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Full text of "Anleitung zur Verbesserung des Wiesenund Futterbaues; mit besonderer Rücksicht auf das Herzogthum Nassau. Nebst einer kurzen Beilage über die Verbesserung der Gärten und der Obstkultur auf dem Lande"

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eiherrlich v Schönberg 
EEE 


PURCHASED FOR THE 


| UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY 


FROM THE 


CANADA COUNCIL SPECIAL GRANT 


FOR 


| ECONOMiG HISTORY 


Anleitung zur Verbeſſerung 
des 


Wieſen -und Futterbaues. 


Mit beſonderer Ruͤckſicht 
auf das 


Herzogthum Naſſau. 


Nebſt einer kurzen Beilage 
über die 


Verbeſſerung der Gärten 


und der 


Ob'bſtkultur auf dem Lande. 


Von 


55 L. A. Kelkz u, 


Mitglied des Naſſauiſchen landwirthſchaftlichen Vereins und Prediger in 
Dillenburg. 


= ——— — — — = — — — 


Frankfurt am Main 
Verlag der Hermannſchen Buchhandlung 


811. 


Dem Herzoglich Naſſauiſchen landwirth— 
ſchaftlichen Verein. 


In dem Anordnen und Begründen des landwirth— 
ſchaftlichen Vereins in dem Herzogthum Naſſau, 
welches den 18ten April 1820 in Idſtein erfolgte, 
ſprachen ſich die edelſten und wohlwollendſten 
Grundſaͤtze und Geſinnungen unſers allgeliebten 
Herzogs aus. Hoͤch ſtderſelbe wuͤnſchet ange⸗ 
legentlichſt, daß aus einer jeden Gegend des Her- 
zogthums durch dieſen Verein das zur Sprache 
gebracht werde, was zur Erhöhung und Beför— 
derung des landwirthſchaftlichen Wohlſtands als 


dienlich und förderlich anerkannt iſt, um auf das 


Kraͤftigſte dahin zu wirken, daß nach und nach 
der moͤglichſte Grad der Vollkommenheit in der 
Landeskultur herbei gefuͤhret werde, welches in den 
gehaltvollen Reden, die bei dieſer Feierlichkeit ge⸗ 
halten worden, gezeigt und ausgedruͤckt wurde. 
Bei der erſten Zuſammenkunft dieſes neu ge⸗ 
ſtifteten Vereins ward in der Zwiſchenunterredung 
aller mir vorgekommenen Mitglieder die Verbeſſe⸗ 
rung des Wieſenbaues als der Gegenſtand aner- 
kannt, den man in der nächſten Sitzung, welche 


den 14ten Juni deſſelben Jahrs gehalten werden 


wird, zur Sprache bringen wolle. Nur nach 
welchem Plane? dieß ſchien wohl mit Recht eine 
etwas ſchwierige Aufgabe, da der Wieſenbau unter 
allen Bauungen des Landmanns die ſchwerſte iſt. 

Da zur Verbeſſerung des Wieſenbaues, als 
dem hoͤchſten und wichtigſten Gegenſtande der Land— 
wirthſchaft, in den gehaltenen Reden aufgefordert 
worden, der Landmann aber, ohne gruͤndliche An— 
weiſung bei dieſer wichtigen Bauung, ſich ohnmoͤg— 
lich helfen kann, ſo entſchloß ich mich, meine 
früher entworfenen Anſichten und Erfahrungen 


über den Wieſenbau herauszugeben; aber auch die 
übrigen Mitglieder des Vereins zu ermuntern, 
ebenwohl zum allgemeinen Beſten mitzuwirken, 
um der ſchönen und nuͤtzlichen Beſtimmung dieſes 
Vereins nach moͤglichſten Kräften zu entſprechen 
und ſo nach und nach ein vollſtaͤndiges Ganze in 


der Landeskultur heraufzufuͤhren. 


Der Verfaſſer. 


or wen t. 


Wie der leidenden Menſchheit ihre druͤckende Laſt zu 
erleichtern, und der tief geſunkene Wohlſtand wieder zu 
heben und allgemein und voͤllig herbei zu fuͤhren ſey: 
dieß iſt der hoͤchſt wichtige Gegenſtand, der alle große 
Staatsmänner und alle wahre Menſchenfreunde in un— 
ſern Tagen beſchaͤftiget. 

Die Verbeſſerung der Staatsſyſteme kann ihr Gu— 
tes dazu beitragen. Soll aber der große Zweck völlig 
und ſicher erreicht, ſoll der Wohlſtand allgemein werden, 
ſo muß er zugleich aus den natuͤrlichſten Quellen herauf— 
gefuͤhrt und auf die Verbeſſerung des Feldbaues und der 
Landwirthſchaft gegruͤndet werden. Die muͤtterliche Erde 
iſt die nie verſiechende Quelle, welche die guͤtige Vorſe— 
hung uns Menſchen zu unſerem zeitlichen Wohlſtand an— 
gewieſen hat, die immer ergiebiger wird, jemehr wir ſie 
mit Fleiß und Sorgfalt pflegen, und ihre Kraͤfte zu be— 
nutzen ſuchen. Soll alſo ein gluͤckliches Reſultat erfol— 
gen, ſo muß der Landbau mehr gehoben und mit dem 
Bedarf unſerer Zeit in Einklang geſtellt werden; es muß 


VIII 


der Landmann zu ſorgfaͤltigerer Anbauung ſeiner Be— 
ſitzungen aller Art ermuntert werden, namentlich der 
Wieſen, worin er noch am weiteſten zuruͤck iſt. 

Die uͤberfluͤſſigen Menſchen in andere Welttheile 
zu transportiren, um die Conſumtion der Lebensmittel 
zu verringern und auf dieſem Wege den Wohlſtand zu 
verbeſſern, wie Mehrere in neuerer Zeit vorgeſchlagen 
haben, moͤchte nicht das rechte Mittel ſeyn, das Beſte 
eines Staats zu befoͤrdern. Jedes Land, mag man 
im Allgemeinen ſagen, kann ſeine Bewohner reichlich 
ernähren, und wohl noch mehr Menſchen, als es hat; 
es muͤſſen nur die Nahrungsquellen erforderlich geöffnet 
ſeyn. 

Obgleich der ins Auge gefaßte Gegenſtand nicht in 
das Gebiet der theologiſchen Wiſſenſchaften gehört, ſo 
nehme ich doch keinen Anſtand, ihn in meinen Neben- 
ſtunden zu bearbeiten, um ſo mehr, da haͤuslicher Wohl— 
ſtand mit der Sittlichkeit und Tugend in mannigfalti— 
ger Beruͤhrung ſtehet. Um alſo auch von dieſer Seite 
das Wohl meiner Bruͤder nach beſtem Vermoͤgen zu be— 
foͤrdern, will ich mich bemuͤhen, eine Anleitung zur 
Verbeſſerung des Wieſenbaues nach einem von mir ent— 
worfenen Syſtem zu entwickeln. 

Ich bitte ehrfurchtsvoll alle hohen Staatsmaͤnner, 
dieſem kleinen Werkchen in den Ihrer hohen Leitung 
anvertrauten Staaten eine geneigte Aufnahme zu ge— 
ſtatten. 

\ Der Berfaffer. 


Einleitung und Inhalt. 


De. Wieſenbau iſt ein uͤberaus angenehmer und intereſ— 
ſanter Nahrungszweig. Schon in den fruͤheſten Zeiten war 
man bemuͤhet, wenn man das Schoͤne und Angenehme des 
Landlebens ſchildern wollte, die mannigfaltigen Beſchaͤftigun— 
gen des Wieſenbaus auf eine angenehme und anziehende Art 
zu beſchreiben. Wie der fleißige Landmann ſeine Wieſen 
kuͤnſtlich anlegt, den angeſchwollenen Bach in die Waͤſſerun— 
gen leitet, den einen Graben zuſchließt, den andern oͤffnet, 
oder das Waſſer ganz abwendet *). Oder man redet da— 
von, wie das bunte Wieſenthal mit ſeinem ſchoͤnen Gruͤn 
und tauſendfachen Blumen das Auge des Wanderers ergoͤtzet 
und der emſigen Biene ein feſtliches Mahl bereitet. Dann, 
wie bei naher Heuernte der ſorgfaͤltige Hausvater am Abend 
die Senſen auf der Thuͤrſchwelle ſchaͤrfet, wie dann der 
Wiederhall des Senſenhammers von Hof zu Hof fortſchal— 
let und dem Dorfe ein wichtiges Tagewerk verkuͤndiget. 
Wie, wenn Alles im Dorfe ſchlaͤft, die ſorgfaͤltige Haus— 


) Claudite jam rivos pueri, sat prata biberunt. Vıne. 


x 


mutter ſchon zur Mitternachtsſtunde erwacht, um ihr Haus⸗ 
geſinde zu rechter Zeit zur Tagesarbeit aufzuwecken. Wie 
die goldne Morgenroͤthe den fleißigen Landmann auf der 
Wieſe findet, wie zur Mittagszeit alle Haͤnde beſchaͤftiget 
find, das Wieſenfutter zu bearbeiten. Wie dann die Wa⸗ 
gen rollen, und die bejahrte Mutter mit dem Enkel nach 
der Wieſe faͤhrt, und dabei reine Freude fuͤhlet. Wie eine 
allgemeine Freude Statt hat, wenn die erſte Ernte des Jah— 
res gluͤcklich geſchehen iſt. 

5 So, ſage ich, geben die Wieſen und die mannigfalti- 
gen Beſchaͤftigungen auf denſelben dem Freunde der Natur, 
ſo wie dem Dichter, reichen Stoff, die Schoͤnheiten und 
Annehmlichkeiten des Landlebens zu ſchildern und zu ihrem 
Genuſſe einzuladen. 


Der Wieſenbau iſt aber auch zum andern 
fuͤr den Landmann, wie für den Staat, ſehr 
wichtig. 


a. Er iſt ſehr wichtig für den Landmann. 


Iſt der Wieſenbau in einem guten Stande, dann kann 
der Landmann uͤberfluͤſſiges Vieh halten; er kann alljaͤhrlich 
junges Vieh anziehen, ſeine Schafzucht erweitern, ein Foh— 
len futtern, eine gute Schweinezucht halten, und aus dieſem 
Allem mannigfaltigen Nutzen ziehen. Er kann ſeine Haus⸗ 
haltung reichlich mit Milch, Butter und Kaͤſe verſehen, und 
von dieſen Nahrungsmitteln noch ſo viel zu Markt bringen, 
als er zur Beſtreitung feiner Steuern und ſonſtigen Abga- 
ben noͤthig hat. Er kann Vieh maͤſten, und dadurch ſeine 
Kuͤhe wohl verſorgen, und durch den Umſchlag des fetten 
Viehs ein gutes Stuͤck Geld gewinnen. Durch eine vollſtaͤn⸗ 
dige Viehzucht kann der Landmann uͤberfluͤſſigen Dünger ſam⸗ 
meln, und ſeine Felder, Gaͤrten, Weinberge und Wieſen 


XI 


reichlich duͤngen, und dadurch ihren Ertrag immer mehr er— 
hoͤhen. Er kann dann ſchoͤnes Getreide, ſchoͤnen Flachs und 
Hanf, den ſo nuͤtzlichen Ruͤbſamen, koͤſtlichen Wein, fettes 
Gemuͤſe und wohlſchmeckendes, herrliches Obſt gewinnen. 
Kurz, wo der Wieſenbau im Flor iſt, da findet ſich in allen 
Theilen der Oekonomie ein angenehmes, thaͤtiges Weſen, 
ein bluͤhender Wohlſtand und ein tauſendfacher Segen, und 
dann iſt der Stand des Landmannes der erſte, der unab— 
haͤngigſte und gluͤcklichſte. . 

Selbſt der arme und geringe Landmann, der, bei 
Vernachlaͤſſigung des Wieſenbaues, von ſeinem geringen 
Eigenthum kein Stuͤck Vieh ernaͤhren kann, und darum eine 
hoͤchſt traurige Lage hat, ſchoͤpft bei Verbeſſerung des Wie— 
ſenbaues neue Hoffnung. Er ſieht, wie ſich ſeine hoͤchſt 
druͤckende Lage erleichtern und ihm nach und nach aus ſei— 
nem Nothſtand geholfen werden kann. Seine wenigen und 
zerſtreut liegenden Wieſen ſind von hoͤchſt unbedeutendem Er— 
trage; werden ſie aber verbeſſert, und ihm in einem Gan— 
zen gegeben, dann kann er ſich eine Kuh halten, ſie reichlich 
futtern, und noch dazu ein junges Stuͤck anziehen. Dieſe 
Ausſicht, man denke ſich die Lage des Armen, wie ſuͤße, 
wie erfreulich iſt ſchon fie! und wie wonnenvoll, wenn das 
Gehoffte zur Wirklichkeit kommt! 

So erhoͤhet und verbeſſert der Wieſenbau die Lage 
eines jeden Landmanns, und fuͤhret feine ganze Oekonomie 
zu groͤßerer Vollkommenheit herauf. Iſt aber der Wieſen— 
bau vernachlaͤſſiget, bleibt dieſer, wie und was er iſt, dann 
ſtehet es bei dem beguͤterten, wie bei dem geringen und . 
armen Landmanne, hoͤchſt ſchlecht. Dann iſt es bei ihm 
auf dem Felde, im Hauſe, im Stalle, in der Scheune, 
auf dem Speicher und in der Taſche ſchlecht beſtellt; dann 
iſt es bei ihm uͤberall leer. Sein ganzes Weſen grenzet an 
Armuth, Noth und Mangel; denn der Wieſenbau iſt, das 
muß ein Jeder erkennen und geſtehen, der Grund und das 


XII 


Fundament der geſammten Oekonomie und der ganzen 
Landwirthſchaft, und darum fuͤr den Landmann uͤberaus 


wichtig. 
b. Er iſt aber auch wichtig fuͤr den Staat. 


Die Verwaltung des Staats erfordert große Sum— 
men, die groͤßtentheils durch Auflagen und Steuern zu er— 
ſchwingen ſind. Bei weitem der groͤßte Theil der Untertha— 
nen beſtehet aus Landleuten, die von ihrem Ackerbau, Wein⸗ 
bau und der Viehzucht beſtehen, und wovon ſie deßwegen 
auch ihre Abgaben an den Staat entrichten muͤſſen. Dieſe 
koͤnnen ſie recht gut und auf gewiſſe Art leicht entrichten, 
wenn ihre Nahrungsquellen nur erforderlich geoͤffnet ſind. 
Der Ertrag der Felder, der Weinberge und aller uͤbrigen 
Beſitzungen des Landmanns kann aber nicht anders, als 
hoͤchſt ſchlecht ſeyn, wenn der Wieſenbau vernachlaͤſſiget iſt, 
und es daher mit der Viehzucht ſchlecht ſteht. Der Landmann 
kann unter dieſen Umſtaͤnden, oft bei dem beſten Willen, 
den Forderungen des Staats nicht Genuͤge leiſten. Es ent— 
ſtehen daher Ruͤckſtaͤnde, die bei der verwaltenden Behoͤrde 
eine hoͤchſt unangenehme Strenge noͤthig machen, die aber 
nicht umgangen werden kann, weil die zur Verwaltung des 
Staats noͤthige Summe zuſammen gebracht werden muß. 
Soll es alſo dem Unterthanen nicht ſchwer fallen, ſeine Ab— 
gaben zu leiſten, und ſoll der Staat auf eine leichte Art zu 
ſeinen Einkuͤnften kommen, ſo muß der Landbau, und na⸗ 
mentlich der Wieſenbau, verbeſſert werden. Und ſo koͤnnte 
denn mit durch die Verbeſſerung des Wieſenbaus, der ein 
Pfeiler der Oekonomie iſt, ein ſchoͤnes und liebevolles Ein— 
verſtaͤndniß und ein gemuͤthliches Verhaͤltniß zwiſchen Obrig— 
keit und Unterthanen, zwiſchen der verwaltenden Behoͤrde 
und den Verpflichteten, herbeigefuͤhret werden. 

Aus allen dieſen allgemeinen und beſonderen Gruͤnden 
wird fich ein jeder ruhig Nachdenkende von der Nothwendig- 


XIII 


keit der Verbeſſerung des Wieſenbaues uͤberzeugt halten, der 
ſich faſt allgemein in einem ſehr verwahrloſten Zuſtand be— 
findet, und im Vergleich mit dem Ackerbaue und dem Wein— 
baue weit zuruͤck geblieben iſt. Damit aber der Landmann 
bei dieſem wichtigen und ſchweren Baue nach einem feſten 
Plan handeln und verfahren koͤnne, alſo einen ſicheren Leit— 
faden in der Hand habe, ſo habe ich es verſucht, die Lehre 
des Wieſenbaues nach einem gewiſſen Syſtem zu ordnen und 
zu entwickeln, und ich wage es, meine geringen Anſichten 
und Erfahrungen uͤber dieſen Gegenſtand in nachſtehendem 
Plane mitzutheilen. 


Eſte r Abſchniett. 


Von den herrſchenden Fehlern bei dem Wie— 


ſenbau. 

1. Von den ſo ſchädlichen Bäumen. BI Seite 1 
2. Hecken und Sträuchen . 3 — 6 
3. Den Steinen r Au — 10 
4. Den vielen Fußwegen auf den Wieſen. . 24242ͤ2ͤ2ͤ4ð — 11 
5. Dem unbeachteten Laufe der Bäche und Flüſſe. . — 12 
6. Den ſchlechten, rauhen und übelriechenden Wieſenkräutern. — 14 
7. Dem verwahrloſten Zuſtande ſauerer Wieſen. ...... %% — 16 
8. Daß man Aecker und Wieſen nicht ſorgfältiger von ein— 

ander abſondert und ſcheidet. 444 lade — 18 
9. Dem verwahrloſten Zuſtande der Waldwieſen. ze... 92 19 
10. Dem der Feldwieſen anne N 5 99669 — 19 
11. Den Fehlern bei dem Bewäſſern der Wieſen. — 20 
12. Dem ſo ſchädlichen Treiben des Rindviehes auf die 

Wieſen an naſſen Herbſttagen.—L?ͤ⁊ ͥ 4 „ — 24 


Jwei ger b ſſch niet e 


Entwickelung des Begriffs einer vollkommen 
guten Wieſe, und von den beſten Wieſen— 
Graͤſern und Kraͤuter n. , Seite 26— 30. 


4 


Dritter A bſſch ü i 


Von der noͤthigen Vorbereitung zur Bauung 


1. 


ann 


und Anlage der Wieſen. 


Vorläufiges Wegräumen aller Bäume, Hecken und Ge: 


ſträuche von allen Wieſen 2 5 
Anordnung eines Wieſenvorſtandes in jeder Gemeinde, 
und von deſſen Geſchäfte e 2 
Von dem zu entwerfenden Bauplan zu der neuen Wie— 
ſenanlage - —ͤ —y— —t[— ͤ—ͤ—L(ͥ(ᷣ * —E— 5 . 
Von den zu dem Wieſenbaue nöthigen Werkzeugen und 
Inſtru menten e ee RT 
Von der beften Zeit zur Bauung der Wieſen. 4 


Von der genauen Meſſung eines ganzen Wieſenthales, 
vor der Anlage, und der darauf ſich gründenden Con— 
ſohdatton der Wieſen . eee ee 


Vie r ter Ab chu inet 


Seite 31 


Naͤhere Anleitung zum Wieſenbau. 
Seite 45 


Von dem Bache oder Fluſſe, und deſſen Leitung. 
Von der Beſtimmung des Wehres und dem Gange der 
Wäſſerung . F eee 
Dem Abwägen und der Berechnung der Höhe und Tiefe 
der Wieſen, und dem darauf ſich gründenden Falle, 
welcher der Wieſe bei der neuen Anlage gegeben wer— 


den muß 90800 58 e e e anne 
Der Anlage ſauerer Wieſen „ ER 
— — ſüßer Wieſe nt 2 N 
— — der Waldwieſen. ver. „„ eee 
— — der Feldwieſen . . ee ee ee 


Fü u fter Ab ſch un 


47 


Von dem Wehr- und Schleuſenbaue, oder der 


J. Von dem Wehrbaue. 


Anlage großer und kleiner Waͤſſerungen. 


Von dem Wehrbaue überhaupt.... . . . eee Seite Be 


XV 


Insbeſondere: 
1. Von dem Wehrbaue aus Raſen. 
a. Von den Wehren aus Raſen, Pfählen und Rei— 


ſern. . . d ee FEE Seite 88 

b. Aus Raſen, Pfoſten und Bretter — 95 

2. Aus Steinen und Moos. . . . .. .. . . . . . — 
dit et bvb ee — 110 
4. Aus behauenen Steinen . . .. . .. . g — 111 


II. Von dem Schleuſenbaue. 


1. Von Schleuſen mit Fallthüre nd —————-—- 2 . . «ie Seite 112 
2. Von den Schleuſen mit Flügeln ne· ˙ 4 — 118 
R eee eee — 125 
4. Den kleinen Wäſſerſchleuſe n . — 125 
III. Von der Anlage kleiner Wäſſerungen. 
( ſſerräder. eee e- . — 127 
2. Durch angebrachte Waſſerleitungen, mit Hülfe gelegter 
„ Eee Se A — 129 
3. Wäſſerungen aus Fuhrwege nd 2 . — 130 


Sechſter Abſchnitt. 


Von der Bauung und Unterhaltung des Geſtades 
und deſſen zweckmaͤßigen Bepflanzung mit 
der ſehr nuͤtzlichen rothen Bandweide. 


1. Von der Bauung des Geſtades und des Flußbetts. 
A. Man führe das Flußwaſſer flach, und gebe ihm 


alle Gelegenheit, ſich auszubreiten. Seite 132 
B. Man führe das Flußwaſſer, ſo viel es thunlich 
iſt, gerade. ..... “........ sonıroer ——— 33 32ſ; — 133 


C. Man mäßige den Fall des Fluſſes, nöthigen 
Falles, durch Wehre, durch kleine Waſſerfälle 


oder durch Beſteckung mit Steinen 2 — 136 
2. Von der Bepflanzung des Geſtades mit der ſehr 
nützlichen rothen Bandwe ide Seite 139 


3. Von der Unterhaltung des Geſtades. 2 — 142 


u 


XVI 


Siebenter Ab ſ chung 


Wie auf eine leichte Art und mit geringen Koſten 
ein durch das Waſſer weggeriſſenes und 
verloren gegangenes Stuͤck Wieſe wieder 
zu gewinnen und in nutzbaren Stand um: 
zuſchaffen i ſt. eee Seite 13148. 


Achter Ab ech unit et 
Von dem Bewaͤſſern der Wieſen. 


a. Von dem Zweck des Wäſſerns. 


1. Den Graspflanzen neuen Nahrungsſtoff zuzuführen. .... Seite 148 
2. Die in dem Boden ſteckenden Nahrungsſtoffe den Gras- 


pflanzen genießbar zu machen. 22, . . „ — 150 
3. Die Graspflanzen zu beleben iter 2 150 


b. Von dem nöthigen Auffriſchen und 
in den Stand Stellen der Wäſſe⸗ 


Engen, e „ — 151 
e. Von dem dienlichſten Waſſer zu dem 
Bewäſſern der Wieſen Br — 152 
d. Von der Zeit zum Wäſſern. 
1. Im Herbſte und Winter EAN — 154 
2 Im Früh jahre 4 c eee bg re 155 


3. Im Sommer, zur beſtimmten Zeit. . — 156 
e. Wann man nicht wäſſert. 
1. Im Herbſte nicht, wenn ſich die Witterung zum Froſte 


neigt 3 ee 8 — 157 
2. Im März und April nicht „ nn — 157 
3. Mit Ausnahme, vor der Heuernte nicht. ar en 
4. Auch wäſſert man alsbald nach der Heuernte nicht..... — 158 
5. Auch feuchte Wieſen wäſſert man nicht. 4 — 158 
f. Wie man wäſſern muß. 7 159 


Neuner A b ſch ß 


Von der Behandlung trockener Wieſen, oder 
ſolcher, die nicht erforderlich bewaͤſſert 


* 


XVII 


werden koͤnnen, und den beſten Dungmit— 
teln, als: 


D. IAſche. 4 eee eee dee ese eee es eee Seite 162 
b. . ¶A chung res — 164 
D ð;õ; K nennen e — 165 
d. Kurzer Miſt . . e b · . . — 166 
e. Hühner⸗ und Taubenmiſt .. . — 168 
eee eee r — 168 
g. Gaſſenkehricht . ene — 170 
h. Geſchwängerte Erde 5 — 17¹ 
% ͤ »»» ˙ ²˙·»¹Üꝛͤͤ˙· isses sun unensseh — 173 
k. Braunkohlengebröckel 2 n — 175 
J. Steinkohlengebröcke l. eee ee — 176 


Jehnter Ab ſchyit t 


Von dem Reinigen und Putzen der Wieſen im 


iar eee ee Site 176. 177. 


Eilfter Abſchnitt. 


Von den Maulwuͤrfen und Maͤuſen, und den 


ES N 


dienlichſten Mitteln dagegen Seite 178 — 185. 


3Zwoͤlfter Abſchnitt. 


Von der Heu- und Grummet-Ernte. 


Von der beiten Zeit zu dieſer Arbeit 4 2 . Seite 185 
Der Witterung, und einige Wetterregeln. .. Ph — 191 
Dem Mähen, wann und wie man mähen muß — 193 


Den Kennzeichen, ob das Futter trocken genug iſt, und 
wie man feuchtes Futter behandeln muß, daß es nicht 


verdirbt eseesees eee eee eee eee eee — 194 
Von dem Salzen des Heus und anderer trockenen Fut— 
ter. e e eds eee — 196 


* 


XVIII 


Dreizehnter Abſchnitt. 


Von dem Klee- und Futterbaue, den Futtergraͤ— 
ſern und der damit zu verbindenden Stall— 
fuͤtterung. 


J. Von dem Klee- und Futterbaue. 


A., REHETHRUDE et e 9 Seite 199 

b. Insbeſondere: 
1. Von dem rothen Wieſenklee. . 3 — 207 
2. Dem weißen holländiſchen Klee. 2 n — 222 
3. Dem Bergkle eee — 222 
Den Seni „ — 223 
5. Schneckenklee oder der Luzerne 4 e — 224 
er,, N — 220 


II. Von den Futtergräſern. 
a. Von dem Hafergraſ -.rrseseronenenonnnennne e — 230 


) ; 
b. Dem Honigarafe, ».... e ee eee ish, 2 


Vite rz e hter ub fh; 


Von einer ſchicklichen Umzaͤunung der Wieſen. 


1. Von Weißdorn . . . . . . . . . . 6 eee eee Seite 284 
2. Von der rothen Bandweide. BEN —. — 240 


Von der Verbeſſerung der Gaͤrten und der Obſt— 
kultur auf dem Lande (als Beilage zu dem 
Wieſenbau.) 71 „ „„ „%%% Seite 245 


Anleitung zur Verbeſſerung 


des 


Wieſen⸗ und Futterbaues. 


„ 


Erſter Abſchnitt. 


Von den herrſchenden Fehlern bei dem 
Wieſenbau. 


Wu man ein Uebel heilen, will man Fehler in einer Sache 
gruͤndlich verbeſſern, ſo iſt das Erſte, jenes genau mit al— 
len Symptomen, und dieſe, in ihrer ganzen Groͤße und 
Staͤrke, mit allen Abweichungen kennen zu lernen ſuchen, 
und genau in das Auge zu faſſen. Und wenn man ſich denn 
von beidem eine anſchauliche Kenntniß erworben hat: dann 
iſt ſchon fuͤr die gute Sache halb gewonnen; dann laſſen ſich 
dienliche Mittel aufſuchen, jenes zu heben und dieſe zu ver— 
beſſern. Darum ſey denn bei dieſer Anleitung zur Verbeſ— 
ſerung des Wieſenbaus, zuerſt die Rede von den herrſchen— 
den Fehlern des Wieſenbaus: und zwar 


1. Von dem großen Nachtheil der Bäume bei und 
auf den Wieſen. 


Es iſt einer der erſten und auffallendſten Fehler, wenn 
man auf, oder neben den Wieſen, oder an dem Geſtade, 
Baͤume ſtehen hat, wodurch die Wieſen beſchattet werden, 
als Aſchen, Erlen, Aſpen, Weiden, Ulmen, Pappeln, 
Eichen oder auch Obſtbaͤume. Sie ſchaden alle weit mehr, 
als ſie nutzen; aus welchem oͤkonomiſchen Grunde man ſie 
auch haben oder dulden mag. Die Baͤume halten den unter 
ihnen ſtehenden Gewaͤchſen Luft und Sonne, Thau und 
Regen ab; welche doch die erſten Erforderniſſe zum Gedeihen 

1 


2 


und Wachsthume aller Pflanzen überhaupt, und auch der 
Graͤſer und Wieſen-Kraͤuter ſind. Da, wo auf den Wieſen 

Baͤume ſtehen, waͤchſt ein duͤnnes, mageres Gras, das bei 
zunehmender Sonnenhitze zuruͤck gehet und groͤßtentheils ver— 
trocknet. So wenig als die Gartengewaͤchſe und Feldfrüchte 
in dem Schatten der Bäume gedeihen und gut fortkommen; 
eben fo wenig koͤnnen es die Graͤſer und Wieſenkraͤuter. 
Man ſehe und betrachte nur die Wieſen, worauf Baͤume 
ſtehen, wie hoͤchſt ſchlecht und mager das Gras da ſteht; 
wie ſelbſt die edelen Wieſenkraͤuter unter den Baͤumen ganz 
ausgehen, die ſich auf derſelben Wieſe, an fehattenfreien- 
Stellen, ſo reichlich finden und ſo fett und ſchoͤn vegetiren. 
Verſchiedene neuere Oekonomen haben daher ganz Unrecht, 
wenn ſie ſogar das Pflanzen der Baͤume auf die Wieſen 
als ein Mittel zu mehrerer und beſſerer Vegetation der Gras— 
narbe empfehlen. a 

Baͤume verhindern aber auch zum andern die Anlage 
der Wieſen. Wenn man eine Wieſe anlegen will, ſo darf 
nichts im Wege ſeyn, das die neue Anlage hindert. Bei 
einer gut angelegten Wieſe muß der Waͤſſergraben ganz waſ— 
ſerwaͤgig angelegt ſeyn, und von demſelben die ganze Wieſe 
bis zum Flußwaſſer, oder Abzugsgraben, einen ſanften und 
richtigen Fall haben. Zu einer ſolchen Lage kann aber un— 
moͤglich eine Wieſe gebracht werden, worauf Baͤume ſtehen. 
Der Baum ſo wie ſeine Wurzeln verhindern die Anlage, 
und machen ſie auf gewiſſe Art unmoͤglich. Will man alſo 
eine Wieſe planmaͤßig anlegen, ſo muͤſſen alle Baͤume, auch 
aus dieſem Grunde, ſchlechterdings weg; ſie muͤſſen ſammt 
den Wurzeln ausgehoben werden. 

Baͤume auf den Wieſen ſind aber auch dem Zwecke 
zuwider, warum man ſie hat, und warum man ſie in 
manchen Gegenden ſo ſorgfaͤltig auf den Wieſen anpflanzet. 
Aſchen, Eichen und andere Laubbaͤume werden von dem 
Landmann darum auf den Wieſen geliebt, um ſie von drei 


* 


3 


Jahren zu drei Jahren zum Schaflaub zu behauen. Das 
Laub wird ſammt dem Holze in lange Wellen gebunden, 
getrocknet, eingethan und zur Winterszeit den Schafen als 
Futter vorgelegt. 

Das Laub iſt aber, welcher Art es immerhin ſeyn 
mag, ein hoͤchſt ſchlechtes und gehaltloſes Nahrungsmittel 
fuͤr die Schafe. Sie werden matt und kraftlos darnach; 
ihre Wolle wird rauh und ziegenharig; die Schafmuͤtter 
bringen ſchwache und kraͤnkliche Laͤmmer, die zum großen 
Theil verloren gehen, und die alten Schafe werden waſſer— 
ſuͤchtig; ſie bekommen Waſſerblaſen unter der Kinnlade, im 
gemeinen Leben Baͤrte, und gehen haͤufig dadurch im Maͤrz 
verioren. Viel beſſer thut man daher, man gibt den Scha— 
fen im Winter lieber nur halb ſatt gutes Heu und Stroh, 
als das ſchlechte, gehaltloſe Laubfutter. Wer ſeine Schafe 
mit Laub füttert, der betruͤgt ſich ſelbſt, und verfehlet ſeines 
Zwecks gar ſehr. Das Schaflaub iſt aber nicht nur ein ſehr 
geringes und gehaltloſes Futter, ſondern man verlieret auch, 
um es zu haben, zehnmal mehr an gutem Wieſenfutter, als 
man an Laub gewinnt, und dies iſt ein vierter Grund, 
warum man keine Laubbaͤume auf den Wieſen dulden muß. 

Unter den Baͤumen waͤchſt, wie ſchon gezeigt worden 
iſt, im Vergleich mit den frei und offen ſtehenden Wieſen, 
wenig oder kein Gras. Berechnet man nun dieſen jaͤhrlichen 
Schaden, den man durch die Baͤume an gutem Wieſenfutter 
leidet, und vergleicht damit den geringen Gewinn von ſchlech— 
tem Laubfutter, dann wird man ſich vollkommen von dem 
großen Nachtheile der Laubbaͤume, auch in Ruͤckſicht der 
Quantitat des Futters, uͤberzeugen. Bei einiger Berechnung 
wird es ſich ergeben, daß in einem Jahr, auf einer gut arts 
gelegten Wieſe, wo keine Laubbaͤume mehr ſtehen, zehnmal 
mehr an gutem Heu und Grummet gewonnen wird, als vor 
der Anlage an Heu, Grummet ſammt Schaflaub gewonnen 
ward. In Ruͤckſicht des Holzes werfen die Laubbaͤume aller⸗ 


4 


dings dem Landmanne einigen Nutzen ab, der aber mit dem 
kachtheile, den die Laubbaͤume für die Wieſen haben, bei 
weitem nicht zu vergleichen iſt. 

Es iſt aber auch bei den Laubbaͤumen das ſehr ge— 
faͤhrliche Behauen dieſer Baͤume in Anſchlag zu brin— 
gen, welches als ein fünfter Grund gegen die Laub- 
baͤume angefuͤhrt werden muß. Es vergeht faſt kein Jahr, 
daß nicht in den Gegenden, wo man Laubbaͤume hat, der 
Eine oder Andere bei dem Behauen der Baͤume faͤllt, und 
Arm und Bein zerbricht, oder gar das Leben verliert. 
Wer nun ſolche Baͤume hat, wie will und kann er ſich bei 
einer fo gefährlichen Arbeit vor einem Ungluͤck ſichern? Wie 
leicht kommt dem Menſchen ein Schwindel an, und dann 
fällt der Vorſichtigſte. Wenn denn auch fo ein ungluͤcklicher 
Fall nicht jedesmal das Leben koſtet, fo find doch die Schmer⸗ 
zen, die Verſtuͤmmelung des Körpers und die Heilungskoſten 
weit hoͤher zu achten, als aller Laubgewinn zu ſchaͤtzen iſt. 
Und darum iſt es denn auch aus dieſem Grunde ſehr rath— 
ſam, die ſo nachtheiligen und ſo gefaͤhrlichen Laubbaͤume, die 
der Landmann in unferer Gegend fo ſehr liebt, ganz weg⸗ 
zuſchaffen. 

Bringt man nun noch letztens die oͤfteren Feuers— 
bruͤnſte in Anſchlag, die durch das Verbrennen der abgefreſſe— 
nen Schafwellen leicht entſtehen, dann wird man gänzlich gegen 
die Laubbaͤume eingenommen. Die Schafwellen werden nem⸗ 
lich, wenn ſie abgefreſſen ſind, fuͤr die Kuͤche, den Ofen und 
das Backhaus beſtimmt. In dem letzten Falle bringen fie fo 
leicht keinen Schaden, wohl aber in den beiden erſten. Vor⸗ 
ſichtige Muͤtter brechen die Reiſer, ehe ſie dieſe anlegen: 
aber dieſe Vorſicht wird nicht allgemein angewendet. Gar 
manches unvorſichtige Weib ſteckt den Ofen voll dieſer ſehr 
auflodernden Reiſer, oder legt eine ganze Welle auf den 
Herd, um recht bald ein ſtarkes Feuer zu haben: aber ehe 
man es ſich verſieht, ſchlaͤgt die Flamme in den Schornſtein, 


5 


und ſomit iſt ein ſchreckliches Ungluͤck da. Ich ſelbſt habe es 
erlebt, daß mehrere große und anſehnliche Doͤrfer, durch die 
Unvorſichtigkeit mit Schafwellen, ein Raub der Flammen 
geworden ſind. Dann leidet denn der Vorſichtige mit dem 
Unvorſichtigen. Alle Einwohner eines ſolchen Orts gerathen 
in Armuth und Noth; ja ein ganzes Land, wo eine Brand— 
aſſekuranz beſteht, muß eine ſolche Unvorſichtigkeit theuer be— 
zahlen helfen. O! darum weg mit allen Laubbaͤumen; denn 
ſie bringen Schaden und Ungluͤck aller Art! 

Oft hat man aber auch Ulmen, Erlen und Pappeln 
an dem Geſtade des Fluſſes, um die Wieſen gegen das Waſ— 
ſer zu ſichern; damit dieß nicht eingrabe und wegreiße. Aber 
dieſen Dienſt leiſten die Baͤume nicht fo, wie man es erwar- 
tet. Ja ſie ſind oft die Urſache, daß das Geſtade in Un— 
ordnung koͤmmt. Die Wurzeln der Baͤume laufen oberflaͤch— 

lich in der Dammerde und halten das Geſtade nur dem 
aͤußeren Anſehen nach in Ordnung; das Waſſer untergraͤbt 
aber unvermerkt das Geſtade, waͤhrend der Eigenthuͤmer mit 
Zuverſicht auf ſeine hohen Ulmen hinſieht und durch ſie ſein 
Eigenthum geſichert glaubt. Aber ehe man es ſich verſieht, 
ſo weichen, bei heftigem Sturme, dieſe Baͤume um und zie— 
hen beträchtlihe Stücke Wieſen mit ſich in das Flußbett 
hinab, wodurch alsdann das Waſſer in ſeinem Laufe ge— 
hemmt, und genoͤthiget wird, hinter den umgewichenen Baͤu— 
men, und was ſie von der Wieſe in das Flußbett mit hinab— 
gezogen haben, herzugehen, und ſich bei der erſten Fluth eine 
neue Bahn zu öffnen. So ſchaden alſo die Baͤume an dem 
Geſtade gerade da, wo ſie nutzen ſollen. Weit beſſer dienen 
zur Befeſtigung eines Geſtades kleine, ganz niedrig gehal— 
tene Weidenſtoͤcke, wovon weiter unten, in dem ſechſten Ab— 
ſchnitte, gehandelt werden wird. Uebrigens ſchaden die 
Bäume an dem Geſtade dem Graswuchſe eben fo ſehr, wie 
die Baͤume, die auf der Wieſe ſtehen. 

Aber auch Obſtbaͤume taugen auf den Wieſen nichts. 


6 


Sie tragen felten, und wenn fie etwas Obſt bringen, fo 
ſind es insgemein kleine und ſchlechte Fruͤchte. Das Gras 
bleibt, wie gezeigt worden, unter den Baͤumen ſehr zuruͤck, 
und unter den Obſtbaͤumen noch mehr, als unter allen uͤbri⸗ 
gen, wegen ihren weiten und tiefgehenden Aeſten. Und wenn 
ſolche Baͤume Obſt tragen, ſo wird die Grasnarbe auf eine 
hoͤchſt aͤrgerliche Art weit und breit verlaufen. 

Nach allen dieſen, abſichtlich etwas umſtaͤndlichen Dar— 
ſtellungen — denn der Landmann haͤlt in manchen Gegenden 
noch gar zu viel auf die Baͤume auf den Wieſen — ergibt es 
ſich alſo, daß alle Baͤume auf und um Wieſen, dem Wie⸗ 
ſenbaue hoͤchſt nachtheilig find, und durchaus weggeſchafft 
werden muͤſſen. 


2. Von den ekelhaften Hecken und Geſträuchen um 
und auf den Wieſen. 


Es iſt ein eben ſo herrſchender Fehler bei dem Wie— 
ſenbau, wie der vorhergehende, daß man Hecken und Ge— 
ſtraͤuche, ſowohl um, als auf den Wieſen, einen freien Wuchs 
geſtattet. Da ſieht man breite und hohe Hecken durch ein 
ganzes Wieſenthal hinlaufen; eben ſo eine Menge breiter 
und buſchiger Wieſenmaͤhler; oder an dem Geſtade ganze 
Ruthen breit guten, tragbaren Boden mit einem eee 
Weidengeſtraͤuche bewachſen. 

Alle dieſe Geſtraͤuche muͤſſen auf einer gut angelegten 
Wieſe ganz weg; denn das ſtrauchige und buſchige Weſen iſt 
nicht nur ein großer Mißſtand auf den Wieſen, ſondern es 
verurfachet einen weit größeren Schaden an gutem Futterge⸗ 
winn, als man gewöhnlich denkt: und darum muß dieſer 
Nachtheil, den Hecken den Wieſen 1 noch etwas naͤher 
gezeigt werden. 

a. Hecken und Geſtraͤuche ſind ein wahrer 
Mißſtand um und auf den Wieſen. Sie find Ueber⸗ 
reſte des rohen und ungebildeten Naturzuſtandes. Da wo 


7 


die Hand des Menſchen die Erde anbaute und das Nuͤtzliche 
mit dem Schoͤnen, und das Gefaͤllige mit dem Eintraͤglichen 
zu verbinden ſuchte, wurden Hecken und Geſtraͤuche wegge— 
ſchafft. Das an Cultur und Anlage gewoͤhnte Auge findet 
es daher in unſern Tagen, wo man auf Vervollkommnung 
und Verſchoͤnerung der Erde etwas mehr, als ſonſt haͤlt, 
als einen großen Mißſtand, wenn es die niedliche Grasnarbe 
mit unnuͤtzen Hecken und Geſtraͤuchen umgeben ſieht, oder 
auf derſelben findet. Der kluge Landmann ſchafft nicht nur 
alles aus dem Wege, was ihn an einem reichen Ertrage 
ſeiner Beſitzungen hindert, ſondern er verſchoͤnert auch gern 
die Erde durch ſchoͤne und zweckmaͤßige Anlagen und ſomit 
durch Wegſchaffung alles wilden Geſtraͤuchs. 

b. Hecken und Geſtraͤuche hindern aber auch 
den Graswuchs ſehr und verurſachen im Ganzen 
großen Schaden an dem Futterertrage der Wie— 
ſen. Was alſo weit wichtiger iſt, als der das Auge belei— 
digende Mißſtand von Hecken- und Geſtraͤuchen, iſt der große 
Nachtheil, den ſie an dem Futtergewinn verurſachen. Ein— 
mal durch den Flaͤchenraum, den ſie einnehmen; dann durch 
das Ungeziefer, das ſie beherbergen; aber auch durch die 
gute Erde, die dieß wuchernde Geſtraͤuch einnimmt, und 
endlich durch den Schatten, den dieſe hohen und wogenden 
Hecken auf die Wieſen werfen. 

Der Flaͤchen raum, den die Hecken auf den Wieſen 
einnehmen, iſt ſehr bedeutend. Man meſſe einmal die Laͤnge 
und die Breite dieſer Hecken und Geſtraͤuche in einem gan— 
zen Wieſenthale, dann wird man finden, daß ein weit groͤße— 
res Ruthenmaaß von bisher verlornem Lande herauskommt, 
als man dachte. Man berechne nach dem Ruthenmaaße den 
Schaden, den eine Gemeinde in ihrer ganzen Gemarkung 
durch ganz uͤberfluͤſſige . leidet, und vergeſſe dabei 
nicht, dieß auf ein ganze nd anzuwenden; dann wird 
man wiſſen, was man in Rückſicht des ganz unnuͤtzen 


8 


Geſtraͤuchs zu thun hat. Wie viel tauſend Morgen nimmt 
dieſes ſehr entbehrliche Gebuͤſch ein! So kann alſo, durch 
Wegraͤumung aller uͤberfluͤſſigen Hecken und Geſtraͤuche, und 
zweckmaͤßige Anlage derſelben, die intenſive Größe eines Lan⸗ 
des ungemein erweitert werden, und gleichſam dadurch ein 
neues Land erwachſen. Denn ſo lange ein ſolcher unwirth⸗ 
barer Zuſtand dauert, ſo iſt die ſehr große Morgenzahl ſo 
gut, als waͤre ſie gar nicht da. Wenn alſo dieß unnuͤtze 
Geſtraͤuch ganz weggeſchafft wird, wie viel ſchoͤnes und gue 
tes Futter kann dann im Jahr mehr gewonnen, und wie 
viel ſchoͤnes Vieh mehr gehalten werden; und welcher Ge— 
winn wird daraus fuͤr den Wieſenbau erwachſen! 

Hecken und Geſtraͤuche find aber der Sitz 
von manchem Ungeziefer; als Ratten, Maͤuſe und 
Maulwürfe, welche alleſammt dem Graswuchs ſehr nachthei⸗ 
lig ſind. Sie unterhoͤhlen den Boden, beißen das Gras und 
die Graswurzeln ab, und bringen durch ihr zerſtoͤrendes und 
verwüſtendes Weſen dem Wieſenbau einen empfindlichen Scha⸗ 
den. Zerſtoͤrt man ihre Wohnung, ſo vertreibt man dieß 
Ungeziefer, und die Wieſen werden, was ſie ſeyn muͤſſen, 
fhöne und friedliche Gefilde! Es ſey mir erlaubt, dieß 
Wort auch bei den Wieſen zu gebrauchen. Man raͤume 
darum nur alle Hecken weg, und die kleinen, aber ſchlimmen 
Wieſenfeinde werden fliehen. . f 

Hecken und Geſtraͤuche beſtricken aber auch 
viele gute Erde. Die ſeine, fette Erde, die ſich nach 
und nach unter dem Geſtraͤuche gebildet hat, iſt zur Verbeſ—⸗ 
ſerung der Wieſen, wie weiter unten gezeigt werden wird, 
von großem Nutzen. Dieſe gute Erde zu gewinnen, raͤume 
man das ſehr eutbehrliche Geſtraͤuch ganz weg; und benutze 
nicht nur die gute Erde, ſondern dehne auch noch die Wieſe 
uͤber ſie hinaus, ſo gewinnt man doppelt. Und ſo koͤnnen 
wir von dem, was man bisher nicht achtete und keiner Auf⸗ 
merkſamkeit werth hielt, den bedeutendſten Nutzen ziehen. 


9 


Auch der Schatten der hoch aufgewachſenen Hecken 
iſt dem Graswuchſe ſehr nachtheilig. Da, in der Naͤhe der 
Hecken und dort an dem üppigen Geſtraͤuche und noch einen 
ganzen Schritt davon, waͤchſt ein kleines und ſchlechtes Gras; 
denn Luft und Sonne, Thau und Regen und alle wohlthä— 
tigen Einwirkungen der Natur koͤnnen an dem Saume der 
Wieſen, durch die Beſchraͤnkung der Hecken, den wohlthaͤti⸗ 
gen Einfluß auf die Grasnarbe nicht haben, wie im Freien 
und Offenen. Es ſind eben die Nachtheile, welche die Baͤume 
bringen; nur mit dem Unterſchiede, daß dieſe einzeln ſtehen, 
die Hecken aber, gewoͤhnlich die ganze Wieſe breit und hoch, 
umgeben und ſie beſchatten. 

Es iſt aber nicht allein hier die Rede von den Hecken, 
welche die Wieſe umgeben, ſondern auch von denen, die 
ſich mitten auf den Wieſen befinden. Zu feinem großen Er— 
ſtaunen ſieht man ſelbſt, in manchen Gegenden, mitten auf 
den Wieſen einzelne Dornhecken, oder in Wieſenthaͤlern ein— 
zelne kleine Beſitzungen von andern, durch halbruthen— 
breite Hecken, unterſchieden und abgeſondert. Welch ein Uns 
ſinn dieß iſt, und welch eine unverzeihliche Nachlaͤſſigkeit, 
dieß will ich einem jeden unbefangenen Beurtheiler uͤber— 
laſſen. ’ 

Faſt eben fo nachtheilig wie die Hecken und Geſtraͤuche 
ſind, welche die Wieſen umgeben und ſelbſt ſich mitten in Wie— 
ſen, zur Schande der Eigenthuͤmer, finden, ſind auch die 
Weiden an dem Bach, wie man fie gewoͤhulich ſieht. Dieß 
wilde, wuchernde Geſtraͤuch greift, wo es einmal Wurzel 
gefaßt hat, immer mehr und weiter um ſich. Es waͤchſt oft 
ruthenbreit in die Wieſe und entwendet dem unaufmerkſamen 
Eigenthuͤmer das heimlich und unvermerkt, was die wilde 
Waſſersfluth an dem ungebauten Geſtade mit Gewalt weg— 
reißt. 8 

Eine gut angelegte Wieſe darf kein wildes, mit Weis 
den bewachſenes Geſtade haben: ſondern das Geſtade muß 


10 


von weitem her ſanft beigefchoben ſeyn. Dann bedarf es 
keiner Weiden, um der Wieſe gegen das Waſſer die noͤthige 
Haltung zu geben. Die Boͤſchung, die man dem Geſtade 
gibt, ſichert es vor allem Einreißen des Waſſers. Will man 
aber We den, fo pflanze man fie nach der Anweiſung, wie 
in dem ſechſten Abſchnitt gezeigt wird. Aber wildes, wuchern⸗ 
des Weidengeſtraͤuch darf durchaus nicht den Saum der 
Wieſe ausmachen. 

Auch die buſchigten Mahlzeichen auf den Wieſen 
nehmen ihren Raum ein und muͤſſen, als uͤberfluͤſſiges Ge 
ſtraͤuch, bei einer neuen Wieſenanlage weggeſchafft werden. 
Neben die Grenzſteine ſchlage man gebrannte, hoch herauf— 
ſtehende eichene Pfaͤhle ein. Dieſe dauern ſehr lang. Da, 
wo dergleichen ſchwer zu haben ſind, ſtecke man eine rothe 
Bandweide neben einen jeden andern Pfahl an den Grenz— 
ſtein, und ziehe nur ein Reis an dem Pfahle gerade auf, 
und behandle dann dieſe Weiden, wie in dem bereits ange— 
fuͤhrten ſechſten Abſchnitt weiter gezeigt wird: dann verbin— 
det man Schönheit und Ordnung mit Zweckmaͤßigkeit und 
wahrem Nutzen. Aber ſo wie jetzt die Mahlzeichen in den 
Wieſen ſtehen, ſind ſie ein wahrer Mißſtand und Verſchwen— 
dung des Raums, die im Ganzen dem Futtergewinn bedeu— 
tend ſchaden. 


3. Die Steinhaufen und einzelne Steine und Amei⸗ 
ſenhaufen auf den Wiefen. 


In manchen Gegenden, beſonders auf dem Weſter— 
wald, finden ſich Steinhaufen auf den Wieſen, mit Moos 
und Geſtraͤuch bedeckt, oder die Steine liegen einzeln, und 
ſind mehr oder weniger mit Moos und Gras uͤberwachſen 
und haben oft das Anſehen von hohen, gruͤnenden Maul 
wurfshaufen. Dieſe Steine, wie ſie ſich auch auf den Wie— 
fen finden mögen, find unter allen vorkommenden Hindernis 
ſen eines guten Futterbaues mit die unangenehmſten; ſie 


11 


zeugen von einer ganz verwahrloſten Oekonomie. Denn da, 
wo Steine liegen, kann kein Gras wachſen, es kann keine 
Waͤſſerung angelegt werden, und ſelbſt das wenige Futter, 
das auf ſolchen Wieſen waͤchſt, kann nicht einmal gut ges 
maͤhet und geerntet werden. 

Sind ſumpfige Wieſen in der Nähe, ſo koͤnnen die 
Steine mit großem Nutzen in denſelben verſenkt und zur An— 
lage weiter Schuttkanaͤle verbaut werden, wie bei der Anlage 
ſauerer und ſumpfiger Wieſen naͤher gezeigt wird. 

Gleichen Nachtheil bringen die Ameiſen den Wieſen. 
Sie haͤufen nach und nach hohe Haufen auf. Dieſe ſollte 
jeder Beſitzer, fo wie fie nur entſtehen, alsbald auseinauder— 
ſcharren und zerſtoͤren. Aber dieß thut man in manchen Ge— 
genden nicht; und fo find denn kleine Hügel entſtanden, auf 
denen kein Gras waͤchſt, um welche der faule Wirth her— 
maͤhet und ſich ſo mit der Haͤlfte des Futters begnuͤgt. 


J. Die vielen überflüſſigen Fußwege in den Wieſen⸗ 
thälern, und die Verwahrloſung der wirklich 
nöthigen. 


Faſt allgemein bemerkt man, daß in den Wiefenthäs 
lern mehrere Fußwege neben einander hinlaufen, und daß 
eben wohl zur Seite ein Fuhrweg hingeht. Durch die uͤber— 
fluͤſſigen Fußwege wird dem Graswuchs ein ſehr bedeuten— 
der Schade verurſacht; und ſie muͤſſen daher beſchraͤnkt, die 
noͤthigen aber auch verbeſſert werden. Da, wo ſich Gelegen— 
heit zum Fortkommen durch einen Fuhrweg findet, iſt der 
Fußweg überflüffig und muß unterbleiben. 

Die noͤthigen Fußwege laͤßt man gewoͤhnlich ſo ganz ohne 
Unterhaltung. Sie ſind gewoͤhnlich ganz ausgetreten und faſt 
den groͤßten Theil des Jahres naß und moraſtig: woher es 
denn kommt, daß jeder Wanderer eine trockene Stelle für ſei⸗ 
nen Fuß ſuchet, und dadurch wird immer weiter in die Wieſe 


12 


getreten. So wird denn der ſchmale Fußweg oft ruthenbreit 
ausgelaufen und das Gras vertreten. Soll dieſem Unfug ge— 
ſteuert werden, ſo iſt es noͤthig, daß die noͤthigen Fußwege 
ſorgfaͤltig unterhalten werden. Und ſo wie es recht und bil— 
lig iſt, die Landſtraßen zu bauen: fo iſt es auch recht und 
billig, die Fußſteige ſchoͤn anzulegen und fie auf gemein- 
ſchaftliche Koſten zu unterhalten. 

Da, wo Steine zu haben ſind, beſtecke man er Fuß⸗ 
wege damit. Man bemerke aber die Stellen, wo die Waͤſ— 
ſerungen durchgeführt werden muͤſſen, und ſtelle da Durch— 
zugskanaͤle auf, die man zudeckelt: und dann beſtreue man die 
Fußwege mit Sand; dann wird niemand mehr neben den 
Weg treten. N x 


5. Der unbeachtete Lauf der Flüſſe und Bäche. 


Fluͤſſe und Baͤche ſind eine ſchoͤne Gabe der Natur. Sie 
geben den Thaͤlern, die ſie bewaͤſſern, Anmuth und Leben und 
bringen, wenn ſie gut gefuͤhrt werden, mannigfaltigen Nutzen. 
Aber auch da, wo ſie ſich ſelbſt uͤberlaſſen bleiben, verur— 
ſachen ſie oft großen Schaden und ſchreckliche Verwuͤſtung. 
Hier graͤbt das ſich ſelbſt uͤberlaſſene Flußwaſſer immer tie⸗ 
fer in die Wieſe ein, und zieht nach und nach betraͤchtliche 
Stuͤcke Wieſe in ſeinen weiten Schlund hinab, und eignet 
ſich mehr Flaͤchenraum zu ſeinem Fortkommen an, als es 
noͤthig hat. Dort ſchaͤumet es Sand, Unflat und Steine 
aus und bedeckt die Wieſe, wenn ſie voll ſchoͤnen, fetten 
Graſes ſtehet, mit Koth und Schlamm. 

Allen dieſen hoͤchſt unangenehmen Folgen der unbeach- 
teten Fluͤſſe und Bäche wird durch einen guten und ſorgfaͤl— 
tigen Waſſerbau begegnet und vorgebeuget. Bei der neuen 
Wieſenanlage muͤſſen die Flußbette ausgeſtreckt und ihrem 
Laufe, ſo viel es thunlich iſt, eine gerade Richtung gegeben 
werden; die Flußbette muͤſſen eingeengt und je nachdem es 


13 


noͤthig iſt, gehoben oder geſenkt werden. Das Flußbett darf 
nicht breiter ſeyn, als es das Waſſer, bei dem gewoͤhnlichen 
Stande, noͤthig hat; der insgemein ſehr gering und unbe— 
deutend iſt. Fuͤr das Anſchwellen des Flußwaſſers dienet 
das beigeſchobene Geſtade; uͤber deſſen ſanfte Grasnarbe das 
Flußwaſſer, wenn es anſchwillt, viel ruhiger hingehet, als 
wenn es, wie in einem keſſelfoͤrmigen Bette, uͤberall wider— 
ſtoͤßt und ſich in vielen Kruͤmmungen durch das wilde Weis 
dengeſtraͤuch durchwinden muß. Und wie gefaͤllig iſt ſo ein 
ſanft beigeſchobenes Geſtade, im Vergleiche mit dem alten, 
weit ausgeſpuͤlten Flußbette! Wie ekelhaft iſt dieß, wenn 
ſeine wilde Fluth abgelaufen und das Flußwaſſer zu ſeinem 
gewoͤhnlichen Stande zurückgetreten iſt! Faſt leer an Waſſer 
liegt es da, und an einer Seite rinnt in dem weiten Fluß— 
bett ein kleiner Bach gleichſam verſtohlen unter dem ſchilft— 
gen Ufer weg. Viele tauſend Morgen liegen oft ohne Nutzen 
und ohne Zweck in den zu weiten Flußbetten blos daher, 
weil man den Lauf des Flußwaſſers unbeachtet laͤßt, und 
dieß Element nicht nach ſeiner Natur zu fuͤhren ſucht und 
das Geſtade nicht erforderlich anlegt und baut. Welche großen 
Vortheile gewaͤhret es fhon, wenn in eines Orts Gemar— 
kung die Flußwaſſer erforderlich geleitet werden, und welch 
einen unſaͤglichen Gewinn wird es bringen, wenn in einem 
ganzen Lande alle Fluͤſſe und Baͤche erforderlich beachtet und 
ihre Bette zweckmaͤßig angelegt werden. Wenn die bis in 
die Flußbette ſich hinneigenden Wieſen von Herbſt- und 
Fruͤhlings-Fluthen beſpuͤlet worden ſind, und dieſe ihre Wel— 
len daruͤber ausgebreitet haben, dann kann das beigeſchobene 
Geſtade dem Eigenthuͤmer doch noch reichen Futtergewinn 
bringen, und er erntet dann da ſchoͤnes Heu und Grummet, 
wo man ſonſt nichts als Zerſtoͤrung und Unordnung, zu 1 
nem großen . erblickte. 


14 


6. Daß man die ſchlechten, rauhen, übelriechenden 
Kräuter nicht ausgätet und beffere anſäet, iſt ein 
ſechſter herrſchender Fehler. 

Der geringſte Landmann weiß, daß ſich ein großer 
Unterſchied unter den Wieſen-Graͤſern und Kraͤutern findet, 
und daß bei der Viehzucht Alles auf gutes, dem Vieh wohl— 
ſchmeckendes Futter ankommt. Aus dieſem Grunde iſt jeder 
Landmann und Oekonom darauf bedacht, wenn eine Wieſe 
kaͤuflich wird, worauf gutes Futter gewonnen werden kann, 
ſie um den hoͤchſten Preis zu ſteigern und an ſich zu bringen. 
Und ob ihm gleich die techniſchen Benennungen der Graͤſer 
und Kräuter nicht bekannt find, kennt er die guten wie die 
ſchlechten doch, und weiß ſie zu unterſcheiden und nach ſeiner 
Mundart zu benennen. 

Die allgemein bekannten ſchlechten Wieſenkraͤuter ſind 
folgende: ö 

Achillea ptarmica, L. Weißer Rheinfarren. 

Allium ursinum, Allium schoenoprasum und Al- 
lium scorodoprasum, L. Verſchiedene Arten Lauch. 

Boletus bovinus, L. Lecherſchwamm oder Kuhpilz. 

Carduus pratensis, L. Wieſendiſtel. 

Chaerophyllum bulbosum, L. Knolliger, wilder 
Koͤrbel. 

Chaerophyllum hirsutum. Hariger, wilder Koͤrbel. 

Chaerophyllum sylvestre, L. Kaͤlberkropf, wilder 
Kuͤmmel. N 

Chelidonium majus, L. Schoͤllkraut. 

Colchicum auctumnale, L. Herbſtzeitloſe. 

Cuscuta Europaea, L. Flachsſeide. 

Heracleum sphondylium, L. Baͤrenklau. 

Ononis spinosa, I. Heuhechel. 

Osmunda lunaria, L. Mondraute. 

Peucedanum silans, L. Roßkuͤmmel. 

Potentilla anserina, L. Gaͤnſerich. 


15 


Thalictrum flavum speciosum, L. Große gelbe 


Wieſenraute. 
Thlaspi arvense, L. Gemeine Rheinfarren. 


Anmerkung. Um dieſem Werkchen keine entbehrliche Weitläuftig— 
keit zu geben, ſo enthält man ſich einer näheren Beſchreibung 
aller Gräſer und Kräuter, wo ſie auch bei dieſer Anweiſung zu 
dem Wieſenbau vorkommen, da doch der Landmann keinen 
eigentlichen Gebrauch davon machen kann, und durch eine bota— 
niſche Beſchreibung der Preis dieſes Wercchens ſehr erhöhet 
worden wäre. 


Dieſe zum Theil rauhen, dem Vieh uͤbel riechenden 
und ſchmeckenden Kraͤuter ſind dem Wuchſe edler und beſſe— 
rer Graͤſer und Kräuter hinderlich und im Wege. Man dul⸗ 
det fie, ohne zu bedenken, daß ihre Stelle durch etwas beſ— 
ſeres vertreten werden kann: ſie muͤſſen daher bei einem ver— 
beſſerten Wieſenbau ſchlechterdings ausgegaͤtet werden. 

Das Gaͤten und Ausziehen der unnuͤtzen Kraͤuter 
nimmt man am beſten im Monat Juni des Nachmittags 
an heiteren Tagen mit entbloͤßten Fuͤßen vor. Mehrere die— 
ſer Kraͤuter frißt das Vieh, wenn ſie noch weich und gruͤn 
ſind, z. B. Baͤrenklau, Kaͤlberkropf, knolligen und harigen 
wilden Koͤrbel und Kümmel, recht gern. Sind fie aber 
trocken und duͤrre geworden, ſo dienen ſie zu nichts. 

Wer denkt aber an das Ausgaͤten dieſer ſchlechten 
Kraͤuter! Man laͤßt Eins mit dem Andern wachſen, ohne 
ſich darum zu bekuͤmmern, was auf der Wieſe waͤchſt, oder 
was man erntet. Dieſe Nachlaͤſſigkeit verdient als ein ſtraͤf— 
licher Fehler geruͤgt zu werden. Wenn alle Wieſen mehrere 
Jahre nacheinander von der ganzen Gemeinde gegaͤtet wer— 
den (denn dieß Reinigen der Wieſen von ſchlechten Kraͤu— 
tern, muß nicht von Einigen, ſondern von allen Einwoh— 
nern der Gemeinde, vorgenommen werden), dann verlieren 
ſie ſich bald. 


Mit dieſem Gaͤten der Wieſen verbinde man, zur 


16 


Verbeſſerung der Grasnarbe, das Ausſtreuen des Heufas 
mens. Man halte zu dem Ende den allgemein ſo gering 
geachteten Heuſamen ſorgfaͤltig zuſammen. Bei weitem die 
meiften Hauswirthe laſſen ihn Jahre lang auf dem Heubo⸗ 
den zuſammen kommen, und endlich werfen ſie ihn gar, zum 
Verderben des Ackerbaus, auf den Miſt. Wie unrecht und 
widerſinnig dieß Verfahren iſt, uͤberlaͤßt man Jedem zum 
eigenen Nachdenken. Dieſen Fehler zu verbeſſern, ſo reche 
man jeden Tag das verſchuͤttete Heu ſorgfaͤltig zuſammen 
nnd kehre den Heuſamen als ein treffliches Befoͤrderungsmit⸗ 
tel des Wieſenbaus bei Seite, damit er wohl erhalten werde. 
Im Frühjahr laſſe man ihn durch ein Sieb, vermiſche ihn 
mit etwas Kleeſamen, und ſtreue ihn auf die Wieſen. Am 
beſten nimmt man dieß Geſchaͤft im April, bei ſtiller, aber 
etwas naſſer Witterung vor. Der Heuſamen begraſet und 
duͤngt zugleich, da ſich unter dem Heuſamen durch das Zu⸗ 
ſammenkehren ein feiner, fetter Staub ſammelt, der den 
Graswuchs ſehr befördert. Man wende den Heuſamen be 
ſonders auf denen Wieſen an, die fruͤher gemaͤhet werden, 
als das Gras reif iſt, oder wo ſchlechtes, duͤnnes Gras 
waͤchſt. Man thut wohl, wenn man vor dem Aufſtreuen die 
Wieſe, die mit Heuſamen beſtreut werden ſoll, ſorgfaͤltig 
mit einem eiſernen Rechen durchrecht und abkratzt, damit 
der Boden ſo viel empfaͤnglicher fuͤr den Samen und Duͤn⸗ 
ger wird. 


U 


7. Die vernachläſſigte Bauung und Verbeſſerung 
ſauerer Wieſen. ’ 


Es iſt wohl nicht leicht ein Ort zu finden, in deſſen 
Gemarkung ſich nicht naſſe, ſauere oder gar ſumpfige Wie⸗ 
ſen finden ſollten. Manches geraͤumige Wieſenthal, oder ein 
betraͤchtlicher Theil deſſelben, iſt naß und bruchig. Eine unter 
der ſaueren Raſendecke ſtehende Feuchtigkeit halt an manchen 
Stellen die obere Erdrinde gleichſam ſchwebend; ſo daß ſich 


17 


der Wanderer eilen muß, über eine ſolche morſche Stelle 
wegzukommen. Und wenn ſich auch kein voller Sumpf fin⸗ 
den ſollte, ſo bringt doch ein naſſer Boden ein ſchlechtes, 
ſaueres Gras, als Riedgras, Binſen, Schafft und derglei— 
chen. Doch wir wollen die ſaueren Graͤſer der Vollſtaͤndig— 
keit halber anfuͤhren; als 

Aira caerulea und cespitosa, L. Blaue und glaͤn⸗ 
zende Schmielen. 

Carex axillaris, canescens, pallescens, vesica- 
ria, L. etc. Alle Arten Riedgras. 

Eriophorum polystachion, L. Flockenbinſe. 

Juncus conglomeratus, articulatus, busonius, L. 
Alle Arten von Binſen. 

Equisetum silvaticum, L. Schafftheu. 

Epilobium palustre, L. Kleiner Sumpfweiderich. 

Scripus palustris, lacustris, setaceus, L. Meh⸗ 
rere Gattungen Siemſen. 

Dieß ſind die gewoͤhnlichen Produkte ſauerer und naſ— 
fer Wieſen. Schafe und Rindvieh rühren, jo zu fagen, 
dieß Futter weder friſch noch trocken an, und genießt es das 
Pferd, ſo faͤllt es zuruͤck und wird matt und kraftlos dar— 
nach. Der Landmann ſieht dieſe Wieſen mit widerſprechen— 
den Empfindungen an. So lange er auf den morſchen Stel— 
len ſeines Eigenthums nichts zu thun hat, ſo ſind ſie ihm 
gleichguͤltig; aber er aͤrgert ſich, wenn er ſie maͤhet und 
ſchlechtes Heu und Grummet darauf bearbeitet. Der Ge— 
danke faͤllt ihm aber nicht ein, weil er ſie ſo geerbt hat, 
durch tiefe Abzugsgraͤben die im Boden ſteckende Feuchtig— 
keit abzuleiten, die Wieſen trocken zu legen, und ſie ſo in 
ein ſehr eintraͤgliches und ſehr ergiebiges Eigenthum zu ver— 
wandeln. Wie dieß geſchehen muß, dieß wird unten bei der 
Anweiſung der Bauung ſauerer Wieſen naͤher gezeigt. 


18 


8 Die nöthige 2 Ponderung der Aecker und Wieſen, 
und zweckmäßige Benutzung der neben den Wiefen 
oft wüſt liegenden Plätze. 


Gar oft und viel findet es ſich, daß einzelne Aecker 
mitten in Wieſenthaͤlern, und ſo umgekehrt, daß Wieſen in 
Ackerfeldern liegen, oder daß ſich das Ackerfeld in vielen 
Kruͤmmungen an das Wieſenthal anleget und in daſſelbe hin— 
ein laͤuft, da doch ſehr fuͤglich das eine Stuͤck zu den Wieſen, 
und das andere zu dem Ackerfelde zu ziehen waͤre; oder 
daß ein krummer, hin und her laufender Fuhrweg neben ſo 
unregelmaͤßig linigten Wieſen hinlaͤuft, ſo, daß hier zwi⸗ 
ſchen dem Wege und der Wieſe ein Paar Ruthen breit, 
dort ein halber Morgen u. ſ. w. wuͤſt liegt, — Land, das 
als Wieſe vortrefflich benutzt werden koͤnnte, aber ſchon ſeit 
der Urvaͤter Zeit oͤde und unbenutzt liegt: und keinem Orts- 
vorſtand fällt der Gedanke ein, dieſe wuͤſten Plaͤtze zum all⸗ 
gemeinen Beſten zu verkaufen, um ſie zweckmaͤßig anzulegen; 
es denkt niemand daran, Wieſen und Felder auszuſtrecken 
und erforderlich abzuſondern. 

Da, wo Aecker in den Wieſen liegen, kann keine 
genaue und regelmaͤßige Anlage der Wieſen Statt haben. 
Auch iſt ſo eine gemiſchte Lage ſelbſt dem Getreidebau hoͤchſt 
nachtheilig. Die Aecker, die in den Wieſen liegen, find ge- 
woͤhnlich naß, und daher fuͤr den Pflug nicht geeignet; und 
wenn dieß auch nicht der Fall ſeyn ſollte, ſo ſchlaͤgt das 
Getreide in der Wieſe nie nach Wunſch fort. Und den Wie⸗ 
ſen ſind Ackerſtuͤcke in ihrer Mitte volles Verderben. Bei 
dem Pfluͤgen wird auf die Wieſe gewendet und die Gras— 
narbe ruthenbreit zertreten; man geht und faͤhrt uͤber die 
Wieſe, um zu den einzelnen Aeckern zu kommen. Alles die⸗ 
ſes bringt ſichtbaren Schaden fuͤr den Wieſenbau. Man ſon⸗ 
dere daher Wieſen und Felder, ſo viel es thunlich iſt, in 
gerader Richtung von einander ab. Die oͤden Plaͤtze neben 
den Wieſen ziehe man zu denſelben hin, und lege ſie in 


19 


einem Ganzen mit den Wieſen an; oder man gebe fie, wenn 
ſie ſich beſſer dazu ſchicken, zu dem Ackerfelde hin; auf jeden 
Fall wird viel Land zu guter Benutzung auf eine oder an⸗ 
dere Art gewonnen. 


9. Die Waldwieſen. 


In bergigen Gegenden finden ſich ſchmale, zwiſchen 
den Waͤldern hinlaufende Wieſenthaͤler. Ob zwar das Fut— 
ter, das auf den Waldwieſen waͤchſt, nicht ſo gut iſt, wie 
das, welches auf freien und offen ſtehenden Wieſen gewon⸗ 
nen wird; ſo muß man ſie doch beibehalten, aber ſie ſorg— 
faͤltiger bauen, als bisher geſchehen iſt. Denn wo man auch 
eine Waldwieſe ſieht, in welch einem ganz verwahrloſeten 
Zuſtande findet man ſie? voll Erlengeſtraͤuche, ohne einige 
Bauung und Pflege; die Aeſte der Waldbaͤume weit uͤber— 
haͤngend; die Grasnarbe voll Moos und mit ſauerem, ſchlech— 
tem Graſe bewachſen. Die in denſelben ausgehenden Quel- 
len find verwachſen und ihr Erguß ſich ſelbſt uͤberlaſſen, und 
nicht zur Bewaͤſſerung der Wieſe benutzt; ſie machen das 
halbe Thal naß und ſumpfig. Daß alſo der Ertrag der 
Waldwieſen hoͤchſt ſchlecht ſeyn muͤſſe, iſt leicht begreiflich, und 
ſchon unter dem Begriff von Waldwieſen allgemein anerz 
kannt. Und doch kann der Ertrag der Waldwieſen durch 
eine zweckmaͤßige Anlage gar ſehr erhoͤhet und verbeſſert 
werden; aber bis dahin achtet niemand darauf, und das iſt 
ein großer Fehler in der Landwirthſchaft, worin kein Eigen— 
thum unbeachtet und ohne die moͤglichſte Verbeſſerung blei— 
ben darf. 


10. Die Feldwieſen. 


So wie ſich zwiſchen den Waͤldern ſchmale Wieſenthaͤ— 
ler befinden und in dieſelben hinein ziehen, ſo befinden ſich 
auch zwiſchen den Fruchtfeldern kleine oder groͤßere Wieſen. 
Da, wo ſich die Felder von beiden Seiten zu einer Vertie⸗ 


20 


fung neigen, iſt es naß, und daher für den Getreidebau 
nicht geeignet. Es iſt daher der Natur der Sache ganz an⸗ 
gemeſſen, daß man dieſe feuchten Gegenden der Felder als 
Wieſen benutzt. Es kann ein recht treffliches Futter auf 
denſelben gewonnen werden. Sie liegen gewoͤhnlich etwas 
abſchuͤſſig, ſo daß ſie ſehr gut von dem fetten Feldwaſſer 
bewaͤſſert werden koͤnnen. 

Aber in welch einem elenden Zuſtande trifft man die 
Feldwieſen an? mit breiten und hohen Hecken umgeben; 
womit man ſich aͤngſtlich gegen das Eindringen der Schafe 
zu verwahren ſuchet, wodurch man aber den Sperlingen 
einen recht bequemen Sitz im Fruchtfeld, und dem Ungezie— 
fer, als Ratten und Maͤuſen, einen Wohnſitz unterhaͤlt; 
als ob es keine anderen Mittel gaͤbe, die Schafe abzuhalten! 

Das Feldwaſſer rinnt auf jedem Wege, wie es kommt, 
ohne es in einem Fanggraben zu ſammeln und zur Bewaͤſ— 
ſerung anzuwenden, dahin, und ſo geht dieß fette Waſſer, 
ohne einigen Nutzen fuͤr die Wieſe, verloren. Dagegen laͤßt 
es Sand und Schlamm genug zuruͤck. Wie allen dieſen Feh— 
lern abgeholfen, und wie das fette Feldwaſſer zum Bewaͤſ— 
ſern der Feldwieſen geſammelt und angewendet werden muß, 
wird bei der Verbeſſerung der Feldwieſen naͤher gezeigt 
werden. 


11. Von den Fehlern, die gegen das Bewäſſern der 
Wieſen begangen werden. 


Das, was eigentlich den Werth der Wieſen erhoͤhet 
und ſie gewiſſermaßen uͤber den Werth des Ackerfeldes erhebt, 
gruͤndet ſich auf ihre Bewaͤſſerung. Der Acker muß mehr⸗ 
mals des Jahrs gepfluͤgt, er muß geduͤngt und beſamt wer— 
den, ehe man etwas ernten kann. Iſt aber eine Wieſe er⸗ 
forderlich angelegt, dann iſt ſie durch die Waͤſſerung eine 
ſich ſtets ergießende Quelle des laͤndlichen Wohlſtandes. Auf 
Wieſen, die erforderlich bewaͤſſert werden, waͤchſt ein dich⸗ 


21 


tes, fettes, füßes Futter, und wohl zehnmal mehr, als auf 
einer trockenen Wieſe, die nicht bewaͤſſert werden kann. 

Wenn es ſtark regnet, oder wenn in dem kommenden 
Fruͤhjahre der Schnee abgeht und die Erde von der Eis— 
decke entbunden wird, dann ſpuͤlen ſich von den Feldern, 
aus den Waͤldern, den Wegen und Straßen, aus Staͤdten 
und Doͤrfern, den Miſtſtaͤtten, aus Cloaken und Winkeln, 
kurz uͤberall her, ſehr viele, durch die muͤtterliche Natur um— 
geſchaffene, naͤhrende Stoffe in das Flußwaſſer und gehen 
in demſelben fort. Dieſe guͤnſtige Zeit, oder vielmehr Au⸗ 
genblicke, ſucht der ſorgfaͤltige Landmann zu benutzen, um 
das fette Waſſer auf ſeine Wieſen zu weiſen. Ja zu der 
Zeit muͤſſen alle Wieſen, die bewaͤſſert werden koͤnnen, ganz 
unter Waſſer ſtehen. Aber geſchieht dieß? Nein! meiſten⸗ 
theils läßt man die für die vegetirende Natur zubereiteten 
Kraͤfte und Nahrungsſtoffe unbenutzt fortfließen. Hoͤchſt 
gleichguͤltig ſieht oft der Landmann aus ſeinem Fenſter mit 
zu, wie es regnet, und ein truͤbes, fettes Waſſer von feis 
ner Miſtſtaͤtte und aus ſeinen Umgebungen ſich fortſpuͤlet. 
Aber der Gedanke faͤllt ihm nicht ein, dieſen trefflichen Wie— 
ſenduͤnger zu benutzen und ihn auf ſeine mageren Wieſen zu 
leiten; er laͤßt ihn fortgehen, um andere Gegenden damit 
zu bereichern. Iſt dieß aber nicht ein großer und der erſte 
Fehler beim Wieſenbau? Guter Landmann! alles, was 
deine Wieſen verbeſſern und deinen Wohlſtand erhoͤhen kann, 
das alles iſt da, reichlich da; es iſt trefflich zubereitet, es 
kommt deinen Beſitzungen gleichſam entgegen gefloſſen, und 
es fehlet weiter nichts, als daß du die gute Gelegenheit be— 
nutzeſt, und den trefflichen Wieſenduͤnger auf deine Wieſen 
hin weiſeſt. Wer dieß nicht thut, der ſtoͤßt den Segen der 
Natur muthwillig von ſich, und bleibt vorſaͤtzlich in ſeiner 
Armuth und ſeinem Nothſtand ſitzen. Darum baue deine 
Wieſen und bewaͤſſere fie ſorgfaͤltig, und es wird bald beſ⸗ 
ſer mit deinem Wohlſtande werden! | 


22 


Aber auch da, wo man den Werth des Bes 
waͤſſerns der Wieſen zwar nicht ganz vers 
kennt, ſuchet man doch das Bewaͤſſern der Wie— 
ſen nicht allgemein anzuwenden. Wenn der Wie⸗ 
ſenbau in Aufnahme kommen ſoll, dann muͤſſen allgemeine 
Waͤſſerungen angelegt werden. Denn dieſe koͤnnen nur durch 
zweckmaͤßig angebrachte Wehre und Schleuſen zu Stand 
kommen. Die Anlage großer Wehre und Schleuſen ſind zu 
koſtbar, als daß ſie von einzelnen Privatmaͤnnern unternom⸗ 
men werden koͤnnten. Eben daher kommt es, daß an großen 
etwas bedeutenden Waſſern die Waͤſſerungen am ſchlechteſten 
im Stande ſind; wo ſie doch am beſten ſeyn koͤnnten. Da⸗ 
gegen findet ſich an kleinen, ſchmalen Baͤchen hier und da 
noch einige Anlage und Bauungen dieſer Art, die aber fel- 
ten das ſind, was ſie ſeyn ſollten und ſeyn koͤnnten. Dieſe 
Waͤſſerungen ergießen ſich etwa nothduͤrftig nur uͤber die 
eine oder andere Wieſe, waͤhrend alle uͤbrigen trocken ſtehen 
und nichts haben. Und ſelbſt die Wieſen, die bewaͤſſert wer⸗ 
den, haben keinen richtigen und gleichen Fall; woher es denn 
kommt, daß das Waſſer nicht auf jeden Theil der Wieſe 
gebracht wird, ſondern einige Stellen fußtief unter Waſſer, 
und die uͤbrigen, wie kleine Inſeln, hoch herauf trocken 
ſtehen. 

Bei einzelnen Waͤſſerungen muß ein jeder Eigenthuͤ⸗ 
mer ſeine Waͤſſerung ſelbſt beſorgen; welches das Waͤſſern 
ſehr erſchwert. Mancher zu ſehr beſchaͤftigte Mann hat nie⸗ 
mand, der ſeine Wieſen beſorgt, und die arme Wittwe und 
der Tageloͤhner, wer ſoll ihre Wieſen zur Waͤſſerungszeit 
wahrnehmen? Und unter denen, die ihre Waͤſſerungen ſelbſt 
beſorgen koͤnnen, entſtehet oft der heftigſte Streit, weil Einer 
dem Andern das Waſſer wegnimmt. Es werden auch da 
viele Haͤnde beſchaͤftiget, wo am beſten nur eines Menſchen 
Hand die Arbeit verrichtete. 

Allen dieſen Schwierigkeiten, Fehlern und Unannehm⸗ 


23 


lichkeiten wird dadurch vorgebeugt, wenn man große und 
allgemeine Waͤſſerungen anlegt, und das Bewaͤſſern eines 
ganzen Wieſenthals durch einen dazu beſtellten Mann beſor— 
gen laͤßt. 

Ein dritter Hauptfehler, den man gegen 
die Regeln einer guten und zweckmaͤßigen Be— 
waͤſſerung der Wieſen begeht, iſt, daß man 
nicht zur rechten Zeit waͤſſert. Alles hat ſeine Zeit, 
das iſt eine alte und goldne Regel, und gewiß auch das Be— 
waͤſſern der Wieſen; denn durch ein unzeitiges Bewaͤſſern 
verdirbt man die beſte Wieſe. Viele Menſchen ſtehen in 
dem Wahne, daß es ſchon genug ſey, wenn ſie nur das 
Waſſer auf der Wieſe haben; dann ſey alles gethan, was 
ein ſorgfaͤltiger Wieſenbau erfordere; ſie fragen daher nichts 
nach der Zeit, wann ſie, und wie lange ſie das Waſſer auf 
der Wieſe laſſen, und wenn's den ganzen Winter waͤre. Sie 
ſchaden ſich daher mehr, als ſie ſich nuͤtzen, mehr als wenn 
ſie gar nicht waͤſſerten. Durch zu langes und zu oftes Be— 
waͤſſern verſauert die beſte Wieſe; die beſten Wieſengraͤſer 
und Kraͤuter erſaufen, gehen aus und die Wieſe wird duͤnn— 
graſig. 

Oder man waͤſſert im Maͤrz und April bei ſtrenger 
Luft und hellem Himmel, wodurch der Wachsthum des Wie— 
ſenfutters nicht befoͤrdert, ſondern vermindert wird. Alles 
dieſes Bewaͤſſern iſt zur Unzeit und muß unterbleiben. 

Auch waͤſſert man nicht auf die rechte Art. 
Gewoͤhnlich leitet man das Waſſer in einem ſchmalen und 
zu viel Fall habenden Waͤſſergraben auf die Wieſe, und 
macht in denſelben mehrere kleine Einſchnitte, durch welche 
ſich das Waſſer ſchnell und ſtark ſtroͤmend uͤber die Wieſe 
ergießt. Der Theil der Wieſe, der dem Waͤſſergraben der 
naͤchſte iſt, bleibt dabei unbewaͤſſert. Und doch ſoll und muß 
bei einer gut und zweckmaͤßig angebrachten Waͤſſerung die 
aanze Wieſe von oben bis unten bewaͤſſert werden; es darf 


24 


fein Theil, auch nicht der kleinſte, unbewaͤſſert bleiben; und 
das Waſſer muß fanft über die Grasnarbe hinrinnen. Aber 
wer achtet darauf! Eben dadurch, daß das Waſſer zu ſchnell 
und ſtark ſtroͤmend auf die Wieſe kommt, gleiten die nähe 
renden Stoffe uͤber die Grasnarbe weg, und grobe, ſchwere, 
der Wieſe nachtheilige Theile, als Sand, kleines Geſtein 
und eine ausgewaͤſſerte Erde, worin keine Kraft mehr iſt, 
werden auf die Wieſe gebracht und bleiben darauf ſitzen. 
Wenn man alſo nicht auf die rechte Art die Waͤſſerungen 
anlegt und nicht zweckmaͤßig waͤſſert, dann wird durch das 
Bewaͤſſern der Wieſen nicht viel gewonnen. \ 

Hier könnte nun die nähere Anleitung zu dem Bewaͤſ— 
ſern der Wieſen folgen, wenn nicht zuerſt gezeigt werden 
muͤßte, welch eine Lage einer Wieſe gegeben werden muß, 
wenn ſie gut bewaͤſſert werden ſoll; wie die Lage des Weh— 
res und der Schleuſen ſeyn, wie die Waͤſſergraͤben geleitet 
und angelegt werden muͤſſen. Dieß alles muß alſo erſt vor— 
ausgehen und dann kann und wird die Anleitung zu der 
rechten Art zu waͤſſern folgen. Doch muß aber noch zuerſt 
ein Fehler gegen eine zweckmaͤßige und gute Unterhaltung 
der Wieſen angefuͤhrt werden: nemlich f 


12. Das ſehr ſchädliche Treiben des Rindviehes auf die 
Wieſen in den naſſen Herbſttagen. 


Es iſt endlich gegen eine gut angelegte Wieſe und 
deren Unterhaltung ein Fehler, daß man zur Herbſtzeit nach 
der Grummet-Erute, beſonders bei naſſen Tagen, das Rind» 
vieh, zum großen Nachtheil der Wieſen und zum Verderben 
des Rindviehs ſelbſt, bis in den ſpaͤten Herbſt, auf die Wie⸗ 
ſen gehen laͤßt. 


So lange die Wieſen trocken ſtehen, kann es geſtattet 


werden, daß das Rindvieh auf die Wieſen getrieben wird, 
um den noch kommenden Ausſchlag der Wieſen auf dieſem 
Wege zu benutzen. Am beſten waͤre es fuͤr die Wieſen, 


» 


25 
wenn gar kein Vieh auf dieſelben getrieben wuͤrde; denn die 
Waͤſſergraͤben werden vertreten, und die Fußtritte des Rind— 
viehes, beſonders der Ochſen, ſchaden wegen ihrer Schwere 
der Grasnarbe ſehr. Der Duͤnger, der waͤhrend des Wei— 
dens auf die Wieſe faͤllt, iſt nicht mit dem Nachtheil zu 
vergleichen, der durch das Herbſtweiden verurſacht wird. 
Aber fo lange die Witterung trocken iſt, muß man, zur Uns 
terhaltung des Viehſtandes, geſtatten, daß das Vieh dieſe 
Herbſtweide genießt. Sobald aber die Witterung nebelicht 
und naß wird, wie dieß durchaus im November der Fall iſt, 
ſo muß das Weiden auf den Wieſen ſchlechterdings unter— 
bleiben; denn wer es nicht geſehen hat, dem tft es unglaub⸗ 
lich, wie nachtheilig es iſt, wenn das Rindvieh bei naſſer 
Witterung auf die Wieſe gehet. Die Grasnarbe wird be— 
ſonders da, wo das Vieh auf und abgetrieben wird, ganz 
und gar vertreten, und die Waͤſſerungen gerathen in volle 
Unordnung. Eben dieſen Schaden bringen aber auch die 
Schafe im Fruͤhjahre. 

Das Weiden des Viehes im ſpaͤten Herbſte iſt aber 
auch fuͤr das Vieh ſelbſt hoͤchſt nachtheilig. Das naſſe Gras 
iſt unter allen Umſaͤnden dem Vieh ungeſund; es blaͤhet auf, 
es verurſachet Unverdaulichkeit und erzeugt boͤſe Saͤfte, und 
die Erde, die das Vieh durch das Abrupfen der ſehr kurzen 
Grasſproſſen mit verſchluckt, verurſachet Kaͤlte, Druck und 
Beſchwerde im Wanſte. 

Und wie ſchaͤdlich muß endlich die naſſe, nebellchte 
Luft ſeyn, die das Vieh den ganzen Tag waͤhrend des Wei— 
dens einathmet? Iſt es unter dieſen ſehr widrigen Umſtaͤn— 
den zu verwundern, daß die Viehpeſt fo oft und viel aus⸗ 
bricht? Wenn man darauf Acht gibt, ſo wird man finden, 
daß das Vieh gewoͤhnlich nach naſſen und nebelichten Herb— 
ſten, wenn es zu lange ausgetrieben wurde, mit hinraffen⸗ 
den und anſteckenden Krankheiten befallen wird. Eben daher 
kommt es, daß das Rindvieh in tief liegenden Gegenden, wo 


26 


es Tag und Nacht auf der Weide bleibt, faft alljährlich mit 
der Viehſeuche mehr oder weniger befallen wird. Eben ſo 
wird das Rindvieh, das einer Armee nachgefuͤhrt wird und 
Tag und Nacht unter freiem Himmel bleiben muß, am Ende 
von der Viehpeſt befallen und geht verloren; wie wir dieß 
in dem letzten Kriege, zu unſerem großen Schaden, an dem 
Viehe, welches den Armeen nachgefuͤhrt wurde, geſehen has 
ben: denn eben dadurch kam 1796 und 1813 die Viehpeſt 
gedoppelt in unſere Gegend und verurſachte großen Schaden. 
Um alſo dem ſo ſchrecklichen Uebel der Viehpeſt zu entgehen, 
ſollte das Weiden bei naſſer Witterung uͤberhaupt, und be⸗ 
ſonders im Herbſte, ganz unterſagt werden. 

Dieß ſind die herrſchenden Fehler bei dem bisherigen 
Wieſenbau. Hat man dieſe genau kennen gelernt, dann lafs 
ſen ſie ſich ſo viel leichter beſeitigen und verbeſſern; dann 
weiß man, wovor man ſich bei dem Wieſenbaue zu huͤten 
hat, und was man thun muß, wenn man in dieſem ſo nuͤtz— 
lichen Nahrungszweig weiter kommen will. 


Zweiter Abſchnitt. 


Entwickelung des Begriffs einer vollkommen 
guten Wieſe. 


Nach Aufzaͤhlung der Fehler des Wieſenbaus, die theils 
einzeln, theils mehrere zuſammen, herrſchend ſind, ergibt 
ſich von einer vollkommen guten Wieſe folgender Begriff. 
Eine vollkommen gute Wieſe muß eine ganz freie und offene 
Lage haben; ſie muß frei von Baͤumen, Hecken und Ge⸗ 
ſtraͤuche, der Boden muß trocken, die Erde braͤunlich oder 
ſchwarz ſeyn. Die Wieſe muß eine ſolche Lage haben, daß 
ſie einen ganz ſanften Fall hat, von der waͤrmeren nach der 


27 


fälteren Zone. Das Waſſer zur Bewaͤſſerung muß Fluß⸗ 
waſſer, die Waͤſſerung an dem Saume der mittaͤglichen Lage 
hergeleitet und ſo eingerichtet ſeyn, daß durch Huͤlfe der 
Schleuſen in Zeit von einer Stunde das ganze Wieſenthal 
unter Waſſer geſetzt und eben ſo geſchwind wieder trocken 
geſtellt werden kann. Auf der Grasnarbe muͤſſen die beſten 
Graͤſer und Kraͤuter in mannigfaltigſter Miſchung ſprießen 
und gruͤnen. Alſo eine Wieſe, die eine freie und offene 
Lage, einen guten, ſuͤßen Boden, einen ſanften, richtigen 
Fall, eine zweckmaͤßig angelegte Waͤſſerung aus Flußwaſſer 
und eine ſuͤße und reiche Grasnarbe hat, dieſe iſt eine voll⸗ 
kommen gute Wieſe. 

Die beſten Gräfer und Kräuter, welche auf 
einer reichen und guten Grasnarbe ſich befinden 
muͤſſen, ſind folgende. 


I. Geri 


Anthoxanthum odoratum, L. Ruchgras. 

Agrostis capillaris, L. Haarfoͤrmiges Strausgras. 

Aira spicata, L. Aehrenfoͤrmige Schmiele. 

Alopecurus pratensis, L. Wieſenfuchsſchwanz. 

Avena elatior, L. Wieſenhafer. 

Avena flavescens, L. Goldhafer. 

Avena pratensis, L. Bleicher Wieſenhafer. 

Brizamedia, L. Gemeines Zittergras. 

Cynosurus cristatus, L. Gefiedertes Kammgras. 

Dactylis glomerata, L. Rauhes Knauel- oder Buͤ⸗ 
ſchelgras. 

Festuca duriuscula, L. Hartlicher Schwingel. 

Festuca elatior, L. Wieſenſchwingel. 

Holcus lanatus, L. Wolligtes Darrgras. 

Lolium perenne, L. Engliſches Raygras. 

Melica natans, L. Perlgras. 0 

Milium effusum, L. Hirſengras. 


28 


Panicum viride, L. Gruͤnes Hirſengras. 

Phleum pratense, L. Wieſen⸗Liſchgras. 

Poa trivialis, L. Dreibluͤthiges Riſpengras. 

Poa pratensis, L. Riſpengras mit breiten Blaͤttern. 


I Kräuter. 


Achillea, Millefolium, L. Gemeine Schafgarbe. 
Alchemilla vulgaris, L. Frauenmantel. 
Anthericum liliago, L. Erdſpinnkraut, Sandlilien. 
Anthyllis vulneraria, L. Gelber Wundklee. 
Aquilegia vulgaris, L. Glockenblume. Akeley, 
mit braunen, fleiſchfarbigen, rothen, mit weißen und ſtark⸗ 
gefuͤllten Blumen. 
Bellis perennis, L. Maslieben, Marienblume. 
Carum Carvi, L. Wieſenkuͤmmel. 
Chrysanthemum Leucanthemum, L. Große Gaͤnſe⸗ 
blume, weiße Johannesblume. 
Cichorium Intybus. Wegwart mit blauen Blumen. 
Crepis tectorium, L. Gemein Habichtkraut. 
Crepis biennis, L. Groß Habichtkraut. 
Fragaria vesca et sterilis, L. Gemeine Erdbeere, 
fruchtbare und unfruchtbare. 
Galanthus nivalis, L. Schneetropfen, Schneeblume. 
Hieracium amplexicaule, L. Habichtkraut mit den 
Staͤngel umfaſſenden Blaͤttern. 
Hypericum perforatum, L. Gemein Johanniskraut. 
Leontodon Taraxacum, L. Löwenzahn, Pfaffenſtiel. 
Leontodon autumnale, L. Herbſtloͤwenzahn. 
Leontodon hispidum, L. Rauher Loͤwenzahn. 
Lotus corniculatus, L. Kleiner gelber Schotenklee. 
Großer gelber Schotenklee, Frauenfingergras. 
Lychnis, floscuculi. Kuckucksblume. 
Malva, Alcea, L. Siegmarskraut, Fellriß. 


29 


Medicago falcata, L. Sichelklee, ſchwediſcher Heu⸗ 
ſamen. N 
Medicago lupulina, L. Schneckenklee. 

Myosotis scorpioides, L. Blaue Mausoͤhrlein; Ver⸗ 
gißmeinnicht; auch mit weißen und fleiſchfaͤrbigen Blumen. 

Nepeta cataria, L. Katzenmuͤnze. 

Orchis bifolia, L. Weiß Knabenkraut, Stendel— 
wurz. | 

Pimpinella saxifraga, L. Bibernelle, Bockspeterlein. 

Primula veris, L. Wohlriechende Schluͤſſelblume. 

Rhinanthus, Crista galli, L. Gelb Laͤuſekraut. Hab: 
nenkamm. Gelber Kodel. 

Rumex Acetosa, L. Wieſenſauerampfer. 

Rumex scutatus, L. Schilffoͤrmiger Sauerampfer. 

Sanguisorba officinalis, L. Wieſenknopf, große Bi— 
bernelle. ö 

Scleranthus perennis, L. Wegerich. 

Serapias Helleborine, L. Breitblaͤtterige Nießwurz. 

Serapias longifolia, L. Langblaͤtterige wilde Nieß— 
wurz. 

Seseli saxifragum, L. Feinblaͤtterige Bibernelle. 

Thalictrum minus, L. Kleine Wieſenraute. 

Thesium Linophyllum, L. Weiß Bergleinkraut. 

Thymus Serpillum, L. Quendel, mit rothen und 
weißen Blumen. 

Tragopogon pratense, L. Wilde Haferwurzel, 
Bockskraut. 

Trifolium Melilotus officinalis, L. Gelber Stein: 
klee, Honigklee, auch weißer Steinklee. 

Trifolium hytridum, L. Weißer aufrechtſtehender 
Klee. 8 
Trifolium repens, L. Kriechender weiſer Wieſenklee. 
Trifolium pratense, L. Gemeiner Wieſenklee mit 
rothen Blumen. 


30 . 


Trifolium arvense, L. Haſenklee. 

Trifolium stratum, L. Kleiner wollichter Klee. 

Trifolium montanum, L. Weißer wollichter Berg⸗ 
klee. 

Trifolium agrarium, E. Großer gelber Hopfenklee. 

Trifolium spaticum, L. Kleiner brauner Haſenklee. 

Trifolium filiforme, L. Kleiner Hopfenklee. 

Trollius europaeus, L. Gelber Alphanenfuß. 

Turritis hirsuta, L. Rauher Thurnſenf. 

Alle dieſe Graͤſer und Kraͤuter wachſen faſt allgemein, 
ohne beſonderes Zuthun der Menſchen, in den ſchoͤnen Wie⸗ 
ſenthaͤlern der Naſſau. Durch eine zweckmaͤßige Anlage und 
Bauung der Wieſen werden fie noch allgemeiner und kraͤfti— 
ger hervorwachſen und einen reichen Futterertrag abwerfen. 
Je mannigfaltiger die Miſchung von ſuͤßen und guten Graͤ⸗ 
ſern und Kraͤutern iſt, deſto gewuͤrzhafter, geſunder und 
wohlſchmeckender iſt das davon bereitete Futter dem Vieh. 
Selbſt auf ſaueren Wieſen werden, nach einer gruͤndlichen 
Anlage, jene ſuͤßen Graͤſer und Kraͤuter wachſen. Und ſo 
wird ſich denn, mehr oder weniger, jedes Wieſenthal zu der 
hoͤchſten Vollkommenheit erheben, in der ſchoͤnſten Miſchung 
gruͤnen, wenn jene edelen Graͤſer und Kraͤuter in denſelben 
vegetiren. 


Dritter Abſchnitt. 


Von der nöthigen Vorbereitung zu der Bauung 
und neuen Wieſenanlage. 


D. der Wieſenbau ein ſehr koſtbarer Bau iſt, der ſich 
wegen ſeiner ſchweren Anlage nicht auf einmal vornehmen 
laͤßt, ſo muß alljaͤhrlich ein beſtimmter Theil der Wieſen zur 


31 


neuen Anlage genommen werden, bis man nach und nach 
zu einer gluͤcklichen Vollendung kommt. 


4. Vorläufiges Wegräumen alles deſſen, was dem 
Wachsthume des Graſes hinderlich iſt. 


Doch darf man mit Wegraͤumung der groͤßten Hinder— 
niſſe auf den Wieſen, als der Baͤume, Hecken, Straͤuche 
und Steine, nicht bis zu der eigentlichen Anlage warten, 
ſondern dieſe muͤſſen alsbald aus allen Wieſenthaͤlern weg⸗ 
geſchafft, die uͤberfluͤſſigen Fußwege unterſagt und die nöthis 
gen in zugaͤnglichen Stand geſetzt werden, damit der Land— 
mann alsbald zu einem reicheren Ertrage ſeiner Wieſen 
komme. 


2. Anordnung eines Wieſenvorſtandes. 


Um aber eine ſolche ernſtliche Verbeſſerung der Wieſen 
vornehmen zu koͤnnen, muß zuerſt in jeder Gemeinde ein 
Wieſenvorſtand angeordnet werden. Drei rechtſchaffene, ein— 
ſichtsvolle, thaͤtige Maͤnner muͤſſen aus jeder Gemeinde ge— 
waͤhlt und verpflichtet werden, ſo lange ſie leben, die Auf— 
ſicht über den Wieſenbau und die Unterhaltung der Wieſen 
zu fuͤhren. Es koſtet zu viel Muͤhe und Aufmerkſamkeit, den 
Wieſenbau gründlich zu lernen, als daß man alljaͤhrlch mit 
den Aufſehern des Wieſenbaus wechſeln koͤnnte. Ein jeder 
dieſer Maͤnner muß eine allgemein angenommene Anweiſung 
zur Verbeſſerung des Wieſenbaus beſitzen, um die erſten An— 
fangsgruͤnde des Wieſenbaus zu lernen. Fleiß, Aufmerkſam⸗ 
keit und eigenes Nachdenken wird ihn bald weiter bringen, 
ſo daß er die Anlagen den beſonderen Lagen und Verhaͤlt— 
niſſen eines Thales anzupaſſen und auf das Vollkommenſte 
anzuordnen im Stande iſt, welches in einer allgemeinen An— 
weiſung nicht ſo gezeigt werden kann. 

Unter der Aufſicht dieſer Männer muͤſſen ohne Aus⸗ 
nahme alle Wieſen ſtehen, ſo weit eines Ortes Gemarkung 


32 


gehet. Wollte man diefe und jene Wieſen der Aufſicht Dies 
ſer Maͤnner entziehen, ſo wird der Zweck einer allgemeinen 
Bauung und Bewaͤſſerung verfehlt und aus einer allgemeinen 
Wieſenverbeſſerung nichts werden. Denn der Wieſenbau 
muß durchaus, wenn etwas Vollſtaͤndiges daraus werden 
ſoll, allgemein ſeyn; es muß nach einem Plan, zu einer 
Zeit und nach gleichen Grundſaͤtzen verfahren werden. 


