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Full text of "Anatomie menschlicher Embryonen"

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ANATOMIE __ 

WJ07O 

MENSCHLICHER EMBRYONEN 



WILHELM HIS. 

I. 

EMBRYONEN DES ERSTEN MONATS. 

MIT 17 HOLZSCHNITTEN UND ATLA». 



LEIPZIG, 
VERLAG VON F. 0. W. VOGEL. 



31,».«» Google 



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BEB 

MEDICINISCHEN GESELLSCHAFT 

m 

BASEL 

OEWIDMET. 



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EINLEITUNG. 



Das entwickelungsgeschichtliehe Verständniss der menschlichen 
Anatomie bedarf zu seiner Unterlage einer eingehenden Durchfor- 
schung menschlicher Embryonen. So werthvoll die von der ver- 
gleichenden Entwicklungsgeschichte gesammelten Ergehnisse sind, 
so reichen sie doch zur Lösung derjenigen Fragen, welche die 
menschliche Anatomie stellt, nur in beschränktem Maasse aus, und 
beim Versuche, die vorhandenen Lücken durch schematisirende Ueber- 
tragung auszufüllen, läuft man, wie die Erfahrung hinreichend dar- 
gethan hat, nur allzuleicht Gefahr, von der Wahrheit seitab zu 
kommen. 

Für die menschliehe Embryologie liegt inun bekanntlieh die 
Hauptschwierigkeit in der Beschaffung des - erforderlichen Materiales. 
Nach Ort und nach Zeit zerstreut bietet sich dem einen oder an- 
deren Beobachter ein brauchbares Object dar, und der Kreis von 
Erfahrungen, über welche die Wissenschaft zur Zeit gebietet, besteht 
aus Fragmenten, welche zu sehr verschiedenen Zeiten, von sehr ver- 
schiedenen und vor allem von sehr verschieden qualificirten Beob- 
achtern gesammelt 'worden sind. Um solch ungleichartiges Material 
zu einem Ganzen zusammenzufügen, bedarf es vor allem einer sorg- 
fältigen Kritik und diese hinwiederum kann nur an der Hand ein- 
gehender Beobachtung durchgeführt werden. 

Bei Beginn der vorliegenden Arbeit hatte ich den Plan, mit der 
Untersuchung da einzusetzen , wo das Material verhältnissmässig 
leicht erreichbar ist, bei Embryonen von 2 — z'/i cm. Ich rechnete 
darauf, dass durch Sicherung der hier erreichbaren Kenntnisse und 
durch Beseitigung der vielen noch bestehenden Unklarheiten feste 

HIB, Me nach 1. Embryonen, 1 



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2 Einleitung. 

und für die fernere Forschung wichtige Ausgangspunkte sich würden 
gewinnen lassen. Während der Zeit, da ich mit der oben präcisirten 
Arbeit beschäftigt war, wurde mir durch die Güte verschiedener 
Collegen und binnen kurzer Frist ein sehr erfreulicher Bestand jün- 
gerer menschlicher Embryonen zugänglich, und es ergab sich damit 
die Möglichkeit, die Gränzen des Arbeitsgebietes sofort erheblich 
nach rückwärts hin auszudehnen. Das vorliegende Heft enthält die 
Bearbeitung dieser jüngeren Embryonen, deren früheste Repräsentan- 
ten etwas über 2 mm, die ältesten gegen 8 mm lang sind. Die Dar- 
stellung etwas vorgerückterer Stufen bis zu 2 und 2 l /i cm beabsich- 
tige ich in einem späteren Heft folgen zu lassen. Darüber hinaus 
gedenke ich vorerst nicht zu gehen, weil von da ab die Ausdehnung 
des Gebietes zu gross wird, und eine monographische Bearbeitung 
der einzelnen Organentwicklungen erfordert 

Ich habe dies Heft der medicinischen Gesellschaft in Basel ge- 
widmet. Ausser der besonderen Hochachtung, welche ich für das 
wissenschaftliche Streben dieser ärztlichen Körperschaft empfinde, 
hat mich das Gefühl der Dankbarkeit geleitet, die ich einem grossen 
Theil ihrer Mitglieder schulde. Nicht allein stammen die kostbarsten 
unter den nachbeschriebenen Objecten von Basler Collegen, sondern 
es sind mir überhaupt während meiner 15jährigen Thätigkeit an 
der Basler Anatomie so zahlreiche Materialien von den dortigen 
Aerzten zugeführt worden, dass ioh diesem Umstände allein eine 
gewisse Breite der Erfahrung verdanke. Es giebt Aufgaben in der 
Wissenschaft, zu deren Lösung der Fleiss und die Energie eines 
Einzelnen nicht ausreichen, denen gegenüber auch die finanziellen 
Hülfsmittel einer wohldotirten Staatsanstalt sich machtlos erweisen, 
und die nur dann erfolgreich in Angriff zu nehmen sind, wenn ein 
weiterer Factor kräftig mit eingreift, der Factor wissenschaftlichen 
(lemeinsinnes. Dieser findet sich da, wo in weiten Kreisen jeder 
Einzelne den guten Willen und die Aufopferungsfähigkeit besitzt, 
um an seinem Orte und bei der sich ihm darbietenden Gelegenheit 
an der Förderung bestimmter Aufgaben mitzuhelfen. Die wissen- . 
schaftlichen Anstalten meiner Vaterstadt wissen dem, der ihre Ge- 
schichte verfolgt, gar manches Wort davon zu erzählen, was sich 
bei anscheinend beschränkten äusseren Mitteln unter Zuhülfenahnw 
jenes Sinnes erreichen lässt 



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Einleitung. JK 

Wenn es der Aufmerksamkeit und dem guten Willen einer ver- 
hältnissmässig kleinen Zahl von -Aerzten gelungen ist, in nicht all- 
zulanger Zeitperiode eine Reihe wichtiger embryologischer Objecte 
zu sammeln und der wissenschaftlichen Bearbeitung zugänglich zu 
machen, so ist zu hoffen, dass bei weiterer Ausbreitung und Kräfti- 
gung des Interesses an diesem Forschungsgebiete auch der Material- 
zufluss ergiebiger werden wird. An den ärztlichen Collegen wird es 
hegen, ob wir auf dem Gebiete menschlicher Embryologie langsamere 
oder raschere Fortschritte machen werden, denn sie allein sind im 
Stande, uns das sonst unerreichbare Material zu beschaffen. 

Um jegliches Missverständniss auszuschliessen , trete ich hier 
noch in Einzelnheiten ein. Unter den Frühgeburten, die einem be- 
schäftigten Arzte im Laufe seiner Praxis vorkommen, wird stets 
ein grosser Theil sein, deren Inhalt nicht der gehegten Erwartung 
entsprich^ weil der Embryo vor der Zeit abgestorben oder patholo- 
gisch entartet, oder weil in andern Fällen das Ei zerrissen oder 
durch Blutergüsse verdorben ist. ■ Die Reichliehkeit solcher Vorkomm- 
nisse darf im Sammeln nicht entmuthigen, und für das unter allen 
Umständen Richtigste halte ich es, wenn die Aerzte, welche uns 
Embryologen zu Hülfe kommen wollen, überhaupt Alles ohne Unter- 
schied einliefern, was ihnen an Frühgeburten durch die Hände geht. 
Ausdrücklich hebe ich hervor, dass die Sammlung der verkümmerten 
und im Wachsthum hinter dem Ei zurückgebliebenen Embryonen 
eine sehr ausgiebige Quelle ist für teratologische Raritäten. 

Am meisten hat man Grund, die Erlangung sehr junger Entr 
wicklungsstadien anzustreben; diese werden nun aber zu Zeiten 
ausgestossen, da die Frauen kaum ihrer Schwangerschaft bewusst 
sind. Hier kann nur grosse Aufmerksamkeit dem Ziele näher führen, 
Wird in einem jeden Falle, in welchem bei einer Frau die Periode 
über die Zeit hinaus sich verzögert hat, eine nachträglich auftretende 
Blutung auf ihren Charakter gehörig geprüft und dabei sorgfältig 
auf die Ausstossung allfälliger Blutklumpen gefahndet, so steigert 
sich jedenfalls die Aussicht auf Mehrung des bis dahin noch so 
sparsamen Materiales an sehr jungen Eiern. 

Für die Behandlung ausgestiegener Früchte bleibt, sofern die 
sofortige Ablieferung an einem Fachmann nicht möglich ist, die 
Aufhebung des Präparates in massig verdünntem (ca. 60procentigem) 



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i Einleitung. 

Alkohol immer noch das Beste. Das Auswaschen desselben in Wasser 
ist unter allen Umständen abzurathen, ebenso die Behandlung mit 
Chromsäure oder mit chromsauren Salzen. So vorteilhaft letztere 
Reagentien unter gewissen Bedingungen auf die Conservirung der 
Form wirken, so verlangen sie doch eine sehr subtile Handhabung, 
falls die Präparate nicht brüchig gemacht werden sollen. Eine sehr 
zuverlässige und für die Zwecke äusserer Formbetrachtung, wie für 
die Mikrotomie gleich brauchbare Härtungsmethode ergiebt sieh in 
der Anwendung der Salpetersäure. Der Embryo bezw. das eröffnete 
Ei wird mit der lOprocentigen Säure Übergossen, wobei augenblick- 
lieh intensive Trübung erfolgt. Nach etwa viertelstündiger Einwirkung 
der Säure wird das Präparat in Alkohol verbracht und in diesem 
aufbewahrt. 

Die Gynäkologen verzeihen mir wohl noch eine speciell an ihre 
Adresse gerichtete Bitte. Urnen ist vor allen die Möglichkeit der 
Materialsammlung geboten und sie bethätigen wohl ganz allgemein 
ein lebhaftes und höchst erfreuliches Interesse an der Förderung 
der menschlichen Embryologie. Manche suchen der Sache dadurch 
zu nützen, dass sie ihre Schätze öffentlichen Sammlungen oder em- 
bryologischen Spezialforschern überantworten, Andere dagegen glau- 
ben ihrem guten Willen durch selbstständige Bearbeitung der auf- 
gefundenen Kostbarkeiten Ausdruck geben zu sollen. Nun stellt das 
Studium junger menschlicher Früchte an den TTntersucher schwere 
Anforderungen. Je seltener das Object, um so mehr darf man ver- 
langen, dass dasselbe wirklieh erschöpfend ausgenützt werde; bei 
manchen von den Materialien, die in den Fachschriften der letzten 
Jahrzehnte beschrieben worden sind, ist dies entschieden nicht der 
Fall gewesen, einzelne Kostbarkeiten sind geradezu in bedauerlicher 
Weise verdorben worden. Den Anforderungen der Jetztzeit entspricht 
eine blosse Beschreibung der äusseren Gestaltung nicht mehr, es 
werden sichere Maassangaben verlangt und, wo immer möglich, eine 
mit Hülfe des Mikrotoms durchgeführte Bearbeitung der inneren 
Organe. Sowohl die TJntersuchungstechnik als die richtige Frage- 
stellung stehen nur demjenigen gehörig zu Gebote, der sich durch 
.anhaltende Beschäftigung mit derartigen Arbeiten die nöthige Uebung 
erworben hat. Für den Fortschritt der Wissenschaft wird daher sicher- 
lich ein viel grösserer Nutzen entstehen, wenn sich die gynäkologi- 



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Einidtimg. ^ 

sehen Collegen allgemeiner, als dies bis dahin der Fall gewesen ist, 
entschliessen, ihre seltenen Funde einem der embryologischen Fach- 
männer zur Bearbeitung anzuvertrauen. Es ist mir allzugut bewusst, 
dass es für manchen Gynäkologen ein schweres persönliches Opfer 
ist, wenn er ein werthvolles Präparat, nach dem er vielleicht Jahre 
lang gestrebt hat, .aus den Händen geben oder gar der Guillotine 
des Mikrotoms auslieferen soll. Diejenigen Collegen aber, welche 
genug Gemeinsinn besitzen, solche Opfer zu bringen, werden es 
schliesslich doch nicht bereuen, ihre persönlichen Interessen einem 
höheren Ziele untergeordnet zu haben, 



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Methoden der Bearbeitung. 



Je seltener und je kleiner ein Untersuchungsobject, um so 
sorgfältiger wird man natürlicherweise bemüht sein, dasselbe er- 
schöpfend auszunützen. Am liebsten möchte man allen denkbaren 
Anforderungen zugleich gerecht werden, das Object unverletzt als 
Dokument bewahren und hinwiederum dasselbe so zerlegen, dass 
sämmtliche Einzelnheiten des inneren Baues zur Anschauung gelangen. 
Will man entscheidende Fortschritte machen, so muss man, das ist 
unerlässlich, mit der Tradition der sog. Cabinetsstücke brechen, und 
man darf sich nicht scheuen, auch die seltensten Embryonen dem 
Mikrotom zu überantworten. Damit ist aber noch nicht der Ver- 
zieht auf jegliches Dokument ausgesprochen. Eine erste Reihe von 
Dokumenten liegt in den bei bestimmter VergrÖsserung aufgenom- 
menen Zeichnungen, die man sich von den unverletzten Präparaten 
entwirft, eine zweite nicht minder wichtige in deren Photographie. 

Zeichnung und Photographie ergänzen sich gegenseitig, 
ohne sich zu ersetzen. Vortheile und Nachtheile jeder Zeichnung 
gegenüber der Photographie liegen in dem subjectiven Elemente, 
das bei ihrem Zustandekommen mitwirkt. In einer jeden verstän- 
digen Zeichnung ist mit Bewusstsein das Wesentliche vom Unwe- 
sentlichen geschieden und der Zusammenhang der dargestellten 
Fonngebilde ist in das nach der Auffassung des Zeichners richtige 
Licht gesetzt Die Zeichnung ist somit mehr oder weniger eine 
Deutung des Objectes, sie wird für den Zeichnenden zur geistigen 
Arbeit und verkörpert diese dem Beschauer, wogegen die Photogra- 
phie den Gegenstand mit allen seinen Einzelnheiten, auch den zu- 
fällig vorhandenen wiedergiebt, gewissermaßen als Rohstoff, dafür 
aber die absolute Treue garantirt. 



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Methoden der Bearbeitung. 7 

Für kleinere Objecte ist es rathsam, sich anstatt der verhälfr- 
nissmässig groben Papierbilder Glascopien anfertigen zu lassen, am 
besten gleich auf mikroskopischen Objectträgern, und sie mit einem 
Deckglase zu überkitten. Solche Glasphotographien geben das De- 
tail des Objeetes mit einem Reichthum und einer Feinheit der Nüan- 
cirung wieder, welche keine Zeichnung nachzuahmen vermag, und 
sie ersetzen nicht allein in vieler Hinsicht das Original, sondern sie 
übertreffen dasselbe geradezu in Hinsicht ihrer unmittelbaren Brauch- 
barkeit. Die Zartheit sehr kleiner Embryonen nämlich setzt der 
allzuhäufigen Besichtigung von vornherein gewisse Schranken, man 
hütet sieh, ein solches Object mehr denn durchaus nöthig aus seinem 
Behälter herauszunehmen und es den Gefahren des Transportes unter 
Loupe und Mikroskop auszusetzen. Diese Bedenken fallen der Pho- 
tographie gegenüber weg, und so ist man im Stande, sich in diese 
ohne jegliche Hintergedanken zu vertiefen. Nach meinen Erfahrungen 
ist eine aus verschiedenen Aufnahmen bestehende Reihenfolge von 
Glasphotographien für das Verständniss der äusseren Form eines 
Embryo von unersetzlichem Werthe. Die Photographien werden am 
besten bei nur schwacher ('2 oder 4maliger) Vergrösserung angefer- 
tigt, sie lassen sich mit Hülfe des Zeichnungsprismas leicht weiter 
vergrössem und dje so gewonnenen Zeichnungen gewähren der gün- 
stigeren Beleuchtung halber ein noch reicheres Detail als die direet 
nach dem Objeot aufgenommenen. 

Gute Färb- und Mikrotomirmethoden sind Gemeingut 
und es liegt kein Grund vor, mich darüber auszulassen; nur darauf 
möchte ich hier nochmals hinweisen, dass es behufs einer klaren 
topographischen Orientirung darauf ankommt, nicht allein fortlaufende 
Schnittreihen anzulegen, sondern Reihen mit bekannten Schnitt- 
dicken, derart, dass die Stellung jedes Schnittes zum Ganzen genau 
bestimmt ist 1 ) 

lieber die blosse Schnittbetrachtung hinaus hat man sich weiter- 
hin zu einer plastischen Synthese des zerlegten_ Gebildes zu 
erheben und es sind die zahlreichen Flächenbilder , welche die ein- 
zelnen Schnitte gewähren, wieder umzusetzen in einfachere Anschau- 
ungen körperlicher Art, Der ganze Umweg durch die Durchschnitts- 



1) Vergl.Arcb.f.Anat.u.Physiol., anat. Abth. 1877. S. 131. 



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8 Methoden der Bearbeitung. 

bilder hindurch ist ja nur deshalb nöthig, weil die Objeete ihrer 
Kleinheit halber einer directen körperlichen Präparation sich ent- 
ziehen. Die Forderung der Synthese erseheint selbstverständlich 
genug, allein es wird ihr im Allgemeinen doch nur sehr ungenügend 
Rechnung getragen und so sehe ich mich veranlasst, die von mir 
eingeschlagenen Methoden, deren Grundzüge ich übrigens schon vor 
12 Jahren entwickelt habe, etwas ausführlicher mitzutheilen. 

Die Grundlage jeglicher genaueren Durcharbeitung bilden exacte 
Zeichnungen der ganzen Embryonen sowohl, als der aus ihnen 
gewonnenen Durchschnitte. Wofern bei stärkerer Vergrösserung 
gezeichnet werden soll, bedient man sich mit Vortheü des Sonnen- 
mitroskopes oder auch eines der bekannten, zum mikroskopischen 
Zeichnen construirten Prismen. 
Nun ist es aber gerade für enfr- 
wickelungsgeschichtliche Zwecke 
vielfach wünsehbar bei geringen, 
willkürlich zu bestimmenden 
Vergrösserungen von 5, 10 oder 
20 zu zeichnen. Hierfür pflegen 
selbst die schwächsten mikro- 
skopischen Systeme sowie über- 
haupt die ganze Mikroskopein- 
richtung ungeeignet zu sein, 
wogegen das Vertauschen der 
mikroskopischen Objective mit 
photographischen und die Er- 
setzung des Mikroskopstatives 
durch eine Zahnstange zum ge- 
wünschten Ziele führt. 

Flu. 1. Znchnangsapp.nt (i/ 10 Gilue). .Folgende A ]1 J) ÜT il t e II 7. U - 

P W * l Ja2«rt!% wrt^rti**!?* cW ™ k ' sammenstellung leistet mir 
» seit Jahren vortreffliche Dienste. 

Auf festem Fusse steht eine 60 cm lange prismatische und mit 
Zahnleiste versehene Messingstange. Nah über dem Fuss ist mittelst 
eines 7,5 cm langen Armes ein Mikroskopspißgel angebracht; ausser- 
dem aber laufen an der Stange drei durch Trieb bewegliche Hülsen, 
deren unterste den durchbohrten Objecttisch, die zweite das Objectiv, 



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Methoden der Bearbeitung. 9 

die dritte eine Oberhäuser'sche Camera lucida trägt. Als Objectiv 
benutze ich einen sogen. Stereoskopenkopf (von Dalimeyer) oder 
ein kleines Steinheil'sehes Aplanat (Nr. 1). Letzteres insbesondere 
hat sich sowohl hinsichtlich der Bildschärfe, als der Grösse des Ge- 
sichtsfeldes und der Breite der Verwendbarkeit sehr leistungsfähig 
erwiesen. — Ais Zeictmungsfläehe dient ein kleiner neben dem Ap- 
parat aufgestellter Tisch bez. eine auf einem Rahmen ruhende dicke 
Glasplatte. Die Höhe' dieser Projectionsfläche pflege ich nicht zu 
variren und ebenso nehme ich die Normalstellung des Objecttisches 
als fest an. Den wechselnden Abständen des Objeetives von letzterem 
wird unter diesen Umständen auch eine wechselnde Stellung der 
Camera und eine wechselnde Vergrößerung des projicirten Bildes 
entsprechen. An dem mit dem Aplanat bewaffneten Apparate lässt 
sich die Vergrösserung von 4 bis 40 variren. Dabei ist die feste 
Stellung der Zeichnungsfläche 5 cm über der Normalstellung des 
Objecttisches. Giebt man die aus anderen Gründen empfehlens- 
werthe feste Norminmg dieses Abstandes auf, so lässt sich die Breite 
des Vergrösserungswechsels noch etwas weiter treiben. — Die Grösse 
des Gesichtsfeldes wächst natürlich entgegengesetzt der Vergrösse- 
rung; bei 4facher Vergr. erlaubt das Steinheil'sche Aplanat ein 
brauchbares Gesichtsfeld von 14 mm, bei lOfacher Vergr. beträgt 
letzteres noch 9 mm, bei 20facher 6 und bei 40faeher 3'/i mm. 

Zur Einstellung auf eine bestimmte Vergrösserung legt man 
einen Maassstab auf den Objecttisch und verschiebt die Hülsen 2 
und 3 so lange, bis das auf die Zeichnungsfläche projicirte Bild 
scharf und genau von der gewünschten Vergrösserung ist Mittels 
einer auf der Stange eingravirten Millimeterskala kann man die 
einer jeden Vergrösserung correspondirenden Abstände ein für alle- 
mal bestimmen und so die Zeit sehr verkürzen, die zur ßegulirung 
derselben erforderlich ist Wird nun ein Object an die Stelle des 
Maassstabes gebracht so ist zu beachten, dass dessen abzubildende 
Flache in dieselbe Ebene gebracht werden muss, in der vorher der 
Maassstab lag. Zu dem Zwecke ist bei unveränderter Stellung von 
Objectiv und von Camera lucida der Objecttisch so lange zu ver- 
schieben, bis das Bild des Gegenstandes völlig scharf erscheint. 

Die ganze Einrichtung wird durch einen vor dem Apparat an- 
gebrachten verschiebbaren Schirm vervollständigt, der einerseits be- 



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10 Methoden der Bearbeitung. 

stimmt ist, das auf die obere Linsenfläche auffallende Licht abzu- 
fangen und so die störenden Spiegelungen zu beseitigen, und der 
anderseits dazu dient, die Zeichnungsfläche in einem dem Bedürf- 
niss entsprechenden Maasse zu beschatten. Es ist kaum nöthig zu 
bemerken, dass opake Gegenstände einer intensiven Beleuchtung 
durch die Sonne oder durch das Licht einer mit Sammellinse ver- 
sehenen Lampe bedürfen. Anfertigung verschiedener Zeichnungen 
desselben Ohjectes bei wechselnder Beleuchtungsrichtung gewährt 
für die Deutung der Einzelnheiten wichtige Controlen. Eine Controle 
anderer Art gewährt die Zeichnungsmethode, wenn sie zur Prüfung 
des Einflusses von Erhärtungsmitteln verwendet wird. 

Nachdem das Object bei einer bestimmten VergrÖsserung als 
Ganzes gezeichnet, dann in Schnitte von bekannter Dicke zerlegt 
worden ist, und nachdem man auch diese letzteren bei derselben 
VergrÖsserung gezeichnet hat, sind die Unterlagen zu einer zuver- 
lässigen Keconstruction beisammen. Die Ausführung dieser 
letzteren beruht auf sehr einfachen Grundsätzen. Ein Papierblatt 
wird in parallele Zonen eingetheilt, derart, dass jede Zone gemäss 
der angewandten VergrÖsserung einer Schnittdicke entspricht 1 ) Bei 
Construction von Sagittalprojectionen dient das in richtiger Neigung 
aufgetragene Eückenprofil als Grundlinie, bei Frontalprojectionen ein 
medianer Vertikalstrich. Die Distanzen der einzuzeichnenden Theile 
von diesen Grundlinien werden für jeden einzelnen Schnitt ausge- 
messen und an entsprechender Stelle in die Projectionszeichnung 



■ Man beginnt zunächst mit Verificirung der Schnittrichtung und 
des äusseren Profiles. Folgende Bedingungen sind dabei maass- 



I) Obige Reconstructionamethode habe icb vor 12 Jahren in meiner Mo- 
nographie des Hühnchens (S. IBS) auseinandergesetzt. Eine an der hiesigen 
Anstalt nach derselben ausgeführte Arbeit über die Entwicklung des Vorder- 
darms hat Herr A. Seessel publicirt (Arch. f. Anat. u. Physiol., anat. Abth. 1877. 
S. 149). Im U ebrigen hat die Methode bei der grossen Menge der Schnitt- 
techniker bis dabin wenig Beachtung gefunden; nur Rosbnbebg hat sich der- 
selben zur Construction von Frontal&nsichten des Kreuzbeines bedient (Morphol. 
Jahrb. I. S. 108) und in neuester Zeit bat Kbibgbb, der gleichfalls selbststandig 
auf die Methode gekommen ist, sie als eine neue empfohlen und mit Recht 
auf ihren hohen Werth hingewiesen {Casus, Zool. Anzeiger 1878. S. 369). 



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Methoden der Bearbeitung. 11 

gebend: die anzulegende Zeichnung muss die Höhe haben, welche 
der Zahl und der Dicke der Schnitte entspricht und es müssen an 
der Profildarstellung die durch die Urzeichnung controlirbaren äusse- 
ren Theile, Auge, Herz, Leber, Extremitäten u. s. w. in die richtige 
Höhe und in die richtigen gegenseitigen Abstände gelangen. Ist 
dieser Bedingung Genüge geleistet und sind auch im Uebrigen alle 
Operationen mit ausreichender Genauigkeit vollzogen worden, so wird 
das durch Construction gewonnene Vorderprofil dem ursprunglich 
aufgenommenen gleich sein und beide Zeichnungen müssen sich 
.decken. Wo dies nicht zutrifft, da ist der Grund der mangelnden 
Congruenz aufzusuchen. Derselbe braucht nicht nothwendig in feh- 
lerhafter Abmessung der Schnittdicken zu liegen, vielmehr kann er 
in Verbiegungen liegen oder in Schrumpfungen, welche das Präparat 
zwischen der ersten Zeichnungsaufnahme und der Zerlegung erfahren 
hat. Darnach können eventuelle Correctionen des Construetionsbildes 
vorgenommen werden. Eine unschwer zu beurtheilende Fehlerquelle 
liegt meistentheils in der unsicheren Dickenbestimmung der beiden 
Endschnitte einer Reihe. Von den auf den Tafeln dieser Arbeit 
mitgetheilten Construetionen sind vor allen diejenige des Embryo A. 
durch ihre Uebereinstimmung mit der Urzeichnung hemerkenswerth, 
auch die Construetionen von «i und von M sind befriedigend, wogegen 
bei B. eine Correction angebracht werden musste, über welche weiter 
unten das Einzelne mitgetheilt werden soll. 

Je intensiver man sich mit solchen Roconstmctionen beschäftigt, 
und je allseitiger man ein und dasselbe Object durcharbeitet, um so 
sicherer lernt man den Gegenstand beherrschen und in der gegen- 
seitigen Controle der verschiedenen Construetionen findet man bald 
den scharfen Maassstab für die Zuverlässigkeit des ganzen Verfahrens. 

Mit Hülfe der für die verschiedenen Organsysteme durchgeführ- 
ten Projeetionszeichmingen kann man an den plastischen Aufbau 
des Objectes, an dessen Nachmodellrrung gehn. Der wissen- 
schaftliche Nutzen einer derartigen Bearbeitung embryologischer und 
feiner anatomischer Aufgaben wird noch viel zu sehr unterschätzt, 
und doch ist er sehr bedeutend, und es würde sich an der Hand 
empirischer Beispiele unschwer nachweisen lassen, dass für einen 
guten Theil von vorhandenen literarischen Unklarheiten der Grund 
im Mangel an plastischer Durcharbeitung liegt. Die ausführlichsten 



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12 Methoden der Bearbeitung. 

Beschreibungen von Durchschnittsbildern sind nun einmal nicht im 
Stande, eine klare Körperanschauung zu gewähren und auf eine 
solche haben wir bei embryologischen Untersuchungen nicht minder 
als bei anatomischen hinzustreben. Wie aber bereits das Zeichnen 
eines Gegenstandes unser Auge für dessen Auffassung schärft, in- 
dem es zur Aufstellung und zur Beantwortung mannigfacher Fragen 
drängt, so thut dies in noch viel höherem Grade die plastische 
Reproduetion. Jeder Theil des Objectes will in seiner richtigen Form 
nnd Grösse und an seinem richtigen Orte dargestellt sein, wenn da- 
durch nicht hinwiederum alle Nachbartheile gestört und aus ihrer - 
Lage gebracht werden sollen. Jedes Stück controlirt also seine Nach- 
barstücke sowohl, als das Ganze. Es duldet die plastische Be- 
arbeitung keinerlei Unklarheit, denn wofern man den Gegenstand 
nicht völlig beherrscht, bleibt nur die Alternative übrig, zwischen 
der Arbeitsunterbreehung oder der bewussten Pfuscherei. Die Be- 
handlung von Modellirmaterial, von Wachs und von Thon, ist dabei 
so leicht zu erlernen, der ganze Apparat ein so einfacher, dass man 
gegenüber den maasslos überwuchernden Schnittbeschreibungen mit 
vollem Rechte verlangen darf, dass embryologische Forscher, wie mit 
dem Bleistifte, so auch mit dem Modellirspatel sich zu behelfen, 
ihren Vorstellungen vom räumlichen Zusammenhang der dargestellten 
Theile plastische Gestalt zu geben und darnach auch ihre Beschrei- 
bungen einzurichten wissen. 

Ueber die zur Orientirun,g dienende Bezeichnungen 
ist es wegen der stark zusammengekrümmten Form der Embryonen 
nöthig, sich ausdrücklich zu verständigen. Bei der Beschreibung 
der Gesammtform nehme ich als Längsaxe die längste durch den 
Körper führbare Gerade an, welche bei Embryonen von 7 bis 8 mm 
den Nackenhöcker mit dem Lendentheile des Stammes verbindet. 
Der Mundeingang sieht hierbei nach rückwärts, die Eürnbasis nach 
aufwärts, der Eautengrubeneingang nach vom u. s. w. Für die Ein- 
zelnbesehreibung, speciell für diejenige des Kopfes erscheint es weder 
nothwendig noch zweckmässig, diese temporären Lagerungsbezeich- 
nungen durchzuführen und es ist da passender, jene Orientirung der 
Theile anzunehmen, an die wir als an die bleibende gewohnt sind, 
die Mundhöhle z. B. über den Pharynx zu setzen und die Gesichts- 
ßäche des Kopfes die vordere zu nennen. Wir werden zu dem 



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Methoden der Bearbeitung. 13 

Zwecke in der Regel die Bezeichnungsweise so wählen, als ob der 
Embryo künstlich gestreckt worden wäre, und bei der Einzelnbe- 
sehreibung nur da von dieser Eegel abweichen, wo die besonderen 
Umstände es verlangen. 

Die einzelnen Embryonen, welche im Nachfolgenden beschrieben 
werden, habe ich mit Buchstaben bezeichnet (nach den Namen der- 
jenigen Herren, denen ich dieselben verdanke); es scheint mir dies 
für junge menschliche Embryonen beim gegenwärtigen Zustande 
unserer Kenntnisse die unverfänglichste Bezeiehnungsweise , indem 
Maassbestimmungen, Altersbestimmungen oder Stadienbestimmungen 
in der einen oder anderen Weise discutirbar bleiben. 



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Embryonen A. und B. 

(Körperlänge 7.5 und 7 mm.) 



Mit Absicht stelle ich nicht die allerjüngsten von mir bearbei- 
teten Embryonen voraus, weil das Studium dieser letzteren mit 

Nutzen an das von etwas vorgerückteren Stufen anknüpft. 



i Nibelblue ist im Seite gelegt, um den Benchatiel 

Die Stufe, welcher die zwei Embryonen A. und B. angehören 
und deren Altersbestimmung auf ca. 4 Wochen zu veranschlagen 
ist, zeigt den Körper sehr stark zusammengekrümmt, vom Amnion 
dicht umschlossen, mit bereits gestielter Nabelblase versehen und 
durch einen kurzen, dicken Strang dem etwas über haselnussgrossen 



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Embryonen A. and B. 15 

Cliorion angeheftet; die Extremitäten sind als flache Platten angelegt, 
noch ungegliedert, die Schlundbogen scharf ausgeprägt und durch 
tiefe Furchen von einander geschieden. Die Litteratur enthält meh- 
rere gute Beschreibungen und Abbildungen dieser Entwicklungsstufe, 
so von Joh. Müller '), von Costb * j ) und von Waldeyeh s ). 

Den Embryo B. verdanke ich der Güte des Herrn Prof. J. J. 
Bischoff in Basel, und zwar erhielt ich das Ei uneröffnet, in Al- 
kohol aufbewahrt. Den Embryo A. ist Herr Prof. Ahlfeld so 
freundlich gewesen, 'mir zu überlassen, nachdem er das Präparat 
schon seit längerer Zeit in seiner Privatsammlung aufgestellt und 
bewahrt hatte. Auch dieser Embryo lag in Alkohol, das Amnion 
war s. Z. gespalten und der Nabelstrang präparirt worden. Während 
an diesem Präparate in Folge der Wegnahme des Amnion und wohl 
auch der Alkoholwirkung die äusseren Formverhältnisse in grösster 
Schärfe hervorgetreten sind, ist der unverletzte Embryo B. besonders 
geeignet gewesen, um das Verhältniss zu den Hüllen gehörig fest- 
zustellen. Embryo A. ist um weniges entwickelter als B., im Uebrigen 
stimmen, sowohl was die äussere Form als was den inneren Bau 
betrifft, die beiden unter einander bis auf untergeordnete Punkte 
völlig überein. 

Den durch Hämatoxylin etwas überfarbten Embryo B. habe ich in 
59 Schnitte von ja 0.1 mm zerlegt, welche mit Ausnahme einiger nn- 

1) Joh.MCllbr, vierwöchentlicher Embryo in Meckel's Archiv 1830. Taf. XI, 
copirt bei E. Wagnbs, Icones Taf. VH. 12 und Taf. TILL 4. 

2) Cobte, Devel. des etres organises Esp. hum. Taf. m. 25 bis 28 Tage 
alter Embryo. 

3) Waldbyeb in Heidenhain's Studien des Breslauer physiol. Inatituta. 
3. Heft. Leipzig 1865. S. 55. 

Diese Abbildnngen stimmen in den Hauptpunkten unter sich und mit 
den mehligen gut überein. In der Wai.detrh'scIicii steckt jedoch ein Irrthum 
bezüglich der Bezeichnung der Sinnesorgane. Der Fleck, den W. Auge nennt, 
kann unmöglich dies Organ sein, denn er liegt in der Höhe des Mittelhirns; 
das richtige Auge möchte wohl da liegen, Wo W. die Riechgrube zeichnet. 

Etwas älter als meine zwei Embryonen iat der von A. Ecker gezeichnete 
in den Iconea pnyaiol. Taf.XVUI.Fig.il, der sich unter Zugrundelegung der 
Angaben über die letzte stattgehabte Periode auf 4'/s Wochen berechnet. Ton 
den bei Köllikkb, Entwicklungsgeschichte 2. Aufl. S. 311 u. 313 abgebildeten, 
von Allen Thomson stammenden Embryonen ist der eine jünger (4'/a mm), der 
andere Alter (11 mm) als die meinigen. 



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16 Embryonen A. und B. 

wichtiger anf den Tafeln II. und III. abgebildet Bind. Die Härtung war 
im Allgemeinen gut und nur für das Gehirn unzureichend. Bei Einzeicb- 
nnng des letzteren in die Figuren I. 3 und VII. habe ich daher die äusser- 
lich erkennbaren Formen (I. 1) mit den bei A. gewonnenen Ergebnissen 
combinirt und ob beansprucht diese Gehirn Zeichnung nicht denselben Werth 
wie diejenige von A. Nach der Urzeichnung waren bei B. 63 bis 64 
Schnitte zu erwarten und es ist sonach ein Defect von 0.4 bis 0.5 mm 
vorhanden. Zum Theil lässt sich diese Differenz aus einer stärkeren Ein- 
rollung dea unteren Körperendes ableiten, allein auch wenn man einer 
solchen Rechnung trägt, bleibt ein Defect übrig von ca. 0.3 mm, der mög- 
licherweise von einem Verzählen der Schraubengänge dea Mikrotoms her- 
rührt. Aus dem Abzählen der Segmente und aus dem Vergleichen der 
, von unten nach oben mit den von oben nach unten durchgeführten Con- 
struetionen bin ich zum Ergebniss gekommen, dass der Fehler in die obere 
Herzgegend fällt und ich glaube denselben möglichst compensirt zu haben, 
indem ich den drei Schnitten 38 bis 4u bei den Constrnctionen die doppelte 
Dicke (u-2 statt 0.1 mm) zugemessen habe. 

Auch den Embryo A. habe ich mikrotomirt und die wichtigeren Schnitte 
auf den Tafeln IV. und V. zusammengestellt. Derselbe besass von der 
früheren Präparation her einige kleine Verwundungen, einen Einschnitt 
am Nacken und einen Riss an der Insertionsstolle des Bauchstieles. Vor 
der Mikrotomirung trennte ich in der Verlängerung des vorhandenen Ein- 
schnittes den Kopf vom Rumpf und zerlegte dann jenen in 48, diesen in 
6S Schnitte von je 0.1 mm. Die Härtung war gut, die Schnitte zeigen 
nur solche Defecte, welche durch die frühere Verwundung veranlasst waren ; 
am mangelhaftesten sind die Schnitte des unteren Bauchgebietes ausge- 
fallen (90 bis 100), an welchen durchweg der Mitteldarm fehlt. Hiervon 
abgesehen stimmen die Constrnctionen bei diesem Embryo auf das erfreu- 
lichste mit den TJrzeichnungen überein und besonders hat die Construction 
des Kopfes sehr präcise Ergebnisse geliefert. 



Aenssere Gliederung der Embryonen A. and B. 

(Taf. I. Fig. 1 und 3.) 

Auf Taf. I. ist der nackte Embryo A. 20fach vergrössert von 
der linken Seite her, der von seinem Amnion umhüllte Embryo B. 
in der .rechtsseitigen Profilansicht dargestellt, die Zeichnungen sind 
nach den Glasphotographien der Originalpräparate ausgeführt Beide 
Embryonen sind in gleicher Weise zusammengekrümmt, der Kopf 
und die Stammtheile des Rumpfes bilden eine durch gegenseitige 
Annäherung der Enden beinahe geschlossene Spange, welche, schon 
äusserlich erkennbar, das Herz und die Leber nebst den vom Unterleib 



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Aeussere Gliederung. 17 

abgehenden Stielgebilden umgreift. Die Wölbung der Spange ist 
keine gleichmässige ; in einem beinahe rechten. Winkel biegt sich 
der Kopftheil vom Nackenhöcker aus nach vorn über ; einen zweiten 
weit stumpferen Winkel bildet der Bücken des Embryo etwas unter- 
halb der Abgangsstelle der oberen Extremitäten in der Höhe vom 
9. bis 10. Urwirbel; von da nach abwärts bleibt derselbe nur massig 
gekrümmt, dagegen biegt sich das Beckenende des Körpers stark 
nach vorn empor und die Steissspitze kommt in geringen Abstand 
vom Stirnende des Kopfes zu stehen. 

Die Begioneneintheilung des Rumpfes lässt sich mit Hülfe der 
Urwirbel gut durchführen. An der von links her aufgenommenen 
Photographie von A. lassen sich vom Nackenhöcker bis zur Steiss- 
spitae 35 Segmente abzählen. Diese repräsentiren die intervertebrale 
Muskulatur nebst den Ganglienanlagen, sie sind daher nach Art der 
Nerven zu zählen, d. h. es kommen 8 auf den Hals, 12 auf den 
Rücken, je 5 auf Lenden- und Sakraltheil und der Rest auf den 
Steisstheil. Auch bei B. ist ein grosser Theil der Urwirbel äusser- 
lioh sichtbar, allein es ist hier keine durchgreifende Zählung möglich ; 
ich habe es nämlich verabsäumt, Zeichnungen oder Photographien 
von der linken Seite her aufzunehmen; in der Ansicht von rechts 
aber ist das Steissende verdeckt und der sichtbare Theil des Becken- 
abschnitts erscheint in der Verkürzung. Die längste durch den 
Körper legbare Linie geht bei beiden Embryonen von der Mitte des 
Nackenhöckers durch das 4. Lumbaisegment; Alles, was dem späte- 
ren Becken angehört, ist somit im vorderen Schenkel der Rurapf- 
spange zu suchen. 

Nach einwärts von dem in Segmente zerlegten Stammtheile des 
Rumpfes folgt die Wolff'sche Leiste, aus welcher die obere und die 
untere Extremität als flache Platten hervortreten. Bei B. steht die 
Anlage der oberen Extremität noch rechtwinklig zur Rückenlinie, 
hei A. hat sich deren Spitze bereits gesenkt, und die Wurzel der 
Extremität ist entsprechend eingeknickt. 

Der vom Kopf und von der Rumpfspange umschlossene centrale 
Kern zeigt in seiner oberen Hälfte drei wulstige Vorspränge; die 
zwei vorderen sind durch den Vorhof und durch den Ventrikeltheil 
des Herzens gebildet, der dritte, mehr nach hinten und unten lie- 
gende durch die Leber. Unterhalb der letzteren ist die Bauchwand 

. HIB, Hnnschl. ElIlliITDneu. 2 



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18 Embryonen A. and B. 

etwas eingesunken und sie verlängert sich in einen dicken, schräg 
nach abwärts laufenden Stiel, den Bauchstiel, welcher rechts vom 
Beckenende des Körpers vorbeigeht und nach kurzem Verlauf das 
Chorion erreicht Das neben dem Bauchstiel emporsteigende Beeken- 
stück liegt demselben unmittelbar an und es ist, wie die Durch- 
schnitte zeigen, mit ihm fast in ganzer Ausdehnung verwachsen; 
nur die änsserste Steissspitze ist ringsherum frei, ein Verhaltniss, 
auf das ich unten bei Discussion der Schwanzfrage zurückkommen 
werde. Der Stiel der Tsabelblase verlässt den Körper auf der rech- 
ten Seite des von der Bauchwand abgehenden Stieles. 

Mit Rücksicht auf die bleibende Innervation ist es von Interesse, 
die Beziehung der Segmente zu den davor liegenden Theilen 
ins Auge zu fassen. Verlängert man die Linie, welche Herz und 
Leber äusserlich von einander trennt, so schneidet sie den Stamm 
im 4. bis 5. Segment und bezeichnet so die Herkunft des N. phre- 
nicus. Die Abgangsstelle der oberen Extremität fällt etwas unterhalb 
des 5. Halssegments, vor das 6. bis 8., und vor die obersten zwei 
Brustsegmente. Die schon jetzt hohe Lage des 5. und der oberen 
Hälfte des 6. Segmentes erklären den vor der Extremität vorbeifah- 
renden Weg des N. thoracicus longus. Die Aussenfläche der Extre- 
mität ist deren Streckseite, die Innenfläche deren Beugeseite, der 
obere Rand entspricht dem späteren radialen, der untere dem ul- 
naren Rande der Extremität. Die Entstehung des N. musculo-cuta- 
neus aus den oberen, die des N. ulnaris und der Nn. cutanei medius 
und internus aus den unteren Bündeln des Brachialgefleehtes sind 
damit vorgezejehnet, und ebenso findet das Herantreten der vom 2. 
und 3. Brustnerven herstammenden Intercosto-humeralzweige an den 
Oberann schon durch die Aussenbesichtigung seine genügende Er- 
läuterung. 

Die untere Extremität liegt gegenüber der unteren Biegung der 
Rumpfspange; in ihren Wurzelbereich fallen 1 bis 2 untere Lenden- 
und 3 bis 4 obere Sakralsegmente. Das Gebiet des eigentlichen 
Plexus lumbalis befindet sieh sonach über der Stelle, wo die Extre- 
mität frei wird. Dagegen ist es leicht verständlich, wie die von 
jenem Geflecht herkommenden Extremitätenstämme Cutaneus exter- 
nus, Obturatorius und Cruralis ihren Weg zur Vorderfläche des 
Schenkels zu nehmen haben, während dem Plexus ischiadicus die 



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Aenssere Gliederung. 19 

Rückseite offen steht; auch bei der Anlage der unteren Extremität 
entspricht nämlich die mediale Fläche der späteren Beugeseite und 
def obere Rand dem Grosszehenrande. An der ausgebildeten Ex- 
tremität sind die Verhältnisse wesentlich verschoben und nicht 
ohne Weiteres verständlich. Der Schlüssel ergiebt sich aber aus 
der Besichtigung unterer Extremitäten bei Embryonen von 2 bis 
3 cm Länge. Bei diesen nämlich sind die Sohlenfläche des Fusses 
und die Vorderfiäche des - Unterschenkels median wärts , die Knie 
lateralwärts gerichtet, und es wird daraus ersichtlich, dass der Weg, 
den späterhin die grossen Arterienstämme, die Aa. cruralis, poplitaea, 
tibialis und plantares nehmen, solche Theile verbindet die ursprüng- 
lich gleichgerichtet und der medialen Mäche der Extremität zuge- 
hörig waren. Dieser medialen Fläche der Extremitätenanlage ent- 
sprechen sonach die vordere Innenseite des Oberschenkels, die Rück- 
fläche des Unterschenkels und die Sohlenfläche des Fusses; der 
lateralen Fläche der Anlage die hintere und Aussenseite des Ober- 
schenkels, die Vorderfläche des Unterschenkels und die Dorsalfläche 
des Fusses. 

Die radiär zusammenstrahlende Innervation der Damm- und 
Schamgegend erklärt sich, wie ich dies schon bei einem früheren 
Anlasse gezeigt habe 1 )* aus der Zusammenbiegung des lumbosa- 
kralen Körperabschnittes und aus der Lage der Regio pudendo-peri- 
neaiis im Mittelpunkte des Bogens. Dabei stellt sich heraus, dass 
die Extremität für die ihrem näheren Bezirke angehörigen Nerven" 
den Weg zur Perinealgegend verlegt, denn die Zweige der oberen 
Lendennerven die Nn. ileo-hypogastricus, ileo-inguinalis und genite- 
cruralis begegnen unmittelbar den aus unteren Bezirken stammen- 
den Zweigen des N. pudendus communis und des Ramus perin. 
cut post Ein ähnliches Verhältniss kehrt im Bereich der oberen 
Extremität wieder. Die obere Brustgegend erhält ihre Hautnerven 
von den Nn. supraclaviculares des 4. Cervikatnerven und an diese 
schliessen 8ich nicht etwa Zweige unterer Cervikalnerven an, sondern 
sofort die Rr. perforantes der intercostalen Brustnerven. 

Der Kopf wird in seiner äusseren Conformation wesentlich 
durch die Gliederung des Gehirns bestimmt, dessen Formen durch 



1) Monogr. des Hühnchens S. 155. 



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20 Embryonen A. und B. 

die dünne Decke hindurch deutlich hervortreten. Bei beiden Em- 
bryonen sind die fünf Mntereinanderiiegenden Abtheilungen erkenn- 
bar, bei A. um weniges weiter fortgeschritten als bei B. Am Grund 
des Hemisphärenhirns zeigt sich die Riechgrube, in geringer Ent- 
fernung davon das Auge mit der noch hohlen Linse. Charakteristisch 
für den menschlichen Embryo ist, wie schon anderwärts gezeigt 
wurde ') , die starke Entwickelung des Vorderhirns und die geringe 
Grösse des Auges. Bei den beiden Embryonen misst der äusserlich 
hervortretende Vorsprung des Auges nicht mehr denn 0.3 mm ; vom 
vorderen Kopfende ist er bei A. um 1.15, bei B. um 0.95 mm enfr- 
fernt; der von ihm eingenommene Flächenrauin beträgt etwa den 
9. bis 12. Theü von dem, welchen die davor liegende Hemisphären- 
anlage beansprucht. 

Eine hinter dem Augapfel hervortretende Ausbauchung bezeich- 
net den Ort des Trigeminusganglions , dasselbe hegt im Winkel 
zwischen Mittel- und Hinterhirn. Jenseits des Hinterhirns, in der 
Höhe des 2. Schlundbogens , bildet die Gehörblase nebst dem vor 
ihr befindlichen Ganglion acusticum eine leichte Anschwellung. 

Oberkiefer, Unterkieferfortsatz und zweiter Schlundbogen bilden 
eine Reihenfolge von kräftigen Wülsten, welche durch winklige 
Furchen von einander geschieden sind, alle drei zusammengenommen 
besitzen eine Höhe von 1.45 bis 1.55 mm, wovon auf den 2. Schlund- 
bogen allein 0.6 mm kommen. Dorsalwärts sind diese oberen Vis- 
ceralfortsätze durch eine zwischen ihnen und dem Gehirn herab- 
ziehende Einsenkung scharf umgränzk Unterkieferfortsatz und 2. 
Schlundbogen zeigen überdies eine Gliederung in je einen hinteren 
und einen vorderen Höcker. *) Der vordere Rand der letzteren berührt 
fast unmittelbar die vordere Herzfläche und er hegt in einer Linie 
deren Verlängerung das Hemisphärenhirn in der Gegend der Riech- 
grube schneidet. Der 3. Schlundbogen ist weit niedriger als seine 
beiden Vorgänger, er verschmälert sich an seinem vorderen Ende 
und auch ah ihm ist noch eine Trennung in zwei Abtheilungen er- 
kennbar. Der 4. Bogen, senkrecht unter dem Nackenhöcker und im 
einspringenden Winkel zwischen Rumpf und Kopf hegend, ist nur 

1) unsere Körperform S. 194 u. f. 

2) Colliculiisbranchialisant. undpoat. von Moldbnhauer. Morp hol. Jahrb. 



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AeuBsere Gliederung. 21 

an seiner Wurzel frei, seine weitere Fortsetzung wird vom 3. Bogen 
völlig überdeckt, wie dies aus den Durchschnitten und aus den 
Constructionsbildern sich ergiebt (Taf. IL Fig. 43—44, Taf. VIT. B. 3 
und B. 4 und Taf. V. 65—68). 

Von den zwischen den Schlundbogen gelegenen Furchen ist die 
erste bei weitem die längste, die zweite ist erheblich kürzer. Die 
dritte und die vierte Furche sind von Aussen her nicht ohne weite- 
res sichtbar, sie liegen im Grund der dreieckigen Grube, innerhalb 
deren der vierte Schlundbogen sich versteckt. Von sämmtlichen 
Furchen sind, wie die Schnitte lehren, nur die dritte und vierte 
wirklich durchgängig '), die beiden vorderen sind verschlossen. 

Das Amnion umhüllt den Embryo B. in knapper Weise und 
es umfasst auch die TJrsprungsstelle des Bauchstieles. Sein TJm- 
schlagsrand ist mit diesem, da wo er sich zwischen Vorderkopf und 
Beckentheil (links von jenem, rechts von diesem) hervordrängt, in 
grösserer Ausdehnung verwachsen. Der Bauchstiel trägt an seiner 
rechten Seite eine Rinne zur Aufnahme des Darmstieles; hier enfr- 
fernt sich das Amnion von ihm und bildet, indem es sich vom 
Vorder- zum Hinterleib direct hinüber spannt, mit seinem TJmschlags- 
rande eine straffe Brücke. 

Der Darmstiel oder Stiel der Nabelblase besitzt bei seinem 
Austritte einen Durchmesser von ca. 0.2 mm, wogegen der Bauch- 
stiel als ein Strang von 1.1 bis 1.2 mm Höhe den Körper verlässt; 
seine Insertion in das Chorion erfolgt schon nach einem Verlauf 
von kaum 2 mm. Der Bauchstiel umfasst alle die Gebilde, welche 
späterhin Bestandtheile des Nabelstranges sind, mit Ausnahme des 
zur Zeit noch frei daneben liegenden Darmstieles und der epider- 
moidalen Hülle. Wenn sich später das Amnion vom Embryo abhebt 
und dem Chorion nähert, wird sein Umschlagstheil zu einem länge- - 
ren Rohre ausgezogen, welches den mittlerweile gleichfalls verlänger- 
ten Bauchstiel mitsammt dem ihn anliegenden Darmstiele umscheidet. 
Da der Bauchstiel eine wichtige Rolle spielt, lange bevor man von 
einem eigentlichen Nabelstrange reden darf, so erscheint die Ein- 
führung einer besonderen Bezeichnung für denselben hinreichend 
gerechtfertigt 

1) Damit stimmt auch Durst, Entwickelungsgesch. den Kopfes S. 114. 



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Embryonen A. und B 



Centralnervensystem. 

Die Anlage von Gehirn und Rückenmark erstreckt sich als ge- 
schlossenes Rohr vom Vorderkopf bis zur Steissspitze. Die Gesammt- 
länge betragt bei Embryo A. 19.5 mm. Nimmt man das erste Rumpf- 
segment als Gehirngränze an, so beträgt die Länge des Gehirns bei 
A. 6.6 mm oder rund ein Drittel. Bei B. ist dieser Werth nahezu 
gleich gross, 6.1 mm. 

Aeussere Form des Gehirns. 

Die Hauptformen des Gehirns treten schon durch die äussere 
Bekleidung hindurch kenntlich hervor (Taf. L), Dasselbe besteht 
aus zwei ungleich langen Schenkeln, welche sich fast bis zur Be- 
rührung entgegengerückt sind. Den vorderen kurzen Schenkel bilden 
das Hemisphärenhirn (Vorderhirn) und das Zwischenhirn, 
den hinteren längeren das Hinterhirn und Nachhirn. Beide 
Schenke] treffen im Mittelhirn zusammen und zwischen ihnen 
dringt eine schmale Furche, die Sattelfurche, wie wir sie mit 
Rücksicht auf ihre spätere Bedeutung nennen können, bis zu dessen 
Basis vor. 

Bei A. misst bis zur Gränze des Mittelhirns 

der hintere Röhrenschenkel .< 3.5 mm. 

„ vordere „ 1.6 „ 

die Länge des Mittelhirns beträgt 1.5 „ 

Die vorderen Gehirntheile sind sonach weit davon entfernt, jenes 
Debergewicht zu besitzen, das ihnen später zukommt, die Hemisphä- 
- ren sind zur Zeit noch sehr unbedeutende, das Zwisehenhirn nur in 
schmaler Zone überdeckende Gebilde, und die hinteren Gehirnab- 
schnitte sind in jeder Hinsicht mächtiger als die vorderen. 

Die zwischen Hinterhirn und Nachhirn vorhandene Brücken- 
krümmung ist von massiger Ausbildung. Bei Embryo A. be- 
trägt auf eine Bogenlänge von 3 mm die Erhebung über die 
Grundlinie nur 0.3 mm. Die stärkste Ausbiegung hegt etwas tiefer 
als der Eingang in die Sattelspalte. Hier erreicht das Gehirnrohr 
seine maximale Breite von mehr denn 2 mm und es bildet zwei 



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Centralnervensystem. Aeiisaere Form des GehiniB. 23 

Biegungsohren *)i welche als starke seitliche Ausladungen den hinteren 
Abschluss des Cerebellumgebietes darstellen (Taf. TV. 18—21 und 
Taf. VH. A. 3). 

Fast in der ganzen Ausdehnung des Gehimrohres ist der Schluss 
der beiden Seitenhälften durch eine dünne Platte vermittelt, neben 
welcher die Bänder als steile Leisten hervorstehen. Grossentheils 
ist diese Schlussplatte sehr schmal; im gebogenen und ausge- 
weiteten Abschnitte des hinteren Gehirnschenkels ist sie aber von 
bedeutender Breite und, indem sie an den Weingeistpräparaten et- 
was unter die Oberfläche einsinkt, entsteht eine auch äusserlich 
wahrnehmbare Vertiefung, das Feld der Bautengrube bezeich- 
nend (Taf. VII. A. 3). Von den vier Rändern dieser Stelle sind die 
vorderen beiden kürzer als die hinteren und wie diese sehr bestimmt 
ausgeprägt. Die jederseits an den vorderen Band des Eautengruben- 
feldes angränzenden Theile der Hirndecke sind die Anlagen der 
beiden Kleinhirnhemisphären; ihre längsten Durchmesser ste- 
hen schräg und convergiren nach vorn, ihre Oberfläche ist dorsal- 
wärts convex (Taf. IV. 14 — 23). Nach oben gränzen sieh die Hemi- 
sphären scharf gegen ein bedeutend verengtes Stück des Hirnrohres 
ab, welches den Anschluss an das Mittelhirn vermittelt; ich nenne 
dieses den Isthmus des Hinterhirns. Es ist der Isthmus nur 
0.85 — 0.9 mm breit und aus ihm gehen die Theile hervor, welche 
die Umgebung des vorderen Endes der Rautengrube bilden (Velum 
medulläre anterius, Pedunculi ad Corp. quadrigemina u. s. w.). Die 
hintere Hälfte des Bautengrubenfeldes wird vom Gebiete der Cor- 
pora restiformia eingefasst. An Durchschnitten characterisirt 
sich dasselbe durch eine beinahe vertikale Stellung der seitlichen 
Röhrenwand (Taf. IV. 24 — 42) und durch eine im oberen Abschnitte 
vorhandene Einfaltung derselben. Unmittelbar unterhalb der grössten 
Rautengrubenbreite liegen der Medulla oblongata die beiden Gehör- 
blasen an. 

Weit minder deutlich als in der dorsalen Ansicht ist die obere 
Granne der Medulla oblongata in der ventralen. Der Ort der späte- 
teren Brücke ist zwar insofern bestimmt, als er das Gebiet der 
grössten Breite des Hirnrohres umfasst, allein die obere und die 

1) Vergl. Körperform S. 96. 



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24 Embryonen A. und B. 

untere Grenze einer Brücke sind nicht gegeben, weil überhaupt die 
die Brücke characterisirenden mächtigen Züge von Querfasern noch 
nicht vorhanden, sind. 

Dünne Schichten weisser Substanz sind dem primären, aus 
Zellen gebildeten Medullarrohre äusserlich angelagert, sie ver- 
wischen etwas die Formeigenthümliehkeiten des letzteren. Da nun 
aber dessen Gestalt in den verschiedenen Höhen characteristisch 
und für die Folgeentwickelung bedeutsam ist, so wird es nöthig, 
sie noch besonders zu erörtern. 

