Beifall vor, von denen besonders die Psalmen 
vom Pater Martini und von Marcello der 18. Psalm: 
„I cieli immensi" für Altsolo, zwei Tenore und Bass, 
und Meyerbeer 's Terzett aus: „U Crociato in Egilto," 
mit Fräul. Tuczeck und Miss Birch vorgetragen, gefie- 
len. Auch eine Arie aus der Oper Mitrane, 1686 vom 
Abt F. Rossi componirt, war historisch interessant. — 
Miss Birch , welche in mehreren Concerten gefallig mit- 
gewirkt hatte, veranstaltete zwei musikalische Abendun- 
terhaltungen, in welchen sie mehrere italienische Arien, 
besonders aber das „Holy, holy" von Händel, wie auch 
englische und schottische Gesänge mit vielem Beifall vor- 
trug. Die reine Intonation , klare Sopranstimme und der 
ungekünstelt angenehme Vortrag dieser Künstlerin ge- 
ben ihrem Gesänge einen ganz eigentümlichen Beiz, an 
Clara Novello am Meisten erinnernd. — Noch ein be- 
deutender Pianist, Herr Rudolph Willmers, gab zwei Soi- 
reen, in welchen derselbe mehrere seiner eigenen, mehr 
auf Effect berechneten, als gehaltvollen Compositionen (ohne 
Begleitung), auch eine Etüde von Chopin, Transcription 
von Liszt und die Cis moll -Sonate und Sonate palbätique 
von Beethoven , mit elastisch schönem Anschlage , ton- 
reich and mit ausgezeichneter Fertigkeil ausführte. Am 
Besten gelingen Herrn Willmers seine eigenen Pianofor- 
tesoli , wogegen derselbe den Character der Beethoven 9 * 
sehen Sonaten öfters durch Oebereilen verfehlte. Von 
seinen Compositionen gefielen am Meisten seine Taran- 
tella furiosa, Fantasie auf Motive aus Lucia di Lammer- 
moor und Lucrezia Borgia, besonders aber die ,, Nordi- 
schen National -Melodieen." — Ein junger Pianist, Ju- 
lius Hesse, zeigte in einer eigenen Soiräe gute Fähig* 
keiten und gründliche Methode seines früheren Lehrers, 
Herrn CM. Fr. Mohs. — Ein Violoncellvirtuos, Samuel 
Rossowski, gab nach Servais 9 meisterhaften Vorträgen 
zwei Soireen, in welchen er eigene Fantasien (die nun 
einmal unvermeidlich sind, ohne öfters Phantasie zu ent- 
halten) und Variationen, auch eine B. Romberg' seht 
Polacca, mit gesangreichem Ton, zuweilen nur etwas rau- 
hem Ansätze des Bogens, mit Beifall vortrug, welcher 
dem Künstler besonders lebhaft von den anwesenden Po- 
len gespendet wurde. 

Die Academie für Männergesang feierte ihr Stif- 



tungsfest am 9. März, in Anwesenheit ihres dazu von 
Stettin zurückgekommenen Ehrendirectors Dr. Fr. Liszl % 
durch ein Concert mit vollem Orchester, und ein Souper. 
In ersterm wurden eine Ouvertüre zu König Lear von 
Flodoard Geyer, an frappanten Effecten und dramati- 
schen Intentionen reich , ferner mehrere Cborgesänge, 
als: ,, Aufers tebn, " Motette von Bernh. Klein, „Der 
Jäger Abschied" von F. Mendelssohn Bartholdy , Trink- 
chor aus Rossinfs Graf Ory, und Lützow's wilde Jagd 
von C. M. v. Weber, sehr kräftig und präcis, unter 
Leitung des Herrn MD. Wieprecht ausgeführt. Der zweite 
Theil wurde mit der jederzeit wirksamen Ouvertüre zum 
„ Sommernachistraum" eröffnet, worauf eine Cantate von 
Franz Commerz „Der Zauberring," unter des sinnigen 
Componisten eigener Leitung, von Solo- und Männer- 
chorstimmen gut ausgeführt wurde. Die Tondichtung hat 
ihre Verdienste in Hinsicht der Auffassung des Gedichts 
und effectvollen Instrumentation. Nur ist die Cantate für 
das einförmige Gedicht zu lang. Auch fiel es auf, dass 
Kaiser Carl I. einem Tenor zugelheilt war. Der Bischof 
Turpin (den der Kaiser in Folge des Zauberringes stets 
mit Liebkosungen verfolgt, bis der Ring in den Rhein 
versenkt ist; und Eginhard, zwei Basspartieen , wurden 
von Herrn Fischer gesungen. Am Meisten sprachen die 
Chöre der Harfner und Ritter, wie auch die Romanze 
Eginhard's an. 

Im vierten Abonnementconcerte des Schneider 9 sehen 
Gesanginstitnts wurde die früher bereits erwähnte Can- 
tate: „Deutschlands Befreiung ** von Julius Schneider 
ausgeführt. 

Die Singacademie hatte dies Jahr (ausser der all- 
jährlich am Charfreitage staltfindenden Aufführung der 
Cnrtot'schen Passionscantate „Der Tod Jesu") wieder 
die Passionsmusik von Joh. Seb. Bach 'nach dem Evange- 
lium desMatthaeus in das Leben gerufen, und führte solche, 
durch die zweite Abtheilung den Chor sehr verstärkend, 
auf das Würdigste aus. Besonders wirkte der erste Dop- 
pelchor mit dem hinzutretenden Choral: ,,0 Lamm Got- 
tes unschuldig/' als Canto fermo, höchst ergreifend. Herr 
Manttus trug die Recitative des Evangelisten, dem Ernst 
des Gegenstandes angemessen, edel und einfach vor. Auch 
die Sopran - und Basssoli wurden mit Ausdruck vorge- 
tragen. — Für die Abonnenten der Berliner Musikali- 
schen Zeitung wurde ein zweites Gratisconcert oder viel- 
mehr nur eine musikalische Soiräe im Jagor* sehen Saale 
auf liberale Weise veranstaltet, und darin, ausser einem 
Quartett von Wohlers und einigen Pianoforte - und Vio- 
linvorträgen, eine neue interessante Composition von A. 
B. Marx: „Nahid und Omar," Novelle aus den ,, Bil- 
dern des Orients," von Fräul. Tuczeck, Herrn Man- 
tius, Fräul. Krahtntr und mehreren Dilettanten, mit Pia- 
nofortebegleitung des geistreichen Componisten, mit vie- 
lem Beifall der zahlreichen Zuhörer ausgeführt. Die Ge- 
sänge des Omar und der Nahid sind liebeathmend, melo- 
disch und eigen thümlich. Auch der weibliche Gesang der 
„Lauschenden Feen" ist ungemein zart und duftig. Da- 
mit in scharfem Contrast ist der nächtliche Gesang der 
Omar nachspürenden und ihn endlich tödtenden Mörder, 
worauf der Schlussgesang der Peri's wieder tröstend und 
beruhigend wirkt. Der Ciavierauszug dieser Novelle ist in 



519 



1844. Mai. No. 19. 



35» 



eleganter Ausgabe bei den Herren C. A. Chnllier o. Comp* 
bi ef selbst erschienen, und wird den Gesangfreunden eine 
angenehme CJnterhaltnng gewähren. — Die hiesige phil- 
harmonische Gesellschaft feierte ihr Jahresfest durch die 
vorzügliche Ausführung der Ouvertüre zu Jessonda, eines 
Potpourri'« auf Motive aus dieser Oper von Spohr, für 
Violine und Violoneell (von cwei jungen Musikern vor- 
getragen) > femer der ersten Symphonie von F. Men- 
delssohn Bartholdy in Cmell und Beethoven** Ouver- 
türe zu Egmont. Da die Gesellschaft, unter Leitung des 
Herrn CM. Ries, meistens ans Dilettanten besteht, so 
war die Präzision und achtsame Nuancirung des Vortra- 

S* der wohlgeübten Spieler doppelt schätzbar. — Der 
usikaufführung folgte ein splendides Diner, an welchem 
aneh Damen Theil nahmen, und wobei es auch nicht an 
hübschem Quartettgesange von Männerstimmen fehlte* Auch 
die anwesende Miss Birch erfreuete die Gesellschaft durch 
den Vortrag einiger englischen Lieder, z. B. des Rule 
Brittannia und God save tbe king. 

Der Zimmermann'sche Quartettverein sehloss seine 
diesjährigen Versammlungen mit einem Quartett von Fesca 
in H moll (sinnig und gefühlvoll) und den beiden Muster- 

Jutntetten von Mozart in G moll und Beethoven in C dur. — 
>rei Sympbonietoireen der königl. Capelle erhielten sich 
in der gesteigerten Theilnfame der Musikfreunde* Es 
wurden darin ausgeführt : 1) Haydris Es dur- Symphonie, 
Cencertarie von Mozart* von Herrn Zsckiesche gesun- 
gen, Arie ans Spohr's Faust > und Gebet von Händel, von 
Miss Birch gesungen, Mendelssohn Burtholdu's Ouver- 
türe zur Fingalshöhle, und Sinfonia eroica von Beethoven. 
2) SympboBie von Beethoven in D dnr , No. 2. Ouver- 
türe zum „Freischütz,"- Mozarfs Gmol\- Symphonie, und 
Ouvertüre zu Egmont von Beethoven. 3) In der vierten 
und letzten Soiree: Mozarts kleinere D dur- Symphonie, 
Ouvertüre zur „Vestalin" von Spontäni, und endlich 
Beethoven 9 s neunte Symphonie mit dem Scblussgesange: 
„An die Freude. 4 ' Dass sämmtliche Meisterwerke unter 
der Direction der Herren GMD. Mendelssohn Bartholdy 
und Taubert vortreflich executirt wurden, bedarf kaum 
der Erwähnung. So fehlte es denn auch nicht an der 
lebhaftesten Tbeünabme ; «rar fand die Zulassung von Ge- 
sangstücken Opposition, so wie auch der letzte Satz der 
Beethoven'scbtm Symphonie nicht allgemein ansprach, so 
gut auch die Soli und Chore von knnstgebiMelen Dilet- 
tanten gesungen wurden. Der grosse Instrumentalcompo- 
nist bat den Singsiimnven, besonders den unbequem hoch 
liegenden Sopranen, jedenfalls zu viel nagemuthet, als 
dass die Wirkung vollkommen schön ausfallen könnte. Das 
erste grossartige AMegro, -das humoristische Scherzo und 
das empfind ungs volle (nur zu lange, und von heteroge- 
nen Miltelsätzen nicht freie) Adagio bewirkte den tief- 
sten Eindruck. So ausgeführt haben wir wenigstens diese 
Symphonie hier voch nicht gehört. — Eine nicht minder 
grossartige Aufführung des Händetscben Oratoriums: 
„Israel in fyypten" (welches die Singacademie im De- 
cetnbcr 1831 zum ersten , und im Februar , 1836 zum 
zweiten Male aufgeführt hat) fand am 31. März (Palm- 
sonntag) Abends in der erleuchteten Garnisonkirche zn 
wohltätigem Zweck , auf Veranstaltung und unter Lei- 
tung des Herrn GMD. Mendelssohn bartholdy (der in 



diesen Tagen nach London abreist, um dortigen grossen 
Musikauffübruogen vorzustehen) auf die würdigste Weise 
Statt. Die Recitative und weniger hervortretenden Arien 
und Duette wurden von den Damen Tuczeek, Hähnel 
und Auguste Löwe, wie von den Herren Bader* Zschie- 
sehe und Behr, die sehr bedeutenden Chore und Doppol- 
chöre von einer grossen Anzahl Dilettanten (meistens 
Mitglieder der Singacademie) und dem Domchore wohl 
eingeübt gesungen. Die ganze königliche Capelle wirkte 
mit. Um die Orgel mit zur Begleitung zu benutzen, war 
eine besondere amphitbeatraltsche Orchestererbtthung auf 
und neben dem Orgelchore errichtet, statt dass sonst das 
Orchester der Orgel gegenüber sieb befindet, wie dies bei 
der Aufführung der Grtztm'schen Passiooscantate wieder ' 
der Fall war. (Jeher das HändeFsthe, besonders an Ton- 
malerei und Ausdruck in den Chören reiche Werk noch 
eine Schilderung zu entwerfen, würde viel zu spät sein, 
da dies Oratorium seit einem Jahrhundert bereits seinen 
hohen Werth behauptet hat. Zu läagnen ist es nicht, 
dass die Orgel, so wirksam und umsichtig angewandt, 
sehr zum Totaleffect beitrug; dagegen war die Mose Be- 
gleitung der Recitative von Violoncellen und Bässen zu 
leer, und ein Flügel wurde hier an seiner Stelle gewe- 
sen sein, wie sich dies bei den Aufführungen der Sing- 
academie bewährt hat. 

Nachdem wir nun endlich die lange Reibe der Con- 
certe durchflogen haben, können wir uns um *o kürzer 
bei den Opernleistungen fassen, welche ziemlich einför- 
mig waren, -da der Herr GMD. Meyerbeer durchaus kei- 
nen Theil an der musikalisch - dramatischen Verwaltung 
nimmt (nachdem derselbe jedoch sfimmtlicfren Mitgliedern 
der königl. Capelle eine verhältnissmässigc Gehaltszulage 
höchsten Orts ausgewirkt hat) und erst mit der Wieder- 
eröffnung des im Neubau rasch vorschreitenden Opern- 
hauses im nächsten Herbst seine Thätigkeit wieder be- 
ginnen wird. Jedenfalls fehlt der königl. Bühne noch eine 
wirklich erste Sängerin und ein Tenorist für die heroi- 
schen Rollen. 

Mad. Schröder -Devrimt bat ihre dreimonatlichen 
Gastspiele im März als Romeo in den „Mooteocbi nnd 
Capuleti" (drei Mal), Valentine hu den ,, Hugenotten' 4 
(Herr Manthis wieder Raoul), Marie in Gretry's Oper 
Blaubart (zum Benefiz der Mad. Schröder -Dement ein- 
mal wenig ansprechend gegeben), Inhigenia in Tauris 
von Gluck fortgesetzt , nnd mit der Leenore im FideKo 
am 30. v. M. beschlossen. Dass die dramatisch grosse 
Sängerin hier diesmal kältere Aufnahme fand als früher, 
lag wohl tfaeiis an äusseren Umständen und ihrer, aller- 
dings nicht mehr die intensive Tonfülle besitzenden, je- 
doch immer noch wohllautenden, für deolamatoriscben 
Vortrag krastgebildeten Stimme; besondere aber war die 
zu lange anhaltende Dauer ihrer Gastspiele, bei der Be- 
schränktheit ihres und des hiesigen Opernrepertoirs, für 
die Lebhaftigkeit und Frische des Eindrucks wenig günstig. 

Aosser den genannten Opern wurde «in neues Bul- 
let: „Die Liebesinsel" von TagHoni, mit Musik von 
Gährich, oft wiederholt, auch „Marie, die Tochter des 
Regiments," unter Mitwirkung des Herrn Manttus als 
Tonio, mit vielem Beifall gegeben. Die Gastspiele des 
Herrn Döring , welcher auch als Jago in Shaknpeare's 



32t 



1844. Mai. No. 10. 



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{Hello und als Falstaff in „Herarieb IV. Ä aufgetreten ist, 
fallen stete das Schauspielhaus , wie das kleine Theater 
in Coacertsaale. 

Sie italienische Oper in der Königsstadt hat Dobter's 
Nebeibilder und jetzt Bosco zum Succurs requirirt, auch 
kürzlich Cfmarosa's Matrimonio segreto wieder in Scene 
gesetzt. — AmCbarfreitage fahrte die Singacademie Gram's 
„Tod Jesu'* vortrefflich , mit einem Chore von last 460 
Stimmen* die königsstädtische Bühne Bosstnfs .Stabat ma- 
ter mit -dem italienischen Gesangpersonal wirksam auf. — 
Herr Franz Commer, welcher auch «ine Komposition zu 
«den (im Concerlsaale vor eingeladenen Zuhörern von dem 
Herrn Professor Kopisrh vorgelesenen) ,, Fröschen" von 
Aristophante in »ngeMich griechisch antiker Weise ge- 
liefert bat, ist, in Hinsicht semer Verdienste um die äl- 
tere Gesangmusik, zum Musfkdirector ernannt worden. — 
Die Geschwister MHanollo haben, ausser dem zehnte*, 
noch ein etfftes (angeblich letztes) Concert am zweiten 
Osterfeiertnge, den 8. d., bei überfülltem Saale mit gleicher 
Tbeilnafcme gegeben, und schliessen heute, den 12. d v 
ihre hiesigen Kunstleistungen mit einem zwölften und 
Atacfaiedsconcert. — Bei dem -Prinzen Badzfwiä hat in 
Gegenwart des Hofes eine PrivatauflShrung der Coropo- 
sitfonen des «verewigten Fürsten Badziwrll zn Goethe*» 
Faust unter Leitung des GMÖ. Mendelssohn Bartholdy 
Statt gefunden. — Bei Hofe soll auch eine AuffüLrung 
«von Tieck's: ,, Gestiefeltem Kater 4 ' Statt finden. — Der 
Sänger Pfister aus Wien (hier auf ein Jabr engaghi) 
und der CM. Hitler sind jetzt hier anwesend. So schei- 
nen uns auch noch im April neue Kunstgenüsse bevor* 
zustehen« Von neuen Opern ist indess keine Rede. 



Cassel, im April 1844. Die Zahl unserer Abenne» 
mentconcerte, von denen wir das erste, zweite und dritte 
in diesen Blättern bereits besprochen haben, ist diesmal 
anf «sechs gestiegen. Ia dem am 7. Februar Statt gefundenen 
vierten Abonncmentconcerte kamen folgende Tonstocke zn 
Geher: 1) Ouvertüre im ernsten Style von Spohr. 2) Ca- 
priccio für Pianoforte mit Orcbesterbegleitung von Men* 
dihsohn Bartholdy, gespielt von Herrn Jatho. 3) Arie 
aus 4er Oper Titas von Mozart, gesungen von Fräui. 
Miller. 4) Variationen für die Trompete -von Koch-, ge- 
blasen -von Herrn Bossen berg er. 5) Arie von Pactrri, 
gesangen von Fräol. Low. 6) Zwei Binden für Piano- 
forte von Döhler, gespielt von Herrn Jatho. 7) Sym- 
phonie {Cmoll) von iVte& fP. Gade. — Die Ouvertüre 
gebort zu den neueren lnstrumentalcompositionen des 
noch geschätzten Meisters und trägt nicht minder, als 
aMe froheren, das Gepräge seiner Eigentümlichkeit. Auch 
hier zeigt sich wieder Schönheit in der Wahl, Ordnung 
und Verbindung der Gedanken, Gewandtheit in der Be- 
nutzung der Themen , Reinheit und Geschlossenheit der 
modulatorischen Form und reiche Erfahrung in der Be- 
handlung der Instrumente. Ein Werk mit solchen Eigen- 
schaften hat für gebildete Kunstfreunde ein bleibendes In- 
teresse und dient begabten Kunstjüngern als ein treffli- 
ches Musterst ück, dessen Form sie analysiren und — so 
weit sie es vermögen — nachahmen sollten. — Die Pia- 
noforteproduetionen zeugten im Allgemeinen von hinläng- 



licher Begabung und schätzensWerlher Fertigkeit des jun- 
gen Pianisten. Wie viel — oder wie wenig — Herr Ja- 
tho sich hei dem Vortrage der Compositionen von Men- 
delssohn Bartholdy und Dohler gedacht haben mag, wis- 
sen wir zwar nicht, können uns indess mit seiner Auf- 
fassungs- und Vortragsweise nicht einverstanden erklä- 
ren, und sind geneigt, zu gfauhen, dass ihm nicht sowohl 
die Fähigkeit, als vielmehr, wie so Manchem, der Schlüs- 
sel zum vollkommenen musikalischen Verständnisse fehlt. 
Sein Spiel anlangend, so ist dasselbe sieber, aber nicht 
ruhig und besonnen, sondern oft sogar sehr wild und zu 
wenig nuancirt. Sein Anschlag ist zwar fest, aber sehr 
hart und bei Weitem nicht tonreich genug. Er setlägt 
die Töne mehr heraus., als er sie klingen lässt. — Der 
Vortrag der Arie von Fräul. Miller war im Ganzen recht 
ansprechend und zeichnete sich insbesondere durch Sicher- 
beil der Intonation vorteilhaft aus. Wenn diese Sänge- 
rin ihre vortrefflichen Stimmmittel richtig zu verwenden 
und angemessen zu beherrschen im Stande wäre, so 
wurde sie Ausgezeichnetes leisten. Ihre Töne haben von 
Natur eine wohlthoende Egalität, dabei Stärke und FüRe, 
aher sie sind bis jetzt noch uncultivirt und insbesondere 
zn sehr gedruckt. — Herr Bossenberger hatte sich bei 
dem Vortrage des Concertslückes für die Trompete die 
Aufgabe gestellt, dasselbe auf einer Trompete ohne Ven- 
tile vorzutragen. So achtungswerth es auch an dem Vir- 
tuosen erscheint, dass er die Erleichterung, welche der 
Gebrauch der Ventiltrompete hei Ausführung von Cen- 
oert stücken gewährt, verschmähte, um uns den schönen, 
-volltönenden , acht kriegerischen Klang der sogenannten 
natürlichen Trompete hören zn lassen, gegen welchen 
der Klang der Ventiltrompete als ein verkümmerter er* 
scheint, so gesteben wir dennoch, dass wir derartige 
Conoertstücke stets mehr schwer, als schön finden. We- 
der die Trompete noch das Hörn — so schön dieselben 
auch als Fullungsinstrumente neben den übrigen des Or- 
chesters wirken — eignen sich, ihrer Natur nach, zur 
Darstellung von Passagen , weil die gestopften Töne den 
offenen, selbst bei der geschicktesten Behandlung, nie- 
mals an Stärke und Klangfarbe gleich kommen. Herr Bos- 
senberger war übrigens um das Gelingen seiner Varia- 
tionen rühmlich bemüht und erhielt verdienten Beifall. — 
Fräul. Low erwarb sich sowohl durch die Wahl der zum 
Vortrage genommenen Composition, als auch durch deren 
präcise und geschmackvolle Ausführung beifällige Aner- 
kennung. — Mit vielem Interesse und wahrem Vergnü- 
gen bähen wir der ersten Aufführung der Symphonie von 
Gade beigewohnt. Das Werk zeichnet sich vor Allem 
durch nngesuchte Originalität, guten tonischen Fluss, 
überall angemessene, bisweilen glänzende Instrumentation 
rühmlich aus. Die Abweichungen in der modulatorischen 
Form sagen uns nicht zu, weil die thematischen und 
überhaupt alle tonischen Gegensätze auf den von den 
classiseben Tonmeistern älterer Zeit gebahnten und -von 
denen der neueren wohl nach einzelnen Richtungen hin 
erweiterten, aber nicht verlassenen Wegen befriedigender 
für uns sind. Dem zweiten und vierten Satze des Werkes 
geben wir vor den übrigen Sätzen desselben den Vorzug. 
Das am 1. März stattgehabte fünfte Abonnement- 
concert wurde mit Spohr's zweiter Symphonie in DmoH 



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1844. Mai. No. 19. 



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eröffnet. Jedes der Motive, welche das Werk enthält, 
erscheint, so zu sagen, als eine jagendliche, gesunde, le- 
bensvolle Tongestalt, die schon an sich viel Einnehmen- 
des hat, von dem denkenden Kunstfreunde aber mit um 
so lebhafterem Interesse verfolgt wird, da sie eben Spohr 
in seiner eigentümlichen Weise fortführt und zu einem 
rein musikalischen Ziele gelangen lässt. Den Schluss des 
Concerles bildete die zweite Symphonie von KühmstedL 
Wir können nicht umhin, um so mehr unser aufrichti- 
ges Bedauern darüber aaszusprechen, dass wir uns mit 
der Wahl des musikalischen Stoffes and der tonischen 
Form dieses uns bisher noch unbekannten Werkes nicht 
einverstanden erklären können , weil uns im Uebrigen 
diese Production — wie schon manche andere des ach- 
tungswerlhen Verfassers — als das Resultat reichen Ta- 
lentes und rühmlichen Fleisses erscheint. Die diesem Ton- 
werke zum Grunde gelegten Themen gewähren für die 
Symphonieform nicht hinreichendes Interesse, sind für 
dieselbe zu klein und erscheinen, da es ihnen an melo- 
discher Fortleitung und fliessender Entwicklung gebricht, 
im Ganzen nur als Rbapsodieen. Durchgängig vorwaltend 
ist in einer jeden der vier Abiheilungen des Werkes ein 
Missverhältniss zwischen Stoff und Form ; der Stoff ist 
zu klein, die Form zu gross. Ausserdem erscheint die 
Stellung der einzelnen Sätze nicht motivirt genug, son- 
dern mehr zufällig. Das ist es eben, was die Einheit oft 
verletzt , die Uebersicht des Ganzen bisweilen sehr er- 
sehwert nnd das Ebenmaass der einzelnen Tbeile, die 
ausserdem zu wenig wirkliche Gegensätze bilden und un- 
gleich mehr harmonische, als melodische Tonverbiudun- 
gen enthalten, beeinträchtigt. Man sollte. meinen, der 
Cbmponisl habe während des Schaffens, bei dem Gedan- 
ken an das Zukünftige, das Vergangene oft ganz ver- 
gessen, oder etwa eine bestimmte Poesie musikalisch zu 
verkörpern gesacht. Doch, wie dem auch sei, so ist je- 
denfalls ein solches Problem nur dann glücklich gelöst, 
wenn die modulatoriscben Grundformen nicht erschüt- 
tert und nicht einzelne Tonsätze stückweise aufeinander- 
geschichtet werden, — wie es uns in der erwähnten 
Symphonie, namentlich in deren zweitem und viertem 
Satze, ofl vorkommt. Bei derartigen Unternehmungen glau- 
ben die Componisten Alles gethan zu haben , wenn sie 
nnr dem Gedankengange der Poesie gefolgt sind und die- 
sem die Tonsetzforjn selbst untergeordnet haben, und las- 
sen sich dann die Mühe nicht verdriessen, die ausführli- 
chen Worlerklärungen ihren Tongemälden beizufügen, 
die der wahre Musikfreund nur ungern beachtet, weil 
er eben daraus gar oft deutlich eine totale .Verkennung 
des Wesens der Musik erkennt. Möchte man doch von 
solchen Missgriffen recht bald zurückkehren und bei dem 
Erschaffen von reinen Instrumentalcompositionen nicht 
das musikalische Gesetz dem poetischen unterordnen. Die 
Instrumentation des Kühmstedt'scben Musikwerkes ist 
zum Tbeil unpractisch und darum die Ausführung des- 
selben nicht leicht. Das Werk fand, ungeachtet der an- 
erkennenswerten Bemühungen des Orchesters, nur ge- 
seilten Beifall. — Ferner kamen von Inslrumentalsälzen 
zur Ausführung: ein Satz aas einem Concert für Vio- 
loncello von Romberg, gespielt von Herrn Knoop f und 
Variationen für Posaune von Bex 9 geblasen von Herrn 



Dietrich. Das Spiel des Herrn Knoop zeichnete sich durch 
Sicherheit und Festigkeit des Tones lobenswerth aus, in- 
dess hatte sein Vortrag etwas Stabiles, sein Ton etwas 
Unbiegsames, das sich auf Kosten der auf dem Instru- 
mente möglichen Modification der Töne in den Vorder- 
grund drängte. Wir sind sehr geneigt anzunehmen, dass 
Herr Knoop uns den erwähnten Mangel gar nicht — 
mindestens bei Weitem nicht in dem Grade — würde 
haben empfinden lassen, wenn ihm ein besseres Instru- 
ment zu Gebote gestanden hätte; das seinige scheint in 
der That sehr unergiebig zu sein. Herr Dietrich halte mit 
der Composition für die Posaune nicht die Beste Wahl 

Je troffen, auch gelang ihm die Ausführung verschiedener 
assagen nicht ganz. — Die zur Production gelangten 
Gesangstücke bestanden aus einem Duo für Sopran und 
Tenor aus Spohr 9 s „Jessonda" und einer Arie aus Mey- 
er beer'* „Robert der Teufel. *' Den Tenorpart führte Herr 
Derska in gewohnter Weise aus, den Sopranpart beider 
Tonstücke trug Fräul. Christian aus Stuttgart vor. Die 
uns bisher noch unbekannte Sängerin wurde von dem 
Publicum sehr gütig aufgenommen. Sie hat eine gesunde, 
kräftige, volltönende Stimme, die das Ohr wohlthuend 
berührt, uns indess so intensiv stark erscheint, dass sie 
besser für den einfachen, als für den figurirten Gesang 
zu verwenden sein möchte; denn die Massenbaftigkeit 
einer Stimme steht bekanntlich mit deren Volubilität alle- 
zeit im umgekehrten Verhältnisse. Wir waren weder mit 
der Wahl der Compositionen — in Rücksicht auf die In- 
dividualität der Sängerin — noch mit dem Vortrage der- 
selben vollkommen einverstanden. 

(Beschlaas folgt.) 

Paris, den 17. April 1844. Liszt gab gestern ein 
Concert im italienischen Theater. Wer Paris kennt, weiss 
auch, was das sagen will, 1) ein Concert Mitte April, 
d. h. wenn Alles müde ist von Musik und von was für 
Musik : Italiener, Conservatoire, mit andern Worten Bei- 
Uni und Beethoven oder Grisi und Habeneck, 2) im ita- 
lienischen Theater, der glattesten Stelle auf dieser Spie- 
gelfläche, und endlich 3) allein! 

So ein Handschuh ist den Parisern noch nie hinge- 
worfen worden, den Parisern, die gewöhnlich offensiv 
sind. Es konnte auch kein Mensch sagen, wie der Kampf 
ausgehen würde. Denn für Liszt würde in Paris ein 
sacces d'estime oder eine Stimme des Mitleids schon ein 
Fiasco sein. 

Ueber sein Spiel könnte ich nur Bekanntes sagen. 
Lucia, Norma, Don Juan, Sonnambula, Le lac, Ungari- 
sche Melodieen , Erlkönig , Galop chromalique , — das 
steht Alles besser im Gedächtniss unserer Leser, als ich 
es schreiben könnte. 

Nach jedem Stücke drei, vier, fünf Salven ; er musste 
kommen, wieder kommen, sich verneigen und durfte 
kaum ein paar Minuten zwischen den Stücken pausiren. 
Am Schlüsse regnete es Blumen; nur wenige erreichten 
die Bühne, die meisten fielen in's Parterre, denn es wa- 
ren nur schwache schöne Frauenhände, die sie warfen, 
und es scheint,, dass Liszt besser von dem Orchester 
aus die Logen des ersten Ranges trifft, als man aus die- 
sen Logen nach ihm zielt. 



325 



1844. Mai. No. 19. 



326 



F 



EUILLETOlf. 



Vod der Intendanz des k. k. Hofbargtheaters in Wien sind 
unterm 28. Februar d. J. folgende Bestimmungen über die den 
Autoren dramatischer Werke (Opern werden auf diesem Theater 
nicht gegeben) zukommenden Antbeile an den Einnahmen, welche 
deren Aufführungen ergeben, veröffentlicht worden. 

Der Verfasser eines Originalwerks, es mag noch Manuscript 
oder bereits gedruckt sein , erhält auf Lebenszeit von der durch 
die Aufführungen desselben auf dem k. k. Hofburgtheater erlang- 
ten Bruttoeinnahme, zn welcher auch der von dem jährlichen 
Abonnement auf den betreffenden Abend fallende Tbeil gerechnet 
wird, 10 Proeeot, wenn das Stock den ganzen Abend ausfüllt, 
6 Procent, wenn ein einaeüges Vor- oder Nachspiel erforder- 
lich ist, um den Abend auszufüllen, 3 Procent, wenn es hierzu 
eines mebractigen Vor- oder Nachspieles bedarf. Dieses Recht 
gebt nach des Verfassers Tode anf dessen Erben über, die es 
wahrend der nächsten zehn Jahre gen Jessen. Die Tantiemen wer- 
den nebst legalisirten Nachweisnngen über die Einnahmen viertel- 
jährlich gegen Quittung und Lebensattest erhobeo, können aber 
weder cedirt noch mit Schuld Vormerkungen belastet werden. Die 
Erben des Verfassers haben sich riicksicbtlich des Todestages des- 
selben and ihre« Erbrechts zu legitimiren. Ueber drei Jahre niebt 
erhobene Tantiemen fallen der Unters lötzungscasse für verarmte 
Schauspieler zu. Die Wiederholungen des Stücks bleiben dem Er- 
messen der k. k. Hofburgtbeaterdirectiön überlassen. Diese Be- 
stimmungen treten mit dem Tage ihrer Bekanntmachung in Wirk- 
samkeit und gelten für die nächsten drei Jahre; naeh Verfluss die- 
ser Zeit kann die Direction sie aufbeben oder abändern, doch wer- 
den , auch wenn dies geschieht , die Antheile der während dieser 



drei Jahre aufgeführten Werke in vorstehender Weise fortgewährt. 
Den dramatischen Schriftstellern bleibt es freigestellt, anstatt die- 
ser Tantiemen das übliche Honorar sieh zahlen zn lassen ; sie ha- 
ben aber dann gleich bei Einsendung des Werks darauf einen An- 
trag zu stellen, widrigenfalls angenommen wird, dass sie die fest- 
gesetzte Tantieme vorziehen. — 

Die Berliner Hoftheaterintendanz hat nnterm 10. März d. J. 
eine ähnliche Bekanntmachung erlassen. Nach derselben erbalten 
die Verfasser voo Originalopern (nach deren Tode die Wittwe und 
die eheliche Descendenz noch zehn Jahre lang) von jeder Vorstel- 
lung ihres von nun an aufzuführenden Werkes, wenn es den ganzen 
Abend ausfallt, 10 Procent, wenp es aber mit einem anderen Stucke 
zusammen gegeben wird, 5 Procent der Bruttoeinnahme. Von die- 
sem Antbeile erhält der Componist |, der Dichter |. Unter musi- 
kalischen Originalwerken werden hierbei solche verstanden, welche 
nach einem deutschen Texte componirt sind and auf einer Bühne 
Deutschlands zuerst zur Aufführung gelangen. Werden die An- 
theile, welche vierteljährlich zn erbeben sind, über drei Jahre 
nicht erhoben, so fallen sie der Theatercasse anbeim. Will der 
Verfasser die bisher bei Mannscripten übliche Honorarzahlung vor- 
ziehen, so mnss er sich deshalb besonders erklären. Diese neue 
Einrichtung gilt vom Tage der Bekanntmachung an vorläufig für 
die nächsten drei Jahre. 



Die Schwestern Milanollo haben in Hamburg denselben enthu- 
siastischen Beifall geerntet, welcher ihnen bis jetzt . überall zn 
Theil wurde, wo sie sieb hören Hessen. 



Rubini ist zum Chef der kaiserlich rassischen Hofcapelle mit 
Oberstenrang und 20,000 Rubel jährlichem Gehalt ernannt worden. 



Ankündigungen. 



Stuttgart, In unserm Verlage ist in letzter and neuester Zeit 
erschienen., und bei allen Musikalienhandlungen des In - und Aus- 
landes, nnd durch Herrn Fritdr. Hofmeister in Leipzig zn beziehen : 
Alvars, ]*»rlsla-, Ricordanza di Besnate. Melodie ohne 

Worte für die Harfe. Op. 69. Preis 8 Ggr. 
Baldeneeker, Cd., Grande Fantaisie et Variat. ans Son- 

nambnla für Pianoforte. Preis 5 Thlr. SO Ggr. 
Rmrmaaiin, Hell«, Divertissement für die Clariaette mit Or- 

chesterbegleitung. Op. 58. Preis I Thlr. 16 Ggr. 
Hoch , Frmnz , künigl. würtemberg'scher Hofmusikus, „So 

möchte ich begraben sein, 4 « Lied mit Begleitung des Pianoforte, 

des Violoncello und Hörn, für Bariton oder Alt Preis IS Ggr. 

Dasselbe mit Pianoforte allein. Preis 10 Ggr. 

Cftelafl, F» €•• Horn-Concertino mit Orchesterbegleitung. Op. 

«7. Preis S Thlr. 4 Ggr. 
JÄger, Franz, „Ihre Augen," Lied mit Piano- oder Gui- 

tarrehegldtnng. Preis a 4 Ggr. 
Krftgei», Wm., Fantasie über Themen ans Lucrczia Borgia 

«ur Piano. Op. 7. Preis 16 Ggr. 
Ltndpallltner, F., „Die Fahne weht/« Lied mit Beglei- 
tung des Piano. Preis 6 Ggr. 
' Dasselbe mit Begleitung der Gnitarre. Preis 4 Ggr. 

JlmUque, Berala«, 3 Quartette für S Violinen, Viola nnd 

ViolonceUo. Op. 18. No. i — 5. Preis pro No. i Thlr. SO Ggr. 
"— — 6 deutsche Lieder. Zweite Sammlang. Op. 23. No. 1. Isr- 

""uiterung. No. S. Zu dir. No. 3. Warum so ferne. Pr. 16 Ggr. 

No. 4. Ständchen. No. 5. Eo ist bestimmt in Gottea Rath. 

No. 6. Frage nicht. Preis 16 Ggr. 
Ä f*WrehlnCr, Wm., Etüden nnd Capricen für Fagott, als 

Nachtrag zn seiner Fagott -Schule. Op. S. Pr. I Thlr. IS Ger. 
""" — Fantasie aas dem Maskenball für Fagott, Op. 6, mit Orche- 

sterbegleitang. Preis 1 Thlr. 16 Ggr. 

JJlgenielne nusikhmndlvng. 



In der T\ Trautweln'schen Buch- and Musikalienhand. 

long in Berlin (J. Guttentag) ist erschienen! 

Grell, A. IS«, Op. 13. Drei kurze und leichte vierstimmige 
Motetten: I) „Herr, neige deine Ohren'* n. s. w. S) „Herr 
deine Güte reicht so weit*« u. s. w. 3) „Lobe den Herrn meine 
Seele* * u. s. w. mit Begleitung der Orgel oder des Pianoforte. 
Preis SO Sgr. 

Jede der rier Stimmen einzeln. Preis S± Sgr. 

Op. 18. ,, Selig sind die Todten " für Tier Solo- nnd Tier 

Chorstimmen. ClaT.-Ausz. Preis S3 Sgr. 

Einzelne Chorstimmen. Preis S Sgr. 

Hahn, Tit., Op. 11. Der 130. Psalm. „Aus der Hefe rar ich 
Herr zn dir" für Tier Singstimmen mit Begleitung des Piano- 
forte. Preis 1 Thlr. 3 Sgr. 

Grell, A. 12», Op. SB. A. t. Chamisso's Canon: „Das ist die 
Noth der schweren Zeit 4 ' für Tier Männerstimmen. Pr. 7i Sgr. 

— — Jede Stimme. Preis l£ Sgr. 

Hfthrinft-, Ferd., Op. 11. Vier Gesänge (No. 1. „Der 
Schweizer.« — No. 2. „Gute Nacht" von Geibel. — No. 3. 
„Ade" Ton Arndt. — No. 4. „Der Lindenbaum") für Tier Män- 
nerstimmen. Preis S3 Sgr. 

Jede Stimme einzeln. Preis A\ Sgr. 

Bürde, Jeiannette, geb. Milder, Op. 6. Deutsche Ge- 
sänge Ton Unland v der Frau Maria Tan Hasselt Barth gewidmet). 
No. 1. Das Schlot* am Meer. Preis 10 Sgr. No. S. Die 
Nonne. Preis 7-J- Sgr. 

Grell, A. E., Op. S3. Sechs Lieder (No. 1. Mnth von W. Mül- 
ler. „Fliegt der Schnee mir ins Gesicht." No. S. Frühlingsein- 
zug Ton W. Müller. „Die Fenster auf, die Heraen auf." Mo. 3. 
Lied der Erdgeister, ans den Schlüsselblumen von L. H. „Wir 
sitzen im Kühlen. ** No. 4. Das Bienchen Ton L. H. „Es fliegt 
ein Bienchen durch den Hain." No. 3. Abendglocken von N. 
Vogel. „Wanderer zieht anf fernen Wegen." No. 6. Drei Paare 
nnd Einer von Fr. Rückest. „ Du hast zwei Ohren und Einen 
Mund") für eine Singstimme mit Begl. des Pfte. Pr. 13 Sgr. 



327 



1844. Mal. No. 19. 



588 



NEUE MUSIBJkLIElf, 

welche so eben 

im Verlag von Hreltkopf 4«? Hftrfel ia Leipzig 

erschienen und durch nlle Buch- und Mi»ik»lie*duindAungen su 
beziehen sind ; TMr. >'gr. 

BuvernOX) Jf. ÄT M Une pensei? de Bcllini. Variations 

poar le Piano ä 4 mains. Op. 129 — 20 

Fantaisie sar Follette d*A. Thys pour le Piano. 

Op. 151 — •* 

Les Roses de Noel. Vafses poar le Piano. Op. 13*. — 18 

Grade, 3ST. W«, Zweite Symphonie för Orchester, Op. 

lO. in Edur 6 — 

— -y- Dieselbe arr. för das Pianoforte xu 4 Händen.... 2 — 
Handel'«? €*• F. , Stammbaum, aufgestellt und er- 
läutert von Carl Ed. Förstemann n. — 90 

Her«, M •, Grande Fantaisie sur un motif de Linda dl 

Chamonni* de Donizetti pour le Piano. Op. 158... f — 

Kallährenner, F., Fantaisie brillante sur la Ro- 
mauce : Le fit de Ia Viergc de Scudo pour le Piano. 
Op. 170 * - 

ILnorr« •Illl»; Materialien für das mechanische Ch- 

vierspief, in einer vollständigen u. geordneten Sammlung. 9 15 

I**rtftl*f;, A. 9 Des» Wildschufei oder die Stimme der 
Natur. Komisch« Oper in 5 Acten arr. für das Piano- 
forte su 4 Händen * 6 — 

HendelSflOhn Bartholdjr, F., Ein Sommer- 
nachtstraum von Shakspeare. Vierbändiger Clavieraus- 
sug vom Componisten. Op. 61 5 — 

Dasselbe. Die Singstimmen 1 — 

Mentor« F., 6 Lieder für eine AU oder Bassstimme 
mit Begleitung des Pianoforte. Op. 1 — SO 

6 Lieder für eine Sopran- oder Tenorstimme mit 

Begleitung des Pianoforte. Op. 2 — SO 

Wal IT, E*> Bolero sur l'Opera t Mina d'A. Thomas pour 

le Piano. Op. 95 — 17* 

Duo brillant sur l'Opera : Mina d'A. Thomas pour 

le Piano ä 4 mains. Op. 96 ~ — 95 

— — L'Andalouse. 5* grande Valse originale pour le 
Piano. Op. 97 — 90 

Fantaisie sur les plus jolis motifs de Dom Seba- 

stien de Donizelti pour le Piano ä 4 mains. Op. 98. — 25 

Grand Caprice sur des motifs de Dom Sebastien 

de Donizetti pour le Piano. Op. 99....» — 25 



Bei Carl Erhard in Stuttgart ist erschienen: 

Theoretisch -praktische Anleitung 

zum gemeinschaftlichen 



Bei l»letra Heehettl am. Carl» in Wien er 

scheint nächstens mit Eigentumsrecht: 

jFrühUngslied 

fiir das Pianoforte 




in Volksschulen und andern Lehranstalten. Nebst 84 

ein*, zwei- und dreistimmigen Liedern. 

Von 

Georg Wicht!« 

In k Abteilungen, welche auch einzeln verkauft werden* 
Gr. 8. 1843. Geh. Pr. 1 Fl. 12 Kr. oder 16 Ggr. 

Eine Beurtheilung dieses Lehrbuchs, von dem königl. vrur- 
teubergisehen Hofcapellaeister Lmdpain*ner, findet dasselbe „für 
Volksschulen und Gesanglehranstalten gaux besonders geeignet, da 
dessen theoretischer Thal, fasslich uud in bündiger Kurse darge- 
stellt, im genauesten Zusammenhang steht mit der die Theorie überall 
begleitenden Praxis, und die ganze Anordnung den stufenweisen 
Bntwickelungtgang des Unterrichts in notwendiger Folge vor- 
zeichnet.*' In den Hoheusellern - Uecbingen'sehen Schulen ist das- 
selbe gesetzlich, eingeführt und hat ausserdem bereite in mehreren 
anderen Lehranstalten Aufrahme gefunden. 



Ad» 



Henselfc 

Opus 17. 



Trols Paraphrases 

pour le Piano 

sur des motifs de POpeVa: 

n>#m Sehaatlen de €• »eniaettl 



Wien, 



Grande Fantaisie 

pour le Piano 

sar des motifs de l'Opera: 

Dam ftefcaatleii de C. »oalaettl 

Tb. Itallak» 

Opus 21. 
im Mai 1844. 



Vortheilhaftes Anerbieten Ar die Herren Canto- 
ren n. s. w. 

Nachstehende ganz neue, als die vorzüglichsten anerkannten 
Gantaten , welche im Ladenpreise 4 Thlr* kosten , als : 
Paehaly, Fest -C »n täte, „Gott ist der Herr" für vier 
Singstimmen und Orchester — componirt nur Feier der Einwei- 
hung der Kirche zu Erdmannsdorf — Sr. Majestät dem Könige 
Friedr. Wilh. IV. gewidmet. — Ist bei jeder kirchlichen Feier- 
lichkeit anwendbar, 1± Thlr. 
Kollier, E«, JTuael-Cailtate für vierstimmigen Chor 
mit Begleitung des Orchesters, nur 100jährigen Kirchenfeier 
und zum Gebrauch bei jeder öffentlichen Sonn- und Festtags- 
feier. Op. 66. il Thlr. 
HJUngenberg? W., Feat-Cantate, „Meine Zeit steht 
in Deinen Händen,"" für vier Singstimmen und Orchester. Op. 
16. IjThlr. 
lassen wir zusammengenommen für Zwei Thaler ab. 

Von dem allgemein empfohlenen Werke »Die Orgel und 
Ihr Baut" von Seidel ist so eben die zweite verbesserte mW 
sehr vermehrte Auflage erschienen. Subscr.-Pr. Ein Thaler. 
Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen an. 

F. £• C xheuehart in Breslau. 

Ein junger (unvcrheiralhetcr) Musiker, Compooist, sucht in 
einer bedeutenden Stadt die Stelle eines Musikdirecters bei einem 
Verein für Concert- und Kirchenmusik. Derselbe beeilst,, ausser 
der hierzu erforderlichen Kenntnis» und Routine, ein solides Cla- 
vierspiel zu öffentlichen Vortragen (ein Schüler Jafsmunefs). Was 
- seine Fähigkeiten im Lehren , wie in seinen Compositionen anbe- 
trifft, so ist der Musikdirector Herr Wilhelm Grund, und der Mu- 
sikalienhändler Herr Auuusl Cranz iu Hamburg , gern erbötig, 
darüber genügende Nachricht, so wie über dessen Bedingungen su 
geben. Hierauf Refleclirende können in ihren Briefen die Bedin- 
gungen gleich mit angeben. — 

Das Nähere bei L. Renovani, Hofbnchhändler in Rudolstadt, 
Fnrstenthum Schwarzburg. 

Es wird zum Verkauf angetragen: Musikalische Zeitungen, 
Jahrgänge von 1798 bis 1820, dito von 1854 bis 1SS4. Die 
Jahrgänge eingebunden und im guten Zustande. Zu haben bei 
Friedrich Jahn in St. Gallen in der Schweiz. 



jy Hierzu Ostcrmesse- Bericht 1844 von DiabeUi und Comp, in Wien. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



5«9 



350 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 15*' Mai. 



M 20. 



1844. 



Inhalts RccensiQu. — NmchnchtenK Aas Petersbar;. Aas Cassel. (Beschluss.) Caraeval- and Fasleoopern o. s. w. in Italien.— 
Feuilleton. — Ankündigungen. 



R 



ECENSIÖN. 



Nahid und Omar, eine Novelle aus den Bildern den Orient! 

erlesen, für Gesang und Pianoforle von A. B. Mmrx. 

Berlin» bei Cballier u. Comp« Preis 2 Thlr. 
Der verehrungswürdige Verfasser bat hier eine höchst 
erfreuliche und dankenswertbe Gabe geboten, welche man 
als eine wirkliche Bereicherang der musikalischen Lite- 
ratur zu betrachten hat, indem sie sich nicht wohl in eines 
der bisher angebauten Felder einreiben lisst. Sie gebort 
weder in das Gebiet der Oper, noch in das des Orato- 
riums oder der Cantate, sondern bildet vielmehr ein für 
sich bestehendes Genre, welches wir, als in ästhetischer 
Hinsicht vollständig genügend und den Anforderungen, 
die man an ein Kunstwerk stellen mag, entsprechend, 
den Musikfreunden zu besonderer Beachtung, den schaf- 
fenden Tonmeistern zu weiterem Ausbau angelegentlichst 
empfehlen müssen. „Novelle" hat der Verfasser dieses 
Werk genannt ; allein es will uns diese Bezeichnung nicht 
ganz passend erseheinen, wie sie denn auch wohl nur in 
Ermangelung einer treffenderen gewählt sein mag, die 
wir, wenigstens in diesem Augenblicke, auch unsererseits 
nicht vorzuschlagen vermöchten. Am Nächsten tritt diese 
jedenfalls interessante Leistung an die Form des früher- 
en mehrfach angebauten Liederromans heran (z. B. Ro- 
bert und Aennchen u. dergl.), über welche sie jedoch in- 
sofern hinausgedrungen ist, dass der Verfasser hier das 
einfache Lied zur Arie ausgedehnt, so auch (wiewohl in 
beschränktem Bereiche) den Chor herangezogen und über- 
haupt jene Form beträchtlich erweitert hat. 

Der Text ist vom Verfasser aus den unseren Lesern 
wohl grösstenteils bekannten „Bildern des Orients' 4 von 
Stieglitz so zusammengestellt, dass er ein in zusammen- 
hängenden, sich gegenseitig ergänzenden Situationen und 
Lebensbildern sich entwickelndes Ganzes ausmacht, wel- 
ches bei aller scheinbaren Freiheit und Lockerheit der Ge- 
staltung, in welcher wenigstens für uns ein ganz beson- 
derer Reiz verborgen liest, dennoch die Klarheit nnd Voll- 
ständigkeit des Eindrucks nicht verfehlt, die wir von 
einem jeden Kunstwerke, welchen Namen es auch immer- 
hin fähren möge, verlangen. — Der Verfasser beginnt 
mit einer auf das Ganze und die in ihm vorherrschende 
Stimmung zweckmässig vorbereitenden Einleitung für das 
Pianoforte, reich an interessanten Modulationen, mit de- 
ren näherer Auseinandersetzung wir indess, wohl wis- 
send , dass man solche Erörterungen in der Regel über» 

46. Jahrgang. 



schlägt, unsere Leser nicht behelligen wollen, Sie beginnt 
nnd sohliesst in B dur und scheint uns dadurch von der 
darauffolgenden Arie des Omar (Tenor) in Adur, %, zu 
scharf getrennt. Diese Arie selbst, ausgezeichnet schön 
instrumentirt (man sieht sich nämlich unwillkürlich ge- 
nötbigt, sich an die Stelle der Ciavierbegleitung Vio- 
loncellogesang und Flötenzauber zu substituiren), athmet, 
wie die meisten übrigen Stücke dieser reizenden Compo- 
situm, südliche Schwärmerei und Liebesgluth, und bildet, 
für uns wenigstens, einen der Hauptgianzpuncte des Wer- 
kes , welches man durch sie sogleich von vorn herein 
lieb gewinnen lernt. Weniger, wie sie, aus einem Gusse 
gearbeitet ist die folgende Numnler, eine Arie der Nahid 
(der Geliebten Omar's), in welcher der Strom wechseln- 
der Empfindungen den Verfasser vielleicht zu einem all- 
zubäufigen Wechsel der Tempi u. s. w. veranlasst hat. 
Wenigstens erfordert der gute Vortrag dieser, in einzel- 
nen Momenten ebenfalls sehr belohnenden Arie ein tiefes 
Studium für die Sängerin , wenn die zum Theil etwas 
versteckt liegenden Intentionen des Verfassers, der 
schon hier, besonders in der Begleitung, auf die Cata- 
strophe der Fabel hinzudeuten seheint, vollständig erreicht 
werden sollen. Der ruude Vortrag derselben erfordert 
übrigens eine tüchtig durchgebildete Sängerin, welche, 
wenn sie Stellen wie die folgende, (Aljegro con spirito) : 

"3. .Ate 5 . gfr ft C |T f 




331 



1844. Mai. No. 20. 



352 



glücklich zu bewilligen yennag, sieh dann anderer, bes- 
ser in der Stimme und in den - Sprachorganen liegender 
and doch sehr effectvoiler desto mehr erfreuen wird. 
No. 3. Ein Ständchen des Omar, alla Polacca, mit Män- 
nerchor, etwas an M. v. Weber erinnernd, bildet wie- 
derum eine sehr ansprechende Partie. Ganz vorzüglich 
bat uns indess No. 4 „Nahid und Omar's Selam" ange- 
sprochen, ein kurzes, aber überaus zart und innig gehal- 
tenes Andante con moto, während No. 5 „Omar im Gar- 
ten," ein feurig belebtes Animato, wiederum in anderer 
Weise sich geltend macht. Luftig elfenbaft schwebt No. 
6, ein Chor „lauschender Feen," Andantino con moto, 
vorüber. No. 7 ,, Getäuschtes Erwachen" bietet wiederum 
eine melodiös abgerundete, sehr gefallige Partie Omar's, 
welche sich überall Freunde erwerben wird. In der beim 
Vortrage mit besonderer Aufmerksamkeit zu behandeln- 
den No. 8 tritt Kerim (Bass) und seine Rotte, als feind- 
liches Princip in dem kleinen Romane, in charakteristischer 
Zeichnung hervor, während im eingeflochtenen kurzen 
Duett Nahid den Geliebten, in banger, ahnungsvoller Sorge 
vor des Vaters Zorne, zum Hinwegeilen drangt, — um 
ihn, unbewusst, desto rascher den Dolchen des Feindes 
und seiner Mordgesellen zu überliefern, wiewohl diese 
Katastrophe selbst in Text und Musik mehr angedeutet, 
als klar ausgesprochen ist. No. 9 ,, Heimwärts" ist ein 
überaus zart hingebaucbter Chor der Peri's, welche die 
der Erdennacht entrückten Seelen der Liebenden hinauf 
zum Lichte geleiten und dem Ganzen einen versöhnen- 
den Abscbluss geben. 

In diesen, bis auf die Katastrophe, leicht und anmu- 
thig voruberschwebenden Scenen, in welchen der Verfas- 
ser das Colorit, welches sein Gegenstand erforderte, fast 
überall mit dem feinsten Tacte und sicheren Pinselstri- 
chen getroffen hat, haben wir in ihm aufs Neue einen 
geist- und gemüth vollen Tondichter kennen und verehren 
gelernt, der sich in diesem Werke, wenn auch nicht in 
allen einzelnen darin hervortretenden Zügen, doch in 
vielen, ja in den meisten, als glücklieben Erfinder und 
überall als bedachtsam reflectirenden Meister bewährte. 
Dass er sich nicht, frei von dem Einflüsse anderer Mei- 
ster und ihrer Werke, vorzüglich eines Mozart, Beetho- 
ven, M. v. Weber, Spohr u. A., überall in vollkommen 
abgeschlossener Originalität bewegt hat, darüber können 
und wollen wir nicht mit ihm rechten , denn wir müss- 
ten da zugleich mit ihm die genannten Tondichter selbst 
angreifen, bei welchen auch wohl so manche Anklänge 
an die Werke ihrer Vorgänger erscheinen. 

Ausstellungen haben wir nur wenige zu machen. In 
No. 1 hätte ein so gewandter Componist Seite 5 unten, 
beim „Nahid" das Aushalten des hohen a auf der Sylbe 
„bid" wohl leicht vermeiden können. — Eine andere 
unbequem liegende Stelle haben wir bereits oben näher 

; j i 

bezeichnet. Seite 40 fiel uns das ,, brennende" auf, des- 
sen anstössige Accentuation hier ebenfalls, so wie manche 
andere kleine Unebenheiten, leicht zu vermeiden gewe- 
sen wäre. 

Der Vortrag des Werkes, das sich dem Vernehmen 
nach in Berlin bei wiederholter Aufführung grossen Bei- 



fall erworben hat, erfordert einen tüchtigen und geschmack- 
vollen Ciavierspieler und eben solch einen Sänger und 
Sängerin, während der Chor nur einfach besetzt zu sein 
braucht, weshalb wir das Werk besonders zur Auffüh- 
rung in Privatconcerten oder sonstigen auserwählten Cir- 
keln mit der Ueberzeugung empfehlen können, dass es 
ihnen einen hohen Kunstgenuss bereiten wird. Die äus- 
sere Ausstattung ist löblich. Dr. R. 



Nachrichten. 



Aus Petersburg, den 11. April 1844. Das edle Künst- 
lerpaar, dessen Besuch alle ächten Kunstfreunde schon 
längst ersehnten, hat uns nun wieder verlassen ; aber der 
Eindruck, den sie uns brachten, wird nicht so bald ver- 
schwinden; es wird ihnen ein frisches, dankbares Anden- 
ken bleiben, inmitten alles wüsten Treibens, über all' die- 
ses halbe trügerische Musikwesen hinaus, mit dem auch 
wir hier ganz überschüttet werden. Möchte es den deut- 
schen Freunden willkommen sein, einen ausführlichen 
Bericht über Robert und Clara Schumann 1 * Erfolg in un- 
serer Stadt zu hören. Wenn ich es ganz kurz vorerst 
zusammenfassen will, so war er, künstlerisch genommen, 
eminent und einzig zu nennen, wenn auch äusserlich 
nicht so glänzend. Die Ursachen des Letzteren sind : Ver- 
dorbenheit alles guten Geschmacks und vollkommene Geld- 
beutelerscböpfung durch die Italiener, zu deren neuen 
Opern im Herbst 1844 man so eben wieder die unsin- 
nigsten Pränumerationen einsammelt. In den Concerten 
von Mad. Schumann waren Anfangs nur die Leute von 
selbständigem, nicht zu verderbendem Musikgeschmack an- 
wesend, bis der Enthusiasmus sich dermaassen steigerte, 
dass sie endlich auch wie Ltszt, Mad. Viardot-Gareia 
und Rubini Mode wurde, wo dann kein komme poli mehr 
sein durfte, der sie nicht gehört hätte. — 

Den 3. März gab Clara Schumann das erste Con- 
cert, das nicht überfüllt war, aber doch von glänzendem 
Erfolg. Sie spielte Liszt's Sachen schöner, als er selbst, 
und enthusiasmirte besonders durch Mendelssohn 9 * Früh- 
lingslied und Scarlattfs grosse Etüde, welche beide Stücke 
sie wiederholen musste. Eine Beethovensche Sonate von 
ihr zu hören, ist ein seltener Genuss, und er wurde stür- 
misch anerkannt. — Im philharmonischen Concert zum 
Besten der Wittwen und Waisen hörten wir wieder zwei 
Stücke von ihr unvergleichlich ausgeführt. Es war so 
grenzenloser Applaus zum Schlüsse, dass ibr zu Ehren 
ein Pauken- und Trompetentusch ertönte, der sehr feier- 
lichen Eindruck machte, was hier noch keinem Künstler 
widerfuhr. Eine öffentliche begeisterte Danksagung und 
das Diplom als Ehrenmitglied des philharmonischen Ver- 
eins für Mad. Schumann waren die äusseren Folgen da- 
von. — In ihrem zweiten Concert trug sie unter Andern 
Beethoven' s Cismoll- Sonate ganz herrlich und zum all- 
gemeinsten Entzücken vor. Mehrere Werke von Schu- 
mann, als: sein Quintett und Quartett, borten wir in 
! Privatcirkeln, aueb seine schöne erste Symphonie in einem 
solchen beim Grafen Wielhorsky* gut ausgeführt und 
feurig aufgenommen. In Clara 9 * drittem Concert, den 12. 



333 



1844. Mai. No. 20. 



334 



April, Mittags 2 Uhr, kam sein Quintett auch zur öffentli- 
chen Anführung mit ausserordentlichem Beifall. Dag Publi- 
cum war überaus zahlreich und begeistert. Wie spielte 
sie aber auch! Die ItacA'schen Fugen und Beethoven 9 * 
Fmoil- Sonate machten grossen sichtlichen Eindruck. Der 
Prinz von Oldenburg lud sie einige Tage später zum 
Rechtsschulconcert ein, wo sie mit ihrer gewohnten Güte 
zuletzt noch etwas vortrug und die jungen Leute ganz 
ausser sich vor Entzücken brachte. So steigerte und ver- 
breitete sich ihr Ruhm mit jedem Tage mehr bis zu ihrem 
Abschiedsconeert. In diesen spielte sie wieder eine Fuge 
von Bach) Concertstück von Weber , Lieder von Fr. 
Schubert mit grenzenlosem Beifall. Zum Schluss wurde 
sie zehn Male hinter einander herausgerufen und des 
stürmischen Beifalls war kein Ende. Jedenfalls war Mad. 
Schumann der erste und glänzendste Stern der diesjäh- 
rigen Concertsaison; so wird sie auch allgemein aner- 
kannt und wird als solcher noch lange in unser Musik- 
leben leuchten. 



CasseL (Beschluss.) Das am 13. März Statt gehabte 
sechste Abonnementconcert bot uns meist Neuigkeiten und im 
Allgemeinen viel Interessantes dar. Eröffnet wurde dasCon- 
cert mit einer Ouvertüre ron Hugo Stähle. Diese musi- 
kalische Production berechtigt, als eines der Erstlings- 
werke eines hiesigen talentvollen Kunstjüngers, zu er- 
freulichen Erwartungen, indem aus dem Ganzen deutlich 
hervorgeht, dass es dem jungen Tonsetzer Ernst um das 
Gute sei, dass er sich mehr, als oberflächliche practische 
Kenntnisse, zu erwerben bemüht ist und Talent genug 
besitzt, um dereinst etwas Tüchtiges zu leisten. Form 
und Stoff des Werkes entsprechen einander bis auf den 
zweiten Tbeil des Allegrosatzes, namentlich den modula- 
torischen Satz vor dem zweiten Eintritte des Thema's, der 
uns gegen alles Uebrige zu kurz erscheint. Ausserdem 
fallen einige Stellen — z. B. der Schlusssatz des ersten 
Theils auf der Dominante — wegen ihrer Durchsichtig- 
keit in den Mittelstimmen des Streichquartetts gegen an- 
dere recht gut formirte Tonsätze auf, die insbesondere 
contrapunctisch befriedigender verknüpft sind* Diese Art 
des Gebrauchs der Orchesterinstrumente giebt uns zu der 
Vermuthnng Anlass, dass die Composition zum grössten 
Tbeil am Ciavier erfunden und dann erst für die Orche- 
8terinstramente ausgesetzt worden ist. Gegen diese Art 
des Gomponirens von Orcbesterwerken ist wohl im All- 
gemeinen nichts einzuwenden, wenn nur allezeit die Na- 
tur der Instrumente, welche die Composition in's Leben 
rufen sollen, genugsam erkannt und bei der Erfindung 
der Gedanken angemessen berücksichtigt wird. Es enthält 
jedoch die Ouvertüre aueh manche gut berechnete Effecte, 
wie denn überhaupt des Guten ungleich mehr, als des 
Mangelhaften. Die zweite Nummer des Concertes bestaud 
aus dem eilften Violinconcert und die fünfte aus einer So- 
nate für Harfe und Violine von Spohr, der durch die Aus- 
führung des Violinpartes in beiden Piecen dem Publicum 
nach langer Zeit wieder einmal den hoben Genuss gönnte, 
das unübertreffliche Spiel des Meisters zu bewundern. Er 
hatte sich diesmal, wie immer, von Seiten eines unge- 
wöhnlich zahlreichen Concertauditoriums der unzweideu- 



tigsten Beweise der höchsten Achtung und des innigsten 
Dankes zu erfreuen, welche bei der Ausführung der So- 
nate für Harfe und Violine unsere geschätzte Harfenvir- 
tuosin, Präul. Low, wenn auch nicht in gleichem Grade, 
mit ihm theilte. Wir unseres Theils können mindestens 
der Ausführung des Harfenpartes nicht unbedingt unsern 
Beifall geben, wenn wir gleich Einzelnes als gelungen 
bezeichnen dürfeu. Mag es durch die nicht leicht zu über- 
windenden technischen Schwierigkeiten, oder durch eine 
nicht vollkommen richtige Auffassung der Composition her- 
beigeführt worden sein, so war es doch nicht selten stö- 
rend, dass der Anschlag auf der Harfe zu wenig Modifi- 
cationen erlitt und gegen das zarte und dennoch tonreiche 
Violinspiel oft zu hart klang. Da uns Fräul. Low schon 
bei anderer Gelegenheit gezeigt hat, dass sie ihr Instru- 
ment mit Sicherheit und vielem Geschmack zu bebandeln 
weiss, so dürfen wir wohl sicher annehmen, dass ein voll- 
kommen genaues Versländniss der Virtuosin mit dem Com- 
ponislen hinreichend gewesen sein würde, ein gleichmäs- 
sigeres und bei Weitem innigeres Zusammenwirken zu 
erzielen. Als Zwischennummern zwischen den oben ge- 
nannten Piecen von Spohr hörten wir eine Arie von Do- 
nizetti von Fräul. Eder durchaus gewissenhaft und zum 
Theil geschmackvoll ausfuhren. Die Leistung der Sänge- 
rin wurde von dem Publicum beifällig aufgenommen, uns 
aber würde sie mehr zum Danke verpflichtet haben, wenn 
ihre Wahl auf eine weniger gedankenarme Composition 
gefallen wäre. Ausserdem führte uns Herr Kammermusi- 
kus Schmidt aus Oldenburg im ersten Theile des Concer- 
tes ein Adagio und Rondo für Fagott von C. M. v. We- 
her vor. Der Virtuos bebandelte sein Instrument mit Si- 
cherheit und Geschmack; sein Spiel zeichnete sich vor- 
zugsweise durch eine präcise, leichte und gleichmässige 
Ansprache der Töne vortheilhaft aus. Als einen Missgriff 
bei dem Vortrage dieses Concertstückes müssen wir die 
übermässig lange Fermate bezeichnen, welche der Künst- 
ler zum Aushalten eines einzigen Tones benutzte, ohne 
denselben irgend wie zu modificiren. Die zum Vortrage 
gewählte Composition ist geeignet, die Vorzüge des Fagot- 
tes herauszustellen. Schliesslich haben wir noch die sechste 
Symphonie von Adolph Hesse zu erwähnen, welche den 
zweiten Theil des Concertes ausfüllte. Dass der als treff- 
licher Organist bekannte Hesse zu den fruchtbarsten Com- 
ponisten der Gegenwart gehört, beweist neben vielen an- 
deren fleissig gearbeiteten Instrumentalstücken auch diese 
seine sechste Symphonie. Dieselbe hat, wie seine frühe- 
ren derartigen Toustücke, manche sehätze oswerlhe Eigen- 
schaften, die schon längst rühmliche Erwähnung gefun- 
den haben. Hesse arbeitet bekanntlich fast lediglich nach 
Spohr scheu Formen und benutzt dieses Heisters reiche 
technische Erfahrung bis auf den Gebrauch der einzelnen 
Orchesterinstrumente. Aber in der Regel bleibt es in Hes- 
se'* Werken bei dieser unbedingten Nachahmung, und wo 
er dieselbe aufgiebt , ist er im Moment wirklich eigener 
Erfindung nicht stets glücklich. Auch die vier Sätze die- 
ser Symphonie sind in formeller Hinsicht Svo kr' sehen 
Tonsävzen sprechend ähnlich. Aber ausser unu über die- 
sem eigentlich Technischen und rein Formalen finden wir 
in diesem Tonwerke nichts Höheres, was das Ganze mu- 
sikalisch nothwendig machte und allen Theilen desselben 



355 



1&44L Mai. No. 20. 



336 



eine» «ehr innerlichen, Wirklich organischen Zusammen- 
hang verlieh«. Zunächst scheint uns die im ersten und 
vierten Satze fast durchgängig massenhafte Instrumenta- 
tion nicht angemessen, mindestens bietet dieselbe in Hin- 
sicht auf das Coloril zn wenig Abwechselung dar; fer- 
ner ist der Wechsel des Tempo's im zweiten Salze, wie 
euch die im vierten Satze allzuschnell wechselnde Har- 
monisirong der Cantilene des Mittelsatzes gesucht und die 
hin und wieder eingeflochtenen Fugensätzchen scheinen 
mehr nach kurzer Reflexion, als ans innerem Schöpfangs» 
dränge hervorgegangen zn sein. Will man in Instrumeu- 
talcompositionen F*ugengestalten auftreten lassen, so "mos* 
*en dieselben wohl im Allgemeinen am Geeignetsten ans 
dem Thema, als dem Impuls der ganzen Tonschopfung, 

K bildet werden und zu Anfang des zweiten Tbeiles des 
nsatzes die beste Stelle finden. Die Aufführung der 
Symphonie von Seiten des Orchesters war gelungen. 

Ausserdem erfreute uns im Februar Aloys Schmitt 
aus Frankfurt a. M. durch seinen Besuch, und bot uns 
in einem Concert, welches er am 23. im Hoftheater gab, 
Gelegenheit» »eine in der musikalischen Welt rühmlich 
bekannten Leistungen als Virtuos und Gomponist zu wür- 
digen. Schmitt gehört bekanntlich der älteren Schule an, 
und darf wohl gegenwärtig als einer von deren würdig- 
sten Repräsentanten angesehen werden. Sein Anschlag ist 
in jedem Grade der Stärke und Schwäche angenehm weich, 
wohltfauend egal und klangreich, sein Spiel solid und ge- 
schmackvoll, fliessend und fein nuancirt. Wir borten von 
seiner Composition die Sinfonia appassionata, ein Concert 
für Pianoforte, mit Begleitung des Orchesters, ein Rondo 
(„Erinnerung an Field") für Pianoforte mit Ürcbesterbe- 

S'titung, und eine freie Fantasie über Themen aus den 
o*ar/'scben Opern „Figaro" und „Die Entführung." 
In einer jeden der hier angeführten Tonschöpfongen des 
geschätzten Pianisten zeigt sich ein vorherrschend ern- 
stes, iebt künstlerisches und somit im hohen Grade befrie- 
digendes Streben. Besondere Vorzüge derselben sind ein- 
heitsvolle und durchaus edle Haltung, wie auch interes- 
sante Verwendung der Motive und der dazu gewählten 
Darstellungsmittel. Dies gilt vorzugsweise von dem zwei- 
ten, dritten und vierten Sympboniesatze, welcher letztere 
besonders effectvoll und am Reichsien ausgestattet ist, 
nnd von dem aus drei Abtbeilungen bestehenden Piano* 
forteconcert. Nicht schlagende, aber sehr woblthuende und 
wirklich schöne Effecte sucht Schmitt sowohl in seinem 
Vortrage als in seinem Tonsatze zu erzielen, und das 
gelingt ihm um so sicherer, als er den letzteren, wie sei- 
nen Vortrag von dem so häufig erwähnten neuromanti- 
schen — in mehrfacher Anwendung geradezu unmusika- 
lischen — Wesen rein erhält, das leider auf so viele 
schätzbare jüngere musikalische Talente wahrhaft epide- 
misch influirt. Schmitt spielte vor einem kleinen, aber ge- 
wählten Publicum, das seine Tendenz zu würdigen ver- 
mochte und dem als Virtuos, Compooist und Lehrer ver- 
dienten Altmeister die aufrichtigste und innigste Vereh- 
rung mit freudigem und dankerfülltem Herzen darbrachte. 
Mit gewohnter Bereitwilligkeit unterstützten Fräul. Low 
nnd Herr Derska den Concertgeber durch zwei sehr be- 
friedigende Gesanporträge. Ausserdem kam Spohrs Ou- 
vertüre zum „Alchymisten" zur Aufführung, welche, wie 



alle übrigen Productioneti, gut executirt, bei den Publi- 
cum eine sehr beifällige Aufnahme fand. 

Am 9. März ist Lortxing's dreiactige komische Oper 
,,Die beiden Schützen 44 hier zum ersten Male zur Auf- 
führung gekommen. Dieselbe mar zwar von einem weit 
geringeren Erfolg, als dessen ,.Czaar und Zimmermann/* 
begleitet, fand jedoch bei dem Puhltcnm um so mehr eine 
gerechte Anerkennung, als alle Mitwirkenden um das Ge- 
lingen der Aufführung nach Kräften bemüht waren. Die 
Oper enthält weder hervorspringende sceuieche, noch mu- 
sikalisch* Effecte. Die Solosätze bieten wenig melodmch 
Manatchfaltiges und gemüthlich Ansprechendes , dagegen 
gewähren die Ensemblestücke mehr Interesse , indem sie 
vorzugsweise characteristisch sind nnd sich, wenn auch 
nicht durch anziehenden melodischen Schwung, doch durch 
einen dem Gegenstande der Darstellung angemessenen, 
leichten Forlgang auszeichnen, der, wie die Erfahrung 
lehrt, nicht leicht zu erhalten ist nnd allein schon Lort- 
xin&'s höchst bedeutendes Talent und gründliehe musika- 
lische Bildung ausser Zweifel setzt. Die Gesangpartieen 
bieten den Ausführenden zwar keine besonderen Schwie- 
rigkeiten, aber auch keine hervorleuchtenden und eigent- 
lich dankbaren Cantilenen. Mit der Auffassung und Aus- 
führung von Seilen unseres Sängerpereonais — mit eini- 
gen Ausnahmen, und vorzugsweise abgesehen von Allem, 
was nicht wesentlich zur Darstellung der Rollen gehörte 
— erklären wir uns einverstanden. 

Am 5. April (Charfreitag) fand, wie alljährlich, in 
der Hof^ und Garnisonkirche die Aufführung einer Kir* 
chenmusik Statt. Wir hatten uns diesmal der dankens- 
werten Produktion des Oratoriums „ Der Messias " von ' 
Händel zu erfreuen, bei welcher unter Spohrs Direction 
die hier bestehenden Gesangvereine (der Cäcilienverein, 
die Singacademie und die Liedertafel), ein Tbeil des Opera- 

Eersonals und die Mitglieder der Hofcapelle mitwinkten, 
lie Compositum wurde nicht in ihrer ursprünglichen Form, 
sondern mit der Moxarf&chtn Instrumentation gegeben, 
welche unserer Meinung nach zeitgemäss und mehr, ak 
die //öwcWscbe, geeignet ist, das grossnrtige Tonwerk, 
und namenllich die Chöre desselben, in dem weiteren 
Räume der Kirche glänzend hervorzuheben. Die Solosticke 
hatten die Damen Law (Sopran) nnd Schaub (Alt), nnd 
die Herren Derska (Tenor) und Föppel (Bass) übernom- 
men, und wir gedenken mit Vergnügen der Ausführung 
der Piecen für Tenor No. 2 in Edor „Tröstet mein Volk/ 4 
No. 3 „Alle Thale erhöbet* 4 und No. 36 in Amoll „Du 
zerschlägst sie,' 4 ferner der Arie für Sopran No. 17 in 
Bdur „Er weidet seine Heerde," wie auch der Solo- 
stücke für Bass No. 11 in Hmoll „Das Volk, so im 
Dunkeln" und No. 34 in Cdur „Warum toben die Hei- 
den." Minder gelungen war die Ausführung der Altpar- 
tie, und als ungenügend müssen wir den Vortrag der Arie 
No. 8 in Ddur „0 du, der Gutes predigt" bezeichnen. 
Von den Chören wurden am Besten ausgeführt : No. 19 
in Gmoll „Sieh*, das ist Gottes Lamm," No. 53 in Fdur 
„Wie Schaafe geh'n," No. 30 in Pdur „Hoch thut euch 
auf," und No. 37 in D dur „Hallelujah," welcher letzte 
Chor in Hinsicht auf die Wirkung wahrhaft grasartig 
und mit Mozart 9 s mächtiger Instrumentation glänzend und 
unaussprechlich eüeelreieh hervortrat Wie hierin, so < 



357 



1844. Mai. No. 90. 



356 



in de* Chore No. 23 leisteten Sänger und Orchester 
Vortreffliches ? nach zeichnete sich Letzteres in den mei- 
sten anderen Nummern ruhmlich aus. Was die Ausfüh- 
rung anderer C borstücke anlangt, so haben wir in den 
figurirten Sätzen nicht allezeit die gewünschte Wirkung 
wahrgenommen. Die bewegteren Passagen, welche znm 
Theil das Gepräge der Zeit an sich tragen, erfordern so 
viel Gleichheit und Nachbaltigkeit des Klanges, wie man 
hei den Dilettanten unserer Tage — ja selbst bei den 
Sängern von Beruf — immer seltener antrifft. Man zieht 
bei der Darstellung von Gesangstucken gegenwärtig nur 
zu oft vor, nach den Extremen auszuschweifen, statt nach 
der rechten Mitte zu zielen und von da aus den Maass- 
stab für die Extreme zu nehmen. Diese eben nicht zu 
verteidigende Neigung hat namentlich bei dem Solovor- 
trag einen sehr schädlichen Einfluss auf jede ästhetisch 
musikalische Darstellung. Doch, um wieder auf die Exe- 
entirung einzelner Chorsätze zurückzukommen, so mei- 
nen wir mit Beziehung auf das oben Erwähnte, dass in 
den Chören No. 18 in Bdur „Sein Joch ist sanft/* No. 
31 in Bdur „Gross war die Menge" und No. 35 in 
Cdur „Auf , zerreisset die Bande" wohl etwas jnehr 
hätte geleistet werden können. Der dritte Theil des Ora- 
toriums ist ans uns unbekannten Gründen nicht aufge- 
rührt worden. Ol K. 



Carneval- und Fastenopern u. s.w. in Italien. 

Königreich beider Sizilien. 

Palerma (Teatro Carolino). Hat sich der einst leuch- 
tende Stern der schönen Gabnssi wirklich verdunkelt? 
Diese noch junge Sängerin und beste Schülerin der be- 
rühmten Bertinotti, aber von den heutigen Massenopern, 
eben so wie ihre Colleginnen, hart mitgenommen, hat 
hier in der zum dritten Male gegebenen Saffo von Pa* 
cini wenig befriedigt, und es verlautet allgemein, dass 
sie der Opera seria Lebewohl sagen und auf das ihrem 
ganzen Wesen mehr zusagende Geaere buffo ibr Augen- 
merk richten will. Bassist Valli, der seinen Part nur un- 
gern singend« Tenor Paocani, die Altistin Orlandi, tru- 
gen znm Theil das Ihrige zum Falle der Oper bei, deren 
jedesmalige Vorstellung stets leere Theater hatte. Dani- 
zetti's Maria Padilla, in welcher die brave Berloiotti, Te- 
nor Cuzzaui, der Anfänger- Bassist Paolo BaraWi, nebst 
der Comprimarra Combi wirkten , ging es nicht besser, 
wiewohl die Prima Donna und der Tenor zuweilen be- 
klatscht wurden. Ein einheimisches Blatt meinte auch, die 
Maria Padilla halle keinen Vergleich aus mit den voraus« 
gegangenen drei Capolavori (Meisterstücken) del scanne 
Pacini. Dieser wird überhaupt seit vorigem Jahre, in wel- 
chem er bekanntlich seine Maria d'Iijgiiiterra und Medea 
hier componirte, in allen sicilianiseben Zeitschriften der 
unsterbliche genannt. Beide Opern wechselten hierauf mit 
Letzterer ab, weil die Medea der Tbeatercasse weit gün- 
stiger war. In ßicci's (Fed.) Prigioni di Edimburgo, de- 
ren Musik wenig gefiel, und worin die Gabussi, die Au* 
stin, Tenor Mei und Bassist Torre sangen, tfaat sich die 
Gabussi weit besser hervor, und erschien darauf im hel- 



len Lichte in Bossini's Barbiere. Ganz zu Ende gab man 
noch die süsslich weinerlich langweilige Beatrice di Tenda 
von Bellini und beklatschte meist die Bortolotti. 

Es soll eine neue Impresa dieses königlichen Thea- 
ters, mit weit vorteilhafteren Bedingungen, gebildet wer- 
den. Die Regierung giebt eine jährliche Beisteuer von 
17,000 Ducati (ein Ducalo ist etwas mehr als ly 2 Augs- 
burger Gulden), die Pachtung dauert sechs Jahre vom 
weissen Sonntag (domenica in albis) an; der Impresario 
muss alle Theaterlasten auf sich nehmen, bis zum 20. 
September Opere buffe, vom 1. October bis zur Passions- 
woche Opere serie geben (wobei ihm die jedesmal zu 
haltende Gesellschaft genau speeificirt ist); von ersteren 
müssen wenigstens drei, von letzteren wenigstens vier wö- 
chentlich, jedes Jahr überdies acht Opern (drei alte, vier 
für Palermo neue , und eine eigens von einem Maestro 
siciliano componirte) gegeben werden, das Orchester mit 
guten Professori besetzt sein u. s. w. 

Messina. Mehrere Zeitschriften mögen vom Gange 
der hiesigen Oper Fröhliches berichten, so viel sie wol- 
len: es sah diesen Carneval gar nicht so fröhlich aus. 
Die Armenia, eine Sängerin zweiten Ranges, der ganz 
fertige Tenor Genero, der nicht berühmte Bassist Sca- 
pin u. s. w., was hilft da aller Wetteifer? Die Sache wird 
sehr oft dadurch nur ärger. Man denke sich z. B. nnr 
einen Wetteifer des heute unter den Sängern so allge- 
meinen Distonirens, wo Einer um einen Vierteltön zn 
tief> der Andere um einen Viertelton zu hoch singt oder 
schreit (wie das unlängst auf der Scala zu Mailand zwi- 
schen Marini und Ferri im famosen Duett der Pnritani 
der Fall war) ! Dass es unsern Virtuosi in Pacini's Fidan- 
zata Corsa, in Donizetti's Maria Padilla und Linda di Cha- 
mouniz dann und wann nicht an Beifall fehlte, ist Alles, 
was hierüber zu sagen ist. 

Catania. Dieser Geburtsort Bellmi's und Pacini's fand 
an Donizetti's Linda di Chamounix keinen Geschmack, 
applaudirte jedoch die Parepa in der Titelrolle mehr, als 
den Tenor Nerozzi , die Altistin Cappelli und die Bassi- 
sten Cappelli, Tozzoli und Donadio. Während eine an- 
dere Gesellschaft Mercadante's Giuramento , worin man 
hlos im dritten Act den köstlichen Canto italiano, sonst 
aber lauter harmonisches Zeug zu hören glaubte, über 
die Breter geben liess, machte die Parepa darauf in der 
Norma des beweiuten Landsmannes Furore; Alles war 
wonnetrunken, sogar im Finale des zweiten Actes, wo 
die singende Prima Donna zugleich weinte. Damit aber 
das Publicum nicht selbst weinen möge» wechselte man 
die Norma zuweilen mit Fioravaoli's Bitorno di Puleineila 
ah (hier in Süditalien im Original), worin die Rondini, 
die Herren Tarrioli, Tajo, Donadio, Letzterer besonders 
in der Maskenrolle, sämmtliche Zuhörer nur zum Theil 
belustigten, weil man in diese Opera buffa Serj- Stücke 
von Bitter Dourzetti einlegte. Dass aber dessen Maria di 
Badens so gefeiten konnte, das gehört zu den sieilianisch- 
umsikaliscben Mirakeln. 

Caltagirtme. Eine auf die Neige gehende Prima Donna 
Namens Pogelti, eine Comprimaria Griffo, ein Tenor Var- 
rial und ein Bassist Varvaro gaben, für dies Theater ziem- 
lich gut, Donizetti's Lucia di Lammermoor, Kossini's Bar- 
biere di Siviglia und Raimondi's Ventagiio. 



359 



1844. Mai. No. 20. 



540 



Reggio (Calabrien). Herrn Nicolai's TempUrio ging 
so so; das Ehepaar De Baillou waren die Begünsligtesten. 

Catanxaro. In Donizetti's Figlia del Reggimento und 
Mercadante's Gabriella di Vergy trugen die Prima Donna 
Adelaide Qualtracchi und der Bassist Luigi de Vita den 
Sieg davon. 

Foggia. Die Servoli erhielt wohl Beifall in Donizet- 
ti's Maria di Rudenz, weil sie schön von Person ist und 
.eine schöne Stimme hat» aber weder ihr Gesang, noch 
ihre Action verdienen das Beiwort: vortrefflich. Pacini's 
Saffo mit der Sedelmayer und der Campobello (einer Po- 
lin) ging weit besser, desto schlechter Donizetti's Figlia 
del Reggimento, und desto besser nachher seine Lucia. 

Teramo. Die Rosioa Biaocbini aus Jesi, die Altistin 
Teodolinda Broglio aus Macerata und Bassist Savino Galli 
aus Osimo (säinmtlicb Nachbarstädte im Kirchenstaat) ha- 
ben sich hier in der Lucia di Lammermoor und in der 
Saffo Ehre gemacht. j 

ChieÜ in den Abruzzen , zur Römerzeit Teate Ar- 
rucinorum, bereitet für nächsten Frühling die pompöseste ! 
Stagione , welche diese kleine Stadt je gesehen und ge- j 
habt: Sänger und Orchester sollen circa 150 Individuen 
betragen. Der Bassist Giovanni Lauri hat zwei Sänger- 
gesellschaften , eine seria und eine buffa, eogagirt. Zu 
ersterer gehören die Prime Donne Tramontani , Paoza- 
rani, die Tenore Nucelli und Stöger, die Bassisten Bat- 
taglini und Arduino; zur zweiten: die Carletti, Tenor 
Damiani, Buffo Donadio und Bassist Carini. Gegeben wer- 
den vier Opere serie : Ines di Castro von Persiani, Ade- 
lia und Maria di Rudenz von Donizetti, Fidanzata Corsa 
von Pacini (unter uns gesagt, eine langweiliger, als die 
andere, die erste am Allermeisten); vier Opere buffe: 
Le due gemelle, Cenerentola, La Casadi treartisti, Don 
Pasquale; überdies am Feste des Schutzbeiligen S. Giu- 
stino, Rossini's Meisterstück, dessen Stabat mater, das 
nach der so eben (7. März) von einer einheimischen Zeit- 
schrift gemachten Aeusserung „die ganze Welt entzückt 
und gerührt hat" (nur Deutschland nicht). 

Neapel (königl. Theater S. Carlo und Fondo). Wie- 
derholte ältere Opern: (am Meisten) Fidanzata Corsa, 
Lucia di Lammermoor, Beatrice di Tenda, Puritani, Giu- 
ramento, Osteria di Andujar; (am Mindesten) Norraa, 
Linda di Chamounuc, Ventaglio, Anna la Prie, Elisir, 
1000 talleri, Dopo mezza notte, Maria Padilla: wohlver- 
standen, fast nie ganz allein, sondern allermeist zwei oder 
drei Acte, auch Acte und mehrere einzelne Stücke aus 
verschiedenen Opern, also eigentliche Pasteten; letztere 
besonders beim sogenannten Appalto sospeso, bei welcher 
Gelegenheit die gegebenen Harlekinaden bis nach y 2 1 Uhr 
dauerten ; vor 12 Uhr gehen bereits mehrere Theaterlam- 

Een aus, das Publicum lacht, gähnt, brummt und pfeift. 
>ie Sänger kennen die Leser längst. Unter den Damen 
ist die Goldberg aus Wien die Beste, die Gruiz, die Al- 
tistin Taglioni so so, die Bishop..,.. , der einst sehr gute 
Tenor Basadonna auf der Neige, Tenor Fraschini = 
iranseat, Bassist Coletti (Filippo) vortrefflich; die Gold- 
berg und Coletti ausgenommen, ist Alles zusammen, Oper 
und Sänger, in einem beklagenswerthen Zustand auf die* 
sen königlichen Theatern, so wie es bei allem hier und 
da anscheinenden Glänze in ganz Italien der Fall ist. Die 



heutige mit ihren Grauein entstandene Opera terribile 
(nicht mehr seria) ist in jeder Hinsicht schrecklich; das 
Buch an und für sieb, der grosse Aufwand von Voeal- 
und Instromentalmassen in den höchsten Lagen, das ba- 
bylonische Gewirr von Harmonie und Dissonanzen, das 
für höhere Musik ganz ausgeartete musikalische Gehör, 
der Ruin vieler Sänger und lustrumentalisten .... So manche 
Opera seria ist, im Vergleiche mit dieser Opera terribile, 
so zu sagen eine buffa geworden, und, beim wahren 
Liebte betrachte!, mit sehr wenigen Ausnahmen, ist alle 
heutige italienische Opernmusik — salva venia — eine 
coquetle, perfide, graziöse Fäulniss. Meinem thenren Va- 
lerlande, wo sie jetzt weil mehr, als sonst, grassirt, 
steht noch so mauche Freude bevor. Der wieder aufge- 
tauchte Pacini wird wahrscheinlich Berlin nächsten Herbst 
mit seiner Gegenwart beglücken. Und Verdi 1 ja, dieser, 
ausser Wien, in der Teutonia ganz unbekannte Maestro 
überragt jetzt die sich bereits überlebt habenden Rossini, 
Bellini und Pacini, ja den Maestro Partout Donizetti. Und 
wenn letzthin in der Mailänder musikal. Zeitung No. 11, 
vom 17. März, in einem Artikel über Meyerbeer der 
Satz aufgestellt wird: Mozart sei der grösste Tonsetzer 
gewesen , den je die Welt gehabt (der Artikel ist von 
einem mir ganz «ubekannten Deutschen), und gleich un- 
ten Jemand in einer Note sagt, er halle vielmehr Rossini . 
dafür (worüber Letzterer gewiss lachen wird), so wer- 
den gar Viele jetzt behaupten : nein, Verdi ist es. Son- 
derbar, selbst jene Italiener, die mit manchen ihrer Mit- 
menschen jenseits der Alpen behaupten : Haydn und Mo- 
zart seien nach Beethoven nicht mehr zum Anhören, sind 
bei dem Worte „Verdi" voll Respect. Also Deutschland, 
Aufmerksamkeit und Geduld! (S. übrigens Venedig.) 

In einem veröffentlichten, aus Paris 5. November 
1843 datirten Brief von Donizetti an Mercadante em- 
pfiehlt er ihm mit der grössten Wärme die Partitur sei- 
ner auf S. Carlo zu gebenden Caterina Cernaro. Unter 
Anderm sagt er: „Nimm darin vor Alles das, was Du 
im ganzen Sinne des Wortes für nützlich hältst; ver- 
längere, verkleinere, übertrage (trasporta), instrumen- 
tire, betrachte es als Deine eigene Sache u. s. w." 
Diese am 18. Januar zum ersten Male gegebene Oper ist 
indessen verunglückt. Wie war es auch anders möglieh? 
Seit vorigem Frühjahre bat Donizetti seine Maria <£ Ro- 
han für Wien, darauf seinen Don Sebastiano für Paris, 
wo er zugleich sehr Vieles in der eben benannten Ma- 
ria di Rohan für's italienische Theater umarbeitete, die 
Caterina Cornaro componirt, und Ende October auch be- 
reits beendigt; das heisst die Sache freilich zu weit trei- 
ben. Die Neapolitaner Journale haben ihn zwar streng 
Bstadelt, Einige schrieben sogar den Fall der Oper dem 
mstande zu, dass sie im Norden componirt worden ist, 
worauf sich Donizetti abermals in einem , an einen ge- 
wissen Gbezzi aus Wien 31. Januar 1844 datirten, in 
mehreren einheimischen Blättern veröffentlichten Sehrei- 
ben verantwortet, worin es unter Anderm heisst: „Von 
Andern machen lassen? .... hatte ich vielleicht keine Zeit? 
schreibe ich nicht mit Leichtigkeit? — Reminiscenzen ! 
Und wer bat keine? Gestohlen! wer stiehlt nicht? Ich 
wiederhole es, ich habe den Fiasco verdient, aber die 
Duetten, das Quartett u. s. w." — Eine andere nette 



541 



1844. Mai. No. 20. 



542 



and zweite Oper des Herrn Battista: Margarita $Ar~ 
ragona betitelt, beweist» dass dieser Maestro etwas Tor- 
warts geht, wohlverstanden relativ im heutigen Zustande 
der Oper. Die Goldberg (Titelrolle) und Coletti waren die 
Begünstigtesten. Eine dritte für Fondo componirte nene 
Oper Fenicia, von dem neuen Maestro Francesco Chia- 
ramontij machte einen solchen schrecklichen Vocal- und 
Instrumentallärm, dass man namentlich in der Streite des 
Finals auf seine Ohren bedacht sein musste; auf dem 
grossen Theater San Carlo war dieser schreckliche Lärm 
etwas minder vernehmbar. Im März gab man, mit sehr 
geringem Erfolge, die hier neue Oper Ettore Fiera- 
mosca, ursprünglich vom Maestro Mariano Manzocchi für 
Spanien componirt. 

(Teatro Nuovo.) Sonderbar wurden hier die Opern 
weit weniger zerrissen gegeben , v als auf S. Carlo und 
Fondo. Von den altern waren es : (am Meisten) Luisetta, 
Linda di Cbamounix, Scomessa, Notaro d'Ubeda; (am 
Mindesten) Sordello, Giuramento, Barbiere, Figglia delReg- 

Simento, Ventaglio, Campanello, Marito desperato u. A. 
Horavantfs neue Oper: / Zingari, machte ziemliches 
Glück. Fioravanti ist hier auch der einzige, der für Pul- 
cinella schreiben kann, welche Maske im Carneval, be- 
sonders auf diesem Theater, unentbehrlich ist. Sie bat 
einige hübsche Stücke; die sogenannten Parlanti sind in- 
teressant. Die Sänger dieses Theaters : die Rebussini, Vil- 
mot, Favante, die Herren Labocetta, Zoboli, Casaccia, 
Fioravanti, Coletti (Domenico), sind aus den vorigen Be- 
richten bekannt. Von der Favante (s. den vorigen Quar- 
talbericht unter dieser Rubrik) ist noch zu bemerken, 
dass sie eine Engländerin Miss Edwards ist, und künfti- 
gen Frühling wahrscheinlich in London singen wird. 

(Teatro Fenice.) Hier werden gewöhnlich die Opern 
von den königlichen Theatern und vom Teatro Nuovo 
von meist sogenannten Sängern nachgehudelt 

Hiesige Blätter bezeigen ihr Bedauern, dass Fanny 
Goldberg, die angeblich in den Ehestand tritt, der Scene 
ihr Lebewohl sagt. Sie ist, eben so wie die berühmte 
Unger, eine Wienerin, debülirte in Italien auf der Mai- 
länder Scala im Jahr 1838, worauf sie in Florenz, Tu- 
rin, Padua, Triest, Verona, Venedig, endlich hier als 
achtbare Sängerin mit Beifall sang. Sie hat von dem be- 
rühmten Sopranisten Velluti goldene Lehren erhalten. 

Die Bishop, deren Contract am 19. Februar endigte, 
wurde vom 20. Mai an auf andere 9 Monate für die kö- 
niglichen Theater gewonnen. Einstweilen giebt sie Con- 
certe, und ihr erstes, in Gesellschaft des Harfenisten 
Bochsa, hatte am 6. März auf dem Teatro Fondo Statt, 
wo sie im Costüm verschiedene Scenen vortrug. 

Herr Pietro Casella, der viele Jahre am hiesigen 
Conservatorium als Lehrer des Pianoforte und Accompag- 
nements angestellt war, auch einige Opern zu Neapel, 
Florenz, Rom nnd Mailand, überdies viele Kirchenmusik 
componirt bat, ist vorigen 12. December in sehr hohem 
Alter gestorben. 

Das hiesige Journal Lucifero, welches seit Anfang 
d. J. viele „Cesare Malpica" unterzeichnete musikalische 
Artikel seinen Lesern auftischt, erzählt unter andern pos- 
sirlichen Dingen (wörtlich): „Jos. Haydn und Mozart, 
ja Haydn, Verfasser der Schöpfung und der Sieben 



Worte, der unnachahmliche Instrumentalcomponist, Mo- 
zart, Verfasser der Nozze di Figaro und des Requiems, 
der Coloss der Kirchenmusik und der Oper, sind aus un- 
serer Schule hervorgegangen : Erslerer als unseres Por- 
pora Schüler, der zweite ein Zögling des Conservatorio 
della Pietä. " (!!!) Weiter wird gesagt: „Beethoven, 
Haydris Schüler, folglich aus der Neapolitaner Schule 
hervorgegangen, liess, als er sein Te Deum aufführte, Ka- 
nonen lösen/* (!) Als von Rossini gesprochen worden ist, 
den Neapel, weil er da einige Opern componirt, wenig- 
stens seinen Sohn nennen kann, heisst es auf einmal 
in einer eigenen § : „Hier wollen wir eine Betrachtung 
anstellen. Hat Rossini eine Revolution in der Musik her- 
vorgebracht? gewiss, die Urheber davon waren Haydn 
und Mozart, Zöglinge von Neapolitaner Meistern. Mo- 
zart, minder methodisch, als Haydn, hatte eine Phanta- 
sie voll reicher Bilder, und immer eine heisse ; man sieht 
in ihr die Flamme der Neapolitaner Sonne (sie)." Hier- 
auf wird noch Vieles von diesem grossen Genie, von die- 
ser Neapolitaner Pflanze (pianta uscita dal nostro vi- 
vajo) gesprochen. „Beethoven," heisst es weiter, „bil- 
dete das Triumvirat. Ein Schüler Haydn s (also aus der 
Neapolitaner Schule), ring er gleichen Schrittes mit sei- 
nem Lehrer und mit Mozart; vielleicht übertraf er sie 
an kühnen Combinationen und minderer Abhängigkeit von 
den strengen Regeln. " (NB. In der folgenden Nummer 
sagt derselbe Verfasser bei Gelegenheit einer unlängst 
im hiesigen Conservatorium gegebenen musikalischen Aca- 
demie, wo unter Anderm auch Beethoven 9 s D- Symphonie 
vorgetragen wurde: „Beim ersten Tempo, in der ersten 
Hälfte der Academie, glaubte man, ein Tauber habe es 
gemacht, wie es Beethoven auch war; aber die nachfol- 
genden Andante, Menuett und Finale haben sein Genie nnd 
seinen Geschmack beurkundet/') „Der grosse Pesareser 
schmolz diese drei Genie's (man höre !), die aus jenen der 
Neapolitanischen Meister entstanden sind, in das seinige 
zusammen, und fügte seine eigenen Eingebungen hinzu. 
Demnach" (acbliesst der Artikel) „wohin Du Dich auch 
wendest, findest Du die Suprematie der Neapolitaner 
Schule." (Espero, No. 50, 5. 6. 7, vom 17. Januar, 5., 
13. und 20. März d. J.) 

(Fortsetsong folgt«) 



Feuilleton. 



Halevy's neueste Oper: „Der Laszarone/' seheint in Paris kein 
besonderes Glück gemacht zu haben. 

Statt der deutschen Oper wird Paris im bevorstehenden Som- 
mer eine spanische Oper haben, wovon van sich bereits Wunder- 
dinge erzählt. Die reizendsten Andalnsierinnen sollen in ihrer 
reichen nnd malerischen Nationaltracht singen ; die Vorstellungen 
finden im Saale der italienischen Oper Statt nnd sollten Anfang 
Hai's beginnen. 

Molique hat in Petersburg Fnrore gemacht; in einem Con- 
eerte wnrde er nenn Male gerufen. Unter andern hatte er zum 
Besten des dortigen Krankenhauses für arme Kinder ein Concert 
gegeben und erhielt zum Danke dafür einen prachtvollen silbernen, 
vergoldeten Pocal mit Ar Inschrift : L'hSvital des ertfbns-pauvres 
au talent bienfaisant de Mr. Bernard Molique, le 2?. Fiwrier 
l&tt, Petersburg. 



343 



1844. Mai. No. 20. 



344 



In der Protomothek des Capitol« zu Rom, der römischen Wal- 
halla, vermiest man noch das Harmorb ildniss des Principe de IIa 
musiea, Palestrina; jetzt soll ihm nun ein Platz daselbst neben 
Marcello, Corelii, Paitiello «od Cimmrosa werden. Der nm die 
Kirchenmusik vielfach verdiente Abbate Den Fortunato Lantini 
hat bereits sein Portrait durch eine academischo Feier vor zahl- 
reichen Theilnehmern ioaagnrirt; der Bildhauer Galli wird es in 
Marmor ausfahren. — Nech vor diesem Acte hatte der König von 



Preuseen Poles Irina' s Baste dort bestallt. (Vargl. dea vorige* Jahr- 
gang dieser Blätter, Seite 938.) 

Die österreichische Hofopera saogerin Fräol. Jenny Lutzer zu 
Wien hat sich mit dem Schriftsteller Hofrath Dingelstädt vermählt 

Nach dem Heidelberger Jon mal wird das Musikfest, welches 
für diese* Jahr prejeotirt war, wegen des sehr geringen Erfolgs 
der daza veranstalteten Subsoription nicht Statt finden. 



Ankündigungen. 



Se> eben versende ich unter Anden als Neuigkeit: 

Hetzer, Joseph, Ouvertüre nur Oper : Maru 9 für Piano- 
forte allein. 10 Ggr. 

Dieselbe Cur Pianoforte zn vier Händen. 18 Ggr. 

— — Spanischer National - Tanz und Ballet für Pianoforte ans der- 
selben Oper. 8 Ggr. # . 

Hochzeits-Marsch für Pianoforte allein aus den. Oper* 4 Ggr. 

Derselbe für Pianoforte au vier Händen, 6 Ggr. 

Braunschweig, den 8. Mai 1844. 

Johann Peter Spehr. 

Bei nns ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen 
zu haben : 

Sioherer Schlüssel 

zur Kun st der 

Cla vier - Virtuosität, 

oder 

die gesammle Technik, d. h. Lehre von der Finger- 

setxung und dem Fingermechanismus beim Clavier- 

spiete überhaupt 

auf 

ihre ersten, überall ausreichenden und sicher leitenden 

Grundsätze zurückgeführt. 

Ein unentbehrliches Hand-, Lehr- und Hülfsbuch für mlle Cla- 

vierspicler, Lehrer und Lernende des Ciavierspiels 

von 

«J. Schilling. 

Kl. 4. 1 Thlr. 6 Ggr. oder 2 Fl. 

Stattgart. Hallberaver'sehe VerUgshandlug. 



Am i. Juni d. J. erscheint in meinem Verlage mit Eigen- 
ihumsrecht ♦ 

Hetzer 9 Joseph, JSKara* Romantische Oper in drei Acten 
von Otto Preehder; im vollst. Clar. -Auszüge vom Componisten. 
Braunschweig, den 8. Mai 1844. 

Johann Peter Spehr. 



Nene werthvolle Musikalien, 

welche in der Sehlesinf er'schen Buch • und Musikhandlung 
in Berlin erschienen und durch alle solide Musikalienhandlangen 
xu beziehen sind : 
Kree, Holländischer Lieblingsgesang : Adolph an Marien s Grabe, 



ree 9 HolltooUscnerJUeblingsgesang: 4 
alt deutschem und holländischem Text. 



Thlr. 



Gumbert, Walser-Impromptu mit Gesang f. Orchester 47} Sgr., 

f. Piano * Sgr. Ob ich dich liebet (Ah! si je t'aime?), dito 

mit Guitarrc ä 8 Sgr. 
Handel, 4" Conccrto p. Piano ou Orgue avec Acc. de TOrche- 

stre, redig. par Mortier de Fontaine. 1J Thlr. 
Hunten, Prnne v 4 Rondinos p. Piano. Op. 21. 18* Sgr. 

Fantoisie sur la Donna del Lago. Op. 24. i Thlr. Theme „An 

Alexis/« Op. 26. \ Thlr. 
Klaffe, Die Tonleitern der Dur- u. Moll-Tonarten mit Accorden 

u. Schluss-Cadenzen f. Pfte. 2. verb. Aufl. i Thlr. 
Klillalt, Transcriptions p. Piano. Op. 6. No. 12. Egmonl de 

Beethoven. | Thlr. Air d. 1. Favorite p. Piano ä 4 ms. i Thlr. 
Iitozt j F. , Buch der Lieder f. eine Singst, m. Piano. Bd. II. 

enth. 6 lyrische Gedichte mit deutsch, u. franz. Text. 2 Thlr. 
~ " ' ~ ~ Thlr. 



Choix de 3 Romanees favor. (mit französ. u. deutsch. Tezt) par 
MUe. Lia Duport. No. 326 - 328. La male (Das Maulthier).— 
La Fee (Die Fee) par Duport. — La Samaritoine (Die Samari- 
tern»), h ö Ser. 

Hanmeke 9 4 Rondos faeiles p. Piano. Op. 18. No. 1. Marche 
de Marie (Die Tochter des Aegim.) de Donizetti. No. 2. Air de 
Niobe de Paciai. No. 3. Corte« de Snantini. No. 4. Teufels 
Autheil. * i — i Thlr. ▼ 

JFalsiSlt , Lieder u. Balladen f. eine Singstimme. Op. 1. j Thlr. 



Piano et Violom 



— : — Bulhakow*s russischer Galopp für Piano. 
IjOlllej, Les Plaisirs de la Valse de Strausa p. 

concertante. Op 30. Liv. III. | Thlr. 

Mendelssohn Bartholdy, Trois Allegros p. Pleno. No. 
1. tires du Quatuor, I et II, par F. de Tengnagel. ä i Thlr. 

Sfosehelea, FetU, Kullahi, Praeiischer Theil der Me- 
thode des Pianofortespiels. Lief. 4, 8, 6, zum Gebrauch beim 
Unterricht Ihrer königl. Hob. der Prinzessinnen Louise n. Anna 
v. Prenssen. Subscr.-Pr. ä §- Thlr. (Ladenpr. a 1 Thlr.) 

Plaget, Nouvel Album de chant p. 1844. — 12 neue in den 
Pariser Soireen beliebte Romanzen mit Piano 1| Thlr., einzeln 
erschienen ä | — | Thlr. 

Russisches LiehUngsUed „Komm, o Freund c * f. eine Singstimme u. 
Piano, mit russ. u. deutschem Text, i Thlr. 

Sehaehner, La tempc'te. Etüde pour Piano. Op. 1. £ Thlr. 

Wollt*, Ed., 8 nouv. Polkas favor. p. Piano. 2 Liv. * ± Thlr. 

Weber, C.M.V«, Ouvertüre zum Freischütz in Partitur liThlr. 
Früher erschienen die Ouvertüren zu Oberon und Jubel -Ouver- 
türe ia Partitur, für Orchester, für 2 Pianos zu 8 Händen. 

Nächstens erscheint mit Eigentumsrecht: 
Eitszt'S ungarischer Sturmmarsch für das Orchester in Stimmen. 

— Heroischer Marsch in ungarischem Style für Piano. 
Ddhler, Th«, Grande Fantoisie de Concert aar U Favorito, 

Opera de Donizetti, pour Piano et a 4 mains. 



Es wird sum Verkauf angetragen: Musikalisehe Zeitungen, 
Jahrgänge von 1798 bis 1820, dito von 1824 bis 18*4. Die 
Jahrgänge eingebunden und im guten Zustande. Zn haben bei 
Friedrich Jahn in St. Gallen in der Schweiz. 



Avertlssement» 

Um etwaige Missverstündnisse zu verhüten, benachrichtige ich 
meine geehrten Herren Geschäftsfreunde , da» ich nicht meinen 
Verlag insgesammt, sondern nur einen Theil .und namentlich den 
altern, meistens aus Concurrcnz - Artikeln bestehenden Theil des- 
selben, an Herrn Chr. Bachmann in Hannover, verkauft 
habe. Der vollständige Gatalog meines neuern und neuesten Ver- 
lags , welcher nun, mit Ausnahme einiger wenigen Artikel, aus- 
schliesslich aus Original- Werken besteht, wird in diesen Tagen 
versendet. 

Braunschweig, den 8. Mai 1844. 

Johann Peter »pehr« 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



34S 



346 



A L L G EM EINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 

Den 22" en Mai. 



M »1. 



1844. 



Inhal« t Bnensimen. — Nachrichten: Aas Prag. Carneval- und Faatenopero n. «. w. io IUlieo. (Fortsetzuag. ) — Feuilleton. — 



R 



ECEN8IONEN. 



Fünf Gesänge von Otto Prechtler und von Goethe : Lie- 
besgruss; Nächtliche Wallfahrt; Aus der Ferne; Abend- 
kühle; leb wollte in die Ferne gehen, für eine Sing« 
stimme und Piano(forte) , componirt von /. Hoven. 
Op. 30. Berlin, bei Schlesinger. Preis 20 Sgr. 
Der Verfasser dieser Lieder, welche durchgehend« 
eine gewandte, geschmackvoll durchgebildete Feder ver- 
ratben, bat sich von der breiten, von Hunderten ausge- 
tretenen Strasse trivialer Mittelmässigkeit in anerken- 
nungswerther Weise fem zu halten gewusst, und wir ha- 
ben wiederholt diese Composilionen mit Interesse und 
Wohlgefallen gehört. Keine einzige derselben dürfte Die- 
jenigen, welche mit dieser schätzbaren Sammlung sich 
näher vertraut machen, unbefriedigt lassen. Ganz vor- 
züglichen und allgemeinen Beifall glauben wir indess dem 
Gesauge No. 3 „Aus der Ferne" versprechen zu dür- 
fen, welcher den trefflichsten sich anreiht, die uns neuer- 
dings bekannt geworden. Die Ausstattung ist löblich. 



Drei komische Lieder : 1) Die drei Schneider, von Her- 
losssohn, 2) Es bleibt beim Alten, von Geisheim, 3) 
Noah's Testament, von Grünig (mit Chor ad libitum) 
Mr Bariton oder Bass und Piano(forte), componirt von 
C. C- Reissiger. Op. 172 b . Leipzig, bei Klemm; 
No. 1. 7% Ngr. No. 2. 5 N$r. No. 3. 5 Ngr. 
Diesen anspruchslosen Liedern, auf heitere Unterhal- 
tung in geselligen Kreisen berechnet, dürfen wir bei Lieb- 
habern eines gemütblichen Scherzes Beifall versprechen, 
welchen sich vorzüglich ,, Noah's Testament" erwerben 
möchte. Dass sie in abgerundeter Form hervortreten, 
braucht bei diesem so verdienstvollen Componisten wohl 
kaum besonders bemerkt zu werden. — 



Zwei Lieder: 1) „In den Augen liegt das Herz" lind 
2) „Ob ich dich liebe" für eine Sing&timme mit Be- 
gleitung des Pianoforte von A. Neithardl. Op. 129. 
Berlin, bei Bote und Bock. Preis *2y 2 Sgr. 
Diese Lieder sind in der gewohnten leichten, gelal- 
lig ansprechenden Weise des Verfassers geschrieben und 
werden den Freunden seiner Mose willkommen sein. 



Das Mädchen am Grabe. Die weisse Rose. Die gebrochene 

Blume. Drei Lieder in Musik gesetzt mit Begleitung 

des Pianoforte vbn Carl Moser. Op. 14. Berlin, bei 

Paez. Preis 15 Sgr. 

Um unseren verehrten Lesern zu zeigen, was sie 

von diesen Liedern zu erwarten haben , setzen wir den 

Anfang des zweiten her: 




r r i 

und versichern, dass die* übrigen fast eben so originell 
nnd geistreich gehalten sind. — 



Zwölf Gedichte von Fr* Rackert, für eine Singstimme 
mit Pianoforte and obligatem (Violon) Cello (auch mit 
Pianofortebegleitung allem), in Musik gesetzt von Leo- 
pold Lenz, königl. bater'schem Hofsänger und Regis- 
seur des königl. Hoflheaters. Op. 36. I. Abtheilung. 
No. 1 — 6 für Sopran oder Tenor, 1 Thlr. 22 Ggr. 
II. Abtbeilung. No. 7 — 12 für Alt oder Bariton, 
1 Thlr. 22 Ggr. München, bei Falter und Sohn. 
Diese Gesänge mögen sich mit discreter Violoncello- 
begleitung nicht übel anhören lassen; denn obwohl sie 
sich nicht durch originelle Kraft, Frische und concise Ab- 
findung der melodischen Erfindung auszeichnen (die Füh- 
rung der Cantilene hat fast in allen etwas Breites, Va- 
ges und Schwefelndes), so liegen sie doch gut in der 
Stimme und stellen de* Erfahrung des Verfassers als Sün- 
ger ein rühmliches Zengniss ans. Verstösse gegen die 
Deklamation, wie: 



:ew. 



46. Jahrgang. 



Der Lieb -s{ern Ken ist auf- ge - wacht 
(s. Abth. 1, S. 14) haben wir sonst nur wenige gefun- 
den. — Hat der Verfasser die schwierige Aufgabe, welche 
der Componilt Bäekerf scher Lieder fast immer zu löse* 
bat, nicht überall glifeklitb gelöst, so katm man deshalb 

21 



547 



1844. Mal. No. 21. 



348 



nur in so fern mit ihm rechten, als er sieh tu eine« 
Dichter gewagt, von dessen so zahlreichen, ja fast zahl- 
losen Gedichten verhiltnissmissig nur. wenige sich wahr- 
haft componibel zeigen, während oft gerade die herrlich- 
sten und wertvollsten äusserst schwer in die Tonsprache 
zn übersetzen sind und selbst den talentvollsten Compo- 
nisten, der sich an sie heranwagt, nur selten einen völ- 
lig genügenden Erfolg gewinnen lassen. Ausstattung gut 



Romances: I) „Je l'aime encore" et II) „La harpe bri- 
see, de M. Bergson. Berlin, cbez Traut wein« No. I. 
7y 2 Sgr. No. II. 5 Sgr. 
Diese französischen, mit untergelegtem deutschen 
Texte versehenen Lieder sind ganz in der beliebten, pi- 
quanten Manier der neuesten französischen Modeeompo» 
nislen geschrieben und dürften bei Freunden derselben 
sich Beifall erwerben. Namentlich ist No. 1 eine anspre- 
chende Composilion in diesem Genre. Beim Vortrage bei- 
der würden wir den französischen dem deutschen Texte 
vorziehen. Die Ausstattung ist sauber. 



Sechs Gedichte von Uhland, Mosen, Brentano u. s. w. 
für eine tiefe Stimme mit Begleitung des Pianoforte, 
componirt von Otto Tiehsen. Op. 22. Berlin, bei 
Bote und Bock. Preis % Thlr. 
Die meisten dieser, grösstenteils ernsten Lieder müs- 
sen wir, wenn auch nicht ausgezeichnet, doch wohlge- 
lungen nennen. No. 2. „Ström 9 sanft, süsser Afton" (ge- 
dichtet von Borns) ist zart und ansprechend und dabei 
nicht ohne Schwung gehalten. So auch No. 3. „Der On- 

S nannten' € von Dbland. No. 1 etwas steif nnd scbwer- 
llig, und No. 6 „Der Spinnerin Nacbtlied" und „Nacht- 
reise" athmen herben Trennungs- und Sehnsuchtsscbmerz. 
In No. 4. „Andreas Hofer's Tod" von Mosen, ist der 
Text vom Componisten wohlgetroffen. Bei No. 5 „Der 
23. Psalm 44 will uns die fortlaufende Seohzehntheil- 
figur nicht zweckmässig erscheinen. Wir hätten an 
4e8 Verfassers Stelle lieber die Begleitung im gebunde- 
nen Style gehalten.. Offenbar giebt die gewählte Beglei- 
tungsfigur der Compositum einen Anstrich von Unruhe, 
der dem Texte fremd ist. Ausstattung gut. Dr. R. 



Nachrichten. 

Prag. In unserer Oper haben die letzten zwei Mo- 
nate statt einer Neuigkeit nur einige Unpäßlichkeiten 
aämmtlicher Mitglieder gebracht, und die Vorstellung der 
„Lucrezia Borgia," womit man den ersten Theaterbesuch 
des Erzherzogs Carl mit seiner Tochter der Erzherzogin 
Marie Caroline (welche hier als Aebtissin des Theresia- 
Fischen Damenstiftes installirt wurde) feierte, sehien die 
Zuhörer mehr in ein Krankenhaus, als in eine Runstan- 
jtalt zu versetzen. Nur der „Blitz" wurde neu in die 
Scene gesetzt und vor einem sehr vollen Hause freund- 
lichst aufgenommen. Dem. Grosser (Henriette) excellirte, 
wie immer* Herr Demmer carikirte seinen Englinder, 



wie immer. Mad. Podhorsky war trefflich bei Stimme 
und sang die reich colorirle Partie der Mad. Darbel mit 
frappanter Virtuosität, Herr Damke gab den Lionel zum 
ersten Male nnd war im Gesänge recht lobenswertb, lei- 
der aber reicht sein Gefühl, wie sein Antheil an der Si- 
tuation nie über die Noten hinaus, weshalb er stets in 
der Recitativoper im vorteilhafteren Lichte erscheinen 
wird, nnd besonders ist er mit der Prosa — deren Stu- 
dium ihm gar nicht genug empfohlen werden kann — 
noch immer bedeutend brouillirt, verspricht sich sehr oft, 
und wird mitunter unverständlich. In dem berühmten 
Duett, der Hauptnummer des Ganzen, erreichte er seinen 
Vorgänger nicht, dessen wenige schöne Töne hier gerade 
Effect machten, und wurde von Dem. Grosser sehr ver- 
dunkelt 

„Die Montecchi und die Capuletti" wurden zum 
Vortheile der Dem. Therese Schwarz zum. fünfzigsten 
Male gegeben, welche darin den Romeo zum ersten Male 
sang, und wenn wir offen gestehen, dass diese Leistung 
einen minder glänzenden Erfolg hatte, als ihr Orsini in 
der „Lucrezia Borgia," so ist dabei doch nicht zu leug- 
nen, dass diese zweite Rolle als ein bedeutender Fort- 
schritt in dem Runstieben der liebenswürdigen nnd ta- 
lentvollen Sängerin anzusehen ist. Maffio Orsini ist eine 
Altpartie, aus wenigen Nummern bestehend, zu deren 
genügender Darstellung nur eine hübsche Stimme, ein ge- 
bildeter Gesang und eine angenehme Persönlichkeit gehören ; 
überdies hatten wir diese Partie früher nur von einer 
Rünstlerin gebort, deren äussere und innere Individuali- 
tät nicht dafür passt. Dem. Schwarz besitzt alle genann- 
ten Mittel im hohen Grade, und überraschte noch dazu 
durch das schöne Talent, das sie im Spiele zeigte ; es ist 
also leicht zu begreifen, dass sie darin — zumal als er- 
stem Versuch — Furore machen musste. Romeo ist eine 
umfangreiche Mezzo- Sopran -Partie, und wer nur einige 
musikalische Renntniss und Erfahrung hat, weiss, wie 
gefahrlich jedem Rünstler solche Rollen sind, deren Um- 
fang nicht von Natur in seiner Reble liegt, wo er 
Chorden anschlagen muss, die ihm schwer werden, oder 
die er durch Transponirung ersetzen muss. Dazu kommt, 
dass wir den Romeo von mehreren der ersleren Künst- 
lerinnen, namentlich den beiden Beinefetter , der Pixis und 
Schröder - Devrient *) , gesehen haben, und es ist daher 
Alles, was billiger Weise zu erwarten stand, dass Dem. 
Schwor», welche in Gesang und Spiel die Rolle wacker 
durchführte, sich nach solchen Gegenständen der Verglei- 
chung ehrenvoll behauptete und wiederholt mit und ohne 
Dem. Grosser hervorgerufen wurde, welche die Giulietta 
diesmal schöner und ausdrucksvoller, als je, sang und 
spielte. Herr Schütky hatte statt des erkrankten Herrn 
ötrakaiy die kleine Rolle des Capulet übernommen, nnd 

*) Sabine Heinefetter ist durch raschen nod eo ergischen Vor- 
trag der Sortita unübertroffen geblieben, womit sie bei ihrer 
ersten Erscheinung Publicum nnd Kritik gleiebsam verblüffte 
und verblendete, nnd weiche die meisten ihrer Nachfolgerin- 
nen in zu langsamem Tempo sangen. Die Pixis war im Gan- 
zen am Meisten Italiener, und machte mit einzelnen leiden- 
schaftlichen Stellen Furore, die vor ihr kaam bemerkt wor- 
den waren. Die Schröder - Devrient konnte den letzten Act.- 
frei naeb Bellini nennen, da sie lieb denselben wirklich selbst 
umschuf. 



349 



1844. Mai. No. 21. 



550 



Herr Emminger sang heule den Lorenzo — zumal im 
ersten Aete — ganz ausgezeichnet. Das Hau* war sehr 
voll und ziemlich erregbar. 

Seil Monates hören wir von der Aufführung der 
„Linda di Chamounix" nnd von einer neuen Mise en 
sctne des Rossinf 8cbm „Teil" reden, aber — es bleibt 
immer beim Reden ! 

Im «weiten Theater machte ein Herr Knapp seinen 
ersten theatralischen Versuch als Walter in dem „Ge- 
heimniss," Singspiel in einem Act, Musik von Solie, aus 
dem Französischen frei übersetzt von C. Herklots. Herr 
Knopp, ein Schüler des kunstreichen Tenoristen Binder, 
hat eine metallreiche, jugendliche Bruststimme, die frei- 
lich noch weiterer Ausbildung bedarf, derselben aber auch 
werlh und fähig ist, und die er, bei der guten Vorbil- 
dung, die er offenbar bereits erhallen, sich auch leicht 
und bald erwerben dürfte. Was das Spiel betrifft, so 
spricht Herr Knopp sehr gut, und der Anfänger wird nur 
in den Bewegungen sichtbar. Er erhielt reichen Beifall, 
den er wahrlich nicht seiner Partie — die undankbar und 
unmelodiös ist, wie die ganze Oper — , sondern vielmehr 
seinem Vortrage verdankt. Herr Feistmantel gab den Be- 
dienten Thomas sehr brav, und auch Herr Just (Hofrath) 
war im Spiele recht wacker; mit der Stimme will es bei 
Beiden nicht viel sagen. Dem. 7W/»er(Hofrälhin)passte mit 
ihrer wohlgeschulten , aber kleinen Stimme nicht recht 
für den weiblichen Otello, den sie darzustellen hatte, 
dagegen hat Dem. Negadky (Angelica) eine kräftige, 
kerngesunde Stimme, doch ganz ohne künstlerische Aus* 
bildang. 

Mad. Catharine Podhorsky hat auch zu ihrem böh- 
mischen Benefiz statt einer Oper ein Potpourri (!) ge- 
wählt: „Die Wechselbilder, oder jede Minute etwas An- 
deres," worin sie die grosse Arie aus dem „Zweikampf" 
vortrug. Ihre Schülerin Präul. t>. Grünwald sang die 
grosse Arie der Giulietta aus den „Montecobi und Capu« 
letti," und mit ihrer Lehrerin ein Duett aus „Norma." 
Fragmente aus den Opern : „ Das Nachtlager von Gra- 
nada," ,,Der Pirat, " „Die Zauberflöle," „Der lustige 
Schuster," die Ouvertüren zu „Norma," zu „Wilhelm 
Teil," und einige Schauspiel- und Possenscenen füllten 
den übrigen Theil des Abends aus. 

Die interessantesten Concerte der Saison sind ge- 
wöhnlieh die des Genservatoriums der Musik, und in die- 
sem Jahre erböbete der Umstand, dass Director Kütl sein 
jugendliches Musikcorps zum ersten Male commandirte, 
die Tbeilnahme in so hohem Grade, dass wir — trotz der 
in Prag wenig beliebten Mittagsstunde — seit Lis%% den 
Platteissaal nicht so überfüllt gesehen haben, als diesmal. 

Auf ausdrückliches Verlangen der Vereinsdirection 
(so meldete uns der Anschlagzettel) wurde die erste Ab- 
teilung des ersten Concertes mit der so bekannten als 
beliebten Jaffdsymphonie von J. F. Kittl eröffnet. Bin 
schallender Jubelgruss empfing den jungen Capellaeisler, 
als er die Stelle betrat, we wir seit Jahrzehenden einen 
Greis zu sehen gewohnt waren, und verkündete gleich- 
sam die Zustimmung aller Musikfreunde zu der glückli- 
chen Wahl der Vereinsdirection. Die geistreiche und le- 
bensvolle Compositum wurde, trefflich ausgeführt, mit al- 
lem Interesse einer Neuigkeit aufgenommen, nnd Director 



Rittl am Schlüsse stürmisch hervorgerufen. Wenn der 
Empfang seiner Person galt, so kann er dagegen den 
Schlussapplaus mit voller Zuversicht seinem werke und 
seiner Leitung des Orchesters zuschreiben. Der Referent 
der „Bohemia" macht die Bemerkung: Diese Jagdsym- 
phonie sei eigentlich ein Seitenstück zu Beethovens Pa- 
storalsymphonie und habe mit derselben auch die Aehn- 
licbkeit, dass an der Spitze der einzelnen Sätze Ueber- 
schriften stehen — so an jener des ersten: „Aufruf — 
Beginn der Jagd/' Auf einen langgebaltenen Trompeten- 
ruf folgt ein munterer, von vier Waldhörnern ausgeführ- 
ter Satz, der bald in ein heftig bewegtes Thema über- 
geht, welches dem ganzen ersten Allegro zur Grundlage 
dient. Ist aber der erste Satz ganz und gar reges Leben, 
so ist dagegen der zweite, wie auch seine Ueberschrift 
anzeigt, durchaus Ruhe. Sahen wir dort die ganze Jagd- 
gesellschaft in wilder Hast, so sehen wir hier einen ein* 
zelnen Jäger, der in einem einsamen, frischen Wald- 
grunde auf weiches Moos gelagert, träumerisch in den 
vorüberrieselnden Bach starrt. Dieser Gegensatz ist von 
der glücklichsten Wirkung, und lässt aueh das darauf- 
folgende Scherzo (Gelage, Bsdur, %) um so effectvoller 
erscheinen, bei welchem es so lustig und lebendig her- 
geht, als es bei einer Jagdmahlzeit nur immer der Fall 
sein kann. Die Blasinstrumente geben ihre Jagdabenteuer 
zum Besten, accompagnirt von einigen Verwunderungslauten 
der Streichinstrumente; vermutlich wird (wie bei sol- 
chen Gelegenheiten immer) etwas aufgeschnitten. Signor 
Oboe aber wird nach seiner Erzählung von der ganzen 
Gesellschaft im Tutti fortissimo ausgelacht, was ihn, da 
er im ersten Satze zwei Mal sehr entschieden entgegen- 
getreten ist, und also das Recht hätte, ein Wort einzu- 
reden, sehr kranken muss, um so mehr, da das Ausla- 
chen auf dem gellenden kleinen Nonenaccorde von B ge- 
schieht. Doch male sich Jeder das hübsche Bild nach Gut- 
dünken aus, wie man sich ja auch bei dem Bauerntanze 
in der Pastoralsymphonie eine Menge allerliebster Details 
denken kann. Das Finale schildert den Schluss der Jagd, 
und ist unter allen vier Sätzen vielleicht der geistreichste 
und in der Form interessanteste. Ueberhaupt ist an dem 
ganzen Werke die klare Uebersichtlicbkeit der Form, so 
wie die Sieherheit, mit welcher der Gompooist auf Das, 
was er will, so zu sagen r mit drei Schritten losgeht und 
es mit fester Hand ohne Ceremooieen ergreift, nicht ge- 
nug zu loben. Die zweite Abtheilung brachte zuvörderst 
ein Divertimento für die Oboe von F. A. Kummer, 
vorgetragen von Cölestin Müller (wie bei allen Andern) 
ab erster Versuch, der aber unter die geglücktesten ge- 
zählt werden muss, die wir jemals im Institute gehört 
haben. Herr C. Müller hat nicht nur einen schönen Ton 
und bereits eine bedeutende Virtuosität auf seinem Instru- 
mente erworben, sondern zeichnet sich zugleich durch 
Geist, Gefühl und Geschmack im Vortrage aus, der bei 
fleissigem Studium einmal einen grossen Oboisten erwar- 
ten lässt. So sehr ich gegen das Hervorrufen der Zög- 
linge eingenommen bin , welches gewöhnlich mehr die 
Eitelkeit, als das künstlerische Fortschreiten erweckt, so 
musste ich doch den reichen Beifall , der dem jugendli- 
chen Oboisten gespendet wurde , nur als verdient aner- 
kennen. In dem — etwas langen — Concertino für die 



351 



i«44. Mai. No. 2t. 



352 



Violine von Kalfpwda «igle Franz Nieme** ein hoff- 
nungsvolles Talent, und zeichne4e sieb besonders durch 
ein recht nettes Staccalo aus. Das einzige Gesangstück 
des Concertes war: Recitativ und Cavatine aus „Linda di 
Chamounix" von Vonvsetti, vorgetragen von Fräul. Anna 
v. Riese, welche, obgleich sichtlich unwohl, doch durch 
jugendlich angenehme Stimme, eleganten Vortrag und 
zierliche Coloratur erfreute. Den Schluss machte die Con- 
certouverlure: „Die Fingalshöble " von Felix Mendels* 
sehn Bartholdy , ein solides, tief gedachtes Werk, wie 
Alles, was man von dem Tondichter des „Paulus" er- 
warten kann; doch scheint es, dass man — zumal der 
Laie — diese Composilion öfter hören müsse, um ganz 
in die Intentionen des Meisters einzugeben. Die Ouver- 
türe wurde lau aufgenommen, worüber sich der kiinst* 
lerische Referent der „Bobcmia" etwas erzürnt* „0, 
meine Prager," ruft er aus, „ warum babt ihr mir das 
gelhan? Mozart hat freilich gesagt: „Die Böhmen ver- 
stehen mich!" und das bat Euch in der musikalischen 
Welt in gar guten Geruch versetzt, aber bedenkt, dass 
auch Eau de Cologue nach und nach verduftet. Der ge- 
ringe Erfolg von Gluck' s „Iphigenia" im vorigen Jahre, 
und der geringe Erfolg von Mendelssohn 9 * „Fingalshöble" 
in diesem, ist für eine Stadt, die im Rufe musikalischer 
Competenz steht, keine Ehre 1** 

Das zweite Concert des Musikvereins, welches, um 
einen grösseren Raum zu gewinnen, im Saale der So- 
phieninsel abgehalten wurde, erhielt ein erhöhtes Inter- 
esse durch den Besuch der Erzherzoge Carl, Stephan und 
Carl Ferdinand und der Erzherzogin Marie Caroline. Der 
Referent der „Bohemia" meint, vor dem Sieger von As« 
pern hätte man eigentlich nur die Beethoven wh* „Sin- 
ibnia eroica" aufführen sollen. 

Das Programm brachte nebst der grossen Symphonie 
(No. 2 in D dur) von L. van Beethoven noch ganz zum 
Schlüsse ein neues Werk, dem ein guter Käme voraus- 
ging: Ouvertüre „Nachklänge von Os&ian" von N. W< 
Gade, welcher, dem Vernehmen nach,, von den Capell- 
meistern Friedrich Schneider in Dessau und Ludwig 
Spohr in Cassel als erwählten Schiedsrichtern, unter zehn 
eingesandten Compositionen der vom Kopcukagener Mu- 
sikvereine ausgesetzte Preis von 25 Speziesducaten zuer- 
kannt wurde. Bei der trefflichen Production dieser aus- 
gezeichneten und schwierigen Composilionen meinte man ; 
noch mehr, als das reine Ausspielen, macht den. wackern 
Jünglingen und ihrem Leiter und Lehrer Direktor Kitll 
das Zusammenspiel, das sich wechselseitig Verstehen, die 
treffliche Auffassung der Coropoaitiou Ehre. Die Ouvertüre 
von Gode theille ein gleiches Schicksal mit jener von 
Mendelssohn , mehr von den Kennern, als vom Publi- 
cum gewürdigt zu werden. Die Concertantes der zwei- 
ten Abiheilung waren 1) Concertino für das chromati- 
sche Waldhorn von F. C. Fuchs* vorgetragen von Fr, 
Klima. — 2) Air varie für die Clarinette von F. Baer, 
vorgetragen von Stephan Erot — und 3) Concertaule 
Dir zwei Violinen von. J. IV. Kalliwoda , vorgetragen 
von Johann Pctrak und Franz Rziha. Alle vier Zog* 
linge gaben erfreuliebe Hoffnungen, wenn sie gleich nicht 
so frappirten , als C. Müller im ersten Concert. Der 
reichste Lohn für sein scböqesKuoslstrebep wurde dem 



Director Kütl dadurch zu Theil, dass ihn der Erzherzog 
Carl nach dem Concert zu sich berufen liess> um ihm in 
den freundlichsten Worten seiner Zufriedenheit zu ver- 
sichern, in weiche auch der Erzherzog Stephan einstimmte. 

Das Concert zum Besten des Vereins zur Unterstü- 
tzung der Hausarmen schliesst sieh an die Concerte des 
Conservatoriums an, da dieses demselben das Orchester 
bietet, welches, die Begleitung der Concertantes und Ge- 
sangpiecen ungerechnet, abermals zwei classisebe Compo- 
silionen mit gleichem Erfolge vortrug, nämlich: Sympho- 
nie in Es dur von Masart , und die Ouvertüre zu dem 
Ballet: „Die Geschöpfe des Prometheus," von L. van 
Beethoven. Director liittl, der nach der Symphonie laut 
und einstimmig hervorgerufen wurde, bat in der kürze- 
sten Zeit sechs grosse schwierige Tonstücke einstodirt, 
und zwar mit den Schülern von der Aufnahme 1840, die 
erst seit den Ferien 1843 die EnsemMeübungen frequen- 
tiren; man kann ihm daher weder Beifall noch Bewun- 
derung für Dasjenige vorenthalten, was er in wenigen 
Monaten aus seinen Zöglingen gebildet hat, die mit dem 
frischen Jugendfeuer zugleich die höchste Präcision, Klar- 
heit, und wo es Nolh tbut, Mässigueg vereinigen. 

Ausserdem hörten wir in diesem Concerte noch Va- 
riationen für die Violine, componirt nnd vorgetragen von 
Herrn Joseph Czapek , absolvirtem Zögling des Conser- 
vatoriums, in welchen er eine bedeutende Bravour ent* 
wickelte. Die Composilion bat den gewöhnlichen Fehler, 
wenn ausübende Virtuosen für sich seihst schreiben : sie 
ist zu sehr mit Schwierigkeiten überhäuft. Ferner ein 
Sextett von Onslow, für Pianoforte, Flöte, Clarinette, 
Fagott, Hörn und Coatrahass, vorgetragen von Fräul. 
Ba bette fVmmer und den Herren Spanner, Pisarxowüx, 
Janatka 9 Gross und Urabie, und zwei Gcshngslücke, 
Arie aus der Oper: Guido und Ginevra von Halevy, ge- 
sungen von Fräul. Emilie Loos, und (auf vielseitiges Ver- 
langen) des Deutschen Vaterland, JMännerobor von Ret- 
chardt, vorgetragen von den Mitgliedern de» Cacilien Ver- 
eins. Fräul. Wimmer gehört unter die vorzüglicheren 
Dilettantinnen unserer Stadt, und Fräul. Loos zeigte, seit 
wir sie das letzte Mal hörten , bedeutende Fortschritte. 
Beide Damen erhielten die reichsten Beifallszeichen. 

Das Concert zum Besten des israelitischen Hospitals 
brachte die beiden Ouvertüren zu Egmont und Oberon, 
und als Concertstück : Violinvariationen , componirt und 
gespielt von Raymund Drey schock, der in doppelter Hin- 
sicht verdienten Beifall davontrug. Herr Dasnke bewies 
in einer fVeber'scben Arie auf's Neue, d*68 er vorzüg- 
lich in der deutschen Musik heimisch sei. Mach dem vir- 
tuosen Vortrage des Rücken sehen „Maurwehen Ständ- 
chens " durch Dem. Sclwwr» wollte der Beifall nicht 
enden, und die junge Künstlerin war so gefällig, sich 
zum Pianoforte zu setzen und noch den Jtfa/iA/Wschen 
„Rataplan" mit eigener Begleitung ab Zugabe zum Be- 
sten zu geben. 

Das Programm zu dem Concerte des Cäcilienvereias 
zur Unterstützung dürftiger Studirender brachte als Pro- 
log die Ouvertüre, Marsch und Chor zu Kolzebues „Rui- 
nen von Athen*' von L. v. Beethoven. Diese „Ruinen 
von Athen" waren ein Festspiel» welches Kotzebve zur 
Eröffnung des Pestber Natkmalthealers schrieb, und worin 



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1844. Mai. No. 21. 



354 



er beweist, die Kirnst sei nach dem Verfalle von (Sri** 
cbenland. und Rom zu den Germaniern und Pannouiern — 
auf einigen Umwegen! — geflüchtet. Die Ouvertüre be- 
ginnt ausdrucksvoll, verliert aber im Allegro an Haitang 
und innerem Wertb. Dagegen ist der Marsch und Chor 
ganz vortrefflich. Mit lebhaftem Beifall wurde das „Saactus 
und Agnus** aus der Vocalmesse von Louis Spohr, für 
zwei fünfstimmige Chöre und fünfstimmigen Sologesang» 
aufgenommen, der sieb bei „ Wanderers Naehllied," Ge- 
dieht von Goethe, für Sopran und vierstimmigen Männer* 
chor componirt von Ferdinand Hiller > vorgetragen von 
Fränl. Louise Bergauer, noch steigerte. In dem treffli- 
eben Concert für Pianoforte in DmoU mit Orcbesterbe- 
gleitung von Mozart bewährte sich Herr tVUh. Deutseh 
wieder als ausgezeichneter Pianofortespjeler, und von den 
zwei Liedern für vierstimmigen Männerchor: a) „Der 
Jäger Abschied" von Felix Mendelssohn Bartholdjf % 
b) Pisen Cesk& od Kalliwody . musste das Letzlere wie- 
derholt werden. Ein wahrhaftes; „Ende gut Alles gut" 
bildete die Arie aus dem Oratorium „Messias" von //#»- 
del, vorgetragen von PräuL Therese Schwärs , welche 
die seltene Eigenschaft hat, classische wie moderne Mut 
sik gleich treffend und cbaractergemäss vorzutragen. 

Die hiesige Tonkünstlergesellschaft gab dieses Jahr 
unter Mitwirkung des Gäcilienvereins im gräflich IVnldr 
jferö'schen Saale mit einem Chor- und Orchesterperscr 
nale von 200 Individuen zum Besten ihres Witt wen -und 
Waiseninstituts: „Paulus," grosses Oratorium in zwei 
Abtbeilungen, in Musik gesetzt von F. Mendelssohn Bar* 
thohh/i zum vierten Male, welches sich so fortwährend 
in der Gunst des Publicum» erhält, dass der ungeheure 
Saal nicht nur überfüllt war, sondern manche Zuhörer» 
ohne etwas gehört zu haben, sieb wieder entfernen muss- 
ten. Die Solopartieen hatten diesmal Mad. Padhorsky, 
Dem. Schwarz und die Herren Emminger, Sehütky und 
Strakaty übernommen, nnd der vollkommenste Success 
krönte eine Produetion, die mit den grossartigsten Mit- 
teln unternommen wurde. Was Dem. Schwarz betrifft* 
so bedauerten wir nur, dass der Alt von dem Tondichter 
so kärglich bedacht worden ist. 

Die Schülerin des Conservatoriums Fränl. Anna v> 
Biese ist als erste Sängerin nach Lemberg, zwei andere 
Schülerinnen dieses Instituts Dem. Franziska und Lud- 
milla Stolz (welche während der Stagtone di Carnevale 
zu Triest waren) nach Odessa, und Fränl. Anna v. Grün* 
wald nach Brunn engagirt. 



Carneval- und Fastenopern u.s. w. tnltalien^ 

(Fortsetzung.) 

Kirchenstaat. 

Born (Teatro d' Apollo). Die zweite in Italien jetit 
lebende grösste Sängerin, die Frezzolini (die erste ist die 
Tadolini, und eine drifte giebt es leider jetzt im bei paeae 
nicht), ihr Gatte, Tenor Poggi, der brave Bassist Badiatt, 
die wackere Olivieri, der hier gebürtige gute Bassist Bai* 
zar, die bereits fertige Schieroni, waren die Hauptsänger 
der Caraevahstagiene, die mit ei*e» Fiasco von Seiten 



der Musik begann. Die Beatrice di Tenda des grösslen 
der Maestri, des grossen Componisten der Norma, wie 
die hiesige Bivista Herrn Bellini nennt, fand, bei allem 
Kanslanfwand der Frezzolini , am ersten Abend eine 
sehr läse Aufnahme, die auch in den folgenden Vorstel- 
lungen, mit allem Hervorrufen der Sänger, der blosen 
Musik wegen nicht glänzend war. Schon die Norma bat 
viel Einförmiges aufzuweisen, sie wurde aber bierin von 
der Beatrice weit, und vollends gar von den Puritani über- 
troffen. Bellini's schon an sieh sobreaebtende Persönlich- 
keit nahm, von der Norma angefangen, an musikalischer 
Müdigkeit in geometrisober Progression zu, nnd er hat 
keineswegs die dem Schreiber dieses einst mündlich ge- 
äusserte Umwälzung bewährt, die er in der modernen 
Oper mit 9er grösslen Zuversicht hervorzubringen ge- 
dachte. — Herrn Verdi's Nabucodonosor mit der Schie- 
roni, der Olivieri, dem Tenor Vergani, Badiali und Bai- 
zar, zog ebenfalls wenig an ; die beiden Bassisten ragten 
indessen über die Uebrigen hervor. Am 24. Janoar hatte 
die Frezzolini ihr Benefiz mit dem zweiten und dritten 
Acte der Beatrice, und dem zweiten der Lucrezia Bor- 
gta (beide Opern ihre Steckenpferde) und wurde dreissig 
Mal hervorgerufen ; das ganze Theater war ein Geklatsch, 
ein Geheul, ein Gebrüll: welch ein Dreiklang! An Blu- 
menkränzen, Gedichten, Bildnissen u. s. w. fehlte es auch 
nicht. Nach diesem Gepolter ging sehr bald darauf erst 
der eigentliche Lärm an. Die Frezzolini machte ihren 
feierlichen Aufzug auf ihrem dermaligen Favorit -Stecken* 
pferde, auf Verdi's für sie eigens zu Mailand im vorigen 
Carneval componirten Lombardi alla prima Crociata, welche 
Oper bhna sie auf anderen Theatern seither kein sonder- 
liches Behagen erregte, hier aber Furore machte und in 
der die Frezzolini sammt ihrem Gatten Poggi etliche und 
vierzig Male hervorgerufen wurde. Diese lustige Comödie 
abgerechnet , gab es auch auf dem 

(Teatro Valle) wenig Lustiges, wiewohl inländische 
und nach ihnen auch ausländische Zeitschriften von dem 
FanalUm und Enthusiasm aller auf beiden Theatern ge- 
gebenen Opern sprechen. Dönizettrs Don Pasquale machte 
Fiasco , und . in Fioravanti's erbärmlich verstümmeltem 
Columella (ursprünglich Putcinella) gefielen blos die am 
Leben gelassenen paar Stücke von ihm. Sänger waren: 
der Buffo Scalese, seine Tochter Amalia. dieCresci, Te- 
nor Confertini, Bassist Nutli u. s. w., eine an sich leid- 
liche compagnia di virtuosi. Donizetti's Furioso mit der 
Olivieri fand bei Fortuna keine Gunst. 

Die Zöglinge der Singschule des Ospizio Anostolico 
führten unter der Leitung ihres Lehrers Angelo Scar* 
dtwefä inr Carneval mehrere Male die Azione biblica: II 
Vifello d'orn. <das goldene Kalb) mit Musik aus den Com- 
Positionen von Mercedante, Verdi, Ricci (Fed.), Bossi 
(Lauro), Vera u. A. mit Beifall auf. 

Die am 12. März Statt gehabte Prämien vertheilung 
hei 4er Congregazione de 9 Virtuosi al Pantheon r die so*« 
genannte Premiazione Gregoriana, worde mit dem gross- 
ten Pomp begangen, und bei dieser Gelegenheit eine vom 
Maestro Gio. Dt Paolis eomponirte Cantate: Vittoria delP 
arte crisliana sull' arte pagana aufgeführt. Vom Herrn 
De Paolts wurdd bereits vorigen Frühling in d. Bl. bei 
Gelegenheit seiner Oper Gismonda gesprochen. 



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1844. Mai. No. Sl. 



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In den stets brillanten , wöchentlichen musikalischen 
Unterball ungeo des Herrn Ludwig Landsberg Hessen 
sieh anter Andern der Pianist Frank aus Breslau und der 
königl. preuss. erste Violinist Carl Eckert, wie auch der 
Violoncellist CantineUi mit starkem Applaus hören. Die 
Vocalstimmen trugen die Baronin Fuhrmann, die Signora 
Ciabatta und die Herren Da Porto, Bargellini und Bar- 
tolucci zu Aller Befriedigung vor. 

Benannter Herr Eckert gah am 15* März im Pa- 
lazzo Odescalchi eine Soiree musicale. Erster Theil : Quin- 
tett für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncell, com* 
ponirt von Herrn Frank. Männerchor. Studien für Pia« 
noforte, componirt und gespielt von Herrn Frank. Elegie 
für Violine von Ernst, vorgetragen von Herrn Eckert. — 
Zweiter Theil: Trio für Pianoforte, Violine und Violon- 
cell von Hummel. Männerchor. Violinconcert von Beriot, 
vorgetragen von Herrn Eckert. Die Blüthe einer ausge- 
wählten zahlreichen Gesellschaft von Einheimischen und 
Fremden hatte hier Gelegenheit, nicht nur den trefflichen 
deutschen Violinisten und Pianisten, sondern auch Herrn 
Landsberg, eben so Meister auf der Violine, als auf dem 
Pianoforte, zu bewundern. Diese schöne Soiräe entsprach 
vollkommen der allgemeinen Erwartung. 

Die Damen Angelina Cignozzi (s. Florenz) und 
Rosalia Bargnani- Campbell wurden zu Ehrenmitgliedern 
der hiesigen Accademia di S. Ceeilia ernannt 

Thalberg ist am 17. März aus Neapel hier ange- 
kommen und bald nach dem Norden abgereist, mitbin das, 
was die Pariser Revue Musicale vom 24. März über ihn 
sagt, aus der Luft gegriffen. 

Herr Antonio Lanari, Sohn des bekannten Impre- 
sario AkssandrO) bat das dem Principe Aless. Torlo* 
nia gehörige Teatro Argentina, gewöhnlich Apollo ge- 
nannt, auf acht Jahre gepachtet. 

Terni. Für einen deutschen Capellmeister und Com- 
ponisten müsste es eine unglaubliche, aber eine ächte car- 
nevaleske Unterhaltung sein, wollte er, besonders in die- 
ser Stagione, in all' den kleinen Städten eine Opernschau 
halten, und allen den mangelhaften Orchestern, den er- 
bärmlichen Chören, die meist keine Note lesen können, 
allen den sonderbaren Sängervereinen, die meist grosse 
Opere serie vortragen wollen , seine ganze Aufmerksam- 
keit schenken; welch eine Parodie! Zum Glücke hört 
mau hier und da bei alldem singen, denn der Gesang ist 
einmal hier zu Land einheimisch. So hat denn aueh diese 
durch den nahe hier gelegenen berühmten Wasserfall be- 
kannte kleine Stadt ihre — zwei Donizetti'sche Opern 
Sbabt: die grosse, unerträgliche Maria di Rudenz und 
5 weit erträglichere Linda di Cbamounix. Sänger wa- 
ren: die beiden Polidori, Margherita und Carolina; Te- 
nor Pozzolini, die Bassisten Taddei, De Santis und Buffo 
MatÜoli. 

Fabriano. Zwei Donizetti'sche Opern. In der Figlia 
del reggimento waren: die Brambilla (Erminia, s. Pisa), 
Tenor Comassi und Buffo Marani die ausgezeichneten, 
vornämlich Erstere, eine leidliche angehende Sängerin. 
In der Lucrezia Borgia, welche Oper weit mehr gefiel, 
sang Bassist Gori. 

Macer ata. Drei Opern von dem bekannten Opern- 
zauberer, Linda di Chamouniz, Figlia del reggimento und 



Betty, wurden hier abscheulich von den Sängern ver- 
hunzt; ein nagelneuer Tenor, Namens Girolamo Antonio 
Ancarani, wurde in seinem Benefiz nicht nur mit Beifall, 
sondern auch mit Sonetten überhäuft! 

Ancona. Donizetti's Linda fand eine bescheidene Auf- 
nahme mit der Cosentino, der Toderi, dem Tenor Sol- 
dini, dem Buffo Mancinelli und den beiden Bassisten Ma- 
nari und Mattoni; desgleichen Ricci's (Fed.) Prigioni di 
Edimburgo. In beiden war indessen die Prima Donna die 
am Meisten applaudirte, und die Zuhörer hatten Recht. 

Treja (mit dem Namen Monleccbio gleichlautend, un- 
gefähr zwei Miglien von LoreloJ. Und auch hier eine 
Onerl — Man gab Ricci's Cbi dura vince, und Coppo- 
la s Nina pazza per amore. Die Prima Donna hiess Eloisa 
Agostinelli, der Tenor Sebastiano Pavoni, Beide aus Fa- 
briano = die einzigen leidlichen; Bassist Luigi Giaco» 
bini, ein Dilettant; Cböre, Orchester: basta! 

Orvieto. Zahlreiche Freunde applaudirten hier unge- 
mein die neue Opera seria : / Pirati di Cadice , della 
Maestra Orsola Aspri de 9 Conti Cenci Bolognetti aus 
Rom, und aus der Allgem. Musikal. Zeitung so ziemlich 
bekannt. Der Crescimbeni war ihre Rolle wenig anpas- 
send; desto mehr that sich Tenor Carmelo Della Longa 
mit schöner und starker Stimme hervor. Der gerade hier 
anwesende Anfangerbassist Enrico Topai musste einen An- 
dern ersetzen. Buffo Luigi Malagrida war der Beste. 

Fuligno. Die Ferrarini-Buschieri aus Bologna, eine 
wenigstens erfahrene Sängerin, der nicht üble Tenor Pau- 
lin und die Bassisten Griffoni, Brutli, befriedigten ohne 
Weiteres iu Donizetti's Marino Faliero; aber die Linda 
di Chamounix entzückte und die Ferrarini machte fast 
Furore. 

Pesaro. Nachdem Donizetti's Linda Fiasco gemacht» 
gefielen Pacini's Saffo und Mercadante's Giuramento. Die 
brave Steffanone (Schülerin der Bertinotti) , die fertige 
Altistin Santolini, der un passliche Tenor Tal es tri und Bas- 
sist Coturi tbaten ihr Mögliches. In der zweiten Oper 
debütirte ein neuer Tenor, Giuseppe Spagliardi (sehr be- 
fangen) und fand Aufmunterung. 

Cesena. Das kleine Theater in Casa Masini wurde 
mit dem Don Desiderio vom Principe Poniatowsky und 
zum Theil mit guten Virtuosi: Adelina Calvori, Raffaele 
Damiani, Pompeo Ceccarelli und Buffo Giuseppe Ferlini, 
bescheiden fröhlich eröffnet. Nach einer kleinen, im Thea- 
ter Statt gehabten Feuersbrunst wurde es abermals mit 
Mercadante's Elisa e Claudio lustiger, als zuvor, eröffnet. 

Forli. Nebst der Comödie ergötzte das Publicum Do- 
nizetti's Gemma di Vergy , worin die hübsche Zagnoli, 
Tenor Cimino und der Anfangerbarilon Carlo Cortesi sich 
tüchtig beklatschen liessen. 

üavenna. In Donizetti's Figlia del reggimento wa- 
ren die Polani, Tenor Ramoni und der brave Buffo Lau- 
retti die Glanzpuncte. Der famose Rataplan machte das 
Auditorium vor Entzücken beinahe verrückt. Unglückli- 
cherweise wurde die Polani ganz unvermuthet von den 
Blattern befallen, und eiligst durch die aus Bologna hier- 
her gekommene Dabedeilhe ersetzt. Man gab Rieci's Or- 
fanella di Ginevra mit wenig gutem Erfolge. Zur gross- 
ten Freude der Zuhörer betrat die bald hergestellte Po- 
lani abermals die Scene in benannter Donizetti'seher Oper. 



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1844. Mai. No; 21. 



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Ferrara. Dnss die heutigen Singer, verzüglich männ- 
lichen Geschlechts, auf die Opera buffa, die sie nicht mehr 
zu singen verstehen, verächtlich herabblicken, wird Nie- 
manden auffallen : eine hohe oder gar höchste Rolle sagt 
ihnen mehr zu. Dass aber mancher Stadt hier zu Lande 
im Carneval die Opera buffa mit Wasserscheu beinahe 
gleichlautend sei, diese Unbeimlichkeit ist wahrhaft son- 
derbar, noch dazu, wenn die wirkenden Virluosi zu jener 
Musikgattung zum Theil geeignet sind. Weder Kjcci's 
Esposti, noch dessen Chi dura vince, mit der braven Leva, 
dem Tenor Paglieri und den Bassisten Bonafous und Go- 
rin erquickten die Zuhörer, bei allem theilweise den San- 
gern, besonders der Leva, geschenkten Beifalle. Man 
seufzte nach der monoton ächzenden und klagenden Bea- 
Irice di Tenda del Maestro Bellini. Da aber kaum die 
Leva in dieser Oper die Hände in Bewegung zu setzen 
vermochte, verfiel man auf die Tambouroper, auf Doni- 
zetti's Figlia del reggimento, die % Furore und % Fiasco 
machte. In beiden Opern sang Tenor Sangiorgi mit ge- 
ringem Erfolge. 

Persiceto. Eine neue Prima Donna, Matilde Bai- 
mondi aus Bologna, betrat hier zum ersten Male die 
Bühne im Elisir d'amore und Chi dura vince. Geklatscht 
wurde recht wacker, aber.... 

Budrio. Eine Enrichetta Zani aus Bologna, ein Te- 
nor Gaspare Gamboggi u. s. w. versuchten sich hier in 
Donizetti's Lucia und Furioso; die Aufnahme war bei- 
nahe glänzend, nur wünschte man dem Bassisten Ghirar- 
dini, etwas minder barsch zu singen und zu agiren. 
Chöre, Orchester, Decorationen — . 

Bologna (Teatro Comunale). Die D'Alberti, Tenor 
Malvezzi mit hübscher Stimme, der bekannte Buffo Cam- 
biaggio, 'Bassist Soarez und Bencich waren ihrer Sache 
gewiss in Cambiaggio's beiden Steckenpferden : Ricci's Chi 
dura vince, und Fioravanti's übel zugerichtetem Pulci- 
nella (hier Columella). Letzterer, besonders mit seinen 
blos geniessbaren am Leben gelassenen zwei Originalnum- 
mern, war die Oper der Stagiope und füllte am Meisten 
die Tbeatercasse. Einen tragikomischen Ausgang nahm 
Goecco's alte Opera buffa: La Prova dell 9 Opera seria, 
die gewiss die beiden vorausgegangenen aufwiegt. Wie- 
wohl ebenfalls Cambiaggio's Steckenpferd, erlebte sie blos 
eine einzige Vorstellung. 

Grossherzogthum Toscana undHerzogthum Lncca. 
Floren* (Teatro älla Pergola). Die sattsam auf diesem 
Theater gehörte, ursprünglich hier für die berühmte Unger 
von Donizetti geschriebene Parisina erregte diesmal gar 
keinen Gefeileo mehr. Die Barbieri-Nini = Titelrolle, 
Herr Musich = Ogo, Sebastiano Ronconi = Azzo (gros- 
ser Sänger und grosser Distonirer), Miral = Ernesto, 
fanden kaum dann und wann einigen Beifall Verdi's Nar 
bucodonosor, worin Tenor Lucchesi Herrn Musich ab- 
löste, und auch die Cignozzi wirkte, zog weit besser an. 
Die vorigen Sommer von dem Anfangermaestro Peri für 
seine Vaterstadt Beggio componirte Oper Dirce machte 
auf der Pergola weder kalt, noch warm. Herr Peri hat 
sich aueb unlängst mit einem Violinouartett versucht, das 
J>ei Ricordi in Mailand im Drucke herausgekommen ist, 
aber nicht gelofct wird. Anfangs März übernahm Herr 



De Bassini die Titelrolle im Nabueodonosor, und sang dar- 
auf ebenfalls in Gesellschaft der Brambilla, der Tenore 
Roppa und Castellan in Pacini's Fidanzata Corsa, welche 
Oper eben so, wie nachher die Bianca di Santa Fiora von 
Herrn Grafen Litta, wenig gefiel. 

(Teatro Leoooldo.) Hier geschah ebenfalls der An- 
fang mit einer Donizelti'schen Oper, und zwar mit der 
Gemma di Vergy, die mehr Anklang, als seine Parisina 
auf der Pergola, fand, wozu die hübschen Stimmen der 
Bertolinl-Raffaelli und des Tenors Caggiati das Meiste 
beitrugen; Bassist Valentini - Canuti machte sich durch 
guten Gesang bemerklich. 

(Teatro Goldoni.) Rossini's Cenerentola wurde hier 
leidlich von der Triulzi, dem Tenor Zamboni und den Bas* 
sisten Tofani und Ferranti gegeben, desgleichen Columella 
und Elisir d'amore, in welcher letzten Oper der Buffo 
Luzzi und die Französin Bertucat sangen, die aber viel- 
leicht besser thun würde, bei ihrer Harfe zu bleiben, 
worauf sie Meisterin ist. 

Der Grossherzog bat Mozart'* jüngerem Sohne zu 
Wien für die ihm überschickte Partitur der von ihm bei 
Gelegenheit der Errichtung des Monuments seines Vaters 
zu Salzburg oomponirlen dankte eine prächtige goldene 
Medaille zusenden lassen, die auf einer Seite das Bildniss 
des Grossberzogs, auf der andern Seite die Inschrift: AI 
maestro W. A. Mozart enthält. 

Livorno (Teatro Rossini). Incredibile dictul Doni- 
zetti's Linda di Chamonnix, seine Wiener Gloire, diese 
Linda, welche das schon wankende Fortbestehen der ita- 
lienischen Oper in jener Hauptstadt aufrichtete, wurde 
hier sehr monoton befunden, und mit einem Fiasco nach 
Hause geschickt. Die Ercolani, die Altistin Angri, Tenor 
Teste, Bassist Del Riccio und Buffo Boccomini waren frei- 
lich von einem viel geringeren Caliber, als jene, für 
welche ursprünglich diese Oper in Wien geschrieben wor- 
den ; einiger Beifall fehlte ihnen bei alldem nicht. Einst- 
weilen nahm man seine Zuflucht zu den in Neapel ge- 
bräuchlichen Harlequin-Academieopern, d. h. erster Act 
der Linda, Arie aus Vaccaj's Zadig ed Astartea, Duett aus 
Mercadante's Elena da Feltre, Arie aus Roberto d'Evreux, 
Duett aus Chiara di Rosenberg; welch eine heterogene 
Pastete ! Wer von einem solchen Obrenschmause keine In- 
digestion bekommt, hat wahrlich einen starken musikali- 
schen Magen. Zum Glücke gab man bald Fioravanti's Co- 
lumella, der einen Fiasco verdienterweise machte. Mer- 
cadante's gesangarme Vestale gefiel mehr, als die Linda 
und Columella, mit dem sie bald abwechselte, um auch 
dem Buffo Boccomini sein Recht zu lassen. 
(Fortsctiung folgt) 



Feuilleton. 



Der jung«, neapolitanische Pianist Michel Angelo Rutto 
hatte in Potsdam am 11. Mai die Ehre, sich vor dem König nnd 
der Königin , ao wie vor den Prinzen , hören cn lassen nnd die 
schmeichelhaftesten Versicherungen ihrer Zufriedenheit nnd ihrer 
Anerkennung seiner Fortschritte na empfangen. Der junge Vir- 
tuos wird nächstens Berlin verlassen nnd sich vos dort nach Bres- 
lau htgeata. 



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1844. Mai. No. 21. 



360 



Der Fltftmt Marita TkM not Berlin «••• »iah am M. AprVt 
im Bofthenter zu Darmstadt hören and befriedigte aewohl durch 
die Wahl seiner Cooccrtf tacke , als «och durch seine Fertigkeit 
und besonders durch seinen seelenvollen Vortrag; er wurde von 
dem Wr die schöne Jahresaeit verbÄltaissmisstg zahlreich ea Audi- 
torium mit reichlichem Beifall belohnt. 

Bei dem diesjährigen niederrheioischen Mnaikfest zn Cöln (vgl. 
diese Blätler S. 295) werden Mad. Schröder- Devrient, die Herren 
Mantius, Stavdigl und Erl mitwirken ; "dasselbe wird an den bei- 
den Pfiogstfeiertageu gebalten werden und dabei ausser Hä*nd*C* 
Jephta und Beethoven** Misaa solem&is (Ddnr), Mo*arfs Cdnr- 
Symphonie mit der ScbUssfuge und eioe Hymne von Cherubini 
zur Aufführung kommen. Der Preis für die Eintrittskarte ist Rir 
jeden Tag zo 2 Thlr. festgesetzt (für beide Tage zusammen 3 Thlr.). 
Dies ist ein wunder Fleck der bisherigen grossen Mosikfestt . So 
lange es nur den Wohlhabenden verstattet ist, daran Theil an 
nehmen, können diese Feste ihre Bestimmung durchaus nicht erfüllen. 

In Stuttgart soll ein neues Theater nach dem Muster des 
Dresdener erbaut werden; der König hat dazu eine Summe von 
350,000 Fl. uuageseUt. 

Der Professor und Aeademiker Schqjhäutl hielt am ?Q* April 
im Museumssaale zu München eine interessante academische Vor- 



lesung über „ Jfawrt in Beang auf nein« Vorginger und Nachfol- 
ger." Zu Erläuterung des Vortrags wurden verschiedenartige Mu- 
sikstücke aufgeführt; so — etwas weit ausholend — ein indisches 
Lied mit Sanskrittext , welches , den Berichten naeh , mit unserer 
hantigen Melodiefnbrung viel Aehnltcbfteit besitzt, ferner eine Arie 
von Caldera mit zwei obligaten Alt- und Tenorpoeaounn ; Stücke 
ans Gluck'* Alceste, Mozart? t Don Juan und Zauberflöte ; mehrere 
kleine Compositioneu von Mozart und Beethoven; dann — des 
Gegensatzes wegen — eine Donizettfsche Arie; endlieh zum 
Schlüsse Mozarte Caotate: „Die ihr des uo erstes« lieben Weftall'e 
Schöpfer ehrt/* gesungen von Bärtingtr. Pentenrleder leitete dae 
Orchester und begleitete am Pianoforte. 

In Paris betrug die Bruttoeinnahme in dem mit Ostern been- 
deten letzten Theater) ihre an eämmtlichee Theatern zusammen 
8,170,000 Fr., zwei Millionen mehr ala vor zehn Jahren. 

In Paris ist es sieht mehr gestattet, Stücke vom Repertoir 
der französischen Theater als Opern behandelt auf das Tbeutre i la- 
llen zu bringen, und es dürfen daher auf letzterem mehrere Opern 
von Bellini nud Donisetti nicht mehr aufgeführt werden. Seribe 
hat jedoch in einem Schreiben an den Direetor -der italienischen 
Oper deoselben ermächtigt, die „Nachtwandlerin " ond den „Lie- 
bestrank," deren Stoff ans Stücken von ihm entlehnt ist, fortwäh- 
rend aufzuführen, und sich aller Anspräche daran begeben. 



Ankündigungen. 



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welche kürzlieb in Verlage v»u 

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561 



362 



ALLGEMEIN E 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 29"" Mai. 



M 22 



1844. 



IstfMftltt Einige Worte über de« Eiatast der Musik. — iteeaufc». — Nachrichten: Ans Berlin. Ctrneval- and Fistenopera a. a. w. 
in Italiea. (ForUetsoag. ) Uebersieht der in den Leiptiger £fwaadbaaaooac«rteo im Wiaterhalbjaiir 1843—1844 aofgeführ* 
teil Musikstücke. — Feuilleton. — jänkündigmngen. 



Einige Worte über den Einfluss der Musik. 

Was ist es, das sieb in uns regt beim Vernehmen 
eines musikalischen Klanges? was ist es, was gleichsam 
ein Echo in unserem Innern wiedertönen lässt und sich 
in Beziehung setzt zu jenem Anregenden, von aussen 
Kommenden, mit Sympathie Das empfängt, was ihm inner- 
lich verwandt ist? Es ist das innere Leben des Gemüths, 
das sich in seiner Einzelheit zugleich als ein Glied in 
der die Gesammlbeit verbindenden Kette darstellt, sich 
keinem Impulse entziehen kann, welcher in stetigem Port- 
gange die Gesammtheit mit lebendigem Bewusstsein er- 
füllt. Das innere Gemfithsleben schliesst die Empfänglich- 
keit in sich für alles Homogene, eine Empfänglichkeit, 
welche ursprünglich nicht durch die Vorstellung oder das 
Urtheil vermittelt ist, sondern die eben im Gemütbe selbst 
und dessen Beschaffenheit wurzelt. Die Vorstellung be- 
zieht sich auf das In - Neben - oder Nacheinandersein 
des Mannichfaltigen und auf dessen Zusammenfassung zur 
Einheit, fasst also einen Ausgang, Portgang und Scbluss 
des Gedankens in sieb, womit ein unmittelbares Erfassen 
ausgeschlossen ist. Das Urtheil stellt sich ausserhalb des 
Dargebotenen, hat aber die Richtung auf dasselbe hin, 
und wenn es auch eine gewisse Empfänglichkeit oder 
Einwirkung als ein Vorangegangenes voraussetzt, so ist 
doch die obwaltende Thätigkeit gegen das Object gerich- 
tet und durch die Reflexion vermittelt. Wenn wir aber 
sagen, dass das Gemfithsleben im Gefühle sich offenbart, 
so möge man nur ja nicht darunter jenes Empfinden oder 
jene Erregtheit verstehen , welche eher mit dem Namen 
der sinnlichen Lust, als irgend einem andern bezeichnet 
zu werden verdient; da ist nicht mehr Gemüthsleben, 
nicht mehr wahre innerliche Thätigkeit, sondern nur Hin-» 

Sbung und niederes Naturleben. Eine Grenzlinie hier in 
r Erscheinung zu ziehen, ist immer eine schwierige 
Sache, da geistiges und sinnliches Dasein so eng zusam- 
menhängen und dabei leicht in der Scheidung beider Ge- 
biete geirrt werden kann. Für sich aber besteht das Ei- 
gentümliche des Gemfithslebens darin, dass es, im Gefühle 
erfasst, ein Geistiges, und zwar ohne Vermittelung durch 
den Begriff, zu seinem Eigenthume macht, so dass das 
von aussen her Gegebene unmittelbar in nns übergeht 
und geistig lebendig wird. Und darum ist uns die Musik 
von hoher Bedeutung, weil sie die unmittelbare Leiterin 
eines geistigen Gutes wird. 

46. Jahrgang. 



Da, wo die Vorstellung oder das Urtheil vermittelt, 
finden wir kein unmittelbares Uebergehen des Aeossern auf 
das Innere ; hier aber in dem Gebiete, das wir betreten, 
ist ein unmittelbares Erfassen eines dargebotenen geisti- 
gen Daseins, welches gerade deswegen um so ungetrüb- 
ter in jede einzelne Persönlichkeit eingeben kann. Diese 
Leichtigkeit und Unmittelbarkeit ist der Grund , weshalb 
die Musik auf Jeden einwirkt; denn selbst Der, welcher 
gewöhnlich für unmusikalisch gilt, wird nicht läugnen 
können, dass ihm ein gewisser Eindruck doch stets zu 
Theil wurde, wogegen der Andere, welcher sich schon 
mehr mit Musik beschäftigte , auch die Empfänglichkeit 
für die Eindrücke derselben in sich gesteigert hat ; Jener 
spürt den Einfluss eines geistigen Elements auf sein In- 
neres, aber noch ohne sich dessen vollkommen bewusst 
zu sein, Dieser aber nimmt jenen Einfluss schon in einer 
Weise auf, dass er sich Rechenschaft davon zu geben 
vermag. Diese Verschiedenheit ist eine durch psychologi- 
sche Erfahrung begründete, und es darf keinesweges eine 
rohe und ungebildete Empfänglichkeit für einen gänzlichen 
Mangel derselben gebalten werden. Vielmehr müssen wir 
bekennen, dass der nicht Musik treiben de oft weit musi- 
kalischer ist, als Mancher, der die Musik zu seinem Hand- 
werke gemacht hat, und dass in den stillen Weisen, in 
den innerlichen, unausgesprochenen Melodieen eines Laien 
(wenn wir hier so sagen dürfen) oft mehr Musik liegt, 
als in den kühnen Bravourgängen eines Virtuosen. Dort 
klingt die innere, wenn auch nicht ausgesprochene Mu- 
sik, die des Schöpfers Gabe ist, hier nicht selten blos 
Das, was Menschenhände gemacht haben. 

Ist es nun die herrschende Kraft der Musik, auf Je* 
den mehr oder weniger einzuwirken und geistiges Leben 
darzubieten, so ist sie für jeden Einzelnen und für die 
'Gesammtheit von grosser Bedeutung. Von welcher Ge- 
sammtheit aber haben wir hier zu reden? Von keiner 
andern , als von der des Volkes. Diesen Begriff jedoch 
fassen wir hier nicht in beschränktem Sinne, und wen- 
den ihn nicht blos auf die unteren oder mittleren Gas- 
sen der Gesellschaft an, sondern nehmen ihn hier in sei- 
ner grössten Allgemeinheit Der Werth, den die Musik 
durch ihr unmittelbares Einwirken auf das Innere des 
Menschen hat, besteht in dem dargebotenen geistigen Ele- 
mente und in dessen Kraft, die inneren zur That hinstre- 
benden Regungen zu durchdringen und zu leiten. Das 
geistig lebendige Dasein, welches uns in der freien Form 

22 



563 



1844. Mai. No. 22. 



5G4 



des Schönen entgegentritt, wirkt durch seine Unmittelbar- 
keit gleichsam wie ein magischer Zauber auf das Innere 
und giebt ihm eine Beseeiignng oder Begeisterung, die 
das Endliche zum Unendlichen erbebt, das Sinnliche ab- 
streift und den Geist in das Gebiet einer höhern Welt 
führt. Sie schafft das Bewusstsein, alles Hohe zu besitzen, 
und, seines Gottes gewiss, in ihm sich geistiger Freibeil 
über den Schranken des Irdischen zu erfreuen. Diese Er- 
regung aber, bei der wir natürlich die verschiedensten 
Modificationen oder Stufen zugeben, ist eine unerschöpf- 
liche Quelle des Guten und Edlen. Wer verkennt die 
Wirkung, welche ein dem Gottesdienste vorangehendes 
würdiges Musikstück macht? wer hat nicht schon empfun- 
den, dass jene heiligen Töne gleichsam dem folgenden 
Gottesdienste den Weg bahnen, und durch ursprüngliches 
Ergreifen des religiösen Gefühls uns jedesmal neu zum 
Erkennen und Wollen des Guten weihen ? Wer kann hier 
unbeachtet lassen, dass dem Landmann oder dem Hand- 
werker, welchem die Woche unter einförmigen Beschäf- 
tigungen verstrich, bei einer solchen Kirchenmusik das 
Herz warm wird, und dass er für gute Vorsätze eine 
neue Kraft empfing, wenn deren Ursprung ihm selbst auch 
verborgen blieb? Eben so können wir nicht übergehen, 
welchen Segen die Gesangvereine an verschiedenen Or- 
ten gestiftet haben, ohne von ihrem socialen Nutzen zu 
reden, blos durch die denselben als Zweck vorliegende 
Musik. Denn die Bildung einer solchen Corporation ge- 
schieht ja gerade aus dem Grunde, weil man den von der 
Musik ausströmenden heilsamen Einfluss empfindet, selbst 
wenn man sich desselben nicht völlig klar bewusst ist 
Was er aber hervorbringt, haben wir oben gesehen* näm- 
lich die Beseeligung, die wir im Anschauen des Ideellen 
empfinden, und die mit Vermittelung der Reflexion erfol- 
gende moralische Kräftigung. Wer sollte diese nicht em- 
pfinden beim Anhören, ich möchte sagen, beim Anschauen 
einer Sinfonia eroica, sollte nicht das vom Künstler vor- 
gezeichnete Heldenideal verfolgen durch die verschieden- 
sten Situationen des Lebens? Wer sollte im Adagio der 
Cmoll- Symphonie jenen milden Trost und jene sehnsüch- 
tige Hoffnung verkennen und den Einfluss auf sein Inne- 
res bestreiten oder läugnen wollen? Ist nicht jenes Kunst- 
werk 'eben so sehr ein Drama, wie die Dichtungen eines 
Sophocles oder eines Schiller und Goethe? Nehmen wir 
nicht auch dort ein geistiges Gut mit nach Hause, wie 
bei dem Anhören eines ,, Faust** oder „Wallenstein"? 
Müssen wir aber auch nicht eben so ein Verhältniss zwi- 
schen den beiden verschiedenen Einflüssen zugeben, wie 
es der Unterschied zwischen Ton und Wort uns lehrt? 
Diesem Einflüsse uns hinzugeben und jenes geistige Gut 
zu erwerben, das mnss der Standpunct sein, von dem aus 
wir auf die Musik hin blicken; deshalb mag, nach seiner 
Individualität, dem musikalisch Gebildeten eine Sympho- 
nie oder ein Oratorium, dem Laien ein Werk einfachem 
Cbaracters zweckdienlich sein. Die Musik ist demnach ein 
Mittel der ästhetischen und, wenn auch mittelbar, mora- 
lischen Erziehung des Menschen, sowohl jedes Einzelnen, 
wie auch der Gesammtheit. Nolhwendig ist es aber auch, 
der Gesammtheit des Volkes Das zu bieten, was hier zum 
Ziele führt, damit nicht etwa statt ästhetischer Bildung— 
ästhetische Vorbildung, und statt moralischer Förderung — 



Versianlichung oddr sinnliche Weichlichkeit das Resultat 
sei, wozu alte und neue Zeit leider Belege geben. 

Wie wir es einerseits für wahr und richtig halten, 
dass die Musik ästhetisch und auch moralisch bilde, so 
müssen wir auch andererseits zugeben, dass durch Miss- 
brauch dieser Kunst eine nachtheilige Wirkung hervor* 
gebracht werde. Was aber ist hier Missbrauch der Kunst? 

Da, wo die Musik in das Gebiet des rein Sinnlichen 
herabgezogen oder zum Handwerk wird, wo aus ihr nicht 
mehr jene keusche, heilige Idealität hervorblickt, wo for- 
melle Schönheit oder Character mit den plumpen Händen 
des Handwerks rücksichtslos gemissbandelt wird, oder ein 
Kitzel der Sinne ihr Ausgangs -. und Zielpunct ist, oder 
wo sie benutzt wird, um nicht für ein Kunstwerk, sondern 
blos für die Subjectivität einer Vermittelungsperson Be- 
wunderung und Begeisterung zu erwecken, — da ist die 
Kunst in das Gebiet gezerrt, wo ihr die Göttlichkeit ge- 
nommen ist und uns als Ersatz dafür das nur Sinnlich- 
Menschliche dargeboten wird. Was finden wir in den 
siuulich- kitzelnden Terzengängen italienischer Opern, oder 
in den tanzartigen Rhythmen einiger ihrer Ouvertüren? 
Was finden wir in ernsten dramatischen Actionen, in de- 
nen uns Melodie und Rhythmus an einen Vergnügungsort 
zu versetzen suchen, wie eben dort in bekannten italie- 
nischen Opern ? oder können wir Das Erhebung und gei- 
stige Belebung nennen, wenn Dichtung und Musik ver- 
eint bei den Abentheuern eines Liebesbelden nur das Glü- 
hen niederer Leidenschaften erregen wollen? Doch das 
zieht an, ja, das schmeichelt der Lust, und das ist an- 
genehm zu empfinden: da läuft man hin und hört und 
horcht und kommt begeistert beim und glaubt ein grosses 
Kleinod gefunden zu haben, ohne zu wissen, dass Geist 
und Gemüth arm und kalt sind, und nur die Sinnlichkeit 
ihre Triumphe feiert. Wir wollen hier nicht ankämpfen 

!;egen die Musik des Südländers, als. sei sie etwas abso- 
ul Verdammlicbes, sondern wir wollen auch ihr ihr Recht 
lassen; der Süden fühlt anders, als der Norden, ihm er- 
scheint das Ideelle in glühenderen Farben, als uns, aber 
das ist bei ihm das Naturgemässe , und eben darum ihm 
subjectiv das Richtige ; nur soll nicht die Oeberspannung, 
welche hier so nahe liegt, auf uns mit übergehen und 
uns die besonnene geistige Erhebung rauben. Der Nord- 
länder ist mehr der Gefahr ausgesetzt, hier auf den Irr- 
weg zu geralhen, weil gleich nach dem geschehenen Ein- 
drucke bei ihm die Reflexion eintritt und eine bleibende 
Spur zurücklässt. Wir fragen Die, welche je mit Herz 
und Seele die Musik im Fidelio, Oberon, Freischütz, Eu- 
ryanthe, oder Don Juan, Hans Heiling oder Jessonda hör- 
ten, ob sie nicht einen Unterschied fühlten zwischen «dem 
Eindruck, den ihnen jene Musik, und dem, welchen ih- 
nen die Musik der neueren italienischen Opern machte : — 
genug davon; wir wollen diese Gedanken nicht weiter 
verfolgen, wollen diese moderne Italomanie nicht bekäm- 
pfen und manchen süss Träumenden seinem musikalischen 
Taumel nicht entreissen. Auch wollen wir keine Paränese 
hinzufügen und Vorschläge machen, da es deren nicht be- 
darf, weil uns bereits in den Bestrebungen Einzelner und 
grösserer Gesellschaften eine Garantie für das Morgen- 
roth einer bessern Zukunft gegeben ist. 



56Ö 



1844. Mai. No. 22. 



566 



R 



ECENSION. 



Dodici studi per il Pianoforle, dedicati a F. Hiller dal suo 
amico Steffano Golmelli. Op. 15. Milano, pr. Giovanni 
Ricordi. Libro I. 5 Fr. Libro IL 7 Fr. 
Wollte Jemand an der unerschöpflichen Ergiebigkeit 
der Musik, auch nur in ihrer Rhythmik und in ihrem 
Figuren wesen, zweifeln, so brauchte man ihn zur Wider- 
legung nur auf die lange Reihe von Etudes, Exercices, 
Studj n. s. w. hinzuweisen, welche seit Clementi's und 
Cramer's trefflichen Arbeiten in diesem Fache erschienen 
sind. Wenn man schon zuweilen glauben möchte, dieses 
Feld mSsse nunmehr bis zur Erschöpfung ausgebeutet 
sein, so wird man doch einmal über das andere, bald von 
dieser, bald von jener Seite her, und nicht selten auf 
die interessanteste Weise des Irrt bums überführt. So ge- 
stehen wir, auch durch diese „XII Studj" des Herrn Stef- 
fano Golinelli um so angenehmer überrascht worden zu 
sein, je weniger wir gerade von Italien her, welches 
bisher verhältnissmässig nur wenige hervorragende Ar- 
beiten auf jenem Gebiete aufzuweisen hatte , eine solche 
Bereicherung desselben erwarten konnten. Der Verfasser, 
unverkennbar anf der Höhe der neuesten Claviervirtuosi- 
lät stehend, bringt in diesem Werke, wenn er auch in 
manchen einzelnen seiner „Studj," wie z. B. in No. 1, 
in No. 8 u. e. A., wenigstens den darin ergriffenen und 
durchgeführten Figuren nach, an bereits öfter Dagewese- 
nes erinnert, dennoch ausserdem so viel Neues und Ei- 
gen thümliches , dass wir diese Etudensammlung tüchtig 
vorgeschrittenen Ciavierspielern als eine sehr beacblens- 
werthe und nicht blos practisch bildende, sondern auch 
in so fern sehr willkommene Gabe anempfehlen können, 
als die meisten dieser Stücke — und gerade nicht immer 
die schwierigsten — bei einem sauberen, sicheren und 
runden , kurz : bei einem virtuosenmässigen Vortrage, 
auch auf das grössere Publicum einen sehr günstigen Ein- 
druck hervorbringen dürften. Dabei wollen wir nicht un- 
bemerkt lassen, dass in dieser Sammlung nicht blos für 
Musikhörer, sondern auch für Schaulustige gesorgt ist, 
d. b. für solche , welche sich gern durch ein groteskes 
Durcheinanderwerfen der Hände in entzückungsvolles Stati- 
nen setzen lassen ; eine Liebhaberei des grossen Publicums, 
welcher bekanntlich kluge Salonvirtuosen mit geziemen- 
der Bereitwilligkeit entgegenzukommen wissen. — Zu 
einer tüchtigen Durcharbeitung der Hände sind diese Stu- 
dien, mehr in harmonischer Fülle und Pracht, als läufer- 
artig sich bewegend, sämmtlieh wohl geeignet, und einige 
derselben dürften auch wohl von Glavierspielern ersten 
Ranges als nicht sogleich beim ersten Anlaufe zu knak- 
kende Nüsse erfunden werden. Beide Hände bekommen 
ihre Aufgaben zu lösen, und keine wird sieb darüber zu 
beklagen haben, dass sie der Verfasser zu leicht ange- 
sehen. Dass derselbe nirgends den von ihm selbst ge- 
brauchten Fingersatz angegeben hat, müssen wir tadeln. 
Wir wissen zwar recht wohl, dass sich, abgesehen von 
alltäglichen, allgemein feststehenden Dingen, fast jeder 
Virtuos, nach Maassgabe des besonderen Baues seiner 
Hände, auch seine besondere Applicatur zu bilden pflegt; 
allein wir .achten es doch für zweckmässig , wenn sol- 



chen Studien, zumal da, wo der vom Verfasser intendirte 
Effect auf einer gewissen besonderen Applicatur vorzugs- 
weise beruht, die nöthigen Andeutungen beigefügt wer- 
den. Die äussere Ausstattung des Werkes ist in dem uns 
vorliegenden Exemplare dem Drucke nach nicht so sau- 
ber« wie man es von den besseren deutschen und fran- 
zösischen Officinen gewohnt ist. ß »• 



Nachrichten« 



Berlin, den 4. Mai 1844. Endlich ist der holde Mai 
in voller Blüthenpracht erschienen und mit dem April ist 
die überreiche Musiksaison beschlossen. Wie bereits er- 
wähnt, gaben die Geschwister Milanollo ihr zehntes Con- 
cert für die Armen, das eilfle als angeblich letztes, und 
am 12. v. M. ihr wirklich letztes oder Abschiedsconcert 
hei überfülltem Saale. Alle drei Concerte enthielten nur 
Wiederholungen der Musikstücke, welche beide Virtuo- 
sinnen bereits öfters ausgeführt halten. Mit dem für zwei 
Violinen eingerichteten ,,Carneval von Venedig" von 
Ernst und dem beliebten ,, Schlummerliede" in der Hau- 
mann'&chen Fantasie beschlossen die anmuthigen Mädchen 
ihr schönes Spiel, und wurden von Dr. Friedrich För- 
ster und L. nellstab zum Abschiede besungen. Neu wa- 
ren in dem letzten Concert nur die von Mad. Burchardt 
vorgetragenen Lieder für eine Sopranstimme mit Beglei- 
tung von vier Männerstimmen, von dem anwesenden Herrn 
MD. Ferd. Hiller componirt und dirigirt, welche, ohne 
Begleitung gesungen, durch heitere, populaire Haltung sehr 

5efielen. — Die Graun sehe Passionscantate : „Der Tod 
esu" wurde, wie alljährlich, in der stillen Woche vom 
Herrn MD. JuL Schneider und der Singacademie , mit 
vorzüglicher Besetzung der Soli und Chöre, sehr gelun- 
gen und mit vieler Tbeilnahme zwei Mal ausgeführt. — 
Am 4., 5. und 6. April war das königl* Theater ganz 
geschlossen. 

Am ersten Ostertage wurde „Belmonte und Con- 
stanze" im königl. Theater (auf der Kenigsstädler Bühne 
Cimarosa's „Matrimonio aegreto"), ferner „Norma," 
„ Die Tochter des Regiments," „Carlo Brosohi," „Der 
Wildschütz/ 4 „Die Nachtwandlerin" (Herr PfisUr als 
engagirtes Mitglied — Elwino), „Das Nachtlager von 
Granada" (Herr Pfister — Gomez) wiederholt. Für ein- 
geladene Zuschauer wurde L. Tieck's „Gestiefelter Ka- 
ter" mit dazu arrangirter Musik von Taubert gegeben. 
Die Urtbeile darüber waren getheilt. Der königl. hanno- 
versche Hefsanger Stigfielti gab den Lord Arthur in den 
„Puritanern" und im „Teil" von Rossini den Arnold 
zwei Mal als Gastrolle. . 

In der Garnisonkirche veranstaltete Herr Professor 
Kloss ein Concert zu mildem Zwecke, worin derselbe 
sich theils als fertiger Orgelspieler, theils als Dirigent 
grösserer Gesangstücke und Componist geltend machte. 
Fräul. Tuczeck trug eine Arie aus Haydns „Frühling" 
und ein schönes Offertorium von Cherubim sehr ange- 
nehm vor. — In einer musikalischen Matinee zu wohl- 
thätigem Zwecke liess sieh eine Sängerin ans Brüssel, 



367 



1844. Mai. No. 22. 



368 



Fräol. Runth-Valesi, mit Beifall hören, der auch oben 
erwähntem Tenoristen Stighelti (mit wohlklingender Brust- 
stimme and schönem Portament) bei seinen Debüt's zu 
Theil wurde. Ein recht gut erfundenes Pianofortetrio von 
einem talentvollen jungen Gomponisten und Violinspieler, 
Richard fFürst, gefiel allgemein. 

Die Potsdamer und Berliner ältere Liedertafel ver- 
einte sich, unter Leitung ihrer Meister Professor Run- 
genhagen und Musikdirector Schärtlich, am 21. v. M. 
zu einem Festmahle mit Gesang, an welchem auch Da- 
men» z. B. Mad. Burchardi und Dem. Auguste Löwe, 
singend und zuhörend, mit eingeladenen Gästen Theil 
nahmen. 

Am 1. d. M. (Busstag) wurde bei fast leerem Hanse 
Friedrich Schneider'* „Wellgericht*' zum Besten des 
Spontini- Fonds im königl. Theater wirksam ausgeführt. «-— 
Am 2. d. gab der verdienstvolle Akustiker Friedrich 
Raufmann eine musikalische Soir6e, in welcher derselbe 
besonder» sein neuerfundenes Harmonichord , wie auch 
das Symphonion, Salpingion (mit lauter Trompeten), Cbord- 
aulodion und das Trompeter - Automat mit vielem Bei- 
fall, jedoch bei sparsamem Besuche produeirte, obgleich 
Herr Raufmann einige Tage zuvor viele Kunstfreunde 
eingeladen hatte, um sie seine Instrumente hören zu 
lassen, für welche bekannte Musikstücke, z. B. die Ouver- 
türen zur „Stammen von Portici" und' den „Hugenotten/* 
das „Halleluja" aus Bandet s „Messias," sehr wirksam 
eingerichtet sind. Der geschickte Künstler wird noch eine 
zweite Unterhaltung veranstalten, und dann von seinen 
Kunstreisen nach seiner Heimath Dresden zurückkehren. 

Am 12. Mai soll hier das Jubiläum der Mozarf sehen 
„Zauberflöte" durch Aufführung dieser Oper gefeiert 
werden. 



Carneval-undFastcnopernu. s.w. inItalien. 

(Fortsetiüog.) 

Pisa. Sänger: die Brambilla (Teresa), die Buccini, 
Tenor Caslellan, Bassist Salandri, Impresario Lanari : also 
Erfreuliches. Das verschönerte, elegante, gut beleuchtete 
Teatro de' Ravvivati begann die Stagione mit Pacini's 
Saffo glänzend, und die Brambilla war die Krone; des« 
gleichen in der nachher gegebenen Sonnambuja, worin in 
der Rolle der Lisa ihre hübsche Schwester Laura, mit 
schönem Sopran, guter Aussprache und Gesangmetbode 
cum ersten Male die Seene betrat. Mercadante s Giura- 
mento ging ebenfalls gut. 

Da es von diesen Singerinnen Brambilla mehrere 
giebt, so mag hier Folgendes bemerkt werden. Vier die* 
ser Brambilla 9 sind in der Nähe von Mailand geboren, 
gelten aber allgemein als Mailänderinnen : die Altistin Mar 
rietla, die berühmteste, dermalen auf der Pariser italie- 
nischen Oper, ihre obbeaannte Schwester Teresa , eben- 
falls rühmlich bekannt, sodann ihre beiden Schwestern 
Annetta und die eben erwähnte Laura. Drei andere 
Schwestern BrambiUa, Tochter des Maestro Paolo dieses 
Namens, sind zu Mailand geboren: AmaHa, einst gute 
Prima Donna, sang auf italienischen und spanischen Thea- 
tern, nnd ist mit dem italienischen Tenor Ferger ver- 
mählt; die Emiliu sang in Spanien und heirathete einen 



reichen Spanier ; die Erminia betrat seit Kurzem die Bühne, 
und singt diesen Carneval im Kirchenstaat. Noch giebt es 
eine Altistin Carlotta Brambilla. 

Siena. Die famose Lucia di Lammermoor fand mit 
der Giotti-Grossoni, dem Tenor Victti und Bassisten Bar- 
tolini eine kalte Aufnahme. Von den beiden gleieb nach- 
her gegebenen Opere buffe: Bossini's Barbiere di Siviglia 
und Donizetli's Don Pasquale , war Ersterer freilich das 
Labsal der Stagione; in Beiden wirkte der Buffo Insom. 

Die übrigen toscaniseben Städte: Arezzo, Cortona, 
Empoli und Prato, wo ebenfalls Opern gegeben wurden, 
zu erwähnen, lohnt nicht der Mühe. 

Lucca. Auch hier, wie in Livorno, sind Douizetti's 
Linda und Fioravanti's Columella mit zwei respectablen 
Fiasco's abgetreten. Die schnell herbeigerufene Altistin 
Bertrand wendete einigermaassen das Blatt der Linda; 
die Prima Donna Gazzaniga, Tenor Ciaffei, und die Bas- 
sisten Scheggi und Fallar thaten ihr Mögliches. Besser, 
als der Golumella, ging Donizetti's Don Pasquale, worin 
der brave Bassist Rinaldini anstatt Fallar sang. In ihrem 
Benefiz gab die Gazzaniga den ersten Act von Don Pas- 
quale und den letzten der Linda, zwischen beiden eine 
von der hiesigen Dichterin Amalia Palladini gedichtete, 
vom hiesigen Maestro Micbele Puccini in Musik gesetzte 
dramatische Action : Giambattista Catani betitelt, von der 
Mos zu sagen ist, dass sie, wahrscheinlich der Palladini 
zu Liebe, wiederholt wurde. 

Herzogthum Modena. 

Carpi. Dass die Prima Donna Maria Luigia Veccbi 
ab Beatrice di Tenda in Bellini's Oper dieses Namens 
hier Fanatismus erregte, darf Niemanden wundern. Tenor 
Scalari war noch vom vorigen Jahre im hiesigen guten 
Andenken; in Donizetti's Roberto d'Evreux gab er die 
Titelrolle, die Vecobi die Eiisabetta, ihre Schwester Gio- 
vannina die Sara, und Bassist Amadio den Nottingham. 
Bios einige wenige Stücke machten Furore, und auf die 
Prima Donna wurde sogar ein pompöses Sonetto gemacht. 

Reggio. Der Anfangertenor Giovanni Solieri aus Bo- 
logna (der mit seiner Stimme an Moriani erinnert und 
zu guten Hoffnungen berechtigt), die Prima Donna Cat- 
taneo, und die Bassisten Basehieri und Cavalli wor- 
den vielleicht in Bellini's Puritani mehr befriedigt ha- 
ben, wenn die Musik etwas besser angezogen hätte. Do- 
nizetti's Torquato Tasso (Cavalli Titelrolle) war auch mit 
Buffo Merighi nicht glücklicher. Ricci'» Chi dura vince, 
worin Bassist Rigbi den anpässlich gewordenen Basehieri 
ersetzte, machto sogar Fiasco. 

Modena. Verdi's Nabucodonosor, in welchem die La- 
grange, die Comprimaria Carnio, Tenor Fedor (= Wil- 
helm Becker, ein Rasse und halber Schüler Ruhini's), 
Bassist De Bassini wirkten, machte Fiasco; man gab dem 
Orchester die Schuld I Ricei's (Fed.) Corrado d'Altamura 
ging es weit ärger, er erlebte blas vier Vorstellungen; 
einige Stücke der Lagrange, des Tenors Fedor, des Bas- 
sisten De Bassini, so wie ein Duett zwischen beiden Letz- 
teren wurden jedoch applaudirt. Die hübsche Altistin Au- 
gust* Bothe (aus Preussen) konnte in dieser Oper nicht 
sehr gefallen. Nach diesem Ungemadi gefiel, der. Nabucco 
immer mehr und wurde, die gajsae Stagione gegeben. 



369 



1844. Mai. No. 22. 



570 



Herzogthum Parma. 

Piacenxa. Ricci's (Fed.) Corrado d'Altamura mit der 
noch immer guten Sängerin Tavola (auf der Neige) , der 
Fouchä, dem Tenor Balestracci und Bassisten Casanova 
fand eine laue Aufnahme ; die Musik dieser Oper bat kaum 
einige geniessbare Stücke. Donizetti's Lueia fand nur 
tbeilweise Applaus, versteht sich die Sänger, denn was die 
Musik betrifft, ist in ganz Italien nur eine Stimme — 
wenn auch die eine der Andern nur nachspricht — sie 
sei vortrefflich. Le prigioni di Edimburgo (worin der Te- 
nor Luigi Manzoccfai vom Mailänder Conservatoriom de*- 
butirte), abermals von Fed. Ricci und abermals ein Fiasco. 
Alle drei Fiasco's wechselten bis zu Ende der Stagione 
mit einander ab. * 

Parma. Meyerbeer's mit so vielem Aufwände in die 
Scene gesetzter Roberto il Diavolo, worin die Golleoni 
(fertige, sonst gute Sängerin)» die Ponti, Tenor Milesi 
(ziemlich gut), die Bassisten Derivis, Demi wirkten, fand 
nicht die gewünschte gute Aufnahme. Bellini's Beatrice 
ging kaum etwas besser. Kein günstigeres Schicksal hatte 
Mercadante's Reggente; die rühmlich bekannte Tänzerin 
Gerrito half heraus. 

Die Herzogin hat verwicbenen 3. Februar mittelst 
eigenhändiger Unterschrift den Tanzer und zugleich gu- 
ten Violinisten Arthur Saint' Leon zu ihrem Ehren* 
Kammer* und Capell virtuosen ernannt. 

Königreich Piemont. 

* Turin (Teatro Regio). Herrn Verdi's Lombardi alla 
prima crociata, die vorigen Cameval bei ihrem Entstehen 
zu Mailand so festlich und glänzend auf der Scala ge- 
feiert wurden, seither aber auf anderen italienischen Büh- 
nen mit mehr oder weniger Glück die Breter passirten, 
trugen hier ebenfalls einen Fiasco davon. Einige gaben 
die Schuld dem unpässlicben Tenor Guasco; da er aber 
sogleich durch Herrn Mecksa ersetzt wurde und dieser 
in der Rolle des Oronte so ziemlich befriedigte, so warf 
man die Schuld auf die Musik, und applaudirte dafür theil- 
weise die Sänger, besonders die allgewaltige Tadolini und 
den wackern Bassisten Varesi, auch den bald wieder her* 
gestellten Guasco. Die zweite Oper, Giovanna I. di Na- 
poli, die Herr Coppola für Lissabons Theater componirte 
und hier eigens in die Scene setzte, zog fast gar nicht 
an» Die TadoKni, Guasco und Varesi wurden dann und 
wann beklatscht, wohl auch sammt dem Maestro auf die 
Scene gerufen ; das Resultat der ganzen Stagione auf un- 
serem königl. Theater war indessen = Fiasco, wie dies 
gegenwärtigen Garneval fast allenthalben in Italien deir 
Fall war. Nächst der Zunahme der Fiasco's vermehren 
sich bei uns jedes Jahr in der kalten Jahreszeit die 
Unpiaslicbkeiten und Cntauglichkeiten der Sänger, die 
man zu ersetzen immer bereit sein muss. Es ist höchste 
Zeit, der heutigen Massenoper ein Libera nos Domine 
anzustimmen . 

Bemerkenswert!! ist es indessen, dass, während an- 
dere Sänger in dieser Massenoper sämmtlich sehr bald zu 
Grunde gehen, die Tadolini an Kraft und Geläufigkeit ih- 
rer »och immer reinen Stimme zuzunehmen acheint. Sie 



ist, kurz gesagt, für die einbeimischen grossen Theater 
die einzige jetzt lebende Sängerin ersten Ranges in Ita- 
lien« Nach ihr kommt freilich die Frezsolini, die aber 
bereits ziemlich abgenommen hat; die herrliche Tacebi- 
nardi ist schon seit mehreren Jahren in Paris und Lon- 
don tbätig. Hier einige kurze biographische Notizen von 
unserer Eugeuia Tadolini , über welche so manches Un- 
richtige in auswärtigen musikalischen Blättern berichtet 
wurde. Sie ist aus Forli in der Romagaa und mag jetzt 
beiläufig 33 Jabr alt sein. Ihr Vater, Filippo Savorani, 
war ein Beamter unter der vorigen französischen und 
auch unter der päpstlichen Regierung. Von Jugend auf mit 
einer hübschen und geläufigen Sopranstimme begabt, erhielt 
sie nach vollendetem Unterricht in den Anfangsgründen 
der Musik Gesangunterricht bei Herrn Giovanni Tadolini, 
Lehrer des schönen Gesanges zu Bologna, dessen Gattin 
sie bald wurde, worauf sie sich ganz der Opernbühne 
widmete. Ihre Bahn begann sie mit gutem Erfolge im 
Garneval 1829/30 zu Parma. Von da ging sie mit ih- 
rem Gatten nach Paris, wo er noch jetzt Director des 
italienischen Theaters ist, sang daselbst drei Jahre zur 
Seite der Malibran, der Pasta, des Rubini, Lablache, wor- 
auf sie (seitdem von ihrem Manne getrennt) auf den Thea- 
tern zu Mailand, Venedig, Padoa, Triest, Sinigaglia, Flo- 
renz, Locca, Brescia, Genua, Turin, Neapel» Rom, Siena, 
Reggio, Bergamo sang. In Wien, wo sie nächsten Früh- 
ling zum siebenten Male auf dem dasigen italienischen 
Theater singt, ist sie der Liebling des Publicum«, und 
wurde zur Kammersängerin des Kaisers ernannt. 

(Teatro Sutera.) Kein Gerassel, kein Gepolter, kein 
Geschrei * hier wurde gelacht. Die erste gegebene Opera 
buffa war eine neue verbesserte Auflage der Casa disa- 
bitata, del Maestro Laura Rossi, worin die Riva-Giunti 
und Buffo Cini die Palme davon trugen, und Tenor Gaja 
sammt dem Bassisten Ferrario das Ihrige zur gnten Auf- 
nahme der populären Musik beitrugen« Nach fünfzehn Vor- 
stellungen dieser Oper wechselte Donizetti's Ajo nell' 
imbarazzo, worin der Buffo Zambelli den Protagonisten 
ziemlich gut gab, mit ihr ab. Fioravanti's von Neapel 
hierher verpflanzte neue Oper: Non tutt' i pazzi sono all' 
ospitale, fand, auch des wenig interessanten Buches we- 
gen, nur in wenigen Stucken Anklang. 

Bei Gelegenheit des unlängst hier Statt gefundenen 
Säcolarfestes von Torquato Ta$$o 9 s Geburtstag werde 
unter Anderen auch ein für dieses Fest vom Grafen Gi+* 
vanni MarchetU in Bologna gedichteter, von Rossini ei* 
gends in Musik gesetzter Chor (nicht Gantate) aufgeführt, 
der drei Mal wiederholt werden muaste. 

Savigliano. Rossini lebt so zu sagen heut zu Tage 
nur noch in seinem Barbiere di Siviglia, der hier und 
da aus dem Staube hervorgezogen auf einigen Theatern 
gegeben wird. Hier labte man sich im wahren Sinne ded 
Wortes an der gemüthlieben Musik dieses Barbiere, und 
die Borgognoni als Rosina, Tenor Personi und der Bari« 
tono Fallardi befriedigten am Meisten. Bei alldem lechz- 
ten Zuhörer und Sänger nach einer Opera seria \ sonder- 
bar genag verfiel man auf Bellini's Slraniera und hörte 
sie geduldig an. 

Cuneo. Mercadante's Giuramento mit der Gambaro 
(Schwägerin des Componisten), der Morandi (einer Wie» 



571 



1844. Mai. No. 22. 



372 



nerin), den Tenor Lavia und Bassisten Walker erfreale 
sieb in wenigen Stacken eines geringern oder stärkeren 
Beifalls. Weit minder gefiel Nini's Virginia. (Am 18. Ja- 
nuar hatte die Morandi ein ehrenvolles Benefiz mit dem 
zweiten Acte des Giuramento und dritten der Capuleti 
von Vacaj.) Donizetti's Piglia del Reggimento belustigte 
hierauf Anfangs Februar das Auditorium nach der nichts- 
sagenden Virginia. Die Gambaro mag für diese, in Hin- 
sicht der Oper nach Tarin vielleicht wichtigste Stadt in 
Piemont sogar als respectable Sängerin gelten , was sie 
aber nicht ist. 

Saluzzo. Bellini's einförmige Puritani langweilten 
hier nur zum Theil, weil die Lasagna- Landi, Tenor Lat- 
tuada und die Bassisten Bruscoli und Dali 9 Asta nichts 
weniger als missfielen. In Ricci's Cbiara di Rosenberg 
herrschte einige Kurzweil; Bruscoli (in der Rolle des 
Michelotto) und Laltuada (als Valmore) waren die Begün- 
stigtesten ; die Lasagna war der Titelrolle nicht gewach- 
sen, rettete sich aber schnell darauf in Donizetti's Lucre- 
zia Borgia, worin die Tomati den Orsino machte. 

Ivrea. Eine Tollkühnheit war es beinahe von dem 
Impresario und Buffo Bellegrandi, Donizetti's grosse Oper 
Marino Faliero mit der Cagnoli-Lamberti, dem unpässli- 
chen Tenor Forno, den Bassisten Rivoira (für die Titel- 
rolle zu schwach) und Franceschetti (Israele) zu geben. 
In der dritten Vorstellung musste der Protagonist durch 
Herrn Carlini — den Contrabassisten des Theaters! — , die- 
ser wieder einstweilen durch Herrn Migliara ersetzt wer- 
den, bis Ricci's Chiara di Rosenberg mit der Focosi, dem 
Tenor Maggi, dem Bassisten Franceschetti und BufFo (Impre- 
sario) Bellegrandi in die Scene, und die Sachen viel besser 
gingen. In der zuletzt gegebenen Norma, mit der Focosi, 
Cagnoli, dem Maggi und Migliara, war man nicht unzufrieden. 

Casalmonferrato. Die Rocca-Tagliata (aus der Turi- 
ner Singschule), nach ihr Tenor Zoni und der exotische 
Bassist De Breuil (im Italienischen in Di Broglio verstüm- 
melt) waren hier ausgezeichnet in Ricci's Scaramuccia. 
In Donizetti's Olivo e Pasquale ragte der Bassist hervor; 
in Bellini's Sonnambula trug der Tenor den Preis davon; 
endlich in der Lncia di Lammermoor war die recht brave 
Sängerin Parodi die allerbravste. 

FercelU. Nach hergestellter Unpässlichkeit ging es 
der Tirelli immer besser in der Lucrezia Borgia; Bassist 
Santi gab den Duca recht brav, dem Tenor Landi fehlte 
es Dicht an Beifall, an dem auch die Dossena einigen 
Antbeil nahm. In Rossini 9 » verstümmeltem Assedio di Co- 
rinto und in Bellini's Sonnambula, worin die Altistin Bis- 
cottini mitwirkte, gingen die Sachen im guten Geleise, 
worauf die Tirelli und Santi nach Lissabon , für dessen 
Theater sie gewonnen, abgereist sind. 

Notare. Die Lucrezia Borgia mit der Francesohini- 
Garis, der Banmann (aus Udine), dem Tenor Bozzetti 
und Bassisten Gnscetti, war ein Crescit euudo fürsämmt- 
liehe Virtuosi, die sich einander in jeder Vorstellung über- 
trafen. Der nachher gegebene Nuovo Figaro del rinomato 
Maestro Ricci störte diese ganze Freude; weder Musik 
noch Singer, unter ihnen Bassist Parodi, erregten eini- 

C Aufsehen, und man kehrte abermals zur himmlischen 
jrcria zurück, worauf endlich Donizetti's Marino Fa- 
liero einen guten halben Fiasco machte. 



Herzogtümer Genua und Nizza. 

Savona. Nachdem die weinerliche Beatrice di Tenda 
des beweinten' Bellini vierzehn Male die Breter passirt 
hatte, in welcher die Sarazin, die Rho, Tenor Gumirato 
und Bassist Bastogi-Magnani das Auditorium mehr oder 
weniger zum Applaudiren rührten , erfreute es Donizet- 
ti's Figlia del reggimento, worin Prima Donna mit ihrem 
Tambourschlagen und der sogenannte Rataplan Alles fana- 
tisirte. In ihrem Duette mit dem Tenor pfropfte sie einige 
französische Worte ein (die Oper ist, wie bekannt, ursprüng- 
lich für's Pariser Theater französisch componirt worden), 
die ihre gute Wirkung nicht verfehlten. Die Figlia del 
reggimento wurde bald durch ihre Schwester Lucrezia 
Borgia verdrangt, die noch mehr als der Tambour und 
Rataplan gefiel. 

Novi. Fröhlich begann der Carneval mit Rossini*« 
Barbiere, besonders der schönen Prima Donna Grassi we- 
gen, die auch in der folgenden Figlia del reggimento die 
Gunst der Zuhörer hatte, worauf dessen Elisir d'amore 
sonderbarerweise altmodisch befunden wurde und fast 
durch6el. 

Genua hatte im Ganzen eine löbliche Süngergesell- 
sehaft: die Pixis und Boccabadati, die Comprimaria Re- 
morini und Pusteria, Tenor ßorioni und Bassisten Orlandi ; 
aber die neue Oper Ernani, del Maestro Mazsucato 
(Singlehrer am Mailänder Conservatorium), machte Fiasco, 
Wie es oft hier zu Lande hei Beurtheilung einer zum 
Theil oder gauz verunglückten Oper von Seite der Pro- 
fanen oder Viertel-, Drittel- und Halbgelehrten zu ge- 
hen pflegt, dass man ihrer gelehrt sein sollenden, allzu 
künstlichen Musik die Schuld giebt, so war es auch hier 
der Fall. Unter Andern sagt die hiesige Zeitschrift Espero, 
die Musik des Ernani sei gelehrt und tiefgedacht, habe 
aber keine pathetischen singbaren Motive, der zweite Act 
sei ganz null. Diese Leute eines Bessern zu belehren, 
ist eben so unnütz als vergeblich , und wenn ihnen nun 
Jemand vollends sagte : Herr Mazzuccato hat sehr nöthig, 
bei einem guten Meister eine eigentliche Schule in der 
Composition zu machen, so könnten sie ihn gar für ver- 
rückt halten ; darum ist es auch besser, ganz zu schwei- 
gen. — Die Pixis und Borioni fanden einigen Beifall. Als 
ein betrübtes Intermezzo folgte hierauf Pacini's voriges 
Jahr zu Palermo mit einem Fanatismo aufgenommene Ma- 
ria d'Inghillerra, hier ganz mit denselben Prione Donne 
(der Marini und der Clerici) und einem grossen Fiasco. 
Verdi's Lombardi alla prima crociata waren weit glückli- 
cher; die Boccabadati fand verdienten Beifall, der auch 
der Pixis in Bellini's Capuleti mit dem dritten Act von 
Vaecaj, als ihrem Benefiz, reichlich gespendet wurde. 

Nizza, Die Prime Donne Sacchi, Malugaui, Gaziello, 
Tenor Cristofani, Bassist Smith, Buffo Picchi, sämmtlich 
Virtuosi von ziemlicher Miltelmässigkeit, gaben Mercadan- 
te's Elisa e Claudio und Donizetti's Elisir mit massigem 
Beifall. 



Insel Sardinien. 
Cagliari. Prime Donne» die Lusignani und Tassini, 
Comprimaria Duffö, Tenore Mugnai und Michelini, Bassi- 
sten Mazzotti und Ventura, Buffo Rivarob. Wegen Un- 



373 



1844. Mai. No. 22: 



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pässlichkeit der Lusigoani konnte Rossini'» Semiramide 
nicht in die Seene geben ; man gab daher zur Nolh Fio- 
ravanti's Columella mit der Duffd, keineswegs vortreff- 
lich ; bald darauf, nach hergestellter Gesundheit der Lu- 
signani, benannte Rossini'scbe Oper mit ihr, der Tassini, 
Mazzotti und Mugnai. Aufnahme so so. In Ricci's Nuovo 
Figaro, mit der hier beliebten Tassini, den Herren Mugnai, 
Mazzotti und Rivarola, war sie viel besser; leider wurde 
die Tassini bald unpässlich, und durch die Lusignani er- 
setzt. Die saubere Opera tragica: Marescialla d'Ancre, 
del Maestro Nini, verdunkelte noch mehr die Carnevals* 
slagione. 

Sassari. Donizetti's Esule di Roma machte einen 
feierlichen Fiasco ; weder bebagte die Musik, noch waren 
die Sänger : die sonst brave Bruni (Brun), Tenor Murena 
und Rassist Lolio, dieser Oper gewachsen. Dessen Anna 
Bolena, worin auch die De Velo und die Comprimarta 
Stella -Lanzi mitwirkten, ging etwas besser. 
(Fortsetzung folgt.) 



Uebersicht 

der in den Leipziger Gewandhausconcerten im Winter- 
halbjahr 1843 — 1844 aufgeführten Musikstücke. 

Instrumentalmusik. 
1) Symphonieen. 
Beethoven: Ddur; Bdur; Eroica; Cmoll; Adur; 
Pastoralsymphonie. — Drobisch: Gmoll (neu). — Niels 
JV. Gade: erste; zweite (Ednr). — Haydn: Militär- 
Symphonie. — Ralliwoda: Fdur (neu). — Mendelssohn 
ftartholdy: zweite (Amoll). — Mozart: Cdur (mit der 
Scblussfuge) ; Gmoll; Esdur. — Rietz i Gmoll (neu). — 
Schubert: Cdur. — Spohr: Die Weihe der Töne; Irdi- 
sches und Göttliches im Menschenleben. 

2) Ouvertüren. 

Beethoven: Leonore (No. 3); Coriolan; Op. 124; 
Egmont. — Cherubini: Medea. — Gluck: Iphigenia. — 
Goldschmidt: FrühUnesgruss (neu). — Hiller: Concert- 
ouverture(DmoII). — Macfarren: Concertouverture(neu). 

— Mendelssohn Bartholdy: Meeresstille und glückliche 
Fahrt; die Hebriden. — Mozart: Zauberflöte. — Theod. 
Müller: Concertouverture. — Rietz: Feslouverture. — 
Rossini : Wilhelm Teil. — Schneider: Feslouverture (neu). 

— Spohr: Faust. — Spontini: Olympia. — freber: 
Freischütz; Euryanthe; Oberon., 

3) Stücke für einzelne Instrumente. 

•) Piano/orte. 

Beethoven : Goncert für Pianoforle, Violine und Vio- 
loocell. — Hiller: Goncert (neu); Röverie, Etüden, danse 
des fantömes. — Mendelssohn Bartholdy: Goncert in 
Gmoll; Serenade; Capriccio in H moll; Lieder ohne 
Worte. — Mozart: Goncert in Dmoll. — Thalberg: 
Fantasie über russische Themen; über Sonnambula. — 
Weber: Concertstück. — fVillmers: Fantasieen und 
Etüden. 



b) Violine. 
Beriot: Adagio und Rondo. — David: Gonoert (E 
moll); desgl. (neu); Variationen. — Ernst: Fantasie über 
Otello. — Ralliwoda: Introduction und Variationen. — 
Moralt: Fantasie. — Riefstahl: Concertino; Variatio- 
nen. — Sachsse: Variationen. — Spohr: Concertino Sonst 
und Jetzt. — Vieuxtemps: Variationen. 

c) Fioloncell. 

Kummer: Concertino. — Metzner: Adagio und Va- 
riationen. — Rietz: Fantasie. 

d) Flöte. 
Fürstenau: Fantasie. — Haake: Concertino. — 
Ralliwoda: Divertissement. 

e) Clarinette. 
Bärmann : Fantasie. — Gährich: Goncertante für 
zwei Clarinetten (neu). — Ralliwoda: Variationen. 

O Oboe. 
Kalliwo da ; Concertino. 

g) Hörn. 
Lübeck: Adagio. 

h) Fagott. 
Maurer: Concertino. 

i) Batspotaune. 
Müller: Concertino. 

Gesang. 

1) Chöre und mehrstimmige Sätze. 

Beethoven : Meeresstille und glückliche Fahrt ; Musik 
zu Egmont; Marsch mit Chor aus den Ruinen von Athen. — • 
Cherubini: Agnus Dei. — Donizetti: Duett aus Beli- 
sar. — Fesca: Der 9. Psalm. — Haydn: Des Staubes 
eitle Sorgen; La tempesta. — Hoven: Einleitung aus dem 
Kätheben von Heilbronn. — Mozart: Terzett aus Vila- 
nella rapita. — Rossini: Introduction aus der Belagerung 
von Corinth und Wilhelm Teil. — Spohr: Introduction 
und Duett, Terzett und Ballscene aus Faust. — Weber: 
Erstes Finale aus Euryanthe; Erstes Finale aus Oberon. 

2) Arien und andere einstimmige Sätze. 

Ralfe i Arie aus Falstaff. — Beethoven: Arie aus 
Fidelio; Ah perfido. — Bellini: Arie aus Sonnambula; 
Montecchi; Puritaner. — Burgmüller: Spanische Sere- 
nade. — Donizetti: Arie aus Belisar; Lucia di Lammer- 
moor. — Gumbert: Lied. — Händel: Arie aus Theo- 
dore ; Judas Maccabaus ; Holy, holy • — Haydn : Arie aus 
der Schöpfung. — Haler: Arie: La Partenza. — Mar- 
liani: Arie: Stanea di piü combattere. — Marschner: 
Lied: „Der Himmel im Thale." — Mercadante: Arie 
aus Ipermestra. — Meyerbeer: Arie aus II crociato. — 
Mozart : Concertarie ; Arie : Mia speranza ; Arie aus Ido- 
meneo; Tito; Cosi fan tutte; Don Giovanni; Zauber- 
flöte. — Nicolai: Arie aus II templario. — Pacini: Zwei 
Arien. — Rossini: Arie aus Sigismondo; Semiramide; 
Donna del lago; die Tarantella. — Schottisches Lied. — 



375 



1844. Mai. No. 22. 



576 



Svohr: Arie aas Fauftj Jetsenda. — Webet : Arie aas 
Oberoa? Freischäl». 

Dia Künstler, welche auftraten, waren: 
1) Instrumentalmusik. 

Martin Bezeth aas Rotterdam (Violine). — Jean 
Joseph Bott aas Cassel (desgl.). — David aus Leipzig 
(desgl.)- — Diethe aas Leipzig (Oboe). — A. and G. 
Gareis aas Berlin (Clarinette). — Goldschmidt aas Prag 
(Pianoforte). — Grenser aus Leipzig (Flöte). — Fräal. 
v. Grünberg aas Petersburg (Pianoforte). — Haake aas 
Leipzig (Flöte). — Heinxe aus Leipzig (Clarinette). — 
Hiüer (Pianoforte).— Jos. Joachim aus Wien (Violine). — 
Kalliwoda (desgl.). — Mendelssohn Bartholdy (Piano- 
forte). — Metzner aas Meiningen (Violoncell). — A. 
Moralt aas München (Hörn). — B. Moralt (Violine). — 
Nitssche aas Dresden (Flöte). — Queisser aus Leipzig 
(Bassposaune). — Reinecke aus Altona (Pianoforte). — 
Rief stahl aus Frankfurt am Main (Violine). — Riet* aus 
Düsseldorf (Violoncell). — Sachsse aus Leipzig (Vio- 
line). — Weissenborn ebendaher (Violine). — Weissen- 
hörn ebendaher (Fagott). — WiUmers aus Kopenhagen 
(Pianoforte). 

2) Gesang. 

Fraul. Antou aus Leipzig. — Fräal. Birch aas Lon- 
don. — Mad. Burchardt aus Berlin. — Fräal. Hage- 
dorn aas Dessau. — Baritonist Kindermann ans Leip- 
zig. — Tenorist Roch aus Sondershaasen. — Tenorist 
Langer aus Leipzig. — Fräal. Macasv aas Prag. — 
Fräul. Marx aas Berlin. — Baritooist Nettmann ans Kö- 
nigsberg. — Bassist Pögner aus Leipzig. — Fräul. Sachs 
ebendaher. — Tenorist Schmidt ebendaher. — Madame 
Spatzer - Gentiluomo ans Dresden. 



Feuilleton. 



Am 25. April 1844 wurde io Altooa, anter Leitung des Gan- 
tor Petersen, „Simsen," Oratorium von Händel, in der lutheri- 
schen Hauptkirche aufgeführt. Die Solopartieen waren den uusge- 



teiennetstea Künstlern and Künstlerinnen den Gesanges togatfaeilt, 
and snmntfiiche Chöre worden mit möglichster Präeision gesungen, 
so dass diese berühmte Gompositien in allen Theilen vortrefflich 
exeeutirt werde. 



Am 27. April fand in Mönchen zu Ehren des Erenerxogs Carl 
eine grosse MilitSrmnsifcprodaction Statt, webet aof dem Mux- Jo- 
sesbsplatte die Mositbanden von fünf Regimentern Beethoven'* 
Sehlacht von Vittoria ausführten. 



Der Magistrat in Wien hil der Kammersängerin Frfiul. Lutzer, 
jetzt verehelichten Dingehtedt y in Anerkennung der Verdienste» 
welche sie sich durch mehrjährige Mitwirkung hei den Academiee* 
mm Besten des Bürgerspitalfonds erworben, die grosse goldene Sal- 
vator- Medaille verliehen. Ans gleichem Grunde ertheilte der Ma- 
gistrat dem Violinvirtuosen Herrn Hellmesberger das Wiener Bür- 
gerrecht für seine Person. 



In Weimar ist eine neue Oper: „Die Seeendetten oder die 
Kmauoipattoa der Praeen <( von Chelard mit Beifall gegeben worden. 



In Pari» starb der Operneomponist Berton, Professor der Com- 

Sosition am Conservatoriom der Musik und Mitglied des Instituts. 
Ir gehörte früher zu den beliebtesten Operncomponisteo ; Montano 
nud Stephanie begründete suerst seinen Ruf; Aline, Königin von 
Golcondn, Die tiefe Trauer, Rosamunde u. m. A. fanden noch in 
Deutsehland Beifall. Mit Kreutzer und Boieldieu schrieb er cur 
Krönung Carls X. die Oper Pharamnnd. — Die Gesellschaft der 
Artlstes - Musiciens bat eine Sobscription eröffnet, am Ihm nuf dem 
Kirchhofe Pere-Lnchnise ein Denkmal errichten an lassen. 



Der als Componist für Volks- and Klrcbengenung bekannte 
Musikdirektor Fran* Cammer su Berlin hat eine Reise nach Hol- 
land angetreten, um der Rotterdamer Gesellschaft zur Beförderung 
der Tonkunst in den Niederlanden seinen so eben vollendeten er- 
nten Band der Kireheostüeke niederdeutscher Meister zu überreichen. 



Bin BnglKnder Namens AguiUtr uns Leudon gab um 8. Mai in 
Frankfurt am Main ein Coneert zum Besten der Moznrtstiftnng da- 
selbst, worin er unter Anderen mehrere Ciavierstücke von Hum- 
mel vortrug and eine neue Symphonie seiner Compoeition zur Auf- 
führung brachte. 

Auber, dessen neueste Oper: „Die Sirene" in Paris so gros- 
sen Beifall findet, hat schon wieder zwei neue Partituren fertig; 
die eine ist eine komische Oper in drei, die andere eine grosse in 
fünf Aufzügen , and heido Werke sollen nüebsten Winter auf die 
Bühne kommen. 1820 war er ein junger Mann, der nicht so viel 
besass, um sieh ein gutes Pisnoforte knufen zu können ; jetzt be- 
sitzt er unter Anderem vier der grössten Häuser in einer der be- 
liebtesten Strassen von Paris. 



Ankündigungen. 



M*t 



In «nmi Verbs« encMat un 4. Jaai mit Eigentkanu- 



Fantnlstc 

sur des motifs de t Optra : 

Saphe de Paoinl 

cempos* per 

Th. MßöMer. 

Op. 49. Preis 1 Thlr. 10 Ngr. 



Noch tot Bade dieses Moaats erseneint t ! 

nie Sirene. 

Oper in drei Acten 

von 

Auber, 

Clavieraoszqg der einzelnen Stücke. 
Leipsig, 91. Uni 1844. 

Breltltopf eV Hftrtel. 



Pruek und Vertag yon Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



377 



378 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 5 te * Juni. 



M »S. 



1844. 



Infi Alt t Seb. Btch's €boralgesäoge nnd Cantaten. (Fortsetzung.) — Nachrichten: Ana Leipzig. Sunmarisefaer Beriebt über die mu- 
sikalischen Kräfte you Cola und deren Leistungen in dem Winterhalbjahr 1843 — 1844. Caroeval- und Faalenepero n. •• w. 
in Italien. (Fortsetzung.) — j4nhu*dig**gen. 



Seb. Bach's Choral -Gesänge und Cantaten. 

(Fortsetzung zn No. 7 n. 8.) 

Die Kirchen cantaten Seb. Bach's sind ein Schaiz ron 
unermesslichem Werthe. Ungeachtet ihrer oft setisamen, 
in veralteter * Ausdrucksweise sich ergehenden Textes- 
worte werden sie in Beziehung auf die Wahrheit und 
Innigkeit ihrer ans der innersten Tiefe eines frommen, 
gläubigen Gemütbes entquollenen Musik für ewige Zei- 
ten als Muster dastehen. Wem sie sich erschlossen, den 
stört die Form ihrer Sprache nicht. Back liefert keine 
Musik neben dem Texte, keine Melodien zum Texte, die 
ohne diesen durch sich selbst völlig befriedigen , etwa 
durch ihn nur Erklärung, vor falscher Auffassung sichernde 
bestimmtere Bedeutung erhalten. Nein, er durchdringt das 
Wort in seiner geistigen Tiefe, hebt durch die Tonkunst 
seinen Sinn hervor, erklärt es in Tönen zur Offenbarung 
seines ganzen Inhaltes, wiederholt es, seine Bedeutung 
verstärkend, erweiternd , betrachtet es in verschiedenem 
Sinne, mit einem Worte: Bach's Kirchenmusik ist eine 
vollständige Exegese des ihm zum Grunde gelegten Tex- 
tes. — Für alle seine Schöpfungen scheint Bach wie mit 
einem Schlage die passendste Form gefunden zu haben. 
Wie kunstreich nnd mannichfalüg auch immer ihre Aus- 
stattung erscheinen mag, nichts desto weniger ist Alles 
leicht nnd mit der grössten Gewandtheit, obwohl deshalb 
nicht mit geringerer Sorgfalt ausgeführt, und in den Ar- 
beiten seiner späteren Lebensperiode herrscht eine Frei- 
heit im Fluge des Gedankens, dass auch selbst da, wo 
er in den allerknnstreichsten Formen hervortritt, sich nir- 
gends ein ihn beengender Zwang bemerken lässt. — Mit 
bewundernswürdiger Lebhaftigkeit wusste er sich stets 
für die tiefste Auffassung seiner in Musik zu setzenden 
Texte zu stimmen, nnd immer stand sogleich das ganze 
Tonstück in voller Gestaltung vor seinem Geiste. Da ist 
nirgends etwas Gestückeltes, Gedrechseltes zu entdecken ; 
jeder Ausdrucksweise im vollsten Maasse Herr, hielt er 
sie unwandelbar fest, wenn er sie einmal als die ihm 
für seinen Zweck passendste erfasst hatte. Und wie man- 
nichfalüg, wie vielseitig erscheint er, und eben in sei- 
nen Gesangcompositionen mit am Allermeisten. Für jedes 
Gefühl, für jede Empfindung , für jede Anschauung stand 
ihm der Ausdruck zu Gebote, und er giebt ihn eben so 
tiefsinnig, als innig und wahr. Jede erneute Veranlas- 
sung ihres wiederholten Erwachens führt ihm auch den 

46. Jahrgang. 



neuen Ausdruck dafür zu, und diesen immer wieder eben 
so kunstreich als ungekünstelt. Man könnte fast behaup- 
ten, wer seine Schöpfungen in ihrem ganzen Umfange 
erkannt bat und zu geniessen im Stande ist, der findet 
bei einiger Beobachtungsgabe nach ihm nichts wesentlich 
Neues mehr in der Musik. Mindestens ist so viel gewiss, 
einen grösseren musikalischen Gedankenreichtbum bat 
kein Tondichter, weder vor, noch nach ihm, bekundet, 
und wenn die grössten Meister unter seinen Nachkom- 
men an dem Style ihrer Werke erkennbar sind, so fin- 
den wir auch diesen schon in einzelnen seiner Werke 
wie eine Verkündigung angedeutet. Er unterscheidet sich 
von den nach ihm durch die Individualität der Meister 
ausgeprägten nur dadurch, dass auch in allen seinen Pro- 
phetien der /facA'sche Geist vorherrschend durchweht. — 
Doch lässt sich in der mir vorliegenden Sammlung von 
Gantaten ein sich entwickelnder Bildungsgang des Mei- 
sterswohl berausfiuden. Obschon aus allen derselbe fromme 
Sinn, ich möchte sagen dieselbe christliche Einfalt her- 
vorleuchtet, so klebt doch den in einer früheren Periode 
geschaffenen mitunter etwas Veraltetes, so in der Form, 
wie im Ausdrucke an. Die späteren zeichnen sich durch 
jene, in nie veraltender Form ausgeprägte Kraft des Ge- 
dankens , durch jene Sicherheit und Klarheit der Auffas- 
sung, durch jene eiserne Consequenz der Ausführung aus, 
welche dem grössten Tbeile der Werke unseres Meisters 
eigen sind, und Alle, denen sie sich einmal erschlossen 
haben, mit nie zu lösenden Fesseln an sich ketten. Back 
verstand es, wie gesagt, allen Regungen des Gemüthes 
den wahrsten Ausdruck zu geben; dadurch tritt in sei- 
nen religiösen Werken seine Subjectivität in den Hinter- 
grund, und er wird der Verkündiger christlicher Gesin- 
nung und Anschauung aller Bekenner des Evangeliums. 
Er lässt uns aber nicht allein die Regungen des religio- 
sen Gemüthes erkennen, mit ihnen macht er uns auch die 
Veranlassung dazu anschaulich \ er zeichnet alle Zustande, 
innere und äussere , mit minutiöser Beachtung auch der 
kleinsten Merkmale, wie sie sich seinem Seherblicke aus 
den vorliegenden Textesworten ergeben, er sucht sie 
nicht hervor, sie dringen sich ihm auf, seiner Auslegungs- 
kunst wie natürlich entgegenströmend. Und dies ist der 
Punct, worin sich seine neueren Kircheneompositiooen 
hauptsächlich von den älteren unterscheiden. — Sebast. 
Back legt nicht allein Befriedigung, Freude, Wonne und 
Jubel, Sehnsucht und Wehmuth, Traurigkeit und Schmers 

23 



379 



1844. Juni. No. 23. 



380 



in den Cbaracler seiner Tonstucke, er malt sie auch im 
Einzelnen aus. Jedes Wort belebt und bezeichnet sein 
musikalischer Ausdruck. — In der Ganlate ; „Jesus schläft, 
was darf ich hoffen,* 1 siebt der bekümmerte, verlassene, 
schwankende Christ den Heiland wirklich schlafen, die 
Schaar der Andächtigen sich dem Schlummernden behut- 
sam nahen. Wir sehen anderen Ortes das sturmbewegte 
Meer, so wie die sich thnrmenden Wogen ; wir schauen 
den heitern Himmel, wie die wetterschwangeren Wolken 
sich erbeben, sehen am Auferstehungslage des Herrn die 
im Triumphe sich kreisenden Sterne ; Back durchzieht in 
seinen Gesängen mit uns die ganze Well, lebt alle Zu- 
stände und Verbältnisse mit uns durch, nnd begleitet uns 
bis an den Rand unseres offen stehenden Grabes, wel- 
ches er nns in freudiger Hoffnung und Erwartung eines 
künftigen» seligen, verklärten Lebens zeigt. — Indem er 
den bedrängten Christen tröstet, ihn stärkt und ihn auf- 
fordert, sich in Gottes Fügungen zn schicken, zeigt er 
uns wie verstohlen dabei auch das Murren des unzufrie- 
denen Bedrängten mit; er bezeichnet daneben Stehen nnd 
Gehen, Ruhen und Eilen, das Sieberheben wie Gebeugt- 
werden in einer fast den ersten Anfangen der Kunst eige- 
nen Naivität. — Und hierin , ohne irgend ein Aufgeben 
der kleinen Detailmalerei, haben sich seine späteren Ar- 
beiten vor den früheren verklärt. — Sein Denken, 
Schauen und Fühlen ist sich stets unveränderlich gleich 
geblieben, doch steht später diese Malerei nicht mehr so 
vereinzelt da, sie bewegt sich fest eingeschlossen in der 

Sonata, unisono. 



melodischen Form, die er seinen Stücken zum Grunde 
legt, und der Genius lehrte ihn seine Motive so glück- 
lich finden, dass sie in ihrem Kerne schon die Ausdrucka- 
fahigkeit für alles Das enthielten, was er im Verlaufe des 
Tonstückes in ihm auszusprechen hatte. Es kann ganz da- 
hin gestellt bleiben, ob und welchen Antbeil Seb. Bach 
an dem Textesentwurfe der Kirchencantaten , an ihrer 
äusseren Anordnung genommen hat; die Auffassung, die 
Gliederung, die poetische Verbindung und Beziehung der 
Tbeile zu einander, die Verarbeitung ihres Inhaltes ist 
sein Werk, und in welcher Weise! — Die Betrachtung 
zweier Cantaten für das erste Osterfest, einander gegen* 
über, möge das Nähere andeuten. Wir wählen zuerst die 
Cautate: „Der Himmel lacht, die Erde triumphiret." 
Der Meister führt uns, vom Triumphgesange über die Auf- 
erstehung des Herrn ausgehend, durch darüber ange- 
stellte Betrachtungen, dem Inhalte des Textes gemäss, in 
seiner gewohnten tiefsinnigen Weise, bis zu Tod und 
Grab des eigenen Leibes und lehrt uns, nach erweckter 
Hoffnung und Erwartung eines künftigen beseligten Le- 
bens in Christo, Beides mit Ruhe und Ergebung betrach- 
ten und in Sehnsucht erwarten. — Das Tonstück ist 
fünfstimmig für zwei Soprane, Alt, Tenor und Bass be- 
bandelt und ausser dem Quartett mit drei Oboen, drei 
Trompeten und Pauken begleitet. — Eine „Sonata" be- 
nannte Einleitung für das Orchester allein eröffnet feurig 
und brillant die Festcantate. — Nur das Thema, im Unisono 
von allen Instrumenten angestimmt, m öge hier Platz finden : 

Tromha i ; - i T ;-,■,! 






und, mit Uebergehung des Nachweises der kunstreichen 
und sinnigen Anordnung des Stückes, bemerkt werden, 
dass in die Durchfuhrung des zweiten und dessen Gegen- 
thema's der Hauptsatz in kurzen Gliederungen von den 
Trompeten vorgetrage n hine in tritt u nd zum S chlüss e die 



bis dabin in freierem Spiele bewegten Summen zur Aus- 
sprache desselben einmütbigen Gedankens anzieht, mit 
welchem das Stück begann. Unmittelbar daran erbebt sich, 
ebenfalls vom ganzen Orchester begleite!, der erste Chor 
der Cautate, fünfslimmig : ^^^ 

1 ßßJ^ pji .gqg JB5. 






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Alco. 1/ 

Der Himmel lacht 



die Er 
Der Himmel lacht — — 



de tri - am - phi 

— , die Er 



de tri- 




Cont. 



phi- ret, der Hirn- mel lacht — — 






Der Satz tritt im ersten Tbeile förmlich fugirt auf; 
nach kurzem Zwischenspiele nimmt der Sopran nach* 



stehendes, sogleich vom Alt imitirtes Thema anf: 



381 



1844. Juni. No. 25. 



582 




Hei - lig-ste kann nicht ver - we 
Der Hei 



lig-ste kann nicht ver- u. s. w. 



^^f f t t-+ 



welches regelmässig in allen fünf Stimmen erscheint, 
doch nicht weiter durchgeführt wird, sondern nach kur- 
zer Verarbeitung der letzten melismatischen Gänge kräf- 
tig abschliesst. Ein Nachspiel nimmt das Thema des er- 
sten Theiles wieder auf. — Hierauf beschreibt ein Reci- 
taliv für die Bassstimme die Festlichkeit des Tages näher, 



und leitet in eine pathetische, vom Fundament allein be- 
gleitete Arie ein. Sie ist trefflich declamirt, überhaupt 
sehr originell ; die characterisüsch pomphaft majestätische 
Begleitung hebt den Gesang noch ungemein hervor. — 
Aehnliches findet sich in Marcellos Psalmen. 



Aria. 




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Fürst des Lebens , starker Streiter, Forst des Le 



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SSE 



Di, star-Ler Streiter, Fürst des Lebens, starker Streiter, hochbe-lob^- ter Got-tes - so 




iE: 



^— ffi-i^H^ 1 ^ 



Die Gesänge zum Preise des Siegesfuroten sind hier been- 
digt. Ein vom Fundamente begleitetes Recitativ des Te- 
nors schildert nun die durch Christi Auferstehung be- 
glaubigte Erwartung eines Lebens mit dem Herrn nach 
dem Tode; ihm folgt eine Tenorarie: „Adam muss in 
uns verwesen, soll der neue Mensch genesen , der nach 
Gott geschaffen ist- 4 * Mit vorerwähntem Recitative nimmt 
die Musik einen ruhigem Character an. Die Melodie zu 
obigem Texte der Arie ist angenehm, ohne jedoch beson- 
ders das Gefühl anzuregen; sie giebt allein den didacti- 

Violinl et Viola 1. 



sehen Inhalt wieder. — Dagegen übernimmt die fünfstim- 
mige Begleitung der Saiteninstrumente den bewegteren 
Ausdruck der freudigen Hoffnung, des beseligend ruhigen 
Erwartens. — Deshalb bat Bach auch nicht das Motiv 
der Singstimmen zum Ritornelle gewählt» sondern mit 
guter Absiebt die Motive der Begleitung dazu benutzt, 
und dadurch den Character des Tonstückes schon mit Be- 
zugnahme auf den ferneren Gang der Cantate vollkom- 
men angedeutet: 




585 



1844. Juni. No. 25. 



584 



* Aeeoapegneaent A1H ein wie dai Ritornelle. 




we - sen, soll der neu - e Mensch ge - ne - sen , 



der nach Gott er - schaf - fen ist. 




Ein kurzes Recilaliv ohne Begleitung, von der Sopran- 
stimme vorgetragen, spricht nun das Bewusstsein des Le- 
bens in Christo aus, und die freudige Zuversicht der Auf- 
erstehung mit Christo zur Ehre und Herrlichkeit nach 
dieser Zeil, wie die Anschauung Gottes in eigenem Flei- 
sche. — Wie prophetisch und im Triumphe erhebt sich 
die Stimme im Schauer dieses freudenvollen Jenseits, der 
Conti» uo beendet rhythmisch geordnet das Recitativ. — 
So gestärkt uud erhoben sieht der Christ ruhig dem Tode 
entgegen, jede Furcht ist entschwunden und bat der 



in 



15 



"Voce. 



to i., j i »' h J ^ 



Sehnsucht nach Auflösung, nach der Verwirklichung des 
Geschauten Raum gegeben. — Die folgende Arie : ,, Letzte 
Stunde brich herein'* — schildert dieses freudige Sehnen, 
malt die fröhliche und getroste Erwartung der endlichen 
Verwandlung und Erfüllung der durch Christi Auferste- 
hung gewordenen Verheissung. — Und wie vortrefflich 
hat Bach Das wieder ausgedrückt! — Das Hauptmotiv, 
wie es Sopran und Oboe einander imitirend in den ersten 
vier Tacten geben, ist zu einem Ritornelle von sechzehn 
Tacten zusammengestellt, hierauf beginnt der Gesang: 



rj l t t Cf tr\^m 



?ct 



: * s=: Ft 



^m 



Rilorn. 



15 



Letz-te Stnn -de, 



brich her - ein , 



Oboe. 



letz-te Stunde, brich her - ein, lelz-te 



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d ■p> J ' £3rr } V f f ' r r '• 






Fund, in Svo Basso 




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Stande, brich 



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her- ein, mir die 



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zn - zu - drücken, mir die n. s. w. 




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8to B. f ^J ■ I loco-pc Tp: -jr 

Höchst sinnig und bedeutungsvoll lässt Bach im ach- 
ten Tacte, bei den Worten: „Brich herein, mir die Au- 
gen zuzudrücken , " den Cantus firmus des Chorals : 
„Wenn mein Ständlein vorhanden ist, " durch Geigen 
und Bratschen vorgetragen, eintreten, und im Verfolge 
des Stückes den ganzen Choral neben der im angenom- 
menen Cbaracter fortgehenden Singstimme und deren imi- 
tirender Begleitung durch die Oboe ausführen. So wird 

„, . Schluss -Choral. 

Tromba e . . , -^ 



ffTT f 

die folgende, die Cantate abschliessende, letzte Strophe 
desselben Chorals vorbereitet und kann nun als ein Lied 
im höheren Chore erklingen; der Grabgesang wird so 
ohne alle äussere Veränderung in einen Triumpbgesang 
verwandelt, und wie das Tonwerk mit dem weltlichen 
Ausdrucke des Jubels über den Triumph der Erstandenen 
begonnen, schliesst es jetzt mit Darlegung der Freude und 
der Zuversicht des Christen in ernstester kirchlicher Form : 



J^M* £ U& 




So erklärt sich die Versetzung des Choralschlussverses 
aus dem tieferen G ins hellere C, die volle dazu er- 
klingende Instrumentation und die über dem Choral 
in getragenen Tönen schwebende Melodie der Siegeslrom- 
pcte, als Gegensatz ihres irdisch pomphaften Ausdrucks 



in der Einleitung. — Zur ersten Choralstrophe und ohne 
diese Vorbereitung bliebe diese Behandlung des Chorals 
unbegreiflich. 

(Fortsetzung felgt.) 



385 



1844. Juni. i\o, 23. 



586 



NAC 



HRICBTETf. 



Leipzig, den 25. Mai. Am 12. , 16. und 19. Mai 
hielt Herr Tran» Brendel aas Dresden im Saale des Ge- 
wandhauses Vorlesungen über Geschichte der Musik, wor- 
über in Folgendem Kurz zu berichten wir um so lie- 
ber Veranlassung nehmen, als wir auf einen grösseren 
Cyclus von Vorlesungen, welche Herr Brendel über Ge- 
schichte der Musik später einmal hier zu halten beab- 
sichtigt, aufmerksam machen wollen. 

Die Gegenstände der beiden ersten Vorlesungen wa- 
ren Gluck und Beethoven mit Bückblick auf Hat/du und 
Mozart, und somit die interessantesten Epochen der 
Kunstgeschichte neuerer Zeit. Das kräftige Einwirken 
Gluck 9 s auf Verbesserung eines verbildeten Zeitgeschmacks 
durch Herstellung einer reinen, naturgemässen Melodie, 
auf Verbannung aller sinnlichen Effectbascherei durch Her- 
stellung eines wahren dramatischen Ausdrucks so erfolg- 
reich, gestaltete sich in dem beredten Vortrage zu einem 
reichen Stoffe und führte zu Betrachtungen, die, verbun- 
den mit Ausführung einiger Scenen aus den Opern Or- 
iheus und Alceste, so wie einer Arie aus Iphigehia in 
'auris, den Zuhörern grossen Genuas gewährten. Eine 
vergleichende Characteristik Haydns, Mozarts und Beet- 
hovens war der Hauptgegenstand der zweiten Vorlesung, 
in welcher besonders der Einfluss Beethoven 9 * auf die 
neueste Zeit als überwiegend hervorgehoben wurde. Die 
religiöse, politische Denkweise wurde als Grund ihrer 
Kunstrichtung gellend gemacht, was namentlich bei Beet- 
hoven zu mannichfaltigen Bemerkungen Veranlassung gab. 
Müssen wir hierbei Vergleichungen aus dem Gebiete an- 
derer Künste niemals als völlig genügend und erschöpfend 
erkennen, so geben wir doch zu, dass sie zur Verstän- 
digung für ein gemischtes Publicum viel beitragen, eben 
so wie kunslphilosopbische Bemerkungen dem wissenschaft- 
lich Gebildeten, der dabei nicht zugleich Musiker ist, ei- 
nen hellem Blick in das Wesen der Tonkunst verschaf- 
fen, so weit sich nun eben mit Worten in solcher Kunst 
Etwas erklären lässt, was nach unserer Ansicht niemals 
völlig genügend möglich ist. Daher halten wir es für 
richtig, dass durch Ausführung einiger Tonstücke die ei- 
gentliche Erläuterung gegeben wird. Es wurden diesmal 
Satze von Tonstücken aus verschiedenen Lebensperioden 
Beethoven 9 * vorgetragen, aus den Sonaten Op. 2, Op. 53 
und Op. 111. Fräul. Lautmann aus Petersburg spielte 
dieselben recht brav. 

Boten die ersten beiden Vorlesungen dem gebildeten 
Musiker auch nichts wesentlich Neues, wenn sie auch die 
Aufmerksamkeit zu fesseln wohl geeignet waren, so dürfte 
doch besonders die letzte derselben ein allgemeines In- 
teresse zn erregen im Stande gewesen sein. Dieser Vor* 
trag suchte den Einfluss der weltgeschichtlichen Ereig- 
nisse auf die Fortbildung und Richtung der Musik in den 
verschiedenen Kunstperioden zu begründen, und entwickelte 
zum Schlosse die Tendenz der zu haltenden Vorlesungen. 
Die allgemeine Characteristik der verschiedenen Schulen, 
und besonders der letztern Zeit, gewährte einen beleh- 
renden Ueberblick über das Kunstgebict, und die Bemer- 
kungen über die neuesten Kunstbestrebungen mit prophe- 



tischen Folgerungen für die nächste Zukunft waren in- 
teressant und zu eigenem Nachdenken anregend. Wollen 
wir auch jetzt die Ansicht, die Bluthe der Tonkunst sei 
vorüber, es fehle der neuesten Zeit ein Centralpunct, oder 
mit andern Worten, jener hochbegabte Geist sei nicht, 
wie in früherer Zeit, vorbanden, von dem etwas Er- 
spriessliches für die Fortbildung der Tonkunst zu er- 
warten sei, nicht kritisch beleuchten, so möchten wir 
doch die Folgerung, die Wissenschaft, die Kritik müsse 
das Fehlende schaffen, die Prämisse selbst zugegeben, 
nicht für ganz richtig erkennen. Halten wir das Eingrei- 
fen der Wissenschaft zur Fortbildung der Kunst für un- 
bedingt noth wendig, so sind wir doch der Ansicht, dass 
sie für. sich allein, ohne den Alles belebenden göttlichen 
Funken, nichts vermag, uud dass ihre Bestrebungen nie- 
mals jenen auf Alles mächtig einwirkenden Geist erre- 
gen können. — Wir müssen uns hier mit kurzen An- 
deutungen begnügen, da unser Bericht kein tieferes Ein- 
gehen in diesen reichhaltigen Stoff zulässt. Hit Vergnü- 
gen aber sehen wir den zu hoffenden Vorträgen entge- 
gen; sie werden das Ganze überschauen lassen und zu 
weiterer Entwickelung der ausgesprochenen Ansicht Ge- 
legenheit geben ; auf jeden Fall müssen sie bei der ge- 
wählten Darstellungsweise für jeden Gebildeten Interesse 
gewähren. r. — 



Summarischer Bericht 

über die musikalischen Kräfte von Cöln und deren Lei- 
stungen in dem Winterhalbjahre 1843 — 44. 

1) Das Theater , unter Direction des Herrn Spiel- 
berger. Erste Sängerinnen : die Damen Weixelbaum und 
Limbach. Tenoristen: die Herren Peretti und fFoffi. 
Baritonist ; Herr Pichon. Bassisten : die Herren Forme* 
und Bllenberger. Capellmeister : die Herren Dorn nnd 
Beithmeier. Coneertmeister : Herr Hartmann. — Das 
Hepertoir bestand, da Herr Pichon erst gegen Ostern ein- 
traf, mit Ausnahme der Opern, in welchen die Haupt- 
rolle einen Bariton verlangt (z. B. Templer, Faust, Don 
Juan) — aus fast allen in Deutschland gangbaren classi- 
schen nnd Modeartikeln. Neu einstudirt wurden : Fidelio, 
des Teufels Antbeil, der Schöffe von Paris, Euryanthe, 
Don Pasquale. 

2) Die ConcertgeeelUehaJt veranstaltete auch in die- 
sem Winter sechs Concerte. Das Orchester mit Zuzie- 
hung von kunslgeübten Dilettanten stellt ein Gontingent 
von beinahe 60 Personen, darunter zehn erste Violinen, 
acht Violoncelle, fünf Contrabässe u. s. w. Die Chorge- 
sänge und Soli's wurden von Mitgliedern der hiesigen 
Singacademie und des städtischen Gesangvereines ausge- 
führt. Fräul. Fischer aus Darmsladt, eine tüchtige So- 

Jranistin, war ausnahmsweise für zwei Concerte engagirt. 
Dirigent: Heinrich Dorn. Das Bepertoir bot viel Ab- 
wechselung und zeugte von einem enrenwerthen Streben, 
das Gediegene mit dem Gefälligen zu verbinden. Es wur- 
den exeeutirt Symphonieen : Beethoven (Fdur und Adur), 
Mozart (G moll), Spohr (Weihe der Töne), Bie* (C moll), 
Dorn (Ddur). Ouvertüren: Gluck (Iphigenia in Aulis), 
Fesca (Omar und Leila), Beethoven (Coriolan), J. Klein 



587 



1844. Juni. No. 23. 



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(Jungfrau von Orleans), Veit (Op. 17 in D), Mozart 
(Idomeneo). Von grösseren neuen Werken kam Rossinfs 
Stabat mater zur Aufführung. Diese ansprechende Com- 
position wurde spater mit brillanter Besetzung der Solo* 
partieen und in Verbindung mit Beethoven 9 * C moll - Sym- 
phonie noch zwei Mal (am grünen Donnerstage und er- 
sten Oslerfciertage) im Theater zu Gehör gebracht. — 
Von fremden Virtuosen trat im Zweiten Concert Herr 
Spinaler aus Aachen auf, ein trefflicher Oboebläser. Von 
hiesigen Künstlern hörten wir nur Herrn Concertmei- 
sler Hartmann in der Spohr'&chen Gesangscene und 
einem Potpourri von Kallnooda. 

3) Die musikalische Gesellschaft, ein Instrumental- 
verein von Dilettanten, vereinigt sich an jedem Sonna- 
bend in Verbindung mit dem grössern Tbeil des engagir- 
ten Orchesters zur Aufführung von Symphonieen und 
Ouvertüren. Dirigent ist der hiesige Musikalienhändler 
Almenräder, zugleich erster Violinist beim Theater. 

4) Der städtische Gesangverein unter Direction des 
städtischen Capellmeisters Dorn) 

5) Die Singacademie unter Direction des Domorga- 
nisten Weber, neide Gesellschaften verfolgen dieselben 
Tendenzen in Ausführung ernster, meist kirchlicher Mu- 
sik. Wöchentlich ein Mal Versammlung. 

6) Die Liedertafel kommt monatlich ein Mal zusam- 
men. An Weber 9 s Stelle wurde für das laufende Jahr 
Herr Dorn zum Liedermeister gewählt. 

7) Der Männergesaneverein 9 gestiftet von Fr. We- 
ber, hält wöchentlich eine Versammlung, worin geistliche 
Composilionen für mehrstimmigen Männergesang geübt 
werden. Der Verein veranstaltete auch drei sehr besuchte 
öffentliche Aufführungen, * 

8) Kirchenmusik,, Mit Ausnahme der sonn - und fest- 
täglichen unter Herrn Domcapellmeister Leibl executir- 
ten Messen, bietet diese Branche hierorts nichts Bemer- 
kenswerthes. Die zwanzig Orgeln in den zwanzig Haupt- 
kirchen Cölns sind ohne Ausnahme unbedeutend. 

9) Quartettmusik. Das sogenannte rheinische Quar- 
tett, bestehend aus den Herren Hartmann, Derkum 9 We- 
ber und Breuer , gab in diesem Winter siebeu Abend- 
unterhaltungen , in denen sie sich als tüchtige« Spieler 
bewährten. 

10) Extraconcerte veranstalteten : der ausgezeich- 
nete Harfenist Parish- Altars; der Pianist Drey schock 
(drei Mal) , seine Virtuosität ist erstaunlich , als Compo- 
siteur aber steht er auf keiner hohen Stufe j der belgi- 
sche Violinist Kettenys in Verbindung mit dem schon ge- 
nannten Oboebläser Spindler; blinde Flötisten und dito 
Sänger u. s. w,; Musikdirector Rabies aus Düren be- 
schloss seine interessanten Vorlesungen mit einem soge- 
nannten historischen Concert, welches verdienten An- 
klang fand. 

11) Instrumenten- Fabrik* Höchst ausgezeichnet sind 
die Leistungen der Herren Eck und Comp., deren Con- 
cerlflügel und Piano's sich ohne Scheu den besten zur 
Seile stellen dürfen. 

12) Musikalische Kritik. Vacat. 

Gegenwärtig beschäftigt sich das hiesige musikali- 
sche Publicum mit den Vorübungen und Vorbereitungen 
(leider auch Zeitungsplänkeleien) zum 26. niederrheini- 



schen Musikfest, welches zu Pfingsten in Cöln unter Di- 
rection unseres städtischen Capellmeisters gefeiert wer- 
den soll. Das Programm besteht aus Händers Jephta 
(nach der englischen Originalpartilur mit Orchester und 
Orgel), Beethovens Missa in (in Deutschland die erste 
ungetheilte Aufführung dieses Biesenwerkes), Mozart 9 s 
Jupitersymphonie in C, und Cherubinis Hymnen. — 

Ein bereits gedruckter Plan, die hiesigen Instrumen- 
talkräfte unter dem Namen: „Orcheslerverein" für im- 
mer zu concentriren und das Orchester selbst zu einem 
städtischen Institut zu erheben, circulirt seit vier Wo- 
chen und scheint Theilnahme zu ei wecken. 
Cöln, den 15. April 1844. 



Cameval- undFastenopctn u. s.w. in Italien . 

(Fortsetzung.) 

Lombardisch - Venetianisches Königreich . 

Mailand (Teatro alla Scala). Pracht, verschwende- 
rischer Ueberfluss, Furore und Fiasco wechselten diese 
Stagione schnell mit einander ab; wobei eine neue Oper 
nach 72 Stunden, zwei andere neue Opern schon nach 
drei Stunden ohne allen Pomp in grösster Sülle beerdigt 
wurden. Ein Dutzend Prime Donne , darunter eine ein- 
zige ganz vorzüglich ; ein halbes Dutzend Tenore, wovon 
die eine Hälfte wenig, und die andere....; ein anderes 
Halbdutzend Bassisten , nämlich fünf mehr oder weniger 
wackere Distonirer und ein guter Buffo, nebst den Se- 
eundärvirtuosi wirkten in 8, sage acht Opern, von denen 
sechs verunglückten und zwei sich der besten Aufnahme 
erfreuten. In den gar nicht gelungenen grossen und klei- 
nen Balletten war die berühmte Elster aus Wien die 
bekränzte Siegesgöttin . 