3. Der von dem Wieſenvorſtande zu entwerfende Bau: 
plan zu der neuen Anlage. 


Dieſe uͤber den Wieſenbau anzuordnende Behoͤrde muß 
zuerſt einen allgemeinen Plan entwerfen, wie ein Wieſenthal 
nach dem andern in Bauung zu nehmen iſt; dann aber auch 
einen beſonderen Plan entwerfen über das, was im naͤch⸗ 
ſten Jahre an den Wieſen gebaut werden ſoll, und in wel— 
cher Ordnung die Bauung vorzunehmen iſt. Dieſer Bauplan 
muß alsbald nach der Grummeternte entworfen und bei dem 
betreffenden Amte eingereicht werden. Das Amt muß dieſen 
Entwurf genau pruͤfen, den Schultheiß daruͤber vernehmen, 
und ihn dann, mit Billigung oder den noͤthigen Bemerkun⸗ 
gen, an den Wieſenvorſtand zuruͤck geben. Es muß alljaͤhr⸗ 
lich der Beamte, oder eine beſonders dazu angeordnete Be— 
hoͤrde, bei jeder Gemeinde in dem ganzen Lande nachſehen, 
was wirllich geſchehen iſt, und an Ort und Stelle den Plan 
ſich vorlegen laſſen, uͤber das, was weiter geſchehen ſoll. 
So wie bei einer gut organiſi ten Forſtverwaltung alljaͤhr⸗ 
lich in allen Forſten nachgeſehen wird, was geſchehen iſt und 
was weiter beſamt und ins Gehaͤge gelegt werden ſoll: ſo 
muß mit Ernſt und angemeſſener Strenge auf die Ausfuͤh⸗ 
rung der Wieſenbauplane geſehen werden. Dann wird ſich 
aber auch gewiß der Wieſenbau aus feinem alten, ganz verz 
wahrloſten Zuſtande kraͤftig erheben und das werden, was 
er ſeyn ſoll und werden muß: nemlich die ergiebigſte Quelle 
alles häuslichen und Ländlichen Wohlſtandes. 


33 


J. Von den Werkzeugen zu der Wieſenanlage. 

Wenn man eine Wieſe anlegen will, ſo muß man ſich 
vor allen Dingen mit den dazu noͤthigen Werkzeugen bekannt 
machen und verſehen. Dieſe ſind: gewoͤhnliche Hacken, breite 
Schaͤlhacken, Schaufeln, Spaten, Aexte, Wieſenbeile, eiſerne 
Rechen, Richtſcheite, Meßſtaͤbe, Stoͤßer; eine Bleiwage, 
Waſſerwage und Bergwage; Schnüre, Schub- und Zieh— 
karren. Einige dieſer, vielleicht nicht jedem Landmanne 
ganz bekannten Werkzeuge und Inſtrumente muͤſſen wohl 
etwas naͤher beſchrieben werden. 

Das Wieſenbeil iſt ein rundes, wie ein halber 
Mond geſtaltetes ziemlich ſcharfes Beil von 8 bis 10 Zoll 
Breite, welches auf der einen Seite des Oehrs angebracht 
iſt; auf der andern Seite des Oehrs, gegen dem Beil uͤber, 
iſt eine gewoͤhnliche Hacke, nur etwas breiter, laͤnger und 
mehr in die Hoͤhe ſtehend, wie bei einer gewoͤhnlichen. Die 
Hacke muß ebenwohl ſcharf ſeyn. Mit dem Beil ſpaltet man 
den Raſen, und mit der Hacke ſchaͤlet man ihn ab. Man 
kann auch die Hacke, ſo wie das Beil, jedes beſonders 
machen laſſen, und dann iſt das erſte das eigentliche Wie— 
ſenbeil, und das letzte die Schaͤlhacke. 

Der Meßſtab iſt ein aus Tannenholz 1½ Zoll ſtar⸗ 
ker und 8 Fuß langer Stab. Man ſtreicht ihn mit weißer 
Dehlfarbe an, um ihn, wenn er ausgeſteckt iſt, fo viel kennt 
licher zu machen; aber auch um ihm Dauer zu geben. Man 
beſchlaͤgt ihn unten mit einem ſpitzen eiſernen Stift, um ihn 
fo viel leichter in die Erde ſtoßen zu koͤnnen. Man bedienet 
ſich der Meßſtaͤbe bei dem Meſſen der Wieſen, dem Abſtecken 

des Baches und der Flußbette, und zur Bezeichnung der 
Waͤſſerung. Man muß bei dem Wieſenbau 20 bis 25 I 
„der Mepftäbe haben. 

Der Stößer iſt ein viereckiges, am beſten eichenes 
Klotz, das 1½ Fuß Quadrat hat, 4 Zoll dick, an der uns 
teren Seite ganz gleich, an der oberen von allen Seiten bei⸗ 


34 


gefchoben, in der Mitte ein Loch zu einem 5 Fuß langen 
Stiele. Es iſt daſſelbe Werkzeug, das der Landmann ge⸗ 
braucht, wenn er eine neue Tenne anlegt, um ſie feſt und 
gleich zu ſtoßen. Man bedienet ſich des Stoͤßers bei dem 
Wieſenbau, um den neu aufgelegten Raſen anzuſtoßen und 
die neue Anlage damit zu ebenen. 

Die Bergwage, Fig. 1., iſt das Inſtrument, womit 
man auf einer gewiſſen Flaͤche zugleich die horizontale Lage 
und ihre perpendikulaͤre Hoͤhe meſſen und finden kann. Um 
dieß Inſtrument zu erlangen, laͤßt man ſich, von leichtem 
Tannenholze, ein Richtſcheit von 10 Fuß Laͤnge, a. b., 
4 Zoll Dicke und A Zoll Breite, machen. An beiden Enden 
des Richtſcheites laͤßt man von Eichenholz die beiden Fuͤße, 
c. c., deren jeder 1 Zoll lang und 1 Zoll ſtark oder breit 
ſeyn muß, ſo daß dieſe Fuͤße rechtwinkelig und ganz feſt 
ſtehen, einſetzen. 8 

In der Mitte des Richtſcheits laͤßt man den einen 
Arm, d. d., von Eichenholze, 1 Zoll ſtark nach unten, 
4 Zoll nach oben, 2 Zoll breit und in ſeiner vollen Hoͤhe 
3½ Fuß, feſt und unbeweglich einſetzen. Nun läßt man ein 
viereckiges, rechtwinkeliges Brettchen von Birnbaumholz e. ver⸗ 
fertigen, welches 1 Zoll ſtark, 8 Zoll hoch und 16 Zoll breit 
iſt. Auf dieſem Brett ziehet man die Linie k., die mit der 
Linie des Bretts parallel laͤuft, und etwa ½ Zoll darunter 
hergehet. In der Mitte dieſer Linie ſetzt man einen Punkt 
und beſchreibt daraus die drei Halbzirkel, g., h., i., wo⸗ 
von der aͤußerſte bis an das unterſte Ende des Brettchens rei⸗ 
chet. Den zweiten ziehet man etwas enger und den dritten 
noch etwas enger; doch alle drei beſchriebenen Halbzirkel 
werden in gleicher Entfernung gezogen. Dieſe Halbzirkel 
theilet man, wie man einen Transportoͤr theilet, in ſechs 
gleiche Theile oder Grade, und einen jeden dieſer Theile 
oder Grade theilet man wieder in drei Unterabtheilungen, 
und bezeichnet dann die Grade mit folgenden Nummern: 


35 


oben links bei A. 180, dann 150, demnaͤchſt 120, ſo daß 
90 in die Mitte unter den Perpendikel zu ſtehen kommt; und 
ſo theilet man fort, auf der rechten Seite 60 und 30. 

In dem Mittelpunkte B. ſchlaͤgt man den runden, 
wohl polirten eiſernen Stift k. ein, an welchen man den 
Perpendikel J. haͤngt. Dieſer Perpendikel kann von Eiſen 
oder Meſſing oder uͤberzinntem Blech verfertiget werden, 
und muß unten, wo er auf eine Eintheilung deuten ſoll, zu— 
geſpitzt und mit etwas Blei behaͤngt ſeyn, damit er ſoviel 
fertiger gehet. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß der Per— 
pendikel auf einer Seite nicht ſchwerer, als auf der an 
deren ſeyn darf; ſonſt wuͤrde er nicht vollkommen ſenkrecht 
haͤngen. Der Stift, woran der Perpendikel haͤngt, muß 
hinten, wo er durch das Brett gehet, mit einer Schraube 
verſehen ſeyn, damit der Stift nicht herausfallen und verlo— 
ren gehen kann. | 

Dieſes eingetheilte Brettchen muß nun an die platte 
Seite des Arms, der von dem Richtſcheit heraufſteht, mit 
einer halbfußlangen Naht, auf der Ruͤckſeite eingelaſſen wer— 
den; ſo daß es nicht nur genau paßt und befeſtiget iſt, ſon— 
dern auch ganz im Winkel ſtehet. Um dieß Brettchen an den 
Arm noch ſo viel mehr zu befeſtigen, wird es mit den vier 
Schrauben, m. m. m. m., verſehen, die dem Brett ganz 
gleich ſtehen, aber etwas breite Koͤpfe haben muͤſſen. Die 
Schrauben muͤſſen Muͤtterchen mit hervorſtehenden Griffen 
haben, um ſie leicht auf und zu ſchrauben zu koͤnnen; und 
dieſe Muͤtterchen muͤſſen von der Ruͤckſeite des Brettchens 
eingeſchraubt werden. Die Loͤcher, durch welche die Schrau— 
ben gehen, muͤſſen etwas voͤllig ſeyn, um das Brettchen fo 
viel leichter richten zu koͤnnen. 

Vor dem Gebrauche muß die Bergwage berichtiget 
werden. Dieß geſchieht, wenn man fie auf einen ganz ebe⸗ 
nen oder horizontalen Boden, etwa in einem Zimmer oder 
ſonſt ebenen Flaͤche, aufſetzt. Steht der Perpendikel gerade 


o £ 
30 


auf 90, ſo iſt ſie richtig. Waͤre dieß aber der Fall nicht, 
ſo muß man die Schrauben, womit das Urbrett an den Arm 
befeſtiget iſt, etwas losmachen und das Brett ſo viel heben, 
bis der Perpendikel auf den beſtimmten Punkt trifft, und ſo 
ſchiebt man kleine Keilchen ein und ſchraubt das Urbrett wie⸗ 
der an den Arm feſt. Am kuͤrzeſten verfaͤhrt man, wenn 
man mit der Wage die gegebene Probe anſtellt, ehe man 
das Urbrett ganz befeſtiget. 

Haͤtte man aber auch keinen ganz horizontalen Boden, 
ſo kann man ſich doch auf jedem nur einigermaßen ebenen 
Boden von der Richtigkeit der Bergwage uͤberzeugen. Man 
bezeichnet nemlich die Stelle, wo die Wage mit beiden Fuͤßen 
aufſtehet, und bemerkt, auf wieviel Grade der Perpendikel 
zeigt; etwa auf 90 Grad. Nun wendet man die Wage um 
und ſetzt den rechten Fuß an die Stelle des linken, und den 
linken an die Stelle des rechten Fußes, und bemerkt wies 
der, wo der Perpendikel hindeutet; ſtehet er wieder auf 90, 
ſo iſt die Wage ganz recht. Waͤre dieß aber nicht, ſo muß 
man mit dem Umwenden der Wage und dem Verſchieben 
des Urbretts ſo lange fortfahren, bis man ſich von ihrer 
Richtigkeit uͤberzeugt hat. Man kann aber auch, wenn der 
Perpendikel nicht auf 90 Grad zeigt, unter den zu tief ſte⸗ 
henden Fuß einen Keil unterſchieben und damit fortfahren, 
bis der Perpendikel auf 90 zeigt. Und danach wendet man 
die Wage um und ſiehet, ob der Zeiger auf dieſelbe Stelle 
hindeutet. Waͤre dieß, ſo ziehet man die Schrauben feſt; 
und dann kann man, wenn die Wage in Acht genommen 
wird, ſie viele Jahre gebrauchen. 

Die Bergwage iſt bei dem Wieſenbau von großem 
Nutzen; ja ſie iſt bei einer großen Anlage unentbehrlich. 
Sie dienet, den Fall der Wieſe, der Wehre, der Fluͤſſe und 
der Waͤſſerungen abzuwaͤgen und zu beſtimmen. 

Da ſich aber auf einer unangelegten Wieſe bald 


37 


Höhen bald Tiefen finden, fo macht man fich, ehe man zum 
Abwaͤgen ſchreitet, eine Tabelle mit Linien auf folgende Art. 


Stand⸗ | 


Lange. Höhe. | Tiefe. Breite. 
ER 3 Hoͤh 4 f. 
Nuthe. Fuß. Grad. Grad. Ruthe. Jus. 
* 


Wenn man genau abwaͤgen will, ſo muß man ſich uͤber 
die Wieſe eine, ſo viel moͤglich gerade Linie mit Meßſtaͤben 
abſtecken, auf die man mit der Wage zugehet. 

Die gegebene Flaͤche, die abgewaͤgt werden ſoll, thei— 
let man mit der Bergwage, deren Fußgeſtell eine Ruthe 
haͤlt, in gleiche Theile, vorlaͤufig in 3, 4 Ruthen breite 
Theile ein. Man bezeichnet eine jede dieſer Abtheilungen 
mit einem Pfahle, und ein jeder dieſer Pfaͤhle iſt ein Stand— 
punkt, welcher mit einer fortlaufenden Nummer bezeichnet 
und mit derſelben in die erſte Kolumne eingetragen wird. 

So oft man die Wage, um die Wieſe abzuwaͤgen, 
um eine Nummer uͤber die Breite der Wieſe fort bewegt, 


38 


bemerkt man mit 1. 2. 3. 4. u. ſ. w. in der Tabelle unter 
der Laͤnge. 

Dann bemerkt man, ob der. Perpendikel der Berg⸗ 
wage auf 90, oder ob er vorwärts oder ruͤckwaͤrts hängt. 
Vorwaͤrts zeigt den Fall oder die Tiefe, ruͤckwaͤrts das 
Steigen oder die Hoͤhe an. Je nachdem nun der Perpen— 
dikel haͤngt: ſchreibt man den Standpunkt auf, unter Hoͤhe 
oder Tiefe. 

Da es aber auch zu wiſſen noͤthig iſt, wie weit eine 
Abwaͤgung von der andern entfernet iſt, ſo bemerkt man 
dieſe unter der letzten Rubrik der Breite. 

Die Zahlen von jedem Standpunkte der Hoͤhe und 
der Tiefe addirt man am Ende zuſammen und ziehet die 
Hoͤhe von der Tiefe ab; ſo hat man den Fall der Wieſe, 
den man bei dem Abwaͤgen einer Wieſe erfahren und mit 
Gewißheit wiſſen wollte. Dieſe Tabelle iſt hernaͤchſt bei der 
Anlage der Wieſe der Wegweiſer, wie viel eine Wieſe ab— 
getragen oder erhoͤhet werden muß. 

Bei dem Planiren der Wieſe, „ wenn der Raſen abge⸗ 
ſchaͤlt iſt, muß man in der Breite, von einem Pfaͤhlchen zu 
dem andern, mit der Bleiwage und dem Richtſcheite zu 
Werke gehen, um zwiſchen dieſen Punkten eine vollkommen 
gleiche Lage zu erreichen. 

Die Waſſerwage, Fig. 2., iſt das Inſtrument, 
womit man nivelliret, oder womit man von einem Punkte 
nach dem andern die horizontale Hoͤhe beſchreibt, und durch 
deſſen Huͤlfe man bei dem Wieſenbau angeben kann, welchen 
Gang eine Waͤſſerung, von dem Wehre nach einer fernen 
Gegend der Wieſe, nehmen muß. 

Die Waſſerwage beſtehet aus einer 2½ Fuß langen, 
und 1½ Zoll weiten blechernen Roͤhre, a. b. An beiden 
Enden wird die Roͤhre mit Boͤden von Blech zugeloͤthet; 
aber ½ Zoll von beiden Enden der Röhre werden die Aus⸗ 
ſchuitte o. o., 1½ Zoll weit gemacht. In dieſe Ausſchnitte 


39 


c. c. werden von Blech die eben fo weiten und 1½ Zoll hohen 
blechernen Ringe d. d. eingelöthet. Ganz genau in der Mitte 
dieſer Roͤhre wird an der untern Seite ein 4 Zoll langes, 
rundes, zugeloͤthetes Blech, das unten etwas weiter iſt als 
oben, angeloͤthet, welches f. iſt; die Haͤfte oder Pfeife des 
Fußgeſtells; doch ſo, daß die blecherne Roͤhre a. b. nicht 
durchſchnitten wird; und nun hat man die Roͤhre a. b., 
d. d., e. f. 

Iſt die Roͤhre auf die angegebene Art fertig, ſo ſucht 
man zwei ſchmale, lange, ſo viel moͤglich ganz gleiche Arz— 
neiglaͤſer, noch beſſer Coͤllniſch Waſſerglaͤſer, g. g., zu erlan⸗ 
gen, und paſſet dieſe Glaͤſer in die Loͤcher der blechernen 
Röhre, o. c., ein. Aus dieſen Glaͤſern ſchleiſt man auf 
einem Sandſteine, unter Zugießen von Waſſer, die beiden 
Boͤden aus. Die beiden Glaͤſer werden, wenn die Boͤden 
ausgeſchliffen ſind, mit etwas Hanf oder Flachs umwunden, 
etwa eines Fingers breit, da, wo die Boͤden ausgeſchliffen 
ſind. Dieſe Umwickelung wird mit einer aus Seife und ge— 
ſiebter Aſche wohl gekneteten Maſſe beſtrichen; ſodann druͤckt 
man, durch fleißiges Umwenden und Drehen der Glaͤſer 
zwiſchen den Fingern, dieſe kleberige Maſſe, fo viel es mög 
lich iſt, in den Flachs. Dann beſtreicht man dieſe Wulſte 
noch einmal und ſetzt dieſe Glaͤſer auf die blechernen Erhoͤ— 
hungen c. c. und drehet dieſe Glaͤſer fo feſt auf die blecherne 
Röhre an, als es nur moͤglich iſt, fo daß fie vollkommen 
Waſſer halten und in rechtem Winkel ſtehen; denn darauf 
kommt alles an, daß dieſe Glaͤſer vollkommen gerichtet find, 

Sitzen dieſe Glaͤſer erforderlich auf, dann laͤßt man 
fuͤr jedes dieſer Glaͤſer einen 1 Zoll breiten blechernen 
Ring i. i. verfertigen. An dieſen Ring werden auf beiden 
Seiten 2 Zoll lange und 1 Zoll breite Bleche angeloͤthet. 
In zwei dieſer Bleche werden, vollkommen in der Mitte, 
die Löcher k. k. mit einer mittelmaͤßigen Stricknadel durch— 
geſtochen. In den beiden andern Blechen werden die laͤng⸗ 


40 


lichen Vierecke I. I., einen Zoll lang und einen halben Zoll 
hoch, ausgeſchnitten, ebenfalls in der Mitte. Und auf bei⸗ 
den Seiten dieſer viereckten Loͤcher werden die haardicken 
Loͤcher m. m. durchgeſtochen, und dann dieſe Bleche an die 
Ringe angeloͤthet, ſo daß eins dieſer Bleche, worin ein Loch 
eines Strickſtocks dick iſt, und eins von denen, worin ein 
länglich viereckigter Ausſchnitt iſt, an jedem Ring mit der 
ſchmalen Seite angelöthet wird. Dann ziehet man durch die 
Locher m. m. weiße Pferdshaare und befeſtiget fie. Dieſe 
blecherne Viſirringe werden über die aufgeſetzten Glaͤſer g. g. 
geſtreift und muͤſſen ſich leicht umdrehen laſſen, ohne die aufs 
geſetzten Glaͤſer zu erſchuͤttern, und muͤſſen bis auf die ble⸗ 
cherne Ringe d. d. herunter geſchoben werden. 

Iſt man ſo weit mit der Waſſerwage fertig, dann kommt 
es auf einen Fuß an, worauf ſie zu ſtehen kommt. Dieſer 
kann aus einem Stativ mit drei beweglichen oder unbeweg— 
lichen Fuͤßen beſtehen; man kann ſich auch eines 3 Zoll ſtar⸗ 
ken und 4 Fuß langen, eichenen Pfahls bedienen. 

Laͤßt man ſich ein Fußgeſtell o. machen, fo gibt man 
ihm nur 3 Fuß Hoͤhe, weil es auf die Erde zu ſtehen kommt, 
und richtet es ſo ein, daß es ſich, vermittelſt der Schraube 
p. hoch und tief ſtellen laͤßt. Der Pfahl aber, der in die 
Erde geſtoßen werden ſoll, muß ſo viel laͤnger ſeyn, als er 
in die Erde zu ſtehen kommt. Das Fußgeſtell o. muß oben 
etwas beigehobelt werden, und genau in die Haͤfte f. an 
der Waſſerwage paſſen: fo, daß die Waſſerwage ſich umdre⸗ 
hen laͤßt; doch ohne zu wackeln oder beſchwerlich zu gehen. 
x Wenn man nun die Waſſerwage gebrauchen will, dann 
ſetzt man fie auf die Haͤfte f. und gießt durch eins der 
Glaͤſer ſo viel Waſſer in die blecherne Roͤhre, daß ſich die 
ganze Roͤhre damit füllt und die beiden Glaͤſer 1 auch 2 
Zoll über die Viſirringe i. i. geſtiegen ſind. Um das Waſ⸗ 
ſer ſo viel deutlicher zu erkennen und ſichtbarer zu machen, 
thut man recht wohl, wenn man es mit Saft von rothen 


41 


Ruͤben oder Heidelbeeren faͤrbt; man kaun ſich auch, ſtatt 
des gefaͤrbten Waſſers, eines etwas dunkelen Biers bedienen. 
Und ſo waͤre denn dieß Inſtrument zum Gebrauche fertig. 

Wenn man nun die Waſſerwage gebrauchen will, dann 
trägt man fie dahin, wo man fie gebrauchen will, und waͤh— 
let den Punkt, welcher etwa die Mitte zwiſchen den beiden 
entfernteſten Punkten in einem ſtumpfen Winkel der Aufgabe 
und nach den Viſirringen der Waſſerwage waſſerwaͤgig iſt. 
Die Fluͤſſigkeit muß aber in den beiden Glaͤſern jedesmal 
vollkommen waſſerwaͤgig ſtehen. Man wollte z. B. wiſſen, 
wie hoch das Waſſer von dem Wehre r. nach der Anhoͤhe s. 
hinauf zu bringen ſey: ſo ſtellt man die Waſſerwage auf den 
Punkt t., der mit r. eine ganz horizontale Lage hat, und 
viſire dann nach r. und nach s.; dann ſieht man nicht nur, 
welchen Gang die Waͤſſe ung nehmen muß, ſondern auch, wie 
weit die Anlage an der Anhoͤhe hinauf gefuͤhrt werden kann. 

Waͤre es aber der Fall, daß der Stand zu tief waͤre, 
ſo ſucht man ſich eine andere entferntere Stellung an einem 
etwas erhabeneren Orte, wo man auf die gegebenen Punkte 
hinſehen kaun. 

Wir wollen aber auch den Fall annehmen, daß noch 
kein Wehr da iſt; aber man wolle doch vorher wiſſen, wo— 
hin die Waͤſſerung zu bringen ſey, wenn man an einer an— 
genommenen Stelle ein Wehr anlegt: ſo ſetzt man da einen 
Meßſtab auf das Ufer, wo man das Wehr anzulegen Wil 
lens iſt, und viſiret nach dieſem Punkte auf die Erde, und 
von da nach der Seite, wo die Waͤſſerung hingehen ſoll. 

Iſt man nun wegen des Punkts einig, von wo aus 
man viſiren will, jo ſtellt man das Jußgeſtell auf gleichen 
Boden. Bedienet man ſich aber eines Pfahles, ſo ſtoͤßt man 
ihn in den Boden feſt; und damit er ſich ſo viel leichter ein— 
ſtoͤßt, fo iſt es gut, wenn man ihn mit einem ſpitzen Eiſen 
beſchlaͤgt. Auf keinen Fall aber darf man ihn einſchlagen, 
weil ſonſt der obere Theil verletzt, ſplitterig und rauh wird, 


42 


und ſich dann die Waſſerwage nicht gut umdrehen laͤßt. 
Stehet nun die Waſſerwage, dann richtet man ſie ſo, daß 
beide Glaͤſer hinter einander ſtehen; weil man von einem 
Glas auf das andere ſehen muß. Vor allen Dingen muß 
man dahin Bedacht nehmen, daß das Fußgeſtell ganz ges 
rade ſtehet. Dieß ſieht man, wenn beide Waſſerflaͤchen in 
den Glaͤſern n. n. ſich einander ganz gleich ſtehen. Waͤre 
das der Fall nicht, dann muß man dahin ſehen, wenn das 
Fußgeſtell ein Pfahl iſt, dieſen leiſe, fo lange nach der Ge— 
genſeite zu richten, bis die Waſſerwage ganz waſſerwaͤgig 
ſtehet; und dann ſteckt man etwas neben den Pfahl, damit 
er ſich nicht wieder auf die Seite ziehen kann. Hat man 
ein Geſtell mit Fuͤßen, ſo legt man etwas unter, bis es 
gleich ſtehet. 

Dann viſiret man durch das Loͤchelchen k. in dem 
zleche rechter Hand an der Waſſerwage, wo man ſtehet, 
nach dem Haare m. in dem hinterſten Bleche, und von dem 
Haare auf den gegebenen Punkt r., und drehet dann die 
Waſſerwage, fo ſanft wie moͤglich, um, fo daß der vordere 
Theil der Waſſerwage ſich nach der linken, und der hintere 
Theil nach der rechten Hand bewegt. Ein Gehuͤlfe, dem 
man ſchon ungefaͤhr den Punkt angegeben hat, wo er hinge— 
hen ſoll, wartet auf den Wink mit einem weißen Tuche in 
der Hand, herauf, herunter, zur linken oder zur rech en 
Seite, bis er den rechten Punkt gefunden hat; dann wird 
ihm zugewinkt, den Meßſtab feſt zu ſtecken. Dann drehet 
man die Waſſerwage noch weiter um, und verfaͤhret auf 
gleiche Weiſe, bis man die Waͤſſerung abgeſteckt und das 
Geſchaͤft vollendet hat. 

Man hätte mit einem Viſir an der Waſſerwage ge- 
nug; aber es iſt oft der Fall, daß man von oben nach un⸗ 
ten, und ſo umgekehrt, viſiren muß. Damit man nun, 
ohne die Waſſerwage umzudrehen, dieß koͤnne, ſo macht man 
zu dieſem Zwecke doppelte Viſire an jedes Glas. 


43 


Man hat noch andere Inſtrumente, die bei dem Abwaͤ— 
gen der Wieſen und der Waͤſſerungen und Nivelliren der 
Fluͤſſe ſehr dienlich und noch beſſer, als die Waſſerwage, 
ſind; deren Beſchreibung uͤbergangen wird, weil ſie fuͤr den 
Landmann viel zu koſtbar ſind, und dieſe denſelben Dienſt 
thun ). 


5. Die beſte Zeit zur Bauung der Wieſen. 


Am beſten nimmt man den Wieſenbau im Fruͤhjahre 
vor und faͤngt damit an, ſobald es die Witterung zulaͤßt. 
Iſt der Maͤrz gelinde, ſo kann man in tief liegenden Gegen— 
den alsdann ſchon den Anfang machen. Die allgemeine Re— 
gel iſt, im April zu beginnen und bis in den September 
damit fortzufahren. 


6, Genaue Meſſung des Wieſenthals, vor der Anlage, 
um die Conſolidation der Wieſen darauf zu grün— 
den. N 


Ehe man zur Anlage eines Wieſenthals ſchreitet, muß 
eines jeden Eigenthuͤmers Antheil Wieſe genau gemeſſen 
werden, um ihm hiernaͤchſt, nach geſchehener Anlage, ſein 
richtiges Antheil in einem ſchoͤnen Ganzen geben zu koͤnnen. 

Wenn ein Wieſenthal gut angelegt iſt, dann wird 
ein jeder einzelne Theil deſſelben gut, und viel beſſer, als 
er war; es iſt daher weit beſſer, wenn einem jeden Ei— 
genthuͤmer ſeine Wieſen, die vorher im Thale uͤberall umher 
zerſtreut lagen, in einem ſchoͤnen und gefaͤlligen Ganzen dar— 
gemeſſen werden. Dann kann der Landmann mit mehr Auf⸗ 
merkſamkeit ſeine Wieſen in Acht nehmen; er hat nicht ſo 
viel Beeintraͤchtigungen zu fuͤrchten; es waͤchſt mehr Futter 


*) Bei dem Schreiner und Werkmeiſter Elias Katz in Dillen⸗ 
burg ſind ſowohl Bergwagen wie Waſſerwagen um ſehr billigen Preis 
zu haben. 0 


Ah 


auf einem großen Wieſenſtuͤck, als auf eben fo viel Ruthen⸗ 
maß haltenden vielen kleinen Theilen, die zerſtreut liegen. 
Und bei der Heu- und Grummet- Ernte geht nicht fo viel 
Zeit und auch nicht ſo viel Futter verloren, wenn er ſein 
Eigenthum beiſammen hat. Aus allen dieſen ſehr einleuch⸗ 
tenden Gründen iſt die Conſolidation der Wieſen ſehr zu 
empfehlen, und darum das erſte Geſchaͤft bei einer neuen 
Wieſenanlage, daß das ganze Wieſenthal gemeſſen wird. 

Eine genaue Meſſung der Wieſen vor der Anlage iſt 
aber auch darum erforderlich, damit man beſtimmen kann, 
wie viel Tage ein jeder Eigenthuͤmer an dem Wieſenbau ar⸗ 
beiten helfen muß. Wollte man ein Wieſenthal auf gemein⸗ 
ſchaftliche Koſten durch fremde Arbeiter anlegen laſſen, das 
wuͤrde fuͤr manchen Landmann viel zu theuer werden. Um 
alſo zu wiſſen, wie viel Antheil ein jeder Intereſſent an der 
Arbeit hat, oder wie viel er zu den Baukoſten beitragen muß, 
ſo iſt vor der Anlage der Wieſen eine genaue Meſſung des 
Ganzen noͤthig. 

Es iſt aber auch endlich darum noch eine genaue Mej- 
ſung der Wieſen vor der Anlage erforderlich, damit man am 
Ende der Bauung den Ueberſchuß des Ruthenmaßes, das 
durch die neue Anlage gewonnen wird, genau angeben kann. 
Durch den unwirthbaren Zuſtand, worin ſich der Wieſenbau 
faſt allgemein befindet, liegt, wie ſchon bemerkt worden, 
ſehr viel Flaͤchenraum in Hecken und Straͤuchen, in breiten, 
hin und her laufenden Flußbetten, in unnuͤtzen und uͤber⸗ 
fluͤſſigen Fußwegen, in breiten und oft langen walten 
Plaͤtzen, neben den Wieſen ganz unbenutzt. All dieſer Raum 
und dieß bedeutende Ruthenmaß wird durch die neue An⸗ 
lage zum allgemeinen Beſten gewonnen, wovon hernaͤchſt die 
Baukoſten mit beſtritten werden koͤnnen. Sind aber Wuͤſte⸗ 
neien der Gemeinde dazu gezogen worden zum Beſten der 
Gemeinde, ſo muß die Gemeinde dann auch die Baukoſten 
uͤbernehmen. 


45 


Vierter Abſchnitt. 
Nähere Anleitung zum Wieſenbau. 


Nach der vorausgeſchickten Vorbereitung zum Wieſenbaue, 
kommen wir nun zu der naͤheren Anleitung, wie man bei 
der Anlage der Wieſen vorſchreiten und zu Werk gehen muß, 
und daher a 8 

1) von dem Bach oder Fluſſe und deſſen Leis 
tung, 

2) der Beſtimmung des Wehres und dem Gange 
der Waͤſſerung, 

3) dem Abwaͤgen und Berechnen der Höhe und 
Tiefe der Wieſen, und dom darauf ſich grün⸗ 
denden Falle, welcher der neuen Anlage ge— 
geben werden muß, 

4) von der Anlage ſauerer Wieſen, und 

5) der Bauung ſuͤßer Wieſen. 


1. Von dem Bach oder Fluſſe und deſſen Leitung. 


Wenn bei der neuen Wieſenanlage alle Baͤume, Hecken 
und Geſtraͤuche weggenommen ſind, dann iſt bei der neuen 
Anlage der Bach oder Fluß der erſte Gegenſtand, der 
in Erwaͤgung zu ziehen iſt. Da iſt zu erwaͤgen, ob das 
alte Bett des Bachs beizubehalten iſt, und nur einer Aus— 
ſtreckung bedarf; oder ob ein neues Bett ausgeworfen wer— 
den muß. Bei einem Fluſſe laßt ſich nicht, ohne die groͤß— 
ten Schwierigkeiten, eine Hauptveraͤnderung mit ſeinem Bette 
vornehmen; da kann man nur die Kruͤmmungen ausſtrecken: 
aber bei einem Bache kann das Bett dahin gelegt werden, 
wo es fuͤr die Wieſe am vortheilhafteſten iſt. Geht nemlich 
der Bach mitten durch das Thal, wie dieß gewoͤhnlich der 


46 


Fall iſt, dann graͤbt man, am beiten auf der Nord- oder 
kaͤlteren Seite einen neuen Bachſtaden aus; wirft den alten 
zu, und fuͤhret auf der Mittagsſeite die Waͤſſerung her. 
Man gibt der Wieſe eine ſolche Lage, daß fie von der Waͤſ— 
ſerung bis in den Bachſtaden einen ſanften Fall bekommt; 
ſo daß ſich das aufgeſchlagene Waſſer uͤber die ganze Wieſe 
in kurzer Zeit verbreiten kann und in den W hinfaͤllt: 
dann ſparet man den Abzugsgraben. 

Wollte man den alten Bachſtaden beibehalten, und ihn 
nur hier und da ausſtrecken, jo wuͤrde dieß viele Koſten 
verurſachen, und doch eine fehlerhafte Bauung geben; man 
wuͤrde in einer guͤnſtigen Waͤſſerungszeit nicht das ganze 
Wieſenthal unter Waſſer ſetzen koͤnnen, wie es erforderlich 
iſt und durch eine beſſere Anlage wohl geſchehen kann. Auch 
iſt der beſte Theil der a mitten im Thale, und dieſen 
wuͤrde dann ferner def Bach einnehmen; den ſchlechteren 
Theil auf der Nordſeite behielte man aber zu einem ſparſa— 
men Futtergewinn bei: dieß waͤre aber, wo man dieſen Feh— 
ler verbeſſern kann, nicht rathſam. Wo es ſich alſo thun 
laͤßt, woruͤber der Wieſenvorſtand erkennen muß, da weiſe 
man den Bach mitten aus dem Thale weg, und fuͤhre ihn 
auf die kaͤltere Seite des Thales hin. 

Der Gang des neuen Bachbettes wird mit der Waſſer— 
wage abgewaͤgt und darnach beſtimmt; mit Pfaͤhlen bezeich- 
net, und ihm fo viel Fall gegeben, als erforderlich iſt, das 
mit das Waſſer hier oder dort, ohne Sturz, auf eine ſchick— 
liche Art in das Flußbett fallen kann. Erfordert es aber 
die Lage der Wieſen, oder machen es ſonſtige Umſtaͤnde 
nothwendig, daß das neue Fluß- oder Bachbett etwas hoͤher 
gefuͤhret werde, als das alte Geſtade an dem Orte iſt, wo 
es das Waſſer wieder aufnehmen ſoll: ſo hilft man ſich durch 
einen ſchicklich angebrachten Waſſerfall, der wie ein kleines 
Wehr gebaut wird. 

Die Breite des Bachbetts richtet ſich nach 15 Staͤrke 


47 


des Flußwaſſers; und dabei richtet man ſich nach deſſen ges 
woͤhnlichem Standpunkt, weil für das Anlaufen und Auf 
ſchwellen des Flußwaſſers das beigeſchobene Geſtade da iſt. 

- Märe es aber, daß das alte Bachbett beibehalten werden 
müßte, daß es ſich aus wichtigen Gründen nicht verlegen 
ließe: ſo ſtreckt man den Bach aus und legt Waͤſſerungen 
an, wie hernaͤchſt gezeigt werden wird, die ſich in ſanftem 
Falle uͤber die Grasnarbe ergießen. 


2. Von der Beſtimm ung der Wehre und dem Gange 
der Wäſſerung. 


Iſt die Richtung des Bachs und ſein Gang beſtimmt, 
dann bezeichnet man den Ort, wo die Waͤſſerung, entweder 
durch ein Wehr, oder durch eine Schleuſe, angelegt werden 
ſoll, mit einem Pfahle. Gehen die Wieſen bis an ein Dorf 
herauf, ſo muß ſchon uͤber dem Dorfe eine Nebenwaͤſſerung 
angelegt werden, um den kleinen Theil der Wieſe, der aus 
der Hauptwaͤſſerung kein Waſſer erhalten kann, daraus zu 
bewaͤſſern. Die Hauptwaͤſſerung aber, zu dem unter dem 
Dorfe liegenden Wieſenthale, muß man ſo weit herauf legen, 
als es thunlich iſt; doch muß man bei der Beſtimmung zum 
Wehre ſorgfaͤltigen Bedacht darauf nehmen, daß man durch 
die Anlage des Wehres den Ort nicht der Gefahr der Waſ— 
ſersnoth ausſetzet. Man lege alſo wegen aller dieſer Ruͤck— 
ſichten das Wehr ſo weit herauf, als es thunlich iſt, um 
alle aus dem Orte abfließenden Fettigkeiten ſo viel beſſer 
fuͤr das Wieſenthal benutzen zu koͤnnen. Bei der Wahl und 
Beſtimmung der Stelle fuͤr das Wehr muß man aber auch 
darauf Rückſicht nehmen, daß von dem Punkte, wo das 
Wehr angelegt wird, die allgemeinſte und ausgebreitetſte 
Waͤſſerung erreicht wird. 

Hat man die Stelle fuͤr das Wehr beſtimmt und be— 
zeichnet, dann miſſet man mit der Waſſerwage den Gang 
der Hauptwaͤſſerung ab; man bezeichnet ihn erſt mit Mep- 


48 


ſtaͤben, dann mit Pfaͤhlen. Dabei muß man auf die Tiefe 
der Hauptwaͤſſerung Ruͤckſicht nehmen, die ſie von der Muͤn⸗ 
dung der Waͤſſerung bis zu ihrem Ende haben muß. Zu⸗ 
gleich beſtimmt man die Breite der Hauptwaͤſſerung und be⸗ 
zeichnet die Nebenwaͤſſerungen, woraus ſich das Waſſer auf 
die Wieſe ergießen muß. Iſt der Gang der Hauptwaͤſſerung 
abgeſteckt, dann mißt man den Fall der Hauptwaͤſſerung mit 
der Bergwage ab. Wie dieß geſchiehet, iſt bei dem ‚Ges 
brauche dieſes Inſtrumentes gezeigt worden. Dieß iſt aber 
nur eine vorlaͤufige Abwaͤgung; eine genauere erfolgt her— 
naͤchſt, wenn die Hauptwaͤſſerung ausgeworfen iſt. Auf 10 
Ruthen gibt man einen Zoll Fall, wenn die Waͤſſerung ges 
rade ausgehet. Bekommt ſie aber einen Bogen, wodurch 
der Lauf des Waſſers gehemmt wird, dann gibt man auf 
10 Ruthen 1½ Zoll Fall. Wollte man mehr Fall geben, 
fo würde das Waſſer zu ſchnell fließen, das Ufer der Wäf- 
ſerung untergraben, und zu ſtuͤrmiſch auf die Wieſe treten. 
Wollte man weniger Fall geben, ſo wuͤrde der Gang des 
Waſſers zu ruhig ſeyn, die beſten Fetttheile, die auf die 
Wieſe gebracht werden ſollen, in der Waͤſſerung ſitzen blei⸗ 
ben, und dieſe noch obendrein den Waͤſſergraben verſchlaͤm— 
men. Man gebe daher den angegebenen Fall, der auf Er⸗ 
fahrung beruhet. 

Bei der Anlage der Hauptwaͤſſerung ſtoͤre man ſich 
durch keine Anhoͤhe, woran die Wieſe liegt; ſofern nur die 
Waſſerwage dahin trägt. Doch muß man bei Hauptwaͤſſe⸗ 
rungen darauf Bedacht nehmen, daß ſie nicht durchbrechen 
koͤnnen. Kleine Waͤſſerungen, von 2 Fuß Breite und 1 Fuß 
Tiefe, koͤnnen auch uͤber die jaͤheſten Abhaͤnge, von 127 Grad 
Fall nach der Bergwage, gefuͤhrt werden; wie ich dieß aus 
eigener Erfahrung weiß. | 

Hat man einen Theil der Wieſe, den man nicht aus 
der Hauptwaͤſſerung bewaͤſſern kann, ſo legt man einen Arm 
dahin an, und gibt dieſem die noͤthigen Seitenwaͤſſerungen. 


49 


Oder man ſucht ihm anderswoher eine Waͤſſerung zuzufuͤn- 
ren, etwa durch Rinnen. Kurz der Wieſenvorſtand muß 
uͤberlegen, wie es anzufangen iſt, daß einem jeden Theile 
der Wieſe bei hohem Waſſer eine Waͤſſerung zu Theil wird. 


3. Das Abwägen und Berechnen der Höhe und Tiefe 
der Wieſe, und der darauf ſich gründende Fall, 
welcher der Wieſenanlage gegeben werden muß. 


= 

Weiß man nun, welchen Gang eine Waͤſſerung neh— 
men muß, und wie hoch ungefaͤhr das Waſſer in derſelben 
zu ſtehen kommt, dann miſſet man mit der Bergwage von 
der Hauptwaͤſſerung uͤber die Breite der Wieſe bis auf den 
Bach, deſſen Sohle man als den tiefſten Punkt annehmen 
muß. Dieſen hat man mit der Hoͤhe der Seitenwaͤſſerung 
zu berechnen. Das Abwaͤgen des Falls, uͤber die Breite 
der Wieſe, muß in gerader Richtung, von Ruthe zu Ruthe, 
uͤber die ganze Wieſe vorgenommen werden, wie dieß bei 
dem Gebrauche dieſes Inſtrumentes iſt gezeigt warden. Man 
haͤtte z. B. 100 Morgen abzuwaͤgen, ſo theilet man ſich 
dieſe Flaͤche in 10 Theile, an der Hauptwaͤſſerung hin, ein, 
und bezeichnet jeden Theil mit ſeiner Nummer, von 1 bis 
10. Dann faͤngt man bei 1 an, ſchreibt dieſe Nummer auf, 
und bemerkt bei jedem Umwenden der Bergwage, den Stande 
punkt des Perpendikels an der Bergwage, und ſchreibt ihn 
unter die gehoͤrige Rubrik von Steigen oder Fallen auf. 
Die Stelle, wo die Bergwage mit den Fuͤßen hinzuſtehen 
kommt, bezeichnet man mit kurzen Pfaͤhlen, welche oben etwa 
4 Zoll im Durchſchnitt breit und ganz gleich find; die her— 
naͤchſt, bei der zweiten Abwaͤgung der Wieſe, erhoͤhet oder 
vertieſt werden muͤſſen, je nachdem es der berechnete Fall 
erfordert. Wenn man mit dem Abwaͤgen der Wieſe fertig 
iſt, dann addiret man beides, den Fall und das Steigen, 
und ſiehet wie viel Fall, von der oberſten Waͤſſerung bis auf 
die Sohle des Bachs, auf jede Ruthe gegeben werden muß, 

4 


50 

und wie viel man den einen Pfahl zu erhöhen und den arte 
dern zu vertiefen hat; und ſo faͤhrt man von Nummer zu 
Nummer fort, die Hoͤhe und Tiefe, oder das Fallen und 
Steigen der Wieſe zu berechnen, bis man die 100 Morgen 
abgewaͤgt und berechnet hat. 

Unterlaͤßt man dieſe ſorgfaͤltige Abwaͤgung und Be— 
rechnung, und legt die Wieſe nach dem Augenmaße, aufs 
Gerathewohl an, ſo iſt es unvermeidlich, daß die Anlage 
fehlerhaft wird; daß Erhöhungen und Vertiefungen entſte⸗ 
hen; alſo daß die ganze Anlage verdirbt. Denn der Zweck 
bei der neuen Anlage iſt, daß der Wieſe eine ſolche Lage 
gegeben werde, daß ſie einen vollkommen planmaͤßigen Fall 
bekommt; jo, daß man bei der Bewaͤſſerung das Waſſer 
uͤber die ganze Wieſe verbreiten, es auf jeden Punkt gleich 
hoch bringen, und, von einem weiten und großen Wieſen— 
thale, in Zeit von einer Stunde wieder abziehen kann; wenn 
man es nicht mehr fuͤr dienlich findet, daß es laͤnger uͤber 
die Grasnarbe hingeht. Dieß kann aber nicht geſchehen, 
wenn die Wieſe nicht genau abgewaͤgt und nach einem be 
ſtimmten Plane angelegt wird. 

Wie viel Fall man einer Wieſe, bei der neuen 
Anlage, geben muß, dieß laͤßt ſich nicht im Voraus beſtim⸗ 
men; ſondern der Fall muß ſich nach der Lage eines jeden 
Thales richten. Das eine Thal hat viel Fall, das andere 
liegt flach; das eine Flußbett iſt tief, das andere gehet hoch. 
Und wenn auch das Thal auf der Seite, wo die Waͤſſerung 
hergefuͤhret werden ſoll, keine Erhoͤhung haͤtte, ſo ſucht man 
durch Hinaufbauen oder Senken und Abgraben der Wieſe, 
von der Hauptwaͤſſerung herab bis auf die Sohle des Fluß⸗ 
oder Bachbetts, ihr den noͤthigen Fall zu geben. Die Haupt⸗ 
wäfferung iſt alſo der hoͤchſte, und die Sohle des Flußwaſ— 
ſers der tiefſte Punkt, zwiſchen denen der Fall der Wieſe 
von Ruthe zu Ruthe getheilt werden muß. 

Bei der Anlage eines Wieſenthals muß man aber 


51 


nicht nur den Fall beruͤckſichtigen, den die Wieſe von der 
Hauptwaͤſſerung bis auf das Flußbett hat, ſondern auch den 
Fall, welchen das Wieſenthal Flußabwaͤrts nimmt. Der 
Fall des Wieſenthals, das angelegt werden ſoll, muß daher 
gleich anfangs aus einem Punkt nach drei verſchiedenen Rich— 
tungen aufgenommen werden. Dieſen Punkt muß man da 
feſtſetzen, wo die Hauptwaͤſſerung nach dem Bogen von dem 
Wehre, eine einigermaßen gerade Richtung uͤber das Wie— 
ſenthal hinnimmt. Alſo in gerader Richtung von der Haupt— 
waͤſſerung bis auf das Flußbett, das iſt die erſte Abwaͤ— 
gung. Dann unter der Hauptwaͤſſerung hin bis an das 
Ende des Wieſenthals, das neu angelegt werden ſoll, oder 
ſo weit die Waͤſſerung reicht; und dieß iſt die zweite Abwaͤ— 
gung. Drittens aus dem Hauptpunkte durch zwei gleichſei— 
tige Winkel unten nach dem Flußwaſſer hin. Ein jeder Be— 
trag des Falls eines Wieſenthals in den verſchiedenen Di— 
rectionen muß in den Bauplan genau aufgezeichnet werden, 
damit man in den folgenden Jahren nach einem und dem— 
ſelben Plan handele; denn ſelten wird man in einem Jahre 
mit der Anlage eines weiten und großen Wieſenthals fertig. 

Iſt man mit der Beſtimmung und Fuͤhrung des Fluß— 
waſſers, mit der Bezeichnung des Wehres, mit Abſteckung 
des Ganges der Waͤſſerung, und mit dem Abwaͤgen und der 
Berechnung des Falls, der der Wieſe gegeben werden ſoll, 
fertig; kurz iſt alles zu der neuen Anlage vorbereitet: dann 
ſchreitet man zu der Ausfuͤhrung des Bauplans und dem 
Wieſenbaue ſelbſt. 

Soll das Flußwaſſer blos ausgeſtreckt werden, o 
nimmt man dieß unter der Hand vor, ſo wie die Anlage 
allmaͤhlig weiter ruͤcket: iſt es aber ein Bach, der durch das 
Wieſenthal geht, und dieſem ſoll eine neue Richtung gegeben 
werden, ſo iſt dieß bei dem Wieſenbau die erſte Arbeit, die 
vorgenommen werden muß. Das neue Bachbett muß alſo 
von unten bis oben ausgeworfen und abgewaͤgt werden, da— 


52 


mit es feinen richtigen Fall bekommt. Iſt das Bachbett aus⸗ 
geworfen, ſo ſchlaͤgt man das Waſſer in daſſelbe, und ſetzt 
das alte Bett zu und verwahret es durch einen ſtarken 
Damm. Das Zuſetzen oder Verfuͤllen des alten Geſtades 
muß von oben herunter geſchehen, theils um das in dem 
Bette ſtehende Waſſer vor ſich wegzudraͤngen, theils um die 
neue Anlage gegen Unfaͤlle zu ſichern. Wollte man das alte 
Geſtade blos mit einem leichten Damm zuſetzen, und ſo das 
Waſſer nach dem neuen Geſtade hinweiſen und die Bauung 
von unten herauf vornehmen, ſo kann gar leicht durch einen 
ſchweren Regen die ganze Arbeit und Anlage zerſtoͤrt wer— 
den. Man hat es erlebt, daß auf eben dieſem Wege durch 
die Unvorſichtigkeit eines Wieſenbauers eine ganze Anlage 
zerſtoͤrt worden iſt. Dieſer Mann unterſtellte, daß es des 
Sommers mit einem ſolchen Bache nichts zu ſagen habe, 
daß das Waſſer auf dem niederen Standpunkte bleiben werde, 
wie es beim Anfange der Bauung war, und daß es am 
Ende der Bauung noch Zeit genug ſey, oben gegen den An— 
ſtoß des alten Bachs die neue Anlage kraͤftig zu verwahren. 
Ploͤtzlich entſtand ein ungewoͤhnliches Gewitter, ein furcht— 
barer Regen fiel weit umher, es ſtroͤmte ein gewaltiges 
Waſſer von den Bergen auf den leicht angelegten Damm 
und nahm alles mit fort, und ſo wurde durch dieſe unſichere 
Unterſtellung die neue Anlage ganz zerſtoͤret; Raſen und 
Erde gingen fort und die ſchweren Baukoſten waren rein 
verloren. Man muß daher gleich anfangs, um nicht eine 
gleiche Erfahrung zu machen, gegen den Anſtoß des Waſſers 
auf den alten Bachſtaden die neue Anlage zu verwahren ſu⸗ 
chen, und die neue Bauung von oben beginnen, da durch 
das beigeſchobene Geſtade das Waſſer Platz hat und ſich, 
ohne zu ſchaden, ausbreiten kann. 

Finden ſich Steine bei dem Auswerfen des neuen Bet⸗ 
tes, oder auf der Wieſe, wie dieß beſonders auf dem We⸗ 
ſterwald der Fall iſt, oder ſind deren in der Naͤhe zu haben, 


53 


ſo fuͤllet man das alte Bett mit Steinen aus; damit ſich 
das Waſſer, das in Bachkuͤmpen ſtehet, und die in das 
Bachbett ſich ergießenden Quellen durch die Steine durch— 
ziehen koͤnnen. Kann man aber keine Steine haben, ſo bin— 
det man Reiſer und legt einige Wellen in den alten Bach— 
ſtaden über einander. Bloßes Ausfüllen des alten Geſtades 
mit Erde erzeugt Sumpf, weil das in dem Bachbett fies 
hende, ſo wie das dahin ziehende Waſſer nicht vollkommen 
abgeleitet wird; welches man ſorgfaͤltig vermeiden muß. 

Iſt man mit dem Auswerfen des neuen, und Verfuͤl— 
len des alten Bachſtaden fertig, fo muß der neue Waͤſſer— 
graben vorgenommen werden. Durch Auswerfung des neuen 
Waͤſſergrabens gibt es auch viele Erde, die bei dem weite— 
ren Wieſenbau untergebracht werden muß. In dem Falle 
aber, daß ſumpfige und ſauere Wieſen in dem Thale waͤ— 
ren, unterlaͤßt man das Auswerfen des Waͤſſergrabens 
ſo lange, bis die Abzugskanaͤle und Graͤben ausgeworfen, 
und dieſe mit Steinen ausgefuͤllet ſind; dann wirft man 
auf faueren Wieſen den Hauptwaͤſſergraben und die Seiten— 
waͤſſerungen aus. ö 


5 


A4. Von der Anlage ſauerer Wieſen. 


Finden ſich in eines Orts Gemarkung naſſe, ſum— 
pfige Wieſen, ſo muͤſſen dieſe vor allen zuerſt angelegt wer— 
den. Sie ſind das ſchlechteſte Eigenthum des Landmanns, 
und koͤnnten wohl das beſte ſeyn; denn ſumpfige, ſauere 
Wieſen haben insgemein einen fetten, aus vielen verweſeten 
Vegetabilien beſtehenden Boden, der, wenn er trocken ge— 
legt wird, einen unvergleichlichen Graswuchs gibt. Wenn 
der Boden aber auch nicht aus Vegetabilien beſtehen ſollte, 
ſondern es ein ſchwerer, naſſer, lettiger Boden waͤre: ſo 
muͤſſen die naſſen Wieſen doch vor allen zuerſt angelegt 
werden, da ſie durch Kunſt und Feiß in ſehr eintraͤgliche 


54 


Wieſen umgeſchaffen werden koͤnnen, und ohne eine gründ- 
liche Verbeſſerung nichts werth ſind. 

Bei ſaueren Wieſen unterſuchet man zuerſt, woher die 
Kaffe und das Verſauern der Wieſe kommt. Ob das naſſe, 
ſumpfige Weſen in der zu tiefen Lage ſeinen Grund hat, wo 
das Waſſer zuſammen ſinkt und ſtehen bleibt; ob es von 
einem an die Wieſe ſtoßenden Berge herruͤhret, oder von 
einer in der Wieſe ausgehenden Quelle. Aus einem der 
angegebenen Gruͤnde kommt alſo immer das Verſauern der 
Wieſen, nemlich: 

a. Von einer zu tiefen Lage, wo das Waſſer 
zuſammen rinnt und ſtehen bleibt. 

Iſt dieß die Urſache der Naͤſſe und des Summe af 
durchſchneidet man die Wieſe mit tiefen Graͤben und leitet 
die ſtehende Feuchtigkeit ab; dann wird die ſauere und naſſe 
Wieſe bald trocken werden, und ſuͤßes und gutes Futter 
bringen. 

gan hat in einer neuen Anweiſung zum Wieſenbau 
das Auffüllen naſſer Wieſen empfehlen wollen, um dadurch 
die Naͤſſe zu verdrängen. Das Aufſchuͤtten der Erde vers 
draͤngt aber die in dem Boden ſteckende Naͤſſe keineswegs. 
Man kann wohl einzelne Stellen ſo weit herauf bauen, daß 
ſie ſich uͤber die uͤbrige Flaͤche erheben und ſomit trocken 
werden. Dann draͤnget ſich aber die in dem Boden ſteckende 
Naͤſſe auf die tieferen Stellen, und es iſt alſo nichts durch 
das Auffuͤllen gewonnen. Auch bekommen die Wieſen durch 
Auffuͤllen eine ganz unrichtige Lage, ſo daß ſie hohe und 
tiefe Stellen haben, und daher nicht bewaͤſſert werden koͤn⸗ 
nen, und der Graswuchs ſelbſt wird durch Auffuͤllen weder 
merklich verbeſſert noch vermehrt. Aus dieſen Gruͤnden iſt 
alſo das Auffuͤllen naſſer, ſauerer Wieſen nicht zu empfeh⸗ 
len. Weit beſſer thut man, wenn man das Uebel aus dem 
Grunde hebt und die Naͤſſe abfuͤhrt, und zwar auf folgende 
Art: 


55 


Wenn nicht durch das Wieſenthal ein Bach oder Fluß 
gehet, auf den die Abzugsgraͤben hingeleitet werden koͤnnen, 
fo muß man zuerſt mitten durch das Wieſenthal einen Haupt⸗ 
abzugsgraben auswerfen und anlegen, deſſen Ausfluß nach 
der tiefen Gegend des Wieſenthals hingerichtet wird. Dieſer 


muß nach den Umſtaͤnden weit und tief genug, auch mit 


dem noͤthigen Falle, ausgeworfen werden. Man macht einen 


ſolchen Hauptabzugsgraben 5, 6 und mehrere Fuß tief. Er 


wird keilfoͤrmig angelegt, oben weit und unten enge, ſo daß 
er unten nur 1 Fuß, und oben 4 bis 6 Fuß, je nachdem 
er tief iſt, breit wird. Wenn die Lage der Wieſe nicht ſchon 
an ſich den noͤthigen Fall gibt, ſo muß man dem Graben 
auf zwei Ruthen einen Zoll Fall geben. Geht aber ein 
fließendes Waſſer durch das Thal, ſo muß, wie geſagt, 
deſſen Bett ſtatt des Hauptabzugsgrabens dienen, und die 
Seitengraͤben aufnehmen. In dieſem Falle muß man ſich mit 
dem Senken der Abzugsgraͤben nach der Tiefe des Flußbetts 
richten, damit die ſumpfige Naͤſſe dahin ziehen koͤnne. 

Es mag nun ſeyn, daß das Flußbett ſtatt des Haupt⸗ 
abzugsgrabens dienet, oder daß ein beſonderer Abzugsgra— 
ben ausgeworfen werden muß, ſo muͤſſen alle Seitengraͤben 
da hinein geleitet werden. Die Seitengraͤben werden 3 bis 4 
Ruthen von einander entfernet und zwar in ſchraͤger Rich— 
tung, wie die Aeſte eines Baumes auſſteigen, oder wie die 
Finger gegen die Hand ſtehen, wenn man eine Hand aus— 
breitet. Oft hat man auch nur einen oder den andern Sei— 
tengraben noͤthig, woruͤber der Wieſenvorſtand erkennen muß. 

Alle dieſe Graͤben, ſowohl der Hauptabzugsgraben als 
die Seitengraͤben, muͤſſen mit Steinen ausgefuͤllt werden. 
Die Steine werden unten etwas hohl geſtellt, damit das 
Waſſer um ſo viel beſſer abziehen kann. Hat man aber 
keine großen Steine, daß dieß geſchehen kann, ſo wirft man 
fie rauh durcheinander, wodurch ſich doch Zwifchenräume bil— 


den. Zwiſchen dieſen Steinen ziehet die der Wieſe fihäd- 


56 


liche Feuchtigkeit durch. Und damit ſie dieß ſtets koͤnne, 
und ſich der Abzug durch die Schuttkanaͤle nicht verſtopfe, 
ſo legt man uͤber die aufgeſchuͤtteten Steine Reiſer, Moos 
und umgekehrten Raſen, oder, wenn man ſie haben kann, 
platte Steine, kurz etwas, das deckt, damit keine Erde zwi— 


ſchen die Steine hinein fallen kann. Doch fuͤllet man die 


Abzugs⸗ und Seitengraͤben nicht bis oben an mit Steinen 
aus, ſondern man laͤßt 2 Fuß, und wenn dieſe Graͤben 6 
Fuß tief werden, 2½ Fuß für die Bedeckung der Steine 
mit Reiſern, Moos, Raſen und Erde. 

In Gegenden, wie auf dem Weſterwald, wo ſelbſt 
auf den Wieſen eine Menge Steine zur Laſt und großem 
Verderben derſelben liegen, mache man nur die Abzugs- und 
Seitengraͤben recht groß und weit, um die ſumpfigen Wie⸗ 
ſen trocken zu legen und die Steine unter zu bringen. Aber 
in Gegenden, wo die Steine ſchwer zu haben ſind, koͤnnen 
dieſe Graͤben auch mit feſt gebundenen Wellen von Reiſern 
ausgeſchlagen werden. Die Reiſer werden fo feſt, wie es. 
nur moͤglich iſt, zuſammen gebunden. Wie dieß Zuſammen⸗ 
binden geſchehen muß, dieß wird bei dem Wehrbau aus Rei⸗ 
ſern gezeigt, wobei jedoch zu bemerken iſt, daß dieſe Wellen 
noch einmal ſo ſtark gebunden werden, wie die zu dem 
Wehrbaue. Dieſer Wellen legt man 6, 8 und mehrere auf 
und neben einander, und drängt fie jo feſt und dicht zuſam⸗ 
men, als es moͤglich iſt, damit ſich die Fuͤllung nicht ſehr 
fenfen koͤnne ). 

*) Wie ſehr lange die Reiſer in tiefer Erde dauern können 7 
dieß ergibt ſich aus folgendem Beiſpiel. Im Jahr 1789 wurde unter 
Nanzenbach, bei der Kupfergrube Alte Lorbach, in dem Amte Dillen⸗ 
burg, ein 40 Fuß tiefer Kunſtſchacht ausgeworfen, um für das Kunſt⸗ 
rad eine Kammer zu bauen. Bei dieſer Arbeit fanden ſich, in der 
angegebenen Tiefe, unter angeſchlämmtem Grunde auf feſtem Boden, 
ein ſtarkes Gebund Weidenreiſer unverſehrt, aber wie verſteinert, viele 
kleine Hufeiſen und fünf armslange Sicheln. Da ich als Prediger des 


57 


Da, wo die Abzugs- und Seitengraͤben mit Reiſern 
ausgefuͤllt werden, ſchuͤrtet man die Erde Ya Fuß höher auf, 
als die übrige Fläche beträgt, damit ſich durch die unvermeid- 
liche Senkung der Reiſer hernachſt alles gleich lege. Sollten 
ſich dieſe Graͤben, ſie ſeyen mit Steinen oder Reiſern ausge— 
ſchlagen, tiefer ſenken, als die uͤbrige Wieſenflaͤche liegt, und 
wäre es auch nur ½ Zoll, fo muß dieſe Senkung unnach— 
ſichtlich ausgeglichen werden; denn es iſt bei dem Wieſenbau 
eine unabaͤnderliche Regel, daß die Grasnarbe bei einem 
ſanften Falle gleich liegen muß. 

Die Abzugsgraͤben auf ſaueren, naſſen Wieſen offen 
zu laſſen, ſie auf beiden Seiten mit Pfaͤhlen auszuſchlagen 
und dieſe mit Reiſern zu verzaͤunen, wie man dergleichen 
Anlagen findet, iſt ganz und gar nicht zu empfehlen. Ein— 
mal darum, weil bei offen ſtehenden Graͤben Raum in der 
Benutzung fuͤr den Grasgewinn verloren gehet. Aber auch 
darum, weil die Pfaͤhle und das Flechtwerk morſchen und 
nach einigen Jahren der ganze Bau zuſammen bricht, und 
dann die ganze Anlage eine ſehr fehlerhafte Lage bekommt. 
Bei der Anlage offener Abzugsgraͤben hat man Anfangs zu 
viel Erde und hernaͤchſt, wenn das Flechtwerk zuſammen 
bricht, zu wenig. Auch kann man, und dieß iſt ein Haupt⸗ 
grund, bei offen gelaſſenen Abzugsgraͤben keine zweckmaͤßige 
Waͤſſerung anlegen; und am Ende tritt, da das Uebel nicht 
aus dem Grunde gehoben worden iſt, der alte Sumpf wie— 
der ein. Aus allen dieſen Gruͤnden alſo muß man offene 


Orts die Gemeinde beſuchen wollte, kam ich eben, wie ſich dieß alles 
fand, dazu. Ich ſammelte mir dieß alles und fragte mehrere alte 
Leute des Orts, beſonders zwei alte Weiber, eine Namens Horchin 
von 103, und eine Namens Axin von 110 Jahren, ob ſie ſich nicht 
erinnerten, gehört zu haben, daß das Thal ſich durch eine Ueberſchwem— 
mung erhöhet habe? Dieſe noch ſehr beſonnenen alten Menſchen wuß— 
ten von nichts. Die gefundenen Reſte waren alſo aus der Urwelt. 


58 


Abzugsgraͤben bei der e ſerung naſſer, fauerer Wieſen 
ganz vermeiden. 

Auf dieſelbe Weiſe, wie man naͤmlich naſſe Wieſen 
durch Anlegung von Schuttkanaͤlen verbeſſert, kann man auch 
Teiche und große Weiher, wenn der Schlamm abgetrocknet 
iſt, in ſehr nutzbare und gute Wieſen umſchaffen. 

Wollte man ſauere, naſſe Wieſen mit einige Fuß wei⸗ 
ten und tiefen Abzugsgraͤben durchſchneiden, ſo wuͤrde dieß 
wohl einigermaßen die auf der Oberflaͤche ſtehende Feuchtig— 
keit ableiten, aber dadurch wuͤrde die Wieſe nie in eine ſuͤße 
und eintraͤgliche Wieſe umgeſchaffen werden, welches doch der 
Zweck der Wiefenanlage if. Die in dem Boden ſteckende 
Feuchtigkeit und Naͤſſe treibt nach der Raſennarbe hinauf, 
ſo daß die Wurzeln des Graſes ſtets naß ſtehen, welches 
gegen die Natur der ſuͤßen Gräfer und Kräuter iſt, welche 
mit ihren Wurzeln trocken ſtehen wollen, und nur von Zeit 
zu Zeit eine erquickliche Erfriſchung durch eine zweckmaͤßige 
Bewaͤſſerung und einen fruchtbaren Regen, lieben. Soll 
alſo eine ſauere Wieſe gut werden, ſo muͤſſen tiefe Abzugs— 
graͤben auf die angegebene Art angelegt werden, damit die 
in dem Boden ſteckende Naͤſſe vollkommen abgeleitet und die 
Wieſe trocken gelegt werde. 

b. Von einem an die Wieſe ie ene Berge, 
von welchem Quellwaſſer kommt. Es kann aber auch 
ſeyn, daß eine Wieſe durch eine uͤber der Wieſe, an einer An— 
hoͤhe ausgehende Quelle naß und ſumpfig wird. Waͤre dieß 
der Fall, ſo muß uͤber der Wieſe her ein verdeckter Schutt— 
kanal oder Abzugsgraben auf die vorgeſchlagene Art, ſchmal 
oder breit, ſeicht oder tief, ſo wie es die Umſtaͤnde erfordern, 
angelegt werden, und das Uebel iſt auf immer gehoben. 

e. Von einer in der Wieſe ausgehenden 
Quelle. Es iſt aber weit oͤfter der Fall, beſonders in 
bergigten Gegenden, daß ſich in den Wieſenthaͤlern Quellen 
ergießen, und daß durch ſie, wenn dieſe Quellen nicht ſorg⸗ 


59 


faͤltig abgeleitet werden ‚ die Wieſen weit umher ſauer und 
moraſtig werden. 

Da, wo ſich eine Quelle ergießt und man ſie zum Be⸗ 
waͤſſern brauchen kann, weil ihr Waſſer gut iſt und man der 
Wieſe auch wohl ſonſt keine zwecklichere Bewaͤſſerung geben 
kann, graͤbt man der Quelle 6 bis 8 Fuß tief, oder bis 
auf den feſten Grund nach, faßt die Quelle und fuͤhret ſie 
in einer runden Mauer aus trockenen Steinen zu Tag aus. 
Dieſe Brunnenfaſſung kann ſo enge ſeyn, wie nur moͤglich 
iſt, ſie zu ſetzen. Rund um dieſe Mauer wird die Erde feſt 
angeſchlagen. Wenn Lehm in der Naͤhe zu haben iſt, ſo iſt 
dieſer am beſten, weil er das Durchdringen des Waſſers 
erſchweret. Das ſich in die Brunnenfaſſung ergießende Waſ— 
ſer leitet man in einem geraden Abzugsgraben ab, und be— 
dienet ſich deſſen nur zur Zeit der Waͤſſerung. Hat man 
aber eine ſolche Duelle zur Bewaͤſſerung nicht noͤthig, oder 
iſt ihr Waſſer nicht gut, ſo faſſet man ſie nicht, ſondern 
führt fie durch einen Schuttkanal von 3 bis 4 Fuß Tiefe 
und 11, Fuß Breite ab, wie dieß kurz vorher iſt gezeigt 
worden; dann hoͤren die nachtheiligen Wirkungen einer ſo 
laͤſtigen Quelle auf immer auf. 

Obgleich eine naſſe, ſumpfige Wieſe, die trocken gelegt 
und neu gebaut worden iſt, nicht im erſten Jahre, ſondern 
erſt im darauf folgenden bewaͤſſert werden darf: fo muͤſſen 
deſſen ohngeachtet gleich anfangs bei der Anlage alle Waͤſſe— 
rungen vollkommen angelegt werden. 

Iſt man daher bei dem Anlegen ſauerer Wieſen mit 
den Abzugsgraͤben fertig, ſo ſchreitet man zur Auswerfung 
der Hauptwaͤſſerung und der Seitenwaͤſſerungen. Da, wo 
das Wieſenthal zu tief liegt, kann die Waͤſſerung nur durch 
Hinaufbauen angelegt werden, und in dieſem Falle wird ihr 
Gang und ihre Hoͤhe durch Pfaͤhle bezeichnet. Da aber, wo 
die Wieſe hoch liegt, kann die Waͤſſerung durch Eingraben 
und Senken in den Boden angelegt werden. 


60 


Nach der Anlage der Waͤſſerungen folgt das Planiren 
der Wieſe. Wie man bei dem Abwaͤgen und Anlegen der 
Haupt⸗ und Seitenwaͤſſerungen, dem Abwaͤgen und Plani⸗ 
ren des Bodens zu Werk gehen muß, erſiehet man aus der 
gleich nachſtehenden Anweiſung zum Baue ſuͤßer Wieſen. 


Denn ſo, wie die Waͤſſerungen und der Boden ſuͤßer Wie— 


ſen abgewaͤgt, planirt und angelegt werden: ſo muͤſſen auch 
die Waͤſſerungen und der Boden ſauerer Wieſen abgewaͤgt, 
planirt und angelegt werden. Nur mit dem Unterſchiede, 
daß der Naſen von ſaueren Wieſen nicht, wie bei ſuͤßen 
Wieſen, in Quadraten abgeſtochen und noch ſorgfaͤltig abge— 
nommen zu werden braucht, um ihn wieder aufzulegen und 
eine neue Raſennarbe daraus zu erziehen; fondern man ſchaͤlt 
ihn in großen Lappen, um ihn umgekehrt auf die Schuitka⸗ 
naͤle zu legen, und dieſe dadurch vor dem Durchfallen der 
Erde zu verwahren. 

Gewoͤhnlich findet ſich unter der Raſendecke naſſer, 
ſumpfiger Wieſen eine feine, fette, ſchwarze Erde, und unter 
dieſer Thon, Lehm oder Lett. Da, wo dieß der Fall iſt, 
legt man die feine, fette Erde beſonders, um ſie hernaͤchſt 
oben hin zu bauen, die ſchwere Erde aber unten hin zu 
bringen, die zur Vegetation des Graſes nicht ſehr dien— 
lich iſt. 8 i 

Wenn die neue Anlage einige Zeit abgetrocknet hat, 
fo haͤckelt man fie durch, damit die rauhen Erdſchollen ver— 
arbeitet werden, und alles fein und eben, wie ein Garten— 
land wird. a 
Dann beſaͤet man das neue Stuͤck Wieſe mit einem 
Gemiſche von Hafer, Wicken, Klee- und Heuſamen. Man 
ſaͤe nicht zu ſparſam, ſondern reichlich. Auf einen Mor: 
gen, oder 160 Ruthen, nehme man 12 Pfund Kleeſamen, 
einen Haferſack voll geſiebten Heuſamen und Hafer und Wik⸗ 
ken, ſo viel, wie man gewoͤhnlich auf ein Futterſtuͤck von 
dieſer Groͤße ſaͤet; denn der Boden ſauerer Wieſen iſt ſehr 


61 


kraͤftig und kann etwas tragen, wenn er trocken gelegt wird. 
Man haͤckelt den Samen fein unter, oder man bedienet ſich 
einer Handegge und fuͤhrt dieſe fleißig daruͤber her. Iſt man 
mit dem Unterbringen des Samens fertig, ſo wird das 
ganze Stuͤck gewalzt; doch darf die Walze nicht von einem 
Pferde oder Ochſen gezogen werden, damit nicht durch deren 
Tritte Vertiefungen entſtehen, die ſchlechterdings vermieden 
werden muͤſſen, ſondern die Walze muß von Menſchen uͤber 
die neue Anſaat geführt werden. 

Iſt nun die' neue Anlage ganz nach der gegebenen Ans 
weiſung gemacht, ſo freuet man ſich gewiß ſchon in dem 
erſten Jahre uͤber den reichen Futtergewinn, und hernaͤchſt 
über die neue, fchine Wieſe, die aus dem Sumpf erbauet 
worden iſt. Eine ſolche neue Anlage iſt ein wahrer Ge— 
winn, und erhoͤhet den Wohlſtand des Landmanns auf eine 
ſehr merkliche Weiſe. | 


5. Von der Anlage ſüßer Wieſen. 


Aber, moͤchte man ſagen, warum ſoll man ſuße Wie— 
ſen neu anlegen, Wieſen, die ohnehin ſuͤßes, gutes Fut— 
ter bringen? Man legt die Wieſe neu an, um ſie bewaͤſ— 
fern zu koͤnnen und dadurch ihren Ertrag vielfach zu erhoͤ— 
hen, um ihr eine ſolche Lage zu geben, daß das Waſſer mit 
leichter Muͤhe uͤberall und auf jeden Punkt der Wieſe hinge— 
bracht werden kann; welche Lage aber, ohne eine ihr dazu 
eigens gegebene Einrichtung, hoͤchſt ſelten gefunden wird. 
Waͤre es, daß ein Wieſenthal die gluͤckliche Lage haͤtte, daß 
es richtig, d. h. in gleichem Grade falle; daß es eine ge— 
nuͤgende Waͤſſerung umgaͤbe, fo daß es vollig und gleich hoch 
unter Waſſer geſetzt werden koͤnnte; daß das Waſſer beim Be 
waͤſſern ſanft uͤber die Grasnarbe hinraͤnne; daß das Waſ— 
ſer, wenn man es nicht mehr haben will, ohne irgend ſtehen 
zu bleiben, wieder davon abziehen koͤnnte: dann beduͤrfte ein 
ſolches Wieſenthal keiner weiteren Anlage. Sollten ech auch 


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bier und da einige Erhöhungen und Vertiefungen finden, fo 
trägt man dieſe ab, oder füllet ſie aus, doch aber ja nach 
dem Richtſcheite und der Bleiwage. Die auf dieſe Art ges 
ebneten Stellen belegt man mit dem vorher abgenommenen 
Raſen und ſucht alles ſo ſchoͤn und eben zu machen, als es 
thunlich iſt; fo, daß dieſe eingeſetzten Stuͤcke mit der uͤbri— 
gen Grasnarbe ein unverkennbares Ganze ausmachen. Und 
ſo haͤtte man bei einem ſolchen Wieſenthale weiter nichts zu 
thun. Aber wie geſagt, ſelten, ja ſehr ſelten findet man 
ein Wieſenthal, das eine ſolche gluͤckliche Lage hat. Ge— 
woͤhnlich liegen ſuͤße Wieſen etwas hoch im Vergleich mit 
dem Flußbett; an dem Flußwaſſer hin hoͤher, als nach der 
Mitte; das Flußwaſſer geht in einem tiefen und weit ausge— 
ſpuͤlten Bette durch dieſelbe, oder an ihrem Saume hin. 
Durch dieſe ganz unrichtige Lage kommt es dann, daß ſolche 
Wieſen nicht bewaͤſſert werden koͤnnen, alſo des größten Vor—⸗ 
zugs entbehren, deſſen ſie faͤhig ſind. 

Man ſcheue daher die Muͤhe und die Koſten ja nicht, 
die ſuͤßen Wieſen neu anzulegen; denn dadurch bekommen ſie 
ihren wahren Werth und den moͤglichen Grad der Vollkom— 
menheit. Sie tragen, wenn ſie gut angelegt ſind, reichlich 
und uͤberflüſſig, trefflich gutes Futter; ihr Ertrag it viel— 
mal höher und größer, als der Ertrag der Wieſen dieſer 
Art iſt, die nicht bewaͤſſert werden koͤnnen. Wieſen, die 
richtig angelegt ſind und bewaͤſſert werden koͤnnen, ſind ein 
wahres Gut fuͤr den Landmann, das man nicht leicht zu 
hoch anſchlaͤgt, und deſſen ſich die Ur-Urenkel in gleichem 
Grade noch erfreuen. b 

Das erſte, was bei dem Anlegen ſuͤßer Wieſen ge⸗ 
ſchehen muß, iſt: man ſtrecke das Bett des Flußwaſſers aus, 
oder man gebe feinem Laufe, wenn e3 erforderlich iſt, eine 
neue Richtung, und werfe in dieſem Fall ein neues Bett fuͤr 
daſſelbe aus; man beſtimme die Lage des Wehres und den 
Gang der Waͤſſerung; man waͤge die Wieſe ab und berechne 


63 


und beſtimme ihren Fall, wie dieß alles iſt gezeigt worden. 
Nach dieſen allgemeinen Vorkehrungen ſchreitet man zu dem 
Planiren und Zurechtlegen des Bodens auf folgende Art. 

Man zerſchneidet den Raſen in Quadrate eines Fußes 
groß mit einem ſcharfen Wieſenbeil. Man kann ſich auch 
bei einer großen Wieſenanlage ſtatt des Wieſenbeils zum 
Zerſchneiden des Raſens in Quadrate eines Pfluges ohne 
Schar und Ruͤſter, nur mit einem ſcharfen Sech verſehen, 
bedienen; wobei der Fuß der Schar ſo geſtellt und eigens 
dazu gemacht ſeyn muß, daß er uͤber die Grasnarbe hin— 
gleitet. Der Pflug muß von einem guten Ackersmanne ge— 
halten, von einem Thier gezogen und das Zugvieh von einem 
Menſchen gefuͤhret werden, damit der Raſen vollkommen ge— 
rade und in regelmaͤßigen Figuren zerſchnitten wird. Um 
den Raſen in richtige Vierecke zerſchneiden zu lernen, ſo be— 
dienet man ſich anfangs einer Schnur, wonach man den 
Raſen abſticht, bis man eine Fertigkeit in dieſer Arbeit er— 
langt hat, welche man ſich bald erwirbt. 

An dem genauen und regelmaͤßigen Abſtechen des Ra— 
ſens iſt viel gelegen; denn wenn der Raſen nicht richtig und 
genau viereckig abgeſtochen wird, ſo kann er hernaͤchſt bei 
dem Auflegen nicht genau aneinander geſchloſſen werden, 
welches durchaus erforderlich iſt. Wird der Raſen nicht ge— 
nau aneinander geſchloſſen, ſo gibt es leere Zwiſchenraͤume, 
welche mit Erde ausgefuͤllt werden muͤſſen; die aber erſt in 
einigen Jahren eine vollſtaͤndige Grasnarbe bilden und einen 
vollen Futtergewinn bringen. Aus dieſer Darſtellung ergibt 
es ſich, daß der Raſen genau und in regelmaͤßigen Quadra— 
ten abgeſtochen werden muß. 

Eben ſo muß man dahin Bedacht nehmen, den Raſen 
in gleicher Dicke und unzerbroͤckelt mit der Hacke von dem 
Boden abzuloͤſen. Das Abſchaͤlen des Raſens geſchieht mit 
der breiten und ſcharfen Schaͤlhacke. Am beſten ſchaͤlet man 
den Raſen zwei Zoll dick. Den abgeſchaͤlten Raſen legt man 


64 


bei Seite in beſter Ordnung auf viereckte Haufen von 5 bis 
6 Fuß Höhe, damit er gut erhalten bleibt, nicht austrocknet 
und bei der Arbeit nicht im Wege liegt. Mit dem Abneh⸗ 
men des Raſens faͤngt man da an, wo die Hauptwaͤſſerung 
hergehen ſoll, um dieſen Raſen fuͤr die neue Anlage zu ge⸗ 
winnen. Man darf nicht mehr Flaͤcheuraum von der Gras⸗ 
narbe entbloͤßen, als man in 14 Tagen zu planiren und 
ganz fertig zu bauen gedenkt; denn wenn der Raſen laͤnger 
auf Haufen liegt, ſo verdirbt er, beſonders bei warmer 
Witterung. Es muß alſo die Groͤße des Stuͤcks, das man 
zu bauen vornimmt, nach der Anzahl der Arbeiter berechnet 
werden. Man ſtecke alſo, wenn man eine große Wieſe oder 
ein ganzes Wieſenthal zu bauen vornimmt, mit den Meß— 
ſtaͤben von der aͤußerſten Seite der Hauptwaͤſſerung an bis 
an das Flußbett eine gerade Linie ab, um das Stuͤck damit 
zu bezeichnen, welches angelegt werden ſoll. 

Die neue Wieſenanlage fängt man oben bei dem 
Wehre an. Wollte man unten, an dem aͤußerſten Ende des 
Wieſenthals, zu bauen anfangen, fo müßte man den gan⸗ 
zen, vielleicht langen und breiten Waͤſſergraben von unten 
bis oben auswerfen, ehe man etwas weiteres vornehmen 
koͤnnte, wobei zugleich der Raſen für die neue Anlage ver- 
loren ginge. Viel Gras wuͤrde durch die Anlage des Gra— 
bens, welches zum Heugewinn erhalten werden koͤnnte, ohne 
Loth zerſtoͤrt und verwuͤſtet werden, und doch wuͤrde nur 
mit großer Mühe für das neue Stuͤck Wieſe, wenn nicht 
das ganze Wieſenthal in einem Jahr vollſtaͤndig angelegt 
werden koͤnnte, eine zweckmaͤßige Bewaͤſſerung zu erreichen 
ſeyn. Aus dieſen Gruͤnden faͤngt man die neue Anlage oben 
bei dem Wehre oder der Schleuſe an und maͤhet das Gras, 
ſo wie die Anlage weiter ruͤckt, ab. b 

Wenn der Raſen abgeſchaͤlt iſt, ſo wirft man die 
Hauptwaͤſſerung aus, und ziehet die Erde etwas nach der 
Wieſe hinab, ſo, daß fie einiges Ufer und Erhöhung bildet, 


65 


hinter welcher die Hauptwaͤſſerung hergehet. Waͤre es aber 
der Fall, wie er ſich beſonders in flachen Gegenden findet, 
daß die Hauptwaͤſſerung mit der Grasnarbe gleich zu liegen 
kaͤme, daß alſo das Waſſer, wenn die Wieſe in ihrer alten 
Lage bliebe, keinen Fall auf die Wieſe haͤtte: ſo muß die 
Erde von der ausgeworfenen Waͤſſerung nicht nur wegge— 
ſchafft und auf der Wieſe oder unten an dem Fluſſe verbaut, 
ſondern die Wieſe ſelbſt muß ſo viel geſenkt werden, daß das 
Waſſer, ohne eine Hemmſchleuſe in dem Hauptwaͤſſergraben, 
blos durch Oeffnung der Seitenſchleuſen, in die wag rechten 
Seitenwaͤſſerungen treten kann; denn das iſt bei der Anlage 
einer Waͤſſerung eine Hauptregel, daß ſie hoͤher zu liegen 
kommen muß, als die Wieſe. Die Sohle der Hauptwaͤſſe— 
rung muß der Grasnarbe gleich, oder noch etwas hoͤher zu 
liegen kommen, damit bei dem oft ſparſamen Waſſer im 
Sommer auch der letzte Tropfen Waſſer zum Nutzen der 
Wieſe verwendet werden koͤnne. 

Man kann zu dem Ende auch, in flachen Gegenden, 
die ganze Waͤſſerung durch unten in der Wieſe uͤberfluͤſſige 
Erde hinaufbauen, wenn ſich dieß mit dem Fall vertraͤgt, 
den das Waſſer von dem Wehr aus hat und haben muß. 

8 Wenn die Hauptwaͤſſerung ausgeworfen iſt, dann 
waͤgt man fie noch einmal ſorgfaͤltig ab. Man gibt, wie 
oben iſt gezeigt worden, der Sohle der Hauptwaͤſſerung auf 
40 Ruthen 1 Zoll Fall, bei geradem Gange der Waͤſſerung; 
gehet aber die Waͤſſerung in einer gebogenen Richtung, ſo 
gibt man auf 10 Ruthen 1½ Zoll Fall. Da aber jeder 
Grad der Bergwage 2 Zoll bezeichnet, ſo muß alſo, wenn 
man 1 Zoll Fall angeben will, der Perpendikel in die Mitte 
des erſten Grades, neben CO auf die Seite nach dem 120 ſten 
Grad deuten, und man kann alſo kein großes Abweichen 
des Perpendikels von dem 90 ſten Grad erwarten. 

Es kann aber auch der Fall ſeyn, daß in einem ſchma⸗ 
len Wieſenthale zwiſchen Bergen die Hauptwaͤſſerung nicht 

5 


66 


fo weit hinauf geführet werden kann, daß fie den angegebes 
nen ſparſamen Fall erhaͤlt; ſondern, daß er ſtaͤrker und auf 
gewiſſe Art reißend werden wuͤrde, wenn man den Fall der 
Waͤſſerung nicht auf eine andere Art zu maͤßigen ſuchte. 
Dieſe Maͤßigung zu bewirken, beſteckt man die Hauptwaͤſſe⸗ 
rung, nach vorausgegangenem Abwaͤgen mit der Bergwage, 
hier und da mit Steinen, und legt gleichſam kleine Waſſer⸗ 
fälle an. ö 

Die Seitenwaͤſſerungen, die bei einer großen Haupt⸗ 
waͤſſerung 3 Fuß, bei einer kleineren 2 Fuß unter der Haupt⸗ 
waͤſſerung herlaufen muͤſſen, duͤrfen gar keinen Fall haben, 
ſondern muͤſſen ganz waſſerwaͤgig angelegt werden, wovon 
im achten Abſchnitt, unter der Anweiſung, wie man wäfe 
ſern muß, die Gruͤnde angegeben werden. Eine Seitenwaͤſ— 
ſerung kann ſich, weil ſie ganz waſſerwaͤgig angelegt wird, 
nur über einen gewiſſen Theil der Wieſe, an der Haupt⸗ 
waͤſſerung hin, von 10 bis 15 Ruthen erſtrecken. Da, wo 
eine Seitenwaͤſſerung aufhoͤrt, ſchließt ſich, nach einem fuß- 
breiten Zwiſchenraume, wieder eine andere an, die ſo tief 
geſenkt ſeyn muß, daß ſie wieder ganz waſſerwaͤgig zu liegen 
kommt. Wenn auch eine Seitenwaͤſſerung um ihres Zwecks 
willen nur eine Ruthe lang werden ſollte, ſo muß ihr den— 
noch dieſe Lage gegeben werden. Auf dieſe Art muͤſſen alle 
Seitenwaͤſſerungen vom Anfange bis an's Ende der Haupt⸗ 
waͤſſerung hinlaufen. Jeder Seitenwaͤſſerung wird aus der 
Hauptwaͤſſerung ein Einſchlaggraben gegeben, durch den, 
vermittelſt einer kleinen Schleuſe, der Seitenwaͤſſerung das 
Waſſer gegeben und genommen werden kann. N 

Iſt man mit dem Anlegen der Haupt- und Seiten⸗ 
waͤſſerungen zu Ende gekommen, dann ſchreitet man zu dem 
Planiren des von dem Raſen entbloͤßten Bodens, nach dem 
bei dem Abwaͤgen der Wieſe angenommenen Plan. Man 
richtet ſich dabei nach den vorlaͤufig eingeſchlagenen kleinen 
Pfählen, und trägt ab, wo die Lage zu hoch, und fuͤllet auf, 


67 


wo die Lage zu tief iſt; wobei das Richtſcheit und die Blei⸗ 
wage und ein gutes Augenmaß helfen muͤſſen. 

Hat man nun ſo einigermaßen den Boden geebnet, 
ſo waͤget man genauer und voͤlliger, von Ruthe zu Ruthe, 
nach der Laͤnge und nach der Breite, die in Bauung ge— 
nommene Fläche ab, und fchlägt auf jeden Punkt, wo die 
Fuͤße der Bergwage geſtanden haben, kleine Pfaͤhle, ſo daß 
ſie da, wo der Boden ſeine richtige Lage hat, vollkommen 
gleich, alle einen Zoll aus der Erde hervorſtehen, da aber, 
wo der Boden noch eine unrichtige Lage hat, hoͤher oder tiefer 
zu ſtehen kommen. Man richtet ſich unabaͤnderlich nach dem 
fuͤr jede Lage und auf jede Ruthe beſtimmten Fall. Die 
neue Lage der Wieſe waͤre z. B. nach ihrer Breite von der 
Hauptwaͤſſerung bis auf das Flußbett ſo genommen, daß auf 
jede Ruthe ½ Zoll Fall gegeben werden, die Wieſe aber 
an der Waͤſſerung hin waſſerwaͤgig zu liegen kommen ſollte: 
ſo muß dieß Maß uͤber die ganze, zu dieſem Maß beſtimmte 
Fläche, von Ruthe zu Ruthe 1% Zoll Fall, fortgetragen 
werden. Neigt ſich aber das Wieſenthal flußabwaͤrts, wie 
dieß gewoͤhnlich der Fall iſt, ſo muß man den gleich An— 
fangs angenommenen Fall beruͤckſichtigen, und alſo nicht blos 
vorwaͤrts, ſondern auch ſeitwaͤrts der Anlage den noͤthigen 
Fall zu geben ſuchen, damit nicht am Ende der Anlage ein 
jaͤher Abhang entſtehet; und in dieſem Falle muß der neuen 
Anlage, nicht nur vorwaͤrts, ſondern auch ſeitwaͤrts, ein 
uͤber das ganze Wieſenthal ſich erſtreckender, gleicher, richti— 
ger Fall gegeben werden. Man mißt daher mit der Berg— 
wage den Fall des Wieſenthals, wie dieß iſt gezeigt worden, 
aus einem Punkte a. auf drei verſchiedene Punkte ab: nem: 
lich oben von der Hauptwaͤſſerung gerade vorwaͤrts, bis auf 
das Flußbett; dann der Laͤnge nach an der Hauptwaͤſſerung 
hin, ſo weit dieſe die Wieſe bewaͤſſern ſoll; endlich drit— 
tens, aus eben dem Punkte a. in gleichem Winkel, flußab⸗ 
waͤrts, von der Hauptwaͤſſerung bis auf das Flußbett in 


68 


ſchiefer Richtung. Denn in dem richtigen Fallen des gan— 
zen Wieſenthales, oder einer kleineren Wieſe (denn was 
hier vom Großen gezeigt wird, gilt auch vom Kleinen), liegt 
der Grund, daß ſich das Waſſer, ob es gleich aus vielen 
Seitenwaͤſſerungen auf die Grasnarbe hin rinnt, doch alsbald 
unter denſelben in einander fließet, und in einem unzertrenn⸗ 
lichen Ganzen, von oben bis unten, uͤber die ganze Wieſe 
fortrinnt, ſo daß die ganze Wieſe oder das ganze Wieſenthal 
wie von einer Waſſerflaͤche bedeckt wird. 

Wenn man fuͤr die Waſſerwage einen ſchicklichen 
Standpunkt finden kann, wie ſich dieſer bei Wieſen, die eini⸗ 
gen Fall haben, findet: dann kann man bei dem Abwaͤgen 
einer Wieſe kuͤrzer zu Werk gehen, wenn man ſtatt der 
Bergwage ſich der Waſſerwage bedienet; und zwar auf fol— 
gende Art. Man ſchlaͤgt da, wo der hoͤchſte Punkt der 
Wieſe iſt, — alſo wo die Seitenwaͤſſerung hergehen ſoll — 
einen ganz kurzen Pfahl ein, der nur einen Zoll aus der 
Erde hervor ſtehet. Man uͤberdeckt ihn mit weißem Papier, 
damit er recht ſichtbar wird. Dann ſtoͤßt man eine gerade 
Stange, die ſchon dem Anſcheine nach fo hoch herauf ſtehet, 
wie der obere Pfahl unter der Seitenwaͤſſerung, da in das 
Flußbett, ſo weit die Wieſe angelegt werden ſoll. Hierauf 
viſiret man mit der Waſſerwage, der man am beſten zwi⸗ 
ſchen beiden Punkten ihre Stellung gibt, nach dem oberen 
Pfahl und dann nach der unten ſtehenden Stange, die aber 
ganz ſenkrecht ſtehen muß, und bemerket, wohin das Viſir 
traͤgt; wozu man einen Gehuͤlfen noͤthig hat. Man kann 
auch, wenn der Fall hoch iſt, die Stange mit verſchiedenen 
Farben anſtreichen. Da wo nun das Viſir von dem ober— 
ſten Pfahle auf den unterſten hintraͤgt, das iſt die horizon— 
tale Lage der Wieſe, welche man ſich genau bemerket. Dann 
mißt man die Laͤnge der Stange bis auf den bezeichneten 
Punkt, und dividiret dieſe in das Ruthenmaß: ſo ſiehet man, 
wie viel Fall auf eine jede Ruthe gegeben werden muß. 


69 


Dieß Abwägen muß nach verſchiedenen Punkten vorgenom⸗ 
men werden, wie gezeigt worden iſt. 

Wollte man ein Wieſenthal in viele kleine Theile ab— 
theilen und dieſe durch angelegte Erhoͤhungen und Vertiefun— 
gen und jeden einzelnen Theil durch beſondere Waͤſſerungen 
anlegen und zum Bewaͤſſern geſchickt machen, wie man dieß 
auch wohl kann, ſo wuͤrde dieß den Wieſenbau im Großen gar 
ſehr erſchweren. Schon die Anlage eines Wieſenthals wuͤrde 
unerſchwingliche Koſten verurſachen; es wuͤrde die Bauung 
ſehr aufhalten und ins Weite ziehen; die vielfältigen Bewaͤf— 
ſerungen wuͤrden mehr Waſſer erfordern, als zu haben waͤre, 
und doch zu keiner allgemeinen und genuͤgenden Bewaͤſſerung 
anführen. Es wuͤrden zur Bewaͤſſerung eines Wieſenthals 
viele Menſchen erforderlich ſeyn, wo bei dieſer Art, die Wie— 
ſen anzulegen, ein Mann vollkommen hinreichend iſt. 

Aus allen dieſen Gruͤnden lege man ein Wieſenthal, 
wenn es mit einer Hauptwaͤſſerung genug hat, in einem un— 
zertrennten ganzen Stuͤck an, oder doch ſo weit, als die 
Waͤſſerung reicht; und da, wo eine andere Hauptwaͤſſerung 
angeht, da gebe man der ganzen fuͤr ſich beſtehenden Flaͤche 
wieder ihren Fall und ihre richtige Lage, damit ein Wieſen— 
thal, ſo wenig wie moͤglich, in beſondere Lagen und Theile 
zertheilt wird. 

Findet ſich aber in einer Wieſe ein Abhang, der nicht 
ohne allzugroße Koſten abgetragen werden kann, um ihn mit 
der Übrigen Wieſe gleich zu legen; oder findet ſich in einem 
Wi ſenthale ein jaͤhes Ufer: ſo werden in dieſen Faͤllen dieſe 
Theile der Wieſe beſonders abgewaͤgt, beſonders angelegt, 
der Raſen abgenommen, der Boden nach ſeinem Fall pla— 
nirt, der Naſen wieder aufgelegt und ihnen beſondere Waͤſ— 
ſerungen gegeben, wie dieß ſchon bemerkt worden iſt. 

Hat man ſich voͤllig von dem richtigen Falle des in 
Bauung genommenen Wieſenthals uͤberzeugt, ſo ſucht man 
ſich auch von der richtigen Lage des Bodens genau zu ver⸗ 


70 


gewiſſern. Man fährt zu dem Ende mit dem Richtſcheit in 
genauer Ordnung uͤber den Boden hin, und bemerkt, ob 
das Richtſcheit uͤberall richtig aufſtreicht, oder ob hier und 
da zu viel oder zu wenig Erde liegen geblieben iſt, und 
ſucht dann mit Huͤlfe eines Rechens dieſe kleinen Fehler zu 
heben und den Boden voͤllig zu ebenen. 

Stoͤßt man bei dem Planiren des Bodens auf Sand 
und Steine, und man hat gute Erde uͤbrig, ſo nimmt man 
den Sand und die Steine weg und fuͤllet 1 Fuß hoch gute 
Erde hin; denn eine gute Unterlage unter der Raſendecke iſt 
eine Hauptſache, und wenn ſie, um die Anlage vortrefflich 
zu machen, aus ein Paar Zoll verweſtem Miſte beſtaͤnde. 

Das Planiren des Bodens wird bis auf den Sand 
in dem Flußbett ſortgeſetzt, ſo daß ſich die aufgeſchuͤttete 
Erde nach und nach bis auf einen Zoll hoch ſenket. Das 
etwa zu weite Flußbett wird eingeenget und ihm nur eine 
ſparſame Breite gegeben, damit das Flußwaſſer nur für ſei⸗ 
nen gewoͤhnlichen Standpunkt Raum darin findet; fuͤr das 
Anſchwellen des Fluſſes kann das beigeſchobene Geſtade = 
naͤchſt dienen. 

Die zur Ausfuͤllung einer Tiefe aufgeſchuͤttete Erde 
ſtoͤßt man mit einem Stößer feſt, damit ſich die neue Anz 
lage an ſolchen Stellen nicht ſenken kann. Eben ſo ſtoͤßt 
man die Erde, die an dem Fluſſe hin aufgeſchuͤttet wird, 
etwas an; damit ſie gegen das Anſpuͤlen des Waſſers die 
noͤthige Haltung und Feſtigkeit bekommt. Behaͤlt man gute 
Bauerde ganz uͤbrig, ſo verbeſſert man die ſchlechten Aecker 
damit. 

Iſt nun auf dieſe Art ein bedeutendes Stuͤck von der 
entbloͤßten Wieſenflaͤche planirt und auf die angegebene Art 
geebnet: ſo haͤckelt man den unter dem Arbeiten feſtgetrete— 
nen Boden etwas auf, rechet ihn fein und eben, und legt 
den abgenommenen Raſen wieder auf. 

Mit dem Auflegen des Raſens faͤngt man an dem 


71 


Flußwaſſer an, damit, wenn es an Raſen fehlen follte, er 
weiter oben in der Wieſe durch eine Anſaat erſetzt werden 
und das etwa anſchwellende Flußwaſſer nicht leicht ſchaden 
kann. Man ſpannt, ſo weit der Raſen in das Flußbett ge— 
ſetzt werden ſoll, eine Schnur, und legt den Raſen danach 
auf. Die Raſenſtuͤcke legt man mit einer Miſtgabel auf, um 
ſich nicht durch vieles Buͤcken zu ſehr zu ermuͤden. Man 
ſchließt den Raſen, ſo genau als es moͤglich iſt, aneinander 
und ſtoͤßt ihn mit dem Stoͤßer etwas feſt. Dann wirft man 
etwas feine, gute Erde über den aufgelegten Naſen und rechet 
dieſe mit einem hoͤlzernen Rechen über die neue Wiefen- 
fläche hin, damit ſich die kleinen leeren Raͤume zwiſchen den 
Raſenſtuͤcken ausfuͤllen. Dieß ſanfte Abrechen der verjuͤng— 
ten Grasnarbe geſchiehet nach einigen Tagen bei trockenem 
Wetter noch einmal, damit ſich die durch das ſich Setzen der 
Erde entſtandenen Zwiſchenraͤume wieder ausfuͤllen. Die 
neu angelegte Wieſe wird an dem Fluſſe hin alsbald mit 
einer Gießkanne ſanft begoſſen, damit der Raſen anziehet 
und bei einem etwaigen Anſchwellen des Fluſſes feſt ſitzet 
und nicht fortgehen kann. Und ſomit waͤre die Anlage einer 
ſuͤßen Wieſe vollendet, und die ganze neue Anlage haͤtte von 
der Hauptwaͤſſerung bis in das Flußbett einen vollkommen 
richtigen Fall. So wie man nun ganze Wieſenthaͤler ab— 
waͤgt und anlegt, eben ſo macht man auch kleinere Anlagen, 
wie ſich dieß von ſelbſt verſteht. 

Einwendung gegen dieſe Bauart, und 
deren Widerlegung. Aber, moͤchte man ſagen, was iſt 
das fuͤr ein Gewinn, das Geſtade ſo tief zu ſenken und die 
Wieſe bis in das Flußbett hinzubauen, wodurch das Gras 
bei einigem Anſchwellen des Flußwaſſers beſchlaͤmmt wer— 
den kann? Gegen dieſe Einwendung werden folgende Gruͤnde 
aufgeſtellt. | 

Es entſtehet hoͤchſt ſelten zur Sommerszeit ein etwas 
bedeutendes Anſchwellen der Fluͤſſe. Zum andern kann bei 


72 


dieſer Art, die Wieſen anzulegen, wenn auch das Flußwaſ⸗ 
fer bedeutend anſchwellen ſollte, wegen der freien und offe—⸗ 
nen Lage des Flußbetts und der beigeſchobenen Lage der 
Wieſe, das Flußwaſſer nicht weit auf die Grasnarbe hin— 
treten. Zum dritten wird durch den allmaͤhligen Fall der 
Wieſe, von der Hauptwaͤſſerung bis in das Flußbett, eine 
gänzliche Ueberſchwemmung des Wieſenthals verhuͤtet, wel— 
ches bei der gewöhnlichen Lage der Wieſen und der Fluß— 
bette, bei einem ſtarken Regenguſſe, faſt unvermeidlich iſt. 
Viertens iſt ein bis in das Flußbett hingeſchobenes Geſtade, 
ſo zu ſagen, gegen alles Einreißen und Untergraben von dem 
Strome geſichert. Und letztens, durch die Bauung der Wieſe 
bis in das Flußbett hin, wird viel Flaͤchenraum fuͤr den 
Wieſenbau gewonnen. Um aller dieſer Gruͤnde willen iſt es 
ſehr rathſam, die Wieſen in einem richtigen Fall nach allen 
Punkten zu ſenken und ſie bis in das Flußbett hinzuſchieben, 
wie ich dieſes aus eigener Erfahrung ſicher weiß. 