Von unten ab bis zur Stelle der grösseren Breite ist das pri- 
märe Hirnrohr prismatisch geformt, von da ab mehr cylindrisch. 
Die Querschnitte des unteren Theiles der Medulla oblongata (Taf. IV. 
42 — 28) zeigen ein fünfseitiges Prisma mit einer vorderen, zwei 
seitlichen und zwei hinteren Kanten. Letztere fassen die Sehluss- 
platte zwischen sich und rücken in eben dem Maasse auseinander, 
als diese an Breite gewinnt. Mit dem Auseinanderrücken der hin- 
teren Kanten ändert sich auch die Schärfe der Seitenkanten; der 
Winkel, unter welchem jederseits die etwas concave Vorderfläche 
mit der gleichfalls eingebogenen Seitenfläche zusammentrifft, nimmt 
von unten nach oben stätig zu, bis er sich schliesslich bei der An- 
näherung an den Ort grösster Breite beinahe völlig ausgleicht. Die 
Gestalt des fünfkantigen Prismas nähert sich daher derjenigen eines 
dreikantigen (Taf. IV. 27 — 23), zugleich aber bildet sich an der 
früheren Seitenwand des Rohres, dem nunmehrigen Gebiete des C. 
restiforme die obenerwähnte Einfaltung aus, welche sich erst mit 
dem Uebergang ins Cerebellumgebiet verliert. Von hier ab tritt 
wieder eine scharfe Seitenkante auf und bei IV. 21 — 19 ist der 
fünfseitige prismatische Charakter des Rohres neuerdings sehr aus- 
gesprochen, dann aber verliert er sieh schon bei 17 durch die zu- 
nehmende Auswärtswölbung der Wandung. Das Rohr besteht von 
da ab aus zwei Halbcylindern, welche je an ihrem vorderen und 
hinteren Vereinigungssaum in eine vorspringende Leiste auslaufen. 
Diesen Charakter behält dasselbe auch längs des Isthmus und bis 
zum Mittelhirn hin. 

Das Mittelhirn ist nach vorn wie nach rückwärts gleich 
scharf abgesetzt. Das Scheitelstück des Hirnrohres bildend, ist es- 
breit und niedrig, wie dies der starken Zusammenbiegung des leUte- 



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Ccnlralncrvcnsy stem. Aeussere Form des Gehirns. 25 

ren entspricht Seine Seitenwandungen sind stark ausgebaucht, die 
obere und die untere Fläche je mit einer medianen Leiste besetzt. 

Der vordere Schenkel des Gehirnrohres besitzt eine 
bereits ziemlich ausgebildete Gliederung. Ein tieferer Einschnitt 
scheidet die steil aufsteigenden Hemisphären vom Zwischen- 
hirn, am letzteren hängen beiderseits mittelst breiter hohler Stiele 
die Augenblasen. An seiner unteren Mäche trägt das Zwischen- 
hirn die selbstständig abgegränzten Riechlappen, an seiner der 
Sattelspalte zugekehrten Rückwand das cerebrale Hypophysen- 
säckchen. Eine von der Mitte dieses Säckchens zur Hemisphären- 
mitte gezogene Linie hat die Richtung von vorn nach rückwärts 
und die längsten Durchmesser des Zwischenbirns und der beiden 
Hemisphären stehen annähernd rechtwinklig auf derselben. 

Das Zwisehenhirn ist in seiner unteren Hälfte durch eine Furche 
(Sulcus intermedius) in einen vorderen und einen hinteren 
wulstartig hervortretenden Schenkel (Crus ant. und post.) zerlegt. 
Beide gehen mittelst ihrer oberen Enden bogenförmig in einander 
über (Taf. VH. A. 1). Der hintere Schenkel (P7. 14—11) ist der 
Sattelspalte zugewendet, etwas schmaler als der vordere und von 
seiner Rückfläche schnürt sich das Hypophysensäckchen ab. Der 
vordere Sehenkel ist der Träger des noch offenen Augenblasenstieles 
(TV*. 14 und 13), er steigt aber höher hinauf denn dieser (IT. 12 
und 11) und macht sich auch nach Ausgleichung der Intermediär- 
furchen noch als scharfe, den Hemisphärenrand berührende Kante 
bemerkbar {IV. 10 und 9). 

An den Hemisphären ist der medianwärts freie Mantel vom 
Wurzelgebiet zu unterscheiden. Die Hemisphärenwurzel hängt 
in ihrer vorderen Hälfte mit der der anderen Seite zusammen, in 
ihrer hinteren Hälfte mit dem Zwisehenhirn, ihre Basis stösst an 
den Riechlappen. Jede Hemisphäre ist in ihrem oberen Theile am 
breitesten und kuglig aufgetrieben, gegen die Basis verschmälert 
sie sich und als erste Andeutung derFossa Sylvii erscheint eine 
am Uebergang des breiten Theiles in den sehmalen vorhandene 
Einziehung (V.U. A. 2). Das Zwischenhirn ist mit seiner oberen 
Hälfte zwischen die Hemisphären eingekeilt (IV. 6—9), seine untere 
Hälfte liegt hinter diesen und berührt mit ihrem Crus anterius 
deren schmale Rückwand (IV. 10 — 12). — Der vordere Rand der 



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26 Embryonen A, and B. 

seitlichen Zwischenhirnwand, oder deren Umschlagssaum in die me- 
diale Hemisphärenwand bildet einen nach vorn und nach abwärts 
offenen Bogen, wie dies die punktirte Linie bei A. 1. VH. angiebt, 
Hinten durch das Zwischenhirn geschieden, convergiren die Hemi- 
sphären nach vorn und bleiben hier nur durch eine schmale Spalte 
getrennt. Die mediale Wand des Hemisphärenmantels steht daher 
schräg zur Mittelebene des Kopfes. Vorn ist sie am tiefsten (0.5 mm) 
und wie der Schnitt A. 10 zeigt, so trägt sie hier bereits eine cha- 
racteristische Furche, die Randfurche. Bei den Schnitten 9 und 
8 ist das jenseits von der Furche hegende Bandstück losgerissen 
und die Präparate erlauben keine bestimmte Auskunft "über die 
Endigung der letzteren und über die Beschaffenheit der medialen 
Wand im oberen Uebergangsstück. 

Als Riechlappen ist der Hirnabschnitt aufzufassen, welcher 
der Mundhöhlendecke unmittelbar aufruht (IV. 15 — 16). Durch eine 
Spalte ist er in zwei Seitenhälften geschieden. Er ist kürzer und 
schmaler als die überliegenden Theile (VEL A. 2) und seine Höhlung 
steht mit der übrigen Hirnhöhle in offener Verbindung. 

Ich lasse eine Zusammenstellung der wichtigsten Maasse (in mm) 
folgen, wobei ich die Längenmaasse auch für B. angebe, soweit die- 
selben durch die äussere Umhüllung hindurch bestimmbar waren. 



Grüsst e Breite 
(Qwr-Dm.) 



Hemisphären ...... 

Unbedecktes Zwischenhira . 

Bedecktes ZwiachenMrn . . 

Augenblasen 

Biechlappen 

Mittelhirn 

Isthmus ., 

Hinterhirn (Cerebellumgebiet) 
Eingang zur Rautengrube 
Medulla oblongata .... 



Grüsiste 


lange 


GrüFsti; Tiefe 


(minie 


Dm.) 


(dorso-Tentnlur 
Dm.) 


A. 


B. 


A. 


0.9 


0.9 


1.2 


0.7 


0.65 


,* | 


0.45 


_ 


0.6 


0.5 


0.5 


0.5 


0.6 


— 


0.2 


1.5 


1.5 


0.7 


0.3 


0.35 


0.9 


1.3 


1.2 


1.3 


2.8 


— 


— 


1.9 


1.8 


0.9-1.3 



„Google 



CentrsJnervensvBtem. Aeussere Form des Rückenmarkes. System der Höhlen. 27 



Äeussere Form des Rückenmarkes. 

In der Höhe der neiden obersten Halssegmente besitzt da« 
Kückenmark noch die prismatische Gestalt der anstossenden Me- 
dulla oblongata (IV. 40 — 43), dann aber flacht es sich rasch ab, 
indem gleichzeitig sein Tiefendurchmesser sich verringert Es er- 
scheint in seinem weiteren Verlaufe bis in die Nähe des Steissendes 
als abgeplatteter, jederseits mit einer Längsrinne versehener Strang; 
nur das unterste Ende wird durch dorsales Auseinanderweichen der 
Seitenwandung noch einmal prismatisch (IV. 108 — 103 und in. 14 
Ms 18). Vom mittleren Halstheile ab bis zum Beginn des Lenden- 
theiles verjüngt sich das Rückenmark nur unerheblich, etwas mehr 
noch nach der Breite als nach der Tiefe; dagegen nehmen im Len- 
den- und Beckentheile die beiden Durchmesser erheblich ah. Hais- 
und Lendenanschwellung sind noch nicht vorhanden. 

Die Maasse bei A. sind folgende: 







Tiefe des Um. 


Grttsete Breite 






(KnkiKht inr Axe 

gerne »d) 


des Km. 


H&lstheil. 


Höhe des 1. Segmentes 


0.9 mm 


0.9 mm 




, 2. 


0.7 


— 




- 3. 


0.6 


— 




- 7. 


0.6 


0.42 


RUckentheil. 


. 3. 


0.6 


0.40 




- 10- 


0.58 


0.37 


Lcndcntheil. 


- 2. 


0.57 


0.33 




, 4.-5. » 


0.45 


0.33 


Beckentheil. 


„ . 1 . Stebssegm. 


0.36 


0.20 




, 4. 


0.25 


0.22 



System der Höhlen. 

Die plattenförmig gestalteten zwei Seitenhälften des Rücken- 
marks verbinden sich vorn und hinten mittelst eines je nur etwa 
0.04 mm dicken Streifens, im Uebrigen sind sie durch einen Zwi- 
schenraum geschieden, welcher im Querschnitt die Form einer Pfeü- 



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28 Embryonen A. and B. 

spitz« trägt. Derselbe ist nämlich von vier einspringenden Wand- 
flächen umgeben und läuft in vier Längsrinnen aus, von denen die 
vordere und die hintere zu engen Spalten zugeschärft, die zwei 
seitlichen stumpf sind. Die beiden Seitenrinnen liegen dem hin- 
teren Rückenmarks rande näher als dem vorderen; vordere und hin- 
tere Hälfte der Seitenwand sind somit von ungleicher Tiefe, jene 
gegen zweimal tiefer als diese. Die grösste Breite der Rücken- 
marksspalte am Orte der Seitenrinnen beträgt im Hals- und im 
Rückentheile 0.1 bis 0.15 mm. 

Mit der Annäherung an die Medulla oblongata und nach dem 
Uebergang in diese verbreitert sich die Lichtung des Medullarrohres ; 
noch unterhalb des obersten Halsmarkes treten die hinteren Ränder 
beider Seitenwandungen auseinander und zwischen ihnen erscheint 
die dünne Schlussplatte. Dabei erhalten sieh die vordere 
Medianfurche und die beiden Seitenfurchen, jede Wand- 
hälfte zeigt somit zwei parallele Längsleisten, von denen die 
hintere mehr und mehr lateralwärts ruckt. Noch in der Höhe der 
Acusticusganglien (IV. 25) sind alle Leisten kenntlich und die hin- 
teren beiden, welche mit den schon oben erwähnten, im Gebiete der 
Corpora restiformia vorhandenen Wandfalten identisch sind, sind 
nunmehr 0.8 mm von einander entfernt. 

Im Rückenmarke bilden die vier Längsleisten die Gesammtwand 
des Centralkanales, beim Uebergang in die Medulla oblongata tritt 
als neuer Wandbestandtheil die Schlussplatte hinzu. Sie beginnt 
jenseits der hinteren Längsleiste und ist von dieser durch eine be- 
sondere Furche, die hintere Seiten furche, abgesetzt. Die dicke 
Seitenwand des Rohres und die dünne Schlussplatte begegnen sieh 
hier anfangs direct (IV. 41 — 32), dann aber tritt zwischen beiden 
ein die Dickenabnahme vermittelndes Schaltstück auf. Dieses ist 
bis zum unteren Rande des Hinterhirns unbedeutend {TV. 31 — 24), 
jenseits davon verbreitert es sich rasch und bildet die Anlage der 
Kleinhirnhemisphären (IV. 23 — 17). Der Boden der vom Cerebellum 
überdachten Hinterhirnhöhle wird von der Fortsetzung der aus Me- 
dulla spinalis und oblongata emporgestiegenen vier Längsleisten ge- 
bildet. Auch die früheren Hinterleisten sind nunmehr in die Vor- 
derwand des Rohres übergegangen und die hintere Seitenfurche 
bildet die Glänze von dessen Decke und Boden. 



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Centralnervensystem. System der Höhlen. 29 

Wie dies früher gezeigt wurde, so wird nach oben hin der 
Querschnitt des Hinterhirnrohres ein mehr kreisförmiger, es ver- 
wischen sich demnach die Leisten und Furchen der inneren Wand- 
fläche zum grossen Theil ; immerhin bleiben jederseits zwei winklige 
Ausbiegungen übrig, durch welche die eigentliche Seitenwand vom 
Boden und von der Decke der Höhlung geschieden wird. Boden 
und Decke sind ihrerseits von einer tiefen Längsfurche durchschnitten 
(IV. 16 — 9). Im Isthmus steht die Seitenwand ziemlich vertikal, 
weiter oben im Mittelhirn baucht sie sich von neuem aus (IV. 9 — 3) 
und der Querdurchmesser der Lichtung steigt auf das Doppelte. 
Beim Uebergang zum Zwischenhirn erfährt das Rohr eine aber- 
malige starke Verengerung (IV. 6 — 3). Dagegen erscheint der vom 
Zwischenhirn umschlossene dritte Ventrikel im Gegensatze zu ■ 
später als eine breite geräumige Höhle, die in eine Anzahl mehr 
oder minder selbstständiger Buchten ausläuft (IV. 14 — 3). Naeh 
rückwärts communicirt derselbe mit dem Hypophysensäckchen 
(IV. 13 — 9), seitlich von ihm liegen die Buchten des Crus po- 
sterius und anterius (IV. 14 — 11), deren letztere in die Höh- 
lung des Augenblasenstieles sich fortsetzt, nach abwärts 
folgen die auch mit den Seitenventrikeln verbundenen Höhlungen 
der Riechlappen (IV. 14, 15} und nach vorn schliessen sich die 
Seitenventrikel selbst an (IV. 14—5). Die Verbindung der 
beiden Hemisphärenhöhlen untereinander und mit dem dritten Ven- 
trikel, das spätere Foramen Monroi, ist noch verhältnissmässig 
weit; es existirt noch ein gemeinsamer Vorderhirnventrikel, 
als dessen besondere Ausbuchtung die Seitenventrikel erscheinen.') 

Es mögen einige Maassangaben folgen: 
grösster Durchmesser des Centralkanals im Hals- und 

im Rückentheile des Markes 0.1 — 0.15 mm, 
„ „ „ 4. Ventrikels im Bereich der 

. Hedulla oblongata . . . 0.6—0.9 „ 
„ „ „ 4. Ventrikels im unteren Ce- 

rebellumgebiet .... 1.5—1.7 „, 



1) lieber diese mittlere Vorderhirnhöhle und aber die Abtrennung der 
Seitenventrikel von ihr vergl. „Körperfonn" S. 110. 



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30 Embryonen A. und B. 

grösster Durchmesser des 4. Ventrikels im oberen Ce- 

rebellumgebiet 1.3—0.8 „ 

„ „ „ 4. Ventrikels im Isthmus . 0.55 — 0.6 mm, 

„ „ der Mittelhirnhöhle .... 0.9—1.2 „ 

„ „ des Einganges zum 3. Ventrikel 0.6 „ 

„ „ „3. Ventrikels obere Hälfte 0.9—1.05 „ 

„ „ „ Hypophysensäckchens . . 0.15 „ 

„ „ der Buchten des Tub. post . . 0.5 — 0.7 „ 

n t. ,t tr n » ant. (ohne 

Augenblasenstiel .... 1.0 — 1.05 „ 
„ „ des Ventriculus olfactorius . . 0.3 — 0.4 „ 
„ „ der Vorderhirnhöhle an der Basis 0.45 — 0.6 „ 
„ „ „ Vorderhirnhöhle in der obe- 
ren Hälft« ....... 1.0—1.45 „ 

grösste Länge der Seitenventrikel (schräg gemessen) 0.65 — 1.0 „ 

„ „ des Foramen Monroi (schräg gemessen) 0.3—0.35 „ 



Graue und weisse Substanzanlagen. 

Den fiberwiegenden Hauptbestandteil des Gehirns und des 
Rückenmarkes bildet das aus Zellen gebildete primäre Hedullar- 
rohr, ihm sind die weissen Substanzanlagen nur in dünnen, an 
verschiedenen Stellen ungleich mächtigen Schichten aufgelagert. Nur 
die Aussenfläche des primären Rohres trägt Auflagerungen weisser 
Substanz, seine Innenfläche ist unbekleidet und sie begränzt unmit- 
telbar das System der Höhlen. Die Dicke des primären Rohres 
schwankt, wenn wir von einigen besonderen Localitäten (der Sehluss- 
platte des 4. Ventrikels, dem Grund der Vorderhirnspalte u. a. m.) 
abseben, in ziemlich engen Gränzen. An den verschiedenen Ab- 
schnitten des Gehirns beträgt sie im Mittel 0.12 — 0.15 mm und in 
denselben Gränzen schwanken die Werthe, welche man für die 
Seitenwand des Rückenmarkes erhält 

Rückenmark. Bekanntlich besteht bei jüngeren Embryonen 
die Wand des Medullarrohres aus conischen oder spindelförmig ge- 
streckten Zellen, welche radiär angeordnet, eine epithelartige compacte 
Platte bilden. Diesen epithelartigen Character hat das primäre Medul- 



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Centralncrren eyetem. Rückenmark. 



• 31 



larrohr beiden Embryonen A. und B. nur noch zum Theil beibehalten. 
Die innere, an den Centralkanal anstossende Schichte besteht näm- 
lich noch ans radiär angeordneten Zellen, weiter nach aussen haben 
die Zellen andere Form und Anordnung angenommen und sie sind 
theilweise untermengt mit Zügen feiner Fasern. Die radiärstreifige 
Wandschicht sehliesst sich gegen den Centralkanal mit glatter 
Gränze ab. Ein äusserer glatter Abschluss findet sich nur an der 
vorderen und an der hinteren Rückenmarksfläche. Hier, im Com- 
missurenstück.i ist die 
Abspaltung einer Aussen- 
schicht unterblieben, und die 
Wand behält ihr radiärstrei- 
figes Gefüge bis zur Ober- 
fläche des Markes. Soweit 

dagegen nach den beiden #.« 

Seiten hin eine nicht ge- 
streifte Aussenschicht vor- 
handen ist, lässt sich eine 
auf die Formunterschiede der 
Zellen zurückfuhrbare scharfe 
Abgränzung nicht auffinden. 
An die Spindelzellen innerer 
Lagen schliessen sich TJeber- 
gangsformen an, als ob die 
Oberfläche des Innenrohres ^0-3. -ws. 

aufgebrochen wäre und die Hf . 8 , BOeYei 
hervortretenden Zellen, der cioofich ympst 
Gewölbsspannug ledig, all- m»K« »reust*. ». 
mälig freiere Formen ange- '* ala ' °' w ™ 
nommen hätten. 

Weit mehr als die Form der Zellen gewährt das Verhalten der 
Faserzüge ein Motiv der Schichtenscheidung. Da nämlich, wo die 
Zellen mit Fasern reichlicher untermengt sind, erscheint, besonders 
an gefärbten Präparaten, das Gewebe etwas heller. Wie die Fig. 3 
zeigt, so ist das dunkler erscheinende Innenrohr zunächst von einem 
hellen Streifen eingefasst, in welchem bogenförmige, von hinten nach 
vorn gehende Fasern enthalten sind. Ich bezeichne diese Schicht 



.d SpinilgiBglion tdd A. B5 
r Innenrohr, «diiiBtroiflge 
ifgolsckortet ThaiL ftFir- 
Vürdure und blntwa Zollen- 
liol. Ol (linglion spimlo. 



„Google 



32 Embryonen A. und B. 

als Bodenschicht (Fonnatio arcuata). Nach aussen von ihr liegen 
eine vordere stärkere und eine hintere schwächere Zellen- 
säule, mit welchen das primäre Medullarrohr seinen Abschluss er- 
reicht. Beide Säulen sind am Rande zugeschärft und stehen unter- 
einander in keiner Verbindung; sie sind etwas dunkler als die Boden- 
schicht und die vordere wird in ihrer ganzen Höhe von Wurzel- 
fasern durchzogen. Letztere strahlen gegen die Oberfläche und noch 
über diese hinaus zusammen und vereinigen sich so zu einem Bün- 
del, dessen Durchmesser kaum ein Viertel des dem Ursprungsgebiete 
zukommenden beträgt Die Zellenkerne der Vordersäulen sind oval 
und im Allgemeinen der Richtung der Fasern gemäss orientirt. So 
deutlich diese vorderen Wurzelfasern zu sehen sind, so wenig ist 
von hinteren wahrzunehmen und meine Erfahrungen über das spätere 
Auftreten dieser letzteren stimmen mit den älteren Erfahrungen 
Bidder und Kupffer's ') und mit denjenigen von Kölliker völlig 
überein. 

Als Anlage der weissen Substanz zieht sich um die gesammte' 
Seitenfläche des primären Medullarrohres eine zellenfreie dünne Be- 
legschicht Ihre Aussenfläche entspricht zwar im Allgemeinen der- 
jenigen des primären Rohres, allein sie gieht die innere Modellirung 
nur abgeschwächt wieder; die Belegschicht ist etwas dicker, da wo 
die Oberfläche des inneren Rohres einspringt und etwas dünner da, 
wo diese sich ausbaucht; an den beiden Commissurenstücken fehlt 
sie ganz und gar. Die weisse Substanzschicht besteht aus dicht 
gedrängten radiärstehenden Faserehen, welche am Rande der Schicht 
frei enden. Die Oberfläche der Schicht hat daher den Character 
einer Bürstenoberfläche und entbehrt gleich einer solchen einer 
scharfen Gränzcontour. Die Dicke dieser Belegschicht übersteigt 
nicht 20 bis 25 /*. 

Fassen wir die Sache nochmals zusammen, so stellt sieb her- 
aus, dass von den späteren Bestandtheilen des Rückenmarkquer- 
schnittes einige bereits vorhanden und gesondert sind, während 
andere der scharfen Abgränzung entbehren oder überhaupt noch 
fehlen. Die Epitbelschicht ist noch nicht umgränzt, ebensowenig 



1) Biddeb und Kupffeb, Untersuchungen über die Textur des Rücken- 
marks. Leipzig 1857. S. 107. 



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Centralnervensystem. Gehirn. 33 

die Substantia Rolandi, wogegen die Zellensäulen der späteren Vor- 
derhörner als compacte Massen vorliegen. Von Faserzügen sind zur 
Zeit drei Systeme vorhanden, das allgemeine Radiärfasersystem der 
Stränge, das System der vorderen Wurzeln, an welchem die grosse 
Ausdehnung des Ursprungsgebietes besonders beachtenswerth ist, und 
das System der Bogenfasern. Dies letztgenannte System tritt später 
mitBildungen verschiedener Art in Verbindung, mit den Vordersträngen 
und der vorderen weissen Commissur einerseits, mit den Seiten- und 
Hintersträngen und mit den hinteren Zellensäulen andererseits. Vor- 
erst sind die meisten dieser Bildungen nicht angelegt, es fehlt noch 
die vordere Commissur vollständig, und auch von weissen Strängen 
kann man kaum reden, denn die dünnen als Vorläufer weisser Sub- 
stanz zu deutenden Belegsehichten des Rückenmarks entbehren noch 
jeder wahrnehmbaren Spur von Längsfasern. 

Für die Maasse des Rückenmarkquerschnitts und seiner einzel- 
nen Theile verweise ich auf obige Figur, welche die Theile genau 
lOOfach vergrössert wiedergiebt Der Schnitt (A. 95) entstammt der 
unteren Dorsalgegend, deren Verhältniss für das gesammte mittlere 
Markgebiet von der mittleren Halsgegend bis zur oberen Lenden- 
gegend als typisch angesehen werden kann. 

Die Wand der Medulla oblongata und die des Hinterhirnes 
sind in ihrer vorderen Hälfte ähnlich geschichtet, wie die Seiten- 
wand des Rückenmarkes. Die Höhlung ist zunächst glatt umgränzt 
von einer radiärstreifigen compacten Schicht von Zellen; weiter nach 
auswärts lockert. sich der Zusammenhang der Elemente, und auf die 
reinzellige Innenschicht folgt eine aus Fasern und aus Zellen ge- 
mischte Formatio arcuata, jenseits von dieser aber eine dünne 
zellenfreie Belegschicht. An einigen Stellen finden sich Zellenmassen, 
welche ähnlich den Vordersäulen des Rückenmarkes durch die For- 
matio arcuata nach Aussen gedrängt erscheinen. Eine solche Zellen- 
masse ist der später noch zu besprechende Hypoglossuskern (IV. 35 
bis 40) , eine ähnliche als Facialiskern anzusprechende Masse liegt 
im Brückengebiete (IV. 23—24). 

Die zellenfreie Belegschicht besteht in ihrer äusseren Hälfte 
ebenso wie beim Rückenmark aus frei auslaufenden Radiärfäserchen, 
weiter innen hat sie bereits ein mehr netzförmiges Gepräge und sie 
zeigt sich von zahlreichen Pünktchen durchsät, deren Deutung als 

Hts, HBOBcbl. Embryonen. 3 



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34 Embryonen A. und B. 

Faserquerschnitte sehr naheliegend ist. Der Character der Schicht 
ist in einer der schönen HENSEN'schen Zeichnungen des embryonalen 
Kaninchen-Rückenmarkes treffend wiedergegeben.') 

Als neue Bildung erseheint in der Hedulla oblongata eine dünne 
Schicht von Querfasern, welche unter Kreuzung der vorderen 
Hirnkante von einer Seite zur andern verlaufen. Es ist bemerkens- 
wert^ dass in der Medulla oblongata ein solches Commissurensystem 
früher auftritt als im Rückenmark, in welchem es doch später in 
ähnlicher Weise sich entwickelt. Ich vermag aus meinen Präparaten 
nicht zu entscheiden, ob dasselbe genau mit der Kopfgränze oder 
ob es erst etwas weiter unten aufhört. In der Höhe des 4. Seg- 
mentes (Schnitt A. 40) ist es jedenfalls nicht mehr vorhanden. Nach 
aufwärts erstrecken sich die Commissurenfasern bis in das obere 
Brüekengebiet (IV. 6 — 15). Letzteres ist in Betreff der Commissuren- 
schicht nicht bevorzugt; die an und für sich ziemlich dünne Lage 
(20 — 25 /() ist in dessen Bereich noch sehwacher als weiter unten 
und läuft überhaupt nach oben hin zugeschärft aus. — Die Fasern 
der Commissuren schicht biegen jederseits nach hinten um, und sie 
treten früher oder später in die Formatio arcuata ein; der Hypo- 
glossuskem wird von denselben schleuderförmig umfasst 

Die Formatio arcuata besteht aus Zellen und aus Fasern. 
Die Zellen sind grossentheils in der Richtung der Fasern gestreckt 
und hängen, wie sich vermuthen lässt, vielfach mit letzteren zu- 
sammen. Ein Theil der Fasern geht, wie schon oben erwähnt wurde, 
in die Commissurenbahn über, andere schliessen sich unter spitzem 
Winkel den Zellenmassen des Innenrohres an. Am auffälligsten ist 
dies an den beiden Endpunkten der Schicht, in der Nähe der vor- 
deren Hirnkante und in derjenigen des Schlussplattenursprunges. 
Allein auch in austretende Nervenwurzeln, speoiell in diejenigen des 
Facialis der Portio minor Trigemini treten Fasern der Formatio ar- 
cuata. Demnach ist diese, ähnlich manchen anderen Fasercomplexen, 
als eine gemeinsame Strasse für Fasern verschiedenen Characters und 
Ursprunges anzusehen. 

Die eben besprochene Schichtengliederung erstreckt sich nicht 

1) Hbnsbs, Zeitschrift für Änat. und Entwickelungsgesch. Bd. I. Taf. XI. 
Fig. 56. 



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Centralnervenaystem. Rückenmark. 35 

über das ganze Hirnrohr. An der Medulla oblongata und am Hin- 
terhirn beschränkt sie sich auf Vorder- und Seitenwand, greift aber 
nicht auf die Rückwand über. Das Ursprungsgebiet der Schluss- 
platte und die gesanunte Cerebellumanlage besitzen weder Forma- 
tio arcuata noch weisse Belegschicht. Weiter oben nimmt die Bo- 
genausdehnung der äusseren Schichten wiederum zu. Der Isthmus 
sowohl, als das Mittelhirn sind, mit Ausnahme der beiden medianen 
Leisten, von einer Belegschicht rings umkleidet. Diese erstreckt 
sich auch auf die Seitenwand und die Decke des Zwischenhirnes, 
lässt aber dessen Basis frei. Das Hemisphärenhirn ist von keiner 
Belegschieht umgeben und es bewahrt, gleich den Augenblasen, noch 
die Natur des ursprünglichen Zellenrohres. 

Der Character der Formatio arcuata ändert sich oberhalb des 
Brückengebietes. Auf grössere Strecken verliert die Schicht ihre 
eigenthümliche Streifung, es erscheint die Aussenschicht des primären 
Hirnrohres zwar aufgelockert, deren Zellen indess (bez. deren Kerne) 
sind vorwiegend rundlieh von Form und die dazwischen liegende 
Substanz schliesst sich ohne scharfe Gränzen der radiärfaserigen 
weissen Belegschicht an. Allerdings kommen dann wieder Stellen, 
wo die Bogenfasemng mehr in den Vordergrund tritt Eine solche 
Stelle findet sich im dorsalen Bandstücke des Isthmus (IV. 9—10). 
Hier wird durch die Bogenfasern ein Zellenstreifen abgetrennt, von 
dem ausgehend die Faserung zur dorsalen Längskante hinläuft. Der 
Lage nach könnten diese Fasern auf den N. trochlearis bezogen 
werden; immerhin habe ich keine Kreuzung derselben und keine 
Austrittsstelle auffinden können. 

Ehe ich das Centralnervensystem verlasse, habe ich noch die 
von anderen Beobachtern über unseren Gegenstand gesammelten 
Erfahrungen zu besprechen. Die Grundlage unserer Kenntnisse von 
der histologischen Entwicklung der nervösen Centralorgane führen 
sich einestheils zurück auf Remak 1 (1853), anderenteils auf Biddee 
und Kupffer (1857) zurück, später haben Köllikee (1861) und 
Hensen (1876) den Gegenstand wieder aufgenommen und die älte- 
ren Erfahrungen theils bestätigt, theils ergänzt. 

Rkmäk verdanken wir bekanntlich den Nachweis der Abstam- 



l) Eemak, Unters. Über Entw. S. i 



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36 Embryonen A. und B. 

mung des MeduRarrohres aus dem oberen Keimblatt. Vom 5. Tage 
ab unterscheidet R. in der Rückenmarkswand des Hühnchens zwei 
beinahe gleich starke Schichten, eine innere weiche, aus radiären 
Zellen bestehende und eine äussere feste Querfaserschicht Erstere 
ist die Anlage der gesammten grauen Substanz und später, etwa 
am 10. Tage, treten auch in ihr zarte Zirkelfasern auf, welche ohne 
scharfe Gränze in die Schicht der Querfasern übergehen. Letztere 
verwachsen in der Folge mit den ausserhalb der Urwirbel entstan- 
denen Ganglien und Nervenstämmen, sie liefern somit den intrume- 
dullaren Abschnitt der Nervenwurzeln, ausserdem aber Bogenfasem 
zur Verbindung der Nervenwurzeln untereinander und zur Bildung 
der Commissuren. Später als diese und an ihrer Aussenseita enfr- 
stehen die Stränge von Längsfasem. In derselben Reihenfolge, in 
der die Faserzüge entstehen, entwickeln sich späterhin auch deren 
Markhüllen. Auf die Frage von der Abstammung der Nervenfaser- 
züge tritt Rem ak nicht näher ein und nur in Betreff seiner Quer- 
fasern spricht er die Möglichkeit aus, dass die Zellen der inneren 
Wandschicht in sie übergehen könnten. 

BinnER und Kupffer's ') Untersuchungen wurden in der bestimm- 
ten Absicht angestellt, den Faserverlauf im Rückenmark aufzuklären, 
als Material diente theils das Hühnchen, theils junge Schafembryonen. 
Als zuerst auftretende Fasergebilde erkennen jene Beobachter die 
feinen, blassen Fäden der vorderen Wurzeln, die sie im Gegensatz 
zu Rf.mak sofort im Zusammenhange entstehen lassen. Dir Hervor- 
treten aus vorderen Zellengruppen und ihre Convergenz gegen die 
Austrittsstelle hin wird gut beschrieben. 2 ) Nach den vorderen Wur- 
zelfasern tritt die vordere Commissur auf, dann erst folgen die Sub- 
stanz der Längsstränge und die Züge der hinteren Wurzeini Das 
Auftreten der vorderen Wurzeln vor den Längssträngen beweist, wie 
B. und E. hervorheben, dass dieselben aus der grauen Substanz des 
Rückenmarkes und nicht, wie dies damals noch vielfach angenommen 
wurde, direet aus dem Gehirn stammen; bei den hinteren Wur- 
zeln aber, die gleichzeitig mit den hinteren Längssträngen entstehen, 



[) Eiddeb und Kuffpek, Unters. Über die Textur des Rückenmarks und 
die Entwicklung seiner Formelemente. Leipzig 1857. 
2) 1. c. S. 101. 



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Centraluervtn System. Weisse Substanz. 37 

ist die Möglichkeit einer directen Verbindung mit dem Gehirn ent- 
wickelungsgeschichtlich wohl zulässig. Auch wird darauf aufmerk- 
sam gemacht, dass die motorischen Nervenfasern vorhanden sind, 
ehe es quergestreifte Muskelfasern giebt. Die weisse Substanz des 
Rückenmarkes wird hei ihrem ersten Auftreten als hyalin und an- 
scheinend structurlos beschrieben, bald aber ist die weiche Gallerte 
von dunklen Punktchen besetzt, dem Ausdruck quer durchschnittener 
discreter Fasem. Somit denken sich B. und K. die weisse Substanz 
als aus getrennten Längsfasern gebildet, welche durch eine weiche 
Zwischensubstanz zusammengehalten werden. 1 ) Jedenfalls ist die 
weisse Substanz von Anfang ab zellenfrei und daraus erschliesst 
sich dann weiter, dass die bis zu jener Zeit herrschende Voraus- 
setzung von der Bildung der Nervenfasern aus verschmolzenen 
Zellenreihen nicht zulässig ist. Dafür aber gewinnt die Annahme 
eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Nervenfasern aus den Ner- 
venzellen hervorwaehsen, dass sie „colossale Ausläufer" dieser letzte- 
ren sind. Allerdings treten in einer späteren Zeit zwischen den 
Nervenfasern Zellen auf, aber diese sind nur zur Bildung des Neuri- 
lemms und der sog. Primitivscheiden bestimmt Für die motorischen 
Wurzeln ist die Richtung des Hervorwachsens unzweifelhaft die cen- 
trifugale, für die zwischen Ganglien und Rückenmark gelegenen sen- 
sibeln Wurzeln aber muss die Entstehungsrichtung offen gelassen 
werden. 

Der theoretische Fortschritt, den die Arbeit von Bidder und 
Kupfpek gebracht hat, ist unstreitig ein sehr bedeutender und über 
die meisten von jenen Beobachtern gezogenen Folgerungen kommen 
wir auch jetzt nicht hinaus. Hinsichtlich der Beobachtungen selbst 
ist hervorzuheben, dass B. und K. die schon von Remak gesehene 
radiäre Streifung der zuerst auftretenden weissen Belegschicht, und 
ebenso das Auftreten von Bogenfasem an der Granze der grauen 
Substanz übersehen haben. Auch sind mir die Angaben über das 
frohe Auftreten der äusseren vorderen Commissur auffallend. "Beim 
Schafembryo müssen da andere Verhältnisse obwalten, als heim 
Menschen, wenn jene Angaben richtig sind. 

In der ersten Auflage seiner Entwicklungsgeschichte (1861) 

i) I.e. S. 111. 



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38 Embryonen A. und B. 

theilt Kölliker Beschreibung und Abbildung von Rückenmarks- 
querschnitten eines vier- und eines sechswöehentlichen menschlichen 
Embryo mit und dieselben sind auch in die neuerdings erschienene 
2. Auflage des Werkes mit aufgenommen worden. Das jüngere von 
den beiden Kölliker' sehen Präparaten hat mit den meinigen nahezu 
auf derselben Entwiokelungsstufe gestanden, nach den Haassangaben 
kann es um ein kleines weiter fortgeschritten gewesen sein. Unsere 
beiderseitigen Erfahrungen decken sich indess nicht vollständig. Wir 
stimmen überein in den Angaben über die allgemeine Vertheilung 
der Zellen sowie in denjenigen über das Nichtvorhandensein von 
hinteren Wurzeln und von einer vorderen weissen Commissur. 
Dagegen fehlen bei Kölliker Angaben über die Bogenfasern der 
grauen Substanz, die er doch nach Remaks Vorgang beim Hühn- 
chen gesehen hatte ; auch nennt er die Anlage der weissen Substanz 
fein punktirt, während ich dieselbe radiärstreifig finde, und endlich 
lässt er die Anlage der weissen Substanz jederseits in zwei getrenn- 
ten Streifen (einem Vorder- und Hinterstrang) auftreten, während 
ich für jede Seitenhälfte eine durchgehende Belegschicht wahrnehme. 
In allen diesen Punkten sind Kölliker's Erfahrungen am embryo- 
nalen Kaninchenrückeninark vielmehr den meinigen am Menschen 
conform. Beim Kaninchenembryo erkennt derselbe die Belegschicht 
auch an der Seitenfläche des Markes, hier sieht er deren Radiar- 
faserchen und endlich beschreibt und zeichnet er auch die die graue 
Substanz durchsetzenden Bogenfasern, 

Henhen's Arbeit L ) zeichnet sich vor allem durch ihre Abbildungen 
aus, die hinsichtlich der Sorgfalt und Zartheit der Ausführung ganz 
unübertrefflich erscheinen. Hensen legt grosses Gewicht auf den 
ursprünglichen Epitheltypus der Medullarwand, in dem Sinne, dass 
jede Zelle anfangs bis zu beiden Endflächen hinreichen soll. Schon 
frühzeitig findet er ein System von Radiärfasem auf, welche die 
Dicke des Markes durchsetzen, und er weist nach, dass auch später- 
hin für die frei über die Oberfläche vortretenden radiären Fasern 
ein directer Zusammenhang besteht mit Zellen in der Umgebung 
des Centralkanales.' 2 ) Mehrfach vergleicht er diese Fasern mit den 



1) Zeitschr. f. Anat. u. Entwickelungsgesch. Bd. I. S. 372—396. 

2) Vergl. besonders Hbnsbn's Fig. 60. 



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CentralüervenBy stein. Weisse Substanz. 39 

Radiärfasern der Retina und er spricht auch von verbreiterten der 
Membrana prima anliegenden äusseren Enden derselben. 

Von Hensen's Zeichnungen des embryonalen Kaninchenrücken- 
markes steht meinen Durchschnittsbildern des menschlichen Markes 
die Fig. 55 am nächsten, und auch seine Beschreibung stimmt in 
den meisten Punkten genau mit dem was ich gesehen habe überein. 
Von den Zellen der inneren epithelartigen Schicht gehen Radiär- 
. fasern durch das ganze Mark und inseriren sich mit verbreiterter 
Basis (die wie in der Retina später complicirtere Form annimmt) 
an der Membrana prima. Nach aussen von jener Schicht sind überall 
Zellen „entstanden", die unregelmässig gelagert sind, und von denen 
eine innere Gruppe kreisförmige Fasern entsendet, während zwei 
äussere Gruppen um die vordere und hintere Wurzel gelagert sind. 
Die mit erstgenannten Zellen zusammenhängende Bogenfaserschieht 
bezeichnet H. als „halbkreisförmiges Stratum". Zu' äusserst liegt ein 
schmaler Saum weisser Substanz. Der Unterschied unserer Beob- 
achtungen liegt, wie man sieht, darin, dass ich von einer äusseren 
Insertion der Radiärfasern nichts gesehen habe und dass an meinen ■ 
Präparaten die hinteren Wurzeln noch fehlten. 

Für die frühe Structur der weissen Substanz ist besonders 
Hensen's Fig. 56 nebst dem darauf bezüglichen Textabschnitt wichtig. 
An jener Figur zeigt die weisse Substanz zwei Schichten, eine äussere. 
nur aus Radiärfäserchen gebildete, und eine innere reticuläre. Dies 
Verhalten habe ich bei den Embryonen A. und B. am Rüekenmark 
noch nicht, wohl aber an der Medulla oblongata wiedergefunden, 
und ich muss demnach annehmen, dass die Entwickelung der reti- 
culären Schicht der Bildung einer Radiärfaserschicht nachfolgt. 
Hensen giebt an, dass das Reticulum durch Seitenzweige der Ra- 
diärfasern gebildet wird und dass die als Faserquerschnitte zu deu- 
tenden Punkte desselben sämmtlich in Knotenpunkten des freien 
Netzwerkes liegen. Die Zunahme des fraglichen Netzwerkes glaubt 
derselbe zum Theil auf Rareficirung und Schwund von Zellen der 
grauen Substanz zurückführen zu müssen. . 

Für Hensen's Auffassung von der Entstehung und Zunahme 
der weissen Substanz ist vor allem die Idee maassgebend, welche 
er sich von der Bildungsweise der Nervenfasern macht Indem er 
nämlich ein Auswachsen der Nerven vom Centrum aus an ihren 



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40 Embryonen A. und B. 

richtigen Endpunkt hin für unverständlich hält, hat er bekanntlich 
die Ansicht formulirt, dass alle Nerven nur aus gestreckten Ver- 
bindungsfäden unvollkommen getheilter Zellen entstehen. Alle seine 
Beobachtungen sind daher mit dieser Voraussetzung in Einklang zu 
bringen. HEKSEN'sche Nervenbüdungstheorie muss selbstverständlich 
von dem Augenblicke an fallen, da für eine einzige Faserbahn der 
Nachweis späterer Entstehung geliefert wird. Nun giebt es aber eine 
Zeit, da aus dem Böckenmark keinerlei Wurzelfasem hervortreten, 
eine andere, in der es nur vordere Wurzelfasern entsendet, und da- 
mit halte ich jene Theorie für gerichtet. Mit dem Gegeneinwand 
von Beobaehtungsfehlem kommt Hensen m. E. nicht aus. Die 
Wurzelfasern, sowie sie überhaupt da sind, haben recht charakteri- 
stische Eigenschaften und ihre Bündel sind selbst da, wo sie zwischen 
anderen Gewehen verlaufen, kaum zu übersehen. 

Die BiDDER-KUPFFER'sche Auswachsungstheorie ist nach meinem 
Dafürhalten diejenige, welche mit den verschiedenen Thatbeständen 
einzig in Uebereinstimmung zu bringen ist, welche ihnen aber auch 
durchweg gerecht zu werden vermag. Das Auseinanderrücken der 
Zellen der grauen Substanz und das Auftreten von Fasern zwischen 
denselben, die allmälige Entwicklung und langsame Zunahme der 
weissen Substanz, das späte und zu ungleichen Zeitpunkten erfolgende 
Hervortreten der vorderen und der hinteren Wurzelbündel, das 
stumpfe Auslaufen der Nervenstämme in der Leibeswand und in 
den Extremitätenanlagen, das sind lauter Erscheinungen, welche ihre 
naturgemässe Erklärung finden, wenn man die Faserzüge des Nerven- 
systems als die secundär entstandeneu Productionen der zuvor vor- 
handenen Zellen anerkennt. Wie die Fasern an ihre richtigen End- 
punkte gelangen, das ist eine Frage für sich, die uns in der Be- 
urtheilung factisch vorliegender Verhältnisse in keiner Weise irre 
leiten darf. 

Ich werde unten Gelegenheit haben, noch frühere Entwicklungs- 
stufen des menschlichen Gehirns und Kückenmarks zu beschreiben, 
fasse indess schon hier die Ansichten zusammen, welche ich mir 
unter Abwägung fremder und eigener Beobachtungen in Betreff der 
Vorgeschichte jener Theile gebildet habe. 

1) Die Umbildung des primitiven Zellenrohres beginnt mit einer 
Lockerung seiner äusseren Schichten. Hand in Hand mit dieser Locke- 



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Centralncrrcnsysteni. Bildung weisser Substanz. 41 

rang und in causalem Connexe mit ihr steht das Auftreten von 
Faserzügen. 

2) Die zuerst auftretenden Fasem sind radiäre, auf diese folgen 
Bogenfaserzüge und Wurzelfasem. 

3) Ausgangspunkt der eigentlichen Radiärfasera sind die radiär 
gestellten Zellen des Innenrohres. Es bleibt innerhalb der Schicht 
kein Baum für weitere Entfaltung der Zellenausläufer, diese dringen 
durch die äusseren Schichten bis zur Oberfläche des Markes und 
ihre freien Enden sind die ersten Anfange einer zellenlosen weissen 
Belegschicht. 

4) Indem von den Zellen der zweiten Schicht ein Theil in vor- 
wiegend sagittaler Richtung sich streckt und auswächst, entsteht 
die Formatio arcuata oder Hensen's halbkreisförmiges Stratum. 
Die Fasern dieser Schicht überschreiten deren vordere und hintere 
G ranze anfangs noch nicht; später bilden sie, indem sie sich ver- 
längern, die vordere Commissur, und sie betheiligen sieh an der 
Bildung der Stränge. In der Medulla oblongata enthält die Formatio 
areuata zum Theil Fasern motorischer Natur (Trigeminus, Facialis, 
Glossopharyngeus und Vagus) und sie leitet sie nach rückwärts den 
Anlagerungsstätten von Ganglien zu. 

5) Die motorischen Wurzeln erscheinen der Zeit nach vor den 
sensibeln, und sie kommen zunächst aus der vorderen äusseren 
Zellensäule, die durch die Formatio arcuata vom Innenrohr ge- 
schieden ist Ein Theil derselben scheint diese Zellensäule nach 
einwärts zu überschreiten. Das Ursprungsgebiet der vorderen Wur- 
zelfasern nimmt die halbe Tiefe des Markes ein. Die Fasern bilden 
zuerst einen Fäeher mit gleiehmässig vertheilten Strahlen, und ihre 
bündelweise Zusammenfassung erfolgt erst später, wenn die Menge 
der weissen Substanz zugenommen hat. 

6) Das erste Stadium weisser Substanzbildung besteht in dem 
Hervortreten zahlloser feiner Radiärfäserchen über die Oberfläche 
des primären Markrohres. Im zweiten Stadium tritt eine feine re- 
tieuläre Substanz zwischen der zellführenden Schicht und der Ra- 
diärfaserschicht auf, dieselbe nimmt in der Folge mehr und mehr 
an Breite zu und sie ist das Vorgebilde der späteren Längsstränge. 

7) Es erscheint nicht gerechtfertigt die ersten Anlagen weisser 
SubBtanz sofort als Stränge zu bezeichnen. So lange nur Radiär- 



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42 Embryonen A. und B. 

faserchen da sind, fehlt jede Spur von Längsfasern, später, wenn 
das Efiticulum zur Ausbildung gekommen ist, zeigen sich innerhalb 
desselben und zwar in dessen Knotenpunkten (Hensen) zahlreiche 
Punkte. Die Deutung dieser Punkte als durchschnittener Axencylindei 
entbehrt bis jetzt noch der Cöntrole durch gute Längsschnitte und 
sie erscheint zur Zeit nichts weniger als unanfechtbar. Es ist die 
Möglichkeit im Auge zu behalten, dass das Eeticulum der weissen 
Substanz, gleich der entsprechenden Bildung der grauen, nur die 
Anlage für die spätere Neuroglia ist und dass auch nach seinem 
Auftreten eine gewisse Zeit existirt, während der eine weisse Sub- 
stanzschicht ohne Längsfasern vorhanden ist 



Peripherisches Nervensystem. 

, Bei den Embryonen A. und B. ist die Anlage des peripherischen 
Nervensystems ebenso unfertig als die des centralen. Die Ganglien 
sämmthcher Rückenmarksnerven sind vorhanden, auch die vorderen 
Wurzeln derselben und ein Theil ihrer Stämme, dagegen fehlen die 
hinteren "Wurzeln. Von den Kopfnerven sind die Ganglien des Tri- 
geminus, des Facialis und Acusticus, des Glossopharyngeus und des 
Vagus angelegt, sowie die Wurzeln, der Portio minor Trigemini, ,des 
Facialis-Acusticus , des Hypc-gkissus und theilweise des Glossopha- 
ryngeus und des Vagus. Von den beiden vorderen Sinnesnerven, 
von den Augenmuskelnerven und vom X. accessorius habe ich Nichts 
gesehen und es fehlt mir auch jegliche Spur des sympathischen 



Rüc.ketimarksnernen. 
Die Ganglien erscheinen durchweg als ovale bez. als spindel- 
förmige, zwischen das Rückenmark und die Muskeltafeln eingescho- 
bene Zellenhaufen; jenem liegen sie mit ihrem dorsalen Pole an, 
ohne sich durch Fasern mit ihm zu verbinden. Der vordere Gan- 
glienpol pflegt je die zugehörige vordere Wurzel zu erreichen, allein 
noch gehen keine Faserbündel aus jenem zu dieser hin, die in die 
Leibeswand tretenden Nervenstämme sind auch jenseits des Ganglions 
vorerst noch rein motorisch. 



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Peripherisch Da Nervensystem. Rücken marksnerven. 43 

Bei allem Fehlen von eigentlichen sensiblen Wurzeln sind die 
Ganglien von längsstreifigem Bau. Ein Theil der Streifung kommt 
auf Rechnung der dem Ganglion um- und eingelagerten spindel- 
förmigen Bindegewebszellen. Allein es liegt kein Grund vor, jene 
Längsstreifung der Ganglien ausschliesslich auf deren Bindegewebs- 
elemente zurückzuführen. Beim Hühnehen haben die Nervenzellen 
noch vor der Durchwachsung des Ganglions mit Bindegewebe ge- 
streckte Formen — sie besitzen feine fadenförmige Ausläufer. Wenn 
die Ganglien, wie ich dies an anderem Orte wahrscheinlich zu machen 
gesucht habe •) , der primäre Ausgangspunkt der sensibeln Wurzel- 
fas^rn sind, so müssen die letzteren innerhalb des Ganglions vor- 
handen sein, ehe sie den einen und anderen Pol überschreiten, um 
ins Eückenmark und in die Leiheswand zu gelangen. 

Die vorhandenen Nervenstämme sind verhältnissmässig dick, sie 
bestehen aus feinen kernlosen Fasern, zwischen welche hier und da 
bereits einzelne bindegewebige Spindelzellen eingelagert sind. Es treten 
die Stämme der Innenfläche den Muskeltafeln entlang bis zum Be- 
ginn der parietalen Leibeswand und hören dann rasch, aber ohne 
genau bestimmbare Gränze auf. An einer Stelle streifen sie die 
Muskeltafeln unmittelbar, allein noch vermag ich keinen in die 
letztere eintretenden Rami dorsales wahrzunehmen. Im Gebiete der 
oberen Extremität theilen sich die Nervenstämme in je einen stär- 
keren für die Extremität und einen schwächeren für die Leibeswand 
bestimmten Ast, von denen der eine wie der andere kurz ist An 
der unteren Extremität mögen sich die Dinge ähnlich verhalten, in- 
dess sind meine Präparate wegen ungünstiger Schnittrichtung nicht 
entscheidend. 

KopJ'nerven.t) 
Wie in der entsprechenden Entwicklungsstufe beim Hühnchen^), 
so lassen sich auch bei den menschlichen Embryonen A. und B. 

t) In dem Aufsatze aber die Anfänge des peripherischen Xerven Systems. 
Aren. f. Anat. u. Physiol-, anat. Abth. 1879. S. 477. 

2) Ausser den Abbildungen der Taf. IV.' vergleiche man auch die noch 
eismal so stark vergrößerten Figuren im Aren. f. Anat. u. Physiol., anat. Abth. 
1879. Taf. XIX. 

3) Monographie des Hühnchens S. 106. 



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44 Embryonen A. und B. 

vier Ganghenanlagen unterscheiden, wovon zwei vor der Gehörblase, 
zwei hinter derselben gelegen sind. Jene sind als Ganglienanlagen 
des Trigeminus und des Facialis-Acusticus zu deuten, diese als solche 
des Glossopharyngeus und des Vagus. Die Beconstruction derselben 
aus den Schnitten finden sieh Taf. VJJ. Ai, As und Bi zusammen- 



Flg. 4. Schnitt A. 25 (aufsch vergröiiert}. Acustko-rscislis- Ganglien und -Wurzeln. 

Ir. Innenrehr. F.a. Formatio aronata. ff. a. Weisse Belegschtcbl llanen poottirt. süssen nur 

KadiUrfaaern). /'. K. Fscialialern. C.f. DOnns Schicht von Cemmiwüreöf.sflin. Jf.l.i. und «.Li. 

Nncleos lateralis snpwior and inferior. F. Ficialiswnnel. An. AeusttoosinineL G.g. Ganglion 

genicnli. O.tt, Ganglion llntnmesc. ganglioformls) Scsrpae t. Gaoglien Cochleae. 

Weitaus am mächtigsten ist das Trigeminusganglion, 
dasselbe erstreckt sieh hei A. (Taf. IV.) über die Schnitte 13 — 21 
und bedeckt mit seiner Hauptmasse das Gebiet der Brflckenkrüm- 
mung. Es besitzt, wie sich aus den Reconstruetionen mit genügen- 
der Sicherheit entnehmen lägst, im Wesentlichen die Grundform des 
späteren Ganglion Gasseri. Von seinem vorderen Ende erstreckt 
sich ein verjüngter Fortsatz bis hinter die Augenblase, als Anlage 
des G. ciliare. Selbstständig abgelöste Massen für die übrigen 



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Peripherisches Nervensystem. Hirnnerven. 45 

Trigeminusganglien sind nicht wahrzunehmen, dieselben sind wohl 
noch mit dem Hauptcomplexe verbunden. 

Unmittelbar unter dem 6. trigemini, etwas mehr dorsalwärts 
liegend, folgt der Gangliencomplex, den ich s. Z. als G. acusticum 
zosammengefasst und ') für die Anlage des G. spirale N. Cochleae 
und des G. Scarpae gehalten habe. Theoretische Gründe haben mich 
damals zur Vennuthung geführt, dass das G. geniculi als sympathi- 
schen Ganghon einen anderen Ursprung besitze als die Acusticus- 
ganglien, indess kann ich an jenen Voraussetzungen nicht mehr fest- 
halten, und ich glaube nunmehr, dass das G. acusticum die sämmt- 
liehen Ganglien des Acusticus, einschliesslich der beiden an der 
Austrittsstelle aus dem Gehirn liegenden sog. lateralen Kerne, und 
auch das G. geniculi umfasst Ich finde nämlich an den Durch- 
schnitten 24 und '25, dass die Zellenmasse dieser Anlage durch 
die in sie eintretenden Wurzelfasern in verschiedene Gruppen ge- 
schieden wird, von denen zwei kleinere über und unter der Austritts- 
stelle der Fasern aus dem Gehirn liegen, drei grössere unter sich 
noch zusammenhängende in der Tiefe der Kopfwand. Jene beiden 
halte ich für die sog. lateralen Acusticuskeme, diese in der Rei- 
henfolge von aussen nach innen für G. geniculi, G. Scarpae und 
G. spirale. 

Das Acusticusganglion schiebt sich bis dicht an den oberen 
Band der Gehörblase heran. Unterhalb dieser und etwas mehr 
ventralwärts folgt das Glossopharyngeusganglion, das nur 
in wenig Schnitten auftritt (IV. 30 und 31), und unter diesem der 
Strang der Vagusganglien (IV. 33 — 35). Die Masse, welche 
diese Anlage bildet, erscheint in die Länge gestreckt und sie besteht 
aus einem hinteren und einem vorderen Abschnitte. Jener liegt der 
Seitenwand der Medulla oblongata an, dieser erstreckt sich bis in 
den Bereich der Vorderdarmwand. Jener entspricht dem späteren 
, Ganglion jugulare, dieser dem Plexus ganglioformis oder 
G. nodosum. 

Die Nerven, für welche die ebengenannten Ganglien bestimmt 
sind, sind erst mit einem Bruchtheile ihrer Wurzeln angelegt. Zu 
dem Trigerninusganglion tritt ein an nur wenigen Schnitten (IV. 18 

l) L c. S. toi. 



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46 Embryonen Ä. und II. 

und 19) sichtbares Faserbündel, das der Innenfläche des Ganglion 
sich anlegt, ohne mit dessen Substanz zu verschmelzen. Es ist dies 
die Portio minor trigemini. Die Fasem des Bündels kommen 
aus dem ventralen Abschnitte der Formatio arcuata, erfahren also 
beim Austritte aus dem Hirn eine scharfe TJmbiegung. Von der 
Existenz sensibler Wurzelfasem habe ich mich nicht zu überzeugen 
vermocht und trotz des streifigen Ansehens der Ganglienanlage glaube 
ich dieselben in Abrede stellen zu müssen. Die Entscheidung ist 
deshalb nicht einfach, weil an der Stelle, wo die Portio minor aus- 
tritt, das Gehirnrohr dicht an die Wand des Kanals und an das 
Ganglion heranreicht. Grössere Wurzelmassen sind unmöglich zu 
übersehen und so könnte es sich höchstens um die ersten Anfänge 
einer Wurzelverbindung handeln. Von dem peripherischen Theil 
der Portio major fehlt jegliche Spur. 

In das Ganglion acustico-faeiale treten sehr zahlreiche 
und .deutliche Wurzelfasem ein (TV. 24 und 25), deren Bündel sich 
fächerförmig ausbreiten und das Ganglion in der oben erwähnten 
Weise zerklüften. Ein Theil der Fasem stammt aus dem ventralen, 
ein anderer aus dem dorsalen Abschnitte der Formatio arcuata. 
Beide Portionen durchkreuzen sich, nachdem sie das Mark verlassen 
haben, die aus dem ventralen Abschnitte stammenden Fasern treten 
in den dorsalen Theil des Gangliencomplexes ein, die aus dem dor- 
salen Markgebiete stammenden Bünde! begehen sich in den tiefer 
gelegenen Theil des Ganglions. Jene Bündel sind demnach als 
Wurzelfasern des N. facialis, diese als Acusticusbündel an- 
zusprechen. Innerhalb des Markes lässt sich das Facialisbündel bis 
in die Nähe der vorderen Himkante verfolgen, hier legt es sich 
einem an seiner Aussenseite befindlichen detachirten Zellenstreifen 
an, dem Facialiskern. 