Pacini's Maria d'Inghilterra, die ihm bekanntlich vo- 
rigen Carneval zu Palermo die Krone der Unsterblich- 
keit von den Palermitanern verschaffte und schon vori- 
gen Herbst iu Turin durchfiel, befriedigte auch hier ganz 
und gar nicht. Da über Pacini's neue Schreibart weiter 
unten die Rede sein wird, so mag hier blos bemerkt wer- 
den, dass der für uns neue Tenor Ivanoff in dieser Oper 
kaum einiges Aufsehen erregte; er ist zwar ein guter 
Sänger mit schöner Brnststimme , aber kalt im Vortrag. 
Die Moltini vom hiesigen Conservatorium gebt mit — für 
die Scala. Ferlotti ist gar kein Held. Der aus Barcellona 
zurückgekehrte Bassist Mariui, als Distonirer auf der 
Scala im guten Andenken, debütirte in Donizetti's Marino 
Faliero, zur Seite der De Giugli und des Tenors Fer- 
retti ; aber seine schöne Stimme verlor seither noch mehr 
an Reinheit, und der Marino Faliero verschwand nach 
der ersten Vorstellung ans der Scene. Um diese zwei 
Unfälle ganz zu verwischen, wollte das Schicksal, dass 
einer spanischen Sängerin Antonia Del Carmen -Monte- 
negro gleich darauf in Bellini's fast verschollener Norma 
ein sehr glänzender Empfang von Seite der meisten Zu- 
hörer zu Theil wurde. Die Montenegro, aus adeliger Fa- 
milie zu Cadix im Jahr 1818 geboren, erlernte den Ge- 
sang anfänglich bei einem Dilettanten in Madrid. 1841 
und 1842 brachte sie in Paris zu und sang da in meh- 
reren Concerten. Vorigen Jauuar 1843 ging sie mit dem 



589 



1844. Juni. No. 23. 



390 



Maestro Cella nach Amsterdam, und sang auf dem Thea- 
ter daselbst mit Beifall in der Norma, Lucia, im Barbiere 
di Siviglia und in den Puritani; hierauf begab sie sich 
nach Berlin, von wo aus sie eine Scriltura für die Mai- 
länder Scala erhielt. Bei all dem günstigen Empfange auf 
diesem grossen Theater sind indessen die Urlbeile über 
diese Künstlerin höchst verschieden. Schreiber dieses, der 
verbindert war, sie gleich anfänglich zu hören, erstaunte, 
als er nach dem gemachten Furore von unparteiischen, 
sehr gewichtigen Schiedsrichtern einstimmig die Worte 
aussprechen hörte: ,,sie habe Feuer und Seele, sei aber 
keine Sängerin! 44 Wirklich tragt sie in der Norma 
manche Sachen ergreifend vor, in ihrem Stimmenumfange 
ist sie aber blos vom ein- bis zum zweigestrichenen f 
am glücklichsten, und hält überhaupt mit den heutigen 
besten italienischen Sängerinnen, z. B. mit der Taccbi- 
nardi, Tadolini, Frezzolini, keinen Vergleich aus. In der 
Norma sang neben der Montenegro Tenor Ferretti und 
Bassist Marini; die Adalgisa machte anfanglich die Bel- 
loni, sehr bald darauf die Albani. Nachdem Bellini's Pu- 
ritani, mit der Moltim, Ivanoff, Marini und Ferri (die ihr 
famoses Duett um die Wette herunter distonirten), als 
langweilige Oper zom Glücke nur wenige Male den Zu-, 
hörern ein starkes Gähnen abgelockt halten, und die neue 
Oper Sofonisbcty del Maestro Luigi Petrali (einem Schü- 
ler Mercadante's), nur einen Abend gegeben worden war, 
wofür der Componist dem Vernehmen nach aus seinem 
eigenen Beutel hundert Augsburger Gulden der Impresa 
bezahlt hatte, ging Pacinfs neue Oper : L'Ebrea mit der 
Montenegro, der Alboni (nicht mit der vorbenannten Al- 
bani zu verwechseln), den Herren Ivanoff und Marini in 
die Scene, erhielt sich aber darauf mit Noth in drei Vor- 
stellungen und verschwand sodann gänzlich aus dersel- 
ben. Pacini, der erste Bossini'scbe Apostel, machte zu 
seiner Zeit Epoche, darauf (von den andern 1 Rossini'schen 
Aposteln Donizetti, Mercadante, Bellini, Ricci verdrängt) 
eine lange Pause, in welcher er einem ernsthafteren mu- 
sikalischen Studium sich widmete. Seit seiner Saffo aber- 
mals melodramatisch thätig, fehlt es ihm noch jetzt bei 
seiner 70. Oper, der obigen Ebrea, keineswegs an origi- 
nellen melodischen Ideen, er schreibt auch viel solider, 
als ehemals, nur hat er Mercadante's leidigen Fehler an- 
genommen: er erdrückt Sänger und Zuhörer mit Vocal-, 
Instrumental- und Harmoniemassen. Grosse Meister haben 
stets mit wenigen, aber am wahren Orte angebrachten 
Harmonieen die erhabensten Wirkungen hervorgebracht; 
wozu freilich vor Allem eine treffliche Schule, Studium 
der musikalischen Classiker, sodann ein eigenes Genie 
und Talent gehören. Jetzt schläft man in der Scala beim 
schrecklichsten Stimmen- und Orchesterlärm ebenfalls recht 
sanft. Bedenkt man ferner, dass im ganzen Dissonanzen- 
meer unserer heutigen für bocbgelahrt gehaltenen Maestri 
nicht ihr eigentlicher künstlicher Gebrauch zu finden ist, 
wie man das z. B. bei einem Meyerbeer, Mendelssohn, 
bei unserm herrlichen Spohr u. A. jetzt lebenden musi- 
kalischen deutschen Heroen auf der Stelle erblickt; dass 
ein gebundener Styl, der für die Ebengenannlen ein Spiel 
ist, bei Erstem auch in den ernsthaftesten Musiken äus- 
serst kärglich in Miniatur und als ein Noli me tangere 
betrachtet wird; — so könnte man bei all diesen Har- 



monieanhäufungen fragen: Harmonie, que me veux-tu? 
(Noch unlängst wurde mir von einem für sehr gelehrt 
gehaltenen Maestro ein von ihm neu componirtes grosses 
Kirchenstück gezeigt. Auf meine Bemerkung, dass mir der 
künstliche Gebrauch der Dissonanzen und der gebundene 
Styl ganz besonders gefielen, schüttelte er tftark den 
Kopf dazu, und mir fiel dabei die Fabel des Fuchses ein.) 

Bis jetzt, das ist bis zu Ende des Carnevals, sah es 
also auf der Scala nichts weniger als tröstlich aus. Von 
den bisher gegebenen sechs Opern machten fünf Fiasco. 
Die Norma, der man viel Langweiliges nicht absprechen 
kann, erhielt sich durch die Montenegro. Unter den Sän- 
gern ragte Letztere, ihrer bedeutenden Partei wegen, am 
Meisten hervor; als sie nach und nach öfters distonirte 
(zur Scala gehört eine eiserne Brust), nahm auch diese 
ziemlich ab. Mit der Fastenzeit kamen von den ander- 
wärts geschlossenen Theatern neue Sänger an , und so 
gab man denn auf der Stelle Donizetti's Liuda di Cha- 
mounix mit den Damen Tadolini, Alboni, dem Tenor Gar- 
doni, den Bassisten Colini, Fedrighini und Buffo Rovere. 
Nach aller Schmach und nach Pacini's erdrückenden mu- 
sikalischen Massen war Donizetti's einfache, sangbare, 
mitunter wirklich hübsche Musik der Linda, noch dazu 
von diesen neuen Sängern vorgetragen, ein wahres Lab- 
sal. Die seit langer Zeit hier nicht gehörte treffliche, sonst 
kalte Sängerin Tadolini hat seither mehr Feuer, und 
dürfte die erste jetzt lebende Prima Donna in Italien sein; 
ihr reiner umfangreicher, sehr geläufiger Sopran ist eisen- 
fest und sie überwindet grosse Schwierigkeiten mit Leich- 
tigkeit. Jeder der übrigen Sänger verdient Lob, beson- 
ders der für uns neue Bassist Colini, ein Römer, mit hüb- 
scher (leider zuweilen Kehl-) Stimme und gutem Gesänge. 
Zu Ende der Stagione gab man zum ersten und letzten 
Male Mireckis neue Oper Cornelio Bentivoglio. Herr 
Mirecki, ein Pole, der ein Sechziger sein mag, bat bereits 
vor mehreren Jahren eine Oper in Genua componirt, und 
wurde sodann Director einer Musikschule in Cracau. Seine 
angezeigte Oper hat nichts Besonderes aufzuweisen und 
ist im Ganzen einförmig. 

(Teatro Garcano.) Während der Fasten wurde hier 
Fioravanli's Columella (Pulcinella), Donizetti's Lucia und 
Torquato Tasso gegeben. Die Prima Donna Agostini und 
Buffo Borella, der eben so wie Cambiaggio ein Mailän- 
der ist, waren die Besten der Gesellschaft. 

Der 10jährige Knabe und fertige Piänofortespieler 
Alfred Jael aus Triest Hess sich ein Mal in den Zwi- 
schenaclen auf der Scala mit vielem Beifalle hören. 

Monza, durch eine Eisenbahn mit Mailand verbun- 
den, hatte gewöhnlich nur zur Zeit seines Jobanniqahr- 
marktes Oper ; nun prangt sie auch im Carneval auf die- 
sem Theater. Die Geschwister Perger (Prima Donna Jo- 
hanna und Bassist Ferdinand), die Carletti, Tenor Bono- 
melli (Letzteren abgerechnet, sämmtlich Anfänger) waren 
für hier in Donizetti's Roberto d'Evreux, Lucia di Lam- 
mermoor und Rossioi's Barbiere di Siviglia genügend. 

Como. Die Zoja gefiel wohl in Donizetti's Figlia 
del reggimento, ihrem Steckenpferde ; so ziemlich Tenor 
Bianchi, Buffo Hilaret, weniger Bassist Marchelli (dem 
die Rolle nicht zusagte), noch weniger die Musik. Ricci 9 « 
Due Sergenü mit der onpässlichen Wanderer, der Spa- 



391 



1844. Juni. No. 23. 



382 



nierin Mudoz (ganz Anfängerin) und dem Bassisten Tom; 
desgleichen Herrn Speransa's Due Figaro mil beiden be- 
nannten Prime Donne und Bassisten, deren Masik eben- 
falb wenig benagte, fand theilweise von Seiten der Sän- 
ger einigen Applaus. 

Pavia. Hier war der Opernappetit so stark, dass man 
zwei Theater damit beschäftigte. Im Teatro del Nobile 
Condomioio machte Ricci*« (F.) Gorrado d'Allamnra mit 
wenig geniessbarer Musik den Anfang. Die brave Griffini, 
die Altistin Brambilla (Carlotta), Tenor Ricci und Bari- 
ton Marcnsi thaten alles Mögliebe, um keinen ganzen 
Fiasco nach Hause zn tragen. In Donizetti's Lucrezia Bor- 
gia begann die Dämmerung am Tbeaterborizont und es 
wurde darauf ganz hell in dessen Gemma di Vergy, wel- 



che Titelrolle der hier gebürtigen Prima Donna die Palme 
in die Hand gab. 

(Teatro Re.) Die Schwestern Agostini (Rachele urfd 
Ersilia), die Tenor© Olivieri und Assandri, Bassist Cee- 
eoni hatten die grosse Kühnheit, auf diesem kleinen Thea- 
ter Mercadante's grosse Oper Bravo mit einem kleinen 
Orchester zu geben. Sintemal der gewöhnliche Riesen- 
lärm dieser Musik hier ganz vermisst wurde, so machte 
der Bravo bald dem Golumella Platz, worin Boffo Torri 
die Titelrolle übernahm, und besonders die Studenten der 
hiesigen Universität ergötzte. Die Agostini (R.) erwarb 
sich hierauf in ihrem Benefiz, ab Gemma di Vergy, vie- 
len Beifall. Auch Coppola's Nina mit der Agostini (E.) 
ging nicht übel. (Besohloss folgt.) 



Ankündigungen. 



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welche so eben 

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erschienen und durch alle Buch- und Musikalienhandlungen zu 
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Aafeeri II« F. IS*« Die Sirene. Komische Oper in drei 
Acten Ton E. Scribe, im ClaTierauszuge mit deutschem 
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No. t. Lied Ar Sopran — 7* 

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- 5. Lied für Tenor — 7£ 

- 4. Quartett für zwei Tenore und iwei Basse — 7f 

- tt. Recitatir und Arie für Tenor — 15 

- 6. Lied für Sopran — & 

- 7. Duett für Sopran und Tenor — 90 

- 8. Terzett für Sopran, Tenor und Barn — - 20 

- 8 b . Romanze für Sopran — tt 

- 9. Caratiue für Sopran. . — • 7i 

- 10. Chor für zwei Tenore und zwei Basse — 7$ 

- II. Duett für Sopran und Tenor — t& 

- 19. Arie für Sopran — 10 

OnTerture zur Oper : Die Sirene für das Pianoforle. — 15 

Heethtweil« Ij« vata, Christas am Oelberge. Ora- 
torium, Clarieranszug zu zwei Händen ohne Worte, ein* 

gerichtet von Carl Czerny 9 — 

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Flute aTec_accoatpagnement de Piano. Op. 9t — 90 



UMller« TM«, Fantaisie ponr le Piano sur des motifs 



de f Opera: Sapho de Pacini. Op. 49. 
PÜratetaau, A« B.., Die Kunst des Flötenspiels , ia 
theoretisch -praettscher Beziehung dargestellt Op. 158, 



1 10 



8 — 



Iieetvrpesltier« A«, 9 petita Difertimemeats pour le 
Piano. Op. 89. (No. 1 : Le speetacle ä benelice d*A. 
Lair de Beaurais. No. 9i Reine de la praire d*A. de 
ModaTe a — 10 

RaftT, •!•« 5 Piecescharacteristiqvespoar le Piano. Op. 9. — 90 

Scherzo ponr le Piano. Op. 5 — 12* 

Morceau de Salon. Fantaisie brillante pour le Piano 

sur des motifs de l'Opera: Maria di Bodens de Doni- 
zettl. Op. 4 .. 

zMentel, K«, 9 Gaprices ponr le Piano. Op. 5 

— — Rereries. Noeturnes ponr lo Piano. Op. 6 

II Lamento o la Consolaziouc. 9 Romnnces pour 

le Piano. Op. 7 



90 
10 
15 

15 



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plete. No. 49 — 63. Subscriptionspreis 4 Thlr. 

(Bis zur Ostermesse 1845 werden simmtliche 85 Nummern 

nebst eioem thematischen Register erscheinen. Es ist dies alsdann 

die einzige vorhandene Tollstandige Aasgabe in Partitur.) 

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loncell. Op. 1. No. 5. 1} Thlr. 

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Componisten unter Op. 8, No. 1 — 5, im gleichen Verlage.) 

Sechs Lieder für Pianoforte und Violonccll. Op. 7. Zweite 

Lieferung der Lieder (ohne Worte) für Pfte u. Vcelle. 1 Thlr. 

Luft, A« Ij«, Sängergrass. Punfanddreissig Lieder Terschiedeueo 
Inhalts mit ächten deutschen Volks weisen und neuen Composi- 
tionen Ton O. Braune , Fr, Commer, fV. Gönnen, FL Gry er, 
A. E. Grell, B. Bauer, A. Haupt, A. JSeithardt und H. A. F. 
Putoriut für den ein-, zwei- und dreistimmigen Gesang in Schu- 
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Bemneider, j*r» Fr., Der 67. Psalm: „Gott sd uns gnä- 
dig und segne uns." Für doppelten Mannerchor mit Orchester- 
begleitung. Op. 109. Partitur 1 Thlr. Die Chorstimmen T V 
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905 



39* 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 12*» Juni. 



M Z4. 



1844. 



Inhalts Seb. Bach*» Cboratgtaänge und Cantaten. (Fortsetzung.) — Nachrichten: Ans London. Carnevat- and Faalenoptrn n. a. w. 
in Italien. (Beschloaa.) Aaa Frankfurt. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Seb. Baclis Choral- Gesänge und Cantaten. 

(Fortsetzung.) 

Betrachten wir dieser Ca u täte gegenüber eine andere 
ftlr das erste Osterfest geschriebene: „Christ lag in To- 
desbanden.*' Bach hat den Text des Lutherischen Kir- 
chenliedes ganz unverändert dazu beibehalten, und somit 
für den Gang und die Gestaltung dieser Osiercantate eine 
von der vorigen völlig abweichende Aufgabe genommen. 
Jene führt von der Schilderung der Freude des gesaram- 
ten Wellalls durch deren nähere Betrachtung zum furcht- 
losen und ruhigen Blick in das eigene Grab, zur freudi- 
gen Erwartung endlicher Auflösung und Verwandlung des 
eigenen Leibes an die Pforten des Jenseits hin. — Die- 
ser Text verweilt dagegen in steter Betrachtung des Kam- 
pfes zwischen Tod und Leben, fasst dessen einzelne Mo- 
mente ruhig iu's Auge nnd leitet wiederholenden zum 
Bewusstsein im Glauben: „Das Leben hat den Sieg er- 
rungen , alle Macht und Gewalt ist dem Tode durch die 
Hinopferung des Heilandes entrissen." — Diese Erkennt- 
niss führt zur Glaubensfreudigkeit und zum Jubel- und 
Preisgesange auf das Fest hin, und so endet diese Fest- 
cantate, wie die vorerwähnte begann. — Die ganze Be- 
trachtung verlässt den Kreis der gesammten Menschheit 
nicht, und tritt nirgends als eine subjeetive hervor. Des- 
halb giebt unser grosser Meister folgerecht in seiner Com- 
Position niemals den kirchlichen Ausdruck der Gemeine 
auf; allen Stücken der Cantate dient gleichmässig der 
Cantus firmus des Chorals zur Grundlage, den er den 
Textesstropben gemäss in konstreichen und raannieh falli- 
gen Bearbeitungen verwendet. Wir müssen uns mit Rück- 
sicht auf diese Blätter das nähere Eingehen auf die ein- 
zelnen Stücke dieser unstreitig zu Bach** grossarligsten 
Schöpfungen zu zählenden Cantate versagen» um die oh- 
nebin schon zahlreichen Beispiele nicht noch mehr zu 
häufen. — Sie ist ausser dem Streichquartett mit einem 
Cornett und drei Posaunen begleitet, und führt nach einer 
den Choral andeutenden Einleitung die erste Choralstro- 
pbe vierstimmig durch, behandelt die' zweite als Duett 
für Sopran und Alt; die dritte mit figurirter, lebhafter 
Begleitung der Geigen ist dem Tenor übergeben ; die vierte 
ist eine Durchführung für den Chor, den Cantus firmus 
im Alt, die übrigen Stimmen fuhren die Melodie der ein- 
zelnen Choralzeilen in der Verkleinerung aus. In der fünf- 
ten Choralslrophe trägt der Bass den Cantus firmus solo vor, 
Violinen und Bratschen ahmen ihn in vierstimmigem Satze 
in der Quinte, nach. Die sechste Strophe Duett (So- 
46. Jahrgang. 



pran und Alt); die siebente vollstimmiger Schlusschoral, 
in gewöhnlicher einfacher Haltung. — Wie nun diese 
beiden Cantaten ihrem Inhalte und ihrer Anordnung nach 
wesentlich von einander unterschieden sind, so ist auch 
der rein musikalische Theil in keinem Puncte mit einan- 
der ähnlich. Bei der jetzt schon weiteren Verbreitung der 
Orgel- und Claviercompositionen unseres Meisters ist ea 
zu bekannt, dass Bach sich nicht leicht wiederholt, und 
obwohl er seine ihm ganz eigentümliche Schreibart hat, 
doch an keinen stehenden, stets wiederkehrenden Formeln 
zu erkennen ist. Bach ist frei von aller Manier, und die 
dichterische Mannichfaltigkeit, welche sich so vielseitig in 
seinen Instrumentalcompositionen offenbaret, findet sich 
ebenfalls in den Anfangscompositionen und überreich vor, 
ungeachtet Bach fast nur allein für die Kirche geschrie- 
ben bat. Seine Gesänge sind wahrhaft von dem heiligen 
Geiste durchdrungen, und der ernsteste und würdigste 
Sinn bringt sie künstlerisch zur Aussprache. Und den* 
noch, wie sehr widersprechen sie formell Dem , was die 
alte Schule gemeinbin Ktrcbenstyl zu nennen pflegt. Schon 
die beiden hier näher betrachteten Ostercantalen bezeu- 

fen dieses. Indem jene sich grösstenteils in ganz freien 
ormen bewegt, hält sich diese ganz eng an den gebräuch- 
lichen Kirchengesang der Gemeine, der seiner Natur nach 
die sich mit ihm vereinigenden Formen beschränkt. Wo 
aber dies nicht der Fall ist, da tässt sich Bach ungehin* 
dert gehen, und »bedient sich jeder Form, wenn diese nur 
wahr, erschöpfend und Anschauliebkeil gebend im Aus- 
drucke ist. — Eben an Seb. Bach kann man es recht 
deutlich erkennen, dass nicht eine oder die andere Schreib- 
art allein auf die Bezeichnung Kirchenstyl Anspruch ma- 
chen darf, sondern dass eben nur der mit dem Heiligsten 
und Höchsten erfüllte Geist die Sprache zu reden ver- 
mag, welche das Erhabenste anschaulich macht, und dass 
sich das Niedrige und Unwürdige dann von selbst aus- 
sehliesst. — Es ist wohl seltsam, dass fast hundert Jahre 
vergehen mussten, bevor dies an Bach erkannt wurde. 
Die Theoretiker, welche aus seinen Werken die Norm 
für den Satz, die Scheidung eines Kirchen- und Kammer» 
slyls entwickelten , waren gerade für den tiefen poeti- 
schen Sinn seiner Kunstwerke verschlossen geblieben, 
und schrieben ihren hoben künstlerischen Werte ganz 
anderen Dingen als diesem zu. — Und dennoch treten 
uns in einer Menge seiner Kirchengesänge am Allerschla- 
gendslen gerade die Beweise entgegen, dass Bach sich 
der verschiedenartigsten Schreibarten bediente, wenn sie 
ihm das Rechte, Wahre, hier Passendste erschienen. Wie 

24 



385 



1844. Juni. No. 24. 



386 



Baini in Palestrina zehn verschiedene Style nachweist, 
so Hesse sich in ähnlicher Weise an Back eine ungleich 
grössere Anzahl ohne Mühe herausfinden , und wie wir 
in ihm» im eigentlichen Sinne des Wortes, den Prototypus 
der evangelischen Kirchenmusik erblicken» so spiegeln 
sich auch in den von ihm gewählten Formen die Rieh* 
tungen, welche später die Kunst genommen, un widerstreit- 
bar ab. — Einige Beispiele mögen das Angedeutete nach- 
weisen. — In der Ca n täte : „Jesus schläft, was soll ich 
hoffen iC erbebt der Tenor in einem Recitative die Klage 
über die Bedrängniss des Christen, während der Herr schläft, 



und knüpft daran die Bitte, ihm in der Gefahr den rechten 
Wep zu zeigen. Eine kräftige Arie mit Quartettbegleitung: 
„Die schäumenden Wellen von Belials Bachen,*' Gdur, 
%-Tact, in feurigem Tempo schildert die Gefahr des 
Weges. Die Begleitung ist durchweg malerisch 5 eine rol- 
lende Figur in der ersten Geige scheint die Gewässer des 
Sturzbachs zu bezeichnen ; in den kräftigen Rhythmen des 
Basses zeigt sich ein mathvolles energisches Anstreben, die 
zweite Geige und die Bratsche geben das Bild eines mü- 
hevollen sich Entgegenstemmens. Hier der Anfang der 
Arie« in der ich etwas Mozart Eigentümliches finde. 



Violini. 



I 



»3= 



^ 



m 



■«g-X—E- 



f 




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15 



PS 



^QH^ r ^"^"^ ^ 



5=a 



& 



15 



Die schäumen- den Wel-len von Be 



li - als 



BS - eben , 




Eine Mischung des strengen mit freiem Style findet 
sich unter Anderen in der schonen Canlate: „Herr wie 
du willst, so schick' s mit mir." Ich wühle einige Bei- 

a Violini. ° 



Die schau - men - den 

spiele aus der Bassarie (G moll), welche eine Menge aus- 
drucksvoller Momente in melodischer und harmonischer 
Beziehung darbietet* 




397 



1844. Juni. "No. 24. 



508 




so preist ihr To - deg-schmer - zcn die Seuf-ser aas dem Herzen, wenn mein Gebet Dar vor dir gilt. n. s.w. 



i/ i'/V^'i'i t U 1 '^^^ 




Merkwürdig ist in nachfolgender Stelle noch, neben dem I ungewöhnliche Begleitung, . welche offenbar den Klang 
ausdrucksvollen Gesänge, die einfache, bei Bach ganz | der Glocken darstellen soll. 




ich fol-ge oo-er-fchrocken, Belo J«m - mer ist fogleich ge • ttillt! 




Viol» 



m 



J|jJ j r 



^rg,,^ t tfE&ji t j 



*-j— 3 — r 



£ 



Tf r "rrr "r r r 

Stempel« — Uebrigens ist es bekannt, dass Seb. Bach 
mehrere Aasflüge nach Dresden, wo damals Hasse , die 
Faustina and mehrere andere grosse Sänger Italiens leb- 
ten, gemacht hat. Seine Leichtigkeit im Auffassen und 
sieh Aneignen gehörter Tonstücke bestätigen dessen Bio- 
graphen einstimmig. Hasse baute auf dem Grande der 
neueren neapolitanischen Schale fort. Das konnte Bach 
ausnahmsweise mit Hintansetzung seines eigensten We- 
sens wohl auch einmal unternehmen, und es wäre sogar 
denkbar, dass Bach die ganze vorliegende Cantate, wenn 
auch nicht für Dresden, doch für die Dresdner geschrie- 
ben haben könnte, welche noch heute (im Jahre 1839 
geschrieben) ihrer entschiedenen Vorliebe für italienische 
Musik nicht entsagen können, und selbst anmittelbar nach 
unseres Meisters grosser Passionsmusik noch einer Sym- 
phonie oder einer brillanten Ouvertüre als Scblasssteines 
bedürfen. Doch wir kehren za unserem Pastorale zurück 
und setzen den Anfang desselben ausführlich hin, wobei 
noch zu bemerken, dass auch die Behandlung der be- 
gleitenden Flöte sich mitunter ganz modern vernehmen 
lässt. 



Wenn schon diese wenigen Beispiele das Angedeutete 
vollständig bestätigen, so dürfen wir doch, selbst mit der 
Absicht , die Beispiele für diese Blätter nicht ohne ,Noth 
zu häufen, noch einige besonders merkwürdige Fälle nicht 
übergehen. — So beündet sich in der Cantate : „Bedenke 
Herr, wie es uns gehet" eine Altarie, welche unter 
Bach's Arbeiten höchst auffallend, fast einzig dasteht. — 
Eine liebliche, anmulhige Cantilene, in höchster Einfach- 
heit harmonisch und melodisch sich entfaltend, die Be- 
gleitung im gleichen Contrapunct fast nur in Vierteln, 
hin und wieder eine kurze Phrase der Singstimme nach- 
ahmend, erinnert sie mehr an die mild frommen Gesänge 
Jos. Haydns , als an den tief kräftigen , selbst im lyri- 
schen Ergösse Energie nicht verleugnenden Sebastian. 
Man wäre versucht, sie für unächt za halten, wenn nicht 
die Anordnung der Aufgabe vollkommen entspräche und 
wir schon in ihm den Künstler erkannt hätten, der wie 
im prophetischen Geiste Saamenkörner in seinen Wer- 
ken ausstreute, deren Wacbsthum und Blüthe einer spä- 
teren Zeit vorbehalten blieb. — Auch zeigt sich am Schlüsse 
des zweiten Theiles der Arie derlfacA'sohe eigentümliche 



1844. Juni. No. 24. 



400 




- neu WM -der! 



H ? f*w> i ;^; i i /// 



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sagt, sagt — — wo treff ich Je-swn an? sagt 



— wo troff, wo troff ich Jo - tum 



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E 



UJ-J J l J ±±i 1 JT7 



Um die Beispiele verschiedenen Styles mit moder- I folge Doch das Thema eines Duetts mit obligater Oboe aus 
nen Anklängen bei grosser sinniger Tiefe zu beendigen, | der Cantale: „Wachet auf, ruft uns die Stimme**: 




BCDOi 



den, aueia Freund ist mein. 



Mein F reo od ist 




und ich Mo sein, 



Heia 



401 



1844. Juni. No. 24. 



402 



if 7-r g c t g-f-c ar c f j-r.r |r ? : c c 1 1 \ t üj t ^ ^ 



m 



mein , die Lieb« soll nichts scheiden , mein Freund ist mein , 



die Liebe soll nichts scheiden , die Lie - be 



HffiiWilpLft l u ^lAfi^lilpffi ) 



Freund ist mein 



und ich bin sein, 



nnd ich bin sein, die Lie- 




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soll nichts sebei 



den, die Lie - be 



soll nichts schei 

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den! 



und ich bin sein , die Lie - be soll nichts schei 

(man betrachte im Beispiel b den achten und neunten Tacl, I gater Violine, Oboe und Violoncello aus der Gantale t 
wie den Schluss) ; das einer herrlichen Sopranarie mit obli- | ,,Also bat Gott die Welt geliebet": 




.Mein glau-bi - ges Her - ze, froh-lo-cke, sing', scherze, froh-lo-cke, sing, sc her- ze, m ein 

C2E53 'CSSSSäS S5E5S53 6555 




Je - sns ist dal 



mein glanbi 



ges Her- ze, froh-lo-cke, sing', scher- ze, froh - l o - cke , sing 1 , 




das Thema einer Tenorarie aus: „Herr, wie da willst, so schick's mit mir"; 




Aitorn. 



Ach, sen- ke doch den Geist der Frende, den Geist der Fren 
* i- ß m ij — ß — =j£ — +- 



- de den Herzen ein ! n. s. w. 



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404 



der Allfaag eines Dnett's aus: „Der Herr ist mein getreuer Hirt": 

Violini. „^ 




D« bc - reitest fiir mich ei- Den Tisch vor mein'n Feinden al - lent - btl 



ben, •! - lent- 




und das Thema einer Tenorarie aus: „Half im Gedächtniss Jesum Christ": 

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Mein Jesus ist er- stao - den, al - lein was schreckt mich noch ? 



Mein Jesus ist er- stan - den, al- 



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lein , was schreckt mich noch ? AI - lein, was schreckt mich noch ? Allein , 



was schreckt mich noch ? n. s. w. 




Nach diesen wenigen Andeutungen erklärt es sich, welch 
eine grosse Masse von unbekanntem Material noch nähe« 
ren Stadien ganz unbenutzt vorliegt, da jede der Ca nu- 
ten in der Regel ausser einem Einleilungschore und dem 
Schlusschorale einige Recitative und Arien oder Duett's 
(diese jedoch seltener) enthält. Sehen wir uns darin um, 
so begegnen wir manchem uns hei anderer Gelegenheit 
bekannt Gewordenen, nnd werden zum Vergleiche des 
neuen Fundes mit dem Gekannten aufgefordert. — So 
enthält die mir vorliegende Sammlung mehrere Choral- 
bearbeitungen , wie sie in der bei Rreitkopf und Härtel 
erschienenen Sammlung von Ghoralvorspielen unverändert 
stehen. Z. B. gleich das erste der Sammlung über: „Wa- 



chet auf, ruft mir die Stimme" (in der Cantate über den- 
selben Text); Geigen und Bratschen tragen die Oberstimme 
vor, im Solo Tenor den Cantus firmus mit dem Text: 
„Zion hört die Wächter singen. " Desgleichen No. 2: 
,, Meine Seele erbebet den Herrn/ 4 Duett für Alt und 
Tenor zum Texte: „Er denket der Barmherzigkeit"; 
zwei Oboen und Trompete fähren den Cantus firmus. — 
Desgleichen No. 4: ,,Wer nur den lieben Gott lässt wal- 
ten," ein Duett für den Sopran und Alt zur vierten Stro- 
phe: ,,Er kennt die rechte Freuden fülle;" den Cantus 
firmus tragen Geigen und Bratschen vor, und mehrere 
andere. — 

(Fortsetzung folgt.) 



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Nachrichten. 



Benedicts Oper „Die Braute von Venedig 66 auf 
dem Drury-Lane- Theater in London. 

Die englischen Tagesblätter sprechen sich einstimmig 
im höchsten Grade günstig über diese Oper nnd ihren 
Erfolg im Publicum aus; der folgende Artikel, einer der 
kürzeren über diesen Gegenstand, ist den: „News of 
the World«* entnommen. 

London, den 27. April. Diese längst versprochene 
Oper wurde vergangenen Montag mit grossem Erfolge 
aufgeführt. Hohe Erwartungen waren durch des Compo- 
nisten bekannte Fähigkeiten in den musikalischen Krei- 
sen erregt, und da derselbe sein Talent schon in seiner 
frühern Oper „Zigeuner's Warnung •* bewährt hatte, so 
war das Haus an jenem Abende fast überfüllt. — 

Die erwähnte Oper „Venedig's Bräute" ist eine mei- 
sterhafte Composition; sie ist voll kunstreicher Arbeit, 
reich an neuen und eigentümlichen Melodieen, und an 
Motiven» die in höchst einnehmender Art ausgeführt sind ; 
in den Ensemble's und Chören ist eine Breite und Gross- 
artigkeit, wie sie selten in neueren Opern gefunden wird, 
und die sorgsame und zugleich eigenthümlicbe Art, mit 
der sie behandelt sind, verdient das höchste Lob. Es ist 
bekannt, dass Benedict der Lieblingsschüler Weber** war, 
und wir finden in dieser Oper dieselbe Aufmerksamkeit 
für Instrumentaleffecte, welche jenen Componisten so sehr 
auszeichnen; alle Hilfsmittel des Orchesters sind vorge- 
fahrt, mehrere dieser Effecte sind ungemein gut. Beson- 
ders hervorzuheben ist hierin die geistreiche Ouvertüre, 
'deren Wiederholung verlangt wurde, und die einleitende 
Musik des zweiten Acts ,,die Sturmscene." Uebrigens hat 
der Componist auch Das nicht vernachlässigt, was für die 
grosse Masse anziehend ist, nämlich Melodieen einzufüh- 
ren, die das Gedächtniss leicht behält; wir finden in die* 
ser Oper mehrere vortreffliche Stücke, frisch und glän- 
zend, und mehrere der Balladen werden sich anhalten- 
der Popularität erfreuen. 

Die erste Ballade, gesungen von Mus. Alfred Shaw, 
„Ob memory cease to grieve" ist voll Gefühl und Ausdruck; 
wirkuogsreich und brillant ist Borranf* Arie „Laugb and 
woo and flatter," die meisterhaft bebandelt und zugleich 
eine Composition von hohem Werthe ist. 

Die gefallige Ballade „Oh now the Summer's Day," 
von Miss Romer vorgetragen, leitet in einen sehr eigen- 
tümlichen Prauenchor ein, der laut da capo verlangt 
wurde ; dieser Chor ist in einem parlanten Styl gebalten, 
der ganz originell und von überaus guter Wirkung ist. 

Dann folgt ein geistreiches Quintett, und Harrüon 
singt eine reizende Ballade ,,If a tear should repose," 
die sehr beliebt werden wird durch ihre Fülle von Melo- 
die nnd Gefühl. Das „Madrigal/* welches in der folgen- 
den Seene vorkommt, ist eines der herrlichsten Stücke, 
die wir seit langer Zeit gehört haben. Es wurde bewun- 
dernswürdig gesungen und fand so lebhaften Beifall, dass 
es beinahe zum dritten Male verlangt worden wäre. 

Im zweiten Act hat Mrs. Alfred Shaw einen sehr 
wirkungsreichen Gesang „Thesmite that plays on woman's 
eheek," uni Harrüon eine Ballade „At morn I stood upon 



the beach," die von besonderer Schönheit nnd Grazie ist, 
und welche er in vortrefflichem Style vortrug; dieser Ge- 
sang ist eine der vortrefflichsten Nummern der Oper, die 
reizende Melodie nnd der Ausdruck in derselben werden 
sie sicherlich zu einem der populärsten Stücke machen, 
die seit lange gesungen worden sind. 

Ein sehr gefälliges Duett zwischen Miss Romer nnd 
Harrüon „Banish all fear" wurde sehr lebhaft beklatscht. 
Das Finale „Like the fettered bird," von Miss Romer 
gesungen, ist sehr treffend und glänzend und bringt einen 
sehr wirkungsreichen Schlnss hervor. 

Wir haben die erwähnten Nummern der Reihe nach 
genommen , wie sie vorkommen ; es bleiben ausserdem 
noch verschiedene Chöre, Ensemble's nnd Arien einer be- 
sondern Erwähnung als vortrefflicher Compositionen werth, 
die auch mit grossem nnd verdientem Beifall aufgenom- 
men wurden. — 

Die Handlung ist, so viel wir wissen, aus „Roger** 
Italien" entnommen, und Mr. Bunn, der Autor des Buchs, 
hat die meisten seiner Materialien sehr vorzüglich nnd 
poetisch aufgefasst. 

Die Oper beginnt in einem erleuchteten Casino, wo 
Sorranzo (Borrani) unter einer heitern Gesellschaft jun- 
ger venetianischer NobiU sein Glück in der Liebe, wie 
im Kriege rühmt; er wird von einem arabischen Mädchen 
Naama in der Verkleidung eines Pagen bedient, die ihn 
früher aus maurischer Gefangenschaft befreit bat. Sie 
bringt ihm einen Brief von der lieblichen Francesca (Miss 
Römer), der Braut Alberto's (fF. Harrüon), welche seine 
Bewerbungen aber mit Verachtung zurückweist. 

Er wüthet sehr über dieses Fehlschlagen, schwört 
ihr tätliche Bache nnd eilt, seine Pläne mit Hilfe der ihm 
verbündeten Piraten in Ausführung zu bringen. Eine glän- 
zende Scene folgt nun , die Vermählung des adriatischen 
Meeres mit dem Dogen, wobei alle Bräute Venedigs ge- 
genwärtig sind. Die Festlichkeiten schreiten fort, der Ball 
ist im vollen Gange und alle Vergnügungen auf der höch- 
sten Höhe, als plötzlich Sorranzo an der Spitze der Pi- 
raten erscheint und die Galeere mit den Bräuten Vene- 
digs entführt, während die Zuschauer zu sehr überrascht 
sind, um ihnen folgen zu können. 

Der zweite Act zeigt die Insel der Piraten; ein 
Sturm bricht aus , ein Schiff erscheint und leidet Schiff- 
bruch; die Piraten stürzen heraus und bringen Alberto 
mit sich, den Naama erkennt. Sie findet Gelegenheit, ihm 
zu sagen, dass Sorranzo Francesca in einem Kerker des 
Schlosses gefangen hält, und räth ihm, um Gelegenheit zu 
Francesca's Befreiung zn bekommen, zur Bande zu tre- 
ten, worein er auch willigt. 

In der nächsten Scene mit doppelter Handlung er- 
blickt man oben die zechenden Piraten, unten die un- 
glückliche Francesca in ihrem Kerker. Durch Francesca's 
Festigkeit gereizt, entschliesst sich Sorranzo, Gewalt zu 
gebrauchen. Naama hat inzwischen Alberto durch einen 
geheimen Gang in den Kerker geführt, als sie aber Sor- 
ranzo kommen hört, weicht sie zurück, aus Furcht, ent- 
deckt zu werden. Die Piraten, welche Sorranzo und Naama 
in heimlichem Gespräch gesehen haben, vermutben Verrath 
gegen sie, und folgen ihnen heimlich nach dem Schlosse, 
Als sie später Naama wieder nach dem geheimen Wege 



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schleichen sehen, ergreifen sie dieselbe, ind dringen in sie» 
zu gestehen, dass sie Sorranzo behilOich sei, die von ihnen 
erworbene Beule hinwegzubringen. Sie längnet dies; da 
aber ihre Eifersucht durch Sorranzo's Aufmerksamkeiten 
für Francesca erregt ist und man schon von Ferne die 
Kanonen der venetianischen Galeeren hört, so verspricht 
sie 1 den Piraten, ihnen den geheimen Gang zu zeigen. Sie 
finden Sorranzo, der, als er sich dnrch Naama verralhen 
siebt, sie ermorden will, wem« er aber verhindert wird. 
Die Venetianer erobern das Schloss und dringen in den 
Kerker ein, Sorranzo wird gebogen genommen $ Alberto 
und Francesca erhalten ihre Freiheit wieder. 

Die Darsteller verdienen grosses Lob für ihre An* 
strengungen. 

Mrs. Shaw war sehr gut bei Stimme und fang durch- 
gebends vortrefflich; Miss Romer schien mit ungewöhn- 
licher Lust in ihre Rolle einzudringen, und sang kräftig, 
glänzend und mit lautem Beifall. — HarrUon sang, wie 
immer, reizend, mit viel Gefühl und Ausdruck, und JJnr- 
rani hat um so mehr Recht auf eine günstige Beurtei- 
lung, als er seine Rolle kurz zuvor, in Folge von Stret- 
ioris Krankheit, übernommen hatte. Das Orchester wie 
die Chöre gingen bewunderungswürdig präcis, die letz- 
teren besonders wurden nie vorteilhafter gehört. 

Mr. Bunn hat nichts gespart, die Oper glänzend auf 
die Bühne zn bringen; sie ist unbestritten das glänzendste 
Stück, was er bis jetzt vorführte. Die Gebrüder Grien* 
haben mehrere sehr schöne Decorationen dazu gemalt. 
So ist die Scene mit der Geremonie der Bräute von Ve- 
nedig ungemein brillant. Die Tänze, Gruppen von Mas* 
ken, der glänzende Zug des Dogen und der Bräute in 
ihrem hochzeitlichen Costüme, die Landleute, welche ihre 
Verehrung hei der Capelle der Madonna darbringen -~ 
«lies Dies verbindet sich zn einer höchst glänzenden und 
wirkungsreichen Scene. — 

Der Anblick auf die Pirateniasel mit dem ausbrechen- 
den Sturm ist reizend gemalt, nnd die letzte Scene mit 
der doppelten Handlung ist sehr sorgsam nnd effectvoll 
ausgeführt und vollkommen neu in der Einrichtung, in- 
dem das Düstere des Kerkers in der unteren Hälfte der 
Bühne mit dem Glänze der Decoratienen nnd der Lichter 
in der oberen sehr wirkungsvoll conlrastirt. Schon als 
Schauspiel allein würde diese Oper grosse Ansprüche auf 
Erfolg haben. Reicher Applaus begleitete die ganze Oper. 
Benedict wurde bei seinem Eintritt in das Orchester hui 
begrüsst. Beim Ende des ersten Actes, wie am Schlüsse 
der Oper mueste er auf der Bühne erscheinen. Er führte 
Miss Romer, Harrison nnd Borrani mit sich. Mrs. Al- 
fred Shaw erschien hierauf allein. 



Carneval-undFastenopernu. s. w. in Italien. 

(B«sehlus6.) 
Lodu Mercadante's Giuramento verunglückte. Die 
gar nicht üble Prima Donna Montucchielli, Tenor Berto- 
lasi nnd Bassist Rigbini konnten dem grossen Fiasco nicht 
entgehen; in der zweiten Vorstellung Hess man den er- 
sten Act nicht enden, und das Theater wurde geschlos- 
sen. Der ans Mailand schnell hergeholte Tenor De Gat- 
tk machte die Ssche nicht besser. In Belliai'a Beatrice, 



worin Tenor Bossi-Gnerra und die Comprimaria Solan 
wirkten, ging es viel besser. Mit Donizetti's Figlia del 
reggimento erwarb sich die Montucchielli noch mehr die 
Gunst des Publicums. In Ricci's Cbiara di Rosenberg; sang 
Herr Bertolasi abermals, desgleichen Buffo Galli (Vinc), 
und auch diese Oper ging ziemlich gut. 

Crema. Verdi's pabueodonosor und Fioravanti's Co- 
lumella fanden auch hier Anklang, wozu die beiden Prime 
Donne Colla, Bontempi, Tenor Bestoni, Buffo Porella und 
Bassist Vajro das Ihrige beitrugen. 

Cremona. Sänger von geringem Caliber, meist An- 
fänger: die Gaspani, die Ricca, Tenor Benedetti, Bariton 
Gnone, Bassist Mitrowich missfielen nicht in Verdi's Na- 
bueodonosor; die Chöre standen der Bands weit nach. 
Die zum ersten Male auf dieser Bühne singende Prima 
Donna Truffi erwarb sich hierauf verdienten Beifall in 
Donizetti's Lucia. Der zum zweiten Male gegebene Ro- 
berto il diavolo von Meyerbeer erfreute sich von Seite 
der Musik abermals der besten Aufnahme ; besonders brav 
war die Truffi = Alice und Milrovich = Beltramo; die 
Uebrigen so so. 

Bergamo hatte die Gambardella, die Zenoni, die Te- 
nore Bonfigti, Cosetta, den Bassisten Rossi und Buffo 
Maspes. Mercadante's Bravo, woran benannte Virtoosi ohne 
Rossi Aotbeil nahmen, verunglückte wegen Bonfigli's On- 
pässlicbkeil , und ging mit dem ihn ersetzenden Tenor 
Biacchi nicht viel besser. Willkommen war darauf des 
Landsmanns Don Pasquale, in dem Herr Rossi mitwirkte 
nnd leider Tenor Cosetta uopässlieh sang, Herr Biacchi 
gab Verdi's Nabneodonosor zu seinem Benefiz, worin die 
Valtorta, Schülerin des Herrn Forini, Singmeisters an 
Mayr's Musikinstitut, in der Rolle der Fenena viele Auf- 
munterung erhielt und theilweise das Ganze stark ap» 
plaudirt wurde. 

Brenno und Gadino. Der Impresario Tenor Giovan- 
nini producirte in diesen beiden volkreichen ind us tri Ösen 
Marktflecken der Proviuz Bergamo Donizetti's Elisir 4'a- 
more, worin im ersten. Orte, nebst seiner eigenen Vir- 
tuosität, die Vaschetti, Buffo Papa, Bassist Parmigiani die 
Hauptzierden waren; im zweiten Orte löste die Boliti die 
Vaschetti, und Di Franco Herrn Papa ab;' die Zuhörer 
waren beglückt. 

Brescta. Die Hofmann, Tenor Gardoni, Bassist Fe- 
drighini und Buffo Rovere, keiue grossen, aber auch keine 
kleinen Virtuosi, besonders Letzterer« erhielten in Doni- 
zetti's Figlia del reggimento kaum einigen Beifall. In des- 
sen Regina di Golconda, worin die Franceschini - Rossi 
die unpässliche Hofmann ersetzte, ging es kaum besser. 

Mantua begann die Slagione mit Verdi's Nabucodo- 
nosor, worin die Pinelli und Mori, Tenor Severi, die Bas- 
sisten Conslantjni (Titelrolle) nnd Fiori nach Kräften zum 
guten Erfolge der Oper beitrugen ; geschrieen wurde gar 
nicht selten , was aber als die wahre Seele des schonen 
.Gesanges in der heutigen non plus ultra raffinirten Oper 
betrachtet wird. Rossini's Assedio di Gorinto gehört nicht 
mehr zn dieser Gattung Opern, daher wurde er bald von 
Donizetti's Parisina aus der Scene verjagt. Eine andere 
Gesellschaft (die Zagnoli, Tenor Comassi, die Bassisten 
Napoleone Rossi nnd Casanova) gab am 16. März Ricci's 
Chi dura vince, darauf DonizeUi's Elisir mit Glück. 



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41p 



Legnam. Donizetti'* Gamma di Vergy wurde mit 
lauter Anfängern in den Himmel erhoben. Prima Donna war 
die Rnsmini-Solera, Tenet 2*lia«i uod Bassist Gandiou 
die Rusmini uod Gaudini sied Beide Zögliege des Maiiao» 
der Conservatoriuins und können vielleicht etwas werden ; 
Silingardi gab den Guido. Ricci's Chi dura vinee gefiel» 
Eine Luigia Milanopulo betrat zum ersten Male die Bühne 
in Donizetti's Figlia del reggimento mit einem schmei- 
chelhaften Empfang. 

Verona. Peri's Ester d'Engaddi zog kaum in der 
Folge an. Die brave Mattkey und der gute Bariton Co- 
lini waren die Vorzüglichsten; nach ihnen Tenor Vitali 
und Bassist Del Pesce. In Verdi's Nabuceo wirile vor 
Allen Colini (Protagonist) , sodann die Strepponi (gute, 
aber fertige Sängerin), die Tizzoni, Tenor Ferrari und 
obbenannter Bassist (sä mm l lieh so so); Beifall theilweise. 
Um die Hälfte Febrnar gab man abermals Meyerbeer's 
Roberto il diavolo mit Beifall. Leider sang Colini nicht 
darin. Die brave Matlhey wurde als Alice stark applau- 
dirt. Die Strepponi machte die Isabelle, Ferrari den Ram- 
baldo, Del Pesoe den Bertram, und Vitali die Titelrolle 
nach Kräften. Die Mattbey gab za ihrem Benefiz den drit- 
ten Act des Roberto il diavolo und den zweiten der Norma. 

Vicenza. Das Theater Eretenio machte schlechte Ge- 
schäfte. Die erste Oper Osti non Osti verunglückte ganz. 
Ricci's Scaramuccia erhielt sich kaum mit der alten Dc- 
meric nnd dem Bnffo Pozzesi. In Bellini's Capuleti machte 
blos der Maler Furore, alles Uebrige war Orrore. 

Hassane Erst am 21. Januar wurde hier das Thea- 
ter mit Ricci's Chi dura viace eröffnet. Tenor Pelosi und 
Bassist Mouachesi waren die Gefeiertesten, nach ihnen die 
Prima Donna §asso; Buffo Magrioi war unpässlich. Im 
Nuovo Figaro wurde er durch den Buffo Dionese, nnd in 
den Esposii die Sasse durch die Gabbi ersetzt. Sämmt- 
liche drei Opern del celebre Maestro Ricci erregten kein 
grosses Gefallen. 

Padua. Die Mazzarelli, Tenor Santi und Bassist Man- 
zocchi machten einen Superlativen Fiasco mit Donizetti's 
Maria Stuarda. Schnell gab man Bellini's Beatrice, worin 
die Mazzarelli die Titelrolle, die Turpini die Agtese, Man- 
zocchi den Filippo und Santi den Orombello machte, Und 
tbeil weisen Applaus erhielten. Das Einförmige und Trau- 
rige dieser Oper wurde durch Donizetti's Figlia del reg* 
gimento sehr bald aus dem Theater verscheeebt; Herr 
Luisia löste darin den Bassisten Manzocchi ab. Die Maz- 
zarelli zeigte sich in Ricci's (F.) Prigione di Ediinburgo 
ebenfalls in einem vorteilhaften Lichte* 

Venedig (Teatro alla Fenicc). Hanptsänger: Prime 
Donne Löwe und Ober-Rossi (zwei Deutsche), Altistin 
Vietti; Tenore Conti und Guaseo (Letzterer erst in den 
Faaten) nebst Bettini j Bassisten Snperehi, Latour, Meinj» 
Verdi's Lombardi alla prima Crociata machten auoh hier 
anfänglich, wie sein Nabucco, kein Aufseben; mau fand 
zu viele Aebnlichkeaten zwisehen beiden $ die Löwe, Sn- 
perehi nnd Conti wurden indeas oft applandirt. Pacini's 
Fidanzata Corsa mit der Ober(mayer) 9 der Vietti nnd La- 
tour (alle Drei zu den besseren Virtaosi gehörend) verun- 
glückte der Musik wegen. Die Loerezia Borgia, mit der 
Löwe (nnpässlieb?), der Vietti, Tenor Baldanza nnd Bas« 
sisten Meini, befriedigte gar nicht; etwas besser ging die 

(Zm Ifo. 



Gemma di Vergy mit der Ober» ftettini »tri Latour. Die 
neue Oper Giuditta> vom hier gebürtigen Maestro Letii 
(einem Hebräer), wurde aus Noth drei Mal gegeben ; man 
wusste wahrhaftig nicht» ob die Sänger (Löwe, Vietti, 
Baldanza nnd Superchi) unpässlich waren, oder ob ihnen 
die Musik nicht anpasste, denn es werde erbärmlich disto- 
nirt. Am 9. März ging endlich die so sehnlich erwartete 
nene Oper Ernani von Verdi in die Scene (Hauptsäu- 
ger: die Löwe, der ans Turio angekommene Tenor Guaseo, 
und Superchi), und machte nach und nach Furore. Verdi 
scheint eben so, wie Bossini, Paoini, Donizetti, Merca- 
dante, Bellini und Ricci, seine eigene Epoche zu machen 
nnd nächstens der Abgott der italienischen Oper zn wer- 
den, so wie es benannte Herren zu ihrer Zeit waren, 
obwohl Niemand von ihnen, oder besser zu sagen, Alle 
zusammen nicht, mit Ersterem ihrem Stammvater einen 
Vergleich aushalten. Verdi, dem man melodische Origina- 
lität nicht absprechen kann, ist ein chemisches (nicht me- 
chanisches) Compositum aus Rossini, Bellini, Donizetti 
nud Mercadaute, welchem Letztern er besonders in Be- 
treff der Massen nachstrebt. In seiner neuesten Oper Er* 
nani neigt er sieb mehr zu Bellini hin; das Largo des 
Finale in der Prima Parte, die Arie des Superchi in der 
zweiten» ein Chor in der dritten nnd ein Terzett am Ende 
sind die sohönslen Stücke der Oper. Summa Summarum: die- 
ser neueste Modemaestro der italienischen Oper hat eigent- 
lich nichts Eigenes, was seine Musik znr letzten Modewaare 
stempeln konnte, und steht in dieser Hinsicht hinter Do- 
nizetti, Bellini und Mercadaate, ist aber stets, vornäm- 
lich für Nfobtkenner, in melodischer und harmonischer 
Rücklicht interessant« 

(Teatro S. Samuele.) Eine sehr bescheidene Com- 
pagnia di Virldosi gab hier Opere buffe, und begann die 
Stagiene fröhlich mit Rossini'* Barbiere dt Sivigüa. Ricci's 
Opera: II diavolo condannato a prender moglie, und Ser 
Petronio brachten der Theatercasse wenig ein. Auf dem 

Teatro S. Beuedetto machten Ricci's Chi dura vinoe 
und Donizetti's Figlia del regghnento einen Wetteifer- 
Fiasoo. 

Triest. Hanptsänger : die Abbadia und Corini, Tenor 
Mirale, die Bassisten Crivelli, Anconi und Zanchi. Nach- 
dem Donizetti's Gemma di Vergy mit der Abbadia, Mi- 
rale und Crivelli, in der Eile, nicht am Besten gegeben, 
eine lane Aufnahme gefunden, gab man Meyerbeer's Ro- 
berto il diavolo mit Beifall. Der hiesige Osservatore Trie- 
stino machte bei dieser Gelegenheit die ausdrucksvolle 
Bemerkung: „Vorigen Herbst halten wir die Sänger, 
diesen Cafneval die Oper." Der Robert gefiel aber immer 
mehr init Zunahme der Gesundheit des Herrn Anconi =± 
Beltramo. Da sowohl Ros*ini*s Gugltelmo Teil, als Doni- 
zetti's Favorita Fiasco machten , so war der Roberto il 
diavolo die einzige Oper der Stagione, die, bei aller zum 
Theil mittelmässigen Executioo, sich am Meisten auf* 
recht erhielt. 

Statistische Üeb ersieht der Cameval- und 
Fastenopern in Italien. 

84, sage vierundachtzig Theater öffneten in Italien 
vorigen Carneval der Oper ihre Pforten. Hiervon das Lem- 
, 84.) 



411 



1844. Juni. No. 24. 



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bardisch- Venezianische Königreich 23, der Kirchenstaat 18, 
Piemont mit Inbegriff Sardiniens, Genua's und Nizza's 15, 
das Königreich Beider Sicilien 12, Toscana 10, Modena 3, 
Parma 2, Lucca 1. 

Eilf neue Opern worden componirt: 4 zu Neapel 
(Calerina Cornaro, Margarita d'Aragona, Fenicia, I Zin- 
gari), 3 zu Mailand (Sofonisba, Ebrea, Cornelio Benti- 
voglio), 2 zu Venedig (Giuditta, Ernani), eine zu Genua 
(Ernani), und eine zu Orvielo (I Pirati di Cadice). 

Drei neue Maestri sind entstanden (Francesco Chia- 
ramonti, Luigi Petrali und Carlo Pedrotti*). 

Aeltere Opern wurden gegeben: 

Donizetti auf 56 (also gerade auf % der gesamts- 
ten Theater !) : Figlia del reggimento auf 14 (vivano i 
tamburü); Linda di Chamounix auf 10; Lucrezia, Lu- 
oia, Elisir, jede auf 8; Gemma di Vergy auf 7; Marino 
Faliero auf 5; Maria Padilla, Don Pasquale, jede anf 
4; Torquato Tasso, Maria di Rüden z, jede auf 3; Pari- 
sina, Roberto d'Evreux, jede auf 2; Esule, Ajo, Olivo e 
Pasquale , Anna Botena , Regina di Golconda , Furioso, 
Campanello, Betly, Favorita, jede auf 1. 

Bellini auf 19 : Beatrice 7 ; Puritani 6 ; Norma 3 $ 
Sonnambula 2; Capuleti, Straniera, jede auf 1. 

Ricci (Luigi) auf 15: Chi dura 6; Nuovo Figaro 3; 
Cbiara, Esposti, Scaramuccia, jede auf 2; Orfanella, Due 
Sergenti, Ser Petronio, II Diavolo u. s. w., jede auf 1. 

Mercadante auf 14: Giuramento 6j Bravo, Vestale, 
Elisa e Claudio, jede auf 2 ; Gabriella, Regierte, jede auf 1. 

Rossini auf 13: Barbiere 8$ Assedio di Gorinto 2; 
Cenerentola, Semiramide, Guglielmo Teil, jede auf 1. 

Pacini auf 10: Saffo 5, Maria d'Ingbilterra, Fidan- 
cata Corsa, jede auf 2 ; Medea, Luisetta, jede auf 1, 

Verdi auf 10 : Nabucodonosor 7 $ Lombardi 4. — 
Fioravanti auf 9: Columella 9; Non tutti i pazzi sono 
all' ospitale 1. — Ricci (Federico) auf 4: Prigione 3; 
Corrado 2. — Coppola auf 3: Nina 2; Giovanna I. auf 
1. — Meyerbeer auf 4: Roberto il diavolo. — Raimondi 
auf 2 : Ventaglio. — Peri auf 2 : Dirce, Ester, jede auf 
1. — Nini auf 2: Virginia, Marescialla, jede auf 1. — 
Gncccoy Poniaiowsky, itossi, Speranza u. A., jede auf 1. 
Jnmerkung. Die neuesten Nachrichten der italienischen Caroevats- 
opern ausserhalb Italiens werden mit jenen des Früh- 
lings ebendaher im nächsten Trimestralbericht zusam- 
men mitgetheilt werden. 



Frankfurt. Musik vom 23. Januar bis zum 23. Mai 
1844. Es waren grosse Anstrengungen nöthig, um unser 
Opernscbiff wohlbehalten durch die Klippen und Brandun- 
gen zu führen , gegen die ein solches mehr oder weni- 
ger immer zu steuern hat, Hier die Grippe, dort allerlei 
Sängercapricen, da wirkliche Heiserkeilen und Schnupfen, 
die Bälle und arislocratischen Reunions im Winter, und 
kaum sind die vorüber , die für jeden Theaterdirector so 
wonnelose Zeit des Wonnemonds ! Deshalb würde es ohne 
die ausserordentliche Thätigkeit Guhr's mit der Theater- 
easse noch schlimmer bestellt gewesen sein, als wirklich 
der Fall war. Das Schauspiel, — da Raison und C. Schnei- 

*) Er oompooirte unlängst xu Amsterdam die neue Oper: La 
Figlia dell' Arciere. D. Corrctp. 



der die hiesige Bühne verlassen haben, die vortreffliche 
Frühavf krank darniederliegt, auch Madame Meck öfter 
leidend war, und unsere Lindner nicht alle Tage die An- 
tigone oder Pbädra spielen kann — musste täglich lavi- 
ren, und nicht selten stand eine grosse Oper für ein klei- 
nes Lustspiel ein. Im Februar z. B. wurden einmal acht 
Opern hinter einander ohne Zwischentag gegeben. Den- 
noch murren im Ganzen genommen die Sanger nicht, 
helfen beute au der Medea arbeiten, morgen an Rochus 
Pumpernickel, und singen eben in allen Farben des Styls, 
so lange noch die Kehlbänder halten wollen. Aloys Schmitts 
„ Osterfest " wurde wiederholt, zog aber nicht, und da 
die Oper nicht wohl oft mit demselben Pomp gegeben 
werden kann, so wird sie das Schicksal mit Guido und 
Ginevra, Märtyrern und äbnlicben Pompopern theilen, bei 
welchen die Bühne besetzter ist als das Parterre. Zum 
Besten unseres Violinisten Heinrich Wojff wurden See- 
nen aus Robert, Puritaner und Czaar und Zimmermann 
gegeben, zwischen denen der Virtuos spielte. IVoljps 
Spiel ist schon oft als ein acht solides, von wahrem Künst- 
lergeist beseeltes gewürdigt worden. Die Opern, welche 
das tägliche Brot geben, waren : Belisar, Teufels Anlbeil 
(für die Armen), Robert, das Nachtlager, der lustige 5dm- 
ster, Aschenbrödel, Figaro, Herr Rocht» Pumpernickel, 
die Favorite, Barbier von Sevilla (worin unser Komiker 
Hassel den Bartolo zum hundertsten Male gab), Zampa, 
Czaar und Zimmermann, Don Juan, Freischütz, Teil, Ca* 
pellmeister von Venedig, Otello, Hugenotten, Monteechi 
und Capuletti , Lucrezia Borgia , Norma , Regimentstocb- 
ter, Wasserträger. Die Zauberflöte wurde in Zeit von 
vier Wochen fünf Mal fast hinter einander gegeben, und 
zwar mit drei verschiedenen Königinnen. Davon später. 
Der Schnee von Attber, der Kalif, die Entführung, Me- 
dea, die weisse Dame und der Postillon von Longjumeau 
wurden renovirt. Lortzing's „Wildschütz," der drei Mal 
ungemein geßel und eine Zugoper bleiben wird, war die 
einzige Novität. Lortxing ist eine merkwürdige Erschei- 
nung. Seine Melodieen fliessen ohne Prätention und Zwang 
munter dahin. Da ist weder Flachheit, noch Prablgelehr- 
samkeit. In jeder Nummer ist gesunde Natur und Wahr- 
heit, sprudelt Humor und Witz. Man bort der Musik an, 
dass ihr Schöpfer zum Componisten geboren ist. Ensem- 
ble und Final, wovor sich die Meisten fürchten, sind sein 
Element; deshalb sind sie auch von einem Guss. Lortzing 
componirt nicht im Schweisse seines Angesichts, sondern 
unter Lächeln. Deshalb auch freuen sieb die Sänger und 
Chöre, freut sieb der Director und das Orchester von der 
ersten Violine bis zur Pauke, und freut sieb das Publicum, 
Sein Styl, fliessend, leicht und pikant zugleich, zeigt, 
dass er sich zu jener schönen Zeit bekennt, da Euterpe 
noch eine Friedensgöttiu war. Seine Musterbilder sind 
offenbar JMosart, Dittersdorff und die Italiener jener 
Kunstperiode, denn er hält die Mitte zwischen Beiden, 
obgleich manche Melodie mitunter an die neue italieni- 
sche Manier streift und seine Instrumentation durchaus 
pittoresker ist. Die bectisch Iarmoyante, krampfhaft zu- 
ckende, und dabei im Weltschmerz tändelnde, oder die 
coquelte und prahlende, in allen Farben schimmernde, 
oder die schwerschreitende, breite, massenhafte, historisch* 
gigantische und dabei melodieenlose byperromantische 



415 



1844. Juni. No. 24. 



414 



Schale nehme ein Exempel daran. Hin und wieder sind 
Längen ; auch der Genuas des Galen ermüdet bei über- 
schrittenem Maass, und so mag Herr Lortxing künftig 
den Faden seiner Dichtungen (denn er ist auch Verfas- 
ser des Libretto) etwas kürzer spinnen. Zu dem günsti- 
gen Erfolge des Wildschützen hat gewiss auch unsere Be- 
setzung beigetragen, denn Conradi (Bacillus) bat ein so 
entschiedenes Talent für cbargirte Komik , dass schon 
sein Erscheinen die Lachmuskeln reizt. Eine Giete, so 
drallig und vollwangig, so naiv- eckig, und lächerlich ver- 
schämt, und dabei doch verschmitzt, wie sie Fräul. Kratky 
darstellt, wird nicht leicht übertroffen werden; sie giebt 
ein herrlich Modell zu einer derben Fulderin, uqd man 
muss an der Identität ihrer Person zweifeln» wenn man 
sie als Glytemnestra gesehen hat. So übermüthig burschi- 
kos als mädchenhaft graziös ist Fräul. Capitain (Baronin 
Freymann) in ihrer Doppelmaske als Student und Bäue- 
rin. Dem. Hoffmann befindet sich als Gräfin Eberbach 
ganz in ihrer Sphäre, und den ironischen Spott auf die 
Manie mit der griechischen Tragödie giebt sie mit wahr- 
haft ergötzlicher Gespreiztheit. Caspari als Kronthal be- 
wegt sich so ungezwungen, als es die seltene Berührung 
mit der komischen Oper gestaltet. Wiegand (Eberbach) 
hat weit mehr Routine darin, und bekundet nebst dem 
Sänger auch den gewandten Tänzer. Herr Diehl gab sein 
„wie närr'sch" in der That recht närr'sch, und die Epi- 
sode mit den Schulkindern hob den späten Scbluss der 
Oper zum Glück noch so interessant hervor, dass das 
Lied wiederholt werden musste. Unter solchem Zusam- 
menwirken konnte der glänzende Erfolg der Oper nicht 
fehlen, und sie wird unter so günstigen Auspicien mit 
der Regiments tochter rivalisiren können. 

Für die anspruchslose Oper: „Der Schnee" bat man 
keinen Sinn hier; sie bleibt deshalb wieder liegen. Viel- 
leicht würden sie französische Sänger mehr in Credit 
bringen. Unser primo uomo Herr Chrudimsky, der sie zu 
seinem Benefiz gab, ist nächst seinen Heldenparlieen, 
worin seine kräftig jugendliche Stimme das geeignete Feld 
hat , in Rollen , welche landjnnkeriscbes Gepräge tragen, 
sehr characleristisch , weil er wenig Kunst dazu bedarf. 
Dennoch war er nicht im Stande, den Schnee vor dem 
Verschmelzen zu bewahren. 

Friui. Beuther tbut sieb recht hervor, und scheint 
sich am Liebsten bochtragischen Partieen, wie Norma und 
Medea, zuzuwenden, die wohl für ihr Organ, aber noch 
nicht für ihre Intelligenz passen. Doch ist es ihr Ernst 
um die Sache, und bleibt ihre treffliche Stimme noch lange 
gleich kraftig, so wird auch das „von innen heraus" 
nicht mehr lange ausbleiben. Oefleres Distoniren, nament- 
lich in der Partie der Norma, hat auch ihre besten Ver- 
ehrer genirt. Nicht so ernst scheidt es Fräul. v. ftnoll, 
die nur oberflächlich von Rolle zu Rolle flattert und. gröss- 
tenteils unsicher ist, mit ihrer Kunst zu sein. Sie nimmt 
nicht guten Ralb an, und hätte doch so nöthig, über An- 
satz nnd Biegsamkeit ihres Organs zu wachen, dem die 
Bildung noch sehr Noth tbut. Wir möchten sie wohlwol- 
lend vor der Zukunft warnen, die strenger vor Gericht 
sitzt, als die Gegenwart, die nur der Jugend schmeichelt. 
Fräul. Rudersdorf (jetzt Frau Doctor Küchenmei- 
ster) und Puchek gaben zum Abschied von Frankfurt, 



da es immer schwerer wird, lucrative Benefizopern zu 
finden, einzelne Lieblingsscenen nnd Bruchstücke. Fräul. 
Rudersdorf verliess uns in der Vollkraft ihres Organs, 
und mit ihr trat auch Herr Rudersdorf der Sängerin 
Vater, aus dem Orchester. Pischek's nahe Abreise machte 
in den letzteta vierzehn Tagen immer besetzte Häuser. 
Sein Benefiz, worin man ihm einen Kranz zuwarf, war 
billiger Weise sehr besucht. Einem Sänger im Zenith sei- 
ner Triumphe blüht immer das traurige Loos, verzogen 
zu werden. Unsere Direction mag daher weniger nm den 
Verlust Pischek's tranern, als unsere Damen, denen 'A- 
schek sich direct in's Herz gesungen. Pischek den Hof 
zn machen, worde am Ende zu einer Art von Cultus, 
welcher schon manche edle Natur zur Selbstüberschätzung 
verleitet bat; und aufrichtig gestanden, es erschien Vie- 
len, sogar seiner eifrigsten Verehrer, die ewig wieder- 
kehrende, süsslicbe und verduftende Manier, in der sich 
dieser Sänger zuletzt ganz verlor und die keinem andern 
Vortrage mehr Gerechtigkeit widerfahren liess, doch et- 
was monoton. Nachdem er in der letzten Scene des Czaar 
einige Abschiedsconplels gesungen, und darauf, hervor- 
gerufen, noch einmal Abschied nahm, konnte ein eigens 
fär ihn verfasstes Lied: „Sängers Abschied," das er in 
einem darauffolgenden Abscbiedsconcerte im Theater vor- 
trug, die beabsichtigte Wirkung nicht mehr hervorbringen. 

Was im Allgemeinen an der Oper lobend anzuerkennen 
war, ist ein vortreffliches Ensemble, denn jedes Opernmit- 
glied hat hier einen Grad der Bildung erreicht, der ihm 
das Anschmiegen an's Ganze leicht macht. Nur bat seit Kur- 
zem ein Dämon die Einheit dieses Ensemble in Beziehung 
auf Vortrag gestört. Ich verstehe darunter ein gewisses 
Schleppen und willkürliches Fermatisiren , welches am 
Ende die Harmonie in ihren tiefsten Grundfesten erschüt- 
tern mnss. Da nun Pischek, dessen Stimme fast immer 
dominirte (auch da, wo sie untergeordnet hätte sein sol- 
len) , aus diesem Ensemble getreten , so hängt es jetzt 
von eines Jeden Willkür nnd Schönheitssinn ab, den al- 
ten harmonischen Guss wieder zu erneuern. Die Rüge, 
dass der gutbesetzte Alt in unsern im Ganzen so wackern 
Chören eben deshalb oft zu grell hervortritt und eine 
sonderbare, fast komische Wirkung hervorbringt, gehört 
ebenfalls hierher. 

Nun zu den Gästen. Zuerst Mad. Lehmann- Rauch, 
diese überaus achtbare Sängerin , welche uns durch ihre 
Glockentöne, wie durch seelenvollen Vortrag edle Ge- 
nüsse verschaffte. Verstände diese Frau mehr auf Effect 
zu singen und überhaupt bei Stellen der Leidenschaft mehr 
Energie zu entfalten, — nnd das Letztere gehört wahr- 
lich zu den wesentlichsten Attributen der dramatischen 
Kunst — so würde die allgemeine Achtung, von welcher 
beim Genuss des wahren Schönen auch der Haufe erfüllt 
wird, sich viel lauter geäussert haben. Sie sang zwei Mal 
die Königin der Nacht, die Constanze (Entführung), und 
die Alice. — Fräul. Avfptste Köhler von Riga gab eben- 
falls zwei Mal die Königin, die Agathe, Isabella, Hen- 
riette (Capellmeister von Venedig), die Margarethe (Huge- 
notten), Julia (Montecchi), und Marie (Regimentstochter). 
Das Organ dieser Sängerin ist aus dem Stoffe gebildet, 
wovon der Schöpfer eine Buonasegla, Canabich, eine 
Mara oder Sessi geschaffen. Sie besitzt ganz diese leichte 



416 



1844. Juni. No. 2t. 



416 



ätherische Höhe , womit sie fast hewusstlos und spielend 
Partieen singt, woran sich so viele Soprane vergebens 
abmartern. Dabei ist die Stimme rein, klingend und 
gleich. Nur fehlt ihr ein gebildeter Geschmack und rich- 
tiges Gefühl. Wie ihr Vortrag, ist auch das Spiel frei 
und routinirt, aber beide entbehren der poetischen Weihe 
und des rechten Maasses; ist Feuer da, so lodert es in 
zügellosen Flammen auf und verzehrt die besseren Stoffe. , 
Mitunter giebt sie manch Gelungenes; aber das ist Re- ' 
sullal eines glücklichen Mechanismus der Kehle, nicht 
aber einer künstlerischen Sinnigkeit; so e. B. kann man ; 
die beiden Arien der nächtlichen Königin, die sie in den 
Originaltonarten und in einem fast verwegen schnellen 
Tempo vorträgt, nicht sicherer und reiner hören. Ge- 
wöhnlich aber sind ihre Rouladen übereilt und verwischt. 
Die Darstellung der Julie entbehrt des geistigen Princips 
und die der Agathe, einfacher Mädohenhafügkeit. Die Re- 
gimentstochter gehört zu ihren besseren Rollen, denn sie 
ist wenigstens von einem Guss , allein sie giebt sie zu , 
pagen- oder cadettenbafL , und lässt auch gar keinen cd* 
lern Funken durchschimmern, wozu ihr im zweiten Act i 
der Dichter so schöne Gelegenheit giebt. Vortrag und 
Spiel streifen häufig an's Gemeine. Dennoch, glauben wir» 
liegt die Möglichkeit einer feineren Ausbildung in ihr. 
Möchte sie recht bald ihren schlummernden Genius zu 
Ratbe ziehen, und dann einen zweiten höheren Abschnitt 
ihrer Künsllerbaha beginnen. 

Mad. Schmidtgen aus Wiesbaden gab den Romeo, 
die Desdemona, die Antonia und Lucrezia Borgia. Eine 
schöne junge Frau, mit anmuthigem Spiel, starker Stimme 
und reiner, aber etwas dünner Höhe. Aber ihre Mimik 
ist nicht sprechend, ihre Plastik nicht wirksam genug. 
Die Bravour ist brillant und oft recht geregelt, ihr Por* 



lament bis g, a hinauf kräftig und voll — deshalb wurde 
auch vieles Gelungene mit grossem Beifall gewürdigt. 
Von Triumphen aber, die diese Sängerin Wiesbadener 
Berichten nach hier gefeiert haben soll, wissen wir nichts* 
Mad. Schmidtgm gehört zu den Sängerinnen, die im Ein* 
zelnen hervorstechende Eigenschaften besitzen, aber im 
Ganzen kein bleibendes Interesse einflössen. Als Romeo, 
wobei ihre Figur imponirte, zählte sie die meisten Ver- 
ehrer. Madame Schmidtgen ist bereits wieder abgereist, 
Fräul. Köhler aber wird wohl Fräul. Rudersdorf ersetzen. 
(Bescbloss folgt.) 



Feuilleton. 



Der Pianist Michel Angelo Rusxo bat am 1. Juni io Breslau 
nit vielem Beifall ein Coocert gegeben. 

Das dritte Lehrergesangfest der Vereine vod Celle and Bee- 
deabostel fand am letztern Orte den 28. Mai d. J. unter der Di- 
reetion des Stadt- and Scblossorganisten H. W. Stolze Statt. Die 
Hanptstiicke waren: der 147. Psalm für zwei vierstimmige Man- 
oerchörc, eigens dazu componirt; der 100. Psalm für vierstimmi- 
gen Männerchor, ebenfalls von Stolze oomponirt; die Hymnen: 
„ Himmel and Erde vergeben" and „Hoch tbnt eneb aaf" von 
ßernk. Klein, so wie mehrere Festcboräle von Stolze arrangirt. 
Ausserdem wurden noeb mehrere Gesänge ernsten und heitern In- 
halts von C. Kreutzer, Reichardt, Lindpaintner, Stuns, Enkhau- 
sen u. A. m. vorgetragen. 

la Braunschweig sind anlängst zwei neue deutsche Opern auf- 
gerührt worden. Die erste, ernsten Inhalts : ,,Pioo di Porto/' 
Dichtung von Griepenkerl, Musik vom dortigen Capellmeister Georg 
Müller, sprach weniger au, ais die andere, komischen Inhalts: 
„Die Stellvertreter/ 1 Buch von Holland, Musik vom dortigen Kam- 
mern! asiku» Wernthal, welohe vielen Beifall fand. 



Ankündigungen. 



Bei B* SellOtt'sj Söhnen iu Mainz erscheint nit Bi- 
geuÜrainsrecht : 



jmttller, Fr., Valse brillante du ballet Lact? Henriette. 
Valsc sentimentale id. 

— — Meauet id. 
S Polka id. 

Polka daage a l'opera. 

Yalse et Galop de M r de Pourseaunao. 

— — Pas espagnol danse daas la Pen. 

Valse populaire de Cagliostro. Op. 87. 

Tant oue l'etoile brille, melodie - valse. 

D&hler, Tit., Souvenir da Naples, Tarentelie, Op. 46, arr. 
a 9 et a 4 maius. 

DreysehOClL, £•, Grande Sonate. Op. 50. 

Herz, HU, Les belle« du nord, 6 Polka, orues de beaux des- 
sins. Op. 140. No. I. La belle Altemande. No. 2. La belle 
Hongroise. No. 5. La belle Safdoise. No. 4. La belle Mos* 
covite. No. 5. La belle Polonaise. No. 6. La belle Bobemicnae. 

Blvorl, €., La Genoise, Caprice poar Violon et Piano. Op. 1. 

Variation« brill. ponr Violon et Piano, aar „Nel cor piü 

non mi sento." Op. 9. 

Serwalsju F* 9 Souvenir de Spa, Fantaisie poar Violoncello avec 
acc. de Qnatuor ou de Piano. 



Serval*, P«, Caprice aar des motif* da Comte Ory, poar Vio- 

loucetle avec acc. d'un S d Violoncello oblige. 
— — Fantaisie et Variation« brill sur la Valse favorite „Le desir" 

pour Violoncelle avec acc. d'orch. ou de Piano. 

Im Verlage von Breltli+pf 4» Htetel in Leipiig 

ist erschienen : 

Der evangelische Kirchengesang 

und sein Verbältniss zur 

Kunst des Tonsatxes. 

Dargestellt von 

Carl von Winterfeld. 

Hit vielen Masikbeilagen. 

ErsUr Iheüi 

Der evangelische Kircbengesang im ersten Jahrhaaderle 
der Kirchenverbesserang. 

In 4. BrocbiH. Preis 12 Tbaler. 
J3&* Der zweite Theil dieses wichtigen Werkes ist unter der Presse. 



Druck and Verlag tob Breitkopf und Härtet in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeil. 



.417 



418 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 19<" Juni. 



M $5. 



1844. 



Inhalts Seb. Bach's Cboralges'inge und CtoUtea. (Fortsetzung.) — Nachrichten: Ans Paris. Aas Fraokfart. (Bcschltm.) — Feuil- 
leton. — Ankündigungen. 



Seb* Bajch's Choral- Gesänge und Cantaten. 

(Fortsetzung.) 

Besonders interessant ist es , den grössten Tbeil der 
einzelnen Stücke, ans welchen die beiden Messen (Kyrie 
und Gloria) in A und G zusammengestellt sind, in ihrer 
ursprunglichen Behandlung in den Cantaten wiederzufin- 
den. Meines Wissens ist noch kein ausführlicherer Nach- 
weis darüber bekannt geworden, und er möge, so weit 
ich es vermag, hier Raum finden. — Das Kyrie der 
Gdur- Messe findet sich als Einleitungscbor in der Can- 
tate: „Siebe zu, dass deine Gottesfurcht nicht Heuchelei 



Cantate. 



sei" mit .einzelnen geringen, durch den veränderten Text 
bedingten Abänderungen vor. Das Gloria ist der Einlei- 
tungscbor der Cantate: ,,Gott der Herr ist Sonn* und 
Schild. 4 ' Das in den ersten 44 Tacten des Gloria dem 
Sopran und Alt zwei Mal zugetbeilte Solo ist in der Can- 
tate obligaten Hörnern gegeben, und bis zu der in getra- 
genen Tönen einleitenden Stelle der Singstimmen: „Et 
in terra pax" dient der in bewegteren Rhythmen gestellte 
InstrumenUlsaU als Einleitung. Der Gesang tritt mit den 
oben die Cantate bezeichnenden Worten» wie im Gloria, 
nur. in einer dem Texte entsprechenden kräftigem Ver- 
setzung ein. 




Die Bassarie im „Gratias agimus" ist der vortrefflichen 
Cantate zum 15. Sonntag nach Trinitatis: „Warum be- 
trübst du dich mein Herz" entnommen» wo sie sich mit 
dem Texte: „Auf Gott steht meine Zuversicht" vorfin- 
det. Wenn gleich das Gratias der melodischen Führung 
der Singstimme nirgends widerspricht, se lässt sich doch 
ein gewisser Zwang des Textes darin entdecken. Bach 
war zwar eigentümlich tiefsinnig; er zieht aber den mit 
ihm Vertrauten mit sieb fort, ohne dass man ihm wider- 
streben könnte. Hier möchte ich behaupten, dass nur die 
Reflexion im Gratias zu einer Verschmelzung zwischen 
Ton und Wert verhelfen kann, die sich in dem: „Auf 

46. Jahrgang. 



in ter - ra pax. 

Gott allein steht mein Vertrauen" von selbst ergiebt. 
Das Duett für Sopran und Alt: „Domine Dens" ist gleich 
dem Gloria ebenfalls in der Cantate : „Gott der Herr ist 
Sonn* und Schild" zu finden, wo es Sopran und Bass 
übertragen ist. Doeb hat es hier grössere Abänderungen 
erfahren. Die Tenorarie mit der Solooboe; „Quoniam tn 
solus sanetus" steht in der Cantate, in welcher das Ky- 
rie gefunden worden : „Siehe zu, dass deine Gottesfurcht" 
mit dem Texte: „Falscher Heuchler Ebenbild," wo sie 
vom vollen Quartett begleitet ist. — 

Noch grösseres Interesse als das vorhergebende, ge- 
währt das Gloria der A der- Messe. Der erste Satz ist aus 

25 



449 



1844. Juni. No. 25. 



42» 



einem Basssolo: „Der Friede sei mit euch" mit Chor: 
„Wohl mir, Jesus hilft mir kämpfen' 4 der Pfingstcantale: 
„Halt im Gedächtniss Jesum Christ " in der Begleitung 
Note für Nole entnommen; die Singstimmen sind theils 
in den Motiven umgearbeitet, tbeils mit neuen bereichert. 
Das sich zwischen dem AUegrosatze (ganzer Tacl) wie- 
derholende Adagio (%-Tact „Der Friede sei mi Blieb," 
in der Messe das mit zwei Flöten begleitete ,,et in terra 
pax" und „Adoramus te") bat in der Cantale die drei- 
stimmige Begleitung einer Flöte und zweier Oboe d'Amour. 
Bewundernswert h ist die Umgestaltung des letzten Ada- 
giosatzes aus dem einfachen Basssolo in das herrliche po- 
lyphonische „ Gratias agimus" mit unveränderter Beibe- 
haltung des Instrumentalsatzes. Die Vergleichung beider 
Sätze ist sehr instruetiv ; jede Stimme im Gratias ist be- 
kanntlich ein trefflicher, in sich abgerundeter Gesang, der 
freudig erhabene Dank der zum vollen Bewusstsein des 
Glaubens gelangten Bekenner des Evangeliums» der Volks- 

a. Singstimme aas der A-dur Meise, aas A-moll verseilt. 



gemeine. Gleich grossartig und interessant ist das „Qni 
tollis peccata mundi" Sopransolo mit zwei Flöten nnd 
dem Continuo (hier Bratschen). In der Cantale: „Siehe 
zu," aus welcher für die Gdur -Messe das Kyrie und 
Quoniam entnommen, steht die Arie in Amoil von zwei 
Jagdoboen und dem Fundament begleitet. Hier ist sie in 
H moll , die Gboestimmen für die Flöten um eine Octave 
höher versetzt, das Fundament für die Bratsche desglei- 
chen. Die in gebundener Schreibart begleitenden Stim- 
men, wie die Grundstimme sind fast durchgängig Note 
für Note beibehalten und nur in einigen wenigen Tacten 
findet sich eine geringe Abänderung vor. Die Singstimme 
ist durchweg umgearbeitet und in beiden Tonstücken gleich 
ausdrucksvoll. In der Cantate ist der Ausdruck des Stu- 
ckes christliche Demutb und Bitte um Vergebung der 
Sünden. Das beifolgende Beispiel enthalt den Anfang nnd 
einen TheU des Mittelsatzes des erwähnten Stückes. 




qui tol-lis pec - ca - ta, pec-ca - ta .man - di, qai toi - 1U pec - ca - ta, pec-ca - ta 




421 



1844. Juni. No. 28. 



422 




Die Altarie: „Quoniam" findet sich in der Cantate: „Gott 
der Herr ist Sonn' und Schild," mit obligater Oboe in 
derselben Tonart; die Iustrumentalstimme natürlich eine 
Octave höher als in der Messe» wo Violinen und Brat- 
schen im Unisono begleiten. — 

So viel über die beiden Messen. Es bliebe nun noch 
übrig, auf einen Hauptbestandteil dieser Werke, den 
Choral, und dessen Verwendung darin, aufmerksam zu 
machen. In welcher Weise die in der gedruckten Samm- 
lung aufgenommenen Choräle in ßach's grösseren Kir- 
chengesängen verflochten sind, und dass sie einen we- 
sentlichen integrirenden Theil derselben ausmachen, die- 
jenigen Puncte sind, von welchen des Künstlers religiöse 
Gemüthsbewegungen ausgingen, oder zu welohen sie durch 
nähere Betrachtung des zur Aufgabe erwählten Gegen- 
standes hinführten, ist in dem ersten Abschnitte dieser 
Zeilen bereits ausführlicher bemerkt worden, und werden 
wir ihm in dieser Beziehung noch näher treten. — Schon 
die wenigen gedruckten Werke von BacKs Kirchenmusik 
zeigen uns, wie unser Meister in Bibel und Gesangbuch 
eingelebt war, und ihm einerseits ein Text, in welchen 
er sich vertieft hatte, die Melodie eines Chorals als Pa- 
rallele, andererseits die Melodie einen analogen Text leioht 
in Erinnerung brachte und anwenden liess. — Seine Cho« 
ralbearbeitungen sind sehr mannicbfaltig ; viele Cantaten 
beginnen mit durchgeführten Chorälen ; grösstenteils liegt 
der feste Gesang in der Oberstimme, die übrigen Stirn« 
men bewegen sich frei, theils in den Choralmelodieea 
nachgebildeten Formen, theils in freiem, stets ausdrucks- 
vollen, eindringlichen Gesänge. Gewöhnlich ist eine leben- 
dige, selbständige, dem Cbaracter des Chorals entspre- 
chende Instrumentalbegleitung mit ihnen verbunden, nnd 
in vielen findet man eine wiederkehrende feststehende An- 
ordnung. Es ist dieses dieselbe, wie wir sie in der Mat- 
thäus-Passion in der herrlichen Bearbeitung des Chorals i 
„0 Mensch, bewein' die Sünde gross" wahrnehmen, in 
welcher Form uns in den Cantaten eine grosse Menge 
ähnlicher kostbarer Stücke entgegentreten. AnderenDurch- 
fahrungen fehlt das Instrumentalspiel, undAroA beschränkt 



sich auf alleinige Benutzung der Singstimmen, auch wohl 
mit einem Basso Continuo verseben. Hier bildet der Mei- 
ster gewöhnlich Zeile für Zeile die begleitenden Stimmen 
dem festen Choralgesange nach) wie in „Christ lag in 
Todesbanden." Doch auch diese Form genügte ihm noch 
nicht; wir finden Durchführungen, in denen die beglei- 
tenden Stimmen den Cantus firmns Zeile für Zeile in der 
Verkleinerung fugirt vortragen; die* Gegenthemata er- 
seheinen dann ihm nachgebildet; nach dem vollendeten 
Eintritte sämmtlicber Stimmen breitet sich der Cantus fir- 
mus der Oberstimme in gedehnten Kläogen aus. Doch 
auch hier sehen wir den Cantus firmus in verschiedenen 
Stimmen wechselnd auftreten. Noch eine Eigentümlich- 
keit Bach's ist es, den Choral zu paraphrasiren; dies 
geschieht in Chören, wie in Soto's. Und auch diese Be- 
handlung zeigt sich in vielseitiger Weise ausgeführt. — 
In der Cantate: „Wer nur den lieben Gott läset wal- 
ten*' tragen zuerst einzelne Stimmen in ßgurirter Nach- 
bildung die Choralzeile vor, bevor diese selbst vom vol- 
len Chore gesungen wird. In der Cantate i „Warum be- 
trübst du dich, mein Herz" besinnen einzelne Stimmen 
den Klagegesang in freier melodischer Form, dann tritt 
erat der Choral ein, der immer wieder durch den Zwi- 
schengesang einer Solostimme unterbrochen wird. — Aehn- 
liohes geschieht in der Cantate 2 „Herr wie du willst, so 
scbick's mit mir." Schon der einleitende Jnstrumentalsatz 
giebt in einfacher Wiederholung die vier ersten Töne des 
Cantus firmus,. bevor er ganz ausgebildet im Hörn er- 
scheint. Nachdem die beiden ersten Zeilen vom Orche- 
ster unter fortgesetzter Durcharbeitung des der Begleitung 
gegebenen Thema's ausgeführt sind , fassen die Singstim- 
men den Choral auf und tragen ihn vierstimmig vor. 
Der Choral wird Zeile für Zeile durch Reeitative von So- 
lostimmen unterbrochen, während dessen daa freie Spiel 
der Instrumente seinen Fortgang behält und der Anfang 
des Chorals, an die Worte: „Herr, wie dn willst" erio- 
nernd, immer prägnant duronklingt. — In den Sologe- 
sängen, welche auf Choräle gebaut sind, lassen sich eben- 
falls viele verschiedene Behandlungen wahrnehmen. Die 



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1844. Juni. No. 25. 



424 



Singstimme trägt die Choralzeile , nach Maassgabe ihres I seht sieh dann in reeilaliiriseher Form zuweilen im Arioso, 
Inhaltes verziert oder ungeschmückt einfach vor, und er- | Hierzu ein kurzes Beispiel : 

c. F. _ fr- m ^ m Rec. bß _ f 




pi 



3E 



f * \ 



y y 



Denk nicht in deines Drangsais Hi-tze, wenn Blitz 



und Donner kracht 



und 




dir ein 



in schwüles Wetter bange macht, dass du von Gott ver - las - sen bist, Gott bleibetauch, u. s 




In den Gantaten, welchen der einfache Kircbentext zum 
Grnnde liegt, bildet Bach Chöre, ßecitative, Arien und 
Duett's aus der Choralmelodie, und mindestens lässt sieb 
(im Haupttbema immer) ein Anklang an die melodische 
Form der ersten Zeile, oder auch, wie der Text es er- 
giebt, einer anderen analogen erkennen, wie in : „Wer 
nur den lieben Gott lässt walten/ 4 in : „Sei Lob und Ehr 
dem höchsten Gut/ 4 und mehreren anderen. Ja die Me- 
lodie eines analogen Choraltexles benutzt Itadk als stär- 
keres Ausdrueksmiltel für seine Tonsticke , wie z. B. 
den schon oben erwähnten Eintritt der Choralmelodie zu t 
„Wenn mein Stündlein rorfaanden ist" in der Ariea 
„Letzte Stunde, tritt berein*" Eine ähnliche tiefsinnige 
Anwendung des Chorals findet sich in der Gantete s „Got- 
tes Zeit ist die allerbeste Zeit" (Kirchenmusik, von Atarat 
herausgegeben, No. 6). Deber den in rahig gemessenem 
Sehritte sieh gleicbmäseig fortbewegenden Fundamental* 
bass sprechen die drei tieferen Stimmen in ihren tiefstem 
Stimm tagen über den Text: „Es ist der alte Bund, 
Mensch, dumusst sterben," einander imitirend, ein Thema: 
das Unvermeidliche , das GesetM aus; nach der ersten 
Durchführung tritt der Sopran aHetn mit den Worten: 
„Ja komm, Herr Jesu, komm" ein, die freudige Erge- 
bung des Gläubigen in Gottes Fügungen ausdruckend. Da 
ertönt, ganz unerwartet, von den bis dahin stummen Gam- 
ben und Flöten die Melodie des Chorals: »Warum be* 
trübst du dich, mein Hers" und verbindet sich mit dem 
Gesänge. Die tieferen Stimmen ergreifen von Neuem ihren 
unterbrochenen Satz: „Es ist der alte Bund," in wach- 
sender Freudigkeit sehliesst sich ihm der Sopran an ; die 
Melodie der dritten Zeile des erwähnten Chorals klingt 
tröstend in kurzen Absitzen dazwischen, an ihren Text 
erinnernd: „Vertrau du deinem Uerre Gott*" Immer 
schauerlicher ertönt der Buf: „Mensch, dn musst ster- 
ben, 44 die Stimmen drängen sieh, nicht einzeln schrei* 
ten sie mehr neben einander her, sie einigen sieh ; trot- 
tend einander und gedrängt, nehmen sie wie im Kampfe 
die letzte Kraft zusammen, sich zum ersten Male zur 
Höhe aufzuschwingen, von welcher sie schleunigst in 
einen scharf distonirenden Aceord hinabsinken , um dann 
gänzlich zu verstummen. Von den Flöten erklingt dazu 
-die letzte Zeile des Chorals, an dessen Scblusston sieh 
mehrere Male der Oberbalbton in herbem Wechsel wie er- 
sterbend anschlicsst, indess der Sopran mit den Werten: 



rscr 

„Ja komm* Herr Jesu" die Tonleiter sanft hinabgleitet, 
leise verballend die Dissonanz ohne alle Begleitung auf- 
löst, und das Stuck auf der Terz endigt, ohne es zu 
beschliessen, — Zu welch einer Menge von Bildern und 
Betrachtungen hier so der Hörer als der Vortragende an- 
geregt wird, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. — 
Eben so sinnreich und tiefergreifend tritt der Choral:' 
„Mit Fried und Freud fahr ich dahin" in dem darauffol- 
genden Stücke ein, nachdem die Altstimme: „In deine 
Hand', o Herr, befehl' ich meinen Geist" sehnsüchtig 
verlangend und demütbig ergeben ausgesprochen bat und 
die Stimme des Trostes, der Erhörung, der Verheissung* 
„Rente wirst du mit mir hn Paradiese sein" sich hören 
lässt, welche die Gamben in gebeimnissvoHen Klängen 
umhüllen. — Die ganze Canlate gehört überhaupt zu den 
tiefsinnigsten und wirkengsreicbsteff unter Bach 9 * Kir- 
chenmusiken. Aebnlicbe ergreifende Beziehungen zwischen 
dem Texte des Chores und den einzelnen Zeilen des 
dazu eintretenden Cborales finden sich in dem grossen 
Einleitungsehore der Passionsmusik. — 
(Fortsetzung folgt.) 



Nachrichten. 



Pari*, Ende Mai. Opernvcrhältnme, Aiibers Sirene. 
Die überreiche Coneertsaison schien diesmal für das et- 
was magere Opernrepertoir entschädigen zu wollen. Die 
Aeademie royale halte wenig für Erfolge gesorgt, und 
Mure Ernte war darum auch unbedeutend; hingegen blieb 
die komische Oper die Lieblingsbübne des Publicum** weil 
sie die Function des Spieles in einer ihrem Berufe adä- 
quaten Weise erfüllt. Seit jenen denkwürdigen Zeiten, 
in denen das Partisanenwesen der Musikliebhaber in Pa- 
ria sich durch erneuerte Veranlassungen immer gegen- 
seitig verdrängtet um die Dictatur des Geschmackes an 
sieb zu reissen, stand das Bouffonenwesen erst dem stei- 
fen Cotburn Rameaus, später dem Stadium Gluck 9 * und 
so auch dem romantischen Heroentbume Bertons, Spon- 
tinfsy Cherubim" $ e. »« w. entgegen. Dum, Mon*igny % 
Philidor und Andere emanzipirten die französisch -komi- 
sehe Oper auf das Entschiedenste» und das Theater Fey- 
deeu > seiner früheren Siege eingedenk , brachte in letz- 



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1844. Juni. No. 25. 



490 



lerer Zeit Riehard Löwenherz und den Deserteur von 
letzteren Beiden wieder zur Aufführung« Das entschiedene 
Glück, das diese Siteren Werke bei einer neuern Gene- 
ration machten» lässt vermutben, das«, wenn die grosse 
Oper dasselbe thäte, der Erfolg ein ähnlich günstiger wäre. 
Allein der dort emancipirle Geschmack würde etwas stark 
in die Enge getrieben werden, wenn er hier gerades Ge- 
gentheil in erhabener Einfachheit neben sich halte, und 
darum bleibt es der grossen Oper eine gelegene Ausfluch», 
die Particeo älterer classischer Werke nicht mehr genü- 
gend besetzen zu könuen. Die Componisten des Thea- 
ters Feydeau haben sich der Wiederaufführung älterer 
Opern nicht allein nicht widersetzt, senden* Adam hat 
sogar das Orchester zum „Deserteur" vollstimmiger ge- 
setzt, was ihm denn der selige Monsigny verzeihen 
wolle. Andere, wie Auber, haben jene Aivalilät «in 
und für sich nicht zu fürchten» und Letzterer beweist immer 
wieder aufs Neue, dass ihm die längst anerkannte Fülle 
heiterer Lebenslust im Schaffen seiner Werke noch un- 
gestört innewohnt. 

Die „Sirene," sein letztes Werk, macht wieder 
entschiedenes Glück und gehört zu den frischesten seiner 
Productionen. Das Libretto, aus der geschickte» Hand 
Scrtbes, müssle., unterhaltend und geistreich wie es ist, 
selbst ohne Musik seine Wirkung nicht verfehlen. Ohne 
die Iotrigue hier weitläufig erzählen zu wollen, genüge 
die Bemerkung, dass man sich unter der Sirene keine 
Mytbengestalt, sondern ein halbmodernes schönes Mädchen 
vorzustellen habe, das von seinem Bruder, einem Schmugg* 
ler, seiner wunderbaren Stimme wegen zn Täuschungen 
und Jntriguen gegen die Grenzwäcbler benutzt wird. Für 
die Anwendung einer von Auber sehr geschickt darge- 
stellten Naturbegabung will ihr Bruder sie aber auch 
„fürstlich" ausstatten, und am Ende vollführt dies theils 
seine eigene Maebination, theils der Zufall. — Die Ouver- 
türe, die zu den besten Tonstücken des Ganzen gehört, 
bewegt sich in dem längst anerkannten graziösen Auber 9 * 
sehen Styl, und namentlich ist der erste Satz, der in ru- 
higem Tempo mit schöner Harmonie von Blech- und 
Streichinstrumenten gearbeitet ist, vortrefflich zu nennen. 
Weniger günstig wirken die hierauf folgenden walzerar- 
tigen Bewegungen , wohingegen der Scbluss wiederum 
werthvoll genannt werden muss. Von eigentümlichem 
Character sind fast die sämmtlichen Arien, oder, wie der 
französische Librettendichter sie nennt, Couplet'* der Si- 
rene (Zerlina). Die Sopranstimme verlässt hier selbst im 
Ensemble den Typus einer eigentümlichen Lieblichkeit 
nicht» und um das Unheil über das ganze Werk kurz 
zusammenzufassen, sagen wir: es ist Leben, und zwar 
heiteres und geislerfreuendes, in ihm. Das Moment der 
Bewegung ist dem französischen .Geiste überhaupt eigen, 
und er bringt es in den Stadien des Lebens selbst, wie 
in denen der Kunst auch wirklieb zur Erscheinung. So 
ist z. B. das erste Couplet (die vom Componisten be- 
stimmte Formbenennung können wir nicht anführen, weil 
die Partitur noch nicht erschienen ist): .,Quand vient 
l'ombre silencieose" u. s. w«, uugefähr im Character von 
Weber i ,, Einst träumte meiner seel'gen Base," voll dar- 
gestellter Lebendigkeit; eben so das erste Hervortreten 
der Sireneautimme , die Anfangs nur von einfach«! W 



calen getragen wird. Zu den besten Stücken gehört fer- 
ner eine Arie Scopetto's, des Schmugglers : „Voyez-vous 
ce sombre nuage" mit klangvoller Instrumentenmalerei ; 
ferner die gleich darauf folgende Cavatine in Cdur, die 
dann durch das Eintreten des Chores zu einem Ensemble- 
Stücke wird. Mittelpunct des Ganzen ist das grosse an 
Situationen und musikalischem Ausdrucke reiche Ensemble 
im zweiten Acte. Der Allgemeinwirkuna des Stückes aber 
ist der Umstand günstig, dass die Partie der Sirene sich 
bis zum Ende, theils durch das Stück selbst, theils durch 
die musikalische Behandlung steigert Die neue Oper Au* 
ber's ist hier übrigens Cassenstück und ohne Zweifel ein 
neuer Beleg für das unermüdete Talent des Componisten, 
der bereits mehr als einmal die Seicbtigkeit der hiesigen 
Opernrepertoire verhütet bat. In Paris muss eine solche 
Thatigkeit darum noch von doppeltem Interesse sein, weil 
hier selbst das Vortreffliche , bei der unaufhaltsamen Ge- 
nusssucht des Publicums, stets der Abwechslung weichen 
muss. Durch die Auber'acht Muse nun kommen zum 
Mindesten keine monotonen Producte auf die Bühne, die 
leider gar zu oft im Anscheine von Kunststrenge unver- 
diente Ansprüche geltend zu machen suchen. Wenn es 
sich denn einmal von vorn berein nicht um die höheren 
Kunstinteresseu bandelt, so ist die Offenbarung des Le- 
bens doch jedenfalls der Strenge des Verslandes und dem 
damit so häufig verbundenen Mangel an innerem Leben 
vorzuziehen. C. D. 



Frankfurt. (Beschluss.) Der Tenorist Breiimg gab 
den Robert mit Beifall, und Herr Weitgass von Freit 
bürg den Iwanow, Fröhlich und Dikson. Die Stimme ist 
schwach , aber angenehm. Bei dergleichen Spielrolien kommt 
es mehr auf characleristischen , markirten und siebern 
Vortrag, als auf schönes Singen an. Da aber Herr Weit- 
gas* nicht Sänger ist, so möge er sich das Erstere in 
einem desto höbern Grade aneignen. Persönlichkeit und 
Spiel sind für sein Fach sehr geeignet, und mit seinem 
Impromptus erreicht er seinen Zweck $ man lachU Wo 
er aufgemuntert und warm, wird, muss er ein beliebtes 
Mitglied werden. Fraul. Säbr sang auch einmal die Kö- 
nigin der Macht, und zwar die letzte Arie nm eine Terz 
tiefer« Manchmal ist unser Publicum doch auch gar zu 
nachsichtig. 

Nun ein zeitgemässes Wort über Beifallsbezeigungen, 
Diese sind auch hier nicht immer die Probe des Verdien- 
stes. Da geht ein armseliger Scbachergeist herum und 
bietet Beifall für ein Geringes feil. Der Fremde, befan- 
gen und ängstlich, opfert gern dem Gebrauche, oft auch 
um Zudringlichkeiten nur los zu werden. Aber nicht al- 
lein der seeundaire , auch der selbständige Künstler geht 
nicht selten in diese Falle, und das ist eben so traurig, 
als lächerlich. Alle Tbeile wissen, dass sie täuschen und 
getäuscht werden , und doch tbun sie es. Dem ganzen 
Publicum ist der Grund irgend einer von der Galerie 
ausgehenden Salve gar wohl bekannt. Der auf diese Art 
Gefeierte weiss, dass es dem Publicum und seinen Col« 
legen bekannt ist, und doch fühlt er sich in seiner Selbst- 
täuschung geehrt. Das Publicum nicht minder kennt die 
Empfindungen des sich Verbeugenden. Eben so gut weiss 



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1844. Juni. No. 26. 



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jene "bezahlte Horde, dass diese Umtriebe ein offenes 6er 
neimniss sind, nnd dennoch scheut sie sieb nicht, recht 
frech darein. zu lärmen. Rann es aber einen ärgern Wahn- 
sinn geben? Und doch ist dieses schnöde Princip eines 
der wichtigsten in der Theaterwelt. Dass durch solche 
Kunstgriffe Niemand durchdringt, versteht sich von selbst. 
Das wahre Schöne bedarf ihrer nicht; es bahnt sich den 
Weg durch alle Parteien und Vorurlbeite. Wurden aHe 
Hitglieder sich vereinigen, solchen Schachergeist zurück- 
zuweisen, so würde ein freieres Urtbeil walten, das dem 
Kunstpriester, wie dem Kunstlaien zu Gute kommt. Es 
wird aber noch so weit kommen, dass sich der noble 
Tbeil des Pnblicums von jeder Beifallsbezeigung zurück- 
zieht, und dann schwingt der Geist der Zeit : Missbrauch 
im frechsten Uebermutbe seine Geissei. 

Den theatralischen Theil des Berichtes schliesse ich 
mit der Nachricht, dass wir für Pischek noch keinen Er- 
satz haben, und dass Guhr deshalb eine neue Entdeckungs- 
reise nach Oesterreich nnd Böhmen unternommen hat. — 

Nun zu den Goncerten. Im Style jener früher so 
beifällig aufgenommenen dramatisch - chronologischen Con- 
certe gab Guhr eines zu seinem Benefiz am 15. März, 
aber niebt, wie sonst, in Schulen, sondern in Zeitab- 
schnitte voh Gluck bis Berlioz eingetheilt. Die Ironie 
in diesen beiden Endpuncten liegt in der Sache. 

Die erste Abtheilung gab Scenen aus folgenden 
Opern: 1) Armida, nach vorhergegangener Ouvertüre 
(Gluck). 2) Schöne Müllerin (Paisiello). 3) Zerstörung 
Jerusalems (ZingarelH). 4) Heimliche Ehe (Cimarosa). 
5) Zemire und Azor — Spiegelscene (Gretry). 6) Utbal 
(Mehul). 

Die zweite Abtheilung : 7) Palmira (Salieri). 8)Doc- 
tor und Apotheker (Dittersdorf). 9) Idomeneo (Mozart). 
10) Die weisse Frau «— zweites Finale (Boieldieu). 11) 
Faniska — Introduction (Cherubini). 12) Ouvertüre aus 
Leonore (Beethoven). 

Die dritte Abtheilung: 12) Silvana — Ouvertüre 
und Ariette (C. $i. v. Weber). 14) Zemire und Azor — 
Spiegelscene (Spohr). 15) Moses (Roseini). 16) Vestalin 
(Spontini). 17) Maurer und Schlosser (Auber). 18) Hu- 
genotten — Verschwörungsscene und Finale (Meyerbeer), 
und zum Schluss 19) die Ouvertüre aus : Die Vehmrich- 
ter (Berlioz). 

Nur wurde, weil die Zeit schon sehr vorgerückt 
war und Musici wie Sänger, Chor wie Publicum von den 
heranstürmenden Genüssen bereits abgestumpft zu wer- 
den begannen, die grosse Hugenotlenscene weggelassen. 
Der Saal war überfüllt, der Beifall gross, und die Hitze 
erstickend. Guhr hat seinen alten Ruf der Energie, wie 
geistiger und physischer Spannkraft wieder einmal be- 
währt. Am Cbarfreitag wurde Atoys Schmitt 9 s Oratorium 
„Moses" (mit Text von Wilhelm Rilzer) im Theater 
gegeben. Das Haus was leer und der Beifall nur schwach. 
Es ist ein barter Spruch von Vielen, dass Schmitts Oper* 
,.Das Osterfest" in die Kirche, und das Oratorium „Mo- 
ses" auf die Bühne gehöre. Jedenfalls haben beide Werke, 
trotz ihrer grossen Verdienste um Instrumentation und 
musikalisches Wissen, sich hier überlebt. Am Ostersonn- 
tag wurde Guhr*s chronologisches Concert bei vollem 
Hause wiederholt. 



Noch ein Concert in grosserem Styl zum Besten der 
Mozartstiftung gab Herr Aguäar aus London, ein kaum 
zwanzigjähriger Künstler und Schüler unseres trefflichen 
Schnyder von Wartensee. In seiner grossen Symphonie 
(Gdor), mit welcher er debütirte, spricht sieb Talent, 
Wissen und Phantasie aus. In ihr liegt die Garantie für 
glückliches Fortschreiten, sobald die Begeisterung für das 
Schöne und das glühende Bedürfnis*, zu schaffen, sich 
mehr in Maass und Form schmiegen, und der Geist der 
Ruhe über dem Vulkan schweben wird. Schwer mag es 
sein für den Meister, die üppige Jugendkraft zu zügeln» 
aber Schnyder ist ganz der Mann dazu, und so dürfen wir 
in Aguilar einen würdigen Jünger Euterpe's begrüssen. 
Doch drängten sich mir beim Anhören dieser Symphonie 
die alten Gedanken wieder auf, nämlich: Woher im ju- 
gendlichen Gemüth, wo noch Alles fröhlich und klar auf- 
springen soll wie Maiknospen, woher dieser überschwäng- 
liche Schmerz, diese Todesqual, und dieses finstere Grü- 
beln, das selbst im Scherzo sich kund giebl? Woher dies 
Chaos von Dissonanzen und Vorbalten? Wie soll der 
ernste Mann componiren, wenn die Jagend schon auf diese 
Weise beginnt? Giebt es keinen Frühling mehr in der 
Musik? und sollte den die Jugeod nicht repräsentiren ? 
Aber es will Alles Spohr und Beethoven sein und den 
Berlioz noch überflügeln; und wir hatten doch auch einen 
Haydn und einen Mozart. — Dann trat auch Herr Agui- 
lar als Pianist auf; die Wahl machte seinem Geschmacke 
alle Ehre. Er trug das herrliche Rondo von Hummel 
(Adur) und das Beethoven'ache Concert (Gdur) vor. Sein 
Spiel ist solid, aber es entbehrt noch jener poetischen 
Auffassung und energischen Frische, welche wir nur bei 
Pianisten nicht vermissen, die mit völliger Herrschaft über 
Empfindung und Mittel an öffentliche Triumphe gewöhnt 
sind. Unser braver Violinist Herr Etiason spielte den er- 
sten Satz des Beethoven 9 sehen Concerts (Ddor) mit edlem, 
ich möchte sagen, stolzem Vertrage, und mit vollem Tone. 
Mit zwei Sätzen aus der ersten Symphonie Schnyder s 
von Wartßnsee (hier schon öfter aufgeführt) begann die 
zweite Abtbeilung, und sechs grosse Chöre, von unserm 
Liederkranze vorgetragen, schlangen sich durch das Ganze. 
Dies Concert, ein sehr gehallvolles, entbehrte für das 
grössere Publicum dennoch einer freundlichen Beleuch- 
tung. Keine junge Sängerin mit VergiSsmeinnicblaugen 
und Rosen im Haar; kein Pischek mit Liedern von Speyer 
oder böhmischen Nationalgesängen ; keine Variationen über 
Donizetti oder Lannerl Herrn Aguilar gebührt indes- 
sen der Dank der Kenner, und besonders der Mozartstif- 
tung, da er alle bedeutenden Kosten auf sieb nahm und 
dem Institute den reinen Baarertrag überliess. 

Der Inslrumentalmusikverein gab die Symphonie von 
A. Romberg (0p. 6), ein Huwmefsches Clavierconcert, 
Ouvertüren von Beethoven und Guhr 9 Violinvariationen 
von Beriot, und kleine Gesinge. Ich konnte dieser Soirte 
nicht beiwohnen. Kleinere mit Mühe und Qual zusammen* 
gebrachte sogenannte grosse Concerte oder Soirles mosi- 
cales veranstalteten der blinde Flötist Moritz Thiele und 
der Pianist W. Schult hes. Letzterer dürfte der musika- 
lischen Welt noch unbekannt sein; früher ausgezeichne- 
ter Dilettant, betritt er nun die klippenvolle Bahn des 
Künstlers. Ein Schritt über diese verbängnissvolle Grenze, 



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1844. Juni. No. 25. 



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und ein ganz neuer Ifaassstab der Jfeurftheilnng wird an- 
gelegt. Herr Schulihes ist vollkommen Herr über seinen 
Mecbanismns, nur ist er in seinen Gompositionen zn sehr 
Nachahmer unserer Modeliteratur. Möge er in einer Irans- 
cendenleren Richtung seinen eigenen Weg gehen, und 
niemals seinen Uebertritt zu bereuen haben ! Herr Thiele 
wird überall aufmunternde Tbeilnahme finden. Zum Vor- 
theil unseres nunmehr pensionirlen Scbauspielsoufleurs, 
Herrn Carl Henne, so wie für eine kranke Waise, ver- 
anstaltete Guhr Coocerte, worin die besten Kräfte unse- 
rer Oper wirkten. Auch die zweite und dritte Soirle Äo- 
senhatns, von einem gewählten Auditorium besucht, lie- 
fen endlich glücklich vom Stapel. Dem bekannten Style 
treu wechselten Ciavierquartetten und Trio's mit Liedern 
in gewählter Maonicbfattigkeit ab. Unter letzteren zeich- 
net sich Neeb's Ballade „Andreas Hofer" aus. Conrad* 
machte heute, wie früher Pischek, viel Glück damit. In 
Zwischenacten hörten wir die Herren Gebrüder Betete. 
Was diese Künstler auf der Flöte, auf Posaune und Te- 
norhorn leisten, ist bekannt. Es sind Virtuosen im edlen, 
ich möchte sagen harmonischen Sinne des Worts, um 
den Contrast mit jener magern, klingelnden Einseitigkeit 
zu bezeichnen, womit die moderne Schule so prätentiös 
auftritt. Zu dieser nun bekennt sich der Euphonist Herr 
Ferdinand Sommer, der sich in Scenen aus Robert der 
Teufel, in Fantasieen aus Norma, in Violinvariationen von 
Mayseder (das Euphonion ist eine Art von neuconslruir- 
tem Ophicleide) und in der Arie des Sarastro sebrexpo- 
nirte. Das Theaterpublicum zeigte sich so unglaublich 
langmfithig, dass es um so mehr Pflicht der Kritik wird, 
die Anmassung des Herrn Sommer zurückzudrängen. — 

Man wird eingestehen, dass in einer Stadt, wie Prank- 
furt, die unter 60,000 Einwohnern kaum 8000 zählt, 
welche thätiges Interesse an Musik nehmen, dass in einer 
solchen binnen vier Monaten nicht wohl mehr Musik ge- 
trieben werden kann. Von den „grossen musikalischen 
Prodnctionen " der Heinefetter' sehen Musüceesellscbaft 
unter Leitung des Herrn Rupp, auf der Mainlust; über 
die Vocal- und Instrumentalconeerte des steyer'schen Na- 
tursängers Franst Esken*s im Verein mit dem „rühmlichst 
bekannten Mainzer Orchester a la Strauss" während der 
Restanrations; von den Wachtparadenmärschen, von den 
tausenderlei Hochgenüssen der Haustonkunst, und endlich 
von der Drehorgel-, Bergknappen-, Harfen- und Bettel- 
mnsik auf allen Gassen während der Messe, von dem Al- 
len will ich jetzt gar nicht reden. Hätte aber meine Fe- ' 
der Ohren und Nerven, ihr würde schon vor der Erin- 
nerung dieser losgelassenen Tonflutben schwindeln, die 
ich in der Tbat in mich habe aufnehmen und verdauen 
müssen. Alles bewundert und beklagt Herrn Guhr, der 
als alleiniger (um nicht zu sagen einziger) Dirigent wie 
ein zweiter Atlas den grössten Theil dieser Bürde auf 
seinen Schultern trägt. 

Dennoch habe ich noch über die drei letzten Mu- 
seen zu berichten; die Auffuhrungen dieses Instituts re- 
präsentiren bekanntlich' einen sehr wesentlichen Theil un- 
serer musikalischen Kultur. In diesen Museen wurde auf* 
geführt : an Symphonieen, die ersten drei Sätze der neun- 
ten von Beethoven (Dmoü), die neueste von Mendels- 
sohn (Amol!) — auf vieles Verlangen wiederholt, — 



Beethovens Bdur- und Haydn's Abschieds - Symphonie. 
Ouvertüren aus: Le jeune Henry von Mehul, und aus 
CateVs Semiramis. Pianoforteconcerte : von Monart aus 
Es und C dnr, von dem jungen Gollmick und Waldhäu- 
ser, und Beethovens Quintett aus Es für Piano forte, 
Hoboe, Clarinette, Fagott und Hörn, von Guhr vorge- 
tragen. Endlich (ausser den Vorlesungen und declamato- 
rischen Vorträgen) Lieder von Neeb, Esser , Speier, 
Eliason, Gollmick und Schädel. 

^ Gegenwärtig scheint sich die erschöpfte Natur der 
musikalischen, Prodnctionen in unsern Mauern zu erho- 
len. Fräul. Capitain, deren Andenken an ihre Darstel- 
lung als Gräfin Armand mir noch lange wobllhun wird, 
schwimmt den Bhein bis Düsseldorf hinab, das Gölner 
Mnsikfest umgehend, und sammelt neue Kräfte zu neuen 
Leistungen. Unser Sänger-, Orchester- und Chorperso- 
nal ruhet ebenfalls auf seinen Lorbeeren — der Eine 
wird weicher, der Andere etwas härter liegen — und 
Alles spannt auf Guhr's Zurüekkunft. Dann aber soll's 
wieder losgeben. C. G. 



Feuilleton. 



Die Apollostatue, die das Berliner Opernhaus zieren wird, ist 
vollendet and ioll bald auf der Giebelspitze desselben aufgestellt 
werden. Sie ial aaeh dem Apollo Mnsagetes im Berliner Museum 
ausgeführt, mithin eine Nachahmung der antiken Statue. 

In einem Cooeert sptrituel, welches am 6. April au Lille in 
Frankreich gegeben, mit einer Ouvertüre von Halevy eröffnet nnd 
mit RossinCs Stabat mater geschlossen wurde, kam auch ein Theil 
einer Symphonie des deutschen Componisten Emil Steinkühler (ans 
Frankfurt am Main gebürtig) zur Aufführung nnd wurde vortreff- 
lich befunden. 

Sophocles 9 Antigone mit Mendelssohn Bortholdy's Musik ist 
nun in Paris auf dem Odeoothcater zur Aufführung gekommen und 
hat, den Zeitungsberichten zufolge, einen tiefen» ergreifenden Ein- 
druck hervorgebracht. 

Heetor BetUoi hat vom König von Preussen für das dem 
Letzteren gewidmete Werk über Instrumentation eine goldene Dose 
nnd eine dergleichen Medaille erhalten. 

Tiehatsehek ist in Dresden anf weitere zehn Jahre, von 1845 
bis 1855, mit einem jährlichen Gehalte von 5000 Thlr. und drei- 
monatlichem Urlaub eogagirt worden. 

Am 19. April starb in London der Harfenspieler Witt. 

Sovdroy der Erfinder der musikalischen Telephon ie, hat von 
der französischen Regierung den Auftrag erhalteo, hundert Trom- 
peter nach seinem System auszubilden, nm sie unter die sn mili- 
tärischen Uebuogen nach Metz marsehirenden Regimenter zn ver- 
teilen. Diese Regimenter werden mit einaader durch das neue 
Tonsignalsystem correspondiren. 

H. Her» in Paris bat ein Flügelpiano von sehr kleinem For- 
mat nnd nener Gonstrnction aufgestellt, zn dessen Prüfung das 
Institut einen ans den Herren Auber, Carqfa, Halevy, Onslow, 
Spontini besiehenden Ansschnss ernannte. Der Berieht desselben 
lautet sehr günstig *). 



') Bin Pianoforte dieser Gattung kann bei den Verlegern der 
allgemeinen musikalischen Zeitung in Augenschein genommen 
werden. 



'451 



1844. Juni. No. 25. 

Ankündigungen. 



Im Verlage der Uaterseichnetea wird nächstens Mit Eigeu- 
thums recht erscheine« : 

Souvenir de la Sirene, 

Opera de D. F. B. Juber. 
Fantaisie ponr le Piano 

Wr. Kaikbrenner. 

Op. 180. 
Leipsig, de« 18. Juni 1844. 

Breltkapf ** VUkr%*U 

Werke zur Theorie und 
CreseHlelite der Musik 

im Verlag von Breitkopf «ff Hftrtel in Leipzig. 

Cbladnl, Lehrbueh der Akattik. Nene Ausgabe mit 19 Kupfern, 
und einem neuen wohlgetroffenen Portrait des Vertanen. 4 Thlr. 

— — Beiträge xur praktischen Akustik und nr Lehre vom Instru- 
mentenban. 1 Thlr. 90 Ngr. 

< Nene Beitrage w Akustik, mit 10 Steindruck tafeln. 9 Thlr. 

90 Ngr. 
aPoMter, Anleitung mm Genemlbass, Nene Ausgabe. 1 Thlr. 

10 Ngr. 
Franst* , IL« W», Anweisung tum Modnliren für angehende 

Organnten und Dilettanten der Mnsik, in Beispielen dargestellt. 

99fNgr. 
nTrttS, nt«« Anweisung, wie man Klaviere, Fortepiauo's und 

Orgeln nach einer mechanischen Art in allen 19 Tünea gleich 

rein stimmen kann. 5. Anlage. 5 Ngr. 
Claitlttale, E«, Die musikalische Reform, ein neues Notirungs- 

system, ans dem Italienischen übersetst tob F.J.Hmser. 994 Ngr. 

tSriealsaffer, €»• A. 9 Biographische Notinen Aber J. H«ydn. 
90 Ngr. 

CSretry, Versuche über die Musih. 1 Thlr. 15 Ngr. 
Hftner, Versuch einer systematischen Uebersicht der Gesang- 
lehre. 90 Ngr. 

JTelennperffer, Die Harmonie des 19. Jahrhunderts und die 
Art sie su erlernen, aus dem Französischen übersetst von F. J. 
Hüter. 9 Tblr. 15 Ngr. 

Kandier, F* &•• Ueber das Leben und die Werbe des G. 
Pierhagi da PaUtlrina, nach Gmsepn* Bmiui, herausgegeben mit 
einem Vorworte und mit gelegentlichen Anmerhungen von Jt. 
G. Kusewetter. 1 Thlr. 99* Ngr. 

It>fer»telM, JDr. €1. A#, Ueber das Verhältniss der Musik 
nur Pädagogik. 8 Ngr. 

amtesewettei», lt« CL, Geschichte der europäisch -abendlän- 
dischen oder unserer heutigen Musik. Darstellung ikres Ursprungs, 
ihres Wachsthoms und ihrer stufenweben Entwicklung; von 
dem ersten Jahrhundert des Christenthums bis auf unsere Zeit. 
9 Thlr. 

Ueber die Musik der neuern Griechen, nebst freien Gedan- 
ken über altegvptische und altgriechisebe Musik. Mit 8 Tafeln. 
8 Thlr. 

— — Schicksale und Beschaffenheit des weltlichen Gesanges. Mit 
musikalischem Beilagen. 4 Thlr. 18 Ngr. 

— — Guido von Jrczzo. Sein Leben und Wirken. 99* Ngr. 
Die Musik der Araber, nach Originalquellen dargestellt. Mit 

einem Vorworte tob dem Freiherrn «. Brnrnmer-Purmstmll. 3 Thlr. 



439 



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455 



454 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 20**» Juni. 



M £6. 



1844. 



Inhalts Musikalische Zustande in Paris. — Rezensionen. — Nachrichten: Aus Dresden. Aus Berlin. Aus Posen. Aus Rom. — 
Feuilleton. — Ankündigungen. 



Musikalische Zustände in Paris % 

Gedrängte historische Ent Wickelung des französischen 

Schönheitsprincipes in der Kunst, als Ursache für 

den herrschenden Geschmack. 

Die Franzosen haben den nationalen Typus in ihren 
verschiedenen Kunstrichtungen von je her zu erbalten ge- 
wusst. Der ihnen eigene Geist des Wirkens nach Aussen 
gab der Totalität ihrer Lebenskräfte Energie Für das For- 
men practiseher Dinge, unef die Thal war bei ihnen vor 
dem verdichteten Principe da. So stellte sich das franzö- 
sische Volk günstig nach Aussen, und konnte in diesem 
äusserliehen Bestände sein inneres Gleichgewicht um so 
eher erbalten, als es seinen Geist weniger nach innen 
kehrte, um sich auf diese Weise zum allgemeinen Welt- 
zustande zu vermitteln. 

Vor dem Eintreten des emaneipirten Bewusstseins im 
französischen Volke befand man sich behaglich und in 
der eigenen Genusssucbt ungestört, indem man den Ge- 
nuas des absoluten Herrschens der Bourboniscben Linie 
überliess. So konnte sich die Galanterie von oben herab 
als ein organisirtes Ganzes gellend machen, und die ma- 
teriellen Kräfte des Individuums in ihrem Befangensein 
durch den Genuss dem monarchischen Principe unschäd- 
lich bleiben. Diesem Zustande nun muss Eins zum Lobe 
nachgesagt werden, und zwar die an und für sich zwar 
kokette, aber dennoch immer edlere Sucht nach geisti- 
gem Vergnügen. Ludwig XIV. wollte nicht allein den 
Huf des tapfersten und galantesten , sondern auch den 
des geistreichsten Königs der Welt haben, und er hat 
dies für seine Zeit auch wirklich erreicht. 

Die materielle Genusssucbt, die in der körperlichen 
Schöne aufging, führte auf die Reprodoction der grie* 
chiseben Plastik in Frankreich. — 

Von Italien her war der machtige Accord für das 
Erschaffen einer neuen Kunst, und zwar der musikalisch 
theatralischen, auch nach Paris gedrungen, und schon vor 
Lvtlu, dem drolligen Kuchenjungen und spateren Ritter, 
Oberintendanten, Capellmeister u. s. w., war die „nova 
musica" an den Ufern der Seme hörbar worden. 

Auch in dieser Kunst hatte das griechische Ideal den 
haltbaren Stoff bergegeben, und da, wie schon oben er- 
wähnt, geistiges Leben bei all 9 jenem Aufgehen des Ma- 
terialismus nicht fehlte, so erhielten die Franzosen aueh 
ein nach griechischen Mustern gebildetes Nationaldrama, 

46. Jahrganf. 



das ursprünglich für das „plaisir" des Königs geschrie- 
ben wurde. Den poetisch - rhetorischen Werth jener Lite- 
ratur zu besprechen, gehört nicht hierher, und wir wol- 
len nur für unsere Entwicklung aus ihr denjenigen Schluss 
ziehen, der uns überhaupt veranlasste, sie hier zu nennen. 

Die Franzosen haben nämlich die ihnen aus der oben 
bereits angeführten Ursache der äussern Richtung ihres 
Geistes und aus dem daraus entstehenden Mangel an in- 
nerem Gemüthsleben eigene Stellung zur Kunst beibehal- 
ten. Deren letzte Aufgabe konnten sie darum noch nicht 
herausfühlen, und da ihnen so die Elemente für das Er- 
kennen der starren Gebundenheit der Verhältnisse, dem 
verlangenden inneren Ich gegenüber, abgeht, woraus al- 
les Tragische und Dissonirende im Leben überhaupt ent- 
springt, so ntussten sie den beschränkten ästhetischen 
Kreis ihrer sogenannten classiseben Literatur überhaupt 
für den ausforsten in der Kunst halten. 

Dass sich diese Verblendung nun bis auf den heuti- 
gen Tag conservirt, ist für den allgemeinen Zustand der 
Kunst in Frankreich von um so grösserer Wichtigkeit, als 
letztere, namentlich aber die musikalische, in Deutsch- 
land seither längst in ihren eigentlichen Zenith getreten, 
und in die Welt des Geniessend übertragen wurde, für 
deren Mittelpunot von je her Paris galt. 

Bevor wir aber auf diesem Standpitncte weiter ge- 
hen, wollen wir noch einen Rückblick auf den Entwicke- 
lungsgang der Tonkunst in Frankreich werfen, um deren 
Hervortreten mit dem allgemeinen Bildungsfortgaoge der 
Kunst überhaupt zu verknüpfen, und uns so in unser 
eigentliches Terrain au werfen. 

Luilf Wieb der musikalische Abgott der Franzosen 
bis auf Gluck. Die Worte: beant£, pJaisir, sentiment und 
dergleichen schöne Ausdrücke, spielten in dem fast an 
Wahnsinn grenzenden Lobqualm, den man seiner Musik 
hundert Jahre hindurch spendete, eine grosse Rolle. Es 
ist ein wahrer Jammer, die Menge „ Essai sur la musi- 
que, Reflexion« sur T0p6ra" u. s. w., die sich in Bro- 
ehüren oder phrasenvoller Bücherform aus dem 18. Jahr- 
hundert erhalten, zu lesen, ein Jammer, den Streit mit 
den Italienern vor und nach Rameau, den der Rameaui* 
sten und Ltr//ysten, zu verfolgen. Der französische Esprit 
machte sich hier, seiner ganzen Spitzfindigkeit und aus* 
serlichen Berührung der Dinge nach, breit. Die Darstel» 
lang dieser Zustände soll, da ihre Folgen für das allge- 
meine Bewusatsein trotz der Hohlheit der Sache selbst 

26 



455 



1844. Juni. No. 26. 



436 



bedeutend worden, an einem andern Orte Platz finden. 
Hier genüge nur die Bemerkung, dass mit dem Erschei- 
nen Gluck 9 *, das die musikalische Ausprägung des schö- 
nen griechischen Ideals lur Folge halte, den Franzosen, 
hei all' ihrem an und für sich anerkennungswerlben En- 
thusiasmus, keine andere Lebre als Niederschlag dieses 
Wirkens blieb, als : dass das Schöne schön sei und plai- 
sir und sentiment erwecke. Höchst bezeichnend für die- 
ses Kunstevangelium der Franzosen ist MarmonteVs Ur- 
theil über Gluck , dessen Wirken er sich als Protector 
Piccinis überhaupt widersetzte. Nachdem er nämlich zn 
beweisen suchte, dass Gluck** Musik eigentlich nicht 
schön sei, sagt er: ,,so will ich denn zugeben, dass 
Gluck der Shakespeare der Musik sei, ein Racine der 
Musik ist er aber Dicht!" So wie nun die untergeord- 
nete Schönheit jener Literatur den Franzosen die höchste 
und letzte in der Kunst ist, so beruhte der ungeheure 
Erfolg Gluck 9 * zum Theil auch auf der Composition der 
Racine 9 sehen Iphigenia. 

Die Zeil Ludwigs XV. hatte sich, übersatt an sinn- 
lichen Genüssen, dadurch wieder aufzureizen gesucht, 
dass sie sich den sinnlichen Genuss als selbst in der 
naiven Natur existirend zu emaneipiren suchte. Man 
schuf eine Schäferwelt und fand in dieser Stoff für die 
ebenfalls aus Italien herübergegangeue komische Oper. 

Die romantische Characteristik in Frankreich und 
ihre Folgen. 
Auch in der Verfolgung der musikalischen Leistun- 
gen Frankreichs von den Zeilen Gluck 9 * bis auf die uns- 
rigen werden wir das characteristische Element, das 
in der Kunst zur höchsten und letzten Schönheit umge- 
sefiaffen werden soll , jenes Kunslschöne , das die Fran- 
zosen für die äussersten Grenzen des Schönen halten, 
aber von vorn herein schon in sich fasst, nirgends fin- 
den. Wo sich das Characteristische in Form des Roman- 
tischen in der Poesie bei ihnen gellend machte, ward et 
nicht von einem von Hause aus schönen Individuum re- 
präsentirt, sondern das Cbaracterisliscbe, das ein allge- 
mein Schönes schon in sich enthalten soll, enthielt hier 
ein hässliches Auseinander. Es ist dies die Poesie Vic- 
tor Hugo**. 

Als mit diesem untergeordneten Principe für Schön- 
heit ausgerüstet haben wir die Pariser Welt auch in die- 
sem Augenblicke zu betrachten. Das griechische Kunst- 
ideal versandete nach und nach in dem Halbheroentbume 
der Opern MehuCs, Paers, Berten 's u. s. w. und zog 
eine romantische Form in die musikalisch -theatralische 
Kunst, die durch ein wie in der Poesie characleristiscbes 
Moment erzeugt wurde. Die Romantiker in den verschie- 
denen Künsteu arbeiteten einander unwillkürlich in die 
Hände. Ich mag hier die Erfolge Meyerbeer 9 *, Halevys 
und Anderer nicht nach dem speeifischen Werlhe ihrer 
Werke beleuchten. Für die französische Kunstrichtung 
gelbst, die wir eigentlich hier verlassen, könnte dies um 
so weniger entscheidend sein, als es Deutsche und nicht 
Franzosen waren , die jene allgemeine Ricbtuug des Ro- 
mantischen für ihre Zwecke benutzten. Der gebildete 
Franzose ist eher noch bei seinem alten Evangelium vom 
Schönen stehen geblieben. Die Gelegenheit also, die für 



die Ausdehnung des ganzen. Kunstkreises in Frankreich 
mit dem Hereinziehen des Cbaracleristiscben vorhanden 
war, schlug sich in das gerade Gegentheil ihres erwei- 
ternden Principes um. Es wirkte nachteilig auf die Kunst, 
weil es das subordinirte Schöne von vorn herein nicht in 
sich halte, im Gegentbeile aber, wie ich in der Richtung 
der Poesie bereits erwähnte, das Bizarre, Verschrobene, 
Hässliche. 

Das Abgescblossensein eines Kreises in der Kunst, 
wie dies in der Darstellung des griechischen Ideals vor- 
handen war, kann der Kritik als zurückgelegtes Stadium 
genügen, insofern in ihm das Schöne zur angemessenen 
Erscheinung gebracht worden ist. Handelt es sich aber 
einmal um das Sprengen dieses Kreises, so muss das Ge- 
wonnene für das Verdrängte entschädigen. Dies ist mög- 
lich , wenn die Elemente , die jenes Ueberschreiten die- 
ses Kreises zu Wege brachten, von Hans aus schöne wa- 
ren, und inwiefern dies in den Werken Meyerbeer 9 * 
und Halevys der Fall ist, mag Jeder, den die Natur des 
Bewusslseins des Schönen würdig gehalten, selbst erken- 
nen. Denn es würde durchaus unnütz sein, hier mit 
einer Erklärung vom eigentlichen Wesen des Schönen 
Diejenigen zur Erkenntniss bringen zu wollen, die von 
Natur aus keine schönen Seelenkräfte in sich haben. Es 
ist dies zugleich die Ursache, warum in allen philosophi- 
schen Wissenschaften kein Begriff schwankender für die 
Auffassung hingestellt werden konnte, als der des Schö- 
nen, da dieser Begriff nur durch das sympathetische Zu- 
sammenwirken der erfassenden subjeetiven und der zu 
erfassenden am Objecto vorhandenen Schönheit gewonnen 
und im Individuum klar werden kann. 

Der jetzige Geschmack in Frankreich. — Bertiox. 

Die Resultate jenes neuen , im Felde des Bizarren 
und Verrenkten aufgegangenen Geschmackes liegen vor 
uns ; auf dem Theater kann die Musik überhaupt nur noch 
dann ihre Existenz geltend machen, wenn sie die Grund- 
pfeiler materiell phantastischer Vorstellung umzieht. Haupl- 
effecte der Orchestik sind die äusseren Wirkungen, die 
die innere durch Harmonie und Melodie zu erzeugenden 
verdräogt haben. 

So steht es mit der Musik, die eine analoge Poesie 
zum Schwesterkusse herbeigerufen; werfen wir nunmehr 
einen Blick auf die Musik in ihrer absoluten Sphäre. 

Im Principe der Instrumentalmusik liegt das innere 
Ertönen des Individuums, das den kämpfenden Process sei- 
ner Seelenkräfte selbst zum Vorwurfe für seine Darstel- 
lung nimmt. In Deutschland hat die Kuust in diesem ih- 
ren äussersten Bereiche das Vollendetste geleistet, was 
auch bereits, dem Resultate nach, in Frankreich in's all- 
gemeine Bewusstsein getreten ist. Die hohe Verehrung 
für Beethoven, der aber seiner Individualität nach nichts 
weniger als erkannt ist, beweist dies genugsam. Wie nun 
aber die schaffenden Herren Tonkünstler der Opernmusik 
dem Gescbmacke eine Richtung zu geben vermochten, 
so fanden Andere für die Producte ihrer Muse im Com- 
poniren von Instrumentaltonstücken ein bequemes Ter- 
rain, das in ähnlichen Formen Construirle geltend zu 
machen, vor. 



457 



1844. Juni. No. 26. 



438 



Heetor BerUoz, dessen journalistische Macht als Feuil- 
letonist am Journal des Debats sich den einflüssreichsten 
Mannern an der Oper gegenüber dienstbar erwies, con- 
servirt den Zustand des jetzigen Pariser Geschmackes in 
entschiedener Weise. Das Mascbinenprincip, das diesen 
Zustanden zu Grunde liegt, macht sich bei aller und je- 
der Gelegenheil geltend, und Berlioz erwies dem jetzi- 
gen Gescbmacke sogar den Ungeheuern Dienst, dass, als 
vor mehreren Monaten, bei der Wiederaufführung von 
Sacchinis Meisterwerke Oedipe ä Colonne der Enthusias- 
mus älterer Musikverehrer sich hervorthal, er das Feuil- 
leton des Journal des Debats zur Darstellung des Lächer- 
lichen, das der Anerkennung solcher Musik zu Grunde 
liege, benutzte. Man halte die Oper seit zwanzig Jahren 
nicht gegeben, und da sie auf diese Weise einer neuern 
Generalion vorgeführt wurde, zu der sie durch die Kri- 
tik hätte vermittelt werden können, so verschwand sie 
nach einigen Vorstellungen, da die Kritik sie als mit den 
Meisterstücken der neuern französischen Oper durchaus 
unvergleichbar erkannte, vom Repertoir. Die ganze Auf- 
fuhrung sollte beweisen, dass das Publicum dergleichen 
nicht mehr wolle, und man halte darum auch von vorn 
herein Nichts für eine angemessene Ausstattung und Be- 
setzung gethan. Berliox selbst hat sich von je her auf den 
Standpunct gestellt, Unformen in der Kunst geltend ma- 
chen zu wollen, und der innere Widerspruch, der sich 
zwischen seiner schaffenden und seiner kritisirenden Ka- 
tar kund giebt, besteht darin, dass er auf der einen Seite 
die höchsten Muster der Form verehrt, selbst aber zu 
keinem künstlerischen Gestalten seiner eigenen Kräfte ge- 
langen kann. 

Was nun diesen Punct anbetrifft, so wird sich im 
Allgemeinen das Factum herausstellen, dass, wo es an 
qualitativen Seelenkräften für den gewaltigen Ausdruck 
fehlt, auch das im Wesen der Kunst bedingte Formelle 
sich nie herausbilden kann. Was Totalität der Darstel- 
lung werden soll, wird zerfliessende Malerei. Nur dem 
geborenen harmonischen Geiste, der sich, er mag seinen 
inneren Gehalt im Kampfe mit der seine Willenswelt be- 
drückenden äusseren Materie noch so sehr auseinander- 
zerren, das Gleichgewicht der Seele wiederzugeben ver- 
mag, kann ein natürliches Crystallisiren des geistigen 
Extractes gelingen. Die psychologisch -ästhetische fcnt- 
wickelung des Processes, der selbst bei positiv vorhan- 
denem Genie den Ausschlag für das Schaffen eines wah- 
ren Kunstwerkes allein abgeben kann, gedenke ich ander- 
wärtig darzustellen. Hier sei es mir, was diesen Punct 
anbelangt, nur noch gestattet, dieses Gesetz vom natür- 
lichen Sichbilden der Form, selbst oboe Hilfe des Kunst- 
Verstandes, dem Bestände der sogenannten Salon -Musik 
entgegenzuhalten. 

(Besehlntt folgt.) 



R e c e n 8 I O R E R. 



nst und Scherz. Originalcompositionen für grosse und 
kleine Liedertafeln. No. I. Der Schiffer von Conrad* 
Kreutzer. Hoffnung von Fr. Schneider. Mailied von 
C. Kreutzer. Rare virtus von H. Truhn. Trinklied 



von A. Zöäner. Abschied vom Walde von V. E. 
Becker. An die Gäsle von Neithardt. Schleusingen, 
bei Glaser. Partitur 6 Sgr., jede Stimme 2% Sgr. 
Die oben genannten Namen bürgen hinlänglich für 
den Werth dieser Sammlung, von welcher jährlich sechs 
Hefle erscheinen sollen, und welche sich, in dem vorlie- 
genden wenigstens, bei anständiger Ausstattung durch 
Wohlfeilheit des Preises empfiehlt. Wir können, wenn 
die folgenden Hefte diesem ersten an Werth gleich blei- 
ben, diesem Unternehmen nur einen glücklieben Fortgang 
wünschen, dessen es sicherlich nicht ermangeln wird, 
wenn die Redaction fortwährend mit gehöriger Strenge 
bei Sichtung der aufzunehmenden Beiträge zu Werke geht. 



Eine Liederkranzprobe. Musikalische Burleske für Män- 
nerchor, von Ludwig Motitor. Partilur und Stim- 
men. Mainz, bei Scholt's Söhnen. 2 Fl. 
Dieser musikalische Scherz ist nicht ohne Laune und 
Gewandtheit durchgeführt. Dass freilich darin Heiliges und 
Ernstes als Substrat dienen muss, wird Manchen missfäl- 
lig sein. An des Verfassers Stelle würden wir der Ge- 
sangübung, welche den Mitlelpunct bildet, andere Texte 
untergelegt haben. Wir wissen zwar wohl, dass auch 
ältere, hochachtbare Componisten, wie z. B. Haydn, das 
Heilige und Ernste in das Gebiet des Scherzes hereinge- 
zogen haben; allein gerade jetzt möchte Solches weni- 
ger, denn je, an der Zeit sein. 



Vier Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass, von J. 
fV. KaUiwoda. Op. 124. Mainz , bei Scholl's Söh- 
nen. Preis 2 Fl. 24 Kr. 

Man muss dem verdienstvollen Verfasser dieser Ge- 
sänge um so mehr für diese Gabe seiner Muse Dank wis- 
sco, je günstigere Gelegenheit er in ihr selbst auch nur 
massig geüblen Sängern bietet, sieb eines frisch belebten 
Zusammenwirkens zu erfreuen, zu welchem durchaus nur 
der gewöhnlichste Umfang der Stimmen erforderlich ist. 
Uebrigens bedarf ein Werk, das einen solchen Namen an 
der Stirn trägt, gewiss keiner weiteren Empfehlung. So 
führen wir nur noch die Ueberscbrifleo der, nur den letz- 
ten ausgenommen, in heilerem Tone gehaltenen Gesänge 
an. Es sind folgende : Lenzverjüngung. Der Abend. Früh- 
lingsfeier. Abendlied. — Wir wünschen, dem geehrten 
Verfasser bald wieder auf diesem noch keineswegs über- 
mässig bebauten Felde zu begegnen. Er würde sich da- 
durch, mit Beibebaltnng des hier angenommenen Stimmen- 
bereiches, oder doch mit nnr geringer Ueberschreilung 
desselben, um sehr viele engere Mnsikkreise ein grosses 
Verdienst erwerben. 



Sechs Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass, nach 
Diebtungen von C. Beck, Beinick und Hebel, com- 
ponirt von Julius M elcher. 2 Hefte. Berlin, bei Bote 
und Bock, a % Thlr. 

Diese, so wie die zuvor angezeigten Kalliwoda'schen 
Gesänge gelten uns als erfreuliches Zeichen für die Eman- 
cipation der Liedertafeln von der doch allzu grossen 



439 



1844. Juni. No. 20. 



440 



Tyrannei des Männergesanges. Lfingst schon wollte es uns, 
bei gemischten Liedertafeln, d. b. bei solchen, da auch 
die boldseligen Ehegenossinnen und Töchter der Herren 
Tenore und Bisse zugegen waren, durchaus nicht gefal- 
len, dass jene blos für Braten uud Torle die Rosenlippen 
öffnen, diese aber allein das grosse Wort führen sollten. 
Es schien uns dies immer sehr ungalant, und es nimmt 
uns Wunder, dass dieser Punct nicht bereits öfter scbon 
von emaneipaüouslustigen Schriftstellerinnen scharf auf- 
gestochen worden. Höchst edelmüthig kommen jetzt freund- 
liche Gomponisten diesfallsigen Motionen zuvor, und bin- 
nen einigen Jahren hoffen wir wenigstens bei gemischten 
Liedertafeln (sie sollten es immer sein) den Männer- durch 
den Naturgesang verdrängt zu sehen. Gesänge, wie die 
vorliegenden, sind ganz dazu geeignet, den Eintritt einer 
neuen Liedertafelperiode beschleunigen zu helfen. Nur 
geringe Ausstellungen können dieses unser beifälliges Ur- 
tbeil ein wenig mit Scbatlenstricben vermischen.— Gleich 
in No. 1 „Frühlingsglocken«' genannt (wunderschön ist 
dieses Lied einstimmig von Lehmann componirt) klingt 
es unserem Obre etwas lästig, wenn der Verfasser singt : 
.,Ei! ein gar lustig Ding. Ei!" Da febll der sprachliche 
Wohllaut. Wenn wir nicht irren , bat ihn der Dichter 
besser beachtet» indem er schrieb; „Ei gar ein lustig 
Ding/' Gleich darauf wiederholt unser Componist die 
Wortes „ein gar lustig Ding" unter der Vorlragsvor- 
schrifts „rilardando molto." Das will uns durchaus nicht 
naturgemäss vorkommen, denn man springt nur gar zu 
gern vivace in den Frühling hinein. Sonst ist das Lied 
sehr anmuthig gegeben. — In No. 4 „Freude in Ehren" 
lag dem Gomponisten eine allerdings schwierige Aufgabe 
vor. Er hat sie deshalb nicht gelöst, weil er das Lied, 
anstatt es in seiner Totalität zu erfassen , parcellirt hat. 
Die Oberstimme ist übrigens in diesen Gesängen prädo- 
roinirend, während die übrigen fast immer nur begleitend 
auftreten. Da ist uns nun wieder die Galanterie gegen 
die liebenswürdigen Sopranistinnen zu weit getrieben I 
Die Ausstattung löblich. 



Vier dreistimmige Lieder: Der Stern und die Rose, Jä- 
ger und Jägerin, Sehnsucht, und Die Sennerin und 
ihr Schatz, für Sopran, Tenor und Bass mit Beglei- 
tung des Pianoforte von C. T. Brunner. Op. 42. 
Hannover, bei Bacbmann. Preis 14 Ggr. 
Einen eigentlich polypboniscb bewegten Satz bat man 
in diesen Liedern, einige Anklänge daran abgerechnet, 
nicht zn suchen; allein sie bewegen sich in ansprechen- 
der Haltung, ohne in's Ordinäre zu verfallen — ein Vor* 
wurf, den man etwa nur dem vierten machen könnte, 
wiewohl es der Verfasser hier nicht wohl vermeiden konnte, 
an gangbare Formen zu erinnern. Ausstattung gut. 



Drei Duette für Sopran und AU, mit Begleitung des Pia- 
noforte, gedichtet uud eomponirt von Hellmuth Dam- 
mas. Op. 8. Berlin, bei Bote und Bock. Preis % Thlr. 
Reeensent mag es gern sehen, wenn Duette, Ter- 
zette u. s. w. auch dem Texte nach wirklich darauf an- 
gelegt sind, es in Wahrheit zu sein. Ist das nun auch 



bei den Texten der hier vorliegenden Duette «ich! durch- 
gebends der Fall, so sind diese dock in musikalischer Hin- 
sicht so tüchtig gebalten, dass wir sie gewandten und 
festen Sängerinnen, von welchen hier übrigens nur ein 
massiger Umfang der Stimme verlangt wird, mit Zuver- 
sicht empfehlen können, was wir hiermit in der Hoff- 
nung thun, dem Verfasser bald wieder auf diesem von 
ihm mit Glück angebauten Felde zu begegnen. Die Aus- 
stattung ist anstandig. 



Liebesfrübling, Lied von Friedr. Rückert, in Musik ge- 
setzt für Sopran und Tenor mit Begleitung des Pia- 
noforte von fVilk. Speier. Op. 48. Mainz, bei Schott's 
Söhnen. Preis 27 Kr. 

Durch diese ansprechende Compositum hat sieb der 
geschätzte Verfasser um alle duettirenden Liebespaare und 
solche, die es werden wollen, ein grosses Verdienst er- 
worben. Man wird es gewiss zu schätzen wissen und das 
vorliegende Duett gewiss überall, wo man eben noch in 
der Frühlingswonne der Flitterwochen schwelgt, unzäh- 
lige Male singen. Ob auch noch darüber hinaus? 7— das 
ist freilich eine Frage, welche lediglich auf dem fortdau- 
ernden harmonischen Einverständnisse der duettirenden 
Paare beruhen wird, welches wir von ganzem Herzen 
wünschen. ff — it. 



Nachrichten. 



Alexis Lvoff in Dresden. 

Nachdem der General Alexis Lvoff in einem klei- 
neren, aber gewählten Kreise als einen der grö'ssten jetzt 
lebenden Quartettspieler in Compositionen Mozart 9 *, Beet* 
hoven's und Reis st g er' s sich bewährt hatte, veranstaltete 
er am 4. Juni in dem von ihm bewohnten HAtel ein 
grosses Concert, in welchem ausser einem Adagio für die 
Violine von Spohr nur Compositionen Lvoff V aufgeführt 
wurden, und wodurch wir Gelegenheit fanden, ihn auch 
als Virtuosen und Componisten zu bewundern. 

Gegen vierhundert Personen, unter denen die königl. 
säebs. Prinzen und Prinzessinnen so wie alle Gesandten 
sich eingefunden hatten, waren durch Karten dazu gela- 
den, Alles, was Dresden an Konstnotabilitäten zählt, war 
zugegen, und der Eindruck, welchen das Concert machte, 
war ein mächtiger, außergewöhnlicher. 

Und allerdings ist Lvoff eine in jeder Hinsieht aus- 
serordentliche Erscheinung. Hochstehend in gesellschaft- 
licher Beziehung, zieht ihn doch die Kunst vor Allem an, 
und zwar nicht jene Kunst, wie sie gewöhnlich in den 
höheren Kreisen als Unterhaltungsmittel dienend sich gel- 
tend macht , sondern jene tiefe , lichte , die allein dem 
gebornen Künstler sich erschliesst. 

Daher fühlt sich denn Lvoff auch nie glücklicher, 
als unter Künstlern, wo er fern von aller Prätension nur 
als solcher sich giebt und angesehen sein will, und Wahr- 
lich, er ist es in höchster Bedeutung des Worts. 

Gross als Virtuos, von den bedeutendsten Virtuosen 
auf seinem Instrumente in mancher Hinsicht als onüber- 



44t 



1844. Juoi. No. 26. 



442 



troffen ancrkanwt, finden wir bei ihm , was wir bei der 
Mehrzahl der heutigen Virtuosen fast ganz vermissen: 
den tiefen Ernst, das rastlose, aber geregelte Streben, 
wodurch alleiu es möglich wird, die Geheimnisse der wah- 
ren Kunst zu ergründen, die nur durch anhaltendes Stu- 
dium und Selbstdenken sich uns offenbaren, 

Lvoff mit Beriot , Prume , Vüuxtemps vergleichen 
zu wollen, wäre eben kein grosses Compliment für ihn« 
Möglich« dass er gleich diesen ausgezeichneten Virtuosen 
es vermag, alle erdenklieben Schwierigkeiten auszufüh- 
ren ; gewiss, dass er es als dem Character seines Instru- 
ments zuwider verschmäht, und eben so gewiss, dass 
keiner jener Künstler im Quarleltspiel sich mit ihm mes- 
sen kann. 

Lvoff reiht sich jener kleinen Virtuosenschaar an, 
welche wir eben deshalb als die grössten Virtuosen 
bewundern, weil sie in ihrem Spiel nie die Grenzen über- 
springen , welche die Natur ihres Instruments bedingt ; 
solche Virtuosen waren : Tartini, Rohde, Hummel, solche 
Virtuosen sind ausser dem Altmeister Spohr, Lipinsky, 
der ältere Müller, Servais, Schubert und Rotte in Dres- 
den. Lvoffs Spielart vermag ich nicht besser zu charao- 
terisiren, als wenn ich sage: sie bildet einen Dreiklang 
der Spiel weisen Spohr 9 s % Lipinsky's and des verstorbe- 
nen Holia; denn Lvoff vereinigt in seinem Spiele Spohr 9 * 
deutsche Kraft und Fülle, Lipinskys stavische Innigkeit 
und Zartheit, und Roilas Glutb und Leidenschaft. Wun- 
derschön ist das reine Ausklingen seines Tones im Ada- 
gio, wie es uns in der Piece von Spohr entzückte. Ais 
Componist scbliesst sich Lvoff allerdings der neu - italie- 
nisch - französischen Schule an, als deren grössten Mei- 
ster wir Meyerbeer betrachten; aber auch hier tritt bei 
Lvoff das stavisch- deutsche Element bedeutend hervor, 
wie z. ß. in seiner russischen Volkshymne, der Ouver- 
türe zu Bianca und Gualtiero, dem Gebet im zweiten 
Acte dieser Oper, so wie in den Finales. 

Wir hörten an diesem Abend in der ersten Abtei- 
lung aus erwähnter Oper einen Volkschor, ein Duett zwi- 
schen Bianca und Sigismund, das erste Finale, ein wun- 
derschönes Trio (Bianca, Gualtiero, Sigismund) und das 
Finale des zweiten Acts. Die Solopartieen wurden durch 
Had. Knete, die Herren Müterwurser , Bielczisky und 
Vestri ausgeführt, die Chöre durch unsern Hoftbeaterchor; 
die Mitglieder unserer Capelle bildeten das Orchester, 
Reissiger dirigirte. — Die Aufstellung des Orchesters war 
vortrefflich und verdient Nachahmung; alle Streichinstru- 
mente in der Mitte, und auf drei Galerieen rings umher 
die Blasinstrumente, während die Chöre zu beiden Sei- 
ten vor dem Orchester in einem Halbkreise sieb befan- 
den» «*- In der zweiten Abtbeilung trug Lvoff zuerst das 
schon oben erwähnte Adagio von Spohr mit grösster 
Vollendung vor; sodann spielte er mit unserm Kummer 
sein originelles Divertimento: „Le Duel." Dieses Ton- 
stück liefert den Beweis, dass die Tonmalerei, wie hier, 
mit Geist angewandt allerdings eines fast bis zur Rede 
verständlichen Ausdrucks fähig ist; wir versuchten frü- 
her in der neuen Zeitschrift eine Erklärung dieses Diver- 
timento; durch das Programm, welches jetzt der Compo- 
nist selbst gegeben hat, stellt es sich heraas, dass wir 
unsere Aufgabe fast buchstäblich gelöst haken. Den Be- 



scbluss machte die Volkskymne, deren Wirkung mächtig 
war. Das Concert währte 2% Stunde, die grösste Auf- 
merksamkeit und enthusiastischer Beifall begleiteten und 
folgten jeder Nummer; zu bedauern ist es, dass die 
Kürze der Zeit die Aufführung der zweiten Fantasie über 
russische Volkslieder, welche das Programm uns ver- 
heissen hatte, nicht znliess; wir hörten diese Composi- 
tion in einem Berliner Concert: sie ist reich an origi- 
nellen Zügen, und wir machen alle Virtuosen darauf auf- 
merksam. 

Nachdem das Concert beendigt war, blieben die 
Künstler, welche darin mitgewirkt hatten, so wie eine 
Anzahl Kunstfreunde zu einem heitern Nachtmahle ver- 
sammelt ; dass es dabei nicht an Toasten zu Ehren Lvoff"* 
fehlte, darf wohl nicht erst gesagt werden. Lvoffs edle 
Persönlichkeit, sein tiefes, wahres Gefühl, seine Begei- 
sterung für Kunst und Künstler — wie weiss er unsern 
Upinsky zu würdigen! — seine Anspruchlosigkeit im 
Verein mit seinem grossen Talent haben ihm alle Herzen 
gewonnen, und gewiss ist kein Künstler in Dresden, der 
nicht aufrichtig wünscht : dass Alexis Lvoff noch oft zu 
uns zurückkehren und Theil an unserm Streben neh- 
men möge. 

Üeber die Oper: Bianca und Gualtiero, welche in 
Petersburg vor dem versammelten kaiserl. Hofe unter Mit- 
wirkung der Garcia - Viardot, Rubims und Tamburini s 
aufgeführt wurde, nächstens ein Mehrere«. Der Beifall, 
weichen diese Oper erhielt, die Urtheile Mendelssohn 9 * und 
Meyerbeer' s darüber lassen wünschen, dass sie auch auf 
den deutschen Bühnen zur Aufführung käme. Lyser, 



Berlin, den %. Juni 1844. Der Mai wurde-, da der 

1 'ährliche Bettag auf den 1. fiel, mit der im Ganzen ge- 
ungenen Aufführung von Fr. Schneider 9 * classischem 
Oratorium: „Das Weltgericht" im königl. Schauspiel- 
hause musikalisch eingeweiht. Der Spontini - Fonds wird 
indess dabei eher Einbusse erlitten, als Gewinn gehabt 
haben, da an dem schönen Frühlingsabende der Besuch 
sehr sparsam war. Besuchter war die musikalische Soiree 
des Akustikers Friedrich Roußnann, welcher das von 
ihm erfundene Harmoniebord, wie seine übrigen Kunst- 
werke : Symphonion , Cbordaulodion und Salpinrion mit 
wohlverdientem Beifall producirte, was auch in den zwei 
folgenden Soireen der Fall war. Die schönste Wirkung 
machte unstreitig das von Herrn Raufmann selbst ge- 
spielte Harmonienord, durch die Tonschwingungen des der 
Harmonika, Orgel und Aeolsbarfe ähnlichen Saiteninstru- 
ments, welches besonders zu getragenen Tönen, als Cho- 
rälen, wie zur Begleitung des Gesanges und der Decla- 
mation sehr geeignet ist. Sehr schön nahm sich das Har- 
monichord auch in Verbindung mit der Pedalharfe, in 
dem für Herrn Raufmann von C. M. v. Weber compo- 
nirten Concertino aus, wobei Herr Grimm den Conoert- 
geber bestens unterstützte. Von den andern Instrumenten 
sprach das Sympbonion, durch Verbindung der Flöten« 
und Sattentöne, wie durch die grösste Präcision im Taet 
und Nüancirung des Vortrages, am Meisten an. Aennlieb, 
doch weniger klangreich wurde das Cbordaulodion befun- 
den. Das Salpiogioa ist von mehreren Trompeten zusau* 



443 



1844. Juni. No. 90. 



444 



mengesetzt, auch mit Pauken versehen, und führt x. B. 
das Bändet aehe Halleluja aus dem „Messias" imposant 
aus. Bei dem Trompetautomat sind die Doppellöne beson- 
ders merkwürdig, welche durch die Luftschwingung auf 
einer Trompete künstlich hervorgebracht werden. So ha- 
ben die mechanisch • musikalischen Kunstwerke des erfin- 
dungsreichen Herrn Kaufmann, der sich in den Arran- 
gements der Musikstücke auch als geschmackvoller und 
ausübender Künstler zeigte, allgemeine Anerkennung mit 
Recht gefunden, wenn gleich zu pecuniärem Vortheil (nach 
den zwölf Milanollo - Concerlen) die Jahreszeit wenig 
geeignet war. — Herr Professor Kloss hatte noch eine 
Concertacademie veranstaltet, welche in der ersten Ab- 
theilung aus einem Chor aus Gluck 9 * Armide, einer Gan- 
tale von Cherubim: „Der Frühling," einem Liede von 
Fr. Schubert, und ClarineUsolo des Herrn KM. Nehrlich 
befand. Der Concertgeber repräsenlirte dabei das Orche- 
ster mit dem Pianoforte. Die zweite Abtheilung soll aus 
einem historischen Vortrage „Ueber die Musik der Grie- 
chen" bestanden haben, wovon indes wenig zu verneh- 
men gewesen ist. Auch wurden die Proben griechischer 
Musik als acht antik bestritten , worüber zu entscheiden 
Referent sich kein Urtheil anmaasst. — Mozarts „Zau- 
berflöte," vor fünfzig Jahren am 12. Mai 1794 zum er- 
sten Male auf der königl. Bühne dargestellt, feierte am 
12. Mai d. J. ihr Jubiläum auf würdige Weise. Den Sa- 
rastro sang Herr Zschiesche, mit Benutzung seiner wohl- 
klingenden Tiefe der Bassstimme (bis D). Da Herr Man- 
tius in Cöln auf Urlaub war, sang Herr Pfister den Ta- 
mino recht gelungen. Dem. Marx trag die beiden Arien 
der Königin der Nacht mit Geläufigkeit, Ausdruck und 
besonders die Staccatostellen in der Höbe (bis e) rein 
und sicher vor; nur störte die mit Mozarts Kunstinten- 
tionen vertrauteren Zuhörer die Transposition der ersten 
Arie aus Gmoll und Bdur in Fismoll und Adur (also 
statt zwei B drei Kreuze) und: „Der Hölle Bache" aus 
dem lugubern Dmoll (ein B) in Hmoll (mit zwei Kreuzen). 
Und doch wurde von einem musikalischen Kritiker diese 
Verlegung der Tonarten als „mit vollstem Recht" ge- 
schehen bezeichnet. Lässt sich nicht eher ein oder ein 
Eoar Töne der zu hohen Coloratur abändern, als so ganz- 
en den Character des Gesangstäcks vernichten? Sollte 
der Dirigent dergleichen Willkür den Sängern gestalten? — 
Dem. Tuczeck sang die Pamina, selbst die Arie in G moli: 
„Ach! ich fühl'«" u. s. w. ganz ohne alle Abänderung 
und mit seelenvoll natürlichem Ausdruck. Wegen Krank- 
heit des Herrn Blume hatte Herr L. Schneider die Rolle 
des Papageno übernommen, und führte solche mit vielem 
Humor durch. Zu einer Improvisation veranlasste den be- 
liebten Komiker die Gegenwart der Damen Müller -Hell- 
muth und Boranius, welche in der ersten Vorstellung 
dieser Oper vor fünfzig Jahren die Pamina und Papagena 
dargestellt hatten. Lippert hatte damals den Tamino, und 
seine Gattin die Königin der Nacht gesungen. — Den 
|fonostatos gab Herr Fischer; den ersten Sprecher sang 
Herr Behr ganz angemessen. Auch die drei Damen wa- 
ren durch die Dem. Hofkuntz y Grünbaum (welche aus- 
serdem noch die Papagena gab) und Hähnel bestens 
besetzt; auch die drei Genien wurden von drei Chor- 
rein und sicher gesungen , eben so die Prie- 



sterchöre. Nur das Glockenspiel wollte nicht recht stim- 
men und Papageno's Pfeife versagte der fünfte Ton« Dass 
das Orchester von der herrlichen Ouvertüre bis zum 
Schlusschor die (nstrumentalpartieen mit höchster Acht- 
samkeit und Feinheit ausführte, bedarf kaum der Er- 
wähnung. 

Iu zwei Wiederholungen der Oper sang Herr Pelle- 
grini aus München den Sarastro mit vollem Ton und so- 
nor, nur im Tonansatz (besonders in höherer Lage) etwas 
tremulirend. Die Arie: „In diesen beil'gen Hallen" hatte 
der schätzbare Sänger (ohne Störung) in Fdur x / 2 Ton 
höher verlegt, da seine Tiefe nur bis F ausreicht. Aus- 
serdem bat Herr Pellegrini den Grafen Almaviva iu Mo- 
zarts: „Hochzeit des Figaro" zwei Mal mit mehr An- 
stand als Galanterie, zwei Mal den Osmin in „Belmonte 
und Constanze" vorzüglich gelungen, und den Marcel in 
den „Hugenotten" gegeben, welche Bolle ihm weniger 
zusagt. 

Herr Stighelli bat mit Wiederholung des Arnold in 
Rossini 's Teil seine Gastrollen geschlossen, und die So- 
lotänzerin Dem. Wagon, nach einem ihr bewilligten Be- 
nefize, die königl. Bühne verlassen, wie dies auch mit 
Herrn Ed. Deurient der Fall war, welcher am 20. Mai 
als Tasso zum letzten Male aufgetreten ist, und sich nach 
Dresden als Oberregisseur des königl. Hoftheaters be- 
giebt. — Herr Döring hat seine Gastrollen mit Richelieu 
von Bulwer geschlossen , und Dem. Grünbaum wird im 
Juni die königl. Bühne verlassen, nachdem ihr von des 
Königs Majestät zuvor ein Benefiz bewilligt ist. — Herr 
Mantius ist als Belmonte, Tamino und Raonl bereits wie- 
der aufgetreten. — Herr Pellegrini giebl beute den Teil 
in Rossinis Oper als letzte Gastrolle. — Die italieni- 
sche Oper hat ihre Vorstellungen mit Lucrezia Borgia, 
Maria, la figlia del Reggimento, und Fioravantts Canta- 
trici villane beschlossen. In beiden Opern fanden Signora 
Malcani (welche hier ihren Vater durch den Tod verlo- 
ren hat) und Signor Grandi als Suipizio und Bucefalo 
verdiente Anerkennung. — Mit dem Juni beginnen auch 
die Vorstellungen im Schlosstheater zu Charlottenburg 
wieder, und euden später die des französischen Theaters 
im Concerlsaale , wo auch Tieck 9 s „Gestiefelter Kater" 
für eingeladene Zuschauer (unter denen auch der Dichter 
und Oehienschläger sich befanden) nochmals wiederholt 
worden ist. — Die zum 8. Juni erwartete Ankunft der 
Kaiserin von Russland dürfte in Potsdam (bei Hofe) einige 
ausserordentliche Aufführungen veranlassen. Früher war 
Faust mit Musik des Fürsten Radziwill dazu gewählt, 
jetzt soll Racine 9 s Athalia bestimmt sein. — Der in Pa- 
ris vom Conservatoire durch Ertheilung einer silber- 
nen Medaille ausgezeichnete Posaunenvirtuos Fr. Belcke 
(der auch in Dresden, Altenburg, Stettin und Danzig mit 
vielem Beifall Concerte gegeben hat) ist Anfangs Mai von 
seiner Kunstreise hierher zurückgekehrt. — Der Pianist 
Russo hat hier diesmal kein Concert gegeben, sich jedoch 
in Potsdam, wie auch Herr Kau/mann seine Instrumente, 
vor dem königl. Hofe hören lassen dürfen. 

Der in einer frühern Zeit beliebte italienische Bari- 
tonist Signor Paltrinieri bat auf der Köoigsstädtiscben 
Bühne einige Gastrollen, als: den Figaro in Rossinfs 
Oper, nnd den Conte in Cimarosas Matrimonio segreto 



445 



1844. Juni. No. 26. 



446 



mit Beifall gegeben. — Signora Assandri ist hier durch- 
gereist, ohne sich hören zu lassen. — 



Thorwaldsen's Ehrenfeier in Berlin. 

Von der konigl. Academie der Knuste war eine Ge- 
dächtnissfeier zu Ehren des nnvergesslicben Künstlers 
Thorwaldsen am 1. Juni d. J. in der Singacademie auF 
höchst würdige Weise für eingeladene Tbeilnehmer ver- 
anstaltet. In der Mitte der Orcbestererböhnng war die 
von Riss modellirte colossale Statue des Gefeierlen im 
Hintergründe aufgestellt und mit dem Lorbeerkranze des 
Künstlerrubmes im Süden und Norden symbolisch ge- 
schmückt. In den beiden Seitenniseben bezeichneten Lor- 
beerslräncher und Cy pressen den hohen Werth und die 
Trauer um den Verewigten, der in seinen Kunstgebilden 
unvergänglich fortlebt. Nach einigen Posaunenaccorden 
begann die Festhymne von Hopisch und Bungenhagen in 
erhebendem Chor, zum Preise der Kunst und ihrer He- 
roen. Die Gedächtnissrede des Dr. Alfred Rewnont schil- 
derte in treffenden Zügen den Anfang und das Fortscbrei- 
ten des grossen Bildners bis zur Alles überragenden Mei- 
sterschaft, seine Vorliebe für die antiken griechischen 
Kunstwerke und sein einfaches Künstlerleben in der Welt- 
stadt Rom , bis zu seinem unerwarteten Hingange zum 
ewigen Liebt in der Vaterstadt Copenbagen. Diese bio- 
graphische Skizze war, reich mit kunslhistorischen Be- 
merkungen versehen, von allgemeinem Interesse. 

Der Rede folgte eine ausgeführte Cantate: „Klage" 
bezeichnet, von Kopisch gedichtet und als Chorführer 
melodramatisch eingeleitet, und von Taubert se.br wirk- 
sam für zwei Chöre und Solostimmen, mit eigentümli- 
cher Begleitung von Harfe und Blasinstrumenten in fast 
antiker Weise in Musik gesetzt. Die Schwierigkeiten des 
Metrums bat der sinnige Componist glücklich besiegt, 
und die Wirkung bis zum triumphirenden Schlussgesange 
erhebend gesteigert, so dass der ergreifende Eindruck 
allgemein war. Der erste Chor begann : 

„Stimmt an, glimmt an den Siegesgesang ! " 
Der zweite erwiederte: 

„Stimmt an die heroische Feier!" 
Hierauf vereinten sich beide Chöre zum Ruhme des Kunst* 
beroen im Schlussgesange: 

„Lebe der Herrliche 

„Ewiges Leben nun! 

„Ruhm ist es, rühmen Ihn: 

„Rühmet Ihn, kränzet Ihn ! (C 

J. P. s. 



Posen. Auf einer Kunstreise nach Italien begriffen, 
traf in voriger Woche eine unserer begabtesten Sänge- 
rinnen, die freilich in Deutschland noch wenig be- 
kannt ist, Fräul. Neureuther, Prima Donna der kaiserl. 
Hofoper zu Petersburg, hier ein und erfreute alle hiesi- 
gen Musikfreunde durch drei Gastrollen — Norma, Aga- 
the, Rosine (Rarbier von Sevilla) — , in denen sie 
einen Reifall errang, wie er seit langer Zeit keiner ga- 
itirenden Sängerin zu Theil geworden ist. Fräul. Neu- 
reuther hat ihre Kunstlaufbahn in München begonnen, 
sich aber seitdem im Süden und zuletzt mehrere Jahre 



in Petersburg aufgehalten , von wo sie die ehrenvollsten 
Zeugnisse und Empfehlungen — so von Hubini an Mey- 
erbeer, an die Direction der Scala in Mailand mit- 
bringt. Ihre Stimme ist von herrlichem Metall und gros- 
sem Umfang, die Intonation ist glockenrein und der Vor- 
trag zeugt von griindKchen musikalischen Studien, da sie 
ihre schönen Slimmmittel mit vollkommener Freiheit be- 
herrscht und immer der Situation gemäss anwendet. Lei- 
der gestatteten anderweitige Verbindlichkeiten ihr keinen 
längeren Aufenthalt bei uns; sie gebt über Rreslau und 
Wien nach Italien, und wird erst im nächsten Jahre die 
Grossstädte Deutschlands besuchen. 

Seit einigen Tagen ist der Bariionist Herr Rinder- 
mann aus Leipzig hier. Er ist bereits einmal aufge ro- 
ten als Peter Michailow im Czaar und Zimmermann und 
hat grossen Beifall gefunden. 

In Rom ist der berühmte Baini, Director der päpst- 
lichen Capelle, bekanntlich einer der ersten Kenner alter 
Kirchenmusik und selbst bedeutender Componist , gestor- 
ben. Seine reiche musikalische Bibliothek hat er der Ca- 
sanatensischen Bibliothek vermacht, welche sich im Klo- 
ster der Dominicaner von S. Maria sopra Minerva befin- 
det und dem Publicum mit grosser Liberalität täglich zum 
Gebrauche offen steht. Sonach ist nicht zu fürchten, dass 
Baini 9 s Sammlungen durch seinen Tod dem wissenschaft- 
lichen Gebrauche aufs Neue entzogen werden. Baini war 
geboren in Rom 1775. 



Feuilleton. 



H. ff. Pearson ist zum Professor der Musik ao der Universi- 
tät zu Edimburgh erwählt worden. 

Tamburini, der König der Baritonisteo, soll bei einem nenlicb 
aufgebrochenen Bankernlt des Hauses Caceia and Comp. 250,000 
Franken verloren haben. 

Das Mosikfest in Cöln (s. d. BI. S. 295 und 359) ist an dea 
beiden Pfiogst tagen würdig gefeiert worden; das Hauptconcert im 
Gürzenich war jedoeb nicht sehr zahlreich besucht. 417 Sänger 
und Sängerinnen, 167 Instrumentislen nahmen daran Theil. — 
Uuter den übrigen Festlichkeiten zeichnete sich besonders eine 
Sänger fahrt nach Brühl (auf der Eisenbahn) am Tage nach dem 
Pfingstfeste ans. 

Die grosse Tonhalle, welche in Hamburg unter Leitung dea 
Director* des Volksgesangvereines G. A. Gross erbant wird, ist 
am 25. Mai noter entsprechenden Festliehkeilen gerichtet worden. 
Das Gebäude soll sehr solid aufgeführt sein nnd einen imposantes 
Anblick gewähren. 

Der Melopbonist Dessane ans Paris (s. d. Bl. S. 80) hat vom 
Ronige von Baiern ein Privilegium für Verfertigung dieser Instru- 
mente erhalten und in Nürnberg mit den Herren Binsfeld und 
Braunstein eine Fabrik davon errichtet. Das Iostrument (in Form 
einer Gnitarre) soll im Tone die Clarinette, Oboe, das Waldborn 
und die Orgel oaebabmen, vorzüglich im Freien anwendbar und 
nach Dessane** Versicherung durchaus nicht schwer zu erlernen 
sein. Sein Umfang ist 4i Octave. 

Tn Berlin starb am 26. Mai der geh. Mediz.-Rath Dr. Kluge* 
Director der Charitl, einer der gebildetsten Kenner nnd Freunde 
der Musik. 



447 



1844. Juni. No. 26. 

Ankündigungen. 



448 



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Die Sirene. 

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Ciavierauszug der einseinen Stücke. 
No. 1 — 12. a 3-20 N/fr. 
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6 Lieder you R. Büros. Op. 4 20 

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Lieder und Gesänge. Op. 15 20 

Francs*, E., 6 Lieder. Op. 4 20 

Franz. R,, Schilflieder von Lenau. Op. 2 15 

Lieder. Op. 3 15 

«elblte, A., 12 deutsche Lieder. Op. i 25 

(George) Kronprinz von Hannover, 4 Lieder 17i 

Cloethe, W. v., 4 Gesänge. Op. 4 20 

Haser, W., 12 deutsche Lieder 20 

Hauptmann. 6 deutsche Lieder. Op. 22 20 

Helcted, C, 6 Gesänge. Op. 1 20 

Jahn, O., 8 Lieder \ 15 

Keller, C- 4 Gesänge. Op. 45 ~ 22* 

Klein W&Chter, Ii., 5 deutsche Lieder. Op. 5 15 

ÜLuflTerath, 6 Lieder von R. Barns. Op. 3 15 

Lenz, Ii., 7 Lieder. Op. 20 22* 

3 Gesänge. Op. 50 15 

Ijftwe, €., Legenden für eine Altstimme. Op. 75. 76. ä 22i 

MarBChnrr, H., Lieder von R. Barns. Op. 107 25 

Hannen, F., 5 Gedichte. Op. 32 17* 

Mentlelnsohn Bartholdy, F., 6 Lieder. Op. 47.... 25 

6 Lieder. Op. 57 25 

Meyerbeer, €1«, 3 deutsche Lieder 20 

Reichet 1 , A., 4 Gesänge. Op. 5 15 

5 Lieder. Op. 7 15 

Relchardt, C. A., 4 Lieder. Op. 6 20 

Richter, F. F., 4 Lieder. Op. 9 15 

6 Gesänge. Op. II 25 

Rletae, JT # , 15 Gesänge. Op. 6. 2 Hefte ä 22* 



loaenhaln, 6 Lieder. Op. 21 



15 

4 Lieder. Op. 25 .". 10 

ÜChladebaeh, JL, 7 Lieder und Gesänge. Op. 12.... 20 
Schubert, F. Ii«, 4 humoristische Gesänge. Op. 42... 20 

Schumann, Clara, 6 Lieder. Op. 13 20 

Schumann, Roh, u. Clara, 12 Gedichte. Op. 37. 

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Stern. JT., 6 Gedichte. Op. 10 15 

Streben, F#, Nachklänge van Eiehendorff. 4 Lieder. Op. 8. 20 
Thalberff, S., Der Fischer. Letzter Besuch. 2 Gedichte. 15 
Truhn, Liebeslual und Leid. Gedichte von Heine. Op. 18. 17* 



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oder I Thlr. 12 Ggr. 

3) Kreutoert Das Nachtlager in Granada, Potpourri. Preis 

2 Fl. 42 Kr. rhein. oder 1 Thlr. 12 Gn. 

4) Bellini I Die Puritaner, Favoritstücke. Preis 5 Fl. 56 Kr. 

rhein. oder 2 Thlr. 

5) Belllnlt Die Nachtwandlerin, Famribtueke. Preis 4 Fl. 

12 Kr. rhein. oder 2 Thlr. 8 Ggr. 

6) Atlant t Der Postillon von Lonjumean, Favoritstücke. Preis 

3 Fl. 56 Kr. rhein. oder 2 Thlr. 

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Preis 5 Fl. rhein. oder 1 Thlr. 16 Ggr. 
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4) Figaros Hochzeit Pr. 2 Fl. 24 Kr. rhn. oder 1 Thlr. 8 Ggr. 

5) Titus. Preis 1 Fl. 48 Kr. rhein. oder 1 Thlr. 

6) Cosl fan tutte (Weihertreue). Preis 1 Fl. 48 Kr. rhein. oder 
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7) Idomeneo. Preis 1 Fl. 48 Kr. rhein. oder 1 Thlr. 

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fü», von Auber, arrangirt von P. Roth. Preis 7 Fl. 12 Kr. 

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449 



460 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 3 ten Juli. 



M »7. 



1844. 



ImBafeltt Musikalische Zustände in Paris. (Bescbloss.) — Heeennonen. — Nachrichten: Ans London. Aal Prag. 
Constantia (des Harzsänger- Vereins) zu Nordhausen. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Das GesingCest der 



Musikalisehe Zustände in Paris. 

(Bescbluss.) 
Die Salon - Musik. 
Salon -Musik haben wir überhaupt erst seit kurzer 
Zeit. Früher existirte Kammermusik, die in ihrer Sphäre 
insofern Schönes zur Erscheinung bringen konnte, als in 
dem beschränkten Willenskreise der schaffenden Indivi- 
duen von Hause aus ein schönes Gleichgewicht der Seele 
vorbanden war. Die Kammermusik wurde, als sie sich im 
16. Jahrhunderte aus dem weltlicher gewordenen Kirchen- 
style entwickelte, sowohl dem freiem Ertönen des Ich, 
als auch der ungebundenen Form zufolge, Mittel für die 
Bmancipatioü der dramatischen Musik. Später zog man so- 
gar das Concertante mit in ihren Kreis, und so trat sie 
aus ihrem ursprünglichen Gebiete heraus. Immer aber be- 
hielt sie reine Kunslformen als Erscheinungsmittel bei. 
Zu diesen aber hatte das Fabrikanten wesen von je her 
einen schlimmen Stand. Es ist eine Consequenz des Fri- 
volen, das überhaupt seit der Prätension der italienischen 
Castraten in die Musik gekommen ist, dass, ebenso wie 
der wirkliche Tondichter gezwungen war, den Aufschwung 
seines Genie's nach dem Willen des Exeoutante* zuzu- 
stutzen, das Execulantenwesen sich endlich über die Ge- 
bühr, namentlich im Salon, geltend machte. Dies Geltend- 
macben musste ein Mittel haben, zu welchem man die 
Musik herabsetzte. Die Salon -Musik ist also das Mittel, 
sich im Salon geltend zu machen, nachdem die Auszeich- 
nung durch weisse Westen, Glacebandschuhe u. s. w. 
zu gewöhnlich geworden war. Grosser Fortschritt des 
Geistes, der seine öberBiesseode Existenz darin zeigt, dass 
er zum Mittel für die Erreichung eines solchen Zweckes 
herabgesetzt wurde! In den Salonslücken nun spiegelt 
sich ab, was ich als Ingredienz des französischen Gei- 
stes bereits oben angeführt habe ; nur ist die sonst ge- 
sunde Idee des Schönen zu einem verwirrten Begriffe 
herabgesunken, so dass das französische SebönheiUge* 
setz sich nur noch im Particuliren und nicht mehr in 
der Convention geltend zu machen sucht. Daher hört 
man die Phrase: „i/ y a de bellet ehoses lä-de- 
dans" sehr häufig, wenn es sich um ein Ortheil über das 
Ganze handelt. Gesetzt, die in den sogenannten Salon- 
stücken niedergelegten Empfindungen wären vom Hause 
aus gesunde und wahre, gesetzt auch, sie gestalteten sich 
zu natürlich schönen Formen aus und brächten so das 



46. Jahrgang. 



subjectiv Ionere zur Erscheinung: ihr Verhältniss zur 
Kunst wäre bei deren jetzigem Standpuncte ein unterge- 
ordnetes. Wohin aber sind dergleichen Producte zu zäh- 
len, wenn sie irgend eine kranke lyrische Entäusserung 
in ungebundener phantastischer Form, irgeod ein Schmol- 
len unter dem Namen eines Capriccio, sentimentale Ton- 
phrasen in Benennung eines Lied aUemand oder Rfeverie 
zur Erscheinung bringen? 

Ich habe mich oben schon darauf bezieben müssen, 
wie eine Entwickelung von dergleichen Zuständen in ge- 
messener Ausführlichkeit hier zu weit fuhren würde, 
und wir uns daher mehr mit der sachlichen Darstellung 
der aus ihnen entstandenen Resultate befassen können. 

Allgemeine Zustände, — Concerisaison. 
Was von den musikalischen Aposteln in Deutschland 
kein Brot findet oder sich dem Ernste des vaterländischen 
Urtbeils entziehen will, geht nach Paris. Die eben skiz- 
zirten Zustände werden vorgefunden, und die Mittelmäs- 
sigkeit der Individuen kommt nicht in Gefahr, in Kampf 
mit denselben zu geratben. Aus den Zuständen selbst aber 
haben die hiesigen Verleger ihr Maass gewonnen, sie wis- 
sen genau, was sie verkaufen und was sie nicht verkau- 
fen. Nachdem der musikalische Apostel das Bureau des Ver- 
legers durch die öfteren Visiten genau kennen gelernt und 
sich so viele journalistische Freunde erworben bat, dass 
er als ein anderwärts schon gefeierter Componist bespro- 
chen wird, nachdem er endlich so und so viel monat- 
liche Steuer für das Aushängen seines Portraits an an- 
deren Musikläden gezahlt bat, erscheint sein Name unter 
einer gestochenen Etüde oder unter einer RÄverie, Fan* 
taisie u. s. w. Am gangbarsten nun sind hier dergleichen 
Werke, wenn der Componist selbst Virtuos, wo möglioh 
Claviervirtuos ist, und wie es zum guten Tone gehört, 
das in die Mode Gekommene öffentlich zu hören, so not- 
wendig ist es für den Salon selbst, Modecompositionen 
auf den Möbeln liegen zu haben. Betrachten wir nun den 
Salon als den eigentlichen Mittelpunct des musikalischen 
Treibens , um uns die Möglichkeit einer so erstaunlichen 
Masse von Concerlen zu erklären. Der Virtuos, der 
heute öffentlich spielt, wird von Freunden unterstützt, 
und der Kreis, in welchem er sieh bewegt, garantirt ihm 
immer einen bestimmten Absatz von Billeten. Morgen 
ooncertirt der, der gestern unterstützte, übermorgen hel- 
fen die Virtuosen von gestern und vorgestern dem coa- 

27 



451 



1844. Juli. No. 27. 



452 



certirenden Freunde wiederum ans, was so lange dauert, 
bis die Leute, die eigentlich im Stande sind, die Entrlen 
▼on 10 bis 15 Franken zu zahlen, mit dem Frühlinge 
Paris verlassen. Dies bildet die Disciplin des hiesigen Vir- 
tuosentboms. Man ist meist allgemein einverstanden, dass 
seit Jahren keine an Concerten ähnlich reiche Saison statt- 
gefunden. — Die Kunstgeschichte wird jene Thaten nicht 
nennen, und auch ich mag in einem Organe, das seit 
einer Reibe von Jahrzehnten für dieselbe eine so wich- 
tige Rolle spielt, keinen Denkspruch für sie niederlegen. 

Jene Immortalitaten brauchen an and für sich keine 
Vermittelung der Kritik. Ich nenne darum kein einziges 
dieser Concerte. Eine Gonsequenz aber wird die Kunst- 
geschichte aus diesem Stadium ziehen müssen, und zwar 
die, dass jenes Treiben, eine Fortsetzung des bereits vor 
hundert Jahren in Italien schon begonnenen Virtuosen- 
schwindels, die Geschmacksrichtung zur totalen Verwir- 
rung steigerte, woraus denn das Ignoriren des Bessern 
und eine altgemeine Hemmung im eigentlich künstlerischen 
Wirken sich von selbst ergab. 

Sehr natürlich ist es, dass die Organe, die den Werth 
von dergleichen Zuständen besprechen, sich dieser Zu- 
stände selbst als Mittel bedienen. Die in den Pariser Mu- 
sikzeitungen prutegirte Künstlerwelt ist diesen Organen, 
wie sich von selbst versteht, verpflichtet. Aus freiem An- 
triebe wird nichts Particuläres besprochen. Sie entäussert 
sich dieser Pflicht nicht etwa im Abonnement, sondern, 
da sie meist aus exeoutirenden Kräften besteht, unter- 
stützt sie die Verbreitung dieser Organe dadurch, dass 
sie für die Vortheile mitwirkt, die man den Abonnenten 
dieser musikalischen Presse bietet. Die Pariser Musikzei- 
tungen veranstalten nämlich Concerte, in welchen sich 
das, was in Paris spielt und singt und besprochen wird, 
hören lässt. Man muss es den Concerten der Schiesin- 
gw'schen Revue et Gazette musicale zum Lobe nachsa- 
gen, dass sie , was äussere Ausführung der Tonstücke 
anbelangt, meist interessant sind. Die Escudier'scht France 
musicale aber erklärt, einen solchen Ueberfluss von Abon- 
nenten zu haben, dass sie ein und dasselbe Concert zwei 
Mal, für die in zwei Hälften getheilten Abnehmer der 
Zeitung, zu geben genöthigt ist. 

Die Conservatoire- Concerte , Beethoven* s Symphonieen, 
Habeneck, das französische Urtheil über das Schöne. 
Bewundernswerth , ja zum Erstaunen ist der hohe 
Grad von technischer Fertigkeit auf den verschiedenen 
Instrumenten, der sich in Paris kund giebt. So sehr dies 
mit der mehrfach schon erwähnten Richtung des franzö- 
sischen Geistes zusammenhängt, so entschieden ist eine 
solche Wirkung im Ensemble, namentlich wenn sie von 
dem innersten Geiste des Genie's beherrscht und zum Mit- 
tel herabgesetzt wird. Am Meisten macht sich jene Wir- 
kung in den grandiosen Concerten des Conservatoir's, 
oder richtiger, der Societl des Concerts, geltend. Seit 
Jahren ist viel, und mitunter vortrefflich, über dieses Insti- 
tut geschrieben worden, und ich beschränke mich des- 
halb hier nur auf einige allgemeine Bemerkungen. Die 
Aufführung der Beethoven'sehen Symphonieen bildet den 
Mittelpunct ihres Wirkens, und auch in diesem Jahre hatte 
fast jede Sitzung eine solche zu ihrem Inhalt. Das aus 



lauter Virtuosen bestehende Orchester wird von Habeneck 
mit dem Geiste einer in den Inhalt eingedrungenen Auf- 
fassung geleitet, so dass in der Tbat eine Wirkung er- 
zeugt wird, die ihres Gleichen sucht. Habeneck* s we- 
sentliche Verdienste um die Verbreitung classiscber Mu- 
sik in Frankreich sollten im Allgemeinen gebührender 
anerkannt werden. Indess ist er der Evangelist seines 
Orchesters, und an Anerkennung im engern Künstlerkreise 
fehlt es nicht, wie bei einem körperlichen Unfälle, den 
er vor; Kurzem erlitten, in der Theilnahme, die sich 
zeigte, deutlich zu sehen war. Im Allgemeinen aber wer- 
den die Romanzencoroponisten häufiger besprochen, als er. 
Sehen wir auf die Gesammtwirkung BeetAoven'scher Mu- 
sik in Frankreich, so bemerken wir wiederum das schon 
erwähnte Zerstückeln der ästhetischen Interessen, anstatt 
einer Anerkennung höherer Schönheit in der Conception. 
Die Franzosen sprechen unaufhörlich von den einzelnen 
Elementen des Schönen in jenen Symphonieen, vom Gran- 
diosen, Majestätischen, Pittoresken, kurz vom Particular- 
schönen, nie aber von der Individualität Beethovens in 
ihrem Verbältnisse zur Kunst. Was eine solche Sympho- 
nie als Process und Entscheidung einer durch den Kampf 
mit der äussern Erscbeinungswelt in sich erregten gros- 
sen Natur bedeute, haben die Franzosen bisher noch nicht 
erfasst. Die Gründe liegen, ich muss mich immer wieder 
darauf bezieben, in der äussern Richtung ihres Geistes. 
Zum Beweise für diese nur theilweise ausgeführten Ent- 
wicklungen diene auch das historische Factum, dass die 
Franzosen keine Symphonieen von Bedeutung, als eigent- 
liches Resultat des absoluten Tönens im Innern des Indi- 
viduums, aufzuweisen haben. 

Die Eröffnung der Conservatoirconoerte geschah dies- 
mal mit der Symphonie Mendelssohns in Amoll. Das 
schöne Werk hatte nur theilweisen Erfolg. Am Meisten 
gefiel das Scherzo in Fdur und das Adagio cantabile in 
Adur. Eine Wiederholung wäre zn wünschen gewesen. 
Die Sophocles'sche Antigone wird, in's Französische über« 
setzt, mit den Atendelssohn'schtn Chören dieser Tage im 
Odeon zur Aufführung kommen. 
Paris, den 15. Mai 1844. 

Dr. Felix Bamberg. 



Recehsioheh. 



Drei Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pia- 
noforte, coroponirt von A. Oechsner. Op. 2. Mainz, 
bei B. Schotfs Söhnen« Preis 45 Kr. 
In einer Zeit, in welcher der Lieder bekanntlich so 
viele gedichtet und componirt werden, dass man sie schier 
so wenig zu zählen vermag, wie den Sand am Meere 
(denn bei Weitem die wenigsten werden gedruckt), muss 
es ausserordentlich schwer fallen, das in nicht geringer 
Anzahl vorhandene Treffliche, ja vielleicht Unübertreff- 
liche zu überbieten. Man muss daher in der Regel schon 
zufrieden sein, wenn ein Liedercomponist in einem Hefte 
nicht lauter Nieten , sondern doch wenigstens einen si- 
chern Gewinn bringt — und Letzteres hat der Verfasser 



455 



1844. Juli. No. 27. 



454 



in No. III „Liebchens Auge'« getban. No. I, „Das Reh" 
von UMand, and No. II, „Rast" aas Müllers Winterreise, 
bilden zwar runde, an und für sich achtbare Musikstücke ; 
allein das erste bälte ein mehr jägermässiges Colorit, das 
andere eine noch mehr winterlich düstere Farbengebung 
erhalten sollen. Bei tieferem Eindringen in das Gedicht 
wird der Verfasser leicht selbst inne werden, dass bei 
diesem Stürmen und Dringen von Aussen und Innen her 
„Die Rast" eine Mos scheinbare und insofern die Musik 
su ruhig bemessen gehalten ist. Das winterlich düster 
Aafstürmende in dem Gedichte ist die vorherrschende Em- 
pfindung, welche der Verfasser hätte schärfer in's Auge 
fassen und durch eine malerische Begleitungsfigur wie- 
dergeben sollen. Der Verfasser bat unverkennbar über 
ein ergiebiges Talent zu gebieten, allein er wird sicher 
um so besser für seinen Ruhm als Liedercomponist sor- 
gen , je tiefer er sich in seine Texte hineinfüblt und je 
öfter er zu verschiedenen Zeilen die Composition eines 
und desselben Textes versucht. Selbst den genialsten Com- 
ponisten sind bekanntlich gerade die schönsten ihrer Lie- 
der keineswegs immer auf den ersten Wurf gelungen. 
Auch ein Lied lässt sich nicht ohne Geburtsweben schaf- 
fen — ja ein Lied gerade am Wenigsten. Die Ausstat- 
tung ist löblich. 



„Du/* Gedicht von C. Bodo, in Musik gesetzt für eine 
Singstimme mit Begleitung des Pianoforte von Heinr. 
Cramer. Mainz, bei B. Scbott's Söhnen. Pr. 18 Kr. 
Ein artiges Gedicht, in artiger anspruchsloser Polac- 
caform gegeben, findet immer seine Freunde, wenn es 
sieb auch nicht durch Tiefe und Innigkeit der Empfindung 
auszeichnet, welche- bei diesem Texte auch nicht einmal 
wohl anzubringen gewesen wäre. Solche Gedichte kön- 
nen hundert Mal, und immer gleich gut componirt wer- 
den — wir möchten sie daher adiaphorische oder musi- 
kalisch • unschuldige nennen — ; und wer behaupten 
wollte, Herr Cramer habe das vorliegende nicht- so gut, 
als möglich, componirt, der hat es mit uns zu tbun. 



12 Etndes brillantes par H. Rosellen, composls pour le 
Piano(forte) dans le style de la Musique moderne de 
eei Instrument. Op. 60. En II Suites, chaque 2 Fl. 
Comptöte 3 Fl. 36 Kr. Ebendaselbst. 
In der Musikgeschichte dürfte einst in Betreff der 
Claviermusik unsere neueste Zeit, d. h. die, seit welcher 
Beethoven und M. von Weber ihren mächtigen und geist- 
reichen Sonatengriffel niedergelegt haben, vorzugsweise 
die „Rlndenperiode" genannt werden. Wir wissen nicht, 
wie lange diese Zeit der Studien u. s. w. noch dauern, 
oder welches neue höhere Gebilde dereinst aus ihnen her- 
vorgehen wird; allein so viel ist ons klar: einerseits ist 
durch nie die Technik des Ciavierspiels in einer Weise 
gefördert worden, welche höchst erfreulich ist, anderer 
seit* aber ist es auch wieder eine sehr unerfreuliche Er- 
scheinung, so viele, zum Theil sehr begabte Kunstjünger 
fort und fort um eine Elementarform sich abmühen zu 
sehen* Es hat Leute gegeben, welche vor lauter Bäumen 
den Wald nicht sahen; so kann es geschehen, dass man 



auch am Ende über dem Etudiren, Studiren u. s. w. ganz 
und gar das Höchste der Kunst, ja die Kunst überhaupt 
aus dem Auge verliert. Es ist doch wahrlich nicht mehr 
Kunst, sondern rein weg musikalisches Kattundruckerta- 
lent, wenn ein Ciavierspieler beliebige Seiten hindurch 
eine und dieselbe Figur behandelt; was bei einem Druck- 
muster die verschiedenen Farben, das sind bei den Etü- 
den die verschiedenartigen Modulationen ; das Entzücken, 
welches in den Salous ein neues Muster in Seide, Spitzen, 
Westenzeugen u. dergl. erregt, erweckt ganz sicherlich 
auch eine modische Etüde, und beide tbeilen, dass wir 
den Vergleich noch weiter führen, auch mit einander — 
das Loos baldiger Vergessenheit. — Die vorliegenden 
Etüden verdienen es jedoch theilweise wenigstens nicht ; 
denn abgesehen davon, dass sie allerdings gauz modisch 
und auf. der Höhe des modernen Ciavierspiels gehalteu 
sind, kann doch auch ein bereits sehr tüchtiger Ciavier- 
spieler noch Manches durch sie lernen. Zu den wirklich 
lehrreichen Stücken der Sammlung rechnen wir No. 3, 
No. 10 (man vergleiche hierbei das Hartkooch'sche Werk 
zur Uebung der Doppelgriffe und Hummers C lavierschule) 
und No. 12. Einige dieser Etüden wird man zu weit aus- 
gesponnen und sehr ermüdend finden; andere erinnern 
an schon bekannte Formen. Immerhin möge man sich, 
um nichts Modisches zu versäumen, mit dem sehr schön 
ausgestatteten Werke bekannt machen. K. 



Nachric bten. 



London, den 3. Juni 1844. Am 1. Juni gab i/o* 
seheles im Vereine mit Ernst und Mendelssohn Bartholdy 
im Hannover- Square ein glänzendes Concert, das eine 
Unmasse von Zuhörern herbeigelockt hatte. Nicht allein 
die Vereinigung von drei solchen Künstlern war es, welche 
das Interesse so rege machte, sondern auch die Nach- 
richt, dass eine neue Ouvertüre (Manuscript) und eine 
Orgelfantasie, Beides von Mendelssohn Bartholdy, darin 
zur Auffuhrung kommen sollte. Beide Stücke fielen je- 
doch aus; das Programm bestand aus folgenden Num- 
mern, deren Anzahl zugleich einen Begriff von der Aus- 
dehnung eines englischen Concertes giebt. 

Erster Theil. 1) Ouvertüre zu Shakespeare'* Som- 
mernachtstraum, von Mendelssohn Bartholdy, unter Di- 
rectum des Componisten. — 2) Arie aus der Schöpfung 
von Haydn, gesungen von Staudigl. — 3) Concert : AI- 
legro, Adagio und Walzer- Rondo für die Violine, com* 
ponirt und vorgetragen von Ernst. — 4) Anette : „Ara- 
bien, mein Heimathland" aus Oberoo von C. M. v. We- 
ber, gesungen von Miss Dolby. — 5) Grosses Concert 
für das Pianoforte in E, componirt und gespielt von Jfb- 
seheles. — 6) Ballade: „By the sad sea wcaves" aus 
der Oper „Die Bräute von Venedig** von Benedict, ge- 
sungen von Mrs. Shaw. — 7) Elegie für die Violine, 
componirt und gespielt von Ernst. — 8) Arie aus Caglio- 
stro von Adam: „C'est uneaprice," gesungen von Mad. 
Thillon. — 9) Sonate für Pianoforte und Violine von 
Beethoven, Kreutzern gewidmet, gespielt von Moscheies 
und Ernst. — 



4ss 



1844. Juli. No. 27. 



4m 



Zweüar TheiL 10) Tripelconcert für drei Pianolbrte 
titi Orobesterbegleilung von Johann Sebastian Bach, vor- 
getragen von Mendelssohn Barthoidy , Moscheies und 
Thalberg* — 11) Arie von Donizetti: „L'amor suo mi 
ft," gesungen von Med. Caradori - Allan. — 12) Grosse 
Capriee über ein Thema ans Bellinfs Piraten für die Vio- 
line mit Orehesterbegleitung, gespielt von Ernst. — 13) 
Duett ans der diebischen Elster von Rossini, gesungen 
von Mad. Thillon und Staudigl. — 14) Zwei Concert- 
Stüeke (neu) und ein Solo mit extemporirtem Schlüsse, 
oomponirt und gespielt von Moscheies. — 15) Deutsche 
Lieder: „Auf Flügeln des Gesanges " und „ Reiselied *' 
von Mendelssohn barthoidy > gesungen von Staudigl. — 

16) Französische Ballade, gesungen von Mad. Thillon. — 

17) Duett von Dontzetti: „A figlia incauta," gesungen 
von Mad. Caradori- Altan und Mrs. Shaw. — . 18) Fi* 
nale für das Orchester von Mozart 

Die Ouvertüre des bei seinem Erscheinen lebhaft be- 
grüßten Meisters Mendelssohn Bartholdy wurde, bis auf 
einige Unsicherheit in den ersten Violingängen, gut und 
feurig ausgeführt, obwohl der Componist sie ohne Parti- 
tur dirigiren mosste. — Staudigl ist als trefflieber Sän- 



er bekannt; indessen scheint er seiner Stimme biswei- 
en zu viel zuzumuthen. — Grosser Ai 
Ernst bei seinem Auftreten. Leider wurde dieser treff- 



s 



tpplaus 
de dies 



empfing 



liebe Künstler naeb dem Adagio seines Concerts durch 
Uebelbefinden im Spiel unterbrochen. — Miss Dolby ver- 
fehlte den Cbaracter der ffefor 'sehen Ariette, sie nahm 
das Zeitmaass viel zu schnell. — Moscheies spielte sein 
schönes Conccrt, obwohl von Ernst* s Unfälle heftig er- 
schüttert, mit bewundernswürdiger Reinheit und Eleganz 
und erntete den gebührenden Beifall, in welchen die an- 
wesenden Pianisten ersten Ranges, wie Thalberg, Döh- 
ler, Mendelssohn Bartholdy, Leopold Meyer, Benedict, j 
Mad. Dulcken, Schultz u. s. w. von Herzen einstimm-* ' 
ten. — Nach dem trefflieben Vortrage der Benedict'schen j 
Arie durch Mrs. Shaw erschien Benedict (der das Con- 
cert dirigirte) und entschuldigte Mad. Thillon , die we- 
gen Unwohlseins ihre Arie nicht singen könnte. ,,C*est 
un capriee," riefen Mehrere, und das Programm hatte 
einen neuen Stoss erlitten. — Mad. Caradori- Allan und 
Mrs. Shaw sangen nun ihr Duett. 

Jetzt aber kam der Trost für all* das Missgeschick, 
der Glanzpunct des ganzen Goncertes, das Tripelconcert 
von Bach, ursprünglich für drei Clavichorde mit Beglei- 
tung von zwei Geigen, Bratsche und Violoncello geschrie- 
ben. Bach, der Vater von zweiundzwanzig Kindern, hatte 
bekanntlich seine älteren Söhne zu tüchtigen Clavierspie- 
lern gebildet, und dies gab ihm Veranlassung, Concerte 
für drei oder vier Claviere zu schreiben, worin er eine 
grosse Kunst in der Combination entwickeile. Das Tripel- 
concert erschien hier nicht ganz in der ursprünglichen 
Form: Moscheies hatte eine Orchesterbegleitung beige* 
fugt; die Einleitung und das darauffolgende Adagio war 
ans dem grossen Concert in Dmoll, das Finale aus dem 
Coneert in Edur genommen. Im Jahre 1837 hat Masche* 
les, so viel wir wissen zum ersten Male, diese wunder- 
volle Tondichtung aufgeführt; damals spielte er sie mit 
Thalberg und Benedict 4 Diesmal wurde sie auf drei 
Eranfschen Flügeln von Mendelssohn , Thalberg und 



Moscheies vorgetragen. Es waren glorreiche Momente, 
in denen sich das Hauptinteresse des ganzen Goncertes 
vereinte; man lauschte mit angehaltenem Athem. Von 
Wem war diese Cadenz? von wem das Thema? was war 
extemporirt? bat Mendelssohn ein Thema beigefügt? diese 
Fragen beschäftigten das Publicum aufs Lebhafteste. Die 
erste Cadenz führte Thalberg aus; es schien dieselbe zu 
sein, welche Moscheies für das Concert 1837 componirt 
hatte. Thalberg's Kraft und Eleganz war ausserordent- 
lich. Mendelssohn 9 * Cadenz war ein kleines Wunder; mit 
einer unbeschreiblichen Macht warf er sie bin, sein Stae- 
eato gab der Passage eine Abrundung und einen Gehalt, 
die sich kaum begreifen lassen. Der Eindruck war unge- 
heuer und gab sieb durch wiederholte Jubelausbrücbe kund. 
Der langsame Satz wurde von Thalberg reizend vorge- 
tragen, welcher zuletzt die bedeutendste Partie batte. 
Das Finale, ein heiteres Rondo über ein berühmtes Thema, 
auf die mannichfaltigste und glänzendste Weise genial 
durchgeführt, rollte wie ein breiter Strom von Melodie 
und Harmonie dabin ; in der Coda brachten die sechs 
Hände mit diesen Tonmassen eine wahrhaft electrische 
Wirkung hervor. Unermesslicher Beifall folgte, und der 
Ruf um Wiederholung Hess sich nicht abweisen. Die Pracht 
der Musik war mit der acht künstlerischen und glänzen- 
den Ausführung herrlich gepaart. — Nach Bach 9 s Con- 
cert überüessea wir das Programm seinem Schicksale« 

(Nach der Morning-Post.) 



Prag. Zum Vortheile der Mad. Podhorsky «aben wir 
znm ersten Male „Linda di Chamounix," grosse Oper in 
drei Abibeilungen von Gaetano Donizetti, die deutsche 
Uebersetzung nach Gaetano Rossi von Heinrich Proch* 
„La grÄce «Je Dieu" verfolgte das Publicum schon in al- 
len möglieben Gestalten, als Melodram, Vaudeville u.a. w., 
die letzte Maske als Oper ist noch die erfreulichste. Das 
Libretto ist zweckmässig bearbeitet, mit Einsicht verein* 
facht, und der Verfasser bat, um eine Einheit des musi- 
kalischen Cbaracters zu erhalten, die komischen Elemente 
bis auf den zur Schürzung des Knotens unentbehrlichen 
Marquis de Boisfleury ausgeschieden, wodurch freilich das 
Ganze etwas monoton wurde. Linda von Chamounix be- 
steht aus den Abtheilungen : 1) die Abreise , — 2) Pa- 
ris, — 3) die Heimkehr, von welchen unstreitig in mu- 
sikalischer Hinsicht die Abreise die beste ist. Der Zettel 
meldet: „Die Handlung gebt im Jabre 1760 vor sich," 
und von daher scheint sich auch der Styl des mitgeteil- 
ten Programms zu datiren, das überhaupt vollkommen un- 
nütz war, da das Publicum den „Muttersegen" oft genng 
sah, um den Inhalt besser zu kennen, als der Verfasser 
des Programms. 

Die Oper, die man nach ihrer elegischen Haltung für 
ein Opus post humum des sentimentalen Bettini halten 
könnte, ist mit vielem Fleisse gearbeitet, besonders treff- 
lich instrumentirt, und die melodiösen Motive — mit we- 
nigen Ausnahmen — der Situation und Empfindung, wenn 
auch nicht immer den Standesverhältnissen der singenden 
Personen angemessen. Den Wahnsinn bat Donizctti in 
der „ Anna Bolena " mit mehr Farbe und Wahrheit ge- 
zeichnet $ freilich ist auch der Wahnsinn einer Unglück- 



437 



1844. Juli. No. 27. 



438 



lieben Königin leichter darzustellen , als jener einer Sa- 
voyardin. Wenn nun aber auch Linda unstreitig unter 
DonizettCs beste Leistungen gezählt werden muss, so 
wird sie sieb gleichwohl (in Deutschland wenigstens) kaum 

i'emals eine so grosse Popularität beim Publicum erwer- 
>en, als z. B. der ,, Liebestrank " oder „Lucrezia Bor- 
gte. '* Sie hat für die Menge eine zu schwermüthige Hal- 
tung, da selbst die Freude der Savoyarden von einer ge- 
wissen Wehmuth umflossen ist; sie zählt weniger Mo- 
tive, welche sich das Publicum leicht merken kann, als 
etwa „Die Tochter des Regiments" oder „Belisar." Eine 
Nummer, die gewiss grossen Effect gemacht haben würde, 
die erste Cavatine der Linda , welche wir zuerst durch 
Dem. Roseiti kennen lernten und nachher von Fräulein 
Riese im Concerte singen hörten, liess Dem» Grosser 
aus, wodurch auch eine fühlbare Lücke in der ersten Ab- 
theilung entstand. Linda ist in der Thal eine so anstren- 
gende Partie, dass es einer Künstlerin eben nicht zu ver- 
denken ist , wenn sie sich dieselbe etwas zu erleichtern 
sucht; doch glauben wir, Dem. Grosser hätte — beson- 
ders in der zweiten Abtheilung — manche minder dank- 
bare Stellen zu streichen gefunden. Die Ouvertüre ist 
mehr lang, als bedeutend, einzelne Theile derselben ma- 
chen sich zu breit und zerreissen das Ganze, das auch 
keinen grossen Effect hervorbringt. Die Introduclion be- 
ginnt mit einer hübschen Chorpreghiera hinter der Scene 
(wie überhaupt in dieser Oper sehr viel gebetet und hin- 
ter den Coutissen gesungen wird); hierauf folgt die Scene 
zwischen dem Pachter und seiner Frau , zu welcher die 
ziemlich grelle Sortita des Marquis mit Chor keinen an- 
genehmen Contrast bildet. Höchst rührend und ausdrucks- 
voll ist die Ballade des Pierrotto, die sich wie ein gol- 
dener Faden, durch die Oper durchschlingt, in der Grund- 
idee aber aus Pergoiese 9 » Stabat mater entlehnt ist (doch 
passt sie hierher fast besser, als in jenes geistliche Mu- 
sikstück), während das Duett zwischen Arthur und Linda 
im gewöhnlichen italienischen Zuschnitt unter die dank* 
barsten — der Schluss des Allegro muss jedesmal wie- 
derholt werden — wenn auch nicht eben unter die soli- 
desten und characteristischsten Piecen der Oper gezählt 
werden muss. In dieselbe G lasse gebort auch das lange 
Duett zwischen Anton und dem Rector in vier Sätzen wie 
eine Symphonie, dessen Allegro, bedeutend an die Ver- 
schwörungsscene in den Hugenotten mahnend, eine Pre- 
ghiera im — Tempo di marcia (1) enthält. Unstreitig die 
vortrefflichste Mummer sowohl in ErHodung als Durch- 
führung und zumal in der Instrumentation ist das Finale 
der ersten Abtheilung, wenn gleich auch dieses stark an 
einen Chor in Gluck 9 * „Orfeo ed Euridice" erinnert. 
Donizetti ist unstreitig ein belesener Compositeur I „Pa- 
ris" fceissl die zweite Abiheilung, die der ersten weit 
nachsteht, und, weil wir uns in diesem Sünden- Babel 
befinden, wird auch hier weniger gebetet, als in dem 
frommen Thale von Chamouny. Hier dürfte das Duett zwi- 
schen Linda und Pierrotto das Beste des ganzen Actes 
sein* In dem Duett zwischen dem Marquis und Linda gebt 
„Lucrezia Borgta" ganz gemülblieh Hand in Hand mit 
dem „Elisir d'amore," und Arthurs Arie gehört unter 
das Gewöhnlichale, was die neue italienische Musik her- 
vorgebracht hat. Das ungeheuer fatigante Finale bat sehr 



schöne Stellen and eisen frappanten Sebluss, doch ist es 
für diese Situation zu reich mit Coloraturen ausgestattet, 
wahrscheinlich eine Folge der grossen Virtuosität der 
Mad. Tadoliniy für welche die Linda geschrieben ist. Die 
dritte Abtheilung hat abermals sehr schöne Einzelnheiten, 
vorzüglich die zwei frischen und lebendigen Chöre und 
das Finale. 

Linda ist unstreitig eine der schwierigsten Opern- 
rollen, da sie leidenschaftliches Pathos mit einer virtuo- 
sen Technik vereint, und Dem. Grosser bat sich in ihr 
eine Bereicherung ihres Repertoirs erworben, die sie kühn 
und zuversichtlich neben ihre Agathe, Rezia, Alice, Bea- 
trice (Gibellinen) , Ginevra und Lucrezia stellen kann. 
Sie ist gleich trefflich in Gesang und Spiel, indem sie 
s<;bon im unschuldvollen Liebesglücke der ersten Abthei- 
lung die bange Ahnung hereinschimmern lässt, und in den 
zierlichen Fiorituren , wie in den Ausbrüchen todtliehen 
Schmerzes ihre herrliche Stimme mit gleicher Herrschaft 
bemeistert. Nach Dem. Grosser müssen wir zuvörderst 
Dem. Schwarz (Pierrotto) erwähnen, welche diese kleine 
aber wichtige Partie mit dem schönsten Schmelz, Gefühl 
und Ausdruck vortrug. Pierrotto befindet sieb eben in der 
eigentümlichen Stimmlage der jungen Künstlerin, und 
zeigt ihr die Bahn, von welcher sie nicht abweichen soll, 
wenn sie sich gleich nicht so schnell ein grosses Reper» 
toir bilden wird , als manche ihrer enthusiastischen Ver- 
ehrer wünschen, die ihr sogar den „Otello" zutheilen (! ?)• 
Romeo wird sie vor einem solchen Irrwege gewarnt ha* 
ben, und es dürfte sogar der Erhaltung und Pflege ihrer 
jugendlichen Stimme sehr zuträglich sein, wenn sie in der 
ersten Zeit nicht zu viel beschäftigt wird. Die Benefizian* 
tin Mad. Podkorsky hatte die ganz unbedeutende Partie 
der Martbe übernommen, die wohl kaum auf einer zwei- 
ten deutschen Bühne eine solche Repräsentantin finden 
dürfte. Herr Kunz (Pachter) moderirte seine gewaltige 
Stimme mit vielem Glücke, nur in der Fluchscene trägt 
er manchmal etwas stark auf. Den Rector gab das erste 
Mal Herr Schütky recht wacker, in der Reprise über- 
nahm (als Benefiziant) die Rolle Herr Strakaty, für des* 
sen weichere und runde Stimme sie sich besser eignet. 
Den Marquis stellte Herr Rrava mit vielem Fleisse vor» 
und wirkte mit seiner kräftigen Stimme, wenn er gleich 
in seinem bisherigen Rollenkreise kaum Gelegenheit fand, 
sich die Feinheit und äussere Noblesse zu erwerben» 
welche dazu gehört, dieser Partie das möglichste Inter- 
esse zu verleihen. Graf Arthur von Sirval erfordert un- 
erlässlich eine jugendfrische Stimme, welche unser niusi* 
kaliseh gebildeter Herr Emminger nicht mehr bat. In dem 
ersten Duett wollte er in der ersten Auffuhrung a la Mo- 
riani singen, und wurde — vollkommen unbörbar. Die 
Oper gefiel allgemein und Dem. Grosser wurde theils al- 
lein (nach der zweiten Abtheilung immer drei Mal), theils 
mit Dem. Schwarz und den Herren Kunz und Emmin- 
ger unzählige Male hervorgerufen, und das Theater ist 
bei jeder Wiederholung voll. 

Herr Schütky wählte zu seinem Benefiz den ersten 
Act aus den „ Puritanern," worin er den Richard gab, 
der für seine Stimme und Individualität nicht passt. Hier* 
auf folgte der dritte Act aus „Lucrezia Borgia," grosse 
Oper in zwei Acten, nebst einem Vorspiele. Das Haue war 



43» 



1844. Juli. No. 27. 



460 



leer, wie man bei dem Ueberdrnsse an solchen Fragmen- 
ten leicht voraussehen konnte. 

Heute beginnt Dem. Löwe ans Hamburg ihre Gast- 
darstellungen mit der Agathe im „Freischütz." 

Als Nachzügler der diesjährigen Concertsaison ka- 
men noch drei musikalische Productionen : 1) die musi- 
kalisch - declamalorische Academie zum Vortbeil der Blin- 
denanstalt, worin vom Orchester des Conservatoriums 
Rittfs Jagdsympbonie und Mendelssohn Bartholdys Os- 
sianouverture, nicht minder treulich vorgetragen, als im 
Con8ervatoriumsconcert, wiederholt wurden. Neu war ein 
Lied von Uffo Hon, componirt vom Director Rittl, und 
vorgetragen von Dem. Schwarz — ein Rünstlertrifolium, 
welches nur etwas Gutes erwarten liess und darbrachte. 
2) Das Abschiedsconcert des wackern Ernst Neswadba f 
der so eben eine Kunstreise angetreten hat; Herr Nes- 
wadba begann nach der Ouvertüre zur Oper: „Jobann 
von Paris 44 von Boieldieu mit: „ Heimathsklänge " (der 
Gräfin Elise Schlick geweiht), Potpourri über böhmische 
Motive; dann spielte er noch ein „Sonvenir de Vieux- 
temps" (Herrn Anton Grund gewidmet), Fanlaisie caprice 
für die Violine, und wirkte in den Quartettvariationen 
über das österreichische Volkslied von Jos. Haydn mit. 
Herr Neswadba gehört unter die ausgezeichneten Erschei- 
nungen der Zeit: er ist ein musikalisches Genie, das 
durch eine seltene Energie und Jugendfriscbe frappirt und 
überrascht, und dem eine grosse Zukunft nicht ausblei- 
ben kann, sobald sich das Starke mit dem Zarten ver- 
schmolzen haben wird. Zwei andere Instrumentalpiecen 
waren : Lied ohne Worte für Pedalharfe von Parish- Al- 
tars, vorgetragen von Fräul. Anna Claudius, und Con- 
eertvariationen über ein Thema aus der Oper: „Der Lie- 
bestrank 44 von Donizetti für Piano von A. Henselt, vor* 
Jetragen von Fräul. Mary Boucifet de Moricourt. Fräul. 
Hertha Maccasy entfaltete in einer grossen Arie aus der 
Oper: „Anna Bolena" von Donizetti ihre schönen Mit- 
tel; doch haben wir, seit wir sie das letzte Mal hörten, 
keinen Fortschritt von Kunstfertigkeit an ihr entdecken 
können. Ein wahres Finis coronal opus war das Concert 
zur Ndmensfeier der Erzherzogin Sophie im Waldstein'- 
schen Saale, das die Sopbieen- und Cäcilienacademie mit 
vereinten Kräften unter Leitung des provisorischen Direc- 
tors Herrn F. Skraup gab, welches abschliessend aus 
Gesangnummern bestand. Jedes dieser Institute bat uns 
bewiesen, dass seine Chöre wahrhaft beneidenswerth sind, 
man kann also leicht denken, welche imposante Tonmasse 
aus diesem Verein bei musterhafter Leitung sich entfal- 
tete. Alle Nummern waren trefflich einstudirt, und der 
Beifall bildete von einer zur andern ein wahres Crescendo. 
Das Coneert begann mit Mendelssohn Bartholdys ener- 
gischer „Walpurgisnacht, 44 auf welche ein böhmischer 
Chor von Tüli „Die Einweihung des Salomonischen 
Tempels" folgte; Hände? s unerreichtes und unerreich- 
bares „Hallelujah " aus dem „Messias 44 und ein Veit- 
scher Chor: „Grass 44 in böhmischer Sprache mussten 
wiederholt werden, und das ungeheuer schwierige „Glo- 
ria 44 aus Spohr's grosser Messe bildete den erfreulichsten 
Schluss. Die Solopartieen hatten Dem. Schwarz und die 
Herren Emmingcr, Schütky und Strakaty übernommen, 
su denen sich im Gloria noch Mad. Podhorsky gesellte. 



I Gesangfest der Constantia (des Harzsanger- 
Pereins) zu Nordhausen am 29. , 50. und 
3i. Mai 1844. 

Die edle Kunst des Gesanges hat von je her an den 
Bewohnern des Harzes und Thüringens vorzugsweise 
Freunde und Jünger gehabt und, zumal in unserer Zeit der 
Vereine, ihr bindendes Moment, bei der durch die vielen 
politischen Grenzen Thüringens und des Harzes unge- 
fährdeten deutschen Gesinnung der Sänger, in zwei gros- 
sen Vereinen: dem Thüringer Sängerbunde, welcher in 
Erfurt seinen Centralpunct hat, und in der Constantia, 
dem Harzsangerbunde, zur Zeit in Nordbausen wurzelnd, 
geltend gemacht. Der letztere, als der ältere Verein, fand 
bereits im Jabre lß38 durch einen Aufruf des Herrn Ober- 
försters Brinkmann, sonst zu Clausthal , jetzt zn Elbin- 
gerode, und des Herrn Musikdirectors Rothe, sonst zu 
Clausthal, jetzt zu Oldenburg, seine Begründung und hat 
bisher, bald in grösserer, bald in beschränkterer Ausdeh- 
nung, seine Lebenszeichen in den Sängerfesten auf der 
Burg Scharzfels 1838 und 1839, zu Nordbausen 1840, 
Osterode 1841 und Duderstadt 1843 abgegeben. Da je- 
doch die Constantia bei einem zu lockern Verbände bis 
dahin ihrem Namen nicht ganz entsprach, so gab bei dem 
vorjährigen Duderstädter Gesangfeste die dortige Lieder- 
tafel den ersten Impuls zu einem festen, organischen Ver- 
bände, und die Nordhäuser Liedertafel übernahm es auf 
allgemeines Andringen, diesen Verband durch statuten- 
massige Organisation in's Leben zu rufen und in ihren 
Mauern das erste statutenmässige Gesangfest der Constan- 
tia abzuhalten. Ein solches ist nun, nachdem sich die 
Liedertafeln von Halberstadt, Quedlinburg, Blankenburg, 
Elbingerode, Clausthal, Zellerfeld, Osterode, Goslar, Herz- 
berg, Lauterberg, Duderstadt, Bleicherode, Ilfeld, Son- 
dershausen, Rossla und Nordbausen zur Constantia fest 
verbunden» durch deren vereinte Kräfte zu Stande gekom- 
men. Nachdem die Gunst des lieblichen Mai's auch für 
seine letzten Tage, auf welche das Gesangfest anberaumt 
war, die Hoffnungen der Sangesbrüder hoch gespannt 
hatte, trat leider mit dem 28. Mai ein andauerndes Re- 
genwetter ein, das am 29. die heranziehenden auswärti- 
gen Sanger, bei meistens weiten und beschwerlichen Rei- 
sen, sehr unangenehm berühren und einen Theil dersel- 
ben, namentlich von Goslar, Blankenburg, Clausthal and 
Zellerfeld, ganz zurückhalten musste. Gleichwohl fanden 
sich am Nachmittage des 29. in Nordhausen 320 Singer 
treulich und ihrem Bundesnamen entsprechend zusammen, 
die unter Kanonendonner und Fahnenfluge sich brüderlich 
begrüssten und alsbald um 4 Uhr zur Generalprobe in 
der St. Blasiuskirche, in welcher für die Sänger und In- 
strumenlalisten ein eigenes Orchester erbaut war, an- 
schickten. Zur Aufgabe hatte für ihr am folgenden Tage 
abzuhaltendes grosses Kirchenconcert die Constantia sich 
folgende Tonstücke gestellt: 1) das von Giesebrecht ge- 
dichtete , von Dr. Löwe componirte und von Sörgel m- 
strumentirte Oratorium für Männerstimmen: Die Apostel 
von Pbilippi. 2) Die Arie für Bariton aus dem Oratorium: 
Paulus von Mendelssohn Bartholdy : Gott sei mir gnä- 
dig u. s. w. 3) Recitativ und Arie für Tenor aus dem 



461 



1844. Juli. No. 27. 



462 



Oratorium: Die Schöpfung von J. Haydn: Und Gott 
schuf u. s. w. Mit Word* und Hoheit angethan u. s. w. 
4) Einen von Abel gedichteten und von Sdrgel compo- 
nirten and instrnmentirten Hymnus. Der Mnsikdirector 
Sorget zu Nordhausen, Generaldirector des Gesangs der 
Conslantia, nahm in der Probe sofort die Gesangkräfte, 
so verschiedenartig sie auch vorbereitet und zusammen- 
gestellt waren, tüchtig zusammen, and seiner energischen 
und umsichtigen Leitung und unterstützenden Instrumen- 
tation gelang es, die Sanger sehr bald zu einem treff- 
lichen Ensemble zu verbinden, so dass um 7 Uhr die Sän- 
Crschaar nach sehr wohl bestandener Probe, froh den 
istungen des folgenden Tags entgegensehend, zu einem 
heitern Sängerschmause, der durch einzelne Gesangptecen 
and Toaste gewürzt wurde, sich begab, und schwer zum 
zeitigen Bezüge der Nachtquartiere, zur Erstarkung für 
den folgenden Tag, zu bringen war. 

Am, 30. Mai, dem eigentlichen Gesangfesttage, tra- 
ten die sümmtlicben Directoren der Vereinsliedertafeln 
Morgens 6 Uhr zusammen, um die von dem Vorsteher 
der Nordhäuser Liedertafel, Pastor Abel, entworfenen 
Constantia* Statuten zu prüfen und festzustellen und zu- 
gleich über das künftigjährige Gesangfest, das zu Halber- 
stadt Statt haben soll, sich zu einigen. Um 9 Uhr halten 
sich sämmtliche Liedertafeln mit ihren Fahnen auf dem 
Platze des Könighofs versammelt und eröffneten das Fest 
mit einem sehr feierlich und würdig gesungenen Choräle, 
nach der von einem ehemaligen Nordhäuser Musikdirector 
fVilting componirten Melodie: Wie gross ist des All- 
mächtigen Güte u. s. w., worin der Herr um das Gelin- 
gen des auch zu seiner Ehre veranstalteten Festes ange- 
rufen wurde. Denkwürdig wird es den Sängern immer 
bleiben, dass von da ab, obwohl die Wettergläser noch 
tiefer gesunken waren und der Himmel mit fortdauerndem 
Regen drohte, das missgü'nstige Regenwetter nicht nur 
nacbliess, sondern während des Kirchenconcertes ganz 
endete und dem schönsten Sonnenscbeiue Platz machte. 
Vom Königshofe bewegte sich die Constantia im geordne- 
ten Zuge in die St. Biasiuskirche, wo alsbald das Goncert 
mit dem Loure'scben Oratorium : Die Apostel von Philippi 
begann. Herrlich war es, dieses tiefgedacbte , systemati- 
sche Tonwerk in einem Gusse vor der viel- and tief- 
bewegten Seele vorübergeben und die Soloparlieen so- 
wohl, welche Sängern aus der Soodershäuser, Ilfelder und 
Nordhäuser Liedertafel zugetbeilt waren , als die Chöre, 
ebenso mit wahrem gesanglichen Bewusstsein, als mit 
Kraft, Rundang und Präcision durchgeführt zu sehen. Die 
Arie aus dem Oratorium Pantns wurde von dem Herrn 
Gesanglehrer Bogenhardt von der Halberstädter Lieder- 
tafel, dessen cffectreicher, kräftiger Bariton in der Con- 
stantia weit hervorragt, besonders in dem köstlichen Ge- 
gensatze des anfänglichen und schliesslichen Adagio und 
dem dazwischen liegenden Allegro maestoso vortrefflich vor- 
getragen. Wahrhaft hinreissend sang darauf der Herr Mu- 
sikdirector Wolff aus Halberstadt mit seinem eben so 
schön geschulten, als markig- innigen Tenor das Recita- 
tiv des Uriel aus der Schöpfung: Und Gott schuf den 
Menseben u. s. w. und die Arie : Mit Würd' und Hoheit 
angetban u. s. w. Hätte es der Ort gestattet, so würde 
das durch seinen Vortrag wahrhaft entzückte Publicum 



seinem innig bewegten Herzen durch den lebhaftesten Ap- 
plaus Luft gemacht haben. Dennoch wurde diese Leistung 
durch den genial componirten und wahrhaft heroisch in- 
strumentirten Hymnus, womit das Concert scbloss, über- 
wogen. Mit immer wachsender, seelenvoller Begeisterung 
sangen die Sänger diesen durch Chöre, Quartette und So- 
lostimmen, letztere der Duderstädter, Halberstädter und 
Nordbäuser Liedertafel entnommen, reich sebattirten Hym- 
nus , so dass bei dem Schlüsse der mächtigen , von 320 
hoebbegeisterten Sängern gesungenen Fuge das Publicum 
von den gesteigerten Hochgenüssen des Gesangs wahr- 
haft überwältigt war und selbst die anspruchsreichsten 
Kunstfreunde dem ganzen Concerte einen hochbefriedi- 
genden Grad von Vollendung zusprachen. Zu bedauern 
war nur, dass das bis zum Concerte ungünstige Wetter 
die Theilnabme, besonders des auswärtigen Publicums, 
sehr geschmälert hatte. 

Am Nachmittage, um 3 Uhr, versammelten sich die 
Sänger auf dem Markte, und zogen, jede Liedertafel mit 
ihrer Fahne, unter Führung zweier Musikcböre, nach dem 
grossen und schönen Platze im Gehäge, wo die Sänger 
zuerst in einem grossen Carre" das grosse Rcichardt- 
Arndfaehe Lied : Was ist des Deutschen Vaterland u. s. w. 
sangen und sich sodann in die Schranken des für 1000 
Personen mit Tischen und Bänken, und mit einem Orche- 
ster versehenen abgegrenzten Raums begaben. Hier tra- 
ten die einzelnen Liedertafeln in alphabetischer Ordnung 
mit sehr verschiedenartigen Gesängen vor einer fast über- 
grossen, wogenden Zuhörerschaft auf und wurden sodann 
von den biedern und gastfreien Nordbäusern freundlichst 
bei einem vielgestaltigen und reichlichen Picknick gespeist 
and getränkt. Spät in der Nacht erst verliessen die fro- 
hen Massen den heitern Tummelplatz. 

Der folgende Tag, der 31. Mai, wurde als eine Nach- 
feier für die zurückgebliebenen Sänger, besonders der 
wackern Halberstädter Liedertafel, mit mancherlei geselli- 
gen Freuden hingebracht und schloss im Theater mit einer 
höchst solennen dramatischen Unterhaltung, mit eingelegtem 
Ballette, von den Sängern, vorzugsweise der Halberstädter 
Liedertafel, aufgeführt, und endlich mit einem, freilich 
durch Ueberfüllung des Raumes etwas gelähmten Balle. 

So viel bekannt, ist selten ein Sangerfest in allen 
seinen Theilen, sowohl von den Sängern, als vom Publi- 
cum mit so ungetheiltem Wohlgefallen aufgenommen wor- 
den, und es stellt sich in demselben für die Zukunft der 
Constantia ein sehr erfreuliches Prognosticon heraus, das 
sich im nächsten Jahre in Halberstadt nnd der Reihe nacb 
in allen Orten der Constantia freundlich erfüllen möge ! 



Feuilleton. 



Am Pfingstmontage wurde in Gmünd ein grosses Lieder- and 
Turnfest begangen, woran, ausser dem dortigen, auch die Gesang- 
and Turnvereine von Stuttgart, EUwaogen nnd anderen würtenv» 
bergischen Städten Theil nahmen. 

Donizetti bat den portugiesischen Orden der unbefleckten Em- 
pfängnisa erhalten. _ __ __ 

Das diesjährige pftlxisehe Musikfest soll in den ersten Tagen 
des Monats August in Zweibrücken unter Direction Mendelssohn 
Bartholdy's gefeiert werden. 



465 



1844. Juli. J\o. 27. 



464 



Bekanatlich balle sieh in Dresden ein Comile zum Ena fang 

und zur Bestattung von Carl Maria von Weber" * Ascbe gebildet, 
die von England hierher geschafft .werden soll, und zwar auf Ko- 
sten der katholischen Geistlichkeit von Moorfield Chapel. Am 10. 
Jaal oaa ist Weber** ältester Sohn, Ingenieur in preußischen 
Diensten, nach England gereist, am sieh die Gebeine seines Va- 
ters übergeben zo lassen und sie nach Dresden zu geleilen. Nach 
Beendigung der Tnuerfeierliehkeil wird der Comile seine \Virk- 
samkeit auf Errichtung eines Denkmals für Weber wendeu. 



G. Preyer ist znm Director des Conservatoriums der Musik 
zu Wien ernannt worden. 



In Worcester starb der rühmlichst bekannte Organist an der 
dasigen Kathedrale, M. Ctarke. 

Die bekannte Sängerin Ointond, ehemalige Miss Bruce, welche 
mit einer englischen Säogergeaellschaft vorigen Sommer nach Cal- 



eutta ging, ht daselbst an der Cholera gestorben. Die mit ihr 

abgegangene Gesellschaft gab nur wenige Vorstellungen in Calcntta 
und reiste dann weiter nach Bombay. 

Friedrich Schneider ist zum Mitgliede des Pariser Censerva- 
toriuais der Musik ernannt worden. 



In dem ongeheoeren Gebäude für die diesjährige Pariser In- 
dustrieausstellung soll nach Beendigung derselben ein Riesenmusik- 
fest unter Hector Beriioz* Leitung Statt finden. Die deutsche, 
französische und italienische Srbol« wird dabei vertreten werden. 
Der erste Tag ist der edleren Musik bestimmt; am zweiten sollen 
Modeou vertu reo, S trau st' sehe Walzer, Quadrillen, Polka's, Ga- 
lopps zur Aufführung kommen. Die Chöre, durch Schüler der Volks- 
schulen verstärkt, sollen auf 1200 Personen gebracht werden. 



Am 16. Juni starb in Coburg der bekannte Violinist Kammer- 
mosiktts Eichhorn, 2t Jahre alt. 



Ankündigungen. 



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466 



406 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 10*» Juli. 



M 28. 



1844. 



Inlmltt Seb. Bach's Cboralges'aoge und Cantaten. (Fortsetzung u. Beschluss.) — Nachrichten: Aus Leipzig. Aas Frankfurt« Aas 
Hamburg. — slnkwuliguHgc*. 



Seb. Bach's Choral- Gesänge und Cantaten. 

(Fortsetzung and Bescbloss.) 

Es mass auffallen , das* bei dem grossen Interesse, 
welches sieb unter den Jüngeren Künstlern gegenwärtig 
ziemlich allgemein für Bach kund giebt, dessen Kirchen- 
musiken noch nicht die ihnen gebührende Verbreitung ge- 
funden haben, und dennoch bieten sie, wie oben anzu- 
deuten versucht wurde , so allseitigen Stoff für Studium 
und Genuss in überreichem Maasse dar. Wie sehr sich 
auch die Passionsmusik nach dem Matthäus verbreitet hat 
und durch viele Aufführungen in's Leben gerufen worden 
ist, die Berichte über Aufführungen Bach'scher Cantaten 
sind selten, und doch ist es eben hauptsächlich Bach> 
welcher Kreisen gebildeter Kunstfreunde Gelegenheit zu 
fortgesetzter Entwicklung ihrer Kräfte neben stets er- 
neuter geistiger Anregung giebt. — Bach's Gesänge sind 
eben nicht leicht zu singen, und ihre Ausführung mit 
vollem Orchester bietet allerdings Schwierigkeiten, weno 
sie ihre volle Wirkung machen sollen. Die letzteren sind 
aber nicht unbesiegbar, und die Säuger kehren gern zu 
Bach's Werken zurück, wenn sie nur einmal die Weihe 
von ihm empfangen haben. Ich bin weit davon entfernt, 
unserer jetzt auch in Deutschland sehr tüchtig ausgebil- 
deten Gesangk.unst die Befähigung für unseres Meisters 
Gesänge abzusprechen; aber selbst wenn das Technische 
auf ganz schulgemässe Weise, unbeschadet und ohne An- 
strengung der Stimmen (namentlich des laute Klage fuh- 
renden Tenors) überwunden ist, wenn Alles iusseriieh 
correct dasteht, ist der Aufgabe noch keineswegs ent- 
sprechend Genüge geleistet. Obwohl es sich ganz von selbst 
versteht, dass der blos correcte Vortrag eines Gedichts 
von dem geist- und sinnvollen übertroffen wird, und Je- 
der, der solchen unternimmt, stets den letzten im Auge 
hat, so finden wir doch, dass man sich namentlich bei 
älteren Tonwerken nur zu häufig mit jenem begnügt, 
und sich eben entsetzlich verwundert, wenn aus den be- 
wegten Tönen nichts sprechen will* — „Wenn ihr's nicht 
fühlt, ihr werdet's nicht erjagen," lässt Goethe seinen 
Dichter im Prolog zum Faust erinnern; diese Warnung 
ergeht auch an Jeden, der sich unserm Meister naht. 
Doch „trägt Verstand und rechter Sinn mit wenig Kunst 
sich selber vor;" aber dieser muss erkannt, dieser be- 
griffen, dieser in Fleisch und Blut gedrungen sein, dann 
wird er durch sich selbst sprechen können. Die schwar- 

40. Jahrgang. 



zen Rlekse, nach Höhe und Tiefe, nach ihrer Dauer und 
allenfalls mit abwechselnder Stärke und Schwäche in Töne 
umgewandelt, thun es nicht allein ; ihr Sinn» ihre innere 
Beziehung zu einander, mit einem Worte, ihr geistiger 
Gehalt muss gefühlsdurchdrungen anfgefasst sein, wenn 
sie aussagen sollen, was sie enthalten. — Ohne mich hier 
auf ein Weiteres einlassen zu wollen, werde nur bemerkt, 
dass man selten zum Ziele kommen wird, wenn man, 
ohne mit seinem ganzen Wesen genau vertraute Sänger 
zu haben, gleich mit vollem Chore an Bach's Werke 
geht, und selbst dann wird die Auffassung der Haupttbe- 
mata am Besten durch Vorsingen anzudeuten sein. Auch 
kann der Ausführende durch Hinzufügung dynamischer 
Beziehungen, welche bekanntlich allen Bach 9 sehen Wer* 
ken fehlen, unterstützt werden, wobei jedoch alles Cbar- 
girte zu vermeiden ist — Da seine Stimmen alle real, 
selbständig sind, einen prägnanten melodisch scharf aus- 
geprägten Inhalt in sich tragen, so ist es am geraten- 
sten, zu jedem neuen Werke zuerst mit den einzelnen 
Stimmen zu treten ; ist jede mit dem Gange der Melo- 
dieen und ihrem sinngemässen Vortrage vertraut, so macht 
sich das Zusammensingen von selbst, und jede Uneben- 
heit wird leicht als eine nur scheinbare mit kleinen Wie- 
derholungen beseitigt, wobei das an der einzelnen Stimme 
gewonnene Interesse sich bald auch auf die übrigen und 
las Ganze ausdehnt. Dagegen ist das Erfassen des Ein- 
zelnen aus dem zuerst gehörten Ganzen bei Weitem 
schwieriger, und dürfte, statt anzuregen, eine doch nie 
gleichgestimmte Menge leicht ermüden und von dem ei- 
gentlichen Ziele abwenden. — Ein inneres Gesammelt- 
sein ist bei der Ausführung ZtacA'scher Werke unerläss- 
Hcb notbwendig und jeder einzelne Chorsänger muss ne- 
ben der vollständigsten Lösung der technischen Aufgabe 
in dauernder geistiger Tbatigkeit dabei beharren. Deshalb 
werden Bach* sehe Gesangwerke auch in der vollendete 
sten technischen Ausführung von nur für diese allein be- 
schulten und angeregten Knaben und Jünglingen nie die 
eigentliche volle Wirkung machen und, wie wir dies so 
oft gehört haben, den Zuhörer von dem tiefsinnigsten 
Werke kalt entlassen. Wollte man einwenden, daß* Bach's 
Werke den Ausführenden grösseren Genuss gewähren, 
als dem Zuhörer, so moss das zugegeben werden; allein 
dies findet im Grunde bei jeder Musik statt. Ohne gei- 
stige Thätigkeit lässt sich ein Kunstwerk weder vortra- 
gen , noch durch Hören geniessen , und der Vortragende 

20 



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1844. Juli. No. 28. 



488 



kann nie mehr darin gehen, als er geistig zu beleben, 
der Hörer nie mehr gemessen, ab er aufzufassen ver- 
steht. Dazu müssen Beide sich heranbilden. — Wie gross 
und segensreich aber nun auch der EinDuss ist, welchen 
die Wiederbelebung der Gesangwerke unseres Meisters 
in den gebildeten Kreisen der Gesangvereine und Sing- 
academieen ausübt, so ist es doch vor Allem wünschen s- 
werth, dass sie im evangelischen Deutschland überall wie- 
der an ihren Platz, in die Kirche, treten. Hier ist ihre 
eigentliche Heimath, und hier nur allein in Verbindung 
mit der gesammten heiligen Handlung sollen sie das Herz 
für das Wort der Predigt eröffnen oder ihren Eindruck 
befestigen. Berlios hat vollkommen Recht, wenn er von 
der Auffuhrung der Passionsmusik zu Berlin sagt, sie sei 
kein Concert, sondern ein Gottesdienst gewesen. Auch 
eignet sich die äussere Anordnung des grössten Theiles 
von ihnen mehr für einen kleinen und darum leichter für 
ihn zu beschulenden Chor, als für den grösseren Verein. 
Ein Paar Flöten oder Oboen, denen eine selbständige 
Stimme neben dem Chor gegeben ist, werden von einer 
Sängermasse erdrückt, und doppelte oder vervielfachte 
Besetzung vermag das ursprüngliche zum Grunde gelegte 
Verhältniss nicht wieder herzustellen. Es kann hiermit 
nicht gemeint sein, den so ehren wenwerthen Bestrebun- 
gen der neuen Kunst für die Kirche Einhalt zu thun oder 
sie irgend wie zu beschränken; die in glaubensvollem 
Ausdrucke nie zu übertreffenden Muster evangelischer 
Kirchenmusik dürfen aber nie ganz daraus verschwinden, 
sie müssen wieder in ihre vollen Rechte treten, und Al- 
ler Blicke wenden sich jetzt vertrauungsvoll auf Men- 
delssohn, dem die ehrenvolle Aufgabe geworden, in der 
Hauptstadt des preussischen Staates der Tonkunst wieder 
den ihr so lange entzogenen Platz zu verschaffen. Von 
ihm, von seinem künstlerischen und verständigen Eingrei- 
fen ist das Schicksal der kirchlichen Tonkunst für die 
ganze Zukunft abhängig. Wir kennen seine Liebe zu 
Bach, sein inniges Verständniss des Meisters, seinen glü- 
henden Eifer, die von ihm als Ausdruck der gesammten 
evangelischen Christenheit erkannten mächtigen Werke 
desselben in ihrem Geiste in's Leben zu rufen; ihm ha- 
ben wir die Wiedererweckung der Matthäuspassion zu 
verdanken, welche, nachdem sie fast hundert Jahre ge- 
ruht, Tausende erbaut und beseligt hat — er wird auch 
weiter für das höchste Gedeihen der Kunst Sorge tra- 
gen. — Neben ihm hat die ehrenwertbe Trautwein'sche 
Kunsthandlung eine Herausgabe Bach'scher Cantaten in 
Partitur und Stimmen begonnen, und es steht noch zu 
erwarten; dass sie dieselbe in regelmässigen Lieferungen 
fortsetzen wird. Correctheit, Ausstattung und civiler Preis 
empfehlen schon an und für sich das Unternehmen. — Doch 
scheint mir, den Zweck ihrer allgemeinen Wiedereinführung 
in der Kirche im Auge, dass bei der Auswahl unter der 
vorhandenen Menge zunächst mehr Rücksicht auf Fasslich- 
keit und Wirksamkeit der versammelten Gemeine gegen- 
über, als auf ihre Bedeutsamkeit als Kunstwerk zu neh- 
men sei. Die Choräle sind jeder Gemeine bekannt, und 
unter diesen sind wieder viele durch die Melodie und ih- 
rem Texte nach so sehr verbreitet, dass Jedermann ohne 
Weiteres in ihnen bekannte Anknüpfungspuncte für eigene 
Betrachtung findet, wie z. B. „Befiehl (tu deine Wege/ 4 



„Wer nur den lieben Gott Ilsst wallen," „Sei Lob und 
Ehr dem höchsten Gut/* „Schmücke dich o liebe Seele/* 
„Gelobet seist du Jesus Christ" und andere mehr, nach 
den verschiedenen Kirchen- und Festzeiten. Diese und 
über ähnliche Texte geschriebene Kirchenmusiken Bach's 
dürften , an passenden Sonntagen in Beziehung zur Pre- 
digt gebracht, nicht leicht ihre Wirkung verfehlen. Ausser 
der Beziehung zur Predigt und in unsorgfältigen Ausfüh- 
rungen würde ihre Einführung in die Kirche eher zu wi- 
dern then sein. Vor Allem dürfte man sich hüten , die 
Arien, bevor sie genauer bekannt sind, durch nicht vor- 
zügliche Sänger vortragen zu lassen, und selbst von die- 
sen wären anfangs alle diejenigen auszuschliessen, welche 
die Selbstgefälligkeit in sich nicht ertödten können und 
ausser Stande sind , ihre Gaben im Geiste des Gottes- 
dienstes nach ihrem besten Vermögen zu entfalten. Ich 
fühle wohl, dass diese Anforderungen rigorisliscb erschei- 
nen und unserer Absiebt grosse Schwierigkeiten entge- 
genstehen dürften. Es ist aber nicht die Rede von einem 
Vergnügen, einem vorübergebenden Kunstgenüsse, wel- 
chen wir in Aussicht stellen ; es gilt eine heilige Sache, 
die höchste Aufgabe der so geheiligten Kunst, und wo 
diese Gefahr läuft, ist es ratbsamer, jeden möglichen An- 
stoss zu beseitigen, lieber fortzulassen, was nicht der 
Würde des Gegenstandes angemessen ausgeführt werden 
kann, als neu hervortretende Bestrebungen nach dem höch- 
sten Ziele hin vielleicht schon im Keime zu ersticken und 
jede fernere Blüthe und Frucht für immer unmöglich zu 
machen. — Die Kirchengesänge Bach's enthalten eine 
grosse Menge der trefflichsten Arien für alle vier Stirn* 
men; ihre Herausgabe in einzelnen Sammlungen, würde 
sie unternommen, dürfte für das Studium der Kirchen- 
sänger, selbst auch wenn sie nicht speciell auf Bach al- 
lein bezogen würden, höchst erspriesslich sein. Der Tenor 
ist in ihnen reichlich bedacht. — 

Schliesslich gebe ich hier das vollständige Verzeich- 
niss aller Bach 9 sehen Cantaten, wie ich sie theils selbst 
in Händen gehabt, theils in verschiedenen, mir zugäng- 
lich gewordenen Sammlungen in den CaUlogen vorge- 
funden habe. Ich habe sie nach den Kirchensonntagen 
geordnet, und zuletzt diejenigen besonders bezeichnet, 
denen ich ihre Stelle nicht anweisen konnte. Von eini- 
gen unter diesen Hessen sich leicht durch die Beziehung 
ihres Textes auf die Pericopen auch diese auffinden, wozu 
es mir aber im Augenblicke an Zeit gebricht. — Da die- 
ses Verzeichniss, meines Wissens, zum ersten Male ge- 
geben wird, so steht zu erwarten, dass manche Bezeich- 
nung darin unrichtig sein wird. Ich ersuche jeden Besitzer 
Bach 9 scher Cantaten, besonders der Autographen, das im 
nachstehenden Verzeichnisse Unrichtige zu berichtigen, 
und das Fehlende zu ergänzen, wozu die geehrte Re- 
daction gewiss gerne die Spalten dieser Blätter eröffnen 
wird. Erst dadurch würde der Zweck dieser Zeilen 
ganz erfüllt werden, welche nur die Absicht haben, auf 
die genannten Werke nach Gebühr von Neuem aufmerk- 
sam zu machen , und endlich eine vollständige Ueber- 
si cht aller Kirchengesänge unseres Altmeisters herbeizu- 
führen. — 



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1844. Juli. No. 28. 



Verzeichniss mir bekannt gewordener Cantaten 
von Job. Seb. Bach. 

Zum ersten Advent. 

1) Nun komm der Heiden Heiland. 

2) Schwingt freudig euch empor "). 

3) Cantata in Dom. Adv. Christi a 4 Voei c. Stromenti, 
D dar, J (Voss'sehe Sammlung, 530;. 

Zum vierten Advent. 

Bereitet die Wege. 

Fers« |. ISativ. Christi. 

1) Uns ist ein Riad geboren. 

2) Christen atzet diesen Tag. 

3) Unser Mund sei voll Laeben. 

4) Gelohet seist da Jesus Christ. 

5) Jancbset, frohlocket. , Oratorium, 6 Theile. 

Feria 2. Nativ. Christi. 

1) Selig, selig ist der Mann. 

2) Ihr seid Gottes Kinder, and wisset es nicht. 

3) Cbriitum wir sollen loben schon. 

Ferim 3. Nativ. Christi. 

1) Sehet, welch eine Liebe. 

2) Süsser Trost, mein ieso kommt. 

3) leb freue mieh in dir. 

Sonntag nach Weihnachten. 

1) Gottlob, nun gebt das Jahr zu Ende. 

2) Tritt aaf die Glaubensbahn. 

Beschneidung Christi (Neujahr). 

1) Jesa nun sei gepreiset. 

2) Lobe den Herrn meine Seele. 

3) Lobe Zion deinen Gott. 

4) Singet dem Herrn ein neues Lied. 

5) Herr Gott dieb loben alle wir. 

Sonntag nach Christi Beschneidung. 

Schau, lieber Gott, wie meine Feind*. 

Sonntag Epiphanias. 

1) Die Könige ans Saba kamen her. 

2) Liebster Immanuel, Herzog der Frommea. 

Erster Sonntag nach Epiphanias. 

1) Liebster Jesu, mein Verlangen. 

2) Meinen Jesum lass ich nicht. 

3) Mein liebster Jesus ist verloren. 

Zweiter Sanntag nach Epiphanias. 

Meine Seufzer, meine Thränen. 

Dritter Sonntag nach Epiphanias. 

1) Alles nur nach Gottes Willen. 

2) Herr, wie da willst, so schick's mit mir. 

3) Ich steh' mit einem Fnss im Grabe. 

4) Was Heia Gott will, das s/seheh' allzeit. 

Vierter Sonntag nach Epiphanias. 

1) Jesus schläft, was soll ich hoffen. 

2) War 1 Gott nicht mit mir dies« Zeit. 

Septuagesima. 

1) Nimm was dein ist. 

2) Ich bin vergnügt mit meinem Glüeke. 

Fest Mariae Reinigung. 

1) Mit Fried und Freud 1 ieb fahr 1 dahin. 

2) Erfreute Zeit im nenen Bande. 

3) Ieh habe genug. 

4) Der Friede sei mit dir. 

5) Ieh lasse dieb nicht. 



Sexagi 



') Diese Cantate steht in der Felix Mendelssohn'tclen Samm- 
lung unter dem Titel: Zu Ehren eines Lehrers, and scheint 
weltliehen Inhaltes. Bei flüchtigem Durchblicke bemerkte ieb, 
data der Schlusschor eine Gavotte sei. 



470 



1) Leicht gesinnte Flattergeister. 

2) Erhalt uns Herr bei deinem Wort. 

3) Weich wie der Regen und Seh nee vom Himmel fallt. 

Qumquagesima oder Estomihi. 

1) Jesus nahm zu sich die Zwb'lfe. (Naeh Polehau Pro- 
bestück für Leipzig, 1723.) 

2) Da wahrer Gott und Davids Sohn. 

3) Herr Jesa Christ, wahr'r Mensch and Gott. 

4) Sehet wir gehen hinauf. 

5) So gehst da denn mein Jesa hin. (Zweifelhaft. Viel- 
leicht von Christoph Bach.) 

Fest Mariae Verkündigung. 

1) Wie schön leuchtet der Morgenstern. 

2) Himmelskönig sei willkommen (findet sieh nach für 
Palmarum bezeichnet). 

Erstes Osterfest. 

1) Der Himmel lacht. 

2) Christ lag in Todesbanden. 

3) Kommt eilet and laufet. (Oratorium.) 

4) So da mit deinem Mande. 

5) Denn da wirst meine Seele. (Die beiden letzten für 
Ostern überhaupt bezeichnet.) 

Zweites Osterfest. 

Erfreuet euch ihr Herzen. 

Drittes Osterfest. 

Bin Hers, das seinen Jesum liebet. 

Quasimodogeniti. 

1) Halt im Gedächtnis» Jesum Christ. 
2j Am Abend aber desselbigen Tages. 

Miserieordias Domini. 

1) Der Herr ist mein getreuer Hirt. 

2) Do Hirte Israel'*, höre. 

3) Ich bin ein guter Hirt. 

JubUate. 

1) Ihr werdet weinen and heulen. 

2) Weiaen, Klagen. 

1) Es ist euch gut, dass ieh hingehe. 

2) Wo gehest da hint 

1) Bisher habt ihr nichts gebeten. 

2) Wahrlieb ich sage Euch. 

Himmelfahrt. 

1) Lobet Gott in seinen Reichen. 

2) Auf Christi Himmelfahrt allein. 

3) Gott führet auf mit Jauebzea. 

4) Wer da glaubet and getauft wird. 

1) Sie werden euch in den Bann thuu (a mia.). 

2) Sie werden eoeh in den Bann thun (g. min.), 
Colaposition. 

Pfingsten. Erster Tag. 

1) Erschallet, ihr Lieder. 

2) Wer mieh liebet, wird mein Wort halten. 

3) ewiges Feuer. 

Pfingsten. Zweiter Tag. 

1) Also hat Gott die Welt geliebet. 

2) Erhöhtes Fleisch and Blut. (Scheint weitlich, 
mit dem Text: „Durchlauchtigster Leopold!") 

3) Ieh liebe den Höchsten von ganzem Gemütbe. 
einem Concerte als Einleitung.) 

4) Bleib bei aas, denn es will Abend werden. 

Pfingsten. Dritter Tag. 

1) Er rufet seinen Sehafea mit Nomen. 

2) Erwünschtes Freudenlicht. 



Cantate. 



Bogute. 



aneh 
(Mit 



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1844. Juli. No. 28. 



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Fest Trinitatis. 

1) Gelobet sei 4er Herr. 

2) Bf ift ein trottig und vertagt Ding. 

3) Höchst erwüascntos Freudenfest. (Nach lern gedruck- 
ten Titel und Texte bei Einweihung einer Orgel im 
Stoaathal aufgerührt.) 

Sonntag 1. naeh Trinitatis. 

1) Ewigkeit, da Dounerwert. 

2) Brieh den Hungrigen dein Brod. 

3) Die Elenden wollen essen. 

4) Was hilft des Purpurs Majestät. 

Sonntag 2« nach Trinitatis. 

\) Schmücke dich, o liebe Seele. 

2) Ach Gott von Himmel, sieh darein. 

3) Die Himmel eriahlen die Ehre Gottes. 
4} loh glaube, lieber Herr. 

Sonntag 5. naeh Trinitatis. 

Ach Herr, ich armer Sünder. 

Johannisfest. 

1) Frene dich, erlöste Sebaar. 

2) Christ unser Herr znm Jordan kam. 

3) Ihr Menschen rühmet Gottes Liebe« 

Sonntag 4. nach Trinitatis. 

1) Ich rar an dir, Herr Jesu Christ. 

2) Barmherziges Herz der ewigen Liebe. 

3) Ein ungefärbt Gemüt he, von deutscher Tran und Güte, 

4) Ewigkeit, du Doooerwort. 

Sonntag B. nach Trinitatis. 

1) Wer nur den lieben Gott Unat walten. 

2) Siebe, ich will viel Fischer auaseaden. 

3) In alten meinen Thaten. 

Sonntag 6. nach Trinitatis. 

1) Es ist das Heil ins kommen her. (Auch für den 14. 
Sonntag bezeichnet.) 

2) Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust. 

Mariae Heimsuchung. 

1) Meine Seele erhebet den Herrn. 

2) Herz und Mund und That und Leben. 

Sonntag 7. naeh Trinitatis. 

1) Aergre dich, o Seele, nioht. 

2) Es wartet alles auf dich. 

3) Was willst du dich betrüben. 

Sonntag 8. naeh Trinitatis. 

1) Wo Gott der Herr nicht bei uns hält. 

2) Es ist gesagt, Mensch, was gut ist. 

3) Erforsche mich und erfahre. 

Sonntag 9. naeh Trinitatis. 

1) Tbue Reehnnngi Doanerwert* 

2) Waa frag 1 ich aneh der Welt. 
3j Herr, gehe nicht in's Geriebt« 

Smmtag 10. naeh Trinitatis. 

1) Herr, deine Augen aehen auf den Ginnben. 

2) Nimm von uns Herr, du treuer Gott. (Litanei.) (In 
der Afaro'achcn Ausgabe uo vollständig.) 

3) Schauet doch und sehet, ob irgend ein. 

Sonntag 11. naeh Trinitatis. 

1) Herr Jesu Christ, du höchstes Gut. 

2) Siehe zu, dass deine Gottesfnreht nicht Heuchelei wird; 

Sonntag 12. nach Trinitatis. 

1) Lobe den Herrn, den mächtigen RSnjg der Ehren. 
(Aueh zum Johannisfest bezeichnet.) 