So gut und noͤthig es zu einer leichten und gefälligen 
Bauung und Bewaͤſſerung einer Wieſe iſt, daß ſie in einem 
Fall von der Hauptwaͤſſerung bis auf die Sohle des Fluß⸗ 
waſſers fortgehet: ſo kann es doch der Fall ſeyn, daß das 
Wieſenthal ſehr flach liegt und das Flußwaſſer ſchmal und tief 
geht. In dieſem Fall waͤre es erforderlich, daß die Haͤlfte 
des Wieſenthals, um ihm den noͤthigen Fall zu geben, tief 
bis zu dem Fluſſe hin abgegraben wuͤrde. Dieß wuͤrde un⸗ 
erſchwingliche Koſten veranlaſſen, und man wuͤrde nicht ein⸗ 
mal wiſſen, wohin man die uͤberfluͤſſige Erde bringen ſollte. 
In dieſem Fall lege man die Wieſe, in einem gemaͤßigten 
Fall von ½ Zoll auf die Ruthe, von der Hauptwaͤſſerung 
bis 5 oder 6 Ruthen breit an dem Geſtade hin an, und 
ſchiebe dann dieſen an dem Geſtade hinlaufenden Theil be— 
ſonders bei, ſo daß er in richtigem Fall bis auf die Sohle 
des Flußwaſſers (doch ohne Ruͤcken, damit auch uͤber ihn 


73 


die Wäfferung von oben herab hinreiche und ſich ergießen 
koͤnne) ſich erſtrecke. 

Wird einmal die bis in das Flußbett hingebaute Wieſe 
im Sommer, wenn ſie Gras hat, von dem Flußwaſſer bei 
einem ſtarken Regenguſſe etwas beſpuͤlet: ſo nimmt das Waſ— 
ſer ſelbſt, durch den Fall der Wieſe, die ſchlammigen Theile 
groͤßtentheils mit fort, ſo daß wenig oder keine Unreinigkeit 
in dem Graſe ſitzen bleibt. Um es aber voͤllig rein zu machen, 
fo rechet man das Gras, wenn es abgetrocknet iſt, des Nach— 
mittags bei Sonnenſchein mit einem Rechen durch; dann 
faͤllt die etwa noch ſtecken gebliebene Unreinigkeit zu Boden, 
und das Futter wird rein und gut. 


6. Die Waldwieſen. 


Um die Waldwieſen erforderlich anlegen zu koͤnnen, 
iſt, naͤchſt der Meſſung, das Erſte, daß man dem Wieſen— 
thal, ſo weit es ſeine Lage zulaͤßt, eine richtige Figur zu 
geben ſuchet, d. h. die Kruͤmmungen, ſo viel es thunlich iſt, 
ausſtreckt; daß man zum Walde hingibt und davon wegſchnei— 
det, wie es nach wechſelſeitiger Uebereinkunft der Eigenthuͤ— 
mer auszutauſchen für gut gefunden wird. Denn gewöhn— 
lich laufen die Waldwieſen mit vielen Kruͤmmungen in den 
Wald, und ſo umgekehrt, der Wald in die Wieſe hinein, 
wodurch eine fehlerhafte Holzkultur und ebenſo ein fehlerhaf— 
ter Wieſenbau veranlaßt wird. Es iſt daher gut, wenn 
vor der neuen Anlage der Waldwieſen dieſe Fehler gehoben 
und durch eine ſchickliche Ausgleichung die Holzkultur ver— 
mehrt und der Ertrag der Waldwieſen verbeſſert wird. 

Es iſt, wie ſchon oben unter den Fehlern des Wieſen— 
baus iſt gezeigt worden, dem Wieſenbaue ſehr nachtheilig, 
wenn die Aeſte der Baͤume ſich uͤber die Wieſe ausbreiten, 
und daher ſehr gut, wenn die uͤberhaͤngenden Aeſte auf An⸗ 
weiſung der Forſtbehoͤrde weggenommen werden. 

ö Die in die groͤßte Unordnung gerathenen Hecken um 


74 


die Waldwieſen, die keine Befriedigung gewaͤhren, muͤſſen, 
ſammt allem ſonſtigen Geſtraͤuche und Erlenbaͤumen ganz 
weg. Alles abgefallene Baumlaub iſt der Vegetation der 
Grasnarbe ſehr ſchaͤdlich, beſonders das Erlenlaub. Darum 
reute man nah und fern alles Erlenholz ganz weg. 

Der Fall der Waldwieſen, nach ihrer Breite und 
Laͤnge, laͤßt ſich gewoͤhnlich nicht viel aͤndern, man muß ihn 
daher nehmen wie er iſt; nur berichtigen und ausgleichen 
laͤßt er ſich zuweilen. Aber es iſt bemerkenswerth, daß ihr 
Fall nach der Breite der Wieſen gewoͤhnlich nach Suͤden 
gehet, d. h., daß die Wieſe auf der Nordſeite hoch, und 
auf der Suͤdſeite tief liegt; welches, wenn die Lage gut 
ſeyn ſollte, gerade umgekehrt ſeyn muͤßte. 

Die Urſache, woher dieß kommen mag, iſt hoͤchſt wahr— 
ſcheinlich dieſe, daß dieſe Wieſen, wer kann ſagen, ſeit wie 
lange, als Wieſen oder als Waldbloͤßen zwiſchen den Waͤl— 
dern gelegen haben, und jedes Jahr, nach uͤberſtandenem 
Winter, auf der Mittagsſeite durch die erwaͤrmenden Strah— 
len der Sonne aufthaueten; dagegen auf der Nordfeite durch 
die kalte Lage und den Schatten des Waldes geſchloſſen 
blieben. Das abgehende Schneewaſſer zog ſich dann nach 
der Mittagsſeite und ſpuͤlte die vom Froſte entbundene und 
locker gewordene Erde mit fort; auf dieſe Art ſenkten ſich 
hoͤchſt wahrſcheinlich die Waldwieſen auf der Mittagsſeite; 
und daher ihre unguͤnſtige Lage. 

Bei dem Anlegen der Waldwieſen muß man, wie bei 
einer jeden andern Wieſe, die angelegt werden ſoll, mit der 
Bergwage ihren Fall unterſuchen und danach berechnen, wie 
viel Fall auf jede Ruthe gegeben werden muß; wie dieß iſt 
gezeigt worden. a 

Da die Waldwieſen gewoͤhnlich, beſonders auf der 
Nordſeite, mooſig ſind, ſo muß man vor der neuen Anlage 
die Grasnarbe mit einem eiſernen Rechen recht ſtark durch— 
kratzen, damit vor dem Zerſchneiden des Raſens in Stüde 


. 


AR 


79 


alles Moos von der Grasnarbe wegkommt. Wenn dieß ges 
ſchehen iſt, dann nimmt man den Raſen ab, wie bei der 
Anlage ſuͤßer Wieſen iſt gezeigt worden. Dann fuͤhret man 
rund um die Waldwieſe einen 2 Fuß weiten und tiefen 
Graben, in dem man das aus dem Wald abgehende Schnee— 
waſſer abfuͤhret, wenn man es nicht haben will. Aus die— 
ſem Hauptgraben müffen von der Seite, wo die Wieſe ihren 
Fall hin hat und ſich das Waſſer hinziehet, Waͤſſerungen an— 
gelegt werden, denen auf eine Ruthe ½ Zoll Fall gegeben 
wird, um das Waſſer bis auf den etwa an einem Abhang 
liegenden Saum der Wieſe hin zu bringen. Denn dieſem 
hochliegenden Theile der Wieſe thut eigentlich das Bewaͤſſern 
am noͤthigſten. Dieſe Waͤſſerungen koͤnnen, nachdem die 
Lage der Wieſe iſt, gerade gebogen, ſo oder anders gefuͤhrt 
werden, wie es die Umſtaͤnde noͤthig machen. Sie werden 
2 Ruthen von einander uͤber die ganze Wieſe hin angelegt, 
wovon die oberſte gleich oben an zu liegen kommen muß. 
Es kann aber auch der Fall ſeyn, daß das Waſſer 
ſeit langer Zeit mitten durch die Wieſe ſeinen Gang hatte. 
Iſt dieß, ſo wirft man, nach Verhaͤltniß des etwa zu erwar— 
tenden Waſſers, einen Hauptgraben aus und fuͤhret Waͤſſe— 
rungen auf beiden Seiten hin, denen man, wie geſagt, auf 
die Ruthe ½ Zoll Fall gibt. Da bei Abgang des Schnees 
oft viel Waſſer von den Bergen in dem Walde zuſammen— 
ſchießt, ſo muß der Hauptgraben beigeſchoben werden, damit 
das Waſſer ſich auf der Wieſe ausbreiten kann, und es 
nicht genoͤthiget iſt, in die Wieſe einzureißen. In den Wald— 
wieſen ergießen ſich auch oft Quellen, die zum Bewaͤſſern der 
Wieſe brauchbar oder unbrauchbar ſind. Ihr Waſſer iſt oft 
kalt und ſchwer, oder fuͤhrt Ocher bei ſich; in dieſen Faͤl— 
len iſt es zum Bewaͤſſern der Wieſe unbrauchbar, und da 
fuͤhret man eine ſolche Quelle durch Schuttkanaͤle, wie bei 
dem Baue ſauerer Wieſen iſt gezeigt worden, ab. Iſt aber 
ihr Erguß gut, waͤchſt das Gras ſchoͤn, da wo ſie ſich 


76 


über die Grasnarbe ergießet, fo faſſet man fie, wie oben 
bei der Verbeſſerung ſauerer Wieſen iſt gezeigt worden, und 
legt, um ſie zu benutzen, Waͤſſergraͤben, aber auch Abzugs⸗ 
graͤben an, damit man die Wieſe zur rechten Zeit trocken 
legen kann. * 

Oft ſind die Waldwieſen ſauer und ſumpfig, ohne daß 
man dieß Uebel einer zu Tag ausgehenden Quelle zuſchrei⸗ 
ben koͤnnte, blos durch das Zuſammenrinnen der Naͤſſe aus 
den Bergen. Iſt dieß, ſo muß man ſie trocken legen, wie 
bei Verbeſſerung ſauerer Wieſen iſt gezeigt worden. 

each dieſen vorlaͤufigen Bauungen ſchreitet man zum 
Planiren des Bodens, wie bei dem Baue ſuͤßer Wieſen iſt 
gezeigt worden, und verbaut die bei dem Auswerfen dieſer 
oder jener Gräben, entübrigte Erde. Dann legt man den 
abgenommenen Raſen wieder auf, wie bei dem Baue ſuͤßer 
Wieſen vorgekommen iſt, oder falls er ſauer und zum Auf 
legen untauglich waͤre, ſo ziehet man eine friſche Grasnarbe 
auf dem geebneten Boden, wie bei dem Baue ſauerer Wie 
fen Hr gelehrt worden. 

Die Waldwieſen muͤſſen alljaͤhrlich im Fruͤhjahre, wenn 
man die Wieſen putzt, mit einem eiſernen, doch nicht zu 
ſcharfen Rechen abgekratzt werden, um die Grasnarbe von 
allem Mooſe rein zu halten, welches ſich gewoͤhnlich auf den 
Waldwieſen erzeugt. 

Da der Grasſame in der ſchattigen Lage der Wald— 
wieſen oft nicht vollkommen reif wird, und die Wieſen bald 
duͤnngraſig werden, ſo thut man wohl, wenn man ſie von 
Zeit zu Zeit, etwa alle drei Jahre, mit Heu- und Kleeſa⸗ 
men beſtreuet. 

Wer von feinen Waldwieſen einen guten und vollkom— 
menen Nutzen ziehen will, muß ſie alljaͤhrlich mit Miſt, 
Ruß oder Aſche dungen. 

Da das Baumlaub aͤtzend iſt, ſo muß dieß ſowohl im 


77 


Spaͤtherbſte, wie im Fruͤhjahre, von der Wieſe rein abge 
recht werden. 

Das Wild beeintraͤchtiget in manchen Gegenden die 
Waldwieſen ſehr. Auch graben die Dachſe in denſelben nach 
den Kuͤmmelwurzeln, wodurch die Grasnarbe ſehr verdor— 
ben wird. Dieſen Schaden abzuwenden, bedienet man ſich 
verſchiedener Stink-Oehle, z. B. Franzoſen-Oehl, Oleum 
ligni gujac.; Stein-Oehl, Oleum petrae nigrum, oder 
Hirſchhorn-Oehl, Oleum Cornu Cervi. Ein jedes dieſer 
ſehr uͤbelriechenden Oehle iſt gegen die Beeintraͤchtigung alles 
Wildes und das Graben der Dachſe ein wirkſames Mittel. 
Das eine oder andere dieſer Stinkoͤhle ſtreichet man auf ein 
Brett, oder wenn die Wieſe lang iſt, auf mehrere; und ſchlaͤgt 
die mit einem ſolchen Oehle beſtrichenen Bretter umgekehrt, ſo 
daß das Stinkoͤhl nach unten zu ſtehen kommt, auf 4 Fuß 
lange Pfaͤhle, die hier und da in die Wieſe eingeſtoßen wer— 
den, mit einem Nagel feſt. Von Zeit zu Zeit muß der An— 
ſtrich erneuert werden. Man kauft dieſe Oehle in den Apo— 
theken. Mit 8 oder 10 Kreuzer kann ſchon ein großer 
Diſtrikt gegen das Wild ſicher geſtellt werden. 


7. Die Feldwieſen, oder Trieſche. 


Feldwieſen oder Trieſche find gewoͤhnlich ganz unge— 
achtete Stuͤcke Landes, die wegen zu großer Naͤſſe zwiſchen 
den Fruchtfeldern als untauglich zum Ackerlande zum Gras— 
wuchſe liegen bleiben. Durch die große Verwahrloſung die— 
ſer Grundſtuͤcke werfen ſie aber als ſolche wenig oder keinen 
Nutzen ab; man erntet wenig und ſchlechtes, ſchmieliges Heu 
auf denſelben, und zum Grummet oder Nachheu werden ſie 
gar nicht gemaͤhet. Sie werden ſich aber unfehlbar, wenn man 
ſie erforderlich anlegt, mit dem fetten Feldwaſſer bewaͤſſert, 
und wo dieß nicht zureicht, alljaͤhrlich mit einem guten Duͤnger 
verſteht, zu dem Ertrage der erſten und beſten Wieſen erheben. 

Bei Aufzaͤhlung der herrſchenden Fehler des Wieſen— 


78 


baus iſt es ſchon gezeigt worden, was gewoͤhnlich dieſen 
Wieſen fehlet und abgehet; wir haben alſo hier unſere Auf— 
merkſamkeit dahin zu richten, dieſe Fehler wegzuſchaffen und 
zu verbeſſern. Und da iſt denn das Erſte, daß die breiten 
und hohen Hecken, die ſie umgeben, weggeſchafft, die Grenze 
zwiſchen Wieſen und Feldern genau berichtiget und durch 
einen Fußweiten Graben bezeichnet werde. 

Die Feldwieſen liegen gewoͤhnlich, wegen den Feldern, 
worin ſie ſich finden, in einem gewiſſen Zwange; man muß 
ſie daher ſo bauen, wie es ihre Lage zulaͤßt. Faͤllt die 
Feldwieſe von beiden Seiten nach der Mitte, ſo legt man 
ſie in zwei Haͤlften an, zwiſchen denen der Abzugs- und 
Waͤſſergraben mitten durchgeht. Liegt eine Feldwieſe ganz 
flach, ſo daß ihr auch von keiner Seite zur Fruͤhjahrs- und 
Herbſtzeit einiges Waſſer zugefuͤhrt werden kann: ſo reinigt 
man ſie nur von Steinen, Hecken und Straͤuchen, umgibt 
ſie mit einem Graben und ſucht ihr jaͤhrlich durch einen gu— 
ten Duͤnger zu helfen. Hat aber die Feldwieſe nach einer 
Seite einen Fall, ſo baut man dieſe Lage, ſo gut es ſich 
nur thun laͤßt. 

Man nehme alſo die Bergwage zur Hand und ſehe, 
wie viel Fall auf die Ruthe gegeben werden muß. Dann 
nimmt man den Raſen ab, ebnet den Boden und legt den 
Raſen wieder auf; die uͤberfluͤſſige Erde bringt der Eigen- 
thuͤmer auf ſeine Aecker, um dieſe damit zu verbeſſern. 

Das Waſſer, das bei anhaltendem Regen oder Ab— 
gang des Schnees von dem Felde abrinnt, muß bei den 
Feldwieſen ſorgfaͤltig benutzt werden. Denn das Feldwaſſer 
enthaͤlt durch den Duͤnger, der dem Felde gegeben wird, 
viele Nahrungsſtoffe, die ſonſt verloren gehen; die aber, 
wenn ſie zum Bewaͤſſern der Feldwieſen verwendet werden, 
von beſonderem Nutzen ſeyn koͤnnen, und fo erhalten wers 
den. Um aber die Feldwieſe nicht zu uͤberſchlaͤmmen, ſo legt 
man auf der Seite, wo das Waſſer der Wieſe zufließt, 


79 


einen Fanggraben, und aus dem Fanggraben die Waͤſſerung 
an. Je nachdem die Wieſe und das nach der Feldwieſe zu 
gehende Waſſer ſtark iſt, muß der Fanggraben weit und groß 
werden. Unter demſelben werden zwei, drei und mehrere 
Seitenwaͤſſerungen angelegt. Der Fanggraben muß uͤber der 
ganzen Feldwieſe herlaufen. Es muß ihm eine ganz hori— 
zontale Lage gegeben werden, damit das Waſſer an keinem 
Orte hoͤher ſtehe, als an dem andern. Zwei Fuß unter dem 
Fanggraben werden, je nachdem die Wieſe breit iſt, ein 
auch mehrere Seitenwaͤſſerungen von 1 Fuß Weite und ½ 
Fuß Tiefe angelegt. Aus dem Fanggraben nach den Sei— 
tenwaͤſſerungen werden Aufſchlagsgraͤben angelegt und dieſe 
mit kleinen Schleuſen verſehen. Doch duͤrfen die Aufſchlags— 
graͤben, wodurch das Waſſer aus dem Fanggraben in die 
Seitenwaͤſſerung gelaſſen wird, nicht tiefer als 1 Fuß aus— 
geſtochen werden, damit die ſchweren Erdtheile nicht mit in 
die Seitenwaͤſſerungen uͤbertreten. Aus den Seitenwaͤſſerun— 
gen, die voͤllig horizontal angelegt werden muͤſſen, ſteigt 
denn das Waſſer auf die Grasnarbe ſanft und ruhig zum 
Bewaͤſſern hin. 

Oft iſt die Lage der Feldwieſe ſo, daß nicht nur oben 
herunter von dem Felde, ſondern auch von der einen oder 
andern Seite Waſſer zurinnt. Iſt dieß, ſo muͤſſen auch da 
Fanggraͤben ausgeworfen werden, um auch von dieſem Waſ— 
ſer gleichen Nutzen zu ziehen. 

Hat die Feldwieſe eine ſolche Lage, daß ſie in ihrer 
Mitte zuſammen faͤllt, ſo macht man die Anlage ſo, daß 
aus den Seitenwaͤſſerungen, die unter dem Fanggraben an— 
gebracht ſind, ein drei bis vier Ruthen breites Stuͤck bewaͤſ— 
ſert wird; aber unter dieſem Stuͤcke ziehet man ohne Zwerg— 
graͤben der Laͤnge nach durch die Wieſe einen Fußbreiten 
und tiefen Graben, um das von dem oberen Stuͤck abfließende 
Waſſer darin aufzufangen. Aus dieſem mittleren Hauptgra⸗ 
ben werden Arme ausgefuͤhrt, mehr oder weniger, wie es 


80 


die Lage haben will, die ſich aber nach dem aͤuſſerſten Ende 
ſenken und auf eine Ruthe ½ Zoll Fall haben muͤſſen, da⸗ 
mit das Waſſer uͤberall aus dieſer gebogenen Seitenwaͤſſe— 
rung auf die Wieſe ganz ruhig uͤberſteige, und doch zugleich 
auf den entfernten Punkt der Wieſe hingeleitet werde. Dieſe 
Seitenwaͤſſerungen werden zur Rechten und zur Linken aus 
dem mittleren Abzugsgraben von drei Ruthen zu drei Ruthen 
durch die ganze Feldwieſe abgeleitet, fo daß das Waſſer ge 
geben, wieder aufgefangen, wieder aufgeſchlagen und ſo oft 
benutzt wird, wie es nur moͤglich iſt. Daß das Waſſer bei 
dem Bewaͤſſern nur einmal mit Nutzen aufgeſchlagen werden 
koͤnne, iſt ein Irrthum. Denn ſo viel anziehende Kraft die 
Grasnarbe hat, ſo iſt ſie doch nicht vermoͤgend, alle in dem 
fetten Feldwaſſer befindlichen Nahrungsſtoffe alsbald aufzu⸗ 
fangen und ſich zuzueignen. Die groͤberen, ſchwereren Theile 
bleiben wohl auf dem oberen Theile der bewaͤſſerten Wieſe 
ſitzen, aber feinere Fettheile und Salze, die ſich aufgeloͤſet 
haben und im Waſſer im Umſchwunge ſind, rinnen oft weit, 
ehe ſie von der Grasnarbe angezogen werden und ſich auf 
derſelben abſetzen. 


Fuͤnfter Abſchnitt. 


Von dem Wehr⸗ und Schleuſenbaue, oder von 
der Anlage großer Waͤſſerungen. 


IJ. Von dem Wehrbaue überhaupt. 


Wobrend man ſich mit der Anlage der Wieſen beſchaͤftiget, 
muß auch der Bau der Wehre unternommen werden, damit 
man die Herbſt- und Fruͤhlingsfluthen der neuen Anlage zu⸗ 
weiſen koͤnne. 8 


si 


Der Wehrbau iſt das wichtigſte und ſchwerſte Geſchaͤft 
beim Wieſenbaue. Bei ſtarkem und oft reißendem Waſſer, 
wie faſt alle Baͤche und Fluͤſſe in bergigen Gegenden ſind, 
kann man bei der Anlage der Wehre nicht vorſichtig genug 
ſeyn. 

Die beſte Zeit zum Wehrbaue iſt, wie es ſich von ſelbſt 
verſtehet, der Sommer, wo das Waſſer klein iſt und nie⸗ 
drig ſteht. Da aber auch zu der Zeit oft unverſehens Re⸗ 
genwetter eintritt, ſo muß man auch dann alle Vorſicht an⸗ 
wenden, daß nicht ein unverſehenes Anſchwellen des Fluß— 
waſſers die unternommene Arbeit zerſtoͤren kann. f 

Das Erſte alſo iſt, daß man alle Baumaterialien zu 
dem vorhabenden Wehrbaue, ehe man zu bauen anfaͤngt, 
reichlich herbeiſchafft, damit man den Wehrbau zu der guͤn⸗ 
ſtigſten Zeit, ſo eilend wie moͤglich anfangen und vollenden 
kann. Es darf alſo an keinem Baumaterial fehlen, da ein 
ſchwerer Gewitterregen mehr zerſtoͤren kann, als etwa der 
Ueberfluß des einen oder anderen Baumaterials betraͤgt. 

Die Stelle, wo das Wehr in den Fluß gelegt wer— 
den ſoll, iſt ſchon bei dem Abwaͤgen und Beſtimmen des 
Ganges der Hauptwaͤſſerung durch einen eingetriebenen Pfahl 
bezeichnet worden. Auch gibt der ausgeworfene Waͤſſergra— 
ben die Stelle zu erkennen, wohin das Wehr zu liegen kom- 
men ſoll. Man legt das Wehr, je nachdem das Waſſer 
ſchwach oder ſtark iſt, näher oder entfernter unter die Muͤn⸗ 
dung der Waͤſſerung. Bei ſchwachen und kleinen Baͤchen 
legt man das Wehr nur einige Fuß unter die Waͤſſerung. 
Bei ſtarken Waſſern aber, z. B. der Dille, der Ave, Elbe, 
noch mehr in der Lahn und aͤhnlich ſtarken Waſſern, legt 
man ein Wehr 25, 30 bis 40 Fuß unter der Mündung der 
Hauptwaͤſſerung an. Der Grund, warum man ein Wehr 
nicht gegen oder gleich unter der Muͤndung der Waͤſſerung 
anlegt, iſt, damit nicht die ſchweren Theile, als Steine und 
Sand, die das Waſſer bringt, in die Waͤſſerung getrieben 

6 


82 


werden. Der Waͤſſergraben wuͤrde, wenn das Wehr zu nahe 
laͤge, ſich bald ſo anfuͤllen, daß dieſe durch den laͤſtigen Schutt 
ganz zu geſetzt wuͤrde. Die Wieſen ſelbſt wuͤrden darunter 
ſehr leiden, und wenn es nicht jedes Jahr geſchaͤhe, fo wür- 
den fie doch oft mit Koth und Schlamm bedeckt werden. 
So wuͤrde alſo durch eine zu nahe Lage des Wehres, das 
Wehr mehr zum Verderben, als zum Nutzen der Wieſe 
ſeyn. Legt man das Wehr zu weit unter die Waͤſſerung, ſo 
muß man das Wehr hoͤher bauen, alſo mehr Koſten anwen⸗ 
den, als eigentlich erforderlich iſt. Wird das Wehr höher 
geführt, als es eigentlich werden müßte, fo wird es ſchwaͤ— 
cher, und der Druck des Waſſers ſtaͤrker; das Wehr ſelbſt, 
oder des Wehres Koͤpfe koͤnnen dann leicht Schaden leiden. 
Und wenn auch dieß nicht waͤre, ſo gehen, wenn das Wehr 
zu weit unter die Waͤſſerung gelegt iſt, die beſten und nähe 
rendſten Stoffe uͤber das Wehr fort, und ſo fuͤr die Wieſe 
verloren. Aus allen Lieſen Gruͤnden ergibt ſich, daß die 
Beſtimmung der Lage des Wehrs einer reifen Ueberlegung 
bedarf, damit man das Wehr nicht zu nahe und nicht zu 
fern von der Muͤndung der Waͤſſerung lege. 


Vom Abſchlags damm. 


Ehe man zu dem Wehrbaue ſchreitet, muß man durch 
einen ſchraͤgen, in dem Flußbett geſchlagenen Damm das 
Waſſer, das in dem Flußbett ſtehet, von der einen bis zur 
andern Seite des Geſtades, und ſo zur Seite neben dem 
neuen Wehre durch zu fuͤhren ſuchen. Wenn es nicht zu viel 
Waſſer iſt, ſo kann man es auch in den neuen Waͤſſergra⸗ 
ben leiten und es ſo weiter zu bringen ſuchen, bis man den 
Wehrbau vollendet hat. Auf jeden Fall muß aber in dem 
neuen Wehrbaue eine Oeffnung bleiben, um entweder alles 
Waſſer dadurch zu fuͤhren, oder doch das Waſſer, was durch 
den Sand unter dem Damm durchrinnt, abzuleiten. 

Zu der Auffuͤhrung des ſchraͤgen Dammes ſchlaͤgt man 


83 


zwei Reihen Pfaͤhle. Die Laͤnge und Staͤrke der Pfaͤhle 
richtet ſich nach der Groͤße des Dammes, und dieſer nach 
der Staͤrke des Flußwaſſers, welches man abfuͤhren will; 
wobei man auch auf eine moͤgliche Anſchwellung des Fluſſes 
Ruͤckſicht nehmen muß. Die Breite des Damms richtet ſich 
ebenfalls nach der Staͤrke und Höhe des Waſſers. Die ger 
woͤhnliche Breite bei einem maͤßigen Flußwaſſer iſt 4 Fuß. 
In der Linie werden die Pfaͤhle 3 Fuß weit von einander 
geſchlagen und mit jungen Buchenruthen durchflochten. Den 
Zwiſchenraum dieſer geflochtenen Pfaͤhle fuͤllet man mit Nas 
ſen und Erde, am beſten mit ſauerem Raſen oder Lehm aus, 
wenn das eine oder andere eben ſo leicht zu haben iſt. Die 
Fuͤllung, woraus ſie auch beſtehen mag, ſtoͤßt man mit 
einem Stoͤßer feſt. Iſt es aber ein Bach, den man abdaͤm⸗ 
men will, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß man ſolche ber 
deutende Vorkehrungen nicht noͤthig hat; man kann alsdann 
zur Sommerszeit das wenige Waſſer, das in dem Bachge— 
ſtade ſtehet, durch einen kleinen Abſchlagsdamm in die neue 
Waͤſſerung hinweiſen. 


Von der Hoͤhe des Wehres und deſſen 
Abwägung. 


Die Höhe des Wehrs muß fo genommen werden, daß 
die erforderliche Menge Waſſer, die zum Bewaͤſſern der Wieſe 
noͤthig iſt, in dem Fluſſe aufgeſchwellet und in die Waͤſſerung 
hingewieſen wird. Nimmt man die Hoͤhe des Wehrs zu 
hoch an, ſo uͤberſtroͤmt das Waſſer bei einer Fluth die Wieſe 
zu ſehr, es reißt ein und bringt ſichtbaren Schaden; auch 
wird dann das Wehr, wie fihon angemerkt worden, zu 
ſchwach, und leidet leichter Schaden. Legt man das Waſſer 
zu tief, ſo gehen die beſten und naͤhrendſten Stoffe, die im 
Waſſer im Umſchwunge ſind, uͤber das Wehr fort und man 
hat auch nicht Waſſer genug zum Bewaͤſſern. Es kommt 
alſo ſehr viel darauf an, daß dem Wehr die rechte Hoͤhe ge⸗ 


84 


geben wird. Die Höhe des Wehrs muß ſich nach dem Flaͤ⸗ 
chenraum richten, der bewaͤſſert werden, und nach der Staͤrke 
des Flußwaſſers, worein es gelegt werden ſoll. Bei einer 
großen Waͤſſerung fuͤr ein ganzes Wieſenthal muß man die 
Hoͤhe des Wehrs ſo nehmen, daß das Waſſer 2½ bis 3 
Fuß hoch, in einem 12 bis 45 Fuß breiten Waͤſſergraben, 
bei gewoͤhnlichem Stande des Flußwaſſers, zu ſtehen kommt. 
Um nach Gefallen noch mehr aufſchwellen zu koͤnnen, als 
die eigentliche Hoͤhe des Wehrs betraͤgt: ſo thut man wohl, 
wenn man auf ſteinerne Wehre, auf die oberſten Schwellen, 
3, 4 und mehrere Boͤcke von 1½ Fuß Höhe aufſetzt, gegen 
welche man Bretter anlegt, wenn man mehr Waſſer haben 
will; hiervon weiter unten. 

Um nun genau zu erkennen und zu wiſſen „ wie hoch 
ein Wehr gebaut werden muß, ſo ſchlaͤgt man in die Muͤn⸗ 
dung des abgewaͤgten und voͤllig ausgeworfenen Waͤſſergra⸗ 
bens einen Pfahl, der wohl ſo lang und etwas laͤnger aus 
der Erde hervor ſtehet, als das Waſſer in der Waͤſſerung hoch 
ſtehen ſoll. Waͤre der Pfahl laͤnger als der angenommene 
Stand des Waſſers in der Waͤſſerung iſt, ſo bezeichnet man 
die Hoͤhe, welche das Waſſer in der Waͤſſerung haben ſoll, 
an dem Pfahle mit einem deutlichen und ſehr kenntlichen 
Striche von weißer oder ſchwarzer Farbe. Dann treibt man 
da, wo bei dem Wehrbau die Schneide des Wehres hinzu⸗ 
liegen kommt, mitten in dem Flußbett einen ſenkrecht ſtehen⸗ 
den Pfahl, am beſten von geſchnittenem Eichenholze, ein, 
der etwas hoͤher heraufſtehet, als das Geſtade iſt, oder der 
ungefaͤhr die Hoͤhe des zu erbauenden Wehres hat. Hierauf 
nimmt man ein Senkblei, das an einer Kordel haͤngt, und 
haͤlt es an dieſen aufgerichteten Pfahl, und ſuchet ſich genau 
davon zu uͤberzeugen, daß der Pfahl vollkommen gerade 
ſtehet, welches durchaus noͤthig iſt. Dann ſtellt man die 
Waſſerwage auf die Seite des Geſtades gegen die Muͤndung 
der Hauptwaͤſſerung uͤber, und gibt der Waſſerwage eine 


& 


ſolche Stellung, daß die Viſirringe an der Waſſerwage un: 
gefaͤhr parallel mit dem in der Muͤndung bezeichneten Pfahl 
ſtehen. Sollte das Geſtade, welches anzunehmen iſt, da zu 
hoch ſeyn, wo die Waſſerwage hin zu ſtehen kommt, daß 
alſo dieſes Juſtrument gegen den bezeichneten Punkt zu hoch 
zu ſtehen kaͤme: ſo muß man die Waſſerwage in das zur 
Sommerszeit trockene Flußbett ſtellen; und wenn das noch 
nicht genuͤgen ſollte, ſelbſt das Stativ der Waſſerwage durch 
Eingraben zu ſenken ſuchen, damit man vollkommen auf den 
in dem Waͤſſergraben bezeichneten Pfahl viſiren kann. Hat 
man nun einen bequemen Standpunkt fuͤr die Waſſerwage, 
fo viſiret man nach dem bezeichneten Pfahle in dem Waͤſſer— 
graben und nimmt genau das gemachte Zeichen in Acht, 
drehet dann die Waſſerwage ſanft nach dem in dem Fluß⸗ 
bett ſtehenden Pfahle um und viſiret den angegebenen Punkt 
auf denſelben ab. Bei dieſem Geſchaͤfte muß man einen Ge— 
huͤlfen haben, der die Hand in der Gegend an den Pfahl 
haͤlt, wo ungefaͤhr das angenommene Maß hintraͤgt, und 
dem man dann zuruft, hoͤher oder tiefer mit der Hand zu 
ruͤcken, bis er den viſirten Punkt getroffen hat, welchen man 
dann deutlich bezeichnet. Waͤre das Flußbett breit, und es 
muͤßte, wegen der Staͤrke des Flußwaſſers, ſo breit bleiben: 
fo ſchlaͤgt man zwei, drei und mehrere dieſer'Pfaͤhle in ge— 
rader Richtung in das Flußbett, ſo daß ſie gleich weit von 
dem Geſtade und dem in der Mitte ſtehenden Pfahle ent— 
fernt ſind. Dann ſtellet man dieſe Pfaͤhle gleich, oder be— 
zeichnet vielmehr, durch Huͤlfe eines langen Richtſcheits und 
einer Bleiwage, an den dreien oder mehreren Pfaͤhlen 
eine vollkommen wagrechte Linie. Dieſe Pfaͤhle bezeichnen 
die Hoͤhe des Wehrs, wonach man ſich bei dem Wehrbaue 
richten muß. Man begreift alſo leicht, daß ſehr viel, ja 
alles, auf genaue und vollkommene Richtung und Bezeich— 
nung dieſer Pfaͤhle ankommt. Die in der Muͤndung der 
Waͤſſerung bezeichnete Hoͤhe muß alſo ganz horizontal mit 


86 


den in dem Flußbett bezeichneten Pfaͤhlen ſtehen, und wenn 
dieß iſt, dann bekommt das Wehr die noͤthige und richtige 
Höhe. 
Bei dem Abwaͤgen der Höhe kleiner Wehre und der 
Schleuſen kann man kuͤrzer zu Werk gehen, und muß es ge⸗ 
wiſſermaßen, weil der Waſſerwage bei einer kleinen Anlage 
nicht leicht eine ſchickliche Stellung gegeben werden kann. 
Man ſchlaͤgt darum in gerader Richtung mit dem in der 
Muͤndung des Waͤſſergrabens ſtehenden Waſſermaße einen 
Pfahl in das Flußbett, und ſtellt beide Pfaͤhle, mit Huͤlfe 
eines langen Richtſcheits und der Bleiwage, ganz gleich. 
Und nun ſchlaͤgt man den dritten Pfahl in dem Bachbett das 
hin, wo das Wehrchen oder die Schleuſe kommen ſoll, und 
gibt auch dieſem, durch das Richtſcheit und die Bleiwage, 
gleiche Höhe mit den beiden übrigen Pfaͤkhlen. Man kann 
auch gerade von dem Pfahle, der in dem Waͤſſergraben ſte— 
het, auf denjenigen hinwaͤgen, der in dem Bachgeſtade ſtehet; 
aber dann muß man die Hoͤhe des Raums abzuziehen nicht 
vergeſſen, der ſich zwiſchen beiden Punkten findet. 


Von dem Falle des Wehres, wie dieſer zu 
finden und zu bezeichnen iſt. ö 


Man darf ein Wehr nicht zu jaͤhe anlegen. Jaͤhe 
Wehre dauern nicht lange; dagegen ſanft fallende Wehre wis 
derſtehen der Gewalt des Waſſers. Ueber jaͤhe Wehre ſtuͤrzt 
das Waſſer mit zu großer Gewalt hinab, und graͤbt unter 
dem Wehre oft Stockwerk tief und tiefer in das Flußbett 
ein. Daher es denn kommt, daß die in dem Wehr ſtecken⸗ 
den Pfaͤhle und Reiſer ſammt deren Aufſchlag mit Raſen, 
oder wenn es ein Wehr aus Steinen iſt, die Steine zum 
Weichen kommen und das Wehr, ehe man es vermuthet, 
weggeriſſen wird und verloren gehet. Man hat es erfahren, 
daß große, koſtbare Wehre aus Steinen faſt jedes Jahr mehr 
oder weniger Schaden litten, ja oft ganz weggeriſſen wur⸗ 


87 


den, und das blos deßwegen, weil fie zu jühe angelegt was 
ren. Aber ſeit man ihnen einen ſanfteren Fall gegeben hat, 
und alſo dieſer Fehler verbeſſert iſt, ſtehen fie mit einer uns 
wandelbaren Dauer. Man lege darum nie ein Wehr zu 
jaͤhe an, ſondern gebe ihm nach der Bergwage 108 Grade Fall. 

Das Abmeſſen und Bezeichnen des Falls bei einem 
Wehre aus Raſen geſchiehet auf folgende Art. Man mißt 
mit einem Maßſtabe, woran Fuß und Zoll bezeichnet ſind, 
an dem in der Mitte des Flußbetts ſtehenden Pfahle, der 
die Hoͤhe des Wehres bezeichnet, wie viel Fuß und Zoll das 
Wehr hoch werden ſoll. Alsdann legt man den Maßſtab 
mit dem einen Ende unten auf dem Boden des Flußbetts, 
gegen den aufrecht ſtehenden Pfahl an, und mißt von da 
noch dreimal fo weit in dem Flußbett abwärts, als die an— 
genommene Hoͤhe betraͤgt. Dieß Meſſen muß horizontal oder 
wagrecht geſchehen. Die Hoͤhe des Wehres dreimal genom— 
men, gibt deſſen Grundlinie. Da wo dieſe wagrechte Linie 
nun hintraͤgt, ſchlaͤgt man einen kleinen Pfahl ein. Ziehet 
man nun von der an dem oberen Pfahl bezeichneten Hoͤhe 
nach dem unteren niedrigen Pfahle auf die Sohle des Fluß- 
betts eine abwärts gehende Linie, fo erhält man einen Spitz 
winkel, deſſen obere Hoͤhe 108 Grad nach der Bergwage 
betraͤgt, welche ein Wehr, das dauern ſoll, haben muß. 
Bei dem Abwaͤgen der Hoͤhe eines Wehrs muß die Berg— 
wage die Stellung haben, daß der erſte Grad rechter Hand, 
alſo nach oben, und 180 linker Hand, alſo nach unten, zu 
ſtehen kommt. Soll alſo ein Wehr 6 Fuß hoch werden, ſo 
muß die Grundlinie 18 Fuß betragen. 

Da wo alſo der Maßſtab hinreichet, der die Breite 
des Wehrs beſtimmt, ſchlaͤgt man einen ſtarken Pfahl ein, 
ſpannt oben von dem Pfahle, der die Hoͤhe des Wehrs be— 
zeichnet, eine ſtarke Schnur nach dem unteren Pfahle, und 
befeſtiget auch die Schnur an den unteren Pfahl, da, wo 
die horizontale Linie hintraͤgt. Und damit ſich der obere, 


88 


hoch herauf ſtehende Pfahl nicht ziehen koͤnne, fo befeftiget 
man dieſen, ehe man die Schnur ſpannt, mit Sprießen, 
wobei man das Senkblei zur Huͤlfe nimmt, damit man zu⸗ 
ſiehet, ob er vollkommen gerade ſtehet. Durch dieſe Vorkeh⸗ 
rung bildet man, wie geſagt, die Hoͤhe, welche man dem 
Wehr zu geben hat, und welche man als Maß und Lehre 
zum weiteren Wehrbau bezeichnen muß. 

* Dieſer Pfaͤhle, die ſowohl die Hoͤhe als den Fall des 
Wehres bezeichnen, ſchlaͤgt man, bei einem Wehrbau aus 
Pfaͤhlen, Raſen und Reiſern, mehrere, und ſpannt eben ſo 
viel Schnuren. Die Schnuren muͤſſen, damit ſie ſtets ange⸗ 
ſpannt bleiben, an den oberen Pfaͤhlen über eingeſchlagene 
Naͤgel, noch beſſer uͤber Leiſten, die von einem Pfahle zum 
andern geſchlagen werden, welche die Pfaͤhle noch neben den 
gegebeuen Sprießen um ſo beſſer in der Ordnung halten, 
und dem Ganzen eine gleiche Richtung geben, gezogen und 
mit Steinen behaͤungt werden. Nach dieſer Abzeichnung oder 
Schuurſpannung muß der Wehrbau vorgenommen werden. 
Bei dem Wehrbau aus Steinen gehet man, um den Fall 
zu beſtimmen, anders zu Werk, welches weiter unten vor⸗ 
kommen wird. 


1. Von dem Wehrbau aus Rafen. 


Die Wehre aus Raſen koͤnnen auf eine zwiefache Art 
erbaut werden: 
Aus Pfaͤhlen, Reifern und Raſen oder 
Lehm. 
Aus Pfoſten, Brettern und Raſen oder 
Lehm. ; 


Von dem Wehrbau aus Pfaͤhlen, Reiſern und 
Raſen oder Lehm. 


Die Pfaͤhle zu dem Wehrbau aus Raſen muͤſſen aus 
geſundem Eichenholze, etwa A Zoll ſtark geriſſen, etwas 


89 


behauen und 1 Fuß lang nach unten zugeſpitzt, und oben 
muß ihnen ein etwas beigehauener Kopf gegeben werden, 
damit ſie ſich bei dem Eintreiben ſo leicht nicht ſplittern. 
Die Pfaͤhle zu der erſten und zweiten Reihe muͤſſen um ein 
Drittheil laͤnger ſeyn, als das Wehr hoch werden ſoll, um 
den dritten Theil eines jeden Pfahls in den Boden einzu— 
treiben. Alle Pfaͤhle muͤſſen, ſo viel es moͤglich iſt, gleich 
tief in den Boden getrieben werden. Doch muͤſſen, nach 
den beiden oberſten Reihen, die nachfolgenden Pfaͤhle nach 
dem angenommenen und bezeichneten Falle des Wehres im— 
mer etwas kuͤrzer werden, bis zu der unterſten Reihe, wo 
die Pfaͤhle nur 1 Fuß hoch aus dem Boden hervorſtehen 
duͤrfen. Um ſich aber dabei nicht zu irren, ſo muß man 
die wagerechte Lage des Bodens in Acht nehmen und vorher 
den Boden ebenen. Die Pfaͤhle werden in ihren Reihen 2 
Fuß weit von einander geſchlagen, und, je nachdem das 
Wehr hoch werden ſoll, die Reihen der Pfaͤhle 1½ auch 2 
Fuß im Lichten von einander geſetzt. Je enger und naͤher 
man die Reihen der Pfaͤhle ſetzt, deſto dauerhafter wird das 
Wehr. 

Es iſt leicht voraus zu ſehen, daß nicht alle Pfaͤhle, 
wegen der in dem Boden ſich findenden Hinderniſſe, gleich 
tief eingetrieben werden koͤnnen, welches im Ganzen fuͤr den 
Wehrbau auch keine nachtheiligen Folgen hat. Wenn alſo 
ein Pfahl nicht tiefer gehen will, ſo laͤßt man ihn ruhig 
ſtehen, bis die Pfaͤhle geflochten ſind, das Wehr mit Raſen 
ausgeſchlagen und mit Reiſern bedeckt iſt; alsdann ſchneidet 
man nach einer Schnur die zu lang heraufſtehenden Pfaͤhle 
mit der Saͤge ab. 

Um das Eintreiben der Pfaͤhle zu erleichtern, nimmt 
man ein ſtarkes Stickeleiſen, um vorzuarbeiten, zu Huͤlfe. 
Und um die Pfaͤhle in gerader Richtung zu ſchlagen, ſo 
ſpannet man eine ſtarke Schnur von einem Ende des Ge— 
ſtades zum andern, um die Pfaͤhle danach zu richten. Das 


90 


Eintreiben der Pfaͤhle geſchiehet am geſchwindeſten durch eine 
Treibmaſchine. Dieſe beſtehet aus einem 18 bis 20 Fuß 
hohen Geſtell von 4 aufrecht ſtehenden Pfoſten, welche unten 
in einem Viergeſpanne von gleich ſtarken Schwellen einge— 
ſetzt und mit ſtarken Bucken verſehen find. Oben uͤber die⸗ 
ſem Pfoſtengeſtell befindet ſich wieder ein Viergeſpann, um 
von oben das Geſtell in Ordnung zu halten. Unter dieſem 
oberſten Viergeſpann iſt ein Schwungrad. Ueber dieſes Rad 
laͤuft ein ſtarkes Seil, durch deſſen Huͤlfe ein ſchweres eiche— 
nes Klotz von 3 Fuß Hoͤhe und 2 Fuß Breite im Quadrat 
durch 8 auch 10 Menſchen aufgezogen wird, um es auf einen 
Pfahl fallen zu laſſen und ſo einen Pfahl nach dem andern 
einzutreiben. 

Da aber eine ſolche Treibmaſchine mehr Auſwand er— 
fordert, als zum Eintreiben der Pfaͤhle beim Wehrbau aus 
Raſen erforderlich iſt, ſo unterbleibt eine voͤllige Beſchrei— 
bung dieſer Maſchine. Der Kuͤrze halber laͤßt man das 
Eintreiben der Pfaͤhle durch zwei einander gegenuͤber ſtehende 
ſtarke Maͤnner mit Holzſchlaͤgeln verrichten. Damit dieſe 
Pfaͤhle gerade eingehen, ſo muͤſſen ſie anfangs von beiden 
Maͤnnern mit der linken Hand gehalten, und mit der rech— 
ten die Schlaͤgel gefuͤhrt werden. Es muͤſſen zwei Boͤcke 
gemacht werden, damit dieſe Maͤnner anfangs hoch ſtehen, 
und richtig und mit Kraft ſchlagen koͤnnen. 

Wenn man mit dem Eintreiben der Pfaͤhle fertig iſt, 
ſo wird das Flechten des Wehres vorgenommen. Das 
Flechtwerk wird am beſten aus jungen buchenen Erdſtaͤmmen, 
die ſo ſtark wie Bohnenſtangen ſind, gemacht, wobei die Rei⸗ 
ſer mit eingeflochten werden. Dieß Flechtwerk wird waͤhrend 
der Arbeit oͤfters mit einem Schlaͤgel zuſammen getrieben 
und 1½ Fuß hoͤher herauf geführt, als es mit Raſen 
oder Lehm ausgeſchlagen werden fol. Dieſe 1Y Fuß 
des Flechtwerks werden hernaͤchſt mit Reiſerwuͤrſten ausge⸗ 
fuͤllt; ob ſich dieſes Flechtwerk gleich nach und nach etwas 


91 


verſchlaͤmmet, fo kann es doch nicht mit zu der eigentlichen 
Hoͤhe des Wehres gerechnet werden, da es das Waſſer nicht 
vollkommen haͤlt, und man darum nicht darauf rechnen kann. 

Bei einem etwas bedeutenden Flußwaſſer muß die An⸗ 
lage des Wehres 6 Fuß auf beiden Seiten eingegraben und 
etwas erhaben herauf gefuͤhrt werden, weil das Wehr an den 
Seiten am leichteſten Schaden leidet und durchbrochen wird. 
Hat man das Flechtwerk angelegt, fo fuͤllet man deſſen Zwi— 
ſchenraͤume mit ſauerem Raſen oder trockenem Lehm, wie man 
ihn in der Lehmgrube graͤbt, aus. Beides ſtoͤßt man mit 
einem Pflaſterſtoͤßer ſo feſt, wie es moͤglich iſt, damit kein 
Tropfen Waſſer durchrinnen kann. Die letzte oder oberſte Lage 
Raſen wird dicht und geſchloſſen, und die Grasnarbe nach 
oben zu gekehrt. Man nimmt ſaueren Raſen zum Wehr— 
baue, der lettig und von fettem Thon iſt, weil dieſer das 
Waſſer beſſer haͤlt, als anderer Raſen von brauner oder 
ſchwarzer Erde. Wenn man keinen ſaueren Raſen haben 
kann, man hat aber einen fetten Lehm oder Thon, ſo ver— 
tritt beides ſehr gut die Stelle des ſaueren Raſens. Iſt 
nun das Wehr ſo hoch ausgeſchlagen, wie an dem Maße 
von der Höhe des Wehrs iſt bezeichnet worden, — bei wel— 
cher Höhe jedoch die 1½ Fuß, die mit Reiſerwuͤrſten aus⸗ 
gelegt werden, wie ſchon iſt bemerkt worden, nicht mit ge— 
rechnet werden — ſo ſetzt man auch in der Eile den zur 
Seite gelaſſenen Durchgang des Waſſers, aber ſo innig und 
feſt wie es moͤglich iſt, zu. 

Damit aber das Waſſer den aufgelegten Raſen nicht 
wegſpuͤlen kann, ſondern der ganze Wehrbau feſt und ge— 
ſchloſſen bleibt, ſo befeſtiget man uͤber das ganze Wehr feſt— 
gebundene Reiſerwuͤrſte, die auf folgende Art im Voraus 
gebunden ſeyn muͤſſen, damit ſie dann, wenn man mit dem 
Ausſchlagen des Wehres aus Raſen, Lehm oder Thon fer— 
tig iſt, zum Auflegen bereit liegen, welches alsbald geſche— 
hen muß. 


92 


Um die Reiſerwuͤrſte zu binden, ſchlaͤgt man eine ge⸗ 
doppelte Reihe Pfaͤhle, ſo lang wie das Wehr werden ſoll, 
damit dieſe Reiſerwuͤrſte vollkommen uͤber das ganze Wehr 
hinreichen. Jedem Pfahle gibt man 6 Fuß Länge Die 
Pfaͤhle muͤſſen ſtark wie Hackenſtiele ſeyn. Man ſchlaͤgt die 
Pfaͤhle 2 Fuß weit und lang, in ſchraͤger Richtung gegen 
einander, ſo daß ſich die gegen einander ſtehenden Pfaͤhle in 
ihrer Mitte kreuzen. Hierauf legt man ein Richtſcheit uͤber 
die ſich kreuzenden Pfaͤhle, um fie gleich zu richten, und bin- 
det ſie da, wo ſie ſich einander beruͤhren, mit gewundenen 
Weiden, Birken, oder was man hat, ganz feſt. Dann ruͤckt 
man das Richtſcheit uͤber die Pfaͤhle weiter, bis man die 
Reiſerwurſt-Werkſtaͤtte berichtiget und gleich gebunden hat. 
Iſt man damit fertig, dann bindet man die Reiſerwuͤrſte 
ſelbſt. 

Wenn man Reiſerwuͤrſte binden will, ſo muß man, 
wie ſich von ſelbſt verſtehet, zuerſt eine erforderliche Quan— 
titaͤt Reiſer anfahren laſſen. Dazu dienen unterdruͤckte junge 
Buchenſtangen ſammt den Reiſern, Birken oder Weiden; 
kurz Reiſer, die nicht ſperrig ſind und ſich dicht zuſammen 
binden laſſen. Zu einem Wehre von etwa 3 Ruthen Laͤnge 
und 2 Ruthen Breite muß man, ſowohl zum Flechten des 
Wehres wie zum Binden der Reiſerwuͤrſte, 8 bis 10 ſchwere 
Wagen Reiſer haben. Die Reiſer muͤſſen ohne Laub ſeyn, 
und werden am beſten im Maͤrz oder April gehauen und 
bald nachher gebunden; denn die Reiſer muͤſſen noch gruͤn 
ſeyn, 1 gebunden werden. Von dieſen Reiſern legt 
man fo viel über die ſich kreuzenden Pfaͤhle, als man noͤthig 
zu haben glaubt, um eine Reiſerwurſt von 1½ Fuß im 
Durchmeſſer daraus zu binden. Man kann auch, wenn man 
mit den Reiſern ſparen muß, die Reiſerwuͤrſte nur 1 Fuß 
ſtark im Durchmeſſer binden. Wenn die Reihen Pfaͤhle im 
Wehre 2 Fuß weit von einander geſchlagen ſind, ſo muß 
man ſelbſt die Reiſerwuͤrſte nur 1 Fuß ſtark binden, damit 


93 


zwei derſelben den Raum zwiſchen den Pfaͤhlen genau aus⸗ 
füllen. Sind aber die Pfaͤhle 1 ½ Fuß geſchlagen, dann 
muß man auch die Reiſer ſo ſtark binden, damit ſie genau 
den leeren Raum ausfuͤllen. Um die Reiſerwuͤrſte erforder— 
lich gleich ſtark zu binden, werden die Reiſer in einander 
geſteckt, ſo daß ſchwache und ſtarke Theile durch einander zu 
liegen kommen. Hat man nun Reiſer genug angelegt, ſo 
bindet man ſie, um den Reiſerwuͤrſten eine gleiche Form zu 
geben und die Reiſer in Ordnung zu bringen, mit 6, 8 
und nach Erforderniß mit mehreren ſtarken haͤnfnen Stricken 
zuſammen und ſieht zu, ob die Reiſer fo ziemlich gleich ger 
legt ſind, und richtet ſie, wo es noch fehlen ſollte. Iſt dieß 
geſchehen, dann faͤngt man an einem Ende der Reiſerwurſt 
an und umwindet ſie mit mehreren 1 Fuß weit von einan⸗ 
der entfernten eiſernen Ketten. Wenn das Binden geſchwind 
gehen ſoll, ſo muß man 5 Ketten haben, und eben ſo viel 
Menſchen, welche die Reiſer binden. Zwiſchen dieſen Ketten 
legt man die Baͤnder von gewundenen jungen, fingersdicken 
Birken, Hainbuchen oder Weiden an. Wenn nun dieſe blei⸗ 
benden Baͤnder angelegt ſind, ſo macht man, wie es ſich 
von ſelbſt verſtehet, die Ketten, und ſobald die Ketten an- 
gelegt ſind, die Stricke wieder ab, und ruͤckt mit dem Bin⸗ 
den an der Reiſerwurſt ſo lang fort, bis ſie ganz gebunden 
iſt. Bei dem Binden der Reiſer muͤſſen die Baͤnder, die 
angelegt werden, beſonders gut und dauerhaft ſeyn. Wenn 
man ſchmutzige Haͤnde nicht ſcheut, ſo kann man den Baͤn⸗ 
dern, und dadurch den Reiſerwuͤrſten ſelbſt, auf folgende 
Art eine um einige Jahre laͤngere Dauer geben. 

Man windet die Baͤnder 8 Tage früher, als fie ans 
gelegt werden ſollen, und haͤngt ſie an einem ſchattigen, 
aber trockenen Ort auf, damit ſie etwas abtrocknen, ohne 
duͤrre zu werden. Dann weicht man die gewundenen Ru— 
then in einem Gemiſche von warmem Theer und Unſchlitt, 
oder bloßem Theere, und haͤngt ſie uͤber dem Keſſel, worin 


94 


fie geweichet worden find, zum Abrinnen auf. Durch dieß 
einigemal wiederholte Eintunken in die fettige und kleberige 
Maſſe werden die Baͤnder vor einer baldigen Faͤulniß be⸗ 
wahret; die Reiſerwuͤrſte und ſomit das ganze Wehr dankt 
um einige Jahre laͤnger. 

Wenn die Reiſerwuͤrſte gebunden ſind, ſo werden fe 
oben und unten abgehauen, damit die beiden Ende gleich 
werden, und alsdann ſind ſie zum Auflegen fertig. 

Dieſer Reiſerwuͤrſte muͤſſen ſo viele gebunden werden, 
daß eine an die andere ganz geſchloſſen und gedraͤngt zu lie⸗ 
gen kommt. Wenn das Wehr im Sommer gebaut werden 
ſoll, fo muͤſſen die Neiſerwuͤrſte doch ſchen im Fruͤhjahre in 
Zeiten gebunden werden, waͤhrend die Reiſer noch friſch, 
gruͤn und biegſam ſind, wie ſchon bemerkt worden, und 5 
guten Gruͤnden noch einmal erinnert wird. g 

Die Reiſerwuͤrſte duͤrfen nicht unbeachtet unter frelem 
Himmel liegen bleiben, ſondern muͤſſen an einem trockenen 
und luftigen Ort aufbewahrt werden, damit die Reiſer we⸗ 
der erſterben noch faulen, ehe ſie aufgelegt werden. N 

Iſt man mit dem Wehrbau ſo weit fertig, daß alles 
Flechtwerk bis auf 1½ Fuß mit Raſen ausgeſchlagen iſt, 
dann legt man als Unterlage unter die Reiſerwuͤrſte kleines 
Reiswerk, das, wenn es zuſammen gedruͤckt iſt, etwa eine 
Hand hoch Raum einnimmt. Dieß kleine Reiswerk legt man 
deßwegen noch unter die Reiſerwuͤrſte, weil dieſe rund find, 
und daher des Wehres Ausſchlag nicht uͤberall feſt geſchloſ— 
ſen halten und verpacken, ſondern Zwiſchenraͤume bleiben, 
welches Aufloͤſung und Wegſpuͤlung der Fuͤllung des Wehres 
veranlaſſet. Dieß zu verhuͤten, muß man das Wehr noch 
mit einer Unterlage von kleinen Reiſern wohl zu verpacken 
und dieſe Ausfuͤllung in die leeren Raͤume einzuſchieben 
ſuchen. 

So wie man nun eine Reihe mit Reiſern ausgefuͤllet 
hat, fo legt man die Reiſerwurſt darüber und ſuchet fie, 


95 


durch Huͤlfe zweier Stickeleiſen, zwiſchen das Flechtwerk 
hinein zu preſſen. Dann legt man ein Klotz darauf und 
ſchlaͤgt mit einem Holzſchlaͤgel auf daſſelbe, und treibt ſie 
auf dieſe Art feſt auf die Unterlage und ſo an den Boden 
an, wozu auch das Treten mit den Fuͤßen mitwirket. Dann 
bindet man jede Reiſerwurſt mit gewundenen Ruthen auf 
beiden Seiten mehrmals an das Flechtwerk an, wodurch 
nicht nur des Wehres Flechtwerk, fondern der ganze Wehr— 
bau, geſchloſſen und befeſtiget wird. Die alsdann noch zu 
hoch ſtehenden Pfaͤhle ſchneidet man mit einer ſcharfen Saͤge 
ab, und dann iſt ein Wehr dieſer Art fertig. 

Alle Wehre muͤſſen oft, die Raſen- und Reiſer-Wehre 
aber jede Woche, und beſonders nach großem Waſſer, beſe— 
hen werden, um jeden kleinen Schaden alsbald zu entdecken 
und zu verbeſſern. Bemerket man, daß die Baͤnder an den 
Reiſerwuͤrſten aufgehen, ſo iſt es Zeit, das ganze Wehr, 
ſobald es das Waſſer zulaͤßt, neu, auf die angegebene Art, 
mit Reiſern zu belegen; welches, wenn das Bandwerk nicht 
getheert worden iſt, laͤngſtens alle zwei Jahre geſchehen muß. 
Wer ein Rafen- und Reiſer-Wehr bauet, der muß auch zu⸗ 
gleich ein Magazin von Pfaͤhlen und Reiſerwuͤrſten anlegen, 
um im Nothfalle auf der Stelle helfen zu koͤnnen. Will 
man ein Wehr durchaus neu belegen, ſo muͤſſen vor dem 
Auflegen die Reiſerwuͤrſte jedesmal ins Waſſer gelegt wer— 
den, damit fie anziehen und ſich, ohne zu zerbrechen, aufle⸗ 
gen laſſen. a 


Wehre aus Pfoſten, Brettern und Raſen. 


Man kann aber auch Wehre aus Pfoſten, Brettern 
und Raſen oder Lehm, auf folgende Art ziemlich dauerhaft 
und feſt bauen. Statt der aus Eichenholz geriſſenen Pfaͤhle 
nimmt man aus eichenem Stammholze 6 Zoll im Quadrat 
ſtarke, geſchnittene Pfoſten, die, wie jene Pfaͤhle bei den Weh⸗ 
ren aus Reiſern, unten ſpitz behauen, in der erforderlichen 


95 


Entfernung von 6 Fuß in der Reihe, und 2 Fuß eine Reihe 
von der andern in den Boden eingettieben werden. Man 
muß aber wohl Bedacht darauf nehmen, daß dieſe Pfoſten 
in vollkommen gerader Richtung, ſowohl von Geſtade zu Ge⸗ 
ſtade, als flußaufwaͤrts, eingetrieben und gerichtet werden; 
weil hernaͤchſt Balken von unten herauf uͤber dieſe Pfoſten 
gelegt werden, worin ſie eingelaſſen und verzimmert werden 
muͤſſen, welches aber, wenn dann die Pfoſten nicht in gera⸗ 
der Richtung eingetrieben ſind, hoͤchſt ſchwer haͤlt. 
Statt des Flechtwerks aus Buchenruthen nagelt man 
gegen die eingeſetzten Pfoſten eichene, 1½ Zoll ſtarke Bret⸗ 
ter. Man kann auch, um die Muͤhe des Annagelns der 
Breiter und die Koſten der Naͤgel zu erſparen, die Pfoſten 
falzen und die Bretter einſchieben, oder die Pfoſten an den 
Kanten flußaufwaͤrts mit halben Falzen verſehen, und die 
Bretter entweder in die Falzen einſchieben, oder gegen die 
halben Falzen anlegen; denn die weitere Verbauung bringt 
doch die Bretter zu einer unwandelbaren Feſtigkeit. Wenn 
man aber die Bretter in Falzen ſchieben will, ſo muß die 
Richtung der Pfoſten auf das Allergenaueſte in Acht genom⸗ 
men werden. Doch muͤſſen die Bretter, man mag die Pfo⸗ 
ſten falzen oder nicht, an der erſten Reihe Pfoſten, die ge 
gen den Strom zu ſtehen kommen, angenagelt werden, und 
eben fo die Bretter, die gegen die letzte Reihe Pfoſten fluß⸗ 
abwaͤrts zu liegen kommen. Die Bretter, ſowohl zu dem 
inneren Baue des Wehres, als die, welche oben aufgelegt 
werden, muͤſſen von geſtuͤrztem eichenem Holze ſeyn. Die 
Zwiſchenraͤume des Wehres ſchlaͤgt man mit ſauerem Raſen 
aus, den Brettern gleich und ſo feſt, wie es moͤglich iſt. 
Oben über die in dem Wehre eingeſetzten Pfoſten, von Ges 
ſtade zu Geſtade, werden eben ſo ſtarke Balken, wie die 
Pfoſten ſind, von 6 Zoll Quadrat, von unten nach oben 
uͤber den Wehrbau aufgelegt und verzimmert. Hieraus ergibt 
ſich alſo, daß die Pfoſten, die in dem Wehr ſtehen, nicht 


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nur nach der Schnur von Geſtade zu Geſtade, ſondern auch 
flußaufwaͤrts, von unten nach oben, uͤber das Wehr hinauf 
in vollkommen gerader Richtung eingeſetzt ſeyn muͤſſen. Da 
aber durch das Eintreiben der Pſoſten der obere Theil der— 
ſelben etwas beſchaͤdiget wird, fo muͤſſen fie etwas laͤuger 
genommen werden, als ſie hernaͤchſt bleiben ſollen. Wenn 
man mit dem Ausſchlagen des Wehres fertig iſt, ſo werden 
die Pfoſten zugeſchnitten und verzimmert. Man kann aber 
auch die Verzimmerung, wenn die Pfoſten eingetrieben find, 
erſt vornehmen, und dann das Wehr mit Raſen ausſchla— 
gen, wodurch man eine freiere Hand bei der Arbeit hat, 
und manchen Pfoſten, der ſchief ſteht, noch leicht richten 
kann. Dieſe Balken muͤſſen, wie die Sparren eines Dachs, 
aus ganzem Holze ſeyn. Ehe ſie aufgelegt werden, beſtreicht 
man die Zapfenloͤcher, die Zapfen und die Holznaͤgel mit 
Theer, damit fie der Faͤulniß fo viel beſſer widerſtehen, 
oder lieber mit folgender, ſchon einmal empfohlenen Mi— 
ſchung. Man nimmt 1 Theil Pech (ungemacht Schuſterpech), 
2 Theile Talg oder Unſchlitt, und 3 Theile Theer. Dieſe 
Maſſe wird auf folgende Art zuſammen geſctzt: man zerlaͤßt 
in einem eiſernen Topfe bei einem Kohlfeuer zuerſt das rohe 
Pech; dann thut man den Talg hinzu, und wenn dieſer auch 
zergangen iſt, ſo ſchuͤttet man auch den Theer dazu, und 
laͤßt die ganze Maſſe ſich vereinigen, welches durch das Um— 
ruͤhren mit einem hoͤlzernen Spatel noch mehr befoͤrdert wird. 
Dann läßt man die fettige Maſſe etwas ſtehen und ſich ab— 
kuͤhlen, ehe man fie aufzufireichen anfaͤngt; doch muß fie 
noch warm ſeyn. Das Aufſtreichen geſchiehet mit einem etwas 
abgeſchnittenen Weißbinderpinſel. 

Alſo die uͤber das Wehr eee Balken legt 
man auf die Zapfen und befeſtiget ſie mit Holznaͤgeln. Dann 
ſchlaͤgt man das Wehr bis auf 2 Zoll, die noch von den 
Balken frei bleiben muͤſſen, mit Raſen oder Lehm aus, und um 
nicht zu viel und nicht zu wenig zu thun, ſo faͤhrt man mit 

7 


98 


dem Richtſcheite uͤber die Balken her, und hilft, wo der 
Aus ſchlag zu hoch oder zu tief ſtehet, nach. Dann ſchreitet 
man zum Zubrettern des Wehres. Die Bretter muͤſſen auf 
beiden Seiten an den Fugen ſchraͤge abgeſtoßen werden, da⸗ 
mit ſie ſich, wie bei einem Bretterdache, vollkommen decken. 
Man faͤngt mit dem Auflegen und Feſtnageln unten an dem 
Wehre an. Ehe und bevor man ein Brett auflegt, fuͤttert 
man die noch fehlenden 2 Zoll Grundausſchlag mit Moos 
aus. Dieſe Moosfuͤtterung muß ſo dicht und feſt geſtopft 
werden, als es nur moͤglich iſt. Dann nagelt man ein Brett 
nach dem andern mit ſtarken, 4 Zoll langen eiſernen Naͤgeln 
feſt, und beſtreicht das ganze Wehr mit dem angegebenen 
Theeranſtriche. Auf beiden Seiten wird der Raſen bis auf 
das Wehr hin gelegt, wodurch ſich das Geſtade bis auf das 
Wehr begraſet und alles feſt und dauerhaft wird. 
Verwahret man ein ſolches Wehr noch uͤberdieß durch 
ein gutes Vor⸗ und Nachwehr, fo dauert es hoͤchſt wahr⸗ 
ſcheinlich ein ganzes Menſchenalter. Wie Vor- und Nach⸗ 
wehre angelegt werden, dieß wird hernaͤchſt bei der Anwei⸗ 
ſung zum Baue ſteinerner Wehre gezeigt; nur mit dem Un⸗ 
terſchiede, daß das, was da von Stein gebaut wird, bei 
dieſen Wehren aus Pfaͤhlen, Reiſern und Raſen, oder aus 
Pfoſten, Raſen und Brettern gemacht wird. Es iſt wohl 
zu bemerken, daß bei keiner Art Wehre Vor- und Nachwehre 
wegbleiben duͤrfen. Der Kuͤrze halber verweiſet man auf den 
Wehrbau aus Steinen. 5 
Kommt ein trockener Sommer, ſo daß das Wehr 
trocken ſteht, ſo benutze man ja ſorgfaͤltig die erſten Tage, 
die man haben kann, und ſtreiche es friſch mit dem ange⸗ 
gebenen Theeranſtriche an. Zuvor muß man es aber ſorg⸗ 
faͤltig mit einem ſtumpfen Beſen reinigen. Eine Hauptſache 
bei dieſen Wehren iſt, daß, wie bemerkt worden, die Bret⸗ 
ter von geſtuͤrztem Holze, d. h., von ſolchem Staͤmmholze 
geſchnitten werden, das, ehe man Bretter daraus ſchneidet, 


99 


in der Mitte geſpalten und dann aus jeder Haͤlſte die Bret⸗ 
ter geſchnitten werden. Geſchiehet dieß nicht, und das Herz 
des Holzes kommt in die Mitte der Bretter, ſo ſpringen ſie 
bei dem beſten Annageln auf und werfen ſich, und dann iſt 
das Wehr verloren. Werden die Bretter einſt morſch, und 
man bemerkt einzelne ſchadhafte Stellen: ſo muß man als⸗ 
bald kleine Bretter aufnageln, dann aber im Sommer, 
wenn das Waſſer ſchwach iſt, das ganze Wehr neu bret⸗ 
tern, mit friſchem Moos ausſtopfen und anſtreichen. Ver⸗ 
ſaͤumt man dieß, dann ſtehet nichts anders zu erwarten, 
als daß bei der erſten Fluth das ganze Wehr fortgehet. 


2. Wehre aus Steinen und Moos. 


Der Wehrbau aus Steinen erfordert, je nachdem das 
Waſſer ſchwach oder ſtark iſt, worein es gelegt werden ſoll, 
eine groͤßere oder kleinere, ſchwaͤchere oder Du Ruͤſtung 
von geſchnittenem Eichenholze. 

Die Ruͤſtung eines Wehres zerfaͤllt in die Ruͤſtung des 
Wehres ſelbſt und in die Ruͤſtungen des Vor- und des Nache 
wehrs. Das Holz, woraus die Ruͤſtung der Wehre gebaut 
wird, kann 8, 12, 16 Zoll ſtark ſeyn, je nachdem das 
Wehr groß und ſtark werden ſoll. Wie ſtark man das Holz 
in jedem vorkommenden Falle zu nehmen hat, das muß der 
Baumeiſter des Wehres beſtimmen. Man thut aber wohl, 
wenn man bei dem Wehrbau uͤberhaupt, und beſonders an 
dem Holze, nichts ſpart, 3 vielmehr auf u und 

Feſtigkeit fieht. 
. Zu der Rüftung des Hauptwehres werden zwei auch 
drei Schwellen in die Mitte des Flußbetts, zwei Seiten⸗ 
ſchwellen, mehrere Zwerghoͤlzer, die auf den Boden zu lie⸗ 
gen kommen und die Schwellen verbinden; zwei, drei und 
mehr aufrecht ſtehende Pfoſten, welche die oberſte Schwelle 
tragen; die oberſte Schwelle ſelbſt, und die gegen die obere 


100 


Schwelle, von unten herauf fich anlegenden Balken erfordert. 
Von jedem einzelnen Theile das Naͤhere. 

Die Hauptſchwelle kommt in dem Flußbett dahin 
zu liegen, wo oben die Schneide des Wehrs hinkommen ſoll. 
Iſt das Flußbett breit, ſo daß die Schwelle nicht aus einem 
ganzen Holze genommen werden kann: ſo ſtoͤßt man auf bei⸗ 
den Seiten gleich lange und ſtarke Stuͤcke an; bei einem 
kleinen Wehrbau hat man das Anſtoßen der Seitenſtuͤcke nicht 
nöthig. Die Seitenſtuͤcke, wenn deren angeſtoßen werden 
muͤſſen, werden nicht mit der Hauptſchwelle in gerader Rich⸗ 
tung gelegt, ſondern in etwas ſchraͤger Richtung gegen das 
Geſtade flußabwaͤrts. Auf 40 Fuß Laͤnge eines Seitenſtuͤcks 
gibt man 3 Fuß Fall nach der Seitenſchwelle. Und in die⸗ 
fer Richtung muͤſſen alle Stuͤcke ſtehen, welche an die uͤbri⸗ 
gen Schwellen des Vor- und Nachwehrs angeſtoßen werden. 
Durch die ſchraͤge Richtung der an die Schwellen angeſtoße⸗ 
nen Stuͤcke gegen die Seitenſchwellen wird ein Streben ver⸗ 
anlaßt, welches dem Wehrbau eine beſondere Staͤrke gibt. 
Iſt aber das Flußwaſſer ſo breit, daß ein Mittelſtuͤck und 
zwei Seitenſtuͤcke nicht ausreichen, fo muß das Mittelſtuͤck 
der Hauptſchwelle durch Anſtoßen und Verzapfen gleich ſtar⸗ 
ker Schwellen verlaͤngert und dann die Seitenſtuͤcke ange⸗ 
ſtoßen werden. Die beiden Mittelſtuͤcke machen dann ein 
Ganzes aus, und kommen in gleicher Linie, die Seitenſtuͤcke 
aber, wie geſagt, ſchraͤge zu liegen. Die Hauptſchwelle 
muß vollkommen wagerecht und feſt gelegt werden; denn fo 
wie die Hauptſchwelle zu liegen kommt, ſchief oder gerade, 
ſo wird der ganze Wehrbau. Eine fehlerhafte Lage der 
Hauptſchwelle gibt alſo, Anlaß zu einem fehlerhaften Baue 
des ganzen Wehrs; man muß darum bei dem Legen der 
Hauptſchwelle vorſt chtig ſeyn. 

Iſt man mit dem Legen der Hauptſchwelle fertig, ſo 
nagelt man gegen die obere Seite der Hauptſchwelle flußauf⸗ 
waͤrts ein ſo langes Brett, wie das Wehr hoch werden 


101 


ſoll, an. Das Brett muß vollkommen im Blei ſtehen. Dann 
viſiret man, wie oben bei dem Abwaͤgen der Hoͤhe des 
Wehrs aus Reiſern und Raſen iſt gezeigt worden, von der 
in der Waͤſſerung ſtehenden Waſſermaſſe nach dem an die 
Schwelle befeſtigten Brette, und bezeichnet an demſelben, 
wie hoch das Wehr werden muß; denn die Hoͤhe des Waſ— 
ſermaßes in der Waͤſſerung beſtimmt die Hoͤhe des Wehres. 
Hat man nun die Höhe des Wehres, dann mißt man, wie 
viel dieſe betraͤgt, und legt die untere Schwelle des 
Wehrs noch dreimal fo weit in das Fluß bett hinab, als 
das Wehr hoch werden ſoll; und dann bekommt das Wehr 
den richtigen Fall von 108 Grad nach der Bergwage; wie 
dieß fchon oben bei dem Abwaͤgen des Falls der Wehre 
aus Raſen und Reiſern iſt gezeigt worden. 

Die Seitenſchwellen werden ſo lang genommen, 
wie der ganze Wehrbau werden ſoll, ſammt Vor- und Nach— 
wehr; entweder aus ganzem Holze, oder durch angeſtoßene 
Stuͤcke. In dieſe Seitenſchwellen werden alle Schwellen des 
Vor- und Nachwehrs eingefuͤhret und vernagelt. Sie kom— 
men ſo dicht an das Geſtade zu liegen, daß ſie hernaͤchſt mit 
in die Seitenmauern eingefuͤhrt werden konnen. 

Zwiſchen der Hauptſchwelle und der unterſten Schwelle 
des Hauptwehrs — oder wenn bei einem großen Wehrbaue 
drei genommen werden, zwiſchen den dreien — muͤſſen, nach 
Verhaͤltniß des Wehrs, zwei, drei und mehr Zwiſchen— 
hoͤlzer, oder lange Riegelhoͤlzer, gelegt werden, welche 
die Schwellen genau verbinden. Dieſe Zwiſchenhoͤlzer muͤſ— 
ſen 6 Fuß von einander entfernet gelegt werden. Sie wer— 
den verzimmert und vernagelt. 0 

Hat man die Schwellen des Hauptwehrs, wie die 
Seitenſchwellen und die Zwerghoͤlzer, dann zimmert und 
bearbeitet man die Schwelle, welche oben die Schneide des 
Wehrs bilden ſoll; wir wollen ſie, um uns eines beſtimm— 
ten Ausdrucks zu bedienen, die Schneideſchwelle nennen. 


102 


Die Schneideſchwelle kommt oben uͤber der Haupt⸗ 
ſchwelle in dem Wehrbaue zu liegen. Sie muß einige Zoll 
ſchwaͤcher als die Hauptſchwelle genommen werden; ſich aber 
genau, in Ruͤckſicht ihrer Verlaͤngerung, nach der unter ihr 
liegenden Hauptſchwelle richten. Hat dieſe keine Seitenſtuͤcke, 
ſo bekommt die obere auch keine; iſt ſie aber durch Seiten⸗ 
ſtuͤcke verlaͤngert, ſo muͤſſen deren auch an die Schneide— 
ſchwelle angezimmert werden, und zwar in derſelben Rich⸗ 
tung, wie an der Hauptſchwelle. Die Seitenſtuͤcke der 
Schneideſchwelle koͤnnen nicht, wie die unteren Schwellſtuͤcke, 
in Seitenſchwellen gefuͤhrt werden, ſondern es muͤſſen auf 
beiden Seiten ſtarke Pfoſten auf die unteren Seitenſchwellen 
aufgeſetzt werden, die 2 Fuß laͤnger genommen werden, als 
der Wehrbau hoch wird, um den Wehrbau auf den Seiten 
höher herauf zu führen. In dieſe Seitenpfoſten werden die 
von unten herauf und von oben herunter laufenden aͤußerſten 
Balken eingelaſſen und befeſtiget. Und in eben dieſe auf beis 
den Seiten unten herauf laufenden aͤußerſten Seitenbalken 
werden die an die Schneideſchwelle angeſtoßenen Seitenſtuͤcke 
in ſchraͤger Richtung eingefuͤhrt. Damit man dieß koͤnne, 
ſo muͤſſen die aͤußerſten Seitenbalken ſo viel hoͤher gegen die 
Seitenpfoſten angelegt werden, als die uͤbrigen Balken in 
dem Wehre. 

Um die Schneideſchwelle legen zu koͤnnen, muͤſſen drei, 
vier und mehr, A, 5 bis 8 Zoll ſtarke Pfoſten in die Haupt⸗ 
ſchwelle eingeſetzt werden, denen mit der Schneideſchwelle 
die ganze Hoͤhe des Wehrs gegeben wird, die man nach dem 
Waſſermaße abvecrtt und beſtimmt hat. Damit aber die 
Schneideſchwelle aufgelegt und befeſtiget werden kann, ſo muͤſ⸗ 
ſen, ſo viel Pfoſten ſie tragen ſollen, eben ſo viel genau paſ— 
ſende Zapfenloͤcher in die Haupt- und Schneideſchwelle einge— 
hauen werden. Dieſe Zapfenloͤcher werden in der Schneide— 
ſchwelle ganz durchgehauen; doch reichen die Zapfen der Pfo— 
ſten, die die Schneideſchwelle tragen, nur bis in die Mitte 


193 


der Zapfenloͤcher, damit in dieſe Löcher von oben herab kurze 
Boͤcke auf die Schneideſchwelle eingeſetzt werden koͤnnen, um 
noͤthigen Falls mehr Waſſer aufzuhalten und auf die Wieſe 
hinzuweiſen. 


Die gegen die Schneideſchwelle ſich anlegenden 
| Balken. 


Hat man die Hauptſchwelle, die untere Schwelle, die 
Seitenſchwellen und die Schneideſchwelle in Ordnung, ſammt 
den Zwiſchenhoͤlzern, dann werden von der unteren Schwelle 
nach der Schneideſchwelle ſchraͤge Balken angelegt, die die 
Höhe und den Fall des ganzen Wehrs haben muͤſſen. 
Dieſe Balken richten ſich mit ihrer Staͤrke und mit ihrer 
Entfernung nach der Groͤße des Wehrs. Doch darf kei— 
ner dieſer Balken ſchwaͤcher, als 8 Zoll im Quadrat ſeyn. 
Ihre Entfernung von einander richtet ſich nach der Groͤße 
des Wehres; doch darf ſie bei einem großen Wehrbau nicht 
unter 12 Fuß betragen, weil ſonſt der Zweck, warum ſie 
dem Wehre gegeben werden, verfehlt wird. Sie follen nem⸗ 
lich dem Wehre Haltung geben, die Schneideſchwelle in voͤl— 
liger Richtung halten, und bezwecken, daß, wenn ja etwa ein 
Stein in einer Abtheilung ausgeſpuͤlet wird und dadurch bald 
die ganze Abtheilung verloren gehet, doch die ubrigen Theile 
keinen Schaden leiden koͤnnen. Dieſe Balken werden in die 
untere Schwelle und in die Schneideſchwelle erforderlich einge— 
zimmert. Die beiden nach dem Geſtade zu liegenden Balken 
werden, wie geſagt, in die Seitenpfoſten eingezapft. Sie foms 
men etwas hoͤher als die uͤbrigen Balken zu liegen, weil das 
Wehr auf beiden Seiten hoͤher zu liegen kommen muß. Alle 
Balken werden bei einem großen Wehrbaue in ihrer Mitte 
mit eben fo ſtarken Pfoſten ane damit ſie ſich gar 
nicht ſenken koͤnnen. 

Will man der Wehresruͤſtung den hoͤchſten Grad der 
Vollkommenheit geben, ſo legt man, ſtatt einer, zwei gleich 


104 


ſtarke Hauptſchwellen auf den Boden des Flußbetts, 3 Fuß 
von einander. Auf dieſen richtet man, ſtatt nach der erſte⸗ 
ren Anweiſung eine Reihe Pfoſten, zwei derſelben, die 
gegen einander zu ſtehen kommen, auf jeder Schwelle auf, 
die nach oben etwas beilaufen und die Schneideſchwelle zu 
tragen bekommen. Dieſe Pfoften muͤſſen alſo fo viel Lange 
haben, als das Wehr hoch werden ſoll. Die unterſten die— 
fer Pfoſten köͤnnen aber auch in dieſem Falle die Stelle 
der Boͤcke vertreten, und koͤnnen das um ſo ſchicklicher, da 
ſie ohne weiteres Verzimmern da ſind und heraufſtehen koͤn— 
nen. Alſo alle dieſe doppelten Pfoſten, die flußabwaͤrts 
ſtehen, werden um 1½ Fuß hoͤher genommen, als die 
Schneideſchwelle hoch zu liegen kommt. Dagegen alle Pfo⸗ 
ſten, die flußauſwaͤrts ſtehen, werden gerade ſo lang genom⸗ 
men, wie die Schneideſchwelle hoch wird. Damit aber dieſe 
gedoppelten Pfoſten die Schneideſchwelle tragen koͤnnen, wer⸗ 
den ſie unmittelbar unter der Schneideſchwelle mit ſtarken 
Riegelhoͤlzern verbunden. Die Balken des Wehres, die von 
der unteren Schwelle nach der oberen Schneideſchwelle, ſo 
wie die, welche von dem Vorwehr nach dieſer Schwelle lau— 
fen, werden bei dieſer Wehresruͤſtung nicht unmittelbar ges 
gen die Schneideſchwelle angelegt, ſondern in gleicher Hoͤhe 
mit der Schneideſchwelle gegen die ihr zur Seite ſtehenden 
Pfoſten eingefuͤhret. 

Die eingeſetzten Boͤcke auf der Schneideſchwelle 
find kurze, 8 bis 10 Zoll ſtarke, 1½ Fuß hohe Pfoſten, die, 
wenn keine zwei Hauptſchwellen gelegt werden und alſo 
keine Seitenpfoſten die Schneideſchwelle tragen, auf die 
Schneideſchwelle aufgeſetzt werden, wozu ſchon die noͤthigen 
Löcher bei dem Einhanen der Pfoſtenloͤcher gehauen worden 
find. Gegen dieſe Boͤcke werden hernaͤchſt bei dem Waͤſſern 
eben ſo hohe, zwei Zoll ſtarke Bretter angelegt, oder in 
Falzen eingeſchoben. Es muͤſſen daher dieſe Boͤcke entweder 
an den Ecken flußaufwaͤrts oder in der Mitte derſelben ge⸗ 


105 


falzet werden. Wenn man alfo mehr Waſſer haben will, 
als die gewoͤhnliche Hoͤhe des Wehrs betraͤgt, dann legt oder 
ſchiebt man gegen dieſe Boͤcke die noͤthigen Bretter an 
oder ein. 

Damit aber das Waſſer, wenn es ſparſam da iſt, 
um, jo viel leichter durch die Boͤcke gefaßt wird, fo werden 
auf die Seitenſtuͤcke der Schneideſchwelle von 1 ½ Fuß bis 
zu 2 Fuß nach den Seiten anlaufende Schwellſtuͤcke aufge— 
legt, und von den vorletzten Boͤcken nach den aͤußerſten Pfo— 
ſten eingefuͤhrt. Mit dieſen Seitenſtuͤcken der Schneideſchwelle 
wird denn auch hernaͤchſt das Mauerwerk buͤndig gemacht, 
um den Strom nach der Mitte des Wehres hinzuhalten; 
wodurch der Wehrbau auf beiden Seiten hoͤher und der 
Strom des Waſſers nach der Mitte gehalten wird. 

Hat man die Ruͤſtung des Hauptwehrs fertig, dann 
ſchreitet man zu der Ruͤſtung des Vorwehrs. Bei dem 
Wehrbau iſt das Vorwehr ein Haupttheil; denn das Vor— 
wehr maͤßiget den Druck des Waſſers gegen das Hauptwehr, 
und verhuͤtet, daß ſo leicht kein Waſſer durchrinnen kann, 
worauf man bei dem Wehrbau allen Bedacht nehmen muß. 
Denn rinnt ein Wehr anſangs nur etwas, ſo ſprudelt es 
bald; die fehlerhafte Stelle ſpuͤlet ſich nach und nach immer 
weiter aus, bis das Wehr ganz fort gehet. 

Zu der Ruͤſtung des Vorwehrs legt man in das Fluß— 
bett ſtromaufwaͤrts über die Hauptſchwelle ein etwas ſchwaͤ— 
cheres Schwellholz, als die Hauptſchwelle iſt. Man kann 
ihr die Staͤrke geben, wie der Schneideſchwelle. Man legt 
ſie, von der Hauptſchwelle in der Entfernung, wie das 
Wehr hoch iſt. Sie kommt alſo um zwei Theile naͤher an 
die Hauptſchwelle zu liegen, als die untere. Die Schwelle 
des Vorwehrs muß, wenn die beiden uͤbrigen Schwellen 
des Hauptwehrs Seitenſtuͤcke haben, dieſelben auch bekommen 
und in derſelben Richtung gelegt werden. Von der Schwelle 
des Vorwehrs werden eben ſo ſtarke und viele Balken 


* 


106 


gegen die Schneideſchwelle angelegt, wie von der unteren 
Schwelle. 

Iſt man mit der Ruͤſtung des Wehres und auch des 
Vorwehres fertig, dann ſchreitet man zu dem Bau der Ruͤ— 
ſtung des Nachwehrs. Ehe wir aber von der Bauung 
des Nachwehrs handeln, wird es gut ſeyn, erſt etwas von 
dem Zwecke und dem großen Nutzen des Nachwehrs zu ſa— 
gen, um zu einer ſo viel ſorgfaͤltigeren Anlage derſelben zu 
ermuntern. 

Der Zweck und die Abſicht, warum man Nach⸗ 
wehre anlegt, iſt, um die uͤber das Wehr herabſtuͤrzende 
Fluth und den gewaltſamen Waſſerſtrom zu maͤßigen, zu 
brechen und ihn einigermaßen zu beſaͤnftigen, und ſomit das 
Untergraben des Wehres zu verhuͤten. Der uͤber ein Wehr 
ſich hinabſtuͤrzende Waſſerſtrom iſt bei einer Fluth oft ſehr 
ſtark und gewaltig. Er gewaͤhret zwar eins der ſchoͤnſten 
Schauſpiele der Natur. Wenn ſich der angeſchwollene Waſ— 
ſerſtrom in ſchnellem Zuge uͤber das Wehr hinabwaͤlzt und 
in tauſendfachem Wirbeln und ſchaͤumenden Wellen wieder 
aus der Tiefe heraufhebt, ſich wild und ungeſtuͤm durch 
einander treibt, und dann in dem Flußbett weiter gehet: ſo 
iſt dieß gewiß ein ſchoͤner, feierlicher Anblick. Aber eben die 
uͤber das Wehr hinabſtuͤrzende Fluth iſt es, die, wenn kein 
Nachwehr angelegt wird, dem Wehre ſeinen Untergang bringt. 
Da, wo der Strom gewaltſam über das Wehr hinabfaͤllt, 
graͤbt er tief ein; er wuͤhlet gleichſam den Abgrund herauf, 
und ſtoͤßt oft unglaublich ſchwere Steine in ſeinen ſchaͤumen⸗ 
den Wellen mit fort. Durch die auf dieſe Art ſich bildende 
Tiefe unter dem Wehre fangen die in dem Wehre ſtehenden 
Steine an zu ſinken; ein Stein gehet dem andern nach, und 
ſo iſt oft in Zeit einer Stunde ein koſtbares Wehr fortge⸗ 
riſſen. Iſt aber ein gutes Nachwehr angelegt, ſo kann der 
reißendſte Waſſerſtrom nicht eingraben und nicht ſchaden. 
Die wilden Wellen beſaͤnftigen ſich gleichſam auf der Flur 


107 


des Nachwehrs, und gehen ohne weiteren Schaden in dem 
Flußbette fort. Der große Nutzen eines Nachwehrs iſt alſo 
ſehr einleuchtend; das Nachwehr iſt gleichſam der Buͤrge 
und Sicherung des Wehrs. Nur muß das Nachwehr gut 
und dauerhaft angelegt werden; denn leichte Nachwehre wider 
ſtehen der ſehr großen Gewalt eines reißenden Stromes nicht. 

Zu der Ruͤſtung des Nachwehrs legt man flußabwaͤrts 
unter die Ruͤſtung des Hauptwehrs noch zwei auch drei 
Schwellen, ſo dick und ſo ſtark, wie die uͤbrigen Schwellen 
des Wehres ſind; man legt ſie auch in derſelben Entfernung 
von einander. Macht man das Nachwehr ſchmaͤler, ſo iſt 
der Raum zu kurz, als daß ſich die Gewalt des Waſſers 
darauf brechen koͤnnte; es graͤbt dann vor dem Nachwehr 
ein und richtet doch ſichtbaren Schaden an. Man thut da— 
her weit beſſer, man wendet bei dem ohnehin Fojibaren 
Wehrbau lieber noch etwas weiter an, um allem Schaden 
vorzubeugen, und gibt dem Nachwehre die erforberliche 
Breite des Hauptwehrs. 

Die Schwellen zu dem Nachwehre werden alſo aus 
gleich ſtarkem Holze, wie die uͤbrigen Schwellen genommen. 
Sie werden in gleicher Entfernung von einander gelegt; aber 
nicht in gleicher Hoͤhe, ſondern von der letzten Schwelle des 
Hauptwehrs bis zu der darauf folgenden in dem Nachwehr 
muß man einigen Fall annehmen, und von dieſer bis zu der 
zweiten und dritten Schwelle des Nachwehrs muß denſelben 
eine gleiche Lage gegeben werden, um die Gewalt des Waſ— 
ſers, ſo viel wie moͤglich iſt, zu brechen und das wilde Ele— 
ment zu beſaͤnftigen. Die Schwellen des Nachwehrs werden 
in die Seitenſchwellen gefuͤhrt und mit gleich ſtarlen Zwi— 
ſchenhoͤlzern verbunden. Alle dieſe auf den Boden zu liegen 
kommenden Schwellen und Zwiſchenhoͤlzer werden durchlocht 
und mit angemeſſenen, 4 bis 5 Fuß langen eichenen Pfaͤh— 
len an den Boden feſt angetrieben. Iſt man mit dem Ver— 
zimmern des Wehrbaus fertig, dann ſchlaͤgt man die Weh—⸗ 


108 


res ruͤſtung auf. Ehe dieß gefchiehet, muß man aber Sand 
und Steine in dem Flußbett wegſchaffen, damit die Wehres- 
ruͤſtung auf feſten Grund zu liegen kommt; anders ziehet 
ſich das Waſſer unter dem Wehr durch. Iſt das Aufſchla⸗ 
gen geſchehen, dann kommt man an das Stecken oder Mauern 
des Wehres. 


Von dem Stecken des Wehrs aus Steinen und 
Moos. 


Bei dem Wehrbau uͤberhaupt muͤſſen knauelichte und 
ſchlechte Steine, die keine Bauſeite haben, ſorgfaͤltig ver— 
mieden werden, wenn ſie auch ſchwer und groß waͤren. Ein 
Stein zum Wehrbau muß zwei Bauſeiten haben; beſſer iſt 
es, wenn er mehrere Bauſeiten hat; dadurch ſchließen ſie 
feſter aneinander und packen ſich beſſer. Es entſtehen ſonſt 
Zweſchenraͤume, die, ob fie gleich ausgekeilt werden, doch 
keine rechte Haltung haben. Solche ſchwache Stellen werden 
von dem Waſſer bald gefunden und ausgeſpuͤlt; und dann 
iſt der Untergang eines Wehrs ſchon da. Mehr lange als 
breite Steine ſtehen im Wehrbau am beſten. Wenn man 
laͤngliche Sandſteine oder Schalſteine haben kann, ſo ſind 
dieſe den Kalk-, Porphyr- und Bafalt- Steinen vorzuziehen. 
Sie ſchließen ſich nicht nur beſſer, ſondern es iſt auch, als 
ob ihnen das Waſſer noch eine eigene Bindung mittheilte, 
wodurch ſich die im Wehr ſtehenden Steine dieſer Art durch 
die Laͤnge der Zeit immer feſter hielten und aneinander 
ſchloͤſſen. 

Von guten Steinen muß man, ehe man an den Wehr⸗ 
bau gehet, einen hinreichenden Vorrath habenz eben ſo muß 
man Moos und ſaueren Raſen genugſam anfahren laſſen. 
Hat man nun alle Baumaterialien vorraͤthig, dann munen 
man zu dem Stecken des Wehrs.— 

Zuerſt ſteckt man das Hauptwehr und faͤngt, wie es 
ſich von ſelbſt verſteht, mit der unteren Schwelle an. Die 


— 


109 


Steine, die unten gegen die Schwelle kommen, muͤſſen ſehr 
lang ſeyn und in den Boden eingegraben werden, damit 
ſie ſo tief wie moͤglich unter der Schwelle hinab ſtehen. Iſt 
der Boden leicht, ſo thut man wohl, wenn man von dem 
feſten Grund der aͤußerſten Schwelle des Nachwehrs und 
der aͤußerſten Schwelle des Hauptwehrs herauf bündig eine 
Speismauer herauf fuͤhret; welches etwa ein Paar Fuß 
Hoͤhe betraͤgt, nicht viel koſtet und von ſehr großem Nutzen 
iſt. Denn eben an dieſen beiden Stellen liegt gewoͤhnlich 
die Schwaͤche der Wehre, die man darum gleich anfangs 
verwahren muß. Alle Steine muͤſſen ſo ſorgfaͤltig, wie es 
nur ſeyn kann, aneinander geſchloſſen werden. Die hervor- 
ſtehenden Ecken muß man genau mit dem Hammer wegneh— 
men, und alle Steine, die den Fall des Wehres bilden, 
muͤſſen vollkommen gleich und nach dem Richtſcheit eingeſetzt 
werden. Kleine Zwiſchenraͤume muͤſſen mit Moos und ſchma— 
len, langen Steinen ſehr ſorgfaͤltig ausgekeilet werden. 
Man halte ſich ſtets an den Grundſatz: kleine Fehler 
haben beim Wehrbau oft große Folgen. 

Auf beiden Seiten werden eben ſo ſorgfaͤltig mit dem 
Wehrbau ſelbſt die Mauern aufgeführt. Mit dieſen Seitens 
mauern werden die Seitenſchwellen, Seitenpfoſten und Sei— 
tenbalfen genau verpackt; jede dieſer Seitenmauern muß 3 
Fuß breit, mit ſauerem Raſen und Moos wohl ausgeſtopft 
werden. Denn gewoͤhnlich rinnen die trockenen Wehre durch 
die Seitenmauern; dieſem muß man durch ein gruͤndliches 
Mauern zuvorkommen. Auch muͤſſen die Seitenmauern hoͤher 
herauf gefuͤhrt werden, als das Wehr hoch iſt; damit das 
Waſſer bei einer ſtarken Fluth nicht neben ausbrechen kann. 

Um das Vorwehr zu bilden, ſchlaͤgt man erſt, ehe 
man es mit Steinen beſteckt, einen ſchraͤgen Damm gegen 
das Hauptwehr von ſauerem Raſen recht feſt aus, ſo daß 
kein Tropfen Waſſer durchrinnen kann. Dann beſteckt man 
das Vorwehr von der oberſten Schwelle, die in dem Fluß⸗ 


110 


bett liegt, bis an die Schneideſchwelle, genau und forgfäls 
tig mit Steinen, wobei das Verpacken der Steine mit Moos 
und ſauerem Raſen eine Hauptſache iſt. 

Sollte hier oder da das Wehr rinnen, ſo muß als⸗ 
bald die ſchadhafte Stelle nachgeſucht, mit dem Pflaſterſtoͤßer 
zugeſtoßen und durch Eintreiben von Steinen und Moos mit 
einer Schlage verſtopft werden; denn man kann und darf 
nicht hoffen, daß die kleinen, lockeren Zwiſchenraͤume ſich 
nach und nach von ſelbſt ſtopfen; nein, man hat ſchon die 
traurige Erfahrung gemacht, daß ſchlecht verpackte Wehre 
erſt rinnen, dann ſprudeln und endlich fortgehen. 


3. Wehre aus Steinen mit Speis. 


So ſorgfaͤltig und gut man auch Wehre aus Moos, 
Raſen und Steinen erbaut, ſo iſt doch leicht einzuſehen, daß 
die Wehre viel dauerhafter werden, wenn man ſie von Grund 
auf, ſammt den Seitenmauern, mit Speis auffuͤhret. Alles 
wird viel ebener, inniger, dauerhafter und feſter, und der 
ganze Bau gibt ein geſchloſſenes Ganze. Nur muß man 
nicht verſaͤumen, den Kalk mit aller Vorſicht zu loͤſchen. Das 
Kalkloͤſchen muß nicht unerfahrnen Geſellen uͤbertragen wer⸗ 
den. Dieſe ſchuͤtten entweder zu viel, oder zu wenig Waſ— 
ſer, oder thun das Eine oder Andere zur Unzeit, wodurch 
der Kalk ſeine bindende Kraſt verliert; worauf bei allem 
Mauern, beſonders aber bei dem Wehrbaue, alles ankommt. 
Man thut wohl, wenn man zu dem Wehrbaue jeden Tag 
friſchen Kalk loͤſcht, damit man ihn gleichſam warm verar⸗ 
beitet; wodurch die Arbeit viel dauerhafter wird, als wenn 
man ihn kalt vermauert. Will man dieß, ſo muß man einen 
trockenen Ort haben, wo der Kalk vor dem Loͤſchen aufge⸗ 
ſchuͤttet und auch vor dem Zug der Luft verwahret wird. 


111 


4. Wehre aus behauenen Steinen. 

Am beſten, ſchoͤnſten und dauerhafteſten werden die 
Wehre, wenn man ſie nicht nur mit Speis auffuͤhret, ſon⸗ 
dern auch den Fall des Wehres von außen, wie die Flur 
des Nachwehrs mit genau paſſenden und vollkommen behaue— 
nen Steinen belegt. Es verſtehet ſich, daß unten in dem 
Wehre rauhe, unbehauene Steine verbaut werden, und nur 
die Oberflaͤche mit behaucnen Steinen verfehen wird, und 
zwar nur die mittleren Abtheilungen, worauf der Strom 
des Waſſers gerichtet iſt; die Seitenabtheilungen, die auch 
1½ Fuß hoͤher wie die mittleren heraufgefuͤhrt werden, koͤn⸗ 
nen mit bekippten Steinen buͤndig belegt werden. 

Die Koſten eines Wehrs aus behauenen Steinen ſind 
nicht viel hoͤher, als die eines Wehrs aus unbehauenen 
Steinen. Denn das Ausſuchen ſchicklicher Steine unter der 
Menge, das Bekippen und Zurechtſtellen derſelben, das oͤftere, 
muͤhevdlle Einpaſſen an die Stelle, wo fie liegen ſollen, kurz 
der langſame Fortgang des Wehrbaus aus unbehauenen 
Steinen bringt beinahe die Baukoſten dem Wehrbaue aus 
behauenen Steinen gleich. Und dann iſt denn doch ein Wehr 
aus behauenen Steinen dem aus unbehauenen ſehr weit vor— 
zuziehen. 