Gegenüber den Ganglien des Glossopharyngeus sowohl als 
des Vagus finde ich Faserbündel, welche aus der ventralen Hälfte 
der Formatio arcuata stammend, durch die Belegschicht hindurch 
zur Oberfläche des Markes treten. Diese Fasern gehen in die Gan- 
glien über und vermischen sich mit deren spindelförmig gestreckten 
Zellen. Jedenfalls handelt es sich auch hier nur um einen Bruch- 
theil der AVurzelfasern, denn die Menge dieser nachweislich über- 
tretenden Fasern ist eine verhältnissinässig recht geringe und steht 



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Peripherisches Nervensystem. Hirnnerven. 47 

in keinem Verhältniss zur Stärke der Ganglien. Am wahrschein- 
lichsten ist es mir, dass dies die Fasern sind, welche den motorischen 
Antheil der betreffenden Wurzeln hilden. 

Der N. hypoglossus tritt mit sehr scharf gezeichneten Wur- 
zelfasern als geschlossener Strang und unter einem nahezu rechten 
Winkel aus der Vorderfläche der Medulla oblongata hervor (IV. 35 
bis 38), dann biegt er sich in der Kopfwaud nach vorn und hört, 
wie die Rückenmarksnerven , plötalieh auf. Der centrale Ursprung 
der>Hypoglossuswurzeln erfolgt aus einem separaten, unweit von der 
vorderen Hirnkante gelegenen Zellenhaufen, dem Hypoglossus- 
kern. 

Fassen wir die über die Wurzeln gewonnenen Erfahrungen noch- 
mals zusammen, so sind ausser den motorischen Wurzeln der Rücken- 
marksnerven angelegt: der N. hypoglossus, der N. facialis, die Portio 
minor trigemini und wahrscheinlich die motorischen Wurzeln von 
Glossopharyngeus und Vagus. Alle diese Wurzeln einschliesslich 
der vorderen Wurzeln der Rüekenmarksnerven haben das unter sich 
gemein, dass sie ans der ventralen Hälfte des Markrohres, aus mehr 
oder minder sslbstständig gewordenen Bestandteilen seiner zelligen 
Aussenschicht entspringen. Während nun aber die motorischen 
Rückenmarkswurzeln und der N. hypoglossus auf dem kürzesten 
Wege die Belegschicht durchsetzen, verlaufen die motorischen Fasern 
des Trigeminus, des Facialis, des Grlossopharyngeus und des Vagus 
innerhalb der Formatio areuata des Markes nach rückwärts und 
durchbrechen die Belegschicht an mehr dorsalwärts liegenden Stellen 
der Seitenwand. Sie treffen an diesen Stellen auf Ganglien, die sie 
nach ihrem Austritte streifen oder durchsetzen. Nahe an ihrer Durch- 
trittsstelle erfolgt später auch der Durchtritt sensibler Wurzeln. 
Von den übrigen motorischen Nerven ist keiner nachweisbar, blos 
.von Trochlearis sind vielleicht die intramedullaren Anfänge vor- 
handen. Von allen centripetal leitenden Nerven aber ist nur der 
N. acusticus mit Sicherheit angelegt. Bei aller morphologischen 
Homologie, die zwischen diesem Nerven und einer sensibeln Wurzel 
bestehen mag, beansprucht somit derselbe durch sein frühes- und 
eigenartiges Auftreten eine selbstständige entwickelungsgesehiehtliche 
Stellung. 



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48 Embryonen A. und fi. 

Die Zeit, in welcher die ersten Wurzeln aus dem Markrohr 
hervortreten, ist auch die, in welcher Gefässanlagen in dessen Wand 
hereinwachsen. Diese sind mit Nervenwurzeln nicht zu verwechseln. 
Sie erscheinen anfangs ziemlieh sparsam als eonische, aus Spindel- 
zellen gebildete Fortsätze, welche zwischen dem Markrohre und der 
Aussenwand gelegen sind. Ihre Basis sitzt der Aussenwand auf, 
ihre Spitze ragt mehr oder minder tief in die Hirnwand bez. in die 
Bückenmarkswand herein. Zur Zeit scheinen diese Gefässsprossen 
noch nirgends hohl, und hlutführend zu sein.') 



Chorda dorsalis. 

Die Chorda dorsalis menschlicher Embryonen erseheint im Ver- 
gleiche mit dem mächtigen Organ niedriger Wirbelthierklassen als 
ein sehr schwaches Gebilde. Sie ist etwas abgeplattet, an dünnen 
Durchschnitten deutlich mit einer Lichtung versehen, und ihr Durch- 
messer beträgt bei den Embryonen A. und B. in sagittaler Richtung 
nur 30 — 35, in querer 60 — 80 fi, einschliesslich des sie umgebenden, 
als Retractionserscheinung zu deutenden hellen Hofes. 

Der Abstand der Chorda vom Medullarrohre bleibt sich im 
Rumpfgebiet überall ziemlich gleich und beträgt zwischen 50 — 80 /i. 
Beim TTebergang zum Kopf innerhalb des Winkels der Nackenbeuge 
nimmt derselbe zu, um weiter kopfwärts neuerdings sich zu ver- 
ringern. Von da ab bis zu ihrem oberen Ende hin liegt die Chorda 
nicht allein dem Gehirn, sondern auch dem Vorderdarm nahe an. 
Ihr oberes Ende verliert sich hinter der Rathke'schen Tasche (IV. 16 
und 17). 

Nach abwärts konnte ich die Chorda bis in die Nähe des Steiss- 
endes verfolgen, allein die später zu besprechenden Erfahrungen 
Ecker's über einen Schwanzanhang beim menschlichen Embryo 
weisen darauf hin, dass die Chorda das eigentliche Steissende noch 
überschreiten, und dass sie möglicherweise selbst auf den Bauch- 
stiel übergreifen kann. 



1) Ueber diese Sprossen vergl. man „die Häute und Höhlen -1 . Basel 
1865. S. 15. 



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Sinnesorgane. Auge. 19 

Sinnesorgane. 

Auge. 

Die Anlage des Auges besteht aus der Augenblase und aus der 
Linsen anläge (IT. '15 — 10). Die Augenblase ist von schalen- 
förmiger Gestalt (secundäre Augenblase Remak), an ihrem Eingang 
bereits etwas eingeengt Ihre innere (primäre) Höhle klafft indess 
noch und die beiden Blätter, von denen das retinale sich etwas 
emporwölbt, berühren sich im Allgemeinen nicht. Der grösste 
äussere Durchmesser der Augenblase beträgt 0.5 mm, derjenige der 
Schalenlichtung 0.34 mm, der des Schaleneinganges 0.22 mm. Das 
äussere Blatt ist noch verhältnissmässig dick und es entbehrt des 
Pigmentes; seine Dicke beträgt 25—30, die des inneren retinalen 
Blattes 35 — 40 fi. Der Stiel tritt an die untere Hälfte der Augen- 
blase heran, die obere Hälfte der letzteren ist medialwärts frei. Mit 
der Zwischenhirnhöhle steht die Höhle des Augenblasenstieles noch 
in weiter Verbindung und ihre Wand zeigt einige Krümmungen 
und Ausbauchungen, von denen mir zweifelhaft ist, ob sie nicht, 
gleich der Hebung des Augenblasenbodens, von secundären Quellun- 
gen herrühren. 

Die Linse ist mit dem Hornblatt durch einen eingeschnürten 
Stiel verbunden und der Zugang zu ihrer Höhlung scheint noch 
nicht vollständig geschlossen zu sein. Ihr äquatorialer Durchmesser 
beträgt 0.18 mm,' die Wanddieke 40— 45 (i. Die Tiefe der Linse 
ist auffallend gross, sie beträgt an den Schnitten seitwärts vom 
Stiele noch 0.15 nun, im Stielbereich selbst aber, einschliesslich 
dieses letzteren und des überdeckenden Hornblattes 0.10 mm. Hier 
ist die Form des Durchschnittsbildes eine umgekehrt bimförmige, 
ausserhalb des Stieles dagegen erscheint die Linse als biconvexer 
Körper mit fast flacher vorderer und parabolisch stark gewölbter 
hinterer Fläche. 

Das Kopfplattengewebe zeigt in der Umgebung der Angenanlage 
kaum die ersten Spuren einer Verdichtung und keinerlei Gefassan- 
häufung. Das Gewebe schiebt sich zwischen das Hornblatt und den 
vorderen Rand der Augenschale ein, hört aber am Linsenrande als 
stumpf abgeschnittene Platte auf. Ton da ab zieht sich eine von 

In, H.nieU Embryonen. 4 



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50 Embryonen A. und B. 

zwei sehr scharfen und feinen Contouren eingefasste glashelle Schicht 
um die Linse herum. Die vordere Begranzungslinie dieser Schicht 
berührt die Linsenrückfläche , die hintere dagegen steht von der 
Augenblase etwas ab. Diese Schicht und ihre membranähnlichen 
Gränzcontouren sind wohl mit Linsenkapsel und Glaskörper in Be- 
ziehung zu setzen. 

Vor kurzem hat v. Bambecke Augen durchschnitte eines vier- 
wöchentlichen menschlichen Embryo beschrieben und abgebildet, l J 
und obwohl er in anderer (frontaler) Richtung geschnitten hat, sind 
doch einige seiner Bilder mit dem, was ich gesehen habe, in vollster 
TJebereinstimmung, besonders gilt dies von seiner Fig. 5. Dieselbe 
zeigt gleichfalls die primäre Augenhöhle noch klaffend, die Linse 
gestielt und in axialer Richtung gestreckt. Auch bei v. Bambecke 
reichen ferner die Kopfplatten bis zur Linse und sie entsenden eine 
helle, die letztere umgebende Zone. Letztere hält er für die Glas- 
körperanlage, ihre vordere Gränzlinie für die Linsenkapsel. 

Geruchsorgan. 

Als äussere Anlage des Geruchsorganes erscheinen jederseits 
die Area nasalis oder das Nasenfeld und die Riechgrube. 
Nasenfeld nenne ich einen mit wulstigem Rande, heinahe rüssel- 
artig über die Hemisphärenbasis hervortretenden Bezirk von ovaler 
Umgränzung und von 0.8 mm Länge und etwas über 0.5 mm Höhe. 
Das Innere des Nasenfeldes ist muschelartig vertieft und der Boden 
der Vertiefung von einer verdickten Epithelplatte gebildet (IV. 14 
bis 10). Die Riechgrube hegt als besondere Bucht im hinteren 
unteren Winkel des Nasenfeldes (IV. 14). 5 ) 



Gehörorgan. 

Das Ganglion acusticum und seine AVurzelfasern sind beim pe- 
ripherischen Nervensystem zur Sprache gekommen. Die GehÖr- 

1) Contributions 1 l'histoire du developpement de l'oeil bumain. Gand 1879. 

2) In Betreff des Nasenfeldes verweise ich auf Taf. VII. A. 4, B. 2 und 
B. 3. Die Figuren der Taf. I. stellen dasselbe nicht oder wie I. 1 in unge- 
nügender Grösse dar. 



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Eingeweiderohr. Kopftbcil des Verdauungsrohres, Mundhöhle u. Pharynx. 51 

blase liegt dem Nachhirn etwas hinter der grössten Ausweitung 
der Rautengrube an (Taf. VII. A. 3). Sie besitzt eine im Ganzen 
und Grossen bimförmige Gestalt; ihr oberer Theil ist verjüngt, der 
untere bauchig aufgetrieben. Die mediale Wand der Blase, Obwohl 
dem Gehirnrohr nicht unmittelbar anliegend, ist eoncav gebogen, die 
laterale zeigt eine Modellirung, welche die ersten Anfänge der späte- 
ren Gliederung enthält (IV. 26—29). Unter dem oberen verschmäch- 
tigten Ende, das als Recessus labyrinthicus oder als Anlage 
des Aquaeductus vestibuli anzusprechen ist, liegt eine erste und 
weiterhin eine weit schwächere zweite Ausbauchung. Tinter Zu- 
grundelegung der BöTTCHER'schen Ermittelungen und seiner Figuren ') 
ergiebt sieh, dass jene den Anfang der vertikalen Gänge, diese 
den der horizontalen darstellt. Die untere Hälfte der Gehörblase 
ist die Anlage des Schneckenganges. Noch ist das Ganglion 
aeusticum über der Gehörblase gelegen, seine Einsehiebung zwischen 
diese und das Gehirn hat noch nicht begonnen. 



Eingeweiderolir. 

Gliederung des Eingeweiderohres. 

Das Eingeweiderohr ist vollständig angelegt und zeigt alle Grund- 
zflge der späteren Gliederung. Es sind unterscheidbar (Taf. L 3 und 
4, VII. A. 2 und B. 2) : die Mundhöhle, der Pharynx, der Oesopha- 
gus, der Magen, das Duodenum, der Mesenterialdarm und der End- 
darm nebst Cloäke und Urachus. Von dem Haupttractus abgezweigt 
finden wir die Anlage der Schilddrüse und diejenigen von Kehlkopf 
Luftröhre und Lungen. Selbstständig ausgebildet ist ferner. die An- 
lage der Leber, dagegen habe ich das Pankreas nicht erkennen 
können. Die Mil2 ist erst als Falte des Mesogastriums vorgebildet. 
Als Thymusanlagen möchten die Epithelbuchten anzusprechen sein, 
welche lateralwärts vom 4. und vom 5. Aortenbogen sich finden. (II. 
42—43.) 



1) Böttchsb, Entwickelung und Bau des Gehörlabyrinthes 
Taf. I. Fig. 8 und 9. 



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52 Embryonen A. nnd B. 

Die primitive Mundhöhle und das vordere Ende des Vorder- 
darmes sind in offener Verbindung; von der früheren Epithelwand 
zwischen beiden ist keine Spur mehr vorhanden. Die Decke der 
primitiven Mundhöhle wird von einer dünnen Epithelplatte gebildet, 
welche zunächst die untere Fläche der Riechlappen bekleidet Hinter 
der Basis des Zwischenhirnes steigt die Rathke'soIio Tasche als 
flachgedrückter Epithelsehlauch in die Höhe und erreicht das untere 
Ende des cerebralen Hypophysensäckchens (Taf. IV. A. 16 — 14). 
Nach den von Mthalkovics und von Seessel gegebenen Aufklä- 
rungen ist auch sie als Theil der primitiven Mundhöhle aufzufassen. 

Den Boden der primitiven Mundbucht bildet die obere Fläche 
des Unterkieferfortsatzes, welche durch eine tiefe Furche in zwei 
Seitenhälften zerfällt. Die definitive Mundhöhle aber erreicht nicht 
nur die Rückfläche des TJnterkieferfortsatzes, sondern auch diejenige 
des zweiten Schlundbogens, sie umfasst somit ausser der primären 
Mundbucht einen Theil des ursprünglichen Vorderdannes. Beide 
Abschnitte sind zur Zeit noch ziemlich scharf auseinanderzuhalten 
und ich werde sie als Vorhöhle und als Grund bezeichnen. 
Dieselben stossen unter einem nahezu rechten Winkel aufeinander. 
Der Eingang zur Vorhöhle ist ein breiter Querschlitz, welcher oben 
von den drei Stirnfortsätzen, seitlich von den Oberkiefer-, unten von 
den in der Mittellinie verschmolzenen Unterkieferfortsätzen eingefasst 
wird. Von diesen sind die beiden seitlichen Stirnfortsätze nur schmal, 
der mittlere dagegen von erheblicher Breite; die Gränze fällt in 
das Nasenfeld (Taf. VH. B. 3). Wie schon Duksy ') betont hat, 
so sind an der sehr breiten Mundspalte eine geräumigere mittlere 
und zwei niedrige Seitenabtheilungen zu unterscheiden, jene unter 
dem mittleren, diese unter den seitlichen Stirnfortsätzen liegend. 
Die hinter der Vorhöhle deB Mundes hegende Querwand, genetisch 
bereits zum Vorderdarm gehörig, deckt das Gebiet der Brücken- 
krümmung und -die untere Hälfte der Trigeminusganglien. (Taf. I. 4. 
VH B. 1.) 

Der Mundhöhlengrund und der Anfangstheil des Pharynx gehen 
noch ohne scharfe Gränzen ineinander über. Auf dem Querschnitte 
erscheint die Lichtung beider als breite. Querspalte, in der wir 



1) Dübsy, EntmickdungsgeHch. des Kopfes. Tobingen 1: 



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Eingeweiderohr. Köpft heil des Verdauungsrohres, Mundhöhle u. Pharynx. 53 

ausser der Vorder- und Rückwand zwei niedrige Seitenwandungen 
zu unterscheiden haben. Die letzteren sind von drei Schlundfurchen 
durchsetzt, von denen indess blos die dritte und die vierte (Taf. IL 
44 und 45) ein Stück weit durchgängig zu sein scheinen. Das Vor- 
handensein der Schlundfurchen bedingt selbstverständlich einen mehr- 
fachen Wechsel in der Breite der Lichtung; abgesehen davon aber 
nimmt der QuerdurchmesBer der Pharynxspalte von oben nach ab- 
wärts ab ; die Abnahme erfolgt langsam bis zum unteren Band des 
2. Schlundbogens, dann aber rasen und in drei Absätzen zwischen 
dem dritten, dem vierten und unterhalb des vierten Schlundbogen- 
paares (Taf. VTf. A. 2 und B. 2). Der Pharynx bildet sonach in 
seiner unteren Hälft« einen Trichter mit treppen förmigen Stufen; 
die letzte, unterhalb des 4. Schlundbogens befindliche Stufe liegt am 
Uebergang vom Kopf zum Rumpf und sie fuhrt in das enge An- 
satzrohr des Oesophagus herab. 

Die Rückwand des Mundrachenraumes gliedert sich im Allge- 
meinen in drei Längsleisten. Die mittlere derselben entspricht, wie 
sich aus den Durchschnitten (IV. 17 — 33) ergiebt, der medianen 
Kante der Hedulla oblongata und der vor ihr liegenden Chorda dor- 
salis, die beiden Seitenleisten umschliessen die inneren Garotiden, 
welche, unter Umkehr der Stromrichtung, aus den absteigenden Kopf- 
aorten einer früheren Entwicklungsstufe hervorgegangen sind. Die 
Carotiden behaupten ihre Lage hinter dem Pharynx bis in die Höhe 
des 3. Schlundbogens (bei A. bis zu Schnitt 30), dann treten sie 
an die Seitenfläche des sich verjüngenden Pharynx und hier finden 
wir sie bis nach ihrer Verbindung mit dem 3. Aortenbogen (TV. 31 
bis 34). 

Auch in der Vorderwand des Mundrachenraumes lassen sich 
naturgemässerweise drei Längszonen unterscheiden, deren mittlere 
die Anlagen für die Zunge und für die Epiglottis nebst dem Zu- 
gang zum Kehlkopf enthält. Ich habe Taf. VH. B. 4 die vordere 
Mundrachenwand dargestellt, wie sie sich aus der Construction der 
Schnitte des Embryo B. ergiebt. Hiernach sind die beiden Unter- 
kieferfortsätze in der Mittellinie durch eine anfangs enge, dann aber 
sich verbreiternde Furche von einander geschieden. Hinter der Ver- 
einigungsstelle des 2. und 3. Schlundbogenpaares erhebt sich in der 
Mittellinie ein langgestreckter niedriger Wulst von etwa 0.4 mm 



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54 Embryonen A. und B 

Breite. (Bei B. Taf. II. Fig. 38 — 42 und in der unvollständigen 
Reihe von A. Taf. IV. Fig. 23 — 29.) Dieser Wulst ist die An- 
lage der Zunge, er überragt das 2. Schlundbogenpaar nur mit 
seiner obersten Spitze und bedeckt damit noch das Grenzgebiet 
zwischen jenem und dem ersten Paare. Im Gebiete des 4. Schlund- 
bogens wölbt sich die Vorderwand des Schlundrohres zu einer weit 
ausgeprägteren Mittelleiste empor, welche an verschiedenen Stellen 
ungleich breit ist und nach beiden Seiten scharf abfällt. Innerhalb 
dieser Leiste liegt der spaltförmige Zugang zum Kehlkopf. Die 
Leiste, selbst enthält die Anlage der Epiglottis und der Plicae 
aryepiglotticae. 

In Betreff der Zungenanlage ist hervorzuheben , dass sie sich 
an derjenigen Stelle der vorderen Rachenwand nach innen hin her- 
vorwölbt, an welcher von Aussen her der Aortenbulbus anliegt. Die 
hierin hervortretende Beziehung zwischen Aortenbulbus und Zungen- 
anlage werden wir später Gelegenheit finden, noch bestimmter zu 
präcisiren. 

Nach obiger Darstellung entsteht die Zunge hinter der Ver- 
einigungsstelle vom 2. und 3. Schlundbogenpaar. Das oberste Paar 
ist an ihrer Bildung nicht oder höchstens mit seinem unteren Gränz- 
abschnitte betheiligt Durch letztere Angabe trete ich mit der herr- 
schenden Anschauung in Widerstreit und es ist nöthig, mit einigen 
Worten auf den bisherigen Stand der Frage einzugehen. Vielfach 
nahm man früher an, dass die Zunge als eine mediane Wucherung 
des ersten Schlundbogenpaares sich entwickelt, eine Ansicht, die z. B. 
Köllikkr in der ersten Auflage seiner Entwickelungsgeschichte ver- 
treten hat 1 ) Kölloces beruft sieh dabei auf die Angaben von 
Reichert, ich finde indess, dass dieser Anatom in seinem in 
Müller's Archiv 2 ) abgedruckten, hierauf bezüglichen Aufsatze eine 
Darstellung giebt, welche mit der meinigen weit mehr als mit 
Köllikbr's Referat übereinstimmt. Reichert spricht nämlich von 
einer wenig erhabenen länglichen Vorragung, welche mit ihrem 
breiten hinteren Ende vorzüglich zwischen dem zweiten und dritten 



1) Kollikeb, 1. c. S. 354. 

2) Jahrg. 1S37. S. 156. Man vcrgl. besonders auch Reichbbt's Fig. 10 
die mit meiner Fig. B. 4 von Taf. VTJ wesentlich übereinstimmt. 



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Eingew ei derohr. Kopftheil des Verdauungsrohres, Mundhöhle u. Pharynx. 55 

Visceralbogen ') liegt und mit der vorderen kleinen Spitze in den 
hinteren Rand des Vereinigungspunktes der ersten Visceralfortsätze 
hereinragt Ihre hintere Begrenzung machen zwei etwas mehr er- 
habene, schon von Rathke gesehene und als Cartilagines arytae- 
noideae gedeutete Hügelchen. Später sollen dann die beiden End- 
abschnitte dieser Vorragung selbstständiger sich entwickeln, der 
vordere zu einem dreieckigen, nach vorn sich beugenden Kegel, der 
hintere zu einem mehr scheibenförmigen Gebilde; aus jenem wird 
die Zunge, aus diesem die Epiglottis. Demzufolge verlegt Reichert 
die Anlage der Zunge nicht in den ersten, sondern in den zweiten 
Visceralbogenbezirk und in das Gränzgebiet zwischen beiden. Inso- 
weit befinde ich mich mit ihm in voller Uebereinstimmmig. Nur 
scheint Reichert das hinter seinem Zungendreieck liegende Feld 
für unwesentlich zu halten, während ich dasselbe als die Anlage der 
Zungenwurzel betrachte. Die Epiglottisanlage setzt Reichert in das 
3., ich in das 4. Schlundbogengebiet, indess liegt diese Differenz 
mehr im Wortlaut des Ausdruckes als in der Sache. Der 4. Schlund- 
bogen wird, wie dies auch in Fig. B. 4 dargestellt ist, vom 3. grossen- 
theils überlagert; was in seinem Bereich hegt, liegt somit auch im 
Bereich des letzteren, äusserlich ist er gar nicht wahrnehmbar und 
Reichert geht bei seiner Darstellung überhaupt von der Annahme 
nur dreier Visceralbogen aus. 2 ) 

In neuerer Zeit hat Durby 3 ) die Frage vom Ort der Zungen- 
bildung wieder aufgenommen. Nach ihm entsteht dieselbe an der 
inneren Oberfläche der drei oberen Schlundbogen und zwar soll 
ihr vorderer, hinter dem Unterkiefer liegender Theil paarig angelegt 
sein, der hintere Theil dagegen unpaar. Dursy's jüngstes Material 
ist hierfür ein 11.5 mm langer Rindsembryo gewesen und die Zeich- 
nung 4 ) zeigt allerdings den vorderen Theil der Zunge als breiten, 

1) Reichest sagt zwischen den „beiden letzten Visceralbogen", er nimmt 
überhaupt nur 3 Bogen an. 

2) Gi dem Aufsatze von Roth „Der Kehldeckel und die Stimmritze im 
Embryo in Schbnk's Mitth. aus dem Wiener embryol. Institut. Heft n. S. 148 
wird die Abstammung des Kehldeckels aus dem 3 Schlundbogen nur vermuthungs- 
weise ausgesprochen. 

3) Dübhv, 1. c. S. 121 und Taf. I. 18. 

4) 1. c. S. 815. 



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56 Embryonen A. und B. 

in der Mittellinie getheilten Lappen, der sich bis zum oberen Rande 
des Unterkieferbogens erstreckt. In der 2. Auflage seiner Entwicke- 
lungsgeschichte schliesst sich Kölliker, laut seinen Erfahrungen bei 
Kaninchenembryonen Dubsy darin an, dass er die Zunge an der 
Innenfläche der ersten drei Bogen und zwar vorzugsweise des ober- 
sten entstehen lässt, dagegen bestreitet er das Vorhandensein einer 
paarigen Anlage, für welche ihm die von Dubsy gesehene Längs- 
furche kein genügender Beweis ist. Ich werde unten Gelegenheit 
haben zu zeigen, dass die Zunge nicht allein in ihrem vorderen Ab- 
schnitt, sondern überhaupt ihrer ganzen Länge nach aus zwei Seiten- 
hälften verwächst Dies geschieht indess in einer früheren Zeit als 
die uns hier beschäftigt. Im Stadium von A. und B. ist von Ver- 
wachsungsspuren nichts mehr wahrzunehmen, die von Dubsy her- 
vorgehobene Längsfurche aber tritt erst später auf, wie denn über- 
haupt Köllikeb's und Dursys Beobachtungen sich auf weiter 
entwickelte Stufen der Zungenbildung beziehen. 

Das Seitengebiet der vorderen Mundrachenwand wird von den 
wulstigen Erhebungen der in sie eintretenden Schlundbogen gebildet. 

Noch im Bereich des 2. Schlundhogenpaares liegt vor der Zunge, 
zwischen ihr und dem Aortenbulbus, die Anlage der Schilddrüse 
als ein bereits zweitheiliges epitheliales Bläschen, das einen unpaareu 
Stiel bis in die Nähe der Zungenoberfläche entsendet (Taf. ü. 11). 
Etwas weiter unten finde ich bei Embryo B. in den Durchschnitten 
42 und 43 geschlossene Epithelringe, die wahrscheinlicherweise zur 
Bildung der Thymus in Beziehung stehen. 1 ) Der obere dieser 
Ringe (H. 42) liegt im Winkel zwischen 3. — 4. Aortenbogen, der 
untere (LT. 43) liegt nach auswärts vom 5. Aortenbogen. Diese auf 
dem Durchschnitte geschlossen aussehenden Epithelfiguren scheinen 
übrigens die blinden Endbuchten der dritten und vierten Schlund- 
spalte zu sein. 



1) Man vergl. Kölliker, Entwickelungsgesch. 2. Aufl. p. 875. Küllikkb'b 
Angabe über eine epitheliale Anlage der Thymus stimmen überein mit eitler 
Vermuthnng, die ich seit längerer Zeit gehegt habe. Es wird dadurch der 
einer acinösen Drüse so ähnliche Habitus jenes Organes erklärt. Ich halte 
für selbstverständlich , dass das adenoide Gewebe nicht aus der Epithelanlage, 
sondern aus deren Umgebung entsteht, als Beste von jener sind die concen- 
tri sehen Körper anzusehen. 



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Eingeweiderohr. Kopfthoil des Verdatmngsrohres , Kehlkopf. 57 

Der Eingang in den Kehlkopf ist ein gestreckter Schlitz 
mit kreuzförmiger Ausweitung. Der obere Theil des Schlitzes (DL 
44 — 46) fällt noch in die Höhe des 4. Schlundbogens, das untere 
Ende desselben in den Beginn des Rumpfes. Letzterer Theil ist in 
querer Richtung erweitert. Der Schnitt 47 vom Embryo B. zeigt 
eine eigentümliche , in der Zeichnung auf Taf. LT. wiedergegebene 
Epithelfalte, welche- nach Ort und Gestalt den unteren Randgebilden 
des Kehlkopfeinganges, den Cartilagines arytaenoideae und 
der Incisura intexarytaenoidea entspricht. Die Construc- 
tionsfigur B. 4. Taf. VTDL lässt ziemlich klar die Hauptformen der 
Umgebung des Kehlkopfeinganges erkennen: neben der Anlage von 
Epiglottis und Plicae aryepiglotticae, zwischen ihr und dem Seiten- 
theil des 4. Schlundbogens liegt jederseits eine Rinne, der spätere 
Sinus pyriformis. Der 4. Schlundbogen selbst muss die Anlage 
des Schildknorpels enthalten, welche ihrerseits von der im 'i. 
Schlundbogen enthaltenen Zungenbeinanlage umfasst wird. Die 
Cartilagines arytaenoideae und der Ringknorpel können nicht mehr 
vom System der Schlundbogen abstammen, sie müssen bereits von 
der Rumpfwandung geliefert werden. 

Der Kehlkopfraum hat laut den Schnittbildern im Allgemeinen 
die Form einer schmalen, gegen die Epiglottis hin blindsackartig 
abschliessenden Spalte (Taf. I. Fig. 2). Seine vordere Wand nimmt 
das Ende des Aortenbulbus auf (Taf. TU. B. 1 und A. 1) ; die aus 
diesem hervorgehenden untersten beiden Aortenbogen, der 4. und 5. 
umfassen die Seitenwand des Kehlkopfes. Für eine Beurtheilung 
weiterer Einzelnheiten der Kehlkopfhöhle ist die Schnittrichtung 
beider Embryonen A. und B. ungünstig. 

Eine nach oben hin sich zuschärfende Wand trennt die Lich- 
tungen von Trachea und Oesophagus. Beide Röhren verlaufen 
auf kurze Strecke parallel, dann aber biegen sich beim TJebergang 
in die Lungen die beiden Endzweige der Trachea nach rückwärts, 
und die Lungenanlagen selbst umgreifen als abgeflachte Blindsäcke 
von beiden Seiten her das Speiserohr (H. 42 — 40 und V. 69—72). 

Gleich unterhalb der Lungenanlage weitet sich das Speiserohr 
zum Magen aus. Derselbe charakterisirt sich im Durchschnitt so- 
fort durch seine linksseitige Ausbiegung und durch sein im Winkel 
geknicktes Gekröse. Seine Lichtung ist weiter als diejenige des 



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58 Embryonen Ä. und B. 

Speiserohres und in schräger Richtung abgeplattet (II. und HI. 39 
bis 32, V. 72 — 81); nach abwärts verjüngt sie sich bis zumTTeber- 
gang ins Duodenum hin. 

Das Duodenum liegt rechte von der Mittelfläche, von ihm aus 
geht der Gallengang nach vorn ab ; es zeigt ferner eine höchst cha- 
rakteristische Ausbiegnng gegen die Axengebilde hin und es wird 
von der später zu besprechenden Vena portae umkreist. Sein Ge- 
kröse ist im Allgemeinen sehr kurz (IU. 30—26, V. 84—87). Auf 
das Duodenum folgt die scharf nach vorn sich ausbiegende Schleife 
des Mesenterialdarmes, von deren vorderem Ende der den Kör- 
per verlassende Darmstiel oder Ductus entericus abgeht. Der 
obere Schenkel der Schleife hegt rechts, der untere links von der 
Medianfläche des Körpers, für die später eintretende Torsion der 
Schleife ist damit bereits die' Richtung angebahnt. 

Von den aufgezählten Gebilden beginnen Trachea und Oesopha- 
gus in der Mitte des Halsgebietes (bei A. in der Höhe des 4. Seg- 
mentes). Die Lungenanlagen fallen in das unterste Hals-, die Ma- 
genanlage in das oberste Rückengebiet Jene liegen beim Embryo 
A. vor dem 7. und 8. Cervikalsegmente , diese vor dem 2. bis 5. 
Rückensegment. Das Duodenum liegt vor den mittleren Rückenseg- 
menten (6.-8.), die Mesenterialdarmschleife vor dem unteren Dritt- 
theil derselben. 

Der Bauehtheil des Darmes ist mit einem an Höhe abnehmen- 
den Gekröse versehen und er besehreibt beim Uebergang in das 
Beekenstück einen nach vom hin offenen Bogen. Den Charakter 
als cylindrisches , von selbstständiger Wandung umgebenes Rohr 
bewahrt der Darm noch bis in das Gebiet der oberen Sakralsegmente, 
dann aber verschmilzt seine Wand mit der Bauchbeckenwand und 
seine bis dahin enge Lichtung erweitert sich zu einem geräumigen, 
die Höhe des 4. Steisssegmentes erreichenden Sack. Hier dringt 
die von der Fortsetzung des Darmepithels ausgekleidete Höhle bis 
zur Oberfläche empor und ist wahrscheinlich bereits geöffnet Dieser 
erweiterte Endabschnitt des Darmes ist als Cloake zu bezeichnen, 
seine Seitenwand nimmt die Enden der Wolfi'schen Gänge auf (H. 
15, 16 und V. 105); von seiner Rückwand geht über der Einmün- 
dungssteile des Bauchdarmes der Allantoisgang ab. Dieser steigt 
mit nach rückwärts -convexem Bogen in die Höhe, biegt sich dann 



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Eingeweidcrohr. Biegungen der Tlarmase. 59 

nach vom und geht in Begleitung der beiden neben ihm herlaufen- 
den Arteriae umbilicales in den Bauchstiel ober. Vor dem Eintritt 
in den Bauchstiel zeigt derselbe bei B. eine nachweisliche Erweiterung, 
die erBte Andeutung einer Harnblase (I. 2 und HL 20, 21). 

Bauchdarm, Cloake und Allantoisgang bilden, in ihrer Gesammt- 
heit betrachtet, ein Uförmiges Rohr, dessen absteigender Schenkel 
der Darm, dessen Uebergangsstüek die Cloake und dessen aufsteigen- 
der Schenkel der Allantoisgang ist. 1 ) Ein ähnliches System Ufor- 
mig verbundener Röhren haben wir in der Bauchaorta und den aus 
ihr hervorgehenden Arteriae umbilicales. Beide Systeme sind sich 
im Allgemeinen gleichläufig, indess liegt die Umbiegungsstelle der 
Arterienbahn tiefer und weiter hinten als diejenige der Darmallan- 
toisbahn; die aufsteigenden Schenkel jener Bahn kreuzen daher noch 
den absteigenden Darmschenkel der letzteren. 

Biegungen der Darmame. 

3m Ganzen und Grossen beschreibt das Intestinalrohr denselben 

dorsalwärts convexen Bogen, den auch die Stammgebilde des Körpers 
beschreiben, im Einzelnen aber zeigt es. eine Reihe selbstständiger 
Ein- und Ausbiegungen, die, wie ich an anderem Orte bereits nach- 
gewiesen habe 2 ), zu dessen definitiver Gliederung in genauester Be- 
ziehung stehen. 

In der Sagittalprojection treten drei ventralwärts gerich- 
tete grössere Eigenbiegungen auf, deren oberste dem HalstheiL deren 
zwei untere dem Rückentheile angehören. Nachdem das Rohr im 
Kopftheil der ventralen Hirnkante gefolgt und von ihm nur durch 
einen geringen Abstand geschieden war, biegt es sieh unterhalb des 
Nackenhöckers stark vom MeduUarrohr ab, so dass der Abstand der 
zuvor nur 0.15 — 0.25 mm Betrug, auf 0.65—0.75 mm ansteigt Der 
am meisten abstehende Theil umfasst die untere Pharynx- und die 
Kehlkopfanlage. Weiterhin nähert sich das Rohr wieder den Axen- 
gebilden, bildet aber unterhalb der Mitte des Halstheils einen zweiten 



1) Man vergl. damit auch meine Monographie der Hübnchenentw. 8. 159 
sowie den 2. Brief aber unsere Körporform S. 26. 

2) Monographie S. 143—148 und Körperfonu 6. Brief. 



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60 Embryonen A. und B. 

langgestreckten Bogen, welchem die untere Hälfte des Speiserohres, 
die Magenanlage und der Anfangstheil des Duodenums angehören. 
Der Gekrösentwickelung nach könnte zwar dieser Bogen eine aus- 
giebige ventrale Exemtion beschreiben, allein infolge der Kaumein- 
engung durch die Leber kommt das Gekröse des mittleren Bogen- 
stückes nicht zu freier Entfaltung, es knickt sich in eine nach links 
gerichtete Kante und die Knickungsstelle des Magengekröses wird 
zur Anlage der Milz. Im Duodenaltheil des Rohres tritt eine 
scharfe Rüekwärtsbiegung ein und auf diese folgt die stärkste der 
drei ventralen Eigenbiegungen, diejenige des Mesenterial darnies, 
welche schon oben besprochen worden ist. 

Auf eine Frontalebene projicirt (Taf. VLT. Fig. A. 2 und B. 2) 
zeigt sich das Eingeweiderohr im Kopf- und im Halstheile syme- 
trisch; beim Uebergang in den Rückentheil wendet sich der Oeso- 
phagus nach links (LT. 41 — 40). Der Magen liegt mit seiner Lich- 
tung vollständig, mit seiner Faserwand grossentheils auf der linken 
Seite (E. und DJ. 39—32). Das Duodenum überschreitet (HL 30) 
die Mittellinie und der Mesenterialdarm hegt grossentheils nach 
rechts von dieser. Die stärkste Abweichung zeigt die Abgangsstelle 
des Darmstieles (LH. 24). Der untere Theil des Darmes kehrt nach 
der Unken Seite zurück, auch die Cloake ist links gelegen, wogegen 
der Allantoisgang bei seinem Eintritt in den Bauchstiel sich wieder 
nach rechts wendet. 



Wand des Eingeweiderohres, 

Das gesammte Eingeweiderohr ist von einem einschichtigen 
Epithel ausgekleidet, dessen Mächtigkeit in verschiedenen Strecken 
in nur geringem Maasse wechselt (35 — 42 fi). Die übrige Wand 
enthält, ausser den Blutgefässen, Bindegewebs- und Muskelelemente. 
Es sind aber zur Zeit weder diese histologisch verschiedenen Be- 
standteile, noch die späteren Schichten optisch scharf zu scheiden, 
und ich benütze daher die von Remak eingeführte Bezeichnung 
Faserwand in dem neutralen Sinne, dass damit die vermengten 
Muskeln und bindegewebigen Theile verstanden sein sollen. 

Erst innerhalb der eigentlichen Leibeshöhle, d. h. also erst nach 
dem Uebergang in das Rumpfgebiet bekommen das Verdauungsrohr 



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Eingeweiderohr. Wand des Eingeweiderohres. Leber. 61 - 

und die mit ihm in Verbindung stehenden Luftröhren- und Lungen- 
anlage eine selbstständige Faserwand. Bis dahin bildet die allge- 
gemeine Kopfwand zugleich die äussere Ümgränzung von Mund-, 
Pharynx- und Kehlkopfraum. Die Faserwand der Luftröhre und der 
Lungenanlage ist mit derjenigen des Oesophagus noch verbunden, 
indess bezeichnet eine äussere Furche bereits den Ort. der zukünftigen 
Trennung. 

Die Stärke der eigentlichen Dannfaserwand beträgt zwischen 0.09 
bis 0.14 mm; die höchsten Werthe kommen der Magenwand zu. 
Ein dickes Gekröse verbindet Oesophagus, Magen und Darm mit der 
Rückenwand der Leibeshöhle. Das Gekröse hat seine Abgangs- 
stelle vor der Aorta descendens, und es wird hier beiderseits von 
den Urnierenleisten eingefasst. Dasselbe ist kurz hinter dem Oeso- 
phagus, lang und im Winkel gebrochen hinter dem Magen ; es ver- 
kürzt sich wiederum beim Uebergange zum Duodenum nnd erreicht 
seine maximale Entwickelung hinter der Schleife des Mesenterial- 
dannes. Es erhält sich unter allmählicher Höhenabnahme bis zum 
Anschluse des Bauchdarms an die Cloake. Hier verschmilzt, wie 
schon oben erwähnt wurde, die Darmfaserwand mit der animalen Lei- 
beswand und auch der aus der Gloake emporsteigende Allantoisgang 
besitzt ausser der Epithelauskleidnng keine gesonderte Wandschicht. 

Nach rückwärts schliesst sich die Dannfaserwand mittelst des 
Gekröses der animalen Leibeswand an, nach oben und nach unten 
hin geht sie mittelst ihres Kopf- und ihres Beckenendes in diese 
über. Eine weiter nach vorn hin stattfindende Verbindung zwischen 
Darm und Leibeswand findet sich in der Höhe des Herzens und sie 
ist dadurch vermittelt, dass die vordere Wand des Verdauungsrohres 
mit dem primären Zwerchfell und mit der aus letzterem hervor- 
tretenden Leber verbunden ist In Betreff dieser Verbindungen weise 
ich auf den besonderen bei Embryo M. eingereihten Abschnitt hin, 
in welchem die Geschichte der Körperhöhlen und des Zwerchfells 
im Zusammenhange behandelt ist 

Leber. 

Die Leber ist bereits genügend voluminös, um auch äusserlich 
ihre Lage und Form bemerkbar zu machen. Sie liegt unterhalb der 



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62 Embryonen A. und B. 

Lungenanlage, hinter dem Herzen und vor dem Magen und Duo- 
denum. Bei A. entspricht ihre Höhe dem 2. bis 7. Bückensegment; 
rechts reicht sie etwas höher herauf als links, ein Unterschied, der 
hei Embryo B. viel auffälliger hervortritt als bei A. Die dem Herzen 
zugewendete Vorderfläche des Organs ist abgeplattet und sie sitzt 
in ihrer vollen Breite einer quer ausgespannten Scheidewand auf, 
dem primären Zwerchfell oder Septum transversum. Die 
beiden Seitenflächen des Organes sind im grössten Theil ihrer Aus- 
dehnung frei, durch eine enge Spalte von der Rumpfwand getrennt 
und sie treiben diese bauchig vor sich her. Das untere und das 
obere Ende der Leber sind mit der Wand inniger verbunden. Das 
untere Ende erscheint {DU. 27 und 28) dem an dieser Stelle sehr 
breiten Septum transversum eingelagert; das obere Ende (H. 38—40} 
ist mit der rechten Seitenwand verwachsen. Die Böckfläche der 
Leber (Taf. VH. B. 5) passt sich im Allgemeinen den dahinter lie- 
genden Organen an und ihre Gestalt ist demgemäss eine etwas 
complicirtere. Infolge der linksseitigen Lage des Magens und des 
Mesogastriums ist für den linken Lappen weniger Baum als für den 
rechten. Dieser ist, soweit die Leber vor dem Magen hegt, etwas 
schmaler als jener, und er endet nach rückwärts in eine scharfe 
Kante, während jener abgeflacht der rechten TJrnierenleiste sich an- 
legt. Im unteren, vor dem Duodenum hegenden Leberabschnitte 
ist der rechte Lappen nicht mehr bevorzugt, ja er bleibt hinter dem 
linken zurück und reicht weniger weit herab als dieser. Die Rück- 
fläche der Leber trägt zur Aufnahme des Magens und des Duodenums 
eine Längsrinne. Durch einen kurzen Verbindungsstreifen, die An- 
lage des Omentum minus, hängt sie mit den genannten Theilen 
zusammen; in dem unteren, vom Duodenum abgehenden Theil dieses 
Gebildes (ÜI. 29, V. 84) tritt der kurze Gallcngang in die Leber ein. 
Die Leber erhält durch drei Venen ihren Zufluss, durch zwei 
Venae umbilicales und durch die Vena portae oder omphalo-mesen- 
terica. Die beiden Umbilical- oder Parietalvenen haben vom Bauch- 
stiel her ihren Weg durch die seithebe Bauchwand genommen. Die 
eine, linke, ist sehr viel mächtiger als die rechte, letztere (bei B.) 
doppelt angelegt. Dieselben erreichen die Leber an ihrer unteren 
Fläche (HI. 27 und 29) und wenden sich von da aus nach rückwärts. 
Die starke linke "Umbilicalis kommt in die das Omentum minus 



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Eingeweiderohr. Leber. 63 

aufnehmende Rinne und verläuft unmittelbar vor dem Duodenum 
und dem Magen nach oben (LH. und IL 30 — 36) ; dann im oberen 
Leberdrittel wendet sie sich nach rechts und vorn, nimmt aus 
dem hinteren Theil der Leber herkommende Venae hepaticae auf 
(LT. 37 — 38) und schliesslich mündet sie als Vena cava inferior 
in den rechten Vorhof ein (LT. 39). Einen weiteren Zufluss als die 
Umbilicalis und die aus der Leber herkommenden Zweige besitzt 
die Cava inferior noch nicht; insbesondere sind keine von der hin- 
teren Bauchwand herkommenden Gefässe wahrzunehmen. Ihr oberes 
Endstück tritt der oberen Leberfläche entlang und durch das primäre 
Zwerchfell hindurch zum Herzen. Die doppelt vorhandene rechte 
Parietalvene erreicht die Leber etwas höher als die linke (HI. 29 
und 30), sie verläuft, auch nachdem sie die Rückfläche erreicht hat, 
ein Stück weit von jener getrennt; die Vereinigung erfolgt erst, 
nachdem auch die Vena portae in die rechte Umbilicalis sich er- 
gossen hat (ELT. 31 und 32). 

Mit dem Darmstiel ist die Vena omphalo-mesenterica 
in das Innere der Bauchhöhle gelangt (LLT. 25 und 26), und dies 
Gefäss tritt nun an die rechte Seite des Duodenums, wendet sich, 
in. der Faserwand selbst hegend, um das Duodenum herum, gelangt 
auf diesem bogenförmigen Umwege zur Rüekfläche des rechten Le- 
berlappens und stösst hier auf die Umbilicalis dextra, in welche sie 
einmündet (LH. 31 und 32). Demnach ist man berechtigt, dieses * 
Endstück der V. omphalo-mesenterica kurzweg als Vena portae zu 
bezeichnen. 

Mit Rücksicht auf die spätere Oberflächengliederung der Leber 
lassen sieh au der jetzigen Entwicklungsstufe folgende Verhältnisse 
erkennen: die dem Septum anliegende Fläche nebst einem grossen 
Theil der beiden convexen Seitenflächen werden zu der vom Zwerch- 
fell überlagerten oberen Leberfläche. Die zur Zeit noch sehr breite 
Verbindung mit dem Septum transversum engt sich späterhin ein, 
und das Ligamentum Suspensorium nebst den hinter dem letzteren . 
befindlichen Bindegewebsmassen erhalten sich als deren Reste. Die 
nach unten und nach hinten sehende Oberfläche der Leber wird, 
wie die nach den Schnitten von B. construirte Fig. B. 5, Taf . VH. 
zeigt, in schräger Richtung von der Vena umbilicalis sinistra ge- 
kreuzt. Wir können an diesem Verlaufe drei Abschnitte auseinander- 



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64 Embryonen A. und B. 

halten. Im ersten Abschnitte läuft die Vene nach rückwärts und 
gegen die Mittellinie hin und sie unterhält noch keine Beziehungen 
zum Omentum minus (II. 27 — 29). Dann beim Uebertritt in den 
zweiten Abschnitt geht sie ziemlich vertikal in die Höhe, eher etwas 
nach links abweichend. In diesem Abschnitte tritt von der rechten 
Seite her die Umbilicalis dextra mit der Vena portae an sie heran. 
Femer ist sie hier vom Omentum minus eingefasst, das die Leber 
rechts von der Mittellinie erreicht hatte und dessen Richtung mit 
derjenigen der Umbilicalis sinistra anfangs convergent gewesen war. 
Das oberste Drittel der Vena umbilicalis wendet sieb in einem starken 
Bogen über der Mittellinie weg nach rechts, um dann endlich nach 
vorn umzubiegen. Dieser Venenabschnitt verlässt das Gebiet des 
Omentum minus und lässt dasselbe links liegen. Noch innerhalb 
seines Endbereiches tritt an die hintere Leberwand eine dem Omen- 
tum minus parallele, aber weit kürzere- Platte, die an den Durch- 
schnitten n. 37—39 sichtbar ist. Eine vom Omentum minus sich 
abzweigende Seitenfalte begleitet ferner das oberflächlich gelegene 
Stück der V. umbilicalis dextra (EL 30 und 31). 

Nach Feststellung dieser Verhältnisse ist es leicht, die Ober- 
flächengliederung zu verstehen. Links von der Vena umbilicalis si- 
nistra liegt der linke Leberlappen, rechts von ihr der Lobus 
dexter mit Lobus quadratus und Lobus Spigelii. Das 
* erste Drittel der 1. Umbilicalisvene bezeichnet den Ort der Fossa 
longit sinistra anterior, das zweite Drittel den der entsprechen- 
den Fossa posterior. Der dritte Abschnitt geht über dem Lo- 
bus Spigelii weg zur Vena cava. Der Ort der Fossa trans- 
versa wird durch die Falte bezeichnet, welche die rechte Umbüi- 
calvene nebst der V, portae aufnimmt. Der nach abwärts gerichtete 
Anfangstheil des Omentum minus, in welchem der Gallengang ein- 
geschlossen ist, liegt da, wo später die Gallenblase sich entwickelt, 
über der Fossa longitudinalis dextra anterior. Das Omen- 
tum minus, als Ganzes betrachtet, beschreibt einen Bogen und läuft 
in seiner unteren Hälfte in zwei Schenkel aus. Es beginnt als Lig. 
hepato-gastricum im oberen Theil der Fossa long, sinistra und 
setzt sich als Lig. hepato-duodenale über die Fossa transversa 
fort, an deren Ende es mit scharfem Bande aufhört. Auch der 
den Lobus quadratus begränzende untere Schenkel läuft mit freiem 



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Leber. 65 

Hände aus. Dieser Faltenzweig kann sich später mehr ausgleichen; 
geschieht dies nicht, so begegnen uns seine Reste in dem oberen 
Abschnitte des Ligamentum bepato-colicum. 

Lobus dexter und Lobus Spigelii, welche an der ausgebildeten 
Leber nur durch das schmale Tuberculum caudatum zusammen- 
hängen, stehen zur Zeit noch in breiter Verbindung, da der sie 
trennende Theil der Vena cava noch nicht vorhanden ist Im 
Uebrigen sind die untere, die linke und die obere Gränze des Lo- 
bus Spigelii bereits vorhanden, und so ist das Gebiet dieses Leber- 
abschnittes leicht zu erkennen. Bemerkenswerth ist die Falte, welche 
rechts vom Omentum minus selbstständig vom Magengekröse bezw. 
von der hinteren Bauchwand aus an den SpiEGEL'schen Lappen her- 
antritt Diese Falte ist offenbar bestimmt, späterhin die Vena cava 
aufzunehmen; in Verbindung mit dem oberen Ende des Omentum 
minus begränzt sie den Recessus superior des Saccus omentalis und 
ihr unterer Rand ist die Gränze des Foramen Winslowi. 

Die Leber besteht aus einem Netzwerk anscheinend solider 
Zellenbalken, zwischen denen weite Blutgefässe'liegen. Die Durch- 
messer der einzelnen Zellenbalken betragen 25 — 35 fi, die der dazwi- 
schenliegenden Gefässe sind im Allgemeinen bedeutender, meist um 
40 bis 60 ft herum; die Durchschnitte des Organes zeigen demnach 
ein ziemlich grobmaschiges Gefüge. In die Zeichnungen der Ta- 
feln LT., DZT. und V. sind nur die grossen Stämme eingetragen und 
sie geben von dem wirklichen Bilde des Leberdurchschnitts eine 
ungenügende Vorstellung. Die freie Oberfläche der Leber ist bereits 
von einer Bindegewebskapsel umgehen. Der von dem Duodenum 
sich abzweigende Gallengang ist einfach, scheint sich Lndess bei 
seinem Eintritt in die Leber gabiig zu spalten (V. 84). TJeber 
seine Beziehungen zu den Leberzellnetzen und über die Anlage 
einer Gallenblase vermochte ich an meinen Schnitten Nichte zu er- 
kennen. 

Vom Pankreas habe ich weder bei den Embryonen A. noch bei 
B. etwas wahrgenommen. Dasselbe müsste an den Schnitten 11 — 30 
von B., oder an den Schnitten 84 — 87 von A. zu finden gewesen 
sein. Ob die Anlage in der That noch nicht vorhanden war, oder 
ob sie mir wegen der Ungunst meiner Schnitte unsichtbar geblieben 
ist, bisse ich vorerst unentschieden. 

Hia, M«uwhL Embrjonen. S 



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Embryonen A. und B. 



Urnleren System. 

Das Umierensystem besteht aus dem WbLFF'schen Gang, aus 
den in ihn einmündenden Querkanälen und aus den mit letzteren 
verbundenen Gefässknaueln. Diese Theile sind in eine 0.3—0.4 mm 
breite, gerundete Leiste, die TJrnierenleiste, eingeschlossen, 
welche jederseits neben der Abgangsstelle des Magen- und Darm- 
gekröses der hinteren Rumpfwand entlang läuft. Dieselbe ist von 
einem einschichtigen Epithel bekleidet und ausser den Gebilden der 
Urniere selbst enthält sie die hinter ihnen liegende Cardinalvene. 
Das untere Ende der Urnierenleiste tritt in einem nach abwärts con- 
vexen Bogen zur vorderen Bauchwand, es leitet den WOLPP'schen 
Gang zur Cloake und verliert sich neben dieser letzteren. Nach 
oben hin steigt die TJrnierenleiste höher hinauf als die Urniere selbst, 
sie erreicht die Decke der Rumpfhöhle, mit der von ihr umschlos- 
senen Cardinalvene tritt sie nach vorn und trifft auf den gleichfalls 
in einer besonderen Leiste eingeschlossenen, der Seitenwand des 
Rumpfes folgenden CuviER'schen Gang. Taf. VII. A. 1 und B. 1. 

Der WoLPP'sche Gang liegt innerhalb der TJrnierenleiste am 
meisten lateralwärts, dicht unter der Epitheldecke. Sein Gesammtr 
durchmesser beträgt in den mittleren Abschnitten des Organes gegen 
60, die Lichtung gegen id/t. Seine mediale Wand nimmt die nur 
etwa 20 /.t im Durchmesser fassenden Enden der Querkanäle auf, 
deren spaltförmige Lichtung ohne vorherige Ausweitung direct in 
jenen ausmündet. 

Jedes TJrnierenkanälchen Taf. VIII. B. 9 besteht aus drei 
quergestellten und in scharfem Zickzack zusammengebogenen Schen- 
keln, einem hinteren, mittleren und vorderen. Der hintere, cylin- 
drisch von Gestalt, vermittelt die Verbindung mit dem Wolpp- 
schen Gang; der mittlere ist etwas spindelförmig aufgetrieben, sein 
verjüngtes äusseres Ende biegt in den. vorderen Schenkel um, der 
als enges Rohr beginnt, dann aber zu einer geräumigen, den Glo- 
merulus umschliessenden Kapsel sich ausweitet. Die Zellen, welche 
die Kapsel bilden, sind dünner, als die des übrigen Rohres; die in 
den Kapselraum hervortretende Oberfläche des Gefässknäuels ist 



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UmierenBystem. 67 

von einer besonderen Epithelschicht bekleidet. Es liegen die Ge- 
fässknäuel in der medialen Hälfte der Sierenleiste ; sie werden durch 
kleine, direet aus der Aorta kommende Arterienzweige gespeist und 
bogenförmige Venenzweige führen das Blut nach der Cardinalvene 
zurück. Unter meinen Schnitten sind mehrere, welche die Verhält- 
nisse in der schematischen Reinheit der auf Taf. VUL abgebildeten 
Figur zeigen, an anderen ist der Zusammenhang der Theile derart 
unterbrochen, dass blos die einen oder die anderen in ihrer natür- 
lichen Verbindung geblieben sind. 

Die geschilderten Verhältnisse finden sich bis in die Nähe des 
oberen Endes der Untieren, d.h. bis in die Höhe des unteren Lun- 
genrandes. In diesem oberen Abschnitte sind die Kanäle kurzer, 
die Knäuel und die Kapseln kleiner als im Mittelstück der Drüse. 
Das untere Ende der letzteren ist an beiden Schnittreihen schräg, 
bez. frontal getroffen und es lässt sich nicht erkennen, ob die in ihm 
befindlichen Röhrchen schon ihre volle Ausbildung erhalten haben. 

Im Uebrigen ist der WoLFP'sche Gang bis in die Nähe seines 
vorderen Endes mit Umierenkanälchen besetzt. Dies vordere Ende 
des WoLFP'schen Ganges biegt steil in die Höhe und verläuft ein 
kleines Stück weit neben der Cloake, bevor die Einmündung erfolgt. 
An der Stelle der letzteren zeigt sich die Cloake mit zwei seitlichen 
Ausbuchtungen versehen (DJ. 9 — 11 und V. 106 — 104). 

Vor der Einmündungssteile des WoLFP'schen Ganges in die 
Cloake zweigt sieh ein vor dem ersteren liegender selbstständiger 
Blindsack ab. Derselbe besitzt ein grösseres Caliber, als der 
WoLFP'sche Gang und hat, da er in 3 — 4 Schnitten sichtbar ist, 
eine Länge von nur 0.3— 0.4 mm. {HI. 11 — 14. V. 106—109.) 
Diesen Blindsack muss man für die Anlage des Nierenganges 
halten, der nach den, neuerdings durch Kölltkeb bestätigten An- 
gaben Kupffek's aus dem unteren Ende des WoLFP'schen Ganges 
sich entwickelt ') Dabei bleibt allerdings noch der Nachweis zu 
fuhren, wie es kommt, dass dieser Gang, der noch weit entfernt von 
der Blasenanlage in die Cloake ausmündet, späterhin mit der Blase 
in Beziehung tritt. 

1) Man yergl. mit meinen Figuren der Tafel 1. u. VII. Kölukee's Sagit- 
talschnitt eines Kaninchenembryo 8. 946. 



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68 Embryonen A. und B. 

Der MüLLEß'sche Gang ist an den Embryonen A. und B. noch 
nicht vorhanden. In der Rinne, lateralwärts von der Umierenleiste^ 
ist das Epithel um heinahe das Doppelte (bis auf c. 20 ,u) verdickt 
und so zeichnet sich jetzt schon die Stelle aus , an welcher später 
der MüixEK'sche Gang sich bilden wird. 

Der Allan toi sgang tritt, nachdem er den Bauchstiel erreicht 
hat, inmitten des letzteren zum Chorion (Taf. TU. 21) und scheint, 
an letzterem angelangt, blind zu enden. 