2) Geist und Seele sind verwirrt. 

Sonntag 13. nach Trinitatis. 

1} Allein zu dir, Herr Jesu Christ. 

2) Ihr die ihr euch nach Christo nennt. 

3) Du aollst Gott deinen Herrn lieben. 

4) Wer sieb selbst erhöhet. 



Sonntag 14. nmth Trinitatis. 

1) Jesu, der du meine Seele. 

2) Es ist nichts gesundes an meinem Leibe. 

3) Wer Dank opfert. 

Sonntag IB. naeh Trinitatis. 

1) Warum betrübst du dich, mein Herz. 

2) Was Gott tbut, das ist wohlgethae. 

3) Jauchzet Gott in allen Landen. (Für alle Zeiten.) 

Sonntag 16. naeh Trinitatis. 

1) Liebster Gott, wann werd' leb sterben. (Edur, soll 
aoeh in Ddur vorbanden nein mit anderer laetra- 
menürung.) 

2) Komm du süsse Todesstunde. 

3) Wer weiss, wie nahe mir mein Ende. 

4) Christus der ist mein Leben* 

Sonntag 17. nach Trinitatis. 

1) Ach, lieben Christen, seid getrost. 

2) Wer sich selbst erhöhet. 

3) Bringet dem Herrn Ehre. 

Sonntag 18. nach Trinitatis. 

1) Gott soll allein mein Herze haben. 

2) Herr Christ der eia'ge Gottes Sohn. 

St. Michaelisfest. 

1) Es erhob sich ein Streit. 

2) Man singet mit Freuden. 

3) Herr Golt dich loben alle wir. 

4) Siehe es hat überwunden. 

Sonntag 19. nach Trinitatis. 

1) Wo soll ich fliehen bin. 

2) Ich elender Mensch. 

3) Ich will den Kreuzstab tragen. 

Sonntag 20. nach Trinitatis. 

1) Ich geh' und snehe mit Verlangen. 

2) Ach, ich sehe jetzt, da ich nur Hochzeit gebe. 

Zum Beformanonsfeste. 

1) Gott der Herr ist Sonn' und Schild. 

2) Ein' feste Burg ist unser Gelt. 

Sonntag 21. naeh Trinitatis. 

1) Aus tiefer Notb schrei ich zu dir. 

2) loh glaube, lieber Herr, hilf. 

Sonntag 22. naeh Trinitatis. 

1) Ich armer Mensch, ich Sundenknecht. 

2) Was soll ich aus dir m sehen. 

Sonntag 95. naeh Trinitatis. 

1) Falsche Welt dir trau Ich nicht. 

2) Wohl dem, der sieh auf seinen Gott. 

Sonntag 24. nach Trinitatis. 

1) Aeh wie nichtig, aeh wie flüchtig. 

2) Ich warte auf dein Glücke. 

Sonntag 28. naeh Trinitatis. 

1) Du Friedenafürst, Herr Jesu Christ. 

2) Es reisset euch ein schrecklich Ende. 

Sonntag 26. naeh Trinitatis. 

Wachet, betet. # 

Sonntag 27. naeh Trinitatis. 

Wachet auf, ruft uns 4»e Stimme. 
Für alle Zeiten. 

Ich hatte viel Bekümmerniss. (Psalm 94.) 

Noch befinden sich in einer Privatsammlung sn Ber- 
lin dreiasig Canlaten für die Sonntage nach Trinitatis, 
welche nicht einzeln verzeichnet sind» daher es ungewiss 
bleibt, ob sich darunter einige in obigem Verzeichnisse 
nicht mit enthaltene vorfinden lassen. 



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1844. Juli. No. 28. 



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Cantaten ohne nähere Bezeichnung. 



1) Psalm : Aas der Tiefe ruf ich Herr zu dir. 

2) Sei Lob and Ehr dem höchsten Gut. 

3) 0, Jesu Christ, meines Lebens o. s. w. 

4) Meine Seele rühmet. 

5) Widerstehe doch der Sünde. 

6) Lobet den Herrn alle Heiden. 

7) Wer fühlet die Praeht. (Die Aeehtbeit wird bezweifelt.) 

8) Nun ist das Heil and die Kraft. (Zweiehörig mit Instrumenten. 
Einzelner Char.) 

9) Der Herr denket an Euch. 

10) Mache dich mein Geist bereit. 

11) Gedenke, Herr, wie es ans gehet. 

12) Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit. 

13) Weichet nun betrübte Schatte b. (Wehlieb.) 

14) Dem Gerechten moss das Licht. (Copulations-Caatate.) 

15) Christe, da Lamm Gottes. (Chor.) 

16) Das ist je gewisslich wahr. 

17) Gott der Hoffnung erfülle Eueh. (Conflrmations - Cantate.) 

18) Gott ist unsre Zuversicht, wir vertrauen. (Tranuags-Cantate.) 

19) Gott, wie dein Name. 

20) Gott, man lobet dich in der Stille. (Coneerto auf die Ratba- 
wähl zu Leipzig.) 

21) Ieh habe meine Zuversicht. 

22) Lobt ihn mit Hera ond Munda. 

23) Mein Gott wie lang a. s. w. 

24) Nur jedem das Seine. 

25) Wunderkraft der Liebe. 

26) Schlage doch gewünschte Stunde. (Altarie mit Glocken, siehe 
ForheVs Lebea Baeh's.) 



Nachrichten. 



Leipzig. Herr Dr. R. Schumann hat die Redaction 
der neuen Zeitschrift für Musik niedergelegt, und Herr 
Oswald Loren» dieselbe vom 1. Juli an übernommen. 



Frankfurt, den 19. Jnni 1844. Gestern war für 
unsere Oper ein wichtiger Abend, da Herr Gundy von 
Wien zum ersten Male sang, und zwar als Jäger im 
Nachtlager, eine der besten Partieen Pischeks. Aber trotz 
der Coterie, trotz aller Factionen pro et contra ging des 
jungen Sängers Talent siegend hervor, und es ist jetzt 
nur eine Stimme, dass, wenn er gehörige Routine haben 
und erst einmal warm werden wird, er uns keinen sei- 
ner Vorgänger vermissen lässt. Gundy* s Stimme ist vom 
edelsten Klang, sein Mezza voce ungemein gefallig, und 
die ganze Scala tragt vom grossen A bis zum eingestri- 
chenen As einen und denselben Character. Dabei ist sein 
Forte voll, und das Piano erreicht den letzten Mann auf 
der Galerie. Die Hohe ist leicht, frei, ohne geklemmt 
werden zu müssen, sicher, und die Aussprache sehr deut- 
lich. (Jebrigens ist Gundy auch ein schöner Mann; das 
bleibt stets ein offener Empfehlungsbrief. 

Dass der Gesangvortrag und das Spiel noch zu wün- 
schen übrig lassen, mag auf Rechnung einer noch unvoll- 
endeten Schule, aber auch auf Rechnung der Befangen- 
heit kommen, mit welcher Gundy unter solchen Auspicien 
auftreten musste. Doch ist Frankfurt ganz der Ort, wo 
er zum Fortschritt gestachelt wird, Oebung und ein tüch- 
tiges Repertoir bekommt. Wenn Gukr ihn schult und — 
zugleich beschützt, so ist der Mann geborgen, und kann, 
wenn er was Tüchtiges gelernt hat, wie seine Vorgän- 
ger aufs hohe Pferd steigen, und sieb mit den dankbar- 



sten Gefühlen von der Welt — bei Hofbühnen engagi- 
ren lassen. Wir sind das schon so gewohnt, dass wir es 
nicht anders mehr wissen. 

Den historischen Tbeil zu berühren, so ist Gundy 
tief in Ungarn geboren und von sehr guter Familie. Iri 
Pesth hat er vielseitige literarische Bildung erhalten, in 
Wien unter dem Einfluss eines Italieners studirt, bis der 
deutsche Hauser das Metall seines Organs richtiger bear- 
beitete. Durch Diesen aufmerksam gemacht, unterhan- 
delte Gukr schon längst mit Gundy, als Pischek die erste 
Miene machte, fortzugehen, reiste darauf (im Mai) selbst 
nach Wien und engagirte ihn. C. G. 

Hamburg, im Juni. Anber's komische Oper: Des 
Teufels Antbeil, ging hier im Januar in Scene. Die Mu- 
sik für sich allein kann wenig Interesse erregen und nur 
eine in allen Tbeilen ausgezeichnete Ausführung — die 
bei den Sängern auch zugleich ein bedeutendes Darstel- 
lungstalent erheischt — kann dieser Oper eine günstige 
Aufnahme versebaffen. Sie fand hier weoig Anklang und 
ist nur einige Male wiederholt worden. Mad. Fehrin- 
ger — früher Dem. tVithuhn — leistet als Carlo An- 
erkennungswerthes. — Mit grosser Spannung sah man 
Wagner* $ : Cola Rienzi entgegegen, welche im März Statt 
fand. Die Direction des Stadttheaters batte für dieses 
Werk die ausserordentlichsten Mittel aufgeboten. Der 
Männerchor war mit 50 Personen von den Sängern des 
Militärs verstärkt, das Orchester war vergrossert und auf 
der Bühne im dritten Acte noch ein besonderes Orchester 
von Blechinstrumenten aufgestellt. Auch die äussere Aus- 
stattung — Decorationen, Costüme, Tanz u. s. w. — 
war sehr splendid. Besonders verdient aber hervorgeho- 
ben zu werden, dass der Componist eingeladen wurde, 
die Hauptproben und ersten Aufführungen seines Wer- 
kes persönlich zu leiten , und man also eine der In- 
tention des Tonsetzers möglichst entsprechende Ausfüh- 
rung erwarten durfte. Deber das Werk selbst sind schon 
verschiedene, von einander sehr abweichende Stimmen 
laut geworden. Dass es eine der bedeutendsten Erschei- 
nungen der Gegenwart ist, möchte wohl schwer in Abrede 
zu stellen sein, wenn man nur Vorurtheil oder Partei- 
lichkeit bei Seite setzen will, so wie auch dass dasselbe 
auPs Evidenteste des Verfassers Beruf zur dramatischen 
Compositum dartbut. Wagner hat allerdings dem Zeit- 
geschmacke Zugeständnisse gemacht, und zwar zuweilen 
mehr, als recht und billig ist; es ist aber auch nicht zu 
verkennen, dass sich durchweg ein Streben nach dem 
Besseren und Edleren in der Kunst herausstellt, und dass 
er dazu mit den erforderlichen Kenntnissen ausgerüstet 
ist. Die Musik zu Cola Rienzi ist fast durchgängig schön 
characteristisch gehalten und besonders in den Chören 
und einigen Recitativen wahrhaft grossartig. Mit beson- 
derer Vorliebe sind die beiden Partieen des Cola Rienzi 
und des Adriano behandelt und es ist nur zu bedauern, dass 
die übrigen Partieen dagegen so stiefmütterlich bedacht 
worden. Ausfuhrlicheres über diese Oper behalte ich mir 
vor. Das im nächsten Monat zn erwartende Gastspiel des 
Herrn Tichatschek wird Veranlassung geben, diese Oper 
mit erneuerter Sorgfalt dem Publicum wieder vorzufuhren, 
da durch diesen mit Recht so hoehgefeierten dramatischen 



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1844. Juli. No. 28. 



476 



Gesangkünstler die Hauptpartie in derselben wohl erst zu I 
ihrer völligen Bedeutung gelangen wird. Wenn man uo- ' 
senn Herrn fVurda auch nachrühmen muss, dass er mit 
Eifer sein Möglichstes für diese Rolle gethan hat» so ist 
doch auch nicht zu leugnen , dass er sie in den Haupt- 
tbeilen nur ungenügend zu lösen vermochte» theils weil 
4ie Partie ihm zu hoch liegt, und sodann, was in dersel- 
ben ein Haupterforderniss ist, grosse Virtuosität im Vor- 
trag des Recilativs verlangt wird» und letzterer war nie 
Wurde! s starke Seite. Besonders gut wurden sämmtliche 
Chöre ausgeführt, so schwer und anstrengend sie zum 
Theil auch sind. Hier muss ich noch besonders des Cho- 
res der Friedensboten zu Anfange des Acts gedenken. Die 
Idee ist eben so eigenthümlich und schön» als die Aus- 
führung derselben dem Componisten ausgezeichnet gelun- 
gen genannt werden muss. Das Orchester verdient gleich- 
falls die lobendste Anerkennung. — Die ersten Auffüh- 
rungen der Oper allhier fanden bei gedrängt vollem Hause 
unter vielem Beifalle Statt» und es wurden dein Componisten 
alle üblichen Ehrenbezeugungen » als da sind : Hervor- 
ruf u. s. w., im reichen Maasse zu Theil. Die Oper ist 
bis jetzt nur sechs bis sieben Male gegeben worden» da in 
letzter Zeit ungünstige Umstände die Vorführung der- 
selben verhinderten. — Eine andere hier neue Oper 
war Lucia di Lammermoor von Donizetti. Die vortreff- 
liche Ausführung verschaffte derselben eine so ausseror- 
dentlich günstige Aufnahme» wie man wohl keineswegs 
erwartet hatte» zumal diese Oper früher hier, bei Anwe- 
senheit der italienischen Operngesellschaft des Signor Ma- 
rinelli, fast durchgefallen war. Dem. Evers ist in der 
Titelrolle ausgezeichnet und es muss dieser vortrefflichen 
dramatischen Gesangkünstlerin hauptsächlich zugeschrie- 
ben werden, dass die Oper so sehr gefällt. Herr Wurda 
ist als Edgardo ebenfalls zu loben, so wie die übrige Be- 
setzung der Oper zufriedenstellend. — Blums anspruch- 
lose, freundliche Operette : Mary, Max und Michel wurde 
beifällig aufgenommen» ist bis jetzt aber nicht wiederholt 
worden. — Wenn auch nicht zum Bereiche der Oper ge- 
hörend, so ist hier doch noch der Aufführung des Shakes* 
peare'Bchen Sommernachistraumes im Theater zu geden- 
ken, und das wegen der genialen Musik von Mendelssohn. 
Ich für meinen Theil muss aufrichtig bekennen» dass mir 
diese Musik das Liebste ist von Allem, was Mendelssohn 
bis jetzt der Kunstwelt geschenkt hat» und dass es mir 
fast unmöglich erscheint, wie überhaupt die Aufgabe» 
welche hier dem Tondichter gestellt war, vollkommener 
zu lösen wäre. Freilich gab es auch hier Leute, die mit 
geiebrttbuender Miene den Kopf schüttelten und die Mei- 
nung laut werden Hessen, Mendelssohn hätte sich in den 
Shakespeare'&chen Geist nicht so recht hineindenken kön- 
nen u. s. w.; dagegen waren aber alle — Künstler und 
Kunstfreunde — , die die Fähigkeit haben, eine solche 
hochppeliscbe und tiefdurebdachte Musik, wie die hier in 
Rede stehende, zu würdigen, von derselben im höchsten 
Grade entzückt. Die Ausführung war in jeder Hinsicht 
gelungen zu nennen, und gereichte dem hiesigen Orche- 
ster und seinem Leiter zur wahren Ehre, denn sie be- 
wies, dass jeder seine Aufgabe begriffen hatte und sie 
mit Lost and Liebe zu lösen suchte. — 

Von den Opernsängern und Sängerinnen, welche in 



den letzten Monaten alibier gasürten, verdienen zuerst 
Herr Moriani und Dem. Rosetti genannt zu werden. Sie 
sangen bei erhöhten Preisen und mit glänzendem Beifall 
vier Mal, nämlich in Lucrezia Borgia und Puritaner» und 
einzelne Scenen aus Lucia di Lammermoor und Linda di 
Cbamounix. Bei erstgenannten Opern konnte die Mitwir- 
kung des hiesigen Opernpersonals, welches deutsch sang, 
während die Gäste ihre Partieen italienisch ausführten, 
eben keinen günstigen Eindruck machen. Herr Lehr 
machte jedoch eine rühmliche Ausnahme» und führte seine 
Rolle, da wo er mit den Gästen zugleich zu wirken hatte, 
in italienischer Sprache aus. Wenn Herrn Moriani auch 
mit Recht der Vorwurf der Einseitigkeit trifft, so muss 
man doch jedenfalls ihm einräumen , dass er in seinem 
Genre Vollendetes leistet und dass er mit seiner Stimme, 
die freilich schon gewaltig im Abnehmen ist, in Folge 
seiner trefflichen Gesangmethode noch bewundernswürdig 
zu effectuiren versteht. Dem. Rosetti besitzt zwar viele 
Kehlen fertigkeit, hat aber nur eine spitze und dünne 
Summe nnd ist als dramatische Sängerin nur unbedeu- 
tend. — Herr Hirsch vom Breslaoer Theater gastirte 
ohne erheblichen Beifall. Die Stimme ist gut, die Ausbil- 
dung aber lückenhaft, und seine Darstellungsweise lässt 
sehr zu wünschen übrig. — Herr Gerstel vom Stuttgar- 
ter Hoftheater ist als ßuffo engapirt worden, hat aber 
auch im Schauspiel mitzuwirken. Seine Debütrolleo : Doclor 
Bartolo im Barbier von Sevilla, Leporello im Don Juan, 
Schlosser im Maurer, Valentin im Verschwender fanden 
nur getheilten Beifall. Letztere Rolle war ohne Zweifel 
seine beste Leistung, und es wird Herrn Gerstel hoffent- 
lich schon gelingen, sich die Gunst des Publicums zu er- 
werben. — Herr Botticher von Berlin gab im Mai hier 
einige Gastrollen — Don Juan, Graf im Figaro, und Cas- 
par im Freischütz — welche aber keinen sonderlichen 
Anklang fanden. Die Stimme scheint schon sehr im Ab- 
nehmen zu sein und sein Vortrag ist nicht frei von Manier. 
Im Spiele leistet er bekanntlich recht Tüchtiges. — Viel 
Aufsehen machte Herr Draxler aus Wien mit seiner vol- 
len, und in der Höhe besonders schönen Bassstimme, so 
dass der allgemeine Wunsch laut wurde, ihn für Ham- 
burg gewonnen zu sehen. Auch soll demselben ein Enga- 
gementsantrag mit 10,000 7//K oder 4000 preussische 
Thalern nebst zwei Monaten Urlaub jährlich, gemacht wor- 
den sein, welcher aber refusirt wurde. Eine vorzüglich ge- 
lungene Leistung war sein Marcel in den Hugenotten. Uebri- 
I;ens darf man Herrn Draxler keinen vollendeten Künst- 
er nennen, wenn gleich seine Leistungen schon sehr be- 
deutend sind und von grossem Talente zeugen. — Herr 
Schmidt aus Leipzig hat ebenfalls eine Zeitlang gastirt 
und, wie man sagt, auf Engagement, das aber bis jetzt 
sich nicht realisirt hat. Im Ganzen fand derselbe eine 
ehrenvolle Aufnahme. Schade, dass die Stimme sehr im 
Abnehmen ist, und es ihm daher sehr schwer wird, das 
hiesige grosse Haus gehörig auszufüllen. Dass Herr 
Schmidt in Corneas frühern Glanzpartieen, die hier noch 
im lebhaftesten Andenken sind, auftrat, war für sein Gast- 
spiel sehr ungünstig. — Eine Dem. Löwe (Hamburgerin) 
machte als Donna Anna im Don Juan nicht ohne Glück 
ihren ersten theatralischen Versuch. Die Stimme ist aus- 
gezeichnet schön und umfangreich nnd in guter Au$bil- 



477 



1844. Juli. Nö. 28. 



478 



düng begriffen. Sie ist eine Schülerin der hiesigen Ge- 
sanglehrerin Dem. Dellevie und macht ihrer Lehrerin 
Ehre. Das Spiel zeugt ebenfalls von hübschem Talent. 
Aach die in früheren Berichten schon erwähnte Novize 
Dem. Beer ist mit gutem Erfolg als Romeo aufgetreten. — 
Lortzing's Wildschütz ist die erste Oper gewesen, die 
sich die Tantieme erworben bat, welche aber leider nicht 
bedeutend ausgefallen 1 ist, da das Haus sehr schwach besetzt 
war. — Beethoven 9 * Fidelio ist in Folge des Engagements 
der Dem. Evers wieder aufs Repertoir gekommen. Mit 
Ausnahme der Dem. Evers , die in der Titelrolle — wenn 

I;leich sie sie erst hier studirt hat — sehr Bedeutendes 
eistet, war die Ausführung mangelhaft. Die Oper wurde 

nur ein Mal wiederholt wegen der Urlaubsreise der Dem. 
Evers. Jetzt ruht sie leider wieder. — Dem. Jazede ist 

zu Ostern abgegangen. Die Direction wünschte zwar 
diese Sängerin zu behalten, ein abgeschlossenes Engage- 
ment in Leipzig verhindert aber Dem. Jazede* darauf 
einzugehen. Jetzt heisst es wieder, sie werde nicht nach 
Leipzig gehen und von Neuem bei der hiesigen Oper an- 
gestellt werden. — Herr Perlgrund t ein Tenorist mit 
einer sehr hübschen Stimme, aber so ungebildet und un- 
musikalisch in jeder Beziehung, dass er sich stets die 
gröbsten Versehen zu Schulden kommen liess, ist — wie 
man es in der Theaterspracbe zu nennen pflegt — durch- 
gegangen. Weder Direction noch Publicum werden es zu 
bedauern haben« — 

Concerte gab es hier gegen Ostern in grosser Menge. 
In pecuniärer Hinsicht sind sie fast durchgängig sehr 
schlecht ausgefallen, und mancher Künstler hat noch be- 
deutend darauf zahlen müssen. Wegen der grossen An- 
zahl möge hier nur derer Erwähnung geschehen , die in 
künstlerischer Hinsicht besonders zu beachten sind. — 
Statt der gewöhnlichen vier fanden dieses Jahr nur zwei 
philharmonische Concerte Statt.' Es kamen darin zur Auf- 
führung: Beethovens vierte und achte Symphonie; die 
Ouvertüren zu Faust, Wasserträgerund Euryanthe; Scherzo 
und Trio aus einer neuen Symphonie (siebe weiter un- 
ten) von v. Roda; Gesangvorträge von Dem. Evers und 
Dem. Jazede) und Salonvorträge von dem Violinvirtuosen 
Gulomy und den Pianisten Friedrich (siehe unten) und 
Behrens. Letzterer führte Beethovens Clavierconcert in 
Cmoll aus, eine Aufgabe, der der Executant in keiner 
Hinsicht gewachsen ist. Sehr tüchtig wurden die Instru- 
mentalsachen ausgeführt, namentlich die Ouvertüren. — 
Der berühmte Violoncellist Servais gab zwei leider nur 
wenig besuchte Concerte, machte aber Furore, wenn gleich 
es bier auch wieder Philisterseelen gab, die recht viel 
zu mäkeln hatten. Dass Servais als ausübender Künstler 
zu den Corypbäen seines Instruments zu zählen ist, wird 
ihm wohl kein Vernünftiger streitig machen wollen nnd 
können. Auch als Componist stebt er bedeutend über dem 
modernen Virtuosentbum. — Der Pianist Herr Carl Evers 
gab mit ehrendster Anerkennung ein Concert, worin er 
sowohl als ausübender, wie als schaffender Künstler Be- 
weise ausgezeichneter Tüchtigkeit ablegte. — Herr v. 
Roda veranstaltete ein Concert, worin er unter mehre- 
ren eigenen Compositionen auch eine neue Symphonie von 
sieb zur Aufführung brachte, woraus das Scherzo schon 
im ersten philharmonischen Concerte ausgeführt, ward. 



Herr v. Roda verrath in der Symphonie ein sehr beach- 
tenswertbes Talent zur Instrumentalcomposilion, von dem 
sich bei höherer Ausbildung Bedeutendes erwarten lässt. 
Auch als Pianist zeigte er sich in einer Fantasie für zwei 
C laviere, wenn gleich mit weniger günstigem Erfolge. — 
Herr Friedrich 9 der sich ein Schüler Chopins nennt, 
gab zwei Soirees musicales, spielte im philharmonischen 
und in einigen Privatconcerten und producirte sich zu- 
letzt noch im Thalia -Theater, ohne besondern Beifall zu 
erringen. Seine Leistungen — mehr Salon- als Concert- 
sptel — zeichneten sich vor denen eines tüchtigen Dilet- 
tanten durch nichts aus. Am Meisten gefiel der Vortrag 
einiger Nocturno's von Chopin; dagegen wollte die Aus- 
führung eines Quintetts von Dussek und des Concert- 
Stücks von Weber durchaus nicht ansprechen. — Herr 
Capellmeister Krebs veranstaltete für die Freimaurerloge 
ein Privatconcerl, das überaus stark besucht war und den 
allgemeinsten Beifall fand. Unter Anderem wurde eine 
neue Canlate für Männerstimmen von Krebs und der 
erste Satz einer Symphonie von E. Marxsen sehr ge- 
lungen ausgeführt 5 ebenfalls Spontinis Ouvertüre zu Olym- 
pia, eine Lieblingspiece des Dirigenten. — Herr Grund 
führte in einem Concerte zum Besten des Kirche nbaues 
sein vor vielen Jahren schon componirtes Oratorium: 
Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu auf. Es war eine 
recht gelungene Ausführung, wobei die Mitwirkung der Or- 
gel bei den Chören einen vortrefflichen Effect machte. — 
Der wohlrenommirte Violinvirtuos Herr Remmers und der 
Pianist Herr G. Schumann von Berlin gaben vereint ein 
Concert, worin sie sich Beide als tüchtige Künstler zeig- 
ten. — Herr Concertmeisler Carl Müller aus Braun- 
schweig liess sich mehrere Male im Thalia -Theater in 
den Zwischenacten des Schauspiels hören und bewährte 
seinen gefeierten Künstlernamen wiederum aufs Beste. — 
Die Geschwister Milanollo haben im Sladttbeater zehn 
oder gar eilf Concerte gegeben mit stets gleich glänzen- 
dem Erfolge. Die Leistungen dieser so hochbegabten Kin- 
der sind in diesen Blättern schon öfter ausführlich ge- 
würdigt worden, und so will ich nur bemerken, dass sie 
auch hier diejenige Anerkennung gefunden haben, welche 
solchen seltenen Erscheinungen in der Kunstwelt gebührt. 
Wer aber in ihren Leistungen die höchste Vollendung 
sehen will, der bat in Sachen der Kunst gewiss kein 
competentes Urtbeil. Besonderes Interesse erregte der 
Vortrag eines Concerts von Vieuxtemps $ einer Composi- 
tion, die dem Besten, was für die Violine geschrieben 
ward, an die Seite zu stellen ist. Vielseitig hörte man aber 
tadelnde Stimmen, dass die Milanollo } s sich im Vortrage 
desselben willkürliche Veränderungen — namentlich Aus- 
lassungen — zu Schulden kommen lassen. — In dem 
Concerte des talentvollen jungen Violinisten v. Königs- 
low kam auch eine Ouvertüre von Leonhard zur Auf- 
führung. Der Componist erwarb sich vor einigen Jahren 
beim Norddeutschen Preisinstitut für classische Clavier- 
compositionen einen Preis für eine Sonate. Er war zu- 
fallig anwesend und dirigirte sein Werk selbst; die Ouver- 
türe ist ein schön erfundenes, tüchtig gearbeitetes und 
mit Geschick instrumentirtes Musikstück, das wohl ein 
ganzes Dutzend anderer Opernouverturen aufzuwiegen 
vermag. r. 



470 



1844. Juli. No. 28. 

Ankündigungen. 



480 



Im Verlage der Unterzeichneten ist so [eben er- 
schienen : 

Souvenir de la Sirine. 

Fantaisie pour le Piano 

par 

Fr. Kalkbrennen 

0p. 180. Preis 25 Ngr. 

Leipzig, den 10. Juli 1844. 

Breltltepf ** Hartel« 



Neuere Werke für dtts Pianoforte 

im eleganten Style 

im Verlag von Breitkopf «fe Hfirtel in Leipzig, 

in beziehen durch alle Bach- and Musikalienhandlungen. 

Cnoptn, F., Allegro de Coneert. Op. 46. I Thlr. 6 Ngr. 

Ballade. Op. 47. 94 Ner. 

2 Nocturnes. Op. 48. 5*7 Ngr. 

Fantaisie. Op. 49. I Thlr. 6 Ngr. 

Ballade. Op. 52. 1 Thlr. 

Polonaise. Op. 55. I Thlr. 

Scherzo. Op. 84. i Thlr. 5 Ngr. 

Czerny, C, Fantaisie snr Fidelio. Op. 601. i Thlr. 
Dossier, Th., 2 me grande Valse brillante. Op. 47. i thlr. 

Fantaisie snr Sapho de Pacini. Op. 49. i Thlr. 10 Ngr. 

Keltert, C, 12 Characterstucke. Op. 17. 2 Hefte. • 25 Ngr. 
Frank, F., Album. Op. 3. 1 Thlr. 10 Ngr. 
19eller, Fantaisie snr Charles YI. Op. 37. 20 Ngr. 

Caprice brillante sur Charles VI. Op. 33. 15 Ngr. 

Henselt, A., Impromptu. Op. 7. 5 Ngr. 
Pensee fugitive. Op. 8. 7i Ngr. 

— — Scherzo. Op. 9. 15 Ngr. 

— — Romnnce. Op. 10. 7J Ngr. 

Variat. de Coneert sur: Robert leDiable.Op.U. IThlr.lONgr. 

Herz* H« 9 Grande FaaUisie et Variat. sur: L'Elisir d'amore. 
Op. 112. 20 Ngr. 

Gr. Duo brill. sur: L'Elisire d'amore. Op. 115. 20 Ngr. 

Gr. Fantaisie snr: Linda di Chamouaix. Op. 138. 1 Thlr. 

5 Divertissemens sur: Dom Sebastien. Op. 159. No. 1. 2. 

5. ä 25 Ngr. 

I2ornemann,F., 12 Caprices. Op. 1. Li?. 1 — 4. a 20 Ngr. 

Kalkt) renner, F.« La Crainte et l'Bsperance. Rondo. Op. 
150. 25 Ngr. 

Varia tions sur unc pensee de Bellini. Op. 151. 25 Ngr. 

Le Fou. Scene dramaliuue. Op. 156. 25 Ngr. 

Pensees fugitjves. Op. 158. 25 Ngr. 

: Gr. Fant, et Var. brill. sur: Norma. Op. 140. 1 Thlr. 

Souvenir de Guido et Gincvra. Fant, brill. Op. 142. 1 Thlr. 

L*Angc dechu. Grande Fantaisie sur une melodie de A. Vo- 
gel. Op. 144. 25 Ngr. 

Fant, en forme de Rondo snr: LeLac des Fees. Op. 150. 22fNgr. 

Gr. Fantaisie sur le Cor des Alpes de Proeh. Op. 147. 25 Ngr. 

Fant, et Var. brill. sur: Le Roi dYvetot. Op. 165. 25 Ngr. 

Gr. Fant, de Bravonre, sur: Charles VI. Op. 165. 1 Thlr. 

Fantaisie brill. sur la Romance: Le fil de la Vierge de 

Scndo. Op. 170. 1 Thlr. 



Kallibrenner, F., Ln fcmme > marin. Ptniie fngKre. 
8 Ngr. 

KuftTeratn, H« F., Capriccio. Op. 1. 22* Ngr. 

liiaxt, F., Adelaide de Beethoven arr. 20 Ngr. 

5»* Sinfonie C moll de Beethoven arr. 2 Thlr. 

_ — ö«n« Sinfonie paslorale de Beethoven arr. 2 Thlr. 

Lieder von Mendelssohn Bartholdj arr. No. 1. Auf Flugein 

des Gesanges. 10 Ngr. No. 2. Sonntagslied. 7+ Ngr. No. 3. 
Reiselied. 12* Ngr. No. 4. Nene liebe. 10 Ngr. Na. 5. Früh- 
lingslied. 15 Ngr. No. 6. Winterlied. Snleika. 10 Ngr. 

MendelMann Bartholdy, F., 2™ Concerto Dmoll. 
Op. 40. 1 Thlr. 20 Ngr. 

Oftberae, Fant, brill. snr la Valse des Treizc. Op. 32. 22* Ngr. 

Fantaisie brill. sur : Le Lac des Fe es. Op. 33. 17f Ngr. 

Richter, F. F., 5 Romanzen. Op. 17. 17* Ngr. 

Reaenhaln, J«, 4 Romances. Op. 14. 17| Ngr. 

Morceau de Salon. Romance. Op. 15. 15 Ngr. 

Schumann, B., 5 Romanzen. Op. 28. 1 Thlr. 

Schunke, Ij«, Variat. conc. sur la Valse funtbre de Fr. Schu- 
bert. Op. 14. 1 Thlr. 

Thalberft-, Fantaisie snr: Molse. Op. 35. 1 Thlr. 10 Ngr. 

Fantaisie snr : Oberon. Op. 57. 1 Thlr. 10 Ngr. 

Fantaisie snr: Donna del Lago. Op. 40. 1 Thlr. 10 Ngr. 

Grand Caprice sur : Charles VI. 1 Thlr. 

Fantaisie snr: Lucrezia Borgia. Op. 50. 1 Thlr. 

Fantaisie snr: Semiramide, Op. 51. 1 Tfrlr. 10 Ngr. 

V*M, C, Exaucemcnt. Rhapsodie de Coneert. Op. 35. 12+ Ngr. 

— — Reminiscenses de Gnill. Teil. Fantaisie et Variat. de bra- 
voure. Op. 59. 1 Thlr. 

— — Morceau de Coneert. Variat. sur un theme fav. Op. 47. 
20 Ngr. 

Wleek, Clara, Scherzo. Op. 10. 20 Ngr. 
Wlelharftjki (le Comte), 2 Nocturnes. Es moll. Desdur. 
Op. 11. 15 Ngr. 

Ballade. Bmoll. Op. 12. 12* Ngr. 

WolftT, F., Grande Valse snr: Charles VI. Op. 88. 15 Ngr. 



Im Verlage von Fr« Moftlielster in Leipzig erscheint 

nächstens mit Eigentumsrecht : 

Franeliomstie, Avg. 9 Fantaisie sur des Motifs de Semim- 
mide de. Rossini pour Violoncelle avec Accompagnement d'Orchc- 
stre ou de Pia oof orte. Op. 51. 



Verkauf einer Cremoneier Amatl-Qelfe. 

Eine in hiesiger Gegend seit länger denn 25 Jahren rühm- 
lichst bekannte Amati - Geige von ausserordentlich schönem 
Ton ist mir für den Nettopreis von 25 Stück LouistTmr zum Ver- 
kauf übertragen. Auf einem alten im Innern befindlichen gedruck- 
ten Zettel steht : „ Nicola«* Amatius Cremonien : Hieronymi filii 
Antonii Nepos fecit Ao. 1650. •« Das Corpus ist 154 ZoU rhein. 
lang, unten 7£ Zoll und oben 6} Zoll breit. Der Hab ist 9 Zoll 
lang und ganz neu. Das Aeussere des ganzen Instruments Ist gut 
und dasselbe wohl erhalten. Dazu gehört ein braun polirter ver- 
schliessbarer Holzkasten. (Zu verwechseln ist dies Instrument je- 
doch nicht mit der vor einigen Monaten in diesen Blättern für 
600 Thlr. in Golde zum Verkauf gestellten Stradumrii* Geige, im 
Besitze des hiesigen Instrumentenmaehers Pfordmmm.) 

Briefe und Gelder erbitte ich mir portofrei. 



Halberstadt, im Juli 1844. 



F. A. Helm? Buchhändler. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeit. 



481 



488 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 17«« Juli. 



&9. 



1844. 



Inhalt t Ueber den wahren Endzweck uod Werth der Masik, mit Bezog aar „Narkotische Conpoaisten." — Recenrion, — Pia eh rich- 
ten: Aas Berlin. Mnsik-Aufrribrangen der königl. Academie zu Berlin. Aas Königsberg. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Ueber den wahren Endzweck und Werth 

der Musik, mit Bezug auf „Narkotische 

Componisten ." 

Vod C. Kotsmaly. 

I. 

„J'aime la masique de Paesiello, eile nie beree dou- 
cement; vos accompagneroens sont trop fort»? 44 

Napoleon zu Cherubini. 
„Voas voalez ane masique qoi ne vons empeebe pas 
de songer aux affaires de retat." 

Cherubini zu Napoleon. 

Es gehört mit zu den auffallenden, nicht wohl zu 
enträtselnden Erscheinungen und Zeichen unserer Zeit, 
dass sie — während sie doch in manchen andern Dingen 
dem entschiedensten Materialismus huldigt, während ihr 
Sinn allen überspannten, des positiven Grundes und Bo- 
dens ermangelnden Phantastereien, allem sogenanten idea- 
listischen Wesen abgewandt, and nur auf das Practische, 
Reelle, Solide gerichtet ist, — in der Kunst, namentlich 
aber in der Musik, immer noch — merkwürdige Idio- 
synkrasie ! — eine Ueberschätzung und Ueberscbweng- 
licbkeit, einen an Wahnsinn grenzenden Enthusiasmus 
an den Tag legt, der mit der nüchternen, gesunden Ver- 
nunft schlechterdings unvereinbar ist und daher auch dem 
kühlen besonnenen Menschen, der Alles in der Welt nach 
seinem wirklichen wahren Werth und vom gehörigen 
Standpunct aus betrachtet, nolhwendig lächerlich erschei- 
nen und bemitleidenswert!! vorkommen muss. 

Aber auch von keiner Kunst sind seit Menschenge- 
denken über ihre Erhabenheit, Würde und Göttlichkeit, 
über ihre himmlischen Eigenschaften und übernatürlichen 
Wirkungen irrigere und übertriebenere Begriffe, mehr über- 
schwengliche Hyperbeln verbreitet worden, als gerade 
aber die Musik. — Was ist z. B. von Shakespeare, Lu- 
ther bis auf Beethoven, Jean Paul, Hoff mann, Bettina *) 
u. A. nicht Alles über die hohe Bedeutung dieser Kunst 
gefabelt, geschwärmt und zu Tage gefördert worden: — 
„Musik sei eine durchaus selbständige, die wunderbarste 
und geistigste Kunst, indem sie ans auf ihren Schwingen 
in das Reich des Unaussprechlichen, Uebersinnlichen hin- 

") Freilieh gehören fast alle die hier Genannten zar Categorie 
jener Natoren, die von Hippel (s. „Kreuz- ond Querzüge" 
o. s. w.) in der Art bezeichnet, dass bei ihneo ,,die Phanta- 
sie aber den Verstand obgesiegt/' — 

45. Jahrgang. 



übertrage, in jene Region, die dem beschränkten und be- 
schränkenden Wort ewig unzugänglich und verschlossen 
sei; sie bleibe es nicht dem Tone, sondern vor seiner 
Zaubergewalt erschlösse sie all' ihre Wunder und Herr- 
lichkeit ; und wo sich die Poesie als unzulänglich erweise, da 
entfalle und bethätige die Musik erst recht ibre Macht." — 
Oder ferner: „Musik sei zunächst um ihrer selbst wil- 
len da, brauche nicht erst zünftig zu werden, um bür- 
gerliche Autorisation zu erhalten und um sich gleichsam 
über ibre Berechtigung zum Dasein auszuweisen ; — Mu- 
sik habe keinem andern Nebenzweck dienstbar und lehns- 
pOicbtig zu sein, als vor Allem dem, ihre innerste We- 
senheit durch das vermittelnde Organ irgend einer musi- 
kalischen Menscbennatur melodisch - harmonisch auszuströ- 
men, und wenn sie bei den verschiedenartigsten Anläs- 
sen, Orten und bei den heterogensten persönlichen Zu- 
ständen und Verbältnissen: — in Kirche und Theater, 
in Frieden und Krieg, bei Held und Hirt, Kind und Greis, 
in Lust und Leid, in Lieb' und Hass — sich wirk- 
sam und mächtig eingreifend erweise, so spräche dies nur 
für ihre allumfassende Natur, für die Universalität der 
Musik, nicht aber sei dadurch ihre Bestimmung von Haus 
aus für Erfüllung irgend eines hier angedeuteten specia- 
len Zweckes erwiesen." — 

In Folge dieser chimärischen Uebertreibungen, deren 
völlige Unhaltbarkeil und Excentricilät zu sehr in die 
Augen fallt, als dass sie erst erwiesen zu werden brauchte, 
bat sieb bei fast allen Tonkünsllern, namentlich aber bei 
den selbst producirenden Musikern von nur einiger Be- 
deutung ein dermaassen starkes Selbstgefühl festgesetzt, 
bat sich ihrer eine so wichtige Meinung, ein solches Hoch- 
gefühl und ein Stolz auf ihre sogenannte „höbe Mission" 
bemächtigt, dass der gemeine, schlichte Menschenverstand, 
der, wie gesagt, den Werth jeder Sache nach dem we- 
sentlichen, dadurch erzielten Zweck, nach ihrem nahen 
und bestimmten Nutzen bemisst, nicht umhin kann, mit 
Hohn auf solche, den Stempel der Absurdität an sich tra- 
gende Verirrungen zu blicken und daran, als an einer 
schnöden und verwerflichen Ueberhebung über das Niveau 
des Gewöhnlichen, gerechtes Aergemiss zu nehmen. 

Mit, wenn auch noch so gerechter, aber frncht- und 
tbatlos in sich verkochender Entrüstung allein ist aber 
noch nichts gebessert, lieber gleich dem Debel selbst mu- 
thig auf den Leib gerückt; es musste wanderlieh zuge- 
ben, wenn das Gewicht folgender Einwürfe jene Kunst» 

29 



485 



1844. Juli. No. 29. 



484 



lerboffahrt und Verblendung nicht in ihren Grundpfeilern 
zn erschauern und an der Wurzel anzugreifen ver- 
möchte ! — 

Vor allen Dingen : wo und wodurch ist denn irgend 
jemals bewiesen worden, dass, — wahrend in der Welt 
Alles seinen bestimmten Wirkungskreis angewiesen er- 
halten hat, irgend einem Zwecke dienstbar sein moss 
(und zwar werden Werth und Bedeutung jedes Dinges 
immer je nach der Grösse des erstem und der Wichtig- 
keit des letztern abgezogen) — die Musik allein dieser 
Dienstbarkeit, dieses Impost's, dieser Hilbetbeiligung an 
irgend einem Endzweck enthoben sei? — Dies behaupten 
zu wollen, hiesse ja die Musik für eine stumme, über- 
flüssige Taste in der Weltclavialur erklären 1 — 

Haben wir somit die Deberzeugung gewonnen, dass 
Musik ohne irgend einen bestimmten, sinnlich palpabeln 
Zweck nicht gedacht werden kann, ohne dem Unsinn ein 
bedeutendes Zugeständniss zu machen, so kann man über 
die eigentliche Beschaffenheit dieses Zweckes unmöglich 
lange in Ungewissheit bleiben, sobald man nur der höchst 
scharfsinnigen, längst über allen Zweifel erhabenen, und 
bei der Mehrzahl als Evangelium aecreditirten Lehre ge- 
denkt, ,,dass Alles Geschaffene, ja Gott selbst, nur eigent- 
lich um des Meisterwerks der Schöpfung, nm des Men- 
schen willen da, und, diesem auf irgend eine Weise zu 
Gute zu kommen, seine wesentliche und einzige Bestim- 
mung sei." — Z. B. Sonne, Mond und Sterne befinden 
sich ganz gewiss nur deshalb am Himmel, um uns tbeils 
zu wärmen, zu leuchten, theils unsern Abenden das be- 
nöthigte, romantische Colorit zu verleihen; die Früchte 
des Feldes und die Thiere des Waldes haben sicherlich 
weiter keine Bestimmung, als uns zur Nahrung oder Klei- 
dung u. s. w. zu dienen, und alle Fülle und Schätze der 
Erde sollen zunächst uns frommen und Vortheil bringen, 
alle Segnungen des Himmels vor allen Dingen immer nnr 
zum Bedarfe, zum Behufe des Menschen, zu seiner Lust 
und Wohlfahrt abzielen. 

In gleicher Weise, wie auf die materielle äussere 
Well, muss diese ganz und einzig der Menschheit wür- 
dige Ansicht auch auf die Resultate, Ausströmungen und 
Schätze der innern Welt des Geistes ihre Anwendung 
finden. In diese letzte Calegorie gehört denn, wie jede 
andere Kunst, auch die Musik ; auch sie hat zunächst sich 
der Menschheit auf irgend eine Weise dienstbar und nützlich 
zu erweisen ; und zwar ist es immer erst dieses Verhält- 
niss zur Welt, diese Beziehung zum und auf den Men- 
schen, die dieser, wie überhaupt jeder Kunst, Berechti- 
gung und Anspruch auf einen gewissen Rang und Werth, 
überhaupt auf eine wirkliche Bedeutung in der Gesell- 
schaft versebaffen. Was nun diese Bedeutung, so wie die 
ihr zuzuerkennende Rangstufe betrifft, so werden diese 
sich am Besten wohl nach einer vorurteilslosen Würdi- 
gung der Beschaffenheit ihrer den Menschen zu leisten- 
den Dienste, und einer nähern Prüfung des eigentlichen, 
durch sie der Welt erwachsenden Nutzens feststellen 
lassen. 

Es ist uns keinesweges unbekannt, wie diese Nutz- 
liehkeilslheorie von einer gewissen Classe von Schwär- 
mern und exaltirlen Köpfen angefochten und verlästert 
wird 5 wie man von dieser Seite bemüht ist, sie als Aus* 



fluss einer kleinlieben, selbstsüchtigen Denkungsweise, 
einer prosaisch - gemeinen Pbilisterseele, überhaupt als Be- 
weis menschlicher Anmaassung und Beschränktheit zu 
verpönen nnd lächerlich zu machen; — aber auch das 
Motiv ist uns nicht verborgen, wodurch jene, zu den 
Künstlern schwörende Partei sich zu ihren, oft leider nur 
mit zn wohlfeilem Alltagswitz bewerkstelligten Ausfällen 
aufgestachelt fühlt, es ist die freilich nicht so ganz un- 
gegründete Befürchtung: durch die Vertreter def Utilitit 
könne ;am Ende den Künstlern jener Nimbus und Glo- 
rienschein entrissen werden, der sie bis jetzt in den Au- 
gen des Volks in einem höheren Lichte, als privilegirte, 
bevorzugte Naturen, als geweihte Seher und Hohepriester 
des Geistes, so zu sagen als vases d*e/ection, aus bes- 
sern! und feinerm Tbon geformt, erscheinen liess, wäh- 
rend sie der als prosaisch -nüchtern verschrieene, freilich 
aber gesunde Menschenverstand in eine etwas unterge- 
ordnelere Categorie versetzt und ihre Leistungen nicht 
tiefer, aber auch nicht höher anschlägt, als sich mit dem 
ihnen obliegenden und durch sie zu erzielenden Zwecke 
verträgt. Der eigentliche, wahre Zweck aber aller nnd 
jeder Musik ist einzig und allein: Unterhaltung, ist es 
von je her gewesen und wird es auch immer nnd ewig 
sein , womit dieser Kunst durchaus keine so untergeord- 
nete Rolle, keine so unbedeutende Sphäre angewiesen 
wird, als man im ersten Augenblicke dafür zu halten sich 
versucht fühlen möchte. 

Zuvörderst wolle man doch ja nicht das Umfassende 
nnd die Mannichfalligkeit des Begriffs: „Unterhaltung" 
übersehen; hierüber, wie über den Sinn, den wir bei der 
Musik damit verbinden, möge das Folgende einstweilige 
Andeutungen geben. Sagen wir z. B. : die Musik soll 
dem von den Mühseligkeiten des Berufs ermüdeten Ge- 
schäftsmann Erholung gewähren, den von der Monotonie 
des Tagewerks verstimmten Geist sollen ihre lieblich ihn 
umspielenden Töne in eine süsse Extase, gleichsam in 
einen holden Wahnsinn versetzen, oder: der von den 
Anstrengungen der Combination und Abslraclion erschöpfte 
Denker, wie der von den subtilen Spitzfindigkeilen der 
Metaphysik und den Sophistereien der Dialektik abge- 
spannte Gelehrte, — Beide sollen durch ihre sanfte Macht 
aus den rauhen und beschwerlichen Regionen des Gedan- 
kens in die seligen Gefilde süsser Bewusstlosigkeit ent- 
rückt werden, oder: die streng gewaltige Herrschaft der 
tyrannischen Idee, der tiefe, seelenaufregende, leiden- 
schaftliche Geistesdrang soll vor ihrem Zauberbauche sieb 
in heitergemütbliche, selbstüberlassene Willkür, in ange- 
nehme, unbestimmt einherwogende Träumereien auflösen, 
die Musik soll überhaupt vor Allem das Mittel geistiger 
Entlastung sein, die Siesta der Seele und der Gedanken 
befördern helfen nnd dem Geiste Sordinen aufsetzen, — 
so haben wir mit alledem noch lange nicht den Begriff: 
„Unterhaltung" in der Musik erschöpft oder dessen Be- 
ieich überschritten. 

Es ist hier noch nicht der Ort und an der Zeit, et- 
waigen den eben aufgestellten Behauptungen gemachten 
Einwürfen zn begegnen; daher einstweilen nur die ein- 
fache Bemerkung, dass alle Tonsetzer, welche die Auf- 
gabe ihrer Kunst von dem eben angedeuteten Standpuncte 
der Unterhaltung, des Zeitvertreibs, der Erholung u. s. w. 



485 



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486 



betrichteten und begriffen, und in diesem Sinne compo- 
nirten, überall und allezeit die Stimme des Volks für sich 
gewonnen, die wärmste Aufnahme und allgemeinste An- 
erkennung gefunden haben, und mit Beifall, Dank und 
Ehren, mit Huldigungen und allen möglichen Vorteilen 
überschüttet wurden , während dagegen jene Hochmüthi- 
gen, welche jene einzig wahre Tendenz der Tonkunst, 
als unter ihrer Würde, eigensinnig desavouiren und in 
eitler Verblendung der Musik tiefere Bezüge und mächti- 
gere Motive unterlegen, oder ihr höhere Zwecke, eine 
selbständige Bedeutung vindiciren wollen, von der Menge 
immer und ewig übersehen oder doch zurückgesetzt wer- 
den, so wie ihre Werke, in denen sie ihre verkehrten 
Ansichten zu verwirklichen streben, niemals einen gros- 
sen allgemeinen Eindruck aufs grosse Publicum hervor- 
bringen, sondern vielmehr mit Kälte und Gleichgilligkeit 
von ihm aufgenommen werden, grossentheils unverstan- 
den bleiben und sich vielleicht nur in einem ganz klei- 
nen Kreise eine Art Anklang und Anhang zu verschaf- 
fen vermögen. 

II. 

„Zu viel Noten, lieber Mozart!" „Grade so viel 
als nö'thig, Ew. Majestät!* 1 

Bekanntet Gespräch. 

„Les oreilles des Grands 

„soot soaveot de graodes oreilles !" 

Voltaire ä Gritry. 

Ans den bereits oben entwickelten einzelnen Pflich- 
ten und Obliegenheiten der Tonkunst lassen sich nun ohne 
Mühe weitere Polgerungen darüber anstellen, wie die Mu- 
sik eigentlich beschaffen sein müsse, um die ersteren voll- 
kommen erfüllen und ihrem Hauptzweck : dem Menschen 
Unterhaltung, Erheiterung und Erholung zu gewähren, 
gehörig entsprechen zu können. 

Hallen wir uns zunächst an den Begriff selbst : ,, Un- 
terhaltung 44 — ; er wird nns die beste Auskunft darüber 
an die Hand geben können : — nämlich es geht von selbst 
daraus hervor, dass alles Tiefe, alle zu characteristische 
Haltung und Färbung mögliebst vermieden werden mnss ; 
dass ferner ein zu entwickelter und zu entschiedener Ge- 
dankengang, eine streng logische Disciplin und Folge- 
rechtigkeit nicht zulässig, eine zu reiche und zu volle 
Melodieenströmung nicht angewandt, sondern vielmehr die 
grösste Massigkeit und Oeconomie im Ideenhaushalte, mehr 
noch, als Einfachheit der äusseren, materiellen Mittel, 
zu beobachten ist. Dies führt uns nun von selbst auf die 
merkwürdige, berühmte Aeussdrung Napoleons zu Che- 
rubini; darum merkwürdig, weil daraus hervorgeht, dass 
dem Kaiser in Bezug auf den jetzt von uns zum ersten 
Mal angeregten Gegenstand bereits schon damals ähnliche 
wähl verwandte , wenn auch noch dunkle Ideen vorge- 
geschwebt haben, und weil sich dadurch der tiefe und 
richtige Blick verräth, den Napoleon in das Wesen, die 
Würde und den wahren Endzweck der Kunst gelhan ; we- 
nigstens gibt uns sein Ausspruch, welcher uns gewisser- 
maassen wie eine Anticipation der hier an den Tag ge- 
legten Maximen vorkommt, hierüber, so wie auch über 
die Stellung, das eigentliche Verhiltniss des Künstlers zur 
Welt und zum Leben die fruchtbarsten Andeutungen. 
„Ich habe Pa&isffo'* Musik gern, sie wiegt mich sanft ein; 



Ihre Begleitungen sind zu stark." Also woblgemerkt ! — 
Einwiegen, Einschlafen; nicht Aufwecken, Aufregen. In 
diesen wenigen Worten ist die Aufgabe, aber auch die 
nicht zu überschreitende Grenze der Musik mit bewun- 
derungswürdiger Feinheit ausgedrückt. Cherubini s Ant- 
wort darauf beweist, dass er den Kaiser nicht nur miss- 
verstanden, sondern vielmehr gar nicht verstanden hat: 
„Sie wollen eine Musik, die Sie nicht verhindert, an 
Slaatsgeschäfte zu denken!*' — Weit vom Zielt Bleiben 
wir nur immer bei dem „bercer doucement" bei dem 
„Einwiegen" stehen. Eine Musik, die blos „nicht verhin- 
dert ," sich dabei noch mit anderen heterogenen Gegen- 
ständen, z. B. mit dem voraussichtlichen Steigen oder 
Fallen der Fünfprocentigen, mit O'Connelts Process oder 
der Königin Pomare zu beschäftigen, oder an das Abends 
nns erwartende L'hombre, an die verführerischen, indi- 
sche Contemplation athmenden Entrechats irgend einer 
„Goethe tanzenden " Tänzerin u. s. w. zu denken — 
eine solche Musik hat ihren Beruf nur höchst unvollkom- 
men erfüllt; ihre Aufgabe besteht vielmehr gerade darin, 
es gar nicht erst zum Denkprocess kommen zu lassen, 
einem Process, vor dessen Kosten bekanntlich so Man- 
cher, und zwar aus sehr triftigen Gründen, zurückschreckt. 

Man könnte sagen, Napoleons Ausspruch ginge noch 
einen Schritt über „Unterhaltung" hinaus; indess ist, 
wie gesagt, dieser Begriff so umfassend, mannichfaltig 
und relativ, dass sich „Einwiegen, Einschläfern 44 ganz 
leicht, und zwar ohne besondern Aufwand von Sophis- 
men und dialectischen Fecbterkünsten, dieser Rubrik mit 
einverleiben lässt. Nicht umsonst reimt sich Orpheus mit 
Morpheus, — ein mythologischer Wink, der durchaus 
nicht unberücksichtigt bleiben darf, und uns zu der Schluss- 
folge anregt: Wie schon die Worte, so können ja auch 
die Begriffe sich reimen. 

Es würde unwahr und zugleich ungerecht sein, be- 
haupten zu wollen, Paesiello 9 s leuchtendes Beispiel sei 
vereinzelt und unerreicht geblieben; im Gegentheil hat 
es Viele zu schöner Nacheifernng angefeuert und ist selbst 
in der Folge übertroffen worden. Wie man nun seine 
Musik, nach ihrer eigentümlichen, vom* Kaiser characte- 
ristiscb bezeichneten Wirkung eine narkotische nennen 
kann, so würden seine Nachfolger, die, wie er, den 
schönen Beruf der Kunst richtig erkannt und erfüllt ha- 
ben , zur rühmlichen Unterscheidung von jenen Tonse- 
tzern, die ihn eigensinnig verkennen und künstlich hin- 
aufzuschrauben bemüht sind, füglich als „narkotische 
Componisten" zu bezeichnen sein. 

Die grossen, namhaften Verdienste dieser höchst eh- 
renwerthen, weit verbreiteten und zahlreichen Glasse von 
Tondichtern werden, obgleich von Seiten der grossen 
Massen immer allgemein und lebhaft anerkannt und ge^ 
priesen, nichts desto weniger von einer böswilligen, ge- 
wöhnlich immer zur Gegenpartei gehörigen Kritik bin und 
wieder hart angegriffen und in Zweifel gestellt; einmal 
in eine einfach - ruhige und gewissenhafte Erörterung jener 
Verdienste einzugeben, scheint nns daher sehen deshalb 
angemessen, weil sie vielleicht am Meisten geeignet ist, 
solche boshafte Verunglimpfungen verstummen zu machen« 
(Beeeolatf folgt.) 



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1844. Juli. No. 29. 



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Recension. 



Vierundvierzig Mutter-* Kose- und Spiellieder zur edela 
Pflege des Kiadheitlebens, von Friedrich FrobeU 
zweistimmig io Musik gesetzt von Robert Kohl, Blan- 
kenburg bei Rudolstadt, Aostalt zur Pflege des ßeschäf- 
ligungstriebes der Kindheit und Jugend. Pr. i% Thlr. 
Diese Lieder geboren zu einem grösseren Werke: 
„Malter- und Koselieder, Dichtung und Bilder zur edeln 
Pflege des Kindbeitlebens. Ein Familienbuch von Fried' 
rieh Fröbel," zum Besten des von diesem vortrefflichen 
Erzieher iu Blankenburg gestifteten ,, deutschen Kinder- 
gartens '* herausgegeben, welches gewiss, wie es ver- 
dient, bald in den Händen jeder edlen deutschen Mutter 
sein wird. Hier haben wir es nur mit dem musikalischen 
Theile dieses ausgezeichneten Werkes zu thun, welches 
unter Anderm auch durch ungefähr ein halbes Hundert 
sehr schöner und sinnreicher Zeichnungen geschmückt ist. 
Wenn es, zumal in neuester Zeil, ungemein schwer 
ist, die künstlerische Tendenz einer Composilion aus den 
vielen Noten berauszuGnden , so stehen hier dem Recen- 
senten glücklicherweise des Componisten (der Erzieher 
und Mitarbeiter an der allgemeinen deutschen Erziehungs- 
anstalt in Keilhau ist) eigene Worte zu Gebot, die den 
Zweck dieser Lieder besprechen. Es ist seine feste Ueber- 
zeugung, dass es ungemein wichtig sei, was die Muller 
ihrem Säugling vorsingt, und wie die Töne beschaffen 
sind, die das Kind vernimmt; denn wie wir in demsel- 
ben die eigentliche Lebensharmonie nur dadurch erwecken 
können, dass wir es von lauter reinen Lebenswellen um- 
spielen lassen , so können wir auch wiederum in die- 
sen reinen Herzen, ohne dass wir es wollen und wis- 
sen, eine Masse unreiner Begierden erwecken durch 
Ton, Wort und Tbat, von denen wir später gar nicht 
wissen, woher sie kommen, und die wir dann immer der 
beliebten Erbsünde zuschreiben. Des Verfassers Ziel war 
es daher, das Kind in seinen ersten Lebensmomenten von 
musikalischer Seite richtig zu erfassen, bewusst zu pfle- 
gen und harmonisch zu entwickeln. Treue Nachahmung 
der Sprache der Mutter, getreue Zeichnung der in den 
Liedeben gegebenen Anschauungen and einfach harmoni- 
sche Erregung des unschuldig reinen Kinderherzens suchte 
er zu erstreben. Aber er bezweckte mit diesen Liedern 
noch Andeies. Müller sollen durch sie auf ihren eigent- 
lichen Beruf aufmerksam gemacht und für ihn gewonnen, 
werden, anstatt ihren Kindern krankhaft -sentimentale, oft 
lüsterne Liebeserklärungen, und, leider! in oft eben so 
krankhaften und wollüstigen Melodieen vorzusingen. Pfle- 
geanstalten frischer Kindheit sollen in ihnen eioe neue 
und edel bildende Nahrung erbalten; dem ersten Unter- 
richt im Gesang sollen sie durch die stets damit verbun- 
dene und leicht darzustellende Anschauung förderlich 
werden. 

Dies sind fast ausschliesslich des Componisten eigene 
Worte, der uns nun in der Tbat eine Sammlung von 
lebten Kinderliedern gegeben hat; und das ist niebis 
Leichtes. Dass es sehr schwierig ist, ein cuter Kinder- 
schriftsteller zu sein, zeigt uns schon der Umstand, dass 
bis jetzt Campe und Weise noch nicht übertreffen , ja 



vielleicht noch nicht einmal erreicht worden sind. Eben 
se schwer ist es, ein guter Kindereemponist zn sein, wie 
z. B. Pleyel einer war. Aller Opereprunk, aller Virtno- 
senapparat, alle Sucht, zu glänzen, muss entfernt wer- 
den, und beim Schaffen eines Kinderliedchens mnss man 
an kein Publicum, an kein Honorar denken. Unmögliche 
Bedingungen für Viele. — 

Die Melodieen Herrn Kohl's, der immer in der Kin- 
derwelt, sie leitend und bildend, lebt, sind aus kindli- 
chem Gemiilhe entquollen, einfccb, oft naiv, und lassen 
meistens den Worten ibr volles Recht widerfahren. Lei- 
der glauben viele Liedercomponisten , eine schöne Melo- 
die entschuldige eine schlechte Declamation, und denken 
nicht daran, dass Beides vereint sein kann, ja, mnss. — 
Als Beispiele, wie Herr Kohl seine Aufgabe gelöst hat, 
mögen folgende zwei Proben dienen: 

No. 10. Fischlein im Bach lein. 

M. M. J ■ 




■v-tr-s—s* 

Lästig im kla - reo 



schwimmen die 




kleinen Fi - seke - lein , fie schwimmen dar- in - nen 




"C T V~T 



I bald sind sie krumm. 

No. 13. Das Nestchen. 

M. M. J'~ 76» j^ 



? * iiiMtu \ t m 



V V V V w V w w V V 

In <Tie Hecken auf die Aestcben baut der Vo-gel 



*'i tiOti!ti}\ii: 



sich ein Nesteben, legt bin- ein zwei Ei -er -lein, 






j, -r-r 9 

bTii-tet d'raas zwei Vö- je -lein, 



V~ * * w » 
im- fen die Matter : 



t¥fr*#fr##H^ 



pip, pip, pip, Mütterchen, pip, Müller- eben, pip, 

jL— L s . v. 




bist uns so lieb, pip, bist nas so lieb, j>ip. 



489 



1844. Juli. No. 29. 



490 



Wenn nun Recensevt aus rollern Herzen diese Lie* 
dersammlung lobt und empfiehlt, so miiss er doch, um 
gerecht zu sein, and weil es nicht Recensenteasitte ist, 
eine Beurtheilung ohne einigen Tadel zn machen, dem 
wackern Componisten einige Mängel aufzählen, die er 
künftig leicht wird vermeiden können. 

Erstens ist die Stimmführung nicht überall ganz rein j 




wo, um die schlechte 



wie z. B. Seite 7: 



Quintenfolge zu vermeiden, das,/?* hätte nach g gehen sollen. 



Seite 13, wo: 




besser so stände: 



Seite 49; 



k*k 




¥=tz 



f 5 ^ 



wo die Septime aufwärts 



geht und zugleich fehlerhafte Quinten entstehen. 

Zweitens konnte an einigen wenigen Stellen die De- 
clamation besser sein , wie z, B. Seite 29 , No. 31 : 

YP r~^W~ Epj^ wo der Artikel mit Unrecht auf 

de* Lichtes Schein 
die gewichtigste Stelle des Tactes fallt, was leicht auf 
folgende Weise hätte richtig gemacht werden können: 



$ 



£ü 



des 



Lieh - tes 



No. 19, Seite 22, fangt in Gdur 



an, and schliesst in Cdar, wodurch das Gesetz der Ein- 
heit verletzt ist. 

Recensent hat sich bei dieser Sammlung länger ver- 
weilt, als man gewöhnlich bei Liedern zu thun pflegt, 
weil diese Kinderlieder eben so originell sind, als die von 
dem Dichter derselben zu Grund gelegte pädagogische 
Tendenz neu und wichtig ist. 

Die Ausgabe ist schön, wohlfeil und der berühmten 
Officin von Jobaun Andre in Offenbach, wo sie litbogra* 
phirt wurde, würdig. Möge sie überall die verdiente gute 
Aufgabe finden. S. ». fr. 



Nachrichten. 



Berlin, den 1. Juli 1844« Wenn gleich die eigent- 
liche musikalische Saison hier mit dem Mai spätestens 
beendet ist, so bot dennoch auch der meistens kühle und 
stürmische Juni so manchen interessanten Kufastgenuss 
dar« Ueber die Thorwaldsen* Feier am 1. v. M. in der 
Singacademie habe ich Ihnen bereits Mitteilung gemacht. 
Der knnatcrlahrene Sänger PtUegrini ans München scbloss 
seine Gastrollen als Teil in Rossinis Oper mit verdien- 
tem Beifalle. J>em. Tuczeek trat vor ihrer Urlaubsreise 
uaefa Breslau als Marie in der Tochter des Regiments 



hier zum letzten Male auf, eben so Dem. Grünbaum 
zum Abschiede von der hiesigen königl. Bühne, in der 
ihr bewilligten (ziemlich geschmacklos compilirten) Qupd- 
libetbeneSzvorstellung , welche an einem schönen Abende 
auch nur massig besucht war. An die Stelle dieser, für 
Soubretten* und naive Partieen sehr brauchbaren Sän- 
gerin ist eine junge Anfängerin Dem. Conrad auf vier 
Monate engagirt, welche als An neben im Freischütz zuerst, 
sodann als Zerline im Don Juan, Marie in Czaar und 
Zimmermann, wie als Margarethe in dem nicht sehr leb- 
haft aufgenommenen König von Yvetot mit Musik von 
Adam auftrat, und ermunternden Beifall erhielt. Die Sing- 
stimme der jungen Sängerin ist angenehm, jedoch schwach 
und nicht immer ganz rein. Ihr Vortrag ist natürlich und 
gebildet, das Spracborgan dagegen un vorteilhaft. In der 
Darstellung ist Dem. Conrad, für zweijährige Uebung 
auf dem Theater zu Stettin, bereits recht gewandt und 
frei von Manier. — Auch Goethe'* Egmont kam durch 
die einzige Gastdarstellung des erkrankten Herrn Dahn 
aus München mit Beethovens genialer Musik zur Auf- 
führung. — Dem. Kunth vom Brüsseler Hoflbeater gab 
die Donna Anna in Don Juan als letzte Gastrolle, nicht 
überall genügend, jedoch im Einzelnen, z. B. die grosse 
Scene des ersten Acts* recht gelungen. Adam's König von 
Yvetot würde noch weniger angesprochen haben, wenn 
die Darstellung nicht grösstenteils so vorzüglich wäre. 
Herr Mantius spielt und singt die Rolle des gemütli- 
chen Bürgerkönigs eines Duodezstaats ganz vortrefflich, 
eben so Dem. Marx die bochstrebende Haushälterin Jean- 
nette. Herr Pfister singt den Adalbert gut, und Herr 
Bötticher repräsentirt den Maltbesercomtbur würdevoll ; 
auch singt derselbe das zu dem übrigen Musikstyl wenig 
passende grosse Duett mit Adalbert im zweiten Act sehr 
ansdrucksvoü. Herr Sehneider carikirt den Müller Daniel 
recht belustigend, ohne dass man auf Gesang eben grossen 
Anspruch zu machen berechtigt ist. Die originelle, theil- 
weise indess gedehnte Handlung (mit zu viel Dialog) wird 
dies Singspiel wohl einige Zeit auf dem Repertoir erbal- 
ten, wenn gleich die viele Tanzrhytbmen und Avber- 
sehe Reminiscenzen enthaltende Musik ziemlich -gewöhn- 
lich ist. Einige artige Melodieen und Instrumentaleffecte 
genügen doch denjenigen Zuhörern nicht, die an höbern 
geistigen Genuss gewöhnt sind. Hierin steht für die ko- 
mische Oper der Deutsche Lortzing, bei aller Leichtig- 
keit der Behandlungsweise, doch viel höher, als der Pa- 
riser Componist. Zum Benefiz der vom Hamburger Stadt- 
theater abgegangenen, die Bühne ganz verlassenden Dem. 
Hertha Stich , welche hier zuerst als mimische Künstle- 
rin sich ausgebildet hat, wurde der lange ruhende Som- 
mernacbtslraum mit Mendelssohns reizender Musik, bei 
grosser Gewitterhitze und ganz gefülltem Hause, am 25. 
v. M. mit lebhafter Theilnabme gegeben. Dem. Stich 
nahm als Puck von dem hiesigen Publicum und der Bühne 
überhaupt Abschied, da sie sich vermählt. Ausser einer 
Musikaufführung der königl. Instrumentalmusikschule für 
eingeladene Zuhörer, unter Leitung deren Vorstandes Ca- 
pellmeister Moser, fand noch ein öffentliches Dilettanten- 
cooeert von Gesangstücken mit Pianofortebe^leitung des 
Herrn Tiehsen^ und eine musikalische Matinee zu wohl- 
tbäljgem Zweck im Saale der Loge zu den drei Weltku- 



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geh für Mitglieder und deren Familien Statt. In letztem 
wurden die Ouvertüren zu Joseph von Mehtd und Don 
Juan von Mozart von den Orchester in KroICs Garten, 
unter Leitung des tbätigen KM. Gährich (der jetzt auch 
die Ballette dirigirt), sehr präcis ausgeführt. Auch liessen 
»ich der Flötenvirtnos Oelschig, der Posaunist Fr. Belcke 
und die Clarinetüsten Gareis in einem Doppelconcerle 
mit vielem Beifalle hören. Gesang und Declamation berei- 
cherte die angenehme Unterhaltung. 

Zum Beschlüsse des sehr günstig ausgefallenen WolU 
markts wurde in KrolCs glänzendem Locale noch ein 
Maskenball in den Wintergarlensalon's, nebst Illumina- 
tion und Nachtmusik im Sommergarten (im Freien), un- 
ter dem Titel einer „italienischen Nacht" gegeben, welche 
auch wirklich durch das wärmste Sommerwetter begün- 
stigt wurde. Unter einer Menge von Gartenconcerten 
zeichnen sieb die vom MD. Wieprecht zu wohltbätigen 
Zwecken im Park des Hofjägers veranstalteten grossarti- 
gen Musikauffuhrungen mit Blechinstrumenten, wie die in 
Sommer* s Local von Joseph Gungl, bei Günther von 
Johann Gungl, und im Aförer'schen Blumengarten von 
Meinberg (nach Wetter' s Ableben) mit Streichinstrumenten 
ausgeführten Symphonieen, Ouvertüren, Tänze u. s. w. 
besonders aus. Eben so sind die Concerte unter Leitung 
des KM. Gährich im Königssaale des KrolTsehen Win- 
tergartens, wie im Freien, durch Präcision ausgezeich- 
net. Die italienische Oper und die französische Komödie 
haben für die Sommerzeit aufgehört. Die Mitglieder der 
Königsstädtischen Bühne geben auch Vorstellungen im 
königl. Schlosstheater zu Charlottenburg. 

Am 2. Juli ist der als Lustspieldichter und Bear- 
beiter, wie als Gomponist von Vaudeville's und Singspie« 
len rühmlichst bekannte königl. Opernregisseur und Hof- 
compositeur Carl Blum, Bruder des Sängers Heinrich 
Blum, plötzlich gestorben. Sein vielseitiges Talent, wie 
sein humaner Character war allgemein anerkannt und ge- 
schätzt. 



Musikaufführungen der königl. Academie 

der Künste zu Berlin. 

Die königliche Academie der Künste zu Berlin gibt 
im Laufe des Jahres den Eleven der musikalischen Com* 
position öfters Aufgaben zur Bearbeitung. Eine solche 
Aufgabe wurde im vorigen Jabre für eine Symphonie in 
drei Sätzen zu gegebenen Motiven gestellt. Aus den ge- 
lieferten Com positionen wurden drei ausgewählt und im 
vorigen Herbste zur Ausführung gebracht. — In diesem 
Jabre war die Aufgabe eine geistliche Motette zu gege- 
benen Worten aus der heiligen Schrift, in drei Sätzen, 
nämlich einem Chor, Terzett und einer Fuge. Die Chorsätze 
wurden, der Aufgabe gemäss, für zwei Soprane, Alt, Te- 
nor und Bass , das Terzett für Sopran , Tenor und Bass 
eingerichtet. Der Orchesterdisposition waren, ausser dem 
Quartett von Streichinstrumenten, nur zwei Oboen (oder 
Clarinetten), zwei Hörner und Fagotte zugestanden. Die 
Erfindung der Motive und Wahl der Tonarten blieb Je- 
dem überlassen. Aus den gelieferten Arbeiten wurden 
drei gewählt und am 13. Mai i. J. öffentlich zur Aus- 



fahrung gebracht; zwischen den Gesangwerken wurden 
Instrumentalsätze, ebenfalls in dieser Schule entstanden, 
ausgeführt. Das Programm bestand aus : 1) Motette von 
C. Jagvemar: „Danket dem Herrn. •• 2) Erster Satz 
eines Septaors von R. Wurst. 3) Motette von /. Ho* 
pfe. 4) Marcia funebre von W* Herzberp. 5) Motette 
von S. Müller. Diese Compositionen enthielten manches 
Lobenswerlhe und für den Kenner Interessante, um die 
verschiedene Auffassung der gleichen Worte wahrzuneh- 
men. Für die Studirenden sind solche Concurrenzarbei- 
ten gewiss von wesentlichem Nutzen. 

In der öffentlichen Sitzung der königlichen Aeademie 
der Künste am 15. Juni d. J. wurde, nach einer einlei- 
tenden Rede des Direclors, vom Secretär der Academie 
der Jahresbericht mitgetheilt; dann schritt der Senat zur 
Primiirung der Kunstschüler in den verschiedenen Fä- 
chern, als : Baukunst, Sculptur, Malerei nnd Musik. Von 
den drei ersten Gattungen der Kunstbildung waren die 
vorzüglichsten Arbeiten der Zöglinge ausgestellt. Zwi- 
schen den einzelnen Vorträgen des Secretärs wurden die 
musikalischen Compositionen derselben ausgeführt. Die 
gewählten Musikslücke waren folgende : 1) Motette für 
zwei Chöre: „Jauchzet Gott alle Lande" in Fugenform 
mit vier Subjecten, von Selmar Maller. Dies Werk ent- 
hält viel Lobenswerthes ; die Themata sind gut erfunden 
und erhöhen den Ausdruck der Worte. 2) Arie mit Chor: 
„Doch der Herr vergisst die Seinen nicht" von Carl 
Braun. Dass der Componist für die Solopartie den Alt 
gewählt hat, ist besonders zu loben, da diese Stimme im- 
mer noch nicht genug beachtet wird. Von einem Mit- 
gliede der Singacademie ausdrucksvoll vorgetragen, er* 
warb sich dies Musikstück aligemeine Anerkennung. 3) 
Instrumentalsatz über die Tonleiter von C. Jaquemar; 
Fleiss, Talent und eine geübte Feder ist in dieser Com- 
positum unverkennbar. 4) Das Ständchen : „Was wecken 
aus dem Traume mich" von Uhland, Wecbselgesang für 
Sopran und Alt, von Richard Wärst. Das oft in Musik 
gesetzte, schöne Gedicht ist recht glücklich behandelt. 
Die Erfindung ist nicht gewöhnlich, wenn auch hie und 
da etwas stärker aufgetragen, als es der zarte Gegen- 
stand wünschen lässt. Im Gebiete der freien Instrumen- 
talmusik leistet der junge Künstler noch Entschiedeneres. 
5) Andante aus der zweiten Symphonie von Julius Ho- 
ffe. Der junge Componist hat schon zwei Kirchenmusiken 
mit Orchesterbegleitung dem Druck übergeben, welche 
ehrenwerth zu nennen sind. Das ausgeführte Musikstück 
ist mit Geschmack nach Mozart* s Vorbild angeordnet; 
gute Durchführung und angenehme Gegensätze sichern 
dieser Compositum eine gute Wirkung. 6) Die erste Hälfte 
des Finale aus Th. Korneas Oper: „Die Bergknappen" 
von W. Herzberg. Eine frische Auflassung des Gegen* 
Standes, kräftige Männer- und anmuthige Frauencböre 
zeichnen dies dramatische Gesangstück aus, welches ei- 
nen angenehmen Eindruck bewirkte. 

Die Ausführung aller Musikstücke liess Geschicklich- 
keit und Sorgfalt nicht verkennen, wobei die umsichtige 
Leitung der Herren Professor Rungenhagen und Con- 
certmeister Ries besondere Erwähnung verdient. 

Von den Eleven der musikalischen Schule erhielten 
Prämien : 1) Wilhelm Herzberg aus Cüstrin die grosse 



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1844. Juli. No. 29. 



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silberne Medaille mit seinem Namen. Ferner: 2) Julius 
Honft ans Sebloss Heldrungen, eben diese Medaille. 3) 
Setmar Müller ans Elbingerode, vorzüglich belobt, er- 
hielt J. S. Bach's Kirchengesänge und Hefte der „Aus- 
wahl vorzuglicher Musikwerke." 4) Carl Braun aus Ber- 
lin, königl. Kammermusiker, erhielt Werke von Mozart 
und Haydn. 5) Charles Jaquemar aus Berlin Composi- 
tionen von Caldara 9 Händel, und Hefte der „Auswahl" 
u. s. w. 6) R. tVütrst aus Berlin» Werke von LotU\ Jo- 
melli und Hefte der „Auswahl" u. s. w. 7) August Pi- 
venburg aus Labes in Pommern, erhielt rasch* s Liefe- 
rungen u. s. w. 

Die Feierlichkeit, welche geg$n 12% Uhr begann, 
endete befriedigend um % Uhr, und liess aofs Neue an- 
erkennen, dass die Führung und Richtung dieser Musik- 
schule die Talente der jungen Musiker nützlich xu for- 
dern weiss. 



Königsberg. Ein hoher Genuss wurde uns' am Buss- 
lage gewährt, als Herr Musikdirector Sämann in der Ha- 
berberger Kirche eine musikalische Aufführung veranstal- 
tete > die sich eben so durch den künstlerischen Gehalt 
der dargebotenen Werke, als durch eine grossartige Dar- 
stellung desselben auszeichnete. Zuerst hörten wir eine 
vom Gonoertgeber selbst componirte Motette: „Fliesst, 
ihr Augen," in einfacher Weise gehalten und der Tages- 
feier sich anschliessend. Dann spielte Herr Sämann mit 
dem vollen Werke der herrlichen Casparinf&chtn Orgel 
die wunderbare Emoll-Fuge von Händel, ein wahres 
Meisterstück dieses Componisten. Die Macht der Pedal- 
bässe machte, wenn sie das Thema ergriffen» einen er- 
habenen Eindruck. Nun folgte das wohl ao Jahren, nicht 
aber an Wertb alle doppelchörige : „Jube Domine" von 
Rosenmüller. Diese Gomposition war hier völlig neu ; das 
Kernige ihres ganzen Wesens steigerte bis zum Schluss 
ihre wahrhaft überraschende Wirkung. Ein sodann auf 
der Orgel vom Gonoertgeber gespieltes Adagio aber, mit 
den zarteren Labialstimmen ausgeführt, zeichnete sieh, 
wie alle Compositionen dieses Meisters, durch edle Me~ 
lodieenfubrung aus, und hob die Schönheit einzelner Re- 
gister, welche nns Töne vernehmen Hessen, die fast den 
Klängen der Saiteninstrumente glichen, in der Orgel her- 
vor. Der Ruhepunct, welchen dieses Adagio den Gemü- 
thern der Hörer gestattete, beschloss die erste Abtei- 
lung des Concerts sehr angemessen. Hatte es daher schon 
jetzt befriedigt, so wurde nunmehr das Publicum, wel- 
ches in der Kirche, obgleich dieselbe am äussersten Ende 
der Stadt liegt, sehr zahlreich versammelt war, durch 
das im höchsten Ausdruck schöner Erhabenheit gesungene 
herrliche „Adoramus" von Perti erbaut. Herr Sämann 
gab nur die Anfongsaccorde als Einleitung auf der Orgel 
an, nnd stellte sich darauf sofort an die Spitze des Sing- 
personals* Und nun begann im Pianissimo ohne alle Be- 
gleitung der Chor mit reinem Edur- Dreiklange an- und 
wieder abschwellend. Er mag aus ungefähr 70 bis 80 
Singerti bestanden, und der Gesang etwa 25 Minuten ge- 
dauert haben. Die Wirkung des schönen Fugensatzes aber: 
„Quin per sanctam crucem etc./' der ein- und wieder 
zurücktretenden Stimmen, ihrer Vereinigung am Ende zu 



dem: „Redemisti mundum" in lanjpe anhaltenden Aecor- 
den war die der grossartigsten Erhebung. Und als jetzt 
nach Beendigung des letzten Tones Herr Sämann zur 
Orgel trat, und den zuletzt gehörten Accord auf ihr wie- 
derholte, — da erreichte ein überraschtes Staunen aller 
ergriffenen Gemüther den höchsten Grad : der Chor war 
auch nicht um ein Comma abgewichen. So rein, wie er 
den Schlussaccord gesungen hatte, eben so rein gab ihn 
die Orgel wieder. Die anwesenden Renner und Dilettan- 
ten äusserten eine gleiche Bewunderung dieser so uner- 
wartet herrlichen Lösung einer der schwierigsten Aufga- 
ben. Hierauf spielte Herr Sämann die schöne Back'sche 
Fuge in As, welche den Altvater des Orgelspiels in der 
Fülle seiner Gediegenheit zeigte. Da uns bereits so viel 
Grossartiges dargeboten worden, so konnte nur eine leich- 
tere Musik die von der Anspannung des Gemütbs und der 
Einbildungskraft ermüdete Menge noch fesseln. Wir hör- 
ten daher die lieblichen Davidiana von Faseh sehr zweck- 
mässig zuletzt. 

Herr Sämann begleitete alle Singstücke (mit Aus- 
nahme des Adoramus, welches, wie bereits erwähnt wor- 
den, ohne Begleitung gesungen wurde) und leitete das 
ganze Goncert ohne Mithilfe eines anderen Dirigenten von 
der Orgel ans, dem Sängerpersonal den Rücken zuwen- 
dend. Beweist dieser Umstand die Sicherheit seines Sing- 
vereins, so ist zugleich die Aasdauer bei einer ihn selbst 
so angreifenden, tlie geistigen und physischen Kräfte in 
Anspruch nehmenden Ausführung zu bewundern. Möge 
Herr Sämann in seinem wahrhaften und gediegenen Be- 
streben, dem edleren Gescbmacke Edles darzubringen, 
fortfahren ; es wird stets bei einem grossen Theile Em- 
pfänglichkeit für das Erhabene und diejenige Anerken- 
nung finden, zu welcher es berechtigt ist. 



Feuilleton. 



Der durch mancherlei Werke und Bestrebungen »och im Fache 
der Tonkunst bekennte preussische Generalmajor C. von Decker 
iat in Hains gestorben. 

Adolph Hesse aas Breslau hat am 4. Joni in Paris ein Orgel- 
eoncert anter allgemeinem Antheile gegeben. Er spielte auf einer 
Orgel mit dem neuer faodeneo Bar her* sehen Mechanismus, der sich 
dabei als höchst vorteilhaft erwies. Das Publicum war ein sehr 
gewähltes, darunter Adam, Auber, Berlioz, Herz , Ralkbrenner, 
Panojka, Piwis y Amhros. Thomas u. A. — Auf Hesse** Rath wird 
an der grossen neuen Orgel in der Kirche St. Eustache das eine 
Pedal abgenommen, doch so, dass durch Roppeloog die Pfeifen des- 
selben mit dem zurückbleibenden verbunden werden können. 



In Kopenhagen gefiel eine neue dreiaetige Oper: „Torden- 
akiold in Dyoekilen," Boch von Lyser, Musik von Salomon. — 
In Brüssel fiel eine neue Oper: „Der Mönch" von Willent- Bor- 
dogni, Professor am doftigen Conservatoriom der Musik, durch. 

Der Theater -Neubau in Hannover ist definitiv beschlossen. 
Der König will die Kosten des Baues aus eigenen Mitteln bestrei- 
ten und hat für das neue Schauspielhaus, das sehr prachtvoll wer- 
den soll, einen freien Platz an der Georgstrasse gewählt. Der 
Bauplan ist genehmigt ; indessen werden die Arbeiten wohl erst im 
nächsten Frühjahr beginnen. 

Dreyschock hat vom König der Niederlande den Orden der 
EiekeAkroae erhalten. 



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1844. Juli. jXo. 29. 



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Der Freiherr Salvmsm von Rothschild «na Wie« hat bei Ge- 
legenheit eines Besuches ia Pestb de« dasigen Nationale usik-Cea- 
«ervatorinm 500 Fl. Conv. - M. und dem Musikvereine 200 FL Coov.- 
Münze zum Geschenk gemacht. 



Das Coveotgarden -Theater In Loadoa steht im Begriffe, seine 
Räume den Musen für immer so sehliesseu. Eine Gesellschaft voa 
Fabrikanten und Kanfleutee wird es ankaufen und die untere« 
Räume ao einem Bazsr, den grossen Schaaspielsaal aber zo ei- 
nem bleibenden Ausstellungsorte für Indaslriegegenstinde umwan- 
deln. 



Thüringer Sängerfest. 

Mit höchster Genehmigung wird 

am 12. August d. J. 
in den Umgebungen des herzogt. Lustschlosses Reinhardsbrunneu 
das zweite Liederfest des Thüringer Sängerbundes staltfinden. In- 
dem deshalb Musikfreunde zur Tocilnahme an demselben ergebenst 
eingeladen werden, wird zugleich bemerkt, dass das Nähere ans 
dem spater erscheinenden Programme xu ersehen sein wird. Bei 
durchaus ungünstiger Witterung wird das Fest auf den 19. des 
gedachten Monats verschoben. 

Die Liedertafel xu Gotha , als Festcomite. 



Ankündigungen. 



Neuere vlerstiramige Gesänge 

in Verlag von Breitkopf afc Hfirtel in Leipzig, 

am beliehen durch nUe Buch- und Musikalienhandlungen. 

Adam, 6 Gesänge für 4 Männerstimmen. 2$ Ngr. 

Bahr t 6 Lieder für Sopran, Alt, Tenor und Baas. Partitur und 
Stimmen. 1 Thlr B Ngr. 

Hluni 9 €7*9 Die Gewalt des Augenblicks für 4 Minnerstimmen 
mit Chor. Op. 116. Partitur und Stimmen. I Thlr. 10 Ngr. 

Jncunde. 3 Gesinge für I Sopran , S Tenore und S Bass- 

etinunen. Op. 184. Partitur und Stimmen, i Thlr. 10 Ngr. 

JDfkrrner» J., 6 Gesinge für 4 Minnerstimmen. Op. 7. Par- 
titur und Stimmen. £ Thlr. 

Faseln • (Mendelssohniana) 6 Gesinge für Sopran, Alt, Tenor 
und Bass. 98 Ngr. 

Hahtl, Th., 3 Gesinge für Sopran, AH, Tenor und Baas mit 
Begleitung des Pianoforte. Op. 9. Partitur und Stimmen, i 
Thlr. 10 Ngr. 

Hauptmann, „Auf dem See," Gedicht Ton Goethe für So- 
pran, All, Tenor und Bass solo mit Chor nnd Pianofortebeglei- 
tung. Op. 91. Stimmen. SO Ngr. 

Lenz, hj., Vierstimmige Männercböre. Op. 51. Partitur nnd 
Stimmen. 1 Thlr. 20 Ngr. 

Ijöwe, C, 5 Lieder für Sopran, Alt, Tenor und Bass. Op. Öl. 
Partitur und Stimmen. 1 Thlr. 

Maraehner, H. , 5 Gesinge für 9 Soprane, 2 Tenore und 
2 Bässe. Op. tttf. Partitur und Stimmen, i Thlr. 15 Ngr, 

Ulangen« E., 6 Tafellieder für vierstimmigen Männerchor. 
Op. 50. Partitur und Stimmen. 1 Thlr. 5 Ngr. 

MeaudelajajOhn Bartholdy, F., 6 Gesänge für Sopran, 
Alt, Tenor nnd Bass im Freien zu singen. Op. 41. 1* lieft. 
Partitur und Stimmen. 1 Thlr. 10 Ngr. 

6 Gesinge für Sopran, AH, Tenor und Bass im Freien zu 

singen. Op. 48. 2' Heft. Partitur und Stimmen. 1 Thlr. 10 Ngr. 

6 Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass im Freien zu 

singen. Op. 49. 3* Heft. Partitur und Stimmen. 1 Thlr. 10 Ngr. 

Festgesang für Männerstimmen im Clavierauszuge. 1 Thlr. 

Otto, Fr., 6 Gesänge für 4 Männerstimmen. Op. 1. Partitur 
und Stimmen. 1 Thlr. 

Q Gesänge für 4 Männerstimmen. Op. 5. Partitur und 

Stimmen. 1 Thlr. 10 Ngr. 

POhlenz, A», 7 Lieder für 4 Männerstimmen. Op. 7. Par- 
titur und Stimmen. 1 Thlr. 

Rlehter, E. F., 4 Lieder für Sopran, Alt, Tenor und Baas. 
Op. 12. Partitur und Stimmen, i Thlr. 

Rlehter , Ernst, Hnnd und Katzen too Hoffmann ton Fal- 
lersleben: Mauskätzchen gab ein grosses Fest, für 4 Männer- 
stimmen, Partitur und Stimmen. 10 Ngr. 

— — 2 Husarenlieder von Hoffmann von Pallersleben für Män- 
nerstimmen mit Pianoforte. Op. 22. 15 Ngr. 

Hletz, JL, Altdeutscher Schlachtgesang für einstimmigen Min- 
nerchor und Orchester. Op. 12. Im Ciavierauszug. 15 Ngr. 

Seemnelder, Fr., 6 Lieder für 4 Mannerstimmen. 12 tt Samm- 
luag. Partitur und Stimmen. 25 Ngr. 



für 4 Männerstimmen. 
20 Ngr. 
!• Heft. Partitur und 



Sehnender, Fr., 6 altdeutsche Lieda 
13 e Sammlung. Partitur und Stimmen. 

6 Volkslieder für 4 Minnerstimmen 

Stimmen. 1 Thlr. 

Sehuster, A., 6 Lieder für 4 Minneratimmen, i* Heft. Par- 
titur und Stimmen. 1 Thlr. 

Spahr, Ii., Schill. Gesang für 4 Männerstimmen mit Beglei- 
tung des Pianoforte. 15 Ngr. 

Zöllner, C, 6 Gesänge für Sopran, Alt, Tenor nnd Bass. 
Partitur und Stimmen, i Thlr. 10 Ngr. 

Im Verlage von Fr« Hafknelater in Leipzig ist er- 
schienen : 

C F. Whist lliiff'a Handbuch der musikalischen Literatur, 
oder allgemeines svstematbch geordnetes Verzeichniss der in 
Deutschland und in den angrenzenden Lindem gedruckten Mu- 
sikalien, auch musikalkchen Schrillen und Abbildungen mit An- 
zeige der Verleger und Preise. Dritte, bis zum Anfange des 
Jahres 1844 erginzte Auflage bearbeitet und herausgegeben von 
Adolph Hofmeister. Zweiter Theil. Musik für das Pianoforte, 
Orgel, Harfe nnd Harmonien. Hoch 4. 42 Bogen. Pr. 3 Thlr. 
10 Ngr. , auf Schreibpapier 5 Thlr. 



Bei Adolph Iflareuft in Bonn ist so eben erschienen ; 

Praktische Stagschule 

enthaltend 

methodisch geordnete Hebungen für Stimmbildung, Takt- 

und Notentreffen, nebst einer Auswahl mehrstimmiger 

Gesänge ßir weibliche Stimmen, 

verfasst und herausgegeben 

von 

Dr. Mt. JH. Breidenstein, 

Professor der Musik an der Rhein. Friedr. Wilhelms Universität. 
Rrsjtesj Heft. 

Dritte Auflage. 

Gross 4. geheftet 15 Sgr. 

Diese Singschule ist im speziellen Auftrage des konigl. preaas. 
Cuitas - Ministeriums entworfen und von demselben empfohlen. Die 
Einführung in viele Scbnlanstalten; welche bereits die dritte Auf» 
läge noth wendig gemacht hat, bürgt für die praktische Zweckmäs- 
sigkeit derselben. ' — 

An dieses Heft sehliesaeu sieh in stufeuweker Folge noch vier 
Hefte an, von denen jedes einzeln an haben ist ; von den drei letz- 
ten sind auch die einzelnen Singstimmen apart gedruckt, ßine aus- 
führliche Angabe hierüber findet sich auf dem Umschlage des er- 
sten Heftes. 

Gesanglehrer , ehe sie* dieser SingsehuU bei utrem Unterrichte 
bedienen wollen, erhalten ein Exemplar gratis, und werden su 
diesem Zwecke gebeten, ihre Adresse der ferlagsm andlung oder ei- 
ner andern Buchhandlung einzusenden. 



Druck uud Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeit. 



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ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 24"« Juli. 



M 30. 



1844. 



Inhalts Ueber den wahren Endzweck und Werth der Musik, mit Besag auf „Narkotische Conpoaisten." (Beschlnss.) — Nadkritkten : 
Aae London > The Htndel Soeiety. Frfihlingsopern in Italien. — FemiUcto*. — . jinkiuUguH^en. 



Ueber den wahren Endzweck und Werth 

der Musik, mit Bezug auf „Narkotische 

Componisten. " 

(Beschlnss.) 

III. 
„Bei meinen Saiten spiele 
„Schiefe, was willst Da mehr? 44 
Goethe. 

Man kann Dichter wie Componisten füglich in zwei 
Classen ein th eilen. Die, welche der ersten Classe ange* 
hören» haben ohne Unterschied die Eigentümlichkeit, dass 
sie, wie schon Horaz vom Homer behauptet, „zuweilen 
schlafen, «* d. h. es tritt bei allen diesen mitunter eine 
momentane Geistesebbe ein; man kann's immer merken, 
wenn der flippogryph verschnauft und wo der Dichter 
(Componist) sich der Ruhe überliess, um neuen Stoff und 
Aetber zu sammeln. — Wie viel bedeutender und ach« 
tungswertber erscheint dagegen die andere Classe 1 — * 
Statt in schnöder Selbstsucht nur sich selbst dem Schlaf 
— im üfomer'schen Sinne — > zu überlassen, sind sie viel- 
mehr bemüht, auch ihrem Publicum diese Vergünstigung 
nach Kräften zuzuwenden. — Noch nicht genug: Ein 
solcher Autor ist selbst im Stande, sich edelmüthig, mit 
schöner aufopfernder Hingebung, seines Naturantheils an 
Schlaf bei der Verfertigung seines Werkes, ganze Nichte 
durch, völlig zu entäussern, um dies Element desto un- 
zersplitterter in seiner ganzen, unwiderstehlichen StSrke, 
zur Erquickung und zum Nutzen seiner Leser oder Hö- 
rer, seiner Schöpfung einverleiben zu können.... 

„Bei meinem Saitensptele 

„Schlafe, was willst Da mehr?' 1 

Es bedarf wobl nicht erst einer besondern Erwäh- 
nung, dass das hier Aufgestellte, so wie das Horaz'aehe 
»quandoque bonus dormüat Homerus" nicht buchstäb- 
lich^ sondern nur im bildlichen Sinne, allegorisch zu ver- 
stehen ist. Es kann uns nicht einfallen, behaupten zu 
wollen s dass das Werk eines Tonkünstlers unmittelbar 
narkotischen fiinfluss äussern , directen Schlaf bewirken 
müsse; jedoch aber: dass es zu seinen wesentlichsten 
und schönsten Pflichten gehört, ja gewissermaassen ihm 
erst zu Berechtigung und Bedeutung in der Gesellschaft, 
und zn eigentlichem Ansehen verhilft, wenn er im Stande 
ist, jenen woblthätigen Zustand durch sein Product mit 
Glück vorzubereiten und demselben wirksam vorznarbei- 

46. Jahrgang. 



ten, indem er seinem Auditorium dadurch Erlösung, Er- 
rettung von allem geistigen Zwang, von den strengen 
Banden und dem Despotismus der Idee, kurz : Gedanken- 
freiheit, d. h. Befreiung von allen Gedankeu, zu verschaf- 
fen vermag, welche bekanntlich zu den ersten, unerläß- 
lichen Bedingungen eines guten, soliden Schlafs gehört. 
Und hier wären wir endlich auf den Standpunct gelangt, 
von wo aus jedem Unbefangenen, Unparteiischen die groe- 
wesenllichen Verdienste des ,, narkotischen Compo- 



sen 



nisten " und die unendlichen Vorzüge , die er vor jenen 
eingebildeten, unpractiseben Chimären huldigenden Tr 



l rau- 



mern voraus hat, in die Augen springen müssen 

Wie aber jede Lehre und Behauptung durch Beispiele 
erst recht einleuchtend gemacht und veranschaulicht wird, 
so möge es auch uns vergönnt sein, auf einige der vor- 
nehmsten Repräsentanten der narkotischen Schule und 
ihre respectiven Leistungen hier näher einzugeben. 

Um, wie recht und billig, mit dem Vaterlande zu be- 
ginnen , so erfüllt es uns mit Scham und Niedergeschla- 
Eenbeit, bekennen zu müssen, dass Deutschland im Ver- 
a'I Inisse gegen das Ausland hierin bedeutend zurücksteht, 
wenn auch nicht in Abrede zu stellen ist, dass es einige 
würdige Männer geliefert hat, die den wahren Endzweck 
ihrer Kunst richtig begriffen und in ihren Werken treu- 
lichst verwirkliebt haben, und dass selbst bin und wie- 
der von Einigen in dieser Hinsicht Ausgezeichnetes ge- 
leistet wurde. 

Von älteren Namen erwähnen wir z. B. Winter* 
Reichardty Zumeteg , Gelinek, Koseluch, Wanhat, de 
Witt, Rospoth u. s. w. Wer wohl erinnerte sich nicht 
dankbar gerührt und voll freudiger Wehmuth an Win- 
ter & „lueht ihr Krieger nun von dannen," dies Non 
plus ultra überfliessender Gemüthlichkeit, an Reichardfs 
„Erlkönig" mit dem ausdrucksvollen, geistreich und ge- 
nial durchgeführten Rhythmus : J^~ J* | J^J* | J / 1 J JM 

JJ'UJNJWJJ^J»- 9 -*- w W n &- Schibert 
und C. Löwe ganz kläglich abfallen, oder an Zumeteg's 
armen „Bitter Toggenburg," wo die ganze homöopathi- 
sche Sparsamkeit und Frugalität der platonischen Liebe 
sich gleichsam in der Musik wiederspiegell. Das waren 
schöne Zeiten patriarchalischer Einfachheit und kindlicher 
Genügsamkeit 1 — 

In neuerer Zeit, die sieh übrigens hierin ungleich 
ergihiger erweist, haben sieh vor Allen rühmlichst ber- 

30 



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1844. Juli. No. 50. 



500 



vorgetban die meisten der sogenannten Saloncomponisten, 
worunter wir die unterschiedlichen Polpourrislen , Ar- 
rangeur^, Transsoribenlen und Virtuosen -Componisten 
(in neuerer Zeit sind' darunter solche zu verstehen, bei 
denen map immer darüber in einer angenehm spannen- 
den Ungewissbeit bleibt, wo eigentlich der Virtuos auf- 
hört und der Componist anfängt), ferner auch jene be- 
sonders schätzenswerthen Leute verstehen, die dem nie 
ersterbenden Bedürfnisse nach „Varialions brillantes,*' 
„Fantaisies sur des motifs" u. s. w. stets mit so edler, 
nie erlahmender Ausdauer abhelfen ; — dann noch eine 
nicht ganz unbeträchtliche Zahl von Liedercomponisten, 
deren Heerführer näher zu bezeichnen wir kaum nöthig 
haben werden. 

Aber die immerbin anerkennungs würdigen Bestre- 
bungen all' dieser Wackeren, wie verschwinden sie saromt 
und sonders gegen die in diesem Betrachte glänzenden 
und überaus zahlreichen Leistungen der neuern Franzo- 
sen und Italiener! Schlägt ein einziger neuerer italieni- 
scher oder französischer Opern- oder Romanzencomponist, 
in Bezug anf Narkolik, nicht hundert Deutsche siegreich 
ans dem Felde?! Frankreich weist auf seinen Adam* 
Thomas u. s. w. , Italien nennt uns seinen Bellini, Do- 
mzelti u. s. w. Hat denn Deutschland etwas nur entfernt 
diesen Heroen Aebnlicbes und Ebenbürtiges aufzuweisen?! 
Von den Italienern erregte u. A. auch Rossini durch 
seine ersten Opern bedeutende Hoffnungen, das Paesiel- 
lo'&cht Erbe, jene „musique bergante," durch ihn erwei- 
tert zu sehen; sie haben sich jedoch später leider nicht 
bestätigt, da dieser Componist in der Folge so zu sagen 
seiner Fahne völlig untreu wurde und in ,, Wilhelm Teil" 
seinen gänzlichen Abfall kund that. Dagegen bat Auber, 
den man nach seiner „Stummen von Portici" als einen 
für den wahren Endzweck der Kunst unerrettbar Verlore- 
nen aufzugeben sich bewogen fühlen musste, dieses etwas 
voreilige Urtheil später durch die That — wir erinnern 
nur an Zanetta , Les Diamans de la Couronne , La pari 
du Diable, Le Duc d'Olonne u. s. w. — glänzend zu wi- 
derlegen gewusst, so dass wir ihn gegenwärtig in den 
ersten Reihen der grossen jetzt lebenden narkotischen 
Componisten erblicken. lu Bezug auf Bellini und Doni- 
zetti wird man vielleicht uns den Einwurf machen wol- 
len, dass bei ihnen, — die wir doch gleichsam als die 
Narkotiker par excellence in der Musik hervorheben wol- 
len, bei denen sich das, was bei Paesiello erst noch 
schwacher Anfang, schüchterner Versuch war, zur vol- 
len Blüthe und Virtuosität entfaltet bat — Napoleons 
Tadel: „vos accompagnemens sont tropjbrts" noch in 
weit ausgedehnterem Maasse anwendbar sein dürfte. Dass 
dies jedoch eine unlogische, falsche Schlussfolge wäre, 
soll sogleich einleuchtend bewiesen werden. 

Es ist mehr als wahrscheinlich — ja , Cherubint s 
ziemlich transparente, allen Instrumentalluxus vermei- 
dende Partituren steigern es zur Gewissheit, — dass 
Napoleons Ausspruch sich nicht sowohl auf das materielle 
Forte, auf die Ueberbietung der Massen, sondern vielmehr 
auf die ideelle Ueberladung, die störende Reichhaltigkeit, 
Selbständigkeit und auf den Gebalt der den Aecompagne- 
ments einverleibten Gedanken (Ckenibini war eben ein 



eingefleischter AnUnarkotiker) bezog. Gerade aber in die- 
ser Beziehung haben sich Bellini und Donizetti meist 
vorwurfsfrei und makellos erhalten; sie haben diese ge- 
fährliche Klippe fast immer glücklich vermieden, und sich 
dadurch auf den ihnen längst allgemein zuerkannten gei- 
stigen Mässigkeitspreis die vollgiltigsten Ansprüche er- 
worben. Was ausserdem die, beiden Meistern zuweilen 
vorgeworfene, allzu häufige Anwendung von Trompeten, 
Posaunen, gran cassa, banda sul balco u. s. w. betrifft, 
so lehrt die Erfahrung, dass diese Verstärkungen, weit 
entfernt, den der Musik obliegenden Endzweck zu ver- 
fehlen, diesem vielmehr aufs Trefflichste entsprechen. 
Diese plötzlichen Explosionen der stärksten Blechinstru- 
mente, diese Trommelwirbel und Kanonaden der „Gran 
cassa," oft bei scheinbar widersprechenden Veranlassun- 
gen angewandt , z. B. bei zarten, elegischen Liebessce- 
nen, während der primo amoroso im süssen Schlummer 
oder vor seiner Donna auf den Knieen liegt u. s. w., 
wirken eben durch ihren Öfteren Gebrauch weniger er- 
weckend und aufregend, als betäubend und Besinnung 
raubend, und unterstützen somit wirksam die narkotischen 
Intentionen des Componisten, Ein so auf einmal mit al- 
len Registern losbrausendes Fortissimo macht das gleich 
darauf wieder in seine Rechte eintretende, gleich künst- 
lichen Cascaden regelmässig berabtropfende Arpeggio, das 
süsse, sanft einlullende Einerlei der Begleitung — (in 
der Regel Accord- brechende Sex toi en), wobei „mit Sorg- 
falt jede Abwechselung vermieden ist" — erst recht an- 
genehm und dessen ganzen Werth empfinden. In dieser 
Beziehung hat namentlich Bellini Grosses, Unerreichba- 
res geleistet. Wiewohl seine meist unter den Antinarko- 
tikern befindlichen Gegner sich nicht entblöden, zu be- 
haupten , seine Begleitungen seien ein wahres Faul - and 
Lotlerbett für den Sänger, so lässt sieh doch gar nicht 
leugnen, wie sehr Bellini damit dem Sanger Vorschub 
geleistet, in die Hände, oder vielmehr in die Kehle gear- 
beitet bat; man urtheile selbst: 



Accomp. 




All. mode rato. 






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301 



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Wo in aller Welt findet man wohl noch Begleitungsfor- 
men, die so, wie diese (wir geben übrigens C und D 
den Vorzug), dem Gesauge Lufl und freien Spielraum gön- 
nen und ihm ganz und gar carte blanche lassen? — Da 
sind keine usurpatorischen, gegen die Siogstimme intole- 
rant und heftig ankämpfenden Bassgänge, keine sie be- 
einträchtigenden Figuren und vom Säuger ablenkenden 
iDSlrumentalionscoquetterieen , — kurz nichts, was dem 
„bercer doucement" nur im Geringsten hinderlich sein 



könnte; der vielen sinnigen Halle, Fermaten, :r^r nicht 

einmal zu gedenken, womit er sich ein unsterbliches Ver- 
dienst uinallegefühlsüberscbwänglicben Sängerund ^weich- 
geschaffenen Seelen'* erworben hat. Ob dieses glücklichen 
Vereines so seltener Vorzüge darf Bellini kühn als der 
erste narkotische Compouist, so zu sagen : als ein gestei- 
gerter, ein Paesiello in erhöhter Potenz bezeichnet wer* 
den, weil er unbestritten seinen musikalischen Ahn (Pae- 
siello) in jenem vom Kaiser so wichtig hervorgehobenen 
Puncle unendlich überflügelt bat. Er wird deshalb, trotz 
aller widersinnigen und ohnmächtigen Aogriffe seiner Geg- 
ner, noch lange das Repertoir aller Bühnen ausschliess- 
lich und unumschränkt beherrschen, da seine Macht über 
Publicum und Sänger zu fest begründet, zn tief gewur- 
zelt ist; denn das erstere wird nicht müde, sich von ihm 
in einen musikalischen Opiumrausch versetzen zu lassen, 
und die letzteren weihen ihm schon längst eine fast gött- 
liche Verehrung. — Wer vielleicht hier Uebertreibung 
wittern will, mag sich von der Wirklichkeit und tägli- 
chen Erfahrung eines Bessern belehren lassen. Welchem 
andern Tondichter noch widmen wohl die Sanger und 
Sängerinnen dieses gewissenhafte, aufmerksame Studium, 
diesen heiligen Ernst nnd diese sich bis aufs Kleinste er- 
streckende Sorgfalt in der Ausführung? Lassen sie nicht 
oft die schwelgerische Tafel anderer Gomponisten — mag 
künstlerische Ostentation sie auch mit noch so kostbaren 
Gängen ausgestattet und mit seltenen Ingredienzen gewürzt 
haben — unberührt» um sich einzig nnd allein am ein« 
fachen sicilianischen Vesperbrot des Maestro von Cata- 
nia, das ihnen süsse Himmelskost ist, zu erlaben? — 

Domzetti, obwohl sieh fast in allen seinen Opern 
(z. B. Orsints Cavatine in Lucrezia Borgia , erster Act, 
das Duett zwischen Belisar und Irene, zweiter Act, das 



Duett zwischen Leonor und Alphons in der Favorile, zwei« 
ter Act) das redlichste und eifrigste, oft auch vom glück- 
lichsten Erfolge gekrönte Streben kund thut, im Narko- 
tischen sein grosses Vorbild zu erreichen, hat doch im 
Allgemeinen noch nichts geliefert, was als in dieser Be- 
ziehung Bellini ebenbürtig genannt werden könnte; seiue 
Melodieen strömen nicht den eigenthümlich betäubenden 
Duft, jenen warmen, languissanten Hauch aus, wodurch 
die Bellinf sehen so unwiderstehlich wirken. Gewiss aber 
berechtigt Donizetti hierin zu den schönsten Erwartun- 
gen, und es wurde sehr thörig sein, diesem Gomponi- 
sten, der sich gerade in seiner besten Kraft befindet und 
— wie man zu sagen pflegt — „noch viel Zukunft vor 
sich hat, 4 * die Anwartschaft auf eine nie geahnte, selbst 
Befiini noch überragende Grösse voreilig absprechen zu 
wollen. — 

Wie viel oder wie wenig .überzeugende Kraft dem 
vorliegenden Versuche, über die eigentliche Bestimmung 
und das Verdienst der Musik , so wie über narkotische 
Gomponisten u. s. w. der Welt die Augen zu öffnen, inne 
wohne, muss und wird der Erfolg am Besten ausweisen; 
inzwischen genügt es uns, zuerst einen Gegenstand zur 
Sprache gebracht zu haben , dem eine gewaltigere , fähi- 
gere Feder leicht noch manche neue und interessante 
Seite der Besprechung abgewinnen dürfte. 

Schlüsslich wollen wir zu Nutz und Frommen jener 
Schwergläubigen, bei denen Wahrheit und bessere Er« 
kenntniss immer langsamer, als bei Anderen, zum Durch- 
brach kommen, den hier mitget heilten Argumenten noch 
eines hinzufügen, indem wir auf den ganz und gar ver- 
schiedenen Effect verweisen, den die Compositionen der 
Narkotiker und der entgegengesetzten Partei in der Wirk- 
lichkeit ausüben. 

Man führe nämlich einem Musiker von nnr einiger 
Erudition Mozart , Beethoven, Weber, Schubert u. s.w. 
vor, so wird er immer mehr hören, und am Ende wie- 
der von vorn anfangen wollen ; — lasse man ihn hinge- 
gen irgend einen formidabeln, narkotischen Componisten, 
hören, so hat er nach den ersten Paar Tacten schon 
genug. — Was spricht wohl schlagender für die grös- 
sere Genügnngsfahigkeit der narkotischen Schule? was 
vermag wohl besser auch den letzten Bodensatz von 
Zweifeln an den ausserordentlichen Vorzügen , die der . 
narkotische Goroponist vor jedem Antinarkotiker voraus 
bat, zu entfernen? — — 



Nachrichten. 



The Handel Society. 

Unter diesem Titel ist in London seit dem Juli des 
vergangenen Jahres ein Verein in öffentliche Wirksam- 
keit getreten, der es unternommen hat, eine vollständige 
Sammlung der Werke Händer* in Druck herauszugeben« 
Der Verein zählt die vorzüglichsten Künstler Englands 
zu seinen tbätigen Mitgliedern. Mit einem jährlichen vor« 
auszuzahlenden Beitrage von einer Guinee ist jedem In- 
und Ausländer der Beitritt zu diesem Unternehmen ge- 



505 



1844. Juli. No. 30. 



504 



staltet. Jeder Subseribenft erhält für seinen Beitrag ein 
Exemplar der im Lanfe des Jahres erschienenen Werke. 
Das Volumen des jährlich Herauszugebenden wird durch 
die grössere oder geringere Zahl der Sabscribenlen be- 
stimmt werden und mit dieser im Verbältnisse sieben, 
indem jederzeit die ganze Summe der im Jahre einge- 
gangenen Beiträge auf die Förderung des Unternehmens 
verwendet werden soll. Es wird daher im Interesse eines 
jeden Theilnehmers selbst liegen, die Vermehrung der 
Subscribenlen zn wünschen und befördern zu helfen, in- 
dem ihm dadurch selbst ein Gewinn erwächst Das Maxi- 
mum der Subscribentensabl ist vom Direktorium auf ein 
Tausend gesetzt. Dem Prospectus dieses Unternehmens 
ist ein Verzeichnis der bis jetzt gewonnenen Theilneh- 
mer beigefügt ; es benennt gegen 500 Subscribenten. Ver- 
hältnissmässig Bnden sich unter diesen noch sehr wenig 
Ausländer; es ist zu erwarten, dass spätere Nachträge 
dieses Verzeichnisses auch von einer zahlreichen Tbcil- 
nähme des Auslandes, namentlich der deutschen Musik- 
weit, an diesem ruhmlichen Unternehmen erfreuliche 
Kunde geben werden. 

Von den beiden früheren englischen Ausgaben der 
Werke Hände? s, die erste von Fralsh, die spätere von 
Arnold , kann, wie die Ankündigung dieser neuen be- 
sagt, jene, zu Händel** Zeilen unternommene, am We- 
nigsten für vollständig gelten; aber auch bei der zwei- 
ten fehlen mehrere der früheren und bedeutende Werke. 
Beide Ausgaben sind überdies nicht mehr im Handel« 

Wie sehr auch der Wunsch, eine neue und voll- 
ständige Ausgabe dieser Werke veranstaltet zu sehen, 
eben in der neueren Zeit, wo die Tbeilnahme an Han- 
dels Musik, wie sie es jederzeit in England war , auch 
in Deutschland eine allgemeinere geworden ist, dringend 
werden musste, so war es doch nicht zu erwarten, dass 
irgend ein Musikverleger einer so kostspieligen Sache auf 
eigene Rechnung sich hätte unterziehen mögen. Wie so 
viele Interessen der Gegenwart durch Vereine gefordert 
werden, so sehen wir nun auch dem hier in Rede ste- 
henden ein gemeinsames Wirken aebtungswerther Män- 
ner thätig entgegenkommen. Der in England zu diesem 
Zwecke gestiftete Verein betrachtet aber das Unterneh« 
men nicht als ein merkantilisches, vielmehr als eine Eh- 
rensache der englischen Nation. Der grösste Tbeil der* 

1'enigen Werke aändefs, durch welche er auf unsere 
"eit gekommen ist, wsr für sie und in ihrer Sprache 
geschrieben. In England ist die unbedingte Verehrung 
dieses Meisters ein musikalischer Glaubensartikel ; sie hat 
nie gewankt und ist in den gegenwärtigen Tagen viel- 
leicht noch in grösserem Maasse vorhanden, als zu sei- 
nen Lebzeiten. Dort werden auch seine Werke noch in 
der originalen Gestalt, ohne Abänderungen und Instru- 
mentalzusätze, aufgeführt; man würde es für einen Fre- 
vel halten, an solchen als classisch anerkannten Werken 
etwas ändern oder bessern zn wellen. Die Orgel, welche 
dort auch in den Goncertsälen nicht fehlen darf, ersetzt 
euch jetzt noch die grössere Zahl von Blasinstrumenten, 
welche man bei uns in den üfämfef sehen Oratorien glaubt 
beifügen zu müssen, und füllt die Leeren, welche sich in 
/fa/iatef sehen, wie in den Partituren früherer Zeit über- 
haupt, häufig finden, durch angemessene Begleitung, wie 



i 



sie von dem Componisten intendirt war. Wenn überhaupt 
weniger von einer hier nicht wohl angewendeten deUil- 
lirten Nüancirung, als von Einfachheit und kräftiger Pulle 
die Rede ist, so wird leicht zu ermessen sein, dass die 
Mitwirkung einer guten und geschickt behandelten Orgel 
die Abwesenheit einiger unserer Holz- und Blechinstru- 
mente nicht sehr wird empfinden lassen. So viel uns be- 
kannt ist, hat Mendelssohn die von ihm aufgeführten 
Händetschen Oratorien jederzeit nach der Originalparti- 
tur und mit Orgelbegleitung gegeben* die Wirkung sol- 
cher Auffuhrungen ist immer als eine ausgezeichnet gross* 
artige gerühmt worden. 

Die bisher in Deutschland gedruckten Partituren Hän- 
rfefseber Kirchenoempositionen waren fast immer mit In« 
strumentalvermebrung versehen. Einige früher von Hü* 
ler herausgegebenen Stücke enthielten wenigstens manche 
Abänderungen in der Instrumentation. Wie sehr die beste 
Absicht und Gesinnung bei jeder Art solcher Arrange- 
ments auch immer anzunehmen sein möge, so werden sie 
auf allgemeine billigende Anerkennung doch nie Anspruch 
machen können. Wo nach Umständen und nach localem 
Bedürfnisse Abänderungen herbeigeführt werden, da wird 
bei verständigem Verfahren nicht viel einzuwenden sein; 
es scheint aber wenigstens keine Berechtigung damit ver- 
bunden, solche Bearbeitungen classischer. Werke durch 
eine Ausgabe in Druck zu allgemeinem Gebranch und 
anstatt des Originals hinstellen zu dürfen; am Meisten, 
wo das Original so wenig bekannt und zugänglich ist, 
wie die HändePwhtn Oratorien in ihrer ursprünglichen 
Gestalt es bei uns bisher gewesen sind. Durch die Be- 
mühungen der Handel Society, durch die Mittel» welche 
ihr zu Gebote stehen, ihre Ausgabe nach zuverlässigen 
Manuscripten, grösstenteils nach den Originalbandschrif- 
ten selbst, zu besorgen, werden wir zu künftigen Ver- 
gleichungen in den Stand gesetzt sein, Zusätze und Aus- 
lassungen in den arrangirten deutschen Ausgaben leicht 
zu erkennen, und wo eine treue Herstellung des Origi- 
nals nicht geschehen soll oder kann, wenigstens eine cri* 
tische Revision der Bearbeitung vorzunehmen und dem 
Gutdünken und Dafürhalten eines Andern das unsrige 
entgegenzusetzen . 

Es ist vor Kurzem der erste Band dieser neuen 
Sammlung erschienen und an die Theiluehmer versandt 
worden. Die Ausstattung desselben ist so, wie wir sie 
von einer englischen Prachtausgabe erwarten durften. Er 
enthält in vollständiger Partitur mit beigefügtem Ciavier- 
auszöge, die vier Anthems zur Krönung Georgs des Zwei- 
ten. 1) The king rejoiee; 2) Zadok the Priest; *) My 
beert is inditing; 4) Let the hand be strenglhened. Zu 
bald folgender Herausgabe sind vorbereitet: L'Allegro, il 
Penseroso ed il Moderato; Esther; Gantate fürdenCäei* 
lientag ; das Dettinger Te Deum, und ein Band Kammer» 
merduetten und Gantaten. 

Wie manches Werthvolle, was jetzt nur als Selten- 
heit bei Sammlern anzutreffen war, wird auf diesem 
Wege wieder zu allgemeiner Kenntniss und Anerkennung 
gelangen können. Recht sehr ist aber zu wünschen, dass 
das Verzeicbniss der Theilnehmer recht bald vollzählig 
werden möge, damit die Herausgabe schnell gefördert 
werden kann. Der Preis einer Guinee für den im ersten 



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1844. Juli- No. 30. 



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Jahre erschiesftN» Band ial Jchon jetzt, nach englischem 
Maaasstabe, nissig zu nennen; wenn bei der vollen Sab* 
scribentenzahl die Treunehmer für denselben Preis das 
Doppelte des Voiuiens empfangen, wird der Preis auch 
nach unserem Maasslabe ein sehr billiger genannt weit 
den müssen. 

Die Unterzeichnung mit Pränumeration geschieht in 
London bei Herrn Robert Addison. Für viele Städte 
Englands hat der Verein Adressen nur Empfangnahme 
von Pränumerationen angegeben. Für Frankreich finden 
wir Herrn Qeborne in Paris als Beauftragten genannt 
E» würde von unserer Seite sehr dankenswerth sein und 
dem Unternehmen selbst vielleicht nur Förderen* dienen, 
wenn es dem verehrten Directorium gefallen wollte, auch 
in einer deutschen Sladt» vielleicht in Leipzig, als einem 
literarischen Hauptpuacte, zur Unterzeichnung Gelegen- 
heit zu geben« Eine Bekanntmachung des Programms in 
dentseher Sprache und diese Erleichterung zur Theilnabme 
würden gewiss nicht verfehlen, dem Unternehmen eine be- 
deutende Zahl von Interessenten zuzuführen« — -». 



Frühlingsstagione in Italien. 

Königreich Beider Sieilieu« 

Neapel. Man erstaunt, wie tief die stolze Parthenope 
mit der Oper gesunken ist. Während letalerer im Frth- 
linge zu Mailand und Venedig, in jeder Stadt drei, zu Flo- 
renz gar fünf Theater die Pforten öffneten, waren hier 
die beiden königl. Theater S. Carlo und Fondo geschlos* 
»en. Letzteres begann zwar die Vorstellungen am 30. Mai, 
aber von einer Frühlingsstagione war keine Rede mehr. 
Neapel liefert auch in seinem neuesten Theatraljabre (Früh* 
ling 1844 bis Ende der Fasten 1845) den klarsten Beweis, 
dass Italiens überschwengliche Zahl Maestri» Sänger u.s. w., 
die Jahr aus Jahr ein rar die Theater Europa s, Asien's» 
Afrika's und Amerika'* in grösster Tbitigkeit begriffen 
sind, dem Kotzebue'eben Don Ranudo de Colibradoe wür- 
dig die Hand reichen kann« Man täusche sich ja nicht! 
Kein Geld, kein Schweizer = kein Theater» kein Italien; 
es ist im sogenannten Bei Paese das zweite Ich; sei die 
Oper, Komödie und ihre Priester gut, mittelmässig, oder 
gar schlecht: in's Theater »,muss" man geben, wäre es 
auch nur, um zu schwatzen, zu schlafen» Geschäfte ab* 
zumachen» Visiten abzustatten u. dercl. , hier ist man in 
seiner zweiten, noch dazu öconomischen Wohnung. Da 
nnn anter all* unseren dermaligen Maestri und Sängern 
nur selten Vorzügliches zu finden ist, so wird natürli- 
cherweise das Leidliche vortrefflich, das Bessere sublim» 
und im Lande der Superlative steigt Alles »»relativ' 4 in 
geometrischer Progression. Nur ein Beispiel« In Hespe- 
riens Gefilden ist jetzt Herr Verdi der sublime Jupiter» 
maestro. Man könute fragen, in welcher Hinsicht? Als 
Melodiker kann er mit Donizetti und BelUni — lassen 
wir Rossinir den Schöpfer einer musikalischen Epoche, als 
einen SolHär für sich stehen — keinen Vergleich aushal- 
ten. Ale Harmoniker, oder gar wegen neuer harmoni- 
scher Combinationeit , wegen Einheit in der MannicbfeL» 
tigkeit, wegen Gharaderistik a. s. w. ? Erstens behaup« 
ten nur Idioten, letztere vermisal toaa und Niemand küm- 



mert sich um sie. Da aber das reichhaltige Donizetti'sche 
Hauptrepertorinm , dem sich zuweilen Rossini , Betlini, 
Pacinl, Bieci und Mercadante gesellen, nach und nach, 
wie einst das Rossini'scbe , zusammenschrumpft, so hat 
die Mode den etwas bessere Waare, als seine Collegen, 
liefernden Herrn Verdi zu ihrem Liebling erwählt und 
seinen Ernani, Nabueodonosor und die Lombardi als su- 
blim gestempelt« Ein ganz ähnlicher Fall findet Statt mit 
der diesen Frühling relativ einzigen, sublimen Prima Donna 
Frezzolini, weil die Tacchinardi und Tadolini jenseits der 
Berge wirken. Es ist in der Tbat zu verwundern» dass» 
während die allermeisten Prime Doone gar bald der Last 
der heuligen Massenoper unterliegen, diese drei nicht nur 
seit mehreren Jahren es in ihr aushalten, sondern sogar 
an Kraft und Kunst zuzunehmen scheinen. Herr Verdi ist 
noch im Beginnen: seine Leistungen gehören noch der 
Zukunft an« 

Gibt das Vorausgeschickte einen Fingerzeig, wie man 
den gegenwärtigen Zustand unserer Oper und Journali- 
stik io's Auge zu fassen bat» so wird die Verwunderung 
nicht so gar ungeheuer gross sein, wenn man sieht» wie 
die volk- und geldreiche Sladt Neapel» noch dazu mit 
einem bedeutenden Zuschüsse von Seiten der Begierang, 
für S. Carlo und Fonds einen so erbärmlichen Cartellone 
vom 30. Mai bis 3. October bekannt machen konnte. Be- 
sagter Cartellone enthält mehrere exotische, zum Theil 
obscure Namea:. Prime Donna Bishop» Wilmot» Chiara 
Gualdi (beide Letzteren vom seoundären Teatro Nuovo), 
Luisa Luciaai (für die Opera buffa und ebenfalls vou je- 
nem Theater); Tenore: Malvezzi» Wenzel» Geraines; 
Bassisten; Benventani, Arati» Ongarini (sämmtlich secun- 
dae classis); Buffi Casaccia (der Beste von Allen) nnd 
Salvelti. Zwei neue Opern werden gegeben, eine von 
einem Zögling des neapolitanischen Conservatoriums, oder 
von einem Maestro napolitano zweiten Banges, die andere 
neu, oder neu für Neapel. 

Am 30. Mai, dem Namens- oder Galatage des Kö- 
nigs, wurde das Teatro Fondo mit der sehr magern Opera 
buffa Regina di Golconda von Donizetti nicht glänzend 
eröJFoet; die Bishop, Herr Wenzel u. s. w. trugen einen 
ehrwürdigen Fiasco davon» Ilpreventivo £arrtsto> ossia 
il debitore, neue Oper vom neuen Maestro Francesco 
AltoviUm, worin die Gualdi, die Altistin Caly, die Her- 
ren Wenzel, Casaccia und Salvetti wirkten, fand kaum 
in zwei Duetten des ersten und in einem Terzette des 
zweiten Actes einige Aufmunterung. 

(Teatro Nuovo.) Der Cartellone der neuen Impresa 
dieses Theaters für's uene Theateriahr enthält auch keine 
ausgezeichnete Gesellschaft. In Allem werden 240 Vor* 
Stellungen gegeben, worunter zehn neue Opern, nämlich 
fünf neue für Neapel» fünf eigens componirte. In Belli* 
ni's Sonnambula , worin die Zeocbini, Tenor Labocetta 
und Bassist Vita sangen, ging Alles schlecht. Besser ging 
Doaizetti's Ajo nell* tmbarazso mit dem bekannten Buffo 
Lusio, dem zur Seite die Caranti nnd Silvestri, Tenor 
Teste nnd Bassist De Bosa sangen, wenigstens konnte 
man sagen x post nobile, Phoebue* Der Olivo e Pasquale 
von Ebendestselhen fiel abermals durch. In Bellini's wei- 
nerlicher Beatrice di Tenda fand die Zeocbini und der 
kalte Bassist Gnont einigen Anklang; die De Rosa, welche 



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1844. Juli. No. 30. 



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die Agnese sang, bat eine hübsche Figur. In der nenen 
Oper L'invitato ad una festa di maschera, vom neuen 
Maestro Sig. Valente, sang die Caranli, Tenor Labo- 
cetta, Luzio und Vilo. Die leichte Musik fand in einigen 
Stücken ziemlich starken Applaus. 

(Teatro Fenice.) Eine Actionärgesellscbaft von 60 
Acüeu, jede zu 40 Ducati (beiläufig so viel Tbaler), ba- 
ben dies kleine Theater dritten Ranges zum zweiten 
Bange erhoben. Nebst einigen alten Opern wurde Doni- 
zetli's Linda di Chamounix nicht übel gegeben. Es san- 
gen darin die Marcbesini (hübsche Figur und Stimme), 
die Bazzani, Tenor Laudami(vom Teatro Nuovo), Buffo 
Savoja und Bassist Fischetti. Es ist überflüssig, zu fra- 
gen , ob distonirt worden sei ; jetzt distonirt man auch 
auf S. Carlo und in allen Tbeateru Italiens. 

Kirchenstaat« 

Rom. Am zweiten Ostertage gab Herr Landsberg 
aus Breslau das letzte grosse Musikfest der Stagione. 
Erste Hälfte. Ave verum corpus von Mozart. Chor aus 
Mendelssohn 9 * Paulus : Stimar dobbiam beato (vom Mar* 
chese und Maestro Domenico Capranica aus dem Deut* 
sehen übersetzt). Toccata für Pianoforte von Seb. Bach* 
Das Halleluja aus Händets Messias« Zweite Hälfte. In- 
troduetion aus fVeber's Oberou. Cbor aus Idomeneo von 
Mozart. Finale mit Soli und Chören aus dessen Don 
Juan. Quartett mit Chor von Meyerbeer. Unter der über 
800 Personen starken Zahl der Zuhörer befanden sich 
die Prinzessin Mariq von Sachsen, der Grossberzog von 
Mecklenburg- Schwerin, die Erbprinzen von Lippe und 
Schwarzburg- Budolstadt, fast alle Herren und Damen des 
diplomatischen Corps, und andere Einheimische und Fremde. 
Stark war der Beifall, und der Ausspruch des grössten 
Theils 4er Zuhörer : man habe eine solche Musik noch 
nie in Rom gehört, und Herr Landsberg verdiene das 
allergrösste Lob. — Seine Soirees musicales endigten am 
19. April. — NB. Mendelssohn s Paulus wird hier in's 
Italienische übersetzt und in 14 Heften herausgegeben. 

(Teatro Argentina.) Donizetti's Belisario machte den 
Anfang der Stagione. Der von hier gebürtige Bassist Co- 
lini hat etwas Kehlstimme, gehört aber im Ganzen zu 
den besseren Virtuosi, und wurde auch als Protagonist von 
seinen Landsleuten stark applaudirt. DieLeva, mit star- 
ker umfangsreicher Sopranstimme, sang die Antonina ziem- 
lich gut ; die zum ersten Male die Bühne betretende Elisa 
Frisoni, mit angenehmer Stimme und gutem Gesänge, 
fand Aufmunterung. Der französische Bassist Bordas kann 
vielleicht etwas werden. Die neue Oper Luisa di Fran- 
cia, eigentlich La Duchessa de la Vaüikre, vom Mae- 
stro Campana, zog erst in der Folge theilweise an ; die 
sehr lärmende unbedeutende Musik ist mit ihren Ver- 
wandten Giulio d'Este und Vannina d'Ornano desselben' 
Autors von einem Schlage. In dieser Luisa sangen die 
Gruiz, Tenor Fedor (eigentlich Wilhelm Becker, ein 
Russe, von dem bereits in diesen Blättern die Rede war) 
und Bassist Colini. Letzterer machte hierauf einen Fana- 
tismo in Donizetti's Torquato Tasso ; die Bravo's und Ev- 
viva Colini! wurden im Unisono in den hoben Octaven 
aus allen Winkeln des Theaters geschrieen. Eine Fort- 
setzung dieses Geschreis und Gepolters liess sieb nach* 



her in Verdi'« hier neue» Erbani vernehmen, worin die 
Leva, die Veili, Tenor Ciaffct (wieder ein' Landsmann) 
und Colini wirkten. In Oeslerreicbe Hauptstadt, wo die- 
ser Ernani so eben Furore gemacht, adelten die Wiener 
Zeitschriften insbesondere den grossen Lärm der Blech- 
instrumente in jener Oper, wogegen die italienischen Jour- 
nale diesen Lärm ganz ignoriren wollen, um nnr ihren 
Idolo zu verherrlichen. 

(Teatro Valle.) InBellini's Sonnambula fanden die Bis- 
hop und Tenor Malvezzi kaum theilweise Anklang; das 
Ganze ging nicht gut. Donizetti's Anna Bolena, mit der 
hübschen Stefanone, ging Anfangs, des Tenors wegen, 
ebenfalls nicht gut; als dieser aber von Herrn Deila Lurga 
abgelöst wurde, machte die Oper beinahe Furore. Bassist 
war Herr Fedrighini, die Seymour gab die Olivieri, den 
Smeton die zum ersten Male die Bühne betretende Alti- 
stin Concetti, mit hübscher umfangreicher Stimme und 
guter Methode. In der Lucia di Lammermoor, wieder von 
Donizetti, mit der Bishop, Tenor Malvezzi, den Bassisten 
Staffolini und Pozzolini, erregte der Tenor den ersten, 
und die Bishop (!) einen zweiten Furore. Letztere ist in 
Rouladen, Trillern, chromatischen Läufen und Fiorituren 
aller Art sehr freigebig, und gefallt sonderbarerweise un- 
gemein in Rom und Neapel. Wegen ihrer Abreise nach 
letzterer Hauptstadt ersetzte sie in der Lucia die WJ1- 
mot; aber schon nach zwei Vorstellungen gab man die 
Gemma di Vergy, abermals von Donizetti, mit der Stef- 
fanone. Die Wilmot sang hierauf im Roberto d'Evreux, 
wieder von Donizetti , und hatte als Adjutanten die Oli- 
vieri, Tenor Malvezzi und den Bassisten Pozzolini. Am 
2. Juni gab man endlich die hier neue Oper II depor- 
tato in America (ursprünglich II 20. d'agosto) , del Mae- 
stro Aspa, zum ersten und letzten Male. Man kehrte 
schnell zum italienischen Wiener Hofcapellmeister zurück. 

Auf Argentina liess sich ein neapolitaner Flötist in 
den Zwischenacten mit vielem Beifall hören. Auch die 
Bishop und Herr Bochsa versäumten nicht, ihre beson- 
dere musikalische Academie zu geben. 

Herr Alessandro Carcano, ein hier ansässiger ade- 
liger Mailänder, zugleich Maestro, kündigte im Mai eiue 
unier dem Titel: ,,Antologia musicale di Roma" zwei- 
mal monatlich herauszugebende neue musikalische Zeit- 
schrill an. Diese soll sieb mit dem historischen, biblio- 
graphischen, ästhetischen Theile der Musik, mit der Kri- 
tik und den neuesten Erfindungen in ihr beschäftigen. 
In ersterer Hinsiebt verspricht er noch ganz unbekannte 
musikalische Documente bekannt zu machen. Herr Car- 
cano hat unter andern zwei köstliche Stützen an Santini 
und Baini$ aber Letzlerer, seine Hauptstütze, ist nicht 
mehr. 

Zum. grössten Bedauern aller Römer starb hier am 
21. Mai der als Componist und Schriftsteller bekannte 
Abbate Giuseppe Baini, geboren zu Rom den 21. Oeto- 
ber 1775. Im Seminario, wo er Philosophie und Theolo- 
gie sludirte, erlernte er auch den Ganto Gregoriano un- 
ter J). Stefano Silveira, und aus Palestrina's Werken 
die Figuralmusik. Seit 1795 sang er als Bassist in der 
päpstlichen Gapelle, und studirte dabei den Contrapunct 
unter Herrn Giuseppe Tanneconi; 1804 wurde erGoncert- 
director in benannter Gapelle. 1810 erhielt er eine Ein- 



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1844» Juli. No. 30. 



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ladung als kaiserl. Gapellmeister nach Ptria» die er aber 
ablehnte. 1814 wurde er zum Generatdirector obiger Ga- 
pelle ernannt, welche Stelle er bis zu seinem Tode be- 
kleidete. — Die von ihm bekannt gemachten Gomposi- 
tionen sind: vier- and achtstimmige Salroi and Ioni, eine 
Messe für Chardienstag, viele Kirchenmusik für die spa- 
nischen Könige Carl IV. und Ferdinand VII., ein zehn- 
stimmiges Miserere als Fortsetzung der beiden von Gre- 
gorio AUegri und Tommaso Bai, mehrere andere vier- 
bis zwölfstimmige Kirchenmusik; sodann das Leben Pale- 
strina's, und ein Versuch über die Identität des musika- 
lischen und poetischen Rhythmus* 

Civitaoecchia. Auch in diesem päpstlichen Seehafen 
am mittelländischen Meere ist ein neuerbautes schönes 
Theater und Oper. Dieser neue Tempel heisst: 

Teatro Trajaoo. Die beiden gegebenen Opern waren 
Donizetti's Lucrezia Borgia und Mercadante's Vestale: 
zwei Antipoden in Betreff des melodischen Gehalts. Er- 
stere hat natürlicherweise weit mehr gefallen. Die Ra- 
nieri-Morini und Tenor Pedrazzi. Veteranen und abgenutzt, 
die Altistin Taglioni mit hübschem Gesänge und schwacher 
Stimme, Bassist Ferri, mit starker Stimme nnd keinem 
vortrefflichen Gesänge, waren die Hauptzierden, und da 
hier nie Oper gegeben wurde, so war man überhaupt 
mehr als zufrieden. Die in der zweiten Hälfte Juni 's ge- 
gebene neue Oper: // Rapimento delle spose Veneziane 
vom neuen Maestro Gaetano De Lauretis, hatte einen 
jungen Grafen zum Dichter; Beide fanden starke Aufmun- 
terung, zuletzt Blumenkränze, Gedichte u. s, w. 

Ancona. Eine respectable Sängergesellschaft wirkte 
hier in der diesjährigen Haupt- (Cartelio-) Stagione. Aus- 
ser der De Giulj Bossi und dem Bassisten Badiali (Beide 
von der Fiera di Reggio [s. d.]) waren hier noch die 
beiden Prime Donne Barbieri und Cignozzi, die Tenore 
Musich und Lucchesi, nebst den Bassisten Bonconi (Seb.) 
und Porto (sämmtlich aus Forli (s. d.) angekommen). 
Den 27. Mai wurde das Theater mit Donizetti's Anna 
Bolena eröffnet, worin sich besonders die Barbieri und 
Tenor Musich auszeichneten. Einen grossen Fanatismo 
machte am 11. Juni die Oper Bonijazio de 9 Geremei del 
Maestro Principe Poniatowsty, wiewohl sie bis halb 2 Uhr 
gedauert hatte. Der Maestro wurde über dreissig Mal her- 
vorgerufen : Musik, Sänger, Orchester, Alles war sublim, 
so wenigstens sagt das Unisono der italienischen Blätter. 

Guobio. Seit ziemlich langer Zeit entbehrten wir 
einer befriedigenden Gesellschaft der Virtuosi; die von 
diesem Frühling war kaum leidlich; wir hörten die fa- 
mose Lucia di Lammermoor, eine Hauptperle der Doni- 
zetti'schen sehr langen Opernperlenschnur. Die Polidori 
hat als Lucia Aller Herzen gerührt; Tenor Pavoni war 
für einen Edgardo etwas zu schwach, und Bassist Cresci 
noch zu sehr Anfänger, um als Asthon zu glänzen. In 
seinem Benefize spielte seine Schwester, die Prima Donna 
Teresina Cresci, ein Fantasie und Variationen für Piano- 
forte von Herz und erregte Enthusiasmus. 

Rimmi. Rioci's Chi dura vince gefiel — in der Folge 
— ungemein. Die Zani entzückte Alles! Der von einer 
Uupässlichkeit hergestellte Tenor Scalari, mit angeneh- 
mer Stimme, machte das Publicum vor Freude rasend, 
so oft er das a nahm. Buffo PetrazzoU verstand Klat- 



ßchereien hervorzubringen. Bassist Baroni, ein Schüler 
Marchesi's zu Bologna, machte sich Ehre. 

Ravenna. Die Prima Donna Moltini, vom Mailänder 
Conservatorium, Tenor Milesi, die Bassisten Ferlotti und 
Fallardi, im Ganzen eine löbliche Gesellschaft, erwarben 
sich hier ungemeinen Beifall in Bellini's Puritani, worin 
das Hauptstück, das Bassistenduelt im zweiten Act, wie- 
derholt werden musste. Donizetti's Marino Faliero gab 
den Puritani nichts nach. Ferlotti, der freilich kein all- 
zusehr entzückender Sänger ist, gab die Titelrolle zu völ- 
liger Zufriedenheit der Zuhörer« 

Forli. Drei Opern liefen hier glücklich vom Stapel. 
Verdi's Nabucodonosor , der erst in der Folge mehr an- 
zog; die Barbieri- Nini war die ausgezeichnetste , nach 
ihr Bassist Ronconi (Seb.) in der Titelrolle, ein vortreff- 
licher Sänger und Distonirer in einer Person. Auch die 
Comprimaria Cignozzi, Tenor Lucchesi und Bassist Porto 
trugen zum Gelingen des Ganzen vorteilhaft bei. Die 
Barbieri triumphirte sodann in Donizetti's Anna Bolena, 
worin die Anfängerin Brambilla (Carlotta) den Smeton, 
Tenor Musich den Percy und Porto den Enrico machte. 
Eine etwas minder günstige Aufnahme fand Donizetti's 
Marino Faliero. 

(Fortsetzung folgt.) 



Feuilleton. 



Am 24. Juni fand in Krenzliogen bei Constanz das grosse 
schweizerische Mosikfest Stau. Von der grossen offenen Halle am 
Bodensee zogen sammtiicbc Vereine mit Musik nnd Fahnen, unter 
dem Geläute der KLosterglocken und Geschützesdonner, nach dem 
Kloster Kreuzungen, wo die Gesang vor trage im Klosterhofe gehal- 
ten wurden. Die Lieder (meist von Kolliwoda, Nägeli, Zumsteeg 
nnd Sehmalholz) brachten zwar, so schreibt man, im Freien nicht 
die gewünschte Wirkung hervor, doch war das Fest schon und 
erhebend. 



Baffe bat die Partitur seiner Oper : „ Der Liebesbrannen " 
dem Könige der Franzosen gewidmet und von demselben dafür eine 
mit dem Bildnisse dee Monarchen versebene grosse Medaille erhalten. 

Der regierende Herzog von Sachsen- Coburg - Gotha ist auch 
Componi8t; eine Cantate von ihm sollte zu Ehren der Herzogin 
voo Keot und des Fürsten von Leiningen , die bei ihm zum Be- 
suche waren , im Theater aufgeführt werden. 

Das Weimar'sche Hoftheater wurde am 30. Juni mit einer 
nenen komischen Oper: „König und Pächter," Buch von Bieden- 
feld (nach dem Lustspiele: Carl XII. auf Rügen), Musik von Zote, 
geschlossen. — Die Oper fand Beifall. 

Die italienische Theatergesellschaft zu Lenden gab am 20. 
Juni eine neue Oper von Costa, Namens Don Carlos, deren Buch 
treu nach Schiller verfasst ist. Sie machte Glück. 



Der Dommusikverein und das Mozarteum zu Salzburg machen 
bekannt, dass, als Wiederholung des im vorigen Jahre begangenen 
Mozartfestes, auch dieses Jahr am 4. September ein Musikfest ge- 
feiert werden seil. Besondere Einladungen an Einzelne erfolgen 
nicht; es sind vielmehr alle Kunstfreunde nnd Verehrer Mozarts 
im Allgemeinen eingeladen. Die Gäste haben sieh bis zum 15. Au- 
gust beim Secretariat des Vereins zu melden und den Hauptpro- 
ben (den %. und 3. September) beizuwohnen ; wollen sie Solostücke 
vortragen, so haben sie diese zugleich anzuzeigen nnd die Aufle* 
abstimmen zur Begleitung einzusenden. — Uebrigeas «ollen auch 
Composttioaen von anderen Meistern, als Mozart, aufgeführt wer- 
den. 



Ml 



1844. Juli. No. 30. 



512 



Ankündigungen. 



welche so ehe» 

im Verlag von Breitkopf Jk Hfirtel in Leipzig 

erschienen und durch alle Bück- und Musikalienkaodluogen zu 
beziehen sind t Tn j r< ^^ 

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Pionoforte. (No. 98 der Sammlung ton Potpourri'«.)... — SO 

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taisie pour le Piano. Op. 135 ...» • « — 15 

Ehrllck, C F., Romance de 1'Opera: Otello, trau- 

scrite ponr le Piano — 10 

Hasen, 3. B», deutsche Gesang« und ein Toast für 
tierstimmigen Maonerckor. Op. 5. Partitar o. Stimmen. I 8 

Kalkbrenner» F., Souvenirs de la Sirene« Opern 

d'Auber. FanUitle ponr le Piano. Op« 180 — 25 

Ijaaekk, €?•, Inlroduction et Air a la Styrieune ponr 
le Piano atee accomp. de Violoncelle obligl — SO 

et F« A» Ktlffmttitr, tntroduclieu et VnlM de 

Fantaisie pour le Piano otec accomp. de Violon et Vio* 
lencdle. S # Serie — S5 

Iieearpentler, A», S petiti Amnsemens ponr le Piano, 
composes et soigneusenlent doigtes. No. t. Je m'en mo- 
quede Beouplou. Wo. S. Leootine deMarauerie. Op. 87. a — 10 

4S« Bagatelle snr des Romances de rAllmm de 

Mlle. Lia Duport, pour le Piano.. • — ISf 

Lenz, Wa» 9 Vierstimmige Liederchöre für Männerstim- 
men. Op. 37. 2 Hefte. Partitur und Stimmen a I 3 

BEOBart, IV* A*. 4« Symphonie in C dar mit der Fuge, 
für Orchester S 15 

Oftborae. €*• A», Fantaisie sur des motifs de l'Opera: 
Charles VI. ponr le Piano. Op. 48 fc — SO 

PergOlefje, Stabat mater, transcrlt pour le Piano o« 

Orgne par Franceis Hunten ...t.........,..«..*.»..».... I 10 

ROftellen, M. # Fantaisie et Variation* brillantes snr 
des motifs de l'Opera i La Sirene d'Auber* ponr le Pinto» 
Op. 66 s — 95 

ftehlatlebaek» Jul», 5 Gesinge für eine Bariton* 
oder Mezzo- Sopran- Stimme mit Begleitung des Pmno» 
forte. Op. 13 4 — SO 

Thalberg, S., 5 Etüden ms Opus S6 für das Pia- 
noforte tu 4 Händen arrangfirt. No. 1. S. 4. 5. 9. u — 10 

Grande Fantaisie snr l'Opera : Semiramide de Ros- 
sini, urrungee ponr le Piano ä 4 mains. Op. 51 ...... 1 15 

Wlelkorskl, •!•• Grande Fantaisie sur des motifs du 

Pirate de Bellini, pour le Piano. Op. 13...» 1 — 

_ _ 5n» Impremptu pour le Piano. Op. 14» — lfli 



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515 



514 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 31**» Juli. 



M 31. 



1844. 



Inhalt t Becennon: Der Fall Babylons. — Nachrichten, Aas Prag. Frühlingsopern in Italien. (Fortsetzung.) — Feuilleton, 
kündigungen. 



4n- 



R 



E G E R 8 I O N. 



Der Fall Babylons, Oratorium in zwei Abtbeilungen, nach 
dem Englischen des Prof. Taylor von Fr. Oetker; 
in Musik gesetzt von Louis Spohr. Leipzig, bei Breit- 
kopf und Härtel. Partitur: Pr. 15 Thlr. (Ciavieraus- 
zug: Pr. 6 Thlr. 15 Ngr. Solo- und Chorstimmen: 
Preis 5 Thlr.) 

Referent kann die Bemerkung nicht unierdrücken, 
dass es ihm scheint, als seien in dem nächstvergangenen 
Zeiträume Aufführungen von Oratorien weit seltener ge- 
wesen» als es wohl in früheren Jahren der Fall war ; na- 
mentlich sind die schönen Werke Spohr's in dieser Gat- 
tung offenbar viel weniger zur Ausführung gekommen, 
als sie es ihrem innern Wertbe nach verdienen. Das 
vorliegende neueste Oratorium des verehrten Meisters wird 
nun vorzüglich geeignet sein, das Interesse grösserer Ge- 
sangvereine in Anspruch zn nehmen und zu möglichst 
imposanter Ausführung aufzufordern. Bekanntlich schrieb 
es der Meister zunächst für England, wo es mit dem glän- 
zendsten Erfolge aufgeführt wurde. Wenn wir nun auch 
diesem englischen Erfolge nicht mit apodiclischer Zuver- 
sicht als Norm für den Continent vertraueu möchten, so 
tritt uns doch die Bürgschaft für einen deutschen Erfolg 
vollgillig aus dem Werke selbst entgegen. *) 

Ehe wir die specielle Besprechung dieses interessan- 
ten Werkes beginnen, sei uns zuvor eine Bemerkung 
vergönnt, die in Bezug auf das vorliegende Oratorium 
nicht ganz unangemessen erscheinen dürfte. 

Rein schaffender Tonkünstler der Mitwelt kann und 
will vielleicht so wenig seine Individualität verleugnen, 
ja wir möchten sagen, kein Componist der Gegenwart 
darf einen so eigentümlichen Styl in Anspruch nehmen, 
wie unser Spohr, einen Styl, der selbst in einzelnen 
Wendungen und Rennzeichen sich bestimmt nachweisen 
lässt. Man bat indess diese Eigentümlichkeit oder Selb- 
ständigkeit dem trefflichen Tondichter keineswegs als ent- 
schiedenen Vorzug angerechnet, und selbst Diejenigen, 
welche ihn am Innigsten lieben und am Tiefsten in sein 
künstlerisches Schaffen und Walten eingedrungen sind, 

*) lodern wir dies niederschreiben , erfahret) wir zu unserer 
Freude, data für den nächsten Herbst eine grossartige Auf- 
fahrens; dieses Werkes in Brann schweig vorbereitet wird. 

Der JRecensenl. 



46. Jahrgang. 



haben wohl oft gewünscht, jene notae ckaracteristicae 
möchten weniger in seinen Werken hervortreten. Nach 
sorgfaltiger und prüfender Durchsieht des vorliegenden 
Werkes glauben wir nun mit einer fast freudigen lieber- 
raschuug die Versicherung aussprechen zu können, dass 
die oben bezeichneten Erkennungszeichen oder Styleigen- 
heiten (die wohl zuweilen auch als blose Angewöhnun- 
gen sich erweisen dürften) in diesem Oratorium bei Wei- 
tem nicht so häufig hervortreten, als in vielen anderen 
Werken des Meisters. Da es uns nun sehr oft hat schei- 
nen wollen , als wären jene Styleigenheiten , namentlich 
ein gewisses harmonisches Brüten, Häufung naher Inter- 
valle u. dcrgl., gerade da am Meisten zu finden, wo der 
eigentliche Gedanke , die schöpferische Inspiration nicht 
eben am Glänzendsten erscheint, so dürfen wir wobl kaum 
ein Missverständniss furchten, wenn wir dem Componi- 
sten diese Selbstverläognung als bedeutenden Vorzug an- 
rechnen und aus demselben Grunde dieses sein neuestes 
Oratorium für sein vorzüglichste* erklären, da es sieh 
eben so durch Gedankenreich thum, wie durch Gedanken- 
sebönbeit auszeichnet. 

Es weht uns aus diesem Werke eine gewisse Ideen- 
frische nnd lebenskräftige Energie entgegen : die Solo- 
gesänge siud voll Anmuth und höchst sangbar; sie lei- 
den nur selten an jener einengenden und ermüdenden 
harmonischen Begleitung, womit der Meister wohl hier 
nnd da die Cantilene beeinträchtigt. Die Chöre sind fast 
alle von trefflicher Conception, und namentlich treten die, 
welche Kraft und Glanz zu schildern haben, nach Moti- 
ven und Führung, durch eigentümliche Haltung und 
Struclur wahrhaft imponirend vor uns auf; ja, in einigen 
verleugnet der Meister seine Individualität so entschieden, 
dass man kaum an *sie erinnert wird. Möge man diese 
Erscheinung nun als Vorzug gelten lassen, oder nicht: 
so viel steht für uns fest, dass Spohr's Productionsver- 
mögen durch das vorliegend* Werk als vollgiltig bewährt 
erscheint, und dass wir daraus die freudige Hoffnung 
schöpfen können, der wackere Meister werde noch viele 
schöne Werke schaffen, ehe sein Genius die Flügel senkt» 

Was die Dichtung dieses Oratoriums betrifft, so ist 
es wohl auch ohne das Titelblatt hinlänglich bekannt, 
dass der ursprüngliche Text von einem englischen Dich- 
ter, Prof. Taylor, herrührt und von Fr. Oetker in's Deut- 
sche übertragen wurde, Wäre es uns allerdings aus meh- 
reren Gründen wünschenswerth gewesen, das englische 

5i 



515 



1844. Juli. No. 31. 



516 



Original mit der deutschen Bearbeitung vergleichen zu 
können, so dürfen wir doch versichern, dass die deut- 
sche Unterlegung sieb fast immer sehr fügsam zeigt, so 
dass wir wohl nicht mit Unrecht annehmen, der Meister 
h*be bei dieser Composition mehr, oder doch gleichmäs- 
gig, die deutsche Bearbeitung, wie das englische Original 
vor Augen gehabt; bei einigen Wendungen und Accen- 
ten erscheint dies wenigstens ganz unzweifelhaft. Der 
Dichter, der, wie wir vernehmen, selbst musikalisch ge- 
bildet sein soll, wird dann wahrscheinlich bei der Accom- 
modation des englischen Idioms thätig gewesen sein. Wie 
dem auch sei : die Dichtung , wie wir sie nun mit der 
trefflichen Musik empfangen, ist eine würdige, und recht 
wohl geeignet für eine musikalische Illustration ; nur hier 
und da bietet sie einige Härten und Absonderlichkeiten, 
die indess theils leicht vergütet, theils beseitigt werden 
können. 

Wir lassen nun eine kurze Cbaracteristik der ein- 
zelnen Sätze des ausgezeichneten Werkes folgen, die in- 
dess mehr dazu dienen soll, die öffentliche Aufmerksam- 
keit auf die werthvolle Schöpfung zu leiten, als ein voll- 
ständiges Bild des Ganzen zu geben, was ohnedies bei 
dem Umfange des Werkes kaum angemessen erscheinen 
dürfte. 

Die Ouvertüre beginnt mit einem lugubren Andante 
in Esmoll, in welchem die schön geführten Blasinstru- 
mente bei edler Harmonieenfolge wirkungsvoll dominiren. 
Daran schliesst sich ein symmetrisch angelegtes und con- 
sequent durchgeführtes Allegro moderato in Esdur. Wenn 
auch der Grundgedanke nicht eben neu und bedeutsam 
erscheint, so muss doch seine Behandlung als sehr vor- 
züglich bezeichnet werden. Durch die vorherrschend ge- 
bundene Schreibart, wie durch Würde und Kraft der Mo- 
dulation eignet sich dies interessante, sorgsam ausgear- 
beitete Musikstück jedenfalls trefflich dazu, ein so ernstes 
Werk anzukündigen und auf dasselbe vorzubereiten. Sind 
einige Modulationen und Wendungen auch in der Form 
und Weise, wie sie uns bei dem wertben Meister nicht 
mehr überraschen, so sichert doch der heroische Auf- 
schwung, der die Ouvertüre und namentlich gegen das 
Ende bin auszeichnet, dem Ganzen einen frischen und schö- 
nen Eindruck. Eigentümlich ist noch die Art, wie Spohr, 
nach dem vollkommenen Schlüsse in der Tonica , diesen 
Schluss mit dem darauf folgenden Chore in Znsammen- 
hang bringt. 

Dieser erste Chor der Juden (mit der Bezeichnung: 
An den Ufern des Euphrat bei Babylon) atbmet wahrhaft 
religiöse Demuth und Innigkeit des Gefühls. Er ist mu- 
sterhaft geführt und trefflich declamirt. Der fugirte Mit- 
telsatz lässt den darauf folgenden Gesammteintritt der 
vier Stimmen um so wirksamer erscheinen. Die bezeich« 
sende und treffende Weise, in welcher die Worte: „ge- 
fesselt, unterdrückt, gefangen" melodisch, metrisch und 
harmonisch wiedergegeben sind, verdient besonders her* 
vorgehoben zu werden. Das schöne Ebenmaass des gan- 
zen Baues dieses Chors gibt demselben jene wobllhuende 
Abrundung und künstlerische Einheit, die den Eindruck 
erst recht nachhaltig macht. In Bezug auf unsere frühere 
Aeueserung ist nnn dieser schöne Chor gerade eines je- 
ner Musikstücke, in welchem die oben bezeichneten Styl- 



Eigenheiten Spohr's fast gar nicht bemerkbar werden: 
das Ganze ist ein schöner Guss, den selbst zuletzt noch 
die neu -kräftige Schlussform krönt« 

Auf diesen Chor folgt Recitaüv und Arie Daniel'», 
der darin seine Sympathie mit dem Unglücke seines be- 
drängten Volkes in schöner, ergreifender Weise aus- 
spricht. Die Arie namentlich (Larghetto con rooto, As dur) 
ist so weich und in fliessender Cantilene gehalten, dass 
sie, von einer biegsamen Tenorstimme vorgetragen, von 
der eindringendsten Wirkung sein muss. Im Rhythmus 
des %-Tactes beginnend, veranlasst das mit dem %- 
Tact wechselnde Metrum, ohne die eigentliche Bewegung 
zu unterbrechen, bei zunehmender Wärme des Ausdrucks, 
eine dem Ganzen sehr günstige, trefflich motivirte Auf- 
regung. Vorzüglich ist dies der Fall bei dem zweiten 
Eintritte dieses neuen Rhythmus, wo vorzüglich die enhar- 
monisebe Verwechslung zur Steigerung des Ausdruckes 
höchst bedeutsam benutzt ist. Die Zurückführung bei den 
Worten: „0 wecke neu die alte Kraft!*' ist so unge- 
zwungen als ergreifend, und schliesst consequent und be- 
ruhigend dies tief empfundene Gesangstück. ^ 

Ein wahres Meisterstück nach Conception und Aus- 
führung ist der nun folgende Chor der Juden, Allegro, 
%, Frooll, beginnend mit den Worten: „Der Löwe ist 
vom Lager gesprungen. *' Das characteristische , lebens- 
volle Moüv: 



ls$ 



fet 



r j» J- J 1 j»lg 



Der LÖ - we ist vom La - ger ge- spran-gen 
ist so consequent durchgeführt und von solchem wahrhaft 
dramatischen Ausdrucke durchdrungen, bei aller Mannich- 
faltigkeit der Wendungen und Gruppirungen ist doch die 
künstlerische Einheit so glücklich bewahrt, dass das Ganze 
einen Totaleindruck hervorbringt, wie ihn nur ein voll- 
kommen abgeschlossenes Kunstwerk gewähren kann. Wie 
überhaupt ein ununterbrochener Strom von Modulationen 
das Ganze durebwogt und das Gefühl in steter Aufregung 
erhalt, so ist es vorzüglich der glückliebe und wirksame 
Gebrauch der Gegensätze, der diesen characteristischen 
Chor so bedeutend' macht. So wirkt z. B. der ruhig und 
voll dahinströmende Chorgesang um so mächtiger, weil 
gleichzeitig das Orchester durch das in vielgestaltiger 
Weise dargelegte, oben bezeichnete Motiv einen höchst 
lebendigen Gegensatz dazu bildet. Ueberblickt man das 
Ganze in der Partitur, so wird man mit Erstaunen ge- 
wahr, dass jenes Motiv in dem ganzen, ziemlich um- 
fangreichen Satze, mit Ausnahme weniger episodischer 
Verbindungstacte, fast ganz allein den Stoff bildet, indem 
das erwähnte Thema entweder von dem Chor, oder dem 
Orchester, zuweilen auch von Beiden vereint ausgespro- 
chen wird. Es könnte nun fast unvermeidlich scheinen» 
dass durch diese fast unaufhörliche Wiederkehr endlich 
Monotonie herbeigeführt würde; durchforscht man aber 
das Ganze genauer, so bemerkt man mit neuer Ueberra- 
schung, wie alle jene unzähligen Wiederholungen voll- 
kommen motivirt, und auf irgend eine Weise auch so 
sinnig modificirt und gesteigert wurden, dass der Ge- 
danke bis zum Schlüsse neu und fast nothwendig erscheint. 
Mit No. 5 befinden wir uns im persischen Lager. 
Cyrus spricht in einem imposanten Recitativ, das oft in 



517 



1844. Juli. No. 51. 



818 



das Arioso übergeht, mit freudiger Zuversicht die Be- 
deutsamkeit seiaer erhabenen Mission aas, dem bedräng- 
ten Volke der Hebräer zu Hilfe zu eilen. Die darauf fol- 
gende Cavatine No. 6, mit ganz einfacher Orcheslerbe- 
gleitung, ist mehr ein Ausdruck demüthiger Unterwer- 
fung in den Willen des Ewigen,, während sich in der 
unmittelbar darauf folgenden grossen Arie mit Chor freu- 
diger Muth und hohe Begeisterung schwungvoll ausspre- 
chen. Der in die Arie verwebte Chor ist keineswegs blos 
hegleitender Art 5 er ist vielmehr so selbständig, dass wir 
fast furchten , er werde bei der Ausführung die Solo- 
stimme oft beeinträchtigen und die klare Auffassung er- 
schweren, zumal da der Chor, selbst den Worten nach, 
seinen eigenen Weg verfolgt, und der Tenor sich fast 
immer über die Lage des Solobariton erhebt. Es wird je- 
denfalls eine imposante, klangvolle Stimme dazu gehö- 
ren , die Herrschaft zu behaupten , Discretion des Chors 
vorausgesetzt. Werden indess diese Bedingungen erfüllt, 
dann wird der Erfolg unzweifelhaft sein 5 einzelne Licht- 
puncte werden jedenfalls mächtig hervortreten. 

Zu diesem kräftigen und glänzenden Musikstücke bil- 
det die folgende Sopranarie einen so milden, rührenden 
Gegensatz, wie man sich ihn kaum schöner denken kann. 
Der Componist bezeichnet die . Situation also: ,,Haus in 
Babylon; eine Jüdin an der Wiege ihres Kindes. 4 * — 
Wie schön und empfindungsvoll ist dies Wiegenlied! 
Welch tiefer Schmerz, doch immer durch religiöse Be- 
ziehung veredelt, spricht sich darin aus! — Das Lied 
ist so trefflich erfunden, von so innigem Gefühl durch- 
weht, dass es seine Wirkung mit einfacher Pianofortebe- 
gleitung nicht verfehlen würde; aber so reizend und nian- 
nichfaltig, wie es hier von einer höchst kunstreichen, 
sorgsam gearbeiteten Orchesterbegleitung gehoben erscheint, 
rechnen wir es zu den schönsten Gaben von Spohr's 
Genius. Auch das folgende Duett zwischen Sopran und 
Tenor ist in edlem Styl geschrieben und von trefflicher 
Haltung. Hier und da tritt incfoss die Eigenheit Spohr's, 
sich zu häufig in engen Intervallen zu bewegen , nicht 
undeutlich hervor, und hemmt vielleicht den freien, vol- 
len Eindruck des Ganzen. 

Der darauf folgende Chor der persischen Krieger 
(Marziale, Ddur, %) hat in seiner compacten Form et- 
was ungemein Bezeichnendes, Energisches; das unge- 
trennte, gleichzeitige Fortschreiten der enggefügten Män- 
nerstimmen cbaracterisirl ungesucht die Situation, und 
die kräftig- kecke Betonung, die kurzen Rhythmen, wie 
die einfache, aber belebende Modulation vereinigen sieb, 
diesem extensiv ziemlich beschränkten Chor eine inten- 
sive Wirkung zu verleihen. Die kurze, düster gehaltene 
Episode : „Schläfst noch, deiner Kraft vertrauend/ 4 hebt 
den mllthig deeidirten Eintritt: „Wache aufl" nur um 
so kräftiger hervor. 

(Besehluss folgt.) 



Nachrichten* 



Prag. Unsere Oper brachte in der letzten Zeit durch- 
aus keine Neuigkeit, nur eine neue Mise en seine von 
Rossint s „Wilhelm Teil, " zum Vortneile des Herrn 



Eduard Kunz, und wenige Taee nachher eine Reprise 
derselben Oper zum Vortneile des sämmtlicben Chorper- 
sonals, worin Dem. Ber gauer, Schülerin der Mad. San* 
drini, in der Rolle der Mathilde einen theatralischen Ver* 
such wagte, der als solcher recht erfreulich genannt wer- 
den kann. Dem. Bergauer bat eine frische jugendliche 
Stimme und für eine Anfängerin schon hinlängliche Co- 
loratur, und (was sehr lobenswerte ist) intonirle, trotz 
der natürlichen Befangenheit eines ersten Debüts, voll- 
kommen rein. Auch in der mimischen Darstellung leistete 
sie Alles, was man mit Billigkeit fordern kann. Die Oper 
war — wenn wir Alles mit einander abwägen — bes* 
ser als je besetzt, trefflich einstudirt, und fand einen stür- 
mischeren und nachhaltigeren Beifall, als bei ihrer ersten 
Erscheinung. Die Partie des Teil ist ganz für die reichen 
Mittel des Herrn Kunz geeignet, und eben so passen die 
Herren Schütky und Strakaty vollkommen zum Gessler 
und Walter Fürst. Die wichtigsten neuen Besetzungen 
waren Arnold von Melchthal und Hedwig mit Herrn Damke 
und Dem. Schwarz, welche Letztere die kleine Rolle der 
Frau Teils durch ihre schöne Stimme und ausdrucksvol- 
len Vortrag zu einer ungewohnten Wichtigkeit erhob. 
Herr Damke Hess hier und da etwas mehr Kraft zu 
wünschen übrig, zumal in dem grossen Schlussterzett des 
zweiten Actes wurde er von den Herren Kunz und Stra~ 
katy mehr als wünschenswert!) gedeckt; doch muss die 
Durchführung dieser schwierigen Partie als ein lobens- 
wertber Fortschritt auf seiner Kunstbahn anerkannt wer- 
den, und vorzüglich gut trug er die Gefühlsmomente vor. 
Auch Dem. Kbkert (Gemroy), die sonst in der ernsten 
Oper nicht recht am Platze steht, hatte ihre kleine Rolle 
fleissig studirt, und intonirle reiner als gewöhnlich. Mad. 
Podhorsky nnd Herr Emminger hatten aus Gefälligkeit 
die unbedeutenden Partieen der Schweizerin, welche die 
Tanzlyrolienne singt, und Rudolph des Ha r ras übernom- 
men. Die Chöre gingen gut zusammen und die ganze 
Vorstellung muss eine gelungene genannt werden. 

Von Operngästen sahen wir in der letzten Zeit drei : 
Dem. SHehl vom k. k. Hofoperntheater nächst dem Rfirnth- 
nertbore, Dem. Löwe aus Hamburg, und Dem. Steydler 
aus Lemberg, von denen jedoch keine eine besondere 
Sensation machte. Dem. Diehl y welche nur eine Gastrolle : 
Romeo in den „Montecchi und Capuletti," gab, hat einen 
recht angenehmen Mezzosopran, und scheint auch bereits 
einige Kunstbildung zu besitzen 5 doch reicht diese nicht 
aus, in eioer Partie bedeutend zu effectuiren, die wir 
von den ersten Gesangkünstlerinnen gehört haben, und 
sie wurde im Gesänge von Mad. Podhorsky sehr verdun- 
kelt, welche zwar nur aus Gefälligkeit die Partie der 
Giulietta übernommen, dieselbe jedoch trotz ihrer vorge- 
rückten Jahre mit einer überraschenden Virtuosität durch- 
führte. Im Spiele scheint Dem. Diehl sich Mad. Schröder- 
Devrient zum Vorbild genommen zu haben, ohne jedoch 
(Gottlob !) die volle Vehemenz des Romeo dieser berühm- 
ten Künstlerin zu erreichen. Dem. Steydler gab nur zwei 
Rollen : Lucia in der „Braut von Lammermoor," und die 
Agathe im „Freischütz." Dem. Steydler besitzt eine kräf- 
tige Stimme von bedeutendem Umfange, zumal nach der 
Höbe, und bat sich bereits eine bemerkenswerthe Virtuo- 
sität angeeignet, In der ersten Partie schien sie jedoch 



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1844. Juli. No. 31. 



»20 



Ton einen Lampenfieber befallen, das zwar ihrer Beschei- 
denheit Ebre macht, der Entfaltung ihrer Mittel» nnd be- 
sonders der reinen Intonation aber dermaassen Eintrag 
that, dass sie erst im dritten Acle einigen Effect hervor- 
bringen konnte, nnd anch das Publicum (wohl überdrüssig 
der zum Tbeil mittelmässigen Anfängerinnen, die ihm seh 
einem Jahre vorgeführt worden sind) bebandelte die De- 
bütantin mit einer Strenge, die eben nicht geeignet war, 
ihre Befangenheit zu lösen. Ihre Agathe war, besonders 
in Bezng auf den Gesang, eine treffliebe Leistung und er- 
warb ihr eineso lebhafte Theilnahme, als bei einem lee- 
ren Hause möglich ist. Der Freischütz, vielleicht schon 
ein paar hundert Male gegeben, wandelte eines Theils 
schon in diesem Jahre mehrmals über die Breter, andern 
Theils sind auch die übrigen Rollen nicht besonders be- 
setzt, und er hat aufgebort, ein Liebling des Publicums 
zu sein. 

Dem. Löwe sahen wir bisher in fünf Gastdarstel- 
lungen, Agathe im „Freischütz/* Röschen im „Faust" 
(zwei Mal), Donna Anna im „Don Juan," und Alice in 
„Robert der Teufel." Sie hat eine recht angenehme bil- 
dungsfähige Stimme, doch scheint sie noch sehr Anfänge- 
rin zu sein, weshalb sie auch in der Partie des Röschen 
den meisten Beifall fand und verdiente. Mad. Podhorsky 
war trefflich als Kunigunde, Herr Damke als Hugo sehr 
schwach, nnd, wie es schien, noch von einer früheren 
ünpässlicbkeit angegriffen. Agathe verlangt schon mehr 
Studium, Gesang- und Bübnenkennlniss, als Dem. Löwe 
sieb bisher erworben, und Donna Anna und Alice sind 
Aufgaben, die man von einer Anfängerin nicht verlangen 
kann, und wenn Dem. Lowe als solche auch alles Mög- 
liche leistete, so reichen doch ihre Kräfte für Partieen 
von solcher Wichtigkeit nicht aus. Mad. Podhorsky, die 
sich seit ihrer letzten Krankheit neu belebt und verjüngt 
zu haben scheint; zeigte sich als Elvira und Isabelle im 
vollen Glänze, und besonders war „Robert" eine recht 
gelungene Darstellung. Herr Kunz war immer ein guter 
Bertram, und Herr Emminger gab den Robert, der zwar 
seine physische Kraft übersteigt, doch besser als je. Herr 
Damke war auch für den Raimbaud noch zu schwach. 
Dem. Emilie Hopstein , Schülerin des Herrn J. Gentil- 
uomo in Wien, sang in den Zwischenacten von „Chri- 
stoph und Renate" eine Arie aus „Linda von Chamou- 
nix" und die berühmte Tyrolienne von Beriot, schien 
aber von einer so Ungeheuern Bangigkeit ergriffen, dass 
es unbillig wäre, über ihre Stimme und Gesangbildung 
abzusprechen; wir versparen uns daher ein Urtbeil bis 
nach einer spateren ruhigeren Leistung. 

Die zwei musikalisch «humoristischen Academieen mit 
dramatisch -komischen Dagoerrotypen des Herrn Dr. F. 
fViest (Begründers der Zeitschriften: „Die Eisenbahn" in 
Leipzig und „Das Rheinland" in Mainz — so meldete der 
Theaterzettel — ) brachten auch einige Gesangnummern, 
die mehr Theilnahme erregten, als die humoristischen 
Vorlesungen, launigen Vorträge, Capriccio'*, al fresco- 
Contouren und Dagoerrotypen des Concertgebers. Mad. 
Podhorsky sang in der ersten Academie die oben er- 
wähnte Tyrolienne von Beriet (für die Malibran als Ein- 
lage zum „Elisir d'Amore" geschrieben) und in der zwei- 
ten die grosse Arie aus „Com fan tutte" mit einer bril- 



lanten Kunstfertigkeit und Kraft. Fanatiseher Beifall und 
dreimaliger Hervorruf war ihr Lohn. Man spricht seit 
einiger Zeit von der Pensionirung der Mad. Podhorsky, 
während es wohl manche deutsche Hofbühne gibt, die 
keine solche Prima Donna besitzt! Die Direelion möge 
sich nur in Acht nehmen, sie nicht zu schnell hinter ein- 
ander in angreifenden Partieen zu beschäftigen, und un- 
sere Bühne kann sich noch lange dieses Gesangjuwels 
erfreuen. Ein Gleiches gilt von Herrn Emminger, der 
neulich im dritten Acte der „Braut von Lammermoor" 
bewies, was er vermag, wenn er nicht zu sehr ange- 
strengt wird. Als Herr Damke engagirt wurde, glaubten 
wir, es geschähe, um den älteren Sänger zu schonen; 
leider aber wird Herr Damke nach jeder Production krank, 
und es scheint fast, Herr Emminger sei da, ihn zu un- 
terstützen. Diese Rücksicht macht es auch erklärlich, 
warum die Direction Diesem, und nicht Jenem, die Par- 
tie des Arthur in der „Linda di Chamounix" zulheilte, 
da es für eine neue Oper bei unserm Publicum sehr un- 
vorteilhaft ist, wenn sie nicht öfter hinter einander ge- 
geben werden kann. Dem. Bergauer sang ein nichtssa- 
gendes Lied von £. Titli „Antwort" recht hübsch, aber 
das grosse Männerterzett aus „Wilhelm Teil" ist zu dra- 
matisch auf die Stelle berechnet, an welcher es im Gan- 
zen steht, um in ein Concert zu passen. Nicht minder 
unpassend war in der zweiten Academie die Scene und 
Duett aus Belisar (der Scbluss des zweiten Actes), von 
Herrn Kunz und Mad. Podhorsky trefflich vorgetragen 
und, wie jenes, mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Aus- 
serdem sang Herr Kun* in der ersten Academie den 
„Trompeter" von Speyer, in der zweiten „Hakans Lied" 
aus fraltpr Scott* s „Piraten" in jener Art und Weise, 
wie er Lieder vorzutragen pOegl, und mit der ich mich 
einmal nicht zu befreunden vermag. Es ist Alles zu grell 
und colossal für die sinnig zarte Liedesform. Dem. 2W- 
ner sang ein Lied von Bücken mit schwacher aber an- 
genehmer Stimme und gulfer Methode, und Herr Emmin- 
eer das ßeethovenache Lied: „Neue Liebe, neues Le- 
ben," Beide mit beifälliger Aufnahme. 

Eine Salonunterbaltung der Sopbieenacademie im 
Platteissaale, grossentheils aus Vocabtücken bestehend, 
bot mehrere sehr interessante Nummern dar. Den An- 
fang derselben bildete der 128. Psalm von Spohr, worin 
wir die erfreuliche Bekanntschaft einer neuen Dilettan- 
tin mit jugendfrischer angenehmer Stimme und richtigem 
und geschmackvollem Vortrage, Dem. Marie Hübsch, 
machten. Die Begleitung bildete, statt der Orgel, die Pbya- 
harmonica (von Herrn Ast gespielt), Violoncello und Con- 
trabässe. Das Goethe sehe Gedicht: „Frühzeitiger Früh- 
ling," von Mendelssohn Bartholdy als Quartett beban- 
delt und von Mad. Podhorsky, Dem. Macassy nnd den 
Herren Strakaty und Emminger gesungen, fand reichen 
Beifall, und beinahe noch mehr sprach das Gesangstück 
von Hiller: „Lenchen" an, worin Fraul. Grünwald in 
der Solostimme im vorteilhaftesten Liebte erschien. Auch 
unter den Chören glänzte Mendelssohns „Türkisches 
Schenkenlied" (welches wiederholt werden mnsste), und 
ausserdem hörten wir noch Veit'* „Morgendämmerung" 
und „Die böhmischen Jünglinge" von Director Jeh. 
Skraup. Eine herrliche Motette von Palestrina: „Loqoe- 



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bantur Apostoli," wir freilich mehr auf die Kenner be- 
rechnet, doch erfreute eich auch mancher anwesende 
blase Musikliebhaber daran. Die Trefflichkeit der Chöre 
dieser Anstalt ist bekannt, und da ancb die Wahl und 
Ausführung der Soli meist untadelbaft war, so muss die- 
ses letzte diesjährige Concert zugleich unter die erfreu* 
liebsten musikalischen Unterhaltungen des Jahres gerech- 
net werden. 



Früklingsstagione in Italien. 

(Fortsetzung.) 

Ferrara. Kleine, zum Theil abgenutzte Helden, dar- 
unter ein bedeutender Riese, bildeten das Sängerpersonal 
der Stagione. In Verdi's Nabucodonosor war die Schie- 
roni-Nulli nebst dem Bassisten Del Biccio (Titelrolle) die 
vom Publicum begünstigteste, Tabellini alsZaccaria leidlich, 
Tenor Zilioli = Ismaele und die Manelli = Fenena so 
so. Natürlicherweise fanatisirte hierauf nurgedaebter Riese, 
eio gewisser Donzelli, als Bravo in Mercadante's Oper 
gleiches Namens die von allen Seiten herbeigeeilten Zu- 
hörer. Der schon ziemlich betagte Mann, der einzige noch 
lebende Tenore serio aus der alten italienischen Schule, 
schien nach einer 22monatlichen Pause um 22 Jahr jün- 
ger und wirkte sogar vortheilbafl auf seine Collegen. So- 
wohl die Schieroni, als die zum ersten Male die Bühne 
betretende Marietta Gresti, mit hübschem umfangsreichen 
Sopran, Zilioli, Del Riccio, alle Vier wurden mehr oder 
weniger applaudirt. Rossini kam einmal eigens aus Bo- 
logna hieber, um seinen alten grossen Freund zu boren, 
und wurde bei seinem Erscheinen im Theater mit Jubel 
empfangen. 

Bologna. Hätte diese Stadt keine zu erwähnende 
musikalische Neuigkeit diesen Frühling gehabt, so hätte 
sie £anz übergangen werden können, denn die Sänger.... 
Domzetti's , wie bekannt ursprünglich zu Paris franzö- 
sisch componirte, Figlia del Reggimento machte auch darum 
Fiasco, weil die hiesigen Zuhörer nach langem ernsthaf- 
ten Nachgrübeln die Musik für nicht italienisch erklärten. 
Capellettts neue Opera buffa : 11 Sindaco burlaio fiel 
ganz durch ; man versuchte Reparationen, Amputationen, 
doch vergebens. In der zweiten Hälfte Juni's gefiel be- 
sagte Figlia del Reggimento zum Erstaunen Aller mit der 
Gesellschaft von Ostiglia (s. d.J. 

Der treffliche Violinist Grassi gab im Privattbeater 
der Principessa Hercolani eine musikalische Academie, 
worin er mit einer Fantasie und Variationen über ein 
Thema aus dem Piraten , und einem Capriccio von Be- 
riot über ein Beethoven'sches Thema ungemein starken 
Beifall einerntete. 

Der zu seiner Zeit bekannte Bassist Michele Ca- 
varra ist hier am 5. März, 68 Jahr alt, gestorben. 

Grossherzogthum Toscana. 

Flore** (Teatro Pergola). Dieses vornehmste Theater 
der Hauptstadt begann mit einem Quasifiasco. Speranza's 
Opera Saul, die freilich mehr der Fas}e als der lachen- 
den Frühlingszeit angehört, ist eine kärgliche Alltags- 
speise^ die Prima Donna Gaszaniga — gar kein Welt- 



wunder, Tenor Gastellan nnd Bassist De Bassini — tole- 
rantur. Während man Donizetti's Elisir auftischte, langte 
aus Venedig die Frezzolini mit ihrem Gatten, Tenor 
Poggif * D > schnell änderte sich Alles; sowohl Mercadan- 
te's Bravo, als Verdi's Lombardi versetzten die Zuhörer 
in ein Delirium von Beifallsbezeigungen nnd Fuora's. Nicht 

Senug: auch Verdi's Ernani lief am 20. Juni über die 
reter; Aufnahme ganz dieselbe. 

(Teatro Leopoldo.) Donizetti's Don Pasquale ergötzte 
auch als Musik nicht. Die Berti - Gabussi (s. oben Gaz- 
zaniga), Tenor Vietti, Bassist Bartolini und Buffo Scheggi 
thaten ihr Mögliches; Letzterer war freilich der Beste. 
Ricci's Chi dura vioce machte bald Rossini 's Barbiere di 
Siviglia Platz, worin Herrn Scbeggi's Gattin kaum ge- 
nügte. Alle drei Opern machten nicht kalt und nicht 
wann. 

(Teatro Borgognisanti.) Die zum sechsten Male hier 
singende Ciotti - Grossoni gefiel abermals als Beatrice in 
Bellini's Oper dieses Namens; die Galeni gab die Agnese, 
Bassist Cavalli den Filippo und Tenor Cortopassi den 
Orombello, für dies Theater mehr als befriedigend. Ric- 
ci's lustige Esposti vertrieben bald die traurige Beatrice, 
und die Zuhörer waren damit höchst zufrieden ; weit we- 
niger mit Donizetti's nachher gegebenen Esiliati in Si- 
beria, worin der Buffo Bigazzi wirkte. Nach dem 

Teatro Piazza vecchia verirrte sich Bellini's Son- 
nambula, und mit welchen Sängern ! 

(Teatro Cocomero.) Hier war sogar Gratisoper. Die 
Signora Principessa Elisa Poniatowsky, die Marchesa 
Zappi, die Signori Principi Carlo und Giuseppe Ponia- 
towsky, nebst den Cavalieri Ippoliti und Pellegrini tru- 
gen auf eigene Kosten Donizetti's Linda di Cbamounix 
vor. Zu einem Delirium, wie es auf der Pergola (s. d.) 
Statt hatte, gesellten sich hier noch Freudenthränen in 
der grössten Menge. 

Livorno. Verdi's Lombardi, worin die exotische we- 
nig sagende Prima Donna Lagrange, die Tenore Solieri, 
Manfredini und Bassist Zucchini wirkten, erfreuten sich 
hier ebenfalls der besten Aufnahme. Das Terzett hat so* 
gar wiederholt werden müssen, und da das Publicum ganz 
ausser sich vor Freude dabei war, und mitunter stark 
heulte, so hat diese Oper auch ohne Weiteres Furore ge- 
macht. Ein sehr musikalisch gebildeter Benedictinermönch, 
der schon von Verdi's Nabucodonosor nichts weniger als 
erbaut das Theater verliess, erstaunte ganz und gar beim 
Anhören dieser Lombardi über ihre ausposaunte Superla- 
tive Vortrefllicbkeit. Dass Rossini's Cenerentola hierauf 
eine laue Aufnahme gefunden, war vorauszusehen. Man 
schämt sich wohl, es zu sagen, aber Rossini scheint jetzt 
ein Maeslruccio (ärmlicher Maestro) im Vergleiche mit 
Verdi. — Die Aogri, welche die Cenerentola gab, Buffo 
Zucchelli als Don Magnifico, Manfredini nnd Zucchini, er- 
hielten zuweilen Applaus. Donizetti's Don Pasquale tru* 
gar einen Fiasco nach Hanse. — Die Lagrange ist nach 
Holland abgereist. 

Pistoja. Ein unsichtbarer musikalischer Regen be- 
fruchtet seit einigen Jahren zwei verschiedene italieni- 
sche Staaten, die in Betreff der Maestri nie produetiv wa- 
ren. Diese Staaten sind Sicilien und Toscana. Ersteres 
erzeugte seit der neuen Rossini'schen Epoche: Mandanici, 



525 



1844. Juli. No, M. 



524 



Bellini, Coppola, Somma (langst ans Italien versohwnn- 
den), Feodale, dazu noch den kaum in Sicilien gebornen 
famosen Pacini ; Letzteres: Peraiani, Ucelli (Mad.), Cam- 
pana, Gordigiani, Mabellini u. A. , nun Herrn Domenico 
Maestrini ans Florenz. Wie Toscana aber in seiner glän- 
zenden Kunstgeschichte musikalisch am Allerwenigsten 
glänzt, so steht es noch heutigen Tags in Beireff seiner 
neuen Maestri Sicilien weit nach. Bellini's Ruf ist be- 
kannt; Coppola erwarb sich wenigstens einen Namen 
durch seine Nina pazza per amore, Mandanici ist ein gu- 
ter Maestro, und Somma's Musik hat einen gewaltigen 
teutonischen Anstrich; Schade, dass der Mann für seine 
Kunst, wie es scheint, ganz verloren ist! Herrn Mae- 
strinfs neue Oper Margherita Pusteria in drei Acten, 
mit einer gewöhnlichen Musik der beutigen Maestri mi- 
norum gentium, hat einen grossen Lärm gemacht, auch 
darum, weil der Dichter von hier gebürtig ist. Diese Mar- 
gherita hat eben so, wie Verdi's Lombardi, eine Orgel 
und ein Salve Regina, aber beide Kirchenstücke streiten 
sieh in Betreff der Aermlichkeit den Rang ab. Die Sän- 
ger (die Caracini, Tenor Vaccani, die Bassisten Puccini 
und Pieri) thaten mehr, als ihr Mögliches. 

Herzogthum Modena. 

Reggio. Die diesjährige Fiera hatte das Glück, Do- 
nizetti'8 im vorjährigen Frühling zu Wien componirte 
Maria di Rohan zum ersten Male in Italien zu hören, 
auch stark zu applaudiren. Die De Giulj Borsi, Tenor 
Mjrate und Bassist Badiali (Letzterer wohl der Beste von 
allen Dreien) bildeten für diese Stadt ein treffliches Ter- 
narium. Nach 16 Vorstellungen gab man Bellini's lang- 
weilige Beatrice diTenda, worin die Cosentini die Agnese 
machte; Alles wünschte ein Meisterstück von Verdi da- 
für zu hören, da aber der Impresario sich ausbedungen 
hatte, eine alte Oper als zweite geben zu können, so 
endigte die Maria di Rohan die Fiera - Stagione. 

Herzogthum Parma. 

Piacenza. Die von Coppola fur's Lissabonner Thea- 
ter unlängst componirte Oper Giovanna I. di Napoli hat 
mit einer leidlichen Musik auch hier gefallen, wozu die 
aus dem Auslande zurückgekehrte Prima Donna Barili, 
die Bassisten Torre und De Lorenzi sammt dem AnFän- 
gertenor Bettini mehr oder weniger das Ihrige beitrugen. 
Die Barili erhielt den meisten Beifall, und wurde mit dem 
anwesenden Maestro, der seine Oper eigens in die Scene 
setzte und — wohl gemerkt — für Italien stärker instru- 
mentirte, am Meisten hervorgerufen. Da Coppola jedoch, 
ausser seiner Nina pazza per amore, im Bei Paese um 
so weniger Aufsehen macht, als seine Instrumentation 

E wohnlich ebenfalls kein Aufsehen macht, d. h. nicht 
mt, so gab man die Gemma di Vergy mit noch bes- 
serem Erfolge. Zu ihrem Benefiz gab die Barili (Caterina) 
die Norma, worin ihre Tochter Clotilde die Adalgisa sang. 
Parma. Verdi's Lombardi (diese neue Sonne der beu- 
tigen Maestri ist bekanntlich im Parmesanischen aufge- 
gangen) machten ohne Weiteres Furore. Aber die junge 
Boccabadati, in der Schule ihrer trefflichen Mutter erzo- 
gen, Tenor Borioni, Bassist Constantini waren gewiss die 



Causa remota dieses Furore. Es war vorauszusehen, dass 
Donizetti's Maria di Rohan, worin auch die brave Alti- 
stin Bertrand Theil nahm, nach der Musik des Lands- 
mannes fast leer klingen würde; in der That machte sie 
auch anfänglich wenig Eindruck, gewann aber mehr nach 
der zweiten Vorstellung. 

Königreich Piemont und Herzogthum Genua. 

Turin (Teatro d'Argennes). Wie hat sich Rossini 
überlebt I Noch vor zwanzig Jahren die italienische Sonne 
in allen italienischen Theatern, ist er jetzt zur Londoner 
Sonne daselbst erblasst. Hier hat diesen Frühling seine 
Cenerentola, die allein all' seine Nachahmer demüthigt, 
bedeutend gelangweilt. Campagnoli als Don Magnifico 
wurde indess zuweilen beklatscht, weit minder die Prima 
Donna Carobbi, .Tenor Pardini und Bassist Luisia. Im 
nachher gegebenen Turco in Italia, worin die Artimisia 
Campagnoli zum ersten Male die Bühne betrat, ging es 
nicht viel' besser; die neue Prima Donna, hiess es, sei 
unpässlicb, und sie fand daher Aufmunterung. Zum Er- 
staunen aller Renner war Coppola's Nina pazza per amore, 
worin abermals die Carobbi sang und ein neuer Tenor 
Ancarani zum ersten Male die Bühne ebenfalls mit Auf- 
munterung betrat, weit glücklicher; das Klatschen paarte 
sich mit dem Hervorrufen. Damit es aber ja nicht beisse, 
Coppola habe Rossini in den Sack gesteckt, ritt Cam- 

Ehgnoli auf seinem Stockenpferde, dem Barbiere di Sivig- 
a, in vollem Galopp daher, und gab den Figaro, beson- 
ders als Acteur, recht brav; Tenor Pardini und seine 
Schwester Assuuta (als Rosina) so so. Ein hier gebürti- 
ger Richiardi, der als D. Bartolo zum ersten Male die 
Bühne betrat, ist ein besserer Grimacier und Tänzer, als 
Sänger. Deu Scbluss der Slagione machte Norma. 

Alessandria. Melpomene reichte hier der Thalia zu- 
weilen die Hand,, und die in dieser Stadt gebürtige Prima 
Donna Giuseppina Roccatagliata, von der weiland einge- 
gangenen hiesigen Accademia Filarmonica, die kaum vo- 
rigen Carneval ihre Laufbahn begann, sang zuweilen 
Stücke von Donizetti, Bellini u. s. w. in den Zwiscben- 
acten der hier wirkenden Schauspielergesellschaft mit 
vielem Beifalle. 

Astu Fioravanti's verhunzter Pulcinella, mit dem 
oberitalienischen Namen Columella, machte Glück. Herr 
Giuseppe Torri, als Protagonist, war die Zierde des Gan- 
zen ; die Prima Donna Giordani, die Altistin Carlini, Te- 
nor Personi und Bassist Olivari glänzten minder, trugen 
aber zum Gelingen des Ganzen vorteilhaft bei. Gleich 
gute Aufnahme fand Donizetti's wenig sagende Regina di 
Golconda. 

Voghera labte sich halb uud halb an der Regina di 
Golconda, aber weder die Mahigani und Tenor Ferrari, 
noch der Buffo Bastogi-Mugnai u. s. w. konnten den Vir- 
tuos! der vorigen Rubrik gleichgestellt werden. Ricci's 
Chi dura vince, mit einem eingelegten neugebackenen 
Duette von einem gewissen De Antoni, ging besser. 

Tortona. Eine grosse Begebenheit I Der vielleicht 
sehr bald weltberühmt werdende Verdi hat hier zum er- 
sten Male den schon längst weltberühmten Donizetti aus 
der Scene verjagt. Als der Nabocodonosor des Erstem 
ungef|hr dreissig Male mit rauschendem Beifaile die ßre- 



KQit 



1844. Juli. No. 31. 



526 



ter passirt hatte, erschien darauf der Marino Faliero des 
Zweiten, musste aber schnell dem Könige von Babylon 
den Platz räumen. Die hübsche Belloni bat eine gute Ge- 
sangmethode, ist aber schwach in den Mittel- und tie- 
feren Chorden ; sowohl sie, als Bassist Polani (der Beste 
der Gesellschaft) fanden den meisten Beifall; weit min- 
der die Comprimaria Cellini- Gioniva, der Altro-Basso 
Dalbesio mit starker Stimme und keiner guten Schule, 
und Tenor Lattuada, dessen Part auch unbedeutend ist. 

Savona. Die Sarazin, die hier vorigen Carneval in 
zwei Opere Serie so sehr gefallen, interessirte auch die- 
sen Frühling als Buffosängerin in Fioravanti's Columella. 
Bufb Zambelli (Titelrolle) belustigte, und der Bassist (auch 
Maestro) Parodi entzückte gar die Zuhörer. Der Narren- 
chor und das Terzett der drei Buffi (Zambelli , Gabetli 
und Dnchaliot) waren jedoch in der ganzen Harlequinade 
die geniessbarsten Stücke. In Rossini's Barbiere di Si- 
viglia und Donizetti's Don Pasquale waren die Sarazin 
und Zambelli die Begünstigtesten, aber die Musik der letz- 
ten Oper zog, freilich nach dem Barbiere, nur wenig an. 

Genua. Herrn Nini's ursprünglich für hier compo- 
nirte Virginia, die seither auf anderen Theatern Italiens 
nirgends gefiel, machte abermals Glück; sie hatte auch 
im Ganzen bessere Sänger , als ehemals. Die für die 
Löwe von dem anwesenden Maestro eigens componirte 
Cavatine, ihre Romanze, Roppa's Arte machten beinahe 
Furore, desgleichen das Duett zwischen der Löwe und 
dem französischen Bassisten Derivis. Nachdem Donizetti's 
Gemma di Vergy mit der Anfängerin Parodi, dem Tenor 
Bianchi und den Bassisten Leonardi und Guido einen %- 
Fiasco nach Hause trug, gab man Mereadante's Reggente, 
worin kaum der dritte Act anzog, und in welchem die 
Löwe, Tenor Roppa und Bassist Derivis sich besonders 
Ehre machten. Die beiden ersten Acte ohne allen Ge- 
sang lärmen ausserordentlich, und vor lauter Kreuzen 
und Been möchte man das Sehen verlieren. Schade, dass 
die Löwe ihre Stimme nicht beherrschen mag, wodurch 
sie zuweilen an Reinheit verliert. Die Buccini zeigte in 
der Rolle des Oscar guten Willen. Die Remorini als Meg 
hat blos eine einzige Scene, deren Musik ganz und gar 
nicht bebagle. Ein nagelneuer Maestro Giovanni Anto- 
nio Taddei beglückte Ende Mai's die Zuhörer mit der 
neuen Oper Giovanna L Regina di Napoii, zu welchem 
Buche bereits andere Maestri die Musik componirten. Die 
Löwe, Tenor Roppa und die Bassisten Derivis und Leo- 
nardi tbaten Alles, um das tägliche Brot geniessbarer zu 
machen, deshalb passirte das Ganze; man gab aber bald 
Verdi's Ernani mit einem ganz andern Gaudium. 

Dem. Bertucati treffliche Harfenspielerin und leid- 
liche Sängerin, gab hier eine Instrumental- und Vocal- 
academie, in welcher sie sich mit einem spanischen Not- 
turno und einer Fantasie über verschiedene Motive aus 
Robert le Diable auf ihrem Instrumente, sodann in meh- 
reren Stücken aus Opern von Pacini, Donizetti, Verdi, 
Meyerbeer mit vielem Beifalle hören liess. 

Lombardisch- Vene tianisches Königreich« 

Mailand (Teatro alla Canobbiana). Die französischen 
Schauspieler halten stets leere Tbeatercassen. Später wech- 



selte die Oper mit ihnen ab, allein die Casse gewann 
sehr wenig dadurch. Eine nicht üble angehende Prima 
Donna Virginia Viola (s. Brescia), Tenor Bozzetli, Buffo 
Galli (Vincenzo), Bassist Buffo Cäfalano gaben Donizet- 
ti's Olivo e Pasquale mit wenig Glück. Rossini's Bru- 
schino ein einziges Mal, seine Cenerentola hingegen, worin 
der Bariton Gio. Corsi, der vorigen Herbst auf dem Am- 
sterdamer Theater sang, mitwirkte, mehrmals und mit 
etwas besserm Erfolge. 

(Teatro Re.) Herr Lauro Rossi, der mit seiner Gat- 
tin, der Prima Donna Ober(meyer), unlängst aus Amerika 
zurückkam , arbeitete seine vor wenigen Jahren für die 
Scala komponirte Opera buffa: La casa disabitata, hier 
unter dem Titel: I falsi monetarj um, und fand auch den 
meisten Beifall in der ganzen Stagione. Ohne eben auf 
besondere Eigenheit Anspruch zu machen, bewährt Herr 
Rossi einiges Talent für die Opera buffa. Diese Casa dis- 
abitata (ursprünglich von Ricci und Caraffa unter dem 
Namen Sonnambolo, auch von andern Maestri mit dem 
Titel Euticchio e Sinforosa, unlängst von Persiani zu 
Paris mit dem Titel Fantasma in Musik gesetzt) wurde 
besonders von der Prima Donna Riva-Giunti und dem 
Buffo Soarez trefflich vorgetragen. Die Riva als Sinforosa 
sang die ganze Rolle, da capo a fine „wie eine alte Frau" 
köstlich. Der Dichter Euticchio, ihr Gatte, wurde vom 
Buffo Soarez ebenfalls gut gegeben. Tenor Landi und 
Bassist Waller machten ihre Sache leidlich. Die beiden 
altern Opern, II sogno punitore von Gerli, und Paolo e 
Virginia von Aspa, fanden keine gute Aufnahme ; Donizet- 
ti's Regina di Golconda, worin eine Anfängerin Vegliardi, 
Tenor Zinghi, Buffo Soarez und Bassist Giunti wirkten, 
eine etwas bessere Rossfs neue Oper, // Borgomastro 
di Schiedam, steht wohl seinen vorbenannten Falsi mone- 
tarj ziemlich nach. In der darauf folgenden neuen Oper 
Ciarice Visconti vom neuen Maestro Giuseppe Winter 
(Sohn des einst bekannten Tenors Berardo Winter , ei- 
gentlich Calveri), einer Pastete der beutigen musikali- 
schen Pasteten, gab es einen Wetteifer von Fiasco und 
Aufmunterung. Zuletzt wurde auch Donizetti's Campa- 
nello zur Abwechslung mit andern Acten der vorigen 
Opern aufgetischt. 

(Fortsetzung folgt.) 



Feuilleton. 



Die in Brüssel bestehende Sociale de la grande Harmonie hat 
auch dies Jahr am 7. Joli wieder ein grosses Wettgesaogfest zu 
Gent in der Universitätsaula gegeben. 15 Vereine mit 428 Sän- 
gern nahmen daran Tbeil ; den Preis» den heim vorigen Feste die- 
ser Art zn Brüssel die Aachener Liedertafel errang, trag diesmal 
der einzige Theil nehmende ausländische Verein, der Cülner Män- 
nergesa ngve rein, davon. Mit 48 Sängern war er in Gent eingetrof- 
fen, und einstimmig erkannten ihm die Preisrichter den Preis na, 
bestehend in einer grossen goldenen Medaille und 200 Franken. Letz- 
tere Summe wurde den Cölner Armen übereignet % für die Genter Ar- 
men gab der Verein am folgenden Tage noeh ein sehr besachtes Coneert. 

Der Mainzer Tbeaterdireetor Hernie ist mit seiner Operage- 
sellschafl und einigen anderen Künstlers (Mad. Pirtcher, Herr 
Reichet ans Darmstadt n. A.) nach Gent gereist und hat daselbst 
mit immer steigendem Beifalle mehrere Opernvorslellungeo gege- 
ben. Conradin Kreutzer and Gan* dirigiren ; der Chor ist besoo- 



827 



1844. Juli. No. 31. 



528 



den ausznztiehaeo. 
sei geben. 



Vm Gent wollte die Gesellschaft »«eh Brim- 



Am 1. ood 2. Juli ist das MasikTcst so Liibtok toi 21 Lie- 
dertafeln mit ungefähr 400 Sängern gefeiert werden. — An 7. 
Juli fand zn Freising ein baierisches Gesangfest Statt; 15 Lieder* 
tafeln, mehr als 400 Sänger nahmen daran TbetI, die Leitung war 
in den Händen des Herrn Kunz, Direetors der Freisinger Lieder- 
tafel. — Am 13. uod 15. Juli vereinigte die Peier des aerd deut- 
schen Liederfestes eine frohe Menge von Singera und Hörern in 
Hameln. Die Hanptaafföhraag in der Kirche brachte u. A. B. 



Klein* „Herrlich ist Gott," Stücke an t seiner Messe, des bekannte 
„Haitot Fraa Mnsica In Eh reo.* 4 

Die deotsebe Oper in St. Petersburg (ebenso wie das deut- 
sche Schauspiel daselbst) wird im Laufe des jeteigen Sommers 
ganzlieh aufgelöst. 

Die Aecademia di Santa Cecilia ia Rom — bekanntlich eines 
der ersten Musikcooservatorieo in Italien, dem Spontini, Ressini, 
Bellini u. ▼. A. aenere Meister einen guten Theil ihrer Bildung 
verdanken — bat den Konig tob Baiern und aeiae Gemahlin zu 
Ehrenmitgliedern ernannt. 



A n k ttndig n n g e Ho 



Im Verlage der Uaterueichnetea werden seit Eigcathnmsrecbt 
erscheinen: 

Wir. Chopin 

Denx Nocturne« poar le Piano. Op. 88. 
Trolft IHaiurküS pour le Piano. Op. 86. 
Leipzig, den 24. Juli 1844. 

Breltkopf <* Hftrtel. 



So eben erschienen in der SchlesAnsrer'schea Buch- und 

Musikalienhandlang ia Berlin und sind durch alle solide Musik- 

und Buchhandlungen au beziehen: 

Bmmslnt, Variatioas brül. sur Marie» Alle da reg. p. Violon 

ar. Piano. Op. 17. I Thlr. 
Final du 2 Acte d'Obcroa de Weber p. Violon ar. Piano. 

Op. 17. 28 Sgr. 
Herlloz, Carneval romain. Ouvertüre caract. p. Piano a 4 nsaias 

p. Pixis. t Thlr. 
COljuratll, Erste uad sweite Zigeuner- Polka f. Orcb. I. 28 Sgl. 

II. i Thlr. dito f. Piano No. I. 8 Sgr. No. 2. 7* Sgr, 
Bamcke. Gavatine de Lucia di Lammennoor, vsriee. Op. 20. 

28 Sgr. 
Dotiler, Brillante Polka p. Piano. Op. 80. J Thlr. Fantaisie 

sur La Fayoritc p. Piano. Op. 8t. 1 Thlr. 
Guiis£»l, Catharinen.Polka u. Ungar. Originalmarack fer Orcb. 

I Thlr., für Piano a 8 Sgr. 
— — Mädchen-Träume. Walser f. Piano, f 2£ Sgr., für Orcke- 

ster 1 1 Thlr. 
Ctatnffl'« Kriegers Lust 8 Sgr. OberUadler 7# Sgr. Rondos w. 

Damcke. Op. 22. 
Hert'l, Modenspiegel- Walser f. Piano. 121 Sgr., für Orchester 

(Manuscript) i Thlr. 
Hers« Divertissement du Ballet Ladr Henriette p. Piano. Op. 

4i. tThlr. 
Lied aus Kock u. Gaste „Liebe, Liebe is mich nffthig." 8 Sgr. 
Jahn'«, In die Ferne. Am Strande. 2 Lieder. Op. 27. a 7) S#r. 
Kuanimier? Morceau de Goncert sur La Sonuambula p. Violon- 

Celle avec Orcb., Quataor ou Piano. Op. 76. h 2—1 Thlr. 
KÜelten, Die Botschaft, f. Gesang u. Piaao. Op. 42. 17* Sgr. 
"tMhrmm, 5 deutsche Lieder f. Piaao allein. Op. 10. Wiegen- 
lied t. Küchen. Willkommen t. Garsehmann. Treu ▼. Marach- 

aer. a 10 Sgr. 
IilflKt. Heroischer Marsch im ungar. Styl f. Piaao. } Thlr. 
i Ungar. Starmmarecb f. Orcb. I| Thlr., dito f. Piaao, Fao 

simile netto i Thlr. 
Iiaubtlm, Romance du Torneo p. Vloloa a?. Piaao. i ThJr, 
MendelMOhii Bmrtnola1y f 3 AUegros p. Piaao. No. 3. 

tire de la »• Sinfonie. 1 Thlr. 
Mosekele«, Fetls, Rullmll. Practiscber Theil der Me- 
tbede des Pkttofortesplels. Heft VII, VIII, IX. Sabscr. - Preis a 

| Thlr. (Ladenpr. I Thlr.) 
Sekmflfol», Heitere Lieder f. 4stimmigea Männergesang. Op. 8. 



Heft IV. Soaafngarriter. } Thlr. HeftV. Feine Gesellen. 10 Sgr. 
Rauher und Bacchanale f. Bariton od. Boss. Op. 10. 12* Sgr. 

Steril, Liebst du um Schönheit. Für Mesxo- Sopran od. Bari- 
ton. Op. 2t. 10 Sgr. 

Sammlung Ton Marschen der R. Preuss. Armee. Für Infan- 
terie No. 128. t Thlr. Für GaTallerie No. 34—36. a£-IThlr. 

Weber, V. M. V., OureHere na rVecieea. Partitur I J Thlr. 

WolaT, La Bobesaieaae. Gr. Polka p. Piaao. Op. 102. = Thlr. 

Neue Musikalien 

im Verlage tob F. Whlfttllllff ia Leipsig. 

Cfcwatal, F. X., Op. 47. Fantaisie brillante sur les Melodien 
egreables de F. Kucken: „Es wehen vom Ufer die Lulle." — 
„Fliege, Sohiffieia darch die Rosen." — „Treibe, treibe Schiff- 
lein schnelle/' — ,,0 wie schön zum Hörnerklang. " — „Spa- 
zieren wollt* ich reiten/' avec Variatioas pour Piano. Noovelle 
Edi(ion, rerue et eorrigee. 18 Ngr. 

ILempt, F. A», Op. 4. Zwei ? ierstuamige Mannergeeange. Par- 
tur und Stimmen. I Thlr. 

Hucken 9 F* 9 Op. 8. Hochzeit* - Walzer, brillant und beson- 
ders geeignet , in Gesellschaften vorzutragen , für Piaaoforte. 
Neue, Ter besserte Auflage. 10 Ngr. 

— - Op. 14. Lieder und Gesinge für eine Singstimnae mit Gui- 
tarre. 18 Ngr. 

Sehtaanann, JDr* K»> Op. 49. Romanzen und Balladen für 
eine Singstimme mit Pianoforte, Heft 2, enthaltend: Die beiden 
Grenadiere, Ton B. Beine. Die feindlichen Brüder , tou B. 
Heine. Die Nonne, Ten FrthUch. 18 Ngr. 

Im meinem Verlage erscheint mit Eigentumsrecht 
Htthmler« TK*. Trois Nocturnes, pour Piano seul. Op. 82. 

No. I. 2. 5. 
WolsY, 1% Den* Nocturnes pour Piaao. Op. 102. 

Deux Valses brill. pour Piano. Op. 103. 

Leipzig, dea 28. Juli 1844. 

C* F« l*eter», Bureau de Musique. 

An die verekrlkhen Hof- ud Stadt-Theater-Directio- 
n6B Deutschlands. 

Der Unterzeichnete erlaubt sieb hiermit, seine am 22. April 
dieses Jahres zum ersten Mal im Theater Drury Lnae aulgerukrte 
grosse Oper „Hie Brasiite TOU Veaeellff" welche bis 
Bade der Saison, 51. Mai, drtiundzwanzig Mal feit steigendes* 
Beifalle wiederholt werde., ia ihrer deutschen durch Carl Klinge- 
mann ganz umgearbeiteten Form den Buhnen seines Vaterlandes 
anzutragen. Das vollständige Textbuch and die Partitur werde« Mitte 
September zur Auslieferung bereit sein, und können rechtmässiger 
Preise ausschliesslich nur von. «lern Compenisten erlangt werden. 

Julius BenMellt*, Capelimeistcr des köeigL Tbeaters 
Drury Laoe, 2. Manchester Saaare, London. 



Druck und Veriag von Breükapf und Bärtel ia Leipzig ud unter deren Verantwortlichkeit. 



529 



330 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 7*" August. 



M 3». 



1844. 



Inhalt t Reeensiom Der Fall Babylons. (Beschlow.) — Nachrichten. Grosser Gesaogconcnrs zn Gcot and der Mao nergeaaog verein von 
Cölo. FrShiiogaopera in Italien. ^Fortsetzung.) — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Recension. 



Der Fall Babylons, Oratorium in zwei Abiheilungen, nacb 
dem Englischen u. s. w. 

(ßesch lug».) 

Wie überhaupt dies Oratorium eine reiche Abwech- 
selung der Situationen, meist in entschiedenen Gegensä- 
tzen, darbietet, so folgt auch hier wieder der kriegeri- 
schen Aufregung ein Gebetehor, der in seiner Form man* 
ches Eigentümliche bat ond mit grosser Umsieht ange- 
legt und groppirt ist. Sehon die Misebung der versehe-» 
denen, sich ungezwungen durchdringenden Rhythmen (% 
and %) ist der Absieht des Componisten, den cantus 
firmus gegen die begleitenden Stimmen hervortreten zu 
lassen, sehr günstig. Hätte es ihm gefallen wollen, diese 
begleitenden Stimmen etwas eonsequenter und also ein- 
facher und fasslicher zu gestalten, so wurde sein Zweck 
noch sicherer erreicht worden sein und der wirklich edel 
gehaltene cantus firmus durch eine solche bestimmte Um« 
gebung noch gewonnen haben, während diese jetzt oft 
nur zufällig erscheint. Nach dem ersten Cborschluss in 
As dur treten überraschend vier Solostimmen mit der Har- 
monie Edor hinzu (nur andeutend vom Orchester beglei- 
tet), wodurch das Ganze ein neues und doch mildes Le- 
ben gewinnt. Der Uebergang nach Es dur, durch den Ein- 
tritt des Chores noch mehr hervorgehoben, ist ungemein 
woblthueod, und die nun folgende, gut motivirle Abwech- 
selung zwischen Chor- und Solostimmen bestätigt und 
erhöht den Eindruck des so zart gehaltenen Satzes. 

Nach einem kurzen Becitativ Daniels erscheint ein 
interessantes Terzett (für Alt, Tenor und Bass), das dureh 
die gewählte Tonart (Des dur), durch die gedrängte Stirn- 
menlage, wie vorzüglich durch seine eigenthümlione Strue- 
tnr und reiche harmonische Ausstattung sich merklich 
hervorbebt. Bei aller (zuweilen wohl auch nicht ohne 
Mühe errungenen) Bewältigung der oft kühnen Modula- 
tion dürfte ttoch hier und da des Guten zu viel gesche- 
hen sein; eine zweckmässige Kürzung würde die Vor* 
züge des mit grosser Sorgfalt gearbeiteten Musikstückes 
noch günstiger hervortreten lassen, da überdies die ziem- 
lich vorherrschende rhythmische Form in punctirten No« 
ten leicht monoton werden könnte. — Aach wollen wir 
bekennen, dass uns der Schluss, wie ihn die Stngstim- 
men bilden, und in welchem der Vocalbass nur ata Mit- 

46. Jahrgang. 



telstimme erscheint, etwas nicht ganz Befriedigendes 
bat — 

Die Pastoralarie für den Sopran : „Nicht länger wird 
die Heerde Juda's irren'* bat viel Schönes und Inniges, 
und ist von den lieblichsten Harmonieen durchweht. Ge- 
gen den Vorwurf einer fast zu sorgfältigen und wohl auch - 
zu starken Instrumentation wird nur eine sehr discrete 
Ausführung schützen können. Einigen Rigoristeu wird 
vielleicht das Motiv oder die Figur, das Paslorale anzu- 
deuten, etwas zu modern erseheinen: wir wollen das 
nicht eben in Abrede stellen, müssen aber hinzufügen, 
dass die dazu gewählte Harmonie das Motiv veredelt, 
wenn es uns auch schon früher in anderer Beziehung 
begegnet ist. 

Der Scblusscher des ersten Theils ist geradezu mei- 
sterhaft. — Er beginnt mit einem declamatorischen Uni- 
sono, als vollkommen motivirt erscheinend, da es einen 
Ausspruch Jebova's zum Gegenstande hat. Bei den Wor- 
ten: „So sagt der Herr!" wird der Satz, wie es ge- 
sebehen musste, vierstimmig. Die ernste, würdevolle Hai« 
tung dieser kurzen Stelle (Andante, x %,*Cmoll) mit ih- 
rem spannenden lustrumentalschlusse in der Dominaute 
bildet eine treffliche Einleitung zu dem nun folgenden 
Triumphchor im hellen Cdur: „Jauchzet über sie! •' Die 
trefflich angelegte Fuge: 



si 



Er regiert auf e - wig für uad Tdr, deiu Gott — o Zi - on! 

wirkt um so prägnanter, da sie nicht zu weit ausgespon- 
nen und an passender Stelle von dem Motiv in freier 
Schreibart unterbrochen wird, das den Anfang des Cho- 
res bildet. Eben so wirksam als schön gearbeitet ist die 
Stelle, wo der frei* Chor naob As dur modulirt, und dann 
der Fugensatz in der Engführung, mit der Antwort in 
der Secunde wieder eintritt. Hier wäre nun noch über- 
reiche Veranlassung zu weiterer Ausführung des gebalt- 
vollen Thetna's gewesen, und namentlich hätte die Be- 
nutzung des Orgelpunctes noch reichen Stoff geboten (wie 
wir denn überhaupt diesem Aggregat der Fuge eine hohe 
Stelle in dem Gebtete der geistlichen Musik einräumen) * 
doeb ist, wie gesagt, die Ausdehnung der Fuge eben gross 
genug, um einen nicht zu rasch verliegenden Eindruck 
zn machen, welehen dann auch ein kräftiger Schlnra 
glücklich bestätigt. 

52 



531 



1844. August. No. 32. 



552 



Eß wurde zu weit fuhren, wollten wir auch unserm 
Commentar des zweiten Theils die bisher schwer zu ver- 
meidende Ausführlichkeit geben; wir müssen uns also» 
wie gern wir auch das .schöne Werk bis zum Ende recht 
ausführlich besprochen hätten, nur mit kurzen Andeutun- 
gen begnügen. Ein denkender Meisler gibt übrigens durch 
seine Werke so viel Stoff zum Denken und Besprechen, 
dass es nicht leicht erscheint» zur rechten Zeit abzu- 
brechen» — 

Der zweite Theil beginnt mit einem Feslehor der 
Hofleute im Palast zu Babylon. — Sinn und Situation 
dieses Chors scheinen bei dem ersten Anblicke, nament- 
lich was den Eingang betrifft, zu einer etwas lebhafte- 
ren Färbung aufzufordern, als die vom Compooisten an- 
gewandte; doch wird man bald mit dem Tone des Gan- 
zen vertraut, um so mehr, da der Meister wohl absieht« 
lieh eine gewisse weiche Ueppigkeit in diese Scene legen 
wollte, und da auch an geeigneten Stellen der bezeich- 
nende laute Jubel- und Freudenton sieb geltend macht. — 

Die Scandirung des Namens : Belsazär dürfte gegründeten 
Widerspruch finden. — Professor 0. B. Wolff dichtete 
für Ciasing ein Oratorium von gleichem Inhalte, und de* 

clamirt consequent Belsazär: er darf füglich als Autori- 
tät gelten. 

Der nun folgeude Chor der Priester des Bei, in B moll 
beginnend, modulirt sehr rasch und oft sehr characleri- 
stisch durch das weite Gebiet der Harmonie. Er ist, was 
die Declamation sehr begünstigt, zweistimmig für Tenor 
und Bass geschrieben, und besonders wirksam und be- 
zeichnend instrumenta. Der Scbluss geschieht etwas ha- 
stig, und steht in Verbindung mit dem folgenden Doppel- 
chore. Dieser bildet sich aus dem weiblichen Chore der Ba- 
bylonierinnen und dem männlichen der Juden. Während 
der erste Lust und Freude atbmet und sich in heitern 
Melodieen und leichten Rhythmen «bewegt, spricht der 
zweite Ernst und Würde aus, zuweilen sich zur drohen- 
den Aufregung gestallend, und schreitet so in vollkomme- 
nem Gegensatze neben dem harmlosen und frivolen Trei- 
ben der Heiden einher. Vorzüglich kräftig wirkt er da, 
wo er im concentrirten Unisono dem leicht dahinhüpfen- 
den Frauenchor entgegentritt. Doch ist auch der Scbluss, 
der in voller Harmonie Festigkeit und Vertrauen aus- 
spricht, sehr schön gedacht, und wird von entschiedener 
Wirkuog sein. — 

Die folgende Scene zwischen Belsazär und Nicoiris 
(Alt), verbunden mit dem Doppelchor der babylonischen 
Jungfrauen und der Priester des Bei, ist mit fester Hand 
gezeichnet, und enthält einige wahrhaft geniale, ergrei- 
fende Züge. Die bittende, angsterfüllte Mutter, dem kühn 
trotzenden Belsazär gegenüber, dazu die einzeln und zu- 
sammen wirkenden beiden Chöre, das Alles tritt deutlich 
und erschütternd hervor. 

Jn dem sich anschliessenden vom Componisten mit 

Eosser Umsicht und in mehrfacher Beziehung genial be- 
ndelten Recitalive des Belsazär, in welchem er mit toll- 
kühner Verwegenheit von Jehova ein Zeichen seiner 
Macht verlangt, ist vorzüglich die Stelle, wo die geheim- 
nissvolle, berühmte Flammenscbrift erscheint, von gros- 
sem Interesse. — Spohr sucht die höchst schwierige Auf- 



gabe zu lösen, indem er, bei angemessener und gestei- 
gerter Begleitung des Orchesters, von der ersten Violine 
die hier folgende, späterhin vielfach nüancirle Figur aus- 
führen lässt: 

Viol. Solo. 




üb übrigens diese bildliche Darstellung überhaupt statt- 
haft, und die Art der Ausführung, dem ungeheuren Er- 
eignisse gegenüber, als angemessen erscheint, wagen wir 
nicht zu entscheiden. Die Wirkung der ganzen Scene im 
Zusammenhange wird das Wagestück erproben müssen. 

Kaum ist nach dieser Cataslronhe das stolze Wort 
des unerschütlerten Belsazär verballt, so verkündigt ein 
leise beginnender Marsch die Ankunft des persischen Hee- 
res. Dieser in consequenter Form durchgeführte Marsch 
(sogar ein Trio ist in seinem Gefolge) bildet nun ganz 
nngesuebt mit seinen verschiedenen Bestandteilen die 
Basis des kräftigen Kriegerchors, der besonders in dem 
Trio einen kühnen Aufschwung nimmt. Nach diesem Trio 
vereinigt sich der Chor der Juden mit den persischen 
Kriegern, und nun gewinnt das Ganze einen wahrhaft 
glänzenden Character, indem die beiden Hauptmotive höchst 
imposant und doch ganz ohne Zwang einauder durchdrin- 
gen und ergänzen. Nur der zu häufig vorkommende Aus- 
ruf: ,, Jubelt aufl" hat etwas Störendes, zumal, da er 
zuweilen auch abwärts declamirt wird. Er wäre jeden- 
falls passender ersetzt durch: „Jubelt laut!" was ge- 
wiss natürlicher und entsprechender ist. 

Die nun folgende Arie des Cyrus, voll des innigsten 
Dankgefühls, und in frommer Demuth aussprechend : „Gott 
allein gab den Sieg!" leistet in ihrem schönen melodi- 
schen Flusse ganz, was sie soll. Die gewählte Tonart 
(Des dor), wie die verwandten und fremden Harmonieen, 
in welchen der Satz sich bewegt, so wie die milde und 
doch belebende Begleitung — Alles vereint sich zum wirk- 
samen Ausdruck eines dankbaren Gefühls. Um nur einige 
kleine, aber in ihrer Anwendung vortreffliche harmoni- 
sche Züge hervorzuheben, machen wir auf die Stelle, 
nicht fern vom Schlüsse, aufmerksam, wo der Componist, 
nach der Cadenz in Desdur, die Harmonie nach r ismoll 
leitet, und nach wohlthuendem Verweilen in A dur eben 
so ungesucht als wirkungsvoll wieder nach Dea zurück« 
fuhrt. — 

Ein kurzes Oboensolo bildet einen sehr freundlichen 
Uebergang zu einem Quartett für zwei Soprane, eine Alt- 
ana Tenorstimme, nur dann und wann unterbrochen und 
discret begleitet vom Saitenquartelt, der sehr wirksamen 
Oboe und zwei Hörnern. — In diesem anmuthigen Satze 
treten einige Eigentümlichkeiten und Wendungen unse- 
res Meisters, namentlich die Häufung enger Intervalle, 
wieder mehr hervor, als in anderen Theilen dieses Wer- 
kes ; indess erscheint die Lieblichkeit des ganzen Satzes, 
verbunden mit dem treffenden Ausdrucke religiöser Freu- 
digkeit, so überwiegend, dass man sich mit jenen Eigen- 
heiten bald versöhnt. Die Tenorsolostimme, die hier den 
Bass zn repräsentiren hat , verzichtet in diesem Quartett 
zuweilen auf ihre momentane Bestimmung, und gibt sich 
in ihrer gewohnten Beziehung, als Mitlelstimme; so un- 
gern wir sonst auch das eigentliche Fundament vermis- 



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1844. August. No. 52. 



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sen, so müssen wir doch na vorliegenden Falle gestehen, 
das« die Anwendung der Tenorlage dem Ganzen etwas 
Frisches und Jugendliches gibt und, wenn auch in un- 
gewohnter Weise, dennoch den vierstimmigen Satz recht 
wobllhuend zusammenhält. 

In dem nun folgenden Chore der Juden (der durch 
seine Fassung die etwas moderne, wenn auch edle Hal- 
tung des vorigen Quartetts zu compensiren wohl geeig- 
net ist), tritt gegen den fugirten Anfang vorzüglich der 
auf grosse Massen gut berechnete, getragene Miltelsatz 
durch einfach - wurdevollen Bau hervor. Zuletzt, wo der 
Coroponist zu erhöhter Wirkung den Satz siebenstimmig 
erscheinen Jässt, erreicht er diesen Zweck freilich auf 
etwas bequeme Weise, nämlich durch ebenmässig fort- 
schreitende Verdoppelung der Melodie und der Mittelstim- 
men, ein Verfahren, das allerdings nur als Licenz gelten 
kann. Die offenbare Absichtlicbkeit, mit welcher der Com- 
ponist zu Werke gebt, spricht' indess deutlich ans, dass 
er sich eine besondere Wirkung von dieser Stimmenfüh- 
rung versprach , und übrigens wird wohl Niemand daran 
zweifeln, dass der erprobte Meister einen sieben- und 
mehrstimmigen Satz in voller, strenger Selbständigkeit 
zu schreiben verstehe. — So sehr wir indess den Spruch 
beherzigen : 

„Der Meister kann dfe Form zerbrechen 
„Mit weiser Haod, rar rechten Zeil — " 

so möchten wir doch nicht zu allzurascher Adoption sol- 
cher Licenzen rathen. 

Di« darauf folgende Vision (Daniel erblickt im Geiste 
eine glänzende Zukunft für die Religion seines Volkes) 
ist sehr schön angelegt; die im Ganzen ruhige, träume- 
rische Haltung wird ungemein belebt durch eine gut ge- 
wählte, mit vielen ModiScationen ununterbrochen durch- 
geführte arpeggirende Figur, ausgeführt durch obligate 
Violine und Violoncello. Vorzüglich anregend und die Em- 
pGndung steigernd ist die Stelle , wo die Dichtung sagt : 
Lobpreisende Sänge berühren mein Ohr, 
Und dankender Weihranch steigt empor. 

Die sich anschliessende Sopranarie der Jüdin nimmt dies 
erfreuliehe Bild der Zukunft auf und führt es freudig und 
entsprechend weiter aus. Die frohe Bewegung dieser sehr 
sangbaren und auch rhythmisch belebten Arie hätte viel- 
leicht einen etwas mehr potenzirten Schluss erwarten 
lassen; unser Meister bat es vorgezogen, die Arie leis 
verhallend zu scbliessen, vielleicht um den nahen Gegen- 
satz, dem kraftigen Eintritt des Sohlusschors noch bedeu- 
tender zu gestalten. 

Dieser Schlusschor begiont mit den Textesworten: 
„Frohlocket mit Händen, alle Völker!" — Wem schon 
dies „ Händefrohlocken " etwas problematisch erscheint, 
dem wird wohl auch die spätere Zusammenstellung! „Der 
Allerhöchste ist erschrecklich u kaum zusagen, sollte sie 
auch noch so biblisch sein. — Wir tadeln hier blos die 
Wortfügung, da sie für den Hörer, auch bei der treff- 
lichsten Musik, doch immer etwas Störendes haben muss. 
Der Componist hat die letzte Znsammenstellung auch we- 
nig berücksichtigt, und ihr nur am Schlüsse einen be- 
deutsamen Accent gewidmet. 

Der ganze Chor hat von dem trefflichen Meister jene 
Mischung von freier und gebundener Schreibart empfan- 



gen, wie sie nach unserer Ueberseugung dem eindrucks- 
vollen Schlüsse eines so umfangreichen Werkes am an- 
gemessensten ist. Die zum Bau einer vollständigen Fuge 
nöthigen Bestandtheile liegen auch hier so klar und ge- 
haltvoll vor uns, dass ihre mögliebst vollständige techni- 
sche Ausbeutung dem bewährten Meisler kaum Schwie- 
rigkeit gemacht haben würde. Er bricht aber an passen- 
der Stelle ab, indem er, und zwar auf unerwartete, sehr 
wirksame Weise das im freien Styl geschriebene Ein- 
gangstbema wieder aufnimmt. Bald darauf folgt ein neuer, 
veränderter Eintritt der Fuge, die hier, obgleich nur 
kurze Zeit festgehalten, dennoch treffliches Einzelne bie- 
tet, was weiterer Ausführung eben so werth als fähig 
gewesen wäre. Die wiederholte Einführung des ersten 
Motivs geschieht auch hier auf eigentümliche, ja impo- 
sante Weise. Die Vorbereitung deutet nämlich offenbar 
auf die Harmonie von As; nun erscheint aber das eben 
erwähnte Thema mit kräftigem Unisono in Cesdur, was 
besonders bei dem Eintritt der vollen Harmonie im zwei- 
ten Tacte, wo das Orchester hinzutritt und namentlich 
die Posaunen entscheidend benutzt sind , von wahrhaft 
grandioser Wirkung sein muss. Auch die Zurückfuhrung 
nach Esdur mit ihrem ungewöhnlichen, einschneidenden 
Cis ist gut berechnet. Nun wird rasch, vielleicht etwas 
zu rasch, der Schluss herbeigeführt, von dem das Gefühl, 
wohl nicht mit Unrecht, noch eine recht concentrirte hö- 
here Anregung erwarten durfte. Wir verkennen keines- 
wegs die sichtbar dargelegte und auch wohl zu vertei- 
digende Absicht des verehrten Meisters, durch den ge- 
wählten Ausgang eben so wohl die gewöhnliche , rau- 
schende Schlussformel zu vermeiden, als auch dadurch 
die Empfindung tiefer, stiller Andacht auszudrücken und 
mit dieser schönen Regung seine Zuhörer zu entlassen; 
müssen aber, wie tief wir aueh das Gefühl der Andacht 
ehren und hegen, doch frei gestehen, dass wir wünsch- 
ten, ein so schönes Werk von solcher Ausdehnung und 
solcher Erhabenheit von einem Schlüsse gekrönt zu se- 
hen, der aueb materiell den Triumph einer grossen , er- 
habenen Idee verklärt hätte. In Summa : für die Gesammt- 
wirkung erscheint der Schluss wenigstens problematisch 
und gewagt, an sich ist er schön gedacht, und selbst 
neu. — 

Das ganze Werk aber, das wir hier mit hober Ach- 
tung für den Componisten und deshalb freimülhig bespra- 
chen , wird den verdienten Ruhm des deutschen Meisters 
sicher noch vermehren, und so sei es denn allen Deneu 
empfohlen, welchen die wahre Kunst auch Sache des Her- 
zens ist, und namentlich Denen, die da berufen sind, die 
göttliche Tonkunst in einer ihrer schönsten, edelsten Gat- 
tungen zu pflegen und zu feiern. AL 



Nachrichte pc. 

Grossed* Gesangeoneurs zu Gent und der 
Männergesangverein von Coln. 

Die seit mehreren Jahren von den bedeutenderen 
Städten Belgiens errichteten Gesangooncurs« waren nicht 



555 



1844. Augurt. No. 52. 



556 



allein dort von grossem NoUen flrtfe Förderung der ann- 
ähenden Gesaagkoast, sondern sie wirkten auch aaf un- 
tere deutschen Liedertafeln, und namentlich aof die rfaei* 
niscben, höher strebend und besonderes regeres Leben 
entwickelnd zurück. 

Za dem diesjährigen Coneurse, welcher yon Gent, 
als der zweiten Hauptstadt Belgien» und ersten Stadt 
Flanderns, ausging, halte sieh von deutschen Vereinen 
nur der Müanergesangverein von Cöln mit 48 Sftngera 
angemeldet, weicher am 7. JaJi im Vestibül des Univer- 
sitätsgebäudes Statt fand. 

Fünfzehn verschiedene Singervereia* bildeten zusam- 
men eine Zahl von 428 Personen, die, in drei Classen 
getbeilt, um die Preise kämpften, welche Landvereinen, 
Vereinen von Städten erster, und solchen zweiter Classe 
bestimmt waren. 

Der Saal war mindestens mit 2000 Personen, Her- 
ren und Damen, gefüllt. Beebts und links von der San- 
{erhabne, so wie in den zunächst gelegenen Logen, sassen 
ie wettstreitenden Singvereine, und der Saal bot mit sei« 
nen festlich geschmückten Zuhörern einen herrlichen An* 
bück dar. 

Die Soci&6 des Melomanes van Gent, welche den 
Concors veranlasst, eröffnete die Feierlichkeit mit einem 
Chor von Schubert, weichen dieselbe auf eine überra- 
schende Weise schön, gerundet und geschmackvoll vortrug. 

Als hierauf die Sociale* lyrique von Syngem, einer 
Landgemeinde, welche in der Loosung der Reibenfolge 
des Auftretens No. 1 gezogen halte, vortrat, erklärte der 
Vorsitzende der Jury, dass dieselbe wegen Abwesenheit 
eines Richters vorher ergänzt werden müsse, worauf Herr 
Capellmeister Conr. Kreutzer, zur Zeit in Gent anwe- 
send, als Ergänzungsricbter zugezogen wurde, welches 
Amt er auch übernahm und sofort in der für ihn be- 
stimmten Loge erschien. 

Hierauf wetteiferten die Landgemeinden, sechs an 
der Zahl. Die Leistungen dieser Chöre der Landgemeinden 
(Commune* rurales) erregten eine Verwunderung, welehe 
sich mit jedem Auftreten eines neuen Chores steigerte, 
und wir unterlassen nicht, aufrichtig zu gestehen, dass 
in dieser Beziehung Belgien den deutschen Landen, und 
namentlich den Rhein landen , weit voranstebt; denn wo 
fände man in unsern Gauen ein Dorf, welches unter sei- 
nem Küster oder Organisten einen Chor, wenn auch noch 
so klein (der mitconcurrirende Landverein aus Waereghem 
zählte nur fünfzehn Sänger), bildete, der es wagte, 
in einem öffentlichen Wettstreite aufzutreten? Die mei- 
sten dieser kleinen Vereine haben schon ihre Fähnlein, 
und mehrere darunter zahlreiche Siegesdenkmüazen daran 
prangen. Abgesehen von dem belgischen Geschmacke, 
welcher wenig Gefallen an ernster und guter Musik zeigt, 
sangen diese Landgemeinden, wie gesagt, ausgezeichnet. 
Den ersten für dieselben bestimmten Preis, bestehend in 
einer silbernen vergoldeten Medaille und 90 Francs Geld, 
erhielt einstimmig die Gesellschaft „des vrais amis" von 
Vraeene, durch den Vortrag der Gesänge „Nocturne" 
von de Call und „Die Nacht" von Beausacq. 

Zum Wettstreite der Städte zweiten Ranges waren 
nur drei Vereine eingeschrieben» wovon zwei, obgleich 
sn denen des ersten Ranges gehörend, auf diese Ehre 



freiwillig verrichteten, um arit um den Preis 4er Städte 
zweiten Raagea zu kämpfen. 

Hatten die Leistungen der Landgemeinden aufs Höchste 
überrascht, so wurde man über die Steigerung; und gros- 
sere Vollendung im Vortrage der Städte zweiten Ranges 
zum Erstaunen hingerissen. Die Gesellschaft „Weber " 
aus Lessines erwarb sich durch den Vortrag der Gesänge 
„Le Silence** von Salieri und „Le Retour" von Eisen- 
hofer den ersten Preis, bestehend in einer silbernen ver- 
goldeten Medaille und 100 Francs an Geld. 

Nun war die Reihe an den Städten erster Classe, 
auf deren Leistungen wir nach dem bereits Geborten aufs 
Höchste gespannt waren. Eine Pause von einer halben 
Stunde trat ein, und wir wollen während derselben einige 
Bemerkungen über die im Allgemeinen gehörten Compo- 
sitionen uud deren Vortragsart hier einschalten« 

Sämmtliche von den grösseren belgischen Vereinen 
vorgetrageneu Chöre könnte man als Cantalen bezeich- 
nen; denn dieselben hatten durchschnittlich eine Länge 
von einer kleinen halben Stunde und enthielten beinahe 
alle ein Adagio, Andante, Henuetto, Galopade, Contre- 
danse, auch mitunter noch Schottisch, und die Hauptvor- 
tragsmanier besteht nur im Pianissimo und Forlissimo. 
Das deutsche, an die feinen Abstufungen gewöhnte Obr 
findet diese schroff gezogenen Vortragslinien, so wie auch 
die Klangfarbe ihrer Stimmen unangenehm, und söhnt 
sich hiermit nur durch den höchst genauen Vortrag aus. 
Ihr pp ist so zart« dass man an vielen Stellen einen 
Chor von fünfzig Personen nicht mehr zu hören glaubt. 
In den Pianostellen sind die belgischen Kehlen geübt, 
und es erfreute uns ihr darin gezeigter Wohlklang ganz 
ungemein ; dagegen fanden wir die Forlestellen unangenehm 
und rauh, welches vielleicht darin seinen Grund hat, dass 
sie die Stimme in den Piano's stets pressen, wodurch sie 
an Fülle und Rundung verliert. Crescendo und Dimi- 
nuendo, diese so effect vollen Reizmittel, scheinen die Bel- 
gier weniger zu kennen , noch viel weniger in Anwen- 
dung zu bringen. Die auf dem ganzen Concors zu Gebor 
gebrachten Chöre waren beinahe von gleichem Character 
und gleicher musikalischer Gehaltlosigkeit. 

So trug anter anderen der sonst ausgezeichnete Ver- 
ein von Löwen „Societe lyrique" einen Gesang vor un- 
ter der Benennung „Hymne religieux," in welchem auch 
keine Idee von Andacht zu finden war, und der deshalb 
eben so wenig dazu stimmen konnte« vielmehr sich auf 
einem Tanzboden trefflich machen würde* Der Componist 
dieses Chores heisst A* Limnander l — Indessen der Bel- 
gier verleugnet auch in der Musik nicht seinen ihm eige- 
nen Character, sein leichtes, angenehm hüpfendes Tem- 
perament* 

Als ein «weiter Beweis ihres Geschmackes mag gel- 
ten, dass der Verein „Roland de Lattre" aus Brüssel 
einen Chor sangi „La Belgique," compooirt von Nedel- 
Jon. Diese Compositum ist nichts mehr und nichts weni- 
ger, als Mendelssohns herrliches Lied: „Der deutsche 
Wald,** dem von Herrn Nedefson andere Worte ange- 
zwängt waren und der dadurch verstümmelt erschien. 
Die Bezeichnung „La Belgique** schien uns die grössle 
Satyre auf belgische Musik überhaupt zu sein, besonders 



557 



1844. Augart. No. 52. 



538 



im «nto Bms *Mtatt> ..Lebewohl" «ortinmer: 



iiLjr t i r i r 



sang! 



Bei - gi - que 
Die fünf mit dem Cölaer Männergesangvereine con- 
currirenden Kampfer im Range der ersten Classe der 
Stidte haben die meisten Stimmmitlei, geboren zu den 
besten Chören Belgiens und erfreuen sich mit Recht ihres 
ausgezeichneten Rufes. Es waren zwei Vereine ans Brüs- 
sel, die übrigen aus Brügge, Mecheln und Löwen. Die 
Leistungen waren ganz vortrefflich und die Fortschritte 
derselben seil dem Concors zu Brüssel im Jabre 1841 
sehr bedeutend, und der von der Aachener Liedertafel 

Szogene Vorlhei! hörbar. Bei solchen Fortschritten wer- 
n unsere deutschen Vereine für die Folge einen schwe- 
ren Kampf haben, wie er bereits in diesem Jabre den 
Cölnern wurde, da ein reges Streben zu vollendeter Dar- 
stellung überall sichtbar sich zeigt. 

Nach einem sechsstündigen Ausharren in dem ge- 
drängt vollen Saale, ermüdet von den unzählig geborten 
Meledicen, den Gaumen trocken und mit Staub gefüllt von 
dem steten , dem Vortrage sowohl durch Klatschen , als 
Fussstampfen gezollten Beifalle, also im höchsten Grade 
angegriffen, kam die Reibe endlich, und zwar ah Scbiess 
der Vorträge, an den Cölner Männergesangverein, unter 
der Leitung des königl. Musikdirectors Herrn F. Weber*). 
Eine heilige Rübe trat nun ein, und Conrad. Kreutzer** 
„Frublingsnaben," deutsch und innig in höchster Voll- 
endung vorgetragen, rauschte vorüber, dem ein grenzen- 
loser Beifall oder vielmehr Jubel folgte. Darauf trug der 
Verein eine sehr gelungene Composition von F. Derkum 
„Die Post** mit Feuer und Begeisterung vor, wonach ein 
grosserer nicht enden wollender Beifall folgte. Alles war 
wie eleclrisirt, und man schien von solchen Leistungen 
in Belgien bis dahin keine Ahnung zu haben. 

Die Jury, aus den Herren Mengal, Director, de So- 
rtiere und Alerte, Professoren des Conservalorrams zu 
Gent, Capellmeisler Conr. Kreutzer, so wie Gabriels, 
Capellmeisler an der Kirche St. Michel, trat nun ab, und 
nach geschehener Berathung wurde dem Cölner MSnner- 
gesangvereine einstimmig der erste Preis, bestehend in 
einer grossen goldenen Medaille und an Geld 200 Francs, 
zuerkannt **), so wie die Preise den vorbin erwähnten 
Gesellschaften. Nachdem nun sämratlicbe Dirigenten mit 
den Medaillen um den Hals geschmückt waren , trat der 
Minnergesangverein nochmals auf und saog mit seelen- 
vollem Vortrage in höchster Begeisterung ein Lied von 
Ferd. Ries „Trallerlied," nach dessen Beendigung der 
demselben folgende Beifall wahrhaft fabelhaft erschien. 
Glückwünsche von Deputationen mehrerer Vereine, so 
wie von den Bürgern Genfs, den Sängern dargebracht, 
zeugten von der innigen Anerkennung der Leistungen« 

Am folgenden Tage gab der Verein in Verbindung 
mit den Cölner Quartett ein Concert zum Vortbeil der 
Genter Armen im grossen Thronsaale des Stadthauses, 

*) Herrn Weber ist jiiogit m Anerkennung seines Talents und 
seiner Verdienste des Prädient eines kSnifl. »renss. Musikdi- 
rektors ert heilt worden. 
") Der Verein hat diese 200 Francs den Rleinlinderbewabran- 
stnHen nn Cdln als €e*cbenk überwiesen. 



wozu sieli die Elite der Stadt in grosser Anzahl einge- 
funden hatte. Alle vorgetragenen Stücke wurden mit dem 
grössten Beifalle belohnt, und das Lied: „Was ist des 
Deutschen Vaterland" (im Jabre 1841 von der Liederta- 
fel zu Aachen auf dem Concurs zu Brüssel ausgeführt 
und gekrönt) wurde mit nicht zu beschreibendem Enthu- 
siasmus aufgenommen und stürmisch dessen Wiederho- 
lung verlangt. Die Herren Hartmann, Weber* Derkwn 
und Breuer spielten ein Quartett von Mozart und eins 
von Beethoven und erregten bei allen Künstlern und wah- 
ren Kennern hohe Bewunderung, wegen des seltenen En- 
semble'*, der Feinheit und des Reizes , welche den Vor- 
trag beherrschten. Nach beendigtem Concerte wurden den 
Ausführenden Blumen und Bouquets zugeworfen , dem Di- 
rector des Vereins, Herrn MD. Weber, von dem Gou- 
verneur der Provinz eine Lorbeerkrone überreicht, be- 
gleitet von den schmeichelhaftesten Ausdrücken. Dem wa- 
ckern Vereine wurde von der Sociale des Melomanes eine 
Dank- und Abschiedsserenade gebracht, wobei manches 
schöne ergreifende Wort gewechselt und ein recht inni- 
ges Band zwischen beiden Vereinen geknüpft wurde. 

Auf der Bückreise wurden dem Vereine überall die 
grössten Ehren erwiesen. Bei der Ankunft in Aachen be- 
grnsste ihn die dortige Liedertafel mit einem zu diesem 
Zwecke eigens gedichteten und einer Händefschtn Me- 
lodie untergelegten Texte, so wie durch Ueberreichung 
des Ehrenweins. 

In Cöln wurden unsere Sänger von einer grossen 
Anzahl ihrer Mitbürger, den Herrn Oberbürgermeister und 
die Stadtrithe an der Spitze, mit Jubel ruf und Bewill- 
kommnungsrede empfangen und mit einem Fackelzuge 
zur Stadt geleitet. Die näheren Details mitzuteilen, würde 
zu weit fähren ; es war ein förmlicher Triumphzug, Fah- 
nen und Musik voran. So hat denn deutscher Gesang wie- 
derum seinen Einfluss und seine Kraft bewährt und sich 
die Siegespalme im Auslande errungen. Möge der Cölner 
Männergesangverein mit erneuerten Kräften, eingedenk 
seines Sieges, in seinen Leistungen fortschreiten zu sei- 
ner und unseres deutschen Vaterlandes Ehre, bis zur 
höchsten Vollendung. 

Belgien liefert den Beweis, wie solcher Wettkampf 
aufrüttelt zu mächtigem Handeln, die Kräfte weckt und 
steigert zum freudigen Gelingen. Sollen wir, das Gute 
nachahmend, wo wir es finden, in unseren Rheinlanden 
nicht auch solche Sängerkämpfe veranstalten, auf dass 
auch bei uns der Gesang immer mehr und mehr sich zu 
hoher Vollendung ausbilde? v =zu>. 



Frühlingsstagione in Italien. 

(Forltetxsng.) 

Mailand. Das Teatro Carcano hatte eine zahlreiche 
Sängergesellscbaft und nebst der Oper auch ein kleines 
Ballet. Zu ersUrer gehören die Prime Donne Matthey, 
Cuzsani, Montucchielfi, Brambilla (Erminia), die Comprv 
marie ud Altistinnen Buggeri, Paquier, Morandi, GerM 
(die beiden Ersteren die Besten unter den weibliehen Vir- 
tuose)» die Tenore Cuzzani, Della Calla, Pelosio, Mugnai, 



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1844. August. No. 32. 



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Antonelli, Carisio (sämroütch mehr oder weniger unbe- 
deutend), die Bassisten Euzet (vom Pariser Theater Re- 
naissance), Colmengbi, Pignoli, Pallrinieri, Valerio, Pe- 
rico, nebst Buffo Cambiaggio (der Franzose der Beste un- 
ter den männlichen Virtuosi). Unter den sechs gegebenen 
Opern waren vier von Donizetti : die Lucrezia Borgia und 
Maria di Rohan mit der Cuzzani, die Gemma di Vergy 
mit der Matthey, die Figlia del reggimento mit der Mou- 
tucchielli, die sämmtJich, letztere etwa abgerechnet, so 
ziemlich gefielen, aber wenig Billette in die Theatercasse 
abwarfen. Ricci's Chi dnra vi nee, mit der Brambilla und 
benanntem Buffo, wollte gar nicht anziehen, selbst nach- 
her als Academie mit Stücken aus Columella und Figlia 
del Reggimento. Meyerbeer's Roberto il diavolo war in- 
dess die Seele der Mailänder Frü'blingsslagione. Während 
Lanari ihn in Toscatia's Hauptstadt zu drei verschiedenen 
Malen mit solchem Glücke gab, dass er sich einen Palast 
bauen Hess, den die Florentiner Palazzo Roberto il Dia- 
volo anstatt Palazzo Lanari nennen ; während dieser Ro- 
berto in Norditalien, namentlich in Triest, Venedig, Pa- 
doa, Verona, Cremoua, Parma, mitunter zu wiederholten 
Malen gegeben, bereits bekannt war, ist es wahrhaft zu 
bedauern, dass ihn die Scala mit ihren gewöhnlichen Mit- 
teln zu grossartigen Spectakeln bisher nie gegeben hat. 
Heil also unserem Theater Carcano und seinem Impresa- 
rio, die uns nach langen Jahren wieder Musik in der 
Oper hören Hessen ! Vor Allem Decorationen und Maschi- 
nerieen ganz der Scala würdig. Unter den Sängern ver- 
dient die Matthey als Alice die Palme, die Cuzzani als 
Isabella gab ibr wenig nach, Bassist Euzet war ein treff- 
licher Bertram und Tenor Della Cella ein eiskalter Ro- 
berto ; Orchester und Chöre nichts weniger als zahlreich ; 
zum Glücke war -das Orchester der Scala in zwei Tbeile 
getheilt : die eine Hälfte in der Canobbiana, die andere — 
die bessere — hier. Die an mannichfaltigen musikali- 
schen Schönheiten so überreiche und imponirende Oper 
hat auch in Mailand, bei all' dem neuesten Verdi'scben 
Taumel, grosses Aufsehen erregt. In der That wiegt 
schon die einzige Einleitung zum Roberto alle bisher von 
Verdi geschriebenen und wahrscheinlich noch zu schrei- 
benden Opern ganz und gar auf. Ungeachtet der Entle- 
genheit des Theaters und des doppelten Entreegeldes (ei- 
nes Aogsburger Guldens) war es in jeder Vorstellung 
ziemlich, in der letzten gestopft voll. Der Robert ist be- 
reits für die Sommerstagione nach dem k. k. Theater 
Canobbiana gewandert: Beweis genug, dass er gefallen 
bat. Einige ullraitalienische Ohren, vielleicht aus Neid, 
befriedigte er indess nicht ganz. Die hiesigen Zeitschrif- 
ten waren der Oper meist günstig, besonders der Cor- 
riere delle Dame und das Modenjournal. 

Zur Osternzeit wurde Mozart' s Requiem, zum ersten 
Male in Mailand, im hiesigen Conservatorium gegeben; 
das Lacrymosa hat wohl am Meisten gefallen. Herr Vac- 
cai, Censor dieser Anstalt, dem die Kenner den Genuss 
dieser himmlischen Musik und des Händetschen colossa- 
len, leider voriges Jahr durch allerlei Umtriebe nicht zur 
Aufführung gekommenen Messias zu verdanken haben, 
hat so eben seine Entlassung verlangt und erhalten, ist 
bereits auch nach seiner Vaterstadt Pesaro, wo er Grund- 
stücke besitzt, abgereist. 



Herr Joseph Domzetti, Bruder des bekannten Gae- 
tano und Capellmeister der sultanischen Hofbande zu 
Constantinopel, ist dieser Tage in Mailand angekommen. 

Lodi. Donizetti's Regina di Golconda, in Wahrheit 
keine tropisch hübsche Opera buffa, erregte hier einen 
freudigen Lärm. Die Montucchielli in der Titelrolle Alina 
wurde sogar mit Eviva's beschenkt, Tenor Bozzetti mit 
Bravo's, Buffo Rivarola und Bassist Solari mit vielen Klat- 
schereien. Aber, ach Himmel ! La Figlia del Reggimento, 
die schon vorigen Carneval diese Bühne passirte, hinkte 
diesmal bei ihrem Durchzug. 

Crema. Rossini's Turco in Italia, mit einem Serio- 

Eflaster, id est Seriorondö aus einer Donizetti'schen Oper, 
atte geringen Erfolg. Die Tizzooi, Buffo Borella, Tenor 
Marchetti und Bassist Biancbi machten ihre Sache leidlich. 
Donizetti's Elisir ging viel besser und sprach mehr an! 

Cremona. Fioravanti's Columella (Pulcinella) , den 
die Leser bereits sattsam kennen, belustigte auch hier in 
den Originalstücken, das Hinzngethane und Geflickte ver- 
leidete nur die Lustbarkeit. Die Borgognoni, Buffo Cini, 
Tenor Rossi-Guerra und Bassist Loglio befriedigten im 
Allgemeinen. In Donizetti's Elisir, worin der Buffo Fio- 
rio und Tenor Pözzolini sangen, trug Letzlerer den Preis 
davon, weil er der Einzige war, der in dieser Oper be- 
reits gewirkt hat; für die übrigen Drei, die sie in we- 
nigen Tagen einstudiren mussten, war sie ganz neu; sie 
fanden aber bei alldem Anerkennung. Roberto d'Evreux, 
ebenfalls von Donizetti, bescbloss das Opernternarium 
ziemlich gut. Herr Cini trug zuweilen in den Zwischen- 
acten die Buffopartieen des Columella vor. 

Bergamo. Die hiesige Unione Filarmonica gab am 
30. April eine glänzende musikalische Academie, im Bei- 
sein ihres ehrwürdigen berühmten Stifters, des bereits 81 
Jahr alten Joh. Simon Mayr. Bei der unlängst hier statt- 
gehabten Durchreise des Königs von Baiern hatte der 
Greis die Ehre, von dem Monarchen huldvoll empfangen 
zu werden. (Mayr ist bekanntlich in Baiern geboren und 
erzogen.) 

Romano. Dieser Marktflecken im Berga maskischen, 
der Geburtsort des berühmten Tenors Rubini, feierte die 
Eröffnung seines neuen Theaters mit Donizetti's Elisir, 
dem bald Bellini's Norma folgte. Zuhörer und Sänger wa- 
ren ungemein zufrieden. 

Galarate. Auch dieser grosse und reiche Marktfle- 
cken im Mailändiseben that sich gütlich mit einer Oper, 
versteht sich, del Cavaliere Donizetti. Sein Furjoso machte 
indess keinen Furore. Im Barbiere di Siviglia betraten 
sogar zwei neue Individuen die Bühne: ein Tenor Poietta, 
ein Buffo Folli; von ihnen vielleicht ein anderes Mal. 

Pavia. Donizetti's Don Pasquale erquickte gar nicht. 
Buffo Leoni in der Titelrolle behagte wenig, die Dali 9 
Argine als Norina war auch kein Diamant, Tenor Mecksa 
und Bassist Donelli wurden im Wirbel des zum Theil 
auch die Musik treffenden Fiasco mitgerissen. Donizetti's 
Luoia mit der Albani ging viel besser. Rossini's Mose 
mussle nach fünf Vorstellungen der Lucia das Theater 
räumen ! 

Codogno. Eine freundliche Aufnahme fand Fioravan- 
ti's Columella (Pulcinella) in diesem reichen Marktflecken.. 
Die Wanderer, Tenor Gumirato, Buffo Marconi und Bas- 



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1844. August. No. 52. 



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sist Biancbi ernteten reichlichen Beifall, der nachher in 
flicci's Orfanella di Ginevra etwas geringer ausfiel. 

Brescia. Die Virginia Viola betrat hier zom ersten 
Mal in Rossini's Generentola mit gutem Erfolge die Bühne. 
Sie hat eine hübsche geläufige Stimme und kann etwas 
werden. Buffo Boccomini als Don Magnifico und Bassist 
Righini in der Rolle des Dandini bekamen ebenfalls eine 
ziemliche Dosis Beifall. In Ricci's Chi dnra vince that 
sich anch der Tenor Tommasi hervor. 

Maniua. Die im vorigen Quartalbericht erwähnte 
eingetretene Gesellschaft setzte den Elisir d'amore mit 
Tenor Ciaffei fort, begann eipstweilen die Stagione da- 
mit, gab aber bald den so sehr gewünschten Don Pasquale 
von demselben Maestro Donizetti. Buffo Napoleone Rossi 
war der Bravste in der Titelrolle, Ciaffei ein guter Te- 
nor; nach ihnen folgten in der Reibe der Begünstigten 
die Prima Donna Zagnoli und Bassist Casanova. Die Ti- 
relli machte hierauf einen kleinen Furore in Bellini 's Bea- 
trice da Tenda, worin die Hübner die Agnese ziemlich 
befriedigend gab. Herr Ciaffei, der nach seiner Vaterstadt 
Rom abgereist war, um in Verdi's Ernani zu singen, 
wurde durch Tenor Marchetti (s. Crema) ersetzt, noch 
wurde Donizetti's Gemma di Vergy mit der Zagnoli und 
dem Tenor Ricci gegeben. 

Bozzolo. Die vorberbenannte Gesellschaft (Zagnoli, 
Ricci, Rossi, Casanova) gab in dem so eben (17. Juni) 
eröffneten neuen eleganten Theater Ricci's Chi dura vince 
und machte Furore. 

Ostig lia. Die hübsche Grassi triumpbirte hier zum 
vierten Male in Donizetti's Figlia del Reggimento; sie 
hatte an Tenor Vergani und Buffo Bruscoli gar keine üblen 
Adjutanten. 

ßovigo. Drei Opere buffe : Chi dura vince , Figlia 
del Reggimento, Columella, vergnügten hier die Zuhö- 
rer; die Mazza und Buffo Silingardi waren die am Mei- 
sten Applaudirten, nach ihnen die Altistin Cocconi, Tenor 
Ziliani, die Bassisten Gaudini und Penso. 

Treviso. Einen Quasi - Fiasco machte Donizetti's Ma- 
rino Faliero; kaum das Duett der beiden Bassisten Bo~ 
nafos (Titelrolle) und Assoni, die Arie des Ersteren und 
das Rondo der Beltrami-Barozzi (freilich längst auf der 
Neige) fanden Anklang. Dessen Figlia del Reggimento 
hatte einen bessern Erfolg. 

Padua. Unser Teatro Novissimo wurde in der ersten 
Hälfte Mai's mit der weit und breit bekannten Lucia di 
Lammermoor del celebre Donizetti eröffnet. Die Marziali 
(Titelroll«), ihr zur Seite Tenor Comassi, die Bassisten 
Rodas und Assoni. Aufnahme ziemlich lau. Columella (Pul- 
cinella), mit den beiden Buffi Pozzesi und Penso, inter- 
essirte Mos in den Originalslücken, worauf die Lucia aber- 
mals mit besserem Glücke folgte. Rossini's Barbiere war 
am willkommensten. 