Man mag nun behauene oder unbehauene Steine zur 
Auffuͤhrung des Wehres nehmen, ſo wird doch das Vorwehr 
nicht mit Speis gemauert, ſondern mit ſauerem Raſen (wie 
ſchon unter dem Wehrbau aus Steinen mit Moos und Ra 
ſen iſt gezeigt worden) 1 und mit Steinen ge⸗ 
ſteckt. 

Was bei dem Wehrbaue aus Steinen und Moos ge⸗ 
ſagt worden iſt, daß nemlich auf beiden Seiten die Mauern 
von Grund auf gut, und einige Fuß hoͤher herauf gefuͤhrt 
werden muͤſſen, als das Wehr iſt: dieß gilt auch bei dem 
Wehrbaue aus Speis. 

Nach einer jeden Fluth muͤſſen auch die ſteinernen 


112 


Wehre von dem Wieſenvorſtand beſichtiget, und die Aus 
beſſerung der Schaͤden, ſo wie ſie nur bemerkt werden, vor⸗ 
genommen werden. Ob zwar bei einem gruͤndlichen Wehr⸗ 
baue ſo leicht kein Schaden dieſer Art zu befuͤrchten iſt, ſo 
muͤſſen doch alle Wehre, der Ordnung halber, beſichtiget 
werden. 


II. Vom Schleuſenbau. 


Man kann aber auch ohne Wehre, bloß durch Schleu⸗ 
ſen, den Bach und kleinen Fluß aufſchwellen und ſo das 
noͤthige Waſſer auf die Wieſe bringen. Dieſe Schleuſen 
werden entweder mit Fallthuͤren oder mit Schleuſenfluͤgeln 
erbaut. 5 

Die eine Art Schleuſen hat Fallthuͤren, in der Lan⸗ 
desſprache Schuͤtzrinnen, die aufgezogen und niedergelaſſen 
werden koͤnnen; die andere Fluͤgelthuͤren, die in Angeln haͤn⸗ 
gen und auf und zu gemacht werden, wie ein jedes Andere 
Thor. Die gewoͤhnlichſte Art der Schleuſen iſt die mit Fall⸗ 
thuͤren, die aufgezogen und niedergelaſſen werden; von die⸗ 
ſen alſo zuerſt. 


1. Von den Schleuſen mit Fallthüren, die aufgezogen 
und niedergelaſſen werden. 


Wenn man eine Schleuſe erbauen will, ſo muß man 
zuerſt die Breite des Flußbetts da genau meſſen, wo die 
Schleuſe hingeſetzt werden ſoll. Nach dieſer Breite wird 
die Schleuſe angelegt. Bei der neuen Anlage der Wieſe 
wird man ſchon ein zu breites Flußbett erforderlich einges 
engt und des Geſtades Grenze genau beſtimmt haben; man 
gibt darum der Schleuſe die Breite des Flußbetts, die an— 
genommen iſt. Nach dieſer Breite nimmt man 3 Schwellen 
von 6, 8 bis 12 Zoll Quadrat Staͤrke. Dieſe Schwellen 
werden nach der Breite des Flußbettes in einer Entfernung 
von 5, 8 bis 10 Fuß gelegt, je nachdem das Waſſer breit 


113 


und ſtark iſt, und alſo die Schleuſe hoch und groß werden 
fol. Dieſe drei Schwellen werden in eben fo ſtarke Seiten 
ſchwellen eingelaſſen und verzimmert. Dieſe ſaͤmmtlichen 
Schwellen werden 3 bis 4 Zoll ſtark durchlocht, um fie herz 
naͤchſt mit eben ſo ſtarken und 4 Fuß langen Pfaͤhlen in den 
Boden feſt zu ſchlagen und dem Schleuſenbau gegen den Druck 
des Waſſers die noͤthige Haltung zu geben. Hat man die drei 
- Grundfchwellen ſammt den Seitenſchwellen gelegt, dann hat 
man ein laͤngliches Viereck aus drei in dem Flußbette liegen— 
den Schwellen und zwei Seitenſchwellen. Nun richtet man 
auf den beiden Seitenſchwellen auf jeder Seite einen, gerade 
gegen der mittelſten Schwelle, 6 bis 8 Zoll ſtarken, 10 bis 
15 Fuß langen Pfoſten auf. Die Höhe und Staͤrke dieſer 
Pfoſten richtet ſich nach der Breite und Tieſe des Waſſers, 
worein die Schleuſe zu ſtehen kommt. Man nimmt ſie ſo 
hoch, daß eine Fluth bei völlig aufgezogenen Schleuſen durch— 
gehen kann. 

Die Schleuſen koͤnnen aber nicht, wegen den Walzen, 
die zum Aufwinden angebracht werden muͤſſen, bis wider den 
oben herlaufenden Balken aufgewunden werden, ſondern nur 
bis unter die Walzen. Dieſe und der zu dem Aufwinden 
noͤthige Raum nehmen aber, nach Verhaͤltniß der Schleuſe, 
1½ auch 2 Fuß und darüber weg; es muͤſſen alſo die 
Schleuſepfoſten ſo viel hoͤher genommen werden, als dieſer 
zum Gewinde noͤthige Raum betraͤgt. 

Die Schleuſepfoſten werden nach der oberſten Seite 
flußaufwaͤrts 2 Zoll breit gefalzet. In dieſen Falzen wer— 
den die Schleuſen auf und nieder gelaſſen. Man falzte die 
Schleuſepfoſten gewoͤhnlich in der Mitte, um die Schleuſen 
beſſer in Ordnung zu halten, wodurch aber das Auf— 
und Ablaſſen der Schleuſen ſehr erſchwert wird. Da das 
Waſſer die Schleuſen gegen die Schleuſepfoſten andruͤckt 
und in den Falzen hält, fo unterlaͤßt man beſſer das Fal⸗ 
zen in der Mitte und falzet nur die Schleuſepfoſten an den 

8 


114 


Ecken flußaufwaͤrts, befeſtiget aber eine ſtarke Leiſte von 
einem Schleuſepfoſten zum andern, hinter welcher die Schleuſe 
auf und nieder gehet. Dieſe Einrichtung gewaͤhret aber auch 
noch den Vortheil, daß man die Schleuſen abnehmen und an⸗ 
machen kann, ohne das ganze Schleuſengeſtell bei jeder noͤthi— 
gen Reparatur auseinander legen zu muͤſſen, welches ums 
ſtaͤndlich und koſtſpielig iſt, und zu manchen Bankoſten An⸗ 
laß gibt, welche unterblieben, wenn die Schleuſepfoſten 
nicht von innen, ſondern von außen gefalzt wuͤrden. 

Dieſer Schleuſenpſoſten ſetzet man, wenn der Bach 
etwa nur 4 Fuß breit iſt, nur zwei, auf jede Seite einen, 
und zwiſchen beiden wird nur eine Schleuſe angebracht. Auch 
in einem Geſtade von 6 Fuß Breite kann man noch mit 
Einer Schleuſe genug haben. Iſt aber das Waſſer 8 Fuß 
breit, ſo muß man zwei Schleuſen haben, und dazu muͤſſen 
drei Schleuſepfoſten aufgerichtet werden: einer in der Mitte, 
und auf jeder Seite einer. Und ſo waͤchſt, nach dem Ver⸗ 
haͤltniß der Breite des Flußwaſſers, die Zahl der Schleuſen 
und Schleuſepfoſten. Muß man mehr als eine Schleuſe 
anbringen, ſo thut man wehl, wenn man ſie nicht zu breit 
macht, weil ſehr breite Schleuſen das Auf- und Niederlaf 
ſen ſehr erſchweren. Man wuͤrde geradezu da nur eine 
Schleuſe anzubringen noͤthig haben, wo zwei und drei ge 
fest werden; es würde in Ruͤckſicht des Eisganges ſelbſt 
beſer ſeyn, wenn das Aufziehen großer Schleuſen nicht zu 
beſchwerlich waͤre. Man muß daher, um das Aufziehen der 
Schleuſen zu erleichtern, ſtatt einer, mehrere anbringen. 

Die Hoͤhe der Schleuſen oder der Fallthuͤren, die auf⸗ 
gezogen und niedergelaſſen werden, richtet ſich nach der 
Waͤſſerung, wie die Schneide des Wehres nach der Quanti⸗ 
taͤt des Waſſers, das erforderlich iſt, eine gewiſſe Flaͤche 
unter Waſſer zu ſetzen und zu bewaͤſſern. Das uͤberfluͤſſige 
Mater muß über die Schleuſen herunter fallen und in dem 
Flußbette fortgehen, wie das Waſſer uͤber das Wehr herun⸗ 


115 
ter fällt; Alſo durch die Schleuſen muß man fo viel Waf 
ſer gewinnen, als man zu der Waͤſſerung der Wieſe noͤthig 
hat. Die Hoͤhe der Schleuſen muß eben ſo gefunden und 
beſtimmt werden, wie die Hoͤhe der Wehre angegeben und 
beſtimmt wird; wie dieß oben bei dem Abwaͤgen und Be— 
ſtimmen der Hoͤhe der Wehre iſt gezeigt worden. 

Zu dem Auf- und Ablaſſen der Schleuſen werden 
Walzen erfordert, welche oben in den Schleuſepfoſten 1%, 
auch 2 Fuß unter dem oberſten Balken, der den Schleuſenbau 
zuſammen haͤlt, angebracht werden. Dieſe Walzen muͤſſen von 
gutem, feſtem Holze ſeyn, und koͤnnen 5, 6, 7, 8 Zoll im 
Durchſchnitte halten. Sie werden an beiden Enden etwas 
abgedrehet und 3 Zoll in jeden Schleuſepfoſten eingelaſſen, 
in welchen ſie ſich leicht bewegen muͤſſen. In jede Walze 
werden zwei Loͤcher, 2 Zoll ſtark, in gegen einander ſtehen— 
der Richtung durchgebohrt, nach den Seiten der Schleuſe— 
pfoſten; um die Hebel darein zu ſtecken, womit die Schleu— 
fer aufgewunden und feſtgehalten werden. 

Ueber den Schleuſepfoſten laͤuft ein Balken hin, in 
den alle Schleuſepfoſten eingelaſſen werden und der dem 
ganzen Bau die noͤthige Haltung gibt. 

Zwiſchen den Schleuſepfoſten, 2 Fuß hoͤher als die 
mittlere Schwelle iſt, die auf dem Boden des Flußbetts 
liegt, werden eben ſo ſtarke Schwellſtuͤcke, wie die uͤbrigen 
Schwellen ſind, in die Schleuſepfoſten eingelaſſen, auf die 
hernaͤchſt die Schleuſen niedergelaſſen werden. Dieſe Er— 
hoͤhung iſt darum noͤthig, damit uͤber dieſe erhoͤheten Schwel— 
len das Waſſer einigen Fall oder Zug bekommt, und der 
Strom, wenn die Schleuſen aufgezogen ſind, Schlamm 
und Sand uͤber dieſelben mit fort nimmt; daß alſo nicht 
leicht etwas auf der Schwelle liegen bleibt, welches das ge⸗ 
naue Schließen der Schleuſen verhindern wuͤrde. 

Um den ganzen Schleuſenbau gegen den Druck des 
Waſſers zu ſichern und ihm uͤberhaupt mehr Dauer zu geben, 


116 


fo ſetzet man gegen jeden Schleuſepfoſten eine Bude von 5 
bis 8 Fuß Laͤnge, die von der unterſten Schwelle, die fluß⸗ 
abwaͤrts liegt, gegen die Mitte der Schleuſepfoſten einge⸗ 
ſetzt wird. Ueber dieſe Bucke laͤuft, ſo hoch wie die Schleu⸗ 
ſen aufgezogen werden, eine Schwelle von 6 bis 8 Zoll 
Breite, welche als Steg dienet, um zu den Schleuſen zu 
kommen, ſie aufwinden, niederlaſſen und bequem von einem 
Theil der Wieſe zum andern kommen zu koͤnnen. 

Die Schleuſe ſelbſt wird am beſten aus 1 Zoll ſtar⸗ 
ken Brettern von Eichenholze zuſammengefuͤgt. Die Bret— 
ter muͤſſen von geſtuͤrztem Holze ſeyn. Die Zuſammenfuͤgung 
geſchieht durch Leiſten, die gegen die Bretter genagelt werden. 

Iſt die Schleuſe 5 bis 6 Fuß breit, fo befeſtiget man 
zwei Ketten von gedreheten eiſernen Ringen an die Schleuſe, 
mit einem tief über beide Seiten der Schleuſe hinabgehens 
den Beſchlaͤgen, wodurch zugleich die Schleuſe noch mehr bes 
feſtiget wird. Iſt die Schleuſe ſchmaͤler, ſo iſt Eine Kette 
hinreichend, welche aber vollkommen in der Mitte der 
Schleuſe angebracht ſeyn muß, damit fie die Schleuſe in voll⸗ 
kommenem Gleichgewichte aufheben kann, ſolche alſo ſich keicht 
aufziehen laͤßt. 

Um die Schleuſen aufzuziehen, muß man Hebel von 
feſtem, trockenem Holze haben, von Hainbuchen oder Weiß⸗ 
dorn. Am beſten thut man, wenn man ſich einen eiſernen 
Hebel machen laͤßt, der wie ein kleines Stuͤckeleiſen geſchmie⸗ 
det iſt, wovon ein Theil ſchwer, der andere leichter ſeyn 
kann, wodurch das Aufziehen und Zulaſſen ſehr erleichtert 
wird. Außer einem ſolchen eiſernen Hebel macht man für 
jede Walze zwei Hebel von feſtem, geriſſenem Holze, die 
man in die Schleuſe ſteckt, wenn man ſie aufgewunden hat, 
um ſie damit feſt zu halten. Um dieſe Hebel vor dem Auf⸗ 
quellen zu bewahren, ihnen aber auch mehr Dauer zu geben, 
thut man wohl, wenn man ſie im Sommer verfertiget und 
mehrmals theert. 


117 


Wenn der ganze Schleuſenbau fertig iſt, fo muß er 
überall, ehe er aufgeſchlagen wird, mit Theer, wie oben 
beim Wehrbau iſt gezeigt worden, angeſtrichen werden. Durch 
den Theeranſtrich dauert er noch einmal ſo lang, als ohne 
dieſen. Wenn das Holzwerk trocken iſt, dann kann man 
die Schleuſe an ihren beſtimmten Ort aufſchlagen. 

Man ſteckt die Schwellen mit Steinen aus, und zwar 
von der vorderſten und hinterſten Schwelle nach der mittle— 
ren anlaufend, und ſo hoch, wie die mittlere Schwelle ge— 
legt iſt. Durch dieß Stecken mit Steinen bekommt das 
Schleuſengeſtell in dem Flußbett das Anſehen eines kleinen 
niedrigen Wehrchens. Die Steine werden mit Moos und 
ſauerem Raſen verpackt. Auf beiden Seiten werden Mauern 
aus Steinen, Moos und Raſen aufgefuͤhrt. Viel beſſer 
thut man, wenn man ſich ſtatt Moos des Mauerſpeiſes be— 
dienet. Mit dieſen Mauern muͤſſen die Seitenſchwellen wohl 
verpackt werden, und die Schleuſepfoſten auf beiden Sei— 
ten bis auf 2 Zoll mit in die Mauern zu ſtehen kommen. 
Dieſe Mauern muͤſſen ſorgfaͤltig und gut, 3 Fuß breit und 


2 Fuß hoͤher als das Geſtade iſt, aufgefuͤhrt werden, wie 


beim Wehrbaue. 

Wenn ſich im Fruͤhjahre die Eisdecke von dem Waſ— 
ſer aufhebt und mit einer Fluth fortgehet, dann ſtaͤmmen ſich 
oft große Eisſchollen vor der Schleuſe. Das Waſſer daͤm— 
met ſich, und uͤberwaͤltiget entweder die Schleuſe, oder es 


bricht neben der Schleuſe aus und reißt in die Wieſe. Man 


muß daher im Voraus, gleich bei dem Bau der Schleuſen, 
auch einen oder zwei Eisbrecher ſetzen, und ſogleich beim 
Abgang des Eiſes ein ſorgfaͤltiges Auge auf die im Fluſſe 
ſtehenden Schleuſen haben; und die großen Stuͤcke Eis, ſo 
wie ſie kommen, mit einer Schlage, die einen langen Stiel 
hat, zerſchlagen, und fo den Durchgang des Eiſes erleich— 
tern. 


118 


2. Schleuſen mit Flügelthüren. 

Die andere Art Schleuſen, die ſtatt der Wehre in 
Fluͤſſe geſetzt werden koͤnnen, beſtehet in Fluͤgelthuͤren, die in 
einem Pfoſtengeſtelle in den Fluß gehaͤngt werden und auf 
und zu gemacht werden koͤnnen. Sie haben vor den Auf 
zugſchleuſen den Vorzug, daß das Eis, wenn es abgeht, 
einen freien und ungehinderten Durchgang hat. Sie haben 
aber auch das Beſchwerliche, daß ſie oft nur mit Muͤhe zu— 
gemacht werden koͤnnen, wenn nemlich verſaͤumt worden iſt, 
fie frühe genug vor dem Anſchwellen des Waſſers zu ſchlieſ⸗ 
ſen. Denn die Fluͤgel dieſer Schleuſen haͤngen flußabwaͤrts; 
wenn ſie alſo, um das Waſſer aufzuſchwellen, zugemacht 
werden ſollen, ſo muß dieß gegen den Strom geſchehen; iſt 
nun das Waſſer ſchon ſtark und ſtroͤmend geworden, ſo haͤlt 
es etwas ſchwer, ſie zu ſchließen. Iſt man aber aufmerk⸗ 
ſam und ſchließt die Schleuſe, wie es ſeyn muß, in Zeiten, 
dann wird dieſer Schwierigkeit ſehr begegnet. Will man 
z. B. im Herbſte die Fluthen benutzen, ſo druͤcke man die 
Schleuſen ſchon gleich nach der Grummeternte zu, während 
das Waſſer noch niedrig ſteht. Durch die Vorſchleuſen tritt 
denn doch das Waſſer nicht fruͤher auf die Wieſe, als man 
es haben will. pen 

Will man eine folhe Fluͤgelſchleuſe bauen, fo iſt das 
erfte, daß man die Höhe beftimmt, Unter der Höhe wird 
nicht die Höhe des ganzen Schleyfenbaues verſtanden, ſon⸗ 
dern die Höhe der Hemmung des Waſſers durch den Bret⸗ 
terbeſchlag an den Schleuſenfluͤgeln. Dieſe Hoͤhe wird auf 
eben die Art beſtimmt und gefunden, wie die eines Wehres; 
wie oben bei dem Wehrbaue iſt gezeigt worden. 

Dann beſtimmt man ihre Breite und legt nach der 
Breite des Waſſers, wie bei den Aufzugſchleuſen, drei Schwel⸗ 
len von 8, 10 bis 12 Zoll Quadrat, je nachdem die Schleuſe 
groß werden ſoll, dahin in das Flußbett, wo die Schleuſe 
hinkommen fol. Dieſe drei Schwellen werden in einer Ent: 


119 


fernung von 8, 10 bis 16 Fuß gelegt. Die oberſte und un— 
terſte dieſer Schwellen muͤſſen in die Seitenſchwellen einge— 
laſſen und verzimmert werden. Dieſe Schwellen werden 
durchlocht und mit 4 Zoll ſtarken Pfaͤhlen an den Boden 
feftgefchlagen. Die mittlere Schwelle muß auf beiden Seiten 
einen Fuß uͤber die Seitenſchwellen uͤberreichen und nicht in 
die Seitenſchwellen eingezimmert, ſondern nur 4 Zoll einge— 
kerpt werden und Zapfen bekommen, womit fie in die Schleu— 
ſepfoſten befeſtiget wird. Die mittlere Schwelle muß alſo 
darum auf beiden Seiten uͤber die Seitenſchwellen uͤberrei— 
chen, um fie in Schleuſepfoſten auf beiden Seiten einzulaſ— 
ſen, welche dicht an den Seitenſchwellen herauf zu ſtehen 
kommen. Dieß Einzapfen der mittleren Schwellen muß alſo, 
welches wohl zu bemerken iſt, unmittelbar an den Seiten— 
ſchwellen geſchehen, und auf jeder Seite mit zwei ſtarken 
Holznaͤgeln befeſtiget werden. Da die Schleuſepfoſten die 
Schleuſenfluͤgel tragen, ſo muͤſſen ſie beſonders ſtark ſeyn. 
Man nimmt fie alſo von 1½ Fuß bis 2 Fuß in Quadrat 
Staͤrke. Man ſetzt ſie in den Boden des Flußbetts ſo tief, 
wie es moͤglich iſt. Da man aber den Schleuſenbau fchon. 
vorher zimmert, ehe man zum Aufſchlagen koͤmmt, fo thut 
man wohl, wenn man 6 Fuß annimmt, die man die Schleu— 
ſepfoſten tiefer als die mittlere Schwelle zum Einſetzen be— 
ſtimmt; denn die Schleuſepfoſten muͤſſen vollkommen feſt 
ſtehen und darum tief in den Boden eingeſetzt werden. Fin— 
det es ſich hernaͤchſt, daß man nicht ſo tief kommen kann, 
ſo muß man die kleine Muͤhe und den kleinen Verluſt am 
Holze nicht achten und das überflüffige abſchneiden. Die Länge 
der Schleufepfoften muß 5 Fuß hoͤher genommen werden, 
als die Waͤſſerung iſt, für welche die Schleuſe das Waſſer 
aufhalten und es ihr hinweiſen ſoll, damit bei einer Fluth 
das Waſſer ungehindert durchpaſſiren kann. Drei Fuß uͤber 
der mittleren Schwelle, die auf dem Boden liegt, wird noch 
eine zweite Schwelle, von gleicher Staͤrke wie die untere, 


120 


in die beiden Schleuſepfoſten eingezimmert und eingezapft. 
Gegen dieſe obere Schwelle nun muͤſſen die Schleuſenfluͤgel 
anſchlagen. Man legt dieſe Schwelle, wie bei den Aufzug⸗ 
ſchleuſen, hoͤher, um einigen Fall und Zug des Waſſers da⸗ 
durch zu bewirken. Von dieſer mittleren oberſten Schwelle 
werden nach beiden Seiten, nach den unterſten und oberſten 
Schwellen, 8 Zoll ſtarke Balken 4 Fuß weit von einander 
gelegt, und ſowohl unten wie oben eingezapft und befeſtiget, 
damit die obere Schwelle vollkommen im Blei bleiben muß. 

Oben uͤber den Schleuſenbau gehet von den beiden 
Schleuſepfoſten, worin die Fluͤgel der Schleuſe zu haͤngen 
kommen, ein eben ſo breiter aber nur 6 Zoll ſtarker Balken, 
der die Schleuſepfoſten in Ordnung haͤlt, und gegen den 
die mittleren Rahmſchenkel der Schleuſenfluͤgel anſchlagen 
muͤſſen. Von beiden Seiten werden von einem jeden dieſer 
Schleuſepfoſten nach dem oben uͤberlaufenden Balken, Buͤcke 
geſetzt, die den oben uͤberlaufenden Balken tragen helfen, 
damit er ſich nicht ſenken kann. Und eben ſo werden von 
beiden Seitenſchwellen gegen die Schleuſepfoſten Bucke, 
flußauf⸗ und flußabwaͤrts, angelegt, welche die Schleuſepfo⸗ 
ſten in vollkommenem Gleichgewicht halten; denn beim Schleu⸗ 
ſenbau kommt alles auf Loth und Blei, oder auf genaues 
Paſſen und Geradeſtehen des Einzelnen und Ganzen an. Die 
Buͤcke muͤſſen ſo weit zuruͤck geſetzt werden, als erforderlich 
iſt, um die Fluͤgel, wenn ſie aufſtehen, vollkommen wider 
die Seitenmauern anlegen zu koͤnnen. Die Schleuſenfluͤgel 
muͤſſen genau paſſend gegen die untere Schwelle und die Sei⸗ 
tenpfoſten anſchlagen, und damit ſie dieß koͤnnen, ſo muß 
beiden Schleufepfoften, ſo wie der unteren Schwelle und 
dem oben uͤberlaufenden Balken, flußabwaͤrts ein 2 Zoll brei⸗ 
ter Falz gegeben werden, in den die Fluͤgel genau einſchlagen. 
In jeden Schleuſepfoſten werden zwei, und wenn die Schleu⸗ 
ſenfluͤgel groß und ſchwer ſind, drei ſehr ſtarke und lange 
eiſerne Angeln eingeſetzt, welche durch die Pfoſten durch— 


221 


reichen und mit eiſernen Schließen verſehen werden muͤſſen. 
Das Einſetzen dieſer Angeln geſchieht flußabwaͤrts, und das 
Einſchieben der Schließen flußaufwaͤrts. Und damit dieſe 
Augeln ſich gut einſetzen laſſen und nicht ein unnoͤthiges und 
muͤhſames Schlagen den ganzen Schleuſenbau erſchuͤttert: 
ſo muͤſſen, ehe der Schleuſenbau aufgeſchlagen wird, mit 
ſtarken Bohrern die Loͤcher zu den Angeln gebohrt, die An— 
geln gluͤhend gemacht und eingebrannt werden, damit ſie 
richtig zu ſtehen kommen und feſt ſitzen. In dieſen Angeln 
haͤngen und bewegen ſich die Fluͤgel der Schleuſe. 

Die Bauung dieſer Flügel wird auf eben die Art vor— 
genommen, wie die Fluͤgel eines Scheuer- oder Hofthors, 
nur mit dem Unterſchiede, daß die Schleufenflügel mehr breit 
als hoch ſind, und der Beſchlag mit Brettern etwas hoͤher 
als bis in die Hälfte des Rahmwerks der Flügel reichen 
muß. Die Hoͤhe, welche dem Bretterbeſchlag gegeben wird, 
iſt die eigentliche Höhe der Schleuſe, die bezweckt werden 
ſoll. Wie ſie gefunden, beſtimmt und bezeichnet wird, dieß 
iſt oben bei der Hoͤhe des Wehrs gezeigt worden. 

Das Rahmholz zu den Schleuſenfluͤgeln nimmt man 
4, auch 6 Zoll ſtark, nach Verhaͤltniß der Größe der Schleuſe; 
nur die beiden Haupt-Rahmhoͤlzer, die auf beiden Seiten 
gegen die Schleuſepfoſten anſchlagen und die Laſt der Schleu— 
ſenfluͤgel gleichſam tragen muͤſſen, werden jedesmal doppelt 
ſo breit, aber nicht quadrat genommen, wie das uͤbrige 
Rahmholz. Von dieſen beiden Haupt-Rahmhoͤlzern laufen 
drei gleich ſtarke Rahmhoͤlzer an beiden Schleuſenfluͤgeln nach 
den mittleren Pfoſten, die gefalzt ſind und ſich einander 
decken, und oben und unten gegen die Schwellen anſchlagen. 
Dieſe drei gerade laufenden Rahmhoͤlzer werden an beiden 
Fluͤgeln, und wenn die Schleuſe uͤber 18 Fuß breit iſt, in 
den beiden unteren Abtheilungen, wogegen die Bretter zu 
ſtehen kommen, von zwei ſchraͤge auflaufenden Rahmhoͤlzern 
unterſtuͤtzt. 


122 


Hat man das Rahmwerk der beiden Schleuſenfluͤgel 
fertig, fo beſchlaͤgt man es mit 1½ Zoll ſtarken, genau ges 
falzten, geſtuͤrzten eichenen Brettern. Bei dieſem Beſchlagen 
muß man auf drei Stucke Ruͤckſicht nehmen. 

Das erſte iſt, daß dieſe Bretter von der unterſten 
Schwelle herauf die zum Aufhalten des zur Waͤſſerung noͤthi⸗ 
gen Waſſers erforderliche Hoͤhe haben; ihre Höhe muß alſo 
von dem Waſſermaße, das in der Muͤndung der Waͤſſe⸗ 
rung ſtehet, genau beſtimmt und abviſiret ſeyn. 

Das zweite iſt, daß die Bretter an das Rahmwerk 
zunaͤchſt gegen das Waſſer zu ſtehen kommen, das Rahm⸗ 
holz aber flußabwaͤrts. Dieſe Stellung der Bretter geſchiehet 
in der Abſicht, um ein ſo viel moͤglich genaues Paſſen der 
Schleuſe zu bewirken. 

Das dritte iſt, die Bretter müffen überall, wo fie 
das Rahmholz berühren, mit ſtarken eifernen durchgehenden 
eaͤgeln angeſchlagen werden. Oben über, wo das Waſſer 
über fie herunter fällt, werden die Bretter an beiden Schleus 
ſenfluͤgeln mit ſtarken Leiſten verſehen. 

Dann, wenn die Schleuſenfluͤgel vom Zimmermann 
und vom Schreiner fertig ſind, werden ſie vom Schloſſer 
mit vier, und wenn die Schleuſe groß iſt, mit ſechs eiſer— 
nen, ſtarken Banden beſchlagen. In dem Falle, daß ſechs 
Bande erfordert werden, kommen an jeden Schleuſenfluͤgel 
drei; mithin muͤſſen auch in die Schleuſepfoſten fo viel Anz 
geln, wie oben iſt bemerkt worden, eingeſetzt werden: oben, 
mitten und unten eine. 

Zum Aufziehen der Flügel werden zwei ſtarke, 4 Zoll 
weite, eiſerne Schleifen erfordert, wovon in jeden Schleu⸗ 
ſenfluͤgel, gerade in die Mitte, in die uͤber einander ſchlagen— 
den vorderen Nahmſchenkel, eine eingeſchlagen und wohl um⸗ 
geniedet wird. In dieſe Schleifen krappt man mit einer 
Stange beim Auf- und Zumachen der Schleuſen, um ſie 
auf zu ziehen oder nieder zu druͤcken. Es muß alſo die 


123 


Stange mit einem Haken befchlagen ſeyn, womit man krap⸗ 
pen, der aber auch eine Spitze hat, wie an einem Schiffer 
haken, damit man auch die Schleuſe zudruͤcken kann. Am 
beſten iſt es, wenn man zwei Schließſtangen hat, und die 
Fluͤgel von beiden Seiten zugleich zugedruͤckt werden, wozu 
denn auch natuͤrlich zwei Menſchen erfordert werden. Zu 
den Schließſtangen nimmt man am beſten junge Fichten oder 
Tannen, welche leicht find, 

Die mittleren Rahmhoͤlzer, wodurch ſich die Fluͤgel 
einander decken, und die gefalzt ſind, bekommen ſowohl oben 
wie unten eiſerne Federn mit Schließkrappen, und oben und 
unten an den Schwellen werden Schließkaften befeſtiget, in 
welche die Federn eingreifen und die Fluͤgel feſthalten. Will 
man die Schleuſe oͤffnen, ſo druͤckt man mit der Hand oben 
herunter zuerſt die oberſten Federn auf, und dann druͤckt 
man mit der Schließſtange die unteren Federn, welche im 
Waſſer ſtehen, nieder. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die 
Federn gut gearbeitet und verharzet ſeyn muͤſſen. Die Fe— 
dern, die im Waſſer ſtehen, muͤſſen alle zwei Jahre neu ge— 
macht werden; denn von dieſen Federn haͤngt der Gebrauch 
der Schleuſen ab. Will man aber keine Schließfedern, ſo 
kann man auch die Fluͤgel der Schleuſe mit langen Riegeln 
verſehen, die die Schleuſe auf der Schwelle befeſtigen, oder 
mit Schließſtangen zuſtaͤmmen. In dieſem Falle muͤſſen die 
Stangen ſehr ſtark ſeyn und an dem einen Ende mit Schlei⸗ 
fen an den Fluͤgel der Schleuſen befeſtiget werden; an den 
anderen Enden Haken haben, womit ſie an die Pfoſten, 
welche die Schleuſenfluͤgel zuhalten ſollen, eingekrappt werden. 

Damit man von einer Seite des Fluſſes auf die au: 
dere, und beim Auf- und Zumachen der Flügel zu den 
Schließfedern oder Riegeln kommen kann, ſo dienet die oben 
uber laufende Schwelle zugleich als Steg, woran auf bei— 
den Seiten Lehnen von ein Paar Stangen angebracht wer— 
den. Um zu verhuͤten, daß ſich die Fluͤgel der Schleuſe 


124 


nicht durch ihre Schwere und durch die Fänge der Zeit fen- 
ken, muͤſſen auf beiden Seiten des Geſtades, entweder in 
ſtarken Pfoſten, oder langen Steinen, wozu allenfalls die⸗ 
ſelben dienen koͤnnen, in welche die Schließſtangen befeſtiget 
werden, Krappen angebracht werden, worin man die Schleu⸗ 
ſen einhaͤngt. Durch dieſe Vorkehrung muͤſſen die Schleuſen 
vollkommen in der Richtung bleiben, wie ſie in die Falzen 
paſſen. 

Hat man den ganzen Schleuſenbau fertig, ſo ſtreicht 
man ihn mit dem ſchon mehrmals angegebenen Theeranſtrich 
an. Und dieſes Anſtreichen muß alljaͤhrlich im Sommer wie⸗ 
derholt werden. 

Die Schwellen, die in das Flußbett gelegt werden, 
muͤſſen in ſchraͤger Richtung, nach der mittleren Schwelle 
anlaufend, mit Steinen ausgeſteckt, dieſe mit Moos und 
ſauerem Raſen verpackt und alles aufs Beſte befeſtiget wer⸗ 
den. Auf beiden Seiten werden Mauern von Speis aufge⸗ 
fuͤhrt, womit die Schleuſepfoſten und die Buͤcke bis auf 
einige Zoll eingemauert werden. 

Um bequem auf die oben uͤberlaufende Schwelle, die 
als Steg dienet, kommen zu koͤnnen, ſo werden auf beiden 
Seiten einige Fußſteige angebracht. 

Wenn man nun das Waſſer aufſchwellen und zur 
Waͤſſerung hinleiten will, ſo druͤckt man die Schleuſenfluͤgel 
zu, und zwar ſo, daß ſie ſich einander decken und die Rahm⸗ 
ſchenkel in einander greifen. Ehe man ſie aber zudruͤckt, faͤhrt 
man mit einer Stange uͤber die Falze der unteren Schwelle 
hin, um, wenn ſich etwa Sand oder Schlamm in die Falze 
geſetzt haben ſollte, dieß wegzuſchieben; denn dahin muß man 
jedesmal Bedacht nehmen, daß die Schleuſen vollkommen 
und willig in die Falzen einpaſſen, und wohl zuſehen, daß 
auch nichts von Sand und Schlamm in den Ecken neben 
den Schleuſepfoſten ſitzen bleibt. Man kann ſich auch zu dem 
Abfegen der Schleuſeſchwellen eines langen Stielbeſens be⸗ 


125 


dienen. Sind fie einmal unrecht zugemacht worden, fo find 
ſie, ſo zu ſagen, auf immer verdorben; denn das Holz zie— 
het ſich, wird ſchief, und die Schleuſen verlieren ihren Schluß 
und halten kein Waſſer meln. 

Sowohl dieſe wie jene Schleuſen koͤnnen zwar beim 
Wieſenbau viel Nutzen ſchaffen, beſonders in Gegenden, wo 
die Steine ſchwer zu haben ſind, oder auch fuͤr einzelne 
Gutsbeſitzer, denen es zu ſchwer faͤllt, einen koſtbaren Wehr— 
bau zu unternehmen. Wo man aber Steine haben kann, 
und die Baukoſten einigermaßen zu erſchwingen ſind, da thut 
man doch beſſer, wenn man auf die angegebene Art mit 
behauenen Steinen ein Wehr anlegt. Doch find die Schleuse 
ſen den Wehren aus Reiſern weit vorzuziehen. 


3. Boxrfäleufen. 


Schleuſen mit Fallthuͤren, die man in den Bach ſetzt, 
um das Waſſer in dem Flußbette aufzuſchwellen, und es in 
die Waͤſſerung zu leiten, dienen zugleich auch dazu, das 
Waſſer aus der Hauptwaͤſſerung einzulaſſen und abzuſchlagen. 
Die Vorſchleuſen ſind von den Flußſchleuſen darin verſchie— 
den, daß ſie keine erhoͤhete Mittelſchwellen bekommen, ſon— 
dern alle Schwellen dem Boden ganz gleich gelegt werden. 
Man ſetzt die Vorſchleuſe in die Muͤndung der Waͤſſerung. 
Man hat nicht noͤthig, die Vorſchleuſe mit einer Speismauer 
zu befeſtigen; trockene Mauern mit Moos ſind hinreichend. 

Eben ſolche Schleuſen, wie die Vorſchleuſen ſind, wer— 
den auch in die Hauptwaͤſſerung dahin geſetzt, wo aus der— 
ſelben Waſſer in die Seitenwaͤſſerungen gefuͤhrt werden ſoll, 
um mehr oder minder Waſſer dahin zu weiſen. 


4. Kleine Wäſſerſchleuſen. 


Bei den Waͤſſerungen werden Schleuſen von verſchie— 
dener Groͤße erfordert: von einem bis drei Fuß Breite, und 
von zwei bis ſechs Fuß Hoͤhe. Man macht ſie in der Re⸗ 


126 


gel noch einmal fo hoch, wie fie breit find, Nach der Größe 
der Schleuſen richtet ſich ebenfalls die Staͤrke des Holzes. 
Den gewöhnlichen Waͤſſerſchleuſen gibt man nur zwei Grund: 
ſchwellen. Eine derſelben kondet unter die Schleuſe, die 
andere 1½ Fuß in der Waͤſſerung abwaͤrts zu liegen. Beide 
laufen in Seitenſchwellen, und dieſe werden ſowohl durch 
die Zapfen der aufgeſetzten Schleuſepfoſten, wie durch zwei 
Buͤcke, die in der Waͤſſerung abwaͤrts zu ſtehen kommen, 
befeſtiget. Kleine Waͤſſerſchleuſen werden nicht durch Ket— 
ten und Walzen auf- und abgelaſſen, weil dieß zu koſtbar 
ſeyn wuͤrde, ſondern durch 4 bis 5 Zoll breite Leiſten, die 
von demſelben Holze mit Naͤgeln an die Schleuſen befeſtiget 
werden. Dieſe Leiſten bekommen mehrere Loͤcher, um die 
Schleuſen vermittelſt eines Pfahles aufzuhalten; um ſie ſo 
hoch und tief ſtellen zu koͤnnen, wie man es haben will. Es 
wird zu dem Ende in dem oberen Schleufebalfen, der die 
Schleuſe zuſammenhaͤlt, ein eben ſo breites Loch, wie die 
Leiſte iſt, durchgehauen, wodurch dieſe Leiſte heraufgehet. 
Dieſe Oeffnung muß den richtigen Spielraum haben, um ſie 
bequem auf und nieder laſſen zu koͤnnen. Wenn die kleinen 
Schleuſen fertig find, fo werden fie getheert und an einem 
trockenen Orte bis zum Gebrauche aufbewahrt. 

Die groͤßten dieſer Schleuſen ſetzt man dahin, wo aus 
einer breiten Hauptwaͤſſerung noch eine zweite Waͤſſerung 
abgefuͤhrt wird; die mittlere Sorte, wo aus einer zweiten 
Waͤſſerung das Waſſer in Seitenwaͤſſerungen gewieſen wer—⸗ 
den ſoll. Und die kleinſten Waͤſſerungen werden mit den 
kleinſten Schleuſen verſehen, wie ſich dieß von ſelbſt verſte⸗ 
het. Gewoͤhnlich bekommen die kleinen Schleuſen nur eine 
Schwelle; dieß hat zur Folge, daß ſie nicht feſt ſtehen, ſon⸗ 
dern leicht umweichen. Dieſem Uebel vorzubeugen, iſt es 
noͤthig, auch den kleinſten Schleuſen zwei Schwellen zu ges 
ben und ſie mit Buͤcken zu verſehen. 

An allen dieſen Schleuſen darf es bei einem zweck⸗ 


127 


mäßigen Wieſenbau nicht fehlen. Denn in den Schleuſen be— 
ſtehet der Haushalt des Waſſers, worauf beim Wieſenbau 
alles ankommt. Man hat nicht immer fo viel Waſſer, daß 
man ein ganzes Wieſenthal auf einmal unter Waſſer ſetzen 
kann. Es muͤſſen alſo Schleuſen da ſeyn, um einem jeden 
Theile des Wieſenthales ſein Quantum Waſſer zuzuweiſen. 
Aber ſo erforderlich die Schleuſen ſind, den Wieſen das 
Waſſer zu geben: eben fo erforderlich find fie, es ihnen zu 
nehmen und die Wieſen trocken zu ſtellen. 

Alſo an allen Waͤſſergraͤben muͤſſen nach Verhaͤltniß der 
Groͤße der Waͤſſerungen Schleuſen geſetzt werden. 


III. Von der Anlage kleiner Wäſſerungen. 


1. Durch Waſſerräder. 

Man kann aber auch durch Waſſerraͤder auf einzelnen 
Wieſen, welche in der Naͤhe ſchnellfließender oder ſtill ſtehen— 
der Waſſer liegen, Waͤſſerungen auf folgende Art anlegen. 

a. Von Waſſerraͤdern an ſchnell fließenden Waſ— 
fern, z. B. an Huͤtten-, Hammer- und Muͤhlgraͤben, oder 
andern ſchnell fließenden Waſſern. Es iſt zuweilen der Fall, 
daß man eine Wieſe oder einen bedeutenden Grasgarten ne— 
ben einem Waſſer hat; aber das Geſtade iſt zu hoch, oder 
es wird nicht geſtattet, daß man eine vollkommene Waͤſſe— 
rung durch ein Wehr oder eine Schleuſe anlegt, oder es iſt 
zu koſtbar, um eines einzelnen Grundſtuͤcks willen einen Wehr— 
oder Schleuſenbau zu unternehmen; wo aber ein Waſſerrad 
gar wohl geſtattet werden und auch das noͤthige Waſſer lie— 
fern würde: da und in ahnlichen Fällen ſetzt man ein Waſ— 
ſerrad. Dieß Rad wird, wie ein uͤberſchlaͤchtiges Muͤhlrad, 
neben an das Geſtade geſetzt. Da an der Stelle, wo das 
Rad gehen ſoll, muß ein gerades und ſenkrechtes Ufer ſeyn, 
und man führt daher, jo breit und groß, wie das Rad 
werden ſoll, eine Mauer auf. Will man eine trockene Mauer 
legen, ſo muß man fuͤr große Steine ſorgen; denn das ſtets 


128 


abfallende Waſſer verdirbt bald eine Mauer aus kleinen 
Steinen. Auf die Mauer legt man ein etwas ſtarkes, aber 
kurzes Schwellholz; wenn es die Umſtaͤnde erfordern, ſo 
kann man auch die Schwelle noch durch Unterlagen erhoͤhen. 
Auf dieſe Schwelle kommt die Achſe des Rads auf einer 
Seite zu liegen. Auf der andern Seite errichtet man auf 
dreien auf den Boden des Flußbettes gelegten Schwellen, 
die mit ſtarken Pfaͤhlen feſt geſchlagen ſind, ein Pfoſtenge— 
ſtell, das auf beiden Seiten von ſtarken und hohen Buͤcken 
feſtgehalten wird, und das der gegenuͤber liegenden Schwelle 
vollkommen gleich hoch ſeyn muß, und worauf die Achſe des 
Rads ſich bewegt. Dieſe Achſe, ſo wie die ganze Ruͤſtung, 
muß nicht mehr, als den hoͤchſt noͤthigen Raum einnehmen. 
Iſt das Waſſerbett ein Huͤtten-, Hammer- oder Muͤhlengra⸗ 
ben, welche alleſammt nicht breit ſind, ſo hat man nicht 
noͤthig, ein Pfoſtengeſtell in das Flußwaſſer zu ſetzen; man 
legt dann nur auf die beiden Ufer Schwellen und Unterlagen 
fuͤr die Achſe des Waſſerrads. Das Rad muß Schoͤpfſchau⸗ 
feln haben, die ſich auf der Seite ergießen, wo die Waͤſſe— 
rung angelegt werden ſoll. Um das Waſſer, welches ſie her— 
aufheben, aufzufangen, muß auf der Schwelle, die die Achſe 
traͤgt, ein Trog, und an dem Troge eine Rinne liegen, die 
das Waſſer auffangen und auf die Wieſe führen. Ein fol 
ches Rad verſteht ein jeder Muͤhlarzt zu bauen, und es be— 
darf daher keiner weiteren Anleitung. Sollte das Waſſer 
auf der Seite, wo das Rad angebracht iſt, keinen rechten 
Zug haben, ſo ſucht man durch Aufrichtung einiger Bretter, 
die man mit Pfaͤhlen befeſtiget, den Hauptſtrom nach der 
Seite des Rads hinzuleiten. 

Damit ſich das Waſſerrad leicht und gefaͤllig umdrehe, 
ſo muß man es mit einem Gemiſche von Theer, Talg und 
Thran an der Achſe beſtreichen und eine kleine Bedeckung 
daruͤber legen, damit Luft und Sonne dieſen Schmeer nicht 
abtrocknen. 


129 


b. Wafferräder an ſtillſtehenden Waſſern. 
Eben fo kann man für einzelne Wieſen, die an ſtillſtehende 
Waſſer anſtoßen, z. B. an Teiche oder Kanaͤle, durch Waſ— 
ſerraͤder, welche durch Windfluͤgel getrieben werden, das 
zur Bewaͤſſerung noͤthige Waſſer gewinnen. Da aber in einer 
bergigen Gegend, fuͤr welche dieſe Anweiſung zum Wieſen— 
bau zunaͤchſt beſtimmt iſt, felten, und vielleicht nie, Waͤſſe⸗ 
rungen auf dieſe Art angelegt werden, ſo enthaͤlt man ſich 
einer weitlaͤuftigen Beſchreibung. 


2. Wäſſerungen, die durch angelegte Rinnen zu 
Stand gebracht werden. 


Es iſt oft der Fall, daß eine einzeln gelegene Wieſe 
uͤber einer Tiefe, einem Hohlwege oder einem tiefgehenden 
Waſſer trocken liegt, der aber uͤber den Hohlweg oder uͤber 
den Fluß heruͤber recht gut zu einer Waͤſſerung zu helfen 
waͤre, wenn man nur das dieſſeitige Waſſer hinuͤber fuͤhren 
koͤnnte, das ſo ohne Nutzen in den Hohlweg oder in den Fluß 
hinrinnet. Dieß geſchiehet durch Legung ſchmaler oder brei— 
ter Rinnen, uͤber den Hohlweg oder uͤber das tiefe Fluß— 
bett hin, wie ſie die Umſtaͤnde erfordern. 

Bei kleinen Waͤſſerungen kann man ſich eines alten 
Viehtrogs bedienen, an dem man die Koͤpfe durchhaut und 
ihn ſo uͤber die Tiefe hinlegt. Iſt aber der Hohlweg oder 
Fluß, woruͤber das Waſſer geleitet werden ſoll, breit, ſo 
muͤſſen abſichtlich lange Tannen oder Eichen dazu ausgehauen 
und gelegt werden. Iſt die Breite, woruͤber die Rinne zu 
liegen kommen ſoll, bedeutend, fo muß man ſehen, daß nan 
die Rinne unterſtuͤtzt, damit ſie ſich in ihrer Mitte nicht 
ſenken kann. 

Es iſt wohl gar der Fall, daß man einen ganzen 
Bach uͤber den andern, oder eine breite Waͤſſerung uͤber die 
andere fuͤhren muß, um ein großes Stuͤck Wieſe erforderlich 
zu bewaͤſſern. Man fuͤgt alsdann 3 Zoll ſtarke Bohlen von 


9 


4 


130 


Eichenholz zuſammen, und legt zwei ſtarke Balken über die 
Tiefe hin, und daruͤber die zuſammengefuͤgte breite Rinne. 
Die Bohlen werden gefalzt und in mehrere Geſpanne gelegt. 

Unter einem Geſpanne verſtehet man ein Geſtell, das 
aus vier Hoͤlzern mit Zapfen und Holznaͤgeln zuſammen ge⸗ 
ſetzt iſt und genau die breite Waͤſſerrinne in ſich ſchließt. 
Das untere Stuͤck mag 8 Zoll breit und 6 Zoll ſtark ſeyn 
und muß auf beiden Seiten der Rinne ſo weit uͤberreichen, 
daß 3 Zoll breite Loͤcher eingehauen werden koͤnnen. In 
dieſe werden Seitenhoͤlzer eingeſetzt, die 6 Zoll ſtark und ſo 
hoch ſind, daß ſie uͤber die Seitenbretter ſo hoch herauf ſte— 
hen, daß ſie oben uͤber mit einem eben ſo ſtarken und an 
beiden Enden genau paſſend durchhauenen Schwellſtuͤck zu— 
ſammen geſchloſſen werden koͤnnen, fo daß die zuſammen ges 
fuͤgten Bohlen ſich nicht verziehen und aus dem genauen 
Schluſſe, der ihnen gegeben iſt, verruͤcken koͤnnen. Dieſer 
Geſpanne werden nach Erforderniß der Laͤnge der Rinne 
von 6 Fuß zu 6 Fuß angelegt. So kann man Rinnen von 
4 Bohlen lang oder 40 bis 50 Fuß zuſammen fuͤgen. Das 
Anſtoßen der Laͤnge geſchiehet auf einem Geſpanne. Bei der 
Bauung einer ſo breiten Bachrinne muß man auch auf eine 
moͤgliche Anſchwellung des Flußwaſſers Ruͤckſicht nehmen. 
Alle Rinnen muͤſſen, wenn ſie dauern ſollen, getheert 
und dieß jeden Sommer bei trockenem Wetter wiederholt 
werden. 


3. Wäſſerungen aus Fuhrwegen. 


Durch die Wanderung von Menſchen, durch das Fah⸗ 
ren und Treiben der Thiere und das Ausfahren des Duͤn⸗ 
gers faͤllt mancher die Wieſe naͤhrende Stoff auf den Weg, 
den der Regen wie in einem kleinen Bach zuſammen treibt 
und mit fort ſpuͤlet. Da iſt nun der aufmerkſame Wieſen⸗ 
bauer darauf bedacht, dieſe Fettigkeiten aus den Fuhrwegen 
auf ſeine nahe Wieſe oder in ſeinen Grasgarten zu fuͤhren; 


151 


denn der ſorgfaͤltige Landmann laͤßt nichts unbenutzt, ſondern 
ſucht alles zu ſeinem Nutzen anzuwenden und zu gebrauchen, 
und ſomit auch das Waſſer aus den Fuhrwegen. 

Das Waſſer, das man aus einem Fuhrwege auf eine 
Wieſe leiten will, fuͤhret man erſt in einen vor der Wieſe 
angebrachten kleineren oder groͤßeren Fanggraben, damit 
nicht etwa bei einem ſchweren Regen Erde, Sand und Steine 
auf die Wieſe mit hinſtroͤmen und die Grasnarbe verſchlaͤm— 
met werde. In einer ſolchen Fanggrube ſetzen ſich, wie bei 
der Bauung der Feldwieſen iſt gezeigt worden, die ſchweren 
Theile ab, und es kommen alsdann der Wieſe nur die 
Stoffe zu, die ihr wirklich erſprießlich ſind. 


Schfer Abſchnitt. 


Von der Bauung und Unterhaltung des Geſta— 
des, und einer zweckmaͤßigen Bepflan— 
zung deſſelben mit der ſehr nuͤtzlichen 
Bandweide. 


De Waſſerbau iſt bekanntlich ein ſehr ſchwieriger Bau. 
Man hat es dabei mit einem Elemente zu thun, das gar leicht 
unſere Kraͤfte uͤberwaͤltiget und bald alle Muͤhe und Fleiß 
zerſtoͤret, wenn man nicht im Voraus darauf denkt, es bei 
ſeinem Anſchwellen durch eine vorſichtige und kluge Fuͤhrung 
zu mäßigen, zu beſaͤnftigen und ihm feine reißende und zer 
ſtoͤrende Gewalt ſo viel moͤglich zu benehmen. Das Waſſer 
wird ſtark und wuͤhlend, wenn es in tiefen, eingeſchloſſenen 
Geſtaden hoch aufeinander gehet und fortſtroͤmet. Das Waſ— 
ſer verlieret ſeine Gewalt, wenn man es flach fuͤhrt; wenn 
man ihm Raum gibt, ſich bei feinem Anwachſen auszubreie 
ten; wenn es ſich nicht in tiefen und krummen Betten durch⸗ 


12% 


winden muß, und wenn man ſeinen Fall zu mäßigen ſuchet, 
es daher langſam von einer hoͤheren in eine tiefere Gegend 
zu führen bemuͤhet iſt. Dieß find Erfahrungsſaͤtze, die uns 
bei dem Waſſerbau leiten muͤſſen. 

Die Hauptregeln bei dem Waſſerbau ſind alſo kurz 
dieſe: 

A. Man fuͤhre das fließende Waſſer flachz 

B. man fuͤhre das Waſſer gerade, und 

C. maͤßige ſeinen Fall, ſo viel es thun— 
lich iſt. 

A. Man fuͤhre das fließende Waſſer flachz 
das heißt, man gebe ihm alle Gelegenheit, ſich auszudeh—⸗ 
nen und ſich bei feinem Anſchwellen auszubreiten. Im Bor 
hergehenden iſt ſchon davon gehandelt worden, daß die alten 
Flußbette ausgeſtreckt oder neue ausgeworfen werden muͤſſen. 
Das Eine oder Andere, ſo wie man es fuͤr noͤthig erkennt, 
muß geſchehen; in beiden Faͤllen bleibt es aber eine unwan⸗ 
delbare Regel bei der neuen Wieſenanlage, die Wieſe bis 
auf die Sohle des Flußbetts zu ſenken, wie bei der Anlage 
füßer Wieſen iſt gezeigt worden, damit das Waſſer, wenn 
es anſchwillt ſich leicht ausdehnen und ausbreiten kann. 
Dazu iſt nicht gerade erforderlich, daß das Flußbett ſehr 
breit ſey, und daß ihm fuͤr den Fall eines Anſchwellens 
der noͤthige Raum innerhalb des Geſtades gegeben werde. 
Nein, das Flußbett kann und muß, zur Erſparung und 
Gewinnung des Raums, ſo ſchmal wie moͤglich angelegt 
werden. Das Flußwaſſer muß nicht mehr Raum haben, 
als es zu ſeinem gewoͤhnlichen Laufe, wenn es ruhig iſt, 
noͤthig hat. Für das Anſchwellen des Flußwaſſers dienet 
die flach gelegte Wieſe und das beigeſchobene Geſtade. Auf 
der ſanften Grasnarbe beſaͤnftigen ſich gleichſam die wilden 
Wellen. Wenn ſich das Flußwaſſer noͤthigen Falls auf jeder 
Seite nur etwas ausbreiten kann, ſo ſenket und maͤßiget 
dieß ſchon ſehr das wilde Ungeſtuͤm des heftigen und auf⸗ 


133 


geſchwollenen Stroms. Die Schwere und der Druck des 
Waſſers wird ſehr gemaͤßiget, wenn ſich die hohen Waſſer— 
ſchichten, die in einem engen und tiefen Flußbette aufeinan— 
der ſtehen, ausbreiten koͤnnen. Ruhiger und ſanfter gehet 
ein Flußwaſſer feinen Weg weiter, wenn es nicht aufeinan— 
der gedraͤngt iſt und eine maͤßige Freiheit hat. Man fuͤhre 
darum alle Flußwaſſer flach, und ſchiebe die Wieſe von wei— 
tem her ſanft und mäßig bei, und man wird ſich uͤber ſei— 
nen ruhigen Gang freuen. 

B. Man fuͤhre das Flußwaſſer, ſo viel es 
thunlich iſt, gerade. Der Gang und das Fortfließen 
des Waſſers wird dadurch ungemein erleichtert, wenn man 
ihm bei einer flachen Fuͤhrung auch eine gerade Richtung 
gibt. Dieß will nicht ſagen, als wolle man angeben, die 
Flußwaſſer immer ſchnurgerade zu fuͤhren. Nein, dieß wuͤrde 
phyſiſch unmoͤglich ſeyn und gegen die Lage und Richtung 
der Thaͤler ftreiten; ſondern dieß ſoll nur fo viel ſagen: man 
fuͤhre das Flußwaſſer ohne viele Kruͤmmungen durch ein 
Thal hin. Dadurch gewinnt man nicht nur viel Flaͤchen— 
raum, ſondern es maͤßiget auch den Strom des Waſſers. 
Wenn ein fließendes Waſſer in einem krummen, hin und 
her gehenden Bette bald auf der einen, bald auf der andern 
Seite anſtoͤßt: ſo reißt es bald auf der einen, bald auf der 
andern Seite etwas vom Geſtade mit fort; und je weiter 
es in dem unbequemen Bette fortſtroͤmt, beſonders wenn es 
angeſchwollen iſt, deſto reißender wird es um ſo mehr, wenn 
es immer neue Zufluͤſſe erhaͤlt und immer ſtaͤrker wird. Um 
alſo das Flußwaſſer zu maͤßigen und es ruhig durch das 
friedliche Wieſenthal zu fuͤhren, ſo iſt durchaus erforderlich, 
daß es ſo gerade wie moͤglich gefuͤhrt wird; und da, wo 
eine Biegung des Flußbetts noͤthig iſt, daß man dieſe von 
weitem her anlegt und herholet. 

Damit das Flußwaſſer nun auch ferner, nach der neuen 
Anlage, ſeine gerade Richtung behaͤlt, ſo halte man den Strom 


134 


forgfältig in der Mitte des Bettes. Jede Fluth bringt im⸗ 
mer etwas von Sand und Stein mit, ſetzt dieſe bald hier, 
bald dort an, bildet Sandbaͤnke und fuͤllet die Flußbette 
an. Dadurch erhaͤlt das Flußwaſſer in ſeinem Gange oft 
eine ſchiefe Richtung, es entſtehen Ueberſchwemmungen, und 
das Flußbett kommt in volle Unordnung. Dieß zu verhuͤ⸗ 
ten, muß man den Strom in der Mitte halten und das 
Flußbett alljaͤhrlich reinigen, welches des Sommers, wo die 
Flußbette beinahe trocken ſtehen und das Waſſer warm iſt, 
durch die ganze Gemeinde mit geringer Muͤhe geſchehen kann. 
Doch muß dieſe Arbeit unter ſtrenger Aufſicht der Orts- 
ſchultheiſſen verrichtet werden, die nicht zugeben duͤrfen, daß 
die Arbeit obenhin, wie faſt alle Gemeindearbeiten, ges 
ſchehen. 

Am beſten verbeſſert man Wege und Landſtraßen, die 
Zugaͤnge und die Wege des Dorfs mit den Steinen und gro— 
bem Bachſand; und den feineren Sand verwendet man am nuͤtz⸗ 
lichſten zum Verbeſſern der Lehmfelder, welcher fuͤr dieſe beſ— 
ſer iſt, als der beſte Duͤnger. Oder man benutzt ihn bei 
der Anlage naſſer Wieſen, womit man dieſe ½ Fuß uͤber⸗ 
führt und den Sand gleich vertheilt in den Boden zu arbei⸗ 
ten ſuchet. 

Bei großen Fluͤſſen und Stroͤmen muß man aber den 
Strom, wenn er eine ſchiefe Richtung nimmt, durch Krippen, 
die man in Zeiten ſchlagen muß, zurechtweiſen, und dadurch 
einem weiteren Verderben vorbeugen. 

Man ſchlaͤgt eine Krippe auf folgende Art. Da, wo 
der Waſſerſtrom gegen ein Geſtade anſtoͤßt und einzureißen 
anfaͤngt, ſchlaͤgt man, nach Verhaͤltniß des angedroheten 
Schadens, nach der Richtung des Stroms oder nach der 
Gewalt und dem Drucke des Waſſers, eine Reihe Pfaͤhle 
von dem Geſtade abwaͤrts allmaͤhlig in den Fluß hinein, die 
nach Verhaͤltniß der eben genannten Umſtaͤnde lang und 
ſtark ſeyn muͤſſen. Nachdem der Fluß breit, die Gefahr 


135 


drohend und der Schade ſchon wirklich groß iſt, muͤſſen auch 
die Krippen klein oder groß werden. Wenn man nun die 
aͤußerſte Reihe Pfaͤhle, gegen welche der Strom anſtoͤßt, ges 
ſchlagen hat: dann ſchlaͤgt man die unteren ſo, daß die Rei— 
hen Pfaͤhle uach dem Geſtade zu einen abwaͤrts ſtehenden 
Winkel bilden, wovon ſich die Spitze oben gegen das Ge— 
ſtade anleget. Und damit dieſe Pfaͤhle in der Ordnung bleiben, 
ſo flicht man ſie mit langen buchenen Ruthen oder mit Wei— 
den. Dann fuͤllet man den ganzen Raum mit großen Stei— 
nen, zuſammen gebundenen Reiſern und mit Raſen aus. 
Oder man laͤßt an Stellen, wo das Waſſer des Sommers 
nicht weichet, große und weite Koͤrbe flechten, fuͤllet dieſe 
mit Sand und Erde, verſenket ſie und fuͤllt dieſe Krippen 
bis oben an. Die Krippen muͤſſen ſo hoch gefuͤhrt werden, 
daß eine Fluth ſie nicht leicht uͤberſtroͤmen kann. 

Soll in einem ſtarken Strom ein Waſſerbau vorge 
nommen werden, ſo muͤſſen ſtatt der Pfaͤhle Pfoſten von ge— 
ſchnittenem Eichenholze, von 6 bis 8 Zoll Quadrat genom— 
men, und ſtatt der Reiſer mit Riegeln verbunden und mit 
Bohlen beſchlagen werden. Solche Pfoſten muͤſſen mit eiſer— 
nen Spitzen oder Schuhen verſehen und 3 bis 4 Fuß von 
einander in den Boden ſo tief wie moͤglich eingetrieben 
werden. 

Es iſt aber auch wohl moͤglich, daß man ſelbſt beim 
niedrigften Stande des Waſſers, beim Annageln der Bretter 
nicht bis auf den Boden des Flußbettes kommen, mithin die 
Bretter nicht befeſtigen kann. Wenn dieß iſt, ſo falzet man 
die Pfoſten in der Mitte recht breit und voͤllig, und ſchiebt 
dann in dieſe Falzen 2 Zoll ſtarke Bohlen, welche bei richti— 
gem Falzen und gerader Richtung der Pfoſten ſich aneinan— 
der ſchließen und bis auf den Boden fallen. (Man kann 
auch durch lange Reiſerbuͤndel den unteren Raum ausfüllen 
und dieſe mit ſchweren Steinen niederdruͤcken.) Doch haͤlt 
es alsdann ſchwer, die Pfoſten zu verriegeln; man verbinde 


136 


fie darum obenher, wo kein Waſſer ſteht, mit angenagelten 
Eichenbrettern. Der ganze Raum wird, wie ſchon gezeigt 
worden iſt, mit Steinen und Raſen ausgefüllt. Dieſe Krip- 
pen beſteckt man mit kurzen und niedrigen Weiden, um den 
Krippen die noͤthige Dauer zu geben, die man aber nie zu 
Baͤumen aufwachſen laſſen darf. Es muͤſſen bei einem ſtar⸗ 
ken Strome oft 3, 4 und mehrere Krippen, wenn er ſeine 
Gewalt auf eine Seite gerichtet hat, geſchlagen werden. Iſt 
man aufmerkſam bei der Unterhaltung des Geſtades, ſo kann 
man mit ſehr geringen Koften großen Schaden abwenden, 
der ſich ſpaͤterhin kaum durch ſehr große Koſten wieder gut 
machen laͤßt. 

Aus dieſem allen ergibt ſich von ſelbſt, daß, wenn 
man ein neues Flußbett auswirft, es in der Mitte etwas 
tiefer ausgeworfen werden muß, als am Geſtade, damit der 
Strom in der Mitte gehe. | 

C. Man mäßige den Fall des Flußwaſſers 
durch Wehre und kleine Waſſerfaͤlle, oder man 
beſtecke den Bachſtaden mit Steinen. 

a. Man mäßige den Fall des Flußwaſſers durch 
Wehre. In bergigen Gegenden haben die Baͤche und Fluͤſſe 
gewoͤhnlich viel Fall. Dieß veranlaßt ein ſchnelleres Fort— 
fließen des Waſſers, als im flachen Lande. Dieſelbe Waſ— 
ſermaſſe bringt aber, je nachdem ſie mehr oder weniger Fall 
hat, ſehr verſchiedene Wirkungen hervor. Hier koͤnnte das 
ſtufenweiſe Zunehmen der Kraft und Wirkung des Waſſers 
bei zunehmendem Falle gezeigt werden, wenn es zu einem 
hier anwendbaren Reſultat fuͤhrte; dieß wuͤrde nur zu weit— 
laͤuftigen und uͤberfluͤſſigen Unterſuchungen Anlaß geben, die 
für dieſes Werkchen ganz entbehrlich find. Wir muͤſſen viel⸗ 
mehr unſer Augenmerk dahin richten, wie das Reißende des 
Waſſers einigermaßen zu maͤßigen iſt; und dazu dienen, 
wie bekannt iſt, wohl angebrachte Wehre. Freilich wuͤrden 
die Koſten eines Wehres mit dem Gewinne in keinem Ver⸗ 


137 


haͤltniß ſtehen, wenn man durch daſſelbe blos und allein 
Maͤßigung des Stromes beabſichtigte. Da man aber durch 
gut angebrachte Wehre zugleich den Vortheil erhaͤlt, uͤberall 
ſchickliche Waͤſſerungen anlegen zu koͤnnen, ſo ſuche man ſo 
viel Wehre anzubringen, als ſich nur legen laſſen, um alle 
Theile und Gegenden eines Wieſenthals vollſtaͤndig zu be— 
waͤſſern, und man hat zugleich den Vortheil, den Fall des 
Waſſers zu maͤßigen. ö 

b. Durch kleine Waſſerfaͤlle. Bedarf man 
indeſſen zur Waͤſſerung der Wehre nicht, das Flußwaſſer hat 
aber einen allzuſtarken und reißenden Fall, es graͤbt Untiefen 
und vereitelt gleichſam alle ſonſtigen Anlagen: fo tft in die— 
ſem Falle das Beſte, man legt hier und da kleine Waſſer— 
faͤlle an. Dieſe Waſſerfaͤlle werden wie niedrige, ganz 
flache Wehre ohne Vor- aber mit Nachwehr, mit einer 
kleinen Wehrruͤſtung angelegt und mit Steinen und Moos 
beſteckt. Solche kleine Waſſerfaͤlle maͤßigen den Fall des 
Flußwaſſers ſehr. . 

c. Durch Beſteckung des ganzen Bachbetts 
mit Steinen. Iſt der Boden, uͤber den ein fließendes 
Waſſer hingehet, ſehr leicht, ſo daß er wenig Bindung ent— 
haͤlt, ſo helfen auch einzelne, hier und da angebrachte Waſ— 
ſerfaͤlle nichts. Das Waſſer dringt zwiſchen die locker ſitzen— 
den Erdtheile, hebt ſie auf und fpuͤlet ſie fort; und ſo reißt 
der Strom bei einem lockeren und leichten Boden bald Stuͤcke 
vom Geſtade weg, bringt das Flußbett durch Eingraben und 
Untiefen in Unordnung; und ſo wird man bei einem unguͤn— 
ſtigen Boden mit der Bauung und Unterhaltung des Geſta— 
des nie fertig, wie der Verfaſſer dieſes aus eigner Erfah— 
rung weiß. 

In dieſem Falle thut man am beſten, man beſteckt das 
ganze Bachbett mit Steinen, welches freilich bei Fluͤſſen nicht 
anwendbar iſt. Da, wo man dieß Beſtecken anfaͤngt, legt 
man zwei kleine Schwellen, die auf beiden Seiten einige 


138 


Fuß in das Geſtade reichen, und durch Zwiſchenhoͤlzer, 
welche dicht an dem Geftade hin zu liegen kommen und mit 
den beiden Schwellen verbunden werden. Das Beſtecken 
muß concav, d. h., in der Mitte tiefer, wie nach beiden 
Seiten, geſchehen; es muß aber auch fo viel in das Bach— 
bett eingeſenket oder gehoben werden, daß die aͤußerſten Sei⸗ 
tenſteine dem beigeſchobenen Geſtade gleich zu ſtehen kommen, 
damit ſich das Beſtecken des Bachbetts mit Steinen auf bei— 
den Seiten begraſe und ſich mit der Wieſe in Verbindung 
ſetze. Damit aber dieß Beſteck einen richtigen Fall bekommt, 
fo muß man, ehe man an die Arbeit ſelbſt gehet, das Bach—⸗ 
bett, ſo weit das Beſtecken reichen ſoll, mit der Bergwage 
abwaͤgen und zuſehen, wie viel Fall auf jede Ruthe zu ge— 
ben iſt. Wird dieſe Arbeit gut gemacht, ſo verkießen ſich 
gleichſam die Steine, und es gibt eine dauerhafte und treff— 
liche Bauung. 

Einige neuere Oekonomen befeſtigen das Geſtade auf fol- 
gende Art, um ihm Haltung und Dauer zu geben. Sie laf- 
ſen Reiſerwuͤrſte binden, wie oben bei dem Wehrbau aus 
Reiſern und Raſen iſt gezeigt worden. Dieſe Reiſerwuͤrſte 
legen ſie an dem Geſtade hin und ſaͤumen gleichſam die 
Wieſe damit; ſie legen die Wieſe dahinter an und beſtecken 
das Geſtade hinter den Reiſerwuͤrſten dicht und mit vielen 
kleinen Weiden. 

Die Reiſer morſchen aber und gehen nach und nach 
mit dem Waſſer fort, und alsdann reißt das Waſſer leicht 
in das Geſtade ein. Da, wo die geſteckten Weiden ange— 
gangen ſind, koͤnnen ſie zwar einige Haltung geben. Es 
wird aber durch die Reiſerwuͤrſte ein uͤber das Flußbett 
heraufſtehendes Geſtade gebildet, und das Waſſer findet, 
wenn die Reiſer faul ſind, unbefeſtigte Stellen, wovon es, 
ungeachtet der Weiden, Theile wegnimmt und das Geſtade 
fruͤher oder ſpaͤter in Unordnung bringt. Weit beſſer thut 
man daher, man ſenkt auf die angegebene Art die Wieſe 


139 


bis auf die Sohle des Flußbetts, und maͤhet im Herbſte 
den Saum der Wieſe nicht zu kahl, wodurch ſich die Gras— 
narbe deckt und der Strom wie uber eine glatte Flaͤche wege 
gehet. ö 
Zweckmaͤßig und zu empfehlen iſt dagegen 
die Bepflanzung des Geſtades mit der ſehr 
nützlichen Bandweide. Jenes Beſtecken des Geſta— 
des hinter den Reiſerwuͤrſten mit Weiden iſt nicht ſo zweck— 
maͤßig, als es beim erſten Anblicke ſcheinet. Ihr wildes, 
wogendes Geſtraͤuche ſenket ſich nach und nach in das Fluß— 
bett und verenget daſſelbe, welches gerade gegen den Zweck 
einer guten Waſſerbauung iſt, bei welcher man dem Waſſer 
alle Hinderniſſe wegnimmt und dem Flußwaſſer eine ganz 
freie und offene Lage gibt. Auch ſind die Weiden, die man 
gewoͤhnlich an das Geſtade der Fluͤſſe ſteckt, von ſehr gerin— 
gem Werthe. Will man alſo das Geſtade mit Weiden be— 
pflanzen, weil man derer bedarf, fo pflanzet man am beſten 
die rothe Bandweide. Salix vitellina, foliis serratis, 
acutis, glabris, serratis, petiolis calloso punctatis, L. 

Man pflanzet dieſe Weide am beſten durch 1½ Fuß 
lange Schnittlinge von Sommerſchoͤßlingen fort. Dieſe ſteckt 
man im Maͤrz oder April. Sollte man die Schnittlinge 
nicht ſogleich pflanzen koͤnnen, ſo legt oder ſtellt man ſie bis 
zum Verpflanzen in den Keller, oder man graͤbt ſie einen 
Fuß tief ganz in die Erde ein. Einige Tage vor dem 
Stecken legt man ſie in Flußwaſſer oder ſteckt ſie in Schlamm, 
damit ſie anſaugen. 5 

Am beſten ſteckt man dieſe Weiden nicht in dichter und 
geſchloſſener Reihe am Geſtade, ſondern 3, Fuß weit auf dem 
Saume der Wieſe hin, und in eben der Entfernung von dem 
Fluſſe, damit die aus ſo einer Pflanzung ſich bildenden nie— 
drigen Weidenkoͤpfe beim Anſchwellen des Fluſſes demſelben 
nicht im Wege ſtehen. N * 

Das Pflanzen der Weidenſchnittlinge geſchiehet vermit— 


140 


telſt eines Stickeleiſens. Gewoͤhnlich ſind dieſe Eiſen 3 Fuß 
lang; man kann ſich derſelben alſo zugleich als Maß zur Ab- 
meſſung der Entfernung von einander und von dem Fluſſe be— 
dienen, oder zu dieſem Behufe ſich auch ein beſonderes Maß 
machen; denn es iſt angenehm, wenn in einem ſchoͤnen Wie- 
ſenthale uͤberall Ordnung und Zweckmaͤßigkeit vorherrſcht 
und alles ſchoͤn iſt. Es muß darum auch das Pflanzen der 
Weiden in beſter Ordnung geſchehen. 

Da, wo die Weide hingepflanzt werden ſoll, ſtoͤßt 
man ein Loch von 1½ Fuß Tiefe, je nachdem der Schnitt 
ling lang oder kurz iſt. Am beſten laͤßt man ihn nicht uͤber 
eine Hand lang aus der Erde hervor ſtehen. Wenn man 
den Schnittling in das Loch geſteckt hat, ſo laͤßt man etwas 
feine Erde oder Sand nachlaufen, damit ſich das Loch bis 
oben hin anfſuͤllet. Dann ſteckt man einen geraden Pfahl 
neben den Schnittling, der 1½ Fuß aus der Erde hervor 
ſtehet. An dieſem Pfahle wird denn ſpaͤterhin der junge 
Weidenſchoͤßling mit etwas Stroh oder ein Paar Halmen 
Gras ganz gerade angeheftet. Man darf aber auch nicht 
mehr als einen Schoͤßling an der jungen Weide ſtehen laſ— 
ſen, und zwar den oberſten; alle uͤbrigen werden vier 
Wochen nach der Pflanzung, zu welcher Zeit die geſteck— 
ten Weiden zu treiben anfangen, mit dem Daumen wegge— 
druͤckt, damit ſich alle Kraft in einem Reis vereinige, und 
dieſes rrcht ſtark werde. Sollte aber bei einem mageren 
Boden (denn dieſe Weide liebt eine etwas fette Erde) der 
Schoͤßling ſchwach ſeyn, dann ſchneidet man ihn im naͤchſten 
März an dem Stumpfe, wo der neue Ausſchlag ausgetrie— 
ben hat, glatt ab, damit er im zweiten Jahre deſto ſtaͤrker 
werde. Iſt aber der erſte Ausſchlag im erſten Jahre ſchoͤn 
herangewachſen und etwa ſo ſtark wie eine irdene Pfeife, fo 
ſchneidet man ihn fo lang, wie der Stamm werden foll, 
1½ Fuß hoch ab. In den naͤchſt folgenden Jahren drückt 
man im Mai alle niederen Ausſchlaͤge weg, damit ſich ein 


141 


Stamm und Kopf bilde, worauf denn in den folgenden 
Jahren die Weide alle ihre Kraͤfte verwendet. 

Das eigentliche Beſchneiden dieſer Weide geſchieht im 
Maͤrz. Da man aber auch Weiden zu weißen Koͤrben noͤthig 
hat, ſo kann man auch in der Mitte des Auguſtes, wo die 
Weide reif iſt, Weiden zum Schleißen von denſelben ſchnei— 
den. Schneidet man dieſe, ſo laͤßt man 5 bis 6 Zoll als 
Stoppel auf dem Weidenkopfe ſtehen; dieſe trocknen gewoͤhn— 
lich nach und ſterben bis auf den Kopf ab; man ſchneidet ſie 
dann hernaͤchſt im Maͤrz mit den ſtehen gebliebenen Weiden 
glatt auf dem Kopfe ab. Wollte man ſie im Sommer ſchon 
rein auf dem Kopfe abſchneiden, ſo wuͤrden ſie, wie man 
dieß aus Erfahrung weiß, auf mehrere Zoll breit verdor— 
ren, und ihr Ertrag nicht ſo ergiebig werden, als bei Be— 
folgung der gegebenen Anleitung; ja die meiſten Weiden 
wuͤrden ganz abſterben. 

Bei der Behandlung dieſer Weiden muß es Geſetz 
ſeyn, daß man ſie jedes Jahr ſorgfaͤltig beſchneidet, ſo daß 
nichts auf dem niedrigen Weidenkopfe ſtehen bleibt, ſondern 
alle Ausſchlaͤge voͤllig weggeſchnitten werden. 

Der Ertrag dieſer Weide iſt, bei einer ſorgfaͤltigen 
Behandlung, uͤber alle Erwartung; ſie ſind aber auch die 
nuͤtzlichſten für den Garten- und Weinbau, und für die 
Haushaltung die ſchoͤnſten und beſten. Dieſe Weide gibt dem 
Geſtade eine ungemeine Feſtigkeit und Haltung, und zugleich 
ein ſehr ſchoͤnes Anſehen. In der Winterszeit, wenn die 
ganze Natur erſtorben ſcheinet und keine bunte Farbe unſer 
Auge ergoͤtzet, macht dieſe Weide mit ihren ſchoͤnen, rothen 
Zweigen auf den Freund der Natur einen gar angenehmen 
Eindruck. 

Soll die Pflanzung dieſer ſo ſehr nuͤtzlichen Weide ge— 
deihen, ſo muß es niemand erlaubt ſeyn, fuͤr ſich allein eine 
Weide zu ſchneiden, ſondern das Schneiden darf nur nach 
der Beſtimmung und Anordnung des Wieſenvorſtandes 


142 


gefchehen, und zwar darf ein Jeder nur auf feinem Eigen⸗ 
thume ſchneiden. Das Weidenſchneiden umziehender, frem— 
der Korbmacher muß bei Gefaͤngnißſtrafe unterſagt werden. 


Von der Unterhaltung des Geſtades durch oͤfte— 
res Nachſehen und baldiges Heben eines 
jeden kleinen Schadens. 


Dadurch, daß bei der neuen Wieſenanlage das Ges 
ſtade ganz geſenkt wird, kann das Waſſer nicht leicht einen 
Schaden verurſachen. Aber es iſt deſſen ungeachtet durch⸗ 
aus erforderlich, daß man auf das Geſtade ein wachſames 
Auge verwendet und nach jedem Anſchwellen des Fluſſes 
das Geſtade genau beſiehet, ob das Waſſer hier oder da, 
ſey es auch nur einer Hand groß, am Geſtade etwas ver— 
letzt und auf der Grasnarbe eine wunde Stelle geſtoßen, 
oder ob es im Flußbette etwas in Unordnung gebracht hat. 
Eben darin, daß bisher niemand ein ſorgſames Auge auf 
das Flußwaſſer und fein Geſtade richtete, vielmehr jede Ger 
meinde es ſich ſelbſt uͤberließ, wie es gehen und fließen wollte, 
liegt der Hauptgrund der oft großen Verwuͤſtung und des 
großen Schadens, den das Flußwaſſer anrichtet. Bei dem 
Waſſer iſt es, wie beim Feuer, das im Anfange klein und 
gleichſam ganz in unſerer Gewalt iſt; laͤßt man dieſen guͤn⸗ 
ſtigen Augenblick unbenutzt, ſo uͤberwaͤltiget es unſere Kraft 
und bezeichnet den Weg, den es nimmt, mit Verderben und 
Ungluͤck. So gehen durch Unachtſamkeit auf kleine Verletzun⸗ 
gen an dem Geſtade oft große Wieſen fort, wie durch einen 
unbeachteten Funken Haus und Hof, und wohl ein ganzer 
Ort in Rauch und Flamme aufgeht. 

Da, wo man alſo eine kleine Verletzung bemerkt, 
muß fie alsbald in Ordnung gebracht werden. Bemerkt 
man, daß der Raſen irgendwo Schaden gelitten hat, ſo 
muß man alsbald ſonſtwo einen Raſen zu hacken ſuchen, 
und auf die verletzte Stelle legen, ihn einpaſſen wo es noͤthig 


143 


iſt, erſt Erde aufſchuͤtten und dann den Raſen auflegen; 
kurz, es muß alsbald alles geſchehen, was noͤthig iſt, daß 
der kleine oder groͤßere Schade voͤllig gehoben und ein 
vollſtaͤndiges und ſchoͤnes Ganze der Grasnarbe hergeſtellt 
wird. Waͤre es in einer Jahrszeit, wo der Raſen nicht 
anwaͤchſt, fo muß man den Schaden dennoch nach abgegan— 
gener Fluth alsbald verbeſſern. In dieſem Falle legt man 
ein Brett uͤber die ſchadhafte Stelle, welches man mit einem 
ſchweren Steine beſchwert, damit die naͤchſte Fluth die ge— 
machte Ausbeſſerung nicht zerſtoͤren koͤnne. 

So wild und aufbrauſend oft das Waſſer wird, ſo 
kann es der Menſch durch ſeine Aufmerkſamkeit und durch 
ſeinen Fleiß ſehr in Ordnung halten. Es iſt ausgemacht 
und gewiß, daß da, wo die Flußbette in Unordnung kom⸗ 
men, keine Sorgfalt und Aufmerkſamkeit auf ihre Unterhal— 
tung Statt hat, und daß man den Werth und den Nutzen 
des wohl unterhaltenen Grundeigenthums nicht kennt, noch 
erforderlich ſchaͤtzet. Ordnungsloſigkeit und Verwuͤſtung der 
Baͤche und Fluͤſſe ſind ſelbſt das Auge beleidigende Gegen— 
ſtaͤnde, ja ſie entſtellen das ſchoͤnſte Wieſenthal. 


Siebenter Abſchnitt. 


Wie auf eine leichte Art durch das Waſſer mit 
Sand und Steinen überführte, weggeriſ— 
ſene und für den Wieſenbau verloren 
gegangene Stuͤcke Wieſen wieder gewonnen 
und mit geringen Koſten wieder in nutzba— 
ren Stand geſetzt werden koͤnnen. 


Be einer neuen Wieſenanlage werden alle Sandbaͤnke, 
Sandflaͤchen, weite und wuͤſte Flußbette geebnet, mit Bau⸗ 


144 


Erde überfahren, und ſo mit der neuen Anlage in Verbin: 
dung geſetzt und in nutzbare Wieſen verwandelt. Aber es 
koͤnnen nach der neuen Anlage Ueberſchwemmungen kommen, 
und bei aller Vorſicht und guten Bauung doch Verwuͤſtun⸗ 
gen und Wegreißen der Wieſen durch Wolkenbruͤche Statt 
haben, die gehoben und verbeſſert werden muͤſſen. Dieſes 
wird bewirkt: 

| a. Durch baldiges Wegſchaffen des Schutts 
nach ſchweren Ungewittern. 

Es iſt wohl der Fall, daß bei ſchweren Gewittern 
und Wolkenbruͤchen ein Wieſenthal hier oder da Schaden lei— 
det und mit Schlamm und Sand bedeckt wird. Die Reini⸗ 
gung dieſer Verwuͤſtung kann nicht nach Willkuͤhr Statt ha⸗ 
ben, ſondern muß nach Anordnung des Wieſenvorſtandes 
alsbald geſchehen. Auch darf der Schutt nicht ohne weiteres 
in das Flußbett gefuͤhret werden, weil es ſehr leicht moͤg— 
lich waͤre, daß das Flußwaſſer dadurch ein ſchiefe Richtung 
auf die andere Seite nähme und bei der erſten Fluth auf 
der Gegenſeite einriſſe. Der Wieſenvorſtand muß alſo dar⸗ 
uͤber erkennen, was mit dem Schutt anzufangen iſt. 

Auch kann es den Eigenthuͤmern der verungluͤckten 
Wieſen nicht zugemuthet werden, dieſe Reinigung allein vor— 
zunehmen; ſondern wie bei anderen Ungluͤcksfaͤllen, bei Brand 
und Hagelſchlag, ſich die Menſchen einander beiſtehen, na- 
mentlich die Glieder einer Gemeinde ſich einander huͤlfreiche 
Hand reichen: fo iſt es auch gewiß Pflicht, daß nach einer 
Ueberſchwemmung ein ganzer Ort die Herſtellung der ver— 
wuͤſteten Wieſe beſorgen hilft; welches bei der neuen Wie— 
ſenverbeſſerung als Grundſatz anzunehmen waͤre. Die Ver— 
bindlichkeit hierzu koͤnnte durch das wechſelſeitige Intereſſe 
bei guter Unterhaltung aller in der Gemarkung einer Ge⸗ 
meinde gelegener Guͤterſtuͤcke gezeigt werden, wenn obige 
Gruͤnde nicht ſchon ſprechend genug waͤren. 


145 


b. Durch Pfaͤhle und Flechtwerk. 

Es kann aber auch der Fall ſeyn, daß bei einer ſehr 
großen Flußanſchwellung, beſonders bei dem Abgang des 
Eiſes, ein bedeutendes Stuͤck von der Wieſe weggeriſſen 
wird. Man kann aber um einer ſolchen einzelnen Ze ſtoͤ— 
rung willen nicht eine neue Wieſenanlage vornehmen: wie it 
nun ſo ein verloren gegangenes Stuͤck Wieſe wieder zu ge— 
winnen ? 

Man ebenet Sand und Steine, doch ſo, daß der 
rauhe Schutt nach der Wieſe zu etwas hoͤher, als nach dem 
Fluſſe hin zu liegen kommt. Dann ſchlaͤgt man an dem 
Fluſſe hin eine Reihe Pfaͤhle in der Richtung, wie der Fluß 
ſeinen Lauf und das Bett ſeine Breite haben ſoll. Dieſe 
Pfaͤhle muͤſſen 4 Fuß lang ſeyn, ſo daß ſie 2 Fuß in die 
Erde und 2 Fuß aus der Erde zu ſtehen kommen. Eben ſo 
muͤſſen ſie 2 Fuß von einander entfernt werden. An dieſen 
Pfaͤhlen legt man ein Flechtwerk von Reiſern, und wenn 
das Stroh nicht theuer und ſelten iſt, zugleich mit von 
Stroh an, ſo daß zwiſchen jeder Reiſerflechte eine Stroh— 
flechte angelegt wird. Man kann auch langes Moss ſtatt 
Stroh nehmen und zwiſchen die Reiſer packen. Dieſes ge— 
miſchte Flechtwerk von Stroh oder Moos und Reiſern wird 
1½ͤ Fuß von der Erde herauf angelegt, der uͤbrige Theil 
der Pfaͤhle wird blos mit Reiſern ausgeflochten. Der Zweck 
dieſes Flechtwerks iſt, den Schlamm und feinen Sand anzu— 
ſchlicken, den das Waſſer bringt; und damit dieß Flechtwerk 
fo viel mehr ſchoͤpfe, darum wird Stroh oder Moos unten 
her in dem Flechtwerk mit eingeflochten. 

Auf dem Stuͤck, das wieder gewonnen werden ſoll, 
werden von der vorderen Reihe Pfaͤhle, ebenfalls in ſchraͤ— 
ger Richtung, mehrere Reihen Pfaͤhle bis wider das Ufer 
des weggeriſſenen Stuͤcks Wieſe geſchlagen, und zwar 1 auch 
1% Ruthen breit von einander. Hat nemlich das Stuͤck, 
das wieder gewonnen werden ſoll, viel Fall, fo muͤſſen die 


10 


146 


Reihen Pfähle dichter zu ſtehen kommen, als wenn es flach 
liegt; je nachdem alſo die Lage iſt, muͤſſen die Reihen Pfaͤhle 
weiter von einander entfernet werden. Je dichter aber dieſe 
Pfaͤhle zu ſtehen kommen, deſto mehr erreicht man ſeinen 
Zweck. An dieſen Pfaͤhlen wird ebenfalls, wie an der 
vorderen Reihe Pfaͤhle, die an dem Fluß hin ſtehet, eine 
Verzaͤunung von Reiſern, Stroh oder Moos angelegt, und 
zwar ſo dicht und feſt, wie es moͤglich iſt. Und damit dieſe 
Verzaͤunung deſto mehr Schlamm ſchoͤpfe, ſo ruͤckt man von 
dem Fluſſe bis nach dem Ufer der weggeriſſenen Wieſe mit 
der Verzaͤunung von Stroh und Moos etwas mehr herauf, 
ſo daß das Flechtwerk dahin etwas hoͤher wird. 

Kommt nun eine Fluth, ſo uͤberſtroͤmt fie dieſes Flecht⸗ 
werk und ſetzt in demſelben die fetten und ſchweren Erdtheile 
ab. Im naͤchſten Fruͤhjahre beſamt man dieſen Raum mit 
Hafer und Wicken. Die Stoppeln des Futters werden bei 
dem Abmaͤhen lang gelaſſen. So faͤhrt man mit der Beſa⸗ 
mung des neuen Stuͤcks fort, bis das Flechtwerk alt und 
morſch geworden iſt. Dann reißt man das ganze Flechtwerk 
zuſammen und nimmt von der anſtoßenden Wieſe einige Ru⸗ 
then breit, an dem ganzen angelegten Stuͤcke hin, den Raſen 
ab, und ſchiebt in richtigem Falle das Ufer auf das neue Stuͤck 
hin; planirt das Ganze und legt die auf der Wieſe abge⸗ 
nommenen Raſenſtuͤcke nach der Schnur an dem Fluſſe hin 
auf; hinter dem Raſen haͤckelt man die Erde nach und legt ſie 
dieſem vollkommen gleich; die nackte Erde nach der Wieſe hin 
beſamt man mit Hafer und Wicken, Heu- und Kleeſamen. 

Den bei Auffriſchung der Waͤſſerung uͤberfluͤſſigen 
Schlamm und abgeſtochenen Raſen bringt man hernaͤchſt all⸗ 
jaͤhrlich auf ſolche Stellen, um ſie alle immer mehr damit 
auszugleichen und zu verbeſſern. 

Hat aber der Fluß nicht nur in die Wieſe eingeriſſen, 
ſondern auch das Flußbett, etwa bei einer Eisbucht, veraͤn⸗ 
dert, ſo daß eine Inſel entſtanden iſt und das Flußwaſſer 


147 


ſich zu der Wieſe hinein einen neuen Weg gebahnet hat: jo 
wird gewiß der Fluß nicht ohne beſondere ſtarke Gegenwehr 
ſein altes, mit Steinen und Sand angehaͤuftes Bett wieder 
einnehmen und das neue tief und glatt ausgeſpuͤlte verlaſſen. 

Man kann aber auch den Fall annehmen, daß der 
Strom, welcher von dem gegenſeitigen Ufer durch eine eigen— 
nuͤtzige Bucht heruͤber gewieſen wurde, fein altes Bett ver— 
laſſen und ſich ein neues geoͤffnet haͤtte: ſo wuͤrde man in 
beiden Faͤllen zu folgenden Maßregeln ſchreiten muͤſſen, um 
das Flußwaſſer in das alte Bett wieder zuruͤck zu weiſen 
und das verlorne Stuͤck Wieſe wieder zu gewinnen. 

Man oͤffnet das alte Flußbett durch Wegſchaffung des 
ſich angehaͤuften Schuttes von Sand und Steinen, die man 
in das von dem Fluſſe neu geriſſene Bett fuͤhret. Dann 
ſchlaͤgt man da, wo der Strom aus dem rechten Bett zur 
Seite hinſtroͤmet, eine Bucht oder einen Damm aus einer 
doppelten Reihe Pfaͤhle, die man flechtet und mit Raſen 
ausfuͤllet. Dieſer Damm muß 3 Fuß breit und 1½ Fuß 
hoͤher, als das gegenuͤber ſtehende Ufer, werden, um das 
Flußwaſſer zu noͤthigen, in ſein altes Bett zuruͤck zu gehen 
und da zu verbleiben. Dann ſchließt man das neu geriſſene 
Bett durch einen Damm unten wie oben zu, und ziehet in 
gerader Richtung von unten bis oben eine Verzaͤunung an 
dem Fluſſe hin. Hierauf ſchlaͤgt man uͤber die geweſene 
Sandinſel von der vorderen Reihe Flechtwerk bis gegen das 
Wieſenufer Pfaͤhle in gleicher Entfernung und entgegenge— 
ſtellter, d. h. in ſchraͤger, aufwaͤrts laufender Richtung. 
Wollte man den Pfaͤhlen von der vorderen Seite in dieſen 
beiden Faͤllen die Richtung flußabwaͤrts geben, ſo wuͤrde 
der Strom bei einer Fluth nur mit groͤßerer Gewalt gegen 
das Wieſenufer hingewieſen werden und hinter dem Flecht⸗ 
werk her ſich eine neue Bahn oͤffnen. Es muͤſſen darum, un⸗ 
ter ſolchen Umſtaͤnden, die Pfaͤhle von dem Wieſenufer ab— 
waͤrts geſchlagen werden. Die Pfähe werden, wie in dem 


148 


Vorhergehenden iſt gezeigt worden, mit Reiſern und einer 
Zwiſchenlage von Stroh oder Moos ausgeflochten. Wollte 
man die vordere Verzaͤunung an dem Fluſſe hin weglaſſen, 
fo würde dieß wohl mehr Grund anſchlicken, aber auch gro- 
ben Sand und Steine mit auf das neue Stuͤck hinfuͤhren, 
welches man doch nicht will. Nur das kann man bei unbe⸗ 
deutenden Waſſern, welche bald anſchwellen und eben ſo ge— 
ſchwind verlaufen, und wo nicht viel Schlamm zu erwarten 
iſt, daß man an der vorderen Reihe Flechtwerk kein Stroh 
oder Moos mit einflechtet, ſondern nur blos Reiſer nimmt 
und dieſe nicht ſehr antreibt. Man beſamt die neue Stuͤcke, 
und wenn die Verzaͤunung morſch wird, dann nimmt man 
ſie weg und bauet das neue Stuͤck, wie in dem Naͤchſtwor⸗ 
hergehenden iſt gezeigt worden. 

Auf dieſe Art kann man ein großes Stuͤck, das als 
Wieſe an 2000 fl. Werth hat, durch 30 fl. Baufpſten wieder 
gewinnen. 


Achter Abſchnitt. 


Von dem Bewäffern der Wieſen; dem Zwecke, 
der Zeit wann, und wie man waͤſſern muß. 


a. Ven dem Zwecke des Bewaͤſſerns der Wieſen. Der 
erſte und natuͤrlichſte Zweck des Bewaͤſſerns iſt: die Wieſen 
zu duͤngen, der Grasnarbe, und ſomit den in ihr ſtehenden 
Graspflanzen neue Nahrungsſtoffe zuzufuͤhren. Alles verzeh⸗ 
ret ſich in der materiellen Welt und nimmt an Kraͤften nach 
und nach ab, wenn keine neue Nahrung zufließt; ſo auch 
die in dem Boden ſteckenden naͤhrenden Stoffe fuͤr die Ge⸗ 
waͤchſe. Sollen alſo der Acker, der Weinberg, die Wieſe, 
der Garten fuͤr den Menſchen nutzbare Grundſtuͤcke bleiben, 


1 149 


ſo muͤſſen ſie, wenn ſie auch an ſich einen guten und fetten 
Boden haben, doch von Zeit zu Zeit geduͤngt werden. Und 
ein geringer, gehaltloſer Boden muß um ſo oͤfterer und 
reichlicher geduͤngt werden, je mehr es bei dem Beſitze und 
Baue der Erde des Menſchen ſein Zweck iſt, reichlich zu 
ernten. Ja, ohne reichlichen Duͤnger iſt in unſerer Gegend 
aller Ertrag der Felder und der Bene hoͤchſt mangelhaft 
und ſchlecht. 

Um nun den Wieſen ohne große Muͤhe neuen Nah— 
rungsſtoff zuzuführen, die Graspflanzen dadurch zu naͤhren 
und einen ſtaͤrkeren, vollkommnern und uͤppigen Wuchs zu 
befoͤrdern: darum bewaͤſſert man die Wieſen. Denn durch 
das Bewaͤſſern werden der Wieſe viele naͤhrende Stoffe, als 
Salz und Fetttheile und feine Erde, zugefuͤhrt. Dieſe naͤh— 
renden Stoffe enthaͤlt theils die Erde, theils kommen ſie von 
den Excrementen der lebenden Creatur und durch deren Ver— 
weſung, wie durch die Verweſung der Pflanzen und Ge— 
waͤchſe. Dieſe naͤhrenden Stoffe gehen, nach einer natürlich» 
chemiſchen Zerſetzung, wieder in Pflanzen uͤber, die Men— 
ſchen und Thiere naͤhren. So gehet in dem großen Haus— 
halt der Natur nichts verloren, ſondern es veraltet, zer— 
faͤllt, verweſet, wird genoſſen, wieder von ſich gegeben, um 
verjungt und in neuer, ſchoͤner Geſtalt hervorzutreten und 
dem großen Plane der Natur bis zu ſeiner Vollendung zu 
folgen. 

Alle dieſe Stoffe liegen theils unbemerkt oder unbe— 
kannt, oft aber auch zum Ekel und Abſcheu vor unſern Augen. 
Die. mütrerlihe Natur bereitet fie zu mit unaufhaltbarer 
Thaͤtigkeit, bald durch Hitze, bald durch Froſt, und fuͤhret 
ſie durch den Regen entweder geradezu an dem Orte, wo 
ſie ſich finden, den Gewaͤchſen zu, oder ſie ſtroͤmen im Waſ— 
ſer mit fort. Da iſt nun der ſorgfaͤltige Wieſenbauer dar— 
auf bedacht, dieſe zubereiteten und in Umſchwung gefomme- 
nen Stoffe in dem fetten Waſſer aufzufangen und auf ſeine 


150 


Wieſen zu wenden. Und man hat gefunden, daß gut ange 
brachte Waͤſſerungen den allerreichſten Gewinn fuͤr die Wie— 
ſen bringen. Es iſt alſo bei dem Bewaͤſſern der Wieſen 
erſter Zweck, der Wieſe einen guten und fetten Dünger zus 
zufuͤhren. 

Der Zweck des Bewaͤſſerns der Wieſen iſt aber auch 
zum andern, die in dem Boden ſteckenden Nahrungstheile 
fuͤr die Graspflanzen genießbar zu machen. Eine jede Erde 
enthält mehr oder weniger naͤhrende Theile für die Gewaͤchſe; 
keine Erde iſt ganz gehaltlos. Soll aber das Mehr oder 
Weniger, was in dem Boden ſteckt, den Gewaͤchſen genieß- 
bar werden, fo iſt durchaus erforderlich, daß dieſe Nah— 
rungsſtoffe aufgeloͤſet, fluͤſſig gemacht und ſo den Pflanzen 
zum Anſaugen zugefuͤhret werden, oder daß dieſe ſich nach 
ihnen hinneigen koͤnnen. Faͤnden ſich auch noch fo viel naͤh⸗ 
rende Theile in dem Boden, aber ſie laͤgen trocken da, ſo 
haͤlfen ſie den Pflanzen nichts. Waſſer iſt alſo das Vehikel 
oder Huͤlfsmittel, den Pflanzen und Gewaͤchſen die noͤthige 
Nahrung zusuführen, aber auch genießbar zu machen. Aus 
dieſem Grunde iſt alſo ebenfalls das Bewaͤſſern der Wieſen 
ſehr noͤthig und nuͤtzlich. 

Bei dem Bewaͤſſern der Wieſen hat man aber endlich 
den Zweck, die Graspflanzen durch das Bewaͤſſern 
zu erfriſchen und zu traͤnken. 

Alle Gewaͤchſe bedürfen von Zeit zu Zeit einer Erfri⸗ 
ſchung, beſonders die in der Grasnarbe ſo geſchloſſen ſtehen— 
den Pflanzen. Da iſt alles ſo dicht aneinander gereihet, ſo 
geſchloſſen, ſo gedraͤngt, daß die vielfache Miſchung und die 
faſt unzaͤhlbare Menge von Pflanzen gleichſam nur ein Gan— 
zes ausmachen. Die vielen Wurzeln durchkreuzen ſich fo mans 
nigfaltig und ziehen zur Sommerszeit gierig jeden ſie bele— 
benden Tropfen Waſſer an ſich. Durch die gedraͤngte Lage 
leiden daher die Graspflanzen auf trockenen Wieſen oft 
großen Mangel an noͤthiger Feuchtigkeit, und ſchmachten 


151 


gleichſam nach einer wohlthaͤtigen Erfriſchung. Dieß denkt 
man insgemein nicht, ſondern man gehet mit einer gewiſſen 
Nichtachtung über die dürſtende Grasnarbe weg, und läßt 
den Bach neben der trockenen Wieſe unbenutzt vorbeifließen. 
Ja ſie wuͤrde oft ganz vertrocknen, wenn der erfriſchende 
Thau oder ein belebender Regen ſie nicht erquickte und ihr 
neue Lebenskraft zufuͤhrte. Daher iſt die Vegetation der 
Wieſen, die nicht bewaͤſſert werden, meiſtentheils ſehr ſchlecht 
und ihr Ertrag gering und unbedeutend, im Vergleich mit 
den Wieſen, die bewaͤſſert werden. Um alſo einen ſchoͤnen, 
froͤhlicheren Wuchs des Graſes zu bewirken, iſt man darauf 
bedacht, die duͤrſtenden Wieſen von Zeit zu Zeit zu be— 
waͤſſern. N 

b. Von dem nöthigen Auffriſchen und in 
den Stand Stellen der Waͤſſerungen. 