Von W. Krause ist vor kurzem das Auftreten einer frei aus 
dem Bauch tretenden, blasenförmigen Allantois beim Menschen 
behauptet worden ') und es ist hier der Ort, auf die von Krause 
nütgetheilten Zeichnungen und auf deren Deutung einzugehen. 
Krause stellte in drei verschieden vergrösserten Profilzeichnungen 
einen Embryo dar, dessen Länge nach seinen Angaben 8 mm be- 
trägt und dessen Alter er auf 3'/i — 4 Wochen schätzt. Nach Grösse 
und Alter entspricht dies meinen Embryonen A. und B. und die 
Vergleichung muss jedenfalls bis in die Einzelnheiten durchführbar 
sein. Nun zeigen Krause's Abbildungen, dass aus dem hinteren 
Leibesende des noch von seinem Amnion umhüllten Embryo eine 
gestielte, als Allantois gedeutete Blase hervortritt, vor welcher ein 
faltiger Strang, nach Krause, die geplatzte Nabelblase befindlich ist 

Krause's Mittheilung ist in Kreisen entwickelungsgeschicht- 
licher Liebhaber mit grossem Beifall aufgenommen worden. In sei- 
ner Anthropogenie hatte nämlich Haeckel-) bereits Zeichnungen 
menschlicher Embryonen veröffentlicht, welche mit einer gestielten 
blasenförmigen Allantois ausgestattet waren. Ueber diese Zeich- 
nungen hatte ich als über willkürliche Erfindungen den Stab ge- 
brochen :! ) , und nun wurde ihnen durch Krause's Entdeckung eine 
anscheinend höchst glänzende Rechtfertigung zu Theil. 4 ) Bei den 

1) W. Krause, Archiv für Anat. und Physiologie 1875. S. 213 und Taf. 
VI. ibid. 1876. 8. 204. 

2) Anthropogenie. 1. Aufl. 8. 271. 

3) Unsere Korperform 8. 170. 

4) lieber die Aufnahmen von W. Krause's Entdeckung vergl. man Haeckel 
selbst in seinem Aufsatze Über Ziele und Wege der heutigen Entwickelunge- 
geschichte 8. 37. Jena'sche Zeitschr. f. Naturwisa. Bd. X. Supplementheft und 
E. Krause in der Zeitschr. Kosmos. Bd. I. S. 276. Letzterer Autor schildert, 



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Aliaiitois. 69 

embryologischen Fachmännern hat Krause's Deutung weniger will- 
fähige Aufnahme gefunden und einige derselben, wie Kölliker 1 ), 
Hensen*), v. Ebner 3 ), haben sich bereits öffentlich dagegen aus- 
gesprochen. Da es nun absolut feststeht, dass menschliche Embryo- 
nen weit jüngerer Entwicklungsstufen (bis zu 2 mm herab) mit 
dem Chorion durch einen festen Stiel verbunden sind, so erscheint 
es mit dem Stande unseres Wissens völlig unvereinbar, wenn uns 
auf eine einfache Profilzeiehnung hin zugemuthet wird, an das freie 
Hervorsprossen einer blasenförmigen Allantois bei dem 8 mm langen 
Embryo zu glauben. Die Allantois- und Bauchstielfrage wird unten 
bei Besprechung jüngster Embryonen ihre Erörterung finden; hier 
kann es sich nur darum handeln, zu untersuchen, wodurch Krause 
sich hat täuschen lassen. 

Kölliker hält die KRAUSE'sche Allantois für die Nabelblase, 
den KRAUSE'schen Dottersack für den Nabelstrang (Bauchstiel) mit 
Fetzen des Amnion. In einer ziemlich erregt geschriebenen Er- 
widerung bezeichnet' Krause diese Deutung als eine unanatomische, 
da sich doch die Nabelblase vor der Allantois inserirte, nicht um- 
gekehrt. Die Besichtigung meiner eigenen Präparate und Zeichnung 
zeigen, dass Kölliker's Deutungsversuch den berechtigten Kreis 
vorhandener Möglichkeiten keineswegs überschreitet. Der Bauch- 
stiel ist mindestens 5 mal höher, als der Darmstiel, und er reicht 
dem entsprechend weiter herauf als dieser. Denkt man sich den 
Darmstiel etwas zurückgelegt, so kann unschwer eine Lagerung zu 
Stande kommen, die derjenigen von Kbause's Abbildung entspricht 
Die Berechtigung zu seiner lebhaften Erwiderung hätte Krause 
nur dann gehabt, wenn er durch Zerlegung seines Präparates die 



wie Haeckel eine „hochnothpeinliche Anklage vor heiliger Vehine* erdulden 
musste , weil er Bich „das Niegesehene im Spiegel der Wissenschaft hatte 
zeigen lassen*. .Aber, so fährt er fort, Fortuna verlässt die Muthigen nicht. 
Sie sendet zur Zeit der höchsten Bedrängmas das Niegesehene dem Prof. 
Krause in Gottingen zur Prüfung, und siehe da, die Erscheinungsform ist 
genau so, wie sie Haeckel entworfen hatte." 

1) Kölliker, Entwickelungsgesch. 2. Aufl. S. 306. 

2) Hessen, Archiv f. Anat. und Entwickelungsgesch. 1877. S. 2. 

3) v. Ebner, Ueber die erste Anlage der Allantois beim Menschen. 
Separatabdr. ans den Mitth. des Ver. der Aerzte in Steiermark. Mai 1877. 



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70 Embryonen A. und 15 

tiefere Darminsertion der von ihm als Allantois gedeuteten Blase 
nachgewiesen hätte. 

Ausser der von Kölliker angegebenen Möglichkeit einer Ver- 
wechselung besteht aber noch eine andere, welche hervorzuheben 
ich nicht unterlassen darf. Wenn man die unter sich übereinstim- 
menden Figuren Keause's mit guten Abbildungen menschlicher 
Embryonen derselben Entwicklungsstufe vergleicht, so tritt einem 
sofort eine Reibe recht erheblicher Unterschiede entgegen. Fürs 
erste die Conformation des 
Kopfes : schon das Mit- 
telhirn erscheint bei je- 
nen sehr gross, vor allem 
aber zeigt das Auge einen 
Umfang, wie er nicht ent- 
fernt demjenigen mensch- 
licher Embryonen ent- 
spricht Bei der 3 mal ver- 
grösserten Figur Krause's 
beträgt der Durchmesser 
des Auges 3, bei der 7 mal 
vergrösserten 7 mm, was 
übereinstimmend einen na- 
türlichen Durchmesser von 
1 mm ergiebt, anstatt der 
Fig. 6. imi ftutej. (B.) -mi v.rgüMMt. 0.3 mm, welche, wie wir 

oben sahen, in der Zeit 
der vorspringende Theil menschlicher Augen misst. In der Hinsicht 
gleichen die Figuren Krause's vielmehr einem Vogelembryo, denn 
einem menschlichen. Allein auch in anderen Eigentümlichkeiten 
nähern sich Krause's Zeichnungen sehr viel mehr den ersteren als 
den letzteren Originalien. Wie wir oben (S. 20) gesehen haben und 
wie dies auch die Darstellungen von Joh. Müller, von Coste und 
von Waldeyer übereinstimmend bestätigen, so sind beim mensch- 
lichen Embryo dieser Entwickeiungsstufe die Schlundbogen kräftig 
angelegt und die vorderen beiden erstrecken sich unter der Zone 
des Auges durch bis unter das Vorderhirn. Krause's Zeichnungen 
zeigen eine Reihenfolge kurzer schmaler Schlundbogen, deren Spitzen 



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Allantoia. 71 

kaum big in die Verlängerung des hinteren Augenrandea reichen. 
An menschlichen Embryonen ist zwischen oberer und unterer Ex- 
tremität der Rücken ziemlich stark gewölbt, bei Krause's Zeichnung 
verläuft dieser nahezu gestreckt. Darf man auf diesen letzten Punkt 
vielleicht kein allzugrosses Gewicht legen, so scheinen wiederum 
andere Unterschiede von erheblicher Bedeutung. Beim menschlichen 
Embryo von 7—8 mm findet sich unterhalb des Herzens eine bereits 
recht ansehnliche Leberanschwellung, von welcher an Krause's 



Fig. 6. Kbadh's Embryo Tmil vBrgruMort. Flg. I. HOhooremirjo 'ml vergtöaatit. 

Zeichnung keine Spur zu sehen ist. Ferner ist beim menschlichen 
Embryo der nach vorn umgeschlagene Theil des hinteren Leibes- 
endes von beträchtlicher Länge, bei Krause's Zeichnung erscheint 
dies Stock nur als kurzer Stummel. Ich habe, um dem Leser den 
Vergleich zu ermöglichen, beistehend in 7 fach vergrösserten Zeich- 
nungen neben einandergesteilt : Fig. 5 den menschlichen Embryo B., 
Fig. 6 das KitAuSE'sche Präparat, Fig. 7 einen mit letzterem gleich 
grossen Hühnerembryo. Dabei ist allerdings hervorzuheben, dass 
beim jungen Hühnchen, so lange man dasselbe nicht künstlich 
streckt, der Kopf stark vornübergebogen zu sein pflegt, ein Ver- 
haltniss, das ich an der Zeichnung um den Betrag des am Hals 
bezeichneten Dreiecks abgeändert habe. 

Dazu kommt nun, dass wir über die Vorgeschichte des Krause'- 

schen Präparates absolut Nichts erfahren. Prof. Krause hat, wie 

' ich aus der Erwiderung einer brieflichen Anfrage weiss, das Prä- 



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72 Embryonen Ä. und B. 

parat von einem befreundeten Arzt erhalten. Vielleicht fehlten die 
Hüllen bereits zur Zeit der Einsendung, in dem Falle muss aber 
der betreffende Arzt, der das Ei eröflhet und den Embryo heraus- 
genommen hat, im Stande gewesen sein, so vielen Aufschluss über 
die Gewinnung des Präparates und über die Embryonalhüllen mitr 
zutheilen, dass dadurch jede Möglichkeit einer Täuschung ausge- 
schlossen blieb. 

Da die drei Zeichnungen Krause's in allen Hauptpunkten unter 
sich übereinstimmen und da an eine dreimalige Wiederkehr der- 
selben gröblichen Verzeichnungen nicht wohl gedacht werden darf, 
so komme ich zum Schluss, dass jene Zeichnungen ihr Original 
getreu wiedergeben. Damit begründete sich aber die weitere Folge- 
rung, dass der angebliche Mensehenembryo Krause's 
ein Vogelembryo gewesen ist. Der Irrthum kann durch irgend 
eine zufallige Verwechselung veranlasst worden sein, er kann aber 
auch auf einer eigentlichen Mystifikation beruhen. Darüber vermag 
natürlicherweise nur Krause seihst Licht zu verbreiten, nachdem er 
zuvor mit seinem Gewährsmann sich wird auseinandergesetzt haben. 



Herz. 

Es. ist schwer, vollständige Reihen von Herzdurchschnitten mit 
unverändertem Situs herzustellen. Man wird nämlich selten ver- 
meiden können , dass nicht lose Stücke aus ihrer Lage rücken oder 
dass an den dünnwandigen Vorhöfen durch die Präparation hier und 
da Formveränderungen hervorgerufen werden. Die Herzdurchschnitte, 
die ich von den Embryonen A. und B. erhalten habe, bilden zwar 
keine absolut lückenlosen Reihen, allein sie sind vollständig genug, 
um für einen jeden der beiden Fälle eine sichere Reconstruction zu 
gestatten. 

Wie schon die äussere Besichtigung ergiebt, so ist zu der Zeit 
das Herz eingekeilt zwischen die Gesichtsfläche des Kopfes und die 
Leber; der seiner Rückfläclie angehörige obere Abschnitt der Vor- 
höfe berührt auch noch die Vorderfläche der Lungen und der Tra- 



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Gefftsssystem. Herz. 73 

ehea. Die Anlegung an das Gesicht geschieht der Art, dass der 
Ventrikeltheil an das Hemisphärenhirn anstösst, wälirend der Bulbus 
hinter dem Unterkieferfortsatze, dem zweiten und dem dritten Schlund- 
bogen steil in die Höhe steigt und in dem Winkel sich inserirt, 
welchen der Kopf mit dem -Rumpfe bildet. Das Herz ist in eine 
besondere Tasche der Leihoswand eingeschlossen, deren vordere, dem 
Gesicht zugewendete Wand die vordere Rumpfwand ist, deren hintere 
zur Zwerchfellanlage gehört {primäres Zwerchfell oder Septum trans- 
versum). 

Im Ganzen erscheint das Herz noch von gedrungener Form, 
es ist kurz und breit, die ursprüngliche Grundform des hufeisen- 
förmig gebogenen Schlauches ist' noch deutlich ausgesprochen und 
deren schematische Reinheit wird nur durch die mächtig hervor- 
tretenden Herzohren einigerniaassen beeinträchtigt. Der hintere ab- 
steigende Schenkel des Hufeisens umfasst den Vorhof mit dem Ohr- 
kanal, der vordere aufsteigende' besteht aus dem Conus arteriosus 
mit dem Aortenbulbus und der quure Schenkel enthält die Anlage 
des linken und rechten Ventrikels. Taf. VDX B. 6—8. 

Die beiden Oeflnungen, welche das Mttelstück des Herzens mit 
Vorhof und Bulbus verbinden, hegen hinter einander, etwas nach 
links von der Mittellinie (DI. 36. V. 78), 
demnach müssen absteigende und aufstei- 
gende Herzschenkel wie bei einer torquirten 
Schleife sich kreuzen. Der hintere Schen- 
kel geht von oben und rechts nach unten 
und links, der vordere von unten und rechts 
nach oben und links. Diesem verschränk- 
ten Verlaufe der beiden Herzschenkel ent- 
sprechen auch die an der Aussenfiäche des 
Querstückes befindlichen Längsfurehen : die- 
selben divergircn nach abwärts, die vordere F| s- 8. aohemstuoiie Anaioht 
kommt nach rechts, die hintere nach links 
zu hegen. Sie sind in ihrem oberen Theile 
naturgemäss am tiefsten und sie verflachen 
sich mit der Annäherung an den unteren 
Herzrand. Hier findet sieh ein breiter flacher Ausschnitt (aus II. 
27 — 28 ersichtlich), der eine schräge Verbindung der beiden Fur- 




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74 Embryonen A. und B. ' 

chen herstellt ') ; diese sind in ihren TJrsprungstheilen Faltungen der 
Gesammtwand des Herzschlauches (V. 80—82. III. 32 und 33). Den 
äusseren Furchen entsprechen innere Leisten, welche im unteren 
Theil des Ventrikelstückes schräg aufeinander treffen. Sie sind die 
Anlage des Septum ventriculorum. Dieses erstreckt sich so- 
mit als windschiefe, mit tiefem Ausschnitte versehene Platte von 
der medialen Seite des hinteren Herzschenkels zur medialen Seite 
des vorderen. Auf Querschnitten sind im untersten Ventrikelgebiete 
beide Kammern getrennt (II. 28 — 30), im allerobersten zeigt sich 
die Trennung von Ostium arteriosum und Ostium venosum (II. 34 
bis 36), und im dazwischenliegenden Gebiete besteht eine gemein- 
same Höhle mit rechts- und mit linksseitigem Recessus (EU. 32 bis 
33). Der rechte Kecessus führt nach, aufwärts zu dem Ostium arte- 
riosum, nach abwärts zum rechten Ventrikelblindsack , der linke 
Recessus communicirt nach oben mit dem Ostium venosum, nach 
abwärts mit dem Unken Ventrikelblindsack. Dächte man sich daher 
den Ausschnitt des Ventrikelseptum kurzweg ausgefüllt, so würde 
der linke Ventrikel mit dem Ostium venosum, der rechte mit dem 
Ostium arteriosum in Verbindung bleiben (ILL 33). Bekanntlich 
macht sich in der Folge die Trennung anders und in Folge eines 
Vorrückens des Septum in die beiden Ostien zerfällt von diesen 
ein jedes in eine recht« und eine linke Hälfte. 

Die Wand des Ventrikels ist dicker, als die Wand der übrigen 
Herzabtheiiungen. Sie besitzt den oft beschriebenen spongiösen 
Character. Zahlreiche Balken erheben sieh nach der Lichtung bin 
und treten unter einander in netzförmige Verbindung. In der Mitte 
bleibt ein Baum von Balken frei, derselbe wird von queren Ver- 
bindungen der letzteren kranzförmig umgeben (HI. 31 — 33) und 
bildet den mit den Seitenbuchten verbundenen Hauptraum des Ven- 
.trikels. Haupt- und Nebenräume sind von einer Endothelialhaut 
ausgekleidet, welche die Muskelbälkchen als lose Röhren umhüllt. 

Der Herzvorhof ist unverhaltnissmässig weit und er erfüllt 
oberhalb des Ventrikels den gesammten, innerhalb der Rumpfhöhle 
freigelassenen Raum. Wir unterscheiden an ihm den Sinus als 



1( Die Abhängigkeit dieser verschiedenen Formeigenthümlichkeiten von 
einander lässt sich experimentell leicbt nachweisen. 



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Gef&sssystem. Herz. 75 

Mittelstück und die beiden Herzohren. Der Sinus hängt nach ab- 
wärts mit dem Ohrkanal zusammen, der als cylindrischer Schlauch 
scharf sich umgränzt. Die Rückwand ist durch ein kurzes Mesocar- 
dium mit dem Diaphragma verbunden (IL 37 — 39. V. 76—73) und 
nimmt hier die untere Hohlvene und die zwei Ductus Cuvieri 
auf. Während der Sinus in sagittaler Richtung etwas abgeplattet 
ist, treten die beiden Herzohren als mächtige Ausbauchungen nach 
vorn vor und unter Umgreifung des Aortenbulbus erreichen sie die 
vordere Rumpfwand. Nach oben erheben sie sich mit getrennten 
Spitzen bis zur Kehlkopfanlage und nach abwärts legen sie sich mit 
zugeschärftem Rande um den Ohrkanal herum. Der Bedingung 
ihrer ersten Entstehung nach sind diese Gebilde Knickungsohren 
gewesen, die an dem Herzschlauche da aufgetreten waren, wo der- 
selbe die Längsrichtung verliess und nach ' abwärts sieh umbog. ') 
Weiterhin aber sind bei Dehnung der Seitenabschnitte des Vorhofes 
die Gränzen der Elastieität überschritten worden, dieselben haben 
ihren Character als elastische Schläuche grossentheils eingebüsst 
und verhalten sich nun wie dünnwandige, ausdehnbare Säcke, welche 
unter dem Druck ihres flüssigen Inhaltes allenthalben den umgeben- 
den Wandungen sich anschliessen. So ist die Umgreifung des Aor- 
tenbulbus und des Ohrkanales zu verstehen, sowie die innige An- 
legung der Herzohren an die dahinter und darüber hegenden Theile; 
von diesem Gesichtspunkte aus erklären sich auch die verschiedenen 
Randzuschärfuugen und die, infolge ungleichen Widerstandes der 
Wand eintretenden Kerbungen der Oberfläche; ferner steht mit 
diesem Verhältnisse in inniger Beziehung die im Vorhofe dichte 
Anlegung des Endocardialschlaucb.es an die Muskelwand, die um 
so bemerkenswerther ist, als ja im Ohrkanal der innere Schlauch 
vom äusseren weit absteht. 

Die Theilung der Vorhöfe hat in der oberen Hälfte ihren 
Anfang genommen. Eine als halbmondförmige Falte angelegte 
Scheidewand zieht sich dicht an der Mittellinie und parallel mit 
dieser von . hinten nach vorn ; ihr hinterer Schenkel erstreckt sich 
bis zum Ohrkanal, an dessen mediale Wand er sich anschliesst; der 
vordere Schenkel geht in die stumpfe Einbiegung über, welche die 



1) Monogr. des Hühnchens S. 140. 



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76 Embryonen A. and B. 

vordere Vorhofswand hinter dem Aortenbulbus zeigt (V. 70 — 76. IL 
41— 37). 

Von einmündenden Gelassen sind zur Zeit die beiden Cuvter- 
schen Gänge und die untere Hohlvene vorhanden, welche sämmfc- 
lich an die rechte Vorhof halfte treten (Taf. II. 38 — 40 und Taf. 
VIII. B. 7 und 8). Die Einmündungsstellen folgen sich in einer 
schTäg von oben und rechts nach unten und medialwärts ziehenden 
Linie, zu oberst der rechte, zu unterst der linke Ductus Cuvieri 
und dazwischen die Hohlvene. Die CuviER'schen Gänge liegen, 
bevor sie das Herz erreichen, der Innenfläche der Rumpfwand an, 
durch eine Art von Gekröse mit diesem verbunden (LT. 43 — 41. V. 
67 — 70). Sie treten sodann hinter den Herzvorhof und vor das 
Zwerchfell; ihr Gekröse haftet an dem letzteren (V. 71. LT. 46—39). 
Der rechte Stamm, oder die obere Hohlvene, ist bedeutend mäch- 
tiger, als der linke; nachdem er sich der Rückwand des Vorhofes 
angelagert hat, verwächst er schon ziemlich hoch oben mit diesem 
und mündet sodann mit spaltförmiger Oeffnung in ihn ein, ohne 
dabei sofort seine Selbstständigkeit als Rohr aufzugeben (H. 42 — 40, 
V. 70 — 71). Auf Querschnitten nimmt sich daher der untere Theü des 
Hoklvenenstammes wie ein abgeschnürter Anhang des Vorhofes aus 
und seine Mündung erscheint von zwei scharfrandigen Falten ein- 



Der linke Ductus Cuvieri tritt zwar auch schon hoch oben hinter 
das Herz, dann aber verläuft er auf längere Strecken dessen Wand 
entlang, anfangs senkrecht, dann schräg herabsteigend (II. 42 — 38. 
V. 68—74. VIH. B. 8). Die Verbindung mit der Herzwand und die 
Einmündung erfolgt dicht über dem Ohrkanal und neben dem hin- 
teren Sehenkel des Septum atriorum (LT. 37. V. 76 und 77). 

Die untere Hohlvene tritt aus dem obersten Ende der Leber 
in der Richtung von hinten nach vorn durch das Zwerchfell hin- 
durch in' den Vorhof ein, auch ihre Einmündung ist von zwei scharf- 
randigen Falten eingefasst, deren mediale unter dem hinteren Schen- 
kel des Septum atriorum liegt, deren laterale die Valvula Eustachi 
ist. Letztere geht nach oben unmittelbar in die Falte über, welche 



1) F. Schmidt, Nordiskt Mediciniskt Arkiv Bd. II. No. 23. Deutsch 
referirt von Panom in Virchow- Hirsch 's Jahresbericht f. 1870 S. 65. " 



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Gefässsystem. Herz. 77 

die Mündung der Cava superior begränzt und bildet die Valvula 
decrescens von P. Schmidt. 

Der Ohrkanal ist ein kurzes cylindrisches Rohr, das steil aus 
dem Vorhofe in den Ventrikel hinabsteigt (V. 76—79. II. 36—34). 
Der Endothelialschlauch steht in ihm vom Muskelschlauch weit ab 
und bildet eine schmale quergestellte Spalte mit zwei seitlichen 
Ausweitungen. Der Kaum zwischen dem Endothelial- und dem Mus- 
kelrohr ist von einer lockeren Bindesubstanz ausgefüllt. Zwischen 
Vorhof und Ventrikel findet sich demnach eine enge, dem Ohrkanal 
angehörige Verbindungsspalte, welche von zwei wulstigen Lippen 
einer vorderen und einer hinteren begränzt ist (den Endothelialkissen 
von F. Schmidt). Dieser Apparat stellt, wie dies von F. Schmidt 
in vortrefflicher Weise geschildert worden ist, die Anlage der noch 
ungeschiedenen Atrioventrikularklappen dar. 

Der arterielle Herzsclienkel biegt sich, wie wir oben 
sahen, scharf von links nach der Mitte zu und zugleich etwas von 
hinten nach vom (II. 35. V.79 — 82), er geht sodann unter schwacher 
Schlängelung steil in die Höhe bis in den Winkel zwischen Gesieht 
und Rumpf, d. h. bis unter die Kehlkopfanlage; hier verschmilzt die 
Auasenwand mit der Wand des Gesichts und des Vorderdarmes und 
das innere Rohr theilt sich in seine verschiedenen Endzweige (IL 
42—43. V. 67—69). 

Der querverlaufende Anfangstheil des arteriellen Herzschenkels 
hat noch den Character der Ventrikel wand , dann aber verdünnt sich 
die Muskelwand und das Rohr flacht sich etwas ab. Es geschieht 
dies da, wo derselbe aufzusteigen und in den Truneus arteriosus 
überzugehen beginnt (am Fretum Hallen); zugleich hebt sich der 
Endothelialschlauch von der Muskelwand ab und umschliesst nun- 
mehr nur noch eine schmale quergestellte Spalte. Der Zwischen- 
raum zwischen innerem und äusserem Schlauch wird hier, wie im 
OhrkanaL von einer lockeren Bindesubstanz ausgefüllt. Die Wülste 
aber, welche die Lichtung umfassen, sind von weit grösserer Länge, 
als in jenem, denn sie erstrecken sieb durch die ganze Höhe des 
Bulbus bis zur Theilung des Rohres. Die Lichtung lässt den spä- 
ter vorhandenen zweigeteilten Character noch nicht erkennen, und' 
auch von einer spiraligen Drehung derselben nehme ich Nichts 
wahr. 



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Embryonen A. und B. 



A rteriensystem . 

Der Aortenbulbus liegt hinter den Schlundbogen in der Weise, 
daas er zuerst den Unterkieferfortsatz, dann den zweiten und 
zuletzt den dritten und vierten Bogen erreicht. Denkt man sich 
daher den Kopf aufgerichtet (eine Stellung, die ich bei der nach- 
folgenden Beschreibung als normale ansehen werde), so verläuft 
jener vom Gesicht aus in absteigender Richtung (VH. B. 3). Die 
Vorderwand der das Herz umschliessenden Parietalhöhle ist in der 
Höhe des Unterkiefers frei, vom Unterkiefer wie vom Bulbus durch 
eine Spalte geschieden (II. 34—37). Mit dem zweiten Bogen aber 
ist sie durch eine mediane Brücke verbunden, die von oben nach 
abwärts an Breite zunimmt (H. 38 — 40). Noch im Gebiete des 
zweiten Bogens legt sich der Aortenbulbus an die Wand an (TL 48). 
Das blutführende Innenrohr des letzteren zertheilt sich in der Höhe 
des dritten Bogenpaares in seine Endäste (II. 42) und seine Wand 
verschmilzt mit derjenigen des Halses und des Kehlkopfes. 

Das eben geschilderte Verhalten giebt wichtige Anhaltspunkte 
für das Verständniss der Halsbildung und der Dislokation des Her- 
zens. Dureh die starke Vornüberbiegung des Kopfes ist das ur- 
sprünglich dem Kopfe angehörige Herz mehr und mehr zurückge- 
schoben und als spitzwinklige Schleife gegen den Rumpf angedrängt 
worden. Sein Aortentheil hat dabei eine Richtungsänderung von 
nahezu 180° erfahren. Währenddem nun das Herz in dieser secun- 
där erlangten Stellung sich befindet, schliesst sich die Wand zwischen 
Schlundbogen und Bulbus, dieser wird von seinem 'ursprünglichen 
Entstehungsgebiete bleibend geschieden und nebst dem übrigen Her- 
zen dem Complex der Rumpfeingeweide angefügt. 

Während das Endstück des Aortenbulbus der späteren Hals- 
wand sich anlegt und mit dieser verschmilzt, geht aus seinem 
Innenrohr durch rasche Theilung eine Anzahl von Stämmen hervor, 
von denen einige als Aortenbogen den Vorderdarm umfassen und 
an dessen Rückenfläche in ein System von Längsgefässen einmünden 
(Taf. VH. A. 1, B. 1 und B. 3). Die Aortenbogen sowohl, als alle 
übrigen Arterien sind einfache endotheliale Röhren, um welche sich 



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GefasBsystem. Arteriensystem. 79 

ans dem umgebenden Gewebe noch keine anderweitigen Wandschichten 
abgesondert haben. Dasselbe gilt auch von der Mehrzahl der Venen 
und der histologische Character aller dieser Gefasse ist noch der- 
jenige von Capillaren. 

Es sind jederseits drei vollständige Aortenbogen vorhanden, 
den Ordnungszahlen nach die dritten, vierten und fünften, 
hiervon treten. die ersteren beiden in den betreffenden Schlundbogen 
ein und gelangen neben der Kehlkopfanlage vorbei zur Aorta descen- 
dens. Von dem Anfangsstücke des vierten Bogens geht ein Aest- 
chen in die Rumpfwand (II. 41. V. 69). Der Gedanke, dass es der 
Anfang einer Arteria subclavia sein möchte, lässt sich deshalb nicht 
festhalten, weil dies Gefäss nach Rathke's Beobachtungen aus dem 
Endstücke des vierten Aortenbogens entsteht. 

Nach Abzweigung des dritten und vierten Bogens geht eine 
unpaare Fortsetzung des Aortenstammes rückwärts (II. 42. V. 69). 
Sie ist die gemeinsame Wurzel der beiden fünften Bogen, letz- 
tere wenden sich, nachdem sie sieb von einander getrennt haben 
(II. 43. V. 68) , gegen die Trachea und den Oesophagus hin und 
treten an diesen Theilen vorbei zur absteigenden Aorta. Ihre Lage 
ist demnach eine viel tiefere, als die der übrigen Aortenbogen; 
auch hat mir ihre Verfolgung in beiden Fällen Mühe gemacht, weil 
die Verbindungsstücke ziemlieb eng und von den Schnitten schräg 
getroffen sind. Die Einmündung der beiden Bogen geschieht noch 
in den getrennten Theil der absteigenden Aorten (II. 46. V. 66). 
Indem jene Gefasse an der Trachea vorbeigehen, entsendet jedes 
von ihnen einen Zweig, welcher herabtritt und als A. pulmonalis 
zur Lungenanlage geht (Taf. VII. A. 1, B. 1 und V. 68—69). 

Von dem Aortenstamm gehen Aeste auch in den zweiten und 
in den ersten Schlundbogen. Diese, als die durchgängig gebliebenen 
Anfangsstücke des zweiten und des ersten Aorten- 
bogens verlaufen erst auf kurze Strecken mit gemeinsamem An- 
fangsstück in der vor dem zweiten Schlundbogen befindlichen Sub- 
stanzbrücke, dann biegt das eine Gefäss in die Tiefe des letzteren 
ein; seine Fortsetzung geht am Boden der Mundhöhle nach auf- 
wärts (II. 40 — 35) und zerfällt schliesslich in mehrere Endzweige. 
Der für den Unterkiefer bestimmte Aortenast steigt in der Verlän- 
gerung des gemeinsamen Anfangsstückes nach aufwärts, er verbleibt 



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80 Embryonen A. und B. 

im Unterkiefer nahe an der Oberfläche und spaltet sich unterhalb 
der Mundöffnung gleichfalls in mehrere divergirende Zweige. 

Von den oben beschriebenen Gefässen entspricht das in den 
zweiten Schlundbogen eintretende nach seiner tiefen Lagerung dem 
System der späteren A. lingualis, das in den Unterkiefer eintre- 
tende dem System der A. maxillaris externa; das gemeinsame 
Anfangsstück ist als A. carotis externa zu bezeichnen. Eine 
Deutung der kleinen Endzweige zu geben, halte ich noch nicht für 
angemessen, dagegen ist darauf aufmerksam zu machen, dass das 
Anfangsstück der Carotis externa neben der Schilddrüsenanlage liegt 
(II, 41) und dass damit schon die Abgangsstelle der späteren A. 
thyreoidea superior bestimmt ist 

Als Carotis interna ist jederseits der Stamm zu bezeichnen, 
welcher vom dritten Aortenbogen ab hinter dem Pharynx in die 
Höhe steigt und dessen oberes Ende bis hinter die Augenblasen zu 
verfolgen ist (VTI A. 1. IV. 30—11). Es sind die inneren Caro- 
tiden, wie leicht ersichtlich ist, unter Umkehr der Stromrichtung 
aus den Aortae descendentes der Bogengebiete eins bis drei hervor- 
gegangenen; ihr Anfangsstück ist der im dritten Schlundbogen ver- 
laufende Aortenzweig. Eine Carotis communis besteht kaum 
in ihren ersten Anfängen. 

Die weiteren Fortsetzungen der beiden absteigenden Aorten ver- 
laufen getrennt nach abwärts bis ungefähr in die Hohe der Lungen- 
anlagen (H. 42. V. 71), dann vereinigen sie sich zu einem gemein- 
samen Stamm von querelliptischem und weiterhin von cylindrischem 
Querschnitt. Ich habe weder bei A. noch bei ß. einen Weitenunter- 
schied zwischen der rechten und der linken Aorta deseendens wahr- 
genommen, und es erscheint dies um so bemerkenswerther, als in 
einem weit früheren Stadium (bei dem nachher zu beschreibenden 
Embryo M) die linke Aorta sehr viel weiter gewesen ist, als die 
rechte, 

Die unpaare Aorta deseendens folgt der Mittellinie des 
Körpers und verläuft in geringem Abstände vor der Chorda dorsalis 
mit sanft geschwungenem Bogen nach abwärts, weiterhin tritt sie 
in den nach vorn umgeschlagenen Beckentheil des Rumpfes. Hier 
erfolgt, nahe vor Beginn der Cloake die Theilung in die beiden 
Arteriae umbilicales. Letztere verlassen den Raum zwischen 



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Gefässsystem. Arterien. 81 

Chorda und Darmrohr, sie steigen unter anfänglicher Ventralbie- 
gung neben dem WOLFF'schen Gang und dem Darmrohr vorbei in 
die Höhe (HL 10 — 13), erreichen jederseits vom Allantoisstiel die 
vordere Bauchwand und gehen aus dieser in den Bauchstiel über. 
Mit letzterem wenden sie sich unter starker Biegung nach links 
herüber zur Insertion in das Chorion (HL 19 — 17). 

Aus der absteigenden Aorta entspringen ausser einer Reihe von 
kleineren, für die WOLFF'schen Körper bestimmten Zweigen auch 
einige in das Magen- und Darmgekröse eintretende Gefässe, die 
als A. coeliaca und als A. mesenterica superior zu deuten 
sind (DJ. 28 und 26—24. V. 79 und 86 — 87); die Mesent sup. 
theilt sich gabiig und verlässt den Körper mit dem Darmstiele (DI. 
23 — 22). 

Unmittelbar vor der vorderen Gehirnkante verlaufen bei Em- 
bryo A. (IV. 41 — -21) zwei Längsgefässe, welche stellenweise bis zur 
Berührung aneinander rücken und von welchen auch bogenförmig 
das Gehirn umfassende Seitenäste abgehen. Dieselben sind bis in 
die Höhe der Brückenkrümmung verfolgbar, allwo sie den inneren 
Carotiden sehr nahe gerückt sind. Ich habe den Ursprung dieser 
Gefässe nicht constatiren können. Ihrer Lage nach könnten sie die 
Aa. vertebrales sein. Ausserdem wäre nur daran zu denken, dass 
sie ein System von Längsvenen darstellen, welches in der Weise 
später nicht mehr vorhanden ist 1 ) 

Meine Ergebnisse in Betreff des Aortenbogensystems der Em- 
bryonen A. und B. schliessen sich völlig den Angaben an, welche 
schon vor 37 Jahren Rathke über dasjenige junger Säugethier- 
embryonen veröffentlicht hat 1 ); und nur in einem Punkte bin ich 
um ein kleines über Rathke hinausgelangt, in der Auffindung des 
tiefen, aus dem zweiten Aortenbogen hervorgehenden Astes der Ca- 
rotis externa. Der jüngste von Rathke abgebildete Embryo (Schaf) 
war in der Entwickelung etwas weiter fortgeschritten als die Em- 
bryonen A. und B., bei ihm ist der zweite Schlundbogen bereits frei 



1) Die betreffenden Gefässe sind auf der Tafel IV. ihres zweifelhaften 
Charakters wegen uncolorirt gelassen. 

2) Rathke, Ueber die Entwickelung der Arterien, welche bei den Säuge- 
tbieren von dem Bogen der Aorta ausgehen. Mülleb's Archiv 1843. S. 276. 

Urs, Meiucbl. Emfcrjimeii. ( 



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82 Embryonen A. und B. 

gewesen, das hintere Verbindungsstück aber des dritten und vierten 
Bogens obliterixt. 

In seiner Entwickelungsgeschichte theilt Kölliker vier sehr 
anschauliche Schemata zur Darstellung der Arterienentwickelung 
mit 1 ) Die letzte der vier Figuren ist die C'opie einer von Käthke 
mitgetheilten schematischen Abbildung 1 } und indem sie die Ver- 
hältnisse im fertigen Zustande, mit Rücksicht auf die genetische 
Ableitung darstellt, giebt sie ihren Gegenstand völlig eorrect wieder. 
Dagegen gewähren die Anfangsfiguren jener Reihe keine genaue 
Vorstellung von den thatsäcli liehen Verhältnissen. Dieselben setzen 
ein für allemal den gemeinsamen Aortenstamm unter die sämmt- 
liehen Bogen und sie lassen denselben in zwei Schenkel zerfallen, 
ans denen 5 parallele Bogen je in gleichen Abständen entspringen. 
Nun sind aber Richtung und Insertionsstelle des Aortentruncus wech- 
selnd. Wenn nur ein oder zwei Bogen da sind, liegt jener unter 
dem Unterkieferfortsatze (Taf. VI. Fig. I. C); haben sich mehrere 
Bogen ausgebildet, so tritt er von vorn her an die Bogenwurzeln 
heran und diese treten divergirend auseinander (Taf. VTL Mj). Auf 
der Entwickelungsstufe der Embryonen A. und B. inserirt sich der 
Aortentruncus vor dem dritten Bogen, und wie die Figuren Ai, Bi 
und B:> der Taf. VII. zeigen, ist die Divergenz seiner Zweige eine 
sehr bedeutende. Erst mit zunehmender Streckung des Halses und 
gleichzeitige Rückwärtsschiebung des Herzens gestaltet sich das Ver- 
hältmiss so, dass der Anfangsstamm tiefer als alle aus ihnen ent- 
springenden Zweige zu liegen kommt. 

In der mehrmaligen Richtungsänderung, welche der Aorten- 
truncus erfährt, liegt unzweifelhaft ein Hauptmotiv für die verschie- 
denen Umwandlungen der Aortenbogen. Anfangs liegt derselbe so, 
dass er den Strom direct nach dem ersten und zweiten Bogen hin- 
führt. Durch die Vorwärtsneigung des Kopfes kehrt sich die gegen- 
seitige Stellung der Theile, wie schon oben gezeigt wurde, völlig 
um, der erste und zweite Bogen werden zu rückläufigen Zweigen 
des Hauptstammes und bleiben in ihrer Entwickelung zurück, wäh- 
rend nunmehr der dritte und weiterhin der vierte Bogen den directen 

1) Köllikeb, Entwi ekel uugsge seh. 2. Aufl. S. 916. Fig. 560. 

2) Rathke, Ueber die Aortenwurzeln der Saurier. Denkscbr. d. Wiener 
Akad. Bd. XIII. 1857. Taf. VI. Fig. 10. 



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GeffisBsystem. Venen. 83 

Anprall des Blutstromes erhalten, und dem entsprechend sich er- 
weitern. Für den fünften Bogen sind die Verhältnisse vorerst un- 
günstiger, insofern als er unter einem beinahe rechten Winkel vom 
Hauptstamm abgeht, allein auch für ihn treten in späteren Ent- 
wickelungsperioden günstigere Zuflussbedingungen ein. 

Venensystem. 

Schon bei Beschreibung des Herzens wurde der drei in den 
rechten Vorhof einmündenden Gefässe gedacht , der beiden Cuvier'- 
sche-n Gänge und der unteren Hohlvene. Erstere sammeln 
das Blut der Jugular- und der Cardinal venen, die untere bringt das- 
jenige der Lebervenen, der beiden Nabelvenen und mittelbar das- 
jenige der Vena omphalomesenterica oder Vena portae {Taf. VIT. A. 1). 

Die Cardinalvenen laufen in bekannter Weise parallel der 
Aorta, seitlich von dieser und hinter den Urnieren in der Höhe, 
wobei ihr Caliber von unten nach oben allmählich zunimmt. "Heber 
dem oberen Ende der Urniere angelangt, trifft jede derselben auf 
die vom Hals herabsteigende Jugularvene, welche das Blut der 
Cerebralvenen und ausserdem einiger Intersegmentalvenen dem Herz 
zuleitet. Die Cardinalvene liegt an der Stelle des Zusammentreffens 
mehr medial-, die Jugularvene mehr lateralwarts (II. 43 u. 44, V. 66 
u. 67), beide Gefässe vereinigen sich zum Ductus Cuvieri oder zur 
oberen Hohlvene. Rechts ist'dieser Stamm erheblich stärker 
als links, derselbe tritt der Innenfläche der Brustwand entlang zum 
Herzen herab, dabei ist er mit einer dicken selbstständigen Wand 
umgeben und springt beiderseits gegen die Leibeshöhle vor. Mit 
der Rumpfwand ist er durch eine Art von Gekröse verbunden (II. 
43 — 39. V. 65 — 72), an welchem überdies eine nach hinten gekehrte 
kleinere und gefässlose Längsleiste festhaftet. 

Die Jugularvene entspringt aus einer Anzahl neben dem 
Vorder- und dem Mittelhirn liegenden Wurzeln (IV. 6 — 12). Ihr 
Stamm liegt zuerst medialwärts vom Trigeminusganglion (IV. 13 — 22), 
dann wendet er sich unterhalb des letzteren lateralwarts, und tritt 
an die Aussenseite des Acusticusganglion und der Gehörblase (TV. 
23 — 30). In der Höhe des Glossopharyngeusganglion ändert er seine 
Richtung, gelangt weiter nach vom und neuerdings mehr medial- 



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84 Embryonen A. und B. 

wärt«. Der Halstheil der Jugularis tritt in einem seitlich und vor 
der Aorta descendens gelegenen Bogen bis zu der Stelle hin, wo er 
der Cardinalrene begegnet. 

Die Nabelvenen treten als zwei Stämme von sehr ungleicher 
Mächtigkeit aus dem Bauchstiel in die Bauchwand ein (IH. 17 — 18) 
und verlaufen, indem sie, ähnlich den CuviER'schen Gängen, wenn 
auch in schwächerem Maasse gegen die Rumpfhöhle vorspringen, 
jederseits gestreckt in die Höhe (DX 19 — 26). Oberhalb der Aus- 
trittsstelle des Darmstieles aus dem Körper nähert sich anfangs 
die stärkere linke, bald darauf auch die schwächere rechte Nabel- 
vene der Mittellinie, und es tritt nun zunächst jene unter der Leber 
hindurch nach deren Rückfläche hin (III. 27 — 28). Etwas höher 
oben erreicht auch der rechtseitige, bei B. doppelt vorhandene Stamm 
die Leber, er durchsetzt dieselbe (DJ. 29—31), gelangt dann gleich- 
falls zur Rückfläche und verbindet sich nunmehr mit der linken 
umbilicalis. Zuvor nimmt eT die um das Duodenum getretene Vena 
portae auf (DX 31—32). 

Der Hauptstamm der V. umbilicalis steigt nunmehr, dicht vor 
dem Magen in die Höhe (DX 33. IL 34 — 36) , überschreitet weiter- 
hin die Mittellinie, indem er sieh nach rechts wendet (H. 37 — 38) 
und geht schliesslich über der Leber weg nach vorn ; sein Endstück 
tritt unter Durchbohrung des primären Zwerchfells als Vena cava 
inferior in den Herzvorhof ein (H. 39). 

Ausser den zwei Nabelvenen zeigt die Leber in ihren verschie- 
denen Durchschnitten zahlreiche anderweitige Gefässlumina, deren 
Zahl und Weite in verschiedener Höhe variirt. Es sind dies die 
eigentlichen Lebergefässe, theils zuführende, theils ausfahrende oder 
Lebervenen. 

Mit dem Darmstiel tritt ein Gefäss in den Körper ein, das 
nach seiner Herkunft als Vena ompbalomesenteria, nach sei- 
nem späteren Schicksale als Vena mesent. sup. und V. porta- 
rum zu bezeichnen ist. Laut den Durchschnitten zeigt diesGefäss 
einen höchst characteristisehen Verlauf. Es erscheint zuerst (DX 24) 
auf der rechten Seite des Darmganges und in einer gewissen Un- 
' abhängigkeit von diesem, dann kreuzen sich beide. Die Vene liegt 
der Mittellinie näher und tritt von der linken Seite her in die 
eigentliche Darmwand ein (DX 25, 26, 27); in einem gestreckten 



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GeftUBBystem. Venen. 86 

Bogen umkreist sie nunmehr das epitheliale Darmrohr (DL 28, 29, 
30 und V.-87 — 85), erreicht, hinter diesem durchtretend, die rechte 
Leberhälfte, in welche sie eintritt, um hier mit der rechten Nabel- 
vene sich zu verbinden (JB.. 31 und 32. V. 84). Das Darmstück 
aber, hinter welchem die Vene in der angegebenen Weise sich 
durchzieht, ist das Duodenum und zwar dessen am meisten zurück- 
gebogenes Stück, aus dem in der Folge auch das Pankreas sich 
entwickelt. Es sind somit schon jetzt jene topographischen Bezie- 
hungen zu Duodenum und Pankreasanlage innegehalten, welche für 
die Vena mesenterica sup. als die bleibenden sich erweisen, die 
Stellung vor dem unteren und hinter dem oberen Theile des Duo- 
denums und Pankreas. 

An die obige empirische Beschreibung der vorhandenen grös- 
seren Venenstämme sind noch einige allgemeiner morphologische Be- 
merkungen anzuknüpfen. Bekanntlieh entwickeln sich die grossen 
Arterienstämme zunächst im vegetativen Theile der Körperanlage, 
die ersten Venenstämme in der animalen Leibeswand. Für die Ar- 
terien kommt es zur -Bildung eines einzigen Systems von Längs- 
gefässen, der absteigenden Aorten, wogegen die Rumpfyenen schon 
in früher Zeit jederseits in zwei Längsreihen auftreten, zu denen 
wir als dritte, bereits ausserhalb des Körpers liegende Parallelreihe 
die auf- und absteigenden Stämme des Dotterkreislaufes hinzuzählen 
können. Das innere, dem Stamm angehörige System von Längs- 
venen bilden die Cardinalvenen und die Jugularvenen. Die Stämme 
dieses Veneneystemes sind gleich den primitiven Aorten, aber ober- 
flächlicher als diese hegend, zuerst zwischen Stamm- und Parietal- 
zone, d. h. zwischen den Urwirbeln und den Seitenplatten aufge- 
treten, dann aber sind sie nach Einwärtsrückung der Aorten zugleich 
mit dem Urnierengang in die Tiefe getreten. 

Das zweite System der Längsvenen liegt in der seitlichen 
Rumpfwand und kann im Gegensatz zum vorigen als parietales 
bezeichnet werden. Die Stämme dieses parietalen Systems sind in 
der unteren Körperhälfte die beiden Umbilicalvenen , in der oberen 
die CuviBR'schen Gänge. Umbilicalvenen und CuviEH'sche Gänge 
zeigen in Hinsicht ihrer Lagerung und ihrer Beziehung zur Rumpf- 
wand sehr übereinstimmende Verhältnisse. Auch darin besteht TJeber- 
einstimmung, dass beim oberen und heim unteren Parietalvenen- 



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$6 Embryonen A. und B. 

system die Stamme im Anfange der Wand enger verbunden sind, 
dann mit der Annäherang an das Herz von dieser sich entfernen 
und unter Mitnahme des Gekröses der Mittellinie zustreben. Die 
unteren Parietalvenen kommen vor Erreichung des Herzens zur Ver- 
einigung und vor ihnen bildet sich die Anlage der Leber; die 
oberen treten getrennt in das Herz ein. Die Stämme des Parietal- 
venensystems sind die einzigen welche überhaupt znm Herzen ge- 
langen. Die Stanunvenen müssen durch einen queren Verbindungs- 
ast erst in das Parietalsystem übergeleitet werden und ebenso mündet 
die dem dritten Parallelsystem entstammende Vena omphalomesen- 
terica in das Parietalsystem ein. 

Von einem Lymphsystem habe ich weder bei A. noch bei 
B. Andeutungen wahrgenommen. 



Regionen des Körpers und Situs Ylscernm. 

Es ist bereits bei Beschreibung der äusseren Form die Regionen- 
eintheilung des embryonalen Körpers zur Sprache gekommen. So- 
bald die Urwirbelgliederung nachweisbar ist, hat jene Eintheilung 
für den hinteren oder Stammtheil des Körpers keine Schwierigkeiten, 
sie verlangt ein einfaches Abzählen der Segmente. Um so schwie- 
riger gestaltet sich dagegen die Aufgabe im seitlichen und im vor- 
deren Körperbereich zu sagen, was z. B. dem Halse, was der Brust 
zuzutheilen sei; die Gränze sind hier noch unvollkommen gezogen 
und jedenfalls lässt sich nur unter sorgfältiger Abwägung der inneren 
Organstellungen der Versuch machen, zu scheiden was dem späteren 
Hals, was der Brust, oder was dem Bauch und was dem Becken zu- 
gehört. 

Kopf, Hals und Rumpf. 

Die Gränze des embryonalen Kopfes fallt bei den Embryonen 
A. und B. etwas vor den Nackenhöcker und sie schneidet in gerader 
Linie hinter dem vierten Schlundbogen durch, sie trifft somit auf 
den einspringenden Winkel zwischen dem vornübergeneigten und dem 
aufrechten Theile des Körpers. Das Herz, welches bei jüngeren 
Embryonen ein Theil des Kopfes gewesen war, ist dies zur Zeit nicht 



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Regionen des Körpers und Situs Viacerum. 87 

mehr, es ist bereits völlig dem Rumpfe zugetheilt. Beim Erwach- 
senen lässt sich bekanntlich der Kopf nicht mehr durch eine ebene, 
sondern nur dureh eine im Winkel gebrochene Fläche abgränzen. 
Versucht man etwa an einem der BRAUNE'schen Durchschnittsbilder 
eine Gränze zu ziehen, so wird man in der Verlängerung des un- 
teren Kinnrandes nach rückwärts bis zur Wirbelsäule durchschneiden 
und von hier aus nach aufwärts bis zur Schädelbasis. Also durch- 
geführt entspricht die Kopfgränze beinahe genau derjenigen des em- 
bryonalen Kopfes. Es wird dem Kopf das gesammte Unterzungen- 
gebiet mit Einschluss des Zungenheines und des Kehldeckels zuge- 
theilt, sowie der Pharynx mit einziger Ausnahme seines untersten 
retrolaryngealen Endstückes. Es wurde oben wahrscheinlich gemacht, 
dass der Schildknorpel des Kehlkopfes dem vierten Schlundbogen 
entstammt, und so ist im Grunde nur dieser Theil mit seiner näch- 
sten Umgebung aus dem früheren Kopfgebiet herausgerückt. Die 
gegenseitige Lagerung der im Gränzgebiet liegenden Theile verschiebt 
sich für einige in sehr geringem, für andere dagegen in recht be- 
deutendem Maasse. So liegt der beim Erwachsenen in die Höhe 
des oberen Schildknorpelrandes fallende Theilungswinkel von Carotis 
interna und externa schon jetzt an der entsprechenden Stelle über 
den vierten Schlundbogen, wogegen eine Carotis communis noch so 
gut wie gar nicht vorhanden ist. Die Schilddrüse liegt noch ober- 
halb des Kehlkopfes im Bereiche der Zungenwurzel: der Pharynx, 
dessen allgemeine Grundform' der späteren entspricht, zieht sich vor 
dem Gebiete der Brücke und MeduUa oblongata herab, das er später 
nur noch mit seinem obersten Ende erreicht. 

An den embryonalen Kopf schliesst sich, vorn sofort der embryo- 
nale Rumpf an, von einem Hals im eigentlichen Sinne des Wortes 
kann erst gesprochen werden, nachdem der Kopf sich wieder auf- 
gerichtet hat. Bei dieser Wiederaufrichtung erfährt die Vorderwand 
des Rumpfes eine entsprechende Dehnung, die umschlossenen Gebilde 
aber werden zum Theil auch ihrerseits gedehnt, zum Theil gegen 
einander verschoben. Gedehnt wird z. B. die Carotis communis, ver- 
schoben vor Allem das Herz und die Aortenbogen. Mit ziemlicher 
Annäherung lässt sich bei den Embryonen A. und B. das, was dem 
späteren Halsgebiete zugehört umgränzen, und man hat dabei von 
der Thatsache auszugehen, dass der Hals keine Binnenhöhlen um- 



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88 Embryonen A. und B. 

sthliesst Zieht man nämlich (Taf. VII. Fig. A. 1) eine Linie vom 
unteren Bande des achten Halssegmentes zur Spitze des vierten bez. 
des dritten Schlundbogens, so umschliesst diese im Verein mit der 
früher gezogenen unteren Kopfgränze ein keilförmiges Feld, in wel- 
ches die Rumpfhöhle nicht heraufreicht und in dem die Kehlkopf- 
anlage nebst dem oberen Theile der Trachea und des Oesophagus, 
sowie die Vena jugularis liegen. Noch reichen der vierte und fünfte 
Aortenbogen in dasselbe hinauf, die später ihren Bückzug nach der 
Brust anzutreten haben, wogegen Lungenanlagen und Herz bereits 
in der letzteren liegen. Eine vordere Halswand giebt es noch nicht, 
da die beiden Gränzflächen des Halskeiles auf der ßränze vom Kopf- 
und vom Brustrand sich begegnen. 

Nach Abzug des oben umgränzten Halskeiles bleibt der Rumpf 
im engeren Sinne des Wortes übrig, welcher seiner Länge nach von 
einem Höhlensystem durchzogen ist. Als Rumpfhöhle in engerem 
Sinne des Wortes (Fleuroperitonealhöhle der Autoren) kann der Baum 
bezeichnet werden, in dessen Bückwand die Urnieren liegen und der 
die Anlage der Lungen, der unteren Oesophagusbälfte, des Magens, 
des Darmes und der Leber enthält ; den Raum in welchem das Herz 
liegt' bezeichne ich als Parietalhöhle. 

Die Parietalhöhle ist am besten als eine in der vorderen 
Brustwand gelegene Tasche zu definiren. Ihren vorderen Abschluss 
bildet die Aussenwand der Brust (Rathke's M. reuniens inferior); 
ihre Rückwand das primäre ZwerchfeU oder Septum transversum. 
Letzteres fliesst nach abwärts mit der vorderen Wand zusammen 
(Taf. VTL A. 1 bis B. 1), mit seinen lateralen Rändern inserirt es sich 
der Seitenwand der Brust, nach aufwärts verbindet es sich mit den 
Wandungen und mit dem Gekröse der in das Herz eintretenden 
Venenstämme. Es entspricht das Septum transversum dessen Rück- 
tiäehe, wie früher gezeigt wurde, mit der Leber verbunden ist, nicht 
dem vollen Diaphragma, sondern nur seiner vorderen Hälfte; auch 
ist der Abschluss der Parietalhöhle zur Zeit noch unvollkommen. 
Das obere Ende der Parietalhöhle hängt, nach rückwärts mit dem 
der Rumpfhöhle zusammen, und die betreffenden Schnitte (II. 40 — 42, 
V. 70 — 68) zeigen den Herzvorhof, die Lungen- und die Oesophagus- 
anlage, sowie das obere Ende der Urnierenleiste von einem System 
unter sich communicirender Spalten umgeben. 



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Regionen des Körpers und Situs Viscerum. 89 

Die Rumpfhöhle bildet zwar ein von oben bis abwärts zu- 
sammenhängendes Kaumsystem, allein die Verbindung der oberen 
oder Brust-, und der unteren oder Bauchabtheilung wird erheblich 
eingeengt durch die Leber, welche vom Septum transversum aus 
nach rückwärts gegen die Rumpfhöhle sich vordrängt, und nur eine 
schmale von unten nach oben hinführende Verbindungsspalte frei 
lässt. Nach aufwärts reicht die Leber bis in die Nähe der Lungen- 
anlage, nach rückwärts deckt sie den Magen und das Duodenum 
(Taf. VIT. A. 2 u. B. 2) , Beziehungen , die bei allen späteren Ver- 
schiebungen der Theile doch festgehalten werden. 

Sollte man zur Zeit eine äussere Gränzlinie zwischen Baueb- 
und Brustgebiet ziehen, so würde man diese, einer zwischen Herz und 
Leber gelegenen, durch das Septum transversum bedingten Einziehung 
entlang, und dann über der Leberwölbung und unter den Extremi- 
täten weg nach dem Stammgebüde hin zu verzeichnen haben. Eine 
solche Linie fällt sehr viel höher als die spätere Insertionslinie des 
Diaphragma und es wird in der Folge zu untersuchen sein, in wel- 
cher Weise das primäre Diaphragma sich ergänzt und wie es seine 
Ränder verschiebt. 

Als Beckentheil des Rumpfes ist der nach vorn in die Höhe 
geschlagene Körperabschnitt zu bezeichnen; eine vorläufige Ab- 
zweigung dieses Gebietes lässt sieh durch eine Linie gewinnen, 
welche man vom unteren Rande des fünften Lendensegmentes in 
den einspringenden Winkel unter der Abgangsstelle des Bauchstieles 
hinleitet. Es enthält dies Stück den Enddarm mit der Cloake und 
dem Beginn des Allantoisganges , die Enden der Urnieren und der 
WOLFP'sehen Gänge nebst dem vor letaleren abgehenden Blindsacke, 
und das untere Ende der unpaaren Aorta nebst dem Ursprungs- 
gebiete der Aa. umbilicales. In seinen Bereich fällt auch die nach 
aufwärts gerichtete Cloaken Öffnung. Nur in geringer Ausdehnung 
erstreckt sich von oben her die Rumpfhöhle in den Beckentheil 
herein. Die Wand des Cloakensackes ist mit der animalen Leibes- 
wand verbunden. 