- (Teatro Nuovo. — Stagione della Fiera del Santo.) 
Am 12. Juni gab man zum ersten Male Meyerbeer's Hu- 
genotten um mehr als den vierten Theil abgekürzt. Die 
Rollen der Margarita und des Pagen fehlten beinahe ganz, 
und da leider aueb die Prima Donna Maray nicht im be- 
sten Lichte glänzte, so kann man ohne Weiteres be- 
baupteji : die Last der ganzen Oper lag auf den drei männ- 
lichen Sangern : Frascbini (Raoul), Baizar (Marcello) und 



Selva (St. Bris), die aueh ungemein stark ftpplaudirt wur- 
den, besonders Tenor Frascbini. Gefallt die Musik, oder 
gefällt sie nicht? — Die Frage selbst ist ihre Antwort. 
Die Italiener möchten gern nein und gern ja sagen, sie 
haben wohl auch Gefühl für grosse und erhabene Musik, 
aber an ihrem beutigen Klingklang-Operncodex verwöhnt, 
können sie erst nach und nach dann eindringen. So ist 
es auch mit den Hugenotten, die bei stets ziemlich vol- 
lem Theater immer mehr ansprechen. Von Idioten ist hier 
keine Rede; man gönne ihnen vom Herzen ihre so be- 
liebte Alltagsohrenspeise. Ein vom hier ansässigen adeli- 
gen Maestro Balbi der Mailänder musikalischen Zeitung 
(No. 25 vom 23. Juni) zugeschickter Beriebt über diese 
Oper gereicht, aus der Feder eines Italieners, unserm 
Meyerbeer zur grössten Ehre. Man bore aber auch das 
Urtheil eines humoristisch - kritischen Nichtmusikers dar- 
über in der Venetianer Zeitung, was zum Tbeil meine 
obige Behauptung bekräftigen mag. — „Die Musik der 
Anglicani" (so ist der Titel der Oper in Italien) „ist zu 
sublim, sie hat eine in die hundertste Potenz erhobene 
Sublimität, einen Druck voll hundert Atmosphären, die 
Kraft von, ich weiss nicht wie viel Pferden, die bis über 
die Wolken erhebt. Von zwei Musiken gefallt mir die 
einfache des Maestro Moses, der sich in einen Walzer 
verliebte, der die Bunde der Welt machte, und den man 
zur mythologischen und fabelhaften Zeit meiner Jugend 
tanzte. Die Musik der Hugenotten machte auf mich die 
Wirkung einer gelehrten aeademiseben Dissertation, die 
man als Wissenschaft mit der grössten Bewunderung an- 
hört. Der Meister bedient sich darin einer musikalischen 
Sprache , an die wir noch nicht gewöhnt sind; er lässt 
die Stimmen spielen, nicht singen; das Ganze ist eine 
Arbeit der Harmonie, ein Kraftaufwand von Nachahmun- 
gen und Wissenschaft Ich erkläre mich als untertänig- 
ster Diener dieser Wissenschaft, habe aber die einfache 
Musik weit lieber, die Musik, die man fühlt und begreift» 
beweist und nicht erräth. Uebrigens ist es möglich, dass 
ich mir nach abermaligem Anhören ein Motiv zu eigen 
machen und dessen Schönheit erkennen kann. In der 
zweiten Vorstellung schien es mir schon etwas begreif- 
lich; z. B. die Tenorarie, der Chor des ersten Actes, 
die Verschwörung im vierten Act, das Duett zwischen 
Tenor und Prima Donna, ein Setümino. Diese schmei- 
cheln dem Ohr etwas mehr, indem sie sich unserm Style 
nähern. Die sogenannte Natiooalarie mit der angenehmen 
Begleitung der Trommel und der Pfeifen, — hier ist 
nichts zu sagen, die Nationen haben ihren Gesohmack. 
Gewiss ist es, Baizar sang sie meisterlich, und wurde 
auch dafür stark applaudirt. Frascbini fand die schmei- 
chelhafteste Aufnahme. Die Oper ist mit ausserordentli* 
eher Pracht in die Scene gesetzt u. s, w." — Einige 
Ultra's der lieben heimathlichen Musik waren ungeduldig 
auf die zu gebende „ italienische M 0]P er - Mercadante's 
Bravo wurde auch den 29« Juni (10 Tage nach den Hu* 
genotten) gegeben, und machte — Fiasco. Nächstens ein 
Mehrere*. 

Es heiast, dass die mit Herrn Cesare Manmi verhei- 
ratete Prima Donna Goldberg hier in Padua ihren Won- 
sitz aufschlagen wird. 

(BeaakUss folgt.) 



543 



1844. AugMt. No. 32. 



544 



Feuilleton. 



Lisnt hat in Lyon Bit grasen» Erfolge Coaeert gegeben. 

Bei Gelegenheit der Vergrösseroug der Magdaleaenergel ia 
Hildcsbeim hat — dem Hamburger Correspondeuten zu Folge — 
der damit beauftragte dasige Orgelbaumeisler Joseph Friederiei 
eine Vervollkommnung dea Pedale erfände«. Es werden namlieh 
die vier Stimmen im Pedal mittele einen einfachen Mechaatsmae 
oad beaonderen Registersugs dergestalt in aebt Stimmen verwan- 
delt, dass jede einzelne Taste doppelt anspricht und ausser ihrem 
eigenen Klange den der Oetave hören läast. — Diese Einrichtung, 
dnreh welche die Orgel ungemein an Kraft gewinnt, ist unter ge- 
wissen Modiftentioneo nach auf Man aale anwendbar und empfiehlt 
aieb vorzüglich bei neu zu erbaneoden Orgeln dnreh eine nicht 
unbedeutende Ersparung an Raum und Resten; doch können auch 
alte Werke auf diese Art erweitert und vervollkommnet werden. 

Der Organist A. G, Ritter zu Erfurt, Rednetenr der Urania, 
ist an die Stelle des Mnsikdirecters und Domergauieteu Wifh. 
Schneider nsch Merseburg berufen. 

Ehrenbezeigung. Der Herzog Maximilian in Baiern bat die 
Dedieation des vierten Bandes des Orgelfreundes von dem Bueh- 



uod Musikalienhändler W. Kormer in Erfurt angenommen, und dem- 
selben eine wertbvolle goldene Medaille mit dem Bildnisse seiner 
Hoheit zustellen lassen. 



Der als tüchtiger Kircbeneomponist bekannte Hofcape llmeisl er 
Gänsbaeher zu Wien ist gestorben. 

Englische Blatter melden : Mao bat die sterblieben Ueberreste 
Weber** der Meorfields - Capelle an London enthoben. Sie werden 
seinem ältesten Sohne nn vertraut werden, der steh gegenwärtig in 
England befindet, und der sie nach Dresden bringen wird. 



Aus Königsberg wird berichtet: Nach einem hierher gelang- 
ten Schreiben Ole BalVt bat derselbe auf seiner zweimonatlichen 
Ronstreise durch Nordamerika 250,000 Dollars (?) erworben • in 
Newyork braebte ihm jedes Coaeert 4000 Dollars ein. 



Der früher in Leipzig angestellte Muaikdireclor Bach ist in 
gleicher Eigenschaft am Hoftheater zu Carlsruhe angestellt worden. 



Der erste Cspellmeister des Hofthesters am Kuxnthnertbore zu 
Wien, zogleieh preussischer Mnsikdirector , Otto Nicolai bat den 
preusaiseben rotben Adler -Orden vierter Classe erbalten. 



Ankündigungen. 



Xeue Mtnihmlien 



im Verlage vnu C A. Klei 



in Leipzig. 



Bruniier,C«T M Op.25. Kleine Etüden f. Wie. Heft 3. iONgr. 

— — Od. 25. Fünfzig kleine Etüden f. Pfte. Vollständig in ei- 
nem Bande. 1 Tbl*. T# Ngr. 

Op. 47. Wein, Weib und Gesang f. Maonerchor mit Pia« 

noforte. 10 Ngr. 

Hartmann, C CJ., Juhelmarsch nur dritten Sacularfeier der 
hönigl. sechs. Landessebnle St Afra in Meissen für Pianofbrte. 
Vierhändig. 7* Ngr. 

Ufosart, W. A», Hymne (No. 5): „Gottheit dir sei Preis*' 
für Pianoforte. Vierbändig. SO Ngr. 

Relsmlffer, F. A., Op. 40. Zwei Fantasieen über Thema's 
aus Lortzing** Oper i Czaar und Zimmermann für Pfte. (Zweite 
Auflage.) No. 1. „Lebe wohl, mein flandriseb Madeheu." 15 Ngr. 
No. 2. „Sonst spielt' ich mit Scepter." 15 Ngr. 



Bei Schubertftt in Hamburg sind so eben folgende mit 
bekannter Eleganz ausgestattete üeillglielteil ersehienen, wor- 
auf wir das musikalisch« Publikum biermit ergebenst aubnerksam 
machen : 

Ball 9 Ole» Adagio religioso, f. Violine. Op. l v mit Pianoforte 

und Partitur. SO Ggr. 

Noeturno f. Pfte., Op. 2. d? d? c 10 Ggr. 

Pnnt. et Varlat. de Braroure sur un Theme de Bellini , für 

Violine, Op. 3. d? d?. 2 Tblr. 8 Ggr. 
Burgmüller. Fer<l M OperaAreund, No. 4, Potpourri aus 

der Stummen, o Ggr. 

d? No. 7. d? aus den Puritanern. 8 Ggr. 

-~ — d° No. 15. d? aus der weissen Dame. 8 Ggr. 
— — 4? No. 19. d? uns Lucretia Berg». 8 Ggr. 

dv No. 29. 49 nun dem Barbier von Sevilla. 8 Ggr. 

Cantkial, Aug. M., Glockengalopp f. Pfte nach den belieb« 

testen Motiven ans der Oper: „Des Teufels Antheil," von Au- 

her. 6 Ggr. 

Nova -Polka (Polka - miliUire), f. Pfte. 6 Ggr. 

Auswahl der heliebtesten Stucke nun der Oper: „Cola 

Rienaij" von R. Wagner. (Mit Genehmigung des Componistcn, 

für Pfte arrangirt.) 1 Tblr. 



Lied f. Sopran oder Toner. 
8 Ggr. 



Krebs, C„ „Sei mein Liebchen/ 
8 Ggr. 

Dasselbe für Alt oder Bariton. 

Einlagen zur Oper: M Oer Feen -See/* von Auber. No. 1. 

Romanze des Albert. 8 Ggr. No. 2. Gavatine der Zeile. 14 Ggr. 
No. 5. Seene und Arie der Zeüa. 14 Ggr. No. 4. Romanze 
der Zeüa. 4 Ggr. 

lajrusr, €1. (Preiscomponist), Introd. und Fuge. Quartelt f. Pia- 
noforte, Violine, Viola et Violoncelle. Op. 6. 1 Tblr. 12 Ggr. 

Rtlelien, Fr., Duo. Op. 12, No. 2, für Pfte und Violine. 
1 Tblr. 16 Ggr. 

H*lnf|!ie 9 **•' »Moroenu de Salon.** Air rusee vurie p. Vio- 
Ion av. Pfte. Op. 19. 18 Ggr. 

Duo concertant, p. Piano et Violon. Op. 20. 5 Thlr. 

ftlozart, W. A*, Don Juan. Clarier- Auszug. 1 Thlr. 16 Ggr. 
ordinär, 1 Thlr. 6 Ggr. netto. 

Iforaldeiltftelae Liedertafel ter den 4sfa'mmigen Mäu- 
nergesang. 8. Band ron SehcrUng. Stimmen n. Part. 18 Ggr. 

Salmmail, S«, 6 Lieder für Mezzosopran, Alt oder Bariton mit 
Pianoforte. Op. 9. 12 Ggr. 

gelmiibertli, C, „Piecc de Seciefe." Pastorale für Violon- 
celle mit Pianoforte. Op. 12. 1 Thlr. 

— — 2 Caprices en Forme des Etudes, pour Violoncelle avec Pia- 
noforte. Op. 13. 16 Ggr. 

Truhn, H., 5 Romaoces pour Chant arec Piano. Op. 60. 
12 Ggr. 

WlMmem, »., Duo cnneerL pour Piano et Violon. Op. 11. 
4 Thlr. 

[3&* Vorrathig in allen Musikalienhandlungen. 

{Eine Gesanglehrer stelle bei dem Musikvereine in Lemberg mit 
dem Gehalte jährlich 506 Ft. Conv.-M. ist xn beseiten.) Der Ge- 
sanglehrer hat den niedern und höhern Gesaeguntemcht in 4er 
Veveinsachnhf liglich durch 4 Stunden zu ertbeilen, und insbeson- 
dere die für das Studium der Chöre nöthige Fertigkeit im Parti- 
turapiele zu besitzen. 

Bewerber wollen ihre mit glaubwürdigen Fahigkeitsuevgnis- 
aen versehenen Gesuche, mittelst franlurter Briefe bis epMeetsns 
20. August 1844 unter der Adresse — nn 4h GeschnAshanslei 
des galiziachen Musikvereins in Lemberg — einsenden, welche auf 
Verlangen nähere Aufklärungen zu geben bereit ist. — 



Druck und Verlag von Brritkopf Und HarUl in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



545 



546 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 14 toD August. 



M 33. 



1844. 



Inlialtl Original oder Bearbeitung? — Rccensionen, — Nachrichten. Aus Leipzig. Aus Frankfurt. Fruhlingsopern in Italien. (Be- 
schluß. ) Karzgefasste Nachrichten der italienischen Oper ausserhalb lt«lieu. — Feuilleton. — Aufforderung. — Ankündigungen. 



Original oder Bearbeitung? 

Am ersten Tage des diesjährigen io Cöln gefeierten 
26. niederrheinischen Musikfestes wurde HändeCs Ora- 
torium „Jephta" aufgeführt, und zwar, wie es im Pro- 
5 ramm hiess, „mit Orgel- und Orchesterbegleitung nach 
er Originalpartitur." Die /ftzWef sehen Partituren haben 
in Deutschland unter mancherlei Gestaltung auch man- 
cherlei Schicksale erlebt. So ist „Der Messias" 1786 
zuerst von J. A. Hiller in Berlin, später von Mozart 
instrumenta zuerst 1802 in Leipzig, dann ebendaselbst 

1816 mit bedeutenden Abkürzungen von Rochlitz , und 

1817 in Hamburg nach einer von Schwenke schon 1809 
angefertigten abermaligen Bearbeitung der Motarl'schen 
Partitur aufgeführt worden. „Das Alexanderfest," 1806 
zuerst in Wien aufgeführt, wurde 1811 ebendaselbst mit 
Jtfo*ar/'soher Instrumentation wiederholt. „Judas Mak- 
kabäus" ist zuerst 1806 in Wien, dann 1819 mit angeb- 
lich Mozart* scher Instrumentation in Leipzig, und noch 
in demselben Jahre nach Clasing's Bearbeitung in Wis- 
mar aufgeführt worden. „Samson" wurde 1818 zuerst 
den Berlinern in Moser scher Bearbeitung, und gleicher- 
weise „Salomon" 1825 den Wienern bekannt gemacht. 
Ein Jahr früher, 1824, hatte Ciasing in Hamburg ,,Jo- 
sua" instrumentirt und veröffentlicht. „Jephta," Hän- 
de fs letztes Oratorium, welches er halb erblindet 1751 
componirle, wurde 1823 nach der ersten -Morschen 
Bearbeitung in Elberfeld, 1824 mit SeyfriecTs Instrumen- 
tation in Wien und Prag, und 1827 nach einer zweiten 
Moserscheu Bearbeitung abermals in Wien aufgeführt. 
Später beschäftigte sich Lindpaintner mit der Instrumen- 
tation und Bearbeitung des „Judas Makkabäus," und end- 
lich hat man in neuester Zeit von Mendelssohn gesagt, 
er habe die Händeüschtu Partituren in ihrer ursprüngli- 
chen Gestalt vorgeführt: „Israel in Egypten," „Salo- 
mon," „Josua" in Leipzig, Düsseldorf und Cöln. Welche 
Reihe achtnngswerther Künstler, die sich um die Verbrei- 
tung Händef scher Werke in Deutschland verdient ge- 
macht haben 1 Hiller, Mozart, Schwenke, Rochlitz, Sey- 
fried, Ciasing, Mosel, Lindpaintner — instrumentirend, 
bearbeitend, versetzend, abkürzend, verändernd — und 
zuletzt noch Mendelssohn, der wieder auf das Festhalten 
des Originals, ohne weitere Einmischung, gedrungen ha- 
ben soll *). Um auf den Grund dieser gewiss auffallenden 

*) Der Vollständigkeit wegen seien hier noch Breidenstein, Gleiche 
46. Jahrgang. 



Erscheinuog so verschiedener Ansichten zu kommen, müs- 
sen wir hauptsächlich Eine Eigenschaft HändeCscher Ora- 
torien in's Auge fassen : dass sie nämlich für die Kirche 
geschrieben waren. Die Kirche aber bot natürlicherweise 
die majestätische Orgel zur Begleitung, und dieses Rie- 
senwerk ersetzte vollkommen und für die weiten Räume 
eines Domes in würdigster Weise den weltlichen Sehmuck 
des Instrumentalspiels. Man kann in dieser Hinsicht kaum 
etwas Einfacheres sehen, als eine HändeCsche Partitur. 
Seine Oratorien sind vollständig zu London im Druck er- 
schienen, und — man überzeuge sich selbst — überall 
herrscht dieselbe nach neueren Begriffen etwas magere Hal- 
tung des Orchesters. In den Chören ist zwar wenigstens 
das Streichquartett durchweg tbätig; wenn aber die Vio- 
linen sich auch öfter in obligaten Figuren — * namentlich 
bei musikalischen Malereien — ergehen, so ist dies doch 
nur Ausnahme, und gewöhnlich haben beide Violinen, 
Bratsche und Bass die Noten der Singslimmen mit zu 
spielen; jedoeb nicht in so sclaviscber Weise, dass die 
erste Violine immer mit dem Sopran, die zweite immer 
mit dem Alt u. s. w. fortginge, da es vielmehr häufig 
geschiebt, dass z. B. die erste Violine auch wohl eine 
der Mittelstimmen, wenn gerade in dieser das Thema 
liegt, nach oben transponirt u. dergl. Desto ängstlicher 
halten sieb Oboen und Fagotte (wo sie überhaupt vor« 
kommen, denn viele Chöre sind nur mit Begleitung der 
Saiteninstrumente gesetzt) an die schon gegebenen Prin- 
cipalstimmen ; meistentheils sind sie ein durchaus getreuer 
Abdruck der correspondirenden Singstimmen: Oboe 1 col 
Soprano I, Fagollo II col Basso etc., oder sie gehen auch 
wohl unisono mit dem Stretchquartett, wenn sich dies 
nicht in obligaten Figuren bewegt, und können es um so 
genauer, da Doppelgriffe für die Saiteninstrumente bei 
Händel durchaus ungewöhnlich sind. Flöten kommen als 
Füllstimmen nicht vor, als Soloiustrument höchst selten — 
im ganzen Jephta nur zwei Mal — und Clarinetten fin- 
den sieb gar nicht. Wollte aber Händel* lle damals übli- 
chen Orchesterkräfte in Wirksamkeit setzen, so bekam 
die Partitur noch eine Zugabe von zwei auch drei Hör- 
nern und obenein eben so viel Trompeten, die aber durch- 
weg dieselben Noten (natürlich eine Octave höher klin- 

*uf t Hellwig* Naue und Schaum genannt, die einzelne Ora- 
torien nnd CanUten im Clavlerausmg heraosgaben, wobei mehr 
oder minder aoeh eigenes Sehaffen thitig sein mnsste, wie 
•päter gezeigt werden soll. 

33 



547 



1844. August. No. 53. 



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gend) zu blasen haben: Tromba I eol Coroo I und so 
fori. — Das ist die Instrumentation der HändeFschen. 
Chöre, basirt auf den reinen Satz der vier oder fünf 
Singstimmen, Glieder, die in der Regel durch das Orche- 
ster nur Kräftigung, nicht Bekleidung erhielten. Die ac- 
compagnirende Orgel mochte in den Massen von ergrei- 
fender Wirkung sein, — nöthig, als ein integrirender 
Theil der Harmonie» war sie wenigstens nicht; und wo 
das Wort Organo in der durchweg bezifferten Bassstimme 
oder bei einigen grossen Chören in der noch besonders 
gedruckten mit Fondamenlo bezeichneten Linie vorkommt, 
siebt es nur über einzelnen Eintritten der Mittel- und 
Oberstimmen , wenn Violoncell und Contrabass Pausen 
hatten. T. S. (tasto solo), was bäußger zu lesen ist, be- 
deutet bekanntlich, dass die so überschriebene Stelle ohne 
Harmonieauafuilung, gewöhnlich nur zur Verstärkung der 
Bässe, mitgespielt wurde. Hier aber, wie dort, war an 
keine vom Componisten vorgeschriebene Selbständigkeit 
der Orgel zu denken. Desto selbständiger und geradezu 
unumgänglich erschien sie in allen Arien, Duetten und 
den seltener vorkommenden Ensemblestücken der Solo- 
stimmen, wobei die in der Partitur befindliche; Begleitung 
wirklich einen möglichst dürftigen Anblick darbietet. Im 
Durchschnitt finden wir nämlich nur zwei Violinen mit 
Bass, höchst selten das vollständige Quartett, mitunter 
ein obligates Blasinstrument, dafür desto häufiger sogar 
nur Eine Violine mit Bass, und dabei vergesse man ja 
nicht, dass Händel auch wohl .ganze Tacte hindurch die 
Singstimme nur allein vom Bass begleiten lässt. Den Bass 
sehen wir jedoch nicht blos in allen Recitativen, die mit 
wenigen Ausnahmen recitativi secchi sind, sondern durch- 
weg auf das Genaueste beziffert. Die Zahlen vertreten 
aber bekanntlich die Stellen der begleitenden Harmonieen, 
und für die Ausfüllung derselben war eben die Orgel 
vorbanden; denn während in den Chören die bezifferten 
Accorde bereits durch Sing- und Orchesterstimmen aus- 
gesetzt waren, musste bei den Soloslücken ein in der 
Partitur nicht vorgeschriebenes Instrument die geforder- 
ten Harmonieen ausfüllen, und dies Instrument konnte in 
der Kirche nur die Orgel sein. So ist also die selbstän- 
dige Begleitung der Orgel in den Bändet sehen Oratorien 
, keine blos auf historische Ueberlieferung angenommene — 
wie wir denn wissen , dass Handel seine Werke nicht 
selbst dirigirt, vielmehr orgelspielend aecompagnirt bat, — 
sondern sie ist eine durch den Status quo der gedruck- 
ten Originalpartiluren in dem ganzen Bau der Instrumen- 
tation durchweg begründete, und die Partitur allein würde 
dess Zeuge sein, auch wenn das Wort: organo in der- 
selben gar nicht vorkäme. Mit vollem Rechte bat daher 
Mendelssohn da, wo über eine Orgel verrügt werden 
konnte , darauf gedrungen , die HändeFschtn Werke in 
dieser ursprünglichen Gestalt vorzuführen. 

Wie viele Gründe nun auch existiren mögen, die 
Aufführung grosser (mindestens dreistündiger) biblischer 
(alttestamentarischer mit erotischen Scenen durchOocbte- 
ner) Oratorien in deutschen (unbeizbaren und oft mit dem 
beschränktesten Orgelchore versebenen) Kirchen nicht all- 
gemein beliebt zu machen — so viel steht fest, dass es, 
auch ohne dergleichen, der wahren Kunst nur förderlich 
sein konnte, Händefsche Werke in den Concertsaal zu 



verpflanzen. Wo man nun, wie z. B. in Cöln, eine tüch- 
tige disponible Orgel in einem dazu passenden Saale, wie 
der Gürzenich, aufstellen kann, da macht die Veränderung 
des Locals freilieb keine Veränderung der Instrumenta- 
tion nötbig. Aber nur die wenigsten Städte werden sich 
solchen Vorzugs erfreuen können; und schon darumwar 
es ein rühmenswertbes Unternehmen Mozart'*, durch die 
Instrumentation des Messias den Händetscbea Composi- 
tionen allgemeine Bahn in Deutschland zu brechen. Die 
neu dazu gesetzten Blasinstrumente vertraten also die 
Stelle der Orgel; und da Mozarts Meisterband wohl nichts 
Wesentliches vermissen liess, so folgten auch andere Künst- 
ler im Vertrauen auf ihre Kenntniss der Orcbestereffecte 
seinem Beispiele nach. Wenn aber in dem Eingange die- 
ses Artikels die auflallende Thatsache steht, dass Schwenke 
in Hamburg den von Mozart instrumentirten Messias noch- 
mals überarbeitet babe, so bezieht sich das — wie aus der 
Vorrede von Schwenke's Ciavierauszug ersichtlich — *) 
nur auf einzelne Stellen, welche Mozart nach damaliger 
Art von dem bei allen grösseren Concerlauffuhrungen mit- 
wirkenden Ciavier ausführen liess. Dahin gehörten viele 
Recilative, welche Händel nicht für das Quartett ausge- 
setzt hatte, und die Schlüsse (Cadenzen) mehrerer Arien. 
Mit diesem Accompagnement halten sich früherbin das 
erste Violoncell und der Contrabass befasst, wobei letz- 
terer nur den Grundton unterstützte, das Violoncell aber 
meist arpeggirend fortscbrilt; durch Rolle und Graun 
wurde, in Deutschland wenigstens, das Ciavier (nach dem 
Vorgange J. S. Bach's?) in den Besitz desselben ge- 
setzt. Schwenke aber theilte es wieder vollständig dem 
Orchester zu, und so trifft ihn bei seinem anscheinend 
arroganten Unternehmen noch obenein das Verdienst, je« 
nes leidige Geklimper des Clavicymbels zur linken Seite 
des Dirigenten aus dem Concertsaale verbannt zu haben**). 
Der Hofrath Mosel in Wien ging naeh Mozarts 
Beispiele noch einen Schritt weiter. Zu seiner, des Ver- 
storbenen, Entschuldigung sei vorerst Folgendes gesagt : 
Ihm schien vielleicht Mozart die Instrumentation geschaf- 
fen zu haben nicht als Ergänzung der Orgel oder des 
sogar im Concertsaal ganz fremdartig klingenden Clavie- 
res ,* welches ja früher in Recitativen und Sologesängen 
die ausfüllende Stimme zu übernehmen pflegte, sondern 
vielmehr als einen Versuch: die veralteten Formen dem 
neuern Geschmacke durch Orcbesterausputz näher zu brin- 
gen. Seit der Zeit waren aber wieder dreissig Jahre ver- 
strichen , die Formen waren trotz der Bemäntelung wie- 

') „Da , wo io Hiosicht der Orget Binders Instrumentalbeglei- 
tung oft sehr mager ausfällt, bat« ich theils die Mozart* seh* 
benutzt, t heilt ungefähr das hingeschrieben, was der geübte 
Begleiter zur Vervollständigung der Harmonie wählen dürfte. 
Am Ende des Wechselgesanges No. 19 habe ich eine zweite 
Stimme hinzugefügt, das kleine Recitativ No. 23 eingeschal- 
tet , und Mozart 9 » einfache und bescheidene Bearbeitung dar 
Arie No. 52 aufgenommen. Uebrigens bin ich, unbedeutende 
Kleinigkeiten abgerechnet, dem englischen Originale ganz — 
vielleicht zu treu geblieben." Hamburg, 1809. F. G. Schwenke. 
**) Bei den grossen niederrheinischen M nsikfesten wurden die Re- 
cilative, wo sie nicht von Händel ausdrücklich für da* volle 
Quartett gesetzt waren, von einem Contrabass und zwei Vio- 
loncells in meist vierstimmig gehaltenen Accorden begleitet« 
Diesen Arrangements unterzieht sich schon seit zwölf Jahreo 
der tüchtige Violoncellist Bernhard Breuer in Cöln. 



853 



1844. August. No. 33. 



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muthige „Voglein mein Bote" befindlich ist, haben sieh 
in der Gegend, welche Recensent bewohnt, und in de* 
ren Umkreise der grössten Popularität zu erfreuen, so 
dass man sie seit Jahren fast in allen Cirkeln hört und 
stets gern wieder hört. Das hat seinen Grund tbeila in 
einer fast immer glücklichen, frischen Erfindungsgabe, 
theils in einer gewissen Solidität der musikalischen Be- 
handlung und Ausführung der ergriffenen Motive, durch 
welche der Herr Verfasser ein jedes , auch das kleinste 
Lied, sei es nun ernsten oder sei es scherzhaften, hei- 
teren Inhalts, zu einem wirklichen in sich vollkommen 
abgerundeten Kunstwerke stempelt, in welchem das ge- 
übtere Auge mit Vergnügen so manche feine Züge eines 
Meistergriffels entdeckt. Das gilt auch von den beiden 
hier vorliegenden Heften, welche wir als durchaus werth- 
voll und tüchtig rühmen müssen. Sogleich das erste Lied 
in Op. 76, „An die Geliebte" von L. Koch ist sehr an- 
sprechend und musikalisch tüchtig gehalten, und nur die 
Stelle „Du blühtest mir allein «• scheint uns in der Be- 
gleitung zu dürftig und zu wenig schwungreich ausge- 
stattet zu sein. Eine Oclaven Verstärkung der Bässe auf 
den gnten Tacttheilen hilft wohl etwas, aber doch nicht 
ausreichend. Das Lied Mo. 2 „Dir allein" von A. Grün 
ist trefflich componirt; originell nnd tief durchempfunden 
ist das dritte: „Das dürre Blatt" von demselben Dich- 
ter. — Op. 77 bringt in No. 1 „Die nickende Mutter," 
einen gar artigen, vom Componisten mit Glück behandel- 
ten Scherz. No. 2 „Kehr ein bei mir" ist zart und in- 
nig gegeben. No. 3 „Am Bache" frisch und anmutbig. 
Die Ausstattung ist des inneren Gehaltes beider Samm- 
lungen würdig. Dr. Kfn. 



Nachrichten. 



Leipzig, den 13. August 1844. Der gestrige Abend 
brachte die erste Opernaufführung auf unserm nach einer 
fast dreimonatlichen Unterbrechung am 10. d. M. wieder 
eröffneten Stadttheater, dessen Leitung von nun an Herr 
Dr. C. Chr. Schmidt übernommen bat. In jetziger Zeit 
— wo der Fortschritt mehr als je zur Lebensaufgabe 
eines Jeden geworden ist, er möge der Kunst oder der 
Wissenschaft sich widmen, und wo man, eben weil die 
Ueberzeugung von dieser Nothwendigkeit bei Allen im- 
mer mehr durchdringt nnd wächst , in jeder wenn auch 
anscheinend geringfügigen Veränderung auch eine Ver- 
besserung zu erblicken hofft , — konnte es nicht fehlen, 
dass man hier den Leistungen unserer Bühne unter der 
Directum des genannten Unternehmers gespannt entge- 
gensah. Und in der Tbat, wenn man auch dem in man- 
chen Beziehungen ausgezeichneten Directionstalente des 
Herrn Bingelhardt, welcher in den letzten Jahren an der 
Spitze des Theaters stand, Gerechtigkeit widerfahren las- 
sen mnss, so vereinigen sich doch alle Stimmen dahin, 
dass * besonders in der letzten Zeit, unsere Oper (und 
mit dieser allein haben wir es in diesen Blättern zu thun) 
den Ansprüchen keineswegs genügte, die eine so kunst- 
sinnige Stadt, wie Leipzig, an sie zu machen wohl be- 
rechtigt war. üb und in welchem Grade dies der nun- 
mehr, wie es scheint, durchgreifend regenerirten Oper 



gelingen wird, muss die Folge lehren, nnd es kann natür- 
lich von einem Urlheile nach der ersten Aufführung noch 
nicht die Bede sein. So viel aber ist gewiss dem gestern 
versammelten Publicum deutlich geworden , dass Herr 
Dr. Schmidt uns tüchtige Sänger nnd Sängerinnen ge- 
wonnen hat, von deren Leistungen wir uns noch man- 
chen Genuas zn versprechen haben. 

Als eine in jeder Hinsicht würdige und glückliche 
Wahl müssen wir es bezeichnen, dass die Oper aller 
Opern, Mozart 9 * unerreichter und unerreichbarer Don 
Juan, den Anfang machte. Die Verkeilung der Rollen war 
folgende: Don Juan — Herr Eicke; Gouverneur — Herr 
Pögner$ Donna Anna — Fräul. Mayer; Donna Elvira — 
Fräul. Steydler; Don Ottavio — Herr Wiedemann; Zer- 
line — Frau Bachmann geb. Günther; Leporello — 
Herr v. Ulram; Maselto — Herr Bickert. Mit Ausnahme 
der Frau Bachmann und des Herrn Pögner, die zu un- 
serer Freude die neue Directum uns erhalten bat, und 
des Herrn Eicke , der schon vor einigen Jahren an hie- 
siger Bühne engagirt war und noch in gutem Andenken 
in Leipzig steht, waren uns die Darstellenden bisher 
fremd, und sind wir auch nach einmaligem Hören eben so 
wenig geneigt als im Stande, über ihre Leistungen ein nur 
einigermaassen entschiedenes Urtbeil zu fallen, so geste- 
hen wir doch gern, dass wir durch die Stimmen und den 
Vortrag der Genannten , so wie durch den stärker , als 
früher, und mit frischen Stimmen besetzten Chor ange- 
nehm überrascht worden sind und das Theater befriedigt 
nnd erfrent verlassen haben. Das in dem neu und ge- 
schmackvoll decorirten Hause sehr zahlreich versammelte 
Publicum erkannte und belohnte die Trefflichkeit der Vor- 
stellung durch häufigen und rauschenden Beifall und dankte 
dem Director am Schlüsse durch Hervorrufen. 

Die ferneren Auffuhrungen und namentlich die Lei- 
stungen der einzelnen Mitglieder ausführlicher zu bespre- 
chen , behalten wir uns vor, nnd beschränken uns bis 
jetzt darauf, in Nachstehendem das Verzeichniss des bei 
der Oper angestellten Personals miUut heilen. 

Capellmeisier : Herren Lortzing und Netzer. 
Gbordirector: Herr Günther. 
Gesanglehrer: Herr Meyer, 
Herr Eicke. 



Darstellende Mitglieder: 
Herr Berthold , Bassbuffo. 

„ Bickert , zweite Basspartieen« 

s9 Eicke , erste Baritonpartieen. 

„ Henry > erste und zweite Tenorparlieen, Tenorbnffo. 

„ Kindermann , erste Bariton- und Basspartieen. 

„ Klein 9 erste Heldenlenorpartieen. 

„ Lehmann, erste Tenorparlieen. 

„ Meissner, Bonvivants, jugendlich komische Rollen. 

„ «. Planer , Bariton- und Basspartieen. 

„ Pögner, erste Basspartieen. 

„ Saalbach , kleine Basspartieen. 

„ Stürmer, zweite Bass- und Baritonpartieen. 

„ t>. Ulram , erste nnd zweite Basspartieen. 

„ fWedeman*, erste Tenorparlieen. 
Fräul. Adolph, jugendliche Gesangpartieen. 
„ Bamberg , erste und zweite Gesangpartieen. 



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1844. August. No. 33. 



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Frau Eicke, komische und ernste Alte. 

„ Günther -Beckmann, Soubrette, Spielpartieen. 
Fräol. Mayer, erste Gesangpartieen. 

,, Steydler, erste und zweite Gesangpartieen. 

„ Targa, jogendlicbe Gesangpartieen. 

„ Wertmüller ^ erste und zweite Gesangpartieen. 
Zwanzig Choristen« Zwanzig Choristinnen. 



Frankfurt a. M. Am 3. Juli dirigirle Lortzing in 
Mannheim seine Oper „Czaar und Zimmermann" mit dem 

Jlänzendsten Erfolge. Schon in der Probe wnrde er, 
urch Lachner vorgestellt, von dem versammelten Orche- 
sterpersonale laut begrüsst, und am Abend der Vorstellung 
selbst ihm von einem sehr zahlreichen und gewählten 
Publicum anhaltender Applaus. Das Publicum rief ihn meh- 
rere Male hervor, und von Seiten der Intendanz erhielt er 
einen kostbaren Tactirstab. — Gleiches Interesse erregte 
in hiesiger Stadt sein „Wildschütz" am 19. Juli unter 
der ebenfalls persönlichen Leitung des Componisten ; eine 
Auszeichnung, deren sich in Frankfurt noch Niemand rüh- 
men konnte und welche von Guhr's Achtung für das 
wahre Verdienst zeugt. Dieselbe Achtung bewiesen ihm 
Orchester, Sänger und der Chor durch diese in der Thal 
von einem ächten Humor belebte und, ich möchte sagen, 

Siquante Darstellung. Das Haus war gedrangt voll und 
er Beifall stürmisch. Alles war begierig, den genialen 
Componisten zu sehen, dessen Doppellalent (denn be- 
kanntlich ist er auch Verfasser seiner Texte) dem deut- 
schen Publicum schon so viel Vergnügen gewährt hat. 
Empfangen und zwei Mal hervorgerufen, erschien Lortzing 
und dankte auf eine sinnige und liebenswürdige Weise. 



Frühlingsstagione in Italien. 

(Besehlosi.) 

Venedig. Man kann sagen, die Theatral- Frühlings- 
stagione war hier zum Theil grün. Auf beiden Haupt- 
theatern gab man Verdi'sche Opern, stets mit Furore. 

(Teatro alla Fenice.) Die Frezzolini, ihr Gatte Te- 
nor Poggi, nebst dem Bassisten Baizar exaltirten die Zu- 
hörer in Verdi's Lombardi alla prima Crociata, welche 
Oper bekanntlich zu Mailand für die Frezzolini compo- 
nirt wurde, und in der Letztere beiläufig vierzig Male 
hervorgerufen wurde. In der nachher folgenden Beatrice 
di Tenda wnrde sie gar fünfzig Mal anf die Scene geru- 
fen. In der Lncrezia Borgia — abermaligem Stecken- 
pferde — verlor man die Geduld, das Hervorrufen zu 
zählen. Nach einer benanntem Ehepaare gegebenen glän- 
zenden Serenade , wobei sich über 300 Gondeln einfan- 
den» reisten sie nach Florenz ab. In Allem gaben sie hier 
fünfzehn Vorstellungen. — In der That muss man geste- 
hen: Italien hat dermalen nur noch drei Prime Donne 
ersten Ranges (der jetzigen musikalischen Epoche) : die 
Taechinardi (meist in Paris), die Tadolini, die Frez- 
zolini. 

(Teatro S. Benedetto.) Verdi's Nabueodonosor mit 
dem sehr braven Bassisten Coliui erregte einen Fanatismo; 
die ebenfalls brave Brambilla gab die Abigaille, ihre 
Schwerter die Fenena , der hier gebürtige masist Selva 



den Zaceharia, Tenor Badale den Ismaele. In Donizetti's 
Lncia ersetzte Tenor Frasehini Herrn Badale, und fand 
starken Beifall. Nachdem Herrn Ferrari's unlängst hier 
eomponirter Candiano IV. diesmal eine lane Aufnahme 
gefunden, wiederholte man den im vorigen Carneval von 
Verdi für die Fenice componirten Ernani, dem derselbe 
Furore, wie damals, zu Theil wurde. 

(Teatro S. Samuele.) Fast gleichzeitig mit dem Tea- 
tro S. Benedetto gab man hier ebenfalls die Lucia, dar- 
auf den Belisario, beide von Donizetli, leidlich vorgetra- 
gen nnd applandirt. 

Südtyrol. 

Trento. Die wackere De Alberti nebst der Altistin 
Viale, dem Tenor Balestracci und dem Bassisten Engenio 
Sanü erwarben sich hier vielen Beifall in der Lucrezia 
Borgia, noch mehr aber in Pacini's Saffo, was Einige in 
Erstaunen setzte. 

Roveredo. Eine nicht sehr berühmte Gesellschaft: 
die Truffi, die Comprimaria Duflfö, Tenor Assandri, die 
Bassisten Ferrario und Rigo wagten es, Verdi's Nabncco 
zu geben, nnd fanden dafür volle Anerkennung. Die Bau- 
mann wurde hierauf in Dooizetti's Figlia del Reggimento 
stark applaudirt, und in ihrem Benefiz in eben dieser Oper 
überdies mit vielen Gedichten beschenkt. 

Statistische Uebersicht der Frühlingsopern in Italien. 

56 Theater gaben diesen Frühling Opern in Italien, 
davon kommen allein 23 auf das Lombardisch -Venetiani- 
sche Königreich, 8 auf den Kirchenstaat, 8 auf das Gross- 
herzogthum Toscana, 7 aufs Königreich Piemont und Ge- 
nua, 7 auf das Königreich Beider Sicilien, 3 auf die Her- 
zogtümer Modena und Parma. 

Neun neue Opern wurden componirt: zwei zu Mai- 
land (ßorgomastro di Scbiedam, Ciarice Visconti), zwei 
zu Neapel (L'Invitato und II debitore), eine zu Genua 
(Giovanna I. Regina di Napoli), eine zu Pistoja (Marga- 
rita Pusteria), eine zu Rom (Luisa di Francia), eine zu 
Bologna (11 Sindaco burlato) und eine zu Civitavecchia (II 
Rapimento etc.). 

Fünf neue Maestri sind entstanden : Domenico Mae- 
strini, Gio. Ant. Taddei, Franc. Altavüla, Giuseppe 
/Finter, Gaetano De Lauretis und Valente. 

Aeltere Opern wurden gegeben: 

Donizetti auf 42 Theatern (also ungefähr auf % 
aller Theater; in Florenz allein unter 5 auf 4, in Mai- 
land auf einem Theater allein 4 auf 6 gegebene Opern) : 
Lucia di Lammermoor, Elisir, Figlia del Reggimento, jede 
auf 6; Regina di Golconda, Gemma di Vergy, Don 
Pasquale, jede auf 5 ; Anna Bolena, Marino Faliero, jede 
auf 4; Maria di Rohan auf 3$ Belisario, Olivo e Pasquale, 
Ajo, jede auf 2; Torquato, Esiliati, Adelia, Linda, Fu- 
rioso, Catnpanello, jede auf 1. 

Verdi auf 12: Nabuco anf 5, Lombardi, Ernani, 
jede anf 4. 

Rossini auf 10 : Barbiere 5 , Cenerentola 4 , Tnrco 
in Italia 2, Bruschino 1. 

Ricci anf 9: Chi dura vinee 8, Esposti nnd Orfa- 
nella, jede anf 1. 



549 



1844. Augast. Nö. 33. 



SSO 



derum dreissig Jahre alter geworden — er machte sich 
also geradezu an die Materie selbst, nnd änderte nicht 
nur die äussere Gestalt, sondern auch den inneren Stoff 
des Werkes ; aber in einer Art, wie wohl noch nie Gei- 
stesproducte der Vorfahren von einem ihrer Nachkommen 
behandelt worden sind* Folgendes die Grundzüge seiner 
dem Jephta zu Theil gewordenen zweiten Bearbeitung 
(denn die erste ist original -getreuer, nnd beschränkt sich 
fast nur auf Weglassung der Reprisen und Hinzufögung 
der Instrumentation). 

A) Der Gang der Handlung ist verändert. Das 
Original beginnt nämlich mit einem Chore der bedrängten 
Israeliten, welche damals Abgötterei trieben. Sie opfern 
und tanzen vor den Bildern des Moloch und Chemosch. 
Der Oberfeldberr tritt auf und ermahnt sie kurz, sie 
mögen, um sichere Hilfe zu finden, zum Jehovahdienste 
zurückkehren. Und allsogleich sind sie auch dazu bereit, 
und singen und beten nach der Weise ihrer Vorfahren. 
Das ist allerdings eine überaus schnelle Bekehrung, an 
deren Ausdauer sehr gezweifelt werden müsste ; denn das 
Recitaliv war nur einige Tacte lang, und von psycholo- 
gischen oder theologischen Ueberzeogungsgründen gar nicht 
die Rede. Er sagt : thut's ! — und sie thun's. Auch Jfo- 
sei scheint empfunden zu haben, dass dieser rasche Sin- 
neswechsel in so ernster Sache gar zu auffallend nnd 
schroff sei. Er beginnt also das Oratorium mit einem 
Chore (aus Deborah), dem zu Folge die Israeliten nach 
wie vor gute Juden geblieben sind und in ihrer Noth 
zu Jebovah rufen; von Abgötterei ist gar keine Spur. 
Der innere Zusammenhang des Textes mag dadurch ge- 
wonnen haben, aber auf der andern Seite haben wir die 
zwei grossen Introductiouschöre verloren, in denen Hän- 
del als Characteristiker unübertrefflich dasteht; — man 
hört es diesen Noten auch ohne Worte an, dass hier ein 
ungewöhnlicher Tempeldienst gehalten werde, und dass 
Händel die Baalsgötzen anders verehren und ansingen 
lässt, als den einigen wahren Gott. Weniger auffallend 
ist eine Veränderung des Ganges der Handlung im zwei- 
ten Tbeile, wodurch vier Nummern andere Stellen erhal- 
ten haben. 

ß) Die handelnden Personen sind anderen Stimmen 
%ugetheilt worden. Jephta ist liefer Tenor und seine Toch- 
ter Iphis hoher Sopran geblieben; aber Jephta 's Gattin 
ist aus der Altistin eine Mezzosopranistin, und Hamor, 
der Iphis Geliebter, ist gar aus dem liefen Allisten zum 
hohen Tenoristen geworden. Die Arien stehen nun na- 
türlich in ganz anderen, als den ursprünglichen Tonar- 
ten, und in den Duetten ist die Stimmführung zum gros- 
sen Tbeile ganz neu geschaffen; die Recitative bewegen 
sich in derselben Accordenfolge, aber nicht mehr in der- 
selben Tonreihe. Eins folgt freilich aus dem Andern — 
aber warum statt der zwei Allisten ein Mezzosopran und 
hoher Tenor hingestellt wurde, habe ich nicht einsehen 
können. 

C) Viele Nummern sind fortgestrichen *). So die 



') Schon 1805 in Reiohardfs mnsikal. Zeitung sagt Schaum von 
Handelt Oratorium „Das grössere Publicum wird es gewiss 
nicht ungern sehen, wenn Sachen weggelsssen werden, die 
nicht sehr naeh den jetsigtn (1805) Zeitgeschmack sind, oder 



erste Arie des Zebul, die erste des Jephta, die zweite 
der Storge (bei Mosel Sella genannt), die letzte Arie der 
Ipbis, beide Arien des Hamor, die einzige Arie des En- 
gels, und leider auch das Quartett und yointeU im drit- 
ten Tbeile, welche beide zu den wenigen im Händel vor» 
kommenden Ensemblestücken gehören, denen man ihrer 
Seltenheit wegen die maasslose Länge nachsehen müsste. 

D) Die gebliebenen Nummern sind fast alle ge- 
kürzt, aber in einer Art, von der man sich ohne ver- 
gleichung des Originals mit der Bearbeitung gar keinen 
Begriff machen kann. Mosel hat sich nicht damit begnügt,' 
hier und da die Vor - oder Nachspiele zu streichen, oder 
die Bepelitionen und dal segno's auszulassen, sondern er 
bat die musikalischen Perioden auch so zusammengezo- 
gen, dass sie gar nicht wieder zu erkennen sind. So 
steht, um nur ein Beispiel anzuführen, in der Arie D dur 
des Zebul in der Mosetschen Partitur eine Phrase von 
acht Tacten, die sich gar nicht im Original befindet; sie 
ist nämlich durch Contraclion aus zweiunddreissig Tacten 
entstanden: hier ein halber, dort ein halber, dann wie- 
der ein ganzer, wieder ein paar getrennte halbe — zu- 
letzt stehen acht Tacte da, man weiss nicht, wo sie her- 
gekommen sind. In dieser Art sind beinahe alle Solo- 
stücke behandelt. Es ist unglaublich, wenn man es nicht 
selbst gesehen und beide Partituren mit einander vergli- 
chen hat. 

E) Aus anderen Händer sehen Oratorien sind Chore 
und Solostücke eingeschaltet ; nicht blos zu Anfange des 
Oratoriums, welches, wie ich sub A) gezeigt habe, zu 
Gunsten des Textes und inneren Zusammenhanges gesche- 
hen sein mag, sondern auch an andern Stellen, wo keine 
solche Notwendigkeit vorhanden war. So ist die sub D) 
erwähnte Arie des Bassisten Zebul aus dem Oratorium 
Deborah entlehnt, wo sie aber in einer wenigstens sechs- 
fachen Ausdehnung von der Altstimme gesungen wird; 
und aus demselben Oratorium wurden noch vier Chöre 
herbeigezogen. 

F) Einige Nummern sind in andere Tonarten trans- 
ponirt\ nicht nur die sub B) gedachten, wo die verän- 
derte Stimmlage der Solisten dies nothwendig machte, 
sondern auch Chöre und Recitative, wobei eben weiler 
nichts, als die Tonart (ein halber Ton höher oder tiefer), 
gewechselt ist. 

G) Die HändcVsche Instrumentation ist geblieben, 
und zwar in der M ose f sehen Partitur mit grossen No- 
ten gedruckt ; aber dazugesetzt sind alle jetzt gebräuch- 
lichen Instrumente, von den Flöten bis zu den Posaunen 
herunter. — 

(Bcsehluss folgt.) 



vielmehr denen niehl der Stempel derjenigen Sohtfnheit auf- 
gedrückt ist; die ewig nnd unverfänglich bleibt. Gibt man 
nun anch diese dem grossem Publicum, so schadet man dem 
grossen Manne mehr, als man ihm nStst." Bis dahin wahr; 
aber nun fährt er fort: „En kommt aUo darauf an, diese ge- 
wählten Stäche zn Bim?« üaaxcn und in einem fortlaufenden 
Zusammenhange xu verbinden.".; Das ist eben der Stein des 
Anstosses ! Der ftaY, * weither die Fliegen vom .Antlitz des Ere- 
miten verschenehen wollte, «qsehlog den armen Mann. 



Ö5i 



1844. Augast. No. 55. 



552 



R E C B N 



8 I O M E N. 



I 



Biblische Bilder für du Pianoforle, componirt von C. 

Lowe. Op. 96. Berlin, bei Bote und Bock. 3 Hefte. 

Preis No. 1 und 2. a 15 Sgr. No. 3. 10 Sgr. 
Der geistreiche Verfasser hat hier den jedenfalls in* 
teressanten Versach gemacht, drei biblische Bilder — ei- 
gentlich Scenen — nämlich I. Betbesda, nach Bv. Johan- 
nis, Gap. 3, V. 2 — 9, II. Gang nach Emmaus, nach 
Ev. Lucae, Gap. 24, V. 28 — 29, III. Martha und Ma- 
•ria, nach Ev. Lucae, Cap. 10, V. 38 — 42, musikalisch, 
und zwar für das Pianoforte allein componirt, zu verge- 
genwärtigen. Im Allgemeinen können wir diesen Gedan- 
ken nur einen glücklichen nennen, denn einerseits ist es 
nicht su verkennen, dass die heilige Schrift eine sehr 
grosse Menge von Bildern und Scenen darbietet, welche, 
der Musik vollkommen zugänglich, sich mit Glück in sol- 
cher Weise behandeln lassen ; andererseits aber ist in die- 
ser Beziehung bisher so Weniges und noch dazu fast 
ganz Veraltetes oder Vergessenes geleistet worden, dass 
die Idee des Herrn Verfassers beinahe als eine neue, ihm 
eigenthümlicbe erscheint. Indess machte schon der erfin- 
dungsreiche Begründer der Ciaviersonate, Johann Kohnau 
(vergl. Becker's Hausmusik in dem X VI. , XVII. und XVIII. 
Jahrb. Leipzig, 1840. S. 46 u. ff.) ähnliche Versuche, 
indem er im Jahre 1700 in Leipzig ein Heft von sechs 
Sonaten unter dem Titel herausgab : „Biblische Historien 
nebst Auslegung, in Sonatenform, für das Ciavier." Eine 
dieser Sonaten, die es zum Theil wohl verdienten, in einer 
neuen Ausgabe dem Publicum zugänglich gemacht zu wer« 
den, erscheint z.B. mit der Ueberscbrift : ,, Der von Da- 
vid vermittelst der Musik curirte Saut" und mit der Be- 
merkung : „Also nräsenlirt die Sonata 1) Sauls Traurig- 
keit und Unsinnigkeit, 2) Davids erquickendes Harfen* 
spiel und 3) des Königs zur Ruhe gebrachtes Gemüthe," 
während die übrigen wiederum andere biblische Scenen 
zum Gegenstände haben und sie, abgesehen von manchem 
Verfehlten, sehr geschickt und aumuthig wiedergeben. — 
Unser Verfasser bewegt sich indess in seinen grössten- 
tbeils sehr ansprechenden, auch minder geübten Spielern 
zugänglichen „Biblischen Bildern" nicht in der Sonaten- 
form, sondern in freieren, tbeils mehr theils weniger aus- 
geführten Sätzen. Ob es ihm in denselben überall gelun- 
gen ist, ja ob es überhaupt möglich war, das, was er 
gewollt, überall zu erreichen und für die gerade von ihm 
gewählten Bibelstellen und deren zum Theil ungemein, 
ja unerschöpflich reichen Gedanken - und Gefiiblgehalt 
stets den adäquaten , scharf und durchaus kenntlich be- 
zeichnenden musikalischen Ausdruck zu finden , darüber 
wollen wir uns in eine nähere Untersuchung, weil sie 
uns zu weit und doch schwerlich zu einem entscheiden- 
den Resultate führen würde, hier nicht einlassen. Indess 
gestehen wir gern, dass wir uns anhaltend und mit vor- 
züglichem Interesse mit diesen biblischen Bildern beschäf- 
tigt haben, von welchen uns, seiner zarten Haltung und 
tiefen Sinnigkeit wegen, No. II, „Der Gang nach Em- 
maus" ganz vorzüglich angesprochen hat. Die äussere 
Ausstattung des Werkes ist sebr „empfehlend und wird 
ihm auch von dieser Seite her Freunde verschaffen. 



Portefeuille de Musique. Morceaux de Salon pour In Piano, 
par Theod. Rullack. Op. 20. 5 Gab. Compl. Preis 
3Thlr. Einzeln Heft 1 und 2. ä 15 Sgr. Heft 3. 12% 
Sgr. Heft 4. l'/e Thlr. Heft 5. 20 Sgr. Berlin, bei 
Trautwein. 
Der Herr Verfasser bat hier ungleich Besseres und 
Solideres geboten, als man, dem Herkommen nach, unter 
der modischen Bezeichnung „Morceaux de Salon'* erwar- 
ten möchte, und wir haben diese Compositionen, welche 
im Allgemeinen der Erfindungskraft ihres Schöpfers und 
seiner vertrauten Bekanntschaft mit der Eigentümlich- 
keit des Claviers und der Höhe der neuesten Ciavier- 
kunst ein rühmliches Zeugnisa ausstellen, mit Vergnügen 
durchgespielt. Ohne dem einigermaassen fortgeschrittenen 
Spieler die Ueberwindung allzugrosser Schwierigkeiten 
zuzumuthen, bieten sie fast durchgehends schöne, ja zum 
Theil überraschend neue Effecte dar. Die einzelnen Hefte 
tragen folgende besondere Ueberschriften : I. La Goquetle, 
Piece caracteristique. II. A minuit, Nocturne. III. Gavotte. 
IV. A Naplea, Suite de 4 pieces italiennes, a) Barcarolle, 
b) Serenade, c) Devant l'Eglise, d) Taranteile. V. Trois 
chansonettes. Die äussere Ausstattung ist lobenswerth. 



Deux Nocturnes pour Ie Piano, composes par le Comte 
Joseph Witihotshu Op. 11. Leipzig, bei Breitkopf 
und Härtel. Preis 15 Ngr. 
Ballade pour Ie Piano par le Comte Joseph fPielhorsln. 
Op. 12. Ebendaselbst. Preis 12% Ngr. 
Schon in mehreren seiner früheren Werke hatte sich 
der Herr Verfasser uns als ein auf der Höhe der neue- 
sten Claviervirluosität stehender und dabei pbantasierei- 
cher, elegant schreibender Componist für sein Instrument 
bewährt und das bat er aufs Neue auch in den vorlie- 
genden, zwar zum Theil ziemlich schwierigen, aber dafür 
auch glänzende Claviereffecte darbietenden Heften gelban, 
in welchen selbst Ciavierspieler ersten Ranges manches 
Eigenthümlicbe, gerade so noch nicht Dagewesene finden 
dürften. Namentlich gilt das von dem ersten der beiden 
Nocturnes. Bei so reichem Talente können wir dem Herrn 
Verfasser nur rathen, sich bald in grösseren und höhe- 
ren Tonschöpfungen zu versuchen , welches er gewiss 
nicht ohne günstigen Erfolg thun wird, wenn seine Fri- 
sche und Kühnheit der Gedanken sonst nicht die sich 
stets reich belohnende Mühe des ernsteren und tieferen 
Studiums scheuet. Die Ausstattung ist sehr anständig. 



Drei Lieder für eine Singstimme, mit Begleitung des Pia- 
noforte, componirt von Fr. Lachner , königl. baier. 
Hofcapellmeister. Op. 76. Rudoistadt, bei G. Müller. 
Preis 1 Fi. oder 17% Sgr. 
Drei Lieder für eine Singstimme, mit Begleitung des Pia- 
noforte, componirt von Franz Lachner. Op. 77. 
Ebendaselbst. Preis 1 Fl. oder 17V 2 Sgr. 
Der geehrte Herr Verfasser dieser Compositionen ist 
schon mehrfach auf diesem Felde sehr glücklich gewe- 
sen, und mehrere seiner Liederbefte, wie z. B. Op. 63, 
in welchem das wirklich ganz allerliebste und höchst an- 



8Ö7 



1844. August. No. 55. 



538 



2fe//f*t auf 8: Beatrice 5, Sonnambula 3, Puritanil. 

Fioravanti aof 5 : Columella (Pulcinella). 

Mercadante auf 4 : Bravo, Veslale, Gabriella, Reg- 
gente. 

Coppola auf 2 : Nina, Giovanna I. 

.^rpa, Ger/i, iVmi, Pactni, Persiani, Poniatowski, 
Rossi u. A. , jeder auf 1. 

Diesen Frühling hat die Opera buffa etwas mehr 
den Kopf erhoben, Verdi isl vorgerückt, Bellini, noch 
mehr Mercadante, zurückgewichen , Pactni beinahe ver- 
schwunden. 

Anmerkung. Nachträglich zum vorigen Carneval: 
die neue Oper JLara o il Cavaliere Verde, vom neuen 
Maestro Paolo Fabrizf (Zögling des Neapolitaner Conser- 
vatoriums), hat in seiner Vaterstadt Spoleto vielen Bei- 
fall gefunden. Demnach sind also vorigen Carneval in Ita- 
lien zwölf neue Opern componirt worden und vier neue 
Maestri entstanden. 



Rurzgefasste Nachrichten der italienischen 

Oper ausserhalb Italiens vom Januar bis 

Juni dieses Jahres. 

Spanien. 

Barcelona (Teatro de la Cruz). Bellini's Beatrice di 
Tenda gefiel wenig. Die Brambilla (Giuseppina, nichts 
Grosses), Tenor Verger und Bassist Giordani (Beide fer- 
tig) konnten kein anderes Ergeboiss hervorbringen ; die 
einzige Goggi befriedigte ziemlich in der Titelrolle. In 
der Norma war die Gaziello keine vortreffliche Adalgisa, 
das Uebrige wie oben. Herrn Speranza's Due Figaro ge- 
fielen 9 gar nicht. Verdi's Nabucodonosor gefiel erst, als 
der so eben aus Italien angekommene Bassist Supercbi 
bei Stimme war; die Goggi fand Beifall. Otello, mit der 
Colleoni-Corti, Verger nnd Supercbi, wurde vom Prota- 
gonisten (Verger) oft entstellt vorgetragen; die Prima 
Donna hat eine gute Schule, ist aber auf der Neige. 

Für's neue Teatro de los Capuchinos wurden enga- 
girt: die Boldrini, die Di Pranco, die Comprimaria Ma- 
rini, Tenor Caggiaii, De Bezzi, die Bassisten Maini und 
Castoldi. Anfangs Juni wurde es mit Donizetü's Pia de' 
Tolomei eröffnet, in welcher Oper die Di Pranco, die Ma- 
rini, Caggiaii und Castoldi (unpässlich) sangen ; das Ganze 
fand aber eine laue Aufnahme. 

Cadix. In Donizetti's Linda di Chamouniz fand die 
Bocca am Meisten Beifall, etwas minder die De Bernardi, 
die Herren Rodda, Spech und Lei. Auch sein Marino Fa- 
liero ging nicht übel. 

Coruna. Donizetti's Furioso, worin Herr Gerli = 
Protagonist, die Aguilö, seine Gattin = Leonora nebst 
den Herren Porcel, Obiols und Begini wirkten, erfreute 
sich einer guten Aufnahme, welches Loos auch Bellini's 
Beatrice traf, worin die Porcel, die Aguilö, Tenor De- 
vesa und Gerli wetteiferten. Die Gesellschaft ging hier- 
auf nach-Valladolid. 

Granada. Die italienische Oper, die hier keine gu- 
ten Geschäfte machte, bewog Herrn Di Franco, seine 
Tochter, den spanischen Tenor Prielo nnd dem Violtndi- 



rector und Concertisten Senor Palancar, Rundreisen zu 
machen und Academieen zu Jaen, Malaga, Algesiras und 
Gibraltar zu geben ; ihr Vorhaben wurde mit gutem Er- 
folge gekrönt. 

Lerida. Von den drei Opern Barbiere di Siviglia, 
Capuleti und Puritani, bat hier die letzte, die langwei- 
ligste, am Meisten gefallen, in ihr die Prima Donna 
Soriano, Tenor Montanes und Bassist Garcia -fiojas. (Ga- 
ceta mus. y lit.) 

Madrid (Teatro del Circo). Donizetti's Lucia mit der 
Basso-Borio, Tenor Sinico und Bassist San tarelli - Fu- 
rioso (nach zehnjähriger Pause) mit benannter Prima 
Donna, der Gariboldi, Salvatori (Titelrolle) nnd Alba, 
machten keineswegs den Lärm, den italienische Zeitschrif- 
ten davon schlagen. 

Der sehr reiche Banquier Salamanca, ein Millionär, 
bat die neue Irapresa dieses Theaters übernommen und 
drei Gesellschaften, für die italienische Oper, für's Ballet und 
für die spanische Comödie, engagirt und das Theater selbst 
mit der grössten Eleganz hergestellt. Die vom Frühling 
1844 bis Ende der Faste 1845 neu engagirten oder bei- 
behaltenen Hauptsänger sind: die Basso-Borio, die Gari- 
baldi, die Campos, die Altistin Planol, die Tenore Con- 
fortid und Unanue, die Bassisten Salvatori, Spech nnd 
Santarelli. Bereits wurden mit mehr oder weniger Beifall 
gegeben: die Norma (Basso-Borio, Planol, Unanue, Sal- 
vatori), Donizetti's Lucia (Basso-Borio, Unanue, Spech), 
Roberto d'Evreux (Basso - Borio, Moreno, Confortid, Sal- 
vatori) und am 15. dessen Esule di Roma (Gambaro, 
Unanue, Salvatori). 

(Teatro de la Cruz o del Principe.) Die Rocca, die 
Campos, die Altistin Bernardi, die Tenore Sinico, Garion, 
die Bassisten Lei und Alba, bildeten hier für sich eine 
eigene Gesellschaft, und gaben Auber's Muta di Portici 
und Donizetti's Gemma di Vergy. 

fVeber's Ouvertüre zum Freischütz bat hier diesen 
Frühling, zum ersten Male vorgetragen, einen wahren 
Fanatismus hervorgebracht. 

Herr Ramos, Gatte der Sängerin Crütina Vill6 9 hat 
den Auftrag, für Havanna (Insel Cuba) eine Sängergesell- 
schaft zu bilden und die Opera buffa daselbst spanisch 
zu geben. 

Der hiesigen Iberia musical zu Folge soll in dieser 
Hauptstadt ein Sangermuseum errichtet werden, wo un- 
vermögliche., mit guten Anlagen zur Kunst versehene In- 
dividuen unentgeltlichen Unterricht im Gesänge erhalten 
sollen. 

Palma (Insel Mallorca). Donizetti's Lucrezia Borgia 
mit der Mancini-Nola, der Aloardi, dem Tenor Bertolasi 
und Bassisten Pons hat so eben ungemein gefallen. 

Valencia. Die Munoz, die in Mailand den Gesang 
studirt, hat hier diesen Frühling in der Lucia und Saffo 
die beste Aufnahme gefunden. 

Valladolid. Die Gesellschaft von Coruna (s. d.) gab 

hier mit mehr oder weniger Applaus die vier Donizetti'- 

sehen Opern: Lucrezia, Lucia, Belisario, Torquato Tasso, 

sodann Pacini's Saffo, Ricci's Chiara und Bellini's Norma. 

(Bescklnss folgt.) 



559 



1844. August- No. 53. 



500 



Feuilleton. 



Capellmeister Reiniger in Dresden ist vor Kurzem von den 
Dommosikverein in Salzbarg, von der Man ebner Liedertafel, von 
dem Thüringer Singerbande, von dem Orpheus in Dresden» and von 
dem Chorregantenveretn in Wien zum Ehrenmitglied ernannt worden. 



Dm belgisch« Wettgesaagfest (a. S. 534 d. Bl.) hat sur Grün- 
dung eines flämisch • deutschen Sangerbandes („Flaemscb - Duitseh- 
Zangverbond") Anlass gegeben, der die deutseben und flämischen 
Singvereine fester an einander ketten soll. Der Cola er Nänaerge- 
sangverein, der von Gent, Brüssel und Antwerpen haben bereits 
ihren Beitritt erklärt. 



Aufforderung 

an alle in dem österreichischen Kaiserstamte geheimen Componisten, ausü b en de* musikalischen KünstUr und Dilettanten, Gelehrten und 
Schriftsteller, ausgezeichnete Fabrikanten und Verfertiger, Erfinder und Ferhesserer musikalischer Instrumente und vorzüglichen Musikalien- 
Verleger, so wie an all» Jene, welche, wenn auch im Auslände geboren, doch in Oesterreich ihre musikalische Bildung genossen oder^ da- 
selbst eine solche Stelle bekleideten oder noch bekleiden, oder endlich an jene Künstler, welche mit Oesterreich in musikalischer Hinsicht 

in näherer Berührung gestanden haben oder noch stehen, 

Nachdem bis nun su noch kein Werk erschienen ist, welches aas eine Uebersicht aller lebenden österreichischen Musiker, 
und in diesem ingleich die richtigen Nachrichten über alle Lebensverhältnisse und ihr künstlerisches Wirken geboten bitte, ein solches 
Werk aber im gegenwärtigen Zeitpnncte, wo in Oesterreich die Musik so sehr gepflegt wird und die Ausübung dieser Kanst so allge- 
mein ist» wie nicht leieht in einem anderen Staate, auch der Einflnss, den Oesterreich in musikalischer Hinsicht ausübt, schon daraus 
ersichtlich wird, dass die österreichischen Künstler über die ganze Welt so verbreitet sind, dass es wohl keine Stadt von Bedeutung ge- 
lten wird, in der sich nicht ein mit Oesterreich in näherer Verbindung gestandener Künstler befindet, wir aber, falls wir über die Le- 
bensverhältnisse eines solchen etwas in Erfahrung bringen wollen, grossentheils au ausländischen Werken unsere Zuflucht nehmen müs- 
sen, in welchen wir sehr oft von den unrichtigsten Daten und Mittheilungen irregeführt werden; so scheint ein Werk, das die aus den 
zuverlässigsten Quellen geschöpften Biographieen aller in dem österreichischen Kaiserstaate geborenen Componisten, ausübenden Künstler, 
vorzüglichen Kunstdilettanten, musikalischen Gelehrten und Schriftsteller, Fabrikanten und r erfertiger p Erfinder und Verbesserer musikali- 
scher Instrumente zugleich mit einer gerechten und unparteiischen Würdigung ihrer Kunstieistungen und Verdienste um die Kunst enthalt, 
noch aus dem Grunde ein wahrhaft gefühltes Bedürfnisse als es den wichtigsten Beleg sur Kunstgeschichte unserer Zeit liefert. 

Der Redactcur der allgem. Wiener Musik -Zeitung, in Berücksichtigung der Notwendigkeit und Nützlichkeit eines solchen 
Werkes , glaubt sich am ersten dazu berufen , ein solches zu begründen ; denn , sbgesehen davon , dass er durch die Herausgabe seiner 
Mnsikseitung , dem einzigen öffentlichen Organe für Musik in Oesterreich, in genauer Keontniss aller musikalischen Zustände im Vater- 
lande ist, verschafft ihm auch seine ausgebreitete Verbindung mit allen musikalischen Künstlern wie nicht leicht einem Andern die Gele- 
genheit, dasselbe in der unbedingt notwendigen Vollständigkeit zu verfassen und demnach allen Anforderungen an ein solches Natio- 
nalwerk möglichst zu entsprechen. Da jedoch ein so ausgebreitetes Werk nur durch vereintes Zusammenwirken Aller, so wie durch die 
Unterstützung jedes Einzelnen hervorgerufen werden kann , so ersucht der unterzeichnete Redaeteur alle zu Anfang benannten Künstler 
und Kunstverchrer, deren Freunde , so wie auch alle Jene , welche mit solchen in näherer Verbindung stehen , um gefällige Einsendung 
von biographischen Notizen mit genauer Angabe des Geburtsortes nnd Datums, bei Componisten nnd musikalischen Schriftstellern um Bei- 
gabe eines richtigen Verzeichnisses ihrer Werke. 

Da es sich um die Förderung des allgemeinen Runstinteresses durch ein Werk handelt, das wichtige Belege zur Kunstlerge- 
sehichte des Österreichisehen Kaiserstaates liefern soll, so glauben wir, dass dieser Zweck an erhaben ist, als dass demselben nicht klein- 
liehe Eitelkeiten, überspannte Bescheidenheit und unkünstlerische Ziererei aum Opfer gebracht werden dürften, um so mehr, als die 
wahrhafte nnd höchst lobenswerthe Künstler - Bescheidenheit durch Uebersenduag von biographischen Notizen nie und nimmer verletzt 
werden kann, vielmehr jeder Künstler durch die Bekanntgabe derselben gleiehsam einen Tribut der Dankbarkeit zollt gegen sein Vater- 
land oder den Staat, der ihn freundlich aufgenommen, gegen seine Familie, seine Lehrer nnd endlich gegen die vaterländische Kunst selbst. 

Derlei Einsendungen wollen an die Redaction der allgemeinen Wiener Musikzeitung adressirt, an die k. k. Hof-, Kunst- und 
Musikalienhandl u ng des Herrn Pietro Mechetti qm, Carlo in Wien, franco möglichst bald eingesendet werden. 

Zum Schlüsse ersuchen wir die befreundeten Redactionen in • nnd ausländischer Journale nm gefällige Aufnahme dieser Auffor- 
derung der Förderung des nützlichen Zweckes willen um so mehr, als anch der unterzeichnete Redaeteur derlei gemeinnützigen Bekannt- 
gaben, in so ferne sie sich mit der Tendenz seines Journals vereinbarten , immer bereitwilligst die Spalten seiner Zeitung öffnete. 

Ausrast Seltmidt, Redaeteur der allgemeinen Wiener Musikzeitung. 



Ankftndlgangen. 



NEUE MUSIKALIEN 

im Verlage von C F. n* eteraj, Bureau de Musique, in Leipzig. 

TU*. Ngr. 
Becker, J«, Die Zigeuner, Rhapsodie in 7 Gesängen. 

Op. 51. Chorstimmen I 7$ 

Dossier, TU., Trois Nocturnes, 0p.B2, No. 1, 2, 5, 

ponr Piano senl k — itt 

H Armer» JL, Sechs Lieder für eine Singstimme mit 

Begleitung des Pianoforte. Op. 11 — 20 

HtsUptmtsnn ? Uff., Messe für Solo • u. Chorstimmen, 

mit Begleitung des Orchesters, Text lat. Op. 50. Part. 5 — 

d? Orehesterstimmen 4 10 

d? Solo- und Chorstimmen 2 22* 

d? Ciavierauszug 2 7$ 

Herme*, Tai« , Air russe varie ponr Piano k quatre 

malus, Vision et Violoncelle coneertants, Oenv. 2. 1 22* 



Thlr. Ngr. 

Hl] ler, F., Sechs Gesänge für eine Singstimme mit Be- 
gleitung des Pianoforte. Op. 51 

Hwfft>t n. Wunderlich, Flötenschule. Nene Aufl. 2 

Jfanmm, Ii«, Sonate pour Piano et Violon. Op. 66.... I 

HÜfken, C«, Gretelein, Gedicht von L. Hecker, ans 
dessen Op. 44 arr. für eine Singstimme mit Pianoforte. 

W*ttelM»hilB , Premier Trio pour Piano, Violon et 
Violoncelle. Op. 4 

SeHlimanii, H», „Dichterliebe/* Liedercyclus aus 
dem Buch der Lieder von Heine , für eine Singstimme 
mit Begleitung des Pfte. Op. 48. Heft 1. 1 Thlr. H. 9. 

gpe-nholt*, A. H«, Donse Pieces faciles et melodieu- 
ses pour Piano seid, Op. 15. Heft 1. 18 Ngr. Heft 2.... 

Walelt« JL HU, Pieces d*Harmonie ponr Musique mi- 
litaire. Liv. 50... 5 



— 23 



28* 



— 3 



2 - 



- 171 



10 



Druck und Verlag von Brettkopf und Härtel in Leipzig nnd unter deren Verantwortlichkeit. 



561 



ALLGEMEINE 



562 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 21*"» August. 



M 34. 



1844. 



• «aaassaarfe-ijgBs; gaar-'sasej — - *~ 



Kurage- 



Original oder Bearbeitung? 

(Beschlags.) 
Dies sind die Grundlinien, nach denen das Gebändc 
Mosergeber Bearbeitung aufgeführt ist; man wird sieb 
daraus ungefähr ein Bild des Ganzen entwerfen können 
und beurteilen, in wie fern ein dergestalt ausgestattetes 
Oratorium überhaupt noch ein Händel'tches Werk ge- 
nannt werden dürfe. Aber ungerecht wäre es, auch nur 
im Entferntesten zu bestreiten, dass all* diese angeführ- 
ten Veränderungen mit der grössten musikalischen Ge- 
wandtheit zu Stande gebracht sind. Wer die Originatpar- 
titur nicht kennt, wird keinen Augenblick anstehen, sich 
an der durch Emissionen, Variationen, Gontractionen neu 
geschaffeneu Gestalt der meisten Sologesänge wahrhaft 
zu erfreuen, und ich möchte behaupten: wenn die Mög- 
lichkeit eines Händel redimvus vorhanden wäre, so würde 
er in unseren Tagen seine Compositionen gerade in der- 
selben Art gestalten, wie sie Mosel eben umgearbeitet 
hat. Erklärt man sich also mit dem Grundsatz einver- 
standen, dass Händers Werke der Gegenwart näher ire- 
ruckt werden müssen, weil die Formen veraltet und alle 
Musikstucke meist zu gedehnt seien, so kann die Moder- 
msirung kaum vollendeter gedacht werden, als sie unter 
X J HfiMen hervorgegangen ist. Aber wohin soll das 
endlich fuhren? Nach dreissig Jahren wird Manches, was 
uns jetzt noch modern erscheint, schon wieder veraltet 
«cm ; und wie Mosel aus zweiunddreissig Tacten acht ge- 
macht hat, so dürfte der künftige Bearbeiter von den 
achten vielleicht nur vier oder zwei nöthig finden, und 
was wird zuletzt übrig bleiben? Nein! mit diesen den 
neueren Bearbeitungen älterer Werke zu Grund geleg- 
ten Ansichten kann ich mich nicht einverstanden erklä- 
ren. Der Riese soll nicht in das zusammenschraubende 
tjocrustesbett moderner Auffassung. Entweder wir geben 
Handel pnz, oder wir gestehen offen, dass uns seine 
gigantischen Oratorien als solche nicht mehr befriedigen, 
und geben sie unter dieser Firma (gleich viel ob mit 
urgei- oder mit orcelersetzender Orchesterbegleilung) gar 
nicht, sondern suchen uns nur diejenigen Nummern her- 
aus, die unverändert auch jetzt noch, und vielleicht für 
immer, durch ihr rein künstlerisches Interesse, von al- 
tem damaligen Modisehen so entfernt, wie von dem jetzi- 
gen, als Vorbilder musikalischer Compositum den höch- 
sten Werth bewahren. Es wird noch immer eine büb- 
seh e Summe von grösseren und kleineren Musikstücken übrig 

4S. Jahrgang. 



bleiben, z. B. fast alle Chöre, desgleichen diejenigen So- 
losätze, welche nicht mit damals beliebten melismaliscben 
Figuren geschmückt, oder deren innere Structur nicht 
auf die leidigen (und für die harmonische Einheit doch 
notwendigen) Wiederholungen der grösseren Hälfte be- 
rechnet waren. Und gehen auch auf diese Weise die mei- 
sten Oratorien Händers als selbständige abgeschlossene 
Körper verloren, so können dagegen ihre vielfachen Re- 
liquien durch anerkannte Aecbtheit nur im Preise stei- 
;en. Denn das soll mir doch Niemand einreden wollen, 
ass es heut zu Tage selbst unter den musikalisch Ge- 
bildeten Viele gebe, die ein ganzes Händer$che* Orato- 
rium von A bis Z mit all' seinen Recitativen und Arien, 
allen Vor- und Nachspielen, allen Repetitionen und dal 
segno's, wirklich andächtig anhören könuten; und auch 
Mendelssohn hat eben so gut Auslassungen statuirt, wie 
es seine Vorgänger gethan; freilich mit höchster Be- 
schränkung — aber wo ist denn überhaupt das Recht 
dazu vorhanden ? und wenn es wäre, wo sind die Gren- 
zen dieses Rechtes ? Und welchem anderen Tonsetzer ist 
jemals Gleiches widerfahren? Hat sich Händel nicht über- 
lebt, so gebt ihn ganz und ungetheilt und unverändert — 
wir wollen sehen, ob sich mehr, als ein kleines Häuf- 
Iciu Gläubiger findet, die solche Aufführung nicht als Cu- 
riosität, sondern durchweg als erwärmenden Kunstgenuss 
betrachten würden. Hat er sich aber überlebt, so geht 
es ihm nur, wie es den allermeisten Componisten auf 
der weiten Welt gegangen ist und geben wird : ihr un- 
sterblich Theil , der eigentliche Kern ihrer Werke , die 
Idee, welche sie beim Schaffen leitete und begeisterte, 
ist den Nachkommen zum Baume der Erkenntniss heran- 
gewachsen und hat Früchte getragen für die Ewigkeit; 
was aber Zeitliches daran war, was von dem jedesmal 
herrschenden Geschmacke bedingt worden, das musste 
untergehen und kann keinen Bestand haben. Denn der 
Zeitgeschmack gleicht dem Saturn, der seine eigenen Rin- 
der verschlingt. Und doch ist Saturn das Haupt der Göt- 
terfamilie, welchem sich kein Genius zu entziehen ver- 
mochte, wenn nicht Jupiter tonans selber — und deren 
haben wir Wenige. 

Es scheint, als ob Muth dazu gehöre, eine so natür- 
liche Dedaction zu führen; ich wüssle sonst nicht, warum 
so Viele den Mangel an allgemeinem Interesse bei Hän- 
tfefschen Oratorien *) aus anderen und ganz unhaltbaren 

*) Ich erinnere hier noehaalt , diu iah dieselben, wie sie uns 

54 



565 



1844. August. No. 54. 



364 



Gründen herleiten wollen, tls ans den ölen angegebe- I 
nen. So hat sich in neuester Zeit namentlich die Mei- 
nung geltend zu machen versucht, dass die Stoffe zu je- 
nen Compositionen, die biblischen Texte, nicht mehr an- 
sprächen. Warum? Etwa weil sie zu bekannt sind? Das 
wäre, wenn auch ein falscher Schluss, doch eine rich- 
tige Prämisse. Nein, im Gegentheill „weil sie uns zu 
fremd sind. Was kümmern uns die israelitischen Richter 
und Könige? wer interessirt sich für den Heldenmuth 
eines Juden, der vor 4000 Jahren gekämpft hat? Nehmt 
dagegen Stoffe aus der germanischen Geschichte : Carl 
den Grossen, den Kampf der Heiden mit den Christen, 
Turpin, die Ritter der Tafelrunde!" Es mag etwas Be- 
trübendes darin liegen, dass die letzteren Sujets so we- 
nig benutzt werden, und ich gedenke noch lebhaft schon 
vor 25 Jahren im älterlicben Hause einer ähnlichen ernst- 
haften Discussion zwischen dem Gymnasialdirector G. 
und dem jetzt verstorbenen Generalmajor v. A, (beide 
sehr gebildete und geistvolle Männer), worin Letzterer 
behauptete, es sei bimmelschreiendes Unrecht, dass die 
Knaben die Geschichte aller fabelhaften assyrischen und 
ägyptischen Könige auswendig lernen müssten, während 
die wenigsten unter diesen Knaben die Lebensverhältnisse 
kaum von ihren Grossältern, geschweige denn von deren 
Aeltern oder Grossältern, kennten, die doch gewiss exi- 
stirl hätten und denen sie Dank schuldig wären. Das ist 
nun freilich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet; in- 
dessen ein Goldkörneben Wahrheit liegt doch darin. Es 
sind aber die jüdischen Namen Joseph, Josua, Simson, 
Jepbta, Saul, Makkabäus so durchaus mit unserer ganzen 
christlichen Erziehung verbrüdert, sie wurden uns und 
werden auch unseren Kindern wieder als die ersten ge- 
schichtlichen Notabilitäten so umständlich eingeprägt, dass 
ich wohl den Mann aus dem Volke sehen möchte, der 
ihrer nicht auch noch im spätesten Alter gedächte ; wäh- 
rend die deutsche Vorzeit so allgemein eine terra inco- 
gnita ist, dass selbst bei dem gebildetsten Auditorium die 
Mehrzahl kaum die Namen der darin auftretenden Per- 
sonen, viel weniger ihre Bedeutung kennen wird. Wenn 
einmal auf allen Gymnasien statt des Homer' s' das Nibe- 
lungenlied in der Ursprache gelesen werden wird, dann 
kommen wir mit Erfolg auf die Oratorien zurück, welche 
ihre Stoffe aus jenen Regionen entlehnen sollen ; bis da- 
bin werden aber die bekanntesten — und das sind die 
biblischen — auch die dankbarsten sein. Wozu überhaupt 
nach Gründen forschen, warum die Theilnahme an Hän- 
del in der Totalität seiner Werke gegenwärtig fühlbar 
schwächer werde, da doch Händel — der Priester einer 
Kunst, die weit vergänglicher ist, als die ihr verschwi- 
sterten Poesie, Malerei, Sculptur — bekanntlich vor län- 
ger als hundert Jahren gelebt und gewirkt hat? Mosel 
mag sich freilich noch eine Weile hallen, aber Mosel ist 
nicht Händel; und Mendelssohns Versuche mit der Re- 
stitution der Orgel könnten eben so gut als eine restitu- 
tio ad integrum, wie als eine in partibus inßdelium 
betrachtet werden 5 denn wie auch die Wiederherstellung 
des alten Orchesterzustandes mit obligater Orgel einen 

gegenwärtig gebotet werden , nicht für wirklich Händer »ehe 
Werke »erkenne, and dass lifo der Beifall, den eine Mosel*- 
icbe oder ähnliche Bearbeitung erhält, gar nichts beweist. 



wirksamen Reiz der Neuheit mit sich bringe, — die Aas- 
lassungen und Beschneidungen einzelner Nummern lassen 
dennoch kein getreues Bild des Originalwerkcs aufkommen. 
Scblüsslich muss ich mich nun auf das Nachdruck- 
liebste dagegen verwahren, als ob ich die Aufführung des 
Jephta, wie sie unter meiner Leitung bei dem nieder- 
rheinischen Musikfesle Statt gefunden, für eine unver- 
fälschte und der Originalpartitur getreu nachgebildete aus- 
geben wollte. Im Gegentheile — ich habe mich bei die- 
ser Gelegenheit nur aufs Neue davon überzeugt» dass 
eine solche zu den Unmöglichkeiten gehört. Zwar habe 
ich die Orgel, wie zu Händets Zeiten, die in Noten feh- 
lende, durch Ziffern aber vorgeschriebene Begleitung aus- 
füllen lassen ; das halte ich jedoch nur für eine Aeusser- 
licbkeit — denn ob die angedeuteten Harmonieen durch 
Zusammenstellung von Flöten, Oboen, Clarinetten, Fagot- 
ten, Hörnern, oder ob sie durch den Organisten auf sei- 
nem all' diese Tonwerkzeuge repräsentirenden und in 
sich fassenden Instrumente ausgeführt werden, das ist 
meines Bedünkens ganz dasselbe, und nur das jedesma- 
lige Local und sonstige zufällige Umstände werden die 
Wahl für eines und das andere entscheiden lassen *). 
Die grenzenlosen Freiheiten der Moser sehen Partitur 
sind freilich auch nicht benutzt worden; übrigens aber 
ist eine sehr grosse Anzahl von den in der Originalpar- 
titur des Jepbta enthaltenen Nummern fortgeblieben. Sie 
haben fortbleiben müssen, theils weil die Aufführung sonst 
mindestens fünf Stunden gedauert hätte (nahe an fünfzig 
Nnmmern), theils weil viele derselben so überaus ge- 
dehnt, trocken und veraltet sind, dass die Zuhörer da- 
durch auch für die wahrhaft schönen Sachen disgustirt 
worden wären **). In den aber wirklich zur Ausführung 
gekommenen Musikstücken habe ich freilich nur wenige, 
aber doch einige Abkürzungen vorgenommen. So in dem 
Duett zwischen Iphis und Hamor eine zwölf Tacte hin- 
durch in Terzen laufende melismatische Passage: 

Andante. ; — . ."""">; 




Wie gläu 



&m*? ftid£ £k 



zend q. s. w. 



*) Der Nolirung und Ausführung der Orgelslimme hatte sieh Herr 
M asikdirector Frans Weber unterzogen y nach den Grundsä- 
tzen, welche schön Ciasing in der Vorrede zum Clavier-Aus- 
zoge des Judas Makkabäus folgendermaassen ausdruckt: ,,Der 
Bearbeiter hat die Tendenz, Hundert Sinn und Geist möglichst 
treu darzustellen, wobei er gleichsam durch Divination Man- 
ches auszudrucken wagen muss, was Händel bei der UovoU- 
kommeoheit der Blasinstrumente seiner Zeit dureh sein eige* 
nes, uns von seinen Zeilgenossen als höchst vollkommen ge- 
schildertes, Orgelspiel hinzufügte." 

") Es ist eben überall so gemacht. So sagt Hellwig in seinem 
Vorberichte zum Clevier-Auszog des Joseph: „Damit zur 
Aufführung dieses Oratorium» nicht mehr Zeit erfordert werde, 
als man gewöhnlich zu Productionen ähnlicher Werke verwen- 
det, wurden von der hiesigen (Berliner) Siogaeademie einige 
Arien und Recitative weggelassen. Diese fehlen auch im Cia- 
vier -Auszüge." (Nämlich vierzehn Nummern.) 



565 



1844. August. No. 54. 



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und ähnliche Stellen, die ein allgemeines Brouhaha erregt 
haben würden. Dagegen habe ich mich nicht dazn ent- 
schließen können, die dal segno's unbeachtet zu lassen. 
Der Cape! Im eis ter eines ...sehen VorsUdllheaters, in wel- 
chem Klilschnigge und Jocko's tanzen, braucht freilich 
seine Partitur nicht nach gesundem musikalischen Men- 
schenverstände einzurichten — aber der Dirigirende eines 
Musikfestes kann doch unmöglich ein Stück durch Abkür- 
zung so verhunzen, dessen ganze harmonische Anlage 
darauf berechnet ist , dass man z. B. den in der Tonica 
schliessenden ersten Theil nach dem zweiten Tbeiie durch- 
aus wiederhole, weil dieser zweite Theil in einer ver- 
wandten Molltonart oder gar in der Dominante schliesst, 
das heisst also: nicht schliesst, sondern erst geschlossen 
werden muss. Nur bei einer einzigen Arie, wo es zufäl- 
lig die Modulation erlaubte, habe ich ein dal segno auf 
Ersuchen des durch die Länge des Musikstückes ermü- 
deten Sängers fortges trieben. 

Man beschuldige diesen Aufsatz keiner Missachlung 
des grossen, in seiner Sphäre noch immer unübertroffen 
dastehenden Tonsetzers. Nicht um Alles in der Welt 
möchte ich auch nur eines der vielen Bändet sehen Ora- 
torien verloren wissen. Aber geben sie denn dadurch 
verloren, wenn sie nicht mehr als ganze, den Abend Tül- 
lende öffentliche Musikaufführungen fortbestehen? Von 
wie vielen anderen älteren Tonsetzern werden immer 
noch in Concerten einzelne Stücke produoirtx Scenen, 
Chöre, Ensemble's, ein ganzer Act oder Theil einer Oper 
oder eines Oratoriums! Warum nicht von Händel, der 
so reich ist an grossen Sätzen, die, trotz 100jährigen 
AHers immer noch frisch und jugendlich, das ganze Pu- 
blicum begeistern und fördernd bilden werden? Und blei- 
ben uns nicht zum ewigen Studium die gedruckten Par- 
tituren des Meisters? Und haben wir nicht Siogacademieen, 
Gesangvereine, Musikkränzchen, in deren Mitte der ganze 
Händel geübt und gehegt werden kann? Er wird nie 
verloren geben ! Aber auch das Publicum bat sein Recht ; 
es darf nicht ennuyirt werden durch die unverfälschte 
Darstellung eines ganzen Oratoriums (was übrigens in 
Deutschland schwerlich oft geschehen ist) , uud es, darf 
eben so wenig amüsirt werden durch die verfälschten mo- 
dern isirten Bearbeitungen, was die rechte Art ist, um 
ihnen den Geschmack an dem ächten Händel nach und 
nach ganz zu verderben. Tertium non datur. Denn das 
auch von mir eingeschaltete juste (?) milieu kann ich 
selbst nicht billigen; es ist eben nur eine Modißcation 
des zweiten Verbotes, und war für mich ein Nothsystem, 
weil der Jephta durchaus gegeben werden sollte. 1840 
lassen wir zwölf Nummern fort und beschneiden zwölf 
andere; 1860 ganz gewiss schon anderthalb Dutzend; 
1880 zwei Dutzend voll — und dabei heisst'g 1900 noch 
immer : Hände fsches Oratorium ! Ein Oratorium soll we- 
der langweilen, noch unterhalten; es soll erbeben — 
wenn es das nicht mehr kann, so hat es sich überlebt 
und darf als Oratorium nicht mehr vorgeführt werden; 
denn zum Aendern, zum Auslassen oder gar zum Moder* 
nisiren hat Niemand die Befngniss, als der Componist 
selbst. So schliesse ich denn diese Abhandlung mit den 
Worten eines hochverdienten Mannes, der mir in einem 
seiner letzten Briefe sehrieb: Was 1700 recht war, ist 



eben darum 1800 nicht mehr recht; und man kann den 
Händel des 18. Jahrhunderts lieben und ehren, und da- 
bei doch im neunzehnten und für dasselbe leben! 
Göln, im Juli 1844. 



Heinrich Dorn. 



R £ 



CENSIONEN. 



Le tremolo. Grande Etüde pour le Pianoforte par Ch. 

Mayer. 0p. 61. No. 2. Leipzig, chez Fr. Hofmeister. 

Pr. 12% Ngr. 
Diese Etüde ist lieblich und kurz, und enthält durch- 
aus nichts Bisqoantes und Pingerquälendes für den Spie- 
ler; sie sei daher um so mehr empfohlen. Mit dem Be- 
riot'schen Tremolo* bat sie im Thema nichts gemein. 



Deux grandes Etudes de Concert pour le Pianoforte par 
CA. Mayer. Op.73. Berlin, cbezCh.Paez. Pr. IThlr. 
No. 1 gefällt uns recht wohl ; nur einige aus durch- 
gehenden Noten entspringende Härten (s. Seite 4, Tact 
3, Seite 5, Tact 6 u. folg.) geniren das Ohr, und letz- 
teres verdient doch wenigstens bei den Mühen, wie sie 
das Spielen und Einstudiren solcher Etüde verlangt, Be- 
friedigung zu finden? Desto mehr gefallt uns No. 2, Presto 
con fuoco agitato, ein frisches dankbares Stück. Den Ein- 
tritt des Maggiore Seite 14 hätten wir lieber auf andere 
Art, vielleicht kräftiger, herbeigeführt gesehen. Verschwei- 
gen können wir dem werthen Herrn Verfasser, der uns 
so viel Werth volles geschenkt, nicht, dass uns Stellen 
folgender Art: 

■hM«LM h — I — I — • ( < 




unangenehm überraschten. Die Ausgabe ist vorzüglich. 



Von J. Baff sind folgende Compositionen bei Breit- 
kopf und Härtet in Leipzig erschienen: 

1) 3 Pieces charactlristiques. Op. 2. Pr. 20 Ngr. 

2) Scherzo pour le Piano. 0p. 3. Pr. 12y a Ngr. 

3) Pantaisie brillante. Op. 4. Pr. 20 Ngr. 

4) 4 Galops brillants. 0p. 5. Pr. 15 Ngr. 

5) Pantaisie et Variations brillantes. 0p. 6. Pr. 25 Ngr. 

Dass wir es hier mit einem jungen Gomponisten zu 
thun haben, der unsere Aufmerksamkeit verdient, ist ge- 
wiss. Ist auch nicht zu leugnen, dass derselbe noch man- 
ches Ungelenke, sich schwer Zusammenfugende bringt, 
dass er zu schnell von einem Gedanken zum andern wan- 
dert u. s. w., so finden wir doch hin und wieder so viel 
Frisches, Keckes, wenn auch nicht gerade Neues, was 
uns erfreut, und wir haben bei Anfängern lieber mit 



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1844. August No. 34. 



368 



einem frischen, sprudelnden, sieh frei und ungezwungen 
geberdenden, als mit einem sieh ingsüich an bestehende 
Formen und Wendungen ballenden, regelrecht arbeiten- 
den Talente zu thun. In diesen Bemerkungen haben wir 
die Empfehlung für den jungen Künstler sattsam ausge- 
sprochen. Aber wir müssen ihm auch zu strengerer Sich- 
tung seiner Arbeiten und Vorsicht rathen ; auch vermeide 
er das absichtliche Suchen nach halsbrecherischen Sprün- 
gen, und verlange nicht, dass man ellenweit harpeggirh — 
Der Wertb der uns vorliegenden Compositionen ist sehr 
verschieden. Opus 2 ist uns durch das zweite Pr£lude 
(Andante) sehr lieb geworden. Die Seile 10, Taci 10 
und 11, vorkommenden Octaven in der Melodie gegen 
den Bass wolle der Goraponist künftig vermeiden. Das 
erste Prelude ist mehr trocken und schwierig, die Me- 
lodie nicht schön und gewählt genug. Eben so laborirt 
die übrigens sehr frische Valse capricieuse an oft gehör* 
ten Phrasen. — Das Scherzo Op. 3 ist hübsch, der Ge- 
sang in Asdur reizend und wiederum für den Componi- 
sten einnehmend. Nur eine kleine Uebereilung finden 
wir Seite 4, Cdur, Tact 5 — 6: 




Im Opus 4 (Fantaisie brillante) zeigt der Verfasser grosse 
Fortschritte. Bis zu dem Scbweizerwalzerthema ist Alles 
so edel, so planmassig, gesang- und gefühlvoll, dass wir 
wabre Freude daran gehabt baben. Der Donizetti'sche 
Walzer ist trivial. Dennoch dürfen wir dieses Stück für 
eine Unterhaltungscomposition als sehr gelungen und ef- 
fectvoll bezeichnen. Die hierin vorkommenden Stichfehler, 
Seite 3, Tact 25, und Seite 8, Tact 16, wo vor e das 
b vergessen ist, sind leicht zu verbessern. — Die vier 
freundlichen Galops, Op. 5, machen keinen Anspruch auf 
Kunstwerth, verdienen aber doch als eine Onlerbaltungs- 
gabe freundliche Aufnahme. — Die Fantaisie et Varla- 
tions brillantes, Op. 6, wenn auch Morceau instruetif 
betitelt und als solches in den Variationen behandelt, sind 
nicht aus einem Gusse. Die ersten Tacle des Thema sind 
einem berühmten schönen Thema ähnlich. Die erste Va- 
riation ist zu risquant. So schön die dritte ist, so möchte 
Referent den Schlags des zweiten und den Anfang des 
dritten Tactes doch nicht in Schutz nehmen. Nichtssagend 
erscheint Referenten ferner das Piü mosso und die drei- 
zehnte Seite. 

Diese Compositionen werden ihre Liebhaber finden 
und sie verdienen es. Unsere Bemerkungen möge der 
junge Componist beherzigen und nicht unwillig darüber 
werden. Wir wiederholen es, dass er Beachtung ver- 
dient, und werden uns freuen, ihm wieder zu begegnen. 
Die ehrenwerthe Verlagshandlung verdient Dank für die 
Publicalion dieser Compositionen. 

Variations brillantes avee Finale alla Mazurka sur un 
theme italien pour le Pianofortc par Th. (testen. Op. 
8. Berlin, ehez Cb. Paez. Pr. 15 Sgr. 



Solchen Compositionen ist eigentlich mit der Anzeige 
ihres Erscheinens besser gedient, als durch eine Recen- 
8i on. Zu loben bat man gar nichts daran. Das Thema 
ist abgedroschen, die Variationen sind mit Haarzopf. 
Bringe uns doch Herr Oesten etwas, worüber sich re- 
den lässt! 



La Demande. Allegro caracteristkrae pour le Pianoforte 

Kr Bertold Damcke. Op. 16. Berlin, ehez Cb. Paez. 
. 25 Sgr. 

Anders verhält es sich mit diesem jungen Componi- 
sten. Herr Damcke zieht doch wenigstens mit schwere- 
rem Geschütz in's Feld. Hier herrscht der Wille, etwas 
Gutes und Solides zu geben; tüchtige Studien und gute 
Vorbilder zeigen sich, und so nimmt der Verfasser uns 
gleich für sich ein. Referent kann nur wünschen, dass 
derselbe manchmal eleganter, geschmackvoller schriebe 
und der edlen Melodie und dem gefühlvollen Vortrage 
des Spielers mehr Raum in seinen Compositionen gebe. 
Wir empfehlen das correct und elegant gestochene Werk- 
chen angelegentlich. Das Allegro erscheint uns etwas zu 
lang. Die Consequenz des Componisten mit dem durch- 
gehenden Die in der linken Hand (Seite 4, Tact 17 u. f.) 
will uns, beiläufig gesagt, nicht recht munden. 



Als werthvollcs Curiosum empfehlen wir: 
Quatrieme Concert pour le Pianoforte on Orgue avee ac- 
comp. de 2 Violons, Alto, Basses et 2 Hautbois, comp. 

Bir ff. Händel, redigl par Mortter de Fontaine. 
erlin, ehez Schlesinger. Pr. 1% Thlr. 
Wir erkennen gern das Verdienst, welches sich Be- 
arbeiter und Verleger erworben haben, indem sie dieses 
Concert quasi der Vergessenheit eutzoeen ; denn es bleibt 
immer merkwürdig, wie der grosse Händel für das Cia- 
vier schrieb und wie weit die Anforderungen der dama- 
ligen Claviercomponisten gingen. Herr Mortier de Fon- 
taine ist als ein tüchtiger Ciavierspieler bekannt, und hat 
namentlich bei seinem kürzlichen Aufenthalte in Berlin 
durch den Vortrag classischer Compositionen grossen Bei- 
fall geerntet. Als Herausgeber dieses Concerts bat er viel 
Pietät bewiesen, und sich nur Weniges hinzuzufügen er- 
laubt, was, wohlweislich durch kleine Noten angedeutet, 
auch weggelassen werden kann. Mögen sich viele Lieb- 
haber zu diesem Concerte finden. Dem Bearbeiter, wie 
dem Verleger gebührt unser Dank. 



Trois Mereeaux de Salon, comp, par F. Hiller. Op. 29. 
No. 1. Bolero. Pr. 20 Ngr. No. 2. Rondeau napoli- 
tain. Pr. 25 Ngr. No. 3. Grande Valse. Pr. 20 Ngr. 
Leipzig, ehez F. Hofmeister. 
Diese galanten Arbeiten des tüchtigen Hiller sind als 
eine Bereicherung der Unterhaltungen für den Salon will- 
kommen und sehr empfehlenswert!). Die Ausgabe ist 
schön, und der Verleger hat, was so selten ist, eng ste- 
chen lassen, und ist wenigstens bemüht gewesen, diese 
Werkchen nicht durch Vermehrung der Stichplatten z« 
verteuern. Dass sie uns zu lang vorkommen, ist das Ein- 
zige, was wir auszusetzen baben. Etwas kürzer wir« 



569 



1844. August. No. 34. 



570 



gewiss vorteilhafter gewesen. Der Bolero vermählt sieh 
zu Zeilen mit der Polacca ; jedenfalls ist aber daraas ein 
liebliches Kind entsprossen. Im Hondeaa napolitain gefal- 
len nns von Seite 4, Taet 21, an bis Seite 5, Tact 7, 
einige Härten nicht, obgleich wir das Bemühen des Com- 
ponisten, dem fremdartigen Character treu zu bleiben, 
nnd seine Consequenz anerkennen müssen« 



Fantaisie brillante snr la romance : ,,Le fil de la vierge" 

par Fr. Kalkbrenner. Op. 170. Pr. 1 Thlr. , nnd 
Souvenirs de la „Sirene" (Opera de D. Auber). Fantai- 
sie pour le Piano par Fr. Kalkbrenner. Op. 180* 
Pr. 25 Ngr. Beide bei Breitkopf u. Härtel in Leipzig. 
Gefällig nnd wohlklingend, brillant nnd effectvoll, 
wie man es von Herrn Kalkbrenner in neuerer Zeit ge- 
wohnt ist. Früher fand man immer noch ein gewisses 
Etwas in seinen Compositionen, was seines berühmten 
Namens würdig war (wir enthalten nns jeder näheren Be- 
zeichnung dieses „Etwas," und zeigen auf seinen treff- 
lichen Zeitgenossen Moscbeles hin, der immer noch wie 
ein Fels im Meere dasteht und nns in der kleinsten sei- 
ner Gaben den grossen Meisler erkennen lässt); jetzt 
muss man das bei Herrn Kalkbrenner recht mühsam her* 
aussuchen. Liebhabern werden diese „Souvenirs" aus der 
neuesten, mit grösslem Beifall aufgenommenen Oper Au- 
ber 's „La Sir&ne" sebr willkommen sein, nnd, wenn sie 
so geschickt bearbeitet sind, wie dies hier geschehen ist, 
so müssen sie auch immer gern gesehen sein. 



Grande Fantaisie pour le Piano sur nn motif de Linda di 
Chamounix pariser*. Op.138. Ebend. Pr. lThlr. 
Eine weniger mysteriöse und zerrissene Introduction 
wäre uns lieber gewesen. Der Componist hätte es sich 
leichter machen können und damit wäre der Sache ge- 
wiss mehr gedient worden. Jeder Clavierspieler weiss 
übrigens, was er von einem neuen Onus des Herrn Herz 
zu erwarten hat. Das Thema ist das beliebte des Duetts 
zwischen Linda nnd Arthur, die Variationen sind höchst 
dankbar und brillant. Die Ausgabe ist so schön, wie wir 
sie aus der genannten Verlagshandlung zn sehen gewöhnt 
sind. 



S. Thaiberg: Grande Fantaisie sur l'Oplra: „1 
Borgia" pour le Piano. Op. 50. 1 Thlr., m 



, Lncrezia 
nnd 

Grande Fantaisie sur l'Oplra: „Semiramide." Op. 

51. Ebendaselbst. Pr. 1 Thlr. 10 Ngr. 
Das Erscheinen neuer durch den vollendeten Vor- 
trag des Meisters vielen Ciaviervirtuosen bereits liebge- 
wordener Compositionen Tbalberg's wird immer mit gros- 
ser Freude begrüsst. Da gibt es wieder zu studiren, da 
sacht man wiederum nach neuen Effecten, und man fin- 
det sie sicherlich. Dss ist keine kleine Empfehlung ; denn 
bei dem Heere der Nachbeter sucht man vergebens darnach. 



Edouard fFolff: Op.93. Bolero pour le Piano. 17V a Ngr. 

Op. 9fr Duo brillant k 4 mains. 25 Ngr. 

- Op. 97. Grande Valse originale. 20 Ngr. 



Edouard Wo\ffi Op.98. Fantaisie k 4 mains snr les plus 

jolis motifs de Dom Sebastian. 25 Ngr. 
— - — Op. 99. Grand Caprice sur des motifs de D. Se- 

bastien. 25 Ngr. Sämmtlich bei Breitkopf nnd Härtel 

in Leipzig, und 
E. Wo\ff-. 8 nonvelles Polkas favorites. Liv. 1, cont. 

4 Polkas. % Thlr. Liv. 2, cont. 4 Polkas. % Thlr. 

Berlin, chez Schlesinger, 
sind mit Ausnahme des Op. 99, welches einen tüchtigen 
Spieler verlangt, sehr gut ausführbare, angenehme und 
effectvolle Compositionen und als nothwendige und nütz- 
liche Modeartikel gewiss empfehlenswertb. Wir wundern 
uns, dass Herr Wolff bereits auf Op. 100 gekommen ist. 

Compositions de Salon (sang paroles) modernes et carac- 
teristiques pour le Piano par L. Köhler. Op. 1. Leip- 
zig, chez Gustave Brauns. Pr. 1 Thlr. 
Dieses Heft enthält 1) Liebeslied. 2) Wiegenlied. 3) 
Glockenklingen. 4) Abendgesang. 5) Jagdlied. S) Romanze 
und Etüde. Es sind recht einfache, tiefempfundene Lie- 
der ohne Worte, in denen die bald in der rechten, bald 
in der linken Hand liegende oder zwischen beide ver- 
teilte Melodie von Figuren umspielt wird, wie dies in 
der Mode ist. Wenn wir darin auch nichts durchaus 
Neues finden können, so sind doch diese sechs Stücke so 
geschmackvoll, so dankbar, so ohne Prätention, so be- 
quem ausführbar und doch effectvoll, dass wir sie mit 
grosser Theilnahme gespielt haben und als das erste Werk 
eines neuen Compomsten freudig begrüssen, um so mehr, 
als der Satz sauber und correct ist. Ein umfassenderes 
Urtheil über die Fähigkeit des jungen Mannes zu gewin- 
nen, ist aus so einem Werkchen nicht möglich. Wir wer* 
den uns freuen, Herrn Köhler bald wieder zu begegnen. 
Die Ausgabe ist schön nnd die neue Verlagshandlung em- 
pfiehlt sich dadurch. 

■ w ■ 

Möchten wir doch vom 
Nocturno pour Piano seul par Robert Müller. Op. 15. 

Pr. 12% Ngr., und über die 
Fantaisie pour le Pianoforte sur Lucia di Lammermoor 

ftr B. Müller. Op. 22. Leipzig, cbez C. F. Peters, 
r. 1 Thlr. 
eben so Rühmliches sagen können. Die Werke verrathen 
etwas den Dilettantismus. Betrachten wir das Nocturne 
näher. Die Bässe sind wenig natürlich nnd zuweilen hart; 
siehe Tact 4, das b im Basse. Tacte wie 14 nnd 15 be- 
halten immer etwas Herbes für's Ohr; der 17. Tact ist 
überflüssig) die Tacle 2, 3, 4, Seite 4 sind sehr barL 
Wie schön rund, harmonisch fliessend und melodisch 
schreibt der Componist Ende der vierten Seite von Asdnr 
an $ sollte man nach der Unbeholfenheit im Anfange und 
den bis hierher gefundenen Härten nicht vermnthen, der 
Componist sei von hier an ein ganz anderer? Leider keh- 
ren aber die uns missfälligen Dinge gegen den Schlnss 
unverändert wieder, aus denen wir Seite 8 noch die bei- 
den letzten Tacte des Basses wegen, und die Härte Seite 
9, Tact 8, hervorheben müssen. Als Stichfehler können 
wir nur Seite 3, Tact 3, das Auslassen des Violinschlüs- 
sels im Basse, anerkennen; gern hätten wir dies auch 



871 



18441 August. No. 54. 



572 



auf das im vierten Tacte im Basse stehende b ausgedehnt* 
wenn es nicht später bei der Wiederholung eben so wie- 
dergekehrt wäre. Das Nocturne ist bei alle dem sinnig 
und anziehend. Der Componist sei strenge gegen sich 
und wende grössere Feile an. 

Alles, was wir in dem vorigen früheren Opus des 
Gomponislen gerügt haben, Gndet auch in Fantaisie, Op. 
22, Anwendung. Der Componist ist noch nicht fest in 
den Schuhen. Stande es damit nicht so schlimm, so wür- 



«afp 




den wir Freiheiten wie Tact 3 



durchaus nicht rügen. Der Uebergang zum B dur am Ende 
der ersten Seite ist unbeholfen, und Licenzen, wie Seite 
6, Tacte 21, 22, 23, dürfeu wir nicht gestatten, wenn 
wir auch bei den Unreinheiten der drei vorhergehenden 
Tacte ein Auge zudrücken. In allem Uebrigen, was dazu 
gehört, um ein gegebenes Thema modern zu frisiren und 
mit einer Sauce piquante zu verseben, ist der Componist 
recht wohl zu Hause, und wir können ihm den guten 
Geschmack nicht absprechen. Unsere Ausstellungen gel- 
ten meistentheils seinen Harmoniekenntnissen. Der Laie, 
der immer an diesen Compositionen Gefallen finden wird, 
empfindet dieses glücklicherweise nicht; auch sind wir weit 
entfernt, durch unsere Ausstellungen der Verbreitung die- 
ser Compositionen zu schaden; sie werden ihre Liebha- 
ber finden. Die Ausstattung beider Werke ist vortrefflich. 



Six Melodies pour le Piano par Ed. Pirkhert. Op. 9. 
Vienne, chez Pietro Mechetli qm. Carlo. Pr. 1 Fl. C.-M. 
Wie wohl tbun uns diese einfachen, innigen und cha- 
racteristischen Compositionen ! Es sind frische Veilchen, 
die, ohne erst grosser Empfehlungen zu bedürfen, recht 
bald ihren Duft verbreiten werden. Sie verdienen, recht 
bekannt zu werden. Dank dem freundlichen Blumen - 
Spender ! 16. 



Nachrichten. 



Das Gesang fest zu Meissen den 6., 7. und 

8. August 1844. 

Das Gedeihen der grossen Gesangfeste, welche seit 
einigen Jahren in unserem lieben deutschen Vaterlande 
veranstaltet werden, kann Jeden, der es mit deutscher 
ernster Musik und deutschem Sinne gut meint, gewiss 
nur auf das Innigste erfreuen. Bieten sie doch Gelegen- 
heit, nicht die Gaukeleien einzelner Virtuosen anzustau- 
nen, die nur geeignet sind, den überreizten Nerven eines 
•ich fein dünkenden Salonmensehen zu kitzeln, sondern 
die ewige, der heiligen Tonkunst inwohnende Macht und 
Gewalt zu erkennen, die den gesunden Sinn erhebt, das 
reine Herz erfreut und es zu den schönsten Regungen, 
ja zur heiligsten Andacht stimmt. Das eben ist ja der 
schönste und höchste Zweck der Musik, das zu erreichen 
strebten unsere grossen Meister; denn die schöne Kunst 



der Musik soll ja , wie alle ihre Schwestern , nicht nur 
zur Unterhaltung, sie soll zur Veredlung und Bildung des 
Menschengeschlechtes, zu seiner sittlichen Erhebung ge- 
trieben und gefördert werden. 

So war denn auch in Meissen, das durch seine freund- 
liche Lage, durch seinen herrlichen Dom sich so ganz 
für ein solches Gesangfest eignet, auch der Haupttag des 
Festes nur allein dem ernsten Gesänge geweiht. Fast an 
1000 Sänger, mehr als zwanzig verschiedenen Vereinen 
angehörig, hatten sich von fern und nahe eingestellt, das 
schöne Fest zu feiern ; sie waren gekommen, nicht einen 
Wetlkampf unter einander zu bestehen, der der Eitelkeit 
des Siegers Spielraum gewähren könne, sondern einmü- 
thig als ein brüderlich verbundenes Ganzes nach dem 
vorgesteckten Ziele zu streben. Und dieses Ziel, so ver- 
schiedenartig die Kräfte waren, die sich hier vereinigt 
hatten, es ist errungen worden, und wohl Keiner wird 
unbefriedigt der Heimath wieder zugezogen sein. 

Schon am 6. Aug. kamen die Sänger schaarenweise 
herbeigezogen, und wurden so herzlich und gastfrei auf- 
genommen, die ganze Stadt nahm einen so regen Theil 
an dem Feste, dass sich die heiterste, froheste Stimmung 
jedes Einzelnen, und also auch der Gesammtheil be- 
meistern musste, die sich, wie es bei dem Sänger ja 
nicht anders sein kann, neben dem herzlichen Worte auch 
gleich in heiteren Gesängen, von denen Strassen und Markt 
ertönten, zu erkennen gab. Fröhliche, festliche Gesich- 
ter überall; man glaubte sich der gewohnten Welt mit 
ihren steifen Convenienzen entrückt; die Fremdesten wa- 
ren wie alte Bekannte und Freunde; einen solchen Zau- 
ber hatte die freundliche Muse des Gesanges über Alles 
verbreitet. Nachmittags versammelten sich die Sänger zur 
Probe im Dome der Albertusburg. 

Der alle würdige Schneider aus Dessau und Capell- 
meister Reissiger aus Dresden waren von den Ordnern 
des Festes, unter denen der nur zu bescheidene ver- 
dienstvolle Musikdirector Hartmann besonders genannt zu 
werden verdient, eingeladen worden, nicht nur für das 
Fest neue Werke zu liefern, sondern auch die Auffüh- 
rung dieser und mehrerer anderer zu leiten. Beide wa- 
ren gern und willig dem doppelten Rufe gefolgt, und so 
das nachstehende Programm für die geistliche Aufführung 
am 7. entstanden: 

1) Choral: Befiehl du deine Wege, vierstimmig aus- 
gesetzt von MD. Hartmann. 

2) Psalm: Der Herr ist Gott, von F. W. Berner. 

3) Hymne nach dem 23. Psalm : Gott sorgt für mich, 
von CM. Retssiger. 

4) Hymne : Wo ist, so weit die Schöpfung reicht, von 
Neitkardt. 

5) Motette von Bernhard Klein : Ich danke dem Herrn. 

6) Der 103. Psalm : Lobe den Herrn meine Seele» eom- 
ponirt von MD. Schladebach. 

7) Der 67. Psalm: Gott sei uns gnädig, von Fr. 
Schneider. 

Schon der schöne Choral, welcher diese Aufführung 
in der würdigsten Weise einleitete, musste auf die zahl- 
reich herbeigekommenen Zuhörer nicht nur — die grosse 
Kirche war übervoll — , sondern auch auf jeden Mitwir- 
kenden den erhebendsten Eindrnck machen ; denn in dem 



573 



1844. August. No. 34. 



574 



vollen Chore, und waren auch viele darunter nieht eben 
grosse Sänger , in diesem tausendstimmigen Gebete liegt 
eine Macht und Andacht, die sich nur fühlen, nicht be- 
schreiben lässt. Dazu dieser herrliche Dom in seinem rei- 
nen gotbischen Style, mit seinen wanderbaren schlanken 
Pfeilern und zierlichen Bögen, mit dem seltenen Einklang, 
der in allen seinen Tbeilen herrscht und ihn so zu ei- 
nem der schönsten Denkmale altdeutscher Baukunst er- 
hebt — da wurden die Herzen weit ; heilige Andacht zog 
in jedes Gemütb , und zum frommen Gebete wurde die 
Leistung der Kunst. 

Nur eine historische Notiz sollen diese Zeilen von 
dem Feste geben, nicht eine Kritik der gewählten Werke 
oder ihrer Ausführung, denn tbeils würde solche nach 
einmaligem Anhören nicht möglich und recht sein, tbeils 
gesteht. Referent ganz ehrlich, dass er zu sehr von dem 
Ganzen ergriffen war, zu sehr in dem Gesammtgenuss 
volle Befriedigung fand, als dass er sich dieselbe durch 
besonderes Aufmerken auf Einzelnbeiten hätte stören mö- 

Jen. So sei nur erwähnt, dass der einfache Berner'sche 
'salm, die Reissiger'scbe Hymne, und Schneider 9 * wür- 
diger Scblussstein des Ganzen den grössten Eindruck 
machten. Der gewiss überaus schätzbaren B. Klein sehen 
Composition traten, namentlich bei dem figurenreieben 
Scblusssatze, die akustischen Verhältnisse des Domes, die 
ein starkes Nachballen des Tones mit sieb bringen, stö- 
rend in den Weg. Das Neithardt'&cbe Werk wäre wohl bes- 
ser aus dem Programme geblieben, und eben so hätte wohl 
MD. Schladebach besser gelban, seine Composition zu- 
rückzuziehen, die, zumal die Solosänger und die Mitglie- 
der der Dresdner Vereine von ihm abfielen, nur theil- 
weise gemacht, und so in ihrer Zerrissenheit unmöglich 
einen günstigen Eindruck hervorbringen konnte. Um so 
besser war es, dass der Schneider 9 seht Psalm den Schluss 
bildete, in dem sich wieder der alte vielerprobte und er» 
fabrene Meister in seiner ganzen, noch immer jugendli- 
chen Kraft und Würde zeigte. Möge ihm noch lange die 
Freude werden, zu sehen, wie der Baum des Männerge- 
sanges, den er so treu gepflegt, wie die grossen Ge- 
sangfeste, die ihm vor Allen ihre Entstehung und Pflege 
danken, gedeihen; noch lange mit gerechtem Stolze se- 
hen, wie Alles sich beeifert, den würdigen Führer zu 
erkennen, zu ehren, und solches in lautem Jubel kund zu 
thun, wo er auch seinen Jüngern sich zeige. 

Nach solch 9 ernster Feier war der zweite Tag dem 
heitern geselligen Beisammensein , der Ausführung welt- 
licher Lieder gewidmet. Auch für diesen Tag hatten die 
Festordner von verschiedenen , namentlich Dresdner und 
Leipziger Componisten sich neue Gesänge verschafft, um 
solche tbeils auf dem Markte, tbeils auf einem gemein- 
samen Spaziergange, der nach dem Schlosse Siebeneichen 
und dem romantisch gelegenen Buschbad führte, zu sin- 
gen ; doch wollte die Wahl dieser Lieder nicht allgemein 
ansprechen ; was wohl um so natürlicher war, als an diese 
Gattung vierstimmiger Lieder von den einzelnen Verei- 
nen, je nach ihrer künstlerischen Befähigung und inne- 
ren Zusammensetzung, gar zu verschiedene Ansprüche ge- 
macht werden, und es selbst dem genialsten Meister 
schwer fallen möchte, hierin Allen zu genügen. Immer- 
hin ist die freundliche Sorge des Comitä und die Bereit- 



willigkeit der Meister, die so gern ihren Theil zum Ge- 
lingen des Ganzen beitrugen, nur mit grossem Danke 
anzuerkennen. 

Einen längeren Rubepuuct fand die Masse der Sän- 
ger und das zahlreiche Publicum, das ihnen folgte, auf 
der sogenannten Scbiesswiese , wo sich dem Programm 
nach die einzelnen Vereine in besonderen selbstgewähl- 
ten Gesängen zeigen sollten. Leider aber wurde dieser 
Theil des Festes von dem bisher herrlichen Wetter nicht 
begünstigt; Regen floss in Strömen herab, und konnte 
derselbe auch die Heiterkeit nicht stören, so verscheuchte 
er doch aus der herrlichen Natur in die dumpfen Zelle 
und Salons, für die vorsichtiger Weise gesorgt war. So 
kam es wohl auch, dass von mehr als zwanzig Verei- 
nen, welche an dem Feste Theil nahmen, nur sieben oder 
acht sieb producirten, von denen die vereinigten Zoll- 
ner sehen Vereine aus Leipzig, durch den kecken, kerni- 
gen Humor der Lieder, die sie vortrugen, und ihre Prä- 
cision sich den lautesten Beifall erwarben, der, wenn 
auch minder laut, doch vollkommen gerecht, sich auch 
für den Paulinerverein und die Dresdener aussprach. In 
Bezug auf Letztere kann sich inzwischen Referent nicht 
enthalten, ihnen zum biltern Vorwurf zu machen, dass 
sie, bei einem deutschen Gesangfeste, ein aus französi- 
schen Opern arrangirtes Potpourri vortrugen. Und wäre 
es auch noch so gewandt compilirt: das wollte uns zum 
deutschen Feste nicht passen 1 

Am Schlüsse des dritten Tages versammelte sich die 
ganze Sängerwelt auf dem festlich geschmückten Gewand- 
haussaale bei einem einfachen aber frohen Mahle, wo 
manches schöne Wort die heitere und dankbare Stimmung 
der Wirthe wie der Gäste kund gab. 

Schliesslich sei nun nochmals der wirklich ausser- 
ordentlichen Freundlichkeit und Gastlichkeit erwähnt, mit 
welcher die Sänger in Meissen aufgenommen und bewir- 
ket wurden, und Allen denen, die zur Bereitung, Aus- 
führung und Gelingen des schönen Festes beitrugen, der 
herzlichste Dank gebracht. — d — 

Paris, im Juni. (Eingesandt.) Eine der vorzüglich- 
sten Erscheinungen in der musikalischen Sphäre der jüng- 
sten Saison ist die unter der Leitung des Fürsten von 
der Moskwa entstandene Concertgesellschaft. Sie nimmt 
unstreitig unter den Dileltantenvereinen die erste Stelle 
ein. Ein besonderer Vorzug dieser Concerte besteht darin, 
dass sie die selteneren Touwerke alter Meister an's Licht 
ziehen, und ein anderer darin, dass sie jungen Talenten 
Gelegenheit geben, sieb vor einem höchst gebildeten Au- 
ditorium zu entwickeln. Unter den Letzteren bat sich 
besonders in dieser Saison eine Deutsche ' als Sängerin 
hervorgetban. Fräul. v. Rtiplin aus Constanz, welche be- 
reits im vorigen Winter in Privatconcerten Vorzügliches 
leistete, erfreute sich diesmal in den Concerten des Für- 
sten von der Moskwa der glänzendsten Anerkennung, wie 
sie selten einer fremden Dilettantin zu Theil wird. Ihre voll- 
tönende und umfangreiche Stimme wurde in der italieni- 
schen Schule gebildet: sie ist eine Schülerin des Lablache; 
in ihren Gesängen vereinigt sie die Grazie und sorgfäl- 
tige Reinheit der Italiener mit jener Tiefe und Kraft der 
Empfindung» welche dem deutschen Gesänge vor jenem 



575 



1844. August. No. 54. 



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aller anderen Nationen eise dauernde Wirkung auf die 
Seele des Zuhören sichert. Der Beifall, welchen Fräul. 
9. RüpH» in der Concertgesellschaft erntete, verdoppelte 
sich in dem von ihr veranstalteten Privatconcerte im Sa- 
lon Erard. Auch die königl. Familie wollte den Gesang 
der allgerühmten jungen Sängerin vernehmen ; die Letz- 
tere wurde zu einer der Soirles gezogen, welche die 
Königin zu Ehren der Herzogin von Ken! veranstaltete, 
und erntete dort den höchsten Beifall. 



Rurzgefasste Nachrichten der italienischen 

Oper ausserhalb Italiens vom Januar bis 

Juni dieses Jahres. 

(Beseklnss.) 
Von anderen Ländern. 

Bona (Nordafrika). Bellini's Beatrice machte Furore. 
Die beiden Prime Donne Tagliano und Lagomarino (welche 
Berühmtheiten!), Tenor Brambilla und Bassist Galberti 
waren ihre Priester; der Tenor der Beste. Bis zu An- 
fang des Frühlings wurde noch Torquato Tasso und Ma- 
tilde Sbairan gegeben. 

ConstanUnopel. Die gegebenen Opern waren, von 
Donizetli: Anna Bolena, Marino Faliero, Elisir, Ajo; 
Mose* von Rossini, Straniera von Bellini, Chiara di no- 
senberg von Ricci. Sänger: Prime Donne Fanti (Annun- 
ziata), Righini; Tenor Lanzoni; Buffo Lipparini-Negri, 
und Bassist Sansoni. Aufnahme: nicht die glänzendste. 

Corfit. Mercadante's Briganti, die nirgends gefallen» 
machten wunderbarerweise hier Glück mit der Cnzzani, 
dem Tenor Forti und Bassisten Pellegrini. Anfangs März 
gab die Costa Rossini'* Generentola zu ihrem Benefiz, 
das sehr glänzend ausfiel. 

Fiume (Ungarn). Donizetti's in der Faste hier ge- 

Ssbener Roberto d'Evreux, worin die Rusmini - Solera, 
e Lega, Tenor Miraglia und Bassist Dali 9 Asla, im Gan- 
zen eine nicht üble Gesellschaft, wirkten, fand wenig An- 
klang. Bellini's Puritani, in welchen Buffo Demi sang, 
und Nicolai'« Templario gingen viel besser. Der aus die* 
sen Blättern bekannte Gatte der Prima Donna, Herr So- 
lera, Dichter und Componist, gab am 15. Mai eine Ac- 
cademia di poesia estemporanea ; in der Zwischenzeit 
spielte die Bande des k. k. Regiments Gollner. 



Lissabon. Donizetti's Maria Stuarda, die in jpns Ila- 
lien Fiasco gemacht, in Mailand nur eine einzige Vor- 
stellung erlebte, hat hier mit der Rossi - Garcia gefallen. 
Nini's Virginia, die Mos in ihrem Geburtsorte Genua, 
sonst nirgends in Italien Anklang gefunden, hatte den- 
selben Erfolg. Benannte Prima Donna gefällt aber auch 
hier ungemein. 

Donisetti, der seinen Dom Sebastiano der Königin 
von Portugal dedicirte, erhielt von derselben den Orden 
da imacolata Concepcao de Villa Vi$osa. 

Moscau. Rubini mit der Prima Donna Assandri und 
Bassisten Tamburini gaben hier im März und April mu- 
sikalische Academieen mit vielem Beifalle, darauf ebenso 
zu Riga nnd Königsberg. 

Herr P. Negri, gewesener Impresario der italieni- 
schen Opern zu Copenbagen, Berlin und Warschau, ist 
es in derselben Eigenschaft in dieser zweiten Hauptstadt 
Russlands während des nächsten Herbstes und Carnevals. 

Newyork. Verdi's Lombardi haben hier unlängst En- 
thusiasmus erregt. 

Odessa. Unter der Leitung des famosen Ricci wurde 
hier am 23. April das Theater mit den Due Figaro del 
Maestro Speranza eröffnet, worin die Polani, die Scalese, 
Tenor Ramoni und die Bassisten Scalese und Fiori Bei- 
fall fanden. Donizetti's Figlia del Reggimento machte 
Fiasco, dessen Lucia mit der Secci-Gorsi und Tenor Vi- 
tali hingegen Furore. Ricci componirt hier eine neue 
Oper (sagt man) und kehrt dann nach Triest zurück. 

Petersburg. Der Millionär Rubini, der bald andere 
grosse Schätze aus Russland bringen wird, ist nach Wien 
und anderwärts, um für die hiesige italienische Oper 
Virtuosi zu recrutiren. Bereits hat er in Oesterreichs 
Hauptstadt den Buffo Rovere für sie engagirt. 

Smyrna. Die hiesige italienische Oper befindet sich 
ziemlich wohl. Die beiden Prime Donne, die Cavalli und 
Garofoli, Tenor Monlani und Bassist Giani haben Doni- 
zetti's Parisina, Anna Bolena und Ricci's Chiara di Ro- 
senberg mit gutem Erfolge gegeben. 

Zara. Nachdem Fioravanti's Columella mit derMazza, 
den Herren Cervati, Bastogi und Lodelti glücklich die 
Breter passirt, gab man die von Herrn Mazza für's {Mai- 
länder Theater Re mit keinem günstigen Erfolge compo- 
nirte Oper Leucadia, die hier weit glücklicher war. 



A n fe flndlgn n g e n. 



Bei Jo>fc* Andre in Offenbaek sind erschienen: 

Sechs Gesäuge 

für vier Männerstimmen 

compo nirt ? on 

Vera» Miller* 

28. Werk. Preis der Partitur 20 Ngr. Preis jeder einzel- 



nen Stimme 2% 



igr. 
Ngr. 



Neue Musikalien 

im Verlag« tos Carl Paes in Berlin, 
•fce, 0*« La Demande. Allegro ckaraclenstiqne ponr le 



Piano. Op. 16. >g Sgr. 



Petersbourg), Dens grandes Etndcs 
Op. 75. 1 - 



Mayer, Charles) (a St. 

de Coaeert pour le Piano. Op. 73. i Thlr. 
Tnilui, H. t Henog Ottos Liebe« Poesie ton Wolf*, affilier, 
in Mnsik gesetzt fix eine Tenorstimme mit Begleitnng des Pia- 
noforle. Op. 88. SO Sgr. 



Bei der Capelle der allgemeinen Mnslkgesellsckaft in Z&riek 
sind anf I. October 1844 die beiden Stellen eine« Violinisten nnd 
eines Oboisten frei. Darauf Reflectirende sollen erste Partiecn 
•nielen können. Der Jabrgcbalt ist 330 Fl. rbein. , viele Zeit 
bleibt frei für andere nützliche Bescbaltigong. Man wendet siek 
in frankirten Briefen an die Concertdireclion der allgemeinen Mo* 
slkgesellsckaft in Zflrick. 



Druck und Verlag von Breitkap/ und Härtet in Leipzig and unter deren Verantwortlichkeit. 



577 



§78 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 28"« August. 



M 35. 



1844. 



Inhalt! Heeensymen. — . Nachrichten: Aas Leipzig. Die Pariser Musik in Sommer. — Das Rieseocoocert. — Berlioi. — Feuilleton. 
— An k ünd ig un g en. 



R 



ECEIfSIONEN. 



Dr. C. Lowe: Die Festzeiten. Geistliches Oratoriam in 
drei Abteilungen. Op. 66. Partitor und Clavieraus- 
zag. Mainz, bei B. Schott's Söhnen. Preis der Parti- 
tur 10 PI. 48 Kr., des Ciavierauszugs 7 Fl. 12 Kr. 
(Angezeigt von Gustav Na ne ob arg.) 

Löwe ist ohne Zweifel einer der reichbegabteslen 
und genialsten Tondichter neuerer Zeit ; er besitzt nament- 
lich ein bedeutendes .Talent für musikalisch -poetische Cba- 
racteristik, und hat die verwaiste Bahn eines erfinderi- 
schen Geistes in den verschiedensten Kunstformen mit 
männlicher Energie und vielem Glücke betreten ; es kann 
hier nicht die Absicht sein, dies in umfassender Weise 
darzuthun, wir verweisen somit auf einen früheren Auf- 
satz in der neuen Zeitschrift für Musik 1835, Band 3, 
Mo. 25 und 26, wo der Verfasser dieser Anzeige Lowe's 
Wirken ausführlich gewürdigt hat. Obiges (fälschlich so 
benannte) Oratorium weicht von seinen Geschwistern 
wesentlich ab; der Componist bat nämlich früher vor- 
zugsweise das dramatisirte Oratorium cultivirt; leider er- 
scheint aber gerade diese Kunstgattung ohne mimische 
Kunst and Skenopöie nur als ein halbes Werk von hal- 
ber Kraft; sobald nämlich die Cbaractere in Situationen 
vorgefahrt werden, welche der ausführende Concertsän- 
ger nicht durch musikalische Kunst in ihrer Totalität wie- 
derzugeben vermag, überschreiten sie die Grenzen des 
Coucertgesanges, und sind im Oratorium unzulässig. Diese 
Unzulässigkeit bedarf keines weiteren Erweises, denn nur 
das gehört einer Gattung an, was auch in der Gattung 
möglicher Weise vollkommen geleistet werden kann. Nie- 
mals aber wird ein Concertsänger Situationen darzustel- 
len vermögen, welche nur durch plastisch - mimische Kunst 
ihre volle Bedeutung und Wirkung erhalten. Lowe's frü- 
here Oratorien (und namentlich seine in vielfacher Rück* 
sieht geniale , »Zerstörung von Jerusalem* 1 ) sind aber über- 
reich an solchen Situationen; ich erinnere z. B. nur an 
die Sterbescene der Berenice „So soll ich von dem Hü- 
gel hier" u. s. w. ; jede denkende und tieffublende Sän- 
Srin wird hier zu dem Bewusstsein kommen, dass sie 
s, was sie im innersten Herzen fühlt, ohne plastisch- 
mimische Kunst nicht darzustellen vermag. In den „Fest- 
zeiten'* hat der Componist diese Oralorienform verlas- 
sen ; wir meinen nun aus Gründen, dass das in Rede ste- 

46. Jahrgang. 



bende Werk gar kein Oratorium genannt werden kann; 
es handelt sich hier nicht blos um die Benennung, denn 
die Beurtbeilung mnss nothwendig von einem andern 
Standpuncte aus eine wesentlich andere werden. Die 
Kunstlheorie stellt den Satz auf: „Man kann ohne An- 
stand jedes zur Verehrung des höchsten Wesens bestimmte 
und irgend eine religiöse Empfindung als Hauptsache be- 
zweckende Tonstück, Kirchenmusik, und den Styl, in 
welchem jedes solcher Tonstücke geschrieben sein muss, 
Kirchenstyl nennen" — allein dies ist keinesweges rich- 
tig; Kirchenmusik muss zwar allemal religiöse Musik sein, 
religiöse Musik braucht aber durchaus nicht Kirchenmu- 
sik zu sein, sie wird es nur dann, wenn sie sowohl dem 
Texte als der musikalischen Behandlung nach passend in 
den kirchlichen Cultus aufgenommen werden kann und 
die würdevolle Einfachheit besitzt, welche auf eine ganze 
christliche Kirchengemeinde erbaulich wirkt. Die Gebete 
in Weber's Freischütz, Oberon, in Liudpaintner's Vam- 
pyr, in Marscbner's Templer, in MehnKs Joseph u. s. w. 
sind rein religiös, obwohl nichts weniger als Kirchenmu- 
' sik. Dies ist nicht nur für die produclive Kunst, sondern 
auch für die Kunstkritik von höchster Wichtigkeit; be- 
urtbeilt man alle religiöse Musik nach den Grundsätzen 
der Kirchenmusik — wie dies leider nur zu oft geschieht — 
so begeht man das grösste Unrecht an dem Werke und 
am Componisten; namentlich muss unser von Händel an 
bis beute ausgebildetes Oratorium nach anderen Grundsä- 
tzen beurtheilt werden, denn es ist keine Kirchen -, son- 
dern rein religiöse Concertmusik. Das Oratorium kann 
seiner Natur nach nicht in unsern kirchlichen Cultus auf- 
genommen werden; es hat einen künstlerisch religiösen 
Zweck und ist rein unabhängig vom kirchlichen Ritus. 
Ein Adam und eine Eva, ein Raphael und Gabriel, ein 
Satanas, ein Judas Ischariot, ein Salomo, Saul, Harapha, 
Pharao, David, Jephta, Flavius Josepbus, Jessius Flo- 
rus u. s. w. gehört als handelnder Character schlechter- 
dings nicht in unsere christliche Kirchenversammlung ; — 
ist dies erlaubt und passend, so kann man eben so gut * 
Lessing's Nathan den Weisen, den Mönch vom Libanon, 
Werner's M. Luther u. s. w. vor der versammelten Kir- 
chengemeinde ohne Costüm vorlesen lassen. Die gemischte 
Gemeinde, durch Religion, Vernunft und Gewissen zur 
gemeinschaftlichen Gottesverebrung berufen, bat als Kir- 
chengesellschaft ein Recht, zu fordern , dass der Cultus 
ihrer geistigen Receplivität vollkommen angemessen sei. 

35 



879 



1844. August. No. 55. 



580 



Daraus folgt nothwendig, das* der Kirchcngesaog, all 
Theil des Cultus, sowohl da, wo die Gemeinde selbst aeliv 
ist, als da, wo sie sich durch Gesang erbauen lässt, vor 
allen Dingen ecbl populär sei, d. b. dass die Melodieen 
leicht fasslich, eindringlich, möglichst einfach, und dabei 
doch wahrhaft erbaulich und würdig seien. Wo nun der 
Gesang als eigentliche Kunst auftritt, d. h. wo die Ge- 
meinde durch kunstgebildete Sänger erbaut werden soll, 
da nittss auch die Theorie höhere Kunslforderungen stel- 
len, da darf sich die Kirchenmusik von der Arie an bis 
zum polyphonischen Kunstchore enläussern, doch muss 
hier textgemfisse Cantabilität, gefühlvoller Wortausdruck, 
charactervolle Melodie vorherrschen. Die harmonisch-tech- 
nische Kunst darf sich nur in so fern geltend machen, 
als sie Mittel zum Zwecke ist, d. b. als sie die Erbauung 
der zur gemeinschaftlichen Goltesverebrung berufenen Ge- 
meinde befördert, auch nie so complicirt sein, dass sie 
die Receptivität der gemischten Versammlung übersteigt. 
Ihr Grundcharacler ist Schönheit, Würde und möglichste 
Einfachheit. Von diesem Standpuncte aus betrachtet sind 
nun Lowe's „ Festzeiten " im allereigentlichsten Sinne 
Kirchenmusik, christlich' protestantische Kirchenmusik, die 
nicht blos in den Cultus der christlichen Feslgoitesdiensle 
aufgenommen werden kann, nein — die durch den kirch- 
lichen Ritus recht eigentlich hervorgerufen worden ist; 
darum sagt auch der Componist im Vorworte: „Die Zeit 
der Composition dieses Werkes reicht von 1825 bis 1836. 
Das Werk kann eben so wohl als ein Ganzes, als auch 
seinen einzelnen acht Abtheilungen nach als Kirchenmu- 
sik aufgeführt werden." — Ich meine aber geradezu, 
dass die achtungswerthe Gabe des trefflichen Löwe vor- 
zugsweise den wahren Zweck erfüllt, wenn sie nicht als 
,, Oratorium in einem Kirchenconcerte," sondern nach den 
verschiedenen Abtheilungen beim jedesmaligen Festgoltes- 
dienste zum Heil und Segen der Gemeinde iu Anwendung 
gebracht wird; es würde das Werk auch viel passender: 
„Kirchenmusik zu den Festzeiten der christlichen Ge- 
meinde" benannt werden können, da der Begriff des „Ora- 
toriums" ganz andere Forderungen und ganz andern 
Zweck bedingt. — Die erste Abiheilung besteht nun aus . 
Advent und Weihbacbten ; die zweite aus Fasten, Cbar- 
freilag und Ostern ; die dritte aus Himmelfahrt und Pfing- 
sten mit Anschluss an Trinitalis. Die Worte sind gröss- 
tenteils der heiligen Schrift entlehnt, nach Berathung 
mit Geistlichen und geistlichen Dichtern. Um es aufzu- 
fuhren, sind ausser dem Chore nur vier Solostimmen er- 
forderlich, da die Einführung von Personen wegen des 
überreichen Stoffes nicht nothwendig schien. Wo die Or- 
chestermittel nicht ausreichen sollten, da kann das Werk 
auch mit dem blosen Orgelauszuge aufgeführt werden; 
schon diese Einrichtung wird zur Verbreitung der Com- 
position in den verschiedenen christlichen Gemeinden ganz 
wesentlich beitragen. Der Advenlstext gebt einleitend von 
den frühesten Propbezeihungen des alten Testaments aus, 
and rückt der Geburt des Messias durch immer bestimm- 
ter werdende Weissagungen näher, bis zum letzten Pro- 
pheten Maleacbi , von welchem an die Prophezeibungen 
schweigen. Die Sehnsucht aller Völker in dieser Zeit, 
besonders aber der Heiden, ist in der Stelle des Jesaias : 
„Ach, dass da den Himmel zerrissest 4 ' ausgesprochen. 



Die christliche, heutige Adventsfreude spricht der Chor 
aus : „Lasst eure Zweige sprossen," welche sich in dem 
Chorale der „klugen Jungfrauen," „Wachet auf" dem 
Weihuacbtsfeste eng anscbliesst. Weihnachten beginnt 
mit der Verkündigung (welcher hier der Choral: „Vom 
Himmel hoch" zum Grunde liegt) und dem Gloria der 
Engel. Diesem schliesst sieh hier die Anbetung der Hir- 
ten bei der Krippe zp Bethlehem , dieser die Anbetung 
der morgenländischen Könige an. Das Magnificat ist mit 
dem Dankgebete desSimeon zu einem Duette verbunden, 
worauf das Evangelium des dritten Weibnachtsfeiertages 
Joh. 1 abschliesst. Zur Verbindung des ersten und zwei- 
ten Theiles bat der Componist das in der römischen Kirche 
unter dem Namen: „lmproperia" bekannte Gedicht (a 
Capeila) gewählt. In der Osterzeit sind die sämmtlichen 
vier Evangelisten zum Grunde gelegt, mit Einflecbtung 
des Chorals : „Christ ist erstanden ! " — Der Himmel- 
fabrtstext zieht noch ausser der Quelle, der Apostelge- 
schichte, zwei auf dieses Fest vorzugsweise bezügliche 
messianiscbe Psalmen, so wie zwei paufinische Aussprüche 
in sein Gebiet. Das Pfingstfest beginnt mit dermessiani- 
scben Stelle des Jesaias 44, 2, während der Chor das 
Veni singt. Nach der Apostelgeschichte wird die Aus- 
messung des heiligen Geistes als Stiftung der ersten christ- 
lichen Gemeine angenommen , welche der Sopran erzählt 
und die alleinige Arie einleitet: „Hier komm" ich, mein 
Hirte." Sollte man die Trinitatismusik von der Pfingst- 
musik trennen wollen, so wiederholt man am Scbluss der 
Arie den Choral des Anfangs, „Komm," in welchem 
dann das Bassrecitativ wegbleibt und der Choral sogleich 
mit dem dritten und vierten Viertel der Melodie anhebt. — 
So viel über die Einrichtung des Werkes, das alle mu- 
sikalischen Kirchenvorstände Deutschlands zum Heil und 
Segen der Gemeinden an den Festtagen auffuhren mögen. 
Leider stehen die gewöhnlichen Kirchenmusiken oft in gar 
keinem Zusammenhange mit der Festfeier; Löwe hat sich 
ein neues Verdienst um Kunst und Kirche erworben ; 
möge er andere berufene Kirchencomponisten zu gleichem 
Streben anregen, damit die protestantische Kirche einen 
heiligen Schmuck bewahre , der für christliche Gemüther 
eben so wesentlich und nothwendig ist, wie die salbungs- 
volle Rede für den Geist. — Die äussere Ausstattung des 
Ciavierauszugs ist schön ; die Partitur erscheint als Fac- 
simile. Der Preis wie gewöhnlich. 



Heitere Lieder für vierstimmigen Mannergesang von A+ 
Schaffer. Op. 8. 3. Heft. Berlin, bei Schlesinger. 
Preis % Thlr. 
Die früheren Hefte wurden Referenten nicht bekannt; 
das hier gebotene enthält nur ein Gesangstück, „Die Ei- 
senbahn," gedichtet von 0. Reich — ein harmloser 
Scherz, an welchem eine gutgelaunte Männerscbaar , in 
Ermangelung eines geistreicheren Stoffes, sich einige Mi- 
nuten wohl erfreuen mag. Die fröhlichen Reisenden wer- 
den blitzschnell nach Dresden, Prag und Wien spedirt 
(man sieht, die Phantasie des Dichters greift der frohen 
Zukunft mächtig vor!); von jeder der genanntea Städte 
wird in raschen Umrissen eine Localschilderung gegeben. 
Das in der Dichtung markirte Idiom dieser drei Städte 



881 



1844. Augast. No. 55. 



582 



wird wohl las Beste thun müssen, wenn die rapporti- 
rende Solostelle nicht gar za matt erscheinen soll; der 
Componist hat gar zu wenig dafür gethan. — Die Schlnss- 
poinle wird weder in Worten, noch in Tönen besonde- 
ren Anklang finden. 



Männcrcbor- Gesänge und Quartetten von C G. Reusi- 
siger. Op. 176. Zweite Sammlung. Erstes Heft. Par- 
titur und Stimmen. Berlin» bei Schlesinger. Pr. 1 Tbtr. 
Nach der eben besprochenen Hausmannskost wird 
diese Sängergabe trefflich munden. Die Sammlung enthält 
vier Gesänge; wenn sie auch nicht zu den vorzüglich- 
sten und glücklichsten des fleissigen Componisten gehen 
ren, zeugen sie doch sämmtlich von seiner frischen Auf* 
fassungskraft und ganz besonders von seiner Gewandt- 
heit in der Formgebung. Ueberraschende Geistesblitze 
und jene unwiderstehlich hinreissende Züge der Geniali- 
tät bietet das harmlose Werkchen wohl nicht; aber eine 
gewinnende Natürlichkeit, ein sicheres Auffassen und Fest- 
halten in Ton und Form, munteres Leben und gemütli- 
ches Anregen. — Diese Eigenschaften sind jedem einzel- 
nen der hier gebotenen Gesänge in erfreulichster Weise 
aufgedrückt. 

Das heitere Lied von Boffmann von Fallersleben: 
,,Nur in Deutschland!*' klingt schon in verschiedenen 
Weisen durch das deutsche Vaterland (wie denn über- 
haupt seine Lieder auf Aller Lippen sind) ; die neue Be- 
lebung der geistesfrischen Dichtung durch das Talent Reis- 
siger's ist sehr geeignet, sie auf Flügeln des Gesanges 
weiter zu (ragen. Wie überhaupt der Ton des Liedes, 
auch in Anwendung der verschiedenen Rhythmen, recht 

Jut getroffen ist, so wird vorzüglich der lebhafte, durch 
en Chor bestätigte und erweiterte Refrain den Eindruck 
des Ganzen sichern. 

Der zweite Gesang: „Was mir wohl übrig bliebe," 
(ebenfalls von Hoffmann von Fallersieben gedichtet) hat, 
bei vielem Gewöhnlichen, doch eine gewisse Wärme, die 
den Mangel eines höhern Gefühls weniger hervortreten 
lässt. Die Abwechselung und Verbindung zwischen Chor 
und Solostimmen, sind auch die Gedanken gerade hier 
nicht von bedeutendem Gebalte, thun doch dem Ganzen 
wohl, und heben besonders den Schluss vorteilhaft her- 
vor. Die zweite Solostelle bis zum Wiedereintritt des 
Chors hätte füglich etwas mehr Innerlichkeit erhalten kön- 
nen ; namentlich stört uns dabei die Trockenheit des fünf- 
ten bis siebenten Tactes. 

„Die Geisterstunde" von Geisheim bildet eine neue 
Variante der bekannten Unterhaltung mit dem Nachtwäch- 
ter. Die Anwendung der noch immer beliebten Brumm- 
stimmen ist hier von guter Wirkung; die Unabhängig- 
keit der begleitenden Stimmen von der Solostimme hätte 
indess noch besser bewahrt werden können. Auch möchte 
wohl die Declamation der Worte: „Nachtwächter, ei! 4 * 
leicht zu verbessern gewesen sein, etwa durch successi- 
ves Einsetzen der einzelnen Stimmen, oder vermittelst 
Trennung der Worte durch eine Pause, während nun aus 
beiden Worten eine „Nachtwächterei" wird. 

No. 4 schildert die Vorzüge und den wünschenswer- 
then (etwas problematischen) Besitz des Heidelberger Fas- 



ses. Die Musik dazu bewegt sich in ansprechender Weise 
und in fröhlicher Laune, ohne sich jedoch zu wahrhaft geist- 
reichem Humor zu erheben. — Es ergibt sich demnach aus 
unseren Bemerkungen, dass die neue Gabe des wackern 
Componisten den Liedertafeln gewiss willkommenen Unter- 
haltungsstoff gewähren wird, ohne jedoch auf das Prädi- 
cat: „vorzüglich" Ansprüche zumachen, wie es so viele 
seiner Compositionen dieser Gattung verdienen; die 
vier Gesänge, die wir in kurzen Andeutungen unpar- 
teiisch besprachen, werden gefallen, ohne einen nachhal- 
tigen Eindruck zu machen. 

Vier Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass, von J. 

fF. Kalliwoda. Op. 124. Mainz, bei B. Scholt's 

Söhnen. Preis 2 Fl. 24 Kr. 
Es ist eine erfreuliche Wahrnehmung, dass in der 
neuesten Zeit auch die interessante Gattung des gemisch- 
ten vierstimmigen Gesanges, dem fast übermächtigen Män- 
nergesange gegenüber, von vorzüglichen Componisten 
durch neuen Stoff belebt und bereichert wird. Auch die- 
sen anmuthigen Beitrag heissen wir gern willkommen, 
und dürfen ihn mit Ueberzeugung als ansprechend und 
gelungen empfehlen. Gemüthlich und wohllhuend bewe- 

fen sieb diese Gesänge in einer so einfachen Natürlich- 
em und Klarheit, dass sie schnell den Weg zum Her- 
zen finden. Sind sie auch nicht alle von gleichem Wer- 
the, so bietet doch jedes einzelne Stück manchen anmu- 
thigen, gewinnenden Zug, so wie auch die Auffassung im 
Allgemeinen zu rühmen ist. Das erste, ausgeführteste 
Stück dieser Sammlung, „Lenzverjüngung," ist zugleich 
das vorzüglichste. — Schon die Mannichfaltigkeit , die 
sich darin auf so erfreuliche Weise entfaltet, zeichnet 
es vor den anderen vorteilhaft aus. Ja es bekommt durch 
die selbständig hervortretenden vier Stimmen, im Gegen- 
satze zur blosen Begleitung der Melodie, etwas Drama- 
tisches und Belebtes, wodurch es ungemein anziehend 
wird. — Aebnlicben Bau und Ideengang hat der dritte 
Gesang: „Früblingsfeier," doch ist die Conception nicht 
so frisch und eigentümlich , man sieht es dem Ganzen 
an, dass es der Componist nicht nach einem geistigen 
Complex, sondern mehr nach seinen einzelnen Theuen 
und Sätzen bearbeitet hat. 

In Ton und Haltung hat wieder der zweite Gesang 
mit dem vierten Aebnlicbkeit; auch sind beide als „Abend* 
lied" bezeichnet. Von diesen beiden geben wir dem letz- 
ten den Vorzug. In No. 2 schreiten die Stimmen fast er* 
müdend in gleioher Weise fort, was allerdings die Auf* 
fassung erleichtert, aber das Interesse keinesweges erhöht 
Einige Dehnungen, wie z.B. auf „Gross" und ,, Schwan* * 
machen eine unangenehme Wirkung. Im vorletzten Tacte 
auf S. 9 der Partitur erseheint es als Härte, wenn nach 
dem Schlüsse in Fmoll die vier Stimmen unisono mit es 
eintreten. Ein harmonischer Uebergang, etwa durch die 
erste Umkehrnng de« Septimenaccordes, wäre gewiss mil* 
der und auch bezeichnender gewesen. 

Die Gesänge bieten übrigens den Sängern nicht die 
mindeste Schwierigkeit; nur eine genaue Beobaobtung 
der sorgsam bezeichneten Vortragsweise wird sn wirk« 
samer Ausführung erforderlich sein. 



803 



1844. August. No. 35. 



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Sechs deutsche Lieder mit Begleitung des Pianoforte, eom- 
ponirt von B. MoHque* Op. 23. Zweite Sammlung 
der Lieder, Stuttgart, Allgemeine Musikhandlung. 
Preis 16 Ggr. 
Sinnige Wahl der Dichtungen, gewandte und ge- 
schmackvolle Führung der, wenn auch nicht eben über- 
raschenden, doch wohlthuenden Melodieen, die sich höchst 
bequem, fast nur in dem Umfange einer Octave, bewegen, 
dazu eine sehr belebte und belebende Begleitung , inter- 
essante» oft recht eigenthümliche Harmonie, — das sind 
die Eigenschaften, die dieser Sammlung zur Empfehlung 
dienen und ihr Eingang verschaffen werden. Das dritte 
Lied: „Warum so fem?" dürfte den Vorzug verdienen. 



Junge Lieder von Wolf gang Müller, für eine Tenor- 
oder Sopranstimme, componirt von Dr. H. Marsch- 
ner. Op. 126. Hannover, in der Hofmusikalienhand- 
lang von A. Nagel. Preis 1 Tblr. 4 Ggr. 
Die etwas preliöse Bezeichnung t „junge Lieder" 
mag sieb selbst vertheidigen , die Musik zu diesen jun- 
gen Liedern hat wirklich etwas Jugendlich -Frisches, und 
diese erfreuliche Eigenschaft wird ihnen zunächst einen 
guten Empfang bereiten. An vielen Stellen dringt der 
Quell schöner und frischer Melodie so voll kräftig hervor, 
dass man sich daran wahrhaft erquickt fühlt. Eine sehr 
sorgsame, zuweilen höchst bedeutsame Begleitung (die 
nur hier und da sich der Ueberfülle nähert) unterstützt 
die sehr dankbar bebandelte Singstimme und hebt sie vor- 
teilhaft hervor. Wenn wir im Ganzen die correcte, oft 
musterhafte Dedamation dieser Lieder rühmen müssen, 
so fallen uns einige Stellen, die diesen Vorzug durch« 
aus nicht verdienen, doppelt störend auf. So scheint nns 
in No. 3 (Bheinfabrt) nicht allein die gewählte Periodi- 
sirung mit ihren gleichmässig beibehaltenen Absätzen we- 
niger glücklich gewählt, sondern auch häufig die Beto- 
nung verfehlt Gleich der Anfang mit seiner unnatürlichen 
Pause nach „fuhren'* ist durohaus unvorteilhaft, und 
so scheint durch das ganze Lied der einmal angenom- 
mene Periodenbau dem vollen Eindrucke hinderlieh zu sein, 
wiewohl wir einzelne treffliche Züge der Composition 
durchaus nicht verkennen. 

Wenn nns das zweite Lied wegen seiner interes- 
santen Form und originellen Auffassung schon ungemein 
lebhaft angesprochen hat, so erscheint uns doch der sechste 
Gesang: ,, Klingender Frühling/ 4 wie er als der aasge- 
fubrteste sich darstellt, auch als der schönste und ge- 
wiss wirksamste. Wie frisch und natürlich flieset die Me- 
lodie dahin, von lebendigem Rhythmus, anregender Be- 
gleitung und reicher, schön geführter Harmonie getragen I 
Wie tasst und rundet sich Alles so glatt und freundlich 
abi Wie richtig sind die verschiedenen, wechselnden 
Regungen des Gefühls, die das Gedicht ausspricht, wie- 
dergegeben, und wie ungezwungen gehen die kleinen, 
reisvollen Episoden aus dem Hauptgedanken hervor und 
zu ihm zurück I Dabei ist die Siugstimme so dankbar, 
oft so brillant hinbestellt, dass dieses Lied gewiss häufig 
erklingen und sich als Liebling erweisen wird. Kurz, 
von jungen, frischen Stimmen gesungen, werden diese 
„jungen" Lieder gewiss Alt und Jung ergötzen. 



Sonntag auf dem Meere , Gedicht von Frankl, für eine 
Siugstimme mit Begleitung des Pianoforte componirt 
von J. Hoven. 24. Werk. Wien, bei P. Mecheüi. 
Preis 30 Kr. C.-M. 
Eine ansprechende Kleinigkeit, einfach und gemüth- 
lich aufgefasst ; die Singstimme, nur im Umfange der be- 
quemsten Octave sich bewegend , ist meist delamalo- 
risch gebalten» die Begleitung dagegen ist sehr bezeich- 
nend und in ununterbrochener Thltigkeit, leider I aber 
nicht ganz correct : mit den Verdoppelungen zumal nimmt 
es der Componist nicht eben sehr genau. Das Lied be- 
ginnt in D dur, und endigt, nach einer Episode, die nach 
B modulirt, in Gdur. — Die Situation motivirt aber kei- 
nesweges die Beseitigung der ursprünglichen Tonart, de- 
ren Wiederaufnahme das Ganze offenbar besser und 
künstlerischer abgerundet hätte. Das Ganze hat über* 
haupt einen etwas dilettantischen Anstrich ; doch wird es 
seine Freunde finden. AL 



Nachrichten. 



Leipzig, den 19. August 1844. Herr Organist Be- 
cker, der Einzige in hiesiger Stadt, welcher bisweilen 
Orgelconcerle veranstaltet, erfreute uns wieder einmal 
durch ein solches am gestrigen Tage in der Nicolaikirche. 
Wenn man durch die Trivialitäten, den äusseren Prunk 
bei innerer Hohlheit, das leidige Virtuosenthum , welche 
sich in der Tonkunst heut Tage so breit machen und nun- 
mehr, den Musen sei Dank, ihren Gipfelpunct erreicht zu 
haben scheinen, so dass ein baldiger Umschwung der 
Dinge nicht wohl ausbleiben kann, — wenn man durch 
all' dieses musikalische Elend erschlafft und abgespannt 
ist, so thut es recht wohl, auch einmal ächte, gediegene 
Charactermusik zu hören. Solche wurde in dem gestrigen 
Concerte geboten» das zugleich durch Mitwirkung des 
Herrn Hermann Schellenberg , Organisten an der hiesi- 
gen Georgenkirche, noch ein anderweites Interesse er- 
hielt; unseres Wissens ist Herr Schellenberg bis jetzt 
noch nicht öffentlich hier aufgetreten, er hat aber seinen 
Beruf hierzu bei dieser Gelegenheit unbestreitbar dargelegt. 

Eröffnet wurde das Concert durch ein Präludium vom 
Concertgeber , welcher sodann eine Fuge von Händel, 
ein ernstes würdiges Musikstück, mit seiner bekannten 
Meisterschaft vortrug. Diese bewährte sich auch in dem 
folgenden Choräle Joh. Sebast. Bach*s: „Wenn wir in 
höchsten Nötben sind," so wie in dem Adagio von C. 
F. Becher selbst, welches durch seine freundliche An- 
muth einen schönen Gegensatz gegen die vorhergehenden 
strengeren Stücke bildete; besonders traten die Flöten- 
stimmen des herrlichen Instrumentes darin hervor. Das 
bekannte sechsstimmige Ricercare Joh. Seb. Bech's über 
ein Thema Friedrichs II., vorgetragen von den Herren 
Becker und Schellenberg, beendete den ersten Theil. 

Im zweiten führte der Concertgeber zunächst eine 
prachtvolle Fuge von Händel aus, ein Glanzstück» einem 
majestätischen Strome vergleichbar, der ruhiy, wie in 
selbstbewußter Kraft, aber auch feurig und unponirend 



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1844. August. No. 35. 



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dakerrauscht. Nach einem zweiten Adagio von Becker, 
welches durch Seinen milden Ernet das Gemüth des Hö- 
rers wieder in sich selbst zurückführte, folgte eine Fuge 
von Seb. Bach, die sich in ihren kunstvollen Verwicke- 
lungen, doch stets klar, wie ein reiches, durchsichtiges 
Arabeskenwerk darstellte. Des grossen Meisters Choral: 
„Schmücke dich» o liebe Seele 4 ' bildete den (Jebergang 
zu Mozarts geistreicher Fantasie und Fuge» vorgetra- 
gen von den beiden erwähnten Herren. Sie machte einen 
würdigen Besebluss und sab zugleich zu interessanten 
Vergleichungen zwischen Bändel, Bach und Mozart Ver- 
anlassung; den Letzteren cbaracterisirt die freiere Form 
und das stärkere Hervortreten des melodischen Elemen- 
tes. — 

Wir sind dem Coneertgeber für diese schöne Spende 
zu aufrichtigem Danke verpflichtet und können den Wunsch 
nicht unterdrücken» dass dergleichen Auffuhrungen öfter 
wiederholt werden möchten. Sie würden gewiss einen 
mächtigen Einfluss auf das verwöhnte Publicum äussern 
und zur Läuterung des Geschmackes viel beitragen. Stücke, 
wie die namentlich im zweiten Tbeile des gestrigen Con- 
cerles ausgeführten, sind ganz hierzu geeignet, nnd wenn 
auch Anfangs die Theilnabme nicht allzugross wäre, so 
würde dieselbe gewiss allmälig sich steigern. Alles Gute 
reift ja nur nach und nach* Das gestrige Concert, wel- 
ches zum Besten der durch Wasser Verunglückten in 
Westpreussen gegeben wurde, war ziemlich besucht, und 
wenn man auch dabei dem wohllhätigen Zweck etwas 
zu Gute rechnen will, so dürfte doch immer noch eine 
hinreichende Anzahl wahrer Musikfreunde übrig bleiben, 
gleichsam ein Mitlelpunct, um den sich nach und nach 
immer Mehrere reihen würden* — e. 



Die Pariser Musik im Sommer. — Das Rie- 

senconcert. — Berlioz* 

Ein Öffentliches musikalisches Treiben verschwindet 
in Paria während des Sommers keinesweges. Zwar zer- 
streut das sogenannte Landleben die hiesige vornehme 
Welt auf einige Monate (die Musik zerstreut sie immer), 
allein es bleibt doch noch so viel zurück, um das hie- 
sige Gesellschaftsleben nicht geradezu monoton zu ma- 
chen. Abstrahirt man von dem niedrigsten Musikantenwe- 
sen, das hier den Noten- und Tonhandel wohl erbärm- 
licher treibt, als man sich dies in Deutschland je könnte 
träumen lassen, so muss man die allgemeine Masse des 
Dargebotenen unbedingt loben. Musikalische Paradiese mag 
es wohl nie gegeben haben, und die bis zu Beethoven 
in einem fortwährenden Steigen begriffenen Erscheinun- 
gen mögen, wenn sie Unkraut unter dem Waizen sahen» 
noch mehr gelitten haben, als wir, denen die Natur das 
edle Samenkorn versagt bat. Es ist uns angeboren» das 
Ideellere immer hinter oder vor uns zu sehen» und in 
der Tonkunst haben wir, an die Vergangenheit denkend» 
wohl Recht, um sie, als um eine verlorene bessere Aera 
der Kunst, zu trauern. Ein Blick in die Zukunft wird 
uns in keine bessere Stimmung versetzen. Der Lebens- 
strom hat sich indess nie Dämme vorschieben lassen» 



und so wollen wir einer späteren Generation und unse- 
rer Hoffnung selbst das Glück nicht versagen. — 

Ich habe in diesen Blättern früher schon den Punct 
berührt, dass in der französischen Kunstrichtung ein ge- 
wisser Grad von Leichtigkeit nicht zu verkennen sei. Je 
grösser der Künstler» desto mehr verschwindet die Type 
des Nationalen in seinen Werken. In den unteren Kunst- 
regionen des französischen Bodens hingegen hat die Cla- 
viercompositionswulh , mit den Chanson's, den Tänzen» 
den Etüden, von je her eine grosse Rolle gespielt. So 
möge man denn mcbt wenig überrascht sein, wenn hier 
der Ernst der besseren Kunstrichtung in einer Erscheinung 
thätig ist, die an und für sich seilen, und in Paris mehr 
als dies genannt werden darf. 

Mad. Jeanne Farrenc f eine Schülerin von Beicha 9 
liess vor Kurzem hier ihre Compositionen öffentlich auf- 
führen. Schon im Jahr 1840 wurde im Conservatorium 
eine Ouvertüre (in Esdur) für grosses Orchester von ih- 
rer Compositum gegeben, und unter den 31 von ihr er- 
schienenen Werken sind die meisten, bei eben so leben- 
digem als ernstem Style» von wirklichem Werthe. Ein 
im letzten Concerte ausgeführtes Quintett ist vortrefflich 
und überraschte allgemein, eben so ein Trio : und mehrere 
andere, grösstenteils für Ciavier geschriebene Stücke» 
Mad. Farrenc executirte mit ihrer talentvollen' Tochter 
die Clavierpartieen selbst, und hatte sich des Beifalls al- 
ler Musikkenner in hohem Grade zu erfreuen. Da sie eine 
nicht unbeträchtliche Anzahl von unedirten Werken, wor- 
unter eine Symphonie in C moll, Ouvertüren und Ciavier* 
fugen, besitzt, so steht zu erwarten, dass wir im näch- 
sten Winter jene interessante Erscheinung noch näher 
kennen lernen werden. Mad. Farrenc ist Lehrerin am 
Conservatoire und Pianistin der Herzogin von Orleans. 
Dem Vernehmen nach wird sie auf einer Kunstreise auch 
Deutschland berühren. 

In vielen Kreisen ist die Verehrung classischer, na- 
mentlich von Deutschland herstammender Musik hier eine 
Strosse. Vor einigen Wochen hörte ich einen acbfjährigen 
Knaben, Camille St. Jaens, Mozart'sche Clavierconcerle 
und Back'sche Fugen in einer Weise vortragen, wie ich, 
obgleich ich schon viele Wunderkinder gehört habe, dies 
nie für möglich gehallen hätte. Die Inspiration des Kna- 
ben war durchaus bewundernswürdig, und man konnte 
wirklieb sagen, dass, wie ein grosser Naturforscher sich 
ausdrückt» der Geist bei ihm die Finger polarisire. — 
Spohr, der sich ungefähr vierzehn Tage hier aufhielt, 
hat yor Kurzem Paris verlassen. Habeneck liess eine 
seiner Symphonieen aufführen, und gab ihm von der all- 
gemeinen Fähigkeit des berühmten Orchesters einen be- 
sondern Beweis in der Execution der Beethoven'schen 
Pastoralsymphonie. — Die Lieder des seit längerer Zeit hier 
anwesenden Componisten Kücken Befallen allgemein, und 
deutsche Gemüthstiefe dringt sichtbarer Weise immer 
mehr in das Herz des französischen Volkes. Rücken ist 
mit der Composition einer neuen Oper beschäftigt. Die 
hiesigen Bühnen leiden an einer allgemeinen Ebbe, und 
nach der Sirene von Auber ist Nichts, was der Beach- 
tung werth ist, erschienen. — 

Am 1. August fand hier im Palaste der Industrie- 
ausstellung ein Rieseneoncert Statt, das Herr Berlio* dt 



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1044. Augast No. 35. 



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rigirte. Die Anzahl der Executanten belief sieb auf 950. 
Herr Tihnant, der Orchesterdirector der italienischen 
Oper, halte die untere Leitung übernommen, und die Ge- 
sanglehrer Banderali, Benoist 9 Laty, Dietsch und Ta- 
rn/ leiteten den Gesang. Ausserdem befanden sieh im 
Chore 23 Sänger von Ruf, die aber mehr pro forma, als 
um wirklich thätig zu sein, sich eingefunden hatten. Die 
Neugier war gross, die Masse der Zuhörer ebenfalls. Das 
Gouvernement soll mit diesem Musik feste die gekrönten 
Fabrikanten bei Gelegenheit der Industrieausstellung ha- 
ben honoriren wollen, doch soll Herr Berlio* auch bei 
den Kosten selbst beiheiligt gewesen sein. Das Programm 
war folgendes: 1) Ouvertüre zur Vestalin von Spontini. 

2) Seene aus dem dritten Act der Armida von Gluck* 

3) Marche au supplice, Fragment de la Symphonie fan- 
tastique von Berlio*. 4) Gebet aus Moses von Rossini. 
5) Ouvertüre zum Freischützen von Weber. 6) Hymne 
an Frankreich von Berlio». 7) Das Gebet aus der Stum- 
men von Auber. 8) Nationalgesang aus Charles VI. von 
Halevy. 9) Gesang der Arbeiter, eine zu diesem Feste 
componirte Cantate von A. Meraux. 10) Finale aus der 
Cmoll -Symphonie von Beethoven. 11) Chor der Dolch- 
weihe aus den Hugenotten von Meyerbeer. 12) Hymne 
an Bachus aus Antigene von Mendelssohn. 13) Oraison 
fun&bre et apotbeose, final avec Cboeurs et deux Orche- 
stres, de la Symphonie fun&bre et triomphale von Berlio». 

Allgemein war das Erstaunen, als man die erwar- 
tete Wirkung des Orchesters vermisste. Obgleich man 
nur einen Theil des Gebäudes zu einem Saale eingerich- 
tet hatte , war letzterer jedoch so gross , dass für den, 
der sich nicht unmittelbar in der Nähe des Orchesters 
befand, die Wirkung sehr mall ausfiel. Zweihundert Exe- 
cutanten machen in einem verhältnissmassigen Saale mehr 
Effect. Da nicht weniger, als acht Paar Pauken in Thä- 
tigkeit waren, dabei die grossen Trommeln und die neuen 
Blasinstrumente von Sax ebenfalls das Ihrige tbaten, so 
machten sich die Compositionen , in denen jener Instru- 
mente besonders gedacht war, wie unter andern Haie- 
vy's Nationalgesang, besonders gut. Er erregle theils 
auch von politischer Seite einen wahren Beifallssturm 
und musste wiederholt werden. In Betracht einer so gros- 
sen, immerhin schwer zusammenzuhaltenden Masse war 
die Leitung im Allgemeinen sehr zu loben. Schwächeres, 
als das Fragment aus der phantastischen Symphonie hat 
aber Berlio» bisher noch nicht von sich hören lassen. 
Berlio», der sich überhaupt nur in Phantastereien be- 
wegt und nicht die mindeste gefallende Kraft besitzt, 
hätte am Wenigsten nölhig, eine seiner Compositionen 
noch obendrein phantastisch zu nennen. Das Stück er- 
schien mir als ein offenbarer Unsinn, und es ist mir 
durchaus unbegreiflich, wie man es wagen kann, mit 
dergleichen Öffentlich aufzutreten. Die Trauerrede mit der 
Apotheose wird man vermutblich in Deutschland schon ge- 
bort haben» Was ist Reflexion, was erheucheltes Leben, 
wepn nicht dieses? was soll überhaupt für gemacht gel- 
teqi, wenn nicht eine Composition, zwischen deren ein- 
zelnen Tacten man den Componisten immer stehen und 
sich fragen sieht, was er nun weiter machen solle? Ber- 
lio» mag /sehr viel Enthusiasmus für gute Musik haben, 
er fuhrt wenigsten« immer das Bessere mit dem Seini- 



gen auf, aber bestehen die Handlungen einer edlen Na- 
tur nicht eben darin, dass sie ihre Eigentümlichkeit er- 
kennt und nicht über ihr natürliches Wesen hinausgeht? 
Wir werden uns nicht zu anderen Geistern machen, als 
wir sind , und aus einem uns gegebenen empfangenden 
Talente ein produetives zu schaffen, steht nicht in unse- 
rer Gewalt. Im Elemente des Tones selbst liegt etwas 
Uebersinnliches, Erbebendes, und wenn recht viele Mas- 
sen im Character der Feierlichkeit oder der Trauer auf- 
iewühlt werden, so glaubt die Menge, diese Flutb des 
'onelementes komme auf Rechnung der Kunst. Wie ist 
es einer edlen Natur, wenn sie begriffen hat, was Beet- 
hovens Cmoll -Symphonie innerlich bedeutet, und was 
eine solche Kunstform innerlich zu besagen habe, mög- 
lieh, dieses zerfliessende Schmollen eines blasirten Innern 
objeetiviren zu wollen? Allerdings beweist der, der nicht 
zu erkennen vermag, dass die Kunslform nichts Aeusse- 
res, sondern der Abdruck des Geistes ist, nur, dass er 
vom inneren Wesen der Kunst keine Vorstellung hat. 
Und selbst wenn eine geistige Masse für einen solchen 
Process vorbanden ist, handelt es sich noch um das den 
Lebensreiohlhum seines Innern aus sich beraustönende 
Ich. Viele Leute geben ihr Ich, aber was für eines! — 
Es versteht sich von selbst, dass dergleichen jeden wah- 
ren Verehrer der Kunst nur deswegen in Anspruch nimmt, 
weil das Bessere dadurch offenbar leidet. Denn man kann 
das Bessere nicht erkannt haben, wenn man das Schlechte 
neben ihm lobt. Das Schicksal von dergleichen Werken 
ist zu gewiss, als dass ihre Existenz selbst andere Miss* 
stände, als diese, mit sieh fuhren sollte. Das Volk schaut 
immer dahin, wo der meiste Lärm ist, und da eine Par- 
titur glücklicher Weise nicht selbst zu schreien anfängt, 
so ist nach erfolgter Unthätigkeit des Componisten Alles 
vergessen und vergeben. B. 



Feuilleton. 



Die Berlioer Theaterverwaltung soll einer neuen Gestaltung 
unterliegen, and iwar soll die der Oper von der des Schauspiel» 
ganz getrennt werden, jene wieder unter die Leitung des Grafen 
von Redern kommen, diese unter dem bisherigen Intendanten Herrn 
von Küstner verbleiten. 



Am 27. Juli wurde Sophoeles* Antigone mit Mendelssohn Bar- 
tholdys Musik in Hamburg zum ersten Male aufgeführt und maehte 
einen gewaltigen Eindruck auf die Zuhörer. Sie ist seitdem be- 
reits mehrere Male wiederholt worden. 



Das grosse Pariser Musikfest (s. S. 464 d. Bl.) hat am I. Au- 
gust unter BerUoz' Leitung Statt gefuuden; es war stark besucht 
und die Ausführung, trotz dem nicht akustischen Gebäude, sehr 
gelungen. Die Voeatpartieen sprachen noch mehr an , als die In- 
strumentals tücke. Die firanahme betrug 37,000 Franken. 



In Dresden wurde am 4. August Auber' s „Schwarzer Domino" 
zum ersten Male mit riefen Beifalle gegeben, der namentlich Frau 
Spatzer- Gen tiluomo (Angela) zu Theil ward, nächst ihr den Her- 
ren Mitterwurser (Graf Julien), Behringer (Massarena), Wächter 
(Lord El fort. — Ebendaselbst hilt sich jetzt — ausser Meyer- 
beer, welcher einige Zeit da bleiben will , um ungestört au seiner 
neuen Oper zu arbeiten — die schwedische Hofsängerin Fräul. 
Jenny Lind auf, die als ein bedeutendes Talent geschildert wird. 



589 



1844. August. No. 35. 



580 



Am 30. Joli aurb in Curlsbud Woföaag Amadeut Mozart, 
der junger* Sohn des grossen Tonmeisters, 53 Jahr alt. Bekannt- 
lich war er ein gescheuter Pianofortevtrtuos und Cemponisl nnd 
Bat sieh namentlich in Lemberg als Musikdirector nm die Hebung 
der dortigen Knnstznst'ande grosse Verdienste erworben. 



Tichatsehek bat mit bedeutenden 
Reibe van Gastrollen gegeben.) 



Erfolge in Hamburg eine 



Am 19. Juli wurde in Schwaraenbeek (unweit Hamburg) von 
dem SSn gervereine dieses Ortes in Verbindeng mit denen von Ber- 
gedorf, Ratzeborg und Trittati ein Gesangfest gehalten. 



Am 24. Juli fand ein grosses Sängerfest in Schleswig Statt. 
Am Morgen wurde in der Domkirche ein geistliches Coneert unter 
Leitung des Musikdirectors Bollmann aus Schleswig gegeben und 
darin ein Chor aus RottinC* Stabat mal er, Ode von Rlopstock 
„An den Unendlichen,* 4 compooirt von Hä'ter, und Hände?* Hal- 
leloja aus dem* Messiaa aufgeführt. Des Nachmittags war Fest- 



eoneert im Freien , wobei Musikdirector Grtidner ans Kiel zwölf 
deutsche Lieder aufführte. Zu dem Coneert in der Kirche wur- 
den 3500 Eintrittskarten ausgegeben ; die Zuhörer bei dem Ge- 
sang im Freien schätzte man auf 14— 16,000. — Das Fest soll 
nächstes Jahr wiederholt werden, wahrscheinlich im Vereine mit 
den Eibliedertafeln als „Norddeutsches Sängerfest. <c 



Nicht minder festlieb wurde in Zweibrücken das eilfte pfälzi- 
sche Musikfest unter Felix Mendelssohn Bartholdy 1 * Leitung be- 
gangen. Der erste Tag brachte Mendelssohn'* Oratorium „Paolos/« 
der zweite Beethoven'* Dmoll- Symphonie, Ouvertüre von Möh- 
ring aus Zweibrücken, Mendelssohn' $ „Erste Walpurgisnacht/' 

und Bundeslied von Marschner. Der Besuch war sehr zahlreich. 

Das zwölfte pfälzische Musikfest wird nächstkünftigen Sommer in 
Kaiserslautern unter der Leitung des Capellmeisters Franz Lack- 
ner aus München gefeiert, welcher eine Ouvertüre besonders dazu 
eomponiren wird. Aosserdem sind zur Aufführung bestimmt : Hän- 
del'* Oratorium Samson, Mozart* * Es dur- Symphonie, Mendel*» 
*ohn Bartholdxf* 42. Psalm. 



Ankündigungen. 



Bei J«h. Ffc. Blekl in Darauf. dt irt erscUeacn: 

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für Pianoforte, Ar Flöte, für Orchester. 



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Richard "Wagner. 

Vollständiger Klavierauszug , 2 Bände. 
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Erstes Potpourri daraus für das. Pianoforte 22* Ngr. 

Der vollständige Klavierausnug für das Pianoforte ohne Worte» 
so wie andere übliche Arrangements von C. Czemy, A. B. Für» 
stenau, A. Mämsel, F. A. Hummer und Fr. Schubert sind unter 
der Presse und weiden schnell hinter einander erscheinen. 

Die Ouvertüre in Partitur, litbographirt, Preis fi Thlr., ist 
durch uns nu beziehen» 

„Der /Biegende Mailänder," 

romantische Oper in drei Aufzügen, von demselben Compouisten» 
wird in vollständigem Rlavierausaug und in einzelnen Nummern 
hinnen wenigen Trocken ausgegeben. 



591 



1844. August No. 35. 



S©2 



HEUE MUSHLAME1V, 

welche so eben 

in Verlage von Hreltitopf «4» Härtel in Leipzig 

erschienen and durch alle Bach- and Musikalienhandlungen au 
beziehen sind: Talr. Wgr. 

Auber, B* F« Em Die Sirene. Komische Oper in 5 
Ahlen nach dem Französischen des Scribe ton JuL 
Franche. Vollständiger Klavieraussug mit deutschem and 
französischem Texte 6 — 

— — Ouvertüre daraus für das Pianoforte zu 4 Händen 
arrangirt — SO 

Beethoven, Ii« ▼., Ouvertüre zur Open Fidelio für 

2 Pianoforte tu 8 Händen einger. von G. M. Schmidt. I — 

Beyer, m?» 9 Les premiers Sucees. Yariations et Ron- 
deaux pour le Piano sur des motifs faforis. Op. 75. 
Cah. I. H a — 80 

Cltopln 9 Ft, 2 Nocturnes pour le Piano. Op. 88.. — 20 

— — 5 Mazurkas pour le Piano. Op. 56 — 25 

Bnvernoy, JL B*« La Polka nationale. Bagatelle pour 

le Piano sur le motif favori de Baden-Baden. Op. 134. — 18 
fi Fantaisies pour le Piano sur les motifs de la Si- 
rene. Op. 158. No. 1. 2 ä— 15 

J5« IsT« s« S»> 7 Lieder für eine Singstimme mit Beglei- 
tung des Pianoforte i — 

Iieearpentler, A M 2 nouvelles Fantaisies mignon- 
nes sur les motifs de Mlle. Puget : La petite Bergere ou 
le Charme de la yoix. Les Amours de Michel et Chri- 
stine pour le Piano. Op. 91. No. 1. 2 a — 10 

— — Polka -faforite variee pour le Piano. Op. 93 — 15 

MiO Couppey, *?•, lÄEtudee expressives j>onr le Piano, i 5 
Hozmrt, W« A*9 Oeuvres de Piano. Cah. 15. Non- 

velle Edition. 

Daraus einsein : 
No. 1. Quatuor pour Piano, Violon, Viola et Violon- 
cello. Gmoll i 10 

„ 2. Quatuor pour dito dito. Eadur 1 10 

„ 3. Sonate pour Piano et Violon. Gdur — 15 

BoH% JL, 4 Galops brillants pour le Piano. Op. 5.. — 15 

— — Morceau instrueßf. Fantaisie et Variations brillan- 
tes pour le Piano. Op. 6 — 25 

ITOM, C, Allegro agitato, Andante religioso e Finale. 

Consertstück in Fora des Conzertinq für Pfte. Op.52. 1 15 

— — Morceau burlesque de Salon pour le Piano. Op. 56. — 18 

— — Fantaisie elegante pour le Piano sar l'Opera; l* 
Sirene d'Auber. Op. 89 — 15 



So eben ersetzten und ist in allen Buchhandlungen zu haben i 

Theoretisch «praktische 
Anleitung; zum Vlollngpiel 

für 

Dilettanten, 

namentlieh auch Schullehrer, Seminaristen und alle Solche, 
denen e* an Gelegenheit oder Mitteln zu einem gründ- 
lichen Unterrichte in der Violinapielknnst fehlt, 

daher 

mit besonderer Bücksieht auf den Selbstunterricht 
von 

Friedrieh Barnbecfc. 

Mitglied der kftnigl. Wörtembcrgischen Hof-CnpeUe. 

Bevorwortet 

▼ou 

«. SehiUlB» 

XI. 4. Wocfc. XI Ggr. «der 1 PI. 30 Kr. 

la der Vorrede sagt G. Schilling aber dieses Werk anter An- 
„So stehe ich nicht an, das Buch allen den Personen, die 



uuf dem Titel genannt worden sind, angelegentlichst in empfehlen. 
Ich habe die Ueberseugung, dass aar Erreichung ihres Zwecks and 
sar Befriedigung ihres Bedürfnisses noch kein besseres, einfacheres 
and bequemeres Hulfsmittel geboten wurde. Nor mit einiger guten 
Anlage begabt und mit Verstand, Aufmerksamkeit und Fletss dieses 
Bach benutzt, meine ich, mass Jeder, der sonst die nöthigen, all- 
gemein musikalischen Vorkenntnisse bat, sieh selbst so weit heran- 
bilden können in der Kunst des Vieliuspiess , data er diejenigen 
Geschicklichkeiten und Fertigkeiten darin, welche er, ohne eigentli- 
cher Künstler zu sein, nn seinem Berufs bedarf, hinltagliek beutst/« 
Stuttgart. HmUberffer'sche Verlagshandlang. 



Weber'oehe Toetmeaaer, 

ein billigeres Ersatzmittel der Jfdhrscheu Metronome, sind durch 
alle Musik - und Buchhandlungen , in Leipzig von Ernst Schäfer 
für 15 Ngr. su beziehen. 



Ein Trompeter, 

geübt, und allen seitgemässen Anforderungen entsprechend, sucht 
bei einer Hofeapelle ein sicheres Engagement. Auf portofreie Adres- 
sen, unter der Chiffre ]£• T., wird durch die Buchhandlung von 
B. Hermmut in Leipzig nähere Auskunft ertheilt werden. 



Ali die verehrlichen Hof- und Stadt-Theater-Dlrectio- 
nen Deutschlands. 

Der Unterzeichnete erlaubt sich hiermit, seine am SU. April 
dieses Jahres sum ersten Mal im Theater Drury Lane aufgeführte 

grosse Oper „ Die Braute WOB* Venedig'* welche bis 
nde der Saison $ St. Mai, dreiundzwanzig Mal mit steigendem 
Beifalle wiederholt wurde , in ihrer deutschen durch Carl Klinge- 
mann ganz umgearbeiteten Form den Buhnen seines Vaterlandes 
anzutragen. Das vollständige Textbuch und die Partitur werden Mitte 
September zur Auslieferung bereit sein, und können rechtmässiger 
freite ausschliesslich nur von dem Componisten erlangt werden. 
Julius Beneblet, Capellmeister des königi. Theaters 
Drury Lane, 2. Manchester Square, London). 



Bitten zn beachten ! ! 

In verschieden en Zeitungen zeigt die 5cAkwHo;er'sche Musika- 
lienhandlung Novitäten an, unter denen sich auch Compositionen 
von Gung l befinden, mit Hinweglassung des in diesem Falle 
wichtigen Vornamens. 

Um jeder hieraus entstehenden Verwechselung vorzubeugen, er- 
lauben wir uns, ein geehrtes Publicum darauf aufmerksam su ma- 
chen, daat die beliebten und allgemein verbreiteten Compositio- 
neu von 

Jooef Qanafl 

vor wie nach in unserm Verlage erschienen, und erscheinen werden, 
hingegen die in der Schlesingerschen Handlung erschienenen von 
Johann Gung% und für jetzt dessen drei erst erschienene Tinse 
sind. 

Diese Erklärung wird durch das Titelblatt der von Herrn 
Schlesinger edlrten Tänze um so notwendiger, da auch dieses su 
Verwechselungen leicht Veranlassung gibt, der Vorname ist nach 
hier nur durch 

•f. »unc'l 
bezeichnet, was jeder eben so gut für Josef als Johann lesen kann; 
ferner findet sich aber auch auf diesem Titel die Bemerkung * 
Ferieger von Gung'l (welcher?) Kriegerlust, Oberländler» Sire- 
nen - Gallon und Polka für Pianoforte von (Damke — ? — ! ! !), 
welche Compositionen sämmtlich in unserem Verlage von JoseJ 
Gung'l erschienen , und na dessen beliebtesten and verbreitetsten 
Compositionen gehören. 
Berlin , im Augast 1844. 

Ed. Bote und GL Boek, 



Prack and Verlag yon Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



505 



884 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 4 ten September. 



M 36. 



1844. 



Inhalt! Ueber Job. Seb. Bacb's Kircbeogesinge and Cantaten.— Recensionen. — Nachrichten: Musikalische Prüfungen in Prag. Da« 
zweite Liederfest des th'ririoger Sängerbundes. — Ankündigungen,. 



lieber Joh. Seb. B ach' s Kirchengesänge und 

Cantaten. 

Dritter und letzter Artikel. 
Mitgetheilt von Mose w ins. 

Dem Verzeichnisse Bach'schcv Cantaten in No. 28 
dieser Blätter ist die Bemerkung vorangestellt, dass darin 
wahrscheinlich manches Zweifelhafte enthalten sein dürfte. 
Diese Voraussetzung gründet sich mit auf die eigene Er- 
fahrung, welche ich in der mir zunächst zugänglichen, 
grösstenteils selbsteigen zusammengestellten Sammlung 
gemacht habe. Unter den in der Bibliothek des königl. 
aeademiseben Instituts für Kirchenmusik zu Breslau von 
mir vorgefundenen zehn Cantaten, deren Mittheilong sie 
einer angesehenen Musikhandlung verdankt, trägt die 
mit in das vorstehende Verzeichniss aufgenommene : „Wer 
sucht die Pracht, wer wünscht den Glanz 64 auch nicht 
die geringste Spur ItacA'scheu Geistes, und würde ich sie 
naeh meinem besten Dafürhalten nur dann für acht hal- 
ten, wenn sich das Autographon Bach's davon auffinden 
liesse. „0 Jesu Christ, meines Lebens Licht" besteht 
Mos aus dem durchgeführten Chorale und scheint unvoll- 
ständig mitgetheilt zu sein. „Widerstehe doch der Sünde" 
enthält zwei Arien und ein Recitativ für die Altstimme; 
„Meine Seele rühmet" dasselbe für den Tenor; beide 
sind ohne Chor und Choral und ihre Vollständigkeit da- 
her fraglich. Die Arie in der letzteren t „ Deine Güte, 
dein Erbarmen," mit den bei Back so ungewöhnlichen 
Rosalien, kommt mir auch bedenklich vor. — Nachträg- 
lich sind noch folgende Cantaten dem obigen Verzeieh- 
nisse hinzuzufügen t 

Ach Gott, wie manehes Herzeleid in C. Dom. 9. o, T. 

Ach Gott, wie manches Herzeleid in A. Dom. 2. p. 
Epiphanias. 

Bringet dem Herrn Ehre (Ddur). 

Chrisle, du Lamm Gottes. 

Denn du wirst meine Seele. Bdur. 

Gott ist mein König (glückwünschende Kircb.-Cantate). 

Ich hab' in Gottes Herz und Sinn. Dom. Sep tuagesima. 

Lasst uns das Jahr vollbringen. 

Lasset uns ablegen die Werke. Mariae Empfängnis*. 

Naeh dir verlanget mich. 

Wir danken dir Gott. D dun 

Wir müssen durch viel Trübsal. GmoU. (Mit einlei- 
tendem Oifelconoert.) 

44. Jahrgang. 



Wir finden für die obigen Kirchenmusiken eine dop- 
pelte Bezeichnung. Sie sind theils „Cantate," theils„Con- 
certo" benannt; auch finden sich einzelne mit der Be- 
zeichnung: „Dialog as." — Concerto scheint eine Can- 
tate zu bezeichnen, in welcher das Orchester im Gan- 
zen oder mit einzelnen Instrumenten concertirend auf- 
tritt. Mehrere dieser Tonwerke sind mit Orchesterstücken 
— Sympbonieen benannt — eingeleitet, auch wird in 
einigen der Gesang durch ein eingeschaltetes Musik- 
stück unterbrochen. — So beginnt das Concerto: „Ich 
liebe den Höchsten mit ganzem Gemülhe" mit einer 
Symphonie für drei Violinen, drei Violen* drei Violoncel- 
len und Continuo, zwei Oboen, Taille und zwei Corni 
di Caceia; — „Am Abend aber desselbigen Tages" mit 
einem höchst anmutbigen, die Buhe des Abends darstel- 
lenden Instrumentalstück; — „ Kommt, eilet und lau- 
fet" mit einer aus zwei umfangsreichen Sätzen (einem 
Allegro und einem Adagio) bestehenden Symphonie. — 
„Geist und Seele sind verwirret'* enthält zwei Sympbo- 
nieen mit obligater Orgel. — „Die Elenden sollen essen" 
beginnt mit einer Symphonie über den in die Trompeten 
gelegten Choral: „Was Gott tbut das ist wohlgethan." — 
Dies Tonstück bietet uns dadurch eine bei der Bespre- 
chung der Cantaten übergangene Form der Choralbear- 
beitungen. Eine andere bisher unerwähnt gebliebene fin- 
det sich noch in der Cantate: „Es ist nichts Gesundes 
an seinem Leibe," in deren Einleitung, einem freien 
Chore, die erste Zeile des Chorals : „Herzlich tbut mich 
verlangen" als Cantus firmus im Basse erscheint. Bin 
einfaches klagendes Motiv schwebt darüber und wird das 
ganze Stück hindurch von der Geige festgehalten ; in dem 
frei sich entfaltenden Chore tritt dann der bezeichnete Cho- 
ral mit allen Zeilen, von drei Posaunen und dem Cor- 
nea, vierstimmig vorgetragen, nach und nach dazwischen 
hinein. — Wie die Solostimmen im Gesänge vielfältig 
und reich in diesen Kirchenstücken bedacht sind, so hat 
Bach nicht geringere Aufmerksamkeit auf die Soloinstru- 
mente gerichtet. Wir finden viele Solo's für die Violine, 
in „Wachet auf, ruft uns die Stimme" sogar ein Solo 
für die Violino Piecolo (Terzgeige). Auch das Violoncello 
Piecolo, Gamben, Violone, Flöte, Oboe di Caceia, Fagott, 
Hörn, Trompete, Orgel und Laute treten als Soloinstru- 
mente auf; am Meisten die Geige, die Oboe, die Oboe 
di Caceia nnd die Trompete. Aniser diesen Instrumenten 
findet sich noch häufig den Oboen eine AUoboe (Taille) 

56 



Ö8Ö 



1844. September. No. 36. 



596 



beigesellt; «och die Oboe d'Amour wird — und gemein- 
hin in Verbindung mit Flöten — benutzt. — In dem Psalm 
„Aus der Tiefe'* siebt eine Solooboe in B (wie unsere 
B-Clarinette), eine Schreibart, die mir noch nirgends 
aufgeslossen ist. — In einigen Canlaten finden sich noch 
statt der Fagotte die allen Sordnne bezeichnet vor. — 
Die Hörner werden in den Partituren von den Jagdhör- 
nern unterschieden ; letztere sind wahrscheinlich die noch 
in vielen Kirchen aufbewahrten grossen Hörner, welche 
wegen ihrer einfachen Windung stärker tönen. — Die 
Trompeten bieten bei beutigen Aufführungen dieser Werke 
die meisten Schwierigkeiten dar; sie sind grösstenteils 
für Clarinbläser geschrieben, in einigen Stücken mit drei 
Trompeten bezeichnet: Clarini die beiden ersten» Princi- 
pal die dritte. Aellere Manner werden sich noch erin- 
nern , in ihrer Jugend bei den Trompelercbören auf den 
langen Trompeten mit sehr engen Mundstücken die Cla- 
rinsolo's gehört zu haben, welche sich gemeinhin im Um- 
fange von g bis c und ~d bewegten ; wie sebr auch die 
Behandlung der Blechinstrumente sich in neuerer Zeil ver- 
vollkommnet bat , jener Clarinton ist dennoch ganz ver- 
loren gegangen. Mundslücke und Verkürzung des In- 
strumentes durch öftere Windungen der Röhre erschwe- 
ren das Tractament der Höhe. Am Meisten ähnelt je- 
ner Ton dem der Clarinette, nur dass er bei grosser 
Weiche mehr Fülle hatte, als dieser. Ich habe die Ge- 
wohnheit, bei Auffuhrungen /falscher Werke, z. B. 
des Magnificat in Es, die ersten Trompetenstimmen für 
Trompeten von höherer Stimmung umzuschreiben , und 
die ihren Umfang überschreitenden oder von ihnen nicht 
mit Leichtigkeit auszuführenden Stellen den Clarinetten 
zu geben, diese aber überhaupt, wie die Bach'scben 
Trompeten bebandelt, jenen theils ergänzend, theils sie 
verstärkend hinzuzufügen. Andere mögen's anders ma- 
chen. Gemeinhin ist dem Chore von drei Posaunen 
ein Discantcoruett beigesellt. Auch findet sich in zwei 
mir vorliegenden Canlaten eine einzelne Tromba da ti- 
rarsi; etwa eine Discantposaune ? (Ich bitte um Beleh- 
rung.) 

Dass die Bach'sch* Inslrumentirnng mit der unserigen 
keine Aehnlichkeit bat, darf als bekannt vorausgesetzt 
werden. Seine Instrumentalstimmen sind, wie die Sing- 
stimmen, fast immer real, und bei ihm, wie bei Händel, 
singt die Trompete eben so gut ihr: „Herr Gott, dich 
loben wir,' * als der Discant und der Bass. Doch fehlt es 
in beiden Meistern nicht an Andeutungen der späteren 
Entwicklung, jedoch bei Händel mehr, als bei Bach. 
Hierher rechne ich aus den bekannteren Stücken des letzt- 
genannten Meisters den vierzehnten- und fünfzehnten Tact 
der Einleitung zur Passionsmusik des Matthäus und die 
Instrumentation znm Schlusschore des ersten Theiles. 

Die Abwechselung zwischen Saiten- und Blasinstru- 
menten tritt bei Händel, z. B. im „Israel in Egyplen" 
und im „Dettinger Te deum, <( schon gesonderter heraus ; 
auch finden sich hin und wieder schon Füllstimmen durch 
Blasinstrumente bei ihm. 

Es ist eine weitverbreitete und durch Mozarts und 
Mosel* s Instrumentirung Händel^chtv Oratorien bestä- 
tigte Meinung, dass beide Meister durch ihr Orgelspicl 



unsere Instrumentirung ersetzt bitten. Diese Ansicht ist 
richtig, wenn damit nichts weiter ausgedrückt werden 
soll, als dass im Concertsaale die fehlende Orgel durch 
hinzugefügte Instrumentation ersetzt werden müsse. Doch 
ist dabei nicht zu übersehen, dass dadurch das stehende 
Accompagnement des Originals zur hinzugefügten Instru- 
mentirung in ein umgekehrtes Verhältniss zu stehen 
kommt. Das Quartett der Streichinstrumente gibt dann 
die Grundlage des Accompagnemenls, die Blasinstru- 
mente allein geben das Colorit. Bei Händel bildete die 
auf Grundlage des bezifferten Basses gespielte Orgel das 
stehende Accompagnement zu allen Stücken, und alle Or- 
chesterstimmen , Geigen wie Blasinstrumeute , gaben das 
Colorit. Der Blick in die Partitur eines Oratoriums von 
Händel kann uns davon belehren ; nehmen wir z. B. die 
des Judas Makkabäus: sie zeigt uns einige Arien ausser 
dem bezifferten Basse nur mit einer Geige, andere mit 
zweien, noch andere mit dem vollständigen Quartette be- 
gleitet. Ein anderes Stück bat nur ein obligates Violon- 
cell neben der Singstimme, dessen Nachspiel aber voll- 
ständig vierstimmig gesetzt ist. Oboen und Flöten, Trom- 
peten und Pauken finden sich nach Umständen angewen- 
det, die letzteren verbunden nur in Chören, und selbst 
da, mit Uebergebung mancher sich darbietenden Gelegen* 
beit, absichtlich für ganz besondere Fälle aufbewahrt. — 
So schweigt bei der Kampfeslust der Israeliten („Wohl- 
an, wir folgen dir*'), selbst bei ihrem Drängen in Tha- 
tendurst („Du Held, führ 9 uns zur Schlacht") noch im- 
mer der Klang der kriegerischen Instrumente, und erst 
dann, als Judas das Heer zur Schlacht führen will, er- 
tönt die Trompete auf seinen Befehl. In diese grosse Ein- 
fachheit tritt nur eine einzige Arie, ausser dem Quartett, 
noch mit Flöten, Fagotten und Hörnern, und zwar ganz 
in der Weise der älteren Mosart'&chen Instrumentalion, 
begleitet, hinein. Diese bei Händel ganz ungewöhnlich 
| vollständige Instrumentirung, die sich sowohl in ihren 
I einzelnen Theilen als in der Gesammtheit documentirt, 
ist nicht nur augenscheinlich eine ganz absichtlich so voll- 
ständig zusammengestellte, sondern scheint nach des Com- 
ponisten Absicht sogar eine überfüllte zu sein. — Bezieht 
man den Text dieser Arie darauf: 

Wise meo flattriag may deceive yoa 
With theio vain raysterious art tte., 

so steht die Bedeutung dieser Instrumentation ausser al- 
lem Zweifel. Da nun Händel durch sein Orgelspiel eben 
so wenig beabsichtigt, als ausgeführt haben kann, was 
er einerseits der Idee nach verwarf, andererseits aber 
auch erst der späteren Entwickelung der Instrumental- 
musik entsprossen ist, so scheint die Aufgabe bei der In- 
strumentirung seiner Werke zunächst nur der Ersatz der 
fehlenden Orgel zu sein ; das Maass für die Zahl und den 
Klangcbaracter der Stimmen liegt in den ursprünglichen 
Verhältnissen der Tonstücke in sich selbst und zu ein- 
ander. — Die Kraft der Gedanken und aller Gehalt liegt 
bei Händel in den Singslimmen, die Begleitung ist sel- 
ten mehr, als ihre Stütze, doch erhebt sie sich zuweilen 
auch zur Selbständigkeit und nimmt zu besonderen Zwe- 
cken auch wohl mitunter eine eigene Färbung an. Wer 
es vermag, wie Mozart in der Arie des Messias: „Du 
zerschlägst sie," den Meisler durch hinzugefügte Beglei- 



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tuog zu interpreliren, der möge es ihun; sonst aber ist 
der moderne sogenannte Glanz der Instrumentation nur 
für die Schwachen da, denen im Grunde ein Händetschts 
Oratorium weder mit noch ohne Iostrumentirung zusagt; 
den mit Siebenmeile.nstiefeln Fortschreitenden dünkt sie 
doch nur ein buntes Band um den alten Haarzopf. — 
Also wozu? Wenn Händel das Volk sprechen lässt, hat 
er gemeinhin seine Staatsperücke abgenommen; er setzt 
sie nur dann wieder auf, wenn er im Siune der guten 
Gesellschaft seiner Zeit redet. HändeCs Perücke und un- 
ser Toupet mecontent oder a l'enfant kommen immer auf 
Eines heraus. Was unter ihnen sich regt, bleibt denn doch 
immer die Hauptsache. Ueber Händel ist man damit bald 
im Klaren; wie steht es aber darin mit Bach? — Eine 
Besprechung der bei Ausführung seiner Werke zu beobach- 
tenden Grundsätze tbäte wohl Notb. — Die Schwierig- 
keil, einer Bach'scbtn obligaten Oberstimme, bei melo- 
disch sich neben der Singstimme bewegendem Basse, har- 
monische Mittelstimmen hinzuzufügen, leuchtet Jedem ein ; 
ja diese werden rein unmöglich, ohne die freie Entwicke- 
lung der Stimmen zu decken, zu stören oder gar zu ver- 
nichten, wenn, wie es gemeinbin der Fall ist, die melo- 
dischen Entfaltungen der Stimmen schon alle Theile der 
Harmonie in wechselndem Spiele in sich enthalten. Doch 
sind diese und ähnliche Fragen fast nur speciell in Be- 
ziehung auf jedes einzelne Werk des Meisters zu beant- 
worten. So viel ist gewiss, dass Back sich selbst für 
alle Zeiten gegen jede Umarbeitung geschützt hat, — 
(Fortsetzung folgt.) 



Recensiohen. 



Prinzessin Ilse , Gedicht von H. Heine, für eine Sopran- 
stimme mit Begleitung des Pianoforte componirt von 
H. Truhn. Op. 55. Berlin, bei C. Paez. Pr. 20 Sgr. 
Ein Capriccio, das die regsame Phantasie des Com- 
ponisten, der sich neuerlichst oft bemerkbar gemacht hat, 
unzweifelhaft documenlirt. Er folgt den wunderlichen, 
mäbrchenhaften Sprüngen und Wendungen der Ilse (be- 
kanntlich hetsst so der höchst malerische Bergstrom, der 
sieb vom Brocken ergiesst) mit Laune nnd Geschick, und 
einige Momente sind wirklich so glücklich und anspre- 
chend amfgefasst, wie es nur dem wahren Talente ge- 
lingt. Das eigentliche Lebensprincip dieser phantastischen 
Dichtung, das in der Composition noth wendig hervortre- 
ten mnss, die unausgesetzte nnd doch sehr nuantirte Be- 
wegnng, hat der Componist glücklich und ohne Zwang 
dem Ganzen eingehaucht, zwar, wie sich's leicht denken 
lisst, meist durch eine sehr belebte und nnancirte Be- 
gleitung, doch fehlt es auch der Melodie keinesweges an 
jener schildernden Regsamkeit, welche die einzelnen Bil- 
der und Momente bezeichnend hervorhebt und von ein- 
ander absondert. Dabei macht sich eine angemessene^ 
wirksame, sangbare Deciamation besonders geltend. — 
Das jedenfalls interessante Stück macht der Auffassungs- 
kraft den strebsamen Componisten alle Ehre , erfordert 
aber von der Sängerin, wie besonders von ihrem Beglei- 
ter, nicht allein eine sinnige nnd übereinstimmende Auf- 



fassung, sondern auch eine sorgsame, doch leicht-gewandte 
Ausführung; dann aber wird die Wirkung in der That 
eine sehr ansprechende sein. — 



Sechs Gesänge für eine Singstimme mit Begleitung des 
Pianoforte, componirt von IV. H. Veit. 21. Werk. 
Prag, bei Berra und Hoffmann. Preis 1 Fl. 15 Kr. 
Mit vollem Rechte steht an der Spitze dieser empfeb- 
lenswerthen Sammlung das sinnige und gefühlvolle Lied 
von H. Heine: „Und wüsslen's die Blumen, die kleinen"; 
es ist so schön empfunden, und von so künstlerischer und 
doch natürlicher Haltung, dass man es schnell als abge- 
rundetes Ganzes in sich aufnimmt nnd noch lange fort- 
tönen hört. — Schon der aphoristische Anfang der Dich- 
tung: „Und wüsslen's die Blumen," der eine nicht aus- 
gesprochene Gedankenreihe des Dichters voraussetzen lässt 
und nun wie das Lautwerden der EmpGndnog, geknüpft 
an einzelne Bilder, erscheint, ist höchst treffend, ja über- 
raschend von dem Compooisten wiedergegeben; der auf 
die Dominante der Haupttonart gebaute Eintritt der Me- 
lodie mit dem sprechenden Vorbalte versetzt sogleich 
in media* res, und gibt, verbunden mit der consequen- 
ten Fortbildung dieses Motivs, dem ganzen Liede etwa» 
so Wahres, Eigeutbümliches und in seiner Abgeschlos- 
senheit doch so Anregendes, dass man mit immer stei- 
gender Wärme dem innigen und doch so anspruchlosen 
Gange des Ganzen folgt. — Es erscheint vollkommen 
motivirt, dass der Componist der vierten Strophe, die ei- 
nen andern, gesteigerten Ausdruck annimmt, eine neue 
Gestaltung gegeben bat, wobei die erhöhte Gemütbsauf- 
regung, die diese Strophe darstellt, trefflich bezeichnet 
ist. — Kurz, Herr Veit hat nns hier ein so schöne» Lied 
gegeben, wie sie nicht eben häufig erscheinen» 

Sind die übrigen Gesänge auch nicht von so präg- 
nanter Form, und von so eigenthümlichem nnd glückli- 
chem Ausdruck, so können wir die meisten doch ab an- 
sprechend bezeichnen. Die leichte, naive Haltung des 
zweiten Liedes: „Ständchen," von Rückerl, würde noch 
gewinnender hervortreten, wäre sie nicht schon durch 
Tonart und erschwerende Begleitung beeinträchtigt; sonst 
hat auch dieses Lied manche hübsche Züge; der Seblusa 
ist indess für die artige Pointe der Dichtung doch wohl 
zu indifferent. Am Wenigstengelungen, ja fast von kal- 
ter Wirkung ist der mit „Triolet" bezeichnete Gesang 
No. 4. Das oft wiederkehrende : „Nicht quäle Dich" hat 
wirklich etwas Quälendes. Von besserem Gehalte ist der 
letzte dieser Gesänge: „Am Abend"; doch wird auch 
dieser dem ersten, onserm Lieblinge, die Palme in kei- 
i>cr Hinsicht streitig machen. AI. 



Nachrichten. 

Musikalisehe Prüfungen in Prag im August 

1844. 

A) Prüfung der Zöglinge der Orgelsckule. Prtf- 
fnngsgegenstände waren : die Lehre von den Intervallen, 
an welche sich die Lehre von Dreiklange und den Scpti- 



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menaccorden, den Vorhallen, Durehpangsnoten reihte und 
das Zifferspielen mit practischen Beispielen scbloss. Dar- 
auf kamen die Gegenstände des zweiten Jahrganges an 
die Reibe, nämlich die Lehre von der Modulation, vom 
Contrapuncte , vom Choräle, von der Imitation und der 
Fuge. Sehr interessant war der Vortrag eigener Compo- 
sitionsversuche der Schüler in Fugen und Präludien. Un- 
ter den vorgetragenen Fugen zeichnete sich vorzüglich 
eine sehr grosse und reich gearbeitete in Emoll, '%- 
Tact, aus. Eine andere, gleichfalls in E moll, machte sich 
durch ein piquanles Thema bemerkbar, erinnerte jedoch . 
zu sehr au /. S. Bach 9 8 Weise. Auch eine Fuge in 
Dmoll und eine in Esdur verdienen rühmliche Erwäh- 
nungi-4Jnter den Präludien war eins in Amoll von gros- 
ser Leichtigkeit und Ungezwungenheit in der Führung 
nnd ausgezeichneter thematischer Durchführung. Wenn 
wir bei den Fugen etwas zu erinnern finden, so ist es 
die Manier, zum Schlüsse des Due einen Rococo- Triller 
anzubringen, die allzubäufig vorkam. Endlich wurden mit 
generalbassmässiger Orgelbegleitung nachstehende Ton- 
werke vorgetragen: 1) Psalm '(Ad Dominum, cum tribu- 
larer, clamavi) von Antonio Lotti. 2) Figurirter Choral 
(Ich lasse dich nicht) von Seb. Bach. 3) Hymne für zwei 
vierstimmige Chöre (0 Erster, dessen Hauch ich bin) 
von C. F. Pitsch. 4) Duett für Alt und Tenor (Fac ut 
ardeat cor meum) aus dem Stabat mater von Astorga. 
5) Et incarnalus est von Händel. Die Ausführung, ob- 
schon ziemlich gut, war zu modern und dem hohen Wer- 
ihe der Tonstücke nicht entsprechend. — 

B) Prüfung an der Musikbildungs- Anstalt des J. 
Proksch. Die musikalischen Prüfungen, welche Herr 
Proksch mit den Zöglingen der Musikbildungsanstalt all- 
jährlich veranstaltet, gewähren nicht nur den betreffen- 
den Eltern der Zöglinge das Vergnügen, die Fortschritte 
nnd Leistungen ihrer Angehörigen zu verfolgen und zu 
beurtbeilen ; sondern auch der Ciavierspieler, der Musik- 
kenner und Kunstfreund, der musikalische Pädagog und 
denkende Beobachter findet hier mannichfache Gelegen- 
heit, sich von der Zweckmässigkeit und Nützlichkeil der 
angewandten Methode, wie von der stufenweisen Ent- 
wicklung und Fortbildung der musikalischen Kräfte zu 
überzeugen und den progressiven Lehrgang bei speciel- 
ler Prüfung jedes einzelnen Zöglings, von den ersten mu- 
sikalischen Elementen angefangen bis zur vollkommenen 
Ausbildung eines solid gebildeten Pianisten, sieh 'zu ver- 
anschaulichen. Um so mehr ist dies der Fall, als die Prü- 
fungen genannter Anstalt nicht der Art sind, wie man 
sie an Instituten vieler Orte gewöhnlich antrifft, dass der 
Zögling nämlich ein oder einige Stückchen vorspielt, son- 
dern er muss von dem, was er ausführt, Rechenschaft 
geben. Er darf nicht nur spielen, um zu spielen, weil es 
eben Mode ist ; er muss wissen, er muss es vollkommen 
verstehen und fühlen, was fr spielt, nnd durch gesunde 
und wahre Auffassung jedes Tonstück treu wiedergeben 
und dem inneren Gefühle des Zuhörers näher zu brin- 
gen suchen. Dass nach der Methode des Herrn Proksch 
mehr, als Moses Ciavierspiel, in serner Anstalt gelehrt 
nnd gelernt wird, erhellt ans dem Programm, welches 
der treffliebe Pädagog mit einigen erklärenden Worten 
über die Tendenz seiner Anstalt nnd das Verfahren sei- 



ner Methode einleitet, ans welchem wir dem musikali- 
schen Publicnm folgenden Lebrplan mittheilen : 1) Gebör- 
nnd Singübungen. Elementargesang; 2) Allgemeine Mu- 
siklehre (hierher gebort alles Wissen, was jeder Spieler, 
er sei Ausübender auf welchem Instrumente er wolle, 
Dilettant oder Virtuos, zu wissen gebalten seid sollte, 
nämlich Begriffe und Kenntnisse über die Tonlehre, die 
Rhythmik, die Organik, die Elementarformen, die Kunst* 
formen); 3) Theorie der Harmonie und des Contrapunc- 
tes. Compositionslehre ; 4) Vorlesungen über Geschmack- 
bildung und Aestbelik. Höherer Vortrag. Nach diesen vor- 
ausgeschickten Andeutungen wollen wir uns nun zur Prü- 
fung selbst wenden. Die zahlreichen sämmtlicben Zög- 
linge der Anstalt waren in zwei Abtheilungen eingeteilt; 
so zwar, dass die männlichen Zöglinge ihren Prüfungs- 
tag den 1. August hatten, die Prüfung der weiblichen 
Zöglinge hingegen den 2. August Statt fand. Ausserdem 
wurden wieder sowohl die minnlichen als weiblichen Zög- 
linge in verschiedene Hauptclassen eingeteilt, diese wie- 
der in Unterabteilungen, so dass die Zöglinge der Ele- 
mentarclasse ihre Prüfung immer Vormittags hatten, die 
der höheren Classen jedoch Nachmittags unter der Lei- 
tung des betreffenden Lehrers Statt fand. 

Der theoretische Gegenstand bei der Elementarelasse 
der männlichen Zöglinge entwickelte und veranschau- 
lichte das Wissenswertbeste des musikalischen A B C in 
Fragen und Antworten ; nämlich die Tonlehre und Noten- 
schrift; Gebrauch der Versetzungszeichen; Messung der 
Tonverhältnisse; Tongeschlechter; die Tonarten nud de- 
ren Vorzeichnung. Der practische Theil brachte uns die 
Anfangsgründe in der Technik des Ciavierspiels im Ein- 
zelspiel progressiver Lectionen, Uebungsstücke aus dem 
Scbulbucbe nebst analytischen Bemerkungen. Ein äusserst 
mannichfaltiges Interesse für den Musiker vom Fache ge- 
währte der theoretische Stoff bei den höheren Classen der 
männlichen Zöglinge. Wir fanden hier das Wesentlichste 
ans der Rhythmik, Melodik und Harmonik in Fragen und 
Antworten; Betrachtungen über die Kunstformen; die 
Hauptarten der polyphonen Form: die Figuration, Fnge 
und der Canon, erläutert durch practische Beispiele an 
einem Chorale von J. S. Bach, einer Fuge von S. Bach, 
einem Canon von M. Clement*. Die homophonen For- 
men, die Lied-, Rondo- und Sonatenform wurden reprä- 
sentirt durch ein Lied ohne Worte, Henselt nnd Proksch, 
ein Rondo von Mozart, eine Sonate in einem Satze von 
Scarlatlu eine in mehreren Sätzen von Beethoven, nebst 
anderen Kunstformen, Etüden n. s. w. 

Die Elementarelasse der weiblichen Zöglinge behan- 
delte ausser den theoretischen Gegenständen das Tonlei- 
terspiel mit verschiedenen Nuancirnngen , angewandt bei 
verschiedenen Lectionen und Studien. Auch verdient be- 
merkt zu werden das Singen einiger Kinderlieder im Solo 
und Chor, worunter manche schöne Stimme sieb bemerk- 
bar machte. Es ist etwas Herrliches darum, ein Ohr nnd 
eine Stimme und ein Herz für Musik zu haben, nnd es 
ist ein besonderes Verdienst der Anstalt, wenn dem Ge- 
sänge sein angestammtes Recht widerfährt. Wird das Sin- 
gen auch nicht bis zur Höhe der Virtuosität «trieben, 
so ist es doch ein treffliches Mittel zur Weckung and 
Belebung des Tonsinnes, ja überhaupt des m u sikalischen 



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Gehörs, Clavierapieler ohne Gesang sind nur halbe Mu- 
siker, sie haben nie versucht, die Musik ans sich herans 
nu machen, nnd ein solcher wird nie zn einem schönen 
Vortrage gelangen. Die höheren Classen zergliederten die 
Elemenfarformen : die Grundlagen der Melodie, die Grund- 
formen : Gang, Satz, Periode, erläutert an practiscbem 
Beispiel im Einzelspiel moderner Etüden nnd Salonstucke. 
Sei dieser Gelegenheit können wir nieht umhin, einige 
jener Tonslücke anzuführen, mit welchen die Zöglinge 
im Vortrage derselben sich auszeichneten; so gefiel all- 
gemein ein Salonstück zarten und sanften Cbaracters von 
H. Herz, seelenvoll gespielt von Fräul. v. Hanisch; ein 
Wiegenlied von A, Henselt nnd ein Rondo furioso von 
Mendelssohn, virtuos vorgetragen von FräuLBzehoP ; eine 
Romanze in Gdur von Thalberg, welche Dem. Kolat 
sehr sangbar vortrug, nnd „Der Kampf der Dämonen," 
Etüde von Mascheies, trug Dem. Fmke sehr characteri- 
stisch vor. 

Einen Kunstgenuss seltener Art gewihrle uns der 
3. August, an welchem Tage als Bescnluss der Prüfung 
eine ConcertrProduction im Saale zum Platteis im En- 
semblespiel auf mehreren Pianoforte's Statt fand. Die erste 
Abiheilung enthielt meist instructive, die zweite Abtheilung 
hingegen concertante Tonstücke : ein Duo von Hummel, 
Sonate in D für zwei Piano's von Mozart. In einer Par- 
tie concertanter Variationen für sechs Piano's von F. Neu- 
mann wurde sechs Zöglingen durch ihr fertiges und nu- 
ancirtes Spiel die Ehre des Hervorrufens zu Theil. Die 
zwei jugendlichen Virtuosen Eduard Hörn und Johann 
Richter spielten mit vieler Kraft, Sicherheit und Bra- 
vour die schwierigen Hexameronvariationen von Lisxl 
nnd ernteten wohlverdienten Beifall. Von grösseren En- 
semblestücken hörten wir die Ouvertüre zu Gluck 9 s „Ar- 
mide** nnd die Jubelouverture von C. M. v. fVeber^ 
beide für acht Pianoforte arrangirt, von sechzehn männ- 
lichen Zöglingen mit vielem Feuer ausgeführt. Nachmit- 
tags fand die Produclion der weiblichen Zöglinge Statt. 
Bei Ausführung der concertanten Tonstöcke zeichnete sich 
in einem Duo du Couronnement für zwei Piano's von 
H. Her» durch einen schönen, ausdrucksvollen und zar- 
ten Vortrag Fräul. Hanisch von Greifentbai, so wie Friul. 
Fischer von Tiefensee dureh ein brillantes und fertiges 
Spiel ans. Carl Czerny's concertanles Potpourri für vier 
Piano's spielten die Damen Emma B&ehot 9 Kathi Holat, 
Bokumjri Wäwra und Josefine Finke mit staunenswer- 
ter Bravour, verbunden mit einem schönen, vollen An- 
schlage und wahrhaft seelenvollem Vortrage; wie sich 
überhaupt sämmtliche Zöglinge des Herrn Proksch durch 
einen schönen Anschlag, sinniges, correctes Spiel und 
Tactfestigkeit vor anderen Clavierspielern auszeichnen. 
Schon die Art und Weise , wie die Zöglinge bei einer 
öffentlichen Production spielen, entscheidet aber die Tüch- 
tigkeit und die Leistungen eines Lehrers. — Ein selte- 
nes Interesse gewährte uns das Znsammenspiel zweier 
grosser Ouvertüren auf acht Pianoforte's von sechzehn 
jungen Damen, welche mit einer Präcision und Tactfe- 
stigkeit nnd allen Nuancen im Forte und Piano unter der 
Leitung des Herrn F. Neumann ausgeführt wurden, wie 
man so eine Aufführung nur von einem ausgezeichneten 
Orchester unter verständiger und geschmackvoller Leitung 



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zu hören gewohnt ist. Die grosse meisterhalte Ouvertüre 
zur Oper „Leonore," No. 3, Cdur, von Beethoven, er» 
öffnete die zweite Abtbeilung, die effectvolle zur Oper 
„Wilhelm Teil" von Rossini bescbloss das zahlreich be- 
suchte Goncert. Der Beifall war stürmisch. 

F. Neufeld, Musiklehren 



Das zweite Liederfest des Thüringer 

Sängerbundes 

bat am 12. August d. J. mit allgemeinem Beifalle des zahl- 
reich versammelten Publicums zu Gotha Statt gefunden, 
jedoch nicht bei dem Lustscblosse Reinbardsbrunnen, wie 
früher angekündigt worden war. Hier näher zu erörtern, 
was diese Abänderung veranlasst bat, würde die Gren- 
zen dieser Blätter überschreiten. Doch kann ich nicht um- 
hin, gelegentlich Thüringens Sängern den Vorwurf des 
Mangels an einmütbigem und einträchtigem Zusammenbal- 
! ten zu machen. Wir Deutsche schreiben, sprechen und 
singen viel und gern von einem „einigen" Deutschland; 
wo es aber darauf ankommt, einmal durch die Thal zu 
beweisen, dass es uns Ernst damit ist, da stimmt Jeder 
am Liebsten seine eigene Weise und so laut und grell 
an, dass man an einer endlichen Auflösung der dissoni- 
renden Accorde in harmonische nicht selten verzweifeln 
möchte. Aehnliches gab sich bei der Vorbereitung zu die- 
sem Sängerfesle kund. Statt eines Sängerfestes stand viel- 
mehr ein zweiter thüringischer Sängerkrieg zu erwarten \ 
doch diesmal kein melodischer und noch weniger ein har- 
monischer *). Glücklicherweise verhallten die angestimm- 
ten Dissonanzen noch zur rechten Zeit, und die einzige 
mit grossen Schwierigkeilen und vermehrtem Aufwände 
verknüpfte Folge davon war bis jetzt die Ortsverlegung 
des Sängerfestes **)• Weitere, den Sängerbund gefähr- 
dende Nachweben werden hoffentlich nun nicht mehr zu 
befürchten sein, da mit dem diesjährigen Liederfeste ein 
festeres Band sich um den Bund geschlungen zu haben 
scheint. Noch aber vereinigt derselbe nur den kleineren 
Theil der Sänger in Thüringens musikliebenden Gauen $ 
noch gibt die Hauptstadt Thüringens das nicht lobenswer- 
te Beispiel der Absonderung ; ja, um die Zerspaltung der 
dortigen Sänger recht auffallend zu zeigen, so ist sogar 
ein Erfurter Sängerbund in's Leben gerufen und ein be- 
sonderes Sängerfest gehalten worden. Gewiss, nur klein- 
liche, wenig Gemeinsinn verratbende Interessen können 
eine solche Absonderung veranlasst haben und die fort- 
dauernde, immer schroffer werdende Spaltung unterhal- 
ten. Eine wiederholt an die Vereine des Erfurter San* 



') Auf der Wartbarg begab lieh in Jahre 1207 ein in der Ge- 
schichte aufgezeichneter Sängerkrieg. Die Minnesänger dich- 
teten nnd sangen, ver Preisrichtern , und nach der Uebercia- 
iunft sollte *der von Allen Besiegte gehenkt werden. Dieser, 
ein Ritter von Öfterdingen, rettete sich vom Tode nur da- 
durch, dass er sich in's Zimmer der Landgraf!« flüchtete und 
sich unter ihrem Mantel verbarg, bis Letztere die Erhaltung 
seines Lebens ausgewirkt hatte. . 

*) Ein Beweggrund *u dieser Verlegung war noch der, faß* auf 
dem früher bestimmten s Platte durch die Witterung veran- 
lasste, nieht rorhersehbare leeak Hindernisse catgogeagetre- 
tos waren. 



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604 



gerbundes ergangene Aufforderung zur Vereinigung mit 
dem thüringer Bunde hat bis jetzt keinen Erfolg gehabt 
Hoffen wir daher von der Zukunft ein Besseres t — Doch 
genug hiervon. Ich gehe nun zu einer kurzen Schilde- 
rung des Liederfestes ober. Am Tage vorher waren be- 
reits die entfernteren Liedertafeln und mehrere Deputirte 
anderer, nicht zum Sängerbünde gehöriger Gesangver- 
eine *) in Gotha eingetroffen und verlebten mit der Go- 
thaer Liedertafel zusammen einen fröhlichen Abend. Am 
Festtage, der über alles Erwarten vom Wetter begünstigt 
wurde, trafen Vormittags zwischen 8 — 9 Uhr die übri- 
gen Liedertafeln und noch mehrere Deputirte ein, und 
wurden auf dem Platze vor dem Theater durch das Fest- 
oomilä, dem sich die Golhaer und die anderen schon an- 
wesenden Liedertafeln angeschlossen hatten, eben so herz- 
lich als feierlich empfangen und mit Lebehochs, in welche 
die in der Säulenhalle aufgestellte Musik mit harmoni- 
schen Accorden einstimmte, begrüsst. Als alle Liederta- 
feln — achtzehn an der Zahl mit ungefähr 600 Sän- 
gern **) — versammelt waren, wurde der Pestzug geord- 
net und nach 9 Uhr setzte sich derselbe in Bewegung. 
Drei Militärmusikchöre — aus Gotha, Erfurt (vom 31. 
Infanterieregiment) und Langensalza (vom 8. Cuirassier- 
regiment), zusammen achtzig Mann stark — marschirten 
an der Spitze und spielten einen vom Mosikdirector IValch 
besonders dazu componirten, effeclvollen Marsch. Tau- 
sende von Menschen bildeten zu beiden Seiten des Zugs 
ein lebendiges Spalier und begleiteten ihn zum Festplatze. 
Dieser umfasste die grosse Rotunde zwischen dem Resi- 
denzschlosse und dem Park, die anstossenden Alleen und 
den südlichen Tbeil der Schlossterrasse mit ihren schatti- 
gen Bastionen. Es konnten mehr als 20,000 Menschen 
in diesem Räume Platz finden. Für die Einrichtung und 
Ausschmückung des Festplatzes war in aller Art durch 
das Festcomite, unter gefälliger Mitwirkung des talent- 
vollen Bauraths Eberharde, auf das Beste gesorgt. Die 
zweckmässig verteilten, zahlreichen Restaurationen hät- 
ten ein drei Mal grösseres Publicum mit Speise und Trank, 
deren Preise sehr billig gefunden wurden, befriedigen 
können; eben so war für schattige Ruheplätze hinrei- 
chend gesorgt. Der Festplatz bot einen eben so gross- 
artigen, als reizenden Anblick dar, und die Sängerhalle 
machte bei aller Einfachheit einen wahrhaft imponiren- 
den Eindruck. Auf der Schlossterrasse gewährte der thü- 
ringer Wald einen die Fremden überraschenden Hinter- 
grund^ 1 und wer den nahen Park mit seinen prächtigen 
Bäumen und reizenden Durchsichten besuchen wollte, 
wurde gewiss auch da vollkommen befriedigt. Und so 
hörte man denn von den Anwesenden über den Festplatz 
nur eine Stimme : dass es einen grossarligeren und zweck- 
mässigeren Platz zu einem solchen Feste nicht leicht ge- 

•) Deputirte waren ans Coburg, Eisfeld, Herbsleben, Hildbnrg- 
hansen, Langewiesen, Meiningen, Oitbeim, Suhl, Vacha, Weis- 
eensee und Zella eingetroffen. Ferner waren n. A. die Her- 
ren Capellmeister Fr. Sehneider ana Dessau und Chetard ans 
Weimar zugegen. 
") Per Thürioger Sängerbund umfasst zur Zeit die Liedertafeln 
aus den Städten und Ortschaften Arnstadt, Ehringsdorf, Ejse- 
naen, Erfurt, Gotha, Georgenthal, Langensalza, MShlhausen, 
Neak&reaen, Ohrdruff, Plaue, Saalfeld, Salsungen, Seamclkal- 
den, Sbmmerda, StadtUm, Waltersbausea und Weehmar. 



ben könne. Da* Thu'rinter Sängerfest hat sich zum gross* 
artigen Volksfeste gestaltet und wird es bleiben, so lange 
der Sängerbund besteht. — Bald nach der Ankunft auf 
dem Festplatze wurde zur Probe der Gesammtvorträge 
geschritten. Dieselbe ging unter der Leitung des Direetors 
der Gothaer Liedertafel, Adolph Wandersleb *), gut von 
Stalten. Er dirigirte mit Ruhe und Sicherheit, und man 
gewahrte bald, dass alle Sänger Vertrauen zu seiner Lei- 
tung gefasst hatten. Bei dem allseitigen Eifer, es ihm zu 
Dank zu machen, und da die Gesammtvorträge keine sehr 
grossen Schwierigkeiten darboten, war die Probe schon 
nach einer guten Stunde beendigt. Nach derselben ver- 
sammelten sich die Sänger in dem schattigen Baumrondel 
der westlichen Scblosslerrasse zu einem gemeinschaftli- 
chen Mahle, woran auch Damen Theil nahmen. Das Mu- 
sikchor der Bürgergarde , welche an diesem Tage den 
Wachdienst im Festraume versah» spielte während der 
Tafel. Im Ganzen waren sooaob vier Musikchöre bei die- 
sem Feste in Thätigkeit. Nach der Tafel ordnete sich die 
Sängerschaar zu dem eigentlichen Festzug und machte 
um 2 Uhr, nach Ankunft des regierenden Herzogs von 
S. Coburg- und Gotha mit seiner Gemahlin, einen Um- 
gang im Festplatze. Eine nähere Beschreibung dieses Zu- 
ges, so wie des Festes überhaupt, würde mich zu weit 
von meinem Zwecke abführen; ich will daher nur er- 
wähnen , dass er in ähnlicher Weise , wie im vorigen 
Jahre, geordnet und auch wieder von Festmarschällen ge- 
leitet war. An der Sängerhalle angekommen, stellten sich 
die Liedertafeln in drei verschiedenen Chören dergestalt 
auf, dass die Hälfte der Sänger zwei gleich starke Chöre 
auf dem rechten und linken Flügel bildete, während die 
andere Hälfte das Centrum der Tribüne einnahm. Durch 
diese, vom Dirigenten A. W andersleb veranlasste, Auf- 
stellung wurde dem Uebelstande begegnet, dass der Hörer 
auf der einen Seite blos Tenore, und auf der andern 
nur Bässe vernimmt. So viel ich mich erinnere, hat Ber- 
lioz die Aufstellung vorgeschlagen, und deren Zweck- 
mässigkeit gab sich hier deutlich kund. — Als Einleitung 
zu der ersten Abtheilung, die nur aus Gesammtvortri- 
gen bestand, wurde die Introduclion (zum zweiten Act) 
mit Chor aus „Titas" von Mozart vorgetragen, und 
zwar von den drei vereinigten Musikchören unter WalcKs 
Direction. Die Ausführung war ausgezeichnet und höchst 
effectvoll. Daran schloss sich No. 1 „Gebet" ans Me- 
huts preiswürdiger Oper „Joseph" mit untergelegtem 
passenden Texte. Dieser Chor wurde ganz der Composi- 
tum würdig vorgetragen, und war wohl die beste Lei- 
stung des Tages. No. 2. „Der Sänger" von Reissiger, 
eine für grosse Massen schwierige Composition, indem 
bei dem Vortrage der mancherlei Figuren leicht ein Deh- 
nen und Zerren der die Melodie tragenden Stimmen ent- 
steht, ging über alle Erwartung gut, und Reissiger selbst 
würde sich darüber gefreut haben. Hierauf folgte ein 
„Grass an die Sänger," gesprochen vom Prof. fVelcker 
aus Gotha. No. 3. Das schöne, kräftige Lied von Stanz: 

') Was die Gethaer Liedertafel noter der Lei long dieses, aeeh 
jungen, Mannes zu leisten vermag, davon hat sie schon bei 
mehreren Gelegenheiten, namentlich bei den früheren Lieder- 
festen auf der Barg Gleichen und sa Meisdorf, Beireise ge- 
liefert. 



605 



1844. September. No. 56. 



606 



„Auf, ihr Bruder, laut ans wallen" u. s. w. ging eben- 
falls gut. Die vierte Nummer bildete: „Mein Vaterland" 
von Ad. Wandersieb. Da der Componist mir nah be- 
freundet ist, so enthalte ich mich hier jedes Urtheils über 
die Composition, und bemerke nur, dass sie ein Lieb- 
ling unserer Sänger geworden ist. Das Lied wurde bei 
der Probe besser, als bei der Aufführung, gesungen; 
auch kann ich nicht unbemerkt lassen, dass die Instru- 
mentalbegleitung manchmal, und namentlich die Posaunen 
im Solosatze, zu sehr die Stimmen deckten. Ohne Instru- 
mentalbegleitung dürfte sich das Lied wohl besser ma- 
chen. — Nach demselben sprach der Prof. Dr. Denn- 
hardt aus Erfurt und nahm das Vaterland zum Gegen- 
stande seiner ergreifenden Bede. Den Schluss der ersten 
Abtheilung machte MethfesseVs, zum Volkslied gewor- 
dene, Composition der Arndt'schtn Dichtung „Was ist 
des Deutschen Vaterland ," und war auch hier dazu be- 
stimmt, vom Publicum mitgesungen zu werden, was auch 
von einem kleinen Theile desselben geschah. Eine Kunst- 
production konnte es darum nicht werden. — 

Während der Pause trugen die Musikcböre aus Go- 
tha und Erfurt eine zweichörige Motette von Gallus (Ja- 
cob Hänel, gestorben 1591), von fValch für Harmonie- 
musik arrangirt, vor. Diese Bococomusik wollte jedoch 
nicht recht ansprechen; bei mehrmaligem Hören dürfte 
es wohl anders sein. Dann trug noch das Musikchor aus 
Erfurt die Ouvertüre und Introducüon zum „Don Juan" 
allein vor, dasTrompetercbor aus Langensalza den Marsch 
aus dem „Sommernachtstraum" von Mendelssohn Bar- 
tholdy, und endlich das Gothaer Musikchor die Ouvertüre 
zu „Egmont" von Beethoven. Alle drei Musikcböre er- 
warben sich den Beifall des Publicums, besonders aber 
zeichnete sich das Trompetercbor durch Präcision und 
tüchtige Virtuosen aus. — Die zweite Abtbeilung bestand 
aus vier Gesammt- und fünf Einzelvorträgen (derjenigen 
Liedertafeln nämlich , welche diesmal die Reihenfolge, 
nach alphabetischer Ordnung, getroffen hatte). Nach der 
Bestimmung sollten allemal sechs Liedertafeln Einzelvor- 
träge halten; zwei davon hatten es jedoch abgelehnt, 
dagegen trat Ehringsdorf , welches im vorigen Jahre aus 
Verseben übergangen worden war, in die Reihe. — Die 
Gesammtvorträge bestanden aus dem Jägerchor aus „Eu- 
ryanthe" (No. 1), einem Liede von Mendelssohn Bar- 
tholdy (No. 4), für den Sängerbund besonders componirt, 
als er von diesem zum Ehrenmitgliede ernannt worden 
war. Der ursprüngliche Text mit der Ueberschrift „Ab- 
schiedstafel" von Eichetidorffj war durch einen anderen, 
vom Prof. Dr. Mensing aus Erfurt gedichteten und „Fest 
und treu" überschriebenen ersetzt worden. Ueber den 
Werth dieser Composition waren die Meinungen der Sän- 
ger Anfangs sehr getheilt; nach und nach aber bat das 
musikalischere Ohr den Werth desselben immer mehr er- 
kannt, und jetzt singen alle Sänger das Lied mit Lust. — 
Nach dem Bundesliede von Lenz (No. 8) sprach mit Be- 
zug darauf Prof. Dr. Dennhardt wieder einige Worte. 
Den Schluss sämmtlicher Gesangvorträge machte gleich- 
falls ein Volkslied, nach der englischen Volksmelodie. 
Der auf Thüringen und dessen Sängerfest Bezug habende 
Text dazu war von L. Storch gedichtet. — Bei den Ein- 
zelvorträgen zeichnete sich vor Allem (mit No. 5) die 



Liedertafel aus Sebmalkalden durch guten Vortrag, schöne, 
kräftige Stimmen, und durch eine gehaltvolle, anspre- 
chende Composition ihres Directors, Weisheit, aus. Das 
Gedicht dazu, überschrieben „Ein Königswort," ist von 
L. Beckstein. — No. 2. „Aufbrach zur Jagd," trug die 
Liedertafel aus Mühlhausen mit Beifall vor. Die Compo- 
sition von Müller ist gefallig. — Ueber die Composition 
No. 3 „Die Liebe" von Kühmstedt, vorgetragen von der 
Liedertafel aus Neukircben (bei Eisenach), wage ich kein 
Unheil zu fallen, indem ich noch im Zweifel bin, ob es 
an der Composition oder am Vortrage gelegen hat, dass 
sie mich und noch viele Andere nicht ansprechen wollte. 
Der Liedertafel mangelte es freilich an kräftigen ersten 
Tenor- und zweiten Bassstimmen, wogegen der erste 
Bass desto greller hervortrat. Die Liedertafel aus Plaue 
(bei Arnstadt) trug eine Composition von Mackroth „Das 
deutsche Land" (No. 6) vor. Der Mangel an guten er- 
sten Tenorstimmen mochte Schuld daran haben, dass die- 
ses Lied nur theilweise ansprechen wollte ; auch dürfte 
die an den Sängern bemerkte eigentümliche Aussprache, 
besonders der Vocale, hieran Antheil gehabt haben. — 
Endlich wurde von der Liedertafel aus Ehringsdorf (bei 
Weimar), No. 7, „Das deutsche Lied," componirt von 
Chefard, vorgetragen, und man musste den Fleiss aner- 
kennen, den die Sänger auf die Einübung dieser nicht 
leichten Composition verwendet hatten. Bei dem Mangel 
an genügenden ersten Tenorstimmen konnten sie aber 
derselben nicht gewachsen sein. Die Composition ist theil- 
weise recht ansprechend, nur bietet der Mittelsatz so un- 
gewöhnliche und schwierige Modulationen dar, dass bei 
irgend mangelhafter Ausführung ein angenehmer Total- 
eindruck kaum jemals hervorgebracht werden wird. Das 
Lied scheint überhaupt mehr für den geschlossenen Raum 
berechnet zu sein , und da mag es sich jedenfalls besser 
machen. — Die Gesammtvorträge wurden auch in dieser 
Abtheilung gut ausgeführt, so wie sich denn überhaupt 
nicht verkennen liess, dass die Gesänge mit Eifer und 
Fleiss einstudirt worden waren. Besonders zu rühmen 
ist aber die deutliche Aussprache des Textes, von dem, 
selbst in ziemlich weiter Entfernung, anch nicht eine 
Sylbe verloren ging. — Der Schiussgesang , nach der 
englischen Volksmelodie, wurde durch ein Schlusswort 
des Prof. Dr. Dennhardt eingeleitet. — Während dieser 
Rede entstand plötzlich ein Laufen und Rennen unter dem 
entfernteren Publicum, und es verbreitete sich die Nach- 
richt: es brenne in der Stadt. Dr. Dennhardt konnte 
aber seine Rede ungestört fortsetzen, und da beim Schlüsse 
derselben durch Zeichen das Gerücht widerlegt wurde, 
so stimmte die Sängerscbaar ein „Hoch" an, wozu die 
Fahnen geschwenkt wurden und das Publicum freudig 
einstimmte. Bald jedoch erneuerte sich das Gerücht; und 
das Abfeuern der Lärmkanonen und das Sturmläuten ver- 
kündigten die wirkliche Gefahr. Es brannte der Dach- 
stuhl eines Hauses in der Stadt, und das Unglück hätte 
leicht grösser werden können, da nur wenige Mensehen 
in ihren Häjuern waren, und so wohl eine Viertelstunde 
verging, ehe wesentliche Hilfe herbeikam. Das Feuer war 
glücklicher Weise schon nach einer Stunde getilgt, aber 
das Fest war und blieb gestört. Bis 7 Uhr Abend tru- 
gen die Musikchöre an drei verschiedenen Plätzen noch 



007 



1844. September. No. 36. 



608 



iDStrtmenUlsMUe vor. Nach 7 Uhr wurfo »oäbroals ein 
Umzug gehalten, und Dach Fonnining eines Kreises dnreh 
einen Schlosagesang und einige darin sieb knüpfende 
Worte des treffliehen Redners Prof. Dr. Dennhardt das 
eigentliche Fest glänz- und ruhmvoll beschlossen. Der 
Festplatz blieb bis in die späte Nacht von einem grossen 
Tbeile des Publicoms besucht, während ein anderer sich 
nach dem Scbützenhofe wendete, wo von der Schätzen- 
gesellschaft ein Ball zu Ehren der Sänger veranstaltet 
worden war. Die Wenigsten von ihnen nahmen jedoch 
Theil daran; die grössere Anzahl eilte alsbald der Hei- 
malb zu. Bei Allen aber wird dieses Sängerfest gewiss 
noch lange Zeit in gutem Andenken bleiben. — Indem 
ich hiermit meine Relation beschliesse, rufe ich noch den 



Genossen des Thüringer Sängerbundes die Worte des Bun- 
desliedes von Lenz zu: 

Wir sind ei« fest gesehlots'oer Bund 

Für hellen Liederklans» 

Und nns des Hertens tiefstem Grand' 

Ertönet unser Sang. 

Wir singen nicht um Gut und Geld 

Und nicht zu eitler Pracht: 

Nein , das , was uns ans zusammenhält, 

Es ist der Töne Macht! 

Lasst diese Worte stets eine Wahrheit sein, und 
gewiss 1 der Thüringer Sängerbund wird niemals innerer 
Zwietracht — und diese ist sein ärgster Feind — schmach- 
voll unterliegenl 

6. Dr. K. 



Ankündigungen. 



In unserem Verlage ist erschienen : 

Coiicert - Stock 

in Form des Concertino 

für Pianofbrte 

von 

Charles Voss, 

Op. 59. Preis 1 Thlr. 15 Ngr. 

Breltk*pf 4t Hftrtel. 



Lripaif , ia A«fMt 1844. 



Iftdut wichtiges Werk flr Seminarieo. 

Die Kaust des Orgelspiels; 

theoretisch -pr actische Anweisung für alle vorkommende 
Fälle im Orgelsviele, mit durchgängiger PedalappU- 
catur und Bemerkung der Registerzüge. 
Ein lieltrbach 
für sich bildende Orgelspieler, insbesondere für den Un- 
terricht in Seminarien und Präparanden - Schulen. 
Bearbeitet und herausgegeben in Gemeinschaft aait 

W. Mdrner 

toh 

A. Ct. Mitter, 

Domorganiat und Geaanglehrer zu Merseburg. 
Das Ganze erscheint in sechs Lieferungen, wovon die Liefe- 
rung nur ± Thlr. hastet und im Laufe des Septembers die erste 
erscheint. Wtlm. HLtrner in B r f u r t. 



So eben erschien ein sehr gelungenes 
stich tob 



»ortrstftt » Slahl- 



gr. heia. Capellmeister u. f. J. Uofrnlh. 

Preis auf Velinpapier 86 Kr. 

Press auf chinesisches Papier 48 Kr. 

eleu*. Andre in Offenbaeh. 



Ans dorn Vorlage des Herrn C. ©. 

ich mit Eigenthuatsrecht übernommen: 



Prt>fc** allhier habe 



Voa>MUteantneiie V«Ut*lletier, Origianl-MelodMon, 
mit Begleitung des Pianofortc. Deutsche Uebersetaung ton TV. 

Druok und Verlag von Breitkopf und HärUl in Leipiig und unter deren Verantwortlichkeit. 



GerftW. No. i. O ! wie gut bin ich dir, Traute. Preis tt Ngr. 

Nb. U. Gab dir ein neues Röchchea, Antonia. Preis 8 Ngr. 
und sind solche fernerhin von mir zu beziehen ; auch wird die 
Sammlung dieser neapolitanischen Volhamelodieeu fortgesetzt. 

Leipzig, den 86. August i844. 

ۥ F. Peters Bureau de Musiejue.. 

Dam ich die Redaction der „Nederlandsch Muziheniajdschrift'' 
niedergelegt, hingegen eine neue musikalische Zeitschrift unter dem 
Titel: „CaeeOia i Algemeen muzikaal Tijdschrifl" (bei Kemink und 
Sohn zu Utrecht) begründet habe, deren erstes Heft schon erschie- 
nen und nach Deutschland versendet worden ist , zeige ich hier- 
durch meinen Freunden und geehrten Correspondeaten ergebenst an. 
Utrecht, im August 1844. 

X»r. Fr. C. nUet. 

Den verehrlichen Bühnenvorständen Dentschlaads 

erlaubt sich Unterzeichneter seioe im vorigen Winter mit vielem 
Beifall hierselbst znr Auffuhrung gebrachte romantische Oper in. 
Arti Acten, % Slaja und Alplno oder Die bezauberte 
Role, Buch von E, Gehe, hiermit ergebenst zu empfehlen. We- 
gen Erlangung der Partitur wolle man sich geneigtest direct an 
den Componiateo wenden. 

Danzig, den 80. August 1844. 

F. W. Harkull, Ober -Organist der St. Marien 
Ober - Pfarrkirche in Danzig. 

Conservatorlom der Musik zuLeipzig. 

Am naehstbevorstchenden 7. October beginnt im Conservato- 
rium ein neuer Cursus, zu welchem neue Schüler und Schülerin- 
neu eintreten können. 

Die Aufnahmeprüfung findet am 5. October Statt, zu welcher 
sich die bereits angemeldeten , so wie neue Schüler , welche Auf- 
nahme wünschen, einzufinden haben. Zur Prüfung haben die 
Schüler von ihnen bereits möglichst gut eingeübte Musikstücke 
(Ciavier-, Orgel-, Violin- oder Gesangstüche), so wie die Violin- 
spieler ihre eigenen Violinen, mitzubringen. Diejenigen , welche 
eigene Compositionen oder andere eigene schriftlich -musikalische 
Arbeiten bei der Prüfung berücksichtigt wünschen, haben diesel« 
ben ebenfalls der Prüfuogs-Gommission vorzulegen, oder vorher 
an das Directorium einzusenden. 

Anfragen sind in frankirten Briefen an das unterzeichnete Di- 
rectorium zu richten, von welchem auch der Prospcctus über das 
Institut zu erhalten ist Persönliche Anmeldungen können sofort 
bei dem Stndtrnth Dr. Seehurq allhier erfolgen- 
Leipzig, den I. September i844. 

Das Directorium des Conservatoriums der Musik. 



tfft 



610 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den H teB September. 



M 37. 



1844. 



Inhalt I lieber Job. Seb. Bach'» Kirchengesinfe and Cautaten. (ForiseUang.) — Rccension. — . Nmchrichtem J. G. v. Herder'* Seoa- 
Iarfoier durch die Liedertafel in Weimar. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



J. S. Bach 9 s Kirchengesänge und Cantaten. 

(Fortsetzung.) 

Wenn von Bach gesprochen wird, versieht sieh bar* 
monischer Reicbthum von selbst, and es ist überflüssig, 
za wiederholen, dass die Cantaten, wie alle übrigen sei« 
ner Werke, hinreichenden Stoff zu tiefen Studien in die- 



ser Beziehung darbieten. Bevor wir jene jedoch ganz 
verlassen, muss ihres rhythmischen Elementes Erwäh- 
nung geschehen; sie sind eine wahre Fundgrube voll 
Reichtbums origineller, die Declamation und den Aus- 
druck ohne Zwang belebender Erfindungen. — Mögen im 
Vorübergehen nur einige anfallend rhythmisch construirte 
Melodieen hier Platz finden. 




^jVJiT ^ i ViVjl, r luiSu 




111 gU ± i ±A ±±±±k _A±j4Ä 



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-J- J 1 — JL I Ver-aibt mir Je 



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San- des, so wird mir Leib and Geist ge-sned. 



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Aeholicber Rby Unnas ans der Gantete: „0 Ewigkeit, da Donoerwort. 




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v.-f l f{,l-' ff l rf . I ■- g Fl : t:-r r l f r r i^-fH tff r l |. r 




46. Jakrgang. 



611 



1844. September. No. 37. 



612 



Weoden wir uns jetzt wieder den einfachen Chorä- 
len zu, von denen wir am Anfange dieses Artikels aus- 
gegangen sind, so finden wir, nach Betrachtung der Can- 
taten unseres Meisters und in Folge des nachgewiesenen 
innersten Zusammenhanges der Choräle mit diesen, die 
im Eingange ausgesprochene Behauptung gerechtfertigt: 
„Die JtacA'schen Choräle entbehrten ohne den ihren Be- 
arbeitungen znm Grunde liegenden Text ihres eigentli- 
chen Kernes, blieben unverstandlich und dadurch geeig- 
net, jeder willkürlichen Beurtbeilung einen Schein von 
Wahrheit zu verleihen. In Verbindung mit den ihre Bear- 
beitungen durchaus bedingenden Textesworten erscheinen 
sie aber als eine von Bach geschaffene, ihm allein eigen- 
tümliche Kunstform, deren Eigentümlichkeit eben darin 
besteht, dass neben der Melodie des Cantus firmus die 
harmonische Behandlung des Chorals die besonders dazu 

Jewäbllen Texlesworte belebend und erklärend durch- 
ringt, und die begleitenden, namentlich die Mittelstim- 
men , ganz speciell den Sinn und lobalt jenea Textes in 
belebteren Melodieen herausheben und ausdrücken." — 
Wenn in der mir vorliegenden Sammlung von Can taten, 
welche bei Weitem noch nicht die Hälfte der fünf Jahr- 
gänge von Kirchenmusiken, welche Bach geschrieben ha- 
ben soll, betragen, sich, inclusive der den beiden Passionen 
entnommenen, 99 Choralbearbeitungen, wie sie in den Aus- 
gaben der Choralgesänge enthalten sind, auffinden lassen 
und darin ausser diesen noch mehr als 40 in den Aus- 
naben nicht aufgenommene gleichartige einfache Choral- 
Bearbeitungen angetroffen werden, und wenn unter deg 
erwähnten 99 Bearbeitungen sich nur 11 befinden, denen 
der Choraltext der Ueberschrift unterliegt, so dürfte an- 

Senommen werden können, dass, wenn auch nicht alle, 
och der grösste Theil der in den Ausgaben enthaltenen 
Cboralgesänge den Bach'tchtn Kirchencantaten entnom- 
men, also von dem Meister für den Vortrag durch Sän- 
ger bestimmt gewesen ist, wie schon die Stimmführung 
an sich zeigt, und dass an der bei Weitem grössten 
Mehrzahl von ihnen mittelst der Unterlegung des in der 
Ueberscbrift bezeichneten Textes sich der Sinn und die 
Bedeutung der Bearbeitungen nicht erkennen lassen. — 
Wie wenig anch in Abrede gestellt werden kann, dass 
bei einigen dieser Bearbeitungen die erste Textesstrophe 
vollständig genüge, so liegt doch bei sehr vielen der Wi- 
derspruch des bezeichneten Textes mit der Bearbeitung, 
wie eben nachzuweisen versucht wurde , auf der Hand. 
Ist nun schon beim Studium der Setzkunst und dem Spiele 
dieser Choräle die Beziehung des Satzes auf den Text 
zu wissen nothwendig, um wie unentbehrlicher wird sie 
bei ihrem Vortrage durch den Gesang sein? Und nur ge- 
sungen treten sie mit ihrer ganzen Macht hervor. Den 
Singacademieen und Gesangvereinen in Deutschland sind 
sie deshalb und vorzüglich als Eingangsstück der Uebun- 
gen vor Allem zu empfehlen. Die Eröffnung der Uebun- 
gen mit einem Choräle bat einen doppelten Zweck, ein- 
mal den, die Stimmen anzusingen, und dann hauptsäch- 
lich, die Versammlung in die für den Vortrag ernster 
Musik geeignete Stimmung zu versetzen. Das geschieht 
am Besten durch einen Choral. Schreiber dieses hat sieh 
zn diesem Zweck eine Sammlung von Chorälen angelegt, 
welche die Gesänge der alten evangelischen Kirche in 



drei Bearbeitungen enthält« Jedem Choräle ist die ur- 
sprüngliche Melodie, dem Bähst sehen Gesangbuch (1545) 
entnommen, vorangestellt; dann folgt eine Bearbeitung 
von H. L. Hassler oder M. Praetorius, oder S. Cal- 
visius, oder /. H. Schilt», diesem eine funfstimmige 
von Joh* Eccard; und den Scbluss macht eine Bearbei- 
tung von Seb. Bach. 

Ich kann aus langer Erfahrung bestätigen, dass diese 
Methode ihren Zweck vollständig erfüllt, und dass, da 
die Sammlung für das ganze Jahr ausreicht, und die Aus- 
wahl zum Vortrage mit Rücksicht auf die Pericopeh eine 
Abwechselung das ganze Jahr hindurch gestattet, das In- 
teresse für die Choräle sich in den Versammlungen nicht 
nur wach erhält, sondern mit der genaueren Bekannt- 
schaft derselben stets wächst. Die Herausgabe dieser 
Cboralsammlnng ist bereits mit einer soliden Verlagshand- 
lung besprochen, wo sie in Partitur und Stimmen er- 
scheinen wird. — Um aber auch die übrigen ifoeft'seheji 
Choräle durch den Gesang weiter verbreitet zu seheu, 
gebe ich am Schlüsse dieser Zeilen einen nähern Nach- 
weis des Textes, der einem Tbeile der von mir in des- 
sen Cantaten und Passionen aufgefundenen Gesinge un- 
terliegt, mit Bemerkung ihrer Nummern in der Becker'- 
sehen Ausgabe und der dritten Auflage der (371) Cho- 
ralgesänge bei Breitkopf und Härtel, wo sich dann jeder 
selbst den geeigneten Text unterlegen kann. Nur ist zu 
bemerken, dass beide Ausgaben selten ganz genau mit 
den Originalen übereinstimmen. Da diesen Gesängen, 
selbst den blos von den Singstimmen «allein vorgetrage- 
nen, zum grössten Tbeile noch ein Fundamentalbass un- 
terliegt, so ist durch die Zusammenziehung der fünf Stim- 
men in vier häufig der Bass des Gesanges nach dem 
Fundamente abgeändert worden, und bat dadurch zuwei- 
len eine von dem Originale abweichende, oft stimmwi- 
drige, Führung erbalten, die aber fast überall zu Tage 
liegt und leicht abgeändert werden kann. — Die Becker 9 - 
sehe schöne Ausgabe wird ungeachtet ihrer sehr ausge- 
zeichneten Ausstattung und sonstigen durch die Zusam- 
menstellung der verschiedenen Bearbeitungen eines und 
desselben Chorals sehr zweckmässigen Einrichtung für 
den Gebrauch beim Gesänge beschwerlicher, weil alle 
Versetzungen in andere Tonarten nur darin bemerkt sind, 
und beim Ausschreiben wieder zurück transponirt werden 
müssten. Wollte man sie so, wie sie dastehen, singen 
lassen , so würde in einigen durch die tiefe Lage des 
Tenors die jugendliche Frische der höheren Töne, die 
ihnen eben den grössten Reiz und lebendigen Ausdruck 
verleiht, fehlen, bei anderen würden die Bassstimmen kaum 
durch die tiefsten Stimmen fest und sicher ausgeführt 
werden können, ganz abgesehen davon, dass durch diese 
Versetzungen der Character der Bearbeitung oft ganz 
verwischt wird. Die meisten Schwierigkeiten würden die 
Bindungen in den Mittelstimmen beim Unterlegen des 
Textes machen, welche häufig theils ganz wegfallen, theils 
in kleine Tacltheile zerlegt werden müssen. Ueberhaupt 
haben die Mittelstimmen manche Abänderung erlitten 5 die 
Auslassung der begleitenden Instrumentalstimmen erfor- 
derte zuweilen die Hinzufügung eines den Singstimmen 
abgebenden wesentlichen Tones im Accorde; auch finden 
sieh Abänderungen, deren Veranlassung kaum einleucb- 



613 



1844. September. Nö. 57. 



614 



tot. — In dem Choral: „Liebster Gott, wann werd' ich 
sterben" (Leipziger Aufgabe No. 43) findet sieh der die 
Zeilen einleitende Bass der Instramente in die Grund- 

Herrseher ä - her Tod und Le 

1 



stimme mit aufgenommen, und macht den Eintritt der 
Singstimmen unerkennbar u. dergl. m. 