Das neue Wieſenjahr nimmt ſchon im Herbſte nach 
der Grummeternte ſeinen Anfang, weil mit dem October 
ſchon die Waͤſſerungen aufgefriſcht und in vollen, brauch— 
baren Stand geſtellt werden muͤſſen. Bald durch die 
Maͤuſe, dann durch die Maulwuͤrfe, durch das Treiben 
des Rindviehes zur Weide nach der Grummeternte, durch 
das in den Waͤſſerungen ſprießende Gras und den bei dem 
Bewaͤſſern ſich abſetzenden Schlamm, — durch dieſe mannigs 
faltigen Veranlaſſungen kommen die Waͤſſerungen in einem 
Jahr mehr oder weniger, wenn auch nicht in Unordnung, 
doch aus einem vollkommen brauchbaren Stande. Es muͤſ—⸗ 
ſen darum alle Waͤſſergraͤben im October vollkommen und 
ſchoͤn aufgefriſcht, die Maulwurfshoͤhlen in den Waͤſſerun⸗ 
gen zugeſtopft und ſeſt zugeſtoßen, und ſo die Waͤſſerungen 
in vollkommen brauchbaren Stand geſetzt werden. 

Da, wo an den Schleuſen etwas zu verbeſſern iſt, 
muß dieß auf der Stelle vom Wieſenknecht dem Eigenthuͤmer 
der Wieſe angezeigt werden, und der Eigenthuͤmer muß im 
Voraus mehrere Arten von Schleuſen verfertigen laſſen, das 


122 


mit fie zur Herbſtzeit alsbald an die Stelle der alten, abs 
gaͤngigen geſetzt werden koͤnnen; kleine Schaͤden an den 
Schleuſen muͤſſen alsbald, ſo wie man ſie bemerkt, ausge— 
beſſert werden, weil man ſie unter der Menge leicht vergißt, 
und ſie doch ſchlechterdings hergeſtellt ſeyn muͤſſen. Kurz 
alles muß an den Waͤſſerungen in vollkommenen Stand ge— 
ſetzt werden, damit, wenn die Herbſtfluth fruͤhe oder ſpaͤt 
eintritt, ſie vollkommen benutzt werden kann. Und daß dieß 
geſchehe, daruͤber muß eine geſetzliche Strafe walten, und 
der Wieſenvorſtand muß unnachſichtlich den 15ten October 
den Nachlaͤſſigen zur amtlichen Anzeige bringen. Denn bei 
einem ſo uͤberaus wichtigen Nahrungszweige, wobei das ge— 
meinfchaftliche Intereſſe fo ineinander greift und verflochten 
iſt, kann und darf kein Eigenthuͤmer ſeinen eigenen Willen 
haben, zu thun und zu laſſen was er will. 

c. Von dem dienlichſten Waſſer zum Bewaͤſ— 
ſern der Wieſen. 

Bei dem Bewaͤſſern der Wieſen kommt ſehr viel auf 
die Natur und Beſchaffenheit des Waſſers an. Das Waſſer 
iſt an ſich einerlei; nur nachdem es in und auf der Erde 
verſchiedene Koͤrper beruͤhrt und beſpuͤlt, veraͤndert es ſeine 
Beſchaffenheit ſehr, und wird den Gewaͤchſen erſprießlich 
oder nachtheilig. Es iſt reines Quellwaſſer, wenn es durch 
ein rein poroͤſes Geſtein weit in der Erde durchziehet, in 
dem ſich alle fremdartigen Beſtandtheile abſetzen. Es wird 
von der Erde, den Salzen und andern Mineralien geſchwaͤn— 
gert, wenn es durch oder neben denſelben vorbeiſtreicht. Die 
Quellen ſind kalt oder warm, je nachdem ſie mehr oder we— 
niger aus der unteren Tiefe, oder aus dem oberen Felde 
der Erde entſpringen, oder neben erwaͤrmenden oder gar 
heißen Stoffen vorbeiſtreichen. So, kann man ſagen, hat 
jede Quelle etwas Eigenes, das ihr von ihrer Umgebung 
oder auf ihrem Fortgang beigemiſcht wird. Welche Quellen 
nun zum Bewaͤſſern der Wieſen die beſten ho, die hat der 


153 


Landmann ſchon aus ihren Wirkungen auf die Grasnarbe 
kennen gelernt. Es findet ſich nicht leicht ein Ort, wo man 
nicht faſt allgemein ein richtiges Urtheil uͤber die in der Ge— 
markung ſich ergießenden Quellen zu faͤllen wuͤßte. Es iſt 
daher eine chemiſche Unterſuchung derſelben nicht nur über: 
flüffig, ſondern muß wegen einer unnoͤthigen Weitlaͤuftigkeit 
unterbleiben. 

Fuͤr den Wieſenbau iſt aber kein Waſſer dienlicher, 
als Fluß- und Regenwaſſer. Es wird von der Luft und 
Sonne erwaͤrmt und dadurch fuͤr die Pflanzen angenehmer, 
als jedes andere. Es werden ihm überall mannigfaltige Bes 
ſtandtheile, als feine Erde, Salze und Fetttheile, durch 
Wind und Regen zugefuͤhret, und eben dieſe Stoffe ſind es, 
welche die Graspflanzen lieben und ihren Wuchs ungemein 
befördern. Billig ſollte darum der Landmann keinen Tropfen 
Fluß⸗ und Regenwaſſer neben ſeiner Wieſe unbenutzt vor— 
beifließen laſſen, und allen Fleiß auf eine zweckmaͤßige Be— 
waͤſſerung der Wieſen verwenden. 

Zu Gunſten der ſo ſehr wichtigen Bewaͤſſerung der 
Wieſen waͤre es ſehr zu wuͤnſchen, daß man auf die Er— 
bauung der Windmuͤhlen daͤchte, da die gewoͤhnlichen Muͤh— 
len unſerer Gegend den Wieſen das meiſte Waſſer wegneh— 
men. Es lann daher wegen den Muͤhlen, fo lange dieje jo 
beſtehen, wie ſie ſind, nie eine vollſtaͤndige Bewaͤſſerung der 
Wieſen vorgenommen werden. Um ſo mehr ſollte man auf 
den Erbau der Windmuͤhlen in unſerer Gegend denken, da 
eine Windmuͤhle, auf einem Berge erbaut, ungehindert das 
ganze Jahr hindurch gehen kann, wogegen eine Muͤhle, die 
vom Waſſer getrieben wird, im Sommer aus Wafferman- 
gel, im Herbſte und Fruͤhjahre durch zu großes Waſſer, und 
im Winter wegen großer Kaͤlte nicht gehen kann. Welch ein 
Gewinn waͤre es alſo auf beiden Seiten, wenn man neben 
den hier und da ſtehenden Waſſermuͤhlen auch Windmuͤhlen 
haͤtte. 


154 
d. Die Zeit, wann man waͤſſern muß. 


1. Im Herbſte und Winter. 


Gewoͤhnlich gegen das Ende des Novembers, oder 
den Anfang des Dezembers tritt eine bedeutende Waſſersfluth 
ein. Es ereignet ſich aber auch der Fall, daß die Herbſt— 
fluth früher eintritt, wie im Jahre 1817, wo fie ſchon den 
27ſten October kam. Es iſt aber auch zuweilen der Fall, 
daß mitten im Winter gelinde Witterung eintritt, daß es 
regnet und aller Schnee abgehet, daß die Fluͤſſe und 
Baͤche anſchwellen, wie im letzten Winter 1819, wo den 
20ſten Dezember eine Hauptfluth kam, welche als ein Vor— 
bote einer guten Heuernte anzuſehen iſt. Wenn nun fruͤher 
oder ſpaͤter das Waſſer anſchwillt, fo muß jedes Wiefen- 
thal, ſo lange und ſo viel es geſchehen kann, ganz unter 
Waſſer geſetzt werden. Um dieß zu koͤnnen, muͤſſen ſchon 
vorher alle Schleuſen auf den Wieſen geoͤffnet werden. Wollte 
man das Oeffnen der Schleuſen bis zu dem Augenblicke ver— 
ſchieben, wo das Waſſer anwaͤchſt, ſo koͤnnte dieß leicht zu 
ſpaͤt werden; denn das Oeffnen der Schleuſen in einem gan⸗ 
zen Wieſenthale iſt eine langwierige Arbeit, und die Fluth 
dauert oft nur kurze Zeit. Man kann aber auch oft, wenn 
das Waſſer ſchon angelaufen iſt, nicht zu allen Schleuſen 
kommen, und die Hauptſchleuſen ſind wegen des Drucks des 
Waſſers dann ſchwer zu oͤffnen. Aus allen dieſen Gruͤnden 
muͤſſen alſo ſchlechterdings die Schleuſen im Voraus geoͤff⸗ 
net werden. 

Es iſt ein großer Irrthum, wenn man glaubt, das 
Schneewaſſer tauge nicht zur Bewaͤſſerung der Wieſen, und 
man darum alle Winter- und Fruͤhlingsfluthen, welche Schnee⸗ 
waſſer mit ſich fuͤhren, unbenutzt laͤßt. Wer dieß thut, der 
bringt ſeinen Wieſenbau nie in Aufnahme. Einmal entgehet 
ihm eine Hauptwaͤſſerung, deren man nicht viele in einem 
Jahr zu erwarten hat. Denn zu einer voͤlligen und genuͤ⸗ 


153 


genden Bewaͤſſerung wird viel und fettes Waſſer erfordert, 
welches eigentlich nur Fruͤhlings- und Herbſtfluthen bringen. 
Aber auch zum andern enthaͤlt der Schnee viele Salztheile, 
welche den Graspflanzen ungemein erſprießlich ſind und ihren 
Wachsthum ſehr befoͤrdern. Will man ſich davon uͤberzeugen, 
ſo mache man eine Schneelawine auf einer Wieſe, und bemerke 
die Stelle, wo ſie zergangen iſt; man wird finden, daß dieſe 
vorzuͤglich ſchoͤnes und fettes Gras bringt, wie die Stelle 
auf dem Acker, wo das Pferd oder der Ochſe ihren Urin 
hingegoſſen haben. Das Schnecwaſſer bringt aber auch mans‘ 
ches Dungmittel oder viele naͤhrende Stoffe mit, die bei dem 
Abgang des Schnees losgehen und mit fortgeſpuͤlt werden. 
Alle dieſe fuͤr die Vegetation der Grasnarbe herrlichen Duͤn— 
ger gingen fuͤr den Wieſenbau verloren, wenn man aus 
Vorurtheil die Winters- und Fruͤhlingsfluthen, um des Schnee: 
waſſers willen, verſchmaͤhen wollte. Die Waͤſſerungen, mit 
Schneewaſſer vermiſcht, verdraͤngen aber auch das Moos, 
und erzeugen aus all den angeſ ehrten Gruͤnden ſchoͤnes, fet— 
tes Gras. 


2. Wann man im Frühjahre die Wieſen bewäffert. 


Nach dem Aufthauen des Winterfroſtes und der dabei 
ſtatthabenden Fluth, ſie mag fruͤh oder ſpaͤt eintreten, ſtellt 
man die Wieſen trocken, und in dieſem Zuſtand laͤßt man 
ſie bis zu den warmen Tagen des Mai's oder Juni's. 

Sind die Maitage rauh und die Naͤchte kalt, wie dieß 
zuweilen der Fall iſt, ſo verſchiebt man das Bewaͤſſern der 
Wieſen bis zu den waͤrmeren Tagen des Juni; denn bei dem 
Bewaͤſſern der Wieſen im Fruͤhjahre muß die Witterung 
uͤberhaupt, und beſonders die Naͤchte, warm ſeyn, ſonſt 
ſchadet das Bewaͤſſern mehr, als es nuͤtzet. Das Bewauͤſ— 
ſern im Mai oder Juni ſoll nicht ſo ſehr dazu dienen, die 
Grasnarbe zu duͤngen, als vielmehr, die Graspflanzen zu 
beleben und zu traͤnken, um einen froͤhlichen Wuchs zu be— 


156 


fördern; denn in den Maitagen fällt oft ſchon eine bedeu⸗ 
tende Hitze ein, welche, wie die Graspflanzen ſelbſt, die 
Fruͤhlingsfeuchtigkeit ſehr verzehrt, und den Wieſen iſt daher 
eine Erfriſchung ſehr willkommen. 

Man laͤßt auch zu der Zeit das Waſſer nicht uͤber 3 
Stunden auf einer Stelle ſtehen. Hat man ein großes Wie- 
ſenthal zu bewaͤſſern, ſo berechnet man das Waͤſſern nach 
Stunden und halben Stunden, wie lange einem Theile das 
Waſſer aufgewendet werden darf, um einem jeden das rich— 
tige Maß von Waſſer zuzuweiſen. Denn um dieſe Zeit iſt 
oft das Waſſer ſchon ſparſam, fo daß man alle Wieſen 
nicht auf einmal bewaͤſſern kann. 

Nach der Waͤſſerung im Mai oder Juni verfhliepe 
man alle Schleuſen und Zugänge des Waſſers. Dagegen 
oͤffnet man die Schleuſen im Flußbette, die um das Waſſer 
aufzuhalten und aufzuſchwellen angebracht ſind, damit nicht 
bei einem Gewitter eine Ueberſchwemmung auf den Wieſen 
entſtehen kann. 

Tritt ſehr trockene Witterung ein, und man hat Ge⸗ 
legenheit, den Tag vor dem Maͤhen zur Heuernte, das Waſ— 
ſer eine Stunde lang auf die Wieſe zu ſchlagen, ſo wird 
dieß ein ſo viel reineres und beſſeres Maͤhen befoͤrdern. Iſt 
der Boden nicht ſehr trocken, ſo muß man dieſes Waͤſſern 
ja ſorgfaͤltig unterlaſſen, weil der Boden naß, und ſo der 
Heuernte hinderlich, und der Grummeternte nachtheilig wird. 


3. Von dem Bewäſſern nach der Heuernte. 


Acht oder zehn Tage nach der Heuernte ſetzt man, ſo 
gut man kann, alle Wieſen 24 Stunden (kann es 48 Stun⸗ 
den ſeyn, deſto beſſer) unter Waſſer. Denn eine gute und 
vellige Bewaͤſſerung der Wieſen nach der Heuernte traͤgt 
viel zu einer guten Grummeternte bei. Treten Gewitter 
ein, ſo benutzet man dieſe ſo ſorgfaͤltig, wie man kann. 
Sobald alſo ein Gewitter im Anzuge iſt, muß man eilends 


157 


nach der Wieſe gehen, um das fette, trübe, warme Waſſer 
auf die Wieſe zu wenden; denn ein Gewitterregen hat den 
herrlichſten Einfluß auf die ganze Natur, und beſonders auf 
die Vegetation der Wieſen, zumal wenn zu dem Regen noch 
ein Bewaͤſſern kommt. 


e. Wann man nicht waͤſſert. 


1. Man waͤſſert nicht, oder hoͤret auf zu waͤſſern, 
im Herbſte, wenn ſich die Witterung zur Kälte neiget. Wenn 
nemlich die Barometer ſteigen, die Raben hoͤher fliegen und 
ein helleres Geſchrei hoͤren laſſen; wenn der Haushahn des 
Abends um 10 Uhr ſeine Stimme erhebt, oder die Eule 
ſchreit: dann iſt es Zeit, das Waſſer abzuwenden und die 
Wieſe trocken zu ſtellen; damit, wenn es kalt wird, kein 
Waſſer mehr auf der Wieſe iſt. Nichts iſt fuͤr die Gras— 
narbe ſchaͤdlicher, als Eis. Unter der Eisdecke gehen die 
beiten Wiefenfrägter aus. Die mit Eis bedeckte Grasnarbe 
entbehret auch des Einfluſſes der Natur, und beſonders der 
erſprießlichen Salze des Schnees; es gibt daher nach dem 
Eis wenig und ſchmieliges Heu. 

2. Man waͤſſert auch im Maͤrz und April 
nicht. Es wird unterſtellt, daß die Fruͤhlingsfluth ſchon 
um dieſe Zeit da geweſen iſt. Waͤre dieß aber nicht; haͤtte 
vielmehr ein ungewöhnlich langer und dauernder Winter ges 
herrſchet, ſo leidet dieſe Regel eine Ausnahme. In der Re— 
gel aber laͤßt man nach wohlbenutzter Fruͤhlingsfluth die 
Wieſen im Maͤrz und April trocken ſtehen, damit die Gras— 
narbe bei kallen und rauhen Winden nicht durch Naͤſſe und 
Froſt leidet. 

3. Mit Ausnahme waͤſſert man auch in den 
Monaten Mai und Juni nicht. Sobald die Wieſe bei 
ſchoͤnen, warmen Tagen und Naͤchten im Mai oder Juni 
einige Erfriſchung durch eine kluge Bewaͤſſerung erhalten hat, 
ſo ſtellt man ſie trocken. Das Gras, das den Boden bedeckt, 


158 


der Thau, der die Grasnarbe des Nachts erfriſcht, und 
dazu eine kleine und kurze Bewaͤſſerung, ſind hinreichend, 
wenn nemlich der Wieſe durch zweckmaͤßige fruͤhere Bewaͤſſe⸗ 
rungen die erforderlichen Kraͤfte und Nahrung zugefloſſen 
ſind, einen vollſtaͤndigen und kraͤftigen Graswuchs auf der 
Wieſe zu bewirken. Man muß alſo jetzt zu waͤſſern aufhoͤ⸗ 
ren, und die Sonne wirken laſſen. Wollte man dagegen, 
wie viele unkluge Wieſenmaͤnner thun, die Wieſe in den 
Monaten Mai und Juni fleißig bewaͤſſern, ſo wuͤrden die 
Graspflanzen durch eine zu große Menge von Feuchtigkeit 
in ihrer Vegetation ſtocken, und gleichſam erſaͤuft werden. 

4. Auch bewaͤſſert man die Wieſe alsbald 
nach der Heuernte nicht; ſondern man laͤßt ſie 8 bis 
10 Tage trocken ſtehen, damit die Grasſtoppeln recht abſterben 
und austrocknen. Bewaͤſſert man alsbald nach der Heuernte 
die Wieſe, ſo ſterben die Grasſtoppeln nicht ab, ſondern 
grünen fort und entziehen dem jungen Graswuchſe unnoͤthi⸗ 
gerweiſe die noͤthige Kraft. Die Grasſtoppeln wachſen nicht 
weiter, ſondern der Keim, das Herz der Graspflanze, iſt 
es, der den neuen Ausſchlag der Wieſe hervorbringt. Soll 
ſich dieſer aber erforderlich entwickeln, ſo muͤſſen alle Kraͤfte 
nur dem Keime zufließen, und nicht unnuͤtzer Weiſe in den 
Stoppeln verloren gehen. Alle Kraft alſo, welche die bei 
dem Maͤhen ſtehen gebliebenen Grasſtoppeln an ſich ziehen, 
iſt verloren, und haͤlt den Wachsthum des Grummets 
(Nachheus) ſehr zuruͤck. Aus dieſem Grunde alſo laͤßt man 
nach der Heuernte 8 bis 10 Tage die Wieſe trocken ſtehen 
und bewaͤſſert ſie nicht, damit dieſe abſterben, ehe die neue 
Vegetation beginnt. 

5. Man bewaͤſſert aber auch n und 
naſſe Wieſen nicht. Bei dem Bewaͤſſern der Wleſen 
muß man ſich nach der Beſchaffenheit des Bodens, je nach— 
dem dieſer leicht oder ſchwer, ſuͤß oder ſauer, naß oder trok— 
ken, lehmicht, lettchig, oder mit Vegetabilien untermiſcht iſt; 


159 


ob er ſandig und kreidig, oder hoch und tief liegend iſt, 
richten. Dieß Alles modificiret, oder verändert das mehr 
oder wenigere Bewaͤſſern der Wieſen und verbietet es bei 
manchen gradezu. Wollte man feuchte, moorige Wieſen, 
Wieſen, die einen ſchweren Lehm oder lettchigen Boden ha— 
ben, gleich trockenen Wieſen von brauner oder ſchwarzer 
Erde behandeln: ſo wuͤrde man ſeines Zwecks ſehr verfehlen, 
den trockenen zu wenig und den feuchten Wieſen zu viel 
Feuchtigkeit zuweiſen. Es iſt alſo eine Hauptſorge beim 
Bewaͤſſern der Wieſen, daß man den Boden derſelben genau 
zu erkennen ſucht. An ſich feuchte, ſumpfige Wieſen bewaͤſ— 
ſert man, ſo lange ſie in dem verderblichen Zuſtande ſind, 
gar nicht. Eben ſo bewaͤſſert man die Wieſen, die einen 
lettchigen Boden haben, nur mit der Herbſt- und Fruͤhlings— 
fluth; aber im Mai und Juni nicht; doch bewaͤſſert man 
ſie nach der Heuernte, zum Grummetausſchlage. 

Ein kluges Bewaͤſſern der Wieſen gehoͤret zu den 
ſchwerſten Aufgaben des Landmanns, und dieß um ſo mehr, 
wenn man in dieſem Geſchaͤft noch wenig Erfahrung hat. 
Befolgt man aber die gegebenen Regeln, ſo wird man ſich 
ſchon einigermaßen zu finden und das Mehr oder Wenig zu 
treffen wiſſen, und bei Luſt und Aufmerkſamkeit bald das 
rechte Maß finden lernen, das fuͤr jedes Klima und jeden 
Boden erforderlich iſt. Das Beſte iſt, daß die bedenklichen 
Faͤlle des Nichtbewaͤſſerns, wo nicht ganz, doch groͤßtentheils, 
durch die neue Wieſen-Anlage gehoben werden. 


f. Wie man waͤſſern muß. 


Wenn man auf den Zweck und die Abſicht des Be— 
waͤſſerns der Wieſe ſieht, ſo wird man leicht die rechte Art 
zu waͤſſern finden. Der Zweck des Bewaͤſſerns der Wieſen 
iſt, wie gezeigt worden, den Graspflanzen neue Nahrung 
zuzufuͤhren, und ſie zu beleben; die in dem Boden ſteckenden 


160 


Nahrungsſtoffe aufzuſchließen, und den Graspflanzen genieß— 
bar zu machen. Sollen alſo alle dieſe Zwecke ſo gut wie 
moͤglich erreicht werden, ſoll beſonders der Hauptzweck, den 
Graspflanzen neuen Nahrungsſtoff zuzufuͤhren, nicht verfehlet 
werden, ſo darf das Bewaͤſſern nicht in einem gewaltſamen 
Hinſtroͤmen des Waſſers auf die Grasnarbe beſtehen, ſon— 
dern es muß, fo viel es moͤglich iſt, ein ruhiges fanftes 
Dahinrinnen, ein ſanftes Riecſeln des Waſſers über Die 
ſelbe ſeyn. 

Um ein ſolches ſanftes Ergießen des Waſſers zu be 
wirken, werden, wie gezeigt worden, auſſer der Hauptwaͤſ⸗ 
ſerung noch Seitenwaͤſſerungen erfordert. Aus den Haupt⸗ 
waͤſſerungen muß das Waſſer in die Seitenwaͤſſerung durch 
ganz kurze Aufſchlaggraͤben gefuͤhret werden. Dieſe Seiten— 
Waͤſſerungen muͤſſen ganz waſſerwaͤgig angelegt werden, 
ſo daß das Waſſer aus denſelben uͤberall gleich hoch und 
ſtark uͤbertritt, ſich ſanft und ruhig ergießet und auf die 
Grasnarbe hinrinnt. Es duͤrfen alſo ſchlechterdings keine 
Einſchnitte, oder Schlitzgraͤben, in die Seitenwaͤſſerungen 
gemacht werden. Denn durch ſolche Einſchnitte ſtoͤßt das 
Waſſer mit Gewalt auf einen Punkt der Grasnarbe hin, 
wodurch groͤßtentheils der Nutzen des Waͤſſerus vereitelt 
wird. Es ſpuͤlen ſich die beſten Nahrungsſtoffe fort, oft 
uͤber die ganze Wieſe hin, bis in den Abzugsgraben, oder 
in das Flußbett. Und ſo erhaͤlt die Grasnarbe, bei einem 
ungeſtuͤmen Bewaͤſſern, nicht den gebuͤhrenden Gewinn, den 
fie haben ſollte, und alle die großen und koſtbaren Anſtalten 
zur Bewaͤſſerung der Wieſen erreichen hoͤchſt nothduͤrftig ih 
ren Zweck, den ſie ſicher und voͤllig erreichen konnten und 
würden, wenn ſich das Waſſer gleich hoch und ſtark, aus 
ſchicklich angebrachten Seitenwaͤſſerungen, ganz ruhig ergoͤſſe. 

Bei einer zweckmaͤßigen Bewaͤſſerung wird auch erfor⸗ 
dert, daß nicht der kleinſte Fleck der Wieſe trocken bleibe; 
ſondern daß die ganze Grasnarbe gleich hoch unter Waſſer 


161 


ſtehe. Bei Einſchnitten aber iſt dieß nicht möglich; da ſtehet 
die Wieſe, an dem Waͤſſergraben hin, oft Ruthen breit ganz 
ohne Waſſer, wie dieß ſchon oben als fehlerhaft iſt gerügt 
worden. 

5 Alſo das iſt und bleibt bei dem Bewaͤſſern der Wieſen 
Grundſatz: je ſanfter und ruhiger das Waſſer 
auf die Grasnarbe hinrinnt, deſto nuͤtzlicher und 
wohlthaͤtiger iſt ſeine Wirkung fuͤr die Wieſe. 

Das Waſſer darf aber auch nicht auf der Wieſe ſtehen 
bleiben, ſondern es muß durch das Gras durchziehen, damit 
es ſeine naͤhrenden Theile an demſelben gleichſam abſtreife 
und abſetze. Da alſo, wo das Waſſer ſtehen bleibt, haben 
die Graspflanzen weit weniger Genuß, als da, wo es ſanft 
abzieht. 

Wo das Waſſer ſtehen bleibt, da erzeugt ſich eine 
Ueberfuͤllung der Graspflanzen mit Feuchtigkeit; dieß erzeugt 
eine Stockung der Saͤfte, die der Vegetation durchaus nach— 
theilig, ja gradezu entgegen iſt. Ein guter Wachsthum kann 
nur da erzeugt werden, wo nicht allein den Gewaͤchſen oder 
Pflanzen Nahrungsſtoffe zugeführt werden, ſondern auch Ge— 
legenheit gegeben wird, ſie anzuziehen und zu verarbeiten. 
Dieß koͤnnen aber die unter Waſſer ſtehenden Graspflanzen 
nicht; denn ſie befinden ſich in einem betaͤubten, erſtickten, 
widernatuͤrlichen Zuſtande. Zu der Vegetation der Pflanzen 
gehoͤret mehr, als fette, Salz- und fluͤſſige Theile: es muͤſ— 
ſen auch Luft und Sonne einwirken; ſie muͤſſen die eingeſo— 
genen Stoffe in der Graspflanze verduͤnnen und verarbei— 
ten, ſie muͤſſen Gaſe aus dem zugefuͤhrten Duͤnger erzeugen 
helfen. Alles dieſes kann bei lange und voͤllig unter Waſſer 
ſtehenden Graspflanzen nicht geſchehen. Die beſten Graͤſer 
und Kraͤuter gehen aus, die Grasnarbe wird duͤnn— 
graſig und die Wieſe verſauert. Dieß zu verhuͤten, wird 
bei der neuen Wieſenanlage jo ſehr auf die Ausgleichung 

11 


4 


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aller Vertiefungen und auf einen richtigen Fall gedrungen, 
wodurch es dahin kommt, daß auf keinem Punkt der Wieſe 
das Waſſer ſtehen bleiben kann, ſondern abziehen muß. 


Neunter Abſchnitt. 


Von der Behandlung trockener Wieſen, oder de— 
rer, die nicht erforderlich bemäffert werden 
koͤnnen, und von den beſten Dungmitteln 
für dieſelben. 


. Wieſen entbehren zum groͤßten Theile die herr— 
lichen und großen Vortheile der Waͤſſerung; es muß ihnen 
daher, wenn dieſe Grundſtuͤcke ſich nicht hoͤchſt dürftig ren— 
tiren ſollen, durch zweckmaͤßiges Duͤngen geholfen werden. 
Die beſten Dungmittel ſind: Aſche, Ruß, Gyps, kurzer 
Miſt, Hühner und Tauben, Schaf⸗ und Ziegen⸗Miſt; fette 
Erde, Gaſſenkoth, Kehricht, geſchwaͤngerte Erde; Miſtjauche, 
Braunkohlen⸗ und Steinkohlen-Gebroͤckel. N 

. a. Aſche. Die Aſche iſt bekanntlich ein vortreffliches 
Dungmittel für alle Gewaͤchſe und Pflanzen, beſonders für 
die Graͤſer und Kraͤuter auf den Wieſen. Sie wachſen un⸗ 
vergleichlich darnach, beſonders der rothe Wieſenklee. Die— 
ſer iſt auf mageren Wieſen ganz unterdruͤckt, und daher faſt 
unmerkbar. Aber nach der Aſche iſt es, als ob man die 
Wieſe mit Kleeſamen beſaͤet haͤtte; und er waͤchſt noch uͤber das 
ihm zur Seite ſtehende fette Gras herauf, ſo daß er die 
ganze Wieſe uͤberziehet. Die Aſche verdraͤngt aber auch das 
Moos, und bringt die ganze Grasnarbe zu einem froͤhlichen 
Wuchſe. Die Aſche wirket auf eine ſehr wohlthaͤtige Art 
drei Jahre fort. Da man aber ſelten ſo viel Aſche hat, 
oder haben kann, daß man alle trockenen Wieſen ganz damit 


163° 


beſtreuen kann: fo thut man wohl, wenn man ſeine Wieſen 
und Kleefelder ſo eintheilt, daß man laͤngſtens in drei Jah— 
ren uͤberall damit herum kommt. Man handelt klug, wenn 
man keine Aſche verkauft, ſondern ſie unabaͤnderlich jedes 
Jahr auf die Wieſen oder Kleefelder verwendet. 

Von den Wieſen, die mit Aſche geduͤngt werden, frißt 
das Vieh das Futter ſowohl friſch als trocken noch einmal 
ſo gern, als von jeder anderen Wieſe, die nicht damit be— 
ſtreut iſt. Die in den Dungmitteln herrſchenden Theile, wie 
bei der Aſche das Salz, gehen in die Pflanzen uͤber, und 
miſchen ihnen, mehr oder weniger, Annehmlichkeit und Wohl— 
geſchmack bei. Von dem unmittelbaren Uebergang der Be— 
ſtandtheile des Duͤngers in die Pflanzen kommt es, daß 
friſcher unvergohrner Duͤnger, der auf die Wieſen gebracht 
wird, dem Futter einen ſehr uͤbelen Geſchmack mittheilt, den 
das Vieh ganz verabſcheut. Die Aſche behaͤlt darum vor 
allem uͤbrigen Duͤnger einen großen Vorzug, da ſie nicht 
nur der Vegetation uͤberaus foͤrderlich iſt, ſondern auch dem 
Futter einen beſonders guten Geſchmack gibt. 

Da die Aſche ein ſo trefflicher Duͤnger iſt, ſo richtet 
ein kluger Landmann ſeine ganze Aufmerkſamkeit auf ihre 
Gewinnung. Er ſammelt, fo gut er kann, alles Brennbare, 
um es zu verbrennen, wenn auch kein weiterer Vortheil mit 
deren Verzehrung verbunden waͤre. Die fleißige Hausmut— 
ter ſieht darauf, daß die Aſche ſorgfaͤltig zu Rath gehalten 
wird. Sie laͤßt die Aſche, wenn ſie ausgebrennt iſt, nicht 
mehrere Tage auf dem Herde, oder in dem Ofen liegen, 
ſondern bringt ſie bald in den Aſchenbehaͤlter. 

Obgleich die Aſche uͤberhaupt ein treffliches Dungmit— 
tel iſt, ſo findet ſich doch unter den verſchiedenen Aſchen— 
Arten ein bedeutender Unterſchied. Die beſte Aſche iſt die 
von Weinreben; darauf folgt die von Buchenholze; die von 
Braunkohlen; die aus Eichenholze; die von Fichten, Tan— 
nen⸗ und Weidenholze. Selbſt die ausgelaugte Aſche, von 


164 


dem Potaſchſieden, Seifjieden und dem Wafchen, enthält noch 
einige Kraft, und ift immer noch auf Wieſen zu gebrauchen. 

Der Gebrauch der Aſche auf den Wieſen iſt allgemein 
bekannt. Man ſtreuet ſie nemlich ſorgfaͤltig, bei ſtillem 
Wetter, vom Anfange des Aprils bis zu Ende dieſes Mo— 
nats; und, je nachdem die Gegend iſt, bis zu Ende des 
Monates Mai. Man ſtreut ſie bei bedecktem Himmel, am 
liebſten, wenn es ſanft regnet. Sollte es aber um dieſe 
Zeit nicht regnen, ſo ſtreuet man ſie gegen Abend, wo die 
Aſche im Thaue anzieht. Dagegen vermeidet man bei dem 
Aſcheſtreuen trockene Witterung, den Wind und die Sonne. 
Je fruͤher im Jahre man die Aſche ſtreut, deſto mehr ver— 
ſpuͤret wan ihre Wirkungen in demſelben Jahre. Aſchet man 
ſpaͤt, ſo zeigt ſich die Wirkung erſt bei der Grummeternte 
und in dem nächiten Jahre. Bei dem Aſchen der Wieſen 
muß man auch darauf ſehen, daß ſie gleich vertheilt wird, 
und daß ſie nicht, wie es oft zu geſchehen pflegt, mit vollen 
Haͤnden hier und dort hingeworfen wird. Man muß viel⸗ 
mehr die Haͤnde niedrig zu der Erde hinhalten, und zwiſchen 
den Fingern die Aſche durchfallen laſſen, ſo daß an einen 
Ort ſo viel Aſche kommt, wie an den andern. Man muß 
auch die Aſche nicht zu ſparſam ſtreuen. Am beſten nimmt 
man auf 160 Ruthen 4 Saͤcke, oder 2 Malter; nimmt man 
mehr, ſo iſt es deſto beſſer. Nimmt man weniger als 2 
Malter auf den Morgen, ſo verſpuͤret man die eigentliche 
Kraft der Aſche nicht, und man hat doch dieſelbe Muͤhe. 
Auch darf man das Aſchen der Wieſen fremden Menſchen, 
Dienſtbothen und Tageloͤhnern nicht allein uͤberlaſſen; denn 
dieſe ſuchen ſich von der etwas unangenehmen Arbeit ſo ge— 
ſchwind wie moͤglich los zu machen. Weit beſſer iſt es, 
wenn der Eigenthuͤmer bei dieſer Arbeit ſelbſt zugegen iſt, 
damit er zuſieht, wie ſie gethan wird. 

b. Ruß. Der Ruß iſt ebenfalls ein trefflicher Duͤn⸗ 
ger. Er iſt eigentlich noch beſſer, als die Aſche. Der Ruß 


165 


hat nemlich bituminöfe oder fettige harzige Theile, welche 
der Aſche fehlen. Der Ruß iſt daher ein beſſerer und fette— 
rer Duͤnger, als die Aſche, und aus dieſem Grunde dauern⸗ 
der. Es iſt nur ſehr Schade, daß man ihn nicht in 
großer Menge haben kann. Aber deſto ſorgfaͤltiger muß das 
Wenige, was es davon gibt, zu Rathe gehalten werden. 
Man ſammelt ihn vom ganzen Jahre, in einem hoͤlzernen 
Kaſten, oder ſchuͤttet ihn an einen trockenen Ort; denn an 
einem feuchten Orte verzehrt er, oder verlieret doch ſeine 
Kraft. Auf Wieſen, die mager oder trocken oder mooſig 
ſind, iſt er der trefflichſte Duͤnger. Da, wo Ruß hinge— 
ſtreut wird, entwickeln ſich alle Theile der Pflanzen ſo kraͤf— 
tig, daß ſie oft unkenntlich werden. Der Klee, der vorher 
von dem Moos unterdruͤckt wurde, waͤchſt nach dem Ruß 
mit beſonderer Kraft und Staͤrke, wie auf einem fetten Klee- 
acker, heraus. Ja der Ruß iſt ein eigentlicher Balſam fuͤr 
die Kraͤuter. Und doch bemerket man, daß er oft nicht nach 
ſeinem Werthe geſchaͤtzt, ja ſogar weggeworfen wird; wel— 
ches die groͤßte Unkunde in den die Pflanzen naͤhrenden und 
treibenden Stoffen zu erkennen gibt. 

e. Gyps. Der Gyys iſt bekanntlich ein ſehr guter 
Wieſenduͤnger. Der Gyps iſt ein feines Steinmehl, welches 
aus zerſchlagenen, nicht allzu harten Kalkſteinen, die unter 
dem Namen Gypsſtein bekannt find, gemahlen wird. Wir 
werden unten bei dem Kleebau noch einmal auf den Gyps 
hinkommen, und wollen darum hier nichts weiter von ſeinen 
Beſtandtheilen ſagen. 

Man beſtreuet trockene Wieſen, die nicht erforderlich 
bewaͤſſert werden koͤnnen, und wobei man mit der Aſche und 
ſonſtigem Duͤnger nicht zureicht, mit Gyps. Der Gyps wird 
eben ſo aufgeſtreut, wie die Aſche. Auf naſſen Wieſen hat 
er unter allen Duͤngern am wenigſten Wirkung. Je trocke— 
ner, leichter und waͤrmer der Boden iſt, deſto mehr und 
kraͤftiger wirket der Gyps. Man hat die Erfahrung gemacht, 


166 


daß auf einem elenden, mageren Boden, der mooſig, und wo 
die Grasnarbe gleichſam erſtorben war, durch Beſtreuung 
mit Gyps das ſchoͤnſte, fetteſte Gras erzeugt wurde; und 
daß da, wo vorher keine Spur von Klee zu ſehen war, 
ſchoͤner Klee die ganze Flaͤche uͤberzog. Nicht als ob durch 
den Gyps etwas entſtehe, wozu vorher kein Keim oder Sa— 
men da war; nein, der Gyps erhoͤhet und belebet, wie Aſche, 

Ruß und Wes kraͤftige Duͤnger, die bis dahin unterdruͤckt 
gebliebenen Kleepflanzen. 

Die beſte Zeit, den Gyps auf die Wieſen zu eee 
iſt der Februar und März, ſobald der Schnee von den Wie 
fen, und es windſtill iſt. Auf einen Morgen, 160 Ruthen, 
nimmt man 12 Meſten oder 15 Simmern Gyps. Streuet 
man mehr, ſo iſt der Henn an ſchoͤnem herrlichem Graſe 
deſto reicher. 

d. Kur zer Wit Miſt iſt bekanntlich der Alge 
meine Duͤnger, fuͤr alles, was gruͤnen und wachſen ſoll, be— 
ſonders der Rindsmiſt. Je kuͤrzer und fetter, je verweſter 
der Miſt iſt, deſto mehr entſpricht er dem Zwecke. Der 
friſche Miſt, worunter man den unverweſten Duͤnger verſte⸗ 
het, duͤnget zwar ſehr kraͤftig; aber er enthaͤlt noch zu viel 
rohe Stoffe, die dem Wieſenfutter einen uͤbelen Geſchmack 
beimiſchen, welchen das Vieh verabſcheuet; wenn man ihm 
dieſen nicht durch Salzen des trocknen Futters zu beneh— 
men ſuchet. 

Den Schweinsmiſt case man bei dem Düngen der 
Wieſen zu vermeiden, weil ſich viel Wuͤrmer darnach erzeu⸗ 
gen, nach welchen der Maulwurf ſehr gierig iſt. Dieſer 
verdirbt daher, indem er ſie aufſuchet, die Wieſen gar ſehr. 
Iſt man aber im Wegfangen des Maulwurfs ſehr aufmerk— 
ſam, dann iſt der verweſte Schweinsmiſt mit der beſte fuͤr 
die Wieſen. 

Unter die vorzuͤglichen Dünger gehoͤret auch der Schaf— 
und Ziegenmiſt. Und was beſonders iſt, das Vieh genießt 


167 


das Futter gern, das darnach erwaͤchſt. Je früher man 
dieſe Duͤnger den Wieſen gibt, deſto beſſer iſt es. 

Die ſchicklichſte Zeit, wann man den Miſt auf die 
Wieſe bringt, iſt vom Herbſte bis in den halben Winter. 
Da man mit dem Duͤngen der Wieſen nicht auf Froſt wars 
ten kann, man aber ohne Froſt durchaus nicht auf eine Wieſe 
fahren darf: fo bringt man den Miſt an den Weg der Wieſe, 
oder wirft ihn auf dem etwa nahe gelegenen freien Felde 
ab, und ſchiebt ihn dann mit einem Schubkarren, der ein 
eigens dazu gemachtes breites hoͤlzernes Rad hat, auf die 
Wieſe; denn alles Einſchneiden des Rads in die Grasnarbe 
muß forgfältig vermieden werden. Das Duͤngen der Wieſen 
nimmt man am beſten an trockenen Herbſttagen vor. Auch 
muß man alsbald den Miſt von dem Orte, wo er abgela— 
den worden iſt, auf die Wieſe zu bringen ſuchen. Der auf 
die Wieſen gebrachte Miſt muß eben ſo dicht, wie auf dem 
Ackerfeld, zu liegen kommen und ausgebreitet werden. Wenn 
der Miſt gezettet iſt, ſo laͤßt man ihn ruhig liegen, bis in 
den Maͤrz oder April, wo man, wenn die Wieſen bloß von 
Schnee und trocken ſind, das Stroh abnimmt. Dann rechet 
man, au einem trockenen Tage, die noch uͤbrigen geringen 
Reſte forgfältig ab, und bringt dieſe auf die Miſtſtaͤtte zuruͤck. 

Dieß Duͤngen der Wieſen mit Miſt wird, wenn man 
Duͤnger genug hat, jedes Jahr vorgenommen. Kann man 
aber ein io oͤſteres Duͤngen nicht ohne Nachtheil für die 
übrigen Grundſtuͤcke vornehmen, fo wiederhole man es im 
zweiten oder dritten Jahre, aber auch nicht ſeltener. 

Der Pit bringt ungemein ſchoͤnes und fettes Gras, 
und maß wird ſich bei der Heu- und Grummeternte über 
den eien Futter-Gewinn freuen. Aber vielleicht denkt 
mange Landmann: hätte ich nur Miſt für meine Aecker, 
meine Wiefen wollte ich gern nicht duͤngen. Wer fo denkt, 
der iſt ſehr irre. Nein, man baue und beſſere die Wieſen 


168 


zuerſt, und demnaͤchſt die Felder, fo kommt beides in den 
Stand. 

e. Huͤhner- und Tauben⸗Miſt. Huͤhner⸗ und 
Tauben⸗Miſt iſt für die Wieſen ebenfalls ein trefflicher Duͤn⸗ 
ger. Der Gebrauch dieſes Duͤngers iſt bekannt. Er wird 
nemlich im April oder Anfangs Mai auf die Wieſe ſorgfaͤl⸗ 
tig geſtreut. Man darf den Huͤhner- und Tauben⸗Miſt nicht 
ſo klumpenweiß, wie er aus den Staͤllen dieſes Gefluͤgels 
aufgeſchoͤpfet wird, auf die Wieſe hinwerfen; ſondern er 
muß erforderlich zerrieben werden, ſonſt erſtickt ſogar manche 
Graspflanze unter demſelben, andere Stellen werden zu fett, 
und noch andere erhalten gar nichts. Man muß darum mit 

dem Streuen des Duͤngers dieſer Art recht wirthſchaftlich 
umgehen. 

Da Huͤhner- und Tauben-Miſt für die ganze vegeti⸗ 
rende Natur, beſonders fuͤr die Wieſen, ſo treffliche Duͤnger 
ſind, ſo muß man auch mehr Sorgfalt und Fleiß auf ihre 
Gewinnung verwenden. Manche nachlaͤſſige Hauswirthe laſ— 
ſen den Miſt des Gefluͤgels von mehreren Jahren zuſammen 
kommen, wodurch ſich dieſe Duͤnger ſelbſt verzehren, oder 
vielmehr verzehret werden. Denn es erzeugen ſich in dem 
Hühner: und Tauben⸗Miſt, wenn er den Sommer über lies 
gen bleibt, weiße Wuͤrmer, wodurch derſelbe ſich nicht nur 
ſehr vermindert, ſondern auch ſeine Kraft verliert. Auch 
erzeugen ſich da, wo die Huͤhner- und Taubenhaͤuſer nicht 
jedes Jahr ſorgfaͤltig gereiniget werden, Laͤuſe, welche die— 
ſes Geflügel ſchrecklich quälen; was denn zur Folge hat, 
daß die Huͤhner, ſobald es nur warm wird, andere Sitze 
ſuchen, welches ſchon um des Duͤngers willen verhuͤtet wer— 
den ſollte. Es iſt daher Regel, daß man um Petri-Tag 
unfehlbar die Huͤhner- und Taubenhaͤuſer ſorgfaͤltig reiniget. 

f. Fette Erde. Fette Erde iſt auch ein guter wi 
Dünger. Nach dem Aufſtreuen fetter Erde wächft ein ſchoͤ— 
nes, ſuͤßes Gras; zwar nicht ſo groß und fett, wie nach 


169 


den vorher genannten Duͤngern, aber doch reichlich fuͤr die 
gehabte Mühe und Koſten. Die Erde, welche Maulwuͤrfe 
auswerfen, iſt von der Art, daß ſie zu dieſem Zwecke gut 
verwendet werden kann. Da, wo ſich alſo Maulwurfshau— 
fen finden, trage man ſie nicht, wie es oft zu geſchehen 
pflegt, in das Flußwaſſer, ſondern man ſcharre ſie mit einem 
Rechen aus einander. Doch iſt es beſſer, wenn ſich dieſer 
Wieſenverderber nicht einfindet und man dieſe brauchbare 
Erde auf dieſem Wege nicht hat; da man auf andere Art 
gute Erde fuͤr die Wieſen gewinnen kann. Es finden ſich 
nemlich oft neben den Wieſen, oder zwiſchen Wieſen und 
Feldern ganz unnuͤtze Anhoͤhen und jaͤhe Ufer, die aus fetter 
ſchwarzer Erde beſtehen, und mit Hecken und Geſtraͤuche be— 
wachſen ſind, wie oben iſt bemerkt worden. Dieſe Lager 
von feiner fetter Erde ſuche man auf, reiße die Hecken und 
Straͤuche weg, werfe die Erde durch einen Durchwurf, und 
mit dieſer feinen fetten Erde uͤberziehe man ſeine Wieſe einen 
Zoll hoch, und reche ſie gleich und eben ab. 

Eben ſo gibt der Schlamm aus Weihern, Teichen, 
aus Muͤhl⸗, Huͤtten- und Hammer-Graͤben, eine feine und 
fette Erde fuͤr die Wieſen. Den Schlamm wirft man aus 
und laͤßt ihn ein ganzes Jahr austrocknen. Dann zerklopft 
man ihn und bringt ihn, wenn er recht trocken iſt, im Maͤrz 
auf die Wieſe, wie eine jede andere Erde. Doch muß man 
die Wieſe nicht jedes Jahr mit Erde uͤberziehen, weil ſonſt 
der Keim der Grasnarbe erſtickt. Man wechſelt daher mit 
fetter Erde und anderm Duͤnger ab. 

Bei dem Auffriſchen der Waͤſſerungen gibt es auch 
jeden Herbſt etwas fette Erde. Wenn man dieſe nicht zu 
Ausgleichungen noͤthig hat, fo kann man dieſe in dem Herbſt 
auf die Wieſe zertheilt hinwerfen und ſetzt ſie dem Froſte 
aus, damit fie muͤrbe wird. Im Frübjahre, bei dem Wie— 
ſen⸗Putzen, rechet man die damit beſtreute Grasnarbe fein 


170 


ab, und gibt auf dieſem Wege der Wieſe das, was in der 
Waͤſſerung ſitzen geblieben iſt, und was ſie haben ſollte. 

g. Gaſſenkoth. Aber auch das, was auf der 
Straße und den Gaſſen, in Staͤdten und Doͤrfern, beſon⸗ 
ders an den Thoren, den Ein- und Ausgaͤngen der Ort⸗ 
ſchaften, zuſammengekehrt und zuſammengeſchleppt werden 
kann, gibt einen ſehr guten Wieſenduͤnger. Er enthaͤlt nicht 
nur eine wohlthaͤtige Miſchung von guten, die Grasnarbe 
trefflich naͤhrenden Theilen, die durch das Gehen der Men— 
ſchen, durch das Treiben des Viehes, und durch Reiten und 
Fahren niederfallen und durch die Wanderungen verarbeitet 
werden. In den Gafjenkoib fallen aber auch vielerlei Saͤ⸗ 
mereien von Graͤſern und Kraͤutern, die der Grasnarbe zu 
ſtatten kommen und ſich mit Nutzen auf derſelben entwickeln 
koͤnnen. Der Gaſſenkolh kann darum in demſelben Jahre, 
wo er zuſammengebracht wird, auf die Wieſe verwendet 
werden; dagegen kann er auf dem Per und in dem Wein⸗ 
berg nicht gebraucht werden, bevor er nicht zwei Jahre ge⸗ 
legen hat, und mehrmals hin und her geſtochen und umges 
ſetzt worden iſt, damit aller Samenſtoff keime, ſich entwik⸗ 
kele und ſo erſt zerſtoͤret werde; ohne dieß wird der Acker 
voll Unkraut, welches man bei dem Feldbau ſorgfaͤltig ver⸗ 
meiden muß; aber den Wieſen kommt der Grasſamen im 
dem Gaſſenkothe ſehr zu ſtatten. Eben ſo bildet ſich aus 
dem Kehricht, der auf dem Hofe zuſammen gebracht wird, 
und aus dem Staube aus den Wohnungen eine ſehr kraͤftige 
Erde, die man mit dem gluͤcklichſten Erfolge zu gleichem 
Zweck verwenden kann. Man ſehe darum den Gaſſenkoth 
und Kehricht ja nicht als etwas Unnuͤtzes und zur Laſt Fal⸗ 
lendes an, deſſen man ſich auf dem erſten Wege, den man 
nur erreichen kann, los machen muͤſſe. Nein, dem Forſcher 
der Natur, wie dem gebildeten Oekonomen, iſt nichts gering, 
und unbedeutend, nichts eigentlich ekelhaft und uͤberfluͤſſig; 
beide ſehen uͤberall, ſelbſt in an ſich widrigen Erſcheinungen, 


171 


Grund und Urſache zu neuen und ſchoͤneren Entwickelungen, 
Samen und Keime zu neuen und ſchoͤneren Bluͤthen. Der 
Landmann darf darum den Gaſſenkoth nicht unbenutzt liegen 
laſſen, wie oft leider zu beſchwerlicher Wa des Dor⸗ 
fes geſchieht. 

h. Kuͤnſtlich befruchtete Erde. So wie die 
Wieſen ungemein nach dem Kehricht und anderer fetter Erde 
ſchoͤn grünen und reichlich Futter bringen, fo hat eine fünfte 
lich geſchwaͤngerte Erde nicht minderen Einfluß auf die Ve— 
getation der Grasnarbe. Eine ſolche Erde wird auf fol— 
gende Art bereitet. Man ſammelt die aus dem Viehſtalle 
abfließende Jauche in einer abſichtlich dazu angelegten Grube, 
in die man durchgeworfene Erde zum Anſaugen wirft, und 
die man nach einiger Zeit zum Abtrocknen wieder ausſchoͤ— 
pfet, um ſie auf die Wieſe zu bringen. 

Man graͤbt alſo unmittelbar vor dem Stalle, wo die 
Jauche ihren Ausfluß hat, eine Grube. Noch beſſer iſt es, 
wenn es der Raum verſtattet, wenn man das Jauchenloch 
in dem Stalle eingraͤbt. Dieſe Vertiefungen werden nach 
Verhaͤltniß des Viehſtandes weit und tief gegraben. Wenn 
mehrere Stuͤcke Vieh beiſammen ſtehen, ſo muß dieſe Ver— 
tiefung eine volle Ohm halten. Sollte die Jauche durch das 
Behaͤltniß in die Erde durchrinnen, ſo ſchlaͤgt man die Grube 
mit Lehm aus. Will man eine ſolche Jauchengrube gut und 
dauerhaft anlegen, fo mauert man fie mit gebackenen Stei— 
nen mit Speis aus, und gibt der Vertiefung die Figur 
eines laͤnglichen Vierecks. Bei einem etwas ſtarken Vieh— 
ſtande aber gibt man ihm 4 Fuß Laͤnge, 3 Fuß Tiefe und 
3 Fuß Weite. Oben legt man ein Viergeſpann von 4 Zoll 
ſtarkem Eichen⸗Holz darauf, und verſchließt das Ganze mit 
einem Deckel. Die Jauchengrube, die vor dem Stalle an⸗ 
gelegt wird, ſucht man vor dem Zufluſſe der Dachtraufe und 
ſonſtiger waͤſſeriger Feuchtigkeiten zu verwahren, damit die 
Jauche nicht kraftlos wird. Zu dem Ende legt man, wenn 


172 


die Dachtraufe auf die Seite der Jauchengrube fallen ſollte, 
eine Dachrinne; kurz, man wendet Alles an, die Jauche 
kraͤftig zu erhalten. 

In der Jauchengrube ſammelt ſich alſo die aus dem 
Stalle abfließende Feuchtigkeit. Wenn nun die Grube halb 
voll geronnen iſt, ſo wirft man durchgeworfene Erde hinein 
und zwar ſo viel, als die vorraͤthige Jauche anfeuchten und 
benetzen kann. Man kann auch gleich Anfangs die Erde hin— 
einwerfen, und damit die halbe Grube anfuͤllen, und die 
Jauche zurinnen laſſen. Wenn man nun findet, daß die in 
die Jauchengrube geworfene Erde die Feuchtigkeit angeſogen 
hat, ſo verarbeitet man ſie zu einem ſteifen dicken Schlamm, 
ſchoͤpfet dieſen dann aus, und ſchlaͤgt dieſe geſchwaͤngerte 
Erde auf einen Haufen. Mit der Zubereitung dieſer Erde 
faͤhrt man in dem ganzen Jahre fort, wodurch man ſehr viel 
von einem vortrefflichen Duͤnger gewinnen kann. 

Obgleich die auf dieſe Art geſchwaͤngerte Erde in der 
freien Luft liegen muß, ſo iſt es doch gut, wenn man eine 
kleine Bedachung von Stroh, Ginſter oder ſonſt etwas dar— 
uͤber legt, damit ſie nicht zu ſehr durch Regen ausgelaugt 
wird. Will man die Anlage zu dieſer Duͤngerſammlung auf 
eine vollkommene Art einrichten, fo ſchlage man einen vier⸗ 
eckigen Raum von Eichen-Bohlen zuſammen, worin man den 
Jauchenſchlamm ſchlaͤgt. 

Man muß ſich aber auch an einem trockenen Orte ein 
Erdebehaͤltniß anlegen, worin man in Zeiten einen guten 
Vorrath von durchgeworfener Erde aufbewahret, damit man 
in Bereitung dieſer Erde des Winters und des Sommers 
ungehindert fortfahren kann. 

Die im Sommer bereitete Erde bringt man im Herbſte, 
und die im Winter gewonnene im Fruͤhjahre auf die Wieſen. 
Man zerſchlaͤgt fie und ſtreuet fie, etwa einen halben Zoll. 
dick, und rechet ſie gleich und eben. 

Dieſe geſchwaͤngerte Erde iſt ein vortrefflicher Wieſen⸗ 


173 


duͤnger. Sie verdrängt das Moos, macht alle Gräfer und 
Kraͤuter ſehr fett und uͤppig, und bringt die ganze Gras— 
narbe in eine vortreffliche Vegetation. 

Eine ſolche Erde iſt zugleich auch ein trefflicher Duͤn— 
ger, wie leicht zu denken iſt, fuͤr den Garten, den Wein— 
berg, in mageren Gegenden fuͤr die Obſtbaͤume, ſo wie fuͤr 
das Ackerfeld, beſonders den Waizen, und darum nicht ge— 
nug zu empfehlen. 

i. Miſtjauche. Man kann auch durch Anwendung 
der Miſtjauche ſelbſt den Graswuchs ſehr befoͤrdern, wenn 
man nemlich die Grasnarbe mit der Miſtjauche begießet. 
Grasgaͤrten, die in der Naͤhe der Hofgerechtigkeit liegen, 
kann man durch eine Pumpe und angelegtes Gerinne mit 
der Jauche aus- der Miſtſtaͤtte bewaͤſſekn. Man graͤbt nem— 
lich in der Naͤhe der Miſtſtaͤtte, da wo die Jauche ihren 
Abfluß hat, eine Vertiefung von 5 bis 6 Fuß, und mauert 
dieſe mit trockenen Steinen rund, wie einen Schoͤpf-Brun⸗ 
nen, aus. In eine ſolche Vertiefung bringt man eine leichte 
Handpumpe an, deren Roͤhre auf ein Gerinne gerichtet iſt, 
das nach dem Grasgarten oder der nahen Wieſe hingehet. 
Damit aber die Miſtjauche nicht an einem Orte zu viel 
komme, ſo muͤſſen dieſe Rinnen in dem Garten nicht feſt 
liegen, ſondern beweglich ſeyn, um mit derſelben überall 
hinzureichen und die ganze Grasnarbe befeuchten zu koͤnnen. 

Aber auch entfernten Wieſen kann man dieß kraͤftige 
Dungmittel zufuͤhren. Wenn man keine Erde haben kann, 
um ſie mit der Jauche zu ſaͤttigen, wie in dem Vorherge— 
henden gezeigt worden iſt, ſo ſammle man die Jauche in 
den Staͤllen und bei den Miſtſtaͤtten, und wo ſie ſich findet, 
in Faͤſſern und bringe ſie auf die Wieſe. 

Je nachdem eine Oekonomie weitlaͤuftig und der Vieh⸗ 
ſtand ſtark iſt, muß die Ausfuͤhrung der Jauche angelegt 
werden. Iſt der Viehſtand gering, ſo kann eine Viertel— 
oder halbe Ohm ſchon hinreichen, die Jauche fuͤr den Tag 


174 


zu faſſen. Das Einfüllen derſelben in das Faß geſchiehet 
vermittelſt eines hoͤlzernen Trichters, der mit einer weiten 
blechernen Pfeife verſehen iſt. Das Spundloch muß weit 
ſeyn, und an beiden Böden das Faß 1 ½ Zoll ſtarke Zwik⸗ 
kelloͤcher haben, damit bei dem Einfuͤllen und Ausgießen 
keine weitere Stockung entſtehen kann. So ein kleines Faß 
legt man auf einen Stoß- oder Schiebkarn und bringt es 
fo auf die Wieſe. Iſt man an Ort und Stelle, ſo ziehet. 
man auf beiden Seiten die Zwickel aus. Unter das Faß 
legt man ein an beiden Enden etwas hervorſtehendes Brett, 
worauf die Jauche hinſtroͤmet und von dem ſie ſich verbreis 
tet und fortrinnt. Man ſchiebt den Karn in genauer Ord- 
nung uͤber die Wieſe hin und her, und bezeichnet die Stelle, 
wie weit man mit dem Ausgießen gekommen iſt, um da das 
naͤchſte Mal wieder anzufangen. | 

Hat man aber einen größeren Viehſtand, von 5 bis 
6 Stuͤck, dann muß man ſich eines großen Faſſes bedienen, 
und in dieſem Falle iſt es der Muͤhe werth, daß man zu 
dem Ausfahren der Miſtjauche ſich einen eigenen niedrigen 
Wagen machen laͤßt, auf welchem das Faß ſtets liegen bleibt. 
Dabei muß denn aber auch die Einrichtung getroffen ſeyn, 
daß der Wagen mit dem Faſſe an einem Wetterfreien Ort 
ſtehet. Das Fuͤllen des Faſſes kann in dieſem Falle mit 
Huͤlfe einer Pumpe geſchehen. Bei dem Ausgießen bedienet 
man ſich, ſtatt bei kleinen Faͤſſern eines Bretts, bei groͤßern 
zweier, uͤber die Aren hingelegter Troͤgcher, die aus leicht 
zuſammengefuͤgten Brettern gemacht ſind, und ſowohl durch 
die Fugen, wie durch gebohrte Loͤcher die Jauche durchlaſſen. 

Doch kann man nur wann und ſo lang es gefroren 
iſt, die Jauche auf die Wieſe bringen, weil bei weichem 
Wetter die Raͤder und die Hufe des Zugviehes einſchneiden, 
welches auf einer gut angelegten Wieſe ſorgfaͤltig zu ver⸗ 
meiden iſt. Wenn man alſo die Jauche nicht auf die Wieſe 
bringen kann, ſo bringt man ſie auf das Ackerfeld, und 


175 


fährt damit in dem ganzen Jahre fort, damit, fo zu fagen, 
kein Tropfen davon umkommt. Auch fuͤr Weinberge iſt die 
Jauche ein trefflicher Duͤnger. Um ſich von dem Nutzen der 
Jauche fuͤr die Felder zu uͤberzeugen, bemerke man nur die 
Stellen, wo auf dem Fruchtfelde bei Regenwetter die Miſt— 
haufen geſeſſen haben, oder wo das Zugvieh bei dem Pfluͤ— 
gen ſeinen Urin hingegoſſen hat; dann wird man ſich leicht 
von dem ſehr großen Nutzen dieſes Dungmittels überzeugen, 
das man bisher faſt uberall in hieſiger Gegend wegfließen 
laͤßt. Und ſollte ein Oekonom oder etwas beguͤterter Land— 
mann ſich einen eigenen Knecht dazu halten, die Jauche zu 
ſammeln und auszufahren, fo werden ihm gewiß die 8 
dafuͤr reichlich verguͤtet. 

k. Braunkohlen-Gebroͤckel. Geanthrax, L. 
Da, wo Braunkohlen brechen und verbraucht werden, gibt es 
Abfall von denſelben. Auch dieß kleine Braunkohlengebroͤckel 
iſt ein kraͤftiger Wieſenduͤnger. Denn Braunkohlen ſind bitu— 
minoͤſe, mit Erdpech, Salz, Schwefel und Bergoͤhl geſaͤttigte, 
aus der Urzeit herſtammende Stuͤcke Stammholz oder Wald— 
baͤume, die oft tief unter der Erde vergraben liegen, und 
durch irgend ein großes Ereigniß der Natur verſchuͤttet wor— 
den ſind. Dieſe Holzſtoffe haben ſich in der langen Zeit, 
wo fie da verborgen liegen, reichlich mit die Pflanzen ſehr 
naͤhrenden Stoffen geſaͤttiget. Sie ſind ſowohl durch die 
Laͤnge der Zeit, wo ſie in dem Schooß der Erde verborgen 
lagen, wie durch ihre Ueberſaͤttigung von ſalzigen Stoffen 
oft ganz muͤrbe und broͤckelig geworden. 

Dieß kleine Braunkohlengebroͤckel benutze man darum 
ja ſorgſaͤltig; es iſt fuͤr Aecker und Wieſen ſehr gut. Die 
in demſelben enthaltenen naͤhrenden Stoffe entwickeln ſich nach 
und nach mit beſonderem Nutzen auf den Wieſen. Da der 
Weſterwald Braunkohlen hat, fo koͤnnen die Bewohner der 
daſigen Gegend, bei dem Verbrauche dieſer Kohlen, ſo wie 
da, wo ſie gewonnen werden, durch die Ueberreſte und zer— 


176 


fallenen Stuͤcke ihren duͤrftigen Wieſen, die nicht bew 
werden, ſehr zu Huͤlfe kommen. 

l. Steinkohlen-Gebroͤckel. Carbo fossilis, iſt 
ein unter die Bergfettarten gehoͤriger ſchwarzer oder auch 
braͤunlicher Stein. Er wird von einem Bergoͤhl oder Naphta 
erzeugt, wenn es eine mergelartige Erde antrifft, die ſchicht— 
weiſe erhaͤrtet, wenn ein ſtreichender Schwefeldampf ſich da— 
mit vermiſchet hat. In manchen Gegenden ſind es auch Ve— 
getabilien der Urzeit, die ſchichtweiſe uͤber einander liegen, 
verſteinert und auf gleiche Weiſe getraͤnket ſind. Bei dem 
Brechen wie bei dem Verbrauch der Steinkohlen gibt es eben— 
wohl Gebroͤckel, das man zu nichts Beſſerem verbrauchen 
kann, als zum Duͤngen der Wieſen, die nicht bewaͤſſert 
werden. ö * 

an ſammelt daher den Abfall der Steinkohlen wie 
der Braunkohlen in einem Kaſten oder alten Faß vom gan— 
zen Jahre, und ſtreuet dieß, wie das Braunkohlengebroͤckel 
im Februar, wann auch noch Schnee liegt, auf die Wieſe; 
denn der Schnee iſt eigentlich ein Mittel einer jo viel Leichtes _ 
ren Entwickelung der etwas verſchloſſenen und feſten Stoffe. 
Die Reſte dieſer Kohlen wirken drei, vier Jahre mit unge— 
meiner Kraft. 


Zehnter Ab ſchit t. N 


Von dem Reinigen und Putzen der Wieſen im 


Fruͤhjahre. 


Durch das Bewaͤſſern der Wieſen, ſo wie vom Winde, 
werden vom Herbſte bis zum Fruͤhjahre mancherlei Unreinig— 
keiten, als Laub, Geniſte und dergleichen mehr auf die Wie— 
ſen getrieben. Der Maulwurf hebt Haufen, eben ſo die 


177 


Ameiſen, und bei dem Auffriſchen der Waͤſſerungen wird 
Schlamm⸗Erde auf die Wieſe hingebracht. Alle dieſe, den 
Graswuchs hindernden Stoffe und Aufhaͤufungen muͤſſen im 
Fruͤhjahre, ehe die Grasnarbe zu ſprießen anfaͤngt, wegge— 
bracht und die Wieſe vollkommen gereiniget werden. Die 
Maulwurfs⸗ und Ameiſenhaufen muͤſſen, zur Verbeſſerung 
des Graswuchſes, auseinandergerecht; das verbrennbare Ge— 
niſte zuſammengerecht und zum Verbrennen mit nach Haus 
genommen werden, oder in die Miſtſtaͤtte kommen. Die 
Schlammerde, die durch den Winterfroſt mürbe geworden iſt, 
muß zerſchlagen und ebenfalls als Dünger auf der Wieſe 
mit dem Rechen vertheilt werden. Und damit dieſe Arbeit 
ſo viel leichter und beſſer von Statten gehet, ſo waͤhlet man 
helle und trockene Tage im Maͤrz zu dem Wieſenputzen. 

Bei dem Wieſenputzen thut man ſehr wohl, wenn man 
mit einem ſcharfen Rechen die ganze Grasnarbe ſorgfaͤltig 
abrechet oder vielmehr abkratzet. Dadurch wird allem An— 
ſatze zum Mooſe vorgebeugt und die Grasnarbe rein gehal— 
ten. Alles uͤberfluͤſſige alte Geſchaͤbe von abgeſtorbenem 
Herbſtausſchlage, welches den Boden deckt und verſchloſſen 
hält, wird weggenommen und dadurch die Grasnarbe für 
Luft und Sonne empfaͤnglicher gemacht. Die Graspflanzen 
beſtocken und verzweigen ſich vielfacher, und daher wird der 
Ertrag der Wieſe weit reicher und kraͤftiger, als ohne dieß 
ſorgfaͤltige Durchkaͤmmen der Wieſen. Eine Wieſe, die gut 
geputzt worden iſt, iſt fo kraͤftig im Ausſchlage, als hätte 
ſie den halben Duͤnger erhalten. 


32 


Eilfter Abſchnitt. 


Von den Maulwuͤrfen und Maͤuſen, und den 
dienlichſten Mitteln, dieſes Ungeziefer 
los zu werden. 


Dir Vertilgung kann bewirkt werden: 

a. Durch Waſſer. Maulwuͤrfe und Maͤuſe ſcha⸗ 
den den Wieſen gar ſehr. Erſtere unterhoͤhlen die Gras— 
narbe, wodurch das Gras fehr in feiner Vegetation geſtoͤret 
wird. Sie verunſtalten die Wieſe durch Erdhaufen, die ſie 
zu Tage foͤrdern, womit oft ein großer Theil der Gras— 
narbe verſchuͤttet wird, ſo daß es auf der Wieſe, wo der 
Maulwurf hauſet, wenig Gras gibt, und das Wenige kann 
wegen der vielen Maulwurfshuͤgel kaum gemaͤhet werden. 
Alles Waſſer, das bei einer etwas ſparſamen Waͤſſerung der 
Wieſe zugewieſen wird, ziehen die Maulwurfshoͤhlen an ſich, 
ſo daß das Waſſer von der Grasnarbe verſchwindet und 
ihr keinen Nutzen gewaͤhret. Und was das Schlimmſte iſt, 
es findet ſich der Maulwurf auf den ſuͤßeſten und beſten 
Wieſen am haͤufigſten, weil ſie in der fetten, guten Erde 
ihren Fraß, die Regenwürmer, reichlich finden. 

Die Maͤuſe unterhoͤhlen nicht nur die Grasnarbe, ſon⸗ 
dern beißen auch die Graswurzeln ganz ab, ſie zernagen das 
Gras, beſonders in ihren Laufgraͤben, ſo daß auch nicht eine 
Spur von Gras auf der Grasnarbe, wo dieſe hergehen, 
zu ſehen iſt. Sind gar Reitmaͤuſe, Rittmaͤuſe, Mus gre- 
garius, in der Wieſe, ſo kommt zu allem Nachtheil und 
großen Schaden, den das Maͤuſegeſchlecht den Wieſen zufuͤ⸗ 
get, noch der, daß ſie hohe Erdhaufen aufwerfen, die viel 
hoͤher und groͤßer ſind, wie die von den Maulwuͤrfen. Ja 
dieſe und jene Maͤuſe fangen oft ſchreckliche Zerſtoͤrung auf 
den Wieſen an. Man muß darum alle Aufmerkſamkeit auf 


179 


das Wegſchaffen der ungebetenen Gaͤſte verwenden. Kein 
wirkſameres Mittel zur Vertilgung der Maulwuͤrfe und 
Maͤuſe iſt, als fleißiges und ſtarkes Bewaͤſſern der Wieſen. 

Deßwegen ſetze man im Herbſte bei der erſten eintre— 
tenden Fluth das ganze Wieſenthal, nicht nur um es zu be— 
waͤſſern, ſondern auch um die Maulwuͤrfe und Maͤuſe zu 
vertreiben, ſo viel es thunlich iſt, ganz unter Waſſer. Denn 
dieß Ungeziefer nimmt auf die hohen Punkte der Wieſe ſeine 
Zuflucht, wohin ſo leicht kein Waſſer kommt. Oder wenn 
man nur einzelne Wieſen in einem Thale unter Waſſer ſetzt, 
ſo hilft dieß auch nicht; dann fliehen Maulwuͤrfe und Maͤuſe 
nur auf eine kurze Zeit in die trockenen Gegenden. Wenn 
man alſo nicht dafuͤr ſorget, daß das Waſſer uͤberall hin— 
reichet, und das Bewaͤſſern allgemein geſchieht, oder wenn 
die Wieſe keine ſolche Lage hat, daß dieß geſchehen kann, 
dann ſchadet das Bewaͤſſern dieſen kleinen, aber ſehr ſchlim⸗ 
men Wieſenfeinden nichts. Sollen alſo die Maulwuͤrfe und 
die Maͤuſe durch das Waſſer vertrieben werden, ſo muß 
eine ſchleunige, allgemeine und uͤberall hinreichende Bewaͤſſe— 
rung eines ganzen Wieſenthals Statt haben. Man hat jedoch 
ſchon gefunden, daß die Maulwuͤrfe durch das Waſſer nicht 
ſo ganz und voͤllig wie die Maͤuſe zu vertilgen ſind. Der 
Maulwurf hat ein gewiſſes Vorgefuͤhl der Witterung. Gibt 
es ſtarkes Regenwetter, woraus denn eine Fluth zum Bewaͤſſern 
kommt, dann ziehet ſich der Maulwurf, beſonders zur Herbſt— 
zeit, aus dem Wieſenthale weg, und ſuchet die Anhoͤhe zu ge— 
winnen. Er iſt daher ſchon in dem Trockenen, wenn ihm der 
Pelz gewaſchen werden ſoll. Wer daher auf den Maulwurf Acht 
hat, der kann ziemlich zuverlaͤſſig Regen oder trockene Wit— 
terung vorausſagen. Gewoͤhnlich verlaͤßt der Maulwurf im 
Anfang des Octobers das Wieſenthal, wenn er einen naſſen 
Spaͤtherbſt oder Winter vorfuͤhlet. Kommt aber ein trocke— 
ner Winter, wie von 1818 auf 1819, fo bleibt er in dem 
Wieſenthale. Gewoͤhnlich ziehet er ſich im Herbſte auf die 


180 


Hoͤhen einer Gegend, auf Hügel und Berge. Da hauſet er 
von dem Spaͤtherbſte und den Wintermonaten, bis in die 
Zeit, daß die Fruͤhlingsfluth vorbei iſt, dann verläßt er fein 
Winterquartier und ziehet ſich in die Wieſen. Und ſo ſuchet 
der Maulwurf ſeinem groͤßten Feinde, dem Waſſer, zu ent⸗ 
gehen. Der Menſch aber, der ihm feinen Naturtrieb abge 
merkt hat, ſucht ihm zu einer leichten und gluͤcklichen Reti⸗ 
rade aus den Wieſen nach den Höhen den Weg abzufchnei- 
den, oder ihm doch wenigſtens durch die Waͤſſergraͤben und 
durch deren Feuchtſtellung Hinderniſſe in den Weg zu legen. 
Man laͤßt nemlich ſchon im September, wenn man Maul⸗ 
wuͤrfe verſpuͤret, etwas Waſſer in die Waͤſſerungen, wenn 
man dieß auch nicht zu der Bewaͤſſerung der Wieſen noͤthig 
hätte, nur fo viel, daß 2 Zoll Waſſer in den Hauptwaͤſſer⸗ 
graͤben ſtehet. Dieß durchnaͤßt den Boden, und der Maul⸗ 
wurf haͤlt ſich auf der trockenen Wieſe zuruͤck. Und ob er 
gleich im Nothfall ſchwimmen kann, ſo wagt er es doch 
ohne die hoͤchſte Noth nicht, ins Waſſer zu gehen, um der 
Gefahr zu entrinnen; und ſo wird er bis zu einer allgemei⸗ 
nen Fluth gehalten. Nur muß man zuſehen, daß er bei der 
großen Herbſtwaͤſſerung keinen Zufluchtsort zwiſchen der 
Hauptwaͤſſerung und der Seitenwaͤſſerung, wo er um das 
Aeußerſte zu wagen ſeine Zuflucht hinnimmt, findet. Man 
muß daher vor dem Bewaͤſſern der Wieſen nachſehen, ob ſich 
Maulwurfshoͤhlen zwiſchen der Hauptwaͤſſerung und den Sei⸗ 
tenwaͤſſerungen finden, und in dieſem Fall mit der Hacke 
fleißig zuſtoßen; denn zu der Zeit der Noth hat er keine 
Zeit, neue Roͤhren auszuwerfen. 

Da aber viele Wieſen, z. B. die Feldwieſen, wenig 
oder gar nicht bewaͤſſert werden koͤnnen, wenigſtens nicht ſo 
vollkommen und hinreichend, daß man den Maulwurf dadurch 
vertreiben und wegſchaffen koͤnnte, ſo hat man noch andere 
Mittel, dieſen Wieſenverderber aus der Welt zu ſchaffen, 
nemlich durch Fallen, Vergiftungen und Stinkmittel. 


181 


b. Durch Fallen. Die gewöhnlichen Maulwurfs— 
fallen von hölzernen Bügeln und Drathſchleifen find 
zu allgemein bekannt, als daß ſie einer naͤheren Beſchreibung 
beduͤrften. Faſt in jeder Gegend finden ſich Maͤnner, welche 
als Maulwurfsfaͤnger für ganze Diſtrikte angeſtellt find und 
Buͤgelfallen ſtellen. Dieſe geſtellten Fallen betrachte man, 
und mache fie nach. Man ſuche aber erſt, fo wie dieſe 
Maͤnner, den Hauptgang des Maulwurfs zu entdecken, und 
ſtelle da, wo die Hauptroͤhre hergehet, ſeine Falle hin, und 
man wird zu ſeiner Freude bald den Maulwurf gefangen 
haben. Daß die Maulwurfsfaͤnger ein geheimes Mittel ha— 
ben, den Maulwurf nach der geſtellten Falle hinzuziehen, 
dieß iſt ungegruͤndet. Ihre einzige Wiſſenſchaft beſtehet 
darin, daß ſie den Hauptgang leicht zu finden wiſſen. Die— 
ſen entdecken ſie dadurch, daß ſie durch wiederholtes feſtes 
Niedertreten der Maulwurfshaufen, die neu aufgeworfen 
ſind, des Morgens um 6, des Mittags um 12, und des 
Abens um 6 Uhr beobachten, und dadurch den Hauptgang 
erforſchen. Da alſo, wo der Maulwurf in jedem Zwiſchen— 
raume von 6 Stunden zu 6 Stunden den niedergetretenen 
Haufen wieder aufwirft, da iſt der Hauptgang, und da 
ſtelle man die Falle ſorgfaͤltig auf, und bald hat man ſeinen 
Fang. 

Die Maulwurfsfaͤnger bekommen gewoͤhnlich für ihren 
Fang bei den Schultheiſſen ihr Fanggeld. Wenn man ſich 
daher die Maulwuͤrfe nicht abliefern laͤßt, ſo zeigen ſie dieſe 
auf dem naͤchſten Ort wieder vor, und ſo hintergehen und 
betrügen fie oft unter dem Vorwande, fie müßten die Maul 
wuͤrfe behalten, um ihren feinen Sammetpelz zu Grauwerk 
abzuziehen. Um ihnen dieſen Vortheil zu geſtatten, ſchneide 
man jedem gefangenen Maulwurf eine Pfote ab. Am beſten 
aber iſt es, wenn ein jeder Eigenthuͤmer von dem Wieſen— 
vorſtand angehalten wird, auf ſeinen Wieſen die Maulwuͤrfe 
ſelbſt wegzufangen, und wenn dieſer auf jeden Maulwurfs⸗ 


182 


haufen, der 14 Tage auf der Wieſe gefunden wird, eine 
Strafe ſetzet. Bald werden alsdann alle Maulwuͤrfe vertilgt 
ſeyn! Und dieß um ſo eher, da man ſo viele Mittel hat, 
die Maulwuͤrfe zu fangen und wegzuſchaffen. Denn man 
hat nicht nur die Buͤgelfallen, ſondern auch eiſerne Fallen. 

Die eiſernen Fallen haben doppelte Zangen, die 
von Stahlfedern getrieben werden, womit der Maulwurf 
gefangen wird. Dieſe Zangen ſtehen, wenn die Falle aufge— 
ſtellt iſt, fo weit auf, wie die Maulwurfshoͤhle breit iſt. 
Das Aufſtellen dieſer Fallen geſchieht vermittelſt einer eiſer— 
nen Scheibe, die ſo groß wie ein Kronenthaler iſt und in 
der Mitte eine Oeffnung wie ein halber Kreuzer hat; wenn 
nun der Maulwurf von der einen oder andern Seite in der 
Roͤhre eilfertig nach ſeiner Beute dahergelaufen kommt, ſo 
ſtoͤßt er gegen die Scheibe, als gegen ein unbedeutendes 
Hinderniß, weil er in der Scheibe durch die Oeffnung durch— 
ſiehet, und in demſelben Augenblick ſchlaͤgt die Falle zuſam— 
men, und der Maulwurf iſt gefangen und alsbald todt, da 
er in der Mitte ſeines Koͤrpers ganz zuſammen gedruͤckt 
wird. 

Oft gehet aber auch der Maulwurf ruhig in der Roͤhre 
fort. Die in ſeinen Gang hingefallenen Wuͤrmer hat er ver— 
ſchluckt, und ſie haben ihn geſaͤttiget; er gehet daher mit ge— 
wiſſem Bedacht in dem Gange fort, und da er durch die auf— 
geſtellte Falle eine Veraͤnderung in ſeinem Gange findet, ſo 
verſuchet er, neben auszubeugen und die Falle zu umgehen. 
Um ihm dieſes zu erſchweren und auf gewiſſe Art unmoͤg⸗ 
lich zu machen, ſo ſteckt man auf beiden Seiten der Falle 
Schieferſteine, oder in Gegenden, wo dieſe ſchwer zu ha— 
ben find, kleine Brettchen oder Ziegel oder ſonſt platte Steine. 
Wenn man ſich der Brettchen oder Ziegel bedienen will, ſo 
muß man ſie einige Tage vorher in die Erde gelegt haben, 
damit ſie einen vollen Erdgeruch anziehen. Ohne dieſe Vor— 
ſicht gehet der Maulwurf, der einen ſehr feinen Geruch hat, 


183 


ganz zurück, und ziehet ſich in eine weitere Gegend der 
Wieſe. Oben uͤber und um die Falle her legt man Schie— 
ferfeine, breite Baum- oder ſonſt andere Blätter, damit 
durchaus kein Licht in die Hoͤhle fallen kann, welches der 
Maulwurf wie die Eule ſcheuet. Die Federn der Falle wer— 
den durch dieß leiſe Zulegen in ihrer Wirkſamkeit nicht ge— 
hindert. 

Dieſe Art der Maulwurfsfallen iſt auch im Grablande 
und in Gärten mit dem gluͤcklichſten Erfolge zu brauchen. 
Eine ſolche Falle kann, wenn ſie in Acht genommen wird, 
ein ganzes Menſchenalter und noch laͤnger dauern, und iſt 
darum nicht genug zu empfehlen. Dieſe Fallen werden in 
Ronsdorf im Bergiſchen verfertiget. 

Daß man auch den Maulwurf mit der Flinte ſchießen 
kann, oder ihm einen Selbſtſchuß legt, iſt bekannt, aber 
nicht allgemein anwendbar. 

Wer einigermaßen Zeit hat, wenn er keine Fallen 
ſtellen will, der thut wohl, wenn er den Maulwurf mit der 
Hacke zu fangen ſuchet, und zwar auf folgende Art. Wenn 
man auf die angegebene Art durch oͤfteres Niedertreten und 
Auseinanderſcharren der Haufen den Hauptgang des Maul— 
wurfs entdeckt hat, dann ſchleicht man ſich, denn der Maul⸗ 
wurf hat ein ſehr feines Gehör, gegen 6 des Morgens, 
des Mittags gegen 12, und des Abends wieder gegen 6 
Uhr zu dem entdeckten Hauptgange und haͤlt ſich ganz ruhig. 
Wenn nun der Maulwurf kommt und die Erde herauf ſtoͤßt, 
ſo ſchlaͤgt man bei dem zweiten Stoße die Hacke eine Hand 
breit hinter dem Stoße mit voller Kraft und Staͤrke ein 
und ziehet ſie eben ſo geſchwind herauf und den Erdhaufen 
mit, und man hat richtig den gewuͤnſchten Fang. Wer dieſe 
Art den Maulwurf zu fangen mit Ueberlegung uͤbt, der 
erlangt bald eine ſolche Fertigkeit darin, daß er nicht leicht 
einen Fehlſchlag thut. 


184 


c. Durch Vergiftungen. Man kann auch den 
Maulwurf durch Gift vertreiben, und zwar 

1. Durch Kraͤhenaugen und Schweinenſchmalz. Man 
miſchet von dieſem allen blindgebornen Thieren toͤdlichen Gifte 
eine Meſſerſpitze voll unter noch einmal fo viel Schweinen⸗ 
Schmalz, und wickelt es in ein Stuͤckchen Papier und legt 
es hier und da in die Hoͤhlen hin. Der Maulwurf, der 
gierig auf Fett iſt, kommt, findet und verſchluckt den einge— 
wickelten fetten Biſſen, und gewoͤhnlich laͤßt ſich in Jahr und 
Tag da umher kein Maulwurf mehr verſpuͤren, eben als ob 
die Schreckenspoſt ſich weit umher verbreitet haͤtte. 

2. Man kann aber auch den Maulwurf durch Schir-⸗ 
ling, Cicuta L., und Wallnuß⸗, waͤlſche Nuß-Kerne, leicht 
vertreiben. Man ſchneidet nemlich von dem Schirling, wenn 
er noch weich iſt, einige Handvoll und kochet ihn in einem 
Schoppen oder etwas mehr Waſſer. Wenn der Schirling 
kocht, ſo wirft man die Wallnußkerne hinzu, und laͤßt dieſe 
eine halbe Stunde mit kochen. Dann nimmt man die Kerne 
und zerſchneidet ſie in kleine Stuͤckchen, wie Erbſen, und 
legt dieſe zerſchnittenen Wallnußkerne hier und da in die 
Hauptgaͤnge des Maulwurfs hin. Der e „der ſehr 
gern dieſe Kerne verſchluckt, kommt und findet ſie und ſtirbt 
alsbald davon. Doch darf man in dem irdenen Topfe, 
worin Schirling gekocht worden iſt, keine Speiſe fuͤr Men— 
ſchen wieder zubereiten. Auch muß man vorſichtig ſeyn, daß 
kein Kind auf dieſe Art vergiftete Wallnußkerne zu eſſen be— 
kommt; denn Schirling ſchadet auch dem Menſchen. 

d. Durch Stinkmittel. Durch geraͤucherten He— 
ring. Man haͤngt einen Hering 8 Tage in den Rauch, 
dann zerſchneidet man ihn in kleine Stuͤcke und legt dieſe 
hier und da in die gangbarſten Roͤhren. Eben ſo kann man 
abgeſtandene Fiſche und Krebſe zu gleichem Zweck gebrauchen. 
Man ſchiebt das eine oder andere dieſer Stinkmittel, ſo 
weit man kann, in die Maulwurfshoͤhle und fiehet zu, daß 


185 


keine Erde darauf fällt. Die Oeffnung der Röhre deckt man 
wieder zu. Der Maulwurf, der einen ſehr feinen Geruch 
hat, fliehet aus der Gegend, und meidet ſie ein ganzes 
Jahr, und laͤnger. 


Zwölfter Abſchnitt. 
Von der Heu- und Grummet- Ernte 


Ss füßeres und angenehmeres Wort und Fein erfreuliche 
rer Gedanke findet ſich überall, als der, an die Ernte. Die 
Ernte iſt der Zweck all unſerer Bemühungen und Unternehmun— 
gen, und ſchon der Gedanke an fie erleichtert und verſuͤßet uns 
ſere Muͤhe und Arbeit. So eilet denn der fleißige Landmann 
nach gehabten Koſten und vieler Muͤhe mit Freude zur Heu— 
ernte auf die Wieſe hin und ſchwingt mit Luſt die Senſe in 
das fette Gras. So ſehr erfreulich aber auch die Heu- und 
Grummeternten ſind, ſo verfaͤhret man doch oft bei der ſo 
wichtigen Arbeit nicht mit der erforderlichen Umſicht, ſondern 
man gehet leichtſinnig dabei zu Werk, ja man begeht große 
Fehler, wodurch man ſich in großen Schaden bringt, den 
man gar wohl vermeiden koͤnnte, wenn man mit Vorſicht und 
Klugheit dabei verfuͤhre, und ſich von Erfahrung leiten ließe. 

Man maͤhet z. B. an vielen Orten zu dem Heu und 
zu dem Grummet nach der herkoͤmmlichen Zeit, ohne auf die _ 
Witterung Ruͤckſicht zu nehmen, und gehet dabei von dem 
uͤblichen Tag und der Stunde nicht ab; es mag Regen oder 
Sonnenſchein, ſchlechtes oder gutes Wetter ſeyn. Und doch 
weiß jedermann, wie viel auf gute Witterung bei dieſer Ar— 
beit ankommt; daß die Arbeitskoſten bei trockenem Wetter 
nur halb ſo viel betragen, als bei naſſem, und daß von der 
buten Witterung die Guͤte des Futters auf ein ganzes Jahr 


186 


abhängt. Es iſt bekannt, daß das Vieh bei gutem Futter 
geſund und ſtark wird, und reichen Gewinn abwirft, daß 
dagegen das Vieh, beſonders die Pferde, von moderigem, 
ſchlechtem Heu krank werden und bald ſterben, und daß das 
Melkvieh wenig und ſchlechte Milch gibt. Alle dieſe Erfah⸗ 
rungen hat der Landmann oft und viel gemacht; er redet 
wohl viel von dem Werthe des guten Futters, er ſieht es 
mit Ueberzeugung ein, daß ſein ganzer Wohlſtand von ge— 
ſunder und guter Nahrung fuͤr ſeinen Viehſtand abhaͤugt. 
Man ſollte alſo denken, er wuͤrde alle Aufmerkſamkeit auf 
deſſen Gewinnung richten, und Alles vermeiden, was ihm. 
daran hinderlich werden koͤnnte, gutes Futter zu ernten. 
Aber gleichwohl maͤhet der Landmann nach herkoͤmmlicher 
Weiſe, ohne darauf Ruͤckſicht zu nehmen, ob die Natur ſich 
zum trockenen oder naſſen Wetter anlegt. Und die Folge 
davon iſt, oft hoͤchſt ſchlechtes verdorbenes, ſtatt gutes Fut— 
ter zu haben. 

Eben fo beſtimmt man die Heuernte nach der herkoͤmm⸗ 
lichen Zeit, ohne darauf Ruͤckſicht zu nehmen, ob das Gras 
reif, uͤberreif oder uͤberſtanden iſt; und doch muß beides 
bei einer guten Heuernte wohl erwogen werden. Maͤhet 
man zu fruͤhe, ſo hat das Futter nicht die erforderliche 
Kraft; maͤhet man zu ſpaͤt, ſo daß das Gras uͤber die 
Zeit der Reife ſtehet, ſo verliert das Futter die ihm eigen— 
thuͤmlichen Saͤfte und die ſich daraus bildende Kraft, und 
wird oft noch gehaltloſer als Stroh. Aus dieſem Wenigen 
ergibt es ſich alſo, daß in Ruͤckſicht der Zeit zu der Heu⸗ 
und Grummet-Ernte es gut ſeyn mag, nachfolgende Beleh⸗ 
rung zu ertheilen. 

Die erſte Regel in Ruͤckſicht einer guten 
Heuernte iſt: man ſehe zu, ob das Gras reif iſt. 

Das erſte, was alſo bei einer bevorſtehenden Heu— 
ernte zu beruͤckſichtigen iſt, iſt die Reife des Graſes. Wenn 
die meiſten Blumen auf den Wieſen bluͤhen und verbluͤhen, 


187 


wenn der Same des Graſes einigermaßen koͤrnig und der 
Grashalm ſein friſches Gruͤn zu verlieren anfaͤngt, ſo iſt 
das ein ſicheres Zeichen, daß das Gras reif, und die Zeit 
zu der Heuernte da iſt. Eine allgemeine Zeitigung aller 
Wieſen⸗Kraͤuter und Graͤſer kann man nicht abwarten, weil 
nicht alle zugleich bluͤhen, ſondern einige fruͤhe, die andern 
ſpaͤt kommen. Man richtet ſich darum nach den meiſten. 

Auf fetten Wieſen verbluͤhet das Gras fruͤher, als 
auf mageren; auf geduͤngten fruͤher, als auf ungeduͤngten, 
und auf tiefliegenden fruͤher, als auf hochliegenden Wieſen. 
Daher kommt es ferner, daß man in den Rhein- und Lahn⸗ 
Gegenden einige Tage fruͤher, als auf der Ahr, und auf der 
Dille fruͤher, als auf dem Weſterwalde die Heuernte halten 
kann; daß Wieſen, die gut bewaͤſſert worden ſind, fruͤher 
reifes Gras haben, als die, welche ſich uͤberlaſſen bleiben. 
Daraus ergibt ſich der große Nutzen einer guten Wieſen— 
bauung. Die Sache ſpricht fuͤr ſich ſelbſt; wer aber einigen 
Zweifel hat, kann ſich leicht durch den Augenſchein uͤberzeu— 
gen, wenn er nur die Wieſen beobachtet, die zu rechter Zeit 
und auf die rechte Art bewaͤſſert wurden; oder die, welche 
man erforderlich geduͤngt hat: wie viel fruͤher dieſe im Fruͤh— 
jahre zu gruͤnen anfangen vor denen, die dieſer Vorzuͤge 
entbehrten, und wie viel fruͤher ſie reifes Gras bekommen, 
als jene. Man muß nur das Verdoͤrren oder Verbrennen 
des Graſes auf einer mageren duͤrren Wieſe nicht fuͤr die 
Reife des Graſes halten. 

Es gibt aber auch Ausnahmen, welche rath— 
ſam machen, nicht immer nur bei wirklich reifem 
Graſe zu maͤhen, und auf dieſe Reife zu warten. 

Auf ſehr fetten und feuchten Wieſen muß man fruͤher 
maͤhen, als das Gras eigentlich reif iſt, theils um eines 
groͤßeren Futter-Gewinnes willen, theils um das Gras vor 
dem Faulen auf dem Halm zu bewahren, wodurch das Fut⸗ 


188 


ter feine eigentlich naͤhrende Kraft verlieret, und auch dem 
Vieh uͤbelſchmeckend wird. 

Auf einem fetten und feuchten Boden waͤchſt das Gras 
in den warmen Mai- und Juni⸗Tagen mit unglaublicher 
Schnelligkeit, und dieß um ſo mehr zu den weiteren Schu— 
ren, wenn man den rechten Zeitpunkt zum erſten Maͤhen zu 
treffen ſucht. Dieſer Zeitpunkt iſt der, wenn ſich das Gras 
zu legen anfaͤngt. Dann koͤnnen Luft und Sonne nicht mehr 
kraͤftig genug wirken, um die aus der Wurzel aufſteigenden 
Saͤfte zu verarbeiten und zu voͤlligem Nutzen des Graſes 
anzulegen. Es entſtehet eine Stockung in den Saͤften, und 
es erzeugt ſich bald eine Faͤulniß. Das feine Blaͤtterige in 
dem Wieſenfutter gehet verloren, und das rauhe, ſchmielige 
und hartſtaͤngelige Futter, das dem Vieh nicht angenehm iſt, 
bleibt. Dadurch verlieret, wie leicht zu denken iſt, das Fut⸗ 
ter ſehr an ſeinem Wohlgeruch und an ſeiner Guͤte. Weit 
beſſer thut man daher, man maͤhet fette Wieſen fruͤher, als 
das Gras reif iſt. Dieß gilt beſonders von dreiſchuͤrigen 
Wieſen, die einen groͤßeren Gewinn abwerfen, als die zwei⸗ 
ſchuͤrigen. 

Durch das fruͤhere Maͤhen vor der Reife des Graſes 
wird die Wieſe mit keinem neuen Grasſamen beſamet, wie 
auf anderen, worauf das Gras erforderlich reif wird. Da— 
durch werden ſolche Wieſen nach und nach duͤnngraſig, und 
die Grasnarbe verliert an ihrer vollſtaͤndigen Güte. Solchen 
Wieſen hilft man dagegen 

a. durch Bewaͤſſern; denn das Waſſer fuͤhret 
viel Heuſamen mit ſich, welcher theils von dem Winde in 
daſſelbe getrieben, theils von andern Wieſen, von den Fel— 
dern und aus den Fuhrwegen in daſſelbe geſpuͤlt wird. Alle 
die umher zerſtreuten Grasſamen-Stoffe kommen der Wieſe 
durch das Waͤſſern zugut, und ſo erſetzt die Bewaͤſſerung 
den Verluſt der Selbſt-Beſamung der dreiſchuͤrigen Wieſen 
einigermaßen. 


189 


b. Durch Beſtreuung mit gutem Heuſamen. Kaͤme 
aber eine Wieſe blos durch fetten Boden, eine bodemige La— 
ge, oder durch das Aufſtreuen von Duͤnger zu einer beſon— 
deren Vegetation, und man koͤnnte ihr durch kein Bewaͤſſern 
den Verluſt der natuͤrlichen Beſamung erſetzen, ſo hilft man 
ihr durch das Aufſtreuen von Heu- und Kleeſamen, welches 
von Zeit zu Zeit geſchehen muß, wodurch ſolche Wieſen in 
vollkommen gutem Stande erhalten werden. 

Dreiſchuͤrige Wieſen ſind aber ſelten. Insgemein ſind 
fie zweiſchuͤrig, und auf denſelben läßt man das Gras zu 
ſeiner Reife kommen, ehe man es zum Heu maͤhet. Doch 
thut man beſſer, man maͤhet etwas zu fruͤhe, als zu ſpaͤt; 
denn uͤberſtandenes Gras gibt, wie geſagt, ein geringes und 
gehaltloſes Futter. Daher die zweite Regel: 

Das Gras zum trockenen Futter darf aber 
auch nicht über feine Zeit ſtehen. 

a. Das Vieh aller Art liebt das weiche und im 
Mund ſich leicht zerbrechende Futter. Gras, das aber uͤber 
ſeine Zeit ſtehet, wird zaͤhe, rauh und ſproͤde fuͤr den Gau— 
men des Viehs; das Vieh genießt es darum nicht ſo gerne, 
als das Futter, das zu rechter Zeit gemaͤhet wurde. Eben 
aus dieſem Grunde liebt das Vieh das Grummet Wan als 
das Heu. 

b. Das zu lang geſtandene Gras bekommt „wenn es 
zu Heu gemacht wird, aber auch keinen feinen, gewuͤrzhaf— 
ten Geruch und Geſchmack. Denn beides, Geruch und Ge— 
ſchmack des trockenen Futters, werden durch die Saͤfte der 
Pflanzen erzeugt. Stehen dieſe uͤber die Zeit, ſo verfliegen 
die edelſten Beſtandtheile, die Luft verzehret ſie, die Sonne 
vertrocknet, und Regen und Thau ziehen und waſchen ſie 
aus, und ſo gehen die edelſten Theile der Graͤſer und Kraͤu— 
ter verloren. Wegen Mangel des Wohlgeſchmacks des zu 
lang geſtandenen Graſes gewaͤhret alſo das Heu dieſer Art 
dem Vieh keinen angenehmen Genuß. Will man ſich hiervon 


190 


völlig uͤberzeugen, fo nehme man eine Handvoll Heu, das 
zu lang geſtanden hat und vergleiche es mit dem beſſeren 
Futter; man ſehe wie ſchoͤn grun dieſes iſt, wie gewuͤrzhaft 
und kraͤftig es riechet, im Vergleiche mit jenem, dem beides 
fehlet. 

c. Aber zum dritten, enthält auch das zu lange auf 
dem Halm geſtandene Futter weniger eigentliche Nahrung, 
als das Futter, das zu rechter Zeit gemaͤhet wird. Das, 
was das Thier durch den Genuß des Futters belebet und 
naͤhret, find die in den Pflanzen trocken gewordenen Säfte. 
Dieſe werden bei dem Vieh durch das Kaͤuen und durch die 
Verdauungskraft des Magens und der Mannigfaltigkeit auf 
geloͤſet und fluͤſſig gemacht, und in den Abſonderungstheilen 
dem Thier als neue Nahrungsſtoffe zugefuͤhret. Und dieſe 
aufgeloͤſten Nahrungsſtoffe bilden zugleich in dem Thiere 
eine Lebensluft, die das Thier mehr oder weniger erheitert, 
je nachdem das Gras bei dem Maͤhen reich an guten Gäfs 
ten war. Das Gras auf der Wieſe nimmt aber nur bis 
zu einem gewiſſen Grade an Saͤften zu; wenn es den er 
reicht hat, ſo ſteht es wohl einen Tag ſtill, und geht dann all⸗ 
maͤhlig bis zu der vollen Verweſung wieder zuruͤck. Hieraus 
ergibt ſich, daß das Wieſenfutter jeden Tag, den es uͤber 
ſeine Zeit ſtehet, an ſeiner Guͤte verliert und gehaltloſer und 
ſchlechter wird. Eben darum iſt der Apotheker und Phar— 
maciſt fo ſorgfaͤltig darauf bedacht, die Kräuter zu der rech— 
ten Zeit zu ſammeln; er will keine abgeſtorbenen und vers 
doͤrrten Kraͤuter, ſondern waͤhlet ſolche, die in den beſten 
Saͤften ſtehen; er weiß, daß die Kraft der Arznei in den 
Saͤften der Pflanzen liegt, und daß ihre heilſame Wirkung 
aufhoͤrt, wenn dieſe erloſchen ſind. Aus all dieſem ergibt 
es ſich, daß die Beſtimmung der Zeit fuͤr die Heuernte uͤber— 
aus wichtig iſt, und nicht, wie es bisher geſchahe, nach al— 
tem Herkommen oder nach eines Mannes Laune geſchehen 


ä 191 
darf, fondern nach der Berathung des ganzen Wieſenvor⸗ 
ſtandes vorgenommen werden muß. 

Man muß aber auch drittens bei der Heu— 
und Grummeternte auf gute Witterung ſehen. 

Bei allen Arbeiten des Landmanns kommt gar viel 
auf die Witterung an, beſonders aber bei der Ernte. Iſt 
die Witterung gut, ſo iſt der Menſch heiter und beſonders 
geſchickt zu der Arbeit; es gehet ihm alles leicht von Stat— 
ten, und die zu erntende Sache wird gut; ſie erreicht durch 
gutes Ernte-Wetter den eigentlichen Grad der Vollkommen— 
heit. Iſt aber die Witterung bei den vorzuͤglichſten Geſchaͤf— 
ten des Landmanns unguͤnſtig, ſo ſtehet es uͤbel, und es iſt 
dann beſſer, die Ernten jeder Art, beſonders die Heu- und 
Grummeternte, lieber noch etwas hinauszuſetzen, oder voran 
zu ziehen und fruͤher vorzunehmen, welches bei der Futter— 
ernte eher als bei jeder andern geſchehen kann, und dieß iſt 
weit beſſer, als damit ins Regenwetter zu kommen. 