Bentat der menschliche Embryo einen Schwans f 
Es wird von guten Beobachtern angegeben dass dem mensch- 
liehen Embryo in früheren Entwiekelungsstufen ein als Schwanz 



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90 Embryonen A. und B. 

oder als schwanzförmig zu bezeichnender Körperanhang zukomme, 
der später verkümmere und zurückgebildet werde. In einer an inter- 
essanten Beobachtungen reichen Arbeit ') ist vor Kurzem A. Ecker 
auf das bestimmteste für diesen schwanzförmigen Anhang und f&r 
die Annahme seiner' Rückbildung eingetreten. Ecker versteht dar- 
unter einen nach vorn und aufwärts gekrümmten, völlig freien und 
etwas coniseh zugespitzten KÖrpertheil, der bei Embryonen von 9 
bis 12 mm Länge eine Länge von 1 — t'/i mm besitzt. s ) Als Rück- 
bildungsrest ist der bei zwei- bis dreimonatlichen Embryonen leicht 
nachweisbare Steisshöcker anzusehen. Den Ausdruck „schwanzför- 
miger Anhang" gebraucht Ecker, um den tendenziösen Folgerungen 
vorzubeugen, die sich an die Behauptung knüpfen möchten, als hätte 
der Mensch zu einer Zeit seines Lebens einen ächten Schwanz. Ob 
und welche tendenziösen Folgerungen "an die Entscheidung der Frage 
sich knüpfen lassen, das scheint mir vorerst weniger bedeutsam, als 
die möglichst klare Verständigung in Betreff des Sachverhaltes, und 
dazu gehört nun vor Allem die Verständigung über dasjenige, was 
man Schwanz nennen soll. Wie alle Regionenscheidungen so ist 
auch diese nur auf conventionellem Wege scharf zu präcisiren und 
es ist vielleicht kaum möglich eine nach allen Richtungen befriedi- 
gende Gränzbestimmung aufzustellen. Dem üblichen Wortgebraucb 
entspricht es, wenn man unter Schwanz einen gegliederten, von der 
Fortsetzung der Wirbelsäule durchzogenen und nur aus Bestand- 
teilen der animalen Leibeswand bestehenden Körperanhang ver- 
steht, der den After überragt- Im Allgemeinen wird also der After 
unmittelbar unter der Schwanzwurzel liegen und in den Ausnahme- 
fällen, wo dies nicht der Fall ist, werden wir den Schwanz erst da 
anfangen lassen, wo die Rumpf höhle und die in ihr enthaltenen vege- 
tativen Organe ihr Ende erreichen. Solche axiale Körperanhänge, 
welche der Wirbelsäule entbehren, wird man passender Weise mit 

1) Al. Ecker, Ueber gewisse Ueberbleibsel embryonaler Formen in der 
Steissbeingegend beim ungeborenen, neugeborenen und erwachsenen Menschen 
und der ..Steisshaarwirbel, die Steissbeinglaze und das Steissbeingrübcben als 
wahrscheinliche Ueberbleibsel" u. s. w. Archiv f. Anthropologie. Bd. XI. 8. 281 
und Bd. XII. S. 129. 

2) 1. c. S. 143; S.141 wird die Länge bei einem 9mm langen Embryo 
sogar auf 2'/smm angegeben. 



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Frage des embryonalen Schwanzes. 91 

besonderer Bezeichnung als Hautschwanz, als Schwanzfaden oder 
dergl. unterscheiden. 

Einigt man sich über die eben gegebenen Definition, so wird 
man bei einem Embryo einen frei nach vorn sich erhebenden Körper- 
fortsatz nur insoweit als Schwanz ansprechen, als er den After oder 
die CloakenÖffnung überragt. Hinsichtlich der Rückbildung aber 
wird man sich darüber zu vergewissern haben, ob zu einer Zeit des 
embryonalen Lebens die Wirbel- bez. die TJrwirbelsäule mehr Glie- 
der besitzt, als dem bleibenden Zustande entspricht 

Unter den von mir in dieser Schrift benützten Embryonen sind 
A, B und a für die Frage des embryonalen Schwanzes zu benützen. 
Bei Embryo B besitze ich zwar keine von der linken Seite her auf- 
genommene, das freie Körperende zeigende Zeichnung, wohl aber die 
entscheidenden Durchschnitte. Für die Beurtheilnng aber des nach 
vorn umgeschlagenen und theilweise frei auslaufenden Stückes sind 
vor Allem zwei Punkte von Bedeutung : 1. die Feststellung der seg- 
mentalen Gliederung und 2. diejenige des inneren Baues und des 
Ortes der Afteröffnung. 

Es wurde oben gezeigt, dass bei Embryo A. die Zahl der sehr 
deutlieh hervortretenden Segment«, von der unteren Kopfgranze ab 
bis zur Steissspitze 35 betragt. Beim Embryo A. sind, wie dies unten 
noch im Einzelnen angegeben werden soll, einige unsicher segmen- 
tirte Strecken, deren Segmentzahl bei der Kürze der Strecke leicht 
zu interpoliren ist, und unter Ausführung dieser Interpolation komme 
ich auch da auf 35 Segmente. Es entspricht dies 34 Wirbeln. An 
den sehr günstig geführten Mediansehnitten zweier Embryonen von 
16 und von 21.5 mm Körperlänge, deren Zeichnung ich bei einem 
späteren Anlasse mitzutheilen gedenke , finde ich in der That 
34 knorplige Wirbel und zu demselben Zählungsergebniss ist auch 
Rosenberg in seiner, der Entwicklung der menschlichen Wirbel- 
säule gewidmeten Arbeit gekommen. ') In einigen Fällen fand er 
noch einen sehr rudimentären 35. Wirbel. Ro8enberg schliesst 
hieraus, dass die von zahlreichen Autoren statuirte Rückbildung eines 
wirbelreichen Schwanzabschnittes des Körpers beim Menschen nicht 

1) Rosenbbbg, Ueber die Entwickelung der Wirbelsaule und des Cen- 
trale Carpi beim Menschen. Morphol. Jahrb. Bd. I, 3. 120. 



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92 Embryonen A. und B. 

vorkomme. Naeh meiner eigenen Erfahrung habe ieh diesen Satz 
nicht nur zu bestätigen, sondern ich habe ihn. noch dahin zu er- 
weitern, dass schon vor Beginn der Wirbelverknorpelung der Stamm- 
theil des Körpers nicht mehr Segmente enthält, als der späteren 
Wirbelgliederung entsprechen. Es werden demnach beim 
menschlichen Embryo keine überzähligen, znr Rück- 
bildung bestimmten Segmente angelegt Dass das Steiss- 
bein im ausgebildeten Zustand weit häufiger aus 4 als aus 5 Stücken 
besteht, ist jedenfalls nicht im Sinne einer Rückbildung, vielmehr 
im Sinne einer Verwachsung der rudimentären unteren Wirbel zu 
verstehen. 

Aus den Durchschnitten von A. und B. ergiebt sich, dass von 
dem nach vorn hinauf geschlagenen Beckenstücke des Körpers nur 
das oberste Ende in der Ausdehnung von 1 */i — 2 Segmenten völlig 
frei ist. Was darunter liegt, ist zwar ventralwärts durch eine Furche 
abgegrenzt, im TTebrigen aber mit der Bauchwand, oder zu oberst 
mit dem Bauchstiele unmittelbar verbunden (Taf. ffi. 15 — 17, V. 
103 — 105). Bei B. rinden sich oberhalb des ventralwärts verwach- 
senen Beckenabschnittes nur' noch zwei Schnitte mit ringsherum 
freiem Steiss (Du. 18). *) Diese enthalten Rückenmark, Chorda dor- 
salis und Urwirbel, aber keine Fortsetzung des Darmrohres. Bei den 
beiden Embryonen A. und B. erreicht die Cloake die Oberfläche des 
Körpers in dem einspringenden Winkel zwischen dem Bauchstdele 
und dem frei werdenden Steissende und hier haben wir den Ort 
ihrer Oeflnung zu suchen (Taf. HL 15—17, V. 103—105, Taf. I. 3 
u. 4). Die Embryonen A. und B. haben sonach eine ächte Schwanz- 
anlage, die aber ausserordentlich kurz ist und jedenfalls nicht über 
zwei Segmentlängen umfasst. 

Bei Embryo a liegen dem äusseren Anscheine nach die Dinge 
nicht unwesentlich anders. Hier ist von dem nach vorn umgeschla- 
genen Körperab8chnitte eine Strecke von über »/» mm (Schnitte 
10—14 und 15, Taf. VHI.) frei. Diese Strecke ist ihrer ganzen 
Länge nach vom Rückenmark und von der Chorda dorsalis durch- 
zogen, überdies aber enthält sie den grösseren Theil der Cloake; 
die endständige Oeflnung der letzteren fällt, soweit sich überhaupt , 



]) Das zu 19 gehörige Stück ist in der Zeichnung ausgelassen worden. 



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Frage des embryonalen Schwanzes. 93 

beurtheilen lässt, auch hier kurz unterhalb des Steissendes des Kör- 
pers (Taf. VIEL a 3). In den Bereich der freien Körperstrecke fallen 
ungefähr 8 Segmente, oder es ist mit anderen Worten nicht nur die 
gesammte Steiss-, sondern noch der grössere Theil der Sakralregion 
des Körpers ventralwärts frei. Im Sinne Ecker' s würde nun bei 
diesem Embryo das ganze frei hervortretende Stück als Schwanz, 
oder als schwanzartiger Anhang zu bezeichnen sein. Allein wenn 
man das festhalten will, so kommt man zu einer Ausdehnung des 
Begriffes, welche, wo nicht zu Widersprüchen, so doch jedenfalls zu 
bedeutenden Verwickelungen führt. Nach der oben aufgestellten 
Definition aber ist auch bei diesem Embryo als Schwanz nur die 
kurze Strecke zu bezeichnen, welche das Cloakenende überragt. Der 
Unterschied zwischen den Verhältnissen von a. und denen von A. 
und von B. ist übrigens nur in unwesentlichen Punkten vorhanden. 
Denkt man sich an dem Bauchstiele von er. einen massigen Zug 
wirkend, so wird sich die Hautinsertion desselben nothwendiger Weise 
in der Richtung gegen das Steissende hin verschieben. 

Bei den zwei Embryonen mit bereits verknorpelter Wirbelsäule, 
deren ich oben gedachte, befindet sich die Afteröfmung in der Höhe 
des vorletzten Steisswirbels, und es führen diese verschiedenen Er- 
fahrungen in übereinstimmender Weise zum Schluss, dass der mensch- 
liche Embryo allerdings einen ächten Schwanzstummel be- 
sitzt; derselbe ist aber sehr kurz und umfasst höchstens zwei Wirbel- 
langen, auch ist er nicht zur Rückbildung bestimmt, sondern er geht 
unreducirt in den bekannten Steisshöcker über. Bei der Kürze des- 
selben wird wohl auch der Ausdruck „Steisshöcker" vollständig 
genügen, um denselben zu bezeichnen. 

Der kurze, höchstens '/* mm lange Schwanz, den ich an 
menschlichen Embryonen finde, bleibt weit hinter dem zurück, was 
Ecker dem genannten Körperanhang zutheilt und es bleibt zu unter- 
suchen übrig, worin die Differenz mit diesem umsichtigen Forschor 
begründet sein kann. Ecker hat eine Abbildung von Coste zu 
seinen Gunsten und ausserdem mehrere Präparate, an denen der 
vordere Körperanhang eine in der That bedeutende, die Afteröfmung 
erheblich überragende Länge besitzt.. Coste zeichnet auf seiner 
Tafel HL a einen menschlichen Embryo von 25 — 28 Tagen, der in 
der Entwickelung den Embryonen A. und B. nahe steht, vielleicht 



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94 Embryonen A. und B. 

um weniges junger ist. Dieser Embryo wird gestreckt dargestellt, 
der Kopf und das Becken sind aufgeklappt und an der Wurzel des 
letzteren sieht man einen als Cloakenöffnung bezeichneten Schlitz. 
Letzterer wird nach abwärts von 6 — 7 scharf markirten Segmenten 
überragt und er liegt etwas höher als das untere Ende der beiden 
Extremitäten. Nehmen wir an, der Embryo habe im Ganzen 35 Seg- 
mente, so fällt die Oeffnung in die Höhe des 28. — 29. Körper- 
segmente, oder in diejenige des 3.-4. Sacralsegmentes. Das ist eine 
so abnorm hohe Lage, dass sie unmöglich für richtig angenommen 
werden kann. Wenn man die Figuren 3 und 4 meiner Tafel I. ver- 
gleicht, so wird klar, dass die Gieradestreckung des hinteren Körper- 
endes nur mit bedeutender Verzerrung der diesem Theil zugehörigen 
Vorderwand erreichbar ist. Die Oeffnung in Coste's Abbildung ist 
entweder völlig aus ihrer Lage gezerrt, oder sie ist überhaupt nicht 
die ächte Cloakenöffnung, sondern ein künstlicher Einriss. 

Auch Ecker s freie Körperenden trifft vielleicht theilweise der 
Vorwurf künstlicher Verlängerung; er sagt nämlich dass „der nach 
vorn und aufwärts gekrümmte Anhang mit der Vorderfläche seiner 
Basis an der Unterbauchgegend gemeiniglich fest anliegt und nur 
bei frischen, noch weichen Embryonen davon abgehoben und einiger- 
maassen gestreckt werden kann." Ich weise auf meine Figuren DJ. 
16 u. 17 bin ; hier würde durch Streckung im weichen Zustande sicher- 
lich das Beckenstück vom Rumpfstücke sieb haben abheben lassen, 
und auch die Lage des Afters würde dadurch voraussichtlich eine 
andere geworden sein. 

Ecker's Zeichnungen zeigen nun aber ein Gebilde das der be- 
sonderen Besprechung bedarf und auf das auch die Bezeichnimg zu 
passen scheint, dass es ein zur Rückbildung bestimmter schwanz- 
artiger Anhang sei. Während alle die Embryonen unter 16 mm 
die mir bis jetzt durch die Hände gegangen sind, ein stumpf aus- 
laufendes Steissende des Körpers gezeigt haben, ist Ecker wieder- 
holt einem sehr fein und spitz auslaufenden Körperanhang begegnet.-) 



1) Copirt in Köllikbb'b Entwicklungsgeschichte. 2. Aufl. S. 314 und in 
Ecker's zweitem Aufsätze S, 143. 

2) Man vergl. auch eine hierauf bezügliche Beobachtung bei Robkxbeh» 
I. c. 125. Taf. in. Fi«. 3 u. Fig. 15. 



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Beobachtungen von A. Ecker. 95 

In seiner Beobachtung 28 (S. 141) giebt Ecker ausdrücklich an, 
dass dieses Endstück ausser der Chorda dorsalis und dem Hornblatt 
keine Organanlagen erkennen liess. Wir haben es also da mit einem 
Fortsatze zu thun, welcher das Gebiet des Rückenmarks und der 
TJrwirbel überragt und der später in der That nicht mehr nachweis- 
bar ist. Ich werde diese Fortsetzung als EcKER'schen Schwanz- 
faden oder kurzweg als Schwanzfaden bezeichnen. Ich kenne 
denselben nur aus Ecker's Zeichnung und Präparaten und da ich 
selber ihm nicht begegnet bin, so muss ich ihn für eine inconstante 
Bildung halten. lieber die Entstehung desselben müssen spätere 
Untersuchungen Aufschluss geben. Ich bin geneigt ihn für ein Ge- 
bilde zu halten, das auf Kosten des Bauchstieles entstanden, bez. von 
diesem abgespalten ist. 

In die Kategorie persistirender Schwanzfaden möchten wohl 
einige der Anhänge gehören, die als menschliche Schwanzbildung 
beschrieben worden sind, so der von Grevb abgebildete und von 
Virchow untersuchte Oldenburger Fall ') und die beiden von Ecker 
selbst mitgetheilten Fälle aus Cincinnati und aus Erlangen. 5 ) Will 
man als ächte Schwanzbildung nur diejenige gelten lassen, bei wel- 
cher überzählige Wirbel in einem axialen Körperfortsatz enthalten 



1) Vibchow's Archiv Bd. 72. Taf. III. und Bd. 79. S. 178. 

2) Wahrend des Druckes meiner Schrift ist die durch Ecker's Wunach 
provocirte Untersuchung des Erlanger Präparates durch Leo Geruch er- 
schienen. Die thatsächlichen Ergebnisse sind interessant genug: das Vor- 
kommen eines axialen, Chorda führenden Strangca im hinteren Schwanzende 
und dasjenige eines ventralgelegenen Langsam skela, sowie das Fehlen jeglicher 
Knorpeleinlagerung sind für die Beurtheilung des Gebildes wichtige Verhält- 
nisse; nicht minder wichtig ist die Constattrung , dass die knorpelige Wirbel- 
säule des geschwänzten Fötus ,14 Glieder gezählt hat. Dio Schluss folgern ngen 
von L. Geblach halte ich für sehr gewagt. Aus dem Vorhandensein eines 
ventralgelegenen Muskels schliesst er auf früher vorhandene TJrwirbel, aus 
diesen auf ein früher vorhandenes Medullarrohr und so nimmt er an, dass 
der fragliche, den Körper um ein Sechstel seiner Länge überragende Fortsatz 
ursprünglich der ganzen Länge nach vom Rückenmark durchzogen und in 
Urwirbel gegliedert gewesen sei. Weshalb die Natur, wenn sie denn doch 
einmal so weit über das Haass hinausgegriffen, sich auf die 34 normalen 
Wirbel beschränkt hat, das bleibt bei Annahme der GERtacH'schen Hypo- 
these schwer verständlich. 



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• 96 Embryonen A. und B. 

sind, so sind jene persistirenden Schwanzfaden (weiche Schwänze) 
als eine erste Form „schwanzähnlicher Bildungen" zu bezeichnen; 
eine zweite Form würde in den von Virchow'b sogenannten Sacral- 
trichosen gegeben sein und eine dritte denkbare Form könnte ihren 
Ausgang von fötalen Luxationen des Steissbeins nehmen. Wie die 
Betrachtung guter Medianschnitte zeigt, so muss nämlich bei einer 
nach rückwärts statt nach vorn gerichteten Biegung des Steissbeins 
ein ganz ansehnlicher mit Knocheneinlage versehener Körperanhang 
zu Stande kommen. 



Absolute und relative Längeninaasse der Regionen 
des Stammes. 

Im Bogen und längs der äusserlich sichtbaren Segmente ge- 
messen betragen bei Embryo A. die Höhen 

der 8 Halssegmente 3.15 mm oder 26.5% 

„ 12 Brustsegmente 4 „ „ 33.6*/« 

„ 5 Lendensegmente .... 1.S5 „ „ 15.5% 
„ 5 Kreuzsegmente .... 1.85 „ „ 15.5% 
„ 5 Steisssegmente .... 1.05 „ „ 8.8% 
Bei dein nachher zu beschreibenden Embryo o, dessen Gesammt- 
länge in gerader Linie gemessen 4 mm betrug, bestimmte ich fol- 



Halssegmente 2.25 mm oder 28.5% 

. . . 3.05 „ „ 38.6% 
. . . 1.10 „ „ 13.9% 
Kreuzsegmente .... 0.8 „ „ 10.1% 
Steisssegmente .... 0.7 „ „ 8.9% 
In Betreff dieser letzten Maasse ist zu bemerken, dass sie für 
den Bauch und Beckentheil vielleicht zu knapp sind, da diese Theile 
in der Profilansicht etwas verkürzt erscheinen. 

Es ist von Interesse diese Zahlen gleich mit denjenigen von 
etwas vorgerückteren Stadien zu vergleichen. Ich benutze dazu einen 
Embryo von 13 mm Länge, an welchem die Segmentirung äusser- 
lich sehr scharf hervortrat l >, femer die zwei schon oben erwähnten 

1) Abgebildet in der Körperform S. 194. 



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Absolut« und relative Langenmaaaae der Regionen d 



i Stan 



97 



Mediandurchschnitte zweier Embryonen von 16 und 21.5 mm und 
für spätere Stadien einen Fötus von 143 mm, einen Neugeborenen 
und den BKAUNE'schen Durchschnitt eines Erwachsenen. 1 ) 



"WirbelBäulenlange im 
Bogei 

Hahtheil 

Brusttheil . 

SauchtheU . 

Ereuztheil . 

Steiasthcil . 



HalstheU 

Brusttheil 
Bauchthcil 
Kreuz theil 

Steias theil 



Da die Zahlen der ersten drei Verticalcolumnen an der Aussen- 
fläche nach den Segmenten gemessen sind, so sind sie nicht ohne 
Weiteres mit den nach der Wirbelsäule gemessenen der fünf folgen- 
den Columnen vergleichbar, insbesondere werden die Zahlen des Hals- 
theiles wegen der Berechnung von 8 Segmenten etwas zu gross sein, 
Das Schwanken der Werthe des untersten Abschnitts darf bei der 
geringen absoluten Länge und der immerhin unsichero Gränzbestim- 
mung nicht verwundern. Im TJebrigen ergiebt sich als allgemeines 
Resultat, dass der Halstheil anfangs im Yorsprung befindlich ist, 
dann aber im Laufe der Entwickemng etwas zurückbleibt Der 
Brusttheil erhält sich ziemlich stationär, wogegen der Bauchtheil in 
späteren Entwiekehmgsstufen grössere Prozentzahlen zeigt, als in den 
früheren, wenig sicherer erscheint dies für den Kreuztheil. Der 
Steisstheil bleibt jedenfalls eher zurück, als daSs er voraneilt 

1) Ausführliche Wachathuinetabcllon der Wirbelsäule vergl. man bei Aebt 
im Archiv f. A. u. Pb. 1879- An. Abtb. S. 77. 

Hm, Meimohl. Kmbrjonen. 7 




















Embryonen 


von 




Fötus 


1 


4 


7.5 


13 


,6 


21.5 


143 




7.9 


11.9 


12.0 


12.55 


16.7 


101 


227 


2.25 


3.15 


3 


3 


3.9 


22 


42 


3.05 


4 


4.6 


4.61 


6.3 


36 


90 


1.10 


1.86 


2.25 


2.21 


3.! 


18 


46 


0.8 


1.85 


1.35 


1.75 


2.3 


16 


35 


0.7 


1.0 


0.8 


0.9 


1.1 


9 


14 


> 
28.5 


•fr 
26.5 


25.0 


> 
23.9 


23.4 


21.8 


% 
18.5 


38.6 


33.6 


38.:i 


37.1 


31.7 


35.7 


39.6 


13.9 


15.5 


18.7 


17.9 


"15.5 


17.8 


20.3 


10! 


15.5 


11.3 


13.9 


13.8 


15.8 


15.4 


8.9 


8.8 


6.7 


7.2 


6.6 


S.9 


6.2 



„Google 



98 Embryonen A. und B. 

Die eben ausgesprochenen Verhältnisse äussern sich auch in 
den mittleren Wirbelhöhen der verschiedenen Gebiete. 
Dieselben betragen: 







Embryonen 


™ 




Fötus 


1 


| 


Maasse in mm . . 


4 


7.5 j 13 


16 


21.5 


143 


fc 


w 


HalsUteil .... 


0.32 


0.45 


0.43 


0.43 


0.56 


3.1 


6 


19.1 


Brusttaeil .... 


0.25 


0.33 


0.38 


0.39 


0.52 


3 


7.5 


24.5 


Banchtheil .... 


0.14 (T) 


0.37 


0.45 


0.45 


0.62 


3.6 


9.2 


35 



Bei dieser kleinen Tabelle sind auch für die ersten drei Em- 
bryonen die mittleren Wirbelgebiethöhen durch Division der Gesammt- 
halahöhe mit 7 erhalten. Anfangs sind die Höhen der Bauchwirbel 
geringer, als die der Halswirbel, dann werden sie ihnen gleich und 
endlich überschreiten sie diese in immer zunehmendem Maasse. 



Leibeswand und Extremitäten. 

Die innere Gliederung der Leibeswand bietet wenig bemerkens- 
werthes. Am Rumpf bildet der Staromtheil im Allgemeinen ein drei- 
seitiges Prisma mit abgerundeten Seitenflächen und Kanten. In der 
dorsalen Kante liegt das Medullarrohr, das nur durch eine dünne 
Membran (M. reuniens sup.) überdeckt ist, und das in einem glatt 
umgränzten Wirbelkanal hegt Neben ihm befinden sich die Ganglien 
und diese werden nur theilweise überlagert von den Stammmuskel- 
tafeln (Rückentafeln von Remak). Letztere reichen mit ihrem vorde- 
ren Rand noch auf kurze Strecke in den Parietaltheil der Leibeswand 
herein. lieber die Nervenstämme, die Chorda dorsalis, die Aorta und 
über die TJnüerenleisten ist früher das Notlüge mitgetheilt worden. 
An den durch den Halstheil geführten Schnitten (IL 47 — 52, IV. 
59 — 64) zeigen sich die Anfänge der eigentlichen Wirbel als dunklere, 
den Körper der Quere nach durchsetzende Streifen, die jederseits mit 
zugeschärftem Bande zwischen die aus den Urwirbeln hervorgegan- 
genen Rückentafeln eindringen. Im Uebrigen sind die histologischen 



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Leibeswand and Extremitäten. 99 

Differenzen innerhalb des allgemeinen Grandgewebes noch sehr wenig 
scharf ausgeprägt. Auch im Parietaltheil der Leiheswand und in 
den Extremitäten sind die Unterschiede verschiedener Schichten zwar 
vorhanden, aber keineswegs sehr deutlich hervortretend. In den Ex- 
tremitäten finden sich Gefässdurchschnitte bis zum freien Rande. 
Die eintretenden, sehr breiten Nervenstämme dagegen hören schon 
im Wurzelgebiet« der Extremitäten auf. Der Hornblattüberzug ist 
am freien Rande der letzteren nicht unerheblich verdickt. 



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Embryo «. 

(KörperlÄnge 4 mm.; 



Das Ei welches diesen Embryo umschloss habe ich durch Ver- 
mittelung einer hiesigen Hebamme uneröflhet erhalten, es mass 
2Vi — 3 cm im Durchmesser und entleerte beim Aufschneiden eine 
klare Flüssigkeit Der Embryo zeigte sich mit seiner linken Seite 
dem Chorion dicht anliegend, durch einen sehr kurzen Strang mit 
ihm verbunden; die Nabelblase war kurz gestielt, ihre Durohmesser 
betrugen 2.7 und 3 mm; das Amnion scheint den Embryo dicht um- 
hüllt zu haben, ich habe dasselbe bei der ersten, unter etwas un- 
günstigen Bedingungen vorgenommenen Untersuchung verletzt und 
daher nicht als Ganzes beobachtet. Der Embryo war noch ziemlich 
durchsichtig, Auge, Gehörblase und Herz zeichneten sich klar; all- 
ein da mir das Präparat an einem dunklen Novembernaehmittage, 
wenige Minuten vor Beginn meiner Vorlesung eingegangen war, 
musste ich im Interesse guter Conservirung auf die Durchforschung 
und Zeichnung des frischen Präparates verzichten. 

Ich flbergosa den Embryo mit 10°/o Salpetersäure und brachte ihn 
nach kurzer Einwirkung der letzteren in Alkohol. Bei dieser Behandlungs- 
weise sind seine äusseren Formen sehr scharf hervorgetreten, und auch 
die Schnitthärtung hat Nichts zu wünschen übrig gelassen. Nach Auf- 
nahme der nothigen Zeichnungen and Photographien versuchte ich, nicht 
mit besonderem Glücke, den Embryo durch Pikrokftrmin zu färben, dann 
wurde derselbe mikrotomirt. Ich erhielt 27 Querschnitte je zu 0.1 mm; 
vom Schnitt 25 ab begann sich das Stück in der Eingussmasse zu lockern, 
die Schnitte 25 und 26 sind verschränkt keilförmig, an dem einen Ende 
dicker, am andern dünner als die Norm. Ich habe sie auf Tafel Vm. 
nnd bei den Üonstructionen als Doppelschnitt zusammengefasst. Das jen- 
seits von 27 liegende Stück wurde zum Zweck der Maasscontrolle sagittal 
geschnitten, seine Höhe betrug 0.75 mm. Ich habe Taf. VITI. bei 20facher 
YergroBsernng die Schnitte 2 — 26 und die darnach entworfenen Constnic- 



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AeuBBere Gliederung. 101 

tionsbilder zusammengestellt Letztere stimmen im Allgemeinen gut mit 
den Urzeichmingon übereil! , indess zeigen sich die Schnitte 18— 24 minder 
tief als nach der Urzeichnnng zu erwarten war. lob habe bei den Con- 
structionsfigaren (Fig. 3 — 1) die Buckenlinie entsprechend eingezogen. Das 
in der Profilzeichnnng verkürzt gesehene Beckenende habe ich bei der 
Construction (Taf. VÜL c*. 3) unverkürzt dargestellt 



Aeussere Gliederung. 

Der Embryo «. (VHI. «. 1 u. 2) ist noch starker gekrümmt als die 
Embryonen A. und B., seine Rüokeiilinie beschreibt mehr denn einen 
vollen Kreis. Die Länge von der Stirn bis zum Steissende betragt 
im Bogen gemessen 13.7 mm, der gestreckte Durchmesser vom Nacken- 
höcker zum 12. Rüokensegment 4 mm; behufs übereinstimmender Be- 
sehreibung nahm ich diesen Durchmesser wiederum als Verticalaxe 
an. Darnach zeigt sich die untere Körperhälfte vom 8. Segmente 
ab stark nach vorn gebogen, derart dass der Bückentheil der Stamm- 
gebilde schräg nach abwärts sieht; der Beckentheil des Rumpfes 
aber ist nach rückwärts umgeschlagen und sein Steissende reicht 
bis in die Höhe des Herzventrikels , dessen linker Seite es anliegt 
In der Bogenlinie, welche den Embryo vom Stirn- bis zum Steiss- 
ende umschreibt, sind vier Stellen stärkerer Ausbiegung vorhanden, 
1. der Ort des Mittelhirns, 2. der Nackenhöcker, 3. die Granze vom 
Hals- und Rückengebiete und 4.. diejenige vom Bauoh- und Becken- 
gebiete. Dieselben Stellen zeichnen sich auch bei A. und bei B. aus. 
Die Nackenkrümmung ist bei diesen beiden Embryonen noch aus- 
gesprochener als bei c, wogegen die Biegung 3 und in geringerem 
Maasse die Biegung 4 bei ihnen erheblich stumpfer geworden sind. 
Es hängt letztere Formveränderung zusammen mit der zunehmenden 
Entwickelung der Leber und mit der Dislocation des Bauchstieles. 

Die Symmetriefläche des Embryos ist windschief nnd so ge- 
dreht, dass der Kopf nach rechts, das Beckenende nach links sieht 
Diese Drehung ist in geringerem Maasse auch bei A. und B. vor- 
handen und alle drei Embryonen stimmen darin übereui, dass ihr 
Beckenende bei der rechten Seitenansicht nur unvollkommen sicht- 
bar ist. Während nun aber bei A. und B. der Bauchstiel rechts 
vom Beckenstumpf vorbeitritt, ist er bei a. mehr nach links von 



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102 Embryo a. 

diesem; dort ist er nach abwärts, hier, wie bei dem nachher zu be- 
sprechenden Embryo M. nach aufwärts gerichtet Es muss also in 
der zwischenliegenden Zeit zugleich mit der Oeffhung des Bauch- 
winkels eine Streckung und Verlängerung des Bauchstieles einge- 
treten sein, wobei derselbe an der Steissspitze vorbeizugehen hatte. 

Die TTrwirbelgliederang ist an dem Embryo m deutlich ausge- 
sprochen, nur über wenig Gebiete bleiben Zweifel möglich. Unsicher 
nämlich war die vordere Gränze des ersten Segmentes, femer war 
am TTebergang vom Kücken zum Bauchtheile eine Strecke von etwa 
4 TJrwirbellängen undeutlich, die ich, da ein Fehler kaum möglich 
ist, in der Zeichnung hvterpolirt habe, und endlich vermochte ich die 
letzten paar Segmente nicht zu unterscheiden. Die Zahl dieser un- 
sichtbaren Schlusssegmente lässt sich aus der Länge des betreffen- 
den Abschnittes und aus den Dimensionen der Nachbarsegmente ziem- 
lich sicher auf 5 bestimmen. Demnach beträgt die Gesammtzahl der 
Segmente 35 wie bei A. Die Bezifferung habe ich in Fig. 1 (Taf. VIII.) 
nach denselben Grundsätzen wie bei A. eingetragen, d. h. ich zähle 
8 Halß-, 12 Brust-, 5 Bauch- und 5 Kreuzsegmente. 

Beide Extremitäten sind angelegt, die obere erscheint in der 
Höhe der drei unteren Hals- und des obersten Brustsegmentes, als 
niedriger Auswuchs der WoLPP'schen Leiste. Djre Basis ist im 
Vergleich zur Höhe sehr breit und von vorn her mündet eine schräge 
LeiBte in sie ein. Die der Brustwand zugekehrte Fläche der Extre- 
mität ist concav, die Aussenfiäche eonvex. Die untere Extremität, 
. gedrungener von Gestalt als die obere, tritt im einspringenden Winkel 
der untersten Kumpfbeuge aus der WoLPp'schen Leiste hervor, ihre 
coneave Fläche nach oben, die convexe nach unten kehrend. 

Am Kopfe sind Hemisphärenhirn, Zwischenhirn, Mittel-, Hinter- 
und Nachhirn in ihren Formen deutlich erkennbar, auch die Gränzen 
der Bautengrube scharf ausgesprochen. Bei der Ansicht vom Kücken 
her fällt an der Seitenwand der letzteren "eine regelmässige und bei- 
derseits symmetrische Querfaltung auf. Die Augenblasen bilden jeder- 
seits eine kreisförmig umgränzte Vortreibung von 0.35 mm Durch- 
messer. Sehr deutlich zeichnet sich die Gehörblase als ein im 
Niveau der zweiten Schlundspalte liegendes Oval. Bei seitlicher 
Durchleuchtung werden ferner vier dunkle Flecke sichtbar, die Gan- 
glien des Trigeminus, des Acusüco- facialis, des Glossopharyngeus 



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Aeossere Gliederung. Nervensystem. 103 

und des Vagus. Jedes derselben liegt z. Z. über einem der vier 
Schlundbogen. (Taf. vm. a. 2.) 

Ausser dem massig angelegten Ober- und TJnterkieferfortsatz 
zeigt die Seitenwand des Kopfes jederseits drei Scbiundbogen, von 
denen (im Gegensatze zu A. und zu B.) auch der vierte frei zu Tage 
liegt. Der Abstand vom oberen Bande des Oberkieferfortsatzes bis 
zur vierten Schlundspalte beträgt 1 .4 mm ; eine durch das vordere 
Ende sämmtlicher vier Bogen gezogene Linie verläuft ziemlich ge- 
streckt und schneidet das Vorderhirn weit vor der Augenblase. Der 
vordere Band dieser letzteren liegt um 0.55 mm von dem vorderen 
Hirnrand entfernt und es irtacht sich somit auch hier die für alle 
Entwicklungsstufen menschlicher Embryonen charakteristische Be- 
vorzugung der Vorderhirnanlage geltend. 

Dicht hinter den Enden der Schlundbogen liegt das Herz, an 
dem in beiden Seitenansichten die drei Abtheilungen unterscheidbar 
«ind, mit dem Unterschiede allerdings, dass auf der linken Seite der 
Vorhofswulst, auf der rechten der Wulst des Aortenbulbus prägnanter 
hervortritt. Noch scheidet keine durchgreifende Spalte den letzteren 
von der Gesichtsfläche des Kopfes. Das hinter dem Herzen liegende 
Innenfeld des Leibes zeigt auf der rechten Seite eine deutliche Ur- 
nierenleiste und den TJmschlagsrand in das Amnion, links erkenne 
ich an demselben keine charakteristische Niveaumgliederung. 



Nervensystem, Chorda und Sinnesorgane. 

Gehirn und Rückenmark. 

Die Gliederung des Gehirns in seine fünf Hauptabtheilungen 
ist schon durch die Hautdecke hindurch wahrnehmbar. In Betreff 
der Einzelnheiten lässt sich aus den Schnittbildern folgendes ent- 
nehmen: 

Das vor den Augenblasen hegende Hemisphärenhirn ent- 
behrt noch jeglieher Theilung (Taf. VDX 3—9) , es umschliesst so- 
nach einen unpaaren Ventrikel, der sich nach rückwärts breit in die 
Zwischenhirnhöhle öffnet Seine Seitenwand setzt sich in die vordere 
"Wand des Augenblasenstieles fort, oberhalb des letzteren schhesst 



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104 Embryo «■ 

sie mit einer scharfen hervortretenden Kante ab (3, 4 und 5). Die 
Basis des Hemisphärenhirnes , unmittelbar über der Mundbncht 
liegend, zeigt bereits eine deutlich sich abgrämende mittlere Ab- 
theilnng als Anlage des Biechlappens (9), dieselbe ist noch nicht in 
zwei Seitenhälften getheilt 

Die Augenblasen stehen in weiter Communication mit der 
Hirnhöhle (7 und 8), ihre Aiissenfläche hat sich noch nicht zur 
Grube vertieft, und es ist der obere, frei sich erhebende Tbeü der 
Blasen convex (5 und 6) der unteren flach abgeplattet 

Das Zwischenhirn höher als lang, besitzt auf dem Durch- 
schnitte eine viereckige Gestand demnath sind an ihm zwei vordere 
und zwei hintere Seitenkanten zu unterscheiden (4—6). Die vor- 
deren Kanten treten mit ihrer oberen Hälfte selbstständig hinter 
der Hemisphärenkante hervor, mit ihrer unteren gehen sie. in den 
Augenblasenstiel über. Die hinteren Kanten, nahezu rechtwinklig, 
setzen sich oben von einem schmalen, die Verbindung mit dem Mittel- 
hirn herstellenden Zwischenstücke ab; in dem an die Sattelspalte 
stossenden unteren Theile sind sie durch eine breite Querfläche ver- 
bunden, aus welcher die cerebrale Hypophysenanlage noch nicht her- 
vortritt (6 — 8). Die vorderen und die hinteren Seitenkanten des 
Zwischenhirns entsprechen den Bildungen, welche ich auf der Stufe 
von A. und B. als vorderen und hinteren Schenkel bezeichnet habe 
(s. o.,S. 25). 

Das Mittelhirn ist in seinem oberen Theile ausgeweitet; seinen 
basilaren Abschnitt bildet eine schmale Leiste, und dieselbe Grund- 
form kehrt bei den sämmtlichen Abschnitten der hinteren Hirnhälfte 
wieder. Der Hemisphären th eil des Hinterhirne ist vom Mittelhirn 
durch einen schmalen Isthmus geschieden. Auch in der sonstigen 
Gonfiguration schliesst sich die hintere Hirnhälfte der bereits be- 
schriebenen Stufe von A. und B. an. Um Wiederholungen zu ver- 
meiden verweise ich daher einfach auf das S. 22 und 23 Gesagte und 
auf die Abbildungen der Tafel VTH. 

In der Ausdehnung der Bautengrube ist die Decke verdünnt; 
an den Schnitten 6 — 24 ist der verdünnte Theil nach der Höhle hin 
eingesunken. Diese Einsenkimg ist indess nachträglich entstanden, 
am intacten Präparate wölbte sich die Decke der Bautengrube nach 
Aussen hervor und sie hob sich infolge ihrer Durchsichtigkeit von 



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Nervensystem. Gehirn und Rückenmark. 105 

deren Seitenwand deutlich ab (VUL 1 und 2). Beim Einblick in 
die Rautengrube von hinten her nahm ich an der Seitenwand eine 
sehr regelmässige Querfaltung wahr. 

Das Rückenmark zeigt in Beinern Hals* und Rückentheile die 
Gestalt eines abgeflachten, dorsalwärts etwas verbreiterten Cylinders, 
seine Höhlung die einer Kreuzspalte. Im Beckentheile des Rücken- 
markes bleiben die sagittalen Durchmesser hinter denen der höher 
gelegenen Abschnitte weit zurück, und die Grundform des Quer- 
schnittes ist ein Dreieck mit etwas einspringenden Seitenrändern 
(VlH. 5 — 13). Die Ansicht des unzerschnittenen Präparates lasst 
eine kurz vor dem Steissende gelegene rautenförmige Verbreiterung 
des Rohres erkennen. 

Graue und weisse Substanz. Das Centralnervensystem 
besteht zur Zeit ans nicht viel mehr denn aus dem primären Zellen- 
rohr; nur in beschränkter Ausdehnung erscheinen an des letzteren 
Ausaenfläche die ersten Spuren weisser Substanz. Das Rückenmark 
ist in seinem unteren Dorsaltheile ausschliesslich aus radiär gestellten 
Zellen gebildet; im oberen Dorsaltheile sind die äussersten Lagen 
des Zellenrohres aufgelockert und bestehen aus Elementen von mehr 
gerundeten Formen. In den obersten überhaupt benutzbaren Schnitten 
(ungefähr von 20 ab) erkenne ich feine, die zellige Aussenschicht 
durchsetzende Radiarfäserchen, die indess die Oberfläche noch kaum 
genugsam überschreiten, um eine selbstständige zellenfreie Beleg- 
schicht zu bilden. 

Eine ausgeprägte wenn auch dünne Belegschicht findet sich im 
Bereiche der Medulla oblongata und des Hinterhirns; sie besteht 
ausschliesslich aus feinen, frei auslaufenden Radiarfäserchen, welche 
aus der Innenschicht des Zellenrohres herstammen. Die Wand dieser 
Gehirnabschnitte besteht demnach 1. aus der inneren Radiärzellen- 
schicht, 2. aus der Schicht aufgelockerter rundlicher Zellen und 
3. aus der zellenfreien Schicht der Radiarfäserchen. Eine Formatio 
amiata ist noch nicht zur Ausbildung gelangt Die Abscheidung 
einer rundzelligen Aussenschicht und einer zellenfreien Belegschicht 
sind in der einspringenden Rinne, welche die Seitenwand von Medulla 
oblongata und von Hinterhim bildet, am weitesten fortgeschritten, 
an der vorderen Längsleiste und an den beiden dorsalwärts liegenden 
Seitenleisten des Rohres verlieren sich jene Schichten. Auch wechselt 



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106 Embryo a. 

ihre Entwicklung in den verschiedenen Höhen des Gehirnrohres. 
Verhältnissmässig am erheblichsten zeigen sie sich in dem hinter 
der Gehörblase hegenden Abschnitte der Medulla oblongata. Nach 
aufwärts nimmt die weisse Belegschicht an Dicke ab und sie scheint 
an der Basis des Mittelhirns auszulaufen. 



Das peripherische Nervensystem. 

Das peripherische Nervensystem ist erst in seinen Ganglien- 
anlagen vorhanden und noch fehlt jegliche Spur von Wurzelfasern. 
Der Kopf zeigt die bekannten 4 Ganglienanlagen für Trigeminus, 
für Facialis-acusticus, für Glossopharyngeus und für Vagus. 
Die Hauptmasse des Trigeminusganglions erscheint als scharf um- 
gränzter ovaler Zellenhaufen neben der Brückenkrümmung des Hinter- 
bims (8, 9 und 10). Der Gehirnwand liegt er nur an einer Stelle 
(9) an, im TJebrigen befindet er sich dicht unter der Oberfläche und 
wölbt diese merklich empor. Die obere Ecke des Ganglions ver- 
längert sich in einen Strang welcher an die Augenblase herantritt, 
das vorderste Ende desselben kommt als Anlage des G. ciliare 
über den Stiel der Angenblase zu liegen (7, 6, 5). 

Das Ganghon acustico-faciale ist in den Schnitten 12 und 
13 zu sehen, unmittelbar vor der Gehörblase und neben dem Bande 
der Rautengrube. Das G. glossopharyngeum zeigt sich nur am 
Schnitte 17 dicht hinter der Gehörblase, während das schräg ge- 
stellte G. vagi sich durch mehrere Schnitte" (1 8— 21) hindurehzieht, 
derart dass es von den Schnitten 18 — 19 in seiner hinteren und von 
den Schnitten 20-«-21 in seiner vorderen Hälfte getroffen wird. 

Das Ganglion des Trigeminus liegt nach Aussen von der Haupt- 
vene des Kopfes, das Ganglion acustico-faciale, die Gehörblase und 
das G. glossopharyngeum berühren deren Innenseite; das G. vagi 
steht im Allgemeinen dorsalwärts vom Hauptstamm der Vene und 
in seinem oberen Theile auch mehr medialwärts, bei Schnitt 20 rückt 
indess die Kopfvene mehr in die Tiefe und kreuzt dabei das Vagus- 
ganglion. 

Von den Spinalganglien des Rumpfes fallen nur die dor- 
salen, etwa vom 2. bis zum 11., in das Querschnittgebiet. Sie er- 
scheinen als scharf umgränzte spindelförmige Massen, welche mit 



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Nervensystem. Das peripherische Nervensystem. Chorda dorsalis. 107 

ihrer Längsaxe annähernd sagittal stehen und mit ihrem dorsalen 
Pole die Rückenmarkswand berühren. Sie sind längsgestreift und 
auf beiden Seiten von Blutgefässen umfasst 

Im Beckentheile des Körpers sind die Ganglienanlagen noch 
nicht umgränzt; soweit ich an den, ihrer dicken and ihrer theilweise 
schrägen Schnittrichtung halber ziemlich ungünstigen Präparaten 
ersehe, so bilden sie lose Zellenhaufen im Winkel zwischen Horn- 
blatt, Medullarrohr und TJrwirbeln. 

Die Chorda dwsalü 

folgt als dünner Faden im Bereiche des Kopfes der Bückwand des 
Vorderdarmes und ist vom Gehirn durch einen schmalen Abstand 
geschieden, dann verlässt sie beim Uebergang in den Rumpf das 
Dannrohr, und wir finden sie weiterhin unmittelbar vor dem Rücken- 
mark zwischen diesem und der Aorta descendens liegend. Das obere 
Ende der Chorda doraalis erstreckt sich bis zur Rückwand der 
R.ATHKE'schen Tasche; nach abwärts habe ich die Chorda bis zur 
Steissspitze verfolgt* über eine weitere Fortsetzung derselben besitze 
ich keine Erfahrung. 

Sinnesorgane. 

Wie oben gezeigt wurde, ist das Auge in einfachster Anlage 
vorhanden. Die Augenblase steht noch auf der Stufe der primären, 
d. h. sie ist in weiter Verbindung mit der Hirnhöhle und nicht zur 
Schale vertieft Nur an der Basis macht sich als Beginn der Um- 
bildung zur Becundären Blase eine Abflachung der Aussenwand be- 
merkbar (ViU. 7 und 8). Das Hornblatt überzieht die Augenblase 
glatt und ist da, wo es deren Basis anliegt, etwas verdickt Eine 
morphologisch getrennte Linsenanlage existirt demnach noch nicht 

Die Gehdrblase ist von regelmässig eiförmiger Gestalt, in 
ihrer ventralen Hälfte von etwas grösserem Durchmesser als in der 
dorsalen (VLTL 14—16 und a 1 und 2). Ihre Höhe beträgt 0.4 mm, 
der Durchmesser des grösseren Querschnittes 0.3 mm, die Dicke der 
Wand 20—45 ft. Als erster Anfang der Riechgrube und des 
Nasenfeldes ist eine flache Vertiefung aufzufassen, welche seitlieh 



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vom Hemispharenhirn und von der Wurzel der Augenblase gelegen 
ist (VIII. 8 — 5). In ihrem Bereiche ist das Hornblatt verdickt 



Eingeweiderohr. 

Sämmtliche bei den Embryonen A. und B. vorhandenen Ab- 
schnitte des Eingeweiderohres sind ihrer Lage nach zwar erkennbar, 
aber noch in unvollkommenem Maasse von einander geschieden. 

Mundhöhle, Pharynx, Kehlkopf und Lungenanlage. 

Der Mundraum besteht aus dem über dem TJnterkieferfortsatze 
liegenden Vorraum und dem hinter dem ersten und zweiten Schlund- 
bogen gelegenen Mundhöhlengrund. Beide treffen unter einem 
rechten Winkel auf einander und von ihrer Verbindungsstelle aus 
tritt, noch gering an Tiefe, die Rathke'scIic Tasche hinter die 
Basis des Zwischenhims (TOI. 9). Nach abwärts geht der Mund- 
hohlengrund ohne scharfe Gränze in den Pharynx über. Der durch 
das Gebiet der vier Schlundbogen nach abwärts sich erstreckende 
Mundrachenraum erscheint als breit« Querspalte und er verjüngt 
sich bis zum Uebergang in den Halstheil nur massig. Die Rück- 
wand zeigt die von A. und B. her bekannten drei 
deren mittlere der vorderen Gehirnkante, deren seitliche den i 
Carotiden (Aortae descendentes) entsprechen (Vlil. a. 5). 

Bemerkenswerth sind die Verhältnisse der Vorderwand des 
Mundrachenraumes. Auf den durch einen medianen Einschnitt cha- 
rakterisirten Unterkieferbogen (VIII. 13) und auf ein an diesen sich 
anschliessendes kurzes Zwischengebiet (VDX 14) folgt in der Mittel- 
linie ein unpaarer Wulst, die Anlage der Zunge, neben der zwei 
Längsleisten mit eingeschlossenen Arterien (den 2. Aortenbogen) ver- 
laufen (15 und 16). Vor der unpaaren Lungenanlage und noch im 
Gebiete des zweiten Schlundbogens liegt ein epitheliales Hohlgebilde, 
die Anlage der Schilddrüse (VLU. 16). Von da an, nach abwärts 
erscheint der mediane Längswulst der Vorderwand durch eine tiefe 
Furche in zwei Längshälften geschieden (17 — 26) und die Furche 
läuft schliesslich aus in die zur Luftröhre und Lungenanlage füh- 



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Eilige weiderohr. 109 

rende Spalte (21 — 23). Die Constructionsbilder a. 3 und a. 6 zeigen 
die fragliche Gegend in der Profil- und in der Frontalansicht und 
es ergiebt sich ohne Weiteres, dass die Anlage der Zunge und die- 
jenige des Kehldeckels durch longitudinale Verwachsung zweier Hälf- 
ten sich bildet, welche ursprünglich durch eine von Epithel ausge- 
kleidete Furche geschieden waren. Des Weiteren ist aus den Schnitten 
18 — 20 zu ersehen, dass die beiden zur Zungen- und Epiglottisbildung 
verwendeten Leisten die Träger von Aortenbogen sind. Die Ver- 
wachsung der paarigen Leisten rückt von oben nach abwärts vor. 
Es wird zuerst das obere Ende der Furche vom Mundraum abge- 
schlossen und persistirt nun als epitheliale Schilddrüsenanlage. Die 
ursprünglich so hohe Lage dieser letzteren macht die Entstehung 
der neuerdings mehrfach discutirten Glandulae thyreoideae supra- 
hyoideae wohl verständlich. 

Da wo die Längsverwachsung der beiden Mittelleisten ihr Ende 
erreicht, nimmt der Kehlkopfraum seinen Anfang. Schilddrüse, Kehl- 
kopfanlage, Luftröhre und Lunge sind sonach aus derselben medianen 
Längsfurche der Vorderdarmwand hervorgegangen. Auf diese Furche 
war ich s. Z. schon bei meiner Arbeit über die Entwickelung des 
Hühnchens aufmerksam geworden '), allein ich hatte das obere Ende 
derselben für die Kehlkopfanlage gehalten, ein Irrthum der dann 
durch die Arbeit von A. Sebssel berichtigt worden ist s ) 

Die Kehlkopfanlage fällt zum Theil noch in den Bereich des 
4. Schlundbogens, zum Theil aber schon in das eigentliche Hals- 
gebiet. Die Lungenanlagen sind paarig und liegen hinter dem Vor- 
hofstheil des Herzens (V11L 22, 23 und a. 3 — 6). Dorsalwärts stehen 
sie mit der Oesophagusanlage noch in freier Verbindung. Dicht 
unterhalb derselben treten die beiden Ductus Cuvieri zum Herzen. 

Magen, Darm, Chatte und Allantoisyany. 
Der Magen ist von den Schnitten 24 — 22 in stark schräger 
Richtung getroffen, was für Benrtheilung seiner Gestalt und Lage 

1} Monogr. d. Hühnchens S. 144. Taf. XI, I. 7-11 u. II. 3 tu 4 u. Körper- 
form S. 74 u. 75. Man vergl. auch die Wachsmodelle Serie II. Nr. 1 1 u. 13 und 
III. Nr. 22 n. 23. 

2) Sbbssel, 1. c. S. 453. 



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HO Embryo «. 

nicht günstig ist Inders ist zu ersehen, dass er als Erweiterung 
des Eingeweiderohres bereits vorhanden ist und dass er tob der 
symmetrischen Stellung noch wenig abweicht Damach fehlt auch 
noch die Mesogastriumfalte, aus welcher später die Mil» hervorgeht, 
Wäre eine solche vorhanden, so müsste sie in der unteren Hälfte 
vom Schnitt 24 sichtbar sein. 

Das Duodenum charakteristrt sich durch die Abgabe des un- 
paarigen Leb er gange s (VTEf. 20, 19) und durch die etwas grössere 
Annäherung an die Axengebilde. Die Figuren 21 — 22 zeigen einen 
ringförmig diesen Darmabschnitt umgebenden Venenkanal ein Vor- 
gebilde der Vena portae, auf das ich später nochmals zurückkommen 
werde. Der Mesenterialdarm bildet bereits seinen Bogen nach 
der Abgangsstelle des Dannstieles hin und verhält sich im Uebrigen 
ähnlich wie später. 

Die Cloake ist absolut länger als. bei den Embryonen A. und 
B. und zugleich enger (Taf. Vm. a. 3). Während sie bei jenen 
über dem Gebiete des vierten Sakralsegmentes ihren Anfang nimmt, 
beginnt sie hier schon im Bereiche ,des ersten Sakralsegmentes und 
somit repräsentirt sie zur Zeit noch den gesammten Beckendarm. 
Die beiden in der Cloake zusammentreffenden Röhrenschenkel von 
Darm und Allantoisgang trennen sich später von einander in zu- 
nehmendem Maasse und verlängern sich auf Kosten der kürzer wer- 
denden Cloake. 

Schon früher bei Discussion der Schwanzfrage (S. 92) wurde 
hervorgehoben, dass im Gegensatz zu A. und B. der Embryo a. 
ein freies, von der Cloakenfortsetzung durchsetztes Körperende be- 
sitzt Wer die bauchwärts freie Umgränzung als Criterium eines 
ächten Schwanzes aufstellt, der kommt consequenter Weise dazu an 
Embryo « beinahe den ganzen Beckentheil so zu nennen und zu- 
gleich die Cloake als Schwanzdarm zu bezeichnen. Für die Klärung 
der Verhältnisse wird dadurch sicherlich Nichts gewonnen. 

In Betreff einer CloakenÖffnung ergaben die Schnitte Nichts 
absolut endgültiges. Zwei ziemlich weit auseinander stehende Stellen 
fallen dafür in Betracht, der TJmschlagswinkel des Beckenstückes 
(VTTT, 9) und das Steissende des letzteren (VTH 14). An ersterer 
Stelle tritt der Gränztheü von Cloake und Allantoisgang nahe zur 



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Eingeweiderohr. Leber. - 111 

Oberfläche heran. Am Endstück dagegen, das in einem schrägen 
Profil sich darsteUt, finde ich nnter dem Ende des Rückenmarkes 
eine vom verdickten Hornblatt ausgekleidete Bucht, von der es den 
Anschein hat, als ob sie das Cloakenende aufnehme. Da dies letz- 
tere nicht klafft und da das Innere des betreffenden Schnittstuckes 
nicht die präcisen Contourabgränzungen zeigt, welche zur Entschei- 
dung einer solchen Frage erforderlich sind, so kann ich meine ITeber- 
zeugung, dass hier die eigentliche Cluaken Öffnung bez. der für sie 
vorbestimmte Ort vorliege, nur als Vermuthung aussprechen. Es 
ist diese nahe am Steissende des Körpers befindliche Stelle diejenige, 
an der wir später den After finden, und sollte die Oeffhung in dieser 
frühen Zeit in den Beginn des Beckens an die Abgangsstelle des 
Urachus fallen, so bliebe jedenfalls die nachträgliche Verschiebung 
derselben schwer verständlich. 

Leber. 

Von einer Leberanlage im vollen Sinne des Wortes kann noch 
kaum gesprochen werden, insofern als jenes combinirte Doppelgerüst 
von Blutgefässen und. von Leberzellen, das später die Anlage cha- 
racterisirt, noch nicht besteht. Zwischen dem Venensinus des Her- 
zens und dem Magen liegt eine die beiden Seitenwandungen des 
Rumpfes verbindende Substanzbrücke, die sowohl mit der Wand 
des Venensinus als mit derjenigen von Magen und Duodenum ver- 
banden ist (ViU. 22 — 18). Der vordere Theil dieser Substanzbrücke 
zeigt quere Faserung und er ist als primäres Zwerchfell oder als 
Septum transversum zu bezeichnen. Der hintere Abschnitt da- 
gegen, der sich mehr oder weniger selbstständig gegen die Rumpf- 
höhle vortreibt, ist die Voranlage der Leber oder Vorleber. Iu 
ihren unteren Theil tritt vom Duodenum her der epitheliale Leber- 
gang ein (Vm. 19 — 20). Ich finde in der Vorleber noch kein Netz 
von Drüsenzellen , wohl aber ein solches von Blutgefässen. Letztere 
vermitteln die Verbindung des das Duodenum umfassenden Gefäss- 
ringee oder der Vena portarum mit dem unteren Ende des Herz- 
smus ; wenigstens vermag ieh von jenem die Venae ompbalomesen- 
tericae aufnehmenden Ringgefasse keine anderweitig ableitenden 
Gefässe zu erkennen. Die beiden Parietal- oder später Umbilieal- 



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112 Embryo a. 

venen gehen an der Vorleber vorbei zum Herzvorbof und treten mit 
ihr in keine Beziehung. 

Das oben beschriebene Stadium der Leberanlage erinnert in 
mehreren Hauptpunkten an dasjenige, -was kürzlich Köllikek in 
' zwei Durchschnittsbildern von 4 mm langen Kaninchenembryonen 
dargestellt hat.') Auch Köllikek hat eine der Parenchymzellen ent- 
behrende, mit der Kumpfwand verbundene Leberanlage gesehen, in 
welche ein anfangs einfacher Lebergang eintritt. Er nennt jene 
Anlage „Leberwulst", ein Ausdruck, den ich lieber für die an der 
Ausaenfiache bemerkbare Hervortreibung der embryonalen Leber 
reservire. Köllikek hebt auch hervor, dass zwar die Vv. omphalo- 
mesentericae, nicht aber die Nabelvenen mit der Vorleber in Bezie- 
hung stehen. Das Binggefäss, in das die ersteren eingeben, hat er 
nicht gesehen. 

Von einer Pankreasanlage vermag ich bei dem Embryo a. 
keine Spur wahrzunehmen. 



Urnlerensystem. 

Die TTrniere ist in ihrer ganzen Länge angelegt und sie be- 
findet sich bereits in einer gegen den Bauchraum vorspringenden 
gerundeten Längsleiste. Der obere Theil zeigt S förmige gebogene 
Kanäle (Vffl. a. 8), an denen indess das Kapselstück noch nicht * 
von Gefässknäueln eingestülpt erscheint Letztere sind überhaupt 
erst insoweit angelegt, als an der medialen Hälfte der TJrnieren- 
leiste dichtere Zellenanhäufungen hegen, in welche man kleine Zweige 
der Aorta eintreten sieht. 

Die untere Hälfte der Urnierenleiste umschliesst anstatt der 
gebogenen Böhrehen einen sehr weiten und dickwandigen Kanal 
(VJil. a. 9), der den Baum der Leiste zum grösseren Theil ausfüllt 
Die Wanddicke desselben beträgt fast das Doppelte von derjenigen 
des späteren WoLPF'schen Ganges. Auch bei dem noch jüngeren 
Embryo M fallt der primitive TJrnierengang durch seine bedeutende 



1) Entwickelungsgeach. S. 8S4 u. 886. Man vergl. besonders Köllikeb'b 
Flg. 540 mit meiner Figur VIII. 20. 