— — ben , mach ein - mal mein Bn — — 



Sopran, 
Alt 



Tenor, 
Bast. 



Continuo. 



K 



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Herrscher ü - ber Tod und Le-ben, 



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recht wohl ge- 



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— de gut , 



hilf, dass ich ein 



* 



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f 



- lieh Grab 



neben frommen Christen bah', und auch 



iW ,' i i jiiuL ^y i tt1!\!1i 



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2Ö$j 



En-de gut, 

JL JL A 



%F&=t 



llliill r-llj.1 J3-U 



^ 



^=t=. 



rrr^-r ttv 



fass-tem Math, 
1. 



hilf, dass ich ein ehrlieh Grab ue-ben from 



r -1 — 

men Cbri-sften hab 1 , 




end - lieh in der Er den, nimmermehr zu Schau - - den wer - den. 

*M-f+flfTtVi ' I.'. , i ^ P^ltijifa \}l 

und auch endlich in der Kr - den nimmermehr — — zu Schau ... den wer - den. 




und auch endlieh 



der 



Er 



nimmermehr zu Schan 
den nimmer -mehr zu Schan 



den wer - den. 
den wer - den. 




Die Leipziger Ausgabe enthalt nur einen fanfstim- 
migen Choral: „Welt, ade, ich bin dein müde"; Becker 
hat die fanfstimmige Bearbeitung von „Jesu meine Freude" 
aus der Motette noch dazu aufgenommen. Jener ist, wie 
in der Cäcilia neuerdings nachgewiesen worden, von Äo- 
stnmiiller, findet sich jedoch, ganz unverändert dem in 
der Cäcilia abgedruckten Rosenmäl/er scheu Originale ge- 
treu, in der Cantate: „Wer weiss wie nahe mir mein 
Ende" vor. 

Die Abänderungen dieses Chorals in den Ausgaben 
der Choralgesinge sind also nicht von Seb. Bach, sie 
stehen aber schon in der Ausgabe von Ph. E. Bach 
(1784) und rubren also wahrscheinlich von Diesem her. — 
. Ausser den genannten habe ich nur noch eine fBnfstimmige 
Choralbearbeitung aufgefunden, „Komm heiPger Geist, 
Herr Gott" in der Cantate: „Wer mich liebt, wird 
mein Wort haken" ; sie hat keine Instrumentalbegleitung. 



Diese Bemerkungen machen eine Herausgabe der mit 
den Originalen verglichenen, und mindestens mit Anfuh- 
rung der Varianten versebenen Ausgabe der besprochenen 
Gesänge wünschenswert, denen zugleich die ihnen ur- 
sprunglich eigenen Textesworte beizufügen wären. Viel- 
leicht wäre Herr Becker, der sich schon so grosse Ver- 
dienste um diese Gesänge durch die Redaction beider Aus- 
gaben erworben bat, geneigt, auch diese dankenswertha 
Arbeit zu fibernehmen. 

(Bescbloss felfft.) 



Recension. 



Der Sommernachtstraum von Shakespeare. Musik von Fe- 
lix Mendelssohn Barthaldy* Vierhindiger Clavicraus- 



615 



1844. September. No. 57. 



6ie 



'. zug vom ComponisteD. Op. 61* Leipzig, bei Breite 
köpf aod Härtel. Preis 5 Tblr. Die Singstimmen 1 Thlr. 

Es i6t in den Berichten über die theatralischen Auf- 
führungen dieserMusik gesagt worden, sie sei die schönste, 
welche Mendelssohn geschaffen habe. Bei so einem Aus- 
spruche beharren au wollen, wenn uns andere Schöpfun- 
gen dieses Componisten gegenwärtig werden, r - sein 
Paulus, der Lobgesang, die Psalmen, die Walpurgisnacht, 
um hier nur solche von grösserem Umfange zu nennen, — 
würde eine Ungerechtigkeit gegen diese enthalten. Es 
darf aber dem Künstler kein Unbehagen erregen , wenn 
der lebendige Eindruck einer neuen Production Anderes, 
gleich Wertbvolles, für den Augenblick überschattet; das 
spricht in vielen Fällen nur für das Neue, ohne der Gunst 
für das Frühere, wenn es wieder hervortritt, im Gering- 
sten Eintrag zu thun. Ohne Zweifel gehört aber diese 
Musik zum Sommernachistraum zu Mendelssohn's glück- 
lichsten Produclionen. Das duftig traumhafte Wesen, die 
freie, höchst ergötiliche Laune, die in der Dichtung die- 
ses wunderbaren Stückes lebt, konnte wohl kaum einen 
entsprechenderen und allgemein ansprechenderen musika- 
lischen Ausdruck erhalten, als es hier geschieht. Vor Al- 
lem ist das leicht bewegliche Leben des Elfenreicbes, dem 
.sich der grössle Theil der musikalischen Composition an- 
schliesst, auf das Treffendste und Schönste empfunden 
und dargestellt» Es ist hier nicht von körperlosen, rein 
geistigen Wesen die Bede, — mit denen musikalisch we- 
nig anzufangen wäre; die kleinen nächtlich schwärmen- 
den Wesen haben Empfindung uud Leidenschaft, sie lie- 
ben und hassen, sie eifern, scherzen und necken; Alles 
dies gibt aber die Musik in einem anroulhig niedlichen 
Maassstabe, in so eigen lilipotanisch gefasssten melodi- 
schen Figuren und Rhythmen wieder, dass es dem flüchtig 
beweglichen Tretben des Geistervölkchens sich auf die lie- 
benswürdigste Weise zugesellt ;* auch das meist schnelle 
Tempo und die hohe Lage des Satzes trägt dazu bei, 
diese Musikstücke elfenbaft zu cbaracterisiren. 

Ausser den Elfenscenen, die fast durchgängig mit 
Musik durchwebt sind, begleitet diese auch an passenden 
Stellen das leidenschaftliche Treiben der beiden Liebes- 
paare, das festliche^ Gepränge des abenteuerlichen Athe- 
nischen Fürslenhofes und die tragische Catastropbe der 
„höchst kläglichen Comödie" der Handwerker, aufs Beste 
sich anschliessend den verschiedenen Situationen und den 
Persönlichkeiten, durch welche sie herbeigeführt und vor- 
gestellt werden. 

So tritt diese neue Musik nun so übereinstimmend 
■nd verwandt zu dem alten unveralteten Stücke, dass man 
sich denken könnte, es sei Beides zusammen entstanden. 
Wie würde uns aber eine Musik, die wirklich mit dem 
Stücke entstanden wäre, die« zu Shakespeare'* Zeiten al- 
len Anforderungen entsprochen hätte, jetzt erscheinen? 
Wir würden sie völlig ungeniessbar , und kaum etwas 
Anderes als veraltete Formen darin finden. — Es ist das 
eigene, rein geistig sich erbalten wollende Wesen die- 
ser Kunst, dass sie nichts Zeitliebes an sich dulden mag; 
und damit verfällt sie eben mehr, als jede andere, dem 
Wechsel der Zeiten. 

Die Ouvertüre zun Sommernachtstraum ist so all* 
gemein gekannt als geliebt, sie gehört zu Mendelssohn's 



frühesten Jugendarbeiten, hu* aber «in a* frohes Werk 
in der ganzen Musikwelt in einem Lieblingsorohester» 
stück geworden ist und sich fortwährend in dieser Gunst 
zo erhalten vermag, ist ein Beweis mehr von dem schö- 
nen Künstlerberufe dieses Componisten, der in den Jah- 
ren, wo andere auch vorzüglich begabte Kunstdünger mit 
den ersten unsicheren Versuchen hervortreten, es schon 
vermochte, nns mit einer eben so geistreich gedachten 
als schön empfundenen Composition dauernd zu erfreuen. 

Der erste Act des Schauspiels verläuft ohne Musik. 
Den zweiten leitet ein reizendes, elfenbaft flüchtig be- 
wegtes Musikstück ein; tief passiooirt für das Luftleben 
dieser Geister, für uns nur anmuthig vorüberschwebend. 
Kaum erbebt sich eine Steigerung zum Forte, dass es so- 
gleich wieder in leises Flüstern zurückfällt, um das zarte 
Sinnenwesen der Elfennatur, dem nur Mondeslicht, nicht 
der blendende Glanz der Sonne zusagt, nicht zu betäu- 
ben. Wenn man dies Musikstück für die kurze rhythmi- 
sche Gliederung »und die unausgesetzte Sechzehntbeilbe* 
weguns; im %-Tactc etwas lang finden wollte, so tritt 
hier vielleicht ein theatralisch - öconomischer Grund für 
den ästhetischen ein, diese Ausdehnung zu rechtfertigen : 
der Satz musste den Zwischenact vollkommen ausfüllen, 
denn es sebliesst sich beim Aufzug sogleich die Elfenscene 
mit musikalischer Begleitung aus den Motiven dieses En- 
treaetes an. Später folgt der „Elfenmarscb"; Oberon und 
Titania mit Gefolge, in zwei Zügen von entgegengesetz- 
ten Seilen, ziehen herein. Man wird hier nicht an eine 
schrittbaltende Fortbewegung zu denken haben; es ist 
auch in der Musik vielmehr ein luftiges hier und dort 
Zugleicbsein ausgedrückt. Ausser einigen melodramati- 
schen Zwischenscenen enthalt dieser Act noch das Lied 
der Elfen : „Bunte Schlangen zweigezüngt" u. s. w. mit 
Chorrefrain. Wenn sich das Elfenhafte der Instrumental- 
musik in der Ausführung von selbst characterislisch vor- 
trägt, ohne dass von jedem Orcbestermusiker zu verlan- 
gen sein wird, dass er sich als Elfe denke, — so möchte 
zu diesem Gesänge das Mitempfinden des Wesens bei dem 
darstellenden Personal um so unerlässlicber sein, wenn 
die Wirkung der geistigen Vorstellung entsprechen soll. 
Die Musik, von Instrumenten vorgetragen, kann uns noch 
als etwas Aeusseres ansprechen, — ihre Seele als Welt- 
seele, — das gesungene Wort aber rückt unausbleiblich 
in die Menschenbrust und nimmt ihre Gefühle an. Der 
Componist bat das Characteristische sehr gut gefasst ; die 
Sänger werden mit leicht ansprechenden, das Flüch- 
tige sauber und bestimmt vortragenden Stimmen sich zu 
bemühen haben, seinen Intentionen entgegenzukommen, 
um dem Gesänge die möglichste Luftigkeit zu erhalten. 
Die Worte der beiden Soloslrophen sind ausgesucht ge- 
sangungünstig. 

Ein ausgezeichnet schönes Musikstück folgt' nun als 
„Intermezzo" des zweiten und dritten Actes. Es scheint, 
seinem zwar leidenschaftlich bewegten, aber doch mehr 
stetigen und gebundenen Character nach, wie in seiner 
Folge nach der letzten Seene des zweiten Actes, sich 
mehr auf die Liebesdrangsale der beiden im Walde her- 
nmirrenden Paare zu bezieben und endigt klagend, ab* 
sterbend. Sehr ergötzlich sebliesst sich daran- der Auftritt 
der prächtigen Bursche, womit der dritte Act beginnt, 



6t? 



1844; September. No. 57. 



618 



welche, seligsten Hmtfors, sich in diesem Zhiiberwalde 
versammeln , ihre Tragödie so probire*. Puck, der 
neckende Elfe , kommt dazu $ von da bis an das Ende 
des Actes ist der Dialog mit Musik durchweht, aber durch- 
aus auf die discretesle Weise, nie lästig deckend, oder 
den Fortgang hemmend. Gar geistreiche und launige Züge 
würden hier zu bemerken sein, wenn man auf das Ein- 
zelne eingeben wollte. Nur der Huldigung, welche die 
kleinen dienenden Geisler dem eselskopfigen Zettel, dem 
Geliebten ihrer hoben Gebielerin, darzubringen haben, 
der Trompetenfanfare im niedlichsten Zweifassregister sei 
bier, als eines höchst possirlicben Stückebens, Erwäh- 
nung gethan. 

Der nächste Zwisefaenact, ein gesangvolles, sommer- 
nachtswarmes Notturno, mit Hörnerklang in Edur, ist 
, wieder eins von den in ihrer innern Harmonie und künst- 
lerisch gleichmässigen Vollendung durchgängig befriedi- 
genden Musikstücken, wie wir sie in Mendelssobn's Com- 
nositiftnen der späteren Zeil vorzugsweise zu hören be- 
kommen und so gern boren. Unter diese haben wir alle 
drei bisher genannten Zwischenaole zn rechnen. 

Gewiss ist die Ouvertüre ein Musikstück, das die 
grosse Beliebtheil, die es erlangt bat und in der es sich 
zu erhallen wissen wird , durch seine Frische und rei- 
zende Eigentümlichkeit im vollsten Maasse verdient. Es 
ist ein liebenswürdiges Jugend werk, das mit seiner Ju- 
gend schon die Herzen gewinnt und fesselt. Wir dürfen 
aber die vollendetere künstlerische Reife und Ebenheit 
der später componirten Sätze grösseren Dmfanges, wie 
die hier genannten Zwiscbenacte , darüber nicht verken- 
nen, und werden anerkennen müssen, dass» wenn dort 
der Jüngling, bier der Mann schuf, dass, wenn dort der 
reiche Zufluss von Gedanken vorwaltet, bier ein bewuss- 
terer Organismus des Gebildes, mehr noch das Denken 
des Gedankens, als dessen blose Unmittelbarkeit, ein In- 
teresse höherer Art für diese späteren Productionen be- 
gründen. Wie wenig Material ist in diesen Sätzen ver- 
wendet ! fast nur ein Motiv lebt und webt in jedem der- 
selben ; aber wie in der Metamorphose der Pflanze Alles 
an dieser nur dasselbe ist, und jeder Moment doch ein 
anders gebildeter, und man sich an der Mannichfaltigkeit 
und dem Beichtbume der Bildung erfreut, und nicht ver- 
langt, dass der Bosenstock auch Lilien trage: so ist auch 
im musikalischen Kunstwerke diese Entwickelung eines le- 
bendigen Keimes, der sich in der Einheit eines Ganzen 
harmonisch mannichfaltig fortbildet, Etwas, dem wir 
ästhetisch einen höheren Werth zusprechen müssen , als 
einer auch auf das Geschickteste vollbrachten Verbindung 
von Gedanken, die, verschiedener Natur, sich wohl wie 
Blumen zu einem Strausse vereinigen lassen, aber nicht, 
wie jene natürliche Entfaltung, zur organwehen Einheit 
der gewachsenen Pflanze gelangen können. Wir werden 
auch dem duftigen Strauss in seiner bunten Farbenpracht 
unsere Liebe nicht versagen, und der feinsinnigen Hand, 
die so verständig und mit so vielem Geschmacke die Blu- 
men zu binden wusste; — das bier Gesagte kann nur 
den Unterschied des Früheren oder Späteren bezeichnen 
wollen. Auch ist die Aufgabe nicht zu verkennen: die 
Ouvertüre hat das ganze Stück zum Inhalte, mit seinen 
so. verschiedenen Elementen , die alle aufgenommen und 



| in einem Bilde dargestellt sein wollten. Die späteren 
Musikstücke dagegen scbliessen sich einzelnen besonde- 
ren Situationen an , und konnten auch darum schon sich 
mehr einer durchgehenden Grundempfindung hingeben, 
oder wo Gegensätze da sind, da sie innerer Natur sind, 
sie zur Einheit bringen. Dort würde, bei so gutem Ge- 
lingen des Geleisteten, überhaupt lieber von der musika- 
lisch ästhetischen Berechtigung der Gattung zu sprechen 
sein, in welcher auch die beste Gomposition nicht durch 
sich selbst vollkommen verslanden werden kann und einer 
Erklärung durch etwas Anderes bedarf; — wie diese 
Ouvertüre, mit ihrem Geistergelispel, dem Jagdgetön, dem 
grotesk -derben Bergamaskertanz., nur Dem, der Shakes- 

Cear's Sommernachtslraum kennt, sich zu einem Gesammt- 
ilde vollständig wird vereinigen können. ' 

Den Hauptmotiven der Ouvertüre begegnen wir durch 
den ganzen Verlauf des Stückes mehrfach wieder, und 
finden sie in der Bedeutung bestätigt, die sich ohne die 
Scene allein musikalisch schon kenntlich genug in ihnen 
kund gegeben hatte. So erklingen im Melodram des vier- 
ten Actes des Theseos Jagdhörner in einem Satze, den 
wir aus der Ouvertüre kennen. So der Bergamaskertanz 
im fünften Acte. Das Elfengelispel der Ouvertüre durch- 
zieht manche der Elfenscenen und schliesst mit dem zu- 
tretenden Elfenchore auch das Stück. 

Ein Hochzeitmarsch, zuerst als letzter Zwischenakt 
die Festlichkeiten der Vermählung des herzoglichen und 
der beiden Hofpaare einleitend, dann im fünften Acte beim 
Abzug dieser Paare wiederholt, kann als ein Musterstück , 
dieser Gattung gelten. Der pompöse Gharacter, öftere 
Wiederkehr derselben leicht zu fassenden Strophen und 
Vermeidung alles musikalisch complicirten und gedrängten 
Inhaltes , eignen ihn ganz dazu, eine Theaterscbauscene 
zu begleiten, bei welcher durch' Schaugepränge die Auf- 
merksamkeit angezogen wird und nicht zu sehr durch 
selbständige Musik in Anspruch genommen werden darf. 
Die lebhafte Auffassung der seenisefaen Situation bat auch 
hier ein Musikstück bester Wirkohg entstehen lassen. 

Noch einen Marsch, eine Marcia fonebre, lässt die 
Scene folgen, ein Stück von höchst amüsanter Trübselig- 
keit, wie die ganze Vorstellung „vom grausamen Tode des 
Pyramus und der Tbisbe," welcher er zugehört. Dieser 
Trauermarsch beklagt mit einer Clarinette, einem Fagott 
und einer Pauke in jammervollster Selbstrührung den tragi- 
schen Hintritt des unvergleichlichen Paares. Der Bauern- 
taua besebliesst sodann das Festspiel, der EJfeocbor, mit 
dem Eingangssatze der Ouvertore verbunden, das Stück. 
In den lang und leise austönenden ScMussaceorden der 
Ouvertüre verklingen die letzten Worte dieser traumhaf- 
ten, durch MendeJssohn's schöne Musik auch für uns zn 
soeniseber Darstellung erweckten Dichtung. — n. 



Nachrichten. 



«T. G. v. Herder 9 » Sacularfeier durch die 

Liedertafel in Weimar. 

Der 35. August, der Tag, der einst vor hundert iah* 
reu den grössten Genius, dessen sieb Deutsehland im vo- 



619 



1844. September. No. 57. 



610 



rigen SSeulna und zu Anfange des gegenwärtigen zu rüh- 
men hatte, in'a Lehen führte , wurde von der .^hiesigen 
Liedertafel durch ein glänzendes Festmahl begangen, an 
welchem, ausser den Mitgliedern derselben, viele unse- 
rer ausgezeichnetsten Staatsmänner, Gelehrten und Künst- 
ler, so wie auch mehrere Fremde, vorzüglich aus Jena, 
Theil nahmen. Der Stifter der Liedertafel, Herr Geheimer- 
Regiernngsralb Schmidt, der musikalischen Welt längst 
rühmlich bekannt durch jene ausgezeichneten Sonette, 
durch welche zuerst in wahrhaft genialer, immer noch 
unübertroffener Weise das poetische Verständnis* der Beet- 
hoven sehen Symphonieen eröffnet wurde, so wie durch 
verschiedene höchst gelungene Versuche, Beethovenscbe 
Inslrumentalsätze durch untergelegte Texte in Gesang- 
stücke umzuwandeln (gedruckt erschienen bei Breitkopf 
und Härtel), war der Hauptordner und zugleich Redner 
des Festes, welches auch durch geistreiche Vorträge des 
Herrn Geheimen - Ratbes v. Müller und des Herrn Gehei- 
men -Referendarius Stichlingf Herder** würdigen Enkels, 
noch besonders verherrlicht wurde. 

Die deutschen und lateinischen Gedichte, jene theils 
von dem Gefeierten selbst, tbeils von dem Herrn Fest- 
ordner, diese von Herrn Geheimen -Hofrath Eichstädt in 
Jena nnd dem Herrn Consistorialrathe Gernhardt ver- 
fosst, und von den Herren Musikdirectoren Häser nnd 
Eberwein, Hofschanspieler und Regisseur Genast und Hof- 
pianisten Montag, dem Dirigenten der Liedertafel, compo- 
nirt, halten sich, bei trefflichem Vortrage, eines so leb- 
haften Beifalls zu erfreuen, dass mehrere derselben, auf 
allgemeines Ersuchen, wiederholt wurden. Die anmutbs- 
volle, metallreiche Stimme unserer Kammersängerin Fräul. 
t>. Ottenburg, und in besonderem Maasse der noch im- 
mer vollendet schöne Gesang unseres berühmten Stro- 
meyer (Oberdirector) , welcher durch den Vortrag meh- 
rerer Sologesänge einen in der Tbat seltenen, ausgezeich- 
neten Genuss bereitete, wie er denn fortwährend die 
Hauptzierde der Liedertafel ist, halte sich der wärmsten 
Anerkennung zu erfreuen. 

Eine interessante Festüberraschung für die anwesen- 
den Verehrer Beethoven 9 * war die überaus glücklich ge- 
lungene Weise, in welcher Herr Gebeimer - Regierungsralh 
Schmidt einen Theil des zweiten Satzes aus der Ddur- 
Svwpbonie jenes Meisters, durch untergelegten Text, in 
einen Festgesang verwandelt hatte. Auch die entschie- 
densten Feinde solcher Operationen, welche durchaus 
nicht wollen, .dass man der Instrumentalmusik mit einer 
Interpretation oder einem Textesworte zu nahe komme, 
dürften hier des Irrthumes überführt worden sein. Es 
wäre sehr zu wünschen, dass jener Festgesang durch den 
Druck weiter verbreitet würde, wozu sich vielleicht das 
von dem Herrn Verfasser redigirte Herder- Album eignen 
dürfte, welches, ausgestaltet mit dem interessanten Brief- 
wechsel zwischen der Herzogin Amalie, dem Grossher- 
zog Carl August und v. Herder, mit mehreren noch 
ungedruckten Schriften desselben, mit noch nicht veröf- 
fentlichten Briefen Klopstock's und Winkelmanns , so 
wie mit Beiträgen von mehr als zwanzig noch lebenden 
einheimischen und fremden Gelehrten und Dichtern, zur 
Miehaelismesse in der Frommann'schen Buchhandlung in 
Jena erscheinen nnd in einer umfassenden Abhandlung 



über Herde?* Verdienste um die Aesthetik und Geschichte 
der Mnsik auch den Freunden der Tonkunst manches 
Interessante bieten wird, während es sich den Verehrern 
Herder** noch ganz besonders durch den Umstand anem- 
püehlt, dass der Ertrag desselben zur Errichtung eines 
Gebäudes für das von jenem grossen Manne begründete 
Schullehrerseminar bestimmt ist. Dass sich übrigens die- 
ses schöne, bedeutungsvolle, in jeder Beziehung trefflieh 
geordnete und ausgestattete Fest, welches im geschmack- 
voll decorirten Saale des schön gelegenen Sommerlocals 
der Erbolungsgesellschaft gefeiert wurde und durch die 
warmpatriotische, auch in einem besonderen, kräftigen 
Wiegenliede sich aussprechende Tbeilnahme an der jüngst 
erlebten Vaterfreude unseres geliebten Erbgrossherzocs 
noch reichere Belebtheit gewann, von Seiten der Theü- 
nebmenden der eifrigsten Anerkennung zu erfreuen hatte, 
bedarf wohl kaum einer besonderen Erwähnung. Der Herr 
Ordner desselben, so wie die verehrlicben Herren Vor- 
steher, Dichter, Gomponisten und sonstigen Mitglieder der 
Liedertafel haben sich durch Veranstaltung und reiche 
Ausstattung dieser herrlichen Säcularfeier alle Verehrer 
von Herde?* unsterblichem Genius zu wärmstem Danke 
verpflichtet. 



Feuilleton. 



Der dritte Theil der Compositionslehre von A. B. Mar* ist 
anter der Presse. Er enthält die Lehre von der Ciavier- and rei- 
D6D Gesangcomposition nnd die dahin gehörigeil Formen der Rtude, 
Variation, des Rondo, der Sonate, des Recitativs, die MoteUcn- 
nnd andere Chorformen u. s. w. 



Herr Hummel, Sohn des Gapellmeisters, bisher in Weimar pri- 
vatisireud, folgt einem Rufe nach Augsburg als Musikdireetor der 
dasigen Oper. 

Heinrich Neeb in Frankfurt, von dem bekanntlich schon meh- 
rere Opern herrühren, schreibt an einer neuen: Marsilla, deren 
Stoff aus dem Befreiungskriege entnommen ist. — Kalliwoda ist 
ebenfalls mit der Gomposition einer romantischen Oper beschäftigt: 
„Die Braut auf Matavai oder die Südseefahrer.' * Das Bach ist 
(Opus poslhumum) von Friedrieh Kind, 



Am 7. August fand in Niederrad bei Frankfurt am Main unter 
der Leitung des Directors der dasigen Liedertafel Herrn Zoller 
ein SäoKerfest Statt, woran die Gesangvereine von Nieder- und 
Oberrad, Hedderoheim, Isenburg, Griesheim, eioer von Sachsen- 
hausen und die Harmooia von Frankfurt am Main Theil nahmen. 



Die Liedertafel zu Wertbbeim hat Tür den 9. September ein 
grosses Männergesangfcst veranstaltet und zu demselben nicht we- 
nigor als 05 Gesangvereine aus Franken, Schwaben und Sachsen 
eingeladen; zwei Dritttheile davon haben bereits zugesagt and es 
sind über 600 Sänger dazu angemeldet. 



Der germanische Sängerbund zwisehen Deutschland und Flan- 
dern (s. d. BL, S. 660) bat für Ende August eine allgemeine Ver- 
sammlung ausgeschrieben, um die Statuten zu entwerfen. Der 
Band wird abwechselnd in einer deotsehea nnd in einer belgischen 
Stadt Gesungwettkämpfe and Gesangfeste veranstalten. — Die Stif- 
ter des Bundes sind in Deutschland: der Männergesaagverein ia 
Cola , die Liedertafel und die Concordia zu Aachen, in Belgien: 
die Mclomanen nnd der Orpheus zu Gent, die Gombern - Genossen- 
schaft zu Brüssel. 



m 



1844. September. No. 37. 



622 



Von tan auch in diesen Blittera erwftnntcn jungen holliodi- 
sehen Compo nisten Anton Beriyn, Orehesterehef in Amsterdam, 
Würde daselbst unlängst eine Oper: „Renal, der Geist des Feeers," 
■it Beifall aufgeführt; nnr fand man an dem Bache viel auszu- 
setzen. Berhjn hat bereits über 100 Musikstücke herausgegeben, 
nnd wenn sie noch nieht eben sehr erfindungsreich genannt wer- 
den können, so sollen sie sieh doch durch Frische nnd Natürlich- 
keit auszeichnen. 

Eine deutsche Operntruppe hat im südlichen Frankreich schlechte 
Geschäfte gemacht ; in Marseiile werde der Direetör zahlungsun- 
fähig nnd musste seine Gesellschalt entlassen. Einige Mitglieder 
sangen auf der Durchreise in Lyon Munnereböre in Kaffeehäusern! 
— Dabei wird bemerkt, es sei in Frankreich eine selche Abspan- 
nung für das Theater eingetreten, dass msn alle deutschen Opern- 
gesellschaften vor ähnlichen Unternehmungen warnen müsse. Gute 
Singer, welche eine gute französische Aussprache und Gewandt- 
heit in der Stimme haben, könnten eher in Solopartieen grosser 
Opern ihr Glück machen. 



Am 26. Juli wurde in Kiel zum ersten Male gegeben: Sara 
oder die Waise von Glencoe, romantische Oper in drei Aufzügen, 
nach dem Französischen frei von G. v. Rosen, Musik von dem 
Kieler Thcatermusikdirector W. Toll». Sie fand vielen Beifall. 



In Paria haben zwei neue komische Opern gefallen : Der Ball 
des Unterpräfecten , von Boilly; Die vier Hajmooskiader, Buch 
von Leuven und Brunswick, Musik von Baffe, — Noch mehr ge- 
fiel eine alte, neu aufgestutzte Oper von d'Alayrac : Gulistan, neu 
instrumentirt von Adam* Die Oper erschien zum ersten Male 
1804; nn ihrem Buche soll der Herzog von Bassano mitgearbeitet 
haben. Sie wurde damals auch in Deutschland nuf vielen Büh- 
nen gegeben. 



Beethoven 9 * Denkmal kommt, versehiedeaer eingetretener Hin- 
dernisse halber, dienen Herbst in Bonn noch nieht znr Aufstellung; 
nächsten Frühling aber soll die letztere bestimmt erfolgen, nnd 
zwar auf dem Münsterplntze. 

Der als Ciavierspieler und Componist bekannte Dameke ans 
Hannover ist als Musikdireetor am Königsberger Theater ange- 
stellt worden. 

Der Director der grossen Oper in Paris, Leon Pillet, hat der 
Wiener H oft bester- Intendanz den Vorschlag gemacht, wahrend der 
italienischen Ssison die ganze deutsche Oper, Solosänger., Chor, 
Capellmeistcr , Orchester, nach Paris zu nehmen und dafür die 
vollständige grosse Pariser Oper nach Wien zu senden. — Wie 
man versichert, wird der Vorschlag angenommen werden. 

Liszt hält einen Triumphzug durch die Städte des südlichen 
Frankreichs, wobei auch die Armen nicht zu kurz wegkommen; 
so schenkte er in Lyon den dasigen Armen den ganzen Ertrag 
eines Concertes : 5000 Franken. — Thalberg war in Bonlogne snr 
mer. — Döhler bereiste die Rheinländer. 



Die nach Belgien gegangene deutsche Operngesellscfaaft spielte 
in Brüssel mit demselben Beifall wie in Gent; namentlich scheint 
Beethovens Fidelio Aufsehen gemacht zu haben. — Jetzt ist die 
Gesellschaft bereits nnch Deutschland zurückgekehrt. 

Bei der diesjährigen grossen Preisvertheilong im Conservato- 
rium der Musik zu Paris haben %% Zöglinge den ersten , 23 den 
zweiten Preis, und 38 das Accessit erhalten. — Die Pnriser Aca- 
demie der schönen Künste hat ebenfalls ihre Preisvertheilong für 
Componisten gebalten. Dabei erhielten den ersten (den sogenannten 
römischen) Preis Masse" , Schüler von Halevy nnd Zimmermann, 
Arnaud de Vilbach, Schüler von Halevy; den zweiten Hertens, 
Sehüler von Carafa. 



Ankündigungen. 



In der königl. s&chs. Hof - Musikalien - Handlung von C« F. 
9I*MMn? in Dresden ist so eben erschienen: 
Banun4iMlnj, Comtesse nie, Impromptu ponr le Piano. iO Nfcr. 



knmel 9 A», Variationen nnd Polacca brillante über das 
liebte Lied i „Das Alpenborn •« von H. Proch für das Piano- 
forte. Op. 45. Zweite corrigirtc Anflöge. 18 Ngr. 

I*S*melinL, Chi«, Le merle dorc (Die Pierole), Air elegione ponr 
le Piano. 10 Ngr. 

et V* A» krummer, Rondeau passionne precede d'une 

introdnetion ponr le Piano et Violoneelle on Violon. 95 Ngr. 

jPleeMem« F. L» \. t Zwei Lieder mit Begleitung des Piano. 
Op. »6. 7* Ngr. 

Röckkely Eni«; Deux Serenades ponr le Piano. Oe. 11. 10 Ngr. 

Poloaea na Piano -Forte. 5 Ngr. 

SelnunhnCaTt, Fr», Deux Nocturnes ponr le Violon avee aeconp. 
de Piano. Oeuv. 7. No. 1. Amonr secret No. 9. La Sere- 
nade. SO Ngr. 

Vögele*», Valerl», Pensees musieales. No. 1. Lied : „Weil 
ich nicht vergessen kann.*« & Ngr. No. 9. Liedi „Dan Fischer- 
madenen." 7J Ngr. No. 3. Cansonetta. U Rinsprovero. 7± Ngr. 



An die aahlreiehen Snhsershenten versenden wir so eben die 

Dritte Messe von Bernard Hahne 

für 4 Singstimmen, 2 Violinen, Viola (1 Flöte, 2 Clari- 
netleo, 2 Fagotte auch in der ürgeUtimme enthalten), 
2 Hörn (2 Trompeten, Pauken, 3 Posaunen ad libitum), 
Orgel und Contrabaas. In Stimmen. 

g?*P~ Prannmeralions-Preis „Zwei TtiAier" — der Ostern 
184$ eintretende Ladenpreis ist 51 Rthlr. 



Vorstehende Messe ist so eingerichtet, dass sie sowohl im gross- 
artigen Style, als auch mit den beschränktesten Mitteln, mithin in 
jeder Kirche aufgeführt werden kann. Eine Directionsstimme er- 
leichtert die Uebersicbt. Alle bisher über diese Composition lauf 
gewordenen Uriheile stimmen darin überein, dass sie dieselbe als 
ein echtes deutsches Meisterwerk anerkennen. 

Gleichzeitig ist erschienen: 
Hahn, II,, Offertorium: Cantate Domino für 4 Singstimmen, 
9 Violinen, Viola, 9 Oboen, 9 Hörn, 9 Trompeten, Panken ad 
libitum, Orgel nnd Contrabass. In Stimmen Preis 90 Sgr. = 
i Fl. 19 Kr. 
GraduaU : Qui Sedes Domine super Cherubim ; für 4 Sing- 
stimmen, 9 Violinen, Viola, 9 Oboen, 9 Hörn, Orgel und Con- 
trabass. In Stimmen. Preis 15 Sgr. =: 84 Kr. 

Hymnus: „Ptmgc Imgua« für 4 Singstimmen, 9 Violinen, 

Viola, 9 Oboen, Orgel und Contrabass. In Stimmen 90 Sgr. 
= 1 Fl. 19 Kr. 
Alle Musikalien- nnd Buchhandlungen nehmen Bestellungen an. 
F. S. ۥ Leueltuurt in Breslau. 



Gana neu erscheint so eben* 
3» C. IiObe'ft (Greesheraogl. Weimarischen Kammermnsikus) 

Kompositionslehre 

oder umfassende Theorie von der thematischen Arbeit nnd den mo- 
dernen Inslrumentalformen, aus den Werken der besten Meister 
entwickelt nnd durch die mannich&ltigtten Beispiele erklart. Für 
Dilettanten und praktische Musiker, welche ein helleres Ver- 
atandniss der Tonwerke gewinnen wollen; für Kunstjünger als 
vorzügliches Befahigungsmittel au eigenen gediegenen Schöpfun- 

' gen; für Lehrer als Leitfaden bei Privatunterweisung und öf- 
fentlichen Vortrügen. Gross-Quurt, schön ausgestattet und gehef- 
tet. 5*TUr. 



683 



1844. September. No. 57. 



624 



Der Antor hat, wie 4U aas seinem Lehriastitat her? orgegange, 
nem Zöglinge glaazead beweieta, als Lehrer der Kompositiea, 
Komponist »ad Schriftsteller sieb bereits einen weit verbreiteten 
Raf erworben, aad forliegeades Werk, die Fracht fielj übriger Stu- 
dien, erprobt durch überraschende Resultate an seinen Schülern, 
schon ehe er es veröffentlichte, wird ihm keinen Abbrach thaa. 
Die bisher erschienenen Kompositionslehren sind entweder Mos« 
Theorien der Harmonie, oder im bessern Pell, Anleituagea aa Vor- 
ab nagen. Wie man wirkliche Kompositionen hervorbringen könne, 
wird hier zum ersten Mal vollständig, auf eine durchaus neue, ein- 
fache and Jedermann verständliche Weise schriftlich gelehrt , so 
weit das Schaffen eines Kunstwerkes überhaupt gelehrt werden 
kann. Bs fallt demnach die einsige ia der musikalischen Litern- 
tar noch vorhanden gewesene, aber nach Ton dea musikalischen 
Kuastj ungern am Meuten empfuadene Luche vollständig aus. 



Im Verlage der Unterzeichneten werden mit Bigeathamsrecht 



Fran^ois Hunten: 

Les Cbanls d'Jtalie. 6 petites Fantaisies pour le Piano 

Op. 132. Liv. 1 — 3. 
Les trois Bijoox. 3 Fantaisies pour le Piano. Op. 133. 

Liv. 1-3. 

Leinaig, im September 1844. 

BreliU«mf ** Hftrtel. 



Neuigkeiten 

Ton Jg. Mmro>#3k ia Boaa. 

JaVlurlllua masical des jeanes Pianist« , on reeucil d'airs varies, 
Rondolettos, Divert. airs d*Operas, de Ballet«, Walses etc. par 
Adam, Bach, Dejaaet, Herold, H. Hera, Lcvasseur etc. Lit. A 
bis Z. a 75 Gent. , complet 16 Fr. 

lltatta, A., Melodie ehantee par Mario, dam Lacrexia Borgia, 
de Doaiaetti , transcrite pour Vcelle et Piaao. 9 Fr. 

Sellllil, V«, Seena e Ouetto : Ta sciagurato ah! fuggi. — Dn 
Friedensstörer, für Sopran a. Tenor mit Pianoforte. 2 Fr. 50 Ct. 

Bruamlter, €?• T., Od. 46. No. I. Le Postillon de Lonjn- 
meau. 2) Lucrezia Borgia. 5) Elisire d*amore. 4) Zampa. 5) 
Soaaambnla. 6) Lucin de Lommermoor. 7) La Alle du Regi- 
ment. 8) I Montecchi e Capulctti. 9) Linda di Chamo a nix. iO) 
Le brasseur de Preston. II) La fille da Regiment. IS) I Puri- 
ta ei. i& Pet. Roodeaux tar des thämes fav. franc. et itnlicns ä 
l'usage des eleves avaaces pour Piaao. a 1 Fr. 

— — Op. 57. 520 pet. lindes melodiqnes poar Piaao pour les 
jeanei eleves. 9 Fr. 50 Cent. 

CsnAVlieu, Ch., Premieres Lecons doigtees poar Piano ä I*u- 
tage des Commencans. 3 Fr. 

— — 18 etndes elegantes en forme de preludrs poar Piaao. S Fr. 
CottltTniOBf C., 19 Fantaisies pour Flute seule rar des mo- 

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625 



626 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG- 



Den 18 te * September. 



M 38. 



1844. 



Iensnasitl Ueber Job. Seb. Bach'« Kirchengesänge «ad CiotaUo. (Beschluss.) — Nmekriekteni Aus Strussburg. Wiener Mnstklefceo. 
fbsäisum. _ • - 



Ueber Joh. Seh. Back's Rirchengemnge 
und Canfaten. 

(Beschluss.) 
Darch nachstehenden Verzeichniss wünsche ich zur Vor- 



arbeit dieser Ausgabe alle Besitzer /tacA'scber Cantaten an- 
zuregen, wie ich selbst binnen Kurzem im Stande zu sein 
hoffe, eine bedeutende Fortsetzung desselben bekannt ma- 
chen zu können. Auch erbiete ich mich zu jeder Unter- 
stfitsRsg dieses Unternehmens nach meinen besten Kräften. 



Verzeichniss Bach'scher Choralgesänge mit den ihnen eigenen Texten, und Nachweis der Cantaten, 

in denen sie sich vorfinden lassen. 

Ueberaehriß des Ckaraüi 



Ausgabe 

Becker, 



NeneLeipiig. 



Aus dem Liedes \UnterUegender Text; 



atitt 



Acb Gott aad Herr. 
Acb Gott v. Himmel sieb darein. «. 

b. 
Ach Gott, wie manches Herseieid. 
Acb liebeo Christel seid getrost. 



No. 



Ne. 40. 
», 9« C% 
9i 3* A. 
„ 117. B 
„ 3t. B, 
Unter: Wo 



Acb wie nichtig, aeb wie fluchtig. No. 48. 
Allein «Sott ia der Höh sei Bbr. 
Alleia s« dir, Herr Jose Christ. 
Ais tiefer Notb schrei ich an Sir. 
Christ lag ia Todesbnndeo, 



Christas der uns selig macht, a. 

b 
Der Herr ist mein getreuer Hirt 

DuFriedeasfiirst, Herr JesO Christ, 
Erbalt ans Herr bei deinem Wort. 

Es ist das Heil oos kommen her. o. 

b. 
Freu* dich sehr, o meine Seele, a. 

b. 

e. 

d. 

Fronet eneb ihr Christen alle. 
Gelobet seist da Jesus CbrUt «. 

b. 
Hut da den« Jen dein Aogesiebt. 

46. Jabrgang. 



„ 1». A.< 

„ io. 

„ 16. B< 

„ 74«. A 

„ 74*. B 

„ «1. C. 



„ 60. 



„ 4. A. 

„ 4. B. 

„ 29. A 

„ 29. C. 

„ 29. D. 

„ 29: £• 

„ 8. 

„ SS. A 

„ 53. B. 

„ 79. 



No. 



279. 

3. 

262. 

»7. 

301. 

Gott 
48. 

324. 

13. 

10. 

184. 

Sl. 

198. 

383. 

42. 

72. 

4. 

290. 

29. 

07. 

70. 

282* 

8. 
51. 
160. 
90. 



Dess. Liedes Strophe 4, 

Schau, lieber Gott, wie 
meioe Feind. Str. 1. 
Dess. Liedes Strophe 6. 



dt d? d? 16, 17, 18. 
de d? d? 6. 



Solls ja so sein 



Das wollst du Gott bewah- 
ren rein. 

Dram will ieh weil ieh lebe 
noch. 

Wir wnehen oder schla 
fen ein. 
der Herr niebt bei mir hält. 



Cant. Job elender Mensch, wer 

wird mich erlösen. 
Cant. Seban, lieberGott, wie meine 

Feind. 
Cant. Aeb Gott vom H. sieh darein. 

Cent. Sehen, lieberGott, wie meine 

Feind. 
Cant. Aeb lieben Chr. seid getrost. 



Dess. Lied. Strophe 13. 

Der Herr ist mein ge- 
treuer Hirt. Str. 1. 
Dess. Liedes Strophe 4 

dt d? dt 4. 

dt dt dt 7. 

dt dt dt 1. 
dt d? dt 8. 
dt d? d? 5. 

dt dt dt 1. 
dt dt dt 2. 

dt dt dt 11. 

dt dt dt 12. 

dt dt dt 10. 

Rammt n. laset eneb Je- 
•nm lehren. Str. 6. 
t ? 



t t 

Dess. Iiedec Seraphe 7. 
dt dt dt 7. 
dt dt dt 6. 



Acb wie nichtig sind der 
Menschen Saeten. 



Bbr sei Gott in dem hoch 

sten Thron. 
Ob bei ans ist der Sünde 

viel. 
Wir essen nnn and leben 

wohl. 

hilf, Christus, G. Sohn. 
Gutes und die Barmherzig- 
keit. 



Cant. Ach wie nichtig, nch wie 

fluchtig. 
Cant» Du Hirte Israels. 

Cant. AUein zu dir Herr Jesu Chr. 

Cant. Aas tiefer ftotft schrei ieh su 

dir. 
Cant. Christ lag in Todesbanden. 

{NB. Der Choral steht in E.) 
Possion nach dem Jobannes. 
Passion nach dem Johannes. 
Cant. Der Bert ist mein getr. Hirt. 

Cant. Halt imGed&chtnits J.Christ. 
Cant. Bleibe bei uns. 



er nicht. 

Fr. d. sehr, om.S., n. ver 
giss all Notb a. Qaaal. 

Selig sind, die atos Erbar- 
men. 

Bine Stimme lisnt sieb hS- 



TfetteH3ettiekmsjtedir|M will alle meiae Tage 
klagen. Str. 12. 



NB. Fehlt in der Partitur. 
Bas hat er alles aas getbnn. 
Das hat er alles uns getban . 
Richte dich, Liebste, nach 
mein. Gefallen a. glaube. 



Cant. Wahrlich leb sage Euch. 



Beweis dein Macht u. Herr* < 

Henkelt. 
Die Hoffnung wahrt der« 

rechten Zeit. 
Ob siebs anliess, als wollt] Cant. Bs ist das Heil uns kommen 
her. 
Cant. Liebster Jesu mein Verlan- 



gen: 
Cant. Brleh den Hungrigen dein 

Brod. {NB. in B.) 
Cant. Freue dich efftste Schear. 

(NB. Der Choral steht in A.) 
Cant. Bs ist nichts Gesundes an 

meinem Leibe. 
Cant. Ihr seid Gottes Kinder. 
Cant. Nun komm d. BeidenHeiland. 
Cant. Sehet welch eine Liebe. 
Cant. Selig ist der Mann. 

58 



627 

Ueberschriß des Chorals: 



1844. September. No. 38. 

Ans dem Liede i lOnterh'egetkder Text:\ 



628 



Ausgab*: . 

Becker. NeneLeipiig. 



Entnommen aus: 



HerrjCfaristd r .efogeGotl , sSeha. *• 

Herr Jesu Christ 4a höchstes Gut. 

Herzlich lieb hab ich dlch y o Herr. a. 

b. 
H enliebster Jesu, was hast de ver- 
brochen? a. 



Herzlich thut mich verlangen. 

Ich freue mich io dir. 

Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ. 

Jesu, der do meine Seele. 

Jesu Leiden, Pein und Tod. 



fy>> $7. A. 

„ 87. B, 

„ 70. C. 

„ 66. A 

„ 56. B. 

„ 58. D. 

„ 58. A. 

„ 56. B. 

„ 58. C. 

„ 21. D. 



No. 101. 

303. 

, 294. 
, 58. 

107. 

59. 

, 78. 
, 105. 

111. 

21. 



t? ' 

Dess. Lied, letzte Str. 

d? d? d? 8. 

d? d? d? 1. 

d? d? d? 3. 

d? d? d? 7. 

d? d? d? 1. 
d? d? d? 4. 

d? d? d? 8. 



Befiehl dv deine Wege 
Strophe 5. 
Siehe nnter: O Haupt voll Blut und Wanden 



Ha Herr willst ans erahh- 
*ren. 

Ertb'dt' ans durch deine 
Gate. 

Stärk ans mit deinem Feu- 
ergeist. 



Ach Herr, lass dein lieb 

Bngeleia. 
O grosse Lieb, o Lieb «ho 

alle Massen. 

Wie wnnderbarl. ist doch 

diese Strafe. 
Ach grosser König , gross 

in allen Zeiten. 
Und ob gleich alle Teufel 



iCä* 
{ In 
l Zw 



Jesu meine Freude. 



Jesu nun sei gepreiset. 



In dich hab' ich gehoffet, Herr. 
Komm, heiliger Geist, HerreGott, 

Kommt her zu mir, spricht Gottes 

Sohn. 
Liebster Gott, wann werd' ieh 

sterben. 
MachYmit mir Gott nach dein. Gut. 

Meinen Jesum lass ich nicht, weil. 

Meine Seel' erhebt den Herren. 



No. 61. 

„ 68. 

„ 37>>. 

„ 59. A. 

„ 59. B. 

„ 85. D. 

,, 85* A. 

„ 85. B. 

„ 85. F. 

„ 85. C. 

„ 85. G. 

„ 11. A. 

„ II. C 

„ 72. A 

,. 66. 

„ 46. B. 

„ 43. 

„ 44. B 

„ 113. A. 

„ 95 



No. 60 



71. 

, 297. 

» 83. 

,. 106. 

„ 96. 

„ 138. 

„ 263. 

„ 283. 

„ 324. 

Fehlt. 

„ M- 

„ 118. 

„ 69. 

„ 45. 

.« 43. 

„ 310. 

.. 152. 

„ 358. 



Dess. Liedes Strophe 4. 
d? d? d? 5. 

d? d? d? 12. 

d? d? d? 10. 

d? d? d? 20. 
d? d? d? 6. 

d? d? d? 1. 

d? d* dv 1 und 6. 

d? d? d? 4. 
d? d? d? 2. 

d? d? d? 
d? d? d? 3. 
d? d? d? 2. 

d? d? d? 5. 

? 

Gott Vater sende deinen 

Geist. Strophe 10. 
Dess. Liedes Strophe 5. 

? ? 

d? d? d? 6. 

d? d? d? 10 and 11. 



Wohlan, so will ich mich 

leb lieg im Streit and wi- 
derstreb. 

Herr, ich glaube, hilf mir 
Schwachen. 

Petras, der nicht denkt 
zurück. 

Er nahm alles wohl inAcht. 

Weicht ihr Trauergeister, 



Jesu m. Freude, u. Weieht 

ihr Trauergeister. 
Weg mit allen Schätzen. 
Unter deinen Schirmen. 



Dein ist allein die Ehre. 
Lasst ans d. Jahrvollbrin- 
gen. 
Mir hat die Welt truglich 

gericht't. 
Lass freudiger Geist voll 

Vertraun. 
Der Geist, den Gott den 

Kindern gibt. 
Herrscher über Tod und 

Leben. 
Durch dein Gefa'ngnissGot 

tos Sohn. 
Jesum 1. ich nimmer eicht, 
geh ihm ewig an d. Seiten 
Lob u. Preis sei Gott dem 

Vater. 



Cant. Ihr, die ihr fluch n. Christo 

nennt. 

Omt. .O.WunsVkraH d. Liebe. 
Cant, Jesus nahm zu sich die 

Zwölfe. (Mit figur. Begleit.) 
Cant, Herr Jesu Christdu höchstes 

Gut. 
Cant. Ich liebe den Höchsten mit 

gansem Gemuthe. 
Passion nach dem Jobannes. 

Passion nach dem Johannes. 

Passion nach dem Matthaeus. 

Passion naeh dem Matthaeus. 

Passion nach dem Johaones. 
Cant. Schau, lieber Gott, wie mei- 
ne Feind. 

Cant. Ich freue mich in dir. 
Cant. Ich ruf zu dir, Herr Jesu 
Christ. (Der Choral steht in G.) 
Cant. Jesu, der dn meine Seele. 

Passion nach dem Johannes. 

Passion naeh dem Johaones. 
Cant. Bisher habt ihr Gott gebe- 
ten in meinem Namen. 
Cant. Sehet, welch eine Liebe. 
Motette gleicher Ueberschrift. 

Motette. 

Cant. Jesus schläft, was darf ich 

hoffen. 
Motette (fuefstimmig). 
Cant. Jesu nnn sei gepreiset. 
Cant. Lebe Zion deinen Gott. 



Passien naeh dem Matthaeus. 

Motette: Der Geist hilft a. s. w» 

(Steht in B.) 
Cant. Es ist euch gut, dass ich 

hingehe. 
Cant. Liebster Gott, wann werd 

ich sterben. 
Passion naeh dem Johannes. 

Cant. Meinen Jesum lass ich nicht. 

Cant. Meine Seele erhebt d. Herrn. 



NB. Die Leipziger Ausgeben bei Breitkopf und Hirtel enthalten diesen Choral ganz übereinstimmend mit der Cantate. In 
der Becker'schen Ausgabe findet sich, ausser den Abinderungen in der Gliederung der Tactlheile, ein eingeschalte- 
ter Tsct (der siebente) und eine völlige Umgestaltung des eilften und zwölften Tactes. 



Mit Fried' u. Freud' ich fahr dahin. 
Nun bitten wir den heiligen Geist, 

Nun komm der Heiden Heiland: 

Nun lieget alles unter dir. 
(Melodie : Du Lebensfurst , Herr 
Jesu Christ, dreitheilig.) 
Nnn ruhen alle Wälder. a. 



No. 49. A. 
,, 36. C. 


No. 325. 

„ »7. 


„ 47. A. 


„ 170. 


„ 307. 


,. 345. 


„ 50. A. 


„ «3. 


„ 50. F. 


,► 117. 



Dess. Liedes Strophe 4. 
d? d? d? 3. 



Brist d. Heil u. seligLieht. 

Da süsse Liebe schenk uns 

deine Gunst. 

d? d? d? 8. Lob sei Gott a>m Vater 

g'than 

Da LebeesfuMt Herr Nun lieget alles unter dir. 
Jesu Christ. Str. 4. 



OWett sieh hier 4. Le- 
ben. Strophe 3. 

O Welt sieh hier d. Le- 
ben. Strophe 5. 



Wer hat dich so geschla- 
gen. 
Iehbins, ich sollte bussco. 



Cant. Erfreute Zeit i. neaenBunde. 

Cant. Gott soll allein mein Herze 
haben. 

Cant. Nun komm der Heiden Hei- 
land. (Der Choral steht in H.) 

Cant. Lobet Gott in sein. Reichen. 



Passion nach dem Johannes. 
Passien nach dem Matthseus. 



629 

Uebertekriß des Chorals: 



1844. September. No. 58. 



650 



Ausgabe : 

Becker. 



jIVeueLaipiig. 



Aus dein Hede: 



Unterliegender Tewt 



Entnommen aus: 



Ewigkeit, da Donnerwort. 
Gott, da frommer Gott. 



NB. 



Haupt voll Blut und Wunden, a. 
(Bei Becker unter: Herzlich tbut 
mioh verlangen.) 6. 



No. 50. G 
„ «6. A. 
„ 76. D. 
„ 76. C. 

Die™ mit ] 



No. 355. 
26. 
85. 
312. 



Dess. Lied. Strophe 11, 
d? d? d? 2. 



NB. Fehlt in der Partitur. 

So lang ein Gott im Him- 
mel lebt. 
Gib,dass ich tho milFleiss. 

Dem wir das heilig jetzt. 



Cant. Sie werden euch in den Bann 

thoo. (NB. In d.Caot. in Gmoll.) 

Cent. Ewigkeit, da Donnerwort. 

Cant. Es ist dir gesagt, Mensch, 

was gat ist. 
Cant. Gelobet sei der Herr. 



Gelobet sei der Herr, 
Strophe 5. 
ostramenteo begleitete Bearbeitung weicht, bei grosser Aeholichkeit , doch so sehr von den 
in den beiden Ausgaben bezeichneten ab , dass es fraglich ist , ob sie sich nicht anderweitig unverän- 
dert finden lasse. 



Herre Gott, dein göttlich Wort, 



No. 76. A. 
„ 21. H. 

„ 21. A. 

., 21. E 

„ 21. 1. 

„ 14. 



Siebe anter: Was frag ich nach der Welt. 
Dess. Liedes Strophe 1. 



No. 74. 
„ 80. 
,. 89. 
„ 98. 



Befiehl du deine Wege. 

Strophe 1. 
Dess. Liedes Strophe 9. 



d? d? d? 5 in E, and 
Strophe 6 in Es. 
d? d? d9 7. 



Befiehl da deine Wege. 



Paer natas in Bethlehem. 

Schmücke dich, o liebe Seele. 

Schwing dich auf zu deinem Gott, 

Sei Lob and Ehr dem höchsten Gat. 
(Uoter : Es ist das Heil ans kom- 
men her.) 
Singen wir aus Herzensgrand. 

Valet will ich dir geben. 

Vater unser im Himmelreich, a. 

b. 

c. 
Verleih ans Frieden gnädigUeh. 
Von Gott will ich nicht lassen. 



Wachet anf ruft ans die Summe, 
War Gott nicht mit uns dfese Zeit. 

Was frag ich nach der Welt. 

(Unter : Gott da frommer Gott.) 

Was Gott thut, das ist wohlgethan. 

Was mein Gott will, dasg'scheh' 

allzeit. e. 



Wenn ich einmal soll seh ei- 1 

den. 
Erkenne mich mein Hüter. 
Ich will hierbei dir stehen. 
Herr, ich hoff je, da wer- l 
dest die. 

NB. Der Choral steht eine Quinte höher in D; die durch den Bass zusammengedrängten Mittelstimmen 
sind in den beiden Ausgaben bin and wieder mit einander verwechselt. 



Passion nach dem Matthaeas. 
Passion nach dem Matthaeas. 
Passion nach dem Matthaeas. 



Passion nach dem Matthaeus. 
Cant. Erwünschtes Freudenlicht. 



Welt, Ade, ich bin dein müde. 



No. 12. 


No. 


12. 


„ ». 


99 


22. 


., 105. 


»9 


142. 


„ 4. 0. 


*9 


35«. 


„ 88. 


19 


109. 


„ 14. B. 

„ 47. A. 




108. 
47. 


„ 47. D. 


19 


110. 


„ 47. C. 


>» 


267. 


„ 80. 


»» 


259. 


„ 23''. B. 


99 


191. 


., 140. 




179. 
182. 


„ 7«. A. 


1» 


255. 


„ 62. A. 


99 


65. 


„ 41. B. 


91 


41. 


„ 41. C. 
„ 41- D. 
„ Hl. 


•» 

9* 


115. 
120. 
150. 



Dess. Liedes Strophe 4 
d? d? d? 9. 
d° d? d? 2. 
d? d? d? 4. 

d? d? d? 4 and 6. 

d? d? d? 3. 
d9 d? d? 4. 

So wahr ich lebe spricht 
d.Herr. Str. 2, 6 a. 7 

Nimm von uns, Herr, du 
treuer Gott. Str. 7. 

d? d? d? 9. 

d? d? d? 3. 
d? d? d? 3. 

d? d? d? 1. 

d? d? d9 1. 

Ich hab' in Gottes Herz 

u.Sinn. Str. 10. 
d? d? d? 1. 
d? 4? d9 1. 
d? d? d? 1. 



Die RöVge aus Saba ka- 
m dar. 

Jesu, wahres Brod desLe 
bens. 

Schüttle deinen Kopf and 
sprich. 

Ich rief den Herrn in mei- 
ner Noth. 

Gott hat die Erde zuge- 
richtet. 

In meines Herzens Grande. 

Dein Will gesehen, oGott, 
sogleioh. 

Dies Wort bedenk, o Men- 
schenkind. 

Leit' ans mit deiner rech 
ten Hand. 

Verleih ans Frieden gnä- 
diglieh. 

Das ist des Vaters Wille, 



Gloria sei dir gesungen 
Gott Lob u. Dank der nicht 

zugab. 
Was frag ich nach d. Welt. 



Ei nun mein Gott so fall 1 

ich dir. 
Was mein Gott will. 
Was mein Gott will. 



NB. Dieser Choral ist von Job. Rosenmaller. Siehe CaeeiUa, Heft 91, Seite 183 
Werde munter mein Gemüthe, and 

" . No. 95 



ihr Sinne. 



Wer nar den lieben Gott lässt wal- 
ten, a. 



No. 


84. D. 




84. A. 
84. B. 


» 


64. A. 



„ tti. 

„ 233. 



Dess. JLiedcs Strophe 6. 

d? d? d? 6. 
Jena meiner Seelen 
Wonne. Str. 2. 

Dess. Liedes Strophe 6, 



Bin ich gleich von dir ge- 
wichen. 
Bin ich gleich von d. gew 
Jesu mein Hort «.Erretter. 



Sachen. 



Cant. Die Röo'ge ans Saba. 

Cant. Sehmücke dich, e 1. Seele. 
(NB. Steht in F.) 
Cant. Ihr seid Gottes Rinder. 

Cant. Sei Lob u. Ehr d. höchst. Gut. 



Cant. Es wartet alles auf dich. 

Passion nach dem Johannes. 
Passion naeh dem Johannes. 

Cant. Herr, deine Augen sehen auf 
den Glauben. 

Cant. Es reisset euch ein schreck- 
lich Ende. 

Cant. Am Abend aber desselbigen 
Sabbaths. 

Cant. Herr, wie du willst, so 
sebicks mit mir. (Der Choral 
steht in C.) 

Cant. Waobet anf ruft ans die St. 

Cant. War Gott nicht mit a. d.Zeit. 

Cant, Sehet , welch eine Liebe. 
Cant. Nimm, was dein ist, and 
gehe hin. 

Cant. Die Kön'ge ans Saba. 

Passion naeh dem Matthaens. 
Outf. Ihr werdet weinen v . heulen. 
Cant. Wer weiss wie nahe mir mein 
Ende. 



Cant. Ich armer Mensch, ich Sau- 
den kneeht. 
Passion naeh dem Matthaeas. 
Cant. Mein l. Jesas ist verloren. 



Es sind ja Gott aar leichte C<mf. Siehe ich will viel Fischer 



aaiseadea. 



est 



1844. September. No« 38. 



UeberHhrjfi das Chorals:] ^?*ZtL^\ Am dem Lied* 



Unter tiefender Text 



Wie schön leoehf ■Bsderhforfon- 

stern, voll Gnnd'. 
Wir Christeabut'. * 

Zeaeh «in za deinen Theren. 
Junten Helft m. Gott's Gite preis.) 



No, 64. E. 
„ 77. C. 

„ 57, B. 

„ 57. A. 



No. 33*. 

„ 3*3. 

„ 63. 
„ 321. 
,. 23. 



leb armer Moosen, ich 

armer Sünder. Str.l. 

Do«. LiedeiStren ho 4 

d* d? d* 5. 
d? d? d? 1. 
49 d? d? 1. 



leb 



Nachrichten. 

Strasburg. Theater. Wir haben unsern Bericht 
über die Operngeselbchaft und ihre Leistungen während 
des Theaferjabre* 1843 — 1844 lange verschieben näs- 
sen» da diese Gesellschaft, unter der Direclioo des Herrn 
Provence, sich erst gegen das Ende dieses Jahres consti- 
tniren konnte. Bekanntlich sind in Frankreich den Auf- 
tretenden drei Debüts gestattet ; bestehen sie darin nicht» 
so sind die Contracte gebrochen. Demnach trat ah erster 
Tenorist für die grosse Oper Herr Verneuü auf, der be- 
reits, in seinem zweiten Debüt durchfiel ; ihm folgte nach 
einem langen Zwischenraum ein Herr Rekaers, der aber 
schon in der ersten Vorstellung fiel. Er wurde durch 
«inen Herrn Massen ersetzt, weicher, bei einem unan- 
genehmen Acussern, nicht ohne gute Eigenschaften als 
bänger war; allein auch er wurde nicht angenommen. 
Diesem folgte *in Harr Sambet, welcher das Schicksal 
seiner drei Vorgänger theilte. Endlich des fangen Wech- 
seins müde, behielt man den fünften Debütanten Herrn 
Maurin, einen Anfänger aus dem Conservatorium von 
Lyon, dessen frische angenehme Stimme sich jedoch zum 
Bariton hinneigt; mit ihm war beinahe das -Ende des Tbea- 
terjahres herbeigekommen. Als erster Tenorist für die 
komische Oper fand Herr Labrvyere verdienten Beifall. 
Als Bassisten waren die Herren Estor, mit schöner 
Stimme, unmusikalisch, Jourdheuil, kräftig, aber häufig 
detonirend, und Petit als Bassbuffo engagirt Ab erste 
Sängerin war Mad. Benovf Dubreuil vom vorigen Jahre 
beibehalten; eine als Bouladensingerin engagirte Elisa 
Dubreil fiel und wurde durch Mad. Saint- Ange, eine 
vorzügliche Sängerin, ersetzt. Ausser dem gewöhnlichen 
alten Opernrepertoir waren: „La part du diabte" und 
„Scaramouehe" die einzigen neuen Opern. — Auf die 
Directioa des Herrn Provence folgte für 1844 — 1845 
die gegenwärtige des Herrn Amable Böige genannt Mu- 
t&e, welcher die Bühne am 11. Juni mit der Oper: „La 
Favorite" eröffnete. Sein Opernpersonal scheint gegenwär- 
tig» nachdem mehrere Mitglieder nicht angenommen wor- 
den, definitiv ooastituirt zu sein. Die obengenannte erste 
Rouladenslngerin Saint - Ange ist das einzige beibehal- 
tene Mitglied der vorhergehenden Gesellschaft; ihre Ver- 
dienste und ihr geschmackvoller Vortrag werden immer 
mehr gewürdigt. AI* erste Singerin ohne Rouladen ist 
Dem. Begrez eqgegirt; ab Anfängerin von neunzehn 
Jahren verspricht sie viel für die Zukunft; ab zweite 
Sängerin ist Mad. Perron , früher hier ab Mad. Derüt- 
ger y ausgezeichnet; auch ist Mad. Capelli, als dritte, nicht 
ebne Verdienst. Herr Giraud, erster Tenorist* distooirt 
nicht selten; an die Steile des ersten leichten Tenoristen 



Von Gott keamt mir 

Freudeascfaeia. 
Hallelniah, gelobt seiGott. 
Wir Christenleut. 
Zeaeh ein in deinen Tho- 



Cant. Hüte dich, dato deine Got- 
tesfurcht. 

EneaaJbt ihr Lieder. 



der Cant 



ren. 



Cant. Unser Maad sei roll Lachen. 
Cant. Ihr seid Gottes Rinder. 
Cant. Gottlob, nnn geht das Jahr 
zn Ende. 



Abel ist ein Herr Mörtel mit Beifall getreten. Ab zwei- 
ter Tenorist bat Herjr Foignet viele Vorzüge; Herr Por- 
tehaut als Bariton ist an Stimme und Vortrag ausge- 
zeichnet. Herr Dowehe, kräftiger tiefer Base , erreicht 
eben mit Mühe das a. Herr rarin ist ab zweiter und 
ah Bassbuffo von früheren Zeiten schon vorteilhaft be- 
kannt. Von neuen Opern kamen bis jetzt keine zur Auf- 
führung. 

Concerte. Seit unserm letzten Bericht sind Privat- 
nnd öffentliche Concerte häufig auf einander gefolgt Un- 
ter den enteren zeichnen sich diejenigen bei den Herren 
Berg, Jauch und Leybach, sowohl durch gehaltvolle 
Composilionen, ab durch tüchtige Schüler aus; Mos Letz- 
te vr spielte selbst, mit stets steigender Fertigkeit und 
Ausbildung auf dem Pianoforte, einen Theil des Trio vm 
May teder, mit Violine und Violoncell, das Duett für 
Pianoforte und Violine von Ralkbrenner, Variationen' von 
Pixis über ein Thema aus dem Barbier,, und dergleichen 
von Osborne und Ernst über ein Thema aus der Niobe. 
Eine in diesen Concerten geborte junge Sängerin, Dem. 
Metzger, ist kürzlich, wegen ihrer wunderschönen Stimme 
und ihrer guten Anlagen , in das Pariser Conservatorium 
aufgenommen worden. — Unter den öffentlichen Concer- 
ten nennen wir das der achtjährigen Louise Scheitel, 
Schülerin des Conservatoriums und der M. CL Loveday; 
sie spielte ausgezeichnet auf dem Pianoforte Compositio- 
nen von Kalkbrenner und Herz; — und das der Alti- 
stin Emma Basse mit Herrn Berhmlter, Cbrinettisten 
zu Stuttgart; Erstere erwarb sich durch ihren muster- 
haften Vortrag mit ihrer vollen, reinen Stimme unge- 
teilten Beifall ; sie musste das mit dem Bassettborn durch 
Herrn Berhalter begleitete Lied von Prochs Schweizer 
Heimweh, da Capo singen. Herr Berhalter zeigte sich 
auf diesem Instrumente, so wie auf der Clarinette, ab 
wahrer Virtuos. Auf dieses Concert folgte das unseres 
ausgezeichneten Geigers Schwaderte, welches die Menge 
anzog und diesmal, durch die erste Mitwirkung seiner 
Gallin, die sich als tüchtige Clavierspielerin zeigte, die 
Neugierde noch mehr cefote* — Am 13. März hatte in 
dem Loeale des Schlosses zum Besten der Armen eine 
musikalische Abendunterbaltnng (ohne Orchester, unrich- 
tig Concert benannt) Statt Zu diesem edlen Zwecke hat- 
ten sich die ausgezeichnetsten Dilettanten und einige 
Künstler bereit finden bssen mitzuwirken, und so wurde 
Folgendes in einem hohen Grade von Vollkommenheit 
und mit lautem Beifalle zu Gehör gebracht: Sextuor (Es) 
von Mayseder durch Herrn Schwaderte; Duett aus der 
Jüdin für zwei Soprane; Variationen yop Pixis über ein 
Thema ans dem Barbier, für Pianoforte; Duett aus der 
Lucrezia von Domzetti für Alt und Tenor; Männerchor 



635 



1844« September. No* 38. 



054 



ohj» faffaUmii Fantasie für die Barie von £l*cJUaift- 
mi, von ihm salbst vorgetragen i Venezia, Nocturne von 
Gambogi für zwei gleiche Stimmen; Teoorarie ans .der 
Jüdin mit Begleitung des englischen Hörne; Andante und 
russisches Rondo van Beriet, durch Herrn Schwaderte; 
Arie von Aartirf für Mezzosopran ; Nocturne von Alary, 
L'ergia, für Ali und Tenor; endlich komische Lieder Ten 
HenHon u, A., Alles mit Clavierbegleitaag. — Am 29. 
Mars wurde ein aweites Conoert in dem Locale der R6n- 
nion des arts veranstaltet aum Besten der Armen der 
Gesellschaft von St. Vincent de Paul, worin Folgendes 
gegeben wurde: Ouvertüre für volles Orchester, gründ- 
lich und effectvoU componirt von Herrn fVackenthuier; 
die Sehnsucht, Basssolo von demselben; dieser liebliche 
Gesang ist in Strassburg im Stich erschienen ; Rondo ei- 
nes CÜavierconcerts von Her», sehr brav gespielt von 
einer Dilettantin ; Bassduett aus Marino Faliero von Do- 
ni*etti, kräftig und mit Ausdrock gesungen von den Her- 
ren Gebrüder Schlosser. Dann wurden die Zuhörer durch 
einen religiösen mehrstimmigen Gesang aus der Ferne, 
mit Begleitung eiuer Pbysharuionica (oben in einem Sei- 
tenzimmer), angenehm überrascht. Die zweite Ablbeilong 
wurde mit der Ouvertüre aus Oberon höchst brillant er- 
öffnet. Herr Schträderle spielte ausgezeichnet die Grab- 
scene aus der Lucia, von Artot für die Violine geschrie- 
ben. Darauf folgte ein Terzett aus der Stradelia von Nte- 
1 dermeyer; Variationen für Pianoforte von Sowinski über 
das Thema der Niobe, ausgezeichnet durch einen Dilet- 
tanten vorgetragen. Den Bescbluss machte die Pregbiera 
aas Moees. — Am 13. April gab Fräul. Henriette Nis- 
sen, die früher schon hier gefeierte Sängerin, Mitglied 
der italienischen Oper zu Paris, Concert, in welchem 
sie Gelegenheit hatte, ihre Kunst in allen Gesanggattun- 
gen zu. zeigen, in dem Recitativ, so wie in dem getrat 
gtnen, religiösen und in dem Bravourgesang ; davon zeu- 
gen die Scene ans dem Barbier, worin sie die gesebmack* 
vollsten Fioriluren anbrachte, die Arie aus Manon Les- 
ceat van Ba(fe> ein Lied von Händel, und ein Tyroler- 
lied von Donüetti. Ferner gab dieses besuchte Concert 
Gelegenheit, mehrere schöne Männercböre, Violinvaria- 
tionen van Mayseder durch Herrn Schwäderle, und ein 
Duo für Pianoforte von Osborne und Beriot, durch Herrn 
Leybach nnd einen Dilettanten, Beide mit wahrer Aus- 
zeichnung und Kunstfertigkeit, zu hören. 

Seit dem Monat Juni bat sich neben der Singacade- 
mie, walobe zwar nur in den Wintermonaten ihr rühm- 
liches Werk verfolgt, ein Instrumentalverein, unter dem 
Namen t Philharmonische Gesellschaft, gebildet. Die städ- 
tische Verwaltung bat das Local in dem Schlosse zu ih- 
rer Verfügang gestellt. Aus dem späteren Zusammenwir- 
ken beider Gesellschaften steht für die Kunst viel Guten 
va hoffen» 

Auch der engere Singverein, unter der Leitung <}es 
Herrn Stern, ermüdet nicht, und hat im Laufe des Win- 
ters eine gelungene Aufführung des Paulus zu Gehör ge- 
bracht, wofür ihm alle Kunstfreunde Dank wissen. 

Earilv* K sei noch, der dreizehnten Generalversamm- 
lung dar Gesellschaft der Hilfscasse für dürftige Künst- 
ler adtoc für deren Wittwen und Waisen gedacht, die am 
28. April Statt hatte, bei welcher Gelegenheit das Sel- 



tner von Mayseder (in Es), und die Symphonie van 
Heydn mit der Paukenintrada (Es) aufgeführt wurden, 
nach vorhergegangener Analyse dieses letztern Werks, 
und den durch Haydn auf die Kunst überhaupt bewirk- 
ten Eindruck, vorgetragen von Herrn C. Berg*. 



Wiener Musikleben. 

Endlich ist es ruhig, d. b. deutsche Oper gewor- 
den.. Fast bis zum Schlüsse der italienischen TbeaUrwon- 
nen sab man im entwichenen Mosikhalbjahre den Wald 
vor lauter Bäumen nicht, oder man hörte vor lauter Mu- 
sik keine Musik mehr. Es floss Alles in einander, gleich 
tönenden Luftschichten, und nur Wenigen war es ge- 
gönnt, hoch über denselben das Element zu beherrschen. 
Ich will es versuchen, diesen nun verklungenea Wirr- 
warr zu siebten, zu ordnen, und das» was für die hie- 
sigen Kunstzustände von einiger Bedeutung ist, als local- 
geschichtliche Anhaltspuncte fiir diese alle Musikinterea- 
sen unparteiisch beleuchtenden Blätter niederzuschreiben. 

Theater. — Mehr als gewöhnlich entwickelte das- 
selbe im Laufe dieses Jahres das Streben, dem deutschen 
Repertoir einen nützlichen Zuwachs zu verschaffen; doch 
ist es ibm nie weniger gelungen» als gerade diesmal. 
Es fehlt noch immer der kräftig -beredte Anwalt unter 
den lebenden Componisten, welcher der nationeilen Sache 
ihr Gewicht, jbre Vorrechte, ihren Einfluss zu vindici- 
ren vermöchte. In irgend einem Puncte sind alle unsere 
Comionisten zu undeutsch, entweder in der Kräftigkeit 
des Wollen*, oder in der künstlerischen Schlichtheit, oder 
im erfinderischen Geiste; in nichts sind sie dagegen d&- 
eidirter, als in der Undecidirtbeit. Dieses Hinzen der Er- 
mattung mit der Scböpfuagslost , des Nationalsinnes mit 
dem Fremdprincipe , des Alten mit dem Neuen erzeugt 
jene Unbestimmtheit und Leere, welche uns die ganze 
neudeutsche Opernmusik als in der Uebergangsperiode 
begriffen erscheinen lässt. Kein Wunder, wenn das Pu- 
blicum diesen Uebergangsprocess so gut erkennt, als den 
Mangel an Zuversicht, den die Autoren ein Mal über das 
andere deutlich genug herausstellen, r wodurch das Ver- 
trauen zu ihren Werken nicht wenig geschwächt wird. 
Man greift lieber zu dem Fremden , das wenigstens in 
seiner Art ausgesprochen, als zu dem Einheimischen, 
worüber die öffentliche Meinnng nie recht in's Beine kom- 
men kann. Umgekehrt wirkt diese Zweifelsucht des Pur 
blicums natürlich wieder auf die schaffenden Kräfte nach- 
theilig zurück, entmnlhigt, macht irre in der Wahl der 
Mittel, confiindirt die Schreibart u. s. w. — Publicum 
uqd Autoren treiben sich dermaassen unbehaglich in einem 
Kreise herum, in welchem es an einem eigentlichen Mit- 
teipunete, nämlich dem nentralisirendea Focus des Ge- 
nies, fehlt, das alle Radien des Fortschrittes, der neue* 
ren Kuostanschauungpn nnd Zustände in sieb vereinigt, 
mM als glpt,- up4 lichtvolle Strahlen einer neuen deut* 
sehe» Opernkunst geläutert zurückgibt. Es wird übri- 
gens zuweilen recht artig experimentiert und das deutr 
sehe Publicum klatscht dazu. So soll,, wie uns erzahlt, 
wird, Lindpüjnßner einen guten Wurf mit seiner „Ves- 
per" gethan. haben nnd W r qgner auf 4em Wege, sein,. 



635 



1844. September. No. 38. 



656 



4ffr erlisten deutschen Oper aufzuhelfen. Wir wünschen 
es herrlich, werdend aber erst dann glauben, wenn wir 
gebort haben. — 

Erfreulieb ist die Beobachtung, dass in der abgelau- 
fenen Wiener Musiksaison die öffentliche Theilnabme sieh 
im Ganzen eher dem Besseren, als der Flitterkunst zu- 
gewendet hat, mit Ausnahme eines einzigen Claviertromm- 
lers, der das Glücfc. hatte, in die Mode zu kommen, und 
Ton deren nichtigem Throne herab Kunstoffenbarungen 
laut werden liess, die nur für musikalisch Ungebildete 
berechnet sein konnten. Das Publicum, das in diesem Vir- 
tuosen seinen Baal verehrte, ist übrigens zum Glucke 
für die gute Sacbe ein ganz anderes, als dasjenige, wel- 
ches Beethoven 9 * Pindargesängen mit fast schwärmeri- 
schem Entzücken lauscht. Es bildet hier, wie überall, ei- 
nen eigenen Staat im Staate- des Geschmackes , der je- 
doch dem Guten einzig und allein nur in lucrativer Be- 
ziehung zu schaden vermag. Seine Meinung ist übrigens 
entscheidend, d. h. es ist Alles gut, was ihm missfallt, 
und daran ist es eben am Meisten kenntlich, dass es viel 
Lärmen um Nichts macht. — Selbst im Opernhause hat 
Mozart das Uebergewicht behauptet, und sein ,, Don 
Juan," seine ,, Hochzeit des Figaro" — freilich mit So- 
pranen, wie die Lutzer, Hasselt und Heinefetter be- 
setzt — überschütteten das Publicum mit Gold - , die Di- 
rection mit Silberklängen, während die modernen Novi- 
täten, obgleich mit empfehlender Wichtigkeit und wich- 
tigen Empfehlungen annoncirt, introducirt und reclamirt, 
Zuhörer, Bänke und Casse feierlichst leer gelassen haben. 

Den Reigen der Novitäten eröffnete Halevys „Guido 
und Ginevra" mit Er!, der Lutzer und StaudigL Die- 
ses Werk kam eigentlich schon post festum. Die Zeit, 
die sich an derlei wollüstigen Poltern ergötzte, dünkt 
uns vorüber zu sein, und selbst der Haut-goüt der Fran*» 
zosen scheint sich in neuester Zeit nach auderen Gerich- 
ten zu sehnen. Einige von den Localverhältnissen be- 
dingte, unwesentliche Abänderungen weggerechnet, wi- 
derfuhr der Ausführung dieses Werkes ihr volles Recht. 
Allein man wollte sich mit der geschickten Instrumen- 
tation und der interessanten Harmonisirung nicht begnü- 
gen, lobte die erste Arie Guido's, die Scene Ginevra's 
in der Gruft, fand aber die Musik steif, gesangleer, ge- 
nielos, das Buch verschroben, effeethungrig , Beides un- 
erquicklich und zur Dauer nicht geeignet. — Die zweite 
Neuigkeit, wenn man alte Geschichten mit einigen notis 
variorum so nennen will, war die mit vieler Neugierde 
erwartete Nicolaf sehe Oper. Sie verdient ganz richtig 
insofern eine deutsche genannt zu werden, als sie in der 
deutschen Saison gegeben, von deutschen Sängern aus- 
geführt und in deutscher Sprache gesungen wurde. Im 
Uebrigen ist sie von dem Gipfel des deutschen Helicons 
eben so weit entfernt, als die lockeren Producte des Sü- 
dens von den poesievollen musikalischen Dichtungen ächt- 
deutscher Meister es sind. Eine wirklich unglückliebe 
Idee Nicolai'* muss man es nennen, den n Italien fast 
todt in die Welt gesetzten „Proscritto ,*< wenn auch in 
Text und Musik vermehrt, vermindert, umgearbeitet, lo- 
calisirt, einem deutseben Publicum als ,,neue deutsche 
Oper" aufzutischen. Ein nationales Werk muss aus na- 
tionaler Anschauung und Gefühlweise hervorgehen, mit 



edler Begeisterung einen damit übereinstimmenden Stoff 
behandeln und die musikalische Einkleidung muss die hö- 
here künstlerische Schönheit, weihevoll, nationeil und in 
gelästerten Formen ausgesprochen, «dm Zwecke haben, 
sonst — leb' wohl, deutsche Composition l Wir haben von 
allem dem in der „Heimkehr des Verbannten" nur sehr 
springe Spuren entdecken können, dafür aber desto mehr 
Willkür, Altneues, Mischmasch mit ziemlich viel Präten- 
sion ausstaffirt. An Talent, vorzüglich an reprodueiren- 
dem, fehlt es Nicolai nicht, gelernt hat er was Rech- 
tes, das Vocale, die Instrumentation und den Theateref- 
feet kennt er ebenfalls. Mit diesen Eigenschaften und 
einer besseren Wahl im Texte bitte sich allerdings etwas 
Würdigeres zu Stande bringen lassen, allein dazu fehlt 
es ihm an künstlerischer Energie, an feststehender Ge- 
sinnung, an ausdauernder Arbeitslust, wenigstens was 
die Oper betrifft. Nicht zu übersehen ist auch die Ge- 
haltlosigkeit des italienisch geformten Opernbnches, dem- 
zufolge der Held des Stückes als rechtmässiger Gatte und 
Schlossbesitzer in seiner eigenen Behausung seinem Ri- 
valen gegenüber durch volle drei Acte Verstecken spielt, 
seine Gattin dessen Erzfeind, der den grossmulbigen 
Hausherrn macht, heiralhet, und die Geschichte damit 
endet, dass Jene — um einmal etwas Neues zu brin- 
gen — nach Absingung einer Preghiera eine Dosis Ar- 
senik nimmt, was natürlich binreissend wirkt und wobei 
sich beide Bivale zärtlich umarmen. — Der erste Act ist 
fast Note für Note italienisch. Der zweite und gelun- 
genste enthält ein theilweise deutsch geschriebenes Duett 
für Tenor und Bass, einen schön gearbeiteten Quintett- 
canon und eine episodische Mänuergesangscene, von einer 
Tenorromanze durchkreuzt , welche vielen rhythmischen 
und harmonischen Wechsel bietet und scenischen Effect 
macht. Im dritten Acte tritt ein sehr gedehntes Duett 
zwischen Sopran und Bass durch characteristische Hal- 
tung hervor. Ein kurzes, wirksames Terzett besehliesst 
das Ganze. — Die Hauptpartieen dieses mit schönen, wenn 
auch nicht neuen Gesangeffecien ausgestatteten Werkes 
sind. Sopran — die Hasselt- Barth , Tenor — Erl, und 
Bass — Staudigl. Die Prima Donna entwickelte zu we- 
nig leidenschaftliche Kraft; das ist überhaupt nicht die 
Sache dieser bei allen sonstigen Vorzügen steifen, küh- 
len, berechnenden Sängerin. Erl, Titelrolle, fehlt es an 
künstlerischer Umsiebt und an Energie des Gesanges, um 
eine iu der Handlung unvortheilbafl gestellte Person be- 
deutungsvoller zu machen. So blieb denn nur Staudigl 
übrig, der in der That Vollkommenes lieferte. Uebrigens 
war die Ausführung musikalischerseits exaet und der 
Demi-succ&s wahrlich nicht die Schuld der Sänger. 

Nicolai liebt die Sensationen. Er versuchte es, den 
Italienern mit deutscher Harmonik, den Deutseben mit ita- 
lienischer Melodik zu imponiren , am Ende jedoch wis- 
sen ihm weder die Einen, noch die Andern Dank dafür. 
Besser ist ihm jene Inclination bei den mit Eclat aufge- 
nommenen ,, Philharmonischen Concerten" gelungen. Hier 
concentrirt sich seine ganze künstlerische Potenz, und 
Verständniss, Dirigentengeist, Eifer stehen hier in gera- 
dem Verhältnisse zu den grossartigen Wirkungen, die 
durch diese Aufführungen erzielt werden. Wir schätzen 
aufrichtig das, was an Herrn Nicolai zu schätzen ist, 



637 



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838 



und wissen, durch das Anhören mancher seiner übrigen 
Arbeiten belehrt, dass er etwas der an einen deutschen 
Componisten zu machenden Anforderungen Würdigeres 
zu stände bringen könnte; eben deshalb baben wir, nach 
reiflicher und gewissenhafter Prüfung, unser Ortheil eher 
streng, als nachsichtig ausgesprochen. 

Somit lieferten uns die bisherigen Novitäten eine 
französisch -deutsche und eine italienisch -deutsche Oper; 
nun fehlte nur noch eine englisch -deutsche. Auch diese 
fand sich in der dritten und letzten Novität unter fem 
Titel: „Pasqual Bruno," eine romantische Oper in drei 
Acten von dem Engländer John X. Hatten, welche Zwei- 
fel erregte, ob sie sehr wenig oder gar nicht gefallen 
solle. Die Handlung ist auf Engländer berechnet, welche 
Italien ohne Fra Diavolo's sich nicht vorstellen können 
und gern hinter jedem Baumstamme einen Banditen wäh- 
nen, der auf Pfunde, Diamanten, Lady 's und Losegelder 
lauert. Dieser Pasqual — von Hause aus Edelmann — 
ist übrigens eine sehr unschuldige Räuberseele, bei der 
es sich, lediglich um Geltendmachung seiner Rechte auf 
Therese, in Diensten der Vicekönigin, handelt. Diese — 
Sopran, ein Vicekönig— Bass, und ein Nebenbräuligam 
— Tenor — bilden die Stützen einer eben so langwei- 
ligen, als abgeschmackten Handlung, die mit der feierli- 
chen Verlobung des amneslirten Räubers mit Therese 
endet und zum Deberflusse so schlechte Verse enthält, 
als die schlechte Ueberselzung eines schlechten Originals 
nur immer zu bieten vermag. Der Componist, von un- 
senn wackern Staudigl während dessen vorjährigen Au- 
fenthaltes in London unter seine einflussreiche Künstler- 
pro teciion genommen, ist ein Mann von mittleren Jahren, 
vielen gründlichen Studien und ungewöhnlichem Parlitnr- 
gedächtniss. Letzteres erprobte sich in diesem Werke 
weniger an französischen und italienischen, als an deut- 
schen Meistern, deren verschiedenartiger Styl mit fast 
gewissenhafter Treue wiedergegeben ist. So begegneten 
wir quf der unerquicklichen Wanderung durch drei ge- 
dehnte Acte namentlich Gluck, Mozart, Weher, ßpohr 
und Mendelssohn $ ja selbst HändeF&cher Styl schien uns 
mit biederem Händedrucke zu begrüssen. Dass eine in 
solchen Typen geformte Musik zwar keine freikünstle- 
rische , doch für den Musiker immerbin interessante 
Fattura entwickelt, ist so gewiss, als dass sie bei 
Button aller Inspiration, aller dramatischen Kraft, al- 
ler theatralischen Wirksamkeit entbehrt. Indessen ist 
der Basspart der Titelrolle gerade dankbar genug ge- 
halten, um einem Sänger, wie Staudigl, als Folie 
seiner wirksamen Stimmentwickelung und Vortragskunst 
zu dienen; nächst diesem ist auch die Sopranpartie 
Theresen's — von der Lutzer ausgeführt — hie und da 
mit Lohnendem bedacht. Die Diehl — Vicekönigin, 
guter Mezzosopran — hier mit einer ihre Stimmlage 
überschreitenden Sopranrolle chargirt, — Drawler und 
Pfister vollendeten ein Ensemble, das diesmal nur in 
Einzelnheiten Gelegenheit fand, seine Reputation zu be- 
währen. Wir loben schliesslich die deutsche Kunstrich- 
tung, das Streben nach einer einfacheren Instrumentation, 
und scheiden von Ratton und seinem von ihm dirigirten, 
zwei Mal gegebenen „Pasqual Bruno/' ohne Zweifel für 
immer» mit gebührender Achtung für sein Wissen und 



mit dem Wunsche, dass die Erfahrungen, die er hei die- 
sem Werke gemacht, auf seine künftigen Buhnenarbei- 
ten bezüglich der Selbständigkeit, des dramatischen In- 
haltes und der äussern Wirksamkeit vorteilhaft einwir- 
ken mögen. — 

Unter den Concerten im grossen Style nahmen die 
„Philharmonischen" und -die „Spirituels" wieder den 
ersten Rang ein. Das erslere brachte die Cdur- Sympho- 
nie mit der Scblussfuge von Mozart und die Pastorale, 
beide Meisterstücke in Bezug auf Orchesteraufführung und 
Direction. Hier zeigt sich Nicolai in seinem eigentlichen 
Bereiche, hier ist er genial in der Art, wie grosse Schau- 
spieler in der Beproduction dichterischer Gebilde zu sein 
pflegen. Die Schöpfung schwebt frei, majestätisch, leuch- 
tend, gleich Phänomenen des Himmels, an uns vorüber. — 
Dass die Adagio's beider Sympbonieen sordinirt waren, 
machte übrigens eine eben so wenig vorteilhafte Wir- 
kung, als die Pickelflöle, welche wir in der //«Waschen 
Bassarie des Polypbein aus „Acis und' Galathea" zuhö- 
ren bekamen. Dieses höchst eiffentbümliche , mit den 
schwierigsten Intonationen und Vocalisationen angefüllte 
Gesangstück ist, nebenher gesagt, ein wahres Sänger- 
problem und das neueste Gheval de Bataille des Meisters 
Staudigl. Wer ausser ihm sieb darauf tummeln wollte, 
mache nur sich gleich im Voraus auf einen unwillkür- 
lichen Curtiussprung gefasst. — 

Die ,,Concerts spirituels ** baben vorzüglich durch 
die Musik zu „König Stephan*' und die „Ruinen von 
Athen" von Beethoven wahren Enthusiasmus bereitet. 
Es ist ein Verdienst der Herren Baron Lannoy, Holz 
und Tietze, sie uns vollständig vorgeführt zu baben. 
Man staunt über die hohe Idealität, welche der grosse 
Meister selbst Gelegenheitstexten mit national -characte- 
ristiseber Beimischung zu verleihen' vermochte, und wird 
oft von der naiven Schönheit bezaubert, die aus ihren 
klaren Melodieen, aus ihren einfachen Rhythmen lieblich 
tönt. Ein „Chor der Derwische* 6 erregte besonderen En- 
thusiasmus. Er wurde nicht nur bei der ersten Auffüh- 
rung mehrere Male hinter einander gtesungen, sondern 
auch in den folgenden Concerten vom Publicum unvor- 
bereitet zur Auffuhrung begehrt, das mit Ohr und Herz 
diesen herrlichen Musiken lauscht. . Eine Uebersicht der 
in den diesjährigen Spirituelconcerten zur Aufführung ge- 
brachten Piecen wird den Geist dieses mit edlen Ten- 
denzen sich befassenden, geschätzten Kunstiostituts am 
Besten veranschaulichen : 

Symnhonieent in D und F von Beethoven, — in 
D von Mozart, — in Cmoll von Spohr (für diese Con- 
certe im Jabr 1837 componirt). 

Dramatische Musik : die vollständige zu „König Ste- 
phan" und „Die Ruinen von Athen" von Beethoven, — 
Arie der „Alceste" aus der gleichnamigen Oper von 
Gluck, — des Polyphem aus „Acis und Galathea" von 
Händel. 

Kirchenmusik: Hymne in F (0 virso temerata) für 
Altsolo mit Orchester und Chor von J. N. Hummel (Ma- 
nuscript), — Gloria aus der zweiten Messe von C. M. 
v. Weher, — Kyrie und Gloria aus der Messe von Mo- 
lique (Manuscript). 



639 



1844. September. No. 38« 



640 



Coneerte: Ar du Piaooforte in DmoU Von Men* 
deUsehn (Filtaeh). 

Chor«: Efcgiaeber Gaaaog ven Beethoven y und mim 
Chor aua „Alexander Beine" Tön Handel. 

Cantate; ,,Die erste Walpurgisnacht" von Geethe 
umd Mendelssohn. 

Fnge : für Orchester entworfen von Mo%art % rollen- 
de! toq Sachter. 



Feuilleton. 



Die in diese« Bütten Seite 214 erwähnte Verloosung für die 
Gaste der Association des artistes mesieiens an Paris hat , vea • 



10,000 abgeaatatea Biüatt, 
geliefert. 



eiaea Nettoertrag voa Me* Frnakea 



Die fraontfsisehe Depatirtenkammeff bat ei« Gaset« voürt« ura- 
aooh die Autorenrechte der dramatischen Dichter n«d Cemaoni- 
steo zwansig Jahre oaeh dem Tode derselben xam Vertbeü ihrer 
Wittwea «od Kinder fortdauern. 



Am 91. August fand In Johann «morgen Stadt Im sächsischen 
Erzgebirge ein „obereragebirgisehes Gesangfest" Statt. Die Aa- 
regong aad Einladung data war von dam Mlnaertasaagrereine 
aa Johanngeorgenstadt selbst aosgegangea , aad a* nahmen aaeser 
diesem die Vereine von Buch holz, Ribenstock, Seheibenberg, Schiet- 
tan, Scbneeberg mit Neost&dtel, Scbwarsenberg , «nsammen aber 
100 Singer, daran Theil. 



Ankfindlgnngen. 



Im VerInge van Breltftkmpf * Mmrtel in Leipaig 
sind mit Eigeuthuaasrecht erschienen : 



Fr. Chopin. 



9 Noctnrnes ponr le Pinne. Op. ö». 20 Ngr. 
3 Mnxarkns ponr le Piano. Op. 86. SS Ngr. 

StmmtUehe Mosüutfieke des neunte« Bandes sler im 
Verlage erachieaeann Oeuvres e*mpleUts de S» St Beteln sanal 
nach einsein na hebern, wobei ich vorzüglich auf die 

18 petita Pre'ludes au Exeredees paur les eommencans. Preis 
m Ngr. ^ 

nafmerJwwi mache, welche oh hiebst zweckmässig aam Unterricht 
am empfehle» sind. 
Leipaig, im September 1844. 

C F. Peter», Barena de Mariqae. 

Höchst wichtiges Werk ftr Seminarien. 

Die Kuist des Orgelspiels; 

theoretisch- practische Anweisung für alle vorkommend* 
Fälle im Orgelspiele, mit durchgangiger Pedalappli- 
catur und Bemerkung der Register %üge> 
Ein Lehrbuch 
für sich bildende Orgelspieler, insbesondere für dein Un- 
terricht in Seminarien und Präparan den -Schalen. 
Bearbeitet aad herausgegeben in Gemeinschaft mit 

W. ttOmer 
A. €t. JMffer* 

Dosaaafaaast aad Gesnuglehrer au Mersabarg. 
Das Gänse erscheint in sechs Lieferungen, woran die Liefe- 
rang nur i Thlr. hastet und im Laufe des Septembers die erste 
erscheint Willi, MftrMer in Erfurt. 



Im VerInge der k. k. Hof-, Knast- und WusfealienhundhiBg 
von Pletrm Heeaaetai qua« C»rlm in Wien erseheinen 
nächstens mit Eigentumsrecht t 
Thmlnera;, S., Fnatnfsie nur des motifs de POtoera: La Hfnetta 

de Portio, de Auber, pour la Piano«. Oeuv. 851. 
mtallnnU, Ttn», Troia Pnanphsaaes de VOpeia : Dam Sehnstkn, 

de Doninetti, pour le Piano. No i ä 3. 



Bei •¥• A. Itovjtitien in Amsterdam ist erschienen' und 
durch BmOhepfSf Hartd in Laipnig na beziehen: 

Berlin. A. 9 Gmnde Ouferture trtomphale « grand Orchcstrc 
(ded, h F. Mendels**** Bm+aldg). Op. 66. 51 Thlr. 9tt Ngr. 



Torlänflgre Anzeige. 

Im Lnnfe des Monats September 1844 erscheint hei A. 
BUbelll «VCmmp«, Kunst- u. Musihafienhanaiern in Wien, 
Graben, No. 1153, mit dem BigenthunmrccJtfe aar Deutschland, 
Belgien, Holland und Rusnlnndt 

TürteUche Lieder 

ftir das Pianoforte 

von _ 

«Leopold tob Meyer. 

Dieses Werk wurde in den Concerten des Comp 
Wien and London mit dem groestea Enthusiasmus 

Die zweite verbesserte und sehr vermehrte Auflage 

der von Seiten der Hochlöbl. Regierungen nuf Veranlassung Eines 
Haben Cultus-Miuisterii gnnn besonders empfohlenen und auch in 
den meisten 

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eingeführten , jedem Organisten unentbehrlichen Schrift : 

„Ble Orgel nnd Ihr Bau." 

Ein systematisches nandbuchfür Cantoren f Organisten* 

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liehe > Kirchenvorsteher und alle Freunde der Orgel 

und des OrgelspieUy 

herausgegeben von 

Johann «TuUua Seidel. 

Mit Notenbeispielen und Figurenlafeln. 

ist durch alle Buch- und Musikalien - Handlungen SU dem ausser» 
ardentlieh billigen Preise ton „Einem Thaler*" von um an besmv 
hea. F. 12. C. Iiemekmre ia B realen. 

^— ■» ■ ■ ■■■ I III ■ ■ ■ « ■ ■ ■ I ■ ■■ 1 U M 

An die verehrlichen Hof- and Stadt-Theater-Directio- 
nen Deutschlands. 

Der Unterzeichnete erlaubt sich hiermit, seine nm 951. Anril 
dieses Jahres sum ersten Mal im Theater Drury Lane ao/gefuhrte 
grosse Oper „ Die Br&uf e von Veneatta;," welche bis 
Ende der Saison , 51. Mai, ürchmdxetMnxig Mal mit erelcendem 
Bnifniie wiederholt wurde^ in ihrer deutsch tn durah Ceti Kamfe- 
«Man gnns uotgearbeiteten Form den Buhnen seinen Vaterlandes 
a anatragen. Das vollständige Textbuch und die Partitur «lad nur 
Auslieferung bereit und können rechtmässiger Weist aMSttkUesslicn 
nur von dem Componisten erlangt werden. 

•lanltnasj BeDeellet, Cunellmenmer des kouigt. Theaters 
Drury Lane, 51. Manchester Samara, Landen. 



Druck nnd Verlag von Breitkopf und Härtel in Leiozig und unter deren Verantwortlichkeit. 



«41 



619 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 25"*" September. 



M 39. 



1844. 



Imh*ltt Das laanfturatfoufast so Darmttadt. — Hectmmm* — JVmsVtearfe»: 



Ans Dresden. Ans Samba rg. Aus ZUIItehM. — Am- 



Das Inaugurationsfest zu Darmstadt. 

Kanin bin ieh nach Frankfurt zurückgekehrt, kaum 
habe ich die. nöthige Erholung genossen nach all' dem 
anstrengenden Müssiggang und dem betäubenden Gewirre 
eines mehrtägigen Festes, so iheile ich Ihnen darüber 
mit, was eben meinem Gedächtnisse treu bleiben konnte. 

Auch das Vergnügen kann zur Arbeit werden» und 
zwar zu einer recht ermüdenden, wenn man es so un- 
ausgesetzt geniessen muss ; und fürwahr, hätte der Trou- 
bel, worin ein ganzes Land sich befand, irgend ein ern- 
stes Geschäft zugelassen, die Arbeit würde mir zur Er» 
holung gedient haben* So begegnen sich Contraste. 

Schon Freitag am 23. August begannen die wwinp- 
vollen Unruhen dieses in den Annalen des Grossherzog» 
thums Hessen wohl einzig dastehenden Volksfestes und 
dauerten bis znm 28. in erfinderischen Steigerungen fori. 
Es wäre vergeblicher Versuch, die hunderterlei Episoden 
besehreiben zu wollen, die ein Fest wohl nicht eigentlich 
bilden, aber doch interessant machen, denn gerade Das, 
was die von einem Festcomite gezogenen Linien umgibt, 
das Zufällige,. nicht voraus zn Berechnende, ja seihst die 
nothwendig daraus entspringende Unordnung ist's, was 
den Reiz bildet und dem Ganzen den eigentlichen volks- 
tümlichen Zug gibt, das Poetische in der Prosa. 

Schon das nach monatelaugero Regen plötzliche Um- 
schlagen der Witterung musste die Gemüther gleich a 
priori zur Lust stimmen, und einen desto heilerem Ein- 
druck gewährte daher das Wort: „Willkommen, 4 * das 
über den auf den breiten Heerstrassen aufgebauten Tri- 
umphbogen zu lesen, war , durch welche sich ans allen 
Gegenden die Volks-., Fürsten- und Vergnügungsfreunde 
drängten , und mir unwillkürlich ein Bild des Festes zu 
Kenilworlh vorführte, das Scott so herrlich beschreibt. 

Deshalb aber reichten auch hundert Obren und Au* 
gen nicht hin, Alles, was mich umgab, zu erfassen, hun- 
dert Fusee nicht, überall gegenwärtig zu sein. Der Em- 
pfong der Gesangvereine vep Giessen, Mainz und. Offen- 
bach, die zu verschiedenen Stunden in langen Zügen ge- 
schmückter Wagen ankamen; die Ankunft der Deputa- 
tionen von Laudieuten in ib^en originellen Nationaltrach- 
ten, auf mit Kramten und Fahnen gezierten Leiterwagen * 
die Tausende von Fremden mit post und stelzen Equi- 
pagen, zu. Rosa» Wagen und Karren; dann das Zimmern 
u*d Drapiren der Handwerker *n 4cn nocji nicht fertig 

46. Jahrgang. 



gen Häuser- und Estradenverzierungen (an vielen Häu- 
sern in der Gegend des Monuments waren eigene fiaJcoae 
für die Zuschauer errichtet); das Hin* und Herrennen« 
sich Begegnen und ßegrüssen; der Gastbaustumult; dann 
die Proben der Enlhüllungscantate» des Alejcanderfestce 
und der Männerchöre — das Alles bildete nur die N Vor- 
bereitungen, zu denen die Soone des 23. und 24, Aur 
gust leuchtete. Vergessen darf ich aber auch des unter 
Blechmusik gleich einem Feuermeere heranschwellenden 
Fackelzugs nicht, und der Serenade, welche am Abend 
der Gewerbvereiu unter einem ungeheuren Menschenzo- 
laufe dem Landesvater brachte. Unter den Fenstern des 
Palais aufgestellt, vernahm man ein seltsam veriirtes und 
cadeuzeureiches Thema» von einer Art VeotiUroppet* 
vorgetragen, welches sich unter beginnendem Sturmwind 
uns* bei selcher Veranlassung etwas abenteuerlich ausnahm. 

Am 28. selbst fand die Enthüllung Statt, der Mit- 
tel punet der Feier. Die Details dieser grossartigen Weihe 
gehören, nicht in diese Blätter* Ihre Leser werden sie 
bereits aus politischen Journalen erfahren, und es sollte 
mich freuen, wenn das Rechte getroffen würde« Dean das 
Grossartige und zugleich Rührende dieser Scenen kann 
besser empfunden, als geschildert werden. 

Nach einem fast zweistündigen Zuge stand endlich 
Alles an seinem Platze. Welch ein Anblick! Der herr- 
liche Luisenplatz, von Paläeten und breiten Strassen, 
von Estraden, Gerüsten und Tribunen umgeben, und Al- 
les bis auf Fenster, Giebel, Dächer, Schornsteine und 
Lalernenpfähle mit Köpfen gleichsam übersäet. Wer hätte, 
plötzlich hierher versetzt, das sonst so menschenleere 
Darmstadt wieder erkannt, dessen Strassen oft nur Oeden 
glichen *). Die Praxis, Tausende von Menschen, die die- 
sen Zug bildeten, in Ordnung zu hallen, entsprach der 
aufgestellten Theorie vollkommen. Der Adel, die Stände 
und Staatsbehörden mit ihren Dependenzen, die Beam- 
ten, Geistlichen, Landleute, Zünfte und Innungen, die 
Künstler, Sänger, Schulen, Veteranen **) u. s. w., Alle 
waren in eigene Corps und Sectionen eingetheitt und an 
eigenen Abzeichen zu erkennen, unter einem prächtigen 
Baldachin süssen Ludwig, der regierende Herzog, mit den 
erlauchten' Gliedern seines Hauses nebst anderen Perso- 



*) fitae gtbtneUhe Dame verteidigte eiast die Stitte itrer Va- 
terstadt mit den Werten: Sehen Sie oiebt, wie dert jw dar 
breiten Rbeinstrasse) ein Aceessist wimmelt ! 
") Welche dea msiaaeea Felds eg mitfiemaca*. 

39 



645 



1844. September. No. 39. 



644 



hoben Ranges, gegenüber die 13t Fuss hohe Säule, 

worauf die 2t Fuss lobe in Bronce gegossene Sutue 
Ludwig des Ersten. Lader war die Umhüllung durch 
den Storni, der die Nacht durch getobt hatte, zerrissen, 
tad die Büste des Herrn schaute herab auf sein Volk, 
als bitte. er die Zeit nicht erwarten können und seine 
Ungeduld sich einen Weg gebahnt. Allein die Illusion 
überwog das Fatale, man sah nur das Kleid, nicht den 
Mann. Endlich bracb die Festcantate die von der span- 
nendsten Erwartung erzeugte Todesstille. Die Composi- 
tum Ton dem Hofcapellmeister Wilhelm Mangold ist blos 
für Männerstimmen und Blechmusik, und kräftig, popu- 
lär gebalten. Für Gelegenheilsdicblungen gibt es eigent- 
lich keine Kritik, da sie nicht unmittelbare Ausströmun- 
gen der Begeisterung und des eigenen Willens sind, und 
sieb zu sehr auf Bffeclberechnung basiren. Der Zweck 
ist hier mit der Wirkung erreicht, und Mangold bat 
alle Ursache, mit den Wirkungen seiner Compositum zu- 
frieden zu sein. Ich muss Ihnen aber verratben, dass 
während des Gesanges sieh meiner eine Phantasie be- 
mächtigte, die, hätte sie verwirklicht werden können, 
den Effect dieser Cantate wahrscheinlich noch erhöht ha- 
ben würde. Es ist bekannt, wie sehr der alte Herr Gross- 
herzog ein Mäcen der Tonkunst, besonders der dramati- 
schen, war, und dass er selbst die Opern proben dirigirte. 
Wie durch Zauber geleitet, richtete sich nun mein Blick 
nach seiner Statue, und so kam es mir bald wirklich 
vor, als wenn sich sein rechter Arm erbübe und mit 
seiner im Leben gewohnten Leidenschaftlichkeit den Stab 
nach allen vier Wellgegenden schwänge. Hingerissen von 
meiner Vision, stiess ich meine nächsten Nachbarn Ha- 
ler und Döhler mit den Worten an: „Sehen Sie denn 
nichts?" Allein diese Herren lachten mich ans, und ieb 
überzeugte mich bald , dass die Wunder der mythischen 
Tonkunst vorüber seien. Nach dem Vortrage der Cantate 
sprachen würdige Männer *) Worte , die trotz der bei- 
spiellosen Bube wohl nur von dem verstanden werden 
konnten, an welchen sie gerichtet waren, worauf die erste 
Strophe des Festgesanges: 

GriUst mit Trompeten- nnd Pankeoklang, 

Grätset mit feurigem Festgeaang, 

Grasst ihn, den Tag der Weihe ! 
wiederholt wurden. Und somit war endlich das Signal 
zu dem lang ersehnten Momente gegeben. Der Rest der 
Hülle fiel, und Ludwig der Erste stand in seiner colos- 
salen Grösse vor den Blicken seines entzückten Volks. 
Was jetzt erfolgte , ist in der Tbat unbeschreiblich. Es 
drang tief in die Seele , und erfüllte Aller Auaen mit 
Tbränen. Denken Sie sieb das Jubelgescbrei aus vielleicht 
30,000 Keblen, eine Intrada von vier vollständigen Or- 
chestern mit ihren Posaunen, Ophycleiden nnd Trompe- 
ten y das Dröhnen aller Glocken , und das Donnern der 
Kanonen, das Schwenken der Hüte und Mützen, das We- 
ben der Tücher und Flaggen aus allen Fenslern heraus, 
von allen Dächern und oalconen herab — und das Al- 
les auf einen Moment, auf einen Raum concentrirt ; und 
endlich die liebe Gottessonne, die Alles das so freund- 
lieb, ja heilig beleuchtete — es war das grossartigste 
nnd ergreifendste Bild, das ich je gesehen habe und schwer- 

•) Der Prälat iföft/tr tad der Gebeine- Staatmtb v. Schenk. 



Geh' wieder sehen werde. Als sich endlich dieser allge- 
meine Empfindungssturm gelegt, begann das Militär, vier 
Regimenter von Darmstadt, Worms und OfTenbacb, da- 
bei die zshlreicben Leibgarden, Cbevauxlegers nebsl Ar- 
tilleriepark und Mosikcorps, unter Anfuhrung des Gene- 
ralissimus Prinz Wittgenstein, seine Evolution um das 
Monument. Ein überraschender Anblick und wohl berech- 
net, vor Abspannung zu bewahren. Den Schluss dieser 
Scene machten fünf Strophen über das unvermeidliche 
God save the Queen, von der ganzen Menschenmasse 
(natürlich etwas canonisch) gesungen, wobei ieb die Be- 
merkung nicht unterdrücken konnte, dass man sogar bei 
einem solchen acht deutschen Volksfeste sich des Hangs 
nach Ausländerei nicht enthalten kann. Wir sind nicht 
ganz so arm an deutschen Volksliedern, die allgemein 
geworden sind, als wir uns selbst weiss machen. Von 
den vielen hätte wenigstens Vater Haydnsi „Gott er- 
balte Franz den Kaiser*' hier eher verdient, von einem 
patriotischen Schriftsteller umgedichtet zu werden. Be- 
täubt nach Hause gekommen, hatte man kaum so viel 
Zeit, etwas zu gemessen und seine Toilette zu ordnen, 
denn schon um 4 Uhr waren die Räume des zu einem 
Goncertsaale umgewandelten Zeughauses angefüllt. Ge- 
gen 4000 belegte Platze waren bereits besetzt, als ich 
verspätet anlangte, und dennoch — so musterhaft war 
die Ordnung — gelangte ich ohne Mühe, mit meiner Ta- 
belle in der Hand, zu meinem reservirten Sitze. Nicht 
• minder, wie der Anblick, war hier der Effect grandios, 
den die Aufführung des HändeFtchen Alexanderfestes un- 
ter Mitwirkung von circa 800 Sängern und an 100 In- 
strumentalisten hervorbrachte. Reich, geschmackvoll und 
sorgfältig waren Orchester und die fürstlichen Logen er- 
baut, war der Saal, oder vielmehr die Halle decorirt. 
Für den Klang der Instrumente ist die Akustik dersel- 
ben nicht besonders günstig, aber desto mehr hob sich 
der Vortrag des Gesanges, namentlich der Chöre hervor. 
Räume, die den Klang nicht sehr befördern, sind den fei- 
neren Nuancen des Vortrags und der Pronuncialion um 
so günstiger. Es war zum Erstaunen, wie bei einer ein- 
zigen Generalprobe Alles so correct geben konnte. Die 
Hauptsache war, dass der Dirigent Carl Mangold die 
nötbige Symmetrie der Stimmeneintbeilung beachtete, denn 
trotz der grossen Anzahl von Sängern trat doch keine 
Stimme besonders hervor. Die Haltung der Chöre war 
un tadelhaft und wie aus einem Guss; eine Erscheinung, 
selten bei stabilen Personale'*, um wie viel 4 mebr bei so 
vielen fremden Elementen. Die Soli durch die Herren 
Breiimg, Reichet ', Pasque nnd Dem. Fischer (Mitglied 
des Darmstädter Dilettantenvereins unter C. Mangold) 
liessen nur wenig zn wünschen übrig. Breiting und Rei- 
che/ baben guten Klang im Lande. Herr Pasque scheint 
noch Anfänger, hat aber einen ausgezeichneten Bariton 
und trägt mit Wärme vor. Die Stimme der Dem. Fischer 
ist nicht ora torisch, bat aber einen angenehmen Timbre 
nnd bewegt sich mit Leichtigkeit in der zweigestriche- 
nen Octave. Auch der Triller gelingt öfter, nnd der Vor- 
trag zeugt von Uebnng im getragenen nnd religiösen 
Style. Noch nie aber mochte wohl das Alexanderfest ein 
ao brillantes Finale, wie heule, erlebt haben, denn bei 
den letzten vier Tacteft iea Sehlusschors : „Tmotbens 



645 



1844. September. No. 59. 



646 



eitsage dem Preis" erscholl plötzlich eine Stentorstimme : 
„Ludwig der Zweite lebe hoch!" worauf der Volksju- 
bel in einen donnernden Refrain ausbrach. Die Chöre 
sangen, die Streichinstrumente spielten indess fort unter 
Mangolds unerschrockenen Tactscblägen , während die 
Harmonie das Viva! des Publicum» mit einem schmettern- 
den Tusch begleitete. C. Mangold ist, wie es sich bei 
dieser Probe und Aufführung zeigte, ein energischer Di- 
reelor und gewiss den Besten an die Seite zu stellen, 
die im Stande sind, solche Blassen zusammenzuhalten 
und sie die Religion des Vortrags zu lehren. Die den 
Eingingen gegenüber aufgebaute Galerie war für die De- 
putationen der Landleute bestimmt. Tags darauf sab man 
sie in der Oper. Man hat dazu gewiss die schönsten Ex- 
emplare gewählt, denn unter den Mädchen sah ich die 
lieblichsten Modelle zu Emmelinen und Zerlinen, obgleich 
sie nicht in Atlas gekleidet und mit Bracelets geschmückt 
waren. Noch verdient bemerkt zu werden, dass zwischen 
der Inauguration und dem Festcoocert der Regen in Strö- 
men fiel, also selbst der Himmel im Bunde mit dem Co- 
mite schien. 

Der folgende Tag war der Erholung und dem Ver- 
gnügen der Sängervereine gewidmet. Die unerschöpfliche 
Galanterie des Comite's hatte auch hier für Alles gesorgt. 
Während wir Sänger (meine schöne Stimme scbloss sich 
der Mainzer Liedertafel an), uns an unsere Fahnen rei- 
hend, in langem Zuge durch die Stadt zum Walde bei 
Kranicbstein (einem grossherzogl. Jagdschlösse) zogen, 
standen dreissig bis vierzig Equipagen bereit, die Damen 
ans dortbin zuzuführen. Zu den Anführern dieser galan- 
ten Expedition gehörten unter Anderen der Sänger Cra- 
molini und der Contrabassist Müller, welche aber ihr 
beneidenswertes Recht so lange ausdehnten, dass die 
reizende Caravane zwei Stunden später ankam, während 
wir armen Teufel von Sängern wie die Lämmer auf einen 
Fleck zusammengedrängt ihrer harrten, und frierend, 
müde nach Marsch und Regen, bei Erwartung und ge- 
deckten Tafeln wahre Tantalusqualen ausstanden. In die- 
sem Zustande von den fliegenden Adjutanten durch den 
Zuruf: „Sie kommen, sie kommen!" oft getäuscht, grif- 
fen wir endlich verzweifelnd zu unseren Gesangbüchern, 
und Mango Id's Plectrum tbat sein Möglichstes ; allein der 
allmächtige Gesang vermochte uns nicht über den Mate- 
rialismus zu erbeben. Die Poesie bat auch ihre Gren- 
zen, nnd der beste Sänger besitzt seine Keble nicht aU 
lein zum Singen — , Kurz, unsere Situation war sehr 
tragikomisch , und hätte Stpff gegeben für eine Saphir** 
sehe Feder oder einen humoristischen Pinsel. — Der 
zweite Act dieses Drama's war feierlicher, und dem weit- 
umherkreisenden Publicum ward ein schönes Schauspiel. 
Die Damen, durch eine Gesandtschaft vom jenseitigen Ufer 
eines romantisch gelegenen Teiches empfangen, traten in 
die Ehrenpforte, von ihren armen Ritlern mit Moxarfs 
schönem Bundesliede begrüsst : „Brüder, reicht die Hand 
zum Bunde/' Dass die Qrüder in Schwestern verwandelt 
werden mussten, entschuldigte die Notb, und mit den 
folgenden Strophen wurde es nicht so genau genommen.— 
Der dritte Act entschädigte aber vollkommen für die Ent- 
behrungen des ersten. Der Verhäng rollte wieder auf, 
nnd Aber seebt bunten Reiben froher Singer an drei end- 



losen splendid besetzten Tafeln leuchtete die frenndliobe 
Mittagssonne. Was jetzt erfolgte, gebar der Augenblick. 
Toaste und Lieder drängten sich in stets lebendigeren 
Steigerungen, Quartetten von Mendelssohn, Esser, Man* 
goldt Spamer und Reichardfs herrliches „Was ist des 
Deutseben Vaterland " wechselten mit einander ab. Un- 
serem durch alle deutschen Gauen gedrungenen Liede: 
„Bekränzt mit Laub" (von J. Andre) war der Text: 
„Willkommen in des Darmes *) sand'gem Banne*' unter- 
legt, ein recht humoristisch frohes Gedicht, und Cromo* 
Uni besang mit begeisterter Emphase die Schönen. In den 
Toasten zeichnete sich unser Präsident Schott von Mainz 
aus, der in der That verjüngt, wie ich ihn noch nie ge- 
sehen, herrliche Worte über den Fortschritt der Ton* 
kunst sprach. Unter den Bekannten, die in diesem Trou- 
bel gleichsam phantasmagoriscb erschienen und wieder 
verschwanden, befanden sich Vineenz Lachner und Com* 
radin Kreutzer. Auch die Sängerin Mad. Pirscher sab 
ich ein Mal auftaueben. Weshalb sie ihren Part bei dem 
Alexanderfest nicht sang, wie annoncirt war, weiss icb 
nicht. In buntem Gedränge zurückgekehrt von dieser pi- 
quanten Waldlust, erwartete uns die Oper Ferdinand Cor- 
tez, worin die junge Neukäufler die Amasili recht aller- 
liebst gab. Sie hat nicht die Stimme, wie unsere Reu-* 
ther in Frankfurt, imponirt auch nicht so damit, aber 
gerade Das, ihr feines klingendes und schmiegsames Or- 
gan , in Verbindung mit ihrer jugendlichen , fast kindli- 
chen Persönlichkeit, dürfte sie vorzüglich zu dieser Par- 
tie eignen. Ich sab nur ihre Scene „Von Allen bin ich 
nun verlassen," denn Sie können sich denken, dass ich 
mich nach Ruhe sehnte und dass ich nicht lästern war, diese 
geharnischte Musik vom ersten bis zum letzten Tacte mit 
durchzumachen. Ich sah das prachtvoll erleuchtete Haus, 
sah den Hof und viele Hunderte von Damen in schönem 
Kranze, sah die überfüllten Räume und fühlte die dru- 
ckende Hitze. Das war mir genug. Wenn Sie sieh übri- 
gens für die übrige Besetzung interessiren i Breiting 
sang den Cortez, Reichet den Montezuma, und Pasque 
denTelasco. In einem vorhergegangenen Prologe hat Dem. 
Stecke eine beliebte und talentvolle Schauspielerin, all- 
gemeine Theilnahme erregt. — Den Feierlichkeiten des 
28. August konnte ich nur aphoristisch beiwohnen, da 
mich die Norme in meinen Functionen nach Frankfurt 
zurückrief. Nur so viel, dass sich dieser Tag in reizende 
Promenaden der Ludwigshöhe, in ein Volksfest auf dem 
weiten Exerzierplatz, und in Illumination und Bälle tbeilte, 
und dass sogar eine Wiederholung des Cortez Statt fand. 
Von dem Volksfeste sah icb nur das Beginnen, und wie 
sich allmälig Masse auf Masse zum Rbeinthore hinaus- 
wälzte. Hier die langen Reihen von Buden des Freimarkts 
mit seinen Eintagswaaren, die bunten Pickelhäringe und 
aufgestutzten Riesen, die plumpen Seiltänzer, verschmitz- 
ten Gaukler und ambulirenden Werkstätten ; dort die gro- 
tesken Aufzüge, die eher an den Fastnaohtsdienstag, als 
an den Kocbmonat erinnerten; da wieder die Ring-, 
Spring-, Kletter- und Turogeriiste, das Wctt- Reiten, 
Laufen und Fallen, und die hochgeschwungenen Frei* 



# ) Von dem tehualeo kleiaen Flaueren Dam trägt bekanntlich 
aasere Fcststadt ihren Nwata. 



0*9 



1844, September. No. 39. 



040 



tanze auf gebahnten and schlüpfrigen Planen, und da 
ktinBibi ohne Leben sein darf, die musikalischen Pro- 
toetioneu dazwischen 1 Diese scytbische Kirmessmusik, 
dieses Leiern nnd Orgeln, dies Harfen, Flöten und Trom- 
peten« dies Pfeifen nnd Schnarren zu dem Aufjauchzen, 
Schreien ind Wespengesummse vollendete die Romantik 
des Ganzen. Sie Musik bat auch in ihrer Abarl poeti- 
sche Saiten, nnd oft sogar» wenn mir der Kopf schwin- 
delte, glaubte ich mich in einem Finale einer unserer 
Revolutionsopern zu befinden. Wie mag sieb erst die Völ- 
lig« Enlwickelung dieses Festes gestallet haben, als feu- 
rige Ballons mit glühenden Gedanken zu den Sternen flo- 
gen, als pets ä reu und Herzen entbrannten, und Illu- 
minationen in Häusern und Köpfen sichtbar wurden?? 
Ans diesem viertägigen Wirren in den Postwagen , und 
von da direct in die Jeremiade einer italienischen Ma- 
steroper hineingeworfen zu werden, war zu viel für 
menschliche Nerven; denn noch spät in der Nacht zwi- 
schen Schlafen und Wachen. mischte sieb die alte Spiel- 
mannsleier in Bellini s Druiden - und Scblacbtgesänge, 
und vor meinen Blicken schweblen nnd wehsten die Tau- 
sende von Bannern, Fahnen, Wimpeln, Rosetten und Scher- 
pen, die einen nothwendig integrirenden Theil dieser Ju- 
beltage bildeten. Oft schon im Lehen war es mir grün 
nnd gelb vor den Augen , diesmal sah ich nur roth und 
weiss *), und dieser Wechsel, möge er meiner Zukunft ein 
gunstiges Zeichen sein I Leben Sie wobl 1 C G. 



ReCENSION. 



Compositionslebre, oder umfassende Theorie von der the- 
matischen Arbeit und den modernen Instrumentalfor- 
men, aus den Werken der besten Heister entwickelt 
nnd durch die mannichfaltigsten Beispiele erklärt. Für 
Dilettanten und practisebe Musiker, welche ein hei- 
, leres Verstandnies der Tonwerke gewinnen wollen; 
für Knnstjünger als vorzügliches Befäbigungsmitlel zu 
eigenen gediegenen Schöpfungen ; für Lebrer als Leit- 
faden bei Privatunterweisting und öffentlichen Vorträ- 
gen. Von J. C. Lobe, grossberzogl. Weimariscbem 
Kammermusikus. VIII. und 175 Seiten Text ind 103 
Seiten umfassender Nolenbeispiele in gr. 4. Weimar, 
bei B. Fr. Voigt, Preis 3 Thlr. 
Referent, der in den letzten Jahren vielfach Gele- 
genheit hatte, die Leistungen verschiedener Schüler des 
rühmlichst bekannten Herrn Verfassers, im Fache der 
Composition, durch eigene unmittelbare Anschauung ken- 
nen zu lernen , und der durch sie mit stets wachsender 
Anerkennung seiner ausgezeichneten Gewandtheit und 
Tüchtigkeit als> Lebrer der theoretisch -practischen Musik 
erfüllt wurde, sah längst mit gespannter Erwartung einet 1 
vollständigen Darlegung seiner so günstige Erfolge erzie- 
lenden' Lehrmetbodik entgegen. Indem vorliegenden Werke 
hat Indes» 4m geehrte Verfasser nur einen Tbeil dersel» 



•) Die grossberzoglieli Damtiädlitefae Lsofftttftu+e. 



ben dem Publicum vorgelegt. Zwar liest der Titel 1 „Com- 
positionslebre " zonäebst eine Alles umfassende Abhand- 
lung der Tonsetzkunst erwarten ; allein es ist hier in der 
That nur die Theorie der freieren, thematischen Arbeit, 
wie sie in den höheren Formen der Instrumentalmusik 
hervortritt, dargestellt, und der Verfasser setzt bei De* 
nen, die sich dieses Werkes mit Nutzen bedienen wol- 
len, alles Dasjenige, was man neuerdings gewöhnlich un- 
ter dem Titel: ,, Musiklehre, allgemeine Musiklehre*' be- 
greift und abzuhandeln pflegt, nämlich Bekanntschaft mit 
der Harmonielehre, Rhythmik u. s. w. voraus. Und in 
der That können wir dies nur billigen, denn diese Gegen- 
stände sind, seit Gottfried Weber eine neue Bahn ge- 
brochen, so vielfach und so trefflich bearbeitet worden 
und baben zuletzt noch durch die Schriften eines A. B. 
Marx eine so genügende Vertretung gefunden, dass eine 
neue Behandlung derselben wohl schwerlich wesentliche 
Bereicherungen der diesfallsigen Literatur geboten haben 
möchte. Nur über das Mehr oder Weniger in dem, was 
der Verfasser bei seinen Lesern aus dem Bereiche der 
eigentlichen Compositionsiehre voraussetzt, könnten wir 
mit seiner Ansicht in Conflict gerathen. Seite 174 stiessen 
wir nämlich auf den Satz: „Man kann auch wobl mit 
der thematischen Arbeit des Goten zu viel than, wenn 
man ununterbrochen nur Einen Gedanken bearbeitet, wo- 
durch leicht Monotonie entsteht. Und endlich wird mit 
aller thematischen Arbeit nichts oder doch sehr wenig 
gewirkt, wenn man sich in althergebrachten, abgenutz- 
ten, thematischen Formen bewegt, «— und wenn beiden 
thematischen Gestaltungen nicht Phantasie und tiefes Ge- 
fühl mitwirken. Dies zeigt sich besonders bei solchen 
Componislen , die ihre thematischen Gestaltungen nur 
durch Fugenstudien gewonnen. Sie baben sich dann ge- 
wöhnlich (?) so in den gebundenen und überhaupt Fu- 
genstyl eingedacht und gesponnen, dass alle ihre Gedan- 
ken, wenn sie freie, moderne Formen schaffen wollen, 
in jenem Gewände erscheinen. Vorzüglich diese Wahr- 
nehmung bestimmte mich, mit meinen Schülern zuerst 
den Weg durch die modernen Kunstformen zu wandeln, 
vor Allem ihre Einbildungskraft mit blühenderen und ge- 
fühlvolleren Bildern zu befruchten. Dann wurden ihnen 
aueb die künstlichsten und strengsten Fugen leicht, aber 
zugleich über Tbema's, die meist einen gefühlvollen Sinn 
in sieb trugen. " Diesem zu Folge setzt der Verfasser, 
abgesehen von anderen Puncten, über welche wir hier 
nicht mit ihm disputiren wollen , das Studium des soge- 
nannten strengeren Satzes bis zum Canon, zur Fugen, s.w. 
hinauf, bei der Abhandlung der Lehre vom freieren the- 
matischen Satze, bei seinen Schülern und hier resnective 
Lesern nicht voraus; allein wir sind in diesem Puncto, 
wie es wobl auch bei anderen Musikgelehrten der Fall 
sein möchte, der entgegengesetzten Ansiebt. Eine sonst 
kräftige Phantasie wird durch das frühzeitige Studium der 
strengen Satzformen nicht gebeugt oder eingeengt, son- 
dern nur, wie es ja das Betspiel der grösslen Meister 
deutlich zeigt, die nach tüchtigen Studien des strengeren 
Satzes auch an freiere Gestaltungen gingen, nur genährt, 
bereichert, gekräftigt, während eine vom Anbeginn zu 
weich verzärtelte, zu wenig an strenge Arbeil gewarnte 
Phantasie sie späterbin in der Hegel adpernirt, mr mit 



«4» 



«844. SepMateft' Na.;». 



(m 



«Seufzen und Widerwillen \ an sie: gejpt und «ich cur zu 
leicht in*a Vage bineinverJiert* So verwöhnte Naturdn 
bequemen akh dann späteitin nur ungern au Dem, was 
atan beim Studken „tos Spine bauen nennt; sie. wer- 
den lässig, bequem — und oberflächlich * Dasa der Herr 
Verfaster in seiner Unterrichtspraxis anderweitige Erfah- 
rungen gemacht habe, wollen wir damit nicht in Abrede 
steilen und können ea auch nicht, indem wir selbst seine 
Schüler vielfach über tüchtiger. Fugenarbeit gefunden 
beben; allein was er durch besondere Erfolge in einzel- 
nen günstigen Fällen erhärtet glaubt, bat dennoch gegen 
sich die Analogie der Methodik fast aller übrigen Disct- 
plinen, in welchen man bekanntlich stets den Schüler 
vom Strengeren zu» Freieren führt. Allein hiervon ab- 
gesehen, fragt es sich noeb: ob überhaupt ein Schüler, 
der nicht wenigstens schon einige Vorkenntnisse des stren- 
geren Satses und seiner mannich faltigen Gestaltungen be- 
sitzt, im Stande sein wird, die höchsten Aieisterscböpfun- 
gen im Fache der freieren thematischen Arbeit, die oft 
unter der Hand doch auch wieder eine merkwürdig* strenge 
ist, vollständig zu begreifen, zu würdigen» sie sieb an 
eigen su machen. Da, wo in grösseren Instrementalsä- 
tsen, zumal in solchen, die der Sonatenform angehören, 
die eigentliche tiefere, wärmere, kunstreichere Verarbei- 
tung der Themata eintritt, zeigen sich sehr häufig Com- 
binatioaen, deren Verständniss durchaus eine vertrautere 
Bekanntschaft mit den höheren conlrapunctiscben Formen 
voraussetzt 4 und hat es auch der Verfasser keineswegs 
unterlassen , vieles dahin Einschlagende in seinem aacb 
sonst «ehr lehrreichen Werke beiläufig anzudeuten und 
abzuhandeln, so werden doch nach unserer Ueberzeugung 
diejenigen Leser von demselben den meisten und besten 
Gewinn ziehen, welche bereits mit den strengeren Satz- 
formen gnle Bekanntschaft gemacht haben» Nur solche 
werden im„ Stande sein , einzelne Sätze grösserer Sona- 
ten, Symphonieen u. s. w., wie z. B. der letzten derMo- 
zart'seben C dar -Symphonie (Schlussfuge), die Beetboven'- 
seben Sonaten mit Fugensätzen u. dergl. klar zu begreifen. 
Im Uebrigen müssen wir aber sein Buch, welches zieh 
durchaus als Resultat eigenen fleissigen Forschens und 
Nachdenkens geltend macht, eine reiche Anzahl sehr 
schätzbarer Lebren und Bemerkungen darbietet und über- 
haupt den ergriffenen Gegenstand mit einer Gewandtheit 
nnd Klarheit und in einem Umfange behandelt, wie es 
bisher unseres Wissens noch nicht der Fall gewesen, als 
ein sehr verdienstliches, als eine wirkliche Bereicherung 
der Literatur anerkennen, und aind der festen Ueberzeu- 
gung, daes es tüchtig vorgebildeten Kunstjüngern und Di* 
bttanten f die etwa schon mit der Compositioaslehre einen 
Marx sieh vertraut gemacht haben, eine sichr nützliche 
und lehrreiche Leetüre, geschickte« und gründlich gebil- 
deten Lehrern aber ein sehr erwünschtes Hilfsmittel beim 
Unterrichte .vorgeschrittener Schüler bieten wird* Da wir 
wohl voraussetzen dürfen, dasa dieses Werk eine wei- 
tere Verbreitung finden werde,, indem man unseres Was? 
sena bereite seit einigen Jabren schon in einem weiten 
Kreise »einer Erscheinung entgegensah, so achten wir es 
nicht für nöthig» den Lehrgang, den der Verfasser ziem* 
Jich selbständig eingeschlagen, nat, hier näher auseiaaa- 
dcr»ueel*<a» &biee> *r uns auch, da und dort, wies. B. 



in der Lehre vo» der Zergliederung, der fttaetigen Pe- 
riode, von welcher er ausgebt, etwas zu wortretob und 
umständlich, dagegen aber bei Erörterung der complieirte- 
reu tbtmefisoben Arbeit zu wortkarg zu sein, so geste- 
ben wir doch gern, ihm überall mit Interesse gefolgt zn 
sein und fast durchgehend* eine präcise, lichtvolle und 
ansprechende Darstellungsweise gefunden zu haben. Nur 
Seile 52 halten wir gewünscht, die Definitionen der ho- 
mophonen und polyphonen Begleitungsfoimen in bestimm- 
tcreiv schärferer Fassung auftreten zusehen. Auch dürfte 
sich der Verfasser bei einer künftigen zweiten Ueberar- 
beitung des Werkes, wohl selbst gedrangen fühlen, Man- 
ches anders zu stellen, einzelnen Abschnitten, wie z. B. 
dem von der Melodieenbildung , eine ausführlichere Be- 
handlung zu widmen (bietet doch schon Mattheson's „Kern 
melodischer Wissenschaft,' 4 Hamburg, 173G, manches 
Brauebbare dar), und vorzüglich den complicirteren the- 
matischen Gestaltungen, wie sie häufig in der Sonaten- 
form vorkommen, grösseren Baum zu vergönnen. Die 
dem Texte eingedruckten Notenbeispiele sind durchge- 
hende sehr instrucliv ; allein sie nehmen in den gewähl- 
ten grossen Typen zu viel Baum weg, wie denn über- 
haupt die Ausstattung des Werkes zwar sehr würdig und 
splendid, aber für den leider oft sehr mageren Beutel der 
Koos$ü»ger fast etwas zu kostspielig splendid ist. Bei 
compendiöserer Einrichtung des Drucken hätte des Baumes 
gar viel erspart und folglich auch der Preis etwas billiger 
gestellt werden binnen. Dr. /[/*. 



Nachrichten. 



Dresden, den 31. August 1844. (Privatmittbeilung.) 
Zum Beschlüsse meines hiesigen Aufenthalts t heile ich 
Ihnen Doch einige Konstnacbrichten mit. Die königliche 
Capeiie bat am 19. d. AI. bei Sturm und Regenwetter 
das früher bereits gegebene Concert, mit Hinzufügung 
von zwei Gesapgstücken von MoMQrt, vor einer gerin» 
gen Anzahl von Zuhörern sehr getungen wiederholt. 
Der König von Sachsen wurde zwar erwartet, ist indes* 
nicht erschienen. Am 20. dieses fand die früher wegen 
Unwohlseins der Mad. Schröder - Devrient ausgesetzte 
Vorstellung der Oper Fidclio, in der Titelrolle auf 
höchst, ausgezeichnete Weise, Statt» wenn auch sonst 
Manches zu wünschen blieb. Insbesondere wurda Fla- 
reatan von einem früher vorzüglichen Tenoristen (der 
auch in Berlin geschätzt wurde) jetzt fest ganz ohne 
Stimme, kaum hörbar gesungen. Herr Wächter stieae 
den Gesang und Dialog des Pizarro zu abgebrochen 
heraus. Heut tkUmer sang die Basspartie des Koeeo 
gut j nahm indes* den Kerkermeister gar. zu weich und 
war nickt sicher in seiner BoUeu hem^Babtogf* sang 
die MareeJline mit schwacher Stimme, jedoch rein und 
sicher. Die .Chöre- waren gut, nur im Vortrage nicht 
nuancirt genag« Das- Orchester, unter GM. Retuigmte 
Leitung, war (bin auf kleine, durah die* Singer veiaa» 
l*sa>e tfebwankungen) gana vortrefflich. Besonders wurde 
die araiei &*&** Ouvertüre (aar Oper. Leenore) in G dar 



651 



1844. Septanber. No. 58- 



mit Präeision und feifler Nuaneirnng meisterhaft iu- 

5 «fahrt. Die in Berlin üblich« B dar -Ouvertüre wird 
ler nicht executirt , and et wird nicht passend gefun- 
den , die glänzende C dar - Ouvertüre im Zwischenact, 
zum Nachlheile der Wirkung der lugubern Iulroduction 
des zweiten Acts auszuführen. — Der „Czaar und 
Zimmermann" wird hier, bis auf Herrn Räder, wel- 
cher ab van Bett ein höchst komisches Original ist, im 
Ganzen nur mittelmassig gegeben, gefällt aber dennoch 
hier, wie überall. — „Figaro's Hochzeit " von Mozart 
wurde im Ganzen recht gut ausgeführt. Mad. Wüst- 
Kriete sang die Gräfin mit geschmackvollem Vortrage» 
Dem. Wagner die Susanne rein und mit wohlklingen- 
der Stimme; auch die Darstellung gelang derselben so 
ziemlich, in so weit die Persönlichkeit (Dem. Wagner 
ist bedeutend gross) nicht behindernd einwirkte. Der 
Page wurde nicht fein und sentimental genug gegeben; 
eben so auch der Graf Almaviva nicht vornehm genug, 
obgleich gut gesungen. Herrn Dettmer's derbe Natur eig- 
net sich zum leichten, verschmitzten Figaro wenig, doch 
wurde seine beliebte Arie am Schlüsse des ersten Acts 
(die Oper wird hier in vier Acten gegeben) da Capo ver- 
langt, da der Sänger darin die Stärke und den Umfang 
seiner Stimme geltend machte. Ganz vorzüglich war Herr 
Dettmer im Gesänge und der würdevollen Darstellung 
des Thaddäus (Roseziusko) in C. v. Holte fs „altem Feld- 
herrn." Das nationeile Liederspiel wurde von den vielen 
hier anwesenden Polen enthusiastisch aufgenommen. Die 
als neu angesetzte Posse : Rock und Guste gelangte aus 
Rücksiebten nicht zur Aufführung in der Stadt, da we- 
gen des bösen Wetters nicht auf dem Bade gespielt wer- 
den konnte (sie ist später am 28. d. dort gegeben wor- 
den). Jetzt wird Don Pasquale von Donixelti in deut- 
scher Sprache einst udirt, worin Hader die Hauptrolle 
Sben wird (derselbe ist jetzt indess erkrankt). — Am 
r. d. M. Hess sich Fräul. Nissen , Sängerin der italie- 
nischen Oper zu Paris* welche auf Empfehlung der Sign. 
Viardot- Garcia zur nächsten Opernsaison in St. Peters- 
burg engagirt sein soll, hier im königl. Hoftheater in 
den Zwiscbenacten mit Arien von Rossini , Bellini und 
Donizetti mit Beifall boren. Die Sopranslimme dieser 
kunstgebildeten Sängerin ist nicht von besonderer Ton- 
fälle, jedoch rein und sehr geläufig, die Höhe leicht an- 
sprechend 5 ihr Vortrag lässt indess etwas kalt. Als Con- 
certsängerin ist Fräul. Nissen ausgezeichnet, der Volu- 
bilität ihrer Stimme wegen. Am Meisten sagte ihrem Ge- 
vortrage die Tvrolienne aus der Oper Betly von Doni- 
»etti zu. — Herr Ferdinand Griebel aus Berlin war 
hier auf der Reise nach Prag und Wien anwesend, und 
hat sich am 29. d. als- Violinvirtuos mit dem Artet- 
•eben Souvenir de Bellini und Variationen von Delphin 
Alard im königl. Hoftheater mit vielem Beifalle hören 
lassen. Am letzten Sonntage wurde, statt der angekün- 
digten „Regimentstochter," Lortoing's „Wildschütz" 
wirksam und belustigend durch Herrn Räder* s (Schulmei^ 
ster Bacillus) natürliche und drastische Komik gegeben. 
Dem. Wagner singt die Partie der Baronin als verkleidetes 
Landmädchen recht gut, ohne indess in der männlichen 
Travestie so piquant zu effectuiren, als Fittal. Tueseck 
in Berlin. Dem. Thiele ist ein niedliches Gretehen. — 



Das Sommertheater im Aefcemte'seben Carlen, am 
Eingänge des Piauensehen Grandes, wird bei freilieh sehr 
selten schönem Wetter viel besucht. Das Leeal Ist zwar 
klein, jedoch zweckmässig eingerichtet und bell erleuch- 
tet. Auch die Decorationen nnd Verwandlungen genügen 
billigen Ansprüchen. Das darstellende Personal ist frei- 
lich nur mittelmjfissig , der gnstirende Komiker Christi 
indess ein nicht gewöhnliches Talent. Bin humoristisch- 
komisches Zeitgemälde: „Drei Tage aus Dresden'* Ver- 
gangenheit, Gegenwart nnd Zukunft, " odert „Die Reise 
durch drei Jahrhunderte" mit Gesang und Tanz, für die 
hiesige Localität von Joseph Christi bearbeitet, mit Mu- 
sik von Fr. Glaser, ist ein achtes Produot der Wiener 
Volkstheater, reich an Unsinn, doch belustigend durch 
Humor und Witz. Die Ouvertüre der „Vergangenheit " 
bildete Händets Symphonie zum Alexanderfest , welche 

Binz passabel von dem kleinen Orchester ausgeführt wurde, 
ie „Gegenwart" deutete passend ein Potpourri der be- 
liebtesten Tänze von Strauss an. Die „Zukunft" im 
Jahre 1944 konnte Referent nicht erleben , da an dem 
warmen Sommerabende die Hitze in . dem überfüllten 
Räume unerträglich war. — „Die Stumme von Portici" 
wird hier, unter GM. Wagner's Leitung, von Seiten des 
Orchesters, Chores und der Scenerie ausgezeichnet ge- 
geben. Herr Bielc*i*ky sinrt den Masaniello kräftig, 
ist in der Darstellung indess doch nicht mit Tichatscheck 
und Bader zu vergleichen. Dem. Allram ist zwar eine 
jugendlich anmulhige Penela, dem mimischen Ausdrucke 
jedoch nicht ganz gewachsen. Die Partie des Alfous (Herr 
Schuster) ist durch Auslassung der Scene desselben mit 
dem Vertrauten, und des Duetts im dritten Acte verkürzt. 
Als Elvira bewährt sich die Gesangeskunst der Mad. 
Kriete aufs Neue. Herr Wächter eignet sich durch sei- 
nen energischen Gesang ganz zur Rolle des Pietro. Der 
Bolero im ersten Act wird von der hübschen Mad. Peccu 
Ambrogio und Herrn Lepitre graziös und kunstfertig 
ausgeführt. Die Präcision der lebendigen Darstellung und 
die Kürze der Zwischenacte lässt die Vorstellung wenir 
über drei Stunden dauern, da solche sonst gewohnlieb 
beinahe vier Stunden währt. 



Hamburg, im September 1844. Wie die bei Sebu- 
berth und Comp, hier erscheinenden Blätter für. Musik 
und Literatur in Mo. 33 und 34 des jetzigen Jahrgan- 
ges berichten , war von dem Comitä des norddeutschen 
Musikvereins, der bekanntlich vor einiger Zeit einen Auf* 
ruf zu Einreichung von Originalgfedichten , welche sich 
für die Composition eignen , erlassen hatte , unter den 
zahlreich eingegangenen solchen Gedichten dreien der- 
selben der ausgesetzte Preis, jeder von 6 Ducaten 9 zu- 
erkannt worden. Es waren dies: 1) „We ist des Rhei- 
nes Hort?" von B. Ernst in Bremen, 2) „Es rauscht 
das rolbe Laub zu meinen Füssen" u. s. w. von Erna- 
nuel Geibel in Lübeck, und 3) „Die Freude wellte sieb 
vermählen" u. s. w. von F. Helms in Altona. In No. 37 
und 38 derselben Zeitschrift haben jedoch die Mitglieder 
des genannten Comit6 nachträglich erklärt, das« sie sieh 
in Folge nicht unerheblicher Zweifel gegen die Autor* 
sebaft des Herrn Ernst, welche tum Tbcü durch 



665 



1844, September. No. 59. 



654 



«igen« ZogwUtodiuftf Bestätigung erhalten haben, ver- 
anlasst «eben, dieses unter No. 1 erwähnte Lied von 
der Freisbewerbnng rucksichtheb der Composition auszu- 
sohliessen, nnd beschränkt sieb daher die in No. 35 und 
36 der Blitter für Musik und Literatur erlassene „Ein- 
ladung an deutsche Componisten zur Preisbewerbung" 
nur auf die beiden oben unter No. 2 und 3 genannten 
Gedichte, welche sich in denselben Nummern wörtlich 
abgedruckt finden. Das Gedicht No. 2 ist für eine Sopran- 
oder Tenorstimme mit Piaoofoi tebegleil ung in Musik zu 
setzen, das unter No. 3 aber in melodramatischer Form 
zu componiren, mit gewöhnlicher Orchesterbegleitung (2 
Violinen, Viola, Violoncell, 2 Flöten, 2 Hoboen, 2 Cla- 
rinetten , 2 Hörner , 2 Fagotts , 2 Trompeten , Posaune 
und Pauken). Die Gompositionen beider Lieder sind, mit 
einer beliebigen Devise verseben und begleitet von einem 
die nimlicbe Devise als Aurschrift führenden versiegel- 
ten Couvert, in welchem Namen und Wohnort des 
Comnonisten verzeichnet sein müssen, an die Buch- und 
Musikalienhandlung von Schubertb und Comp, in Hamburg 
oder Leipzig portofrei oder durch Buchhändlergelegenbeit 
einzusenden, und zwar die Compositionen des Gedichts 
No. 2 bis Mitte November dieses Jahres, die von No. 3 
aber bis Ende Juni 1845, die letzteren in Partitur mit 
beigefügtem Clavierauszuge. Die eingesendeten Arbeiten 
werden sorgfältig geprüft, die besten aber gekrönt und 
zur Aufführung gebracht. Der Preis für die gelungenste 
Composition des Liedes No. 2 besteht in 6Dueaten; der 
gekrönte Componist des Gedichtes No. 3 aber erbalt 30 
Ducaten und das Diplom als Ehrenmitglied des norddeut- 
schen Musikvereines. 



ZüUickau. Am 4. September wurde hier in der Stadt- 
pfarrkirche das dritte Musikfest gefeiert (über das erste 
und zweite siehe Allgem. Musikal. Zeitung 1840, No.42, 
S. 866, und 1842, No. 40, S. 778). Es hatten sieb dazu 
die Gesangvereine von Grossen, Grünberg, Meseritz mit 
dem des Züllichau - Schwiebuser Kreises und mit dem 
Minnerchore des königl. Pädagogiums vereinigt. Das 
Ganze stand unter der Leitung des wackern Musikdirec- 
tors am Pädagogium, E. Fr. Gabler, der bier wiederum 
seine oft erprobte Geschicklichkeit im Dirigiren bewährte. 
Die Anzahl aller Mitwirkenden belief sieb auf 180, die 
sich zum Tbeil aus einem Umkreise von fünf bis sechs 
Meilen hier eingefunden hatten. Wenn man bedenkt, dass 
die Mehrzahl der Theilnebmer Lehrer, Cantoren und Or- 
ganisten sind, die ihrer Geschäfte wegen und auch wohl 
aus ökonomischen Rücksichten sich nicht oft an den Haopt- 
orten der Specialvereine versammeln können, so fühlt man 
sich um so mehr gedrungen, es ihnen zu grosser Ehre 
anzurechnen, dass sie dennoch im Stande sind, so Tüch- 
tiges zu leisten, wie es bei diesem Feste geschab. Es 
zeigte sieh hier , dass jeden Einzelnen Kraft und guter 
Wille belebte, die auch der beste Dirigent eines grossen 
Chors durch seine Kunst zu ersetzen nicht im Stande ist 
Gegenstand der Auffuhrung waren folgende Sätze: Fan- 
tasie für die Orgel, Cdur, von M. G. Fischer (MD. 
Gabler) * Choral: Lobe den Herrn, für Männerchor vier- 
stimmig bearbeitet von Gabler $ der 8. Psalm für Man- 



nerehor und Soll's, vom Jok. Schnabel ? Introduction und 
Fuge für die Orgel zu vier Händen, Cmoll, von C. G. 
Böppner (Cantor Meyer und Organist Satrade); Hymne 
für Minnerchor und Soli's mit Orchesterbegleitung, von 
A.Neiihardt; Präludium und Fuge für die Orgel, Ddur, 
von A. JV. Bach (MD. Gabler)-, Choral: Nun lob 9 mein' 
SeeP den Herrn, für Mäonercbor vierstimmig bearbeitet 
von Gabler; Festbymne nach dem 95. Psalm, für Män- 
nerchor und Soli's besonders zum Feste componirt von 
Gabler ; Largbetto pastorale für die Orgel, von A. Hesse 
(Organist Sawade); Hymne nach dem 21- Psalm, für 
zwei vierstimmige Minnerchöre mit Orchesterbegleitung 
von Fr. Schneider; Postludium für die Orgel, C dur, von 
J. fF. Hässler (MD. Gabler). Unter diesen haben die 
beiden Choräle auf die erbauliche Stimmung der zahl- 
reich Versammelten wunderbar eingewirkt. Bei der Fest« 
bymne des MD. Gabler (in Partitur und Stimmen er- 
schienen bei Trautwein in Berlin, breite Strasse No.8) ver- 
weilte man schon wegen der Neuheit der Composition 
und aus Achtung vor dem Componislen mit besonderer 
Aufmerksamkeit, die durch die Aufführung herrlich be- 
lohnt wurde. Das Auffordernde in den ersten Worten des 
Textes: „Kommt herzu 1 " war durch die nach einander 
erfolgenden Eintritte der vier Stimmen vortrefflich wie- 
dergegeben. Neu und eigentümlich war es, das Bassre- 
citaliv mit einem Halbchore begleiten zu lassen, was 
eine tief ergreifende Wirkung hervorbrachte, besonders 
da der Chor das hier unerlässlicbe Piano gut hielt und 
doch zugleich deutlich aussprach. Ungemein lieblich nnd 
fromm gebalten ist das Quartelt. Der letzte Chor, durch 
dessen Fuge der erste Bass mit dem als Cantus firmus 
gesungenen Choral mächtig durchtönte, gab dem Ganzen 
einen würdigen und in hohem Grade erschütternden Scbluss. 
Auch bei den übrigen Hymnen und Psalmen erkannte 
man deutlich die Liebe zur Sache, von der Sänger und 
Spieler durchdrungen waren, so wie bei den Orgelstü- 
cken die Meisterschaft der Orgelspieler (MD. Gabler, 
Cantor Meyer, Organist Sawade). — Die Aeusserungen 
der Zuhörer waren durchaus nur der Ausdruck allge- 
meiner Befriedigung und von Seiten Derer, die das Fest 
höber zu würdigen wussten, wahrhafter Erbauung. — 
Im Aeusseren wurde der ganzen Feier eine gewisse Fest- 
lichkeit dadurch gegeben, dass alle Mitwirkenden, kennt- 
lich durch auf der Brust getragene Festzeichen, sich in 
einem Festzuge, an welchen sich der Magistrat und die 
Stadtverordneten anschlössen, mit vorangetragener Fahne 
der Crossener Liedertafel und unter dem Schalle von Blas- 
instrumenten vom Saale des Pädagogiums aus durch die 
Stadt nach der Pfarrkirche begeben hatten , die überdies 
von den Jungfrauen der Stadt mit Blumengewinden und 
Blumensträussen einfach, aber würdig ausgeschmückt wor- 
den war. — Ein besonderes Verdienst um die Zuhörer 
haben sieb die verschiedenen Gesangvereine noch durch 
die vielen Gesänge heileren Inhalts erworben, welche 
sie am Abende vor dem Feste im Saale des Ressource- 
gebäudes und am Tage des Festes selbst bei dem einfit« 
eben Festmahle im Kärger>$cben Saale unter dem unge- 
theiltesteu ßeifalle vortrogen. Hier, wie bei dem Musik- 
feste in der Kirche, waren die Soli's unter folgende Her- 
ren vertheilt: erster Tenors Schmidt, Oberpostsecretlr 



63$ 



1844.: September. No. 39; 



in Crossen, Knorr* Lehrer an de* Realschul* in sfetc* 
rits,. Mensel, Letrer io GrünboFg; zweiter Teaer: 
Schubert, Maiiklehrer ad der Realschale in Mcseritz, 
Krane, Center io Grfiohergj. erster Base: thdiwig* Apo- 
theker in Griinberg, Arendt* Baninspector in Creisei, 
Lemschncr, Lehrer in Greaberg* zweiter B*ss: Ktitsch, 
Pastor in Baaefawits bei Meserilz, Po hin* , Lehrer in 
Deutsch- Sagar bei Crossen, Vogel* Lehrer in Heiners* 
dorf bei Grtinberg. 



• Die AsjiiijliifjujTin Sie dstsesl Eeot «wen *oe\ de* 
Femtordaarn (MD. Giblor, Dtrccler Hanow> . Corneae*- 
cietwaih Harrer* Seperiateooent Karsten 9 Jasüarath 
Kraust, ftathsherr Lieber* ttimmeister WeUekke) mit 
so vieler Aufopferung» Usasiebt Hftd Zweckmässigkeit 
getroffen worden» dass dadurch eilen Postfehern und dam 
nebfasieben einheimischen und fremden Zuhörer n ein wab» 
rer Hocbgenoas aua diesem dritten MoaiUeste beratet 
wurde. 



Ankttiidlgnngeii. 



Bei F. 15. C Ijeacl&are in Breslau Ist erschienen and 
durch alle Bach- und Musikalienhandlungen im beziehen: 

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Mit den erstem Amfamapa|sjprtii4tom beginnt hier eine 
Reihe von Uebnngssiuekeu , welche ganx dazu geeignet find, dem 
Schüler die Elemente de« Violinspiels auf die leichteste and ange- 
nehmste Weise beizubringen. 

Herr Musikdlreetor Schon ist ah Vielinvirtues, als Componist 
and Lehrer dieses Instruments so ruhmMeh bekannt , dass sein 
Name aüeia schon für die Vortrefflichheit und Bmneehlungswurdig- 
heit dieses Werhchens bürgt. 



Nächstens erscheint bei Fr. Hofmeister in Leipzig in Partitur 
und Stimmen, so tri« im vierhändigen Clavierausxuge : 
Kirchliche FestouTcrture aber den Choral : „ Eine feste Burg ist 
tauet Gott/* für grosses Orchester, Chor und Orgel, eomponirt 
und seiner Vaterstadt Königsberg in Preusseu gewidmet von 
Otto Nicolai (erstem Capellmeister des fc. k. Hofoperntheaters in 
Wien). Op. 51. (Zum ersten Male aufgeführt bei der Jubelfeier 
der Königsberger Universität.) 

Im Verlag» teil S. W. xPoMIff ( JfasWsche Bochaudhmg) 

ist Leitmerita erscheint mit Bigenlhumswcht « 

Kessler* Jf* €?•• Sechs Lieder für eine Singstimnte mit Be- 
gleitung des Pianoforte. Op. 22. 

Sechs geistliche Lieder für eine Stimme mit Begleitung des 

Pianoforte. Op. 35. 

Ständchen (No. i) Ar eine Stimme mit Begleiteng des Pia- 

noforte. Op. 54. (Ne. 2 — Op. 41 ist bereits erschienen.) 

— - — 24 kleine Cadenseu in allen Tonarten , als Introductionen 
su allen Compositionen für Pianoforte. Op. 37. 

Troll penseee fngitives pour Pianoforte. Op. 86. 

Dem etudes de Ceueert. Op. 39. 40. 

— — Grande Semite (Eadur). Op. 42. 

Six petites valses (Nouvelle suite). No. i — 4. 

— — Valse et maxure. 

Der Herr Componist ist, schon durch seine vortrefflichen Etü- 
de* , In der höhen musikalischen Welt so veHheUhaft bekannt, 
dem es einer fianpSehtung vorstehender Werbe , die ueoh langem 
Stillschweigen den Freunden seiner Muse willkommen sein wer» 
den, nicht bedarf. 



In demselben Verlage erscheinen femer folgende Werbe , Zur 
FEefioe mit Begteitmny der PimnoforU* etex» auspeeefehejeten Dust» 
Unten» welcher durch früheres öffentliches AuAneten in Italien, so 
wie auch durch mehrere Aufsitze ia der AUgem. MusikaL Zeitung 
bekannt geworden ist: 
!vf aKl. JDr« JÄOiS, VariatSous sur un theme de Bellini. Op. 5. 

— — Conoertino sur des motirs de Paganiui. Op. 4. 
* Kendo aUn Polacea. On. 5. 

— — Variationen auf der G - Saite. Op. 6. 

Fant, et varlations sur des themes de fOp. Otello. Op. 7. 

Fant, et variaL sur des themes de l'Op. Les Hqguenols (de- 

diees i M. Mey erbeer). Op. 8. 

— — Fantatstc ruase. Op. 9. 

Varialions sur uu theme de Donixelti. Op. 10. 

Concerto fantastico (mit eingelegter Cadens über das öster- 
reichische Volkslied). Op. it. 

Vorstehende Werke für die Violine meiehneu sich durch Be- 
gann und Geschmack, so wie auch musikalische* Werth besonders 
ans» eignen sieh nam e ntli ch sehr xu Cooccrtvorlrigeu und sind 
deshalb allen höheren Violinspielern sehr xu empfehlen. 



So eben erschien bei Unterzeichnetem t 

Impromptu, J¥o. 2 9 

pour Piano 



Leipzig, 



P**__ 

ye» 

65. Preis 10 Ngr. 

F. Wbtntlltie;. 



Charte» Mayer« 

Op. 65. Pr 
September 1844. 



Im Verlage von €?. JU H.lesmsm in Leipsig sind er- 
schienen i 

Co T. JBrunner 9 * 

iAstracüve CompositJ«oeu för Piaaoforte vierhändig. 

Op. II. Bouquet musieal. Pieees divertissaates et fanstruetives. 

1* Ngr. 
M 14. Guirlande musicale* 4 Pieees amüsantes et instruetires. 

20 Ngr. 
„ 15. Triolet musieal. 3 Pieees en forme de Valses. 20 Ngr. 
„ 51. 6 leichte Rondo's Aber beliebte Opetothemn's. W#. 1 — 

6. a I2i Ngr. 
„ 57. Erheiterungen Cur die Jugend. Kurze und leichte Piecea. 

No. 1—5. a 7i Np. 
„ 44. Fantasie aus DonizcttCs fochter des Regiments. 20 Ngr. 
„ 55. Kleine melediscne Vebungsstüebe. 15 Ngr. 

Nöchst der ntrentj methedisehen Simftnifoimi , wobei audb die 
Anforderungen au die Meinen Uftftde des AaSngum sieh «neb und 
naeh steigern, sind alle Gompoaitiouen äusserst wehlhlingejid, an- 
sprechend und voll Melodie. 



Dmek und Verlas; ton Breitkopf und Härtet io Leipzig umd unter deren VeiutwwÜiehkslU 



657 



6d8 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 2 te » October. 



M 40. 



1844. 



Imhaltt JtetctmW». — Dficknchten: Au* RadoUtadt. Ans Ciase!. Aas Leipzig. — Feuilleton. — Jmkündigungen. 



R E 



CENSIONEN. 



Mose, Oratorium aus der heiligen Schrift von Adolph 
Bernhard Marx. Ciavierauszug vom Componisteo. 
Leipzig, bei Breitkopf und Härtel. Preis 7 f blr. 

Die Erscheinung des vorliegenden Clavieranszugs war 
dem Referenten eine um so willkommenere, mit je grös- 
serem Interesse er voriges Jahr jenes wahrhaft geniale 
Werk bei seiner Aufführung in Erfurt gehört und je mehr 
es ihn damals entzückt und begeistert hatte. Mit wah- 
rem Heissbnnger fiel er daher über diesen, vom Verfas- 
ser selbst mit grossem Fieisse bearbeiteten Ciavierauszug 
her, und er fohlt sich zu der Versicherung gedrungen, 
dass ihm seit langer Zeit nicht leicht ein anderer einen 
reicheren, gediegeneren und nachhalligeren Rnnstgennss 
bereitet bat. Wenn es ganz unstreitig ein Hauptmerkmal 
eines ächten Kunstwerkes ist, dass es uns bei anhalten- 
der Betrachtung immer lieber wird, bei forlgesetzter Un- 
tersuchung seines Aufbaues und seiner Gestaltung, im 
Ganzen wie im Einzelnen, immer reichere Schönheiten 
offenbaret und immer manoieb fächere Zuge des Genius 
entfaltet, während jedes Unechte, trotz alles Blend - und 
Plitterwerks, mit welchem es geziert erscheint, bei nä- 
herer Prüfung immer mehr in seiner Aermlichkeit und 
ßlöse sich darstellt, so hat sich wenigstens uns das Ora- 
torium Mose in jener Beziehung von Tag zu Tag immer 
reicher bewährt, und wir können mit voller Zuversicht 
versichern, dass es sich auch in dieser Gestalt, in 
welcher wir es mit einem sorgfältig ausgeführten, die 
Hauptzüge eines grossen Originalgemäldes treu wieder- 
gebenden Kupferstiche vergleichen möchten, alle Musik- 
freunde für sieb einnehmen wird, die nicht zum Voraus 
in ungerechter Weise gegen den Verfasser eingenom* 
men sind, and die sich in ihren Kunstbostrebungen von 
süsslicher Modeländelei, affectiver, augenverdrebender 
Frömmelei, lüsterner Ueupigkeit fern, and dagegen Ohr 
und Gemüth , Sinn und Verstand für ächte Kunst offen 
erkalten haben. Ja, wir müssen zumal die Dilettanten 
nnter unseren geehrten Lesern geradezu auffordern, sieh 
zunächst mit diesem höchst interessanten Werk im Cla- 
vieraoaznge bekannt zu machen; denn zu eigenlbüm- 
lich in seiner, wie ans Einem mächtigen Gusse geform- 
ten, die gewohnten unleidlichen Gemeinplätze des Orato- 
riums auf uns Glücklichste vermeidenden Struclnr, und zu 
46. Jaki-gang. 



reich an zum Theil liefer liegenden interessanten und 
geistvollen Zügen, um sogleich beim ersten Anlaufe sich 
in seinem ganzen Reichthume, in seiner vollen Grösse, 
Tüchtigkeit und Gediegenheit zn enthüllen, wird es, ist 
man zuvor mit ihm am Ciavier gehörig vertraut gewor- 
den, bei der Aufführung im vollen Orchester einen um so 
vollkommeneren Kunstgenuss gewähren. 

Da dem Vernehmen nach binnen Kurzem auch die 
Partitur erscheinen wird, so sparen wir eine ausfuhrli- 
chere Besprechung dieses geistvollen Werkes, das es wohl 
verdient, zu allgemeiner Verbreitung zu gelangen, bis 
dahin auf, und weisen hier nnr noch auf einige Nummern 
hin, welche zur Aufführung am Ciavier auch in engeren 
musikalischen Kreisen vorzüglich geeignet erscheinen. Es 
sind folgende : No. 6, Arie der Mirjam (Sopran) mit Chor 
der Jungfrauen, sehr ansprechend und leicht ausführbar; 
No. 7, Baritonsolo (Aaron) mit kurzem, leichtem Chor für 
drei Männer- und dann für zwei Sopranstimmen; No. 8, 
Arie des Mo9e (Bass), dramatisch effectvoll und dem Sän- 
ger keine besonderen Schwierigkeiten bietend; No. 10, 
Arie der Miriam ; No. 12, Duett (Mose mit Aaron) mit 
Chor; No. 16, Arie der Königin (Sopran), sehr anspre- 
chend und für die Sängerin belohnend; No. 18, Cavaline 
(Alt) der Mutter der Pharaonen; No. 19, Quartett; No. 
23, Arie für Tenor ; No. 26, Scene des Mose mit Chor. 



Orgelcompositionen . 

1) Zwei Orgelfugen mit drei Suhjecten, componirl und 
seinem Lehrer Herrn Dr. Rinck zugeeignet von J. 
Zundel % Organist an der St. Annenkirche in Peters- 
burg. Op. 4. Mainz, bei Schotl's Söhnen. Pr. 27 Kr. 

2) Zwölf leichte Vorspiele zu den allgemein gangbarsten 
Chorälen der evangelischen Kirche auf der Orgel mit 
und ohne Pedal zu spielen von J. Jäger, Organist in 
Schlitz. 2. Heft. Ebendaselbst. Preis 36 Kr. 

3) Practiscbes Hilfsbuch für Organisten von J. C. Her- 
zog* Organist an der protestantischen Stadlpfarrkircbe 
zn München. Op. 10. In 8 Heften, jedes 36 Kr. In 
einem Bande 4 PI. 12 Kr. Ebendaselbst. 

No. 1 bietet zwei recht gelungene schätzbare Fo- 
genarbeiten, welche mit Achtung gegen den Verfasser er- 
füllen, der in dem fremden Lande in sehr würdiger Weise 
die deutsche Orgelkunst sn vertreten scheint« 

40 



639 



1844. October. No. 40. 



660 



No. 2, Diese zwölf Vorspiele, in einem frei figurir- 
ten, gebundenen Style und in einem ansprechenden ge- 
fälligen Tone gehalten, eignen sich bei ihrer leichten Aus- 
führbarkeit vorzüglich für Anfanger. Im fünften Vorspiele 
hat sich der Verfasser die Sache doch ein wenig gar zu 
leicht gemacht. Solche Sächelcben vermögen am Ende 
auch wohl minder Geübte selbst zu schreiben , ja zu ex- 
temporiren. 

No. 3. Eine sehr schätzbare Sammlung von Vor- 
und Nachspielen, Fugen, Fughetten, Canons, Fantasieen, 
Chorälen, Cadenzen, Modulationen u. s. w. aus den ge- 
wöhnlich vorkommenden Dur- und Molltonarten, nicht aus 
fremden Werken zusammengetragen, sondern von dem 
Herausgeber selbst componirt, welche es wohl verdient, 
in recht viele Hände zu kommen. Sie ist eine der instruc- 
tivsten, welche wir kennen, und Anfänger wie weiter Vor- 
geschrittene werden sie mit Nutzen gebrauchen. K. 



Für Piano forte. 

Rocket, Ed. y Deux Caprices. Op. 3. Preis 10 Ngr. 

Rgveries. Op. 6. Preis 15 Ngr. 

Deux Bomances. Op, 7. Preis 15 Ngr. Sämmt- 

lich bei Breitkopf und Härtel in Leipzig. 

Es sind dies die ersten gedruckten Werke, welche 
uns von dem Contponisten zu Gesicht kommen; bekannt 
ist er uns schon aus den hiesigen Abonnementconcerten, 
wo er sich als Ciavierspieler, früher und in letzter Sai- 
son, Beifall erwarb. Die Wahl des daselbst zu Gehör Ge- 
brachten, so wie seine eigenen Arbeiten, deuten auf Soli- 
dität und es wird ihm bei anhaltendem Streben nach Ver- 
vollkommnung in der Composition das Gelingen nicht ent- 
gehen. Die drei vorliegenden Werke enthalten : Op. 3 ein 
AHa polacca, nicht nninteressant und gut wirkend, nur 
hätte der Scbluss anders motivirt und nicht die ganze 
erste Seite wieder abgeschrieben werden sollen, damit 
eine Steigerung herbeigeführt worden wäre; so wie ein 
k la Styrienne, welches uns, um ein Opus zu füllen, 
etwas unbedeutend erscheint, übrigens doch vor vielen 
derartig bezeichneten Sächelcben bevorzugt zu werden 
verdient, da es melodiös und recht hübsch geschrie- 
ben ist. 

Op. 6, beiläufig nach dem Titel : BeVeries — Noctur- 
nes, enthält aber blos ein Nocturno. Ein Motto belehrt 
uns, dass in diesem Tonstücke geschildert werden soll, 
wie im abendlichen Glänze der Sterne, ans weiter dunk- 
ler Ferne, so mancher Klang in unsre Brnst, sie mit 
Weh' und Lust erfüllend, zieht. Hier hat sich der Com- 
ponist den Text vorgeschrieben ; ist er von ihm im Ton- 
stücke beachtet, oder ist er, wie die Motto'* mancher An- 
derer, ein bioser Ausputz? Wir müssen gestehen, dies 
nicht gefunden zu haben ; es hat uns dieses Werk viel 
Freude gemacht und wir sind der Hoffnung, dass es auch 
Anderen welche bereiten wird. Melodie und Arbeit las- 
sen nichts zu wünschen übrig, die Form verräth siche- 
rere Hand, als beim oben erwähnten Opus. Beim Schlüsse 
des ersten Theiles konnte* jedoch die Wiederholung des 



Hauptmotivs (Seite 5) wegbleiben und dafür das des ihm 
vorhergebenden Agilalo noch weiter benutzt, dann in die 
Grundtonart tranquillo übergegangen und mit dem hier 
befindlichen Anhange geschlossen werden. Nach dem er- 
regten Mittelsatze tritt dann das Hauptmotiv, neu um- 
spielt, recht befriedigend auf, und schliesst eben so in 
Bezug auf den ersten Tbeil. Seite 10, Tact 5 und fort, 
so wie bei der folgenden Transposition, hätten wir lieber 
ein b vor a und später vor d gesetzt, bei dem Beginne 
des Capriccio Seite 6 lieber den Orgelpunct d festgehal- 
ten, anstatt die Quinten zu wechseln. 

Op. 7 enthält zwei Bomanzen, die erste : il lamento, 
die zweite : la consolazione — betitelt. Die erste, ihrem 
Character nach herbe, ist es manchmal nur zu sehr ; diese 
Herbigkeit hätte durch andere Figurationen leicht gemil- 
dert, eben so die durch letztere wieder herbeigeführten 
Quintenverhältnisse der Oberstimme vermieden werden 
können (System 2, 8 — 9). 

Die zweite Romauze wirkt recht versöhnend auf die 
Härte der ersten und möchten beide Stücke aus diesem 
Grunde gleich nach einander gespielt werden. Zugleich 
finden wir aber den Componislen sieh zu wenig selbstän- 
dig bewegen ; möge er von der Idee , in der oder jener 
Manier jetziger Clavierkünstler zu schreiben, wieder ab- 
kommen! er wird verstehen, was wir meinen, zumal bei 
genauer Betrachtung von: la consolazione. Uebrigens 
finden wir bei diesem Stücke eine mangelhafte Perioden- 
bildung; der siebente Tact muss zu zweien verlängert 
werden, wodurch acht volle, eine Periode von acht Tac- 
ten entsteht, der achte wird dann zum neunten oder 
Zwischensalze zur Wiederholung. Der Verfasser wird das 
in Ordnung finden, da sein Vordersatz vier und daher 
auch billig der Nachsatz vier Tacte enthalten muss. Die- 
ser Mangel kehrt allemal beim Erscheinen des Thema's 
in dem Nachsätze wieder und stört das Gehör jedesmal. 
Sämmtlicbe Composilionen machen keine grossen Anfor- 
derungen an den Spieler (Op. 3 ist gar leicht zu nen- 
nen) und werden in dieser Hinsicht willkommen sein. 
Seite 7, System 4, Tact 2, muss das eilfte Achtel im 
Basse eis heissen. 



Lysberg, Ch. B. de, Barcarolle. Op. 7. Preis 12y a Ngr. 

Andante. Op. 12. Preis 10 Ngr. 

Quatre Bomances sans paroles. Op. 15. Pr. 10 Ngr. 

Sämmtlich bei Fr. Hofmeister in Leipzig. 
Unter diesen drei Piecen sind die Bomanzen das Mu- 
sikalischste, sie haben Form und sind, was sie sein sol- 
len. Im Allgemeinen sind die Lysberg'schen Stücke reckt 
klingend und werden sich, zumal die Barcarole und das 
Andante, bei Bravourspielern Freunde erwecken, wel- 
chen wir sie empfehlen. In Hinsicht der Composition je- 
doch haben uns die Bomanzen zum Theil am Meisten be- 
friedigt. Die Barcarole und das Andante gehen zu sicht- 
bar auf Effeet aus, so dass man letzteres auf den ersten 
Anblick kaum für ein solches halten dürfte. Doch der 
Name tbut nichts zur Sache; des Verfassers Vorbild ist 
Liszt, Schreibart und Durchführung der letzterwähnten 
Sätze zeugen. dafür, doch sind dieselben unendlich wohl- 
klingender, als dessen Arbeiten. Die SchlusaUete der 



661 



1844. Octobcr. No. 40. 



662 



zweiten Romanze , so wie Taet 4 — 6 der Iolroduciion 
des Andante, wirken leer und übel. — 



Melcliert, J. , Deax morceaux de Salon. Op. 11. Ham- 
burg, cbez A. Cranz. 14 Ggr. 
Diese zwei Morceaux bestehen in einem Audanle 
(la melaneolie) und in einem Rondo brillant (la gaicle). 
In ersterem Satze haben wir nichts Melancholisches ent- 
decken können, das zweite entspricht seiner Bezeichnung, 
ist sehr munter und macht in Verbindung mit seinem Vor- 
ginger guten Effect. Beide Stucke haben uns überhaupt 
recht angesprochen; sie sind frei von Schwulst, in ge- 
sundem fliessenden Clavierstyle geschrieben und als Sätze 
eigener Erfindung jetzt seltener anzutreffen. Geläufigkeit 
wird zwar gefordert, aber keine besonderen Schwierigkei- 
ten geboten, so dass sie, wenn auch nicht zu Salonvor- 
trägen, doch zam Unterrichte verwendet werden können. 



Dohler , 2%., Fantaisie sur des motifs de l'Opera: Sa- 
pho de Pacini. Op. 49. Leipzig, cbez Breitkopf et 
tiärtel. Pr. 1 Tblr. 10 Ngr. 
Dass man hier eine Fantasie nach jetzigem Ge- 
schmacke mit aller Brillanz und allen Effectmitteln vor 
sich habe, verspricht, ohne dass man hineinsieht, der 
Name Döhler, und beim Durchgehen stösst man auch 
überall auf dergleichen. Gewöhnt, durch jetzige Fanta- 
sieen nur für Augenblicke überrascht zu werden, machen 
wir in künstlerischer Beziehung auch keine grösseren An- 
forderungen an diese ; warum sollten wir es auch ? Thal- 
berg'sche Fantasieen verfehlen nie ihre Wirkung auf ei- 
nen gewissen Znbörerkreis zu äussern, und da sich die 
in Rede stehende diesen würdig anschliesst, so wird ihr 
eine gleiche Theilnabme nicht entgehen. Mögen sich un- 
sere eifrigen Ciavierspieler mit dieser neuen Gabe bekannt 
machen. 

Seite 23, System 2, vom zweiten Viertel an, muss 
der Violinschlüssel, und Seite 26, System 2, Tact 1, im 
dritten Viertel muss das fe vor Des gesetzt werden. 

Duverncyy J. B. t Fantaisie sur Follette. Op« 131. Preis 

15 Ngr. 

Les Roses de Noel, Valses. Op. 132. Pr» 15 Ngr. 

Une pensee de Bellini , Var. ä 4 mains. Op. 129. 

Pr. 20 Ngr. Sämmtlieh bei Breitkopf u. Härtel in Leipzig« 
Duvernoy, in die Fusstapfen Herz's und Hünten's tre- 
tend, hat sich in neuerer Zeit bei einer grossen Zahl Di- 
lettanten recht beliebt gemacht. Vorstehende Heftchen 
bringen in Op. 132 fünf Walzer und" eine Coda, in Op. 
131 eine Introduction und Rondo valse (die Bezeichnung: 
Mouvement de valse, Seite 4 ist eigentlich gar keine, 
denn sie zeigt nur die Bewegung, nicht die Gattung 
des Stücks an), in Op. 129 eine Introduction und Varia- 
tionen zu vier Händen über ein Bellini'sches Thema. Sie 
sind alle drei recht angenehiö, das zn vier Händen zu- 
mal allerliebst und, für die Kräfte minder geübter Spie- 
ler berechnet, sehr zu empfehlen. 



Ender, J. N. 9 Rondo pastorale. .3. Werk. Cassel, bei J. 
Luckhardt. Preis x / 2 Tblr. 
Die specielle Bezeichnung: Pastorale rechtfertigt sich 
zwar in dem Werke nicht, aber es ist uns ohne dieselbe 
wegen seines Wohlklanges und seiner sauberen Schreib- 
art nicht minder werth. Eine Bemerkung können wir 
aber zu machen nicht unterlassen : dass uns nämlich die- 
ses Rondo in seiner Melodie- und Passagenführung sehr 
violinmässig, wie ein Violinsalz mit Tutti's vorkam, z. B. 
Seile 4 — 5, auf welcher letzteren Seite einige Tacte so- 
gar an auf der Violine schou Gehörtes erinnern. Es soll 
dies kein Tadel sein, sondern wir erkennen daraus, dass 
der Verfasser, welcher gewiss auch Violinspieler ist, 
strebte, den der Violine eigenen Gesang auf dem Claviere 
wiederzugeben, welches ihm, so viel möglich, auch gut 
gelungen ist. Uebrigens ist das Ganze claviermässig be- 
handelt, was wir zu erinnern nöthig finden, da manches 
aus der Hand eines Violinspielers Kommende etwas hol- 
pricb fur's Ciavier ausfällt. 



Schtiebner, A. , Sonate. Op. 1. Berlin, bei C. A. Cbal- 
lier. Preis 1 Thir. 
Der Anfang dieses Op. 1 war uns so seltsam, dass 
wir auf eine erste Missgeburt gefasst waren, was man 
uns nach Einsicht folgender Citate des ersten Satzes nicht 
verargen wird. 

Allegro ma non troppp. 




Welch' hassliche Klänge tönen uns da entgegen! Doch 
mit Vergnügen wurden wir in der Folge gewahr, dass 
diese wenigen, bei der Repetition leider nochmals peini- 
genden Tacte der einzige Auswuchs der ganzen Sonate 
seien ; wie leicht konnte dieses geändert werden und der 
erste Satz mit dem neuen Motive des zweiten Theils des» 
selben beginnen ! 

Die Sonate besteht ans vier Sätzen : Allegro, D dur, 
C-Tact, Adagio, Gmoll, C-Tact, Menuett, Allegro non 
troppo, Gdur, %-Tact, Rondo, Allegro molto, Ddur, 
%-Tact, und hat die seltene Eigenschaft, dass jeder der 
Sätze immer klarer, runder erscheint, als sein Vorgän- 
ger, so dass wir am Schlüsse der ganzen, sehr gefälli- 
gen, wohlklingenden Sonate mit dem Componisten, des- 
sen Vorbild Haydn — Beethoven war, wozu wir ihm Be- 
ständigkeit wünschen, ausgesöhnt waren. 

Der Druck, obwohl deutlich und schön, ist zuwei- 
len etwas incorrect. Herrmann Schettenberg. 



605 



1844. October. No. 40. 



664 



Nachrichten. 

Rudohladt. Am 5. August feierte der nunmehrige 
Concerl meisler Herr Sommer , erster Waldbornist der 
fürstlichen Capelle, eben so geachtet als Künstler, als ge- 
liebt im geselligen Umgänge, sein 50jäbriges Dienstjubi- 
la um. Schon früh 6 Unr wurde der verdienstvolle Jubi- 
lar vom Harmoniemusikcorps durch den Choral; „Nun 
danket alle Gott 1 ", auf welchen noch einige grössere 
Musikstücke folgten, feierlichst begrüsst, worauf um 9 Uhr 
die ganze fürstliche Capelle ihm ihren Glückwunsch dar- 
brachte. Um 1 Ubr versammelte man sich zu einem ihm 
zu Ehren veranstalteten festlichen Mittagsmahle im Gast- 
hause zum Ritter« wobei unser verdienstvoller, rühmlichst 
bekannter Capellmeister, Herr Müller, die Anordnung 
getroffen hatte, dass die Tafelmusik mit derselben Haydn- 
schen Symphonie aus C, 8 / 4 -Tact, eröffnet wurde, in wel- 
cher der Jubilar vor fünfzig Jahren seine Probe abgelegt 
hatte. Hierauf sprach Herr Capellmeister Müller* der auch 
die treffliche Composition zu einem von Herrn Justizrath 
Eberwein verfertigten Festgedichte, das mit grossem 
Enthusiasmus gesungen wurde, geliefert hatte, in einfach 
herzlichen Worten die allgemeine, warme Anerkennung 
der Verdienste des Jubilars aus, und überreichte ihm, 
nebst einem Pokal, ein Decret des durchlauchtigsten Pur- 
sten, durch welches er zum Concertmeister ernannt wurde. 
Die Freude des festlichen Tages wurde für alle Tbeilneh- 
menden vorzüglich dadurch erhöht, dass sich der Herr 
Jubilar einer so rüstigen Gesundheit zu erfreuen bat, 
dass er wahrscheinlich noch lange im Stande sein wird, 
mit ungeschwächter Kraft und Sicherheit sein Amt zu 
verwalten. 

Seit dem 20. d. M. erfreut uns das Personale des 
Sondersbäuser Hoftheaters mit seinen Vorstellungen. Eine 
junge, hoffnungsvolle Sängerin, Fräul. v. Marra, gastirte 
dabei zwei Mal im Liebestrank und Lucia von Lammer* 
nioor mit ausgezeichnetem Beifalle. 



Cassely im August 1844. Am 15. Mai d. J. fand im 
Saale des Stadtbaues, zu einem wohlthätigen Zwecke, die 
zweite Aufführung von Sophocles' „Antigone" mit Men- 
delsso kn's Musik Statt, welche sich der nämlichen Theil- 
nahme von Seiten des gebildeten Auditoriums, wie die 
erste im October v. J. durch die Anwesenheit der deut- 
seben Philologen veranlasste Production des interessan- 
ten Werkes zu erfreuen hatte. Obgleich die zu den bei- 
den Aufführungen gewählten Darstellungsmittel insofern 
beschränkt genannt werden können, als die Dichtung vor- 
gelesen und die Musik im Ciavierauszug aufgeführt wurde« 
uo war dennoch die Executirung — und zwar vorzugs- 
weise die letztere — eine sehr gelungene und cffect- 
reiche. Um dieselbe machte sich auch diesmal wieder als 
Leotor Herr Hofrath Niemeyer und als Musikdirigent Herr 
Hofcapellmeister Spohr verdient; die Chöre für Männer- 
stimmen wurden von Mitgliedern der Singacademie und 
des Cäeilieavereins sehr lobenswerth ausgeführt. In Be- 
treff der Composition, über welche wir uns, so weit es 
die erwähnte Darstellung zuliess, in eiuea vorjährige» 
Bericht in diesen Blättern geäussert haben, sind unter 



den hiesigen Musikfreunden verschiedene Ansichten her- 
vorgetreten. Dieselben würden sieh unserer Meinung nacb 
nicht dergestalt verschieden gebildet haben, dass die Ei- 
nen sich hier für das Antike, die Anderen gegen das Mo- 
derne in der Musik ausgesprochen hätten, wenn die In- 
strumentalpartie des Tonwerkes vollständig zu Gehör ge- 
bracht worden wäre. Denn in der That tritt dieselbe, 
insbesondere zu den einfacheren, bisweilen unisonen Vo- 
calsätzen, in welchen Viele einen absolut antiken Cba- 
racter erkennen, so vermittelnd ein, dass dadurch man- 
chem späteren und in Folge musikalischen Fortschreitens 
entstandenen Bedürfniss entsprochen wird und vorzugs- 
weise Das, was in dem Vocalpart, abgesehen von den» 
ihm gegebenen instrumentalen Gewände, als musikalisch 
antik zu bezeichnen sein möchte, der Zeit nach wiederum 
so viel näher gerückt erscheint. Daraus geht denn wohl 
deutlich hervor, dass es nicht die Absicht des Componi- 
sten war, eine absolut antike Musik zu dieser Dichtung 
zu schaffen, noch weniger aber derselben durch eine mo- 
derne Composition gleichsam einen fremdartigen und je- 
denfalls unverträglichen Zusatz zu geben, sondern haupt- 
sächlich einzelne Effecte der Dichtung durch beigefügte 
ebaracterisüsebe Tongemälde zu erhöben , und die Dich- 
tung überhaupt eben zum Tbeil durch die Musik selbst 
in einer unseren Bedürfnissen entsprechenden Weise zu 
einer lebendig wirksamen Darstellung zu bringen« 

Auf Veranlassung des Gastspiels des Herrn Perlgrund 
vom Hamburger Stadttheater kam am 11. Juni Kreutzer'* 
beliebte Oper „Das Nachtlager in Granada" zur Auffuh- 
rung. Das allgemein ansprechende und vorzugsweise me- 
lodieenreicbe Tonwerk verfehlte, obwohl schon oft bei 
uns gehört, doch auch diesmal bei dem grösseren Publi- 
cum seine Wirkung nicht. In welch' hohem Grade ein- 
zelne Mitglieder unseres Opernpersonals, namentlich Fräul. 
Edfr in der Partie der Gabriele und Herr Biberhof er in 
der des Jägers, sich schon seit geraumer Zeit die Gunst 
des Publicums erworben haben, bewies die Auszeichnung, 
welche ihnen auch diesmal wieder zu Theil wurde, un- 
geachtet ihre Leistung gegen früher zurückstand. Na- 
mentlich gilt dies von den Piecen des ersten ^Vcles, welche 
so zu sagen nur gerade durchgesungen wurden, ohne dass 
die einzelne^ Vorzüge der Composition in demselben 
Grade, wie bei früheren Aufführungen, hervortraten. Weit 
mehr Befriedigung gewährte uns die Darstellung des zwei- 
ten Actes von Seiten der erwähnten Künstler; insbeson- 
dere zeichnete sieh Herr Biberhof er in der Solopiece mit 
obligater Violine wieder vorteilhaft aus. Von etwas ge- 
ringerer Bedeutung, als die beiden oben genannten Par- 
tieen, ist bekanntlich die des Gomez, mit welcher Herr 
Perlgrund sein Gastspiel eröffnete« Die natürlichen Vor- 
züge dieses Sängers, welche insbesondere in der Arie 
des zweiten Actes sich wahrnehmen Hessen, bestehen in 
einem festen, egalen und klingenden Ton innerhalb der 
mittleren Begion seines Tonumfangs, in einer natürlichen 
Anlage zum Verbinden der Töne und in einer wohltuen- 
den Deutlichkeit der Aussprache. Dagegen rechnen wir 
zu den Mängeln desselben eine bisweilen zu breite Vo- 
calisation, eine noch nicht ausreichende Intensität des 
Tonklanges, eine nicht immer gleich genaue Intonation 
und eine, wenn auch gerade nicht verbildete, doch min- 



685 



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666 



destens noch nicht ausgebildete und kunstgerecht entwi- 
ckelte Tonformation, deren Schwankung in der höheren 
Lege an Deutlichsten hervortritt. Der Erfolg des derma- 
Jigcn Debots war zwar bei dem hiesigen Publicum dem 
Anscheine nach nicht unbedeutend, indem Herr Perlgrund 
neben Fräul.. Bder und Herrn Biber Atffer nach Beendi- 
gung der Vorstellung gerufen wurde; doch wir sagen: 
dem Anscheine nach» weil wir wohl zuverlässig anneh- 
men dürfen, dass weit mehr, als durch die Leistung des 
Debütanten,, durch die tbeilweise gelungene Produktion 
des Fräul. Eder und des Herrn Biberhof er, und wohl 
noch mehr durch die Erinnerung an frühere gelungenere 
Darstellungen der nämlichen Rollen von Seiten der ge- 
nannten einheimischen Künstler» das Publicum zu der er- 
wähnten Auszeichnung veranlasst wurde. — Bei dem 
zweiten Debüt des Herrn Perlgrund in der etwas be- 
deutenderen Partie des Rodrigo in der Oper Otello von 
Rossini, welche am 16. zur Aufführung gelangle, traten 
sowohl die bereits erwähnten Vorzüge, als auch die Män- 
gel des Sängers noch merklicher hervor. Als die ibm am 
Meisten gelungene Piece nennen wir das Solostück im 
zweiten Acte, welches er im Ganzen recht angenehm und 
insbesondere mit mehr Ruhe und Sicherheit, als die übri- 
gen Nummern seines Partes, vortrug. Was die Darstel- 
lung der anderen Rollen betrifft, so verdienen vorzugs- 
weise Herr Derska (Otello) und Präul. Low (Desdemona) 
rühmlich erwähnt zu werden. Herr Derska führte seine 
Partie, wenn gleich nicht allezeit mit der dazu nötbigen 
Kraft und Energie, doch mit viel musikalischer Einsicht 
und gebildetem Geschmack aus. Fräul. Low hatte ihre 
Rolle fleissig studirt und vermochte ihren Tönen, wenn 
auch nicht stets das erforderliche Colorit, doch eine dem 
Obre wohlthuende Klangfarbe zu geben» Herr Föppel 
maebte sich uns in der Partie des Brabanzio recht schätz- 
bar. In Betreff der Leistung des Herrn Biberhofer (Jago) 
haben wir zu bedauern, dass er in dem Recitativsatz bei 
seinem ersten Auftreten, wie auch in dem Duett mit Ro- 
drigo sich auffallende Fehler gegen die Reinheit der In- 
tonation zu Schulden kommen hess. Der Vortrag des Fräul. 
Miller (Emilie) zeiehnete sich vor den meisten ihrer frü- 
heren Leistungen durch eine angemessene Tonbildung, 
mehr Weichheit des Klanges und mehr Deutlichkeit der 
Aussprache vorteilhaft aus« Auch der Chor und das Or- 
chester gingen im Ganzen recht gut zusammen. — Dies 
war die letzte Oper vor dem Beginne der Theaterferieu, 
welche in der Regel um die Mitte Juni ihren Anfang neh- 
men und ungefähr sechs Wochen dauern. In diesem Jahre 
blieb die Bühne vom 19. Juni bis zum 1. August geschlossen. 
Am 12. Juli gab der Organist an der Brüderkirche 
faierselbst A* Uerrstell in der St. Martinikirche ein Or- 
gelconcert, in welchem ausser den für die Orgel compo- 
nirten und arrangirten Tonstücken auch einige von meh- 
reren aefatbaren Dilettanten (Mitgliedern der Singacademie 
und der Liedertafel) übernommene Gesangpiecen vorge- 
tragen worden« Von Herrsteif s eigener Composition hör- 
ten wir: Psalm 26 für eine Siagstimme mit Oqg elbeglei- 
tnng, eine Fuge für die Orgel, und einen Voealsats „Tc 
ergo qnaeaomus" für zwei Chöre und Orgel, sämmllich 
Musikstücke, die ihrem Werthe nach einer mittleren Gat- 
tttog angeboren, indem sie, wenn auch nichts Ausge- 



zeichnetes, doch viel Ansprechendes enthalten und, wenn 
schon das erste derselben, welches uns als das werth- 
vollste erscheint, nicht durchweg im strengen Style ge- 
balten ist, gleichwohl alle ein vollgiltiges Zeugniss von 
des Verfassers hinlänglicher Vertrautheit mit seinem In- 
strumente ablegen« Ausserdem kam noch Folgendes zur 
Production: eine Fuge von 5. Bach, der Choral „Eine 
feste Burg ist unser Gott,* 4 bearbeitet von Kühmstedt, 
Mozarts Fantasie in C moll für Pianoforte, und das „Re- 
cordare" aus seinem Requiem, beide Werke für die Or- 
gel eingerichtet, und zum Schlüsse des Coucertes Varia- 
tionen über ein Thema (No. 9, Marcia in Fdur) aus Mo« 
xarfs Zauberflöle. Die ausserdem noch zu Gehör ge- 
brachten Vocalsätze mit Orgelbegleitung bestanden in zweien 
der Beethoven'&chen sechs Lieder von Geliert für eine 
Singstimme mit Pianofortebegleitung , nämlich in No. 2 
„Gott deine Güte reicht so weit*' und No. 5 „Die Him- 
mel erzählen des Ewigen Ehre," welches letztere, ab- 
gesehen von der gewählten Orgelbegleitung, auch in Hin- 
sicht auf den Gesangpart nicht in seiner ursprünglichen 
Form, sondern von einem Chore von Sopran, Alt, Tenor 
und Boss ausgeführt wurde. Das vierstimmige Arrange- 
ment dieses Liedes war mit Ausnahme des Tonsatzes in 
den Worten: „Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne? 
Wer führt die Sonn' aus ihrem Zelt?" treu aus der 
Pianofortebegleitung entnommen und darum von guter 
Wirkung. In allen hier angeführten Arrangements für die 
Orgel haben wir die geschickte und angemessene Behand- 
lung des Instrumentes von Seiten des Künstlers rühm- 
lichst zu erwähnen, der sich in seinem Spiele zwar nicht 
durch eine eminente Fertigkeit, aber durch Reinheit, Prä- 
eision und Bündigkeit auszeichnete, — einiger unbedeu- 
tenden Störungen nicht zu gedenken. Zum Zwecke der 
Ausführung der oben genannten Compositionen hatte der 
Concertgeber das sowohl in Hinsicht auf Vollständigkeit, 
als auch auf Reinheit und Wohlklang ausgezeichnetste 
Orgelwerk gewählt, welches Cassel besitzt. So wenig 
wir auch im Allgemeinen den musikalischen Arrangements 
und vorzugsweise denen für die Orgel das Wort zu ro- 
den vermögen, so geben wir doch gern zu, dass derglei- 
chen Bemühungen nicht minder, als der Vortrag wirk- 
licher Orgelcompositionen, häufige Abwechselung und ein- 
sichtsvolle Wahl in der Mischung der Register erhei- 
schen, weil Tonstücke, welche nicht ursprunglich für die 
Orgel gedacht sind, bei ihrem clavieroassigen, aphoristi- 
schen, nicht acht kirchlichen Cbaracter nur auf diese 
Weise erträglich werden. Wir haben in dieser Hinsicht 
den wirklich künstlerischen Tact des schätzbaren Orga- 
nisten anzuerkennen, der bei der erwähnten Mischung 
und Abwechselung der Register stets darauf bedacht war, 
sowohl das der Orgel Fremde hierdurch dem Instrumenta 
so viel als möglieb zu aceommodiren, als sich auch von 
jeder solchen Mischung und Abwechselung fern zu hal- 
ten, welche die Natur der Orgel hätte wirklich verletzen 
oder gar entstellen können. Es möchte aber auch nicht 
leicht die Verletzung der JVatur irgend eines andern In- 
strumentes durch den Vortrag ungeeigneter Compositio- 
nen so empfindlich und dauernd auf das Gemüth wirken, 
als die der Orgel. Es ist wahr, auch die erösste Orche- 
stermasse vermag es nicht, an Grossartigkeit uad Ein- 



667 



1Ö44. October. No. 40. 



fe£Ml 



Dringlichkeit d«s Effects es diesem der Verehrung und 
Anbetung des Höchsten ausschliesslich geweihten Instru- 
mente gleich zu tbun. Aber kein Instrument fordert onse- 
rer Meinung nach auch von dem Componisten so unbe- 
dingt ein Festbalten am strengen Style, wie die Orgel. 
Hoffend, dass künftige derartige Prodnctionen von der 
nämlichen Theilnahme, wie die dermalige, begleitet sein 
werden, sehen wir denselben in der Voraussetzung mit 
Vergnügen entgegen, dass sie sich durch vollkommen ge- 
eignete Wahl der Tonstücke uod eine diesen möglichst 
entsprechende Ausführung auszeichnen. 
(Beschlags folgt.) 



Leipzig, den 1. October 1844. In den sieben Wo- 
chen, welche nunmehr seit Wiedereröffnung unseres Stadt- 
theaters verflossen sind, wurden uns von der neuen Di- 
rectum sechs Opern : Don Juan, Die Zauberflöte, (Hello, 
Norma, Der Schöffe von Paris von ff. Dorn, und Mara 
von J. Netaer, und in ihnen ziemlich die sämmtlichen 
engagirten Sänger vorgeführt. Der Aufführung des Don 
Juan gebührt unstreitig darunter der Preis; sie war im 
Ganzen, wie im Einzelnen, eine gelungene zn nennen. 
Fräul. Mayer zeigte in der Partie der Donna Anna eine, 
wenn auch nicht gerade sehr volle und grandiose, doch 
höchst angenehme und biegsame Stimme, die in den ef- 
feetvollen und mehr dramatischen Stellen eines genügen- 
den Grades von Stärke und Feuer fähig ist: nament« 
lich erwarb sie sich durch ihre solide Gesangbildung und 
durch den angemessenen, edlen Vortrag, der von richti- 
gem musikalischen Sinne und von sorgfältigen Studien 
sengt, die vollste Anerkennung. Weniger zwar konnte 
Fräul. Steydler als Donna Elvira genügen \ denn ihren 
an sich wohl nicht geringen Tohmitteln scheint es noch 
an der nöthigen Freiheit und Festigkeit zu fehlen; die 
Stimme spricht nicht leicht an, sie trägt die Töne nicht 
ungezwungen, und darunter leidet natürlich Goloratur nicht 
minder, als der ruhige Vortrag. Andererseits dürfte frei- 
lich das erste Auftreten des Fräul. Steydler gerade in 
der Partie der Donna Elvira noch keinen festen Maass- 
stab für ihre Leistungen geben, einmal weil diese Partie 
in den Soli's voll von Schwierigkeiten, die nur eine 
durchgebildete Künstlerin völlig zu überwinden vermag, 
ist und deshalb auch selten dankbar erscheint, und dann, 
weil Fräul. Steydler, die erst vor Kurzem die Bühne 
betreten haben soll, bei diesem ihrem ersten Debüt vor 
unserem Publicum mit siebtbarer Aengstlichkeit zu käm- 
pfen hatte. Zerline fand in Frau Bachmann geb. Gün- 
ther eine uns schon bekannte liebliche Repräsentantin, 
die in Spiel und Gesang gerade in dieser Rolle nicht leicht 
übertroffen werden wird. Herrn Eicktfs Stimme hat« seit 
seiner mehrjährigen Abwesenheit von Leipzig nieht merk- 
lich verloren ; die tieferen und mittleren Töne sind schön 
und voll, und seine Höhe entbehrte schon früher des hel- 
len Klanges; nur scheint er jetzt denselben durch eine 
leidige Manier, mit der er den Ton hervorstösst , eine 
hellere Färbung geben zn wollen, möchte aber dadurch 
dem Eindrucke, den sein übrigens guter Gesang hervor- 
bringt, nur schaden. Als Don Juan fand er auch durch 
gewandtes Spiel verdienten Beifall, in Herrn Widmami — 



Don Ottavio — lernten wir einen sehr braven Sänger 
kennen. Schon sein Organ bezeichnet seine Stimme als 
eine natürliche, nicht durch Kunst in die Höhe geschraubte 
Tenorstimme; dazu v ein edles und schönes Portament, 
gute Tonerzeugong und Aussprache, und vor* Allem die 
Mässigung und Ruhe, wir möchten sagen die Anspruch- 
losigkeit, mit der er bei aller Lebendigkeit des Ausdrucks 
besonders die herrlichen Arien seiner Partie vortrug, 
welche wir von anderen Sängern nur zu oft entweder 
kalt und ermüdend, oder durch ganz heterogene Hilfsmit- 
tel verpfuscht haben singen hören, — dies Alles gewann 
ihm die Herzen der Hörer und häufigen Applaus. Der 
Leporello des Herrn Ulram (früher in Wien und Grätz) 
war nicht der gewöhnliche Pagliasso, sondern, was er 
sein soll, der feine verschmitzte, nur durch die Rolle, 
welche er bei den Abenteuern seines Herrn spielt, ko- 
mische Diener, und wurde mit volltönender starker, nur 
hier und da wohl zu wenig parlanter Stimme, gut vor- 
getragen. Herr Pögner sang den Gouverneur, wie im- 
mer, sehr brav, Herr Bickert den Masetto genügend. 
Die Ensembles und das Finale gingen exaet und rund, 
und namentlich machte der Chor eine gute und volle 
Wirkung, wie denn überhaupt das Ganze von Herrn 
Lortzing, der von der Oper und dem Lustspiele ganz zu- 
rückgetreten ist und mit Herrn Jos. Netzer in die musi- 
kalische Leitung sich theill (warum und wober beide Her- 
ren den etwas pompös klingenden Titel: Gapellmeister 
angenommen haben, hat Referent noch nicht erfahren kön- 
nen), tüchtig und sicher dirigtrt wurde. 

Einen nicht minder günstigen Eindruck machte die 
Aufführung der ,, Zauberflöte •« am 20. und 23. August 
und 26. September. Auch hier zeichneten sich vor Allen 
Fräulein Mayer als Pamina und Herr tVidemann als Ta- 
mino höchst vor! heilhaft aus. Zur wahren Freude hat es 
uns und gewiss Jedem gereicht, der eine gute Oper mit 
anderen Intentionen besucht, als nur um sich zur Erho- 
lung einmal vormusiciren zu lassen, dass der Vortrag 
Beider das richtige Erkennen des hohen und classischen 
Werthes, den diese alte Musik für alte Zeiten bewahrt, 
und das Streben, die ursprüngliche Würde derComposi- 
tion treu wiederzugeben, an den Tag legte. Das war 
wirklich Mozart, den wir hörten ; er wurde nicht durch 
moderne Auffassung und Repröduetion dem jetzigen Aller- 
weltsgeschmacke aecommodirt. Beide Künstler widerstan- 
den siegreich der Versuchung, die brillanten Seiten ihres 
Talents glänzen zu lassen ; sie brachten vielmehr mit 
unverkennbarem ächten Kunstsinne in dieser Beziehung 
das lobenswerte Opfer der Selbstverleugnung, zu dem 
man heut zu Tage bei den Sängern selten Lust und Ent- 
schluss verspürt. So wurde, um nur ein Beispiel anzu- 
führen, von Fräul. Mayer das Duett i „Bei Männern, 
welche Liebe fühlen' 4 so anspruchlos und lieblich gesun- 
gen, dass dieses Stück durch ihren Vortrag einen neuen 
Reiz, — Hesse es die Trivialität des dazu gehörigen Tex- 
tes zu, so möchten wir' sagen : einen poetisohen Zug — 
bekam, der nur wohhhuend wirken konnte. Dass die 
Königin der Nacht der Fräul. Steydler auch diesmal we- 
niger ansprach, lag wohl abermals zum Theil an der gros- 
sen Schwierigkeit, welche die Passagen und die anhal- 
tend hohe Tonlage dieser Partie bieten; denn nur eine 



669 



1844. Octeber. No* 40 



670 



geübte Bravoorsängerin — und das ist Fräul. Steydler 
noch keineswegs — - vermag den Ansprüchen vollkommen 
zu genügen, welche hier an Kraft und Volubilität der 
Stimme gemacht sind. Den Sarastro sang Herr Kinder- 
mann mit seiner schönen und sonoren Stimme, der nur 
hier und da die leichte Ansprache in den tiefsten Tönen 
zu mangeln schien, sehr gut, und auch Herr Eicke, den 
wir zum ersten Male in einer komischen Bolle, der des Pa- 
pageno, hörten, füllte seine Stelle genügend aus. Die Par- 



tieen der drei Damen wurden 
Genien von Anfängerinnen, mithin freilich noch nicht be- 
friedigend, ausgeführt. 

Im Otello von Rossini zeigte sich am 27. August 
in der Titelrolle Herr Klein als ein feuriger Sänger von 
kräftiger, namentlich sehr umfangreicher Stimme. Doch 
scheint uns letzlere, da die Höhe zu sehr forcirt klang, 
wenn es ihr gleich auch da nicht an Kraft gebrach, sich 
mehr zum Bariion au neigen. Leicht möglich aber auch, 
dass der Vortrag Herrn Klein s uns zu dieser Annahme 
verleitet; denn die vom Componisten allerdings fast durch- 
gehends in die Partie des Otello gelegte Leidenschaft 
wurde von Herrn Klein dergestalt auf die Spitze gelrie- 
ben, dass die Töne, namentlich eben die höheren, an ih- 
rer Natürlichkeit verloren, spitz und scbarf wurden und 
oft gar nicht mehr Gesang zu hören gaben. Der Sän- 
ger, der die, wenn auch hier und da von der Situation 
gebotene, Leidenschaft des Spiels durch die des Gesanges 
zu überbieten und dadurch vielleicht den freilich in sol- 
chen Fällen selten ausbleibenden lauten Beifall der Menge 
sich zu erringen strebt, beeinträchtigt nur zu oft durch 
solche falsche Politik die wahre Wirkung seiner Natur- 
gaben und somit auch den künstlerischen Werlh seiner 
Leistungen. Als ein mindestens sehr gewagtes Unterneh- 
men muss Beferent es bezeichnen , dass Fräul. Steydler 
die Desdemona übernommen hatte. Es fehlt ihr geradezu 
an Allem, was zu dieser Partie erfordert wird; in Bra- 
vour, Geläufigkeit, dramatischem Vortrag und Spiel ist 
sie noch zu sehr Anfängerin, als dass ihre Darstellung 
nur einigermaassen hätte befriedigen können. Wo noch 
mit Rouladen , Portament, musikalischem Ausdrucke und 
freier Bewegung auf der Bühne gekämpft werden muss, 
da kaon der Versuch, eine solche Partie vorzuführen, 
nicht leicht glücken. Herr Widemann zeigte als Rodrigo, 
dass er auch moderne Musik zu singen vermag, und trug 
namentlich seine Arie, so wie das Duett mit Jago (Herrn 
Eicke, der seiner Stimme in der Höbe wieder Gewalt 
anthat) schön vor. 

Am 5. und 9. September kam Norma zur Autfüh- 
rung mit folgender Besetzung: Norma — Fräul. Mayen 
Adalgisa — Fräul. Wertmitiler ; Sever — Herr Leh* 
mann ; Orovist — Herr Kindermann. So sehr, auch Re- 
ferent aus den bisherigen Darstellungen der Fräul. Mayer 
die üeberzeugung gewonnen hatte, dass sie nicht nur 
eine in seltenem Grade begabte Sängerin sei, sondern 
dass ihre geistreiche Auffassung, ihrFleiss und ihr treff- 
licher musikalischer Sinn sie auch in der That zur wah- 
ren Künstlerin machen, so konnte er sich doch nicht ver- 
hehlen, dass von der Ausführung der Norma zum Theile 
die feste Begründung des Unheils über dieselbe abhän- 
gen müsse $ denn abgesehen von dorn Wert he, den man 



je nach der eigenen Geschmacksrichtung dieser, wie über* 
haupt der neu- italienischen Musik beizulegen geneigt sein 
mag. ist der Genre der Norma von dem Mozart 9 sehen, 
in welchem wir bis dabin Fräul. Mayer nur hörten, so 
verschieden, dass dadurch die Vielseitigkeit der Sängerin 
offenbar in Frage gestellt war. Beferent war fürwahr be- 
sorgt, der solide Sinn der genannten Sängerin möchte der 
modernen Bravour der Beflini'&chen Composition Zuge- 
ständnisse zu machen Bedenken tragen und dadurch sich 
den Vorwurf der Einseitigkeit und bei einem überall gros- 
sen Tbeile des Publicums, welcher Bellini $ Tönen mit 
Kunstbegeisterung lauscht, den Verdacht einer über das 
Alltägliche nicht erhabenen Gesangesbildung zuziehen. 
Aber Fräul. Mayer bat diese Besorgnisse glänzend zun: 
Schweigen gebracht. Sie sang die angreifende und durch 
das in ihr hervortretende dramatische Element schwie- 
rige Partie mit der ihr eigenen Würde, grossartig, ge- 
wandt und mit zu bewundernder Kraft, und entsprach 
daneben durch ein angemessenes und verständiges Spiel 
gewiss allen Anforderungen. Dass, wie wir schon früher 
erwähnten , ihre Stimme in der Höbe nicht die erschüt- 
ternde Fülle besitzt, welche zu entwickeln gerade die 
Norma so oft Gelegenheit bietet, tbat dem Eindrucke kei- 
nen Abbruch. Der Kern des Tones ist bei Fräul. Mayer 
edel und kräftig, ihre Auffassung und Darstellung wahr, 
und das ersetzt leicht den Effect, den massenhafte Klänge 
hervorbringen können. — Herr Lehmann , abermals ein 
erster Tenor unserer Bühne, hat rücksichtlich seiner 
Stimme wohl mehr Vergangenheit für sich, als Zukunft 
vor sich; die tiefen und mittleren Töne sind ziemlich 
ohne Klang, die Höbe forcirt, doch erreicht er in letzte- 
rer mitunter einen nicht üblen Effect, den er freilich, 
wie es scheint, sehr oft benutzt und dagegen tiefer He- 
gende Stellen seiner Partie, um jene desto mehr zu he- 
ben, absichtlich fallen lässt oder in den Schatten stellt. — 
Fräul. Wertmüller ist zwar noch eine Anfängerin, aber 
mit schönen Gesangmitlein begabt, und wenn sie die Un- 
gezwungenheit im Vortrage und Geläufigkeit der Stimme 
erlangt haben wird, die grössere Partieen erfordern, lässt 
sich Erfreuliches von ihr hoffen. — Herrn Kindermann 9 s 
Darstellung war in jeder Beziehung höchst befriedigend, 
die Chöre gut ausgeführt; rücksichtlich der Direction 
möchten wir nur das häufige Uebereilen der Tempi in 
einzelnen Nummern der Oper tadeln. 
(Beschluss folgt.) 



Feuilleton. 



Einem Briefe Danjou't in der Revue et Gazette rausicale de 
Paris zufolge liegt die Kirchenmusik in Belgien sehr im Argen. 
Triviale und altfränkische Stucke von geschmacklosen Tonsetzern 
des vorigen Jahrhunderts werden von einem der Zahl wie der Töofe» 
tigkeit nach sehr schwachen Chore abgeleiert. Kommt einmal ein 
gediegeneres Stück ausnahmsweise inr Anffuhrvog, so wird es voa 
den Organisten auf eine entsetzliche Weise mit modernen Gangen, 
Laufet), Trillern u. dergl. verbrämt und entstellt. Die Regierung 
hat unter Anderm den Bisehb'fen ein Te Denm von Gatpard (oder 
Jaspar) aus Luttich zur Aufführung officiell anempfohlen, welche« 
eine nächst schwache, geist- und gedankenlose Sohhlerarbeit ge- 
nannt wird. — Als rühmliehe Ausnahmen von jener Regel werden 
IMow, Organitt, und Suell, Capellmeister an der St. Godola- 



671 



1844. October. No. 40. 



672 



Rirebe io Brüssel, benrorg ekeben ; ferner SlrebeOe, Organist au 
Tonrnny, SblsRSnier ebendaselbst, Abt Jensens so Löwen. 

In Mexiko bat man eine oachahmnngswerthe Sitte, seine Be- 
geistere og frir Schauspieler oder Sänger an den Tag sn legen. Et 
werden ibnen uumlieh Lorbeerkränze, dicht mit Oazas (einer Gold- 
münze von ungefähr 25 Tblr. an Werth) besetzt, öffoatlieh auf 
der Biibne überreicht. 

Der jüngst zu Carttbad verstorbene W. A, Mosart bat seine 
kostbare Bibliothek (Musikalien and Bücher) theils dem Mozart- 
eum in Salzburg , theils seinem Schüler Ernst Pauer vermacht. 
Ei sind unter Anderem auch gecen hundert Briefe seines Vaters 
darunter. 



Herzog Maximilian van Baiera bat dt« Canelimeiste? bei« 
deutschen Theater in Trifft, /. H.^Stuekenschmidt ans. Bremen, 
für eine ihm gewidmete bei Aibl in München erschienene Compo- 
situm und für ein grosses lostrumentalwerk im Manuseript die 
grosse sUberne Medaille überreichen lasse e. 

Prof. fFichmann in Berlin ist mit Ausführung der Statuen 
beschäftigt, welche dns Proscenium des neuen Opernhauses daselbst 
schmücken sollen. Dieser Statuen sind acht an der Zahl. Die 
meisten derselben stellen Gefühle und geistige Eigenschaften dar, 
welche nnf der Bohne beneoders wirksam sind. — Wie es jetzt 
heisst , wird das Opernhaus im Deeember d. J. eröinet werden, 
und zwar mit einem Festspiel von Meyerbeer, wozu Tieek und 
ReUstab den Text geliefert haben. 



Ankündigungen» 



Bei Fr« HrnftaeLbter in Leipzig erscheint sum 19. 

Oetober u. c. : 

Tbalbersr, 8., Fantnisie sur Zarnpa, Opern de Herold ponr 
Pianoforte. Op. 55. 



Bei Wllla. Körner in Erfurt erscheint im Laufe des 
Octobers folgendes Werk, dns die Beachtung aller gutem Scsninu- 
rien verdient > 

Theoretisch- praktische Organistenschale. 

Enthaltend die vollständige Harmonielehre nebst ihrer An- 
wendung auf die ComposiüoQ der gebräuchlichen 
Orgelstücke. 
Für Lehrer und zum Selbstunterrichte, insbesondere für 
Seminaristen und Pr äpar ander* * 
Von 

JT. Cf» Töpfer, 

Professor der Musik am grossbersoglichen Seminar zu Weimar und 

Organisten nn der Stodtkirche daselbst« 

Subscriptioagpreis bis zum Erscheinen: 1% Tblr. 



Mit Eigenthumsrecht erscheinen bei uns: 
Zur Michaelis - Messe » 
Vleiixtemps, H», Sourenir d'Amerique. Yankee doodle. Va- 
ria tions burlesques pour Violon avec Quat. ou Piano. Op. 17. 
Krebs« €?•• Tiersfiinmige Männergeeange in Stimmen und 

Partitur. Op. 105. 
— — Fantasie aus Norme zur Pianoforte. Op. 186. 
IilplnslL^. C, 3 Gaprices pour Violon seul. Op. 99. 

Nach der Michaelis - Messe r 

Crmmer, f* H«, Schule der Fingerfertigkeit in 100 progree- 
siren Etüden. Op. 100. 

Mechanik des gediegenen Pianisten in 94 Salon -Etüden 

ctaanschen Styls nur Bildung des Gesebmacks. Op, 101. 

ILmillmlL« Tit., Sinfonie de Piano. Gr. Sonate en 4 partics. 

WllliimertJ, IU, Ä Manourkaa pour Piano. Op. 14. 

Krebs, C, Sebnle der GeUnfigkeit für den Gesang in 18 Sol~ 
feggien. Op. ISO. 

Spmbr. I*» 9 Fantasie aber Tkeaan's von Händel und Abt Vog- 
ler für Piano (oder Harfe) und Violine concert. Op. 118. 

Vleuutomp«, H». Normo. Funtaisie snr la 4*» Corde pour 
Violon avee Orthestre ou Piano. Op. 19. 

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Begleitung des Pianoforte. 97« Werk. 1 Fl. 18 Kr. 

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Druck ond Verlag von Breitkaff und Härtet in Leipxig und nnter deren Vernjrtw^tlicfekeit. 



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ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 

Den 9 tea October. 



M 41. 



1844. 



InHaitS Featcancert des Do mm asik verein es oad Mozarteaas zo Salzburg, zar Erinnerung an die Enthüllung des Mozartdenkmales. — 
Nachrichten: Ans Leipzig. (Besc bloss.) Aos Cassel. (Bescblusa.) — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Festconcert des Dommusikvereines und Mo- 
zarteums zu Salzburg y zur Erinnerung an 
die Enthüllung des Mozartdenkmales. 

Ich verfolge tob seiner Entstehung an die Schritte 
des Mezarteunis mit der regen Tbeilnabme, die jede mit 
der Pflege nnd Förderung der Kunst sich befassende va- 
terländische Anstalt verdient, und erfülle nur die Pflicht 
der verdientesten Anerkennung, wenn ich in diesen Ccn- 
tralblalte für alle Musikinteressen das Resultat des am 
5. September d. J. veranstalteten Festconcertes mit eini- 

Een Nebenbemerkungen zur allgemeinen Kenntniss bringe. 
8 war in der That ein so erfreuliches, dass sieh nun 
mit aller Sicherheit bebannten lägst, dieses in der voll- 
sten Entwicklung begriffene Institut werde nicht nur j 
für Salzburg selbst eine neue Aera in der Tonkunst, son- 
dern für Deutschland überhaupt eine permanente Planz- 
schule für tüchtig gebildete Tonküostler in seiner fortge- 
setzten Wirksamkeit begründen. You welcher Wichtig- 
keit aber die Heranbildung gründlich und deutsch ge- 
schalter Musiker für die vaterländische Kunst sein rnuss, 
leuchtet hei dem Mangel an derlei umfassenden Lehran- 
stalten von selbst ein. Das mit dem Dommusikvereine 
verbundene Mozarteum besteht erst kaum drei Jahre, und 
schon sitzen Zöglinge ausübend in den Reihen der an 
demselben angestellten Musiker and Professoren. Welch 
ein überraschender Erfolg! und wie nutzbringend kann 
eich unter ähnlichen progressiven Verhältnissen erst die 
Zukunft gestalten! — Das Festconcert zerßel in zwei 
AbtheUnngeo, jede sieben Nummern enthaltend, wovon 
die erste blos aas Cempositieneo Moxart's, die andere, 
von Loeal - nnd musikfestlichen Verhältnissen bedingt, aas 
Compositionen moderner Meister und VirtuosenleisUingen 
bestand» Das Orchester, sechzig -bis siebenzig Köpfe stark« 
führte die Cdur- Symphonie mit der Schlussfuge von Jfe- 
zart und die Ouvertüre aus der Oper „Die Felsenmühle'* 
von Reusiger auf. Der Fortschritt dieses noch, jungen 
Muaikktfrpers, der ans den ehemaligen faudationsaiisst- 
gee Chormasikern der den Dommusikvereine beigetrete- 
nen vierzehn Kirchen nnd den angestellten Mozarteums- 
prof essorop gebildet wurde, ist wirklich überraschend, 
namentlich wirken zuweilen die ersten Violinen nnd die 
Harmonie mit der grössten Reinheit nnd Delieatesse. We- 
niger gut sind die Bisse. Besonderes Lob verdienten das 
Adagio und die Menuett der Symphonie, gleich wie der 

46. Jahrgang. 



Zusammentritt der Motive nnd ihre Verflechtung im letz- 
ten Satze deutlich und sieher, der Accent voll nnd rich- 
tig waren. Ein Goncertino für die Oboe über ein Thema 
aus „Don Juan" von Griebel, vorgetragen von dem als 
Professor dieses Instrumentes angestellten Herrn Jetinek, 
erwarb sich, den gerechtesten Beifall. Seine Behandlung 
mnss vorzüglich genannt werden. Der Ton verliert alles 
Scharfe, Näselnde, Schnatternde, ist mild, klar, fest und 
selbst in den höchsten Chorden sieher; dabei besitzt er 
viele und höchst deutliche Fertigkeit, and einen grössten- 
teils reinen, geschmackvollen Vortrag. Zu wünschen 
wäre eine grössere Geltendmachung des Portamento. Ich 
räume diesem Concertisten schon jetzt, da er sich noch 
wenig in Musikhauptstädten umgesehen, einen Ehrenplatz 
unter den auf diesem schwierigen Instrumente mir bekannt 
gewordenen Solospielcrn ein. Beiläufig gesagt, besitzt der 
Dommusikverein und das Mozarteum noch mehrere schätz- 
bare Virtuosen, von welchen ich beispielsweise nur Herrn 
Plamer auf der Violine und Herrn Heinrich auf dem Fa- 
gott anführe. — Von fremden Künstlern bekamen wir 
Fräul. Deybeck vom Hoftheater zu München und Fräul. 
Achilles von ebendaher zu hören. Erstere trug Arien 
ans „Cosi fan tutle" und „Robert der Teufel," Letztere 
aus „Nozze di Figaro" und Donixettis „Buon del monte" 
vor; gemeinschaftlich sangen sie zwei Sopranduette aus 
„Titus" und „Jessonda." Beide Sängerinnen gehören zu 
den Wenigen, welche der öffentlichen, vom Vereine er- 
gangenen Einladung folgten. Sie kamen nnd saugen, folg- 
lich war es nur eine Erwiderung ihrer Aufmerksamkeit, 
wenn man ihrer Wahl keine Strenge entgegenstellte. 
Fasste übrigens das Mozartetim bei künftigen Fcstconcer- 
ten den Entschluss, blos Mosart'&che Musik aufzufüh- 
ren, so wäre es zweckdienlich, bei Gelegenheit der dies- 
fälligen Bekanntmacbungen in der Folge eine auf diesen 
Gegenstand sieh beziehende Anmerkung beizufügen. Fräul. 
Deybeck ist eine mit guten Mitteltffnca ausgestattete brave 
Sopransängerin, die dureh Verständnis» nnd Routine Das 
ersetzt, was ihr an Frische und Höhe des Organe« man- 
gelt. Sie kennt ihre Aufgabe, weiss ihre Mittel mit den* 
selben in Einklang zu bringen und versteht za singen. 
Bei Fräul. Achilles, die dem Vernehmen nach der Kunst 
nur im Privatleben angehört, ist es ein Anderes, Diese 
Sängerin ist im Besitze einer vollen, kräftigen, dabei wei- 
chen, den zartesten Tonscbattirnugen sich fügenden So* 
pranstimme von bedeutendem and gleichmässig klingen- 
dem Umfange; doch wenn gleich der Einflass einer gtt- 

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ten Schule unverkennbar ist 9 so fehlt fiesen wirklich 
trefflichen Organe derzeit dennoch jener declamatorische 
Schwang j jenes impenirende Ueberwälttfjen des Stoffes, 
die sich nur als das Resultat der eigentlichen, sich selbst 
feewussten Künsllerscbaft geltend machen. Frau!. Achilles 
hat in ihrem Gesänge zuweilen Anflüge von Grossartig- 
keit, allein sie könnte zwischen der heroischen Neben- 
bedeutung ihres Namens und den Wirkungen ihrer su 
allen pathetischen Elevationen geeigneten Stimme doch 
noch eine weit grössere Analogie herstellen. Uebrigens 
ist bei beiden braven Sängerinnen die Coloratur nicht 
vorwaltend, folglich ihre Richtung — weil nun einmal 
die Kunstterminologie diese beiden alternirenden Bezeich- 
nungen Festgestellt hat — eine dramatische. Der Aus- 
druck war ein den verschiedenen Stylen gut angepasster, 
nur bemerkte ich eine vorherrschende Neigung zum Zie- 
hen der Tempi, wie es scheint, eine Eigentümlichkeit 
der Münchner Theaterschule überhaupt, da mir dieser 
Umstand auch schon bei anderen dortigen Sängern aufge- 
fallen. Es entspringt dies aus einer orthodoxen Ausle- 
gung der Scbönheitsregel, wodurch eben so sehr der me- 
lodische Fortfluss gehemmt, als die Kraft des Sängers bis 
zur Ermüdung angestrengt wird. — Die Bassarie mit Chor: 
„0 Isis'* ans der „ Zanberflöte " gab uns Gelegenheit, 
den mit einer guten, umfangsretchen Stimme begabten 
Bassisten des Dommusikvereins und Mozarteums kennen 
su lernen, dessen Organ vorzüglich in der Kirche von 
guter Wirkung sein muss. Die Poesie dieses hehren Prie- 
stergesanges wiederzugeben, kann nur höber gebildeten 
Sängern zugemuthet werden; es muss Weihe in jedem 
Tone liegen. Herr Pichler trog übrigens seine Arie wür- 
dig vor, könnte jedoch bei einer geschlosseneren Mund- 
stellung in einigen Mitteltönen und hei Vermeidung der 
manierirten kurzen Schleifungen in aufwärts schreiten- 
den Intervallen mehr Sonorität und einen reineren Vor- 
trag erzielen. — Herr v. Albest, ein geschätzter Dilet- 
tant, brachte selbstcomponirte Variationen für die Violine 
über ein Originalthema. Sein Ton ist schön, vibrirend 
und wirkt besonders im Piano legato lieblich. Er entwi- 
ckelte namentlich im Cantabile Deutlichkeit, Exactheit 
und schöne. Bogenführung, doch schien etwas zu viel Ab- 
sicbtlichkeit in dessen Vortrag zu liegen, wodurch der 
künstlerischen tJestaltung Abbrach gethan wurde. Der Styl 
des Spieles sowohl als der Gomposition ist ein ans der 
antepaganini'schen Schule stammender, dem, unpassend ge- 
nug, einige modern gewordene PaganinfBche Spielereien 
eingepflanzt sind. Jeder Styl kann von guter Wirkung 
sein, wenn er in seiner Eigenthümlicbkeit auch nur voll- 
endet ist und vor fremdartigen Einmischungen bewahrt 
wird, woraus immer nur Unentsohiedenbeit und Halbheit 
entstehen muss. Jedenfalls behauptete sich dieser Solist, 
der riicksichtlich der Mechanik besonders mit den älteren 
Bravourfiguren wohlvertraut ist, ehrenvoll. Auch einen 
jungen Pianisten aus Prag Namens Kuhn, Schüler Toma- 
schek's, lernte ich in diesem Concerte kennen, der auf 
einer Reise nach Paris begriffen ist, etwa ein Jahr in 
einem Dorfs im Salzburgischen eifrigen Selbstudien in 
Spiel und Gomposition oblag, und kurz zuvor in Linz, 
Ischl und Salzburg mit Beifall Concerte gab. Es frappirt 
in unserer clarierverbexten Zeit wahrhaftig mehr, auf 



einen schlechten, als auf einen guten Ciaviervirtuosen zu 
treffen, und ich lange in Wien kaum mit dem Gedächt- 
nisse aas, die Namen aller neu aufatuqhenden, einkeiaM- 
scheu und auswärtigen, kindbeitlidfen und erwachsenen 
Pianisten und Pianistinnen zu behalten» die durch ihr gu- 
tes, oft vortreffliches Spiel Alles, nur nicht auffallen. 
Herr Kuhn, obscbon eines musikalischen Asceten Schü- 
ler, geht den Weg, den die Mehrzahl der Ciavierspieler 
einschlägt ; man kann denselben füglich den des Fleisches 
nennen. Wenn es dieses Pianisten hauptsächlicher Zweck 
ist, der eleganten Welt zu gefallen und zu — erwerben, 
so kann man mit ihm nicht einmal darüber rechten. 
Vielleicht bildet sich ungeachtet dessen eine gewisse Ei- 
genthümlichkeit erst in der Folge heraus. Er spielte zwei 
kleinere Piecen von eigener Composition, ganz im mo- 
dernen Gewände, mit Reinheit, Nettigkeit, Zartheit und 
Geläufigkeit. So viel ich aus diesen Proben beurtbeilen 
konnte, zählt dieser gutgebildete Pianist weniger zu den 
grossartigen , als zu den zierlichen Executanten auf die- 
sem Allerweltsinstrumente , ich möchte ihn daher seiner 
ganzen Spielweise wegen vor der Hand unter die söge** 
nannten Damenspieler rangiren. — Zum Schlüsse des 
mannichfaltig und interessant zusammengestellten Concor- 
tes wurde Beethoven'* herrliche Fantasie für Pianoforte 
mit Chor und Orcbesterbegleitung gegeben , wobei zwar 
Herr Kufrn die Solopartie discret und der zarten Compo- 
sition angemessen vortrug, jedoch ein Unstern dem „finis 
coronat opus" feindlich entgegentrat. Auf dem vom Or- 

irelbauer und Inslrumenlenmacber Moser zu Salzburg ver- 
einigten Piano, das sich neben seiner soliden Slructur 
und eleganten Form besonders durch einen lieblichen Ton 
empfiehlt, wurden nämlich kurz vor der Production einige 
Saiten aufgezogen, woraus gleich zu Anfange derselben 
Verstimmung und alsbald Abspringen erfolgte. Nur die 
Contenance und Gewandtheit des Herrn Kuhn, der durch 
Modificirung vieler Gesangesstellen und Passagen die in- 
validen Claven geschickt zu umgehen wusste, machten es 
möglich, dass dieses dermaassen leider etwas corrumpirte, 
übrigens gut zusammengeübte Tonwerk glücklich bis zu 
Ende gespielt und das allgemeines Interesse erweckende 
Festconcert ohne besondere Störung beschlossen werden 
konnte. — Obiger Moser ist so eben mit der Aufstel- 
lung einer von ihm verfertigten grossen Orgel in der 
Domkirche beschäftigt, die zufolge des übereinstimmen- 
den Unheils aller Sachverständigen, nach den bereits voll* 
endeten Tbeilen zu schliessen, an Grossartigkeit, Slruc- 
tur, Disposition und Toncharacter zu den vorzüglichsten 
Werken gehören soll. Ich hoffe über dasselbe seiner Zeil 
Ausführlicheres berichten zu können. — Die Chorkrifte, 
welche bei diesem Festconcerte in zwei Nummern, näm- 
lich in dem türkischen Chore aus der „Entführung au 
dem Serail," und in der Beethoventochen „Fantasie" ent- 
wickelt wurden, gleich dem Orchester durch ausübende 
Kunstfreunde und Mitglieder des Dommusikvereins und 
Mozarteums verstärkt, bewährten sich ebenfalls ehrenvoll. 
Sie tbeilen in der zunehmenden Debereinstimmung, Fe- 
stigkeit und Reinheit den Fortschritt, der in orchestraler 
Beziehung gemacht wurde,- wodurch einer der wesent- 
lichsten Zwecke der Anstalt: ,, edlere, der heiligen Hand- 
lung würdig entsprechende Ausführung der Kirchenmusik" 



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nicht wenig gefördert wird. Alle grösseren Kirchen — 
Bit Annahme der bedeutenden Prälatur zu St. Peter» 
die sich mit ihrer Capelle von dem musikalischen Fori* 
schritte «od den gemeinnützigen Zwecken absperrt — 
haben sich in Berücksichtigung des scböuen Zieles mit 
ihren Stiftungen derselben angeschlossen, wodurch sie 
eben eine so breite Grundlage, umfassende Wirksamkeit 
und vielseitige Rührigkeit gewann, wie sie wohl nur sel- 
ten angetroffen werden. Sie stellt Künstler und Professo- 
ren mit fixen Besoldungen an, ertbeilt Stipendien an Kunst- 
stodirende, und Unterstützungen an verdienstvoll sich 
bewährende heimische Künstler, wie deren Wittwen und 
Waisen. Sie besorgt den musikalischen Gottesdienst von 
fünfzehn Kirchen in stets veredelter Weise, fuhrt die Mu- 
seumsconcerte ans, stellt die Theatermusik, veranstaltet 
Concerte, soutenirt einen Männergesangverein , hält wö- 
chentlich grössere und kleinere Musikübungen ab, kurz 
sie bildet in ihrem grossartigen Wirkungskreise ein kräf- 
tiges Motiv für religiöse und profane, für classische und 
Conversationsmusik, für Studium und Genuss, für Erwerb 
und Kunstliebbaberei, wobei sich ihre ganze weitausgrei- 
fende Rührigkeit um — Mozart dreht, wie um ihre ei- 
gene Achse. Er, der Unsterbliche, ist ihr Ideal, ihrKuost- 
hort, ihr Banner, mit einem Worte das belebende Prin- 
cip, das in allen Organen des vielarmigen Körpers feurig 
die Pulse beschwingt Dass ein derartiges Institut nur 
unter besonders günstigen Umständen sich constituiren 
und gedeihen könne, versteht sich wohl von selbst Ein 
Anderes ist eine unmittelbar vom Staate ausgehende Un- 
ternehmung, wo die Hauptsache um den „nervus rerum" 
von vorn herein wegfallt und die Kraft mit dem Wil- 
len gleichbedeutend ist; ein Anderes eine solche, die, 
wenn gleich unter dem gedeihliehen Schutze der Regie- 
rung , aus sich selbst hervorgehend , im edlen Eifer für 
die gute Sache, in der eigenen Tbatkraft, in der verstän- 
digen Umsicht, wie in der öffentlichen Theilnahme die 
Quellen ihres Bestehens und Wachsthumes suchen muss. 
Hier wächst das Verdienst mit der Schwierigkeit des Ge- 
lingens, und hier eben kann ich nicht umbin., die Namen 
dreier Männer zu nennen, die sich durch ihr eingreifen- 
des, wenn gleich durch ihre Stellung verschiedenartiges 
Wirken in den Annalen des Dommusikvereins und Mo- 
zarteums ein bleibendes nud ruhmwürdiges Andenken ge- 
gründet haben. Vor Allen der Protector desselben : Seine 
Eminenz der Cardinal Fürst - Erzbiscbof zu Salzburg, 
Friedrich Fürst von Sehwarzenberg , unter dessen ver- 
mittelndem Einflüsse nicht blos das Mozartdenkmal errich- 
tet, die Gründung der Anstalt bewerkstelligt wurde, son- 
dern der, ausgezeichnet an Güte, Menschenliebe wie in 
4er Förderung humaner und künstlerischer Zwecke, der- 
selben in Gesinnung und That fortwährend seine liebe- 
volle Aufmerksamkeit zuwendet, — der Secrelär und Ge- 
schäftsoberleiter des Vereines Dr. v. Hilleprandt, wel- 
cher der ganzen Sache den ersten und krähigsten Impuls 
gab, und über dessen unablässiges, verdienstliches Wir- 
ken nur Eine Stimme ist, — - und der Gapellmeister und 
Director des Mozarteums Alois Tauw y ein Mann, der alle 
Eigenschaften eines Künstlers besitzt, um dem ihm an- 
vertrauten Posten auf das Ehrenvollste zu entsprechen, 
und der bereits im dritten Jahre des Bestehens dieser 



Kunstanstalt Beweise geliefert bat, was ausgerichtet wer- 
den köfane, wenn mit einer gediegenen KunstbiMitng sioh 
auch edle Begeisterung, unermüdeter Eifer und Energie 
verbinden. Dabei Oösst Taux nicht blos als Künstler, son- 
dern auch als Mensch wahre Achtung ein; um desto mehr 
geht bei den ihn Umgebenden mit der Liebe zur Sache 
auch die zum Dirigenten Hand in Hand, und die Unver« 
drossenheit der Geleiteten kommt um so förderlicher der 
Einsicht, Strenge und Geduld des Leitenden entgegen. 
Nur so sind die überraschenden Resultate erklärbar, di? 
sowohl im Forlgange des Unterrichts , als in execntiver 
Beziehung sich ergeben. Taux als Dirigent erstrebt sicht- 
lich jene höhere , ästhetische Vollendung des Vortrages, 
die wir, ohne anmaassend zu sein, mit allem Rechte als 
die Frucht unserer Zeit bezeichnen dürfen; ja, ohne ei- 
gentlich noch -die Ausgleichung der materiellen Kräfte voll- 
ständig bewirkt zu haben, wnsste er seinem Orchester, 
dennoch schon mehrere Gharacterzüge eines längere Zeit 
zusammengeiiblen , künstlerisch wirkenden Musikkörpers 
zu verleihen. Was ihm vorzüglich gelang, ist die Her- 
vorbringung eines trefflichen Piano. Wir wünschten das 
Mezzoforte eben so ausgebildet zu sehen; es ist dies 
gleichsam der Zustand der Behaglichkeit, während das 
Piano und das Forte schon der tiefen Geföhlsinnigkeit 
und leidenschaftlichen Bewegung adäquat, also fast entge- 

S angesetzte Puncte sind, die ihre Vermittlung fordern, 
uch in der Begleitung der Singstimme leistet sein Or- 
chester sehr Anerkennenswerthes. Es war in diesem 
Puncte höchst discret, und selbst Kleinigkeiten in den Ri- 
tornellen fanden ihre delicate Ausführung. In Begleitungs- 
stellen, wo das Solo einen leidenschaftlicheren Charaoter 
annimmt, hätten wir einen analogeren Ausdruck dessel- 
ben gewünscht. Indessen sind diese Merkmale der höhe- 
ren Vollendung für jetzt noch nicht zu verlangen. Dass 
aber dieses Orchester, fährt es so fort, auf dem Wege 
zur künstlerischen Freiheit und zwar durch die Bemü- 
hungen beider Tbeile, des Leitenden und der Geleiteten, 
begriffen sei, ja dass es sieb, wenn die begonnene Re- 
stauration vollständig ist, mit der Zeit den besten in 
Deutschland wird beizählen lassen , wird jeder unbefan- 
gene Beobachter nach den bereits abgelegten Proben ge- 
wiss gern einräumen. Wir gratuliren Beiden, dem Mo- 
zarteum wie dem Gapellmeister, zum gegenseitigen Be- 
sitze» nnd wünschen, dass sie sich noch lange, dass sie 
sich bleibend angehören. — Was übrigens noch zu ge- 
schehen bat, um das Mozarteum seinem Ideale immer 
näher und näher zu rücken , wissen die eifrigen Leiter 
desselben wohl am Besten. Nebst einigem Anderen scheint 
uns ein höherer Gesangescnrs , der Unterricht in Cla- 
vierspiel, wie ein umfassenderer in der Compositum zu 
diesem Zwecke nnerlässlich. — 

Diese schöne Erinnerungsfeier, zu der sich im bril- 
lant erleuchteten Theater eine zahlreiche Versammlung 
festlich einfand, hätte bei einer besseren acustischen Wir- 
kung an musikalischem Reize bedeutend gewinnen kön- 
nen. Der geschlossene Saal, den die mit Musikern voll- 
gepfropfte Bühne formirte, verschluckte mit seinen lei- 
nenen Wänden einen guten Theil des Tones, anstatt ihn 
verstärkt wiederzugeben; besonders litten die auf den 
höheren Theilen des Gerüstes plaeirten Instrumente 4ar» x 



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unter. — Bin günstiger Zufall machte mich im Coucerte 
zum Nachbarn der Schwägerin Mozarts, der Wittwe 
Sophie Haib/j deren Gatte Capellmeister und Compositeur 
gewesen. Sie ist eine Fran von 80 Jahren und gleicht 
nicht nnr in den Gesichtszügen, sondern auch in der Bil- 
dung des Herzens und des Geistes ihrer verstorbenen 
Schwester Constanze, deren Verlust, wie sie sagte, nicht 
hinreichet* durfte, ihr die letzten Tage ihres Lebens 
schmerzlich zu machen, dem sich nun auch der plötzliche 
Tod ihres geliebten Neffen Wolf gang beigesellen mosste, 
um ihre Leiden noch zu erhöhen. Diese würdige, allge- 
mein geachtele Frau ist dermalen das einzige noch le- 
bende Mitglied der Mozartschen Familie in Salzburg. Sie 
war so gefällig, mir Manches aus dem Leben Mozart $ 
zu* erzählen, der in ihren Armen verschied, und ist wohl 
zur Stunde noch die veflässlichste Biographin desselben, 
da sie stets in seinem Hause lebte, und nach dem Tode 
ihres Mannes, der mit dem Staatsratbe Nissen in einer 
und derselben Stunde mit Tod abging, nie wieder ihre 
Schwester verliess. Ihr Dasein umfasst einen auch in ge- 
wichtigen Kunstbeziehungen höchst merkwürdigen Zeit» 
räum. Sie belauschte in ihrer Jugend die ersten Schwär- 
mereien des jungen , glühenden Künstlerherzens für die 
liebenswürdige Constanze, und horcht nun in den letz- 
ten Dämmerungen ihrer Tage den Weiheklängen, die zur 
Verherrlichung des unsterblich gewordenen Meisters em- 
porrauschen. Das Mozarteum, dem sie mit rührenden Auf- 
opferungen ihre Liebe widmet, bat sie zum Ehrenmit- 
gtiede ernannt. Noeb lebt der ältere Sohn Mozart 9 s, Carl, 
als k. k. Staatsbeamter zu Mailand; geht dieser unver- 
ehelicht mit Tode ab, so stirbt die Familie Mozart aus, 
und es bleibt der Knnst allein die süsse Pflicht vorbe- 
halten, diesen ihr und allen Gebildeten so tbeuren Na- 
men der spätesten Nachwelt zu überliefern. — Der all- 
gemein geachtet gewesene, lebhaft betrauerte Wolfgang 
Amadeus Mozart Sohn brachte den Dommusikverein und 
das Mozarteum testamentarisch in den Besitz seiner reich- 
haltigen Musikaliensafomlung, Handschriften und Mozart» 
Jchen Familiengemälde; unstreitig zu deren Aufbewah- 
rung der würdigste Platz, d^m ein günstiges Geschick 
dereinst auch die Hofrath AndrS'scbe Sammlung zuwen- 
den möge. Nächst diesem werthvollen Zuwachse steht der 
Anstalt zweifelsohne auch die Acquisition der von den 
Beiträgen zur Errichtung des Mozartdenkmales erübrig- 
ten Baarscbaft von circa 3000 Fl. bevor, die ebenfalls 
nicht besser, als zur Förderung des unter dem geistigen 
Patronate des verewigten Meisters wirkenden Kunstinsti- 
tutes, verwendet werden könnte. 

Mozarts Standbild prangt nicht umsonst Dies hat 
der schöne künstlerische Erfolg des diesjährigen Festcon- 
certes hinlänglich bewiesen. Die Errichtung der bronce* 
nen Statut war für Salzburg'* gesunkenen Musikzustand 
nur das Symbol eines geistigen Erwachens, die Wieder- 
belebung jenes edlen Tonelementes, das einst in der Er- 
scheinung Mozarts zu einer neuen Kunstsonne wurde, 
deren Strahlen alle Welt durchdrangen. Der Verein ge- 
deiht, die Kräfte treiben, es grünt die jnnge Eiche, die 
Salzburg zur Zierde, Deutschlands Kunstcultur zur Freude 
gereichen wird, wenn sie erst zum kräftigen Stadnme ge- 
worden. Dazu bedarf es aber einer allgemeineren TbeM* 



nähme. Was gethan wird, geschieht nicht für die Ktt* 
allein, sondern auch für Künstler, die, ihr Leben dem 
Werdenden zuwendend, über dem Nutzen, des sie stif- 
ten, nicht dem einstigen Mangel anheimfallen dürfen. 
Dazu reicht eben die Mithilfe Weniger nicht aus; zu 
grösseren Zwecken braucht es grösserer Anregung, grös- 
serer Spende. Alle Welt fand sieb bereit, Steine zn denr 
todten Monumente zn tragen; sie wird noeb edler ban- 
deln, wenn sie es zn dem lebenden tbut, das man dem 
grossen Todten setzte. Theben wurde von Amphion er« 
baut ; hier wäre ein junges Kunsttheben bereits halb fer- 
tig« zu dessen Vollendung nur noch die Amphione fehlen. 
Mehrere edelberzige Künstler haben bereits Concertc sunt 
Vortheile des Dommusikvereins und Mozarteums zugesagt* 
Möchten Andere, ihnen folgen, auswärtige Musikvereine 
auf die Geburtsstätte des unsterblichen Meisters ihre Auf- 
merksamkeit richten, und wer es nur immer vermag, 
dazu beitragen, das so ehrenvoll Begonnene seiner Voll- 
endung entgegenzuführen! C. 



Nachrichten. 



Leipzig. (Beschlnss.) Dass unsere Tbeaterdirection 
zur Vorführung neuer Opern gerade zwei deutsche ge- 
wählt hat, ist an und für sieh erfreulich und eine gute 
Vorbedeutung für ihren richtigen Sinn, der sich durch 
Hoffnung auf grösseren Gewinn nicht dazu verleiten lässt, 
ausländische Waare um hoben Preis zu verkaufen. Uebri- 
gens ist wohl auch in neuester Zeit das Verlangen nach 
einer Abwechselung in der süssen Kost, die man uns 
lange von fern her geboten bat, bemerkbar geworden. Frü- 
her, d. h. zu der Zeit, als Maria t>. Weber auf dem 
Gipfel des Ruhms uns entrissen worden war, Spokrs 
dramatische Muse zu feiern begann, und Marschner eben- 
falls pausirte, als Frankreich und Italien uns seine tän- 
delnden oder blendenden, leiebten oder schwärmerischen 
Weisen in Massen zu senden anfing, •— da war eine 
Ebbe eingetreten in der deutschen Operncemposition, und 
wo einmal eine solche Oper auftauchte, da trat ihr eine 
gewisse Präsumtion entgegen, die wohl aus einer natur* 
liehen Vergleichung mit den Weber'tahen und Spohr- 
sehen Kunstwerken einerseits und auf der anderen Seite 
mit den leicht verdaulichen Genüssen, die Aubtr y Bei- 
ü*i u. s. w. auftischten, zu entschuldigen» aber nichts 
destoweniger, weil ihr eine Parteilichkeit zn Grunde lag, 
nicht zu rechtfertigen war. Jetzt hat sich, man könnte- 
wohl gar behaupten : in Folge der veränderten politischen 
Ansichten, auch dies geändert. Das deutsche Publicum, 
selbst nicht ausschliesslich das tüobtig gebildete, fängt an, 
Bedauern darüber zu empfinden, dass Deutschland in neue- 
rer Zeit so wenig selbständig in dramatischen Geinpeti- 
tionen dasteht; durch ein gewisses Nataoaalgefuhl getrie- 
ben, wünscht es, dass endlieh ein Meister erscheine, der 
den Ruf der deutschen Oper rette und wieder tu Ehren 
bringe $ deshalb hofft es auch , wenn ihm ein nettes va- 
terländisches Werk geboten wird, auf etwas Gutes und 
auf Erfolg. Das sind offenbar bessere und günstigere Auspi- 



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1344t October. No. 4L 



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eleu f«ir die Musiker, denen jetzt Wünsche und Hoffnun- 
gen da entgegenkommen, wo vor Jahren ein grelles Vor- 
urtheii mi Wege stand , und diese Verhältnisse können 
nur ron gtifeklicher Vorbedeutung und guten Polgen sein, 
wie denn in der Thal sebon eine grössere Zahl neuer 
deutscher Opern cum Vorschein kommt. Wer unter die- 
sen neueren Componisten den grossen Treffer ziehen wird, 
dem Publicum Befriedigung seiner Wunsche zu bringen, 
das liegt noch in der Götter Scboose. Wohl uns, dass 
das Streben nach dem Ziele sich mehrt und die Erwar- 
tungen sieb spannen I 

Schon Ton diesem Gesichtspuncte aus begrussen wir 
die beiden Opern, welche als deutsche Novitäten uns vor- 
geführt wurden, gern und freudig. Die erste derselben: 
„Der Schöffe von Paris," von ff. Dorn, welche am 10., 
11. 9 15. und 24. September (an den beiden ersten Ta- 
gen unter eigener Leitung des von seiner früheren mehr* 
jährigen Wirksamkeit als Musikdireclor des Theaters hier 
wohlbekannten Cotnponisten) zur Aufführung kam, ist be- 
reits vor einigen Jahren iu Riga, wo der Letztere bis 
Mitte vorigen Jahres an der Spitze des Orchesters und 
der musikalischen Leistungen überhaupt stand, comnonirt 
worden. — Referent konnte nur der dritten Aufführung 
derselben beiwohnen, und ist daher weit entfernt, schon 
jetzt ein Urtheil hier auszusprechen, behält sieb vielmehr 
vor, später darauf zurückzukommen ; so viel jedoch kann 
er gestehen; dass ihm die Oper, obgleich sie viele schöne 
Stacke, namentlich in den Chören und Ensembles ent- 
hält und die geübte Feder eines anerkannt tüchtigen Mu- 
sikers verriith, doch einen durchgebends befriedigenden 
und überhaupt nachhaltigen Eindruck nicht gemacht hat, 
und dass er sogar hier und da Veranlassung zu finden 
glaubte, mit dem Gomponisten über Declamatiop, drama- 
tische Behandlung, ja selbst über musikalische Auffassung 
zu rechten. Allein, wie gesagt, vielleicht bekehrt sich 
Referent nach öfterem Anhören. Uebrigens war auch die 
Besetzung zum Tbeil nicht so, wie es zu wünschen ge- 
wesen wäre. Denn die Rolle der Therese war der zu 
zweiten Sopranpartieen engagirten Fräul. Wertmüller , 
die des Loriot Herrn Henry zugetheilt worden, der we- 
gen seiner schwachen und unbedeutenden Stimme und 
seiner mehr parlanten Art zu singen sich wohl zum Te- 
norbuffo, nicht aber zu einer, wenn auch stellenweise 
komischen, doch immer den Liebhaber im Stücke darstel- 
lenden Partie eignet; Herr Ulram löste zwar die schwie- 
rige Aufgabe, die der Componist dem Schoflen hinsicht- 
lich des Gesanges gestellt bat, glücklich, er hatte jedoch 
offenbar mit -dem dadurch unvermeidlichen Zwiespalte zu 
kämpfen, dass die Gesangnummern dieser Partie musika- 
lisch durchaus komisch angelegt und behandelt sind, das 
Sujel selbst aber zu Durchführung dieser Komik zu we- 
nig Stoff bietet. Der natürliche und unerschöpfliche Hu- 
mor der Frau Baehmann (Trinette) aber übte, wie im- 
mer, seine Zauberkraft auf das Publicum aus , und liesa 
leicht vergessen, dass die Darstellerin in manchen Stel- 
len de* nicht geringen Ansprüchen ihrer Partie an Ge- 
sangvrrtuosität niebt vöüig gewachsen war; Herr Eiche 
gab «ad sang den König recht brav. Die Oper wurde von 
Seite» des Publicums mit BeifoU aufgenommen und bei 
der ernten Aufführung der Componist gerufen. 



Die Oper unseres Orchesterdirigenten, Herrn Joseph 
Netter'* „Mara" ging am 18. September zum ersten 
Male in Scene, und wurde am 20. und 29. desselben Mo- 
nats wiederholt. Die Musik ist melodiös und ansprechend, 
gebt aber eben auch nicht über das Melodiöse hinaus $ 
sie bewegt sich vielmehr grösstenteils in dem Kreise des 
Dagewesenen und schon öfter Gehörten, wenn man auch 
nicht gerade die einzelnen Anklänge nachzuweisen ver- 
mag; der Mangel an Originalität liegt mehr im Genre, 
als in den Weisen selbst. Andererseits ist unbedingt die 
verständige Auffassung des Textes, so weit sie das frei- 
lich nicht gerade interessante Buch Ton 0, Prechtler an 
die Hand gab, und eine brillante, zuweilen nur etwas zu 
anspruchsvoll auftretende Instrumentation zu loben, und 
im Allgemeinen anzuerkennen, dass der Componist in die« 
ser seiner, so viel wir wissen, ersten Oper einen Grad 
von Gewandtheit und Routine bewährt hat, der nicht al- 
len Erstlingsopern eigen zu sein pflegt. Will und kann 
Derselbe selbständiger aus sich heraus componiren, so 
wird es ihm gewiss gelingen, die Aufmerksamkeit des 
deutschen Publicums mehr auf sich zu ziehen , als er es 
durch diese Oper für jetzt vermag. Uebrigens wurde dem 
Gomponisten und Dirigenten zahlreicher Beifall und zum 
Schlüsse der Vorstellung Hervorruf zu Theil. Die Aus- 
führung Hess allerdings auch wenig zu wünschen übrig. 
Fräul. Mayer — Mara, Fräul. Bamberg — Ines, Herr 
Kindermann — Torald, Herr Lehmann — Manuel, und 
Herr Poguer — Gornaro, bildeten ein wackeres Ensem- 
ble und erwarben sich eben so in den Soli's häufigen, 
und verdienten Beifall $ für die äussere Ausstattung des 
Stückes war von der Direction Erfreuliebes gethan wor- 
den, . 9. 

Leipzig, den 7. October 1844. Mit dem Monat Octo- 
ber pflegt die Reihe von zwanzig Abonnementcoucerten 
im hiesigen Gewandhause zu beginnen, welche seit nun- 
mehr 63 Jahren ununterbrochen das musikalische Publi- 
cum Leipzigs erfreut und gebildet haben, und denen un- 
sere Stadt unbestritten einen grossen Theil des Rufes 
verdankt, den sie wegen ihres regen Sinnes für Tonkunst 
und wegen der hier reichlich gebotenen hoben Kunstge- 
nüsse überall geniesst. Es mag wohl wenig Städte in 
Deutschland, ja überhaupt irgendwo geben, welche ein* 
solches Institut, wie das unserer Gewandbausconeerte, 
aufzuweisen vermöchten, ein Institut, das einzig und al- 
lein durch bestimmte Beiträge der Abonnenten besteht und* 
unter freiwilliger und uneigennütziger Oberleitung einer 
kleinen Anzahl kunstliebender Männer über ein halbes. 
Jahrhundert die Tbeilnahme des Publicums zu fesseln ge- 
wusst hat , und dem es gelungen ist , nicht nur die in 
neuerer Zeit allerwärts gewachsenen Ansprüche an die. 
Tonkunst durch Vorführung des anerkannt Besten noch 
mehr zu steigern und dadurch auf immer mehr zunefa-. 
mende Erkenntnis« des Wahren und Schönen hinzuwir- 
ken, sondern sogar seinen Leistungen eine selche Stelle 
anzuweisen, auf der sie mit ähnlichen, hier und da un-. 
ter weit günstigeren Verhältnissen bestehenden Anstalten« 
getrost in die Schranken treten können. Und so ist es. 
denn gekommen, dass Leipzig und insbesondere dessen 
Abonnementconcerte für die ausübenden und schaffende» 



«85 



1844, October. No, 4t. 



684 



Künstler fast aller Linder ein erwünschtes Ziel sind, 
am sich dort in der musikalischen Welt ehrenvoll au iu- 
troduciren und mit einem Male ein gutes Stück Weges 
auf der Bahn des Ruhmes zurückzulegen , dem ja jeder 
Künstler nachstrebt. Dass dadurch wir in Leipzig am Mei- 
sten gewinnen, liegt auf der Hand ; durch die umsichtige 
Wahl der Leiter des Vereines vor Leistungen und Kunst* 
erzeugnissen bewahrt» die selbst in der Wagschaale der 
Dilettantenkritik leicht wiegen, hörten wir bis jetzt gröss- 
tenteils nur Gutes und Tüchtiges , und die Abwechse- 
lung, welche die treffliche Aufführung classiscber und an- 
erkannt werthvoller allerer Compositiooeu und das Aufr 
treten jüngerer producirender und reproducirender Ta- 
lente bietet, erhöht nur den Reiz, den uns diese Con- 
certe gewähren« 

Mit Freuden begrüssen wir daber jetzt den Wieder- 
beginn unserer Concertsaison. Leider haben wir zwar 
zu beklagen, dass auch in diesem Winterhalbjahre Men- 
delssohn durch seine Stellnug in Berlin an der Direction 
verhindert ist; aber frohe Hoffnungen kommen Herrn 
Niels fV. Gade entgegen, den uns diesmal der Vorstand 
als Dirigenten der Concerte gewonnen, und der eben so 
durch seine im vorigen Winter mit verdientem grossen 
Beifalle aufgenommenen Compositionen, namentlich seine 
beiden Symphonieen, wie durch die tüchtige Leitung der- 
selben sich als einen gediegenen Musiker bewährt hat 
und uns lieb geworden ist. 