Da die Witterung bekanntlich einem beſtaͤndigem Wech— 
ſel unterworfen iſt, ſo thut der Landmann wohl, wenn er 
ſich über den Wechſel der Witterung einige allgemeine Regeln 
merkt, die ihn ſchon bei ſeiner laͤndlichen Arbeit ſo ziem— 
lich ſicher leiten werden. Folgende Beobachtungen koͤnnen 
ihm ſchon zu einiger Anleitung dienen. 

Iſt der Monat Mai trocken, ſo bleibt die Witterung 
gewoͤhnlich gut, bis vierzehn Tage vor Johannis. Iſt der 
Mai aber naß, ſo klaͤrt ſich das Wetter um den 21ſten Juni 
auf und dann folgen auf Johannis und in den folgenden 
Tagen heitere und ſchoͤne Tage. 

Iſt der Auguſt trocken, ſo regnet es gewöhnlich im 
September. Regnet es aber im Auguſt, dann bleibt es im 
September und October trocken, und es tritt gewoͤhnlich 
eine fruͤhe Herbſtfluth ein. 

Auſſer dieſen allgemeinen Beobachtungen hat man noch 
beſondere Merkmale, welche man als Vorboten guten Wet⸗ 


192 


ters aus Erfahrung kennt. Z. B. wenn ſich der Wind bei 
irgend einer beſtandenen Witterung veraͤndert; wenn die Ra— 
ben hoͤher fliegen und ſich mit hellerem Geſchrei hoͤren laſſen; 
wenn die Hühner des Abends ungewoͤhnlich lange aufblei— 
ben; wenn fi) der Haus hahn bei naſſer Witterung des 
Abends um 10 Uhr hoͤren laͤßt; wenn die Eulen des Abends 
frühe rufen; wenn die Spinnen aus ihren Sitzen hervorkrie—⸗ 
chen, und nach Regentagen die Vorderfuͤße zum Auslaufen 
bereit ſetzen, oder ſchon zu ſpinnen anfangen *). Wenn die 
Bienen, welche ebenfalls bei Regenwetter ſtill und ruhig 
ſitzen, anfangen munter zu werden und in und vor dem 
Flugloch wirbeln; wenn der getrocknete Speck, der bei naſ— 
ſem Wetter ſchwitzet, trocken wird; wenn die Steine in dem 
Keller trocken werden: fo find dieß alles bei naſſer Witte- 
rung Vorboten von gutem, trockenem Wetter. Iſt man nun 
einigermaßen aufmerkſam, ſo wird man bald aus den gegen— 
theiligen Beobachtungen naſſe und regenige Witterung erken— 
nen lernen. 

Ob ſich nun gleich der auf Wetterkunde legende Land— 
mann mancherlei Merkzeichen uͤber die Witterung und deren 
Veraͤnderung ſammeln kann, ſo waͤre doch zu wuͤnſchen, daß 
von Obrigkeits wegen angeordnet wuͤrde, daß man bei jeder 
Gemeinde einen guten Barometer anſchaffte und dieſen bei 
dem Ortsſchultheiſſen aufhaͤngte. Der Schultheiß muͤßte jeden 
Tag den Standpunkt des Wetterglaſes beobachten und deſſen 
Standpunkt der Gemeinde mittheilen. Die Gemeindsglieder 
wuͤrden ſich nach und nach auf Wetterkunde legen, und ſo 
wuͤrde durch dieſe Veranſtaltung ſehr viel gewonnen werden. 

Wenn alſo der Landmann die Heu- oder Grummet⸗ 
Ernte, oder ſonſt eine Ernte vor hat, ſo muß er, ſo viel 
moͤglich, mit Bedacht handeln, und ſich mit ſeiner Arbeit 


) Vor allen ſollte ſich der Landmann einer genauen Beobach—⸗ 
tung der Spinnen befleißen; fie find die beſten Wetterboten. 


193 


nach den allgemeinen und befonderen Wetterbeobachtungen 
richten, und an den Grundſatz eines bewaͤhrten Oekonomen 
halten: „Bei gutem Wetter maͤhen, gibt viel und gutes Heu 
und Grummet, bei wenig Koſten und geringer Muͤhe!“ 


Vom Maͤhen, wann, wie und zu welcher Tageszeit 
man maͤhen muß. 


Die beſte Zeit zum Maͤhen iſt bekanntlich der fruͤhe 
Morgen, wenn der Thau noch auf dem Graſe liegt, und 
der Abend, wenn das Gras wieder vom Thaue naß wird. 
Wer den Tag uͤber maͤhet, der ſchadet ſich ſehr, weil ſich 
dann nicht glatt und kahl bis auf die Grasnarbe maͤhen 
laͤßt. Die von dem Thaue eingeſogenen Saͤfte und Feuch— 
tigkeiten machen, daß das Gras vor der Senſe ſteht, und 
eben ſo macht die Naͤſſe, daß die Senſe leicht durchfaͤhrt. 
Beides findet ſich am Tage, wo Luft und Sonne wirken, 
nicht, und daher das ſchlechte Maͤhen zu dieſer Zeit. Aber 
reines und kahles Maͤhen iſt eine Hauptſache, worauf man 
ſchlechterdings halten muß. Durch ſchlechtes Maͤhen bleibt 
viel Gras auf der Wieſe ſtehen. Bei der Art zu maͤhen, 
die man noch oft ſieht, gibt es handhohe Stoppeln. Berech— 
net man dieſen Verluſt von einer großen Wieſe, wohl gar 
von einem ganzen Wieſenthale, ſo wird man leicht erkennen, 
wie groß der Verluſt iſt, der aus ſchlechtem Maͤhen erwach— 
ſen kann. 

Eine Wieſe, die nicht gut gemaͤhet worden iſt, bringt 
aber auch wenig Grummet. Wird dagegen bis auf die Gras— 
narbe gemaͤhet, ſo bringt ſie reichlich Grummet, welches 
leicht einzuſehen und zu erkennen iſt. 

Nach glattem und gutem Maͤhen entwickeln ſich alle 
Kräfte der Graspflanzen in dem neu aufſprießenden Keime. 
Es iſt weiter nichts da, das dieſe Kraͤfte an ſich zieht und 
verzehret. Bei ſchlechtem Maͤhen aber ſtehet eine Menge 
Stoppeln da, und dieſe zieht gierig die Saͤfte und Nahrung 

13 


194 


der Grasnarbe an fich, fo daß für die eigentliche Vegetation 
des neuen Graswuchſes wenig Kraͤfte uͤbrig bleiben. Dieſe 
Stoppeln gehen erſt in einem Zeitraume von vier Wochen 
nach und nach zuruͤck und ſterben ab. Iſt es darum nicht 
viel beſſer, man maͤhet rein und ſchoͤn, als daß man Gras⸗ 
ſtoppeln ſtehen läßt, die die Kräfte an ſich ziehen und her⸗ 
naͤchſt doch verloren gehen. Ja, das iſt gewiß, ſchlechtes 
Maͤhen bringt doppelten Schaden! Wer alſo von ſeinen 
Wieſen den eigentlichen Nutzen ziehen will, der ſorge nicht 
nur fuͤr eine zweckmaͤßige Anlage und Behandlung derſelben, 
ſondern ſehe auch auf ein genaues und ſorgfaͤltiges Maͤhen; 
denn gut gemaͤht, bringt viel Heu und viel Grummet. Soll 
aber rein und gut gemaͤht werden koͤnnen, ſo muß auch die 
Wieſe eben gelegt ſeyn und keine Hoͤhen und Tiefen haben, 
wie dieß gewoͤhnlich auf unangebauten Wieſen der Fall iſt. 
Es iſt alſo auch aus dieſem Grunde eine neue und verbeſ— 
ſerte Wieſenanlage ſehr zu empfehlen. 

An dem Flußbette hin, ſo weit man denkt, daß das 
Waſſer im Herbſte und Winter reichen werde, thut man 
wohl, bei dem Maͤhen zum Grummet nicht zu kahl zu maͤhen, 
damit das Waſſer keine Gewalt auf die Grasnarbe hat, 
ſondern dieſe gleichſam ſich noch etwas deckt. Maͤhet man 
gegen den 10ten September zum Grummet, fo hat alsdann 
der neue Ausſchlag Zeit genug, ſich vor dem Herbſte zu be—⸗ 
graſen und das Geſtade zu decken, und alsdann kann man 
an dem Geſtade hin, wie auf der Wieſe, rein und glatt 
maͤhen. 


Von den Kennzeichen, ob das gemachte Futter 
trocken genug iſt, und wie man feucht ein⸗ 
gebrachtes Futter behandeln Mb, daß es 
nicht verdirbt. 


a. Ob das Heu oder Grummet zum Einbringen trocken 
genug iſt, das weiß der erfahrne Landmann ſchon aus der 


195 


Zeit, wie lange es gelegen hat, und aus der Witterung, die 
geweſen iſt, abzunehmen. Heu und Grummet, wenn es recht 
gut werden ſoll und die Witterung beſtaͤndig iſt, muß von 
dem Maͤhen an bis den dritten Tag liegen, wenn auch die 
Sonne ſehr warm ſcheinen ſollte. Man erkennt auch die 
hinreichende Trockenheit des Futters an dem Anfuͤhlen, wenn 
ſich nemlich das zuſammengefaßte Futter bei dem Oeffnen der 
Hand alsbald wieder aufſtreckt und ſich wieder entfaltet. 
Man hat aber auch das zum Kennzeichen, went man eine 
Handvoll Heu oder Grummet in die Hoͤhe wirft, und es 
faͤllt flatternd auseinander und langſam zur Erde, ſo iſt es 
trocken genug. Fällt es aber geſchwind und faft noch zus 
ſammenhaͤngend zur Erde, ſo iſt es noch nicht trocken genug. 

b. Von der Behandlung des bei unguͤnſti— 
ger Witterung feucht eingebrachten Futters. 
Wenn das Heu oder Grummet feucht eingebracht wird, ſo 
entzuͤndet es ſich auf dem Stocke und verdirbt. Das Grum— 
met kann ſich ſo entzuͤnden, daß ein Brand dadurch veran— 
laßt wird, der Haus und Hof in Aſche legt. Man muß 
daher feuchtes Futter ſehr vorſichtig behandeln, und ja nicht 
ohne weiteres auf den Stock hinbringen, aufhaͤufen und wohl 
gar feſttreten. Hat es die Witterung nicht verſtattet, das 
Futter ſo trocken und gut zu bringen, wie man es gern ge— 
habt hätte, fo darf man es vorerſt nicht in einer Scheune 
auf die Erde ſetzen, noch ſonſt in einen tief liegenden Raum 
legen, ſondern man muß es auf ein Geruͤſte, welches mit 
Reiſern belegt iſt, oder auf einen Heuboden aufthun, wo 
trockene, reine Luft iſt. 

Zwiſchen feuchtes Futter legt man, nach Verhaͤltniß 
der Quantitaͤt des Futters, Gebunde von trockenem, gutem 
Stroh. Nimmt man Gerſten- oder Haferſtroh, ſo nimmt 
dieß ſo ganz den Geruch und Geſchmack des Futters an, 
und das Vieh genießt es mit eben dem Appetit, wie das 
Heu oder Grummet ſelbſt, ja oft noch lieber. Man kann 


* 


196 


aber auch einige leere Faͤſſer, die keine Boͤden haben, in 
dem Heu- oder Grummetſtock aufſtellen und das Futter darum 
herlegen. So wie man nun mit dem Einthun des Futters 
weiter ruͤckt, ſo muß man die Faͤſſer nachziehen und auf 
dieſe Art Dunſtloͤcher bilden, wodurch das Brennen des 
Futters verhuͤtet wird. 

Haͤtte man kein Stroh noch Faͤſſer, ſo legt man Ge⸗ 
bunde von duͤrren Reiſern zwiſchen das naſſe Futter, welche 
auch das Entzuͤnden des Futters verhindern. 

Von dem Salzen des Heus. Es iſt allgemein 
bekannt, daß das Vieh das Salz ſehr liebt, und daß es 
ihm auch ſehr zutraͤglich und geſund iſt. Ja zur Erhaltung 
der Geſundheit des Viehs, zur Befoͤrderung der Verdauung 
und der daraus fließenden Munterkeit iſt es gut, ja erfors 
derlich, jedem Stuͤck Vieh jeden Tag etwas Salz, auf eine 
oder die andere Art, in feinem Futter zu geben. Wer fei- 
nen Viehſtand erhoͤhen und ſein Vieh recht geſund und ſtark 
machen will, der reicht jeden Morgen jedem Stuͤck Vieh, 
ehe es etwas Weiteres genießt, ein Stuͤckchen Brod mit 
etwas Salz. Man hoͤhlt in ein Stuͤckchen Brod ein Loch, 
ſo groß wie eine waͤlſche Nuß, thut nach der Groͤße und 
Staͤrke des Thiers etwas Salz hinein, — fuͤr die ſtaͤrkeren, 
ſo viel man zwiſchen den Fingern faſſen kann, den juͤngeren 
weniger — legt den Ausſchnitt als Deckel wieder auf das 
Salz, und gibt es dem Vieh. Wenn das Vieh noch nicht 
an dieſen Anbiß gewoͤhnt iſt, ſo muß man ihm einige Mor⸗ 
gen den Biſſen in den Mund ſtecken; aber ſehr bald wird 
das Vieh ſehr gierig auf dieſen Anbiß und verſchluckt ihn 
gern. Dadurch bewahret man das Vieh vor der Seuche; es 
gibt ihm eine beſondere Munterkeit, einen Glanz und erhoͤ— 
het ſeine Farbe. Auch thut man ſehr wohl, wenn man in 
das Getraͤnke oder Geſoͤtte etwas Salz miſchet. Jedoch 
gibt man Kuͤhen, die gerindert haben, 6 Wochen lang das 
Salz etwas ſparſamer, um ſie vor dem Umlaufen oder der 


197 


neuen Begattung zu verwahren, damit fie tragbar bleiben. 
Bei Vieh von kalter Natur kann man aber auch durch den 
Gebrauch des Salzes den Geſchlechtstrieb erregen; dieß im 
Vorbeigange. 

Es iſt aber auch ſehr gut, wenn man jedes Jahr das 
Heu ſalzet; denn geſalzenes Futter genießt das Vieh mit 
dem größten Appetit. Selbſt rauhes und ſchlechtes Heu frißt 
das Vieh gern, und es bekommt ihm gut, wenn es geſalzen 
iſt. Man bedarf ſelbſt ein Drittheil Futter weniger, wenn 
es erforderlich geſalzen iſt. Die Koſten des Salzes werden 
alſo ſchon durch die Futtererſparniß wieder verguͤtet, ohne 
einmal des großen Nutzens zu gedenken, den das Salz fuͤr 
das Vieh ſelbſt hat. Auch die Pferde und Schafe lieben das 
geſalzene Heu ſehr; und es macht ſie, wie das Rindvieh, 
munter, geſund und ſtark. Es bewahret insbeſondere die 
Pferde vor kurzem Athem und der aus unverdaulichem Fut— 
ter und dem ſchlechten Heu entſtehenden, ſogenannten Foche. 

Das Salzen des Heus kann auf eine gedoppelte Art 
geſchehen. Entweder man laͤßt das Salz in Waſſer zerge— 
hen und begießt das Heu, wie man es auf den Heuſtock 
aufſetzt, mit einer Gießkanne. Oder man ſtreuet das Salz 
geradezu, fo oft man eine Lage Heu aufgeſetzt hat, über 
das Heu her, wie der Landmann den Samen auf das Feld 
ausſtreut. Auf einen Wagen von 10 bis 12 Centner nimmt 
man 3 bis 4 Pfund Salz. Dieſe letzte Art das duͤrre 
Futter zu ſalzen, iſt die beſte. Denn wenn auch das Heu 
ſehr gut eingeſcheuert wird, ſo ſchwitzet oder roͤſtet es doch 
auf dem Stocke, wodurch das Salz zum Schmelzen kommt 
und ſich mit dem Futter vermiſchet. Durch das Salzen dieſer 
Art wird auch die Wirkung des Salzes kraͤftiger, als wenn 
man das Salz in Waſſer zerlaͤßt. Das Waſſer wuͤrde ſelbſt 
oft ein ſchaͤdliches, wenigſtens uͤberfluͤſſiges Anziehen des 
Futters veranlaſſen. 

Ob man auch Grummet und getrockneten Klee ſalzen 


193 


koͤnne, iſt keinem Zweifel unterworfen. Beſonders iſt das 
Salzen des Klees zu empfehlen. Wird der getrocknete Klee 
geſalzen, ſo gibt er das beſte Futter, wovon das Vieh auch 
nicht einen Stengel umkommen laͤßt, ſondern alles mit dem 
groͤßten Appetit genießt. 

Dia der Landmann oft, ja insgemein, ſehr verſchwen⸗ 
deriſch, zum großen Nachtheil ſeines Viehſtandes, mit dem 
trockenen Futter umgehet, fo wird beilaͤufig die Tagespor- 
tion für jede Thierart angegeben. Denn was hilft es, die 
Wieſen zu verbeſſern und viel Heu zu ernten, wenn kein 
kluger und haushaͤltiger Gebrauch davon gemacht wird, ſo 
daß der Landmann mehr und ſchoͤneres Vieh halten kann? 
Es muß darum mit einem reichen Futtergewinn ein nuͤtzlicher 
Verbrauch verbunden werden. 

Ein Pferd, das zum Fahren gebraucht wird, und 
taͤglich 10 Pfund Hafer mit Haͤckerling bekommt, hat mit 
42 Pfund Heu genug. Dieſe 12 Pfund werden dem Pferde 
in ſechs Portionen gegeben: nemlich zwei Pfund des Mors 
gens fruͤh, alsdann bekommt es den Hafer und wird ge— 
traͤnket; darauf bekommt es die zweite Portion Heu, und ſo 
theilet man des Mittags und des Abends die vier uͤbrigen 
Pfund, und gibt ſie vor und nach dem Hafer. 

Ein Pferd, das geritten wird, hat mit 10 Pfund 
Heu und 10 Pfund Hafer des Tags genug. 

Ein Fahr-Ochſe, der taͤglich 8 Pfund Hafer bekommt, 
hat mit 25 Pfund Heu genug; bekommt er keinen Hafer, 
ſo muß ein ſtarker Ochſe 30 Pfund Heu haben. 

Einer Kuh, die milchend iſt, gibt man bei anderem 
Futter von Geſoͤtte (gekochte Spreu), Kohlraben, Runkelruͤ⸗ 
ben oder weißen Ruͤben, als Tagsportion 18 bis 20 Pfund 
Heu, und ſo nach Proportion dem jungen Viehe. Bekommt 
das geſte Vieh Geſoͤtte (gekochte Spreu), Kohlraben, Run⸗ 
kelruͤben oder weiße Rüben, fo bedarf daſſelbe gar kein Heu, 


199 


Klee oder Grummet, fondern nur gutes Gerſten- und Has 
ferſtroh, und hat damit genug. 

Am ſicherſten fährt man, wenn man für feinen gan⸗ 
zen Viehſtand jede Woche das Futter in gewogenen Ratio— 
nen bindet. Im Fruͤhjahre wird man ſich über dieſe Sorg— 
falt freuen; das Vieh wird wohlbehalten, geſund und ſtark 
ſeyn, und man wird trockenes Futter uͤbrig haben, welches 
für den Landmann eine Hauptſache iſt. Muß man dem Ge 
ſinde das Fuͤttern das Viehes uͤberlaſſen, ſo iſt eine genaue 
Aufſicht doppelt noͤthig. 


Dreizehnter Abſchnitt. 


Von dem Kleebau und den Futtergräfern, und 
der damit zu verbindenden, ſo nuͤtzlichen 
Stallfuͤtterung. 


Scan iſt eine Gegend ſo reich an Wieſen, daß auf den— 
ſelben für die Stallfuͤtterung und das Zugvieh alles noͤthige 
grüne und trockene Futter gewonnen werden kann. Manche 
Gegend hat nicht einmal mit ihren Wieſen genug, um das 
noͤthige Heu und grüne Futter fuͤr das Zugvieh zu ernten. 
Es iſt daher, zur Beförderung der Viehzucht überhaupt, fo 
wie zur Beförderung der Stallfuͤtterung insbeſondere, durch— 
aus erforderlich, daß Klee, Futterkraͤuter und Graͤſer fleißig 
angebaut werden. 

Ju der Pfalz, am Rhein, am Main, an der Lahn 
und manchen andern Gegenden iſt man laͤngſt von dem gro— 
ßen Nutzen der Futterkraͤuter uͤberzeugt. Man ſieht ſie als 
den erſten Bedarf der Landwirthſchaft an. Es finden ſich 
aber auch Gegenden, wo man die ſehr nuͤtzlichen Futtergrä- 
fer und Kräuter kaum dem Namen nach kennt. Die Grunde 


200 


dieſes Zuruͤckbleibens in dem Anbau der fo nuͤtzlichen Fut⸗ 
tergraͤſer und Kräuter find Vorurtheil, Liebe zur Gemaͤch— 
lichkeit und Unwiſſenheit. Um nun in die Gegenden hinzu— 
wirken, wo bisher uͤber den erſten und wichtigſten Theil der 
Oekonomie noch Dunkel herrſchte, ſo muͤſſen dieſe Hinder— 
niſſe etwas naͤher erwogen und beleuchtet werden. 

a. Vorurtheil. Gewoͤhnlich iſt der Landmann nur 
einzig fuͤr das eingenommen, wie es die Voreltern gemacht, 
gehabt und getrieben haben. Von allen Veraͤnderungen, die 
davon im haͤuslichen und buͤrgerlichen Leben wie in der 
Landwirthſchaft abfuͤhren, iſt er ein abgeſagter Feind. Das 
Alte hat ſich ſo ganz in ſeine Ideenreihe verwebt, daß, 
wenn er z. B. kein Vieh mehr zur Weide treiben ſaͤhe, ſon— 
dern es im Stall fuͤttern ſollte, er nicht mehr in ſeiner alten 
Heimath zu ſeyn glauben wuͤrde. Er gewoͤhnet ſich daher 
aͤußerſt ungern und nur ſehr langſam an etwas Neues. Er 
verlaͤßt nur dann das Alte und folgt ungern dem Neuen, 
wenn er wirklich Beiſpiele um und neben ſich ſiehet, die 
uͤberzeugend den Nutzen des ſonſt ſo verhaßten Neuen dar— 
thun. Kommt das Neue gar von der Obrigkeit her, wird 
dieſe oder jene heilbringende Veraͤnderung in der Oekonomie 
angeordnet oder empfohlen, ſo ſiehet man es bei den rein— 
ſten Abſichten und ſicherſten Erfahrungen als etwas an, dem 
man noch nicht ſo recht trauen koͤnne und duͤrfe. So denkt 
und ſtrebt er jeder guten Sache entgegen, und ſucht ihr Hin— 
derniſſe in den Weg zu ſchieben, wo er nur kann. Daher es 
dann kommt, daß der gute Zweck nicht, oder doch ſehr un— 
vollkommen erreicht wird, den man bei dieſer oder jener gu— 
ten Anſtalt hatte; und daher kommt es denn, daß die Nuss 
führung nicht fo gluͤcklich iſt, wie fie geweſen ſeyn würde, 
wenn man nicht gegen, ſondern fuͤr die gute Sache geweſen 
waͤre. Zu dieſem auf das Alte ſich ſtuͤtzenden Vorurtheil 
geſellet ſich oft noch die Vorſtellung von dem Unvermoͤgen 
der Gegend und des Klimas. — Sollen dieſe Vorurtheile 


291 


befeitiget werden, fo iſt es durchaus erforderlich, daß ein— 
ſichtsvolle Menſchen fuͤr die gute Sache gewonnen werden, 
die durch Lehre und Anweiſung den geringen und vorurtheils— 
vollen Menſchen zu Huͤlfe kommen, und ſie durch ihr Bei— 
ſpiel von dem Nutzen der guten Sache zu uͤberzeugen ſuchen. 

b. Liebe zur Gemaͤchlichkeit iſt ein anderes Hin— 
derniß, warum es in manchen Gegenden mit dem Futterbau 
nicht voran will. Sobald nemlich das Fruͤhjahr da iſt, ſo 
treibt der Landmann ſein Vieh, das er des Winters kuͤm— 
merlich im Stall durchbrachte, auf die Weide, und dabei iſt 
er aller weiterer Sorgen und Mühe des Unterhalts uͤberho— 
ben. Dieſes findet der Landmann, beſonders das weibliche 
Geſchlecht, ſehr bequem, da man, wenn man die Stallfuͤtte— 
rung einfuͤhren wollte, Futterkraͤuter anſaͤen und alles gruͤne 
Futter nach Haus ſchaffen muͤßte. Dieſer Muͤhe zu entge— 
hen, achtet man des großen Gewinns nicht, der aus dem 
Anſaͤen der Futterkraͤuter und der Stallfuͤtterung entſteht, 
und laͤßt es auch aus dieſem Grunde viel lieber bei dem 
Alten. 

c. Zu der Liebe zur Gemaͤchlichkeit kommt denn endlich 
auch die Unwiſſenheit, in Ruͤckſicht der Anſaat und der 
Behandlung der Futtergraͤſer und Kraͤuter, welches eine 
dritte Urſache iſt, warum man mit dem ſo nuͤtzlichen Fut— 
terbau in manchen Gegenden noch ſehr zuruͤck iſt. 

Eine jede Sache, die mit gluͤcklichem Erfolge betrieben 
werden ſoll, erfordert gruͤndliche Kenntniß des Gegenſtan— 
des, und dieſe iſt auch in Anſehung der Bauung der Futter— 
Graͤſer und Kraͤuter durchaus erforderlich. Wollte man z. B. 
Klee auf einem naſſen Felde anſaͤen, ſo wuͤrde unfehlbar 
die Anſaat verderben; oder wollte man ihn auf einem Felde 
von ſchwarzem Boden in einer mittaͤglichen ſonnreichen Lage 
anſaͤen, ſo kann zwar die Anſaat gut aufgehen, und im 
erſten Jahre froͤhlich wachſen: aber im naͤchſten etwas kalten 
Winter, wo Froſt und Thauwetter öfters mit einander 


202 


wechſeln, wird, wenn er nicht gedeckt wird, der Klee aus: 
gehen, und das Feld wird kahl und leer ſtehen. Wollte 
man z. B. auf dem Weſterwalde, wo ſich eine fette ſchwere 
Erde auf einem ſchweren Lettich-Boden findet, den Kleebau 
ohne eine weitere Vorkehrung gradezu einfuͤhren, ſo wuͤrde 
man ſeinen Zweck ſehr verfehlen. Muͤhe und Koſten wuͤrden 
groͤßtentheils verloren gehen. In daſiger Gegend muͤſſen auf 
den Aeckern, die zum Kleebau gebraucht werden ſollen, zus 
vor Schuttkanaͤle, wie dieß bei der Anlage ſauerer Wieſen 
iſt gezeigt worden, angelegt werden, wodurch die ſtehende 
Feuchtigkeit abgefuͤhret, und der Boden trocken gelegt wird. 
Oder wenn man in einer anderen Gegend, an trockenen Bers 
gen oder auf magerem Felde Klee anſaͤen wollte, ſo wuͤrde 
man ebenfalls vergebens Koſten anwenden und ſich vergeb- 
liche Mühe machen; den der Klee will zwar keinen naſſen, 
aber doch einen ſaftigen und fetten Boden, und vertraͤgt 
einen trockenen Boden gar nicht. In feuchte und naſſe Fel⸗ 
der ſaͤet man am beſten Futter⸗Graͤſer, und an bergigte Las 
gen Eſparſette oder Bergklee. Bauet man alſo ohne die 
noͤthige Kenntniß dieß oder jenes Futterkraut oder Gras an, 
ſo iſt faſt nicht anders zu erwarten, als daß der große 
Nutzen der Futterkraͤuter und Graͤſer ſehr klein und gering 
erſcheint, und wohl gar baarer Schaden bei dem Anbau 
derſelben herauskommt; wodurch die gute Sache dann einen 
boͤſen Ruf bekommt, oder da, wo ſie denſelben vielleicht ſchon 
hat, noch vergroͤßert wird. Da iſt denn Jeder mit dem 
Urtheil fertig und bereit: in unſerer Gegend thut es mit 
dieſem oder jenem Futterbau nicht gut, man laſſe es beim 
Alten, und treibe das Vieh auf die Weide. 

Unkunde des großen Nutzens iſt aber auch ein vier 
ter Grund, warum man in manchen Gegenden noch keine 
Luſt zum Futterbau hat. Der Futterbau hat einen vielſeiti⸗ 
gen Nutzen. Es iſt derſelbe, welcher bei dem Wieſenbau iſt 
namhaft gemacht worden, nur mit dem Unterſchiede, daß 


203 


der Wieſenbau hauptſaͤchlich die Winterfuͤtterung, der Fut— 
terbau hauptſaͤchlich die Sommerfuͤtterung zum Zwecke hat. 
Nur durch die Verbindung beider, des Wieſeubau's und des 
Baues der Futterkraͤuter und Graͤſer, wird eigentlich und 
voͤllig der große Zweck einer vollſtaͤndigen Oekonomie erreicht. 
Durch den Futterbau wird man in den Stand geſetzt, ſein 
Vieh im Fruͤhjahr recht bald mit friſchem Futter zit erfreuen, 
und das milchende Vieh in recht vollen Nutzen zu ſetzen. 
Eine Kuh im Stalle bringt in unſeren bergigten Gegenden, 
wo die Weide mager und ſchlecht iſt, mehr Nutzen als vier 
und fuͤnf, die auf die Weide getrieben werden. Das wenige 
magere Gras, das auf der Weide waͤchſt und des Sommers 
beinah ganz vertrocknet, iſt kaum hinreichend, dem Vieh das 
Leben zu erhalten; wie iſt dabei an einen bedeutenden Er— 
trag von Milch und Butter zu denken? Was iſt das fuͤr ein 
Gewinn von einer friſchmelkenden Kuh, die auf die Weide 
getrieben wird, wenn ſie des Tags eine, hoͤchſtens eine und 
eine halbe Maß Milch gibt, im Vergleich mit einer Kuh, 
die im Stalle gut und reichlich mit Futterkraͤutern gefuͤttert 
wird, die des Tags, wenn fie von einer edelen Race iſt, 12 
bis 15 Maß gute fette Milch gibt! Welch ein Unterſchied an 
einem Tage, und welch ein Gewinn vom ganzen Jahre bringt 
eine gute Stallkuh! 

Zu dem reichen Milchgewinn bei der Stallfuͤtterung 
kommt aber auch noch der große Nutzen, daß der Landmann 
tabei ungleich mehr Dünger ſammeln kann, als wenn er 
ſein Vieh auf die Weide treibt. Der Duͤnger muß dem 
Landmann Ailes ſeyn. Ohne Dünger find feine Bemuͤhun— 
gen bei dem Landbau groͤßtentheils vergebens. Und je ber— 
gigter eine Gegend iſt, deſto ſeichter und ſteriler iſt der 
Boden, und noͤthiger ein reichliches Duͤngen der Felder. 
Aber dieſe erſte Erforderniß des laͤndlichen Wohlſtandes ent— 
geht dem, der ſein Vieh zur Weide treibt. Und eben daher 
kommt es, daß gerade in den Gegenden, wo dieſe ſchaͤdliche 


204 


Gewohnheit noch herrſchend iſt, die Felder hoͤchſt ſchlecht ge— 
duͤngt werden, und deßwegen der Ertrag der Felder hoͤchſt 
mager und gering iſt. Es wird wenig und ſchlechtes Ge— 
treide geerntet, und ſomit hat der Landmann wenig Stroh, 
er kann wenig Vieh halten und wenig unterſtreuen. Er darf 
nicht daran denken, einen Kern Frucht zum Maͤſten des 
Viehs zu verwenden. Darum hat der Landmann in ſolchen 
Gegenden ein hoͤchſt kuͤmmerliches Leben. Er kann kein Ges 
treide zu Markt bringen; er hat oft kaum das halbe Jahr 
ein hoͤchſt ſchlechtes Brod. Hafer und Gerſte ift der Haupt- 
Ertrag ſeiner Felder; an Korn, Roggen und Weizen darf 
er nicht denken. a 

Rechnet der Landmann das Kapital, das er in ſeinem 
Feldgute ſtecken hat; den Werth des Viehes, das er unter— 
halt; Pflug und Geſchirr; feine und der Seinigen Mühe 
und Arbeit; die Steuern, die er von feinen Gütern zu ent— 
richten hat; berechnet er dieß Alles und vergleicht damit den 
Ertrag ſeines Feldes, ſo wird er einſehen, daß er nichts 
vor ſich bringt, ſondern hinter ſich hauſet, und nicht einmal 
die Zinſen von dem ihm zur Laſt ſtehenden Kapitale heraus- 
bringt. Und woher all dieß Mißverhaͤltniß, dieß Zurück 
kommen in ſeinem laͤndlichen Wohlſtande? Woher die Sorge, 
Angſt und Verlegenheit, wenn er etwas bezahlen ſoll, oder 
dieſe oder jene Abgabe gefordert wird? Lediglich daher, weil 
er eine ſchlechte und ganz fehlerhafte Oekonomie hat. Er 
kann, weil er kein Futter hat, das noͤthige Vieh nicht halten, 
er kann daher weder ſeine Aecker, vielweniger die Wieſen 
gehoͤrig duͤngen. Ja, in dem Mangel des Duͤngers liegt 
fein ganzes Ungluͤck! Der Futterbau iſt alſo auch aus die 
ſem Grunde von großer, ja, ich ſage nicht zu viel, von 
hoͤchſter Wichtigkeit fuͤr den Landmann. 

Durch Einfuͤhrung der Stallfuͤtterung, wozu ein rei— 
cher Futterbau fuͤhret, wird die Mittheilung von Seuchen 
und anſteckenden Krankheiten verhuͤtet, welche das zur Weide 


205 


gehende Vieh ſo oft befaͤllt, und wie es nicht anders ſeyn 
kann, oft befallen muß. Auch die Entfernung dieſes großen 
Ungluͤcks verdienet als ein beſonderer Grund zur Empfehlung 
der Stallfuͤtterung angefuͤhrt zu werden. 

Sobald im Fruͤhjahre das Gras zu ſprießen anfaͤngt, 
treibt man das Rindvieh zur Weide, und entziehet ihm groͤß— 
tentheils alle Stallfuͤtterung. Mit einem wahren Heißhunger 
nagt dann das verlaſſene Vieh das kurze Gras an dem Bo— 
den ab, und verſchluckt ſelbſt mit groͤßter Begierde die mit 
der Erde ausgerauften Graswurzeln, wie dieß der Verfaſſer 
dieſes auf dem Weſterwalde mit ſeinen Augen geſehen hat. 
Hat das Austreiben des Viehs einmal angefangen, ſo wird 
das Vieh, ohne auf die Witterung Ruͤckſicht zu nehmen, je— 
den Tag ausgetrieben. Wenn es nun im Fruͤhjahre gereift 
hat, und alle Grashalme voll Thautropfen ſtehen, oder wenn 
es regenig oder nebelig iſt, naß und kalt, kurz, wenn die 
ganze Natur ſich in einem unwirthbaren Zuſtande befindet, 
fa verkaͤltet und verunreiniget das verderbliche Weiden den 
Magen des Viehs, und bringt unfehlbar nichts als Schaden 
und Ungluͤck uͤber daſſelbe. Wenn auch das Rindvieh nicht 
jedes Jahr mit der Seuche befallen wird, ſo hat es doch 
unfehlbar den nachtheiligſten Einfluß auf ſeine Geſundheit 
und das Milchen der Kuͤhe. Die Milchgefaͤße ziehen ſich 
zuſammen, verengen ſich, und das Vieh muß in ſo unguͤn— 
ſtigen Verhaͤltniſſen verſeigen. Dazu kommt nun noch in 
Alen hohen Gegenden des Weſterwaldes der oft ſo ſtarke 
ind rauhe Wind, daß ſich das Vieh kaum halten kann. Die 
Hirten muͤſſen, um nur einigen Schutz zu haben, ſich Steine 
aufhaͤufen, um nur bleiben zu koͤnnen und ſich am Leben 
zu erhalten; das Rindvieh aber, das ſo ſehr die Waͤrme 
iebt, muß unabaͤnderlich dieſe Stuͤrme aushalten. Kann 
ber dieſe widernatuͤrliche Behandlung des Rindviehes an— 
dere, als die aller nachtheiligſten Folgen haben? Muͤſſen 
nicht Krankheiten und mancherlei Uebel kommen? Kann es 


206 


anders ſeyn, als daß der Landmann einen fehr geringen 
Nutzen von ſeiner Rindviehzucht und beſonders von ſeinen 
Kuͤhen hat? 

Dieſer, dem roheſten Naturzuſtand angehoͤrenden Bez 
handlung des ſo nuͤtzlichen Rindviehes kann nur durch die 
Einfuͤhrung des Futterbaus und der damit verbundenen 
Stallfuͤtterung begegnet werden. So nuͤtzlich der Futterbau 
fuͤr die Stallfuͤtterung des Rindviehs iſt, eben ſo vortheil— 
haft iſt er fuͤr das Zugvieh und die Maſtung im Sommer. 
Wer reichlich Futter hat, der kann fein Zugvieh kraͤftig nähe 
ren, und darum noch einmal ſo viel damit arbeiten, als 
mit kraftloſem und magerem Zugviehe. Und das Maͤſten des 
Rindviehs mit Futterkraͤutern im Sommer hat den großen 
Vorzug vor der Wintermaſtung, daß ſich das Vieh alsdann 
leichter, als zur Winterszeit maͤſten laͤßt, und theuerer be— 
zahlt wird, als im Winter und angehenden Fruͤhling, weil 
dann uͤberall gemaͤſtetes Vieh geſucht und gut bezahlt wird. 

All dieſer mannigfaltige und große Nutzen iſt mit dem 
Futterbau und der damit verbundenen Stallfuͤtterung ver- 
bunden. Der Futterbau verdient darum alle Aufmerkſamkeit 
der Landleute, und muß, wenn der geſunkene Wohlſtand gez 
hoben werden und ſich verbeſſern ſoll, allgemein eingefuͤhret, 
und dem halben Nomadenleben ein Ende gemacht werden. 
Wenn man dieſes beibehalten wollte, ſo muͤßte man auch 
mit feinem übrigen Leben in den früheren Naturzuſtand zus 
ruͤcktreten, wovon ſich die Menſchen nach ihrer jetzigen Le— 
bensweiſe weit entfernet haben. Der Landmann lebt und 
kleidet ſich viel beſſer, wie ſeine Vorfahren; er wohnet ge— 
raͤumiger und ſchoͤner; Alles iſt viel theurer geworden, und 
die Abgaben an den Staat ſind hoͤher geſtiegen. Kurz, der 
Landmann in unſeren Tagen braucht viel mehr, als ſeine 
Voreltern. Es muͤſſen ſich daher nothwendig die Nahrungs- 


quellen erweitern, wenn kein allgemeines Verderben entſtehen 
/ 


ſoll. 


207 


Freilich will man bei Einführung der Stallfuͤtterung 
nicht alles Austreiben des Rindviehes abgeſchafft wiſſen; 
das hieße, von einem Extrem auf das andere verfallen. 
Nein, das Rindvieh muß im Gegentheile jeden Tag eine 
Stunde, um ſich zu bewegen, ausgetrieben werden. Denn 
es iſt dem Vieh nicht geſund, und ſehr ermuͤdend fuͤr daſ— 
ſelbe, Jahr aus Jahr ein an der Kette und im Stalle zu 
ſtehen. Es bleibt dann kleiner, unanſehnlicher und altert 
fruͤher, als wenn es taͤglich eine Stunde ausgetrieben wird. 
Man mache es darum zum Geſetz, das Rindvieh jeden Tag 
durch allgemeines Austreiben eine kurze Zeit in Bewegung 
zu ſetzen. Dieß erhaͤlt es geſund und munter, es macht es 
ſtark; das Melkvieh gibt mehr und beſſere Milch; es erhoͤ— 
het die Lebenskraft des Thieres; die Zeit des Rinderns wird 
nicht uͤbergangen und die Neigung zum Begatten auf eine 
leichte Art befriediget, und der Anwuchs des jungen Rind— 
viehs dadurch ungemein befoͤrdert. 


Von dem Futterbau ſelbſt. 
1. Die vorzüglichſten Arten Klee. 


a. Allgemeine Bemerkungen uͤber den rothen 
Wieſenklee. Unter den vielen bekannten Kleearten baut 
man am beſten den rothen Wieſenklee (Trifolium pratense) 
an. Der Stengel dieſes Klees wird oft 1½ Fuß lang. 
Die Blaͤtter ſind laͤnglich, oft mit einem weißen Flecken oder 
Strich bezeichnet. Die Blumen ſind einem laͤnglichen Kopfe 
aͤhnlich, und es ſtehen gewoͤhnlich zwei Haͤupter oder Blu⸗ 
men neben einander, von weißlich geſtreiften Blaͤttern, wie 
von einem gemeinſchaftlichen Kelche umſchloſſen und eingefaßt. 
Die Zaͤhne des Kelches ſind mit kurzen Haaren beſetzt; die 
Blumenblaͤtter ſind mit einander verwachſen und von rother 
Farbe. Dieſer Klee findet ſich in ganz Europa, beſonders 
auf den Wieſen. In etwas mageren Wieſen liegt fein Sten— 


208 


gel gebogen zwiſchen den Graͤſern, ſo, daß er nicht immer 
ins Auge faͤllt. Werden aber die Wieſen gut bewaͤſſert und 
geduͤngt, oder ſind ſie von Natur fett, ſo ſteht er aufrecht 
und erhebt ſich gleichſam uͤber die uͤbrigen Graͤſer und Kraͤu⸗ 
ter. 

Durch die Kultur hat dieſer Klee einige Spielarten 
erhalten, worunter der Spaniſche, Hollaͤndiſche und Bra⸗ 
baͤnter Klee die bekannteſten ſind. 

Den beſten Kleeſamen bekommt man aus Spanien, 
von woher ihn die Englaͤnder und dann die Niederlaͤnder 
bekommen haben. Von da iſt er nach Deutſchland gekommen, 
und jetzt baut ſich jedes Land ſeinen Kleeſamen ſelbſt. Die— 
ſen rothen Wieſenklee nennen wir deutſchen, und weil man 
ihn in Spanien zuerſt als ein eigenes Futterkraut angebaut 
hat, den ſpaniſchen Klee. Dieſer Klee iſt, wie bekannt, ein 
treffliches Futterkraut, und ſowohl friſch als getrocknet, für 
Pferde, Rindvieh, Schafe und Schweine unvergleichlich nahr⸗ 
haft. 

Man hat Verſuche gemacht, ihn auf verſchiedene Arz 
ten anzubauen. Einige ſtreuen ihn auf die Wieſen, um bef- 
ſeres Heu zu erhalten, wie oben mehrmals iſt empfohlen 
worden. Andere bauen ihn auf Aeckern, und davon iſt hier 
die Rede. 3 

Diefer Klee erfordert einen guten, etwas feuchten und 
fetten, doch aber ja nicht naſſen Boden. Weder auf trocke⸗ 
nem, magerem, noch auf naſſem Boden kommt er fort. Wenn 
man Klee anbauen will, und beſamt, ohne auf die Lage 
und den Boden Ruͤckſicht zu nehmen, ein Feld damit, ſo iſt 
der Ertrag ſehr unſicher. Will man alſo mit gluͤcklichem 
Erfolge den Klee bauen, ſo muß man das ergiebigſte und 
beſte Land dazu ausſuchen. 

b. Wie man den rothen Klee anbauet. Wenn 
man ein Stuͤck Klee anſaͤen will, fo pfluͤgt und egget man 
es, wie zu einer jeden Getreide⸗Art. Man muß aber nicht 


209 


verſaͤumen, das Feld zu eggen, ehe man ſaͤet; ſonſt faͤllt 
der Same zwiſchen die Furchen hinein und gehet nicht auf. 
Man thut am beſten und ſaͤet ihn unter Gerſte oder Hafer 
auf einen Acker, der zur Brache beſtimmt war; alsdann hat 
man den Nutzen, daß man in dem Jahre, wo der Acker 
nichts getragen haͤtte, einen reichen Kleegewinn hat. Sobald 
die Gerſte, oder der Hafer ausgeſtreuet und eingeegget iſt, 
wird der Kleeſame auch geſaͤet und mit der umgewandten 
Egge uͤberfahren. Viele durchflechten die Zaͤhne der Egge 
mit Dornen und bringen ſo den Samen unter die Erde, 
welches die beſte Art den Kleeſamen unterzubringen iſt. Es 
kommt nemlich bei dem Untereggen des Kleeſamens beſonders 
darauf an, daß er zwar unter die Erde kommt, aber doch 
nicht tief, wodurch er ſonſt am Aufgehen gehindert wird. 
In manchen Gegenden walzet man den Kleeſamen unter, 
welches auch recht gut iſt; nur darf dieß nur bei trockenem 
Boden und Wetter geſchehen. Viele Landleute ſaͤen auch erſt 
den Kleeſamen, wenn es ſich zum Regen neiget, und war— 
ten daher mit dem Saͤen bis dahin, wenn auch die Gerſte 
oder Hafer aufgegangen waͤre, und werfen dann erſt den 
Kleeſamen uͤber die Gerſte hin, ohne ihn weiter auf eine Art 
unter die Erde zu bringen; welches aber nicht zu empfehlen 
iſt, weil viel Same durch die Maͤuſe und Voͤgel verloren 
gehet, und weil Kleeſame, der gut aufgehen ſoll, etwas 
unter die Erde kommen muß. 

Die Furcht, daß der Klee der Sommerfrucht, oder 
umgekehrt, die Sommerfrucht dem Klee am Wachsthume 
hindere, oder eins das andere verdraͤnge, iſt ungegruͤndet, 
und bei erfahrnen Landleuten laͤngſt beſeitiget. Wenn die 
Sommerfrucht aufwaͤchſt, gibt fie dem zwiſchen ihr aufwach— 
ſenden Klee Schatten, und dieſer hält die Erde feucht. Bei— 
des, die Sommerfrucht und den Klee, läßt man ohne wei— 
teres mit einander aufwachſen, bis zur Ernte, wo dann der 
Klee bis zu einem halben, ja einem ganzen Fuß herange⸗ 

14 


210 


wachſen iſt. Klee und Getreide wird nun mit einander ab⸗ 
gemaͤhet, und ſo behandelt, als ob es allein Gerſte waͤre. 
Man wendet beides des Morgens um 9 Uhr, und zwar bei 
heiterem Himmel, damit der Klee recht trocken wird. Dann 
bindet man die Kleegerſte und legt ſie in der Scheune an 
einen luftigen und trockenen Ort, um ſie zu gelegener Zeit 
zu dreſchen. Noch beſſer aber iſt es, man driſchet fie als 
bald, ſo wie ſie vom Felde kommt; denn die gebundene 
Kleegerſte zieht ſehr an, und verurſachet ein ſtarkes Roͤſten, 
wodurch dieſes gute Futter leicht Schaden leidet. Driſcht 
man die Kleegerſte gleich, ſo bindet man das Stroh und 
den Klee auf der Tenne nicht auf, ſondern man leget es, 
wie Heu auf einen Stock, und wirft, wie bei dem Salzen 
des Heus iſt gezeigt worden, etwas Salz daruͤber; dann 
frißt das Vieh aller Art das Kleeſtroh ſo gern, wie das 
beſte Heu. 

Der mit Klee beſaͤete Acker bleibt im Herbſte ruhig 
liegen, vor allem Vieh ſorgfaͤltig geſichert, damit die jungen 
Pflanzen mehr Feſtigkeit gewinnen und nicht vertreten wer⸗ 
den. Oft iſt es der Fall, daß der junge Klee bis gegen De- 
tober noch einmal fchön heranwaͤchſt, und fo kann man das 
neue Kleefeld im erſten Jahre ſchon zweimal benutzen. Aber 
dieſer junge Klee muß mit aller Vorſicht verfuͤttert werden, 
weil das Vieh leicht das Auflaufen davon bekoͤmmt. Man 
vermiſchet ihn daher, wie weiter unten gezeigt wird, mit 
Heu oder Stroh, oder man kocht ihn unter Spreu von Rog⸗ 
gen, Weizen oder Hafer, oder mit Haͤckerling, und alsdann 
milcht er vortrefflich, und ſchadet nicht. 

Im naͤchſtkommenden Jahre nach der Kleeſaat erreicht 
man aber erſt ſeinen eigentlichen Zweck bei dem Kleebau. 
Der Acker, welcher, wo die Brache eingefuͤhret iſt, muͤßig 
gelegen haͤtte, bringt das ſchoͤnſte Futter. Vom halben Mai, 
als dem Anfange feiner Bluͤthezeit, bis in den halben Serp⸗ 


211 


tember, kann man den Klee dreimal mähen, und ihn ſowohl 
gruͤn, als trocken benutzen. 

Wenn man recht ſchoͤnen Klee haben will, ſo muß 
man guten Samen ſaͤen, und ſetten Duͤnger unterpfluͤgen. 
Wie erſterer zu gewinnen iſt, und was man unter letzterem 
verſtehet, darauf wird man hernaͤchſt zurückkommen. 

Das Maß des Samens auf einen Morgen, oder 160 
Ruthen, ſind 16 Pfund. Dieß moͤchte viclleicht etwas viel 
ſcheinen, aber man thut ſehr wohl, wenn man den Samen 
nicht ſparſam ſaͤet; denn ein dichter Klee laͤßt kein Unkraut 
aufkommen; er iſt viel eintraͤglicher, und waͤchſt viel beſſer 
heran, weil er den Boden überall beſchattet und feucht haͤlt. 
Auch gehen nicht alle Samenkoͤrner auf, und gar viele Koͤr— 
ner werden von den Voͤgeln und den Maͤuſen gefreſſen. 

Wer in dem Saͤen des Kleeſamens keine Uebung hat, 
dem hält es anfangs etwas ſchwer, ihn gleich zu faͤen. Dar 
her vermiſchen einige Landleute den Kleeſamen vor dem Saͤen 
mit Sand oder Erde. Allein auch dabei iſt die Schwierig⸗ 
keit, daß man das Verhaͤltniß der Erde zu dem Samen 
nicht leicht trifft. Beſſer iſt es daher, daß man ſich den 
Acker in vier gleiche Theile theilet, und eben ſo den Samen, 
damit man die Portion Samen auf jeden Theil beſſer be— 
ſtimmen kann. 

e. Wie man den Kleeſamen gewinnt. Wer 
ſich guten Kleeſamen ziehen will, mache es ſich zur Regel, 
keinen allzu geilen oder fetten, ſondern einen Mittel-Klee 
von der erſten Schur zum Samen ſtehen zu laſſen. Iſt aber 
aller Klee von der erſten Schur zu fett, ſo laſſe man von 
der zweiten, fo viel man noͤthig zu haben glaubt, reif wers 
den; denn der Same von zu fettem Klee taugt nicht zum 
reif werden. Ob der Same recht reif ſey, erkennet man 
daran, wenn die Blumenknoͤpfe recht dunkelbraun, und die 
Blaͤtter abgeſtorben ſind. Wenn der Klee reif iſt, ſo maͤhet 
man ihn des Morgens fruͤhe, wenn der Thau darauf liegt, 


212 


am beften mit einer Senſe, woran ein Hafergeſtell ift, da⸗ 
mit man ihn gemadweiſe und in Ordnung legen kann. Des 
Nachmittags ſtellt man ihn in kleine Haufen auf oder man 
ſtaͤuchelt ihn, wie Hanf und Flachs. In dieſer Stellung 
laͤßt man ihn, bis die Stengel trocken, und die noch un⸗ 
tauglich geweſenen Kolben vollends reif ſind. Hierauf wird 
er eingebracht, und an einem luftigen und vor den Maͤuſen 
ſicheren Ort hingelegt ). 

Wenn es des Winters kalt 1555 hell iſt, dann driſcht 
man den Kleeſamen, denn bei hellem Himmel gehet er am 
liebſten aus. Die bei dem Dreſchen abgehende Huͤlſen ſam⸗ 
melt man beim Sieben und legt ſie in warmen Tagen auf 
Leinen, wie die Knoten des Flachſes, in die Sonne und 
reibt ſie mit den Haͤnden, oder man ſchuͤttet die abgedroſche⸗ 
nen Kleekoͤpfe auf eine etwas weit geſtellte Mühle und ſchro⸗ 
tet ſie, wobei aller Same ausgehet. Das Trocknen der 
Kleekoͤpfe auf einem warmen Ofen, oder in einem Backofen, 
iſt durchaus nicht gut, weil die rechte Temperatur ſchwer 
zu treffen iſt, und man den Kleeſamen leicht zu ſehr erhitzt, 
wodurch er verdirbt. Der Kleeſame wird wie das Getreide 
geputzt, und dann erhaͤlt man einen vollkommen reinen Sa⸗ 


*) Da die Mäuſe dem Landmann in vieler Hinſicht ſehr ſchaden, 
ſo wäre es ſehr gut, wenn man mehr Fleiß auf das Wegſchaffen der 
Mäuſe verwendete. Ein ſehr leichtes Mittel, die Mäuſe wegzufangen, 
iſt, irdene Töpfe um die Scheunen her einzugraben. Man ſetzt nem⸗ 
lich die Töpfe der Erde gleich in die Erde, ebnet Alles darum her, 
und füllet ſie halb mit Waſſer an. Wenn nun die Mäuſe in der Herbſt⸗ 
zeit ſich aus dem Felde nach den Scheunen ziehen, oder des Nachts aus 
denſelben herauslaufen, ſo laufen ſie in die Töpfe und ertrinken. Da 
die Maus in der Regel jede Nacht aus der Scheune geht, ſo kann 
man in verſchiedenen Töpfen alle Mäuſe fangen. Nur darf man nicht 
verſäumen, jeden Tag die Mäuſe aus den Töpfen heraus zu nehmen, 
und von Zeit zu Zeit friſches Waſſer hinein zu gießen. Kommt die 
Kälte, ſo hebt man die Töpfe aus. 


213 


men. Friſcher, einjähriger Kleeſame ift natürlich der beſte; 
indeſſen kann auch zweijaͤhriger Same ohne Bedenken geſaͤet 
werden, wenn man ihn gut und trocken aufbewahret hat. 

d. Von der Beeintraͤchtigung der Kleefelder 
durch Maulwuͤrfe und Maͤuſe. Die groͤßten Feinde 
der Kleefelder ſind die Maulwuͤrfe und die Maͤuſe. Die 
Maulwuͤrfe muß man, wie oben iſt gezeigt worden, durch 
Fallen ꝛc. aus den Kleefeldern wegzuſchaffen ſuchen; die 
Maͤuſe aber in eingegrabene Milchtoͤpfe, wie eben in der 
Note iſt gezeigt worden, zu fangen ſuchen. Damit aber die 
Maͤuſe auf dem freien Felde ihre Richtung nach irgend einem 
feſten Punkt nehmen, ſo ſtellt man ein 8 bis 10 Fuß langes 
Brett zwiſchen einige Pfaͤhle auf, und graͤbt auf jede Seite 
des Bretts einen Topf ein, und die Maͤuſe werden ver⸗ 
ſchwinden. Sollten ſich dieſe Töpfe durch Regen ganz fuͤl— 
len, dem man aber durch das Widerlegen kleiner Brettchen 
gegen das aufgeſtellte Brett uͤber die Toͤpfe zuvorkommen 
kann, ſo muß man ſie halb ausleeren. Man kann auch die 
Maͤuſe mit zwei Ziegelſteinen, wenn man dieſelben da auf— 
ſtellt, wo man ſie beſonders verſpuͤret, fleißig wegfangen. 
Man legt nemlich einen Ziegelſtein der Erde ganz gleich, 
und einen andern ſtellt man mit zwei auf einander geſtellten 
zolllangen Hoͤlzchen, wie einen Meiſenkorb, auf, und befeftis 
get eine kleine Atzung daran. Kommt die Maus, um dieſe 
zu nehmen, ſo faͤllt der Stein auf ſie. 

e. Von dem Decken und Duͤngen der Klees 
felder mit Miſt. Wenn man Miſt genug hat, und daran 
wird es dem Landmann, wenn er die angegebene Anweiſung 
befolgt, nicht fehlen, fo thut man wohl, wenn man die Klee— 
felder bei dem erſten Froſte mit langem Miſte uͤberfaͤhrt, 
und ihn uͤber die Kleefelder ausbreitet, beſonders die Fel— 
der, die einen ſchwarzen Boden und eine mittaͤgliche Lage 
haben. Den Winter uͤber lauget ſich der Miſt aus. Im 
Fruͤhjahre rechet man das liegengebliebene Stroh ab und 


214 


bringt es auf den Miſt, um es von neuem durch die Jauche 
zu traͤnken, und ſo in einen guten Duͤnger zu verwandeln. 
Durch das Decken des Klees erreicht man einen gedoppelten 
und dreifachen Zweck. Einmal ſchuͤtzt man den Klee gegen 
die heftige Winterkaͤlte, dann haͤlt man die Sonne ab und 
verſchafft auch dem Kleefeld einen guten und kraͤftigen Duͤnger. 
Die Kleefelder, die man nicht mit Miſt decken kann, aſchet 
oder gypſet man. 

Das Beſtreuen mit Gyps. Der Gyyps iſt ein 
bekannter Duͤnger fuͤr den Klee und verdienet eine naͤhere 
Beſchreibung, um den Landmann darauf aufmerkſam zu 
machen, zuzuſehen, ob ſich der Gypsſtein nicht hier und da 
auch in ſeiner Gegend finde. Der gemeine Gypsſtein, La- 
pis gypseus, Lapis e terra marmorea resoluta et prae- 
cipitata regenerata, L., ein grauer oder weißlicher, nicht 
allzu harter Stein, der aus einer mit Vitriolſaͤure geſaͤttig— 
ten Kalkerde beſteht. Seine Theile ſind laͤnglich, viereckigt 
und rund; er bricht blaͤtterig und ſchuppenartig und nimmt 
keine Politur an. Zerbricht und zerſchlaͤgt man dieſen Stein, 
ſo ſchimmert er auf dem Bruche, beſonders im Fall man 
ihn gegen das Licht haͤlt und hin und her bewegt. Zerſtoͤßt 
man ihn, ſo gibt er ein Mehl, welches im Waſſer bald un⸗ 
terſinkt und ſich nicht darin aufloͤſet. 

Der Gypsſtein wird in Stuͤcke zerſchlagen von der 
Groͤße eines Huͤhnereyes; dieſe zermalmt man in der Stampf⸗ 
mühle zu Mehl und läßt ihn kurch Siebe laufen, damit die 
zu groben Theile zuruͤck bleiben, die man von neuem auf 
die Muͤhle gibt. N 

An vielen Orten wird der Gyps, wenn er in Stuͤcke 
zerſchlagen iſt, in einem Backofen geroͤſtet oder gahr ge— 
macht. Aber nach neueren Verſuchen ſoll der ungebrannte 
Gyps dem gebrannten vorzuziehen ſeyn, weil bei dem Bren⸗ 
nen viel Oehl verloren geht, wie man aus dem ſtarken Ge— 
ruche, den er bei dem Roͤſten von ſich gibt, erkennet. 


215 


Das Gypsmehl bringt man vermittelt eines Saͤetuchs 
oder Sackorbs auf das Land oder den Klee. Man gypſet 
Felder, die eben geſaͤet worden ſind; aber den Klee und 
die Huͤlſenfruͤchte gewöhnlich dann erſt, wenn fie handlang 
gewachſen find. Man nimmt gern die Zeit wahr, da es 
geregnet hat, wo es regnen will, oder wenigſtens die Blaͤt— 
ter vom Thau naß ſind. Bei ſtarkem Winde iſt es nicht 
rathſam, Gyps zu ſtreuen, weil derſelbe zu ſehr auseinan— 
der gejagt wird und nicht dahin fällt, wohin man ihn has 
ben will. N 

Der Gyps thut nicht die gehoflte Wirkung auf jedem 
Boden. Auf ſchattigem oder naſſem Lande thut er wenig 
oder keine Wirkung. Daher man auch in naſſen und kalten 
Fruͤhlingen weit geringeren Nutzen von dem Gyps verſpuͤrt, 
als in trockenen und heißen; doch kommt das, was in naſ— 
ſen Jahren zuruͤck bleibt, in den ſolgenden trockenen nach, 
und wirkt ſelbſt auf das auf den Klee folgende Getreide mit 
beſonderer Kraft. Je trockener, leichter und waͤrmer der 
Boden iſt, deſto mehr Kraft aͤußert der Gyps. Man hat die 
Erfahrung gemacht, daß ein elendes, mageres Land durch 
Gyps in kurzer Zeit fähig gemacht wurde, die fetteften Ges 
waͤchſe hervorzubringen, und daß der Gyps auf moofigen, 
erſtorbenen Wieſen den ſchoͤnſten Klee erzeugte. Es kann 
aber auch der Gyps den Gewaͤchſen ſchaͤdlich werden, wenn 
er zu häufig aufgeſtreuet wird. Auf 160 Ruthen, die Ru⸗ 
the zu 42 Fuß rheiniſch, nimmt man 12 Simmern oder 40 

teften Gyps. 

. Das Beſtreuen mit Aſche. Auch die Ace iſt 
fuͤr den Klee bekanntlich ein trefflicher Duͤnger. Man ſtreuet 
ſie, wie den Gyps, bei feuchter und ſtiller Witterung, wie 
oben bei dem Duͤngen der Wieſen iſt gezeigt worden. 

f, Von dem Ertrage des Klees. Wenn ein 
Kleeacker von 160 Ruthen einen guten Boden und gute Lage 
hat, und erforderlich geduͤngt iſt, dann kann man 5 Kühe 


216 


im Stalle reichlich davon füttern. Den Ochſen und Pfer— 
den iſt der Klee ſehr zutraͤglich. Ein Pferd, das nicht ſehr 
ſtark gefahren wird, kann bei hinreichendem Kleefutter ohne 
Hafer beſtehen. Kurz geſchnittener, noch etwas weicher Klee 
iſt, wenn er gekocht und mit Kleien vermiſchet wird, auch 
ein treffliches Futter fuͤr Zuchtſchweine; und die Schafe kann 
man damit fett fuͤttern. Kurz, der Klee iſt das trefflichſte 
Futterkraut fuͤr alle Thierarten. 

g. Von der Vorſicht bei dem Kleefutter, 
und deſſen wirthſchaftlichem Verbrauche. Es iſt bei der Stall⸗ 
fuͤtterung eine Hauptregel, den Klee, ſo wie die uͤbrigen 
Futterkraͤuter, zu einer ſolchen Tageszeit abzumaͤhen, wann 
der Thau abgetrocknet iſt, damit das Vieh durch den Ge— 
nuß des naſſen Futters keine widrige Zufaͤlle bekommt. Die 
Nachmittagsſtunden ſind daher fuͤr dieſe Arbeit die beſten, 
in welchen man fo viel abmaͤhet, als man in 24 Stunden 
fuͤr ſeinen Viehſtand noͤthig hat. Wird er gleich etwas welk, 
ſo ſchadet dieß nichts, das Vieh frißt ihn doch gern. Wenn 
er nach Haus gebracht wird, muß er duͤnne auseinander ge— 
legt werden, damit er ſich nicht erhitzet, wodurch er dem 
Vieh hoͤchſt ſchaͤdlich wird. Und damit der Klee der Ge— 
ſundheit des Viehs ſo viel weniger ſchaden moͤge, iſt es gut, 
wenn man ihn jedesmal auf einer Futterbank kurz, ſchneidet. 
Bei dieſer Fuͤtterung kann man nicht nur das richtige Maß 
von Futter beſtimmen, ſondern man ſparet auch viel Futter. 
Bei dem kurzgeſchnittenen Klee und andern Futterkraͤutern 
und Graͤſern geht nichts verloren; dagegen bei dem unge— 
ſchnittenen Futter zieht das Vieh viel unter ſich, das dann 
in den Miſt kommt. Um des mehrfachen Nutzens willen iſt 
es alſo ſehr zu empfehlen, die Futterkraͤuter bei der nn 
fuͤtterung kurz zu ſchneiden. 

h. Von den uͤbelen Folgen des Kleefut— 
ters, und den dienlichſten Mitteln dagegen. 

Wenn das Rindvieh mit friſchem Klee bis zum Leber- 


217 


fluſſe gefättiget wird, oder mit jungem Klee, der noch nicht 
hart iſt, oder mit Klee, der ſich auf dem Lager erhitzt hat, 
ſo wird er in allen dieſen Faͤllen dem Vieh leicht ſchaͤdlich, 
ja toͤdtlich. Dann erzeugen ſich in dem Magen des Thieres 
Winde, welche die Bauchhoͤhle anfuͤllen und die Haut bis 
zum Zerplatzen ausdehnen und nicht felten den Tod nach ſich 
ziehen. Dieſem aͤußerſt widrigen Zufall vorzubeugen, ver⸗ 
miſche man den Klee in den erſten 14 Tagen, beſonders 
wenn er noch etwas weich ſeyn ſollte, mit zerſchnittenem 
Heu oder Stroh; der Klee ſelbſt muß aber auch, wie ſchon 
mehrmal iſt geſagt worden, geſchnitten werden. Man fuͤt⸗ 
tere im Anfang ſparſam, und gebe lieber des Tags einige— 
mal mehr zu freſſen. Am beſten iſt es, wenn nicht Futter⸗ 
mangel zum Gegentheil noͤthigt, man verfuͤttert den Klee 
nicht eher, bis er Blumen hat. Man halte das Vieh eine 
Zeitlang nach dem Kleefutter vom Trinken zuruͤck, beſonders 
vor dem kalten Trinken. Bei ſorgfaͤltiger Beobachtung dies 
fer Vorſichtsregeln wird man nicht leicht einen widrigen Zus 
fall an dem Vieh durch das Kleefutter bemerken. 

Sollte aber ein Stuͤck Vieh dennoch durch unvorſichti— 
ges Fuͤttern das Auflaufen bekommen, ſo gebrauche man 
anfangs abfuͤhrende Mittel. Unter den vielen Mitteln, die 
man in dieſer gefahrvollen Krankheit anwendet, ſind fol— 
gende die erprobteſten und beſten. Es ſollen hier mehrere 
Mittel mitgetheilt werden, weil es der Fall ſeyn kann, daß 
man auf dem Lande doch nur das eine oder andere zur 
Hand hat. 

Erſtes Mittel gegen das Auflaufen des 
Rindviehs. Man miſche ½ Pfund Schnupftaback in eine 
Maß ſuͤße, warme Milch, und ſchuͤtte dieſe, wohl umge— 
ruͤttelt, ſammt dem Schnupftaback dem kranken Vieh ein. 
Die Milch darf aber ja nicht kalt, auch nicht lau, ſondern 
ſie muß eigentlich warm ſeyn; doch darf ſie auch nicht zu 
heiß genommen werden, ſondern ſie muß ſo ſeyn, daß man 


218 


eine Hand darin halten kann. Sollte man aber fo viel 
Schnupftaback nicht haben, ſo kann man ſich folgenden Mit⸗ 
tels bedienen. | 

Zweites Mittel gegen das Auflaufen. Man 
nimmt ½ Maß gutes Bier, das nicht ſauer iſt, und macht 
es ſo warm, wie die Milch bei vorſtehendem Mittel; dann 
wirft man gluͤhende Kohlen und gluͤhende Aſche in das Bier, 
ſchaͤumet alle Kohlen oben ab und ſchuͤttet dieß warme Bier 
ſammt der Aſche dem kranken Thier ein. 

Drittes Mittel gegen das Auflaufen. Man 
kann aber auch das Auflaufen durch ein wenig ungeloͤſchten 
Kalk, der noch nicht lange in der Luft geſtanden hat, gut 
kuriren, und zwar auf folgende Art. 

Man nimmt von dem ungeloͤſchten Kalk einen Thee⸗ 
Löffel, oder halben Eßloͤffel voll, thut ihn in eine leere Bou⸗ 
teille oder ſteinernen Krug, gießt einen Schoppen warmes 
Waſſer darauf, ſchuͤttelt es wohl um, und gießt es dem auf— 
gelaufenen Thier ein. Sollte die Anwendung dieſes Mit⸗ 
tels nicht das erſtemal helfen, ſo macht man dieſelbe Por⸗ 
tion noch einmal zurecht und gibt ſie ein. 

Bei einem jeden dieſer Mittel fuͤhrt man das kranke 
Thier ein wenig auf dem Hof herum, um es in ſanfte 
Bewegung zu feßeu, worauf die verſchloſſenen Winde los⸗ 
brechen. 

Um das letzte, ſehr wirkſame Mittel ſtets bei der 
Hand zu haben, ſollte ſich jeder Landmann immer ein Paar 
Stuͤcke ungeloͤſchten Kalk halten, dieſe zerſchlagen und 
das Kalkgebroͤckel in eine Bouteille thun, dieſe mit einem 
guten Korkſtopfen feſt zuſtopfen, damit keine Luft zu dem 
Kalk kommen kann. Dieſe Flaſche verwahret man an einem 
trockenen Orte umgelegt. So wie man nun nach dem Klee— 
futter ein Stuͤck Vieh bemerkt, das ſich krank zeigt, wenn es 
z. B. nicht wiederkaͤuet, und anfängt, dick zu werden, fo 


219 


gibt man dieß, oder in Ermangelung des Kalks, eins der 
vorhergehenden Mittel ein. 

Waͤre das Uebel ſchon zu weit gekommen, fo daß das 
kranke Vieh kurz athmet und das Auflaufen aufs Hoͤchſte 
geſtiegen iſt, dann kann nur der Stich mit einem langen 
Meſſer (Trokar) von dem Tode erretten. 

Viertes Mittel gegen das Auflaufen, 
wenn es den hoͤchſten Grad erreicht hat. Da 
dieſe Krankheit ihren Sitz im Magen hat, ſo kann der 
Stich in die Huftkaut nicht eher vorgenommen werden, bis 
dieſelbe ſo aufgeſchwollen iſt, daß kein Theil der Eingeweide 
zwiſchen der aͤußeren Haut und dem Magen iſt, außer dem 
Netz, das nicht weichen kann. Die rechte Zeit zum Stechen 
erkennet man an der hohen Geſchwulſt der linken Huft. 

Wenn man hinter dem kranken Thiere ſteht, ſo betrachtet 
man, ſo genau, als es moͤglich iſt, die Wirbelbeine oder Huft— 
knochen auf jeder Seite. Wenn man nun auf der linken Seite 
den Huftknochen vor Geſchwulſt beinahe nicht mehr ſehen kann, 
ſo iſt es Zeit, das Thier durch einen Stich zu retten. Man 
betrachtet den Ruͤckgrat, damit man die Breite der Lenden 
beſtimmen kann. Dann fuͤhlet man nach der Rippe, die 
dem Wirbelbeine Guftknochen) am naͤchſten iſt, und nach 
dem Rande der Lenden, in welchem Raume ſich die Huft— 
kaut befindet. Durch einen Stich in dieſelbe kann das kranke 
Thier jetzt noch gerettet werden; durch den aufgetriebenen 
Wanſt iſt ſie aber kaum ſichtbar, ſondern wie eine aufge— 
triebene Blaſe ſteht der Wanft aus der Huftkaut herauf. 
Dieſer erhabene Punkt iſt es, wo der Stich angebracht wer— 
den muß. 0 

Das zu dieſem Stiche nöthige Meſſer muß eine ſpann— 
lange Klinge mit einem 5 Zoll langen Heft (Stiele) haben. 
Die Klinge muß ſcharf und ſehr ſpitz ſeyn. Am beſten iſt 
es, wenn man ſich zu dem Huftſtich ein beſonderes Meſſer 
machen laͤßt, welches in einer runden, blechernen Roͤhre 


220 


ſteckt und welches man durch eine Schraube hoch und niedrig 
ſtellen kann, um den Stich, nach der Beſchaffenheit und Groͤße 
des Thiers, mehr oder weniger tief thun zu koͤnnen. Dieſe 
blecherne Roͤhre, worin das Meſſer ſteckt, faßt man mit der 
einen Hand und druͤckt mit der andern das Meſſer friſch ein, 
und zwar bei einem großen Stuͤck Vieh eine ganze Spanne tief; 
bei einem kleinen Thier eine halbe Spanne. Man zieht das 
Meſſer nicht alsbald nach dem Stich wieder heraus, ſondern 
bewegt es ſanft, damit der Wind fortgeht. Hat das Meſ— 
ſer eine blecherne Roͤhre, die man in den Wanſt druͤckt, ſo 
ziehet durch dieſelbe die Luft aus dem Bauche. Oben um 
die Roͤhre muß ein blecherner Rand angebracht ſeyn, damit 
nicht die Roͤhre ſammt dem Meſſer in den Wanſt fallen 
kann. Die Roͤhre beſtreicht man mit Oehl. In Ermange⸗ 
lung einer blechernen Roͤhre kann man ſich auch zur Noth, 
wenn der Stich geſchehen und das Meſſer herausgezogen iſt, 
eines ſtarken Federkiels, der unten und oben aufgeſchnitten 
iſt, oder eines getrockneten Stuͤcks von einem rohrartigen 
Gewaͤchſe bedienen. Oben ſticht man quer einen Drath durch, 
daß der Kiel oder das rohrartige Gewaͤchs nicht in den 
Wanſt fallen koͤnnen. Nach dem Stiche muß man das kranke 
Thier ſanft bewegen, und nun iſt es gerettet. Man ber 
ſtreichet die Wunde mit gruͤnem Wagenſchmeer, oder mit 
ſonſt einer heilenden Salbe, und gibt trockenes Futter und 
ein warmes Mehlgetraͤnk zur Staͤrkung. 

So ein Trokar ſollte billig für jede Gemeinde an⸗ 
geſchafft und dem Schultheiß zur Verwahrung gegeben 
werden. 

Da der Buͤchervorrath des Landmanns gering iſt, und 
er nicht leicht Gelegenheit hat, anderswo etwas uͤber das 
Auflaufen des Rindviehes zu leſen, ſo wird man es nicht 
unſchicklich finden, daß bei Empfehlung des Kleefutters auch 
des Uebels gedacht worden iſt, das aus demſelben erwach⸗ 


221 


ſen kann, und daß dienliche Mittel dagegegen vorgeſchla— 
gen ſind. 

i. Von dem Trocknen des Klees zu Win⸗ 
terfutter. 

Iſt der Kleebau erforderlich eingerichtet, dann hat man 
deſſen nicht nur reichlich zum gruͤnen Futter, ſondern man 
kann auch einen ſchoͤnen Theil trocknen; man verfaͤhrt dabei 
auf folgende Art. 

Sobald ſich auf dem Kleeſtuͤck, das zum Trocken— 
machen beſtimmt iſt, einige Blumen zeigen, maͤhet man bei 
gutem Wetter und zettet den gemaͤhten Klee auf dem Acker 
umher, und laͤßt ihn zwei bis drei Tage, je nachdem das 
Wetter heiß iſt, ruhig liegen. Dann wird er, noch ehe die 
Sonne den Thau abtrocknet, mit einem Rechen, noch beſſer 
mit einer Schuͤttgabel, umgewendet, damit er ſo wenig wie 
moͤglich die Blaͤtter verlieret, welche die beſte Nahrung ent— 
halten. Iſt nun die andere Seite auch trocken, ſo bringt 
man ihn gegen Abend, oder den folgenden Morgen, auf 
Haufen und fuͤhret ihn ein. Bei dem Kleetrocknen it und 
bleibt es eine feſte Regel, den Klee nur des Morges und 
des Abends zu bearbeiten, damit er die Blaͤtter nicht zu viel 
verliere und ſich nicht verkruͤmmele. 

Andere ſchlagen den Klee, um ihn vor ſtarkem Roͤſten 
und Brennen auf dem Stock zu bewahren, wenn er trocken 
iſt, auf 12 Fuß hohe Haufen dicht zuſammen, damit er ſich 
erhitze, welches in 24 Stunden erfolgt. Dann werfen ſie 
ihn wieder auseinander, laſſen ihn ganz trocken werden und 
thun ihn ein, welches Verfahren recht gut ſeyn mag. 

Der Ort, der dem trockenen Klee zur Lagerſtelle an— 
gewieſen wird, muß aͤußerſt luftig und trocken, und oben in 
der Scheune oder auf einem Boden ſeyn, weil er leicht an— 
ziehet, ſich erhitzt, und dadurch viel von ſeiner Brauchbar⸗ 
keit und Guͤte verliert. Ueberdieß iſt es rathſam, zwiſchen 
jede Lage Klee etwas Stroh zu legen; Hafer- und Gerſten⸗ 


222 


Stroh iſt das beſte. Das zwiſchen den getrockneten Klee 
gelegte Stroh nimmt bei dem Roͤſten des Klees viel Eigenz 
thuͤmliches des Klees an und wird darum hernaͤchſt mit dem 
groͤßten Appetit mit dem Klee von dem Vieh gefreſſen, und 
um ſo lieber, wenn man zwiſchen jede Lage Klee, wie bei 
dem Heu, Salz ſtreuet. Das Salz iſt auch ein ſehr gutes 
Mittel gegen das Erhitzen und das Brennen des eingetha⸗ 
nen Klees. 

Der getrocknete Klee dient auch zu einem trefflichen 
Winterfutter fuͤr Pferde, Rindvieh und Schafe; und ſchnei⸗ 
det man ihn kurz und kocht und vermengt ihn mit Kleien 
oder geſchrotener Frucht, gekochten Kartoffeln oder unter⸗ 
erdigen Kohlraben, ſo iſt er auch ein treffliches Futter fuͤr 
die Schweine; gibt auch auf dieſe Art ein treffliches Ge— 
traͤnke fuͤr das Rindvieh. Alles Vieh bleibt bei dem Klee 
wohlbehalten, und das Melkvieh gibt reichlich gute und fette 
Milch; gewiß iſt dieß alles, was man von einem guten 
Futter ſagen kann. 

2. Der weiße hollaͤndiſche Klee, Trifolium 
sativum majus, L., iſt der durch die Cultur veredelte, ge 
meine weiße Wieſenklee. Er iſt ein treffliches Futter fuͤr das 
Rindvieh, beſonders die Schafe, und gewaͤhret durch ſeinen 
ſuͤßen Saft den Bienen eine reiche Nahrung. Er waͤchſt 
zwar nicht fo hoch herauf, wie der ſpaniſche oder rothe Wie— 
fenflee, wovon ſo eben gehandelt worden. Man kann ihn 
aber doch mit Nutzen bauen, beſonders in den Gegenden, 
wo man den Klee trocknet und zu Kleeheu macht. Er laͤßt 
ſich leichter zu Heu machen, als der rothe Klee, und das 
Kleeheu iſt ſo nahrhaft und kraͤftig, daß man damit trefflich 
maͤſten kann. | 

Er ift auch wegen feiner Dauer zu empfehlen, denn 
er ſtehet 8 bis 10 Jahre. Beſonders thut er auf einem 
ſchwarzen, mit Vegetabilien vermiſchten Boden ſehr gut. 

3. Der Bergklee. (Trifolium alpestre.) Man 


223 


hat noch eine Art rothen Klee, der ſich auf Bergen findet 
und ſich deßwegen beſonders fuͤr bergigte Gegenden ſchickt, 
und den man darum mit Recht Bergklee nennet. Da der 
ſpaniſche Klee an Bergen ausgehet, jo iſt dieſe Art an trocke⸗ 
nen Bergen mit dem beſten Erfolge anzuſaͤen. Er nimmt 
ſelbſt mit dem ſteinigſten Boden vorlieb. Die Blaͤtter ſind 
etwas laͤnglich, aber etwas ſchmaͤler, als der gewoͤhnliche 
rothe Klee. Die Blumen ſind ihm aber faſt ganz gleich; 
doch unterſcheiden fie ſich, ehe fie aufbluͤhen, durch eine dun— 
kelbraunere Farbe. Er findet ſich in ganz Europa auf Ber— 
gen. Wenn man keine andere Gelegenheit hat, ſo kann man 
ſich ſelbſt den Samen ſammeln, und ſich auf dieſem Wege 
zu dieſem Klee verhelfen. Hat man aber einen Boden, auf 
dem der gewoͤhnliche Klee fortkommt, ſo muß man dieſen 
Klee nicht bauen, da er jenem nachſtehet. Den Vorzug hat 
er vor dem ſpaniſchen Klee, daß er ſehr dauernd iſt und an 
Bergen faſt nicht ausgehet. Man duͤngt ihn mit Gyps, 
Aſche und Miſt. 

4. Der Honigklee, Schotenklee. Lotus cornicu— 
latus, L. Der Honig- oder Schotenklee iſt ebenfalls ber⸗ 
gigten Gegenden zu empfehlen. Seine Stengel kriechen gleich— 
ſam uͤber die Erde. Die Blaͤtter beſtehen, wie beim rothen 
Wieſenklee, aus drei laͤnglichen, faſt eifoͤrmigen Vlaͤttern. 
Außer dieſen ſitzen oben an dem Anfange des Stiels zwei 
andere, faſt herzfoͤrmige Blaͤttchen, ſo daß alſo jeder Stiel 
fuͤnf Blaͤtter hat. Die Blume iſt gelb und laͤnglich. Die 
Huͤlſen ſtehen auseinander. Er bluͤhet im Sommer faſt 
uͤberall auf Wieſen, Feldern und Bergen. Wo er einmal 
Wurzel gefaßt hat, da vergehet er nicht leicht. Der Honig— 
klee iſt im Fruͤhjahre eins der erſten Futterkraͤuter. Da, 
wo andere Kleearten wegen des allzu trockenen Bodens nicht 
gedeihen, kommt dieſer gelbe Klee ſehr gut fort. Fuͤr 
die Bienen gibt er eine ſehr gute Nahrung, weßwegen er 
auch Honigklee heißt. Dieſer Klee verdienet in bergigten 


224 


Gegenden eine beſondere Aufnahme, nur darf man nicht vers 
geſſen, ihn gut zu duͤngen, wozu die mehrmals angeführten 
Dungmittel dienen. 

5. Der Schnecken kles, Luzerne, Ewigklee. 
Medicago sativa, L. Dieſes Futterkraut iſt ſowohl wegen 
ſeiner Dauer, als wegen des vielen guten Futters, das es 
gibt, nicht genug zu empfehlen. 

Die Stengel dieſes Klees werden in gutem Lande 3 
Fuß hoch, und ſtehen aufrecht. Die Blumen wachſen in 2 
bis 3 Zoll langen Aehren, und ſtehen auf nackten Stielchen 
gerade in die Höhe. Ihre Farbe iſt blauroth. Die Huͤlſen 
ſind glatt, zuſammengedruͤckt und mondfoͤrmig, und zwei 
bis dreimal gewunden; auch enthalten ſie etliche Samenkoͤr⸗ 
ner, welche die Geſtalt der welſchen Bohnen haben. 

Die Luzerne waͤchſt ſowohl in ſandiger, wenn ſie gut 
geduͤngt wird, als auch in ſchwarzer Erde und ſchwerem 
Lehmboden; den lehmigten liebt ſie am meiſten. Will man 
der Luzerne den hoͤchſten Grad der Vollkommenheit geben, 
fo rojole oder durchgrabe man den Boden 3 Fuß tief, da⸗ 
mit er recht locker wird und ſich ſeine tief gehenden Wur⸗ 
zeln vollkommen ausbreiten und in die Tiefe gehen koͤnnen. 
Von einem lockeren und tiefen Boden hängt in heißen Ge- 
genden und warmen Sommertagen ſeine Vegetation ab; er 
kann dann bei heißen Tagen durch die Nahrung und Feuch⸗ 
tigkeit, die er aus der Tiefe an ſich ziehet, froͤhlich fort— 
wachſen; und der Ertrag auf einem rojolten Boden iſt noch 
einmal ſo groß, als auf einem nicht rojolten; von einem 
lockeren und tiefen Boden haͤngt auch ſeine Dauer ab. Iſt 
daher der Boden feſt, dicht und verſchloſſen, wie eine dichte 
Lehmmaſſe, oder iſt der Boden felſig, ſo wuͤrde die Luzerne, 
wenn fie auch anfangs noch ſo ſchoͤn ſtaͤnde, doch bald aus⸗ 
gehen. 5 

Eben ſo wenig gedeihet ſie auf naſſem und feuchtem 
Boden. Soll alſo die Luzerne einen reichen Futtergewinn 


225 
* 
abwerfen, fo muß man einen gleichen oder fanft fallenden, 
guten, lockeren Boden fuͤr ſie zurecht machen. Thut man 
dieß, ſo kann man ſich auch einen uͤber alle Maßen reichen 
Gewinn verſprechen. Da die Luzerne kein Unkraut leidet, ſo 
duͤrfen ihr keine Neubruͤche angewieſen werden. Selbſt 
Aecker, die ſchon im Bau ſind, muͤſſen, wenn man ſie nicht 
rojolen will, durch fleißiges Umſtuͤrzen vom Graſe gereiniget 
werden. Im Fruͤhjahre muß das Land recht tief geackert, 
es muͤſſen alle Schollen zerſchlagen und das Land auf das 
Beſte zubereitet werden. Den Duͤnger darf man nicht ſpa— 
ren, wenn man einen reichen Gewinn an Luzerne haben will. 
Die Saatzeit iſt von Ende des Aprils bis in den 
halben Juni. Auf einen Morgen von 160 Ruthen nimmt 
man 30 Pfund Samen. Man thut wohl, wenn man etwas 
anderes Getreide, als Hafer, unter den Luzernſamen mi— 
ſchet, theils um ſich nicht zu verſaͤen, theils um in dem 
erſten Jahre einen fo viel vollkommeneren Ertrag zu erhal— 
ten. Am beſten iſt es, wenn man den Samen, ſo wie den 
Acker, in gleiche Theile theilet, bis man eine Fertigkeit im 
Saͤen erlangt hat. Das Untereggen des geſaͤeten Samens 
geſchiehet mit einer leichten hoͤlzernen Egge; falls man dieſe 
nicht hat, ſo kann man ſich einer anderen ſchweren Egge be— 
dienen, die man vorher mit Dornen durchflicht. Iſt die Lu— 
zerne aufgegangen und etliche Zoll lang, ſo muß ſie gejaͤtet 
und von allem Unkraut ſorgfaͤltig gereiniget werden. In 
den folgenden Jahren hat man weiter nichts zu thun, als 
daß man die Luzernfelder mit einem guten Duͤnger im Herbſte 
deckt. Im Fruͤhjahre nimmt man die Reſte des Strohs weg. 
Will man im Fruͤhjahre noch Gyps oder Aſche auf die ve 
zerne freuen, fo fällt die Ernte fo viel reichlicher aus. 
In dem erften Jahre wird fie im Auguſt zum erjthnz 
mal abgemähet und zu Ende des Septembers noch einmal. 
Iſt der Wuchs ſtark, ſchoͤn und froͤhlich, ſo kann man ſie 
auch dreimal im erſten Jahre abmaͤhen. In den folgenden 
15 


226 


Jahren kann man fie aber jedes Jahr fünf bis ſechsmal ab⸗ 
maͤhen, und die reichſte Futterernte davon haben. Ein Haupt⸗ 
vortheil bei der Luzerne iſt, daß fie im Fruͤhjahre frühe anz 
kommt, und ſchon im April, wenn ſich nur einige Bluͤthen 
zeigen, abgemacht werden kann. Zu einem vollkommenen 
Bluͤhen darf man ſie nicht kommen laſſen, weil der Stock 
dadurch ſeine Kraft verlieret, welches durch ein zeitiges 
Maͤhen verhuͤtet wird. Auch iſt die noch weiche Luzerne 
dem Vieh angenehmer und genießbarer und milchet beſſer, 
als wenn ſie hart geworden iſt. 

In Ruͤckſicht der Dauer uͤbertrifft ſie den Klee weit. 
Doch iſt ihre Dauer ſehr verſchieden und richtet ſich nach 
der Beſchaffenheit des Bodens. Im Allgemeinen kann man 
aber annehmen, daß ſie 15 bis 20 Jahre dauert und in 
reichem Ertrage ſtehet. 

Faͤngt die Luzerne an, duͤnn zu werden, ſo iſt es 
Zeit, ſie auszuackern, und dieß thut man im Herbſte. Man 
ackert dann recht tief, damit die tief gehenden Wurzeln abs 
ſterben. In dem naͤchſten Jahre beſamt man den Acker, 
worauf Luzerne geſtanden hat, nicht mit Getreide, ſondern 
man fett am beſten Kartoffeln, Kohlraben oder Runkelruͤben 
darauf, damit durch fleißiges Hacken und Bearbeiten der 
Boden recht locker und von Unkraut gereiniget wird. 

Die Luzerne, welche reif werden ſoll, laͤßt man am 
beſten von der zweiten oder dritten Schur ſtehen. Im Sep⸗ 
tember wird ſie gewohnlich reif, und dann ſammelt man ſie 
mit der Hand ein und legt ſie an einen luftigen Ort, damit 
ſie recht trocken wird. Wenn ſie trocken iſt, ſo muß ſie aus⸗ 
gedroſchen werden. Den Samen bewahret man an einem 
trockenen Orte auf, bis zur Saatzeit. Wenn er waͤhrend 
der Aufbewahrung feucht wird, ſo keimt er und verdirbt. 
Wer den Luzernſamen kaufen will, und ſonſt in der Naͤhe 
keine Gelegenheit hat, der wende ſich nach Frankfurt an die 
Pfefferkorn'ſche Samenhandlung. 


227 


Was von der Verfutterung des rothen ſpaniſchen 
Klees geſagt worden iſt, daß er nemlich auf der Futterbank 
geſchnitten werden muͤſſe, das gilt auch von der Luzerne; 
auch muß man ſie, ſo lange ſie noch zart und weich iſt, mit 
Vorſicht verfuttern, damit das Vieh das Auflaufen nicht bes 
kommt; doch hat man bei der Luzerne nicht ſo viel Gefahr, 
wie bei dem rothen Klee. 

Hat man viel Luzerne angebaut, ſo daß man ſie nicht 
alle grün verfuttern kann, oder iſt die Witterung ſo frucht— 
bar, daß er anfaͤngt, hart zu werden, ehe man noch in die 
Mitte des Ackers kommt, ſo kann man das, was man von 
der gruͤnen Futterung entbehren kann, zu Ende des Junius 
trocknen, und eben ſo den kommenden Wuchs. Die getrock— 
nete Luzerne, welche eben fo, wie der getrocknete Klee bes 
handelt werden muß, iſt gegen den Ausgang des Winters 
ein kraͤftiges Futter, beſonders fuͤr Kuͤhe, welche Kaͤlber ha— 
ben; der getrocknete Luzern bringt reichliche und R fette 
Milch und ſuͤße Butter. 

Der Vortheil der Luzerne beſtehet alſo darin, daß fie 
viel länger dauert, als der Klee; daß ſie einen Monat früs 
her kommt; zwei, auch dreimal mehr des Jahres abgemähet 
werden kann; eine noch beſſere Nahrung gewaͤhret, und daß 
man bei ihrer Verfutterung nicht ſo viel Vorſicht noͤthig hat, 
als bei dem rothen Klee. Dagegen erfordert ſie auch, daß 
der Boden, wie bemerkt worden, tief e und mehr 
geduͤngt wird. 

6. Von der Esparſette. Unter den vielen gu⸗ 
ten Futterkraͤutern, die man baut, verdient auch die Espar⸗ 
fette, tuͤrkiſch Klee, Kleberklee, Wickenklee, Hedysarum ono- 
brychis, L., hier vorzuͤglich angefuͤhrt zu werden. Der 
Blätter der Espatſette ſtehen an beiden Seiten des Haupt: 
ſtengels oft 12, 13, in einer Reihe auf kleinen Stielchen. 
Die Bluͤthe iſt roth und mit Purpurfarbe geſtreift, ſte iſt 


228 


laͤnglich und aͤhrenfoͤrmig. Der Same iſt etwas größer als 
eine Linſe und auf der aͤußeren Huͤlſe etwas ſtachelig. 

Iſt gleich die Esparſette in ihrem Ertrage dem ſpani— 
ſchen Klee und der Luzerne nicht gleich zu ſetzen, fo verdie- 
net ſie doch beſonders darum empfohlen zu werden, weil 
ſie bei einem guten Ertrage mit ſchlechtem Boden vorlieb 
nimmt und ſich beſonders in ausgehauene Weinberge ſchickt. 
Sie waͤchſt gern in trockenen und duͤrren Bergen; nur kalte 
Orte mag ſie nicht leiden. Auch kann ſie den Schatten der 
Baͤume nicht vertragen; ſie liebt eine freie und offene Gegend. 

Das Land, welches man mit der Esparſette beſaͤen 
will, muß den Sommer und Herbſt zuvor ſo tief, als es 
moͤglich iſt, dreimal gepfluͤgt oder umgeackert werden. Im 
Monat April muß der Same, ohne daß man erſt noch ein- 
mal das Land pfluͤgt, ausgeſaͤet werden; dann hackt man 
den Samen mit einem eiſernen Rechen unter, weil ein ge— 
woͤhnliches Eggen den Samen nicht tief genug unterbringt. 
Der Same darf nicht zu dicht geſaͤet werden; die Körner, 
muͤſſen etwa zwei Zoll weit von einander zu liegen kommen. 
Iſt der Same nicht vollkommen gut, fo fäet man ihn dich⸗ 
ter und jaͤtet hernaͤchſt die uͤberfluͤſſigen Pflanzen ſammt dem 
Unkraute aus, welches ohnehin geſchehen muß. Ein guter 
Esparſettſame muß, wenn das ihn umgebende Haͤutchen weg⸗ 
genommen iſt, gelblich glaͤnzend ſeyn; dem aͤußeren Anſehen 
nach aber dunkelbraun ausſehen. Nach der Ausſaat bleibt 
er oft mehrere Wochen in der Erde, ohne aufzugehen, lie . 
gen. Hat er aber zum Keimen gutes Wetter, ſo zeigt er 
ſich vom Iten bis A4ten Tage. Im erſten Jahre kann die 
Esparſette nur im Auguſt abgemaͤhet werden, und dieß um 
deßwillen, damit die jungen Pflanzen ſtark und ſtockhaft wer⸗ 
den. Man laſſe die Esparſette ja nicht abweiden, wodurch 
ſie ganz verdirbt. Ueberhaupt bleibt das bei einem guten 
Futterbau Regel, kein Vieh zur Weide auf die Futterſtuͤcke 
zu treiben. 


229 


In den folgenden Jahren kann man die Esparſette 
dreimal maͤhen, wenn ſie friſch verfuttert werden ſoll. Zum 
Trocknen kann man ſie aber nur zweimal maͤhen. Bei dem 
Trockenen und Einbringen der Esparſette verfaͤhrt man eben 
ſo, wie bei dem Klee. Zum Trockenen muß man die Espar⸗ 
ſette maͤhen, wenn ſie anfaͤngt zu bluͤhen, und nicht war— 
ten, bis ein Theil der Bluͤthe in Samen gegangen iſt. 

Die Esparſette iſt fuͤr Pferde, Rindvieh und Schafe 
ein ſehr gutes Futter, ſowohl friſch als getrocknet. Wenn 
der Boden nicht naß iſt, ſo kann ſie 8 bis 10 Jahre dauern. 
Gibt es hier und da leere Plaͤtze, ſo hackt man dieſe um 
und wirft etwas Esparſettſamen hin und hackt ihn unter, 
wodurch man ſie lange und uͤber die gewoͤhnliche Zeit in gu— 
tem Ertrage halten kann. Sterben die Pflanzen endlich ab, 
fo verfaͤhrt man mit einem abgaͤngigen Esparſett-Stuͤck, 
wie mit der abgaͤngigen Luzerne. 

Daß die Acker- und Feld⸗Erbſen, Pisum sativum, L., 
und die Saat- und Futterwicken, Vicia sativa, L., ſehr 
gute Futterkraͤuter ſind, und neben den vorhergehenden mit 
ſehr vielem Nutzen gebaut werden, dieß iſt bekannt. Beſon— 
ders ſind die Erbſen ſehr milchend, die Wicken aber nur, ſo 
lange ſie weich und zart ſind. Was das Beſte bei der Rund— 
frucht iſt, iſt das, daß ſie mit einem ungeduͤngten Acker 
vorlieb nimmt und durch ihre Blaͤtter, die ſie ablegt, fuͤr 
die kommende Saat noch einen guten Duͤnger zuruͤcklaͤßt. 

Spergel, Spoͤrgel, Spark, Mariengras, Spergula 
arvensis, L. Ein Futterkraut, welches duͤnne, runde, kno— 
tige Staͤngel hat, etwa einer Spanne hoch; bei jedem Kno— 
ten wachſen duͤnne, ſchmale Blaͤtter. Auf den Spitzen der 
Staͤngel bringt es weißliche Bluͤthen, auf welche kleine Bla— 
ſen folgen, in welchen ſich ein ſchwarzer Same befindet, 
der zum Oehlſchlagen gebraucht werden kann. 

Die Kuͤhe freſſen den Spergel ſehr gern und geben 
viele und fette Milch danach. Spergel gehoͤret aber nicht 


230 


zu den ſehr einträglichen Futterkraͤutern, ſondern man füet 
ihn in ſandigen Boden, worin ſonſt kein Futterkraut fort 
kommt; er iſt daher fuͤr ſolche Gegenden eine a ige 
Gabe der Natur. 

In Gegenden, die tief liegen, wo der Boden feucht 
und einigermaßen naß iſt, und wo darum weder Klee noch 
Luzerne oder Esparſette gedeihen, thut man wohl, wenn 
man ſich den Anban gewiſſer Futtergraͤſer empfohlen ſeyn 
laßt; wovon noch die vorzuͤglichſten angeführt werden ſollen. 
Doch muß man ja nicht denken, als ob auf einem eigentlich 
naſſen Boden Futtergraͤſer gebaut werden koͤnnten. Nein, 
wo eine ſtehende Feuchtigkeit iſt, da gedeihet fo wenig Fut— 
tergras wie ein Futterkraut; da werden ſich unfehlbar ſauere 
Graͤſer und fihwertartige Graͤſer erzeugen. Der Boden fuͤr 
Futtergraͤſer muß fett und fruchtbar, ſaftig, ohne naß oder 
ſumpfartig zu ſeyn. 


1 2. Die beſten Futtergräſer. 


a. Hafergras, Wieſenhafer, Reygras. Avena 
elatior paniculata calicibus bifloris, flosculo hermaphro- 
dilo submutico, masculo aristato, L. 

Dieſes Hafergras iſt ein ſehr ergiebiges und ungemein 
milchreiches Futter. Aus der kriechenden Wurzel wachſen 
viele drei bis vier Fuß lange Halme mit breiten langen 
. Blättern und einer halben Fuß langen Rispe. Die Aehren 
ſind aus zwei gleich großen, unten mit glaͤnzenden Haaren 
beſetzten Blaͤttchen zuſammen geſetzt, wovon die unterſte eine 
maͤnnliche, die oberſte aber eine Zwitterbluͤthe iſt. Die zwei 
Baͤlge ſind von ungleicher Groͤße. Von den zwei Spelzen 
hat die aͤußere der unteren maͤnnlichen Bluͤthe auf dem Ruͤk⸗ 
ken, unterhalb der Mitte, eine noch einmal ſo lange, mit 
einer kleinen verſehenen Granne, welche unterwaͤrts gewun⸗ 
den, aber gerade iſt. Die äußere Spelze der oberen Zwit— 
terblume hat zuweilen eine aͤhnliche, oͤfters aber eine ganz 


281 


kurze, dichte, unter der Spelze ſtehende, aber gar keine Granne. 
Der Same, der mehrentheils nur in der oberen Bluͤthe voll 
kommen wird, iſt gelblich, laͤnglich, in den Spitzen locker 
eingeſchloſſen und hat, wie der Hafer, auf der einen Seite 
eine Furche. Die Riepe kommt ganz zuſammen gezogen aus 
der Scheide des oberſten Blatts; dann breitet ſie die lange 
Arme, ſpaͤter die kuͤrzeren aus; endlich biegen ſie ſich alle 
herunter, und die Rispe faͤngt von oben an zu bluͤhen. 

Das Hafergras waͤchſt in fettem, etwas feuchtem Bo— 
den, an Zaͤunen und Hecken, ohne weitere Bauung; wo 
man ſich zum erſten Aubau dieſes Graſes den Samen ſam⸗ 
meln und ſich nach und nach zu groͤßeren Saaten verhelfen 
kann, wenn man ſich den Samen nicht aus einer Samen⸗ 
handlung kommen laſſen will. Es bluͤhet in unſerer Gegend 
am Rhein, an der Lahn und auf der Dille zweimal im Jahr, 
und bringt eben ſo oft ſeinen Samen zur Reife. 

Das Hafergras gibt ein ſuͤßes, wohlſchmeckendes Fut— 
ter. Es hat eine Menge Blätter. Es iſt eins der beſten 
Futtergraͤſer für Pferde, Rindvieh und Schafe, ſowohl grün 
als trocßen. Getrocknet gibt es dem Heu einen beſonders 
guten ( eſchmack, den alles Vieh ſehr liebt. Auf einem gu— 
ten Voden woͤchſt es ungemein heraus und wirft einen uͤber— 
fluͤſſigen Nutzen ab. 

Man ſaͤet es im Fruͤhjahre oder Herbſte bei‘ ſtillem 
Wetter; am beſten, wenn bald Regen zu erwarten iſt. Auf 
einen Morgen nimmt man 8 Pfund Samen. Man miſchet 
ein ande es Futterkraut, als Hafer oder Wickeu, unter den 
Samen des Hafergraſes; theils damit die Sommerhitze den 
ſchwachen Graspflanzen nicht ſchade, theils aber auch um 
eines beſſeren Gewinns willen; denn in dem erſten Jahre iſt 
kein beſonderer Nutzen an dem Hafergras. Wenn man den 
Samen geſaͤet hat, ſo walzt man den Boden, wonach der 
Same ſchoͤn aufgehet. 