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Urnierensyatem. Gefaaaaystem. Herz. 118 

Mächtigkeit auf. Wäre die Frage der Entstehung der TJrnierenkanäl- 
chen noch angelöst, so würde ich aus. obigem Befunde schliessen, 
dass die Kanälchen aus dem primitiven Gang durch Verdünnung 
und Faltung seiner Wand entstehen. Bei dem gegenwärtigen Stand 
der Frage ist indess der Schluss nicht mehr berechtigt, denn wenn 
für die sämmüichen Wirbelthierklassen bis zu den Säugethieren 
herauf die Abstammung der Kanalanlagen aus dem Epithel der TJr- 
nierenleiste nachgewiesen ist, so kann nicht für den Menschen ein 
abweichender Bildungsmodus angenommen werden. Bis jetzt hin 
ich bei keinem meiner menschlichen Embryonen auf Bilder gestossen, 
welche selbstständige Entstehung der Uraierenkanälchen zu zeigen 
vermochten. 

Der WoLPp'sche Gang tritt unterhalb des Darms in geschwun- 
genem Bogen in den Beckentheil des Körpers und er mündet hier 
in die Seitenwand der Cloake ein (VW. 8 u. 03). Von einem neben 
der Einmündungsstelle abgehenden Blindsack habe ich keine An- 
deutung gesehen, 



Gefägssystem. 

Hers. 

Von der Entwicklungsstufe des Herzens giebt die äussere An- 
sicht (Vm. 1 u. 2) die beste Vorstellung. Auf eine vollständige 
Wiedergabe der Schnitte habe ich' verzichtet, weil mir bei einigen 
die Orientirung zweifelhaft blieb. Die Grundform des Herzens ist 
die bekannte des schleifenförmig gebogenen Rohres. (Der Vorhofstheil 
beginnt mit einem dem Septum transversum anhaftenden flachen 
Sinus (19—21), in den von unten her die beiden Nabelvenen ein- 
münden. Dann erweitert er sich und zeigt zwei starke Herzohren 
(20—17); seine Verbindung mit dem Ventrikeltheil wird durch einen 
Ohrkanal vermittelt, dessen Lichtung durch zwei Endocardialkissen 
zu einem schmalen Querspalte verengt ist (17, 18). Auch im 
Bulbustheil steht das innere Rohr weit von der Aussenwand ab, 
und der Zwischenraum ist von einer losen Bindesubstanzschicht 
erfüllt 



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Art er teils y stein. 

Vom unteren Rand des Unterkieferfortsatzes ab, bis zum vier- 
ten Schlundbogen hin, hängen die Seitenwandungen der Parietal- 
höhle noch mit der Kopfwand zusammen (VM. 14 — 26). Denken 
wir uns den Kopf aufgerichtet, so tritt der Aortenbulbus in schräg 
geneigter Richtung vor den zweiten und dritten Schlundbogen herab. 
Er zerfällt hier in fünf Stämme, die divergirend auseinander treten 
(VIII. a. 4 und a. 7). Der oberste, die A. masillaris externa ver- 
läuft längs des zweiten und ersten Schlundbogens und endet in 
letzterem, ohne die Aorta descendens zu erreichen (16 — -13). Der 
zweite Stamm tritt in die Tiefe und geht dem Boden der Mund- 
höhle entlang nach aufwärts (A. lingualis) ; er entsendet (VDX 14) 
ein Bogengefass zur Aorta cephalica descendens oder Carotis in- 
terna. Der dritte und der rierte Stamm, Anfang der Carotis in- 
terna und Arcus Aortae, treten nach kurzem Verlauf um die Seiten- 
wand des Pharynx herum in die absteigende Aorta (Vm. 17, 18, 2t). 
Der fünfte dagegen tritt neben der Kehlkopfrinne herab und ist bis 
in die Nähe der Lungenanlage zu verfolgen (Vm. 20 — 23). Eine 
bogenförmige Verbindung desselben mit der Aorta descendens habe 
ich nicht gefunden, ohne deshalb ihr Vorhandensein leugnen zu 
wollen. Das fünfte Aortenpaar besitzt noch nicht, wie bei A. und 
B., ein unpaares Anfangsstück. 

Die beiden absteigenden Aorten treten dorsalwärts vom Pha- 
rynx und vom Oesophagus herab und gelangen wenig oberhalb der 
Magenhöhe zur Vereinigung in der Mittellinie (VHL 25, 26). Eine 
nachweisbare Ungleichheit zwischen rechtem und linkem Stamme 
besteht nicht. — Die Wiedertrennung der Aorta descendens in die 
beiden Nabelarterien erfolgt unterhalb des Anfangstheiles der Cloake, 
(VDX 6), und dieselben treten mm mit S förmiger Biegung neben 
der Cloake empor und gehen in Begleitung des Urachus in den 
Bauchstiel über. 

Venensystem. 

Die Jugularvenen und ihr Wurzelgebiet, sowie die Cardinal- 
venen verhalten sich wie bei A. und B.; ein ihre beiden Zuflüsse 



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Gefäss system. Venen. 115 

sammelnder Ductus Cuvieri führt in den Sinustheil des Herzvor- 
hofes. Von unten her treten in den letzteren die beiden Umbilieal- 
venen, welche, vom Bauchstiel kommend, in der Seitenwand empor- 
gestiegen und an der Vorleber vorbeigetreten sind, ohne mit ihm 
sich zu verbinden (20 — 22). 

Längs des oberen Schenkels des Mesenterialdarmes treten zwei 
Venae omphalomesentericae in den Körper ein. Am Duodenum 
münden sie in ein diesen Darmabschnitt ringförmig umgebendes 
Gefäss, den Ringsinus ein, dessen vordere und hintere Hälfte an 
den Schnitten 21 und 22 zu sehen sind. Von diesem Ringgefäss 
aus sieht man Gefässe in die Vorleber treten, und erst auf dem Um- 
wege durch dieses Organ gelangt das Blut zum Herzsinus, der nach 
vorn davon die TJmbilicalvene aufnimmt. Die Existenz des duode- 
nalen Venenringes erklärt den so eigentümlichen Weg, den später- 
hin die Vena portae um das Duodenum herum beschreibt. Von dem 
symmetrisch angelegten System erhalten sich die linke V. omphalo- 
mesenterica und die rechte Ringhälfte. Der in die Leber tretende 
Theil der letzteren tritt secundär mit der Umbilicalis destra in Ver- 
bindung. 



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Embryo M. 

(Kürperlänge 2.6 mm.) 



Das werthvolle Präparat, das der nachfolgenden Beschreibung 
zu Grunde liegt, ist mir vor längeren Jahren (so weit ich mich 
entsinnen kann 1863) durch Herrn Prof. Mieschek Vater über- 
geben worden. Es war. ein völlig frischer Abortus. Die ausgestossene 
Uterusschleimhaut war von nur massiger Dicke und bildete einen 
schlaffen Sack, in dessen Wand schon äusserlich eine Anschwellung 
bemerkbar war. Diese Anschwellung eröffnete ich von der Aussen- 
seite her und fand darin das rings von Zotten umkleidete, etwa 
erbsengrosse Ei, dessen Durchmesser (am Spirituspräparate) 7tyj bis 
8 mm betrug. Der im letzteren eingeschlossene Embryo zeigt« sich 
vom Amnion dicht umschlossen, der Nabelblase noch unmittelbar 
anliegend und durch einen aus der hinteren Körperhälfte hervor- 
tretenden kurzen Stiel mit dem Chorion verbunden. Ich habe da- 
mals das Präparat als Sammlungsstück aufgestellt und es alljährlich 
zur Demonstration bei den Vorlesungen benutzt Anlässlich einer 
dieser Demonstrationen wurde der vom Embryo zum Chorion hin- 
gehende Stiel zerrissen. Bei meiner Uebersiedelung nach Leipzig 
ist das Präparat (Catalognummer H. h. 1) in der Basler Sammlung 
zurückgeblieben, und wenn ich gleiehwohl im Stande gewesen bin, 
dasselbe erschöpfend zu bearbeiten, so verdanke ich dies der grossen 
Gefälligkeit und Liberalität des Herrn Collegen Kollmann, der mir 
dasselbe zur unbeschränkten Benutzung überlassen hat ')• — Alle 
meine Zeichnungen und Photographien sind in neuerer Zeit aufge- 
nommen und beziehen sich auf ein Präparat, das seit etwa 15 Jahren 



1) Ueber die Decidua des Eies vergl. man Kollmak» menschl. Eier von 
m Grösse. Arch. f. Amt. u. Phys. anat. Abth. 1879 S. 275 u. f. 



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Embryo M. 117 

in Alkohol gelegen hat was für die Vergleichung mit frischen, oder 
mit anders behandelten Präparaten wohl zu beachten ist. 

Taf. I. Fig. 5 stellt den Embryo bei 40 facher Yergrösserung 
von der rechten, Fig. 6 von der linken Seite dar. Die Zeichnungen 
sind mit dem Prisma theils direct nach dem Präparate, theils nach 
den bei 2 und bei 4faeher Vergrösserung aufgenommenen Glas- 
photographien entworfen. Der Körper des Embryo ist nach vorn 
etwas zusammengekrümmt und zugleich schwach um seine Axe ge- 
dreht, derart, dass das Kopfende nach links, das Beckenende nach 
rechts sich wendet. Die Rückenwölbung ist sehr gleichmassig, noch 
ohne besondere Ausprägung eines Nackenhöckers. Der Vorderkopf 
ist nach vorn übergebogen, derart dass sein Scheitelende bereits vom 
MittelMm gebildet wird. Unter dem Vorderkopf befindet sich ein 
tiefer Einschnitt der den Eingang zur Mundbucht bezeichnet und 
der nach rückwärts in die Augennasenrinne ausläuft. Unterhalb 
der Mundspalte folgt ein breiter Unterkieferfortsatz, durch eine Furche 
vom zweiten Schlundbogen abgetrennt, und auch die hintere Gränze 
dieses letzteren ist noch wahrzunehmen. Dagegen ergiebt die Aus- 
senbesichtigung über den dritten und vierten Bogen keine scharfen 
Anschauungen, obwohl deren Existenz durch die nachher zu bespre- 
chenden Durchschnittsbilder festzustellen ist Es ist eben zu beachten, 
dass die Beobachtung dieser äusseren Formen nicht direct, sondern 
durch das Amnion und durch die an dessen Innenfläche vorhandenen 
leichten Gerinnsel hindurch stattfinden musste. Die Anlage des 
Herzens tritt als breiter quergelagerter Wulst aus der vorderen Leibes- 
fläche hervor; ihre rechtsseitige Fortsetzung geht als Aortenbulbus 
nach oben und erreicht noch den Band des Unterkieferfortsatzes. 
Dem Vorhofstheile des Herzens gehört eine Auftreibung an, welche 
tiefer als der Hinterkopf an der seitlichen Wand bemerkbar ist. 
Gleich unterhalb des Herzens tritt aus dem eine Längsspalte bilden- 
den Leibesnabel die Nabelblase hervor, welche etwas eingesunken 
und birnförmig von Gestalt ist Das Beckenende des Körpers 
ist hackenförmig nach vorn umgeschlagen, und wegen der Axen- 
drehung von der linken Seite her gar nicht zu sehen. 

In der unteren Hälfte des Rumpfes erkennt man vier neben 
einander liegende Längsleisten, von denen zwei, die Medullar- 
nnd die Urwir belleiste der Stammzone, die beiden übrigen, die 



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118 Embryo M. 

WoLFF'sche und die Randleiste der Parietalzone angehören. Von 
Extremitätenanlagen ist Nichts sichtbar. Die Urwirbelgliederung ver- 
mag ich zwar nur längs einer kurzen Strecke in der linken Körper- 
ansicht wahrzunehmen, indessen treten hierfür die Durchschnittsbilder 
ergänzend ein, und sie zeigen dass die Segmentation in der ganzen 
Ausdehnung des Rumpfes durchgeführt ist Um wenigstens eine 
annähernde Regionenbestimmung zu erhalten, habe ich (Taf. VH. M. 4) 
unter Zugrundelegung der aus Schnitten und Aussenbesichtigung er- 
mittelten Urwirbellängen den Rumpf in 35 Segmente eingetheilt. 
Daraus ergiebt sich jedenfalls soviel, dass der Bauchtheil in das Ge- 
biet der unteren Biegung fällt und dass das nach vorn umgeschlagene 
Stack mehr denn den ganzen Beckentheil umfasst. 

Unter der Austrittsstelle der Nabelblase und Über der Spitze 
des Steissendes durch tritt eine Fortsetzung der Bauchwand und 
sammelt sich nach rechts von jenen Theilen zu dem dicken Bauch- 
stiel, auf dessen Querschnitt man von der rechten Seite her direct 
hinsieht (Fig.5). Das Amnion, welches den Embryo ziemlich knapp 
umkleidet und das auch das Herz überspannt, inserirt sich an der 
Wurzel des Bauchstieles. 

Die Maassc sind folgende: 
Grösste Länge in gerader Richtung gemessen .... 2.6 mm 
Vom Scheitel bis hinter dem Unterkieferfortsatz ... 0.7 „ 

Vom Scheitel bis hinter das Herz 1.4 * 

Höhe der Nabelblase bei ihrem Austritt aus dem Leibesnabel 0.6 „ 

Maximale Höhe derselben 1.7 „ 

Länge derselben 2.6 „ 

Länge des Hinterleibes von der Austrittsstelle der Nabel- 
blase ab gemessen 0.6 ., 

Ich habe den Embryo nach vorangegangener Färbung mikrotomirt, 
und bei etwas stark geneigter Schnittrichtung daraus im Ganzen 24 Schnitte 
erhalten, von welchen die beiden Endschnitte 1 nnd 2 ziemlich dick, ca. 
0.2 mm, ausgefallen sind. Die Schnitte l — 15 haben die Dicke von 0.1, 
die Schnitte 16 — 23 die von 0.066 mm. Mit Ausnahme von zwei un- 
wesentlichen (18 und 24) sind die 40fach vergrösserten Schnitte auf 
Taf. VI. zusammengestellt, und ich habe mich bei der Wichtigkeit und 
Seltenheit des Objecto bemüht, dasselbe möglichst auszunutzen und in 
den Zeichnungen alles das mit anzugeben, was die Controlle mit stärkerem 
System bestanden hat. Ungünstig für manche Einzelnheiten hat sich der 



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Umstand erwiesen, dass das Präparat von zahlreichen Krystallen durch- 
setzt war. Auch zeigten sich die Wandungen des Medulfarrohres- gefaltet 
und in ihren histologischen Elementen unzweifelhaft verändert. 



Nervensystem. 

Das Medullarrohr ist in seiner ganzen Länge geschlossen 
und erstreckt sich als ein im Ganzen abgeflachter Strang vom Stirn- 
bis zum Steissende hin, in einer Länge von ca. 5 mm, wovon ca. 1.8 mm 
oder rund i/j auf das Gehirn kommt. Schnitt 1 (Taf. VII, in) zeigt 
drei hinter einander liegende Anschwellungen des Gehirns, welche als 
Hinterhirn, Mittelhirn und Zwischenhirn zu verstehen sind. Die 
grosse Breite des oberen Endes entspricht der Rautengrubenanschwel- 
lung des Hinterhirns, die mit ihrem abnehmenden Theil auch in 
Fig. 2 noeh einmal wiederkehrt, hier von den beiden geschlossenen 
Gehörblasen eingefasst. Der Hemisphärentheil des Torderhirns 
erscheint an den Schnitten' 3 und 4, durch seine grössere Breite vom 
Zwischenhirn unterschieden; noch fehlt die mediane Theilung seiner 
beiden Seitenhälften. Die vom Hirn durch tiefe Furchen abgesetzten 
Augenblasen sind an ihrer Aussenfläche convex und von einer Linsen- 
anlage ist Nichts zu erkennen. Breite und Tiefe des Medullarrohres 
nehmen beim Uebergang aus dem Gehirn in den Rückenmarkstheil 
erheblich ah. Im Rückenmarkstheile selbst ist die Caliberabnahme 
eine sehr allmählige. 

Vom peripherischen Nervensystem lassen die Schnitte 
höchstens Andeutungen der Ganglienanlagen erkennen in Form von 
Zellenanhäufungen neben der oberen Kante des Medullarrohres. — 
Peripherische Nervenstämme sind ebenso wenig zu sehen, als eine 
weisse Substanz von Gehirn und Rückenmark. 

Die Chorda reicht mit ihrem oberen Ende bis an die Rück- 
flache des Zwischenhirns (Fig. 2), ihr unterer Theil geht in das 
nach vorn umgebogene Beckenstüek über (Fig. 22 und 19) ; ihr Ende 
vermag ich wegen der ungünstigen Schnittrichtung nicht zu ver- 
folgen. Die Rückfläche der Chorda liegt noch allenthalben der vor- 
deren Kante von Gehirn und Rückenmark an, dagegen ist die Ver- 
bindung mit der Dannwand aufgehoben, und es besteht ein Zwischen- 
raum von wechselnder Breite zwischen beiden Bildungen. Das 



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Minimum dieses Zwischenraumes fällt auf den Eopf, das Maximum 
io die Höhe der Nabelblase. 



Emgeweiderohr. 

' Den Zugang zum Eingeweiderohr bildet die vom Stirntheil des 
Kopfes, sowie von den Ober- und TJhterkieferibrtsätzen umgebene 
Mundbucht. Dieser Zugang führt dlrect in den als breite Querspalte 
angelegten Vorderdarm oder Mundrachenraum. Die Rückwand des 
letzteren wird von drei Längsleisten, der medianen Chordaleiste und 
zwei lateralen Aortenleisten gebildet. Nach beiden Seiten hin buchtet 
sich die Höhlung zu den 4 Schlundspalten aus, von denen die 1. an 
Schnitt 3, die 2. an Schnitt 4, die 3. an Schnitt 5 und die 4. an 
Schnitt 6 sichtbar ist Aeussere Furchen treten deu inneren ent- 
gegen, eine Oeffnung beider in einander seheint nur bei der vierten 
(Schnitt 6) vorhanden zu sein. 

Die Vorderwand des Mundiachenraumes zeigt eine mediane 
Längsrinne (Schnitt 4 — 8). Nach abwärts verjüngt sich die Lich- 
tung und wandelt sich hinter dem Herzvorhof in einen Sagittalspalt 
um (9 — 11), der dann weiterhin (12) in die Nabelblase sich öffnet 
Es ist nicht leicht die einzelnen Anlagen des Vorderdarmes scharf 
aus einander zu halten. Die Zungenanlage, welche nach den früher 
gemachten Erfahrungen hinter dem Aortenbulbus, in der Höhe vom 
zweiten und dritten Schlundbogen liegt, muss in Schnitt 4 und 5 
enthalten sein (vergl. auch Taf. Vn. M. 4), Die Anlagen von Kehl- 
kopf, Trachea und Lungen sind in den Schnitten 6 — 9 oder 10 zu 
suchen. In letzteren Schnitt fällt wohl auch der Bereich des Magens. 
Als Lebergang glaube ich den epithelialen Kanal ansehen zu müssen, 
der in Schnitt 11 zur vorderen Rumpfwand tritt. Ist diese Inter- 
pretation richtig, dann muss der zu 11 gehörige Darmabschnitt schon 
Duodenum sein. Von 12 ab öffnet sich das Rohr in die Nabelblase 
und wir gelangen nunmehr in das Gebiet des Mesenterialdanns. 
Entsprechend der Seitwärtsbiegung der Nabelblase zeigt dieser Dann- 
abschnitt eine Verschiebung nach links (VII. M. 3). Die weitere 
Fortsetzung des Darmes erscheint wiederum geschlossen und mit 
cylindrischer Lichtung versehen (16—20). Die Umbiegung des Rohres 
und der Uebergang in das nach vorn umgeschlagene Beckenstück 



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Eingeweklerobr. 121 

muss auf Schnitt 21 kommen, der allerdings etwas defect ausgefallen 
ist Bei 22 nämlich liegt schon der Chordaübergang, bei 20 sind 
vorderer und hinterer Röhrenschenkel durch die Bauchhöhle von ein- 
ander geschieden. 

Die Fortsetzung des vorderen Röhrenschenkels führt einerseits 
zur Cloake, andererseits zum Allantoisgang. Bei 19 beginnt 
die Abzweigung des Allantoisganges, er tritt hier zwischen die beiden 
Aortenforteetzungen, die Aa. umbilicales und steigt, von diesen be- 
gleitet an der vorderen Bauchwand empor bis zu den Schnitten 15 
und 14, in welchen er nach rechts abbiegt und zugleich mit den 
Arterien in den Bauchstiel übertritt Die Cloake geht als Becken- 
abschnitt des Darmes nach vorn in die Höhe und erstreckt sich bis 
in die Nähe des Steissendes. Wegen der schrägen Schnittrichtung 
und der etwas unscharfen Organcontouren ist das genauere Detail 
der hier in Betracht kommenden Schnitte 16 — 18 schwer zu deuten, 
allein ich finde durchweg ein inneres Rohr und besonders deutlich 
tritt dasselbe am Endschnitte 16 zu Tage. 

Biegungen der Darmaxe. Die Rückwand des Darmes hegt, 
wie schon oben erwähnt, stellenweise der Chorda nahe an, stellen- 
weise entfernt sie sich von ihr. Im Bereich des Kopfes folgt sie 
ihr, ziemlich dicht anliegend bis in die Höhe der unteren Schlund- 
bogen, dann biegt sie von ihr ab und erreicht einen Abstand von 
ca. 0.13 mm. In den Zwischenraum rücken von beiden Seiten her 
die absteigenden -Aorten, die dann in der Höhe der Nabelblase zu- 
sammentreffen. Hinter der Nabelblase entfernt sich auf kurze Strecke 
die Darmrinne von der Chorda bis auf einen Abstand von 0.4 mm 
und hier ist auch bereits ein eigentliches Mesenterium zur Ausbil- 
dung gelangt ; dann aber rückt das Rohr wieder der Chorda zu und 
es hält sich bis zur Umbiegungsstelle in einem Abstände von etwas 
über 0.1 mm von dieser. 

Von seitlichen Ausbiegungen der Darmaxe sind zur Zeit nur die 
nach links gerichtete in der Höhe der Nabelhlase und die nach 
rechts gerichtete des Beckendarmes vorhanden. 

Darmwand. Die epitheliale Auskleidung des Eingeweiderohres 
ist in der ganzen Ausdehnung erhalten, an den Schnitten 11 — 14 
hat sie sich etwas von der Faserwand abgelöst Eine ringsherum 
selbstständige Faserwand besitzt das Eingeweiderohr erst nach sei- 



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122 Embryo M. 

nem Uebergang in den Rumpf vom Schnitte 9 ab; weiter oben ist 
dieselbe von der Körperwand ungesondert. Auch der Allantoisgang 
besitzt keine selbstständige Faserwand, und ebenso scheint das 
Cloakenrohr einfach in die umgebende Substanz eingelassen. 

Urnierensystem. 

Zwischen der seitlichen Leiheswand und der z. Z. noch sehr 
breiten Wurzel des Gekröses bildet die Rückwand der Bauchhöhle 
eine niedrige Längsleiste, die mit einer epithelartigen Zellenschicht 
bekleidet ist Der untere Theil der Leiste enthält die Umieren- 
anlage, die sich als Zellencylinder von verhältaüssmässig bedeutender 
Dicke (25—35 fi) darstellt. Nach hinten und lateralwärts davon liegt 
die noch sehr enge Cardinalvene. Das untere in den Beckentheil 
übergehende Ende der TJrnierenanlage entzieht sich an meinen Schnit- 
ten der Beobachtung, das obere Ende des Zellenrohres reicht nicht 
soweit als die Urnierenleiste, es verjüngt sich etwas und oberhalb 
des Schnittes 13 ist es nicht mehr zu sehen. Die Fortsetzung der 
Leiste aber reicht bis zur Decke der Rumpfhöhle herauf. 

Gefiwssy stem. 

Herz. Die vordere Wand des Vorderdarmes bildet eine con- 
cave Einbiegung, in welche sich das Herz derart einlagert, dass ihr 
oberer Theil etwa im Drittheil der Biegung den Aortenbulbus auf- 
nimmt, während der Vorhof und die zu ihm hintretenden grossen 
Venenstämme den grösseren unteren Abschnitt derselben ausfüllen, 
Der quer gelagerte Ventrikel besitzt keinerlei Gekröse mehr und ist 
durch den Vorhof von der Dannwand abgedrängt. 

Das obere Ende des Bulbus zeigt Schnitt 5 im Querschnitt; 
auf diesen und auf den darüberliegenden Schnitt 4 fallen die Ab- 
gangsstellen der drei obersten Aortenbogen. Bei Schnitt 6 erscheint 
der Bulbus mit starker Winkelbiegung, und er überschreitet nicht 
unbeträchtlich die Mittellinie nach rechts, ein Verhalten, das zum 
Theil vielleicht auf eine Verschiebung des Herzschnittes zu beziehen 
ist Bei Schnitt 7 ist das Herz grossentheils verloren, dagegen ist 
hei Schnitt S die Abgangsstelle des Bulbusrohres zugleich mit einem 



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GefässBystem. 123 

Stück Ventrikel und Vorhof getroffen. Die untere Wand des Ven- 
trikels mit ihren netzförmigen Wandvorsprüngen zeigen die Schnitte 
10 und 11. 

Das obere Ende des Vorhofes erseheint schon am Schnitte 7, 
in derselben Höhe wie der 5. Aortenbogen, hier liegt es noch bei- 
nahe frei der Wand des Vorderdarmes an. Bei Schnitt 8 besitzt 
der Vorhof sein von der Vorderdarmwand abgehendes Gekröse, der 
hintere Theil der Vorhofshöhle bildet eine schmale Querspalte. Die 
folgenden beiden Schnitte zeigen die Bildung der Ductus Cuvieri 
und deren Uebergang in den Vorhof, somit auch den Anschluss der 
Herzwand an die Leibeswand, und bei 11 erscheinen die beiden der 
Nabelblase entstammenden Dottervenen. 

Arterien. Der Endothelialschlauch des Herzens entsendet aus 
»einem oberen Ende jederseits 5 Stämme, die, soweit ich entnehmen 
kann, bereits alle angelegt und noch alle durchgängig sind. Man ist 
zur Beurtheilung dieser Verhältnisse natürlich auf Combination der 
verschiedenen Schnittbilder angewiesen. Die vorderen drei Schlund- 
bogen werden von den Schnitten quer getroffen und ihre Aorten- 
stämme erscheinen demnach im Durchschnitt Der erste Bogen bei 
5, 4, 3 und 2, der zweite bei 4 und 3, der dritte bei 4. Die Ueber- 
gänge dieser Bogen in die absteigenden Aorten können , da die Ge- 
fässdurchmesser nur etwa der halben Schnittdicke gleichkommen, 
nicht in freier Durchsicht zur Anschauung kommen, sondern blos 
als helle Streifen, und in eben der Weise werden auch die unteren 
beiden Bogen sich characteriairen. Es fallen die TJebergänge 
der ersten Bogen auf Schnitt ...... 2 

„ zweiten „ „ „ 3 

„ dritten „ „ „ 5 

„ vierten „ „ „ 6 

„ fünften „ „ „ 7 

Die absteigenden Aorten sind bis zu Schnitt 5 beiderseits gleich 
weit; vom 6. Schnitt, d. h. vom Uebergang des 4. Bogens ab ist ein 
sehr auffälliger Caliberunterschied; der etwas flachgedrückte 
linke Stamm ist mehr denn noch einmal so breit als der rechte; 
daraus ist zu schliessen, dass auch der linke 4. Bogen schon jetzt 
an Durchmesser dem rechten sehr überlegen ist Das Verhalten er- 
scheint unschwer verständlich, wenn man bei Schnitt 6 beachtet, 



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124 Embryo M. 

dass der 4. linke Bogen in der geraden Verlängerung des Aorten- 
bulbus, der 4. rechte dagegen fast senkrecht von diesem abgehen 
muss. Wie aus dem Verhalten der Embryonen A-, B. und a. sich 
ergiebt, so verwischt sich der Calibernnterschied der beiderseitigen 
Aorten später wieder. 

Bei Schnitt 12, d. h. in der Höhe der NabelblasenÖffhung, 
treffen die beiden absteigenden Aorten in der Mittellinie zusam- 
men, verlaufen aber noch ein Stück weit neben einander, ohne mit 
ihrer Lichtung zu verschmelzen. Das wirklich gemeinsame Stock 
ist nur kurz, von 14 bis 16 reichend, dann theilt sich der Stamm 
wieder in zwei gleiche Aeate, welche vor der Chorda herabgehen, 
bei Schnitt 21 nach vom umbiegen und nun längs der vorderen 
Bauchwand als Aa. umbilicales neben dem Allantoisgang empor- 
steigen und bei 14 in den Bauchstiel abbiegen. Für die NabelblaS» 
ist die doppelte A. omphalomesenterica bestimmt, welche von 
Schnitt 15 in grösserer Ausdehnung getroffen worden ist. Von 
eigentlichen Kflrperarterien habe ich ausser den Aorten und ihren 
Zuflüssen Nichts zu sehen vermocht. 

Venen. Das Venensystem ist in seinen Grundzügen vollstän- 
dig angelegt-. An den Durchschnitten des Kopfes erkennt man als 
Wurzeln der Jugularvenen kleine Stämme, welche neben dem Ge- 
hirn herabsteigen und andere, welche mehr im seitlichen Theile der 
Kopfwand gelegen ■ sind. Erstere gehen mit ihren unteren Enden in 
letztere über. An den Rumpfdurcbschnitten treten allgemein zwei 
Längssysteme in Erscheinung; das innere schwächere ist das System 
der Jugular- und Cardinalvenen, deren Lage ursprünglich auf 
die Gränze von Stammzone und Parietalzone fällt. Das zweite oder 
Parietalvenensystem (Ductus Cuvieri und Vv. umbilicales) liegt 
in der Seitenwand des Rumpfes, nahe an der Umbiegungsstelle der 
letzteren in das Amnion. Ductus Cuvieri und Vv. umbilicales errei- 
chen nahe beisammen den unteren Theil des Vorhofssinus (VI. 10). 
In den Ductus Cuvieri ist zuvor der vereinigte Stamm der Jugu- 
larvene und Cardinalvene eingetreten, welcher in der Seitenwand 
des Körpers nach vorn gelangt war (VI. 9). 

Die unteren Parietalvenen haben doppelten Ursprung. Ein 
starker Stamm (ob einfach oder doppelt ist zweifelhaft) kommt 
aus dem Bauchstiele (VI. 16, 15 u. 14) und speist die beiden auf- 



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GeftuBByrtem. 125 

steigenden Parietalvenen. Ausserdem aber treten aus dem unterhalb 
des Bauchstieles gelegenen Körperabsehnitte zwei Venenstämme her- 
auf (VI. 17 — 20), welche wahrscheinlich bis in den umgeschlagenen 
Beckentheil des Körpers sich, erstrecken. 

Pur die Vv. omphalomesentericae halte ich zwei in der Nabel- 
blase (VI. 13 u. 12) sichtbare Gefässstämme, welche bei ihrem wei- 
teren Aufsteigen das Septum transversum erreichen und diesem 
folgend zum Vorhofssinus sich hinbegeben. Indem die fraglichen 
Venen an das Septum transversum treten, gelangen sie hinter die 
vom Darm abgehende Epithelspalte (VI. 11), welche oben als An- 
lage des Leberganges gedentet wurde. Bemerkenswert!! ist ferner 
der bogenförmige Gefässraum, welcher bei VI. 10 die Wand des 
Vorderdarmes umfasst und von dem auch bei Schnitt 11 noch Reste 
sichtbar sind. Es war mir dieser Baum erst sehr räthselhaft ; nach 
Durcharbeitung des Embryo a ist mir indess verständlich geworden, 
dass er den Anfang des ringförmigen Sinus darstellt, der bei jenem 
Embryo das Duodenum umkreist, und in den von unten her die Vv. 
omphalomesentericae einmünden (Ringsinus). Es stehen bei Em- 
bryo a die letztgenannten Venen nicht mehr in directer Verbindung 
mit dem Herzvorhof, sie sind durch die Vorleber davon abgedrängt 
(man vergl. mit VL 10 die Figur VUL 21). Ein Theü dieser letz- 
teren Anlage muss in dem Gewebe enthalten sein, welches bei 
Schnitt 10 den vorderen Band des Bingsinus bildet. 



Ton den Hffhlen des Körpers und von der Anlage 
des Zwerchfells. 

Der Embryo M. zeigt im Bereich des Hinterkopfes und des 
oberen Rumpfabschnittes eine Höhle, in welcher das Herz gelegen 
ist, und die ich als Parietalhöhle bezeichne (Taf. VI. in. 5,6, 
8, 10 — 11). Der Kumpf dagegen ist seiner Länge nach von zwei 
durch den Darm getrennten Längsspalten, den beiden Rumpf- 
höhlen, durchzogen. 1 ) Dieselben enden nach oben hin blind, an 
ihrer Rückenwand verlaufen die Urnierenleisten , nach vorn sind sie 



1) Ich vermeide gern die übliche Bezeichnung einer Pleuroperitoneal- 
höhle; es werden mit Heranziehung der serösen Häute Bildungen anticipirt, 



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126 Embryo M. 

bei der noch bedeutenden Weite des Nabels offen (YI.ni. 12 — 15). 
Unterhalb des Nabelgebietes treffen die beiden Spalten vor dem 
geschlossenen Darmrohr zusammen und communiciren mit einander 
auf kurze Strecke (VI. m. 17—20). 

Die Parietalhöhle stösst nach oben an den Unterkieferfortsatz 
und an den zweiten und dritten Schlundbogen (VI. in. 5 u. 6), nach 
vorn ist sie durch die Membrana reuniens bereite geschlossen (VI. 
in. 6.8 u. 10); ihre untere Wand ruht auf dem Wurzelstück der 
Nabelblase (VI. in. 11). Die Rückwand der Parietalhöhle besteht 
aus einer Substanzplatte, welche in frontaler Richtung von einer 
Seite des Rumpfes zur anderen sich erstreckt, und an der von hinten 
her die Darmwand, von vom her der Herzvorhof anhaftet. Ich be- 
zeichne diese Substanzplatte als primäres Zwerchfell oder als 
Septum transversum (VT. in. 9—11). Innerhalb des Septum 
transversum treten die beiden CuviEK'schen Gänge zum Vorhofs- 
sinus. Soweit das Septum transversum reicht^ scheidet dasselbe die 
Parietalhöhle von den beiden Rumpfhöhlen. Ob die Rumpfhöhlen 
zu oberst mit der Parietalhöhle zusammentreffen, oder ob die drei 
Höhlen von einander abgeschlossen sind, das ist aus den Quer- 
schnitten allein nicht leicht zu entscheiden. ' Ich habe früher die 
letztere Annahme für die unbedingt richtige gehalten, bin aber daran 
zweifelhaft geworden. Es handelt sich um die Vergleichung der 
Schnitte 8 und 9. Rei 9 sind die drei Höhlen durch das Septum 
transversum von einander getrennt, bei 8 ist nun noch eine Höhle 
vorhanden, welche aus einer vor dem Herzvorhof liegenden Abthei- 
lung und einer retrocardialen Spalte besteht. Erweist sieh letztere 
Spalte als die Fortsetzung der beiden Rumpf höhlen, dann hängen 
diese durch ihr oberes Ende mit der Parietalhöhle zusammen. Wenn 
man die Pausen der Schnitte 8 und 9 übereinanderlegt, so decken 
sich die Rumpfhöhlen von 9 und die Retrocardialspalte von 8 theil- 
weise, aber auch nur theilweise. Jene sind vorwiegend sagittal ge- 
richtet und sie kreuzen die inneren Enden der quer gerichteten 
Retrocardialspalte. Die Hauptausdehnung der letzteren fällt somit 
lateralwärts vom oberen Ende der Rumpfhöhle. Die Rumpfhöhle 

von welchen in diesen frohen Entwickelungsstadien noch gar nicht gesprochen 
werden kann. 



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Von den Höhlen des Körpers und von der Anlage des Zwerchfells. 127 

liegt seitlich vom Eingeweiderohr", die Parietalhöhle vor demselben. 
Gegen die Deutung der fraglichen Spalte als unmittelbare Verlän- 
gerung der Rumpf höhle spricht auch die Lage der Venen. Bei den 
Embryonen A. und B. vereinigen sich Jugular- und Cardinalvene 
über dem oberen Ende der Rumpfhöhle und treten von da zum 
Ductus Cuvieri hin. Bei Embryo M. fällt der Uebergang von Cardi- 
nal- und Iugularvene in den Ductus Cuvieri auf Schnitt 9. Die 
Möglichkeit, dass die oberen Enden der Rumpfhöhle mit der Parie- 
talhöhle jetzt schon communiziren, will ich nicht in Abrede stellen, 
allein es scheint mir doch angemessen, die beiden Höhlensysteme 
scharf auseinander zu halten, da sie von völlig verschiedener Be- 
deutung sind, und da ihre Verbindung, falls überhaupt zur Zeit vor- 
handen, nur eine sehr enge sein kann. 

Mit Rücksicht auf die umschlossenen Höhlen lassen sich nach 
Obigem hei Embryo M. folgende Bezirke unterscheiden: 

Bezirk 1 : Es ist keinerlei Körperhöhle vorhanden. Die animale 
Leibeswand bildet die unmittelbare TJmgränzung des Eingeweide- 
rohres (Schnitte 1 — 4). Dieser Bezirk umfasst den Vorderkopf mit 
Einschluss des TJnterkiefergehietes. 

Bezirk 2 : Es findet sich eine vom Herzen eingenommene Parie- 
talhöhle. Der Vorderdarm (Mundhöhlengrund und Pharynx) ist seit- 
lich von der animalen Leiheswand umschlossen, und seine Vorder- 
fläche ist der Parietalhöhle und dem Herzen zugekehrt (Schnitte 
5 — 8). Dieser Bezirk umfasst das Gebiet des Hinterkopfes, und er 
überschreitet dessen Gränze nur in geringer Ausdehnung. 

Bezirk 3 : Ausser der Parietalhöhle sind zwei Rumpfspalten vor- 
handen, dieselben liegen hinter der Parietalhöhle und sind von 
dieser durch das Septum transversum getrennt Ihre Scheidung von 
einander ist dadurch bedingt, dass die Vorderdarmwand mit dem 
Septum transversum verbunden ist; die beiden Spalten fassen somit 
das Vorderdannrohr seitlich ein (Schnitte 9 — tl). Bare grösseren 
Durchmesser verlaufen sagittal, und da sie von einspringenden Wan- 
dungen umgeben sind, erscheint ihr Durchschnitt buchtig; an ihrer 
Rückwand hegt das obere Ende der Urnierenleiste, welches die Car- 
dinalvene aber keinen TJrnierengang enthält; die mediale Wand 
wird durch die Faserwand des Vorderdarma, die laterale durch die 
seitliche Leibeswand gebildet. Die beiden hinter dem primären 



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128 Embryo M. 

Zwerchfell getrennt in die Höhe steigenden Höhlen repräsentiren 
den späteren Brustantheil der Rumpf höhle , und sie können als 
die Brustfortsätze der letzteren bezeichnet werden. Ihr Ge- 
biet erstreckt sich z. Z. von der unteren Kopfgränze ab bis zum 
oberen Rande der Nabelöffnung, und die dahinter liegenden Urwirbel 
gehören wohl noch alle der Halsregion an. 

Bezirk 4 : Es sind zwei durch die Nabelblase von einander ge- 
trennte BaucbMhlenspalten vorhanden (Schnitte 12 — 15). Sie sind 
verhältnissmässig breit und nach vorne hin offen; ihre Rückwand 
ist von der Urnierenleiste gebildet, die nunmehr ausser der Cardinal- 
yene einen TJrnierengang umschliessk In der Seitenwand der Spalte 
und zwar längs der Umbiegungskante in das Amnion verläuft die 
Parietal- oder Umbihcalvene. 

-Bezirk 5. Unterhalb der Nabelöffnung fliessen die beiden Bauch- 
höhlenspalten vor dem cylindrisch abgeschlossenen Darmrohr zu einer 
gemeinsamen Höhle zusammen; sie werden nach vorne von der in 
den Bauchstiel sich fortsetzenden vorderen Bauchwand umgränzt, 
innerhalb welcher, etwas nach rechts hegend, der Allantoisgang und 
die beiden Nabelarterien in die Höhe steigen (Schnitte 16 — 20). 

Der 6. Bezirk wird durch das nach vorn umgeschlagene Becken- 
ende des Körpers gebildet; wie weit sich innerhalb desselben die 
Bauchhöhle erstreckt, ist an den vorhandenen Schnitten nicht genau 
zu bestimmen. 

Fassen wir die beschriebenen Verhältnisse nochmals zusammen, 
so liegt, wie sich dies am einfachsten ausdrücken lässt, das Herz 
in einer Spalte der animalen Leibeswand; das Eingeweiderohr da- 
gegen, anfangs in die animale Leibeswand ringsherum eingelassen, 
tritt in der Strecke, da es selbstständiger zu werden beginnt, zwi- 
schen die Brustfortsätze der Rumpfhöhle und bildet eine mediane 
Scheidewand zwischen ihnen. Nach vorn ist es noch mit dem Sep- 
tum transversum verbunden, dann folgt unterhalb des Herzens der 
Uebergang in die Nabelblase und nun erst wird das Bohr auch an 
seiner vorderen Fläche frei. 

Sämmtliche zum Herzen tretende Venenstämme müssen den 
Weg zur Parietalhöble nehmen und sie treten sämmtlich in das 
Septum transversum ein. Die von der Nabelblase kommenden Venae 
omphalomesentericae (Schnitte 13 — 11) erreichen den zwischen Vor- 



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Von den Hübten des Körpers und von der Anlage des Zwerchfells. 129 

derdarm und Septum liegenden Ringsinus (Schnitt 10). Die oberen 
und die unteren Parietalvenen oder die Ductus Cuvieri und die Vv. 
umbilicales treffen jederseits an der Wurzel des Septum transversum 
und kurz vor dem Eintritt in den Vorhofssinus zusammen (Schnitte 
10—11 und Taf. VII. M. 4 und 5). 

Wir vergleichen die bei Embryo M. beschriebenen Verhält- 
nisse mit denjenigen von A. und von B. und finden die folgenden 
Unterschiede: 

1. Indem sich der Kopf stark vornüber gebogen hat, ist der 
Ventrikeltheil des Herzens nach rückwärts gegen die Brust hin und 
zugleich nach abwärts gedrängt werden, wie dies aus der Vergleichung 
der Fig. M. 4, Taf. VII mit den Figuren A. 1. und B. 1. ohne Weiteres 
ersichtlich ist. Das Septum transversum hat dabei an Höhe ge- 
wonnen, und die Höhenzunahme kommt zunächst auf Rechnung der 
früheren unteren Wand der Parietalhöhle , welche nunmehr nach 
rückwärts sieht. Die aus der ventralen Vereinigung der Membrana 
reuniens des Kopfes hervorgegangene, vor dem Aortenbulbus lie- 
gende Wand wird nunmehr zur vorderen Brustwand und wie die 
Folge zeigt, so schliessen sich auch die dorsalen Ränder der Mem- 
brana reuniens des Kopfes. Letzterer trennt sieh von seiner Mem- 
brana reuniens und tritt dieselbe mitsammt der von ihr umschlos- 
senen Höhle und dem Aortenbulbus an die Brust ab. (Man vergl. 
die Durchschnitte Taf. HI. 36—40 mit VI. n. 10 und 11.) In Folge 
dieser eigentbümlichen Schlussweise wird die Parietalhöhle aus einer 
Höhle des Hinterkopfes unmittelbar zu einem Theile der Brusthöhle. 
Aus dem Grunde halte ich es auch nicht für zweckmässig, wenn 
Köllikeb die Parietalhöhle als „Halshöhle" bezeichnet In früheren 
Entwickelungsstadien lässt sich von einem Hals des Embryo Über- 
haupt nicht reden, und wenn einmal diese Region unterscheidbar 
ist, characterisirt sie sich eben durch das Fehlen einer Binnenhöhle. 

2. Bei A. und bei B. steht die Rumpfhöhle mit dem oberen 
Theil der Parietalhöhle in offener Verbindung. Die Durchschnitte 
(Taf. ü. 42 — 40 und V. 68—70) zeigen eine Höhlung, in deren hinterer 
Hälfte Oesophagus und Lungenanlage, in deren vorderer Hälfte der 
obere Theil des Herzvorhofes liegt. Auf der Gränze beider Abthei- 
lungen der Höhle tritt- jederseits eine breite Leiste hervor, welche 
den Ductus Cuvieri enthält. Nicht minder auffällig als dieser Zu- 

His, lleiwjhl. Embtransn. 9 



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130 Embryo M. 

sammenhang der Höhlen ist der Umstand, dass die Wand des Ein- 
geweiderohres nach vom hin frei ist. Dies war auf früheren Stufen 
nicht der Fall, indem die Vorderdarmwand mit dem Septum trans- 
versum verbunden erschien und dadurch auch die beiden Seiten- 
hälften des Brustraumes von einander trennte. Weiter nach abwärts 
hin, im Bereich vom Magen und vom Duodenum, hat sich auch bei 
A. und bei B. der Zusammenhang noch erhalten (Taf. n. 39 — 34, 
DU. 33 — 27, V. 72 — 86) ; im Lungenbereich dagegen ist es zu einer 
Trennung gekommen. Sowohl bei A. als bei B. zeigen die der Brust- 
wand anhaftenden, den CuviER'schen Gang umschliessenden Leisten, 
die Farietalleisten einen hinteren gefässlosen Lappen (II. 41 
und 40, V. 69—72), der wie mir scheint, am ungezwungensten als 
der vom Vorderdarm abgelöste Best des Septum transversum zu 
deuten ist 

3. Aus der Ruckfläche des Septum transversum tritt bei A. und 
bei B. die Leber hervor und ragt als mächtiger Auswuchs in den 
Bauchraum herein. Das untere und das obere Ende dieses Oganes 
sind in das Septum transversum und in die seitliche Bauchwand 
völlig eingeschlossen (Taf. HL 27— 29 und H. 38— 40). Die Leber 
entsteht innerhalb der Bauchwand bez. innerhalb des 
Septum transversum, und sie wird in eben dem Maasse selbst- 
ständig, als sie an Volumen gewinnt und über ihre ursprüngliche 
Bildungsstätte hervortritt. Der Vorgang ist nach meinem Dafür- 
halten folgender: Die Leber entsteht, wie alle ächten Drusen, aus 
zwei ursprünglich getrennten Anlagen, einer epithelialen und einer 
parablastisehen (mesodermatischen). Jene wird vom Darmsystem 
geliefert, diese von der Bauchwand. In der Höhe des unteren Herz- 
endes erfolgt der mediane Schluss der Bauchwand derart, dass ein 
Streifen des Eingeweiderohres mit eingeschlossen wird, der nun als 
Lebergang persistirt und von dem aus die Bildung der Leberzelleu 
vor sich zu gehen scheint. Der betreffende Durchschnitt des Em- 
bryo M (Taf. VT. in. 11) zeigt innerhalb der Bauchwand eine epi- 
theliale, vom Darmrohr abgehende Kinne, welche unmittelbar über 
der Nabelblase liegt und mit dieser auch unzweifelhaft noch in offener 
Verbindung steht (Construction M. 2, Taf. VH.). Diese Epithelial- 
rinne tritt bis vor die Venae omphalomesentericae und vor den An- 
fange des Vorhofssinus. Eine folgende Entwickelungsstufe gewährt 



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Von den Höhlen des Körpers und von der Anlage des Zwerchfells. 131 

Embryo a; bei ihm besteht die Leberanlage oder die Vorleber, wie 
sie oben genannt wurde, aus einer gefässreichen , zum Theil schon 
selbstständig prominirenden Anschwellung des Septum transversum, 
in welche von hinten und unten her der Lebergang eindringt. Ein 
Leberzellennetz, wie bei den Embryonen A. und B., ist noch nicht 
zur Entwicklung gelangt. 

Aus den Beziehungen des Septum transversum zur Leber und 
zum Herzen ist mit voller Sicherheit zu erschliessen, dass aus dem- 
selben die vordere, zwischen Herz und Leber liegende Hälfte des 
Zwerchfells hervorgeht. Zweifelhaft muss es dagegen bleiben, wie 
sich der Best des Zwerchfells bildet, welcher die Pleurahöhlen vom 
Bauchraum zu. trennen hat. Es ist die Untersuchung hierüber bei 
späterer Gelegenheit und hei der Betrachtung etwas vorgerückterer 
Embryonen aufzunehmen. Hier mag nur noch einmal auf die eigen- 
tümlichen Verhältnisse hingewiesen werden, welche bei A. und bei 
B. bestehen. Betrachtet man die Schnitte 40 und 41 auf Tat H., 
oder 69 und 70 Taf. V., so findet man in ihnen Theile, die der spä- 
teren Bauchhöhle angehören, mit solchen beisammen, die der Brüste 
höhle zukommen. So zeigt z. B. Schnitt II. 40 das obere Ende der 
Umiere und dasjenige der Leber, zugleich aber den Oesophagus, die 
Lungen und das Herz. Versucht man sich an diesen Schnitten in 
Gedanken das Zwerchfell zu vervollständigen, so kommt man zum 
Ergebnisse l. dass sein Lendentheil hinter den Urnieren herabzutreten 
hat, 2. dass es, da Cardinairene und Bauchaorta dasselbe durch- 
setzen, oben vot, unten hinter diesen Gelassen liegen und, 3. dass 
es nach aussen und oben von der Leber, aber unter der Lunge weg- 
gehen muss. Man denke sich, dass vom vorderen Insertionswinkel 
des Septum transversum aus in der Eumpfwand eine Spalte sich 
bilde, welche bis zur Rückwand der Höhle sich erstreckt, und man 
erhält als Fortsetzung des Septums eine innere Wandsehicht, welche 
hinter dem oberen Theil der Urnieren durch bis zur Mittellinie sich 
erstrecken kann. Zu einer vollständigen Trennung von Brüste und 
von Bauchhöhle ist noch erforderlich, dass die abgespaltene Wand- 
schicht mit der der gegenüberliegenden Seite convergirt und mit 
ihrem Bande dem Speiserohr sich anlegt Als letzter Kest der ur- 
sprünglichen Verbindung- von Brust und Bauchhöhle wird sich dann 
der Hiatus oesophageus erhalten. Sind die Höhlen von einander ge- 



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132 Embryo M. 

schieden, so bietet die Trennung der serösen Säcke dem Verständ- 
niss keine Schwierigkeiten. Es sind die serösen Membranen an and 
für sich secundär auftretende Bildungen, die zur Zeit der Höhlen- 
scheidung noch kaum angelegt zu sein scheinen. Sollten sie indess 
schon vorhanden sein, so wissen wir aus dem Beispiele der T. vaginalis 
propria, dass Trennungen seröser Höhlen von einander in einfachster 
Weise vor sich gehen können. 

Bevor ich den Abschnitt der Zwerchfellbildung verlasse, habe 
ich noch der Bemühungen zu gedenken, welche in neuerer Zeit im 
Interesse dieser Frage gemacht worden sind, die mit Recht als eine 
der schwierigsten der Embryologie gilt. Schon v. Baer besass die 
wichtige Kenntniss von der ursprünglich hohen Stellung des Dia- 
phragma, auch machte er darauf aufmerksam, dass dessen dorsale 
Insertion anfangs weit höher steht, als die ventrale; aus der ur- 
sprünglich hohen Stellung erklärte er die Innervation des Zwerchfells 
durch Halsnerven, im Uebrigen stellte er das Problem von der 
ersten Bildung der Membran als ein durchaus offenes und schwer 
zu lösendes hin. Spätere Forscher haben dasselbe nicht aufgenom- 
men und ich glaube der erste gewesen zu sein, welcher den Ver- 
such gemacht hat, der Vorgeschichte des Diaphragma beizukommen. 

Nach der Darstellung in meiner Monographie der Hühnchen- 
entwickelung erfolgt im Kopftheil des Embryo eine andere Schichten- 
spaltung als im Bumpftheile. Während hier eine Trennung zwischen 
animaler und vegetativer Muskelplatte eintritt, spaltet sich im pa- 
rietalen Theile des Hinterkopfes die animale Muskelplatte in eine 
dünne obere und in eine dicke untere Schicht 2 ) Die zwischen 
beiden auftretende Spalte ist die Parietalhöhle ; die obere Schicht 
tritt an die Aussenwand; aus der unteren Schicht entwickeln sich 
das Herz und die Muskelwand des Pharynx, d. h. lauter aus quer- 
gestreifter Muskulatur gebildete Theile. Ein fundamentaler Unter- 
schied zwischen Parietalhöhle und Rumpfböhle hegt sonach darin, 
dass jene eine Spalte ist, deren beide Wandschichten aus animaler 



1) v. Barr, Entwicklungsgeschichte II. 226 u. f. 

2) Beim Hühnchen im 3. Entwickelungsstadium. Monogr. S. 73. Man 
vergl. ferner S. 85, 120 u. 149, sowie die Briefe über U. Körperform S. 69 u. 219. 
Für die Bildung der Parietalhöhle sind ausser den Abbildungen der Mono- 
graphie diejenigen von S. 70 der Körperform zu vergleichen. 



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Von den Höhlen des Körpers und von der Anlage des Zwerchfells. 133 

Muskulatur bestehen, diese dagegen eine Spalte zwischen animaler 
und vegetativer Muskelplatte. Hinter dem Herzen legt sich die 
untere animale Muskelplatte an die obere an und bildet -so einen 
Abschlags zwischen Parietal- und Rumpfhöhle. Diese Uebergangs- 
platte ist die Anlage des Diaphragma. Man findet dieselbe schon 
zu der Zeit, da der Embryo noch flach und der Körper weit offen 
ist. 1 ) Später wenn der Sehluss des Körpers sich einleitet, bildet 
sie eine hinter dem unteren Herzende liegende Querwand/ Es ist 
dies eben das Septum transversum meiner obigen Darstellung; inner- 
halb desselben gelangen die Venen aus der Leibeswand zum Herz- 
vorhof.'-) Ueber die weitere Geschichte dieses Gebildes hat meine 
ältere Arbeit keine Beobachtungen enthalten, sondern nur Vermuthun- 
gen von mehr oder minder unbestimmter Natur, auf welche hier zu- 
rückzukommen kein Interesse gewährt Hatte ich damals angenom- 
men, dass das primäre Diaphragma Brust- und Bauchraum in ihrer 
ganzen Ausdehnung scheidet, so ist mir zunächst durch die unter 
meinen Augen ausgeführten Untersuchungen des Herrn A. Seessel 
und weiterhin durch meine eigenen klar geworden, dass die Parie- 
talhöhle nur den vorderen Theil des Brustraums umfassen kann, und 
dass dessen hintere Hälfte anfangs noch mit dem Bauchraume com- 
municirt. 

Das von mir als Zwerchfellanlage beschriebene Gebilde hat in 
der Folge auch Kölliker gesehen und mit dem Namen eines Me- 
socardium laterale belegt Er betrachtet dasselbe als eine ursprüng- 
liche Bildung und betont auch, dass in ihm die Körpervenen zum 
Herzen übertreten. Dagegen hat Kölliker die Bedeutung seines 
Mesocardium laterale für die Bildung des Diaphragma nicht erkannt 
wie denn überhaupt letzteres Organ bei ihm sehr kurz wegkommt 5 ) 

1) Monogr. Taf. IX. Fig. 4 und Körperform Fig. 58. S. Tl. Hier ist die 
medialwarts liegende Höhle die Rumpfhöhle, die lateralwärts liegende die Pa- 
rietalhöhle. 

2) Körperform Fig. 64 und 65. S. 75. Es sind hier die Bezeichnungen 
Br und Bh zu vertauschen, die hintere Höhle ist die Rumpfhöhle, die vor- 
dere die Parietalhöhle. Eine Darstellung des primären Zwerchfells findet man 
an den Nummern 4, 8, 10, 11, 12 nnd 13 der bei Dr. A. Ziegleb erhaltlichen 
Wachsmodelle von Hubnerembrvonen. 

3) Kölluleb, Entwickelungsgesch. 2. Aufl. S. 295. Küllikkr scheint nicht 
beachtet zu haben, dass sein Mesocardium laterale und meine Zwerchfellanlage 



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134 Embryo M. 

Neuerdings hat Cardiat die hinter dem Herzen vorhandene 
Seheidewand unter dem Namen einer Cloison mesodermique be- 
schrieben und in verschiedenen, zum Theil schematischen Figuren 
gut abgebildet. Ihre Rolle als Anlage des Zwerchfells hat Cakdiat 
richtig aufgefasst, und er macht auch Aber ihre weitere Umbildung 
bemerkenswerthe Angaben. Nach ihm ist das primäre Zwerchfell 
nicht eine ursprüngliche Bildung, sondern es entsteht durch secun- 
däre Verwachsung; die das Herz umgebende Höhle ist demnach 
ursprünglich ein Theil der allgemeinen Körperhöhle. Cardiat 
stimmt darin mit Köllikee flberein, der die ParietalhÖhle gleich- 
falls mit der allgemeinen Leibeshöhle zusammenhängen lässt. Da 
weder der eine noch der andere dieser Forscher seine hierauf be- 
zügliche Angabe genauer begründet, vermag ich nicht zu entscheiden, 
ob dieselbe blos auf vorgefasster Meinung beruht Ich habe meine 
Durchsehnittsreihen von Hühnerembryonen nochmals genau durch- 
geprüft und kann mich von einem ursprünglichen Zusammenhang 
von ParietalhÖhle und Rumpf höhle nicht überzeugen. Jene erscheint 
geraume Zeit vor dieser, wenn aber letztere auftritt, ist bereits ein 
Septum vorhanden; auch zeigen die durch das Parietalgebiet ge- 
führten Sagittalschnitte von Embryonen des VI. und VTJ. Stadiums 
deutlich, dass die ParietalhÖhle an ihrem distalen Ende blind ab- 
schliesst, indem ihre untere Wand der oberen sich anlegt. 



identisch sind. Seine nach Kaninchendurchschnitten gezeichneten Bilder finden 
in den meinigen vom Hühnerembryo vollständige Parallelen. Meiner Fig. 5S 
S. 71 der Körperform (Durchschnitt durch die noch offene Gegend hinter der 
vorderen Darmpforte) entspricht Kölj.kbr's Fig. 215 S. 297. Die an letzter 
Figur erkennbare Verbindung von Darmwand und Leibeswand nennt K. einen 
Best des Mesocardium laterale. Mit meiner Fig. 64 u. 65 desselben Werkes 
summen Köllieeb's Fig. 214—216 aberein. 

Mit dem oberen Theil meines Septum transversnm glaubte ich anfangs 
auch die F. ScHHini'sche Pleuropericardialplatte in Beziehung bringen zu 
müssen; indess stimmen doch die Verhältnisse nicht zusammen. Sghhidt be- 
schreibt seine Platte an Schafembryonen von 9 mm als eine vom Vorderdartn- 
gekröse zum Diaphragma ausgespannte und den N. phrenicus einschlies sende 
Platte, welche die bereits vorhandene Pleurahöhle vom Herzraum trennt 
(ViECHow-HmscH's Jabresber. f. 1870 I. 66). 