Das erste Abonnementconcert, Sonntag den 6. Octo- 
ber, brachte: Ouvertüre zu Oberon von C M. v. We- 
ber. — Recitativ und Arie aus Figaro von Mozart (Deh 
vieni, non tardar), gesungen von Frau Spatser-Gentiluomo, 
königl. sächs. Hofopernsängerin aus Dresden. — Concert 
für die Violine (Amol!, Manuscript), compooirt und vor- 
getragen von Herrn Concertmeister David. — „Der Hirt 
auf dem Felsen/' Gedicht von iV. Vogl, mit Begleitung 
des Pianoforte und der Clarinette, compooirt von Fron» 
Schubert, gesungen von Frau Spatzer- Gentiluomo. — 
Symphonie von L. v. Beethoven (Adur, No. 7), 

Die herrliche Ouvertüre zu Oberon, eine von den 
Ouvertüren, die unser Orchester seit Mendelssohn 9 s be- 
geisterter und begeisternder Direction so recht, als wäre 
sie aus dem Innern der Executirenden hervorgewachsen, 
aus Einem Gusse und mit gleich zarter Duftigkeit, wie 
mit geharnischter Heldenkraft wirklich vollendet vorträgt, 
bewährte auch heute ihre Zaubermacbt und wurde mit 
lebhaftem Applaus aufgenommen. 

Frau Spatzer • Gentituomo, uns schon von einem der 
vorjährigen Concerte und gewiss einem grossen Theile 
der Zuhörer durch ihre Leistungen auf der Dresdener Buhne 
bekannt, zeigte sich wiederholt als eine mit schönen Ge- 
sangmitteln begabte Sängerin und erwarb sich reichen 
Beifall. Nur scheint gerade die zarte Innigkeit der Arie 
aus Figaro ihrer offenbaren grösseren Hinneigung zur 
Bravour und zum colorirten Gesänge weniger zuzusagen ; 
das zeigte sohon der Anfang derselben nach dem Recita- 
tive; gleich die ersten Noten wurden nicht dem Texte 
angemessen, nicht voll Sehnsucht und Erwartung, son- 
dern zu grell, zu stark, zu bravourmässig vorgetragen. 
Wir halten überhaupt gerade dieses Gesangstuck, so sehr 
wir auch von der einfachen und unübertrefflichen Schön- 



heit desselben durchdrangen sind , für nitibt sehr geeig- 
net zum Concertvortrage, besonders wenn es, wie beute, 
mit deutschem Texte gesungen wird, und wir hätten wohl 
gewünscht, dass die Sängerin, da sie Oberhaupt an die- 
sem Abend von ihrer Gesangfertigkeit eine Probe zu ge- 
ben nicht weiter Gelegenheit fand, eine andere Wahl 
E troffen hätte. — Das wohl wenig bekannte, von Herrn 
mdsraf auf der Clarinette schön und discret begleitete 
Schubert'&cbt Lied „Der Hirt auf dem Felsen' 4 wurde 
gewiss einen günstigeren Eindruck gemacht haben, wenn 
man durch Mittheilung des Textes im Programm in den 
Stand gesetzt gewesen wäre, eine Vergieichung des letz- 
teren mit der Musik anzustellen und so dem Ideengange 
und den Intentionen des Gomponisten zn folgen. Vorzüg- 
lich derartige, durch das Hinzukommen eines obligaten In- 
strumentes aus dem gewöhnlichen Liedergenre heraustre- 
tende Gesänge erfordern zur richtigen Seurthcalung ein 
genaueres Eingeben auf die' Gründe zu solcher Abwei- 
chung, die doch zunächst in den Worten des unterlie- 
genden Gedichtes und in dem Bilde, welches dieses dar- 
stellt, liegen. Frau Spatzer -Gcntiiuomo trug übrigens 
das Lied gut vor. 

Mit seinem neuesten Violinconeerte bat Herr Con- 
cerlmeister David, — über dessen treues Festhalten hei 
unserem Orchester wir, und gewiss Alle, die es mit un- 
serem Musikleben gut meinen, die lebhafteste Freude em- 
pfinden, — uns abermals den Beweis gegeben, dass er 
die Müsse des Sommers fleissig benutzt bat,, um die mu- 
sikalische Literatur auch qualitativ au bereichern. Das 
Concert ist schön erfunden» voll Leben und Feuer, und 
namentlich der letzte Satz, Rondo grazioso, in der That 
höchst graziös und reizend, und die grössten Schwierig- 
keiten erscheinen, freilich unter der Hand eines so ge- 
diegenen Virtuosen, wie Herr David ist, wie ein liebli- 
ches Spiel. Der laute Dank der Zuhörer begleitete den 
böchsP gelungenen Vortrag und wird den Spieler wieder- 
holt davon überzeugt haben, dass Leipzig auf seinen Be- 
sitz stolz ist. 

Lieber die Ausführung der Beethoven'schen Adur- 
Symphonie vermag Referent etwas Anderes nicht zu sa- 
gen, als was bereits früher darüber gesagt worden int, 
und das ist das beste Lob, was er derselben nnr immer 
spenden kann. Wir sind seit einigen Jahren daran ge- 
wöhnt/ die Beethoven'&cbtn Symphonieen vorzugsweise 
in grosser Vollkommenheit zu hören , und daa war auch 
diesmal der Fall. Hiermit sei auch zugleich der Direction 
des Herrn Gade volle Anerkennung gezollt, der mit wür- 
diger Ruhe eine edle Energie verband und dadurch zum 
Gelingen des Ganzen wesentlich beitrug. L. Ä. 



Cassel. (Beschluss.) Am 20. Aug. kam zur Verherrli- 
chung des Geburtsfestes des Kurprinzen und Mitregenten 
die Oner „fttara" von J. Netzer hier zum ersten Male nur 
Aufführung. Das Werk hatte sich sowohl von Seiten ni- 
ler bei der Aufführung mitwirkenden Künstler wahrer 
Theilnahme uod rühmlichen Strebens nach einer befriedi- 
genden Darstellung, als auch von Seiten des Publicum* 
beifalliger Aufnahme nnd verdienter Anerkennung zn er- 
freuen. Das Opcmbach von Otto Precktler zählen wir 



685 



1*44. October. No. 41. 



686 



su den besseren der neuem Zeit; denn es ist lyrisch 
gut gedacht, nnd namentlich ist der darin herrschende 
Wertausdruck nnd die Sprachform (das Metrum) mit vie- 
ler Rfieksicbt auf den Gesangvortrag gewählt uud die Ge- 
danken selbst sind dergestalt verknüpft worden, dass dem 
Tonsetzer bei der Ausprägung schöner musikalischer For- 
men keine ihn beengenden Hindernisse in den Weg tra- 
ten. Die Handlung ist zwar einfach und bat einen unge- 
suchten Fortgang, nimmt jedoch bis znm Schlosse hin das 
Interesse des Zuschauers in Anspruch , indem die Cata- 
strophe weislich bis dahin aufgespart ist. Dramatisches 
Leben gewinnt das Ganze fast ausschliesslich durch die 
wechselnden Situationen der Heldin des Stückes, Mara, 
einer jungen Zigeunerin, und Torald's, Häuptlings der Zi- 
geunerhorde. Jede einzelne Scene, welche uns in diesem 
Werke vorgeführt wird, ist durch die Musik wirklich ge- 
hoben und eben sowohl poetisch wahr, als ästhetisch 
schön in Tönen charaeterisirt. Abgesehen von dem höchst 
achtuogswerthen Streben nach solch 9 wahrer und schöner 
musikalischer Darstellung, zeichnet sich das Werk durch 
feste, edle, einheitsvolle Haltung bei formeller Abrun- 
dung der sinnvollen Gedanken höchst rübmenswerth aus, 
welche überdies durch eine zwar reiche und insbesondere 
die Bedürfnisse unserer Zeit befriedigende , aber — von 
dem gegenwärtigen Standpuncte der Orchesterbehandlung 
aus betrachtet — nirgends überladene Instrumentation ein 
gutes dramatisches Colorit erhalten haben. Nur seheint 
uns einzelnen Blasinstrumenten und darunter am Häufig- 
sten den Hörnern und auch den Pauken oftmals zu viel 
aufgebürdet zu sein. Mag es sein, dass die Ventilbörner 
und Trompeten zu der jetzt oft vorkommenden zu freien, 
a nicht selten ganz unschönen und wirkungslosen Be- 
handlung dieser Instrumente Anlass gegeben haben : wir 
können uns nicht damit einverstanden erklären. Fast alle 
Nummern des Musikwerkes wurden mit freudiger Theil- 
nahme begrusst und gleichem Interesse verfolgt. Wir 
denken in Betreff der Ausführung mit Vergnügen an die 
Ouvertüre, den Chor No. 1 „Die Sonne geht unter in 
düsterer Pracht," das Beoitaliv und Duett für Sopran 
(Mara) nnd Bass (Torald) No. 2 „Du senkst das Haupt,«* 
den Nationaltanz mit Chor No. 3 „Süsser Sturm er- 
wacht" im ersten Acte, ferner im zweiten Act an das 
Terzett für Sopran (Ines), Tenor (Manuel) und Bass (Cor- 
naro) No. 11 „Ja! aus diesen Zügen," das Becitaliv uud 
die Arie für Sopran (Mara) „Die Nacht bricht ein" und 
das darauf folgende Becitativ für Bass (Torald) „Zurück ! 
Ich bin es nicht" n. s. w. , „Ich sab um diese Stelle 
schleichen" u. s. w. — die Arie „Vergiss der Liebe 
Stunden" nnd das Finale No. 16 „Erkennst du sie," und 
endlieh im dritten Act an den Frauencho/ No. 17 „Die 
Stunde der Feier ist nun erschienen," das Duett für So- 
pran (Ines) und Tenor (Manuel) No. 18 „Engel des Frie- 
dens" nnd das darauf folgende Vocalterzett für Sopran, 
Tenor nnd Bass (die Vorigen und Cornaro) „Geht mit 
Gott," den Marsch No. 19 mit dem vorhergehenden Be- 
citalivsatze für Sopran (Man) „Hier mnss der Zug vor- 
bei/ 4 das Becitativ und die Arie für Sopran (Mara) No. 
20 „Ich sah ihn wieder," und das Finale No. 22 „An 
deinen Qualen mich nun zu weiden." Um die Ausfüh- 
rung der einzelnen Gesangpartieen machten sich die Da- 



t 

b 



men LSw (Mara) nnd Eier (Ines) und die Herren Bi- 
berhofer (Torald)', Derska (Manuel) und Foppel (Cor- 
naro) nach Kräften verdient. Wir haben bei dem in glei- 
chem Grade bewiesenen Eifer der hier genannten Mit- 
glieder unseres Opernpersonals zu bedauern, dass die 
Stimmmittel zweier derselben, welche uns durch ihre 
früheren Leistungen vorzugsweise lieb geworden sind, 
nicht für alle Situationen vollkommen ausreichend waren. 
Sowohl der Stimme des Fraul, Low, als auch der des 
Herrn Derska wäre an vielen Stellen ihrer Gesangparte 
mehr Stärke und Frische zu wünschen gewesen. Herrn 
Biberhofer führte sein an sich sch&tzenswertbes Stre- 
ben nach lebensvoller und gefühlswarmer Darstellung in 
der oben näher bezeichneten Solopiece des zweiten Actes 
zu weit; nicht sowohl in seinem Spiele, welches neben 
manchen anderen äusseren Vorzügen des Sängers einen 
grossen Theil des Publicums für ihn einnimmt, als viel- 
mehr in seinem Gesangvortrag übersehritt er diesmal wie- 
der die Grenzlinie des wahrhaft Aestbetiscben. Es ist 
nicht genug, dass der vortragende Künstler blos die Licht- 
punete eines Tongemäldes zu erfassen und die mit den- 
selben beabsichtigten Wirkungen nach seinen besten Kräf- 
ten darzustellen bemüht sei; seine Darstellung muss sin- 
nig, wahr und schön zugleich sein, wenn sein Zweck 
nicht allein darauf hinausgeht, das weniger kunstgebil- 
dete, nur durch das Frappante zu afficirende Publicum zn 
blenden; er muss, um eine vollendete Darstellung des 
Kunstwerkes zu erzielen, das vorzüglich Effectvolle — 
wenn es wirklich künstlerisch vollendete Gestalt hat und 
demnach nicht isolirt steht — in allen seinen Beziehun- 
gen zum Ganzen zu ersehauen bestrebt sein, weil es 
ihm nur in Folge einer solchen Erkenntniss und mit dem 
Bewusstsein der Wirkung der ihm zn Gebote stehenden 
Vortragsmittel möglich wird, bei seinen Darstellungen 
stets das richtige ästhetische Maass zu treffen und somit 
Ideales würdig darzustellen. Auch war in dem Gesang- 
vortrage des Herrn Biberhofer, insbesondere bei der An- 
gäbe von Intervallen, deren Grösse oder Tonlage ver- 
schiedene Stimmregister in Anspruch nahmen, bei aller 
Deutlichkeit der Pronunciaüon , die Vocalisation nicht zu 
jeder Zeit rein deutsch. Von den hier erwähnten Män- 
geln abgesehen, stehen wir nicht an, die dermalige Lei- 
stung des Herrn Biberhofer als eine sehr gelungene zn 
bezeichnen. Der Chor und das Orchester leisteten Ver- 
dienstliches. 0. K. 



Feuilleton. 



Friedrich Kalkbrenner und Ernst Pauer sind zu Ehrenmit- 
gliedern des Mosikvereins au Carlsbad ernannt worden. 

Neue Opern» J. Hoven (Veeqve v. Püttlingen) arbeitet an 
einer neuen Oper: Das Seh los s Taya, wovon bereite zwei Aufzuge 
fertig sind. — Heinrieh Proeh bat eine komische Oper: Riogund 
Maske, Boch von Otto Prechlter y gesehrieben, die bald am Karat h- 
nertbortheater zn Wien aufgeführt werden soll. Eben so in Han- 
nover des Mnsikdirectors Seydetmann neue Oper: Das Fest zu 
fieoilwertb. — Louis Köhler bat eine neue vieractige Oper: Ma- 
ria Dolores, noch von dem Tenoristen Schmetter, eomponirt, wetebe 
in Brauusehweig am 18. September mit Beifall aufgeführt wurde. 
Köhler ist ein Schüler von Seyfried und Boeklet. — Der Lieder- 



687 



1844. October. No. 41. 



688 



eompouist Qumkert hat sieh «beatoU* in einer Oper : Die 
Schasttrio, versteht, die inunehst in Strejitz aufgeführt werden 
wird. — la Paris gefiel eioe neue komische Oper: Los den* gen* 
tilshomines, Buch Ton Planard, Mnsik von Cadaux; die Lelitere 
wird nie gefällig nnd wohlklingend , wenn a«eh nicht uls originell 
geschildert. — Netaer hajt eine neue Oper: Die firoberaog run 
Granada, Bneh von Gripenherl, geschrieben ; Ferdinand HilUr ein« 
dergleichen : Der Müller nnd sein Rind. 

Zn Antwerpen starb Jaeeb Bender, Orchestercbef der k5nig- 
liehen Gesellschaft der Harmonie nnd frnchtbarer ComponieL 

Ebendaselbst bat sieb ein neuer (flämischer) Singverein unter dem 
Namen i „Die Seheldesöune " gebildet; an der Spitse desselben 



frei Brabaater, Tat Brmggm, 
Letalerer ist ein Mieblar Comnauist, 



In Renan Ist ein Ceosorvatorium der 
.Herrn Leon Marie erriebtet worden. 



f CarteL 



Musik unter Latang des 



Riete in Paris hat eine Clarlnette mit beweglichen Ringen 
erfanden, wodurch unter Anderm die Richtigkeit und Gleichför- 
migkeit der T6ne befördert und die Arpeggien erleichtert werden. 
Bs kann auf dem Instrumente in allen Moll- nnd DarUoarteo ge- 
spielt werden. Der Erfinder hat auch ein« Schult dann drucken 
lassen nnd versichert, dass dies neue Instrument sehr leicht nn 
erlernen sei. 



Ank ttndlgn ngen, 



Höchst wichtiges Werk Ar Seminarien. 

Die Kunst des Orgelspiels; 

theoretisch* practische Anweisung für alle vorkommende 
Fälle im Orgelspiele, mit durchgängiger Pcdalappü- 
catur und Bemerkung der Registerzüge. 
Ein ljehrbucn 
für sich bildende Orgelspieler, insbesondere für den Un- 
terricht in Seminarien nnd Priparanden- Schalen. 

Bearbeitet and herausgegeben in Gemeinschaft mit 

W. «Lörner 

von 

A. S3. MUer, 

Domergnnist und Gesanglehrer an Merseburg. 
Das Gänse erscheint in sechs Lieferungen, wovon die Liefe- 
rung nur £ Thlr. kostet und im Laufe des Septembers die erste 
erscheint. Willi. KeSnter in Erfurt. 

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sieh durch Gediegenheit nnd schöne Ausstattung uusneiehnen t 
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Hummer« Hl«; Introd. und Rondo über angarische Originalmo- 

tive für Vioüne mit Pianoforte. Op. 2. 20 Ger. 
Introd. et Variations de Concert sur des Tbemes de Doni- 

setti, pour Violon avec Orchestre. Op. 7. 2 Thlr. 
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noforte. Neue Ausgabe. 6 Ggr. 

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noforte. Op. 67. Nene Ausgnbe. 8 Ggr. 

Dasselbe f&r AU oder Bariton. Nene Ausgnbe. 8 Ggr. 

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Zöllner, C. H«, Kleine Orgcbchule für angehende Organi- 
sten und Prennde des Orgelspiel». Op. 71. Nene Ausgabe, mit 
Schuberth's mnsikal. Fremdwörterbuch als Prämie. 1 Thlr. 
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mUumaner, F. A., Elegie sur In mort d'un objet eheri. Com- 

Position pour le Violoncello avec Piano. Oenv. 79. 20 Ngr. 
Lowe) Cmrl, Der Graf von Habsburg i Bailade von Schiller, 

für Gesang nnd Piano. Op. 98. 28 Ngr. 
Ulmrajelanier, H. , Lieder für Tenor oder Sopran nnd Piano. 

Op. 115. Eioueln: No. 1. Are Murin. 10 Ngr. No. 2. Der 

Runs. 7* Ngr. No. 3. An Snleika. 8 Ngr. No. 4. Abendlied. 

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No. 7. Mein Hers iit am Rheine. 7\ Ngr. 
Drod«, i« October «844. Wilhelm PmL 



Meinen geehrten Correspondenten neige ich ergebenst an, ^f 
MusikalieiiDaliete durch die Herren Breiücepf und Hmtel in Leip- 
nig nn mich gelangen, nnd bitte ich, nn mich errichtete Zusen- 
dungen demgeniass ndressiren su wollen. 

Merseburg, den 1. October 1844, - Ä ^- ^ 

M.* in« Kifver« 



Anerbieten. Bin junger Mann, der liefere Zeit den Unter- 
richt des rühmlich bekannten Herrn Hefmusikus Reuiker in Cnrm- 
rnhe auf der üeboe genossen nnd ron diesem , wie Ton anderen 
competenfen Benrtbeilern die besten Zeugnisse anfknweisen hol, 
wnnecht bei einer CapeUe oder bei einem Tnentenorchmmnr in ir- 
gend einer bedeutenden Stadt eine Austeilung an finden. 

Die Riegel- und messner sehe Buch - nnd Musikalienhandlung 
in Nürnberg rermittelt gerne beliebige Unter bandlang. 



Druck and Verlag von Breitkopf und Hortel in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



689 



680 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG 



Den 16 ten October. 



M4». 



1844. 



Inhalt t Reeenstou*. — JVfldkridtoii: Am Göttin gen. Ans Hamburg. Aoi Leipzig. Das Gelangtest ia Bock« Den. — Anhündijungtn* 



RECEN8IONEN. 

Cr an s, F. A.> Sonates dramatiques. No. 2. Hamburg, 
A. Cranz. Preis 1 Thlr. 8 Ggr. 
In No. 4 dieser Blätter besprachen wir die erste Lie- 
ferung dieser Sammlung, welche unsern Beifall in jeder 
Hinsicht erhielt, den wir auch dieser zweiten Lieferung 
zu zollen nicht versagen können. Der Verfasser hat hierin 
dieselbe Umsicht in Beherrschung des Formellen, Tech- 
nischen und guten Geschmack bewiesen; es liegen die- 
ser Sonate Motive der Oper „II matrimooio segreto" zu 
Grunde» die wohl angebracht sind, und es macht das 
Ganze einen fast noch günstigeren Eindruck, als die erste 
Sonate. Herrn Cranz's Schreibweise verrätb genaue Be- 
kanntschaft mit den früheren und jetzigen Arten dersel- 
ben; ohne der heutigen Verbrämung der Melodie, Ueber- 
tretbung u. s. w. zu huldigen, weiss er geschickt das 
wirklich Gute der jetzigen Spielmanier einem zum Gan- 
zen passenden Style anzueignen, so dass geübte Spieler 
mit Befriedigung diese wirklich schöne Sonate aus der 
Hand legen werden. 



Leonhardt, J. B.. Zwei Sonaten für Pianoforte und Vio- 
line. Op, 10. No. 1. Hannover, C. Bach mann. 2 Thlr. 

Von diesen zwei Sonaten liegt uns nur die erste 
vor. Wir machen hierin die Bekanntschaft eines recht 
wacker* jungen Rinstlers, der gute Bildung und eifriges 
Studium der Werke unserer theueren Meister: Haydn, 
Mozart, Beethoven — wir möchten vielleicht noch hin- 
zusetzen: Bach, Händel — vermuthen lässt. 

Gedachte Sonate, bestehend aus vier Sätzen -— AI- 
legro, Bdnr, %, dem eine fnttoduetion vorhergeht, An- 
dantiuo mit Variationen, Gmoll, %, Scherzo, Gm oll, %, 
Rondo , B dur , € , enthilt schöne Arbeit und meist- Be- 
stimmtes in Bauart und Anlage. 

Wir sagen*, meist, indem wir uns mit einem Um- 
stände nicht recht befreunden können, nämlich dem : dass 
die Parallele des Haupttones vom Componisteu zu sehr 
benutzt, fast abgenutzt wurde,- wodurch dem ganzen 
Werke in Aufschwung und Einganglichkeit Eintrag ge- 
thanwird. Nicht nur, dass diese Tonart schon in dem ersten 
Satze Befriedigung erlangt bat, steht auch noch das An- 
dantino und sogar das Scherzo in dieser Tonart, was hier 
doppelt auffllKg wird, da im vorhergehenden Satze <Ke- 

46. Jahrgang, 



selbe zur Genüge ausgebeutet wurde. Oder, sollen wir 
dieses Scherzo als Fortsetzung der Variationen nehmen? 
t Besser wäre es, wenn dasselbe den Variationen beim 
Spielen gleich angeschlossen und dadurch die Sonate auf 
drei Sitze reducirt würde. Die Beseitigung einer pewis- 
gen modulatorischen Dürftigkeit der Sätze unter sich ist 
zwar dadurch immer noch nicht erlangt, aber doch etwas 
dafür getban. Nach unserer Ansicht thut der Componist 
wohl, wie bei den einzelnen Sätzen schon der Blick der 
Arbeit vorauseilen muss, soll Gelungenes hervorgeben, 
auch zum Voraus mit seinem Modulalionsplane für das 
ganze Werk im Reinen zu sein und Motive, wenigstens 
für ein paar Sätze, vorrälbig zu haben ; es lässt sich dann 
leicht, ungezwungen schaffen und kann dann allemal noch 
Das 1 weggelassen oder gar verworfen werden, was nicht 
geeignet scheint. 

Nach dieser Methode dürfte der Modulalionsplan viel- 
leicht so ausgefallen sein : 

Allegro. Andante. Scherzo. Pinale. 
Bdur. Gmoll. Es dur. Bdur. 
oder: Bdur. Es dur. Gmoll. Bdur. 
oder gar: Bdur. Gdur. Cmoll. Bdnr. 
Dem letzten Plane würden wir den Vorzug geben. Im 
ersten Satze könnte die Paneele abgethan werden; der 
zweite stände neu und doch in Bezug auf die folgende 
Tonart, als Dominante derselben, verwandt da und könnte 
viel Inniges enthalten; im dritten könnte man sich nun 
im stürmischen Scherzo gehen lassen, dem durch Benu- 
tzung der Parallele Es dur für das Trio ebenfalls Zart- 
heit inwohnen würde, und schlösse sich dann das Finale 
in enger Beziehung, dabei neuer, als von Gmoll aus, an. 
Erkennen wir auf der einen Seite des Compoiristen Stre- 
ben mit Vergnügen an und sprechen ihm Fertigkeit im 
Formellen zu, so vermissen wir aber auf der anderen das 
Poetische, Geistige, Fülle, Frische der Gedanken, den 
Stempel eines Kunstwerks; das Andantino hat aus die- 
sem Gesichtspuncte für uns den meisten, das Scherzo 
den wenigsten Werth; die anderen beiden Sätze verhar- 
ren zu sehr in einer gewissen Beschaulichkeit und tra- 
gen wenig originelle Züge. So ist z. B. das zweite Thema 
des ersten Satzes sehr verwandt mit einem Theile des 
ersten Tbema's desselben (von Tact 13 an), und bei der 
jedenfalls zu häuGgen Verwendung, ausser dem beding- 
ten Wiedererscheinen im dritten Theile noch in der 
Durchführung und Coda, da es eigentlich nur aus einem 
zweitactigen Motiv: 

42 



691 



1844. October. No. 42. 



682 



j^-M^tF^^ 



AUegro pwnpoio 



besteht, ist eioige Monotonie nicht zu vermeiden. 

Eben weil ans die Sache interessirt, sprachen wir 
ans weitläufiger über sie aus. Der Componist mag ans 
nieht missverstehen ; seine Arbeit ist fliessend, findet als 
solche unseren Beifall und wird sich denselben auch in 
anderen Händen erwerben ; das Uebrige sprachen wir zu 
ihm selber; ohne dass wir uns ein allein richtiges Ortbeil 
anmaassen wollen« wird er vielleicht die eben ausgespro- 
chenen Ansichten tbeilen und für die Folge in modulatori- 
scher und melodischer Hinsicht in's Auge fassen. Die 
Violinpartie dieser Sonaten ist auch im Arrangement für 
Flöte oder Violoncello zu haben. 



Berlin, A. y Grande Ouvertüre triompbale k grande Or- 
chestre. Op. 66. Amsterdam, J. A. Roumann. Pr.5Fl. 
Von dieser Ouvertüre liegen uns leider nur die Stim- 
men vor, es lässt sich da ohne Partitur, bei dem höchst 
mühsamen Vergleichen und Nachsueben in denselben, eine 
genaue Einsicht in die Arbeit des Componisten schwer 
erlangen ; doch glauben wir, ohne in das Detail eingeben 
zu können, unser Urtheil im Allgemeinen dabin ausspre- 
chen zu dürfen : dass diese Ouvertüre das gelungene Pro- 
duct eines erfahrenen Künstlers, voll trefflicher Effecte 
und von klarem Verstündnisse für das Publicum ist. Wir 
geben hier die Anfänge der Introduction und des ihr fol- 
genden Allegro pomposo, eines sehr klaren, frischen Sa- 
tzes, und man wird nach ihnen einigermaassen einen Ein- 
blick in des Verfassers Schreibweise und Manier erbalten. 

Moderato. 



Blecb- 
imstrumente. 



Timp. 




■ '■ li lp |P > 1 





scheint derselbe die durch Berlioz gegebene Rich- 
tung eingeschlagen zu haben; doch bat sein Werk bei 
Weitem nicht die Kräfte nöthig, deren Berlioz bedarf (zwei 
Hörner, zwei einfache Trompeten, neben einem Piccolo 
und einer grossen Flöte, reichen mit den anderen üblichen 
Instrumenten zur Besetzung hin) und bietet in dieser Hin- 
siebt nirgends Schwierigkeiten. Aber auch von Seiten der 
Ausführbarkeit sind uns dergleichen nicht vorgekommen; 
die Ouvertüre spielt sich flott weg, ist sehr melodiös und 
kann Eindruck zu machen nicht verfehlen ; derselbe muss 



manchmal in den Steigerungen vom ppv. bis zum ff. so- 
gar überraschend sein. Möge sich das Werk in Deutsch- 
land Eingang verschaffen und so günstig "wie von uns 



Beethoven , Ouvertüre zu der Oper Leonore (No. 3) für 
Pianoforte zu 8 Händen arrangirt von C M. Schmidt. 
Preis 1 Tblr. 20 Ngr. 
— Christus am Oelberge, Oratorium, arrangirt für Pia- 
noforte zu zwei Händen ohne Worte von C. Czemy* 
Preis 2 Thlr. Beide bei Breitkopf u. Härtel in Leipzig. 
Ein in der neueren Zeit sehr beliebt gewordenes Ar- 
rangement ist das für Pianoforte zu acht Händen, auf 
welchem Felde sich der Bearbeiter vorliegender Ouver- 
türe bereits mit Glück bewegte. Die Beelhoven'sche Com- 
positum ist mit aller Genauigkeit für zwei Piano's wie- 
dergegeben und macht, gut gespielt, eine grossartige Wir- 
kung, bei welcher man sich leicht das Orchester verge- 
genwärtigen kann. Obgleich dazu immer einige Einbil- 
dungskraft gehört, so steht doch fest, dass ein derartiges 
gutes Arrangement bei vorhandenen Mitteln immer sehr 
willkommen sein wird, was wir dem gegenwärtigen auf- 
richtig wünschen. 

Ein Arrangement eigener Art ist .das des Beetho- 
ven'schen Oratoriums, viel auffallender, als eine zu sech- 
zehn Händen arrangirte Ouvertüre. Opern, sogar in Ta- 
schenausgaben, besitzen wir schon längst in dieser Ge- 
stalt, aber Oratorien ohne Worte noch nicht, und doch 
liegt der Gedanke bei diesen eben so nahte, als bei je- 
nen. Es wird hier zumal ein möglichst gutes Arrange- 
ment geboten, bei dessen Durchsicht wir uns zugleich 
überCzerny's Productionskraft und Routine wundern muss- 
ten, die bis jetzt wohl an 800 Opera (NB. manches sehr 
starke aus 12 — 16 Nummern bestehend) in die Well 
schickte und immer noch Zeit findet, die Lücken durch 
Arrangements und Uebersetzungen grosserer Werke auf- 
zufüllen. In der Tbat, Czerny nöthigt uns Achtung ab; 
eine Gewandtheit, Schnelligkeit im Schreiben ist ihm ei- 
gen, die ihres Gleichen sucht* Dies bestätigt wieder das 
vorliegende Arrangement des Oratoriums-; denn obgleich 
er damit gewiss nur ein müssiges Stündchen ausfüllte» 
hat er doch eine Arbeit geliefert, welche in diesem Maass- 
stabe nur gelungen genannt werden kann. Mögen sich 
die Freunde geistlicher Musik daran versuchen und er- 
freuen, denen hier Gelegenheit gegeben wird, sich auf 



693 



1844. October. No. 42. 



694 



eine leichtere Weise, als durch den Ciavierauszug mit 
Worten, wo Manchen häufig noch die Uebersicht erschwert 
wird, dieses Oratorium vorzuführen. 



Melchert, J. , „Was willst dn mehr." Lied für Sopran 
oder Tenor mit Pianoforte. Op. 12. Hamburg, bei 
Crans. 8 Ggr» 

Die Entdeckungsreise, für Tenor mit Pianoforte. 

Op. 14. Ebendaselbst. 8 Ggr. 
Das Gedicht des ersten Liedes ist ein sehr gutes, 

musikalisches, nur hätte es auch als solches vom Compo- 

nisten wiedergegeben werden sollen; neben zum Ekel 

oft gehörten Belliniaden, z. B. 



p= 



Mit 4a freundlich mich ge - graset, 
hat es wenig hervorstechende, ja sogar sehr gewöhn- 
liche Melodie. Wenn eine solche Ausdeboung (es nimmt 
sechs Seilen ein, wozu die Bezeichnung: „Lied" nicht recht 
passen will) vonnöthen war, so müsste es wenigstens in- 
teressanter sein; so aber, bei seinen häufigen Bepetitio- 
nen und Umschreibungen des scbon vorher Dagewesenen, 
ist es, unserer Meinung nach, nichts weniger ab das. 
Dann will uns auch die Taotart nicht recht zusagen; 
eine aus der Drellbeiligkeit entstehende, vornämlich der 
I2 / 8 -Tact, würde schicklicher gewesen, und die aus dem 
4 / 4 -Tact hervorgehenden falschen sprachlichen Accente 
beseitigt worden sein. Der x %*Tact wurde obige Stelle 
nicht allein richtiger accentuirt, sondern auch die Melo- 
die zwangloser darstellen : 



ppsp 



tf c | >• ** y 



seit du freundlich mich ge - grüsst. 
Das launige Element ist nicht Jedermanns Ding; auch 
die Entdeckungsreise trägt nicht den Character, welchen 
ihr ein in diesem Genre mit Gluck arbeitender Gompo- 
nist gegeben hätte. Zudem ist uns die ganze Composi- 
tum noch viel wertbloser, als die zuerst genannte; das 
Vorspiel und der Anfang derselben mögen Zeugniss geben : 
Allegrelto. 




Wir gehn s« Schiff und rei * sen ; ans lockt der Stets der 




gaaieo weites Br-desruid; wer Fremdes will est-dek - kea, der 



Unter diese ordinäre Melodie mit dergleichen Begleitung; 
deren Introduction einen mit NB. bezeichneten Schnitzer 
zeigt, welchen der Verfasser ohne Bedenken auch in » 
Nachspiel aufgenommen hat, sind drei Verse gesetzt 
Von den übrigen vier Versen des Liedes bat fast je« 
der, mit Ausnahme des sechsten und siebenten, welche 
beide eine und dieselbe Melodie haben, seine eigene, und 
wenn auch diese Melodieen, das manchmal wiederkeh- 
rende schlechte Accompagnement abgerechnet, dem Com* 
ponisten um Vieles besser gelungen sind, wie die der 
ersten drei Verse, so bat ihn doch das Unglück wieder 
auf andere Art verfolgt. Von Vers 5 an schleudert ihn 
dasselbe nach Adur, und er steuert, wie es im Liede 
heisst: „und steuern wir hernach auch krumm, wir se- 
geln doch die Welt nicht um," wirklich krumm, segelt 
A dur nicht um, sondern bleibt auf offenem Meere sitzen, 
sieht sonach die liebe Heimath Fdnr nie wieder. 

Hermann ScheUenberg. 



Meerfahrt. Ballade von Freiligrath. Für eine Singstimme 
mit Begleitung des Pianoforte componirt von Carl Löwe. 
Op. 9o. Berlin, bei Schlesinger. Preis % Thlr. 
Eine neue Ballade von Löwe , dem in diesem Fache 
so gross, reich und eigentümlich dastehenden Tondich- 
ter, versetzt den Beferenten jedesmal in eine freudige 
Bewegung; denn man darf von seiner geistreichen Fe- 
der, so oft er jenes Gebiet betritt, stets Neues, Frisches, 
Interessantes erwarten, und Das hat er auch hier gelei- 
stet. Ja der ganzen Anlage und zumal in der Begleitung 
einfacher und schmuckloser gehalten, als fast alle seine 
früheren, ist diese Ballade gewaltig, grossarüg tief, 
schauerlich geheimnissvoll, wie das ruhige, in seinem 
Schoose die versunkene Stadt bergende Meer selbst, und 
sie dürfte sich, wie sie es in ganz vorzüglichem Maasse 
verdient, einer um so weiteren und allgemeineren Ver- 
breitung zu erfreuen haben, je unerheblicher die Schwie- 
rigkeiten sind, die sie dem Sänger wie dem Spieler 
bietet. Indem wir dem genialen Verfasser für den rei- 
chen Runstgenuss, den uns dieses einfach grossartige, 
seiner durchaus würdige Werk gewahrt bat, den wärm- 
sten Dank aussprechen, bemerken wir nur noch, in usum 
Delphini, dass bei der Bassfigur: 
»** , — »4. 



3 



m 



düÜ ' cllilf 



?K 



die Applieatur leichter wird, wenn man für 3. ?. 1. die 
Zahlen 1. 2. 1. setzt. 



Vater unser, für vier Singstimmen mit Begleitung von 
zwei Violinen, drei Violoncello, Contrabass, zwei Hör- 
nen, zwei Trompeten, Pauken und Orgel von Jos. v. 
Blumenthal, Op, 90. Partitur und Stimmen. Wien, 
bei P. Mechetti, 1 Fl. 30 Kr. C.-M. 
Das Vater unser ist hier im homophonen Vocalsatze 
einfach Und schlicht in Einem Zuge gerade durcheompo- 
nirt, während die Instrumente eine kurze Einleitung von 
eilf Tacten und dann eine würdig gehaltene Begleitang 
geben, Das Gante kann, mit Sorgfalt ausgeführt, nicht 



1844. October. No. 42, 



WO 



ohne gifte Wirkung «in. Freilich dürfte der Dastand, 
dass auf drei Violoncello's gerechnet ist, an vielen Orion 
der Aufführung Hindernisse entgegenstellen. Indess könnte 
man sieh ja durch die Orgel helfen — ein Fall, auf wel- 
chen der Herr Gomponist sogleich bei Einrichtung der 
Orgelstimme hätte Rücksicht nehmen mögen. Die Aus« 
stattong ist anstandig. 



Claviereotnpositionen. 

Wie sonderbar zuweilen das Schicksal mit einem 
Secensenten spielt oder ihm mitspielt ! Da Öffnen wir das 
uns ron der verebrlichen Redaction zur Anzeige gesen- 
dete Notenpaket, und sogleich fallen uns 

1) Musikalische Emp6nduogen während des Gebrauchs der 
Kaltwasserkur zu Wolfsanger, für das Pianoforte com* 
ponirt von Deichen. Gassei, bei Luckbardt. Pr. x / 2 Thlr. 

in die Augen, und wir fühlen uns nun, nach Durchsicht 
dieser ganz artigen Tänze, höchst unglücklich, dass wir 
uns nicht auf der Stelle gen Wolfsanger (sehr schlecht 
bewandert in der Badegeographie, wissen wir leider nicht 
einmal, wo der Ort liegt) aufmachen können, um dort 
ähnlicher musikalisch -poetischer Empßndungen theilhaf- 
tig zu werden, wie der Verfasser, der durch dieses Werk 
gewiss nicht wenig dazu beitragen wird, jene Wasser- 
heilanstalt in den Zug zu bringen. Wir geben in unse- 
rer Anzeige blos gewissermaassen das poetische Recept 
der hier gebotenen musikalischen Ergüsse; allein es wird 
hinreichend sein, um unsere Leser nach einem Werke 
begierig zu machen, um dessen Acquisition in der Tbat 
die Verlagshandlung zu beneiden ist« No. 1. Galopade. 
„Wohlbehagen nach dem Morgenbade. " No. 2. Galopade. 
„Schauer und Beben unter der grossen Doucbe." Eine sehr 
gehaltvolle Nummer, denn es kommt darin auch „Neubeleb- 
ter Muth während des Ankleidens," ferner „Fröhliches 
Bewegen" und endlich „Gänzliches Wohlbehagen" vor. 
Was will man mehr?! Die folgenden Tänze sind leider 
in poetischer Hinsicht weniger reich ausgestattet. Unstrei- 
tig bat der Verfasser darauf gerechnet, dass die Bade- 
S'iste, einmal in den Zug gebracht, sich selbst das Nö- 
ige hinzudichten werden ; allein sollte er nicht zu viel 
torausgesetzt haben? Es möchte schwerlich ein Anderer 
oder Dritter auf gleich sinnreiche und characteristische 
Auslegungen verfallen, wie er selbst. 

2) Mädcbenträome. Walzer für das Pianoforte von Gungl. 
Berlin, bei Schlesinger. Preis 12y 2 Sgr. 

Diese Nummer hätte eigentlich einer Dame zur Be- 

I;utachtung übergehen werden sollen, denn wir können 
eider nicht aus eigener Erfahrung über „Mädcbenträume" 
uriheilen, weil wir uns nicht entsinnen, je dergleichen 

{ehabt zu haben. Indess wird es sich nicht übel nach 
iesen Walzern tanzen lassen — und Das ist am Ende 
doch die Hauptsache. 

3) Heroisoher Marsch in ungarischem Styl, für das Piano« 
forte von F. Lis*t. Berlin, bei Schlesinger. Pr. %TbIr. 

Die Themata dieses Marsches sind originell ond cba- 
racteristisch erfunden. Die Aosfahrung ist reich mit Pas« 



| sagen verbrämt. Der Vortrag des Ganzen setzt < 
tüchtigen Spieler voraus. 

4) Deutsche Lieder für Piano allein von C. Lührss. Op. 
10. No. 2. Preis 10 Sgr. „Wiegenlied" von Kücken. 
No. 3. Preis IQ Sgr. „Willkommen" von Fr.Cursch- 
mann. No. 4. Preis 10 Sgr. „Treu, süsses Mädchen, 
lieh ich dich" von Marschner. 

„Paraphrasen" hat der Verfasser, der übrigens ein 
sehr tüchtiger Claviervirtuos sein muss, die hier von ihm 
in Anwendung gebrachte Bebandlnngsweise der bezeich- 
neten Lieder genannt. Sind nun auch diese ,, Paraphra- 
sen" so reich und üppig ausgefallen, dass man in ihnen 
die Originale kaum wieder erkennt, so hat doch der Ver- 
fasser brillante Ciavierstücke geboten, welche bei Denen, 
die eine solche Bebandlungsweise ihrer Lieblingslieder 
(die uns eben nicht sonderlich zusagt) leiden mögen, 
Beifall finden werden. 

5) Transcriptions pour le Piano senl par Th. Kullak. 
Op. 6. Egmont. Berlin, bei Schlesinger. V« Thlr. 

Ein sehr reiches, aber auch sehr schweres Arrange- 
ment der Ouvertüre zu Egmont für zwei Bände. Wer die 
bekannten Liszt'schen der Beethoven'schen Cmoll- Sym- 
phonie u. s. w. bewältigt bat, mag sich auch an diesem 
versuchen, das übrigens mit grosser Geschicklichkeit durch- 
geführt ist. Wenn es Herr Rullak selbst in den gehöri- 
gen Tempi vorzutragen vermag, so haben wir allen Re- 
spect vor seiner Virtuosität. 

6) I" grande Fantaisie snr des tb&mes de FOpera Marie, 
la fille du regiment, pour le Piano composeepar Th. 
KuUak. Op. 13. Pr. % Thlr. 

7) Fantaisie de Goncert sur des motifs de Preciosa de 
C. M. v. Weber pour le Piano seul composee par 
Th. Rullak. Op. 14. Preis 1 Thlr. Beide, bei Schle- 
singer in Berlin. 

Auch hier beurkundet sich Herr Kullak als ausge- 
zeichneter Clavierspieler, der als Gomponist den Ton der 
Zeit vollkommen zu treffen wusste, in Hinsicht auf Pracht 
und Neuheit der Claviereffecte Keinem nachsteht, und auch 
wohl den Virtuosen ersten Ranges würdige Aufgaben zu 
bieten' weiss. Es tritt da und dort bei ihm eine so eigen- 
tümliche Kraft geistreicher Erfindung hervor, dass wir 
uns sehr freuen würden, wenn er, anstatt sein unver- 
kennbares Talent an Modeartikel zu setzen, es einmal in 
einer tüchtigen Sonate oder einem Clavierconcert ver- 
suchte, Formen, an die sich seit Chopin gar kein Vir- 
tuos mehr zu wagen scheint. Dr. üf. 



Liederschau. 

Von dem Liede verlangen wir rar allen Dingen eine 
ansprechende, fassliche, in sich abgerundete, in den Ge- 
fuhikern - des Gedichtes eindringende und ihn wiederge- 
hende Melodie, welche von der Begleitung nur unter- 
stützt und gelragen, nicht aber erstickt werden darf. Bei 
der Beschränktheit des Raumes, innerhalb dessen es sieh 
grb'sstentheüs bewegt, erscheint ein grösserer Rekhihmn 
und Umfang der Modulation in demselben in der Rege! 



m 



1044. October. No. 42. 



WO 



unstatthaft, und bot in ganz betonieren Fällen — da, 
wo etwa der Text eines grösseren Luxus der musikali- 
schen Farbengebung und schärfere Contrasie in densel- 
ben erfordert,— leidet jene Regel Ausnahmen. Wir haben 
Sewiss nicht Unrecht» wenn wir behaupten» dass gerade 
ie trefflichsten Lieder, die sich des allermeisten nnd 
dauerhaftesten Beifalls über den Wechsel der Mode hin- 
aus su erfreuen hatten, in Hinsicht auf Melodie die klar- 
sten nnd fasslichsten, in Hinsicht auf Modulation die ein- 
fachsten , in Hinsicht auf Begleitung die ungesuchtesten 
waren. So unleugbar Dies nun aber auch ist, so wenig 
wird es doch von manchen Liedercomponisten in's Auge 
gefasst, und wir glauben vorzüglich in der letzten Zeit 
sehr häufig eine überschwellende Ueppigkeit in der Mo- 
dulation bei auffallender Vernachlässigung des melodischen 
Princips wahrgenommen zn haben, welches nicht selten, 
anstatt als Hauptsache hervorzutreten , durch überwu- 
chernde Schwülstigkeit der Begleitung und der Modula- 
tion völlig erstickt und in den Hintergrund zurückge- 
drängt wird. Wollten wir uun nach dem oben angedeu- 
teten Maassstabe die unten verzeichneten Liederhefte be- 
urlheilen, so würden wir kaum das eine und andere 
als musterhaft hervorheben können , ja über die meisten 
den Stab brechen müssen. Allein wir würden dann den 
Verfassern, die grösstenteils mit unverkennbarem Ta- 
lente, mit Fleiss und Geschick gearbeitet haben, zu nahe 
treten und uns dem Verdachte eigensinniger Hyperkritik, 
grämlicher Krittelei aussetzen. Darum überlassen wir es 
lieber den Herren Verfassern selbst, die hier angezeigten 
Werke an jenem Maassstabe zn prüfen, und wenn sie das 
Tadelnswerthe und Verwerfliche erkannt haben, so wer- 
den sie sich dann von selbst gedrungen fühlen, es künf- 
tig zu vermeiden und, znr Sicherung eines allgemeineren, 
dauerhafteren Beifalls für ihre Kunstschöpfungen, dem 
Melodiösen, dem einfach Warmen ^ Wabren, Ungekün- 
stelten nnd (Ingesucbten zu huldigen, welches in jeder 
Kunst das Beste und Höchste, aber zugleich auch das 
Schwerste ist, zu welchem .in der Regel nur das völlig 
durchgereifte Talent hinandringt, während gerade die un- 
reifere Jugend im stürmischen Drange ihrer überschwel- 
lenden/ nngezähmten Kraft am Leichtesten in die gerüg- 
ten Fehler verfällt. 

1) Sechs Lieder, gedichtet von Otto A. Banck, für eine 
Singstimme mit Pianofortebegleitung in Musik gesetzt 
von Carl Band. 55. Werk. Leipzig, bei Fr. Hof- 
meister. Preis 17% Ngr. 

Der Verfasser, der uns neuerdings wieder vorzüg- 
lich durch seine trefflichen Jugendlieder lieb geworden 
war, bat auch hier einfach Ansprechendes, grpssentheils 
frisch und warm Empfundenes und dabei leicht Auszu- 
führendes geliefert, nnd obgleich die Liedform durch ihn 
bereits sehr reichen und überwiegend glücklichen Anbau 
gefunden, so erscheint doch seine Kraft für dieselbe noch 
keineswegs erschöpft. Indess möchten wir ihm doch nicht 
ralhen, sie nach dieser einen Seite hin zn lange und zn 
anhaltend anzuspannen, Indem dies leicht frühzeitige Er- 
schöpfung znr Folge haben dürfte. Die reiehsten Talente 
im Fache des Liedes erhielten sich durch abwechselnde 



Versuche in anderen Konstnweigen frisch nnd in stete* 
Gesucblheit beim Publicum. 

2) Sechs geistliche Lieder für eine Bariton- oder Alt- 
stimme mit Begleitnng des Pianoforte, und zwei Cho- 
räle, in Musik gesetzt von A. F* Anacker. Op. 26. 
Leipzig, bei Friedrich Hofmeister. Preis 17% Ngr* 
Das Feld des freien, geistlichen Liedes ist gerade 
noch nicht eins der reicher angebauten, und so werden 
die vorliegenden, welche den Geist gesunder, unerkün- 
stelter Frömmigkeit atbmen nnd in würdiger Form auf- 
treten, den Anklang finden, den sie in der That verdie- 
nen. Die beiden angehängten Choräle haben uns ungleich 
weniger angesprochen, als die Lieder. Sie sind, dass wir 
es gerade heraussagen, total verfehlt. Wer wird in ei- 
nem Chorale Stelleo gnt beissen mögen, wie folgende: 




Wer -de sieht 
Wen o durch trü • 

3) Sechs Lieder für eine Siogstimme mit Begleitung des 
Pianoforte, in Musik gesetzt von Franz Corner. 0p. 
33. Berlin, bei Ernst Krigar. Preis 17% Sgr. 

Hätten wir nicht bereits Hunderte von Liederheften 
in den Händen gehabt, so würden wir das vorliegende 
für ein ausgezeichnet gutes erklären; denn es fehlt 
nicht an melodischem Fluss und sonstigem guten Gusse. 
So aber begegnen wir gar mancherlei schon oft gebrauch- 
ter Wendungen u. s. w. Am Eigentümlichsten erscheint 
das Lied Mo. 2 „Das letzte Glas." Sollte No. 3 „Lied 
eines Bettelmädchens " componirt werden, so mussle es 
volkstbümlich origineller geschehen. Gerade solche Lie- 
der macht sich das Volk selbst am Besten. Im Texte die- 
ses Liedes, so einfach er scheiftt, liegt ein tiefer, ver- 
zweifelnder Sinn versteckt, den der Compooist nicht ge- 
troffen bat. No. 4 ist artig nnd glatt gesungen , No. 5 
und 6 aber sind eigentümlicher gehalten. 

4) Sechs Gedichte von Friedrich Ludwig, für eine Sing« 
stimme mit Pianofortebegleilung componirt von Louis 
Liebe. 0p. 2. Cassel, bei G. Luckhardt. Pr. % Thlr. 

5) Schwinge, Lüftchen! Gedicht von Fr. Ludwig , für 
eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte und 
Violoncello. Componirt von Louis Liebe. Ebendaselbst. 
Preis l U Thlr. 

Alles ganz artig, fein und geschickt gemacht — 
aber fast durchgebends ein weitschichtiges, zerfahrenes, 
in's Blaue zerfliegendes Wesen in der Führung der Haunt* 
stimme, welches zwar melodische Klänge, aber keine Me- 
lodie macht. Wollten die Herren Liedercomponisten doch 
einsehen lernen, dass auch das Lied seinen Periodenbau 
und eine gewisse innere thematische Haltung verlangt. 
Das rundeste Lied, welches der Verfasser hier gegeben, 
ist No. 5, „ Beruhigung. " In No. 5 „Ueberfahrt" scheint 



1844. October. No. 42. 



700 



«bs ganz ohne innere Notwendigkeit der Taet gewech- 
selt, was der übrigen guten Auffassung des Gedichtes in 
so Fern Abbrach thot, als es dadurch etwas Zerstückel- 
tes erhält, was nicht als Gewinn zu betrachten ist, nicht 
einmal in der Ballade, in deren Bereich übrigens das Ge- 
dicht hineinstreift. Wenn nicht ganz besondere Textgründe 
einen Tactwechsel gebieterisch verlangen, ist stets das Lied 
in rhythmischer Hinsicht aas einem Gosse za formen, der 
sich sehr oft auch da gewinnen lässt, wo er beim ersten 
Blicke mit Schwierigkeilen verbunden scheint. Will man 
schon ein kurzes Gedicht in Parcellen zerlegen, wohin 
soll man bei grösseren kommen? Die Musik hat so viele 
anderweitige Hilfsmittel» Contraste zu schaffen, dass man 
in ihr doch nicht ohne absonderliche Notb, was der Dich- 
ter in Einem Zuge gegeben hat, rhythmisch zertrennen 
sollte. Debrigens hat uns das Talent des Verfassers mit 
Achtung erfüllt, und bei tieferer Kunstreflexion, bei wel- 
cher immer zunächst die Natur und tüchtige Vorbilder 
um Bath zu fragen sind, wird er sich selbst und der Kri- 
tik immer besser genügen. 

6) Sechs Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des 
Pianoforte, componirt von Carl Lührss. Op, 6. Ber- 
lin, bei Schlesinger. Preis % Thlr. 

Sogleich das erste Lied hat uns für den Verfasser 
eingenommen ; noch njehr das vierte, wiewohl keines als 
werthlos zu betrachten ist. Er scheint ein tüchtiger Cla- 
vierspieler zu sein. Das ist schon für manche Liedercom- 

S misten eine böse Klippe geworden. Das Lied No. 2 
ngt gerade an, wie eine Clavieretude. Auch in No. 4 
(sonst gut und frisch erfunden) und No. 6 macht sich die 
Begleitung zu breit, als wäre sie Herrin im Hause. Wer 
Liedercomponist sein will, muss den Ciaviervirtuosen zu 
versessen suchen, damit des Guten nicht auf einmal zu 
Viel gelhan werde. 

7) Ein Ton voll süssen Klanges. Lied für eine Sing- 
stimme mit Begleitung des Pianoforte und Violoncello 
(oder Hörn) von Ferdinand Brandenburg. Op. 13. 
Dresden, bei Hey dt. Preis % Thlr. 

Dieses ganz durchcomponirle, gut gehaltene, nur an 
einigen Stellen durch zu lange Zwischenspiele allzusehr 
zerdehnte Lied wird, wenn man dazu einen geschickten 
Violoncellisten gewinnt, einen günstigen Eindruck her- 
vorbringen. 

8) Sechs Lieder für eine Singstimme mit Piano, compo- 
nirt von J. Matthieux. Op. 18. Berlin, bei Schlesin- 
ger. Preis % Thlr. 

Das erste dieser Lieder „Es ist so still geworden," 
ein geistliches Abendlied, ist der Verfasserin wohlgelungen. 
Am Meisten in sich abgerundet ist No. 5, „Wolle kei- 
ner mich fragen ! " Auch No. 2 „Am Ufer" und No. 4 
haben uns angesprochen. No. 3. „Auf, wohlauf ihr Can- 
dloten" hätten wir aus der guten Gesellschaft hinweg- 
gewünscht. Die Griechen haben es um uns Deutsche neu- 
erdings doch wahrlich nicht verdient, dass wir ihnen 
Lieder singen. Auch ist gerade dieses der Verfasserin am 
Wenigsten gelungen. No. 6 ist anfangs gut gebalten; al- 
lein von dem leidigen Tactwechsel an sinkt es zu sehr 
in das Gewöhnliche herab. 



9) Sechs Gesänge für eine Sinaratamme mit deutschem und 
italienischem Text und Begleitung des Piano von Fer- 
dinand Hitler. Op. 23. Livre I. „Gebet," „Ständ- 
chen" und „Volkslied." Preis %Thlr. Livre IL „An 
den Mond." „Anrufung." „Der Wunsch." Preis % 
Thlr. Berlin, bei Schlesinger. 

Das günstige Vorurtheil, mit welchem wir diese Hefte 
zur Hand nahmen, wurde durch wiederholte fleissige 
Durchsicht derselben bestärkt, obgleich wir den Verfas- 
ser nicht überall von einer gewissen gesuchten Uebcr- 
fülle der Modulation frei sprechen können, welche uns 
vorzüglich in dem sonst so trefflich angelegten Gesänge 
„An den Mond" (diesen beut zu Tage von Dichtern und 
Componisten viel zu sehr vernachlässigten Trabanten un- 
serer guten Mutter Erde) etwas gestört bat. Ganz vor- 
züglich angesprochen haben uns No. 2, „Das Ständchen 
des Schiffers," und No. 6 „Der Wunsch," während uns 
No. 3 „Volkslied" am Wenigsten zusagen wollte. Der Ver- 
fasser hat darin den Volkston nicht getroffen und die all- 
zuhäufige Wiederholung des „o weh ! o web ! wie drückt 
es mich im Herzen ! " wird lästig. Sie schlägt leicht in's 
Komische um, das hier der Verfasser doch wohl schwer- 
lich intendirt hat. 

10) Drei Lieder („In's Herz hinein," „Ständchen" und 
,, Frühlings toaste ") für eine Singstimme mit Beglei- 
tung des Pianoforte componirt von Carl Häser. Op. 
6. Cassel, bei Carl Lu?khardt. Preis 12 Sgr. 

Diese Lieder haben etwas Dilettantenmässiges, welches in 
einer gewissen Unbeholfenheit der Anlage, Gestaltung und 
inneren Haltung liegt» obwohl dem Verfasser melodische 
Erfindungskraft und Talent nicht abzusprechen ist. So- 
gleich in dem Vorspiele zum „Ständchen" erscheinen 
Tact drei und vier gegen die beiden ersten zu leer. Der 
Verfasser hätte sie durch Figuren, die den in den beiden 
ersten Taclen hervortretenden correspondiren und zu ih- 
nen Gegensätze bilden, ausfüllen sollen. Die häufige Wie- 



derholung der verbrauchten Figurj 



^fe 



in Gesang und Begleitung ist durchaus nicht von ange- 
nehmer Wirkung. Am gelungensten ist das Lied No. 2 
„Ins Holz hinein." In No. 3 ist folgende Stelle verwerflich : 




eher! Auf dein Wohl 



Durch die wenigen Pausen wird hier der Eindruck der 
Bdur- Harmonie keinesweges so verwischt, dass das Ohr 
sogleich darauf die volle Des dur- Harmonie vertrifft. Der 
Uebergang musste besser vermittelt werden. Die Aus« 
stattung sämmtlicher hier angezeigten Hefte ist übrigens 
lobenswerth. 10. 



701 



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702 



Nachrichten. 

Göttingen. Ueber das von Herrn Arnold Wehner 
zum Besten des evangelischen Vereines der Gustav- Adolph- 
Stiftung veranstaltete Concert. — Die am 10. und 11. Sep- 
tember d. J. in Göttingen Statt gefundene Hauptversamm- 
lung des evangelischen Vereines der Gustav-Adolph-Stif- 
tung hat des bedeutsamen und Erhebenden so viel ge- 
währt , dass man erst jetzt, nachdem manche mehr äus- 
serliche Eindrücke in den Hintergrund getreten sind, der 
unsichtbaren Kräfte sich klarer bewusst wird, welche, 
durch einen heiligen Eifer für die hohen Zwecke des 
Vereins, wie durch eine edele Mässigung, von der alle 
Mitglieder durchdrungen waren, belebt und geläutert, 
zum Heile des kirchlichen Lebens der Protestanten in 
Deutschland, ja zum Heile der protestantischen Kirche 
selbst, sich Geltung zu verschaffen wissen werden, aus 
und durch sich selbst. Es ist hier nicht der Ort, alles Ein- 
zelnen zu gedenken, wohl aber eines Kunstgenusses, wel- 
cher mit dem Feste in unmittelbarer Verbindung stand 
und die Feier auf eine so schöne and würdige Weise 
beschloss, dass wir noch mit innigster Freude daran zu- 
rückdenken; Herr Arnold Weimer aus Göttingen hatte 
nämlich zum Besten des Vereins ein Concert veranstal- 
tet, welches einen Jeden, der mit den in Localverhält- 
nissen liegenden Schwierigkeiten vertraut ist, in einem 
wahrhaft überraschenden Grade befriedigen musste. In 
Götlingen fehlt eine stehende Capelle, ja selbst nicht ein- 
mal für die notwendigste Stütze eines Orchesters, für 
ein Quartett, sind aus öffentlichen Fonds Mittel gewährt; 
die meisten Mitglieder des Orchesters stellt der verdiente 
Stadtmusikus Jacobi, ausserdem besteht dasselbe aus ver- 
schiedenen Musiklebrern , Mitgliedern der Militärmusik 
und Dilettanten, welche so häufig wechseln, dass schon 
dadurch die ein jedes gute Orchester nolhwendig bedin- 
gende Stetigkeit gänzlich fehlt. Verschiedene Gesangver- 
eine, namentlich die des Herrn Musikdirector Dr. nein- 
roth und des Herrn Musiklebrer Lenschner, welche in- 
dess auch nur in selteneren Fällen zusammenwirken, ma- 
chen die Aufführung von Vocalmusik leichter möglich. 
Es bekundet unter diesen Umstanden einen nicht gerin- 
gen Grad von Gewandtheit und Sicherheit, wenn Jemand 
in der kurzen Zeit von wenigen Wochen es möglich zu 
machen weiss, dem Publicum einen Kunstgenuss zu bieten, 
wie man ihn Herrn Wehner zu danken hat. Das Con- 
cert fand am 11. September in der Aula Statt; schon 
die architectonische Schönheit its Locals stimmte zu 
edler Freude, und Referent kann den Wunsch nicht un- 
terdrücken, dass bei ähnlichen Gelegenheiten die Benu- 
tzung der Aula zu Concerten wieder gestattet werden 
möge, und gewiss wird es allgemeine Anerkennung ver- 
dienen, wenn man sich mehr und mehr überzeugt, dass 
die zunächst für die Vertreter der Wissenschaft bestimm- 
ten Bäume nicht profanirt werden, wenn man auch der 
Kunst eine gastliche Stätte darin bereitet, und dadurch 
auch äusserlich diejenige Humanität manifestirt, welche 
der Kunst gleiche Achtung zollt, wie der Wissenschaft. — 

Der erste Theil des Goncerts war nur zu geistlicher 
Musik bestimmt, und scblosa sich dadurch auf eine eben 
so schöne, als erhebende Weise an die Feier des Festes 



selbst; er begann mit der Seb. Bach'schen Bearbeitung 
des geistvollen, man möchte sagen: acht protestantischen 
Lutherseben Chorals : „Ein feste Burg ist unser Gott/* 
Kann man auch den unerschöpflichen Beichtbum und die 
unendliche Kunst in der Bach'schen Bearbeitung, welche 
einem grössern Werke des unerreichten Meisters ent- 
nommen ist, nicht genug bewundern, so glaubt Beferent 
dennoch , dass der Choral in seiner ursprünglichen, der- 
ben und acht deutschen Einfachheit, in welcher Dichtung 
wie Musik auf eine so wundervolle Weise die Zeit cha- 
racterisiren, in welcher der grosse Reformator, durch die 
Kraft des Glaubens seiner unüberwindlicbkeit und des 
Sieges seiner Sache sich klar bewusst, beide schuf, auf 
ein so gemischtes Publicum einen noch tieferen Eindruck 
gemacht haben würde. Hierauf folgte Mendelssohn 9 * On- 
verture zum Oratorium Paulus, an welche sich unmittel- 
bar der Choral: „Wachet auf" aus demselben anschloss. 
War auch das Orchester durch mehrere fremde Künstler 
verstärkt, so vermochten sie allein doch nicht diejenige 
Begeisterung in die Aufführung zu bringen, welche die 
herrliche und kunstreiche Ouvertüre fordert und welche 
der Concertgeber so sichtlich zu erstreben bemüht war; 
namentlich fehlte gegen das Ende die so nothwendige 
Steigerung, um einerseits die Melodie des vorbin erwähn- 
ten, der Ouvertüre zum Grunde' liegenden Chorals scharf 
hervortreten zu lassen, andererseits die Figuratioo der 
Saiteninstrumente so unterzuordnen, dass beide als ein 
organisches Ganze gehört werden. Mad. Fischer - Achten 
sang hierauf die ebenfalls dem Oratorium Paulus ent- 
lehnte Sopranarie : „Jerusalem" mit solch edler Einfach- 
heit, dass man sich der innigsten Rührung nicht erweh- 
ren konnte; jenes, sanften Wellenbewegungen gleiche 
Anbauchen der den Blasinstrumenten, namentlich den Cla- 
rinetlen und Flöten, gegebenen Accorde darf wohl nur 
von Mitgliedern eines ausgezeichneten, von der Schönheit 
der Compositum ganz durchdrungenen Orchesters erwar- 
tet werden. Wahre Befriedigung gewährte die sodann fol- 
gende Aufführung des 42. von Mendelssohn in Musik 
gesetzten Psalms; die Chqre, aus 77 männlichen und 74 
weiblichen Stimmen bestehend, gingen durchweg gut, ja 
zum Theil ausgezeichnet gut; Letzteres gilt namentlich 
von der ersten und vierten Nummer. Man kann sich 
kaum etwas Rührenderes und Ergreifenderes denken, als 
wenn in dem ersten Chore der Alt beginnt: ,,Wie der 
Hirsch schreit nach frischem Wasser** u. s. w. und dann 
der Sopran und die übrigen Stimmen in dieses Flehen 
nach dem Anschauen des Ewigen einstimmen ; nicht leicht 
möchte die Noth eines gläubigen Gemüthes und die Hoff- 
nung auf Erbörung in Tönen schöner ausgedrückt sein. 
Einen herrlichen Gegensatz bildet der vierte Chor: „Was 
betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in 
mir? Harre auf Gott" u. s.w. In dem Unisono der Män- 
nerstimmen und in dem reeitativartigen Gange der Me- 
lodie liegt eine unbeschreibliche Grossartigkeit, und doch 
wieder eine unendlich wohlthnende Weichheit. Der Schluss- 
chor würde sicher einen noch grossartigeren Effect ge- 
macht haben, wcpn das Tempo noch bewegter und das 
Einsetzen der einzelnen Stimmen entschiedener gewesen . 
wäre; Beferent bat um so weniger Anstand genommen, 
Dies offen auszusprechen, als* alle Mitwirkende von einen 



/ 



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704 



so chrenwertben Eifer bettelt wäre«, tos es ihnen nur 
lieb sein kann, von dem Eindrucke Renutniss zn erbat* 
ten, welchen das Gänse nach verschiedenen Seilen hin 
gemacht hat. Die Soli, welche Mad. Fischer ■- Achten und 
Tier Dilettanten übernommen hatten, liessen kaum Etwas 
zn winseben übrig; nnter den Letzteren müssen wir 
Herrn Dr. Kirchner besonders orwihnen , den mancher 
Künstler vom Fache nm seinen seelenvollen Vortrag, wie 
' nm seine schöne Stimme zn beneiden Ursache bat. 

Die zweite Abtheilung wurde durch Spohrs Ouver- 
türe zn Jessonda eingeleitet; gewiss ward in Göttingen 
die herrliche Compositum des gefeierten Meisters nie so 
gut aufgeführt. Herr Arnold Zehner spielte sodann Menr 
delssohn's Pianoforteconcert aus Gmoll ; und bewährte 
darin eine bedeutende Fertigkeit, vorzüglich aber einen 
zarten und edlen Vortrag. Das Bestreben, in den Geist 
der Gompösition einzudringen und sie gewissermaassen 
zu reproduciren , machte einen sehr wohltbuenden Ein- 
druck , nnd wies auf erfreuliche Weise darauf hin , wie 
weit verschieden das bei den gewöhnlichen Concertspie- 
lern übliche Glänzen mit der Technik von geistreicher 
Auffassung und acht künstlerischem Spiele ist. Der Vor- 
trag des Andante, wie aller zarteren Stellen war ausge- 
zeichnet schön; im Uebrigen würde derselbe noch ent- 
schiedener und klarer gewesen sein , wenn das Orche- 
ster, mit der Composition genauer bekannt, die Freiheit 
des Spiels nicht oft zur Ungebühr gelähmt hätte. Beson- 
deren Dank verdient Herr wehner für die Wahl dieser 
geistreichen Gompösition, welche in Göttingen noch nicht 
zur Aufführung gebracht war. Die unzweideutigen Be- 
weise allgemeinen Beifalls werden Herrn Wehner gezeigt 
haben, wie freudig nnd aufrichtig man jede ernstere Be- 
strebung anerkennt, nnd mit welcher Tbeilnabme man 
ihre fernere Ausbildung verfolgen wird. Das Concert 
wnrde auf einem Flügel mit englischer Mechanik aus der 
rühmlich bekannten Werkstätte von With. Rittmüller \vl 
Göttingen gespielt ; auch dieses Instrument zeichnete sich 
durch einen überaus schönen» kräftigen nnd gleichmässi- 

B&n Ton, so wie durch eine musterhafte Mechanik aus. 
iebt genug ist das eifrige nnd ernste Streben des Herrn 
Rittmütter anzuerkennen, wodurch es ihm gelungen ist, 
dass seine Instrumente den besten englischen gleichge- 
stellt werden und dabei nm die Hälfte wohlfeiler sind. 
Nachdem Mad. Fischer- Achten eine Arie ans Mouarts 
Davide penitente gesungen hatte, spielte Herr J. /. Bott 
aus Cassel eine Fnntasie von Spohr für die Violine ; der 
jnnge Künstler bekundete darin seine bekannte Virtuosi- 
tät; hierauf folgte ein geistlicher Chor: „Ave verum, u 
componirt von Arn. Wehner; die Gompösition, durah 
schöne nnd natürliche Stimmenfiihrung ausgezeichnet, 
zeugte von einem edlen, eiteler Effect hascherei fremden 
Streben, und erwarb sich, wie anch die vortreffliche Aus- 
führung, allgemeinen Beifall. Den Glanznunct des Abends 
bildete der hierauf folgende Chor: „Salve regina" von 
Moritz Hauptmann. Da weht ein acht kirchlicher Geist ! 
Da ist eine Versenkung, wie man sie jetzt kaum für 
möglich hak! Es ist dies eine Composition von unbe- 
schreiblicher Schönheit, so edel, so einfach nnd unge- 
sucht, dass sie nur den schönsten Werken früherer Jahr- 
hunderte an die Seite gestellt werden kann. Hier zeigt 



sich die wahre Kraft und Schönheit der Stimmenfährung; 

1'ede einzelne Stimme ist selbständig; diese Selbständig- 
teil ist aber eine bediogte, eine organische, sie wachst 
ans dem Ganzen nnd bat in ihm ihr Leben , sie gleicht 
jenen Bäumen, deren Zweige in üppiger Kraft sieh wie- 
der zum Boden neigen nnd neno Wurzeln schlagen. 
Hierin, wie überhaupt in der Form, bat jener Reichtbua 
seinen Grund, der, zur Einheit werdend, das Raastsehöae 
bildet, wenn beide einer poetischen Idee entspringen. 
Die Ausführung, weiche hin nnd wieder nicht ohne Schwie- 
rigkeiten ist, war eine gelungene zu nennen, und der 
ungeteilte und laute Beifall des gesammten Publicum« 
zeigte, dass das wahrhaft Schöne von Jedermann, wenn 
auch nicht ganz begriffen, doch lebhaft gefühlt werden 
kann. — Herr J. J. Bott spielte sodann von ihm selbst 
componirte Variationen für die Violine über ein Thema 
von Weber. Räumt man auch mit Recht dieser Kunst- 
form nicht mehr die Stelle ein, welche sie früher usur- 
pirt hatte, so mag man sie sich doch immer gefallen las- 
sen^ wo es vorzüglich auf das Geltendmachen der Tech- 
nik abgesehen ist, zumal wenn Jemand, wie Herr Bott, 
so viele gelungene Gompositionen aufzuzeigen hat. Jene 
Variationen , welche eben so brillant, als schwierig nnd 
einem gemischten Publicum gegenüber sehr geeignet sind, 
mit dem Spiele zu glänzeo, trug Herr Bött ausserordent- 
lich schön vor, da Kraft und Reinheit nicht weniger 
ausgezeichnet waren, als die Sicherheit, mit welcher die 
enormsten Schwierigkeiten vollständig überwunden wur- 
den. Den Schluss des fast zu reichen Goneerts bildete 
ein Männerchor, welcher Reicher dt s Lied: „Was ist des 
Deutschen Vaterland" mit grosser Energie vortrog. 

Referent ist überzeugt, dass Jeder, der dem Con- 
eerte beiwohnte, in den Dank einstimmen wird, welcher 
Herrn Wehner in reichem Maasse gebührt; muss es ihm 
grosse Freude gemacht haben, den äusseren Zweck seiner 
uneigennützigen Bemühungen so vollständig erreicht zn 
haben, — denn seit vielen Jahren fand in Göttingen kein 
so zahlreich besuchtes Concert Statt , dass das grösste 
Local zn beengt wnrde, — so muss es ihm noch grös- 
sere Befriedigung gewährt haben, der eigenen Kräfte sich 
so bewusst geworden zu sein; für einen Künstler vom 
Fache, welcher zum ersten Male in der Art öffentlich 
auftritt, dass er allein ein Concert arrangirt, die einzel- 
nen Sachen einstudirt und dirigirt, ist es sicher von ent- 
schiedener Wichtigkeit, den Erfolg seiner Bemühungen 
kennen zn lernen. Herr Wehner, der, wie oben ange- 
deutet worden, mit Schwierigkeiten der verschiedensten 
Art zu kämpfen halle, hat sie auf eine so glückliche Art 
zu überwinden gewusst und so erfreuliche Zeugnisse 
seines Talentes zum Dirigiren gegeben, dass man ihm 
nm so mehr Glück zu seinem ersten Auftreten wünschen 
darf, als man von seinem acht künstlerischen Streben er- 
warten kann, dass, er von der Grösse und Bedeutung der 
dem wahren Künstler gestellten Aufgabe zu lebhaft durch- 
drungen ist, um verkennen zn können, 4a#s das Gege- 
bene nur der Antrag zn noch schöneren nnd bedeuten- 
deren Leistungen sein soll. — 

Hamburg , im September. Wenn die Sommersaison 
noch im Opernfache nur wenig Neues gebracht hat, so 



705 



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bot sie doch recht vfel Interessantes und manches Vor- 
zügliche. Adam'* komische Oper : „Zum treuen Schäfer" 
ging im Jnli mit Beifall in Seene. lieber die Mnsik selbst 
noch erst ein Langes und Breites zu berichten, möchte 
wohl als überflüssig erscheinen, theils weil Adam hier 
durchaus nichts Neues bietet und seiner Art treu gehlie- 
ben ist, theils weil von anderen Seiten die Oper in die- 
sen BHltern mehrfach schon besprochen ist. Der Coque- 
rel wurde mit entschiedenem Glücke von Herrn Kaps dar- 
gestellt, dem die Partie von Cornet einstudirt war und 
worin er eine gelungene Gopie seines Lehrers lieferte. — 
Grosse Theilnahme fand die Aufführung der „Antigone" 
mit Mendelssohn 9 * trefflicher Masik. Das Arrangement 
der Bühne war ganz nach, dem Muster der Berliner ein- 
gerichtet und es zeugte die Zusammensetzung des Stuckes 
überhaupt von grosser Sorgfalt der Regie. Die Ausführung 
war von Seiten der Schauspieler durchweg trefflich und 
namentlich ausgezeichnet Mad. Lenz — Antigone — und 
Herr Grunert — Kreon*. — Nicht minder verdient die 
Ausführung der Mendclssohn'&chen Musik gerühmt zu 
werden. Die Chöre losten ihre Aufgabe zur allgemeinen 
Zufriedenheit und das Orchester leistete unter der tüch- 
tigen Leitung des Herrn Capellmeister Kreis so Ausge- 
zeichnetes, dass auch der rigoroseste Kuostrichter sich 
befriedigt fühlen musste. Antigone wurde bis jetzt acht Male 
gegeben, die ersten vier Male bei stark besetztem Hause, 
und es ist somit leicht möglich, dass Sophocies gleich 
der Mad. Birch - Pfeifer sich die Tantieme erwerben wird I 
Nicht ganz überflüssig möchte aber hiernach die Bemer- 
kung sein, dass die einzelnen tadelnden Stimmen, die 
sich in hiesigen Blättern über die Mendelssohn' wh* Mu- 
sik haben vernehmen lassen , bei dem musikverständigen 
Tbeile des Publicums allgemeine Indignation erregt haben, 
und Dies um so mehr, weil jene es nur zu oft schon be- 
wiesen haben, dass ihnen nicht allein guter Wille, son- 
dern auch alle nothwendigen Kenntnisse abgehen, um in 
musikalischen Dingen ein Unheil fällen zu können. — 
Wiederum neu einstudirt wurden „Guido und Ginevra" 
von Halevy und „Templer und Jüdin" von Marschier 
mit Herrn Tichatsckek als Gast. — Beide Opern fanden 
keinen besonderen Anklang, wozu auch noch der Umstand 
beitrug, dass die Gesammtausführung keineswegs gelun- 
gen war. — WtTrChrudimsky vom Stadttheater zu Frank- 
furt am Main gastirte als (hello, Robert, Edgardo (Lucia 
di Lammermoor) u. s. w., fand aber einen getheillen 
Beifall. Die Stimme ist schön, seine Gesangmanier lässt 
aber noch 1 viel zu wünschen übrig und die Darstellung 
ist zur Zeit noch unbedeutend. Dagegen hat Herr Tichat- 
sckek mit seinem Gastspiele wiederum das glänzendste 
Furore gemacht. Während sechs Wochen sang er fünf- 
zehn Mal und stets bei fast überfüllten» Hause. Seine 
diesmaligen Rollen waren : Robert (zwei Mal), Raoul (drei 
Mal), Rienzi (zwei Mal), Jvanhoe im Templer (zwei Mal), 
Bleazar in der Jüdin (zwei Mal), Georg in der weissen 
Frau, Masaniello, Tamino und Sever in Norme. Grosse 
Bewunderung erregte besonders die Ausführung der Par- 
tie des Rienzi in fragner^s gleichnamiger Oper und man 
schien allgemein erfreut über die vielen Schönheiten der- 
selben, die man durch Tichatsckek 9 s meisterhaften Vor- 
trag erst recht gewahrte. Die achte Vorstellung der Oper 

(I* Na. 



wurde zum Benefizantheile des Gomponisten als zugesi- 
cherte Tantieme gegeben, und fand bei wiederum stark 
besetztem Hause Statt; es musste daher mit Recht auf- 
fallen , dass die Direction des Theaters die Oper wäh- 
rend der Anwesenheit Tichatschek's nicht öfter vorge- 
führt bat. Die Ausführung der Oper bei dem Benefize des 
Gomponisten wird von einem hiesigen Kritiker als die 
vorzüglichste und gelungenste unter den bisher stattgefun- 
denen bezeichnet und er bemerkt unter Anderem : „ Die 
Gesammtdarstellung bewies auf erfreuliche Weise, dass 
man von dem Werthe des Werkes durchdrungen sei und 
von allen Seiten in möglichst guter Ausführung dessel- 
ben seine Hochachtung vor dessen Schöpfer zu erkennen 
zu geben strebe. Jedenfalls ist dieses der schönste Lohn 
und die aufrichtigste Huldigung, die man dem schaffen- 
den Künstler darbringen kann." — Augenblicklich gastirt 
hier Herr Peretti vom Stadttheater zu Göln , der wahr- 
scheinlich engagirt werden wird, da das Engagement des 
Herrn Schmidt als Spieltenors sich wieder zerschlagen 
hat. Als George Brown hat Herr Pereiti gefallen. Er 
besitzt eine angenehme Bühnengestalt und zeigt viel An- 
lage zur Darstellung. Die Stimme ist für Spielpartieen 
ausreichend, bedarf aber noch der ferneren Ausbildung. — 
Der Violinvirtuos Bazzini war auch wiederum hier und 
hat zwei Mal im Stadttheater und ein Mal im Thaliathea- 
ter sich hören lassen. Beifall wurde ihm genug zu Tbeil, 
aber in pecuniärer Hinsicht hat derselbe leider sehr 
schlechte Geschäfte hier gemacht. — Dem. Jazede\ wel- 
che eine Anstellung bei der Leipziger Oper angenommen 
haben sollte, ist hier wiederum engagirt. Sie bat in den 
Sommermonaten in Wien und Berlin gastirt, aber ohne 
sonderlichen Beifall, und ist besonders von der Wiener 
Kritik sehr scharf mitgenommen worden. — Dem. Evers, 
unsere Prima Donna, wird nach Ablauf ihres Contracts — 
nächstes Neujahr — Hamburg wieder verlassen. Dem 
Wunsche der Direction nach einen dreijährigen Contraet 
unter gleich glänzenden Bedingungen wie früher 1 — 12,000 
Mark Hamburger Courant Gage nebst zwei Monaten Ur- 
laub, Benefiz u. s. w. — einzugehen, konnte sie nicht 
entsprechen, weil sie zum Frühjahre nach Italien zu ge- 
hen beabsichtigt und auch auf der Reise dahin schon Ver- 
bindlichkeiten zu Gastrollen eingegangen ist. In letzterer 
Zeit hat diese vortreffliche, talentbegabte und äebt dra- 
matische Künstlerin besonders neben Tichatsckek ecla- 
tante Triumphe gefeiert, namentlich als Valentine (in den 
Hugenotten) und Norma. — Zur nächsten Wintersaison 
werden folgende neue Opern vorbereitet : Sirene von Au- 
her; Don Pasquale von Donizetti; Käthchen von Heil- 
bronn von v. Hoven. Auch kommt wahrscheinlich eine 
dreiactige Oper von einem Mecklenburger, t>. Flotow, zur, 
Auffuhrung, wozu der talentvolle Friedrich (Rieser) dea 
Text angefertigt haben soll. — 



— r. 



Leipzig, den 15. October 1844. Zweites Abonme- 
mentconcert, Sonntag, den 13. October. Ouvertüre zu 
Leonore von Beethoven (Cdur, No. 3). — . Seene und 
Arie von Beethoven (Ah, perfido), gesungen von Frau 
v. Fassmann -Seckendorff, königl. preuas. Hofopernsäa- 
gerin von Berlin. — Conccrtstück für Pianoforte von C. 
48.) 



707 



1844. October. No. 42. 



708 



M. v. Weber, vorgetragen von Herrn C Reiriicke ans 
Altona. — Ouvertüre, Introduction , Sceoe und Chöre 
tut dem ersten Acte der Oper Alceste von Gluck (Äl- 
teste — Frau v. Fassmann). — Adagio und Rondo für 
die Violine, componirt und vorgetragen von Herrn Prof. 
Jansa aus Wien. — Symphonie von Franz Schubert 
(Cdur). — 

Unier den vier Ouvertüren, die Beethoven zu Leo- 
nore geschrieben, ist unstreitig die dritte die grossartigste 
und am Meisten dramatische; sie gibt ein vollständiges 
Bild von der Haodlnng des Stücks und fesselt stets aufs 
Neue das Interesse des Hörers, zumal wenn sie im Gan- 
zen, wie im Einzelnen so schöo, in einer solchen Voll- 
endung vorgetragen wird, wie von unserem Orchester, 
wenn Jeder der Mitwirkenden, von dem hohen Geiste der 
Composilioa durchdrungen, alle seine Kräfte aufbietet, um 
eine der herrlichsten Schöpfungen des grossen Meisters 
auch würdig auszuführen. Dieses Streben war auch dies- 
mal unverkennbar und wurde mit begeistertem Beifalle 
ielohnt. Als eine Neuerung ist es uns aufgefallen, dass 
der in der Mitte der Ouvertüre wiederholt eintretende, 
die Catastrophe der Rettung verkündende Trompetenstoss 
auf einer Ventiltrompete geblasen wurde, durch welche 
eine allerdings wünschenswerlhe grössere Sicherheit der 
Töne erreicht werden mag, andererseits aber, abgesehen 
von dem damit gewissermaassen begangenen Anachronis- 
mus, die characteristische Klangfarbe der kriegerischen 
Signale alterirt wird. 

Seit einer Beihe von Jahren haben wir Frau p. Fass- 
mann hier nicht gehört. Wir lernten sie früher auf hie- 
siger Bühne in den Bollen der Donna Anna, des Fide- 
lio u. s. w. als eine treffliche Sängerin kennen, die, mit 
einer grossen, vollen Stimme ausgerüstet, vorzugsweise 
classischer deutscher Musik ein gutes Studium gewidmet 
hatte und darin fürwahr Ausgezeichnetes leistete. Von 
dieser soliden Bildung und von ihrem geläuterten Ge- 
schmacke gab sie auch jetzt erfreuliche Beweise. Frei- 
lich hat die Frische und leichte Ansprache des Tones, ja 
s sogar der Umfang der Stimme etwas gelitten; das ist 
aber die Schuld der unaufhaltsamen Zeit. Sieben Jahre 
sind allerdings gar leicht im Stande, bierin Veränderun- 
gen zu bewirken. Und gerade mit den sogenannten gros- 
sen Stimmen ist es ein eigenes Ding. Sehr häufig gestal- 
ten sie weniger eine Cultivirung des eolorirten Gesan- 
ges; vielmehr in ihrem Umfange, in der Fülle des To- 
nes liegt Das, was Bewunderung erregt und Beifall er- 
ringt; nehmen diese ab, — und das geschiebt oft nur 
zu bald, — so schwindet zugleich der hauptsächliche Beiz 
für den Zuhörer und es bleibt nur die Erinnerung an 
Schöneres. Andere Sängerinneu dagegen, die bei an sich 
geringeren oder 'wenigstens nicht so effectvollen Natur- 
gaben durch Virtuosität oder fein noancirten Vortrag, zu- 
weilen auch durch einen eigentümlichen Zauber ihres 
Organes sich auszeichnen, bewahren meistens diese Vor- 
züge länger und vermögen daher durch dieselben später, 
wenn auch die Jngendblütbe und die Frische der Stimme 
^ vorüber ist, immer noch, das Ohr zu befriedigen. Nun 
' wollen wir zwar damit nicht behaupten , dass das Ver- 
dienstliche der Leistungen der Frau t. Fassmaun nur 
noch der Vergangenheit angehöre; allein ihre Stimme ist 



eben nicht mehr die, die sie war, und ihre Erfolge kön- 
nen sich, daher auch mit denen einer früheren Zeit nicht 
messen. Dabei ist jedoch eine schöne Tenbildeng nnd ein 
edler, würdiger Vortrag geblieben, bei dem wir nur in 
demBecitative der Beethoven sehen Arie nnd in der Gluek'- 
schen Seene einen gesteigerten Aosdrnck des Schmerzes 
vermisst haben, und wean auch die Stimme in der Höhe 
etwas schwer anspricht und dadurch in ihrer Reinheit 
zuweilen beeinträchtigt wird , so kann doch der metall- 
reiche Klang der mittleren Töne eine schöne Wirkung 
nicht verfehlen. Jedenfalls war der Gesang der Frau t>. 
Fassmann höchst interessant und erwarb sich den Beifall 
der wahren Kunstfreunde im vollen Maasse. 

Herr Carl Reinicke aus Altona bewies durch ferti- 
gen Vortrag des fFeber'sehen Coacertstüc^s, dass er wäh- 
rend seines längeren Aufenthaltes in Leipzig wackere 
Fortschritte gemacht hat, und dass er eine solidere Rich- 
tung verfolgt, als viele Glavierspieler heut zu Tage. Wir 
haben im Laufe des letzten Jahres öfter Gelegenheit ge- 
habt, ihn in kleineren Kreisen zu hören, und uns an dem 
rüstigen Streben dieses jungen Künstlers wahrhaft er- 
freut, der besonders durch schönen, gemessenen Vortrag 
Mozart'scber, Beethoven' 'scher nnd Hummef sehet Werke 
sich auszeichnet. Es ist gewiss kein Tadel für Herrn 
Betnickey wenn wir die Ansiebt aussprechen, sein Spiel 
eigne sich mehr für die Kammermusik, als zur Produc- 
tion im Concert; hier verlangt das grössere Publicum 
einen mehr hervortretenden, blendenden Glanz der Aus- 
führung, und wenn ein Künstler, hierzu weniger Beruf 
und Neigung in sich verspürend, durch einfachere, aber 
gehaltvollere Mittel, wohin wir unter Anderem schönen 
Ton, solide Technik und eine geistvolle Auffassung rech- 
nen, im engeren Cirkel verdiente Anerkennung sich er- 
wirbt, so meinen wir, er könne dafür getrost den Bubm 
opfern, der Menge zu imponireu. — Das schöne und bril- 
lante^ nur etwas rhapsodische Concertstüek von Weber 
ist, nachdem es unerklärlicher Weise, lange Zeit nur We- 
nigen bekannt geblieben war, seit ungefähr acht Jahren 
von Mendelssohn, Henselt, Lisxt, den Damen Clara Schu- 
mann und Marie Pleyel und vielen Anderen bald nach 
einander hier zu Gehör gebracht worden, und löste auch 
Herr Bevncke seine Aufgabe mit Glück und zur völli- 
gen Zufriedenheit des Publicums, so würde sein Spiel 
doch gewiss noch mehr Interesse erregt haben, wenn er 
sich ein anderes seltener gehörtes Stück zum Vortrage 
gewählt hätte. Mit aufrichtiger Theilnahme begleiten wir 
den bescheidenen jungen Mann anf seiner Künsllerbabn 
und sind überzeugt, dass sein ernstes Streben und seine 
Leistungen überall die Anerkennung sich verschaffen wer- 
den, die sie hier finden. , 

Verdienten Beifall erwarb sich Herr Prof. Jansa 
dnrch schöne, sichere und gewandte Vorführung neiner 
wenig originellen, aber ansprechenden Gomposition, und 

¥edenken wir vorzugsweise seines vollen, gesangreichen 
ones. 

Es ist wohl nicht leicht ein Instrumentalwerk gleich 

bei seiner ersten Aufführung von unserem Publicum mit 

so lebhafter Theilnahme aufgenommen worden, wie die 

Cdur -Symphonie von Fr. Schubert; diese Theilnahme 

. ist mit jeder Wiederholnag immer mehr gewachsen und 



700 



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710 



bat sich endlich bis zu wahrem Enthusiasmus gesteigert. 
Wo fände man aber auch nächst den unerreichten Beet- 
kovem'scben Synaphonieen eine solche Pulle von Geist, 
eine so reich fliessende Quelle der herrlichsten musikali- 
schen Gedanken, und eine so entschiedene Originalität 
der Erfindung und Behandlung? Und wie wird durch ge- 
wandte, sinnige Verschmelzung der Gegensätze der em- 
pfängliche Hörer immer von Neuem angeregt und zu Ent- 
deckung neuer Schönheiten hingeführt! Das dem ganzen 
Werke inwobnende fremd -nationale Wesen hei dem un- 
verkennbaren rein deutschen Gepräge ; das plötzliche An- 
knüpfen eines neuen Gedankens an den früheren , von 
dem er in Bezug auf Gharacter und Rhythmus gänzlich 
abzuweichen scheint, mit dem er aber erst völlig ein 
Ganzes bildet; frappirende Accordfoigen und Ausweichun- 
gen, die den Fluss der Composition erst recht veran- 
schaulichen; das Drängen und Treiben des ersten Satzes 
mit dem zurückhaltenden Cbaracler des zweiten Themas ; 
das halb idyllische , halb kriegerische Andante ; das tän- 
delnde Scherzo mit seinem breiten Volksgesange ; endlich 
4er triumphirende Jubel des Schlusssatzes, der mit sei- 
nen Imitationen bald kecken Humor, bald den Preis des 
Höchsten verkündet — alle diese strengen Contraste, die 
fast an Paradoxen zu streifen , scheinen , sind doch so 
wunderbar schön zu einem grossen Ganzen verbunden, 
ja sie bedingen sich gegenseitig dergestalt, dass man dem 
Genius, der diese eben so neuen wie trefflichen Materia- 
lien in seltener Vollendung zu einem Meisterwerke ver- 
arbeitete, die tiefste Bewunderung nicht versagen kann. 
Da ist wahres Leben, ächter Geist, der, seines gewalti- 
gen Stoffes gebietender Herr, die Grenzen der Schönheit 
und Kraft erweitert, ohne sie zu überschreiten! In Schu- 
berts wunderbarem grossen Esdur-Trio und seinem herr- 
lichen Foretien * Quintett, Op. 114, ahnten wir ex ungue 
leonem, — und in der That, das ist die königliche Ma- 
jestät des Löwen , die diese Symphonie schuf ! — . Die 
Ausführung von Seiten des Orchesters war eine vorzüg- 
liche und rauschender Beifall folgte jedem Satze. L. R. 



Das Gesangfest in Bockcnem. 

Nach einer Pause von zwei Jahren trat der Lehrer- 
gesangverein im Fürstenthum Hildesheim unter derFest- 
direction des Pastor Böttcher in Imsen zum fünften Male 
am 3. und 4. September in Bockenem wieder zusammen. 
Auch hier wurde den Gängern von Seilen der wackeren 
Einwohner ein sehr freundlicher Empfang zu Tbeil, der 
sich durch viele festliche Laubgewindc und herzliche Be- 
willkommnung aussprach. 

Die Zahl der Sänger war etwa 150, welche einen 
tüchtig gebildeten Chor abgaben. Bei den Aufführungen 
steht um so eher etwas Gelungenes zu erwarten, da bis 
auf Weniges den einzelnen Vereinen vom Gesangdirector, 
Conrector Molck in Peina, genau bezeichnet ist, was so* 
wohl in der Kirche, als im Freien und an der Tafel ge- 
sungen werden soll. Die Festordonng war die frühere. 
Am 3., Nachmittags, grosse Probe, die meistens den Sän- 
gern zu» lang wird," die aber um so sorgfältiger zu neh- 
men ist, da man sich hier nach langer Zeit zum ersten 
Male wieder findet, und nicht alle Vereine gleichartige 



Vorübungen gehabt haben. Dieses Mal machte die Instru- 
mentalbegleitung mancherlei zu schaffen, da die Herren 
Musici aus zu verschiedenen Orten zusammengesetzt wa- 
ren und nicht Alle gleichgestimmte Instrumente herbei- 
brachten, was einen bei Blasinstrumenten nicht leicht zu 
beseitigenden Uebelstand verursachte. Namentlich musste 
ein Fagott als ungehorsam und unverbesserlich sich ganz 
vom Kampfplatze zurückziehen. 

Die Abendgeaänge begannen 6 Uhr. Wenngleich 
diese genügend ausfielen, so war doch der Vortrag bei 
den Morgengesängen am anderen Tage frischer und leben- 
diger. Von Molck kamen dabei einige neue Lieder, bei 
Leibrock in Braonschweig erschienen, vor, von denen: 
„Mein Vaterland, •' „Nacht" und „Die Blume der Blu- 
men'* vorzugsweise ansprachen. Von Enckhausen wur- 
den die bei unserem Vereine beliebten und gern gehör- 
ten Chöre: „Es gilt!" und „Im Frieden " aufs Neue 
vorgetragen. Von Reüsigcr gefielen ebenfalls die beiden 
kräftigen und schönen: „Blücher am Rhein" und „Der 
Sänger." Der „Studentengruss" von Berner schloss auch 
hier, wie bei anderen Gesangfesten, die Morgenlieder hu- 
moristisch ergötzlich ab. 

Die Hauptaufführung war Mittags 12 Uhr in der 
Kirche. Der Choral: „Vom Himmel hoch, da komm ich 
her," wurde vom Dirigenten 1 genau nach der ursprüng- 
lichen Melodie, wie sie sich bei v. Winterfeld (geistliche 
Lieder des Dr. M. Luther) findet und in einem etwas 
bewegteren Tempo, als gewöhnlich, genommen, wie in 
neueren Zeiten von mehreren Seiten es als ältere Sing* 
art gewünscht wird; aber die Sache fand bei den Geist* 
liehen und Laien keinen Beifall. Referent hält auch da- 
für, dass diese Versuche zur Einführung solcher Sing- 
weise kein erquickliebes Resultat geben werden. Bei der 
bemerkten Melodie waren nur geringe Veränderungen ge- 
gen die jetzige Notirung, und man möchte es leicht da- 
bin bringen, dass diese eine Gemeinde auffasste; wer 
aber will mit Hoffnung auf Erfolg versuchen, die Melo- 
die von Luther: „Ein feste Burg ist unser Gott,*' wie 
man sie bei v. tVinterfeld 9 Becker und Billroth u. A, 
findet, bei einer Gemeinde wieder in ihre ursprüngliche 
Gestalt zurückzuführen? Man betrachte die Gemeinde 
nicht als einen geübten Chor; was diesem leicht ist, 
kann jene nicht durchfuhren, und wer versucht, künstli- 
chen Rhythmus in den Gemeindegesang zu bringen, wird 
bald einsehen, dass Das unmöglich ist. Suche man nur 
bei einer Gemeinde zu erreichen, woran es noch an sehr 
vielen Orten fehlt, dass diese auf gewöhnliche Weise in 
meist gleichen Noten die Melodieen richtig und schön 
singe. Mag es sein, dass die Componisten die Melodieen 
anfänglich mit. merklicher Tactbewegung und mit man- 
cherlei Syncopirungen , vielleicht zuerst mit einem eige- 
nen Kirchenchor, eingeübt haben; die Gemeinden baten 
nach natürlichem Gefühle Dies für sie nicht anwendbar ge- 
funden und es beseitigt. Spätere Choralsammler haben die 
Melodieen so notirl, wie sie Eingang gefunden» und so 
lasse man es immerbin. Der Kirchengesang bei den Brü- 
dergemeinden soll ausgezeichnet sein, aber das Choral- 
buch derselben bat auch nur die gewöhnliche Darstellung 
in meist gleichen Koten. Es ist Beweis, dass auch auf 
diese Weise, weuu nur sonst die Melodie richtig und 



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1844. October. No. 42. 



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würdevoll genommen wird, ein auf Herz and Geist wir- 
kender Gesang erreicht werden kann. Durch Anwendung 
künstlicher Rhythmen and durch volksliederartige Ge- 
sänge wird man schwerlich zu diesem Ziele gelangen. 
Dass im Allgemeinen die Kirchen leerer werden, als in 
froherer Zeit, daran ist unser Choralgesang in jetziger, 

£ter Form wahrlieh nicht Schuld, dazu tragen viele an- 
re Dinge bei, die wir hier nicht weiter erörtern können. 
Nach dem Chorale folgte ein Hosianna von Enck- 
hausen , das durch seine musterhafte Durchführung des 
Hauptgedankens und durch guten Vortrag allgemein be- 
friedigte. Noch kamen in der ersten Abtheilung vor der 
Choral: „Nun freut euch lieben Christen g'meio," mit 
gewöhnlicher Bewegung, und gefiel auf diese Weise; dann 
ein Hymnus von Molck, von den Sängern mit Sorgfalt 
vorgetragen. 

Die zweite Abtheilung wnrde durch einen Orgelsatz 
mit Posaunenbegleitung durch Herrn Schlossorganisten 
Enckhausen würdig eröffnet; dann folgte der 84. Psalm 
von dem Kronprinzen von Hannover, eine treffliche, im 
kirchlichen Style gehaltene Composilion 5 der Choral c 
„Nun lob mein Seel den Herren'*; der 11. Psalm von 



Dr. Marschner, ein gelungenes. Kraftstück, das nur ge- 
fallen kounte; der Choral: „Was mein Gott will, ge- 
schah allzeit; *' und endlich die prachtvolle Hymne von 
B. Klein: „Preis, Lob, Böhm.*' Die grösseren Partieen 
hatten IpslrumentalbegJeiluog, welche zu letzteren beiden 
vom Dirigenten hinzugefügt war. 

Nachmittags 3 Uhr versammelten sich die Singer 
uud Festgenossen zum frohen Mahle in einem geräumi- 
gen Zelte vor der Stadt. Auch hierbei machte sich das 
Pestcomirä, vorzüglich der Herr Bürgermeister Dr. Buch- 
holz > sehr verdient. Bei keinem der früheren Gesang- 
feste dieses Vereins erfreueten die. Tafellieder so, als hier, 
wozu das geräumige Local nicht wenig mit beitrug. Der 
Alfelder Seminarchor trog ausser anderen Sachen beson- 
ders einen Marsch von C. Zöllner • mit Pricision und 
schönem Ausdrucke vor. Auch bei dem Liedertafelfeste 
in Hameln gefiel dieses Gesaogstück ungemein und ver- 
dient es durch das darin wehende frische Leben. Erat 
spät trennte man sich und konnte in die Heimalb die Er- 
innerung an einige sehr genussreiche Tage zurückneh- 
men. Gern stimmte jeder Fefttgenoss in die Worte Lu- 
ther' s: „Haltet Frau Musica in Ehren!" 



Ankündigungen. 



Bei Willi. Körner in Erfurt erscheint im Laufe des 
Oetobers folgendes Werk, das die Beachtung aller guten Semina- 
rien rerdient: 

Theoretisch - praktische Organistenschule. 

Enthaltend die vollständige Harmonielehre nebst ihrer An- 
wendung auf die Composition der gebräuchlichen 
Orgelstücke. 
Für Lehrer uhd zum Selbstunterrichte, insbesondere für 
Seminaristen und Präparanden. 
Von 

JT. G. Töpfer, 

Professor der Musik am grossherzoglichen Seminar zu Weimar und 
Organisten an der Stadikirche daselbst. 

Subscriptionspreis bis zum Erscheinen: 1% Thlr. 

Im Verlage von F. £• C. lieueliart in Breslau sind 
so eben erschienen und durch alle Musikalienhandlungen des In- 
und Auslandes zu beziehen « 

Amerikanische Ueder 

filr das Pianoforte von 

Carl Schnabel. 

Op. 30. Preis 1 Tblr. 

In London, Paris, Wien, Neapel und anderen Weltstädten ist 
diese Composition von Liszt und anderen grossen Ciavierhelden in 
Concerten vorgetragen und mit beispiellosem Enthusiasmus aufge- 
worden. 



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des bcrfifcatea aad als T.rtrcfllich anerlun.ten Werket t 

pracHtche IHanoforteschule. 

aine Anleitung, Schüler grundlieh und schnell zu bilden, ohne sie 



zu ermüden , ist eben nach der sechsten englischen Originalaus- 
gabe mit vielen Beispielen vermehrt und verbessert erschienen. 

Obige Ausgabe ist die vollständigste aller vorhandenen, sie 
enthalt 129 progressive Uebungsslucke und Etüden mit Fingersais; 
und kostet nur i Thlr., wozu noch als Prämie unentgeldHch bei- 
gegeben wird: 

Selmberta's 

mttsikalischesFremdmörterbuch, 

eleg. geb. 74 Seiten stark. (Separat gekauft Preis | Thlr.) 
Verlag von Sehn* er tH 4t Comp« und zu beziehe« 
durch alle Buchhandlungen. 



An die verehrlichen Hof- und Stadt-TheaterDirectio- 
neu Deutschlands. 

Der Unterzeichnete erlaubt sich hiermit, sein« um M. April 
dieses Jahres zum ersten Mal im Theater Drury Lane aufgeführte 
grosse Oper ,, Die Bräute VOÄ Venedlff," welche bis 
Ende der Saison, 31. Mai, dreiundxwanzig Mal mit steigendem 
Beifalle wiederholt wurde, in ihrer deutschen durch Carl Kitne/ev 
mann ganz umgearbeiteten Form den Buhnen seines Vaterlandes 
anzutragen. Das vollständige Textbuch und die Partitur sind nr 
Auslieferung bereit und können rechtmässiger Weist ausschliesslich 
nur von dem Componisten erlangt werden.- 

Julia» Benedict, Capellmeister des königl. Theaters 
Drury Lane, 51. Manchester Square, London. 



anerbieten. Ein junger Mann, der längere Zeit den Unter- 
richt des rühmlich bekannten Herrn Hofmusikus Reuther in Carls- 
ruhe auf der Hoboe genossen und von diesem , wie von anderen 
competenten Beurth eilern die besten Zeugnisse aufzuweisen hat, 
wünscht bei einer Capelle oder bei einem Thea|erorche*ter in ir- 
gend einer bedeutenden Stadt eine Austeilung zu finden. 

Die Hießet- und ¥Viessner\tnt Buch - und Musikalienhandlung 
in Nürnberg' vermittelt gerne beliebige Unterhandlung. 



Druck and Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



715 



714 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 25 8ten October. 



M 43. 



1844. 



Inhalt t Mecenrion. — Nachrichten: Aas Frankfurt. Biographie. — Feuilleton, — Ankündigungen. 



RECEN8ION. 



Die Kunst des Flötenspiels in theoretisch - practischer Be- 
ziehung dargestellt von A. B. Fürstenau. Op. 133. 
Leipzig, bei Breitkopf and Härtel. Preis 8 Thlr. 

Das vorliegende Werk wird durch ein Vorwort des 
als Gesanglehrer nnd Verfasser manches geistreichen Auf- 
satzes über musikalische Gegenstände, rühmlich bekannten 
6. Nauenburg eingeführt, worin gar gute' Gedanken über 
den Werth und die nöthtgen Eigenschaften des ächten 
Virtuosen, über die Notbwendigkeit eines ernstlichen Stu- 
diums u. s. w. zu lesen und zu beherzigen sind. 

Es ist heul zu Tage auch Mode geworden, die ge- 
steigerte Virtuosität auf Instrumenten als den Verfall der 
musikalischen Kunst unbedingt herbeiführend zu schmä- 
hen and zu verwerfen. Herr Nauenburg hat Ursache, in 
der Einleitung zu einer Virtuosenschule diesen Vorwurf 
abzulehnen; denn wer möchte zu Erringung solcher Vir- 
tuosität auf irgend einem Instrumente ralhen und beilra- 
gen» wenn er gegründet wäre? „Es mag zuweilen etwas 
Wahres daran sein," — sagt Herr Nauenburg, — „aber 
man darf dabei auch eine andere, weit höher liegende 
Wahrheit nicht verkennen. Die neueren Virtuosen haben 
nämlich nicht blos die Spielfertigkeit erweitert, nicht Mos 
Tausende zu besserem, vollkommenerem Spiele befähigt, 
sie haben auch eine unendliche Menge musikalischer Ideen 
in Formen, Figuren, Griffen, Passagen, Sprüngen spiel- 
bar gemacht und so die Kunstwelt auch ideell bereichert." 
— Es thut wohl, wenn aus der gäbrenden verwirrten 
Masse leidenschaftlicher, oberflächlicher, viertel- und halb- 
wahrer Ansichten unserer Tage zuweilen ein Gedanke 
hervortaucht, der das Wahre von dem Falschen scheidet 
und das Rechte trifft. In der Tbat, wo wären Haydn's, 
Mozart's, Beetboven's, Spohr's, Mendelssohns und ande- 
rer grossen Meister Instrumentalwerke zu schaffen mög- 
lich gewesen, und also je zum Genüsse der musikalischen 
Welt gekommen, wenn die Fertigkeit auf Instrumenten 
etwa auf dem Puncto stehen geblieben wäre, wo sie vor 
hundert Jahren gestanden? Und warum bat man die höchste 
Fertigkeit , die bis jetzt erschienen , die Paganini's auf 
der Violine, nicht verworfen? Weil er sie mit den hö- 
heren Forderungen der Kunst, dem Gefühlsausdrucke, zu 
vermählen wusste. Die gesteigerte Virtuosität ist gewiss 
kein Nachtheil für die Kunst. Wird sie zu blosen Seil« 
tänzerkünsten verbraucht, so ist das ein Missgriff, der 

46. Jahrgang. 



nicht in ihr selbst, sondern in dem geschmack- und 
poesielosen Gemülhe des Virtuosen liegt. 

Um auf das Werk selbst zu kommen, so liegt die 
Absicht des Verfassers in dem Titel und in einem Tbeile 
der Vorrede. Die betreffenden Stellen darin lauten : ,, Die- 
ses Werk enthält nicht etwa eine Umarbeitung meiner 
älteren Flölenschule , wodurch diese überhaupt entbehr- 
lich gemacht wäre, vielmehr dient es letzterer, welche 
hauptsächlich, für den Elementarunterricht bestimmt ist, 
zur Ergänzung, indem es vorzugsweise dem Bedürfnisse 
solcher Spieler abzuhelfen den Zweck hat, yvelche, be- 
reits mit den Elementen des Flötenspiels vertraut, es zu 
einer höheren Stufe der Kunst zu bringen beabsichtigen." 
Und weiter: „Ich lege, damit dieses Werk den angege- 
benen Zweck möglichst vollständig erfülle, in demselben 
die Summe der Erfahrungen meines ganzen bisherigen 
Lebens nieder, und offenbare damit zugleich das ganze 
Gebeimniss meiner Kunst bis in's kleinste Detail, indem 
ich — namentlich in Betreff solcher Theile des Flöten- 
spiels, die sich einer verhältnissmässig sehr mangelhaften 
Cultur zu erfreuen (?) hatten — alle diejenigen Ent- 
deckungen und Beobachtungen mitlheile, welche mir bei 
langjährigen, ganz besonders diesen Theilen gewidmeten 
Studien zu machen vergönnt gewesen sind." Von einem 
Künstler, wie Herr Fürstenau, ist kaum nöthig zu sagen, 
er habe Wort gebalten. Referent wird daher das darge- 
botene Gute und zum Theil wahrhaft Neue nur kurz an- 
deuten, den dadurch gewonnenen Raum aber für einige 
Puncte verwenden, deren genauere Erörterung dem Schü- 
ler beim Studium der trefflichen Anleitung nützlich wer- 
den kann. 

Das Werk zerfällt in zwei Hauptabtheilungen. In 
der ersten , S. 1 — 7 , gibt der Verfasser kurze Nach- 
richten über Vaterland und Alter unserer modernen Flöte, 
über den gegenwärtigen Culturzustand des Instruments (in 
Bezug auf Bau und Eigenschaften) im Allgemeinen, und 
insbesondere über die von dem königl. bai ersehen Kam- 
mermusikus Tb. Böhm in neuester Zeit versuchte gänz- 
liche Umgestaltung der bisherigen Flötenconstruction. Die- 
ser gesteht Herr Fürstenau zwar leichte Ansprache und 
reine Abstimmung aller Accorde zu, verwirft sie aber im 
Ganzen. Gegen die angeführten Gründe jedoch liesse sich 
wohl Manches einwenden. So z. B. meint er, raube die 
bewirkte grosse Gleichmässigkeit der Töne, wodurch na- 
mentlich jeder Unterschied zwischen den sogenannten ge- 
deckten und den übrigen Tönen aufgehoben werde, so 

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1844. October. No. 43. 



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wie die ungemeine Stärke des Klanges, der Flöte ihre 
cbaracleristischen Vorzöge, und erzeuge Monotonie, da 
doch deren eigentlicher Bei* und die Befähigung zam 
Ausdruck und zur Aufregung verschiedener Gefühle bis 
jetzt grössten TbeiU eben in dem Wechsel beller and 
stumpfer, so wie dem vorzugsweise herrlichen, sonoren 
Klange der oft anwendbaren gedeckten Tone begröndet 
liege. Aber Gleichmässigkeit der Töne ist wie bei allen 
Sängern so bei allen Instrumentalisten das Hauptsireben, 
und niemals noch ist der Wechsel heller und stumpfer 
Töne, in der Stimme oder dem Instrumente selbst liegend, 
als ein Vorzag gepriesen worden. Die verschiedenen Aus- 
drucksnuancen müssen von des Künstlers Gefühl ausge- 
hen und dürfen nirgends von Eigenheilen des Instru- 
ments abhängen, denn sonst dictirte dieses wenigstens in 
manchen Fällen die Nuancirung, und des Virtuosen Frei« 
heil wäre dahin. Auch verlangt unser Verfasser, was er 
.an der Böhmischen Flöte verwirft, in dem Verfolge sei- 
nes Werkes an verschiedenen Stellen von allen anderen 
Flöten. So will er §. 5 von einem guten Geböhre, dass 
es auf der ganzen Tonleiter den eigen thümlichen Flöten- 
ton in gleicher Reinheit, Festigkeit, Kraft und Zartheit 
mit Leichtigkeit hergebe. In §. 9 rühmt er an den Lie- 
bel'schen Flöten die herrliche Egalität, d. h. eine solche, 
die in der Beseitigung übelklingender Abstufungen be- 
steht und der Flöte nur förderlich sein kann. Nach §• 13 
brauchte Tromlitz bereits sieben bis acbt Klappen , um 
seine Flöte vollkommen zu machen, besonders — um die 
stampfen Töne den anderen gleich zu machen. 

Auch die weiteren Einwände des Verfassers scheinen 
Referentem nicht baltbar; da aber überall in diesem 
Werke auf die Böhm'sehe Flöte keine Rücksicht genom- 
men worden, sondern Alles sich nur auf unsere jetzt ge- 
bräuchliche bezieht, so möge der Erfinder der neuen Con- 
struction ihre Verteidigung selbst übernehmen, wenn er 
sie jetzt noch für eine Verbesserung hält« 

Die meisten Aenderungs versuche hat man mit dem 
Mundloche angestellt. Es gibt ovale , runde , viereckig- 
längliche und viereckige. Zu einem absoluten Resultate, 
welche Art darunter am zweekmässigsten sei, ist man 
aber bis jetzt noch nicht gelangt, da von dem Baue der 
Lippen so viel abhängt. Herr Fürstenau gibt der ovalen 
insofern den Vorzag, als sie für den Lippenbfcu der Mei- 
sten am geeignetesten scheint« Die Versuche, das Mund- 
loch von anderem Stoffe , z. B. Elfenbein , einzusetzen, 
haben keine Vortheile gebracht. 

Die Verlängerung der Flöte mit £, a 9 gis und g 
verwirft der Verfasser mit Recht, da die tiefe g- Bohrung 
die leichte Ansprache der Höhe erschwere. Dann hat auch 
v jedes Instrument einen von der Natur ihm angewiesenen 
Umfang, durch dessen Oeberschreitung sein Cbaracter ver- 
letzt wird. Unter allen Flöten der Jetztzeit gibt Herr 
Fürstenau den Liebel'schen in Dresden den Vorzug, de- 
ren gute Eigenschaften er aufzählt, §. 9, welche Empfeh- 
huig gewiss nur ans der Sache hervorgeht, da Herr Für- 
stenau selbst sich keiner anderen Flöten bedient. Die §§. 
über Tonlöcher, Klappen, Mittelstücken, Pfropfschraube 
und Auszug, so wie über das Material zum Flötenbaue, 
tbeilen einzelne Verbesserungsversuche u. s. w. iriit und 
•ind jedenfalls interessant für jeden Spieler, dem es um 



eine etwas nähere Renntniss seines Instruments zu thun ist. 
Damm aber sollte sieh jeder Virtnose bekümmern , inso- 
fern eine solche Vervollkommnung des Instruments ein 
vervollkommnetes Spiel möglieh macht und die genaue 
Kenntnis« des Enteren nachfolgende Künstler zu weite- 
ren Forschungen, Beobachtungen und Versneben darauf 
anreizen und befähigen kann. Welcher Unterschied zwi- 
schen einer Flöte vor hundert Jahren und einer jetzigen, 
und eben so einem damaligen und jetzigen Virtuosen dar- 
auf! Diese Fortschritte aber hat die Kunst Geistern zu 
verdanken, die neben der eigentümlichen Kunstliebe anch 
noch eine materielle möchte ich sagen zn ihrem Instru- 
mente hatten« Tromlitz, Quarz, Fürstenau n. A. ragen 
empor aus Hunderten der Virtuosen , dadurch , dass sie 
sich nicht blos mit dem Ueberlieferten begnügten, son- 
dern weiter strebten und Erweiterungen und Verbesse- 
rungen fanden. Und damit ist diese ganze erste Abthei- 
lung, wie sie der Verfasser gegeben, vollkommen gerecht- 
fertigt, welche sonst, nur oberflächlich bedacht, überflüs- 
sig erscheinen könnte, da sie in unmittelbarem Verhält- 
nisse zur Practik des Virtuosen nicht steht. 

Die zweite Abtheilung behandelt die eigentliche Lehre 
vom Flötenspiele. Nachdem der Verfasser im ersten Ab- 
schnitte die Eigenschaften eines schönen Tones ausgespro- 
chen , gibt er im zweiten, vom Ansätze, die Mittel an, 
wie ein solcher am Siebersten zn erlangen. Er verlangt 
die dem Anfänger am Schwersten zu erringende Art des 
Ansatzes, §. 27, 28, wo das Mundloch etwas auswärts 
gegen die Tonlöcher der übrigen Stücke zu liegen kommt; 
es ist aber unbedingt diejenige, die, wenn einmal durch 
Beharrlichkeit, öfteres Scalenblasen und fleissiges Expe- 
rimentiren errungen, dem Spieler volle Gewalt über alle 
möglichen Modilcationen des Tones und zwar in stets 
reiner Stimmung verleiht. Mit Recht warnt er vor der 
von Vielen gebrauchten Art des Ansatzes, wo das Mund- 
loch weit einwärts zu stehen kommt, und entwickelt §• 
30 alle die Nachtheile, die daraus entstehen. 

Ungern vermisst Referent hier die Bemerkungen ober 
Haltung des Kopfes, der Arme und des ganzen Körpers, 
die in Bezug auf Gesundheit des Spielers sowohl, als 
auch auf die äussere Erscheinung des Künstlers' von gros- 
ser Wichtigkeit sind. 

Die nun folgende Lehre vom Albemholen, dritter Ab- 
schnitt, ist vielleicht diejenige, welche in den Schulen 
für Blasinstrumente noch am Meisten im Argen liegt. 
Wohl findet man in einzelnen Beispielen die Puncto rich- 
tig angegeben, wo Athem zu nehmen sei, aber, faiesses 
bis jetzt und sagt auch unser Verf. , „eine völlig er- 
schöpfende Beantwortung der Frage wird nicht möglich 
sein, indem es zu verschiedene, von jeder Compositkxi 
abhängende Fälle gibt, um für alle ausreichende Regele 
aufstellen zu können. " Vielleicht aber doch, wenn man 
nnr das ästhetische Warum des Atbemholens fest in'* 
Auge nähme. „Als Hauptgrundsatz' 4 — sagt der Verf.— 
„ist anzunehmen, dass das Albemholen auf keinen schlech- 
ten Takttheil falle, der Moment dazu dem Tone, hinter 
welchem, nicht vor welchem es geschieht, abgezogen 
werde , und dass jede Periode, jeder zusammenhängende 
Gedanke in einem Athem vorzutragen sei. Wird Let*-» 
teres indessen dem Spieler der Länge wegen gar nickt, 



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1844. Octobcr. No. 43. 



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oder aar mit Anstrengung möglich, so muss er sieb nach 
den grösseren oder kleineren Theilen , den ganten oder 
halben Tonschlössen oder Einschnitten, welche den musi- 
kalischen Gedanken bilden , Hehlen 9 nud bei einem die* 
ser Theile Athem nehmen/ 4 

So gestellt, ist die Hanptregel freilich in beschränkt, 
4a hier nnr von Takttheüen die Rede, während nament- 

- lieh die Stricharten der musikalischen Gedanken gar oft 
auch bei Taktgliedern nnd Zeittbeilen zum Athembolen 
nöthigen, wie die gegebenen Beispiele nnsres Verf. selbst 
zeigen. 

Die Anleitung zn diesem wichtigen Punkte des Flö- 
tenspiels könnte vielleicht in folgender Weise bestimm- 
ter gegeben werden: 

1) Keine Periode, kein Satz, kein Einschnitt, über- 
haupt kein musikalischer Gedanke soll in seinem Flusse 
gestört, getrennt, zerrissen, er soll vielmehr stets so 
vorgetragen werden , wie ihn das musikalisch geübte 
Aoge liest, weil, was den Fluss des Gedankens, un- 
fehlbar auch seine Wirkung stört. 

2) Die Hanptregel ist daher, dass man vorzugsweise 
Athem hole, wo es gar nicht bemerkt werden kann 
— in den Pansen. 

3) Da aber nicht immer Pansen vorhanden, wo das 
Bedürfnis* des Ath'embolens eintritt, so muss es alsdann 
an Stellen geschehen, wo der Plnss des Gedankens am 
Wenigsten dadurch gestört wird. 

4) Dieses geschieht am Besten nach accenluirten 
Noten — seien esTakttbeile, Taktglieder oder Zeittheile 

— indem man diesen von ihrem Ende soviel abzwackt, 
als nötbig, um neuen Athem fassen zu können. 

Nimmt man hiezu speciell noch, was eigentlich schon 
in der ersten Regel mitbegriffen ist, dass man nirgends 
eine Stricbart verletzen darf, so wird man damit für alle 
möglieben Fälle ausreichen. — Die mannigfaltigen Bei- 
spiele , welche der Verf. ober das richtige Athembolen 
aufstellt , siud vortrefflich , und will man die eben ver- 
suchten Regeln daran halten, so wird man sehen, dass 
alle anderen überflüssig sind. 

Die Bemerkungen über das Scalenblasen , vierter 
Abschnitt, beherzige der Schüler vor Allem, mache sich 
aber vorher mit den verschiedenen Applicaturen dessel- 
ben Tones vertraut, ehe er daran gebt. Dieser Abschnitt 
hätte daher später abgehandelt werden sollen. Indessen 
kam es dem Verf. in diesem Werke nicht auf eine stu- 
fenweise Ordnung an, da es für schon vorgeschrittene 
Flötenspieler berechnet ist, die sich die nöthige Ordnung 
und Einteilung ihrer Uebungen selbst vorschreiben können. 

Der fünfte Abschnitt über die Fingerordnung (Appli- 
calnr) int so vollständig und reichhaltig noch niemals 
abgehandelt worden, weil noch Keiner so mannigfaltige 
Studien darüber angestellt, oder den feinen Sinn, so 
glückliche Entdeckungen darüber zu machen, in sich ge- 
trugen bat. Dies wird einleuchten, wenn man bemerkt, 
dasa der Verf. für die meisten Töne 5, 6 bis neun ver- 
schiedene Applicaturen aufgefunden bat. Es folgen dar- 
auf eine Menge Beispiele, in welchen gezeigt wird, wie 
und wo die verschiedenen Applicaturen am Zweckmässig- 
ntea na brauchen sind. 

Der sechste Abschnitt bündelt von dem Gebrauche der 



Zunge. Die Bemerkungen, Beispiele und Uebungen über 
den mannigfaltigen Gebrauch derselben und Mischungen 
zu den mannigfaltigsten Stricbarten sind vortrefflich. Zn 
bedauern bleibt aber immer, dass Herr Fürstenau die 
Doppelzunge übergeht, die er nie geübt und gebraucht. 
Er hält überhaupt nicht viel davon, weil man dem Spiele 
nicht genug Nannichfalligkeit damit geben könne nnd 
des Künstlers Vortrag sich dadurch mehr zur Monotonie 
neige. Dies ist wohl wahr, wenn der Künstler sie zu 
oft gebraucht ; aber dann ist es ein Missbrauch, der dem 
Mittel selbst nicht zur Last fällt. Eben so kann der 
Künstler durch zu öfteren Gebrauch der einfachen Zunge, 
überhaupt jedes Kunstmittels, monoton werden. Selten 
gebraucht und am rechten Ort ist die Doppelsunge von 
der glänzendsten Wirkung, namentlich in sehr schnellen 
Passagen , denen die geübteste einfache Zunge nicht nach- 
zukommen vermag. Der Schüler nehme daher dieses 
Kunstmittel immer mit in seine Uebungen auf, wozu er 
in der Drouetscben Flötenscbule die beste Anleitung 
findet. 

Bei den §§. vom Schleifen und von dem gemischten 
Gebrauche des Stossens nnd Schleifen», ferner (siebenter 
Abschnitt) von den verschiedenen Trillern nebst Triller- 
tabelle, eben so (achter Abschnitt) von der Bebung, vom 
Klopfen, und vom Oeberzieben der Töne will Ref. der 
Raumersparnis» wegen nnr bemerken, dass sie noch nie- 
mals so ausführlich behandelt worden sind nnd des wahr- 
haft Neuen gar mancherlei bieten. 

Auch die Lehre vom Vortrage im neunten Abschnitt 
ist in technischer nnd ästhetischer Hinsicht vortrefflich 
auseinandergesetzt. Das Beste und Wirkungsvollste hier- 
bei muss freilich von höherer Hand in die Seele des 
Schülers geschrieben sein. Kann aber der Lehrer durch 
glückliche Andenlungen die dunklen Ahnungen in des Be- 
ginnenden Geiste erhellen, so ist Niemand geschickter 
dazu; als Herr Fürstenau. 

Den Bescbluss machen zwölf Uebungen über die vot* 
getragenen Hauptgegenstände, welche dann mit Piano- 
fortebegleilung versehen sind', was auf die reine Intona- 
tion des Schülers, versteht sich bei einem stets rein 
gestimmten Pianoforte, von dem besten Einfluss ist. ^ 

Es bleibt nun, um den Wertb des Geleisteten ein- 
dringlich zu zeigen, ein Wort über Herrn Fürstenau 9 s 
Kunst, wie er sie in seinem Werke offenbart, zu sagen. 
Denn wenn Herr Neuenbürg in seinem Vorworte be- 
merkt, dass der Name Fürstenau europäischen Ruf habe 
and seine Kunstleistungen längst die gebührende Aner- 
kennung gefunden, so bat er freilich vollkommen Recht; 
wenn er aber deshalb es für zn spjU erklärt , etwas über 
ihn als Virtuosen zu sagen, so möchte er nicht das Publi- 
cum vor Augen gehabt haben , für welches diese Schule 
bestimmt ist, das der Kunstjünger, von welchen schwer- 
lich Einer unseren Virtuosen gehört hat Da ich nun 
Herrn Fürstenau für eines der vollkommensten Muster 
eines ächten Virtuosen auf der Flöte halte, so glaub« 
ich nichts Unzweckmässiges zu thun, wenn ich für Alle, 
die sein Werk benutzen wollen, sein Rünstlerbild hin» 
zeichne, wie ich es, früher selbst Virtuos auf diesem In- 
strumente, in einer Reihe von Jahren oft zu beobachten 
nnd in mich aufzunehmen Gelegenheit gefunden. 



719 



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720 



Herr Fürstenau setzt sein Instrument genau so an 
die Lippeu, wie er in dem Abschnitt „Ansatz" beschrie* 
ben , und gewinnt dadurch nicht allein einen schönen, 
vollen und gleichmissigen Ton durch die ganze Scala, 
sondern auch zugleich eine solche Biegsamkeit desselben, 
dass er alle möglichen Modifikationen des F. und P. in 
stets ungetrübter Reinheit zu durchlaufen vermag, wel- 
ches auf der Flöte bekanntlich unter die schwersten Auf- 
gaben gehört und nicht von vielen Virtuosen behauptet 
werden kann. Dass seine technische Fertigkeit ausser- 
ordentlich ist , versteht sich, aber sie zeichnet sieb da* 
durch besonders aus, dass sie es nicht blos in den leich- 
ten Tonarten der Flöte, sondern in allen, auch den 
schwersten ist, wie davon seine Compositionen Zeugniss 
ablegen. In fast allen Tonarten gibt er die mannichfal- 
tigsten Passagen, Stricharien, Triller, Trillerkelten u.s. w. 
Und das fliesst und springt und sprudelt in heiterster 
Sicherheit und Leichtigkeit hervor. Denn nie wagt er 
etwas in seinen öffentlichen Kunstleislungen; was er 
gibt, das hat er vollständig in seiner Gewalt. Daher die 
künstlerische Ruhe, Rauduug und Vollendung seines Spiels, 
die den Gedanken an irgend ein Misslingen niemals in dem 
Hörer entstehen lässt und den Genuss zu einem ächten 
macht. Bebungen, Klopfen, Ueberziehen der Töne, über- 
haupt Alles, was er in seiner Schule darstellt, steht ihm 
jeden Augenblick vollendet zu Gebote. Nur die Doppel- 
zunge, wie schon bemerkt, gebraucht er nie, hatte aber, 
namentlich in seiner schönsten Periode, das Staccato mit 
einfacher Zunge zu einer solchen Schnelligkeit gebracht, 
dass viele Flötenspieler es für wirkliche Doppelzunge er- 
klärten und ihm damit grosses Uurecht antbalen. Ist 
nun seine technische Fertigkeit gross und allseilig, so 
erhält sie die acht künstlerische Weihe durch den reinen 
edlen Geschmack und durchgängig seelenvollen Vortrag« 
Nie legt er es auf blose Bewunderung halsbrecherischer 
Künste an , sondern stets richtet er sein Gescboss mitten 
auf's Herz, und alle Gefühle , welche in dem Wirkungs- 
bereiche seines Instrumentes liegen, wachen auf und ziehen 
beseligend durch die Seele des Hörers. 

Sagt man nun, dass dieser Künstler sein in der Vor- 
rede gegebene^ Versprechen, das gauze Geheimniss sei- 
ner Kunst bis in's kleinste Detail zu offenbaren, wirklich 
und vollständigst erfüllt habe, so weiss der Flötenspieler, 
was er zu erwarten hat und Ref. mit vollster Ueberzeu- 
gung ausspricht: ein Werk, das "alle vorhandenen der 
Art weit über tri (Fl, selbst aber so bald wohl nicht über- 
troffen werden wird. 



Nachrichten. 

Frankfurt. Musik vom 24. Mai bis zum 30. Sep- 
tember. Wollen Opern* Institute im deutschen Vaterlande 
nicht banquerott machen, so müssen sie der Donizetti- 
Manie genügen. Ausnahmen bilden solche, die ihr 
Publicum nicht ganz und gar so ilalienisirt haben , dass 
es nach so süsser Luxus-Speise nicht auch nach haltbarerer 
Nahrung Verlangen trüge. Unsere Opernverwaltung ge- 
hört in der Thal zu den wenigen Ausnahmen, denn Guhr 



hat es dahin gebracht, dass gediegene Musik, unbeschadet 
der Gasse, noch Anklang findet, und die Opern der neuen 
Italiener, Franzosen und Deutsch-Franzosen nicht vollere 
Häuser machen, wie die von Mozart, Cherubini, Nicolo 
u, A. Der Erfolg der duber'scbttk neueren Schöpfungen, 
da sie hauptsächlich auf verwickelte und spitzige Sujets ge- 
gründet sind , hängt mehr von glüklicher Besetzung und 
leichtem Spiel ab, als von der Musik selbst. Davon gab 
neuerdings die Sirene ein Beispiel, womit die Messe 
eröffnet wurde, und die, obgleich wiederholt, sich gewiss 
nicht halten wird. 

Es gehört zu den Miseren unserer Ueberbildang, 
dass jetzt die Musik des Schauspiels bedarf, um ihre Rechte 
geltend zu machen. Es muss daher jeden wahren Musik- 
freund freuen, wenn solche Versuche scheitern. Doch 
darüber, dass die Tonkunst jetzt der Handlung zur Folie 
dienen muss, statt umgekehrt, einmal ein eigenes CapiteL 

Opern von Gewicht waren Fidelio, Medea, Wasser- 
träger, Aschenbrödel, Freischütz, Figaro, Entführung, 
Zauberflöte, Teil und das Opferfest. Auch schritt And- 
gone wieder über die Bühne, deren musikalischer Theil 
gewiss einer soliden Oper gleichzustellen ist. Mehrere 
dieser angeführten wurden wiederholt, welches meinen 
Satz, dass unser Publikum noch für Classisches empfang- 
lich ist, rechtfertigen mag. Kreutzers Nachtlager und 
Lortzings Czaar und Wildschütz ziehen, so oft sie auch 
gegeben werden, und 4dams Postillon, Boieldieu's weisse 
Frau, die Regimenlstochler und Teufels Anlbeil werden 
immer freundlich aufgenommen. Wenn wir dazu nun 
noch die unvermeidlichen Norma's , Nachtwandlerinnen, 
Belisario's, Lucrezien nehmen, so haben wir einen kurzen 
und bündigen Oeberblick des Opernstatus der letzten vier 
Monate, woraus nur noch einzelnes vorzüglich Beachtens- 
werlhe8 hervorzuheben ist. 

Herr Gundy , auf welchen so grosse Hoffnungen ge- 
setzt wurden, sang bis jetzt den Jäger (Nachtlager), den 
Czaar, Belisar und den Almaviva (Figaro). Hat ihn 
Kritik und Publicum rücksichtsvoll aufgemuntert, so wird 
es jetzt Zeit und Pflicht, ihn auf seine Fehler aufmerk« 
sam zu machen, damit er seine Vorzüge nicht überschätze. 
Herr Gundy besitzt, wie schon gesagt, die Hauptrequi- 
siten zu einem dramatischen Sänget; aDer wenn er nicht 
bald anfängt, diese Stoffe geistig zu beleben, so dürfte 
er sich vom Ziele mehr entfernen , als sich demselben 
nähern. Das Brennmaterial will den Funken. Trotz der 
gleichen Scala seiner sonoren Stimme fehlen ihm doch 
die Verbindungen und Uebergänge, fehlen ihm die Accente, 
die zum Herzen, zum Geiste dringen sollen, und jetzt 
schon sucht der junge Mann durch Forciren seines 
Organs zu zwingen, was natürlicher Kraft, oder 
durch Zärteln, was der Anmuth vorbehalten sein 
soll, der Prounnciationsfehler gar nicht zu gedenken« 
Es ist freilich schlimm, dass der Zustand unserer heuti- 
gen Bühne erfordert, dass man mit dem Sophocles statt 
mit dem A. ß. C. anfangt, allein trotzdem kann sich 
ein poetisches Element zeigen und die Oberband gewin- 
nen über den Materialismus; trotzdem kann eine solide 
Schule mit der Praxis Hand in Hand gehen und über 
dieselbe herrschen. Die wenigsten Sänger von Bede»? 
tung haben ihre Ctyssen nbsolvirt, ehe sie ihr Amt auf 



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1844. October. No. 43. 



73» 



der Bühne angelreten haben. Natürlich wird nur von 
Denen gesprochen, die reussirt haben, nicht von den 
Tausenden, die spurlos zurückgesunken sind in das Chaos. 
Wir , wollen herzlich wünschen, dass Herr G. die Sache 
bald ernster angreife, damit er zu den Ersteren gezählt 
werden könne! 

Als unser Chrudimsky in Hamburg gastirte, drohte 
ihn Herr Perlgrund, ein anderer Hannibal ante portas, 
zu stürzen, denn sein Auftreten als Alamir war so eola- 
tant, dass die Freunde Chrudimsky 's zittern mussten. 
Es ist wahr, sein Vortrag, an geeigneten Stellen zart 
und feurig, und seine richtige Declamation imponirlen 
dem Publicum, und sein Glück schien gemacht f aber wie 
hier noch immer ein jäher Beifallssturm bei dem ersten 
Auftreten gefahrlich war, so auch bei Herrn Perlgrund. 
Er sang schnell nach einander den Gomez, Sever, Gen- 
naro nnd Rafael d'Estuniga , wobei nach jeder Nummer 
sich der Enthusiasmus für ihn abkühlte und zuletzt in 
Gleichgiltigkeit überging. Was als tiefe Empfindung 
und dramatisches Feuer gepriesen wurde, biess jetzt 
Affeetation und Uebertreibung. So begegnen sich hier die 
Extreme sehr oft, wobei die vorschnelle Kritik nicht sel- 
ten errölben muss. Die Würdigung lag doch ziemlich 
in der Mitte, denn obgleich Herrn Perlgrund 's Organ 
für anstrengende Partien nicht ausreicht, uud er aller- 
dings im seinem Eifer, sich Gunst zu erringen, zu weit 
geht, so sind ihm doch die Verdienste eines deutlichen, 
gefühlten und lebendigen Vortrags nicht abzusprechen. 

Herr Baldewein aus Wien ist für zweite Basspar- 
tieen eine vortbeilbafte Acquisition, da er eine gleiche 
und wohlklingende Stimme besitzt; wenn er nur mehr 
aus sich sich selbst herausginge. Aber er mag von Hass 
oder von Liebe singen, man glaubt es ihm nicht; und 
doch liegt es in der Gewalt eines jeden Künstlers , sich 
durch Studium und Vorstellung aufzuregen und anzufeu- 
ern, wenn ihm auch etwas Impassibilität angeboren ist. 
Namentlich gab er uns als Rocco (Fidelio) und Gessler 
Anlass zu diesem Urlheile. Als Vilac Umu (Opferfest) 
lhat ihm unser Publicum aber grosses Unrecht, denn so 
correct er auch seine erste Arie vortrug — der Sturm 
wollte sein Opfer haben. Hat einmal unser Publicum 
Neigung zum Zischen oder Applaudiren, so ist ihm nichts 
beilig, und es befriedigt dieselbe unter allen Bedingungen. 
Cortez, mit grosser Sorgfalt einstudirt, wurde durch 
Herrn Chrujdimsky sehr gehoben. Die Titelrolle ist wie 
für ihn geschrieben, und nicht leicht mag mit ihm ein 
Tenorist in die Schranken treten können, der mit der 
epischen Auffassung diese Kraft, diese Ausdauer und dieses 
energische Recitativ verbindet. Offenbar eignet sich sein 
ganzes Wesen mehr für das erhaben Leidenschaftliche, 
als für die heitere Lyrik. Deshalb ist auch bedauert 
worden, dass Neeb's Cid, der hier .zweimal hinter ein- 
ander sehr gefiel, und worin Chrudimsky excellirte, ganz 
ohne Grund von unserer Bühne verschwand. Herrn Cas- 
pari mögen wir dagegen gern in MozarVschtu Opern 
und in Partieen, wie Georg Brown, Armand, Tonio (Re- 
gimentstochter) und ähnlichen hören, worin sein achtes 
Tenor-Korn, seine hohe Stimmlage und ein warmer, oft 
recht feuriger Vortrag sich geltend machen können. Es 
ist noch nicht lange, dass er im .ersten Tenor -Solo des 



Fischers. (Teil) debutirte und darin gewissermaassen Sen- 
sation erregte. Jetzt ist er bis zu der Partie des Arnold 
avancirt, die ebenfalls zu seinen besseren gehört« InGe- 
füblsparlieen, worin man nur die Arme auszustrecken 
und die Hand auf die Herzgrube zu legen braucht, um 
mit Glück auch Schauspieler zu heissen, ist dieser Sänger 
übrigens mehr an seinem Platze, als in der Conversa- 
tions-Oper. Herr Caspari müsste bei einem tüchtigen 
Schauspieler in. die Schule gehen. Mehr Gewandtheit 
im Spiel und weniger Süssigkeit im Ausdrucke des Gesan- 
ges, wie z. B. in der Partie des Elvin, und Herr Cas- 
pari würde, da er guter Musiker und wissenschaftlich 
gebildet ist, auf einer ungleich höheren Stufe der Kunst 
stehen. Da er von der hiesigen Local- Kritik auffallend ver- 
nachlässigt wird, zolle ich hiermit gern der Wahrheit die- 
sen schuldigen Tribut. 

Unser Bassist Conradi steigert mit jeder Partie 
die Gunst des Publicums. Seiue besten Rollen sind in 
der deutseben Oper: Osmin, Sarastro, Figaro, Pizar- 
ro, Mafferu, Caspar, Mephisto; in der italienischen: 
Orovist, Georg (Puritaner) , Sulpiz , Alfonso (Lucrezia) ; 
in der französischen : Bertram, Marcell, Gaveston, Pietrp 
(Stumme), Teil; in der komischen: van Bett, Bacu- 
lus, Leporelle, Bijou (Postillon von Loojumeau); in der 
Burleske: der Schuster (Lumpaci). Und wenn er dazu 
den Coriphäen in der Anligone gibt, so ist es kein 
Wunder, wenn er nach und nach unentbehrlich wird. 
Trotz der vielseitigen Verdienste dieses Sängers lässt er 
in Ansatz und Vortragsweise doch Manches zu wünschen 
übrig. Jener muss sicherer, diese weniger schleppend 
sein. So verlangt es wenigstens die Schule. Die Will- 
kürlicbkeiten der meisten Sänger aber, ihr Zurückblei- 
ben hinter dem Orchester, ihr Cadenziren und Fermali- 
siren bat so überhand genommen, als ob es gar keine 
Dirigenten mehr gäbe, die über dergleichen Unarten zu 
wachen haben, nnd selbst die besseren Sänger sind nicht 
frei davon. Unsers Conrad?*. Gesang würde bedeutend 
gewinnen, wenn er sich diese Gegenstände zu Herzen 
nähme. 

Weiler Hervorzuhebendes würde für diesmal nicht 
zu berichten sein, als dass unsere Capitam mit vielem 
Glücke die Nachtwandlerin wiederholt gesungen hat. Diese 
Partie gab unseren Gelehrten einmal wieder viel Stoff, 
das Gesicht in Falten zu ziehen , und sie schwankten 
lange, ob diese italienische Partie nicht ausser ihrer 
Sphäre liegen möchte. Das aber, worüber unsere Ge- 
sangscbulen selbst noch nicht im Klaren sind , muss ein 
Publicum vollends confus machen. Da will man die 
Prima Donna von der Soubrette, und diese yon der dra- 
matischen, die tragische von der lyrischen Sängerin u. 
s. w. eng unterscheiden und trennen, als wenn wirklich 
eine solche scharfe Facbbegränzung möglich wäre. Man 
verwirrt die Begriffe mit Gewalt, und doch ist die Sache 
ganz einfach. Was in eines Sängers Stimme und Capa- 
cität liegt, kann er singen, mag die Partie heissen, 
wie sie will. So liegt diese Amiua so ganz in der Kehle 
und Weise unserer Capitain 9 sie ist so zart weiblich 
gebalten, entwickelt dabei auch wieder so viel heiteres 
und tragisches Element, dass sie gerade wie für dieselbe 
geschrieben ist« Dass dies einfache Landmädchen am 



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1844. October. No. 45. 



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Schlosse plötzlich nr Brtvoursängerin (oder meinetwegen 
Prima Donna) ausartet, ist offenbar ein Fehlgriff gegen 
den Gharacter der Rolle» mag diese Seene aneh noch so 
sehr an einen Puff für die meisten Sängerinnen geeignet 
sein. Fräulein Capitain wirkt in der ganzen Partie so 
drastisch, weiss durch Anmuth und den Ausdruck des 
Schmerzes so sehr zu rühren und an ergreifen, legt über- 
haupt eine so tiefe Wahrheit in den Character, dass eine 
Mässigung der prahlerischen Bravnra am Schlosse gans 
an ihrem Platze ist. 

Concerte in diesen Sommermonaten waren nnr zwei. 
Das erste gab Guhr für einen woblthätigen Zweck, wo« 
ritt er selbst das Beethoven »cht Quintett ans Es (mit 
Oboe, Clarinelt, Pagott und Hörn) und sein Schüler Max 
Waldhäuser eine Ciavier-Fantasie von Feska vortrug. 

Das andere Concert gaben die beiden kleinen talent- 
vollen Geiger «/. and G. Heümesberger , and erregten 
Allgemeine und verdiente Bewunderung. Beide Knaben, 
in der Schule ihres Vaters gebildet, der die allenthalben 
vernachlässigte Viola wieder zu Ehren bringt, da er sie 
meisterhaft bebandelt, versprechen die kleine Anzahl so- 
lider Violinisten zu vermehren. Was uns am Meisten 
freut, ist, dass ihr höchst correcter Mechanismus, alle 
Nachäfferei verschmähend, ein getreuer Diener der Kunst, 
nicht aber ihr Usurpator ist. Sie spielten Compositionen 
von Dancia, Kalliwoda, Mayseder und Vieuxtemps. 

Nun zu den Aufführungen der Messe. Schade war 
es, dass der Wundermann Döbler, der im Monale Juli 
seine Nebelbilder producirte, nicht auch noch um diese 
Zeit hier war, um die Verschwendung an heterogenen 
Erscheinungen auf unserer Bühne wo möglich noch bril- 
lanter zu machen. Ich behaupte, so lange Orchester 
existiren, sind solche Variationen nicht darin gespielt 
worden'. Man muthe mir nicht zu, alle diese Dinge ruhig 
aufzuzählen. Es würde mir eben so wenig gelingen, als 
ich sie mit Ruhe geniessen konnte, da der nächste 
Eindruck den vorigen immer wieder verschlang. Der 
Punkt, um welchen sich Alles drehte, war jedenfalls das 
ambulante Kinderballet der Madame Weiss, welches 
nicht weniger als 14 Vorstellungen bei stets vollem 
Hause gab. Die 36 Mädchen von 6 — bis 14 Jahren 
(worunter jedoch ein paar mädchenhafte Knaben) tanzen 
aber auch wie die Elfen, und versinnltchen uns gleich- 
sam die orientalischen Feenmäbrcben aus Tausend und 
einer Nacht Ihr Erscheinen ist auf. der Bühne so phan- 
tastisch-poetisch, wie »prosaisch ausser derselben, was 
zwar nicht hierher, aber doch zur traurigen Geschichte 
unserer lustigen Cultur gehört. Die armen Kinder sind 
jedenfalls bewusstlose Opfer egoistischer Speeulationen, 
und der Reiz ihres Anblicks wird ein gewisses wehmü* 
thiges 6efübl f durch Ideenverbindungen nothwendig er- 
zeugt, nie ganz verwischen können. Wenn man öun 
bedenkt, dass inmitten dieser Almacks-, Rococo-, Fahnen-, 
Schnitter- und Shawls- Tänze, dieser Polka's, Tarantel- 
len, Mazurkas u. s. w. der ernstgrübelnde Schuellrecbner 
Dase aus Hamburg Quadrat- und Gubikwurzeln auszog; 
dass ganze Opern, z. B. die Entführung, Wasserträger, 
RegimenUtocbter, Nachtlager, Norma etc., dass sentimen- 
tale Schauspiele» wie der lange Israel und burleske 
Operetten, wie der kurze Kapellmeister von Venedig, 



dass Quodlibets und Hampelmaoniaden und auch wieder 
grosse Bruchstücke aus den Hugenotten, Robert u. s. w. 
zu Entreaots eingeschoben wurden) dass der herrliche 
Pianist Leopold von Meyer wie ein Meteor kam, siegte 
und verschwand ; dass ein Herr Charles sich als Bertram 
blamirte, und ein Herr Stark aus Wien (ein zweiter 
Cäsar Gobbi) Duetten mutlerseelig allein vortrug (hier 
Widrigkeit erregend, dort Furore machend); dass hier 
die Ouvertüren aus Medea, Euryanlhe, Oberon, Teil, 
Fanisca, Calif und Anakreon auftauchten aus diesen 
von einer gleichsam verzweiflungsvollen Hast gepeitsch- 
ten Ton-Brandungen, und dass dort der greise Alexan- 
der Boueher (der napoleonische Geiger) wahrhaftes 
Mitleid erregte mit den tragikomischen Reliquien sei- 
ner verschwundenen Grösse dass dies AUes in 

vier Wochen nebst den selbständigen einzelnen Dar- 
stellungen der Oper und des Schauspiels auf einem 
einzigen Podium zusammentraf (der täglichen Proben 
nicht zu gedenken), so wird man gestehen müssen, dass 
es bei uns an Aufgeboten nicht fehlt, die Ansprüche 
unserer Messfremden zu befriedigen. Aber noch nicht 

Jenugl Während hier Thalia und Terpsicbore ihre Füll- 
örner ausschütteten , . hielten die Pianisten Moscheies, 
Mendelssohn, Dbhler, Jacob Rosenhain, Evers, Leopold 
von Meyer, der Violoncellist Piatti und der Quadrupel- 
Hornist Vhier in den Salons einen wahren Coogress; 
denn alle diese Pianisten und Fortisten befanden sich in 
der That wie verabredet hier in loeo. Zu schildern, wie 
jeder Einzelne spielte, erlasse man mir, da der Wie- 
derholungen kein Ende wäre. Kurz, sie begannen einen 
Wettkampf, worin jeder Letzte Sieger blieb. Moscheies 
gab, unter Mitwirkung Mendelssohn* s % Concert in Mühlen's 
Sälchen, und gleich darauf Dohler und Piatti, worin 
sich Hiller und Visier hören Hessen. Leopold von 
Meyer, für uns eine neue Erscheinung, wird nächstens 
im Theater spielen und mich zu einem eigenen Beriebt 
über ihn veranlassen, da dieser Virtuos in der That jetzt 
die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Be- 
sonders interessant war eine Soirle , welche Hiller auf 
seiner schönen Villa allen diesen Künstlern gab, wobei 
sich auch Aloys Schmitt und Guhr einfanden. Da un- 
möglich Alle spielen konnten, so musste das Loos ent- 
scheiden. Ausser diesen illuströsen Produclionen fanden 
noch die kleineren Concerte des Guitarristen Szepanowsky, 
des Improvisators E. Beermann und der Sängerin Sähr 
statt, denen ich aber nicht beiwohnen konnte. Noch 
schwindelt mir der Kopf von diesem Ameisengewimmel 
der Tonkunst, noch sind meine Träume durch die Tri- 
peltakte jener verwegenen Tänze beunruhigt, die wie 
ein wildes Heer durch meine Ohren zogen, und schon 
harren neue Genüsse im Hintergrunde, denn Fanny Eis* 
ler und die Milanollo's werden erwartet, Euryanthe und 
ähnliche Opern einstudirt. Die Musiker haben hier nur 
einen Wunsch, nämlich: Guhr's Nerven zu besitzen. 
C. G. 

Biographisches. 

Der im achten Tbeile der Biographie universelle des 
Musicieos etc. von F. J. Felis , Seite 109, befindliche 



725 



1844. October. No. 45. 



726 



Artikel, das Leben vd* köottlerwcl» Wirken Tön J. P. 
Schmidt beireffend, bedarf einiger berichtigender Bemer- 
kungen nnd ZaaaUze, welche in dieser Zeitung, auf den 
Grand authentischer Mittbeilang, eine um so geeignetere 
Stelle finden durften, als «/. P. S. seit einer Reihe von 
Jahren Mitarbeiter bei derselben ist. Geburtsjahr und Tag 
u. s. w. ist, wie auch der erste Musik*Unterricbt, rich- 
tig angegeben. Von 1795 bis 1796 studirte S. die Cameral- 
Wissenschaften auf der Universität zn Königsberg, zu Leb- 
seiten der Professoren Kant, Kraus, Schmalz, Poerschke, 
Hangeisdorf, Schulz o. s. w. Am 5. Juni 1798 führte 5. 
den von ihm componirten Prolog zur Feier der Huldigung 
des verewigten Königs Friedrich Wilhelm III. von Ludwig 
von Bacstko im Theater, am 8. Juni 1798 eine im Auf- 
trage der Freimaurerlogen von ihm componirte Serenate 
auf dem Schlossteiche vor dem Könige und der Königin 
auf. Die komische Oper: „Der Schlaftrunk' 4 von Bretz- 
ner war schon früher mit Beifall gegeben und wurde 
auch in Danzig aufgeführt. Im Herbst und Winter 1798 
hielt sich S. in Berlin auf, wo er Reichardt, Himmel, 
Hurka u. A. in. persönlich kennen lernte. Da die vor- 
herrschende Neigung zur Tonkunst den Jüngling lebhaft 
wünschen Hess, sich derselben ausschliesslich zu wid- 
men , so begab sich derselbe im März 1799 nach Dres- 
den, wo er des würdigen Naumann lehrreichen Unter- 
richt genoss und von diesem an den Vater «/. Haydn em- 
pfohlen wurde. Da seine Eltern indess darauf bestanden, 
dass derselbe sich dem Beamtenstande widmen und die 
Musik nur als Dilettant treiben solle, so suchte S. eine 
Anstellung bei der Cburmärkschen Kriegs- und Domainen- 
Kammer nach, bei welchem Collegium er im Mai 1801 
Referendar, und nach zurückgelegtem Examen 1804 
Assessor wurde. Bei der Translocation der Kammer als 
Regierung nach Potsdam blieb 5. (ohne Gehalt) in Berlin 
zurück, bis er 1811, nach öberstandenen Kriegs- und 
Familiendrangsalen, bei der K. Seebandlung aufs Neue 
angestellt, und 1819 mit dem (damals noch nicht so 
überhäuften) Hofrathstitel beehrt wurde. Im October 1822 
begleitete S. den damaligen Präsidenten, jetzt Geheimen 
Staats-Minister Roiher nach Verona, Florenz, Genua, 
Mailand, Venedig, Triest und Wien, besuchte nach dem 
Tode seiner Eltern zum letzten Male Königsberg 1819 
bis 1820 und lebt seitdem in Berlin, öfters im bommer 
das kunstliebende Dresden besuchend, wo in der katho- 
lischen Hofkirche zwei solenne Messen von J. P. Schmidt 
aufgeführt sind, wie auch seine Cantate Rinaldo von 
Goethe für eine Altstimme mit Cbor, welche als eine 
Preis-Concurreoz-Composilion von der k. Akademie der 
Künste zu Berlin das Accessit erhielt. 

Ausser den angeführten Opern (unter denen die 4te 
nicht Theodore, sondern Feodore von Kotzebue heisst, 
deren Riavier -Auszug auch im Kunst- und Industrie- 
Comtoir von Kuhn 1812 erschienen ist) bat S. viele 
Klavier -Auszüge von Opern z. B. Armide von Gluck, 
Catets Bajaderen u. s. w. und eine Menge 4-händiger 
Arrangements für das Pianoforte von Quartetten und 
Quintetten von J.Haydn, Mozart, Beethoven und Ons low, 
Ouvertüren, auch von den Pianoforte- Coneerten in Cdur 
und Cmoll von Beethoven und Dmoll von Mozart an- 
gefertigt. Für grosses Orchester bat S. eine Symphonie : 



„Mosart's Huldigung" compoufat (welche in Moeser's 
Soirlen aufgeführt wurde) , auch. Beethoven 9 * Septett nnd 
Sonate pathltique eingerichtet, nnd beschäftigt sich jetzt 
mit der Herausgabe Jon. Seb. jfacA'seher Kirchenmusiken, 
von welchen drei bereits in Partitur und Klavier-Auszug 
bei Trautwein et Comp, edirt sind. 



Feuilleton. 



Auf der diesjährigen (zehnten) greisen Industrie - Ausstellung 
zn Paris hatten 181 Aussteller musikalische Gegenstände snr Sehen 
gebracht, darunter 167 Fabrikanten Ton Instrumenten. Ba waren 
200 Pianoforte (von 80 Fabrikanten) , über 100 Geigen, Bisse nnd 
Violoneelie , 120 Metall - nnd ebensoviel Holzblasinstrumente Ter* 
banden. Von neuen Instrumenten gab es sechs, darunter ein 
„Piano harmonometre," „Piano tremelopboue" $ ein „Meto-" oder 
„fiolie -Courtler." Pape und Pleyel hatten aehtektavige Flügel 
geliefert ; der Erster* n. A. auch ein Pianoforte ohne Saiten (statt 
deren Metallplatten angewendet sind), sowie ein »»Piano sieno- 
graphe." Nach einem neuen Systeme hatte aueh ein Herr Ga?eVä| 
eioen „Pfanographe" gebaut, wie jenea eine Vorrichtung, welche 
augenblicklich das, was man spielt, in Noten anfieicbaet (be- 
kanntlich ein Problem , dessen Lösung schon mehrmals versneht 
worden, aber noch nicht recht gelungen iat). ßoüeelot hatte ein 
Pianoforte „mit willkürlich auszuhallendem Tone" aufgestellt. — 

Die cur fieurtheiluag der Instrumente etc. niedergesetzte Com* 
miasion bestand ana den Herren Auber, Gallay, Habeneck, Savart, 
Sefuier. Es wurden 66 Ehrenbezeigungen an die Aussteller ver- 
liehen, darunter ein ßreuz der Ehrenlegion (an den Pianofortefabri- 
kanten Roller), 12 goldene Medaillen (darunter tn'Erard, Pope, 
Pleyel, BoUeelot, Henri Her»), 16 silberne, 37 bronzene. — 

Interessant iat ea , die Zunahme der ausgestellten auf Musik 
bezüglichen GegenstSnde su verfolgen. Bei der 5. Industrieausstel- 
lung im Jahre 1819 gab ea 13 Aussteller voa musikalischen Instru- 
menten ; bei der 6«, im Jahre 1823, waren ea schon 37, unter wel- 
che 15 Medaillen vertbeilt» wurden ; bei der 7.» im Jahre 1837, 
betrug die Zahl der Aaseteller 67; bei der 8., im Jahre 1834, 
zShlte man 04, welche musikalische Instrumente (darunter z. B. 
aneh ein Piano apythmenolamproterique), und 11, welche andere 
auf Musik bezügliche Gegenstinde geliefert hatten ; auf der 9. , im 
Jabre 1830 , stieg die Zahl der Aussteller auf 157. 

Bemerkenswert!! ist, dass sieb unter den diesmaligen Ausstel • 
lern auch 18 Lautenmacher (Luthiers) befinden ; die Laute scheint 
also in Frankreich noch ziemlich beliebt zn sein. 



Muritfeste. Am 23. August feierten gegen 300 Lehrer des 
Regierungsbezirkes Düsseldorf ein Gesangfest in- Unterharmen. — 
Am 28. August fand das jährliche Singerfest der nassauischen 
Lehrer statt. — Am 8. September wurde ein „erstes bedisehes 
Sangerfest** zu Karlsruhe im dasigen Hoftheater unter Leitung des 
Hofkapellmeisters Strnoss festlich begaagen. 500 — 600 Singer 
ana den Stidten Acbern, Bruchsal, Bühl, Karlsruhe, Dorlaeb, 
Ettlingen, Gernsbaeb, Heidelberg» Lahr, Mannheim, Mublhnrg, 
Rastatt, Weiubeim nahmen daran Theil. — In Darmstadt leitete 
Mnsikdireetor Mangold ein Gesangfest im Zeughanse, wozu sieh 
über 600 Ausführende aus dea Stidten, Darmstadt, Mainz, Offen- 
bacb u. Giesaen eingefunden betten. Das Hauptwerk war HändeVe 
Alexanderfest. — Das S. 620. d. Bl. erwunote Geaangfest zu 
Werthheim bat am 9. September auf sehr gelungene nnd erfreu- 
liebe Weise Statt gehabt. 650 Singer trugen nuter Directlon dea 
Herrn Lambinu* eine Auswahl der besten Minnerquartette vor. 
Unter Anderen nahmen der bekannte Qnnrtetteomponist Eüenkofer 
nos YVürzburg und der Oper ncom penist Heinrieh Neeb aus Frank- 
furt am Maia daran Theil. — In RSdelueim feierten mehrere Gesang- 
vereine am 15* September ein fröhliches SSngerfest unter Leitung 
dea Candidaten Bus* daseibat und des Componisten Heinrich Neeb 
ans Frankfurt. Beaeaders thaten sich der Bornbeimer nnd Beehenbci- 
mer Verein hervor. — ZuBernhofea am Rhein fand nm 18. September 
ein Gesaagfest der Lehrer nos den Aemtern Brnnbneh nnd St. Geare- 
hansen Statt. 



727 



1844. October. No. 45. 

Ankündigungen. 



728 



Neue MuBihaUen 

im Verlage von CS. HIT. Itflemeyer U Hamburg. 

KftcJiesm. Fr., Lieder und Gesänge. Op. 19 , für Alt arran- 
girt mit Pfte. einzeln: No. i. Are Maria 6 Ggr. No. 2. Die 
linden Lüfte sind erwacht 6 Ggr. No. 5. Ich tat« im Granen 
6 Ggr. No. 4. Du bist wie eine Blume 4 Ggr. No. 5. Mi 
Schatz ist ja schöni 4 Ggr. 

Methfeakel , A. f 5 Gesinge für 8 Singstimmen mit Pfte. 
Op. Ili. No. I. Die Heimath 8 Ggr. No. 2. Ich denke 
Dein 6 Ggr. No. 5. Wettgesang 8 Ggr. 

— — Dieselben complet in einem Hefte 18 Ggr. 

Lied: „Sonst sprach ich fromm mein Nachtgebet" 2 Ggr. 

Opernfreund , der kleine, Sammlung vorzüglicher Opern 
in einer Auswahl der beliebtesten Melodieen , als Handstücke 
für den ersten Unterricht am Pfte. : No. 4. Beatrice di Tenda. 
No. 8. Weisse Dame. No. 6. Romeo und Julie. No. 7. Don 
Juan. No. 8. Cola Rienzi. No. 9. Wilhelm Teil. No. 10. 
Freischütz. No. II. Nachtwandlerin, a 8 Ggr. 

Porten, JL v. d., 3 Lieder. Op. 8, für eine Singstimme 
mit Pfte. 8 Ggr. 

Sammlung der beliebtesten Tänze und Märsche für Pfte. 
No. 8. Marsch No. I, aus Cola Rienzi. No. 9. Marsch No. 2, 
aus Cola Rienzi. No. 10. Rienzi-Galop, Ton Canthal. No. 11. 
Hammonia- Polka, ä 4 Ggr. 

Behmltt, Jacques, 6 Etudes de Salon pour le Piano. 
Op. 321, No. 1, ,,Lc Faucon," der Falke. 10 Ngr. 

Sehweneke, Ch., Rondeau brillant pour le Piano. Op. 16. 
18 Ggr. 

5 Rondinossur des thcnies de Rossini. Op.22. 1—5 a 10 Ggr. 

Variation» sur un theme de Händel. Op. 24. 10 Ggr. 

Zieger, «V. B., „Lebewohl/* Lied für eine Singstimme mit 
Pfte. Op. 18. 8 Ggr. 

Gattay, A. , Neues musikalisches Taschen - Fremdwörterbuch, 
enthaltend: die in der Musik am häufigsten vorkommenden 
Kunstausdrücke , Zeichen u. s. w. (Auszug aus dem musikali- 
schen Gonrersations-Lexikon.) Miniaturausgabe in engl. Leinen 

geb. 4 Ggr. netto. 

Bei B. Schott'« S Annen in Mainz erscheint mit Ei- 

genthumsrecht : 

Alard, »., Ecole du violon, methode cemplete et progressive 
a l'usage du conservatoire. 

Fantaiaie sur des motifs de Linda di Chamounix pour violon 

avec Acc. d'orchestre on de Piano. Op. 12. 

Batta, A., Airs bearnais, chants des montagnes , pour violon* 
Celle avec. Acc. de Piano. 

Bertlni, H« 9 2Sonates pour Piano et Violon. Op. 18« et 153. 

— — Fantaisie- Valse pour Piano. Op. 154. 
Bonler, Th~ 3 Mazoorkas. Op. 53. 
Ball, Ii«, 3 Etudes de caracteres. Op. 25. 

— — Faintaisie brillante sur la Sirene. Op. 27. 

Ijlndpatntner, P«, Die sicilianische Vesper, grosse he- 
roische Oper in 4 Akten von H. Hau. Vollständiger Clavier- 
nuszug Tom Componisten mit untergelegtem italienischen Texte 
Ton W. H&ser. 

IilsIKt, W»j Grande Fantaisie sur Dom Sebastiea de Donizetü. 
Roaellen, M., Les 2 bijoux, 2 themes Tarifs op. 67. No. 1 

Bellini, Vaga luna, No. 2. Ballade de Ricci. 
Rogenhain, JL, Romance sans paroles, 3 me cahier. 

— — Polka de concert. 

Sl^Orl, C«, Fantaisie-Etude pour Violon avec Acc. d'orchestre 

ou de Piano. Op. 10. 
Thalberff, S., La Partenza, melodie. 

Zimmermann, J», Methode popnlaire de piano. 

Bei Fr. Hofmeister in Leipzig ist erschienen: 
Thalberg? S«, Grande Fantaisie p. Pfte. sur Zampa, Opern 

de Herold. Op. 53. 1 Thlr. 5 Ngr. 
Iiabltanty, B., Montrose-Walzer. Op. 102. f. Pf. 2händ. 

15 Ngr. 4hand. 20 Ngr., f. Pf. leicht arr. 10 Ngr. f. Oreh. 

1 Thlr. 10 Ngr. 



Beispiellos billiges Werk, 

allen Seminarien zur Einführung angelegentlichst empfohlen: 

Die Kost des Orgelspiels 

auf ihrem heutigen Standpunkte ; 
theoretisch- praetüche Anweisung für alle vorkommende 
Fälle im Orgelspiele, mit durchgängiger Pedalappli- 
catur und Bemerkung der Registerzüge. 
Ein Iiehrbuelt 
für sich bildende Orgelspieler, insbesondere für den Un- 
terricht in Seminarien und PrSparanden - Schalen. 
Bearbeitet und hera usgegeben in Gemeinschaft mit 

'—■ ÜLorner 



von 

A. G. JMUer, 

Domorganist und Gesanglehrer zu Merseburg. 
Das Ganze aus 6 Lieferungen, a £ Thlr., bestehend, wird 
bis Ostern 1845 vollendet sein. Da die Namen ^tr resp. Sub- 
scribenten dem Werke vorzudrocken beabsichtigt wird, so bitte 
ich um zeitige und genaue Anmeldung. 



Wohlfeile, beste und vollständige Sammlung 

yon Orgelstucken ist der, fast allgemein in Kirchen und Semina- 
rien eingeführte: 

Orgelfreund, 

Herausgegeben von G. fr* Kömer und A. G. Bitter. 

Sechs Hefte dieses beliebten Werkes bilden einen Band. 
Fünf Bande, a 1 Thlr., sind bereits erschienen. Von dem ersten 
Hefte (m 4 Ggr.) des 6. Bandes kann in allen Buch- und Musi- 
kalienhandlungen Einsicht genommen werden. Auf 6 Exempl. 
wird das 7. frei gegeben. Gefälliger Verwendung und Bestellung 
sieht entgegen. 

WlUu Kfirner in E r f n r t. 

Bei A. »1 »belli «fc Comp., Kunst- und Musikalien- 
kandier in Wien, Mo. 1133, sind mit Eigenthumsrecht er- 
schienen : 

Türkische Lieder 

für das Pianoforte 

von 

JLeopotd von Meyer. 

Op. 22. Machmndier. Air guerrier des Turques. 1 FI. 
Op. 23. Bajazelb. Air national des Turques. 1 Fl. 

Diese Werke wurden in den Concerten des Gnanponisten in 
Wien und London mit dem grossten Enthusiasmus aufgenommen. 

Für Violin- und Violoncell-Spieler beachtenswert^ 

Feinste raf f inirteste ColopfcOumle , deren Vor- 
trefflichkeit * viele der vorzüglichsten Kenner, worunter die ge- 
feiertsten Namen , anerkannt haben , über welche unter Anderen 
der Violin-Virtuos Herr Francois Prume das unten angeführte 
Urtheü fällte, ist allein acht au haben bei 

Bernhard MCeil in Gotha. 

Je reconnais la Colopfiane de Monsieur Bernard Keil 
a Gotha comme la meilleure que j'ai rencontree jusqu'ä present. 
Gotha, le 3 Septembre 1844. 

J*r#* JPrtftme» 



Druck nnd Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig nnd unter deren Verantwortlichkeit. 



79» 



730 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den SO»*« October. 



M 44. 



1844. 



Inhalts Xeccnrio***. — Nutkriekieni Aas Brauoschweig.' Aoi Leipzig. — Feuilleton, — Jnkündigtmgen. 



R 



ECENS IONEN. 



II primo Amore. Fantasie pour la Flute avec Accomp. de 
Piano, composee elc. par G. BriccialdL Leipzig, chez 
ßreilkopf et JBärtel, Pr. 20 Ngr. 
Eine zärtliche, schmelzende Melodie als Thema, dar- 
über zwei brillante Variationen , alsdann eine leidenschaft- 
liche, interessante Cantilene, uud darauf ein lebendiges 
Finale, gibt zwar keine Fantasie nach unserm deutschen 
Begriffe, aber gewiss ein dankbares Concertstück für den 
Virtuosen. Die Ansprüche an Fertigkeil sind nicht über- 
trieben, aber ein geschmackvoller und energischer Vor- 
trag wird erfordert. Dann macht das Stück eine sehr 
angenehme und aufregende Wirkung. 



Deuxieme S 1 



composäe 
Hofmeister. 



ixieme Symphonie pour grand Orchestre, 

par Fr« Müller. Op. 54. Leipzig, chez Fr. I 

Pr. 4Tblr. 10 Ngr. 
Wer sich in unserer mehr und mehr nach italieni- 
schem und französischem Rlingklange schnappenden Zeit 
an die Gomposition einer Sinfonie wagt, der bekundet 
wenigstens ein Kunstwollen. Wem es aber gar ge- 
lungen , in solcher Zeit zwei Sinfonieen durch die Presse 
zu treiben, dem »uss auch ein bedeutendes Kunstkönnen 
inwobnen. Denn vor dieser Gattung vielleicht allein noch 
halten Kritiker und Verleger vereint strenge Wacht, dass 
nicht der modernfrivole Geist auch ihrer sich bemächtige 
und sie entweihe. An sie heran dürfen sich die hinter 
der Schule weggelaufenen Modecompoaistchen mit ihren 
Gefühlsleeren, eleganten Phrasen nicht wagen. Dazu ge- 
hört eine allseitige Gefühberregbarkeit und zugleich, um 
würdig auszudrücken, was sie dictirt, eine nach allen 
Seiten hin beharrlich durchgemachte und geühte Schule, vor 
welcher unsere jüngere geniale Generation oft bang zurück- 
schreckt und ihr sobald wie möglich zu entrinnen sacht» 

Der erste Satz vorliegender Sinfonie, Allegro con 
fco*», Cmoll, C, beginnt mit folgenden vier wildzürnen* 
den Takten: 



Allegro con fud«*» 




Auf diese folgen vier flehend bittende : 



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iMkd^M 



aAa^^^Hrpr-^i 






V» -- 



Diese beiden and folgender später hinzutretende dritte 
Gedanke t 



Ep^i 



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40. Jahrgang. 



bilden den Inhalt des ganzen ersten Satzes, und es sind alle 
Perioden nur aus ihnen, bald einzeln, bald zusammen 
thematisch verarbeitet, gewebt. 

Es ergibt sich daraus zunächst die technische nnd 
geistige Einheit des Satzes« welche durch eine gewählte, 
gewandte Instrumentirnng , ao wie durch pikante, aber 
stets natürliche Modulation belebt und vermannichfaltigt, 
und durch eine sonnenklare, vollendete Form, im Ganzen 
wie in jeder Periode für sich, fassbar gemaoht wird. 
Die ganze Art und Weise der Darstellung und Fortfüh- 
rung ist ähnlich der 5/wAr*schen, aber als Kunst Verwandt- 
schaft, nicht als einseitige Nachahmung. 

Wie nun in diesem Satze die sichere, gewandte Hand 
sich zeigt und lebenswarme Empfindung sich ausspricht, 
so auch in allen auderen Sätzen. Das Andante, Asdur, %, 
beginnt mit einer zarten anmuthigen Melodie der Violi- 
nen, hauptsächlich nur mit Streichinstrumenten begleitet, 
auf welche ein erregterer Fortesatz folgt; dann in der 
Dominante eine zweite, wenn nicht besonders originelle, 
doch gefühlvolle Melodie, und damit wieder das Material 
des ganzen Andante'«, fortgeführt in verschiedenen Me- 
dificatiooen desselben Grundgefübls. 

In den zwei ersten Theilen des Scherzo's, Cmoll, %, 
scheint sich der Componist in die Gemülbslage einer Per- 
son versetzt zu haben, die den tieferen Seelenerregungen 
de* beiden ersten Sätze zu entrinnen und sich in eine 
heitere Stimmung zu versetzen strebt. Man fühlt den hef- 
tigen Willen darnach ; aber erst im Trio, C dur, erscheint 
die erstrebte freundlichere Stimmung, nnd erhält tick 
darin, bis die Repetition, hier, der Anlage des Ganzen 
nach, psychologisch richtig, in den allen Kampf zurückfällt. 

44 



731 



1844. October. No. 44. 



752 



Das Finale, Allegretto, C moll, .%, ist hauptsächlich 
dem ersten Thema : 
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|rir r r | rf r r 1 ± *&±£g£ £ 




^2LtsS-\f% 



und «war mit grosser thematischer Kunst, gewebt wor- 
den. So sind z. B. die beiden ersten Abscbnille desTbe- 
ma's im zweiten Tbeile zu einer kleinen Doppelfage ver- 
arbeitet : 



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Soll Referent, nachdem er das Lobenswerthe, freilich 
nur sehr rhapsodisch, ausgesprochen, auch, wie Rechtens, 
die Schwächen des Werkes aufsuchen, so lassen sich diese 
in zwei Wünschen andeuten , welche der Componist bei 
künftigen Arbeiten in dieser Gattung vielleicht nicht ohne 
Vortheil dafür berücksichtigen möchte. Er suche erstens 
seine Thema's nach dem Ende zu in etwas fantastischere 
Situationen zu bringen, wie Beethoven dies in uner- 
schöpflicher Weise verstand, und instrumentire zweitens 
seine cantabilen Sätze etwas mannicbfaltiger. In dieser 
Sinfonie ertbeilt er sie meist zuerst den Violinen, mit 
fast zu öfterer Verdoppelung durch die Violoncelle. Auch in 
dieser Beziehung zeigen die Beethoven sehen Partituren 
eine staunenswerthe Mannigfaltigkeit. Auf jeden Fall ist 
die Sinfonie der Aufmerksamkeit und Tbeilnahme aller für 
gediegene Mnsik noch empfänglichen Zuhörer werth, und 
sie sei den Orchestern hiermit bestens empfohlen« 

Referent verbindet mit dieser kurzen Beurtbeilung 
gleich die Anzeige von dem : 

Concertino pour le Violoncelle, avee Aecompag. de l'Or- 

ehestre on de Pianoforte. Rudolstadt, cbez 6. Müller. 

1 desselben Componisten, weil sie sieh dadurch kürzer fas- 



sen . lässt» Denn man braucht nur zu sagen , dass der 
Mann in seinem Wesen sich gleich bleibt und also auch 
iü diese freiere und leichtere Gattung so viel gediegene 
Arbeit legt, als sich ohne Beeinträchtigung des Virtuosen 
damit vertragen will, um gleich zu wissen, was man im 
Hauptsächlichen zu erwarten hat. Einen ersten Concert- 
satz nämlich aus der guten Concertzeit, mit fest ausge- 
prägten und festgehaltenen Hauptgedanken, zwischen wel- 
chen dem Instrumente zusagende und dem Spieler dank- 
bare Passagen hervorglänzen. Dass der Verf. seine Haupt- 
gedanken nicht aus fremden Opern gebettelt, sondern 
Alles aus sich selbst genommen, versteht sich bei seiner 
dargestellten Sinnesweise von selbst. 

Troisieme Sonate pour le Pianoforte par Carl Evers. 

22stes Werk. Wien, bei Tobias Haslinger. Preis 

2 PI. CM. 
Referent bedauert Herrn Evers, dass er dieses Mach* 
werk eine Sonate nennen konnte. Gehört zur Sonate nicht 
mehr, als : eine ehrwürdige Einleitung, die stark nach Mozart 
schmeckt, alsdann eine phantastische Form ä la Beethoven, 
die Herr Evers nur im Aeusseren begriffen hat, deren 
inneren Gehalt er aber gar nicht zu ahnen scheint, und 
handelt es sich blos um ein planmässiges Durchkneten 
der sich im Character ganz widerstrebenden Themata, 
welche, eines mittelalterlich, das andere neoitalienisch, 
von einer steifen Zopfpassage begleitet werden, so ist 
vorliegendes Werk eine Sonate. Es ist eine Zusammen- 
reihung der heterogensten Gedanken , die , einzeln ge- 
schickt verarbeitet, eine Fantasie^ ein Rondo und derglei- 
chen hätten hergeben können. Als Beweis stehe hier: 

1) das Thema, Largo: 



"■i t r'tj 



Hfirt) " I tTV* 



2) der Anfang' des Allegro eon fuoco: 




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4=4= 



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Diese Stelle, die an sich jpnz gut wäre, dient als Vor- 
bereitung dem muthmaasshchen Thema (?): 




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•im. 



755 



1644. Öctober. No. 44! 



734 



and nun nach 16 Tacten kommt 4) das diesen Gedanken 
gänzlich fremde Liebesgewinsel: 

dolce. 




etc* 



das nach 18 Tacten in eine alle Passage von 2 Seiten 
übergebt.— Das Andante, %Tact, Fisdur, schmeckt nach 
Robert der Teufel, der %Tact im 9ten Tacte stösst Einen 
noch recht mit der Nase drauf. Ein Allegro agilato in der 
Art anfangend, wie die imfs und ettfs auf der Bühne ihre 
wahnsinnigen Damen beransspaziren lassen : 



|j -^s*|«^|B» 



•IC. 



m 



iSä 



m 



letc: 



ist wenigstens wirksam zn nennen. Solche Art Sonaten 
muss Ref. kräftig zurückweisen. Es scheint, als hätte 
Hr. Evers am Pianoforte fantasirl, jeden sich ihm dar- 
bietenden Gedanken aufgeschrieben, und dem Ganzen die 
Form einer Sonale gegeben, die ihm bei der Menge der 
sich einander widerstrebenden Gedanken ziemlich sauer 
geworden ist. 

Dno Concertant ponr Piano et Violon comp, par B. Mo* 
tique. Op. 20. 3 Thlr. Scbuberth et Comp, a Hambourg. 
Dies schöne Duo wird nur für Wenige geschrieben 
sein, und diese werden dem sinnigen Componisten dafür 
wohl die Hand drücken. Auch Ref. thut dies in Gedan- 
ken; aussprechen muss er aber doch, dass er, trotzdem 
dass diesGespräch zwischen Pianoforte und Violine interes- 
sant und geistreich ist, nach dieser Sonate unendlich ab- 
gespannt und ermüdet war. Der Gegenstand des Ge- 
sprächs ist ein zu ernster und düsterer, die Phrasen sind 
sehr gewählt; die Sprechenden scheinen fast genirt; jeder 
hütet sich, Etwas zu sagen, was von dem ernsten und 
wichtigen Gegenstande ablenken könnte, daher die Breite 
und beständigen Wiederholungen der Phrasen, wenn ih- 
nen auch durch irgend eine Variation neues Interesse 
verlieben wnrde. Man wünscht namentlich, dass der 
Componist zuweilen einen freundlichem und herzlichem 
Ton angeschlagen hätte. Dies hätte vielleicht das Ge- 
spräch kürzer erscheinen lassen und mich in eine weni- 
ger trübe Stimmung versetzt. Selbst das schöne Adagio, 
dem ich mich nochmals zuwendete, war nicht im Stande, 
mich berausznreissen. — Das Bildniss des werthen Com* 
ponisten ziert das Titelblatt. 



Premier Trio ponr Piano, Violon et Violoncello t comp, 
p. G.Nottcbokm. Op.4. Preis 2Tblr. Leipzig, Peters. 
Ein leichtes anspruchsloses Trio, dem wir nur ge- 
haltvollere und wärmere Gedanken wünschten 9 denn an- 
ziehend fanden wir dieselben bei all' ihrer Einfachheit» 
namentlich im ersten Satze, wenn wir auch Frische ver- 



misslen. Auch die Arbeit ist dann nnd wann recht in* 
teressant , aber der jnnge Componist weiss nicht zn fes- 
seln , er arbeitet zu oft anf einem unfruchtbaren Boden. 
In den übrigen Sätzen wird uns die Einfachheit noch 
auffallender und die Gedanken werden immer leichter 
wiegend. Ref. ist in Zweifel, ob er Hrn. Nottebohm zu 
ähnlichen Trio's aufmuntern soll oder nicht. Keine der 
drei Solopartieen weiss uns dauerndes Interesse abzuge- 
winnen, denn auch Violine und Vcello sind nicht genug 
und nicht wirksam beschäftigt. Eine gute sangbare Can- 
tilene vermissen wir durchaus. 



12 Eludes expressives pour le Piano, par Felix le Gouppey. 
Preis 1 Thlr. 5 Ngr. Leipzig, cbez Breitkopf et Härtel. 
Der Componist nennt dies Werkchen „Einleitung zu 
seinen bald erscheinenden Etudes de Salon." Dass der 
Componist Franzose ist und sich vorzüglich mit Adam ge- 
nährt hat, lässt sich nicht leugnen, und dies wird auch 
das Einzige sein, was der Deutsche an einigen dieser Com- 
Positionen aussetzen wird. Die meisten sind recht hübsch 
und leicht, und, wenn sie auch nicht sämmtlicb Studien 
genannt werden sollten, so sind sie doch hübsche Cha- 
racterstückchen , die recht angenehm unterhalten. Ge- 
wöhnlich können wir nur No» 3 finden. Wir empfehlen 
diese Etüden, und wünschen, dass uns der Componist in 
seinen Salonetuden wieder gefallen möge. 

Ueber die übrigen meist den nöthigen Modeartikeln 
angehörenden Klaviersachen , die alle mehr oder weniger 
Werth haben, braucht Ref. wenige Worte zn machen. 
Ihre Verfasser sind beliebt und verleugnen nie ihre Phy- 
siognomie. Wir heben daraus als besonders werthvoll her- 
vor, als das Werk eines weniger bekannten Componisten : 

Deuz Sirenades pour le Pianoforte par Ed. RoeckeL 
Op. 11. Dresde, chez Heser. Preis 10 Ngr. 
Es sind zwei sehr geschmackvolle, ausdrucksvolle kleine 
Stücke, die wir angelegentlich empfehlen. In No. 5 störte 
uns nnr der 3te Tact in der vom 7len Tacte vor dem 
Schlüsse vorkommenden Ausweichung. 

Prudent) Souvenirs de Schubert sur la Serenade. Op. 14. 
Preis 2 Fl. Mayence, cbez Schott. 
Ein modernes Eifectstück, dem wir trotz seines locke- 
ren Bau'* unsern Beifall nicht versagen können. 

Dökltr, TA., Fantaisie sur des thtmes de l'0p6ra „la 
Favoritc" de Donizetti. Op. 51. Preis 1 Tbir. cbez 
Schlesinger a Berlin. 

Ein tüchtiges Salonstück in Dbhler^schtr Manier; uns 
kommt es etwas trocken vor, vermuthlicb weil wir die 
Opernthemata nicht kennen nnd uns also nicht dafür ge- 
nug interessiren. 

Hohler •, Th.y Huiti&nie, Neuvi&me et Dixi&me Nocturne. 
Op. 52. No. 1. 2. 3. k 15 Ngr. Leipsic, chez Peters. 
Ziemlich leicht und deshalb willkommen. Aber eine 
bedeutende Nüchternheit herrscht darin. 

Voss y Charles, Fantasie 616g. sur l'Opera „la Sirtae". 
Op. 59. Preis 15 Ngr. , nnd 



7W 



1844. October. "No. 44. 



738 



Fose, Charte*, Merceau burlesque de Salon. Op. 56. Preis 
15 Ngr. Leipzig, chez Breitkopf ei Härte! . 
Zwei kurze der Salonmusik gewidmete Pieren. Die 
Themata ans Auber's Sirene sind pikant und geschickt 
verarbeitet. Die letzte ist ein burlesker Tanz, der uns 
weniger anspricht. Beide Stöcke erfüllen ihren Zweck 
und sind zu empfehlen. 

Impromptus et drux Caprices sur des Melodies favorites 
de Reber par Stephan Heller. Op.20. Hai Luli. Preis 
*/s Thlr. Berlin, cbez Schlesinger. 
Sehr anspruchslos, aber innig, und, vorzüglich gilt 

das vom zweiten Impromptu, interessant zu nennen. 

Fesca, A. f 1) Hommage* aox Dames. Morceau k 4mains. 
Op. 35. 

— 2) le Desir. Morceau de Salon. Op. 36. Preis 20 Ngr. 

— 3) Inlroduction et Rondeau espagnol. Op. 34. Preis 

25 Ngr. Bronsvic, chez Meyer i. 
Ersteres dürfen wir bei dem Mangel an neuen vier« 
bindigen Stacken für den Salon willkommen beissen. Die 
Variationen sind nicht neu erfunden, spielen sich aber 
recht hübsch und sind dankbar. Auch ist für Gefühl ge- 
sorgt. Als Curiosilät, was sich die jungen Herren jetzt 
Alles erlauben , führen wir den 3ten und 4ten Tact des 
Allcgro furioso an: 




In No. 2 ist das Andante sehr gesucht. Das Ganze wird 
jedoch Beifall inden. Eben so gesucht in der Modulation 
ist No. 3, wenn uns auch hier das Fremdartige mehr 
am Platze erscheint. Das Ganze ist sehr flach und un- 
bedeutend. Nach Herrn Fesca's früheren Compositionen 
hatten wir Grund , etwas Wertvolleres zu erwarten. 

Fantaiaie et Variations de bravoure sur un theme de Bei* 
lini pour Violon avee Orebestre ou Piano, par Ole Bull 
1 Dp. ö. Schubertb et Comp, k Hambourg. Preis 2% Thlr. 
Die Introductioo viel versprechend, aber wenig hal- 
tend , mit Recitativen , Tempo rubato , vielem französi- 
schen pikanten Modekram phantastisch gemischt, wie man 
das jetzt in Frankreich und Belgien liebt. Das Thema 
ist das bekannte aus den „Puritanern", die Variationen 
sind sehr brillant, das Ganze ist ein ungemein dankbares 
Bravourstück für Geiger ersten Ranges, wenn sie nichts 
Besseres vorzutragen haben. 16. 



Nachrichten. 

L.Spohr>s Oratorium: „Der Fall Babylons," 

aufgerührt in Braunsehweig am 29. September 1844. 

Braunscbweig, in October. Der Verein ffir Concert- 
musik, der sich vor einigen Jahren hier bildete» und wel- 
chem sich später, als willkommene Bundesgenosse eine 



I zahlreiche, vielleicht nur zu zahlreiche Sing-Academie na*. 
scbloss, darf mit vollem Rechte das Verdienst in An- 
spruch nehmen, nicht ohne bedeutenden Einfluss auf die 
Förderung der edlen Tonkunst in unserer Stadt gewesen zu 
sein. Der Verein, bei dessen Gründung sieh' der streb- 
same Dr. Griepenkerl besonders thitig zeigte, hat durch 
ein ehrenwertbes Streben, die musikalischen Kräfte Braun- 
scbweigs zu Aufführungen grosser und würdiger Werke 
zu vereinen, die dankbare Anerkennung der Kunstfreunde 
sich erworben. Seit einer Reihe von Jahren sind durch 
seine Anregung musikalische Aufführungen zu Stande .ge- 
kommen, welche die grösste Theilnabme fanden und 
nachhaltig wirkten, von denen einige in der That als 
wahre Musikfeste bezeichnet werden können. 

Bin solches erfreuliches Fest feierten wir hier in 
den letzten Tagen des Septembers; und wie denn über« 
haupt eine Feier, bei welcher die Tonkunst vorwaltet, 
recht eigentlich ein Fest für das Gemüth ist, so wurde 
diese gemüthliche Erregung diesmal noch bedeutend er* 
höbt durch eine vaterländische Beziehung, die dem deut- 
schen Herzen doch immer wertb bleibt, wie schwankend 
und vereinzelt sich auch hei uns der Begriff von deut- 
schen Vateriande gestalten möge. 

Der Held unserer musikalischen Feiertage war Spohr 9 
ein geborner Braunscbweiger, und somit erscheint e» 
denn wohl erklärlich, und wir meinen, auch nicht un- 
rühmlich für uns, dass Alles, was sich auf dieses Fest 
bezog, in einem schöneren Lichte erschien und eine 
Weihe erop6ng, die sich unverkennbar den Ausführenden 
wie den Zuhörern mittheilte. 

Dass man Spohr's neuestes grosses Oratorium : „Der 
Fall Babylons*' zur Darstellung bestimmte, ein Werk, 
das in England eine so glänzende Aufnahme fand, in 
Deutschland aber, so viel wir wissen, noch nicht ausge- 
führt wurde*), darf man jedenfalls eine sinnige Wahl 
nennen , und sie bewährte sich auch im besten Sinne als 
eine glückliche. 

Alle Vorbereitungen zu würdiger Ausführung des 
interessanten Werkes wurden mit Umsicht und Eifer ge- 
troffen, wobei sich vorzüglich Herr Assessor Otto, zu- 
gleich ein sehr intelligenter Dilettant, als belebendes Prin- 
cip erwies. Es gelang, die Zusage Spthr'e zur persön- 
lichen Leitung seines Werkes zu gewinnen, und der Kur- 
prinz war diesmal freundlich genug, dem Meister den 
erforderlichen Urlaub zu dieser Künstler fahrt zu gewähren. 

Die zahlreichen und zuweilen ziemlich schwierigen 
Chöre des Oratoriums wurden im Laufe des 'Sommers 
von den beiden Dirigenten der Singacademie mit sorgli- 
chem Eifer eingeübt; die Scbweeterstadt Wolfenbüttel 
bot bereitwillig ihre disponibel« Kräfte zur Mitwirkung 
an, und da anch der biemge Mililärsingerchor eine Ver- 
stärkung von etwa 40 Combattaoten sandte, so war es 
möglich, einen Gesammtcbor von etwa 450 Stimmen zu 
bilden. Das Verbällniss der Stimmengattungen erwies sich 

*) Wenn Ret imht irrt, s» wart« daj Wsrh vaa eiura klei- 
nen Gesangvereine io Brealao einatadirt, scheint aber mr eine 
Privat- ProdoctioD gebildet in haben. 

(Seit den Eingänge dieses Berten ts Itt da* enrlhnte Oratnriaal 
am 26. Oetober in hiesiger ThtaMslurabe rem TbemaMrebetc aar 
Aalffahruaf gebracht werde*.) (X*# fi$d*cti*n.) 



737 



1344. Octobcr. No. 44. 



73» 



alt ziemlich gleicbmlssig; mir der AU blieb wohl, wo* 
nigsteos der Wirkung nach, etwas in der Minorität ; eine 
Erscheinung, die, oft bemerkt, schon durch den Cbaracler 
der Alt-Stimme moliviri wird. 

Unsere wahrhaft treffliche Capelle verstärkte sich 
durch fremde und einheimische Künstler und Dilettanten 
so bedeutend , dass das Orchester über hundert Indivi- 
duen zählte. Unter den fremden Künstlern bemerkten 
wir mit Vergnügen den ausgezeichneten Violinisien Zim- 
mermann aus Berlin, und mit eigentümlichem Interesse 
Sfiohr's Schüler J. Bott aus Cassel , bekannt als der erste 
Stipendiat des Mozart-Vereins in Prankfurt. 

Die mehr oder minder bedeutenden Solo-Parlieen des 
Oratoriums waren mehreren Mitgliedern der hiesigen Oper 
anvertraut, nämlich den Damen Fischer- Achten und 
Müller, so wie den Herren Schmettere Fischer und 
Kahn. Zwei Kunstnovizen, Fräulein Heinxe und Herr 
A. Gerstäcker führten ebenfalls einige Soli ans. — Herr 
P6cA 9 der in den ersten Proben den Cyrus trefflich re- 

Jräsentirte, wurde leider heiser, und musste tbeils durch 
lern Wackermann aus Quedlinburg, tbeils durch einen 
zufällig anwesenden Baritooisten, Scher/ (wenn wir nicht 
irren), ersetzt werden; eine improvisirte Aushilfe, die 
dankbare Anerkennung fand und billigen Ansprüchen ge- 
nügte. 

Am 26. September traf Spohr hier ein und Miete 
noch an demselben Tage eine Chorprobe, die ein güneti- 

E\s Resultat lieferte. Der werlhe Meister sprach in ver- 
ndlichen Worten seine Zufriedenheit aus und ermutbigte 
dadurch die Sängergemeinde zu erhöhtem Eifer. Abends 
brachte die Liedertafel dem ' willkommenen Gaste eine 
feierliche Serenade, eine harmonisch -gemülbliobe Deeia» 
rntion, die ihn lebhaft erfreute. — Nach mehreren Vor- 
übungen fand in den Nacbmittagsstondeu des 28. Sept. 
die Generalprobe des Oratoriums mit den gesammten oben 
bezeichneten Kräften Statt. — Der ziemlich allgemein 
gewordene löbliche Gebrauch, bei so bedeutenden Auf- 
führungen dem kunstliebenden Publicum zu gestatten, der 
Hauptprobe beizuwohnen, erwies sieh auch hier eben so 
günstig, als er von dem Publicum freudig adoplirt wurde. 
— . Die weiten Bäume der schönen, durch Entfernung 
jeder Hemmniss von Bekleidung etc. fast zu sonor ge- 
wordenen Aegidienkircbe waren angefüllt von Zuhörern, 
die mit gespannter Erwartung die imposanten, amphi- 
theatralisch aufgestellten Massen sich ordnen sahen und 
mit lebhafter Tbeilnahroe der Entwickeluug des Ganzen 
folgten. Der gefeierte Componist, auf dem nun die Blicke 
der Ausführenden wie der Zuhörenden hafteten, leitete 
mit grosser Rabe und Sicherheit die ihm anvertraute und 
vertrauende Schaar ; er fand nur noch wenig zu erinnern $ 
die Zuhörer hatten schon jetzt einen last ungestörten 
Genoss, und selbst die Unterbrechungen und nötbig ge- 
wordenen Wiederholungen schienen nicht ohne Interesse 
für sie zu sein. 

Der Erfolg der förmlichen und feierlichen Aufführung 
erschien also gesichert und bewährte sich vollständig. 

Am folgenden Tage, Sonntags den 29. September, 
strömte« von nah nnd fern zahlreiche Schaaren von Zu- 
hörern herbei, und alle Räume der grossen, nur durch 
ihre eidCasb-würdevolle Arcbiteelur geschmückten Kirche, 



die wohl ein Auditorium von 3000 Personen fast* wäre» 
fast überfüllt. 

Referent hat bereits in diesen Blättern (m. s. No. 31 
u. 32 dieses Jahrganges) eine motivirte nnd unbefangene 
Beurlbeilung des geistvollen Werkes niedergelegt, und 
die Genugtuung gehabt, seine Ansichten über dasselbe 
durch den Erfolg einer imposanten und meist gelungenen 
Aufführung im Allgemeinen bewährt und durch vorur- 
teilsfreie Kunstverständige gebilligt zu sehen. 

Es sei daher erlaubt, die Leser, die sich für das 
Werk näher interessiren, und es sind ihrer gewiss Viele, 
auf jene ausführliche Besprechung hinzuweisen. 

Aber dennoch kann es sich der Berichterstatter hier 
nicht versagen, bei einzelnen Momenten des ausgezeich- 
neten Werkes zu verweilen, die ihn besonders anregten, 
durch die lebendige Darstellung doppelt lebhaft ergriffen, 
und auch allgemein auf die Zuhörer einen uugewohnli* 
chen, nachhaltigen Eindruck machten. 

Unsere in der Becension ausgesprochene Meinung 
über die Ouvertüre fanden wir in jeder Hinsicht bestä* 
tigt; die dort nicht erwähnte Benutzung der Militär- 
trommel in dem Mittelsatze , als Andeutung des solda- 
! tesken Priocips, wirkt in der That drastisch; eine Dis- 
| cussion mit einigen kunstverständigen Freunden über die 
I ^ulassigkeit dieses profanen Instrumentes brachte nur ein 
schwankendes Resultat: der Referent glaubt nach seiner 
individuellen Ansicht die FVage verneinen zu müssen $ 
| vortrefflich instrumentirt und eben so ausgeführt, machte 
| die Ouvertüre einen sehr schönen Eindruck. 
j Der erste Chor: „Gott unsrer Väter* 4 ist eben so 

schön gedacht, als ergreifend in seinen Wirkungen, was 
bekanntlich nicht immer gleichbedeutend ist; die Ausfüh- 
rung war, bis auf einige Tonschwaokungen im Eingange, 
eine lobenswerthe. Die schönste Wirkung der imposan- 
ten Stimmenmasse zeigte sich am Ergreifendsten in den 
ruhig getragenen, einfach fortschreitenden Accorden; die 
Nuancen , sowohl in der Steigerung als in der Zurück- 
fährung zum Piano, sowie dieses selbst, Alles gelang 
treflieb. Uebrigens müssen wir nochmals und ausdruck- 
lich diesen Cbor als eine Zierde des ganzen Werkes be- 
zeichnen. 

Herr Schmetxer sang die darauf folgende Arie mft 
schönem Portament; die Mischung der verschiedenen 
Rhythmen verleiht der etwas häufig moduUrenden Can4ft> 
lene ein erbebtes Leben. 

Der klüftige Cbor: „Der Lftwe Ist vom Lnger gth 
Sprüngen" bildet in seiner doppelten Selbständigkeit, 
nämlich in Besiehung auf Singstimmen nnd Orchester, 
durch dos mannhafte , acht künstlerisch* Festhalten at*> 
nen energischen Hauptmotivs , ein so abgtseUossaMS 
Kunstwerk für sieb, dass wir um so mehr bedenern 
muesten, die Ausführung nicht gang nach unserem Sinn*, 
und auch wohl der Intention des ComponJsten nickt voll- 
kommen entsprechend zu finden« Der Chor ward*» um 
es mit einem Worte zu bezeichne«, nicht gut deoUmirt; 
das Thema trat nicht wort-* und tonklar hervor. Das 
Auf- und Absteigen der Intervalle erschien nicht so fest, 
nicht so gesondert, wie es sein sollte — ; hier musste 
jedes Ueberniehen der Töne viel ttrenger vermieden wer 
dea; auch folgte der Cbor dem lebhaft aogedeistetan 



759 



1844. October. No. 44. 



740 



Stringendo des Dirigenten nicht genug. — Dennoch machte 
der Chor eine so lebhafte Sensation, wie sein gesander, 
kräftiger Bau sie verdient. 

Was die Arie des Cyrus mit Begleitung des Männer- 
ehors betrifft, so wurden unsere Bedenklichkeiten, in 
Beziehung auf das genugende Hervortreten der Solostimme, 
wenigstens in dem vorliegenden Falle nicht ganz besei- 
tigt. Wir hätten wohl gewünscht, die Arie von Pöck 
ausgeführt zu hören, der gerade in den Tönen excellirt, 
die hier vorzugsweise in Anspruch genommen werden. 
Sein Stellvertreter gab sieb offenbar viele Mühe, von der 
wohl auch etwas zu starken Chorbegleituog sich zu iso- 
liren. Er that aber des Guten zu viel, und das Exten- 
sive wurde fühlbarer, als das Intensive. — Einige glän- 
zende Stellen machten sich indess vollkommen geltend. 
Das Ganze regt lebhaft auf und ist ein kraftvolles Cha- 
racterstück : es erinnert wohl an eine ähnliche Scene in 
Jessonda, aber nicht zum Nachtheile der Cyrus- Arie. 

Lebhafte Sensation erregte der stark besetzte, in 
kurzen eigenthümlichen Bbythmen einhersebreitende Chor 
der persischen Krieger. Die kräftigen Stimmen unserer 
Militärsänger wirkten mit günstigem Erfolge. Hier machte 
sich wieder die Trommel mit ihrer bellen, kecken, un- 
beugsamen Eintönigkeit gehörig Platz. Die Wirkung? 
nnläugbar! Das Princip? — zweifelhaft! 

Der Chor der Juden, No. 13, that, namentlich nach 
der ungemein kräftigen, kriegerischen Demonstration, 
doppelt wohl. Die Ruhe und Innigkeit des schönen Contus 
firmus, der dem Ganzen eine so edle Haltung gibt, ge- 
hoben von seiner sanft bewegten, durch rhythmische Stei- 
gerung belebten Einfassung, wirkt unwiderstehlich. Und 
wie schön berechnet und geführt ist der vierstimmige 
Solosatz! Wie köstlich wirkt sein Eintritt in so naher 
und doch so fern liegender Harmonie ! — Der Vortrag 
dieses schönen, wahrhaft erquickenden Satzes war von 
allen Seiten ausgezeichnet. 

Das Terzett No. 15 würde vielleicht durch zweck- 
mässige Kürzung noch gewinnen, wenn wir auch aner- 
kennen müssen, dass es vortrefflich geführt ist. Der 
Vortrag war trotz der oft sehr schwierigen harmonischen 
Combinationen correct und sieber. 

Die Arie No. 16 wurde von der oben genannten 
Kunstnovize gesungen. Die Stimme hat einige sehr 
schöne Töne; der Vortrag war aber zu kalt, und die 
Intonation liess noch viel zu wünschen übrig. 

Der Schlusschor der ersten Abtheilung machte eine 
wahrhaft grossartige Wirkung. Er wurde mit Feuer 
und Präcision ausgeführt; nur einige hohe Sopran- und 
Tenor-Eintritte erschienen tbeils etwas zagend, theils 
zu gewaltsam. — Der feurige, imposante Schluss voll- 
endet und befestigt den schönen Eindruck des Ganzen* 
ß Der zweite Theil enthält eine ungemein reiche, fast 
su crosse Abwechselung der Scenerie. Wenn dadurch 
das Interesse an dem Portschreiten der Handlung aller» 
dingt fortwährend angeregt wird, so ist auch nicht zu 
liugnen, dass aus demselben Grunde die Aufmerksam- 
keit zu sehr getbeilt wird. — So schien sich auch das 
Resultat zu ergeben, dass dem gemischten Publicum der 
zweite Theil noch mehr zusagte, als der erste, wäh- 



rend das eigentlich künstlerische Urtheil der ersten Ab- 
theilung den Vorzug gab. 

Im Ganzen genommen liess keine Nummer des 
zweiten Tbeils kalt ; der Componist haf namentlich jedem 
Chor eine eigenthümlicbe Färbung gegeben, die geeig- 
net ist, trotz des häufigen Scenenwechsels das Inter- 
esse an der Situation festzuhalten. 

Der Chor der Hofleute (No. 18) hat viel Reizen- 
des; nur tritt hier und da die Häufung der engen Inter- 
valle zu sehr hervor, was bei den grossen Massen oft 
eine Unklarheit erzeugte, die durch das hochgewölbte 
Local , dem selbst ein Widerhall nicht fehlte , noch ver- 
stärkt wurde. 

Der Doppel-Chor No. 20 gestaltete sich, gegen un- 
sere Erwartung, sehr deutlich und gereichte den Aus- 
führenden zu wahrem Ruhme. 

Wie gern wir nnn auch das interessante Drama in 
seinen einzelnen Scenen bis zu seinem Schlüsse beglei- 
teten, wir sind genöthigt, in summarischer Weise die 
Versicherung auszusprechen , dass die allerdings etwas 
gewagte, aber geistreich aufgefasste Scene am Hofe des 
BeUazar, welche durch die geheimnissvojle Flammen- 
sebrift herbeigeführt wird, im Zusammenhange gehört, 
und, wie es hier der Fall war, gut ausgeführt, von 
spannendem Interesse und ganz eigenthümlicher Wirkung 
ist. — Nur kurz können wir dann den günstigen Ein- 
druck des lieblichen Quartetts No. 27 bezeichnen. Gern 
verweilten wir bei dem Chore der Juden, No. 28, des- 
sen schönste Wirkung übrigens in seinen einfach gehal- 
tenen Momenten liegt. In Beziehung auf den achtstim- 
migen Satz am Schlüsse, wie volltönend auch seine 
Wirkung ist], müssen wir doch auf unserer in der be- 
zeichneten ßeurtheilung ausgesprochenen Meinung verhar- 
ren, dass wir ihn nicht für einen strengen, achtstim- 
migen Satz erkennen können. 

Die Vision (No. 29) wie die Arie (No. 30) zeigen 
beide, dass die Phantasie des Meisters durch so viele 
Schilderungen von Zuständen und Empfindungen keines- 
weges erschlafft sei. Sie zeichnen sich jedoch beide 
vorzüglich durch Anmulb und Zartheit aus, und erfor- 
dern namentlich eine höchst discrete Orchesterbegleitung, 
die auch vortrefflich ausgeführt wurde. 

Im Scblus8chore schienen alle Kräfte neu belebt ; er 
wurde mit wahrer Begeisterung ausgeführt. — Einige 
Skeptiker, zu denen auch Ref. gehört, äusserten frei- 
lich den Wunsch, die Eingangstacte möchten eine we- 
niger populäre Gestaltung empfangen haben , doch wurde 
auch dieser Einwurf durch den feurigen Gang des Gan- 
zen bald beseitigt. Was den ungewöhnlichen Schluss 
betrifft (das grosse Werk endigt unerwartet im leisesten 
Piano), so muss Ref. gestehen, dass die dadurch her- 
vorgebrachte ^Virkung ihn ganz eigentümlich ergriffen 
bat, und der sinnige Meisler darf sich rühmen, einen 
leichteren Sieg verschmäht zu haben, um einen schwe- 
reren zu gewinnen« 

Der ruhig-ernste, aber treffliche und biedere Mei- 
ster hat uns längst wieder verlassen, aber sein ehren- 
volles Andenken bleibt ihm für immer gesichert. Aach 
empfing er während seines hiesigen Aufenthaltes die 



741 



1844. Oetober. No. 44. 



742 



sprechendsten Beweise von inniger Hochachtung, ja von 
wahrer Verehrung. 

Am Tage nach der Aufführung des Oratoriums fand 
noch ein grosses Concert Statt, dessen Glanzpunct Spohr" s 
fünfte Symphonie bildete. Die Ausführung, vom Meister 
selbst geleilet, war eine ganz ausgezeichnete, und da 
man diese Symphonie als ein wahres Meisterwerk be- 
wundern musste, so war es natürlich, dass sie mit 
wahrhaft stürmischem Enthusiasmus aufgenommen wurde. 
AI. 

Leipzigs den 26. Oetober 1844. Drittes Abonne- 
ment-Concert, den 24. Oetober. — Ouvertüre zu der 
Tragödie Hakon Jarlv. Oehfenschtäger, componirt von 
P. E. Hartmann aus Copenbagen (neu, unterdes Com- 
ponisten eigener Direetion). — Arie aus der Oper Mi« 
träne von Abbate Francesco Rossi, gesungen von Mad. 
Mortier de Fontaine, königl. belgischer Kammersänge- 
rin. — Concertino für die Clarinette von C. M. v, We- 
ber % vorgetragen von Herrn Landgraf. — Scene und 
Arie aus la donna del lago von Rossini, gesungen von 
Mad. Mortier de Fontaine. — Introduetion und Varia- 
tionen für die Oboe von Griebet, vorgetragen von Herrn 
Diethe. — Finale ays Zemire und Azor von Spohr. — 
Symphonie von Mozart (Cdur mit der Sehlussfuce). 

Herr Hartmann, dessen Name in Dänemark, na- 
mentlich in Copenbagen, u. A. durch einige mit ent- 
schiedenem Beifalle zur Aufführung gebrachte Opern von 
seiner Composilion, einen guten Klang hat, in Deutsch- 
land aber wohl nur durch die Sonate, welche bei der 
vor wenigen Jahren von Hamburg aus veranstalteten 
Preisbewerbung gekrönt wurde, bekannt sein mag, bat 
in der bezeichneten Ouvertüre ein schönes und grossar- 
tiges Musikstück, voll von Würde und dramatischem 
Leben, geliefert, welches auf Oehlenschläger*s unserer 
jüngeren Generation wohl gänzlich unbekannte Schick- 
salstragödie angemessen vorbereitet und wahrhaft schöne 
Effecte enthält. Ref. gesteht, dass auch er mit dem Su- 

f'et jenes Trauerspieles wenig vertraut ist , und hegt die 
leberzeugung, dass die Ouvertüre bei näherer Kennt- 
niss desselben einen noch grösseren Eindruck machen 
und nach ihren Intentionen richtiger zu beurtheilen sein 
würde. Nichts desto weniger aber hat sie ihm, und 
gewiss auch Anderen, die mit ihm in gleichem Falle 
sind, eio schönes Bild einer ritterlichen und allehrwür- 
digen Heldenzeit gegeben und hinterlassen, dessen An- 
lage und Zeichnung an und für sich schon genug er- 
freuen, wenn man auch die Motive zur detaillirten Fär- 
bung und Ausführung überhaupt zu ergründen nicht ver- 
mag. Die Harmonisirang und Instrumentation dieses 
Werkes zeugen von einer sicheren und geübten Feder, 
und gaben in Verbindung mit des Componisten fester 
Leitung den Beweis, dass Letzterer ein tüchtiger Musi- 
ker ist, der, im rüstigen Mannesalter stehend, noch 
schöne Früchte seines Fleisses hoffen lässt. Mit der Aus- 
führung von Seiten unseres Orchesters und mit dem vom 
Publicum gespendeten Beifalle bat derselbe gewiss Ur- 
sache zufrieden zu sein. 

Von grossem historischen Interesse war die von 
Mad. Mortier de Fontaine vorgetragene Arie des Ab- 



bäte Rossi, ein Stück, das wir, obgleich es natürlich 
viel Veraltetes enthält, doch schwerlich in einer so frü- 
hen Zeit entstanden geglaubt baben würden , wenn nicht 
das Programm das Jahr 1686 als dasjenige , in dem es 
componirt worden, bezeichnet hätte. Die Arie ist, na- 
mentlich im langsamen Satze, sehr melodiös und klingt 
verhältnissmässig recht frisch. Mad. Mortier de JPoii- 
taine trug sie angemessen vor. Die Stimme dieser Sän- 
gerin , ein klangreieber Mezzosopran, entbehrt zwar nach 
oben zu der Egalität und Fülle ; allein die mittleren und 
tiefen Töne sind voll und schön, und würden gewiss 
noch schöner klingen, wenn sie nicht mit einer, leider 
bei Altistinnen und Mezzosopran-Sängerinnen bäufig be- 
merkbaren Manier an den Gaumen gedrückt nnd dadurch 
fast männlich würden. Die gute Schule der Künstlerin 
war übrigens im Vortrage beider Arien nicht zu ver- 
kennen, und ihre Leistungen wurden mit lebhaftem Ap- 
plause anerkannt. 

Die Herren Landgraf und Diethe (der Letztere 
Mitglied des hiesigen Orchesters) erwarben sich mit ih- 
ren Solo's auf der Clarinette und Oboe verdienten Bei- 
fall durch schönen Ton, so wie durch reinen und ge- 
läufigen Vortrag. 

Das kurze Finale der Oper Zemire und Azor, in 
dessen Sextett zwei der Sopranpartieen zweien Schülerin- 
nen unseres Conservatoriums zugetbeilt waren, wurde 
mit Unterstützung des Thomanerchors gut ausgeführt und 
erneuerte bei uns lebhaft den Wunsch, diese herrliche, 
seit einiger Zeit mit Unrecht vom Bühnenrepertoir ver- 
drängte Oper des Altmeisters Spohr recht bald auf un- 
serem Theater zu hören. 

Mozarfs Cdur- Symphonie mit ihrer grandiosen, 
trotz aller Verwickelung der Stimmen stets klaren und 
fasslichen Fuge, die bei so exaeter Ausführung immer 
die herrlichste Wirkung machen muss, bescbloss den 
Abend auf würdige Weise. Nur Eines möchte Ref., 
nicht tadelnd, aber warnend, bemerken, nämlich: dass 
die Piani , durch deren treffliche und gewissenhafte Be- 
achtung unser Orchester sieb ehrenvoll auszeichnet, doch 
etwas zu schwach genommen wurden. Die Zartheit ver- 
fehlt leicht den Effect, wenn darunter die Deutlichkeit 
leidet; und es fehlte in der That wenig, dass das Letz- 
tere der Fall gewesen wäre. L. R. 



F E 



UILLETON. 



Bei dem Universitits-Jubelfeste in Königsberg finden zwei vod 
den datige d aeademisehen Musikdirektor, Herrn Sämann, in der 
Domkirche an zwei verschiedenen Tagen aofge führte Cantatea: 
„Die Gründung der Universität' 4 und „Lather's Sieg" den meisten 
Beifall. Aber auch die von ihm ausserdem aufgeführten Composi- 
tionen am Vorabende, sowie seine Cantate bei der Legnng des 
Grundsteines au dem neuen UniversilaUgebÄude gefielen allgemein. 



Der Pariser Hornist Fivier hat ein Geheimniss erfunden« das 
ihn in den Stand setzt, auf jedem einfachen Horoe vierstimmig iv 
blasen. Die Poriser Academie des seiences hat sieh mit Enthül- 
lung dieses Geheimnisses beschäftigt, ohne bis jetzt das Problem 
lösen su können. Fivier hat eine Konstreise nach Deutsehland un- 
ternommen und sich namentlich in Frankfurt n.M. hören lassen. 



745 



1844. October. No. 44. 



744 



Ab die Stelle das verstorbenen Blum ist der bekannte Saugar 
Bader zum Regisseur 4er konigl. Oper io Berlin ernannt worden. 



Pauline Garcia-Viardot ist auf die sechs Wintermouate nach 
St. Petersburg für 109,tt00 franken eogagitt. 



Io Madrid gefiel eine neoe Oper: „Lastregaas de Tolcmaida* 1 
von dem spanischen Tensotzer Eeiaba t imleuer schon Mehrere 
Opera zieht ounn titfick auf die Banne gebrückt beU 



Die Augsborger Liedertafel veranstaltet für uaebstes Frülyuar 
eio groaaartiges Gesa og fest ; nan rechnet auf oogefäbr 1000 Singer. 

Io Wien haben sie auffcefunrt: ^sr Semmerue^tstruum'', 
ftatustisebes utibrebau , frei nach Shakespeare von EmJStraub* 
Musik tom CapelUueister SoappL — 



In Berlin ist die 
ebieek von dortigen 
fahrt werde«. 



j Aotigoae des Sophoeles n an mehr auch grle- 
Gymnasiasten Mit Mendelssohns Musik auffce- 



Ankündl^nngen, 



Im unserem Verlage erscheinen am 4. November mit Eigen - 
thumsreebt: 

Trois Horceauac favoris 

wir rOp^rt 

la Sirene de ü> F. E. Autor 

composes 
pour le Piano 
par 

Fran$ote llAnten* 

Op. 134. Eo trois Livraisoas. 
Lnipalg, im Ottober 1*44. 

BreltfLopf Jb HftrteL 



In mernem Verlag« etueheiut «■ il. Novbr. a. e. mit Eigen- 
thumsraeht Ar alle Lander, s msge — s mei Frankreicb nnd Englands 
FrMMfMa HÜntem, Oeuv. 135. VariatUnt krälantee sur U 
Polka nationale p. Piano. 

94. October 1844. 

C. F« Peter«, Bureau de Musique. 



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In der K. K. prir. National- Musik- Verlags- Anstalt des Johann 
Rteeordl in Mailand befindet sieb unter der Presse und wird 
ehestens erscheinen die mit so grossem Beifall aufgenommene Oper 

MZrnani 

vom Maestro «Joseph Ter dl, 

im vollständigen Ciavierauszug mit italienischem und] 
deutschem Texte. 

Diejenigen Unternehmer oder Theater-Directionen, welche ge- 
engte Oper deutseh oder italienisch auffuhren lassen wollen, kön- 
nen sieh deshalb an obigen Verleger wenden, der sie als ans« 
ichliesalioher Eigenthnmer dieser Oper mit der Partitur in beiden 
Sprachen y ersehen kann. 

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so wie alle übrigen Arrangements für Pranoforte allein nnd für 
andere Instrumente sind bereits im Druck erschienen. 

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la Heft: 4 Passions- und 3 Ostcrgesange. 

9a Heft: 9 Bosstags-, 9 Bimmelfahrtsfest- nnd 4 Pfiegstgertnge. 

3s Heft : 7 Gesänge znm Gebranehe an Dank- und Kirch weibfesten, 

am Reformationsfeste nnd bei der Feier znm Gedacht- 

nisa der Verstorbenen. 
4s Heft: 9 Advents-, 4 Weihnächte- und 9 Neujahrsgesinge. 

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Mendelssohn-Bartholdy, V^ 

Sechs zweistimmige Lieder (für 2 Sopransümmen) mit 

Begleitung des Pianoforte. 

Op. 03. Preis 1 Thlr. 3 Ngr. 

Beispielles MUIges Werk« 

allen Seminarien nur Einführung angelegen tliebat emptnUen: 

Die Kunst des Orgelspiels 

auf ihrem heutigen Standpunkte ; 
theoretisch- practische Anweisung für alle vorkommende 
Fälle im Orgelspiele, mit durchgängiger Pedalappli- 
catur und Bemerkung der Registernüge. 
Ein Lehrbuch 
für sich bildende Orgelspieler, insbesondere für den Un- 
terricht in Seminarien und Präparaten -Schulen. 

Bearbeitet nnd herausgegeben tu Gtmeinechuft seit 

W. Äörtier 

von 

A. Ct. Mtittter, 

Domorganist nnd Gesanglehrer sn Merseburg. 

Das Ganze aus 6 Lieferungen, a J Thlr., beatentud, wird 
bis Ostern 1843 vollendet sein. Da die Namen der Map. Sub« 
seribenten dem Werke vorsudrucken benbeiebtigt wird» sn bitte 
ich nm zeitige nnd genaue Anmeldung. 



Druck nnd Verlag von Breitkopf und Hörtet in Leipzig und anter deren Verantwortlichkeit. 



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ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 6 teD November. 



M 45. 



1844. 



Inhaltt Die neueren Liedercompoo taten. — Leopold von Meyer. — Nachrichten: Aus Berlin. Aus Leipzig. Au« Halle. — Feuilleton. — 
Ankündigungen. 



Die neueren Liedercomponisten. 

(Von Gnsttv Neuenbürg.) 

Est ist für jeden deutschen Sänger ein wohlthnendes 
Gefühl, wenn er hinter den deutschen Gesang- und na- 
mentlich Lieder-Compositionen einen Tondichter gewahrt, 
der nicht blos musikalisch phrasirt, declamirt; der die 
Stimme nicht mit Pianoforte-Gerassel und Geprassel be- 
lastet — sondern einen Gesangcomponisten, der das Wesen 
des Gesanges überhaupt und des deutschen Gesanges ins- 
besondere erkannt hat, der da weiss, dass der Text die 
Melodie vergeistigen, und die Melodie den Text beseelen 
soll , der wirklich stimmorganisch aus der Seele heraus« 
singt. — Wahr ist's : die neuere Zeit hat in der Musik 
das Lied in einer Weise und mit einem Weisse cultivirt, 
wie dies zuvor nie geschehen ist; zeigt sich der Deut- 
sche immer noch in vielfacher Beziehung als Nachahmer 
fremder Nationalität, so steht er doch jedenfalls eigen- 
thümlich da in seinen Liedern ; in ihnen spiegelt er sein 
ganzes Seelenleben in den verschiedensten Regungen ab. 
Es versteht sich ganz von selbst, dass auf dem deutschen 
Liederstrome gar Mancher herumsegelt, der dem Sturme 
der Zeit nicht entgehen wird. Wenn in den nächsten. 
20 Jahren auch nicht ein Lied mehr zur Hochzeit des 
Lebens einginge, wahrlich — wir hätten genug zu thun, 
wenn wir nur die wirklich guten Lieder aus der ganzen 
vorhandenen Masse heraussuchen wollten. Es gab eine 
Zeit, wo die Liedermasse zu übersehen war; jetzt ist 
man so überfluthet, dass von einer Universalkenntniss 
und Uebersicht derselben nicht fuglich mehr die Rede 
sein kann. Jeder Anfänger, kaum der Musikschule ent- 
laufen , tritt mit einer Liedersammlung in die Welt, und 
glaubt sich damit in die Unsterblichkeitsanslalt eingekauft 
zu haben ! 1 — man hält diese Compositionsgattung all- 
gemein für die leichteste, und doch ist sie, von künst- 
lerischem Standpunkte aus betrachtet, in That und Wahr- 
heit eine sehr schwierige ; ich stehe wohl mit vielen An- 
deren iu der Ueberzeugung fest, dass bei unserem jetzi- 
gen Culturzustande die Composition eines Liedes eine 
grosse Kunst ist, dass diese Kunst in unserer neueren 
Kunstwelt nie anders, als von gründlich gebildeten Künst- 
lern innegehabt und ausgeübt worden, dass aber auch die 
gründlichsten und gelehrtesten unter ihnen, wenn sie 
nichts weiter waren, als gründliche und gelehrte Ton- 
setzer, jederzeit nur kleinere oder grössere Missgeburten 
zu Tage förderten, — Soll die Kunsltbeorie der Praxis 

46. Jahrgang. 



nicht blos nachlreten, soll sie auch dem schaffenden Künst- 
ler nützen, so muss sie aus der Praxis zwar erwachsen, 
aber, wie die Moral- und Religionspbilosophie über die 
Empirie hinausgehen, einen Schritt weiter wagen; sie 
soll die Kunst idealisiren , sie soll die Kunst auf ihre ra- 
tionalen Principien in der Natur des menschlichen Gei- 
stes und Gemütbes zurückführen, soll ihnen wissenschaft- 
lichen Gehalt und wissenschaftliche Begründung geben. 
Somit will ich denn nicht zuerst fragen : was thun unsere 
Liedercomponisten? — Nein — ich frage vorerst: was 
sollten sie bei der Wahl der Gedichte allgemein hin be- 
rücksichtigen? Mit Recht unterscheidet man schon längst 
in jedem Gedichte die Gedaukeneinheit von der Empfin- 
dungseinheit. Je nachdem die Poesie entweder einen be- 
stimmten Gegenstand nachahmt, wie die bildenden Künste 
thun, oder je nachdem sie, wie die Tonkunst, blos einen 
bestimmten Zustand des Gemüths hervorbringt, ohne dazu 
eines bestimmten Gegenstandes nöthig zu haben, kann sie — 
plastisch oder musikalisch genannt werden. Der letztere 
Ausdruck bezieht sich also nicht blos auf Dasjenige, was 
in der Poesie wirklich und der Materie nach Musik ist, son- 
dern überhaupt auf alle diejenigen Effecte derselben, die sie 
hervorzubringen vermag, ohne die Einbildungskraft durch 
ein bestimmtes Object zu beherrschen. Sofern also die 
Dichtung nur Empfindungen darstellt , wirkt sie wie die 
Tonkunst und hat musikalischen Gehalt. Das musikalisch- 
gehallvolle Gedicht ist aber deswegen noch nicht com- 
ponibel, kann sogar durch eine von aussen hinzukom- 
mende Musik verunstaltet werden; es ist ein für sich 
bestehendes Kunstwerk. Das componible Gedicht muss 
nun natürlich musikalischen Gehalt haben, ist aber durch- 
aus nicht ein in sich abgeschlossenes Kunstwerk, sondern 
erwartet erst seine Vollendung durch die Tonkunst und 
ist durch musikalische Pormalistik bedingt. Eine wettere 
Exposition ist hier überflüssig, da ich schon vor 10 Jah- 
ren in der „Caeoilia" den quaest. Gegenstand näher in 
Erwägung gezogen habe. — Soll also irgend ein Gedicht 
componirt werden, so muss es im obigen Sinne auch 
wirklich componibe! sein ; es kann aber diese Eigenschaft 
in hohem Grade haben und doch als Lied sehr fehlerhaft 
sein. Soll nämlich die zu erfindende Melodie auf alle 
Verse passen, jo muss die Dichtung eine gewisse Em- 
pfindungseinheit haben, und nicht ganz heterogene Ge- 
fühle und Vorstellungen erwecken; ist dies der Fall, so 
muss schlechthin jede Melodie, die dazu erfunden wird, 
anwahr sein; denn eine und dieselbe Melodie kann wohl 

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1844. November. No. 45. 



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verwandte, nicht aber entgegengesetzte Gefühle erwecken, 
wenn sie anders prägnant characteristiscb ist. — Das Ge- 
dicht kann aber drittens coroponibel (im obigen Sinne) 
sein; es kann auch von einer Empfindungseinheit durch- 
zogen werden und abermals in Beziehung auf Vocal- 
Colorit mangelhaft sein. Findet man die beiden ersten 
Forderungen an unseren deutschen Liedergedichten oft 
erfüllt, so haben nur die wenigsten Dichter einen rech- 
ten Begriff von der hohen Wichtigkeit des musikalischen 
Sprach- Colorifs, und doch ist gerade der musikalische Ge- 
sangeffect wesenllicb bedingt durch schönes Vocal-Colorit. 
Dies ist schon anderweitig, und namentlich von Nägeli, 
richtig erkanut und gewürdigt, zur Zeit aber noch wenig 
berücksichtigt worden ; man ist in dieser Beziehung schon 
froh, wenn im Allgemeinen die Sprache fliesseud, der 
Reim richtig ist; um nur ein Beispiel zur Verdeutlichung 
zu bringen, so denke man sich ein Lied für Sopran, in 
welchem etwa die Vocale i, ü oder u vorherrschend 
wären: auch die an sich schönste Melodie würde im 
Munde einer Sopranistin effectlos werden. Man hält frei- 
lich die Melodie oft nur für ein schönes Gewand, wel- 
ches der Poesie angetban wird ; allein man bedenkt nicht, 
dass die Gewänder, die den Körper des Gedichtes um- 
kleiden, schon an sich sehr mannichfacb sind, von einem 
Melodie - Gewände in der Einheit also gar nicht füglich 
die Rede sein kann. Erstens bilden die Vocale in ihrem 
harmonischen Wechsel ein Laut-Colorit, das auf unser 
Ohr gerade die Wirkung thut, wie auf das Auge ein 
schön wechselndes Farbenspiel. Zweitens werden diese 
Vocale mit Ton überkleidet. Dadurch gewinnen wir einen 
fortgesetzten Doppelschimmer, wodurch auch unser Ohr 
immer doppelt berührt wird. Drittens thut dieser Doppel- 
schimmer von Sprachlaut und Sington sich vermöge des 
Stimmorganes und der Composition auch immer auf dop- 
pelte Weise kund, theils declamatorisch , vom Muude 
springend, theils und ula torisch , vom Monde fliessend. 
Viertens gewinnt dieses am componirten Liede haftende 
Doppelwesen in der Vortragskunst eine ästhetische Mehr- 
deutigkeit durch den geschwellten, gehaltenen, geschleif- 
ten, gestossenen Ton; und fünftens ist ja der Effect des 
melodischen Gehaltes noch sehr wesentlich bedingt durch 
eine obligate Instrumentalbegleitung. 

Betrachten wir nun von diesem Standpuncte aus die 
Compositionsweise der neueren Lieder-Componisten , so 
möchten sie sich füglich in 2 Hauptgattungen ein tb eilen 
lassen ; ich ignorire natürlich die faden Singereien, wel- 
che höchstens cantabel, aber ohne tiefere Texterfassung 
sind; ich berücksichtige hier nur diejenigen Liedercom- 

E misten, welche wirklieb ein höheres Kunslstreben be- 
unden und die Liederform für perfectibel erkennen. Das 
ehrenwerthe Streben dieser Künstler wollen wir näher 
ins Auge fassen. 

Unsere Lieder-Componisten haben entweder gründ- 
liche Gesangstudien gemacht — (das sind, mit Betrüb- 
niss sei es geklagt — die allerwenigsten !>, oder sie hal- 
ten die Stimme für ein gewöhnliches Instrument (das 
sind — ■ gerade heraus gesagt — die allermeisten!). — 
Wenn die Ersten sprechen : wir wollen italienische Gan- 
tabilität mit deutscher Gharacteristik verbinden $ wir wol- 
len eine Melodie in den Mund des Sängers legen, die in 



den verschiedenen Versen auch verschiedene Vortrags- 
Modificationen zulässt; wir wollen dem Dichter Genüge 
leisten, aber die musikalische Form festhalten ; wir wol- 
len dem Sänger genügen, und dem Accompagnisten nicht 
Effecte geben, die Declamation und Melodie beeinträch- 
tigen — so meine ich, die wandeln auf rechten Wegen ; 
die werden bei schön ausgebildeten Naturgaben ein schö- 
nes und auch ein hohes Ziel erreichen ; die werden auch 
schon in der Mitwelt Anerkennung und Lebensglück fin- 
den; die werden auch bei der Nachwelt in gerechten 
Ehren bleiben ; ich liebe sie als Sänger mit ganzer Seele ! 
— Die Anderen sagen : wir nehmen alle diese Rücksichten 
auf den Sänger nicht, wir fragen nichts nach der Can- 
tabilität, wir lassen der Fantasie freien Spielraum; das 
geistreichste Gedicht ist uns das erwünschteste ; wir geben 
jedem Gedichte seine ihm eigentbümlicbe Musikform, was 
die Singmelodie nicht ausdrücken kann, das ersetzen wir 
durch sinnreiche complicirte Pianoforteeffecte und erwei- 
tern somit das Kunstgebiet in's Unendliche. Wohl ge- 
sprochen, ihr Freunde und Kunstbrüder; — ich ehre 
euer Streben, weil euere Kunstüberzeugung Achtung ver- 
dient — aber ich meine: ihr verkennt das Wesen des 
Liedes ; der ästhetische Effect wird auf solche Weise nicht 
etwa concentrirt in declamatorisch- melodischer Schönheit, 
nein, er wird zersplittert; denn euere Lieder-Accompagne- 
ments sehen oft aus wie Pianofortestudien, und euere 
Lieder-Melodieen sind nicht durch die menschlicbe Stimme, 
nein, sie sind blos durch das Pianoforte bedingt; darum 
lese ich wohl* gern in der Stille euere beziehungsreichen 
Notenschriften — aber ich fühle keinen inneren Drang, 
sie als Sänger in's Leben zu rufen. Es ist ja nicht ge- 
nug, sagte schon Lessing , dass ein Kunstwerk Wirkun- 
gen auf uns bat , es muss auch die haben, die ihm, ver- 
möge der Gattung, zukommen ; ich muss keinen Scheiter- 
haufen anzünden, um eine Mücke zu verbrennen. Das 
solltet ibr beherzigen ; drum gebt uns echte Lieder-Melo- 
dieen, mit angemessenem Pianoforte- Accompagnement , 
d. h. mit so viel Pianoforte-Effect, als nöthig, aber nicht: 
mit so viel, als nur irgend möglich ist. — 



Leopold von Meyer. 

Frankfurt a. M. Dieser Pianist , welcher in diesem 
Momente Aller Blicke auf sich zieht, obgleich Döhler, 
Moscheies, Rosenhain u. A. in unseren Mauern weilen 
(zu vergleichen mit No. 43 dieser Blätter), ist eine so 
neue Erscheinung in Deutschland, dass ich mit Vergnügen 
die Gelegenheit ergreife, ihn zuerst meinen Landsleuten 
vorzuführen. 

Es macht immer einen eigenen Eindruck, wenn Män- 
ner, die uns früher unbekannt waren, mit einem Male 
unter uns treten und dieselbe Aufmerksamkeit herausfor- 
dern, gleich Denen, die wir bis zu ihrem Zenith verfolgt 
haben. So trat Meyer plötzlich unter uns, „man wusste 
nicht, woher er kam/* und musste, was diesmal keine 
Kleinigkeit war, sich inmitten so vieler gefeierten Illustra- 
tionen als ihren Collegen legitimiren, bevor er ein Wort 
mitsprechen durfte. Ich gestehe, es mag empfindlich sein, 
seinem alten bewährten Ruhme plötzlich durch einen 



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Fremdling so uaue Ireten zu sehen, als wollte er sprechen : 
„Komm und ibeile mit mir", und es bedarf gerade kei- 
nes Prima Donnen-Neides, um hier nicht ein wenig ausser 
Fassung zu kommen; deshalb auch musste Meyer einige 
Jahre auf seine eigene Krall fassen, bis er sieb die all- 
gemeine Anerkennung gewann. Ich weiss in der Tbal 
nicht, was ich am Meisten an Meyers Spiel hervorheben 
soll, ob es sein einschmeichelnder, perlenbafter, ich möchte 
sagen sylpbenhafter Vortrag ist, oder die imponirende Ge- 
walt seines Anschlags, oder die ganz eigenen Verbindun- 
gen fremdartiger Accorde, oder die eminente Gorrectbeit, 
eine heut zu Tage so oft verletzte Tugend, wenn sich 
der Geist über den Materialismus erhaben däucht und 
diese. Correctheit (sehr bequem) gleichsam verachtet, oder 
die seltene Behandlung seines Trillers, den man nicht 
anabhängiger und eleganter machen kann, oder seine 
exemplarische Rübe bei dem Allen. Vielleicht ist's die 
Vereinigung von Geschmack und vollendeter Technik , die 
uns gleich a priori in seine Kreise zieht. Was mich 
aber nicht minder gefreut hat, ist, dass er nicht ängst- 
lich nach dem Taufscheine des Instrumentes fragt, auf 
dem er spielen will, und dass er es hier mit Streicher 
hält, der mir, was Poesie des Tones betrifft, .noch immer 
am Besten gefallt. Meyer probirt sein Ciavier niebt mit 
den Ellenbogen, und dennoch donnert er nicht minder, 
als Zeus-Liszt. Ein Beweis von einem kräftigen und 
dabei humanen Anschlage, bei welchem Virtuos und 
Werkmeister bestehen können. Habe ich bei dem Allen 
eine Ausstellung, so ist es die, dass Herr v. Meyer bis 
jetzt nur seine eigenen Sachen spielte und uns nieht 
auch selbständige Compositionen grosser Meister vorge- 
führt hat, indem jede Technik, mag sie auch noch so 
vollendet sein, doch nur immer das Mittel bleibt, die 
höheren Zwecke der Kunst zu erfüllen! Wie schon 
früher angedeutet, spielte er zwischen den Polka's und 
Tarantellen des Wiener Kinderballets , spielte privatim 
im Hause Mozart (Andre's neuem Etablissement), spielte 
bei der Gräfin Soltikof - Gudewitsch , und gestern am 
2. October im Theater 4 Pieren seiner Composition von 
verschiedenartiger Färbung: ,,Fantasieen über Tbema's 
aus Lucrezia und Norma, russische Lieder, und Carneval 
von Venedig/' Er ist meines Wissens der Erste, der 
Paganini's ErGndung, dieses Thema bald grandios, bald 
einschmeichelnd und bald koboldartig neckend zu behan- 
deln , auf das Ciavier übertrug. 

Ich übergebe die Richtersprüche der englischen, tür- 
kischen, russischen und der Wiener Blätter, da sie nur 
auseinandergesetzte Wiederholungen meines eigenen hier 
zusammengedrängten Urtheils sind. Aber da ich vertrauter 
Mittheilung sowohl, wie dem Inhalte des englischen Jour- 
nals „The maestro" vom 27. Juli 1844 die künstlerischen 
Data und Fala Herrn von Meyer 9 s zu verdanken habe, 
und es immer interessant bleibt, den Lebenslauf berühm- 
ter Männer bis an seine Quelle zu erforschen, so ergreife 
ich gern die Gelegenheit, die kurze, aber durch so plötz- 
lichen und anhaltenden Sonnenschein merkwürdige Bio- 
graphie des Herrn von Meyer der musikalischen Welt 
mttzutheilen. 

Leopold von Meyer, ein geborener Wiener und erst 
28 Jabre alt, ist der Sohn eines k. k. Hofralhs, und 



wurde bis zu seinem 17. Jabre zur Cameral- Wissenschaft 
angebalten. Doch nöthigten ihn der Tod seines Vaters 
und andere hier nicht in Kürze zu entwickelnde Schick- 
sale, diese Bahn zu verlassen, und sich einer Kunst zu 
widmen, die bisher sein ernstes Studium versüsst hatte. 
Da er schon als Academiker durch Sein Pianospiel zu 
einem gewissen Renommee gelangt war, musste das In- 
teresse der Wiener jetzt um so grösser sein, da Meyer, 
nachdem er 2 Jahre unter Schubert, Fischhof and Czerny 
studirte, nun plötzlich öffentlich auftrat. Die glänzenden 
Erfolge eines jungen Künstlers, dessen Vater noch vor 
Kurzem der Krone attachirt war, mussten bald die Auf- 
merksamkeit des Kaisers auf sich ziehen, von welcher Zeit 
an sich auch die Glücksgöttin seinen Bestrebungen hold 
zeigte. Von allen Seiten aufgemuntert und gedrängt, un- 
ternahm er in seinem 19. Jahre seine erste Reise nach 
Bucharest, woselbst sich sein ältester Bruder als fürstli- 
cher Leibarzt befindet. Der Beifall, den er sich hier in 
zwei Concerten unter der Aegide des kunstsinnigen Für- 
sten erwarb, war der Sporn, der ihn in die Welt trieb. 
Von Jassy, wo er nicht minder glücklich war, flog 
Meyer nach Odessa, wo er noch am Abende seiner An- 
kunft, dem Wunsche des Fürsten Nicolaus Galitzin ge- 
nügend, in einem Concerte für die Armen spielte, wel- 
ches die Gräßn IVoronzow (die Gemahlin des General- 
Gouverneurs von Kleinrussland) patronisirte. Durch den 
Ruf seiner Ankunft wurde er ein eigenes Concert zu ge- 
ben veranlasst, zu welchem nach kaum bekannt gewor- 
dener Anzeige sogleich alle Plätze bestellt waren. Die 
Einnahme betrug 5000 Rubel, und ein weiteres Concert 
in der Börsenhalle hatte denselben Erfolg. Von Odessa 
reiste er mit dem Grafen IVitte (General eu Chef der 
russischen Cavallerie) nach St. Petersburg, wo er noch 
an demselben Abende vor den Majestäten spielen musste. 
Bald darauf gab er ein grosses Concert im Theatre im- 
perial, welches nicht weniger als 13,000 Rubel eintrug 
und vou der ganzen kaiserlichen Familie, dem Kronprin- 
zen von Preussen (dem jetzigen Könige) und der Elite 
des russischen Adels besucht war. Nachdem Meyer, so 
von allen Seiten fetirt, bei den ersten Notabililäten ge- 
spielt hatte, wurde er von Seiten des kaiserlichen Hofes 
in Begleitung eines kostbaren Diamantrings mit der Er- 
nennung eines Pianisten des russischen Hofes und eines 
Ehrenmitgliedes der philharmonischen Gesellschaft zu St. 
Petersburg beehrt. ' Auch erhielt er nebst Lipinsky eine 
Einladung zu dem grossen Militärfes! im Lager zu Wos- 
nesensk. Als Meyer s rastloses Verlangen, die Welt zu 
durchfliegen, ihn nach Moskau trieb, wo sein vorsage- 
eilter Ruf ihm die glänzendste Aufnahme vorbereitete, 
besuchte er noch verschiedene Provinzen Russlands und 
rastete in der Wallachei, woselbst ihn der regierende 
Fürst einlud, mit ihm nach Constantinopel zu reisen, um 
dort vor dem Sultan zu spielen. Unter solchem hoben 
Schutze angekommen, blieb er drei Monate lang im Hause 
des englischen Gesandten Sir Stratford Canning, durch 
welchen er auch wirklieb Audienz beim Sultan erhielt, und 
sogar mehrmals im Harem und vor der Mutter des Sultans, 
der Sultanin Valide, spielte. Der europäischen Civilisation 
des Orients hat der Künstler die glänzenden ßeweise von 
Freigebigkeit wobl nicht weniger zu verdanken, als sei- 



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nem eigenen Verdienste. Unter anderen werthvollen Ge- 
genständen erhielt er eine prächtige Tabati&re in Brillan- 
ten. Seitdem schnupft er auch. Bemerkenswert h ist, dass 
der grosse Padiscbah, der gewaltige Beherrscher des Halb- 
monds, selbst recht artig Ciavier spielt, und mehrere Da- 
men des Harems, durch Meyer** Spiel animirt, sieb In- 
strumente von Wien kommen Hessen. Seinen Weg in 
die Vaterstadt zurück bezeichnete er durch glanzende Er- 
folge in seiner vorangeschrittenen Kunst. Er hatte es ^ich 
vorgenommen , rastlos zu wirken , und seine gute Con- 
stitution erlag diesen Bestrebungen nicht. Es ist begreif- 
lich, dass man nun in Wien sehr begierig war, den 
Landsmann zu hören, der im Auslande den Credit der 
Wiener Schule steigerte. Das beweisen sieben Concerte, 
die er hinter einander meistens in. Gegenwart des gan- 
zen Hofes gab, und in deren Folge er zum Pianisten des 
Kaisers von Oesterreich und zum Ehrenmitgliede des Wie- 
ner Conservatoriums ernannt wurde. 

Nun schien es ihm Zeit, das Land zu besuchen, wo 
die Noten schwerer in's Gewicht fallen, als in Deutsch- 
land, und wo schon so manchem Musensohne das wan- 
kende Glück wieder lächelte. Er ging nach England. Es 
würde zu weit führen, alle Erfolge aufzuzählen, die Herrn 
v. Meyer in der verwöhnten Welt- und Geldstadt zu 
Theil wurden, oder alles Lob zu citiren, das ihm die 
Journale : The musical Examiner , die Times , Morning 
Chronicle, Morning Post und Herald spenden. Es genüge, 
zu erfahren, dass der Künstler in London selbst 31 Mal 
und in den Provinzen in einem Monat 42 Male gespielt 
hat, welches nur dadurch zu erklären ist, dass er nebst 
der italienischen Gesellschaft, wobei die Namen Grat, 
Favanti, Persiani, Lablache, Fornasari und Mario prang- 
ten, von Beale für die Provinzen Manchester, Liverpool, 
Wellington u. s. w. gewonnen wurde, wo natürlich oft 
zwei Concerte in einem Tage Statt finden mussten. Seine 
Concerte in London selbst wurden häufig von der Köni- 
gin und dem Prinzen Albert, dem Herzog von Cambridge 
und der Cröme des Adels besucht. In einer Soiree des 
Herzogs von Devonshire bezeugte ihm der Kaiser von 
Russland persönlich die huldvollste Anerkennung. Jetzt 
wird Meyer nach Belgien und Paris wandern, dann aber 
nach der Union übersegeln. 

Ich setze nichts weiter hinzu, als dass, wo so all- 
gemeine Beweise von Bewunderung gezollt werden, wirk- 
liche Verdienste sein müssen , welche Herr v. Meyer 
durch sein Spiel, wie durch die Originalität seiner Schreib* 
art überall bewähren wird. 

Schliesslich dürfte ein Citat seiner bei Haslinger, 
Diabelli und Mechelti erschienenen Compositionen allen 
Liebhabern des Pianofortespiels willkommen sein. Fanta- 
sie über Lucrezia. Fantasie über Puritani. Nocturne. Re- 
tour et däpart. Nocturne. Hortense. Air russe. Cahier I. 
Air russe. Cahier II. Air bohemien. Air turque. Baja- 
zetb. Air turque national goerrier. Galop de bravoure. 
8 Cabiers Bravour- Valses. Nocturne ans Edur. Noc- 
turne, gewidmet der Gräfin fVoronzow. Casta diva de 
l'Opera Norma (Air varie). Ouvertüre de Freischütz, ar- 
ran»6e pour le Piano. Fantaisie sur la Norma. Carneval 
de Venise, arrange pour le Piano. C. G. 



Nachrichten. 



Berlin. Es ist endlich Zeit, dass ich mein langes 
Schweigen breche und Ihnen nun wieder regelmässige 
Mittheilungen über das hiesige Musikwesen mache. Wie 
Ihnen bekannt ist, verliess ich Berlin vom 19. Juli bis 
3. September d.J. , indem ich in Dresden, wenn gleich 
bei meistens sehr ungünstigem Wetter, durch Genuss der 
schönen Natur and Kunst meine Gesundheit zn befesti- 
gen suchte, was mir auch gelungen ist. Neu gestärkt 
hierher zurückgekehrt, fand ich ein so reges Treiben 
von Fremden und Einbeimischen, durch die Gewerbe- 
Ausstellung, später auch durch die Blumen- nnd Kunst- 
Ausstellung von Gemälden nnd Bildwerken veranlasst, 
dass ich mich erst von den täglichen Zerstreuungen und 
zu ordnenden literarischen Angelegenheiten zurückziehen 
nnd mich orientiren musste, ehe ich zur ruhigen Be- 
obachtung gelangen konnte. Vom Juli und August kann 
ich nur im Allgemeinen anzeigen, dass eine neue Oper 
„Mara" von Netter, welche Sie nun auch in Leipzig 
kennen gelernt haben, mit Beifall, unter Leitung des 
Componisten 2 — 3 Mal gegeben wurde. Die Damen Tuezeck 
und Marx sind von ihren Urlaubsreisen zurückgekehrt. 
Dem. Kunth hat die Agathe und Norma, Dem. Basini 
Annchen im Freischütz und Adine als Gastrolle gegeben. 
Dem. Jazede aus Hamburg bat als Adine im Liebes- 
trank , Norma , Donna Aona im Don Juan, Elvira in den 
Puritanern, ferner als Margarethe in den „Hugenotten" 
mit Beifall Gastrollen gegeben, ohne indes* so tiefen 
Eindruck zu bewirken, als Mad. Palm, geborne Spatzer, 
welche im August und September Gluck 9 s „Ipbigenia in 
Tauris," die Antonina im „Belisar," die Elvira im „Don 
Juan,* 4 Valentine in den „Hugenotten" und Norma vor- 
trefflich ausführte. Die reine Intonation, wohlklingende 
Stimme und der edle Vortrag dieser Sängerin, welche 
nur im Spiel etwas zu ruhig ist, gefiel allgemein, nnd 
erregte den sehnlichen Wunsch, diese Künstlerin für die 
k. Oper gewinnen zn können. — Dem. Marx trat als 
Gabriele in C. Kreutzer'* „Nachtlager von Granada", 
zugleich mit dem hier engagirten Bassisten Krause vom 
Münchener Hoftheater, wieder auf. Hr. Kraute ist als 
geborener Berliner und früheres Mitglied der Sing- Akade- 
mie hier sehr befreundet und geachtet. Als Künstler hat 
sich derselbe , vorzüglich im dramatischen Gesänge, sehr 
ausgebildet; seine eigentliche Bariton -Stimme ist beson- 
ders in der Höhe wohlklingend, rein nnd stark, auch in 
den Mitteltönen sonor und ausreichend bis zu massiger 
Tiefe in Bass-Partieen. Die Aussprache ist ungemein 
deutlich und frei von störendem Dialect, auch die Dar- 
stellungsweise des tüchtigen Sängertf natürlich und rou- 
tinirt, nur nicht immer leicht genug. Am günstigsten 
für Hrn. Krause war die Rolle des Jägers in dem ,, Nacht- 
lager von Granada," welche Oper durch ihn neues In- 
teresse und Leben gewann. Die zweite Debutrolle die- 
ses Sängers als Richard Forth in den „Puritanern" sagte 
ihm weniger zu, als die des Figaro in der Mozart'schen 
Oper, welche im Ganzen höchst gelungen ausgeführt 
wurde. Die Damen Marx und Tuezeck genügten ganz 
den Rollen der Grafin und Susanne. Nur der Page liess 
mehr Ausdruck im Gesänge und mehr Freiheit in der 



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1844. November. No. 45. 



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Bewegung zu wünschen übrig. Eine Anfängerin von guter 
Stimme und nicht ohne Talent, Dem. Burghardt, gab 
diese Rolle und (besser) die Adalgisa in der Oper Norma, 
für die Folge Hoffnungen erweckend. 

Znm Besten der durch Ueberschwemmung Notlei- 
denden in Weslpreussen hatte der MD. Julius Schneider 
die Aufführung von Haydn's „Schöpfung" in der Garnison- 
kirche, und die Sing -Akademie eine geistliche Vocal- 
Musikaufführung mit dem günstigsten Erfolge veranstal- 
tet. — Die Königsstädtische Bühne eröffnete die italieni- 
schen Opernvorstellungen mit der Oper: „II Templario" 
von Otto Nicolai, welche indess nur als eine geschickte 
Compiiation vieler Reminiscenzen von Rossini* Bellini 
und DonixeUi Anerkennung fand, zugleich aber Verwun- 
derung erregte, dass ein deutscher Componist solche 
Selbstverleugnung ausüben konnte, um zu effectuiren und 
in Italien Beifall zu erlangen. Die hiesige neue Opern- 
gesellsehaft zählt nur einige ausgezeichnete Mitglieder, 
namentlich die Signora SchieronuNulli als Prima Donna, 
mit reiner, ziemlich starker Sopranstimme von massigem 
Umfange in der Höbe, guter Gestalt und mimischem Aus- 
drucke begabt, ferner den Tenoristen Borioni und den 
Baritonisten Milrowich, Letzterer von vorzüglich starker, 
jedoch wenig ausgebildeter Stimme. — Die zweite neue 
Oper war der wenig ansprechende „Nabucodonosor" 
(JVebukadnezar) mit Musik von Giuseppe Verdi, Bei den 
melodischen Vorzügen dieser, auch «teilweise nach Cba- 
racteristik strebenden Composition, bat solche den Fehler 
der neuesten italienischen Tonsetzer, durch die Ueber- 
ladung der Instrumentation , vorzüglich durch Missbrauch 
der Blechinstrumente im Orchester und auf der Bühne, 
effectuiren zu wollen, wobei der Gesang oft völlig ver- 
deckt wird und die Stimmen der Sänger ruinirt werden. 
Ist dieser Missbrauch Schon bei den französischen Com- 
ponisten zu tadeln (namentlich bei Berlioz), so haben 
diese doch noch mehr dramatische Motive dazu, als der 
blos frappirende Lärm, den nun sogar die sonst so weich- 
lichen Italiener lieben. Uebrigens ist Verdi als ein nicht 
gewöhnliches Talent anzuerkennen. — Die Ausführung 
der Oper war theilweise gut, theilweise ungenügend, im 
Ganzen mittelmässig. Sgr. Bamonda war der anstrengen- 
den Titelrolle nicht ganz gewachsen, tbat indess das Mög- 
lichste Dach Kräften. Vorzüglich war Sgr. Mitrmoich als 
hebräischer Oberpriester. Die heroische Frauenrolle der 
Abigail wurde mit Feuer und Ausdruck von der Signora 
Schieroni ausgeführt. Auch die zweiten Sängerinnen, Sga. 
Remorini und Ricca, und der Tenorist Landi genügten 
billigen Ansprüchen. Das Ensemble war indess weniger 
gut , als man es sonst von italienischen Sängern gewöhnt 
ist. Noch ist Lucia di Lammermoor von dieser Gesell- 
schaft zur Aufführung gekommen, ohne den früheren 
Enthusiasmus zu erregen. Fast scheint diesem Opern- 
personal ein eben so wenig günstiges Prngnosticon ge- 
stellt werden zu können, als „ voriges Jahr, nach dem 
Abgange der Sga. Assandri und des Tenoristen Gardoni, 
der Herren Moriani und Rubini nicht zu gedenken , wel- 
che nur als Gäste mitwirkten. — 

Meyerbeer und Spontini sind wieder hier anwesend. 
Ersterer soll seine neue Composition der Festoper zur 
Eröffnung des Opernhauses am 7. Decrmber d. J. (die 



Dichtung ist, der Sage nach, von L. Tieck uni Rellstab) 
fast beendigt haben. Welche erste Sängerin und welcher 
Heldentenor uns noch zu Tbeil werden wird, ist bis jetzt 
ein Gebeimniss. In Dresden hiess es, Fräulein Lina aus 
Stockholm , eine schwedische Sängerin von trefflicher 
Stimme , erlerne die deutsche Sprache, um hier in der 
grossen Oper zu debütiren. — Zu woblthätigem Zwecke 
wird Tieck' s „gestiefelter Kater" im Concertsaale des 
K. Schauspielhauses reproducirt, wo auch nächstens die 
französischen Theatervorstellungen beginnen werden. 

Der geschätzte Violinist Prume ist hier angekommen, 
um sich in Concerten hören zu lassen. 



Leipzig, den 31. October 1844. Ein Rückblick auf 
die im Monat October hier Statt gefundenen musikalischen 
Aufführungen lässt uns, wenn wir von den Abonnement- 
concerten abseben (über welche allwöchentlich in diesen 
Blättern speciell berichtet wird), bei zwei Productionen 
länger verweilen , die das Interesse des Kunstfreundes 
vorzugsweise in Anspruch nahmen, weil sie von dem rü- 
stigen Vorwärtsschreiten zweier musikalischer Bildungs- 
anstalten ein erfreuliches Zeugniss gaben. 

Wir meinen damit' zunächst die am 18. d. M. im 
Saale des Gewandhauses vor einem Kreise eingeladener 
Zuhörer gehaltene Hauptprüfung der Schüler und Schüle- 
rinnen des hiesigen Conservatoriums der Musik. Die 
Gründung dieser Anstalt verdankt Leipzig besonders der 
Gnade unseres Königs, der die Zinsen eines beträchtli- 
chen, von einem unserer kunstsinnigsten Mitbürger zn 
Beförderung der Kunst oder Wissenschaft im sächsischen 
Vaterlande ausgesetzten und der Verfügung des Königs 
überlassenen Legates für sie ausschliesslich bestimmte. 
Zu Ostern 1843 unter Mitwirkung Mendelssohns eröff- 
net, bat diese Musikschule seitdem ihrem Ziele, der We- 
ckung und Bildung musikalischer Talente, eifrig und wür- 
dig entgegen gestrebt, und nimmt bereits jetzt, nach so 
kurzem Bestehen, einen ehrenvollen Platz unter ähnlichen 
Instituten Deutschlands ein. Der theoretische Unterriebt 
wird in drei Classen erlbeilt und in drei Jahren vollendet; 
er umfasst als Gegenstände: Harmonielehre, Formen- und 
Compositionslebre , wobei namentlich Analyse classiseber 
Werke, Instrumentenkenntniss und Instrumentirung in's 
Auge gefasst wird, ferner Partiturenspiel, Directionskennt- 
niss, Vorträge über Geschichte und Aesthetik der Musik, 
Akustik u. s. w. und endlich italienische Sprache für ange- 
bende Sänger und Sängerinnen. Der practisehe Unterricht 
dagegen erstreckt sich auf Chor- und Sologesang, und 
auf alle Instrumente, vorzugsweise jedoch auf Pianoforle, 
Geige (beides in drei Classen), Orgel (in zwei Classen). Als 
ordentliche Lehrer fungiren die Herren Organist C F. 
Becker, Concertmeister David, Musikdirector Gade, Mu- 
sikdirector M. Hauptmann, Dr. [Bob. Schumann (im ver- 
gangenen Winter auch Herr Musikdirector Ferd. Hiller) 
und als Gesanglebrerin Frau Bünau geb. Grabau. Ausser 
diesen ertbeilen noch sieben ausserordentliche Lehrer theo* 
retiseben und practiseben Unterricht. Bereits im ersten 
Halbjahre seines Bestehens zählte das Conservatoriom 44 
Schüler und Schülerinneu, und seitdem ist deren Zahl 
immer. gestiegen , so dass sie gegenwärtig 53 beträgt, 



755 



1844. November. No. 45. 



756 



worunter sich auch mehrere Ausländer befinden. Um ei- 
nerseits das Interesse der Musikfreunde lebhaft zu erhal- 
ten, andererseits den Zöglingen selbst Gelegenheit zn ge« x 
ben , die natürliche Sehen vor der (Öffentlichkeit ihrer 
Leistungen überwinden zu lernen« veranstaltet das Direc- 
torium halbjährlich eine Prüfung, zu welcher es durch 
Karten einladet Eine solche Prüfung vereinigte nnn in 
den Abendstunden des bezeichneten Tages eine beträcht- 
liche Anzahl von Zuhörern nnd war in der That geeig- 
net, eine höchst günstige Meinung von dem verdieustli- 
chen Wirken des Instituts und eine aufrichtige Freude 
über die unverkennbaren Fortschritte der Schüler und 
Schülerinnen zu erwecken. Eine specielle Besprechung 
der einzelnen Productionen der Letzteren würde uns zu 
weit führen; wir bemerken daher blös, dass der erste 
Satz der Ddur- Symphonie von Beethoven und die Ouver- 
türe >, Die Hebriden** von Mendelssohn ausschliesslich 
von Schülern des Conservatoriums (mit alleiniger Unter- 
stützung eines von einem Orchestermitgliede gespielten 
Contrabasses) ausgeführt wurde, wobei die Blasinstru- 
mente in Ermangelung einer hinreichenden Zahl von 
Schülern, die dergleichen vorzugsweise eultiviren , durch 
zwei Pianoforte ersetzt wurden. Auch bei den Solovor- 
trägen war die Orchester- und Quarteltbegleitung nur 
von Zöglingen des Conservatoriums hergestellt. Als So- 
lospieler nennen wir die Herren Oehmigen y Zahn und 
Meyer , welche auf der Violine Sätze aus dem Emoll- 
Concert von Spohr, dem Militärconcert von Lipinsky 
und dem E moll - Concert von David vortrugen, so wie 
die Clavierspieler Goldschmidt, Ruhlau, Tausch, Gockel 
und Fräul. Hofmann, die uns den ersten Satz aus Fields 
As dur- Concert, Etüden von Chopin, Moscheies, L. Ber- 

fet und das H moll - Capriccio von Mendelssohn hören 
essen, und erwähnen die von den Fräul. Hennigsen, 
Jacobiy Haubold und Anton gesungenen Mozarf sehen 
und SpoAr'schen Arien und ein Duett von Rossini. In- 
teressant war demnächst ein von einem Zöglinge, Herrn 
Dupont aus Rotterdam, componirtes und von ihm und 
den Herren Hörn, v. fVarilewsky und Marcus vorgetra- 
genes Streichquartett, und eine von dem ausserordentli- 
chen Lehrer am Conservatoriuro, Herrn Mu&ikdirector E. 
F. Richter, componirte Hymne für Solo und vierstimmi- 
gen Männerchor, welche den Schluss des Ganzen bildete. 
Sämmtlicbe Leistungen fanden reichen und aufmunternden 
Beifall; besonders überraschte der junge Aug. Gockel 
aus Willibadessen durch eine für sein Alter bemerkens- 
werthe Sicherheit und Selbständigkeit in Auffassung wie 
Ausführung des sinnigen und schweren Mendelssohn'schen 
Capriccio. Wir hegen die besten und aufrichtigsten Wün- 
sche für das fernere Gedeihen dieser schon jetzt blühen- 
den Kunstanstalt und sind der festen Ueberzeugung, dass 
sie bei fortgesetztem strengen Verfolgen ihres erhabenen 
Zieles, und besonders wenn ihr tüchtige Lehrer nie feh- 
len, bald schöne Früchte für die Tonkunst überhaupt tra- 
gen wird. 