Die beſte Zeit zum Maͤhen iſt, wenn ſich die Rispe 


232 


oder Aehre zu zeigen anfaͤngt. Kann man das Hafergras 
nicht alle gruͤn verfuttern, ſo kann man es auch ſehr gut zu 
Heu machen, und es gewaͤhret dann, wie ſchon gefagt wor— 
den, einen großen Nutzen; nur vergeſſe man nicht, es zu 
ſalzen, das Vieh frißt alsdann die oft dicken und harten 
Stängel mit einem wahren Heißhunger, und laͤßt nichts da⸗ 
von umkommen. 

Das Bewaͤſſern kann das Hafergras nicht vertragen. 
Im dritten Jahre uͤberziehet man es mit Miſt; auch kann 
man ihm im Herbſte den Pferch geben; kurz, es verſchmaͤhet 
keine Art Dünger, denn von der Fettigkeit haͤnget feine 
Guͤte ab. 

Will man Samen ziehen, ſo laͤßt man von dem erſten 
Wuchſe fo viel ſtehen, als man zum Samen nöthig zu has 
ben glaubt. Der Same, welcher leicht ausfällt, wird ge— 
ſammelt, wenn die Aehre anfaͤngt, gelb zu werden. 

b. Honiggras. Auch das Honiggras, Darrgras, 
Sammtgras, Sammtwollgras, Pferdegras, wollige Moor- 
hirſe, Holcus, L., verdienet hier als ein gutes Futtergras 
geprieſen zu werden. Es kommt in jedem Boden fort; doch 
liebt es beſonders einen lockeren und fetten Boden, in wel— 
chem dieſe Graspflanze 30 bis 40 Halme, von drei bis vier 
Fuß Hoͤhe mit fußlangen Blaͤttern treibt. Die beiden Aeh— 
ren dieſes Graſes find aus zwei Bluͤthen zuſammengeſetzt. 
Die Baͤlge ſind ungleich; der aͤußere iſt groß, eyrund und 
ausgehoͤhlt und umgibt den inneren laͤnglichen. Die beiden 
Spelzen ſind kleiner, zaͤrter und wollicht. Die aͤußere da— 
von zeigt oft eine lange ſteife Granne, und die innere iſt 
gemeiniglich kleiner und ohne Granne. Man ſieht, wie bei 
vielen Graͤſern, auch bei dem Honiggraſe, drei Staubfaͤden 
und zwei Griffel, mit pinſelfoͤrmigen Staubfaͤden. Die Spel- 
zen verwachſen mit dem eyrunden Samen. 

Zu dem Honiggraſe bereitet man das Feld wie zum 
Hafergraſe zu, und ſaͤet es im April. Am beſten fäet man 


233 


Klee und Gerſte darunter. Auf einen Morgen nimmt man 
12 Pfund rothen Kleeſamen und 6 Pfund Honiggrasſamen. 
Erſt ſaͤet man die Gerſte und egget fie ein; dann ſaͤet man 
den Kleeſamen mit dem Honiggrasſamen, und bringt beide 
letztere mit der umgekehrten Egge unter die Erde. 

Im erſten Jahre beſtockt ſich das Honiggras noch nicht, 
und ſcheint oft ganz verloren zu ſeyn. Im zweiten Jahre 
breitet es ſich ſehr aus, und wenn der Klee im dritten 
Jahre anfaͤngt auszugehen, ſo nimmt das Honiggras das 
ganze Feld ein. 

In einem guten Boden muß man es maͤhen, ehe es 
zu hart wird, oder ehe es ſich legt und faulet. Ein ſolches 
mit Honiggras angeſaͤetes Stuck Land gibt mehr und kraͤf— 
tigeres Heu, als eine gewoͤhnliche Wieſe von derſelben Groͤße. 
Zu Ende des Aprils iſt es ſchon wenigſtens einen Fuß hoch. 
Man kann es vier und fuͤnf Mal abmaͤhen. Im Herbſte 
waͤchſt es bis zum anhaltenden Froſte, bisweilen bis gegen 
Weihnachten, und wenn auch ein Froft eintreten ſollte, fo 
erfriert es doch nicht; es dauert bis zu großer Kaͤlte. Wo 
es ſich einmal beſtockt hat, da dauert es ſehr lange, wenn 
der Boden einigermaßen fuͤr ſeine Natur geeignet iſt. Im 
Herbſte uͤberfaͤhret man es mit Miſt, oder man beſtreuet es 
im Frühjahre mit Aſche. Die Pferde freſſen es ſehr gern, 
und gedeihen ungemein darnach. Bei den Kuͤhen vermehret 
es Milch und Butter gar ſehr, und erzeuget beides von der 
beſten Guͤte, und fuͤr Schafe iſt es, friſch und trocken, ein 
treffliches Futter. 

Auf dem Weſterwalde, wo ſich ein ſchwarzer, fetter 
Boden findet, waͤre der Verſuch zu machen, ob dieſe beiden 
Graͤſer, das Hafer- und das Honiggras, nicht mit gluͤck— 
licherem Erfolge als der Klee anzubauen waͤren; um ſo mehr, 
da ſie nicht durch die Kaͤlte ſo leicht als dieſer leiden, und 
da ſie in Schweden und Daͤnemark einzig gebaut werden. 


Vier z hen ate Woranitt 


Von einer ſchicklichen umzäunung der Wieſen 
aus Weißdorn und rothen Weiden. 


S. ſorgfaͤltig man uͤberhaupt bei allen Wieſen und Fel⸗ 
dern breite und hohe Hecken vermeiden muß, und da, 
wo eine Befriedigung nicht durchaus nöthig it, am beſten 
Wieſen und Felder ganz offen und frei laͤßt: ſo kann doch 
der Fall ſeyn, daß man ſich genoͤthiget ſieht, eine Hecke zu 
pflanzen. Es kann daher nicht undienlich ſeyn, eine Anlei— 
tung zur Pflanzung und Unterhaltung einer r Umzäunung der 
e folg en zu laſſen. 

Die Umzaͤunungen um Wieſen und Felder ſind be⸗ 
kanntlich mancherlei; aber unter allen ſind keine ſchicklicher 
und beſſer, wo es Boden und Lage erlaubt, als die aus 
Weißdorn und rothen Weiden. Von einer jeden dieſer Art 
Hecken hier das N ethige. 

1. Weißdorn, Tebüb area Mehldorn, 
Crataegus oxyacantha, L., iſt ein allgemein bekannter 
Strauch. Der Stamm und die Aeſte ſind mit einer glatten 
weißen oder aſchgrauen Rinde umgeben; die Zweige mit 
langen, harten und ſehr ſcharfen Dornen beſetzt. Die Blaͤt— 
ter, welche dem Maßholderlaub ziemlich gleich kommen, aber 
um ein ziemliches kleiner, und auſſer den großen Ausſchnit⸗ 
ten noch rings herum klein gekerbt ſind, haben eine ſaatgruͤne 
Farbe und glaͤnzen auf der oberen Seite. Die Blumen ſind 
weiß, fie haben fünf Blaͤtter, etlich und zwanzig Staubfaͤ⸗ 
den, zwei Griffel; ſie wachſen in kleinen Buͤſcheln, und ge— 
ben einen ſtarken Geruch von ſich. 


235 


Anmerkung. Die Bienen lieben die Blüthe des Weißdorns, ſie 
iſt ihnen aber nicht gut, denn ſie erkranken darnach. Guter 
Honig, mit etwas gutem weißen Wein vermiſcht, iſt zur Zeit 
der Weißdornblüthe bei der Bienenzucht ſehr zu e n. 


Die Frucht, welche man Mehlbeere ꝛc. are iſt 
roth und glatt, hat die Geſtalt einer Alsbeere und einen 
doppelten ſteinharten Kern, durch welchen ſich dieſer Dorn— 
ſtrauch fortpflanzet. Daß es mehrere Arten Weißdorne gibt, 
ihre Verſchiedenheit und Abweichung von ne, dieß kann 
fuͤglich hier wegbleiben. 

Man kann die Weißdornhecken entweder aus Kernen 
anſaͤen und anziehen, oder von jungen Weißdorn-Fechſern 
anpflanzen. 

a. Wie man Hecken aus Weißdornſamen 
anfäet und anziehet. Man ſammelt im November ſo 
viel rothe Weißdornbeeren, als man zu einer neuen Anfaat 
nöthig zu haben glaubt. Da dieſe Beeren leicht zu haben 
ſind, ſo thut man wohl, wenn man ihrer lieber zu viel, als 
zu wenig nimmt, um ſo mehr, da manches Samenkorn nicht 
aufgeht. Man meſſe alsdann den Umfang, der beſaͤet wer— 
den ſoll, und rechne auf 1 Fuß zwei gute Handvoll. Die 
Weißdornbeeren werfe man in ein altes Faß, dem der eine 
Boden fehlt, oder in eine Buͤtte, die man in die freie Luft 
ſtellt, damit die Witterung auf die Beeren wirken kann. Zu 
den Beeren werfe man eben ſo viel friſchen Rindsmiſt ohne 
Stroh, menge beides unter einander und laſſe die Maſſe ſo 
bis ins Fr hjahr ſtehen. Damit ſich keine uͤberfluͤſſige und 
über die Beeren herauf ſtehende Naͤſſe, durch. Schnee und 
Regen, ſammeln kann, ſo oͤffnet man gleich anfangs den 
Zapfen der Buͤtte. Und im Fruͤhjahre, 14 Tage bevor man 
den Samen ſaͤen will, legt man die Buͤtte um, damit alle 
Naͤſſe rein abrinnen und der Same einigermaßen trocken 
werden kann. 


236 


Im März, fobald man in die Erde kommen kann, 
wirft man da, wo die neue Hecke angelegt werden ſoll, in 
gerader Richtung einen zwei Fuß weiten und tiefen Graben 
aus; man ſetzt ihn aber auch alsbald mit derſelben Erde 
wieder zu, wenn der Grund nicht allzu ſchlecht iſt. Den 
Raſen, und was verweſen und gute Erde geben kann, wirft 
man unten in den Graben; denn je beſſer die Erde iſt, deſto 
ſchoͤner und froͤhlicher iſt der Wuchs der jungen Hecke. Das 
Aus⸗ und Einwerfen der Erde hat den Zweck, den Boden 
ſo locker wie moͤglich zu machen, worauf ſehr viel ankommt. 
Iſt man mit der Zubereitung des Bodens fertig, ſo ſaͤet 
man den Weißdornſamen auf folgende Art. 

Die mit Rindsmiſt vermiſchten Weißdornbeeren ſind 
bis zum Fruͤhjahre verweſet, und die ganze Maſſe beſtehet 
durch die Wirkung der Faͤulniß und Witterung nun aus 
einer ſchwarzen Maſſe. Man nimmt nun dieſe aus der 
Buͤtte und reibt fie mit den Händen. Hat man den Weiß⸗ 
dornſamen durchgerieben, ſo ſpannt man eine Schnur uͤber 
den umgeſetzten Graben, und macht in der Mitte ein 2 Zoll 
breites und 2 Zoll tiefes Graͤbchen, und ſaͤet den Samen 
ſammt der ſchwarzen Erde da hinein, und deckt ihn wieder 
mit der Erde des Grabens zu. Wenn dieſe Anſaat ohne 
weitere Befriedigung offen bleiben kann, ſo iſt es am beſten; 
muß man aber der jungen Saat einigen Schutz geben, ſo 
duͤrfen die Dorne oder Reiſer nicht unmittelbar daruͤber ge— 
ſteckt werden, ſondern an der Seite oder Wand des ausge⸗ 
worfenen Grabens hin. Im Mai und Juni ſieht man den 
jungen Weißdorn ſchoͤn kommen. Doch kommt der Same 
im erſten Jahre nicht all, ſondern ein großer Theil erſt im 
zweiten Jahre. Die jungen Weißdornpflanzen muͤſſen im 
erſten Jahre von allem Unkraut rein gehalten werden. 

Man kann aber auch die Weißdornpflanzen auf einem 
Gartenlande anſaͤen und ſie erziehen, und ſie hernaͤchſt in 


237 


eine Hecke verpflanzen, welches im Grunde am beſten iſt, 
weil man dann die Weißdorn-Fechſer von gleicher Staͤrke 
rupfen, und ohne Luͤcke in einer beſtimmten Ordnung pflan⸗ 
zen kann, ſo daß ſie nicht zu dicht und nicht zu weit von 
einander zu ſtehen kommen. Wenn man ſie auf dieſe Art 
erziehen will, ſo ſtreuet man den zubereiteten Weißdornſa— 
men auf ein Gartenland und graͤbt ihn unter. Die davon 
aufgehenden Pflanzen laͤßt man bis in das dritte Jahr ſte— 
hen, und verpflanzet ſie dann zu einer Hecke. Hat man 
aber Gelegenheit, junge Weißdornpflanzen in einem Walde 
zu bekommen, ſo iſt es kuͤrzer, wenn man ſich dieſe daher 
verſchaffet und pflanzet, dieſe oder jene, auf folgende Art. 

b. Wie man eine Hecke aus jungen Weiß— 
dornfechſern pflanzet. So wie man bei dem Anſaͤen 
einer Hecke einen Graben auswirft und wieder zuſetzet, ge— 
rade ſo muß man bei dem Anpflanzen einer Weißdornhecke 
aus jungen Weißdornen einen Graben auswerfen und ihn 
wieder zuwerfen; denn von dem Rojolen des Bodens haͤngt 
das Fortſchlagen der Hecke ab. Wer dieſe Muͤhe und Koſten 
ſparet, wird nie eine ſchoͤne und gleich ſtarke Weißdornhecke 
anziehen. Man mißt aber auch die Laͤnge des Grabens, 
um die Zahl der jungen Weißdornen zu beſtimmen. Man 
rechnet auf jeden Fuß 6 junge Pflanzen. Man waͤhlet ſie 
ſo ſchwach, wie man ſie nur haben kann, doch von gleicher 
Staͤrke. Die, welche ſo ſtark wie eine irdene Pfeife ſind, 
ſind die beſten. Am geſchwindeſten und leichteſten rupft man 
ſie mit Handſchuhen, welches im Walde ſehr gut gehet. 
Dann werden alle Zweige glatt an dem Staͤmmchen abge— 
ſchnitten; das Staͤmmchen ſelbſt 1½ Fuß lang gelaſſen. Es 
bleibt alſo nichts als der Stamm des jungen Weißdorns 
und die Wurzeln. Die Wurzeln werden auch abgeſtutzt, bis 
auf Spannlaͤnge. Die den Tag uͤber gerupften Weißdorne 
ſchlaͤgt man des Abends ein, bis man die noͤthige Anzahl 


238 


beiſammen hat, damit die Wurzeln nicht austrocknen; denn 
wenn die Wurzeln trocken geworden ſind, gehen die Pflan— 
zen nicht an. Sobald man die noͤthige Anzahl beiſammen 
hat, pflanzet man ſie. Doch werden die jungen Weißdorn⸗ 
pflanzen nicht in gerader, aufrecht ſtehender Richtung, wie 
ein junger Baum, oder jedes andere Gewaͤchs, gepflanzet, 
ſondern in ganz ſchraͤger Richtung. Durch dieſe Pflanzung 
kommen jedesmal zwei Weißdornpflanzen in einem Kreuze 
gegen einander zu ſtehen, und die Enden der Weißdorne be— 
rühren ſich mit den naͤchſtſtehenden fo, daß fie Rauten bil— 
den. Die ganze Pflanzung geſchiehet nach der Schnur. Auch 
pflanzet man nicht tiefer, als die Weißdorne geſtanden has 
ben; man fuͤllet etwas gute Erde bei, und tritt die jungen 
Pflanzen mit dem Fuße feſt. Die ganze Pflanzung ſteht in 
vollkommen gerader Richtung, und nicht uͤber einen Fuß aus 
der Erde herauf. Wollte man ſie laͤnger laſſen, ſo wuͤrden 
die jungen Weiß dorne nicht gut ſortſchlagen, wenigſtens ſich 
nicht von dem Boden herauf verzweigen, und mancher Weiß⸗ 
dorn wuͤrde ſelbſt gar nicht kommen. 

Eine ſolche junge Hecke beſteckt man nicht mit Dornen 
oder Reiſern, ſondern laͤßt ſie ganz frei ſtehen, oder man 
ſteckt an der Seite, wie ſchon bei dem Saͤen des Weißdorns 
iſt gezeigt worden, einige Befriedigung her, wodurch die 
Weißdorne frei ſtehen und doch geſchuͤtzt ſind. Man ſieht 
nach, ob hier oder da eine Weißdornpflanze ausgeblieben 
iſt, die man im Herbſte oder naͤchſten Fruͤhjahre ausbeſſern 
muß; denn in einer ſolchen Hecke darf durchaus keine Pflanze 
fehlen. 

In den erſten Paar Jahren haͤlt man die junge Hecke 
von allem Unkraut rein. Man beſchneidet ſie im erſten Jahre 
nicht, wenn nicht der Wachsthum beſonders ſtark iſt. Aber 
in dem naͤchſtfolgenden, alſo im zweiten Fruͤhjahre, werden 
alle Ausſchlaͤge ſchon im Monat Februar ſcharf abgeſchnitten. 


239 


Dann in dem darauf folgenden Jahre wird die Hecke ges 
flochten, und um dieß beſſer thun zu koͤnnen, muß man ſich 
mit ſtarken Handſchuhen verſehen, die inwendig ſtark mit 
wollenem Zeug und auswendig mit Leder beſetzt ſind; denn 
der Stachel des Weißdorns iſt eppig, man muß ſich daher 
die Haͤnde gut verwahren. 

Alle beim Flechten abwaͤrts ſtehenden Dorne ſchneidet 
man weg, denn von Anfang muß die Anlage ſo gemacht 
werden, daß die junge Hecke ganz ſchmal bleibt; ſie darf in 
den fünf erſten Jahren nicht über fünf Zoll breit werden, 
und in allen folgenden Jahren ſich nicht über einen Fuß aus— 
breiten. Eben ſo muß man die Weißdornhecke nur nach und 
nach aufſteigen und höher werden laſſen. Ohne beſondere 
Gründe laͤßt man fie nicht über 5 Fuß kommen. In dem 
Geldernſchen findet man Hecken von Weißdorn, die nicht 
über 8 Zoll Breite und 10 Fuß Höhe haben, die fo innig 
und feſt in einander geflochten ſind, daß man auch nicht 
eines Fingers breit eine Oeffnung findet. 

Das Beſchneiden der Weißdornhecke muß mit einer 
ſcharfen Heckenſcheere geſchehen, und darf kein Jahr unter— 
bleiben; 14 Tage nach Johannis bis zum October kann dieß 
Beſchneiden vorgenommen werden. Soll die Hecke ſchoͤn 
werden, ſo darf auch nicht einen halben Zoll ein Reis wei— 
ter vorſtehen, als das andere. — Nie darf man eine ſolche 
Hecke mit einem Heckenmeſſer, Heckenflicker behauen. Ge 
ſchaͤhe dieß, ſo waͤre ſie ganz verdorben. Sie muß, wie 
geſagt, jedes Jahr zur beſtimmten Zeit ſorgfaͤltig mit einer 
recht ſcharfen Scheere beſchnitten werden. 

Wenn eine ſolche Hecke gut gepflanzet und vorſichtig 
behandelt wird, ſo dauert ſie, in gleicher Guͤte und Schoͤn— 
heit, uͤber ein Paar Menſchenalter, und iſt eine wahre Zierde 
eines Grundeigenthums. Faͤngt ſie endlich hier und da an, 
ſchadhaft zu werden, oder wird zu hoch und breit, weil 


240 


man fie nicht vorſichtig und ſcharf genug befchnitten hat: 
dann verjuͤnget man ſie, d. h. man ſchneidet ſie mit einer 
ſcharfen und ſtarken Baumſaͤge im Februar auf der Erde 
ab, und fuͤhret ſie, wie eine junge Hecke durch ſorgfaͤltiges 
Flechten und Beſchneiden, wie gezeigt worden, wieder herauf. 

2. Hecken aus rothen Bandweiden. Dieſe 
Weidenart iſt ſchon oben in dem ſechsten Abſchnitt beſchrie— 
ben worden; es iſt alſo hier nur zu zeigen, wie man aus 
dieſen Weiden da, wo wegen Naͤſſe des Bodens die Weiß— 
dornhecken nicht fortkommen, eine Umzaͤunung erziehen kann. 
Wenn man eine Hecke aus rothen Weiden erziehen will, 
dann muß man ſich im Monat Maͤrz ſo viel Schnittlinge zu 
verſchaffen ſuchen, als man noͤthig zu haben glaubt. Man 
rechnet auf einen Fuß zwei Schnittlinge; jeder Schnittling 
muß 1 ½ Fuß lang, und nicht ſchwaͤcher als ein kleiner 
Manns» Finger ſeyn. 

Solche Weidenſtaͤbe bindet man je 50 und 30 zuſam⸗ 
men, und ſtellet ſie, wie ſchon oben iſt bemerkt worden, in 
den Keller, oder ſchlaͤgt fie bis zum Pflanzen in Garten— 
land, und kurz vor dem Pflanzen 2 Zoll in Moraſt, naſſen 
Gaſſenkoth, Weiherſchlamm, oder in deſſen Ermangelung in 
Waſſer zum Anſaugen; doch laͤßt man fie nicht über 24 
Stunden in dieſer Feuchtigkeit ſtehen. 

Man wirft, wie bei dem Pflanzen der Weißdorn— 
Hecken iſt gezeigt worden, einen Graben aus, und ſetzt ihn 
auch mit demſelben Grund wieder zu. Dann ſtecket man 
nach einer Schnur die Weidenſchnittlinge in ſchiefer Rich— 
tung, wie die Weißdorne gepflanzt werden, gegen einander, 
ſo daß ſich dieſe Schnittlinge mit ihren aͤußeren Enden be— 
ruͤhren, alſo Rauten bilden, und wie ein ſchiefes Kreuz ge— 
gen einander ſtehen. Im erſten Jahre kneipt man mit dem 
Daumen alle Ausſchlaͤge, bis auf den oberſten und ſtaͤrkſten, 
weg, wodurch dieſer beſonders ſtark wird. Im naͤchſten 


21 


Fruͤhjahre, im Maͤrz, ſchneidet man die in dem vorigen 
Jahre ſtehen gelaſſenen Ruthen bis auf einen Fuß Laͤnge ab, 
und gibt ihnen die bei dem Stecken der Weidenſchnittlinge 
angenommene ſchiefe Richtung, wodurch ſich wieder die Spitzen 
der naͤchſtſtehenden Weiden beruͤhren, und ſo immer mehrere 
laͤngliche Vierecke bilden. Dieſe werden, damit ſie in dieſer 
Richtung bleiben, mit kleinen Weiden gegen einander gehef— 
tet. So fuͤhret man die junge Weidenhecke jedes Jahr um 
eine Raute, oder laͤngliches Viereck weiter, bis fie 4 bis 5 
Fuß Hoͤhe erreicht hat; hoͤher laͤßt man ſie nicht werden. 
Jedes Jahr ſchneidet man alle Ausſchlaͤge auf den Seiten, 
ſo wie oben, glatt an den Staͤmmen ab. Dieſe Weiden— 
hecken werden ſchoͤn, dauerhaft u ſehr einträglich an ſchoͤ⸗ 
nen Bandweiden. | 


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Beilage zu dem Wieſenbau. 


Von der Verbeſſerung der Gaͤrten und der 
Obſtkultur auf dem Lande; von beidem 
nur das Hoͤchſtnoͤthige. 


IL. allem Grundeigenthum der Landleute iſt in manchen 
Gegenden nichts mehr in Verfall und in einen unwirthbaren 
Zuſtand gerathen, als die Gaͤrten der Landleute in und um 
die Doͤrfer. Sie liegen groͤßtentheils ohne Umzaͤunung, ohne 
alle Bauung und Unterhaltung, unter einem Walde von 
ſchlechten Obſtbaͤumen, mit einer elenden Grasnarbe bedeckt, 
und ſind die ſtete Huͤhnerweide des ganzen Ortes. Und doch 
verdienen die Gaͤrten alle Aufmerkſamkeit und allen Fleiß 
ihrer Beſitzer. Ehe ich zu der Anweiſung der Verbeſſerung 
der Gaͤrten ſchreite, mag es nicht undienlich ſeyn, ein Wort 
uͤber deren hoͤchſt wahrſcheinliche Entſtehung und fruͤhere Be— 
ſtimmung, ſo wie uͤber die Urſache ihres Verfalls zu ſagen. 


Von der hoͤchſt wahrſcheinlichen Entſtehung der 
Gaͤrten, ihrer fruͤheren Beſtimmung und 
nachherigem Verfall. 


Steigt man in der Betrachtung der Kultur einer Ges 
gend bis zu ihrem Urſprunge hinauf, ſo muß man ihren 
Anfang in der Zeit der Voͤlkerwanderung ſuchen. Zu der 
Zeit, wo aus einer Gegend in die andere Nationen und 


246 


Voͤlker wanderten, da kamen auch nach Deutſchland und in 
die Gauen der Naſſau Menſchen, die ſich in denſelben nie— 
derließen und ſich anſiedelten. Hoͤchſt wahrſcheinlich waren 
die Gaͤrten unſerer Landleute die erſten Beſitzungen dieſer 
Pilgrime. Denn da, wo die Koloniſten ihre Huͤtten und 
Herde errichteten, da legten ſie auch um dieſelbe ihre erſten 
Beſitzungen an. 

Bei dem Auwuchſe der Familien theilten ſich die Nach— 
kommen in die Beſitzungen ihrer Vaͤter. Sie erbauten ſich 
neue Wohnungen; aus den einzelnen Landhaͤuſern gab es 
nach und nach kleine Doͤrfer, endlich Flecken und Staͤdte. 
Die Gegenden, in denen ſie wohnten, unterwarfen ſie ſich 
nach und nach, bauten ſie alle immer weiter und weiter 
an, und ſo entſtanden Wieſen, Felder und Gemarkungen; 
aber die eigentlichen Stammguͤter ihrer Vaͤter legten ſie zu 
Hausgaͤrten an, damit ein Jeder etwas von dem elterlichen 
Erbe um ſeine Wohnung habe, worauf ſie wohl um ſo mehr 
einen Werth ſetzten, weil ſich gleichſam an dieſelbe die Ge— 
ſchichte ihrer Voreltern und ihrer Wanderſchaft anreihete. 
Sie bepflanzten ſie mit Obſtbaͤumen und wuͤrdigten ſie, auch 
wegen der guͤnſtigen Lage, einer beſonderen Aufmerkſamkeit. 
Durch die Vermehrung der Menſchen und ihren immer groͤße— 
ren Anwuchs unterwarf man die Gaͤrten einer oͤfteren Thei— 
lung, und endlich einer gaͤnzlichen Zerſplitterung; ſo ſanken 
ſie von ihrer fruͤheren Beſtimmung und ſorgfaͤltigen Bauung 
zu dem unwirthbaren Zuſtand herab, wie wir ſie in unſeren 
Tagen zum Verdruſſe vor Augen ſehen. 

Nicht genug, daß man die Gaͤrten bis in die kleinſten 
Parzellen theilte; wenn ſich der Flaͤchenraum derſelben nicht 
mehr theilen ließ, ſo theilten ſich ſelbſt mehrere Familien in 
den Ertrag eines einzigen Obſtbaumes, welches einen immer 
groͤßeren Verfall der Gaͤrten herbeigefuͤhret hat. Denn wenn 
ſolche Baͤume einiges Obſt haben, ſo erlaubt ſich faſt ein 
Jeder, unter dem Vorwande, ich habe auch Theil daran, 


247 


davon zu nehmen, und diejenigen, welche keine Anſpruͤche 
darauf machen koͤnnen, nehmen doch davon, weil ſie es An— 
dere thun ſehen. Beſonders it die Dorfjugend zuͤgellos in 
dem Obſtfrevel. Die Aeſte der Obſtbaͤume werden zerbrochen, 
die halbzeitige Frucht wird herunter geriſſen, die Gegend, 
wo ſo ein tragender Obſtbaum ſtehet, iſt weit umher mit 
Steinen und Pruͤgeln beſaͤet. Das halbzeitige Obſt wird 
angebiſſen und weggeworfen, oder, zum groͤßten Nachtheil 
der Geſundheit, von dieſen jungen Menſchen verſchluckt. 
Ihre dicken, aufgedrungenen Leiber und ihre kranke Geſichts— 
farbe geben hinreichend zu erkennen, wie ungeſund ihnen das 
unzeitige Obſt iſt. Der Eigenthuͤmer, wenn er etwas Obſt 
haben will, ſiehet ſich durch dieſen Unfug genoͤthiget, das 
halbzeitige Obſt abzunehmen, um dem aͤrgerlichen Weſen ein 
Ende zu machen. 5 

Dieſen herrſchend gewordenen Obſtfrevel ſiehet man 
auf dem Lande als ein unvermeidliches Uebel an. Weder 
die Eltern, noch die Schullehrer, noch die Ortspolizei ar— 
beiten mit Ernſt und Strenge dagegen. Soll aber die Obſt— 
kultur in Aufnahme kommen, ſo muͤſſen gegen denſelben die 
allerſtrengſten Maßregeln ergriffen werden. Das Obſt muß 
unangeruührt, wie ein halbes Heiligthum, bis zu der voll 
kommenſten Zeitigung haͤngen bleiben koͤnnen, weil es nur 
dann eigentlichen Wohlgeſchmack hat und geſunde Nahrung 
gewaͤhret. Iſt es aber zu verwundern, wenn der Landmann 
unter dieſen unguͤnſtigen Umſtaͤnden die Gaͤrten nichts ach— 
tet, und ſie mehr als eine Laſt und Quelle des Verdruſſes, 
als des Wohlſtandes anſiehet? 

Weil die Gaͤrten nichts geachtet werden, daher kommt 
es denn zum andern, daß alle Wurzelausſchlaͤge der Obſt— 
baͤume aufwachſen und daß die Obſtbaͤume in den Gaͤrten ſo 
dicht, wie ein geſchloſſener Hochwald ſtehen, und darum we— 
nig und ſchlechtes Obſt bringen. 

Wenn die Obſtbaͤume reichlich und ſchoͤne Fruͤchte tra⸗ 


248 


gen ſollen, fo muͤſſen fie, wenn fie auch von guten Sorten 
ſind, frei und offen ſtehen. Kein Baum darf dem andern 
mit ſeinen Wurzeln zu nahe kommen und ihm die Nahrung 
entziehen, ihre Zweige duͤrfen ſich nicht beruͤhren und ſich 
auch nicht einander die noͤthigen Nahrungsſtoffe aus der 
Luft wegnehmen oder durch Wurzelausſchlaͤge geſchwaͤcht wers 
den. Eben ſo muͤſſen die Obſtbaͤume, die ſchoͤne, edle Fruͤchte 
tragen ſollen, nicht im Raſen, ſondern in dem Gras- oder 
Ackerlande ſtehen. Der Raſen in ſo unbeachteten Gaͤrten iſt 
dicht, filzig, wie ein dicker Pelz, welcher dem Obſtbaume 
alle Erfriſchung und Nahrung eines fruchtbaren Regens auf— 
hält und an ſich ziehet, fo daß den unter der Raſendecke dürs 
ſtenden Baumwurzeln keine Erquickung zukommt. Aus allen 
dieſen, der Vegetation der Obſtbaͤume ſo unguͤnſtigen Ver⸗ 
haͤltniſſen kommt es, daß die Obſtbaͤume in den Gaͤrten der 
Landleute ſelten und hoͤchſt ſchlechte Fruͤchte bringen, die dem 
Obſte, welches von gleichen Sorten in beſſerer Lage und 
Pflege gewonnen wird, weit nachſtehen. 

Das Gras, das unter dem Schatten der Obſthaͤume 
waͤchſt, iſt auch von geringem Werthe, und kann hoͤchſtens 
einmal des Jahrs gemaͤhet werden. Staͤnden die Obſtbaͤume 
in erforderlicher Entfernung von einander, und wuͤrden die 
Gärten erforderlich geduͤungt und zum Gemuͤs- und Futter⸗ 
bau angelegt, dann koͤnnten fie in dieſer Hinſicht dem Land— 
mann von beſonderem Nutzen ſeyn. Aber in dem unbeach— 
teten Zuſtand, worin ſie ſich finden, werfen ſie auch den 
Nutzen nicht ab. So ergibt es ſich alſo nach allen dieſen 
Erwaͤgungen, daß die Gaͤrten der Landleute ſich hoͤchſt ſchlecht 
reveniren. Und doch machen fie um jedes Ort her einen bes 
deutenden Flaͤchenraum aus, der beſteuert iſt, der die beſte 
Lage, den beſten Boden hat, ganz in der Naͤhe des Eigen— 
thuͤmers liegt, und daher in allen dieſen Ruͤckſichten die be— 
ſten Grundſtuͤcke der Landleute ſeyn koͤnnten. 

Wegen der guͤnſtigen Lage. Die meiſten Gaͤrten 


249 


auf dem Lande haben eine ſchoͤne und angenehme Lage. Ges 
woͤhnlich iſt ſie ſonnenreich, in der Naͤhe eines rieſelnden 
Bachs oder vorbeigehenden Fluſſes. Wie ſehr viel iſt aber 
bei allen Erzeugniſſen der Natur durch eine guͤnſtige Lage 
gewonnen? Die beſten Gemuͤſe und das feinſte, edelſte Obſt 
wachſen und gedeihen in ihr, um ſo mehr, wenn der Boden 
mit foͤrderlich iſt, woran es in den Gaͤrten auf dem Lande 
nicht fehlet. Da alſo, wo unter dichtem und dunkelem Schatz 
ten der Obſtbaͤume jetzt nur ein kuͤmmerliches Gras waͤchſt 
und ſchlechtes Obſt zeitiget, koͤnnen bei einer verbeſſerten 
Anlage gute Gemuͤſe und viel feines und treffliches Obſt 
gewonnen werden. Wie viel kann aber durch beide Erzeug— 
niſſe der Lebensgenuß und der haͤusliche Wohlſtand der Land— 
leute geſteigert werden? Wie viel ſchoͤner und angenehmer 
wuͤrde es auf dem Lande ſeyn, wenn die Gaͤrten ſchoͤn und 
nuͤtzlich angelegt waͤren, und da, wo jetzt nichts als Un— 
ordnung und Verwuͤſtung herrſchet, ſchoͤner Wirſich und 
obererdige Kohlraben ꝛc. wuͤchſen, und ſtatt Spillinge und 
ſchlechten Obſtes Raincloden und Mirabellen; ſtatt Strei— 
merlinge und Waſſerbirnen gelbe und gruͤne Renetten, graue 
und gelbe Butterbirnen zeitigten? Und zu wie vielfachem 
baarem Gewinne wuͤrde ſo eine Verbeſſerung den Landmann 
fuͤhren? indem ſchoͤnes, gutes Gemuͤſe und feines Obſt wie 
baares Geld anzuſehen ſind. 

Die Gaͤrten auf dem Lande verdienen aber auch we— 
gen der guten Erde, die ſie haben, eine beſſere Bauung 
und Benutzung. Wo man auch den Boden der wuͤſtiegen— 
den Gaͤrten unterſucht und betrachtet, da findet man uͤberall 
eine feine, fette, ſchwarze Erde. Selbſt die Vegetation und 
der kraͤftige Wuchs der viel zu dicht ſtehenden Obſtbaͤume 
zeigt, welche Kraft in dem Boden ſteckt, den fie beſchatten. 
Es iſt auch leicht zu erkennen, daß ſich die erſten Koloniſten 
da niederließen, wo ihnen der Boden am beſten und frucht— 
barſten ſchien. Dieſer wurde durch ihren und ihrer Nach— 


250 


kommen Fleiß immer mehr veredelt, und er würde noch viel 
beſſer geworden ſeyn, wenn er ſich nicht, wer kann ſagen, 
ſeit wie lange, uͤberlaſſen geblieben waͤre. Hat der Land⸗ 
mann einen guten Boden und dabei eine guͤnſtige Lage, dann 
kann er in der Erzeugung der Pflanzen und Gewaͤchſe in 
unferem Klima den hoͤchſten Grad der Vollkommenheit errei— 
chen. Eben aus dieſem Grunde iſt es eines klugen Oekono— 
men feine größte Sorge, den Boden zu veredeln, und wo 
er einen guten Boden findet, die Kraͤfte, die darin ſtecken, 
zu benutzen. 

Wenn nun der Landmann Grundſtuͤcke von dem beſten 
Boden hat, worauf er alles ziehen koͤnnte, aber ihn nicht 
anbaut und nicht benutzt, ſondern ungebaut liegen laͤßt, wie 
dieß der Fall bei Gaͤrten iſt: begehet er dann nicht den er— 
ſten und groͤßten Fehler und Verſtoß gegen ſein eigenes In— 
tereſſe? Wie lange Zeit gehoͤrt dazu, bis man einen Boden 
aus dem rohen Naturzuſtand heraus arbeitet, ihn edel und 
geſchlacht macht? und den Boden und die Grundſtuͤcke, die 
eine treffliche Bauerde haben, wollte man laͤnger unbenutzt 
liegen laſſen? Nein, das kann und darf der Landmann in 
unſeren Tagen nicht mehr, nicht laͤnger wollen und zugeben. 

Die Gaͤrten auf dem Lande verdienen aber auch wegen 
der nahen und ſehr bequemen Lage eine ſorgfaͤltige Bauung. 
Das, was der Menſch in der Naͤhe hat und haben kann, 
ziehet er dem vor, was er in der Ferne ſuchen muß, denn 
es iſt ihm ſicherer und geſchwinder zur Hand. Beſonders 
iſt dieß bei dem Landmann in Ruͤckſicht ſeiner Beſitzungen 
der Fall. Welche Vortheile gewaͤhret es, wenn er in der 
tähe feiner Wohnung ein Grundſtuͤck oder einen Garten an— 
bauen oder anlegen kann ? Da kann er in einigen Minuten 
auf ſeiner Beſitzung ſeyn, er kann mit ſeiner Familie be— 
quem alle Arbeit verrichten, den Duͤnger ohne Beſchwerde 
hinſchaffen, bei unguͤnſtiger Witterung eilend hin und her 
kommen, auf die Produkte gute Acht haben, ſie wohl gar 


251 


aus dem Fenſter wahrnehmen, und fo wie er etwas davon 
bedarf, ſo kann er es in der Geſchwindigkeit herholen. 
Welche Vortheile gewaͤhret alſo ein Garten bei dem Haufe? 
Sein Werth iſt mit keinem fernen Grundftüc zu vergleichen. 
Sollte man die Gelegenheit, ihn zu haben, ferner unbeach— 
tet laſſen? oder nicht lieber von Gemeindswegen, von 
Ortsvorſtandswegen alles anwenden, daß ein ſchoͤner, zweck— 
maͤßiger und ſicherer Gartenbau veranſtaltet wuͤrde, damit 
einem jeden Gemeindsgliede dieſer Nutzen zu Theil werde? 

Alle dieſe Gruͤnde machen es gewiß dem ſich ſelbſt 
liebenden Landmanne ſehr fuͤhlbar, wie gut, ja wie noͤthig 
es iſt, eine der erſten Verbeſſerungen und Umſchaffung der 
ſogenannten Gaͤrten vorzunehmen. 


Was geſchehen muß, wenn die Gaͤrten der 
Landleute aus dem veroͤdeten und un— 
wirthbaren Zuſtande gerettet werden 
ſollen. 


* 


Sollen die Gaͤrten aus dem Verderben gerettet und 
dem Landmanne wirklich nuͤtzlijch werden, dann iſt die Con— 
ſolidation aller Gartengerechtigkeit das Erſte. Denn was 
kann der Landmann mit den vielen kleinen Laͤppchen, die in 
der Gartengerechtigkeit zerſtreut liegen, anfangen? Sie ſind 
keiner eigentlichen Bauung und Befriedigung faͤhig. Nur durch 
die Zuſammenlegung der vielen kleinen Stuͤcke kann beides 
bezweckt werden. Alles, was darum ein Gemeindsglied zer— 
ſtreut unter, uͤber und neben dem Dorfe als Garteneigen— 
thum liegen hat, das muß zuſammen gelegt werden, damit 
es ein Garten gibt. 

Um dieß Zuſammenlegen der Gaͤrten zu bewirken, ſo 
muͤſſen alle Gärten gemeſſen und dann zuſammen gelegt 
werden. 55 . 
Waͤre es aber, daß ein fleißiger und forgfältiger Land— 
mann ſich einen ſchoͤnen und geraͤumigen Garten angelegt 


252 


hätte, fo kann dieſer ohne feine Einwilligung nicht in die 
gemeinfchaftliche Zuſammenlegung gezogen werden; dann iſt 
es billig, daß ihm dieſer bleibt, wenn er es wuͤnſchet. 

Sind die Gaͤrten conſolidiret, dann duͤrfen ſie aber 
auch nicht wieder getheilt werden, wenigſtens muß ein ge— 
wiſſes Ruthenmaß feſtgeſetzt werden, das untheilbar bleibt. 
Vermehren ſich die Familien eines Orts, ſo daß die Gar⸗ 
tengerechtigkeit nicht zureicht, ſo muͤſſen die, welche Gaͤrten 
haben wollen, ſich dieſelben neu anlegen. 


Anſichten, wie etwa der Landmann auf eine 
nützliche Art feinen Garten anlegen kann ). 


1 

Jeder Garten muß genau und geregelt abgetheilt wer— 
den, der Weg zwiſchen durch taufen und die Laͤnder oder 
Gartenbeete an dem Weg hin mit nuͤtzlichen Kuͤchenkraͤutern, 
etwa mit Lauch oder Peterſilie eingefaßt werden. Die Beete 
theilet man genau ab und bepflanzet ſie am beſten jedes mit 
einerlei Gemuͤſe. 

Gewoͤhnlich leben die Landleute von Kartoffeln, Mehl⸗ 
ſpeiſen, Milch „ Huͤlſenfruͤchten und am meiſten von Brot. 
Dieß ſind zwar gute Nahrungsmittel, fie werden aber durch 
Beimiſchung von etwas Gruͤnem aus dem Pflanzenreiche 
viel ſchmackhafter und angenehmer. Beſonders ſind Gemuͤſe 
ſehr geſund und wohlſchmeckend; ſie verduͤnnen das Blut 
und geben dem Menſchen gute Saͤfte und erſparen viel Brot. 

Zu den Kuchenkraͤutern gehören alle Arten Lauch, 
Zwiebel, Kerbel, Peterſilie, Selleri, Porri, Majoran und 
Thymian, womit man gleichſam die Speiſen wuͤrzet und 
wohlſchmeckend macht; alle Sorten Salat, Roͤmiſchkohl, 


*) Dieſe Anſichten mögen wohl Manchem kleinlich ſcheinen, aber 
8 gibt Gegenden, wo der Landmann noch nicht die erſten Begriffe 
von dem Gartenbau hat; es mag daher dieſe kurze Anleitung zum An⸗ 
legen der Gärten hier ein Plätzchen einnehmen. 


253 


Schneidkohl und Ewigkohl, Wirſich, obererdige Kohlraben, 
mehrere Arten fruͤhe Erbſen, welche gruͤn genoſſen wer— 
den, Gurken und fruͤhe Bohnen. Dieſe und dergleichen 
Kuͤchenkraͤuter, Salate und Gemuͤſe ſchicken ſich mehr oder 
weniger, ſo wie es das Klima zugibt, fuͤr die Gaͤrten der 
Landleute. Das Klima mag aber ſo milde ſeyn wie es will, 
fo muͤſſen alle Gewaͤchſe, die den Winter über ſtehen blei— 
ben, gegen die Sonne mit Stroh, Wachhecken oder Ginſter, 
kurz mit etwas, das Schatten macht, bedeckt werden. Denn 
nicht die Kaͤlte, ſondern die auf die Kaͤlte folgende Sonne iſt 
des Winters allen Gewaͤchſen ihr Untergang und Verderben. 

Der blaue Kohl, Kappes, untererdige Kohlraben, 
Kartoffeln, gelbe und weiße Rüben, Stangenbohnen u. dgl. 
ſchicken ſich, wie dieß der Landmann wohl ſelbſt weiß, fuͤr 
die offenen Gemuͤs- und Krautgaͤrten am beſten. 

Iſt der Garten geraͤumig, ſo daß ſein ganzer Flaͤchen— 
raum nicht fuͤr Gemuͤſe noͤthig iſt, ſo kann man noch einen 
Theil zu einem Kleeſtuͤck anlegen; denn ein Futterſtuͤck in 
der Naͤhe gehoͤret zu den großen Gemaͤchlichkeiten einer wohl— 
geordneten Oekonomie, und iſt ein Gegenſtand, der ſich ſelbſt 
empfiehlt. 

Die Gaͤrten muͤſſen aber auch zur Aab erfor⸗ 
derlich angelegt werden. Gutes, feines Obſt iſt etwas Koͤſt— 
liches fuͤr den Menſchen, es iſt ein koſtbares Geſchenk des 
Schoͤpfers, wofuͤr man ihm nicht genug danken kann. Es 
iſt, wenn es von guten Sorten und zeitig iſt, friſch genoſ— 
ſen, ſehr wohlſchmeckend, erfriſchend und ſtaͤrkend. Man 
kann aber auch mannigfaltige wohlſchmeckende Speiſen, ſo— 
wohl friſch geſtoft als getrocknet, daraus bereiten. Gutes 
Obſt ergoͤtet den Gefunden und erquicket den Kranken. Und 
welch eine Mannigfaltigkeit gewaͤhret uns der Genuß des 
Obſtes! Wie viele koͤſtliche Kirſchen, Pflaumen, Birnen 
und Aepfel gibt es nicht! Aber dieſe edlen Obſtſorten fin— 
den ſich bis jetzt groͤßtentheils in den Gaͤrten der Reichen 


254 


und Großen in den Städten Wie viel ſchoͤner und erfreu— 
licher wuͤrde es aber ſeyn, wenn ſich dieſe feinen Obſtſorten 
auch in den Gaͤrten und an den Wohnungen der Landleute 
faͤnden, und ſelbſt die Huͤtte des armen Tageloͤhners zier— 
ten! wenn ſich der niedrige Landmann wie der reiche Staͤd— 
ter dieſer wohlthaͤtigen Geſchenke der Natur erfreuen koͤnnte. 
Dieß wird geſchehen, wenn ſich der Landmann mit allem 
Fleiß auf die Obſtkultur legt, ſich die noͤthigen Kenntniſſe 
in dieſem Nahrungszweige zu erwerben ſuchet, ſich um edele 
Pfropfreiſer von dem feinſten und beſten Obſte bemuͤhet und 
nicht nur in den Gaͤrten, an den Wegen und Straßen, an 
Abhaͤnge, auf Berge und Viehtriften, in die bis jetzt unange— 
bauten Gegenden, ſondern ſelbſt an alle Waͤnde der Wohnun⸗ 
gen und Gebaͤude Obſtbaͤume zu pflanzen ſuchet. Welch eine 
Fülle von koͤſtlichem Obſte, welch einen Segen und Ueberfluß 
wuͤrde dieß nicht herbeifuͤhren, welch einen Wohlſtand jeder 
Gemeinde und einzelnen Familie geben; welch ein Aufbluͤhen 
einem ganzen Lande, das ſich mit allem Ernſte neben dem 
Getreide-, Wein- und Wieſenbau auch der Obſtkultur wid— 
met! Dieſem herrlichen Ziele naͤher zu kommen, ſo ſoll denn 
hier fuͤr den in der Obſtkultur unkundigen Landmann das 
Noͤthigſte geſagt werden. Und zwar ſoll 1. von den Benen— 
nungen der feinſten und beſten Obſtſorten; 2. von der Obſt⸗ 
pflanzung in den Gaͤrten; 3. von Obſthecken um die Gaͤr⸗ 
ten; J. von der Obſtkultur an den Wohnungen; 5. von der 
auf dem Felde; 6. von einer Dorfbaumſchule; 7. von dem 
Verpflanzen der jungen Obſtbaͤume; 8. von dem Reinigen, 
dem Ausputzen und Beſchneiden der Obſtbaͤume, und letztens 
von der ſo ſchaͤdlichen Spannraupe die Rede ſeyn. a 


1. Von den Benennungen der feinſten und beſten 
Obſtſorten. 5 


Wenn ſich der Menſch um etwas bewerben will, ſo 
muß er vor allen Dingen den Gegenſtand wenigſtens dem 


255 


Namen nach kennen. Darum iſt es alſo erforderlich, daß 
der Landmann wenigſtens die gewoͤhnlichen deutſchen Benen— 
nungen der Obſtſorten kennen lernt, und fo felgen denn 
dieſe mit Weglaſſung der franzoͤſiſchen, ſo weit dieß ſeyn 
kann, welche oft nur Anlaß zu voller Unverſtaͤndlichkeit gez 
ben. Eine naͤhere Beſchreibung der Obſtſorten muß wegen 
der Kuͤrze, worin ſich dieſe Anweiſung draͤngen muß, weg— 
bleiben. 
Die vorzüglichſten Sorten Kirſchen. 

Süße Sorten. 
Die gelderſche Maikirſche. 
Die doppelte Maikirſche. 
Die große fruͤhe ſchwarze Herzkirſche. 
Die große gelbe Herzkirſche. 
Die rothe fruͤhe Herzkirſche. 
Die große marmorirte Herzkirſche. 

Sauere Sorten. 
Die große ſpaniſche Amarelle. 
Die gewöhnliche Amarelle. 
Die ſchwarze Weichſel. 
Die Oſtheimer. 
Die vorzüglichſten Pflaumen. 
Die gewoͤhnliche Damascener. 
Die große Damascener. 
Die Pertricon. 
Die Mirabelle. 
Schwarze und gruͤne Rainclode. 
Die gewoͤhnliche Bamberger Zwetſche. 
Die beſten Sorten Birnen. 

Frühbirnen. 
Die große Muskatellerbirn. 
Die Kaiſerbirn. 


256 


Die Markiſe. 
Die fruͤhe Honigbirn. 
Herbſtbirnen. 
Die weiße Butterbirn. 
Die graue oder gruͤne Butterbirn. g 
Die Rheinbirn, iſt gut zum Kochen oder Stofen. 
Die Herbſt- und Winterbergamotte. | 
Die Winterdornbirn. 
Catilacbirn, vorzuͤglich zum Kochen und Stofen. 


Späte Winterbirnen. 
Die Colmar. 
Die lange gruͤne Winterbirn. 
Die große hollaͤndiſche Bergamotte. 

Die Sorten Birnen, welche die beſten ſind, Birnmus 
und Birnſaft daraus zu kochen, kennt ſchon der Landmann 
ſelbſt und wird dieſe anzupflanzen ſuchen, wenn er mehr 
Luſt und Geſchmack an dem Pflanzen findet. 


Die beſten Sorten Aepfel. 
Frühe Aepfel. 
Der Erdbeerapfel. 
Der geſtreifte Weinapfel. 1 
Der Himbeerapfel. 
Der fruͤhe weiße und rothe Calwill. 


Herbſtäpfel. 
Die große gruͤne Renette. 
Die große graue Renette. 
Die franzoͤſiſche weiße Renette. 
Die engliſche Renette. 
Die Goldrenette. 
Der Pepping. 
Der Borſtapfel. 


257 


Der Achatapfel. 
Der Courpenduͤ. 


Winteräpfel. 


Der rothe Courpenduͤ. 

Der doppelte Calwill, roth und weiß. 

Der Stettiner. 

Der Guͤldling. 

Der Rambour. 

Der blaue Madapfel; dieß iſt einer der beſten Wirthſchafts⸗ 
Aepfel. a 

Der Gewuͤrzapfel. 


Wer eine naͤhere Beſchreibung und Abbildung aller 
dieſer Obſtſorten wuͤnſchet, muß Siklers deutſchen Obſtgaͤrt— 
ner zu bekommen ſuchen und nachleſen. 

Der Landmann, der in der Obſtkultur voran kommen 
will, muß ſich in den Staͤdten bei Gaͤrtnern vornehmer Fa— 
milien um Pfropfreiſer ein und anderer der angeführten 
Obſtſorten bemuͤhen. 


2. Von der Obſtkultur in den Gärten. 


Sollen die Gärten zu dem Gemuͤsbau dienen, fo duͤr— 
fen nur wenig Obſtbaͤume darin gepflanzt werden. Denn 
unter dem Schatten der Obſtbaͤume gedeihen außer dem blauen 
und gruͤnen Kohl keine Gemuͤſe gut. In einem Raume etwa 
von 20 Ruthen pflanze man hoͤchſtens nur zwei Obſtbaͤume. 

Nachdem eine Familie vermoͤgend iſt und Antheil an 
der Gartengerechtigkeit hat, nachdem muß ſich allerdings 
bei einer neuen Gartenanlage die Groͤße eines Gartens rich— 
ten; aber in dem Allgemeinen kann man annehmen, daß 25 
bis 30 Ruthen zu einem Gemuͤsgarten fuͤr eine Landfamilie, 
die ihren Hauptbedarf von Gemuͤſe auf den offenen Gaͤrten 
ziehet, hinreichend ſind. Den uͤbrigen Theil des Gartens 
beſtimme man fuͤr den Futterbau. Aber auch auf demſelben 


17 


258 


Theile pflanze man die Obſtbaͤume nicht dichter; denn die 
ſchaͤdlichen Folgen der zu dicht ſtehenden Obſtbaͤume find ge—⸗ 
zeigt worden, und die Erfahrung lehret ſie. 

Bei der neuen Gartenanlage uͤberlege man, welche 
Obſtbaͤume von den alten Obſtbaͤumen ſchicklich ſtehen bleiben 
koͤnnen, die uͤbrigen werfe man ſammt der Wurzel aus. 
Sollten die Staͤmme, welche man ſtehen laſſen will, ſchlech— 
tes Obſt tragen, ſo laſſe man die ſchicklichen doch ſtehen und 
veredele ſie hernaͤchſt mit guten Sorten; dann hat man bald 
gute, tragbare Baͤume. Wie die Veredlung alter Obſtbaͤume 
vorzunehmen iſt, dieß wird weiter unten gezeigt werden. 
Die Obſtbaͤume in Gaͤrten treibe man durch tiefe Loͤcher und 
ſorgfaͤltiges Ausputzen nach und nach in die Hoͤhe, damit ſie 
um ſo weniger Schatten machen. Wie beides geſchehen muß, 
kommt auch weiter unten vor. Die fehlenden Obſtbaͤume erſetze 
man durch ſchoͤne, junge Staͤmme, vor der Hand, bis man 
eine eigene Dorfbaumſchule hat, aus einer andern guten 
Baumſchule. Man ſehe aber bei der Auswahl der jungen 
Obſtbaͤume nicht ſo ſehr auf die aͤußere Schoͤnheit, Groͤße 
und Staͤrke der Stämme, als vielmehr auf feine, gute Sor— 
ten, und uͤberlaſſe ſich dabei der Redlichkeit des Gaͤrtners. 
Nimmt man viele junge Obſtbaͤume, ſo mache man wegen 
der Güte und Aechtheit der Sorten einen ſchriftlichen Con⸗ 
tract mit dem Gaͤrtner. 


3. Von den Obſthecken, oder einer ſchönen und nütz⸗ 
lichen Umzäunung der Gärten mit Obſtbäumen. 


Auch die Hecken um die Gaͤrten koͤnnen die Fuͤlle und 
den Ueberfluß feinen und guten Obſtes befoͤrdern helfen, 


wenn ſie aus jungen Obſtbaͤumen angepflanzt und erzogen 
werden. Man kann Obſthecken aus Kirſchen, Mirabellen, 


Zwetſchen, Birnen und Aepfeln erziehen. Die Obſthecken 
kann man ſo dicht und innig in einander fuͤhren, daß ſie eine 
wahre Schutzwehr des Eigenthuͤmers werden; nur muß man 


U ˙—̃ʃ K —-— 


259 


fie nach und nach zu erforderlicher Höhe und Staͤrke kom— 
men laſſen. 

Wer eine Obſthecke anlegen will, der muß die Laͤnge 
des Raums meſſen, die mit der Obſchecke umgeben werden 
fol. Auf jeden Fuß rechnet man ein Staͤmmchenz ſo vicl 
Fuß Länge die Hecke werden ſoll, jo viel Obſtſtaͤmuchen 
muß man alſo haben. 

Zu einer Hecke aus Kirſchen waͤhlet man die Oſthei— 
mer Kirſche, die doppelte Maikirſche oder die gewohnliche 
Amarelle. Zu einer Hecke aus dem Pflaumengeſchlecht nimmt 
man am beſten Mirabellen, welche unvergleichlich tragen und 
deren Fruͤchte auf mannigfaltige Art benutzt werden loͤnnen. 
Auch aus Zwetſchenſtaͤmmchen kann man Obſthecken anlegen; 
ich ſelbſt habe deren eine, welche ſehr reichlich traͤgt. Zu 
einer Zwetſchenhecke waͤhlet man die Ausſchlaͤge anderer 
Zwetſchenbaͤume, die ſo ſtark wie ein kleiner Finger ſind 
und die man nicht weiter zu veredeln braucht. Zu einer 
Hecke aus Birnen nimmt man die gelbe, weiße und graue 
Butterbirn; zu der aus Aepfeln, den Pepping, den Achat⸗ 
apfel, die engliſche Renette und den Courpendu. 

Dieſe Obſtſorten ſchicken ſich vorzuͤglich zu Obſthecken. 
Man kann, ſo zu jagen, aus allen Obſtſorten, wenn man 
fie ſorgfaͤltig beſchneidet und in einander führt, Obſthecken 
anlegen. Eine Obſchecke pflauzet man nicht aus mehreren 
Sorten, ſondern nur aus einer, oder doch aus r die 
zugleich zeitigen. 

Die Staͤmmchen, die man von Aepfeln und Birnen 
zu Obſthecken verpflanzen will, muͤſſen / Fuß von der Erde 
veredelt werden und wie ein Finger ſtark ſeyn. Man muß 
ſie, ehe ſie zur Obſthecke verpflanzt werden, zweimal in der 
Baumſchule verpflanzen, damit ſie ſo viel zwergiger werden. 
Denn durch das oͤftere Zerpflanzen der Aepfel- und Birn— 
baͤume und das dabei vorzunehmende Einſtutzen der Wur— 
zeln wird ein Baum zwergig. Hätte man Johannisſtaͤmmchen 


1 


260 


genug, welche von Natur zwergig find, und aus welchen 
man, wenn ſie veredelt ſind, die ſchoͤnſten Obſthecken erzie— 
hen kann, dann beduͤrfte es der Muͤhe nicht, die gewoͤhn— 
lichen jungen Staͤmmchen durch mehrmaliges Verpflanzen 
dazu vorzubereiten und geſchickt zu machen. Aber in deren 
Ermangelung bedienet man ſich der gewoͤhnlichen Obſtbaͤume 
und maͤßiget ihren Wuchs durch mehrmaliges Verpflanzen. 
Ich ſelbſt habe Zwergrenetten und andere gewoͤhnlich ſehr 
in die Höhe gehende Aepfelbaͤume, die ſchon 34 Jahre alt 
find und nicht über 3 Fuß Hohe haben. 

Die Zwetſchen-, Mirabellen- und Kirſchenſtaͤmme hat 
man nicht noͤthig, durch mehrmaliges Verpflanzen zu Obſt— 
hecken geſchickt zu machen, ſondern man kann ſie ohne Wei— 
teres zu Hecken verpflanzen. 

Hat man die noͤthige Anzahl Obſtſtaͤmmchen, dann 
wirft man einen zwei Fuß weiten und tiefen Graben aus und 
ſetzt ihn wieder zu, wie bei dem Pflanzen der Weißdornhecken 
an dem Ende der Anweiſung zur Verbeſſerung des Wieſen— 
baus iſt gezeigt worden. Mitten uͤber den rojolten Graben 
ſteckt man eine Schnur, und pflanzt die jungen Staͤmmchen, 
wie geſagt, einen Fuß weit von einander, aber nicht tiefer, 
als ſie geſtanden haben. Die Wurzeln werden eingeſtutzt 
und die veredelten Reiſer auf drei Augen, alſo ganz kurz 
geſchnitten. Schon in der Baumſchule muß man die Hecken⸗ 
baͤumchen kurz halten, und in dem naͤchſten Fruͤhjahr nach 
der Veredlung kurz, auf zwei Augen das Reis, beſchneiden. 
Die gepflanzten Staͤmmchen haͤufelt man, wie es ſich von 
ſelbſt verſtehet, mit Erde an, und tritt ſie ſanft feſt. Die 
Zwiſchenraͤume zwiſchen den Obſtſtaͤmmchen kann man mit 
kleinen Pfaͤhlen ausſtecken; am beſten iſt es aber, man laͤßt 
ſie frei und unbeſteckt, damit man den Boden um ſo beſſer 
rein halten und die wilden Ausſchlaͤge, wenn ſich dieſer zei— 
gen ſollten, alsbald abmachen kann. 

Die Obſthecken werden nach Convention der Nachbarn 


1 


261 


nicht nur auf die Grenze, ſondern auch auf gemeinfchaftliche 
Koſten gepflanzt und unterhalten. Wollte der Nachbar in 
fd eine Pflanzung nicht einwilligen, fo pflanze man fie auf 
ſeine eigene Koſten; der Nutzen und Obſtertrag, der dann 
auch ganz auf die Seite des Pflanzenden faͤllt, wird die 
Koſten und Muͤhe reichlich verguͤten. Und wegen der Hoͤhe 
ſo einer Obſthecke kann der Nachbar, wenigſtens in dem Naſ— 
ſauiſchen, nach einem Regierungs-Erlaſſe, nichts einwenden. 

Jedes Fruͤhjahr in dem Februar oder Maͤrz muß die 
Obſthecke ſorgfaͤltig mit einem recht ſcharfen Gartenmeſſer be— 
ſchnitten werden. Bei dem Beſchneiden haͤlt man mit der lin— 
ken Hand das Reis, und mit der rechten ſchneidet man, damit 
man nicht durch unvorſichtiges Ziehen mit dem Meſſer ein Aeſt— 
chen abreiße oder kraͤche. Die Reiſer, die von der Hecke ab 
nach dem Garten, oder auf des Nachbars Seite getrieben ha— 
ben, ſchneidet man auf zwei Augen. Durch ſo ein ganz kurzes 
Beſchneiden haͤlt man die Hecke nicht nur ſchmal, welches 
die Zierde ſo einer Hecke iſt, ſondern man veranlaßt auch 
die Heckenbaͤume, in einander zu wachſen und eine geſchloſ— 
ſene, dichte Hecke zu bilden, aber auch Fruchtaugen zu er— 
zeugen, um ſie dadurch in den reichſten Obſtertrag zu ſetzen. 
Die Aepfel- und Birnbaͤume bringen ihre Fruͤchte nicht an 
den gewoͤhnlichen Augen, ſondern an kurzen Sproſſen, die 
ſie an ihren Aeſten austreiben. Anfangs zeigen ſich dieſe 
Tragaugen in kurzen, runden Augen, nach und nach ver— 
laͤngern ſie ſich, ſo daß dieſe Augen eigene Sproſſen ge— 
ben, deren Spitzen mit einem kurzen runden Fruchtauge ver— 
ſehen ſind. Dieſe Augen muß man durch ein vorſichtiges 
Beſchneiden zu vermehren und bei dem Abthun des Obſtes 
ſorgfaͤltig zu erhalten ſuchen. Die Reiſer, die in der 
Richtung der Hecke gewachſen ſind, ſchneidet man, wenn 
die Reiſer ſtark ſind, auf fuͤnf Augen, ſchwache auf drei 
Augen; man iſt ſtets bemuͤhet, wenn ſich die nachbarli— 
chen Aeſte erreicht haben, dieſe in die Hecke einzuſtecken 


262 


und in einander zu fuͤhren, wodurch die Hecke gebildet 
wird. N 

Da der Wuchs des Baums gleich nach der Pflan— 
zung aufrecht gehet und ſich alſo die Zwiſchenraͤume zwiſchen 
den jungen Obſtheckenbaͤumen gleichſam winkelig ſchließen, 
wenn ſie ſich ſelbſt uͤberlaſſen bleiben, ſo legt man, dieß zu 
verhuͤten und die jungen Obſtbaͤumchen auseinander zu fuͤh— 
ren, in der Hoͤhe der unterſten Aeſtchen an der ganzen Hecke 
hin leichte Stangen an, woran man die unterſten Zweige 
anheftet, um ſo viel eher die Zwiſchenraͤume in der Obſt— 
hecke zuzufuͤhren und eine Hecke zu bilden. Die Reiſer, die 
den oberen Theil der Hecke bilden, ſchneidet man auf drei 
Augen. Eine Hauptſorge iſt, daß man die Zweige ſtets nach 
beiden Seiten fuͤhret, damit die Kraft der Staͤmmchen nicht 
ſo ſehr aufrecht treibt. 

Ob zwar die Obſthecken von Aepfeln und Birnen, 
nachdem die Sorten des Obſtes gewaͤhlt werden, zuweilen 
ſpaͤt zu tragen anfangen, ſo ſind ſie hernaͤchſt deſto fruchtba— 
rer, und belohnen die Muͤhe ſo viel reichlicher. Sie ſind, 
wenn ſie wohl gezogen werden, eine wahre Gartenzierde. 
Billig ſollte man in unſeren Zeiten keine Hecken mehr um 
und zwiſchen Gaͤrten aus Dornen und Hainbuchen, ſondern 
allgemein aus fruchtbaren Gewaͤchſen anziehen, und wie ſehr 
wuͤrde dieß, wenn es allgemein geſchaͤhe, den Obſtertrag 
vermehren! 

Die Hauptfeinde des Gartenbaus auf dem Lande ſind 
die Huͤhner. Man thut daher wohl, wenn man ſich gegen 
ihr Eindringen durch eine Umzaͤunung von 14 Fuß langen 
geraden Stangen zu verwahren ſuchet. Dieſe Stangen ſpitzet 
man an ihren oberen Enden und nagelt ſie an eben ſo hohe, 
eichene Pfoſtelle. Damit die Pfoſten ſtets gerade ſtehen blei— 
ben, ſo ſetzet man 2 Fuß in die Erde und verſpeiſet ſie, 
und ſetzet fie mit Steinen feſt. An dieſe Wände von Stan⸗ 


263 


gen pflanze man nach der gegebenen Anleitung Obſtſtaͤmmchen, 
wodurch man gegen den Verdruß der Huͤhner ſicher wird. 


4. Von der Obſtkultur an den Wohnungen und Ge— 
bäuden der Landleute. 


In tiefen und warmen Gegenden eignen ſich die Mor— 
gen- und mittaͤglichen Lagen der Wohnungen und der laͤnd— 
lichen Gebaͤude vorzugsweiſe fuͤr den Weinſtock. Und es 
waͤre zu wuͤnſchen, daß man in dieſer Hinſicht aufmerkſamer 
waͤre. 

Wie angenehm und ſchoͤn wohnet man unter dem 
Schatten des Weinſtocks! Welch einen ſchoͤnen und erfreu— 
lichen Anblick gewaͤhren die ſuͤßen, ſaftreichen Trauben, und 
wie koͤſtlich ſind ſie zum Genuſſe! 

Wenn alle ſonnenreiche Lagen der Gebaͤude eines Orts 
mit einer Sorte Weintrauben, etwa mit Klebroth, der 
Sorte, die man zu Aßmanshauſen baut, und als weiße, 
mit der Demanttraube, einer langberkelichen, ſehr ſuͤßen 
und ziemlich fruͤhe zeitigenden Traube, bepflanzte; — welche 
beide Sorten jedes Jahr zeitigen und gute Weine geben, 
und auch ſehr gut zum Eſſen ſind; fuͤr eine ſehr gut gele— 
gene Gegend wuͤrden ſich noch beſſer, als roth, die große 
Burgunder, und als weiß, die Malvaſier oder Orlean— 
Trauben eignen; — wenn man die Weinſtoͤcke genau und ſorg— 
faͤltig nach einer Vorſchrift behandelte, alle Trauben ſorg— 
faͤltig zuſammen hielte, bei voͤlliger Zeitigung korbweiſe zu— 
ſammenlieferte, dieſe woͤge, das Gewicht und den Namen 
des Liefernden aufzeichnete, die Trauben gemeinfchaftlich Fels 
terte und den Wein verkaufte und das geloͤſte Geld nach den 
gelieferten Trauben vertheilte: was ließe ſich da gewinnen! 
Und doch koͤnnte der Landmann, wenn er auch in keiner 
Weingegend wohnte, einen ſchoͤnen Feſttrank obendrein ha— 
ben. Gewiß manches Haus ſammt zugehoͤrigen Gebaͤuden 
wuͤrden ihre Zinſen ſchon auf dieſe Art reichlich abwerfen, 


264 


die ſo, da man nichts daran hat, geradehin verwohnt 
werden. 

Aber auch zum Anpflanzen des Stein- und Kernobſtes 
koͤnnen die Waͤnde der Landgebaͤude von großem Nutzen 
ſeyn. An einer Wand wird das Obſt viel feiner, groͤßer und 
wohlſchmeckender, als in dem Freien, den Gaͤrten oder Felde. 
Verſchiedene feine Obſtſorten, z. B. Pfirſiche und Aprikoſen, 
eben ſo der weiße und rothe Calwill, tragen in dem Freien 
nicht fo oft, fo reichlich und fo ſchoͤne Früchte, als an Waͤn⸗ 
den der Gebaͤude. Und welch eine Zierde iſt ein an einem 
Gebäude ſchoͤn angeführter Baum! Welch ein ſchoͤner, er— 
freulicher Anblick iſt es, wenn er in voller Bluͤthe ſtehet, 
noch mehr aber, wenn er mit ſchoͤnen, großen Früchten bes 
laden und gezieret iſt, z. B. mit weißen oder rothen Cal⸗ 
will, oder mit einer ſchoͤnen Birnſorte. Wer ſich dieſes ſuͤße 
Vergnügen und den bedeutenden Nutzen verſchaffen will, der 
merke auf folgende kurze Anweiſung. 

Man pflanzet an eine Wand, nach Verhaͤltniß ihrer 
Größe und der Obſtgattung, einen auch mehrere Obſtbaͤume. 
Auf einen Pfirſich-, Aprikoſen-, Mirabellen-, Raincloden-⸗, 
ſaueren Kirſchbaum rechnet man eine Quadratruthe Raum. 
Dagegen auf alle übrigen Sorten Obſt, die ſich mehr aus⸗ 
breiten, rechnet man zwei Ruthen Breite und Hoͤhe einer 
Wand. 

Da, wo man einen Baum hinpflanzen will, macht man 
ein vier Fuß weites und drei Fuß tiefes Loch und wirft dieſes, 
wenn der ausgeworfene Grund nicht gut iſt, mit guter Erde, 
doch muß dieſe auch nicht zu fett ſeyn, wieder zu; denn in 
einer ſorgfaͤltigen Vorbereitung des Bodens liegt die Vege— 
tation und Fruchtbarkeit des Baums. Iſt aber die Erde zu 
fett, ſo treibt der Baum zu viel in das Holz und bringt in 
dem hohen Alter erſt Fruͤchte; iſt er zu mager, ſo treibt 
der Baum ſchwaches Holz und bringt Heine Früchte; doch 
iſt es beſſer, wenn der Boden weniger fett als zu fett iſt, 


265 


weil dem Obſtbaume an der Wand, ſowohl durch den Schutz 
wie durch die Dachtraufe, beſondere Vortheile zufließen. 
Nur in dem Auswerfen des Lochs ſeye man nicht geitzig, und 
mache es weit und tief genug. Wer alſo zum Pflanzen eines 
jungen Obſtbaums ein kleines nothduͤrftiges Loch auswirft, 
worin ſich kaum die Wurzeln des Baums ausbreiten laſſen, 
der verfehlet ſeinen Zweck ſehr. Die lockere und durchge— 
brochene Erde muß den jungen Baum in den Stand ſetzen, 
ſeine zarten und noch ſchwachen Wurzeln durch denſelben 
hinzuſchieben. 

Zum Pflanzen an eine Wand, in deren Naͤhe viel 
Verkehr von Menſchen und Thieren iſt, waͤhlet man am be— 
ſten einen maͤßig hochſtaͤmmigen Baum, weil durch die Hoͤhe 
die Zweige, ſo wie die Fruͤchte mehr in Ruhe und Sicher— 
heit kommen. Die Aeſte des Baums befchneidet man vor 
dem Pflanzen ſcharf, d. h. kurz, doch ſo, daß er ſich ſchoͤn 
an die Wand anlegt. Man ſuchet ihn ſo zu ziehen, daß er 
auf einer Seite ſo viel Aeſte austreibt, wie auf der andern. 
Ehe man den Baum pflanzet, ſetzt man einen geraden Pfahl 
in das Loch dicht an die Wand und befeſtiget ihn. Dann 
ſetzt man den jungen Obſtbaum neben den Pfahl auf die 
Sonnenſeite, aber ebenwohl dicht an die Wand; denn der 
Baum und eben ſo der Weinſtock, obgleich beide die Feuch— 
tigkeit lieben, koͤnnen fie nicht vertragen, wenn zur Winters— 
zeit die Dachtraufe auf ihre Zweige oder ihren Schaft hin— 
faͤllt. Man pflanzt den Stamm nicht hoͤher und nicht tiefer, 
als er geſtanden hat. Man haͤufelt die Erde bei, tritt ihn 
mäsig an, und heftet ihn vor der Hand nur leiſe an, da 
mit er ſich mit der Erde ſenken kann. 

Alle jungen Ausſchlaͤge und Jahreswuͤchſe, die der 
Baum treibt und ſich ſchicklich anlegen laſſen, werden, waͤh— 
rend daß ſie noch zart und jung ſind, mit Binſen oder Hal— 
men naſſen Strohs an die Wand angeheftet. So lange das 
Reis zart iſt, laͤßt es ſich leicht anfuͤhren, aber hernaͤchſt, 


266 


wenn das Holz hart geworden iſt, wird es unbiegſam, 
ſproͤde und bricht bei dem Anfuͤhren leicht. Die abſtehenden 
Zweige, Zweige, die ſich nicht gut anfuͤhren laſſen, laͤßt man 
unangeheftet und beſchneidet ſie hernaͤchſt, oder druͤckt ſie 
ſchon als Keim ab. Das ſorgfaͤltige und fleißige Anfuͤhren 
der jungen Reiſer darf man aber nie unterlaſſen, ſonſt faͤllt 
an denen Waͤnden, wo die Dachtraufe hingehet, dieſe auf 
die Zweige und benetzet auf eine unangenehme Art das Ge— 
baͤude, und die ganze Pflanzung, an welcher Wand ſie auch 
ſeyn mag, geraͤth in einen wilden Zuftand. 

Das Beſchneiden dieſer Obſtbaͤume kann in dem October 
und November, oder auch in dem Februar geſchehen, aber es 
muß jedes Jahr unabaͤnderlich vorgenommen werden. Die 
Zweige, die ſich ſchicklich an die Wand angelegt haben, 
ſchneidet man auf drei auch vier Augen, je nachdem ein 
Baum ſchwach oder ſtark treibt. Die abſtehenden Reiſer 
ſchneidet man ganz kurz, etwa nur auf zwei Augen, oder 
einen viertel Zoll. Hat der junge Baum mehr Ruthen an 
die Wand angelegt, als ſich ſchicklich anbringen laſſen, ſo 
daß fie ſich einander zu nahe kommen und weiterhin beruͤh—⸗ 
ren wuͤrden, ſo ſchneidet man dieſe auch ganz kurz oder ganz 
weg. Thut man dieß nicht, ſo wird der Baum ſtrauchig und 
verſchwendet ſeine Kraͤfte in unnuͤtzen Aeſten und Blaͤttern. 
Man muß darum, wenn man einen Baum ſchoͤn anleiten 
will, jedes Jahr bei dem Beſchneiden eine Berechnung an— 
ſtellen, welche Zweige dem Baume zu laſſen ſind, um die 
fuͤr ihn beſtimmte Flaͤche ſchoͤn und ſchicklich zu bekleiden. 

Um die Baͤume an den Waͤnden gut beſchneiden zu 
koͤnnen, ſo muß man eine Treppenleiter mit ganz kurzen Ar⸗ 
men haben, um dem Baume nicht zu ſchaden und die Fruͤchte 
nicht zu zerdruͤcken. 

Auf dieſe Art beziehet man nach und nach durch fleißi— 
ges Aufheften und ſorgfaͤltiges Beſchneiden ganze Giebel— 
waͤnde bis in die Spitze. 


207 


Dieſe Art der Obſtkultur ift beſonders hohen und noͤrd— 
lich gelegenen Gegenden zu empfehlen, wo das Obſt in dem 
Freien nicht gut zeitiget. 

Iſt der Baum zu hoͤherem Alter gekommen und man 
bemerkt keine genuͤgende Vegetation an ihm, ſo ſetzt man in 
dem Herbſte eine Gabel voll guten Rindsmiſt um den Stamm, 
wodurch ſich ein neues Leben in dem Baume verbreitet. 

In denen Gegenden, wo die Getreide von dem Muͤl— 
ler zur Muͤhle durch Pferde, Maulthiere oder kleine Eſel 
abgeholt werden, da muß man ein ſorgfaͤltiges Auge auf 
dicſe Thiere haben. Sie werden gewoͤhnlich an eine Wand 
der Wohnung gebunden; ſtehet nun ein Baum oder Wein— 
ſtock in der Naͤhe, ſo gehet er durch dieſe Thiere beſtimmt 
verloren. Und wenn auch der Schaft des Weinſtocks oder 
Baums mit einem Gehaͤuſe von Latten verſehen waͤre, ſo 
ſchuͤtzt dieß doch nicht, ſie beißen es durch, um zu der Rinde 
des vegetirenden Gewaͤchſes zu kommen; ja ſie ſteigen in die 
Hoͤhe und reißen die Aeſte und Reben herunter. Kurz, es 
ſind fuͤr Pflanzungen an den Gebaͤuden keine groͤßere Feinde 
zu denken, als dieſe Thiere. Wer alſo eine Pflanzung von 
Obſtbaͤumen oder Weinſtoͤcken um ſeine Wohnung vornimmt, 
der ſetze gleich anfangs einen freiſtehenden Pfoſten, woran 
der Müller feine Laſtthiere bei Strafe anzubinden angewie— 
ſen wird. Auch auf andere Thiere, als Rindvieh und Pferde, 
muß man bei Pflanzungen dieſer Art ein wachſames Auge 
haben. Leidet ein Baum oder Weinſtock durch den Biß eines 
Thiers, ſo iſt er ſo gut wie verloren; er faͤngt an zu kraͤn— 
keln und ſtirbt ab. 


5. Von der Obſtkultur an den Landſtraßen und Vici⸗ 
nalwegen. 8 


Die Obſtpflanzung an Landſtraßen und Vicinalwegen 
iſt laͤngſt als ein ſehr nuͤtzlicher Gegenſtand anerkannt. Sie 
iſt daher von Obrigkeits wegen befohlen. Es fehlt aber 


268 


noch zu ſehr an jungen Obſtbaͤumen, als daß dieſer Befehl 
allgemein in Ausführung gebracht werden koͤnnte. In man⸗ 
chen Gegenden der Naſſau finden ſich ſchon herrliche Anlagen 
dieſer Art. Man ſiehet aber auch hier und da neue Pflan— 
zungen, die gewoͤhnlich ſehr fehlerhaft gemacht ſind, weil 
der Landmann nicht weiß, wie er pflanzen muß, wenn die 
jungen Obſtbaͤume ſicher anſchlagen, froͤhlich fortwachſen und 
bald reichlich ſchoͤnes Obſt tragen ſollen. Es wird daher 
gut ſeyn, folgende Anweiſung deßfalls zu geben. 

Alle junge Obſtbaͤume, die an Wege und arlbfiragen 
gepflanzt werden follen, muͤſſen abſichtlich dazu erzogen ſeyn; 
dieß iſt ein erſtes und Haupterforderniß. Ein jeder junger 
Obſtbaum, der verpflanzt werden ſoll, muß geſund, gerade 
und erforderlich ſtark ſeyn, damit er ſo viel beſſer in Wind 
und Wetter auf offenem Felde ausdauern kann. Wildlinge, 
die man in Wäldern findet, und vielleicht zwanzig und meh— 
rere Jahre in denſelben kuͤmmerlich vegetirten; die ſchief und 
hoͤckerig gewachſen find, auch kein rechtes Wurzelvermoͤgen 
haben, taugen durchaus zu keiner Bepflanzung der Land— 
ſtraßen und Wege. Die freie und offene Lage iſt zu ver— 
ſchieden gegen ihre fruͤhere. Sie quaͤlen ſich daher lange, 
und gehen am Ende doch aus. Man wiederholt die Pflan— 
zung mit gleichem Mißgluͤcke, oder wenn die Baͤume auch 
wirklich fortſchluͤgen, ſo muͤſſen ſie nach 3, 4 Jahren ver⸗ 
edelt werden, und ſo erlebt man es ſelten, daß ſchlechte 
junge Obſtbaͤume zum Tragen kommen. Ganz natuͤrlich 
wird man des Pflanzens bei ſo wenigem Gluͤck muͤde, und 
unterlaͤßt lieber das fernere Pflanzen ganz. Nein, wer Obſt⸗ 
baͤume pflanzen will, der pflanze ſolche Baͤume, von denen 
er hoffen kann, bald ſchoͤne Fruͤchte als Belohnung ſeines 
Fleißes zu ernten. 

Auch iſt es nicht gut, junge Obſtbaͤume aus einem 
milden Klima in eine rauhere Gegend zu verpflanzen; beſſer 
aus einer rauheren in ein milderes; am beſten iſt es aber, 


269 


wenn in einem jeden Orte Baumſchulen angelegt werden, 
worin deſſen Bewohner nicht nur einen hinreichenden Vor— 
rath von Obſtbaͤumen finden, ſondern auch ſolche Baͤume, 
die an den Boden und das Klima gewoͤhnt ſind. 

Gewoͤhnlich waͤhlet man Aepfelbaͤume zur Bepflanzung 
der Landſtraßen und Wege, weil die Aepfel dauernder, als 
das uͤbrige Stein- und Kernobſt, und zu mannigfaltigerem 
wirthſchaftlichen Gebrauche ſind. Es waͤre alſo aus dieſen 
Gruͤnden fuͤr große Anlagen die beſte Obſtgattung, wenn 
der Boden, das Klima, die Lage und der Abſatz des Obſtes 
uͤberall einerlei waͤren. Da dieß aber nicht iſt, ſo duͤrfen 
auch die Obſtpflanzungen nicht überall ein und dieſelben ſeyn; 
fondern fie muͤſſen ſich nach dieſen verſchiedenen Verhaͤltniſ— 
ſen richten. 

In lehmigten, maͤßig fetten und tiefen Boden pflanzet 
man am beſten Aepfelbaͤume; denn der Apfelbaum muß, 
wenn er reichlich und ſchoͤne Fruͤchte bringen ſoll, ſeine Wur— 
zeln 5 bis 6 Fuß in die Tiefe ſenken koͤnnen. Doch vertraͤgt 
er keinen zu fetten Boden, anders wird er brandig und voll 
Krebsſchaͤden. Hat man einen ſaftigen, etwas feuchten und 
fetten Boden, ſo pflanzet man am beſten Birnbaͤume in den— 
ſelben; denn dieſe verlangen, wenn ſie viele und ſchoͤne 
Früchte bringen ſollen, einen Boden, der fett iſt. Iſt der 
Boden ſandig, ſchieferig oder ſteinig, die Lage hoch, das 
Klima kalt, ſo gedeihen in allen dieſen zwar verſchiedenen 
aber zur Trockenheit und Magerkeit ſich mehr oder weniger 
neigenden Boͤden keine Aepfel- oder Birnbaͤume, ſondern, 
nachdem die Gegend iſt, Kirſchen, Zwetſchen oder Ka— 
ſtanien. 

Der Kirſchbaum naͤhret ſeine Fruͤchte und bringt ſie 
groͤßtentheils von der in dem Boden ſteckenden Winterfeuch— 
tigkeit zur Zeitigung. Er vertraͤgt darum einen rauhen und 
ſteinigen Boden; nur muß der Boden, wohin er gepflanzt 
wird, weit und tief durchbrochen werden. In hohen und 


270 


kalten Gegenden dauert der Kirſchbaum lange und bringt 
jedes Jahr ſeine Fruͤchte zur Zeitigung; ſo ſind aus meiner 
Baumſchule Kirſchbaͤume auf den hohen Weſterwald gepflanzt 
worden, welche ſehr ſchoͤn fortgeſchlagen ſind und reichlich 
Fruͤchte bringen. Will man Kirſchbaͤume an Landſtraßen 
und Wege pflanzen, ſo waͤhle man nur eine Sorte. Bei 
einer großen Kirſchenpflanzung kommt es auf einen guten 
Abſatz und eine ſtrenge Polizei an. 

Kaſtanien und Zwetſchen ſchlagen auch in einem rau— 
hen, ſteinigen Boden gut fort; nur muß er auch für dieſe 
erforderlich durchbrochen und das Klima milde ſeyn. So muß 
man bei dem Obſtpflanzen uͤberhaupt und beſonders bei dem 
an Wege und Straßen, auf den Boden, die Lage, das 
Klima und den Abſatz Ruͤckſicht nehmen, wenn man keine 
vergebene Muͤhe und Koſten haben will. 

So wie man bei dem Bepflanzen der Wege und Straßen 
auf die Obſtgattungen Ruͤckſicht nehmen muß: ſo muß man 
auch auf die Obſtſorten Ruͤckſicht nehmen und bei einer Wegs— 
bepflanzung keine große Mannigfaltigkeit zu bezwecken ſuchen, 
ſondern unter der großen Menge Obſtſorten diejenigen aus— 
ſuchen, die fuͤr dieſen Zweck die dienlichſten ſind. Es muͤſ— 
ſen Obſtſorten ſeyn, die ihre Aeſte nicht niedrig ausbreiten 
und das Feld und die Straße zu ſehr beſchatten, ſondern 
die ihre Zweige aufwaͤrts treiben. Es muͤſſen aber auch 
Obſtſorten ſeyn, die zugleich zeitigen, und die beiten wirch- 
ſchaftlichen Sorten ſind. Dieß moͤchten unter den Aepfeln 
die große gruͤne Renette, die graue und engliſche Renette, 
der Borſtapfel, der blaue Madapfel, der Wuͤrzapfel, der 
Guͤldling und Stettiner Apfel ſeyn. Dieſe Sorten wachſen 
ſchoͤn aufrecht, ſie geben ſtarke Baͤume, ihre Fruͤchte ſind 
edel, gewuͤrzhaft und ſehr gut zu jedem wirthſchaftlichen Ge— 
brauche, ſie zeitigen zugleich und ſind nicht von dem Baume 
zu genießen, ſind alſo ſo leicht keinem Frevel ausgeſetzt. 

Unter den Birnen ſind wohl fuͤr Pflanzungen an Wege 


271 


und Straßen die beften Sorten die graue Butterbirn, die 
gelbe Butterbern, die Winterbergamotte, die lange Winters 
birn, die St. Germen, die Rheinbirn und die große Koch— 
birn. Beide letztere ſind beſonders zum Stofen und Trocke— 
nen gut, und ſomit fuͤr den Landmann die beſten. 

Obſtbaͤume an Wege und Straßen muß man nicht zu 
dicht pflanzen, etwa in einer Entfernung von 40 Fuß. Man 
pflanze ſie aber nicht weit auf das Ackerland, ſondern auf 
deſſen Saum, ganz nahe an den Weg; dann beſchatten die 
Obſtbaͤume nicht nur das Ackerland nicht zu ſehr, ſondern ſie 
gewaͤhren auch dem Wanderer in heißen Sommertagen einen 
erquickenden Schatten und bei Regen und Wind einen wah— 
ren Schutz. 

Wie die jungen Obſtbaͤume gepflanzt werden muͤſſen, 
daß ſie gut anſchlagen, froͤhlich fortwachſen, gerade ſtehen 
bleiben und bald ſchoͤne Fruͤchte bringen, dieß kommt her— 
naͤchſt beſonders unter der Anweiſung, wie man junge Obſt— 
baͤume aus der Baumſchule verpflanzen muß, vor. 

Wenn mit Fleiß und Sorgfalt die Landſtraßen und 
Vicinalwege mit Obſtbaͤumen bepflanzt und ſorgfaͤltig unter— 
halten werden, dann werden ſchon dieſe Pflanzungen eine 
große Fuͤlle von gutem Obſte herbeifuͤhren, ſo daß man es 
vielleicht nicht noͤthig finden wird, noch beſondere Baum— 
ſtuͤcke anzulegen. 


* 
6. Von der Obſtkultur auf dem Felde. 


Auf das Fruchtfeld ſelbſt muß man keine Obſtbaͤume 
pflanzen, denn unter dem Schatten der Obſtbaͤume gedeihet 
das Getreide hoͤchſt ſchlecht. Obſtbaͤume auf dem Felde ſind 
aber auch der Zufluchtsort der Voͤgel, die dem Getreide ſehr 
ſchaden. Dagegen bepflanze man die Futterſtuͤcke, die um 
die Doͤrfer herliegen, und zwar am beſten mit Aepfel- und 
Birnbaͤumen, weil man im Allgemeinen unterſtellen kann, 
daß dieſe Grundſtuͤcke nahrhafte und gute Boͤden haben. 


272 


Man pflanze fie in einer Entfernung von 80 Fuß, damit 
Luft und Sonne den Futterkraͤutern erforderlich zu Theil 
werden. ö 


7. Von der Obſtkultur an und auf Anhöhen und 
Bergen. 


Wenn man alljaͤhrlich einen Obſtertrag wuͤnſchet, ſo 
muß man nicht bloß in tiefen und ebenen Gegenden Obſt— 
pflanzungen vornehmen, ſondern man muß auch an und auf 
Anhoͤhen, auf mittlere und hohe Berge, ſo weit es ſeyn 
kann und es der Boden zugibt, bedeutende Anlagen machen. 
Denn bald ſchadet der Spaͤtfroſt in dem Mai oder ſonſt ein 
widriger Zufall in den tiefen Gegenden, wovon die höheren 
dann verſchont bleiben, und ſo iſt es oft umgekehrt der 
Fall. Es ereignet ſich aber auch, daß uͤberall das Obſt ge— 
raͤth, und deſto groͤßer iſt dann die Fuͤlle, wenn man große 
Anlagen in allen Gegenden gemacht hat. Um alſo jedes 
Jahr zu einer genuͤgenden Obſternte zu kommen, ſo muß 
man in allen Lagen eines Ortes Obſtpflanzungen vornehmen. 

Hat man einen Berg, der ſich nicht gut als Ackerland 
benutzen laͤßt, ſo bepflanze man ihn mit Obſtbaͤumen; mit 
Aepfelbaͤumen, oder, wenn er dafür zu wenig Erde haͤtte, 
mit Zwetſchen- oder Kirſchbaͤumen. So eine Obſtpflanzung 
legt man etwas dicht an, etwa 20 Fuß im Quadrat, ein 
Stamm von dem andern, damit die Obſtbaͤume den Boden 
beſchatten und die Sommerhitze nicht zu ſehr ſchaden kann. 
Man thut aber wohl, wenn man den Obſtbaͤumen an Berz 
gen alljaͤhrlich etwas Miſt oder Gaſſenerde zulegt, nicht nur 
ihre Fruchtbarkeit zu vermehren und das Obſt zu verbeſſern, 
ſondern auch es vor dem Abfallen zu bewahren. 

Macht man die Anlage von Zwetſchenbaͤumen, ſo muß 
man ihre Früchte fo lange, wie es moͤglich iſt, hängen laſ— 
ſen, bis ſie an den Baͤumen ganz eingeſchrumpft ſind. Dann 
trocknen fie bald in dem Trockenofen und werden koͤſtlich. 


278 


Solche Baͤume thut man nicht auf einmal vollig ab, ſondern 
man rüttelt fie täglich leiſe durch, damit nur die überzeitige 
ſten Zwetſchen fallen. 

Pflanzet man Kirſchbaͤume, ſo waͤhlet man am beſten 
die frühe rothe oder ſchwarze Herzkirſche oder die doppelte 
Maikirſche. Waͤhlet man die letzte Sorte, ſo muß man dieſe 
haͤngen laſſen, bis ſie faſt ſchwarz, wenigſtens ſehr dunkelroth 
iſt. Merket man, daß die Kirſchbaͤume hier und da an den 
Sgitzen der Aeſte abſterben, fo pflanzet man alsbald zwiſchen 
die Kirſchbaͤume Zwetſchenbaͤume in regelmäßiger Ordnung. 
Sobald dieſe zu tragen anfangen, dann haut man alle Kirſch— 
baͤume weg, und dann hat man wieder einen herrlich tra— 
genden Zwetſchenberg. So kann man Berge, die bis dahin 
unfruchtbar gelegen haben, zu dem reichſten Ertrage bringen, 
und abwechſelnd mit Kirſchen und Zwetſchen, ſie darin erhal— 
ten. Nur ſcheue man die Muͤhe und die Koſten nicht, den 
Boden durchzubrechen oder zu rojolen. Dann kann man zus 
gleich ein an einen Berg ſich ſchickendes Futterkraut zugleich 
bauen. 5 
Dieß Rojolen geſchiehet auf dieſe Art: man faͤngt an 
dem oberen Ende des Bergs an, die gute Bauerde 3 Fuß 
breit beſonders zu legen, und dann, wenn Fels und Steine 
kommen, ſo bricht man dieſe auch mit Keil und Schlaͤgel 
durch, ſo daß es ein 3 Fuß weiter und 1 Fuß tiefer Graben 
gibt. Dieſen Graben ſetzt man mit allen herausgebroche— 
nen Steinen und dem geſprengten Felſen, wenn er zerſchla— 
gen iſt, wieder zu, ziehet die gute Erde auf die Steine hin, 
wirft aus dem naͤchſtfolgenden Graben, der gleich tief und 
weit ausgeworfen werden muß, die Erde darauf; die Steine 
aber kommen wieder in denſelben unten hin, und die gute 
Bauerde aus dem ſolgenden dritten Graben darauf; und ſo 
gehet das Durchbrechen fo eines Bergs bis unten hin fort. 
Dann koͤnnen ſich die Wurzeln der Kirfch- und Zwetſchenbaͤume 
zwiſchen die Steine ſenken und ihre Fruͤchte in den warmen 


18 


274 


Sommertagen erhalten. So ein Berg erſetzt alle Baukoſten 
reichlich. Er iſt in dem Ertrage dem beſten Weizenfelde 
gleich. | 

Hat man in milder Gegend eine flach liegende Trifte, 
die einen rauhen, ſandigen Boden hat, ſo bepflanze man 
dieſe mit Kaſtanien, wobei man weite und tiefe Loͤcher aus— 
werfen muß. 5 

Um die jungen Obſtbaͤume, die auf Viehtriften ges 
pflanzt werden, gegen das Reiben des Viehes zu ſichern, 
gibt man außer den Pfaͤhlen, welche allen jungen Obſtbaͤu⸗ 
men als Stuͤtze gegeben werden, jedem jungen Obſtbaume 
noch drei ſtarke, fünf Fuß hohe Pfaͤhle, die in Fußweiter 
Entfernung um den Baum hergeſchlagen und mit Dornen 
ausgeflochten werden. Denn das Reiben des Rindviehes 
und der Schweine muß man ſorgfaͤltig von den jungen 
Baͤumen abhalten, weil ſie es durchaus nicht vertragen koͤn— 
nen, bis ſie alt und ſtark und mit einer rauhen Rinde um— 
geben ſind. Es iſt gut, wenn man den Viehhirten mit in 
das gemeine Intereſſe fuͤr ſolche junge Anlagen zu ziehen 
ſuchet, damit er gegen einige Verguͤtung nicht nur ein wach— 
ſames Auge auf die jungen Obſtbaͤume haͤlt, ſondern auch 
ihnen den von dem Vieh gefallenen Duͤnger zulegt. 


8. Von der Anlage einer Dorfbaumſchule. 


Soll die Obſtkultur auf dem Lande in Aufnahme kom⸗ 
men, ſollen alle Landſtraßen und Vieinalwege, alle Hoͤhen 
und Tiefen mit Obſtbaͤumen bepflanzt werden: ſo muß in 
einem jeden Orte eine ſchoͤne, vollſtaͤndige Baumſchule auf 
gemeine Koſten angelegt werden; damit der Landmann 
nicht nur um den billigſten Preis fuͤr ſich ſchoͤne, von den 
beſten Sorten, junge Obſtbaͤume haben kann, die an den 
Boden, das Klima und die Gegend gewoͤhnt ſind, ſondern 
woraus auch junge Obſtbaͤume zu Gemeindsanlagen genom— 
men werden koͤnnen. Soll alſo ſo eine Baumſchule dem 


275 


großen Zwecke einer allgemein erweiterten und verbeſſerten 
Obſtkultur entſprechen, ſo darf ſie nicht in einen kleinen, 
dunkelen oder ſonſt ſchlechten Raum, der zu ſonſt nichts zu 
brauchen iſt, hingedraͤngt werden, wie man wohl bisher hier 
und da Gemeindsbaumſchulen findet. Die Lage muß offen 
und ſonnenreich, der Boden nicht fett, aber doch ergiebig; 
er darf nicht ſteinig, felſig oder kieſig ſeyn, er muß wenig— 
ſtens zwei Fuß gute Bauerde haben. 

Die Groͤße der Baumſchule muß ſich nach der Anzahl 
der Einwohner richten. Iſt die Anzahl der Ortsbewohner 
unter 50, ſo laͤßt ſich daraus abnehmen, daß die Gemar— 
kung ſo eines Ortes klein iſt, und in dieſem Falle koͤnnen 
40 Quadratruthen Land fir die Gemeinds baumſchule genug 
ſeyn. Hat ein Dorf 75 Einwohner, fo find CO Ruthen, und 
bei 100 Gemeindsgliedern iſt ein halber Morgen erforderlich. 

Die ganze Baumſchule muß zwei Fuß tief rojolet wer— 
den, damit der Boden locker und die Steine herausgeſchafft 
werden. Die Baumſchule wird am beſten mit einer 6 Fuß 
hohen Mauer umgeben, denn ſie ſoll und muß eine nie auf— 
hoͤrende Pflanzſchule junger Obſtbaͤume ſeyn und bleiben, 
und darum gleich anfangs gut verwahret und darum auch 
mit einem ſicheren Thor verſchloſſen werden. 

Die ganze Baumſchule wird in vier gleiche Theile ge— 
theilt, welche durch einen Kreuzweg getrennt ſind. In der 
Mitte der Baumſchule, da wo ſich die Wege kreuzen, muß 
eine Huͤtte von Ginſter, Stroh, oder, wer es kann, ein klei— 
nes Gartenhaus errichtet ſeyn, um bei unguͤnſtiger Witte— 
rung da einen Zufluchtsort zu finden und manche Beſchaͤfti— 
gung darin vornehmen zu koͤnnen. Die eine Haͤlfte der 
Baumſchule wird am beſten fuͤr die Zucht junger Aepfel— 
baͤume beſtimmt, die andere Hälfte für Birn-, Pflaumen⸗, 
Mirabellen-, Raincloden-, Kirſch- und Zwetſchenbaͤume. 
In Gegenden, wo Kaſtanien und Wallnuͤſſe gezogen werden 
koͤnnen, muß auch fuͤr dieſe ein Plaͤtzchen beſtimmt werden. 


N 


Die Aufſicht auf die Baumſchule gehöret dem Orts⸗ 
vorſtande. Die Arbeit in der Baumſchule wird am ſchick— 
lichſten der geſammten jungen Mannfchaft eines Orts von 
dem Ortsvorſtande uͤbertragen und genau auf deren ordent— 
liche Leiſtung geſehen. Die Veredelung der jungen Obſt— 
baͤume uͤbernimmt wohl am beſten der deutſche Schullehrer 
gegen eine billige Verguͤtung. Es wuͤrde gut ſeyn, wenn die 
jungen Schulleute in den Schulſeminarien in der Baumzucht 
unterrichtet wurden. Sie konnten hernaͤchſt als Schullehrer 
mit der erwachſenen Schuljugend manche Beſchaͤftigung in 
der Baumſchule vornehmen und dieſe zu dem ſehr nuͤtzlichen 
Nahrungszweig erziehen. Ohne eine zweckmaͤßige Bildung 
und Erziehung der Schullehrer in der Obſtkultur und ohne 
Unterricht der Landjugend in derſelben wird ſich die Obſtkul⸗ 
tur nicht leicht zu einer erwuͤnſchten Vollkommenheit erheben. 

Um den noͤthigen Vorrath von Obſtkernen zur Anſaat 
zu erhalten, ſo muͤßte wenigſtens jedes Gemeindsglied 3 bis 4 
Loth Obſtkerne zur Anſaat der Baumſchule zuſammen liefern, 
welche der Ortsſchultheiß zu empfangen und woruͤber er eine 
genaue Liſte zu fuhren haͤtte. Damit in guten Obſtjahren 
recht viel Obſtkerne geſammelt wuͤrden, ſo waͤre es gut, 
wenn der Schullehrer die Jugend dazu ermunterte; denn wer 
eine Baumſchule anlegen will, muß viele Obſtkerne haben. 
In guten Obſtjahren ſammle man nur recht fleißig Obſtkerne; 
theils geraͤth das Obſt nicht immer, theils gehen die Kerne 
nicht alle auf und viele junge Baͤumchen gehen hernaͤchſt 
noch verloren. Darum muß man viel anſaͤen, um dieſen 
Abgang nicht zu merken und in der guten Sache voran zu 
kommen. 

Zu dem Anziehen der Kirſchbaͤume ſammle man die 
Steine von der wilden ſuͤßen ſchwarzen und hellrothen Kir— 
ſche; aus dieſen beiden Sorten erziehet man weit ſchoͤnere 
und ſtaͤrkere junge Kirſchbaͤume, als aus den Steinen ver- 
edelter Kirſchen. Zum Anfange kann man auch ſchwache 


277 


junge Kirſchbaͤume in den Wäldern fuchen, fie in die Baum— 
ſchule pflanzen und dieſe hernaͤchſt veredeln. Sie dürfen aber 
nicht viel ſtaͤrker wie eine Federſpule ſeyn. 