1) Cabdlat, du developpement de la portion cephalo-thoracique de l'Em- 
hryon. Robik's Journal de l'Anatomie 1878. p. 630. 



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Embryo L,. 

(Körperlänge 2.4 mm 



Der Güte des Herrn Collegen Leuckakt verdanke ich ein er- 
öffnetes Ei von 8 bis 9 mm Durchmesser, mit 2 mm langen Zotten 
besetzt, das derselbe seit längerer Zeit als Sammlungspräparat in 
Alkohol aufbewahrt hatte. Dasselbe enthielt einen noch sehr jugend- 
lichen Embryo von 2.4 mm Länge, der durch einen kurzen Stiel dem 
Chorion anhaftete. Nabelblase und Amnion waren bei der früheren 
Präparation entfernt worden, und ebenso fehlte, mit Ausnahme eines 
kurzen Stumpfes, das Herz. Taf. VI. Fig. i. A zeigt den Embryo in 
der rechten Profil-, Fig. C in der Vorderansicht, und es ist sofort 
zu entnehmen, dass derselbe in seiner Entwickelung mehr denn ein 
anderer unter den bis jetzt bekannt gewordenen dem CosTE'schen 
Präparate entspricht. Der dorsale Schluss des Embryo ist mit Aus- 
nahme einer kurzen Strecke vollzogen, der ventrale dagegen hat 
noch kaum begonnen, und der Leibesnabel nimmt als breiter Schlitz 
den grösseren Theil der Gesammtlänge ein. Nach oben wird er 
vom Vorderkopf, nach unten von einem zapfenartig hervortretenden 
Stumpf überragt. Die Länge des Leibesnabels beträgt 1.3, die der 
überliegenden Strecke 0.8, die des unteren Stumpfes 0.3 mm. Wie 
aus den Schnitten (VI. n. 10 und 7) zu erschliessen ist, so erstreckt 
sich der Umschlag der Körperwand in das Amnion vom unteren 
Bande des Unterkiefers ab bis zum Beginn des Endstumpfes. Beim 
CosTE'schen Embryo ist das Herz vom Amnion bereits umkleidet 
und auch bei. meinem noch jüngeren Embryo SB. (Taf. I. 7), sieht 
man letzteres vor dem Herzen vorbei bis zum Rande der Nabelblase 
reichen. Dies ist ein anscheinender Widerspruch, der sich vielleicht 
dadurch löst, dass in den beiden letzten Fällen das Amnion nur 



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136 Embryo L,. 

scheinbar geschlossen war. Bei Embryo Li waren sich, wie die 
Durchschnitte 10 und 11 zeigen, die beiden Parietalfalten nahe ge- 
rückt, und im unverletzten Zustande mochte auch hier der Anschein 
entstehen, als ob das Herz vom Amnion umgeben sei. 

Der Rückentheil des Embryo ist schwach eingezogen, schwächer 
als bei dem Präparat von Coste. Vielleicht hat die Zerstörung 
des Amnion eine Aenderung in der Biegung herbeigeführt. 

Ton der Gesammtlänge des Embryo 
kommen auf den Kopf 0.9 mm oder 3.75 % 

davon auf den Stirntheil 0.3 „ 

Gesichtstheil 0.2 „ 

Hinterkopf 0.4 „ 

Der Kopf entbehrt noch der Scheitelkrümmung, und seine drei 
Abtheilungen folgen sich in der Richtung von oben nach abwärts. 
Die Mundbucht ist nach vorn weit offen ; oben wird sie vom breiten 
Stirnwulst, seitlich von hohen Oberkieferwülsten, nach abwärts von 
einem stark hervortretenden , in der Mittellinie eingeschnittenen 
Unterkieferwulste eingefasst. Ein bei der Vorderansicht sichtbarer 
heller Längsstreifen im Grunde der Mundbucht entspricht der durch- 
schimmernden vorderen Kante des Gehirns. Von Schlundspalten 
sind die erste und die zweite vorhanden, beide nur kurz, aber klaffend 
und schräg nach vorn abfallend. Auffallend machtig wulsten sich 
die Schlundbogen über die Seitenfläche des Hinterkopfes hervor, und 
die dahinter liegende cerebrale Strecke erscheint demgemäss tief 
eingesunken, ein Verhältniss, das, etwas modificirt, auch in Coste's 
Abbildung wiederkehrt. 

Da die Nabelblase fehlt, so sieht man von vorn direct in den 
Darmschlitz herein, dessen 0.6 bis 0.7 mm langer offener Theil nach 
auf- und nach abwärts minder weit reicht als der Leibesnabel. Die 
Rückenansicht des Rumpfes zeigt das weiss durchschimmernde Me- 
dullarrohr, an welchem noch eine kurze Strecke klafft. Für die ge- 
nauere Feststellung der Urwirbelgliederung ist die Conservirung des 
Präparates ungünstig. — Das untere Leibesende bildet einen dorsal- 
wärts und etwas nach links abgebogenen sanft gerundeten Stumpf. 
Wie aus dem Endschnitte 34 sich ergiebt, so biegt sich hier das 
Rückenmark nach vorn um. Wie weit sein vorderer Schenkel nach 
oben hinreicht, konnte ich nicht mit Bestimmtheit verfolgen. 



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Medullarrohr, Chorda, Darm. ., 137 

Nach vorangegangener Nachhärtung in Osmiumsäure habe ich den 
Embryo in Scheiben von 0.066 -mittlerer Dicke (3 Schnitte auf 0.2 mm) 
zerlegt Die fortlaufende Reihe von 34 Präparaten erlaubt für den Eopf 
und für den MitMkörper eine genügende Beconstraction. Für das hintere 
Körperende sind, schon der ungünstigen Schnittrichtung halber, die Er- 
gebnisse weniger befriedigend ausgefallen, und ich vermag vorerst über 
diesen wichtigen Abschnitt nur fragmentarische Notiz zu geben. Die wich- 
tigeren Schnitte der Reihe habe ich Tafel VI. ir. zusammengestellt, und die 
Figuren i. C. D. E. derselben Tafel geben die bezüglichen Constructionen, 
sämmtlich bei 40facher Yergrosserung. 

Das Medullarrohr erscheint im Allgemeinen als ein seitlich 
stark abgeflachtes Rohr, das den weitaus grösseren Theil der Körper- 
tiefe einnimmt. Von oben nach abwärts nimmt sein Caliber stätig 
ab, langsam im Rückenmarkstheile, rasch im hinteren Kopftheil und 
beim TJebergang aus diesem in den Rückenmarkstheil. 

Von den Anschwellungen des Gehirns ist die durch die Augen- 
blasen bedingte weitaus die stärkste. Die Augenblasen selbst sind 
durch eine tiefe Furche vom eigentlichen Hirnrohr geschieden 
(Schnitt 3) , übrigens noch in offener Verbindung mit diesem und 
ohne Grube an ihrer Aussenfläche. Vor ihnen liegt die Auftreibung 
des Hemisphärenhirns (Schnitt 1). Ueber die vordere Gränze des 
Mittelhirns vermag ich wenig Bestimmtes anzugeben, wogegen das 
von letzterem durch eine Einschnürung abgesetzte Hinterhirn mit 
seiner breiten Rautengrubenanschwellung auffällig hervortritt (Schnitt 
7 bis 9). Unmittelbar hinter der Rautengrubenanschwellung folgt 
die noch offene Gehörgrube (10 und 11). An der ventralen Gehirn- 
flache bemerkt man einen die Basis des Vorderhirns begränzenden 
starken Absatz (zwischen 4 und 5), sowie das Hervortreten einer 
Brückenkrümmung (bei 8). 

Die Chorda dorsalis erstreckt sich bis in die Nähe der Vor- 
derhirnbasis ; sie liegt dem Medullarrohr überall dicht an und bildet 
ein Rohr mit offener, wenn auch enger Lichtung (Durchmesser der 
Chorda 20 /*, der Lichtung 8 fi). 

Der Vorderdarm scheint mit der Mundbucht schon in offener 
Verbindung zu stehen; von der verschliessenden Rachenhaut finde 
ich Nichts mehr. Derselbe erscheint im Bereiche des Kopfes als 
breite Querspalte, an welcher ausser der vorderen und der Rück- 
wand noch zwei niedrige Seitenwandungen zu unterscheiden sind 
(9 bis 13); letztere treten mit convexer Ausbauchung gegen die 



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138 Embryo h,. 

Lichtung vor. Die Rückwand zeigt zwei den absteigenden Aorten 
entsprechende Seitenleisten und eine der Chorda entsprechende, 
nur schwach angedeutete mittlere. Der Querdurchmesser bleibt sich 
erst ein Stück weit ziemlich gleich (0.3 bis 0.35 mm); von der 
Höhe des zweiten Schlundbogens ab nach abwärts verringert er sich, 
und der Pharynx zeigt demnach bereits die trichterförmige Verjüng- 
ung, die seine untere Hälfte auch in der Folge noch characterisirt 
Die Tiefe des Rohres nimmt von oben nach abwärts gleichfalls ab, 
dann aber, mit der Annäherung an die Dannpforte wächst der me- 
diane Durchmesser rasch, und der Vorderdann erscheint nunmehr 
bei Sehnitt 18 als tiefe Spalte mit vorderer und hinterer Ausweitung 
und verengtem Mittelstüek. Die vordere Wand des Vorderdarmes 
bildet demzufolge im Profil gesehen einen concaven Bogen zur Auf- 
nahme des Herzens (Taf. VI. i. A und C). 

Der Mitteidann ist eine offene Rinne mit convex vorspringen- 
der Rückwand (20) ; indem ein Theil desselben von der Chorda ab- 
rückt, entsteht die noch etwas unbestimmte erste Umgränznng des 



Ueber den Enddarm sind meine Präparate leider nur unvoll- 
ständig. Fig. 27 zeigt einen Durchschnitt etwas unterhalb der hin- 
teren Darmpforte. Der Darm erscheint hier wiederum als eine tiefe, 
mit vorderer und hinterer Ausweitung versehene Spalte, die fibröse 
Darmwand aber legt sich seitlich an die Leibeswand an und ver- 
schmilzt mit dieser zu einer gefässreichen Platte, die wohl als An- 
fangsstück des Bauchstieles anzusehen ist. Der weiter hinten he- 
gende defecte Sehnitt 29 zeigt ein geschlossenes cylindrisches Dann- 
rohr. Bei der TJnvollstandigkeit des Materials widerstehe ich der 
Versuohung, die Schnitte eingehend zu interpretiren, und bei dem 
Anlass auch die Frage von der Abgrenzung und der ersten Gestalt 
der Allantois zu discutiren. Sollte das Glück in nächster Zeit einem 
Forscher einen Embryo dieser frühen Entwickelungsstufe zuführen, 
so würde es sich empfehlen, das Hauptaugenmerk vor allem auf 
entscheidende Durchschnitte des unteren Leibesendes zu richten. 

Vom TTrnierensystem ist ein cylindrischer Gang angelegt, 
den ich wenigstens an einigen der Schnitte habe constatiren können. 

Vom Herzen ist am Embryo Li nur ein Stück Bulbus er- 
halten, das durch eine mediane Rinne zweigetheilt erscheint (Fig. 



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Gefäßsystem. 139 

10 u. 11). Fig. 10 zeigt den durchschnittenen ersten Aortenbogen, 
Fig. 11 den vom Schnitt gestreiften zweiten. Die absteigende 
Aorta nimmt im Allgemeinen von oben nach abwärts an Caliber 
ah , schon bei Schnitt 20 scheint sie nur noch ein solider Strang zu 
sein. Von Venen zeigen die Schnitte des Kopfes solche, die dem 
Gehirn folgen und solche, die mehr seitwärts in der Kopfwand ge- 
legen sind. Beide Systeme rücken sich im Bereich des Hinterkopfes 
näher und scheinen sich zu vereinigen, über den weiteren Weg der- 
selben sagen meine Schnitte Nichts aus. 



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Embryo S. E. 

(Kiirperlüngo 2.2mm.) 



Vom Herrn Collegen M. Roth in Basel ist mir ein Embryo 
überlassen worden, der erheblich jünger, als der eben beschriebene, 
den beiden von Thomson offenbar am nächsten zu steht. ') Das 
betreffende Präparat stammt aus der Praxis des Herrn Dr. Suet- 
Bie.n'z, und es war von letzterem während einiger Tage in schwachem 
Spiritus aufbewahrt worden, ehe er es Professor Roth übergab. 
Die Altersbestimmung bleibt auch hier, wie in so vielen ähnlichen 
Fällen, misslich. Nach dem Aeusseren und unter Zugrundelegung 
der Angaben anderer Beobachter wird man das Ei auf 12 — 14 Tage 
schätzen. Die gynäkologischen Daten, die Herr Dr. Suey mitzu- 
theilen die Güte hatte, ergeben zwar keinen festen Anhaltspunkt, 
stehen aber mit einer solchen Schätzung jedenfalls nicht in Wider- 
spruch : 

Die 25jährige Frau hatte 29. Januar 1878 zuletzt geboren und 
bis Ende Juni gesäugt, zu welcher Zeit die Periode wieder eintrat 
Wiederholung der letzteren erfolgte Mitte August, von da ab zeig- 
ten sich leichte metritische Erscheinungen. Am 14. Oct. Eintritt 
von Blutungen und in der Nacht des 15./16. Abgang des Abortus. 
Geht man behufs einer Berechnung von dem 6 wöchentlichen Inter- 
vall aus, das zwischen den zwei vorangegangenen Perioden bestand, 
so hätte Ende September die Periode wiederkehren müssen, was 
mit dem Alter des Eies von ca. 14 Tagen in Uebereinstimmung zu 
bringen wäre. 

1) Genaueres Citat von Thomson b. Bpater. Im 2. THOMaoN'schen Falle 
ist das Chorion schon verhaltnissmässig gross (13 mm), grösser ob bei meinem 
S. R. und als beim M. Embryo. 



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Embryo S. K. Körperlänge 2.2 mm. 141 

TJeber die Untersuchung des Abortus schreibt Herr College 
Roth folgendes: 

„Die Decidua bildet einen länglichen, am unteren Ende offenen, mit 
fetzigen Handera versehenen Sack und ist mit unbedeutenden Coagulis 
umgeben. 

Die weitere Untersuchung geschah unter aur Hälfte mit Wasser ver- 
dünnter MtLLSB'scher Flüssigkeit. 

Die Innenfläche der Decidua vera ist etwas ungleich wulstig, die 
Oeffnungen der Uterindrüsen besonders nach oben sehr deutlich, in dieser 
Gegend auch zwei Stecknadelkopf- und hanfkorngrosse gestielte polypöse 
Excrescenzen (Endometritis). 

Im oberen Umfang der breit aufsitzende intacte Sack der Decidua 
reflesa, 1 4 mm breit, 1 5 mm laug, seine Aussenfiäche glatt, nicht punktirt. 
Nach Eröffnung dieser dünnen Haut findet sich zunächst eine 1 — 1 */a mm 
dicke Schicht Blutcoagula, durch welche die Chorionzotten zur Redaxa 
laufen. Letztere sind Ober das ganze Ei verbreitet, am reichlichsten gegen 
den oberen Umfang hin, und verästelt. 

(Hicrosc. rothlich imbibirt, sonst gut erhalten, mit nbrillarem, hie und 
da netzförmig angeordnetem Grandstock, in welchem auch Blutgefässe vor- 
handen zu sein scheinen, jedoch nirgends Füllung der Blutgefässe; ver- 
einzelte rein epitheliale Auswüchse. Ueberall Epithel sehr opak (dunkel- 
körnig) undeutlich in würfelförmige Zellen abgetheilt.) 

Das Ei selbst vollständig unversehrt, stellt ein 9 resp. S mm Durch- 
messer haltendes Bläschen dar. 

Seine Hohle enthält eine wasserklare fadenziehende Masse (microsc. 

zartes fädiges Netzwerk — wohl durch Spirituswirkung — und einzelne 

" grosse 1 — 3 kernige Zellen — Gallertgewebe?) und im unteren (also in 

dem der Uterinhöhle, zugekehrten Theil der Beflexa) einen kleinen Embryo. 

Auf der Innenfläche des Chorion, entsprechend der Insertion der 
Zotten, sind mit der Loupe kleine Locher wahrnehmbar. 

Embryo schon fast undurchsichtig, weisslich trüb, misst in gerader 
Linie genau 2 mm, ist aber bauchwärts stark geknickt. Amnion eng. 
In der Bfickengegend, besonders am KopftheiL haben die erwähnten galler- 
tigen Massen etwas grossere Zähigkeit, und es scheint dadurch eine Art 
Adhärenz zwischen Chorion und Embryo hergestellt zu sein, doch lässt sich 
der Embryo ohne Verletzung trennen. Der Embryo liegt dem Dotter- 
bläschen breit auf, letzteres rOthlich durchscheinend, rundlich viereckig, 
2 mm hoch und am freien (breiten). Ende etwas weniger breit. Seine 
rechte Seite punktirt. 

Hinter dem Dotterbläschen ein kurzer dicker Nabelstrang. Das vor- 
dere Ende des Embryo von der Nabelblase abgehoben, läset zwei bis zur 
Knickungsstelle reichende hemisphären artige Wülste erkennen; das Bücken- 
mark scheint eine flache breite Rinne zu bilden und etwas zu flottiren. 

Das Nabelbläschen platzte beim U überbringen des Präparates in Spi- 
ritus (Spiritus und Wasser zu gleichen Theilen)." 

Nachdem ich von dem Embryo eine directe Prismenzeichnung 



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142 Embryo S. R. 

aufgenommen hatte, habe ich ihn, 4mal vergrössert, bei verschie- 
denen Beleuchtungsrichtungen und Lagerungen photographiren las- 
sen. Dann wurde derselbe gefärbt und mikrotomirt Leider erwies 
er sich als ungenügend gehärtet und meine Schnittreiht! besteht 
grösstentheils aus Fragmenten, die nur für einige wenige Special- 
fragen befriedigenden Aufschluss gewähren. 

Der Embryo (Taf. I. Fig. 7) misst in seiner grössten Länge 
2.2 mm ') und hängt durch einen in der Verlängerung des Körpers 
verlaufenden dicken Stiel mit dem Chorion zusammen. Der grösste 
.Durchmesser der etwas collabirten Nabelblase misst 1.9 mm und 
der Embryo sitzt derselben mit dem grösseren Theil seiner Längen- 
ausdehnung auf, derart, dass nach oben nur das Kopfende, nach 
unten das Beckenende, jenes in einer Länge von 0.4, dieses in 
einer solchen von 0.5 mm, die 1.3 mm lange Nabelspalte überragen. 
Eine schräge, nach rückwärts ansteigende Linie fasst die letztere 
ein und bezeichnet die Umschlagsstelle der Leibeswand in das 
Amnion. Dieses erstreckt sich, indem es den Embryo knapp um- 
hüllt, vom vorderen Herzrand bis zur hinteren Fläche des Bauch- 
stieles, in den es sich inserirt. 

Der Rücken des Embryo zeigt in seinem Profil drei Erhebun- 
gen und zwei Einziehungen. Eine ähnliche Wellenlinie beschreibt 
das Rückenprofil auch beim Hühnerembryo derselben Entwickelungs^ 
stufe und ich habe s. Z. für die einzelnen Strecken die Ausdrücke 
Kopfschwelle, Halsbeuge, Rückenschwelle, Lendenbeuge und Sakral- 
schwelle vorgeschlagen.') Ich wage es nicht, ohne Weiteres diese 
Ausdrücke auf den menschlichen Embryo zu übertragen, weil mir 
die Zonenscheidung besonders am hinteren Ende noch zu unsicher 
erscheint Ich werde mich also damit begnügen von einer vorderen, 
mittleren und hinteren Sehwelle , sowie von einer vorderen und hin- 
teren Rumpfbeuge zu sprechen. Die so prägnant hervortretenden 
Axenbiegungen sind um so bemerkenswerther , als ja späterhin ihre 
äusseren Spuren sich verwischen und einer durchgehend convesen 



1) Die 0.2 mm betragende Differenz dieser Angabe mit der RoTH'schen 
beruht vielleicht darauf, dass ich an den vergrößerten Zeichnungen, Herr 
Roth direct am Präparate gemessen hat, vielleicht haben wir auch nicht den- 
selben hintern Endpunkt benutzt 

2) Monographie S. 86 u. 114. 



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Körperlange 2.2 mm. 143 

Biegung des Rückenprofiles weichen. Vom vorderen Kopfende ab ge- 
messen, betragen die Abstände: 

bis zum Gipfel der vorderen Sehwelle . . 0.4 mm 
„ ,, Grund „ „ Beuge ... 1.0 „ 
„ „ Gipfel „ mittleren Sehwelle . . 1.4 „ 
„ „ Grund „ hinteren Beuge ... 1.9 „ 

Die Bänder der Medullarplatte weichen nach beiden Seiten 
auseinander, dieselbe ist somit noch nicht zum Bohr geschlossen; 
indess zeigen doch die Durchschnitte, sowohl des Gehirn- als des 
Rückenmarktheiles eine grössere Vertiefung der Rinne, als sie äus- 
serten zu erwarten war und ein kleeblattförmiges Profil. Im Be- 
reiche der mittleren Schwelle weichen die Ränder der Medullarplatte 
spindelförmig auseinander, im übrigen lassen sie sich als scharfe 
Linien bis gegen das untere Körperende hin verfolgen. 

An einigen Stellen sind Spuren der Rumpfsegmentirung zu er- 
kennen; aus den Schnitten ergiebt sieh, dass sich dieselbe bereits 
weit nach rückwärts erstreckt Die TJrwirbel erscheinen an einem 
der Fläche nach gesehenen Schnittstücke als kleine Quadrate von 
70-J-80 /( Durchmesser, die vom Medullarplattenrande noch über- 
deckt sind. 

Das Kopfende des Embryo ist im Vergleich zum übrigen Körper 
sehr tief; dorsalwärts überragt es die Nabelblase um volle t.l mm, 
während der Abstand des Rückens vom unteren Ende der Nabel- 
blase höchstens 0.25 mm beträgt. Am oberen und vorderen Profile 
zeichnen sieh die Contouren vom Vorderhirn , vom Gesiehtstheil des 
Kopfes, und der Ort des Herzens. Letzteres Organ ist, wie aus 
den Durchschnitten sich ergiebt, noch ungeschlossen als doppel- 
seitige Halbrinne angelegt Es tritt steil vom oberen Nabelrande 
aus zum Hinterkopf, diesem breit sich anfügend. — Eine Abgliede- 
rung von Schlundbogen besteht noch nicht, wie denn auch die 
übrige Modellirung der parietalen Körperwand keine scharfen Cha- 
ractere darbietet 

Die dem Embryo dicht ansitzende Nabelblase scheidet sich 
durch einen am unteren Rande befindlichen Einschnitt in einen 
keilförmigen hinteren und einen ellipsoiden vorderen Theil, jener 
schiebt sich sockelartig zwischen die untere Rumpfhälfte und den 
Haupttheü der Nabelblase ein. Die Oberfläche der letzteren ist 



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144 Embryo 8. R. 

höckerig, mit zahlreichen warzigen Vorsprüngen besetzt, wie solche 
übrigens schon von früheren Beobachtern wahrgenommen worden 
sind. 1 ) Das die Nabelblase nach rückwärts überragende Körperende 
verjüngt sich allmählich und läuft schliesslich in einen den Stiel 
überragenden kurzen Stummel aus. Von der ventralen Räche dieses 
hinteren Körperendes geht der dicke Bauchstiel ab, der bei einer 
Höhe von ca. 0.2 mm eine grösste Länge von kaum 0.8 mm be- 
sitzt lieber die Randinsertion des Bauchstieles geben meine Zeich- 
nungen und Photographien keinen ganz klaren Aufschluss, weil 
dieselbe durch flockenartige Anhänge verdeckt ist. Auch haben mir 
die Durchschnitte desselben wenig befriedigende Ergebnisse geliefert, 
nur soviel kann ich mit Sicherheit angeben, dass derselbe bereits 
gefässhaltig ist. 



1) Dieser Character Ist in der Lithographie verwischt worden. 



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Embryo E. 

(Lange jincl. Bauchstiel} 2.6 



Unter meinen älteren Zeichnungen finden sich die nach frischem 
Präparate aufgenommenen eines sehr kleinen Eies, das ich 1869 
Ton Herrn Dr. Ecklin in Basel erhalten hatte. Decidua und Ei 
befinden sich noch in der Baseler anatomischen Sammlung. 1 ) Den 



in letzterem befindlichen Embryo habe ich damals, ohne glücklichen 
Erfolg zu mikrotomiren gesucht Das frische Ei war von ellipsoider 
Gestalt, hatte einen Durchmesser von 8'/i auf 5 l ,s mm und war 



1) Mit der Catalogbezeichnung H. d. 2 von Prof. Kouauhn i 
Arbeit mit benutzt. 1. c. S. 278. 

HIB, UeucM. Embryonen. Ifl 



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116 Embryo E. 

rings von Zotten umgeben. Der einen Breitseite anhängend, fand 
sich im Innern ein kleiner Embryo, dessen Länge mit Einschluss 
des Stieles 2.6 mm, bis zur Erhebungsstolle des letzteren 2.1 mm 
betrug. Die] Nabelblase war etwas abgeplattet und mass 2.3 auf 
1 .6 mm. Der Embryo sass ihr in einer Länge von 2 mm auf und 
war im Uebrigen von einem Amnion umhüllt, das auch die obere 
Fläche des Stieles mit umfasste. Der Embryo, obwohl an Länge 
hinter dem vorhin beschriebenen S. ß. nicht zurückstehend, war 
noch entschieden jünger als jener, dafür sprach nicht allein die et- 
was geringere Grösse des Eies, sondern vor allem die äussere Con- 
figuration des Embryo und sein Verhältniss zur Nabelblase. 

Nach meinen anderweitigen Erfahrungen zweifle ich nicht, dass 
man mit Hülfe guter Glasphotographien noch mehr Detail zu finden 
vermocht hätte, als meine damals mit Syst L Hartnack aufge- 
nommenen Zeichnungen darbieten, besonders gewähren die letzteren 
über die genaueren Formverhältnisse des hinteren Körperendes 
ungenügenden Aufschluss. In Betreff des vorderen Endes dagegen 
besagen sie in sehr bestimmter Weise, dass dasselbe an seiner dor- 
salen Fläche zwei durch eine Längsfurche geschiedene plumpe "Wülste 
zeigte, und dass seine ventrale Fläche noch sehr viel breiter als bei 
S. R. der Nabelblase aufsass. Noch sind Nabelblase und Vorder- 
kopf nicht durch eine hohe Herzanlage geschieden, und das Einzige, 
was auf letztere scheint bezogen werden -zu müssen, ist ein unter 
dem Seitentheil der Kopfanlage gelegener, Längswulst (Hz. Fig. 9), 
der wohl als die parietale Muskeifalt« aufzufassen ist, die laut Hen- 
sen's am Kaninchen gemachter Entdeckung bei Säugethieren sehr 
frühzeitig die Herzbildung einleitet Vor diesem Wulst sieht man 
zwei vom Kopf her gegen die Nabelblase ausstrahlende Gefäss- 
stämme. 



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Vergleichnng 

jüngerer menschlicher Embryonen nnter einander; 

Versuch einer Stadieneintheilung. 



Für die Fornmngsperiode des Hühnchenembryo hat es sich als 
bequem erwiesen, bestimmte Stadien auseinander zu halten und mit 
Ziffern zu bezeichnen. Indem ich im nachfolgenden versuche, auch 
für die Bildung menschlicher Embryonen eine solche Stadienschei- 
dung durchzuführen, schliesse ich mich hinsichtlich der Ziffern an 
die s. Z. für die Hähnchenentwicklung gewählten Bezeichnungen an ') 
und ich werde da, wo noch Unsicherheit besteht, oder wo die dor- 
tigen Stadien etwas zu dicht beisammen liegen, je zwei derselben 
zusammenziehen, ohne die Ziffern zu ändern. Ein genauer Paral- 
lelismus der Entwickelung besteht Übrigens, wie die embryologische 
Erfahrung genügend bewiesen hat bei Repräsentanten verschiedener 
Klassen und Ordnungen deB Wirbelthierreiches nicht Veränderungen, 
die bei dem einen Entwickelungsgang zusammentreffen, können bei 
einem anderen zeitlich auseinander fallen. Beim menschlichen Em- 
bryo z. B. fällt der Schluss des Amnion vor denjenigen der Medullar- 
röhre und vor die Bildung einer äusserlich sichtbaren Herzanlage, 
während bei manchen Säugethieren, sowie beim Vogel der Amnion- 
schluss erst in einer viel späteren Zeit vor sich geht Für andere 
Entwickelungen verhält sich's umgekehrt, so tritt z. B. die Linsen- 
anlage beim Menschen weit später auf als heim Hühnchen, das- 
selbe gilt von -den peripherischen Nerven. Nichtsdestoweniger wird 
es keine Schwierigkeiten machen, nach dem Gesammthabitus der 
Entwickelung die Stufen aufzustellen, welche sich in verschiedenen 
Thierklassen entsprechen. i 



1) Monographie S. E 



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148 Vcrgleichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

1. Stadium. 

Für die Formentwickelung des Vogelleibes bildet der scheiben- 
förmige Keim des noch unbebrüteten Hühnereies den gegebenen 
Ausgangspunkt der Betrachtung. Als eine entsprechende Stufe der 
Säugethierentwickelung kann die Keimblase angesehen werden zu 
der Zeit, da an ihr ein scheibenförmiger Embryonalfleck mit einem 
an dessen Innenfläche sich vorwölbenden Zellenreste (Keimhügel 
nach Hensen ')) sichtbar ist Menschliche Früchte dieser Stufe 
kennen wir bis jetzt durch Mittheilungen von Wharton-Jones, von 
Reichert und von Breuss. Einige fernere unter den beschriebenen 
Präparaten, die vielleicht hierher gezählt werden müssten, sind zu 
sehr misshandelt worden, um für die Frage von der Embryobildung 
wissenschaftliche brauchbare Ergebnisse zu gewähren. 3 ) 

Das für unsere Kenntnis« frühester menschlicher Entwicklung 
so wichtig gewordene Ei von Reichest hatte abgeflachte Gestalt, 
es mass im äquatorialen Durchmesser 5.5 mm, im kurzen 3.3; es 
besass zwei zottenfreie Stellen an den beiden Flachseiten, während 
seine Randzone mit Zotten besetzt war. An der der Uteruswand 
zugekehrten Fläche, deren zottenfreier Umkreis 2.5 nun betrug, lag 
der kreisrunde Embryonalfleck. Sein Durchmesser wird von Rei- 
chert zu V* der Basilarfläche angegeben ; dies ist unbestimmt, weil 
aus den Angaben nicht klar hervorgeht, ob ein Drittheil von 5.5 oder 
von 2.5 mm zu nehmen ist; aus der Zeichnung ergiebt sich jener 
Durchmesser zu 1.6 mm, dies ist vielleicht noch etwas zu wenig, 
denn die angeblich 4fach vergrösserte Zeichnung bleibt in ihren 
Maassen unter den laut dem Test zu erwartenden. Im Bereiche des 
Embryonalflecks zeigte dies Ei zwei nach ihren Elementen verschie- 



1) Hensen, Zeitschrift f. Anat. u. Entwickelungegesch. I. S. 262. 

2) Dahin gehört wohl u. A. das von Bbigel u. Löwe beschriebene Ei (Arch. 
f. Gynäkologie 1877 XII. 8.421, 4— 5 mm laug, 2 : /.-5mm hoch. Dasselbe 
war frisch mit Brunnenwasser von anhaftenden Blutgerinnseln gereinigt und 
dann Jahre lang in Glycerin aufgehoben worden. Ton älteren Beobachtungen 
ist diejenige von Volkmanh ober ein Ei von 4 nun { I ■/*'" Par.) zu citiren. Das 
Ei war mit Zotten bedeckt, Volkmann fand in ihm keinen Embryo, sondern 
eine gallertartige, anscheinend von einer dünnen Haut umgebene Masse (Mül- 
lbe's Archiv 1839. S. 248). 



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1. Stadium. 14» 

dene Zellenschichten ; die übrigen Theile der Blase, sowohl die kahlen,, 
als der zottentragende, waren einschichtig. Die Höhlung des Eies 
zeigte sich von einem Filz feiner Fäden durchzogen, die den ganzen 
Hohlraum erfüllten, überall der Hülle anhafteten und mit einem 
kugligen Körper zusammenhingen, welcher sich an der basilaren 
Wand befand. 

Schon im Jahre 1837 hat Wharton-Jones ein Ei beschrieben 
und abgebildet, das, obwohl in der Literatur wenig beachtet, doch 
beanspruchen darf, dem Reichest' sehen zur Seite gestellt zu wer- 
den. 1 ) Das Fi stammte von Dr. Mackenzte; derselbe hatte es dem 
Abortus einer Frau entnommen, bei welcher die Periode einmal aus- 
geblieben war, und schätzte dasselbe, offenbar zu hoch, auf 3 bis 
4 Wochen. Seine Grösse im frischen Zustande wird gleich derjenigen 
einer grösseren Erbse angegeben. An der nach dem Alkoholpräparate 
aufgenommenen Zeichnung beträgt der längste Durchmesser 6.2, der 
darauf senkrechte kürzeste 4.7 mm. Demnach war dies Ei nur um 
weniges grösser als das von Reichert. Auch hier war die eine, 
und zwar die der Uterushöhle zugewendete Fläche kahl, das übrige 
Ei von Zotten bedeckt Whaeton-Jones umschnitt die glatte Wand 
und fand die Eihöhle von gallertiger Masse erfüllt; in dieser ein- 
gebettet lag ein kleiner kugliger Körper, dessen Durchmesser laut 
der Zeichnung ca. 1'« mm betragen hat Auffallend erscheint es, 
dass der letzterwähnte Körper an der Peripherie des Eies gefunden 
wurde, und nicht, wie bei Reichert, der glatten Wand anliegend; 
vielleicht darf man dabei an eine durch die Präparation herbei- 
geführte Verschiebung denken, dadurch entstanden, dass die der 
Füllungsmasse anhaftende Kugel bei der Abhebung der glatten Wand 
von dieser sich losgetrennt hat Whabton -Jones selbst hielt den 
kugligen Körper für die Keimblase 3 ), richtiger ist er als bioser Endo- 
dermkörper aufzufassen. TJeber einen äusseriieh wahrnehmbaren 

1) Phflos. Transactions 1831. p. 339. 

2) Die hohe Schätzung erklärt sich hier, wie in mehreren ähnlichen 
Fällen dadurch, da&s nicht von der ausbleibenden Periode ab, sondern von 
der muthmaas Blichen letzten Begattung ab gerechnet wurde. 

3) It was evidently the vesicular blastodertna; on being taken out »ad 
examined nnder the microBcope it preeented the aarne friablc globular struc- 
tnre found in the vesicular blastoderma of the Rabbit. 1. c. 342. 



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150 Vergleichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

Embryonalfleck macht Wharton-Jones keine Angabe, wobei indess 
wohl zu beachten ist, dass er das Präparat nicht frisch, sondern 
nach vorausgegangener Alkoholbehandlung gesehen hat 

Das dritte hier aufzuführende Ei ist das von K. Brbuss be- 
schriebene. Bei einer 28jähr. Frau war 10 Tage nach Ausbleiben 
der Menses, anlasslich einer lebhaften Bewegung Blutung und Aus- 
stossung eines dünnwandigen Abortus eingetreten. Das Präparat ist 
von Dr. Stakdhartxer in ziemlich starken Alkohol gesetzt und 
dem Wiener pathol. Institut übergeben worden. Auch hier bezieht 
sich sonach die Beschreibung auf ein durch den Alkohol bereits 
mehr oder weniger verändertes Präparat. Das Ei war ein kugliges 
zartes Bläschen, von durchscheinender Beschaffenheit; es war noch 
völlig unverletzt, mass aber einschliesslich der 1 mm langen Zotten 
nur 5 mm im Durchmesser, ohne diese somit nur 3 mm. Eine 2 mm 
im Durchmesser fassende kreisrunde Stelle war zottenfrei, der Best 
d$s Eies mit Zotten besetzt Von einem äusserlich sichtbaren Em- 
bryonalfleck wird Nichts erwähnt, dagegen fand sich auch hier, wie 
in den Fällen von Reichert und von Whabton- Jones ein gegen 
die Höhlung vorspringendes Knötchen, das 1 mm lang, 0,5 mm breit 
war und das aus kernhaltigen Zellen bestand. Breuss glaubt, es 
sei dies der zurückgebildete und unkenntlich gewordene Embryo ge- 
wesen, eine, wie mir scheint, völlig unbegründete Vennuthung, auf 
die Breuss auch keineswegs durch die Structur des Gebildes selbst, 
sondern durch die Structur des Chorions geleitet worden ist. Die 
Innenfläche des letzteren nämlich war mit einer Schicht unreifen 
Bindegewebes nebst beginnenden Gefässanlagen bekleidet und Fort- 
setzungen dieser Schicht zogen sich bis in das Innere der epithelia- 
len Zotten. Nun setzt aber das von der Schule gelehrte Dogma 
voraus, dass Gefässe und Bindegewebe des Chorion diesem mittelst 
der Allantois vom Embryo aus müssen zugeführt worden sein. Ein 
Vorhandensein derselben vor Vorhandensein des Embryo ist nach 
der herrschenden Lehre unverständlich und Breuss musste daher, 
um seine Beobachtung mit dieser nicht in Widerstreit zu bringen, 
auf den Ausweg eines zu Grunde gegangenen Embryos verfallen- 

I) K. Bhsuss, Ueber ein Ei ans der 2. Woche der Gravidität. Wiener 
med. Wochenschr. 1817. S. 502. 



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1., 2. und 3. Stadium. ■ - 151 

In gleicher Weise meint auch Ahlfeld '), dass die an jungen Eiern 
beobachtete bindegewebige Innenschicht von der Allantois produeirt 
werde, und dass wohl, mit Ausnahme des Eies von Reichert, in 
allen übrigen bisher beschriebenen Fallen frühzeitiger menschlicher 
Eier der bereits gebildete Fötus wieder zu Grunde gegangen sei. 
Wir werden späterhin die Berechtigung der herrschenden Allantois- 
lehre beim menschlichen Ei besonders zu prüfen haben. 



2. Stadium. 

Im zweiten Entwickelungsstadium streekt sich, nach den ver- 
schiedenen an Säugethiereiern angestellten Beobachtungen, der Em- 
bryonalfleck etwas in die Länge, nimmt birnförmige Gestalt an und 
in seiner Mittellinie entsteht die Primitivrinne. ') Dies Stadium, das 
wir der Kürze halber als Stadium der Primitivrinnenbildung bezeich- 
nen können, ist bis dahin an keinem menschlichen Ei beobachtet 
worden. 

3. Stadium. 

Das dritte Entwickelungsstadium zeigt als wesentlichsten Vor- 
gang die Erhebung der Rückenwülste und die scharfe Ausprägung 
einer vorderen Keimfalte. 3 ) Diesem Stadium gehört das oben be- 
sprochene Ei E. an. Noch ist keine scharfe Scheidung der Medullar- 
platten und keine Spur einer Segmentirung vorhanden; in groben 
Zügen nur zeichnen sich die ersten Zonen des Körpers. Durchaus 
eigentümlich für das menschliche Ei erweist es sich, dass dasselbe 
schon in dieser so frühen Periode ein geschlossenes Amnion, ein 
vollständiges Chorion und einen dicken, den Embryo mit dem letzte- 
ren verbindenden Stiel besitzt. 1 ) 



t) Am.ynT.-n, Archiv f. Gynlcologie Bd. XIII. Heft 2. Beschreibung eines 
sehr kleinen menschlichen Eies. 

2) BiscHOBir, Kaninchenei Fig. 48 u. 49. Hundeei Taf. V. Fig. 31. E. F. 
HraoHN 1. c. Taf. IX. 21—24. 

3) Bischof*' Hundeei 33. Kaninchenei 51 u. 52. Hansen 1. c. IX. 25—27. 

4) Vielleicht gehört in das 3. Stadium auch die von Schwabs beobachtete 
Fracht. .Beschreibung einer sehr frühzeitigen menschl. Frucht im bläschen- 



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152 Vergleichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

4. und 5. Stadium. 

Beim TJebergang zum vierten Stadium legt sich die vordere 
Keimfalte um ; es bildet sich hierdurch ein freier Vorderkopf mit 
ventralwärts gerichteter Gesichtsfläche und mit kurzem blindsack- 
förmigen Vorderdarm. Gleichzeitig tritt eine schärfere* Abgrenzung 
der Medullarplatte ein, die Ränder der letzteren wölben sich empor, 
rucken sich stellenweise entgegen, und es treten auch die ersten 
Andeutungen einer TJrwirbelgliederung auf. Im Verlaufe des fünften 
Stadiums nehmen diese Veränderungen ihren weiteren Fortgang ; das 
Medullarrohr schliesst sich grossentheils , die scharfe Abgränzung 
und die Zahl der Urwirbel nimmt zu und äusserlich wahrnehmbar 
macht sieh unterhalb des Gesichtstheiles die Form des Herzens 
geltend. 

Der eben characterisirten Entwickehmgsstufe gehören unter den 
bis dahin bekannten Fällen die Embryonen 1 und 2 von Alles 
Thomson an und der oben beschriebene Embryo SR. Die beiden 
THOMSON'schen Fälle sind durch das ausführliche Referat in Köl- 
liker's Entwiekelungsge schichte allgemein bekannt. Kr. 1 war das 
kleinere der beiden Eier, 9 /4o Zoll oder 5.7 mm im Durchmesser 



förmigen Bildungszustande.-, Dies, inaug. Berlin 1679. Aus der ohne Ab- 
bildungen herausgegebenen Beschreibung laset sich indesa wenig präcises ent- 
nehmen. Ferner scheint diesem oder dem nächstfolgenden Stadium das Ei 
von Bruch angehört zu haben (Unters, aber die Entwicklung der Gewebe 
bei warmblütigen Thieren. Abh. d. Senkb. Ges. Bd. IV. u. VI. S. 201), für 
das allerdings keine Maasse angegeben werden, das aber laut der Zeichnung 
mit den Zotten etwa 8 mm gemessen hat. Es enthielt im Innern ein „hiree- 
kerngroases" Bläschen an einem kurzen Stiele aufsitzend, aber keine Spur 
eines Embryo." Bemerkens wert h ist auch hier die Existenz des Stieles, in 
Uebrigen läset sich aus der Beschreibung wenig erschließen. 

1) Allen Thomson, Contributions to the History of the strueture of the 
human Ovum and Embryo before the tbird week after Conception with a 
Description of some early ova Edinburgh, Med. and Surg. Journal 1839. Bd. 
LH. p. 119. Mit sehr unwesentlichen Auslassungen im Text und mit sammt- 
lichen Abbildungen wiedergegeben in Froriep's Neuen, Notizen vom Jahr1S40. 
Bd. XI7I. S. 193. Einen Theil der Abbildungen hatKöLLiKER copirt. 2. Ent- 
wickelungsgeschichte. 2. Aufl. S. 305. Fig. 225—227, ebenso Ecker in s. 
Icones Taf. XXXIV. Fig. 2—3. 



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4. und 5. Stadium. 153 

fassend, es war 6 Wochen nach der letzten Periode abgegangen, 
somit nur 14 Tage nach der zuerst ausgebliebenen. Seiner Grösse 
nach sehätzt es A. T. auf höchstens 12—14 Tage. Das Chorion 
war auf der einen Seite mit stärkeren Zotten besetzt als auf der 
anderen. Die Nabelblase nnd der rudimentäre Embryo füllten die 
Höhle des Chorion nieht aus, der Durchmesser der Nabelblase be- 
trug wenig mehr als die Hälfte des Eidurchmessers (an der Zeich- 
nung etwas über 2'/i mm). Der Embryo war 1 Linie = 2.11 mm 
lang. Zwischen Amnion und Nabelblase fand sich ein filamentöses, 
zähes Gewebe, das A. T. für ein Gerinnungsproduct hält Gegen 
den Rücken des Embryo und gegenüber der Nabelblase war dies 
Gewebe dichter und verband den Embryo und die Nabelblase mit 
dem Chorion. Der Embryo lag fast glatt auf der Nabelblase und 
hatte eine nur seichte, der Höhlung der letzteren zugewendete Darm- 
rinne; sein Bücken war zusammengernnzelt, wahrscheinlich durch 
den Alkohol. Das Kopfende war rundlich verdickt, und eine zwischen 
ihm und der Nabelblase liegende Anschwellung schien das rudimen- 
täre Herz zu sein. In Betreff der Eückenwülste glaubt A. Thomson 
sie hätten sich wohl schon vereinigt gehabt, was mir Angesichts der 
übrigen Entwickelung unwahrscheinlich vorkommt. Nicht unwichtig 
ist die Bemerkung, dass jener Beobachter das Ei nur am dritten 
Orte, in schlechtem Lichte und ohne Berührung des Embryo durch 
ein Instrument untersuchen durfte. Dasselbe war von Prof. Cumin 
in Glasgow in Essigsäure und schwachem Alkohol aufbewahrt worden. 
Ohne diese Umstände müsste wohl Allen Thomson den Bauchstiel, 
dessen Vorhandensein mir aus seiner Fig. I, 4 sieher hervorzugehen 
scheint, als Verbindungsglied mit dem Chorion erkannt haben. Er 
hat zwar das Vorhandensein einer Verbindung von Embryo und 
Nabelblase mit dem Chorion wahrgenommen, von ihr aber nur als 
von einer einfachen Verklebung gesprochen. 

Auch das zweite von Allen Thomson untersuchte Ei war nicht 
in dessen eigenem Besitze, sondern in dem von D. J. Beid. Es 
stammte von einer 20jährigen Frau, welche 14 Tage vor ihrem 
Tode unwohl gewesen war. Die letzte Periode hatte am 24. Mai 
aufgehört. Der Tod erfolgte am 1 . Juli. Unter der Voraussetzung, 
dass die Periode bei der Frau regelmässig nach 4 Wochen wieder- 
kehrte nnd je 5 Tage andauerte, war der Termin der Wiederkehr 



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154 Vergleichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander a. s. w. 

der 17. Juni, und das Alter der Frucht von diesem Termine ab be- 
rechnet sich zu 14 Tagen. Auf diese Schätzung kommt auch A. 
Thomson mit Rücksicht auf die Grösse des Eies. Immerhin muss 
der Embryo früher abgestorben, bez. in seiner Entwicklung still- 
gestellt worden sein als das Chorion; denn der Durchmesser des 
letzteren betrug 8 /i<i Zoll oder 15 mm in der einen, Vi •> Zoll oder 
1 mm in der anderen Richtung. Die Zotten waren in der einen 
Hälfte des Eies reichlicher und verästeltet als in der anderen. Das 
Ei wurde nach vorherigem Aufenthalt in Alkohol eröffnet, es zeigte 
in der Nähe des einen Poles den Embryo nebst der Nabelblase. 
Der übrige Eiraum war von einem femflockigen Gewebe durchsetzt. 
Wie im ersten Falle so waren der Rücken des Embryo und das 
hintere Ende des Dottersackes der Innenfläche des Chorion durch 
festes Gewebe angeheftet, wobei Allen Thomson auch wiederum 
mehr an eine Verklebung durch verdichtetes Zwischengewebe, denn 
an eine organische Verbindung durch einen Stiel zu denken scheint. 
lieber das ganze Verhältniss geben die Abbildungen keinen Aus- 
schluss; in den beiden Figuren 3 und 4 wird, wohl etwas schema- 
tisirt, das hintere Körperende abgerundet gezeichnet. Auch ein ge- 
schlossenes Amnion wird nicht dargestellt, sondern nur Rudimente 
eines solchen. Ich erkläre mir dies dadurch, dass bei Herausnahme 
des Embryo aus dem Chorion ein vorhandener Stiel zerstört und 
auch das Amnion verletzt werden musste, wogegen allerdings die 
Notwendigkeit nicht vorliegt, dass das letztere bis auf seine vor- 
derste Insertion sich lostrennte. Abgesehen von diesem Punkte, in 
welchem die Beschreibung und die Abbildung von Allen TriOM- 
son's Fall 2 von meinem Falle S. It. abweichen, besteht zwischen 
beiden eine sehr grosse Ueberemstimmung. Die Maasse sind an- 
nähernd dieselben, die Länge nämlich des THOMBON'schen Embryo 
wird auf nahezu Vio Zoll oder gegen 2*/i mm, die des Dottersackes 
auf etwa Vi a Zoll oder ca. 2 mm angegeben. Der Embryo sass der 
Nabelblase beinahe flach auf, die Medullarrinne war noch klaffend, 
unterhalb des Kopfendes trat, zwischen diesem und der Dotterblase, 
die Herzanlage als unregelmässig umgränzte Masse hervor. An der 
Profilzeichnung bemerke ich ferner einen Einschnitt am hinteren 
Rande der Nabelblase, der bei S. R in ähnlicher Weise wiederkehrt; 
ebenso stimmt das allmähliche Niedrigerwerden des Körpers von 



- ;: >a, y Google 



5., 6. und 7. Stadium. 155 

vorn nach rückwärts und das Vorhandensein von zwei mit der mitt- 
leren Medullarrinnc parallel laufenden seitlichen Sinnen. 

Ich stelle nochmals die Maasse der bis dahin bekannten 4 Fälle 
des dritten bis fünften Stadiums zusammen. Es betrugen 

A.l\. 



bei Präp. 


E. 


A.T>. 


S.R 


die Durchmesser des Chorioll . 8.5 auf 5.5 


mm 


5.7 mm 


9 auf 8 1 


die Länge des Embryo (ohne 








Stiel). ...... 2.1 




2.1 


2.2 


die Länge der HabelblaBe ... 2.3 




2.6 


1.9 



(collabirt) 

Nach den Maassen scheint der Embryo S. R. noch etwas unter 
den zweiten Fall von Allen Thomson gestellt werden zu müssen, 
der erste Fall des letzteren Beobachters nähert sich in der Hinsicht 
meinem Fall E., das Vorhandensein einer sichtbaren Herzanlage 
stellt ihn aber über diesen nnd zu den beiden anderen. Die Längen- 
bestimmung von E. ist wegen der (wenigstens an meiner Zeichnung) 
unsicheren Abgrenzung des hinteren Körperendes nur als approxima- 
tive anzusehen, eher etwas zu klein als zu gross. 

6, und 7. Stadium. 

Die Bildung des embryonalen Leibes hat während dieser Sta- 
dien einen gewissen vorläufigen Abschluss erreicht Gehirn und 
Rückenmark sind geschlossen, ersteres in seine primitiven Abthei- 
lungen gegliedert, das Herz ist als Schlauch angelegt und, laut den 
Erfahrungen an Thierembryonen bereits thätig; Chorda dorsalis und 
Urwirbel erscheinen scharf umgränzt, der Urnierengang bereits in 
Bildung. Bei alledem ist aber der Leib noch weit offen, der Mittel- 
darm eine mit der Nabelblase in langgestreckter weiter Verbindung 
stehende Rinne. Der Kopf ist noch nicht vorn übergebogen, viel- 
mehr bildet das Vorderhirn seinen obersten Abschnitt, und die Sym- 
metriefläche, wenigstens für den Vorderkörper ist eine Ebene und 
nicht, wie späterhin nach eingetretener Drehung, eine windschiefe 
Fläche. Einzig das Herz mit seiner nach rechts gekehrten Aus- 
legung weicht von der allgemeinen Symmetrie ab. Dicht über dem 
Eingang in den Vorderdarm liegend, erstreckt es steh mit seinem 
Bulbustheile bis zu dem mit dem TJnterkieferfortsatz abschliessen- 



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156 Vergleicluing jüngerer menublicber Embryonen unter einander u. s. w. 

den Gesichtstheile des Vorderkopfee hin. Stirntheil, Gesichtstheil 
und Hinterkopf liegen in klarer Gliederung untereinander, und im 
seitlichen Abschnitte der beiden letzteren sind die Faltungen auf- 
getreten, welche die Bildung der ersten beiden Schlundspalten ein- 
zuleiten hatten. Die Mundbucht ist eine offene Grube. Das untere 
Ende des Körpers überragt bei dem menschlichen Embryo dieser 
Periode als kurzer Stumpf den Bauchstiel. 



Flg. 10. CoBTi'Mtur Emlirjo. »/, dar ingabliah ca. IS mal TergrfaMrten Oriftnln'B«, mb> 

edieinlioli indeia mebi denn 10 mal Tatgrflsaert. Du nntoro K3rpe»ads hibo ich gogon du 

Original *twa> gedreht, um daa In Cosra'a Figur 4 Ion linis her durcesteDte BSrperenia m 

Anschauung tu Bringen. 

Die bekannte, von Gerbe gezeichnete Abbildung Coste's zeigt 
uns diese Entwicklungsstufe in schönster Ausführung und ein Ver- 
gleich derselben mit Abbildungen des entsprechenden Stadiums der 
Hühnchenentwickelung (Monogr. Taf. XH. Fig. 20 und Körperfbrm 
Fig. 12 und 17) oder mit den zugehörigen Wachsmodellen lässt über 
die übereinstimmende Bildung keinen Zweifel bestehen. Der Em- 
bryo Li, den ich oben beschrieben habe, bildet, obwohl derselbe 
unvollständig erhalten war, eine wichtige Bestätigung und Ergänzung 



1) Bist, du Devel. etc. espece humaine Taf. II. Copirt bei Kölliker, 
Entwickelungsgesch. 2. Aufl. S. 308. Fig. 226-329 und bei Ecker, Ieones 
physiol. XXX. I. 



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6 und 7. Stadium. 157 

zu den durch Costb gewonnenen Anschauungen. Auch hei diesem 
erscheint der Körper insofern noch ziemlich gestreckt, als weder 
das Kopf- noch das Beckenende vom übergebogen sind. Die beim 
CosTE'schen Embryo sehr stark ausgesprochene Einbiegung des 
Rückens ist bei Li in geringerem Maasse vorhanden. In einem 
wichtigen Punkte differirt der CosTE'sche Embryo nicht allein von Li , 
sondern auch von einer Anzahl sonstiger Embryonen aus früheren Ent- 
wickelungsstufen, er ist nämlich bedeutend länger. Die grösste Länge 

des Embryo Li beträgt 2.45 mm, 

M 2.7 „ 

„ „ Li (s. unten) 2.9 „ 

„ „ von Allen Thomson Nr. 3 3.0 „ 
„ „ von Strümpell (s. unten) 3.2 „ 
Die Länge des CosTE'schen Embryo beträgt ohne Berücksich- 
tigung der Biegung 4 '/a bis 5 mm. Eine genaue Messung theilt 
Coste in seinem Werke nicht mit, und in BetrefF der Vergrösse- 
rung findet sich bei ihm nur die Angabe, sie sei ungefähr 15 fach. 
Unter letzterer Voraussetzung ist die beistehende Figur auf %, d. h. 
auf 10 fache Vergrösserung umgezeichnet An der unvergrösserten 
Zeichnung misst der Embryo gegen 5 mm, an der 15 fach ver- 
grösserten gegen 8 cm.') Der Unterschied ist für den Kopfantheil 
des Körpers unbedeutend und ebenso für den Hinterleib, dagegen 
sehr gross für den Mitteltheil des Körpers. Unter der Annahme, 
dass in Coste's Zeichnung die Vergr&sserung genau 15 betrug, 
komme ich zu folgenden Maassen: 

Embryo von Cobte Li 

a) Abstand vom Scheitel bis zum hinte- 
ren Bande des zweiten Schlundbogens 0.9 mm, 0.8 mm, 

b) Abstand vom Seheitel bis zum Rand 

der vorderen Darmpforte 1.6 „ 1.15» 

c) Länge des freien Hinterendes . . . 0.35 „ 0.3 „ 

d) Abstand vom hinteren Endpunkte zur 

hinteren Darmpforte 0.8 „ 0.8 „ 

e) Länge des Darmnabels 2.9 „ 0.65 „ 

1) Bei Köllikeb finden sich die Maassangaben für dag Ei 13.2 mm (wo- 
bei die Zotten unzweifelhaft mitgerechnet sind) für den Embryo 4.4, für die 
Nabelblase 2.75 min. 



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168 Vergleicfcung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

Einen gewissen Antheil an dieser Differenz wird man dem Um- 
stände zuschreiben dürfen, dass Coste's Abbildung wahrscheinlich 
nach dem frischen, vielleicht künstlich gestreckten Objeete gezeich- 
net ist, die meinige nach einem Alkoholpräparate ; auch ist es mög- 
licherweise zu weit gegangen, wenn die GERBE'sche Zeichnung, die 
ja ihren Vergrösserungsmaassstab nur ungefähr angiebt, der Zirkel- 
messung unterworfen wird ; indess darf man an der so vorzüglichen 
Darstellung Gerbe's gröbere Verzeichnungen kaum annehmen und 
so bleibt der starke, Unterschied in der Entwicklung des Mittel- 
leibes der beiden sich so nahestehenden Embryonen befremdend. 



Rg.13, 



Ich stelle im Obigen die auf 10 fache Vergrösserung gebrachten 
Zeichnungen der wichtigsten jüngeren Embryonen, des Embryo E. 
(Fig. 11), des Embryo S. K. (Fig. 12), des Embryo Allen ThoMSONi. 
(Fig. 13), des Embryo Li (Fig. 14) und des Embryo M. (Fig. 15) zu- 
sammen. Die Uebereinstimmung bez. der regelmässige Fortschritt in 
den Dimensionen dieser 5 Embryonen bietet eine Gewähr dafür, dass 
wir es [bei ihnen mit normalen Verhältnissen zu thun haben, nnd 
dass die in ihnen repräsentirte Grösse nscala als Ausgangspunkt zur 
Beurtheilung anderweitiger Früchte benutzt werden kann. 



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8. Stadium. 

Beim Uebergang vom 7. zum 8. Stadium biegt sich der Kopf 
nach vorn über, so dass nun das Mittelhirn am höchsten zu stehen 
kommt, und er erfährt eine Drehung zur Seite. Auch das Herz 
verschiebt sich; die zuvor einfach lateralwärts gewendete Schleife 
wendet nunmehr ihre Convexität nach abwärts, der Bulbustheil des 
Herzens erfährt eine Streckung, der Vorhofstheil eine Knickung, und 
entsprechend der letzteren bilden sich die beiden Herzohren aus. 
Die Schlundbogen und Schlundspalten sind sämmtlich vorhanden. 
Der Schluss des Darms ist weiter fortgeschritten, die Verbindung 
jedoch mit der Nabelblase noch ziemlich weit Das Beckenende 
des Leibes ist nach vorn heraufgeschlagen, und der Bauchstiel er- 
scheint nunmehr zwischen dieses und die Wurzel der Nabelblase 
eingeklemmt. 