(Besohluss folgt.) 

Leipzigs den 2. November 1844. Viertes Abonne- 
mentconcert, Donnerstags, den 31. October. — Cantate 
für Chor und Orchester: „Ein' feste Burg ist unser Gott," 



von J. Sebastian Bach. — Ouvertüre von Beethoven 
(Cdur, No. 124). — Scene und Arie mit obligater Vio- 
line von Mozart, gesungen von Fräul. Caroline Mayer, 
erster, Sängerin am hiesigen Stadttheater. — Lobgesang, 
Symphoniecantate nach Worten der heiligen Schrift, von 
F. Mendelssohn Bartholdy (die Soli gesungen von Fräul. 
Mayer, Fräul. Hennigsen und Herrn fF idemann, erstem 
Tenoristen am hiesigen Theater). — 

Das Zusammentreffen des Reformationsfestes mit dem 
für das vierte Abonnementconcert bestimmten Tage hatte 
unser Concertdirectorium veranlasst, an diesem Abende 
grösstenteils solche Musikstücke zur Aufführung zu brin- 
gen, welche theils, durch die Geschichte ihrer Entstehung 
mit dieser Feier zusammenhängen , theils durch den un- 
terliegenden Text in gewisser Beziehung zu deren Be- 
deutung stehen. Denn wenn es einerseits nach den in 
No. 28 des diesjährigen Jahrganges dieser Zeitschrift ent- 
haltenen Mittbeilungen als bekannt vorausgesetzt werden 
kann, dass Bach die Cantate über den Luther*8cbea Cho- 
ral: „Ein' feste Burg ist unser Gott" zum Vortrage am 
alljährlichen Reformationsfeste bestimmt hat, so schildert 
andererseits der „Lobgesang" Mendelssohn' s, wenn er 
anch speciell für die am 24. , 25. und 26. Juli 1840 in 
Leipzig begangene Jubelfeier der Erfindung der Bacfadru- 
ckerkunst componirt wurde, doch allgemein in erhabenen 
Zügen das endliche Anbrechen des Lichts der Glaubens- 
freiheit nach langen Drangsalen der Nacht und Finster- 
niss und den begeisterten Dank der gläubigen Gemeinde 
für die dadurch offenbarte Gnade des Allerhöchsten. Die 
sinnige Wahl dieser Werke spricht nach dem Gesagten 
für sich selbst und wir fühlen uns dafür den Leitern der 
Concertanstalt hoch verpflichtet. 

Und in der That wird nicht leicht ein Musikstück 
einen gleich erhebenden Eindruck machen, wie die er- 
wähnte IfacA'sche Cantate in ihrer christlichen, ja spe- 
ciell protestantischen, prunklosen und doch grossartigen 
Würde und Entschlossenheit hervorzubringen vermag. Nach- 
dem der erste Vers des Liedes in wunderbaren, fest un- 
auflöslich scheinenden Verwickelungen tind Verscblingun- 
gen der Stimmen die „gross 9 Macht und viel List des 
alten bösen Feindes'* ergreifend geschildert bat, erschallt 
im zweiten der die Grundlage des Ganzen bildende rein 
vierstimmige Choral, der im dritten Verse im starren 
Unisono, umspielt von verlockenden Klängen der Instru- 
mente, gewissermaassen den mutbigen , vertrauensvollen 
Kampf des Glaubens gegen der Welt Versuchungen ver- 
, sinnlicht, bis er sich endlich im vierten Verse in weiter 
Harmonie zum Triumphe über den errungenen Sieg auf- 
schwingt. So viel uns bekannt ist, hat Bach den zwei- 
ten Vers zu einer Sopranarie benutzt und daran ein 
Bassrecitativ und eine zweite Sopranarie, mit anderem 
zum Luther'sohtn Liede nicht gehörigen Texte, gefugt, 
und endlieh nach dem dritten Verse ein kurzes Tenor- 
recitativ und einen zweistimmigen Chor eingeschaltet. 
Diese bezeichneten Nummern fielen weg und an deren 
Stelle trat, wie bemerkt, der einfache, von allen Stim- 
men ohne Begleitung gesungene Choral. Nach unserem 
Dafürbalten schadete diese Abänderung dem Eindrucke 
des Ganzen keinesweges ; sie erhöhte vielmehr denselben, 
indem dadurch die ausdrucksvolle Macht des Cborgesan- 



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1844. November. No. 45. 



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ges ohne Unterbrechung das Bild des furchtlosen Strei- 
tes vollendete. 

Die grosse Beethoven'ache Ouvertüre, über deren 
hohen Werth uns hier weitläufig auszusprechen, wir für 
überflüssig halten, wurde untadelhaft ausgeführt. 

Der Beifall, den sich Fräul. Mayer durch ihre vor- 
trefflichen Leistungen auf unserer Bühne mit Recht er- 
worben hat, wurde derselben auch nach der Mozart - 
sehen Arie: ,,Non temer, amato bene" etc. in überaus 
reichem Maasse zu Theil. Ihre mit einem eigenthümli- 
chen Reize begabte, zum Herzen sprechende Stimme, ihr 
edler und natürlicher Vortrag, der eben so ein Beherr- 
schen des Stoffes, wie eine ausgezeichnete musikalische 
Bildupg bezeugt, gewährten einen Genoss, wie ihn eben 
nur eine wahrhaft künstlerische Leistung zu bieten ver- 
mag. Referent kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, 
rühmend der Liberalität der dermaligen Theaterdirection 
zu gedenken, welche den für die Bühnenvorstellungen 
engagirten Sängern und Sängerinnen gegenüber von ei- 
nem Verbote des Auftretens in den regelmässigen Ge- 
wandbausconcerten absiebt, und er gründet auf diese im 

Erdachten Falle gemachte willkommene Erfahrung die 
offnung, dass es dem Concertdirectorium gelingen werde, 
Fräul. Mayer noch öfter in diesem Winterhalbjahre für 
den Sologesang zu gewinnen. — Die obligate Violinbe- 
gleitung der Arie hatte Herr Goncertmeister David über- 
nommen, der durch discretes Spiel wiederholt seine wahre 
Künstlerschaft betbätigte. — 

Mendelssohn 9 * Lobgesang bat sich bereits auch an- 
derwärts die grösste Anerkennung als eines der wenigen 
Meisterwerke neuerer Zeit erworben, und ist schon in 
früheren Jahrgängen dieser Blätter so ausführlich bespro- 
chen worden, dass wir wohl nicht Gefahr laufen, der 
Oberflächlichkeit in unseren bescheidenen Berichten und 
des Mangels an geistiger Erregbarkeit als Zuhörer be- 
schuldigt zu werden, wenn wir uns über diese unver- 
gleichliche Composition hier kurz fassen. Es genüge da- 
her nur die Erwähnuog, dass das Werk auch diesmal die 
schönste und grossartigste Wirkung hervorbrachte und 
mit stürmischem Applaus aufgenommen wurde. Was die 
Ausführung anlangt, so war dieselbe, einige Schwankun- 
gen und einen hier und da bemerkbaren Mangel an Ruhe 
und Sicherheit in den Instrumenten, namentlich in den 
der Cantate vorausgehenden Symphoniesätzen, abgerech- 
net, eine sehr geluogene. Der Dank dafür gebührt unter 
Anderem einer Anzahl hiesiger Dilettanten, die in Ver- 
bindung mit den Thomanern die Chöre, sowohl in der 
IfacA'schen Cantate, als im Lobgesange, übernommen hat- 
ten, und zunächst den Damen Mayer und Hennigsen, 
so wie Herrn Widemann, Mitgliede unseres Theaters, 
welche die Solopartieen vortrugen. Hätten die Letztge- 
nannten den kirchlichen, frommen Geist, der die ganze 
Composition durchdringt, noch etwas tiefer erfasst und 
mehr wiedergegeben, so würden sie sicherlich ihren Lei- 
stungen einen noch grösseren inneren Werth verlieben 
haben; denn die ächte religiöse Begeisterung, die ein 
solches Werk schuf und mit der es dargestellt sein will, 
lässt sich durch den profanen Ort, an dem es zur Auf- 
führung gelangt, nicht alteriren. Nun war der Solo Vor- 



trag zwar weder ein kalter, noch ein theatralischer ; al- 
lein die wahrhafte Empfindung, die in Stellen der Ruhe 
und des Friedens sich dennoch von innerer Wärme durch- 
drungen zeigt, bei wachsender Begeisterung und Leiden- 
schaft aber immer in den Grenzen der frommen Erge- 
bung bleibt, glaubten wir doch zuweilen zu vermissen. 
Das vermochte jedoch nicht den Eindruck der Befriedi- 
gung zu schwächen, den uns die Aufführung hinterlassen 
hat, und gewiss Viele wünschen mit uns die Wieder- 
kehr eines solchen Genusses, wie dieselbe und überhaupt 
dieser Concertabend bereitet hat. L. R. 



Am 16. October veranstaltete unser genugsam be- 
kannter Orgelvirtuos und Lehrer am Conservatorium 
Herr C. F. Becker, auf besondere Einladung, im Ver- 
eine mit Herrn A. G. Ritter, früher Organist in Erfurt, 
jetzt als solcher am Dom zu Merseburg angestellt, ein 
Orgelconcert in der St. Moritzkirche unserer Nachbar- 
stadt Halle. 

Die zwei Abtheilungen des Programms brachten: 
1) Freies Präludium von C. F. Becker. 2) Fuge von 
Bach. 3) Variirter Choral von Becker. 4) Adagio von 
Ritter. 5) Fuge von Händel. 6) Freies Präludium ron 
Ritter. 7) Fuge von Bach. 8) Variirter Choral von Rit- 
ter. 9) Adagio von Becker. 10) Fuge von Krebs. 11) 
Fantasie zu vier Händen von Mozart. No.. 1, 3, 5, 7, 
9 von Herrn Becker, No. 3, 4, 6, 8, 10 von Herrn 
Ritter vorgetragen. Herrn Becker" s Leistungen waren, 
wie bekannt , eben so trefflich , als wie schon oft davon 
berichtet wurde. Im freien Präludium und Choral des 
ersten Theiles hatten wir wieder Gelegenheit, uns sei- 
ner eigenthümlichen Behandlung des Gegenstandes so 
wohl, als des Instruments, so wie bei den Fugen seine? 
grossen Meisterschaft im Vortrage derselben zu erfreuen 

In dem Tempo, wie er die prächtige Doppelfqge ii 
Hmoll von Händel, so wie die* in Cmoll (aus den Exer* 
citien für Ciavier) von Bach spielte, machen dieselbe! 
einen unbeschreiblichen Eindruck; wenn dieses Tempo, 
das einzig rechte, nur um ein Weniges gemässigt odei 
erhöbt würde, verlören diese Tonstücke sicher um ein 
Bedeutendes an ihrer Kraft und Macht. Herr Ritter, uns 
schon von früher bekannt durch eine hier gegebene Or- 

felunterbaltung, stand unserem Becker würdig zur Seite, 
m freien Präludium sprach sich sein schönes Talent deut- 
lich aus, Kraft, Feuer, Gedankenfülle wohnten ihm inne ; 
der variirte Choral gab zu interessanten Beobachtungen 
hinsichtlich der Auffassung und Durchführung Gelegen- 
heit; in der Zfac/t'schen Fuge, Cmoll aus den sechs 
grossen Fugen (die Krebs' seht blieb zufällig weg), ent- 
faltete er seine bedeutende Fertigkeit und Sicherheit, in- 
dem selbige, bei dem wohl schnellsten sich mit ihr ver- 
tragenden Tempo, mit einer Präcision und Energie ge- 
spielt wurde, die ihm unsere volle Achtung gewann. Mo- 
zarts herrliches Werk, die Fantasie in rmoll, ganz für 
die Orgel geschaffen ," klar, verständlich für Jedermann, 
dabei voll der grossartigsten Wirkungen und vom gross- 
ten Interesse für den Kenner, von beiden Herren mit der- 
selben Bestimmtheit und Umsicht wie die anderen Ton- 
Stücke vorgetragen, bildete den würdigen Schluss des 



7S0 



1844. November. > T o. 45. 



760 



Concert*. Die Orgel der Merilxklrche , neuerdings aas 
der Werkstatt, des bekannten Orgelbaumeisters Schulze 
in Pfculinzella hervorgegangen, bat sowohl beim vollen 
Werke eine ungeheuere Kraft, als auch im Einzelnen 
sehr schöne Stimmen, obwohl bei einigen derselben uns 
die Intonation etwas rauh vorkam. Die Kirche selbst ist 
aber den Tönen wenig sonstig; bei dem vollen Werke 
entsteht eine so gewaltige Brechung derselben in dem 
grossen Räume, die fast an Zerflossenheit und Unvcr- 
ständlicbkeit grenzt, das« man nur auf manchen Puncten 
dieses im überaus edlen Style aufgeführten Bauwerkes ein 
klares Verständniss gewinnen kann. H. S. 



EUlLLETOlf. 



An 1. November starb m Weimar der Chor- und Musikdi- 
rector Herr A. F. Häser, seit vielen Jahreo ein getreuer Mitar- 
beiter dieser Zeitung. Ausführlichere Nachrichten über den als 
Mensch and Künstler gleich tüchtigen Mann wird sein Necrolog 
ia einer unserer nächsten Nomnern bringen. 

In Berlin starb jüngst der Sanger Eunicke, weiland eine Zierde 
des dasigen Boftbeaters. 

Der Baasist Dettmer ia Dresden bat von mehreren Polen einen 
silbernen Pokal erbalten, als Anerkennung für seine treffliobe Dar- 
stellung des alten Feldherrn. 



Ank flndigan gen. 



Unsere auf das Beifälligste aufgenommene kleine M usikaeituug : 

Blätter für Musik und Literatur, 

deren Auflage sich in dem laufenden fünften Jahrgänge auf eine 
Höhe Ton nahe an 1800 Exemplare geschwungen hat, behauptet 
•ich als das wohlfeilste und weitverbreitetste musikalische Organ 
und wird auch für das nächste Jahr in gleieher Tendern i beleh- 
rende Unterhaltung, fortgesetzt. 

Den Inhalt bilden, wie bisher, musikalische Gharactere berühm- 
ter Gomponisten und Virtuosen; musikalische Zustände der vor- 
nehmsten Städte; Aufsätze, Kritiken und besonders Notizen über 
Alles, was sich im In- und Auslande Wichtiges nnd Interessantes 
in musikalischer Beziehung inträgt; dagegen sollen Persönlichkei- 
ten, Ironie, Witzeleien auf Unkosten der Ehre und des guten Rufs 
Anderer nnserm Blatte auch ferner fremd sein und ausgeschlossen 
bleiben. Ferner geben wir von Zeit zu Zeit Kupfer- uud Musik- 
beilagen alt Prämie unentgeldlich , tetzen eine Prämie auf Como- 
sitionen aus u. s. w. Gewichtiges interesse erhall unsere Zeit- 
schrift daher noch als Organ des JVorddeuttcheit WtlSifc- 
Vereins und Preis - Instituts , dem fortlaufende Be- 
richte und Preisaussehreibungen vollttändige Aufnahme finden, wo- 
durch unsere kleine Musikzeitung jedem wahren Musikfreunde, 
namentlich aber Musikern von Fach, welche mit den Fortschritten 
der Kunst bekannt bleiben müssen, fast unentbehrlich wird. 

Der Jahrgang erscheint in 52 wöchentlichen Nummern , gibt 
Ton Zeit zu Zeit Bildnisse und Compositionen als Beilage und mo- 
natlich den Anzeiger aller nenersehienenen Musikalien zn nur 
i| Thaler. 

Alle Buchhandlungen und Postämter nehmen Bestellungen nn 
nnd geben Probeblätter gratis, in Itzehoe Nissen, in Hamburg die 
Verlagshandlung Schuberth $* Comp. 



Stuttgart Wir haben ein ganz Tollständiges Exemplar der 

Leipziger allgemeinen mualltallftelien Bet- 
tung seit ihrem Entstehen (5. October 1798) bis inel. 1844 
nebst Register zu Jahrgang I — 20 ganz neu , in Halbfranz- 
band mit Titel (Jahrgang 1844 roh), 

C&elll*, Zeitschrift für die muftlltal. Welt 
seit ihrem Entstehen 1824 — 1859 inclus. Cartoon, wie neu, 

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so eben nnd ist durch alle Buch- nnd Musikalienhandlungen an 
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Bearbeitet und heraufgegeben in Gemeinschaft mit 

W. Kftrner 

Ton 

A. G. Ritter, 

Domorganist und Gesanglehrer zu Merseburg. 
Das Ganze aus 6 Lieferungen , a £ Tblr. , bestehend , wird 
bis Ostern 1845 rollende! sein. Da die Namen der resp. Sub- 
seribenten dem Werke vorzudrucken beabsichtigt wird» so bitte 
ich um zeitige nnd genaue Anmeldung. 



Interessante Nova Ar Gomponisten ind Freude 
der Dichtkunst. 



Ia acht Tagen ertcheia 



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Deutsche Gtedichte, 

Sammlung zur Gomposition geeigneter Poesieen , eingesendet zur 
Preisbewerbung an den Norddeutschen Musik - Verein in Ham- 
burg. Herausgegeben mit Bewilligung der respectrren Dichter 
Ton C. Krebs, Präses des Norddeutschen Musik - Vereins. Ein 
starker Octavband sauber brochirt Preis !•} Thlr. 
Alle Buchhandlungen nehmen Bestellungen an. 

Sehiattes-tli dt Comp., Hamburg nnd Leipzig. 



Da ich das Eigenthumarecht meiner von Carl Klingemamn für 
die deutsche Bühne bearbeiteten Oper 99 Die Br&llte von 
Venedig" ausserhalb Englands gänzlich an die HaUbergcrtche 
yerlagshandUng in Stuttgart abgetreten habe, so bitte ich hiermit 
die ▼erehrliehee Theaterdirectionen, welche darauf reAeetiren woll- 
ten, sieh nn die benannte Verlagshandlnng unmittelbar zn wen- 
den, von welcher allein Textbuch, Partitur nnd Clariernnasng 
rechtmässiger Weise zn erlangen sind. 

Julia« Benetztet, Capellmeister des konigi. Theaters 
Drniy Lane in London. 



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Druck and Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig nnd unter deren Verantwortlichkeit. 



761 



762 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



IMHMMMMMlHMMta 



Den 13**" November. 



M 46. 



1844. 



Inhal« I Retetuittttn. — Nmthntktm: Aus Leipzig. — FemUttan. — 4*kündig** 3 e». 



R 



ECEN8IONEN. 



Gesänge für Männerstimmen. 

Zeiten des Friedens und der Rahe, wie die ansen- 
gen, begünstigen das Gedeihen der Wissenschaften nnd 
Künste, wie befruchtender Sonnenschein und Regen das 
Gedeihen der Vegetation* die dann freilich neben golde- 
nen Saaten und duftreichen Blüthen auch Gänseblümchen, 
Pilze und allerlei Aftergewäobse in ihrem Gefolge hat. 
Wer mag ibr J s wehren? So ist auch die Vegetation des 
Männerg«sanges , die in unserer Zeil so üppig empor- 
schiessende, nicht immer eine gleich erquickliche und 
gleich erfreuliche — für Jedermann. Und kann sie es 
auch wohl sein? Stehen nicht die unzähligen Männer- 
Gesangvereine unserer Zeit auf sehr verschiedenen Stufen 
der wissenschaftlichen und der Kunstbildung? Man darf 
nur einigen grösseren Männergesangfesten beigewohnt 
haben» um zu erkennen, wie weit diese Stufen von ein- 
ander abstehen und welche weite Kluft folglich auch zwi- 
schen den musikalischen Bedürfnissen derjenigen befind* 
lieh ist, welche sie gerade einnehmen. Da hat sich in 
einzelnen Vereinen der Männergesang in bewundernswür- 
diger Klarheit , Sicherheit und Präcision zu einer Höhe 
verklärt, von Welcher die Stimmen mit wahrem Geistes- 
bauche uns anwehen und den Weg finden zu den inner« 
sten Tiefen des Herzens, während in anderen fast nur 
die physische Macht des Tones sich geltend macht, und 
wiederum andere auch diese kaum in voller Reinheit re- 
präsentiren. Diesem Vereine gelten keine Schwierigkei- 
ten als unüberwindlich, ja die grössten werden spielend 
leicht bewältigt, während einen anderen schon ein klei- 
nes Häuflein von Been und Kreuzen in Furcht und Schrecken 
setzt und jede auch nur einigermaassen über das ganz 
Alltägliche hinausgehende Modulation so zu sagen aus dem 
Häuschen bringt. Manchen einzelnen genügt nur das Tief- 
*te, Feinste, Zarteste in der Kunst, das sie mit vollende* 
ter Gewandtheit wiederzugeben wissen, während andere 
Bich lieber an derbere Speise halten mögen und einen 
kraftigen Scherz, aus dem Alltagsleben gegriffen, ein 
hausbackenes Trink- oder Liebeslied allem Anderen vor- 
ziehen un<| mit ihren Abgehärteten, in Frost und Hitze 
gestählten Stimmen feinere zartere Blumen der Poesie 
nnd Musik so hart angreifen, wie mit Fäusten. — Und 
doch wollen alle — alle singen, viel singen und vieler- 
lei i Und sollen sie es nicht? Soll und darf man den 

*•• Jahrgang. 



Kukkuk, weil er nicht singt und singen kann wie Bülbül, 
den Schnabel verbieten ? Alle wollen und verlangen nun 
aber ihre Kunstspeise, ihr Kunstfatler, und war' es auch 
nur Hafer und Häckerling. Es sind nicht alle Zungen 
gleich wählerisch. Das Alles wissen nun die Herren Gom- 
ponisten recht gut und tragen freundlichst Sorge, deo 
verebrlichen Gesangvereinen fortwährend allerlei niedli- 
che und feine, aber auch mitunter derbe Speise — tüch- 
tige Hausmannskost aufzutischen, damit keiner leer aus- 
gehe. Die Kritik aber kann, solchen Festtischen und Fest- 
mahlen der Liedertafeln und Gesangvereine beiwohnend, 
wenn nnu ein Gang der Gerichte — Austern and Rost- 
beef, Schinken und Grames — nach dem anderen aufge- 
tragen wird , am Ende nichts Anderes thun , als sagen : 
Prosit, meine Herren — und dabei zulangen, was ihr 
selbst am Besten mundet, ohne hartnäckig die Forderung 
zu stellen, dass Alle nur an ein und dasselbe Gericht 
geben sollen — was am Ende bei allem Notlügen, Schel- 
ten und Raisonniren doch nicht geschieht. 

So wollen wir denn auch hier an eine reich besetzte 
Liedertafel geben und nicht ein gar zu saures Gesicht 
machen , wenn Manches darauf gerade nicht nach unse- 
rem Gusto ist. 

1) Sechs Lieder für 4 Männerslimmetf, componirt und dem 
Zöllner'schen Gesangvereine in Leipzig gewidmet von 
A. E. Marschner. Op. 15. Hannover bei Bachmann. 
Preis 1 Tblr. 

Ein guter Gang von sechs Schüsseln , die Wir sämmt- 
lich schmackhaft gefunden. Siebeissen: „Schlummerlied", 
„Weinlied", „Abschiedsabend", „Vor der Schlacht", 
„Jägers Aufenthalt" und „Soldatenlied". Einige dieser 
Lieder sind recht frisch und freudig aus der Brust heraus- 
gesungen und voll warmer innerer Bewegung der Stim- 
men. Fast alle setzen höbe Tenore voraus, wie man sie 
leider nicht fiberall findet. 

2) Nacbtklänge der Liebe. Fünf Gesänge für 4 Männer- 
stimmen, componirt von Karl Zollner. Leipzig, bei 
Fr. Hofmeister. Preis 1 Tblr. 

Ein feines, kostbares Gericht, das wir tüchtig ge- 
bildeten, genau zusammen geübten Vereinen, die sich be- 
reits an Höherem, Edlerem mit Glück versucht haben, an- 
gelegentlichst empfehlen können. Diese Gesänge: „Marsch 
in der Nacht" (etwas zu weit ausgesponnen) , „Nacht- 
gesang 44 , „Gute Nacht", „Ruhe süss Liebchen!" und 
„Andenken", eignen sieh ganz vorzüglich für schwärme- 

46 



765 



1844. Noyember. No. 46. 



764 



risch-geföbl volle , ritterlich-galante Herren zu Ständchen 
für feine Damen, deren Herzen sicherlich dem sanften 
sommernächtlichen Zauber, der auf diesen in ihrer Art 
trefflich gelungenen Compositionen ruht, nicht widerstehen 
werden. 

3) Liebe. Religiöser Chorgesang von Hoffmann von Fallers- 
leben. Für Männerchor componirl von A. Zöllner. Mit 
Begleitung von 2 Hörnern und 2 Posaunen ad libitum. 
Preis der Partitur mit lnstrumefilalstimmen 7y 2 Sgr., 
jeder Singstimme 1% Sgr. 

Ist auch dieser Gesang nicht kirchlich religiös ge- 
balten im strengeren Sinne des Wortes, weder dem Texte 
noch der Musik nach, so atbmet er doch fromme Em- 
pfindung und ist solchen Vereinen, die dann und wann 
auch das Ernstere und Höhere in den Bereich ihrer Kunst- 
bestrebungen ziehen mögen, bestens zu empfehlen, indem 
er mit anerkennungpwerther Gewandtheit geschrieben und, 
bei massiger Schwierigkeit, sehr ansprechend gehalten ist 
und, zumal bei stärkerer Besetzung, sicherlich einen gün- 
stigen Eindruck hervorbringen wird. 

4) Lieder für vier Männerstimmen, componirt von Louü 
Huth. Cab. I. 5 Lieder. 1 Thlr. Cah. II. 5 Lieder von 
L. Tieck. % Thlr. Hannover bei Bacbmann. 

Die Ueberschriften dieser Lieder sind folgende : (Ca- 
hier I) Dem frohen Vereine. Noah's Fass. Das Vöglein. 
Die Rückkehr. Der Doctor Wein. (Gabier II) Andacht. 
Ferne. Tugend und Teufel. Jagdlied. Schlummerlied. Man 
sieht, dass hier für Scherz und Ernst gesorgt ist, und wir 
dürfen wohl sagen: gleich gut, so dass sich die meisten 
dieser Lieder überall einer günstigen Aufnahme zu er- 
freuen haben dürften. Nur No. 5 in Cah. 1 „Der Doctor 
Wein" erinnert in den Partieen: 

1 




und: 



Zwei Jahr lang Bischof Bo-he-mund am 

r; 





l £ } j* > * j* } j* 








dem 


soll - teo rei - che 6a - beo sein, auch 













zu sehr an einen gewissen Ton, den wir hier nicht nä- 
her bezeichnen wollen. No. 2 in Cah. II „Die Ferne" 
ist in 9er Composition doch etwas gar zu kurz wegge- 
kommen. Hier wäre wohl eine weitere musikalische Aus- 
malung des Textes am rechten Orte gewesen. Das „Jagd- 
lied M in demselben Hefte ist dagegen vorzüglich gelun- 
gen. Das Voce di bocca in No. 5 „Schlummerlied" ist 
zu sehr verbraucht, als dass wir ihm noch sonderlichen 
Effect versprechen dürften? .wiewohl es gerade hier zweck- 



mässiger angewendet erscheint, als es von vielen Ande- 
ren in anderen Fallen geschehen ist. 

5) Gesänge für Männerchor von W. Speier. Op. 44. 
No. 2. Schlachtgesang von Theod. Creüxenach für 
Doppelchor mit Begleitung von zwei Ventil trompeten. 
Mainz, bei Schott's Söhnen. Preis 1 Fl. 30 Kr. 

Auch hier wieder, wie schon oben in No. 1, dem 
Marscbner'schen Hefte, ein Schlacbtlied. Wir wollen nicht 
fürchten, dass sich das als böses Omen geltend ma- 
chen werde, denn wir haben die Greuel und Schreck- 
nisse des Krieges zu nahe und zu vielfach gesehen, um 
ihre Erneuerung wünschen zu können, und sind nicht ge- 
sonnen, in das „Wie lagen wir in Graus und Nacht so 
lang, Gottlob ! dass wieder Ruf zur Schlacht erklang ! " 
einzustimmen, wiewohl wir gestehen müssen, dass die 
Composition voll Feuer und Leben und wohl gelungen 
sei. Bei starker Besetzung zumal wird sie von kräftigem 
Eindrucke sein, und wir können sie vorzüglich Militär- 
singchören als eine schätzbare Gabe des Verfassers em- 
pfehlen. 

6) Die Rheinländer. Heitere Chorgesänge und Quartette 
für Männerstimmen. Heft VII. Makrobiotik, Scherzge- 
dicht von Leasing. Der Scbuss, Burleske von Goe- 
the, componirt von A. Methfessel. Ebendaselbst. 
Preis 1 Fl. 48 Kr. 

Beide hier gebotene Gesänge sind dankenswerte Ga- 
ben der bekanntlich auf dem Gebiete des Heiteren, Scherz- 
haften und Humoristischen sich stets mit grossem Glücke 
bewegenden und daher überall gern gesehenen Muse des 
geehrten Verfassers. Beide setzen gewandte, wohl zusam- 
tnengeübte Chöre voraus. Gut vorgetragen wird beson- 
ders Goetbe's „Paff! 's ist ein Scbuss gefallen, mein, sagt, 
wer schoss da drauss?" von unvergleichlich komischer, 
das Zwerchfell durch und durch erschütternder Wirkung 
sein. Vorzüglich werden dabei die von dem Verfasser 
ausdrücklich vorgeschriebenen Bockstriller einen ganz ab- 
sonderlichen Effect hervorbringen. 

7) Heitere Lieder für vierstimmigen Männergesang von 
Aug. Schaff er. Op. 8. Cah. IV. Die Sonntagsreiter. 
Preis % Thlr. Cab. V. Die feinen Gesellen. z / s Thlr. 
Berlin, bei Schlesinger. 

Auch Herr Sebäffer bat die vis comica seiner Ge- 
sangmuse hier aufs Neue betbätigt und vorzüglich die 
„ Sonntagsreiter ** dürften sich Freunde erwerben, wäh- 
rend wir nicht anratben können, „Die feinen Gesellen" 
etwa vor dergleichen Herren seltot vorzutragen. Sie dürf- 
ten sich sonst leicht bewogen fühlen, den Gesang mit 
einer freiwilligen Prügelsuppe zu belohnen — ein Kunsl- 
sold, der sicherlich nicht zu den gesuchten gehört. 

8) Sechs Lieder für vier Männerstimmen, componirt von 
Berthold Gantzert. Hannover, bei Bachmann. Preis 
22 Ggr. 

Auch diese Sammlung bietet in Ernst und Scherz 
manches Gute, wenn auch nicht gerade Ausgezeichnetes, 
Hervorragendes, das überhaupt sich selten macht. Die dar- 
gebotenen, grösstentheils nur kurzen Gesänge tragen fol- 
gende Ueberschriften: „Die Ferne" von Eckennann. 



657 



1844. November. No. 46. 



766 



„Am Bach«" von demselben. „Das deutsche Kleeblatt" 
von Mithoff. „Die Heimath." „Nachtlied." „Jigerlied." 

8) Ernst und Scherz« Originalcompositionen für grosse 
und kleine Liedertafeln. No. 2. Preis 6 Sgr. Jede 
Stimme kostet 2% Sgr. 

Das vorliegende zweite Heft dieser bereits beifällig 
in diesem Blättern angezeigten Sammlung enthält 1) „Ein 
Königswort" von A. Neithardt. 2) „An der Katzbach," 
von demselben. 3) „Sehnsucht" von Conradin Kreutzer. 
4) „Wanderlust" von demselben. 5) „Müller und Schnei- 
der" von A. Zöllner. 6) „An die Kunstgenüssen" von 
H. Truhn. Die Namen der Componisten leisten für den 
Werth der Compositionen hinlängliche Bürgschaft. — 



Für Pianoforte solo und zu vier und acht 
Händen. 

Packer, J. A. , Trois Etudea de Salon. Op. 3. Wien, 
Haslioger. 1 Fl. 15 Kr. 

Die erste dieser Etüden „La Sentimentale," neben- 
bei noch „Das Abendgeläute" überschrieben, soll wohl 
eigentlich die Empfindungen bei demselben» nicht das 
Abendgeläute selbst schildern, obwohl diese Figur: 



W+ I M 



genugsam daran denken lässt. Genannte Figur ist durch 
das ganze Tonstück beibehalten, und wenn auch nicht 
neu, verleiht sie doch demselben, zumal da die Melodie 
zumeist in der linken Hand liegt, einen sehr weichen, zar- 
ten Character. Die zweite „La brillante" ist mehr Bra- 
vourstück, besonders wenn das Tempo giuslo, welches 
Jedem den Grad der Schnelligkeit überlässt, vivace ge- 
nommen wird; sie fordert ziemliche Fertigkeit und ist 
sehr übend. Die dritte „L'bäroique" hat uns am Meisten 
zugesagt; Schade nur, dass eine solche Stelle: 



jsÜ 



% 



darin Platz gefunden hat, denn solche Schlüsse vernich- 
ten die Wirkung der Periode, wenn diese auch noch so 
hübsch erfunden ist. Alle drei Etüden empfehlen wir ge- 
übten Spielern zur Berücksichtigung; obgleich mit eini- 
gen Dingen nicht recht einverstanden, welche wir unbe- 
rührt lassen wollen, da es bei Salonstücken meist auf 
Effeclmachen ankommt, erklären wir sie doch für bessere 
Erzengnisse der modernen Richtung, indem sie nicht Flit- 
terwerk sind, sondern Melodie haben. 



fPielhorsky, Comte J., Grande Fantaisie snr des motifs 

du Pirate. Op. 13. Preis 1 Thlr. 
— — 3eme Impromptu. Op. 14. Leipzig, Breitkopf et 

Härtel. Preis 12V a Ngr. 
Die Fantasie ist ein Musikstück, welches bedeutende 
Schwierigkeiten enthält, die nach dem Ende zu sich im- 
mer drohender gestalten ; Grund genug für unsere begie- 



rigen Ciavierspieler, sich damit einzulassen, und damit 
vielleicht öffentlich zu brilliren. Vieler unserer jetzigen 
Virtuosen Losung ist : Je toller, je besser ! Seele, Geist, 
Melodie, sind ihnen fremde Erscheinungen, nur ist es da- 
her höchst betrübend für den aufrichtigen Künstler, die 
Früchte dieses Strebens immer als neue Missgeburten, 
Ungethüme u. s. w. emporschiessen zu sehen. 

Der Verfasser dieser vorliegenden Fantasie hat klang- 
bare Bellini'sche Themata gewählt, und obgleich er die- 
selben mit allem Prunke der Jetztzeit umgeben hat, so ist 
doch sein Streben ein edleres, als das so eben berührte, 
indem Zusammenhang, Gefühl und Geschmack in dem 
Werke anzutreffen sind, so dass es tüchtigen Spielern 
sowohl, als auch Anderen von Interesse sein dürfte. 

In dem Impromptu begegnen wir dem Verfasser auf 
eigenen Wegen; wiewohl ein kleines Tonstück, gibt es 
uns jedoch Uebersicht von dessen Geschmack und musi- 
kalischer Befähigung. Diese Eigenschaften sind zwar nicht 
zu verkennen, aber eben so wenig ein Suchen, modern 
zu. erscheinen, was manchmal, z. B. S. 5: 



^jnmgsr 




die Melodie beeinträchtigt und zu vermeiden gewesen wäre. 



Meyer, Leopold de, Valses brillantes. Wien, Haslingcr. 
45 Kr. 
Diese Walzer gehen uns ein trauriges Bild des jetzi- 
gen Virtuosenthums. Wo ist da ein vernünftiger Sinn? 
Alles geschraubte Schöntbuerei, herzlose Harmonie. 




Eine zwei Seiten lange, nichtssagende Introduction 
eröffnet den Reigen der fünf Walzer; in Bdur wird an- 
gefangen und iu Gesdur geschlossen; Alles aufs Mo- 
dernste. 

Uns scheint aber überhaupt der Verfall der Kunst 
seinen Culminationspunct erreicht zu haben; es kann 
kaum noch widerwärtiger geschrieben werden,, als man 
taglich zu Gesicht bekommt; doch dies Alles würde nach 
und nach wieder besser werden, wenn die Herren Cla- 
viercomponisten sich mit etwas mehr, als mit ihrem In- 
strumente, welches ihnen meist die Compositionen liefert, 
beschäftigten. 



Fesca, A., Seine de Bai, moreeau de Salon ä 4 mains. 
Op. 14. 1 Thlr. 4 Ggr. 



707 



1844. Norenber. No. 46. 



768 



Fesoa, A.> La M&anoolie, pitce earaetäristique & 4 mains. 

Op. 15. 16 Ggr. 
— — Fantaisie et Variation* sur Le cor des Alpes k 4 

mains. Op. 17. 1 Thlr. 8 Ggr. SMmmtlich bei C. M. 

Meyer jun. in Braunschweig. 
Dieser Componist leidet ebenfalls an der Fantasie- 
and Morceaa de Salon - Epidemie, nur noch nicht in dem 
Grade, als sein Vorgänger. In Op. 17 stellt sich die Rich- 
tung desselben am Deutlichsten heraus ; es ist unter den 
drei Stücken das schwächste. Op. 15 klingt recht gut 
und bat uns am Meisten gefallen, obgleich sich der Ver- 
fasser in der Ballscene am Natürlichsten gibt, welche 
auch recht Hübsches enthält. 

Alle drei Stücke dürften gern gespielt werden, da 
sie mitunter recht schöne Melodie enthalten, dabei den 
Fingern etwas zu tbun geben und aus diesen Gründen 
dankbar für den Spieler sind. Wir haben aber zu bemer- 
ken , dass wir den Verfasser lieber auf anderen Wegen 
erblicken möchten; denn wir erkennen aus der „Melan- 
cholie," dass er bei festem Willen recht Gutes leisten 
würde ; zu dem Ende bat er sich vor den süssen Modu- 
lationen und ScblussfSllen der Perioden, so wie vor ver- 
zwickten Harmonieen zu hüten. Also gebe uns derselbe 
in späteren Werken: schöne Form und Melodie, klare 
Harmonie ohne Uebertreibung, Gliederung und Durchfüh* 
rang seiner Sätze, und wir werden ihm dann unsern gan- 
zen Beifoll nicht versagen. 



fVichmann y H.> Sonate. Op. 1. Berlin, Trautwein. 25Sgr. 

Es ist recht erfreulich und wohlthuend zugleich, dann 
und wann , nach beschwerlichen Märschen durch Fanta- 
sie- und anderes Gestrüppe, in fruchtbare, angebaute Ge- 
genden zu kommen, mit einem Worte, einmal wieder auf 
Musik zu stossen. Vorliegendes Op. t heissen wir in 
letzter Beziehung herzlich willkommen; es zeugt von 
rechtem Willen , und dieser allein ist uns schon von 
grossem Werthe. Die vier Satze desselben (Allegro agi- 
tato,%, Gmoll. Andante,«/*, Es dun Scherzo, %, G molL 
Allegro molto, %, Gmoll) sind sehr melodisch und 
schwunghaft, nur hätten wir zu bemerken : dass uns im 
ersten Satze das Octavenmotiv zu lange anhält und zu 
viel benutzt wird, im dritten die Grundlonart nicht ganz 
erwünscht kommt , im Trio desselben und im Hauptmo- 
tive des Finale* schon gehörtes Mozart- Beethoven sches 
angewendet wurde. 

Doch übergeben wir das ! in ferneren Werken wird 
der Componist sich schon noch anders finden lassen ; wir 
sind mit diesem Anfange vollkommen zufrieden, und wün- 
schen, dass er die eingeschlagene Bahn nie verlassen 
möge. Es gehört dazu in heuliger Zeit ein fester Wille, 
sich durch Nichts täuschen zu lassen, sondern mit Be- 
harrlichkeit nach festendem Studium immer an Tüchtig- 
keit zunehmend» nur dem Guten nachzustreben, das We- 
sen der Kunst immer mehr verstehen zulernen, um dann 
durch die Tbat beweisen zu können : dass man es, wenn 
auch nur einigermaassen , begriffen habe, welch' hohe, 
himmlische Göttin die Kunst ist. 



Beethoven, Ouvertüre zur Oper Rdelio gm 8 Händen ein-: 
gerichtet von G. M. Schmidt. Leipzig, Breitkopf und 
Härtel. 1 Thlr. 

Es bedarf nur der Anzeige des Erscheinens dieses 
herrlichen Beethoven'schen Werkes, der Ouvertüre in 
Edur, welche in dieser Gestalt Vielen sehr erwünscht 
kommen wird. Das Arrangement ist eben so gelungen 
und vollkommen, wie wir es in einer der letzten Num- 
mern dieser Blätter an der Leonoren- Ouvertüre lobten. 
Der verehrlicben Verlagshandlung sagen wir, und 
gewiss im Namen so manches Kunstfreundes, für diese 
neue Gabe freundlichen Dank; möge sich dieses Unter- 
nehmen allgemeiner Berücksichtigung erfreuen! — 

Hermann Scheltenberg. 



Nachrichten. 



Leipzig. (Beschluss.) Die zweite der oben erwähn* 
ten musikalischen Productionen war die Auffuhrung des 
Oratoriums von Spohr: „Der Fall Babylons,'* welche 
am 28. d. M. unter Direction des Herrn Cantor und Mu- 
sikdirector Hauptmann in der erleuchteten St. Thomas- 
kirche von Seiten des Thomanerchors vor einem sehr 
zahlreichen Publicum Statt fand. Seit einigen Jahren ver- 
anstaltet der letztere, als Ersatz für das in Wegfall ge- 
brachte, allerdings einträgliebe, aber eben so der Ge- 
sundheit der Schüler nacbtbeilige , als der jetzigen Zeit 
nicht mehr angemessene Gurrenden- und Strassensingen, 
zwei Mal im Jahre grössere Musikauffuhrungen in der 
genannten Kirche zum Besten der Thomasschulcasse. In 
der ersten Zeit nach Einfuhrung dieser Neuerung wur- 
den grösstentbeils die dazu ausgewählten Werke aus- 
schliesslich, auch in den Solo's, von den Alumnen der 
Thomasschule vorgetragen; später mag wohl theils der 
Wunsch, auch solche Kirchenmusiken nicht ausgeschlos- 
sen zu sehen, welche namentlich in Bezug auf die Soli's 
die Kräfte der jugendlichen Sänger übersteigen, theils das 
freundliche Entgegenkommen geschätzter Künstler und 
Dilettanten dazu geführt haben, dass der Kreis der auf- 
zuführenden Compositionen erweitert worden ist, und die- 
sen Umständen danken wir es, dass, wie früher der Ju- 
das Maccabäus von Händel* jetzt Spohr 9 $ neuestes Ora- 
torium : „Der Fall Babylons" zu Gehör gebracht wurde. 
Die Solopartieen waren in den Händen der Frau Biinau 
geb. (irabau y der Fräul. Renmgten und Jacobi (Erstere 
Lehrerin, die beiden Letzteren Schülerinnen des Conser- 
valoriums der Musik) und der Herren Rindermann und 
Pögner, Bassisten am hiesigen Stadttheater r Organist 
Langer und Meyer, und wurden sehr lobenswerth exe- 
cutirt; einen vorzüglichen Effect machte die herrliche 
Stimme des Herren Kmdermann (Cyrus), deren schöner 
Klang durch die Wölbungen der Kirche erweitert und 
durch einen angemesseneu, lebendigen, aber nicht thea- 
tralischen Vortrag gehoben wurde« Auf das Oratorium selbst 
in seinen einzelnen Nummern hier ausführlicher einzu- 
gehen, tragen wir billig Bedenken, einmal, weil uns die 
Zeit nicht verstattet hat, den Proben beizuwohnen, und 
wir es daher nur einmal hören konnten, andererseits 



769 



1844. November. Na. 46. 



770 



aber» weil die Leser in diesen Blättern durch eine ge- 
naue Kritik ron kunstverständiger Hand bereits Bit dem 
Werke bekannt geworden sind. Nur so viel sei ans er- 
hobt hier zo bemerken» dass im ersten Tbeile besonders 
die Chöre der Jeden: „Gott uns'rar Väter" n. s. w. 
und „ Der Löwe ist vom Lager gesprungen" u. a. w., 
Reoitativ nnd Arie des Cyros: „Juda's Gott bat gere- 
det" n. s. w. , das Wiegenlied, der Soldatenchor, nnd 
das Gebet der Joden mit vierstimmigen Soli's, im zwei* 
ten Tbeile aber der Chor der Hofleote: „Die festliebe 
Tafel ist frendegekrönt" u. s. w., das Reeitativ des Bel- 
sazar, in welchem die Catastropbe der gebeimnissvoilen 
Plammenscbrift eintritt» die Arie des Cyros: „Was ist 
der Mensch in seinem stolzen Wahne," nnd der Schluss- 
chor vns am Meisten angesprochen haben. Das ganze 
Werk enthält, wie es von einem Meister, wie Spohr* 
nicht anders zn erwarten ist, ungemein viel Schönes, nnd 
namentlich ist die Jegendfriscbe, welche dasselbe vom 
Anfang bis zum Ende durchweht, überraschend, so dass 
man an das vorgerückte Alter des Componisten sich nir- 
gends erinnert fühlL Dass das eigen tbümlicbe Gepräge 
aller Spohr'schen Musik, in Harmonisirung nnd Instru- 
mentation, in einzelnen Nummern mehr oder minder her- 
vortritt, dass hier und da einige Langen bemerkbar sind, 
und dass zuweilen der Meister, freilich veranlasst durch 
das oft weltliche, grösstenteils kriegerische Element des 
Textes, über den eigentlichen Kreis der Kirchenmusik 
hinausgegangen ist, — dies Alles soll und kann kein Ta- 
del sein ; wer Spohr's Musik kennt , weiss seine kunst- 
reiche und sinnige Verschmelzung des Epischen und Ly- 
rischen mit hober Würde zu schätzen, und. findet mit 
uns gewiss auch eine grössere Ausdehnung der Darstel- 
lung dadurch gerechtfertigt. — Die Tbomaner trugen die 
Chöre mit klangreichen Stimmen* und ausserordentlicher 
Sicherheit vor, nnd bewährten dadurch die umsichtige 
und gediegene Leitung ihrer Uebungen durch ihren Diri- 
genten Herrn Musikdirector Hauptmann auf das Erfireu- 
" te. ** 



Leipzigs den 9. November 1844. Fünftes Abonne- 
mentconcert, Donnerstags, den 7. November. — Ouver- 
türe zu der Oper: „Der Wasserträger 6 * von Cherubim. 
— Seene und Arie aus Don Juan von Mozart („Cru- 
dele" etc.), gesungen von Frau. Fischer - Achten , her- 
zogl. braunsebweiz. Hoisängerin. — Concert für Piano- 
focte von G. F. Handel (Fdur), vorgetragen von Herrn 
Mortier de Fontaine aus Paris. — Reeitativ und Arie 
von Pacini, gesungen von Frau Fischer - Achten. — 
PiaLnoforteeoncert von F. Mendelssohn Bartholdy (G moll), 
vorgetragen von Herrn Mortier de Fontaine. — Sym- 
phonie von Bob. Sehumahn (Bdur, No. 1). — 

Cherubint* s Opern haben bekanntlich, nächst dem 
entschiedenen Geprige des Genius und des selbstschöpfe« 
riichen Talents, das Eigentümliche, dass sie, wenn gleich 
gröastentheils schon vor einem halben Jahrhunderte com- 
ponirt, doch nirgends eine Spur ihres Alters zeigen, d.h. 
m keiner Beziehung veraltet sind. Es webt in ihnen eine 
Frische der Jugend, ein Leben, das, eben weil es nicht 
von aussen angeflogen, nicht durch lueserKcbe von wan- 



delbarer Zeitrichtung gegebene Verhältnisse erzeugt, son- 
dern aus den innersten Tiefen des Geistes entsprossen 
ist, auch für alle Zeiten zum Geist und Herzen spricht. 
Besonders die Ouvertüren geben uns, nachdem die Opern 
selbst jetzt seltener auf der Bühne erscheinen , zu sol- 
chen wiederholten Wahrnehmungen Veranlassung, und 
unter diesen vorzugsweise die zum „Wasserträger." So 
oft man sie auch schon gebort bat, immer entdeckt man 
in ihr neue Schönheiten, immer erlabt man sich von 
Neuem an dem Reichthome der Gedanken, an der Fälle 
der Harmonieen und an dem Zauber, der über das Ganze 
verbreitet ist. Und was uns als das Merkwürdigste er- 
scheint : das Melodische ist durchaus nicht vorherrschend ; 
man kann kaum sagen , dass wirkliche entschiedene Me- 
lodieen darin sind; an ihrer Statt bietet uns der Meister 
eigentlich nur musikalische Figuren, aber diese eben sind 
so characteristisch, sie werden vou so reizenden Harmo- 
nieen umgeben und gehoben, und dabei sind sie mit die- 
sen ihren Begleitern so meisterhaft zu einem Ganzen, zu 
einem dramatischen und mit Beachtung der strengen Re- 
geln doch wie spielend hingeworfenen Ganzen verbun- 
den, dass man furwabr nicht weiss, soll man mehr iss 
Material oder die Verarbeitung desselben anstaunen. Das 
Orchester trug dieses herrhebe Musikstuck ausgezeichnet 
vor, und wir wünschen Jedem Glück, der es in solcher 
Vollendung gehört bat. 

In den letzten Jahren sind uns durch die ausschliess- 
lich für unsere Abonnementconcerte engagirten Singerin- 
nen, wie die Damen Novello, Shaw, Meerti, Sckhss 
und ßirch so schöne musikalische Genüsse verschafft wor- 
den, dass man es wohl als eine Eiabusee für das Publi- 
cum betrachten möchte, wenn es dem Directorium nicht 
gelungen ist, auch für die diesjährige Concertsaison eine 
Sängerin zu gewinnen. Bis ietzt aber dürfte wenig Grund 
zu einer Klage hierüber vorhanden sein; denn ohne die- 
sen anscheinenden Mangel würden wir nicht die jeden- 
falls interessante Bekanntschaft einiger fremden Gastsin- 
gerinnen gemacht oder erneuert haben. Obgleich nur ein 
wiederholtes Hören gestattet, sich der Vorzüge der auf* 
tretenden Künstlerinnen klar bewusst zu werden und ein 
unbestochenes Urthcil über deren Leistungen zu begrün- 
den, so ist und bleibt es doch auf der anderen Seite ge- 
wiss nicht minder anziehend, in gedrängter Reihenfolge 
mehrere und verschiedeoe Kräfte sieb vorgeführt zu an 
hen, die in einer oder der anderen Beziehung, i* grös- 
serem oder geringerem Grade unsere Aufmerksamkeit in 
Anspruch nehmen und sie fesseln. Eben wegen der an- 
gedeuteten, aus dem doch immer nur vorübergebenden 
Eindrucke erklärlichen Unzulänglichkeit eines Urtbeih ist 
Referent weit entfernt, hier eine Vergleteheng der Sin- 
gerinne« zu versuchen, welche bisher uns mit Vorträge» 
erfreute«. Aber er bezeichnet das Auftreten der Frau 
Fischer- Achtem getrost und ohne Befürchtung eines er- 
heblichen Widerspruchs als ein höchst wittkommtnes und 
interessantes. Zu leugnen ist zwar nicht, dasa die Stimm» 
dieser Künstlerin in de« mittleren Chorda« etwas Ge- 
drücktes bat, wodurch sie an Beiz verliert; dass ferner 
der Vertrag der zweiten Arie (yoo Paewi, eines jim- 
inerKche«Modehpfens>l»itTrilfern, Ca dticn» Anschwel- 
hiBgen v. s. w. etwas überladen wurde; aber — wekbe 



771 



1B44. November. No. 46. 



772 



schöne, leicht ansprechende and glockenhelle Höhe liess 
uns die Sängerin hören ! mit welcher Wurde und musi- 
kalischen Wahrheit sang sie die Arie der Donna Anna ! 
Tonbildung, Auffassung, Porlamenl und Coloratur, Alles 
lässt in ihr die durchgebildete Sängerin erkennen, der es 
Ernst mit der Kunst ist. Wir erinnern nur an die Sicher- 
heit und Reinheit, mit der sie das dreigestriohene c an- 
schlug und aushielt, an den gediegenen Vortrag des Re- 
cüatirs, an die Leichtigkeit und Bravour der Verzierun- 
gen u. s. w. Wer will es einer Sängerin verargen, wenn 
sie neben einer classtechen Arie auch einsaft- und kraft- 
loses Solo aus der modernen italienischen Opernbäckerei 
Wählt, um in letzterem, nicht dem Geschmacke der Zeit 
zu huldigen , sondern ihre Fertigkeit auch in diesem al- 
lerdings in mancher Beziehung sehr schwierigen Genre 
zu zeigen, und wenn sie dann solch seichtes Machwerk 
mit allerlei Tand und Flitterstaat behängt, um wenig- 
stens für den Augenblick dessen Jammergestalt zu ver- 
decken und von dieser die Aufmerksamkeit der Hörer auf 
ihre Leistung, auf die Hauptsache, zu lenken ? Wir we- 
nigstens mögen mit Frau Fischer- Achten darüber, dass 
sie dies that, nicht rechten, und gewiss der grösste Theil 
des Publicums eben so wenig; denn der laute und an- 
haltende Beifall, den ihre Produclionen fanden, wird ihr 
am Besten bewiesen haben, dass die ächte Rüostlerscbaft 
bei uns der Anerkennung nicht entbehrt. Wir freuen 
uns, die geschätzte Sängerin bald wieder im Concert zu 
hören, wozu uns, wie wir vernehmen, ihre Bereitwillig- 
keit nicht minder, als der Wunsch des Directoriums, 
Hoffnung machen. — 

In Herrn Mortier de Fontaine, dessen Gattin in 
einem der letzten Concerte als Sängerin aufgetreten war, 
hatten wir einen Salonspieler der modernsten Art aus der 
Pariser Schule zu finden erwartet 5 und sind wir gleich 
der Ansicht, dass es aacl> solche Käuze geben müsse, 
so gestehen wir doch, dass wir uns sehr gefreut haben, 
uns vom Gegentheile zu überzeugen. JHerr Mortier de 
Fontaine ist ein trefflicher gewandter Spieler, der offen- 
bar tüchtige Studien gemacht bat und einen regen em- 
I (anglichen Sinn für gute Musik besitzt 5 sein Anschlag 
it weich und voll, die Technik ausgezeichnet, der Vor- 
trag edel und brillant, und, was uns die Hauptsache ist : 
er weiss den Sinn und Geist der Gomposition zu erfas- 
sen und durch sein Spiel wiederzugeben. Das Hände f- 
sehe Concert macht sich nicht blos als Curiosität aus 
einer Zeit geltend, aus der wir nur wenige Glaviersacben 
noch besitzen; es enthält an sich viel Schönes und ver- 
birgt hinter einer unserem Geschmacke freilich steif und 
monoton erscheinenden Form herrliche meisterhafte Züge. 
Der Spieler überschritt in dem Vortrage dieses Stücks 
nirgends den allerdings engen Kreis des Angemessenen 
und bewährte dadurch eine Mässigung, deren nicht jeder 
Musiker fähig sein dürfte. Mit glänzender Bravour und 
rapider Fertigkeit, dabei auch mit vielem Geiste, trug 
er sodann das Mendeksohn'schQ Gmoll - Concert, eines 
der vollendetsten nnd reizendsten Ciavierwerke, die in 
neuerer Zeit geschrieben worden sind, vor, und erwarb 
sieh lebhaften Beifall der zahlreichen Versammlung. 

R. Schumann'* erste Symphonie aus Bdur hat, nach- 
dem seit ihrer letzten Auffahrung in Leipzig einige Jahre 



verflossen sind , uns durch schöne Erfindung und geist- 
reiche Behandlung wieder sehr angesprochen. Ist auch 
noch nicht Alles darin reif und spürt nun auch zuwei- 
len noch die Fesseln, die dem Componisten die freie Be- 
wickelung seines Talents erschwerten und von denen er 
sioh oft nur dadurch losmachen zu können scheint, dass er 
sie mit kecker Hand zerreisst, lässt sich gleich hier und 
da, vorzugsweise im Mittelsatze, ein Anschmiegen an den 
Beethoven sehen Styl nicht verkennen, — so spricht doch 
der geistreiche Schwung der Phantasie, die von einer 
sclavischen Nachahmung, selbst der grössten Muster, 
nichts weiss , die sorgfältige Verarbeitung der schön er- 
fundenen Themen nnd eine effectvolle Instrumentation da- 
für, dass eine so gelungene erste Symphonie eines Künst- 
lers zu grossen Erwartungen berechtigen musste, die übri- 
gens bereits durch Schumann'* herrliche Streichquartette, 
sein schönes Quintett und besonders durch sein grösstes 
und umfassendstes Werk: „Das Paradies und die Peri" 
glänzend erfüllt worden sind. Die Ausführung der zum 
Theil sehr schwierigen Composition war lobenswerth und 
das Publicum in den Aeusserungen seines Dankes kei- 
neswegs zurückhaltend. L. R. 



Feuilleton. 



Der als C laviervirtuos und Compooitt rühmlichst bekannte 
Charles Voss, bisher in Nenstrelitz lebeod, gab vor Kurzem im 
dortigen Hoftheater ein glänzendes Absehiedseoncert vor einem 
tahlreiehen Auditorium, onter dem sieh aneh der Hof befand. Rau- 
schender Empfaog und Applaus bewies dem Künstler, der naeh 
Berlin übersiedelt, wie ungern ihn Nenstrelitz verliert. Der Gross- 
herzog liess ihm durch den Intendanten das.Hoftheaters ein wert- 
volles Geschenk »stellen. 



Der Oberorganist Adolph Hesse zu Breslau ist znm kbnigl. 
prenss. Mnsikdireetor ernannt worden. 

Bei Anlagnier in Paris erscheint Orchesterpartitur nnd Cia- 
vierauszug von Marschner' s Templer nnd Jüdin', so wie von des- 
sen Vampyr. Da aber eine grosse Oper in Paris keinen zwischen 
die Gesaugstücke eingezwängten Dialog duldet, so hat man den 
letzteren in jenen beiden Opern io's Französische übersetzt und 
so wird er als Recitativ neu componirt — wie weiland Berlioz 
an Weber** Freischütz gethan. 

Joseph Pentenrieder , der Componist der Oper: ,,Die Schre- 
ckensnacht anf Paluzzi ," ist Chorregent und Organist der neuen 
Ludwigskirche in München geworden. 

Hofeapellmeister Thomas in Darmstadt ist zum Generalmn- 
sikdireetor der gross herzoglich hessischen Militirmusik ernannt 
wordeo. 

„Ste Cleile," neue komische Oper von Montfort (vorher beti- 
telt : Vanloo) , ist in Paris beifällig aufgenommen worden , ohne 
Sensation zu machen. 



BerHo* hat ein Werk von .zwei Bänden unter dem Titel: 
Voyage musieal en AUemagne et en Italic herausgegeben, welches 
eine weitere Ausführung seiner vorjährigen Berichte im Journal 
des Dlbats ist. Der erate Band enthält briefliehe Nachrichten 
über musikalische Aufführungen in Deutschland u. dergl. ; fitudes 
sur Beethoveo ; über die erste Aufführung von Weheres Freischütz 
in Paris u. s. w. Der zweite Band bringt Erinnerungen aus einer 
musikalischen Reise in Italien $ über Gluck ; mehrere humoristische 
Aufsätze unter dem Titel 1 Astronomie mnsicale. 



773 



1844. November. No. 46. 



774 



A n k und Igangen. 



Im Verlage der Chi*« Fr« !HIIler , schen Hofbuchhand- 
lung in Carlsruhe ist so eben erschienen und durch alle Buch- 
handlungen su erhalten: » 

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Deutschlands Musik -Vereine 

und 

Dilettanten. 
Herausgegeben 

von 

JDr. F. S. 6a§sner a 

grosso, bad. Hofmnsikdirector. 

Heue Felge. No. 1 bis 6. 

Jährlich 26 Nummern 

mit artistischen und musikalischen Beilagen. 

Preis 4 Fl. 12 Kr. = 2 Thlr. 12 Ggr. 

Mit dem Schiasse des .dritten Bandes hört die Ausgabe in 
zwanglosen Hellen auf, an deren Stelle von der neuen Folge regel- 
mässig^ alle 14 Tage eine Nummer, i Bogen stark, erscheint. 

Der anerkannte Ruf, welchen diese Zeitschrift seil ihrem drei- 
jährigen Bestehen sich erworben hat, lässt mit Gewissheit voraus- 
sehen, dass dieselbe in "ihrer neuen Gestalt als regelmässige Zeit- 
schrift einen noch viel grösseren Aufschwung gewinnen wird, in- 
dem solche dem ursprünglichen Zweck ab öffentliches Organ aller 
deutschen Musikvereine nunmehr vollkommen entspricht. 

Die drei ersten Binde, von welchen No. i der neuen Folge 
ein ausführliches Inhal tsverseichniss enthält, aind, soweit der Vor- 
rath reicht, sum Preise von 2 Fl. 24 Kr. =: 1 Thlr. 12 Ggr. 
per Band su haben. 



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für Pianoforte. Op. 67. 12 Ggr. 

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Pianoforte. Op. 28. No. I. 2. ä 10 Ggr. No. 3. 8 Ggr. 
Franelt, C A., Drittes Trio für Pianoforte, Violine und Vio- 

loncelle. Op. i. No. 3. 3 Thlr. 
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ernsten Inhalts. Op. 103. Partitur u. Stimmen. I Thlr. 8 Ggr. 
„Mein Hers ich will dich fragen/' Lied aus dem Sohn der 

Wildniss, Op. 123, für Sopran oder Tenor mit Pfte. H.A. 6 Ggr. 

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„An Mary im Himmel," für Piano-Solo übertragen. 20 Ggr. 

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Partitur und Stimmen. Band i, vom Capellmeister L. Schuberth. 

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Bd. 3, vom Musikdirector Grund. 18 Ggr. Bd. 4, vom Orga- 
nisten MieffeL 10 Ggr. 
Iilplllftl&y, C, 3 Caprices pour Violon seul. Op. 29. 12 Ggr. 
Ijiftzt, Ft\, Grande Valse di bravoura ä 4 mains. 1 Thlr. 
njUbln, Ii. de St», Morceau de Salon. Nocturne en forme 

d' Andante. No. 2, suivi d'une Polonaise pour Violon aecom- 

pagne de Piano. Op. 47. No. 2. 20 Ggr. 
Selwbertli • €7»*, „A l'espoir de se revoir.' ( Romance pour 

Violon avec Piano. Op. 9. 8 Ggr. 

(Die Ausgabe fürVioloncell wurde im vorigen Jahre verschickt.) 
Sehumailll, It., 6 Gesänge für 4 Männerstimmen. Op. 35. 

Neue Auflage. 1 Thlr. 18 Ggr. 
Scherso, Gigue, Romanse und Fughetta für Pianoforte. Op« 

52. Neue Auflage. 16 Ggr. 
Seuftftmanii, H«, Flöten- Tabelle für die einfache und chro- 
matische Tonleiter. 4 Ggr. 

Triller -Tabelle für die Flöte. 8 Ggr. 

Spelar, Ij** Duo concertant pour Pianoforte et Violoncelle. Op. 

113. 114. h 1 Thlr. 16 Ggr. 

Dieselben für Piano und Flöte, k 1 Thlr. 16 Ggr. 

Duo concertant pour Pianoforte et Vcelle. Op. 115. 2 Thlr. 

Dasselbe für Pianoforte und Flöte. 2 Thlr. 

NB. Die Ausgabe mit Violine wurde im vorigen Jahre versandt, 

wir liefern indem die Violinstimmen auf Verlangen separat. 

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Worte) für Pianoforte und Violine. Op. 127. 3 Thlr. 8 Ggr. 
Tb falber ff, S. , „Tremolo/* Nocturne pour Piano. Op. 53. 

Nouv. Edit. originale. 16 Ggr. 

d? d? Nouv. Edit. facilitee. 16 Ggr. 

Vleuxtempft, 11«, Souv. d'Amerique. „Yankee doodle," Va- 

riat. burlesques pour Violon. Op. 17. Avec Quatuor. 1 Thlr. 

d? d? Avec Piano. 20 Ggr. 

Vollweiler. C, Preissonate für Pfte. Op. 5. Neue Auflage. 

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Thalberg, Voüweüer, Krebs u. s. w. bedürfen keiner weitläufigen 
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und New -York. 

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vollständig erschienen ist, zu folgenden billigen Bedingungen ab- 
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Der Preis derselben bleibt nach und nach besogen für jeden 
Theil 7i Ngr. ; bei Abnahme des Ganzen auf einmal hat man je- 
doch nur den Betrag für 10 Tbeile mit 2± Thlr. su entrichten, 
wofür 16 Tbeile geliefert, und diesen noch als Prämie beigefügt 
werden: „Sammlung der schönsten Volkslieder." 6 Tbeile. 

Xj3* Obiges Werk enthält bekanntlich die besten Aufsätze, 
Biographieen, Briefe, Kritiken, Hamoresken, Sentenzen u. dergl., 
weiche über Musik und Musiker vorhanden sind. 

Es können zu diesen Bedingungen, nur feste Bestellungen be- 
rücksichtigt werden. 

Ausserdem erlassen wir noch auf kurze Zeit vollständige Ex- 
emplare vom ITnlvereal - Ijexllteia der TanfAunat 
in 7 Bänden so 5| Thlr. , jedoch nur bei baarer Zahlung. Es 
wird ebenfalls die obige Prämie beigefügt, oder im Falle des Be- 
sitzes derselben ein ähnliches Werk geliefert. 

Buchhandlung von F. H. liftliier in Stuttgart. 



775 



1844. November. No. 46. 



776 



welche to eben 

im Verlage von Breitkopf & Hftrtel in Leipzig 
erschienen und durch alle Buch- und MusiluUenhandlnngea bu 

beziehen lind: Thlr. Ngr. 

Alliier, D» F. E*, Onrerture inr Oper: Die Sirene. 

Für Orchester * 2 15 

Dieselbe für Harmonie- Musik 5 — 

Dieselbe arrungtrt für 2 Flöten — - 12* 

Potpourri ans derselben Oper 1 zu 4 Händen arr. .. — 515 

Beyer. F., Fantaisie de Salon pour le Piano, snr des 

motUs de l'Opera: La Part dn Diablo. Op. 75 — 25 

— — Moreean de Salon ponr le Piano, snr le Qnatnor 

final de l'Openi r I Pnritani. Op. 76 — 20 

IBuMehop, JF», 5 Chöre für 2 Tenore oder Soprane 
nnd Boss , mit oder ohne Begleitung der Orgel. Par- 
titor und Stimmen — 20 

Chopin, F., Polonaise, Op. 55, arr. a 4 mains — 20 

— — Scherzo, Op. 54, arr. a 4 malns • t 5 

»Oliler, Th., 2™ grande Valse brillante, Op. 47, 

arrangee ä 4 mains i — 

Hl Her, F., i K Ouvertüre de Coneert (Dmoll) a grande 

Orehestre. Op. 32 2 15 

Härenes an Piano. Op. 53 — 20 

Htkamten, F., 3 Morceaux faTOiis surl*Opera: La Si- 
rene d'Auber ponr le Piano. Op. 154. No, i, 2, 5.. ä — 20 
nendelftftohii Bartholdy, F., Scherzo für das 

Pianoforte eingerichtet — 15 

— — Noctnrno für das Pianoforte eingerichtet — 10 

Hochzeitmarsch fnr das Pianoforte eingerichtet — 10 

(Alle 3 Werkchen ans dem Sommernacbtstraum.) 
Scheller, GL, 12 Lieder fttr eine Sopranstimme mit 

Pianoforte. Op. 1. Heft 1, 2 ä — 15 

Siegel, D«, Leichte Variationen über Themen ans der 

Oper: Die Tochter des Regiments für Pianof. Op. 73. — 10 
Tfuftlbers, 8., et C de Beriet, Dno snr des 

m otifs de Semiramide ponr Piano et Violon. Op. 34... 1 5 
Wollig IS*. Galop brillant ponr le Piano snr la Sirene. 

Op. 105. L8v. 1 — 10 

Fantaisie facile ponr le Piano sur la Sirene. Op. 103. 

Uv. 2 .. — 10 

— ' — Reminiscenoes de la Sirene. Grande Fantaisie ponr 

le Piano. Op. 104 — 25 

Im Verlage der Unterzeichneten wird nächstens mit 
Eigentumsrecht erscheinen: ' 

Grande Sonate 

pour le Piano 

par 

Ä Thaiberg. 

Op. 56. 

Leipiig, den 10. November 1844. 

BreltlLopf** Hftrtel. 

Bei B.SellOtt'« Sahnen in Mains erscheint mit Eigen- 
thnmsrecht : 

AdUsm, A , Richard en Palestine , Opera en 5 Actes. 
Alard, D», Souvenir des Pyrenees, Nocturne ponr Violon arec 

Piano. Op. 13. 
AlUmn, CU, Le deair, Etüde. 

AriOt, J», Serenade ponr Violon avec Piano. Op. 14. 
Belllnl, V., Les ioyeux mateloU, Ballade. 
BordOtTnl, jflL, 12 nouvelles Tocalices ä 2 roix avec aecom- 

pagnement de Piano. 
Dreyeelioelt, A., Notturno. Op. 28. 
Hers , II« , Fantaisie et Variations snr des motifs de l'Opera : 

La Sirene. Op. 141. r 

Prnck und Verlag von Breitkopf und Härtet 



Ralkbrenner, F., La Solitnde, Gaprice. 
Masard. Le jnif errant, Quadrille. 
— . Les 7 ehateanx de diable, Quadrille. 
Ofttonne, GL A«, La Beteuere, Barcarolle. 
Prndent, E», Barcarola, Caprice. 
~IOSellen, H», L'esperance, Melodie. 
Le dei 



Thalber»;, S», Le 

Op. 35. 
Tulou, 10™ Solo ponr Flute 
WoltT, K., Elegie. 



part, Romaace vamee en forme [d'Etude. 
Op. 92. 



In der T. TrMltweln'schen Buch - nnd Musikalienhand- 
lung («f. Guttentag) in Berlin ist so eben erschienen : 
Qrel|. A. E., Op. 52. Fünf seeksstimmige Eirckengesänge 
(No. 1. Ehre sei dem Vater. 2) Kyrie. 5) Und Friede. 4) Hai. 
leluja. 5) Heilig) nebst einigen Tierstimmigen Antworten für je- 
den Hauptgottesdienst des Jahres. Preis der Partitur 10 Sgr., ei- 
ner jeden der 6 einzelnen Stimmen l£ Sgr. 

Op. 33. Evangelisches FestaradnaU oder eüf seeksttimmige 

Motetten, für die Kirchenfeste. lieft I. No. 1. „Lasset uns froh- 
locken, es nahet' 4 No. 2. Weihnachten. „Frohlocket ihr Völ- 
ker der Erde/ 6 No. 3. Neujahr. „ Herr Gott Dn bist unsere 
Zuflucht. «' Preis der Partitur 8| Sgr. , jede der 6 einzelnen 
Stimmen i\ Sgr. Heft II. No. 4. Passionszeit. „Herr gedenke 
nicht." No. 3. Grunerdonnerstag. „So oft ihr Ton diesem Brode." 
No. 6. Gharfreitag. „ Um unserer Sünden willen. *' No. 7. 
Ostern. „Lasset uns frohlocken, dies ist." Preis der Partitur 
15 Sgr. , jede der 6 ein seinen Stimmen 2* Sgr. Heft III. No. 8. 
Busstag. „Gnädig nnd barmherzig/' No. 9. Himmelfahrtstag. 
„Erhaben, o Herr/« No. 10. Pfingsten. „Komm heiliger Geist/' 
No. II. Todtenfeier. ,,Der Herr wird mich erlösen/* Preis der 
Partitur 15J- Sgr. , jede der 6 einzelnen Stimmen 2* Sgr. 

Op. 54. Drei vierstimmige Motetten. (No. 1. Herr, ich habe 

lieb die Stätte deines Hauses. No. 2. Herr, gedenke unser nach 
deinem Worte. No. 5. Lobe den Herrn meine Seele.) Partitur 
und Stimmen ll£ Sgr. , jede Stimme einsein l£ Sgr. 



In der königl. sächs. Hofmosikalienhandlung ? on C* W. He* 
•er in Dresden ist erschienen nnd in allen Musikalien- nnd 
Buchhandlungen an haben i 

„Der fliegende Holländer/' 

Romantische Oper in drei Aufzügen 

v on 

Riehard Wagner« 

Vollständiger Ciavierauszug. 
Preis 8 Tblr. 

Hieraus einzeln: No. 1. Lied: „Mit Gewitter nnd Sturm." 
7* Ngr. No. 2. Arie: „Die Frist ist um/« 20 Ngr. No. 3. Duett: 
„Ach, ohne Weib, ohne Kind bin ich/* 1 Thlr. 15 Ngr. No. 4\ 
Spinnerlied: „Brumm* nnd summ' du gutes/* 7* Ngr. No. 4 b . 
Dasselbe mit erleichterter Clarierbegleitung. 7* Ngr. No. 5. Bml- 
lad* : „Traft ihr das Schiff im Meere an." 12* Ngr. No. 6. Ariex 
„Mögst du, mein Kind, den fremden Mann/* 12* Ngr. No. 7. 
Duett: „Wie aus der Ferne langst Tergang'ner/' 1 Thlr. 10 Ngr. 
No. 8\ Matrosenlied: „Steuermann, lass die Wacht!" 12* Ngr. 
No. & h . Dasselbe für eine Tenorstimme. 7* Ngr. No. 8 C . Dasselbe 
für Tierstimmigen Mannergesang ohne Begleitung, Part. 10 Ngr. 
Stimmen 10 Ngr. No. 9. Cavatine : „Willst jenes Tag's dn nicht 
dich mehr/ 4 7* Ngr. 

Die Ouvertüre daraus för das Pianoforte 20 Ngr. 

Dieselbe zu 4 Händen eingerichtet 1 Thlr. 5 Ngr. 



Bei F. JL Stelner in Neuwied ist erschienen und durch 
alle Buch - nnd Musikalienhandlungen zn beziehen : 
Zwei Lieder wen Frelllfrath . componirt für eine 
Stimme mit Begleitung des Pianoforte Tön H. Mauss, Moaikdi- 
rector nnd Domorganist in Kronstadt. Preis 10 Ngr. 



in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



777 



778 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 20**' November. 



M 47. 



1844. 



Inhalt I Rezensionen. — - Nachrichten: SominerftBgione in Italien. Ans Leipzig. — Ankündigungen. 



R £ 



CEN8IONEN. 



Für die Orgel. 



Grelle A. JB., 36 kurze and leichte vierstimmige Orgel- 
gelpräludieu. Op. 29. Berlin, Bote und Bock. % Tblr. 

Diese Präludien dürften mit Vortheil von Anfängern 
im Orgeispiel benatzt werden, am sich an die gebundene 
Spielart zu gewöhnen; das scheint uns auch der haupt- 
sächliche Zweck des Verfassers zu sein. Denselben erfüllen 
sie nicht nur, indem sie ganz orgelmässig geschrieben 
sind (diese Bemerkung wird nöthig, da unter Orgelcom- 
positioneo leichteren and mittleren Schlages häufig das 
erbärmlichste, abgeschmackteste Zeug angetroffen wird, 
welches uns die Verfasser noch viel weniger achten lässt, 
als wenn sie es für Ciavier geschrieben hätten; eine 
ziemliche Anzahl solcher Werke, welche beweisen, wie 
für Orgel nicht geschrieben werden soll, könnten wir an- 
führen , wir unterlassen es jedoch, obgleich jene es ver- 
dienten, da dieselben noch obendrein einem langgefühl- 
ten Bedürfnisse abhelfen sollen und endlich die Leute sich 
betrogen sehen), sondern sie geben dem Anfänger auch 
die richtige Ansicht, wie für die Orgel geschrieben wer- 
den muss. Die Melodie dieser Präludien ist meist des 
Instrumentes würdig ; di^ Nummern 2, 6, 12, 16, 22 ha- 
ben uns besonders gefallen; mit dem %-Tact können 
wir uns aber überhaupt .nicht recht befreunden. 

In No. 6 Tact 13 muss im Alt eis stehen, No. 9 ge- 
fällt uns im Anfange, No. 10 Tact 11, No. 30 Tact 13 
und fort, No. 32 Tact 14 — 20 nicht; in No. 21 Tact 7, 
No. 24 Tact 4 bricht das Pedal zu zeitig ab. Möge der 
Verfasser seine Feder an grössere Tonstücke setzen, aber, 
wie bei diesen Präludien, nie vergessen, dass er für die 
Orgel scbreibt ; wir werden dann dieselben eben so will- 
kommen heissen. Diese kleinen Tonstücke für kirchlichen 
Zweck zu benutzen, würde Manchem anzurathen sein; 
denn lieber kurz und gnt, als viel und schlecht, und manch- 
mal noch mehr als dies. Wir jedoch fordern von Dem, 
der auf den Namen eines Organisten Anspruch machen 
will, dass er ein hübsches Präludium selbst erfinden kaun. 
Dagegen dürfte eine gute Faghettensammlung am Platze 
sein, denn die Fugen von Bach, Händel, Krebs o. s. w. 
sind zu lang und nicht allemal ganz geeignet für die 
Kirche; auch fordern sie einen nicht nöthigen Kraftauf- 
wand. Es sind ans nur einige Heftchen ordentlicher Com* 

46. Jahrgang. 



Positionen vorerwähnter Gattung bekannt, aber eine Masse 
unbrauchbaren, läppischen Zeugs. H. Schellenberg. 



Maria di Rohan, tragische Oper in drei Acten, nach dem 
Italienischen von Kuppelwietfr ; Musik von 6. Doni- 
zetti. Ciavierauszug. Wien, bei Anton Diabelli et 
Comp. Preis 12 Fl. Conv.-M. 
Referent glaubte bei Besprechung eines früheren Wer- 
kes des unermüdlichen Maestro mindestens gegen unge- 
rechte Angriffe nnd Beurtheilungen für ihn in die Sehran- 
ken treten zu müssen, und gab diese Apologie, der Ver- 
anlassung gemäss (es war von einer komischen Oper die 
Rede), und unter beschrankenden Bedingungen wirklich 
unbefangen und nach bester Ueberzeugung. — Mit glei- 
cher Unbefangenheit erklärt indess der Berichterstatter, 
dass die vorliegende tragische Oper bei Weitem weniger 
geeignet ist, Enthusiasmus für ihren Schöpfer zu erre- 
gen und eine ihm günstige Polemik zu begründen. — 
Wenn Lucrezia Borgia und Belisario auch nicht ab tra- 
gische Meisterwerke gellen können, so enthalten sie doch 
anleugbar treffliche Einzelheiten und schliessen einen hö- 
heren, für den Componisten erreichbaren Climaz wahrlich 
nicht aus. — Aber diese als tragisch angekündigte Maria 
erregt oder rechtfertigt nicht einmal auch nur bescheidene 
Hoffnungen für die Zukunft des frachtbaren Componisten. 
Mehr, als in allen seinen früheren Opern, tritt hier 
das Fragmentarische, Zufällige, Uebereilte hervor. — Nun 
schliessen freilich diese Bezeichnungen, sind sie auch nicht 
Attribute eines Meisterwerks, glückliche Gedanken, ein- 
dringliche Motive und sonstige Gaben künstlerischer Weihe 
nicht aus — bier aber begegnet man solchen geistvollen 
Kindern der Inspiration nur sehr selten; das Meiste trägt 
den Typus des Gewöhnlichen, Herkömmlichen, Flachen,— 
ja als eigentliches pezzo, che ferma, wie es die Italie- 
ner sehr bezeichnend nennen, möchte sich höchstens der 
Mittelsatz des Duetts No. 6 ( 3 / 4 , Desdur) bewähren, 
der sich wirklich durch ein sehr schönes, grosse Innig- 
keit aussprechendes Motiv und durch eine höchst lieb- 
liche und wirkungsvolle Harmonie (namentlich bei dem 
frappanten nnd doch mild erscheinenden Wechsel mit 
Adur) ungemein vorteilhaft auszeichnet. Hier ist aoeh 
die Benutzung des Unisono beider Stimmen vollkommen 
motivirt, wodurch die schon an sich bedeutsame Me- 
lodie dem Gefühle noch näher gebracht wird; dagegen 
erscheint die häufige Anwendung dieses Kunstmittels im 

47 



779 



1844. November. No. 47. 



780 



Laufe dieser Oper oft höchst unpassend und als bioser 
Behelf, den Mangel an Intensivität zn bedecken. 

Zuweilen soll das Fremdartige, namentlich in der 
Zusammenstellung, für die Gedanken frische entschädigen, 
die man so oft vermisst, es geschieht aber meist mit so 
wenigem Glücke, dass nur die Absicht fühlbar wird. — Ein 
Beispiel dieser Art liefert gleich der Anfang der Ouvertüre: 



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Unis. 



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£ 



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*&= 



denn dieser kühne Anlauf wurde nur genommen, um den 
Eintritt des Larghetto in Adur desto frappanter zu ma- 
chen. — In diesem Larghetto, das besonders durch das 
reizvolle Motiv des eben besprochenen Duetts seinen 
Schmuck erhält» concentrirt sich denn auch ziemlich der 
ganze Werlh der Ouvertüre : viel Unruhe, forcirte Ueber- 
gänge, ein mühsam aus kleinen Gedankenspänen zusam- 
mengefügter Mittelsatz, und endlich ein allerdings sehr 
vollklingender, aber in seinen einzelnen Tbeilen ver- 
schiedenen Grundbesitzern zugehöriger Schluss, und die 
Ouvertüre ist fertig; ihr ganzer Eindruck liegt etwa in 
der Frage: Ouvertüre, que me veux-tu? 

Mit grossen Ensembles hat der Dichter nach ge- 
wohnter Weise den Componisten nichtsehr incointnodirt; 
nur das erste Finale ist von einiger — Ausdehnung« Der 
sanfte Satz in Gdur, mit welchem es beginnt, ist wirk- 
lich recht melodiös und auch wirksam gruppirt — aber 
das Folgende ist matt und farblos, und selbst das letzte 
Mittel eines allgemeinen Unisono und einer gewaltsamen 
Transposition von D nach Esdur bleibt unwirksam. — 

Von den acht oder neun Cavatinen und Arien, die 
den drei Hauplpartieen übertragen sind, erhebt sich eigent- 
lich keine über das Niveau des Gewöhnlichen; sie siud 
zuweilen von einer Trockenheit und Kälte, die uns an 
dem sonst so heissblutigen Maestro wirklich befremdet. 
Aus solchen musikalischen Gedanken, wie die hier an- 
gedeuteten : 




sind fast sämmtliche Sologesänge zusammengesetzt, und 
nur das oft angewandte Belebungsmittel des unerwarte- 
ten Wechsels von Dur und Moll baucht ihnen ein mo- 
mentanes Scheinleben ein. Dass unserem gewandten Ton- 
setzer dies zuweilen überraschend gelingt , ist nicht zu 
leugnen, und ein höchst genialer Zug dieser Art schmückt 
z. B. (freilich noch durch andere geistige Zuthat geho- 
ben) das erste Finale seiner „Regimentstochter." — Hier 
nun schwächt theils die Aehnlichkeit der Anwendung, 
theils die wahrhafte Verschwendung dieses Mittels seine 
Wirkung. — Wie leicht unser Componist sich oft seine 
Aufgabe gemacht, möge noch das Factum und Curiosum 
beweisen, dass in dem grossen Schlussterzelt, und zwar 
bei verschiedenen Textesworten, die ganze Sopran- und 
Tenorpartie sich, mit Ausnahme weniger Tacle, im uni- 
sono bewegt: Das fördert allerdings die Arbeit! 

Auch das Libretto ist von der gewöhnlichen Struptur, und 
der Schluss muss von der Bühne herab fast peinlich wirken. 



Von dem Maestro aber, der durch diese tragische 
Maria seinen Bubm wohl kaum vermehren dürfte, erwar- 
ten wir bald ein Werk, das sein Genie im hellsten Lichte 
zeigt und das eben besprochene vergessen macht, wozu 
ihm dieses selbst die besten Dienste leisten wird. 



Carl VI. , grosse Oper in fünf Acten, nach dem Franzö- 
sischen von Casimir und Germ. Delavigne; Musik 
von Halevy. — Vollständiger Ciavierauszug mit deut- 
schem und französischem Texte. Leipzig, bei Breit- 
kopf und Härtel. Preis 12 Thlr. 
Es ist bekannt, dass Halevy seinen grössten und 
wohlverdienten Ruhm der „Jüdin 14 verdankt, einem dra- 
matischen Tongebilde, von Kraft und Phantasie durch- 
strömt, das bei vorurtheilsfreier Betrachtung immer als 
ein höchst cbaracteristisches Werk erscheinen wird, wenn 
es auch durchaus nicht frei ist von hohlem französischen 
Pathos und leidenschaftlicher Uebertreibung. Sollen 
wir indess unsere specielle Meinung aussprechen, so fin- 
den wir das wahre Talent, ja das ächte Genie dieses 
reicbbegabten Componisten in seiner bei Weitem noch 
nicht genug gewürdigten Oper ,,Der Blitz" am Schön- 
sten, und zwar ganz un verhüllt, dargelegt. Trotz der 
beengenden Struclur dieser Oper: nur vier Personen — 
kein Chor! — eine sehr eiufache, wenn auch interes- 
sante Handlung — ist doch das Ganze. so voll von An- 
muth, Gefühl und geistiger Regung, dass man alle jene 
gewohnten, ja fast nothwendig gewordenen Beiwerke einer 
grossen Oper durchaus nicht vermisst. Ein Werk nun, 
in dem Sinne des eben bezeichneten, wünschten wir jetzt, 
bei offenbar gewonnener Erfahrung und geschärftem Ur- 
theile des Compouisten , von ihm zu empfangen , um zu 
ermessen, ob seine Inspirationen so genial und bedeut- 
sam sind, dass sie des Schmuckes und des schimmern- 
den Beiwerkes der sogenannten grossen Oper entbehren 
können. 

Was nun das vorliegende, sehr umfangreiche Werk 
betrifft (es füllt allein in dem enggedruckteu Ciavieraus- 
zuge 312 Folioseilen), so hält es zwar einen Vergleich 
mit dem Hauptwerke seines Schöpfers, der „ Jüdin ," 
nicht aus, doch zeugt es unleugbar eben so von dem 
schaffenden Genius des Componisten, wie von der Be- 
herrschung seines Stoffes. Nur bot ihm dieser Stoff uicht 
so günstige Veranlassung zu einer prägnanten Cbaracte- 
ristik, zu so entschiedenen Gegensätzen und dankbaren 
Situationen, wie sie ihm dort entgegenkamen. Einen nicht 
zu verkennenden Zug und wohl auch Vorzug sehen wir 
dagegen mit wahrer Freude in diesem Werbe sich gel- 
tend machen : wir erblicken ihn in dem sichtbaren Stre- 
ben, jene excentrischen Ausbrüche des Affects zu ver- 
meiden, und wahres Gefühl, edle Einfachheit an ihre 
Stelle zu setzen. Das zeigt sich gleich im ersten, ein- 
stimmig gehaltenen. Chore der Landmädcben, in welchem 
sie von ihrer Gespielin Odetta, die an den königlichen Hof 
gebt, Abschied nehmen. Dieser Chor ist in der Thal von 
so anmuthiger, woblthuender Einfachheit, dass er seine 
Wirkung nicht verfehlen kann, und wir würden ihn un- 
eingeschränkt loben, wenn er nicht in einigen Wendun- 
gen den Chorcharacter verleugnete. 



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Es folgt auf diesen ansprechenden Cbor ein franzö- 
sischer Nationalgesang, derselbe, der bekanntlieb in Paris 
grosse Aufregung, veranlasst hat , gewiss nicht so sehr 
wegen seiner musikalischen Bedeutung, als wegen der 
zeitgemässen, England feindseligen Demonstration, dio in 
seinen herausfordernden, von der grossen Nation mit 
Enthusiasmus aufgenommenen Worten liegt: 
Guerre anx tyrans!' Jaraais en France, 
Jamals l'Anglais ne regnera! 
Was nun den musikalischen Theil dieser Kriegser- 
klärung betrifft, so ist es nicht zu verkennen, dass das 
energische Motiv mit seinen bezeichnenden Accenten, bei 
so bedeutsamer Unterlage, mit französischer Leidenschaft 
vorgetragen, einen gewaltigen Eindruck machen müsse. 
Namentlich gewinnt es bei seiner Transposition nach 
Cdur (zuerst erscheint es in Gdur) ungemein an Energie. 
Da es nicht unsere Absicht ist und sein kann, das 
umfangreiche Werk in allen seinen einzelnen Theilen aus- 
führlich oder auch nur andeutend zn besprechen, so kön- 
nen wir nur im Allgemeinen die Versicherung geben, 
dass dieses Werk eine bedeutende Anzahl trefflicher Mu- 
sikstücke, sowohl Arien als Ensenible's enthält, worun- 
ter einige der letzteren von wahrhaft grossartiger Con- 
ception sind nnd sich durch acht künstlerische, sorgfal- 
tige Behandlung auszeichnen. Für Beides werden wir ei- 
nige Beispiele geben, nnd bei ihnen verweilen. 

Im ersten Act macht sich vorzüglich ein ziemlich 
weit ausgeführter Jagdchor bemerklich. Er ist wirklich 
von eigenlhümlicber Structur nnd bat eine so lebendige, 
frische Färbung, dass wir ihn als ungemein anregend be- 
zeichnen müssen. Sein Hauptmotiv erscheint zuerst im 
Einklänge 5 später begleitet das Orchester den im Uni- 
sono einherschreitenden Chor mit vollen, oft sehr kecken, 
aber ungemein hebenden Harmonieen und in sehr bezeich- 
nenden Formen. Es gereicht dem Ganzen noch zum be- 
sonderen Vorzuge, dass der gewöhnliche Zuschnitt eines 
Jagdchors mit seinen stereotypen Hörnertiraden ganzlich 
vermieden wurde, und zwar ohne Nachtheil für die Cha- 
racteristik. 

Di« beiden nun folgenden Duette, deren zweites den 
ersten -Act schliesst, sind dagegen ohne grosse Bedeutung 
und ziemlich aphoristisch gebalten. Ihre Motive erschei- 
nen mehr declamatorisch , als sangbar, und manche sind 
von unerfreulicher Trockenheit. An Effectstellen fehlt es 
indess diesen beiden grossen Duetten durchaus nicht, wie 
sich de nn auch einige wahrhaft schöne Züge und ergrei- 
fende Momente geltend machen. 

In» zweiten Act erscheint als Glanzponct eine grosse, 
höchst brillante Gesangscene der Isabella mit Cbor. — 
Das Ganze wird mit „Vilanella" bezeichnet, nnd enthält 
eine ganze Reibe von Situationen und Schilderungen, die 
sich der musikalischen Behandlung höchst günstig zeigen, 
und auch vom Componisten eben so geschickt als wir- 
kungsvoll wiedergegeben sind. — Ein sehr piquanter, 
zweistimmiger Frauencbor eröffnet die anmutbige Scene. 
Der Chor wird doppelt anziehend, wo die sehr glänzend 
gehaltene concertirende Stimme der Isabella hinzutritt. 
Nach einem Recitative, das den Debergang motivirt, folgt 
eine sehr geschickt und geschmackvoll nuancirte Romanze 
in zwei Strophen, ungemein natürlich nnd doch sehr an- 



sprechend erfunden nnd geführt, vorzuglich woblthuend 
in dem heiteren Refrain. (Hier bewegt sich der Compo- 
nist in einer Sphäre, die ihn wahrhaft liebenswürdig er- 
scheinen lässt, und berührt Saiten, wie sie so traulich 
und wohlgefällig in seinem Cabinetstück , unserem Lieb- 
linge, dem „Blitz/ 4 ertönten.) Der Chor unterbricht bei- 
fallig die sinnige, dabei sehr dankbare Romanze, und nach 
einer analogen, kurzen Cavatine endigt diese interessante 
Concertscene (zu welcher sie sich, auch ausser der Bühne, 
vorzüglich eignet) mit einem schimmernden Bravoursatze, 
wie ihn Publicum und Sängerinnen nur immer wünschen 
mögen, um ein gehöriges : Plaudite ! zu motiviren. 

Es folgt nun im Ciavierauszug ein grosses weit aus- 
geführtes ballet, wovon wir nur sagen wollen, dass es 
die Dilettanten mit Freude begrüssen werden, da es eine 
reiche Ausbeute für sie enthält. 

Das Duett No. 12 ist schon seiner ungewöhnlichen 
Situation wegen (Odetta spielt Karten mit dem schwer- 
müthigen, fast wahnsinnigen Könige) piquant, aber auch 
die Musik hat viel Characteristisches. — Meist declama- 
torisch gehalten, ist es vorzüglich in harmonischer Be- 
ziehung sehr anziehend und mit grosser Gewandtheit ge- 
schrieben, doch modulirt es zu viel und wohl aoeh oft 
zu gewaltsam, wie überhaupt das Ganze einen etwas un- 
stäten Character trägt. Besonders bezeichnend tritt der 
Schluss hervor, und hier ist auch der Einklang beider 
Stimmen , gehoben von einer sehr markirten Orchester- 
begleitung und kräftig gesteigerter Modulation, vollkom- 
men motivirt, und erscheint nicht, wie in vielen moder- 
nen Opern, als willkürliches Effectmittel. Dies trotz sei- 
ner Bizarrerieen doch Geist und Leben athmende Duett 
geht in ein Terzett über, das am Schlüsse, wo die drei 
Stimmen ein gut geführtes, kräftiges Ensemble bilden, für 
das Hastige und Fragmentarische des Vorhergebenden ent- 
schädigt und Eindruck macht. 

Der zweite Act schliesst damit, dass der Dauphin 
als der Thronfolge verlustig erklärt wird. Auch diese 
Scene dünkt uns in der musikalischen Behandlung etwas 
zu flüchtig und nicht prägnant genug aufgefasst ; doch ist 
vielleicht ihre Wirkung von der Buhne herab grösser, 
als der Umriss sie erwarten lässt. 

Im dritten Act ist es zunächst ein grosses, offenbar 
mit Vorliebe behandeltes Terzett, das unsere Aufmerk- 
samkeit fesselt. Die drei Individualitäten, welche es bil- 
den, sind in der That trefflich gezeichnet; namentlich ist 
die Stelle, wo Odetta dem Könige das traurige Loos eines 
verstossenen, unschuldigen Sohnes (seines eigenen !) schil- 
dert, so wie die Erkennungsscene , von dem innigsten 
Gefublsausdrucke durchdrungen und wahrhaft ergreifend. 
Auch der animirte Schluss mit seiner vortrefflich motiyir- 
ten Steigerung ist der bedeutungsvollen Situation ange- 
messen und von entschiedener Wirkung. 

Ein bald darauf folgendes Gebet, als Vocalqwtett 
ohne Begleitung (der Ciavierauszug bezeichnet sie: ad 
libitum), wird bei guter Ausführung, die indess nicht obne 
Schwierigkeit ist, Eindruck machen. Nur bat seine Be- 
handlung, in melodischer und harmonischer Hinsicht, zu- 
weilen etwas Gesuchtes nnd Mühsames, obgleich die vier 
Stimmen immer gleichen Schrittes sich bewegen. Selbst 
an einigen Incorrectheiten fehlt es nicht, und manche Stel- 



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len durften den Säugern eben so wohl durch ihre Ortho- 
graphie (das Stuck ist in Fisdur geschrieben), als durch 
einige harmonische Ruckungen, z. B. von Cisdor nach 
B dar, ziemlich problematisch erscheinen. Doch entschä- 
digt der wirklich edle Cbaracter des Ganzen, so wie man- 
cher schöne, geniale Zug für die gerügten Mängel. 

Das Finale dieses dritten Actes bildet ein grosses 
Ensemble von zwei Chören und sämmtlichen Solostimmen. 
Findet man es zuerst widerstrebend, dass der französi- 
sche Chor sein; Vive le Roi! in so traurigen Klängen 
ertönen lässl, so wird doch bald die Heiterkeit allgemein : 
Tonart und Motive, die letzteren durch imposantes Uni- 
sono hervorgehoben, vereinigen sich zu lebhaftem Auf- 
schwünge, und führen einen lebhaften Actschluss herbei. 

Wenn im vierten Acte eine grosse Scene der Odelta 
(deren Partie übrigens einen höchst bedeutenden Umfang 
bedingt) sich mehr durch interessante Einzelheilen, als 
durch künstlerische Abrundung auszeichnet, so verdient 
dagegen die unter No. 17 als Lied bezeichnete Cantilene 
für Bariton unbeschränktes Lob. Wie einfach dieser aus- 
drucksvolle Gesang auch gehalten ist, und in welchem 
bescheidenen Umfange sich auch seine Melodie bewegt: 
aus jedem Tone spricht rührende Innigkeit und gemüth- 
volle Regung; fürwahr, ein treffliches kleines Musikstückl 

Das Finale des vierten Actes, das überhaupt man- 
ches Treffliebe, ja Geniale enthält, wird wahrhaft impo- 
sant, wo das Allegro moderato (%, Hmoll) eintritt. Hier 
zeigt der Componist unleugbar , dass er jenes tragischen 
Aufschwunges fähig sei, der die dramatische Musik durch- 
dringen muss, wenn sie erhöhte Leidenschaft zu schil- 
dern hat. Chöre qnd Solostimmen bewegen sich selbstän- 
dig, würdevoll, und die lebhaft gesteigerte Orcbesterbe- 
deitung, mit ihren harmonisch bedeutsamen, kräftig mar- 
kirlen Einschnitten, bildet im Gegensatze zu der geschick- 
ten Gruppirung der Singstimmen ein Ganzes, das einen 
sichern Erfolg verbürgt. 

Der fünfte Act ist ziemlich kurz. Ein Lied mit Chor 
ist recht hübsch angelegt, und vorzüglich ist es sein Re- 
frain, der, von einer frischen Stimme mit hoher Tenor- 
lage ausgeführt, sicher gefallen wird. Seine naive Ein- 
fachheit, durch den Chor noch gehoben, und selbst die 
wohlthuende Heiterkeit, die das Ganze belebt, wird um 
so sicherer wirken, je seltener die heiteren Situationen 
sind, die dieses Werk entwickelt. Nachdem nun noch 
einige kurze Soli und Ensemble's so rasch vorübergegangen 
sind, wie es die schnelle Entwickelung der Catastrophe 
nöthig machte, schliesst die Oper mit dem im Eingange 
von uns hervorgehobenen und fast ominös gewordenen : 
„Guerre aux tyrans ! " etc., das nunmehr hier, von So- 
lostimmen und Chor unisono ausgesprochen , wohl auch 
erst seine volle Wirkung machen muss. 

Indem wir nun nochmals das Werk vor unserem 
Blicke vorübergehen lassen, sprechen uns noch so viele 
einzelne Schönneiten aus demselben an, dass wir es uns 
nur ungern versagen, sie durch specielle Bezeichnung 
den Kunstfreunden näher zu bringen, da uns dazu der 
Raum versagt ist. 

Wir schliessen diese offene Besprechung mit dem 
Wunsche, dass der treffliche Componist sein reiches Ta- 
lent recht bald in einem gediegenem Werke concentri- 



ren möge, das gewiss alle Vorurtheilsfreiere mit wahrer 
Freude empfangen werden! AL 



Nachrichten. 

Sotnmerstagione in Italien. 

Während man jenseits der Berge diesen Sommer über 
häufigen Regen, Ueberschwemmungen und kühle Witter 
rung klagte, war diese Jahreszeit in Italien, bei stets 
heilerem Himmel und anhaltender Wärme, in jeder Hin- 
sicht, sowohl in Betreff der Witterung, als der Musik, 
ganz und gar dürr zu nennen. Einige Messen und Jahr- 
märkte abgerechnet, beschäftigt die Sommerstagione in 
Italien an und für sich die Oper am Allerwenigsten im 
ganzen Jahre; desto thätiger waren diesmal in die- 
ser Zeit die Theatersensale in der lombardischen Haupt- 
stadt, dem bekannten Hauptquartier der grande armee 
der Sänger und Tänzer. Jene vornehmen und wichtigen 
Leiter der heutigen Opernlocomotive versahen reichlich 
für künftigen Herbst und Carneval gar viele Theater, und 
zwar buchstäblich von Petersburg und Moskau bis Chili, 
von Neuyork bis Smyrna, von Afrika, Portugal, Spa- 
nien, Däuemark, Holland, sogar Deutsehland (besonders 
Berlin) mit italienischen Sängern zweiten, dritten und 
auch vierten Ranges, in Ermangelung der Besseren. 

Einige nennen das moderne Opernindustrie, Andere 
meinen, es sei eine Opernseuthe. Was die Industrie an- 
belangt, so gewinnt eigentlich nur der Sensal dabei. Die 
gar bald absolvirten Virtuosi sind zwar auf einige Zeit 
gut oder minder gut versorgt; allein für's Erste überei- 
len sie ihre Studienzeit und bringen es nie zur gehöri- 
gen Ausbildung ihrer Kunst, weil sie die heutige Oper, 
der die stärkste Brust iu Kurzem unterliegen muss, schnell 
zu Invaliden macht. Die in dieser, in der Musikgeschichte 
unerhörten Dampfindustrie verwickelten Maestri huldigen 
dabei mit ihren gräuelgetränkten Opernbüchern den Faxen 
der neueren Zeit. Kränkliche Sentimentalität, Wimmern, 
Winseln, Ziehen und Zerren der Melodie, eine alle Hohl- 
heit, Schülerhaftigkeit, Leere und Langeweile bemän- 
telnde Artilleriemusik, haben den Geschmack an der Oper 
völlig irre geleitet, so dass die beutige Generation fast 
zu glauben anfängt, es müsse Alles so klingen, wie ihr 
vorgegurgelt und vorgetrommelt wird. 

Keine Regel ohne Ausnahme! aber die heutige Mu- 
sik ist im Allgemeinen und die Oper insbesondere eine 
wahre Krankheit, eine Seuche, was schon zum Tbeil aas 
dem vorhergesaglen , buchstäblich wahren Grassiren und 
entnervenden Einflüsse der heutigen italienischen Oper zu 
ersehen ist. Man muss aber, um die Quellen des Uebels 
ausfindig zu machen, um mehr als dreissig Jahre zurück- 

);ebea. Ich bitte die Leser zum Voraus , mich ja nicht 
älscb zu verstehen, und mir kein Crimen laesae maje- 
statis auf den Nacken zu werfen, wenn ich behaupte: 
Beethoven und Rossini sind — ohne ihre Schuld — am 
heutigen Verfalle der Musik Schuld. Ich habe Beethoven's 
Umgang mehrere Jahre bis 1810 in Wien gepflogen, den 
Proben und Aufführungen seiner grossen Schöpfungen bei- 
gewohnt; aber ohne hier zwischen ihm, Haydn und Mo- 
zart, die er doch in den meisten seiner früheren Com- 



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Positionen zum Muster genommen, einen eigentlichen Ver- 
gleich anstellen zu wollen, darf nur zum Gesagten so 
viel ganz kurz bemerkt werden. 

Kein wahrer Mosikkenner wird wohl behaupten, dasss 
Haydn in seinen Sympbonieen und Quartetten an Reich- 
tbum, Genialität, Kühnheit der Erfindung, Melodieenfluss, 
kunstvoller und contrapunctischer Bearbeitung, Wirksam- 
keit der Harmonie, Rhythmik, Schönheit der Verhältnisse, 
weder von Mozart noch von Beethoven tibertroffen wor- 
den ist. Beide Letztere haben blos zuweilen eine gross- 
artigere Conception und Ausführung, Beethoven noch ins- 
besondere das Bizarre voraus. Vater Haydn steht dem« 
nach in der Instrumentalmusik stets oben an; Mozart 
steht ab einziges Universalgenie, Beethoven überhaupt 
als musikalischer Riese da. Alle Drei beurkunden indes- 
sen eine ganz verschiedene Characteristik. Haydn = kind- 
liches Gemüth, heitere Laune, süsse Webmuth, ruhige 
Würde, lieblicher Ernst. Mozart = sentimental, Tiefe 
der Geisterwelt, Ahnung dtB Unendlichen, himmlisch, 
göttlich. Beethoven = Bewegung, Massen, das Kolossale, 
ein immer stärker werdendes Verschmähen der angenom- 
menen Formen, und dadurch in Bizarrerien ausartend. 
Sein leidendes Gehörorgan, die dadurch öfters entstan- 
dene Misslaune und gewisse Unruhe in seinem ganzen 
Wesen *) ; die an Grosstbalen so . reiche und lärmende 
Zeitepoche der ersten zwei Jahrzebente des jetzigen Jahr- 
hunderts, in welchen er seine Hauptcoinpositiouen schuf, 
hatten wohl auf seine Schreibart einen mächtigen Einfluss. 
Natürlicher Weise sagen Bewegung und Massen der 
nervösen Generation dieses Jahrhunderts am Meisten zu 5 
das bat anfänglich der schlaue Rossini am Ersten einge- 
sehen, und beide zur italienischen Oper benutzt (mit sei- 
ner ihm eigenen Weisheit sagte er mir vor vielen Jah- 
ren: in der Oper muss man die Zuhörer nicht einschla- 
fen lassen). So bat denn die neuere Musik , mit weni- 
gen Ausnahmen, ganz und gar jenen Character angenom- 
men; man iguorirt Haydn's und Mozart's Ciassik, und 
Beethoven muss selbst für Schmierereien zum Deckman- 
tel dienen; es ist ja uneudlicb viel leichter, mit einem 
gewissen Raptus vernachlässigter Form, als commensura- 
bel, mit besonnenem, vollendetem Geiste zu componiren. 
Wie himmelweit stehen aber die beutigen Beetnovenia- 
ner von ihrem Vorbilde ab! 

Ganz Antipod unseres unnachahmlichen deutschen 
Riesen ist Rossini, der Allernachahmlichste. Seit seinem 
Auftreten auf der melodramatischen Bühne hat er über 
hundert Affen erzeugt, die sich's recht bequem machten, 
Opern & la Rossini zu schreiben $ ihre süsslich fade und 
entnervte, mitunter, der herrschenden Tragedia Urica we- 
gen, kränklich weinerliche Melodik geht stets crescendo 
mit den Stimmen - und Orchestermassen in paralleler Rich- 
tung; aus dem harmonischen Labyrinthe der beutigen Fran- 
zosen» die sieb Beethoven'sche Anbeter zu sein rühmen» 
entlehnen sie das Gewürz» woraus die Tagesollapotrida 



*) Einst speiste ich ganz allein mit ihm an einem Tiseh in ei- . 
oem Gasthofe tu Wien. Noch bevor man die Sappe auftrug, 
wurde er nachdenkend, darauf unruhig, ood warf Messer, 
Gabel, LSffel rechts und links vor sich bin. Anf meine Frage, 
Was das bedeute t lachte er halb weinerlich, und üoseerte sei- 
nen Verdraas, dass man doch auf dieser Welt %utm müsse. 



aus faden, weinerlichen , betäubenden musikalischen In- 
gredienzien aufgetischt wird. Und sind nicht^so manche 
Hyperbravourerzeugnisse unserer diesjährigen Pianoforte- 
heroen ganz dasselbe? .... Ach Himmel, werden auch der- 
gleichen meist auf Bouquets der modernen italienischen 
OpernOora basirte Glaviercompositionen auf einem eisen- 
starken aebtoetavigen Pianoforte vorgetragen, wie kalt 
lassen sie doch ! — Herz und Geist haben jetzt in der 
Musik dem Erstaunen Platz gemacht, die Composition ist 
der Ausführung als höchstem Ziele gewichen, das Ganze 
ein Handwerk, und die göttliche Tonkunst geopfert wor- 
den. Glücklieb die Mehrzahl, die sich dabei gütlich thut, 
aber himmelweit glücklicher die in die Geheimnisse unse- 
rer unsterblichen Tonmeister eingeweihte Minderzahl. Basta! 
Der Gegenstand, hier ernsthaft verfolgt und auseinanderge- 
setzt, könnte zuletzt in's Buffo geralben. — Jedenfalls hat 
er ein Gutes hervorgebracht: Die jetzt beglückten Virtuosi 
denken auch an die Armen, und der eigentliche Stifter 
dieses wobltbätigen Virtuosensinnes ist unstreitig Liszt. 

Nach Vorausschickung dieser flüchtigen Bemerkungen 
meint Schreiber dieses, dass nur in einer Rückkehr zu 
Haydn und Mozart, den Schöpfern der Instrumentalmusik 
und der Oper, noch Heil zu suchen und die dabei etwa 
dem nervösen Zeitaller und der Mode zuzugestehenden 
Modificationen ja bedächtig zu erwägen seien. Wer hat 
wohl Tizian und Bafael übertroffen? Gibt es etwas mehr, 
als höchste Vollkommenheit? — 

(Fertsetsnng folgt.) 

Leipzig, den 15. November 1844. Sonntag, den 10. 
d. M., gab der berühmte Violinvirtnos Herr H. W. Ernst 
aus Paris eine musikalische Morgenunterhaltung im Saale 
des Gewandhauses. Er spielte darin mit den Herren Con- 
certmeister David, Gade und Grabau das Bdur- Quar- 
tett von Haydn und das Emoll- Quartett von Beethoven 
(Op. 59); allein: den Erlkönig von Fr. Sehnbert, von 
ihm für die Violine übertragen; mit Begleitung des Pia- 
noforte (Herr C. Retnicke): Feuillet d'Album von St. 
Heller, und die bekannte „Elegie** von seiner eigenen 
Composition, und endlich mit Quintettbegleitung : Andante 
und Carneval von Venedig. — 

Herr Ernst geniesst einen weit verbreiteten, wohl- 
begründeten Ruf als einer der vorzüglichsten Jetzt leben- 
den Violinspieler, und man hat allerwärts, wo musikali- 
sche Bildung herrscht und die gefeierten Virtuosen zu 
ihren Produetionen Veranlassung finden, Gelegenheit ge- 
habt, seine vortrefflichen Leistungen zu bewundern, so 
dass es überflüssig erscheint, seine oft gerühmten Vor- 
züge hier noch des Weiteren zu erörtern. Es genügt da- 
her gewiss, in's Gedichtniss der Leser zurückzurufen, 
dass dieser Künstler sieb namentlich durch einen unge- 
mein gefühlvollen Ton, der sich in der Höhe oft in wun- 
derbarer, wohl noch von keinem Anderen erreichter Weise 
zu einem wahrhaften Jubel zu steigern vermag, durch 
eine fast unglaublich leichte Ueberwindung der grössten 
technischen Schwierigkeiten, und durch eine grosse Ele- 
ganz und Bravour des Vortrags auszeichnet. Wir haben 
es hier zunächst mit seinem Auftreten in der erwähnten 
Matinee zu thun, und müssen in Bezug hierauf, ohne Be- 
fürchtung, mit dem so eben im Allgemeinen ausgespro- 



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ebenen Lobe in Conflict zu gerathen, doch offen geste- 
hen, dass uns der Vortrag der beiden genannten Quar- 
telta nicht. so angesprochen bat, als wir erwartet hatten. 
Einen Theil der Schuld hieran mag allerdings, wie wir 
nicht verkennen, das Local tragen, in welchem das Con- 
cert Statt fand 5 denn der grosse Raum unseres Gewand- 
haussaales ist unbedingt nicht günstig für die ihn nicht 
hinreichend füllende Quarleltmusik , welche im Zimmer, 
überhaupt aber in einem kleineren Locale, eine schönere 
nnd vollständigere Wirkung erreicht. Aber auch dies ab- 
gerechnet, vermissten wir hier und da an dem Concert- 
geber das breite gesangvolle Hervortreten seines Instru- 
ments. In Quartetten soll zwar die erste Geige keines- 
weges eine Principalstimme , ein Soloinstrument sein, 
aber wir hallen sie dennoch für hauptsächlich maass- 
und tonangebend und für berufen, den Character des 
Musikstückes auszuprägen. Dabei ist noch hinzuzufügen, 
dass die drei anderen Instrumente durchaus zart und 
discret behandelt wurden und daher unsere obige Bemer- 
kung nicht etwa das Vermissen einer verbältnissmässigen 
Steigerung aussprechen soll. Es war auch wohl mehr der 
grössere Ausdruck des geistigen Erfassens der Composi- 
tion, der uns als zum Ideal eines Quartettspielers gehörig 
vorschwebte, nnd den wir deutlicher zu erkennen ge- 
wünscht hätten, als das extensive Geltendmachen der 
Rolle, welche die erste Violine, im Streichquartett zu über- 
nehmen bat. Und in Bezug hierauf ist die schon oft ge- 
machte Wahrnehmung noch unwiderlegt geblieben, dass 
nämlich gerade die anerkannt grössten Violinvirtuosen 
nicht immer auch die ausgezeichnetsten Quartettspieler sind. 
Die Gründe dazu sind leicht zu finden und schon zu oft 
erörtert worden, als dass eine Wiederholung derselben 
hier angemessen sein könnte. Genug, dass Herr Ernst 
auch in beiden Quartetten einen schönen Ton, eine grosse 
Virtuosität und eine genaue Bekanntschaft mit den weni- 
ger blendenden Werken unserer grossen deutschen Mei- 
ster erfreulich bewies. — 

Die Uebertragung des Schubert'acben „Erlkönigs" für 
die Violine ist und bleibt jedenfalls ein sehr gewagtes Unter- 
nehmen. Die durchgehende, an sich schwierige Begleitung, 
darüber die die verschiedensten Affecte ausdrückende Sing- 
stimme, dies Alles auf ein Instrument zusammenzudrängen, 
welches seiner Natur nach eine Vollstimmigkett und ein sepa- 
rates Hervortreten einzelnerund doch zugleich erklingender 
Figuren ausscbliesst, — das kann nur auf eine Weise 
geschehen, durch welche der Composition sowohl, als der 
Violine Gewalt angethan wird. Herr Ernst besiegte die 
grossen Schwierigkeiten dieses Arrangements mit einer 
Fertigkeit, in der ihm kein ebeubürtiger Virtuos gleich- 
zukommen im Stande sein wird; aber einen wahrhaften 
ästhetischen Genuss konnte er trotzdem damit dem Hörer 
nicht gewähren. Man gelangt über den Anstrengungen, 
die der Vortrag dieses Stücks von dem Ausführenden er- 
fordert, und die sich vor dem Publicum nicht verbergen 
lassen, nicht zur Ruhe, und als Resultat bleibt endlich 
nichts, als die Bewunderung über den relativen Grad der 
Vollendung, mit der das Unmögliche möglich gemacht 
wird. Allein diese Bewunderung hat sich, wie gesagt, 
der Concertgeber in reichem und verdientem Maasse er- 
worben. — Die gelungenste und dankbarste Nummer des 



Goncerts war unstreitig die „Elegie," welche Herr Ernst 
mit einer Tiefe des Gefühls vortrug, wie sie in solchen 
Stücken eben nur ihm eigen ist. Und der Garneval von 
Venedig, diese originelle Burleske, voll der komischsten 
und naivsten Züge, verfehlte auch diesmal nicht den Ef- 
fect der grössten Befriedigung auf die Zuhörer. Dass jede 
einzelne Leitftnng des Künstlers stürmischen Applaus er- 
hielt, bedarf wohl kaum einer Erwähnung, da ein sol- 
cher demselben wohl nirgends fehlen wird, wo man Vir- 
tuosität zu schätzen weiss. — Herr Widemann (Mitglied 
unseres Stadttheaters) sang zwischen den Solovorträgen 
des Concerlgebers ein Lied vou Curschmann und die Ro- 
manze des Guido aus der Oper Guido und Ginevra von 
Halevy und fand verdiente Anerkennung. — 

Sechstes Abonnementconcert , Donnerstag, den 14. 
November. — Ouvertüre zur Oper „Der Freischütz" von 
C. M. v. Webtr. — Scene und Arie aus Titus von Mozart, 
gesungen von Mad. Monier de Fontaine. — Violinconcert 
in Form einer fiesangscene von L. Spohr, vorgetragen von 
Herrn H. W. Ernst. — Recitativ und Arie aus Semiramis 
von Rossini, gesungen von Mad. Mortier de Fontaine. — 
Introductiou und Variationen über ein Thema aus La Stra- 
niera von Bellini, componirt und vorgetragen von Herrn AT. 
W. Ernst. — Sinfonia eroica von L. v. Beethoven. — 

Die hohe Vollendung, mit welcher unser Orchester 
unter anderen die PPeber'schen Opernouverturen aus- 
führt, ist bereits in diesen Blättern oft gerühmt worden 5 
deshalb wird es genügen, zu bemerken, dass auch dies- 
mal die Ouvertüre zum Freischütz mit grosser Sicher- 
heit und Rundung, wahrhaft schön vorgetragen wurde. 

Ueber die Leistungen der Mad. Mortier de Fontaine 
haben wir uns schon in unserem Berichte über das dritte 
Abonnementconcert d. J. ausgesprochen , und haben es 
jetzt bestätigt gefunden, dass die Gesanghrittel dieser Sän- 
gerin, obgleich eine Verschiedenheit nicht nur der Stärke 
ihrer Stimme, sondern auch des Tones selbst und seines 
Characters wahrzunehmen ist, dennoch, besonders in der 
mittleren Region, sehr schätzenswerth sind. Würde Mad. 
Mortier, wie wir bereits früher bemerkten, ihre Stimme 
in der Tiefe natürlicher klingen lassen und nicht mit ei- 
ner gewissen Manier so an den Gaumen drücken , dass 
sie fast über das weibliche Organ hinausgebt, so würde 
die erwähnte Ungleichheit derselben bei Weitem weniger 
auffallen und überhaupt der ganze Gesang nicht unbeträcht- 
lich gewinnen. Uebrigens zeichnete sich die Sängerin darb 
edlen Vortrag und grosse Gewandtheit rühmlich aus. 

Das SpoAr'sche Concert in Form einer Gesangscene 
ist ein anerkannt gediegenes und herrliches Werk, gleich 
dankbar für den Spieler, wie interessant für den Zuhö- 
rer $ das Erstere, weil es in schönen Motiven und glän- 
zenden Bravoursteilen' dem Vortragenden mannichfaltige 
Gelegenheit zu Entwickelung eines getragenen Tones und 
zu Entfaltung seiner Virtuosität gibt und durch die dra- 
matische Behandlung des Stoffes eine seltene Scala der 
Affecte bietet; das Andere, weil des Hörers Theilnahme 
durch die meisterhafte Abrundung der Harmonieen und 
Modulationen, wie durch die niemals über die Natur der 
Geige hinausgehenden Schwierigkeiten ungestört im ru- 
higen Genüsse des Dargebotenen bleibt, und durch die 
abwechselnde Steigerung des musikalischen Ausdrucks stets 



789 



1844. November. No. 47. 



790 



neu angeregt wird. Herr Ernst hat durch die höchst ge- 
lungene Ausführung dieses schönen Conoerts in der Thal 
den Ruhm eines vollendeten Meisters auf seinem Instro- 
mente abermals bewährl 5 mit seltener Beharrlichkeit hielt 
er dessen hier zunächst vorliegenden Zweck, die mensch- 
liche Stimme nachzuahmen, fest und überschritt nirgends 
die Grenzen des soliden, classischen Geschmacks, der in 
dem ganzen Stucke, neben allen brillanten Seilen des- 
selben, immer vorherrscht. Nidht alle Virtuosen der neue- 
ren Zeit haben den Sinn für solch 9 edle Musik, oder sie 
verstehen es nicht, ihn zu zeigen, oder endlich sie las- 
sen sich nur zu leicht verführen, durch moderne Auffas- 
sung und Reprodoction den Theil des Publicums, der blos 
die Bravour des Executirenden anstaunt, für sich zu ge- 



winnen. Um so mehr verdient Herrn Ernst $ gemessener, 
wahrhaft schöner Vortrag eine ehrende Anerkennung. In 
seinem zweiten Solo (das Programm bezeichnete dasselbe 
als eine Introduction, Caprice und Finale über ein Thema 
aus den Puritanern, es waren aber Variationen über ein 
Thema aus der Straniera, wenn Referent nicht irrt) hatte 
Herr Ernst Gelegenheit, seine stupende Fertigkeit zu 
zeigen, die das Publicum zu einem lange nicht enden- 
den Applaus hinriss. 

Die mächtige Sinfonia eroica führte das Orchester 
unter der tüchtigen Leitung des Herrn N. fF. Gade, 
der immer mehr und mehr seinen unverkennbaren Beruf 
zum Dirigenten an den Tag legt, vortrefflich aus. 

L. R. 



Ankündigungen. 



Wohlfeile, bette und vollständige Sammlung von Orgelstücken 
aller Arl ist der, fast allgemein in Kirchen und Seminarien eingeführte 

Orselfreund» 

Herausgegeben von G. W. Körner und A. G. Ritter. 
5 Bände k 1 Thtr. 

sind bereits erschienen. Von dem ersten Heft des sechsten Bandes 
kann demnächst in allen Buch- nnd Musikalienhandlungen Ein- 
sicht genommen werden. Auf sechs Exemplare wird das siebente 
frei gegeben. Gefälliger Verwendung und Bestellung sieht entgegen 

Willi. Körner in Erfurt. 

IVeue Musikalien ) 

im Verlage von C» V» I*eter», Bureau de Musique in Leipsig. 

Haela, JT, S., 12 petits Preludes ou Exerciees pour les Com- 
mencansj tires de la m * Livraison des Compositions pour le 
Piano. 17* Ngr. 
Beelter, JL, Lenz und Liebe. Sechs Lieder für Mezzosopran 
oder Bariton, mit Begleitung des Pianoforte. Op. 34. 15 Ngr. 

Minnelieder für Bariion oder Mezzosopran, mit Begleitung 

des Pianoforte. Op. 35. 20 Ngr. 

— — Serenade freue pour Violon et Vi olon Celle ayec aecompagne- 
ment de Piano ou de Guitare. Op. 36. 20 Ngr. 

Hauptmann, HI., Messe für Solo mit Chorstimmen, mit Be- 
gleitung des Orchesters, Text lat. Op. 30. Partitur. 5 Thlr. 

d? Orchesterstimmen. 4 Thlr. 10 Ngr. 

d? Solo- und Chorstimmen. 2 Thlr. 22£ Ngr. 

d? Clavierauszug. 2 Thlr. 7± Ngr. 

Drei Lieder für eine Singstimme mit Pianoforte- und Vio- 

linbcgleituug. Op. 31. Cah. i. 12* Ngr. Cah. 2. 22* Ngr. 
Cah. 3. UO Ngr. 

Hermes« Tis., Feuille» d' Album. Six Duettin os pour le Piano 
a 4 maios. Op. 1. Cah. 1. 12* Ngr. Cah. 2. 15 Ngr. 

Hunten, W» 9 Variation» brillantes sur la Polka nationale pour 
Pianoforte. Op. 135. 20 Ngr. 

Jans*« Ii*« Six Duos pour denx Violons. Op. 64. No. 4 — 6. 
a | bis 2 Thlr. 

Kalllwoda, J* W«, 6"" gründe Symphonie, a gründe Or- 
chestre. Op. 152. 6 Thlr. 

La mime , arr. pour le Piano a 4 mains , par F. Roitzsch. 

2 Thlr. 15 Ngr. 

5 ma Concertino pour Violon, ayec necompagnement d'Orche- 

stre. Op. 133. 5 Thlr. 20 Ngr. 

Le meme, ayec aeeompagn. de Piano. I Thlr. 15 Ngr. 

HAeaVen, F», Lieder ans der Schweiz, Ar vier Männerstim- 
men. Op. 44. Partitur nnd Summen, i Thlr. 22* Ngr. 

Volkslieder, neapolitanische. Originalmelodieen mit Beglei- 
tusg des Pianoforte, deutsch ?on W. Gerhard. No. 3. Liebchens 
Antwort. 5 Ngr., No. 4. Der Wasserrerkaufcr. 5 Ngr. 

Weber, C HI« de« Concertino pour Clnrinette, avec Orche- 
stre. (Op. 26) arr. pour Flute et Piano, par C. Belebe. 20 Ngr. 



In der T. Trautweln'schen Buch- nnd Musikalienhand- 
lung (<J. Guttentag) in Berlin ist so eben erschienen: 
Henberg , W., Op. 1. Sechs Lieder für Sopran oder Tenor. 
i) Frühlingsengel: Muller wer kam cum Anrikelbeet. 2) Hei- 
matblied.s Auf der Höhe bin ich gerne. 3) Liebeshoffnung : Ich 
thöricht Kind. 4) Schön - Rohtraut ; Wie heisst König Hingangs 
Töchterlein. 5) Holdes Mädchen ron Athen. 6) Standchen i In 
dem Himmel ruht die Erde. Preis 20 Sgr. 
Schneider, JTul«, Dt* Frevels Sühnung. ,,Noeh weilen heiTge 
Engel.'* Gedicht von Klöden. Für eine tiefe Stimme. Pr. 10 Sgr, 
Taubert, Willi., Schlasierlied von A. Kopisch. „Uem a Zo- 
laberg da lent a Land harum." Preis 7* Sgr. 
Trilbn, H«, L'abbandonata (Die Hoffnungslose): Still nnd 
heimlich naht die Liebe , für Alt , mit ital. n. deutschem Texte. 
Preis 7* Sgr. 
Wlebmann, H», Op. 3. Sechs Lieder. 1) Vergissmeinnicht« 
Es blüht ein schönes Blümlein. — 2) Huttelei» still nnd klein.— 
3) Zn einem Kinde: Du bist wie eine Blnme. — 4) Der Kuknkt 
Ich hör' eine wunderliche Stimm'. — 5) Der Stranss : Der Strausi 
den ich gepflückt. 6) Des Knaben Berglied : Ich bin vom Berg 
der Hirtcnknab. Preis 17i Sgr. 



Bei Arteria *}• Comp, in Wien ist mit Eigenlhu 
recht ganz neu erschienen und xu haben : 

Beethoven, Ii* Tan, DerwücK-Ch&r ans dem ungedruckten 
- Singspiele : „ Die Ruinen von 4then," für Pianoforte allein ar- 
rangirt von Carl Czemy. 30 Kr. C.-M. 
d? d? für 4 Handc. 45 Kr. C.-M. 

* Ab einxige rechtmässige Besitzer des von weil. Ludwig tum 
Beethoven Unterlassenen Mantucripts der noch ungedruckten Stucke 
aus den Singspielen : „Die Ruinen von Alken •« nnd ,, König Stt- 

Shan/ '.benachrichtigen wir xugleich sammtliche deutsche Concert- 
»irectionen und Musik -Anstalten u. s. w. , dass die betreffenden 
Partituren, ganx oder theil weise nur von uns in beziehen sind. 
Wien, den 15. October 1844. 

Arteria «ft> Comp.. Kohlmarkt No. 1151. 



Bei C. A. Hlemm in Leipzig sind erschienen: 
Mlnoja, Ambr.« 45 leichte Solfeggi für Sopranstimme. Neu 

bearbeitet und mit Begleitung des Pianoforte herausgegeben von 

G. PT. Teschner. 4 Helle, a 1 Thlr. 
— — 24 leichte Solfeggi für eine Altstimme umgearbeitet nnd mit 

Begleitung des Pianoforte herausgegeben von Ebendemselben. 

2 Hefte, a i Thlr. 
Teschner, €U IV., 18 Solfeggi für Sopran, thcils eompo- 

uirt, tbeils bearbeitet mit Pianoforlcbegl. 2 Hefte, ä 1 Thlr. 
Simmlliehe Solfeggi sind bereits mit entschiedenem Erfolge 
nnd Nntsen beim Unterricht angewendet nnd in Rücksieht ihrer 
ausserordentlichen Brauchbarkeit beim Contervatorimm der Murik 
zu Leipzig eingeführt worden. 



79t 



1844. November. No. 47. 



792 



STeiie RIiMlkalleit 

in Verlage von Friedr. Ristner in Leipzig. 

lO Vemoy, S. 9 Op. 19. Pensee fugitive ponr Pisa». 7+ Ngr. 

Op. SO. Aeverie. Morceau de Selon ponr Piano. Itt Ngr. 

Eitner« C, Op. 10. Sceae und Arie für dm» ehroamtUche 
Hörn mit Orchester. I Thlr. 10 Ngr. 

Op. 10. Dieselbe mit Pianoforte. 80 Ngr. 

Knast, Op. 18. Le Carueval de Venise. Variation« burlesques 
aar la Caaaoncttat „Cara Mamma mia" ponr Violon aToe Qaa- 
tttor et Goatrebaise oa Piano. 1 Thlr. o Ngr. 

Op. 18. Le mäme ponr Violon avec Piano. 25 Ngr. 

_ — Op. 18. Le meme arraage pour Piano a 4 maini. I Tblr. 

Op. 18. Le meme erränge ponr Piano seul. SB Ngr. 

«mde, Op. 8. Erste Symphonie für Orchester in CmoU. Parti- 
tur gebunden 8 Thlr. Stimmen 6 Thlr. 18 Ngr. 

— — Op. 8. Dieselbe für Piaaoforte su Wer Händen eingerich- 
tet. 9 Thlr. tf Ngr. 

Hoven, H. 9 Op. 26. Der Sauferkampf, oder curidse und wahr- 
halte Beschreibung, wie der ebrenveste andennoch gottTergeaaeve 
Ritter Cuno, durch den salve venia Gott sei bei uns, im Saufen 
überwunden und auf die Letzt geholt worden. Eine scb6ne tröst- 
liche Historia, allen gottfurchtigen Gesellen and Junggesellen an 
Trost und Unterrieht , allen bösen , unzüchtigen , halsstarrigen 
Säufern zur Besserung gehalten und allen Ghristenmenschen fast 
nützlich und kurzweilig au hören, in vergnüglichen Reimen ge- 
schrieben dnreh Dr. August Eberhard Schmidt, mit weltlicher 
Mnsica von Hans Hoven. 15 Ngr. 

IiUbln, Op. 46. Fantaisie sur un Theme de I'Opera i Lueta dl 
Lammermoor, de Donaetti, Morceau de €oncert et de Salon pour 
Violon seul. 10 Ngr. 

Mendelfteurlan Bartnoldy, F., Op. 40. Duett No. 5 
aus dem 95. Psalm , für zwei Sopran - Stimmen mit Pianofortc 
(„Denn in seiner Hand"). 10 Ngr. 

— — . Op. 55. Musik znr Aatigoae des Sophokles naeh Donner* s 
Uebereetzuag, für Pianofortc tu 4 Händen eingerichtet. 2 Thlr. 
25 Ngr. 

Od. 58. Sonate für Pianofortc and Violoncello (No. 2) 2 Thlr. 

10 Ngr. (Die Violoncellstime apart 15 Ngr.) 

— — Dieselbe Sonate für Pianofortc und Violine eingerichtet Ton 
F. David. 2 Thlr. 10 Ngr. (Die Violinstimme apart 15 Ngr.) . 

Op. 60. Die erste Walpurgisnacht, Ballsde von Goethe für 

Chor und Orchester. Partitur gebunden 7 Thlr. 15 Ngr. Orchester- 
stimmen 7 Thlr. Singstimmen 2 Thlr. 15 Ngr. Clavieraussüg 4 Thlr. 

Op. 65. Sechs zweistimmige Lieder (für zwei Sopranstim- 
men) mit Piaaoforte. 1 Thlr. 5 Ngr. 

Moseheleft, I., Op. 107. Tägliche Studien über die barmo- 
nisirten Scalen zur Uebung in den verschiedensten Rhythmen. 
Ein Cjclos von 55 vierhandigen Characterstücken in allen Dur- 
and Molltonarten mit vollständigem Fingersatz, zur Unterhaltung 
für Lehrer und Lernende. Heft 1. 2. ä 2 Thlr. 

Op. 108. Deux Fantaisie« brillantes sur des Airs favoris de 

I'Opera: „La Bohemienae," de Balfe , pour Piano. Heft 1. 
20 Ngr. Heft 2. 25 Ngr. 

Bletz, Op. 2. Fantaisie pour Violoncelle avec Orchestre. 2 Thlr. 
15 Njn. , avec Piano. I Thlr. 10 Ngr. 

Op. 13. Symphonie für Orchester m Ginoll. 7 Thlr. 

— — Op. 15. Dieselbe arrangirt für Pianoforte zu vier Händen 
vbm Componisteu. 

— — Op. 15. Neun Lieder für eine Singstimme mit Pfte. 25 Ngr. 
Op. 16 Concerto pour Violoncelle avec Orchestre 5 Thlr., 

avec Piano I Thlr. 20 Ngr. 
Sehrelnser, Op. 7. SixBglogues p. Piano. Cah. 1. 2. a 20 Ngr. 

— — Op. it. Trois Pieces caracteristiques pour Piano. 22i Ngr. 
Op. 15. Sehnsucht nach dem Vaterlande, von Mümloff, für 

eine Bassstimme mit Pianoforte. 10 Ngr. 
Op. 19. Drei Gesinge ron 9V. Hauff für eine Bassstimme 

mit Pianoforte. 15 Ngr. 
Wmrtel, VKereajm, Souvenirs des Hnguenots. Fantaisie paar 

Piano. 20 Ngr. 
WlllUier« , Op. 29. Nordische NationaUieder mit freier Be- 

nutaang der Origiaalmelodieea für Piaaoforte übertragen. No. 1. 

Flieg, Vogel flieg (Panisch). No. 2. Panische NationalmelosHe. 



No. 5. Norwegischer fischergesang. No. 4. Die Wassernixe 
(Schwedisch). No. 5. Norwegische» Banernlted. ä 15 Ngr. 

Uebcr den Bau der Geige und anderer Saiteninstru- 
mente. Zum Gebrauehe für Künstler, Dilettanten und Instrumen- 
tenmacher. Nach einem in der Aeademie des Sciences in Paris 
von Savart gehaltenen Vortrage ia*s Dentsche übertragen. 15 Ngr. 

Einladung xv Subscription auf ein Ckoralbick. 

Zu kVe ihn ueht en d. J. erscheint von dem Unterzeichneten das 
Werkt 

Choral - Meiodieen 

zum Gesangbach für den evangel. Gottesdienste 

vierstimmg bearbeitet und ausserdem mit einem »wei- 
ten bezifferten Basse versehen. 
Für Klrehe, Schule und Hans. 

Es ist das einaige aller bisher erschienenen Choralbaeher, 
welches jeden Choral iweimal harmonisirt bringt, und der Verfas- 
ser glaubt durch diese Behandlungsart auf einigen Dank aller 
Freaade des Kirchengeeaugcs , insbesondere auch der Generalbass- 
tpieUr rechnen au dürfen. Das Werk , 159 Meiodieen enthaltend 
und circa 130 Seiten stark, erscheint sauber lithographirt und bro- 
chirt, auf weissem, sehr starken Maschinenpapier, au dem Subscrip- 
tionspreise von nur Einem Thmler, wofür noch niemals ein 
Choralbuch gekauft worden ist Mit dem Erscheinen des Werkes 
wird der Preis um das Doppelte erhöbt. Bestellungen möge man 
entweder in portofreien Briefen direct an den unterzeichneten Ver- 
fasser oder durch die Ger W<f sehe Buchhandlung in Danaig machen. 
Daaaig, den 31. October 1844. 

F. W. Hmrltull, 
Oberorganist der St. Marien Oberpfarrkirche. 

Von dem k. k. österr. Capellmeister (jetzt in Berlin) 

JToh. Gung'E 

erschienen vor Kurzem für Orchester and für Piano (4 4 — 10 Ggr.) 
die mit allgemeinstem Beifall aufgenommenen Tänze: 

nädelientränme-Walzer, Souvenir-Polka, 

Catharlneia-Polka, Ungarischer Marsch* 

So eben erschien der Walzer: 
Ein Strällftgeneen für Orchester IJThlr. , für Piano ISiSgr. 

Obiges Striusschen machte in Berlin Furore; bei der Auffüh- 
rung stets da Capo-Ruf ; die Critik höchst günstig. Herr RcUstab 
sagte in der Voss'schen Zeitung vom 28. October d. J. : 

Ein Strausschen, Walser von Joh. Gung'l, ist ein so hüb- 
sches, anmuthiges, als man es nur einer hübschen Tauaerinu dar- 
bieten mag; das eigenthümlichc Talent, fliessende Meiodieen mit 
scharfen rhythmischen Einsackungen zu schaffen, bewährte der 
Componist auch hier wieder und erndtete dafür den Beifall aller 
seiner Zuhörer. 

Durch alle solide Musikhandlungen au haben. - 

Berlin, Selaleftlnff einsehe Buch- und Muaikhandinng. 

Da ich das Bigenthumsrecht meiner von Carl Ktingemumn für 
die deutsche Bühne bearbeiteten Oper „ Die Br&nte VOB 
Venedig?" ausserhalb Englands gänzlich aa die H aüb erger sekt 
Verlagshandlung in Stuttgart abgetreten habe, so bitte ick hiermit 
die verehrlichen Theaterdirecliooeu, welche darauf reflectiren woll- 
ten, sich an die benannte Verlag«handlung unmittelbar au wen- 
den, von welcher allein Textbuch, Partitur und Ciavierauszug 
rechtmässiger Weise zu erlangen sind. 

aluileU Benedict» Capellmeister des koaigL Theaters 
Drurv Lnne iu London. 



Bin Dirigent für eine ujrAfllelie 

weleker aber zugleich eine gute erste Geige und wenigstens mit 
einiger Fertigkeit Piano spielt, wird gesucht. Alt Honorar bei 
freier Station wird 900 Thlr. bewilligt. Auskunft auf portofreie 
Anfrage ertheilt der Mnaihdlrector B» Wrma* in Halle. 



Druck und Verlag von Breitkopf und Bortet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



795 



794 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 27 ,te » November. 



M 48. 



1844. 



Kmlsstltt Mecenrio*. — Nachrichten: Die ums italische Feier des GeburUfestes de« Köoigs voo Preasseo ia Erfurt. Aas Cassel. Aas 
Leipzig. Somniertttgiooe io Italien. (Fortsei in ng.) — Feuilleton. — Ankündigungen. 



Recension. 



Chöre zur „Medea" des Euripüles, comyonirl von Wil- 
helm Taubert. Op. 57. Ciavierauszug. Berlin, Traut- 
wein. Preis 2 l / 8 Thlr. 

Nachdem der Versuch der Berliner Bühne, das In- 
teresse am antiken Theater durch Aufführung der „An- 
tigene" de» Sophodes neu zu beleben» geglückt war, 
und sogar Prankreich bereits seinen Beifall nicht versagt, , 
liess sich erwarten, dass man es bei dem einen Versuche 
nicht bewenden lassen werde. Die „Medea" desfcEuripi- 
des, eines Dichters 9 welcher der modernen Anschauung 
schon etwas näher steht, als sein unmittelbarer Vorgän- 
ger, folgte. Das tragische Pathos gründet sich hier auf 
eine menschliche Leidenschaft, die Eifersucht, den Begrif- 
fen der Gegenwart unstreitig zugänglicher, als die Schwe- 
sterliche, welche dort zur Sünde gegen die Götter vetv 
leitet. Kindermord ist hier die tragische Schuld, dort war 
es die Bestattung der Leiche des Bruders* Medea ist da- 
her bereits längst zur Heldin der Oper wie der Tragö- 
die neuerer Dichter gemacht worden, während mit Aoti- 
fone dieselben jeden Versuch unterlassen mussten. Das 
ormeile des antiken Schauspieles ist aber beiden gemein- 
sam, und die Musik, an den über der Handlung schwe- 
benden Chor gebunden, hat hier wie dort dieselbe Auf- 
gabe, welche nur äusserlieh verschieden modificirt wird, 
indem derselbe dort ans Männern, hier aus Frauen al- 
lein besteht. 

lieber die Art, wie Mendelssohn die Aufgabe der Behand- 
lung den antiken Chorea gelöst hat, ist hinreichend gespro- 
chen weiden. Dass 1 er an Handel and Glaek sieh anleh» 
uen werde, war vorauszusehen, dennoch wardi man auch 
dnreh ei genfhnmliohe Wirkungen, welche er hervorbrachte, 
frondig überrasebL Die Würde des ganaea Gedichtes wurde 
durch di* Musik *a helles Lieht gestellt , die Dichtung 
dnreh *«• gehoben , und idelea für moderne Aoatafct 
Herbe «ad echwer an Genieaeende gemildert uad zugäng- 
licher gesaechu Sein- Nachfeiger hatte eieea schweren 
Stand, iasofcra bereits nur VetgtaieiHing Stoff da war, 
während Mendelssohn den Vortbeil das erstem Eindrnekes 
für sieb hatte. Auaseadej* ist der Weiberchor unstreitig 
grösserer Monotonie ausgesetzt, als dar männliche. Dcu- 
noflb bat.*Medea" mit Taubert's Musik anf der Berliner 
Häher — anf einer aadavtu ist, so tial uns bekamt, das 
Stink Mab weht flaggen — eicht geringeren JKndeuek» 

U Jshrrasf. 



als Antigooe, hervorgebracht; die Gesammtwirkung, wie 
Referent aus eigener Erfahrung bestätigen kann» ist gross- 
artig und erschütternd, und wenn das unvergleichliche 
Spiel einer ^Schauspielerin, wie die Creliager, daran den 
grössten Aatbeil bat» so ist dach auch der der Tauberi- 
schen Musik sehr bedeutend und wesentlich. Die Parti» 
tor enthält ausser der Ouvertüre« oder richtiger : instru- 
mentalen latroduetion, neun Musiknnmmera, die nun zum 
Nutzen von Privatgesaagvereiaea , welche» wie bei An* 
tigone oft geschehen ist, sich in Verbindung mit Deesk- 
alation das Werk vergegenwärtigen wollen, hier üb Cla« 
vierauszuge vorliegen. 

Die Introdnction tritt mit der auch von Cherubini 
in der Medea gebrauchten acht tragischen Tonart F moU, 
und zwar mit einer Figur, die im ersten Chore vom Or- 
chester festgehalten wird, auf. Ein mildes, aber doch tief 
schmerzliches Thema in As, woraus sogleich sich das 
Stück wieder nach Fmoll zurücksankt, bildet den Ge- 
gensatz. In den ersten Seenen ist vielfach melodramati- 
sche Begleitung, obgleich discret, um die Stimme des Spre- 
cheoden nicht an erdrücken, angebracht. Dies geschieht 
durch die ganze Tragödie häufig und ist oft von grosser 
Wirkung. Daas im Altertbume dergleichen exisürt, ist 
zwar sehr na bezweifeln . vielmehr anannehmen , dass 
dar Eintritt der Instrumente nur bei dem Chore Statt 

E »fanden. Nichtsdestoweniger wird der moderne Tonkunst» 
r die Mittel der Gegenwart anwenden dürfen» wie es 
ihm zweckmässig acheint, da wir über attea Musikalisehe 
bei den antiken Tragödien uns doch einmal im Finstern 
beßnden ; weder die Gesetze ihrer Harmonie noch ihres 
Rhythmus sind mit Sicherheit abzugeben , man hat nur 
Vermutbunge*. Mithin kann die Aufgabe dea Campoeisten 
keine andere sein, als den Geist Ad^ Alterthums im gros* 
sea Ganzen sich beseelen an lassen. Dia Mittel« die ihm 
au Gebote stehen, sind ihrer .Katar nach andere» als zur 
Zeit des Euripides. Diese Voraussetzung soll Reiner igno- 
rinen, der eine solche Leistung zn würdigen sich an- 
schickt. Besondere Schwierigkeit für #* musikalische 
Bearheitttag bietet des metrische Verhältnis*, welches die 
UeberseUung, auf die Prineiptea der Herretaae sehen Me- 
trik gestützt , ihnen verlegt. Der. strophische Bau der 
neueren Opferntexte hat unsere Compaaistei sehr ver- 
wöhnt* gifleklieb genug, wenn sje durch fleissige Bear- 
beitung von BihelsteUea in der Utber'acboa Uebensetawg 
aieh SelbsUadigkeit erworben haben, wie dies bei Meu- 
feUftob* der Fell ist,, der in aüen eaieen 

48 



795 



1844. November. No. 48. 



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silioDen den Schlendrian der modernen Reimerei . vermie- 
den , und sieb an die alte rhythmisch schwungvolle Prosa 
gefallen hat. Es ist wohl möglich, dass auch die denfr- 
sehen Operndichter auf den Gedanken kommen werden, 
das* sife mit ihren herkömmlichen und abgenutzten Vers- 
maassen den Componisten nur mangelhaft in die Hände 
arbeiten. Die Erfindungskraft derselben wird sich neu 
beleben, wenn freiere Verse, wie sie uns in den antiken 
Chören begegnen, ihnen dargeboten werden. Auch Tau- 
bert's „Medea" enthält den Beweis, dass siongemässe De- 
clamation der antiken Verse beachtet werden kann, ohne 
dass darüber der für das musikalische Ohr erforderliche 
Abscbluss, die Abrundung zur selbständigen musikalischen 
Form» mit einem Worte die Nalur des Musikstückes ver- 
nachlässigt zu werden braucht* Zu diesem Ende bat er 
Terschiedene Wege eingeschlagen. Wo es geschehen 
konnte, bat er die Form des Chores, wie sie in der Oper 
üblich ist. benutzt, den melodischen Fluss festgehalten, 
z. B. in dem etwas sentimentalen No. 3: ,, Wenn Liebe 
sieh über das Ziel verirrte/' Oefter aber bat er den Chor 
mehr mit musikalischen Phrasen, die sich dem Recitative 
nähern, auch häufig im Unisono beschäftigt, und legt in 
die dann dazwischen greifenden instrumentalen Sätze den 
Hauptgedanken und dessen harmonische Entwicklung. 
Oefter» wird reines Melodram daraus. Eine merkwürdige 
Verbindung dieser verschiedenen Elemente findet sieb in 
No. 7, worin die Aufgabe des Componisten durch viele 
kalte verständige Betrachtungen des 'J extes sehr erschwert 
wurde. Der Chor stellt eine Disputation an über die Vor- 
züge des ehelichen und des ehelosen Lebens. Um die 
Gegensätze hervorzuheben, ist die Rede melodramatisch, 
die Gegenrede recitativisch bebandelt worden. Dass tie- 
fer Ernst, schmerzvoller Ausdruck durch das ganze Werk 
vorwalten müsse, lag im Stoffe; für tröstliche Melodie 
ist wenig Gelegenheit, und diese, wo irgend möglich, be- 
nutzt, z. B. in dem recht frischen Chore des Abschiedes 
No. 4, worin die helle Tonart Cdur glücklich gewählt 
ist. Tief ergreifend, von acht tragischem Palhos ist die 
Chorscene No. 8, welche in die tragische Catastrophe 
selbst eingreift und schon deshalb den Componisten auf- 
forderte, seine Kraft hier zu concentriren. Das Talent 
desselben bewährt sich hier in der Steigerung des Aus- 
druckes bis zu dem erschütternden Worte -. „Du bist Ei- 
sen." Der Schlusschor No. 9 hat natürlich einen reli- 
giösen, an den christlichen Cultus erinnernden Cbaracter 
bekommen, wobei von eigentbömliefaer Wirkung ist, dass 
die Singstimmen auf der Quinte tchltessen, das Orchester 
aber den Scbluss auf dem Grundtone in plagaliscber Wen- 
dung übernimmt. — Wenn man die einmal gestellte Auf- 
Bibe richtig erwägt, wobei namentlich der sehr schlimme 
angel der Bässe in den Singstimmen in Betracht kommt, 
so bat der Componist sehr Anerkennuneswürdiges gelei- 
stet. Mit völliger Bewahrung aller künstlerischen Freiheit 
ist ein unseren Gefühlen und Ansichten fremdartiges Ge- 
dicht, dem wir uns also mit einer gewissen Scheu nä- 
hern, musikalisch zu bebandeln, unmöglich. Was auf die* 
s«m Gebiete geschieht, kann immer nur als Versuch be- 
frachtet werden, dessen Erfolg, dessen Wirkung auf un» 
ser Kanstlefcen erst abzuwarten ist. Dass die Aufmerk- 
iapkail auf das antike Schauspiel, selbst auf die mit*» 



maaseliche Stellung, welche die Musik zur Handlung ein« 
genommen haben mag, auch für die Geschichte des mu- 
sikalischen Dramas unterer Tage Einfluss haben und 
fegen eine gewisse Verweichlichung vortheilhaft wirken 
önne, davon sind wir überzeugt. Nur soll man nicht 
zu zeitig von Erfolgen und Triumphen sprechen, über 
welche sich Einer gerade um so eher täuschen kann, je 
höber seine wissenschaftliche Bildung, seine Pietät für die 
Vergangenheit ist. Was existirt hat, kehrt auch in der 
Kunstgeschichte niemals wieder, wie es war, aber es 
kann allerdings durch die Werke einer vergangenen 
Epoche gleichsam die Befruchtung einer späteren Statt 
finden. A. Ä. 



Nachrichten. 



Die musikalische Feier des Geburtsfestes des 

Königs von Preussen am 14* und IS. Octo- 

ber in Erfurt. 

Der patriotische Sinti der uralten Erfordia und ihrer 
musikeifrigen Bewohner bewährte sich auch diesmal bei 
der Geburtstagsfeier des allgeliebten Königs in gewohn- 
ter rühmlicher Weise. Das Festconcert des bei dieser 
Gelegenheit zugleich sein 25jäbriges Bestehen feiernden 
Sol/er'&chen Vereines fand am Abend des 14. Octobers 
im geschmackvoll und mit exotischen Gewächsen ausge- 
schmückten Theater Statt und war vorzüglich zahlreich 
besucht, so dass es schon eine Stunde vor Anfang des 
Concertes schwer war, einen guten Platz zu gewinnen. 
Es wurde durch einen prachtvollen, grossartigen, weit 
ausgeführten Festmarsch für das volle Orchester eröffnet, 
welchen Herr Musikdirector Golde, derzeitiger Dirigent 
des So//er , scben Musikvereins, für diese Gelegenheit neu 
componirt hatte und der es, reich an schönen Melodieen, 
geistvollen Modulationen und imposanten Instrumentalef- 
feclen, wohl verdiente, recht bald durch den Druck zu 
allgemeinster Verbreitung zu gelangen. Er gebort zu den 
schönsten und grossartigsten Compositionen , die wir in 
diesem Fache kennen, wie denn überhaupt Herr Mnsik- 
director Golde sich in diesem Genre einer besonderen 
Beliebtheit zu erfreuen bat. Eben so gut gelungen war 
ihm die Composition eines von Herrn Divisionsprediger 
0. Sydow gedichteten Festgesanges. Gedicht und Musik, 
gleich trefflich und ansprechend, fanden den wärmsten 
Anklang. Dit hierauf - folgende Ouvertüre von J. J. hHU* 
hr, welcher von 1826 bis 1836 Musikdirector des S%U 
/er'scheft Vereins gewesen war, hatten wir, wenn wir 
nicht irren, schon einmal 1631 bei Gelegenheit des gros- 
sen von Dr. Naue in Halle veranstalteten Erfart'scben 
Musikfestes gehört. Sie ist im {Sanften eine tiehtige, im 
älteren gediegenen Style gehaltene Arbeit Die darin vor- 
kommende Fogenpartie ist wahrhaft ausgezeichnet zu 
nennen und den trefflichsten Leistungen in diesem Be* 
reiche an die Seite zu stellen. Ein Halleluja von Nie- 
meyer, componirt von L. E. Gekktrdi, der in den Iah* 
ren 1896 bis 1841 die Coneerte des Vereins geleitet 
hatte, besebtoss, unter eigener Directien des würdigen 



707 



1344. ' November. No. 4a 



im 



Veteran*, die «Nie» reich ausgestattete Abtheilang, und 
halte eich besonders in der Scblussfuge eines aufmuntern- 
den Beifalles an erfreuen , wäbread wir in den meisten 
übrigen Parties*, bei oft glücklicher Erfindung der mu- 
sikalischen Motive, eine fleißigere Verarbeitung und sorg« 
fälligere Ausführung derselben gewünscht hätten. Herr 
Musikdirector Gebhardi ist unstreitig glücklicher im siren- 
gen, als im freieren Style, in welchem ihm der sichere 
Gase und Fluss weniger zu gelingen seheint. Uebrigens 
war es ein sinniger Gedanke, dass man in solcher Weise 
bei dieser Jubelfeier des Vereins gleichsam einen Rück« 
blick in seine Vergangenheit eröffnet hatte, und die freund- 
liche, wahrhaft liberale Art, in welcher so Herr Musik- 
direclor Golde seine Vorgänger ehrte, verdient die freu- 
digste 1 Anerkennung. 

Die zweite Abtheilung des Concerts eröffnete eine 
Pestouverture von A. B* Marx, die wir, nach der Pause 
etwas zu spät an unseren Platz zurückgekehrt, leider nur 
tbeil weise hörten, weshalb wir uns auch kein Unheil 
darüber erlauben wollen. Sie schien indess aus zwei ganz 
verschiedenartigen Sätzen zu bestehen. Den Schluss bil- 
dete eine grosse, von Sydew gedichtete, von Golde com- 
ponirte patriotische Festcantate, deren ausfuhrlichere Be- 
1 nrtheilung wir späterhin geben werden. Hier wollen wir 
nur bemerken, dass die geschickt angelegte und durch- 
geführte Dichtung dem Componisten volle Gelegenheit 
bot, sein schönes reiches Talent zu entfalten. Diese Mu- 
sik gereicht in der Thal ihrem Schöpfer, der hier zum 
ersten Male mit einem umfangreicheren Vocalwerke her- 
vortrat, zu grosser Ehre. Sie ist reich an schönen, ge- 
gefällig ansprechenden Melodieen und gqt erfundenen und 
geschickt verarbeiteten Motiven. Die Instrumentirung bie- 
tet glänzende Effecte ohne den Gesang erdrückende Ueber- 
füUuog und zeugt von grosser Gewandtheit im Gebrauche 
der Orchestermittel. Ausgezeichnet gut gelungen. ist dem 
Componisten, nebst vielem Anderen, vorzüglich der Schluss, 
ein herrlicher Doppelchor, in welchem mit einer von dem 
Verfasser erfundenen Melodie die bekannte Volksweise 
„Heil dir im Siegeskranz" in höchst wirksamer Weise 
zusammentritt. — Dieses in der Hauptsache woblgelun- 

5ene, tüchtig ausgeführte (auch die übrigen an diesem 
Jtende gegebenen Musikstücke gingen übrigens rund und 
glatt weg) in den Solopartieen gut, zum Tbeil ausge- 
zeichnet vertretene Werk erhielt lebhaften, wohlverdien- 
ten Beifall, und dürfte die Anerkennung, welche es in 
Erfurt fand, sicherlich auch an anderen Orten gewinnen. 
Herr Musikdireotor Golde, ganz unstreitig einer der tüch- 
tigsten, und talentvollsten Musiker Thüringens, sah übri- 
gens sein eifriges, vielseitiges und in der Tbal höchst 
fördersames Kunststreben vor Kurzem unter Anderem auch 
dadurch ehrenvoll anerkannt, dass er vom 32. Regimeote, 
dessen Musikdireotor er ist, mit einem schön gearbeite- 
ten Taetirstabe beschenkt wurde. Dass der Soller'sche 
Musikverein unter seiner unermüdlich thätigee ., eifrigen, 
geschickten und energischen Direction ungemein an Kraft 
und Leben und erfreulicher Kunstthätigkeit gewonnen hat, 
muss ein Jeder mit warmer Hochachtung anerkennen, 
der, wie Referent, Gelegenheit hatte, die Leistungen jenes 
Vereines während einer, längeren Reihe von Jahren zu be- 
obachten. Bei solcher Tbätfgkeit kann es nicht fehlen, 



dass dieser Verein immer grosseren Zuwachs gewinnt 
und immer heilsamer und kräftiger auf das Gedeihen der 
Tonkunst in Thüringens Hauptstadt einwirkt. 

Der Soller' sehe Verein wurde übrigens von dem jetzi- 
gen Oberbaurathe Herrn Soller in Berlin, zuerst in Form 
einer Quartettgesellscbaft, in's Leben gerufen, an die sich 
neben anderen Musikfreunden einige auch jetzt noch dem 
Vorstande des Vereins angehörende Mitglieder anschlös- 
sen. Unter der fleissigen Direction des verstorbenen Mu- 
sikdirectors J. J. Müller konnte der neugestiftete Bund 
bereits im Jahre 1820 mit öffentlichen Leistungen her- 
vortreten, und gelangte späterbin unter Leitung der Her* 
ren Leibnitz, Blättermann und Retschau zu immer rei- 
cherer Wirksamkeit, welche indess im Jahre 1826 durch 
Störungen und Zerwürfnisse, auf welche wir hier nicht 
näher eingehen können, auf einige Zeit gelähmt wurde. 
Durch den Musikdirector J. J. Müller als Orchesterdiri- 
genten und Herrn Seminarlehrer Bach als Gesangvereins- 
dirigenten wurde er indess bald wieder dem drohenden 
Verfalle entrückt und allmälig zu immer grösseren Unter- 
nehmungen befähigt. Im Jahre 1836 übernahm Herr Mu- 
sikdirector Gebhardi die Direction, 1841 dirigirte einige 
Zeit lang der gegenwärtige Hofmusiküs Herr Branden- 
burg in Rudolstadt, nach dessen Abgange Herr Capellmei- 
ster Chelard in Weimar einige Concertauffuhrungen, z, B. 
des /fäWef sehen Alexanderfestes, leitete, bis endlieh die 
Direction an Herrn Musikdirector Golde , unter Beihilfe 
des Herrn Lehrers Zink, überging und mit so günstigem 
Erfolge geführt wurde, dass die Zahl der Mitglieder, die 
sich beim Abgauge des Herrn Brandenburg auf 138 be- 
lief, gegenwärtig auf 324 gestiegen ist. Nächst dem Eifer 
des Herrn Dirigenten selbst hat man diese neue erfreu- 
liche Blüte unstreitig der beharrlichen Ausdauer des ver- 
ehrlichen Vorstandes zu verdanken, dessen hochachtbare 
Mitglieder sich zum Theil schon seit mehr als zwanzig 
Jahren mit der grössten Sebstverleugnnng zum Besten des 
Publicum* jenen zahllosen, oft so leidigen und unange- 
nehmen Mühwaltungen unterzogen haben , die in der Re- 
gel mit solchen Unternehmungen verbunden sind, und 
welche in der Tbat nur ein edler hochherziger Eifer für 
die schöne Sache der Kunst zu überwinden vermag. Er- 
furt und die Umgegend hatte diesem Vereine und seinem 
kunstltebenden Vorstande bereits eine lange Reibe ausge- 
zeichneter Kunstgenüsse zu verdanken, und so können 
wir gewiss auf die herzliche Zustimmung aller Musik- 
freunde Thüringens rechnen, wenn wir den Wunsch aus- 
sprechen, dass derselbe gleich kräftig und fruchtbringend, 
wie seinem ersten, auch seinem zweiten Vierteljahrhun- 
dert enlgegenwacbsen möge! 

Die festliche Aufführung des „Erfurt'schen" Vereins 
fand am 15. October früh 9 Uhr in der Kaufmännerkir- 
che, unter der Direction des verdienstvollen Musikdireo- 
tors Herrn Retschau Statt. Nach einem für die Feier des 
Tages berechneten Cboralgesange nach der Melodie : „Ich 
hab mein' Sacb' Gott heimgestellt" wurde in sehr wür- 
diger Weise und gut vertreten durch Chor- und Solo- 
stimmen, so wie durch das Orchester, Snohr's herrliches 
Meisterwerk „Das Vater unser" von Mahlmann gege- 
ben, — eine Composilion, die uns, so oft wir sie hör« 
ten, stets auf das Tiefste ergriffen und mit der innigsten 



799 



1344. NeveaAer. No. 48. 



80O 



Hochachtung gegen ihren verefamgswffrdigen Schöpfer 
erfüllt bat, dessen hober Genius und Meisterschaft sieb 
in ihr so reich und herrlich beurkundet. Scbon in diesen 
einen Werke steht Spohr f unseres Erachten* , eben so 
gross, eigenthümlich und herrlich in seiner Weise da, 
wie Haydri) Mozart, Beethoven nnd M. v. Weber in 
der ihrigen. Er ist die letzte von den grossen, wahrhaft 
hervorragenden und völlig in sich abgeschlossenen Indi- 
vidualisten, welche einer ewig denkwürdigen Epoche der 
deutschen Musik angeboren, nnd es ist in der Thal ein 
nicht geringer Grad von Verkehrtheit und Verblendung 
dazu erforderlich, wenn man, wie es neuerdings öfter der 
Fall gewesen, neben anderen jüngeren und durchaus nicht 
ebenbürtigen Talenten, einen in seiner Art ganz einzig 
dastehenden, eine hohe, edle Kunstrichtung in höchster 
Vollendung reprasentirenden Tondichter tbeils zu verklei- 
nern sucht, tbeils geflissentlich in den Schatten stellt. Es 
f ereicht wenigstens in unseren Augen dem Erfnrt'schen 
ereine zum grossen Verdienste, jenes Werk des grossen 
unsterblichen Meisters« das, wie es scheint, fast völlig 
vergessene, aufs Neue an's Licht gezogen zu haben. 
Wo man dasselbe noch nicht kennt, möge man es ja so 
bald als möglieb zur Auffuhrung bringen. Man kann sich 
von demselben nicht nur den edelsten, reinsten und nach- 
haltigsten Konstgenuss, sondern auch die reichste Belebung 
und Erhebung des Gemüths versprechen. Dr. R/n, 



Cassel, im October 1844. Am 10. September d. J. 
trat in der Beltinf scheu Oper „Romeo und Julie" Fräul. 
Fricke vom StadUbeater zu Riga als Romeo auf. Der eben 
nicht sehr bedeutende Erfolg, welchen dieses erste Debüt 
mit sieb führte, hatte seinen Grund nicht sowohl in der 
Mangelhaftigkeit der Darstellung, als in der ungeeigneten 
Wahl der Rolle, indem wir daraus deutlich zu entneh- 
men vermochten, dass die SSngerin, davon abgesehen, 
dass sie ihre Stimmmittel gegenwärtig weder richtig, noch 

Seschickt genug zu verwenden weiss , nicht einmal den 
baracter ihrer Stimme so weit erforscht hat, um der- 
selben den geeigneten Wirkungskreis anzuweisen. In dem 
Tonumfänge, innerhalb dessen sich die Partie des Romeo 
bewegt, hat die Stimme des Präul. Fricke einen sehr 
jungen, fast möchten wir sagen: kindlichen Klang, der 
uns zur Erfüllung eines grossen Raumes nicht stark und 
gerundet genug erscheint. Diese Mängel der Stimme wür- 
den ohne Zweifel in vielen anderen Partieen nicht in den 
nämlichen Maasse hervorgetreten sein, weil — dem Klange 
nach zu urlbeiien — die Stimme ohne Grund in eine 
tiefere Tonlage gesenkt ist, als ihr die Natur angewiesen 
hat. Nicht sowohl einem Mangel an Gehör, als vielmehr 
der Jugend ihrer Stimme und ausserdem der nicht voll- 
kommen richtigen Behandlongsweise derselben dürfen wir 
wohl ein mehrmaliges Abweichen der langen Künstlerin 
von der reinen Intonation beimessen. Uebrigens war die 
Aussprache im Gesang im Ganzen deutlich und die Ton* 
verbrodang innerhalb des erwähnten geringen Umfangs im 
Allgemeinen gut» nur eine liefere Auffassung der Rolle 
wäre zu wünschen gewesen. Weit mehr befriedigten uns 
in dieser Hinsicht Fräul. Eder (Juiie) und Herr Derska 
(TvtaW) , und zwar vorzugsweise im ersten Acte. Was 



die Darstellung der gram Seen« dea dritten Acte von 
Präul. Eder anlangt, an dürfen wir nicht uuerwtfcut las- 
sen, dass die SSngerin wieder einmal, nach ihrer ge- 
wohnten Weise, in ungewöhnlichem Grade ontrirte. Wir 
können derartige Uebertreibungen , welche zunächst ans 
einer unwiderstehlichen — ja wir glauben sogar — bis- 
weilen unwillkürlichen Neigung zum Beben nnd Ucber- 
ziehen der Töne entstehen, niemals gutheissen, weil die 
oben erwähnten Manieren, wenn sie gleich sehr geeig- 
net scheinen, den leicht entzündlichen Enthusiasmus dea 
Beifall gebenden Parterrepubtieums hervorzurufen, den« 
noch, in solchem Maasae angewendet, unschön und „so* 
mit der ästhetisch musikalischen Darstellung kinderlieb 
sind. Dessenungeachtet haben sie, deren relativen Wertk 
wir bei richtiger und massiger Anwendung durchaus nicht 
verkennen mögen, in den Kreisen unserer Dilettanten vie- 
len Anklang gefanden, und werden täglich bis aom lieber- 
druss angewandt, und zwar zunächst nur deshalb, weil 
sie von einigen Opernsängern ausgegangen sind nnd ia> 
Polge dessen nicht allein ffir gut, sondern auch Kr sebön, 
ja wohl gar für jedem , auch dem schwächsten GefuMs- 
ausdruck angemessen gebalten werten. Die nächste Folge 
einer solchen maass - und ziellosen Anwendung dieser 
Manier ist die, dass die jungen gesunden Stimmen, an« 
statt an Kraft »und Helligkeit des Klanges zu gewinnen, 
schwach, dumpf und kränklich werden, nnd somit gar 
nicht in der schönsten, von jeglichem Drucke befreiten, 
regelrechten Klangform zu Gebär kommen können. Möchte 
man doch recht bald von der erwähnten verderblichen 
Neigung zu der Gesangweise zurückkehren , durch wel- 
che das Stimmorgan in den Jahren, in welchen der Sän- 
ger an physischer Kraft zunimmt, nur gewinnen, aber 
nicht verlieren kann. — Zum zweiten Debüt hatte Präul. 
Fricke die Rosa in „Des Adlers Horsl" von Gläser ge- 
wählt. In Hinsicht auf den Gbaracter ihrer Stimme kön- 
nen wir diese Wahl als eine angemessene bezeichnen. 
Wenn auch gerade nicht namhafte Vorzöge der Sänge- 
rin bei dieser Leistung an's Licht traten, so war die- 
selbe doch von einem günstigeren Erfolge, als die entere 
begleitet. Lobenswerthe Anerkennung verdiente diesmal 
das bisweilen sorgsame Spiel der jungen Könstlerin, nur 
hätte sie in einigen Ensemblesätzen über das Spiel den 
Gesang nicht vernachlässigen dürfen. Wir zweifeln kei- 
neswegs daran, dass die künftigen Leistungen des Präul. 
Fricke bei fortgesetztem Pleiss und echt künstlerischem 
Streben immer schätzbarer werden, während sieh die ge- 
genwärtigen noch nicht über das Niveau des Gewöhnli- 
chen erheben. Was die Ausführung der übrigen Gesang- 
partieen dieser Oper beträft, so ist dieselbe den gegen- 
wärtigen Kräften unseres Sängerpersonals vollkommen an- 
gemessen , und war daher die befriedigende Darstellong 
des Werkes im Voraus ze erwarten, uit Besetzung war 
folgende: Riebard, Herr BUerhoßr j Renner, Herr Birn- 
baum; Veronica, Frau Sek**; Anton, Herr ffatfrtc*; 
Marie, Fräul. Haler; Cassian, Herr Dertka^ Lazarus, 
Herr Haser. 

Am 6. Getober ging Lortting* komische Oper „Der 
Wildschütz " hier zum ersten Mal in Scene. Den Er- 
Wartungen, welche wir an dies neueste Weit dea Gern* 
ponisten von „Caaar und Zimmermann 44 auch**, ist 



80t 



1814. November. No- 48. 



802 



durah dasseH* auf das Vollkommenste entsprochen wor* 
den. Dasselbe gehört au dar Gattung der Spielopern, ia 
welchen in der Regel wenig ausgefiibrtere Sologesang* 
uieeen, dagegen aber mehr Ensembtcstücke vorkommen. 
Da» letalere nach in diesem Werke des am die komi- 
sche Oper verdienten Cemponisten wieder eben so gut 
angelegt, als ausgeführt, insbesondere seeniseb gut ge- 
rfacht, leicht a» einander gereiht und überhaupt mit vielem 
Geschicke componirt sein wurden, durften wir schon im 
Voraas erwarten* Wenn wir indess aneh keines der er»* 
wiboten mehrstimmigen Gesangstücke dieser Oper ent- 
behren möchten, so würde es nach unserer Meinung den« 
noch dem gaaaen Werke Wim Vortheile gereicht haben, 
wenn dasselbe mit einigen Solopiecen mehr geziert wor- 
den wire, für welche sich das grössere Publicum wohl 
überall zunächst interessirt. Lortzing erwirbt sich ein 
nicht geringes Verdienst um die Musik, insbesondere der 
Oper, indem er das musikalisch Höhere, Vollendetere — 
aber auch Complicirtere — » auf die möglichst fassliche 
Weise, insbesondere nach dem Vorbilde Mo%arf$, dem 
grosserem Publicum zugänglich macht, dessen musikali- 
scher Geschmack dufreh die italienisch süsslichen und fran- 
zösisch coquetlen Melodieen der Oper des Tages sehr ge- 
litten eh haben scheint. Nicht nach musikalischen Rhapso- 
dien, mit welchen sich viele neueren Tonsetzer begnit« 
gen, sondern nach ausgeführtem!, vollendeteren roodnla- 
torisehen Formen strebt Lortzing auch ia den meisten 
Nummern dieser Oper. Und nach der Erfahrung aller Zei- 
len ist gerade diese letzte Eigenschaft der Tonstücke al- 
lein geeignet, fir dieselben nicht nur dem Kenner, son- 
dern auch dem Laien dauerndes Interesse einzufläasen, 
ahne dass sich letzterer des Grundes jemals bewusst wird, 
nur ist für ihn die Wirkung solcher Musik niemals — 
oder doch nur selten — eine schlagende, sondern stets 
eine allmaüg zunehmende. Wir dürfen daher wohl an* 
nehmen, dass bei wiederholten Auffuhrungen des Wer- 
kes die Theiinahme dafür sieh immer mehr steigern werde, 
wenn gleich die erste Aufführung sich schon einer bei* 
fälligen Aufnahme zu erfreuen hatte. Lebhafte Theiinahme 
erhielt im ersten Acte: das Lied mit Chor „A BCD," 
der Jägerebor, in dem Pinale das Lied für Sopran „Bin 
et* sehlichtes Kind vom Lande *'; im zweiten Acte: das 
Duett für Sopran (Baronin) und Tenor (Baron), die Arie 
deaBaeuk» „Fünftausend Tbaier"; im dritten Acte: die 
Arie den Grafen, in dem Finale das Voealqnartett and 
der Chor der Schuljugend „0 du, der du die Tugend 
selber bist,** Der letztere brachte stürmischen Beifall her- 
vor «nd wurde da Capo verlangt. Herr Birnbaum (Ba- 
culus) wurde gerufen. Obwohl wir die erste Darstellung 
daa Werkes als eine in den meisten Stücken gelungene 
an bezeichnen haben, so leugnen wir dennoch nicht, dass 
wir manches Einzelne besser ausgeführt erwartet bitten. 
Dm nur eines Umstandet zu erwähnen, den wir als man- 
gelhaft beneiebnen müssen, gestehen wir, dass wir im 
Gesaugvortrage der weiblich« Stimmen nicht jederzeit 
befriedigende Deutlichkeit der Aussprache» gepaart mit 
wohlthaendem Galorit des Taaktanges, wahrgenommen ha- 
ben. Namentlich tritt dieser Verwerf die Damen Schattb 
(GriBn) und Miller (GrcAchen). Wenn auch der Vortrag 
ran parierte» StfrUen ia achneller Bewegung dem Organe 



der weibliehen Stimmen — voralmlicfc in der höheren 
Tonlage ~ ungleich mehr Schwierigkeiten, als dem der 
männlichen darbietet, so ist doch deren Ueberwindnng bei 
angestrengtem Fleisse möglich, und darum dürfen wir 
gewiss die Beseitigung dieses in der That störenden Man- 
gels dringend empfehlen. Die übrigen Fartieen waren fol- 
Sndormaassea besetzt: Graf von Eberbach — Herr BU 
rhofer; Baron Kronthal — Herr Derska; Baronin Frei» 
mann — Fräul. Eder; Nanette — Friu). Gerlach; Pan» 
cratius — Herr Baser. 

Am 11. gab der Pianofortevirtuos Rudolph Witt* 
mere aus Copeubagen im Hoftheater ein Concert, in wel* 
ehern er folgende Werke von seiner eigenen Compositum 
vortrug; „Ein Sommertag in Norwegen/ 4 „La Melanco- 
lie, 4 ' Fantasie über das Thema von Prume % und das mu- 
sikalische Tonbild „Sehnsucht am Meere," ferner: „Dä- 
nisches Nationallied ,♦« „Serenata erotica für die linke 
Hand allein, 4 * „Tarantella giocosa" und die „Grande 
Fantaiaie - Caprice sur l'invitation de danse de Weber. 44 
Der Pianist entwickelte bei der Protection der hier ge- 
nannten Pieeen manche sebatzenswerthe Eigenschaft. Sein 
Vortrag zeichnete sich nicht nur durch Festigkeit, Klang« 
fülle und Vollgriffigkeit, sondern auch durch Manniehfal* 
tigkeit der Schattirung uad Zartheit des Ausdrucks sehr 
vorteilhaft aus. Wir haben bei ihm niemals eine Ueber- 
bietoog der Natur aeines Instrumentes wahrgenommen* 
und daher ist sein Spiel mehr einnehmend, als ergrei- 
fend, uad wenn aueh niemals überraschend und blendend, 
dach angenehm anregend und bisweilen sehr gemüthreich. 
Diese rühmlichen Eigenschaften, welche der geschätzte 
Virtuos wehl zum Theil dem wobltbätigen Einflüsse sei- 
ner ehemaligen Lehrer, des unvergesslichen Hummet nuA 
des hochgeachteten Fr. Schneider, verdanken mag, wöi* 
den indess unserer Meinung nach den Zuhörer in noch 
höherem Grade za fesseln im Stande gewesen sein, wenn 
die zur Production gelangten Tonstücke selbst mehr Ab- 
wechselung in Hinsicht auf Form und Inhalt geboten hat- 
ten. In den oben angeführten Compositionen fanden wir 
meist Tensatze in der Gestalt von sogenannten Liedern 
ohne Worte, nur das eine Mal mehr, das andere Mal 
weniger ausgeführt, in welchen die Gesangatellen fast 
ausschliesslich von Accordpassagen umspielt werden. Die 
Beschaffenheit des Pianoforte's , der Harfe und mancher 
anderen Instrumente machen freilich das hinfigere Er* 
schonet) derartiger Begleitungsflgaren zulässig, aber es 

EMohiehc in dieser Hinsieht in unseren Tagen von via» 
n Claviercomponisten und Ciaviervirtuosen viel aaehr, als 
fnt ist. Ihre mit rapidester Schnelligkeit auszuführenden 
onverbindungen sind oft nur dem Schema nach melo- 
disch reich und manniehfaltig , dagegen wirklich durch- 
sichtig und ermüdend einförmig. Selbst der anziehendste 
und insbesondere auancirteste Vortrag reicht nicht hin, 
die Einförmigkeit der aus solch durchsichtigen Begleitungs- 
figuren gebildeten Passagen zu verdecken. Ausserdem mö- 
gen wir bei dieser Gelegenheit eines Umslandes erwih» 
nen, Att selbst auf das gewählteste Concertauditorinm 
einen nachtbeitigcai Einfluss ausübt. Ganz abgesehen von 
dem heberen oder geringeren Kunaftwenthe eines Ciavier* 
oonoertÄüoLes, mindert sich sogar schon beim ersten An« 
hören denselben das Interesse des Zuhörers, wenn er dar* 



805 



1814. November. No. . 48a 



804 



auf angewiesen ist, fast einen ganzen Abend hindurch 
sein Ohr den Klängen des Pianoforte's zu leihen, was 
auch in den eben nicht sehr zahlreich besuchten Con- 
eerte des Herrn IVülmers der Fall war. Die erste von 
den oben angeführten Compositionen war das einzige Con- 
eertstück mit Orcbesterbegleilung, welches der geschätzte 
Virtuos vortrug. Wir erachten es für wünseuenswertb, 
dass die Pianisten in Zukunft von dem Vorhaben abste- 
hen mögen, ihre Concerte fast allein zu geben, zumal 
wenn sie ein grosses, von dem Klange eines Flügels nicht 
überall genügend auszufüllendes Local zur Concertauffüh- 
rung wählen. Der Klangreiz eines guten Soloinstrumen- 
tes wird nach unserer Meinung bei der dem Flügel jetzt 
gegebenen Kraft und Fülle des Tones durch eine von dem 
Komponisten eben sowohl schön gedachte, als auch von 
den Ripienisten • discret und geschmackvoll ausgeführte Or- 
chesterbegleitung , wie denn auch noch mehr durch das 
Einschieben von angemessenen Tuttisätzen um ein Bedeu- 
tendes erhöht. Wir unseres Theils wurden dämm eben 
so sehr, als durch die Produotion des Herrn WiUmert, 
auch überdies noch durch die befriedigende Aufführung 
der Orchesterslücke erfreut, welche in diesem Concerte zu 
Gehör kamen. Dieselben bestanden aus der Ouvertüre zu 
Egmont von Beethoven, der Ouvertüre zum Wasserträ- 
ger von Cherubini, und einer Arie für Sopran mit obli- 
gater Violine von Meyerbeer, gesungen von Fräul. Low. 
Der Vortrag der Sängerin war im Allgemeinen sehr lo- 
benswert!) und zeichnete sich insbesondere durch ein- 
zelne geschmackvolle Scbattirungen vorteilhaft aus* Herr 
Derska hat sich schon durch die Wahl zweier von ihm 
znm Vortrage genommenen Lieder von Franz Schubert-— 
nämlich der Hymne an die Jungfrau („Ave Maria") und 
des Ständchens („Leise flehen meine Lieder") — den 
Dank der Musikfreunde, um so mehr aber durch die 
schöne Ausführung der vortrefflichen Compositionen die 
allgemeinste und beifalligste Anerkennung erworben. — 
Bei der Veranstaltung eines zweiten Concertes am 21. 
hatte Herr IVillmers nicht allein eine erfreulichere Aus- 
wahl der Pianofortecompositionen getroffen, sondern auch 
für mehr Abwechselung gesorgt Die von dem Concert- 
geber zu Gehör gebrachten Tonstücke waren : das „Pia* 
noforteconcert mit Orcbesterbegleitung in Es dar" von 
Beethoven, und sodann von seiner eigenen Gomposition 
für Pianoforte allein : die „Serenata erotica für die linke 
Hand allein" (zum zweiten Male), Fantasie über Thema'* 
aus Lucrezia Borgia und Lucia di Lammermoor, die Etüde 
„La pompa di fesla," das für Pianoforte übertragene Fi- 
nalquinlett aus Lucia di Lammermoor, die Etüde „Los 
hirondelles" und die Fantasie über Thema's ans Robert 
le Diable. Was die hier genannten Compositionen des 
Herrn Wiümers anlangt, so geben wir im Allgemeinen 
den kleineren vor den erwähnten Fantasieen den Vorzug, 
obschon auch diese manches Interessante und vornämlich 
Kunstreiche enthalten. Den Vortrag eines jeden der hier 
angeführten Concertslücke haben wir mit seltenem In- 
teresse verfolgt und dürfen denselben als höchst gelun- 
Sen und mit Rücksicht auf die manniohfache Sehattirung 
es Tonklanges als künstlerisch vollendet bezeichnen. 
Wahre Freude gewährt es uns, in Hinsicht auf die Aus- 
führung des Beethoven' sehen Concertes dem Orchester 



eine in gleichem Grade lobende Anerkennung sollen zu 
können. Diese Produotion war eine wehrhaft ausgezeich- 
nete. Doch auch die beiden Ouvertüren — zur Oper 
„Der Berggeist" von Spohr, und die zu „Fidelio" (die 
kleine in Kdur) von Beethoven, — welche die beiden 
Abtheilungen des Concertes eröffneten, wurden sehr sorg« 
fältig executirt* Ausserdem hörten wir zwischen den Vor- 
trägen des Herrn fViUmers das Lied „Die Zigeunerin" 
von A. Fesca, gesungen von Fraul. Eder, Spohr's Pot- 
pourri für die Violine über Thema's aus „Jessoada," 
gespielt von Herrn J. Bott, und zwei Quartette Cur Min- 
nerstimmen von flauer, gesungen von den Herren Derska, 
Kühn, Edier und Fbppel. Auch die Ausführung der hier 
erwähnten Zwischennummern war eine recht dankens- 
werthe; am Vorteilhaftesten zeichnete sich Herr./. Bott 
durch sein Violinspiel aus. 0. R> 



Leipzig, den 26. November 1844. Herr Mortier de 
Fontaine aus Paris, über dessen treffliebes Ciavierspiel 
vor Kurzem schon in d. Bl. berichtet wurde, veranstal- 
tete Mittwoch, den 20. d. M. , eine musikalische Soiree 
im Gewandhause. 

Die von ihm selbst darin votgetragenen Musikstücke 
gaben ihm wiederum Gelegenheit, zu zeigen, dass er bei- 
den Richtungen, der classischen und modernen, mit glei- 
chem Eifer und anhaltendem Studium gefolgt ist und in 
jeder Beziehung einen ehrenvollen Platz unter den jetzi- 
gen Ciavierspielern einnimmt. In der Ausführung solcher 
Sachen , die dem neueren Zeitgeschmacke .huldigen , ist 
er zwar nicht frei von einer gewissen Coquetterie des 
Vortrages ; allein das wird ja nun einmal, und nicht mit 
Unrecht, dabei verlangt; was auf Effect im Salon berech- 
net ist , muss auch den Intentionen der. Salonversamm- 
lung, Amüsement 4 und Staunen über fast Unmögliches, 
entsprechend vorgeführt werden , und es wird sicherlich 
Niemandem einfallen, eine Thalberg'&che Etüde oder Ca* 

Srice, eine £t**/'sche sogenannte Fantasie u. s. w. mit 
er ruhigen Würde, dem besonnenen, heiligen Ernste 
vorgetragen Jiören zu wollen, den z. B. eine ArcA'scbe 
Fuge bedingt. Das aber gereicht eben Herrn Mortier de 
Fontaine zum Ruhme, dass er Beides, den Ernst und die 
Tiefe des Gefühls, wie jene Coquetterie, zu .ihrer Zeit 
und am rechten Orte wiederzugeben vermag, ohne durch 
dieses Doppelwesen eine oder die andere Seite seiner Lei- 
stungen in den Schatten zu stellen. So spielte er (mit 
Herrn Concertmeister David und Herrn Grabati) das Hum- 
mer sehe Esdur-Trio — welehes aus einer Zeil stammt, 
wo die eben erwähnten Richtungen sich noch nicht so 
entschieden trennten, und das daher, bei manchen Vor- 
zügen, doch ein Mittelding zwischen solider Erfindung 
und halbmodernen, nicht viel sagenden Bravoorgängen ist 
und bleibt — rund und ansprechend, das Prikdinm and 
die herrliche fünfstimmige Fuge aus dem zweiten Theile 
des itacA'schen wohltemperirten Claviers aber geistreich 
und mit seltener Ruhe und Sicherheit. Das kleine anaan* 
thige Salonstück eigener Gomposition ,,Le papilloa," das 
mit seiner heiteren Unruhe das flüchtige Sohwisaaea des 
Schmetterlings treu schildert, und die bekannte Binde 
von Thalberg aus Amoll, mit deren Vortrag bereits fra- 



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her hier wie anderwärts . der Componist seihet Forore 
nachte, obgleich sie eigentlich in musikalischer Bezie- 
hung nicht das geringste. Interesse einzulassen im Stande 
ist, worden von Herrn Mortier de Fontaine mit ausser- 
ordentlicher Nettigkeit und Bravovr executirt. In grosser 
Vollendung hörlen wir sodann von dem Concertgeber und 
Herrn Ernst drei von den reizenden „Pensees fugitives," 
die der Letztere mit dem talentvollen Steph. neuer in 
' Paris zusammen componirt hat, und die bekanuter zu 
werden verdienen, als sie es sein mögen. In der letz- 
ten Nummer des Programms endlich, Introduetion und 
Rondo eigener Composition, leistete Herr Mortier de Fon- 
taine last Unglaubliches durch meisterhafte Ueberwindung 
der beinahe zu sehr gehäuften Schwierigkeiten. 

Herr Ernst erfreute uns durch den Vortrag seiner 
„Elegie," in welcher er die Violine wieder so wunder- 
bar schön singen und sprechen liess, dass die Zuhörer 
tief ergriffen werden mussten. Zwischen den Intrumen- 
talsoli's trugen Mad. Mortier de Fontaine und der Te- 
norist Herr IV idemann einige Gesauestücke vor. Erslere 
sang die Arie des Malcolm aus La Donna del Lago von 
Rossini, eine unbedeutende Romanze von Labarre „La 
pauvre nlgresse, " und Barcarole von Franz Schubert 
(eine französische Uebersetzung des Liedes in Asmoll 
„Auf dem Wasser zu singen") ; sie war gerade sehr gut 
bei Stimme, oder vielleicht machte es die einfache Pia- 
nofortebegleitung, dass die von uns früher erwähnte Un- 
gleichheit ihrer Töne fast gar nicht bemerkbar wurde; es 
scheint in der That, als wenn nur eine übermässige An- 
strengung ihrer Stimme in den höheren Tönen, zu der 
sie wohl die starke Orchestcrbegleilung verleiten mag, 
jene Ungleichheit erzeugt. Wir gesteben gern, dass ihre 
Leistungen an diesem Abende uns weit vorzüglicher er- 
schienen sind, als die in den beiden Abonnementconcer- 
ten, in denen sie bisher auftrat. Von Herrn Widemann 
wurde correct und mit schöner Stimme eine Nummer aus 
den Soirees musicales von Rossini und ein uns unbe- 
kanntes Lied vorgetragen. 

Das Goneert war nur wenig besucht, aber der Bei- 
fall, den sich Herr Mortier de Fontaine erwarb, darum 
nicht minder stark und lebhaft, indem alle Zuhörer ihre 
Befried igung laut zu erkennen gaben. — 

Abu gestrigen Abend, Montag, den 25. November, 
fand, ebenfalls im hiesigen Gewandhause, das alljährliche 
Goneert zum Besten des Pensionsfonds für arme und 
kranke Mitglieder unseres Orchesters Statt. Der gute 
Zweck dieses Goneerts wird von unserem Publicum stets 
gern und tbeilnehmend gefördert, und bereits ist, wie wir 
mit Freuden vernommen haben, der erwähnte Fonds zu 
einer nicht unansehnlichen Höhe angewachsen, so dass 
von dessen Zinsen schon manchem verarmten oder er- 
krankten einheimischen Musiker dankenswerthe Unterstü- 
tzungen haben verabreicht werden können. Auch diesmal 
war die betreffende Musikaufführung zahlreich, wenn auch 
nicht so zahlreich, wie in den letzten Jahren' (wovon der 
Grund nur in zufalligen Umständen liegen mag) besucht. 
Das Programm bot eine reiche Auswahl interessanter Mu- 
sikstücke dar: Ouvertüre zur Oper : Fierabras, von Franjs 
Schubert (ManulcripO. — Scene und Arie aus der Oper : 
Der Freischütz, von C.M.v. Weber, gesungen von Frau). 



Caroline Mayer, erster Sängerin am hiesigen Stadtthea- 
ter. — Gmoll-Concert für Pianoforte von Mendelssohn 

Bartholdy, vorgetragen von Herrn Mortier de Fontaine 

Arie aus der Oper: Der Freischütz, von C. M. v. We- 
ber, gesungen von Herrn Eindermann, Bassisten am hie* 
sigen Stadttbeater. — Concerlouverture von N. W. Gade 
(Ddur, neu, Manuscript). — Lieder mit Pianofortebeglei- 
tung, gesungen von Fräul, Mayer. — Coucertante für 
vier Violinen mit Orchester von L. Maurer, vorgetra- 
gen von den Herren H. fV. Ernst, Antonio Bazzini, 
Jos* Joachim und Concertmeister David. — 

Des für die Tonkunst zu früh heimgegangenen 
Franz Schubert seltene Begabung zeigt sich wieder 
deutlich in der so eben erwähnten Ouvertüre. Zwar 
findet sich noch manches Unfertige, wenn wir so sa- 
gen dürfen, manches Eckige und Unvollständige darin, 
was uns die letzte Feile des Meisters vermissen lässt; 
"aber das kann uns den Genuss nicht schmälern, den das 
Werk in seiner urkräftigen Gestalt bietet ; wir lieben an 
einem solchen gewaltigen Genius die herumsprübenden 
Funken, welche blitzen, ohne zu schrecken, und zün- 
den, ohne zu verletzen. Mancher Musiker wird vielleicht 
den Kopf bedenklich schütteln, wenn wir ihm beispiels- 
weise referiren, die genannte Ouvertüre beginne mit ei- 
nem Tremolo der Saiteninstrumente in Fis moll, und nach 
einer nicht langen Introduetion trete das Allegro in F dur 
ein, und in der letzteren Tonart, abwechselnd mit Fmoll, 
sei das ganze Musikstück bis zum Ende fortgeführt. Ac- 
cordfolgen, Ausweichungen, Harmonieen finden sich darin, 
die nicht wenig frappiren. Aber über das Ganze ist ein 
solch* erhabener versöhnender Geist ausgegossen, dass 
das Bizarre verschwindet und dem Zuhörer eiue Befrie- 
digung zurückbleibt, die nur den Wunsch erzeugt, durch 
wiederholtes Hören das Werk tiefer zu durchschauen. 
Ob und wie weit Schubert die Oper, zu der diese Ouver- 
türe gehört , vollendet hat und ob jene in seinem Nach- 
lasse ebenfalls aufgefunden worden ist, weiss Beferent 
nicht; ist dies aber der Fall und hat den Meister bei de- 
ren Composition derselbe Genius geleitet, der ibm bei 
der Ouvertüre zur Seite stand, so verdiente Derjenige 
gewiss grossen Dank, der auch sie dem Publicum zu- 
gänglich machte. — 

Wenn auch nicht ganz einverstanden damit, dass die 
an sich herrliche Arie der Agathe aus dem Freischütz : 
„Wie nable mir der Schlummer" uns abermals, — wie 
uns bedünken will, zu oft, — vorgeführt wurde, 4a noch 
andere Arien nicht schwer zu finden sein dürften, welche 
neben gleichem musikalischen Werthe der Sängerin nicht 
minder günstige Gelegenheit geben, sich dem Publicum in 
vorteilhaftem Lichte zu zeigen, können wir doch nicht 
umhin, den Vortrag derselben durch Fräul. Mayer als 
einen sehr gelungenen, zu bezeichnen. Namentlich sang 
dieselbe den Anfang der Arie und das Gebet so schön 
und mit so innigem Gefühle, dass sie unbedingt keine 
Vergleichung mit anderen Künstlerinnen zu scheuen nö- 
thig bat, die diese Partie vortrugen. Nur weil wir von 
der trefflichen Kunstbildang und dem gediegenen Streben 
des Fräul. Mayer wahrhaft überzeugt sind, können und 
mögen wir die Bemerkung nicht unterdrücken, dass sie 
sich vor einem Uebertreihen der Leidenschaftlichkeit in 



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einzelnen Sieden Mften möge. Die freudige Ungeduld, 
mit welcher Agathe ihrem Geliebten entgegeneilt, ist die 
Folge neu erwachter Hoffnung, nicht «her einer heroischen 
Begeisterung. Den Ausdreck, welchen FrSut. Mayer in 
den letzten Theil der Arie legte, und des sehr übereilte 
Tempo Hessen mehr die letztere, als den sonst passiv ge- 
haltenen Charaeter der bescheidenen Agathe erkennen. 
Und die Doppel Verzierung hei den Worten x „ Sfiss ent- 
zückt entgegen ihn, " die an sich weder geschmackvoll 
noch schön war, machte einen nicht angenehmen Ein- 
druck. Doch das kann das Verdienst nicht beeinträchti- 
gen, welches sich Fräul. Mayer durch ihren Gesang er- 
worben hat. Mit lebhaftem Applause wurde sie gleich bei 
ihrem Auftreten bewillkommnet und gleicher Beifall wurde 
ihr nach der Arie sowohl, als nach zwei von ihr gesun- 
genen Liedern von Fr. Schubert: „Des Müllers Blumen 4 ' 
und „Die böse Farbe/' aus den Mdllerliedern von Wil- 
helm Müller, zu Theil. — 

Geber des Herrn Mortier de Fontaine ausgezeich- 
neten Vortrag des schönen, immer von Neuem entzücken- 
den Gmoll-Conoertes von Mendelssohn berichteten wir 
schon bei Besprechung des fünften diesjährigen Abonne- 
menlconcerts, nnd bemerken daher nur, dass er dasselbe, 
wenn er auch diesmal nicht so gut disponirt zu sein 
sein schien, doch sehr schön, mit Geist und Leben, spielte. 

Für Herrn fVidemann, den ersten Tenoristen des 
Theaters, welcher durch Unwohlsein verhindert wurde zu 
singen, war Herr Rindermann eingetreten. Derselbe hatte 
sich eine Arie gewählt, die nach unserem Dafürhalten 
keineswegs für das Concert passt, die des Caspar im 
Freischutz: „Schweig', damit dich Niemand warnt"; 
überdies bietet sie dem Sänger zn wenig Gelegenheit, 
seine Stimme zu zeigen, und deshalb konnte auch der 
Eindruck derselben nicht der sein, welchen Herr Rin- 
dermann bei einer anderen Wahl mit seinen herrlichen 
Gesangmitteln erreicht haben würde. — 

Der Dirigent unserer Abonnementooncerte, Herr Niels 
tP. Gade, dessen reichem Talente nach nunmehr erfolg- 
ter Veröffentlichung seiner beiden Symphonieen gewiss 
auch in weiteren Kreisen die verdiente Anerkennung zn 
Theil werden wird, hat in der bezeichneten Concertou* 
verture abermals ein Musikstück von origineller Erfindung 
und voll der reizendsten Züge geliefert. Die ein entschie- 
den nenes Gepräge tragenden Motive, die eigentbümlicbe 
Behandlung derselben, erschweren natürlich ein Drtbeil 
über das Werk nach nur einmaligem Hören desselben ; 
deshalb beschränkt sich Referent hier auf fiese Anden« 
tungen, und ist überzeugt, dass ihm die Ouvertqre bei 
wiederholter AuffShrung klarer werden, und eine gewisse 
Monotonie der Färbung, ein Mangel an melodischen Licht- 
effecten immer mehr verschwinden wird, die Bin der erste 
Eindruck hat wahrnehmen lassen. Jedenfalls ist diese 
Compositum abermals eine dankenswert he Gabe des jungen 
strebenden Künstlers, welche öfter zu hören sicherlich 
allen Musikfreunden zu grosser Freude gereichen wird. 

Den Sehluas des Goncerts bildete das bekannte (Jon- 
eertante für vier Violinen von L. Maurer. Wohl nicht 
leicht mag dasselbe von solchen ausgezeichneten Kräften 
zusammen und m solcher Vollkommenheit ezecutirt wor? 
den sein, wie ei diesmal 4er F*H war. Itfustler, wie 



Bmst, Bannini, Jtoitf und den talentvolle» jungen 
Joachim, zu einem Zwecke vereinigt zu sehen» zn beek» 
achten , wie Einer in Tod und Behandlung der gleichen 
Instrumente den Anderen zu überbieten strebt, und doch 
Alle, wo es ein Ensemble gilt, ihr individuelle* Wesen 
dem Totaleffecte unterordnen, das gewährt ein scüeaet 
und grosses Interesse. Das Zusammenspiel war fürwahr 
meisterhaft; es war, als ob ein Instrument, ein Bogen- 
strich die vollen Aecorde erklingen lasse, «ad bei dem 
abwechselnden Hervortreten der einen oder der anderen 
Geige fesselte den Hörer nicht minder die jedem der vier 
Spieler inwohnende Eigentümlichkeit des Tones und der 
Auffassung, als die vollendete Abrundung des Ganzen. 
Gegen das Ende des Stücks riss namentlich eine kunst- 
volle Cadenz, welche jeder Violine Gelegenkeit gab, in 
ihrer Weise sich allein geltend su machen, das Publicum 
zu stürmischem Beifalle hin. L. R. 



Sommerstagione in Italien. 

(FortgetzuDg.) 

Königreich Beider Sicilien. 

Palermo. Gute Hoffnung für nächsten Herbst and 
Garneval! Die Impresa des Teatro Garolino hat fol- 
gende Gesellschaft : Principe Valdtca, Marobese di S. Leo- 
nardo, Cavaliere Ansaldi, Don Emilio Arcnri, D. Rosarie 
Scaduti und D. Simone Bonano. Bereits wurde» durch 
den Chargä d'Affaires Gaetano Corelli folgende Virtuos* 
assoluti und nicht assoluti zu Mailand eugagirt : die Printe 
Donne serie Streponi und Abbadia, die Prima Donna buffa 
Tizzoni, die Teuere Milesi und Pedor (Becker, ein Russe), 
Bariton Gnone, Basso comico und serio CateJaao nnd 
noch ein anderer Bassist, Summa Summarum : fertige und 
nicht fertige Sänger; die männlichen die besseren. 

Messina. Herr Salvatore Miller, von hier gebürtige 
fand als Caidam* in Dooizetti's Furiose starke Aufmun- 
terung; die Titelrolle selbst gab Bassist Varvaro. Die 
Prima Donna Quattrocchi (Vieraugen, welch ein Name I) 
hat blos eine angenehme Stimme, und Tenor Variola 
transeat. 

Aüamura (in 4er Terra di Bari). Metcadante , der 
seit seiner Kindheit diese seine reiche Vaterstadt nicht 
mehr gesehen, wurde vom hiesigen Syadieas, Don Tom* 
maso Metodia (abermals ein sonderbarer Name, die aber- 
fcaupt in Italien auch bei den Orten nicht seilen sind) 
eingeladen, sowohl den 15. als 16. Augnet (Marias Him- 
melfahrt und Santa Irene, hiesige Sobutzpalromn) mit sei- 
ner Musik zu feiern. Er kam also eigens ans Neapel hier» 
her, und an den beiden Tagen wurden zwei Ouvertüren» 
zwei Messen, zwei Tantum ergo, zwei Salve Hegaus nnd 
ein eigener fir die beilige Irene eoaspeuirter Inno von 
Htm aufgeführt. Mereadante, der diene Stadt als Waise 
verlassen, wurde bei dieser Gelegenheit mit grossem Ja* 
bei aufgenommen« 

Neapel (Teatro San Carlo) sc taeet. 

(Teatro Pondo.) Von den wiederholten Hieran Opern 
wurden Fioravanti's Gaolatriei Vütaae am Meisten gege- 
ben, nicht etwa weil die dermalige Haootsio J ~ 

Neapels, die Bishpp (!), und der brave Bufe Ca 



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ihnen sangen, sondern weil die Masik an und für sich 
ergötzte. In Donizetti's Roberto d'Evreux war die Bishop 
ganz und gar nicht für die Rolle der Elisabella geeignet. 
Im Elisir d'amore ging es etwas besser. Die vorige« Jahr 
vom Maestro Podale zu Palermo componirte Matilde di 
Mon forte machte hier Piasco. Noch gab man die Gemma 
di Vergy, den Coscritto, sodann Acte und Stücke der 
«inen nnd der anderen Oper mit einander — wie gewöhnlich. 
(Teatro Nuovo*) Von den älteren Opern wurden zwei 
sehr langweilige: Bellini's Puritaui und Don Desiderio 
vom Principe Poniatowsky, jede gegen achtzehn Male (!), 
wiederholt, sehr wenig Donizetti's Aio nell' imbarazzo, 
Linda o. s. w. Neu waren: 1) La Vampana savojarda 
vom Maestro Gwquinto, eine schrecklich lange und schreck* 
lieh lärmende Opera bnffa, die auch, weil die Partitur der 
Impresa geschenkt wurde» zum Lohn einigen Beifall er- 
hielt. 2) Lo t Zio Battista, vom Maestro Fortunato Rayen- 
troph (aus Neapel, soll von ursprünglich holländischen 
Aeltern sein), eine Opera commerciale , in der es sich j 
von Wechseln, Schulden, Bezahlungen, Vorladungen, Pro- 
cessen u. Si w. handelt. Der Maestro wollte diesen Ge- 
Bnstand allzugelehrt behandeln, und machte einen ge- 
irten Fiasco ; blos zwei Duetten hatten einigen Ap- 
plaus. 3) Donizetti, welcher den Sommer hier zubrachte 
und dem es nichts weniger als schwer fällt, eine Oper 
aus dem Stegreife zuschreiben, hat seine hier einst com- 
ponirte und zugleich gedichtete Operette Betly zur Oper 
in zwei Acten umgeschaffen, versteht sich : auch von ihm 
selbst gedichtet. Die Aufnahme des weit und breit be- 
kannten Mannes und dieser Umarbeitung war bypersoper- 
lativ glänzend. 

üass übrigens dies Thealer, erster und Hauptgriinder 
der Opernpastete, stets fortfährt, sie bestens zu raffini- 
ren, ist überflüssig zu erinnern. Von den bekannten Sän- 
gern , die in Neapel überhaupt nicht so. schnell , als an- 
derwärts in Italien , wechseln , war hier die Rebussini 
noch immer die beliebteste, 

(Teatro Fenice.) Dies unbedeutendste Operntheater 
in Neapel, das seit Kurzem, oder vielmehr seitdem die 
Oper in diesen Jahren ihren höchsten Glanzpunct er- 
reicht bat, ebenfalls mit Opern prangt, hat unter Ande- 
rem Douizetti's Linda am Meisten, überdies 2, sage zwei 
neue Opern aufgetischt: L'Assedio di Constantina vom 
Maestro Brancaccio. Man denke sich die Maske Pulcinella 
in Algier, eine Schlacht und Belagerung in diesem Thea- 
terchen! Hier bat die Musik nicht nur gefallen, sondern 
auch , wie der hiesige Omnibus aagt : il sommo Doni- 
zetti presents Vka gradita (der zugegengewesene aller- 
höchste Donizetti hat sie genehmigt). — Mis Baba, Opera 
buffa del Maestro Beavpuis, bat einen Fiasco nach Hause 
getragen. 

Kirchenstaat. 
Fermo. Der so sehr gewünschte Nabucodoftosor von 
Verdi bat sich endlich hierher verirrt. Die Cuzzani mit 
hübscher Sapraastimme und guter Gesangmethode drang 
in den EnsemMestücken mit magischer Kraft durch. Con- 
stantini (Titelrolle) war nach ihr der Held des Stücker. 
Bassist Tozzoli gab den Zaccaria leidlich, Tenor Dei und 
die ßiondi wirkten zur besten Aufnahme der Oper »it. 

(Zu ffo 



Bellini's Purrtani, worin Tenor Soliert sang, trugen einen 
zweiten Triumph davon. Jemand verwunderte sich, wie 
diese langweilige Oper nach einem Verdi'scben Nabucco 
so gefallen konnte, und das Factum wurde zu so vielen 
anderen heutigen un erklärbaren musikalischen Begeben- 
heiten ad acta gelegt. 

Talen tino. Während der hiesigen Fiera gab man Bel- 
lini's Puritani, worin die Allain, Tenor Manfredini und 
Bassist Sansoni die fremden Zuhörer ganz besonders er- 
götzten. 

Sinigaglia. Die hiesige berühmte Messe hatte dies 
Jahr für Herrn Verdi's Nabucco einen grossen Helden» 
den Bassisten Coletti (Titelrolle), einen mittleren Helden, 
Herrn Baizar (Zaccaria), sodann die beiden Damen Mie- 
ciarelli - Sbriscia und Olivieri nebst dem Tenor Vcrgaoi, 
sämmtlich nicht zum Heldengeschlecbte gehörend, weswe- 
gen auch die Oper meist nur in den ^Stücken , woran 
beide Erstere Tbeil nahmen, stark applaudirt wurde. Iu 
Verdi's Ernani ging es ganz anders, weil die Frezzoiioi, 
ihr Gatte (Tenor Poggi) und Baizar darin sangen. Der 
Fanatismo wollte zerplatzen. Ernani muss jetzt in Ita- 
lien — vom allgemeinen Hörensagen — sublim sein und 
allenthalben Furore machen. Es gibt jetzt sogar Journal* 
eben, welche den Furore des Ernani und der Frezzolini 
mit grossen Lettern drucken« 

Jesi. Donizetti's Lucrezia Borgia fand hier eine gute 
Aufnahme, wiewohl die Sänger (die Parepa, die Altistin 
Santolini, TeYior Paglieri nnd Bassist Paglierini) theils sa 
den fertigen, theils zu den nicht berühmten gehören. 

Lugo. Herrn Nicolais Templario hatte an der Ra* 
nieri-Marini eine erfahrene, wenn nicht vortreffliche, 
doch gute Sängerin, die nur, wie leider all' ihre vorge- 
rückten Colleginnen, durch die Last der beutigen Oper 
schon ziemlich abgenützt ist. Tenor Mirale erinnert mit 
seiuer Stimme an Moriani, und Bariton Crirelli bat eine 
gute Schule. Mit diesem Temarium und dem leidlichen 
Bassisten Tabellini sammt der Comprimaria Angelini hatte 
die Oper den besten Erfolg. 

Amelia. Auch hierher hat sich die Oper verirrt. Die 
Luigia Agoslinelli, Tenor Atanasro Pozzolini nnd die Bas- 
sisten Gio. Chiusuri und Angelo Antonio De SAnctis, 
sämmtlich vom homöopathischen Caliber, Hessen sieb tücb-' 
tig beklatschen im Marino Faliero vom Ritter Donizetti 
und im Barbiere di Siviglia vom Ritter Rossini. 

Faensa. Während des Festes von S. Pelro gab man 
hier zwei Opern : Torquato Tasso von Donizetti 9 worin 
Coiini in der Titelrolle glänzte, die Gruiz und Tenor Fe- 
der in ihren Partieen befriedigten. Im Ernani. von Verdi» 
der hier zum Erstaunen Aller keinen Furore machte, 
glänzte Tenor Ciafei in der Titelrolle > nach ihm die 
Leva und Golini. 

Graf Azaatü von hier, Maestro edmpositore di mu» 
sica, ist am Schlagflusse gestorben. 

Imola. Die Gesellschaft von Jesi (s. d.) nebst dem 
Bassisten Coturri machten hier beinahe Furore in Merca- 
dantc's Giuramento ! Die Santolini war aber so gesebeidt, 
zu ihrem Beneflze Donizetti's Lucrezia Borgia zu wählen. 

Comocchio. Donizetti's Gemma di Vergy hatte ziem- 
lieh magere Virtoosi. Die unbekannte Santini Zudoli war 
die Protagonistin , Tenor Dell' Armi machte den Taroas, 
4<i.) 



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Herr Topai den Coole, Herr Malagrida den Guido; die 
Oper gefiel indess mit jeder Vorstellung mehr. Rossini's 
Barbiere di Siviglia wurde darauf ganz verbunzl gegeben. 
Ferrara. Rossini's verschollene Italiana in Algeri 
erregte wahres Vergnügen. Buffo Bruscoli und Tenor Fer- 
rari (Cesare) waren die Besten der Gesellschaft, aber 
auch der Buffb Merigo und die Prima Donna Vecchi ver- 
dienten Lob ; Letzterer, Sopranistin, war freilich die Alt- 
Strtie der Italiana gar wenig anpassend. Der Barbiere di 
viglia. gefiel natürlich noch mehr. 

Grossherzogthum Toscana und Herzogtum Lucca. 

Florenz (Teatro Leopol do). Die neue Oper Mignone 
Fanfan, vom Maestro Grqfftgna 9 eine leidige Alltags- 
speise, machte bei zweimaligem Hervorrufen des Maestro 
einen ehrwürdigen Fiasco, eine Begebenheit, die in Ita- 
lien nicht als Widerspruch zu betrachten ist, da es selbst 
manchem Furore nicht besser geht. Mignone' wurde kaum 
zwei Male gegeben. 

(Teatro Nuovo.) Die Temeoni sang in der Lucia di 

Lammermoor unpüsslicb, desgleichen Tenor Nerozzi 

Im Elisir sang die Anfängerin Albertini genügend, der 
wiederhergestellte Tenorbuffo Concetti (Dulcamara) und 
Bassist Sabattini gefielen, welches Loos der Gazzaniga, 
Pancani, Salandri (s. Li vorn o), der Piombanti, den Her- 
ren Rinaldini und Raffaelli in der nachher gegebenen Linda 
von Donizetti in weit grösserem Maasse zu Theil wurde, 
wobei die männlichen Singer aber die weiblichen weit 
übertrafen. Auf dem 

(Teatro degli Arriscbiali) fanden Herrn Rossi's Falsi 
Monetär), worin die Triulzi-Graffigna nebst dem Tenor 
Ambrogi, Bassisten Del Vivo und Buffo Frizzi als Haupt- 
sänger wirkten, eine ziemlich gute Aufnahme. Herr Frizzi 
war als Eutichio der Beste. 

Parturiunt montes et nascitur mus. Zur diesjähri- 
gen grossen musikalischen Academie im Saale des Palazzo 
Vecchio wählte man anfänglich eine historische, von Per- 
golese angefangen bis Meyerbeer; die Sache wurde aber 
bedenklich und man verzichtete ganz darauf. Dafür gab 
man lauter Modern - Classisches , als da ist : die grosse 
Ouvertüre und den zweiten Act von Guglielmo Teil, die 
grosse Ouvertüre von Assedio di Corinto, eine Cavatine 
aus Semiramide, das Finale des dritten Actes von Mos6, 
sammtlich von Bossini , und die Introduction aus Belli- 
ni's Capuleti. 

Ltvorno (Teatro Bossini). Die heutige Tagesoper Er- 
nani von Verdi, die bereits Oberitalien (Mailand und Cre- 
. mona ausgenommen) und Wien entzückt, hat auch hiejr 
einen Furore davongetragen ; die Gazzaniga (welch 9 ein 
Name !) als Elvira, Tenor Pancani in der Titelrolle, Bas- 
sist De Basstni als Don Carlo und Salandri als Silva wa- 
ren sogar vortrefflich. Viel wurde geklatscht und hervor- 
gerufen, beim Finalterzett auch geschrieen. Diese nichts 
weniger als musikalisch beneidenswerthe starke Zahl Zu- 
hörer hatte sogar die Artigkeit, die unlängst mit einem 
grossen Delirio zu Born gegebene neue Oper Bonifazio 
vom Principe Giuseppe Poniatowsky mit einem Fanatismo 
zu krönen und den anwesenden Principe -Maestro neun- 
zehn Mal auf die Scene zu rufen. In dieser Oper sang 



anstatt De Bassini Herr Sebastiano Ronooni, der bekannte 
treffliche Sanger und Distonirer. 

Siena. Verdi's Nabucodonosor fand lärmenden Bei- 
fall. Rinaldini als Protagonist war trefflich; die Barbieri- 
Nini zeichnete sich als Abigaille aus, Miral war ein wa- 
ckerer Zaccaria, Tenor Cimino und die Piombanti befrie- 
digten in ihren minder wichtigen Parten. Ach Gott, Herrn 
Mabellini's Conte di Lavagna machte darauf einen Quadrat- 
furore 1 Der anwesende Maestro — ein Toscaner — wurde 
fünfundzwanzig Male hervorgerufen und nach der Vorstel- 
lung im Triumphe nach Hause begleitet. 

Lucca. Die De Giulj, für welche der Nabucodonosor 
ursprünglich zu Mailand componirt worden, gefiel hier 
ungemein als Abigaille. Herr De Bassini machte die Ti- 
telrolle, desgleichen Porto den Zaccaria zur Zufrieden- 
heit der Zuhörer; Tenor Luccbesi als Ismaele und die 
Frisoui in der Belle der Fenena fanden Anerkennung; 
die Oper selbst machte ohne Weiteres Glück. Ernani, 
ebenfalls von Verdi, worin Tenor Roppa die Titelrolle 
sang, war noch glücklicher, wiewohl er seinem Bruder 
weit nachsteht Und nach einem solchen Gaudium en- 
digte sogar Pacini's Fidanzata Corsa ebenfalls mit einem 
Gaudium (Pacini ist hier bekanntlich Hofcapellmeister und 
Director des Conservatoriums). 

Herzogtümer Modena und Parma. 

Finale* Die Enricbetta Zilioli betrat hier zum erstell 
Male die Bühne in Donizelli's Marino Faliero io der Bolle 
der Elena und fand starke Aufmunterung. Sie ist die 
Schülerin des bekannten Tenors Zilioli, welcher den Fer- 
nando sang und nebst dem Bassisten Lami (Protagonist), 
Bariton Battaglini (Israele) ziemlich applandirt wurde. 

Carpi. In Mercadante's Normantu a Parigi machte 
sich die Altistin Gramaglia, die Brambilla (Erminia), der 
Bariton Perego besondere Ehre $ Bassist Alessandriqi und 
Tenor Filippini genügten. 

Piacenza. Nicht kalt, nicht warm machte Donizet- 
ti's Figlia del reggimento. Die Baumann (Titelrolle) war 
die Beste von Allen, nach ihr Tenor Bozzetti; die Bo- 
sebetti und Buffo Gor6 verdarben nichts. 
(Fortsetzung folgt.) 



Feuilleton. 



Im Irrenhaose za Ronen ist vor Kursem ein Versach, durch 
Wahnsinnige grosse Gesangstöcke, Chöre für männliche und weih- 
liche Stimmen, vor einem gewählten Auditorium aufführen zn las- 
sen» vollkommen gelassen. Derselbe Versach, durch thätige Theil- 
nabme an musikalischen Prodoctionen auf die Heilung der Irren 
einzuwirken, ist schon früher im Bieetre mit glücklichem Erfolge 
unternommen worden. 



Aas Madrid wird gemeldet: Der bekannte Banqaier Salamanc* 
hatte das Theater des Circas übernommen, and obgleich er dabei 
notorisch riet Geld ansetzt, so haben doch jetzt zwei andere oft 
genannte Finanzmänner, die Herren Fagotgm and Ceriolm, beechUe- 
sen, dem Circas dareb die Uebernsbme des Theaters del Principe 
Coocnrrenz za machen. Ein italienischer Coapooist, Herr BüstHo 
Barili, Ist im Auftrage dieser Herren nach Frankreich und Italien 
gereist, am eine glänzende Opcrntmppe anzuwerben, welche die 
des Circas verdunkeln soll. Die beiden Opera werden sieh wahr- 



813 



1844. November. No. 48. 



814 



schriftlich gegenseitig zu Grande richten , aber das Madrider Pa- 
blicom gewinnt inzwischen dabei auf Kasten einiger Millionäre. 

Der Componist Erkl in Pesth beabsichtigt, sämmtlicbe Musi- 
ker in Ungarn zu einem grossartigen Mnsikfeste in berufen , und 
wird alle namhafteren Masiktalente auffordern, Jeder von ihnen 
möge bei dieser Gelegenheit vorzutragende Stücke eompeniren. Zu- 
gleich soll auch ein ansehnlicher Preis für die beste Compositum 
bestimmt werden. 



Sonst und Jetzt. Am II. Juni 1713 erliess Ludwig, XIV. 
ein Beeret, welches die Angelegenheiten der Oper ordnete. Dich- 
ter und Componist einer Oper erhielten für die ersten sehn Vor- 
stellungen Jeder 100 Li v res, und für die zebn folgenden SO Livres. 
Die Besoldung des Gesa mm t personal« , von der Prima Donna bis 
zum Schneider , war auf 66,250 Livres festgesetsl. Die höchste 
Gage für eine Prima Donna oder einen ersten Tenor betrog 1500 
Livres. — Heutsntsge erhalt z. B. der Tenor Salvi, der för die 
bevorstehende Saison der italienischen Oper in Mosksn engagirt 
ist, 60,000 Pranken Gage und 95,000 Franken Concerthonorar für 
die fünf Monate ; Moriani ist vom Queens Theater in London auf 
sechs Vorstellungen engagirt, für deren jede er 100 Pfund Ster- 
ling erhält. U. s. w., n. s. w. 

Carl Maria v. Weber'* sterbliche (Jeberreste sind in Deutsch- 
land angelangt and am 26. Oetober zu Hamburg mit entsprechen- 
den Feierlichkeiten in Empfang genommen worden. Am 29. Oeto- 
ber begaben sich gegen 300 Musikfreunde an Bord des Dampf- 
schiffes , welches die Asche des grossen Tondichters enthielt, es 
ward daselbst, unter Capellmeistcr Krebs* Leitung, ein Psalm und 
Beethoven** Trauermarsch aufgeführt, und der Sarg mit einem sil- 
bernen Kreuze geschmückt, zu welchem jeder der Theilaehmer bei- 
gesteuert hatte ; die Festrede hielt Herr Kreb*. — In Dresden ist 
sn Weber 9 * Beisetzung ein Ccrnü«* zusammengetreten, das die Ko- 
sten ans bereits vorhandenen Fonds decken wird. Bin Grabgewölbe, 
nach Semperas Angabe auf dem katholischea Kirchhof errichtet, 
wird die Gebeine Weber 9 * aufnehmen. Auf einem öffentlichen 
Platze Dresdens soll eine Bronsestatue aufgestellt nad hierzu eine 
Coneurrenz unter den deutschen Künstlern ausgeschrieben werden. 
Die Kosten will man durch Sammlungen zusammenbringen; meh- 
rere Künstler, wie Meyerbeer, MoscheU*, Mendelssohn, Li*zt 9 Bene- 
diet u.a. w. haben ihre Mitwirkung durch Conccrteu.s.w. zugesagt. 

Am 31. Oetober starb in Dresden Carl Maria v. Weber 9 * jüng- 
ster Sohn, 20 Jahre alt, ein talentvoller Schüler der Malerkunst. 
— In Bremen starb der bekannte Singer MelUnger. 



In Paris gefiel eine neue komisehe Oper in einem Aufzuges 
Le Mousquetnire, Erstlingsoper eines jungen Componisten Namens 
Bousquet. Die Musik wird als leicht , gefällig und anmothig ge- 
schildert. 



Musikdirector Abt in Zürich schreibt sn einer dreiaetigen ro- 
mantisch-komischen Oper; des Buch dazu ist von dem Züricher 
Dichter Mettemieh. — Copellmcister Täglichsbeck in Hechingen hat 
eine neue Oper: „Kaiser Heinrich" vollendet, Buch von Dr.Oldenburg. 

Der bisherige Organist an der Marienkirche und städtische 
Musikdirector zu Lübeck, Gottfried Hermann , ist als Capellmei- 
stcr nach Sondershsuseo sbgegangen. Ein tüchtiger Dirigent, Vio- 
lin- und Pisnofortevirtuos , erwarb er sieh auch ein besonderes 
Verdienst durch Einführung der nordische* Musikfeste , deren er- 
stes 1839 in Lübeck gefeiert wurde. 

Theodor Rleinert* y Glasermeister und Mitglied des Theater- 
Orchesters zn Cöln , bot eine sehr einfache neue Vorrichtung zum 
Stimmen der Pauken erfunden und darüber ein Privilegium auf 
achtsehn Jahre erhalten. 



JAszt macht gegenwärtig in Madrid Furore. 

Im Oetober feierte zu Neustrelitz der Capellmeistcr am dasi- 
gen Hof» beater, Weidner , sein 25jahriges Jubiläum und erhielt 
von den Mitgliedern der Oper wie der Capclle einen schonen sil- 
bernen Pokal als Festgeschenk. 

Musikdirector Joseph Gungl in Berlin hnt vom Könige von 
Preussen für die Widmung der von ihm eompooirten Marsche eine 
goldene Tabatiere erhalten. 

De Beriot hnt in seinem Hause zu Brüssel unter dem Namen: 
„Cercle des arts" einen künstlerischen Verein gebildet , dessen 
Viceprasident er selbst, Präsident der Fürst von Chimav ist ; der 
Verein versammelt sich alle vierzehn Tage, und wird jährlich vier 
grosse Concerte, vier drsmatische Vorstellungen, vier literarische 
Unterhaltungen geben. Er findet zahlreiche Theilnahme. 

Die holländische „Mantschappy tor Bevorderiog der Toonkunst" 
hnt folgende Preise susgesetzt: 300 Fl. für eine Symphonie * 60 
Fl. für eine Pianofortesonate ; 50 Fl. für eine Sonate quasi faata- 
sia; 40 Fl. für eine Sonata en Foga voor Orgel; 25 Fl. für vier 
Quartette für Sopran, Alt, Tenor und Bass; 25 Fl. für drei zwei- 
stimmige Lieder für Sopran und Bariton. 



Ankündigungen 



IVeue Musikalien 

iaa Verlage von C F. Pete*?«, Bureau de Mumqne, in Leipzig t 
Velelte, € «., Melodieen för Flöte u. Pfte. Op. 91. 99* Ngr. 
Hfinten, Fr., Variations brill. sur la Polka nationale pour le 
Piano. Ocuv. 135. 90 Ngr. 



In der T. Trautweln'schen Buch - und Musikalienhand- 
lung («f. GuUentua) in Berlin sind so eben erschienen: 
JftllllfJ, F. W., MHeKemgskugeli War einst ein alter König. 
Gedicht von Boltse für den einstimmigen Chorgesang , mit Be- 
gleitung der Infanterie- und Cavallerie • Musik (gebrennt oder 
vereinigt), eingerichtet von W. Wieprecht. Partitur. Fr. 194 Sgr. 
Jede einzelne Siagstimme. Preis 1 Sgr. 

(Bei Partieeu zu 100 Exemplaren und darüber i Sgr.) 

Dasselbe Lied mit Begleitung des Piaaoforte. Preis 5 Sgr. 

Op. 30. Gnu* A» den Frühling. Gedicht von Rochlilz für 

Sopran, Tenor und Bass, mit Begleitung des Piaaolbrte. Clavicr- 
Prds 1 Thlr. 



Trafen, H., Op. 71. Zwei Duette mit PinnofoHebegleitung. 

beisammen," (für So- 



i*r«na»9 n* 9 up. *>• «wn 
4) Meerfahrt t „Mein Liebchen 



pran und Tenor). 9) Liebesotern : „Es lallt ein Stern herunter« 4 
(für zwei Soprane). Preis 15 Sgr. 

Braune, Otto« Frühliogslebea (für Sopran): Vögelem flattern 
im luftigen Bereiche. Preis 10 Sgr. 

JNrvUvler, Ad«, 5 Romances caracteristiaucs (Parole* franc. 
et allem.) für Sopran. Op. 1. Cont. t 1) La feile du Tibre: Bn- 
tendes-veus cette voiz. 9) Le retour «Tun Cc*is£: CJn cbcvaBer 
de haut ligUages. 5) Chant d*uae jeune Alle : Man eoeur leve- 
toi. Preis 15 Sgr. 

dsshrien, W., Lebewohl von Byron (für Mezzosopran) t Leb' 
wohl I wenn je ein brünstiges Gebet. Preis 7i Sgr. 

Lttfer«», €•• Op. 9. Heft 1. Vier Lieder für Sopran. 1) Früh- 
ling von Geibel x „Und wenn die Primel/« — 9) Das Midchea 
von Athen von Byron : „Gicb mir Mädchen." — 3) „Wo weilt 
mein lieb." — 4) Der Abendatern von Hoffmann von Fallers- 
leben i „Du lieblicher Stern." Preis 17* Sgr. 

Gesangvereinen und Liedertafeln empfehlen wir die in unse- 
rem Verlage erschienenen 

Sechs vierstimmigen Gesänge für Männerstimmen, ernsten und bei* 
tern Inhalts von C. Kreb*. Op. 10». 1 Thlr. 8 Ggr. 

tenubertn e% Comp« in Hamburg und Leipzig. 



818 



1844. November. No. 48. 



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Im Vertage der Virfcmlelrielen erscheint nächsten« mit tiigen- 
thumst echt ftir DeutschTantl : 

Marche faneftre de Dom Setetien 

de Donlzetti 

Tarife poar le Piano 

P** 
Wir. Mjiszt. 

Preis 1 PL 15 Kr. Coqv.-M. 

Wku, des HO. November 1844. 

Pietro Meehettl «in* Carlo, 

k. k. Hof - Kunst- and Musikalienhandlung. 

_ . . . .. 9 

Für Musiker und Musikfreunde ist so eben vom Gapellmeister 
aU. aldiübertsB erschienen und in allen Bock- und Musika- 
lienhandlungen voraathig; 

IHe Qeneralbasslehre 

theoretisch and practiseh dargestellt. Geh. 21 Gr. 
Ein klar und Weht fasslieb geschriebenes Handbuch für Di- 
lettanten cum Selbstunterricht und für Lehrer ein Leitfaden beim 
Unterrichterthetlen. Der Verfasser Ist als gediegener 'Comnooist 
und tüchtiger Musiker bekamt, und es dürfte obiges Werk da- 
her wohl besondere* Interesse erregen. 



Bei 1*. E. C Leiieliart in Breslau ist so eben er- 
schienen und durch alle Musikalien - und Buchhandlungen des tn- 
und Auslandes zu beziehen : 

ABC des Violinspiels. 

Vorschule zur gründlichen Erlernung des Violia- 
spiels nach den Regeln der vorzüglichsten deut- 
schen Meister, mit XXIV Uebungsstücken 

Ton 

Moritz Schön. 

ftp. 32. Preis 15 Sgr. 

Mit den ersten AnfenffSgruntlen beginnt hier eine 
Reihe von tJebungsstücken» welche ganz dazu geeignet sind , dem 
Schuler die Elemente des Violinspiels auf die leichteste und ange- 
nehmste Weise beizubringen. Der königliche Musikdirector Herr 
Schön ist als Violinvirtuos, als Componist und Lehrer dieses In- 
struments so rühmlich bekannt, dass sein Name hinreicht» um die 
Vortrefflich keit und Empfehlungswürdigkcit dieses Werkchens zu 
verbürgen. £^ An Obiges seh Hessen sich folgende , wieder, neu 
gedruckte Werke an: 
Krater Lehrmeister für den praktischen Vlo- 

lln- Unterricht in stufenweise geordneten CJebungen der 

ersten Position durch alle Tonleitern und Tonarten. Op. 22 u. 

27, in S Lief., jede 20 Sgr. — 2 Rthlr. 
Praktischer Vlolln- Unter rieht. 48 Uebangastück« 

für die Violine (mit einer begleitenden zweiten Violine für d> Q 

Lehrer). Dritte Auflage. 15 Sgr. 

In Tausenden von Exemplaren sind diese an praktischer Brauch- 
barkeit alles AeEnliche bei Weitem übertreffenden Werke durch die 
ganze Welt, verbreitet und finden bei allen Sachverständigen nur 
eine Stimme der Anerkennung) sie eignen sich daher auch ganz 

vorzüglich zu Weinnaehtagesenenken fuz die musika- 
lische Jugend.' 



In meinem Verlage wird erscheinen, mit Bigenthnmsrecht für 
alle Länder , ausgenommen England und Frankreich : 
aMhlery Tftu, 12 Melodieea mit Italien, und deutschem Text. 

12 Lieder ohne Worte. Op. 87. 

Leipzig, den 23. November 1844. 

€?» F> Peters, Bureau de Mnslquc. 

Druck and Verlag von Breitkaff und Härtet in Leipzig und anter deren Veraalwortüokkeit. 



WeMrefle, kette ind votisUodig* Sammlung v»n Orgetstftcfce* 
alle» Art kt der, fbstaHgemei» rs>Hrreken nndScm ta r ar icn eingeführte 

OrffelfreHBd» 

Herausgegeben von G. W. KSrmr and A. G. Hüter. 
5 Bande £ 1 Thlr. 

sind bereits erschienen. Von dem erste» Heft des sechsten Bandes 
kann demnächst in allen Buch- und Musikalienhandlungen Ein* 
sieht genommen werden. Auf sechs Ezemplnre wird das siebente 
feei gegeben. Gefälliger Verwendung und Bestellung sieht entgegen 

Wllh* Kutaner in Erfurt. 



In allen Buchhandlungen ist zu haben i 

Wedemann'g lOO Gesänge 

der Unschuld, Tugend und Freude. Gemülhlichea Rioderhcrseni ge- 
widmet. Mi* Begleitung des Clavicrs. Erstes lieft. Atkte ver- 
mehrte Auflage. Gek. i Tblr. oder 54 Kr. (Et sind km Ganzes 
3 Hefte a i Thlr.) 
Wäre diese herrliche Sammlung der reizendsten Lieber und 
Melodieen niebt schon auf der ganzen Oberfläche des deutschen Va- 
terlandes ein wahrer Liebling geworden, hallten sie nicht schon in 
vielen tausend Kinderherzen und Kcblen wieder, so würden wir 
uns auf den Absatz von circa 20,000 Exemplaren, oder auf meh- 
rere Dutzend mehr begeisterter als lobender Receusienen- beziehen 
können. Daher genüge die Versicherung , dass auch diese mehU 
Auflage wieder zahlreiche Spuren der verbessernden Sorgfalt des 
geehrten Herrn Herausgebers an sieb trügt. 



W. Wedei 

lOO deutsche WolUMeder 

mit Begleitung den Cftavier». Erstes Heft. Dritte verbesserte Auflage. 

Gek. } Thlr. oder 1 Fl. 12 Kr. (Es sind im Ganzen ebenfiülo 

5 Hefte von gleichem Preise.) 

Von dieser neuen Auflage der Volksiredef laset sieb so ziemlich 
dasselbe sagen, wie von den Kinderliedern. Sie haben ebeafhU» eine 
grosse Verbreitung- und glänzende kritische Anerkennung gefunden, 
denn sie umsehKesscn die schönsten Perlen deutscher Dichtkunst 
und Melodie «nd bieten im sorgfältigsten barmantKcheu Säte die 
schönsten Weisen. Aneb dieser dritten Auflage bat da» uneraaüd* 
liehe Fortstreben des Verfassers viele neue Vorzüge verschaff*. 



Im künftigen Monat erscheint in unserem Verlage : 

Mrnst und Scherz, 

Original -Compositionen für grosse und kleine 

Liedertafeln. 

Fünftes und sechstes Heft. 

Sängersaat 

vom Musik - Director 3. Otto in Dresden. 

Partitur 12 Sgr. , jede Stimme 5 Sgr. 

Inhalt: 14 Gesünge mit den Uebervekriften x 1) Wülkemmen. 
2) Gebet. 5) Frühlingslied. 4) Schlummerlied, ff) Wunderlied. 
0) Waldlied. 7) Barcarole. 8) Kriegerchor. 9 Trinklied. 10) Wal 
zer. II) Schluss und Jubelchor. 
Schleusingen, den 1. November §844. 

Conrad «laaer. 



Bin Trompeter, welcher sein Instrument im höchsten Grad der 
Vollkommenheit führt und daher mit Recht als ein ausgezeichne- 



ter Künstler empfohlen werden kann, wünscht eine lebenslängliche 
Anstellung, vorzugsweise fn den sächsischen Provinzen* oder am 
Rhein. Da derselbe in mehreren Orchestern und a usg e z e i chneten 
Regime ntsmusikekoren als Solotrompeter fungirte, kann jeder wünsch - 
baren Forderung entsprochen werden. Näheres unter frankirten Au- 
ftragen crthrilt die Buchhandlung von Ludwig Schumann in Leipzig. 



817 



818 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG 



Den 4 tett December. 



M 49. 



1844. 



Müll Alts Jfeeenjsa»e». — Pimckriek t en : Aas Berlin. Aas Leipzig. Sommer«! agione in Ilalieo. (Fortsetsnog.) — PreisaasseareibeB das 
1 Musik- Vereins Mannheim. — Feuilleton. — Ankündigungen. 



R 



ECEN8IONEN. 



Kleine Musiklehre. Ein Handbuch für höhere Bildungsan- 
stalten, Seminariea , Gymnasien n. s. w. beim Unter- 
richte in der Theorie der Musik, von F. J. Kunkel. 
Darmstadt, Jonghaus. 1844. 

Die Sehreibseligkeit der Gegenwart, welche von Messe 
zu Messe in steigender Progression den Büchermarkt über* 
schwemmt, scheint sich seit einigen Jahren mehr und 
mehr auch dem musikalischen Gebiete zuzuwenden, das 
bis dabin verhältnissmässig nur spärlich bedacht wurde, 
wenigstens was theoretische Schriften anlangt ; wahrschein- 
lich um deswillen, weil man sehr wohl erkannte, dass 
hier nicht nur erfindliche Durchbildung, vollständige Be- 
herrschung der Wissenschaft der Musik nach Materie und 
Form erforderlich sei, sondern dass damit sich auch die 
Fähigkeit einer klaren Darstellungsweise paaren müsse — 
was bei sonst ganz tüchtigen Musikern sich nieht immer 
vereinigt findet. Nach zwei Richtungen hinaus — wenn 
wir das Gebiet der Musikgeschichte als ein vorbereiten- 
des oder doch subsidiäres vorläufig hier unberücksichtigt 
lassen — konnte sich die theoretisch - musikalische Lite- 
ratur vornämlich ergehen — Richtungen, die allerdings 
nicht streng geschieden werden können, insofern sie ge- 
genseitig sieh durchdringen müssen, weil eine ohne die 
andere gar nicht gedacht werden kann — Richtungen 
also, die wir nur insoweit getrennt betrachten, als der 
vorwaltende Zweck irgend welcher theoretisch - musika- 
lischen Schrift sie mehr einer oder der anderen angehörig 
bezeichnet, der rein wissenschaftlichen nämlich, oder der 
vorzugsweise methodischen. Früher liess man sieb aller- 
dings von dem kindischen Wahne beherrschen , es zieate 
sich nur dann,. als Schriftsteller in einem Fache öffent- 
lich aufzutreten, wenn man entweder neue Untersuchun- 
gen und Entdeckungen oder wenigstens Berichtigungen 
in der Wissenschaft desselben, oder auch wenn man eine 
gründlichere , fasslichere , klarere Methode für die Er- 
lernung oder Aneignung einer solchen, darzubieten habe. 
Die Gegenwart, in ihrer nach allen Richtungen hin sich 
erstreckenden Emaneipationswuth und Aufkiärungssucbt, 
belächelt diesen Wahn unserer Väter mitleidig wie so man- 
chen andern, und hat sich auch von ihm nicht ohne Er- 
folg s« emaneipiren gesucht;- namentlich begegnen wir 
im LehrersUnde, seitdem die Methodik namentlich bis« 
weilen über die jGebnkr gepflegt und erbeben wird, einer 

46. labrgaaf . 



men. ao manener uenrer, oer einige <iaure inoonsteus i) 
»er irgend einen seiner Lieblingsgegenstände doeirt hat, 
eint nun, die dabei befolgte neue (?) verbesserte (?) Me- 
trie der Welt nicht läoger vorenthalten zu dürfen, und 



Schreib wuth, die in allen bezüglichen Fächern das Pnblt» 
cum mit einer Flut gutgemeinter, aber mindestens gesatt, 
ganz überflüssiger Werke überschwemmt, die durch die 
Verwirrung, welche sie bei den verschiedenen Individua- 
litäten anrichten, bei Weitem mehr Sehaden als Nutzen 
stiften. So mancher Lehrer, der einige Jahre (höchstens !) 
über 
meint i 

thode der Welt nieht läoge 
das Ende vom Liede — doch das geht uns hier eigent- 
lich nichts an, und wir haben dem geehrten Leser die- 
ser langen Einleitung wegen eigentlich Abbitte zu thn, 
wollen das auch — falls er einmal unerbittlich darauf 
besteht — hiermit pflichtschuldigst gethan haben, gleich- 
zeitig aber erklären, dass wir in hartnäckiger Verstockt- 
heit meinen, wir hätten daran so Unrecht nicht gehabt, 
da so Manches aus dieser Vorrede auf das Büohlein, das 
unserer Beurtheilung vorliegt, und über das der geehrte 
Leser unsere Meinung wissen will (oder nicht), merk* 
würdig genau passt, genauer als man's beim ersten Blicke 
glauben möchte. Wir werden ja sehen. 

Dass bei einer „kleinen Musiklehre'* nicht von Auf- 
stelluog und Entwiokelung neuer grosser Theoreme, nieht 
von Förderung der Wissenschaft der Tonkunst an sieh 
die Rede sein kann , bedarf kaum der Bemerkung; wir 
haben ein solches Büchlein von vorn herein als ein dem 
Gebiete der Methodik angehöriges zu betrachten. Da wir 
aber gar sehr in dem Wahne der früheren Zeit befan- 
gen sind, dass nur die Methode veröffentlicht zu wer* 
den verdiene, welche reelle Vorzüge vor der bisher be- 
folgten habe, von diesem Wahne uns auch durchaus nicht 
mögen emaneipiren lassen, so können wir unsere aufrieb« 
tige Meinung nur dabin aussprechen, dass der Druck von 
Herrn Kunkels Musiklebre gar kein unabweislicbes Be* 
dürfniss gewesen. Es ist auffallend , dass die Verfasser 
in den Vorreden sich so oft direct oder indireet wegen 
Herausgabe ihrer Werke entschuldigen. Wozu denn das? 
kt das Werk gut, so bedarf es dessen nicht — taugt es 
nichts oder ist's doch wenigstens überflüssig, so hättet 
ihr*s nicht drucken lassen seilen ! Auch Herr Kunkel ver- 
sucht so eine verblümte Entschuldigung: er sei seit sehn 
Jahren Lehrer am Schullebrerseminar zu Bensheim, und er 
habe kein Buch gefunden, was ihm zur Grundinge des musi- 
kalischen Vorunterrichts passend geschienen. Da bedauern 
wir einerseits den Herrn Verfasser aufrichtig, anderer* 
seil* geben wir ihm zu bedenken, dass allerdings ein ver- 

48 



819 



1844. December. No. 49. 



820 



handener Leitfaden in seiner rollen Totalität selten einen 
Dritten genügt, weil die Individualitäten verschieden sind, 
dass aber dien allein noch keinen Grund abgeben kann, 
ans nenn Büchern das zehnte zu fabriciren, weil dieses, 
it^en wieder einem Andern auch nicht ganz zusagen wird 
nnd wir zuletzt eine Unendlichkeit derartiger Fabrication 
befürchten m festen. — Der Styl des Verfassers entbehrt 
der Gewandtheit — ein Uebelstand, den wir leider bei 
Musikern nicht selten antreffen — , ist selbst nicht frei 
von Provinzialismen , die in einem Buche , vom Lehrer 
für künftige Lehrer zunächst bestimmt, nieht vorkommen 
sollten; die Definitionen sind, wo nicht gerade ans ande- 
ren Werken entnommen, oft breit und dadurch unklar, 
mehr Beschreibungen als begreifliche Erklärungen, wie 
denn überhaupt dem Büchlein als Leitfaden mehr Präcision 
und prägnante Kurze, vor Allem ein Abstrahiren von nichts« 
sagenden Wiederholungen oder coriosen Zusätzen — z.B. 
ober die chinesische Tooleiter, S. 54 f. — zu wünschen 
wäre. Die Ordnung der Materien ist übrigens eine sehr 
merkwürdige — ein buntes Durcheinander ohne irgend 
welch erkennbares leitendes Princip, ohne alle logische 
Consequenz, nnd die sollte man in einem methodischen 
Handbuche denn doch wohl nicht vergebens suchen. Nach- 
dem nämlich in der Einleitung viel — aber eigentlich 
gar nichts gegeben ist, als eine Zusammenstellung von 
musikalischen Worterklärungen, wo hinein sich auch ein 
Gerippe der Organik verirrt hat (diese Einleitung bitte, 
mit Ausnahme ihres ersten Satzes , logisch den Schluss 
des Werkes bilden müssen!), erbalten wir die Tonlehre — 
ein Ausdruck, den der Verfasser sehr eng fasst — im 
ersten und die Notation im zweiten Capitel; daran schliesst 
sich, mit Uebergehung der Intervallen- und Tonleiter- 
lehre, die erst respective im fünften und vierten Capitel 
abgehandelt werden, im dritten Capitel die Rhythmik, eine 
Anordnung, in welcher wir wenigstens einen naturge- 
mässen Fortschritt, einen methodischen Sinn nicht zu fin- 
den vermögen, wenn sie sich auch durch einzelne Schein- 
gründe rechtfertigen lassen möchte. Dann wieder behan- 
delt der Verfasser zuerst die Harmonik — dieser Ab- 
schnitt ist übrigens der klarste und in sieb übersichtlich 
geordnetste, doch nur eine Reproduction — und dann die 
Melodik, wefär wir abermals einen Grund um so weni- 
ger aufzufinden vermögen, als der Verfasser selbst hier, 
bei der Melodie/ die Lehre von den Stimmen, dem mehr- 
stimmigen Satze, der Vorbereitung und Auflösung an- 
knüpft, unzweifelhaft Dinge, die in das Gebiet der Her* 
monie gehören. ' Ueberdies fehlt so Manches , was selbst 
in einem solchen Leitfaden Jeder ungern vermissen wird, 
z. B. über Modulation, über Vortrag u. s. w. Die bei- 
gegebenen Aufgaben sind zu wenig zahlreich nnd erschö- 
pfend , wenn sie für Solche bestimmt sind , die des Bu- 
ches sich ohne Lehrer bedienen — wozu wir durchaus 
nieht rathen können ! — nnd von einem Lehrer zu Grande 
gelegt, ganz überflüssig und wenig empfehlenswert!! ; be- 
sonders steif und ungewandt sind die neun beigegebenen 
Bassfüfarongen zu den drei Chorälen; die angehängten 
Ausweichungen ans allen in alle Dur- nnd Molltonleitern 
sind an sieh nieht zn tadeln — wozu aber solche Esels- 
brücken? Von einem abgehenden Seminaristen erwarten 
wir mit Recht, dass er dergleichen selbst machen kann. 



t)as. Büchlein ist gut gemeint, mag auch für den Verfas- 
ser in seinem amtlichen Kreise ein Bedürfniss sein; für 
die musikalische Literatur ist es keines, denn das darin 
enthaltene Gute findet sich eben so gut, zum Theit bes- 
ser schon* in anderen Werken , nnd nur der sehr billige 
Preis bei anständiger Ausstattung mag für Manchen der 
Berücksichtigung werlh sein. fFüe. 



F. Chopin : 3 Mazurkas pour Piano forte. Op. 56. Leip- 
zig, bei Breitkopf und Härtel. Preis 25 Ngr. 
Der Rhythmus nationaler Tänze bat den neueren 
Componisten bereits reiche Ausbeute gewährt. Die polni- 
schen zumal sind vor anderen durch rhythmische Eigen- 
tümlichkeit ausgezeichnet , und der characteristische 
Schwung der Mazurka namentlich wurde von Chopin, als 
er aus seinem Vaterlande sich vor dreizehn Jahren nach 
Frankreich übersiedelte, in die Salonliteratur des Piano- 
forte 's mit der ihm inwohnenden Poesie eingeführt, ja, 
er verdrängte die bis dahin von Virtuosen bebandelte Po- 
lonaise. Er bat jenen scharfen Rhythmus lieb bebalten, 
der ihm für seine weichen, träumerischen Motive einen 
willkommenen Rahmen bietet, und ist immer wieder zn 
ihm zurückgekehrt. Die feste Bestimmtheit des Rhythmus 
gestattet dem Componisten, der nach dieser Seile gebun- 
den ist, nur in harmonischer Hinsicht Freiheit, die Cho- 
pin nun aufs Vollständigste benutzt. Die Wendungen sind 
zuweilen ganz ungewöhnlich, sogar hart, nnd werden nur 
durch seine weiche, elastische Spielart so weit gemildert, 
dass sie dem Obre nicht verletzend erscheinen. Auf sol- 
chen Vortrag, worauf diese Musikstüoke hingewiesen sind, 
kommt Alles an. Die vorliegenden drei Mazurka's liefern 
abermals für das hier Gesagte an vielen Stellen Beweise. 
Gleich der erste verhüllt seine Grundtonart Hdur zwölf 
Tacte lang in ein rätbselhafles Gewand. Die Melodie selbst, 
grösstenteils in eine Mittelstimme gelegt, verlangt in 
ihren zarten Umrissen sehr viele Pflege, wenn sie nicht 
verwischt werden soll. Das Alternativ in Esdur (so ist 
es zur Bequemlichkeit, da Disdur schwer zu lesen ist, 
geschrieben), mehr figurirt, als melodisch, hebt sich gut 
von dem ersten Gedanken los. — No. 2 (Cdnr) wird 
schnell Freunde finden, weit fasslicher, als die anderen 
beiden, und an die Jugendzeit Cbopio's erinnernd. Der 
liegende Grundton mahnt an die seltsame Instrumentation, 
die man in einer polnischen Bauernscheuke zu hören be- 
kommt. — No. 3 ist originell, dooh von harmonischer 
Unruhe. Es wird mehr bin und her modolirt, als der Ge- 
sammtwirkung nützlich ist. Der Character des Mazureka 
gebt in den einer freien Fantasie über. Der Grundge- 
danke, an sich klein, wird gleichsam zum Spielballe der 
Laune. Einzelne Wendungen, die bei dieser Gelegenheil 
vorkommen, sind geistreich nnd interessant 



: Deux Nocturnes. Op. 55. Ebend. Preis 20 Ngr. 

Anch die Form des Nocturno's, von Field in der Mu- 
sik weit, namentlich in der Ciaviermusik eingeführt, hal 
Chopin mit Vorliebe gepflegt, ausgebildet, ihr dauernde 
Theilnahme gesichert. Man kann hier eigentlich von einer 
bestimmten Form gar nicht, sondern nur von der nllge- 



82t 



1844. December. No. 491 



882, 



■raten Bezeichnung etiles kleinen , elegisobeu oder doch 
sanften Tonstuckes reden, denn weder in rhythmischer 
noch harmonischer Hinsicht ist diese Gattung fest be- 
stimmt, vielmehr dem Gesehmaeke des Brfioders über- 
lassen. Je weniger kühner, matbiger Aufschwung bei Cho- 
pin sich findet, desto reicher neigt geraiie seine Schö- 
pfungskraft sich in dem Gebiete milder Traner, schwär* 
useriseber Wefamulh. Anch seine Heiterkeit ist niemals 
ungetrübt; der schmerzvolle Ausdruck ist ihr beigemischt« 
Das erste dieser beiden neuen Noeturno's, worin Jeder» 
der des Künstlers Styl einmal kennen gelerot bat, ihn 
leicht wiederfinden wird, ist einfach, sehr edel und ge- 
müthvoll : es verdient Empfehlung, deren es übrigens kaum 
bedarf. Die Variation in Triolen mit dem Schlüsse in 
Dar — > das Stück steht in Fmoll — geht zuletzt in we- 
nigen gehaltenen Aocorden, die einer Frage ähnlich klin- 
gen, aas. Das zweite Stück, Es dar, ist schwerer zn ver- 
stehen, auch weit schwerer zu spielen. Nicht, als ob hier 
Bravourpassagen vorlägen, aber das Verhältnis« der gleich- 
mütigen Begleitungsfigur zu der Melodie, die sich in ly- 
rischer Freiheit dahinzieht, bedingt die Schwierigkeit ; an 
stricte Bintheilung der Figuren muss man nicht denken, 
sondern jede der beiden Hände muss durchaus selbstän- 
dig ihre Aufgabe lösen, sonst erliegt der Reiz dieses zum 
Studium sehr geeigneten Stückes. Der Werth eines durch- 
aus kunstgebildeten Vortrages kann sich hier sehr geltend 
machen, da von heftigen, materiellen Effecten nicht die 
Rede ist. 



Carl Voss: Goncertstück in Form des Concertino für 
Pianoforte. Leipzig, bei Breitkopf und Härtel. Preis 
1 Thlr. 15 Ngr. 
Der junge Componist bat sieb bisher insbesondere 
durch geschickte Arrangements für das Ciavier und durch 
kleine Gesangstücke bekannt gemacht; eine grössere, 
selbständige Arbeit, wie die vorliegende es ist, hat er, un- 
seres Wissens, noch nicht veröffentlicht. Der Titel ist 
nicht präcis genug gewählt und leidet an einem Pleonas- 
mus. Das Stück ist ein sogenanntes Concertino, worin 
nach altem Herkommen der erste Satz halb geliefert wird, 
um in engster Verbindung mit einem kurzgefasslen An- 
dante und einem fröhlichen Finale sich zu einem Gan- 
zen zusammenzuschliesseo, ein Verfahren, das vor Allen 
Weber und Mendelssohn mit Geist benutzt haben. Der 
Componist konnte also entweder Concertstück oder Con- 
certino als Bezeichnung anwenden. Doch auf Namen 
kommt überhaupt nicht viel an. Wichtiger ist das Talent, 
das sich uns darlegt. Auf Orcbesterbegleitung ist verzich- 
tet, vermutblieb um für musikalische Soirees nützlich zu 
sein; dennoch giebt es viele Stellen, worin dieselbe dem 
Componisten vorgeschwebt bat. Es würde durch Orcbe- 
stertutti's Manches gewinnen, manche Schwäche, wenig- 
stens ermattende, ausfüllende Stellen würden die sehr 
hübsehen Hauptgedanken und Bravourstellen hervorheben. 
Fragen wir nach dem Cbaracter des Ganzen, so ist der 
erste Satz (Fmoll) stürmisch bewegt, der zweite (Des dur) 
mild und fromm, der letzte (Fdur) heiter und lebensfroh. 
An Mendelssohn's herrliches G moll- Concert erinnert Man- 
ches. Der erste Satz ist der am Meisten poetische, auch 



der zweite, obgleich nicht besonders originell. Der letzte 
wird dem grossen Publicum am Besten behagen, er ist 
tänzelnd, für den Kenner aber zu sehr zusammengestü- 
ckelt; um melodisch zu sein, sind die Themata schnell 
, neben einander hingestellt, anstatt in und mit einander 
künstlerisch verbunden zu sein. Die Effecte des Instru- 
ments kennt der Componist und wendet sie sehr erfinde« 
riscb an ; die kleine Melodie Seite 19, die nur dem Thema 
des Finales allzuscbnell nachfolgt, macht sich, wie sie 
ist, nämlich in den Alt gelegt, so dass sie allein mit dem 
Daumen der rechten Hand gespielt wird, allerliebst. Schwer 
ist das ganze Werk nicht zu nennen, nämlich für sol- 
che Spieler, die einmal sieb hören zn lassen, überhaupt 
befugt sind. Es ist F. Mendelssohn gewidmet, dem, wie 
schon gesagt, der Componist Manches verdankt, ohne des- 
sen feinen polyphonischen Styl sich bereits ganz angeeig- 
net zu haben. Er schwebt noch zwischen der modernen 
und jener auf älterer und soliderer Basis ruhenden Schreib- 
art. Wir zweifeln nicht, dass rüstiger Fleiss, den er be- 
reits bewährt, ihu für die letztere immer mehr gewinnen 
und seine Erfindung nicht beschränken, sondern for- 
dern wird. 



Julius Knorr: Materialien für das mechanische Clavierspiel. 
Leipzig, bei Breitkopf u. Härtel. Pr. 2 Thlr. 15 Ngr. 
Diese Arbeit ist durchaus zeitgemäss. Der Verfasser 
geht von der richtigen Ansicht aus, dass, wenn man nach 
den üblichen Ciavierschulen unterrichtet, man viele Zeit 
verliert, und doch, wenn der Schüler die neueren Schwie- 
rigkeiten überwinden soll , sich dann eine Lücke zeigt. 
Die Geschichte der Technik soll der Schüler nicht durch- 
machen, dies fördert ihn gewiss nicht, vielmehr zuerst 
nur das Allgemeingültige , was den Coropositionen jedes 
Zeitraumes zu Gute kommen wird, von der Technik er- 
lernen. Scharfer Anschlag und Fingersatz sind dieses All- 
gemein giltige. Die auf 59 Seiten gegebenen Beispiele sind 
ungemein zahlreich, nämlich 500 an der Zahl. Sie sind, 
mit genauer Renntniss dessen, was überwunden sein muss» 
bevor man von Freiheit des Fingersatzes reden darf, aus- 
gewählt. Die in den Hummel'schen Werken vorkommen« 
den Schwierigkeiten, noch jetzt grössere, als viele neue* 
ren, namentlich Terzenläufe, sind beachtet, ohne in all* 
zngrosser Weitläufigkeit behandelt zu sein. Das Heft gibt 
übrigens nur Materialien , nicht Uebungsstücke im streu- 
geren Sinne. Für das Spiel polyphonischer Salze möchten 
dergleichen Materialien ebenfalls wünschenswerth sein. 
Der Verfasser hat indessen darin Recht, dass, wenn alle 
parallel laufenden Passagen mit beiden Händen gleichmäs- 
sig in Kraft und Reinheit ausgeführt werden , dies auch für 
polyphonische Sätze die beste Grundlage sein mag. A. K. 