Die Obſtkerne von wilden, d. h. unveredelten Aepfeln 
und Birnen, die ſich bei dem Eſſigmachen und Preſſen des 
Birnſaftes finden, ſind zur Fortpflanzung ſehr gut, es erwach— 
ſen ſchoͤne, ſtarke Baͤume aus denſelben; nur duͤrfen, wie 
ſich von ſelbſt verſtehet, die Treſtern, woraus man die 
Kerne ſammeln will, nicht gekocht werden. 

Die geſammelten Obſtkerne duͤrfen in keinem warmen 
Zimmer des Winters uͤber aufbewahrt werden. Durch die 
Stubenwaͤrme ſtirbt oder vertrocknet ihr Lebenskeim, und ſie 
gehen hernaͤchſt nicht auf. Am beſten haͤngt man ſie in einem 
kalten Zimmer in einem Saͤckchen auf, damit die Maͤuſe 
nicht dazu koͤnnen, welche ſehr gierig darauf ſind. f 

Hat man in dem Herbſte Obſtkerne geſammelt, ſo legt 
man ſie auch noch vor dem Winter. Man graͤbt zu dem 
Ende ein Bett in dem Herbſte in Zeiten, und legt die Obſt— 
kerne furchenmweis, ſobald man deren geſammelt hat. Man 
ſteckt nemlich eine Gartenſchnur uͤber das gegrabene Land, 
und ziehet eine zwei Zoll tiefe Furche in gerader Abtheilung, 
die Furchen ſußweit von einander. Die Kerne ſtreuet man 
ſo da hinein, daß ſie etwas dicht an einander zu liegen 
kommen, und dann deckt man die Furche mit einem Zoll 
hoch Erde zu. An beiden Enden der Furche ſteckt man ein 
Pkaͤhlchen mit der Nummer der Reihe. Diefe Nummer wird 
in das Gartenbuch eingetragen, mit der Bemerkung, was 
es fuͤr Obſtkerne, und der Zeit, wann ſie gelegt worden 
ſind. Mit dem Legen der Obſtkerne kann man den ganzen 
Winter fortfahren, ſo lange es der Froſt nur zugibt. Die, 
welche man nicht legen kann, legt man in dem Fruͤhjahre in 
Zeiten; denn ſpaͤt gelegte Obſtkerne gehen in demſelben Jahr 
nicht auf. Auf dem Obftfernbett muß man hier und da 
Mausfallen von Backſteinen ꝛc., wie oben bei dem Kleebau 


278 


vorgekommen, aufſtellen; anders holen die Maͤuſe alle 
Kerne weg. \ 

Pflaumen- und Zwetſchenbaͤume pflanzt man am beften 
durch Wurzelausſchlaͤge fort, nur muß man ſchwache Staͤmm⸗ 
chen waͤhlen. Bei Pflaumen vermeide man die Ausſchlaͤge 
der Spillinge, welche ſich nicht gut veredeln laſſen; man ſuche 
Wurzelaus ſchlaͤge von Damascenerpflaumen, Pertricon und 
der guten gelben Pflaume zu bekommen, auf welchen alle 
Veredelungen gut anſchlagen. Will man ſie aber auch unver— 
edelt laſſen, ſo tragen ſie doch ſchoͤne und wohlſchmeckende 
Fruͤchte. 

Bei den Zwetſchen ſiehet man auf die große Zwetſche, 
die ein gelbes Fleiſch hat, ſehr ſuͤß iſt und aus der ſich der 
Kern gut loͤſet. Die Rinde des Reiſes dieſer Zwetſchen— 
ſorte iſt braun, das Blatt groß und fett und der Wuchs 
edel, hat wenig Dornen und zeichnet ſich merklich vor der 
kleineren unedleren Sorte aus. 

Die Staͤmmchen, welche Mirabellen und Raincloden 
tragen ſollen, muͤſſen unumgaͤnglich veredelt werden; denn 
ſie laſſen ſich nicht durch Ausſchlaͤge fortpflanzen, wie die 
Pflaumen und Zwetſchen, noch durch Kerne anſaͤen, ſon— 
dern ſie muͤſſen veredelt werden. 

Man kann auch die Pflaumen und Zwetſchen durch 
ihre Steine fortpflanzen, eben fo Raincloden- und Mirabel- 
len-Steine zum Anziehen junger Baͤume legen; aber die 
daraus erwachſenden jungen Obſtbaͤume geben nicht dieſelben 
Sorten, von denen die Steine genommen wurden, ſondern 
andere Sorten, Spielarten, aber meiſtens rauhe, geringere 
Sorten. Will man Pflaumen, Zwetſchen und anderes Stein— 
obſt von Obſtſteinen erziehen, ſo legt man dieſe in Furchen, 
wenn der Winter angehet, und laͤßt ſie unzugedeckt, damit 
Kaͤlte, Regen und Schnee den Stein muͤrbe machen. In dem 
Maͤrz deckt man die Obſtſteine mit ein Paar Zoll Erde zu, 
und dann werden ſie in dem Mai, wenn wenigſtens die Steine 


279 


gut waren, ſchoͤn aufgehen. Die auf dieſe Art erzogenen 
Pflaumen- und Zwetſchenbaͤume haben den Vorzug vor denen, 
die aus Wurzelausfchlägen gewonnen wurden, daß fie ſich 
hernaͤchſt nicht durch das Austreiben aͤhnlicher Ausſchlaͤge 
entkraͤften. 

Die Kaſtanienbaͤume erziehet man durch geſteckte Ka— 
ſtanien, wozu man die Kaſtanien nimmt, die auf beiden 
Seiten platt ſind. Sie werden, wie die Wallnuͤſſe, in dem 
April in gerader Richtung fußweit von einander geſteckt. 
Und damit die jungen Staͤmmchen keine gerade und tiefe 
Pfahlwurzel treiben, fo legt man einen halben Fuß tief uns 
ter die zu ſteckenden Kaſtanien Schieferſteine, platte Steine, 
Ziegel oder auch alte Brettchen, und deckt dieſe Unterla- 
gen handhoch mit Erde zu; dann ſteckt man die Kaſtanien, 
und zwar die Spitze nach unten, und deckt ſie zwei Zoll 
hoch mit Erde zu. Die Kaſtanien, die man zum Stecken 
aufbewahren will, verwahrt man an einem etwas trockenen 
Orte in Sand. So wie man die Kaſtanien aufbewahret 
und pflanzet, gerade ſo werden auch die Wallnuͤſſe aufbe— 
wahrt und geſteckt. | 

Die Beete der jungen Obfibäumchen dürfen in trocke— 
nen Tagen des Sommers nicht begoſſen werden. Man halte 
fie aber ſorgfaͤltig von allem Unkraut rein. In den Samen— 
beeten laͤßt man die jungen Baͤumchen zwei Jahre ſtehen; in 
dem dritten Jahr werden fie in der Baumſchule in Reihen 
verpflanzt, jede Reihe von der andern zwei Fuß entfernt; 
die Staͤmmchen kommen einen Fuß weit von einander, und 
ſo bleiben ſie ſtehen, bis an den Ort ihrer Beſtimmung. 

Doch ſind in dem dritten Jahre noch nicht alle gleich 
groß und zum Verpflanzen geſchickt. Die ſchoͤuſten und ſtaͤrkſten 
rupft man daher in dem Anfang des Aprils aus und läßt die 
ſchwaͤcheren ſtehen, behaͤckelt das Samenbeet, damit auch die 
ſchwachen ankommen und zum Verpflanzen geſchickt werden. 

Die ausgerupften Staͤmmchen werden an den Wur⸗ 


280 


zeln und an dem Schaft etwas beſchnitten, an letzterem etwa 
eine Spanne lang; die Wurzeln laͤßt man eines Fingers lang 
und werden alsbald nach der Schnur und nach einem Maße 
in die Baumſchule verpflanzt. Das muß aber eine feſte Re— 
gel bei der Baumſchule ſeyn, alle Pflanzungen in der ge— 
naueſten Ordnung nach dem Maße und der Schnur vorzu— 
nehmen. Die Stämmchen, welche man nicht deſſelben Tags, 
wo fie gerupft wurden, pflanzen kann, muͤſſen in Erde eins 
geſchlagen werden, weil ſie die Luft an den Wurzeln nicht 
vertragen koͤnnen. Man pflanzt die jungen Staͤmmchen nicht 
tiefer und nicht hoͤher, als ſie geſtanden haben. Die Loͤcher, 
worin ſie gepflanzt werden, muͤſſen im Boden etwas aufge⸗ 
lockert und zurecht gemacht, die Wurzeln ausgebreitet und 
nach ihrer natuͤrlichen Lage mit Erde ausgefuͤttert und die 
Erde ſanft angedruͤckt werden. 

Auf gleiche Art verpflanzt man die Kirfchen-, Palau 
men und Zwetſchen-Staͤmmchen in der Baumſchule; die Ka⸗ 
ſtanien- und jungen Wallnußbaͤume bleiben aber in der 
Baumſchule ſtehen, bis ſie an den Ort ihrer Beſtimmung 
verpflanzt werden koͤnnen. Doch laͤßt man ſie nicht ſtaͤrker 
am Schaft, wie eines Mannsfingers, werden. Werden fie 
ſtaͤrker, ſo trauern ſie lange und gehen oft nicht an. Am 
beſten verpflanzt man ſie in dem vierten Jahre. 

Die Kirſchen werden in den ſchoͤnen Tagen des Fe— 
bruars, ſobald das Erdreich von der Kaͤlte entbunden iſt, 
die Zwetſchen und Pflaumen bald nach dieſen bis in den 
Maͤrz hin, Aepfel und Birnen, Wallnuͤſſe und Kaſtanien mit 
dem beſten Erfolge in dem April verpflanzt. Sind die Staͤmm⸗ 
chen einmal groß, fo veryflanzet man fie am beſten in dem 
Herbſte, wie noch vorkommen wird, an den Ort ihrer Bes 
ſtimmung. Doch muß man ſich dabei, wie bei jedem andern 
oͤkonomiſchen Geſchaͤfte, nach dem Klima richten. 

Die in der Samenſchule zuruͤckgelaſſenen jungen Baͤum— 
chen werden in dem dritten Jahre auf gleiche Weiſe ver— 


281 


pflanzt. Die kleinſten und ſchwaͤchſten beſtimmt man zu Obſt— 
hecken und Zwergbaͤume, und verpflanzet ſie mehrmals in 
der Baumſchule, wie dieß bei der Anweiſung zu Obſtheckey 
iſt gezeigt worden. 


Von der Veredelung der jungen Obſtbaͤume, 
und zwar nur von dem Pfropfen x o⸗ 
puliren; weil das Oculiren eine zu ſchwere Verede— 
lungsart iſt, um fie dem Landmann, der ſie nie geſe— 
hen hat, begreiflich zu machen, und er ſie auch nicht 
bedarf. 

Von dem Pfropfen. Man hat zwei verſchieden: 
Arten zu pfropfen: die eine in den Spalt, weil bei dieſer 
Art zu veredeln der abgeſchnittene Stamm oder Aſt geſpal— 
ten wird, um das edele Reis einzuſetzen; die andere in den 
Splint oder die Rinde, weil dabei die Rinde des Baumes 
etwas abgelöft wird, um das edele Reis einzuſchieben. 

Zu beiden Veredelungsarten werden verſchiedene Werk— 
zeuge, als kleine und größere Pfropfſaͤgen, ſcharfe Feder- 
und Gaͤrtenmeſſer, ein Pfropfmeiſel, der auf beiden Seiten 
beigeſchliffen iſt, ein Keilchen von Knochen, ein hoͤlzerner 
oder eiſerner Hammer und eine Gartenleiter erfordert. 

Man bedarf aber auch zu beiden Veredelungsarten 
Bandweiden und Pfropflehm. Zu jenen nimmt man die 
rothe, oder in deren Ermangelung eine andere ſchlanke Weide. 
Der Pfropflehm wird auf folgende Art zubereitet. Man 
zerklopft trockenen Gefachlehm ganz fein und ſiebt den Lehm— 
ſtaub durch ein Haarſieb, fo daß alle Sandſteinchen zuruͤck— 
bleiben muͤſſen. Dieſen Lehmſtaub knetet man mit einem dazu 
gemachten Stoͤßer auf einem Brett in friſchen Rindsmiſt, und 
zwar ſo lange und ſo viel, bis es eine ſteife Maſſe iſt. Dann 
knetet man auch, nachdem die Maſſe viel oder wenig iſt, 
etwas geklopfte Kuhhaare oder, in deren Ermangelung, einige 
trockene und zerriebene Pferdeskloͤße unter den Pfropflehm. 


282 


Man kann auch noch zerlaſſenen dicken Terpentin unter die 
Maſſe kneten, welches aber fuͤr den Landmann zu umſtaͤnd⸗ 
lich und auch zu gefaͤhrlich werden mag. Hat man den 
Pfropflehm fleißig bearbeitet, dann ſchlaͤgt man ihn auf einen 
runden Haufen, ſchlaͤgt ein altes Leinen darum, oder thut 
ihn in einen irdenen Topf, deckt ihn zu und ſetzt ihn bis 
zum auche in den Keller; denn man muß den Pfropf— 
lehm vor dem Zutritt der freien Luft bewahren, weil er dann 
hart und trocken, folglich unbrauchbar wird. So oft man 
nun pfropfen will, nimmt man etwas von dem Pfropflehm 
in einem irdenen Gefaͤße mit in die Baumſchule, verwahret 
aber jeden Ueberreſt ſorgfaͤltig, denn bei der Baumzucht 
hat man oft dieſes Lehms noͤthig; man muß ihn darum zu 
Rath halten, weil ſeine Zubereitung umſtaͤndlich iſt und man 
ihn ein ganzes Jahr aufbewahren kann. ö 

Wenn man pfropfen will, dann muß man aber auch, 
wie es ſich von ſelbſt verſtehet, Pfropfreiſer haben. Dieſe 
muͤſſen in Zeiten geſchnitten werden, ehe die Obſtbaͤume in 
den Saft treten und zu treiben anfangen. Die Kirſchenrei— 
ſer ſchneidet man in dem Februar, ſobald ſich die Natur zu 
dem Fruͤhling neiget; die Mirabellen und Raincloden, und 
alle in das Pflaumengeſchlecht ſchlagende Sorten, nachdem 
das Klima iſt, von dem 8ten Maͤrz bis Anfangs April; 
Aepfel- und Birnreiſer vom Anfang bis Ende April. Doch 
verzoͤgert oder beeilet die fruͤher oder ſpaͤter guͤnſtige Witte— 
rung das Schneiden der Pfropfreiſer. 

Die Reiſer, die man ſchneidet, muͤſſen geſund und 
ſtark und oben aus dem Baume ſeyn. 

Die Pfropfreiſer ſteckt man in den Keller, Reis 
vor Reis einen halben Zoll in feuchten Sand oder feuchte 
Erde. Man kann auch, die Pfropfreiſer aufzubewahren, in 
der Baumſchule an einem ſchattenreichen Orte eine 3 Fuß 
tiefe und breite Vertiefung graben, worin man die Waͤnde 
des kleinen Raums mit trockenen Steinen und Moos ans: 


283 


mauert und mit einem Deckel verſchließt. Denn von geſun⸗ 
den, friſchen und gut aufbewahrten Reiſern haͤngt das An— 
gehen der Veredelung hauptſaͤchlich ab; alle Mühe iſt um⸗ 
ſonſt, wenn die Pfropfreiſer verdorben ſind. Die Pfropf⸗ 
reiſer muͤſſen in groͤßter Ordnung, Gattung bei Gattung 
und Sorte bei Sorte, eingeſteckt werden. 

a. Von dem Pfropfen in den Spalt. Wenn 
nun die jungen Obſtſtaͤmmchen gut fortſchlagen, einen froͤh— 
lichen Wuchs zeigen und fo ſtark wie ein kleiner Mannsfin— 
ger ſind, dann wird ihre Veredelung durch Pfropfen vorge— 
nommen. Staͤmmchen, die kraftlos ſind und keinen ſchoͤnen 
Wuchs zeigen, veredelt man nicht, weil ihre Veredelung 
ſelten geraͤth, oder doch die Pfropfſtellen hoͤchſt ſchwer zus 
wachſen und es kraͤnkliche Baͤume gibt. 

Man waͤhlet nach Beſchaffenheit des Staͤmmchens, 
das veredelt werden ſoll, die Pfropfreiſer, ſtaͤrkere oder 
ſchwaͤchere; ganz ſchwache nimmt man nicht. Dann ſchnei— 
det man den Theil des Pfropfreiſes, der im Sand oder der 
Erde geſteckt und zu viel waͤſſerige Theile eingeſogen hat, 
weg, und das ganze Reis laͤßt man 3 bis 6 Zoll lang. 
Nun ſchneidet man den unteren Theil des Reiſes 1½ Zoll 
lang keilfoͤrmig, ohne es einzukerben, ganz ſanft beifallend 
zu, und zwar ſo, daß es unten wie eine kleine, etwas 
ſpitze Meſſerklinge ſcharf zulaͤuft. Der Ruͤcken des Pfropfrei— 
ſes wird etwas breit geſchnitten, behaͤlt ſeine Rinde und 
wird ſo ſtark, wie der Ruͤcken eines ſchwachen Federmeſſers 
iſt, gelaſſen; die vordere Seite aber muß ſcharf zulaufen. 

Wenn die Pfropfreiſer zugeſchnitten ſind, dann ſchnei— 
det man das Staͤmmchen 1 ½ Fuß hoch von der Erde, mit 
einer ſcharfen Pfropfſaͤge ab und ſpaltet mit dem Garten: 
meſſer und der Hand das Staͤmmchen in der Mitte 1½ 
Zoll lang, klemmt mit der Spitze des Gartenmeſſers den 
Spalt des Staͤmmchens von einander und ſchiebt das eine 


284 


etwas ſtaͤrkere Pfropfreis, fo weit es auf beiden Seiten an— 
geſchnitten iſt, ein, ſo daß der Ruͤcken oder ſtaͤrkere Theil 
des Pfropfreiſes mit ſeiner Rinde vollkommen mit der Rinde 
des veredelten Staͤmmchens gleich zu ſtehen kommt und das 
Edelreis genau in den eingeſchobenen Spalt paßt und den— 
ſelben vollkommen ausfuͤllet. Sitzt nun das eine Pfropfreis, 
ſo ſchiebt man auch auf der andern Seite das etwas ſchwaͤ— 
chere Reis auf gleiche Art ein. Iſt der Stamm ſo ſtark, 
daß man den Spalt mit dem Gartenmeſſer nicht gut anbrin⸗ 
gen kann, fo bedienet man ſich des Meiſels, und hält mit 
dem knochernen Keilchen den Spalt von einander, ſetzt beide 
Reiſer ein und ziehet das Keilchen allmaͤhlig zuruͤck und be 
merkt genau, daß ſich kein Reis aus ſeiner gegebenen Stel— 
lung verruͤckt und der Stamm ſie mit dem ihm gegebenen 
Spalt herzhaft packt und vollkommen feſt haͤlt. Sitzen die 
Pfropfreiſer genau und feſt, ſo ſchmieret man oben auf den 
abgeſchnittenen Stamm und um die Pfropfreiſer, bis einen 
Zoll unter den Spalt hin, alles ſehr ſorgfaͤltig und genau 
mit dem Pfropflehm zu; man traͤgt von dem Pfropflehm 
nach und nach ſo viel auf, daß die Verſchmierung etwa eines 
Meſſerruͤcks dick wird. Dann ſchlaͤgt man ein Octavblatt 
gewöhnlichen Schreibpapiers, das man von beiden Seiten, 
bis auf einen Zoll in die Mitte, angeriſſen hat, um die 
Pfropfſtelle her, ſo daß der in der Mitte des Papiers un— 
angeriſſen gebliebene Zollbreite Theil mitten auf die Pfropf— 
ſtelle zu liegen kommt; die angeriſſenen Theile aber ſchlaͤgt 
man auf beiden Seiten der Pfropfreiſer uͤber einander und 
verpackt dieſe gleichſam damit. Dann nimmt man eine Band⸗ 
weide und ſchlingt die Spitze um die zwei kleinen oder aͤußer— 
ſten Finger der linken Hand und faſſet mit derſelben Hand 
den veredelten Stamm oben an der Pfroypfſtelle, ſtreifet leiſe 
mit der Rechten das angelegte Papier, wenn es etwas in 
Unordnung gekommen ſeyn ſollte, zurecht und windet dann 


285 


mit der Rechten die Bandweide, wohl angezogen, von oben 
herab bis unten um die Pfropfſtelle genau und forgfältig 
herum; der ſchwaͤchere Theil der Weide, der bis dahin immer 
noch von der linken Hand gehalten und bei dem Umwinden 
der Weide uͤberfahren wurde, wird nun mit dem etwa noch 
ſpannlangen dickeren Theile zuſammen gewunden und einge— 
ſteckt, und ſomit iſt die Veredelung dieſer Art fertig. 

In einer etwas großen Baumſchule nehmen am beſten 
vier Menſchen das Veredeln der jungen Siß ame vor. Einer 
ſchneidet die Staͤmmchen ab, der Andere ſchneidet die Pfropf— 
reiſer zurecht und ſetzt ſie ein, der Dritte verſchmieret die 
Staͤmmchen und der Vierte bindet fie zu; dann gehet die 
Arbeit geſchwind von ſtatten, welches erfordert wird, da 
eine jede Veredelung zu rechter Zeit und bei der guͤnſtigſten 
Witterung geſchehen muß, und man nicht weiß, wie lange 
dieſe dauert. Ein jeder Arbeiter muß ein Kiſſen von Stroh 
haben, um darauf zu knieen. 

Auf die gezeigte Art veredelt man nicht nur Aepfel 
und Birnen, ſondern alle uͤbrigen Sorten Obſt, als Kir— 
ſchen, Mirabellen, Raincloden, Pflaumen und Zwetſchen; 
doch geräth das Steinobſt beſſer, wenn man ſtatt des Pfropf— 
lehms Baumwachs nimmt. Beſonders die Kirſchen, Pfirſiche 
und Aprikoſen laſſen ſich aber weder pfropfen noch copuliren, 
dieſe muͤſſen oculirt werden. N 

Das Veredeln der Kirſchbaͤume geſchiehet, ſobald die 
Kaͤlte nachlaͤßt, in den ſchoͤnen Tagen des Februars und 
des Maͤrzes; die Veredelung der Mirabellen, Raincloden, 
Pflaumen und Zwetſchen in den ſchoͤnen Tagen des Aprils, 
der Aepfel und Birnen in dem April und Mai. 

Will man bei der Veredelung des Steinobſtes ſtatt 
Pfropflehms ſich des Baumwachſes bedienen, ſo muß man 
ein Kohlfeuer zu Huͤlfe nehmen. Man thut daher ein Paar 
Schaufeln voll glühender Kohlen in einen eiſernen Kroppen 


286 


und nimmt fie mit in die Baumſchule. Wenn dann die 
Pfropfreiſer in den Stamm eingeſetzt find, fo ſchneidet man 
mit einem alten Meſſer etwas Baumwachs von der Baum— 
wachsſtange ab, haͤlt es über das Kohlfeuer, damit es etwas 
weich wird und bringt es dann eilend auf die Pfropfſtelle 
und verſchmieret es ſo innig und genau, wie es nur moͤg— 
lich iſt, und nimmt von dem Baumwachs, bis die ganze 
Pfropfſtelle hinreichend damit verſehen iſt. Wenn die ganze 
Pfropfſtelle mit Baumwachs uͤberzogen iſt, dann haͤlt man 
die Meſſerklinge noch einmal uͤber das Kohlfeuer, laͤßt ſie 
warm werden und uͤberfaͤhrt alles aufgetragene Baumwachs, 
daß es gleichſam wie ein Guß wird. Beſonders ſucht man 
das Baumwachs mit dem Ruͤcken des warmen Meſſers bis 
wider und um die Pfropfreiſer hinzuſchmelzen, damit alle 
Saftroͤhren und noch ſo kleine Oeffnungen genau verſchloſ— 
ſen werden, und ſomit aller aufſteigende Saft des Staͤmm— 
chens nach den edeln Reiſern hingeleitet werde. Hat man 
viele Kirſchbaͤume zu veredeln, ſo iſt das Kuͤrzeſte, man zer— 
laͤßt in einem kleinen Gefaͤße etwas Baumwachs und beſtreicht 
die Pfropfſtelle mit einem Pinſel, welcher in das zerlaſſene 
Baumwachs getunket worden; welches aber einigemal wie— 
derholt werden muß. 

Das Umſchlagen des Papiers uͤber und um die Pfropf— 
ſtelle, wie das Anlegen der Weiden, wird bei der Verede— 
lung mit Baumwachs wie bei der mit Pfropflehm gemacht, 
wie kurz vorher iſt gezeigt worden. . 

Laͤßt man das Baumwachs unbedeckt, ſo holen es die 
Bienen, auch zerfließen in heißer Sommerhitze ſeine Fett— 
theile, und ſo weit dieſe rinnen, verdirbt der Baum; und 
daher gehet oft die angegangene Veredelung wieder ganz zu— 
ruͤck. Dieß zu verhuͤten, uͤberdeckt man das Baumwachs 
mit Papier. ? 


Ein Recept zu dem Baumwachs. 


Man nehme gelbes Wachs ½ Pfund. 
Ungemachtes Harz. 14 — 
Dicken Terpentin ½ — 
Ungeſalzene Butter. — 
ee 


Dieſe Ingredienzen zerlaͤßt man in einem Topfe, ruͤhret 
die Maſſe um und gießt ſie, wenn ſich die ſchweren Theile des 
dicken Terpentins, die ſich nicht aufloͤſen, auf den Boden 
geſetzt haben, in einen erdenen Teller ab und laͤßt ſie kalt 
werden; beſſer, man ſeihet die Maſſe durch eine feine Seihe 
oder durch ein altes Leinen, damit alle unbrauchbaren Theile 
zuruͤck bleiben. Man ſchneidet hernaͤchſt nach Bedarf mit 
einem warmen oder naſſen Meſſer von dem Baumwachs. 
Beſſer thut man, wenn man das Baumwachs in Stangen 
formet. Will man dieß, ſo beſchmieret man die Haͤnde mit 
ungeſalzener Butter und macht das Baumwachs, ſobald es 
anfaͤngt, kalt zu werden, in Kugeln, und dieſe rollet man 
auf einem mit etwas Oehl beſtrichenen Brett, beſſer auf 
einem mit Oehl beſtrichenen Schieferſtein. Wenn das Baum— 
wachs nicht in demſelben Fruͤhjahre, wo man es machte, 
alle verbraucht wird, ſo muß man es in Papier wohl ein— 
wickeln und in dem naͤchſten Fruͤhjahre unter den warmen 
Ofen legen, damit es einigermaßen wieder erweichet; anders 
iſt es zum Gebrauch zu hart. 

b. Von dem Pfropfen in die Rinde, Splint 
oder Schale des Baums. 

Das Pfropfen in die Rinde ꝛc. wird an ſtarken, etwa 
armsdicken und noch ſtaͤrkeren Baͤumen und Aeſten vorge— 
nommen. Zeigt ſich nemlich ein Obſtbaum in ſeinem Wuchſe 
noch kraͤftig und iſt nicht in ſeinen aͤußerſten Zweigen abge— 
ſtorben, ſo hat man nicht noͤthig, um ihn einer Veredelung 
faͤhig und tuͤchtig zu machen, die Aeſte abzuwerfen, ſondern 


288 


man kann ihn ohne weitere Vorbereitung geradezu veredeln. 
Dieſe Veredelung nimmt man auf folgende Art vor. 

Dem Baume, der in die Rinde oder Splint gepfropft 
werden ſoll, wirft man in gleicher Hoͤhe drei oder vier 
Hauptaͤſte ab, in der Gegend, wo fie armsdick und ſtaͤrker, 
ja wie eines Mannes Knie ſind. Man wirft ſie in gleicher 
Richtung oder Hoͤhe ab, um durch die Veredelung dem 
Baume eine ſchoͤne Krone zu geben. Alle uͤbrigen Aeſte 
ſchneidet man glatt an den Hauptaͤſten mit einer ſcharfen 
Saͤge ab und verſchmieret den Schnitt mit Pfropflehm. Da⸗ 
bei wird unterſtellt, daß der Stamm überhaupt und die 
Aeſte insbeſondere noch von keiner Faͤulniß angegriffen, ſon⸗ 
dern friſch und geſund ſind. Waͤre es, daß ſich der Baum 
ſchadhaft zeigte, ſo iſt er zur Veredelung untauglich und muß 
ausgeworfen werden; denn wenn auch die Pfropfreiſer auf 
ſo einem kraͤnklichen Baume angehen, ſo dauert er doch nicht 
lange, die Pfropfſtelle kann nicht zuwachſen und der kranke 
Baum kann wenig oder kein Obſt bringen. Waͤre der Baum 
ſehr ſaftig, fo wirft man die uͤberfluͤſſigen Aeſte nicht als— 
bald mit dem Pfropfen ab, ſondern laͤßt ſie als Ableiter des 
uͤberfluͤſſigen Safts bis zum zweiten Jahr ſtehen, damit die 
Pfropfreiſer nicht im Saft erſticken. * 

Dann ſchneidet man die Pfropfreiſer ik Auf 
jeden Aſt, wenn er ſtark iſt, nimmt man vier Reiſer. Die 
Reiſer, die man in den Splint ſetzen will, muͤſſen maͤßig 
ſtark ſeyn. Man ſchneidet ſie nicht, wie die Reiſer, die in 
den Spalt geſetzt werden, von beiden Seiten zu, ſondern 
nur von einer Seite, und zwar bis in die Mitte des Rei⸗ 
ſes, oder bis auf das Mark, vorſichtig durch. Der Schmitt 
muß glatt und vollkommen wagerecht ſeyn, ſo daß an dem 
Pfropfreis ein vollkommen gerader Kaft geſchnitten wird. 
Der Stift oder das Keilchen des Pfropfreiſes, welches zwi— 
ſchen die Rinde und das Aſtholz eingeſchoben wird, muß 
einen und einen halben Zoll lang geſchnitten werden und all— 


289 


maͤhlig zulaufen. Auf der andern Seite des Pfropfreiſes 
nimmt man die Epidermis oder aͤußere braune Rinde vorſich— 
tig weg; man laͤßt aber die Baſt- oder gruͤne Rinde, denn 
mit dem faſerigen Zellengewebe der gruͤnen Rinde muß ſich 
das Pfropfreis anſaugen; es iſt aber das Abloͤſen der aͤuße— 
ren braunen Rinde nicht durchaus erforderlich. Wem dieß 
alſo ſchwer faͤllt, der kann ſie auch laſſen, da ſchon die bei 
dem Spalten des Reiſes angeſchnittene Rinde anſaugen kann. 
Nach unten ſchneidet man das Reis ſcharf zu, damit es ſich 
gut einſtecken laͤßt, und nach oben laͤßt man dem Reis vier 
auch fuͤnf Augen. Sind die Pfropfreiſer erforderlich zugeſchnit— 
ten, dann ſchiebt man mit einem Stichel aus Knochen oder 
Eiſen. Man kann ſich auch den Stichel aus einem Weißdorn— 
holz ſchnitzen, wenn man wenig zu propfen hat, der etwa 
wie eine Pinnſaͤule, die der Schuhmacher bei dem Pinnen 
der Abſaͤtze der Schuhe gebrauchet, geſtaltet iſt; nur mit 
dem bemerkungswerthen Unterſchiede, daß ſo ein Pfropf— 
ſtichel nicht, wie die Pinnſaͤule, gerade aus, ſondern nach 
einer Seite rund beigeſchliffen ſeyn muß, um die Rinde des 
Baumes ſo viel richtiger von dem runden Baumholze abzu— 
loͤſen. So einen Pfropfſtichel ſchiebt man vorſichtig zwiſchen 
dem Stamm- oder Aſtholze und der Rinde hinein, um die 
Rinde von dem Holze zu trennen, und nur ſo viel Platz zu 
machen, als erfordert wird, das Keilchen des Reiſes auf— 
zunehmen; und dieß Lostrennen der Rinde muß an ſo viel 
Stellen geſchehen, als man Reiſer aufzuſetzen Willens iſt. 
Man muß bei dem Trennen der Rinde von dem Stamme darauf 
ſehen, daß die Rinde keinen Riß bekommt; denn wenn die 
Rinde geriſſen iſt, dann gehen die Pfropfreiſer ſehr ungern an. 

Iſt nun die Rinde des Baumes geloͤſt, dann ſchiebt 
man die zurechtgeſchnittenen Pfropfreiſer zwiſchen die Rinde 
und das Aſtholz hinein, fo daß die Kafte auf das Aſtholz, 
die mit der gruͤnen Rinde aber verſehene Seite des Reiſes 
nach der Baumrinde zu ſtehen kommt. Dann umwindet 


19 


290 


man die Rinde der Pfropfſtelle mit gedoppeltem Papier oder 
altem Leinen, damit der Druck der Weide die Rinde nicht 
verletze. Die Bandweide wird dann um die Pfropfſtelle uͤber 
die Unterlage von Papier oder Leinen ſanft angelegt. Es iſt 
gut, wenn die Bandweide zwei auch dreimal um die ver— 
edelte Stelle herum gefuͤhrt wird. Die beiden Ende der 
Bandweide umwindet und befeſtiget man und ſteckt den ſtaͤr— 
keren Theil ein. Man kann auch ſtatt der Weiden lange 
Stuͤcke Baſt nehmen und damit den gepfropften Aſt mehrmal 
umwinden, welcher bei dem Pfropfen in den Splint noch 
beſſer iſt. Die Platte oder Oberflaͤche des abgeſchnittenen 
und nun veredelten Stammes oder Aſtes beſchmiert und be— 
deckt man mit Pfropflehm halbkugelfoͤrmig. Zur Vorſicht 
gegen den Wind bindet man neben jedes Pfropfreis ein 
zwackiges Reis an den Stamm oder Aſt feſt, damit die anz 
gehenden und ſtark treibenden Reiſer an demſelben gegen den 
Windſtoß Schutz und Haltung finden; unterlaͤßt, man dieſe 
Vorſicht, ſo werden die Edelreiſer leicht in dem Juli oder 
Auguſt bei einem Gewitter durch den Wind von dem Baume 
abgeworfen, und dann iſt alle Muͤhe verloren. 

Hat man einen Baum, woran die Aeſte zu ſtark ſind, 
um ſie auf dieſe Art zu veredeln, ſo wirft man den Baum 
obenher ab, dann treibt er Waſſerloten, welche man in dem 
zweiten Jahre in den Spalt pfropfen kann. 

Dieſe wie jene Veredelungsarten befoͤrdern bald einen 
reichen und ſchoͤnen Obſtgewinn. Man ſollte daher nie einen 
geſunden Obſtbaum umhauen, weil er ſchlechtes Obſt traͤgt, 
ſondern ihn auf dieſe Art veredeln. 

Von dem Copuliren der jungen Obstbäume. 
Das Copuliren der jungen Obſtbaͤume iſt die leichteſte und 
geſchwindeſte Veredelungsart. Ein Mann, der eine Fer⸗ 
tigkeit in dem Copuliren hat, kann in einem Tage 200 
Staͤmmchen veredeln, wogegen der Fleißigſte in einem Tage 
hoͤchſtens 80 Staͤmmchen pfropfen kann. Bei dem Copuliren 


291 


waͤchſt auch die veredelte Stelle alsbald zu, und der Stamm 
bekommt einen vollkommen gleichen und ſthoͤnen Schaft; es 
iſt alſo das Copuliren dem Pfropfen weit vorzuziehen. Man 
will zwar behaupten, daß die copul'rten Staͤmme nicht fo 
ftarf würden, wie die gepfropften. Dieſe Behauptung mag 
aber nur darin einen ſcheinbaren Grund haben, weil die 
Staͤmmchen, die gepfropft werden, ſchon ehe ſie veredelt wer— 
den, zu einiger Staͤrke gekommen ſind; dagegen die Stämme 
chen, die copulirt werden, ſchwach wie eine irdene Pfeife, 
und an der Stelle, wo ſie veredelt werden, nicht ſtaͤrker 
wie das Edelreis ſelbſt ſind. Bringt man nun die Jahre 
in Anſchlag, welche die gepfropften Staͤmme vor der Ver— 
edelung in der Baumſchule ſo viel laͤnger geſtanden haben, 
und gibt ſie den copulirten Staͤmmen zu, ſo werden dieſe 
den gepfropften vollkommen gleich kommen. Ich ſelbſt habe 
viele durch Copulation veredelte Obſtbaͤume, die vor 36 
Jahren veredelt worden und ſchoͤne, ſtarke und fruchtbare 
Baͤume ſind. Daraus ergibt es ſich alſo, daß die Einwen— 
dung gegen die Copulation ungegruͤndet iſt. 

Die Staͤmmchen, die man copuliren will, ſchneidet 
man, um ſie ſo viel geſchwinder zur Veredelung geſchickt zu 
machen, in dem zweiten Jahre, wo ſie in die Baumſchule 
verpflanzet worden ſind, in dem Maͤrz ein Paar Zoll von 
der Erde ab. Dieß ſetzt die Staͤmmchen in den Stand, 
ſtarke, kraͤftige Reiſer zu treiben; nur darf man nicht mehr 
als ein Reis an jedem Staͤmmchen aufkommen laſſen. Man 
ſiehet darum in dem Mai und Juni fleißig nach, damit ja 
nicht mehr als ein Reis bleibt; alle uͤberfluͤſſige Ausſchlaͤge 
druͤckt man alsbald mit dem Daumen weg. Nach dieſer 
Vorbereitung ſchreitet man in dem naͤchſten Fruͤhjahre zu der 
Copulation ſelbſt. Das Copuliren der Kirſchen nimmt man, 
wie das Pfropfen, bei trockenen Tagen des Maͤrzes vor, 
und ſo copuliret man zu der Zeit alle uͤbrigen Sorten, wie 
dieß bei der Zeit des Pfropfens iſt gezeigt worden. 


292 


Die Copulation beſtehet in der genaueſten Vereini⸗ 
gung des Copulirreiſes mit dem jungen, eben ſo ſtarken 
Staͤmmchen vermittelſt eines Wachsbandes. 

Das erſte alſo, was bei der Copulation der jungen 
Obſtbaͤume erfordert wird, iſt, daß das Edelreis und das 
Staͤmmchen gleich ſtark und beides Triebe oder Reiſer von 
dem letzten Jahre ſind. Das Copulirreis haͤlt man alſo, 
um beider Staͤrke zu vergleichen, gegen das Reis des 
Staͤmmchens und ſiehet zu, in welcher Gegend das Staͤmm— 
chen zu dem Edelreis paßt. Und um die Copulation ſo tief 
als thunlich vornehmen zu koͤnnen, fo waͤhlet man zur Eos 
pulation ſtarke Reiſer. Hat man die Staͤrke verglichen, dann 
ſchneidet man da, wo die Reiſer zuſammen paſſen, das 
Staͤmmchen ſchraͤge einen Zoll lang ab, und eben ſo ſchnei— 
det man das Reis an dem ſtaͤrkeren Theile, wo es ſich voll— 
kommen zu der Staͤrke des Staͤmmchens verhaͤlt, ſchraͤge ab 
und ſiehet zu, ob ſich beide Flächen genau decken; es muß 
Holz auf Holz und Rinde auf Rinde genau paſſen. Iſt dieß, 
welches ſich bald treffen lernt, dann ſchneidet man das Edel— 
reis auf vier Augen ab und verbindet beide mit einem 
Wachsbande. 

Dieß Wachsband muß zwei ſchmale Strohhalme breit 
ſeyn; denn breite Wachsbaͤnder legen ſich nicht gut an. Ge⸗ 
woͤhnlich bedienet man ſich einer ſchmalen ſechs Zoll langen 
Schnur zu einem Wachsbande, die man in geſchmolzenes 
Baumwachs weichet, und ſo tunket man auf einmal ſo viel 
Stuͤckchen Schnur, als man Copulationen vorzunehmen Wil⸗ 
lens iſt. Andere bedienen ſich auch eines Stuͤcks alten Lei— 
nens und beſtreichen dieß mit Baumwachs, welches mit einem 
Meſſer in einer warmen Stube bei einer Kohlpfanne mit 
gluͤhenden Kohlen geſchehen muß. Dann ſchneidet man das 
mit Wachs beſtrichene Leinen in ſchmale Striemchen. | 

Beide Arten zu Copulirbaͤnder führen das ſehr Unge— 
maͤchliche mit ſich, daß ſie nicht nachgeben koͤnnen, und alſo, 


293 


wenn das Staͤmmchen darunter und das Edelreis, darüber 
ſtaͤrker werden, als die veredelte Stelle iſt, in das Baͤum— 
chen einſchneiden, wenn ſie nicht von Zeit zu Zeit aufgeloͤſt 
und friſch angelegt werden. Geſchiehet dieß nicht, ſo wirft 
der Wind die meiſten Reiſer ab, und die, welche bleiben, 
bekommen an der veredelten Stelle eine Art von Schwinden, 
ſo daß ſolchen Staͤmmchen hernaͤchſt nicht wohl zu helfen iſt. 
Will man alle Wachsbaͤnder aufloͤſen und friſch anlegen, ſo 
iſt dieß in einer großen Baumſchule eine rechte Arbeit, weil 
dieß in einem kurzen Zeitraume zu Ende Juli geſchehen muß. 
Dieß hat mich darauf hingeleitet, die Copulationsbaͤndchen 
von Papier zu machen, welches ganz vortrefflich iſt. Denn 
das mit Baumwachs beſtrichene Papier verwahret die ver— 
edelte Stelle auf das Innigſte vor allem Zutritt der Luft 
und befoͤrdert alſo den Wachsthum des Edelreiſes gar ſehr. 
Es gewähren aber auch dieſe Baumpflaſter den großen Borz 
theil, daß, ſo wie das Reis anwaͤchſt und ſtark wird, dieſe 
papierne Wachsbaͤnder von ſelbſt berſten und dem Edelreis 
Luft machen. Man hat alſo bei dieſen weiter nichts zu thun, 
als das wachſende Edelreis von Zeit zu Zeit an einen Pfahl 
gerade anzuheften. f 

Um ſolche Wachsbaͤnder zu machen, beſtreicht man, 
nach Maßgabe der Anzahl junger Obſtbaͤume, die veredelt 
werden ſollen, einen viertel, einen halben oder ganzen Bo— 
gen gewoͤhnlichen Schreibpapiers mit Baumwachs. Dann 
zerſchneidet man das Papier, wenn es mit Wachs beſtrichen 
iſt, am beſten in freier Luft oder in einem kalten Zimmer, 
wo das Wachs erhaͤrtet, mit einer an der Schneide etwas 
benetzten Scheere in ſchmale, 6 Zoll lange und ½ Zoll breite 
Striemchen. Dieſe Wachsbaͤnder, ſie moͤgen aus Leinen oder 
Papier beſtehen, muͤſſen jeden Tag friſch geſtrichen werden, 
weil die von des Tags vorher alles Heftende durch die Luft 
verloren haben. 0 

Dieſe Wachsbaͤnder nimmt man in einer Schachtel 


294 


oder Körbchen mit in die Baumschule, noch beſſer in einer ſtei⸗ 
fen ledernen, etwas großen Kapſel, die man mit einem Sie 
men um den Leib ſchnallet, wie die Tapezirer dergleichen bei 
dem Tapeziren haben, worin ſie die Naͤgel zu ihrer Arbeit mit 
ſich führen. Wenn nun das Copulirreis und das Reis des 
zu veredelnden Staͤmmchens zurecht geſchnitten und gepaßt 
worden ſind, dann haͤlt man beide mit dem Zeigefinger und 
dem Daumen der linken Hand genau zuſammen und ergreift 
mit der rechten Hand ein Baͤndchen und ſchiebt das eine 
Ende etwas unter den Zeigefinger der linken Hand, um es 
zu halten, und unwindet mit der rechten Hand von unten 
herauf die veredelte Stelle, fo daß das Wachsbaͤndchen ſich 
bei dem Umwinden etwas weniges deckt. Dieß Umwinden 
muß etwas unter dem Copulirreis anfangen und uͤber die 
veredelte Stelle hinaufreichen. Iſt das Wachsband richtig 
angelegt, dann druͤckt man mit dem Daumen und Zeigefin— 
ger der rechten Hand das Wachsbaͤndchen noch etwas an, 
damit es ſich uͤberall recht innig anleget; und ſo iſt die Co— 
pulation eines jungen Obſtbaͤumchens fertig. 

Gewoͤhnlich gibt es in dem Fruͤhjahre noch Spaͤtfroͤſte, 
wodurch die matt gewordenen Augen der Pfropf- und Copu⸗ 
lirreiſer leicht Schaden leiden, woher es denn kommt, daß 
die Augen, obgleich die Reiſer angezogen haben, nicht trei— 
ben und die Veredelung ganz vergebens iſt. Dieß hat mich 
auf mannigfaltige Verſuche geleitet, und unter dieſen habe 
ich am beſten gefunden, wenn man einen kleinen Buſchel langes 
Waldmoos oder Gras — Stroh mag es auch thun — zuſam— 
men bindet und dieſes als eine kleine Stuͤlpe auf die Edel— 
reiſer ſetzt. Eben ſo kann man kleine Tuͤttchen von Papier 
machen und dieſe zu gleichem Zweck gebrauchen; letzteres iſt 
das wirkſamſte. Sobald man ſiehet, daß die Augen treiben, 
ſo nimmt man die Stuͤlpe weg. 

Jedem jungen Baume, der copuliret iſt, gibt man 
einen Pfahl und heftet den jungen Ausſchlag fleißig an. 


295 


Es erfordert eine lange und fleißige Beobachtung der 
Structur, des Wuchſes, Holzes, Blatts und der Farbe, und 
ſo aller eigenſchaftlichen Bezeichnungen der Reiſer einer jeden 
einzelnen Sorte, um durch deren Anblick alsbald die Sorte ſicher 
anzugeben. Da dieß aber von einem angehenden Aufſeher 
und Pfleger einer Baumſchule nicht möglich iſt, fo muß man 
jede Reihe mit einem Pfahle bezeichnen, auf dem die fort— 
laufende Nummer und Sorte bemerkt wird, welche man in 
ein Manual eintraͤgt, damit man beſtimmt jede Sorte Obſt, 
die hernaͤchſt verlangt wird, geben kann. 

Alle veredelte junge Obſtſtaͤmme muͤſſen laͤngſtens alle 
44 Tage, von Mai bis Auguſt, beſehen werden, damit alle 
wilden Ausſchlaͤge, wie ſie austreiben, alsbald weggenom— 
men werden, wodurch der Wuchs der Edelreiſer ſehr befoͤr— 
dert wird. Dieß gilt nicht allein von den veredelten Obſt— 
baͤumen in der Baumſchule, ſondern auch von den alten Obſt— 
baͤumen, die man in die Rinde gepfropft hat. 

Wenn dieß alles wahrgenommen, alſo die Veredelung 
der Obſtbaͤume ſorgfaͤltig vorgenommen wird, dann kann man 
ſicher darauf rechnen, wenn nicht eine unguͤnſtige Witterung 
nachtheilig wirket, daß fie gut geraͤth und bft über alle Er— 
wartung fortſchlaͤgt. Der Begriff von einer gluͤcklichen Hand 
iſt nichts wie ein Vorurtheil; man mache nur alles genau 
und gut, dann hat man ſie. Der Verfaſſer dieſes hat in 
ſeinem Leben viele tauſend junge Obſtbaͤume veredelt; ſel— 
ten iſt ihm eine Veredelung mißrathen, nicht, weil er, wie 
man ſagte, eine gluͤckliche Hand hat, ſondern weil er die 
Veredelungen ſorgfaͤltig vornahm. 


Von der weiteren Behandlung der veredelten 
jungen Obſtbaͤume. 


In dem erſten Jahre läßt man die beiden Pfropfrei— 
ſer auf den in den Spalt gepfropften Staͤmmchen ſtehen, 
damit ſich die Pfropfſtelle um ſo leichter uͤberwulſte. In 


296 


dem zweiten Jahre ſchneidet man aber das ſchwaͤchſte Reis 
weg und laͤßt nur bei denen Staͤmmchen, die hochſtaͤmmig 
gezogen werden ſollen, ein Reis; dagegen den Staͤmmchen, 
welche zu Zwergbaͤumen gezogen werden ſollen, werden beide 
Reiſer gelaſſen. Wenn man bei hochſtaͤmmigen Baͤumen alle 
Nebenzweige des edlen Reiſes abſchneidet und nur ein Reis 
beibehaͤlt, ſo iſt dieß gerade bei Zwergbaͤumen der umge⸗ 
kehrte Fall. 

Jeder junge hochſtaͤmmige Obſtbaum muß einen Schaft 
von 6 Fuß haben, ehe er ſeine Krone anlegt; man laͤßt 
alſo, ehe und bevor er dieſe Hoͤhe erreicht hat, kein weiteres 
Reis aufkommen, dann ſiehet man aber zu, daß an jedem 
Stamm die drei oberſten Augen, als Keime der Krone, 
ſich entfalten. Dieß geſchiehet, indem alle uͤbrigen Augen, 
wenn ſie austreiben wollen, mit dem Nagel des Zeigefingers 
ausgepickt oder mit dem Daumen weggedruͤckt werden. 

Iſt der Boden der Baumſchule gut, die Veredelung 
ſorgfaͤltig und die Weitere Behandlung genau dem Zwecke 
entſprechend, dann kann man die jungen Obſtbaͤume in dem 
dritten Jahre nach der Veredelung mit dem gluͤcklichſten Er⸗ 
folge verpflanzen. 

Es kommt viel darauf an, daß man Me rechte Zeit 
in Ruͤckſicht der Staͤrke der jungen Obſtbaͤume zu treffen 
weiß. Es iſt beſſer, fie etwas zu frühe als zu ſpaͤt zu ver- 
pflanzen. Alte und zu ſtark gewordene junge Obſtbaͤume 
trauern, wenn ſie verpflanzt werden, lange; dagegen zeitig 
verpflanzte junge Bäume ſchlagen leicht an, fie wachſen, als 
ob keine Veraͤnderung mit ihnen vorgegangen waͤre, ſchoͤn 
und froͤhlich fort. 

Auch auf die Jahreszeit muß man bei dem Verpflan⸗ 
zen der jungen Obſtbaͤume Ruͤckſicht nehmen. In dem Herbſte 
iſt es viel beſſer zu verpflanzen, als in dem Fruͤhjahre; 
denn in dem Winter ziehen nicht nur die Wurzeln an, ſon— 
dern ſie treiben ſelbſt neue Wurzeln, wie man dieß aus vie— 


297 


* 


ler Erfahrung weiß. Pflanzet man in dem Herbſte, fo ge 
winnt man ein ganzes Jahr, und da iſt der October die 
beſte Zeit; wenn auch der junge Baum noch Blaͤtter hat, ſo 
hat dieß keine nachtheiligen Folgen. Kann man aber in dem 
Herbſte nicht zu dem Pflanzen kommen, ſo verpflanzet man 
in dem Fruͤhjahr, ſobald es die Witterung nur zulaͤßt; denn 
das iſt Regel: je fruͤher, je beſſer. 


9. Nähere Anleitung zu dem Verpflanzen der jungen 
Obſtbäume an den Ort ihrer Beſtimmung. 


Wie ſich alle lebende Kreatur an eine gewiſſe Lage 
und Stellung gewoͤhnet, ſo gewoͤhnen ſich auch die Gewaͤchſe 
und Obſtbaͤume an dieſelbe. Man ſucht daher bei dem Aus— 
heben der jungen Obſtbaͤume die Stellung zu bemerken, 
welche ſie gehabt haben. Man macht darum, ehe man einen 
Obſtbaum aushebt, mit Kreide oder mit ſonſt etwas ein 
Merkzeichen gegen Mittag, und dieſe Richtung gibt man dem 
jungen Baume beim Verpflanzen wieder; wodurch ſeine Ve— 
getation ſehr befördert wird. 

Eben ſo muß man den jungen Obſtbaum ſehr ſorgfaͤl— 
tig ausheben, damit er keinen Schaden an den Wurzeln lei— 
det; denn auf die Wurzeln kommt alles an. Gewoͤhnlich 
gehet man mit den jungen Baͤumen bei dem Ausheben ſehr 
rauh und unvorſichtig um; man ſtoͤßt mit dem Spate, wie 
man dazu kommt, man hauet mit der Hacke und ziehet aus 
Leibeskraͤften, ohne Schonung des Stammes und der Wur— 
zeln, und auf dieſe Art wird gar oft der Schaft unten an 
dem Stamme mit der Hacke zerſchlagen, die Wurzeln abge— 
riſſen und ſehr beſchaͤdiget. So ein verletzter Baum kraͤn— 
kelt, wie leicht zu denken, oft lange, ehe er ſich erholet, 
oder gehet gar aus. 

Wenn man einen jungen Obſtbaum ausheben will, fo 
muß man mit einem langen und ſcharfen Spaten, 1½ Fuß 


208 


von dem Stamm ab, rund um denſelben die Wurzeln abfte- 
chen, und ſo allmaͤhlig eine Wurzel nach der andern lostren— 
nen. Geſchiehet dieß, dann kann man darauf rechnen, wenn 
die weitere Pflanzung gut gemacht wird, daß der junge 
Baum angehet und gut fortſchlaͤgt. 

Die ausgehobenen jungen Baͤume darf man nicht in 
der freien Luft liegen laſſen, und eben ſo wenig ſie mehrere 
Tage in einem Stalle oder Scheune hinlegen; ſondern wenn 
man ſie nicht alsbald pflanzen kann, ſo muß man ſie in Erde 
einſchlagen. Baͤume, die man anderswoher kommen laͤßt, 
ob fie gleich gut eingepackt waren, muͤſſen vor dem Pflanzen 
24 Stunden in Flußwaſſer oder anderes weiches Waſſer ge— 
ſetzt werden, damit die Wurzeln die nöthige Feuchtigkeit ein⸗ 
ſaugen und ſich erforderlich ſtaͤrken. 

Das Erdreich oder der Boden, worin der junge 
Baum gepflanzt werden ſoll, muß erforderlich zubereitet und 
dazu geſchickt gemacht werden. Wollte man nicht einen 
großen Koſtenaufwand ſcheuen, ſo waͤre das ſicherſte und 
beſte, um recht bald zu einem reichen Obſtgewinn zu kom⸗ 
men, daß man das ganze Stuͤck Land, welches man mit 
Obſtbaͤumen bepflanzen will, durchaus 6 Fuß tief rojole. 
Indeſſen werden wenige jo einen Koſtenaufwand anwen— 
den koͤnnen und wollen. Doch iſt zu bemerken, daß kein 
Geld ſicherer angelegt wird, als das, welches man auf die 
Veredelung der mütterlichen Erde verwendet. Denn tft der 
Boden gut zubereitet, dann ſchlagen die Pflanzungen zu un- 
ſerem reichſten Gewinn unfehlbar fort, die in ihm vorgenom- 
men werden. Da aber ein Rojolen des Bodens bei der 
Pflanzung der Obſtbaͤume in dem Allgemeinen nicht wohl 
anwendbar iſt, ſo muͤſſen wenigſtens 4 Fuß weite und tiefe 
Loͤcher dazuausgeworfen und mit guter Erde wieder zuge— 
fest werden, damit Dir jungen Obſtbaͤume mit ihren Wur⸗ 
zeln in die Tiefe eindringen und dieſe da ausbreiten koͤnnen. 
Koͤnnen ſie dieß, dann wachſen ſie hoch in die Hoͤhe und 


299 


uͤberſchatten nicht fo ſehr das Feld oder die Landſtraßen mit 
tiefgehenden Aeſten; ſie bekommen nicht leicht Moos, denn 
das Moos iſt eine Folge des ſeichten, ſchlechten und ma— 
geren Bodens; ſie werden fruchtbarer, weil ſie nicht nur 
aus der Dammerde, ſondern auch aus der Tiefe Saft und 
Nahrung an ſich ziehen koͤnnen, und wenn die Feuchtigkeit 
in heißen Sommertagen in dem oberen Felde verſchwindet, 
ſo finden ſie noch in der Tiefe Nahrung genug, ihre zarten 
Fruͤchte muͤtterlich zu ernaͤhren. Daher kommt es denn, daß 
ſolche Obſtbaͤume ihre Fruͤchte nicht fallen laſſen, wie die, 
welche nur oberflaͤchlich wurzeln, und alſo auch aus dieſem 
Grunde viel fruchtbarer werden, wie ſolche Baͤume, welche 
nur in dem oberen Felde der Erde ihre Wurzeln ausbreiten 
koͤnnen. N 
Iſt das Loch zum Baumpflanzen erforderlich ausge— 
worfen, ſo iſt ein Pfahl als Stuͤtze und Schutz des jungen 
Baums die weitere Erforderniß. Ein ſchoͤner, gerader Pfahl 
iſt nicht nur eine Zierde eines jungen Obſtbaums, ſondern 
er iſt auch zu einem guten Fortſchlagen und Vegetiren des 
Baumes durchaus erforderlich. Denn er gewaͤhret dem jun— 
gen Stamme Schutz gegen den rauhen Wind, welcher dem 
jungen Baume empfindlich iſt, er gibt ihm eine gerade Hal— 
tung und geraden Schaft, welches ſowohl wegen des ſchoͤ— 
nen Anſehens als auch der richtigen Vertheilung der Saͤfte 
in dem Baume erforderlich iſt; und ſomit zu einer voͤllige— 
ren Fruchtbarkeit fuͤhret. Der Pfahl, der all dieß leiſten 
ſoll, muß 8 Fuß lang, vollkommen gerade und wenigſtens 
3 Zoll in dem Durchmeſſer haben. Pfaͤhle aus geriſſenem 
eichenen Holze ſind die beſten. Sie muͤſſen etwas behauen, 
unten und oben geſpitzt und 2½ Fuß angebrennt werden. 
Da in manchen Gegenden eichene Pfaͤhle ſchwer zu haben 
find, fo kann man ſich auch der Fichten- und Buchen-Erd— 
ſtaͤmme bedienen. Die Tannen- und Weidenpfaͤhle taugen 
nicht, denn ſie dauern nur kurze Zeit. Die nicht geriſſenen 


300 


Pfaͤhle ſchaͤlet man unten und oben, und den uͤbrigen Theil 
des Pfahls bekippt man, läßt fie recht austrocknen und ver- 
wahret ſie an einem luftigen und trockenen Orte; man bren— 
net ſie, wie die eichenen Pfaͤhle, wenn man ſie brauchen 
will. Da bei der Baumzucht ſehr viel auf gute Pfaͤhle an— 


»kommt, fo iſt es noͤthig, daß man ſich deren ſtets vorraͤthig 


genug haͤlt. 

Wenn man den jungen Obſtbaum pllanzet, dann ſtoͤßt 

ian den Pfahl zuerſt in das Loch, und zwar fo, daß er 

dem Baume auf der Nordſeite zu ſtehen kommt. Wollte 
man den Baum erſt pflanzen, und nachher den Pfahl ein- 
ſtoßen, ſo wuͤrde man die verborgenen Wurzeln beſchaͤdigen. 
Man richte den Pfahl etwas gegen den Wind, nach dem 
Senkblei von oben nach unten an dem Stamm ½ Fuß; 
denn der Wind treibt doch, bei aller Staͤrke und Feſtigkeit 
des Pfahls, den jungen Stamm nach und nach etwas uͤber 
die Seite. Einen jungen Baum zwiſchen zwei Fuß weit 
entfernte Pfaͤhle in die Mitte ſtellen, iſt aus vielen Gruͤn— 
den gar nicht gut und durchaus nicht zu empfehlen. 

Damit der junge Baum bei dem Pflanzen nicht tiefer 
und nicht hoͤher zu ſtehen kommt, als er geſtanden hat, denn 
beides iſt gegen die Natur des Baumes, ſo legt man ein 
Richtſcheit uͤber das Loch her, und haͤlt den Baum, ſo weit 
er in der Erde geſtanden hat, gegen daſſelbe, und bemerket, 
wie hoch das Loch demnach noch aufzufuͤllen iſt, damit der 
Baum ſo zu ſtehen kommt, wie er geſtanden hat. Zu dem 
Ausfuͤllen des Lochs nimmt man gute Bauerde; man gibt 
aber keine Unterlage von Miſt. 

Iſt nun alles zum Pflanzen vorbereitet, dann be⸗ 
ſchneide man die Wurzeln des jungen Stamms nur etwas, 
ſo daß jede Hauptwurzel etwa einen Fuß lang, die kleine— 
ren und Haarwurzeln aber nur eines Fingers lang bleiben. 
Die ſtarken Wurzeln werden ſo abgeſchnitten, daß der Schnitt 
auf die Erde kommt; man ſchneidet darum von dem inneren 


301 


Wurzelbau nach ſich und nicht von ſich. Wurzeln, die auf 
dieſe Art abgeſchnitten werden, treiben an dem Schnitt drei 
und vier Wurzeln, welche das Fortſchlagen des Baums un— 
gemein befoͤrdern. Dagegen anders abgekuͤrzte Wurzeln oft 
einen ganzen Zoll und weiter abſterben. 0 

Die Krone des Baumes beſchneide man aber ſcharf. 
Wenn fie aus Sommerſchoſſen beſtehet, fo laſſe man nur 
drei Reiſer, und von jedem Reiſe nur vier Augen, ſo daß 
alſo der Anfang der Krone aus drei kurzen Sproſſen beſte— 
het. Alle Nebenzweige ſchneidet man glatt weg. Iſt aber 
der Baum ſchon ſtark, jo daß die Aeſte der Krone wohl 
eines Fingers ſtark ſind, ſo wirft man alle Aeſte bis auf 
eine Spanne lang ab, ohne darauf zu ſehen, ob Augen da 
ſind oder nicht; dieſe kommen hernaͤchſt doch. Das iſt eine 
feſte und ſichere Regel: je mehr man die Krone eines jungen 
Baumes bei dem Verpflanzen beſchneidet, deſto beſſer ſchlaͤgt 
er an. 

Stehet nun der Pfahl, iſt das Loch erforderlich aus— 
gefuͤllt und abgemeſſen, wie hoch oder tief der Baum zu ſte— 
hen kommt, und der Baum beſchnitten, dann haͤlt man den 
jungen Stamm auf der Mittagsſeite an den Pfahl, und ein 
Gehuͤlfe breitet die Wurzeln ſchoͤn aus, daß ſie, ſo viel es 
thunlich iſt, nach allen Seiten in dem Loch gerichtet werden. 
Dann haͤufelt man feine gute Erde uͤber die Wurzeln hin, 
daß ſie ſchoͤn zugedeckt werden. Man ſehe aber ja zu, daß 
bei dem Zuhaͤufeln der Wurzeln die Erde nicht uͤber den 
Bart der Wurzeln hinrinne; denn die Wurzeln ſind bei man— 
chen Baͤumen ſehr buſchig und laſſen die Erde nicht erfor— 
derlich durchfallen. Iſt man darauf nicht aufmerkſam, ſo 
bleibt es unter dem Stamm hohl und leer; woher es denn 
kommt, daß ſich zuerſt ein Schimmel anlegt, dann, daß ſich 
eine Faͤulniß erzeugt, wodurch der angegangene Baum in 
dem zweiten Jahre wieder ausgehet. Man nehme ſich darum 
die Mühe und ſuche die Wurzeln durchaus mit Erde auszu— 


302 


füllen. Hat man eine Hand hoch die Erde über die Wur- 
zeln aufgehäufet, dann tritt man fie ſanft an. Pflanzet man 
in dem Fruͤhjahre, ſo muß man die Wurzeln etwas mehr 
antreten; doch darf das Antreten nie zu hart und feſt ge— 
ſchehen, wodurch ein froͤhlicher Wuchs verhindert wird. Man 
kann auch, wenn man Flußwaſſer in der Naͤhe hat, die 
jungen Obſtbaͤume anſchlaͤmmen, d. h. man gießet zu dem ge— 
pflanzten Baume, wenn eine Hand hoch Erde auf die Wur— 
zeln hingehaͤufelt iſt, ohne ſie erſt anzutreten, einige Gieß— 
kannen voll Waſſer, wodurch ſich die Erde dicht um die 
Wurzeln anſchlaͤmmet. Dann ſcheppt man noch etwas Erde 
bei, bis ſie hoch genug und dem uͤbrigen Boden gleich iſt; 
man macht einen Wulſt um die Pflanzung, damit das Waf- 
ſer nicht fortlaufen kann, und gießt noch einige Eimer Waſſer 
zu. So laͤßt man denn den gepflanzten jungen Baum acht 
Tage unangeheftet ſtehen, damit ſich der junge Stamm mit 
der Erde erforderlich ſetzen koͤnne. Bindet man den gepflanz— 
ten Baum gleich anfangs genau und feſt an, ſo bleibt er, 
wenn ſich die Erde ſetzt, an den Pfaͤhlen haͤngen, und ſchlaͤgt 
daher ſchlecht fort. 

Hat ſich alſo der junge Baum geſetzt, dann wird er 
an den Pfahl angebunden. Jedem Baume gibt man vier 
Baͤnder, und zwiſchen jedes Band und den Stamm, eben 
ſo zwiſchen den Stamm und dem Pfahle, Unterlagen, oder 
Buͤſchel von Moos, Stroh oder langem Graſe, damit die 
Weide den Stamm nicht druͤcket und die Zirkulation des 
Saftes nicht gehemmt wird. Hierauf macht man aber auch 
um den Baum, der an Wege oder auf das Feld gepflanzt 
wird, ſorgfaͤltig von unten bis oben an die Krone Dorne, 
und bindet ſie ſorgfaͤltig um den Baum, damit kein Haſe, 
oder ſonſt etwas ihm ſchaden kann. Jeden Herbſt und jedes 
Fruͤhjahr ſiehet man genau nach, ob das Zubinden noch gut 
iſt, ob die Pfaͤhle noch gut ſind, und ob ſie noch vollkom— 
men gerade ſtehen. Waͤre dieß nicht, ſo ſchneidet man alsbald 


303 


alles los, ſtreckt den Pfahl und bindet den Baum wieder 
an und wieder zu. Man ſiehet genau nach, ob hier oder 
da Aus ſchlaͤge an dem Stamm entſtanden ſind, die man als— 
bald glatt wegſchnetoen muß. Alle kleinen Fehler der Art 
muͤſſen alsbald gehoben werden, denn fie führen zu größerem 
Schaden. 


10. Von dem Beſchneiden der Obſtbäume. 


a. Von dem Beſchneiden der jungen, 
b. von dem Beſchneiden der alten Obſtbaͤume. 


a. Von dem Beſchneiden der jungen Obſt— 
baͤume. Wollte man dem jungen Obſtbaume alle Zweige 
und Ausfchläge, die er treibt, laſſen; wollte man die langen 
Reiſer nicht abkuͤrzen: ſo wuͤrde der Baum bald einen zu 
großen Wald bekommen, ſo daß er ihn nicht gegen den 
Sturm und heftigen Wind aufrecht tragen und gerade erhal— 
ten loͤnnte. Eben daher kommt es, daß in den Gegenden, 
wo ein ſtarker Windzug iſt, die Baͤume, welche von ihrer 
Pflanzung an nicht in dem Schnitt gehalten wurden, ſchief 
gewachſen find, uͤber eine Seite hängen und ſich oft weit 
uͤber die Erde hinlegen. Dieß iſt ein wahrer Mißſtand; 
es wird der Acker unnoͤthiger Weiſe beſchattet, und iſt einem 
fruͤhzeitigen Obſtertrage ganz entgegen. Um dieſe nachtheili— 
gen Folgen ſo einer verwahrloſten Baumzucht zu entfernen 
und ſich der gegentheiligen Vortheile zu erfreuen, iſt es noͤ— 
thig, daß man die jungen Obſtbaͤume alljaͤhrlich in dem 
Schnitt haͤlt. 

Zu dem Beſchneiden der Obſtbaͤume wird ein gutes 
Gartenmeſſer, eine ſcharfe Pfropfſaͤge und eine Baumleiter 
erfordert; eine Leiter, die vollkommen frei ſtehet und nicht ge— 
gen den Baum angelegt werden muß; wozu man jetzt bei den 
Schreinern in den Staͤdten uͤberall das Muſter finden kann. 
Mit den gewoͤhnlichen Leitern, die gegen die Baͤume angelegt 
werden, ſchadet man den Obſtbaͤumen ſehr, und dieſe duͤr— 


304 


fen darum durchaus nicht bei dem Baumſchneiden gebraucht 
werden. Wer alſo die Obſtkultur liebt und ſie zweckmaͤßig 
und gut treiben will, der muß eine gute Baumleiter haben. 

Wenn man an dem jungen Stamm drei kurze Sproſ— 
ſen als Anfang zu der Krone bei dem Pflanzen gelaſſen hat, 
und mehr als zwei Augen an jedem Sproſſen in dem erſten 
Sommer ausgetrieben haben: ſo ſchneidet man in dem naͤch— 
ſten Fruͤhjahre die unterſten weg, laͤßt jedem zwei Reiſer 
und kuͤrzet dieſe auf vier Augen ab. Zeigt aber der junge 
Baum einen ſparſamen Wuchs, ſo beſchneidet man ihn in 
dem erſten Jahre gar nicht. Alle Reiſer, die man wegnimmt, 
muͤſſen glatt geſchnitten werden. Den oberſten Reiſern, 
welche man ſtehen laͤßt, gibt man eine gleiche Hoͤhe, welches 
ſchon einigermaßen aus der Zahl der Augen, die man laͤßt, 
erfolgt. Man ſiehet auch bei dem Beſchneiden darauf, daß 
der junge Baum inwendig in der Krone etwas offen gezo— 
gen wird, wodurch man bei dem Reinigen und Aus putzen 
des Baumes beſſer zurecht kommen kann, wodurch der Baum 
ein ſchoͤneres Anſehen bekommt, auch das Obſt ſelbſt beſſer 
und ſchoͤner wird. In den folgenden Jahren ſchneidet man 
die unteren uͤberfluͤſſigen Reiſer weg, doch muß man auf die 
kurzen Sproſſen, welche anfangs wie runde Nullen ausſe— 
hen, wohl merken; dieß ſind die Tragaugen, dieſe ſchneide 
man ja nicht weg. Wer Obſtbaͤume beſchneiden will, muß 
die Tragaugen genau kennen lernen, damit er nicht durch 
ein unvorſichtiges Beſchneiden ſchadet. So wie der Baum 
groͤßer wird, ſchneidet man die Reiſer, ſowohl die, welche 
nach außen, wie die, welche nach innen der Krone treiben, 
auf zwei oder drei Augen, und die oberſten wieder gleich 
hoch, auf vier Augen. Waͤre es aber, daß ein junger Obſt⸗ 
baum durch einen ſehr ſtarken und kraͤftigen Wuchs ſich aus— 
zeichnete und ſehr lange Ruthen triebe, ſo muß man ihm in 
dem dritten und vierten Jahre etwas mehr Holz laſſen, da— 
mit er ſeine Kraͤfte beſſer verarbeiten kann und fruͤher zur 


305 


Fruchtbarkeit kommt; denn ſehr kraͤftige und fette Obſtbaͤume 
tragen ſpaͤt, um ſo mehr, wenn ſie ſcharf beſchnitten werden, 
wodurch ihre Kraͤfte vermehrt werden; dann treiben ſie die 
Tragaugen zu Holzaugen aus. Schneidet man gar nicht 
oder zu wenig, ſo bringen viele Augen nichts als Laub, 
welche, wenn der Baum erforderlich beſchnitten worden 
waͤre, Tragaugen gegeben haͤtten. Darum muß das Baum— 
ſchneiden mit vieler Umſicht geſchehen, und da tft, wie überall, 
ein geſundes Urtheil und Erfahrung das Beſte. In dem ſpaͤ— 
teren Alter laͤßt man die rund und offen gefuͤhrte Krone wie— 
der zugehen, wodurch eine groͤßere Fruchtbarkeit erreicht wird. 

b. Von dem Reinigen, Aus putzen und Be— 
ſchneiden der alten Obſtbaͤume. 

Die Fruchtbarkeit des alten Obſtbaums hat zunaͤchſt 
ihren Grund in der Erhaltung, Vermehrung und Verbeſſe— 
rung der Kraͤfte des Baums. Wenn man oft bei jungen 
und kraͤftigen Baͤumen auf Verminderung der Kraͤfte durch 
ein vorſichtigeres Beſchneiden, durch Entfernung alles Duͤn— 
gers, wohl gar durch Wegſcharren der fetten Erde um den 
Stamm her, und Hinſchuͤtten von grobem Bachſand, denken 
muß: ſo muß man bei dem alten Obſtbaume die Kraͤfte 
vermehren und verbeſſern, durch gute Erde, durch maͤßiges 
Duͤngen, durch jaͤhrliches Reinigen und Ausputzen, beſonders 
durch ein kluges und ſorgfaͤltiges Beſchneiden der Jahres— 
wuͤchſe. Unterlaͤßt man dieſe ſorgfoͤltige Pflege, fo tragen 
oft die Obſtbaͤume, ohne daß die Urſache allein in unguͤn— 
ſtiger Witterung zu ſuchen waͤre, ſelten. Man darf darum 
das Reinigen, das Ausputzen und Beſchneiden der Obſt— 
baͤume nie unterlaſſen, jedes Jahr vorzunehmen. Dieß drei— 
ſache Geſchaͤft kann mit einander in dem October, oder auch, 
wie ſchon geſagt, in dem Februar vorgenommen werden. 

1. Von dem Reinigen des Baumes. Man 
reiniget den Obſtbaum von der rauhen und ſplitterigen Rinde 
und dem alten Mooſe, von dem Stamme bis in die aͤußer— 


20 


366 


ften Zweige, mit einer alten Backkratze und einem ſcharfen 
Spane, den man zum Abfegen der Zweige gebrauchet und 
ſich dazu zugeſchnitten hat. Denn die rauhe Rinde iſt ein 
Wohnſitz vieler Inſekten, welche der Baumbluͤthe ſehr ſchaden. 

Rauhe und abgeſtorbene Rinde, wie das Baummoos, 
verurſachen aber auch ein Stocken der Saͤfte des Baumes. 
In beidem haͤlt ſich die Naͤſſe, beſonders die Winterfeuchtig— 
keit, Regen und Schnee, viel laͤnger, als es dem Baume 
gut iſt. Die ſchaͤbige Rinde und der Wulſt von Moos hal— 
ten daher die erwaͤrmenden Strahlen der Fruͤhlingsſonne ab 
und verſetzen den Baum in ein Mißverhaͤltniß mit der Na— 
tur. Das Moos tft aber auch eine Pflanzenart, die die 
Kraͤfte und Nahrung von dem Baume an ſich ziehet, und 
verſetzet ihn in einen kraͤnkelnden Zuſtand. Es iſt daher ſehr 
einleuchtend und fuͤhlbar, wie nachiheilig beides auf die Ve— 
getation des Obſtbaumes wirken muͤſſe, wenn jene und Die 
ſes nicht weggenommen werden. 

2. Von dem Ausputzen der alten Obſt— 
baͤume. So nothwendig wie das Reinigen zu einem fro— 
hen Wachsthum und einer reichen Obſternte iſt, eben ſo er— 
forderlich iſt das jaͤhrliche Ausputzen derſelben. 

Unter dem Ausputzen der Obſtbaͤume verſtehet man 
das Wegnehmen aller uͤberfluͤſſigen Zweige und Aeſte. Alle 
Aeſte, die man wegnehmen will, muͤſſen mit einer ſcharfen 
Saͤge abgeſchnitten werden. Den Schnitt uͤberſchmieret man 
mit dem angegebenen Pfropflehm. Alſo Aeſte, welche neben 
den Hauptaͤſten nicht voran wollen, vielmehr ſchwach zuruͤck— 
bleiben und wohl gar in den aͤußerſten Zweigen abzuſterben 
anfangen, ſolche Aeſte nimmt man ohne Weiteres weg. 
Jeder Hauptaſt hat feine Hauptwurzel; wenn nun an dieſer 
die Sauggefaͤße anfangen einzuſchrumpſen und zu vertrocknen, 
dann ſtirbt der von ihr zu ernaͤhrende Aſt auch ab; es iſt daher 
an ſo einem nahrungsloſen Aſte nichts weiteres aufzuheben. 

Eben ſo nimmt man alle Waſſerreiſer, Waſſerloten, 
weg. An dem Stamme und an den Hauptaͤſten wachſen oft 


307 


mit uͤppigem Wuchſe ſtarke Reiſer hervor, zu einer Zeit, 
wo dem Stamme durch Regen und Sonnenſchein, in den 
Monaten Mai und Juni, mehr Säfte zugeführt werden, 
als ſeine Natur verarbeiten kann. Es entſtehen dergleichen 
Waſſerreiſer um ſo leichter, wenn durch ein zu fruͤhes und 
unkluges Hinauftreiben der Aeſte der Baum zu hoch gezogen 
wird. Dieſe Waſſerreiſer muͤſſen, ſo lange keine Veredlung 
mit einem Baume vorgenommen werden ſoll, wozu man ſie 
noͤthigen Falls gebrauchen kann, ſorgfaͤltig weggenommen 
werden; denn ſie entziehen der eigentlichen Krone die Vege— 
tation und der Frucht die noͤthige Nahrung, woher denn 
wenig und ſchlechte Fruͤchte an einem Baum, der Waſſer— 
reiſer hat, wachſen. 

3. Von dem Beſchneiden der alten Obſt— 
baͤume. 

Das Beſchneiden der alten Obſtbaͤume beſtehet, wie 
bei den jungen Obſtbaͤumen, in dem Abkuͤrzen der jungen 
Reiſer von dem letzten Sommer, und in dem Wegnehmen 
der uͤberfluͤſſigen kleinen Zweige an dem ganzen Baume. Da 
darf auch kein Reis uͤbergangen und kein Fruchtſproſſe über: 
ſehen werden, welches dem Unkundigen ſehr ſchwer duͤnket, 
aber das geuͤbte Auge und Hand leicht findet. Das Be— 
ſchneiden des alten Obſtbaums richtet ſich nach dem Alter 
und dem Wuchſe des Baumes, wie nach ſeinen Kraͤften. 
Magere Obſtbaͤume treiben ſchwache Reiſer, kleines Laub 
und ſchieben wenig Fruchtaugen. Um ſie aber bei ihren we— 
nigen Kraͤften doch zu einer erfreulichen Vegetation und zu 
einer erklecklichen Fruchtbarkeit zu bringen, mehr und ſchoͤ— 
neres Obſt zu gewinnen, ſo beſchneidet man ſolche Obſt— 
baͤume ſcharf, d. h., die Reiſer ganz kurz, nur auf zwei 
oder drei Augen. Starke, kraͤftige Obſtbaͤume ſchneidet man 
laͤnger, das Reis etwa auf vier oder fuͤnf Augen, oder in 
dieſem und jenem Fall ſchneidet man zwei Theile von der 
Laͤnge des Reiſes weg und einen Theil der Laͤnge laͤßt man. 
Wollte man die ſtarken und kraͤftigen Baͤume kuͤrzer ſchnei— 


308 


den, fo wuͤrde dieß unfehlbar die Fruchtbarkeit vermindern. 
Durch eine Ueberfuͤlle des Saftes wuͤrde der Embryo oder 
Keim der jungen Frucht in dem Saft erſticken; denn eine 
Ueberfuͤlle von Saͤften iſt der Fruchtbarkeit des Obſtbau— 
mes, wie der Fruchtbarkeit der lebenden Kreatur, nachtheili— 
ger, als nuͤtzlich. Selten hat man aber bei alten Obſtbaͤu— 
men auf Verminderung der Vegetation zu ſehen, vielmehr 
auf ihre Vermehrung. Man kuͤrze daher nicht nur die Som- 
merreiſer erforderlich ab, ſondern man nehme auch die klei— 
nen und kraftloſen Zweige und eben ſo die Tragaugen, 
die matte und eingeſunkene Augen haben, weg, und ſeye 
denn dabei aufmerkſam auf das Werk ſeiner Haͤnde, und 
man wird nach und nach die Kunſt, den Obſtbaum zu be— 
ſchneiden, lernen. 

Hochſtaͤmmige Kirſchbaͤume, Naincloden- und Zwet— 
ſchenbaͤume beſchneidet man am beſten gar nicht. Man 
nimmt aber die abgeſtorbenen Aeſte und kleineren Zweige, 
wie alles Moos, ſorgfaͤltig weg. Fuͤr hochſtaͤmmige Mirabel— 
len iſt aber das Ausputzen und Beſchneiden ſehr zu empfehlen; 
denn die Frucht wird reichlicher und viel edler und ſchoͤner. 


11. Von den Krankheiten der Obſtbäume. 

Die Krankheiten der Obſtbaͤume koͤnnen fuͤglich, wenn 
man die Faͤulniß, die ſich durch das Alter erzeugt, nicht 
mit dazu rechnen will, in fuͤnf verſchiedenartige Klaſſen ge— 
theilt werden. 

a. Krankheiten, welche aus Vollſaͤftigkeit 

entſtehen. 

b. Von den Blattlaͤuſen. 

c. Von Ameiſen. 

d. Von Wuͤrmern und Maͤuſen. 

e. Vom Schimmel unter den Hauptwurzeln. 
a. Die Krankheiten, welche von Vollſäftigkeit entſtehen. 


Wenn der Boden zu nahrhaſt iſt; wenn dieſer dem 
Obſtboume mehr Saͤfte zufuͤhret, als er verarbeiten kann; 


— 


309 


oder wenn man einen Obſtbaum von beſonders edler Art, 
der ein lockeres Zellengewebe hat, in eine kalte Lage bringt, 
oder wo Kaͤlte und Waͤrme zur Winterszeit zu ſehr mit 
einander abwechſeln: dann reißt unter allen dieſen Umſtaͤn— 
den die Rinde der Obſtbaͤume, und es entſtehen Brand— 
und Krebsſchaͤden. Dieß Uebel vermehret ſich, wenn eine 
in dem Boden dem Obſtbaume nachtheilige Schaͤrfe ſteckt, 
als von verweſten Koͤrpern oder vieler Miſtjauche. Vorzuͤg— 
lich find Pfirſich- und Aprikoſenbaͤume, und unter den Aepfeln 
die aus dem Calwill- und Renettengeſchlecht, dieſen Uebeln 
am meiſten ausgeſetzt. Es gehoͤrt eine genaue Kenntniß des 
Bodens, der Lage, des Klimas und der Obſtſorten dazu, 
um überall das Rechte zu treffen. In dem Allgemeinen kann 
man fagen, daß man, wo ſich Krebs-oder Brandſchaͤden 
zeigen, die Fettigkeit und Saftigkeit des Bodens maͤßigen 
muͤſſe, durch Beimiſchung von Sand und Entfernung des 
Duͤngers; daß man bei neuen Anlagen wohl thut, wenn 
man die Obſtſorten nach der Lage und dem Klima waͤhlet, 
und die Obſtbaͤume, welche zaͤrtlich ſind und ſchon gepflanzt 
ſtehen, in dem Winter durch Zubinden, jo weit dieß geſche— 
hen kann, an dem Stamme und den Hauptaͤſten vor der 
Sonne zu verwahren ſuchet. Tritt ein Brandſchaden ohne dieſe 
Vorſicht ein, ſo hilft alles Ausſchneiden des Schadens oder 
alles Pflaſtern und Schmieren mit Baumſalbe nichts. Doch 
ſind auch ſolche ſchadhafte Baͤume oft ſehr fruchtbar. 


b. Von der Blattlaus. 


Die Blattlaus, Aphis, iſt ein den Gewaͤchſen ſehr 
ſchaͤdliches Juſekt, welches den Saft aus den Blättern aus— 
ſaugt und den Wachsthum der Baͤume ſehr verhindert oder 
ganz zerſtoͤret. Es gibt ihrer viele Arten, und faſt jedes 
Gewaͤchs hat ſeine eigenen Blattlaͤuſe, und ſo auch die Obſt— 
baͤume die ihrige. Der Landmann kennt fie unter der Ber 
nennung Geſchmeiß. 

Die Blattlaͤuſe vermehren ſich auf eine unglaubliche 


310 


Art. Reaumuͤr hat berechnet, daß von einer Mutter in 
einem Sommer in der fünften Generation 5,904,900,000 
Blattlaͤuſe kommen koͤnnen. Kein Wunder, wenn ſie den 
Baum, auf dem ſie uͤberhand nehmen, ſeines Saftes berau— 
ben, wodurch ſich die Blaͤtter zuſammen ziehen, runzelig 
werden und die jungen Schoͤßlinge verderben. 

Nach meiner Erfahrung iſt kein dienlicheres Mittel 
gegen dieſes ſehr ſchaͤdliche Inſekt, als Waſſer. Man macht 
um den Baum, den man von den Blattlaͤuſen retten will, 
einen Wulſt unten um den Stamm von Erde, die man von 
dem Stamm abziehet, und von Rindsmiſt ein Paar Hand 
hoch, daß dieſe Vertiefung, nachdem der Baum ſtark iſt, 
vier auch fuͤnf Eimer Waſſer haͤlt. Dieſe gießt man acht 
Tage lang täglichgin dieſe Vertiefung. Dadurch wird der 
Baum ſehr ſaftreich; die Blattlaͤuſe uͤberfuͤllen ſich mit dem 
etwas waͤſſerigen Saft und ſind wie von dem Wind ver— 
wehet. 


e. Von den Ameiſen. 


Die Ameiſen ſchaden beſonders den jungen Obſtſtaͤmm— 
chen in den Baumſchulen. Man vertreibt ſie durch etwas 
Honig, den man in den Boden eines Topfs ſtreicht, und welchen 
Topf man dahin umgekehrt hinſtellet, wo ſie ſchaden. Alle 
Ameiſen nah und fern ziehen ſich nach dem Topf, den man 
jeden Morgen in ſiedendes Waſſer ausleert. 


d. Von Würmern und Mäuſen. 


Die Wuͤrmer, wovon die Maikaͤfern kommen, ſo wie 
die Maͤuſe, ſchaden beſonders den jungen Obſtbaͤumen oft 
gar ſehr. Beides Ungeziefer nagt von den Wurzeln die 
Rinde oft ganz ab, wodurch der Baum anfangs trauert, 
die Blaͤtter werden gelb und er gehet aus, wenn ihm nicht 
bald geholfen wird. Man haͤckelt ſo einen kranken Baum 
auf, macht einen Wulſt, wie in dem naͤchſt Vorhergehenden 
iſt gezeigt worden, und begießt ihn mehrere Tage mit ein 


311 


Paar Eimer Waſſer, nur mit dem Zuſatz, daß zur Staͤr— 
kung des Baumes etwas Miſt in das Waſſer geworfen wird. 
Doch muß man auch die Maͤuſe in den Baumſchulen wegzu— 
fangen ſuchen. Wenn dieß nicht geſchiehet, ſo freſſen ſie oft 
ganzen Reihen die Wurzeln ab, wie mir ſelbſt begegnet iſt. 


e. Von dem Schimmel unter den Hauptwurzeln. 


Wenn ein Baum bei dem Pflanzen unter den Haupt: 
wurzeln nicht ſorgfaͤltig mit Erde ausgefuͤttert wird, ſo blei— 
ben Hoͤhlungen, wie bei dem Verpflanzen der jungen Obſt— 
baͤume iſt bemerkt worden, und dieſe erzeugen Schimmel, 
wodurch der Baum krank wird und abgehet, wenn man ihn 
nicht zu retten ſucht. Man graͤbt darum die Erde, ſo tief 
man kann, doch mit Schonung der Wurzeln, mit einer Ga— 
bel auf und gibt ihm auf dieſelbe Art Waſſer, wie bei den 
Blattlaͤuſen iſt angegeben worden; dann ſchlaͤmmen ſich die 
leeren Stellen unter den Hauptwurzeln zu und ſtaͤrken die— 
ſelben, und ſo iſt der Baum gerettet. 


12. Von der Obſternte. 


Der Zweck der Obſtkultur iſt die Obſternte, und dieſe⸗ 
iſt gewiß ein ſehr erfreuliches Geſchaͤft. Wenn ſie aber das 
ſeyn und werden ſoll, dann muͤſſen die beiden vielſagenden 
Worte, Schonung und Zeitigung, wohl beherziget 
werden. 

Schonung. Wenn die Obſtkultur zu einer erfreu— 
lichen Vollkommenheit kommen ſoll, ſo muß aller Obſtfrevel 
auf das Allerſtrengſte unterſagt und unnachſichtlich beſtraft 
werden, und zwar bei der jetzt lebenden Generation, moͤchte 
ich ſagen, ſo ſtreng, daß es auch dem Leichtſinnigſten nicht 
einfällt, einen Obſtfrevel zu begehen. Die heranwachſende 
Schuljugend müßte auf das Nachdruͤcklichſte vor allem Obſt— 
frevel gewarnt, und durch ihre Hilfe in den Baumſchulen 
fuͤr die gute Sache gewonnen werden. 

Die Sicherheit des Obſtes wird bald zu der anderen 
Erforderniß eines erfreulichen Obſtgewinns, nemlich deſſen 


312 


völliger Zeitigung, führer. Denn wenn ein jedweder 
Obſteigenthuͤmer verſichert wird, daß ihm nichts von ſeinem 
Obſte entwendet wird: dann wird er ſich gern geduldigen 
und warten, bis das Obſt voͤllig reif iſt. Man darf aber 
auch bei der Obſternte des Armen nicht vergeſſen, ſondern 
ihm reichlich geben, wodurch auch der Obſtfrevel vermin— 
dert wird. 

Das beſte Obſt iſt ſchlecht, wenn es nicht vollkommen 
zeitig iſt. Man muß ſich um die eigentliche Zeitigung des 
Obſtes genau erkundigen, mit der Obſternte nie eilen, wenn 
auch in dem Herbſte einige kalte Naͤchte eintreten ſollten; 
denn dieſe ſchaden nicht. Man warte zu der Obſternte 
ſchoͤne trockene Tage ab, pfluͤcke es vorſichtig, bringe es an— 
fangs auf ein luftiges Strohlager, und erſt bei eintretender 
Winterkaͤlte auf das Lager in den Keller. Man durchſuche 
jede Woche das Obſt mit einem Handſchuh, und alles ange 
ſtoßene Obſt nehme man weg. Befolgt man dieſe kurze An— 
weiſung, dann wird man lange ſchoͤnes und treffliches Obſt 
haben. 


13. Von der der Obſtkultur ſehr ſchädlichen kleinen 
Spannraupe 9). 


Die ſehr ſchaͤdliche Raupenbrut, die in dem Fruͤh— 
jahre die Obſtbaͤume oft, wenn ſie uͤberhand nimmt, ſammt 
Bluͤthen und Blaͤttern rein abfrißt, entſtehet von einem 
Nachtſchmetterling, der zu den Spannern gehoͤret. Pha- 
laena brumata, Phalaena geometra brumata, L. a 

Dieſe Schmetterlingsart iſt mittlerer Groͤße und von 
aſchgrauer Farbe. Die Fluͤgel des Maͤnnchens ſind hier 
und da mit kurzen Streifen und kleinen ſchwarzen Punkten 
bezeichnet. Was aber ſeltſam und mir unter allen Schmet⸗ 


*) Diefen Aufſatz über die Spannraupen habe ich 1818 in das 
Wiesbader Intelligenzblatt einrücken laſſen; ich fege ihn aber auch hier—⸗ 
her, da er zu der Anweiſung zur Obſtkultur gut paßt und allgemein 
wirkſamer wird. 


313 


terlingen nur an dem Weibchen dieſer Art vorgekommen iſt, 
iſt dieß, daß das Weibchen keine eigentliche Fluͤgel, ſon— 
dern nur Fluͤgellappen oder Fluͤgelarme hat, die das Anſe— 
hen wie die Fluͤgel einer Gans haben, aus denen die Fe— 
dern ausgezogen find. Dieſe Raupenmutler kann daher nicht 
fliegen, ſondern muß auf ihren Beinen fortzukommen ſuchen. 

Dieß Schmetterlingsweibchen legt feine Eyer im De 
tober und November, und zwar an die aͤußerſten Zweige 
der Obſtbaͤume ſo innig und feſt an, daß man alle Muͤhe 
hat, fie ohne Verletzung der Rinde abzuloͤſen. Der Ever: 
guß dieſes Schmetterlings iſt aſchgrau und hat das Anſehen 
einer Fiſchhaut, womit man Futterale zu überziehen pflegt. 
Dieſer Eyerguß umgibt das ganze Reis, etwa einen halben 
Zoll breit, wie ein Ring; die aus dieſen Eyern entſtehen— 
den Raupen heißen daher Ringelraupen. 

Die Groͤße dieſer Raupen betraͤgt nicht uͤber einen 
Zoll Laͤnge; ſie haben rothe Linien in ſchwarzem Grunde, 
mit Warzen und Haarbuͤſcheln beſetzt. Die ganze Brut haͤlt 
ſich zuſammen und macht ſich ein Neſt, das ſie mit einem 
Geſpinnſte umgibt, worin ſie des Nachts bei rauhem Wet— 
ter und Regen beiſammen ſitzt. Sobald die Sonne aufge— 
het, theilet ſie ſich auseinander, und wenn mehrere Neſter, 
wie es gewoͤhnlich der Fall iſt, auf einem Baume beiſam— 
men ſind, ſo nehmen ſie den ganzen Baum ein. 

Will nun das Weibchen ſeine Eyer an die Zweige des 
Obſtbaums hinbringen, ſo muß es zur Herbſtzeit, und zwar 
zu Fuß, des Nachts die beſchwerliche Reiſe antreten, weil 
es als Nachtſchmetterling bei Tage nichts ſehen kann. Um 
den Drang ſeiner Natur zu befriedigen, ſcheuet es auch die 
rauheſte Herbſtwitterung nicht, wie ich dieß aus dem Fan— 
gen dieſer Schmetterlinge ſicher weiß. Durch oͤfteres Brut— 
anſetzen entkraͤftet, kehret es endlich, gleich ſeinen Schweſtern, 
in demſelben Herbſte zum Staube zuruͤck. 

Die von dieſem Schmetterlinge abſtammende Brut 
ſchlummert indeſſen an den Zweigen des Baumes bis zu der 


314 


erften Fruͤhlingsſonne in dem Februar. Alle Schauer des 
Winters, Sturm und Regen, Schnee und bittere Kaͤlte, 
ſind nicht vermoͤgend, ihren Lebenskeim zu zerſtoͤren, und ſie 
bleibt ſicher bis zu der Zeit ihrer Entwickelung, wenn nicht 
ein hungriger Specht die ihn wenig befriedigende Speiſe ab— 
nagt und verſchluckt. Sobald nun die jungen Raͤupchen 
durch die erſte Fruͤhlingsſonne ausſchluͤpfen, ſuchen ſie als— 
bald ihre Nahrung an den aͤußerſten Kapſeln der Baum— 
knospen, nagen ſich in die anſchwellenden Bluͤthenknospen 
hinein und finden bald in den ſich immer mehr entfaltenden 
Bluͤthen und Blaͤttern volle Nahrung. 

Will man nun dieſem ſehr ſchaͤdlichen Inſekte zuvor— 
kommen und ſeine aͤrgerliche Sippſchaft von dem Obſtbaume 
abhalten, jo legt man Anfangs October ein handbreites Pa— 
pier, am beſten rauhes Zuckerpapier um einen jeden Stamm 
ſeiner Obſtbaͤume, etwa vier Fuß hoch von der Erde und 
befeſtiget daſſelbe ſorgfaͤltig mit Faden, damit ſich das Pa— 
pier überall dicht um den Stamm anlege. Dann beſtreicht 
man das ganze Papier mit Theer, welcher zu der Zeit be— 
fonders ſteif und kleberig iſt. Man konnte den Theer un⸗ 
mittetbar auf den Baum ſtreichen, aber man thue dieß 
darum nicht, weil die Baumrinde den Theer zu ſehr ver— 
ſchluckt, alſo die beſtrichene Stelle trocken wird, ehe die Rei— 
ſende ankommt, der man habhaft zu werden wuͤnſchet, und 
ſie alſo ohne weiteres Hinderniß an dem Baume hinauflau— 
fen und ihre Brut anlegen koͤnnte. Auch iſt der Theer fuͤr 
fett ſtehende Obſtbaͤume zu nahrhaft und erzeugt daher Brand— 
flecken. Am beſten iſt es daher, man umwindet den Baum 
mit Papier und ſtreicht den Theer darauf; doch muß das 
Papier ganz beſtrichen ſeyn, damit es keine helle Flecken 
habe, welches den Schmetterling zuruͤckhaͤlt, uͤber das be— 
ſtrichene Papier ſich hin zu wagen. Hat der Baum eine 
rauhe Rinde, ſo daß ſich das Papier nicht glatt anlegen 
ſollte, fo fihneidet man dieſe, fo breit das Papier angelegt 
werden ſoll, mit einem Schnitzmeſſer vorſichtig weg, damit 


315 


die Raupenmutter nicht unter oder hinter dem Theer hinauf 
kommen kann. Das Beſtreichen des Papiers muß mehr- 
mals wiederholt werden, damit der Anſtrich bis Ende No— 
vember fiet3 friſch und kleberig bleibe. 

Bei ſolchen Vorkehrungen bleibt der weibliche Schmet— 
terling einige Tage ganz zuruͤck; wahrſcheinlich, hier und da 
einen Baum zu ſuchen, worauf er ohne weiteres Hinderniß 
kommen und ſich ſeiner Buͤrde entledigen kann. Iſt ſeine Be— 
muͤhung vergebens geweſen, oder auch von einem ſtaͤrkeren 
Drang der Natur angetrieben, wagt er es endlich, uͤber die 
morſche Stelle hinzuwaden; er bleibet kleben, und ſo hat 
man ſeinen Fang. Oft kleben ſechs und mehrere weibliche 
Schmetterlinge zugleich in dem Theer feſt, und ſo einen rei— 
chen Fang thut man in einem Herbſte oͤfter. Jedes dieſer 
Schmetterlingsweibchen legt in einem Guſſe 300 und mehr 
Eyer. Hieraus kann man abnehmen, zu welch einem Heer 
von Raupen dieſe Weibchen die Brut legen, und wie auf— 
merkſam man auf deren Vertilgung ſeyn muß. 

Wenn man in dem Herbſte nicht dazu gekommen iſt, 
die weiblichen Schmetterlinge abzufangen, dann kann man 
auch die Raupen in dem Fruͤhjahr mit einem langen Stiel— 
beſen abfegen. Und wenn man dieß will, ſo muß dieß in 
aller Fruͤhe vor Sonnenaufgang, oder des Abends nach 
Sonnenuntergang, oder bei naſſen und unfreundlichen Re— 
gentagen geſchehen, anders trifft man ſie nicht; denn wie 
geſagt, ſo wie die Sonne aufgehet und es lieblich wird, ver— 
breiten ſich dieſe Raupen uͤber den ganzen Baum und kehren 
erſt bei der ſinkenden Sonne wieder in ihr Neſt zuruͤck. 
Wenn man ſie abfegt, dann muß man ein großes Betttuch 
unter halten, ſie aufzufangen, ſonſt gewinnt man nichts, 
weil ſie, ſobald die Sonne aufgehet und ſie ſich von ihrer 
Erſtarrung erholen, den Baum wieder zu gewinnen ſuchen. 

Auch kann man gegen dieſe ſchaͤdliche Brut einen 
Rauch von Schwefel und alten Schuhlappen anwenden. 
Wenn Raupen auf einem Baume find, dann werden dieſe 


316 


Stoffe auf einer Kohlpfanne unter dem Baume angezündet. 
Durch dieſen erſtickenden Rauch fallen die Raupen wie todt 
zur Erde. Aber ſie erholen ſich bald von dieſer Betaͤubung 
und kehren zu dem Baume zuruͤck; man muß ſie darum 
auffangen und in das Waſſer tragen. | 

Auch iſt es in doppelter Hinficht ſehr gut, jedes Jahr 
Anfangs October, wo dieſe der Obſtkultur ſo ſehr nachthei— 
ligen Schmetterlinge ihr Weſen zu treiben anfangen, um jeden 
Obſtbaum einen Graben von zwei Fuß Breite und einen 
halben Fuß Tiefe auszuwerfen. Durch dieſe Arbeit wird 
dieß Inſekt in ſeiner Wohnung zerſtoͤret und vernichtet, oder 
man findet es ſelbſt. Der Arbeiter muß ſich daher den be— 
ſchriebenen Schmetterling genau bekannt machen, damit 
er ihn nicht uͤberſiehet. 

Durch das Aufraͤumen der Obſtbaͤume zur Herbſtzeit 
wird aber auch die Feuchtigkeit den Wurzeln mehr und beſ— 
fer, als ohne dieß, zugefuͤhret und dadurch feine Fruchtbar— 
keit ſehr befördert. In dem halben December, wo die Win- 
terfälte allmaͤhlig einzutreten anfängt, ſcharret man die aus— 
geworfene Erde wieder bei, oder man legt, wenn der Obſt⸗ 
baum nicht fett ſtehet, einige Gabeln voll guten Duͤngers in 
die Vertiefung um den Baum, wodurch die Fruchtbarkeit 
ſehr erhoͤhet wird; auch gute, fette Gaſſenerde iſt zu dieſem 
Zwecke ſehr dienlich. 

Beobachtet der Landmann das aaa „was von der 
Verbeſſerung der Obſtkultur ift geſagt worden, fo wird ſich 
ſein Wohlſtand auch von dieſer Seite verbeſſern. Schoͤne 
Obſtbaͤume werden ſeinen Wohnort und Gegend zieren, 
herrliche Baumfruͤchte fein Auge ergoͤtzen, fie werden feinen 
Lebensgenuß ungemein erhoͤhen und ihm und ſeiner Familie 
reine Freude gewaͤhren. 


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208 Anleitung zur Verbesserung des 
G4K45 Wiesen 


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