Dem 8. Stadium gehört der Embryo M. an; seine anatomischen 
Einzelnheiten sind oben so einlässbch beschrieben worden, dass es 
nicht nöthig ist, hier nochmals auf dieselben zurückzukommen. Unter 
den in der Literatur beschriebenen Embryonen passen mehrere in 
dies Stadium, oder überschreiten dasselbe nur um Weniges. So ist 
zunächst der 3. Fall von Allen Thomson meinem Embryo H. in 
Dimensionen und in Betreff der Gestaltung nur um Weniges voraus, 
das Ei mass 25 mm (1 Zoll engl.), der Embryo 3 mm. Das Amnion 
muss zerrissen gewesen sein, da Allen Thomson angiebt, der Kör- 
per sei ohne Bedeckung, gewesen und das Herz wäre frei aus dem 
Körper herausgetreten. Auge und Ohr waren äusserlich nicht sicht- 
bar, von Extremitäten keine Spur; die Nabelblase war mit dem 
Darm noch in weitem Zusammenhang. Mit dem hinteren Ende 
des letzteren war ein dicker zum Chorion führender Strang (Allantois- 
strang von Allen Thomson) verbunden. Das hintere Körperende 
erscheint in der Abbildung gestreckt und nicht wie bei M. nach 
vorn heraufgeschlagen. 

Dieser Embryo war wohl einige Zeit vor der Ausstossung in 
seiner Entwickelung aufgehalten worden, da das Chorion unverhält- 
nissmässig weit gewesen ist. Einen im gleichen Fall befindlichen 
Embryo hatte im verflossenen Frühjahr Herr Dr. Strümpell die 
Güte mir einzuhändigen. Derselbe war von einem weit abstehenden 



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160 Verglcichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

Amnion umgeben. Er war im frischen Zustande 3.2 mm lang und 
zeigte bei stark vornübergebeugtem Kopfe einen gestreckten Hinter- 
leib. Letzteres Verhältniss halte ich 'bei diesem wie beim vorigen 
Embryo für postmortal entstanden, und ich glaube, dass das Becken- 
stück bereits nach vorn aufgeklappt war, dann aber sich wieder zu- 
rückgebogen hat, weil der innerhalb der Mutter abgestorbene Em- 
bryo sich allmählich erweichte. 

Aehnlichkeit mit diesen Embryonen besitzt auch der von v. Baer 
abgebildet«. ') Derselbe zeigte einen durchweg gekrümmten Rücken 
und war kaum 1 Linie oder ca. 2 mm lang; er war von einem 
Amnion von ca. 4.5 mm Durchmesser umgeben, mit dem er durch 
einen kurzen Stiel zusammenhing. Die Gestalt des Kopfes stimmt 
sehr mit der von M.; v. Baer konnte daran 4 offene Schlundspalten 
unterscheiden. Der Hinterleib war verkümmert und das Präparat 
wurde deshalb von v. Baer als Monstrum angesehen. Uebrigens 
bleiben an der v. BABR'schen Zeichnung auch in Betreff des Herzens 
und der Nabelblase verschiedene Dinge unklar und einer nachträg- 
lichen Deutung unzugänglich. 

Auch der Embryo, den Schroeder v. d. Kolk 2) abgebildet 
hat, scheint dem VUI. Stadium anzugehören; seine Länge wird 
allerdings nur zu 18 mm, die der Nabelblase zu 3.3 mm angegeben. 
Die Abbildungen sind ungünstig aufgenommen und die eine Fig. 14 
ist fast unverständlich. 

Eine von A. Ecker mitgetheilte Zeichnung?) zeigt einen Em- 
bryo von 2 mm Länge von der Bauchseite her, so dass man in den 
Nabelspalt hineinsieht Die Nabelblase war mit dem Chorion ver- 
wachsen, das Ei somit wohl kaum normal. 

Ein von Hecker 1 ) abgebildeter, vom Amnion dicht umschlos- 
sener Embryo zeigt hinwiederum eine dem Embryo M. ähnliche 

1) Entwickelungsgesch. Bd. 2. Taf. VI. Fig. 15—16 u. v. Siebold Jour- 
nal für Geburtshülfe. 1834. Bd. XIV. S. 409. 

2| Verh. des König]. Nicderl. Instituts. 3. Keine. 4. Theil. Amsterdam 1851. 
Das von Hrnning gegebene und leicht missdeutbare Citat III 3 findet sich bei 
Bsiobl-Loews und bei Breubs wieder. 

3) Becker, geburtshülH. Klinik. II. S. 15. Taf. I. 

4) A. Ecker, kleine embryol Mitth. in den Verh. d. Freiburger naturf. 
Ges.1873. Bd. VI. S.116. 



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8. Stadium. 161 

Kopfconformation ; im Uebrigen ist mit der Beschreibung wie mit 
der Abbildung wenig anzufangen und beide enthalten sicherlich viel 
Missverständliches.. Massangaben sind nur für das Chorion gegeben, 
dessen Durchmesser 17 auf 14 mm betrugen. Der angeblich 40 mal 
vergrößerte Embryo misst nur 52 mm; demnach ist unzweifelhaft 
die Vergrößerung überschätzt; ein hinter dem 2. Schlundbogen he- 
gender Höcker wird als Extremitätenanlage gedeutfit, ist aber wohl 
eher als Gehörbläschenvorsprung zu verstehen. Das, was als Nabel- 
blase bezeichnet wird, halte ich für das Herz. Es ist zu bedauern, 
dass Hecker dies Präparat nicht seinem Collegen Th. -Bischoff 
übergehen hat, dessen Untersuchung sicherlich weit fruchtvollere 
Ergebnisse würde geliefert haben. 

Fast noch unsicherer als Heckeh's Darstellung erscheint die- 
jenige, welche vor Kurzem Beigel von dem angeblich drittjüngsten 
menschlichen Embryo gegeben hat. Die Länge desselben wird zu 
4 mm angegeben, und da die Zeichnung 48 mm lang ist, so muss 
sie hei 12facher Vergrösserung aufgenommen worden sein. Die 
Zeichnung ist nur zu verstehen, wenn man annimmt, dass das hin- 
tere Körperende verstümmelt worden ist; denn der Kopf macht weit 
mehr als die Hälfte der ganzen Länge aus und besitzt eine Länge 
und Tiefe, welche derjenigen der 7 mm langen Embryonen gleich- 
kommt Die Länge desselben beträgt nämlich vom Scheitel bis 
hinter den 3. Schlundbogen 2.25 mm, die Tiefe in der Vorderhirn- 
gegend 2 mm. Ein vor den Schlundbogen hegender Körper, den 
Beiqel Nabelblase nennt, scheint mir, seiner Grösse und Lage nach 
zu schliessen, das Herz zu sein; Beigel bezeichnet seinerseits als 
Herz eine im unteren Körperdrittel und unterhalb der angeblichen 
Nabelblase, gelegene kleine Kugel. 

Endlich führe ich noch den von Bkuch {Taf. X Fig. 4 u. 5 S. 264 
seiner oben citirten Abh.) abgebildeten Embryo an, der in bemerkens- 
werther Weise die Drehung des Körpers, Kopf nach links, Steissende 
nach rechts zeigt. Statt des Bauchstieles wird eine angeblich freie 
blasenförmige Allantois beschrieben und abgebildet. 



1) Beigel, Archiv f. Gynaecol. 1878. S. XIII. 437 das Ei ging 14 Tage 
nach Ausbleiben der Menstruation ab, sein Durchmesser betrug unversehrt 
7 u. 9mm., die Untersuchung geschah unter Assistenz von S. Schenk. 
Hia, Hein chl. Embryonen. 11 



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162 Vergleichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

9. Stadium. 

Das 9. Stadium möchte ich beim menschlichen Embryo dadurch 
characterisiren, dass die allgemeine Körperkrümmung zunimmt und 
in Folge davon Nacken- und Scheitelkrümmung als ausspringende 
Winkel scharf hervortreten. Ebenso schreitet die Gliederung des 
Gehirns weiter fort, das Hemisphärenhim scheidet sich äusserlich 
wahrnehmbar vom Zwischenhirn, der Zugang zur Nabelblase verengt 
sich, von einem Leberwulst treten oberhalb des Nabels die ersten 
Andeutungen auf, wogegen die Extremitätenanlagen noch kaum sicht- 
bar sind. 

Diesem Stadium gehört ein Embryo an, den ich wie den früher 
beschriebenen Li der Güte des Herrn Collegen Leuckart verdanke. 
Der in seiner Entwickelung hinter den Häuten zurückgebliebene Em- 
bryo mass in längster Richtung 3 mm. Das, behufs Aufstellung in 
der Sammlung, künstlich ausgedehnte Chorion hatte einen Dureh- 
messer von 16 mm; das Amnion umgab den Embryo als weiter 
loser Sack; die Nabelblase besass eine durchscheinende dünnwandige 
Beschaffenheit, und auch der Bauchstiel zeigte ein ähnliches Gepräge. 
Der Kopf des Embryo fiel durch seine bedeutende Tiefe auf und 
erinnerte in der Hinsicht an einen der von Costb fTaf. H a) abge- 
bildeten Embryonen. Der starke Unterkiefer hing schlaff herab, die 
Schlundspalten waren nicht deutlich und auch die Herzgränzen er- 
laubten keine feste Bestimmung. Der Hinterleib trat frei in die 
Höhe und bog sich sehr stark nach der linken Seite ab. Die weiche 
Beschaffenheit des Präparates erlaubte keine eingehendere Durch- 
arbeitung. 

In das 9. Stadium reihe ich auch den Embryo, von welchem 
Joh. Moller eine zwar schwach vergrößerte aber sehr gute Ab- 
bildung gegeben hat, die ich, auf lOfache Vergrösserung umgezeich- 
net, beifolgend reprodueire. ') Der Embryo hatte eine Länge von ca. 
5 ! /s mm 1 ), war vom Amnion umhüllt und mit der Nabelblase noch 



1) Jon. Müller, Physiol. 4. Aufl. Bd. IL Tai"., der Test dazu findet sieb 
8. 713 u. im Archiv 1834 S. 8 u. 1836 CLXVH. 

2) J. Müller gieht die Länge des Embryo zu 2'/i'" an, er sagt aber nicht 
welches Maass; auf rheinisch Maass giebt dies 5.45 auf Far. Maass 5.67 mm. 



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9. und 10. Stadium. 168 

in unmittelbarer Beziehung; der aus dem Körper hervortretende 
Dann setzte sich nur durch eine Einschnürung von letzterer ab. Es 
ist nicht überflüssig zu bemerken, dass J. Müller ein Hauptgewicht 
auf den Nachweis dieses "Zusammenhanges gelegt hat Der Embryo 
zeigt nämlich andere Eigentümlichkeiten, die vielleicht als Folgen 
einer im Interesse jenes -Nachweises ausgeführten Präparation zu 
deuten sind. Der Eücken des Embryo ist auf das stärkste einge- 
knickt und das Beckenende sieht nach unten, statt nach oben hin. 
Sehr schön tritt unter diesen Umständen das Verhältniss der Bauch- 



Flg« 16« J. MUli.fb's Embryo *nf EO fuchs YargrSsserunf nmgeaei einet. 

wand zum Bauchstiel hervor und die Insertion des Amnion an 
letzterem. Denkt man sich das untere Körperende von der Ein- 
knickungsstelle ab nach vom in die Höhe geschlagen, so wird der 
Bauchstiel zwischen das Beckenende und die Nabelblase in ähnlicher 
Welse eingeklemmt werden, wie dies z. B. bei meinem Embryo M. 
der Fall ist 

Eine ähnliche Verbiegung des hinteren Körperendes zeigt der 
von R. Wagner abgebildete Embryo ')) dessen Länge auf 2'" oder 
4.5 mm angegeben wird. Auch da halte ich die Einknickung des 



1) R. Wagrer's Icones physiolog. VIII. 2 und 3, und Ecker's Icones 
XXV. 5. 



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164 Vcrgleichung jüngerer mens etlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

Rückens und die Abwärtsrichtung des Beckenendes für anormal, 
mag nun die Entwiekelung abnorm vor sich gegangen, oder mag 
an dem Embryo in Folge von intrauteriner Erweichung die Rück- 
biegung eingetreten sein. Wagner zeichnet an seinem Embryo 
einen Leberwulst und Extremitätenstummel, am MüLLER'schen Em- 
bryo ist der Leberwulst gleichfalls vorhanden, von Extremitäten aber 
Nichts wahrzunehmen. 



10. Stadium. 

Als zehntes habe ich beim Hühnchen das Stadium bezeichnet, 
welches durch Sichtbarwerden der Extremitätenanlage sich charac- 
terisirt Der menschliche Embryo erreicht diese Stufe zugleich mit 
einer Körperlänge von ca. 4 mm und einem Alter von ca. 3 Wochen. 
Den Uebergang in dieses Stadium • bildet der vorhin ' schon citirte 
Embryo II a von Coste, ferner gehören dahin der schöne von Hen- 
sen beschriebene und abgebildete Embryo, mein Embryo e und eine 
der Beobachtungen von Allen Thomson. 

Coste's Embryo wurde direct dem Uterus einer Selbstmörderin 
entnommen 1 ); er ist an der ca. 15 fach vergrösserten Zeichnung 60 mm 
lang, was eine natürliche Länge von 4 mm ergeben würde. Er ist 
in der Zeichnung von der rechten Seite her dargestellt und das 
Steissende ist demnach verdeckt. Ob es sich soweit nach rückwärts 
gebogen hat, wie bei meinem Embryo a, ist aus der Zeichnung 
nicht zu ersehen. Letztere sieht so aus, als ob das, was man unter 
den Bauchstiel treten sieht, wirklich das letzte Ende darstellen sollte. 
Die Zahl der gezeichneten Segmente beträgt bis dahin 31. Da der 
Embryo mit meinem Embryo a im Uebrigen so vielfache TTeber- 
einstimmung zeigt, so glaube ich annehmen zu dürfen, dass Coste 
das verdeckte Steissende seines Präparates übersehen und der Zeich- 
nung einen vorzeitigen Abschluss gegeben hat Das Amnion liegt 
dem Embryo dicht an, die Nabelblasenverbindung ist stark ein- 
geengt, obwohl es noch nicht zur eigentlichen Stielbildung gekom- 
men ist; ein kurzer Bauchstiel führt zwei Arterien und Venen zum 
Chorion. Die Extremitäten sind als niedrige Wülste eben sichtbar 



I) Im Text auf 20 bis 21, auf der Tafel auf 20 bis 25 Tage geschätzt. 



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10. Stadium. 165 

geworden, und auch die Leberanlage ist noch verhältnissmässig sehr 
unbedeutend. Am Kopf sind alle vier Schlundbogen sichtbar, der 
Aortenbutbus inserirt sich vor dem zweiten bis vierten, in Verlän- 
gerung ihrer Sichtung an sie herantretend. 

Auch der Embryo von Hensen ') ist in der rechten Seitenansicht 
abgebildet und sein Steissende ist durch den Bauchstiel verdeckt. 
Die länge des Embryo betrug 4.5 mm, auch sind die Extremitäten 
weiter hervorgetreten als am CosTE'schen und an meinem Präparate. 
Der Embryo ist mehr gestreckt, vielleicht in Folge der Eröffnung 
des Amnion. Letzteres hatte denselben knapp umschlossen. Es sind 
alle 4 Schlundbogen sichtbar, von denen mir indess in der Profil- 
ansicht der erste durch seine Kürze auffallt. In Fig. 2 wird er so- 
gar vom zweiten Bogen überragt. Dass dieser Embryo etwas weiter 
entwickelt war als mein a geht aus der bereits eingeleiteten Thei- 
lung der Himhemisphären hervor. 

Hensen vergleicht seinen Embryo demjenigen von Allen Thom- 
son, den Kölliker in -der Entwickelungsgeschichte Fig. 231 abge- 
bildet bat, und dessen Länge zu 4.5 mm angegeben wird. Auffallend 
bei letzterer Zeichnung ist es mir, dass an dem von der linken Seite 
her gezeichneten Embryo das untere Körperende verdeckt ist Der 
Embryo liegt hier mit der rechten Seite dem Chorion an. Es wäre 
von Interesse, zu wissen, ob dies beim Präparate in der That der 
Fall war oder ob vielleicht die Umkehr nur Sache des Holzschnittes 
ist. Im Uebrigen wird man zwischen jener Zeichnung und meiner 
Figur Vill. e eine bedeutende TJebereinstimmung finden, die sich 
nicht nur auf die äusserlich sichtbaren Theile, sondern vor allem 
auch auf den Grad der Zusammenkrümmung erstreckt. 

Coste's Embryo von Taf. HI. und Allen Thomson s Nr. 5 
(Fig. 232 von Kölliker) sind älter als die bis dahin betrachteten 
und schliessen sich schon mehr dem Stadium meiner Embryonen 
A. und B. an. Die Nabelblase ist gestielt und es ist die Linsen- 
grube sichtbar, die hei den vorhin aufgeführten Embryonen des 10. 
Stadiums noch nicht vorbanden war. 

Es hat vorerst kein Interesse, mit Stadiennummern weiter zu 



1) Archiv f. An. u.Physiol. Anat. Abth. 1877. S. 1. 

2) 2. Aufl. S. 311. 



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166 Vergleich ung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. s. w. 

gehen als bis hierher. Mit dem Auftreten der Extremitätenanlagen 
hat die eigentliche Formungsperiode ihren Abschlags erreicht und 
zur Auseinanderhaltung folgender Entwicklungsstufen genügen die 
Angaben der bezüglichen Körperlängen. 



Die Altersbestimmung sehr junger Früchte/ 

Ziemlich allgemein hatte man früher bei Altersbestimmungen 
junger Früchte den Termin der muthmasslich entscheidenden Co- 
habitation als Ausgangspunkt der Berechnung gewählt, in concreten 
Fällen suchte man demnach auch diesen Termin möglichst genau 
zu bestimmen. Nachdem einmal durch die Arbeiten verschiedener 
Forscher, tot allem durch diejenigen Th. Bischoff's festgestellt 
war, dass der Austritt von Eiern aus dem Ovarium beim mensch- 
lichen Weib zur Zeit der Periode, oder kurz vor dieser geschieht, 
formulirte man zunächst die Annahme, dass das Ei, welches zur Zeit 
der Periode das Ovarium verlassen hat, wahrend seines ganzen 
Weges durch die Tuben, ja selbst noch im Uterus berruchtungs- 
fiihig sei. Die Dauer des Verweilens des Eies in den Leitungewegen 
bestimmte demnach die Zeit, während welcher dieses Ei durch den 
später eingetretenen Samen zur Entwicklung gebracht werden konnte. 
Die für wissenschaftliche Zwecke schwer zu sammelnden Erfahrun- 
gen des täglichen Lebens schienen mit dieser Voraussetzung häufigen 
Widerspruch zu bieten. Jedenfalls war dieselbe nicht in Ueberein- 
stimmung mit demjenigen, was wir über die Befruchtung tbieri- 
scher Eier wissen. Tom Huhn ist seit ältester Zeit bekannt, dass 
das Treten durch den Hahn auf 8 — 10 Tage hinaus wirksam sich 
erweist, und es ist durch Coste l ), sowie durch mich selbst 1 ) und durch 
Oellacher ;1 ) nachgewiesen, dass der Keim eines den Eileiter unbe- 
fruchtet durchwandernden EieB erheblich sich verändert Coste hat 
ausdrücklich gezeigt, dass das Ei nach Verlassen der obersten Ab- 



1) Coste, Bist. gen. etc. Bd. II. p. 76 u. f. 

2) Monogr., Entw. d. HUhiicheiia. S. 14. 

3) Oellacheb, Zeitschrift f. wissenschaftl. Zool. XXII. die Veränderungen 
des unbefruchteten Keimes des Hühnereies im Eileiter. 



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Die Altersbestimmung sehr junger Früchte. 167 

schnitte des Eileiters nicht mehr befruchtungsfähig ist. Ferner 
wissen wir durch die Arbeiten von Th. Bischoff und von Hensen, 
dass bei Säugethieren die Furchung im Eileiter abläuft, und dass 
je einem bestimmten Abschnitte des letzteren eine bestimmte Ent- 
wickelungsstufe entspricht Darnach erscheint es auch für den Men- 
schen in hohem Grade unwahrscheinlich, dass das Ei* wochenlang 
nach seinem Austritt aus dem Ovarium befriichtungs- und entwieke- 
Iungsfähig bleiben soll, während aus der Erfahrung keinerlei Ein- 
wand gegen die wochenlange Lebensfähigkeit der in den Falten der 
Tubenampulle weilenden Spermatozoen sich erheben lässt 

Nachdem nun Reichest in überzeugendster Weise dargethan 
hat* dass der Eintritt der periodischen Blutung nur den aufräumen- 
den Schlussact einer Reihe von Vorgängen darstellt, welche dem be- 
fruchteten Ei die Stätte der Entwicklung zu schaffen hatten, und 
nachdem die anatomischen Arbeiten von Leopold bestätigt haben, 
dass die Uterusschleimhaut lange vor Eintritt der Periode stetig 
schwillt, steht die richtige Reihenfolge der Vorgänge wohl für jeden, 
der unbefangen urtheilt, ausser Zweifel. Nachdem in irgend einem 
.Zeitpunkt der intermenstruellen Periode der Samen in die weiblichen 
Leitungswege gelaugt und hier mit einem TheÜe seiner Elemente 
bis zur Ampulle vorgedrungen ist, wird von demselben das Ei er- 
wartet, das vor dem Eintritt der zunächst zu erwartenden Periode 
das Ovarium verlässt Im obersten Theile der Tuba erfolgt sonach 
die Befruchtung und ist diese erfolgt, so wird nun auch der Gang 
der Veränderung im Uterus ein anderer, indem progressive an Stelle 
der regressiven treten, und die den letzteren entsprechende Blutung 
ausbleibt "Wie das Säugethier- und wie das Vogelei, so durchläuft 
sicherlich auch das menschliche seine Furchung während des Durch- 
ganges durch den Eileiter, und man wird kaum erwarten dürfen ein 
viel früheres Stadium als das von Reichert gesehene im Uterus 
aufzufinden. 

Ist die obige Darstellung richtig, dann ist die sicherste Be- 
rechnung der Altersdauer junger menschlicher Embryonen die nach 
dem Eintrittstermin der zuletzt ausgebliebenen Periode. Der Zeit» 

1) v. Leopold, Studien über die Uterus sc hl eimhaut im Archiv f. Gynä- 
kologie. Bd. XI. 



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163 Vergleichung jüngerer menschlicher Embryonen unter einander u. g. w. 

punkt, in welchem Ei und Samen sich begegnet sind, fallt zwar 
vor jenen Termin, aber so lange wir den zwischen dem Platzen 
der Follikel des Ovariums und dem Eintritt der Uterusblutung vor- 
handenen zeitlichen Zwischenraum nicht genau kennen, werden wir 
uns am besten au den Zeitpunkt halten, den wir überhaupt be- 
stimmen können. Das wirkliche Alter der Embryonen, d. h. die 
Zeit, die zwischen der Eibefruchtung und der Ausstossung bez. dem 
Absterben verflossen ist, ist gleich zu setzen dem Zeitraum seit 
der ausgebliebenen Periode und einem unsicheren Zuschlage von 
vielleicht zwei bis drei Tagen. 

Von den jüngsten bekannten Eiern ist das BEiCHERT'sche 14Tage, 
das von Breuss 10 Tage, das 1. von Allen Thomson 14 Tage, das 
SuRY-K.OTH'sche wahrscheinlich auch 14 Tage nach Ausbleiben der 
Menses ausgestossen , bez. aus dem Uterus entnommen worden. 
Daraus wäre zu entnehmen, dass die ersten 4 — 5 Stadien auf die 
Zeit von 12 — 16 Tagen fallen und wahrscheinlich ziemlich rasch 
durchlaufen werden. VI. bis VHL Stadium würde dann wohl auf 
die Tage 16—18 oder auf 2»/s Wochen, IX. und X. Stadium auf das 
Ende der dritten Woche und den Beginn der vierten zu setzen sein. 

Dass es auch Beobachtungen giebt, die mit obiger Voraussetzung 
nicht stimmen, zeigt u. A. der Fall von Hensen, in dem die Frau, 
welche den 3 — 3 '/i wöchentlichen Embryo ausstiess, drei Wochen 
vorher ihre Periode gehabt hatte. Es wird Sache der Gynäkologen 
sein an der Hand ihrer breiten Erfahrung zu prüfen, ob man bei 
Beurtheilung dieser Dinge mit der von Reichert angebahnten Auf- 
fassung ausreicht, oder ob Erweiterungen derselben nach der einen 
oder anderen Richtung nöthig sein werden, 



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Hypothesen zur Ausfüllung noch bestehender 
Beobachtungslucken. 



Die grösste Lücke, welche in unserem Wissen von der Bil- 
dung des menschlichen Embryo derzeit noch besteht, fällt in das 
zeitlich offenbar ziemlieh kurze Intervall , das die Entwicklungsstufe 
des Reichert 'sehen bez. des WHARTON-JoNES'schen Eies von der- 
jenigen meines Embryo E trennt. Das Geeammtvolum des Eies ist 
von der einen Stufe zur andern kaum verdoppelt worden. Dagegen 
ist die Anlage des Embryo von der Oberfläche in das Innere des 
Eies gerückt, es haben sich die Nabelblase und das Amnion ge- 
bildet, und weiter hat sich jener Verbindungsstrang des Embryo mit 
dem Chorion hergestellt, welchen wir durch alle nachfolgenden Sta- 
dien hindurch, nur in Nebenpunkten verändert, wiederfinden. 

Für die Versuche einer Ableitung der letztgenannten Vorgänge 
ist es wichtig, die Endpunkte genau festzustellen, zwischen welchen 
die Hypothese ihre Brücke zu schlagen hat. — In Betreff der Nabel- 
blase wissen wir, 1) dass in Reichert's Ei ein Endoderm blos im 
Bereich des Embryonalfleckes vorhanden gewesen ist und 2) dass 
die Nabelblase unmittelbar nach ihrer Bildung laut den überein- 
stimmenden Ergebnissen beiden THOMSON'sche nund meiner E. und 
S. R Beobachtungen ein Volum besitzt, das weit unter demjenigen 
des REicHERT'schen G-esammteies liegt. Demnach kann die Bildung 
der Nabelblase in keinem Fall auf eine TJmwachsung der gesammten 
Eihöhle durch das Endoderm zurückgeführt werden. Der Bildungs- 
vorgang muss ein anderer sein ; wahrscheinlich bildet sich zunächst 
aus einer noch compakten Anhäufung von Endodermzellen die Blase 
direct hervor und dehnt sich seeundär aus. Hierfür lassen sich die 



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170 Hypothesen zur Ausfüllung noch bestehender Beobachtungslacken. 

in der Hauptsache übereinstimmenden Angaben von Reichert '), 
Whakton-Jones und Breuss anfahren, dass an der Innenwand 
ihrer Eier ein kugliger Vorsprang sich vorgefunden habe. Allerdings 
steht damit Reichert's weitere Notiz in einem gewissen Gegen- 
sätze, wonach die tieferliegende Zellenschicht im Bereiche des Em- 
bryonalflecks nur dünn gewesen ist 1 ) 

Am meisten discutirt in der gesammten menschlichen Embryo- 
logie ist die Geschichte der Allan tois und des sogen, Allan- 
toisstieles. Immer nnd immerwiedcr hat man sich bemüht, eine 
blasenförmige Allantois aufzufinden und über den Zeitpunkt in's 
Klare zu kommen, in welchem jenes Gebilde den Körper verlässt 
und zum Chorion hintritt Nach Analogie thierischer Entwickelun- 
gen setzt man nämlich voraus, dass eine Zeit besteht', in welcher 
der vom Amnion- umhüllte Embryo frei in der Höhle des Chorion 
enthalten ist, und dass erst mit dem Hervortreten der Allantois und 
mit deren Anlegung an das Chorion die Brücke geschlagen wird, 
durch welche fortan dem Embryo sein Nahrungsmaterial zugeführt 
werden kann.') Nun wird der Zeitraum, in welchem ein solcher 
Vorgang stattfinden kann, durch die oben erörterten Beobachtungen 
auf ein Minimum reducirt und zugleich auch in eine Periode ge- 
rückt, in der bei anderen Embryonen an die Bildung der Allantois 
noch nicht entfernt zu denken ist Wenn wir auch absehen von 
den Beobachtungen von Wharton-Jones und von Breuss, so bleibt 
nur der Zwischenraum zwischen dem REicHERT'schen Ei und mei- 
nem Ei E. Nach den vorhandenen Beobachtungen war im Rei- 
CHEST'schen Fall die noch ungeformte scheibenförmige. Embryonal- 
anlage in unmittelbarer Continuität mit dem durch seinen Zottenbe- 
satz als Chorion characterisirten Abschnitte der Eiblase (Keimblase), 
bei meinem Embryo E. aber ist der in sehr plumpen Formen an- 
gelegte Embryo nicht allein von einem Amnion umgeben, sondern 
bereits durch einen dicken Stiel dem Chorion angeheftet, das ihn 
mitsanunt seinen Adnexen rings umgiebt. ' Nach der herrsehenden 
ileinung muss in der kurzen Zwischenzeit, welche die eine Stufe 

1) Reichert, 1. c. S. 26. 

2) Reichert, 1. c. S. 28. 

3) Man vorgl. u. A. Bake, Entwickelungsgesch. IL 275 u. f. Müller's 
Physiol. IL 711. 



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o. 



Hypothesen zur Ausfüllung nocb bestehender Beobachtungslacken. 171 

von der anderen trennt, der Em- 
bryo vom Chorion (oder der serö- 
sen Hülle) sich gelöst haben, dann 
muss aus seinem noch offenen 
Darm die Allantois als Epithel- 
blase hervorgesprosst und neuer- 
dings zum Chorion hingetreten 
sein, und endlich muss an Stelle 
jener Blase ein compacter Strang 
getreten sein, der seinem ganzen 
Gepräge nach als Fortsetzung der 
vorderen Bauchwand sich aus- 
weist. 

Gegenüber den tatsächlichen 
Befunden halt« ich die Annahme, 
dass der menschliche Embryo erst 
von dem zum Chorion verwende- 
ten Theil der Eihlase sich trenne, 
um nachträglich wieder mit ihm 
zusammen zu treten, für eine un- 
gerechtfertigte Petitio principii, 
und ich glaube, dass sich mit de- 
ren Abweisung die Verhältnisse in 
sehr einfacher, den Thatbeständen 
entsprechender Weise ordnen las- 
sen. So wie ich die Sache ver- 
stehe, findet eine Trenung der 
Embryonalanlage vom Cho- 
rion gar nie statt, und ( 
. Bauchstiel ist das niemals 
unterbrochene Uebergang; 
stück des embryonalen zum ^'^SÄ^ÄÄ: 
Chorionantheil der ur- ***, WBilm Eatwic ^ g ier 6iDS ^ iUitv 
sprünglichen Keimblase.') SÄ hm^^iLS^SZ&St*' 

d) Stadium des Embryo E. 




F^.ff. 



Fl*. IT. BoaeiuU. ist Vor 
e r BinohBtielbUdnng. > n. d beii< 
beob«Meta Objecto, b n. s >ii 



:h'»of <iire< 



1) Eine der obigen verwandte Anschauung scheint in seinem S- 89 citirten 
Tortrage v. Ebnes ausgesprochen zu haben. Das publicirte Referat Ist aller - 



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172 Hypothesen zur Ausfüllung noch bestehender Beobachtung stocken. 

In Betreff der Art, wie die REiCBERTsche Stufe in die Stufe E. 
oder S. R. übergeführt wird, erscheinen mir folgende, durch die bei- 
stehenden Schemata erläuterten Annahmen als die naturgemässesten. 

1) Nachdem der Embryonalfleck der Räche nach sieh etwas 
ausgedehnt und in die Länge gestreckt hat, sinkt zunächst sein vor- 
deres Ende in die Eiblase ein und wird nunmehr von einer bogen- 
förmigen Falte der anstossenden Blasenwand eingefasst. 

2) Die den Embryo mehr und mehr umschliessende Falte fuhrt 
zur Bildung des Amnion und zur Vervollständigung des Chorion. 
Die beiden Seitenschenkel derselben vereinigen sich nämlich über 
der Rückseite der Embryonalanlage und verwachsen in longitudinaler 
Richtung. Das untere Blatt liefert in bekannter Weise das Amnion, 
das obere Blatt den fehlenden Theil des Chorion. Letzteres besteht 
demnach aus einem primär vorhandenen und einem secündär 
hinzugebildeten Abschnitte. Das primäre Chorion umfasst den Boden 
und die Peripherie der Blase, das secundäre Chorion deren Decke. 

3) Währenddem obige Vorgänge eintreten, bildet sich aus den 
Endodermzellen die Nabelblase, ferner erhebt sich das Kopfende 
der Embryonalanlage und bildet die vordere Keimfalte. 1 ) Später bil- 
det sich auch eine schwächere hintere Erhebung, welche das Bedien- 
ende demarkirt. Was über dieselbe herausragt und zum Chorion her- 
auftritt, kann nunmehr als Bauchstiel des Embryo bezeichnet werden. 
Zwischen den beiden Erhebungen bilden sich dorsale Einsenkungen, 
von denen die vordere, die Halsbeuge, zuerst auftritt 

4) Die Ränder der Amnionfalten gehen von der seitlichen Bauch- 
wand aus auf die Seitenränder des Bauchstieles über und ihre mitt- 
lere Schlusslinie trifft auf dessen dorsale Fläche. Hier liegen nahe 
beisammen das hintere Ende des Amnion und die Insertionsstelle 
ins Chorion. 

5) Die Allantois hat beim menschlichen Embryo mit der Bil- 
dung des Banchstieles Nichts zu thun. Das feine» Epithelialrohr, 
das man in letzterem als Allantoisgang eingelagert findet und das 



dings ziemlich kurz und von keinen Abbildungen begleitet, so dass ich nicht 
daraus entnehmen kann, ob unsere Ueberein Stimmung auch auf die Einzeln - 
heiten des Vorganges sich erstreckt. 
1) Körperform S. 20. 



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Hypothesen zur Ausfüllung noch bestehender B coli acktungsl ticken, 173 

als ventralwärts umgebogener Darmschenkel aufzufassen ist '), sehüesst 
sich wahrscheinlich kaum früher als der öhrige Darm und in der- 
selben Weise wie dieser durch medianes Zusammentreffen zweier 
Nahtfalten. 

6) Von wo aus beim menschlichen Embryo die Gefässe sieh 
entwickeln, ist beim gegenwärtigen Stand der Dinge nicht zu ent- 
scheiden; es ist keineswegs undenkbar, dass die ersten Anlagen durch 
den Bauchstiel in den Körper hereinwachsen. Ich halte es nicht 
für angemessen, die Frage von der Herkunft des Bindegewebskeimes 
im Säugethierei hier so nebenher zu behandeln, sie bedarf einmal 
einer ernsten Bearbeitung; allein auf die wichtige Erfahrung ist 
denn doch hinzuweisen, dass schon an den jüngst bekannten mensch- 
lichen Eiern das Chorion ausser der Epithelhaut aus einer Schicht 
von Gallertgewebe besteht 1 ), deren Ableitung aus einem angeblich 
zu Grunde gegangenen und resorbirten Embryo zum mindesten et- 
was sehr gezwungenes hat. 



1) Korperform S. 26. Monographie S. 159. 

2) Kollmann, 1. c. 8. 293. Ahlfeld, Archiv f. Gyn. XIII. Heft 2. 



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Erklärung der Tafeln. 



Die auf den 8 Tafeln enthaltenen Zeichnungen sind für die 
jüngeren Embryonen S.R., M. und L. bei 40faeher, für die Em- 
bryonen a, A. und B. bei 20facher Vergrößerung aufgenommen. 
Die Figuren sind von dreierlei Art. 1 ) Darstellungen der äusseren Form, 
direct nach den Originalien und nach deren Photographien entworfen. 
2) Durchschnittsbilder. 3) Synthetische Beconstructionen innerer ana- 
tomischer Verhältnisse. Letztere sind nach der im Teite (p. 10) 
beschriebenen Methode hergestellt. Bei diesen Keconstructionsbildem 
sind seitlich von den Figuren die Schnittrichtung und die SchnitU 
uummarn verzeichnet. Nur bei einigen kleineren Figuren der Tafeln 
VII und Vin sind letztere als überflussig weggeblieben. Die Durch- 
schnittsbilder der Tafeln sind nicht fortlaufend, sondern nach ihren 
Ordnungsziffern nnmerirt. Wünscht der Leser behufs der Controle 
einen Schnitt mit der zugehörigen Constructionsfigur zu vergleichen, 
so wird er am zweckmässigsten an der betreffenden Stelle der letzten 
und in der angegebenen Schnittrichtung ein Lineal anlegen und längs 
desselben die Maasse abstecken. 

Gemeinsame Bezeichnungen alphabetisch geordnet. 

Ab. Augenblase. Am. Amnion. 

Ali. Aortenbnlbus. A.m. Art. mesent. sup. 

A.c. Art. coeliaca, A.mx. Art. maxül. ext. 

A.d. Aorta descendens. An. Anus. 

Af. Amnionfalte. Ao. Aorta. 

Ag. Angenblase. Aob. Aortenbnlbus. 

All. Allantoisgang. Ao.d. Aorta descendens. 



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Erklärung der Tafeln. 



Ast. Augenblasenstie). 

A.u. Art umbilicalis. 

B.Ao. Bifureatio Aortae. 

Be. Beckenende. 

Bh. Bauchhohle. 

Bl. Blindsack (Nierenanlage). 

Br. Brustwand. 

Br. Bauchranm. 

Br, Brückenkrümmung. 

Bs. Bauchstiel. 

C.I. N. cervic. I. 

Ca. Cartilago arytaenoidoa. 

Ch. Cerebellum. 

C.e. Carotis externa. 

Ch. Chorda dorsalis. 

Ch. Chorion. 

C.i. Carotis interna. 

C.i. Cava inferior. 

O. Cloake. 

Coe. Cloakenöflhung. 

Cv. Cardinalvenen. 

(/./1s. ductua Aranzi. 

d. B. ductns Botalli. 

d.Cd. ductua Cuvieri dexter. 

d.Cs. dnctus Cuvieri sin. 

Dd. Duodenum. 

Dr. Darm. 

Ds. Darmstiel. 

Ep. Epiglottis. 

G. Gehörblase. 

G.ac. Ganglion acnsticum. 

G.c. Ganglion ciliare. 

G.G. Ganglion Gasseri. 

Gg. Gallengang. 

G.gl. Ganglion glossophar. 

Gh. Gehörblase. 

Gs. Gesicht 



G.s. Ganglion spinale. 

G. V. Vagusganglion. 

G.Vg. Vagusganglion. 

IIb. Harnblase. 

!lh. Halsbeuge (erste Rumpf- 
beuge). 

lfd. Hinterdarm. 

Hh, Hinterhirn. 

Ho. Herzohr. 

Hp. Hypophysensackchen. 

Hp. N. hypoglossua. 

Hs. Hemisphärenhim. 

Ha. Herz. 

Is. Isthmus des Hinterhirns. 

Kk. Kehlkopf. 

Kt.Hs. Kleinhirnhemisphäre. 

Kps. Malp. Kapsel. 

/.. Leber. 

Lb. Leber. 

Lb. Leibeshöhle. 

Lb. Lendenbeuge (zweite 
Rumpfbeuge), 

L.d. Lobus dexter. 

Lg. Lungenanlage. 

Lbg. Lebergang. 

Lgg. Lebergaug. 

Ulo. linkes Herzohr. 

L.q. Lobus qnadratns. 

L.s. Lobus sinister. 

Ls. Linse. 

L.Sp. Lobus Spigeli. 

M. Mundbucht. 

Mb. Mundbucht. 

Md. Mnndraum. 

Mg. Magen. 

m.Mr. mittlere Mednllarrinne. 

M.Kn. Malp. Knäuel. 



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176 



Erklärung der Tafeln. 



Ml. Medullarleiste. 

Ms. Mesenterium. 

Mz. Milz. 

Na. Nabelarterie. 

Nb. Nabelblaee. 

Nf. Nasenfeld. 

JVe. Nabelvenen. 

0. Oberkieferfortsatz. 

Oe. Oesophagus. 

Oe. Oeffnung des Rückenmarks 
(Taf. VI iiE). 

0.11. Obere Hohlvene. 

Ok. Oberkieferfortsatz. 

OL Ohrkanal. 

Okl. Ohrkanal. 

l'.ne. Plica aryepiglottica. 

I'h. Pharynx. 

PV. Parieralvenen. 

E. Künstlicher Riss (Taf. I Fig. 2). 

Eg. Riechgrube. 

Eg. Rautengrabe. 

El. Riechlappen. 

Em. Rückenmark. 

r.Nv. rechte Nabelvene. 

Es. Rßckenschwelle (oder erste 
Rumpfschwelle I. 7). 

Es. Ringsinus (Taf. VIII). 

Et. Rautengrube. 

E.T. Rathke'sche Tasche. 

S.a. Septum atriorum. 

Sf/. Schlnndbogen. 

Stf. Schilddrüse. 

S.Mr. seitliche Medullarrinne. 

Sr. Speiseröhre. 

Ss. Sacralschwelle (zweite Rumpf- 
schwelle), 



St. Steissende des Körpers. 

S.t, Septum transversum. 

S.v. Septum ventriculorum. 

Stu: Stirnwulst. 

Th. Thymusanlage. 

Tr. Trachea. 

U. Unterkieferfortsatz. 

U.E. Untere Extremitäten. 

U.H. Untere Hohlvene. 

Vk. UnterkieferforUatz. 

Un. Urniere. 

üx, UmschlagBrand des Amnion. 

Um. Urwirbel. 

Ort Urwirbelleiste. 

V. Ventrikel. 

V.c.i. Vena cava inf. 
Vd. Vorderdarm. 
Vdh. Vorderhirn. 
Vg. Vagus. 
Vk. Vorhof. 
Vhs. Vorhofssinua. 
Vj. Vena jugularis. 

VI. Vorleber. 

V.o.m. Vena omphalomesent. 

V.P. Vena I'ortae. 

Vt. Ventrikel 

V.u.d, Vena umbil. dextra. 

V.u.s. Vena umbil. sinistra. 

f. W. vordere Wurzel. 

Wb. Wirbelanlage. 

W.G. WolrTscber Gang. 

W.K. WolfFscher Körper. 

W.L. WolfTsche Leiste. 

'/.. Zunge. 

Zg. Zunge. 

Zh. Zwischenhirn. 



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Erklärung der Tafeln. 177 

Die Schlundbogen sowohl als die Aortenbogen, ebenso die Ur- 
wirbel sind mit den betreffenden Ordnungsziffern versehen. 

Gorrigenda. Taf. I Fig. 7 ist bei der innerhalb der Nabel- 
blase liegenden Bezeichnung Ur. der Hinweisungsstrich zum Um- 
schlagsrand des Amnion einzuzeichnen. 

Tai. V Fig. 67 Ut die Thymusanlage mit Sd. statt mit Th. be- 
zeichnet; ebendaselbst Fig. 80 mnss der Strich von Ms. Milzanlage 
bis zur linksseitigen Kante des Mesogastrium verlängert werden. 
Fig. S5 trägt der Ventrikel die beiden Bezeichnungen Vd. und Vk. 
statt V. d. und V. s, Ventriculus dexter und ainister. 



Tafel I. 

Fig. 1—4 20fach, Fig. 5—7 40fach vergrössert. Fig. 1. Em- 
bryo B. von der rechten Seite her. Das Amnion ist unverletzt und 
bildet an mehreren Stellen Falten (Af.) an der oberen Extremität, 
zwischen Leber und Torderhirn und an der Stelle, wo der Bauch- 
stiel das Beckenende kreuzt (Af".). Eine scharfrandige Umschlags- 
falte (Af.) erstreckt sich auch, rechts vom Darmstiele vorbeigehend 
vom Stirntheil des Kopfes zum Beckenende. Für die sonstige Form- 
beschreibung dieser und der nachfolgenden Figuren verweise ich auf 
den Text S. 16. 

Fig. 2. Linksseitige Profilansicht des Embryo A. Die Lücke 
Ober dem 3. Halssegment und der Riss R oberhalb der unteren Ex- 
tremität sind Verletzungen, die das Präparat besass, als es in meine 
Hände kam. 

Fig. 3. Construction des Embryo B. Eingeweide, Urniere, Herz, 
Aorta und Centralnervensystem. 

Fig. 4. Dieselbe Construction für Embryo A. Kopf und Rumpf 
sind unabhängig von einander construirt und in richtiger Stellung 
zusammengefügt. 

Fig. 5 und 6. Embryo M. von der rechten und von der linken 
Seite her gesehen s. Text S. 116. Von der Nabelblase ist nur der 
Anfangstheil dargestellt. Das Amnion ist intact. 

Fig. 7. Embryo S. R. in der rechtseitigen Profilansicht (Text 
S. 140). 

Hu, HeuchL Emirjonsn. 12 



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178 Erklärung der Tafeln. 

Tafel II und HL 

Querschnitte des Embryo B. 20 fach vergrössert . Behufs Orfen- 
tirung wird auf die Constructionsfiguren der Tafeln I und VII and 
auf die zahlreichen im Text enthaltenen Hinweise verniesen. 

Tafel IV. 

Querschnitte durch den Kopf des Embryo A. 20 fach ver- 
grössert, 

Tafel V. 

Querschnitte durch den Rumpf desselben Embryo. 

Tafel VI. 

I. Embryo Li 40 fach vergrössert. 

A. Frontansicht. B. Vorderansicht nach der Natur aufge- 
nommen. 

C. Profilconstrnction des Centralnervensystems and der oberen 
zwei Darmdriltel. Das untere Körperende war in den Schnitten 
defect. 

D. Frontalconstxuction. Vorderhirn nebst Augenblasen, Vorder- 
und Mitteldarm, Leibeshöhle. 

E. Dorsalconstruction. Gehirn- und Rückenmark, Augen- 
blasen und Gehörgrube. 

II. Querschnitte desselben Embryo 40 fach vergrössert. 

III. Querschnitte des Embryo M., 40 fach vergrössert; zu vergt. 
Taf. I und VII. Fig. 2 enthält die Decke der Mnndbucht and das 
obere Ende der Chorda, das betreffende Feld ist aas Versehen un- 
gedeckt geblieben, es bietet am Präparate keine freie Durchsicht 

Tafel VII. 

M. 1. Construction des Embryo M. von vorn her. Gehirn, 
Schlnndbogen, Herz, Leibes- and Darmnabel, Bauchstiel und Becken- 
ende des Körpers. 

M. 2. Profilconstrnction des Centralnervensystems des Einge- 
weiderohres und des Herzens. 



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Erklärung der Tafeln. 179 

M. 3. Construirter Frontalach nitt. Eingeweiderohr und Leibes- 
höhle. 

M. 4. Construction des Gefasssystems. Profilansicht. 

M. 5. Dasselbe. Frontalansicht. 

A. 1. Profilconstruction des Gehirn, der Kopfganglien nnd Ner- 
ven, sowie des Gefasssysteins. Die punktirte Linie innerhalb der 
Hemisphäre bezeichnet den Band des Zwischenhirns. Das Herz ist 
eröffnet, man siebt die Einmündung der Venen in den Vorhof' und 
den Ursprung des Aortenbulbus aus dem Ventrikel, sowie das Sep- 
tum atrioram und ventriculorum. Die vordere Hälfte des rechten 
Vorhofs ist weggelassen, um den Bulbus frei darzustellen. Drei in 
die Figur eingezeichnete gerade Linien bezeichnen die Regiongränzen 
von Kopf, Hals und Brust, sowie von Bauch und Becken. 

A. 2. Frontal construction des Embryo A. Vorderansicbt von 
Gehirn und Augenanlage, Pharynx, Oesophagus, Magen und Duode- 
num, Lunge, Leber, Milz, Vena Portae nnd Rumpfhöhle nebst Ur- 
niere. Die Figur ist aus zwei Hälften zusammengesetzt, die durch 
einen Querstrich auseinander gehalten sind. Die Darstellung ist 
nämlich so, als ob der Kopf aufgerichtet nnd mit dem Rumpf in 
eine Ebene gebracht worden wäre. 

A. 3. Dorsale Construction des Gehirns zur Demonstration des 
Rautengrubenfeldes, der Kleinhirnhemisphären, des Isthmus und der 
Lage der Kopfganglien. 

A. 4. Augen- nnd Nasengegend des Embryo A. Nasenfeld und 
Riechgrube. Ich habe diese Figur zur Ergänzung von Taf. I 2 bei- 
gefügt, auf welcher das Nasenfeld ungenügend dargestellt ist. 

B. 1. Profilconstruction von Embryo B., ähnliche Darstellung 
wie bei A. 1. Der Darm ist unterbrochen dargestellt, um die Fort- 
setzung der, Vena parietalis slnistra zu zeigen. 

B. 2. Frontalconstruction desselben Embryo. Gesicht, mittlerer 
Stirnfortsatz mit den zwei Nasenfeldern, Eingeweiderohr mit- denke 
und Allantoisgang, Leber, Milz, Pfortader. Für die Geaichtscon- 
struetion sind bei dieser und bei der folgenden Figur die Durch- 
schnitte von Embryo A. (Taf. IV) benutzt. 

B. 3. Frontalconstruction des Geföassystems. Die Zweige des 
Aortenbulbus- sind rechts mit den Ordnungsziffern, links mit den de- 
finitiven Bezeichnungen versehen. 



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■180 Erklärung der Tafeln. 

Die beiden Figuren B. 2 und B. 3 sind in der Höhe des Quer- 
striches zusammengesetzt, als ob der Kopf künstlich aufgerichtet und 
gestreckt wäre. 

B. 4. Prontalconstruction der vorderen Gesichtswand von Mund- 
und Rachenhöhle; Schlundbogen, Zunge, Kehlkopf und Lungenan- 
lage. Die Figur ist beim Querstrich zusammengesetzt. 

B. 5. Construction der Leberrückfläche von B. Die punktirten 
Linien bezeichnen die Stellen, an welchen das Omentum minus und 
die. zur Äafnahme der T. cava inf. bestimmte Falte gelegen sind. 

Tafel Till. 

Die Bilder der oberen Hälfte dieser Tafel sind die 20fach ver- 
größerten Durchschnitte des Embryo «. Sie sind in der Reihen- 
folge von unten nach oben nummerirt, aber so gelegt, dass man vom 
Kopfende her darauf hinsieht. Jeder Schnitt besteht aus einer vor- 
deren und einer hinteren Hälfte, jene in der Tafel nach oben, diese 
nach abwärts sehend. Bei beiden Schnitthälften liegt rechts, was 
der rechten Korperhälfte angehört und umgekehrt, was für die Ter- 
gleichnng dieser Figuren mit den Durchschnittsbildern anderer Tafeln 
wohl zn beachten ist. Die Rumpfbälften der Schnitte 2—4 habe 
ich, da sie, schräg getroffen, ein ziemlich complicirtes Bild gaben, 
nur in Contouren angedeutet. Die Schnitte 25 — 26, welche keilförmig 
und ungefähr von doppelter Dicke waren, sind zu einem vereinigt. 
Das Steissende bei Schnitt 14 zeigt sich nicht im Durchschnitte, 
sondern es ist umgelegt und im Profil gesehen. Ton den Herzdureh- 
schnitten habe ich 13—15 als zu ansicher orientirbar weggelassen. 

a\ und u-i zeigen den Embryo in der Ansicht von rechts und 
von links (Text S. 101) Bei Gh. ist noch ein kleines Stück Ghorion 
am Bauchstiele haften geblieben. 

os. Frofilconstruction des Centralnervensystems, des Eingeweide- 
rohres, der Urniere, der Vorleber, des Herzbulbus und des Herzvor- 
hofes. 

ai. Profilconstruction des Gefässsystema und der Kopfganglien. 

«5. Frontalconatraction des Kopfes; Gehirn mit Angenblasen, 
Pharynx, Trachea, Lungen und Oesophagus. Letztere Theile sind ge- 
mäss der Schnittrichtung stark verkürzt. 



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Erklärung der Tafeln. 181 

«fi. Construction der vorderen Bachenwand : Schilddrüse, Zunge, 
Kehlkopf und Lunge. 

m. Frontale Construction der Aortenzweige. 

«6. ürnierenleiste des Schnittes 20. Es sind bereits gebogene 
Querkanäle mit erweitertem vorderen Ende da, aber noch kein in 
die Kapsel eingestülper Glomerulus. Vergr. 100. 

m. ürnierenleiste des Schnittes 9. Keine Querkanäle, aber 
ein sehr weiter und dickwandiger Urnierengang. Vergr. 100. 

B. 6. Prontalconstmction des Herzens von Embryo B. Die 
rechte Ventrikelhälfte und ihr üebergang in den Bulbus sind er- 
öffnet dargestellt. Das helle Innenstuck bezeichnet das Endocardial- 
polster. 

B. 7. Prontalconstmction eines Herzdurchachnittes von Em- 
bryo B. Ventrikel mit Septum. Ohrkanal, Vorhof mit Septum, 
ductns Cnvieri und Einmündungen der drei Venenstämme in die 
rechte Vorhofhälfte. 

B. 8. Frontalconstruction der Rückfläche desselben Herzens. 
Ohrkanal und Einmündungen der drei Hohlvenen, schräge Rinne zwi- 
schen beiden Ventrikelhälften. 

B. 9. ürnierenleiste des Schnittes 84 des Embryo A. WollFscher 
Gang mit einmündendem Querkanal. An diesem sind drei Abthei- 
lungen unterscheidbar, deren vorderste als Malpighische Kapsel den 
GHomerulus umfasst. Letzterer ist nur unvollständig umschlossen, er 
erhält einen Znfluss aus der Aorta und giebt ein bogenförmiges Aest- 
chen an die Cardinalvene ab. Vergr. 100. 



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Inhaltsverzeichniss. 



Einleitung I 

Methoden der Hearbelttmg . . 6 

Zeichnung und Photographie 6 

Färbung und Mikrotomlo "7 

Zeichnungsapparat ... 8 

Reconstructiongmetliode - 10 

ri-.--i.-i-- Darstellung 11 

Qrientirende Bezeichnungen 12 

Embryonen A. und H. (Körperlange 7.5 and 7 mml ...... 14 

Aeussere Gliederung 16 

Krümmung 18 

Rumpfsegmente und I n nerval ionsge biete IS 

Kopf ... 19 

Amnion, Darautiel und Hauchstiel .21 

Centrn/nervensyslem ..... ,....•' 22 

Aeussere Form des Gehirns 22 

Aeussero Form de.t Rückenmark» . . 27 

System der Hohlen 27 

Graue und weisse Substanzanlagen 30 

Schichtung der Rückenmarks wand . . 30 

Schichtung der Gehirnwand 33 

Litterarische Anmerkungen 35 

Recapitulation in Betreff weisser Substanzentwickelung .... 40 

Peripherisches Nervensystem . . 42 

Rückenmarksnervon 42 

Kopfnerven 43 

Chorda dorsalis 43 



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InhalüTerzeichnlss. 183 

Seite 

Sinnesorgane 49 

Auge 50 

Geruchsorgan 50 

Gehörorgan .50 

Eingeweiderohr 51 

Gliederung desselben 51 

Mundraum (Vorhöhle und Grund) 52 

Zunge, Epiglottis und Plicae aryepiglotticae 54 

Schilddrüse, Thymus 56 

Kehlkopf, Trachea, Oesophagus, Magen 57 

Darm, Cloake, Allantoisgang 58 

Biegungen der Darmaxe 59 

Wand des Eingeweiderohrs 60 

Leber 61 

Pankreas 65 

Umierensystem 06 

Urnierengang und Kanälchen 66 

Nierengang 67 

Allantois 68 

Kritik der Beobachtungen von W. Kbause 68 

Gefässsystem 72 

Herz 72 

Allgemeine Form 73 

Verhof 74 

Einmündende Venenstamme 76 

Arterieller Herzschenkel 77 

Arteriensystem 78 

Venensystem 83 

Regionen des Körpers und Situs Viscerum 86 

Grunzen von Kopf, Hals, Rumpf und Becken 86 

Besitzt der menschliche Embryo einen Schwanz? ... 89 

Absolute und relative Längenmaasse der Regionen des Stammes ... 96 

Leibesrvand und Extremitäten 98 

Embryo a (Körperlange 4 mm) 100 

Aeussere Gliederung 101 

Nervensystem 103 

Gehirn und Rückenmark 103 

Peripherisches Nervensystem 106 

Chorda dorsalis 107 

Sinnesorgane 107 

Eingeweiderohr 108 

Mundhöhle, Pharynx, Kehlkopf und Lungenanlage . . 108 

Magen, Darm, Cloake und Allantoisgang 109 

Leber 111 



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184 Inhaltsverzeichnis 3. 

Urnierensystem 112 

Gefässsystem 113 

Herz 113 

Arteriensystem und Yenensystem 114 

Embryo M. (Körperlange 2.6 mm) 1 16 

Aeussere Gliederung 117 

Nervensystem und Chorda 119 

Eingeweiderohr 120 

Urnierensystem 122 

Gefässsystem 122 

Von den Bohlen des Körpers und von der Anlage des Zwerchfells . 125 

Parietalhöhle und Rumpf hohlen 125 

Septum transversum 126 

Verschiebung der Parietalhöhle und des Septum transversum . . 129 

Verbindung von Parietalhßhle und Rumpfhohle 129 

Beziehungen der Leber zur Leibes» and und zum Septum transversum 1 30 

Literarische Notizen 132 

Embryo Li (Korperlänge 2.4 mm) 135 

Aeussere Form 135 

Innere Theile desselben 137 

Embryo 8. B. (Körperlange 2.2 mm) 140 

Embryo E. (Körperlange incl. Bauchstiel 2.6 mm) 145 

Vergleiebung jttng-eror menschlicher Embryonen nnter einander, 

Versuch einer Stadlenelnthetlung -.147 

1. Stadium. Früchte von Reichebt, Whabton- Jones und Bbeuss 148 

2. Stadium 151 

3. Stadium. Embryo E. (Embryonen von Schwabe und Bbuoh) . 151 

4. und 5. Stadium. Embryonen Allen Thomson 1 u. 2 und S. R. 153 
6. und 1. Stadium. Embryonen von Costb und Li 155 

8. Stadium. Embryo M., Embryonen Allbn Thomson 3, Steüm- 
pell, v. Babr, Schbobdbb, v. d. Kolk, Eckeb, Heckeb, Bbtgbl 

und Bbüch 159 

9. Stadium. EmbryoLs, Embryonen von Joh. Müllbb u.R. Waoneb 162 
10. Stadium. Embryo b, Embryonen von Costb (IIa), Hbnsen, Allen 

Thomson 4 16 * 

Altersbestimmung sehr junger Fruchte 166 

Hypothesen zu Ausfüllung noch bestehender Beobnehtangsltteken 169 

Erkllrane; der Tafeln 174 



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