Nachrichten. 



Berlin, den 6. November 1844. Nqnmekr wieder 
regelmässig meine Berichte fortsetzend, habe ich vom 
October manches Interessante mitzuteilen. Das könig- 
liebe Theater war von den vielen Fremden, welche die 
Gcwerbausstellung hergeführt hatte, täglich sehr zahlreich 



&s 



1844. December. No. 49. 



besucht, um #o mehr, als auch du Repertoir viel Anzie- 
hendes enthielt. FVau Palm -Spatster, für das Winter- 
halbjahr hier eagagirt, gab die Ipbigenia in Taoria in der 
£AfcA'fechen Oper, die Norma and die Elvira in Don 
Juan mit vollem Wohlklange ihrer sonoren Stimme, in 
der Darstellung nnr öfters niebt belebt genug, ftledea von 
EuHpides mit Tauber fs Musik und weiblichen Chören 
Wurde wirksam wiederholt. Der 15. Oetober wurde durch 
eine Festrede von L. Rellstab und ein neues Singspiel: 
„Die Sirene" von Seribe und Auber ausgezeichnet, wel- 
ches durch die spannende, obgleich unwahrscheinliche 
Handlung, die leicht fasslicbe Musik und die vorzügliche 
Darstellung sehr gefallen hat. Fräul. Tucxeck als solfeg- 
girende Sirene und Herr Mantiut als gewandter Schmugg- 
ler, trugen den Preis des Abends davon, obgleich auch 
die Herren Blume, Schneider und Zschiesche sehr er- 
götzlich mitwirkten. Auch Kreutzer' s „ Nachtlager von 
Granada" wurde wiederholt. Herr Krause sang im Don 
Juan den Leporello recht gut; es fehlte indess seiner 
Darstellung der erforderliche Humor. Auch Fräul. Marx 
War nicht ganz zur Donna Anna geeignet, da diese So- 
pranpartie so anhaltend hoch liegt. Vorzüglich waren 
Fräul. Tuczeck und Herr Mantius als Zerline und Don 
Ottavio, auch Herr ßötticher als Don Juan. Im Ganzen 
wollte diese Vorstellung indess nicht so ergreifende Wir- 
kung hervorbringen, als früher. — Auch Concerte eröff- 
neten bereits die musikalische Wintersaison auf das Glän- 
zendste. Der geniale Violinvirluos Fr. Prume Hess sich 
zuerst im königl. Theater mit seinem Concert heroiqoe 
und Variationen hören, gab demnächst zwei eigene Con- 
certe, und wirkte ausserdem in einer von Fräul. CA. v. 
Hagn zum Besten der Familie des verstorbenen deut- 
schen Bühnendichters Albini veranstalteten Soiree mit. 
Ist der Ton dieses Violinisten auch nicht besonders voll, 
so ist doch der Schmelz seines Vortrages und die bedeu- 
tende Technik seines (nur nicht immer reinen) Spiels des 
erhaltenen, lebhaften Beifalls vollkommen werth. Herr 
Prume trug in obigen Concerten sein drittes Concert, 
Concertino Op. 4, ein Andanle und Rondo, seine beliebte 
„Meläncolie," das erste Concert von de Berioty ein An- 
dante und Rondino auf Motive aus Herold** Pre* aus Clercs, 
eine Polacca brillante und Lafonts Fantasie mit der 
Scblummerarie aus der „Stummen von Portici" vor, 
welche Therese Milanollo vorzugsweise so anziehend aus- 
führte. In den Concerten des Herrn Prume trug Herr 
!TA. Kullak eine schwere Fantasiecaprice für Piano von 
seiner Composition mit grosser Fertigkeit vor. Fräul. 
Marx sang ein neues, sehr gelungenes Lied von H. 
Truhn: „Scheiden und Leiden, 44 Gedicht von E. Geibel t 
mit inniger EmpBndung und vieler Wirkung. Ein Pianist 
Herr Louis Bakemann aus Newyork trug das erste Trio 
von Beethoven (Üsdur), von den Herren Prume und 
Moritx Gang begleitet, eben so beifallig vor, als Schu- 
berts „ Forelle *• als Caprice für das Piano, und „La 
ehasse" von Stephen Heller. Auch wirkten die Damen 
e. Fässmann , v. Baffn und Hoffmann (aus Riga) durch 
fiesang und Declamation gefällig mit. in der oben er*» 
wlbnten Soiree des Friul. v. Hagn trug der Pianist Herr 
Steifensandt die Beethoven* »vht (Tis moli- Sonate für Piano 
toiteet und mit Ausdruck vor; nur werde das Allegro 



durih zu schnelles ZeJtaaaam etwas uadeottie*. Mari. 
Hoffmann sang mit sicherer Höhe, viel Volebilitit und 
starker Stimme eine Bravourarie von P er tiani , Mad» 
Palm- Spat x*r seelenvoll das „Ständchen" und „Der 
Wanderer" von Fr. Schulart tUrferpeifend. Herr Krause 
trug „Hakoo's Lied" von Joseph Nettsr recht wirksam 
vor. Auch Fräul. Marx sang „Die Botschaft" von Jfö» 
eken und ein Lied mit Violoocellobegleitang von 0. Tieh~ 
san recht ansprechend, — Herr MD. Carl Kioss hau» 
in der erleuchteten Garaisonkircbe ein geistliches und 
Orgelcoaeert zu mildem Zwecke veranstaltet, worin sieb 
derselbe als töcbtigpr Orgelspieler bewährte. Auch als 
Componist zeigte sich der Coneertgeber in einer Hymne 
für Soli's und Chor mit obligater Orgel, und in einer 
Motette für Männerstimmen, von einer vorteilhaften Seite« 
Ausserdem sang noch Fräul. Tuczeck ein Ofertoriom vom 
Cherulrini und Herr Bötticher eine Arie aus Mossima 
Stabat mater, und Mendelssohns Motette für weibliehe 
Stimmen „Veni Domine" wurde wirksam ausgeführt. — 
Die Herren Steif ensandt und Gebrüder Stahlknecht wer- 
den alle vierzehn Tage Triosoiräen für Pianoforte, Vio- 
line und Violoncell im Saale des Hötei du Nord veran- 
stalten (wo Spontini noch verweilt). Die erste Soiree am 
26. v. M. war zahlreich besucht. Es wurde darin ein 
älteres Trio von Hummel, Op. 12 in Es dar, die Beet- 
hoven'scbt Sonate für Pianoforte und Violoncello, Adur, 
Op. 69, und zuletzt das grosse Bdur-Trio von Beetho- 
ven, Op. 97, präcis und gut nuancirt ausgeführt. Der 
Pianist hat einen elastischen Anschlag, viel Fertigkeit und 
musikalische Bildung; der Violoncellist zieht guten Ton 
aus seinem Instrumente, und der Violinist besitzt Fer- 
tigkeit, Feuer und Energie. — Die am 31. v. M. Statt 
gefundene erste Symphoniesoiree der königl. Capelle, un- 
ter Mendelssohns Leitung, war das Höchste von Runst- 
leistung in der Orchestermusik. Nicht allein die Energie 
und Pricision, das Feuer und die Klarheit, sondern haupt- 
sächlich die geistreiche Weise und die feine Schattirung 
des Vortrages ,• mit welcher die wohlgewählten Meister» 
werke: Haydn's Es dur* Symphonie, MoxarCs Ouvertüre 
zur „Zauberflöte" und die Cherabmfs' zam „Wasserträ- 
ger," und Beethovens D dur-Symphonie mit dem reizendes 
Adagio in Adur, ausgeführt wurden, zeugten von dem 
tiefen Verständnisse des Dirigenten und von der Genauig- 
keit der sorgsam abgehaltenen Proben, wie auch unsere 
Capellisten den Beweis lieferten, wie Treffliches sie un- 
ter einsichtsvoller Leitung und bei gehöriger Achtsamkeil 
leisten können. — Den 15. Oetober feierte auch die kö- 
nigl. Academie der Künste durch eine öffentliche Sitzung* 
nnd die Singacademie durch die Aufführung des Zeiter*- 
sehen Te Deums, eine Festrede und den preaes. Volks- 
zesang in ihrer Dienstagsversammlung, auf glänzende 
Weise. — • Am 13. November (dem Geburtstage der Kö- 
nigin) wird eine geistliehe Musikauffuhrung der Singaca- 
demie in der Garnisonkirche, zum Besten der Klein - Ka- 
der -Bewahraastalten &tatt finden. — Die ttaüemscbe 
Operngesellschaft der Königsstidtischen Bühne wiederholt 
den Templario, Nabucodonosor nnd ältere Opern, wie 
z. B. den Barbiere di Siviglia, Luorezia Bergia, La Figüa 
del Beggimento u. s. w. mit mehr oder anederem Er- 
folg. — Die Eröffnung den neu restaerirten königlichen 



885 



1844* Deoettfccc» No. 49. 



826 



Opernhauses bleibt aoch auf dt» 7. December festgesetzt. 
Die Siagprobea der neuen Festoper von Meyerbeer ha- 
ben bereits ihren Fortgang* Anch ist die königl. schwe- 
dische Hofsängerin Friul. Lind hier anwesend, um in 
der neuen Oper mit Friul. Tyeteek zu elterniren und 
soestige Gastrollen zu geben* Kenner rühmen ihre wohl- 
klingende Sopraostimme. — Das jetzige Opemrenertoir 
wird dnreh die Proben von der neuen Oper sehr he» 
schränkt. Aach kommen öfter, als sonst, plötzliche Ab* 
anderangen vor« — 



Leipzig, den 30. November 1844. Siebeate* Abon- 
nementconcert, Donnerstags, den 28« November. — Sym- 
phonie von Jos. Eaydn (Ddur). — Sceae und Arie mit 
Chor ans Orphons nnd Eurydiee von Gluck, gesungen 
woa Med. Jaortier de Fontmine. — Grand Allegro de 
Coneert für die Violine» eomponirt nnd vorgetragen von 
Herrn Antonio Bntnwi aus Mailand. — Arie aus dem 
Oratorium „Paulos** von Mendelssohn Bartholdy („Je- 
rusalem" u. s. *w.)? gesungen von Frm Fischer- Achten, 
berzogl. braunsehweig. Hofopernsängerin. -*• Ouvertüre : 
»•Meeresstille und gluckliebe Fahrt." von Mendelssohn 
Bnrtholdy. — Coneert für das Piano forte, eomponirt und 
vorgetragen von Herrn Litolff aus London. — Cavatine 
aas „Robert der Teufel* 4 von Meyerheer \ gesungen von 
Frau Fischer -Achten. — Esmeralda - Fantasie für die 
Violine mit Orchesterbegleitung, Capriccio di Bravura 
und Quartett aus den Puritanern für Violino solo , com« 
ponirt und vorgetragen von Herrn Ant. Batsiqi. — 

Die fast überreiche Auswahl von Musikstücken, die 
dem Publicum an diesem Abend geboten wurden, bringt 
den Referenten in die Verlegenheit, entweder durch eine 
ausführlichere Besprechung jeder einzelnen Leistung den 
hierzu in diesen Blättern gestatteten Raum au überschrei- 
ten aad die Geduld 2er Leser au ermüden, oder seinen 
Bericht nur auf kurze Andeutungen beschränken zu müs- 
sen. Er zieht das Letztere vor, weil er dabei unbedingt 
weniger wagt. 

Ueber die Symphonie genüge es daher zu bemerken, 
dass sie vom Orebester mit der Inoigkeit und zugleich 
harmlosen Heiterkeit ausgeführt wurde, welche das ganze 
Werk durchdringt und in dem Hörer eine woblthuende 
Stimmung erregt, wie sie der joviale Vater Baydn mit 
der ewigen Jugend seiner Melodieen hervorzubringen ge- 
wannt hat* 

Die Glucfcscbt Arie wurde von Mad. Mortier de 
Fontaine sehr schön gesungen; die gnte Schule dieser 
Sängerin verschafft sieh bei jedem wiederholten Auftreten 
immer mehr Geltung, und selbst ihre Gesaogmittel sehei- 
nen dnreh grössere künstlerische Rnbe im- Vortrage ih- 
rerseits und durch alimälige Gewöhnung des Hörers an 
den Cbaracter ihrer Töne zu gewinnen. Die Compositum 
selbst aalnagend, so ist deren hoher Wertb hinlänglich 
bekanat; dass man dabei nicht auf eine solche dramati- 
sche Auffassung, wie sie die neuere Zeit und die jetzt 
anders gestaltete Darstellung auf der Bühne bedingt, rech- 
nen darf, versteht sich von selbst« Das liegt in der Zeit 
ihrer Entstehung. Solo nnd Chor greifen nicht drastisch in 
einander; aber der Eindruck, deo der letztere mit seinem 



Einbersebreiten und seinem prägnanten, wenn 
auch etwas stabilen Rhythmus hervorbringt, ist darum 
kein geringerer, als ein moderner Tonsetzer mit den 
musikalisch wahrscheinlich in grässKcheren Gestalten auf- 
tretenden Furien bewirkt haben würde. 

Bereits vor einigen Jahren bat uns Herr Bannini 
eine Probe seiner grossen Virtuosität gegeben, seitdem in 
den deutschen und ausländischen Kunstmetropolen Ruhm 
und Bewunderung eingeerntet und nimmt jetzt, wie er 
uns diesmal unzweifelhaft bewies, einen der ersten Plätze 
unter den Geigenheroen der Gegenwart ein. Sein Ton, 
wenn auch nicht sehr voll und grossartig, hat doeb etwas 
eigenthümlich Ansprechendes und Einschmeichelndes; sein 
Vortrag zeichnet sich oft durch feine Scbaltirung, oft 
aber auch durch eine scharfe Characleristik aus. Dabei 
ist ihm nichts zu schwer oder unmöglich* Die zu Gehör 
gebrachten Compositionen , melodiös und interessant ge* 
ballen, waren durchaus geeignet, die Trefflichkeit seiner 
Leistungen erkennen zu lassen ; besonders gedenken wir 
hier der Leichtigkeit und des kecken Uebermulhes, mit 
denen er die Esmeralda - Fantasie vortrug, und der Si+ 
cherbeit und Reinheit, welche in der Uebertragung des 
Quartetts aus den Puritanern vergessen liess, dass Melo- 
die und Begleitung auf einem Instrumente gespielt wur- 
den, noch dazu auf einer Violine, die das gleichzeitige 
Hervortreten mehrerer Stimmen so sehr erschwert. Lau- 
ter und anhaltender Applaus begleitete seine sämmtlichen 
Produktionen. 

Ein gleicher Beifall wurde der Frau FU eher- Achten 
zu Theil und dieselbe mit Freuden wiederum unter uns 
begrüsst; sie hat sich abermals durch den Vortrag der 
beiden genannten Arien als eine Sängerin ersten Ranges 
bewahrt, und wenn wir gleich unsere frühere Hemer» 
kung, dass ihre Mitteltöne das Ohr nicht angenehm he* 
rühren, auch beute nicht zurücknehmen können, so ent- 
hält doch die höhere Lage ihrer Stimme einen so vor- 
züglichen Reiz, dass wir ihr in dieser Hinsicht kaum 
eine Rivalin gegenüberzustellen vermöchten* Frau Fischer* 
Achten weiss den höchsten Ton mit einer Sicherheit za 
fassen, so fest und ruhig zu halten und ihn endlich so 
schön ausklingen zu lassen, wie es seihst eine jugend- 
lichere Sängerin, bei der die Stimme vielleicht noch leich- 
ter anspricht, schwerlich im Stande sein wird. Dies za 
zeigen, bot ihr namentlich die Cavatine von Meyerbeer 
reiche Gelegenheit, während ia der Arie ans dem Pau- 
lus andererseits die grosse Vertrautheit der Künstlerin mit ' 
dem Vortrage kirchlicher Compositionen auf das Schönste 
documentirt wurde. 

Nachdem wir dem Orchester und dessen Dirigenten 
noch unsere Dank für die ausgezeichnete Aufführung der 
Mendelssohntcben Ouvertüre „Meeresstille und glück- 
liche Fahrt" gespendet haben, einer Compositum, in weK 
eher der Meister Kraft und Anmutb, Geist und Seele auf 
eine unübertreffliche Weise vereinigt bat und die eine 
Reibe von reizenden Bildern an uns vorüberftbrt, ~ 
müssen wir noch der Leistung des Herrn Littfffm* Loa«* 
den lobend erwähne*. England hat uns zwar schon aus- 
gezeichnete Sängerinnen, geliefert, aber, wenn wir de* 
früher längere Zeit unter uns verweilenden Will. Stern* 
dole Bennett ausnehmen , noch keine oder nur wenige 



827 



1844. Deeertfer. No. 4». 



828 



Beweise seiner Produetivität in Bezug auf schaffende «der 
ausübende Künstler gegeben. Oass es deren aber wirk« 
lieh besitze, davon bat ans Herr Lifo^ überzeugt. Denn 
nicht nur sein Spiel verdient, in Betracht der unverkenn* 
baren trefflieben Ausbildung in der Technik sowohl als 
einer edlen und schönen Vortragsweise, rahmende Aner- 
kennung, sondern anch die Compositum , die er zu Ge- 
hör brachte, enthält sehr viel Treffliches und eine Menge 
Seistreicher Züge, die jedenfalls in ihr eine Bereicherung 
er Pianofortemusik erkennen lassen. Ihre Form scbliesst 
sieb mehr der einer Symphonie an (das Concert enthält 
vier Sätze : Maestoso, Scherzo, Andante und Rondo), und 
das Musikstück nimmt daher die Aufmerksamkeit des Pn- 
blicums für eine längere Zeit in Anspruch, als dies bei 
Clavierstückeu der Fall zu sein pflegt; allein das Inter- 
esse wird durch eine schöne gemessene Haltung des Gan- 
zen, reiche Entfaltung von neuen ansprechenden Gedan- 
ken und durch interessante Wendungen immer rege er- 
halten, so dass man dem Componisten , zumal wenn er 
zugleich der Spieler ist, gewiss überall gern und mit 
Vergnügen folgen wird. L. R, 



Sotnmerstagione in Italien. 

(Ftrtsetmnp.) 

Königreich Piemont und Herzogthum Genua» 

Turin, Unser kleines Teatro Gerbino mit vier Asso- 
luti- Sängern, der Sopranistin Lanzi-Bruni, Altistin Car- 
lini, dem Tenor Latluada und Bassisten Torre, sammt 
den Comprimarj -Sängern, unterhielt, wie gewöhnlich im 
Sommer, ganz im Diminutivo. Fioravanli's verstümmel- 
ter Puleinelia, unter dem Namen Columella, machte La- 
chen in den Origioalbuffostücken, und Gähnen in der ein- i 
gelegten Seriowaare. Beide Damen und Torre waren die | 
Gefeierten. Donizetti's Begina di Golconda ging wegen ! 
der Prima Donna nicht erfreulich, und da sie eben kein ; 
Muster| der Schönheit ist, gefiel sie auch wenig als San- j 
drioa in Bicci's Scaramuccia, worin die Garlini mehr Aus- ! 
zeiebnung fand. 

Pinerolo. Die vorige Gesellschaft des Theaters Ger- 
bino, mit Ausnahme der Lanzi, die hier die Bapetti ab- 
löste, gab während der hiesigen Vereinigung der ptemon- 
tesischen Aekerbaugesellscbaft ebenfalls den Columella, 
sodann mit frisch eingelegten anderen Sängern Donizetti's 
Linda mit gutem Erfolge. 

Vereilli. Einen erträglieben Fiasco machte Bicci's 
Searamuz. Die Banzi als Sandrina erregte wenig Theil- 
nahme, etwas mehr der Tenor assoluto Batier- Hiller mit 
hübscher Stimme und der Buffo Marconi. Nachdem die 
Due Sergenti ganz durchgefallen waren, verschrieb man 
andere Singer und gab den Barbiere di Siviglia mit etwas 
mehr Glück. Die Bollen waren so vertbeilt: Bosina = 
Banzi, Figaro = Paltrinieri, Almaviva — Zoni, Don Bar-" 
tolo = Marconi, Don Basilio = Grini (der Impresario), 
und Berta = Strinasacchi. 

Aequi. Diese durch ihre Schlammbäder berühmte 
Stadt hiesa den Columella willkommen. Wiewohl der ur- 
sprüngliche Fioravanti'sche Pulcinella durch ihn mit man- 
chem Schlamm anderer Maestri verunreinigt oder ver- 



tiert worden war, ergötzten sieh die Badegäste an den 
wenigen verschont gebliebenen Stücken und app laudirteu 
vor Allem den Protagonisten Buffo Tarn , die hübsche 
Prima Donna Gamarra , sodann Bassist Bien , Tenor Pe- 
rentoni und die DufK. Donizetti's Luorezia Borgia konnte 
mit dieser Gesellschaft kaum vier Male gegeben werden. 

Biella. Vortrefflich mag man führ diese kleine Stadt 
die Olivieri, die Vascbetti, Tenor Ferrario und Bassisten 
Biancbi nennen; sie haben in Hioci's Prigiorie di Edim- 
burgo eine Menge Palmen nach Hause getragen, und in 
Donizetti's unsterblicher Lucia di Lammermoor sich bei- 
nahe unsterblich gemacht 

Arona, eine am Lago maggiore gelegene Stadt, mit 
nngefäbr 4000 Einwohnern, in der Nähe der berühmten 
colossalen Statue des heiligen Borromeo, hatte eine bril- 
lante Stagione, die beiden Prime Donne Troff und Tont* 
masi, die beiden Tenore Assandri und Danieli nebst dem 
Buffo Napoleone Bossi und Bassisten Donelli. Bicci's Chiara 
di Bosenberg' eröffnete sie fröhlich. Freude und Entzü- 
cken gaben sich die Hände, wenn Bossi und die Trnff 
auf der Scene waren. Letztere, die vorigen Carneval \% 
Cremona zum ersten Male die Bübne betrat, beglückte 
die Zuhörer sogar mit einer eingelegten bonigsüssen Arie 
aus Donizetti's Betly. Donelli machte sich hierauf in des- 
sen Belisario bemerklich, in welchem Tenor Baldansa den 
nnpässlicben Assandri ersetzte, im nachher gegebenen Fn> 
rioso aber wieder vom Tenor Tommasi abgelöst wurde, 

Genua. Das erneuerte nnd verzierte Theater Dn- 
razzo wurde mit Bicci's Disertore per amore eröffnet, 
dessen Musik aber so sehr missfiel, dass mehrere Zuhö- 
rer aus dem Theater desertirten. Den Sängern fehlte es 
indessen nicht an Beifall; den grössten Theil erhielt Buffo 
Zambelli und Bassist Parodi , den kleinsten die Prima 
Donna Cnccki nnd Tenor Marchelli. In Donizetti's Trom- 
meloper Figlia del Beggimento , in welcher die Natalina 
Tagliana die Titelrolle übernahm, ging es, beim Bataplan 
besonders, recht lustig zu. 

Lomhardisch - Venetianisches Königreich. 

Mailand. Im Teatro della Canobbiana (dem zweiten 
Hoftheater) wurde Meyerbeer's Boberto il Diavolo mit 
einem neuen, aber noch ärgeren Boberto als Herr Dolla 
Cella auf Carcano forlgesetzt. Gegen Ende Juli's ersetzte 
dio Agostini die wegen eingegangener Verbindlichkeiten 
abgegangene Gnzzani, wodurch die Oper, in Betreff der 
Execution abermals verlor, nur die Musik nicht, die be- 
reits allgemein beliebt war. 

Im Teatro Filodramroatico (Liebbabertheater) liess 
der hiesige Graf Giuiio Litta seine zweite neue Oper: 
Sardanapalo von ausübenden Künstlern aufführen; sie 
wurde einige Male mit Beifall gegeben. 

Herr Stefano Golinelli ans Bologna , ein tüchtiger 
Pianoforlespieler in der neuesten Manier , hat im Bedou* 
tensaale eine musikalische Academie gegeben nnd von dem 
nicht zahlreichen Auditorium in mehreren von ihm vor- 
getragenen Stücken Beifall erhalten. 

Die hier im September Statt gefundene sechste Ver- 
sammlung der italienischen Naturforscher brachte niehts 
musikalisches Neues. Im Casino de'Nobiü sollte eine ei» 
gens darauf Bezug habende Caatate gegeben weiden nnd 



829 



1844. Deeember. No. 40. 



830 



Rossini dazu die Musik eomponirjns? «Hein* er lelple ** 
ab. Man übertrug sie darauf dem Herrn Verdi % dieser 
war mit dem Gedichte mcbt zufrieden umA wünscht« ein« 
voo Romani, mit dem er abermals nicht zufrieden war, 
und so unterblieb die Gantale ganz, und man gab dafür 
eine musikalische Akademie. 

Bassist Gib* BatHsta Cämpagnoli, der unlängst ans 
Portugal nnd Frankreich, wo er mebrer* Jahre mit Bei- 
fall sang, nach seinem Vaterlande zurückgekehrt war, 
und noch vorigen Frühling auf dem Turiner Theater im 
Barbiere di Sivigiia so sebr gefiel, bat «ich hier zum 
schmerzlichen Leidwesen seiner Familie entleibt. 

Am 23. August starb hier in der filüthe seiner Jahre 
der Bassist Giuseppe Guscetti, geboren zu Mailand von 
wohlhabenden Aellern im Jahre 1813. 

Monza, mit Mailand durch eine Bisenbahn verbun- 
den , gibt jährlich unfehlbar während fa$ Johannismark- 
tes Oper. Die ziemlich zahlreiche und für dies Stadtchen 
gar nicht üble Gesellschaft: die Wanderer and Dragoni, 
Tenor Zoni, Bassist Perger und die Bnfi Tasea und Lo- 
detti nebst den Secundärsängern gaben Fioravanti's Pnlci- 
nella (hier Columella), ßellini'd Beatrice und Rossini's 
Barbiere di Siviglia mit dem besten Erfolge. 

Conto. Die aus Deutschland zurückgekehrten Kinder 
Vianesi producirten sieb auch auf dem hiesigen Theater 
mit Beifall. 

Im August und September gab man Donizetti's Ro- 
berto d'Evrenx theüweise mit Applaus. Die Gambaro, 
Mercadaute's Schwägerin und Schülerin, electrisirte die 
Hände der Zuhörer wenig, noch weniger die Anfänge- 
rin Rapazzini, Tenor Benedetti blos in seiner Arie, und 
der junge Bassist Scapini war nnpisslieb. Rioci's (Fed.) 
Prigione dt Edimburgo machten Fiaseo. Rossini's Ntiovo 
Mos6 mit der Albani, der Cominolti, den Herren Sca- 
pini und Bianchi, sammtlich zweiter und dritter Classe, 
erregten Enthusiasmus. 

Pavia. Die Rinder Vianesi erregten hier Aufsehen 
und gefielen ungemein. 

(Fortsetzung folgt.) 



Preisausschreiben 

des Musik - Vereins Mannheim. 

Zar Bezeichnung 4er 15. Jahresfeier de« Vereint selten wir 
hiermit einen Preie von zwsozig Decaten auf ein Quartett für Cia- 
vier, Violine, Altviole und Vietoneetl (in den gewöhnlichen vier 
Sitzen), da» in der Fem und einfach deutschen' Weiae gebalten 
ist, wie solche W. A. Motart nnd L. van Beethoven begründet 
haben. 

Wir laden nn Bewerbungen vm diesen Preis mit dem Bemer- 
ken ein, dass tämmtUeken Herren Bewerbern das Alleineigentbums* 
recht an ihre Werke beiaasen wird — die eingesendete Abschrift 
des gekrönten aber dem Verein, jedeeb bles in seinem Gebrauche 
verbleibt; nnd mit der weitern Bedingung, dass die Bewerbungen 
in Partitor, frei nnd vor dem 1. Jnni 1845 nn den Verein einge- 
schickt werden, ohne Namen der Verfasser, doch begleitet mit 
einem versiegelten Zettel, der Namen nnd Wohnort derselben ent- 
halt nnd aussen einen Denksprnch hat, welcher der Partitur selbst 
nach n äffen setzen ist. 

Werke, welche ohne Beachtung dieser Bediognngen einkom- 
men, können snr ße Werbung nicht aufgenommen werden. 

Drei nneh Umlauf der Einaendnngsseit zu erwählende Kunst- 
gelehrte benrtheilea .jeder derselben insbesondere) : welche Bener- 



hrnng den Preis zu erb alten bat, oder wenn sieh eine Mehrheit der- 
selben nicht ergibt , so entscheidet das Loos , welches dieser drei 
berufenen Werke zu krönen ist. 

Dss Ergebnis» wird unter Benennung .der Herren Richter nnd 
der Verfasser des gekrönten und der belobten Werke , sobald uns 
die Beortheiluogen zugekommen sind, öffentlich bekannt gemacht; 
daher Zwischenanfrngen umgangen werden wollen. 

Die naebherige Rückgabe der Einsendungen (die gekrönte aus- 
genommen) fcnnn nur gegen eigenhändigen Schein des Bigenthe- 
mers , der zugleich den betreffenden Denksprnch und Anfang dea 
Werkes enthalt, geschehen. Die übrigen werden wir nebst den 
versiegelten Beteelteln wohl verwahren. 
Mannheim, am Tage CaVilia 1844. 

Im Namen des Verein - Vorstandes. 

A. Schüttler. 



F 



EUILLETON. 



Der Verwaltungsaussebuss der Mosartstiftong zu Frankfurt 
am Main hat seinen sechsten Jahresbericht erstattet. Nach Inhalt 
desselben ist die Anstalt im erfreulichsten Vorwärtsschreiten be- 
griffen und hat im verflossenen Jahre wieder mehrere Beweise leb- 
bifter Tbeilnabme erhalten. So gaben für dieselbe Concerte zu 
Frankfurt am Main : der Pianist Ernti Patter ans Wien (Reiner- 
trag 31 Fl. 41 Kr.); der Pianist Drey schock (Reinertrag 122 Fi. 
20 Kr.) ; der Componist Aguilar aus London, welcher säm tätliche 
Kosten aus seinen eigenen Mitteln bestritt (Ertrag 271 Fl. 36 Kr.); 
der Liederkranz sein ststutenmissiges jährliches Concert (Reiner- 
trag 401 Fl. 30 Kr.). Pfarrer Spriingli in der Schweiz bat an 
weiterem Ertrage von der durch ihn veranstalteten Herausgabe 
von MHnnerquartetlen 217 Fl. gesendet, so dass seine diesfallsigen 
bisherigen Sendungen sich anf beinahe 1000 Fl. belaufen — daa 
reichste, der Stiftung bisher gemachte Geschenk. — Dss Activ- 
vermögen der Letzteren besteht jetzt aus 16,935 Fl. 22 Kr., bat 
sich also im letzten Verwaltongsjabre um 1179 Fl. 34 Kr. ver- 
mehrt. — Der Stipendint der Stiftung, der Violinist /. /. Bott in 
Cassel , »nebt nach seines Lehrers Spohr Zeugnissen rühmliche 
Fortsehritte in Spiel und Composition ; das Stipendium von 400 Fl. 
ist ihm für das vierte (letzte) Jahr, vom 1. Jnni 1844 nn, verlie- 
hen worden. — Ans dem Verwaltungaausschusse sind die Herren 
P. Finek, C. A+ Andre* und Dr. A. Jott ausgeschieden, und st 
sollten zur Ergänzung denselben neue Wahlen veranstaltet werden. 



Eine nene Oper von Till soll nächstens am Jesephstädter 
Theater zu Wien gegeben werden. — Auch der bisher nur als 
Lfedereoeipoeist bekannte Randhartinger , Vieebofenpellmeister in 
Wien, bnt eine Oper vollendet. 

Die Shngerin Nina Sontag, bekanntlich eine Schwester der 
berühmten Henriette Sontag, jetzigen Grün Roesi, ist in Felge 
einer tiefe« Scbwermoth zu Prag in den Orden der Carmeliterin- 
nen getreten. 

Der bekannte Liederkomponist Dürrner, bisher Musikdirector 
am Theater zu Ansbach, ist nsch Bdinbnrg gegsngrn, wo er auf 
ein Jahr als Musikdirector angestellt ist. Seine Stelle in Ansbsch 
bnt Hummer, des Pianofortevirtuosen und Componisten Sobo , er- 
halten. 



Carl v. Holtet ist Directör des Breslsmer Theaters gewor- 
den. — Dr. Loren», bisher Directör des Anhalt -Bernborgtchen 
Hoftheaters, hat dfe Leitung a\e$ Sudttheaters zu Freiburg ha Breis- 
gan übernommen (Musikdirector nn demselben istC. G.Kup'sch); das 
Bernburg'sche steht jetzt noter Herrn Martini. — In Nürnberg wurde 
daa Theater von der neuen Direction (Herrn Ferdinand Rüder) am 30. 
September mit Beutete Nurma recht befriedigend eröffnet. Fränl. 
Meyrath als Norme, Frau Heesler-Münek als Adalgisa, Herr Ha- 
gen als Sever, Herr Kramer als Orovist gefielen sammtlich. — Der 
neue Directör des StadUheatera zn Frankfurt an der Oder, Herr 
Leo, hat seine Bühne nm 8. October imit einem Schauspiel) er* 
öffnet'} nU MusifcdJmete* ist Herr ErUngar angestellt. 



851 



1844. December. JVo. 48» 



832 



Ankftn dlfon gen* 



Die Terhrtitetate , gelot eas t o «ad billigst« Zeitschrift, welche 
ia keinem guten Laseairkel fehle» tollte, iat die bei W. Katrner 
in Krfart erscheinende 

WJranta. 

masihtliarbca BeihUtt «am Off elfreaade m. a. w. Ar Belehr««* 
««4 Unterhaltung. Rtdigirt «ad hcraosgegebe« vaa G. VT. «r- 
«er n«d ^. C Jfäfcr. 

Probenammera stehe« s« Dienet. Der äusserst hiUsge Frei« 

betragt Ar de« ganze« Jahrgang aar \ Thaler. 

I« der T. Tmutwelm f sehe« Bach - and Musikalienhand- 

la«g (J. Guttentag) in Berti« sind so ehe« enehiene« : 

Conmer, Franeiaen», Collect** operum musie*rum B*- 
isveram smeculi XVI. Tom. I. (No. 1. Jaeobai Clement «b« p«pa 
„Vox clamaalis in deserto.'* No. 2. Idem „Angelus demini «d 
pettores," beide für 5 Stimme«. No. 5. Idem „De«f in adiotoriom 
meum" für 6 Stimme«. No. 4. Idem „Ego floa campi et li- 

, liuai," Ar 7 Stimme«. N«. 5. Idem „ Pater pecenri," Ar 8 
Stimme«. No. 6. Christian HolUnder „Si igaorae te," Ar 5 
Stimmen. No. 7. Sebastian HolUnder „ Dum traatiaset aabatum 
Maria ," Ar 5 Stimme«. No. 8. Hubertus Waelrant „Pealmua 
CI. Domine Domiae exaudi oratioaem," Ar 5 Stimme«. No. 9. 
Idem „Verba mea auribus pereipe," Ar 6 Stimme«. No. 10. 
Adrianus Willaert „Psaimat LXII. Den* deoa mens," Ar 8 
Stamme«.) Preis 5i Thlr. 

— — Tom. II. (No. 1. Clemens no« papa „Pastores smidaam ri- 
disti." No. 8. Idem „Icraaalem sarg«/ 1 N«. S. Idem „Super 
ripam Jerdaaie." No. 4. Jae. Vaet (vel Giachea di Waert) 

. „Tnaseaate domiao elamabat." N«. 1 — 4. Ar IS Stimme«. 

. No. IS. Jacohos Vaet „Te Deom laadamas," Ar 8 Stimme«. 

. No. 6. Adrianus WUlaert „Magaificat." No. 7. Idem „Pealmaa 
IV." No. 8. Idem „Psalmas XXX." No. 6 — 8. Ar 8 Stirn- 
) Preis 5* Thlr. 



IVeuer Musikalien- Vertag 



bei Jofc. 



in Prag. 



sTireAenmart*. 

Peuamrer, «%•, Pasforal- Hymnus, Ar 4 Singstimme« and Mei- 
nes Orchester. 54 Kr. 

KolleseimOWtJl&y', Veni Sanete Spiritus Ar 4 Siagstimmea 
«ad kleines Orchester. I Fl. 

Homart, W. A., Messe ia F Ar 4 Siagstimmea, B Viel. (8 
H6rner ad libatam), Coatrahats a. Orgel. Partitur. 9 Fl. 50 Kr. 

Messe i« D Ar do. Partitur. 8 Fl. IIS Kr. 

Mfcrtaup» Fr», Messe in Dmoll Ar 4 Singstimmea und klei- 
nes Orehecter. Op. 7. 8 Fi. 30 Kr. 

VomMOfcelfc, W« J., Krouangs- Messe ia C Ar 4 Siag- 
etimmea aad Orchester. Op. 81. Partitur 6 FL Stimme« 8 Fl. 
Einielae Sing- aad Orchesterstimmea per Bogen 15 Kr. C.-M. 

Für Ptane/erfe. 

Doppler. JOB«, Georgine. Varlatioaea aber ein österreichi- 
sches Lied. Od. IS7. 50 Kr. 

Jasmin. Variationen aber ein Thema aas der Oper Dada da 

Chamoaaix. Op. 70. 45 Kr. 

ttaesynsliT, V«, Valerie- Walser. 45 Kr. 

ProenOSaMt, J«, Canrouaael- Musik, enthaltend BiasagaJfAr. 
•ehe, Waffeataase, Ropftoarea. 5 Fl. 

Stegammyer, Fr., Une Sauon de Valse. No. I. Jaliette. No. 
B. Marie. No. 5. Victoria. No. 4. Antoinette. « 45 Kr. 

Denx Begatellcs. 15 Kr. 

Le Sonreair Aoadean. 58 Kr. 

r«»sm«rift«Uf»/ir afamo/orte. 

Wkg*muywäBUy 9 V.jMiiw. 18 Kr. 
IifefcmaUlii, J«, Wettrennen- Polka. 15 Kr. 
Polketta ea Coloaae. Op. 50. 50 Kr. 



J* Wettrennen- Galopp. 18 Kr. 

Victoria. Quadrille. 50 Kr. 

•eejUamlt, €., Rebus - Walser. Erat* Work. 45 Kr. 
Trainier, C., Feierabend. Polka. 15 Kr. 

/Veae P*J*a'#. 
lief. I. Hllmmar, *.. Faschings-. Pardabitser., C 
aad Gitschiaer- Polka. 80 Kr. 
fttol», A., Wilhelmine« -, Augustinen-, Wlaeieake- 



9. •wOstodse, F. W., Uhassinka-, Aana-, 

Haarady- Polka. 50 Kr. 
10. Oiermaf k. F. Wände-, Ceres- aad Faaiska- Polka. 

80 Kr. 
il. Hilmar, F., Polka a la Kurka, aeae Zigeuner- anal 

Wlasteuka. Polka. BO Kr. 
18. PetJeemlie, aU, Ckarlottea - , Lore- Ley . «. JsM-Polka. 



Polka. 80 tfr. 
CseraMMlfc, F., Sterne«-, Caroliaea-, Jubel -Polka. 
BO Kr. 

LlefcnttOIlam, J«, Miaerra-, Julien- Polka. 80 Kr. 
Berit», F., Falkeaaaer- , Vilaai- aad Seidlitser- Polka. 
50 Kr. 

Film«, Jeu., Jeoephsttdter-, Ratte, aad SanMtaer- 
Polka. 80 Kr. 

Kollora, Joftu, Leopoldiae« - 9 Hutaren -^ Frohsinns 
Polka. 50 Kr. 

Froefcttlim, JOB., Alfred-, Hildegarde«- aad Me- 
rlanen - Polka. BO Kr. 



Uelamoamil, J., 18 Marsche Ar Militär -Musik. 

Subeeriptie« 6 Fl. «cito. 
Horts, tt. Wkf Faataaie Ar Guitarre aus Linda di Chtjaaami» 

Op. 14. 45 Kr. 

Divertissement d? a s Don Pascpiale. Op. 15. 45 Kr. 



Vollständig ist nun 
Fr«»» Albert CsroOBler, Sechs Vollmmforitea oder ke- 
uchte Volkeweise« mit I«trod«etio«ea , Ro«di«o*s und Variatio- 
■en Ar das Pianoforte. 8 Helle in Umschlag. Preis 1 Thlr. 

(Vorrithig in allen Buch- und Matlkallenhandlange«.) 



Gotha, im November 1844. 



X. «• mAller. 



I« «Ben 

W'ealeinoitlm'e praktische fjebaagea Ar den 

progressiven CZovierunterricM. 

Nach pädagogische«, durch die Brlahraag hewihrten Gruudsatsea 
aad mit genauer Berücksichtigung der Fassungskraft, auch der 
weniger Jahlgen Schuler anter steter Hlawelsnng auf die Theo- 
rie. Bratet Heft. Fünfte Terbcaserte Auflage. 4. Gek. 4 Thlr. 
oder 58 Kr. 

Weaa wir ia einer frühere« Aaseige dieser Uchaagen be- 
merkten, daat hereitf Tanscude voa CUfierlehrern ia ihaea ei«e 
sehr sweekmasaige «ad methodische CUrierachule erkannt kitte«, 
so dass jetst der Unterricht selten nach einem anderen Hilfsmittel 
ertheilt werde, so findet dieses in obiger so schnell tolgeodea fünf- 
te« Auflage seine Bestitigaag. — Um dem Pahlicam Ar eine« aa 
«aaaerordentlichen Absata dankbar aa «et«, iat die«e fünfte Auflage 
auf sehr schönes, viel stärkeres Papier gedruckt, ohae daat e>Ar 
ei« höherer Preis stattfindet. 

Dasselbe iat geschehen bei der so eben erteheiaeadea swekea 
rerbessertea Auflage des ersten Heftet der MTedeillOBlim'scbea 

ioatruetiven 

^händigen OaTferlecttonem. 

aüea fleitsigea Clarierspielera aar Uebnng und Unterhaltung freund- 
lich geböte«. (Im Gänsen 4 Hefte a |Thlr. oder 58 Kr.) 



Drsek Bad Verlag von Brmikoff m*d Häritl in Leipzig mmi aater deren VemntwerUicbkcit. 



835 



834 



ALLGEMEINE 



MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den H ten December. 



M 50. 



1844. 



Inhalts Hetensionen. — Dfmehriehlen : 
ton. — Ankündigungen, 



Aas Prag. Aus Leipzig. Sommerttsgione io Italien. (Fortsetzung*) Aas Berlin. — FeuiUe- 



Recension 



E H. 



Kirchenmusik. 
Je mehr es allmälig wieder in's BewussUein getreten 
ist, dass die im schroffen Rigorismus und starrer Einsei- 
ligkeit aus dem protestantischen Gottesdienste verbannte, 
oder wenigstens sehr vernachlässigte Kunst ein integri* 
render Theil des Cultns sei, dass sie, recht angewen- 
det und in zweckmässiger Gestaltung, viel, unendlich viel 
zur religiösen Erbebung des Gemütbs, zur Erbauung bei* 
tragen könne, je mehr unseres grossen Lutber's Wort: 
,,lch wollte die Musiea gern sehen im Dienste dess, der 
sie gegeben und geschaffen bat,*' auch in der Gegenwart 
zu erneuerter Geltung kommt, und die Ueberzeugung 
gewonnen wird, dass unsere dem Heiligen und Göttlichen 
so sehr entfremdete Zeit nicht allein auf dem kaltver- 
ständigen Wege der Betrachtung zu innigerer, lebendi- 
gerer Theilnahme an demselben könne hingeführt wer* 
den : um desto mehr tritt auoh das Streben hervor, durch 
eine sachgemässe Verbindung der Kunst mit dem Cultus — 
in der Form der Kirchenmusik — diesen zu beleben, 
seine Wirksamkeit eindringlicher zu machen, und den 
ganzen Menschen gteichmässig durch diese in Anspruch 
zu nehmen. Was vornämlich J. S. Bach in dieser Rück- 
sicht gewirkt — weniger der Natur der Sache nach Hän- 
del — ist eben in der Gegenwart erst recht wieder zu 
verdienter Anerkennung gekommen ; gleichzeitig aber ha- 
ben auch die jetzigen Componisten, die es ernst und ehrlich 
meinen mit der heiligen Kunst, so weit sie dazu Beruf in 
sich verspürten, ein anerkennenswerthes Streben entwi- 
ckelt, diesen höchsten Kunslzwecken zu dienen. Dennoch 
ist verhältnissmässig erst wenig auf diesem Gebiete ge- 
leistet worden, nehme man das nun qualitativ oder quan- 
titativ; deon es versteht sich wohl von selbst, dass wir 
die grossen Oratorien hier nicht rechnen können» wo es 
sich nur um eine direcle Verbindung des öffentlichen Got- 
tesdienstes mit der Musik bandelt. An eigentlichen Kir- 
chencantaten für die Sonn- und Pesttage des Kirchenjah- 
res sind wir so reich laoge noch nicht, als es die Be- 
dürfnisse unserer Kirchen und die so überaus ungleichen 
Kräfte derselben wünschen lassen, abgesehen davon, dass 
so manche auf diesem Gebiete neu erschienene, immerhin 
gutgemeinte Arbeit von der hohen Würde gottesdienst- 
licber Musik, von der ächten protestantischen Glaubens- 
begeisterung gar zu wenige Spuren verrätb, und entwe- 

46. Jahrgang. 



der in süsslich- tändelnder, neumodischer Sentimentalität, 
oder in starrem» geistlosem Pormenscblendrian sich be- 
wegt, in beiden Richtungen aber unmöglich den not b wen- 
dig hohen Ansprüchen an derartige Tonschöpfungen zu 
genügen vermag. Unter den tüchtigen, hierher gehörigen, 
in neuester Zeit erschienenen Werken erwähnen wir be- 
sonders Lowe's Pestzeiten, über welche vor Kurzem in 
diesen Blättern berichtet wurde, und die wir — ihrer 
allmäligen Entstehung fast Schritt vor Schritt naheste- 
hend — allerdings weit mehr in ihrer Vereinzelung als 
Kirchenfestcantaten, denn als ein zusammenhängendes gros- 
ses Oratorium, für das Wert h vollste erklären müssen, 
was die neuere Zeit auf diesem Gebiete produoirt bat. 
Herr Grell in Berlin, als tüchtiger und gewandter Com- 
ponist unsern Lesern längst bekannt, Scheint in der Errich- 
tung des Domcbores durch den König von Preussen einen 
speciellen Antrieb gefunden zu haben, sich auch auf die- 
sem engeren Gebiete zu versuchen ; doeh schien bisher 
auch bei ihm, wie bei den meisten neueren Componisten 
in diesem Genre , die- Vorliebe für das Allgemeinkirch- 
liche, als Gegensatz zu dem Gottesdienstlichen, die sich 
in der Composition einzelner Psalmen und Motetten, ohne 
besondere Rücksicht auf etwaigen rituellen Gebrauch, of- 
fenbart, noch immer überwiegend (eine Erscheinung, de- 
ren wohl zu berücksichtigende Gründe näher zu beleuch- 
ten , wir uns noch vorbehalten müssen) , während jetzt 
einige seiner Schöpfungen vorliegen, welche mit vollstem 
Rechte als ausschliesslich dem protestantischen Cultus an- 
gehörig betrachtet werden müssen. Es liegen uns für den 
Augenblick folgende Werke zur Besprechung vor: 

A. E. Grell i Barmherzig und gnädig u. s. w., vierstim- 
mig mit Orchester. Op. 26. Ciavierauszug ( IX /| 2 Tblr.) 
und Singstimmen (V 3 Thlr.). 

: Der 95. Psalm in gleicher Bearbeitung. Op. 27. 

Ciavierauszug (l Thlr.) und Singstimmen (% Tblr.). 

: Pünf sechsstimmige Kirchengesänge nebst einigen 

vierstimmigen Antworten für jeden Hauptgottesdienst 
des Jahres. Op. 32. Partitur (% Thlr.) und Stim- 
men ( l U Thlr.;. 

: Evangelische Pestgraduale. 11 seebsstimmige Mo- 
tetten für die Kirchenfeste. Op. 33- Drei Hefte. Par- 
titur (I. 7 Ggr., II. % Thlr., HI. 11 Ggr.) und 
Stimmen (I. % Tblr., II. und III. a % Thlr.). 

_ — . 3 vierstimmige Motetten. Op.34. Part. u. Stimmen. 
9 Ggr. Sämmllich Verlag von T. Traut wein in Berlin. 

50 



835 



1844. December. No. 50. 



836 



Op. 26 ist in fünf längere oder kürzere Abschnitte 
get heilt, denen sich ein Choralvers (Sei Lob and Ehr 9 dem 
höchsten Gut) anschliesst. Es ist für die Singstimmen 
leicht gehalten, nnd lässt besonders in No. 3 und 5 eine 
frische, hebende Instrumentalbegleitung vermutben, so 
weit aus dem Ciavierauszuge geschlossen werden kann; 
die Instrumentalslimmen (Saitenquartett, Flöte, zwei Oboen 
und zwei Fagotten, Preis V/ 12 Thlr.) liegen uns nicht 
vor. Tiefe der Erfindung beansprucht diese Composition 
allerdings nicht, und die vielen Wiederholungen der me- 
lodischen und harmonischen Phrasen erzeugen weniger 
das Gefühl der Einheit, als der Einförmigkeit, wie denn 
Melodie und Harmonie überhaupt im Ganzen sich über 
das Hergebrachte nirgend erheben. Die rhythmische Form 
in No. 3 erinnert unwillkürlich an Händel*s Hallelujab, 
das kleine Fugato darin ist indess fliessend nnd frisch; 
doch mit der Accentuation : Frohlocken, vermögen wir 
ans nicht zu befreunden. Uns hat am Meisten No. 5 an- 
gesprochen, das kräftig vorgetragen nicht ohne Eindruck 
bleiben wird, wenn wir auch eine oder die andere Wie- 
derholung zum Vortheile des Ganzen weggewünscht hat« 
ten. Bei dem so correcten Satze des Componislen haben 
uns die Octaven im neunten und sechzehnten Tacte des 
Chorals., der überhaupt ein wenig steif erscheint, unan- 
genehm berührt. Anderen wird das vielleicht weniger auf- 
feilen, — das sind Ansichten. 

Op. 27. Die allgemeinen Bemerkungen über das vo- 
rige Werk gelten auch von diesem, nur dass hier ein er- 
höheter Schwung sich bemerklich macht, der allerdings 
weniger in der Erfindung, als in der Ausführung liegt; 
wir möchten ihn, auf die Gefahr hin, miss verstanden zu 
werden, prosaisch nennen, und ihn dem oratoriscben 
Schwünge der sonst durchaus verständig -kalten Predig- 
ten vergleichen, der, befinden wir uns anders in der ge- 
eigneten Stimmung, wohl augenblicklieh zu ergreifen ver- 
mag, auch wohl noch eine Weile angeregt erhält, ohne 
doch einen wirklich nachhaltigen Eindruck zu rückzu las- 
lassen. Herr Grell scheint — er verzeihe uns — zu ver- 
ständig zu componiren, zu wenig aus der innersten Tiefe 
des Herzens zu schöpfen, und das ist vorzugsweise bei 
kirchlichen Compositionen ein sehr fühlbarer Uebelstand. 
Das Einzelne anlangend, so scheinen uns die beiden Cho- 
räle zn Anfange und zum Schlüsse der Idee einer Psalm- 
composition zu fern zu liegen; jedenfalls hat der Com- 
ponist dadurch den Rahmen des Tongemäldes andeuten 
wollen, und concret betrachtet, lässt sich dagegen weni- 
ger einwenden ; kann doch auch dabei der Verfasser sich 
auf namhafte Vorbilder stützen. Sie sind, wie sich von 
selbst versteht, würdig gebalten, nur wünschten wir mehr 
harmonische Abwechselung, die der Gewandtheit des Com- 
ponislen ein Leichtes gewesen wäre, ohne der Kirchlich- 
keit Eintrag zu tbun. Das Fugato in No. 2 ist lebeudig, 
doch stört der Terzensprung gegen den Schluss desThema's 
den melodischen Fluss, obwohl wir die Absicht des Com- 
ponisten bei demselben wohl zu erkennen meinen; die 
stetig durchgeführte Füilstimme zu dem Contrapunct gibt 
bei einigen Umkehrungen nicht eben empfehlenswerthe 
Zusammenstellungen, and das Ganze dürfte durch einige 
Kürzungen gewonnen haben; effeclvoll ist der Chor der 
Bässe als Grundlage zn dem Solo -Alt, Tenor und ßa&s, 



wie (in No. 3) die Episode des vierstimmigen Männer- 
chors mit darüberliegendem Alt. — Es würde durchaus 
zweckmässig gewesen sein, wenn eine genaue Tempobe- 
zeichnung nach Mälzel oder Weber angegeben wäre, 
denn wenn das Andante No. 3 aueh nur ein klein we- 
nig zu langsam genommen wird, so ist es — trotz der 
Tonmalerei bei dem „Meer" und dem „Trocknen" — 
sehr trocken. Die Instrumentalbegleitung (Saitenquartett, 
Flöte, zwei Oboen, zwei Fagotten, Trompeten und Pau- 
ken und drei Posannen, Preis 1 % Thlr.) tritt selbständi- 
ger auf, als bei dem vorigen Werke, und wird sieber 
von Effect sein. — Die Stimmen liegen uns nicht vor; 
weshalb mag aber hier der Componist die Hörner nicht 
angewendet haben? — Trotz unserer Ausstellungen, die 
Herrn Grell nur die Achtung beweisen mögen, welche 
wir seinem ernsten Kunststreben zollen, können wir beide 
Piecen sowohl zu kirchlichen Aufführungen, als für Sing- 
vereine mit Ueberzengung empfehlen, 

Op. 32 enthält fünf liturgische Gesänge (Ehre, Ky- 
rie, Und Friede, Allelujah, Heilig) für Sopran, Alt, zwei 
Tenore nnd zwei Bässe, nebst einigen vierstimmigen Re- 
sponsorien a Capella, für den Sonntagsgottesdienst nach 
der preussiseben Agende. Sämmtliche Gesänge stehen in 
A dur, und die Responsorien sind, mit Ausnahme des er- 
sten Amen, nur Textunterlagen zn gleicher Melodie und 
Harmonie, darum — überflüssig. Die liturgischen Gesänge 
beweisen des Componisten Gewandtheit im alten sogenann- 
ten Palestrinastyle, die an sich lobehswerth, ja dem tüch- 
tigen Tonsetzer unerlässlich, doch practisch uns von ge- 
ringem Wertbe insofern erscheint, als wir die Copieen, 
namentlich in der Musik, nicht goutiren können. 

Op. 33. Diese Motetten, sämmtlich in Adur (doch 
kann wohl die Tonhöhe allenfalls beliebig verändert wer- 
den, da der Sopran hier das e, der Tenos das ji$ nicht 
überschreitet), für dieselben sechs Stimmen, wie Op. 32, 
in demselben Style gebalten, sind ebenfalls liturgische 
Gesänge für die preussisen- evangelischen Kirchen, inso- 
fern sie vom Componisten über die in der Agende vor- 
geschriebenen Sprüche „nach der Epistel" oder „vor dem 
Allelujah" auf die kirchlichen Feste : Advent, Weihnacht, 
Neujahr (I. Heft), Passionszeit, grüner Donnerstag, Cbar- 
freitag, Ostern (II. Heft), Busstag, Himmelfahrt, Pfing- 
sten nnd Todteofeier (III. Heft), a Capella gesetzt sind» 
lieber den Palestrinastyl haben wir uns schon oben aus- 
gesprochen, nnd nur noch hinzuzufügen, dass auch die, 
dem Auge zwar verdeckten, dem Ohre aber wohl merk- 
baren falschen Fortschreilungen hier (z. B. No. 8, Tact 
2 und 3 u. s. w.) nachgeahmt sind ; und dass bei der 
Ausführung wohl zu beachten ist, dass die rhythmische 
Accentuation bei derartigen Compositionen wegfallen muss, 
und nur ein choraliter gehaltener Vortrag angewendet 
werden darf, wenn nicht die störendsten Verstösse in der 
Declamation vorkommen sollen. Würdig gehalten, tüchtig 
durchgeführt und brauchbar sind diese Compositionen sämmt- 
lich, und wir würden sie zur Uebung in diesem Style 
empfehlen, wenn wir dafür nicht die italienischen Origi- 
nale, wie sie z. B. Tucher leicht zugänglich gemacht, 
den Copieen vorziehen müssten. Darin hat nun einmal Je- 
der seinen eigenen Geschmack. — Ueber die im Vor- 
worte ausgesprochene Ansicht des Componisten über dea 



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1844. December. No. SO. 



858 



Gebrauch der alten Schlüssel können wir hier nicht rech- 
ten ; das ist eben — Ansicht. Wir hätten» auf vielseitige 
Erfahrung gestützt — freilieb nicht, wie der geehrte Herr 
Verfasser bei einer grossen Singacademie — es für den 
allgemeinen Gebrauch zweckmässiger erachtet, die ein- 
zelnen Singstimmen mit dem Violin- und Bassschlüssel 
zu geben, während in der Partitur natürlich dem C- Schlüs- 
sel in seinen gebräuchlichen Abstufungen sein volles 
Recht ungeschmälert verbleiben müsste. 

Op. 34. Diese drei Motetten — für Sopran, Alt, 
Tenor und Bass a Capeila — sind eben auch liturgische 
Gesänge, ganz kurz, einfach und leicht, kleineren und 
ungeübten Chören als Uebung vielleicht nützlich, obwohl 
sie sich über die Mittelmässigkeit nicht erheben und, als 
Compositionen betrachtet, einen sehr geringen Werlh ha- 
ben. Der Componist bat sie gemacht, vielleicht auf äus- 
sere Anregung hin, und damit gut; Derartiges schreibt 
Jeder, der seinen Cursus absolvirt hat, in müssiger Stunde. ' 
Aber Herr Grell, der wohl im Stande ist, Tüchtigeres 
und Gediegeneres zu leisten, sollte dergleichen nicht dru- 
cken lassen — er schadet sich und der Kunst. Gezwun- 
genes Arbeiten auf diesem Gebiete können die Verbält- 
nisse wobl entschuldigen $ zur Herausgabe solcher Epbe 
meren kann aber Niemand gezwungen werden. IVise. 



Nachrichten. 

Prag, November. Die Anrufung des heiligen Geistes 
des Conservatoriums der Musik brachte uns am 31. Octo- 
ber ein neues musikalisches Werk, nämlich eine grosse 
Messe in Cdur von Director Rittl. Der talentreiche Ton- 
dichter trat hier zum ersten Male aus der blühenden Land- 
schaft der Symphonie in die heiligen Haine der Gottes- 
verehrung und hatte nun vor den ergrauten Priestern 
der Musica sacra eine scharfe Prüfung zu bestehen, zu- 
mal er bis jetzt nur blankes Weltkind gewesen, und nicht 
zu erwarten stand, dass er alle die Blumenkränze der so 
eben verlassenen Flur von, sich werfen, sich mit dem ein- 
fachen Eicbenlaube begnügen, die heiligen Sänge der Got- 
tesverebrung so recht aus frommem Herzen anstimmen, 
und so zur Begeisterung binreissen werde. So schwer 
dieser Schritt gewesen sein mag — es freut uns, zu be- 
richten, dass er über alle Erwartung weit und sicher ge- 
schah. Es ist kaum zu glauben, dass man dem so viele 
tausend Male gewendeten Stoffe noch immer eine neue 
Seite abgewinnen , dass man auf dem breit und fest ge- 
tretenen Pfade noch immer neue Blüthen finden könne. 
Aber wer ans seinem innersten Herzen betet, wird be- 
ten, wie er fühlt, denn jedes Herz fühlt anders, und 
auch im Gebete kann die einmal ausgeprägte Subjectivität 
niebt verloren gehen« 

Mit der Pestsetzung des Grenzpuhctes zwischen hei- 
liger und weltlicher Musik verhält es sich in den letzten 
Decennien ganz eigentümlich. Die ersten Tondichter 
neuer Zeiten nahmen es den strengen Bekennern der al- 
ten Form mit dem Kirchenstyle viel zu weltlich. Diese 
Altgläubigen hatten für Moxart, Haydn, Beethoven und 
Mendelssohn Bartholdy (in seinem Paulus) nur ein Ach- 



selzucken. Noch immer schwebt ihnen die heilige Einrach- 
heil eines Astorga, Caldara, Allegri^ Pergolese, die Vio- 
linbehandlung und die Form eines Brixi vor. Purismus muss 
sein, und ist in unserer Zeit, wo ringsum Oberflächlichkeit 
nach der Herrschaft strebt, ein wahrer Segen. Aber der 
Purismus in unserer guten alten Stadt steigert sieh bis zur 
Intoleranz, und darum ist es für schüchterne Seelen so 
schwer, hier durchzudringen, wo andererseits der kräftige 
Geist die ängstlichen Formschranken durchbricht, unbe- 
kümmert, ob er ihnen nicht auch eines der liebsten 
Schrankenstücke mit in die Lüfte führt. In seinem Fluge 
zu seinem Gölte, sagt dieser, soll Niemand aufgehalten 
werden, und ein kräftiges warmes Gebet muss ergrei- 
fen, ob nun die Violinen fabeln oder nicht. Beides ist 
unrecht. Die Form soll nicht erdrücken, aber sie muss 
bestehen. Ohne Form verschwimmen die Dinge in einan- 
der, und der Verstand will unterscheiden. Kittl ist ein 
Besonnener, er hat nie gesüsselt, hat sich mit dem lei- 
digen Rlingklang und dem presshaften Melodieenauswinden 
nie abgegeben. Seine Muse ist eine geborene Freie und 
ist fremden Sohlen niemals nachgetreten. Seine Grund* 
liebkeit und seine tiefen Studien sind ausser Zweifel. Es 
zweifelte auch Niemand, dass er auch diesmal ein tüch- 
tiges Werk liefern werde, aber ein klein wenig wünsch- 
ten Viele, dass er sich die Flügel an dem heiligen Lichte 
sengen und von seinem schnellen Aufschwünge so lange 
ausruhen möge, bis ihm neue wachsen; dem war aber 
nicht so. Der Erfolg war ein so überaus günstiger, dass 
diese neue Arbeit unter seinen früheren bereits aner- 
kannten die erste Stufe einnimmt. Folgendes kleine De- 
tail mag heute genügen. Dieses schöne Werk wird ohne 
Zweifel demnächst wieder zur Aufführung kommen , und 
diese Gelegenheit soll nicht unbenutzt bleiben, um Nä- 
heres darüber zu berichten. 

Kyrie, Cdur, ganzer Tact, Andante: eine fromme, 
sanfte Dichtung, reich an Schönheiten der Nachahmung. 
Eine äusserst interessante Durchführung eines dreitacti- 
gen höchst einfachen Vorwurfs; die Soli wiederholen den- 
selben wechselweise, dann zusammen — dann eine Ueber- 
fnlle an Eintritten in den mannicbfaltigsten Formen — 
Soli mit Chor — der letzte bringt am Ende das Thema 
ohne Begleitung. Dieses Bauwerk gewinnt besonderes In- 
teresse durch die Einfachheit des Materials und die haus- 
hälterische und geistreiche Verwendung desselben. Man 
kann sparen lernen. 

Gloria, ganzer Tact, Allegro non troppo ; bell, kräf- 
tig. Das Gratias agimus wechselt den Cbaracter und die 
Tonart, aber nicht das Zeitmaass. Es scheiiit uns, als ob 
es zu bastig fortginge. Es würde diesem Abschnitte und 
dem Ganzen gewiss nicht nachtheilig sein, wenn diese 
sanfte Danksagung, welche die Soli nach einander ver- 
schieden aufnehmen (Sopran in Amoll, Bass in Gdur, 
Alt in Dmoll und Tenor in Cdur), etwas gemächlicher 
genommen und das Tutti : Domine Deus wieder in das fri- 
schere Tempo einleiten würde. Hierauf Qui tollis, %- 
Tact, Emoll, Larghetto — Basso und Soprano solo — 
ein Canon von 50 Tacten. Die Arbeit ist streng, tadel- 
los, höchst geistreich und originell — wir entsinnen uns 
nicht auf Aehnlicbes. Die Entfernung ist bald zwei - bald 
eintaclig, die Männerstimme gebt vor, der Sopran betet 



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streng nach« Es macht eine eigentümliche Wirkung, wie 
das Weib die letzten Worte : Miserere nobis I kaum hör- 
bar aushaucht, und nach einer geringen Pause nun das 
erste Tempo mit voller Herrlichkeit wieder eintritt, dann 
mit: Cum sancto spirilu in die Fuge übergeht, welche 
streng gearbeitet ist, deutlich und kräftig fortschreitet 
und jeden Erholungspunct in der Mitte verschmäht. Der 
Engführung folgt ein geistreich gehaltener ürgelpunct, 
worauf das Tonstück imposant schliesst. 

Das Credo, %, Allegretto, ist unseres Erachtens das 
interessanteste Tonstück dieser Arbeit , obgleich Musiker 
und Kenner bald diesen bald jenen der Tbeile vorgezo- 
gen haben. Vielleicht ist es die durchaus originelle Hand- 
lung, die uns für diesen Tbeil vorzugsweise eingenommen 
hat. Es beginnt sehr leise mit dem einfachen Gesänge: 

bekenntnis* in der Weise, wie es etwa die ersten christ- 
lichen Gemeinden in ihren unterirdischen Schutzstätten 
abgelegt haben, voll Inbrunst» voll Ehrfurcht, voll heili- 
gen Eifers. Die einzelnen Glaubensartikel werden von 
sehr sanften Flatiliengängen abgelöst bis zum: Etincar- 
natus est, Asdur, ganzer Tact, Adagio, welches vom Te- 
nor geführt und vom Soloquartett in den reichsten har- 
monischen Unterlagen gefolgt wird. Das CruciBxus, in 
dem Bässe und Fagotte, später Violon hervortreten , be- 
ginnt mit Basso Coro und geht alsobald in einen erha- 
benen Trauergesang über. Besonders ergreifend ist das 
Passus, das mit voller Kraft eintritt, und plötzlich zum 
Pianissimo des: £t sepullus erlahmt. Et resurrexit, C- 
Tact, Vivace, ist schwunghaft und nachabmungsweise ge- 
hallen, von welchem es wieder mit: Et in spiritum sanctum 
in die erste Bekenntnissform, und diese mit: Et vitam 
venturi unter Beibehaltung des Thema, zu dem noch vier 
Tacte hinzukommen, in die Fuge übergeht. Diqse Fuge, 
ein Meisterwerk der Strenge und voll der geistreichsten 
Wendungen, tritt dennoch nicht so entschieden klar, wie 
die erste: Cum sancto spirilu hervor, was nur an dem 
längeren Thema und der Art des ersten Einsatzes liegt. 
Dagegen muss die Idee, das Bekenntnissthema auch noch 
zur Fuge zu benutzen und diese überschwierige Aufgabe 
so fliessend und glänzend zu lösen, mit vollkommener 
Achtung erfüllen, und wenn der Componist nichts, als 
dieses Credo, geschrieben hätte, man müssle ihm schon 
dieser Arbeit wegen einen der ersten musikalischen Eh- 
renplätze einräumen. 

Das Sanctus, Cmoll, ganzer Tact, Adagio, beginnt 
in beiliger Scheu mit einem Tremolo der Streicher, das 
sobald von den Sängern Tutti, aber pianissimo belebt wird. 
Die getragenen sanften Klänge schwellen immer höher 
an, bis sie von Posaunen aufgenommen, unterstützt und 
bis zur höchsten Gewalt getragen werden. Plötzlich wird 
nach Cismoll gerückt, neuerdings langsam fortgeschrit- 
ten, in'8 C langsam eingemündet, wo alles^in heiliger 
Ehrfurcht austöol. Das pleni sunt roeli, C dur, % , gebt 
bei Hosanna in eine kleinere, aber eben so streng als 
deutlich und schwunghaft gearbeitete Fuge über. Bene- 
dictes, Fdur, %, Andaoliiio, ist Vocalquartett solo mit 
Jcringen Unterbrechungen der Blasinstrumente. Es ist dies 
er glänzendste, vielleicht aber auch der schwierigste 



und gefährlichste Theil der ganzen Arbeit, weil jede der 
Stimmen beinahe durchweg selbständig gebalten, fern von 
jedem Gemeinplatze auf höchst eigene Weise zum Gan- 
zen beiträgt, ohne sich nur einen Augenblick an den 
Nachbar anklammern zu können. Es wurde gut gegeben, 
kann aber noch freier und glänzender durchgeführt werden« 
Das Agnus endlich, Amoll, ganzer Tact, Adagio non 
troppo, beginnt mit Sopran solo, dann Alt, dann ein kur- 
zer Wechselgesang, und nun tritt der Chor mit dem Mi- 
serere leise ein, schwillt mit der Wiederholung dieser 
Bitte an , bricht plötzlich ab , und beginnt im Tonarten- 
wecbsel neuerdings , worauf die früher vom Sopran ond 
Alt gebrachte Weise von* Tenor und Bass aufgenommen, 
das Miserere wiederholt und darauf wieder das ursprüng- 
liche Thema: Agnus Dei, aber reich mit den Eintritten 
der Unterstimmen belegt, aufgenommen wird, welches 
nun in die letzte Bitte Dona nobis übergeht. Dieses geht 
' ut Kyrie, und verleiht so dem ganzen Werke eine höchst 
wobltbuende Einheit, und man kann sich nur der Gele- 
genheit freuen, das interessante Gewinde des ersten Thei- 
les noch einmal durcbzuhören. — Aufgeführt wurde 
das Tonwerk ganz würdig, ond eine so grosse und ge- 
wiss nicht leichte Produetion macht der Anstalt alle Ehre. 
Die Solostimmen sangen die Schülerinnen Dem. Soukup 
und Engst, der Schüler Petdk und der geachtete Opern- 
sänger Strakaty. — Das Veni sancte spiritus von Kol- 
leschowsky war ebenfalls neu. Eine recht anständige so- 
lide Arbeil. Koüeschowsky hat Ursache, mehr zu schrei- 
ben. Er ist ein absolvirter Schüler der Anstalt, und hat 
dieses Werk dem Director Kittl gewidmet. Das Graduale 
war von Mozart, das Oratorium von Ritter v. Seyfried. 
Die Concertsaison hat dieses Jahr früher, als ge- 
wöhnlich, begonnen. Der Pianofortevirtuos Herr Mortier 
de Fontaine aus Paris bat den Reigen begonnen, und ihm 
folgte in kurzen Zwischenräumen der Flötenspieler Herr 
J. E* Haindl, Kammervirtuos des Fürsten von Scbwarz- 
burg - Sondershausen , und der dreizehnjährige Pianist 
Theodor Leschetitsky aus Wien. Herr mortier de Fon- 
taine bat zwei Concerte gegeben , das erste im ständi- 
schen, das zweite im Theater in der Rosengasse. Wir 
hörten in dem ersten von ihm das Concert aus Gmoll 
von Mendelssohn Bartholdv^ dann „Serenade d'un trou- 
badour," Liebesgesang von wiUmers, mit der linken Hand 
allein vorgetragen', und Thema und Etüde in Amoll von 
Thalberg (das versprochene Scblussstück : Grande Ron- 
deau-Caprice mit Orchester, componirt von Herrn Mor- 
tier de Fontaine, blieb aus). Als die interessanteste Num- 
mer des zweiten Concertes — das auf gar sonderbare 
Weise aus antiker und moderner Musik zusammengesetzt 
war — musste das Tripelconcert von J. S. Bach aner- 
kannt werden, welches der Concertgeber mit zwei knnst- 
gewandlen Dilettanten, Dr. Ambros und Herrn Deutsch, 
vortrug. Die grossartige und ernste Musik sprach mehr 
an, als die meisten Composilionen unserer Zeit. Ausser- 
dem trug Herr Mortier de Fontaine noch ein brillantes 
Rondeau von eigener Er6ndung, einen Satz ans einen 
Uändefschen Concert, dann mit den Herren Bühnert und 
Mildner das flummetiche Trio in Es dur vor, und wie- 
derholte die Serenade und Etnde aus dem ersten Con- 
certe. Wenn sich nun Herr Mortier de Fontaine bei sei- 



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nem ersten Erscheinen ganz als modern -eleganter Pia- 
Bist geseilt halte, der eine grosse Bravoor mit Leichtig- 
keit und Delicatesse, Geist und Geschmack vereinigt nnd 
mit eine» ganz eigentümlichen Reis erfällt, so erschien 
er im zweiten Goncerte zugleich als tiefdenkender soll* 
der Clavierspieler, der über dem leichten Reize der Neu- 
heit das classiscbe Studium nicht vergessen bat, und ver- 
einigte alle Stimmen zu seinem Vortbeile. 

Herr Haindl liess sieb zwei Mal im Theater in den 
Zwischenaclen der „ Mirandolina " und „Christoph und 
Renata " hören, und trug das erste Mal eine Fantasie für 
die Flöte von Böhm und Variationen von Fürstenau, das 
zweite Mal Variationen von Fahrbach und Böhm vor. 
Streng genommen also lauter Variationen ? — Herr Haxndl 
bat sich bereits eine bedeutende Herrschaft über sein In- 
strument erworben , das er solid und correct ohne alle 
Coquetterie behandelt» und auf dem er nicht mehr als 
die Möglichkeit leisten will. Er zeichnet sich durch grosse 
Bravour wie Reinheit, Sicherheit, Gefühl und Geschmack 
aus und beurkundet eine treffliche Schule« Wenn etwas 
an Herrn Baiudl zu tadeln, so war es die Wahl ziem- 
lich flacher und unbedeutender Compositionen. 

Theodor Leschetitxky gab sein Concert im Saale 
4er Sopbieeoinsel , welcher für die Zahl der Musiklieb- 
haber, wie für die Wirkung des Pianoforte allein» zu 
gross ist. Der jugendliche Künstler (wir möchten ihn ein 
Wunderkind nennen, wenn dieser Ausdruck nicht schon 
gar zu verrufen wäre) spielte sechs Nummern. Zum An- 
fange: Grande Pantaisie etVariations sur des themes fa- 
voris de l'Opera „Guillaume Teil* 4 de Bossini, per Th. 
Do hier y und zum Schlüsse wieder: Grande Pantaisie sur 
Lucia di Lammermoor de Donizetti, par E. Prudent, und 
dazwischen : Impromptu (Manuscript) par Fr. Chopin -~- 
Grande Etüde par Ch. Mayer — Etüde milodique par 
Ed. Pirkhert, und Airs Russes par Leop. de Meyer, fast 
Alles hier noch unbekannt, doch nur die Compositionen 
von Chopin , Pirkhert und höchstens die Pruaent'tchen 
Variationen von Redeutung, das Uebrige alles — modern, 
doch nicht mehr, und ihr grösstes Verdienst war die Ge- 
legenheit, die sie dem jungen Virtuosen darboten , seine 
Rravour zu entfalten. Wenn wir sagen, dass Theodor 
Leschetitzky Ausserordentliches für sein Alter leistet, so 
ist das für eine künstlerische Individualität zu wenig ge- 
sagt. Wir haben schon viele solche zarte Virtuosen ge- 
hört, die im Technischen weit über ihrem Alter stehen, doch 
bei ihm ist dies noch mehr in geistiger Hinsicht der Fall. 
Er überwindet grosse Schwierigkeiten mit ausserordent- 
licher Rundung und Fülle, Sicherheit und Reinheit, aber 
in seinem Spiele gibt sich zugleich eine geistige Gewalt 
kund, es herrscht darin ein Gefühl und ein Character, 
der ihm eine grosse Zukunft prognosticirt, wenn sie gleich 
von jener Lisxfs bimmelweit verschieden sein dürfte* 
Nur wäre ibm anzuralben, sich der Dämpfung und Ver- 
schiebung minder zu bedienen, welche den eigentlichen 
Character seines Instrumentes zu sehr verwischt. Zwei 
jugendliche Sängerinnen unterstützten den Concertgeber» 
Dem. Freytag sang die Cavatine aus dem Freischützen : 
„Und ob die Wolke sie verhülle! 44 und erregte durch 
eine schöne, gleiche und kräftige Stimme und einen ed- 
len Gesangvortrag die besten Hoffnungen. Sie ist seit 



Kurzem die Schülerin unserer trefflichen Podhorsky. Dem. 
Gautsch sang ein böhmisches Lied; doch scheint das 
Locale zu gross für ihre Stimme, die wir im Locale der 
Sefbieenacademie viel angenehmer und klangvoller ge- 
funden haben. 

(Bosch lits folgt.) 



Leipzig-, den 6. December 1844. Achtes Abonne- 
tnentconcert , Donnerstag, den 5. December. Symphonie 
vonL. v. Beethoven (Pdur, No. 8). — Psalm 85. (?) von 
Martini , gesungen von Mad. Mar Her de Fontaine. — 
Concert für Pianoforte von L. v. Beethoven (Es dar)» 
vorgetragen von Frau Dr. Clara Schumann, geb. Wi*ck.+~ 
Ouvertüre von N. W. Gade fManuscript). — Arie aus 
Belisario von Bellini , gesungen von Mad. MorUer da 
Fontaine. — - Fantasiestück von Bob. Schumann; Lied 
ohne Worte von Felix Mendelssohn Bartkoldyy Polo- 
naise von F. Chopin, vorgetragen von Frau Dr. Clara 
Schumann. — 

Die verschiedenen Epochen nnd Stadien der schaf- 
fenden Wirksamkeit Beethoven 9 * spiegeln sieh nach un- 
serem Dafürhalten, wenn auch überhaupt in allen seinen 
Compositionen , doch zunächst und hauptsächlich in sei- 
nen nenn Sympbonieen ab. Sein Wesen, sein Geist, sein 
Streben erklärt es als nolhwendig, daes er, mit der mehr 
der Afosarf'schen Schreibweise sich nähernden C dvr- 
Sympbenie beginnend, dann mehr und mehr neue Bahnen 
betretend , bei immer zunehmender Beherrschung der 
Form und des Stoffes endlich mit der in Dmoll, dem ge- 
waltigsten Instrumentalwerke aller Zeiten, die Reibe die- 
ser unvergleichlichen Tondichtungen bescbliessen musste. 
Von einer Symphonie zur anderen erweitert sieb der 
Kreis der Gedanken, mehrt sich die Fülle des Geistes, 
die eiserne Selbständigkeit des Styies. Daher kommt es, 
dass er in der achten Symphonie, der unmittelbaren Vor- 
gängerin seiner grossen Apotheose der Freude, eines der 
vollständigsten und treuesten Abbilder seines künstleri- 
schen Wirkens gegeben hat. In ihr sind alle Scalen des 
äusseren und inneren Lebens berührt, nein, nicht blos 
berührt, sondern mit einer Treue, mit einem Leben ge- 
malt, wie sie kein anderer Meister zu schildern verstan- 
den hat. Wohl mag dieses Werk bei seinem Erscheinen 
manchen Zweifel erregt, und es längerer Zeit bedurft 
haben, um einen freien Blick in die Tiefen des Geistes, 
der darin niedergelegt ist, zu gewinnen ; ja, es wiU uns 
nicht unerklärlich scheinen, das» «am anfänglich an Man- 
chem darin, als Gesuchtem, wohl gar Barockem* Anstoes 
genommen hat. Allein die Wahrheit ist bald durchge- 
drungen ; man hat bald erkannt, dass man sich in Beet- 
hovens Compositionen einleben muss, dass die Schönheit, 
die musikalische Notwendigkeit, welche dem denkenden 
Hörer als Gesetz entgegentritt, die Scbranken des Her- 
gebrachten, des Vorurtbeils siegreich durchbricht; man 
bat sich das Werk durch wiederholte, nicht blos tech- 
nisch gelungene, sondern auch von Seiten 6w Auffassung 
und Leitung ausgezeichnete Auffuhrungen ganz zu eigen 
gemacht, nnd gewiss nicht Einer von Beethoven 9 * Ver- 
ehrern möchte jetzt eine Note in dieser Symphonie mis- 
sen oder wünschen, dass Dies oder Jenes darin anders 
wäre, als es ist. Und wenn darin Beethoven hier in ge- 



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1844. December. No. 50. 



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fälligen Weisen sieb ergebt, dort mit einer an sich an* 
bedeutend and unergiebig scheinenden Figur tändelt and 
scherzt, dort endlich durch die Gewalt seiner Töne Him- 
mel und Erde in Bewegung setzen zu wollen scheint» 
so sind das nicht eben so viele verschiedene kleine Bil- 
der, die uns vorgehalten werden ; es ist ein grosses, in 
seinen einzelnen sieb gegenseitig bedingenden Bestand- 
teilen zusammenhängendes Gemälde, das erst in seiner 
Totalitat auf den Hörer den Eindruck macht, den nicht 
Berechnung, sondern der innere unaufhaltsame Drang sei* 
nes Schöpfers erzeugte. — Die ausgezeichnete Ausfüh- 
rung durch unser Orchester hat uns die. angedeuteten 
Vorzöge dieses Werks wieder lebhaft vor die Seele ge- 
lahrt. Nur in Bezug auf den zweiten Satz können wir 
die Bemerkung nicht unterlassen, dass das Tempo des- 
selben ein wenig gemässigter hätte sein können 5 dadurch 
wäre gewiss eine noch grössere künstlerische Bnbe in 
das heitere Stück gekommen. — 

Mad. Mortier de Fontaine war an diesem Abend 
offenbar nicht gut disponirt. Ihre Intonation war nicht 
ganz rein und die Stimme entbehrte des angenehmen 
Klanges, den wir bisher an ihr bemerkt haben. Beson- 
ders auffallend war das Distoniren in dem Psalm des 
Padre Martini (einigen in Form einer Arie componirten 
Versen des 86. Psalms), einem interessanten, aber frei- 
lieb etwas veralteten Musikstücke ans der Mitte des vo- 
rigen Jahrhunderts; gelungener in dieser Beziehung trug 
die Sängerin die, gerade den äussersten Gegensatz zu der 
vorigen bildende, eben so uninteressante, als hypermo- 
derne Arie aus Belisar vor, wenn gleich in dieser der 
Grad von Bravour fehlte, welche allein der Composilion 
den zu ihrem Besteben erforderlichen Nimbus zu verlei- 
hen vermag. 

Zum ersten Male nach ihrer Rückkehr von einer 
grossen Kunstreise nach Russland liess sieb Frau Dr. Clara 
Schumann in ihrer Vaterstadt öffentlich boren. Leipzig 
bat von je her eine rühmliche Ausnahme von der lei- 
der nicht wegzuleugnenden Regel gemacht, dass der 
Prophet in seinem Lande am Wenigsten gelte; wenig- 
stens hat — wenn auch einzelne Colerien der Vor- 
warf, dass sie in Bezog auf Kunst das von auswärts 
Kommende dem Einheimischen vorziehen, nicht unverdient j 
treffen mag, — doch die Mehrzahl der hiesigen Kunst- 
verehrer das wahrhafte Verdienst um so mehr anerkannt, j 
wenn es nnter ihren Augen, aus ihrer Mitte hervortrat. 
Und so hat unser Publicum die berühmte Virtuosin Frau 
Dr. Schumann von der Zeit an, wo sie in zartester Ju- 

£snd als Clara fVieck durch ihr ausgezeichnetes Spiel 
ewundernng erregte, mit Freuden begrüsst, mit unver- 
kennbarer Tbeilnahme bei ihrem staunenswerlben Fort- 
schreiten begleitet, and nennt sie jetzt mit gerechtem 
Stolze die Ihrige. Daher konnte es nicht fehlen, dass 
man die Künstlerin auch diesmal mit Beifall empfing und 
ihren ausserordentlichen Leistungen die verdiente Aner- 
kennung zollte. Der Vortrag des Beethoven 9 scheu Esdur- 
Coocerts war in der Thal ein meisterhafter; in geistrei- 
cher Auffassung und Ausführung eines solchen edeln und 
genialen Werkes hat Fran Dr. Schumann ausser Men- 
delssohn wohl nicht ihres Gleichen; dazu ist die Rein- 
heit and Glätte ihrer Passagen ohne Tadel, und die Ver- 



zierungen weiss sie mit einer solchen Grazie hinzuhau- 
eben , dass wir sie unbedenklich als eine Meisterin in 
dieser feinen Arbeit bezeichnen können. — In gleicher 
Vollendung spielte sie das interessante Fantasiestück von 
ihres Gatten Compositum, das Lied ohne Worte von 
Mendelssohn (No. 1 aus dem fünften Hefte, Gdur) und 
die überaus schwierige Bravourpolonaise von Chopin, and 
wir bringen ihr nachträglich noch den lebhaftesten Dank 
für den Genuss dar, den uns ihr treffliches Spiel berei- 
tet bat. — 

Unser kürzlich in diesen Blättern ausgesprochener 
Wunsch, des wackeren Gade neueste Ouvertüre noch- 
mals zu boren, ist schneller, als wir erwartet hatten, in 
Erfüllung gegangen, und zugleich unsere Vermulhung 
bestätigt worden, dass eine Wiederholung derselben das 
Verständniss der Composition fördern und deren Schön- 
heiten mehr hervortreten lassen würde. Neben schöner 
Erfindung der musikalischen Gedanken macht sich in die- 
sem Musikstücke eine geschickte und geschmackvolle Ver- 
arbeitung derselben, so wie eine höchst wirksame In- 
strumentation geltend, und verleiht ihm dadurch den 
Stempel eines aus geübter Feder hervorgegangenen Wer- 
kes. Dass der geschätzte Componist bei dieser Ouvertüre, 
wenn auch nicht ein dramatisches Sujet, doch aber ir- 
gend eine bestimmte Idee, ein Lebens- oder Natnrbild, 
vor Augen gehabt habe, dürfen wir wohl annehmen, ob- 
gleich das Programm des Concertes, in welchem sie zum 
ersten Male zu Gehör kam, sie mit dem allgemeinen Na- 
men : Concertouverture bezeichnete. Die Motive der Com- 
position haben etwas so entschieden Nationales, die ganze 
Anlage des Stückes mit seinen Affectsteigerungen und 
dem Zurückkehren zur Beruhigung ist so dramatisch, dass 
wir kaum glauben können, der Componist habe ohne spe- 
eielle Tendenz ' damit nur einen Instrumentalsatz zum Be- 
hufe der Eröffnung eines Concertes geben wollen. Die 
Thei'lnabme des Publicums gab sich durch einen am Vie- 
les vermehrten Beifall zu erkennen, der hier, wie überall, 
wo das schöne Musikstück zur Aufführung gelangt, gewiss 
mit jeder Wiederholung steigen wird. L. R. 



Sommerstagione in Italien. 

(FortsetzaDfr.) 
Cremona. Incredibile dictu! Verdi's beutige italie- 
nische Tagesoper Ernani machte hier Fiasco ; die Barilli- 
Patti und der junge Tenor Bettini nebst dem Bassisten 
De Lorenzi wurden kaum einige Male beklatscht. Die 
Leser dieser Blätter kennen das gesunde Urlbeil der hie- 
sigen Zeitung bei Gelegenheit der hiesigen Aufführung 
des Meyerbeer'schen Roberto il Diavolo. In ihrem langen 
Artikel heisst es dies Mal unter Anderem: „Wir folgen 
nicht blindlings dem Urtbeile der enthusiastischen Bewun- 
derer des Componisten alla moda («V?) über diesen Er- 
nani, der keinen Vergleich mit seinem Nabacco und den 
Lombardi ausbält. Ausgenommen das Largo des Finale 
des ersten Acts mit einer erbärmlichen Stretta, ein Duett- 
chen des zweiten Acts, das Finalterzett von sicherem 
Effect und nicht ohne Mängel, was bleibt übrig? .... Re* 
minescenzen. Die ganze Oper ist monoton, zeigt viel- 
mehr Phantasiearmuth u. s. w." Von Donizetli's nach- 



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her gegebener Maria di Roban sagt dasselbe Blalt : die er- 
sten beiden Acte seien ,,/reddi e poveri" ; es bat auch 
nnr der dritte Act etwas gefallen. 

Brescia hatte auf der Fiera die junge Boccabadati, 
die Altistin Alboni, Tenor Loigi Ferretti und den Bassi- 
sten Colmenghi, ohne Weiteres eine gute Gesellschaft, 
aber Donizetli's Maria di Rohan Hess kalt, auch mit der 
eingelegten Romanze aus dessen Favorita. Verdi's Ernani, 
worin Herr Secondo Torre mitwirkte, machte Furore 1 
Dass es Donizetti noch bei Lebzeiten so geben möchte, 
wie dermalen dem beinahe vergessenen grossen Rossini, 
das wäre zum Lachen und zum Weinen zugleich. 

Bergamo. Die Aufnahme des Ernani, von Verdi 
selbst auf der hiesigen Fiera in die Scetoe gesetzt, war 
das Echo der Nachbarstadt Brescia. Maestro und Sänger 
(die Strepponi — abgenutzt — , Tenor Cuzzani, die Bas- 
sisten Colini und Caliari) wurden mebrmalen hervorge- 
rufen. Donizetli's Belisario mit den Damen Lusisnani, 
Ponti, dem Tenor Musich und Bassisten Colin! (Titelrolle) 
enthusiasmirte weniger (s. vorige Rubrik zu Ende). 

Mantua. Dieselbe Gesellschaft wie in Carpi (s. d.). 

Ceneda. Donizetli's Gemma di Vergy ging nicht am 
Besten. Die unpissliche Prima Donna Mazza ist mehr für 
das Buffo geeignet; den nicht angekommenen Bassisten 
Assoni müsste der Buffo Sillingardi ersetzen. Tenor Mer- 
curiali, mit hübscher Stimme, war der Beste. Einen viel 
besseren Erfolg hatte Donizetti's Figlia del Reggimento, 
worin sämmtliche drei Sänger so zu sagen in ihrem Ele- 
mente waren, und ancb die Comprimaria Cocconi nnd 
Bassist Guido mitwirkten. 

Lendinara. Figlia del Reggimento, mit der vorigen 
Gesellschaft und Aufnahme. Ricci's Due Figaro machten 
Fiasco. 

Stradella. Die Sarazin, Tenor Rossi und Bassist 
Perger machten in mehreren Stücken der Gemma di Vergy 
Glück, und dieses Glück verfolgte sie in der nachher ge- 
gebenen Figlia del Reggimento, worin der weltberühmte 
Chor Rataplan wiederholt werden musste. 

Bozsolo. Donizetti's Elisir d'amore wurde in den 
Himmel erhoben, mit ihm die Prima Donna Zagnoli , Te- 
nor Ricci* Buffo Napoleone Rossi und Bassist Casanova. 

Tiene. Die Focosi nebst dem Tenor Comassi und 
dem Bassisten Federigo und Bellegrandi trugen ihren hie- 
sigen Triumph in der Gemma di Vergy geradewegs nach 

Battaglia, wo man sie ängstlich erwartete, um sieb 
während der Badezeit an jener Musik zu laben. 

Ficenza. Bei aller Trockenheit dieses Sommers in 
Italien regnete es im Norden daselbst stets Verdi's Er- 
nani , weil beinahe ganz Oberitalien und auch Wien mit 
dieser Oper Lärm gemacht. Der Furore konnte um so 
weniger ausbleiben , als auch die braven Sänger : die 
Brambilla (Teresa), Tenor Bettini und die Bassisten Valli 
und Bottura das Ihrige zu jener Aufnahme beitrogen. 
Einer der Prima Donna z'ugestosseneu Unpässliehkeit we- 
gen liess man die Barili-Patli schnell von Mailand kom- 
men , die nachher in derselben Oper zu Cremona sang 
(s. d.). Einstweilen ersetzte sie die Sieffanone. Die nach- 
her gegebenen Opern waren: Coppola's Giovanna I. di 
Napoli, deren letzter Act bald mit zweien des Ernani ab- 
wechselte, sodann Donizetti's Maria di Rohan, in wel- i 



eher insbesondere die Barili und ihre Collegen starken 
Beifall erhielten. 

Este. Die nirgends mehr ergötzende und daher sehr 
selten gegebene Straniera von JBellini wurde hier mit 
einem behaglichen Gefühle angehört, wiewohl ihre Sän- 
ger : die Vernbet, die Huber, Tenor Pompejano und Bas- 
sist Luisa wobl zu den allen Practikern, aber nicht zu 
den vortrefflichen gehören. Der Belisario ging ebenfalls gut. 

Padua. Am 9. Juli wurden „auf Verlangen" Meyer- 
beer's Ugonoti , und, zwar zum zehnten Male bei vollge- 
drängtem Theater, und den 10. abermals gegeben: Be- 
weis genug, dass die Musik dieser Oper ganz andere 
Dinge als Mercadante's Bravo aufzuweisen hat. In Ver- 
di's Ernani sangen hierauf zwei 'andere Sänger: die Bor- 
tolotti, und Bassist Varesi, Beide recht brav, und die 
Oper fand auch hier ihre Enthusiasten. Die Ugonoti konn- 
ten wegen Abgang der Maray und des Herrn Baizar nicht 
mehr gegeben werden. Donizetti's Maria di Rohan, de- 
ren Musik in der Venetianer Zeitung etwas bart mitge- 
nommen wurde, bescbloss die Stagione nicht geräuschvoll; 
Manches gefiel darin aber mehr, als im Ernani. 
(Beschlast folgt.) 

Berlin, den 8. December. Gestern fand die Wieder- 
eröffnung unseres Opernhauses Statt, ein in jeder Hin- 
sicht prächtiges Pest. Das glänzend erneuerte Haus, die 
stattliehe Versammlung, die an mannicbfaltfgem Interesse 
reiche Festoper Meyerbeer's , die Pracht der Scenerie, 
Alles vereinigte sich zum glänzendsten Ganzen. Ein aus- 
führlicher Beriebt darüber soll in dem nächsten Stück 
dieser Blätter folgen. 



Feuilleton. 



Wie es heim, geht die Nene Zeitschrift für Maaik mit den 
neuen Jahre io das Eigenthum nnd die Redaelion des durch seine 
Vorlesungen aber Musik bekannten Herrn Franz Brendel in Dres- 
den über. 



Am 26. November starb in Maschen der köoigi. Hofcaplan nnd 
Ritter des Verdienstordens vom heiligen Michael /. B. Schmid, 
ein um die Münchener Kirchenmusik, namentlich in der St» Mi- 
chaelshofkircbe, wo er lange Zeit hindurch Cbordirector war, viel- 
fach verdienter Mann. — Der bekannte Sänger CompagnoU ist, 
50 Jahre alt, in Italien gestorben. 

Newyorker Blätter enthalten den Aufruf aar Bildung eines 
deutschen Liederkranzes daselbst, nach Art der deutschen Männer- 
gesangvereine. Die Sache scheint Anklang zu finden. 

Die Academie der Santa Cecitia zu Rom bat den Componisten 
Anton Berlin in Amsterdam (von welchem S» 621 dieser Blätter 
die Rede war) zu ihrem Ebrenmitgtiedc ernannt. 

Capellmeister Gläser in Copenbagen bat von dem dasigeo Mv- 
sikvereine eine prachtvolle Tafelohr mit musikalischen Emblemen 
zum Geschenk erbalten. — Für die Verdienste, die er sich nm 
den musikalischen Gottesdienst in der dortigen Capelle der öster- 
reichischen Gesandtschaft erworben, liess ihm der Kaiser von 
Oesterreich einen Brillantring überreichen. 

In Paris ist eine neue ernste Oper: „Riebard in Palästina, 44 
Bach nach Walter Scott von Paul Foueher, in drei Aufzügen» 
Musik von Adolph Adam, wie es scheint, ohne glänzenden Erfolg, 
aufgerührt worden. 



«47 



1844. December. No. 50. 

Ankündigungen. 



848 



Ist Verla« ron Tmvtiretn St €«mp. m Berlin 
sind folgende Musikalien kürslich erschiese» : 

Auaf/alil vorsftgltesser nuslfcwerlae » gebunde- 
ner Schreibart von Meistern alterer und neuerer Zeit. Zweite 
Sammlung, seehtte Lieferung. Duett für Sopran und Tenor mit 
Ck«r und Sapraunolo und Clor aus dem „Morgengeeong 1 * tob 
J Fr. JtmJUruV. Subter. - Preis * Thlr. 

HmM, J, S., Kirchcngesange für Solo- und Chorstiassaea mit 
Instrumentalbegleitung. Partitur mit unterlegtem ClaTieraussuge" 
▼on «f. P. Sehmidi. No. 4. „Siehe au, dass deine Gottesfurcht 
nicht Heuehelei sei." l£ Thlr. 

Hmydut, «f., Qoatuon pour 9 Violons, Alto et VioUmcelle en 
PartiUon. Edit. compl. No. 04 — 83. Subter. - Preis 5 Thlr. 
(Hiervon sind die Nummern 70 — 85 noch nicht erschienen, 
werden jedoch bis Ende Min in drei Doppelheften nachgelie- 
fert. Das hiermit gaan vollslandige Werk kostet im Subscrip- 
Uennreise 25 Thlr. , wofür es bis auf Weiteres noch erlassen 
wird; einselne Hefte sind nur im Ladenpreise so iThlr. s« haben.) 

Denx Tables Ihematiques et chronologiques des Qnatuors p. 

2 Vlolons etc. en Partition. J Thlr. 

Am«, €1.9 Drei Quatuors für 9 Violinen, Viola und Violon- 
cello. Op. 8. No. I, % 5 (oder 4», 8* und 6' Quartett). Jede 
Nummer H Thlr. 

Taehtrela, VF., Fünf Gedichte für eine Sopran - oder Tenor- 
stimme mit Begleitung des PianofoHe. Op. 7. £ Thlr. 

Vier Gesinge für vier Männerstimmen. Op. 8. 



| Thlr. 



In allen Buchhandlungen ist su haben : 

C. Sdsjnied'S leichteste Erlernung des 

IWotensatates mit Typen. 

Nebst Anweisung, wie die fünf Linien durchlaufend und alle Stü- 
ckelungen rermieden werden köanea. Für Schriftsetzer, welche 
das Noteasetzan ohne mündliche Instruction in koner Zeit er- 
lernen, für Sehriftgiesser , welche ihren Giesssettel berichtigen 
und für Buchdruckereibesitzer, die sich von dem richtigen Guss 
ihrer Noten überzeugen wellen. Nebst Abbildung eines No- 
tentjpeukastens. 8. I7| Sgr. 14 Ggr. oder I Fl. 5 Kr. 

Dieses sind die Mittheüungen eines seit 46 Jahren practisch 
mit typographischen Gegenständen beschäftigten Mannes. Sie bil- 
den einen wesentlichen Anhang zu allen bis jetzt erschienenen 
Lehrbüchern der Buchdruckerkonsl und sogenannten Fonnatbüchern. 

In der T. Trautwetls'scbeii Buch- und Musikalienhand- 
lung [J. Guttentng) in Berlin sind so eben erschienen: 
Cumrmdl, Morien - Potte, für Pianoferte k 3 mains. Pr. 5 Sgr. 
CssUsrtell, W., Gluck, Gluck, Gluck - Woher in Orchcster- 

stimmen. Preis I Thlr. 10 Sgr. 

Derselbe für PUaoforte a Jl mains. Preis 7± Sgr. 

fWmdibraut- Gmlopp in Orchesterstimmen. Preis 95 Sgr. 

Derselbe für Pianoforte a 2 mains. Preis 5 Sgr. 

Wittmatin, R.« kVundertiue. Woher in Orchesterstimmen. 

Preis I Thlr. 80 Sgr. 
Derselbe für Pianoforte a 9 mains. Preis 19* Sgr. 



Wohlfeile, beste und frikmedsgo Sammlung ron OrgektücJhen 
aller Art ist der, fest allgemein in Kirchen und Seminarien angeführte 

Orcelfreando 

Herausgegeben von (*l fV. Konter und j4. G. Hüter. 
5 Bände a 1 Thlr. 

sind bereits erschienen. Von dem ersten Heft des sechsten Bandes 
kann demnächst in allen Beck- an* Mosikalieahandlangen Ein- 
sicht genommen werden. Auf sechs Exemplare wird das siebente 
frei gegeben. Gefalliger Verwendung und Bestellung sieht entgegen 

Wllm. Kdrner in Erfurt. 



Bei Artarla «V Camp, in Wien 
recht ganz neu erschienen und su haben: 



ist mit Bigcnlkaam- 



Beethoven, !*• VM, Derwisch -Chor aus dem ungedruckten 
Singspiele • „ Die Buinen von Athen," für Pianoforte allein ar- 
rangirt ron Carl Cxemg. 50 Kr. C.-M. 

d? d? fnr 4 Hunde. 4* Kr. C.-M. 



* Als einzige rechtmässige Besitzer des ron weil. Ludwig van 
Beethoven binterlastenen Jfa*u*en)>atder noch ungedruckten Stücke 
aus den Singapielen : „Die Humen von Athen *« und „ Einig Ste- 

Sm," benachrichtigen wir sogleich sAmmtliche deutsche Concert- 
ecboneo und Musik - Anstalten u. s. w. , dass die betreffenden 
Partituren, ganz oder th eil weise nur van uns su besiehe» sind. 
Wien, den 1». October 1844. 

Artart» * Camp., Kohlmarkt No. MM. 

In unserem Verlage sind so eben erschienen und durch alle 
Buch - und Musikalienhandlungen au bekommen : 
stall, Ole, Portrait, lilhographirt, gross Folio, chinesisenes Pa- 
pier H Thlr. , weiss 1 Thlr. 
WUlmers, »., d? gr. Folio, ehin. Pap. 1 iThlr.» weiss IThlr. 
SaUMmatin, H», d? gross Quart, j Thlr. 
Mollque, B., d? gross Quart, f Thlr. 
Dohler, Th., d? Suhlstich. Quart. | Thlr. 
Hausier, H , d? Stahlstich. Quart. | Thlr. 

Diese Portraits scichnen sich durch Tortrcttiche Ausführung 
und sprechende Aehnlichkeit aus und werden gewiss das Interesse 
der Musiker und Kunstfreunde erregen. 

Sahutsertli et Camp«, 

in Hamburg, Leipzig und Newyork. 



Der ron dem königlich ständischen Tanzlehrer Herrn JTals* 
Raab neu eingeführte Kammertans: 

Polketta en Colonne, 

Musik voq 

%¥o*. JLiehmann, 

ist bei Jolu Hoffknanii in Prag erschienen, für Pianoforle 
30 Kr. , für Orchester S Fl. 



Die Allgemeine Musikalische Zeltung 

wird mit Neujahr 1845 ihren 47* teo Jahrgang beginnen und wie bisher die wichtigsten Gegen- 
stände des Musiklebens besprechen. Ihr Preis bleibt unverändert ä'/a Thaler für den Jahrgang 
von 32 Nummern nebst Beilagen und Register. Die Insertionsgebühren betragen 1 V* Ngr. für die 
gespaltene Petitzeile. Die Allgemeine Musikalische Zeitung ist durch alle Postämter und Buchhand- 
lungen zu beziehen. Geeignete Beiträge werden von der Redaction gern angenommen und von der 
unterzeichneten Verlagshandlung anständig honorirt. 

Leipzig, am 10. December 1844. Breitkopf & MMÜrieh 

Druck und Verlag voo Breitkopf und Härtet in Leipzig and outer deren Veraotwortlicbkeil. 



849 



830 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 18 teo December. 



M 51. 



1844. 



Inhalt s Nekrolog. — Bibliographische Antigen. — Die Tonballe in Bambnrg. — flimchrichlen: Aas Prag. (Besebioss.) Aoj Berlin. 
Aas Leipzig. — FemUeton. — jtulnmdigimge*. 



Nekrolog. 

Weimar. Am 1. November d. J. starb hier der in 
der Kunst well rühmlichst anerkannte und als Mensch 
wie als Künstler gleicbgeachtcte grossherzogliche Musik- 
director 

August Ferdinand Iläser, 

tief betrauert von Allen, die seinem Herzen nahe stan- 
den, und beweint von seinen viel verbreiteten Freunden» 
Gönnern und Schülern, welche den braven Mann zur letz- 
ten Ruhestatte geleiteten, nm dem Verblichenen den herz- 
lichen Tribut ihrer Verehrung und Liebe darzubringen. 

A. F. Häser (dritter Sohn des ehemaligen Univer- 
sität*- Musikdirektors Johann Georg* Häser) wurde in 
Leipzig am 15. October 1779 geboren. Von 1789 — 93 
besuchte derselbe die dasige Nicolaischnle und das Gym- 
nasium zu Eisleben, und war darauf bis 1796 Alumnus 
der Thomasschule in Leipzig. Zu Michaelis letztgenann- 
ten Jahres ging er auf die dasige Universität, um Theo- 
logie zu studiren, verliess dieselbe aber schon nach einem 
Jahre, indem er die Vocation zum vierten Lehrer am 
Gymnasium und Cantor an der Hauptkirche zu Lemgo in 
Westpbalen annahm. Für Musik, welche er seit der frü- 
hesten Jugend leidenschaftlich liebte, konnte er dort nur 
wenig wirken und leisten; dennoch erhielt er 1800 den 
Titel als Musikdirector und eine kleine Gehaltszulage» 
Aus besonderer Neigung sludirte er für sich reine Ma- 
thematik, und gab von 1799 — 1806 den mathematischen 
Jolerricht in den beiden oberen Glassen des Gymnasiums 
(in einigen später im Druck erschienenen Werkeben legte 
er die Beweise seines Streben« und Fleisses in dieser 
Wissenschaft nieder). Im September 1804 verheirathete 
er sich mit Dorothea Schwebedüsen, nnd begleitete von 
1806 — 13 seine Schwester Charlotte auf ihren Kunst- 
reisen in Italien. Während dieser Reisen verwendete er 
seine Zeit fast ausschliesslich auf das Studium der Musik. 
Int Herbst 1813 kehrte er aus Italien zurück und pri- 
vaüsirle bis 1815 in Lemgo. Die Stelle des vierten Leh- 
rers am Gymnasium wurde wieder erledigt und ihm mit 
dem Titel eines Snbeonreotofs angetragen nnd er stand 
derselben bis 1817 vor. Hauptsächlich beschäftigte ihn 
der Unterricht in der Mathematik nnd italienischen Sprache 
in den höheren Glassen. Im Frühjahre darauf erhielt er 
den Ruf als Director eines neu von ihm au errichtenden 

46. Jahrgang. 



stabilen Hoftheaterchors in Weimar und folgte demselben. 
Wie er nun für die musikalische Bildung des von ihm 
erlesenen und ihm anvertrauten Personals- wirkte und 
sorgte, davon gibt seine bei Schott in Mainz edirte „Cbor- 
gesang- Schule" das beste und lebendigste Zeugniss. Zu 
Ostern 1829 wurde er zugleich als Musikdirector an der 
Haupt kirebe angestellt, mit welcher Stelle später auch 
das Gesanglehreramt am grossberzogl. Seminarium ver- 
bunden wurde. In diesen beiden neuen Aemtern leistete 
derselbe nicht weniger Erfreuliches und Gutes, was dank- 
bare Anerkennung gefunden bat. Als ehrende Auszeich- 
nung erhielt er von seinem kunstsinnigen Fürsten die 
grosse goldene Civil -Verdienst- Medaille; der Stadtrath 
von Weimar sandte ihm für ein grosses zum Besten des 
Kirchen -Aerars veranstaltetes Goncert ein würdiges Dank- 
sagungsschreiben als gerechte Anerkennung seines geistig- 
moralischen Wirkens und künstlerischen Strebens. Die 
Aceademia filarmoniea zu Bologna, desgleichen die nie- 
derländische Gesellschaft zur Beförderung der Tonkunst 
ernannten denselben vermöge Übersendeier Diplome zu 
ihrem wirkliehen Mitgliede. Von 1817 an ertheilte Hä- 
ser den beiden Prinzessinnen von Sachsen - Weimar, Ma- 
rie nnd Auguste (Gemahlinnen der Prinzen Carl und 
Wilhelm von Prenssen), bis zu deren Vermählung mu- 
sikalischen Unterricht, und seit 1831 hatte er das Glück, 
der hochverehrten Grossberzogin bei ihrem Studium der 
Musik behilflich zu sein nnd beratheod zur Seite zu stehen. 

Er hinterlässt eine Wittwe und vier Söhne: 1) Hein- 
rich Häser, Doctor nnd Professor der Medicin zu Jena 
(dem musikalischen Publicum durch eine kleine Schrift: 
„Die menschliche Stimme, ihre Ausbildung, Pflege nnd 
Erhaltnng, Berlin, Hirsebwald, 1839, bekannt). 2) Gu- 
sUn Häser, grossberzogl. Hofschauspieler in Oldenburg. 
3) Julius Häser, gegenwärtig Mitglied des Stadttheaters 
in Bremen. 4) August Häser, zum Studium der Medi- 
cin bestimmt. 

Der musikalische Naehlass des Verstorbenen ist nach 
Zahl und Wertb der im Manuscript vorhandenen Compo- 
sitionen bedeutend. Die wichtigsten nachgelassenen Werke 
sind mehrere geistliche Musikstücke mit nnd ohne Be- 
gleitung, ein Oratorium: „Die Kraft des Glaubens ," 
mehrere Missen, Requiems, Hymnen, Psalmen, auch Werke 
für Minnercböre. Fast alle diese Composttionen'sind mehr- 
mals, viele oft in Weimar, Jena und anderen Orten, das 
Oratorium z. B. in Stuttgart nnd in Birmingham, mit 

51 



851 



1844. December. No. 51. 



852 



grossem Beifall aufgeführt worden. Ausserdem finden eich 
zahlreiche kleinere ein - and mehrstimmige Gesänge 
meisteotheils ernsten Inhalts im druckfertigen Mann- 
scripte vor. 

Die letzte grössere Arbeit des Verstorbenen, du Er- 
zeugnis* vieljähriger Studien und reicher Erfahrung, ist : 
„Neue musikalische Zeichen - und Notenschrift/' ein Werk, 
durch welches er zunächst die Vereinfachung des Unter* 
ricbts in der Harmonie und Compositionslehre bezweckte, 
und welches, wie der treffliebe, Oeissige und sinnige Ton- 
künstler gegen seine liebsten Freunde sich selbst äusserte« 
der äussersten Einfachheit seines Systems ungeachtet 
seine eigenen grossen Erwartungen um Vieles übertrifft. 
Dieses Werk, ungefähr 100 Quartseiten stark, liegt zum 
Drucke, gleich vielen oben erwähnten Arbeiten» bereit. 
Wir rufen dem uns so liebgewordenen Verblichenen vom 
Herzen ein webmütbiges : Reqmescat in face nach, und 
hoffen und wünschen, dass kunstsinnige Verleger um der 
Kunst selbst willen durch Herausgabe mehrerer beson- 
ders auserlesener Werke A. F. Häser** sieb mit dessen 
Erben in Rapport setzen möchten, da diese gern und wil- 
lig zur Veröffentlichung derselben die Hand bieten wür- 
den, wodurch der mit Ehre genannte Name des bereits 
Sspriesenen Verfassers eine höhere Weihe erballen würde, 
och setzen wir ein vom Componisten selbst herrüh- 
rendes Verzeicbniss seiner Compositionen ber, welche 
theils im Stich erschienen, tbeils noch als Manuscripte 
sieb vorfanden. 

Op.l. Die Kindesmörderin, auf Kosten des Componisten 
1801 gedruckt. — Op. 2. Das Vater Unser. Leipz. mus. 
Zeit. 1814. No. 44. — Op. 3. Ecee quomodo moritur. 
L. m. Z. 1817. No. 2. — Op. 4. All Bagat. canrie. 
2 Hefte. Breitkopf u. Härtel. Recens. L. m. Z. 1817. 
No. 9. — Op. 5. II Miserere. Ebend. 1817. (Rom zum 
Abschied 1813.) Recens. L. m. Z. 1818. No. 42. — Op. 
6. Capriccio nn E f. Pianoforte mit Streichquartett. Ebend. 
1817. Rec. L. m. Z. 1819. No. 13. — Op. 7. Salve Be- 

fina mit Pianoforte, Es. Ebend. 1818. Recens. L. m. Z. 
819. No. 19. — Op. 8. Zwölf Gesinge mit Pianoforte. 
Ebend. 1818. Rec. L. m. Z. 1819. No. 31. — No. 9. 
Salve Regina in C. Ebend. 1818. Rec. L. m. Z. 1820. 
No. 15. (Später für Orchester, deutsch, Manuscript.) — 
Op. 10. Kyrie und Gloria, bei Hofmeister. 1818. (Un- 
richtig als Op. 6 bezeichnet ; später für Orchester, Manu« 
script.) — Op. 11. Te Deum laudamus. Hofmeister. 1818. 
(Te gloriosus, Manuscript, unrichtig als Op. 7 bezeichnet) 
— Op. 12. Nel cor piu non mi sento, Thema u. Variatio- 
nen für Pianoforte. (Unrichtig als Op. 8 bezeichnet.) Hof- 
meister. 1819. — 0p. 13. Sonata, Es, No. 3. Breitkopf n. 
Härtel. 1820. Rec. L. m. Z. 1821. No. 42. — Op. 14. 
Ouvertüre für Orchester, C. Andre\ 1821. — 0p. 15. 
Ouvertüre für Orchester, 0. Ebend. 1821. — Op. 16. 
011a Potrida für Pianoforte. Peters. 1822.— Op.17. Missa, 
B. Schott. 1821. Rec. L. m. Z. 1824. No. 42.— Op. 18. 
Requiem. Hofmeister. 1824. Rec. Berliner Zeit. 1826. 
No. 34. — Op. 19. Drei Gesänge für Männerstimmen. 
Ebend. 1825. — Op. 20. Vier italienische Canzonetten. 
Ebend. 1825. — Op. 21. Caraffa, Tema cou Variaz. für 
Pianoforte. Bacbmanu. 1825. — Op. 22. Ländler zu vier 
Händen. Ebend. 1826. — Op. 23. Poiacea zu vier Hän- 



den. Ebend. 1826. — Op. 24. Sechs Gesinge für Män- 
nerstimmen. (Noch Manuscript, nicht erschienen.) — 
Op. 25. Kleine Uebongsslücke für Pianoforte. Wen- 
zel 1826. Reo. Anz. Frankfurt a. M. No. 1 — 13. — 
Op. 26. Sechs Gesänge für Singstimme, Sopran, mit Pia- 
noforte. Ebend. 1826. Ebend. recens. — Op. 27. Adagio 
e Tema con Variaz. für Pianoforte u. Clarinetle. Schle- 
singer. 1820. — 0p. 28. Drei Basslieder. Trautwein. 
1828. Rec. L. m. Z. 1829. No. 13. — Op. 29. Ouver- 
türe (No. 128). Hofmeister. 1828. — Op. 30. Ouvertüre 
(No. 129). Ebend. 1828. — Op. 31. Cimarosa, Arie mit 
Verzierungen. Trautwein. 1828. — Op. 32. Musikalische 
Unterhaltungen. Wenzel. 1829. — 0p. 33. Cborgesang» 
schule. Schott. 1833. — Op. 34. Requiem. Ciavieraus- 
zug. Breitkopf und Härtel. 1833. Recens. L. m. Z. 1834. 
Iris. 1834. No. 33. — 0p. 35. Requiem für Männerstim- 
men. Ebend. 1833. Rec. L. m. Z. 1833. No. 43. Iris. 
1834. No. 33. — 0p. 36. Mitten wir im Leben. Kal- 
bitz Archiv. — 0p. 37. Vater Unser. Ebend. — Op. 38. 
Beiträge zum Minnesänger. Schott. — Versuch einer 
systematischen Uebersicht der Gesanglehre. Breitkopf n. 
Härtel. — Op. 39. Glaser, Originalbibliothek des Män- 
nergesanges. — Musikalische Eilpost. Hoffmann. — Op. 
40. Voigt, Polyhymnia. — Harmonielehre, Jelenspety 

{er, aus dem Französischen in's Deutsche. — Die musi- 
alische Reform, Gambale, aus dem Italienischen. 

In diesem Verzeichnisse ist seiner Oper in drei Acten: 
„Die Neger auf St. Domingo/* welche in Weimar zum 
ersten Male 1836 aufgeführt wurde und nngetbeilten Bei- 
fall erhielt, keiner Erwähnung von ihm geschehen. Des- 
gleichen nicht einer zweiten schon früher componirten 
Oper: „Alphonsine oder: Der Tburm im Walde." Der 
Text zur ersten Oper ist von seinem Bruder Wilhelm 
Häser in Stuttgart; zur letztgenannten aber von Castelü. 
Operntexte hat A. F. Häser übrigens eine Menge aus 
dem Deutschen in's Italienische, wie aus dem Italienischen j 
in's Deutsche glücklich übersetzt. Auch war derselbe lang- 
jähriger Mitarbeiter der Leipziger allgemeinen musikali- 
schen Zeitung, der Cäcilia und anderer musikalischer Zeit- 
schriften. Eine Abhandlung über das Duodecimalsystem ist 
im Druck erschienen ; auch beÜnden sich in Rraushaar's 
mathematischem Magazin, in Gruber 9 s Encyclopädie and 
in Gottfried fVeber'e Lexicon der Tonkunst wertbvolle 
Aufsätze seiner Feder. 



Bibliographische Anzeigen. 

(Vom Mailänder Correspondeote*.) 

Herr Crtvelli in London hat daselbst eine neue Auf* 
läge seiner: 
Art of singing, with alleration and new selfeggios for 

tbe eultivatioo of the Bass voiee 
herausgegeben, die sehr gelobt wird. 

The sequential System of musical Dotation, an entirely 
new Method of writing Musie, in strict conformity 
with nature, and essentialy free from all absnrdity and 
intrieaey $ with explanatory Plates. By A. Wallbridge» 
London, 1844. 



855 



1844. December. No. 5t. 



854 



Soll eine abgekürzte Notenschrift sein» was sie aber 
nicht ist. 

Doraestic Music for the wealthy; or a Plea for the arls 

aud its progress. By Henry J. Baoisler. London. 1843. 

Herr Hamster, ein geschickter Violoncellist, sucht 

in dieser Schrift darzuthun, wie die Lage der Musiker 

in England verbessert werden könnte. 

The Book of scotlish Song : a collection of tbe best and 

most approved Songs of SeoUland, with criticat and 

historical notices. Glasgow and London. Blackie, 1843. 

Mit dem Motto : The most extensive collection ever 

published. Ifos Londoner Athenaeum, No.804, meint zwar, 

die Quantität sage nichts, wohl aber die Qualität, glaubt 

aber, das Buch sei im Ganzen genommen interessant zu 

nennen. 

Sul Tarantismo. Sunto di una Memoria del dottor Luigi 
Ventura da Trani, Soc. corrisp. deil' Accad. Medico- 
Ghirurgica. Letta nella Tornata del 25. settembre 1843 
di essa Societä. 

Der Verfasser zählt sieben Fälle von Taranli$mus 
auf, hält das Ganze für einen Glauben des Volkes; die 
Tarantel sei nicht ganz unschädlich, bringe Nervenleiden 
hervor, die auch mit den gewöhnlichen Mitteln curirt 
werden können. Tarantismus sei also mehr die Wirkung 
des Volksglaubens der Puglieser, Musik und Tanz mehr 
das Mittel der Gegend, als der Krankheit. — Die vori- 
gen Jahrgänge der Allgemeinen musikal. Zeitung enthal- 
ten manches Belehrende über diesen in der neuesten Zeit 
im Neapolitanischen wieder vorgenommenen Gegenstand. 

Lettera sopra la Musica, di Monsignor Pellegrino Farini. 

Edizione IL Bologna, Sassi. 1844 in 8. 
Progelto di Riforme de' Teatri musicali italiani, di A. 

Ferrari, Rodigino. Libri qualtro. Venezia, Bragadin. 

1844 in 8. 

Beide Schriften sind mir bis jetzt unbekannt. 

I Bassi numerali di Fedele Fenaroli, espressi secondo le 
regole armoniche della Ri forma Musicale, nroposta da 
Emanuele Gambak. Milano (Autore). 1844. 24 S. in Fol. 
Also auch eine vereinfachte Bezifferung, wohl ver- 
standen auf die Gambale'scbe reformirte Notenschrift ge- 
gründet. Es ist wahrhaft traurig, dass Herrn Gambaws 
in Öconomischer Hinsicht und für die Augen so wohllha- 
tige musikalische Reformen noch heute so gar wenig An- 
klang und der Mann bei Niemanden Unterstützung findet. 



Die Tonhalle in Hamburg. 

(Jeher dieses vorzugsweise der Musik gewidmete 
Prachtgebäude entnehmen wir einer Schilderung im Harn* 
burger Gorrespondenten nachstehende Mittheilungen. 

Die „Tonballe" ist Eigenthum des Herrn C. A. Gross, 
Directors des Hamburger Volksgesangvereines; der dritte 
Theil des 175,000 Thbr. betragenden Baucapitals ist von 
Kunstfreunden auf Actien zusammengebracht. Das Ge- 
bäude« nach specieller Angabe des Eigentümers von dem 
Architekten Max Koppel construirt, ist 75 Fuss breit, 



145 Fuss tief» 84 Fuss hoch, und hat einen Flächenin- 
halt von 10,800 Quadralfuss; am 10. August 1843 wurde 
der Grundstein gelegt und bis zu nächstem Frühjahre wird 
das Ganze beendet sein. Der kleinere Concertsaal ist be- 
reits so weit fertig* dass am 1. Oclober die Volkslieder- 
tafel zum ersten Male darin singen konnte und Gross seit- 
dem die Uebungen dieses Vereines darin hält. Im grossen 
Saale werden die grösseren Uebungen am 1. December 
beginnen und die Einweihung des Ganzen soll gegen den 
Schluss des Jahres Statt finden. Bemerkens werth ist, dass 
viele Arbeiter an dem Gebinde Mitglieder des Gesangver- 
eines sind. 

Von den zahlreichen Räumen, welche die „Tonhalle" 
enthält, interessiren uns naturlich nur die für Ausübung 
der Musik unmittelbar bestimmten. Sie bestehen aus dem 
kleineren und dem grösseren Concertsaale , und einem 
grossen 640 Quadratfuss enthaltenden Uebungssaale. — 
Der kleinere Concertsaal ist für Academieen, musikalische 
Soireen und kleinere Concerte bestimmt, hat eine vor- 
treffliche Resonanz, ist 20 Fuss hoch, 30 Fuss breit, 60 
Fuss lang, durch 130 Gasflammen erhellt, fasst bequem 
400 Personen und wird im Renaissancestyl verziert. — 
Der grosse Concertsaal ist 40 Fuss hoch, unter den Lo- 
gen 58, über denselben 68 Fuss breit, 113 Fuss lang, 
bat an der einen Seite 12, an der anderen 2 Fenster und 
wird durch 7 Gaskronleucbter so wie 60 Gasflammen 
mittels 20 an den Wänden angebrachter Brenner erleuch- 
tet. Umgeben ist er an zwei Seiten von einem 6 Fuss 
breiten Corridor. Das Innere ist eingeteilt in Orchester, 
Parket, Parterre, Logen. Das Orchester, 8 Fuss über dem 
Boden terrassenförmig erhöht, bat Platz für 250 Sänger 
und 80 Spieler. Im Hintergründe wird ein Orgelwerk von 
22 klingenden Stimmen im 16Fusston angebracht, das 
26 Fuss hoch, eben so breit und 10 Fuss tief und des- 
sen Ausführung dem Orgelbauer Peter Tarne aus Verden 
übertragen ist. Im Parket finden sich 290 Platze auf be- 
quemen Lehnsesseln ; in dem Parterre haben 700 Perso- 
nen Raum, grösstenteils auf Divans und Bänken; die 
Logen, jede zu 12 Personen, enthalten 400, drei dem 
Orchester gegenüber befindliche Logen 50, und zwei über 
dem Orchester 80 Plätze, so dass das Ganze, ausser den 
Säugern und dem Orchester, über 1500 Personen fasst. — 
Die Decke des grossen Saales wird mit einem 24 Qua, 
dratfuss haltenden Gemälde verziert, welches dem Maler 
Boppo übertragen ist uhd Mozart" s Verherrlichung mit 
Portraitfiguren der berühmtesten deutschen Tonkünstler 
aller Zeiten darstellt. Die Wände werden mit Marmor 
al fresco gemalt und die Logen mit Brüstungen von 
Gvsseisen versehen, welche 29 Medaillons berühmter aus- 
übender Künstler aller Nationen, in Büstenmanier gemall, 
enthalten sollen. 



Nacbäicpim« 

Prag. (Beschluss.) Die Sophien - Academie gab ein 
grosses Concert ebenfalls im Saale der Sophien -Insel, 
dessen Wahl und Ausführung in gleichem Maasse allge- 
meinen Beifall fand. „Die erste Walpurgisnacht," Ge* 



SS& 



1844. December. No* 51« 



856 



dicht von Goethe, in Musik geseilt von Felix Mendels- j 
söhn Bartholin* auf allgemeines Verlangen wiederholt, 
bildete den trefflichsten Prolog zu dem wahren Musik- 
feste, nnd wurde abermals mit herzlicher Thei! nähme auf- 
fenommen. Kittfs neuer. Männercbor in böhmischer 
prache: „Für König und Vaterland (Text von Filipek) 
schmiegt sich dem Geiste slavischer Volksmusik glücklich 
an und ist auch in Rhythmus und Declamaüon ausge- 
zeichnet. Die Motette von L. Kleinwächter ist solid und 
trefflich gearbeitet, doch hier im Concerle zog sieb das 
Ganze etwas in die Länge und Breite. Der beliebte oft 

Sehörle böhmische Frauenchor: „Das schöne Land von 
. N. Skraup musste abermals wiederholt werden. Den 
Sehluss bildete das wundervolle Hallelujab aus dem „Mes- 
sias* 4 von Händel. 

Unsere Oper hat seit „Linda di Cbamonnix" auch 
nicht den Schatten einer Novität gebracht und fristete 
ihr schwaches Leben meist nur durch Gäste, als deren 
vorzüglichste wir Herrn Pischek vom Hoftbeater zu Stutt- 
gart, und Dem. Rettich, königl. baierische Hofopernsän- 
gerio aus München, erwähnen müssen. Herr Pischek ist 
schon als Anfänger ein Eigeuthum unserer Bühne gewe- 
sen, und wenn man gleich bereits damals gute Hoffnun- 
gen auf sein sieb entfaltendes Talent gründete, so über- 
raschte doch seine grosse Kunstbildung eben so frappant, 
als angenehm. Herr Pischek erschien zuerst auf unserer 
Bühne als Jäger in Kreutzer'* „Nachtlager** (welchen er 
zur achten Gastrolle wiederholen musste) und schwang 
sich gleich in dieser ersten Partie zum entschiedenen 
Liebling des Poblicums empor. Er wurde stürmisch em- 
pfangen nnd ein fanatischer Beifall begleitete ihn durch 
alle Nummern, vorzüglich in dem ersten Liede und der 
Arie des zweiten Actes. Er sang ausserdem noch den 
„Zampa" (zwei Mal), der ganz eigentlich für seinen Ric- 
senumfang geschrieben zu sein scheint, da der Componist 
die beiden Endpuncte des Tenor' und Bariton und fast noch 
etwas mehr verlangt, was Herr Pischek spielend leistet; 
dann den Richard in den „Puritanern," Peter I. im 
„Czaar und Zimmermann ," Faust (zwei Mal) und Beli- 
sar (ebenfalls wiederholt). Herr Pischek, den uns die 
Zeitschriften schon als den ersten dramatischen Sänger 
Deutschlands bezeichneten, gehört unter die seltenen Er- 
scheinungen , wo das vorausgegangene Lob dem Gaste 
nicht geschadet, die erregten Erwartungen auch vollkom- 
men befriedigt wurden. Seine Stimme ist trotz ihres 
grossen Umfange* in allen Chorden vollkommen ausge» 
glichen, und entfaltet, bei hinlänglicher Kraft für den gross- 
artigen und Weichheit und Biegsamkeit für den colorir- 
ten Gesang, eine seltene Fülle und Wohlklang, deren 
Werth durch die Silberreinheit der Intonation» durch 
seine wunderbare Mezza voce und die kunstgerechte Ver- 
bindung der Falsetle mit der Bruststimme noch erhöht 
wird. Herr Pischek muss tüchtige Studien gemacht ha- 
ben, bevor er diese Herrschaft über sein neidenswerlbes 
Organ errungen hat und ein solcher dramatischer Sän- 
ger im edelsten Sinne des Ausdruckes geworden ist. Man 
weiss nicht, soll man bei ihm mehr das Gefühl und den 
Ausdruck, die Kraft und Würde, oder die herrliche Tonbil- 
dung, den Fluss des Gesanges und die geschmackvollen 
Verzierungen , die vollkommene Deutlichkeit, oder die 



treffliche Deciamation bewundern , bei welcher selbst die 
Italiener wohl kaum ihren Lieblingsausdruck : „ Recita- 
Ovo tedeseo" anzuwenden wagen würden. Wenn uns 
nun Herr Pischek in allen seinen Rollen als Schauspie- 
ler wie als Sänger gleich vollkommen befriedigte, durch 
das tiefe Eingeben in jeden Gbaracter und die Durchfüh- 
rung bis in die kleinsten Nuancen, wenn er sieh im 
„Nachtlager" und „Faust" als achter deutscher Sänger 
beurkundete, in „Zampa" sein Eingeben in die leiden* 
sebaftliche französische Manier knnd gab, so bewies er 
zugleich im „Riebard" nnd „Belisar" nicht allein, dass 
er in die Mysterien des italienischen Gesanges nicht min- 
der eingeweiht, sondern noch mehr, dass er italienische 
Melodieenfülle mit deutschem Geist und Gefühl aufzufas- 
sen und zu potenziren wisse. In einem Abschiedsconcert, 
welches Herr Pischek auf allgemeines Verlangen noch 
seinen neun Gastrollen hinzufügen musste, sang der ge- 
feierte Künstler in den Zwischenacten von „Christoph 
und Renata" folgende Piegen: 1) Des Sängers Fluch, 
Ballade von Uhland, in Musik gesetzt von Heinrich Es- 
ser. 2) Die drei Liebeben, Ballade von Hoffmann, in 
Mnsik gesetzt von Wilhelm Speyer. 3) Der gute Koma- 
rad, Lied von Uhland, eompomrt von Conradin Kreutzer. 
4) Sehnsucht nach der Heimath, Lied von Reissiger y 
und zum Schlüsse zwei böhmische Lieder von Rame- 
nitzky und Skraup und bewies in allen diesen Num- 
mern, dass er im Liedervortrage wenigsten? nicht min- 
der vorzüglich sei, als im dramatischen Gesänge, dessen 
Aufgabe auf jeden Fall die grössere ist. 

Dem. Rettich, königl. baierische Hofopernsängerin 
aus München, gab folgende Gastrollen : Antonina im „Be- 
lisar 44 (zwei Mal), — Elvire in den „Puritanern," — 
„Norma," — Amina in der „Nachtwandlerin," — Giu- 
lietta in den „Montecchi und Capuletti," — „Königin 
der Nacht," — Adine im „Liebestrank," und Constanze 
in der „Entführung aus dem Serail," nnd erhielt beinahe 
eben so grosse Beweise von Beifall und Zufriedenheit, 
als Herr Pischek. Dem. Rettich hat gleichfalls ihre Kunst- 
laufbahn bei uns begonnen, und zeichnete sieh schon in 
der ersten Epoche derselben , bei einer ziemlieh kleinen 
Stimme, durch treffliche Intonation nnd leichte und gefäl- 
lige Goloratur aus. Ihre Stimme von seltenem Umfange 
nnd Reinheit, in welcher besonders die hohen Chorden 
hell und klar sind, hat sehr an Kraft und Fülle gewon- 
nen und ein Sorgfältiges und solides Kunststudium sie zu 
einer ganz vortrefflichen Bravoursängerin — vielleicht 
einer der ersten in Deutschland — erhoben, und sie wird 
in diesem Genre, die Lutzer ausgenommen, wenige Ne- 
benbuhlerinnen zu fürchten haben und den kühnsten For- 
derungen zu entsprechen vermögen; doch in tragischen 
Parlieen, die zugleich Gefühl und Leidenschaft ansprechen, 
erlaubt ihre ganze Individualität ihr nicht, sieb gleich 
hoch zu stellen. In der Antonina, Norma und Elvire liess 
der technische Theit nichts zn wünschen übrig, desto 
mehr der dramatische. Besser gelangen ihr die elegischen 
Partieen der Giulietta und Amina, am Besten diu mun- 
tere Adina, deren siegreiche Coloratoren sie noch ver- 
mehrte. Von firavourpartieen ans der alten Knut war 
Constanze die vorzügliebere; in der steraflammenden Kö- 
nigin schien Dem. Rettich «cht glücklich, dispomrt. 



037 



1844. Deeember. No. 5i. 



858 



Mad. Tfofne' f welche in mehrerei Possen auftrat, 
ist als Localsängerin nicht unbedeutend zu nennen. Sie 
hat eine recht hübsche, klangvolle und so wohlgeschulte 
Stimme, dass sie selbst dort ausreichte, wo die Quodti- 
betmacfaer ihr schwierige Stellen aus den besten Üpern- 
eonipositionen zur Ausführung vorlegten. Ihr Spiel hat 
mehr Keckheit, als Humor uud eine ziemliche Monotonie. 

In Mozarts „Figaro** gastirte Dem. Saack als Su- 
saoae, und fiel total durch. 

In der „Norma" gab ein Herr Franke den Serer 
mit gleichem Erfolge» 

Zum Vortbeil ( ? — allerdings, wenn ein vorauszu- 
sehendes leeres Haus ein Vortbeil ist — ) des Herrn Jo- 
seph Emminger erschien „Guido uod Ginevra oder die 
Pest in Florenz" von Halevy wieder auf unseren Bretern 
und erwarb Dem. Gross er (Ginevra) einen neuen Triumph. 
Auch Herr Strakaty (Cosmus) und Mad. Podhorsky (Ric- 
ciarda) gäbe» ihre Rollen trefflich , und auch Herr Em- 
nanger sang die Rolle des Guido besser, als wir ihn seit 
langer Zeit gehört haben. Herr Emminger ist, wie Mad. 
Podhorsky, eine Perle des ' Personals durch tüchtiges 
Kunststudium; doch sind beide in Jahren vorgerückt und 
müssen geschont werden, um mit Erfolg wirksam wer- 
den, zu können $ wenn aber Herr Emminger in einer 
Woche den Robert, Olaf und Guido singen muss, ist es 
kein Wunder, wenn seine Stimme angegriffen ist, und 
er würde solche Leistungen nicht aushalten, wenn er 
nicht mit seltener Kunstgewandtbeit zu schonen und zu 
sparen wüsste, wober es auch kommt, dass er oft selbst 
in grossen Partieen in den letzten Acten besser, als in 
den ersten, singt. Als Herr Damcke für unsere Bühne 
gewonnen wurde, glaubten wir, er solle Herrn Emmin- 
ger in seinem Streben unterstützen. Herr Damcke scheint 
aber blos zum Spazierengeben engagirt zu sein, und seine 
Stimme nimmt durch die allzugeringe Uebung bedeutend 
ab, wie wir neulich in der Lucrezia Borgia, Teil und 
Jessonda mit Bedauern wahrnahmen. Manfredi und Lo- 
renzo können (wie der Erstere jetzt zugeschnitten ist, 
wo die Banketscene, die musikalisch vortrefflichste der 
Oper, ausblieb) nicht viel gut oder schlecht machen, und 
Herr Kunz (Fortebraccio) moderirte seine kräftige Stimme 
so über die Maassea, dass er mitunter kaum vernehm- 
lich war. 

Herr Kun* brachte zu seiner Einnahme Bossints 
9 , Italienerin in Algier," und hier war wohl Publicum 
und Beneficiant wechselweise mit einander zufrieden, da 
sieb ein woblgefülltes Haus sehr gut unterhielt, obsebon 
die Besetzung uod Aufführung dieser zwar possenhaften 
und etwas veralteten , doch durch und durch komischen 
Oper nur in wenigen Partieen genügend war. Dem . Schwarz 
müssen wir. zuerst nennen, welche in der schwierigen 
und anstrengenden Partie der Isabella zum ersten Male 
bedeutend in dem eigentlichen Gebiete ihrer Stimme be- 
schäftigt war und im Gesänge den Forderungen entsprach, 
4ie man an eine Darstellerin der Isabelle zu machen be- 
rechtigt ist, in den Coloraturstellen mitunter alle Erwar- 
tungen überbot. Wenn noch mehr Lebendigkeit und Mutb- 
wülen zu wünschen übrig blieb, so mag einesteils die 
sonderbare und inconsequente Mischung von Munterkeit 
und Sentimentalität, welche der Librettofabrikant seinet 



Heldin nutheilte, die Darstellerin entschuldigen, andern- 
theils dürfen wir nicht vergessen , dass Isabella erst die 
fünfte Partie und die erste grosse Partie ist, welche Dem. 
Schwarz während ihres Tbealerlanfes einstudirt bat. 
Eine noch glänzendere und in dieser Hinsicht zweckmäs- 
sigem Partie wäre Rossmfs „ Cenerentola ," aber auch 
diese verlangt ein paar tüchtige Exemplare des Buffo can- 
tantel Dem* Schwan fand stürmischen Beifall, und war 
— nach der vierten Arie stürmisch gerufen — • so gefäl- 
lig, den Sefalnsssatz zu wiederholen. Ihre Prosa ist nicht 
klar, und es wäre bei ihrem classischen Recitative zu 
wünschen, dass sie nie in Opern mit Prosa beschäftigt 
würde. Dem. 'tonner gab die Elvira (die eigentlich mit 
Mad. Podhorsky hätte besetzt werden sollen); sie Hess 
ihre Arie aus und sang, was von der Partie übrig blieb, 
recht rein, und nett, doch — sehr schwach. Uerr Kun* 
war Mustapha. Abgerechnet, dass die gewaltige Stimme 
dieses Sängers sowohl, als die Kunstfertigkeit, die er der- 
selben bisher abgewonnen, für derlei Coloraturpartieen 
nicht genügend ist, hat er uns schon in den beiden Fi- 
garo's von Mozart und Rossini, so wie in manchen fran- 
zösischen Opern bewiesen, dass er humoristische Charac- 
tere mit grosser Ernsthaftigkeit darzustellen versteht; 
bier aber gab er die cbargirt- komische Partie mit aller 
Salbung eines Orovist und Marcel. Herr Brava (Tbaddäus) 
leistete, was er vermochte, obschon er nicht bei Stimme 
war; nur einige sehr platte Spässe (sogar im Gesänge) 
hätte er sich und dem Publicum schenken können. Herr 
Damcke (Lindoro) besitzt auch viel zu wenig Volubilität 
in seiner Stimme, um diese brillante Tenorpartie genü- 
gend durchzuführen. Er sang den ganzen ersten Act 
durchaus schlecht, aber recht wacker das Quartett und 
Terzett im zweiten, worin ihm einige Verzierungen ge- 
langen. 

In der ,, Ballnacht " hatte Dem. Schwarz mit lo- 
benswerther Resignation die Rolle der Arvedson übernom- 
men, konnte jedoch nur wenig damit wirken, da sie 
nicht recht in ihre Stimmlage passt. Mad. Podhorsky 
(Amalie) und Herr Strakaty waren sehr gut, die Herren 
Emminger und Damcke (Olaf und Warting) sehr schlecht 
bei Stimme. Die Chore gingen — wie seit einiger Zeh 
gewöhnlich — nicht recht zusammen, und schrieen mit- 
unter wie die Zabnbrecber. 

Dem. Grosser trat nach ihrer Urlaubsreise zum er- 
sten Male in ,, Linda von Cbamounix" wieder auf, und 
wurde vom Publicum zwar achtungsvoll , doch nicht mit 
jener Lebhaftigkeit empfangen, welche diese wackere 
Künstlerin verdient; doch stehe« der Sängerin leichte Mit- 
tel zu Gebote, die üble Laune eines Publicums zn be- 
schwüren, welche aus dem nichtigen Grunde hervorgeht, 
dass Jene bei einem Gastspiele in einer Rolle weniger 
reussirt habe, als in anderen I Schon das erste Duett er- 
regte einen Beifallssturm, und nach der Wahnsinnarie 
wurde sie drei Mal hervorgerufen. In der letzten Auf- 
führung von Spohrs „ Jessonda «« dirigirte Herr Capell- 
meister Skraap zum ersten Male wieder nach seiner Ge- 
nesung von einer langwierigen und gefährlichen Krank- 
heit. Er wurde mk anhaltendem Applaus und einem Kranz« 
empfangen. 



859 



1844. Deccmber. No. 51. 



860 



Berlin, im November 1844. Es folgen nachstehend 
noch einige nachträgliche Mittheilongen über die Leistun- 
gen der hiesigen Singacademie im Laufe dieses Seme- 
sters, woraus die Thätigkeit dieses Kunstinsthuts für edle 
Zwecke sich -selbstredend ergibt* 

I. Dankfeier, der Erhaltung des Königs und der Kö- 
nigin von Preussen gewidmet, am 30. Juli 1844. 1) Cho- 
ral: „Lobe den Herrn, den mächtigen König" von C. 
F. Rungenhagen. 2) Nationallied von /. Haydn: „Gott 
erhalle Franz den Kaiser " mit angemessenem Text von 
Barnemann. Vierstimmig. 3) Domine, salvum fac regem, 
von C. F. Rungenhagen. 4) Das „VfUer Unser 44 für 
xwei Chöre von Fesca. 5) Psalm: „Wer unter dem 
Schirme des Höchsten sitzet." 6) Bändet $ Dettinger 
Te Deum. 

IL Zum Besten der Weichseluferbewohner, geist- 
liche Musik a Capella am 4. September 1844. 1) Choral 
von Zelterz „Ein' feste Burg 44 u. s. w. 2) Ave regina 
von Palestrina für acht Stimmen. 3) Hymne von Lord 
Burghersh: „0 god, myheart." 4) Victimae paschaü" 
von Jomelli. 5) Morgengesang von Reichardt. 6) Sextett 
und Schlussfuge aus Fasch's 16stimmiger Messe. 

III. Gedächtnissfeier für den königl. Singer Runicke 
(zu seiner Zeit ein vorzüglicher Tenorist). 1) Choral von 
Fasch. 2) Requiem von Cherubim. 3) „Gottes Zeit ist 
die allerbeste Zeit 44 von J. S. Bach. 4) Arie und Frauen- 
Chor aus Spohrs Oratorium: „Des Heilandes letzte 
Stunden/ 5) Fuge aus der 1 (stimmigen Messe von Fasch: 
„Cum saneto spirilu." 

IV. Feier des Geburtstages des Königs am 15. Octo- 
ber 1844. 1) Choral von Fasch. 2) Domine, salvum fac 
regem von C. F. Rungenhagen. 3) Te Deum laudamus 
von Zelter, für zwei Chöre. 4) Der 119. Psalm von 
Fasch. 5) Der 8. Psalm von Spohr für' zwei Chöre. 
6) Preussenlied von C. Seidel, dem „God save tbe King" 
untergelegt. 

V. Feier des Geburtsfestes der Königin, zum Vor* 
theile der Kinder -Bewahr* Anstalten, am 13. November 
Abends in der erleuchteten Garnisonkirche. 1) Orgelin- 
trodnetion, componirt und vorgetragen von A. fV. Bach. 
2) Te Deum von C. F. Zelter für zwei Chöre. 3) Pil- 

tergesang aus dem Oratorium : „I Pellegrini" von Hasse. 
) Motette von Julius Weiss. 5) Motette von C F. 
Rungenhagen: „Aus der Tiefe" u. s. w. 6) Orgelstück 
für fünf obligate Stimmen, von A. fV. Bach componirt 
and vorgetragen. 7) Einiges aus dem 30. Psalm von Ba- 
sily für zwei Chöre. Das Werk ist ein Geschenk des 
Componisten an die königl. Academie der Künste. 8) Hymne 
von Lord Burghersh. 9) Motette von Hammerschmidt t 
für sechs Stimmen. 10) Recitativ, Arie und Chor aus 
Händers Oratorium der Messias : „0 du, die Wonne ver- 
kündigt in Zion 4 ' und Chor: „Machet das Thor weit dem 
Herrn. " 11) Ausgang auf der Orgel gespielt. 

Am 20. November hat die Singacademie in ihrem 
ersten Abonnementconcerte Bändet s „Messias" vollstän- 
dig aufgeführt. — Am 28. d. M. wird dieselbe in einer 
Aufführung des Oratoriums „Paulus" mitwirken, welche 
der Componist, GMD. Felix Mendelssohn Bartholdy, vor 
seiner nahen Abreise von hier, selbst leiten wird. Der 



berühmte Tonkünstler hat leider seine Entlassung nach* 
gesucht und erhalten. 



Ueber die neue Festoper von G. Meyerbeer 
zur Eröffnung des neuen Opernhauses. 

Berlin, den 15. December 1844. Die Eröffnung des 
neuen köuigl. Opernhauses, welches am 18. August 1843 
in der Nacht durch die Flammen zerstört, und mit Be- 
nutzung der äusseren Mauern, im Innern durch die Huld 
des Königs eben so prachtvoll, als zweckmässig wieder 
hergestellt ist, bat am 7. December d. J., also 102 Jahre 
nach der Einweihung des alten Opernhauses, auf die glän- 
zendste Weise Statt gefunden. Um 5% Uhr Abends er- 
schienen in der grossen königl. Mittelloge der König und 
die Königin, nebst den hier anwesenden hoben Gästen 
und dem ganzen Hofe. Die höchsten Herrschaften wurden 
mit einer Trompetenfanfare und lautem | Jubelrufe der 
überaus zahlreichen Versammlung empfangen, hierauf die 
Volksbymne begehrt und vom ganzen Publicum stehend, 
unter Begleitung des Orchesters, gesungen , worauf sich 
der Ruf des Dankes für das schöne Prachtgebäude viel- 
stimmig wiederholte. Das von einem Luslre mit Gasflam- 
men hell erleuchtete Haus im geschmackvollsten Renais- 
sancestyl gewährte einen imposanten Anblick durch die 
reichen Toiletten der Damen und die Galauniformen der 
Staatsminister, Hof- und Staatsbeamten, Generale und 
Offiziere, wie des diplomatischen Corps, welche, beson- 
ders zu dieser Pestvorstellung eingeladen, den ersten 
Rang und die eleganten Logen des Prosceniums anfüllten. 
Das schöne Haus hat jetzt vier Logenreiben über einan- 
der, mit Einscbluss des Amphitheaters. Unter der grossen 
königlichen Mittelloge befindet sich (gleich dem Amphi- 
theater im Dresdener Schauspielbause) die Tribüne mit 
erhöbeten numerirten Sitzen. Hierauf folgt das Siehpar- 
terre für 420 Personen und das Parquet mit sehr beque- 
men Sperrsitzen für etwa 348 bis 350 Personen. Der 
Orchesterraum ist bei grossen Opern bedeutend vergrös- 
sert, kann aber durch Vorrückung der ParquelpläUe 
anch verkleinert werden. Die drei Prosceniumslogen 
auf jeder Seite reihen sieb den Logenrangen an, und 
gewähren, wie die reichen Verzierungen des ganzen 
Hauses durch Deckengemälde, Sculpturen und Vergol- 
dungen, einen wohllhuenden Eindruck, der durch keine 
Ueberladung gestört wird. Wir gehen nun zur Pestoper 
über. Das von dem Herrn General- Musik- Director Meyer- 
beer umsichtig geleitete Orchester begann die sinnige, 
effectvolle Ouvertüre zu der von L. Reüstab gedich- 
teten und von Giac. Meyerbeer in Musik gesetzten 
Oper (mit Dialog) : „Ein Feldlager in Schlesien" (in drei 
Acten, Lebensbildern) aus der Zeit Friedriche des Gros- 
sen. Der Dichter hat sich im Voraus dahin ausgespro- 
chen, dass er keine zusammenhängende Handlung b*be 
liefern wollen (weshalb denn aber nicht?), sondern nur 
einzelne Züge und Anecdolen aus dem Leben des grossen 
Königs benutzt habe, um ein Charaeterbild aufzustellen, 
was allerdings um so schwieriger war, als der Monarch 
nicht persönlich auf die Rübne gebracht werden durfte. 
Die Dichtung beschränkt sich daher darauf, Friedrich II. 



061 



1844. December. No. 51. 



862 



ans dar Gefahr der Gefangenschaft dnreh Verwechselung 
der Personen und durch die Kunst seines Flölenspieles 
befreien zu lassen und seine Grossmuth durch Begnadi- 
gung eines wegen Insubordination zum Tode verurtheil- 
ten Offiziers an den Tag zu legen. Der zweite Act stellt, 
in geringem Zusammenhange mit der Handlung, das be- 
wegte Leben des Feldlagers in Schlesien während des sie- 
benjährigen Krieges als Episode dar, nnd hier ist es, 'Wo 
der Componist durch grosse Chormassen und Instrumen- 
taleffecte, wie durch harmonische Combinationen wahr- 
haft grossarlige, dramatische Wirkung hervorbringt, im 
Gegensatze zum ersten nnd dritten Act, die fast idyl- 
lisch und meistens im Style des leichteren Singspieles ge- 
halten sind. No. 1 ist eine gemüthliche Introduction für 
zwei Soprane, Tenor und Bass, worin der Hauptmann 
ausser Diensten Saldorf seinen Pflegesobn Conrad nach 
Berlin als Kaufmannslebrling sendet, der indess aus Furcht 
vor den Feinden bald, wie Peter in der Fremde, zurück- 
kehrt. No. 2. Melodram und Romanze. Vielka, die Pfle- 
getochter des Hauptmanns , entwickelt als Tochter einer 
Zigeunerin und Waise, ihre Fähigkeit zur Seherin und 
ihre Liebe zur bereits gestorbenen Mutter auf rührende 
Weise. No. 3. Arie des bereits zurückgekehrten Conrad, 
der seine Flucht vor dem Feinde und sein Zusammen- 
treffen mit dem ihm unbekannten Könige Friedrich II. (der 
sich vor den Feinden unter der Brücke verborgen und 
den er glücklich in Saldorfs Haus geleitel bat) erzählt. 
No. 4 ein lieblich melodisches Duett der beiden Lieben- 
desn Vielka und Conrad. No. 5. Becitativ und Ensemble : 
Saldorf entdeckt nach Conrad'» Entfernung seiner Nichte 
Tberese und seiner Pflegetochter Vielka, dass der Gast, 
den Conrad heimlich hergeführt, der König sei. Seine 
Rettung wird selbst um den Preis des Lebens beschlos- 
sen. Da verkünden in No. 6 mehrere Landmädcben das 
Eindringen der Feinde durch den Garten. Vielka ver- 
spricht Hilfe, da es ungarische Reiter und Verwandte 
ihres Stammes seien. Alsbald stürmen auch die ungebe- 
tenen Gäste durch das Fenster berein. Dieser Chor ist 
eben so originell, als No. 7, Vielka's Zigeunerlied. Fräul. 
Tucxeck führt diese Scene, wie die ganze Partie, höchst 
cbaracteristiscb durch. Im Finale No. 8 wird die Flucht 
des verborgenen Königs dadurch glücklich bewirkt, dass 
Conrad für den König, ausgegeben nnd gefangen abge- 
führt wird, für Friedrich II. aber ein Freipass, auf Sal- 
dorfs Pflegesohn lautend, von dem Pandurenanfübrer aus- 
gefertigt ist. Dennoch wird der Flüchtige von den Po- 
sten angebalten, jedoch dadurch frei gelassen, dass er 
sich als der Flötenbläser Conrad durch sein fertiges Flö- 
tenspiel (ein schönes Solo hinler der Scene) legitimirt. 
Der Abmarsch der feindlichen Soldaten und das Dankge-' 
bet der Retter des Königs bilden den Schluss des langen, 
jedoch interessanten Acts. Im zweiten Acte bat der Com- 
ponist colossale Chor- nnd Instrumentalmassen in den 
militärischen Lagerscenen kunstvoll angewendet, und die- 
selben sind höchst ebaracteristisch , zeitgemäss und von 
ausserordentlicher Wirkung. Das Husarenlied No. 9 für 
Bariton wird von Herrn Pßster keck und feurig gesun- 

Sen. Noch imponirender ist No. 10: das Grenadierlied 
es Herrn Zschie$che mit seinem Chorrefrain : „Trrrum t 
Trrrnjnl" Das Lied eines greisen Landmannes No. 12 



wird von Herrn Bader ganz im einfach gemütblichen 
Tone des schlichten Alten vorgetragen. Ein Ballet mit 
angemein piquanter Musik folgt. Zn grossen Tänzen bie- 
tet die Handlung keine Gelegenheit dar, daher sich das 
Ballet auf einen Ensembletanz und Tanz der Marketen- 
derinnen beschränkt. No. 13, ein Quadrupelchor, ist eine 
der kunstreichsten harmonischen Combinationen; jeder 
der vier Chöre singt für sich nnd dann vereint. Alle Sol- 
daten wollen fortstürmen, um den gefangen geglaubten 
Vater Friedrich zu befreien. Das besonders schwungvolle 
Kriegslied No. 14, im Chor unter Trommelschlag und 
Trompetenklang auf der Bühne gesungen, begeisterte all- 
gemein zu enthusiastischem Beifall. Im Finale tritt am 
Meisten der Schwur des ganzen Chors und am Schlüsse 
die Verbindung des alten Dessauer Marsches mit den In- 
fanteriemärseben und Cavalleriefanfaren hervor, so dass 
die Wirkung ergreifend , jedoch zuletzt auch fast betäu- 
bend und abspannend ist. — Der dritte Act beruhigt wie- 
der die aufgeregten Zuhörer durch die leichtere Haltung 
der angenehmen Gesangstüeke , wie No. 16: Duett der 
Vielka und des Conrad, in welchem Letzterer die Flöte 
auf der Bühne spielt und die zweite Flöte hinter der 
Scene (im Zimmer Friedrichs II.) geblasen wird. Dazwi- 
schen singt Vielka ihrem Geliebten die Melodie des Flö- 
lenconcertes vor, und begleitet dieselbe mit Bezeichnung 
des Vortrages: crescendo, calando, dolee, piano u. s. w. 
Ein leiser Chor der Pagen und Diener schliesst dies un- 
gemein graziöse, .und durch den Flötencanon kunstreiche 
Musikstück. No. 17: Becitativ und Cavatine, in welcher 
Therese, die Nichte des Hauptmanns Saldorf, den Verlust 
ihres, wegen eines Subordinationsfehlers vom Kriegs- 
gerichte zum Tode verurtbeilten Geliebten beklagt, würde 
an einer anderen Stelle günstiger wirken, als gegen den 
Schluss der langen Oper. Fräul. Marx trug diese Arie 
mit Gefühl vor. (Bei der dritten Vorstellung blieb dieses 
Stück weg.) Das folgende Terzett No. 18 wird durch 
Conrad'« Humor belebt. Da dieser, als der Better des 
Königs, sich eine Gnade ausbilten darf, so bittet und er- 
hält er die Begnadigung des zum Tode verurtbeilten Soh- 
nes seines Pflegevaters, des Hauptmanns Saldorf, wel- 
cher zugleich Theresens Geliebter ist. 

Sehr schön ist am Schlüsse dieses Terzetts beson- 
ders der dreistimmige Gesang ohne Begleitung. Da nun 
Bube geboten wird, weil der König im Nebensaale schläft, 
so entfernen sich die durch seine Huld Beglückten nach 
einer, besonders originell (mit englischem Hörn, Bassclari- 
nette, Harfe u. s. w.) instrumenlirten Vision der Vielka» 
Hierauf bereitet ein unsichtbarer Cber zu den lebenden 
Bildern vor, welche den Zuschauern die Träume des ru- 
henden Helden anschaulich machen sollen. Es heisst: 

„Laut, was ferne Zeiten webeo, 

„Seinem Haupt vorüber «cb weben." 

Nun beginnt das Fest-Nachtspiel .. Ein Welkenvorbang 
senkt sich über die Bühne, und in einer Wolkennische 
erscheint die Jungfrau Borussia (Mad. Crelinger)> und 
spricht den Epilog unter Musikbegleitung. Der Dichter 
hat ursprünglich acht Traumbilder beabsichtigt r welche 
auf sechs bei den zwei ersten Vorstellungen, und auf 
vier bei der dritten Verstellung beschrankt worden sind, 
so dass, bei mehreren Kürzungen, die Oper jetzt nur 



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vier Stunden währt, wogegen die ernte Vorstellung fast fünf 
Standen dauerte. Das erste Bild zeigte ein SoMachtge- 
mildev dabei Friedrich IL auf seinem Schimmel reitend. 
Das zweite Bild, ist ein allegorisches Gemälde des Frie* 
deus* mit ungemein lieblichem Gesänge und Musikbeglei» 
tnng. Das dritte BUd stellt das lanere des alten Opern« 
banses dar, Friedrieh den Grossen hinter Graun sitzend, 
indem die Mara (Dem. Mar») die Arie: „Mi paventi" 
auf der Bü'bne singt. Das vierte Bild zeigt die zum Kampf 

K rüsteten Freiwilligen des Jahres 1813 vor dem Rath- 
nse zn Breslau; choralartiger Gesang ertönt unter Glo- 
ekenklang, zu welchem der sinnige Tondichter auch An- 
klinge aus (7. Af. v. fPeber** patriotischem Liede t „Lö- 
tzow's wilde Jagd" sehr wirksam benutzt hat. Im fünf- 
ten Bilde sieht man das Brandenburger Thor mit der erst 
verhüllten, dann bell beleuchteten Victoria, und den Sie- 

K »einzog des verewigten Königs in Berlin im Jahr 1814. 
r Volksgesang: „Heil dir im Siegerkranz/' mit Zwi- 
sohenmelodieen kunstvoll verwebt und trefflich instrumen* 
tirt, ertönt ergreifend. Das letzte BHd zeigt das bren- 
nende Opernhans» welches sieb durch künstlichen Be- 
leuchtungswechsel in die äussere Fac,ade des neuen Kunst« 
tempels verwandelt; Apoll und die Musen erscheinen 
schwebend im Gewölke, Während der Chor hinter der 
Scene die Prenssen neuen Glanz verbeissende Schluss- 
rede der Borussia begleitet. — Die wahrhaft preussische 
Nationaloper ist auch bei der dritten Vorstellung mit En- 
thusiasmus aufgenommen worden und wird am 17. d. M. 
zum vierten Male bei hohen Rreisen gegeben werden. 
Der Gomponist wurde jedesmal durch Hervorruf ausge- 
zeichnet und mit dem Baeralh Langhans nach dem zwei- 
ten Act in die grosse Mittelloge zum Könige gerufen, 
welcher beiden Herren die höchste Zufriedenheit mit ih- 
ren Leistungen zn erkennen gab. Meyerbeer und der 
Baumeister musslen sich das erste Mal der Versammlang 
persönlich zeigen, um deren Anerkennung zu empfangen. 
Noch oft wird diese Oper deo Musikfreunden hohen 
Genuss gewähren. Möge auch das neue Opernhaus stets 
zu würdigem Opfer „Apollint et Musis" benutzt wer- 
den I </. P. S. 



Leipzig* den 9. December 1844. Unsere Theater- 
directum flnrt fort, auch im Opernfacbe den Anforderun- 
gen vollkommen zu entsprechen, welche das Publicum an 
eine der ersten Kunstanstaltea Leipzigs wobl machen 
darf. In quantitativer Rücksicht kann natürlich eine erst 
vor wenigen Monaten zusammengetretene Sängergesell- 
schaft nicht so Vieles leisten, als dies bei einem länge- 
ren Besteben eines solohen Unternehmens möglich ist; 
dazu' kommt , dass durch öfteres und längeres Unwohl- 
sein einzelner Sänger und Sängerinnen Unterbrechungen 
eintraten , die um so weniger zu vermeiden waren , als 
sich die anfänglich wohl von der Direetion beabsichtigte 
doppelte Besetzung Jer Bollen namentlich in den Haupt- 
partieen nicht so leicht ausfuhren liess, als man geglaubt 
haben mochte. In Bezug auf die Leistungen selbst haben 
wir ohne Zweifel alle Ursache, zufrieden zu sein. Frei- 
lieh fehlt noch immer ein Spieltenor; denn Herr fFide- 
mann besitzt, bei allen Vorzügen seines Gesanges, doch 



die zu einem soleben erforderlichen Eigenschaften in einem 
geringeren Grade» uad eben so wenig war dies bei den 
Herren Klein und Lehmann der Fall, weiche Beide übri- 
gens naoh Ablauf der kurzen Zeit, auf welche sie eng*» 
girt waren, und da sich ein entschiedener Beifäll IBr sie 
nicht ergab, Leipzig bereits wieder verlassen haben« — r 
Für die äussere Ausstattung der Oper thnt die Direetion 
das Mögliche, und wir zollen ihr dafür gern verdiente 
Anerkennung. 

Wiederholt wurden die Opern : Don Juan, die Zau- 
berflöte, der Schöffe von Paris (von Dom), Mara (von 
Netzer) und Norma, bei denen wir nur in der Kürze 
des .ersten theatralischen Versuchs gedenken, welchen am 
5. November Herr Salomon (ein Schüler unseres wacke- 
ren Gesanglehrers am hiesigen Cooservatorium der Mu- 
sik, des Herrn Böhme) als Sarastro nnd Herr *» Planer 
als Sprecher in der ZauberOöle machten. Beide Debü- 
tanten erhielten aufmunternden Beifall, und namentlich 
zeigte Herr Salomon eine schöne und volle Bassstimme» 
die in ihm nach erlangter grösserer theatralischer Uebung 
und verminderter Befangenheit mit der Zeit einen will- 
kommenen Opernsänger erwarten lässt. 

Neu einsludirt waren: „Czaar und Zimmermann" 
von Lort%ing ,,Die Sirene'* von Auber, uud „Figaro'a 
Hochzeit'' von Mozart. In der genannten Lortzing'&che* 
Oper waren die grösseren Partieen in den Händen der 
Frau Günther- Bachmann (Marie), der Herren Rinder- 
mann (Czaar) , Ulram (van Bett) , und^ Henry (Peter 
Iwanow). Die beiden Ersteren haben sich bereits un- 
ter der früheren Direetion in diesen Rollen entschiedene 
Gunst erworben, und leisteten auch jetzt unter tbeilweise 
neuen Umgebungen Ausgezeichnetes. Herr Ulram hat 
nach nnserem Dafürhalten, obwohl er in Bezug auf Stimm- 
mittel seinen Vorgänger in dieser Rolle, Herrn Berthold, 
weit übertrifft, doch nicht die natürliche Komik, die Letz- 
terem eigen ist, und er konnte daher nur durch Ucber- 
treibungen wirken, welche aber freilich dem Ganzen Ein* 
trag thaten. Herr Henry war ricksicbtlieh des Gesanges 
seiner Partie nicht ganz gewachsen, aber sein Spiel recht 
loben s wert b, wenn gleich nicht dem zu vergleichen, durch 
welches früher der Gomponist selbst das Stück nicht we- 
nig belebte. 

,, Die Sirene," komische Oper in drei Acten von 
Auber, ging zum ersten Male am 29. October ia Scene. 
Die Musik ist von gleichem Genre und Gewicht, wie alle 
Opern Auber's aus der neueren Zeit: melodiös, gefällig 
und ansprechend, entbehrt aber, wenn auch die dem Com- 
ponisten eigentümliche grosse Gewandtheit in der Anord- 
nung seines musikalischen Stoffes oiebt zu verkennen ist, 
doch eines tieferen Gebaltes. Einen soloben will sie frei- 
lieb auch nioht haben. Auber strebt jetzt offenbar mehr 
nach einem angenehmen, als einem tiefen und nachhal- 
tigen Eindruckes seine Sujets sind, zwar durch vielfache 
Verwickelungen interessant und spannend, aber immer 
auf eine parlante Behandlung der Stimmen berechnet, 
und diese prägt eich bei ihm bekanntlich stete im Rhyth- 
mus eines Walzers, Galops oder Contretanzes aus. Da* 
bei fehlt es jedoch nicht an reizenden Melodieen, nnd die 
Oper enthält Nummern, die in bekannter ^«AeVscher 
Manier mit seltener Geschicklichkeit componirt sind. Als 



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1844. December. No. 51. 



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sehr ansprechend heben wir namentlich das Männerquar- 
tett im ersten Acte, das Lied der Zerline, das Duett 
zwischen dieser und Scopetto, und das Pinale im zwei- 
ten Acte» so wie endlich das Duett (Zerline und Scipio) 
des dritten Actes hervor. — Was die Auffuhrung an- 
langt, so müssen wir es zuvörderst ohne Bedenken für 
einen Missgriff erklären» dass die Partie der Zerline, die 
eine vorzüglich in Coloraturen sich auszeichnende Bra- 
voursängerin erfordert» unserer Soubrette Frau Günther- 
Bachmann zugetheilt worden war. Alle Achtung vor dem 
unzweifelhaften Talente der Letzteren» — aher eine Pri- 
madonna ist sie nie gewesen» wird es auch nicht sein 
oder werden wollen. Wahrscheinlich hat die Directum 

femeint : Zerline sei eine sogenannte Spielpartie» und da 
ran Günther - Bachmann gerade in solchen sich die 
Gunst des hiesigen Publicums in reichem Maasse erwor- 
ben bat» werde auch diese Rolle ihrem Talente am Mei- 
sten zusagen. Wir lassen» wie gesagt» dem letzteren gern 
Gerechtigkeit widerfahren» aber es ist erstens ein Irr- 
thum» dass die Rolle der Sirene mehr eine Spielrolle sei, 
als jede andere Hanptparlie in einer leichten französischen 
Oper; es liegt im öegentheile gerade in ihr wenig Hu- 
mor und Leben, sie ist mehr passiv gehalten» und wo 
sie einmal handelnd in das Stück eingreift, geschieht dies 
grösstentbeils nur durch ihren geheimnissvollen Gesang 
hinter der Scene. Und zweitens dreht sich in der gan- 
zen Oper Alles eben nur um den Gesang der Zerline» 
welche als eine kunstgeübte Sängerin geschildert wird; 
darum sind Xetzterer fast stets die kunstvollsten und 
schwierigsten Passagen und Coloraturen zugetheilt» kurz 
— die Sirene ist entschieden eine brillante Gesangpartie, 
und einer solchen allseitig zu genügen» liegt ausser der 
Sphäre der Frau Günther* Bachmann. Man hatte deshalb 
vielfache Aenderungen in Bezug auf ihre Partie gemacht» 
die Schwierigkeiten derselben durch Weglassungen und 
substituirte leichtere Rouladen zu heben gesucht» aber da- 
mit freilieb auch der ganzen Oper einen der eigentüm- 
lichsten Züge genommen. In ähnlicher Weise war die 
Partie des Scopetto» eigentlich hoher Tenor, um deswil- 
len abgeändert und zum Theil transponirt worden, damit 
unser Baritonist Herr Eiche dieselbe übernehmen konnte» 
ein Verfahren, dass wir eben so wenig billigen können. — 
Abgesehen hiervon, ging die Oper recht hübsch und wurde 
günstig; aufgenommen, und alle Mitwirkende, unter de* 
nen wir noch Herrn Ulram — Herzog, Herrn Wide- 
mann — Scipio, und Herrn Berthold — Bolbaya lobend 
erwähnen, erwarben sich ungetheilten Beifall. — 

Wie wir schon in unserem ersten Berichte die Auf- 
fuhrungen des Don Juan und der Zauberflöte als sehr ge- 
lungen bezeichnet haben, müssen wir auch jetzt wieder 
das meiste Lob der Vorstellung der »»Hochzeit des Fi- 

furo" spenden» welche am 15. v. M. zum ersten Male 
tatt fand. Wir meinen, wohl nicht mit Unrecht» dass 
eine Sängergesellschaft, welche die Mozarf $chtu Mei- 
sterwerke vorzugsweise gut darstellt, sehr viel für sich 
habe, und halten uns der Beistimmung aller Kunstfreunde 
versichert» wenn wir schon hierauf eine sichere Hoffnung' 
auf fernere wahrhafte Genüsse bauen. Ausgezeichnetes 
leistete Fräul. Mayer als Gräfin. Man hört es ihr an» 
dass sie Moxarf ncht Musik vor Allem liebt und gern 

(Zu 



singt; darum legte sie auch in diese Partie den ganzen 
Reiz ihrer Stimme und Kunstfertigkeit und trug sie in 
allen Theilen vollendet vor. Nur eine zu sehr gesteigerte 
Leidenschaftlichkeit, die sieb in dem Allegro der grossen 
Arie : Dove squo i bei momenti etc.» sowohl durch ein zu 
lebhaftes Tempo» als namentlich durch ein etwas zu star- 
kes» beinahe gewaltsames Auftragen der Töne kund gab» 
konnten wir nicht ganz am rechten Platze finden. Der 
Sängerin würde sicherlich auch bei einer grösseren Mäs- 
sigung in diesem Bezüge ein gleicher ausserordentlicher 
Beifall zu Theil geworden sein ; wenigstens glaubt Refe- 
rent, dass Fräul. Mayer selbst den letzteren lieber ihrer 
wahren Kunstbildung, als einer outrirten Bravour ver- 
dankt. Herr Rindermann sang den Grafen, einige kleine 
Gedächtnissfehler abgerechnet, die in einer jedem Künst- 
ler so bekannten Oper nicht vorkommen sollten, mit sei- 
ner herrlichen Bassstimme sehr schön. Die Susanne ist 
jedenfalls eine der vorzüglichsten Partieen der Frau Gün- 
ther -Backmann; dass sie derartige (wir müssen uns des 
beinahe wie ein Widerspruch klingenden Ausdrucks be- 
dienen) natürlich - coquette Rollen unvergleichlich spielt, 
ist genugsam bekannt; aber auch von Seiten des Gesan- 
ges war ihre Darstellung eine überraschend ausgezeich- 
nete. Es ist so viel natürliche Gabe und Anlage in der 
Stimme und Vortragsweise der Frau Günther- Bachmahn, 
dass man darüber oft und gern den Mangel einer künst- 
lerisch vollendeten Gesangbildung vergisst. Etwas Ande- 
res ist es mit Partieen, die, wie wir oben in Bezug auf 
die Sirene bemerkten» nur mit Coloraturen und Roula- 
den glänzen; etwas Anderes mit solchen» denen ein ge- 
sunder cbaractervoller Vortrag den Stempel des Wahren 
und Schönen aufdrückt. Und hierin war die Darstellung 
der Susanne» in den Ensemble's sowohl, als in den bei- 
den Arien, eine höchst gelungene. Herrn Eiche's — Fi- 
garo — Stimme stellt sich leider immer mehr in den 
Genitiv zu seiner Persönlichkeit und zu seinem Spiele; 
allein dessen ungeachtet leistete er auch im Gesänge Gu- 
tes und trug wesentlich zu dem schönen Eindrucke des 
Ganzen bei. Die Rolle des Pagen war einer Anfängerin» 
Fräul. Targa, zugefallen, die, bei an sich angenehmer 
Stimme und» wie es scheint, guter Richtung des Geschmacks, 
noch mit grosser Befangenheit zu kämpfen hatte, wodurch 
sie ihre Leistung etwas in den Schatten stellte, ohne 
jedoch zu stören. Frau Eiche — Marzelline, Herr Bert- 
hold — Bartolo und Herr Henry — Basilio waren er- 
götzliche Erscheinungen und lösten ihre Aufgabe vollstän- 
dig und befriedigend. — Die Aufführung war im Allge- 
meinen y auch von Seiten des Orchesters , eine durchaus 
verdienstliche, und wir hoffen» uns noch mehrerer Wie- 
derholungen dieser höchst beifällig aufgenommenen Oper 
erfreuen zu können. 

Wie verlautet» steht in nächster Zeit die Aufführung 
des »»Barbier von Sevilla« und des »»Wilhelm Teil" von 
Rossini zu erwarten, und behalten wir uns vor» darüber 
später zu berichten. 

Noch gedenken wir endlich eines Goncertes» welches 
am 16. November der berühmte Violinist Herr H. W* 
Ernst im Theater veranstaltete. Er trug darin Variatio- 
nen von Mayseder, so wie von seiner Compositum eine 
Fantasie über Themen aus Otello und den Garneval von 
Mo. tfi.) 



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Venedig vor und erhielt den verdientesten Beifall des zahl- 
reich versammelten Publicnms. — - 9, 



Leipzig, den 14. December 1844. Neunte* Abonr 
nementconcert, Donnerstag, den 12. December. Concert- 
ouverlnre (in A) von Jul. Riet*. — Recitativ und Arie 
ans Teodora von J. G. Händel, gesungen von Miss Lin- 
coln ans London. ■ — Souvenir de Beatrice di Tenda, Fan- 
tasie für die Violine» componirt und vorgetragen von Herrn 
A. Bazzini aus Mailand. — Arie mit Chor aus Semi- 
ramide von Rossini, gesungen von Miss Lincoln. — Con- 
certino für die Oboe von L. Maurer, vorgetragen von 
Herrn Rose, köni^l. Hannoverischem Kammermusicus. — 
Goncertaute für vier Violinen mit Orchesterbegleitung von 
L. Maurer, vorgetragen von den Herren //. fV. Ernst, 
A. Bazzini, J. Joachim und Concertmeister David. — 
Symphonie von L. Spohr (No. 3, Cmoll). — 

Mehrmals schon in den letzten Jahren ist die Ouver- 
türe von Rietz in unseren Goncerten znr Aufführung ge- 
kommen und hat sich stets in hohem Grade der Gunst 
des Publikums zu erfreuen gehabt. Sie ist ein trefflich 

Jearbeitetes Stück, das durch einen würdigen, festlichen 
instrich und durch eine reiche, äusserst wirksame In- 
strumentation imponirt, mit fliessenden Melodieen ein fri- 
sches Leben verbindet und dabei ein künstlerisch durch- 
aus abgerundetes Ganze bildet. Zu dem Eindrucke, den 
sie auch dieses Mal hervorbrachte, trug gewiss nicht we- 
nig die wahrhaft vollendete Ausführung von Seiten des 
Orchesters bei, welches wieder eine Discretion und an- 
dererseits eine Energie zeigte, wie man bei einem stär- 
keren nnd vielleicht in Bezug auf die Leistungen aller Ein- 
zelnen vorzüglicher zusammengesetzten Orchester schwer- 
lich finden möchte. 

Wenn sich die aus England zu uns herüber gekom- 
menen Sängerinnen, welche für die Concerte früherer 
Jahre engagirt waren, durch schöne Naturgaben und aus- 
gezeichnete Vortragsweise den unget heiltesten Beifall er- 
worben haben, so ist dadurch zugleich erklärt, dass Miss 
Lincoln, eine noch sehr junge Sängerin, der ein factisch 
begründeter Ruf noch nicht vorausgeht, unserem natür- 
lich erwartungsvollen Publicum gegenüber einen nicht 
leichten Stand hatte« Das Letztere ist zudem überhaupt, 
wenn auch nicht für unnachsichtig, doch für streng und 
in seinem Urtheile ziemlich entschieden bekannt, und ist 
es daher nickt zu verwundern, wenn in den Leistungen 
einer vor ihm debulirenden Sängerin eine Befangenheit 
sich wahrnehmen lässt, die deren Wirkung immer be- 
einträchtigt. Dazu kpunpt, dass Miss Lincoln sich mit der 
Arie aus Teodora von Händel (Angela ever bright and 
fair etc.) iulroducirte , die wir erst im vorigen Winter 
ausgezeichnet schön von Miss Birch gehört haben , und 
daher die nahe liegende Vergleichong der Ersteren einen 
Success noch mehr erschweren mussle. Die Stimme der 
Sängerin ist wohlklingend und von nicht unbedeutendem 
Umfange; die höheren Töne möchten wir den mittleren 
vorziehen; vielleicht aber litten gerade diese vorzugs- 
weise durch die Aengstlichkeit der Debütantin. In der 
Arie aus Semiramis zeigte Miss Lincoln eine schöne Vo- 
lubilität, und es machte sich darin ein sachgemässer, schon 
viel freierer Vortrag geltend, wie war denn gewiss erst 



durch ihre späteren Leistungen, denen wir wobl enlge- 

f;ensehen dürfen, einen sicherern Maassstab zur Beurtbei- 
ung finden werden. Das Publicum gab seine Zufrieden- 
heit besonders nach der zweiten Arie lant zu erkennen. 

Herr Bazzini erwarb sich reichen Applaus durch 
den wirklich schönen Vortrag seiner Fantasie; dieselbe, 
eine gerade nicht sehr geballvolle Paraphrase einiger 
süss lieh - weinerlichen Bellinfscbtn Themen, bot ihm viel- 
fache Gelegenheit, die Vorzüge seines schönen Tones und 
seine erstaunenswerte Gewandtheit in helles Licht su 
setzen, und besonders ist die Sauberkeit, mit der er die 
schwierigsten Passagen ausführte, so wie die Reinheit 
seiner Einsätze selbst in den höchsten Tönen lobend her- 
vorzuheben. 

In Herrn Rose aus Hannover lernten wir einen ge- 
schickten und trefflichen Oboebläser kennen, der die ver- 
schiedenen Schattenseiten seines Instrumentes durch einen 
vollen gesangreichen Ton und eine ansprechende Aus- 
führung der ziemlich schwierigen Composition vergessen 
Hess, und sich ehrender Beifallsausserungen von Seiten 
des Publicums zu erfreuen hatte. Von dem meisterhaften 
Ensemble der Herren Ernst, Bazzini, Joachim nnd Da- 
vid in dem Concertante für vier Violinen von L. Mau- 
rer wurde bereits bei Besprechung des am 28. v. M. 
zum Besten des Orchester -Pensionsfouds Statt gehabten 
Concerts berichtet, und haben wir dem dort Gesagten 
nur noch hinzuzufügen, dass die genannten Virtuosen, 
als nach Beendigung des Stückes der rauschende Applaus 
nicht enden wollte» die den Scbluss des Ganzen bildende 
Cadenz, jedoch mit Abänderungen wiederholten, wie sie 
gerade der Augenblick einem Jeden von ihnen eingab, 
was das Interesse ungemein erhöhte und einen wahren 
Beifallssturm hervorrief. 

Spohr 9 s Cmoll -Symphonie, ein Werk aus früherer 
Zeit, gehört unstreitig zn den schönsten und gediegen- 
sten Arbeiten des Meisters. Namentlich vereinigen die 
beiden ersten Sätze in Bezug auf Erfindung, Behandlang 
und Instrumentation Alles, was dessen Gompositionen 
wahrhaft auszeichnet; der Effect, den im zweiten Saite 
das Unisono der Streichinstrumente hervorbringt, ist un- 
vergleichlich. Weniger interessant sind das Scherzo und 
das Finale ; es ist darin eine Hast, ein Drängen und Wech- 
seln der Harmonieen und Figuren, die in dem Hörer, zu- 
mal nach den ersten beiden Tbeilen der Symphonie, eine 
nicht behagliche Stimmung, eine Unruhe erzeugt und ihm 
daher den wahren Genuas verkümmert. 

Das Publicum nahm das Werk, welches seit längerer 
Zeit in unseren Concerten nicht gespielt worden ist, 
günstig und dankbar auf. L. R. 

Leipzig, den 15. December 1844. Am vergangenen 
Sonntage, den 8. December» fand im hiesigen Gewand- 
hause eine musikalische Morgenunterhaltung Statt, welche 
Herr Dr. Robert Schumann mit seiner Gattin veranstal- 
tet und zu der. Beide die Kunstfreunde Leipzigs durch 
Karten eingeladen hatten. Das Künstlerpaar hat uns schon 
öfter mit seltener uneigennütziger Freigebigkeit durch 
ihr grosses Talent hohe Genüsse verschafft und verpflich- 
tete auch in der bemerkten Matinee die zahlreichen Zu- 
hörer zum lebhaftesten Danke« Eröffnet wurde dieselbe 



1644» Decetuber. Na. 51. 



870 



dacob «in onus Quartett JZ«ferl Schümann'* für Piano- 
forle, Vkrfioe, Viola und Violoncello* gespielt von Frau 
Dr. Schumann, Herrn Goneertmeisier David, Herrn Gade 
und Herrn Wittmanu, ei* Stück voll Geilt und Leben, 
das, namentlich in den beiden Mittelsätzen höchst anspre- 
chend und lieblich, mit hohem Schwünge der Phantasie 
eine Fttte acMner musikalischer Gedanke» verbindet nnd 
gewiss überall, wie hier, mit grossem Beifalle aufgenom- 
men werden wird. Es folgten darauf, ein Lied mit Cla- 
vierbegleiUwg von Clara Schumann, so wie in Zwischen- 
räumen noch, fünf Lieber von neb. Schumann („Stille 
Liebe," „0 Sonnenschein," „Die Nonne," „Ich grolle 
nicht" und „Du meine Seele, du mein Herz"). Diese 
reizenden , wahrhaft schönen Compositionen , von denen 
sich manche« wie z. 8. da* zalelzt bezeichnete, in kur- 
zer Zeit eine grosse Verbreitung und Popularität erwor- 
ben haben, wurden von ungejrer kunstgeübten Dilettantin, 
Frau Dr. Frcge, geb. Gerhard, mit dem ihr eigenen 
Zauher der Stimme gesangen, wie wohl anderwärts Ge- 
sänge dieser Gattung kaum gehört worden sind. Es liegt 
in den Tönen derselben ein so kindlich frommer und rei- 
ner Sinn» der Vortrag der Sängerin ist so ungesebmückt 
und wahr, nnd bezeugt das richtige Verständniss der 
Worte und der Musik so unzweifelhaft, dass wir Frau 
Dr. Frege, die zuweilen auch grössere» Aufführungen, na- 
mentlich kirchlicher Musik, durch ihr schönes Talent un- 
terstützt, als eine der vorzüglichsten Liedersängerinnen 
bezeichnen müssen. Rechnen wir hierzu das ausgezeich- 
nete Accompagnement dieser Lieder durch Frau Dr. 
Schumann, so ist auch der herrliche Eindruck erklärt, 
den dieselben erregten, ~~ Frau. Dr. Schumann, über 
deren Talent und musikalische Bildung hier noch zu 
sprechen uns ihr weitverbreiteter Ruf als erster jetzt 
lebenden Piaoofortevirtuosin überhebt , spielte sodann 
von den Mendelssokn*seben Liedern ohne Worte No. 5 
und 6 aus dem fünften Hefte : Gondellied und Frühlings- 
lied, mit grosser Innigkeit, und die Polonaise von Cho- 
pin, welche sie bereits in einem der letzten Aboonement- 
coneerte vorgetragen hatte, mit Bravour und bewunderns- 
werter Ausdauer. Zum Schluss endlich, nachdem Herr 



Concertmeister David den Mittelsalz^aus der grossen Suite 
von J. Seb. Bach, — ein Violinsolo mit Orchesterbeglei- 
tung — auf dem Pi^poforte acqompagnirt von fi^tu Dr. 
Schurmmn, sehr sebön ge$pi#lt bitte, bffrttfi wir von 
Letzterer noch Beethovens Cdur- Sonate, Op'. 53, in 
welcher die Künstlerin glänzende Beweise ihrer geistrei- 
chen Auffassung classischer Werke und ihrer eminenten 
Fertigkeit gab. Zu verwundern war namentlich die letz- 
tere, da bei einer schnell eingetretenen bedeutenden Kälte 
auch der Saal des Gewandhauses nur wenig zu erwär- 
men gewesen war und dadurch der Vortrag der Clavier- 
compositionen wesentlich erschwert wurde. 

Die Anerkennung der Zuhörer sprach sich in lebhaf- 
tem Applaus aus und bleibt dem hochgebildeten Künst- 
lerpaare hier in Leipzig, wo es die ersten Lorbeeren 
pflückte, gewiss für alle Zeiten gesichert. 



Feuilleton. 



H. W. Ernst erhielt vo» Senate der Stadt Hamburg, als 
dankbare Anerkennung der Unterstützung, die er den Hamburger 
Abgebrannten zufliessen Hess, indem er ein einträgliches Concert 
zn ihrem Besten gab, ein ans dem Metall der beim Brande ge- 
schmolzenen Kirchen glocken geprägtes Medaillon, auf der Vorder- 
seite die allegorische Figur der WohltbÜtigkeit , welche der wei- 
nenden Hammonia die Haod reicht, anf der Rückseite das Ham- 
burger Wappen tragend, verschlossen in einer aus dem halbver- 
kohl ten Holze des Hamburger Ratbhanses gefertigten Kapsel, und 
begleitet von nachstehendem Schreiben : „Die vom Senate der freien 
nnd Hansestadt Hamburg niedergesetzte Commission zur Bezeu- 
gung des Daokes für die, nach dem Brandunglüeke des verflosse- 
nen Jahres ihren Abgebrannten geschenkte liebevolle Tbeilnahme 
und freigebige Unterstützung, ersucht in Gemiissheit Ratb- und 
Bürgerschlusses vom 8. Mai dieses Jahres, dem Jahrestage der Lö*- 
schuog des Brandes, den Violinvirtuosen Herrn Ernst, das beifol- 
gende Andenken eines, aus dem Erze der geschmolzenen Glocken 
angefertigten Medaillons freundlich aufzunehmen. " 

Das Institut de France hat bei dem diesjährigen Concurs zwei 
grosse römische erste Preise und einen zweiten ausgetbeilt; den 
einen ersten erhielt ein Herr Masse für die Composition einer 
Cantate: Der Renegat von Tanger — , den anderen der blinde Herr 
Renaud de Vilhaeh^ Schüler* von Halevy. Den zweiten grossen 
Preis erhielt Herr Herten*, ein Schüler von Carafa. 



Ankündigungen. 



Bei WUnelss* Faul in Dresden erschien so eben: 

IBrWMienr, C T«, Souvenirs de Mozart. 6 Transcriptions fa- 
eiles en forme de petites Fantaisies ponr le Piano sur des molifs 
fav. d'Operas de Mozart. Oenv. 66. No. f. L'enlevement dn Se- 
rail. No. 2. Le noxze di Fkaro. No. 5. 4. Don Giovanni. No. 
3. La flute magque. No. € l* clemeaaa di Tito, j&*l2i Ngr. 

Kerlon, A., 3 Nocturnes p. le Piano. Oenv. 2. 15 Ngr. 

ü«W f Cl* Bote»- Galopp ftr Piano. Op. 63. 3 Ngr. 

Rebus- Polka für Piano. Op. 34. 3 Ngr. 

■gplllflier, F., Pensees melancolioues ponr le Piano. 3 Ngr. 

In der f . VvMttweia^ehen Butt- «ad M«»rikalkuhand- 
lung [J. Guttentay) in Berlin sind so eben erschienen: 
G&bler, F. Fr., Op. 9. Fest-Eynmex „Kommt herzu, lasset 
uns dem Herrn frohlocken" für den vierstimmigen Mannerchor. 
Frais 4ejP fartitur *** Sgr. Jejfer eins: einen Singstimme 2± Sgr. 
— — Op. 10. Infroduetion nnd Fuge für die Orgel zn vier Hän- 
den. Preis 1Ä* Sgr. 



Hayiln, Jos«, Danket dem Henul t S. A. T. B. mit neitj*- 
mass untergelegtem Text von- Boraemann. Vier- oder einstim- 
mig mit oder ohne Begleitung des Pianoforte zu singen. Preis 
comp!. 3 Sgr. Preis der vier Singstimmen 5} Sgr. 
Jtealaomvi. Ritter «Hearnaiiiiicl, Der ?0. Psalm t „Der 
Herr *rfc*rt Dich in der Notfc" und dar 9*. Psalm: „Wer un- 
ter dam Schirm des Höe4#ten siUct" ftr vier Singstimmen ohne 
Begleitung. Preis der Partitur 121 Sgr. Jeder Summe 3J Sct. 
Rimgenlm*sreil, ©. F., Motette: „BfeiT nur dein Reich" 
für zwei Tenor- nnd Basastimmen in Chor - und Seiesatse*. frais 
der Partitur 10 Sgr. Jeder Stimme 2* Sgr. 
Tailliert, Willi., Ad Lyram. Ad Sexiium. Ad ApolUnem. 
Ad Ijydimm. 4 Oden dm Hera» mit deutscher Uefcersetsuog des 
Dt. Geypert für vierstimmigen Mannerchor. Op. 62. PartUnr 
und Chorstimmen. 
No i und 2 können ohne die hesgeftgte Begleitung einer mite, 
zweier Clarinetten , sweier Hörner und srweier Fagotten ausgeführt 
werden. Für No. 3 und 4 jedoch ist diese oder die in der Par- 
titur enthaltene CiavierJsegleitnng notwendig. 



871 



1844. December. No. 51. 



872 



Im Verlag« der Unterzeichneten ist heule erschienen 
und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 

Grande (Sonate 

pour le Piano, 
composäe par 

S. Thalberg. 

Preis 2y 8 Thlr. 

Ein besonders wichtiges Werk des berühmten Com- 
ponisten und Virtuosen, auf welches wir daher auch be- 
sonders aufmerksam zu machen uns erlauben. 
Leipzig, den 15. December 1844. 

BreltlMpf Jt U&i-tet. 



Neue werthvolle Musikalien^ 

welche 10 eben in der Srtlleftlnger'sckeii Buch- «ad Muiik- 
handhing: in Berlin erschienen sind: 

Baulnl, Viriations brill. snr Oberon, PnriUni et Marie Alle 
du reg. p. VioUn a?ec Piano. Op. 17. a Jfö Sgr. 

Berlioz, Carneral romain. OnTerCnre earaet. p. Orcb. 5 Thlr. 
ponr Piano a 4 maios p. Pixis. i Thlr. 

DjMttelie 9 Lucia di Lammermoor , Tariee. Op. SO. 95 Sgr. 
6 Iatermessi p. Piano, a 10 Sgr. 

Dehler, Brillante Polka p. Piano. Op. 80, » Thlr. Fanfairie 
•ur La Favorit« p. Piano. Op. 51. 1 Thlr. 

€}(U1*% Mädchen -Traume. Walzer f. Piano. 124 Sgr., fir Or- 
chester i| Thb. Vorwarte! Manch f. Piano. 5 Sgr. 

Hera« Divertmemcnt für Piaoo. Op. 41. 15 Sgr. Valte äe- 
ganle. SO Sgr. 

KUelieil, Botschaft f. Gesang n. Piano. Op. 42. I7i Sgr. 



Mnllft>U, Grace et Gaprice p. Piano. Op. 25. 17* Sgr. 
lilMt* Heroischer Marsch f. Piano. 22t Sgr. Ungar. ! 



marsch f. Orchester, ii Thlr. 



Stnrm- 



HendelMOhii Bartltoldy, Allcgro pour Piano tirf de la 
le Sinfonie p. F. de Tengnagel. 1 Thlr. 

üeyerbeer, Komm du schönes Fischermadchea ! für eine Sing- 
summe. 2. Auflage, d? mit Goitarre a 10 Sgr. 

llOftelaeles et Kuli*!*, Practischer Theil der Methode des 
Pianofortespiels. 10 Hefte. Snbscr. - Preis a 20 Sgr. (Laden- 
preis 1 Thlr.) 

fteluteilfer, Heitere Lieder für 4stimmigen Minnergesang. Op. 8. 
IV. Sonntagsreiter, i Thlr. V. Feine Gesellen. 10 Sgr. Raaber 
n. Bacchanale f. Bariton od. Bass. Op. 10. 12£ Sgr. 

Weber, Ouvertüren au Preciosa, Freischütz, Oberon, Jubel- 
Ovrertare. Partitur a li~ 1J Thlr. 

WollT, Gr. Polka p. Piano. Op. 102. 20 Sgr. Duo tu la Si- 
rene d'A«J>er p. Piano a 4 mains. Op. 104. 25 Sgr, 



Das berersteheade Fest reranlasst aas, folgendes rm einigen 
Jahren in unserem Verlage erschienene, durch alle Buchhandlun- 
gen zu beziehende Werk in Erinnerung zu bringen : 

Hr. Martin MArther'* 

deutsche 

Geistliche üleder, 

nebst den während seines Lebens dazu gebräuchli- 
chen Singweisen und einigen mehrstimmigen Ton- 
Sätzen über dieselben von Meislern des 16. 
Jahrhunderts, 
herausgegeben von 

C van UTimterfeM. 

Mit eingedruckten Holzschnitten nnd Zeichnungen 
JL. Strähuber. 

In Hochquart. Cartonirt. Preis 8 Thlr. Prachtausgabe in Seiden- 
band. Preis 10 Thlr. 
Leipzig, den 18. December £844. 

BreitfLutpr 4b Hftrtel» 
Ankündigung. 

Nene Zeitschrift für Musik- 

Heraasgegeben in Verbindung mit Künstlern 
und Kunstfreunden 

?on 

Franz Brendel* 

Zweiundzwansigster Band. Januar bis Juli 1845. 

Mit Neujahr 1848 beginnt der JM. Band dieser immer mit 
allgemeiner Theilnahme aufgenommenen Zeitschrift. Sie wird durch 
MannichCsltigheit , Unparteilichkeit «nd Vollständigkeit sich aurch 
fernerhin das Wohlwollen des Publieums su erhalten suchen» and 
in einem Geiste geführt werden, wie ihn der bereits ausgegebene 
Prospectus zeigt. Findet sich interessanter Stoff in reicher Fälle 
oder ein längerer Aufsatz, der eine Zersplitterung nicht sulisst, eo 
werden unentgeldliehe Beilagen geliefert, so wie auch dann und 
wann artistische Zugaben gespendet. £• erscheinen wöchentlich 
zwei Nummern, jede zu einem halben Bogen in gross 4. Die Abon- 
nepten verpflichten sich zur Abnahme eines Bandes von 82 Num- 
mern , dessen Preis 9 Thlr. 10 Ngr. = 4 Fl. ifi Kr. rhdn. == 
5 Fl. 50 Kr. Conv.-M. betragt. Inserate in das dann gehörige 
Intelligenzblatt sind wirkungsreich nnd werden i\ Ngr. für die 
gespaltene Zeile oder ihren Raum berechnet. 
Leipzig, im December 1844. 



Die Allgemeine Musikalische Zeitng 

wird mit Neujahr 1845 ihren 47« ten Jahrgang beginnen und wie bisher die wichtigsten Gegen- 
stände des Musiklebens besprechen. Ihr Preis bleibt unverändert 5'/ 8 Thaler für den Jahrgang 
von 52 Nummern nebst Beilagen und Register. Die Insertionsgebühren betragen 1 V* Ngr. für die 
gespaltene Petitzeile. Die Allgemeine Musikalische Zeitung ist durch alle Postämter und Buchhand- 
lungen zu beziehen. Geeignete Beiträge werden von der Redaction gern angenommen und von der 
unterzeichneten Verlagshandlung anständig honorirt. 

Leipzig, am 10. December 1844. Breithopf 4* BLArteU 

Druck und Verlag von Breitkopf und Härtet in Leipzig und unter deren Verantwortlichkeit. 



875 



874 



ALLGEMEINE 

MUSIKALISCHE ZEITUNG. 



Den 25 ,ten December. 



M 5fc. 



1844. 



Inhalt t Jteceauu»». — NackrickUn: Aal Prag. SonmerstagUne io Italieo. (Bescbloss.) Rurzgefasste oeueste Nachrichten der ita- 
lienischen Oper o. s. w. ausserhalb Italiens. Aas Görlitt. Aas Leipzig. Zam Titelkupfer — Feuilleton, — Ankündigungen. 



Receksion. 



Fr. Lachner: Qaatuor pour 2 Violons, Alto ei Violon- 

celle. Op. 75. 
— — ; do. do. do. Op. 76, 
; do. do. du. Op. 77. Mayence, chez les fib de 

B. Schott. Preis ä 2 Fl. 42 Kr. 

Es «engt vom Achtung und Aufmerksamkeit für den 
CompoMsten, wie fir das Publicum, dass die ungemein 
tbätige Verlagshandlung dcrr Ausgabe dieser Quartetten in 
Stimmen zugleich eine sehr sanier gedruckte Partitur bei- 

ßügl bat , eine Generosität, die sieh übrigens selbst be- 
ut, da sie in mehrfacher Bestellung geeignet ist, dem 
Werke Eingang zu verschaffen. 

Die neuere Periode ist nicht eben reich an Werken 
der vorliegenden Gattung überbeupt, und an vorzüglichen 
in's Besondere. Die Symphonie, die Sonate und das Quar- 
tett sind offenbar an Quantität und Qualität, was die 
neueste Zeit betrifft» in •entschiedener Minorität. — Wie 
sieh die Ansprüche an die Symphonie ' auf eine für den 
schaffenden Künstler fast entmuthigeede Weise gesteigert 
haben, braueben wir nicht näher zu erörtern, ja es möchte 
wohl nicht schwer zu beweisen sein, dass man darin zu 
weit geht. Die erhabenen Vermächtnisse unserer grasen 
Todten haben vielleicht bis jetzt (in dem Sinne, der hier 
Anwendung indet) mehr negativ gewirkt. Fast in glei- 
chem Verhältnisse befindet siefh die Gattung des Quartetts ; 
ja , wir möchten behaupten , dass hier die Compenisten 
noch grössere Schwierigkeiten zu besiegen hallen, als bei 
der Cenocption einer Symphonie. 

Das Quartett bedingt fast mehr, als jede andere 
Kunstform , selbständige Gedanken , und wird , da es so 
manches Surrogat von Einkleidung und Tonfärbung ent- 
behrt oder YersohsNfcht, seihst hei der gewandtesten Füh- 
rung leicht trocken und monoton erscheinen, weil sein 
klarer und durchsichtiger Bau keine Täuschung oder Ver- 
hüllung gestaltet. Dazu gesellt sich die .Schwierigkeit, 
das Postulat der jetzigen, so «ngehener vorgeschrittenen 
Virtuosität, die namentlich die Violinisten in sdiwiiidctn- 
dem Taumel fontMtsst, nu horücksioatigen, oder doch etwas 
von dem Reiz nnd Schumck der neuesten Schule auf den 
Kunstwerk überzutragen. Auch schweben wohl oft mehr 
in schreckender, als begeisternder Weise die classiscbon 
Gebilde der grossen Heuler rer der Phantasie des schaf- 
fen Künstlers, und so ist es denn, Alles wohl erwogen, 

46. Jahrgang. 



kaum zu verwundern , wenn die Wahl des Stoffes eine 
Richtung nimmt, in welcher der Erfolg minder zweifel- 
haft erscheint und die Kränze bequemer zu erreichen sind. 

Wenn die Prämissen des Referenten einige Geltung 
haben , so wird ein neues Werk in dieser erschwerten 
Kunstgattung immer schon a priori von Interesse »sein, 
sein innerer Werth muss ihm dann seihst die Anerken- 
nung gewinnen nnd die Stelle anweisen, die es verdient* 

Was nun das vorliegende Werk Lacbner's betrifft, 
so ist wohl kaum nöthig, hier daran zu erinnern, dass 
dieser in den verschiedenartigsten Kunstgebieten tbätige 
Compootst in sehr abweichender, ja oft ganz entgegen- 
gesetzter Weise beurtheilt worden ist, und dass sich die- 
ser Zwiespalt der Meinungen über seinen Werth noch 
fortwährend kund gibt. Es ist hier nicht der Ort, die ver- 
schiedene Würdigung seiner künstlerischen Bedeutung zu- 
sammenzustellen und zu prüfen ; wir wollen nur einfach 
nnd unbefangen andeuten, dass wir zwar nicht in die 
emphatischen, angemessenen Lobpreisungen seiner unbe- 
dingten Verehrer einstimmen können, aber noch weniger 
zu Denen gehören, die ihm nur einen ganz untergeord- 
neten Hang unter den schaffenden Künstlern gönnen wol- 
len. Es ist allerdings nioht zu leugnen: Lachner hat, 
durch glückliche Umstände begünstigt, manchen Erfolg 
gehabt, der ihm streitig gemacht werden könnte (— wir 
wollen nur an die Preissymphonie erinnern — ); er ist 
aber gewiss ein Künstler im besten Sinne des Wortes, 
und wenn aus seinen Werken nicht immer die Weihe 
des Genius leuchtet* so muss sein Streben, das immer 
unfein würdiges Ziel gerichtet ist, wie sein künstleri- 
sches Walten überhaupt, ihm überall die Achtung und An- 
erkennung der Besseren sichern. 

Auch die drei Quartette, denen wir aus mehreren 
Gründen die vorstehende Einleitung tof au szuschicken uns 
veranlasst fühlten, sind offenbar Erzeugnisse jenes ruhm- 
würdigen Strcbens, eines gebildeten Geschmackes und 
eines trefflichen, künstlerischen Sinnes. — Steigert man 
seine Ansprüche an dies Werk nicht so hoch, dass man 
nichts als hinreissende geniale Ideen nnd Inspirationen 
nrwartet, so wird m nicht allein einen ungemein freund- 
liehen Eindruck machen, sondern noch, und namentlich 
in einzelnen Sätzen, wirkliches und höheres Interesse er- 
reuen. Es kann nicht unsere Absicht sein, das ganze 
Werk in seinen einzelnen Sätzen zn analymren; ?«"** 
Andeutungen mögen genügen. — Den Ausführenden, die 
doch bei dieser Kunstgattung am Meisten in Be- 

52 



875 



1844. December. „ No. 52. 



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triebt kommen and wohl auch den grössten Genuas bei 
der Produetion haben, können wir zunächst die Versiche- 
rung geben, dass sie Her ein Werk finden, das unge- 
mein fasslich, ansprechend und fast durchgängig leicht 
ausführbar ist, so dass die ganze Sorgfalt auf den nuan- 
cirten Vortrag verwendet werden kann, den es allerdings 
in nicht geringem Grade bedingt. 

Das erste dieser drei Quartette (in Hmoll) scheint 
ans auch das bedeutendste zu sein. Namentlich zeichnet 
sich der erste Satz durch eine gewisse geistige Regsam- 
keit aus, die das Interesse fortwährend in Anspruch nimmt. 
Der thematische Stoff unterstutzt dieses geistige Leben 
vortrefflich 5 die Behandlung ist eben so sorgfältig als man- 
nichfaltig, die Modulation fliessend und natürlich, und doch 
nichts weniger, als verbraucht. Die Augmentation am 
Ende des Satzes macht mit ihrem harmonischen Gefolge 
eine sehr gute Wirkung, so dass der langsame, leise, 
fast düstere Schluss trefflich molivirt erscheint. — Auch 
das Adagio (in Hdur) muss als sehr ansprechend und 
selbst als eigenthümlich bezeichnet werden. Es ist sehr 
edel gehalten und mit grosser Gewandtheit geführt. Die 
wechselnden, reichen und doch immer angemessenen Fi* 
guren beleben das Ganze höchst vorteilhaft. Wird die- 
ses Adagio recht sorgsam ausgeführt (die Tonart macht 
diesen Satz zu einem der schwierigsten des ganzen Wer- 
kes), so muss die Wirkung eine sehr günstige sein. Der 
interessante Schluss mit seiner canonischen Engführung 
befestigt noch den schönen Eindruck des Ganzen. — Das 
Scherzo (H moll) erhebt sich nicht über das Gewöhnliche, 
und wo das Gewöhnliche vermieden oder verdeckt wer- 
den soll, tritt selbst etwas Rauhes an seine Stelle. Das 
Trio mit seinem derben Quintenbasse «hat doch wohl etwas 
gar zu Niederländisches. — Durch das lebendige und con- 
sequent durchgeführte Finale würden wir uns vollständig 
versöhnt fühlen, müssten wir uns nicht gegen den rau- 
hen und kalten Schluss erklären. Andere nennen das viel- 
leicht einen humoristischen Zug — ; mir stellen aber den 
Humor etwas höher! 

Der erste Satz des zweiten Quartetts, Adur, %, 
kündigt sich, sind die vier Eingangstacte vorüber, nicht 
eben vorteilhaft an; er hat vielmehr etwas Gezwunge- 

nes. Auch erweist sich dieser Gedanke: ft f^tf 

der nun folgenden analogen Fortführung: 



mittJugfl 



auf die es nun einmal abgesehen war, keinesweges gün- 
stig. Auch die ersten Tacte der Durchführung bei dem 
Anfange des zweiten Theiles (in Cdur beginnend) zeigen 
mehr Streben, als Gelingen; später wird der Satz Mes- 
sender und ansprechender. Bald darauf begegnen wir wie- 
der dem . . . humoristischen Quintenbasse, ohne uns eben 
darüber zu freuen. In Summa : dies Allegro hat uns nicht 
befriedigt. — Das folgende Adagio (Ddur, %) ist wie- 
der sehr schön angelegt, hat einen sehr biegsamen, wenn 
auch nicht eben grossen Hauptgedanken, und der Cornpo- 
nisthat ihn vorteilhaft benatzt. Der Eintritt der Trie- 
lenfigur ist sehr wohlthuend; dass aber das Violoncello 



die folgende Figur 



m 



1 



m^ 



eilfTacte hindurch 



festhält, ist doch wohl ein wenig zu — consequent. — 
In dem Scherzo, das übrigens mehr die ältere Meuuett- 
form trägt, tritt das Trio durch eine wenigstens unge- 
wöhnliche Begleitung hervor. Die Viola fuhrt die Melodie. 
Wir würden gern auf die Eizenthümlichkeit derselben 
verzichten, wenn nur die rhythmische Gliederung deut- 
licher wäre. Man ist wirklich bis zum Schlüsse fortwäh- 
rend zweifelhaft, wie man sie gruppiren soll. — Da* 
Rondo ist allerliebst, heiter, geistreich und belebt Das 
anmuthige, neckische Spiel mit dem auch rhythmisch bieg- 
samen und wohlgefälligen Motiv dauert fast ununterbro- 
chen fort, bis der cantable Mittelsatz (un poco meno 
mosso) eintritt, der übrigens bedeutend gewonnen haben 
würde, wäre ihm eine fliessendere Begleitung zu Theil 
geworden. Mit dem Wiedereintritte des ursprünglichen 
Tempo erscheint das erste Motiv, in die drei unteren 
Stimmen vertheilt, während die erste Violine sich in be- 
lebten, selbständigen und wirksamen Figuren über den- 
selben bewegt, eine Zusammenstellung, welche sehr in- 
teressante Gombinatienen darbot, die vielleicht noch mehr 
von dem Componisten hätten benutzt werden können, als 
es eben hier geschieht. In der zweiten Hälfte des Satzes 
scheint unser werther Meister dies selbst gefühlt zu ha- 
ben, obgleich auch hier eigentlich nur Andeutungen ge- 
geben werden. — Jedenfalls gehört das ganze, ziemlieh 
weit ausgesponnene Allegro zu den besten Sätzen des 
ganzen Werkes. Ein sehr animirter Schluss, immer mit 
Beziehung auf das Thema, belebt und erhält die geistige 
Stimmung, die das Ganze erregte. 

Nachdem wir die Durchsicht des dritten Quartetts 
(Esdur) vollendet hatten, ergab sich zunächst das all- 
gemeine, gewiss erfreuliche Resultat, dass diese drei Quar- 
tette, sowohl der Form, als auch den Gedanken nach, 
sich völlig von einander unterscheiden, und dass es also 
dem Componisten gelungen ist, jedem derselben eine ge- 
wisse Individualität zu verleihen: eine Wahrnehmung, 
die schon an sich für seine lebhafte Einbildungskraft und 
für die Flexibilität seines Talentes zeugt. Das Bestreben, 
die vier Stimmen in dem Verlaufe des ganzen Werkes 
in angemessener, selbständiger Thätigkeit zu erhalten, 
hat ihn doch nicht verleitet, die ähnliche Behandlungsart 
zu oft zu verwenden, weshalb man denn auch säumt» 
liehe drei Quartette unmittelbar nach einander wird hö- 
ren können, ohne Monotonie zu empfinden, was wohl 
zuweilen bei ähnlichen Werken anderer, sonst trefflicher 
Meister der Fall ist. Schon in rhythmischer Formgebung 
stehen sie wesentlich von einander ab; aber noch mehr 
in Bezug auf ihre geistige Richtung: sie unterscheiden 
sich mit einem Worte durch ihre Characteristik. — Das 
erste Allegro des dritten Quartetts, Esdur, hat einen mild- 
ernsten Cbaracter, der sich selbst da nicht veriingnet, 
wo das Ganze einen lebhafteren Aufschwung nimmt. Die 
Modulation ist nicht so .rasch, und selbst nicht se häufig, 
wie in den anderen Quartetten. • Die Ausarbeitung ist sehr 
sorgfältig , und das Ganze mit so vielem Reiz ausgestat- 
tet, dass die Theilaabme nicht ermüdet, obgleich der Satz 
von bedeutender Ausdehnung ist. — Das Scherzo beseick- 



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1844. December. No. 52. 



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nct der Compenist hier als Menuett*, und mit Recht, 
denn wie sieb n«n einmal das Scherzo bei ans gestattet 
bat, so entsprechen die drei Sätze , • die ans der Compo- 
nist an der Stelle, die gewöhnlich das Scherzo einnimmt, 
bietet, dieser Bezeichnung weder durch ihre Haltung, noch 
selbst durch ihre quantitative Form. Das bier gegebene 
Menuetlo besteht eigentlich nur aus kleinen musikalischen 
Partikeln: seine Wirkung ist daher sehr aphoristisch. 
Das Trio aber ist recht anmuthig. — Als ganz trefflich 
müssen wir vor Allem das sehr ausgeführte, gedanken- 
reiche Adagio (Asdur) bezeichnen. Es athmet wahres und 
edles Gefühl und bietet in melodiöser, wie harmonischer 
Beziehung viele wahrhaft reizende Momente dar. Wie 
schön ist z. B. bei erhöhter Wärme des Satzes der (Jeher* 
gang nach * E dur motivirt , nnd wie ungezwungen und» 
doch so eindringend geschiebt die Zurückführung in die 
ursprüngliche Tonart! — Kurz, es ist ein höchst liebli- 
ches und tief empfundenes Tonbild, das einen ungemein 
wobltbuenden Eindruck machen muss. — Ein ziemlich 
aufgeregtes Finale (Allegro vivace, %) beschliesst das 
Werk, und auch in diesem letzten Satze erprobt der Com- 
ponist seine Gewandtheit und seine grosse Geschicklich- 
keit in Ausführung und Erweiterung der gewählten The- 
men. Die Motive selbst sind freilich in diesem Satze, 
wir müssen es gesteben, nicht eben, von besonderer Be- 
deutung und Eigentümlichkeit, so dass ihre Behandlung 
bei Weitem mehr hervortritt, als ihr intensiver Gehall. 
Die unaufhörliche Regsamkeit des Ganzen verdeckt und 
vergütet indess ziemlich glücklich den Mangel selbslwir- 
kender Gedanken, und eine zweckmässige Steigerung ge- 
gen das Ende ist dem vorteilhaften Eindrucke des weit 
ausgeführten Satzes noch besonders günstig. 

Concentriren wir unser Urtheil über diese Quar- 
tette, so möchte es also lauten : Sie sind das Werk eines 
gewandten, gefühlvollen und begabten Componisten; sie 
werden keine Epoche machen, aber überall gefallen. AL 



Nachrichten. 



Prag) November. Das zweite Concert des jugend- 
lichen Virtuosen Theodor Leschetitzky im Plateis- Saale, 
dessen kleinerer Raum der Wirkung des Piano's viel vor- 
teilhafter ist, eröffnete das „Second grand Trio pourle 
Pianoforte, Violon et Violoncello" nar J. May seder, vor- 
getragen von den Professoren Miliner, Büknert und dem 
Concertgeber. Diese brillante Composition bietet eigent- 
lich dem Piano nnd Violoncello weniger Gelegenheit zur 
Auszeichnung dar, als der Violine, doch benutzten alle 
drei mit Virtuosität das Dargebotene, und verdienten die 
gezollte Anerkennung des Publieums im vollen Maasse. 
Ausser diesen hörten wir von Theodor Leschetitzky eine 
Wiederholung der Prxdenfschen Fantaisie sur Lucia di 
Lammermoor de Donizetti, welche bier noch mehr, als 
im ersten Concerte, ansprach. Minder gelang ihm die 
Sonate in G moll von L. van Beethoven, welche mit sei* 
nem Alter und seiner Vortragsweise nicht recht zusam- 
menstimmt. Den Beschluss mächte: Grande Fanlaisie enr 
des motife frvoris de POpera : Les Huguenots de Meyer- 



beer par S. Thalberg, womit das Publicum vollkommen 
einverstanden war, nicht so die Kritik, und der classisch 
strenge Referent der „Bobemia." sagte darüber: „Was 
Thalberg* Composition betrifft, so ist es wahrlich Zeit, 
dass sich die Kritik endlich einmal gegen diese sogenann- 
ten „Fantasieen," die ein geschmackloses, durch ßra- 
vourpassagen auf uomolivirte Weise verbundenes Aggre- 
gat beliebter Opernmelodieen sind , mit Ernst erkläre. 
Einen eisernen Kraftgesang, wie den Choral: ,,Eine feste 
Burg," den Meyerbeer auf tiefsinnige Weise in seine 
Oper verwebt hat, mit Bravourhopsereien überkleiden, 
ist wahre, unverzeihliche Profanation. Wenn Jemand die 
grosse Pyramide des Cheops mit Rosabandscbleifen und 
Flittergold aufputzen wollte, er würde ausgelacht. Will 
Herr Siegmwid Thalberg lernen, wie man einfe so alt- 
ehrwürdige Melodie behandeln soll, so sehe er bei Seba- 
stian Bach nach, wenn es sich um kirchliche, bei Meyer- 
beer, wenn es sich um dramatische Zwecke bandelt ; zu 
einem Clavierstü'cklein ist sie zu gross, zu ernst, zu hei- 
lig/' Am Schlüsse wiederholt gerufen, gab der Concert- 
geber noch ein Paar brillante Etüden zum Besten. Mit 
Vergnügen bemerkten wir, dass der junge Künstler die 
Dämpfung diesmal weniger gebrauchte, als im ersten Con- 
certe. In Herrn Perle (eigentlich Pereies, Vorsänger im 
israelitischen Tempel), welcher zwei Lieder von Conra- 
din Kreutzer und Veit sang, lernten wir einen jungen 
Sänger mit guter Stimme und theilweise sehr gefühlvol- 
lem Vortrage kenneu , der seine schöne Gabe ja recht 
sorgsam anabilden möge. Fräul. Friederike Herbst decla- 
mirte „Die Rose vom Grabe,'* Gedicht von M. G.Jiaphir, 
fast gar zu anspruchslos. 

Die zweite Salonunterbaltung der Sophieen-Acade- 
mie wurde mit der sehr solid und tüchtig gearbeiteten 
„Hymne für zwei Chöre*' von Professor Pitsch eröffnet. 
Von Neuigkeiten hörten wir ein Lied von Tiehsen für 
Frauenstimmen, gesungen von den Fraulein Freitag 
und Chmela (zwei Schwestern und Mitglieder der So- 
phieen-Academie) und Curschmanns wunderschönen „Blu- 
mengruss," vorgetragen von den Fräul. Macasy, Clau- 
dius und Loos. Sowohl der Männerchor „Czesca wlast" 
von Director Skraup, als Mendelssohn 9 s „Wein und 
Liebe" und Hiller 9 s Sopransolo mit Männerchor mussten 
wiederholt werden. Trefflich gesungen wurde die Solo- 
stimme in jenem von Herrn Strakaty, in diesem von 
Fräul. Jahnet, deren Stimme höchst erfreulich an Kraft 
zugenommen bat, seit wir sie nicht mehr hörten. 

Nicht minder sprach ein mehrstimmiges Ave Maria 
von Klein, und ein 4fo*art'sehes Offertorium an. Der 
grosse Saal der Sophieen -Insel, der sich für die Pro- 
duction so colossaler Musik-, zumal Stimmenmassen, vor- 
züglich eignet, war ganz voll, Beifall und Anerkennung 
einstimmig. 

Auch der Cäcilien- Verein hat seine Concerte wie- 
der begonnen und das erste mit Weber** bekannter „Ju- 
bekantate** eröffnet. Beethovens „Trio in B dur" wurde 
von den Herren Deutsch, Mildner und Bühnert trefflich 
ausgeführt, und den Schluss bildete Berners Hymne, 
Männercbor mit Aecompagnement von Blasinstrumenten« 
Auch hier fand sich ein zahlreiches aufmerksames und 
Beifall spendendes Publicum ein. 



870 



1844. Decenber. No. 52. 



Eis Paar Gastrollen in unterer Oper (die sich das: 
„Robe ist die erste Bürgerpflicht!" zum Symbol gewählt 
tu haben seheint) n&mlicb : des Herrn Stoffregen vom 
herzoglich Nassanisehen Bottheater zu Wiesbaden als 
„Brauer von Preston" und der Mad. Krüger -Fürth als 
„Norma," gehörten zu den verunglückten, an welchen 
das diesjährige Theaterjabr so fruchtbar gewesen ist. 

In BetNnts „ Nachtwandlerin '« machte Dem. Emu 
Ne Hopstein als Amina ihren ersten theatralischen Ver- 
such, und bat, wie es so Mode ist, um Nachsicht, deren 
sie eigentlich nicht bedurfte. An diese Amina hat der 
Dichter bescheidener Weise gar keine Prätension gestellt, 
er war wahrscheinlich froh» dass man von ihm nur 
„Worte" verlangte. Donizetti begehrte eine bedeutende 
Keblgeläufigkeil, und die Idee, welche weder dieser noch 
jener tu erschöpfen im Stande war, forderte eine Pulle 
der Poesie, wie sie uns nur die Pixis und Tuczeck voll- 
endet *u bieten vermochte. Dem. Hopstein entsprach den 
Forderungen des Componisten, wie nicht oft eine Anfän- 
gerin, nnd entfaltete eine beträchtliche Zartheit und Ge- 
muth, welche dem Ganzen erst seine Geltung geben 
kann. Sie erntete reichen Beifall und musste dast „Ei 
so komm doch!*' (in italienischer Sprache) wiederholen, 
worauf sie noch einmal hervorgerufen wurde. Man kann 
ihr bei diesem ersten Versuche mit Zuversicht ein : 
„Glückauf!" zurufen. Den Elvin gab Herr Dmncke ziem- 
lich matt und prosaisch. Er scheint bei dem Nadori, aber 
nicht beim Elvin sich Herrn fVnrda zum Vorbild gewählt 
zu haben. Herr Rttnz (Graf Alexis) war sehr bei Stimme. 
Mad. Podhorsky gab aus Gefälligkeit die Thema, aber 
wir bedauerten , dass sie die Lisa abgegeben hatte , die 
an Dem. Kbckert tiberging; doch war diese so rücksichts- 
voll gegen das Publicum, ihre Arie auszulassen. 

Im Theater in der Rosengasse prodocirte sich einige 
Male die nagpmebe Nationahnnsik und Tanzgesellschaft 
unter der Direction des Herrn J*k*nn Thüry, von wel- 
cher auf dem Anschlagzettel als besondere bemerken«- 
werth angeführt wird , dass deren Individuen , aus dem 
Stamme Parkas Bibari et Domd, gar nicht musikaüseh 
gebildet sind und ohne alle Notenkenntniss sowohl ihre 
National- als fremde Mnsikpiecen ausfuhren, was man 
auch nur in der Protection fremder Musik, zumal aus 
dem höheren Genre, bemerkt haben würde. 



Sommerstagtone in Italien. 

(Betc*Uss.) 

Peneiig (Teatro S. Benedetlo) hatte die Steffaoooe 
(Schülerin der Bertinotti), die Lega (hübsche Stimme), 
Tenor Prascbini (von Neapel aus bekannt) und den Bas- 
sisten Assoni (starke Stimme). Die beiden gegebenen 
Opern: Roberto iTEvreux, Norma, nnd die neue Oper 
Luis* Strozzi vom Maestro Ronti, mit einer blutarmen, 
aber geräuschvollen Musik, machten drei ehrliebe Pias- 
co's; die Singrr fanden dann nnd wann Anerkennung, 
nnd Freunde liebelten auch den Maestro in der zweiten 
nnd dritten Vorstelhing an. Donfeetti's Marino Fallet* 
fand sonderbarer Weise mehr Anklang, als die drei vor- 
hergehenden. 



Udine. Die einst wackere, nun fast fertige Schie- 
roui-Nulli, die von den ionischen Inseln zurückgekehrte 
Giovanelli - Biava, Tenor Santi nnd Bassist Gorin fanden 
ziemlichen Beifall in Mercadante's Bravo, besonders der 
Protagonist Santi. In Verdi's Nabueodonosor waren Bas- 
sist Gorin nnd die Prima Donna Caspani die Helden der 
Oper. Dritte Oper (Benefiz der Caspani) war Meyerbeer's 
Roberto il Diavolo, worin die .Guerra als Aljce , Bassist 
Gardini als Beltramo wirkten. Die Oper machte auch mit 
der neuen Isabella, der Rnsmini-Selera, Glück, un4 
wurde im Ganzen niebt übel gegeben. 

Görz. Zn derRuamini, Guerra, dem Tenor Santi und 
Bassisten Gardini der vorigen Rubrik gesellte sieh noch 
die Prima Donna Agostini, und gaben hier den Bravo mit 
ziemlichem, den Roberto il Diavolo hingegeo mit dem he* 
sten Erfolget. 

Triest (Teatro Manronner). Buffo Cambiagg», mit 
einem seiner Steckenpferde : Columella (Poldnella), halle 
die MontucchieUi, die Gabbi, Tenor Miraglia nnd die Bas- 
sisten Maszotti, Pozzesi zur Seite; das Ganz« erntete 
aber nur theilweisen Applaus, wegen schon so oft in die- 
sen Blättern berichteter Ursachen. Rioct's Eran due or 
son Ire, ebenfalls Cambiaggio's Steckenpferd, war weit 
glücklicher, als Columella und Doniaetti's nachher gege- 
bener Don Pasqaale. 

• (Teatro Granne.) Während der Anwesenheit des Kai- 
sers nnd der Kaiserin von Österreich im September gab 
die Gesellschaft von Ddine (s. d.) Verdi's Nabacoo. 

Statistische Uebersiehi <fer Sommeropern in 
Italien. 

Ungefähr 62 Theater hatten in diesem Sommer Opern 
in Italien, wovon auf das Lombardisch - Venetiaoische Kö- 
nigreich allein 23, auf den Kirchenstaat 11, auf PieuuuU 
und Genua eben so viel, auf Teecana und Lucca 7, aaf s 
Königreich Beider Sizilien 7, auf Parma und Modena 3 
kommen. 

Sieben neue Opern wurden componirt : vier zu Nea- 
pel (La Campana Savojerda, Lo Zio Battista, Assedio di 
Costanlina, Mis Baba), zu Florenz, Venedig, Mailand 
überall eine <Mignoo6 Fanfan, Luisa Slroszi, Sardana- 
palo). 

Zwei neue Maestri sind entstanden (Beavpuis* Gia- 
fuinte). 

Aallere Opern wurden gegdhea, von: 

Donizetä anf 32 Theatern: Geauna di Vergy, Figlia 
dei Beggimenle, jede auf 6$ Linea, Maria di Roban, ßo* 
berto diEvreux, jedeanf 4; Lncrasia ftargia, Eliair, Ma- 
rino FaHero, jede auf 2? Lucia und ßelrsario, jede auf 2; 



Jna di Geloonda 9 Fnrioao, Tcraunfo, A*na Bolen*, 
Don Ptsquale, Ajo, Befthr, jede auf 1. 

Verdi «f 12: firaani auf 8; NalNneco an/ 6. 

Bet/tm auf 8: Ptaritant ani 4; Henna e*d Beatrice, 
jede auf 2. 

Rossini auf 7: lerhiete ml 6; Mose und kaüana 
in AJgeri, jede mrf 1. 

R*cvi(Lu$gi)*vrt7: Scartmvccia4; Ghiara, CapecU, 
Ksertore» jede auf 1. 

Ricci (F*L) aaf 2: Pxigiaae di Ettnbwge. 



881 



1844. DepamJw, J*o. $), 



4f«W<t*/* auf 6; Bravo «Bf 3* Nprmauni auf 2 4 
Gforamantn auf l r 

Fioravanti (Sohn) auf 6 : Columella (Pulcipella), 

Fioravanti (Vater) auf 1 : Cantatrici villane. 

Mayerbeer auf 4 : Roberto il Diavplo auf 3 $ Ugo- 
Mti auf 1. 

Principe Poniatowthy auf 2 : Bonifazio ; Don Desjderio. 

Coppola, Mabellini* Nicolai, Pacim, Rom n. A., 
jeder aof t (Giovenn* \. % Conte LavegM* TempUrio, Fir 
dansata Corsa, Falsi monetarj) q. s, w. 



Kurzgefaßte neueste Nachrichten der italie* 
nischen Opern. s f w. ausserhalb Italiens. 

Algier. Mitten im Kriegsgetümmel gegen Marocco 
tariomnhirte die Lucrezia Borgia del oelebre cavaliere Do- 
ntzetti , iu ihr die Griffiai » Tenor Pozzplinj und Bassifft 
Bighini. Marino Faliero desselben Maestro niissglücktp 
zur Hälfte, weil weder Herr Righini di? Titelrolle , npcfr 
Herr Bisi jene des Israele gut vorzutragen vermochten. 
Etwas besser ging der Belisario; die Griffiai war jeder- 
zeit der Liebling des Auditoriums oud machte scblässlieh 
in der Gemme di Vergy ,-«- also vier Donizelti'sche Opern — 
einen wahren Furore. 

Am 27. August nahmen sämmüicjie Virtuos! yoa 
hier Abschied und überliessen das Theater der französischen 
Scbauspielertruppe. Nach geendigtem Voralellungscursus 
gaben sie von Orao nach Coostantioe, um das dasige 
neuerbenteTbeajer mit der italienischen Oper zu ipatalliren. 

ßareellona, Während die Coileonj und Tenor Verr 
ger, zwei längst fertige Sänger, iu Mercadante's gesang- 
loaem , dicht von Been und Kreuzen bewachsenem Begr 
gente «af dem grossen Theater die Zuhörer beglückten, 
trugen auf dem neuen Theater die Di Fraueo, Tenor Cagr 

fiati und Bassist Meini in der Lucia die Palme davon. 
d Doaizetti's am 20. Juli zum /ersten Male gegebener 
Linda di Cfaamouaix sang die Colleoni, Verger nebst dem 
Bassisten Sopercbi und MaMeo (Letzterei 1 zum ersten Male 
£* ßuffopartie des MaraheseJ. Zum Geburtsfeste der Kö* 
nigin Christina ga^ man Verdi's Nabecodonoaor, worin 
sich die Geggt Ehre machte, so wie auf dem neuen Thea- 
ter die Boldrini in Douizetti's -Roberto d'Evreux, und die 
Brambilla (Ginseppina) in dessen Figüa de} jReggimento. 
Um die HälÄe September debulirte die Viale tfi Bicci'a 
(fei.) Corrado d'Altamwra , welche Olper diesmal (etwas 
mehr anzog, ata vormals. 

N£. eo eben verlautet, die italienische Oper «PÜ$ 
auf dem Teaftco Nuovo, nach Andern hier ganz eingehen. 
Nächstens ein Mehrere«. 

BuckereeL Das eben jetzt neu zu erhauende The^r 
ter wind «rat 1846 eröffnet; ,di* Vorstellungen wer- 
den (einstweilen im alten fortgesetzt ttie von Mailand 
hierher «gebildete italienische SKitgergesellsGbeft sj*d : die 
Prime Donne Carl und Wanderer, die Comprimaria. Lqg\)> 
die Xenon fiiecardi, Lenzoni und Fflrnaw, die JBayseisten 
Sanli und Berlendis, Buffo Hilarejt. OrcbesU^dipästor gud 
enster Violinist Harr Wiest. 
> Lima (Peru). Nachdem die Cpiradi-Iiffitanelli, jdje 
Besai» Tanor Zambaili und Inasist Ferrelti hier in meh- 



reren Oper» vqn Dpnizetti , Bossini und Beilifu Bntbnr 
siaßmUß erregt, sind sie nach fon Yago (Cfcli) abgereist, 
um auch hier ihre Virtuosität zp zeigen. YftP da, aip mr 
hqn sie nach Valparaiso, wo ein Italiener» Nameps Pae^r 
tro Alessandri, ein neues Theater erbaut, jrorift Ende 
September die, italienisphe Oppr ihren feierlichen Ejiuzqg 
halten wird. 

tiWafon, Der neue Teqor Tambe.r|ic^ *«« Neapel 
machte, hier Glijck in Donizetti's Gemma di Vergy. 

Madrid. Der reiche Banqnier Salamanca, von dem 
man sich den höchsten Glanz, der ilalienipchep Oner ver- 
sprach, hat die Impresa, davon, wegen |i()er^änfter ^ r 
tjerer Geschäfte, aufgegeben; die festen länger warep 
auch vpn hier bereits abgereist; dje Bas^p-BoriQ qn^ 
Salvatori nach Mailand, Tenor Upajiue naph Pe^raburg, 
Es beisst auch, die beiden Theater <je la Cr^z ^pd dej 
Principe sollep ganz piqgehen, dafijr eines der grossen 
Theater Buropa s neu erbaut werden. Auf (jem Jcatro 
del Circo wurde die Parisioa mit der Gari^oldi, dem Te 
por Conforliui und Bassisten Spech foftgegebjon. 

JyVßsedio di Messina, neue Opera seria, von ßemp 
Espip, Bedacteur der hiesigen Iberia musjcal, wurde be- 
reits einstudjrt, aber nicht gegeben f weil benannter Te- 
nor Unanue erkraqkte und nach hergestellter ^fupdheit. 
wie oben bemerkt, nach Petersburg abging. 

Die von Mailand aus neuenga^irten Sänger sjjid : dje 
Prima Donna Ober(mever) 4 Tenöre Bettini und Panjin^ 
Bassist torre; die oberwähnte (Mailäpderin) Garibold^ 
wurde zum dritten Male bis zur Faste 1845 beibehalten. 

Der 77. Nummer dar Ibefia niusical votp 26. Sepr 
lemher zu Folge sollte nächstens in dieser Hauptsjadt Mo- 
/art's Requiem mit der grössten Feierlichkeit für dje E^e r 
quiep des jungen Herzogs von Opuna aufgeführt Verden. 

Odessa. Rossini's Barbiere di j$iviglfa hatte ^|n der 
SeccirCprsi eine „persönlich" imponiren<|e? aber gut sin r 
gende Rosina. Scalese war ein wackerer Figaro, nujl 
Fiori ein nicht ,übkr Don Basiljp, Gr^ziani ein bravef 
Don Bartolo, Bamoni ein ziemlich guter Almayiva. Ein 
hiesiges Blatt machte dabei fplgende Bemerkung: ?f G^ 
es ein Land, wo alle Opern gefallen? Die Jahrbücher 'des 
musikalischen JBuropa'ß zeigen f dass der £ ule * halbe Ef r 
folg und Fiasco sich verhalten: in Peutschland wie 1 : 
3 : 5, in Italien wie 1:5:9, in Frankreich wie 1 ( : f\ 
15$ hier in Odessa ist die Formel Z : 2 z \ oder, i : o : 
1 oder noch besser 0:4:1; letztere Ziffer »} die be- 
ständigste."' — Iu derNorma und Saffo waren die i%cci f 
Tenor VMali ,un4 der sp y'}t\& Jahr|e ^er^nwpsende Ras- 
sist Marioi (Giuseppe) die Gefeiörtesjleng im (äpluipeija 
(Pulcinella) Heir Scalese und seine Tochter. 

Palma (Insel Mallorca). Die im Jujti geeebene Lucja 
idi Lammermoor war ein i^iegesfeld für die Bffancini-Mola. 
Tenor Berlolasi und Bassisten ßerini. In Nicolais Tem- 
plario, in welchem die Aguüo die Rebecca machte, zeich- 
nete ^ich kmt4<x$ tV Ba|W*t B^ftom als ^rjfpp ans. 
Im .Sjepfcmbqr ffb wo «och 0eUjyw> PffWlan» «*f ffWfr 
\ip\tem Mim* 

^nienjfer. Während d«r B*de»^ «P ß°m.e* WJffr 
fa& j^r : einige Op.erp mit ni^br ,^r «pnigef tflfck**- 
geheu ; ^) l'prjpac, yoj^ Poj^ zntt^ qiit ,dem ^h^a^r ft 
Tenqr Bqrc^l und hmftK-Sm. f ,s ^«Jffl¥^ ?> 



885 



1844. Dezember. No. 82. 



884 



rino Paliero , von* demselben , mit benanntem Ehepaare, 
Tenor Devesa, und Bassisten Obiols als Israele. 3) und 
4) Elisir d'amore end Chiara di Rosenberg, mit demsel- 
ben, in letzterer jedoeb Porcel anstatt Devesä. 5) Im 
Searamuccia sang die Mas -Porcel. 6) Im Torquato eben- 
dieselbe mit Gerli's Triumph in der Titelrolle. 7) II Pe- 
lagio, vom nur gedachten Bassisten Gerli. 

Berichtigungen. Seite 100 Z. 39 Bajetti Impresario, lies: 
iweiter Husikdireetor. S. 312 Z. 39 flfpero, lies: Lneifero. 



Görlitz. Am 6. November, als am Todestage Gustav 
Adolphs, wurde zum Besten der Gustav- Adolph -Stiftung 
die Schöpfung von Haydn in der Nicolaikirche von dem 
hiesigen Gesangvereine unter Direction seines um wahre 
Kunst hochverdienten Directors, des Musikdirectors Herrn 
Rlingenberg in einer Vollendung, wie wir es nach allen 
vorangegangenen Leistungen mit Bestimmtheit erwarten 
durften, aufgeführt. Was Haydn gedacht, ward uns hier 
zum klarsten Verständnisse gebracht 5 denn Sänger, Orche- 
ster und Dirigent hatten sich mit der ewig lebensfriseben 
Compositum vollkommen identificirt, und die Wirkung 
war durch treue und künstlerische Darlegung des Origi- 
nals eine in allen Theilen grossartige zu nenuen. Fräul. 
Emma Babnigg, deren ausgezeichnete Leistungen wir 
früher schon in einem Concerte von M. A. Russo, wel- 
ches sie eben so freundlich, unterstützte, zu bewundern 
Gelegenheit halten, ergötzte uns durch den Schmelz ihrer 
reizenden und glänzend geschulten Stimme. Vollendete 
Technik, geistreiche Auffassung, tiefes Verständniss, see- 
lenvoller Vortrag sind Fräul. E. Babnigg $ auszeich- 
nende Eigenschaften, welche sie auf eine bedeutende 
Höhe der Kunstbildung stellen. Inniger Dank sei dieser 
zugleich höchst ansprucblosen Künstlerin aus ganzer Seele 
dargebracht. Herr Stadtschreiber Blume aus Löban er- 
freute uns als (Jriel wiederum, wie 1842 beim Paulus, 
durch die innige Wärme seines lebendigen und correcten 
Vortrags, und Herr Concerlsänger Nentwig aus Breslau 
entwickelte eine in allen Lagen schöne Bassstimme, und 
führte die Partie des Raphael und Adam mit Festigkeit 
aus. Herzlichen Dank allen Denjenigen, welche dieses 
Mnsikfest zu verherrlichen kamen ! Eine festliche Abend- 
musik und ein am folgenden Tage von der hiesigen Frei- 
maurerloge den fremden Künstlern, worunter sich auch 
der um die Auffuhrung sehr verdiente königl. sächs. Hof- 
violoncellist Herr Schlick befand, gegebenes Abendessen 
beschloss als Anerkennung so herrlicher Leistungen dies 
seltene and hoffentlich recht bald in ähnlicher Weise zu 
wiederholende. Fest. Ihm aber, der seine zahlreichen 
Kunstgefabrteh (350) zu solcher Darstellung zu begei- 
stern wusste und mit ihnen so herrliches leistete, unse- 
rem wackeren Klingenberg unseren freudigsten Dank! 



Leipzig, den 21. December 1844. Zehntes Abonne* 
mentconcert, Donnerstag, den 19. December. Ouvertüre 
„Die Hebriden" von F. Mendelssohn Bartholdy. — Re» 
citativ und Arie aus der „ Schöpfung " von J. ffaydn, 
gesungen von Miss btocoln. — Introduction et Allegro 
appassionato für das Pianofprte, componirt und vorgetra- 
gen von Herrn J. Rudolph Schachner aus Wien. — 



Scene und Arie aas „ It Croeiato" von Meyer beer, ge- 
sungen von Miss Lincoln. — Symphonie von Nils #r. 
Gade (No. 1, C moll). 

Die Mendefssohn'stbe Ouvertüre „Die Hebriden" 
oder „Die Fingatshöhle •• ist die ernsteste und düsterste 
unter den vier Ouvertüren, in denen der Componist nach 
der jeder einzelnen von ihnen gegebenen Ueberschrift 
verschiedene' meisterhafte Tongemälde geliefert hat ; sie 
ist wohl ohne Zweifel aber auch die cbaraotervoliste, ob* 
gleich sie nicht sowohl Handlangen und Ereignisse, noch 
weniger den Inhalt eines dramatischen Stückes (wie dies 
bei der zum „ Sommernacbtstraum " der Fall ist) schil- 
dert, sondern vielmehr nur ein wahres Natarbild liefert. 
Man sieht fast dea grauen nordischen Himmel über sich, 
hört das Brausen des Meeres, den Wiederhall des Stur- 
mes und des Wellenschlages in der wunderbaren Höhle, 
das Flattern und Schrillen der Möven; man fühlt sieh 
mit einem Worte in eine mit fremdartigen Reizen reich 
ausgestattete Meerlandscbaft versetzt und staunt die Wnu- 
der der Natur so lebhaft an, als wenn man sie vor Au- 
gen bitte. Dass der Hörer in einen solchen Grad der Il- 
lusion versetzt wird, spricht schon hinreichend für das 
in jeder Rücksicht wahrhaft ausgezeichnete Werk, und 
erklären wir selbiges unbedenklich für eines der schön- 
sten des Meisters, wenn es auch von geringerem Um- 
fange ist, als manches andere desselben. Die Ausführung 
war ladellos. 

Der Gesang der Miss Lincoln wjr dieses Mal weit 
weniger durch Befangenheit gehemmt, als bei ihrem er- 
sten Auftreten, und schon ziemlich frei. An dem Cba- 
racter der Stimme erkennt man die grosse Jugend der 
Saugerin; die erstere ist noch nicht völlig reif, sie kann 
ihre natürliche Frische noch nicht gehörig entfalten ; und 
doch schienen mehrere Töne, vorzüglich die mittleren, 
schon jetzt durch Verwöhnung sehr beeinträchtigt zu 
werden; sie haben etwas Nasales, was gewiss nicht in 
dem Organe selbst, sondern einsig und allein in einer 
fehlerhaften Tönbildung seinen Grund hat. Darum möge 
sich Miss Lincoln dringend anempfohlen sein lassen, in 
dieser Besiehung recht achtsam auf sich zu sein und Al- 
les aufzubieten, um dieser Angewohnheit rechtzeitig ent- 
gegenzuarbeiten , bevor ihre gans ausgebildete Stimme 
sieb dicht mehr gebieten liest. Abgerechnet eine etwas 
zu grosse Ruhe, welche übrigens bei den nns bekannt 
gewordenen . Sängerinnen aus England mebr oder weni- 
ger immer zu bemerken gewesen ist, war der Vortrag 
beider Arien lobenswerth; iu der von Meyerbeer gelan- 
gen die vielfachen und siemlich schweren Coloraturen 
recht gut, wenn man ihnen auch das Eingelernte noch 
etwas auhörle. Ist es, wie wir nicht zweifeln, Miss Lin- 
coln ernstlich um ihre künstlerische Ausbildung su tbun, 
so wird sie gewiss in nicht su langer Zeit etwas Tüch- 
tiges leisten, und soll es uns sur wahrhaften Freude ge- 
reiche*', wenn wir von ihrem Fortschreiten Zeuge sind 
und dasselbe attestiren köonen. 

Wenn Wien einen jungen Glavierspieler auf Runst- 
reisen und in die Welt sendet, da ist man dorch den 
Vorgang eines Lust, Thalberg ', L. v. Meyer n. s. w. 
gewöhnlich zu der Präsumtion versucht , es müsse wie- 
der ein Salon virtuos im wahren Sinne des Wortes» ein 



885 



1844. December. No. 52. 



886 



TaaseadkSlisiler zum Vnwebetti kommen, der durekneae 
Leistungen alle früheren Rivale zu verdunkeln strebt und 
für die nächste Zeit den Preis in Anspruch nimmt. Bei 
Herrn Schachner ist das Letzlere nicht der Fall. Wir 
sind jedoch weit entfernt, ihm deshalb eine niedere Stelle 
unter der grossen Menge von Pianisten anweisen zu wol- 
len, freuen uns vielmehr, dass er Moses Imponiren nicht 
su bezwecken scheint; bei solider technischer Bildung 
bekundet er auch im Vortrage eine ernstere Richtung 
seines Geschmackes, und selbst die Compqsition, die wir 
hörten, war, wenn wir sie auch nicht gerade originell, 
geistvoll und phantasiereich zu nennen vermögen, doch 
interessant und zum Theil von guter Wirkung, und eben 
durchaus anderer Gattung, als ein Virtuos schreibt, der 
blos sich hören lassen will. Herr Schachner fand bei- 
fällige Aufnahme. 

Ueber die treuliche Symphonie in Cmoll des derma- 
ligen Dirigenten unserer Abonnementconcerte, des Herrn 
JYiels fV. Gade aus Copenhagen, und über den ausge- 
zeichneten Erfolg, welcher vor einigen Jahren gleich de- 
ren erste Aufführung begleitete, haben diese Blätter be- 
reits früher ausführlicher berichtet. Der uns damals noch 
ganz unbekannte junge Componist hat sich mit diesem 
Werke schnell und sicher die Gunst des hiesigen Publicums 
io hohem Grade erworben, und dasselbe ist mit jeder Wie- 
derholung immer mehr und mehr ein Lieblingsmusikstück 
des Letzteren geworden. Die Composition ist in der Tbat 
so eigentümlich, bei aller Einfachheit so höchst originell, 
dass sie gewiss überall die verdiente Anerkennung fin- 
den wird, wie wir denn auch schon von ihrer günstigen 
Aufnahme in Cassel in dem diesjährigen Jahrgange die- 
ser Zeitung gern gelesen haben. Die Motive und die Be- 
handlung der musikalischen Gedanken treten uns eben 
anders und in einem neueren Gewände entgegen, als bei 
anderen Gomponisten; Gade hascht nicht nach Effecten, 
und doch trifft er sie ungesucht und um so sicherer; 
die ganze Musik hat einen, um uns des Ausdrucks zu 
bedienen, ursprünglichen Character, sie ist wie ein aus 
Stein gehauenes Standbild , so fest , gediegen und gross- 
artig , und dabei doch von einer inneren Wärme durch- 
drungen, die sie dem Laien vorzugsweise zugänglich 
macht und lieb gewinnen lässt. Kurz, es ist ein Werk, 
dem eine längere Dauer vorauszusagen ist, als manchem 
anderen dieser Gattung aus der neueren Zeit. — Unter 
der tüchtigen Leitung des Gomponisten führte das Orche- 
ster, unseren verdienten Concertmeister David an der 
Spitze , die Symphonie meisterhaft aus , und nach jedem 
Satze wurde dem Schöpfer derselben reicher Beifall, am 
Schlüsse aber einstimmiger Hervorruf zu Theil. L. Ä. 



L«P*ig> >n i 22. December 1844. Gestern früh 
starb hier wenige Stunden nach einem Schlagflusse, der 
ihn wahrend der Vorstellung im hiesigen Theiter am vor- 
hergegangenen Aiend getroffen hatte, der Buch - und Mu- 
sikalienhändler Cirl Friedrich Kistner, Mitglied und Cas- 
sirer der Bucjhaadlerdeputation , Mitglied des Concertdi- 
rectonums uri Mitdirector des hiesigen Conservatoriums 
der Musik, trauert von seinen zahlreichen Freunden, 
im noch mofa vollendeten 49. Lehensjahre. 

Zum Titelkupfer. 

Di« ' Lör der allgemeinen musikalischen Zeitung er- 
baten hier!, das Portrait Chopins, nach einem 
Relief vonBow in Paris. Eine biographische Notiz, 
welche mcl zeitig genug erlangt werden konnte, um 
in dieses Sk* der Zeitung aufgenommen zu werde», 
soll spater acbfolgen. «««w, 



Feuilleton. 

c a N ?# Ch - C J r S,a, h tik d « deutschen Theaters, welche Louü 

fÄT.t , & Q ° rdd ?^ ben n ZeitSchrm fdr Th " 1 " ««inmeT 
» m fn' J - Ct , Zt ,n ?«* l » ch ^ HS deutsche Theater, 
mit 147 ^.jo-Opensten, Dämlich 89 Säugern und 58 S.W 
rinnen. D.^.hl der Orchestermitglieder an diesen sammUichw 

£ fl 11 a 2 ° 8 K • ^ ■•"*«*•■• Ehester hat Beriin lu 
95, dann fo das Karntbnerthortbeater in Wien mit 77 - da. 
kleinste ist k in Marburg mit \% Mitgliedern. 

j» r?^ 1 ! 1 "^ 6 Ve £ iB zor B « fö rderang der Tonkunst hat 

SpontiUt den däniseheo Danefrrogi - Orden erhalten. Die 
S^nha" 1 ?*" *"** Allff5hn,D * scincp VesUl« in 

i« .I^ Bei r?Hl c m ~ l Anfan & Nov «"»»«* ein von dem dasieen 
Musikd recd/iz/fe* Schneider errichtetes fnstitnt für Opern^! 
sang in s Li treten Nach dem Prospectus ist der Zweck/die 
Mitglieder ,kren und Damen, durch Ausführung grosser Opern 
im Solo- uBnsemblegesang auszubilden. Die erste Oper, welche 

tUm h "" Mta ahnliches Institut fiir Kirchenmusik errichtet. 



KU 



Die 
mann Eng 
Haus" eine dene 



In Loi 



von Preussen hat dem Componisjten David Her- 
'{ir Dedieation des „ Choralbuches für Kirche und 
Denkmünze mit ihrem Bildnisse verliehen. 



j «schienen vier musikalische Zeitschriften: The 

Maestro; Inosical world ; The.musical Ksaminer: The drama- 
tie and mi \ Review. Die erstgenannte ist jedoch unlängst 
auch viern» liefern Bestehen, wieder eingegangen. 



Ankündlgan 



= 



In allen Buchhandlungen ist zu haben : 

•¥• G. Qlrbert'ft) kleine theoretisch -practif che 

Tonschule 

oder die wichtigsten Regeln der tdnsetakunst in ihrer Anwendung 
in zahlreichen Beispielen und Aufgaben. Bin Lehrbuch zunicket 
für Praparanden- Anstalten, Im weichen Jtngünge für die höhere 



g [ich 



Musik 

ftr nfed£lassen in 



den 

gestattet 
Währshi 
MmaOi hat! 



Sei terricht 
6ra zen 



Ha 



und tüchtig vorbereitet werden selten, se> wie 

— in Seminarien $ aber auch für Dilettanten 

in möglichst geordneter Stufenfolge nach 

der berühmtesten Tonlehrer. Gr. 4. schon aus- 

r, Voigt. U Thlr. oder* Fl 9 Kr. 

sine» vieljihrigen Unterrichts in der Theorie der 

Herr Verfasser Gelegenheit, die Methode» Eigen». 




1844. • December* No. tfB. 



888 



i*k\uA beeflittt steh w* iVnoendiiuren mit kfr»ett»i Andentannen. 
Jede* ft. «Ci) •*»«**, *J *• ?« ^»« EAiitcr^ diepy. 
den BcUpiele »«d S) «£ P*&fet«n ihrer richuffin Auff..s«in|r <he 
Aute-bci darüber fii den Schüler, dergestalt, Ass dieser, um * 
+2H£a* tfeit ». Werden, sie ^*^^te£--Ä 
«ob. dfc.es Werk dem* Lehrern* *«<** U»*e Le* <** die hbkm 
Musik vorzubereiten habe«, die wesentlichsten Dieste leisten. 



In der T. »»ÄlitwetaiVnen Buch'- unöMiisikalienhand- 
W («T. Gvtomfiy) in Berlin sind so eben ersehnen: 

Op. 4. *w Homonc« »our te rioto* ton lolöneeifo) ovec 

mceomfcagtoement ** Piano. Preis 20 Sgr. 
C^ltlVrftUttnn, « k , Op. 9 I**«. »■*« »**• !»«r «*- 

noforte a 2 mains. Preis 22* Sgr. 
Op. il. Seine de bal, Rondo brill. pouPianoforte a 2 

mains. Preis 90 Sgr. 

Ende dieses Monati verlassen die Preaae: 
Weber, Carl Mmrks V., OriamdwOter ir PianofoHe a 

2 mains. 

Derselbe a 4 mains. 

_ Derselbe in Orcbesterstinmeo. 

Uteffetalll? Öp. *• Fantasie über ein Themaus der Operi 

Lud* di Lammermoor für Violine mit Orcheste , 

'Baaseibe für Violine mit Pianoforte. 

'Kult»*!. *H., Op. 22. £* gazelle. Piece ca«. ponr Piano- 
forle 42 mains. Preis 20 Sgr. 
Taubert, ^l 7 ., Op. 61. Sävana. Fianofc-Solö. Pre*s 

22* Sgr. 



Im Verlage Ton Ed. Bote dB €U Bmelto Berlin ,e«- 
echienen so eben die »*iie#*«t Composüioncn tob 

C1I. Fort* 

£W fieur pour mi. Romanie für Piano. Op. 83 Pr. 12* Sgl. 
TarmdeJfc für Piano. Op. 58. Preis 15 Sgr. 
ffer jLfofcr für eine Siagstimmc mit Piano. Op. K Pr. 15 Sgr. 
Gebet der JJebe. Gesang für eine tiefere weiblfe Stimme mit 
- — 0|p. 48\ Preis 10 Sgr. 



Piano. 



Allgemeinen Beimll gewannen der schönen Mnüeen und der 
leichte) Ausführbarkeit halber: . . 

'Kffcelieil's 7 leichte Lieder mit Piano. Op. I 25 Sgr. 

Hoft. fttyp! SpfanKed und Wiegenlied der lia Helena ge- 
böten su ttfiefte» 1 * anttftflhigsten Gesftiifeen. No. 4*d 6 sind MN& 
swelstimmig rittttfifojirea. 



von FallenVban aaift Piano. Op. 



Otto 
160. 



RviBmjtyer'fl 7 

Speekter und H 
47i Sgr. 

JPfmsertm'» Leichte und fortschreitende Solfeggien mit Beglei- 
tung des Piano. 6 Lieferangen. Sabscriplions - Prell h 20 Sgr. 
— 50 Solfeggien für % Stimmen mit Begleitung des Piano. 4 
Lieferungen a i| 1%rlv. 

Beide Werke sind Im konigl. Pariser Gonsertntorlnni und in 
4«n ZVormalsehnten ffVankrekhs emgefilhrt; sie Sektionen sieh dam 
nHbckannten Ar den ersten Glasier- nnd;GeBanganttrrical unge- 
mein brauchbaren musikalischen JB C von Panseron an. 

Berlin, fteMefllamseiysche Bach- and Mnsikalienhnndlnng. 



Bei B. «ehotT« Semltf3H in Malm erscheint mit Bi- 

genthomsrecht : 

Alkali^ C. V., Le preux, etnde de eoneert. Op. 17. 

Le chemin de fer, etnde. Op. 27. 

Ar tot* JL* Gratide Pantakie snr lVfmne mat. rsuse, nvee acc. 

de Piano. . Qf. ii. . . ^ .« 

Rondo JiriÜant avec acc. d*orcheatre on de piano. Op. ix. 

Variations concertantes pour Chant et Violon aVeC acc. de 

Piano. Op. 17. 
Grande Fantawi« de eoneert arver acc dforeheafee oa de 

piano. Op. 46. 

Romance.de Field, transcrite avec^nec. de piano. Op. 20. 

BurgmAller, FrtSd., 6 Moreeaux brillants et faeiles. Op« 

89. No. I. Rondino sur la Polka fsvorite. No. 2. Tyroliewne 

variee. No. 8. L'orage, Paotaisie. No. 4. Valae beillnnt«, No. 

5. La cnoeheMs, Gnlop. No. 6. Gopriee en aonsne d'etnde. 
< — Nonrelle mazonrka. 
Dreyselioeli, A*, L*inqnietnde, morecan de concert. Op. M. 
Fontaine^ A; 5 grands duos conc. pour 2 tiolons. Op. 32. 

12 Rindes ponr Violon a?e% ace. de Piano. Op. 55. 

- - Ä 142. No. i. 



a 



^ mi% 9 Le sneeos de salon , »* «nite. 

Variations adr «n Gavatiae de Vaecai. No. 2. Variation« et 

marche sqr un thlme de Beethoven. No. 5. Les Ramiera, 2 val- 

ses de Lanner variees. 
_ ^ -&* gg^te. 0)1. 145. No. 4. Maaonrlkn fsrorita. No. 2. 

La Margtierite, ntelodie orlgtlinle. No. 5. lanantdk h tü lnnU . 
-*- w. Lntine, valso briüante^ Op. 144. 
Lemoilie, H t JTulle, Valse brillante. Op. 46. 
Iilszt. f., Foribolo partom, chaniton transcrite. 

Le etanson du Bearn, transcrite. 

l^riltletit, ft\, « Rtodes de gönn». Op. 46. 
-~ — Grande Fattjtaieie stur Normn. Op. 17. , ( 

Rosellen, tt^ Grande Fantaisie i 4 mains snr Othello. 
ROMini, tt., La foi, Tespcrance et la charite, 5 choeuVs ponr 

voTt de femmes. ' 

gKorl, €., Variations snr an naUtit du Phrnte psar Violon 

•vee ace» de Piano. Op. 4. 

4 Masourka* nationales. 
4 Mas'ourkas originales. 

2* Ballade. Op. HO, 

< La Priere, Noetnrne. Op. Hl 



»le Allgemeine Musikalische Zeiting 

wird mit Neujahr 1845 ihreu 4 7 st V Jahrgang beginnen und wie bisher die. wichtigsten Gegen- 
stände des Musiklebens besprechen. Ihr Preis bleibt unverändert S'/a Thaler für den Jahrgang 
von 32 Nummern nebst Beilagen un* Register. Die ftasertionsgetiühren betragen lV^Ngr. für die 

gespaltene Petitzeile. Die Allgemeint Musikalische Zeitung ist durch alle Postämter und Buehhand- 
itgtii zu beuehen. Geeignete ßeiüige werden von der Redactjon gern angenommen uad von der 
unterzeichnttäi Verfagshandlutig anstadig honorirt. 

Leipfeig, im 10. Dtjcember 1841 Breithopf & MMrteM. 

Dl^ock asW Verlag voq Breitkojf tmd Bürtel in l^Aftif «ad nater daneii Vaataatwarüiebkeit. 



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